:am&eSSir '^^\Ca '±" (LISRÄF ÜBER ENTWICKELUN GS GESCHICHTE DER T H I E R E. BEOBACHTUNG UND REFLEXION VON Dr. KARL ERNST v. BAER. ZWEITER THEIL. MIT VIER KUPFERTAFELN. KÖNIGSBERG 1837. BEI DEN GEBRÜDERN BORNTRÄGER. iT>^.T)/i jd:i>K) i//T/a ri n .Ft I H T H j!. /. ir . r ?, /[ « ?f J f\ k Ä :n a IVachricht. "er Druck dieses Bandes wurde bereits im August des Jahres 1829 begonnen, ruliete dann, aus Mangel an Manuscript , 5 volle Jahre, und konnte endlich in der 2ten Hälfte des Jahres 1834 bis zum 38sten Bogen gefördert werden. , Eine Abhandlung, mit welcher der, jetzt in St. Petersburg lebende, Herr Verfasser den Band zu schliefsen gedachte, die Vorrede und die Erklärung der Abbildungen, haben wir bis zum heutigen Tage nicht erlangen können, sind auch seit 15 Mona- ten ohne alle Antwort geblieben*, daher haben wir die Hoffnung, den Schlufs des Werkes zu erlangen, aufgeben müssen, und hal- ten uns verpflichtet, diesen 2ten Band auf Verlangen mehrerer Käufer so auszugeben, wie er hier vorliegt. Königsberg, den 3. August 1837. Die Verleger. 'i»riic" m. V o r 1 e s 11 11 g e n ü b e r Zeugung und E n t \/v i c k e 1 u n g der organischen Körper g e h a I t p 11 vor A e r z t e n und angehenden N a t u r f o r s e li e r n als E i n 1 e i t u 11 Si CT ZU einem tiefern Stiirliiim der E n t w i c k e 1 u n g s g e s (• h i c h t e. //. A II fs t € 1 1 u 71 g d e r A u / g a b e. Liwei \erhältiu.s.se sind es vorzüi^Iicli, welche flie Klage iiljer die rnAolIkoinineii- „. Organi- heil iinsrer Keuiitiiifs vom LeLeii immer rege erhalten, die Unmöglichkeit den «f^^^" Lobm. Leben.sprocefs des Organismus aus irgend einer Einzelheit herzuleiten, und die Lnfjiliigkeit der Physiologen den Moment seines Anfanges genau nachzuweisen. „Was ist denn eigentlich das Leben des organischen Körpers"? fiagt man und er- wartet eine Lösung der Frage, welche das Leben aus etwas Anderem herleite, Avo möglich aus einer scharf })egrenzlen Einzelheit. Erklärungen, welche das Leben etwa auf einen fortgehenden Oxjdationsprocefs oder einen electrischen Procefs zurückführen, pflegen daher Jjei Laien viel Glück zu machen, weil man glaubt, einen solchen einzelnen, auch in der unorganischen Natur zu ])eobachten- den Procefs vollständig zu kennen, und weil mit dem ersten Atom hinzutretenden Sauerstoffes das Leben beginnen und bei völliger Sättigung aufhören müfste. Alle Erklärungen dieser Art findet aber der Physiologe bald höchst unvollkommen, nur Eine einzelne JUchtung des Lebens berührend, und er lernt einsehen, dafs überhaupt das Lel>en nicht aus etwas Anderem erklärt, sondern für sich aufge- fafst und aus sich begrilFen werden mufs. Auch rückt die Zeit immer näher, wo selbst der Physiker gestehen mufs, dafs er })ei seinen A ersuchen die einzelnen physischen Vorgänge aus dem Gesammtleben der Natur nur herausreifst und sich dadurch den Anfang künstlich schafft. Schon wissen wir, dafs kein chemischer Procefs ist ohne einen galvanischen, kein galvanischer ohne eine magnetische Thätigkeit, dafs Licht und Wärme sich gegenseitig Ijedingen, und es ist zu hof- fen , dafs, eben so wie jetzt der Physiologe die complicirten Erscheinungen des or- ganischen Lebens den physischen anpafst, man einst die phj-sischen Erscheinun- gen mit denen in lebenden Organismen vergleichen und aus ihnen verstehen lernen wird. Dann wird wahrscheinlich die Klage über dii; J3uTikellieit der Lebensver- richtungen aufhören. jMan wird sich gewöhnen, diese in ihrem gegenseitigen A 2 Verhall nisse zu Lelraclileii , wie sie .sind, ohne erzwungen o oii jäclierliche l'>kla- rungcn und ZurückAvei.sungen auf Einzelheiten in der unorganischen Natur. h. J3. s Lc- Mehr noch sieht man aber die Kenntnifs des organischen Lehens als un- be.15 Anfang ^^^jj^|.|jj| ^^^ j| n^au dcu IMomeut seines Anfanges in jedem einzelnen Orga- 'in -liitizvi- o 7 o » <-> ciiiuni. nismus nicht genau nachzuweisen im Stande; ist. Die Zeugung und Entwickeluug eines icJjendigen Köjpcrs fand man deshalb von je her Jjesonders geheimnü'svoll und wiinderhar. Sie ist es aber nicht mehr als irgend eine andere Lebeuserschei- nung, denn wir gewöhnen uns nur zu sehr an den Glauben, dafs wir das voll- kommen verstehen, Avas wir mit unsern Sinnen oft wahrne]jim(in , und nur was nicht unmillelbar vor unsern Augen oder unter unsern Händen geschieht, glauben wir, sej uns unverständlich. Auch wer sonst nur Avenig auf die rilanzenAvelt achlel, Jiat sich Avohl nach der Lösung des Geheimnisses gesehnt, Avie aus dem Saamen körne vin neuer Baum aufschiefst. Dafs aber ein Baum jährlich Knospen treibt und aus diesen Knospen Aesle bervorwachsen, regt selten die Wifsbegierde >ach.sthums. — Das Wachslhum Jinden Avir nun ganz J)egreiriich, aber eben der Anfang ist es, den wir gern er- kennen möchten. Vor allen Dingen suchen Avir einen recht Ijestimmteu Anfang, eine .scharfe Grenze zwischen Sejn und Nichtsejn. Ist aber in der Natur Avirk- lich ein solcher absoluter Anfang irgendwo bemerklich i* Ist sie nicht CAvige Ver- änderung, und liegt es nicht vielleicht blos in der geistigen Anlage des Menschen, dafs er einen absoluten Anfang sucht: c. Ob es \m ]\[gj, j^gj. j,^ ^\^,^. Tliat Scharfsinn und rhanlasie bis zum Uebermaafs an^e- [\iouioia (iiT KdVuchiun« .strengt , um diesen Moment aufzuspüren. Vor allen Dingen schien es am glaub- cginni |-j,j^j.^^,jj ^ j^^j\, |j^^ Augenblicke der Befruchtung das neue Wesen Avie durch einen eleclrischen Schlag, oder durch Vereinigung zweier lielerogener Slotle, wie ein chemischer Niedeischlag oder durch irgend ein magisches Kunststück entstehen mü.sse. Allein Avie sclunC man auch die IMicro.scope Avählte, a\ ie sehr man auch das Auge anstrengte, man sah gleich nach der Befruchtung nichts, Avas mau nicht vorher gesehen halle. Erst einige Zeil sjiäter war das neue riläiizchen oder da. s neue Thier erkennbar und schon im Wachsen hcgriden. Voj'her war aber doch schon etwas, das zwar nock kein eigenes Lehen Ijcsais, der ersten Form des wer- denden l^hieres oder der niauzc al>er doch iihnhch war, und nur als Umbihlung «lieses Theiles zeigte sicli der selljstständige organische Körper. iMan mufste daher auT den Gedanken kommen, der Anfang falle vielleicht d. cjb aie nicht mit der Befruchtung zusammen , sondern die Frucht sej schon vorher in den ,„'3^' Tchon Aeltern vorhanden und wlani^e jetzt nur in Verhältnisse, in Avelchen sie rascher "' '^f ", ;'^*''t •^^ *^ ' ' tern leJ)teii f fortwachse. In diesem Falle konnte man ihr Dasejn entweder im mütterlichen oder im väterlichen Körper suchen. Im mütterlichen Körper höherer Thiere sind allerdings in bestimmten Organen, den Eierstöcken, Theile enthalten, in wel- chen nach der Zeugung die neuen Individuen sich linden und die man in ihnen sich vorgelüldet dachte. Diefe Theile heifsen überhaupt Eier. — Sie lassen vor der ßefruchtniig kein eigenes Leben erkennen. — Im männlichen Zeugungs- stofPe der Thiere hatte man hingegen nach der Erlindung der Vergröfserungsgläser eine überaus grofse Menge kleiner, oifenbar selbstständig beweglicher, also leben- diger Körperchen entdeckt, eine Beobachtung, die für diejenigen Naturforscher, welche nach einer Praeformation suchten, sehr willkommen war. Diese Thier- chen sollten die augenscheinliche Brut der grölseren Thiere seyn, in deren Zeu- gungsorganen sie sich finden. Allein nun blieb wieder die Zeugungsgeschichte dieser Thiere zu enträthseln. Hatte man sich einmal am ^Yunderbaren erhitzt, so wurden alle Schwierigkeiten , Avenn auch auf Kosten des gesunden Menschen- verstandes, leicht überwunden. — Man warf von entgegengesetzter Seite die ungeheure Anzahl der Thierchen des männliclien Zeugungssloffes ein ; allein die Vertluüdiger erwiderten, es wäre sehr glaublich, dafs im Angenblicke der Be- fruchtung IMiliionen derseljjen sich mörderisch herumbissen , bis ein Uebrigblei- bender in das Bläschen des Aveii)lichen Eierstockes als glücklicher Sieger einzöge. Schade nur, dafs die Cercarien, so nannten die Zoologen (Me. Thierchen irn männlichen Zengungsstoife , gar keine Organe zum ßeifsen und überhaupt nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit den höheren Thieren hal)en, sondern aus einem kleinen vordem Knöpfchen und einem langen zugespitzten Anhange bestehen, ohne alle weitere Gliedmafsen. Nach kurzem Flor wurde diese Hjpothese daher auch vergessen und ruhte über ein halbes JahrJuindert, a|s in neuester Zeit zwei sehr genaue -Beobachter, P r e v o s t und i) n m a s , ' sie modificlrt ^vieder.ins Leben riefen, nach langen und sorofältiwn Uniersucliuni'en der Saamenthierchen. .Nicht das £janzeHnhn, oder das Rind Avlid ans der CVcr^/Ze gebildet', sagten sie, „sondern nur das x\er\ ejisysleni, das l-ebrige wächst dann aus dem an eib- lichen Zeugungssloife hinzu.' In der Thal hat das iliickcnmark, vereint mit dem Hirne in allen Tliioren, in denen es vorkommt, einige Aelinlic-hkeit mit den Cer- carien, Avenn auch in mehr als millionenfacher Vergrölserung. IMit vielem \ er- trauen war schon der erste Tlieil ihrer Arheit durch den Driuk bereits bekannt «Tpmacht, als dieselben Beobachter ähnliche Thierchen in den ZenijnnCT.sorganen der Schnecken und den Muscheln fanden. Da weder Schnecken noch Muscheln ein llückeumark und Hirn, sondern ein Nervens^^stem haben, Avelches von der Form der Cercarien gar sehr abweicht, so kostete es den Verfassern einige Red- nerkünste, um in einem Nachtrage zu ihrer Zengungsthrorie zu (erklären, sie wollten nicht so verstanden sejn, als ob aus dem in das VA gedrungenen Saamen- thierchen unmittelbar das Nervensystem würde. — Das l^^indringen derselben veranlasse nur gleichsam eine vorbereitende Bildung. Mit dieser Erklärung hat- ten sie aber selbst ihre Hypothese nicht gleichsam, sondern wirklich gestürzt *). t. Ob mit Ueberhaupt wird die Aufgabe, die man sich einmal aufgestellt hatte, den i'^d v-rduen" definitiven Anfang der Bildung anzugeben, nicht gelöst, wenn man die Braeexi- einer Form ^^.^^^^^ j^^ j^,^^ Körpern der Aeltern annimmt, denn man mufs nun weiter fragen : koinmon 7.u- -^anu wie und warum bildet sich hier der Anfang der Nachkommenschaft? Es ^eu"^t^ y^or- lae sehr nahe , daTsnian, um diese beschwerlichen Fragen zu beantworten , oder den sind^ vicUnelir um ihnen auszuweichen, alle lebenden Körper bis in die letzte Genera- tion mit den ersten Individuen sogleich geschaffen dachte. Im Eierstock des Huhns sollten alle Küchlein, denen es das Daseyn geben kann, schon völlig aus- ijebildet liegen , und in den Eierstöcken jedes dieser Embryonen wieder die ge- sammte Nachkommenschaft und so immer fort, nur so unendlich klein, dafs sie unstrn Werkzeugen unerreichbar sind. Sie warten da auf die günsiigcu Verhält- nisse zur Ausbildung. In jedem organischen Körper mit vereinten Geschlechtern, oder weiblichen Geschlechts , (wenn wir nämlich nach dem Gesagten diejenigen Naturforscher nicht berücksichtigen, welche die Keime im Vater suchten,) dachte man sich also den ganzen Inbegriff aller Nachkommen, so dafs wer eine Mandel verspeist, nicht blos JEinen Mandelbaum im Keimzuslande verzehrt, son- dern die vielen Billionen und Trillionen, die in diesen wieder eingeschachtelt sitzen. Obgleich diese Hypothese an Unsinn grenzt, so hat sie doch sehr ausge- zeichnete Naturforscher zu Vertheidigern gehabt, und sie ist ein redendes Bei- spiel von den Verirruugen, in die man gerathen kann, wenn man consequent statt der Beobachtung Annahmen gellen läfst. ^Vä^e diese Ansicht begründet, so müfste nolhwendig einst eine Zeit kommen, wo der Gärtner keine Früchte von seinen Apfelbäumen ziehen würde, und (kr Schäler keii.o jjämmer von seiner ♦) Annnies tief rcienscs. Toni. VII. p. 454, lleerde, avo auch der JMeiiscli selJjst ohne Nachkoniriieu Mcibeii würde, und alles Leben aui' der Erde aufhörle, Aveil das ini ersten Scliüptuugsacte Kutstandeiie nun ansgeljildet Aväre. Der Schöpfer müfsle sein ^Verk , das , Uotz der vielen Wun- der, doch so unvollkommen A\ar, dals es ein Kndc land , nachdem alles Anfangs Gebildete ausgewachsen war, wieder von neuem begiimen. — Vergeblich wandte man ein, dal's nach dieser Hypothese eine Eiche zu den in ihr enthalte- nen Eichbäumen der sechsten Generation sich verhallen mürsl(; \>ie die Masse des Erdballs zu der jMutlereiche. ^Vie also iiar zur öOOleii oder GOOOleu i' „Warum nicht"? sagten die Vertheidiger dieser sogenaunlen J^anschnchtehingstheorie. „Wir erkennen daraus nur, wie sehr ^vir uns über die Kleinheit, in welcher die Natur wirken kann, verwundern müssen.' Allein die Natur giebt dem Beobach- ter derselben nur StolFzur Bewunderung der Einfachheit, mit dersio wirkt, und ' zur \erwunderung üjjer die Geneigtheit, mit der^ler mtnschlichc Witz ein ihm wunderbar scheinendes Phänomen durch unendlich gröfsere und unbegreiflichere Wunder erklärt. Ich haJ;e Ihnen die entgegengesetzten Beantwortungen iijjer die Haupt- /• wie wir frage in Bezug auf Zeugung und Entwickelung der organischen Körper angedeutet, wortung um dadurch Gesichtspunkte für den fernem Vortrag hinzustellen. Zugleich habe fenM^atfr^a" ich aber ein Paar ^■on den zur Einsicht in die Zeugung erfundenen Hypothesen üen sammeln Tf -ii-i C-- 1 r r 1 1 wollen. mit wenigen »orten naher bezeichnet, um sie daraui auimerksam zu machen, dafs solche dem langsamen Gange der Beobachtungen vorgreifenden Versuche zur Einsicht es sind, Avelche die Zeugungsgeschichle so märchenhaft und ^^unde^ba^ erscheinen lassen ; denn wenn auch ähnliche Hypothesen von den meisten Phy- siologen längst als vorübergegangen betrachtet werden, so geht doch eine dunkle Sage von ihnen im JMunde Aller umher, welche nicht durch ihren Beruf selbst auf die nähere Beobachtung dieses Verhältnisses hingewiesen sind, und diese dunkle Sage hindert in der Auffassung einer einfachem und richtigem Ansicht und in der Unterscheidung des Avirklich Beoljachteten von der Ergänzung derselben. Sie werden sich leicht denken, dafs die vereinten Bemühungen vieler Beoljachter Stoff zu einem sicherem Urtheil geliefert haben mufs. An Bestrebun- gen hat es wenigstens nicht gefehlt, und wenn auch die Beobachtung in diesem Felde mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und viele Lücken noch auszu- füllen sind, so ist wenigstens unläugbar so viel gewonnen, dafs man aus der . Beobachtung die Irrigkeit jener Extreme in den Vorstellungen über die Zeugung und Entwickelung nachweisen kann. Denn es ist hier, wie bei der Untersuchung aller übrigen thierischen Verrichta^jgen , vor allen Dingen leichter nachzuweisen welche Vorstellungen, die man, dem langsamen Gauge der- Beobachtung vorgrei- 8 fem], als Mö^^liclikeiten liingeshUt liat, irrig sind, als vollständig den Nvalireji Heigaiig der Zeugung und Enhvickelung einzusehen und aus den mannigfachen Variationen das Wesentliche aufzufinden. Allein ich zweifle auch keinesvreges, d;ifs Avir thatsächliche Kenntnifs genug besitzen, um das Vei-hältnifs dieser vSeile des orijanisclien Lebens zu andern zu erkennen und zum Tlieil -wenigstens die Mittel nachzu^yeisen, welche die Natur anwendet, um einen neuen Organis- mus zu gestalten. Mehr aber kann die Physiologie als Kemitnifs des Lebens eisenllich nircends erreichen. — Die anhaltenden Untersuchungen über Ent- wickelungsgeschichte sind aber zum Theil noch so neu, zimi Theil sind die frü- heren durcli angenommene Ansichten so getrübt, dals man behaupten darf, ilire Erj^ebnisse seyen selbst den Aerzten im Allgemeinen noch weirig l)ekannt, den Nichtärzten aber fast völlig fremd. Ich möchte daher wohl den Versuch wagen, durch eine Darstellung des Beobachteten Sie zu einer tiefern Einsicht in die Zeugungs- und Entwickelungs- ^eschichte der organischen Körper zu führen und zu zeigen, wie dieselben we- der vorgelüldet sind, noch auch, so wie man sich gewöhnlich denk^, aus unge- formler IMasse in einem bestimmten IMomente plötzlich anschiefson. Die Schwie- rigkeit über einen Gegenstand zu sprechen, der der Sphäre unsrer Schul- und üniversitätsbildung, die sich die allgemein menschliche nennt, so ganz fremd ist^ fühle ich wohl, und ich fürchte nicht ohne Grund, dafs es mir unerreichbar seyu wird, so verständlich zu werden g's ichiwünsclie, besonders weil das Iljpothe- tische Ihnen bis jetzt geläufiger sejn dürfte als das Faclische. JMuJ's ich docli so^ crar voraussetzen, dafs Ihnen der Bau des Vogeleies unbekannt ist, denn oljgleich unter meinen verehrten Herrn Zuhörern wohl keiner ist, der nicht ^^üfste, dals Gänsetreschnalter einmal das Capitol gerettet haben soll, so ist, aufser den jMedi- cinern , wohl keiner, der mit dem Inhalte eines Gänseeies bekannt wäre, und ein tüchtiger deutscher Schulmann würde überhaupt nicht wissen, dals das Ge-flügel Eierleiit, wenn ers nicht aus dem Plinius oder Phädrus hätte. Die Entwickelungsgeschichte der Vögel ist es, die durch die vortheilhafte (Gelegenheit zur fortgesetzten Untersuchung die Basis unsrer Keimtnifs der Erzeu- t^unji und Ausbildung der Thiere «eworden ist. Was Avir von der Ausbildung der ü})rigen Thiere bissen, ist für die meisten Klassen, besonders aber für die Siiigellüere 5 zu denen ja audi der Mensch in phjsiseher Ifinsiclit gehört, so ver- einzelt, dafs es nur durch die Vergleichung mit der Enlwickelung der Vögel ver- ständlich Avird. Dies(; Vergleichung ist aber auch für unsern Zweck notliwendig, damit vir einsehen, was in der Entwickelungsgeschichte der Vögel für die thie- ri- rische Entwickeluiigsgescliichlc überhaupt gilt und was nur dieser Thierklas'e eigenthümlicli zulconimt. Ich werde nun , daniil Sie seilest Slolf zum Urlheil erlangen, und nicht die Ueberzeugungen und allgemeinen Lehren, zu denen wir gelangen, als eine 7Va- dition aufzunehmen haben, sondern nach Ihrer eigenen geisligen Ausbildung zu modificireu im Stande sind, den Weg einschlagen, der dazu am meisten geeignet .scheint. Ich werde zuerst die Entwickelungsgeschichte der Vögel vorlrngen, dann das ^Vesentlichste aus der ßildungsgeschichte anderer Thierklassen kürzer gefafst hervorheben und Diit der Ausbildung der Vögel vergleichen, um endlich zur Beleuchtung der Hauptfrage über das ^Vesen der Zeugung und der Entwicke- hmg des Embryo überzugehen, mit dem Bestreben, das Sichere, Unabweis- bare, den darauf gegründeten Ansichten voranzuschicken, ohne überall einen streng chronologischen Weg einzuschlagen, sondern nach einer solchen Anordnung, wie ich sie für die Verständlichkeit vortheilhaft halte. Aus diesem Grunde Averde ich auch nicht mit der ersten Spur der Eier der Vögel beginnen, sondern mit der Be- schreibung des gelegten, noch nicht JjeJjrüteten Eies, weil Jedermann iMv Jje- quemste Gelegenheit hat, solche Eier zu untersuchen, um an ihnen die einzelnen Theile kennen zu lernen *). Da viele von Ihnen Aerzte sind, so darf ich annehmen, dafs es für Sie vor- zügliches Interesse haben mufs, die Entwickelung des Menschen mit der (Irr Vögel durch die verbindende Brücke der übrigen Säugcthiere verglichen zu sehen. Ich neJmie dabei an, dafs iVie meisten von Ihnen die menschliclie Frucht so kennen, wie unsere gewöhnlichsten anatomischen Handbücher sie geljen. Ich darf ferner annehmen, dafs Ihr Wunsch nicht allein darauf gerichtet ist, für die Hau])lfrage über die Art und Zeit der Entstehung des organischen Körpers und seines Lebens sich eine Leberzeugung zu gewinnen, sondern auch die ßildungsweise der ein- zelnen Organe kennen zu lernen, weil ihre Bildungsweise soviel Licht auf ihre ph3^siologische Bedeutung wirft. I Meinen Leeern rathe ich auch recht nachdvücklich , beim Lesen der folgenden Paragraplien ein Paar Eier zu öffnen. Man breche oben euren Theil der Schaale vv°g und sehe zuerst den Inhalt des Eies an, dann breche man die gesammte Schaale, wo möglich, in zwei Hälften aus einander und las?e den ganzen Inhalt des Ei^s in ein GefäTs mit \Vas?er fallen, das tiet genug ist . um das Ei darin wenden zu können IL - ß 10 Bau des gelegten, noch nicht bebrüteten Vogeleies, Alle Eier von Vögeln sind einander überaus ähnlich gebaut. Dm Unter- schiede beruhen nur auf Verschiedenheiten der Form, auf grölserer oder geringe- rer Dicke der Schaale, auf verschiedenen Ouantitätsverhältnissen in den einge- schlossenen Theiien, und auf geringen Abweichungen in der chemischen Be- schaffenheit derselben. Da nun gar keine Avesenllichen Unleiscbiede sich finden, die Eier der Hühner al^er in jeder Hinsicht am meisten bekannt und die chemische Beschaffenheit nur an ihnen genau untersucht ist, so wollen wir das Hühnerei als den Repräsentanten aller Vogeleier kennen lernen. rt.Eischaa- Wir finden zu äufserst eine ziemlich harte und spröde kalkige Eischaalt Ta'f m^"' (Tesia)*'^. Dal's diese nicht aus einer gleichmäfsig und ununterbrochen zu- Fig. 3 a. sammenl»än«enden Eage von Kalkmasse besteht, ist schon daraus ersichtlich, dals jedes Ei, wenn es ehie Zeitlang liegt, allmählig etwas von seinem Gewichte ver- liert indem ein Theil der Flüssigkeit des Eiweilses verdunstet. Noch grölser ist der Verlust in der Brutwärme. IVlan pHegt daher mit Recht die Schaale porös zu nennen. Wenn man sich aber die Porosität so vorstellt, als ob die Schaale von offenen Kanälen durchzogen sej, und sich daljei auf die Ansicht mit unbewaffne- tem Aui^e und durch das Microscop, oder auf das Hervortreten von Luftblasen unter der Luftpumpe beruft, so halte ich diese gewöhnlichste Vorstellung für un- richtiij. Zuvörderst sieht man zwar schon mit unbewaflhetem Auge äufserlich Gruben und unter dem IMicroscope viele liellere Stellen in der übrigens undurch- sichliiien Eischaale, nirgends aber Löcher, dun^h welche das Licht ungebrochen durchuin"e **). Ferner wird der Mangel offener Durchgänge auf folgende Weise erwiesen. AVenn man ein Stück Kalkschaale, von der man die unterliegende Schaaleuhaut vollständig entfernt hat, in verdünnte Salpetersäure legt, so bleibt, nachdem die erdigen Theile aufgelöst sind, immer ein vollständig zusammenhän- gendes mit kleinen Zotten besetztes, ziemlich festes Blatt aus thicrischeni Stoffe zurück , Avelches keine Löcher zeigt. Die Kalkmasse liegt also in einer zusam- •) Die Eischaale wird auch Putamen und zuweilen Cortex im Lateinischen genannt. ♦*) Ich weifs sehr wohl, dafs diese erste Bemerkung für sich allein nicht beweisend ist, denn die Kanäle könnten so schief durch die Schaale gehen, dafs sie deshalb unter dem Microscope nicht bemerkt würden; allein die Behandlung mit Salpetersäure und am meisten die erst un- ten (§. 4) zu Ijesprechcnde Enlstehungsweise der Kalkschaale lassen über die" Abwesenheit von offeiien Kanälen keinen Zweifel. 11 luenhängenden Haut aus tliierischem Stoffe, und nur dtr Kalk läfst Lücken, nicht aber der thierische vStoff*). Beim Verdunsten mufs also die Feuclilii^keit, wie in vielen andern Verhällnissen, durch dieses vom unterh'(>gonden luweifse feucht erhaltene Blalt und seine Zotten hindurchgehen. Denselben Weg muls die Luft nehmen, wenn die Luftblasen, die man aus einem Eic, das, unter Wasser lie- gend, einem verminderten Luftdrucke ausgesetzt wird, aufsteigen sieht, Avirk- lich aus dem Innerji des Eies kommen **). Bei starker Verdiinnung der Luft mag auch der vermehrte Druck von innen Zerreifsungon der nicht verkalkten Stellen der Schaale erzeugen; denn nach sehr starkem und plötzlichem Auspum- pen sieht man Luftbläschen an einzelnen Stellen wi(; fortlaufende Strahlen auf- steigen. Dafs nicht ursprünglich offene Kanäle da sind, machen auch diejenigen Eier wahrscheinlich, in denen der Embryo abstirbt und der Inhalt faul wird. In ihnen ist die Luft zuweilen so stark zusammengeprcfst, ohne einen Ausweg zu finden, dafs beim Aufbrechen der Schaale der Inhalt mit einem lauten Knall weit umhersprützt. Ob in solchen Fällen vielleicht die weichen Theile der Schaale mit den öligen Bestandlhcilen , die in den Eiern sich finden, getränkt sind und deshalb die Luft nicht durchlassen, mag ich mit Bestimmtlieit nicht entscheiden. Offenbar aber ist es, dafs der Luft keine offenen Durchgänge sich in solchen Eiern darbieten. Sie verbreiten keinen Geruch. Andere faul gewordene Eier verbreiten einen sehr slarken Geruch und werden rasch leichter. In chemischer Hinsicht besteht (Mo, Schaale des Hühnereies nach l'rout ***) aus kohlensaurem Kalke mit etwas kohlensaurem Talk, zusammen Im *} Genauer angegeben ist das Verhältnifs so: Wenn die Eischaale eine Zeitlang der verdünn- ten Salpetersäure ausgesetzt worden ist und schon viele Luftblasen sich entwickelt haben , so löst sich ein continuirliches festes Blatt, das unter dem Micrcscope kleine Vorragungen (Zot- ten) erkennen läfst, von der innern Fläche ab. Ich habe den Versuch zu oft wiederholt und zu sorgsam die Schaalenhaut entfernt, um zu glauben, dafs dieses Blatt eine übersehene, frei aufliegende Schicht der letztern sey. Sie ist ein Theil der Schaale, die jetzt nur noch die halbe Decke behält. Aus dem Ueberreste löst sich nun allmählig auch der Kalk auf und es bleibt dann nur ein ganz dünner, nicht als Blatt zusammenhängender, schleimähnlicher Stofi zurück. Die Kalkschaale enthält also eine feste, aus thierischem Stoffe gebildete Haut mit Zotten und darüber noch etwas thierischen Stoff, von dem sich nicht bestimmen läf.'t, ob er mit jener Haut und ihren Zotten ursprünglich zusammenhing, und durch die Wirkung der Salpetersäure, die viele Luftblasen entwickelt, abgerissen ist, oder urrprüngüch von ihr ge- trennt war. **) Es ist nämlich noch nicht erwiesen , dafs die Luft, die sich in Blasen erhebt, nicht dem Ei vorher äufserlich anhing. Dieses Anhängen läfst sich wenigstens von der zuerst aufsteigen- den Luftmenge annehmen. ***) Philo sophical Transactions 1822 und Schweiggev's Neues Journal für Chemie und Physik. N. F. Bd. VIII. S, 64. B 2 12 Ijelrogc von 0,97; ein Avciiig plios])liorsaiirein Kalk inil lUvas phospliorsaurem Talk O.Ol; einer thierischen , Schwefel eiilhalteiiden Substanz 0,02; und einer Spur von Eisen. A. StJiaaien- Diclit Unter der Sehaali; liegt eine Avcifse, dünne, aber doch ziemlich feste hrmiatestTe'.H^ui, (\iQ Schaalenhaiit (Membrana testae)*). Sie lufst ZAvei Blätter unter- r\l'i^]i scheiden, die mit Ausnahme des stumpfen Endes dicht an einander kleben. Das innere Blatt ist einfach und nach innen zu, avo es an das Eiweifs grenzt, glatt, das äufsere Blatt aber, in welchem sich wied(?r mehrere (wenigstens zwei) Schichten unterscheiden lassen, liegt eng an der Schaale an und zeigt , wenn uian es von dieser trennt, eine rauhe Oberfläche, indem kleine Verlängerungen von der Schaalenhaut in die Schaale eingehen, Avelche bei der künstlichen Trennung abreifsen und mit einem Tlieile wie zarte Zotten auf der Schaalenhaut sitzen blei- ben. Diese Verlängerungen verknüpfen also die nicht verkalkte Schaalenhaut mit der in der Schaale enthaltenen Haut aus thierischem Stoffe. (Siehe oben bei «.) Am stumpfen Ende des Eies sind beide Blätter der Schaalenhaut, im Augenblicke wo das Ei gelegt wird, nah an einander liegend. Nach dem Legen entfernen sie sich aber hier immer mehr und es sammelt sich zwischen beiden eine Quantität Luft an — der sogenannte Luftraum. Die Schaalenhaut hat zwar einzelne unregelmafsige hellere Streifen, aber keine Spur von Gcfäfsen. In chemischer Hinsicht verhält sie sich wie verdich- tetes Eiweifs. c. Eiweifs, Im Innern der Schaalenhaut Ijcfm^et sich eine Ijeträchttichc Menge Ei- lig.S.Tcde. weifs (Alhuvieri)'*'*) y an welchem man keine eigenthümliche Textur erkennt. Aeiifseres Deutlich ist es indessen, dafs die äufsere Schicht desselben flüssiger ist, während ^IZVnmn!^' das mclir nach der Mitte hegende Eiweifs eine festere Cousistenz hat. Deswegen Fig. 3. b — c. ^jpf^t^ Avenn man in die Schaale eine etwas gröfsere Oeffnung schlägt, ein Tlieil des Eiwcifsos al>, ein anderer l)leibt zurück und bildet, den Dotter umgebend, eine schwache Wülbung, als Beweis, dafs er einige Consistenz hat. Dieses Ei- Mittlere« , , . 1 - 1 1 ^ ^^ • 17- Eiweifs, /^/z». weifs behält auch, wenn man den ganzen Inhalt emes Eies aus einem weit medium. aeoffucten Ei unter AVasscr so ausgiefst, dafs der Rand der Schaale das Eiweifs *i Dic50 Haut hat viele Namen erhaU("n : Membrana testacea ; Membrana putami'nis ; Membrana ovipiopria; Membrana succingens ; Membrana ovi liquores amplectens ; Pellicula. Im Deut- schen habe ich den Namen Schaalenhaut beibehalten, weil er ganz allgemein eingeführt und für das Vogelei nicht unpassend ist. Die physiologische Bedeutung würde durch die Benen- nung : Aeiifscre Haut des Eiweifses oder überhaut des Eies, wohl nocli treffender bezeichnet werden. **) Aufh das Wtifse vom Ei, Alhor ovi. 13 nicht verletzt , ziemlich seine Form und sinkt nur ^venig zusammen, weil es etwas schwerer ist als das Wasser *). Nachdem man es ausgegossen hat, sieht man ihm noch den Rest des ilüssigen Eiweifses nachfolgen. Man kann aber in dem dichten Eiweifs wieder ein innerstes Eiweifs unterscheiden, welches viel dichter iinuirstes und ziiher ist als das übrige, die Hagelschniire so wie mit einer sehr dünnen inZrnwn s. Schicht die Dotterkugel zunächst umgiebt und an ihnen so fest hängt, dafs es fast V^'""** gar nicht vollständig zu entfernen ist. — Das mittlere Eiweifs verlängert sich nach dem spitzen Ende zu und hängt hier unmittelbar an der Sehaalenhaut, ohne zwischenliegcndes äulseres Eiweifs, an. AVenn man nun den Inhalt des Eies aus- giefst, so verlängert sich dieser angeheftete Theil sehr stark, ehe er abreifst. Weil er sich so dabei schnurförmig ausdehnt, hat ihn Treddern **) das Band des Ei- Band desEi- weiCses (Ligamentum alhuTuinis) izenannt. Ich iinde aber keine besondere ^^*''^*^^' ^'" Structur in ihm und einen ganz ununterbrochenen UeberHang in das ijesammte «'*"'"«"' r. o O S "Pia S rl mittlere Eiweifs , weshalb ich dieses sogenannte Band nur für das zugespitzte und angeheftete Ende des mittlem Eiweifses halte. Eine ähnliche schwächere Anhef- tung geht an das innere Blatt der Sehaalenhaut vom stumjifen Ende des Eies. Eine besondere Haut, oder fester geronnene, abgesonderte Schicht an der Über- fläche des mittlem Eiweifses, die man unter dem Namen Haut des JEiweifses 'Miniem (Membrana albuminis^ beschrieben hat, finde ich im fleischen Eie nicht^ wpi'rses*^" Avohl aber erhält dieses Eiweifs eine festere Beürenzung, wenn man es in Wasser -^ff '"*'!""" liegen läfst. So oft man eine so gebildete äufsere Begrenzung wegnimmt , so oft bildet sich eine neue, wie Purkinje sehr richtig bemerkt , als sicherer Beweis, dafs diese scheinbaren Häute sich erst durch die Berührung mit dem AVasser er- zeugen. Die chemische Untersuchung lehrt, dafs das Eiweifs des Hühnereies 0,85 Wasser, 0,12 EiweifsstofF, 0,027 Speichelstoff und 0,003 schwefelsaure und salz- saure Salze enthält (nach Bostock) ***}. Aufser den Alkalien in Salzen ist *) Bei vielen Schriftstellern heifst diefes Eiweifs das innere, weil sie das dritte Eiweifs nicht besonders aufzählen. **) Treddern Dissertatio sistens ovi avium listoriae et incubationis prodromum, Jenae 1808. in 4. ***) Prout hat a.a.O. nur die entfernteren Bestandtheile angegeben, die ungemein in der Quan- tität wechseln. Er fand sie durch Verbrennung. E« fehlen also die wäfsrigen und flüchtigen Theile. Die übrigen erhielt er in folgendem Verhältnisse- Schwefelsäure ----- 0,00015 — o,ooo<:9 Phosphorsäure - _ _ > _ 0,000*5 — 0,00048 Chlor -_>-__ 0,00087 — 0,00094 , Kali und Natron (zum Theil kohlensauer) - 0,00272 — 0,00293 Kalk- und Talkerde (ebenso) - - - 0,00025—0,00032 14 iie'SYühnlich noch ein Tlieil der Alkalien un^eljiuulen, -Nveslialb das Eiweifs alka- lisch reaglrt. d. Dotter- la dem Eiweifse schw^eljt die gellte Dotterkugel. Sie Lesteht aus dicklicher bus JüeZ/fl- DottersuLstanz, welche von einer dünnen Haut, der Dolterhaut, umgeben wird. p."^g^'f • ^ ^" Ihre Form ist nicht völlig kugelig, sondern ellipsoidisch , indem ihre längste Axe wie die Längste Axe des Eies gerichtet ist. Auch ist sie nicht ganz in der jMitte des Eies, sondern, da sie leichter als das Eiweifs ist, so erhebt sie sich etwas in ihm gegen den Theil der Schaale, welcher bei irgend einer Lage des Eies obtMi lieüt. In der Mitte der obern Fläche des Dotters erblickt man durch die Dotter- iiaut durchschimmernd einen weilsen kreisförmigen Flecken, den Hahnenlrilt oder die ISarbe. Von der Dottcrkugol aus sieht man nach beiden Enden des Eies in das Eiweifs zwei weifse gedrehte Stränge hineinragen, welche die Hagelschnüre hei- fsen. Wir wollen jetzt diese Theile einzeln ins Auge fassen und mit den letzteren anfangen. e. Hagel- dIq Haffelschnüre CChalazae') *) haJjen ihren Namen davon erhalten, schnüre, <-> ^^ ^ -^ ^ • -i Chaiazae. dafs uiau beim ersten Anblick in jedem Ende des Eies zwei Reihen zusammen- hängender rundlicher Körperchen, die durch ihre weifse Farbe sich bemerklich machen, zu erblicken glaubt. Eine nähere Betrachtung zeigt aber bald, dafs man hier gedrehte Schnüre vor sich hat und dafs die wcilsen Klümpchen nichts sind, als Windungen dieser Schnüre. Gewunden sind nämlich die Schnüre im- mer, Aveun auch nicht immer auf dieselbe Weise. Entweder ist \G(\e Schnur nur in sich gewunden, so dafs sie selbst grade ist wie ein Seil, und man spiralförmige Streuen, die Andeulungen der Windungen, nur an ihrer Oberlläche >>iehf. Si<; ist aber auch dann nicht so gleichförmig dick wie ein Seil , sondern einzelne Stellen sind dicker. Oder jede Schnur ist auch selbst Avie ein Pfropfenzieher um einen mittlem nicht ausgefüllten Cjlinder gedreht. In diesem häuiigern l-'alle besonders erscheinen die dem x\uge am meisten zugekehrten Abschnitte als klum- pige jMassen, wenn man ihren Zusammenhang in der Tiefe nicht glt.icii Im - merkt **). bit^Q Schnüre werden aber nicht wie Seile aus zusammengedrehten Fig.S, Vor dem Verbrennen ist aber ein Theil des Schwefels und Phosphors im iingesäiicrtcii Zu- stande da. *; Grandines ; Tractus albuminosi ; Appendices filbuminis. Bei den letzteren Benennungen )5t aufser dem wcifscn Strange auch das dritte Eiweifs mit eingeschlosjeu. Ligarrnnta suspcnso- ria vi teilt. *) Nicht selten sieht man auch auf jeder Seite zwei gesonderte weifse Strange, einen gradcn, nur in «ich gewundenen, und einen meistens dünnem , der wie ein Pfropfenzieher in einiger Entfernung sich um Hen andern windet. Seltener sind auf einer Seite der Eier zwei Hngel- bchniire , die sich nicht um einander winden und mehr oder weniger von einander ah5t>!ien. 15 Fällen, somlern aus einer verdrehten Haut geLildet; denn nach der DoUerkugel zu breitet sich jede Schnur trichterlörmig in eine Haut mit auseinanderlaufenden Falten aus, ■vselche bald früher, Lald später sich an die Dotierhaut anlegt. iMan kann die beiden Trichter bei gehöriger Vorsicht bis ziemlich weit über die Dot- terkugel verfolgen, und wenn es auch in den meisten Fällen nicht gelingt, den einen Trichter über die ganze Dotterkugel weg bis in den Trichter der andern Seite zu verfolgen, so leidet es docli keinen Zweifel, dafs beide nur Theile einer gemeinschaftlichen Haut sind, welche die Dotterkugel umgiebt, (denn nirgends findet man ein bestimmtes Ende der Haut eines Trichters ,) und nur in der IMitte so eng an die Dotterhaut angedrückt ist, dafs man sie in den meisten Fällen hier nicht abtrennen kann. Da nun die Trichter selbst nur die nicht verdrehten Enden der Hagelschnüre sind, so sind die letzteren die verdrehten Enden einer Haut, welche die Dotlerkugel umgiebt. IMan hat sie die Haut der Ilagelschnilre {Mem- HautdeiHa- hrana c halazif er a) genannt*). — Es kommen Eier vor, wo diese Haut we- Memiran« ' niger eng an der Dotterkugel anliegt und die Trichter sich sehr ausbreiten, ehe sie ^^"^''^^f^''''- die Dotterkugel berühren. In solchen Fällen pflegt der Theil der Haut , der die Trichter bildet , nicht so durchsichtig , Avie geAvöhnlich , sondern weifs , wie ein mattgeschlilFenes Glas zu seyn. Ich habe ein Huhn besessen, das lauter Eier legte, in welchen die beiden sehr weiten und weifsen Trichter den gröfsten Theil der Dotterkugel verhüllten. In andern Fällen sieht man von dem Trichter einer Hagelschnur zu dem Trichter der andern auf jeder Seite eine weifsliche, bald schmalere, bald breitere Binde verlaufen, welche, wenn sie auf beiden Seiten sich findet, wie ein Ring oder künstlicher Horizont die Dotterkugel umgiebt. Man hat diese Binde den Gürtel des Dotters (Zona) genannt. Ich halte ihn weder Gürtel, für einen selbstständigen Theil, noch für conslant. Vielmehr scheint er mir eine ähnliche Metamorphose der Haut der Hagelschnüre, wie jene oben erwähnten weifsen Trichter, wofür auch der grofse Wechsel in der Breite, in der Stelle des Vorkommens und im ganzen Vorkommen selbst spricht **). Auch habe ich ihn viel häufiger vermifst, als gefunden. Zufall mag es sejn, dafs, während diejenigen Schriftsteller, welche auf diesen Gürtel ein Gewicht legen und ihm eine beson- dere Bestimmung zuschreiben, ihn in frisch gelegten Eiern beobachteten, ich ihn häufiger in Eiern sah, die wahrscheinlich längere Zeit gelegen hatten , am häu- figsten nämlich im IMonat August in angekauften Eiern, von denen um diese Zeit *) Hagelhaut; Hageltragende Haut; Erste Oberhaut des Dotter?. *) Wie Purkinj e habe auch ich mehr als ein Mal eine weifse Binde grade über den Hahnen- tritt verlaufend gesehen. 16 ein grofser Theil nicht ganz frisch zu seyn pflegt. Dasselbe hat Türkin je beobachtet. Viel ist darüber gestrittoii Avorrlen, ob die Hagelschnüre hohl sind, oder nicht. Es kann nämlicli keinem Zweifel unterAvorfen werden, dnfs während der Bebrütung die Dotterkugel an Umfang zunimmt und die Masse des Dotters flüssiger wird, wälu-end das Eiweifs an Flüssigkeit verliert. Es geht also wohl Flüssigkeit aus dem Dotter in das Eiweifs über. Da war es denn einigen Beobachtern wahrscheinlich, dafs die Ilagelschnüre wie Saug- adern oder ähnliche Kanäle die Flüssigkeit dem Dotier zuleiteten. Um diese Ansicht geltend zu machen, hat man behauptet, das dem Dotter zugekehrte Ende der Hagelschnüre münde durch eine Oeifnung der Dotterhaut in die Dotter- kugel ein und das abgekehrte Ende löse sich in Franzen auf, die als Sauglnsern wirken. Allen diesen Angaben kann ich nicht beistimmen. Zuvorderst mufs man den Trichter der Hagelschnur von der Dotterhaut unterscheiden. ZAvar ist der Trichter oft klein , und es liegt dann auch seine Spitze nahe an der Dotter- kusel, doch kann man die Dolterhaut immer wenijistens im Umfange einer Linie abtrennen, und man sieht deutlich unter dem Microscope, dals die Dotterhaut hier keine Oeffnung hat. Der Trichter ist allerdings hohl, seine Spitze geht nothwen- dig in die Hagelschnur ein und Vi\[st eine feine Sonde zuweilen eine Linie weit forl- schieben*), allein bald verliert sich alle Höhlung. Ferner kann man allerdings die Haut der Hagelschnur etwas aHfdrehen , wenn man sich die grofse JMühe nicht verdrielsen läfst, das zähe, eng anliegende innerste Ei weils scliichtenweise sorg- sam zu entfernen, aber meistens wird man kaum ein Paar Liuien weit den Strang aufdrehen, weil die Haut selir dicht verschnürt ist und im natürlichen Zustande keine Höhlung hat. Nur wenn die Hagelschnur kurz und in grader Linie ge- dreht ist, kommen einzelne kleine Stellen vor, wo die Haut, aus der sie besteht, so wenig verschnürt ist, dafs im Innern eine kleine Lücke bleibt. Doch sinr! diese Stellen sehr beschränkt. Eben so wenig sehe ich am al)gekehrlen Ende Saugfäden. Dieses ist vielmehr unregelmäfsig kolbig und nur das anhängende Ei- weils mag den Schein von solchen Fäden angenommen haben , indem man die eigentliche Ha"elsclinur aus ihm herauszoir. Die Hal, ♦-) In den meisten Fällen läfst sich ohne Abtrennung de? dritten Eiwoifses anch die feinste Sonde nicht in die Hagelschnur einführen. 17 ist, so müfste die Flüssigkeit auch hier durch die genannte Haut hindurchdringen wie im übrigen Umfange der Dotterkugel, und müiste sich aufserdom noch einen schwierigen Weg durch die verschnürte Hagelschnur bahnen , während sie im übrigen Umfange des Dotters nur durch die sehr dünne Dotterhaut und die mit ihr verschmolzene Haut der Hagelschnüre vom EiAreits getrennt ist *). IMan hat den Hagelschnüren noch eine zweite Bestimmung zugeschrie)>en, und zwar nu't etwas mehr Recht, die Bestimmung, die Dotterkugel in einer ei"en- thümüchen Lage zu erhalten. Wie man nämlich auch das Ei drehen mawischen. Die Dottermasse selbst oder die Dottersubslanz **) ist gelb gefärbt, von g Douer, einem hellen Schwefelgelb bis zur Pomeranzen -Farbe wechselnd. Im unbebrü- pj»^ ^"^c. d. teten Ei ist sie nicht flüssig, sondern nur sehr weich , mit Wasser eine milchige Auflösung bildend. Sie besteht im Allgemeinen aus Körnchen , die durch etwas ungefärbtes und ungeformtes Eiweifs verbunden sind. — Die Körnchen, von denen die gelbe Farbe der Dottersubstanz herrührt, sind von verschiedener Art. Einige sind gröfser und ziemlich regelmäfsig kugelig. Sie haben einen Durch- messer von 0,005 bis 0,0125 Linien und bestehen wieder aus kleineren, weniger gesonderten Körnchen. Ueberaus viel zahlreicher ist eine ungeheure Menge ganz kleiner Körnchen, die selbst unter sehr starker Vergröfserung wie Punkte erschei- nen, ohne scharf bestimmbare Formen. Der Grölse nach in der Mille stehend sind andere, nicht regelmäfsig runde, meist längliche, hellere JMassen, denen man ungeachtet ihrer Helligkeit deutlich anzusehen glaubt, dafs sie nicht hohle , Bläschen sind, in welchem Falle sie auch regelmäfsiger seyn müfsten. Sie sind nicht zu verwechseln mit glänzend hellen Oeltröpfchen, die in allen Dottern sich *) Membrana vitelli. VV o 1 ff spricht von zweiBlättern der Dotterhaut, einem innern und einem äufsern. Unter dem innern Blatte versteht er die Keimhaut, die im Umfange fest an der Dot- terhaut anklebt. — Dutrochet hat in einer frühern Arbeit {Mcmoires de la societe med, d'emulation T. Vllf. p. 1 et seq. — Meckel's deutsches Archiv f. Phys. Bd. F. S. 536) eine erste und zweite Dotterhaut beschrieben. Die erste ist dieselbe, die er später {Journal de physique Tom. 88. p. 120. Meckel's deutsches Archiv für Phys. Bd. VI. 5.381) die hagel- tragende Haut {Membrana chalazifera) nennt; die zweite ist die gewöhnlich sogenannte Dot- terhaut'. **) Das Gelbe vom Ei; Eigelb. C 2 20 finden , und sehen vielmehr au» -wie kleine Klümpchen Eiweifs. Eine vierte Art von Körpern ist rund , kleiner als die erste Art und enthält im Innern ein einzel- nes kleineres rundes Körnchen oder Bläschen. Diese vierte Art von Körpern finde ich meist nur in der Umgegend der Centralhöhle und auch da nicht in allen Eiern *). Centraihöh- Im lunem des Dotters ist nämlich ein Raum, der nicht von gewöhnlicher ^^' ' ' Dottermasse ausgefüllt ist. sondern nur eine eiweilshaltige Flüssigkeit mit einer gerint^en Quantität einer sehr Aveichen, weifsen, kleinkörnigen IMasse enthält. Von dieser Centralhöhle erhebt sieh ein hohler Gang nach dem Hahnentritte **). Ich zweifle nicht, dafs in der Höhlung der Grund liegt, warum der Dotter sich stets so dreht, dafs der Hahnentritt nach oben sieht. Zuvörderst schien mir die Centralhöhle selbst, so unregelmäfsig auch ihre Form ist, ihren Mittelpunkt nicht im Mittelpunkte der Dolterkugel, sondern dem Hahnentritte etwas näher zu ha- ben. Ferner macht aber auch der hohle Gang das Uebergewicht der entgegen- gesetzten Seile entschieden. Diese also sinkt nach unten und der Gang ist nach oben gerichtet. Der Gang aber geht immer auf den Hahnentritt zu ; sogar in dem o])en (§. 2. e.) erArähnlen Ei, wo der Hahnentritt so nahe an der einen Hagel- schnur sich befand, endete der Gang unter jenem, und dem entsprach die Stellung des Dotters. Die ßildungsgeschichte des Eies macht es überdies wahrscheinlich, dafs die Centralhöhle und der Hahnentritt in ihrer Entwickelung sich gegenseitig bedineen. und schon hierdurch wird es einleuchtender, dal's sie auch in der Stellung zunächst einander bestimmen ***). — Die Centralliöhle und der Kanal sind von einer Lage kleinerer und w'eifserer Körnchen ausgeldeidet, als die übrige Dottermasse enthält. Die Hauptbeslandtheile des Dotters sind EiweifsstoiF 0,17, Wasser 0,54, und Gel oder fiüssiges Fett 0,29. Wenn man ihn verbrennt, so bleibt etwas ») Die verschiedenen Arten der Dotterkörnchen sind sohr gut abgebildet in Gr u i thu i s e n's Beiträgen zur Physiognosie Tab. III. Die dritte Art von Körnchen, welche weilslich und un- r»gelmäfsig ist, fehlt aber. ♦♦) Häufig erreicht er den Hahnentritt nicht ganz. ♦**) Es ist auffallend, dafs Purkinje, der zuerst die Centralhöhle in seiner Gratulations- schrift an Blumenbach ausführlich befchrieben hat , nachdem man sie seit dem B ellin i- schen Problem (Comrnent. üonoMjVruej. Vol. II.) ziemlich vergessen hatte, dennoch die Stellung der Dotterkugel von den Hagelschnüren ableitet. Ich habe diesen Punkt so ausführlich be- handelt, weil er fast der einzige ist , in welchem ich von Purkinje abweiche, obgleich ich auch in diesem Abschnitte das Vorgetragene nur nach eigener Untersuchung gebe, mit Aus- nahme der chemischen Notizen. 21 })ho.sj)horsaure KaJkt'rde und Soda zurück liebst einem gallertarügea Slolf'e und einer Spur von freier Pho.sphorsäure *). Der "\richt]g!5te Theil clej- DoUerkugel endlich isl der schon Öfters erwähnte, h. Hahnen- nacli oben liegende Aveilse um! ninde Flecken, den man im gemeinen Leben den tricuia. Hahnentritt oder die Narbe **) (jOicat r icula) zu nennen pliegl. Bei genaue- ^'^^' '' rer Untersuchung lälst er zwei über einander liegende Theile erkennen, einen oberllächlichern und einen lieFeru. Jener ist in frischen, normal gebildeten Eiern eine runde Scheibe von v^ bis 2 Linien Durchmesser und etwa ^-^ Linie Dicke, die sich mit gehöriger \orsicht aljheben läl'st. Aus ihr entwickelt sich derEndjrjo. Unter ihi- liegt noch eine zweite, mehr uuregelmäfsige blasse , die in den Dotter tiefer eingesenkt und so unbestimmt gegen ihn begrenzt ist, dafs man sie nicht rein ausheben kann. P ander nennt jenen ersten scheibenförmigen Theil seiner Dünne wegen i. Keim, die „Keimhaut"' oder das „Keimblatt" (Blasto derina) ***). Ich habe ihn ^^"^'"^ Keim (Blas tos) genannt, weil aus ihm zwar das künftige Thier Aviid, er aber jetzt nicht die Deschaffenbeit hat, die uns sonst veranlafst , einen Theü mit dem Worte Haut zu belegen f). Er hat nämlich so wenig Consistenz in sich, dafs er, *) Die entfernteren Bestaiidtlieilo des Dotters sind nach Prout a. a. O. : Schwefelsäure ----- 0,00000—0,000.21 Phosphorsäure - - _ _ _ 0,00350 — ü,00-i0U Chlor - - - - - - 0,00028—0,00044 Kali und Natron (zum Theil kohlensauer) - 0,00027—0,00051 Kalk und Talkerde (eben so) - - - 0,00061 —0,0006« Eine geringe Menge Eisen. NB. Schwefel und Phosphor kommen aber auch im ungesäuerten Zustande vor. ♦*) Ich werde den Ausdruck Nai-be iiicht weiter für diesen Theil gebrauchen , da ich die Stelle, an weither der Eierstock sich öffnet um den Dotter austreten zu lassen — das Stigma nicht anders zu benennen weifs, als Narbe. Den Ausdruck Hahnentritt behalte ich bei, weil er zu allgemein verbreitet ist, um ihn zu verm-jiden. Er umfafst also Keim und Keimschicht, wie sie im Vogelei erscheinen. In der That bedür- fen wir auch eines Wortes, welches die gesamrnte Ansicln dieses weifsen Fleckens ohne wei- tere Bestimmung der Theile, die die Ansicht erzeugen, umfafst. Das fühle ich selir leb- haft in diesem Augenblicke, wo ich über das verschiedene Aussehen derselben auf einige Be- merkungen des Anhanges verweisen will. Diese Stelle wird auch „der Flecken " , Macula ovi , und von Harvey gemeinschattlich mit der über dem Hahnentritt gewölbten Dotterhaut Ovi oculus genannt. *♦♦) Pander's Keimhaut ist neuerlich auch Membrana genninativa genannt. •f) Der Hauptgrund aber , der mich bestimmt, Pander's Benennung Keimhaut mit einem an dem Worte zu vertauschen, liegt darin, dafs ich einen Namen zu wählen wünschte, der auf denselben Theil in allen organischen Körpern pafst. Er ist in vielen Fischeiern sehr dick beim Hecht ist seine Mitte wie ein Berg erhoben, weshalb die Benennung Keimhaut nur auf den Umfang angewendet werden kann. Der Ausdruck Keim dagegen p .Tst für alleThiere und 22 ungeachtet seiner nicht unbedeutenden Dicke, sehr leicht zerbröckelt, und bestellt aus dicht zusanmiengedrängten , kleinen, -Nveifshchen Körnchen, die durch Ave- nigen, ungeformten Stoff schAvach zusammengehahen werden. Meistens ist die JMitte des Keimes schon vor der Bebrütung — jedoch nur venig — heller als der Umfang. k. Keim- Die AYCifsgelbe Masse unter dem Keime nennt F a n d e r den Kern des Hah- ^Sunnnn nentHttes (Nucleus blasto dermatis) , ein Ausdruck, den man auch vor- proligentm. meiden möchte, da er der unwesenthchsle Theil ist. Ich nenne ihn die Keim- schicht (^Stratum proligerinn), \reil er aus einer ungeformten , nicht regel- mäfsig und selbststäudig gebikieten Schicht von -weilslichen Kügelclien besteht^ auf welcher der Keim ruht, und weil der Ausdruck Keimsclücht auf das Ver- hällnifs dieser Masse im frühern Zustande, wo er den Keim vorzubereiten scheint, gleichfalls pafst (vergl. §. 3. /.) und überhaupt nichts bedeutet, als der Theil des DoUers, der mit dem Keim in nächster Beziehung steht. Die Keim- schiclit ist nicht nur ohne bestimmte Grenzen in den Dolfer eingesenkt, sondern klebt auch au den Rand des Keimes an. bi der ]\liUe aber steht sie von ihm ab und in diesem Alistande ist etwas Flüssigkeit mit einigen Klümpclien ^veifsen Stoffes. Die Mitte der Keimschicht ist viel dicker und ragt daher wie ein Zapfen Hügel der ^^^ ^1^^^ Dotier hinein. Wir nennen ihn den Hügel der ^eimschicht , Cumulus Keim- schicht, Cu- jjro ligerus *^. """ " '"^ Nachdem wir nun den Bau eines gelegten, aber noch nicht bebrüteten Eies und seine einzelnen Theile kennen gelernt haben, wollen wir seiner Bildungs- geschichte und der Entstehungsweise dieser einzelnen Theile bis zum Augeid>licke des Legens nachforschen. gerus. "ö^ §. 3. Bildung des Vogeleies im Eierstocke. a. Dotter- Schon lange l)evor ein Vogel ausgewachsen ist , sieht man in seinem Eier- Taf^iir stocke kleine Bläschen, deren Inhalt anfänglich ziemlich hell und flüssig ist. Jig. 1. c. Diese Bläschen wachsen je nach derGröfse des Vogels zu dem Umfange von Hirse- körnern oder Erbsen heran, machen die Oberfläche des ursprünglich flachen Pflanzen. Die Keimkörner der niedern Thiere und Pflanzen sind nichts anderes, und man hat also jetzt nur rn sagen, der Keim ist bald ein Körnchen, bald ein Hügel (Fische), bald ein hohler Sack (Schnecken), bald eine kleine Platte (Vogel). *) Kern des Hahnentriltoi , Nucleus cicatriculac , nach Pander. 23 Eiej'slocke.s iiiigeli^ uud IjleiJjcn tlanii in dieser Gröilse Lis zur Taarunoszeit. Sie sind die künlligoii DoUerkut^ehi. So wie nämlich die raarungszeit heranrückt, acinvellen i\ie nieislen sehr au , immer a]>er J>leihen einige unentwickelt für die Zukunft aufiJe^^ahrt. Die ajischwellenden erhalten zugleich einen dickern Inhalt, der Ijald milchig aussieht, sich darauf immer mehr gelb färbt und als Dotter zu eikennen giebt. Die vergröiserlen Dotterkugeln treten dabei viel weiter aus der Fläclie des Eit-rslockes hervor und ziehen ihre nächste Umgebung, einen Theil des Eierstockes nändich, aus der idjrigeji Masse hervor. Wenn nun eine Dotterkugel schon grols ist, so hängt der hervorgezogene Theil nur vermittelst eines dünnen Stieles mit dem übrigen Eierstocke zusammen. Der ganze Eierstock sieht, wenn recht \iele vergröfserte Dolterkugehi an ihm hängen, wie eine Traube mit gro- Isen reifen Beeren aus , da iler verbindende IMittellheil des Eierstockes unbedeu- tend gegen die Dotterkugeln ist. Um sich davon eine Vorstellung zu machen, denken Sie sich nur, dafs der Dotier eines Huhns und so jedes andern Vogels schon im Eierstocke zu dem Umfange gelangt, den er im gelegnen Ei haben soll. Wo viele Eier nach einander gelegt werden, ist freilich nur immer eine Dotterkiigel ganz grois, während die übrigen noch nachwachsen. Indessen ist doch die ganze IMasse der reifenden Eier ungeheuer im Verhältnifs zu der Gröfse des unreifen Eierstockes. — Die gröfseren Dotterkörner aus unreifen Dotterkugehi zertheilen sich im A^ asser sehr schnell in kleinere Körnchen; zuweilen sah ich dabei eine Haut als Hülle des grofspn Dotterkorns zurückbleiben — meistens konnte ich jedoch kein solches Häutchen bemerken. Hiernach scheint es, dafs bei der Aus- bildung des Dotters neue Dolterkörner sich durch Auflösung der früheren bilden. Schon Avenn die Dotterkugeln noch ganz kleine weifsliche Blasen sind, lin- det man jede von einer eigenen, fast sphärischen Hülle umgeben, die wir Kapsel b. Kapsel, (Theca) nennen wollen. Diese Kapsel Avächst nun mit dem Dotter zugleich und Fig. i. *. wird beim Hervortreten des Dotters an die Wand des Eierstockes angedrängt. Sie besteht nicht aus einer ganz einfachen Haut, sondern aus zwei eng mit einander verbundenen Schichten. Die innere ist dicker, mit sammetartig unebener, nach innen gekelirter Fläche, und in ihr sind viele Ideine hellere Stellen. Sie hat übei"- haupt Aehnlichkeit mit solchen Häuten, welche die Analomen ScUeimhäute nen- nen; die hellen Stellen scheinen aber oifene Mündungen von Blutsefäfsen zu seyn, so dafs die Dolterkugel durch unmittelbaren Zutritt des Blutes ernährt zu werden scheint *). Bis in die Dottersubstanz wird das Blut aber nicht dringen *) Hierüber gedenke ich nächstens iu Meckel's Archiv für Anatomie und Physiologie etwas ausführlicher zu sprechen. 24 können, da man in der Dotterhaut keine Lücken bemerkt. Die äufsere Schicht der Kapsel ist viel dünner und besteht aus einem gicichmäfsig verdichteten Zell- gewebe. c. Narbe, Wcnu dcr Dottcr anfängt aus der Fläche des Eierstockes in Form einer Figf'i — 2. Beere herauszuragen , so zeigt sich auf dem vorspringenden Theile dieser Beere ein bogenförmiger weifser Streifen. Er entslehl dadurch, dafs hier die Kapsel schon ursprünglich, oder doch sehr früh an die Haut des Eierstockes angeheftet ist. Auch geht kein Blulgeiäfs in diese A^rt/Z)e QStigrna) ein, Welmehr sieht man die zahlreichen und weilen BJulgefäfse, mit denen jede Beere soAvohl in der äu- Isern Haut , als in der Kapsel reiclihch versehen ist , am Rande der Narbe auf- hören , oder netzförmig in einander übergehen. Da die Narlje also nicht durch Bhilgefäfse ernährt wird, so verliert sie an Festigkeit und bekommt eine Geneigt- heit aufzureifsen. Am Rande der Narbe ist aber die Kapsel mit der Haut des liierstockcs vollständig verwachsen. Nun sieht man leicht ein, dafs, yrenn der Andrang von innen immer stärker wird , die Narbe ihm })ald nicht mehr wider- stehen kann, zuletzt aufreifsen mufs und die Dotterkugel herausfallen läfst, aber ohne Kapsel, indem diese, die an den Rand der Nar]>e angewachsen war, mit dem Eierstocke durch Blutgefäfse verbunden ist , mit der Dotterkugel aber nir- gends zusammenhängt, zurückbleibt. Ein solches Aufreifsen, befördert, wie es scheint, durch eine vitale Auflösung der Mittellinie in der Narbe, erfolgt nun wirklich, wenn das Ei gelegt werden soll. Die Haujotveranlassung dazu giebt die Befruchtung, welche eine so starke Spannung hervorbringen mufs, dafs die Narbe nicht mehr widersteht. Die meisten Vögel legen auch in der That nur Eitr nachdem sie befruchtet Avorden sind. In sehr productiven Vögeln machen sich die Dotter aber auch selbst frei, und bekanntlich legen die Hühner, die eben die productivsten Vögel sind, Eier, auch w^enn sie entfernt von einem Hahne ge- halten werden, obgleich etwas später, als wenn sie befruchtet Avorden sind. Dasselbe ist bei anderem Hausgeflügel wenigstens nicht selten. Einzelne Bei- .spiele hat mau von vielen Vögeln. d. Kelch, Wenn der Dotter herausgetreten ist, sieht die zurückgebliebene Beere, — r^2 s^ die ihn einschloTs, wie ein hohhr Kelch (Calyx) aus. Die auisere Wand des Kelches *) nämlich wird von der hervorgedrängten AVaud des Eierstockes gebil- det (welche noch einen ganz dünnen Ueberzug von einem Luftsacke hat) ; die Höhlung ist nichts als die aufgerissene , viel dickere Kapsel **) ; dfjr Rand ***) ist ♦1 Fig. 1. a. **) Ebend h. * ■ ♦*♦) Ehend. c. (im Durchschnitte). In dieser Figur mufs maö sich die Dotterkugol wegden- ken , um den Kelch zu habiMi, 25 . ist aber uiclil Jvreisförmig , sondern zweilippfg , wie sich leicht denken läfst, da er durch die aufgerissene Narbe gebiklet Avird. ZAvischen der äursern Wand und der Kapsel ist etwas aufgelockerte IMosse*), die dem Eierstocke scll)sl angehört, und der Stiel (^Petiolus) **), in welchen die Kapsel nicht hineinragt, enthält nur diese JMasse. I'ald nachdem der Dotter ausgetreten ist, verschrumpft der Kelch, da nichts daist, was ihn ausgedehnt erhöh, und in wenigen Tagen zieht er sich wieder in die Masse des Eierstockes zurück, eine kaum merkliche Spur für einige Zeit zurücklassend. Zuweilen, aber lange nicht immer, ist die Höhlung des zurückgezogenen Kelches von der Grö£se eines Slecknadelknopfes noch lange im Eierstocke kenntlich und ist dann von einem gelben Saume umgeben, so dais vr grofse Aehnlichkeit mit jenen Narljen hat, die im Eierstocke der Säugethiere nach dem Austritte des Eies zurückbleiben, eine Zeillang offen sind und gelbe Körper genannt werden. In andern Fällen verwachsen die Lippen des Kelches mit einander, noch ehe er ganz klein geworden ist. Wir müssen aber nun, ehe wir die Dotlerkugel auf dem fernem Wege verfolgen, ihre ßeschaffenheit vor deih Austritte näher kennen lernen, um zu wissen, was für die Bildung des gesammlen Eies der Eierstock hergiebt und was nicht. Schon ehe der Dotter seine völliiie Reife im Eierstocke erlan^^t hat, läfst ^- i^otter sicli eine dünne Haut erkennen, die ihn ganz umgiebt und nirgends mit der Kap- cula viteiu, sei verwachsen ist. Es ist die Dotterhaut. Sie umhüllt den Dotter beim Austritte '^' ' '^' eben so, wie später im geleglenEi, hat aber jetzl kein Eiweifs um sich. Wenn der Dotter reif ist, läist sich an ihr keine Organisation erkennen; sie scheint vielmehr eine dünne Oberhaut und unterscheidet sich von ilirera spätem Zustande im geleglen Ei nur dadurch, dafs an ihrer innern Fläche eine dichtere Schicht von Dotterkügelchen enger anliegt. In unreiferen Dotterkugchi ist die Dolterhaul dicker; es sind viele Körnchen in ihr eingewachsen und bilden eine innere vSchichl von ihr. In ganz kleinen Eiern ist statt einer dünnen Oberhaut eine dicke, ganz aus kleinen Kügelchen bestehende Schicht, und es scheint daher, dafs diese dicke Schicht sich ei\*t aihnählig in die bekleidende oberhautähnliche Dotterhaut und jene Lage von Dotterkügelchen theilt, welche man im gelegten Ei, durch wei- Isere Farbe ausgezeichnet, die ganze Masse des Dotters überziehen sieht ***). So viel ist gewifs, dafs, wenn diie Dotterkugel nur noch die Gröfse einer Erbse hat, *) Fig. 1. zvvisclien a und b. **) Ebend. 1. ***} Vergleiche oben §. 2. /. //. B 26 (]i(; körnige Haut, wolclie den DoUer zunächst uragieht, noch nicht einmal eine glatte äulsere Fläche hat *). /. Keim- jj^ ^^3j. Dotterkugel ist ferner schon sehr lange vor der Reiße, an einer SC Iiiclit ' • Strntumpro- Stelle dcr Oberfläche, doch am häufigsten in der Nähe des Kelch -Stieles, zuAvei- T'fg.'i!"c. len aber auch dicht an der Narbe, oder an irgend einer Siehe des Kreises, der dujch die kleine Axe des Dotters bestimmt wird, nie an den Enden der Längcnaxe, ein wcifser Flecken zu sehen , der meist durch die Kapsel und den ganzen Kelch durchschimmert. Da auf dem Dolter des gelegten Eies auch ein Aveifser Flecken ist, so war es sehr natiirhch, dafs man den Flecken auf dem Dotter, so lange er noch im Eierstocke lieat, für denselben hielt, und ihn auch den Hahnentritt nannte. Das ist auch in gewisser Hinsicht richtig. Nur ist der Flecken auf dem noch nicht ausgetretenen Dotier kein wirklich gesonderter Theil, sondern nur eine Modification des Dotters, die durch keine bestimmte Grenze vom üljrigen Dotter , und namentlich der oberflächlichen weifsen Schicht desselben^ geschieden wird. Ich betrachte sie daher nur als eine besondere Schicht des Dotters und habe sie bereits in der Beschreibung des gelegten Eies Keimschicht (^Stratum Keinischei- proligeriini) genannt. An der Oljerfläche dehnt sie sich scheibenförmig aus ^p^roUg^erZ"!' (Keimscheibe , Discus proligerui). Die Mitte aber ist verdickt, und diese , ^,H^^ mittlere Erhabenheit raizt nach innen gegen den eigenthchen Dotter vor, als Hd- der Keim- ^ . v ^i>. sclii cht, Cu- gel der Keimschicht (Cumulus pr ölig er u s) }. inulus pioli- '''^'"^' Die Keimschicht hat in der JMilte eine ganz kleine helle Stelle, die fast wie bläschen"^ ein Nadelstich aussieht. Bei näherer Betrachtung aber findet sich ein sehr klei- ^roUficI. "^»j höchst zarles Bläschen, mit heller Flüssigkeit gefüllt, mitten im Hügel der Fig.ibei«. Keinihchicht liegend und bis in den Mittelpunkt der Keimscheibe vorragend. Dieses Keimbläschen (yesi<;ula prolifica s. F'es. Purlinji) ist schon sehr früh im Dotter bemerkbar , denn wenn die Dolterkugel nur noch eine halbe Linie im Durchmesser hat, ist schon das Keimbläschen in ihr sichtbar, und in Eiern von der Gröi'se einer Erbse ist es fiist eben so grofs wie in ausgewachsenen Dottern. Ja nach Untersuchungen in andern Thieren wird es wahrscheinhch, ♦) Diejenigen Beobachter, welche die Schaalenhaut schon im Eierstocke gesehen zu liaben glauben, müssen entweder die Kapsel oder die ursprünglich körnerreiche Dotterhaut dafür angesehen haben. Die Schaalenhaut fehlt dem Ei sogar in der obern HäJfte des Eileiter«, worüber die Untersuchung gar keinen Zweifel übrig läfst. ♦*) Im Dotter des Vogels liegt keine Nötliigung, lieide Abschnitte, die nicht scharf von einander abgegrenzt sind, besonders zu benennen, allein die Eier von andern Thieren machen es räth- lich diese Abschnitte auch im Namen zu scheiden. Hierüber mehr bei Vergleichung der Entwickclung verschiedener Thierklassen. 27 clal's dieses Blüi-clieu zuerst da ist und das übrige Ei sich darum Ijildet. 01/ es auch im Huhn vor dem ersten Entstehen der Dotiermasse auftritt, mufs noch un- entschieden bleiben , weil die Dicke der Kapsel und der Dotierhaut die Unter- suchung hindert. So viel ist aber gewils, dafs es verhällnifsmäl,sig um so gröl'^er ist, je weniger die Dolterkugel sich entAvickfclt hat. Es ist ferner gewifs, dafs es in der ersten Zeit mehr in der Mitte des Dotters liegt und sich dann der Oberiläche nähert: eine Wanderung, die im Huhne schon sehr früh erfolgt, in manchen an- dern Thieren aber erst spät. Ja Avenn ich nicht irre, so rückt es auch in dem schon reifenden Yogeldotter immer mehr durch die Keimschicht hindurch gegen die Oberiläche. In dieser ^Vanderung könnte wohl der Grund für die Bildung der ('entralhülile und ihres Kanales liegen. In dem Froscliei^ wo die Wanderung der Bläschen spät erfolgt, ist dieses freilich augenscheinlicher als im Vogelei. Der Inhalt des Keimbläschens ist zwar eine ganz durchsichtige Flüssigkeit, in derselben schwimmen aber doch sehr kleine und helle Körnchen. So haben wir nun alle Theile des Dotters , so lange er im Eierstocke sich f'- Folgen befindet, kennen gelernt, und es wird Zeit sejn, dafs wir der Entwickelung fruditnng. des Eies, bis es gelegt wird , folgen; doch beleuchten wir vorher noch die Frage, welche Wirkung ilie Befruchtun« hat. Nach der Paarung reifst die Narbe des Kelches auf und läfst den Dotter austreten. Da aber, wie schon bemerkt wurde, dieses Austreten bei Hühnern häufjg und auch Ijei andern Vögeln in seltenen Fällen ohne Paarung eintritt, so ist für dasselbe die Paarung nicht unumgänglich nothwendig, sondern nur fördeilich. Hiernach darf man den Auslritt der DoUerkugel als Folge einer gewissen Reife betrachten. Diese Reife wird bei sehr productiven Vögeln auch ohne Paarunij er- reicht, obgleich stets langsamer, bei den meisten tritt aber die Reifung ohne Be- gattung nicht ein, und man sieht also, dafs in den meisten Fällen der weil diche Vogel allein die Eier nicht bis zu voller Reife bringt. Um die Zeit des Austrittes , schwindet aber auch das Keimbläschen, und da seine Wand sehr dünn i.st, so bleibt von ihm nichts übrig als ein ganz kleines Tröpfchen Flüssigkeit. Das Ver- schNvinden des Keimbläschens scheint ebenfalls durch die Befruchtung beförde] l zu werden, erfolgt aber, wenn diese ausbleibt, auch ohne sie, denn schon im Ei- hüler iindet man das Keimbläschen nie mehr, die Befruchtung mag erfolgt seyn oder nicht. Purkinje stellt daher die Frage auf, ob das Keimbläschen nicht etwa enförmig zusammenhängende grölste Kreise, "syährend der Mit- telpunkt des Dollers immer in der JMitte bleibt. c. Eiweifs- Dgr Kileiter erhält von dem Augenblicke an, wo er sich anschickt das Ei aufzunehmen, einen starkem Zuffufs von Blut, Avie man schon an der dün- nern , trichlerformigen Bauchmündung durch etwas vermehrte Röthung erkennt. Am übrigen Eileiler sieht man mehr eine Vordickung der blasse und auf der innern Fläche einen Ergufs von Eiweifs, der besonders stark an der Stelle ist, an wel- cher sich das Ei eben Ijeündet. Es ist offenbar, dafs der Pieiz des durchgehen- den Eies besonders den Ergufs von Eiweifs bedingt, da man, wenigstens wenn (Ins Ei in der untern Hälfte des eigentlichen Eileiters sich befindet, nur in seiner I7fnich bildet, avj^ »jir^schoH oben (§. 2. c.) ^eigtep. , Hier- auf mufs auch die Bildung der Schaalenjh.au t und der Haut der Hagelschnüre be- ruhen. Beide scheinen mir eigenllich dem EiAveifse anzugehören und die Haut«- der äufsern und dvr innern Fläche desselben zu sayu. Beide Averden er>t im leU- ten Theile des eigentlichen Eileiters und im Eihäller sichtbar. Da sich um da.s Eij, so lange es im Eileiter sich befindet, immer neue Schichlen KiNyeifs aidegen. .4ty kann sich keine ä'ufsere Haut bilden. Diese scheint im Ende des Eileiters zu entstehen, avq ich sie deutlich sali, und sich zu vvr.stärken, , indem das Ei aus den) Eileiter in den Eihäller durch den el^vas verengten üeljergang gedrängt \\ ird denn im Eihäller, aa'O ich das Ei sehr oft sah, fand ich immer schön du' Scliaalen haut ge])ildet. 31 Auffallender ist es, dafs auch die Haut der Hagelschimre nicht gesehen e. Bildung wird, so lange das Ki im Eileiter sich Lefuidet. Noch im hin lern Ende des Eilei- schnüre und lers fand ich das Eiweifs völlig durchsichtig ohne Hagelschnüre, und wenn das ^^''^^'^ ^'*"^" Ki erst ivurze Zeit in dem EihäUer liegt und die ersten Kalkkrystolle der Schaale sich zeigen, sind die Hagelschnüre noch sehr kurz und nur hei sorgfältiger Beob- achtung kenntlich. Deutlicher und länger sind sie, Avenn die Kalkschaale ihrer Vollendung nahe ist. Ich gestehe, dafs das Fehlen dieser Haut im Eileiter mich lange z^veifelhaft gelassen hat, ol> sie denn >virklich die innere Abgrenzung des Ei^veifses gegen die Dotierkugel sej: eine Ansicht, i\it so ganz natürlich und un- ab^Yeisba^ aus allen Verhältnissen derselben hervorzuleuchten scheint. Ist die Haut der Hagelschnüre die innere Begrenzung des Eiweifses, so können ihre ver- schnürten Enden, die Hagelschnüre selbst, nicht füglich anders erzeugt Averden, als vor der Bildung der Kalkscliaale, zu einer Zeit nämlich, \\o eine Kraft, Avei- che auf Bewegung des Eies "wirkt, auf die Enden des Eiweifses Jjesonders Avirken kann, sey es durch unmittelbares Drehen dieser Enden, oder auch nur durch Halten derselben. Die Haut der Haiielschnüre steht nämlich zu der Dotlerku"el in einem Verhältnisse, das Avir uns am besten versinnlichen , vrenn vsrir uns eine mit Wasser gefüllte Blase in einem häutigen Cylinder, etwa ein entleertes Darm- stück, gesteckt denken. Lassen wir nun das Ganze sich nach einer Richtung um seine Axe schAvingen , wobei wir al)er die Enden des Darmes festhalten , so wer- den diese Enden immer mehr verschnürt vrerden. Eben so werden sie verschnürt, Avenn wir die Mitte, aao sich die Blase findet, halten und dagegen drehende liräfte auf die Enden AA'irken lassen , oder wenn wir das eine Ende halten und an dem andern allein drehen, Avobei denn die Mitte nach derselben Richtung, aber nur in halb so viel Umkreisen sich drehen AA^ird. Alle diese Verhältnisse selten noch, wenn Avir statt eines wirklichen Haltens nur ein Zurückbleiben, sey es auch nur durch die Nachgiebigkeit des anhängenden Eiweifses, annehmen. Ein jedes Hindernifs gegen die Drehung Avirkt als ein relatives Halten , Avas AYohl an sich so klar ist, dafs es unnöthig erscheint-, die Sache noch anschaulicher zu ma- chen. Wenn wir aber das Ganze drehen, und die Enden durch nichts gehindert Averden sich eben so zu drehen Avie die Mille, so kann gar keine Verschnürung entstehen. Es ist nun keinem ZAveifel unterworfen, dafs das Ei im Eihälter stark ge- dreht A\^rd. Man kann die Drehung in einem gleich nach der Tödtung geöffneten Huhne sehen, und die Drehung ist zuAveilen so gCAvaltsam, dafs das stumpfe Ende des Eies nach der ICloake der Mutter hingekehrt wird, Avie nicht nur von Pur- kinje, sontlern auch von mir mehrfach beobachtet ist. Dennoch glaube ich 52 nicht, dafs das Drehen des Eies im Eihälter allein die Chalazen erzeugen könne, weil es zuvörderst nicht die innere Haut des Eiweifses von der Dotterkugel ab- ziehen könnte, um die Hagelschnur daraus zu Lüden, und >Yeil das Eiweifs mit Ausnahme der letzten Zeit eine ziemlich gleiche Consistenz hat und kein flüssiges Eiweifs nach aul'sen liegt. Bei dieser gleichmafsigen Zähigkeit des Eiweifses mufs eine Kraft, welche zunächst drehend auf die Schaale wiikt, die Dotterkugel bald mit l)ewegen. Wenn überdiefs die Bewegungen im Eihälter gleichmälsig sejn sollten, so würfle jeder Theil im Ei sehr bald die seiner Entfernung von der Axe zukommende Geschwindigkeit haben und gar keine Drehung mehr erleiden. In der IJeijerzeuguug, dafs die Versclinürung der Hagelschnüre früher erfolgt, be- stärkt mich foli^ende Beoljachtung. Ein Ei, das mit ganz weicher, unvollendeter Schaalenhaut gelegt war, untersuchte ich in Bezug auf die Chalazen und sah zu meiner Verwunderung nur an dem einen Ende einen ganz kleinen Anfang dersel- ben am andern aber Avar das Eiweifs durchaus durchsichtig, ohne Spur der Aer- schnürten weil'sen Hagelschnur. Das Ei blieb so mehrere Stunden liegen, und nach Verlauf derselben sah ich auch in dem früher völlig durchsichtigen Ende eine ganz rollständige Hagelschnur. Ich schlielse hieraus , dafs zum Weifswerden und zur voliständigeu Absonderung der innern Fläche des Eiweifses einige Zeit er- fordert wird, dafs aber dennoch diese Fläche vollständig verdreht seyn kann, ohne weifs zu werden. Ein Ei wird nämlich mit weicher Schaale gelegt , wenn es zu kurze Zeit im Eihälter verweilt hat;.".;:Diese-Zeit hat im vorliegenden Falle nicht hingereicht zum Undurchsichtigwerden und zum Selbstständigwerden (]Qr innern Fläche des Eiweifses. Das Verdrehen der innern Fläche war aber schon vollsläudig erfolgt, wie die nachfolgende Erscheinung der Hagelschuur lehrte. Hiernach wäre meine Ansicht von der Bildung der Hagelschnüre folgende. Die innere Fläche des Eiweifses hat, wie überhaupt die Grenze des Eiweilses, eine Neigung zum Gerinnen. ^Venn nun das Ei im Anfange des Eileiters fortge- schraubt wird , so verdreht der spiralförmig sich zusammenziehende Eileiter die dünnen säulenförmigen Verlängerungen des Eiweifses , da er sie jetzt unmittelbar mit fassen kann. Die innere Fläche des Eiweifses wird also mit verdreht und zu- gleich verlängert, von der Dotlerkugel gleichsam ai)gesponnen ; denn wenn sie auch ursprünglich nur an der Dotterkugel lag, so muls sie sich doch immer mehr- davon nacJi beiden Enden abziehen (indem sie sich zugleich verlängert), wenn die Enden des Eiweifses vom Edeiter gefafst werden, gleichviel ob sie dabei für sich gedreht oder nur gehalten Averden, während die Dolterkugel gedreht wird. Die innere Fläche des Eiweifses kann aber bei dieser Vorstellung doch nie die äu- fsere Fläche desselben erreichen, wie denn auch nie die eigentliche Hagelschnur die 33 die Schaaleiihaut erreiclit. Allmäklig kommt aber immer mehrEiAveifs hinzu und das Verdrehen der ersten säulenförmigen Enden (des später mehr gesonderten drit- ten Eiweifses) kann jetzt weniger unmittelbar , sondern nur durch die Zähigkeit des Eiweifses bewirkt werden. \'\ eun im Eihälter die Schaale sich zu bilden anfängt , ist im Anfange das Eiweifs noch von ziemlich gleicher Zähigkeit. Es sind die werdenden Hagel- schnüre mit dem sie zunächst umgebenden innersten Eiweifse von dem übrigen Eiweifs noch gar nicht abgegrenzt. Aus diesem Grunde mufs bei der Drehung die Verschnürung zunehmen. 'Wäre aber die Drehung im Eihäher gleichmnfsig , so würde bald jeder Theil die Geschwindigkeit der Bewegung erhalten, welche sei- ner Entfernung von der Axe, um welche die Drehung geht, entspräche, und alles relative Lagenverhältnifs der Theile im Ei würde von jetzt an unverändert bleiben. ^Veil man aber irt der letzten Zeit vom Verweilen des Eies im Eihälter das dritte Eiweifs vom mittlem mehr gesondert findet *) und eben so zwischen Scliaale und dem übrigen Eiweifse sich ein mehr flüssiges, oder das äufsere Eiweifs zu zeigen aufäugt, so vermuthe ich, dafs die Bewegungen des Eiliälters ungleich und ruck- weise sind , (wofür auch schon die verwandten Bewegungen des Fruchthälters der Säugethiere sprechen,) dafs also die Schaale, auf welche die Bewegung zunächst wirkt, am Eiweifse zerrt und dadurch die Sonderangen veranlafst werden. Ich will damit keinesweges läugnen, dafs im Eiweifs selbst eine Neigung liegen mag, die flüssigen Theile mehr nach aulsen zu sammeln, jenes Verhältnifs würde aber die Sonderung erleichtern, würde es auch anschaulich machen, warum das mittlere Eiweifs an beiden Enden in der Axe des Eiweifses, also an der Schaalenhaut fester anhängend bleibt. — Dafs auch die Neigung der Dotterkugel, einen bestimmten Theil nach oben zu richten, auf die Drehung der Hagelschnüre Einflufs hat, will ich hier nur erinnern, ohne es näher durchzuführen, da dieser Umstand wohl nur wenig Einfluis hat und ich schon zu lange bei diesem Gegenstande verweilt habe, weil ich ihm einige Wichtigkeit zuschreibe **}. Das Ei verweilt ziemlich lange im Eihälter, meistens gegen 24 Stunden. /• Bildung Hier wird nun auch, wie schon im Vorbeigehen öfters bemerkt wurde, die Ei- schaale gebildet. Aus den grofsen Zotten des Eiliälters wird nändich eine Flüs- sigkeit ergossen, die weüs und zähe ist, wie Kalkmilch in verdünntes Eiweifs *) Sehr oft ist das dritte Eiweifs mit der enthaltenen Hagelschnur ganz zurückgebogen, so dafs das freie Ende der Befestigung an der Dotterkiigel nahe liegt. **) Wie der Leser aus einer spätem Stelle in dem „Leuchtkugeln" überschriehenen Abscltnittr ersehen wird. //. E 34 CTe^ossen. IMit Hülfe dieser Flüssigkeit bildet sich jelzl eine ziemlich feste Haut und in derselben erscheinen Kalkkrystalle , die zuvörderst einzeln und weit von einander «etrennt sind, dann an Zahl zunehmen und nicht mehr zu unterscheiden sind. Diese Kalkkrjstalle lagern sich nicht auf die Haut auf, sondern liegen iu ihr so dafs man, wenn sie anfangen einander zu erreichen, unter dem Micro- scope eine dünne Schicht organischer IMasse über und unter der, Kalklage abtren- nen kann. Der Kalk wird also nicht eigentlich von aufsen angesetzt, vielmehr scheint die Schaalenhaut den ergossenen StoiF aufzusaugen und die festen Theile nach aufsen abzusetzen , die flüssigen Theile aber auszuscheiden unter ilirer innern Fläche, wo sie als äufseres Eiweifs sich sammelt, wodurch die Verbindung des frühern Eiweifses mit der Schaalenhaut inmier mehr sich löst *). g. Bildung Auf dem Wege, den das Ei im Eileiter zurücklegt, bildet sich der Keim, des Kcinips. ^^.^^^^^^ ^^^ j7| befruchtet war. Da vor der Aufnahme desselben in den Trichter das Keimbläschen zu schwinden scheint, so liegt die Vermuthung nahe, dafs un- mittelbar aus dem Inhalte des Keimbläschens der Keim gerinnt. Diese Vermu- thung erhält noch dadurch mehr Gewicht, dafs das Keimbläschen, so viel ich habe beobachten können, Ijeim Reifen des Dotters immer mehr aus der Keim- schicht emportaucht und gegen die Dotterhaut vorragt. Wenn er reifst, wird sein Inhalt also zwischen Keimschicht und Dotterhaut sich crgiefsen. Dennoch scheint der Keim nicht eine unmittelbare Bildung des Keimbläs- chens denn zuvörderst wird aus dem Inhalte des Keimbläschens in unbefruch- teten Eiern kein Keim. Wenn solche Eier gelegt werden, so besteht der Hah- nentritt nur aus einer unregelmäfsigen, gegen den Dotter nicht scharf begrenzten, weifsen Masse , die sich nicht in Form einer zusammenhängenden Platte abheben läfst. Es ist also nur eine Keimschicht da und sie unterscheidet sich nur von der Keimschicht des unreifen Dotters durch gröfsere Ausdehnung und eine ungleich- mäfsJiie Verlheilung der weifsen Su])stanz, die kleine, w^enig zusammcniiängende Inselclien bildet. Daraus schon wird es wahrscheinlich , dafs die Flüssigkeit des Keimbläschens sich mit der Keimschicht verbunden hat, hier jedoch ohne eine «^esonderl(! Bildung hervorzurufen. In befruchteten Eiern, die ich im Eileiter fand, schien mir die Keimschicht verdickt, in sich mehr zusammenhängend ohne oesonderten Keim, aber doch zwei Schichten andeutend. Erst im Eihälter konnte *) Einige Beobachter läiignen das üufsere Eiweifs im eben gelegten Ei völlig. Ich habe allerdings zuweilen das äufsere flüssige Eiweifs im eben gelegten Ei noch nicht völlig abge- grenzt gefunden , obgleich in andern Eiern die Sonderung sehr deutlich war. Ich glaube mich aber nicht zu irren, wenn ich behaupte , dafs, je harter die Schaale wird, um so flüssi- cor unter ihm das Eiweifs werde, noch che es völlig von d-ni tiefern abgesondert wird. tuna. 35 ich einen Keim von einer unten liegenden Keimschiclit al^Irennen. liiernach glaube ich, dals der Inhalt des Keinihlnschens sich mit der ur.spriiniJÜchen Keim- schiclit verbindet, und daTs, -svenn eine Befruchtung erfolgt ist, in dieser Masse eine Sonderung in einen aufliegenden, in sich mehr zusammenhängenden und schärfer begrenzten Keim, und eine unten lie^rende Keimschichl erfolgt. Nachdem der Bau des Eies vollendet ist, wird es ziemlich rasch durch den ^- 9^^"^* lies Ej16S Eiergang in die Kloake getrieben, auf Avelche Bewegung ohne Zweifel die Zusam- menziehungen des muscuJösen Eihälters austreibend Avirkt. Aus der Kloake ^^ird das Ei endlich völlig zur Welt gebracht. §. 5. Veränderungen des Eies während der Bebriltung. Ein jedes Ei entwickelt sich nur unter dem Einflüsse einer beslinmilen "• BebiU- AVärme, Das Hühnerei fordert eine Wärme von etwa 28 — 33°. Jede künstlich erzeugte Wärme kann zwar dazu dienen, die Natur aber giebt dem Ei die Wärme durch den Trieb der IMutter, auf ihren Eiern zu sitzen, und der Trieb der Mut- ter wird hervorgerufen theils durch eine psjchische Thätigkeit, ein Gefühl, dals die Eier einst ein Theil von ihr Avaren, welchem Verhältnifs sie nur allmähliif entAvachsen können, und ein körperliches Bedürfnifs, hervorgerufen durch ver- mehrte ^Värmeerzeugung. Bei einigen Vögeln ist der geistige Trieb stärker — es sind diejenigen, die schon im Vorgefühl der kommenden, oder vielleicht licli- tiger im Gefühl der im Eierstocke sich bereits entwickelnden Eier eine künstliche Wiege für sie bauen, wie die Singvögel und die Raubvögel ; bei andern ist es mehr das körperliche Bedürfnifs — es sind diejenigen, welche kein Nest bauen, wie die Hühner und die meisten SchAAämmvögel, Die ersteren kennen ihre Eier, den letzleren sind alle Eier für den Anfang gleichgültig. Sehr merkAAÜrdig aber ist es, dals auch Jjei den letzteren das mütterliche Gefühl später erw^acht. Blanche Hühner vertheidigen die Eier, auf denen sie einige Zeit gesessen haben, mit gro- Jser Hartnäckigkeit, Sie werden in psychischer Hinsicht erst Avährend des Brü- tens Mütter, AAclche nun für die Eier Sorge tragen, die sie vorher liegen lielsen*). ♦) wie überall in der Natur, ist auch hier Gradation Hühner, welclio noch keinen Trieb zum Brüten hnben, lassen ihre Eier liegen. Ist aber eine brütende Henne in der Nähe, so legen sie gewöhnlich ihre Eier zu den bereits bebrüteten und die Bruthenne steht willig auf, um ihnen Platz zu machen und die Eier unter ihre Pflege zu nehmen. Sie wird nun Mutter dieser Eier. — Eine Bereitwilligkeit, an welche die Existenz unsers europäischen Kuckucks geknüpft' ist. E 2 h, Verdiin- slung. 36 Nücli merkwürdiger aLer ist es, dals umgekehrt das psychische Bedürfnifs, die Jungen zur EntMickelung zu bringen, auch die körperhche Fähigkeit dazu er- zeugt. Singvögel, denen man die Eier wegnimmt, legen neue, -svas sie ohne diese Veranlassung nicht gclban haLen ^YLirden, und Hühner, denen man ein- zeln die Eier vor dem Auskriechen der Küchlein wegnimmt, hehalten nicht sel- ten 8 bis 10 Wochen lang iMe erforderliche Brütwärme, die sie verloren haben würden, wenn nach 3 Wochen sämmtliche Küchlein ausgeschlüpft wären *). Doch ich darf hier mich nicht weiter in das Brütgeschäft einlassen, da ich für das Aorgesteckle Ziel nur die Veränderungen des Eies, nachdem es gelegt wor- den ist , ins Auge zu fassen habe. Nachdem ein Ei gelegt worden ist, verliert es immer an Gewicht, es mag bebiütet werden, oder nicht. Im letztern Falle ist der Verlust rascher, nach Been- digung der Bebrütung hat das Ei nach Prouts Beobachtungen 0,16 seines Ge- wichtes verloren und es schwimmt jetzt auf dem Wasser, obgleich es, nachdem es gelegt war, stets untersank**). Es ist also der zum Auskriechen reife Em- bryo lange nicht so scliAver, als der ursprüngliche Inhalt des Eies. Aber auch ohne bebrütet zu werden erleidet das Ei fortwährend einen Ge- wichtsverlust, der zwei Jahre hindurch im Durchschnitte täglich \ Gran beträgt, in der ersten Zeit aber beträchtlicher, über einen Gran täglich, später unbedeu- tender ist ***). Der Gewichtsverlust zeigt sich auch in unbefruchteten Eiern. *) Ich kann mich nicht enthalten, hier eine Rir mich sehr interessante Erfahrung mitTUtheilen. In einem Stalle, der einer brütenden Henne zum Aufenthalte angewiesen war, trieben auch einige Enten ihr Wesen, die sicli häufig im Wasser einer benachbarten Wanne badeten. Der nicht gedielte Stall wurde dadurch einem Sumpfe gleich, und auch das Stroh, aus welchem das Nest des Huhnes geformt war , wurde allmählig durchweicht. Das Nest war deshalb auch kalt und die Entwickelung der Eier ging sehr langsam vor sich. Ich liefs nun aus trocknem Stroh ein neues Nest machen. Als ich wenige Stunden darauf unter den Leib der Henne griff, um ein Ei wegzunehmen, fuhr ich erschreckt mit der Hand zurück, weil ich im ersten Augen- blicke das Gefühl hatte, als ob das Stroh brenne. Von der Unmöglichkeit eines Brandes so- gleich überzeugt, untersuchte ich das Nest nochmals mit der Hand und fand es ganz ungemein heifs. Die Eier liefsen sich anfühlen wie Eier, die in der Brütmaschine eine Hitie von mehr als 86' R. erlangt haben. Diese übermäfsige Hitze nahm allmählig ab und in weniger als 24 Stunden hatte das noch völlig trockne Nest die gewöhnliche Wärme. Ich schliefse hieraus, dafs die Wärmcproduction des mütterlichen Körpers sich auf dem fcuclilen Neste vermehrt hatte. Diese Vermehrung ist aber gerade dem gewöhnlichen Ein- flüsse der Feuchtigkeit entgegengesetzt , wosh;ilb es mir scheint, dafs der Trieb, den Eiern trotz des Verlustes durch das verdünstende Wasser die gehörige Wärme zugeben, hier die Wärmeerzeugung des Körpers vermehrt halte. **) Nach Prout (Philosophical Tramactions 1822) hat das Ei vor der Bebrütung ein speciHsches Gewicht von 1,08 bis 1,09. *♦♦) Ebenfalls nach Prout a. a. ü. 87 Er ist also kein Lebensacl , sondern eine rein physische Verdunstung, die nur un- tcrljleibt, ^vcnn mau durch einen Ueberzug von Firnifs oder auf ähnliche Weise die Yerdüusluncr hindert. Hiermit soll aber nicht behauptet werden, dafs , wenn sich das Küchlein entwickelt, das Leben desselben auf die Verdunstung gar kei- nen Einflufs habe, besonders in der letzten Zeit. Das Vordüustcn des Eiwcifses hat eine merkwürdige und für die Entwicke- c Erzeu- lung des Küchleins sehr wichtige Folge. Das Eiweils nämlich, das an Masse ver- £„ftf ''°" liert, zieht sich zusammen. Da es am spitzen Ende fesler anhängt, so zieht es sich vom stumpfen Ende mehr ab. Ihm folgt das zunächst anliegende innere Blatt der Schaalenhaut. Es würde also zwischen beiden Blättern am stumpfen Ende ein leerer Raum entstehen, wenn sich hier keine Luft ansammelte. Diese zeigt sich aber gleich nach dem Beginne der Verdunstung und zwar nur in Eiern mit harter Schaale — in Eiern mit unvollendeter Schaale nicht. Die letzteren fallen viel- mehr zusammen, Avenn die Verdunstung wirkt. So entsteht also der Luftraum'''^ in den gewöhnlichen hartschaaligen Eiern als Folge der Verdunstung. Die Luft könnte man als von aufsen eingedrungen annehmen, wenn das stumpfe Ende der Schaale hinlänglich weite Poren hätte. Allein die chemische Untersuchung spricht dagegen, indem die Luft des Luftraumes beträchtlich reicher an SauerstofF- gas ist, als die atmosphärische Luft, denn ihr SauerstofFgehalt wechselt von 0,25 Ins 0,27 **). Es mufs also die Luft aus den Theilen des Eies selbst stammen. Entweder kann die Feuchtigkeit des EiAveifses, indem sie, durch die weichen vom Kalke nicht ganz ausgefüllten Theile der Schaale verdünstet , die in ihr ent- haltene Luft nicht mitnehmen , und diese sammelt sich nun zwischen beiden Blät- tern der Schaalenhaut am stumpfen Ende an, wo wegen Zusammenziehung des Eiweifses ein leerer Raum entsteht, oder es tritt unmittelbar aus dem nicht ver- dunsteten Eiweifse Luft aus, Aveil der Druck, unter welchem das Eiweifs früher war, sich verringert hat, indem am stumpfen Ende ein leerer Raum sich zu bil- den anfängt. Immer mufs die ausgeschiedene Luft, Avenn sie früher dem Eiweifs l)eigemischt Avar, sauerstofFreicher seyn, als die atmosphärische, da Flüssigkei- ♦) Der Luftraum wird auch Luftblase genannt, eine unpassende Benennung, da der Raum we- der in der Gestalt einer Blase gleicht, noch auch von einer eigenen Haut umschlossen ist. **) Dieses Maafs fand Hr. Doctor Dulk. Schon Bischoff hatte auf den Sauerstoffrcichthum der Luft in den Eiern aufmerksam gemacht (iV. Journal für Ch. u. Ph. N. R. B. IX. S. 446) und die Menge desselben zu 0,22 bis 0,245 angegeben. Weil diese Anzeige etwas kurz war, bat ich Hn. Dr. Dulk die Untersuchung zu wiederholen. Das Resultat dieser Untersuchung ist für die Entwickelungsgeschichte und die gesammte Physiologie so wichtig, dafs ich es für Pflicht halte, die von ihm mir gewordene gütige Mittheilung hier in einem Anhange voll- ständig bekannt zu machen. 38 ten, M'enn sie Luft aufnehmen, ein gröfseres Verhällnifs von SauerstolFgas ent- halten, als die atmosphärische Luft. Endlich Ijjeibt noch die Möglichkeit zu be- rücksichtigen , dafs die Luft durch chemische Zersetzung aus dem Inhalte des Eies abgesondert seyn könnte , da, Avenn die Schaale undurchdringlich ist, der Eintritt der Luft in das Ei^yeifs schwer verständlich wird *). d. Abge- 'NYir können aber aus dem Sauerstolf - Reichthura der Luft, wie sie auch h^Jit°des Eies entstanden seyn mag, weiter schliefsen, dafs \venig.stens bei dem gewöhnlichen gegen die ßj'ucke der Atmospliärc dieser kein freier Durchtritt durch die Schaale "e^tattet Aufsenwelt. i . " ist, wodurch sich die oben (§. 2. a.) gegebene Darstellung vom Bau der Schaale bestätigt. Auch scheint die Luft im Lufträume immer etwas weniger comprimirt, als die atmosphärische. Hiernach bereitet sich das Ei des Vogels nicht nur durch das Verdunsten die für die Athmung des Emljryo nothwendige Atmosphäre selbst , und zwar eine sauerstolfreichere , als die allgemeine atmosphärische Luft ist. "Das Ei ist sogar durch seine Schaale gegen die äufsere Luft verschlossen, um seinen Sauerstolf- Reichlhum nicht einzubüfsen. Es ist nun auch begreiflich, wie Ermann durch mehrjährige Untersuchungen folgende Resultate ihiden konnte : 1. „Während der Bebrütung in verschlossenen Gefäfsen findet keine Ab- „sorbtion weder der atmosphärischen Luft noch des SauerstofFgases Statt; auch „wird kein Gas dabei erzeugt." 2. „Eier erleiden während der Bebrütuneii , besonders da mein Augenmerk nur auf die Form der Entwickelung, nicht auf ihre äufsern Bedingungen ge- richtet war. Indessen war mein Wunsch, mehr über jene Untersuchungen zu erfahren, sehr lebhaft, und ich benutzte meine Anwesenheit bei der Versammlung der Naturforscher zu Berlin dazu, um Hn. Prof. Ermann selbst um Belehrung zu bitten. Ich erfuhr nun, dafs er seine Ueberzeugung keinesweges habe ändern können, indem sehr anhaltende und mit mög- lichster Berücksichtigung aller Störungen angestellte Versuche ihm gezeigt hätten, dafs Eier in den verschiedensten und völlig irrespirabeln Gasarten sich entwickeln können. Be- kannt gemacht seyen diese Beobachtungen noch nicht, weil der Beobachter noch einen Som- mer hindurch sie durch neue habe vermehren wollen, bis jetzt ihm aber noch nicht die ge- hörige Mufse zu einer solchen, alle Aufnaerksamkeit für eine lange Zeit hindurch ganz in An- spruch nehmenden Untersuchung geworden sey. Hr. Prof. Ermann hatte zugleich die Güte, mir zwei Abhandlungen milzulheilen , die er vor 18 und 20 Jahren der Akademie der Wissenschaften in Berlin vorgetragen hatte. Die eine dieser Abhandlungen, die zweite der Zeit nach, untersucht mehr physiologisch die Allgemeingültigkeit der Nothwendigkeit eines Hinzutrittes der atmosphärischen Lufl für die Entwickelung des Eies, und geht darauf hinaus, ZU zeigen , dafs frühere Beobachtungen und Erfahrungen über diesen Gegenstand nicht auf alle Verhältnisse gehörige Rücksicht genommen haben, um volle Beweiskraft zu besitzen. Die andre Abhandlung, der Zeit nach die frühere, ist es eigentlich, welche uns hier wichtig 40 - Diese BeoLachlungen leliren theils die A]>geschIo.ssenlieit des Vogeleies von der äursern Atmosphäre, vielleicht nur mit Ausnahme des Endes der Bebriitung ; denn ist. Sie enthält nicht nur die genaue Angabe der eingeschlagenen Methode derUntersuch\jng und die speciellcn Beweise für die in der Isis mitgelheilten Resultate, die hier als indirecte Beweise für den Abschlufs des Eies gegen die Atmosphäre aufgeführt sind, sondern auch eine Reihe directer Beobachtungen , vom Ausbilden der Küchlein in Eiern, die in abgeschlossener, nicht erneuerter atmosphärischer Luft und in irrespirabelu Gasarten der Brütwärme ausge- setzt waren. Die Resultate lassen sich kurz so zusammenfassen. 1) In abgeschlossener, nicht erneuerter atmosphärischer Luft gelang es sehr oft, dieKüch- lein bis zum 18ten oder 19ten Tage zu entwickeln. 2J In reinem VVasserstoffgas wurden 2 Kibitzeier und 3 Hühnereier bebrütet. Bei der Er- öffnung fanden sich ein Hühnchen und ein Kibitz so weit entwickelt, dafs der Doltersack schon zum Theil in der Leibeshöhle aufgenommen war. Beide Vögelchen lebten und schie- nen gesund. Die drei andern Eier waren nicht befruchtet und zeigten aufser der Verdunstung gar keine Veränderung. Ein zweiter Versuch wurde mit 4 Hühnereiern gemacht. Am 22sten Tage geöffnet, enthielten alle völlig ausgebildete Küchlein, deren Dottersack vollständig in den Leih getreten war. Aber die Küchlein waren sämmtlich todt. Ein dritter Versuch mit 5 Hüh- nereiern zeigte am 225;ten Tage zwei Embryonen, die am 6ten , einen der am 8ten , und einen vierten der am Uten Tage abgestorben war; das 5te Ei hatte ein völlig reifes aber todtes Hühnchen. S) In kohlensaurem Gas wurden zuvörderst 10 Finkeneier bebrütet und nach 14 Tagen geöff- net. Fünf Embryonen waren früher abgestorben, ein 6ter sehr weit entwickelt und vier fast ganz reif, da der Dottersack zum Theil in den Leib aufgenommen war. Uebergehen wir einen zweiten Versuch, der wegen des gewählten hygrometrischen Mittels nicht gelungen war, so finden wir in einem dritten von mehreren Hühnereiern einige früher abgestorben, eins aber so weit entwickelt, dals schon die Scliaale angepickt zu seyn schien. 4) In möglichst reinem Stickgas wurden 3 Eier bebrütet. Ln zweien hatten die Embryonen sich bis zum 19ten oder 20sten Tage entwickelt, im dritten Ei war der Embryo früher abge- storben. Selbst in Stickgas, das von nitrösem Gase nicht ganz rein schien, hatten Hühner- eier bis zum I4ten Tage sich entwickelt. Nur Physiker vom Fach werden die Vorsirhtsmafsregeln vollständig zu würdigen wissen, welche Hr. Prof. Ermaa>n angewendet hat, um jede Täuschung zu vermeiden, theils um die Gasart^i möglichst rein zu erhalten und init ihnttn ohne Vermischung mit atmosphärischer Luft die Glocken zu füllen, in welchen die Eier bebrütet werden sollten, theils um ein lult- dichtes , den Eiern durch die Ausdünstung nicht schadendes Mittel zum Verkitten zu erhal- ten, vorzüglich aber um die Feuchtigkeit, die während der Bebrütung sich aus den Eiern entwickelt, durch ein hygroscopisches Mittel zu entfernen, ohne die Glocke zu öffnen. Ich konnte nur die Ausdauer, mit der alle diese Schwierigkeiten überwunden wurden, und die Erfindungsgabe des Physikers bewundern, mit der die früheren Erfahrungen benutzt wur- den, um die Versuche umzuändern. WeJiige Gegenstände haben meine Aufmerk-samkeit «0 sehr gefesselt, als diese Untersuchungen. Von der einen Seite schien es mir unmöglicli, einen Einwand gegen sie zu finden, und wenn Ermann selbst in jenem Briefe an üken noch die Absicht erneuerter Bestätigung zu erkennen giebt, so lag diese wohl nur in dem Wunsche, die Hühnchen auch wirklich auskriechen zu sehen. Von der andern Seite schie- nen die Resultate mit allen bisherigen Erfahrungen in schreiendem \Vider:pruche zu stehen. Ein thierisches Leben ohne Wechselwirkung mit der Luft ! Ja eine sehr deutlich verschie- dene Färbung in den Schlagadern und Flutadern vom Chorion des Vogels und doch keine Athmung! Besonders mufste dieser scheinbare Mangel an Aihmung mir auffallend und an- stöfsig seyn, da das bisherige Resultat meiner Untersuchungen über Entwickelungsgeschichte mich 41 . ' denn bis zum völligen Auskriechen hat Ermann kein in irrespiraLeln Gasarlen Lebrütetes Ei gebracht, theils, dafs die Verdunstung, und also auch die Erzeu- gung einer athembaren Luft im Ei ein rein jDhysischer, vom Leben nicht beding- ter Vorgang ist. Ja die Natur bedient sich dieser Verdunstung, um einen gehö- rigen Vorrath von Luft zu erzeugen, bevor das Küchlein deren bedarf. So lassen alle Vögel ihre Eier eine Zeitlang liegen, bevor sie sie bebrüten. In der ersten Zeit — beim Hühnchen fünf Tage hindurch oder ein wenig länger — bleibt der Embrjo vom Lufträume entfernt. Nach dieser Zeit wird er durch einen höchst einfachen Mechanismus gegen den Luftraum hingewälzt. Be- vor wir aber diesen verstehen können, müssen wir noch andere Veränderungen im Ei ins Auge fassen. Wenden wir uns zuerst an das Eiweifs, so linden wir dieses während der Bebrütung im Allgemeinen fester werden. Doch sieht man im Anfange am stum- e. Verände- pfen Ende viel flüssiges Eiweifs sich ansammeln, vielleicht weil der immer leichter ETweifses!' werdende Dotter sich mehr nach oben gegen dieSchaale erhebt, das flüssige Eiweifs verdrängt und das festere Eiweifs sich nach dem spitzen Ende hin zusammenzieht, das flüssige also nach dem stumpfen Ende weichen mufs. Auch scheint jenes flüs- sigere Eiweifs am stumpfen Ende nach den chemischen Untersuchungen von mich belehrt hatte , daTs die sogenannte Entstehung und Bildung des Embryo nichts anders als ein Wachsthum sey, und dafs zwischen dem Leben des Embryo und des geboriien Thiers nur relative Unterschiede beständen. Dafs viele Embryonen in den Ermann'sdien Ver- suchen frühzeitig abgestorben waren, gab mir nicht den geringsten Einwurf gegen die Schlüsse, da ich nur zu oft erfahren hatte, wie viele Küchlein bei künstlicher Bebrütung * auch in atmosphärischer Luft nicht bis zum Auskriechen gelangen. So befand ich mich in einem peinlichen Dilemma. Von der einen Seite mufste ich die Gültigkeit der Versuche durchaus anerkennen, von der andern aber mufste ich das Resultat durchaus läugnen. — Ein merkwürdiger Beweis, wie leicht wir aus einer Beobachtung durch eingeschobene Sup- position mehr folgern, als in ihr liegt. Erst später fiel mir die Möglichkeit bei, dafs das Ei sich das respirable Gas selbst bereiten könne, wovon meine Leser schon oben die Be- stätigung gehört haben. — Es ist nach den Untersuchungen des Hn. Dr. Dulk nicht mehr zu zweifeln, dafs das Ei schon vor dem Bedarf des Embryo eine Quantität sauerstoif- reiche Luft bereite. Da im weitern Verlauf der Bebrütung die Veranlassung zur Erzeugung fortbesteht, so wird auch immerfort neue Luft bereitet. Während der gröfsern Hälfte der Bebrütung wenigstens nimmt das Ei gar keine Luft von aufsen auf, und es bedarf ihrer nicht, wie Ermann erwiesen hat. Ob in der letzten Zeit des Embryonen- Lebens nicht durch die Schaale Luft eindringt, wie die sich ablösende Schaalenhaut vermulhen läfst , müssen noch spätere auf diese Frage gerichtete Untersuchungen lehren. Aus Er man n's Beobachtungen scheint fast hervorzugehen, dafs das Küchlein, wenigstens in dem Augenblicke, wenn es mit dem Schnabel in den Luftraum dringt , hier eine reinere Luft verlangt, als es in den abge- schlossenen Eiern vorfindet. Dagegen ist die Verdunstung des Eiweifses, wie Er man n's Versuche lehren, für die ganze Zeil der Bebrütung nothwendig, denn ohne sie kann sich im Ei keine Luft absondern. JL F 42 Front Ocl aus dem Dotter aufzunehmen*). Späterhin bemerkt man nur noch (las feste Eiweifs, und zwar immer mehr in einen Klumpen gesammelt, am spitzBu Ende des Eies. Es hat den gröfsten Theil seines Wassers und seiner Salze verloren. /. Verände- Die Doltcrkugel dagegen, in der Masse des EiweiCses schwebend, nimmt Douers^^' vom Anfange an Wasser und Salze aus dem Eiweifse auf. Sie schwillt davon an, und erhebt sich innerhalb des Eiweifses, so dafs sie schon am 5len Tage dicht unter der Schaale liegt. Die Dottersubstanz wird ilüssiger, zuerst unter dem Keime dann allmähUg in der ganzen Dotterkugel, und sieht endlich wie eine Emulsion aus. Es scheint, dafs bei der Vergröfserung des Dotters, in welcher nicht nur sein Umfang, sondern auch sein absolutes Gewicht sehr merklich wächst, die einzelnen Dotterkörner, wenigstens die Dotterkörner der ersten und gröfsten Art, sich wie Schwämme voll Feuchtigkeit saugen, dafs dann in ihnen die enthaltenen Körnchen (§. 2.^.) mehr ausgelüldet werden, ungefähr wie bei einem Kuüehhier, und endlich die Dotterkörner platzen und die enthaltenen Körnchen des zweiten Grades mit der aufgenonmienen Flüssigkeit ausgiefsen. - Das Deutlicherwerden der enthaltenen Körnchen glaubte ich zu bemerken, und das Aufplatzen scheint Eichwald im bebrülelen Ei beobachtet zu haben **) , wie ich es im Eierstock sah. Die Stoffe, die der Dotter aufnimmt, verliert er allmäh- lig wieder an den Embrj o , der um so mehr aus ihm zieht , je gröfser er wird. Die Folge hiervon ist, dafs der Dotter, nachdem er gegen die Mitte der Brütezeit sehr in Masse zugenommen hatte, wietler anfängt al>zunehmen und am Schlüsse der ßrütezeit in jjeträchtlich geringerer Menge da ist, als beim Beginnen der- selben. g. Bildung Indessen nicht alle chemischen Bestandtheile, welche der Embryo am Ende stTn"en^"^" ^cr Bcbrütung besitzt, lassen sich als in den ursprünglichen Theilen des Eies be- während der g^jj, vorhanden nachweisen, obdeich es keinem Zweifel unterworfen ist, dafs der Blutung. , 1 T-- 1 i 1 1 c 1 Embryo sich nur aus den Substanzen des Eies bilden kann, bo sehen wir zAvar den Phosphor allinählig im EiAvcifse abnehmen, und dagegen im Dotter sich meh- ren und dann als Fhosphorsäure mit Kalk verbunden in den Knochen des Embrj o *) Am angeführten Orte. Prout irrt jedoch, wenn er glaubt, daTs nach dem siebenten Tage das dünnere Eiweifs am stumpfen Ende keine Mischung erlitten habe, indem er anninmu, der Dotter sey noch von der Dotterhaul umgeben. Die Haut, wolche jetzt den Dotter ura- giebt, ist aber nicht die ehemalige Dotterhaut , sondern die Keimhaut. Die Dotterhaut ist aufgelöst, und die Flüssigkeit, welche sich zwischen ihr und der Keimhaut angesammelt hatte, mischt sich nothwcndig nach dem Schwinden der Dotterhaut mit dem Eiv/cifse des stumpfen Endes. Die Aehnliclikeit mit Molken schreibe ich der Vermischung der eben erwähnten se- rösen Flüssigkeit mit dem Eiweifs zu. ♦♦) Disf/uisitio pliysialogica in Ovum humanum. Casnni 1824. 4. p. 8. 43 sich sammeln; allein der Phosphor nimmt im Dotter rascher zu, als ihn das Ei- weifs verliert, und \voher die grofj^e Menge Kalk stammt, ist auf chemischem Wege noch viel weniger nachzuweisen, denn das Eiweils und der Dotter enthalten nur wenig von dieser Substanz, und an der Schaale ist weder durch das Gewicht eine merkliche Abnahme erwiesen, noch liefse es sich auch ph3^siolog^sch bej^rei- fen, wie aus der völlig leblosen Schaale etwas aufgelöst und in den Dotter geführt werden kann. Eine chemische Auflösung kann die Schaale noch weniger erfah- ren. Wir müssen also, nachdem die Chemiker viele vergebliche Versuche ge- macht haben, die in dem Embryo enthaltene Kalkmasse in den Substanzen des Eies aufzufinden, annehmen, dafs das bildende Leben diesen StoiF aus den Be- standtheilen des Eiweifses und Dotters auf eine den Chemikern nicht verständliche Weise sich allniählig bereite, nicht, wie die Chemiker an todten Stoffen können, Jdofs ausscheide. Eben so mehrt sich der geringe Vorrath von Eisen unaufhöiJich während der Bebrütung. Aus keinem andern Verhältnisse kann die Physiologie mit so viel Sicherheft die Fähigkeit des lebenden thierischen Körpers erweisen, Stoffe, die uns chemisch einfach scheinen, neu zu erzeugen, als aus der Geschichte der Entwickelung des Hühnchens *). Der Dotter bleibt nicht immer von der einfachen Dotterhaut umschlossen, ''• Schwia die ihn zu Anfang umgab. Es wächst nämlich allmählig der Keim mit seiner Pe- terhaut. ripherie um den Dotter herum. Wir erinnern uns zwar (§. 2. 7i.), dafs im geleg- ten Ei der Keim von der Dotterhaut abstand. Dieses Verhältnifs hört aber bald auf, ja in einigen Eiern (vielleicht sind es solche, die sich im Leibe der Mutter weiter entwickelt haben als gewöhnlich, ) klebt der Keim mit seiner Peripherie schon vor der Bebrütung an der Dotterhaut. Bei den meisten erfolgt diese An- heftung wenige Stunden nach dem Beginne der Bebrütung. Die Anheftung ist bald so innig, dafs man beim Abtrennen der Keimhaut (wir werden gleich hö- ren, dafs diese der peripherische Theil des Keimes ist,) keine bestimmten Grenzen findet. Die Keimhaut wächst so rasch, dafs sie am Ende des zweiten Tages schon die Hälfte der Dotterkugel umgiebt, am fünften Tage dieselbe aber ganz umhüllt hat. Bei dieser Ausdehnung ist immer ein breiter Rand eng an die Dot- terhaut angeheftet, während der gröfsere, mittlere Theil etwas absteht und in dem Zwischenräume zwischen Dotterhaut und Keimhaut sich etwas Flüssigkeit ansammelt. Wegen der peripherischen Anheftung hielt man die Keimhaut bis zu deu neuen Würzburger Untersuchungen für einen zu der Dotterhaut gehörigen *) Ausführlicher siehe die chemische Veränderunp; der Theile des Eies in der angeführten Ab- handlung von Prout. F 2 44 Theil .und nannte sie das innere Blatt der Dotterhaut *). Die eigentliche Dotter- haut -wird im abgelösten Theile immer heller und dünner und schwindet endlich mit der mit ilir vereinten Haut der Hagelschnüre. Dieses Schwinden der Dotter- haut bringt nun plötzlich den unterdessen gebildeten Embryo in den Luftraum. Der Ejnbrj^o nämlich liegt oben auf dem Dotter. Ihm gegenüber ist die Stelle, welche die Keimhaut zuletzt erreicht, indem sie den Dotter umwächst. Hier ^ klebt sie also auch noch an der Dotierhaut. An der Dotterhaut klebt wieder das Eiweifs , das im Umfange der Dotterkugel auf eine sehr dünne Schicht vermindert und namentlich über der obern Gegend derselben ganz geschwunden ist. Das Ei- weifs, das sich schon sehr verdickt hat, klebt ferner auch an dem spitzen Ende der Schaalenhaut. Wenn nun die Dotterhaut über dem Embryo (bei/. Taf. III. Fig. 2.) aufreifst, so rollt sich auch die dünne Schicht Eiweifs , die die Dotter- kugel umgab, zurück und läfst die Keimhaut frei, mit Ausnahme des untersten Theiles, wo die Keimhaut an der noch nicht ganz geschwundenen Dotterhaut und durch diese am Eiweifs anklebt. Das Eiweifs aber, das bisher in einer kleinen Spannung durch die Dotterhaut gehalten ist , zieht sich in sich zusammen , zieht also den untern Theil der Dotlerkugel gegen das spitze Ende der Schaale und rollt hierdurch die Dottermasse so herum, dafs der Embryo gegen den Luftraum ge- kehrt Avird. » i. Umände- Indem der Keim sich allmählig ausbreitet und um den Dotier herun;» Keimes! wächst , bildet der eine Theil von ihm, der die Mitte einnimmt, sich zum Em- hV^lo^del- l^ry*^ ^^^i ^^^ Übrige bei weitem gröfsere Theil ist dünn und haulfurmig. Wir mrt.undEm- neuncu ihn deshalb die Keimhaut (Blasto derma). Die Keimhaut ist zwar ge- wissermafsen eine Ausbreitung des Embryo und hängt mit ihm zusammen , ja ein grofser Theil der Keimhaut wird zuletzt in den Embryo aufgenommen; diese Keimhaut enthält auch ßlutgefäfse, welche Stoffe aus dem Dotter aussaugen und in denEmbrjo führen zur Ernährung desselben, und bildet schon in dieser Hinsicht ein Ganzes mit dem Embryo. Indessen ist sie doch als ein dünnes Blatt von dem Embryo merklich verschieden, und so können wir wohl dasVerhällnifs am richtig- sten ausdrücken und auffassen, wenn wir sagen ; Der Keim bildet sich während seiner Vergröfserung in zwei Theile aus, die unter sich sehr verschieden im An- sehn sind, im Leijensprocesse aber doch zusammengehören, die JMitte wird zum Embryo, die viel breitere reripherie zur Keimhaut. Die Art und Weise, wie sich der Embryo ausbildet, werden wir bald genauer untersuchen (§. 6). Jetzt ') iJals diese Ansiclit in gewisser Hinsicht begründet i$t, werden wir nachträglich sehen. 45 kommt es uns nur darauf an, die Weise, wie sich Leide abgrenzen, kennen zu lernen. Der Keim liegt, wie wir wissen, ursprünglich oben auf dem Dotier in ä- Umbil- Form einer Platte. Würde er nun, überdeckt von der Dotterhaut, ganz gleich- Keimhaut in mäfsig fortwachsen, so würde er bald den Doltei* in Form eines gleichmäfsigen ^^"j^ °^sac'- Sackes umhüllen. So ist aber die Vergröfserun«? des gesammten Keimes nicht. <^;'-^ "'*/'jil" Vielmehr wird die Grenze zwischen der Mitte, die zum Embrj o sich umformt, Fig. 4. Fig. 5. und dem Umfange, der Keimhaut nämlich, immer enger. Die Folge davon ist, dafs bald, und zwar schon am 4ten Tage, nur eine enge Communication zwischen dem Embryo und dem unter ihm liegenden Sacke der Keimhaut besteht. Weil dieser Sack den Dotter bald ganz umschliefst, wird er der Dottersach (^Saccus vitellarius) *) genannt. Die Dotterhaut umschliefst also jetzt, bevor sie schwindet, den Dottersack, der durch die aufgenommene Flüssigkeit noch grö- fser ist , als ursprünglich die Dolterkugel war , ferner den sehr viel kleinern Em- bryo mit dem sogleich zu beschreibenden Amnion und dem Harnsacke. Sie kön- nen sich diesen sehr einfachen Vorgang am besten versinnlichen , wenn Sie sich ^ denken , vor Ihnen stünde die ursprüngliche Dotterkugel etwa tausendfach ver- gröfsert, mithin als ein ziemlich ansehnlicher Sack, und Sie schnürten nun entwe- der durch Umfassen mit der Hand oder mit einem Bindfaden einen kleinen Theil des Sackes von dem übrigen viel gröfsern ab, jedoch nur so weit, dafs die Höh- lung beider Abschnitte noch durch eineOeffnung mit einander verbunden blieben. Die gröfsere Abtheilung (b in der Abbildung) würde dann den Dottersack vor- stellen , die kleinere (a) den Embryo , und der offene Kanal (c) aus einer Ab- theilung in die andere wäre der Nabel. Diese l)ildliche Darstellung würde in der That die richtigste Vorstellung nicht nur von dem Verhältnisse des Embryo zum Dottersacke geben, sondern auch eben so einfach als wahr zeigen, wie sich das Verhältnifs ausbildet. Gerade so wird in der Mitte des Keimes eine längliche Stelle zuvörderst gewölbter und da- durch von dem übrigen Keime abgegrenzt. Dann krümmt sich der Rand dieser Stelle nach unten und das ganze abgegrenzte Feld erhebt sich in Form eines Schildes. Während nun innerhalb dieses Schildes eine IMenge anderer Verände- rungen erfolgen , um den Embrj^o zu gestalten , die wir später ins Auge fassen werden, . neigt sich der Rand immer mehr nach unten und er verengt sich, bis er schon am 4ten Tage nur noch einen länglichen Uebergang aus dem Embryo in den Dottersack frei läfst. Es ist also der Vorgang ganz so, wie wir ihn am Sacke ♦) Auch Dotterblase ; Darmsack; Darmblase; Vesicula intestinalis ; Vesica vitellaria. 46 uns bildlich vorslellten, und es fehlt nichts als das Werkzeug für die Abschnürung, die IJand oder der Bindfaden. Die Natur vollführt diese Operation ohne ein sol- ches äufseres Hülfsmitlel nach einer inneni Veränderung , die durch das Wort Alj.schnürune vollkommen bezeichnet ^vird. Wirklich hat, wie in jener bild- liehen Darstellung, der Embryo eine Höhlung, die von der innern, ursprünglich untern Fläche des Keimes gebildet Avird und durch einen engen Kanal in den Doltersack übergeht. /. Spaltung Durch den Umstand allein, dafs mehrere IMetamorphosen gleichzeitig bei hTBlftte?^' der Gestaltung des Embryo vor sich gehen, ^vird ihre Auffassung etwas seh wie- T^f i'v^F 6 riger^ Avenn auch die Melamorphosen an sich ganz verständlich sind. So nmfs ich Sie nun bitten, so bald Ihnen die Vorstellung von dieser ganz einfachen Ab- schnüruug geläufig ist, sich eine gleichzeitige Spaltung des gesammten Keimes in mehrere Schichten zu denken. Er trennt sich in zwei Hauptblätter, eine ober- llächlichere und eine tiefere, beide scheiden sich wieder in zwei Schichten, wel- che sich aber nicht völlig von einander trennen. Aus dem oberflächlichem Blatte bilden sich die animalischen Theile des Embryo , aus dem liefern die vegetativen oder plastischen. Hiernach wollen wir beide Hauptblätler das animalische und das vegetatipe benennen *). Von der Ausbildung des Embryo an sich sprechen •) Das animalische Blatt ist das seröse Blatt Pander's, das vegetative Blatt besteht aus Fän- de r's Gefäfsblatt und Schleimblatt. Die verschiedenen Schichten, welche sich im Keime bilden , sind zuerst in den Würzburger Untersuchungen gehörig ins Auge gefafst worden, und nur unter den dort gewählten Namen waren sie den Physiologen bekannt geworden. Aus diesem Grunde schon bemühte ich mich bei Erzählung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens, wie sie im ersten Theile sich fin- det die Würzburger Namen beizubehalten, zum Theil aber, wie man leicht erkennen wird, mit Widerstreben des Steifes, Die Benennungen Schleimblatt und Gefäfsblatt scheinen mir sehr glücklich gewählt , weil sie die Bedeutung dieser Schichten vollständig aussprechen. Dagegen war mir die Benennung des serösen Blattes unbequem, erstens weil dieses Blatt nur in seinem peripherischen Theile ein blofser Ueberzug bleibt, im Embryo dagegen die wichtig- sten Theile bildet, in diesem und später zum Theil sogar im Amnion in zwei Schichten sich scheidet , und zweitens weil er oiTenbar für sich den Gegensatz zu den beiden andern Schich- ten bildet, da aus ihm der ganze animalische Leib des Embryo wird. Deshalb konnte ich nicht umhin, als ich von der Bildung der Bauchhöhle sprach, zu sagen, dafs der Keim sich hier in zwei Lagen, eine animalische und eine plastische, trennt (Erster Theil S. 42), und im 4ten Scholion, wo ich nachweise, wie die Primitivorgane der Wirbelthicre im Keime durch die primäre Sonderung sich bilden, war es ganz unvermeidlich, dieses obere Haupt- hlatt als den Gegensatz der beiden andern zu behandeln. So mag es denn hier gleich von vorn hinein als das bezeichnet werden, was es ist, als das animalische Blatt. Wir wer- den uns durch diese Benennung eine Menge Umschreibungen und Demonstrationen ersparen^ wenn wir zur Vergleichung der Entwickelungsgeschichte der Wirbellhiere unter sich und mit den niedcvn Thieren übergehen. Unser vegetatives Blatt also enthält eine Schleimhaut- ichicht upil eine Ge/ä/sschic/it , das animalische Blatt ist aber übereinstimmend mit Pan- 47 wir aber später besonders. Für jetzt interessirt uns nur das Verliältnifs des Em- brj'o zu den andern im Ei enthaltenen Tlieilen. Nennen vrir nun den ganzen Inbegriff der Verbindung des eigentlichen düng des Embryo mit den auf^er ihm liegenden Theilen den Nabel (^Umhilicus) , so f^'^^rnTh^i- müssen wir an diesem, wenn sich das animalische Blatt von dem vegetativen im \'^" eginnt, liegen das animalische und das vegetativ^e Blatt noch ziemlich an einander, a}>er Fig- 5- ß'- «o wie es immer bestimmter nach unten rückt, trennen sich l)eide Blätter rasch von einander und die Trennung schreitet von der Wirbelsäule des Embryo fort. Das vegetative Blatt sinkt überall tiefer als das animalische, und würde, wenn wir es aus dem Innern des Dotters ]>etrachten könnten, puilig aussehen und wie eine Blase den vordem und hintern Theil des Embryo verdecken ; nur seine IMilte, die ^Virbelsäule nämlich mit Ausnahme ihrer Enden, würde sichtbar bleiben, weil hier das vegetative Blatt am animalischen eng anliegt. Eine solche Ansicht haben wir nun wirklich, wenn wir den Embryo in diesem Zustande im Wasser liegend , so dafs nichts zerstört wird , von unten aus mit dem Microscope Jje- trachten. Diese Ansicht hat Wo IfF bewogen, die scheinbare Blase das falsche Amnion zu nennen. Ich habe sie die Kappe Cl nvolucruni) genannt, aus ^^PP*'' ^" . . volucrum. Gründen, die ich sogleich anführen werde. Vorher maclie ich nur die Bemer- kung, dafs die Kappe, oder WolfFs falsches Amnion, nach der ganzen gegebe- nen Darstellung nichts ist als die oben beschriebene Grube, von unten angesehen und nur in so fern verschieden , als das tiefere vegetative Blatt vom animalischen Blatte später absteht, \^shalb die Kappe stärker gewölbt erscheint, als die Grube, von oben angesehen, vertieft ist. Die Kappe ist, eben weil sie nur die tiefere Schicht jener Grube ausmacht , nicht eine geschlossene Blase , sondern liefse sich eher mit einer IMulde *) vergleichen , auf welcher die Dotterhaut wie ein über sie "SAeffuehender Deckel liejit. Nun hörten wir aber so eben, dafs die Grube sich oben schliefst, um das Amnion zu bilden. An diesem Schlüsse hat jedoch die Kappe keinen Antheil, denn die Trennung zwischen dem animalischen und vegetativen Blatte geht vom Emljrjo fort bis an den Winkel, wo der herabgezogene Theil der Keimhaut in den übrigen, niclit aus der Lage gezogenen übergeht, d, h. bis an den Rand der Grube und endlich noch weiter. Von dem Augenblicke an näm- Pig;. 6". 7'. • • V r lieh, ATO beide Blätter in diesen Winkel getrennt sind , wird der Winkel in dem vegetativen Blatte schwächer und glättet sich allmählig ganz aus, so dafs der frü- Fig. 7". 8. her herabgeneigte Theil ganz unmerklich in den jetzt melir herabgesunkenen äu- fsern Theil übergeht. Die ganze Ansicht der muldenförmigen Kappe ist also nun geschwunden, wenn wir den Embryo von unten }>etrachfen. Das animnlische *) Die aber in der MiUe der Wölbung eine Rinne hat, wenn wir sie von unten botracliten, oder in der Mitte der Vertiefung eine Erhebung, wenn wir sie, nach VVcgnahinc (Ics anima- lischen Blattes, von oben ansehen. Jene Rinne und diese Er}iel)ung sind natürlicli einerlei und nichts als die Anheftung des vegetativen 81attes an den Stamm der Wirbelsäule votn Embryo. //. G _J0_ Blatt tln<;t'geii bildet seit dem Augeublicke seiner Treiiiiuug vom vegetativen Blatte den \> inkel viel schärfer aus. Dieser Avird dadurch eine ringförmige Falte, und ■weil die Falte immer mehr gegen die offene Mitte wächst, wird der Eingang in die Grube immer mehr verschlossen, bis endlich das Amnion vollständig wird. Das Amnion wird hiernach IjIos aus dem animalischen Blatte gebildet. Im An- Fig.viifiw. f'^iige nimmt das vegetative Blatt in so fern Antheil (nach dem Obigen), als es eine untere Bekleidung bildet, dann löst sich, wie gesagt, diese Bekleidung, welche nur auf dem untern zuerst gebildeten Theile des Amnions war, und das Amnion liegt frei da. Es ist aus diesem ganzen Vorgange augenscheinlich, mc nun das Amnion durch den Nabel des Embrjo in die Haut des Embrj o übergeht, denii„der Ilautnabel ist ja nichts als der allmählig nach unten gestellte und ver- engte Rand des Embrj^o, der sich von der Keimhaut nicht löst, der Uebergang des Embryo in das animalische Blatt. Hiermit glaube ich die Bildung des Amnions mit möglichster Deutlichkeit gezeigt zu haben. Es ist wahrlich ein ganz einfacher Vorgang — eine Einhül- lung des Embrjo in einen Theil des animalischen Blattes der Keimhaut, woran vor der Trennung des animalischen Blattes vom vegetativen auch dieses Antheil nimmt. Hiermit ist im Grunde alles gesagt und dieser Ausdruck ist zugleich der richtigste. Ich habe ihn nur in so viele einzelne AVorte und Heden aufgelöst, weil man so leicht falsche Vorstellungen mit nimmt, welche in jenen Einzellieiten holientlich ihre Widersprüche iindeu werden. — Haben Sie nun von der Bildungsweise des Amnions die richtige Ansicht gewonnen, so füge ich nur noch hinzu, dafs dieselbe Metamorphose zwar noth- wendig im ganzen Umkreise des Eud)r} o erfolgt, aber nicht im ganzen Umfange gleichzeilig. Zuerst wird der Embryo an seinem vordem Ende geschlossen, oder, idjereinslimmender mit unsrer so eben gegebenen Darstellung gesagt, sein vor- Kipikappc. Jefi-r l'iand stellt sich zuerst nach miten, um vorderer Rand des Nabels zu werden. Taf. 1. Fig. Hier ist also auch zuerst ein Herabsinken des zunächstliegenden Theiles der , J. ' * Keimhaul, und zwar schon am zweiten Tage. Betrachtet man nun das Ganze A on unten, so Aviid das vordere Ende des Embrjo durch diese Ilerabseukung ver- hüllt. Den verhüllenden Theil nennt AVollf die Kopß:appe (Jnvolucruni Taf. 1. V.\'> capitis). Die Trennung des animalischen Blattes vom vegetativen erfolgt auch ''' am vordem Ende zuerst, also erhebt sich auch hier zuerst vom Rande der Grul>e das animalische Blatt in Form einer Falle. Am dritten Tage ist diese Falte schon KopJsuiieide. schr grofs uud jetzt kann man die Umhidlung des Kopfes wohl eine Kopfsrlieide ttsvi III (^«i'*/^" cdpiiis) nennen, da der Kopf auch von oben verdeckt wird. Etwas späler als am vordem Ende sieht man dieselbe Metamoiphose am hintern Ende. 51 Wir bemerken eine Schwanzlappe {Involucrum caudae), die zu einer f anp?"'^ Schwanzscheide (Vagina caudae) auf tlicselLo Weise sich umgestaltet *). Sehr ^'^,^^^V'''"^' 1 -lo- 1 1 T scheide. bald darauf erfolgt dasselbe an den Seiten, und man kann diese Bildung zur voll- Fig. v. q s. ständigen Consequenz Seitenlcappen und in der Weiterbildung «Sez7e/25c7iezWe/z nennen, ^' ^"^"" Nun sind aber auch Kopfkappe, ScliATanzkappe und Seitenkappen gar nicht mehr pen, ScU.fn- von einander getrennt, sondern nur Theile einer allgemeinen Senkung der Keimhaut pf^^'ß/^gi/ um den Nabel des Embryo, jener Senkung, welche WolfF das falsche Amnion ^/- Fig- 7' genannt hat. Eben aus diesem Grunde habe ich dafür den Namen der Kappe gCATahlt **)^ Die Kopf kappe ist nichts als der zuerst erscheinende Abschnitt der Kappe. Es ist also wohl zu merken, dafs Kopf kappe, Schwanzkappe und Soitenkappcn nur Gegenden und zwar gar nicht abgegrenzte Gegenden der allge- meinen Kappe sind. Eben so sind Kopfseheide, SchAYauzscheide und Seiten- scheiden, wenn man nur auf das animalische Blatt Rücksicht nimmt, Gegenden des werdenden Amnions. Aus der Geschichte vom Entstehen des Amnions geht hervor, dafs dieser °' Seröse Blase. Taf Sack, anfänglich nach oben, mit dem übrigen Theile des animalischen Blattes der iW.VigA.kk Keimhaut zusammenhängen mufs. Da nämlich das Amnion durch denSchltifs einer kreisförmig verwachsenden Falte vollständig wird und das untere Blatt dieser Falte in den Sack des Amnions, das obere Blatt aber in den nicht für das Amnion ver- brauchten Theil des obern Blattes der Keimhaut; geht , so mufs nach erreichtem * Schlüsse, welcher mit einer Vernarbung endet, in dieser Narbe das Amnion an dem obern oder animalischen Blatte der Keimhaut hängen. Wir können für den nicht in Embryo und Amnion umgewandelten Theil Fig. vir. tu. Fiir 7" s- des animalischen Blattes der Keimhaut die Fand ersehe Benennung „seröses Blatt" benutzen, da dieser Theil immer dünn bleibt und keine weitere Umbil- dung, als seine allmählige Auflösung, die vor der-Beendigung des Fötuslebens erfolgt, erföhrt, er auch einen besondern Namen haben muTs, weil er, so bakl das Amnion vollendet ist, allmählig im ganzen Umfange bis zum Rande der Gefafs- schicht der Keimhaut sich von dem vegetativen Blatte trennt und in ihm weit ab- *) Wolff hat die Verhüllung des Kopfes in allen Stufen der Ausbildung Vagina capitis und die Verhüllung des Schwanzes involucrum cnudac genannt. Meckel nennt sie Kopfscheide und Schwanzscheide. Obgleich ich die Namen vermehrt habe, glaube ich doch die Darstellung klarer und einfacher gemacht zu haben. **) Den Ausdruck Kopfkappe gebraucht schon P an der für W o 1 ff's Vagina capitis. Ich habe diese Benennung nicht nur beibehalten, sondern auch die ganze Bildung, von der die Kopf- kappe der Anfang ist, Kappe genannt. Die Benennung falsches Amnion lafst mnn am be- sten ganz eingehen, weil Fand er sie für etwas Anderes gebraucht, als WolfF, luid dos Lclz- tern falscljcs A.'»"iiiioi: zii vitlfach-n i\iiriv.;55LäiiJnlsstn Vfr.-^nlajEUiig gegeben hat. G 2 52 stellt. Das vegetative Blatt allein also bildet jetzt unmittelbar den Dottersack (siehe oben im Anfange des Abschnittes n) , und aus dem animalischen Blatte ist aufser dem animalischen Theile vom Leibe des Embryo das Amnion geworden, das den Kmbryo umhüllt und eine geschlossene seröse Blase oder HuHe (J^esica serosa) *), Avelchc Amnion und Doltersack umschliefst, anianglich oben am Amnion anhängt, bald aber von ihm sich löst und dann in den Verhältnissen der früher geschAVundenen Dotterhaut steht. Es bleibt eine Lücke zwischen der serö- sen Hülle und beiden eingeschlossenen Säcken. Li diese Lücke geht die Lücke zw^ischen Haulnabel und Darmnabel über, da jener in das Amnion und dieser in den Doltersack übergeht. Die Lücke zwischen Hautnabel undDarmuabel ist aber eine OelFnutig der Bauchhöhle des Embryo, ein Bauchnahel könnte man sagen — jene Lücke zwischen der serösen Hülle auf der einen und Amnion und Dottersack auf der andern Seite, steht also mit der Bauchhöhle in Verbindung, und ist eine iiufserhalb des Lei])es liegende Bauchhöhle, so wie der Dottersack eine aufserhalb des Leibes liegende Verlängerung des verdauenden Kanales oder der Darmhöhle ist. Diese Bemerkung kann Ihnen aber erst völlig versländlich Averden, Avenu wir später die Bildungsgeschichte des Embryo näher betrachten. Ich erwähne dej' Bauchhöhle des Embryo hier auch nur, um zu bemerken, dafs was aus der Bauchhöhle desselben hervorwächst , in jene Lücke kommen mufs. Ein solcher Theil ist der Harnsack , zu dem Avir jelzt üljergehen. Harn- Aufser dem Amnion bildet sich nämlich noch eine Hülle um den EmI>ryo sack, sac^cus ^^^ (.jjicji Sacke, der aus dem Leibe desselben hervorAvächst und dessen Bildungs- Taf. 11. iklete. Diese Schichten müssen also auch im Harnsacke scyn, und man kann sie k'icht in der fiiihern Zeil wahrnehmen. Später vereinigen sie sich bei der schnelku Ausdehnung des Ilarn- sackes so innig, dafs man sie nicht so deulhch unterscheiden kann. In der äufseru Schicht Ijildet sich das Gefäfsnetz weiter aus, Avelches aus zm ei Arterien das Blut empfängt. Diese Arterien heifseii Kahelschlagadem (ylr t eriae umh ilicales) und sind zwei Aeste der Aorta, (he der Ilarnsack Ijei seioein Hervorwachsen mit heraushebt. Durch eine Vene, die Nabel t^ene {Vena lunhilicalis), geht das Blut aus dem Harnsacke in den Leib des Embryo zurück, indem die Vene sich mit dem Stamme der Körpervenen des Embrjo kurz vor dem Eintritte m das Herz ver- bindet. *) Der wesentliche Griind für die Wahl der Benennung ,, Harnsack " liegt in den Verhältnissen, die dieser Sack zu den Eihäuten der Säugcthiere hat. Man nannte ihn im Vogel früher Gho- rion, indem man ihn damals nur in seiner spätem Form vollständig kannte. Als man seine Entstehung als eine Hervorstülpung aus der Kloake erkannte, nannte man ihn Allantois, oder Allantoides , weil ein längst so benannter Sack des Eies der Säugethiere mit der Harnblase und durch diese mit der bei Säugethieren bald verschwindenden Kloake in Verbindung steht, und man aus einzelnen Beobachtungen schon mit Sicherheit schliefsen konnte, dafs die Allan- tois der Säugethiere aus der Kloake hervorvvächst. Allein abgesehen davon, dafs der Name Membrana allantoides nur auf die wurstförmige Gestalt, die der bezeichnete Sack in den Huf- thieren hat , pafst und nur für diese erfunden wurde, so ist auch die Allantois der Säuge- thiere nur auf den spätem Zustand dieses Sackes angewendet, wo sich die G3fäfsschicht davon abgehoben hat. Tausendjährige Beschreibungen geben die Allantois als gefälslos an. Will man nun die frühere Form, die dieselbe Haut liat, wo sie von einer Gefäfsschicht beklei- det ist, Allantois nennen, so bleibt keine Gefäfsschicht für das Chorion übrig und man tritt wieder mit mehr als tausendjährigen Beschreibungen des Chorions in Widerspruch, welche mit dem Namen Chorion eine gefäfsreiche Haut bezeichnen, die aus der Verwachsung der Gefäfsschicht des Harnsackes und einer gefäfslosen äufsern Haut des Eies der Säugethiere sich bildet, wie man est neuerlich gelernt hat. Eben diese Widersprüche mit dem längst Be- katinten waren Schuld , dafs man Dutrochet's und C u v i e r's Beschreibungen der Eihäute nicht allgemein verstanden hat. Nun haben wir aber in der ganzen Entwickelungsgeschichte unzählige Beispiele , dafs Theile, die noch eine Metamorphose erleiden , ehe siedle bleiben- den Verhältnisse erlangen, während des Verharrens in der frühern Forin eigene Namen erhal- ten haben , und wer etwas ausführlich die Entwickelungsgeschichte vortragen und die einzel- nen Verhältnisse mit Bestimmtheit entwickeln will, fühlt die Unvermeidlichkeit dieser vielen Namen, weil wir eine falsche Vorstellung geben , wenn wir die Theile nach dem was sie' wer- den sollen, aber noch nicht sind, benennen. So spricht man von Hirnblasen und Aortenwulst und hundert andern Dingen. Wir können z B. die Doltervene nichf Pfortader nennen, weil die Pfortader nicht aus ihr allein besteht , luid weil sie mit ihrem Gentralende mehr ist als Pforladcr. Ja der ganze Dottersack ist ja nur ein Theil des Darmes, mufs aber nothwendig einen besoiidcin Namen erhalten. So schien es mir auch nothwendig, für den aus der Kloake 54 Diese Gefäfse halnn iliren Namen davon, dals sie durch den Na])el gehen. Denselben Weg muff; freilich Alles nehmen, Avas den Em])rjo mit .seinen Anhän- gen verbindet, also auch die DotlersackgefäTse, weshalb man die jetzt beschrie- benen zur bestimmtem Unterscheidung die Harnsachgefäfse nennen sollle. Nachdem der Ilarnsack auf der rechten Seite aus dem Leibe des Embrjo hervorgewachsen ist , breitet er sich , das Amnion überdeckend, zwischen diesem und der serösen Hülle immer melu' aus. Er mufs bei seiner fernem Ausdehnung auch den Dottersack umwachsen, und zwar, da er ein geschlossener Sack ist, so umwachsen , als wenn man eine aufgeweichte und zusammengedrückte vSchweins- Idase um einen Körper wickelte. Die eine Hälfte des Sackes mufs nämlich nach innen liegen, und die umwickelten Theile Qiier Amnion und Dottersack) zunächst umgeben, die andere Hälfte, durch die zusammengedrückte Höhle des Sackes ge- trennt , mufs nach aufsen liegen. Auf der innern Hälfte des Sackes nimmt das Gefäfsnetz allniählig ab, und auch die rechte Nabelnrterie verschwindet allmählig, während das Gefäfsnetz in der äufsern Hälfte des Sackes immer mehr sich ausbil- tretenden Sack einen eigeuen Namen zu wählen, der von dem spätem Zustande als Allantois und Cliorion verschieden ist. Der Name für seinen frühern Zustand durfte aber so gewählt werden, dafs er auf alle Klassen der Wirbelthiere pafst. Nun steht dieser Sack in allen Wirbellhieren , in denen er vorkommt, mit den Harnwegen in Verbindung; in der Flüssig- keit, die er enthält, ist Harnstoff, es mag dieser aus den falschen Nieren oder ans den wahren Nieren stammen, oder im Sacke selbst bereitet werden. Der Sack ist eine aufser dem Leibe liegende Harnblase, wie der Dottersack ein aufser dem Leibe liegender Theil des Darmkanals. Deshalb nannte ich ihn Harnsack , da der Ausdruck Harnblase schon ver- geben war. Der Analogie wegen habe ich nun auch den Ausdruck Dotterblase vermieden. Carus tadelt den Ausdruck Harnsack als widerwärtig, allein da man zwei Jahrtausende hin- durch die Ausdrücke Harn und Harnblase nicht widerwärtig gefunden hat, warum sollte es das Wort Harnsack mehr seyn ? Ich gebe gern zu, dafs die Benennung Atheniblase, welche Carus allgemein eingeführt wünscht, viel Empfehlendes hat. Namentlich zeigt sich hier schon in der Benennung das Vcrhältnifs dieser Ausstülpung zu den Kiemen. In einer gewis- sen Periode des Embryonenlebens der Wirbelthiere tritt entweder da.» eine oder das andere Athmungsorgan auf. Aus diesen Gründen habeich auch versucht zu der Benennung Athemblase überzugchen — allein ich bin vergeblich bemüht gewesen, sie durchzuführen, weil der Harn- sack nur in seiner spätem Metamorphose entweder Athmungsorgan wird — und auch dann nur mit einer Hälfte, oder auch aus einem ganz andern Theile nur bilden hilft. Vom Men- schen mufste ich nach der versuchten Beucnnungswcise sagen, dafs die Athemblase verscliwin- de, ohne jemals zum Athmen gedient zu haben. Auch liat üken mit mehr Vortheil das Chorion der Säugethiere Alliemblase genannt. — So kelirte ich wieder zu der Benennung Harnsock zurück, die den Vorzug hat, dafs sie ein ursprünglich allen Thieren gleiches Vcr- hältnifs bezeichnet. Nach der gewählten Benennungsweise können nun auch die Ausdrücke Chorion und Allan- tois für die Verliältnisse bleiben, die sie ursprünglicli bezeichnet liuben. Sie sind Weilerbil- dungen aus dem Harnsaoke. .. .»u..H , 55 dot und die linke Nabelarterie so zunimmt, dals sie zuletzt der alleinige Stamm der Schlagadern wird. Die äufsere Hallte des Ilarnsackes ist Athmungsorgan des Embryo. Zu- y- Chorioa. vörderst kommt durch die oben (§. 5. ä) erwähnte, durch Zerreifsung der Do t- terhaiit bewirkte Drehung der Dotterkugel der EmlH'yo und mit ihm ein Theil des Harnsackes an den Luftraum , dessen athembares Gas ohne Zweifel durch das in- nere Blatt der Schaalenhaut und die seröse Hülle, so lange diese besteht, hin- durch auf das Blut wirkt. Indem der Harnsack sich rasch ausdehnt , schwindet auch die seröse Hülle. Der Harnsack umwächst das ganze Ei und kommt daher endHch mit sich selbst in Berührung. Wir können uns dieses leicht versinn- liclien, wenn wir zu der bildlichen Darstellung mit der SchAveinsblase zurücldieh- ren. Ist diese Blase sehr grofs im Verhältnifs zu dem Körper, um den ich sie w^ickele , so wird sie sich , nachdem der Körper ganz umwickelt ist , zum Theil selbst überdecken. Im lebendigen Harnsacke des Hühnchens verwachsen solche Ueberdeckungen. Die ursprüngliche Form ^Yirä dadurch ganz verändert. Die nach innen liegende Hälfte wird nämlich immer dünner und legt sich an das Am- nion und den Dottersack an *} ; die äufsere Hälfte verwächst zu einer in sich ge- schlossenen, alleTheile des Eies umgebenden blutreichen Hülle. Diese Hülle klebt nun auch immer fester an die Schaalenhaut an, die sich etwas mehr von der Ei- schaale zu lösen scheint. In diesem Zustande heilst die Verbindung von der äu- Isern Hälfte des Harnsackes mit der Schaalenhaut das Chorion **). Die Schlag- adern desselben führen dunkles, die Venen helles Blut. So ist die Aihmung in dieser Haut wohl nicht zu bezweifeln. Ich vermuthe , dafs sie jetzt im ganzen Umfange athmet. Ueberblicken wir nun die Veränderungen , die allmählig im Ei bis zum . ''• Ueber- ^ , ° . Sicht der Auskriechen des Küchleins erfolgen, so sehen wir nach dem Obigen, dafs das Veränderun- Eiweifs allmählig bis auf einen ganz kleinen Rest, der dem Dottersacke anldebt, fer Bebrü- schwindet, theils durch Verdunsten , theils durch Uebergang in den Dotter ; dafs *'*"^* sich dadurch eine Quantität Luft im stumpfen Ende sammelt; dafs die Masse des Dotters zuerst zunimmt, dann wieder durch Uebergang in den Embryo abnimmt; dafs die Haut , welche ursprünglich den Dotter umgab , mit der Haut der Hagel- schnüre schwindet, dagegen der Keim in der Mitte sich zumEmbrj^o in der Peripherie zurKeimhaut ausbildet, welche den Dotter um\^äc'hst; dafs die Grenze zwischen Embryo und Keimhaut sich zu einem Nabel verschnürt und die Keimhaut nun einen ♦) Dutrochet nennt diese innere Hälfte die mittlere Haut, Membrana media, *♦) Gefäfshaut. 56 dem Embrjo anliängemku Dollorsack bildet, diT diircli den Dottergang mit dem Kmbr} o in Verbindung steht. Er l>esitzt 131 ulgcfiilse, Avelche Dotlersackgenüse heifsen und längs dem Dolteigang(! in die (lefiilse des Gekröses üljergehen. Der Dotiersack eiilliült aber bald nur noch das liefere vegelalive Blatt der Keimhaut. Das animalische lilatt der Keimhaut hat sich in zvv ei umgebende Blasen oder Hid- lea ausgebildet, das Aumion und die^seröse Blase. Beide sondern sich von einan- der, die letztere lost sich auf und nur die crstere erhält sich bis zur Beife des Embryo , schliefst aber um diese Zeit viel weniger Fruchtwasser ein, als früher, weil das Fruchtwasser in der letzten Zeit stark abnimmt. Auch ist aus dem In- nern des Embrjo , und zwar aus seinem vegetativen Theile ein gefäfsreicher Sack hervorgewachsen, der Ilarnsack, der ihn und seine Anhänge (Dottersack und Amnion) als ein gedoppelter Sack allmählig umwächst. Die.äufsere Hälfte dieses Sackes wird reich an Blulgefiiisen, welche der Ailimung dienen, umgiebt alle in- nern Theile des Eies, verwächst in sich zu einer geschlossenen Blase und hängt an der Schaalenhaut an. Er heifst in diesem Zustande Chorion. Seine Blutgefäfse heilsen Nabelgefäfse. Es ist also bereits während der Bebrütung das Eiweifs mit der Haut der Hagelschnüro und der Dotterhaut geschwunden. Von der Keimhaut ist der peri- pherische Thcil des animalischen Blattes eljenfalls verloren gegangen. Vom Harn- sacke ist die innere Hälfte unkenntlich geworden , die äufsere ist aber als Chorion m voller Blüthe. Der Dottersack hat mit der Masse des Dotters abgenommen, auch der Inhalt des Amnions ist wie dei Dotier zum Theil vom Embr} o verzehrt. Dagegen ist der Embr} o mit seinem noch offenen jNaliel in steter Zunahme begrif- fen, und so kann man wohl sagen, dafs während der ganzen Bebrütung der Em- bryo immer mehr die übrigen Eilheile beherrscht und in sich aufnimmt. cTrennune Am Schlusse der Bebrütung wird diese Herrschaft voücndel, der Dotter- vo' dö'n'^in- ^^^^"^ to*-^^ nämlich in den Nabel des Embrjo ein und lagert sich in seine ßauch- dern F^iihni- hohle, WO der liest des Dotters, nach dem Auskriechen immer noch zur Email- len. E'.nllii'I- , . . ,,,,. I 1 • T-> ■ I 1 1 hing. rung dienend, nach einigen VV ocnen ganz verzehrt ist. Es Avird also der ganze DolLersack Theil des Embrjo. Nach dem Eintritt des Dotiersackes, der unge- fähr am 19ten oder 20slen Tage der Bebrütung eifolgt ist, verengt sich der Nabel rasch, die BlutbeA\egung durch die Nabelgefälse und die Aihmung durch das Chorion werden unvollkommner. Das Küchlein slrcbt dalier durch iVig Lunge zu athmen, indem es mit dem Schnabel in den Luftraum dringt, oder sogleich iVm Schaale von innen sprengt. Hat das Küchlein eine Athmuiig durch div Lungen erreicht, so hört die Blulb'c^wegung durch die Nabelgefäfse bald völlig auf, der Nabel schliefst sich ganz und trennt das Thier von seinen Anhängen, Jenes kriecht 57 kriecht nun aus und läfst seine Hüllen, Amnion, Chorion mit der Schaalenhaiit und der Eischaale zurück. Vergleichen wir nun noch zum Schlüsse das unbebrütete Ei mit dem Küch- lein und dem Ei nach dem Auskriechen, so finden wir: 1) dafs die Fruchtstoff'e , Dotter und Eiweifs, in das Küchlein zur Bildung; desselben übergegangen sind. Etwas vom wäfsrigen Tlieile des Eiweifses ist je- doch durch Verdunstung verloren gegangen, und ein andrer Theil, zur Bildung des Fruchtwassers verwendet , ist auch nicht ganz aufgenommen ; 2) dafs sämmtliche Hüllen, welche das Ei ursprünglich hatte, Dotterhaul, Haut der Hagelschnüre, Schaalenliaut und Schaale, nicht in den Embryo auf- genommen sind ; S) dafs aus dem Keime sich der Embryo durch eine fast unendliche Ver- gröfserung gebildet hat ; 4) dafs aber auch von dem vergröfserten Keime ein Theil nicht zum Leibe des Küchleins geworden ist, nämlich der peripherische Theil vom animalischen Blatte, als Amnion und seröse Hülle, und ein aus dem Innern stammender, also mehr centraler als peripherischer Theil des vegetativen Blattes — der Harnsack. Von allen Theilen aber, die nicht zum Leibe des Küchleins geworden sind, trennt es sich beim Auskriechen. §. 6. Allgemeine Bildungsweise des Vogel -Embryo, \A ir haben bisher den Embrjo als bestehend angenommen, um die Ge- schichte der sogenannten Eihäute im Zusammenhange betrachten zu können. Es wird Zeit seyn, dafs wir jetzt zu dem wichtigsten Theile unsrer Betrachtungen, zu der Bildungsgeschichte des Embryo, übergehen. Doch fassen wir zuerst die allgemeinen Verhältnisse seiner Bildungsweise und seines Lebens ins Auge ! Um diese recht zu verstehen, müssen wir aber den Bau des ausgewach- ^. Priuikrr senen Thieres, das dadurch werden soll, ganz durchschauen und vor allen Dinjicn " *^'^""^' . _ . . . ° ^ ß. AlleWi:-- die allgemeinen Verhältnisse dieses Baues auffassen, ohne uns durch die zahllosen beithiere Einzelheiten zerstreuen und verAvirren zu lassen. Für diesen Zweck bitte ich Sie, heteroe"np > einigen vorläufigen Betrachlungen über den Bau nicht allein der Vögel, sondern Schichten. überhauj)t der Wirbellhiere Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. AlleThiere näm- lich, welche nicht zu den Insecten und Würmern gehören, das heifst also die Fi- sche, die Amphibien, die Vögel und die Säugethiere, stimmen in den wesentlich- //. H «. Stamm. 58 steil VerliälUiissen ihres Baues mit einander überein. Man hat daher in neuerer Zeit angefangen , diese Thiere mit einem gemeinschafllichen Namen zu bezeich- nen, indem man sie 'SVirl)ehhiere nannte. — Fragen wir nun nach den wesent- lichsten DilFerenzen innerhalb des Leibes der Wirbelthiere, so werden w^ir diese nicht in einzelnen beschränkten Organen finden, wie etwa im Herzen, dem Hirne oder dem Magen, weil sich bahl ergiel>t, dafs solche beschränkte Organe mit an- dern zusammenhängen, die man als ihre Fortsetzungen oder als Modificationen von ihnen ansehen kann. Der Magen geht an einem Ende in die Speiseröhre, am andern in den Darm über und ist in manchen \Yirbelthieren von beiden kaum zu unterscheiden, das Herz verlängert sich in die Gefäfse, das Hirn setzt sich in das Rückenmark fort, und beide bilden zusammen nur ein Ganzes, das aus Nervenmark besteht. Wie wichtig also auch jene einzelnen Theile für das Leben seyn mögen, nicht sie allein bilden die Hauptverschiedenheiten , da sie in ähnliche Theile sich fortsetzen. Fafst man aber den Inbegriff solcher sich ähnlichen Theile zusam- men, so erkennt man, dafs sie ein fortlaufendes Ganzem durch die gesammte Länge des Leibes bilden. Es giebt mehrere solcher Inbegriffe von ähnlichen und unter sich zusammenhängenden Theilen , die alle durch das ganze Thier hindurch ge- hen. Sie müssen sich also wie Schichten bedecken und einschliefsen. Diese un- ter sich verschiedenen Schichten Ijilden die durchgreifenden Unterschiede iniKör- i)er, und da sie sehr fi'üh und vor allen andern Vorgängen im Keime des Hühn- chens sich sondern , so wollen w4r sie vorher im ausgelüldeten Thiere aufsuchen und dann von ihrer Ausbildung sprechen. Um aber den Typus im Bau eines Vo- 'juls zu erkennen, mufs man durchaus auf alle Wirbelthiere zugleich Rücksicht nehmen. \\\ allen Wirbelthieren findet man eine Reihe von Knorpeln oder Knochen, die enf^ verbunden sind und zusammen eine nach hinten zugespitzte und nach vorn im Kopf endende Säule lülden. Ja in einigen Fischen, wie in den Lampreten und andern Knorpelfischen, ist nur eine continuirliche, nicht in einzelne Abschnitte gegliederte Säule. Diese Säule heilst, sie mag gegliedert seyn oder nicht, das Rückgrath oder der Stamm der Wirbelsäule *). Ihre einzelnen Theile (die Wir- }>elk.örper) sind durch die Knochenhaut, die im Grunde mit zu den Knochen ge- hört, so verbunden, dafs sie immer in Einer (geraden oder gebogenen) Linie *) „Stamm der Wirbelsäule", weil die Anatomen ppvvolint sitid , unter der Benennung Wir- belsäule die Summe der Wirbel mit Inbegriff der Bogen , die in ausgewachsenen Menschen mit den Wirbelkörpern »erwachsen sind, zu bezeichnen. Der Stamm der Wirbelsäule oder das Rückgrath, wovon wir hier sprechen, umfafst nur die Summe der Wirbelkörper. 59 Weihen müssen und sich weder von einander zu entfernen , noch einander zu nä- hern vermögen. Zwar können sie, um nicht einen steifen Balken zu l)ilden, sich auf jeder Seite etwas gegen einander neigen , dann müssen sich aber eben so weit die entgegengesetzten Ränder entfernen und die Mitten bleiben immer in gleichem Abstände. Durch solche Einrichtung ist dieser Stamm nicht nur laliig dor Stamm des gesammten Knochengerüstes zu seyn und alle übrigen Knochen sind fester mit ihm verbunden, als nach der Peripherie zu, sondern er bildet auch in der Thal die mittlere Axe für die ganze Organisation desThieres, wie wir sogleich sehen Averden, und für die Plntwickelung des gesammten Körpers, wie sich bald erge- ben wird. Der Stamm des Thieres liegt horizontal , wenn wir uns das Thier in liori- i^ Rücken ° . theil. zontaler Stellung denken , welche aufser dem iMenschen allen andern Thieren zu- kommt. Was in dieser Stellung über dem Stamme liegt, wollen wir dtni Rächen' theil, und was unter ihm liegt, den Bauchtheil *) nennen. Ueber dem Stamme liegt in einer engen, aber langen Höhle der Central- Nerven- theil des Nervensystems, dessen vorderes verdicktes Ende man Hirn, und dessen längern und dünnern Theil man Rückenmark nennt. Im Innern des Hirns aller Wirbelthiere sind zusammenhängende Höhlen. Aber auch in der JMitle des Rückenmarkes ist eine enge Höhle, die mit den Hirnhöhlen in Verbindung steht und nur beim Menschen im Alter undeutlich wird, aber in seiner Kindheit so wie in andern Thieren das ganze Leben hindurch liestimmt da ist. Wir können da- her Hirn und Rückenmark zusammen als eine Röhre mit sehr dicken ^Vänden und enger Höhlung uns denken. Das vordere Ende dieser Röhre wäre dann noch in einzelne Abiheilungen (die Hirntheile) aufgeschwollen. Das Ganze ist eine Röhre von Nervenmark und soll Nervenröhre **) heifsen. Umschlossen v, ird diese Nervenröhre von einer Reihe Knochen oder Knor- Fieiscii pel, welche obere Wiibelbogen oder AA ii-belbogen schlechtweg heifsen. Meistens Rücken- theil?. ♦j Ich sage „Riickentlieil' und ,,Ba>ic]itlieir' , weil Illiger milden Ausdrucken „Rücken- seitc" und „Biiuchseite " nur die Flächen meint, wie es im Bedürfnisse der systematischen Zoologie liegt und die Zusammensetzung dieser Wörter gut ausdrückt. Für den gesamm- ten Inhalt dieser Seiten bedürfen wir auch eines Wortes, um den Bau der Wirbelthiere darzustellen. Ich hätte die Ausdrücke Rückenhälfte und Bauchhälfle gebraucht , wenn ich nicht diese Ausdrücke sehr passend für die Hälften des Rückentheils und Bauchtheiis hätte verwenden können. Auch sind die gewählten Bezeichnungen andern Benennungen, wie z. B. Hintertheil, die I 1 1 i g e r aufgenommen hat, analog gebildet. ♦*) Ich hätte lieber den Ausdruck Markröhre (von Nervenmark) gewählt, v/enn derselbe nicht s'chon für die innern Höhlungen der Knochen gebra\!cht würde. So schien mir das Wort Nervenröhre noch das beste. H 2 60 siiul diese ^yirlJellJOgen mit den Wirbelkürperu , die den Stamm der Wirbelsäule bilden, -wenn er gclheilt ist, Acrwachsen. Dafs aber die Verwachsung nicht nothwendig ist , lehren erstens alle diejenigen Thiere, in Avelchen der Stamm eine continuirliche, nicht gegliederte Säule ist, denn in ihnen Ideiben die Wirbelliogen immer getrennt, ferner auch einige andere Thiere, Avelche ein in einzelne Knochen gelheiltes FiLickgralh haben *), so wie alle Embryonen von Wirbel thieren. Die Wirbelbogen, obgleich unter sich nur im Kopfe verwachsen, wo sie den Schädel l)ilden, und zuweilen im Becken, im übrigen Rumpfe aber von einander als Kno- chen fast immer getrennt, werden doch auch hier durcli Bandmasse (fd)röse Häute) zusammeniiehallen. Die soi^enannleu Bänder der Anatomen sind aber nichts als UeberjzänHe der Knochenhaut von einem Knochen zum andern. Betrachten wir nun die Knochenhaut im Ganzen, so sehen wir, dafs auch sie eine Röhre biklet, welche unten in den Stamm übergeht und durch ihn erst vollständig wird, nach ol>en in einen Kamm ausläuft. In der Wand dieser Röhre sind die Wirbclbogen enthalten. In ihrer Höhlung liegt, umschlossen von ihr, der Cenlraltheil des Nervensj'stems oder die Nervenröhre. Auf dieser knöchernen Röhre hingegen fin- det sich eine Lage Muskeln zur Bewegung der Wirbelbogen. Diese IMuskellagc grenzt äufserlich an eine andere, die der Bauchhälfte des Thieres angehört. Um- fassen wir einmal die Muskeln und Knochen, da sie in der That nicht vollkom- men geschichtet sind, sondern die Knochen zum Theil in die Muskelschicht ein- greifen, zusammen unter dem Namen aar Fleischschicht ^ so bildet diese Fleisch- schicht m\ Rüclicntheile eine Röhre, welche nach unten erst durch den Stamm des Leibes vervollstfindigt wird und an den Bauchtheil sich an](}gt. Haut. Ueber der Fleischschicht liegt endlich noch die Haut, die in die Haut des Bauchtheiles ohne Grenze übergeht. Bauch- Unterhalb des Stammes, (wir denken uns das Thier immer mit dem Rum- ple und Kopfe in horizontaler Lage,) liegt eine ansehnliche Höhle, welche nur in Säug(thiereu diiich «las Zwerchfell in eine Brust- und Bauchhöhle getrennt wird. In dieser gemeinscliafllichen, oder in zwei gesonderte Abiheilungen gijtrennten Höhle liegen diejenigen Organe, welche zur Ernährung und Umbildung des thie- rischen Körpers dienen, von den Blutgefäfsen freilich nur die Stämme, da die Zweige sich in alle Theile des Leibes ver]>reiten, in die IMuskeln so gut wie in die Knochen und in das Rückenmark. Unter dem Ilalslheile des Rückgraths ist zwar in den meisten ThifTen die Höhle nur eng, al)er die vegetativen oder plastischen (d, h. die bildenden) Organe ziehen sich am Halse als Speiseröhre und Luftröhre iheil. ♦) So die Schildkröten, das Krokodill, mehrere Fische in ihren vordem Wirbeln. 61 fort und oidigeu sich am Kopfe in der Mund- und der Nasenhöhle. Mund- und Nasenhöhle sind in der That für den Kopf dasselbe, ^vas für den Rumpf Brust - und Bauchhöhle sind, nur dafs die Leiden ersteren nie völlig getrennt werden *). Diese plastischen Organe und Blutgefäfsstämme, die auf der untern Fläche Fleisch- des Riickgraths sich faulen, werden nun auch von knöchernen Bogen umgeben, Bauchtheils die am Kopfe die Nasenhöhle und Aveniger vollständig die Mundhöhle umschlie- fsen. Sie führen hier verschiedene Namen , als: Zungenbein, Flügelbein (oder Flügelfortsatz), innere Wand des Oberkiefers u. s. w. Am Rumpfe nennt man sie Rippen, wenn sie lang und mit dem Rückgralh bcAveglich verbunden sind, dagegen untere Wirljelbogen , wenn sie klein und unbeweglich sind. Wenn näm- lich die plastischen Organe nicht bis an das hintere Ende des Rückgraths reichen, so sind die unteren Knochenbogen hinter der plastischen Höhle nur klein, immer unl)eweglich und umfassen nur die hinteren Enden der Blutgefäfss lamme. Ein sol- cher über die plastischen Organe nach hinten hinausragender Theil heifst immer ein Schwanz, er mag dünn seyn, wie gewöhnlich, oder dick, Avie im Wallüsche und in den eigentlichen Fischen. Er enthält immer eine Fortsetzung des Wirbel- stammes, obere Wirbelbogen und, wenn er nicht ganz kurz ist, auch untere Wirbelbogen. Nun ist zwar zu bemerken , dafs nicht in allen Wirbelthieren in sämmt- lichen Gegenden der untern Körperhälfte sich solche Knochenbogen linden , allein es gieljt keine Gegend, Avelche sie nicht in einigen Thieren enthielte. In der eigen ilichen Bauch- oder der Hinterleibsgegend sind z. B. bei sehr vielen Thieren Rippen, obgleich sie bei Säugethiereu fehlen. Ja es giebt mehr y\ irbeltiiiere mit Bauchrippen, als ohne dieselben. Am Halse sind zwar die Rippen nicht sehr häufig, allein sie kommen doch bei manchen Thierformen vor, und in einigen, wie z. B. in den Schlangen, ist der Hals kaum vom übrigen Rumpfe verschieden. Wo nun auch die Rippen in einzelcen Gegenden nicht ausgebildet sind, da Averden sie doch zum Theil ersetzt, theils durch eine faserige Haut, Avelche sonst die eigentlichen Knochen enthält, man kann daher das Yerhältnifs so ansehen, als ol) die Entwickelung der Knorpel und Knochen nur unterblieben wäre ; theils finden sich kurze seitliche Verlängerungen der AVirbel — die sogenannten Oueerforl- sätze, die so gelagert sind, dafs, Avenn sie gehörig A^erlängert Avären, sie die Höhle umschlieisen Avürden. Wo Avirkliche Rippen sich zeigen , sind sie nichts als al)- *) Die Fische haben eben so wenig eine wahre Nasenhöhle, als eine wahre Brusthöhle. Die Nase der Fische besteht nur aus den beiden Nasengruben, die auch in den Embryonen an- derer Wirbelthiere sich bilden , bevor eine Nasenhöhle von der Mundhöhle geschieden wird. 62 ifelöste Verläugeruugeu dieser Queerfortsätze. AVeil al>er iVie Rippen nur durch den Einflufs der plastischen Höhle modificirte untere Wirbelljogen sind , so Avollen wir sie unter der letzlern allgemeinen Benennung mit hegreifen. So wie die oberen Knochenhogen von einer Muskellage hedeclct sind, eben so die unteren, sie mögen ausgebildet seyn, oder nicht. Fassen Avir nun auch hier Knochen und iMuskeln nebst Zubehör in den genieinschafllichen Ausdruck Fleisch- schicht zusammen, so haben wir auch im Bauchtheile eine röhrenförmige Fleischschicht. Haut. Auch sie ist von einer Schicht Haut bedeckt. (Animaii- Dicse durch den Stamm oben ergcänzte und an den liiickentheil angren- sche Abthei- ^gu^e Fleischscliicht bildet mit ihm zusammen und der beide umgebenden Haut die Abtheilung des Körpers, welche die Physiologen die animalische nennen, die- jenige nämlich, welche vom Willen des Thieres regiert wird und ihm eine deut- liche Empfindung giebt, diejenige, welche mit Hirn und Rückenmark durch Nerven unmittelbar verbunden wird. (Vegetative Eingeschlossen von dieser Abtheilung ist die vegetative oder plastische, Al)theilung.) ^.^ ^^^^ unter dem Wirbelstamme liegt, also zum Bauchtheile des Thieres gehört, nur mit wenigen Ausgängen (Mund, Nase, After, Geschlechtsöffnung) versehen. Sie ist ohne Einflufs des Willens thätig und giebt im gesunden Zustande keine deutlichen Empfindungen. In ihr ist die Symmetrie sehr verwischt, ja in der INlitte ist dieselbe kaum kenntlich. Alle diese Eigenthümlichkeiten nehmen aber ab je mehr sie sich der animalischen Abiheilung nähert oder ganz mit ihr ver- einit^t. Nun Avird aber die vegetative oder plastische Abtheilung ganz umschlos- sen von der animalischen. Sie mufs daher, wenn sie Oelfnungen haljcn soll, mit jener in Verbindung kommen und sie durchbohren. An diesen Oelfnungen also und in der Nähe derselben haben die vegetativen Apparate auch Empfindung, freie Bewegun" und Symmetrie, eben Aveil die Oelfnungen der animalischen und der vegetativen Abiheilung gemeinschaftlich sind. scl.lcim- ^^'erfen wir jetzt einen Blick auf die vegetativen Apparate, um sie unter iinntrolire. ^-^^^ einfachem Form auffassen zu können! Eine Schleimhaut bildet überall die innere Wand derselben. Diese Wand läuft Avie ein Rohr durch den ganzen Darm Iiindurch , ist im IMagen sackförmig erweitert, in der Speiseröhre Avieder verengt, im Munde nochmals erweitert, immer also ein Rohr, nur nicht von gleicher M'eite. Die Nasengänge gehören mit dazu. Nicht nur gehen sie hinten ganz offen in die Mundhöhle über (in manchen Thieren sogar in selir kurzer Entfer- nung hinter d<'r IMundspnlte) , sondern die EnlAvickelungsgeschichte zeigt auch, dafs die Nasengänge durch hervorgcAvachsene Knochenblälter allmählig aJjge- 63 schnulle Tlieile eines iir.sj)rünglich für Mund- und Nasenhöhle gemeinschafdicheii Raumes, der liachenhohle, sind. Doch wir wollen nicht vorgreifen! In die Speicheldrüsen, in die LehtT, in das Pankreas gehen verästelte Röhren aus der Hauplröhre. Denken Avir uns diese Aeste kleiner und immer kleiner, so Averden sie endlich nur unbedeutende Ausstülpungen des Rohrs der Schleimhaut seyn und zuletzt ganz schwinden. Für den Athmungsapparat gilt dasselbe, und im Vogel, von dem wir doch jetzt vorzüglich sprechen, ist es auch augenscheinlich für den Harn- und Gescldechtsa])parat, mit Ausnahme des Eierstockes. Dafs in Säuge- thieren die Harn- und Geschlechtswege gesondert sind — davon später I — So läfst sich also auch die Schleimhaut als eine Röhre mit Erweilerune^en oder Aus- stülpungen denken. Aber die Schleimhaut macht nirgends allein die idastischen Oroane, überall Gefäfs- . D ? Schicht. liegt noch eine andere Schicht auf ihr, die sehr reich an Gefäfseu ist. In den Drüsen ist sie die eigentliche Substanz des Organes mit den Gefäfsen, am Darme und den AthmungsOrganen entliält sie eine Schicht von Gefäfsen mit einer Muskel- schicht. Sie läfst sich also auch als Röhre betrachten, welche die Röhre der Schleimhaut einschliefst. Allein über dem Darme ist diese Röhre nicht sogleich geschlossen , sondern es zieht sich die Gefäfsschicht durch das Gekröse bis an die Wirbelsäule hinauf und enthält hier noch die Aorta und die Hohlvene *). Wei- ter nach vorn aber gehört unterhalb der Schleimhautröhre das Herz zum Inbegriff dieser Theile. Die in die animalische Abtheilung gehenden Aeste der Aorta und Hohlveue lassen wir vorläufig unberücksichtigt. Denken wir uns nun aus Gründen, die sich später (dieser §. o.") rechtfer- Schichten , TT- .... 1 111 sind sämmt- tigen werden, die Extremitäten jetzt noch ganz weg, so besteht der Körper der lieh röhrig Wirbelthiere, vereinfacht gedacht, aus folgenden durchgehenden Theilen oder drjprimSv- Schichten : ^l^^^% '^^'" Wirbel- I. dem Stamme, der solide ist und die Aufsenwelt nirgends erreicht; thiere. II. dem Rückentheile, welcher zusammengesetzt ist aus : X^^'i^^" ' ö rig. 4. l) einer vollständigen innern Nervenröhre, i) einer diese umkleidenden, durch den Stamm ergänzten Röhre von Fleisch, 3) der einen Hälfte seiner Hautröhre, welche die Fleischröhre bedeckt und von allen Schichten des Rückentheils allein die Aufsenwelt berührt; *) Man sieht leicht, dafs ich mit dieser Gefäfsschicht nicht das seröse Blatt des Bauchfelles meine. D;e$es seröse Blatt ist eine innere Oberhaut , welche entsteht , weil hier die Organe an einen unausgefüllten Kaum grenzen. 64 111. dem Bauclitheile , welcher besteht aus : 1) einer vollständigen Schleimhautrohre , welche die innere Fläche des Bauchtheiles bildet, 2) einer sie bekleidenden Röhre einer Gefäfsschicht , die überdiefs sich bis an den Stamm erhebt, und an seine untere Fläche sich anlegt, 8) einer durch den Stamm zu einer Röhre ergänzten Fleischschicht, die früher genannte umgebend, aber nicht unmittell)ar, sondern getrennt durch einen Raum , den man die Bauchhöhle nennt, 4) der andern Hälfte einer Hautröhre, welche die Fleischröhre bedeckt und die Aufsenwelt unmittelbar berührt. Hieraus folgt also, dafs bei einem senkrechten Durchschnitte durch das Wirbelthier die einzelnen Schichten, aus denen es besteht , eine Ansicht gewäh- ren müssen, wie die vorliegende Figur sie zeigt {Taf. III, Fig.^). Diebeiden durch den Stamm ergänzten , gegen einander liegenden Rohren der Fleischschicht (h und c) müssen die Form der Ziffer 8 haben, deren Mitte der Stamm (a) ein- nimmt. Im oljern Kreise dieser 8 ist die Röhre von Nervensubstanz (cZ) , im un- tern Kreise ist zu innerst ein kreisförmiger Durchschnitt der Schleimhaut (/), umgeben von einer Gefäfsschicht, die sich bis unter den Stamm («) verlängert (rauchen. Dagegen geht der Theil der Gefäfs- schicht, welcher sich von der Schleimhautröhre entfernt, eigenthümlichc Bildun- gen ein, und es fehlt leider an einem ganz passenden Worte, um dieses Frimiliv- orsan damit zu bezeichnen. Der eine Theil derselben, der üher dem Darmein Form zweier Blätter sich befindet, heifst das Gekrpse. Es ist jedoch nicht der ein- 65 einzige, denn das Herz ist ein durch starke Umwandlung unkenntlich gewordener ähnhcher Theil — eine unter dem vordem Abschnitt des Darmkanals vorragende selhstständige Verlängerung der Gefäfsschicht. In Ermangelung einer andern gangbaren Benennung Avollen wir deshalb die gesammte selbslstäudige Verlänge- rung der Gefäfsschicht das Gelröse nennen und uns erinnern , dafs es als Primitiv- organ mehr umfafst , als im gewöhnlichen Sprachgebrauche. Es bildet sich von diesen Primitivorganen die animalische Abtheilung des Leibes : die beiden Fleischröhren mit dem Stamme, die Nervenröhre, die gemeinschaftliche Haulröhre ; die plastische Abtheilung aber : der Darmkanal, aus einer Schleimhaulschicht und einer Gefäfsschicht be- slehend, das Gekröse oder der selbstständige Theil der Gefäfsschicht. Bekanntlich ist die animalische Abtheilung des Leibes symmetrisch aus zwei c. Symme- gleichen Hälften, einer rechten und einer linken, gebaut *). Die plastische Ab- Röhren. theilung ist, wie wir bemerkten , nur an ihren Enden symmetrisch , aber doch so, dafs die rechte Hälfte als eineModification der linken betrachtet werden kann. So mufs mau den Gallengang als in der Mitte liegend sich denken, und die rechte Hälfte der Leber als eine vermehrte, die linke als eine verminderte Hälfte anse- hen. Vor allen Dingen bitte ich aber vorläufig, um in der folgenden Demonstra- tion keinen Anstofs zu finden, auch den vegetativen Theil sich symmelrisch vor- zustellen, weil er in sehr früher Zeit in der That symmetrisch ist. Wegen der Symmetrie im Bau der Wirbel thiere können wir uns alle Pri- ^- DieRöii- mitivorgane derselben als aus zwei Hälften verwachsen denken. Wenn wir näm- sich daher lieh ein Wirbelthier von oben herab in der IMiltelebene bis in die Nervenrölire senl^^praueu spalten würden , ohne mit dem Schnitte die untere Wand der Nervenrölire zu tref- denken, feu, und es dann eben so von der untern Fläche aus in der Mittelebene bis in die '^^''•^^- ^- ^^ Darmröhre spalten (nachdem diese symmetrisch in die Mitte gestellt ist), ohne die obere Wand des Darmes einzuschneiden und die durch die Spaltung erhaltenen Theile aus einander legen wollten , so würde das ganze Thier in zwei gleiche ♦) Die Ausnahmen von dieser Symmetrie sind sehr selten , wie in den Schollen und der Nase einiger Cetaceen. Doch sind auch diese Ungleichheiten nur Veränderungen einer ursprüng- lichen Symmetrie. //. I 66 Rückenhälften und zvrei gleiche Bauchhälften zerfallen, die noch unter sich zu- sammenhängen würden, "wie in vorliegender i^i§-Mr 1. der Tafel ly. Das Gegenüberliegende enthielte dann nur Gleichnamiges, nämlich die Hälften der aufgespaltenen Röhren , die uns als Platten erscheinen würden , weil die Halhröhren, aus denen sie bestehen, durch das Auseinanderbeugen platt wer- den Avürdcn. Wir hätten nämlich in jeder Rückenhälfte eine Platte für Hirn und Piückenmark, oder kürzer eine Mariplatte (a b) , davon abstehend eine Fleisch- platte des Rückentheils mit der bekleidenden anliegenden Haut, die wir zusam- men zur Unterscheidung von einer ähnlichen Platte im Bauchtheile die Ruclen- •platte (fg) nennen wollen. In jeder Bauchhälfte hätten wir eben so eine Fleisch- platte mit der bekleidenden eng anliegenden Haut, und diese beiden Schichten nennen Avir zur Unterscheidung von den ähnlichen Theilen des Rückens die Bauch- platte (f — /i). Beide Bauchplatten und Rückenplatten würden durch den , bei- den angeliörigen , in der Mitte liegenden , Stamm verbunden werden und gemein- schaftlich mit den Markplatten die animalische Abtheilung bilden. Getrennt von der Bauchplatte (durch die ebenfalls gespaltene Bauchhöhle) und nur anhängend am Stamme , hätten wir ferner auf jeder Seite eine Gekrösplatte (J, X) und eine Darmplatte (h l). Die Darmplatte würde nach dem Obigen aus einer Schleim- hautschicht und einer Gefäfsschicht , die Gekrösplatte aber nur aus der Fort- setzung der Gefäfsschicht bestehen. — Alle diese gegenüberliegenden Hälften würden mit den gleichnamigen der andern Seite noch zusammenhängen , wenn Avir nämlich den Stamm als gemeinschaftliches Glied der Rücken- und Bauch- platten betrachten. Das Uebereinanderliegende Avürde aber heterogen sejn , und zwar so , dafs das am meisten Aufliegende das am meisten Animalische, d. h. in sich Lebendige, das Unterste, das am meisten Vegetative, d.h. Bildende, Lebendigmachende Aväre, und die Zwischenglieder wären Abstufungen dieses Gegensatzes. e. AlloPIat- Denken Avir uns ferner die Lücken Aveg, so dafs jede Markplatte eng an- ^""'^dene'n ^'^S® ®" ^^^ Rückenplattc und mit ihr nur eine gemeinschaftliche Platte Ijildele, so die Röhren \vürde dicsc Platte eine gesammte Rückenhälfte enthalten, oder eine Rilchenplatte bestehen, . _,. ,, • t • i , , lasMii sich im weitern Sinne sej n. VA)en so Avollen AVir (Aia unter sich verJ>undenen Darm- nLli^ilt- pkitten zAvischen die Gekrösplättcn hineinschieben und beide mit den ßauchj)Iallen ten zunick- ^^„ verbinden! Dann erhalten Avir zAvei Bauchplatten im weitern Sinne, die nichts führen : die » r» i i .Mr -r-« Riickenpiat- sind als die beiden gesammten Bauchhalften. Ein so umgewandeltes Wirbeltliier BTuchloiut-^ AVÜrde vierschneidig seyn, und ein senkrechter Queerschnilt müfste die Form eines te... Taf IV. jjpjTf.nden Kreuzes haben, AA'ie die Figur 2. anschaulich macht. 67 Wir können aber die Form noch mehr vereinfachen und die Art der Aus- /. Noch Lildung wird es rechtfertigen, wenn wir uns die Bauchplalten im w^eitern Sinne flcht'bnden noch mehr ilach gestellt denken und die Riickenplatten im weitem Sinne, die oh- ^^^^ Piatieu •111' -1 iii- 1 1-1 zusammen nehiu stets viel kleiner sind, noch kleiner werden, gleichsam in sich einsinken Eine Platte lassen. Dann wird die HautJ>ekIeiduug der Ilückenplatten nicht nur ohne Absatz g"enen in die Hautbekleidung der ßauchplatten, sondern nach innen auch in die Mark- Taf'iv F^S platten, die jetzt aucli nur eine Bekleidung Jjilden, iiJjergehen. Wir haben dann überhaupt nur Eine allgemeine Platte, und was früher gesonderte riatten darslellle, bildet jetzt nur einzelne Schichten dieser allgemeinen Platte. Wir haben ganz unten eine Schleimhautschicht, darüber eine Gefäfsschicht, über dieser eine Fleischschicht und ganz oben eine Schicht, welche aus der Haut und den Mark- platten gebildet ist. Noch einfacher können wir uns diese Platte nur dadurch denken, dafs wir ^oderend- die Differenzen der Schichten immer mehr abnehmen lassen, bis sie gar nicht deutliche mehr bemerklich sind. ' Schichtung. So ist aber die ursprüngliche Form des Vogels in der That. Wir sind /». Einesoi- nämlich durch diese vorausgeschickten Betrachtungen der Enlwickelungsweise des Ursprung- * Embryo der Vögel naher gerückt, als Sie vielleicht vermuthcn. So wie wir uns ^^f^ ^^^^ das Thier immer mehr vereinfacht dachten , um die Grundform seiner Bildung zu Vogeieics. erkennen, so entwickelt es sich allmählig, jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Wir können, so vorbereitet, die Darstellung der Entwickelungsw^eise des '• l^ieser -i-,-,! 11 p 1 '11 • 1 T-i • Keim sou- \o2el- Embryo sehr kurz lassen, denn wir kehren nun w^ieder zur Entwicke- dert sich der lungsgeschichte des Hühnchens zurück, nachdem w^ir, nur um die allgemeinen jJschich- ' Orsanisationsverhältuisse aufzufassen, uiisern Blick auf alle Wirbelthiere au.s£e-**^"r ^^^ ö ' o Breite nacJi dehnt halten. Wir w^ollen also wieder von dem eelegteii noch nicht bebrüteten in Höfe. Taf III P "^ Ei ausgehen. Sie erinnern sich, dafs in ihm der Keim eine kleine, runde, aus Xaf. iv. f.7. wenig zusammenhängenden Körnern bestehende Scheibe ist (§. 2. i.). Während der Bebrütung löst sich nicht nur diese Scheibe mehr vom Dotier und der Keim- schicht ab, sondern sehr Jjald verliert sich auch die Gleichmäfsigkeit in der Scheibe, während sie, wie wir bereits früher (§. 5. h.) bemerkten, rasch sich vergröfsert und den Doller umwächst, an der Dotterhaut anhaftend. Die obere Fläche wird glatter, in sich zusammenhängender; die untere, dem Dotier zuge- kehrte w^eicher, unebener. Doch sind es anfänglich noch keine gesonderten oder auch nur trennbaren Blätter, vielmehr sind es jetzt nur die Flächen des Kei- mes, welche diese Verschiedenheit zeigen, gerade so w^ie Polypen an ihrer äu- fsern und der innern, verdauenden Fläche denselben Gegensatz zeigen. Die JMille zwischen beiden Flächen ist in unserm Keime wie im l^olypen eine indifferente I 2 68 Masse, Obgleich dieser Gegensatz in beiden Flächen des gesammteu Keimes be- steht, so entAvickelt sich doch ein ähnlicher in der Breite des Keimes, seine Mitte nämlich wird heller *), die Peripherie dunkler **): ein Gegensatz, der oft schon vor dem Legen eingeleitet war. Taf. IV. Der Gegensatz beider Oberflächen entwickelt sich weiter, und man kann nun von einer obcrn und einer untern Schicht sprechen; jene wollen wir die Hautschicht ***), diese die Schleimhautschicht nennen. Die Masse, die zwischen beiden liegt, hängt zum Theil mehr an der untern Schicht, zum Theil mehr an der obern an. So entwickeln sich allmählig zwei innere Schichten, eine unlere und eine obere. In der untern von ihnen werden die Körner heller, lösen sich in Bläschen auf, und endlich fängt der Inhalt dieser Schicht zum Theil an zu fliefsen. Sie wird eine Gefäfsschicht. In der obern werden die Körner dunkler, sie wird eine Fleischschicht ****^. *) Der „durchsichtige Hof" {Area pellucida) bei \V o 1 ff. Harvey und Malpighi hielten diese durchsichtige Stelle von Anfang an oder %venigstcns nach der Erscheinung des Embryo für das Amnion und benannten sie so. Im Appendix hält Malpighi ihn auch mitunter für das Chorion , indem er in der Kopfscheide den Anfang des Amnions erkennt. Er kommt aber zu keiner Lestiminten Ansicht. Haller hatte Malpighi's erste Ansicht angenommen, nannte diese Gegend aber auch Nidus pulli in den Beschreibungen. Malpighi's Benen- nung Colliquamentum I, die man gewöhnlich als Synonyme hierher zieht, geht doch wohl mehr auf die Flüssigkeit unter dem Keime, von der Malpighi glaubte, dafs sie in einem 'leigenen Sacke eingeschlossen sey — "doch auch wieder ohne zu einer Bestimmtheit im Irr- thume zu kommen. Den Namen Fruchthof gab Fand er in der deutschen Arbeit; in der lateinischen ist die Wo 1 ff' sehe Benennung beibehalten. **) Area opaca nach Fan der. •f) In der angezogenen Abbildung ist die Hautschicht weifs, begrenzt durch einen schwarzen Strich, die Fleischschicht dunkel, die Gefäfsschicht JOth und die Schleimhautschicht gelb in Uebercinstimmung mit den Abbildungen der drei ersten Tafeln. ***) Ich habe lange einen Namen für diese Schicht gewählt und wieder verworfen. Die Benen- nung ,, sensible Schicht" würde den Charakter derselben am besten ausgesprochen haben. Dann miifste ich aber auch die folgenden Schichten nach ihrem vitalen Charakter benamen. Ich versuchte die zweite Schicht die irritable zu nennen. Theils würde jedoch sclion diese Benennung den Physiologen gezwungen geschienen haben, da man nur die Tlieilc irritabel nennt, welche auf einwirkende Reize (irritamenta) sich selbst bewegen, nicht aber dieje- nigen Tlieile, welche nur durch andere bewegt werden, wie die Knochen; theils fand ich Leim ^Veitcrgchen noch gröfsere Schwierigkeiten, wenn ich der Gefäfsschicht auf analoge Weise einen Namen geben wollte. Ich liabe daher vorgezogen, alle Schichten nacli den Thei- len zu benennen, in welche sie sich bei der Eiitwickclung ausbilden, oder aus welcher man sie darstellt, wenn man, wie hier, umgekehrt das Wirbelthier auf seine ursprüngliche Forni reducirt. Eine nicht zu vermeidende Unbequemlichkeit ist es, dafs wir keinAVoit haben, welches die Indifferenz von Haut und Centraltheil des Nervensystems in sich schliefst. Da diese Scliicht aber doch ursprünglich mehr den Charakter einer bekleidenden Haut liat , so mag sie darnach heifsen. *♦**) Die ausführliche Darstellung aller dieser Sonderungen im Keime siehe in §. 1. des ersten Bandes, wo die Schichten nach Fand er Blätter genannt werden. Vergl. besonders die An- 69 Die beiden innern Schichten reichen nicht so >Yeit, als die Leiden einschlie- fsenden, "svelche Leide Lis an die äufserste Grenze des Keimes gehen. Die Gefafs- schicht geht nur Ins ungefähr in die Mitte des perijDherischen dunkehi Theiles vom Keime. Da nur in der Gefäfsschicht sich die ersten Gefäfse erzeugen, so zer- fällt Doth>yendig der Peripherie nach der diinlcle Theil der Keimhaut in einen in- nern Hof, der Lald sehr reichlich mit Gefäfsen Leselzt erscheint und den wir da- t. iii. f. 3. her den Gefüfshof (ylrea vasculosct) *) nennen wollen. Er ist durch ^hic p • " ^^^ ^ ^ * sehr weite Gre/2^ve/2e (Vena terfiiinalis)**') von dem pefäfsIosenTheile, dem T. III. F. 3. ä. Dotterhofe (^Area vitellaria) ***), geschieden. Der Dotterhof besteht nach ,j,^j jjj'p 2* dem Gesagten nur aus zwei Schichten , der Hautschicht und der Schleimhaut- ^' g- T^^-^^- ... Flg. 7. m e. Schicht. Im Gefäfshofe kommt noch die Gefäfsschicht hinzu. Eben so theilt sich al^er auch der durchsichtige Theil des Keimes in zAvei ^- i^er i"- , . T 1 -, nerste Hof AbtheiluDgen , die Mitte und die Peripherie. Nachdem sich zuvörderst der ganze ist der Em- durchsichtige Hof erhoben hatte, erhebt sich die Mitte desselben stärker, in Form '^^°" eines länglichen Schildes, und ist der zukünftige Embryo. Der peripherische p-^" 7^ '^ ^ Theil , den wir den Fruchthof (A rea germmativ et) nennen , sinkt aber wie- rp j jj p ^ ^ der nieder in die Eljene des Gefäfshofes. Der Embryo ist also jetzt ein noch we- J?*- ^^- . nia verschiedener Theil des Keimes. Die Fleischschicht erstreckt sich nicht bis über den Embryo hinaus. Von dem Augenblicke an nun, vro sich die Mitte in Form eines Schildes i. im Em- erhebt, nennen wir alles Uebrige des Keimes, das dieses Schild umgiebt, oder den J^h. eine Inbeariir der drei Höfe, die Kci7?ihaut (Taf. IV. Fig. 7. c — e), A^on der wir schon ^''^• oben(§.5.«. X.) gesprochen haben, das Schild aber, obgleich es jetzt noch sehr dünn ist, den Embryo. Er ist, wenn auch schildförmig, doch gleich Anfangs länglich, inerkung zu S. 20. Ich glaube an Deutlichkeit und Einfachheit des Vortrages zu gewinnen, wenn ich jetzt nur solche Sonderungen in der Dicke des Keimes Blätter nenne, die sich auch räumlich trennen, und habe daher, im Anfange wenigstens, nur ein animalisches und ein vegetatives Blatt. Sonderungen des Keimes, die nur in der Verschiedenheit des innern Baues bestehen, aber an einander haften, nenne ich Schichten. Theile des Keimes, welche sich ab- grenzen, um sich in Theile des Embryo umzuwandeln, habe ich von Anfang an Platten ge- nannt. Von ihnen handelt der Abschnitt m. *) Area umbilicalis bei Malpighi. Figura venosa bei Haller. WollT gehraucht zuerst die Benennung Gefäfshof , Area vasculosa, die ich beibehalten habe. Im Deutschen kommen auch die Benennungen Aderfläche, Aderhof, Gefäfsraum vor. **) Sinus terminalis bei Pander, weil einige Zeit hindurch die Venenhaut nicht zuerkennen ist. Sonst auch Circulus venosus, Blutkreis: Endvene. ♦♦♦) Von der Farbe so benannt. Der Name Schleimhof wäre den übrigen Namen analoger, schien mir jedoch zu ungeschickt, Aus den Schriftstellern ist mir keine Benennung für diesen Abschnitt erinnerlich. 70 m. Durch einenSchlufs über und ei- nen andern unter der Axe verwan- deln sich die Schichten in Röhren. a. im Rük- kentheile als die Rücken- platten, und Mark- platten ; p. JmBauch- theile als Bauchplat- ten, und seine Längenaxe macht einen rechten Winkel mit der Läugenaxe des Eies. In diesen» "NTcrdenden Embryo zeigt sich bald die Längendimeusion noch mehr vorherrschend , und das Erste \yas in ihm erkennbar wird , ist ein in der Axe des Schildes sich erhebender Wulst, der Frimitiustreifen (JSlota primitipd) *). Von diesem aus erheben sich zu beiden Seilen zwei andere Wülste , wobei der Primitivstreifeu selbst unkenntlich wird und in seiner Mitte eine sehr dünne aus dunkeln Kügelchen bestehende Linie erscheint. Diese Linie , die TVirhel- saite (Chorda spinalis^y ist die Mitte des Stammes und wird von einer heller werdenden Peripherie umgeben. Die beiden seitlichen Wülste, die mehr nach oben vorragen als die Mitte, sind die beiden llückeuhälften oder Rüclenplatten (Laminae dorsales) **) im weitern Sinne. Sie enthalten nur die Hautschicht und die Fleischschicht. Ihre oberen Kämme erheben sich , neigen sich von bei- den Seiten gegen einander und verwachsen , den Piücken bildend. Nachdem der Rücken sich geschlossen hat, oder frühestens während des Schlusses, löst sich der eingeschlossene Theil der Hautschicht von der Fleischschicht ab, nimmt rasch an Dicke zu und bildet so den Centraltheil des Nervensystems in Form einer etwas zusammengedrückten Nervenröhre. Später sondert sich diese Nervenröhre wieder in die scheidenförmig umgebenden Häute und zAvei unten zusammenhängende Marlplatlen. Der übrige Theil der Hautschicht wird die Haut des Rückentheils, so wie aus der Fleischschicht die Rückenröhre der Fleischschicht sich bildet. Etwas später, als die Rückenhälflen sich nach oben erheben, neigen sich die breiteren Bauchhälften oder ^aac/tpZßi^e/z {Lafninae ventrales**'*'^ im weitern Sinne nach unten. Sie nehmen den ganzen Umfang des Embryo ein. Ihre Senkung geht aber viel langsamer vor sich, und während derselben erfolgt die schon früher (§. 5. /.) erwähnlc Spaltung des gesammlen Keimes in ein anima- lisches und ein vegetatives Blatt. Die Spaltung geht vom Embr3^o aus und setzt sich von ihm erst in die Keimhaut fort. Nur in der Gegend des Stammes trennen sich beide Blätter nicht von einander, im übrigen Umfange des Embryo sind sie aber sehr bald gefrennt. Die Lücke zwischen l>eiden BJällern ist die Bauchhöhle im weitesten Sinne , nämlich eine Höhle zwischen den animalischen und vegeta- tiven Theilen — eine Lücke, die ursprünglich fast so lang ist als das ganze *) Ausführlicher im ersten Bande §. 1. /— i. •♦) Priinitivfaltcu , Plicae primariae nach Pandcr, Spiegelplatten bei B u rd a c li. Malpighi nennt sie mit dem Wirbelstamme zusammen Carina. ♦♦*) Fasciae obdoininnles bei Wolff, welcher glaubte, clafs sie nicht über den Hinterleib hinaus gingen. Auch benennt Wolff nur die Bauchplatten im engern Sinne, oder den ani- malischen Theil so. Visceralplalten bei B u r d a c h. 71 Thier, indem nur das vorderste Ende des Darmknnales (die Raclienliöhle) und das hinterste Ende desselben an die umgebenden animalischen Theile angeheftet bleiben *). Ursprünglich waren es also die beiden gesammten Bauchhälfteu oder die Gekröspiat- Bauchplatten im weitern Sinne, die sich gegen einander zu neigen anfingen, dann *^"' trennt sich das animalische Blatt — die Bauchplalte im engern Sinne — von dem vegetativen Blatte. Wenn nun zwischen beiden eine einigermarsen ansehnliche Lücke entstehen soll, so müssen nothwendig die beiden seitlichen Hallten des ve- getativen Blattes sich rascher neben einander neigen und früher sich erreichen als die Hälften des animalischen Blattes oder die Ba achplatten im engem Sinne. So ist es in derThat. Zuerst erreichen sich in der Mittellinie zwei riemenförmige Taf. ii. f. 6' Streifen, die in der Gefäfsschicht zu beiden Seiten des Wirbelstammes, von dem, ^" ^' '' wie gesagt, das vegetative Blatt sich nicht ablöst, sich verdicken , ihre unteren Ränder dann gegen einander neigen und verwachsen lassen. So wie sich die un- teren Ränder der verdickten Riemen an einander neigen, löst sich die Schleimhaut- schicht, die bisher überall an der untern Fläche der Gefäfsschicht eng anla«^, hier ab, und die beiden unteren Ränder der so eben beschriebenen Riemen erreichen ein- ander , indem sie die Schleimhautschicht vom Stamme der Wirbelsäule lösen und entfernen, wodurch also jetzt zwischen dem Stamme und der Schleimhautschicht diese beiden riemenförmigen Theile der Gefäfsschicht sich allein linden. Wir nen- nen beide riemenförmigen Theile der Gefäfsschicht die Gelrösplatten (Laminae mesentericae), denn, was sich so eben gebildet hat, ist nichts anders als das Gekröse, dessen beide Blätter in der Mitte ihrer Ausdehnung sehr bald rasch wachsen. Den Schlufs beider Blätter nennen wir mit W o 1 ff die Naht (Sutura) des falschen Amnions **^). Da die Naht nicht einen Theil der Schleimhautschicht mit einklemuit, son- «"d Darm- dern vor sich wegschiebt, da ferner die Gekrösplatten an ihren unteren Rändern in ^ ^^ ^"' T^Q'f TT f Ä/ die übrige Ausdehnung der Gefäfsschicht sich fortsetzen, so ist auch jetzt noch die 6" i k. Schleimhautschicht überall an die Gefäfsschicht angeheftet. Bald nachdem nun die Naht des Gekröses sich gebildet hat, werden eben so wie vorher, nur inner- halb der Gefäfsschicht, zwei andere Riemen, aus der Gefäfsschicht und Schleim- hautschicht zugleich bestehend, zu beiden Seiten der Naht selbsfständfg. Sie verdicken sich, grenzen sich durch einen immer schärfer werdenden Winkel von *) Ueber die Bildung der Bauchhöhle siehe das Ausführlichere im ersten Bande S. 40 — 44. S. 64 — 67. ♦*) Die Liicrke zwischen beiden Gekrösplatten, bevor sie an einander wachsen, nennt VV o 1 ff Apertura Amnii spurii. 72 dem übrigen vegetativen Blatte ab, neigen dann diese unleren Winkel immer mehr gegen einander , bis beide endlich verwachsen, indem zugleich die schmalen Platten selbst, die vi-ir Darmplatten (La?7i. intestinales) nennen, sich zu Halbkanälen krümmen. So entsteht aus beiden ein Rohr, Avelches der Darm- kaual ist. Während dieser Vorgänge neigen sich auch die Bauch platten im engem Sinne mit ihren ursprünglich äufseren, jetzt unteren Flandern einander immer melir, und es wird also auch die animalische Abtheihmg des Leibes geschlossen. So werden also die schon irüh im Keime sich bildenden Schichten in Röh- ren umgewandelt, und es wird die oben ent^vicktslte Grundform aller A^'irbelthiere erzeugt, von welcher ein jedes einzelne Wirbelthier eine besondere Modifica- tion ist. n. Der un- Ich habe vorläufig, um die wesentliche Uebereinstimmung in der Bildung ift^zueleich (les Rückentheiles und des Bauchtheiles erkennen zu lassen, noch nicht auf einen eine Ab- Unterschied aufmerksam gemacht, der in der Art, wie sich beide schliefsen, her- schnurung. ° i . t i i i tvt i ti •• i i -i i vortritt. Dieses mag hier nachträglich geschehen. — Nur der Ruckentheil, der sich viel früher schliefst , als der Bauchtheil , verwächst wirklich in seiner ganzen Länge in einer Naht , indem zwei Kämme sich gegen einander neigen. Im Bauch- theile verwachsen auch die Gekrösplatten in einer Naht , jedoch nur in der Glitte des Embryo , da an seinem vordersten und hintersten Ende , wo das vegetative Blatt sich vom animalischen nicht entfernt, die Gefäfsschicht sich gar nicht zu einer selbstständigen Gekrösplatte ausbildet. Darmplatten und Bauchplatten schliefsen sich aber nicht in einer wirklichen Naht, vielmehr verengt sich ihre Pe- ripherie von allen Seiten her gleichzeitig, indem die ursprüngliche Peripherie des Embryo, durch welche er in die Keimhaut übergeht, sich zuvörderst nach unten neigt und dann immer enger wird: ein Vorgang, den wir schon früher mit der Benennung einer Abschnürung treffend bezeichnet zu haben glauben (^. 5. f.)^ Wir haben dabei gehört , dafs auf solche Weise die ursprüngliche Perij)herie sich in eine Verengerung verwandelt, die man überhaupt den Nabel nennt, dafs dieser Nabel also der Uebergang des Embryo in die Keimhaut ist, dafs, weil dieser Uebergang jetzt verengt ist, die übrige Keimhaut nun in Form von Säcken an dem Embryo hängt. Es ist uns ebenfalls schon früher klar geworden, dafs wegen der Trennung beider Blätter sowohl im Embryo als in der Keimhaut der Nabel ein doppeller ist, ein innererund ein äufserer. Der innere Nabel oder der Dotter- gang ist der Uebergang aus dem vegetativen Theile des Embryo und namentlich seinem Darme in den Dotiersack, dem in einen Sack verwandelten vegetativen Blatte der Keimhaut. Dieser Uebergang ist schon sehr früh eng. Der äufsere Na- 73 Nabel ist iuiierhalli des animalischen Blattes der Uel)erganildet. Zuletzt, wenn schon der Doltersack in den Leib getreten ist, erreicht auch die Fleischschicht des Embryo den Nabel. So bildet sich also auch für diese Schicht ein Nabel, den man einen Fleischnahel nennen könnte. Innerhalb des Hautnabels liegt aufser dem Dottergange noch ein hohler Uebergaog aus der Kloake in den Harnsack, Aer Harngang (^Urachus)**) genannt. Vollständig verwächst der Nabel im Vogel erst, nachdem der Dottersack in den Leib einaelreten ist und dieser Schlufs des Nabels ist zuizleich die Treu- nung des Embryo vom Amnion und dem zu einem Chorion umgewandelten Harn- sacke (§. 5. 5.). IMan Avird leicht einsehen, dafs die Abschniirung an der Bauchfläche, wie sie sich im Vogel zeigt, nur eine JModification eines Schlusses durch Zusammeu- ueigen von beiden Seiten ist, und dafs ich, um die Gleichmäfsigkeit der Ausbil- dung der Wirbelthiere einleuchtend zu machen , wohl vorläufig die Bauchbildung als den einfachen Gegensatz der Rückenbildung darstellen durfte (dieser §. un- ter m.). Sollten Sie jedoch auf die JModification , die sich in der Nabelbildung oflPenbart, mehr Gewicht legen wollen, so brauchte ichblofs, der spätem Dar- stellung vorgreifend, zu bemerken, dafs bei vielen Wirbelthieren, den Knochen- iischen und Batrachiern zum Beispiel, gar keine wahre Nabelbildung ist und die Bauchplatten des Embryo sogleich den ganzen Dotter uniAvachsen, ohne vorher- gehende Abschnürung. Jene Embr3'onen sind aber vom Anfange an grofs im Ver- hältnifs zu der Dottermasse. Die Embryonen der Vögel und Säugethiere sind im Anfange sehr klein, Sie können den Dotter nicht so bald umgeben. Nur indem sie früher sich nach unten zu schliefsen anfangen, als sieden Dotter zu umgeben vermögen, entsteht der Vorgang, den wir Abschnürung genannt haben, und erst später tritt bei den Vögeln der anfänglich abgeschnürte allniählig kleiner gewor- dene Dottersack in den Leib ein und wird nun von den Ijauchplalten umgehen, wie bei den Fischen gleich Anfangs. Die Nabelbildung al^o, statt ein Einwurf getien die Ucbereinstimmunir in der Ausbiidun" des Rücken- und Bauchtheils zu ♦) Die gesammle Uebersicht der Umwandlung des Keimes in den EnLiyo und seine Anhänge habe icli in der Taf. IV. Fig. 7 darzustellen versucht. *♦) Auch Harnschnur. //. K 74 sejii, ibl vielmelir eine Folge und also eine ßesläligung derselben. Die Bauch- bildung Ivaun hinter der llückenbildung nicht zu weit zurückbleiben, und es er- scheint daher eine Abschniirung, ^venn der Doüer nicht bald genug umfalsl ^ver- deu kann. Geschlossen wird der Bauch aber uicht eher vollständig, als bis der i'^mbrjo der andern Theile des Eies nicht mehr bedarf. ^, Jene Wir habcu früher gesehen , dafs, vvenn wir nur die wesentlichsten Unter- durch dop- ^^jj -gji^; iijj ßau ^\f.J. Wirbelthiere ins Auge fassen , alle weniger hervorstechenden peltes ZiU- *-" _ ' _ _ *-■ sammenrol- L'nterscliiede aber schwinden lassen, der Leib der Wirbellhiere aus mehreren roh- Schichten renfömiigeu Brimitivorganen besteht, von denen jedes einen wesentlichen Cha- «n s"iTdT- nikter hat. ^'\'ir fanden eine Röhre für die Aufnahme und Umwandlung fremden rung erzeug- 5tQ£'(3s aus der Aufsenwelt — der Darmkanat mit seinen Anhängen, eine umge- ten Röhren ip-tti i r sind die Pri- ])ende Und nach oben verlängerte Röhre für die Bewegung des neu aulgenommenen ITes^Emb^ryo! Sloffes, das Gckrösc — eine Doppelröhre für die Bewegung des Thieres selbst, — die Fleischschicht , eine Röhre für sein inneres Leben , sein Begehren und Em- j)iindeu — die Nervenröhre ; und ganz nach aufsen eine Röhre zur Abgrenzung gegen die Aufsenwelt — die Haut. (Vergl. diesen §. a,) Darauf haben wir ge- lünden , dafs im Keime sich Schichten über einander bilden , die allmählig einen verschiedenen Charakter annehmen, und da diese Schichten die ersten Differenzen , sind, die im Keime auftreten, so wollen wir die Erzeugung derselben die primäre Sonderung nennen (unter i.). So eben (m.) haben wir endlich noch gehört, dafs eine besondere Art der Umwandlung, von der wir später bemerken werden, dafs sie nur den Wirbellhieren zukommt — durch ein Zusammenwachsen über und unter einer Axe diese Schichten in Röhren verwandelt, jedoch so, dafs zugleich die Schichten sich bis in die Nähe der Axe in zwei Hauptblätter trennen, dafs nur das obere Blatt mit seinen zwei Schichten an dem Schlüsse nach oben Theil hat, den Schlufs nach unten aber alle Schichten erfahren, dafs endlich dieGefäfsschicht sich zum Theil von der Schleimhautschicht trennt, ohne dafs diese irgendwo un- bedeckt bii(!be, und es ist nun kaum mehr nöthig hinzuzufügen, dafs die dadurch entstandenen Röhren eben diese Primitivorgane sind, denn wir haben sie schon so benannt. p. In allen Aber fragen könnten Sie, was denn jene Axe sey, die wir die Wirbel- Pnmitjv- • aenannt haben i' Sie ist nicht der gesammte Wirbelstamm , sondern nimmt Organen ist •^"■'■^^ h .... . cincCentral- j^m- die AUlte desselben ein, da die Wirbelkörper erst allmählig um die Wirbel- eine Schlufs- saite sich herum bilden. Sie ist nur die (später verschwindende) Axe des Stam- Tarili "^6s ""^^ Ghen deshalb auch die Axe für die gesammte Bildung des Em})r3'o, denn Fig. 4 und 5. ^.^^^ j|,|. ^y^ schreiten alle einzelnen Bildungen fort. Schon das Zusammenrollen nach oben und nach unten beurkundet dieses Verhältnifs. Dadurch Mird sie, 75 wahrend sie ursprünglich ifur er, Pancreas) und ühergiefsen den Speise- brei mit umändernden Säften. Solche Abschnitte von einem gewissen Grade von Eigenthündichkeit konnnen in allen IJauptröhren vor. So sehen wir die Nerven- röhre vorn zu einem Hirne verdickt, hinten zu einem Rückenmarke verdiinnt. Eben so sind auch im Hirne wieder untergeordnete Aljtheikint^en. Alle diese Abschnitte, die durch gröfsere oder geringere Eigenthümlichkeit t. Sie ent- von andern Abschnitten derselben Hauptröhre sich unterscheiden, sind bei der morphorj"-'' Bildung der Primitivorgane noch nicht da , sondern es treten erst später in den 5"'^^'' ^""" iz-iiii -f n 1 1 derung. einzelnen Gegenden der letzteren die Besonderheiten auf. Diese l'mwandlun" nenne ich die morphologische Sonderung ^ wed sie das gleichmäfsige Primitivor^an in heterogene Formen tlieilt. o So, glaube ich, müssen wir zuvörderst den Unterschied dieser beiden a. Zeitli- Sonderungen auffassen. Nun wollen wir erst hinzufügen, dafs genau genommen häftn^fs^der kein einzii^es Fundamentalorgan als ^anz gleichmäfsige und vollständige Röhre PJ^^mären 1 i-v-i 1 -rv'ii-i ^ ""^ mor- aucn nur kurze Zeit bestellt. Die morphologische Sonderung tritt zwar immer phologi- später auf, als die primäre; denn bevor die Schichten geschieden sind, ist keine derung^°"~ Spur von Theilung in Organe, aber wohl beginnt der Anfang der morphologi- schen Sonderung, ehe aus den Schichten, welche die primäre Sonderung erzeu^^t hatte, vollständige Röhren geworden sind. So sieht man, schon w-enn der Rücken sich schliefst , das vordere Ende etwas verdickt und man kaun schon die Bildung des Kopfes, und also auch des Hirnes, einigermafsen erkennen, wenn auch seine hintere Grenze sich nicht l^estimmen läfst, allein die Al^grenzung einer Haut- schicht (aus der ja Hirn und Rückenmark werden) w^ar bereits deutlich. Der Speisekanal ist zwar schon in den Abschnitten geschlossen , welche nachher durch später eintretende Individualität sich scheiden, allein er ist noch nicht in seiner ganzen Länge fertig, sondern in der Mitte noch ungeformt, w^enn die Enden schon anfangen sich umzuformen. — Dieses mag hinreichen, um in der Dar- stellung des Einzelnen nicht irre zu werden. Für die Ausbildung der verschiedenen Organe aus den Primitivorganen, oder jenen ^u Röhren umgeAvandelten primären Schichten, gelten gewisse allge- meine Regeln, die wir kurz berühren wollen. 80 V. Allmäh- Zuvörderst erhalten alle einzelnen Organe ihre Besonderheit erst allinahlig, dua?isir"e'li''" »o ^^^^^ ^i^, je Weiter ziiiück man sie in ihrer AusLildung betrachtet, um so we- durch die Y^{aeT von ihrer spätem Eigenthümlichkeit zeugen. So nimmt in allen verästelten X"^ Sonde- Organen die Verästelung zu. Sie sind im Anfange abgerundete kegeHÖrmige Yorra- ''""^" auu<'en, dann theilen sie sich an der Spitze und die Vertlieilung schreitet üllmählig weiter vor. So sind ferner alle vereugtenTheile irgend eines gröfsern Apj)arates im Entstehen rim Verhältnifs zu den verwandten Theilen) weiter und alle erweiterten Theile sind früher enger, als im spätem [Zustande. Der Magen z. B. ist, wenn er kenntlich wird, nicht viel weiter als der Darm. Dagegen sind die Ausführungs- gänge der Speicheldrüsen, der Leber, die Luftröhrenäste u. s. w. ungeheuer weit in der ersten Bildung. Auch die Schnabelspitze, der Unterschenkel, die FulsA\Tjrzel und jeder andere im ausgebildeten Thiere verdünnte Theil ist Anfangs sehr dick. — Es haben also mit Einem Worte alle einzelnen Organe früher eine rohere unbe- stimmtere Form , und die Wirksamkeit der fortgehenden morphologischen Sonde- run" zei"t sich in der fortgehenden Ausbildung dieser Form. Hierdurch wird es nicht nur anschaulich, wie die Primitivorgane die Summe aller einzelnen Organe sind in die sie sich umbilden , sondern es wird auch unsere gewählte Darstel- luu'T aerechtferti"t , nach der wir alle Primitivorgane als ursprünglich gleichmä- fsi'Je Ptöhren zu betrachten verlangten, wenn auch die morphologische Son- dcrun«' zum Theil in ihnen beginnt, bevor sie als Pxöhren vollkommen vollendet LT sind. — w. Variatio- Alle Ausbildung der einzelnen Organe beruht also auf einem modificirten äuf'ser/" Wachsthume in einem gröfsern oder geringern Theile seiner Ausdehnung, und nur Form der |^ ^1^^ äufscm Erscheinung sind Verschiedenheiten. Ist der Abschnitt eines Fun- schen Son- (lanientalorf'ans, welcher durch vermehrte Entmckelung nach dem Umfange sich cerung. verändert von ansehnlicher Länge, so erscheint uns eine solche Veränderung als eine Verdickung oder Vergröfserung , so die Biklung des Hirns und des Schädels. Ist dn^e^en ein vermehrtes Wachsthum in die Länge, bei geringer Entwickelung nach der Peripherie, so erscheint uns der Erfolg als Verdünnung, wie die Bil- diin^ der Speiseröhre und des Rückenmarkes. Ist eine stark vermehrte Entwicke- luni» nur auf eine kleine Stelle eines Fundamentalorganes beschränkt, so erscheint uns eine solche Entwickelung als ein selbstsländiges Hervorwachsen, obgleich sie im Grunde nichts ist als eine auf beschränkter Stelle sich äufsernde A'ermelirung des allgemeinen Wachsthums. Diese Wucherungen sind aljer entweder hohl, so dafs die innere Fläche des Fundamentalorganes in sie eingeht, oder nicht. Im er- stem Falle bezeichnet man sie am deutlichsten mit dem Ausdrucke llervorslülpung oder 81 oder Aussackung, im letztern Falle kann man sie ein Hervorwachsen nennen, wenn die -vrerdende Höhe bedeutend im Verliältnifs zur Basis ist, wie z. B. bei der Entwickelung der Dorn fortsätze, oder bei dorn allgemeinen Ausdrucke ,, Wuche- rung " stehen bleiJjen , wenn die Basis ansehidich ist. In diesen Modificationen der morphologischen Sonderung zeigen die einzel- nen Primitirorgane durchgreifende Verschiedenheiten , denn wir werden bald se-< hen, dafs die Eigenthümlichkeit jedes einzelnen Primitivorganes seiner morpholo- gischen Sonderung einen Ijestimmten Charakter giebt. (§. 6 ee. und folg.) Vor- her wollen w^ir aber noch einige allgemeine Verhältnisse dieser Art von Sonderung ins Auge fassen. Ueberall hat die gemeinsame Entstehungsweise der Primitivoreane auch auf ^. AUgeinpi ° ° ° ne Einwir- kung der Bil die fortgehende Ausbildung der einzelnen Besonderheiten aus ihnen den gröfsten -^ .S( Einflufs. So scheint in allen Primitivorganen die Centrallinie zu fernem Bildungen der l^nnimv nicht geneigt zu seyn und alle besondere Bildung von der Centrallinie zurSchlufs- "fß^ne ani linie weiter vorzurücken, nach demselben Wege, welchen auch bei der Entstehung logisch der Primitivorgane selbst die Entwickelung nahm. Auch bei den Ausstülpungen, die doch ursprünglich aus dem Primilivorgane heraus gerichtet sind, Jjemerkt man diesen Einflufs, so dafs paarige Hervor.stülpungen, wenn sie nur nicht der Centrallinie sehr nahe hervortreten, wie aus der MeduUarröhre die Sinnesorgane, sondern der Schlufslinie näher sind, wie etwa die beiden ursprünglichen Leber- gänge oder die Lungenäste, bald an der Schlufslinie selbst zusammenstofsen und einen mittlem Stamm erhalten. Nennen wir nun den Weg, den irgend ein grö- fserer oder kleinerer Theil bei seiner Ausbildung zurücklegt, seinen Bildungsho- gen, so ist dieser Bildungsbogen für alle Theile, die gar nicht aus der Wand des ein unmittelbarer Abschnitt des Bogens von der oder ein ursprüng- licher Bildungsbogen. Organe, die aus der Ebene des Primitivorganes hervor- treten, haben zuvörderst eine abweichende Richtung, allein dieselbe schliefst sich allmählig inmier mehr an die Piichtung des ursprünglichen Bildungsbogens an. Selbst Bildungen, die aus einem Primitivorgane durchbohrend in ein ande- res dringen, erfahren diesen Einflufs, wenn auch in geringem! Maafse, so dafs alle Bildungs]>ogen nach den beiden Schlufslinien gerichtet sind. Auch scheint es mir, dafs alle paarigen Organe, welche symmetrisch ihren Ort verändern, nach den Schlufslinien wandern; nicht umgekehrt*). Primitivorganes hervortreten, Centrallinie zu der Schlufslinie innerhalb des Primitivorganes, Bildnnn?- boppn. *) Ausführlichere« über diese Verhältnisse siehe im ersten Theile S. 170 n. s. w. //. L 82 j'. Morpho- So viel Über die morphologische Sonderunor fn Bezug auf das Verhältnifs von logische Ele- -, ^, i • • i > • • • i ... ° mente. der Ceiitralliniiie zur Schlufslinie in jedem Primitivorgaue. Dieses Verhältnifs he- ^ ruht, wie Sie wissen, wieder auf einem ursprünglichen Verhältnisse von der Mitte zur Peripherie, welches die Schichten der primären Sonderung in Röhren umwandelte und jetzt bei der morphologischen Sonderung noch fortwirkt. Die Mitte für die Eutwickelung der Wirbelthiere ist aber nicht ein Punkt , sondern eine Linie — eine Axe für die gesammte Bildung. Betrachten wir jetzt auch das Allgemeine der morphologischen Sonderung in Bezug auf die Ausdehnung inner- halb dieser Axe ! Wir haben bisher nur von Abtheilungen gesprochen, die man Organe nennt, deren Umfang bald grofs bald klein ist, und die in morphologischer Hin- sicht keinesweges einerlei Bedeutung haben. Sie wissen aber, dafs noch andere, unter sich mehr gleiche Abtheilungen, wenigstens in der animalischen Hälfte des Leibes deutlich sind. Das Knochensystem zerfällt in hinter einander liegende Wirbel. Diese bestehen aus einem JMittelkörper mit obern und untern Bogen, denn wir haben schon gelernt die untern Bogen als den Gegensatz der obern zu betrachten, wenn sie auch nicht immer mit den Mittelstücken, den Wirbelkör- pern, ein ununterbrochenes Ganze bilden ($. 6 a.). Aehnliche Abtheilungen zeigt • das (animalische) Nervensystem. Einem Abschnitte des Centrallheils gehören im- mer ein Paar nach oben und ein Paar nach unten gegen die Schlufslinien des Rückens und des Bauches sich erstreckende Nerven, welche mit einander ver- einigt sind, ehe sie mit dem Centraltheile in Verbindung stehen. Es bildet also auch das Nervensystem eine Reihe von Ausbreitungen in der Form von Ziffer 8, welche durch den Centraltheil zu einem Ganzen an einander gereiht sind. Die benachbarten obern Nervenbogen und eben so die benachbarten untern Nervenbo- gen sind aber auch unter einander durch hinüberlaufende Fäden verbunden, so wie die Wirbel, oder die morphologischen Elemente des Knochensystems durch die schiefen Fortsätze zwar nicht unter einander verwachsen, aber doch an ein- ander gefügt und durch das Periosteum wirklich verbunden sind. Eben so bilden die Blufgefäfse Bogen nach oben und nach unten- von einem Stamme ausgehend, die Zwisclienwirbel - und Zwischenrippengefäfse nämlich , wenn auch die letztern in verschiedenen Regionen verschiedene Namen erhalten haben und zuweilen für mehrere Wirbelabschnilte einen gemeiiischafllichen Stamm bilden, wie die AVir- belschlagadern. — Auch diese Gefäfse, besonders die Venen, verbinden sich durch Anastomosen. — Zwischen den Wirbeln ist nicht nur Knochenhaut, sondern auch die tiefste Muskcllage liegt nur zwischen den einzelnen Wirbeln. Die mehr oberflächlichen Muskellagen verbinden freilich mehrere Wirbel, aber LlöRAR sie scheinen mir deshalb den Verbindungsmitlehi in andern organischen Systemen /^J^ /'- Was nun die Aüsbildunir dieser Verhältnisse anlangt, so werden die mor- duugsweise ^ i n ^•^ n • iiii der niorpho- ])hoIogischen Elemente im Embryo sehr früh nxirt, und sobald nur Knochen und Efememe u. weiclic Theile , Nerv und bewegliche Faser sich zu scheiden anfangen, geschieht Abschnitte, gg jj^ jgj^ Absätzen , die wir so benannt haben. Die Differenzen unter ihnen bil- den sich sehr spät aus, so dafs im ersten Anfange nur der Unterschied bemerkt wird, dafs die vordem morphologischen Elemente im Allgemeinen breiter sind, als die hintern. Die Unterschiede aber, welche den einzelnen Gruppen derselben eine gewisse Individualität geben, entwickeln sich viel später. Der Kopf z. B. ist anfänglich gegen den Rumpf gar nicht begrenzt und e ; denn es niufs einst erforscht Averden, Avelche allgemeinen Verhältnisse alle Einzelheilen Ijestimmler Thierfornien erzeugen. Nur einen kleinen Fingerzeig erlaube ich mir zu geben, indem ich darauf aufmerksam mache, dafs das Nervensystem an seinem vordem Ende sich in seinen einzelnen Abschnitten oder morphologischen Elementen mehr iudividualisirt, nach hinten weniger, denn nach vorn haben Avir die verschiede- nen Abtheilungen des Hirnes und die Sinnesorgane, nach hinten ein fast gleich- mäfsiges Rückenmark; dafs dagegen der Darmkanal sich nach hinten mehr in Ab- theilungen iudividualisirt, denn vorn enthalten Mundhöhle und Speiseröhre meh- rere ziemlich gleich bleibende morphologische Elemente, nach hinten aber wer- den die Abschnitte heterogener. Es scheint mithin jedes Fundamentalorgan, in der Region, in welcher es am meisten vorherrscht, auch eine höhere morpholo- gische Sonderuug zu erfahren. Ich habe bei der Feststellung des Begriffes von den morphologischen Ele- cc. Morpho- menten auf die vegetative Ablheilung des Leibes vorläufig nicht Rücksicht genom- mente ^n der men, sondern jene Elemente in der animalischen Abtheiluns nachijewiesen und awu^V^" ' ' o o Abthe]lung. sie dann stillscliAveigend auch in der vegetativen angenommen. Wir dürfen die Frage jedoch nicht umgehen, in w^ie Aveit dieses geschehen durfte P Ich glaube in jenem Verfahren Recht gehabt zu haben. Zwar sind die morphologischen Ele- mente im Darmkanale des erwachsenen Wirbelthiers , besonders in der Mitte des- selben, nicht mehr kenntlich, indessen sind sie an den Enden doch durch die mehrfachen Paare von hinzutretenden Nerven und Blutgefafsen noch angedeutet. Je jünger aber das Thier ist, um desto deutlicher sind diese Abtheilungen. So machen die Kiemenspalten mit ihren fünf Gefäfsbogen eine fünffache Gliederung der Rachenhühle ganz offenbar. Die Mitte des Darmes ist, je Aveiter AAir im Embryonenleben zurückgehen , um so mehr dem Anfangstheile desselben ähnlich und lälst schon deshalb die Anlage zu einer Gliederung vermuthen. Diese Avird aber durch geAvisse Verhältnisse noch kenntlicher gemacht. Sie Avird unter andern durch die erste Gefäfsvertheilung angedeutet, am bemerklichsten bei den Säuge- thieren. So lange in den Embryonen derselben der Darmkanal in dem gröfsten Theile seiner Läjige noch offen ist, ziehen sich an den Rändern desselben zwei Ve- nen hinauf, die erst beim Eintritt in die sogenannte Fovea cardiaca zu. einem 86 ^ gomelnscliafllichen Stämmclien zusamraenmünden. Diese Venen nehmen fast in bleichen Abständen Aestclien anf *). >yäl)rend sich aher der Naljel durch Verenge- O f ' ..... rung der offenen Bauch- und Darmhöhle mehr ausbildet, geht diese Regelniäfsig- keit bald verloren, indem die kurze Verbindung beider Venen sich zu dem gemein- schaftlichen Slämnichen der Dottersackvene rasch ausd<;hnt und jene 2 Venen nur als untergeordnete Aeste derselben erscheinen, die immer mehr netzförmig sich verlheilen. Da nun iiberdiefs eine andere Gruppe vonThieren, die Gruppe der Gliederthiere, uns zeigt, dafs der Darmkanal, je reiner der allgemeine Tj'pus aus- geprägt ist, um so mehr auch Gliederung offenbart*'*'), und dadurch den Beweis liefert, dafs diesem Primilivorgane überhaupt die Gliederung nicht fremd ist, so glaube ich mit Recht behaupten zu können, dafs auch in den Wirbelthieren dem Darmknnale und der gesammten plastischen Abtheilung des Leibes die Gliederung in ursprünglich gleiche morphologische Elemente nicht absolut fehlt, sondern nur in geringem! Grade beigegeben ist, sich aber allniählig immer mehr verliert. dl. Die ve- Eben SO verliert sich auch alimählig die Symmetrie der vegetativen Abthei- fheilnng luug dcs Lcibes, besonders in der JMitte ihrer Ausdehnung. So lange nämlich wird bei fer- jgj. Damikaual uoch ciu ganz gleichmäfsiges Frimitivorgan ist, liegt er nicht nur nerer Lmbil- "^ i i -i -% • ^ •ii- dnng unsym- eng au der animalischen Abtheilung an, sondern ist auch völlig symmetrisch. So sind , um ein auffallendes Beispiel hervorzuheben, in sehr jungen Embryonen der Säugethiere selbst die beiden herumsclnveifenden Nerven ganz gleich unter sich, vollkommen seitlich gelegen und erst alimählig werden sie so umgeformt, dafs die eine mehr vorn , die andere mehr hinten liegt und die rücklaufenden Aeste so ver- schieden scheinen. Beim Eintritt der morphologischen Sonderung entfernt sich überhaupt der Darmkanal , mit Ausnahme seiner beiden Enden, von der animali- schen Abtheilung, und es entwickelt sich in ihm dann ein uns3-mmetrisches La- gerungsverhältnils aus dem symmetrischen. So wandern diejenigen Organe, wel- che mehr aufnehmend sind, nach rechts, diejenigen aber, welche mehr forlbe- wegend sind, nach links. Hierdurch wird bewirkt, dafs die erstem nach rechts ziehen, die andern nach rechts stofsen. Es scheint nämüch dieser Lagerungsver- anderung ein allgemeines Gesetz zum Grunde zu liegen , dafs alle lebendige Stö- rung in den Wirbellhieren nach rechts gerichtet ist, sie mag aulserdcm eine Rich- tung nach vorn oder nach hinten haben. ***") J)ie AVesenheil der plastischen melriscb. ♦ ) Spätere Untersuchungen haben mich belelirt, dafs die zahlreichen und fast parallelen Gefäfje, die ich in der Epistnla de ovi T/iamrnal. et hominis generi Fig. VII ß abgebildet habe, Venen find , die auf jeder Seite in ein kurzes Stämmchen zusammenlaufen. Die lentsprechenden Arte- rien sind weniger sichtbar. ♦*) IV) an denke nur an Nereis , Lumbricus , lUrudo. *♦*') Ausfiilivlich wird hierüber gehandelt im ersten Theile S ?I8 u folp 87 Abtheilung des Leibes besteht ebeu darin, den Stoff aus der AufsenAvelt aufzuneh- men, ihn in organisch -lebendigen Stoff umzmvandeln und diesen fortzubewegen. Wenn die organisclie Bewegung überhaupt eine vorherrschende Richtung nach rechts hat, so Averden eljen durch diese Richtung nothwendig diejenigen Organe, gegen welche die Bewegung gerichtet ist, oder welche mehr aufnehmend sind, allmählig nach rechts, die Organe aber, von welchen die vStrömung aus.^cht, all- mählig nach links gestellt werden, wie die Erfahrung in der That zeigt. Hiermit hätten wir schon ein auffallendes Beispiel von dem Einflüsse, den f^- i^^e\Ve- . . , senlieil jedes die Wesenheit eines Primitivorganes auf seine allmählige Ausl>ild«ng ausübt. Primitivor- Verfolgen wir diesen Gesichtspunkt weiter, so linden wir bald, dafs das ur- filmmt %e spriinuliche Verhältnifs eines Primitivorifaues , die ihm seine AVesenheit eiebt, ^^^ seiner . . . -. ö' niorpiiologi- auch die Art seiner morphologischen Umbildung bestimmt. Mir bemerken so- scheu Um- gleich, dafs nur aus dej^ Medullär röhre und dem Darmhanale JioJde IT^uclierungen oder Ausstülpungen sich bilden, während die andern Primitivorgane nur solide Wucherungen erleiden. JMedullarröhre und Darmkanal stimmen aber darin über- ein, dafs sie die beiden innersten, eingeschlossenen Primitivorgane sind. In beiden sind jedoch nur die nach aufsen gerichteten Wucherungen hohl, die nach innen gerichteten solid. Es ist aber hier die innere Fläche, welche immer an der Wucherung Antheil nimmt, " So scheinen, wenn wir die einzelnenPrimitivorganc durchgehen, um zu er- fj: Morpho- kennen, wie ihr alleemeiner Charakter auf ihre morphologische Sonderun n o .... krösPF. dem Gekröse keine Ausstülpungen, insofern nicht eine innere Fläche dieses Pri- milivorganes, wie die Lücke des Gekröses sie empf inglich darbieten könnte, daran Anllieil nimmt. Diese Lücke, der Baum zAvischen beiden Gekrösplatlen (Taf. II. Fig. 6 — 8 Ai.), füllt sich vielmehr sehr bald aus. Einige Bildungen werden aber in so fern hohl, sls ein Kanal von Schleindiaut sich sj)äler in sie verlängert und Ans- *) Daf« für die Bildung dieser Spalten ein Hervordringen der Sclileimhaiit besonders wirksam ist, knnn man im Embryo des Frosches freilich dentlicher nachweisen, als im Embryo des Vogel». Ich erinnere mich, daf« auch J. Müller an einer Stelle, die ich nicht gleich wieder finden kann , das ursprüngliche Verschlossenseyn des Mnndes bezweifelt. Ich habe jedoch mich bei Säiigethieren . Vögeln , Fröschen imd Fischen auf das Vollstnndigjte hiervon tiberiengt. 89 Ausführungsgänge bildet, wie für die vorübergehenden und bleibenden Nieren. Anfserdem sind alle in so fern hohl, als sich in ihren Organen , durch histologische Sonderung , (von der wir bald hören werden) , hohle Gänge oder Gefäfse für das Blut bilden. Ein solches durch histologische Sonderung hohl gewordenes Or^^an ist das Herz. Zu den Bildungen der Gefäfsschicht gehören ferner diejenitren , wel- che vorzüglich aus Verzweigungen von Blutgefäfsen bestehen und die Weber Blutdrüsen nennt , die Nebennieren , Schilddrüsen, die Thymus, die Milz. Ihre Bildung scheint dadurch bedingt, dafs das Blut in verschiedenen Richtunr^en sich vertheilt und sich dann wieder sammelt, während im Herzen nur eine grofse untre- theilte Strömung ist. Ihnen fehlen die Ausführungsgänge. Aehulich scheint mir die erste Bildung der vorübergehenden Nieren , die aber bald ausführende Kanäle erhalten. Auch die bleibenden Nieren so wie die zeugenden Geschlechtsorgane stammen wohl aus diesem Primitivorgane. Was aber die Umgestaltung des Primitivorganes selbst, abgesehen von sei- nen einzelnen Wucherungen, anlangt, so scheint es nothwendig, diese besonders ins Auge zu fassen, da ich annehmen darf, es Averde Ihnen schwer sejn, in dem ausgewachsenen Wirbelthiere dasjenige Primitivorgan wieder zu erkennen das ich das Gekröse genannt und als eine durch die ganze Länge des Thiers hindurch gehende Röhre, aus einer Gefäfshaut gebildet, dargestellt habe (§. 6.0.). In diesem Primitivorgane erhält die Substanz zwischen den Gefafsen keine weitere Ausbildung, sondern bleibt im Wesentlichen ungeformter thierischer Stoff oder das, was die Anatomen Zellgewebe zu nennen pflegen. Sie sehen nun dafs in Gegenden, wo sehr viele Gefäfse vom Zellgewebe zusammengehalten werden wir bleibend eine Gefäfsschicht erkennen werden, dafs aber in Gegenden wo nur ganz einzelne Gefäfse übrig bleiben, wir nachher nicht eine Gefäfsschicht, son- dern einzelne Gefäfsstämme im Zellgewebe sehen werden. Der Unterschied ist nur ein relativer, das Ansehn weicht aber sehr ab. Im vordem Theile wo Lei der Ausdehnung des Halses und dem Zurückweichen und Umbilden des Herzens die Blutgefafse sich in wenige und ziemlich lange Stämme sammeln, erkennen wir später nicht mehr das ursprüngliche Verhältnifs. Die starke Entwickelnng des Herzens und das Zusammenrücken seiner einzelnen Abschnitte hat ebenfalls viel zur Veränderung der röhrigen Form beigetragen. Nach hinten macht das Zu- sammenwachsen der Lücke des Gekröses, dafs später die Hauptstämme der Schlag - und Blutadern hier nur in einer unförmlichen Masse Zellgewebe liegend gefunden werden. Durch das Herabsteigen des Darmkanals von der Wirbelsäule wird aber ein anderer Theil des Primitivorganes weit hervorgezogen und erscheint als ein blattförmiges Gekröse. Man pflegt zwar in der beschreibenden Anatomie das Ge- //. M 90 / — — — — kröse als aus zwei Blättern des Bauchfelles bestehend, zwischen denen Gefäfse und Zellgewebe in Form eines Blattes enthalten sind, zu beschreiben. Morphologisch richtiger würde man sagen : das Gekröse ist eine Geföfshaut , die auf beiden Flä- chen einen Ueberzug vom Bauchfelle hat, denn das P eritonaeum ist, wie alle serösen Häute , nichts als ein Ueberzug für eine innere Höhle, Eine solche Be- schreibung wäre mit der Bildungsweise übereinstimmend. u Unibiiuüg Noch entschiedener sind alle Wucherungen der aus der Fleischscliicht eebil- der verschie- ... ti-i t- t-ildeu sich Blult^efäfse in allen verschiedenen Schichten und allen einzelnen Theilen, so weit diese wahrhaft le- bendig sind , und die Blutgelafse müssen daselbst noch zwischen den jedem Organe etgenthümliclien histologischen Elementen sich finden. Wie die ursprüngliche röhrige Gefäfsschicht , die ein Priniitivorgan bildete, allmählig ihre Gleichför- migkeit verliert, haben wir so eben (unter A/i.^ berührt. Aus dem jetzt Hinzu- gefügten wird es Ihnen aber klar geworden seyn, wie })ei weitem nicht alle Gefä- fse aus dieser Schicht stammen, sondern alle an den Stellen selbst, an denen sie sich bleibend zeigen, entstanden sind. Es finden sich sogar in späterer Zeit Avahre Gefäfshäute, welche keinesweges morphologische Sonderungen aus der ursprüng- lichen Gefäfshaut sind. So bildet sich allmählig eine Gefäfshaut um die gesammte lYervenröhre und ihre Verlängerungen in die Sinnesorgane und eine andere Gefäfs- schicht in der Haut. Recht deutlich wird das Wesen der histologischen Sonderung durch die Art ,'??• ^us^^el- ... . ,. bildung wie die Muskeln entstehen. Verfolgt man die Muskeln in ihrer Ausbildung, rück- wärts bis zu einem Zustande , wo man kaum noch die Anlage zur Muskelbildung erkennen kann, so findet man äufserst weiche, von der Umgebung kaum geson- derte, nicht genau geformte, sondern absatzweise erweiterte und verengte, also paternosterförmige , verhältnifsmäfsig ziemlich dicke Fäden. Sie sind entweder in ihrer ganzen Länge vollständig, oder noch gar nicht sichtbar, wachsen also nicht aus andern Muskeln hervor oder von einem Knochen zum andern, sondern entste- hen in der Masse, die zwischen diesen Knochen liegt. Ihre Fäden scheinen auch nicht dadurch gebildet, dafs die Kügelchen, die schon früher in diesem Bildungs- gewebe sich fanden, oder gar die Blutkügelchen, wie Home glaubte, sich in Rei- hen stellen, sondern die Fäden haben sich neu aus dem ungeformten Stoffe geson- dert; denn immer findet man zwischen den Fäden noch die frühern Kügelchen, Und je weiter zurück man die JMuskelfasern verfolgt , desto ähnlicher findet man sie am umgebenden Bildungsgewebe, bis mau sie von diesem nicht mehr unter- scheiden kann. Eben deshalb erscheinen sie zuerst paternosterförmig, indem die Faserbildung im ersten IMomente von der Bildung der elementaren Kügelchen wenig verschieden ist. Diese Hervorbildung einer neuen Art des Gewebes ist es, was wir histologische Sonderung nennen. Ich zweifle nicht, dafs jede zuerst sichtbare Muskelfaser sich später wieder spaltet und also eigentlich ein werdendes Bündel ist, denn die ersten deutlichen Fasern sind sehr dick, viel dicker als die spätem. Eben so wenig sind die einzelnen Nerven wirkliche Auswüchse aus der Ner- pp- Nerven- venröhre. Sie werden vielmehr mit Ausnahme der Sinnesnerven, die [man eben 94 defshalb als Tlieile des Hirnes selbst betrachten sollte, durch histologische Son- derung als zusammenhängende Fäden in den andern Primitivorganen gebildet, in dem animalischen Hauptblatte zu animalischen Nerven , in dem vegetativen Blatte zu Nerven des vegetativen Systems. So Aviederholt überhaupt die histologische Sonderung dieselben Differenzen, welche die primäre Sonderung gegeben hatte, und daher kommt es, dafs die Ner- venröhre nicht alleiniger Nerv, sondern nnr der vorherrschende Nerv ist , dafs in der Gefäfsschicht nicht allein Gefäfse sich bilden , Avenn sie auch die Stämme ent- hält, dafs die Fleischicht nicht allein be\Yegende Muslvclfasern hat, sondern diese auch in der Gefäfsschicht um den Darmkanal für die unwillkürliche Bewegung, und im Herzen sich bilden. Ja die wesentlichen Differenzen der Primitivorgane selJjst werden erst durch histologische Sonderung vollständig ausgebildet. Aber auch die morphologische Sonderung wiederholt dieselJ^en Differenzen auf ihre Weise. Sie macht, dafs in der Nerveuröhre der vordere Theil, das Hirn, den allf^emeinen Charakter dieses Primitivorganes viel höher auslnldet, als der hintere Theil oder dasPuickenmark, dagegen dieFleischscliicht sich im llumpfe mehr aus- bildet. Die Gefäfsschicht findet in der Brust, der Darmkanal im Hinterleibe die höchste Ausbildung , obgleich alle diese Primitivorgane durch die ganze Länge des Leibes gehen. D. Gegen- Ueberblicken wir nun das gegenseitige Verhältnif* der drei Formen der Um- hlunlL der' bildung , SO können wir doch das Allgemeinste davon, wenn wir uns erinnern, drei ^ ormen i p jj^ Primitivor^ane nicht ursprünglich Piöhren sind , sondern aus Schichten der Umbil- ö i o ^'•"'P- ' zu Röhren werden , so aussprechen: Die primäre^ die morphologische und die histologische Sonderung wiederholen dieselben Differenzen , die erste über einander^ die zweite hinter einander und die dritte in einander. Die Folge davon ist, dafs diese Differenzen nicht absolut, sondern nur relativ im Körper geschieden sind, indem dieselben Differenzen, welche als Hauptunter- schiede in den Primitivorganen des Körpers sich entwickeln, als untergeordnete Differenzen in den einzelnen Theilen wiederholt werden. Dieser Salz , hier nur m Bezug auf die Wirbelthiere ausgesprochen , mufs das richtige Verständnifs der Enlwickelungsgeschichte begründen, indem er einsichllich macht, wie die Primi- tivorgane sich zu den organischen Systemen und einzehien Organen, die unsere Anritoniie nnnimmt, verhalten. Es schien mir daher nothwendig, ihn der Bil- dungsiicschichte der einzelnen Theile voranzuschicken. Um ihn verständiich zu mnchen, glaubte ich mir erlauben zu müssen , von den Vögeln aus Blicke auf den 95 Bau (ItT übri'jc'n Wirljelthiere zu werfen. Eine nähere J^>läulei'Uiiü dieses Satzes scheint mir hier aber überilüssig, da ich ihn so ausführhch eingeleitet habe. §. 7. EntwicTcelungsweise der einzelnen Theile des Vogels, Vielmehr gehe ich jetzt, nachdem wir die aligemeinen Formen der Umbil- «• ^orii«- dung kennen gelernt haljen, zu der Bildungsgeschichte der einzelnen Theile des Vogels über. Das zuletzt Vorgetragene wird dabei durch Verfolgung in die ein- zelnen Vorgänge anschaulicher werden. Wir werden aber auch für die Darstel- lung der Enl^vickelung der einzelnen Theile den Vorzug haben , uns kürzer fassen zu können^ indem wir von den allgemeinern Gesichtspunkten aus diese untersuchen und die in frühem Betrachtungen gewonnenen Ausdrücke für die verschiedenen Arten der Bildung anwenden w^erden. Auch nehme ich an, daJs es Ihnen nicht sowohl anf eine Ausführlichkeit im Einzelnen und auf eine genaue Bestimmung der Zeit*}, als vielmehr auf eine lebendige Erkenntnifs der Art ankommt, wie sich die Theile des Vogels aus* dem frühesten Zustande, wo der Embrjo nur aus gleichmäfsigen Primitivorganen besteht, hervorbilden. Auf die Entstehungsweise der Primitivorgane Averde ich dabei nicht mehr zurückkommen , weil der Anfang derEntwickelung für alle Theile gemeinschaftlich ist, und eben um diesen hier aus- lassen zu können, habe ich ihn früher so ausführlich betrachtet. Ist Ihnen die früheste Metamorphose, wie ich hoffe, einsichtlich geworden, so werden Sie jetzt selbst die Geschichte jedes Theils bis zu dem unbefruchteten Keim zurück- führen können. Einige Wiederholung wird sich allerdings nicht vermeiden las- .. sen , da ich, um die morphologische Sonderung an sich und einige ihrer allgemein- sten Gesetze verständlich zu machen , schon früher von der Umbildung in Organe gesprochen habe. Indessen werden wir auch bei diesen Wiederholuucren jetzt von einem andern Gesichtspunkte ausgehen. Damals folgten wir der Umwandlung des Keimes in die Primitivorgane, und der Primitivorgane in die einzelnen Organe spä- terer Zeit, um zu sehen, was aus jenen wird. Es war eine Geschichte der Pri- mitivorgane. Jetzt gehen wir von dem ausgebildeten Organismus aus und fragen: wie sind seine verschiedenen Theile geworden? Wir werden also die Geschichte der organischen Systeme und einzelnen Organe verfolgen. Auch werden wir hier nur die Entwickelungsgeschichte der Vögel berück- sichtigen und später erst die Uebereinstimmungen und Unterschiede zwischen der Entwickelung der Vögel und anderer Thierklassen aufsuchen. *) In dieseti beiden Hinsichten v-erweise ich den Leser auf den ersten Theil. 96 h. Das Kno- Das gesamiiite Skelett der Vögel bildet sich in den Primilivorganen der überhaupt" Fleischscluclit. a)Histoiogi- Alle Knochen sind vorher knorpelig und dem Knorpelzuslande geht "SNueder d*i!lig.^"*^^^' ein anderer voran, ayo die zukünftigen Knorpel aus zusammengedrängten, dunk- len Körnchen Lestehen. Das Knochensystem ist überhau])t vom Anfange an nur das festere Gerüste des Leibes und die erste Anlage dazu ist eben nichts als eine der- bere Ausbildung der Kügelchen an denjenigen Stellen , welche einst Knochen wer- den sollen, innerhalb der ursprünglich weichen, aus kleinen Kügelchen oder Bläs- chen und ungeformtem Stoffe bestehenden, ziemlich gleichartigen Masse des Em- bryo. Das Hellerwerden ist mit einer Auflösung der Kügelchen verbunden und ein Ueber^^ang in den ersten ganz weichen Knorpelzustand. Die Peripherie bildet sich dann zur Knorpelhaut aus, während das Innere allmählig ein festerer Knor- pel wird. Jeder Knorpel ist gleich Anfangs ganz da, nicht etwa zur Hälfte, aber unförmlich und bekommt später seine bestimmte Gestalt mit Vorragungen. Ein stärkerer Zuflufs von J31ut und ein Piauhwerden einer Gegend des Knorpels geht seiner Verknöcherung voran. Die Verknöchcrung schreitet in jedem einzelnen Knorpel von der Mitte nach der Peripherie fort. Indessen finden sich bekanntlich sehr häufi" mehrere Verknöcherungspunktc in einem einzelnen Knorpel. So lange diese mehrfachen Verknöcherungen einander noch nicht erreicht haben, pflegt jnan zu sagen , der Knochen l^estünde aus mehreren einzelnen Knochen ; ein Aus- druk der meistens nicht richtig ist, indem der Knorpel, d. h. also der Knochen im weichen Zustande, ein ungetheiltes Ganzes bildet. Einige Knochen freilich sind wirklich aus mehreren einzelnen Knochen zusammengewachsen, wie das Kreuz- bein. Die innern Höhlungen der Knochen fehlen im Knorpelzuslande völlig und sind nur eine Folge der Verknöcherung. Sie enthalten , wenn sie sich entwickeln, Knochenmark. Nach der Geburt dringen abeir in mehr oder weniger von diesen Höhlen Luftsäcke ein und das Mark schwindet. Die Gelenke werden mit den Knorpeln zugleich und zwischen ihnen durch histologische Sonderüng erzeugt. Am d(iullichslen läfst sich dieser Vorgang an den Fingern und Zehen beobachten. Wenn das Endglied der Extremität eine dünne Plalte ist, sieht man in ihm so viele dunkle Strahlen entstehen, als sich Finf^er oder Zehen bilden sollen, im Flügel des Hühnchens drei, im Fufse vier, selten fünf. Diese Strahlen nehmen allmählig au Dunkelheit und Dicke zu, wäh- rend die zwischen ihnen liegende IMasse immer dünner und durchsichtiger wird und daher das Ansehn einer Schwimmhaut gewinnt. In den Strahlen ist anfäng- lich gar keine Gliederung. Diese tritt aber mit der Verknorpelung ein, so dafs zwischen den fester gewordenen Massen der Knorpel Tröpfchen Flüssigkeit sich samm- desKnodion- svstems 97 sammeln. Die äufsereBegränzung dieser Flüssigkeit ist dieSynovialhaiit, und eine gemeinschaftliche dunkle Scheide, die über die Knorpel und die Wasserbläscheu fortgeht, wird die Knochenhaut. Knorpel und Gelenke bilden sich also durch hi- stologische Sonderung innerhalb einer gleichmäfsigen Grundlage, Denselben Vor- gang beobachtet man, wenn auch wegen der geringem Durchsichtigkeit nicht so deutlich , in der Gelenkbildung der obern Theile der Extremität. Was die Reihenfolge in der Ausbildung des Skelettes anlangt, so sehen wir ß Reiiipu- .. , folge in d die erste Ansammlung dunklerer Körner früher als irgend eine andere Bildung in Ausbildung der Axe des Embryo , wo sie einen dünnen Faden bilden , den wir fJ^irbelsaite (Chorda vertehralis)*) neuneu. Die nächste Umgebung (die Scheide der Wirbelsaite) wird dabei hell. Es ist also in der Axe eine histologische Sonderung. Die Wirbelsaite wird dann hell und nimmt allmählig an Dicke zu, bis sie den Durchmesser einer ganz dünnen Darmsaite erreicht, erleidet aber weiter keine Metarmorphose und wird um die Mitte des Embryonenlebens von den um sie her- umwachsenden Wirbelkörpern ganz umschlossen und dadurch zerstört**). Bald nachdem die Wirbelsaite entstanden ist, zeigen sich innerhalb der Rückenplatten die Wirbelbogen in zwei getrennten Hälften , also paarige Flecken. Die ersten erscheinen schon am Schlüsse des ersten Tages der Bebrütung. Darauf bilden sich die Körner -Häufchen für die Knorpel der untern Bogen und zuletzt für die Knor- pel der Extremitäten. Zugleich ist die Verknorpelung vorn etwas früher als hin- ten, so dafs in der Wirbelsäule die Schwanzwirbel später und die hintersten zuletzt sich zeigen, die Knorpel der vordem Extremität früher da sind, als die entspre- chenden Knorpel der hintern. Indessen ist diese Reihenfolge nicht so vollständig, dafs die Knorpel des Kopfes sich am frühesten bildeten. Die ersten Wirbelbogen sieht man hinler dem Kopfe in der Gegend, in der auch zuerst die Kämme der Rückenplatten sich an einander legen***). Beides scheint mir daher zu rühren, dafs das vordere Ende der Rückenfurche schon jetzt etwas von dem Einflüsse des allerdings noch nicht selbstständigen Hirnes erfährt, einem Einflüsse, der die Sei- tenwände dieser Furche hier aus einander treibt und bewirkt , dafs überhaupt die innere Fläche desselben , (der Hintertheil der werdenden IMarkplatten) die Fleisch- schicht in der Entwickelung überwiegt und zurückhält. — Die Reihenfolge in ♦> Die Wirbelsaite habe ich in der Darslellung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens (im er- sten Theile dieses Werkes) und in der Epistola de ovi maniTnal. genesi Rüchensaite {Chorda dor salis) genannt. Ueber den Vorzug der Benennung Wirhelsaife «iplif; 'He Vorrec^c zum ersten Theile. **) Ausfül^rlicher über die WirbelsailP siehe Theil t. S. 15. 12C. ***) Vergl. Erster Theil. S. 17. 22. 23 98 der Verknöclierung stimmt nicht ganz mil der Iloiheufoige in der Verknorpelung, denn die langen Knochen derExlremiläten verknöchern zuersl*). Doch kann man auch nicht sagen, dafs rcgelmäfsig die von der Axe enlCernlen Knochen zuerst ver-f knöcherten , denn ich habe mit Bestimmtheit und gegen die gewöhnliche Meinung gefunden, dafs in den AVirbelkörpern früher Verknöcherungen sich linden als in den Wirbelbogen**). Die erstem sind nur so versteckt, dafs sie schwerer aufge- funden Averden. Vielmehr scheint das Gesetz für den Fortschritt^ der Yerknöche- rung auf einem doppelten Verhältnisse zu beruhen, der Fortschritt der Verknorpe- lung aber auf einem einfachen. Die Verknorpelung geht nämlich nach der Rich- tung der ßildungsbogen oder der allgemeinen Richtung der Ausbildung im Stamme, also von der Axe zur Peripherie und in den Extremitäten von dem Wurzclgelenke in das Wurzelglied und in den vorragenden Theil. Die Verknöcherung folgt ei- ' nes Theils demselben Gange, andern Theils verknöchern aber auch diejenigen Knorpel rascher, die gerade in stärkerer EntAvickelung begriffen sind , Avenn die Fähigkeit zu verknöchern nicht blofs von dem einzelnen Knorpel , sondern auch von der ganzen Ausbildung, namentlich von der Menge des vorräthigen Blutes ab- hängt. Nun geht aber dem Momente, wo die Verknöcherung eintritt, die stärk- ste Entwickelung der Mittelglieder det Extremitäten vorher, und zwar ist sie im Vogel lebhafter in der Extremität als in der vordem, weshalb die erstere noch frü- her verknöchert. Die Wirbelsaite bildet sich , wie wir bemerkten, nicht zu dem gesammlen c Stamm Stamme der Wirbelsäule aus. Zwar ver^röfsern sich die beiden Hälften der An- der Wirbel- Säule. laj^e ZU den Wirbelbogen auch nach unten***), doch scheinen sie nicht allein den Wirbelkörper zu bilden. Vielmehr glaube ich erkannt zu haben , dafs hier un- terhalb der Wirbelsaite sich für jeden Wirbelkörper ein eigenes Körnerhäufchen und also ein eigener Verknorpelungspunkt erzeugt, der bald die obern Bogen er- reicht. Ich habe zwar diesen Vorgang noch nicht in allen einzelnen Momenten verfolgen können, weil man die erste Verdunkelung nur in dünneu Schichten er- kennt, in dieser Gegend aber der Embryo nicht nur am dicksten ist, sondern auch die Wirbelsaite die Ansicht verdeckt, die früheste Bildung der Wirbelkörper sich also nur durch sehr sorgfällige Zerstörung und Aufopferung vieler Embryonen der ersten Zeit beobachten liefse; indessen spricht schon die spätere Verknöche- rungsweise für diesen Fortgang der Verknorpelung, freilich ohne iJui zu Lewci- /■ ttjoH} «It'iifT trit« *) Theil I. S. 110 u. S. 125. **) Theil I. S. 125. ***) Theil. I. S. 74. 99 gen*). Dals die Wirbelkörper ihren eigoneii Verknocheruiigspunkt haben, ist schon oben bemerkt. Die obeni , oder schlechthin sogenannten Wirbelboeen bilden sich aus zwei ^- Obere tT-in • -I • 1 • 1 1-» •• 1 1 ••! !• 1 TT ^ 1 , Wirbelbo- Haltten, indem m beiden niickenplatten gegenüberliegende Häufchen von dunk- gen. len Körnern entstehen, die eine ganz kurze Zeit hindurch unregelmäfsig sind, sehr bald aber ziemlich regelmäfsig viereckig werden. Diese beiden Hälften der Wir- belbogen erheben sich allmählig in die Kämme der Riickenplatten, erreichen ein- ander von beiden Seiten aber erst am fünften Tage, lange nachdem die Rückenplat- ten sich vereinigt haben. Durch ihre Vereinigung wird der Wirbelbogen vollständig, und nun erst wächst aus der Vereinigungsstelle für jeden Wirbel ein Dornfortsatz hervor. Schon vor der Vereinigung nämlich ist der Wirbelbogen aus dem körni- gen Zustande in den knorpeligen übergegangen. Die Verknöcherung schreitet eben so gegen die Dornfortsätze fort. Die Ausbildung des Schädels, als der Summe der vordersten Wirbelbogen, ist im Allgemeinen dieselbe und wird nur durch die starke Ausdehnung des Hirnes modificirt. Die gewöhnliche Angabe, dafs die Schädeldecke lange häutig bleibe, ist nämlich dahin zu deuten, dafs der Theil, welcher in den Rückenwirbeln die Mitte des Bogens und den Dornfortsatz bildet, hier sehr ausgedehnt und verdünnt ist. Die vollständige Durchsichtigkeit dieser sogenannten Haut kommt eben von ihrer knorpeligen Beschaffenheit. Es scheint wenigstens der gröfste Theil des Schädels in der innern Organisation ein Ganzes, und nur durch Gestaltung äufserlich in morphologische Elemente getheilt. Dage- gen sind die Wirbel des Kreuzbeins anfänglich eben so getrennt wie die andern Wirbel, und nur der Einflufs der hintern Extremität ' scheint ihre endliche Ver- wachsung zu bedingen**). >v jin«:- In den untern Wirbelbo^en (wir haben uns früher f^. 6. «.1 über diesen Aus- -.f;- V",*,®*"* T . . Wirbelbo- druck verständigt) scheinen Queerfortsätze und Rippen ein Ganzes zu sejn, so g^n. lange sie nur aus körniger Masse bestehen, und erst später durch ein Gelenk sich zu treuneu, sobald der Knorpelzustand sich auszubilden anlangt. Dafs die Rippen sich stärker entwickeln als die untern Bogen in andern Gegenden des Leibes , hängt mit der allgemeinen IMetarmorphose zusammen , welche den Leib in verschiedene morphologische Abschnitte sondert, von denen einige stärker sich ausbilden als andere; denn dafs die Entwickelung der Rippen nicht selbstständig ist, sondern dem allgemeinen Wachsthume sich unterordnet, geht schon daraus hervor, dafs die Bauchenden der Rippen, je jünger der Embryo ist, um so mehr nach vorn ge- *) In den Fischen ist die Verknorpelung der Wirbelkörper Über und unter der Wirbelsaite ganz augenscheinlich und unläugbar. .. =«=) Vergl. Theil I. S. 17. 64. 74. 84. 94. N 2 100 richtet sind. Da nämlich der Nabel die ursprüngliche Peripherie des Leibes ist, so \vachsen die gesammten Bauchplatten und eben so die Verknorpeluugen inner- halb derselben allmählig nach dem Nabel hin. Dieser aber ist anfangs sehr weit. So ist das Brustbein im ersten Drittlieil der Brütezeit noch ungemein kurz. Die Rippen sind also nach vorn gerichtet. So wie das Brustbein sich immer mehr gegen den Nabel verlängert, so zieht es die Bauchenden der Hippen auch mehr nach hinten*). Die tiefern Gesichtsknochen bilden sich in dem vordersten Ende der Bauchplatten und sind also die untern Wirbelbogen des Kopfes**). /. Schwanz. lieber die Schwanzbildung wollen wir hier nur noch bemerken, dafs im er- sten Momente kein Schwanz da ist, indem die verdauende Höhle eben so weit reicht als die Wirbelsäule, dafs dann aber der Darrakanal sich etwas zurückzieht und allmählig noch mehr die Wirbelsäule über das Ende des Darmkauales sich verlängert und in dieser Verlängerung bald die Wirbelabtheilungeu des Schwan- zes sich zeigen. Man kann also mit Recht sagen, dafs der Schwanz mit seinen Knochen , Muskeln u. s. w. hervorwächst oder eine Wucherung der animalischen Abtheilung des Leibes über die vegetative ist. g. Extrenii- Die Extremitäten des Rumpfes sind Wucherungen einer auf den Bauch- und Rückenplatten liegenden Schicht, die man an den beiden ersten Tagen nicht er- kennt , wohl aber schon am Uebergange in den dritten Tag. Wir haben sie des- halb schon als eigenes Primitivorgan betrachtet (§. 6. r.) und die äufsere Fleisch- rohre genannt, ohne damit bestimmen zu wollen, ob dieses Primitivorgan so früh da war als die andern, oder sich später gesondert hat. Wir bemerkten auch, dafs, nachdem man eine ganz kurze Zeit hindurch auf jeder Seite einen Wulst in der ganzen Länge des Rumpfes beobachtet hat, jeder Wulst sich in zwei getrennte Leisten, eine vordere und eine hintere sammelt, indem die Mitte unkenntlich wird, dafs von der Basis dieser Leisten aus eineEntwickelung nach oben, nach unten und zugleich nach aufsen fortschreitet. Die Entwickelung nach oben und nach unten erzeugt den Runipflheil der Extremität (Schulter und Becken). Der Ausgangs- punkt dieser Entwickelung ist das Wurzelgelenk (Schulter und Hüftgelenk). Ver- gleiche den Holzschnitt S. 77, wo c?" der Ausgangspunkt der Entwickelung ist. Die Entwickelung nach aufsen erhebt den Kamm jeder Leiste zuerst in ein Blatt. taten *) Noch auffallender ist die Lagenveränderiing der Rippen in den SKugethioren , da in den Vögeln auch im erwachsenen Zustande derjenige Theil des Brustbeins, an welchen sich Rippen setzen, kurz ist. Dieses Verhältnifs haben vielleicht Diejenigen nicht lebhaft genug vor Augen , die über die Deutung des Skelettes Licht zu verbreiten suchen. Es scheint mir, dafs man nicht immer sich daran erinnert, dafs das Skelett selbst nur ein Ausdruck der Gesammtorganisaliou ist, son- dern ihm stillschweigend zu viel Selbstsländigkeit zuschreibt. +*) Theil I. S. 25. 101 Das Blatt theilt sich dann in einen Stiel und eine Platte (Mittelstücli. und Endglied). Im Stiele bildet sich innerlich ein Gelenk und äufserlich ein. nach aufsen gerichte- ter Winkel (das JMitlelgelenk). Während früher der ganze vorragende Theil nach aufsen und etwas nach hinten gerichtet war, ist jetzt nur die obere /Vbtheilung des Stiels (das obere Mittels lück) nach aufsen gerichtet, das untere aber richtet sich immer mehr nach unten und etwas nach innen, so dafs die Bänder der an Breite rasch zunehmenden Platten einander entgegengekehrt werden. Bis hier- her ist die EntNYickelung beider Exlremiläten einander gleich, mit dem Unter- schiede jedoch, dafs die hintere immer in derEntwickclung etwas zurückbleibt. — Dafs nun in den breiter geAvordenen und dabei fast runden Platten des Endgliedes dunkle Strahlen sich bilden, und in den Strahlen Knorpel und Gelenkblasen sich erzeugen, haben wir so eben (§. 7. «. «.) gehört. Es bleibt nur noch hinzuzufü- gen, dafs die Knorpelkerne gegen die Bänder vorschreitet, so dafs zuerst die Knor- pel der IMittelhand - und IMittelfufsknochen , dann die erste Gliederreihe, darauf die zweite u. s. w. sich bilden. Wir wollen ferner noch darauf aufmerksam ma- chen, dafs der später bemerkliche Längenunterschied der Strahlen Anfangs nicht da ist, denn wenn auch der erste und letzte Strahl in jeder Platte um ein Unbedeu- tendes kürzer ist , so hängt dieser Unterschied nur von der allgemeinen Gestaltung der Platte ab. Dafs dagegen die Zahl der Strahlen vom Anfang an die bleibende ist, haben wir ebenfalls schon bemerkt, wir fügen aber noch hinzu, dafs in der Mittelliand und dem iMittelfufse sich eben so viele Knorpel erzeugen, als Finger oder Zehen da sind, indem jene Theile an den Strahlen Antheil haben. Erst sehr viel später verwachsen die vier Knorpel des Mittelfufses und die drei Knorpel der Mit- telhand zu einem Knochen. — Bald entwickelt sich in den Extremitäten ein Ge- gensatz innerhalb der Uebereinstimmung ; die JMittelgelenke kehren sich nämlich einander zu, so dafs nun die vordem Endglieder nach vorn, die hintern nach hinten gerichtet werden. Dann Averden die Endgelenke selbstständig und zeigen densel- ben Gegensatz ; das vordere bildet einen vorspringenden Winkel nach vorn, das hintere nach hinten. Die Spitze des Flügels richtet sich also nun nach hinten , die Spitze des Fufses nach vorn. Auch fängt die hintere Extremität, die früher gleiche Länge mit der vordem hatte, rascher zu wachsen an. Der Daumen der hintern Extremität beginnt naclT hinten abzuweichen. In beiden Extremitäten wachsen die Finger oder Zehen aus der verdünnten Haut der Platte hervor, und diese bildet nun eine Art Schwimmhaut , die besonders an der hintern Extremität ansehnlich ist. Zuletzt erscheinen die Nägel*), und die Schwimmhaut bleibt endlich als blofse ♦) Theil I. S. 63. 7#, 84. 94. 108. In Bezug auf die Benennung der Theile vergl. S. 181—197. 102 Spanuhaut in den Hühnern zurück ; in den Schwimmvögeln wird sie gröfser und heifst Schwimmhaut. //. Kiefern. Aehnlich ist die Bildung der Kiefern und wesentlich nur dadurch ab- weichend, dafs ihre Enden nicht so abstehen vom Kopfe, wie die Endglieder der Rumpf- Extremitäten vom Leibe. Zur Bildung des Oberkiefers zeigt unter dem Auge eine Verdickung eine beginnende >yucheruug an. Beide Wuche- run^^eu (die Oberkieferhälften) verlängern sich gegen die Nasengruben. Zwischen die Nasengruben tritt dagegen eine Vorragung von der Stirngegend — der soge- nannte Stirnfortsatz — herab , eine Verlängerung der Wirbelsäule , wie sie hin- ten im Schwänze ist. Dieser Stirnfortsatz ist anfangs breit, jedoch von den beiden Hälften des Oberkiefers getrennt (es ist| also doppelter Wolfsrachen da) , dann schliefst er sich an sie an, nicht mit der Spitze, sondern mit zwei kleinen , seit- bchen Vorragungen, und die Mitte wächst zu einer dünnen Spitze aus*). Der Un- terkiefer entwickelt sich aus den vordersten Kiemenbogen durch eine Wucherung der äufsern Fläche , so als wenn am Leibe die Extremitäten , statt frei hervorzu- wachsen, an die Rippen sich anklebten**). Die untere Schicht aber, die in die- ser Ret-'ion die Bauchplatten fortsetzt, erzeugt das Zungenbein, eine Wiederholung der Rippen. • Das Ner- Das Ncrvensystcm der Vögel, so wie überhaupt aller Wirbelthiere, besteht vensysiein. 3^5 z^^ei Abthcilungeu, einer vegetativen und einer animalischen. Die animalische «:chcr Theji Abtlicilung lälst uus wicder einen Centraltheil und peripherische Fäden erken- nen. Der Centraltheil wird gebildet durch eine Abblätterung von der innern Fläche der Rückenplatten im weitern Sinne des Wortes, also durch primäre Son- derun«^ Die peripherischen Fäden der animalischen Abtheilung bilden sich hin- «Te'^en durch histologische Sonderung in der Fleischschicht und eben so die ge- sanimlo vegetative Abtheilung in dem vegetativen Hauptblatte. Dabei ist wohl nir<'^ends ein Verwachsen oder Zusammenschmelzen ursprünglich getrennter Theile. Zwar sieht man mehrere Tage hindurch keine Nerven- Insertionen an der Seite des Rückenmarkes. Allein da das letzte scheidenlose Ende der Nerven ungemein zart seyn muls, so Avird es kaum möglich sejn, beim Abtrennen des noch eng an der Wand seines Behältnisses anhaftenden Rückenmarkes diese Fäden zu erkennen. Hat man doch die Nervennnfüguug an das frei liegende Rückenmark der Pelromy- *y Thell I. S, 78. 84. 95. **) Im Grunde würde man sich wohl noch richtiger ausdrücken , wenn man sagte , auf den beiden vordem Kiemenbogen bildet sich die liintere Kopf- Exlreniität, denn die vermehrte Wucherung sieht man deutlich an beiden. Nun findet man den Knorpel des Unterkiefers allerdings nur im ersten Kiemenbogen, so lange diese sich noch unterscheiden lassen, allein so wie wir zu den Extremitäten auch ihre Muskeln rechnen , sollten wir es auch mit dem Unterkiefer thun , und dann liegt er wohl auf den beiden ersten Kiemenbogen. Ihre Gemeinschaft in der Wucherung ist augenscheinlich. ile^spllif'»'. 103 zonten so lauge übersehen, Jjis Carus sie eutdeckle! Das enge Anliegen des Rückenmarkes in der ersten Zeit macht uns auch die Möglichkeit, ja die Noth- weudigkeit der ursprünglichen Verbindung klar. Bedenkt man nämlich , dafs das Rückenmark am zweiten Tage nicht viel mehr, als die innere Fläche der ver- wachsenen Rücken platten ist, dafs auch am dritten Tage, -wo es doch schon eine selbstsländige Organisation hat, seine äufsere Fläche noch so eng an der Wand an- klebt, dafs sie ohne gewaltsame Mittel sich nicht löst, so sieht man leicht ein, dafs, ■wenn in der Entwickelung eine Nolhwendigkeit liegt, zwischen zweien Wirbeln ein Nervenpaar zu erzeugen, dieses Nervenpaar oder die erste Spur seines Werdens bis au das Rückenmark reichen mufs. Ja man überzeugt sich leicht, dafs bei dem gewaltsamen Abtrennen des Rückenmarkes von der Wand die Nervenwurzeln unkenntlich werden müssen , denn nur durch das Zurücktreten des Rückenmarkes von der Wand seines Behältnisses werden diese Wurzeln aussezo^en und man könnte in gewisser Hinsicht sagen, dafs sie früher gar nicht da sind*). Eben so wenig bedarf das plastische Nervensystem einer Anknüpfung an das animalische, da das vegetative und das animalische Hauptblatt unter der Wirbelsäule sich gar nicht von einander trennen, eine histologische Sonderung also von Anfang an zusammenhän- gende Fäden in beiden erzeugen kann. Die Ablösung der innern Fläche der Rückenplatten erfolgt erst, nachdem k. Central der Rücken geschlossen ist*'^\ Der Centraltheil des Nervensystems ist daher auch *^^^'' des Ner- o y j vensystems. eine geschlossene Röhre, welche wir als Primitivorgan aufgeführt und die Medul- larröhre (§. 6.0.) genannt haben. Dafs diese Röhre auch nach dem Rückenkamme hin keine Lücke hat, lernte ich vorzüglich dadurch, dafs ich von unten , also von dem Wirbelstamme aus , in den Rückenkanal eindrang und die Nervenröhre als einen zusammenhängenden Ueberzug von den \^'^irbelbogen abtrennte. Allein diese Nervenröhre enthält jetzt noch mehr als den Centraltheil selbst ; sie enthält zugleich seine Hüllen , die sich noch nicht gesondert haben. Sobald nämlich die Rückenplatten sich an einander geschlossen haben, werden ihre innern Flächen etw^as dunkler und die Körnchen in ihnen werden gröfser. Wenn nun diese in- nere Fläche sich ablöst , um eine Röhre zu bilden , so sieht man im ganzen Um- fange dieser Röhre eine Menge ansehnlicher Körnchen oder Kügelchen in eine un- geformte Grundmasse eingesenkt. Die Nervenröhre unterscheidet sich also auch *) Wenn man nämlich nur den Theil der Nerven seine Wurzel nennen will, der zwischen dem Knochen und dem Rüchenmarke in späterer Zeit enthalten ist. **) Erster Theil S. *8. 154. oder im Momente des Schlusses. Ich habe diesen Gegenstand noch- mals untersucht, doch erkenne ich das Rückenmark der Vögel als selbstständig erst nach dem Schlüsse. . . 104 schon im Gewebe sehr früh von der umgehenden FJeischschiclit, wo die Körnchen viel kleiner und ^yeniger gesondert bleiben , sie unterscheidet sich auch von der Anlat^e zu Knorpeln dadurch, dafs die Körnchen viel heller bleiben. Hier haben Sie also ein recht auffallendes Beispiel , wie in den Primitivorganen aus einem ursprünelich gleichmafsigcn Gewebe das jedem derselben eigenthüniliche sich all- mählitr ausbildet. Da nun dieselbe DifFerenzirung des Gewebes die Nervenfäden in der Fleischschicht erzeugt, so möge dieses Beispiel Ihnen zum Yerstäudnifs ei- ner früher ausgesprochenen Lehre dienen, dafs die primäre und histologische Son- deruug dieselben Differenzen in verschiedenen räumlichen Verhältnissen wiederho- len (§. 6. qq^- — Nicht lange l)esteht die Gleichheit im Gewebe der Nerven- röhre, denn bald wird die äufsere Fläche derselben glatter, gleichmäfsiger , wäh- rend die innere körnerreicher wird. Die äufsere Fläche; löst sich darauf jund bildet eine marklose Flülle , welche sich spater in die einzelnen Hüllen sondert. Das In- nere dagegen nähert sich immer mehr der Natur des Nervenmarkes. Doch dieses bildet keine gleichmäfsige Röhre, sondern ist nach den Seiten am meisten verdickt, so dafs man jetzt nicht sowohl einen regelmäfsigen Cjlinder, als eine Vereinigung zweier Blätter hat. An der Centrallinie , d. h. nach dem Wirbelstamme zu, fand ich diese Blätter stets zusammenhängend , obgleich die Verbindungsstelle viel dün- ner ist, als die anstofsenden Seitentheile, An der gegenüberliegenden Schlufslinie ist dat^ef^en, so wie die Markplatten sich von ihrer Hülle sondern, eine Spalte, und die Markplatten liegen hier im gröfsten Theile der Länge des Rückenmarkes mit ihren obern Bändern nur aneinander, im Hirne dagegen klaffen sie an einzelnen Stellen weit auseinander, an andern ist die Decke ganz ununterbrochen, wie vor der Trennung von der Hülle. /. Rücken- "Wir müssen daher von den einzelnen Abtheilungn })esonders handeln. Die Nervenröiire theilt sich in zwei Hauptabschnitte, das Hirn und das Rückenmark. Eine solche Scheidung' Ijeginnt schon vor dem Schlüsse der Rückenplalten, indem der vordere Abschnitt Aveiler ist als der hintere. Beide sind um diese Zeit von ziemlich gleicher Länge, doch ist die Grenze nicht genau bestimmt. A'\ ährend nun das Hirn iji heterogene Theile sich ausbildet, bleibt das Rückenmark ziemlich gleichmäfsig und wächst mit dem ganzen Leibe stark in die Länge. Der hintere, im Rumpfe liegende Theil Avird allmählig dicker als der vordere oder Halslheil. Die Verdickung des Rumpftheiles tritt aljer besonders an zweien Stellen hervor, welche den Extremitäten entsprechen , eben so Avie in der äufsern Fleischröhre die Wucherung aus einer ursprünglich gleichmäfsigeu Leiste sich nach vorn und hin- ten concentrirl. — Die Mai kblätler des Rückenmarkes liegen früher der ganzen Länge nach mit ihren oJK-rn Bändern ancinandtr ohne verwachsen zu seyn. Nach der -n»ir]c 105 der Mitte des Embryonenlebens verwachsen diese Bänder , später jedoch an der Stelle , "vvo die vordere Verdickung des Rückenmarkes ist und gar nicht an der hin- tern. Diese Verwachsung liegt anfänglich ganz oben und das Rückenmark bildet überhaupt hier einen scharfen Kamm, weil beide Blätter nach oben verdünnt sind. Später senkt sich die so gebildete Naht immer mehr nach unten in die Höhlung des Rückenmarkes hinein*). Der Grund hiervon scheint mir in einer stärkern Wucherung der Seilentheile des Rückenmarkes zu liegen , durch deren Ausdeh- nung die obern Kanten der Blätter nach innen gerollt werden. Eben so wird auch und zwar schon früher die dünne blattförmige Verbindung der untern Rän- der nach oben geschoben. Da zugleich das Rückenmark an IMasse zunimmt und von den ^V'änden der einschliefsenden Rückenplatten zurücktritt, so sehen Sie leicht, dafs nicht nur der Kanal im Rückenmarke sich verengern, sondern dafs er auch vierschneidig werden mufs. Allmählig nimmt aber bei fortgehendem Zu- sammenrollen des Rückenmarkes die Höhlung noch mehr ab, es bleibt endlich nur ein ganz enger Kanal übrig und die ehemaligen Schneiden des Kanals sind gröfstentheils mit grauer Masse angefüllt. — Die untern Stränge des Rücken- markes sind viel früher verdickt (und also strangförmig) als die obern, die länger blattförmig bleiben. Man hat lebhaft gestritten, ob die graue oder die weifse Masse des Rückenmarkes früher sich bildet, und welche zu der andern hinzutritt. Es scheint mir, dafs keine von beiden Behauptungen richtig ist. Die Markplat- ten des Rückenmarkes sind ursprünglich weder so weifs und gefasert wie später die weifsen Stränge , noch auch so grau wie die graue Masse. Sie belinden sich in einem ludiiferenzzustande und bestehen einige Zeit ganz ohne Faserung. Dann sieht man eine Abtheilung in vier Hauptstränge, die sich besonders von der innern Fläche aus kenntlich macht. Später mehrt sich die Zahl der Stränge und noch später sieht man in den Strängen Faserungen. Von Anfange an aber ist die innere Fläche weicher, durchsichtiger, weniger ausgebildet, als die äufsere. Wenn nun die innere Höhle vierschneidig wird, so hat sie überall eine Bekleidung von wei- cherer und weniger ausgebildeter Masse, Bei fortgesetztem Zusammenrollen und Vermehrung dieser IMasse erscheint sie endlich beim Durchschnitte als graues Kreuz, denn die innere ungeformte halbdurchsichtige Masse wird grauer, wäh- rend die äufsere weifser wird. — Bemerken müssen wir endlich, dafs das Rückenmark in der frühesten Zeit an den Verbindungsstellen mit den Nerven durchaus nicht augeschwollen ist, später linden sich kleine Erweiterungen an den- selhen, die endlich wieder undeutlich werden. *) Im Rumpfe erfolgt dieses sehr spHt, im Halse früher. //. 0 106 ^ Hj^jj Je weiter -v^ir iu der Eiitwickeliing zurückgehen , um desto mehr ist das Hirn dem Rückeumarke ähnlich. Sehr würde man al>er irren , wenn man glaulj- te, dafs das Hirn aus dem Rückenmarke hervor- und in die Schädeihöhle hinein wachse. In der That hat man diese Ansicht verfochten, nachdem man erkannt hatte, dafs das Hirn als vorderes Ende des Rückenmarkes betrachtet werden kann. Wenn aber das Hirn das vordere Ende des Rückenmarkes ist, so könnte man mit el^n so viel Grund das Rückenmark ein hinteres Ende des Hirnes nennen und dar- aus folgern, das Rückenmark müsse aus dem Hirne hervorwachsen. Ja diese Ansicht würde sogar noch etwas richtiger als die obige seyn , da in der That das Rückenmark langsamer eme verhältnifsmäfsige Gröfse erreicht, als das Hirn. Der richtigste Ausdruck für das gegenseitige Verhältnifs von Hirn und Rücken- mark ist aber, dafs sie beide Modificationen eines Primitivorganes sind. Das zeigt die Entwickelung deutlich und eben deshalb haben wir den etwas schwer- fallig scheinenden Namen Medullarröhre aufnehmen müssen. Beide Hauptab- schnitte im Centraltheile des Nervensystems entstehen in den Räumen, die sie später inne haben , aus einem gleichmäfsigen Ganzen , aus welchem eine morpho- logische Sonderung erst allmählig die Verschiedenheiten entwickelt. Die erste Eigenthümlichkeit , die in dem vordem Ende der MeduUcirröhre sich offenbart, ist ihre gröfsere M'eite, die nächste ist die Neigung, in einzelne Abschnitte sich zu sondern, welche jeder für sich eine Erweiterung erfahren und zwischen denen daher Verengerungen bleiben. Solche Erweiterungen haben die Beobachter Hirnbläschen (Vesiculae cerebrales) genannt *). Diese Bläs- chen werden nicht von der Nervenröhre allein gebildet, sondern auch von der umgebenden Rückenröhre , die eben dadurch im vordem Ende des Thieres zur Schädelhöhle wird. Nachdem zuerst ein vorderes rundHches Bläschen von dem viel längern hintern Räume sich abgegrenzt hatte, theilt sich fast gleich darauf auch dieser, und man hat nun drei Bläschen, ein vorderes, ein mittleres und ein hinteres, welches sich gegen das Rückenmark allmählig zuspitzt **). Die vor- dere Blase wird das grofse Hirn, die hintere das kleine Hirn mit dem verlänger- ten Marke, und die mittlere die sogenannte Vierhügelraasse mit einem entsprechen- den Theile der Hirnschenkel. Das vordere Bläschen theilt sich aber bald iu zwei Abtheilungen , indem die vorderste und obere (wegen anfangender Krümmung des Embryo freilich nach unten gerichtete) Wand sich rasch hervorstülpt. Sie stülpt sich aljcr do]Dpelt oder zu beiden Seiten neben der Mitte hervor , so dafs diese im ♦) Auch wohl Hirnzellen {Ce/luiae cerebrales.) *♦) Theil 1. S. 23. 107 Verhältnifs zu den Seitentheilen eingesenkt bleibt. Die hintere Region der ersten Hauptbläschens bleibt unpaarig und grenzt auch etwas von den vordem gedoppel- ten ab. Auch sondert sich die hintere Hauptblase in zwei , eine vordere kürzere und eine hintere längere. So sind also fünf Bläschen aus den ursprünglichen dreien entstanden *). Das vorderste ist durch die mittlere Einsenkung gespal- ten. Seine Höhlung enthält die beiden später sogenannten Seitenventrikel, und seine Wandung die Hemisphären. Das zweite Bläschen umfalst den Raum, den man später die dritte Hirnhöhle nennt. Es hat jetzt noch eine eben so vollkom- mene Decke , als die andern Abtheilungen. Das dritte Bläschen unifafst den Vier- hügel ♦♦) und seine Höhlung ist die zukünftige Wasserleitung, die bald die Weite eines sehr ansehnlichen Hirnventrikels hat. Das vierte Bläschen wird das kleine Hirn und das fünfte das verlängerte Mark. Aus diesen lünf morphologi- schen Elementen wird das Hirn gebildet , denn die vorübergehende Dreizahl der primären Hirnbläschen scheint nur anzudeuten, dafs gewisse Abgrenzungen ein wenig später kenntlich werden. Noch haben aber diese Bläschen wenig von den Eigenthümlichkeiten , die sie erhalten sollen , weswegen wir sie auch nicht nach den Theilen , die aus ihnen werden, benennen können , ohne uns zu verwirren und zu falschen Vorstellungen zu verleiten. So hat das zweite Bläschen noch keine Sehhügel in seinem Innern, durch welche es später besonders charakterisirt wird. Wollte ich das dritte Bläs- chen nach dem Vierhügel benennen , so müfsten Sie mich ebenfalls mifsverstehen, da man unter diesem Namen nicht einen Theil der Hirnschenkel mit begreift, der aus dieser Zelle sich hervorbildet. Wir können auch den Ausdruck Bläschen nicht für die ganze Entwickelung beibehalten, da einige sehr bald den Charakter einer Blase einbüfsen, indem sie z. B. ihre Decke verlieren. Es scheint mir daher am passendsten eine Bezeichnung zu wählen , welche nicht nur für alle Umwand^ lungen des Vogelhirnes anwendbar ist , sondern auch die Vergleichung der ver- schiedenen Hirnformen sehr erleichtern mufs. Ich nenne daher die fünf hier auf- gezählten Bläschen nach der Reihe von der ersten zur letzten ; das F'orderhir/if Zwischenhirn, Mittelhirn, Hinterhirn, und Nachhirn. Sie bilden fünf morpho- logische Elemente des Hirnes , die im Anfange der zweiten Periode der Entwicke^ lung noch blolse Bläschen sind. Die Höhlungen aller Bläschen communiciren mit einander, und man kann daher mit Recht sagen, dals das Hirn in der ersten Ve- •) Theil I. S. 30. 6i. **) Es ist für die Darstellung des Hirnbaues , besonders aber der Enlwickelungsgeschichte aller Thierklassen besser, dieses Wort in der einfachen Zahl zu gebrauchen, nicht in der mehr- fachen. 0 2 108 riotle eine längliche , iu iiini Abschnitte getheilte Erweiterung der MeduUarröhre ist. Alle Bläschen liegen ursprünglich ziemlich iu einer Linie hinter einander, machen jedoch vorn eine Krümmung, da das vorderste Ende des Embryo sehr früh umgebogen ist. Auch stehen sie iu so fern nicht in gleicher Beziehung zu einander , als das vorderste Doppelbläschen eine Erweiterung oder eine Art Aus- sackung, nicht von dem ganzen Umfange der MeduUarröhre, sondern nur von der obern Wand ihres vordem Endes ist, woraus folgt, dafs das urfprüugliche vorderste Ende der gesammlen MeduUarröhre hinter diesem Doppelbläschen zu- rückbleibt, und eine unmittelbare Verlängerung des Zwischenhirnes nach unten Avird. Dieses Ende verengt sich später allmählig mehr, wird durch die allge- meine Krümmung die das Hirn erfährt, nach dem Rückenmark hin zurückge- bogen und bildet sich zum Trichter und Hirnanhange *). Die fünf Abtheiluugen des Hirnes erleiden iu der zweiten Periode der Ent- wicklung eine mehrfache Veränderung, deren Verständnifs dadurch erschwert wird, dafs sie gleichzeitig vor sich gehen. Zuvörderst erinnern wir uns, dafs, nachdem in der gesammten MeduUarröhre die äufsere Hülle sich von den Mark- platten getrennt hat , die letztern in der ganzen Länge des Rückenmarkes in einer schmalen Spalte von einander klaffen. Im Hirne ist die Umänderung nicht so gleichmäfsig. Das Zwischenhirn öifnet sich mit einer kleinen Spalte im vordem Theile seiner Decke **). Im Hinterhirne und Nachhirne liegen die Markplatten aJjer so weit auseinander, dafs eine grofse für beide Zellen gemeinschaftliche Lücke in der Decke sich zeigt ***). Die Markplatten sind hier nicht wirklich auseinander gewichen, sondern sie scheinen sich in dieser Form von der indiffe- renten Medtdlarröhre gesondert zu haben, denn an der häutigen Decke bleüjt noch eine Lage von Nervenmasse zurück, w^elche mit den Markplatten des Hirnes kein Conlinuum bildet, und allmählig schwindet. Im Vorderhirne und Mittel- hirne glauben andere Beobachter auch Längenspalten gesehen zu haben. Mir wurden sie nicht deutlich, vielmehr schien es mir, dafs längliche Einsen kungen, die iu J)eiden Abtheilungen sich in der Mittellinie der Decke bilden, nur das An- sehen von Spalten erzeugen -j-). Gowifs ist es, dal's die Uebergänge von Vorder- hirne zum Zwischenhirn und vom Zwischenhirne "zum Mittelhirn, so wie vom Mit- telhirne zum Hinterhirn, nicht aufgespalten sind, sondern auch nach der Sonde- rung der Hülle geschlossene kurze Cylinder bleiben. *) Thcil 1. S. SO. 65. 86. IG-*. ••) Theil I. S. 75. ♦♦♦) Theil 1. S. 64. 75. t) Theil I. S. 76 85. 104- 109 Während das Hirn so in drei Zellen in der Decke sich öffnet und in zwei Zellen eine mittlere Einseukung erhält, krümmt sich der End>rjo stärker; die Reihe der Hirnbläschen bildet nun einen Bogen, dessen Mitte das Mitlelhirn ein- nimmt, welches in seiner Entwickelung allen übrigen voranschreitet. In Folge dieses Bogens bekommt der Trichter oder das Vordereude der gesanunten Cen- Iralorgane seine Richtung nach hinten. Der einfache Bogen Ijildet selir bald mehrere Winkel, indem das Hirn sich an einzelnen Stellen gleichsam einknickt. Nach oben bildet sich ein 'voritpringender Winkel zwischen .dem Riickenmarke und dem Nachhirne, und dieser Winkel ragt äuiserlich als Nackenhücker vor. In entgegengesetzter Richtung bildet sich ein Winkel zwischsn Nachhirn und Hin- terhirn, wieder in der ersten Richtung ein Winkel zwischen dem Mittelhirue und Zwischenhirne. Der Winkel zwischen dem Vorderhirne und Zwischenhirne ist nur an der Decke kenntlich, da der unterste Saum der Markblätter in das Vorder- hirn gar nicht eingeht, sondern im Trichter und Hirnanhange endet *). Wir müssen nämlich immer gegenwärtig behalten , dals das Hirn aus den- selben Markplatten gebildet wird, aus denen auch das Rückenmark besteht. Diese Platten sind nun absatzweise zu den Bläschen ausgebuchtet und sehr dünn. Nur der untere Rand, eine Fortsetzung des untern Rückenmarkstranges, ist schon sehr früh etwas dicker. Er nimmt dann allmählig an Dicke zu und gewinnt das Ansehen eines Hirnschenkels **). Man kann also nun zwei untere Stränge, die Hirnschenkel, und von ihnen sich erhebende Blätter unterscheiden. Jede A))- theilung des Hiines hat ihren Antheil an dem Hirnschenkel mit seiner blattför- migen Ausbreitung jeder Seite. So lange .der Hirnschenkel nur noch der kaum unterscheidbare Saum der Markplatten ist, findet er in der hintern Wand des Trichters sein Ende. So wie er sich verdickt , erreicht er auch die vordere Wand desselben. Indem er noch mehr an Dicke zunimmt, geschieht dieses nur da- durch, dafs immer mehr Substanz aus den Blarkplatten von der Centrallinie nach der Schlulslinie hin eine Verdickung erfährt. Eine Folge davon ist, dafs nun der Hirnschenkel bis in das Vorderhirn reicht, da das letztere eine Entwickelung des vordem Endes der Nervenröhre mit Ausnahme ihres untern Randes ist. Hier- durch kann es Ihnen verständlich werden , in wie fern , wie die spätere Ausbil- dung des Hirnes anzudeuten scheint, das Vorderhirn das Ende vom Centraltheile des gesammten Nervensystems ist. Die untern Stränge des Rückenmarkes gehen nämlich, sobald sie eine gewisse Ausbildung erlangt haben, allerdings in das Vor- derhirn über, nicht aber die Centrallinie der Medullarröhre und was ihr zunächst *) Theil I. S. 85. *♦) Theil I. S. 30. 65. 76. 110 liegt. Im Vorderhirne endet der Ilirnschenkel nun unter einem Kolben, und die- ser Kolben Avird der gestreifte Körper (Streifenhügel) *). Die so eljen geschilderten Metamorphosen des Hirnes erfolgen während der zweiten Periode des Embrjonenlebens oder während des dritten bis fünften Ta- ges. Noch immer haben die Abtheilungen des Hirnes den Charakter von Bläs- chen, da die Höhlung im Verhältnifs zur Wand grofs ist. Sie liegen aber nicht mehr hinter einander, sondern Jjilden Winkel. In Folge dieser Winkel nimmt das Mittelhirn den vorragenden Gipfel des ganzen Hirnes ein. Diese Abtheilung ist zugleich am stärksten entwickelt und überragt ihre Nachbarn, das Zwischen- hirn und das Hinterhirn. Fügen wir noch hinzu , dafs im Nachhirne sich Faltun- gen zeigen **), so dürfte das Wichtigste für diese Periode bemerkt seyn, denn von dem Hervorstülpen der Sinnesorgane aus dem Hirne sprechen wir später. In der dritten und längsten Periode nimmt die Präponderanz des Mittel- hirnes, nachdem sie am 6ten Tage am höchsten gestiegen war, wieder ab ♦♦♦). Der gesanimte Embrjo streckt sich grader; damit ist ein stärkeres Zusammenknicken der hintern Theile des Hirnes verbunden , so dafs der Winkel zwischen Rücken- jnark und Nachhirn , so wie zwischen Nachhirn und Hinterhirn schärfer wird. Das IMittelhirn sinkt nach hinten von seiner Höhe herab , wenn wir das Hirn auf seine Basis gestellt denken. Dagegen entwickelt sich das Yorderhirn so stark, dafs es allmählig das Zwischenhirn überdeckt. Zugleich wird seine mittlere Ein- senkuug immer stärker und wird das, was man die strahlige Scheidewand des Vogelhirnes nennt f). Die Seitenwände des Vorderhirnes bilden die Hemisphä- ren, so wie die gespaltene Höhlung des Vorderhirnes die Seitenventrikel dar- stellt , die jetzt über der dritten Hirnhöhle liegen. Der hintere für beide Höh- lungen gemeinschaftliche Eingang scheint mir eine Ausdehnung der Spalte in der Decke des Zwischenhirnes ff). Wir wissen nämlich , dafs die Decke des Zwischenhirnes in ihrer vordem Hälfte aufgespalten war; in der hintern bilden sich wieder zwei Abschnitte. Der erste erhebt sich bei Annäherung des Vorderhirnes in ein kegelförmiges Gewöll)e und ist die zukünfüge Zirliel, die ihre bleibende Form dadurch erhält, dafs in ») Theil I. S. 86. '*) Theil I. S. CA. 74. üb diese Faltungen oder Kräuselungen in den Wandungen des Nachliirne* andeuten, dafs hier mehrere wenig gesonderte Elemente mit einander verschmelzen , oder ob sie mit den Faltungen übereinstimmen, die man später in der Decke andrer Hirntheile bemerkt, lasse ich noch tmentschieden. *♦*) Theil I. S, 102. 117. i) Theil 1. S. 118. tt) Theil I. S. 11«. I 111 der letzten Zeit des Enibrjonenlebeus Yorderhiru und Ilinterhirn gegen das kegel- förmige Gewölbe des Zwischenhirnes andrängen , seinen Gipfel hoch erheben und seine Basis verdünnen , welche nun von den Analomen die Schenkel der Zirbel genannt werden, die im Vogel ungemein lang und dünn sind *), Der hinterste Abschnitt der Decke bleibt flach, gewinnt daher das Ansehen eines Querbandes und wird die sogenannte hintere Hirncommissur, die ja nichts anderes ist, als eine Decke über dem Eingange zur Wasserleitung, welche letztere wieder die ver- engte Höhlung des Mittelhirnes ist. Die Decke des JMittelhirnes sinkt nämlich immer mehr nieder, während dieser Hirntheil mehr nach der Seite, zuletzt nach unten sich ausdehnt. Dadurch wird seine Hölilung niedriger, hat jedoch einige Zeit hindurch noch zwei seit- liche Erweiterungen und ist eine wahre Hirnhöhle. Indem auch diese durch An- häufung der seitlichen Nervenmasse schwinden, wird die Höhlung dieses Hirn- theiles zu der kanalförmigen Wasserleitung, und die nach unten gerückten Seiten- theile sind das, was man gewöhnlich die Vierhügel, Carus aber die eigent- lichen Sehhügel nennt **). Im Hinterhirne rücken die beiden Platten , die hier an der SchlidsUnie ge- trennt waren, gegen einander und verwachsen, indem sie sich falten , von vorn nach hinten zu. So bekommt das Hinterhirn eine Decke, die in der Mitte stark gewölbt ist, die allmählig immer mehr von der früher offenen Höhlung überwölbt. Sie ist der Wurm des Ideinen Hirnes, so wie die Decke der Verengerung zwi- schen Mittelhirn und Hinterhirn das Blarksegel ist ***). Das Nachhirn erhält zwar keine so ausgedehnte Decke, allein der üebergang in das Rückenmark wird doch früher geschlossen, als das Rückenmark selbst. Das Nachhirn umfafst also das sogenannte verlängerte Mark und enthält eine nach oben nicht ganz überdeckte Höhlung, die Rautengrube. Die ganze Entwickelungsweise zeigt nämlich, dafs die sogenannte vierte Hirnhöhle eiiientlich aus zweien mit einander communici- renden Höhlungen besteht, von denen die vordere dem kleinen Hirne angehört, die hintere aber dem verlängerten IMarke. So viel von den äufsern Formveränderungen , welche uns zeigen , was aus den einzelnen morphologischen Elementen des Hirnes wird. Die wichtigsten der übrigen gleichzeitigen Veränderungen sind die Zunahme der Hirnmasse überhaupt, die Bildung von Hirnganglien und die sich entwickelte Faserung des Hirnes. *) Theil I. S. 120. ISO. *♦) Theil I. S. 117. 119. 129. 13L ***) Theil I. S. 85, 121. Da das Marksegel Jas vordere verkümmerte Ende des Wurme« ijt, so kaun man sagen , dafs in dieser Hinsicht die Decke des kleinen Hirnes nie ganz fehlt. 112_ Die Zunahme der Hirninasse findet sich im ganzen Umfange dieses Thei- les, schreitet aber doch von der Centralhnie nach der SchluIsKnie fort. Darauf beruht auch die oben besprochene Bildung des Hirnschenkels, der nur dem un- tern Strange der gesammlen Nervenröhre entspricht. Dieser Hirnscherikel nimmt fortwährend an IMasse zu. Ueber ihm bildet sich, mehrere Tage später, auch ein verdickter Strang aus, aber nur in den hintern Theilen des Hirnes, im Nachhirne, Hinterhirue bis zum Mitlelhirne. Dieser Strang ist der sogenannte Schenkel des kleinen Hirnes. Doch reicht er nirgends bis in die Decke des Hir- nes. Die Decke bleibt vielmehr blattförmig und sie legt sich in einzelnen Gegen- den in der spätem Zeit , wenn der verhärtete Schädel ihrer Ausdehnung Schran- ken setzt, in Falten, die äufserlich angesehen Hirnwindungen genannt werden. Solche Winduniren sind vorübergehend im Mittelhirne, bleibend im Hinter- hirne *). — Das Vorderhirn erhält im Vogel nur vs^enige sehr seichte Faltun- gen. Durch die Zunahme der Uirnmasse wird die gesammte innere Höhlung in allen einzelnen Abtheilungen verengt. Die Hirnganglien sind nach innen gerichtete Wucherungen der Hiiuimasse. Schon am 4tenoder 5tenTage erscheinen die Streifenhiigel**) als Ganglien des Vor- derhirnes, bald darauf die Sehhügel als Ganglien des Zwischenhirnes ***), viel später Ganglien im Mittelhirne, welche bald mit der Hirnwand verschmelzen und nicht deutlich hervorragen. Sie bilden den Markkern der Vierhügel f). Noch weniger vorragend sind die Ganglien des Hinterhirnes. Am stärksten wachsen die vordersten Ganglien, so dafs sie die Höhlung des Vorderhirnes fast ganz ein- nehmen. Auch die Sehhügel erheben sich so sehr, dafs allmählig die blattför- mige Ausbreitung des Zwischenhirnes immer unkenntlicher wird. Zum Theil wenigstens legt sich auch die Wand mehr an die Ganglien an, wodurch das Zwi- schenhirn zuletzt ganz das Ansehen einer Zelle verliert und man nur zwei An- schwellungen und eine Spalte zwischen ihnen sieht. Bis zum siebenten Tage habe ich keine deutliche Faserung im Hirne zu erkennen vermocht. Allmählig entwickelt sich diese in den Hiruschenkeln, in den Commissuren , in den blattförmigen Ausbreitungen , die im Allgemeinen von den Schenkeln aus nach der Schlufslinie zu sich fasern. Man würde sich durch- aus irren, wenn man annähme, dafs eine Faser aus der andern hervorwächst, oder wenn man glaubte, dafs die Faserung die Richtung, in welcher üich die Hirn- ♦) Theil I.. S. 102. 121. **) Theil I. S. 86. 104. ♦♦*) Theil I. S. 105. t) Theil I. S. 121. 113 Hiinitheile auseinander entwickelt haben, nachwiese. Nriher scheint die Fase- rung mit dem Form - Verhältnissen als mit den Entwickelungsverhältnissen zusam- menzuhängen. So wird jeder Hirntheil, der sich ATulstförmig erhebt, in der Län- genrichtung dieses Wulstes gefasert, er mag übrigens eine Queerrichtung oder eine Läugenrichtung in Bezug auf das ganze Hirn haben. Drei Sinnesorgane, -wenigstens die Organe des Gesichts, des Gehörs und "• Sinnes- . . Organe. des Geruchs werden gebildet, indem Theile der Nervenröhre und zwar aus dem vordem Abschnitte derselben, dem Hirne, sich nach aufsen hervorstülpen und andere Bildungen von aufsen ihnen entgegenkommen. Das Auge bildet sich am frühesten. Schon am zweiten Tage entwickelt "' ^"8^^- sich das Zwischenhirn nach aufsen in Form zweier Hügel. Diese Hügel drän- gen nach beiden Seiten gegen die äufsere Fläche des Embryo au und erscheinen von hieraus angesehen als helle Kreise von einem dunkleren Saume umgeben. Der dunkle Saum ist die von einem Nervenblatte gebildete Auskleidung dieser Hervorstülpung *). Bald wird die Verbindung mit der Zelle des Zwischenhirnes enger und man unterscheidet jetzt eine nach aufsen gelegene Blase und einen ver- engten Kanal von ihr bis zum zweiten Hirnbläschen oder Zwischenhirne. Dieser Kanal ist der noch hohle Sehnerve. Man kann nicht sagen, dafs der Sehnerv aus dem Sehhügel käme , denn es zeigt sich noch gar kein Sehhügel. Noch we- niger aber läfst sich ein unmittelbarerer Zusammenhang mit dem zukünftigen Vierhügeln oder dem Mitlclhirne nachweisen, welches bedeutend hinter der Ur- sprungsstelle des Sehnerven liegt, so dafs ein Zusammenhang nur durch diifercnte Theile bewirkt wird. Vielmehr scheint sich das innere Ende der Röhre des Seh- nerven ganz gleichmäfsig nach allen Seiten in die untere Hälfte des Zwischenhirnes auszudehnen und zwar in die Wand seiner Seite. Man sieht nämlich auf dem Boden der innern Fläche des Zwischenhirnes zwei Löcher, welche zuvörderst nah an einander liegen und von denen jedes in den Sehnerven seiner Seite führt**). Bald rücken beide OefFnungen noch näher zusammen, bis sie zu einer einzigen verschmelzen. Endlich füllt sich auch diese aus und wir haben nun eine völlige Vereinigung beider Sehnerven. Da in diesen bald eine Faserung deutlich *) Theil I. S. 24. 30. Huschke hat gegen diese Darstellung Zweifel erhoben. Da ich mich von der seinigen noch nicht überzeugen konnte , die Beantwortung der Zweifel aber nur sehr aus- führlich seyn kann , so mufs ich sie auf eine andere Gelegenheit versparen. **) Theil I. S. 30. 65. 76. Es scheint mir nicht überflüfsig, hier zu bemerken, wie wenig die Entwickelungsgeschichte dafür spricht, dafs das Mittelhirn vorherrschendes oder gar alleiniges Centralorgan für den Gesichtssinn sey. In keiner Thierklasse ist der Uebergang der Fasern des Sehnerven in das Mittelhirn oder den Vierhügel so deutlich als in ausgebildeten Vögeln, und doch geht auch bei diesen Thieren in frühester Zeit der Sehnerve in das Zwisrhenhirn übsr^ //. P 114 wird , so kann nun die Faserung jedes Sehnerven in beide Seitenliälften des Zwi- schenhirnes übergehen*). Erst später kommt durch ein früher schon dargestell- tes Zusammenrücken der einzelnen Hirntlieile das Mittelhirn der Austrittsstelle der Sehnerven näher und die Faserung kann unmittelbar in dasselbe übergehen. Der Sehnerv verliert seine Höhlung , indem er sich zuvörderst nach innen faltet und allmählig an Substanz gewinnt. Die nach aufsen gestellte und durch die Verengerung des Sehnerven abge- schnürte Blase aber bleibt ;in Hinsicht auf ihre Wandung hohl und ist der Aug- apfel. Ihr flüssiger Inhalt w4rd immer dicker und gerinnt theils an der Stelle, wo der Augapfel an die äufsere Fläche des Embryo grenzt, zu der festern Krystall- linse , nach innen von dieser Stelle aber zu dem weichen Glaskörper. Der Theil der Medidlarröhre , welcher aus dem Zwischenhirne bis in diese Blase hervorge- trieben ist, wird die Netzhaut, die nach aufsen eine Oeffnung erhält, wie das Mittelhirn selbst in seiner Schlufslinie. Die Netzhaut sah ich zuerst bis an die Linse hinreichen , dann aber von derselben sich abziehen mit Zurücklassung des Strahlenblättchens**). Die äufsern Häute des Augapfels sind eben so eine Son- derung von der Netzhaut , wie die Hirn - und llückenmarkhäute von ihren Mark- platten. Ich glaubte mit Sicherheit zu erkennen, dafs Gefälshaut und harte Augeu- haut Anfangs nur Eine Haut bilden, welche sich später in diese beiden Lagen spaltet, ganz eben so wie auch Hirn und Rückenmark ursprünglich nur eine Hülle haben , die sich in harte Haut und Gefälshaut trennt. Augenscheinlich wird es durch die Entwickelung des Auges als einer nach aufsen getretenen Hirnblase, warum die Häute des Hirnes mit den Häuten des Auges correspondiren. Die harte Augenhaut ist eine unmittelbare Verlängerung der harten Hirnhaut , die Ge- fäfshaut der weichen Hirnhaut, so wie die Netzhaut des Hirnes selbst. Nur die Ausfüllung der Sehnerven läfst die Gefäfshaut in diesem Uebergange sich nicht vollständig entwickeln. Die Netzhaut ist, so lange sie noch wenig von den andern Häuten sich ge- sondert hat , eine gleichmäfsige Blase. Dann bildet sich eine nach innen vorsprin- '^ende Falte, die sich rasch vergröfsert***). Die Gefäfshaut geht im Anfange in diese Faltung nicht ein, ist aber unter ihr ungefärbt, so dals man von aufsen, auch ohne Zergliederung, einen weilsen Streifen in der sonst schwarzen Gefäfshaut durch die dünne äiifsere Haut (JSclerotica) des Auges durchscheinen sieht, den *) Theil 1. S. 85. 105. 120. ♦♦) Theil I. S. 105. ***J Erster Theil. S. 65. 77. 122. 115 man lange für eine Spalte in der Gefäfshaut gehalten hat. Später schwindet dieser weil'se Streifen und die Gefäfshaut geht mit ihrer iiinern Fläche nicht nur in die Fähe der Netzhaut ein, sondern durchl^richt sie auch und Lüdet im Innern des Augapfels den Kamm, der dem Vogelauge fast eigenthümhch ist*). Die Hornhaut ist ursprünglich nur ein Theil der harten Haut, die anfänglich au der Gefäfshaut und der Linsenkapsel eng anliegt, sich erst spät von diesen Theilen entfernt und dadurch die vordere Augenkammer erzeugt**). Die vordere Augenkammer füllt sich mit einer Flüssigkeit, die wahrscheinlich in einem dünnen umhüllten Sack (die Haut der Aväfsrigen Feuchtigkeit) eingeschlossen ist, >Yie sich eine ähnliche Flüssigkeit und die Spinnewehehaut da erzeugen , wo harte Haut und Gefäfshaut *) Im ersten Theile habe ich S. 77.87. u. s. w. der gewöhnlichen Ansicht widersprochen, welche den weifsen Streifen für eine Lücke in der Gefäfshaut hält, aber auch die Darstellung von Huschke in seiner übrigens trefflichen Commentatio de pectinis in oculo avium potesiate nicht angenommen , nach der die Gefäfshaut hier schon früh nach innen gestülpt ist. Man hat spä- ter theils meiner Darstellung lebhaft widersprochen , tVieils sie unbeachtet gelassen, indem man von der Spalte im Auge wie von der ausgemachtesten Thatsache redet. Ich bin dennoch nicht im Stande, an meiner Darstellung zu ändern. Es sey mir erlaubt, hier etwas mehr ins Einzelne zu gehen. Wenn ich an einem Hühnchen von der zweiten Hälfte des dritten Tages das Hirn der Länge nach aufspalte, so sehe ich von innen den Eingang in das Auge (den künftigen Sehnerven') weit offen, als längliche Oeffnung, ohne EInfaltung. Die Höhle des Augapfels, die nach der Unterfläche des Kopfes etwas verlängert ist, zeigt mir auch keine Falte, noch viel weniger eine Spalte, sondern sie wird von einer geschlossenen Blase gebildet. Am vierten Tage sehe ich eine aus zwei Hälften bestehende Einfaltung in dem hohlen Eingange zum Augapfel; diese Einfaltung selzt sich in dem Augapfel fort, und indem unterdessen Pigment abgesetzt ist, sieht man nnr hier einen ungefärbten Streifen. Am deutlichsten ist jedoch das Verhältnifs am Schlüsse des 5ten Ta- ges. Oeffnet man ein erhärtetes Auge aus dieser Zeit, so ist die Palte der nooh dicken Netzhaut ungemein deutlich. Die Mitte der vorspringenden Ränder der Falle ist dünn, zeigt aber deut- liche Continuität; dicht neben dem verdünnten Streifen ist die Netzhaut verdickt (immer noch auf dem vorspringenden Rande der Falte) zu zwei Wülsten. Nimmt man nun die Netzhaut weg, so sieht man die dunkle Gefäfshaut unbedeckt. Man erkennt, schon wenn die Falte queer durch- schnitten wird, dafs sie jetzt noch nicht in diese eingeht. Allein sie hat unter der Palte kein Pigment und zeigt vielmehr einen ziemlich scharf begränzten weifsen Streifen, Man könnte des- halb glauben , dafs hier eine wahre Lücke ist, trennt man jedoch die Sclerotica von der Gefäfs- haut, so läfst sich diese Trennung eben so gut unter den hellen Streifen bewirken, als an andern Stellen, und die Gefäfshaut bleibt ein Continuum. Freilich läfst die Gefäfshaut zwei Schichten erkennen, von denen die innere das Pigment enthält, die äufsere nicht. Jene innere fehlt nun in dem weifsen Streifen und man kann sie in kleinen Stückchen von den Rändern desselben ab- kratzen. Sie ist ohne allen Zweifel das Tapetum oder Pigment in seinem Zellgewebe. Dafs die äufsere ungefärbte Schicht die eigentliche Gefäfshaut ist, zeigt ihr Aufhören an der Linse, so wie ich die Sclerotica nicht verwechselt haben kann , da diese ununterbrochen in die Hornhaut überging. Später dringt aber auch das Tapetum gegen die Spalte ein, und endlich in den letz- ten Tagen des Embryonenlebens ist der Kamm als Verlängerung der Gefäfshaut durch die Falte hervorgetreten , wobei entweder das innere Blatt der Netzhaut in diese Bildung mit eingeht, oder durchbrochen wird. **) Theil I. S. 77. 130. P 2 116 Tom Centraltheile des Nervensystems -weiter von einander trennen. Die Regenho- genhaut scheint eine spätere Absonderung vom äufsern Rande der Gefal'shaut. Sie behält immer eine offene Pupille*). Der Augapfel ist in der Mitte der Bebrütung ungemein grofs. Die Bildung des Thränenkanals glaubte ich in einer Ausstülpung der Rachen- höhle, die zuerst nur -wenig vor der Eustachischen Röhre liegt und sehr bald nach dieser sichtbar -wird , zu erkennen , doch habe ich l)isher noch nicht den ge- sammten Vorgang verfolgt. Was die äufsern Theile des Auges anlangt, so sieht man leicht, dafs die Augenhöhle ihre Gestaltung erhalten hat, indem die Hervorstülpung aus dem Hirne, welche das Auge Ijildet, bis in die Knochenregion eingedrungen ist. Doch erhält die Augenhöhle ihre Tiefe erst , wenn sich die äufsere Fleischschicht ausbil- det. — Die Augenlieder sind eine Entwickelung der Haut. Um den Augapfel herum erhebt sich die Haut als ein ringförmiger Wulst. Dieser Wulst verlängert sich gegen den vorragenden Theil des Augapfels, so, dafs zuerst eine elliptische Lücke und dann endlich eine enge Spalte übrig bleibt. Diese Augenliederspalte schliefst sich in den Emljryonen der Vögel nie vollständig **). Die Nickhaut ist ebenfalls eine Hautfalte. Auffallend war es mir, dafs die IMuskeln und die Sehne zur Bewegung derselben schon am fünften Tage deutlich sind. Ohr. Das Ohr ist eine am Ende des zweiten Tages hervortretende Ausstülpung aus dem hintern Theile des Hirnes. Es schiem mir aus der Grenze zwischen Hin- lerhirn und Nachhirn hervorzukommen. Von aufsen erscheint das Ohr fast eben so wie das Auge. Man sieht einen hellen Kreis umgeben von einem dunkleren Ringe. Das Ohr kommt aber der äufsern Fläche nicht so nahe, als das Auge. Daher wird die Ausstülpung bald unkenntlich, indem sie von Knorpelmasse eng umschlossen wird. Wie sich hier die herausgestülpte Blase in das Labyrinth um- formt , ist noch nicht näher bekannt. Dafs aber der Hörnerv eben so durch eine Abschnürung sich bildet wie der vSehnerv, ist augenscheinlich. Aus der Rachen- höhle Avächst dem Ohr eine von Schleimhaut umkleidete Ausstülpung entgegen und bildet die Ohrtrompete und ohne Zweifel die Trommelhöhle. Diese Ausstül- pung beginnt so wie die erste Kiemenspalle sich geschlossen hat, und an derselben Stelle. Von der Verwachsung der ersten Kiemenspalte bleibt einige Zeit eine Queerfurche an der innern Flache. Das obere Ende dieser Queerfurclie zieht sich allmählig in Länge aus, während der übrige Theil sich ausglättet, und ist nun schon *) Theil I. S. 122. *) Theil I. S. 122. ISO. 184. 117 Ohrtrompete. Dals die Ohrtrompete Anfangs sehr weil ist wie in den Reptilien, später länger wird, aber dem Keilbeine doch nur anliegt, wie in den Säugethie- ren, und zuletzt erst als Eigenthümlichkeit für die Vögel vom Keilbeine umschlos- sen Avird , wollen wir nicht unbemerkt lassen. Das äufsere Ohr bildet sich durch eine Entwickelung der Haut, die als wulstiger Rand beginnt, wie die Augenlieder, aber da die Ohrblase nicht ganz bis an die äufsere Fläche reicht, ihr entgegen durch darunter liegende Substanz, die zur äufsern Fleischschicht gehört, eine Ein- stülpung bildet, den äufsern Gehörgang nämlich. Die Stelle dieser Einstülpung ist allerdings der Raum zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen, doch glaube ich mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben , dafs vorher diefe ehema- lige erste Kiemenspalte vollständig geschlossen war*), obgleich man äiifserlich noch keine Vertiefung wahrnimmt. Es tritt ferner aus dem Vorderhirne auf jeder Seite eine Ausstülpung hervor, 9. Nase. der Riechkolben, der nur bis an die Schädelwand reicht**). Wo er diese be-. rührt, sieht man zuvörderst ohne Veränderung der äufsern Bekleidung von aufsen einen dunkeln Ring um einen .hellen Kreis, indem man in den hohlen Riechnerven gerade hineinsieht ; sehr bald aber bildet sich an der Stelle , an die der Riechkol- ben anftöfst, äufserlich ein Grübchen, die Riechgruhe. Sie ist das eigentliche Riechorgan, zu welchem der Nasengang erst später durch Ausbildung des Gau- mens und Oberkiefers hinzutritt (§. 7. ^.). Der Riechkolben verlängert sich , ver- liert ziemlich früh seine Höhlung und ist nun der sogenannte Riechnerv oder der Stamm der in der Schleimhaut der Nase liegenden Nervenfäden. Eine Vergleichung der Entwickelungsgeschichte dieser drei Sinnesorgane lehrt, dafs das Auge eine Hervorstülpung aus der Medullarröhre durch dieFleisch- schiclit hindurch bis an die Haut, das Ohr eine Entwickelung aus der Medullar- röhre bis in die Knochenregion der Fleischschicht und die Nase eine Entwickelung aus dem Hirne bis an die Knochenregiozi ist. Für das Auge bildet die Haut nur noch einige Decken , für das Ohr bildet sie eine Einstülpung um die mittlere Ab- *) Es ist auch nicht abzusehen , wie sich das Trommelfell ohne den vorhergegangenen Schlufs bil- den sollte. Ueber Herrn Prof. Huschke's Darstellung von der Entwickelung des Auges und des Ohrs gedenke ich an einem andern Orte ausführlich zu sprechen. ♦*) Diese Ausstülpung ist jedoch nur eine relative, indem der übrige Umfang des Vorderhirnes, wäh- rend es sich formt , von der Schädehvand sich zurückzieht , der Zapfen aber, den wir Riechkol- ben oder Riechnerven nennen, anhaftend bleibt und nur sehr wenig sich löst. Es wäre nämlich eine falsche Vorstellung , wenn man glaubte, dafs der Riechkolben erst später sich hier an den Schädel anlegte und nun mit den einzelnen durch die Lamina er i bros a gehenden Nerven- fäden verwüchse. Auch die andern Ausstülpungen für die Sinnesorgane bilden sich, wenn die Markblätter noch eng an der Umgebung haften. 118 iheilung des Ohrs zu erreichen. Die Ohrblase (das häulige Labyrinth) wird von der Knochenmasse eng umschlossen. Diese Umschliefsung ist das knöcherne La- bjrinth. Für die Nase müssen v^ir das Analogen der Blase im Innern des Schädels suchen. Es ist die Spitze des Riechkolben oder der Bulbus o Ifa ctorius in den- jenigen Thieren , bei denen der Riechkolben zu einem Riechnerven -wird. Dem Ohre wächst noch eine Ausstülpung aus der Rachenhöhle entgegen. Hieraus schon liefse sich vermuthen, dafs der Thränengang auf ähnliche Weise sich bildet. r. Zunge. \^.\^ habe nicht linden können, dafs für die Bildung der Zunge sich einTheil des Hirnes hervorstülpt. Vielmehr sah ich nur, dafs die Zunge aus der untern Wand der Rachenhöhle sich allmählig erhob , wo die hinter der Mundspalte lie- genden untern ^'^'irbelbogen (die Wiederholungen der Rippen) sich von den um- gebenden Kieferbogen lösen , um das Zungenbein zu bilden. Hiernach wäre die Zunpc ihren organischen Verhältnissen nach wesentlich von den übrigen Sinnes- Organen verschieden , wenn sich nicht nachweisen läfst, dafs zu ihrer Bildung auch ein hohler Nerv beiträgt. Sollte sich vielleicht ein Ast des fünften Nervenpaares aus dem Hirne hervorstülpen ? Man darf wenigstens die Beobachter auf diese Frage aufmerksam machen. Ich vermuthe, dafs sie mit „Nein" wird beantwortet wer- den , iheils weil ich keine solche Ausstülpung finden konnte , theils weil der Ge- schmack nur eine Modification der allgemeinen Perceptionsfähigkeit des verdauen- den Kanals ist. s. Verdau- Vou der Ausbildung des Verdauungsapparales ist schon bei Betrachtung der übfrhanpt.*' allgemeinen Formeo der Umgestaltung so viel gesagt worden, dafs ich auf das be- reits Vorgetragene mich berufen kann. Ich erinnere, dafs die untere, dem Dotter zugekehrte Fläche des Keimes allmählig die Natur einer Schleimhaut annimmt, dafs durch das Zusammenneigen der Bauchplatten diese Schicht in der ganzen Länge des Embrj o eine innere Röhre bilden würde , wenn die Darmplalten sich in Form einer Naht zusammen legten (§. 6. i. m.). So ist die Darmbildung aber nicht ganz, vielmehr schnürt sich der Embryo zugleich von allen Seiten von der übrigen Keimhaut ab , und zwar tritt diese Abschnürung am vordem Ende zuerst auf (§. 6. n.'). Am vordem Ende also Ijekommt der Embryo zuerst eine vnitore Wand, und die Schleimhaut mufs hier in Form einer blinden Grulje die innere Fläche des Embryo bilden. Indem die Ab- schnürung weiter fortschreitet und zugleich der Embryo wächst, wird diese Grube länger ausgezogen und erhält die Form einer Röhre, die nach vorn geschlossen ist, nach hinten aber offen in das Innere der Dotterkugel übergeht. Bald bricht aber auch am vordem Ende eine OelFnung unterhalb des Schädels durch. Diese Uelfnung ist die Mundspalte, so wie das ganze Rohr der vordere Theil des Speise- 119 kanals oder Darmkanais ist. Da dieses Kohr sich alluiäiiiig mehr verlängert und also immer mehr von demDariukaiiale gebildet wird, so ist es ganz passend , den vordem schon in tin llohr verAvandelten Theil des Darmkanais, er mag mehr oder weniger umf lassen, mit Rathke den Munddarm zu. nennen. Die hintere in die Dotterkugel übergehende Oeifnung nennt man gewöhnlich nach WoliY Fot^ea cardiaca, -w^üs n\a.nhddd Mag engruhe, bald i7er;s^/w6e übersetzt hat. Da aber diese OefFnung zu dem Herzen gar keine Beziehung hat, und auch zu dem Magen keine Jjleibende, indem sie immer weiter nach hinten vorrückt, so scheint nüi- die Benennung : f^or derer Eingang in den Darmkanal Aditus anterior ad in- testinum weniger zu Mifsverständnissen Veranlassung zu geben*). Am Ende des zweiten Tages fangt die Abschnürung an auch am hintern Ende zu wirken. Es bildet also auch hier die Schleimhaut eine blinde Grube, die sich zu einer Röhre verlängert, später hinten durchbricht und den After bildet. Nach vorn geht sie offen in die Höhle der Dotterkugel über. Diesen Uebergaug nennt Wollf Foveola inferior , das untere Grübchen. Wir wollen ihn den hin- tern Eingang in den SpeiseJcanal Aditus posterior nennen , so Avie das hier gebildete Darmstück mit Rathke den Afterdarm**^. Es wäre eine sehr falsche Vorstellung, wenn Sie glaubten, dais an diesen Eingängen die beiden gebildeten Darmstücke wie in den Leib des Embryo gesteckte Trompeten plötzlich aufhörten. Da die Schleimhaut, aus welcher die Darmstücke gebildet sind , früher die ganze untere Fläche des noch völlig oifen ausgebreiteten Embryo einnahm, so mufs auch jetzt, da nichts verloren gegangen, zerrissen oder aufgelöst ist, eine Fortsetzung der Schleimhaut unter dem Embryo fort vom Munddarme zum Afterdarme reichen. Sie hat nur darin ihre Verhältnisse geän- J^°*;,l* "• ?i* Flg. III. VIII. dert, dafs sie durch Ausbildung der Gekrösplatten von der Wirbelsäule entfernt worden ist ***). Dieses verbindende Mittelstück bleibt , solange der Munddarm nur kurz ist, ziemlich flach ausgebreitet. So wie aber beide Darmstücke sich verlängern, wird zuvörderst das verbindende Mittelslück durch Entwickelung der Gekrösplatten von der Wirbelsäule entfernt und zugleich bildet es sich in eine Kinne um, indem zu beiden Seiten ein Streifen der Schleimhautschicht in Verbindung mit der anliegenden Gefäfsschicht sich aus der übrigen Fläche etwas abgrenzt und nach unten richtet. Diese Streifen sind schon Darmplatten von uns genannt. So ha- *) Ueber die Bildung des Munddarmes siehe im ersten Theile S. 17. 26. 27. 46. 59. wo aber die von Rathke erst später aTifgestelltc Benennung: Munddarm, noch nicht gebraucht ist. **) Im ersten Theile handeln Seite 37. 49 u. folg. vom Afterdarme , ohne diesen Ausdruck anzu- wenden. ***) Theil I. ö. 43. 120 Leu wir denn am dritten Tage drei Abiheilungen , einen Munddarm , einen viel kürzern Afterdarm und zwischen beiden einen offenen Ilalbkanal, den man die Darmiinne*^ nennen kann**). Aus der «gegebenen DaJslellung geht schon hervor, dafs die l^eiden Eingänge mit ihren oliern lländern unmittelliar in dieDnrmrinne iiljergehen müssen. Allein da die Keinihaut überall weit über den Embryo hinausreicht, die ganze untere Fläche der Keimbaut von der Schleimhautschicht gebildet wird, da ferner Mund- darm und Afterdarm nur durch Abschnürung von dieser Haut geformt werden, so ist es ganz offenbar, dafs die Eingänge in die genannten Darmstücke nichts sind als Ueljer^jän^e und dafs ihre Wand sich von allen Seiten in die Schleimhautschicht des gesammten Keimes fortsetzt. Der zunächst angrenzende Theil der Keimhaut ist aber derjenige, der am dritten Tage und am Anfange des vierten die Kappe (§. 5. «.)) oder Wolff 's falsches Amnion bildet. Man kann also auch sagen, dafs der Darm von allen Seiten in die Kappe übergeht. Während aber dieDarmbikhingbiszuder beschriebenen Stufe ihrem Schlüsse sich nähert, hat sich die Keimhaut sehr vergröfsert und umschliefst endlich den ranzen Dotter. In dieser Form haben wir sie den Dottersack genannt. Die Ein- gänge in die bereits gebildeten Darmstücke gehen also in den Dottersack über, und •wir hätten diesen Ausdruck gleich Anfangs gebrauchen können , statt zu sagen, dafs sie am dritten Tage in die Dotterkugelsich öffneten, w^enn nicht allmäldig, ohne dafs die Verhältnisse der Darmstücke darauf Einflufs gehabt hätten, der Dot- tersack sich erst gebildet hätte. Sie werden aber nun leicht ersehen, dafs mit dem Fortschreiten der Abschnü- run" beide Darmstücke sich gegen einander verlängern, ihre Eingänge sich nä- hern und zuletzt nur einen einzigen Uebergang aus dem Darm in den Doltersack bilden. Am Schlufs des vierten Tages ist gewöhnlich noch ein kleiner Theil des Darmes rinnenförmig gegen den Dottersack offen, am fünften Tage verwandelt sich diese Rinne in eine rundliche Lücke. Es ist dieselbe, die wir schon den Darmnabel (§. 5. m.') genannt haben. Nach dem fünften Tage 'zieht sie sich in einen engen Kanal aus, der unter dem Namen Doltergang bekannter ist***^. Dies wäre die Geschichte von der Bildung des Speisekanals als eines Ganzen. Er w^ächst aus einem IMunddarme und einem Aflerdarme zusammen. Er wächst aber *) Wolff nennt das unvollendete Darmstück zwischen Munddarm und Afterdarm auch „Mittel^ darm" ^Intestinum medium.). Mit dem Ausdrucke Fislula intestinulis bezeichneter aber eine theils erwähnte, theils weiter unten lu besprechende Lücke zwischen beiden Gekrüi- platten. **) Theil I, S. 44. 45. 46. 57. ♦♦*) Theil 1. S. 46. 59. ,69. 80. 121 aber auch in seitlicher Hinsicht aus zweien Darmplatten zusammen, denn mit Aus- nahme der heideu äufsersten Enden sondert sich immer Leim Vorrücken beider Eingänge der ihnen benachbarte Theil des vegetativen Blattes, der zum Darme werden soll, in zwei wie Hohlkehlen gekrümmte Darmplatten ab, so dafs ich glaube in den einleitenden Bemerkungen das Verhältnifs bezeichnend angegeben zu haben, indem ich sagte, dafs zwei Darmplatten sich gegen einander neigen um den Darm zu bilden, dafs diese aber nicht wii'klich in einer scharf ausgebildeten Naht mit einander verwachsen, sondern dafs eine allseitige Abschniirung den Uebergang in den Dottersack verengt (§. 5. nu n.). Sie werden sich dabei erin- nern, dafs die Darmplatten nicht etwas ganz Neues und Isolirtes sind, nicht wie Sie wohl hie und da aus Mifsverständnifs angegeben finden , zwei Platten, die aus der Wirbelsäule herauswachsen , sondern selbstständiger werdende Theile des ve- getativen Blattes, das von Anfang an da war*). Oken hat diese Darstellung der Darml)ilduug getadelt, und er glaubt, mau müsse den Vorgang so ansehen , als ob beide Darmenden in den Embryo hinein- wüchsen. Allein abgesehen davon, dafs überhaupt der Embryo nicht aus aller- lei Einzelheiten zusammengesetzt wird , sondern diese aus seiner Einheit eutwik- kelt , mache ich l)esonders darauf aufmerksam , dafs das vordere und hintere Ende des Darmes schon ursprünglich den entsprechenden Stellen des Embryo anhaften ♦) Wolff hat zuerst diese Enlwickelungsweise erkannt und vollständig aus einander gesetzt in der gröfsten Meislerarbeit, die wir aus dem Felde der beobachtenden Naturwissenschaften kennen, in seiner Abhandiung: De ff/rmatione inte s linor um. Sie findet sich im 12ten und iSlen Bande der Novi Conunentarii Acad. Pe tr op olita nae. Meckel hat diese Arbeit über- setzt und als ein besonderes Buch unter dem Titel: C. F. Wolff üOer die Bildung des Darrn- kanals im bebrületen Hüfmchen. Halle 1812. 8. begleitet mit einer Vorrede, welche die Ueberein- stimmung in der Entwickelung der Säugethiere und Vögel untersucht, herausgegeben. Auf dieses Buch verweise ich hiermit zur weitern Belehrung über die Entwickelung des Darmes nicht nur, »ondern der frühern Entwickelungsgeschichte überhaupt. Fast alles, was in dieser Darstellung mir nicht richtig scheint , habe ich besonders bemerkt , um Mifsverständnisse zu vermeiden. Ein ungünstiges Geschick hat es gewollt, dafs gerade die Hauptsache in diesem Buche, die Ent- deckung von der Bildungsweise des Darmes, von Physiologen meistens mifsverstanden ist. Man hat Wolff die Ansicht untergelegt, dafs aus der Wirbelsäule die beiden Darmplatten heraus- wüchsen und sich an einander legten. Wolff sagt aber an sehr vielen Stellen mit den bestimm- testen Ausdrücken, dafs die Darmplatlen Theile seines Amnion spurium sind. Sein Amnion spu- rium ist aber unsere Kappe, ein Abschnitt des vegetativen Blattes der Keimhaut. In dem gan- aen Werke finde ich nur eine einzige Stelle, welche zu einem Mifsverständnifs allenfalls hätte Veranlassung geben können , welche aber durch so viele andere Stellen ihre Erläuterung erhält. Ich mag diese einzelnen Stellen hier nicht anführen, da ich mir vorbehalte, auf eine Kritik des ersten Theiles von diesemWerke, die sich in der Isis v, J. 1820 findet, zu antworten , um Wolff von der gemachten Anschuldigung zu befreien, und ich bei Abfassung des vorliegenden Manu- scriptes noch nicht weifs , ob ich die Antwort meinem Buche selbst anhänge , oder in die /s/i rücken lasse. 122 uiul dort verharren. Die Mitte des Darmes, die wir später entfernt von der Wir- belsäule finden , lag ursprünglich auch dicht unter ihr und entfernt sich erst spä- ter. Es trennt sich also der vegetative Theil des Embryo vom animalischen, statt nach jener Ansicht sich ihm zu nähern. Dafs ein Theil des Darmes aus der Lei- beshöhle hervor- und dann AAieder in dieselbe zurücktritt, ist ein sehr viel späterer Vorgang, von dem wir sogleich sprechen werden. — Allerdings bekommt der Dotiersack zwei Zipfel, wenn wir den Dottersack und den Darm als ein Ganzes betrachten. Aber diese Zipfel — die beiden Dai'menden — bilden sich im Vo- gel (wie im Säugethier und Reptil) nur dadurch, dafs der oberste Theil des Dot- tersackes sich durch eine Verengerung vom übrigen viel gröfsern Theile, dem eigentlichen Dottersacke, abschnürt. Da ferner ein ganz ähnlicher Vorgang im animalischen Blatte den Hautnabel erzeugt, so glaube ich mit dem Ausdrucke Ab- schnürung die Wesenheit des Vorganges am treffendsten bezeichnet zu haben*). Der abgeschnürte Theil des Dottersackes ist der Darm. Der Darmkanal ist bis auf die Zeit, wo Munddarm und Afterdarm zusam- menstofsen, noch ziemlich gerade und hat wenig Verschiedenheit in seinen ein- zelnen Abschnitten. Deshalb nennt WolfF ihn bis zu dieser Zeit den Urdarm, ^) In wie weit dabei auch von einem Hineinwachsen, aber in einem viel geringern Maafse gespro- chen werden kann , habe ich im ersten Theile S. 46 aus einander gesetzt. Aber eben dieses Hin- einwachsen ist mehr ein Hineinstülpen durch die Abschnürung, indem wirklich ein Theil der Kopfkappe die untere Wand des Munddarmes wird. Oken sagt auch in Bezug auf die Dar- stellung im ersten Theile: ,,Dafs die Därme in ihrer Mitte kein Loch haben, und mithin sich nicht im Blinddarme schliefsen können, dächten wir, wäre eine Sache, die man einem neuern Physiologen nicht mehr vorzusagen nöthig haben sollte." Ein Loch , das aus der gesammten Frucht herausführt, ist freilich nicht da. Auch ist davon nirgends gesfirochen , so wie überhaupt das Wort „Loch'' geflissentlich vermieden ist, weil man dabei zu leicht an Aufhebung einer Con- tinuität denkt. Aber von Oeffnungen des Darmes, von Uebergängen und Eingängen aus dem Dottersacke in den Darm und umgekehrt, ist öfter gesprochen worden. Und warum nicht? Es bilden doch offenbar Dottersack und Darm zusammen den Verdauungsapparat des Embryo. Wenn ich nun den abgeschnürten Theil Darm nenne, warum soll ich denn, um von der Continuität der Höhlung zu sprechen, nicht sagen dürfen, dafs der Darm gegen den Dottersack eine üeifnung oder einen Eingang hat, so gut wie der Magen gegen die Speiseröhre oder umgekehrt eine Oeff- nung oder einen Eingang hat? Oder soll keine Continuität der Höhlung da sein? Ich weifs wohl, dafs auch in neuer und selbst in neuester Zeit von Herrn Dr. Plagge (in H e c k e r's Annalen der Heilkunde IB29. Febr.) die Behauptung aufgestellt ist, der eigentliche Darmkanal nähme als ein von Anfang an geschlossener Kanal seinen Ursprung aus der Fovea cardiaca. Allein da es nicht meine Absicht seyn konnte, auf eine Widerlegung aller Behauptungen einzugehen , so habeich nur solche Meinungen beleuchtet, welche noch bei Kennern des Faches gelten. Diese schienen mir aber über das Nichtgeschlossenseyn des Darmes einig. Auch ist nichts leichter einzusehen. Oken kann jene Meinung Anderer unmöglich verfechten wollen, da sie gegen alle seine AnsiclUeu wäre. Es ist in der That schwer, den gemachten Vorwurf zu verstehen. Bezieht er sich etwa darauf, dafs ich den Darmkanal nicht aufserlialb der Bauchhöhle entstehen lasse? Dann ist die Natur strafbar, nicht ich. Und nun der Blinddarm! Von diesem habeich doch nichts gesagt. 125 Intestinum primitivum. Er hat in seiner ganzen Lauge zwei Schichten, eine innere aus einer Schleimhautröhre Leslehende, und eine äufsere aus der Ge- fäfsschicht gebildete. Ueher ihm setzt sich die Gefäfsschicht durch das Gekröse Lis zur Wirl)elsäule fort. Das Gekröse wird durch die beiden Gekrösplalten ge- bildet, welche mit ihren obern Rändern au der Wirbelsäule aneeheftet bleuten, während ilire untern Ränder sich zuerst nach unten stellen und dann einander nä- hern, die Schleimhaut von der Wirbelsäule entfernend, und zuletzt über ihr mit einander verwachsen. Den kurze Zeit bestehenden Zwischenraum zwischen bei- den Gekrösplatten habe ich die Lüde des Gelröses genannt*). Ferner erinnern wir aus dem Frühern, dafs schon vor der Darmbilduns das animalische und das vegetative Blatt der Bauchplatten mit Ausnalime der beiden äufsersten Enden sich von einander entfernt haben und dafs dadurch an jeder Seite von Herz und Darm eine rinnenförmige Lücke gebildet wird, welche Jjeide zusam- men die Leibeshöhle bilden **). Der so gebildete Speisekanal ist dasPrimilivorgan nicht nur für den gesamm- len Verdauungsapparat, sondern auch für den Äthmungsapparat und einen Theil des Harn- und Geschlechtsapparates. Werfen wir jetzt einen Blick auf die ein- zelnen Theile ! Das vorderste Ende, das vom dritten Tage an zu einem weitern Trichter /. Rachen- sich gestaltet, wird um diese Zeit wohl am besten mit dem Namen der Rachen- ^"''^^* höhle bezeichnet. Bald aber bilden sich Unterkiefer und Oberkiefer aus, die Höhle wird dadurch in ihrem vordersten Ende nach unten und vorn verlängert, und diese Verlängerung ist die IMundhöhle. Lidern beide Oberkieferliälften und die Seiten- u. Mund- äste des Stirnfortsatzes unterhalb der Nasengrube zusammenwachsen und sich auch ^*"^''^- nach hinten zu einer Wand (dem Gaumen) mit den entsprechenden Theilen der andern Seite verbinden, werden die Nasenhöhlen von der Mundhöhle abgeschie- v. Nasen '&" den. Die Nasenhöhlen sind anfänglich sehr kurz , werden aber durch Verlän^e- höhl en. Ö* rung des Gaumens allraählig länger, doch reicht ihr hinterer Ausgang nicht viel über die Mitte der gesammten Decke der ]Mund- und Nasenhöhle hinaus. — Im hintern Theil der Rachenhöhle bilden sich am dritten- Tage auf jeder Seite drei Spalten , die man wegen ihrer Uebereinstimmung mit ähnlichen bleibenden Spal- ten der Fische Kiemenspalten nennen mnfs. Im Vogel- Embryo verharren sie Kiemenspai aljer nicht lange. Schon am dritten oder vierten Tage pflegt die erste zu verwach- *^"* *) Diese Lücke ist es, welche W ol ff wenigstens so lange als die Schleimhaut noch anliegt „Darm- rinne'' Fisiula int estinalis nennt, weil er sie von der Höhhing des Darmes nicht unter- scheidet. Das ist sein Hauptversehen. **) Eine solche rinnenförmige Lücke, die Hälfte der Bauchhöhle, nennt Wolff Fisiuln abdo- minalis, was Meckel mit Unterleihyrinne übersetzt. 0 2 röhre 124 sen, wahrend sich eine hiuterste vierte bildet. Am fünften Tage oder spätesten* am sechsten Tage pflegen sich auch die übrigen zu schUefsen, die zweite Spalte zuletzt. Die schmalen Theile der Seitenwand, die zwischen diesen Spalten lie- gen, nennen wür Kiemenhogen , so lange die Spalten bestehen. Speiie- Etwas später als die Rachenhöhle gewinnt der hinler ihr liegende Abschnitt einige Eigenthümlichkeit durch sehr rasche Verlängerung und Verengerung. Es ist die Speiseröhre. Der Kropf ist eine viel spätere , nach rechts gerichtete Aus- isackung der Speiseröhre. Im Primitivorgane scheint der Abschnitt, der später zur Speiseröhre werden soll, überaus kurz zu seyn, ein Verhältnifs, das freilich im Säugethier sich vollständiger nachweisen läfst. X. Magen. Der Blagen ist auch anfänglich von dem übrigen Darmkanale nicht verschie- den. Allmählig tritt eine Erweiterung auf, aber nicht gleichmäfsig im ganzen Umfange. Sie ist stärker nach dem Rücken zu und bald ein wenig nach links. Indem aber diese stärkere Wölbung zunimmt, dreht sie sich immer mehr nach links und endlich etwas nach unten. Der Magen ist anfiinglich ein einfacher Sack, und es schien mir, dafs er erst später sich in den Vormagen und einen IMuskelma- gen sondert, die den körnerfressenden Vögeln eigenthümlich sind. ^' ^■'^'"- Der Darm ist im Augenblicke, wo er sich bis auf den Darmnabel schliefst, sehr kurz. Dann verlängert er sich rasch und bildet zAvei ^Vindungen, eine ent- hält den Zwölffingerdarm, eine andere gegen den Nabel gerichtete den übrigen Darm. Der weite und enge Darm sind in der ersten Zeit gar nicht verschieden und ihre Grenze wird nur durch das Ileraussacken der Blinddärme bezeichnet, und erst in der zweiten Hälfte des Embryonenlebens ist der erstere durch gröfsere Weite merklich unterschieden. Jene Grenze ist nicht die Stelle, wo Munddarm und Af- terdarm zusammentreten, vielmehr mündet sich der Dotiergang mitten in den en- gen Darm ein, wo bei manchen Vögeln ein Rest von ihm zurückbleibt, der mit dem Namen eines Diverticulum bezeichnet wird. Der dünne Darm nimmt be- sonders an Länge und Windungen zu, findet daher keinen Raum mehr in der Bauchhöhle, es treten einige Windungen aus derselben heraus in den Ilautnabel und liegen sogar zum Theil weit aulserhalb des röhrig ausgezogenen Hautnabels. In der letzten Zeit wächst der Darm weniger in die Länge , dagegen vergröfsert sich die Bauchhöhle rasch. Der Darm tritt nun wieder ein und nijnmt den unter- dessen verkleinerten Dotler.sack mit, der innerhalb der Bauchhöhle nach der Ge- burt noch rascher sich verkleinert, bei einigen Vögeln aber, z. B, der Nachtigall, nie ganz verschwindeji soll. 125 Das hinterste linde des Darmkanales bildet sich zur Kloake aus, welche ^.Kloake. sich iu den Harnsack und in die Bursa Fahricii verlängert. Die Leber ist eine Ausstülpung aus dem Darme. Wenn der Munddarm bis <»«• Leber. zu einer ge^Yissen Länge entwickelt ist, erheben sich aus ihm zwei stumpfe hohle Zapfen nach aufsen und unten. Diese Zapfen umfassen den an der untern Wand vom hintern Ende des Munddarmes liegenden Venenstamm. Die Hervorstiilpung hat im Anfange eine sehr breite Basis , die aber rasch enger wird. Sie wird ohne Zweifel vorherrschend durch die Schleimhaut des Darmes bewirkt, denn anfäng- lich sieht man die unterdessen dicker gewordene Gefäfsschicht gar nicht erhoben. Die Ausstülpungen der Schleimhaut verästeln sich in die Gefäfsschicht hinein und nun erst erhebt sich diese in Form eines Hügels. Beide Ausstülpungen rücken einander immer näher, so dafs bald an der Basis beide jetzt viel enger geworde- nen Eingänge aus dem Darme in diese Ausstülpungen zusammenrücken und von nun an ein gemeinschaftlicher Kanal sich aus dem Darmkanale hervorzieht, wäh- rend sich die Spitzen der ersten Ausstülpungen weiter verästeln. Jene zwei Aus- stülpungen sind die beiden Hauptäste des Leberganges, der gemeinschaftliche später ausgestülpte Stiel ist der Lebergaug sel]>st, aus welchem sich viel später die Gallenblase durch eine neue Ausstülpung bildet, wodurch ein Theil des Le- berganges zum Gallengange wird. Die Gefäfsschicht hat an Blasse unterdessen sehr zugenommen und bildet das Parench} ma der Leber, die eingeklemmte Vene aber verzweigt sich in das Parenchyma, wird also für die Leber arteriös, mit einem Worte zur Pfortader. Auf der vordem Seite fliefst das Blut aus der Leber wieder in die Vene zurück und bildet die Lebervenen. Anfänglich sind die Lebervenen unmittelbare Verlängerungen der Pfortader. Allmählig werden die Uebergänge immer enger und melir verzweigt. Aehnlich ist die Entwickelung des Pankreas, jedoch ohne wesentlichen bo. p&nkreai- Einflufs auf das Gefäfssjstem , indem an der Stelle seiner Ausstülpung kein gro- fses Blutgefäfs liegt. Auch ist das Pankreas nur eine einseitige Ausstülpung aus dem Darme. Indessen sah ich öfter in der ersten Zeit der Entwickelung eine ähnliche Ausstülpung auf der andern Seite des Darmes , die aber bald zu schwin- den scheint. El)en so sind die Speicheldrüsen verästelte Ausstülpungen aus der Mund- cc. Speichei- hÖhle. Weber und Rathke haben sie in dieser Entwickelung vollständig ver- folgt, und ich habe wenigstens so viele Stufen dieser Ausbildung in den Vögeln gesehen , um diese Ueberzeugung auch zu der meinigen zu machen. Auch'der gesammte Athmungsapparat ist eine Ausstülpung aus dem Speise- dd. Aih- kanale. Dicht hinter der letzten Kiemenspalte sieht man am dritten Tage zu hei- Ji^''''?"pp* 126 den Seiten eine kleine Erhöhung. Die anatomische Untersuchung zeigt, dars sie hohl ist. Beide erheben sich zu länglichen Säckchen und rücken zugleich nach unten , bis sie eine gemeinschaftliche Basis erhalten , die sich rasch in einen hoh- len Stiel verlängert, wodurch die Säckchen schnell nach hinten geschoben wer- den. Jedes Säckcheu hat noch vor der Vereinigung zu einem gemeinschaftlichen Stiele sich in zwei Abschnitte, ein kleines Stielchen und ein Säckchen, etwas ge- sondert. Dieses Säckchen jeder Seite ist eine Lunge , sein Stielclien ist der Luft- röhrenast , und der gemeinschaftliche Stiel ist die Luftröhre. So ist also der gesammte Athmungsapparat ein Theil des Darmkanales , der hinter ,der letzten Kiemenspalte sich hervorstiilpt. Er ist physiologisch ein Luft- darm zu nennen. In der weitern Ausbildung sieht man jede Lunge in zwei Abiheilungen sich scheiden , von denen die eine sich vielfach in Röhren zerspaltet und aus jedem Röhrchen neue röhrenförmige Aestchen mit keulenförmig abgerundetem Ende her- vortreibt. Diese Al)theilung wird die insbesondere sogenannte Lunge. Beide Lungen erheben sich während dieser Theilung ihrer Höhle gegen die Rückenwand des Brustkastens und heften sich hier an. Die andere Abtheilung jeder Lunge theilt sich auch^ aber jeder Ast hat von Anfange an eine ansehnliche Weite und daher mehr das Ansehen eines Sackes. Diese Abtheilung verlängert sich mit sackförmigen Erweiterungen in alle Höhlen des Leibes bis in die Knochen, und ist das, was man die Luftsäcke im Vogel zu nennen pflegt. Sie ist eine untere Idasige Lunge, wie die obere eine röhrige Lunge ist. In der Luftröhre bilden sich mehrere Schichten und in einer derselben Knorpelringe, die zuletzt Knochenringe werden. Der Eingang in die Luftröhre erweitert sich etwas und wird zum Luftröhrenkopfe *). re. Gefäfs- Y.x^\. ictzt , naclidcm die meisten Theile in Hinsicht ihrer Entwickelung un- «ystem. Hi- ' , . stoiogische tersucht sind, können wir die Ausl)ildungsgeschichle des Gefäfssystems daran knüpfen. Das Gefäfssystem der Vögel, so wie aller andern Wirbelthiere, be- steht aus eincni Herzen und verzweigten Kanälen, in denen Blut enthalten ist. Da das Herz selbst olfenbar nur der mittlere Theil aller Kanäle ist, so haben wir überhaupt Blut und einschliefsende Kanäle. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dafs das Blut sich früher bildet als die Kanäle. In allen lebendigen Theilen des Organismus, welche neuen flüssigen StoiF anziehen und in ihre JMasse umwandeln, löst sich auch fortwährend ein Theil ilirer Masse in Flüssigkeit auf, welche sich von diesen Theilen fortbewegt, AnsbilduDg. *) TImmI I. S. 60. 70. 80. 96. 112. 1?8. 1S2. 127 wie wir sclioii bei einer Iriihern Gelegenheit bemerkt haben. Eine solche Ver- flüssigung ist hl der ersten Zeit des Embryonenlebens nur in derjenigen Schicht bemerklich, die wir die Gefafsschicht genannt haben. Die so erzeugte Flüssig- keit ist eine kurze Zeit hindurch ungefärbt, wird dann gelblich" und endlich rolh, wodurch sie sich als wahres Blut zu erkennen giebt. Dafs später im Leibe des Embryo die Blutbildung auf dieselbe ^Ycise erfolgt, sieht man am deut- lichsten in den vorragenden Rändern der Bauchplatten und der Extremitäten. Wenn die Enden der letztern noch blattförmig sind, bildet sich nahe am Rande und parallel mit ihm eine bogenförmige Anhäufung von Blut, die bald in doppelt so viel Kanäle abfliefst, als Finger sich erzeugen. Zum Wesen des Blutes gehört nämlich nicht allein, dafs es flüssig ist und roth wird, sondern auch die Bewe- gung nach einem bestimmten Ziele. Auf dem Wege, den eine Quantität Blut eingeschlagen hat, folgt bald neues Blut, und so werden die durch die erste Blut- masse erzeugten hohlen Gänge bleibende Bahnen, die in die festere Substanz ein- gegraben und nichts weiter sind , als Lücken in dieser Substanz. Sehr bald be- kommen die hohlen Gänge dichtere Wandungen *). Allmählig aber nimmt diese Verdichtung so zu, dafs die Grundmasse des ganzen Körpers nur Aveich dagegen erscheint, und dann haben wir Gefäfse in Zellgewebe eingesenkt, wie im spätem Aher, wo nur noch in den äufsersten Enden der Blutbahnen die Gefäfswände so dünn sind, dafs sie von dem sogenannten Parenchyma der Theile (dem Bil- duugsgewebe) nicht wesentlich sich unterscheiden. Dafs die Gefäfswände nicht das Bedingende, sondern die Folge der Blutbe- Avegung sind, lehrt die Entwickelungsgeschichte sehr auffallend auch dadurch, dafs in keinem organischen Systeme des Körpers die Veränderungen so grofs sind, als in der Vertheilung der Blutgefäfse. Tritt in einzelnen Organen eine sehr kräf- tige Entwickelung auf, so wird die Blutströmung zu ihnen stärker und unterge- ordnete Gefäfsstämmchen werden dann so ansehnlich, dafs die gesammte Blut- Morpholo- gische Aus- bildung. bewegung eine veränderte Richtung erhält. Den gröfsten Einüufs auf die Ver- änderungen des Gefäfssystems hat aber die EntAvickelung der Athmungsorgane, und hiernach kann man mehrere Zeiträume im Leben des Vogels unterscheiden, von denen jeder eine eigenthümliche Form der Blutbewegung hat. In jeder Pe- riode sind aber wieder kleine Umwandlungen, Avelche die Umgestaltung in die folgende einleiten. Diese verscliiedenen Hauptfornien und Umwandlungen wol- len wir einzeln beschreiben. Die erste Periode nehmen wir an bis zur Ausbildung eines ersten vollstän- digen Kreislaufes. Sie umschliefst die beiden ersten Tage. Am Anfange ist *) Theil I. S. 31. //. Erste Pe- riode. Entstehung des Gefäfs- systems- 1£8 noch gar keine Blutbildung kenntlich. Sie zeigt sich aber am ZAveileu Tage und zwar, Avie bemerkt wurde , nur in der Gefafsschicht. Von der Gefäfsschicht ist der "röfste Theil in der Keimhaut enlhahen, nur ein kleiner liegt im Bereiche des Embryo. Indem der vordere Theil des Embryo in der ersten Hälfte des zwei- ten Tages sich schliefst, wird hier viel von der Gefäfsschicht zusammengedrängt. IMan sieht daher zwischen dem Vorderende der Bauchplatten zuvörderst zwei ge- botene längliche etwas dunkelkörnige Massen, die zuerst nur an der äufsersten Spitze wie zvrei gegen einander gekehrte S zusammenstofsen , dann vorn immer mehr zusammenrücken, weil sich mehr vom Embryo schliefst, nach hinten aber in zwei Schenkel auslaufen , in Form eines umgekehrten \ *). Da die Continui- tät der Gefäfsschicht nicht aufgehoben ist, so steigt von dieser verdickten Stelle eine aus zw^ei Blättern der Gefäfsschicht gebildete Fortsetzung bis zu dem dar- über liegenden JMunddarme hinauf und umschliefst ihn. Diese Fortsetzung ist die nach unten vorragende Verlängerung der Gefäfsschicht, deren wir früher (§. 6.) bei Untersuchung der Primitivorgane gedachten. Sie ist eine Art Gekröse für das Herz, denn jene j^förmige Verdickung wird zum Herzen , indem die innere Masse gegen die IMiltc des zweiten Tages flüssig wird. Zugleich verlängert sich dieser Theil und ist nun ein geschlängelter, nach hinten zweischenkliger Kanal, der sich langsam zusammenzieht und seinen flüssigen, noch nicht gefärbten In- halt hin und her bewegt. Wir nennen ihn in diesem Zustande den Herzkanal, •weil er von der spätem Form des Herzens wesentlich verschieden ist und mehr enthält als dieses. Der Stofs des Ilerzkanals geht nach vorn und treibt hier all- mählig das Blut aus seiner vordem Spitze in zwei Bogen um das vorderste Ende des Speisekanals herum, nach oben gegen den Boden des Schädels. Von hier mufs es nach hinten getrieben werden, Avie der Erfolg lehrt**). Während nun der im vordem Ende des Leibes zusammengedrängte Stoff der Gefäfsschicht flüssig wird, sieht man dieselbe Verflüssigung im übrigen Umfange der Gefäfsschicht. Alles so Verflüssigte strömt gegen den Embrj'o, und zwar gegen seinen vordem Eingang, und weil die Strömung innerhalb der Gefäfsschicht sich l>efindet, so gelangt sie in den Herzkanal. So ist also allerdings die venöse Strömung wohl die ursprüngliche. Indessen besteht sie nur sehr kurze Zeit allein , und wenn man häufig glaul>t, dafs längere Zeit hindurch nur Venen im Embryo und seiner Keimhaut sejen, so l>eruht diese Vorstellung 'auf einem Irrthume von Wolff, der simmlliche Gefiifse des ersten ausgebildeten Kreislaufes, durch einen in der That auffallenden Irrthum. für Venen hielt. • Je *) Theil I. S. 28. ♦♦) ö. 31. Si. 3S. 129 Je weiter vom Embryo entfernt ila§ erste Blut erzeugt wird, um desto lang- samer scheint es zu flielsen. So sammelt es sich })esonders am Rande der Gcfäfs- schicht an und bildet hier einen tiefen Graben , den Blutkreis , aus dtim es nur langsam ausiliefst. Im Gefäfshofe zeigt sich das Blut zuerst roth, denn Avidirend man im Herzkanale noch ungefärbtes Blut sieht, ist es in dem Blutkreisc und dem Gefäfshofe schon etwas geröthet. Dagegen glaubte ich zu bemerken, tlafs im Herzkanale etwas früher die Verflüssigung sich findet , als in der Keimhaut, was schon durch die stärkere Ansammlung desselben Stolfes begreiflich wird. Indes- sen möchte ich hierauf auch kein Gewicht legen, da die erste Verflüssigung im Gefäfshofe seiner Dunkelheit wegen kaum kenntlich sejn kann *). Durch den Fruchthof, in welchem die Gefäfsschicht am dünnsten ist, scheint sich das von aufsen kommeude Blut nur langsam durchgraben zu können, denn die hintern Zipfel des Herzkanales, gegen welche alle Strömung gerichtet ist, bleiben einige Zeit noch dunkel und müssen also nur wenig Blut aufnehmen. Bald al)er wer- den auch sie hell, und nun fliefst alles Blut aus den hintern Zipfeln in den Herz- kanal ein und aus dem vordem Ende desselben durch die zwei Bösen wieder ab **). Diese zwei Bogen werden bald für den vermehrten Andrang zu schwach, und da zugleich die Spitze des Herzens sich zurückzieht, überdies auch 'die Ge- fäfsschicht, wie alle Primitivorgane die Einwirkung der Sonderung in die von uns sogenannten morphologischen Elemente erfährt , so entwickelt sich ein zwei- tes Paar von Bogen, gleichsam ein zweiter Wirbel für diese Sphäre, s])äter ein drittes Bogenpaar und endlich beim Uebergauge des zweiten Tages in den dritten ein viertes. Alle diese Bogen laufen innerhalb der Gefäfsschicht um die Rachen- höhle nach oben , die Bogen einer Seite gehen in einen Kanal zusammen und es verbinden sich diese beiden Kanäle zu einem gemeinschaftlichen Stamme, der nothwendig auch innerhalb der Gefäfsschicht seyn mufs, aber da liegt, wo die Gefäfsschicht am Wirbelstamme anhaftet, d. h. über dem Darme. Jener Arte- rienstamm nämlich ist die Aorta , die beiden Kanäle , die ihn bilden und die vier Gefäfsbogen einer Seite aufnehmen, nennen wir die Aortenwurzeln. Dafs die Aorta schon durch dife ersten Gefäfsbogen erzeugt wird , braucht kaum bemerkt *) Doch halte ich es entschieden für einen Irrthum , wenn man rothe isolirte Bhjtinseln im Ge- fäfshofe zu erkennen glaubt. Sie sind nur Schein, indem durch Oeffnung des Eies die BhUbe- ^wegung gestört ist und das Bhit an einzelnen Stellen sich sammelt. Immer haben solche rothe Inseln Ableitungen, die man bei Untersuchung im warmen Wasser erkennt, und immer wird msn bei dem Anschein von Blutinseln das Herz gefüllt und in Bewegung sehen. Dafs das Herz- blut einige Zeil ungefärbt erscheint, mag daher kommen , daf? aus dem Gefäfshofe ihm nur we- nig Blut, oder zuerst vielleicht mehr Serum ziifliefst. **; Theil I S', 28 31. SS. 34. //. K lao zu u erden, doch scheint dieses sehr cdlmähhg zu geschehen , so, als ob sich das Blut seine Bahn ausgraben müfste, weil man eine Zeitlang die Aorta nicht er- kennt und noch weniger A^erästelungen *). Noch ehe der vierte Gefäfsbogen gebildet ist , was am Anfange des dritten Tages erfolgt, ist die Aorta schon ganz ansehnlich und spaltet sich in der Mitte vom offenen Theile des Embryo in zwei Hauptäste **), von denen jeder wieder einen starkern Ast in rechtem Winkel in die Keimhaut abgiebt (die künftige Dot- ter sacJcschlagader) ^ der sich dort netzförmig verlheilt und einen schwächern im obern Winkel der Gekrösplatten ***) bis in das hintere Ende schickt. Während sich so die arteriöse Hälfte des Kreislaufes ausbildet, ist die venöse auch weiter vorgeschritten. In der ganzen Keimhaut mehren sich, so weit die Gefäfsschicht reicht, die venösen Strömungen und sie vereinigen sich in zwei Hauptstämme. Einer sammelt das Blut aus der hintern Hälfte des Gefäfshofes, steigt am linken Rande des Embryo hinauf und geht in den linken Schenkel des Herzkanales über. Ein anderer sammelt das Blut aus dem vordem Theile des Blutkreises und des Gefäfshofes und geht ebenfalls in den linken Schenkel des Her- zens. Der rechte Schenkel des Herzens bleibt länger dunkel, als der linke", in- dessen empfängt er bald auch von. vorn eine Vene, die mit der eben beschriebe- nen vordem Vene der linken Seite übereinstimmt, jedoch schwächer ist. Nie sah ich die rechte vordere Vene ganz so stark, als die linke. Zuweilen geht aber die rechte Hälfte des Blutkreises fast ganz unmittelbar in diese Vene über und nur die linke Hälfte in die linke vordere Vene ; dann erscheinen beide ohne genaue Vergleichung fast gleich , und. der Beobachter sieht zwei vordere Venen. In die- *) Theil I. S. 34. 35. 53. **) Diese Hauptaste der Aorta hatte Wolff für Venen angesehen, daher seine Meinung, dafs am dritten Tage nur Venen vorlianden wären — ein Versehen , das bei einem so anhaltenden Beobachter schwer zu begreifen ist. Vielleicht findet es seine Erklärung darin, dafs bei schwach- gewordenem Kreislaufe in dieser Zeit das Blut in den Arterien nach jedem Herzschlage fast eben so viel zurückfliefst, als es fortgestofsen wurde; vielleicht auch in dem Umstände, dafs bei plötz- licher Erhitzung der stockende erste Kreislauf des Hühner- Embryo eine ganz umgekehrte Rich- tung annehmen kann. Ich habe das Umkehren des Kreislaufes in der ersten Zeit meiner Beob- achtungen , wo ich den Kreislauf dadurch länger zu erhalten suchte, dafs ich auf den in einem Uhrglase liegenden Embryo mit einem Theelöffel heifses Wasser tröpfelte, zweimal gesehen. D^s Umkehren der Bahn war voUtsändig und sehr deutlich zu beobachten Die Bewegung ging aus den Arterien in das Herz, und aus dem Herzen sah ich das Blut in alle Zweige der vordem Venen sich verbreiten, und es ging fast zwei Minuten so fort. In beiden Fällen war das ange- wendete Wasser zu heifs und plötzlich aufgegossen. In späterer Zeit, wo ich nie wärmeres Was- ser anwendete, als die Brütmaschine giebt und meine Vorkehrungen mehr daraufgerichtet wa- ren , die Abkühlung des Embryo aufzuhalten , sah ich nie etwas Aehnliches. ♦*♦) Doch auch Verwundungen können einen Rückflufs des Blutes in den Arterien erzeugen, was häufig genu{^ geschieht. 131 sem Falle zeigt sich auch die rechte vordere Vene schon am Schlüsse des zweiten Tages, weshalb sie hier mit erwähnt werden mufs. ^Yennaber der ßlulkreis in zwei grolJsen Bogen sich nur in die linke vordere Vene ergiefst , so wird die rechte spater sichtbar, das Blut aus der rechten vordem Hälfte der Keimhaut sammelnd, und sie bekommt erst allmählig schwache Zuflüsse aus dem Blutkreise ♦). ]VIan ersieht schon aus dieser Darstellung, dafs die Herzschenkel nichts sind als Venen , oder wenigstens dazu werden , denn allerdings läfst sich in der ersten Periode gar keine Grenze zwischen ilmen und dem übrigen Herzen bestimmen. Es enthält nämlich der Herzkanal der ersten Zeit in der That mehr als das eiüent- liehe Herz. Er ist der gemeinschaftliche Centraltheil des gesammten Gefäfssy- stems und kanalförmig wie die übrigen Gefäfse. lYicht nur sein hinteres, son- dern auch sein vorderes Ende wird zu Gefäfsen , das hintere zu einem Venen- stamme, das vordere erst zu einem , dann zu mehreren Arterien -Stämmen, wie der Verfolg zeigen wird. Beim Entstehen war der Herzkanal , wie wir bereits hörten, geschlängelt, seine Gesammtrichtuug war aber doch gerade und er la unter dem Hirne, eben so weit nach hinten reichend als dieses. Piasch aber ver ändert er seine Lage und Gestalt. Durch die zunehmende Krümmung des Em- bryo wird der an der untern Fläche liegende Herzkanal verkürzt, denn seine Schenkel, die in dem üebergange der Kopfkappe in dem vordem Eingange des Speisekanals liegen **), können nur langsam mit der Verengerung des Nabels zu- rückweichen, zugleich aber verengt sich aus eigenem Triebe der vordere Theil dieses Kanales, während die Mitte sich erweitert. Dadurch nimmt das vordere Ende mehr den Charakter eines Arterienstammes an , aus dem die vier Gefälsbo- gen abgehen. Der hinter ihm liegende Theil treibt nun die noch nicht verwach- senen Bauchplatten aus einander und ragt nach rechts hufeisenförmig ausgebogen und in der Mitte am meisten erweitert, wie ein Bruch hervor, ist aber doch an der untern Fläche noch von einem häutigen Ueberzuge , der beide ßauchplatten zusammenhält und ein durch die Umschliefsung des Embryo umgewandelter Theil der Keimhaut ist , bedeckt ***). Die Gegend , in welcher das Herz jetzt liegt , ist ö +) Theil I. S. 36. **) Theil I. S. 33. **♦) So ist der zwischen Wolff und Hall er geführte Streit, ob das Herz in frülier Zeit frei her- vorrage oder umschlossen sey , zu schlichten. Es ist kein geschlossener Thorax da, dieser bij- det sich erst indem die Baucliplatten von den Seiten und zugleich von vorn nacJi hinten ver- wachsen, und das Herz liegt überdies gar nicht im Tliorax. Aber ganz frei ist es auch nicht, indem, in Folge der Abschnürung, am vordem Ende ein Theil der Hautscliicht die untere Wand des Embryo bildet. Die Umbeugung der Hautschichl in die Keimhaut reicht nicht ganz so weit nach hinten, als die Umbeugung der Schleimhautrchichl in diesem Zivischenraume liegen die K 2 132 ahei keineswcges der künftige Brusstkaslen , .sondern der Hals, denn die Stelle, an >velcher die vordere Extremität sieh entwickelt, liegt weit hinter dem Räume, den das Herz am Schlüsse des zweiten Tages einnimmt *). sf.'. Zweite So warc denn die erste ausgehildetc Form des Gefafssjstems, mit welchem Kreislauf oh- die zwcitc , vom dritten bis zum Schlüsse des fünften Tages reichende beginnt, uc gesonder- folgende. Im Blutkreise hat das Blut eine vorherrschende Richtung nach vorn tesAllimungs- » ... organ. uud gellt in zwei grofsen Strömen entweder in eine oder zwei vordere Venen der f^r'r Keimhaut über. Die vordem Venen nehmen zugleich Blut aus der vordem Hälfte der Keimhaut, namentlich aus der Kopikappe auf, die linke, gröfsere geht in den linken Herzschenkel über. In den rechten geht eine schw^ächere , die merk- lich später entsteht, wenn sie nicht durch den Blutkreis unmittelbar gebildet wird. Aufserdem ist eine (linle) hintere Vene der Keimhaut da, die aus dem hintern Theilc der Keimhaut das Blut sammelt und mit ihren äufsersten Reisern allmählig immer mehr mit dem Blulkreise in Verbindung tritt. Der Blutkreis hat also auch eine schw^ächere Strömung nach hinten , als nach vorn. Aufserdem erhält aber der Blutkreis auch im ganzen übrigen Umfange schwache Abflüsse, denn überall haben sich allmählig Rinnen gebildet, und da diese Rinnen zusammen- geflossen sind, so sind sie untergeordnete Reiser der gröfscrn Venenstämme ge- worden und durchziehen netzförmig die ganze Keimhaut, so weit die Gefäfs- schicht reicht. Es bildet sich später auch eine rechte hintere Yene, die in den rechten Ilerzschenkel geht, aber Anfangs sehr viel kleiner ist, als die entsprechen- de der linken Seite, und den Blulkreis nicht erreicht **). Es geht also alles Venenblut in die beiden Herzschenkel ein, aber viel mehr durch den linken, als durch den rechten. Im Herzen wird es durch eine gemein- same Exj)ansion eingeschlürft, dann durch eine Contraction nach vorn und durch drei bis vier Paar Gefäfsbogen nach oben gegen die \>'irbelsäule getrieben. Die Bogen jeder Seile sammeln sich hier in eine Aortenwurzel, und beide Aortenwur- zehi lälden endlich die Aorta, die sich sehr bald in zwei Hauptäste spaltet, von denen jeder wieder an der Seite der Wirljelsäule einen schwachem Ast bis in das hintere Ende des Leibes, und einen stärkern seitlichen in die Keimhaut ab- Herzsclienkcl. Wer aber in die Absclmürung und die Scliichtcii der Kcimliaut einige Eiiisichl gewonnen hat, sieht hnchl ein, dafs atieli diese Sulicnkel nicht ganz ciitbiölst soyn Können. Die Abhildungeu auf unsrcr ersten und zweiten Tafel werden dieses versinnlichcn. *) Wie in den Fischen bleibend. **) Theill. S. 54. 133 3eudcl. Jeueu kann man nach Analogie von Venen , deren bald Erwähnung ge- schehen wird, die hintere Wirhelarterie y diesen die Keimhautarterie nennen. Beide Arterien der Keimhaut verästeln sich nun vielfach und erreichen mit ihren letzten Enden den Blutkreis*). So ist also der -RTrezs/az^/ vollständig, aber nur ein einfacher , indem das Blut auf seiner Bahn nicht durch ein gesondertes Ath- mungs- Organ geführt wird. Die Arterien der Keimhaut sind so stark, dafs sie nicht blofs zur Ernährung derselben, sondern auch zur Umänderung des Blutes be- stimmt scheinen. Ich vermuthe daher, dafs schon jetzt eine Art von Athmung Statt findet , allein nicht in einem gesonderten Organe. Hiermit haben wir die erste Form des Gefäfssystems , aber auch schon seine früheste Umgestaltung beschrieben , da w^ir der Zunahme der Venen und Arterien während des dritten Tages erAvähnlen. Um die fernere Ausbildung des Gefäfssystems leichter verstehen zu können, erinnern wir uns zuvörderst , dafs in der zw eiten Periode die Keimhaut sich zu ei- nem Dottersacke umbildet. Sämmtliche Keimhautgefäfse sind also Dottersachge- Dottersack- fäfse (V asa vitellarid)*^^. Neben diesem Gcfäfssysteme bildet sich im zwei- ^ ten Zeiträume aufser der Aorta ein Gefäfssystem im Körper des Embryo aus. Bei- den Abschnitten gehört das Herz mit gleichem Rechte an***}. *) Theil I. S. 33. 37. **J Oder jjGekrös - Nabelgefäfse" Vasa o inphalo - rnes enter ica^ wie man die übereinstiin- meiiden Gefäfse der Säugethiere genannt hat. ***) Zur vollständigen Darstellung aller Veränderungen des Gefäfssystems im Vogel würde wenig- stens eine ganze Tafel erfordert werden und damit hätte man doch nur die Geschichte dieses Systems in Einer Thierklasse dargestellt. Eine geringere Anzahl würde zum Verständnisse immer noch die Phantasie des Lesers und Beschauers in Anspruch nehmen. Ich glaubte daher auch mit einer einzigen dem dringendsten Bedürfnisse zu genügen, wenn ich sie so wählte, dafs sie den allgemeinen Embryonen- Typus in Bezug auf das Gefäfssystem ausdrückte. Diese Aufgabe habe ich in Fig. 10. Taf. IV. zu lösen versucht. Obgleich nun in der Erklärung der Abbildungen noch ausführlich über sie gesprochen wird, so will ich doch gleich hier auf sie verweisen, weil die Darstellung des Blutlaufes in der zweiten Periode und besonders am Schlüsse derselben bei Ver- gleichung dieser Figur leichter gefafst werden wird. Nur mufs bemerkt werden, dafs, um den Blutlauf im Embryonenzustande darzustellen, ich es für nöthig hielt, nicht einen scharf be- stimmten Zeitmoment zu wählen , sondern z. B. sämmtliches Paar Arterienbogen , die aus dem Herzen kommen, aufnahm, obgleich, wenn die Nabelvenen deutlich werden, die vordem Ar- terienbogen schon geschlossen sind. Man sieht also bei ah das Herz; aus diesem kommen 5 Paar Arterienbogen; c ist die hervortretende Kopfschlagader; d die Wirbelschlagader, für welche noch ein Theil der Arterienwurzel bis e verwendet wird; f. Theilung der Aorta in die Nabelar- terien; g, vordere Wirbelvene; h /hintere Wirbelvene aus der Schwanzvene h kommend; k der venöse Queerstamm ; /, t dieNabelveneii oder in diesem Zustande noch die untern Venen des Hin- terleibes; m die Hohlvene; n die Dottersackvene, die als zum Pfortadersysteme gehörig und um dieses zu bezeichnen, nicht angelegt ist, so wie einige Gekrösvencn, die sie als Zweige aufnimmt; o der gemeinschaftliche Vencnstamm ; p die Dotter- Arterie. 134 Iii Bezug auf die fernem Veränderungen der Dotlersackgefäfse bemerken wir dafs der Gefäfshof sich allmählig immer weiter über den Dotier ausdehnt, dafs der Blutlcreis eine Wand erhält und zur Grenzvene (Vena terminalis) ■wird , dafs die Arterien und Venen sich gleichmäfsiger vertheileu. Während frü- her in der vordem und hintern Gegend der Keimhaut viel mehr Venen waren , als Arterien , die letztern aber in der Mitte der Keimhaut vorherrschten , vergröfsern sich jetzt untergeordnete Seitenäste der hintern Venen so , dafs sie die Fortsetzun- gen der Stämmchen werden , daher bald neben den beiden seitlichen Arterien ent- sprechende Venen liegen. Nur kurz vor der Einsenkuog in den Embrj o weichen sie aus einander, da die Venen in den vordem Eingang des Embryo zu den Herz- Schenkeln gehen*). Aber auch dieser Unterschied wird allmählig geringer, in- dem der vordere Eingang weiter nach hinten rückt. Dadurch ziehen sich die Herz- schenkel immer mehr vom übrigen Herzen ab und spinnen zwischen sich und dem Herzen einen Kanal aus, den wir den gemeinschaftlichen /^(p«e/zsMmm nennen wol- len, weil sich in der That alle Venen in diesen Stamm sammeln. Die Herzschen- keln erscheinen dann als blofse Zweige dieses Stammes. Der Vehenstamm wird kurz vor diesen Zweigen von den beiden hervorwachsenden Leberhälften umfafst. Hinter dieser Stelle verlängert sich das Stämmchen auch noch weiter, worauf die fortgehende Schliefsung des Darmes und dieEntwickelung des Gekröses einen noth- wendigen Einflufs ausübt. So entsteht allmählig eine einzige im Gekröse verlau- fende Dottersachvene oder Dottervene (Vena vitellaria^^ von welcher die ur- sprünglichen vordem und hintern Venen der Keimliaut imr Zweige sind , iVu: gich aber von den andern spätem Zweigen nicht auffallend unterscheiden , da Nebenrei- ser grols geworden sind und die ganze Vene sich gleichmäfsiger vertheilt hat. Eben so sind die beiden Arterien der Keimhaut zu einem gemeinschaftlichen Stämmchen geworden, die Dottersackschlagader oder Dotterschlagader (Arter la vitellaria). Die frühern Keimhautschlagadern erscheinen nämlich als Aes\e eines Slämmchens, das im Gekröse liegt. Im Anfange dieser Periode waren im Körper keine andei'n Gefafse zu bemer- ken , als die Aorta und die Gefäfsbogen , die zur Bildung derselben gehören. Es versteht sich von selbst, dafs die ersten Anfänge der Blutbahnen , sowohl der arte- riellen als der venös(!n, in dem nicht mehr hinlänglich durchsichligcuEnjbiyo un- sichtbar bleiben. In der That ist nur der Fruchthof dünn genug, um m jhm die erste Bewegung eines ungefärbten Stoffes zu bemerken. Man hat also auch im *) Von dieser Periode giebl P an der eine sehr schöne Abbildung in seinen Beitragen u Taf. III. 135 ßmbryo jedem siciilbareii rotheii Blutstrome eineu helleu ujkI deshalb unsichtba- ren vorhergehend zu denken. Ich elaube verständlicher zu werden , wenn ich zuerst die Ausbildung der ^örperve- o uen. Taf, IV, Körpervenen, dann des Herzens und endlich der Arterien beschreibe. Von erste- Fig. lo, ren bemerke ich znvörderst, dafs sie sich sämmtlich in den allgemeinen, so eben beschriebenen Venenstamm ergiefsen, und zwar zwischen der Leber und dem Herzen*). Während nämlich die beiden Leberhälften den Venenstamm umfassen, ver- zweigt sich der letztere in die Leber, und so wird für den Enibrjo ein Pfortader- system von den übrigen Körpergefäfsen abgegrenzt, aber jetzt noch lange nicht geschieden, weil das Blut aus dem Dottersacke noch in einem starken Strome durch die Leber hindurch in den Venenstamm geht und die Verzweigung in die Leber nur kurze Aestchen dieses Stammes sind. Die Dottersackvene macht aber ^'g 'o. 22. noch am Schlüsse dieser Periode das Pfortadersystem fast allein aus. Nur sehr schwache Reiser kommen aus den übrigen Verdauungsorganen hinzu. Von den Körpervenen erkennt man zuerst zwei vom Kopfe kommende und an beiden Seiten des Halses herabsteigende. Sie nehmen das Blut aus dem Hirne und dem Halse auf und biegen sich dann plötzlich und fast in rechtem Winkel nach innen , um den gemeinschaftlichen Venenstamm zu erreichen. Sie sind die Ebenda?, g;. vordem Wirhelvenen (^F'enae vertehrales anteriores). — Zuerst überzieht ein fast gleich verbreitetes Netz die innere Fläche des Schädels , dann sammelt sich das zurückfliesende Blut allmälilig immer mehr in den mittleren und seitlichen Ein- faltungen der harten Hirnhaut. Es entstehen hier also gröisere Venenäste, die unmittelbare Wurzeln dieser Wirbelvene sind und erst in der folgenden Periode sich als die sogenannten Blutleiter zu erkennen geben. Mit jeder vordem "Wirbel- vene zeigt sich am Ende der zweiten Periode eine kleine Flügelvene verbunden. Auch wird die Drosselvene aus Aestchen der Wirbelvene entstanden erst gegen das Ende dieser Periode deutlich und seUjstständig genug, um einen besondern Namen *) Es ist zwar nicht niöglicli, allen Mifsverständnissen , zu welchen die Darstellung Veranlassung geben kann, vorzubeugen, doch will ich hier noch besonders darauf aufmerksam machen, dafs es keinesweges meine MeiuJing ist, als bohrten sich die Körpervenen Locher in den gemeinschaft- lichen Venenstamm ein. Ich bediene mich des obigen Ausdruckes nur, weil sie später sichtbar werden, und es versteht sich von selbst, dafs schon vorher, ehe die Wand des Stammes eine ge- wisse Festigkeit erhält, Blutrinnen in dasselbe verliefen , die nun stärker werden. Anders ist es, wenn sich der Uebergang durch ein Gefäfsgeflecht bildet. Ein solches kann allerdings spater sich ausbilden, es können dann einzelne Gänge gröfser werden und früher bestandene Venen zu einem Stamme verbinden, So scheinen die hintern Körpervenen allmählig zu einem Stamme ver- bunden zu" werden. 136 Ebenda«, i. zu führen. — Von hinten bahnt sich das Blut zuvorderst auf jeder Seite einen Weg am obern Piande der Gekrösplatten, wo die Primordial - Niere an das Gekröse und die Bauch wand angeheftet ist. Dieses Gefnfs wird rasch gröfser, in dasselbe Ebendas. //. senken sich auf jeder Seite Venen aus dem Schwänze der hintern Extremität, der Becken «reuend, der Kloake, dem hintern Ende der falschen Niere und dem Schwänze ein die ich zusammen die hintern Körpert^enen nennen will. Es nimmt ferner im «anzen Verlaufe viele seitliche Zweige aus der falschen Niere , so wie aus jedem Zwischenwirbelraume ein Aestchen auf und verbindet sich mit der vordem Wir- belveue seiner Seite vor dem Eintritte derselben m den gemeinschaftlichen Stamm. Dieses Venen - Paar bildet also den Gegensatz zu den vordem Wirbelvenen, weshalb ich es die hintern M^irbeluenen ( P^e nae vertelrales posteriores) nennen will*), da es eben so an den Wirbeln anliegt. Sie nehmen in der ersten Zeit alles Blut aus dem hintern Theile des Körpers auf, so wie die vordem Wir- belvenen aus dem vordem. Die vordere und die hintere AVirljelvene jeder Seite verbinden sich zu. eiiieioi vencsen Queer stamme {Truncus uenosus transver- sus) (Fig. 10. h.) und beide Queerstämme gehen in das Herz. Die hintere Hohl vene ist erst später bemerklich als ein Aestchen des gemeinschaftlichen Venenstammes. Ebendas. m. Diese hintere Hohlvene ist noch am Schlüsse der zweiten Periode sehr kurz. Sie wird sichtbar, indem sich die Primordial- Nieren verkürzen. Man sieht dann aus der innern Fläche des vordem Endes jeder Primordial - Niere einen Blutstrom hervortreten. Beide laufen zusammen in ein Stämmchen, das, wie der Erfolg lehrt, die hintere Hohlvene wird. Am Schlüsse dieser Periode ist sie zwar schon Aveit, aber noch sehr kurz, sie geht an der obern Wand der Leber vorbei und wird hier ein Zweig des allgemeinen Venenstanimes. Ebendas/,/. Auch bildet sich allmälilig noch ein venöser Strom im untern Rande jeder Bauchplalte und beide treten erst nahe am Herzen zusammen. Lidern aus dem hin- tersten Ende des Körpers, wo für diese Venen sich neue Rinnen bilden, der Harn- sack hervortritt, geht das Blut aus demselben auch in sie über. Wir nennen sie die untern Venen des Hinterleibes und wollen schon vorläufig von ihnen bemerken, dnls aus ihrer V( reinigung in der folgenden Periode die Nahelvene wird. Sie sind aber *) Die Eildungsgeschichte der Körpervenen ist hier, wenn auch kilrzer, doch vollständiger er- zahlt, als im ersten Theile. Namentlich war mir bei Abfassung desselben die Entstehung der Nabelvene nicht klar. So habe ich S. 71 (wenn hier nicht ein Druckfehler mehrere Zeilen ausge- 'Bssen hat) die Snbr.ostalvenen (^Fena or/ga et heminzj-ga) mit den Hanpthsten der Nabelvene verwechselt. Wag ich dort Snbcostalvenen nenne, ist oinerlpi mit dem was ich liier „hintere IVir- belvenen^'' nenne. Doch finde ich auf S, 71 eine Verwechselung d«r Subcosialvenen mit den Haiitiiiten der Nabelvene, die ich mir nur durch des Anilasseu mclircrcr Ziili?n erklären kann. 187 aber jetzt noch etwas anderes, denn sie rerzweigen sich vom iviert^n Tage an mit vielen Aesten in die Bauchplatten. Infi n>) Die Veränderungen des Herzens sind sehr mannigfach und besonders schwer ^®"- mit wenigen Worten anschaulich zu machen. Im Anfange dieser Periode ist es noch ein ziemlich weit nach vorn liegender hufeisenförmig nach rechts aust^eLotre- ner Kanal mit einem arteriösen vordem und einem venösen hintern Ende *). Wäh- rend der zweiten Periode rückt der gesammteHerzkaual melix, nach hinten , jedoch das arteriöse Ende mehr als das venöse. Auch stellt sich das letztere mehr nach links. Dadurch nimmt die Krümmung zu. Ihre Wölbung richtet sich anfäng- lich mehr nach rechts , und dann bewegt sie sich , immer mehr einen stumpfen, ja zuletzt einen spitzen Winkel bildend , nach hinten und unten. Zugleich bewe«Tt sich in der letzten Zeit das venöse Ende mehr nach der Glitte und dem Rücken zu wodurch es über den vorragenden mittlem Theil zu liegen kommt. Während dieser Krümmungen und Ortsveränderungen geht eine andere und wichtigere Me- tamorphose darin vor sich, dafs der ursprüngliche Herzkanal sich in heterogene Abtheilungen sondert. Das vordere und hintere Ende ziehen sich kanalförmit? aus die Mitte erweitert sich. Aus dem hintern Theile wird nämlich der gemeinschaft- liche Venenstamm, von dem wir früher schqn hörten ; der vordere Theil wird ein Arterienstamm, aus dem sämmtliche um den Schlund verlaufende Arterienbogen kommen; der mittlere Theil wdrd zu den Herzkammern, die jetzt aber noch eine gemeinschaftliche Höhlung bilden. Wir haben hier ein recht auffallendes Beispiel, wie schwer es in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte wird, alle Theile mit passenden Namen zu belegen, da siei ihre Form und Verrichtung oft sehr rasch verändern. So hat im Anfange dieses Zeitraumes der Venenstanim völlig (Jas An- sehen einer gleichmäfsigen Vene , dennoch wird allmählig ein Theil von ihm zum Herzen, nämlich zu der venösen Abtheilung desselben. Umgekehrt erscheint lange die Basis des Arlerienstammes als , ein Herztheil und wird endlich doch in zwei Arlerienfiämme umgewandelt. Doch wollen wir versuchen., die Geschichte der nun auftretenden Abtheilungen des Herzens während des zjweiteu Zeitraum,€s einzeln durchzugehen. , • ;; .. ' . Sobald der Herzkanal im Anfänge der zweiten Periode der Eptwickelung sich in drei Abtheilungen zu sondern anfängt, wird der früher einfache Pulsschla^ in drei, rasch auf einander folgende Pulsschläg^ umgewandelte , Jn dieser Hinsicht scheinen also dreiAbtheilnngen die N^tui?i,des Herzens anzudeuten. Jh /Jlinsjj^h^ der äufsern Gestaltung hat aber die hintere Abtheilung ganz das Ansehen ei^^ V^ • ^-'1'' •'' ' »"»^' ,e'ol!ijil 'i'th -ivfr jOTjnß^rrA ur. tnri ::iMj!i jifldA ^ibhio/ ;»iü *) Unter diesel- Gestak nennt Malpighi das He»z Cirtuffzs s. 4nnufft)Si(ifi] d'^iltn'iiT ÄSnio //. s " ' " ' 138 nenstammes , besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber- hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt. Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstarame zwei kleine seitli- che Aussackungen hervor, die nllmählig zunehmen und dunkler werden, indem eine Muskelbilduns in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher durch den ganzen Veneustamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen- triren. So entsteht also aus dem Ende des Veneustanimes die jetzt noch ungetheilte Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren , und aus dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der mittlere Baum oder der P^enensach (ßinus), an dem mit dem Schlüsse der zweiten Periode nur eine leise Andeutung von einer Abiheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist. Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol- genden zieht sich allmählig in einen kurzen , durch Durchsichtigkeit ausgezeich- neten Kanal aus. Man hat ihn den Ohrhanal (Canalis auricularis) genannt. Die mittlere Abtheilung desHeizkanales bekommt am frühesten eine musku- löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt doch sehr früh von der couvexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur eine einfache Wölbung nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, dafs, wenn diese Falte grofs genug wäre, um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben würdcj von denen die eine nach der Bauchfläche, die andere nach der Rückeniläche zu lie- gen würde. Nun vergröfsert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten Zeilraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, dnfs die Höhlungen , wel- che durch die Entwickelung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge- krümmte, sondern kürzere, stark gekriinmite Kanäle werden, dafs der nach un^ ten liegende allmählig inmier mehr nach links, der oben liegende mehr nach j*echt^ gestellt w^ird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern, indessen ist ihre Comnmnication zuletzt doch schon sehr eng , und die werdende Sfcheidewatid theilt schoft lange das aus der Vorkammer konimende Blut m zwei Strömev' > •'■" '- '■•-'!'■ •■'' ^ ■.•'-■:*';: '»l:! -m, ;;,,.: ^.-uji.,'. . ...,..;;;,;. Die vordere Al>theilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Anseheu eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der MiMe sicli hinüber fci 139 krÜDiml und hier nach beiden Seiten sich in die Goförsbogen vertheilt. Wir nen- nen diesen Kanal den Arterienstamm im. Gegensatze zu dem Venenstamme. Bald aber erweitert sich das der lierzkammer zunächst liegende Ende , nur nicht auf ähnhche Weise, M-ie der Venenstamm , sondern dadurch , dafs die beiden aus der Herzkammer kommenden Blutströme sich hier um einander >vinden. Sie furchen ^llmählig den früher ziemlich gleichniälsigen Kanal in zwei sich um einander dre- hende Gänge aus. Daher die äufserliche Erweiterung, die diesem Theile den Na- men des Aortenwulstes (^Bulbus Aortae)*) erworben hat. Er ist von den Herz- kammern durch eine Verengerung geschieden , ^reiche H a 1 1 e r das Fr e tum (die Enge) nennt. Sobald die Erweiterung deutlich ist, bleibt die Pulsalion dieser Yor- dern Abtheilaug auf die Erweiterung beschränkt und dieSpitze pulsirt nicht. An- f^inglich sind beide innerlich ausgefurchten Gänge noch in der Höhlung zusammen- hängend. Indem sie weiter auseinander weichen, tritt allmählig Bildungsmassc zwischen sie und zuletzt sieht man im Queerdurchschnitte in der Nähe der Herz- kammern beide Kanäle deutlich von einander abstehen. Der eine kommt aus der rechten Kammer, und windet sich von rechts nach unten und links , der andere kommt aus der linken Kammer und dreht sich von links nach oben und rechts. So nähern sie sich zuletzt. Am äufsersten nach vorn gerichteten Ende laufen sie aber noch in einen gemeinschaftlichen Kanal zusammen. Aus diesem vordersten noch ungelheilten Abschnitte des Arterienstamnies gehen nun sämmtliche Gefäfs- bogen des Kiemenapparates ab. Hier müssen wir nun aber die Betrachtung der vier Paar Gefäfsbogen anrei- Körperarte- hen, die Avir aus dem Beginne dieser Periode kennen. Zwischen ihnen bilden sich im Anfange des dritten Tages drei bis in die Rachenhöhle dringende Spalten. Bei allmähligem Zurückweichen des Herzens und des Arterienstammes wird der erste Gefäfsbogen dünner und schon am vierten Tage unkenntlich. Dagegen bil- det sich ein fünfter nach hinten, so wie zwischen ihm und dem vierten Bogen eine neue vierte Kiemenspalte während die erste sich verschliefst. Endlich wird auch der zweite Gefäfsbogen nicht mehr mit Blut angefüllt, und so hat man denn am Schlüsse dieser Periode auf jeder Seite drei Gefäfsbogen , die aus dem Arterien- stamme abgehen und die Arterienwurzeln bilden. Von diesen drei Bogen bleibt aber auf der linken Seite der letzte viel schwächer als die andern*, weil die im x\r- terienstamme sich trennenden Blutströme so gerichtet sind, dafs beide an ihm vor- l)eischiefsen. Dieses Verhältnifs hat die Folge, dafs der letzte Bogen der linken Seite in der nächsten Periode ganz schwindet ***). ♦) Auch Ao'rtenzwiebel. **) Theil I. S. 34.-37. 53 — 58. 72. 81. **♦) Theil I. S. 53. 56. 73. 83. S 2 nen. 140 Während die beiden vordem Gefafsbogen sich verlieren, verschliefst sich doch nicht der ihnen zugehörige Antheil der Aortenvrurzel. Nachdem dieser aus den verschwundenen Bogen nicht mehr mit Blut augefüllt wird , erhält er dasselbe aus deii hintern, unterdessen weiter gewordenen Gefäfsbogenv Das Blut läuft also Fig. 10. ed. in ihm nach vorn, oder in entgegengesetzter Richtung mit der üljrigen Aorlen- wurzel. Axich entwickelt, sich schon vor dem Schlüsse des ersten Bogens aus dem Uebergange desselben in die Aortenwurzel eine kleine Arterie , die nun als die nach vorn gerichtete Verlängerung der Aortenwurzel erscheint. Aus der Aor- teuAYurzel lind dieser Verlängerung wird, die (vordere) WirbßLschlagader/ Man kann also die Wirbelschlagader als eine umgekehrte nacli vorn gerichtete Aorta deiiniren, die zu der Zeit ausgebildet wird, wo die Aorta selbst eine paarige W^urzel hat, Sie werden zugeben j dcds auch im e-rwachsenen Zustande dieser Charakter sich deutlich in ihr offenbart. Die Kopfschlagader ist dagegen eine Verlänserung der untern unmittelbar aus dem Aortenwulst kommenden Hälfte der Yorderii Gefäfsbogen *). ; 't Tir:: Was den Stamm der Aorta anlangt, so sieht man sehr bald aus ihm in der ganzen Länge des Thiers für, jeden Z wisch enwirbelraum; ein Aestchen abgehen. Am Anfange dieses Zeitraumes sah man die Aorta selir weit nach vorn in zwei x\este gespalten. Ziemlich bald aber ist der Stamm sehr viel länger und verläuft zwischen den dicker und undurchsichtiger gewordenen Primordial - Nieren. Wie diese Umänderung bewirkt ist, ob an' den seillichen Aesten .sich die Primordial- Nieren entwickelt haben und die mittlere Fortsetzung des Stammes nur stärker geworden ist, nachdem sie schon früher da war, oder ob der unge- theilte Abschnitt der Aorta sich verlängert hat, und die früher deutlichen Seiten- äste (die hintern Wirbelschlagadern) eben dadurch mehr nach hinten gerückt und nichts anders sind, als die ])leibenden Seiteiiäste der Aorta, die sogenannten i)«r/w- heinscJilag ädern (^Arteriae iliacae), oder endlich ob die rasche Verlängerung i«- :(.*) In Taf. IV. Fi§. 10. ist c die Ixefvortr^bende Kopfschlagader, d die Wirbelschlagader, welche länger wird, indem ein Theil der Aorlenwurzel bis e unmittelbar zur Wirbelschlagader sich um- wandelt. Ich will hier ausdrücklich bemerken, um Mifsverständnissen vorzubeugen, dafs ich im ersten Theile S. 57. die Kopfschlagader als unmittelbare Verlängerung der Aortenwurzeln an- 'i. sah. Da» Gefiifs, in welchem ich da« Blut aus der AortenWuriel-ih umgekehrter Richtung flie- f«en sah ist aber, wie mich spätere Untersuchungen an SäugeÜiieren belehrt haben, die Wirbel- schlaeader. Ausführlicheres hierüber soll in einer andern Schrift mitgetheilt werden, in wel- cher ich über meine neuesten Untersuchungen über die Entwickelung der Saugethiere berichten werde. Ich erkenne nun nach Analogie der Saugethiere und sogar der Fische, dafs auch im Vogel das Gefäfs, welches unmittelbar aus der Wurzel der Aorta wird, die Wirbelschlagader ist. Der Irrthum wird durch die spätere Umwandlung verständlich, da im ^'ogel die Wirbel- schlagader und die Kopfschlagader in sehr nahe Beziehung kommen. 141 des Aortenstammes durch Verwachsung der Leiden hintern Wirbelarterien be- wirkt ist, habe ich noch nicht bestimmen können. So viel ist f^ewifs, dafs der Stamm der Aorta sehr bald bis gegen das hin- tere Ende der falschen Nieren erkannt wird , und dals es sich hier in die beiden Darmheinschlagadern theilt , welche kleine Reiser an den hervorbrechenden Harn- sack schicken. Der Kreislauf ist also am Schlüsse der zweiten Periode folgender : Aus dem Dottersacke dringt das Blut durch den Nabel in den Leib des Embryo ein. Die Dottervene nimmt zuerst GekrÖsvenen auf, verbindet sich dann mit dem Stämm- chen der Nabelvenen und vertheilt sich zum Theil in die Leber, zum Theil geht sie unmittelbar auf das Herz zu. Es tritt noch ein Büschel kurzer Lebervenen und eine kurze und weite Vene (künftige hintere Hohlvene) aus den Primordial - Nieren hinzu, woraus sich dann ein Stämmchen zusammensetzt, das wir den hin- tern Venenstamm genannt haben. Der hintere Venenstamm verbindet sich darauf mit zwei seitlichen venösen Queerstämmen, die von vorn und hinten durch vor- dere 'und hintere Wirbelvenen Blut erhalten , zu einem gemeinschaftlichen Venen- stamme , dessen vorderes Ende werdende Vorkammer ist. All dieses Blut nun geht durch eine ungetheilte Vorkammer in eine Kam- mer, die es in zwei Ströme scheidet und durch zwei Kanäle austreibt, aber wieder vereinigt und durch drei Paar Gefäfsbogen in zwei Aortenwurzeln schickt. Beim Uebergange in die Aortenwurzel g«ht die Kopfschlagader und aus der Aortenwur- zel selbst die Wirbelschlagader in den vordersten Theil des Leibes. Beide Aor- tenwurzeln umschliefsen , indem sie sich nach hinten wenden, die Speiseröhre. Ueber dieser vereinigen sie sich in einen Aortenstamm , welcher seitliche Zweige in jeden Zwischen wirbelraum sendet, gröfsere Aeste in die Primordial -Nieren giebt und endlich in zwei Hauptäste sich spaltet, die den hintern Theil des Lei- bes versorgen und mit ihren letzten Zweigen auf dem Harnsacke sich endigen. Diese Aeste sind sämmtlich paarig. Aufser ihnen giebt die Aorta nur noch die jetzt unpaarige aber zweiästige Dottersackschlagader ab , welche am Ende dieses Zeitraumes noch immer als bedeutender Ast erscheint, wenn auch nicht mehr als die Hauptfortsetzung der Aorta. Das Charakteristische dieses Kreislaufs ist, dafs das Blut auf seiner Balin nicht durch ein gesondertes Athmungsorgan geführt wird. Ob es im Doltersacke oder in den Kiemenbogen eine der Wirkung der Athmung ähnliche Veränderung erleidet, ist schwer mit Sicherheit zu bestimmen. Was die Dottersackgelafse an- langt, so sind sie es wohl vorzüglich, welche dem Blute neuen tropfbaren Stoff zuführen. Es ist daher wahrscheinlicher, dafs das Blut mehr hier die der Ath- 142 mung entgegengesetzte Umänderung ei fährt, dafs es mehr carhonisirt werde. Dagegen ist es nicht ganz ohne Wahrscheinlichkeit, dals das Blut, indem es durch die KiemenLogen geht, durch Einflufs des Frucht^vassers von seinem Kohlenstolfe verliert. Zuvörderst ist die Bildung von Kiemenspalten und KiemenLogen auch für die Bildung des Athmungsapparales der Fische und der Froschlarven der An- fang und könnte also wohl auch den Anfang der Athmung für diese Thiere be- dinoen. Ferner aber ist es sehr auffallend, dafs die Kiemenspalten in demselben Mafse verschwinden, als sich aus deniHarnsaoke ein Athmungsorgan ausbildet, und auf jeden Fall hat die Bildung der Kiemenspalten die Folge, dafs alles Blut, was aus dem Herzen hervorgetrieben wird, nur durch wenig Bildungsstoff von dem Fruchtwasser getrennt wird. — Aber auch wenn das Blut durch die Kiemen- - bogen hindurch Kohlenstoff absetzt, wird dieser Absatz wiegen der geringen Ver- theilung von Gefäfsen nur sehr gering seyn und nur eine schwache Spur von Ath- mung erzeugen^ wie schon die Froschlarven beweisen, an denen die Blutgefäfse dieser Gegend in wenigen Tagen eine mehr als zehnfache Yertheilung erleiden und dem umgebenden Wasser viel unmittelbarer ausgesetzt werden, wenn sie zum Athmen dienen sollen. hiu Dritte Iq der dritten Periode verrichtet der schnell gewachsene Harnsack die Kreiskuf ^* Dienste eines äufsern Athmungsorganes. Zweige der beiden Hauptäste der Aorta, durch ein au- ^^^ ^^ ^^^ Hamsack gehen, haben sich so vergröfsert, dafs sie in dieser Periode fseres Ath- o ^ .... ninngsorgan, als die unmittelbaren Fortsetzungen der Aorta erscheinen. Sie heifsen die Harn- sack - Nabelschlagadern oder gewöhnlicher iVve Nabelschlagadern schlechtweg. Eben so vergröfsern sich die Harnsack -Nabelvenen oder Nahelvenen schlechtweg. Da aber die Nabelvenen, je mehr sich der Nabel verengt, um so mehr in ihrem gemeinschaftlichen Stamme wachsen, so erscheinen die beiden ursprünglichen Nabelvenen mit dem Anfange dieser Periode auch sclion als Aeste derselben, und man pflegt daher auch nur von Einer Nabelvene zu sprechen. Ja es nimmt auch der rechte Ast der Nabelvene rasch ab und wird endlich ganz unkenntlich , wo- durch denn der linke Ast als unmittelbare Fortsetzung des Stammes erscheint und man mit Recht sagen kann, dafs die Nabelvene an der linken Seite des Nabels in den Leib eingeht. Sie hat a}>er zwei Aeste, die von rechts und links aus dem Harnsacke kommen und sich vereinigen ehe sie den Nabel erreichen. Zu l)emer- ken ist noch, dafs die Vertheilung der Nabelvenen durch Aeste aus ihrem in den ßauchplatten liegenden Theile in diese Bauchwand (weshalb wir diese Theile auch die untern Körpervenen genannt haben) während des 5ten und 6fen Tages noch zunimmt , dann aber bald unkenntlich wird. Diese Vertheilung hat nie so weite Kanäle als in den Säugelhieren. Häufig schwindet auch allmählig die rechte 143 Nabelarterie und mau sieht dann in der letzten Hälfte der dritten Entwickelunss- periode nur Eine linke Nabelarlerie in voller Thätigkeit. Doch findet man hierin auffallende Differenzen. Mir schien es, dafs, wenn der Ilarnsack sich ganz um die rechte Seite des Araniums herum geschlagen hat , die rechte Nabelarlerie vor dem Auskriechen fast ganz geschwunden war, dafs sie aber um so stärker noch besteht, je mehr von diesem Sacke sich auch nach links geschoben hat *). Wir wissen, dafs die Nabelvene sich mit der Dotiervene vor dem Eintritte der letztern in die Leber verbindet, müssen aber hinzusetzen, dafs, während in der vorigen Periode die Nabelvene als Nebenast der Dottervene erschien und diese vorherrschend den hintern Venenstamm bildete, jetzt, bei der raschen Zu- nahme der Nabelvene , diese als Stamm erscheint und die Dottervene als Ast von ihr sich darstellt. Da ferner im Verlaufe der dritten Periode die hinlere Hohlvene sehr an Stärke wächst, so macht sie zuletzt der Nabel vene den Vorrang streitig, und der Theil des hintern Venenstammes , der von der Vertheilung in die Leber bis zur Einmündung der hintern Hohl vene reicht, sieht zuletzt nicht mehr wie eine Abtheilung des Stammes aus, sondern scheint ein verbindender Kanal und wird nun mit dem Namen des venösen Ganges (^Ductus v enosus) belegt, und die hintere Hohlvene bildet den Stamm. — Die Zunahme der hintern Hohlveue beruht nicht allein auf dem allgemeinen Wachsthume des Leibes und der damit verbundenen Zunahme der Blutmenge, während der Harnsack in den letzten Ta- gen sich wenig vergröfsert, sondern auch auf der gröfsern Ausdehnung ihres Ge- bietes. Sie nimmt nämlich nicht nur das Blut aus den neu auftretenden Ge- schlechtstheilen und den wahren Nieren auf, sondern sie erhält auch immer mehr Zweige aus den Primordial - Nieren und nimmt bald auch die Blutadern aus dem Becken und den hintern Extremitäten auf, welche früher in die hintere Wirljel- vene gingen, und von uns früher mit dem gemeinschaftlichen Ausdrucke „hintere Körpervenen'' **) bezeichnet sind. Diese Umänderung scheint dadurch bewirkt zu werden, dafs in den Primordial -Nieren sich rasch ein starkes Gefäfsnetz zwi- schen den Zweigen der hintern Wirbelvene und der hintern Plohlvene bildet. Durch dieses Netz stehen daher schon früher die hintern Körpervenen mit der Hohlvene in Verbindung. Indem nun die falschen Nieren sich verkürzen , und auch die hintern Wirbelvenen abnehmen, haben nur einige dieser Verbindungen sich zu verstärken , um die hintern Körpervenen in so unmittelbare und gleich- mäfsig fortlaufende Verbindung mit der hintern Hohlvene zu bringen , dafs jene als die Anfänge von diefer erscheinen. *) Vergl. dje Erklärung zu der Abbildung 7'7g^. 1. 9. Taf. IV. ♦*; Oben, unter ^^, wo von den Körpervenen die Rede ist. 144 Die kleiner gewordenen hintern Wirbel veuen werden nun mit ihren vor- dem Enden das , was man gewöhnlich das unpaarige Venensj stem {Vena azygd) zu nennen pflegt. Mit dem gemeinschaftlichen Venenstamme, der zwischen der Leber und' dem Herzen liegt, gehen noch die wesentlichsten Veränderungen vor. Wir erin- nern uns dafs am Anfange dieser Periode der gemeinschafiliche Venenstamm aulser dem hintern Venenstamme zwei seitliche Queerstämme aufnahm. Im Verlaufe der letzten Hälfte der dritten Periode wird immer mehr von dem vordem Ende des Venenstammes in die Vorkammer des Herzens umgewandelt, bis end- lich sowohl der mittlere Stamm, als die beiden Queerstämme mit drei gesonder- ten Einmündungen in die Vorkammer übergehen. So hört also der gemeinschaft- liche Venenstamm ganz auf, eine Vene zu sejn und ist in den Veuensack der Vor- kammer umcrewandelt. Da aber die hintern Wirbelvenen gar sehr abnehmen und nur wenicr Blut aus dem hintern Theile des Körpers aufnehmen , die Drossel- venen und vordem Wirbelvenen nebst Zubehör dagegen sehr zunehmen , so er- scheinen die venösen Queerstämme fast nur als die Fortsetzungen derselb en. Sie heifsen nun, sobald sie isolirt in das Herz eintreten, ^\q vordem Hohlvenen, da sie das Blut aus der vordem Hälfte des Körpers aufnehmen, wenn auch die Ver- binduntr mit den Venen des Hinterleibes durch das System der unpaarigen Vene nicht ganz aufgehört hat. Der hintere Venenstamm war zusammengesetzt aus der Dottersackvene , mit welcher sich die Nabelvene verband , den Lebervenen und der hintern Hohlvene, Da aber im Verlaufe dieser Periode die Dottersackvene ein blofser Ast der Nabel- vene wird und die Lebervenen unmittelbar in die hintere Hohlvene treten, so wird dieser hintere Venenstamm bald nur aus der Nabelvene und der hintern Hohlvene zusammengesetzt. Ja, da diese in den letzten Tagen gar sehr zunimmt, so erscheint schon jetzt der hintere Venenstamm als Fortsetzung der hintern Hohl- vone und nicht der Nabelvene. Der Uebergang der Nabelvene von ihrer Verthei- lunt' in die Leber bis zur Verbindung mit der hintern Hohlvene wird, wie bereits bemerkt worden, der venöse Gang (^Ductus venös us) genannt. — Er ist bestimmt , in der vierten Periode ganz zu schwinden. Bevor wir aber von der letzten Form sprechen dürfen , haben Avir noch an- dere Veränderungen des Gefäfssyslems in der dritten Periode kennen zu lernen.' ^'-^i*' Die gemeinschaftliche Vorkammer des Herzens wird allmählig durch Ent- wickelung der Scheidewand und Zunahme der Herzohren in eine gedoppefte Höh- lun'^ eesondert. Aber zwischen beiden bleibt bis zum Auskriechen noch Com- munication. Die rechte Vorkammer nimmt alle drei so eben bescliriebenen Ve- nen- 145 nenstämme auf, die linke dagegen das Blut aus den in der Entwickelung hegritfe- nen Lungen. Die Herzkammern werden schon mit dem Beginne dieser Periode vollstän- dig geschieden. Die rechte windet sich immer mehr um die linke. Die Leiden Gänge, die sich schon während der zweiten Periode aus dem gemeinschaftlichen Arterienstamme am Ursprünge desselben gesondert, und ihm dadurch das Ansehen eines Aortenwulstes gegeben hatten , trennen sich auch nach vorn immer mehr und weichen zuletzt auch äufserlich von einander, und das An- sehn des Aorteu^Yulstes geht dadurch verloren. Der eine von diesen nun geson- derten Kanälen, aus der rechten Kammer kommend, ist der Stamm der Lungen- schlagader , der andere , aus der linken Kammer aufsteigende , ist der Stamm der Aorta geworden. So hat sich also der gemeinschaftliche Arterienstamm in zwei gesonderte Arterienstämme umgewandelt, und jene von uns gewählte Benennung ist vollkommen gerechtfertigt. So lange der gemeinschaftliche Arterienstamm ein ungetheilter-war, ver- sorgte er sämmtliche im Kiemenapparate gelegene Gefäfsbogen mit Blut. Nach- dem er sich in zwei Stämme gespalten hat, müssen die Gefäfsbogen von beiden Kanälen einzeln versorgt werden. Wir erinnern uns aber, dafs der Embryo drei Paar Gefäfsbogen in diese Periode herüber genommen hat. Der Aortenstamm geht in die beiden vordem und den mittlem Gefäfsbogen der rechten Seite , der Stamm der Lungenschlagader aber in den hintersten Bogen der linken, und in den mittlem der rechten Seite. Der hinterste Bogen der linken Seite schwindet ganz. Da ferner die Gefäfsbogen jeder Seite in eine Aortenwurzel zusammenlau- fen , so ist doch hier noch eine Vermischung des Blutes der Aorta und der Lun- genschlagader. Es nimmt aber im Verlaufe der dritten Periode diese Verbindung immer mehr ab. Im Anfange sind die Arterien, die in die Lungen gehen, nur kleine Nebenäste der Bogen, welche mit dem Stamme der Lungenschlagader in Verbindung stehen , und das meiste Blut geht auf beiden Seiten in die Aorten- wurzeln. Allmählig fordern die Lungen mehr Blut, ihre Schlagadern werden stärker und erscheinen als die unmittelbaren Fortsetzungen der beiden bezeichne- ten Bogen, wodurch sie eben zuletzt als die unmittelbaren Aeste des Stammes der Lungenschlagader auch in der äufsern Gestalt sich zu erkennen geben. Die Ue- bergänge dieser Bogen in die Aortenwurzeln werden dagegen enger. Solche Ue- })ergänge aus der Lungenschlagader in die Aorten werden Botallische Gänge ge- nannt. Es sind ihrer im Embryo des Vogels nach dem Gesagten zwei vorhan- den, die zuletzt eine sehr ungleiche Länge haben, wie wir sogleich sehen werden. //. T 146 Sie wissen , dafs die beiden vordem Bogen dieser Periode (welche die bei- den dritten Bogen der vorigen sind) mit der Kopfschlagader und der Wirbelschlag- ader, zu welcher die Armschlagader hinzutritt, in Verbindung stehen. Füge ich nun hinzu, dafs im Verlaufe dieser Periode die genannten Bogen immer mehr gerade, d. h, ohne einen Winkel zu bilden in die genannten Arterien übergehen . und als ihre Stämme erscheinen, dafs dagegen der Theil der Aorten wurzeln , der sie auf jeder Seite mit dem folgenden Bogen verband , schwindet , so übersehen Sie sogleich, dafs aus den genannten Bogen die beiden Stänwie {Trunci ano- nymi') der Kopf- und Armsclilagadern geworden sind. Aufser ihnen stand der Stamm der Aorta nur noch mit dem mittlem Bogen der rechten Seite in Verbin- dung. Dieser nimmt immer mehr Blut auf, verstärkt dadurch auch die Aorten- wurzel rechter Seite, die nun mit dem Stamme und dem weitem Verlaufe dieses Gefäfses ein so unmittelbares Continuum bildet, dafs alles zusammen die Aorta genannt wird. Auf dieser Seite bleibt nur ein kurzer verbindender Gang (Ca- rl alis Bo{alli)j aus der äufsern Hälfte des letzten Gefäfsbogens (der mit seiner innern Hälfte in die rechte Lungenschlagader umgewandelt ist) in den Stamm der Aorta übrig. Anders ist das Verhältniß auf der linken Seite. Der Theil der Aortenwurzel, welcher zwischen dem vordem und mittlem Bogen liegt, schwin- det auch hier. Da aber der mittlere Bogen dieser Seite sein Blut immer mehr in die Lunge sendet, so erhält die Aortenwurzel nur den geringen Ueberschufs von Bhit, der in den Botalli'schen Gang dieser Seite oder in die äufsere Hälfte des zur linken Lungenarterie umgewandelten mittlem Gefäfsbogens tritt. Da ferner auch der letzte Gefäfsbogen dieser Seite früh geschwunden ist, so erscheint bald die linke Aortenwurzel nur als ein dünnes Gefäfs und eben deshalb als unmittel- bare Fortsetzung des Botallischen Ganges ihrer Seite, und wir haben daher auf der linken Seite einen viel längern aber engern Botalli'schen Gang, als auf der rechten. In dieser Periode kommt also Blut, das der Athmung unterworfen worden war, durch die Nabelvene in den Körper. Es vermischt sich mit Blut aus dem Dottersacke und den Verdauungsorganen , und geht in dieser Vermischung zum Theil in die Leber, zum Theil mischt es sich mit dem aus dem übrigen Körper kommenden Blute, und geht mit dem aus der Leber zurückkehrenden Blute in das Herz. Hier wird es zwar in zwei Ströme getheilt, von denen der schwä- chere in die Lungenschlagader, der stärkere in die Aorta übergeht, aber von jenem erstem läuft noch ein Theil in die Aorta über, der andere, durch die Lunge getriebene, vermischt sich in der Vorkammer wieder mit dem übrigen Blute. So ist der Kreislauf durch die Lunge nur ein eingeschobener Theil des allgemeinen 147 Kreislaufes und er kann das Blut nicht durch Athmung umändern, da die Luft in der Lunge nicht erneuert werden kann. Die Athmung erfolgt vielmehr im Harnsacke, wie man an der höhern Röthe des Blutes in den Nabelvenen erkennt doch ist es nur ein Theil des Blutes, das durch dieses Organ getrieben wird der Theil , welcher durch die Nabelarlerien abgeführt ist. Die Physiologen nen- nen einen solchen Kreislauf einen unvollständig doppelten. Mit dem Auskriechen beginnt ein vollkommen doppelter Kreislauf und hier- "* ^j*^^'*^ durch charaklerisirt sich die vierte und letzte Periode des Lebens der Vögel , das Athmung ' Leben aufserhalb des Eies. Indem die Lungen sich mit Luft anfüllen, ist der An- neres^AU.-"' drang des Blutes durch die Lungenschlagadern sehr stark. Es geht nun aus ihnen "'""?so''ga". kein Blut mehr in die Botallischen Gänge , diese schliefsen sich daher rasch. Bald werden auch beide Vorkammern durch 'eine Scheidewand vollständig geschieden und es geht alles Körperblut durch die rechte Hälfte des Herzens in die Lungen zur Athmung und aus diesen durch die linke Hälfte des Herzens in den gesammten Körper zur Ernährung. Die Phjsiologen nennen diesen Kreislauf einen vollkom- men doppelten. Ja im erwachsenen Vogel kommt das Blut auch auf seinem Wege zur Ernährung nochmals durch die Luftsäcke , die fast im ganzen Leibe verlheilt sind, in Wechselwirkung mit der Luft. Dagegen hat die Athmung durch den Harnsack aufgehört ; Nabelarterien und Nabelvene schliefsen sich. Die Dottersackschlagader ist ein ganz untergeordnetes Aestchen der Pfortader geworden , weil andere Aeste vom verdauenden Apparate sjärker geworden sind, und schwindet endlich ganz. Nach hinten steht die Pfort- ader mit den hintern Körpervenen und also mit Zweigen der hintern Hohlvene in Verbindung durch eine am Dickdarme verlaufende bisher noch nicht genannte Vene , die ich schon ziemlich früh in der vorigen Periode sah und von der es mir schien, als ob sie um diese Zeit mehr bestimmt wäre, das Blut aus dem Gekröse nach liinten zu leiten, als umgekehrt*). Das vordere Ende der Pfortader wird aber, wie gesa';^, durch Schwinden des Ductus venosus von der hintern Hohlvene geschieden. Ich habe schon der Primordial -Nieren als auf die Umwandlung des Gefäfs- ^'^- Primor- systems sehr wesentlich einwirkender Organe erwähnen müssen. Es gehen näm- lich den wahren und im spätem Alter bleibenden Nieren vorübergehende, ver- wandle Organe vorher, welche man Primordial- Nieren ^ falsche Nieren, auch für die Vögel insbesondere die IVolffischen Körper genannt hat. Dafs sie aus den Gekrösplatten , wo diese von der Wirbelsäule hinabsteigen, ^af. ii. Fjg. sich hervorbilden, ist offenbar, allein die Art der Umbildung, welche die Ge- " ' '"' *) Die erite Bildung dieser Vene ist mir noch nicht ganz klar, T 2 148 kröüpiattü erfährt , um zur rriniordial - Niere zu werden , kann ich nicht mit Si- cherheit angeben , und obgleich sehr ausgezeichnete Beobachter *) in neuerer Zeit grade diese Tlieile zum Gegenstande ihrer genauen Untersuchungen gemacht ha- ben , so ist meine Ungewifsheit über die erste Bildungsweise nicht gehoben **) Diese Organe sind Drüsen , und man sieht bald der ganzen Länge nacli für jede Primordial- Niere einen langen Ausführungsgang, der in die Kloake mündet. Man jjüegt ihm den Namen des falschen Harnleiters zu geben. Da ich nun von andern Drüsen am Darmkanale deutlich erkannt hatte, dafs ihre Ausführungsgänge Aus- stülpungen der innern Fläche des Darmes , so wie die ganzen Drüsen Wucherun- gen der Darmwand sind, so lag die Vermuthung nahe, dafs auch der Ausfüh- rungsgang der Primordial - Nieren aus der Kloake nach vorn gestülpt werde , allein man sieht ihn nicht von hinten nach vorn sich verlängern , sondern man findet ihn entweder gar nicht, oder in seiner ganzen Länge. Man mufs daher glauben, dafs er durch histologische Sonderung entsteht , indem die Substanz am obern Winkel der Gekrösplatten in einem Streifen zu einem zarten Rohre sich verflüssigt. Die Fische, wo dieser Kanal nie mit dem Darme in Verbindung steht, machen eine solche Bildungsweise noch wahrscheinlicher. Aber diese Verflüssigung scheint durch ein anderes Verhältnifs eingeleitet zu werden, durch eine Metamorphose in den Blutgefäfsen, deren Art ich freilich im Einzelnen nicht mit Sicherheit an- geben kann. *) R a t h ke , M ii 1 1 e r , J a c 0 b s 0 11. **) Ich habe in der Vorrede zum ersten Theile dieses Werkes schon erklärt, dafs meine Unter- sucliuDgen aus der spätem Zeit des Embryonen- Lebens nicht beendet waren. Es leuchtet jedem kundigen Leser ein , dafs diese Bemerkung besonders von der Darstellung der vorübergehenden und bleibenden Nieren, sowie des Geschlechtsapparates galt. Auch später habe ich diese Lücke nicht nach Wunsch ausfüllen können, wozu ich um so weniger Nöthigung fand, da ich Rathke und J. Müller mit diesen Untersuchungen beschäftigt wufste. Leider aber stimmen beide Beobachter in manchen wesentlichen Punkten nicht übercin. Im laufenden Jahre habe ich, als ich den vorliegenden Band vollendete, einige Zeit dieser Untersuchung gewidmet, allein indem ich mein Augenmerk vorzüglich auf die erste Bildung richtete, mufs ich bekennen, dafs meine Hoffnungen nicht befriedigt wurden. Was aber meine Ansicht von der ersten Ausbildung durch Verzweigung von Gefäfsen anlangt, so glaube ich sie nicht aufgeben zu dürfen, so hoch ich auch Müllcr's Widerspruch {Knlwicliuluns der Genitalien) achte. Es ist nämlich offenbar, dafs, wenn das animalische Blatt sich vom vegetativen löst, zwei Arterien (wir haben sie die hintern Wirbel- arterien {:;cnaniit) grade da liegen, wo gleich nach erfolgter Trennung die Primordial- Nieren sich zeigen. Ferner habe icli in etwas späterer Zeit, in welcher die Primordial- Nieren ganz rolh erscheinen , wenn ich durch aufgegossenen Weingeist oder Salz das Blut zum Gerinnen brachte, dasselbe nicht im Bildiuigssloffe ergossen gefunden, wie Müller zu vermuthen scheint, sondern in eigenen Kanälen. In jungen Embryonen von Säugethieren -sieht man sie noch viel deutlicher. Allein diese Kanäle sind verschieden von den secernirendcn Gängen. Noch etwas später glaubte ich deutlich zu erkennen , dafs die qucerlaufenden Blutgefäfse mit den se- cernirendcn Bcutrlchen wechseln. Diese l'emcri.img iu Verbindung mit dem sehr raschen Auf- treten der hintcrii VVirbclveiie bcsliuinil mich zu der im Texte gegebenen Darstellung. 149 So viel ist gcwifs, (lars so laii«^e das vegelalive Blatt noch au dem animali* scheu haftet und die Souderuug erst eiugeleitet ist, ein Blutgeiäfs, der nach hinten [aufende Zweig jedes Hauptastes der Aorta (die hintere Wirheiarterie) Jederseits grade in derv>egend verläuft, iu der bald darauf die Primordial -Niere sich zeigt, jetzt aber noch nichts von jenem Organe zu erkennen ist. Es ist ferner gewifs, dafs bald nach dem Erscheinen der Primordial - Nieren , wenn die Gekrösplatten sich herabgebogen haben, fast an derselben Stelle, nur wenig mehr nach aufsen, die hintern Wirbelvenen liegen. Es ist ferner augenscheinlich, dafs während des ganzen Bestehens der Primordial - Nieren sie nicht nur sehr reich an Blutgefä- fsen sind , sondern auch die auffallenden Veränderungen dieser letztern in ihnen sich ereignen, von denen wir bei Gelegenheit des Gefälssystems gesprochen haben. Es sind ferner die Kanäle, welche das Blut enthalten, grade in der ersten Zeit (wenige Tage nach dem Auftreten der Organe) verhältnifsmäfsig sehr weit. Ich glaube daher, dafs eine Veränderung in den Gefäfsen das Ursprüngliche ist, und dafs auf diese die Bildung der secernirenden Kanäle folgt. Es wäre dann die Bil- duugsweise der Primordial -Nieren der Bildung der Visceraldrüsen grade entge- gengesetzt, da in diesen die Ausfiihrungsgänge sich zuerst bilden, dann sich ver- zweigen und allmählig die verzweigte Drüse mit dem erforderlichen Gefäfsnetze versehen wird, in den Gekrösplatten aber zur Erzeugung von Drüsen (wenn näm- lich der falsche Harnleiter nicht aus der Kloake hervorgestülpt Avird) , schon we- gen Mangel der Schleimhaut, die im Darmkanale überall das Bedingende ist, ein entgegengesetzter Weg eingeschlagen wird. — Dafs die hier liegenden hintern Wirbelarterieu bald schwinden, und dage- gen die Aorta in der ]Mitte unter der Wirbelsäule sich ungetheilt verlängert und den Primordial - Nieren nur Seitenäste giebt, scheint offenbar. Allein auf welche Weise dies geschehe , ob die Arterien über dem Gekröse zusammenrücken und da ihre Wände noch aufserordentlich zart sind, zu Einem Kanäle verschmelzen, oder ol> der mittlere Kanal eine unmittelbare Verlängerung des Stammes der Aorta ist, wurde mir, wie ich schon früher sagte, nicht deutlich , und eben deshalb kann ich nicht genau bestimmen , durch welche JMetamorphose die Entstehung der Pri- mordial- Nieren eingeleitet wird. Beides fällt gewifs ganz zusammen. Es wäre möglich, dafs jede der genannten Arterien in kurzen Absätzen Aeste abgiebt, welche rasch umbiegend zu Venen werden und dann einen Venen- stamni mit eben solchen zahlreichen Aesten bilden. Damit hätten wir die einfach- ste Art von der Bildung der hintern Wirbelvene , und das rasche Schwinden der hintern Wirbelarterien wäre vielleicht mehr scheinbar, indem sie von den Pri- mordial - Nieren überdeckt wüidcn. Wenn nun unter jedem solchen Uebergangs- 150 Logen der organische Sto£Fsicli verflüssigt, was schon durch die Umwandlung ei- nes arlcrischen Stromes in einen venösen veranlalsl werden kann , oder umgekehrt eine solche Unnvandlung veranlafst, so würden wir eine Menge hinter einander liegender hohler Säckchen haben, deren Inhalt, wenn er zur BeY»egung einen Impuls hat, in einen gemeinschaftlichen Kanal zusammenfliefsen wird. So ist aber das Ansehen der Primordial -Tsieren in den ersten Tagen allerdings. INlir schien es am vierten Tage, als ob immer zwischen zwei Säckchen ein Blutgefäfs quecr hinüber ginge, um dann in die hintere M'irbelvene einzugehen, obgleich diese später viel weniger Zweige aus der Primordial -Niere aufnimmt. Wenn sich der Em])ryo verblutet hat, erscheinen noth wendig, da die Wand der Gefäfse sehr dünn ist, diese Zwischenräume, in denen die Queervenen liegen, hell. Die Pri- mordial-Nieren haben um diese Zeit die ganze Länge der Bauchhöhle und rei- chen von der Kloake bis in die Gegend des Herzens. Später verkürzen sie sich , indem sie zugleich breiter werden , und die hoh- len Säckchen sich zu hohlen gewundenen Kanälen ausziehen, wie Müller und Rathke überaus schön dargestellt haben. Sie secerniren um diese Zeit ohne Zweifel die Flüssigkeit, welche in dem Harnsacke sich ansammelt, was bei den- ienigen Säugethieren , in denen der genannte Sack sehr schnell wächst, noch aut'enscheinlicher gemacht werden kann. Durch die Verkürzung werden die Aus- führungsgänge, die man /a/sc7ie/?ar/2/ei7er genannt hat, nach hinten frei liegend. Unsefähr in der Glitte des Embryonenlebens, nehmen die Drüsen au Masse ab, nachdem sie andere Verbindungen im Venen - Systeme erzeugt haben und verlieren sich , wie es scheint , spurlos bald nach dem Auskriechen *). //. Bleiben- Unterdessen sind aber auch die bleibenden Nieren entstanden. Man sieht parat. sie am sechsten Tage als eine Wucherung der Gekrösplatten nach aufsen von den Primordial -Nieren. Sie nehmen nie die ganze Länge der Bauchhöhle ein, sind lange nicht so blutreich als die Primordial -Nieren, nehmen aber später an der Gefäfsmetamorphose derselben Antheil. Sie zeigen gekräuselte Ränder und sehjr früh sah Müller in diesen Rändern längliche Bläschen, die nach der Mitte in ver- dünnte Stiele sich verlängern. Diese Bläschen sind die l^uhuli uriniferi^ die sich später verdünnen und verzweigen, und mit ihren Stämmchen in den Harn- leiter übergehen. Ob sie aber durch histologische Sonderung oder durch Ausstül- pung aus der Kloake sich bilden, ist mir weder durch Rathke noch durch Mül- ») Ausführlicher von Rathke und Müller, von letzterem in seiner Dildungsgeschi'c/iie der Geni- talien, von ersterem in den Abhandlungen zurBildungs- und Entwickelnng« - Geschichte der Thiere. 151 1er klar ge^^orrlen *). Eigene Untersuchungen besitze ich hierüber nicht. Indem die Primordial -Nieren abnehmen, vergröfsern sich die bleibenden Nieren. Was endhch die Ausbildung des Geschlechtsapparates anlangt, so müssen '"'"* .^^~ wir vor allen Dingen bemerken , dafs unter allen Theilen des Körpers dieser zu- Apparat, letzt sich zeigt und zu seiner vollen Entwickelung bekanntlich sehr viel später ge- laugt als alle andern. Dann ist ferner hervorzuheben, dafs die Apparate für Ijeide Geschlechter im Anfange ganz gleich gebaut sind, und dafs aus dieser Gleichheit heraus erst allmählig der geschlechtliche Gegensatz sich entwickelt. Wollen wir den Vorgang al^er etwas näher kennen lernen, so haben wir die eigentlich zeugen- den Organe, d. h. diejenigen, die den männlichen und weiblichen Zeugungsstolf (Saamen und Dotterkugeln) bereiten, von dem ausleilenden Apparate zu unter- scheiden und gleich x\nfangs zu bemerken, dafs })eide Abschnilte getrennt von einander entstehen. Die zeugenden Organe sind ohne Zweifel Wucherungen der vegetativen Ab- Ze>igeude iheilungdcs Leibes, und zwar derGekrösplatten. Sie zeigen sich nach dem ersten Drittheile des Embrj'^onenlebens als längliche etwas flache Körperchen, ohne be- stimmte Organisation an der innern Seite der Primordial- Nieren. Anfänglich sind sie in allen Individuen gleich und immer paarig. Bald aber werden einige flacher und kürzer, andere rundlich, die ersten sind Eierstöcke , die letzteren Hoden. So ist also die Verschiedenheit des Geschlechtes eine erst später eintretende. Kaum haben die Eierstöcke sich als solche zu erkennen gegeben , so bleibt auch der rechte Eierstock in seiner Entwickelung zurück, während der linke sich weiter Ijildet, bis endlich der erste ganz unkenntlich wird. Das Schwinden des rechten Eierslok- kes tritt nach den verschiedenen Familien der Vögel zu sehr verschiedenen Zeiten ein: beim Huhne z. B. schon früh, bei Raubvögeln viel später, so dafs, Avie Müller bemerkt, noch kurz vor dem Auskriechen der rechte Eierstock nicht viel kleiner ist als der linke. Die Entstehung der Eier beruht auf einer histolo- gischen SonderuDg, die erst spät nach dem Auskriechen im Eierstocke sich äufsert. Die Ausbildung der Hoden ist verwandt und doch in anderer Hinsicht ent- gegengesetzt. Es entwickeln sich beide Hoden, Jedoch wird der rechte oft gröfser. Aus der länglich runden Form gehen sie in eine bohnenförmige über. In ihnen bilden sich ebenfalls innere Theile durch histologische Sonderung, aber diese in- nern Theile sind nicht Blasen , sondern aus der Substanz des Hodens hervordrin- gende Kanäle , die Saamen - Kanälchen {Va sa semin ife r a). Die hervortreten- ♦) Eine verwandte Bläschenform haben einige Zeit auch die letzten Enden der Luftwege, die doch durch Ausstülpung entstehen. 152 den Eiuleii derselben (f^asa efferentia) gehen durch die äufsere Schicht der Primordial - Nieren , und erreichen einen Ausführungsgang, der nach Müller nichts anders als der schon lange entstandene und noch in Thäligkeit begriifene falsche Harnleiter, nach Piathke aber ein ganz selbstständig aufgetretener Gang ist, der dem Eileiter des Weibchens entspricht. nn. Fortiei- Blan sieht näuilich schon sehr früh einen Gang fast in der Länge der ganzen scW^cht?^ Bauchhöhle vom Herzen bis zur Kloake am äufsern Rande der Primordial -Nieren Apparat. zwischcn ihr und dem Uebergange in die innere Fläche der Bauchplatten verlau- fen. Mir schien es, als ob dieser Gang durch eine Art Abblätterung dieser Ueber- saniisslelle auftrete, so nämlich, dafs ein schmaler Streifen sich von der Bauch- wand löst, aber doch mit seinen Rändern anhaftend bleibt, wodurch natürlich ein Kanal entsteht. Dieser Kanal wäre daher anfänglich ganz angeheftet. AU- mählig aber löst er sich immer mehr und entfernt sich von der Bauchwand. Sein vorderes Ende könnte nicht anders als unmittelbar in die Bauchhöhle übergehen, wenn diese Darstellung der Entstehung richtig ist*). Anfänglich ist auf jeder Seite ein solcher Kanal , bald aber bleibt der rechte in der lEntwickelung zurück, verschliefst sich später auch gegen die Kloake und nach vorn , wodurch denn zu- letzt ein geschlossener Sack übrig bleibt, der meist auf der rechten Seite in er- wachsenen Hühnern noch zu erkennen ist und das Ansehen einer Hj datide hat. Allein der linke Kanal entfernt sich immer mehr von der Bauchwand und zieht sich dadurch das Gekröse hervor , welches in der ganzen Länge des Eileiters ver- läuft. Dieser linke Gang ist nämlich der Eileiter, seine IMündung wird der Trich- ter (obgleich er nach Rathke einige Zeit verschlossen ist}. Am hintern Ende erweitert sich schon imEmbrjonenleben eine Stelle, und wird zum Eihälter. Es ist nun die Frage, ob ähnliche Kanäle auch im männlichen Geschlechte erscheinen und diese es sind, in welche die Vasa efferentia eingehen unter nllmähligem Schwinden der Primordial -Nieren, Avie es bei Säugethieren sicher der Fall ist, oder, wie'Mü 11 er nach sorgsamen Untersuchungen glaubt, der Ka- nal, der im Männchen die Vasa efferentia aufnimmt, kein andererer ist , als der falsche Harnleiler 5 der hiernach im Männchen nicht schwände. Rathke da- aegen erwartet (M e c k e f s Archiv 1832) einen vom falschen Harnleiter verschiede nen Saamenleiter. Ich glaube, nicht nur der Analogie wegen, sondern nach dem was ich gesehen habe, mich für Rathkes Ansicht entscheiden zu müssen**). - Die *) Ich will aber nicht behaupten, dafs er immer offen bleibt. ''*^ übgleicl) ich, wie schon oben bemerkt wurde, nocli iiiclit Zeitgewinnen konnte, um die Beob- aciitiiugeii Fl a tli k e"s und M ii 1 1 er 's vollstiindig durch eigene .Ansiclit zu verfolgen, so glaube icli doch mich überzcupt -in Iiaboi. dafs auch im Miinnchoi neben jeder Primcrdinl - Niere nach aufsen 153 Die letzte, aljcr jährlich wiederkehrende Entwickelung im Geschlechts - Ap- parate besteht endlich darin, dafs im Eierstocke die Dolterkugehi und im Hoden der befruchtende Stoff sich ausbilden und zeugungsfähig werden. Ueberblicken wir noch zum Schlüsse die ganze Lebensgeschichte des Vogels, "" R"ck- so finden wir, dafs diese in zwei ganz verschiedene Seiten zerfällt, in die Entwi- Entwicke- ckelung des Individuums für sich , und in die Entwickelung für das Geschlecht, s'chfciit^dor Die letztere wird zwar schon früh eingeleitet, allein sie schreitet erst dann rasch ^ögei. fort, wenn die Entwickelung des Individuums fast vollendet ist, oder kaum merk- lich fortschreitet, erneut sich aber jährlich. .Mit dem Aufhören des geschlechtli- chen Lebens ist auch das Individuum verblüht. Da die Geburt aus den Eihüllen sehr viel später erfolgt, als der Austritt des Eies aus dem mütterlichen Körper , so müssen für die Entwickelung des Indivi- duums alle Lebensfunctionen wenigstens zwei der Zeit nach sehr ungleiche Perio- den zeigen, indem sie zuerst nur durch den Inhalt des Eies, also durch Das, Avas der mütterliche Körper gegeben hat, bedingt werden, und erst nach der Enthül- lung die Wechselwirkung mit der Aufsenwelt eintritt. In Bezug auf das sensorielle Leben können wir diese beiden Perioden als Schlafen und Wachen bezeichnen , da während des Lebens im Eie nur die nieder- ste Form, die wir Gemeingefühl nennen, sich offenbart. Dieses Gemeingefühl erzeugt zwar auch Bewegungen, aber nur bewufstlose, und scheint mit dem später in täglicher Periodicität wiederkehrenden Schlafzustande übereinzustimmen. In der Verdauung lassen sich drei Perioden unterscheiden, indem zuerst nur Dottersubstanz, dann Fruchtwasser aufgenommen wird, und zuletzt erst Nah- rung aus der Aufsenwelt. Athmung und Blutbewegung haben wir schon in vier Perioden dargestellt, die man mit den Ausdrücken : Blutbildung , einfacher Kreislauf, unvollkonmien doppelter und vollkommen doppelter Kreislauf, bezeichnen kann. Alle solche Perioden sind aber nicht absolut geschieden, sondern in einander übergehend , und in der einen werden immer die Vorbereitungen für die folgende kenntlich. ein Kanal liegt, der, verschieden vom falschen Harnleiter , zum Saamonleiter wird. Zuvörderst sieht man in früherer Zeit, wo die Geschlechter noch nicht verschieden sind, in allen Individuen neben den Primordial- Nieren einen Kanal. Ich habe früher vorzüglich durch Queerschnitle von seinem Daseyu mich überzeugt und darin die angegebene Entstehungsweise zu erkennen geglaubt. Nun scheint mir aber dieser Kanal derselbe, der später, wenn die Primordial- Niere sich ver- gröfsert hat , ihr aufliegt und der falsche Harnleiter mehr tief zu liegen. Da ich endlich einmal r!7^<;on Eand in die Druckerei schicken mufs , so habe ich mir für das nächste Jahr eine genauere Untersuchung vorbehalten , da ich , was dieses Jnhr mir zeigte, nicht einmal unter sich in Har- monie bringen kann. JL ' U 154 §. 8, ' Entwickelung sg eschicJite der Reptilien. Wir haben die Ent wickelungsweise der Vögel in allen wesentlichen Ver- hältnissen ziemlich vollständig kennen zu lernen uns bestrebt, iheils um dadurch eine möglichst zusammenhängende Uebersicht der Veränderung Einer Thierform an sich zu erlangen theils auch um verwandte Formen der Entwickelung mit desto mehr Kürze vergleichen zu können, und aufzufinden , Avas für die Ent- wicklung einzelner Klassen individuell und was für alle Wirbelthiere allge- mein gilt. u. Schild- V^iv lülrren die andern Formen der Entwickelung nach der grÖfsern oder tröteii. geringern Aehnlichkeit mit den Vögeln auf. Zunächst an die Vögel reihen sich in Bezug auf den Bau des Eies die Schildkröten. In diesen Thieren ist, wie in den Vögeln, der Eierstock mit Ausnahme der frühesten Jugend traiibig, indem die Eier, wenn sie heranwachsen, im Verhältnifs zu dem Eierstocke sehr an- sehnlich sind und jedes Ei den benachbarten Theil des Eiertsockes in Form einer gestielten Beere hervorzieht , die nur nicht so lang herabhängt als im Vogel. Das unbefruchtete Ei besteht ebenfalls aus der Dotterkugel, die innerhalb einer ein- fachen Dotterhaut eine allmählig gelb werdende Dottersubstanz , eine Keimschicht und ein Keimbläschen enthält. Jede Dotterkugel liegt ohne organische Verbin- dung innerhalb einer aus zw^ei Häuten gebildeten Kapsel. Das Ei kann also auch nur durch Aufreifsen der Kapsel in einer ansehnlichen Narbe entleert werden und läfst einen gestielten Kelch zurück, wie im Vogel. Auffallender ist der Un- terschied , dafs in der weiblichen Schildkröte zwei Eierstöcke die beschriebene Beschaffenheit haben, im Vogel aber nur Ein Eierstock zur Entwickelung kommt, obgleich in frühester Zeit, im Embryonenzustande nämlich, auch im Vogel zwei Eierstöcke sich zu bilden anfangen (§. 7. //.). Die Schildkröte hat nun für ihre zwei Eierstöcke auch zwei Eileiter, die erst in der Kloake sich Ije- gegnen. Diese Eileiter beginnen auch mit trichterförmigen Bauchmiindungen, allein die einzelnen Abschnitte in ihnen sind nicht so verschieden unter sich , als im Huhne, Sie nehmen die Eier auf, und indem diese sich durch die Eileiter hin- durch bewegen , bildet sich um die Dotterkugel herum ebenfalls Eiweifs mit ei- ner äufsern Haut desselben (oder einer Schaalenhaut) und einer Kalkschaale. Das Eiweifs ist aber in viel geringerer JMeuge da, und die Hagelschnüre fehlen ganz (wie schon Bert hold bemerkt hat), Aveshalb ich doch eine vollständige Abwesenheit einer iunern Haut des Eiweifses, die wir im Vogel die hagellragende Haut genannt haben, nicht bcliauplen will. Die Schaale ist viel porösei- als im 155 Vogel , so dafs man auf der innern FJäche sehr deiillicli die ansehnlichen Gruben sehen kann, in -welche Verlängerungen der Schaalenhaut eingehen. Auch ist die Schaale immer brüchiger und häufig wenigstens dünner, als bei Vogeleiern von derselben Gröfse. Im eben gelegten Eie der europäischen Schildkröte fand ich noch keinen Embryo , auch der Keim erschien mir lange nicht so bestimmt aus- gebildet, als im Vogel, obgleich deutlich auf dem Dotter eine weifsere Masse auf- lag. Von den ersten durch mich untersuchten Eiern konnte ich freilich nicjit mit voller Sicherheit wissen, ob sie befruchtet Avaren, doch sprach die Wahr- scheinlichkeit dafür, denn die Schildkröte war gefangen worden, indem sie ihre Eier einzuscharren beschäftigt Avar. Später aber haben bei mir Schildkröten Eier gelegt, die sich ausbildeten. Auch von dieser zeigten die gleich nach dem Legen geöffneten keinen ausgebildeten Keim, der doch nach einigen Tagen da war. Hiernach zweifle ich nicht, dafs der Keim sich erst nach dem Legen vollständig ausbildet. Auf diese Möglichkeit weist das sehr späte Auftreten eines erkenn})a- ren Embryo hin. Carus fand (Hechei-'s Annalen 1829 Febr. S. 150.) vom I4ten Juni bis zum ersten Juli die Entwickelung nur bis zur Bildung eines Gefäfsehofes vorgeschritten, und ich sah an der europäischen Schildkröte sechs Tage nach dem Legen den Rücken des Embryo noch nicht einmal vollständig geschlossen. Erst am achten Tage war dieser Schlufs erfolgt. Auch aus den von Tiedemann gesammelten Angaben über die Zeit, welche vom Legen der Eier bis zum Aus- kriechen des Jungen verstreicht, geht hervor, dafs die Brütezeit länger währt als bei Vögeln. Zu der Entwickelung bedürfen die Eier der Schildkröten nur der Wärme des Erdbodens. Was nun die Art der Entwickelun£[ anlangt, so habe ich an Schildkröten- '^^\ '^ . ... Fig- 8. Eiern aus der frühern Zeit gesehen, dafs auch hier der Embryo sich bildet, indem der Keim sich in ein animalisches und ein vegetatives Blatt spaltet, dafs aus jenem zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten sich ausbilden. Das Lagerungsver- hältnifs ist jedoch in so fern verschieden, als sich die RückenwiUste beim Schlie- fsen so sehr nach unten drängen, dafs die Wirbelsaite tief unter die Ebene der Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zusammen, dafs die Bauchplatten, wenigstens im llumpftheile, nah an der Sclilufslinie der Rückenplatlen angefügt scheinen. Im Grunde aber ist die nächste U^mgebung der Wirbelsaite beiden Plattenpaaren gemeinschaftlich, und die freien Theile der Rückenwülste sind über- aus schmal im Verhältnifs zu den sehr breiten Bauchplatten. DiesesVerhältnifs scheint das Bedingende für die Verschiedenheit zwischen Vogel und Schildkröte *); *) In Taf. IV. Fig. 8. siclit man den Durchschnitt der Rückenplatten bei a und den Dnrchschnitt der Bauchplatten bei b. Die darunter stehende Fignr 9. soll aus dem Knochenbau der Sänge- I' 2 i56 (lenu eine andere DifiFerenz lalst sich aus der ersten herleiten. Das Funda- mentalorgan für die Entwickeluug der Extremitäten löst sicli nun nicht vou der obern (äufsern), sondern von der untern (innern) Fläche des Keimes alj. Lei- der habe ich diese Entwickelung nicht weiter verfolgen können , "weil alle Eier die über zehn Tage alt waren , verdarben , allein man kann sich das spätere Yer- hältnifs ear nicht anders entstanden denken. Hiernach wird es mir wahrschein- lieh , dafs das Fundamentalorgan für die Extremitäten eine erst später eintretende Sonderung aus der Fleischschicht des Keimes ist, und dafs diese Sonderung auf derjenigen Fläche erfolgt, an welcher Rücken- und Bauchplalten zugleich An- theil haben. In Schildkröten haben beide an der untern Fläche Antheil , in den andern Wirbelthieren an der obern. Bei der weitern Entwickelung müssen sich aber die vorragenden Theile der Extremitäten vorn und hinten da hervorschie- ben, wo die ungemeine Breite der Bauchplatten aufhört. Die Rückenplatten scheinen nämlich am sechsten und achten Tage die Bauchplatten nach vorn zu überragen, was ^^ohl dahin zu deuten ist, dafs diese nur im Rumpfe die unge- wöhnliche Breite haben. Von der spätem Entwickelung wissen wir aus einzelnen Nachrichten , vor- züglich aber aus den Beobachtungen von Tiedemann *), dafs der Embryo von einem Amnion umhüllt wird, welches durch einen Hautnabel in die Haut des Embryo übergeht, dafs ein gefäfsreicher mit der Harnblase verbundener Harn- sack sich ausbildet , der nach rechts liegt **), ohne jedoch wie im Vogel - Eie den Embryo mit seinen Anhängen ganz zu umhüllen. Ein Dottersack hängt vermit- telst eines Dotterganges am Darme und läfst schliefsen , dafs das erste Verhältnifs des Embryo zur Dotterkugel eben so ist, wie im Vogel. Auch tritt der Dotter- sack beim Schlüsse des Embryonenlebens durch den Nabel in den Leib der jun- gen Schildkröte ein. Der Nabel befindet sich innerhalb des sogenannten Bauch- schildes , welches eben deshalb mehr als das Brustbein der Vögel und Säugethiere enthalten mufs. Der Embryo ist eben so gekrümmt Avie der Embryo der Vögel. Auch seine innere Organisation zeigt grofse Uebereinstimmung. Er enthält die vorüberge- henden Nieren, auch noch in späterer Zeit zwei Botalli'sche Gänge, ein sehr gro- thiere anschaulicli machen , dafs in den gewölbten Platten bei a in Fig. 8. auch wohl die An- fänge der Bauchplatten enthalten sind. *) Fried. Tiedemann: Zu Samuel Thomas v. Sömmerings Jubelfeier. Heidolbert,' 1828. Ho. S. üS u. folg. *♦) 60 lehrt die Abbildung Fig. 3, a. a. O. , wenn «uch der Verfasser dieser Stellung nicht beson- ders erwähnt. 157 fses Kirn u. s. w. Aus diesen einzelnen INlonienten läfsl sich schliefsen, ilals die ganze Entwickelungsweise aufser der abweichenden Ausbihlung der Fleischschicht sehr übereinstimmend mit der des Hühnchens seyn mufs. Zunächst an die Schildkröten reihen sich diejenigen Eideclisen und Schlan- *• E'^fle^jen- . . deSchlnngen gen, welche Eier legen, die längere Zeit hindurch aufserhalb des Leibes der und Eidech- Muttcr durch die Wärme des Erdbodens bebrütet werden. Diese Eier sind wie- *^" der von zweierlei Art, entweder hartschaalig oder weichschaalig. Die ersteren, zu denen die Eier des Krokodills gehören, haben eine feste Kalkschaale, wie die Eier der A^ögel und Schildkröten. Viel häuiiger sind die Eier mit weicher, le- derartiger Schaale, wie die der meisten europäischen Eidechsen, der meislen Nat- tern und der Pythonen. Verfolgen Avir an ilinen die Hauptmomente der gesamni- ton Entwickelungsgeschichle ! Auch hier sind paarige Eierstöcke und Eileiter: ein Verhältnifs , das über- haupt in den AVirbelthieren mit Ausnahme der Vögel und weniger Fische allge- mein ist. Die Eierstöcke der Schlangen sehen nicht traubig, sondern fast pater- nosterförmig aus. Indessen ist dieser Unterschied nur in der äufsern Form be- gründet und beruht darauf, dafs im Leibe der Schlangen alle Theile sehr in die Länge gezogen sind. Denkt man sich nun die Anheftung des Eierstockes der Vö- gel sehr verlängert, so mufs er eine Form annehmen, wie er sie in den Schlangen in der That besitzt. Doch ist im Innern des Eierstockes noch ein hohler Gang. Die Eierstöcke der Eidechsen zeigen den Uebergang , indem sie zwischen beiden Formen die IMitte halten. Der gesammte Eierstock jeder Seite ist viel länger als in den Vögeln, und die Eier mit den umgebenden Kapseln treten weniger hervor, so dafs sie keinen deutlichen Stiel aus dem Eierstocke hervorziehen. In der Sub- stanz des Eierstockes liegen , in eigene Kapseln eingeschlossen , die unreifen Eier oder Dottermassen, die in den Schlangen viel mehr in die Länge gezogen sind, als in den Eidechsen und Vögeln. Der Dotter ist von einer Dotterbaut einge- schlossen, ursprünglich durchsichtig wie festes Eiweifs, mit einem sehr ansehn- lichen, dem blofseu Auge leicht kenntlichen Keimbläschen. Allmählig vergrö- Isern sich im Herbst einige Dottern , indem sie wachsfarben und weniger durch- sichtig werden. Nun sieht man das Keimbläschen von aufsen entweder gar nicht, oder nur undeutlich durchschimmern; öffnet man aber den Dotter, so fmdet man es vor. Im Fri'Jilinge werden diese Dotter goldgelb und völlig undurchsich- tig. Man sieht aber das Keimbläschen wieder, weil es an der Oberfläche liegt. Ich schliefse daraus, dafs es von innen nach aufsen hervordringt. Zwar scheint in kleinen, ganz durchsichtigen Eiern das Keimbläschen auch oberflächlich zu liegen, aber entweder täuscht hier die Durchsichtigkeit, oder die wahre Dotier- 158 masse bildet sich erst allmahlig über der ursprünglichen, und diese ist die Substanz, welche später nur die Mitte inne hat. Der reife Dolter hat eine deutliche Keim- schicht bekommen und zieht die Umgebung nur Avenig, gleichsam in einen Kelch ohne Stiel, hervor. Es entwickelt sich ein starkes Gefäfsnetz in diesem Kelche (besonders bei den Eidechsen) , und es bildet sich eine lange schmale Narbe , die das Ei austreten lälst, sobald die weite Mündung des Eileiters sich anlegt. Diese Dottern werden jedoch nicht wie bei den Vögebi einzeln weggeführt, sondern alle, welche in einem Sommer zur Entwickelung kommen sollen, reifen fast zugleich, während noch viele andere unentwickelt bleiben. Die ersleren werden schnell nach einander von den beiden Eileitern aufgenommen und verweilen gemeinschaft- lich ein Paar Wochen im hintern Theile der Eileiter, welche hier noch weniger in differente Ablheilungen zerfallen , als in den Schildkröten. In den Eileitern werden die Dottern zuvörderst mit äulsern Theilen beklei- det. Sie erhalten eine dünne Lage eines fast flüssigen Eiweifses *), um das Ei- weifs bildet sich eine zarte Schaalenhaut und ein dicker Ueberzug, der aus einem zähen , weifsen , ausgeschiedenen Stoffe gerinnt. Er läfst sich sehr leicht in zwei Lachen theilen, ist offenbar der Schaale des Vogeleies analog, und unterscheidet sich nur durch den Mangel, oder, was wahrscheinlicher ist, durch den sehr ge- «rint^en Vorrath von Kalk. Hagelschnüre fehlen. Die Dotterhöhle ist grofs und mit einer nicht unbedeutenden Menge von Eiweifs gefüllt. Das Keimbläschen ist geschwunden. Statt der Keimschiclit sieht man einen grofsen haulförmigen Keim , der sich allmahlig über den ganzen Dotter ausdehnt und Höfe bemerken läfst , wie im Vogel. Ein Luftraum fehlt sowohl jetzt , als später. Im Keime bildet sich ein Fruchthof, in diesem ein Embryo, den ich an Eidechsen in frühester Zeit auch ohne Amnion gesehen habe, wie den Embryo des Vogels am ersten Tage und der Schildkröte mehrere Tage hindurch. In die- sem Embryo waren Rückenplatten , die erste Anlage von Bauchplatten und eine Wirbelsaite zu erkennen, wie im Hühnchen in der ersten Periode. Die Bildungs- stätte ist nicht, wie Emmert angiebt, bei den Eidechsen das stumpfe Ende des Eies, sondern die Mitte wie im Vogel, doch liegt der Emliryo zuweilen, beson- ders in späterer Zeit, dem stumpfen Ende näher. Darauf umhüllt sich der Embryo auf die bekannte Weise mit einem Am- nion, er nimmt an Krümmung zu und legt sich mit seiner linkin Seite aui ilen unterdessen gebildeten Dottersack, aufweichen! der Gefäfshof mit seiner Grenz- vene im Verhältnifs zum Dotterhofe kleiner ist, alsimVoijel, aber auch allmäb- •) Hiiiifig wird den Schlangen - F.ierii da» Eiweif« gan'i abgesproclien. 159 üg sich austlelmt. Aus dem Herzen treten ganz eben so wie im Vogel allmählig fünf Paar Gefäfsbogen liervor, die in 2 Aortenwurzeln übergehen und zwischen denen eben so allmählig von vorn nach hinten vier Paar Kiemenspalten sich ent- wickeln, von welchen sich zwar die vorderste früher schliefst als die hinteren, die ajjer einige Zeit hindurch alle zugleich oifen sind , wie auch alle fünf Gefäfs- bogen zugleich Blut führen. Das Herz hat während dieser Zeit uugemeine Aehn- lichkeit mit dem Herzen des Hühnchens , doch verweilt es länger auf den einzel- nen Stufen. Eben so die erste Anlage der Extremitäten. Der Mund und der Al- ter bilden sich auch eben so , wie im Hühnchen. Dasselbe gilt von dem Dotter- gange, den Primordial -Nieren und ohne Zweifel von den übrigen Theilen. Auch der Harnsack tritt am hintern Ende hervor und verlängert sich nach rechts , mit einem schönen Gefäfsnetze versehen. — Das Hirn entwickelt dieselben Abihei- lungen wie im Vogel, und man kann eine Eidechse mit einem kleinen Vogel ver- wechseln, so lange derScliAvanz nicht deutlich hervorgewachsen ist. Dieser rollt sich nach rechts auf, doch schien mir der Kopf etwas weniger übergebogen als im Vogel. Die Ent Wickelung der Schlangen , die ich weniger in der ersten Periode zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, weicht nur darin merklich von der Ent- wickeluug der Eidechsen ab, dafs sie schon ungemein früh, vielleicht gleich An- fangs, sehr lang sind und ihr ganzer Leib sich sehr früh spiralförmig aufrollt, während in den Eidechsen nur das Schwanzende so aufgerollt ist : ein Verhältnifs, das man im Vogel wegen Kürze seines Schwanzes nicht Jjeobachten kann. Auch bekommen die Schlangen keine Extremitäten. Alle diese Entwickelungen erfolgen innerhalb des Eileiters, wo das Ei ohne Zweifel durch seine weiche Scliaale die ausgeschiedene Feuchtigkeit ein- saugt. Erst wenn der Harnsack eine ansehnliche Gröl'se hat und die zweite Ent- wickelungsperiode , Avie wdr sie nach dem Vogel bestimmt haben , vollendet ist, werden die Eier gelegt. Sie bedürfen jetzt nicht nur eines niäfsigen Grades von Wärme, nach deren geringerer oder schwächerer Einwirkung sie sich langsa- mer oder schneller entwickeln, sondern auch einer feuchten Umgebung, da durch die weiche Scliaale die Verdunstung so rasch erfolgt, dafs an freier Luft die Eier in w^enigen Stunden ausgetrocknet sind. Aus diesem Grunde legen auch die Eidechsen und mehr noch die Schlangen ihre Eier an feuchte Stellen. Es scheint sogar, dafs die Eidechsen - Eier so viel Feuchtigkeit von aufsen aufnehmen, dafs sie allmählig gröfser werden. Wenigstens waren bei Emmert sowohl als bei mir die zuletzt erhaltenen Eier grÖfser als die frühern. Indessen ist auch zu berücksichtigen, dafs die altern und gröfsern Eidechsen im Allgemeinen später 160 Eier legen werden , als die Jüngern. Die Schlangen - Eier sind bei der GeLurt so feucht, dafs sie an einander klehen, die Eidechsen -Eier nicht. Die Entwickelung der Eier aufserhallj des mütterlichen Körpers entspricht der dritten Periode des Vogel - Embryo. Obgleich im Allgemeinen noch viele Uebereinslimmung bleibt, so treten doch in dieser Periode auch schon sehr we- sentliche Unterschiede in der Entwickelung hervor. Das Eiweifs schwindet , und zwar rascher als bei Vögeln, wie es denn überhaupt immer in geringerer Menge da war und keine Hagelschnüre enthielt. ' Doch erhält sich bei den Eidechsen ein kleiner Rest am spitzen Ende des Eies sehr lange, vielleicht bis zur Geburt. In den Schlangen scheint es schon während des Aufenthaltes im Leibe der Mutter gröfstentheils verzehrt zn werden. Dagegen sammelt sich immer mehr festes Ei- weifs im Innern der Dotterhöhle. Ein Luftraum bildet sich nicht, wahrschein- lich weil die Schaale die Luft durchdringen läfst. Der Dottersack wird aUmäh- lig vom Gefäfshofe im gröfsten Theile seines Umfanges überzogen. Er nimmt dann rasch ab und ein kleiner Rest schlüpft bei der Geburt durch den Nabel in die Bauchhöhle. Die Dottergefäfse sind wie die des Vogels. Der Harnsack , in wel- chem sich die enthaltene Flüssigkeit mehrt, umwächst allmählig den gröfsten Theil des Eies und legt sich mit der äufsern Hälfte ein Chorion bildend an die Schaalenhaul an. Die Blutgefäfse dieses Ghorions sind nicht so stark verzweigt als im Vogel, wahrscheinlich weil das Reptil nicht so lebhaft athmet als der Vo- gel. Es verharren beide Nabelarterien bis zur Geburt, aber nur eine Nabelvene, welche wenigstens in den Schlangen erst jenseit der Leber sich mit der Hohlvene vereint. Im Embryo der Eidechsen nimmt die Schwanzlänge schnell zu, wäh- rend auch der Leib sich verlängert, der Hals aber nie so lang wird als am Em- l>ryo des Vogels. Dadurch geht schon die äufsere Aehnlichkeit verloren. Kleine Höckerchen der Haut lassen nicht Federn hervortreten, sondern verhärten zu Schildchen. In den blattförmigen Enden der Füfse entwickeln sich Zehen , in eine Schwimmhaut geschlossen, wie im Vogel, aber die Zahl dieser Zehen ist gleich Anfangs fünf. Ihre Länge ist ziemlich gleich, erst indem sie aus der Schwimmhaut hervorwachsen entwickelt sich die Ungleichheit derselben, die immer zunimmt. Aus der vordem F:xtremität wird statt des Flügels ein Fuis. So treten überhaupt, sowohl äufserlich als innerlich, die Differenzen durch eine V(Tschiedenheit in der Umbildung hervor , wobei manche Umänderung in beiden Thierklassen übereinstimmend erfolgt , in der einen aber viel später als in der an- dern , manche Umänderung aber in der einen Thierklasse ganz ausbleibt , wes- halb sie in dieser Hinsicht Zelllebens in einem embryonischen Zustande gegen die ändert Nerharrl. So bestehen die mehrinchen Gefäfsbogeu aus der Aorta in den Ei- 161 Eidechsen und Schlangen viel länger als in den Vögeln , ja die Leiden Aorten wur- zeln verharren das ganze Lehen hindurch, wenn auch die rechte viel stärker wird als die linke. Eben so bleibt die Herzkammer ohne vollständige Scheidewand , die der Vogel doch schon im Anfange dieser Periode erhält. Die Reptilien verharren also in Hinsicht des lO-eislaufes in einem embryonischen Zustande, indem er })ei ihnen ein unvollkommen doppelter bleibt. Dagegen erlangen die Vögel äufsere Begattungsglieder (mit sehr wenigen Ausnahmen) gar nicht. In dieser Hinsicht verharren also die Vögel in einem embryonischen Zustande gegen die Reptilien. Merkwürdig ist es, dafs viele Schlangen, wie es scheint alle giftigen, *. Lebendig aufserdem aber auch die Gattung der Blindschleichen, vielleicht die Böen, die |chlan"en Gattung Acrochordus nnd einige Eidechsen, wie die Gattung «Se/:is lebendige Junge zur Welt, obgleich die meisten übrigen Nattern Eier le- gen. Unsere safranbauchige Eidechse , Lacerta crocea^ die der grÖfsern hier lebenden Art (Lacerta agilis) so älinlich ist, dafs man sie häufig verwech- selt hat, ist ebenfalls lebendig gebärend. Dieser Unterschied in der Entwickelungsgeschichte ist indessen so grofs nicht, als man im gemeinen Leben wohl glaubt, da auch die Jungen der lel>etidig gebährenden Reptilien bis zur Geburt in einem Ei eingeschlossen sind, ja häufig sogar von den Eihäuten umgeben geboren werden , und dieselben erst einige Stun- den oder Tage nsch der Geburt durchreifseu, wie ich an den Blindschleichen selbst gesehen habe, was iiidefs schon früher an Blindschleichen und Vipern beob- achtet war. Zuweilen erfolgt jedoch 'auch die Zerreifsung der Häute im Leibe der Mutter. Es fallen also Geburt und Enthüllung des Embryo nur ungefähr zu- sammen. Erinnern Sie sich nun, dafs in den Eiern, welche diejenigen Schlangen und Eidechsen, die ich selbst untersuchen konnte, legen, schon Embryonen sich *) Herr Professor Leuckart hat Alles, was bisher über das Lebendiggebären der Reptilien be- kannt geworden ist, gesammelt, und mit eigenen Beobachtungen reichlich vermehrt in einer Abhandlung „Ueber lebendig gebärende Amphibien" mitgetheilt, welche er mir lu übersenden die Güte hatte. Diese lehrreiche Abhandlung bildet den Anfang eines Werkes, dessen Titel ich leider nicht angeben kann , da es noch nicht vollendet scheint. Mir wenigstens ist nur jene Ab- handlung bekannt geworden, — Diese Bemerkung, im Jahre 1829 niedergeschrieben, gilt noch jetzt 1834. //. X 162 befinden, so sehen Sie leicht, dafs diese nur früher gehörende sind. Sie werden sich dann nicht A^nindern , wenn ich hinzufüge , dafs in der Eutwickelungsweise der Embrj'^onen keine Verschiedenheit bemerkt wird. Wohl ist aber in der Bildung der äufsern Eihüllen ein sehr auffallender Un- terschied. Die Eier der lebendig gebärenden Schlangen und Eidechsen sind von einer ganz dünnen Oberhaut umgeben, von der ich nicht weifs, ob sie ursprüng- Uch einfach ist , oder erst aus zwei Blättern (einem Repräsentanten der Schaalen- haut und einem Repräsentanten der Schaale) verwächst. Das erstere ist wahr- scheinlicher, und so läfst sich denn schliefsen , dafs das ganze Secretum der Ei- leiter immerfort und ohne Niederschlag von den Eiern aufgenommen wird. Auch nehmen diese sehr auffallend an Gröfse zu. In den eierlegenden Reptilien geriimt dagegen ein Theil des Secretums zu einer weichen, ziemlich dicken Schaale und zwar geht die Schaalenbildung bis zur Geburt fort, so dafs die Eier unserer Nat- tern sogar bei der Geljurt an einander kleben. Eine Folge dieser Schaalenbildung ist, dafs die Frucht durch eine dicke leblose Schicht von dem Eileiter der Mutter abgeschieden ist, wie ein fremder Körper auf sie wirkt und als solcher ausgestofsen wird , wogegen die andern Früchte mit der Mutter in lebendiger Wechselwirkung bleiben und zuletzt vielleicht nur ausgestofsen werden , weil der Nabel der Em- bryonen sich schliefst, die Eihäute leblos werden, und die Eier nun auch hier als fremde Körper wirken. Da man überhaupt dujrch die ganze Thierreilie hindurch erkennt, dafs dick- schaalige Eier niemals im Leibe der Mutter vollständig entwickelt werden, und alle Eier, welche im Leibe der Mutter zur Reife kommen, einen sehr zarten Ueberzug haben, so läfst sich wohl daraus schliefsen, dafs die Athmung vermit- telst des Harnsackes , die im Hühnchen durch die verschiedene Färbung des Blu- tes in den Nabelarterien nur zu deutlich und in den Reptilien wegen der Ueberein- stimmung aller Verhältnisse des Harnsackes mehr als wahrscheinlich ist, bei dick- schaaligen Eiern den freien Zutritt der atmosphärischen Luft fordert, dafs aber, wenn das Ei nur eine dünne Oberhaut hat , die nothwendige Umänderung des Blu- tes im Embr^^o durch die dicht anliegenden Gefäfse des mütterlichen Körpers be- wirkt werde. So sieht man in der Tliat in den Eileitern der Vipern die Blutge- fäfjie zunehmen, wenn der Harnsack der Eier sich ausdehnt. Noch mufs ich bemerken , dafs ungeachtet der Uebereinstimmung im ül)ri- gen Baue in den Eierstöcken derjenigen lebendig gebärenden Eidechsen und Schlangen, welche ich untersuchen konnte, das Keimbläschen vor der Befruch- tung sich anders zeigte, als in den eierlegenden. Es enthält schon in den letztern viel mehr, dunklere und gröfsere Körnchen, als in den Keimbläschen der Vögel. 165 Allein diese Körnchen sind noch sehr viel zahlreicher und dunkler in dem Keim- bläschen der lebendig gebärenden Reptilien. Sie bilden hier in der That eine dünne gelbliche Dotterschicht, welche unter der Oberhaut des Keimbläschens liegt*). ^ Ich zweifle nicht, dafs man unter den sogenannten lebendig gebärenden und eierlegenden Reptilien mancherlei Abstufungen in früher und später Gebärende finden Avird , und dafs nicht alle eierlegenden Reptilien diese Eier bei derselben Ausbildung des Harnsackes von sich geben werden. Aber ich glaube, dafs die Dicke der Schaale hiermit in Uebereinstimmung gefunden werden wird ^ und ich zweifle, dafs dickschaalige Eier im Leibe der Mutter die enthaltenen Embryonen zur Reife bringen können , besonders wenn sie keinen eingeschlossenen Luftraum haben , wie die Hühnereier , und der Luftraum kann sich wieder nicht ohne Ver- dunstung bilden. Geoffroy glaubt**), dafs man eierlegende Schlangen künstlich in lebendig gebärende verwandeln könne. Er erzählt, das Herr Flore ut Pre- vost es dahin gebracht habe, das Eierlegen der Schlangen nach ^^ülkühr zu be- schleunigen und zu verzögern. Die Verzögerung sey dadurch bewirkt worden dafs man die Schlangen gehindert habe, sich im M asser zu baden. Durch das Baden im Wasser werde die abgehende Haut/ macerirt. Jene trocken «ehaltenen Schlangen hätten sich daher nicht häuten können, seyen dadurch in ihren Bewe- gungen gehindert gewesen und hätten deshalb ihre Eier nicht legen können. So sey es an Co lub er Na t rix unter drei Versuchen einmal, und an Coluber lae- vis immer gelungen, die Eier so lange im Leibe zurück zu behalten dafs diese Schlangen endlich lebendige (d. h. wohl völlig ausgebildete) Junge zur Welt ge- bracht hätten. Ich gestehe, dafs mir diese Angaben sehr verdächtig vorkommen. Zuvör- derst sehen wir aus den Beobachtungen von Leuckart und Andern (a. a. 0 ") dafs Coluber laevis im natürlichen Zustande lebendig gebärend ist. Es bliebe also nur das Eine Exemplar von Coluber Natrix übrig. Sollte hier kein Irrthum sich eingeschlichen haben , so würde ich glauben , dafs die Entziehung des Wassers die Secretion im Eileiter vermindert hat und dadurch die Schaalen der Eier dünner geblieben sind als gewöhnlich***). Denn, wie durch die dicke Schaale im Leibe der Mutler die Athmung lange unterhalten werden könnte ist *) Abgebildet in meinem Sendschreiben : De ovi mammalium et hominis genesi — und zwar im zusammengefallenen Zustande. **) Memoires du Museum d'histoire naturelle Vol. IX. p. 3. ***) So hatten die Eier, welche Rossi durch Verstopfung des Eileiters im Leibe von Hühnern und Putern einige Zeit sich entwickeln liefs , keine Schaalen, sondern nur diinneHäute S Memoires de Turin Vol. VI, X 2 164 eben so wenig einsichtlich, als die Nothwendigkeit der äufsera Bewegung für die Contractionen der Eileiter, und die Unmöglichkeit der Bewegung wegen ausgeblie- bener Häutung*). §. 9. Entwickelung der Säugethiere. a. Früh- Mit diesen beiden Bemerkungen machen wir den Uebergang zu den Säuge- Säiigethiere, thiercn , einer Thierklasse , welche von einem Verhältnisse in ihrer Entmckelungs- geschichte ihren Namen hat, indem alle Mitgheder derselben, nachdem sie aus dem Leibe der Mutter geboren sind und die Eihüllen abgelegt haben, als Nah- rungsstoff die Muttermilch aufnehmen, welche in besondern Organen des müt- terlichen Körpers (den Brüsten oder Milchdrüsen) bereitet wird. Die Zeit der Geburt fällt aber nicht bei allen auf dieselbe Entwickelungsstufe des Embryo. Man mufs daher auch unter den Säugethieren frühgebärende und spätgebärende unterscheiden. Der erstem giebt es nur wenige und sie zeigen wieder unter sich in der Entwickelungsweise bedeutende Verschiedenheiten, während die andern viel zahlreicher sind, und wenn auch ihre Embryonen bei der Geburt nicht alle gleichweit gebildet sind, doch alle äufserlich fast die bleibende Gestalt und sämmt- liche Organe , mit Ausnahme des Geschlechtsapparates , in fast ausgebildetem Zu- stande besitzen. Alle können sich nach der Geburt frei bewegen. Die Früchte der frühgebärenden Säugethiere sind dagegen zu einer selbstständigen Bewegung noch nicht fähig , wenn sie aus der weibhchen Geschlechtsöilnung hervortreten. Die frühgebärenden Säugethiere sind also als die Uebergangsformen , die spätgebärenden als der eigentliche Stamm dieser Klasse zu betrachten. Von jenen müssen wir zuvörderst sprechen, weil sie den Vögeln näher stehen. Es kann aber nur kurz geschehen, theils weil mehrfacher Versuche ungeachtet , eine zu- sammenhängende Kenntnifs ihrer Entwickelungsgeschichte 'uns noch ganz abgeht, theils weil mir eigene Untersuchungen über diese Thiere fehlen. b. Mono- Die auffallendste Abweichung zeigen die neuholländischen Monotremen , das Schnabehhier und das Stachel thier. Zwar ist es nur das Schnabelthier {Ornitho- rhynchus)^ an welchem man diese auffallenden Abweichungen von der Ent- wickelungsweise anderer Säugethiere bemerkt hat, allein bei der nahen Verwandt- schaft der Stachelthiere (^Echidna) darf man kaum zweifeln, dafs beide auch in dieser Hinsicht übereinstimmen werden. — Vom Schnabelthiere ging schon tremen. *) Bei einem meiner Zuhörer, Herrn Dr. Grube, hat eine trocken gehaltene Coluber Nalrix Eier gelegt. Leider erfuhr ich dies zu spät, um die Eier und die Ausbildung der Embryonen zu uniersuchen, Die von mir lebendig gehaltenen Schlangen habe ich alle früher geöffnet. 165 lauge die Sage , dafs es Eier lege und diese Lebrüte. In neuerer Zeit sind endlich solche Eier von Naturforschern gesellen , beschrieben und abgebildet*). Sie sind länglich und haben eine feste Kalkschaale. Zwar ist es immer noch nicht ganz gewifs , dafs die bescliriebenen Eier dem Schnabelthiere angehörten , denn man hat noch nicht die Embryonen darin beobachtet , und es wäre immer noch mög- lich, dafs man Schildkröten -Eier für die Eier des Schnabel thieres angesehen hat, da in der That jene abgebildeten Eier ungemeine Aehnlichkeit mit den Eiern der Schildkröten haben. Indessen nach der Behauptung der Eingebornen, dafs das Schnabelthier Eier lege und auf ihnen sitze, hat man wenig Grund, jene Eier nicht für Eier des Sclinabelthieres zu halten. Durch das Legen hartschaahger Eier treten die Monotremen doch nicht völlig aus der Reihe der Säugethiere heraus, da Meckel anden erwachsenen Weibchen die iMilchdrüsen fand. Die Monotremen wären hiernach Säugethiere, die ihre Eier sehr früh gebären, was für alle hartschaaligen Eier Regel ist, und erst viel später die aus demEie geschlüpften Jungen säugen. Sie würden, wie im gesamm- tenBau, so auch in der Entwickeln ngs weise, zwar den allgemeinsten Verhältnissen nach den Säugethieren angehören , doch starke Uebergänge zur Klasse der Vögel zeigen. Auch läfst der weibliche Geschlechtsapparat, der aus zwei Eileitern ohne wahren Fruchthälter besteht, eine Frühgeburt vermuthen. Die harte Schaale und eine so ungemein frühe TrennuDg von der Mutter , wie diese Schaale sie bedingt, finden wir freilich bei andern Säugethieren eben so wenig, als eiue Zwischenzeit zwischen der Geburt und dem Säugen **). ♦) Geant und Geoffroy in den Annalcs des sciences naturelles Tom. XIII. p. 157. Tab. III. Fig. 4. **) Vor dem Abgange des Manuscriptes finde ich in den Philosoph. Tr ansäet ions fo r the jrear 1832 eine treffliche Untersuchung über den weiblichen Geschlechtsapparat des Orni- thor hy nchus, von Owen, aus welcher ich das hierher Gehörige kurz mittheilen will, weil es die Annäherung der Genitalien an die Form, welche sie in Vögehi und Reptilien haben, noch mehr nachweist, als dies von Geoffroy geschehen war. Owen fand in 5 Exemplaren immer nur den linken Eierstock gehörig ausgebildet. Zur Zeit der Reife hat er ungemeine Aehnlichkeit mit dem nicht ganz reifen Eierstocke der Vögel, oder noch mehr dar Schildkröten. Der Inhalt des Graafschen Bläschens war dunkel, näherte sich also wohl mehr der Natur des Dotters als des Eivveifses. (Vergl. unten §. 9. ä.) Das Verhältnifs des Trichters zu den Eierstöcken ist dem der Säugethiere analog, indem der Trichter sich am Rande einer durch die Fledermausflügel ge- bildeten Tasche Öffnrt, wie die Abbildungen Tab. XV — XVI a. a. O. deutlich zeigen. Die ab- führenden Kanäle (Eileiter u. s. w.) stehen zwischen denen der Schildkröten und Vögel auf der einen und denen der Säugethiere auf der andern Seite in der Mitte , denn Eileiter und Eihälter sind mehr geschieden als in den Vögeln, aber weniger als in den gewöhnlichen Säugethieren, Die ersteren scheinen bestimmt, ein gröfseres Ei zu leiten, als in den spätgebärenden Säuge- thieren. (Man darf daher vermuthen , dafs sie den gesamniten Inhalt der Kapsel der Eierstöcke als Ei aufnehmen , wie in den Vögeln und Reptilien.) Der Eihälter ist mit starken Längsfalten besetzt und hat eine dicke Schleimhaut, wie in den Vögeln. Wahrscheinlich secernirt er eine nicht unbedeutende Quantität eines consistenten Eiweifses und auch wohl den Stoff zur Schaale. 166 «. Beutel- Frühgebärend sind nämlich auch die Beutelthiere und -wahrscheinlich in ver- ^^'^""^ schiedenem Grade. Bekanntlich haben diese Thiere bei aller IMannigfaltigkeit in der Bildung der Zähne, des Verdauungsapparales überhaupt und der Füfse das üebereinstimmende , dafs die Milchdrüsen der Weibchen in einem am Bauche an- gehefteten Beutel sich befinden , in dessen Wand zwei bewegliche Knochen stecken, durch deren Hülfe der Beutel willkürlich geöffnet und geschlossen werden kann. Bei einigen Arten ist der Beutel nicht vollständig, sondern statt seiner ist auf je- der Seite der Milchdrüsen nur eine schwache Hautfalte, in welcher der Beutelkno- chen nicht fehlt. Es ist nicht zu bezweifeln, dafs bei diesen die Embryonen in mehr ausgebildetem Zustande geboren werden , als bei den andern. Die Beutel- thiere mit ausgebildetem Zitzeubeutel sind nämlich schon lange ein Gegenstand der Verwunderung und der Untersuchung für die Naturforscher gewesen , da man die Embryonen ungemein klein und wenig ausgebildet an den Zitzen hängend ge- funden hat, an die sie sich so fest ansaugen, dafs die Brustwarze tief in den Schlund hinein ragt und der Embryo eben dadurch in seiner hängenden Stellung gehalten zu werden scheint. So hängend bilden sich die Embryonen allmählig aus während der Zitzenbeutel geschlossen gehalten wird. Erst wenn sie so weit ausgebildet sind wie die gebornen Jungen der gewöhnlichen Säugethiere , Öffnet sich der Zitzenbeutel, und die Bewohner desselben verlassen ihn zuweilen und keh- ren theils in Augenblicken der Gefahr, theils wenn sie saugen wollen, in ihn zu- rück. Man sieht hieraus, dafs in diesen Thieren die Periode des Säugens viel weiter ausgedehnt ist als in den gewöhnlichen Säugethieren, dafs die letzte Hälfte nur der Säugezeit anderer Mammalien entspricht, die erste aber die gewöhnliche Entwickelung im Fruchthälter ersetzt. Es treten nun die Fragen entgegen: wie kommen die Früchte in den Zilzen- beutel , und wie namentlich an die Zitzen P Bis wie weit entwickeln sie sich in dem insbesondere sogenannten Geschlechtsapparate P Owen ist zwar nicht geneigt, eine feste Schaale für diese Thiere anzunehmen , weil ein hartes Ei nicht durch das Becken gehen würde; allein ein Ei, wie es Grant darstellt, würde nicht lu grofs seyn, und Beschreibung und Abbildung, wie Owen sie selbst vom Eihälter giebt , stim- nien durchaus mehr mit denselben Theilen in Thieren , welche hartschaalige Eier legen , als in Thieren mit dünner Eihülle, Beide Eihälter öffnen sich in den weiten Harnleiter und dieser in eine Kloake, die mehr dem Verdauungsapparate als dem Geschlechts- und Harnapparate anzu- gehören scheint. Was die Milchdrüsen anlangt , so hat Owen, aufser einer anatomischen Un- tersuchung , welche ihre Bestimmung wohl vollständig nachweist, noch einen Briefeines in Neu - Süd- Wales stationirten Lieutenants Manie mitgetheilt, der ein säugendes Weibchen mit den Jungen im Hause hatte. Als man der gestorbenen Mutter den Balg abzog, flofs Milch aus den Milclidrüsen. üerselbc Officier fand im Leibe (wo?) eines andern Schnabelfliieres ein noch wei- ches Ei. Auch in der Echiäna fand Owen Milchdrüsen. 167 Es ist nämlich vernünftiger Weise nicht zu zweifeln , dafs die Frucht in den innern Geschlechtstheilen zuerst gebildet werde. Die Beutelthiere haben zwei Eierstöcke, die im Wesentlichen mit den Eierstöcken anderer Säugethiere über- einzustimmen scheinen , deren Bau wir bald näher kennen lernen werden. Lei- der habe ich nicht Gelegenheit gehabt, diese Eierstöcke in frischem Zustande zu untersuchen, ich weifs daher nicht, ob in den Dottern oder den Graafschen Bläs- chen eine Besonderheit sich zeigt. Die Eileiter finde ich in ihrer hintern Hälfte bedeutend mehr erweitert , als in den gewöhnlichen Säugethieren. Diese Erwei- terung stinmit mit dem Eihälter der Monotremen , den ich schon deshalb nicht für übereinstimmend mit dem Fruchthälter der spätgebärenden Säugethiere halten möchte. In den Beutelthieren folgt nämlich auf die Eileiter noch ein Theil , den man gewöhnlich für den Fruchthälter nimmt , der aber doch von der ausgebilde- ten^ Form desselben in den gewöhnlichen Säugethieren bedeutend abweicht. Er zeigt uns nämlich aufser einem mittlem Theile zwei weite Seitenkanäle, die eben- falls in die Scheide einmünden. Der mittlere Theil ist durch ehiQ Längsfalte wieder in zwei Gänge getheilt und mündet zwischen den beiden Seitengängen in die Scheide. Ich werde erst später zeigen können , dafs diese Form , die man einen Uterus contortus genannt hat, als ein in der Entwickelung gehemm- ter Fruchthälter von gewöhnlicher Form zu betrachten ist. Dieses Verhältnifs angenommen , wird es Sie weniger wundern , dafs der Zitzenbeutel als ein zweiter Fruchthälter dem Emhrjo dient. Eben deshalb mufs man aber auch wahrschein- lich finden, dafs die Embryonen gradezu in ihn hineingeboren werden, wobei ohne Zweifel die Scheide sich nach vorn krümmt und die Zitzenknochen die Oeffnung des Beutels nach hinten ziehen. Andere Wege aus den innern Ge- schlechtstheilen in den Zitzenbeutel hat man wenigstens nicht finden können. Wie die Eier oder Embryonen im Zitzenbeutel einen festen Sitz erhalten, läfst sich nach ganz neuen Beobachtungen von Morgan *) einigermafsen ver- muthen. Dieser fand nämlich, dafs vor der Periode des Säugens die Zitzen nicht vorragen, sondern, dafs jede in eine kleine Höhle zurückgezogen sich befindet. Es ist wahrscheinlich, dafs die Embryonen mit dem Munde in diese Höhlen hin- eingedrängt werden, wenn nicht etwa das ganze Ei hierher gelangt und der Em- bryo erst hier von den Eüiüllen sich löst. . Darüber ist man nämlich noch ganz ungewifs, wie lange der Embryo in den Eihäuten eingeschlossen bleibt und ob er mit ihnen oder ohne sie in den Zi- tzenbeutel kommt. Man hat schon an Känguruhs von 6Q Pfd Gewicht enthüllte *, Transdctions of the Linnean sncietj. Vol XVI. 168 Embrj^onen von nur 21 Gran, und an Ideineren Beutelthieren sogar von einem Grane gefunden ; allein zu glauben , dafs sie nie Eihüllen haben , wäre zu jetzi- ger Zeit wobl unpassend. Geoffroy glaubt sogar eine Spur vom Fruchtkuchen an Embryonen von 5 Linien Länge dicht am Bauche gesehen zu haben. Auch die Nabelgefäfse, welche Blainville früher vergeblich gesucht hatte , erklärt Rudolphi gefunden zu haben. An dem Daseyn solcher Gefäfse in früher Zeit ist vernünftiger Weise nicht zu zweifeln, allein den Embryo wenigstens , wel- chen ich im Berliner anatomischen IMuseum als von einem Didelphis aufgestellt sah, konnte ich nicht für einen solchen erkennen, da er nicht die Fufsbildung dieser Thiergattung hatte. Ob die Verwechselung vor oder nach der Untersu- chung Statt gefunden , weifs ich nicht *), Auf jeden Fall fehlt noch vieles, um die Entwickelungsgeschichte der Beu- tellhiere , mit der anderer Thierformen vollständig zu vergleichen. d. Spatgebär Wenden wir uns jetzt zu den spätgebärenden Säugethieren, die den eigent- thiere. '^"^^' lichcu Stamm dieser Klasse bilden, während die frühgebärenden nur Uebergänge zu andern darstellen , so fniden wir in der äufsern Form und dem Baue des Eies viel mehr Mannigfaltigkeit als in der Entwickelungsweise der Embryonen selbst. Diese letztern stellen wir vorläufig zurück , um sie später kurz mit cter Bildungs- creschichte des Küchleins vergleichen zu können. Die Geschichte des gesammten Eies und seiner verschiedenen Formen wer den wir aber ausführlicher zu untersuchen haben, wenn wir ein sicheres Ver- ständnifs bei den widersprechenden Angaben und der abweichenden Benennungs- art einzelner Theile , wie wir sie in den Schriftstellern verschiedener Zeiten fin- den , erlangen wollen. Ich halte es daljei für passend, dasjenige voranzuschicken, was man seit Jahrhunderten und zum Theil seit Jahrtausenden weifs, dann zu der Untersuchung übergehe , wie diese Theile sich lülden und die Resultate der neuesten Forschungen bei dieser Darstellung mitzutheilen. Hierdurch erlange ich den Vorlhcil zuvörderst nur von Verhältnissen zu sprechen, die den Medicinern unter Ihnen vfillig geläufig sind und auch den übrigen Herren Zuhörern mehr oder weniger bekannt seyn werden. »•. Was man Die ältere Kenntnils, wie sie z. ß. in den gewöhnlichen anatomischen Eie se[tTan- Handbüchern des vorigen .Jahrhunderts gegeben wird, bezieht sich nur auf den w ^fSr' spätem Zustand der Frucht, Man *) Rudolph! hat diesen Embryo spater in den Abhandlungen der LrrUner Jhademir 1828 abbilden lassen. Wer diese Abbildung aufmerksam betrachtet, wird mit mir zweifeln, dafs bei einem so weit entwickelten Beuteltliiere der Daumen des Hinterfufses von den andern Zehen sich noch nicht unterscheiden sollte. Den Daumen sieht mau doch gani deutlich in viel weni- ger entwickelteo Embryonen von Beutelthieren. 169 Man weifs vor allen Dingen seit langer Zeit, dafs die Jungen der gewöhn- lichen Säugethiere in dem Fruchthälter, der sogenannten Gebärmutter oder dem Uterus des mütterlichen Körpers, sich entwickeln, dals sie hier von weichen blutreichen Hüllen, den Eihäuten umgeben sind, dafs der Embryo vermittelst eines runden Stranges , der aus dem Nabel abgeht , und deshalb Nahelstrang oder Nabelschnur (JFuniculus umbilicalis) heifst, mit diesen verbunden ist. Im Nabelstrange sind bei allen Säugethieren zwei Nabelarterien und entweder nur eine Nabelvene, wie im Eie des Blenschen und der meisten andern Säugethiere, oder zwei Nabelvenen , wie im Ei der Wiederkäuer , die aber auch hier gleich beim Eintritte in den Leib sich zu einem Stamme vereinigen. Vom fernsten Alterthume her unterschied man allgemein zwei Häute unter den Hüllen des Säugethier-Eies, das Amnion und das Chorion. Jene Haut kannte man als gefäfslos, aus einem Blatte bestehend, den Embryo in einem weiten, ab- stehenden Sacke umgebend, doch so, dafs es sich auf der äufsern Fläche des Na- belstranges, als Ueberzug nach dem Nabel des Embryo fortzieht, und in seine Haut übergeht. In Verbindung mit der Haut des Embryo bildet also das Am- nion einen in sich selbst eingestülpten Sack , zu welchem der Embryo in demsel- ben Verhältnifs steht, wie das Herz zum Herzbeutel. Im Innern dieses Sackes ist das Frucht- oder Schaafwasser. Das Chorion dagegen soll als ein gefäfsreicher und einfacher, nicht einge- stülpter Sack das Amnion mit dem Embryo und der Nabelschnur umgeben. Die Gefäfse des Chorions sind Verlängerungen der Nabelgefäfse. Allein die äufsere Fläche des Chorions ist in keinem Säugthier-Ei völlig glatt. Entweder liegt, wie beim Menschen und den Raubthieren , auf einem beschränkten Theile dieser Haut eine dicke Masse auf, die die netzförmigen Enden der Nabelgefäfse in Zotten oder Flocken vertheilt enthält; einen solchen Theil nannte man einen Mutter- kuchen, Piacent a, in neuester Zeit Frucht ku dien-, — und ihm gegenüber ist eine ähnliche Bildung an der innern Wand des Fruchthälters. Oder man findet auf sehr langen Eiern viele solche Mutterkuchen zerstreut, die man Cotyle- dones nannte und denen gegenüber man immer entsprechende Wucherungen aul der innern Fläche des Fruchthälters bemerkt. Es war leicht einzusehen, dafs diese Cotyledonen nichts seyen , als die auch in dem einfachen Fruchtkuchen un- terscheidbaren lappigen Abtheilungen, von einander getrennt, und auf das lange Ei, wie es bei Wiederkäuern immer ist , vertheilt. Eine dritte Form von Eiern, die auch lang ist, und bei den Pferden, Schweinen und andern nicht wiederkäuenden Hufthieren vorkommt, zeigte aber auch keine Cotjledonen , sondern man fand dassanzeEi, mit Ausnahme seiner äufsersten Enden, mit kurzen, anGefäfsnelzen //. T 170 reichen Zotten bekleidet. Es wäre nicht schwer gewesen , auch in dieser Form das Verhältnifs zu den andern wieder zu finden, denn jeder Cotyledo vom Ei der Wiederkäuer besieht wieder aus einer sehr grofsen Anzahl von Zotten , und wir haben also auf den Eiern der nicht wiederkäuenden Hufthiere diese Zotten nur vereinzelt und über den gröfsteu Theil des Eies vertheilt. Die Zotten hielt man aber gewöhnlich für blofse Verlängerungen von Gefäfsen, weil sie beim Menschen sehr dünn sind. So weit wären nun die Eier übereinstimmend gefunden worden , und auch das Verhältnifs zum Vogel -Ei lag offen da. Das Amnion ist dieselbe Haut, die wir schon aus dem Vogel unter diesem Namen kennen , der Nabelstrang ist offen- bar ein verlängerter, in eine Schnur ausgezogener Nabel. Auch das Chorion konnte man als übereinstimmend mit dem Chorion des Vogel -Eies, wie es sich in der letzten Zeit der Bebrütung zeigt, betrachten. Nur hat dieses Chorion des Vogels, wenn man nur die äufsere Umhüllung so nennt, wie wir(§. 5. q.) ge- than haben , noch eine Lage unter sich , die mit dem äufsern Chorion ursprüng- lich einen zusammenhängenden Sack bildete und auch später, wo diese untere Lage freilich ärmer an Blutgefäfsen geworden ist, bleibt doch der Uebergang un- verkennbar. Es mufste also die Frage entstehen : Ist es mit dem Chorion der Säu- gethiere eben so? und als man durch diese Frage geleitet hier und da mehrere Blätter im Chorion unterschied und auch die Art, wie das Chorion der Vögel ge- bildet wird, kennen lernte, mufste man sich fragen: wie denn das Chorion der Säugethiere und namentlich des Menschen gebildet werde , da es doch Niemandem gelingen wollte, zu irgend einer Zeit einen gefäfsreichen Sack bei Säugelhieren aus der Kloake hervorwachsen zu sehen, oder auch nur unter dem gefäfsreichen Blatte des Chorions ein anderes davon abstehendes Blatt (die andere Hälfte des Sackes) wie beim Vogel (vergl. §. 5. p. q. r.) zu finden, abgesehen davon , dafs im Chorion des Menschen Gefäfse doch nur so weit sich zeigen wollten , als der Fruchtkuchen reicht. Der Fruchlkuchen war offenbar etwas den Säugethier- Eiern Eigenlhümlichcs , das im Vogel -Ei fehlte. Dagegen sah man in den Säuge- thier- Eiern keine Hagelschnüre, kein Eiweifs, keine Schaalenhaut und keine Schaale. Dafs der Dottersack fehlte, schien sich von selbst zu verstehen. Die Dotterkugül hielt man eben für eine Eigenthümlichkeit der Vögel , der Eidechsen und vielleicht anderer Thiere, Hierzu kommt noch, dafs man schon früh auffallende Verschiedenheiten im Bau der Eier verschiedener Ordnungen von Säugelhieren bemerkte. Im Ei aller Hufthiere fand sich ein ansehnlicher Sack, so lang als das ganze Ei, welcher äufserst zart und völlig gefäfslos war, vom Chorion weit alj- 171 slaud und durch einen hohlen Gang, den Urachus oder Harnstrang, in die Harn- Llase überging. IMan nannte den Sack nach seiner Form Allantois, Allan- toides, oder nach seineu Verbindungen die i/ar/z/iaw^ Im Ei des Hundes und anderer Raublhiere sah es wieder ganz anders aus. Hier war ein langer sehr gefäfsreicher Sack, der eben deshalb ganz gerölhet er- schien, auch mit dem Naljel in Verbindung stand, aber (wie man gewohnhch glaubte} nur durch Gefafse. IMan nannte ihn die Erythrois. Ganz verAvirrt mufste man werden, als man im Hunde -Embryo wohl einen offenen Urachus fand, aber keine Harnhaut erkennen konnte, dagegen hier unter dem Chorion wirklich ein abstehendes, auch Gefäfse enthaltendes Blatt entdeckte, wie im \o- gel, eine Membrana media. Ging man nun vom Hunde zurück zu den Huf- thieren , so fand sich , dafs bei denen , die nicht wiederkäuen , wie das Pferd und das Schwein , in der ersten Hälfte der Entwickelung auch ein innerer gefäfsrei- cher Sack war, der durch den Nabel hindurch mit dem Darme in. Verbindung stand , aber lange nicht so ausgedehnt sich zeigte , als im Hunde , und nach beiden Enden in sehr dünne Zipfel auslief. Das Ei des Menschen sab in seiner frühern Form neue Probleme , ein klei- /• ^^'^* "»ä»- ö ^ ' ^ ^ in neuerer lies Bläschen, das Nahelbläschen {Vesicula umbilicalis) , zeigte sich zwi- Zeit über da? sehen Chorion und Amnion gelegen und hing durch einen langen Stiel mit dem E^'^^a sTine Nabel zusammen. Viele Anatomen konnten es jedoch gar nicht finden und hiel- j^'^'^'^g^J^ ten es für krankhaft. Zwischen Amnion und Ciiorion, wo sie von einander ab- achtet hat stehen, fand man ferner in ganz jungen Früchten ein unverständliches Häutchen, das -man die mittlere Haut ^Membrana media) nannte und für die All an - tois zu halten geneigt war. Dafs in späterer Zeit dem Fruchtkuchen von Seiten des Fruchthälters ein anderes Gebilde gegenüber liegt, wie in Wiederkäuern Ute- rin-Cotjledonen, den Foetal- Cotyledonen gegenüber sich finden, war den Beob- achtern nicht entgangen , allein es wurde mit Bestimmtheit nachgewiesen , dals in der ersten Zeit der Entwickelung des menschlichen Eies der ganze Fruchthäl- ter von einer dicken Schicht geronnenen Stoffes ausgekleidet war, der hinfälligen Haut , Membrana decidua Hu nteri, ja dafs diese Schicht nicht einmal un- mittelbar mit ihrer innern Fläche das Ei umgebe, sondern in sich selbst einge- stülpt sey und in dem eingestülpten Theile, der umgeschlagenen Haut {Decidua reflexa), das Ei wie in einem offenen Sacke sich befinde*), wovon kein ande- res Säugethier etwas zeigte. * H u n t e r . Anatom ia uteri humani g rav idi. Lond. 1774. Y 2 172 Was die Ausbildungsweise des Eies anlangt, so hatte mau schon im 17ten Jahrhunderte in den Eierstöcken der Säugethiere mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen gesehen und ausführlich beschrieben , und nannte sie nach einem Beobachter der- selben : Graafsche Bläschen. Da derselbe Anatom ganz kleine Eier in den Eilei- tern (iMuttertrompeten) eines Kaninchens und etwas gröfsere im Fruchthälter ge- funden hatte, so zweifelte er nicht, jene im Eierstocke gefundenen Bläschen seyeu die Eier, sie würden nur weiter geführt und entwickelten sich im Fruchthälter. Allein er konnte nicht verhehlen, dafs die im Eileiter gesehenen Bläschen viel kleiner waren als die im Eierstocke gefundenen *). Dieser Schwierigkeit un- geachtet, und obgleich mehrere Beobachter weder in den Eileitern, noch im fruchthälter bald nach der Befruchtung etwas Anderes finden konnten als Flüssig- keit, obgleich bald nachher ein oder mehrere Graafsche Bläschen entleert und in eine feste Masse, das Corpus Zw ^eww, umgewandelt gefunden worden, er- hielt sich doch die Graafsche Ansicht unter mehrfachen Einwüifen als die ein- fachste und scheinbar natürlichste. Indessen forderte der Gegenstand dringend eine neue gründliche Untersu- chung. Halle r verband sich zu diesem Zwecke mit seinem Schüler Kuhle- m a n n , und beide untersuchten Schaafe sehr häufig und von Tag zu Tage mehrere, fanden aber zu ilirer und der anatomischen Welt Verwunderung vor dem 12ten Tage gar nichts, dann etwas Schleim, der sich mehrte, am 17ten die ersten Spu- ren des Eies, und am 19ten schon ein sehr grofses Ei mit dem Embryo. Andere Thiere untersuchte Hai 1er theils allein, theils mit einem andern Schülej, Ith, aber auch mit demselben Erfolge. Im Hunde wurde bis zum lOlen Tage kein Ei gesehen **), Hiernach mufste man sich zu der Ueberzeugung wenden , die Graaf scTien Bläschen gäben für die Fortpflanzung nur eine Flüssigkeit her , aus welcher viel später das Ei in seiner ganzen Ausdehnung sich forme , wie durch ein von innerer Nothwendigkeit gebotenes Gerinnen. Aber auch bei dieser Ueberzeugung konnte man nicht mit Ruhe beharren, da ein Engländer, Cruikshank, am Ende des vorigen Jahrhunderts die Eier der Kaninchen schon am dritten Tage nach der Befruchtung in den Eileitern fand ***) und man] dadurch Avieder zu der Graafschen Meinung zurückzukehren Veranlassung hatte, wofür auch eine gewisse Aehnlichkeit (wenn auch nicht *) Graaf, De rnuli crum o rgani s, f 672. **) Haller, Opera minor a Vol. II. N. XXXII. ♦**) Philo öofj hicul Tr a nsact io ns 1797, und Reils Archiv Bd. II. 173 üebereiiislimmung) der Graaf .sehen Bläschen mit den Dotterkugeln der Vögel zu sprechen schien. Im ersten und zweiten Decennium des jetzigen Jahrhunderts be- wiesen Oken*) und Meckel**), dafs der Eml)ryo der Säugethiere in der That einen Dottersack habe, dafs das Nabelbläschen des Blenschen und die Erythrois anderer Thiere nichts anders sein könnten und dafs diese Theile in früherer Zeit oflFen mit dem Darme communicii'ten , wie der Dotiersack der Vögel. Auch die andern Theile der Eihiillen zeigten eine Uebereinstimmung. Die Evidenz des Be- weises wurde jedoch nicht allgemein anerkannt. Dutrochet und Cu vier führ- ten die Analogie zwischen drm Säugethier-Ei und dem Vogel -Ei noch weiter durch, und bewiesen insbesondere, dafs die Allantois wie beim Vogel in Gemein- schaft mit einer äufsern Eihaut das Chorion bilde, Cuvier zweifelte aber (wie schon früher E m m e r t und später F 1 e i s c h m a n n) an der offenen Communication des Nabelbläschens und der Erythrois mit dem Darme. Auch hatten beide die EntstehungsAveise der x\llantois nicht auffinden können. ***} Ich verfolgte später jene Bildungsweise der Allantois und des Chorions näher in ihrem Fortschreiten nach den verschiedenen Formen, die sie annimmt, um zu beweisen, dafs die Ver- schiedenheit des Chorions durch den Fruchthäller bedingt werde f). Wie aber die äufsere Eihaut entstehe, hatten Dutrochet und Cuvier ganz unberührt gelassen, eben so wie Pre vost und Dumas, welche nicht nur wieder das Ei des Hundes in den Eileitern gefunden , sondern die Aehnlichkeit des jungem Säuge- thier- Embryo mit dem Vogel -Embryo in vielen Einzelheiten nachgewiesen hat- ten ■{"•J*). Da ich das Ei im Graaf 'sehen Bläschen als sehr kleine Dotlerkugel aufge- funden hatte *l""i"|"), war ich geneigt zu glauben, die äufsere Eihaut sey eine ursprüng- liche aus dem Eierstocke mitgenommene. Bald darauf aber gelang es mir an Huf- *) Oken's und Kieser's Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physiologie 1807. 4. **) W 0 1 ff : lieber die Bildung des Darmkanals im Hähnchen , übersetzt mit einleitender Abhand- lung von M e c k e 1 1812. 8. ***) Cuvier, Memoires du Museum d' hisloire natur e lle Vo]. lU. {18i7). Dutrochet zuletzt in Mem. de la societe medicale d' e mulation. Vol. IX. (1826). -J-) Eaer, Ueber die Gefüfsverbindung zwischen Mutter und Frucht. 1828. Gratulationsschrift zu Sömmerrings Jubelfeier. jy) Annales des scienccs naturelles. Tome III. p. 113. (1834). -^■J-Y) Baer, De ovi mam.malium et hominis genesi Epistola 1827. XV, Dieces Vorkommen des Eies innerhalb des Graafschen Bläschens ist seitdem von Sharpey, Thomson {Edinb, neiv philos. Journal 18S0. Oct^ und Seiler (JDie Gebärmutter und das Ei des Menschen, 1832.) bestätigt worden. — Auch darin findet es seine Bestätigung, dafs seit der Erscheinung meiner Schrift mehrere Naturforscher glauben , das Ei schon früher gesehen und als solches erkannt zu haben. Herr Dr. Plagge hat zur Begründung seiner Ansprüche eine besondere, Abhandlung in MeckeTs Archiv für Anat. u. Physioh Jahrg. 1829. S. 193 — 202. ein- gerückt, in welcher er nachzuweisen sich bestrebt, dafs nicht nur von ihm das wahre Ei oder 174 thieren zu beobachten , dafs diese Haut »^anz eljen so, nur später, sich bildet, wie die äufsere Eihaut des Vogels, so wie die Ausbildung des Eies der Huf thiere mit die Dotterkugel der Saugetliiere schon richtig gesehen und beschrieben sey, sondern auch vor- her von Andern. Er hofft, ich werde „von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch der Geschichte aufgeschlagen haben werde. " Bis dahin hält Herr Dr. Plagge mir das Buch der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von Gra af's Schriften-]-) ; aus P a Ify n' s Traiti V des monstres zu beweisen, dafs Graaf nicht die bekannten , nach ihm benannten Bläschen für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dolterkngeln in ihnen. Da ich Graaf's opera nmnia doppelt befafs , so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. Plagge zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, dafs Graaf den ge- sammten Inhalt der Kapsel geradezu Ovulum nennt. Ich mufs um Verzeihung bitten, dafs das Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen Home und Bauer das Ei im Eierstocke ge- sehen haben. Diese Beobachter sagen : das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper aber soll, sich nie in oder aus einem Graafschen Bläschen entwickeln , sondern aufserhalb des- selben. Einmal soll Herr Bauer die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies gesehen haben, allein an einem .noch jungfräulichen, ja nur sechsmonatlichen Schweine!! {Lectures on compar ativ e anatorrty Vol. III und Meckel's d. Archiv für Physiologie Bd. V. S. 417. In dieser deutschen Uebersetzung , welche Autorität Herr Dr. Plagge allein kannte, steht sogar: sechstuöclientlich.) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so viel, dafs es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn Home verständlich wird. Wir wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen .' Dafs er das Ei irgendwie im Eierstocke gesehen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Gröfse dieses Eies wird ungefähr angegeben , noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah. Dafs eine befruchtete Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich ff ). Dafs Home und Bauer gerade auf eine solche Sau treffen und sie ganz im Momente des Ausschütteus öffnen, ist so unendlich unwahrscheinlich, dafs man wenigstens annehmen müfste, Home's Messer habe die Geschlechtsliist des Thieres erregt! Da es völlig unmöglich ist, dafs man die Eröffnung eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier- .etocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist , so halle ich die panze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben hat, mag ihn in Anwendung bringen! — Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen Werth gelegt, aber wohl die Deutschen , von denen Menzel nicht mit Unrecht sagt : ,,Wenn 6if. Deutschen einmal ins Verehren kommen , so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was? In Bezug auf die Ansprüche des Dr. Plagge selbst habe ich schon in Heusing er's Zeit- schriß Bd II. mich dahin ausgesprochen, dafs es mir scheint , derselbe habe ein unentwickeltes, durch ein benachbartes Co r/> 1/ 5 luteum zusammengedrücktes Graafsches Bläschen , wie ein Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn Plagge sagt in seiner frühern Abhandlung (Meckel's deutsches Archiv für Physiologie Bd. VII.) das Corpus luteum bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graafschen liliisctien. Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durclimesser erhalten und drei Kreise zeigen, ,, welche die drei nachherigen Häute, das Chorion, die AUantois und das Amnion zu seyn scheinen." Die einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, «o wie dieKeimhaut, später zur Nabelblase werdend , t) Das Buch der Geschichte hat bei Herrn Dr. Plagge doch ansehnliche Lücken ' tt) Dafs im menschlichen Weibe corpora lutea ohne vorhergegangene Schwangerschaft vorkommen, hab<; ich selbst gesehen. Selten mögen sie ohne Begattung sich finden. Bei Thieren mufs icli die Er Öffnung der Kap«eln ohne vorherige Paarung bezweifeln, weil ich nie die Spuren an zahlreich von mir geöffneten Thieren gesehen habe. 175 der anderer Säugethier-Eier als iüjereiiistimmend nachzuweisen und vollständig aufzufinden, •vrodurch Hai 1er und Kuhlemann irre geführt Avaren*). Mit dieser kurzen, auf Vollständigkeit durchaus nicht Anspruch machenden historischen Skizze **} habe ich Sie gleich in die Kenn Inifs unserer Zeit hinüber- würden also allein fehlen! Der zweiten Abhandlung in MeckeV s Archiv für jinat. und Physiol. Jahrg. 1829. hat Herr Dr. Plagge Abbildungen beigegeben, ohne weitere Erklärung. In Taf. VI. Fig. 2. wird Jedermann eine kürzlich geöffnete Kapsel erkennen, aus der das Ei längst weg ist, und was aufserdem von der Gröfse einer Kirsche abgebildet ist, für etwas Krankhaftes oder Unver- ständliches erklären. In Fig. I. sieht man einen Eierstock mit mehreren vorragenden fast auflie- genden Graafschen Bläschen , wie sie sich nie im Eierstocke der Kuh finden. Auf einem dersel- ben erblickt man ein schwarzes Fleckchen, das wahrscheinlich das Ei bedeuten soll. Es war nicht schwer, nach Erscheinung meiner Schrift ein solches Fleckchen zu zeichnen, es ist aber von einem Gefälskreise umgeben , wie er sich bei aller Wandelbarkeit der Gefäfse der Graafschen Bläschen doch nie findet. Früher war ich zweifelhaft, ob Herr Dr. Plagge nicht wirklich die Dotterkugel der Kuh gesehen habe, jetzt nicht mehr. P r e V o s t und Dumas scheinen dagegen im Hunde das Ei gefunden zu haben , ohne es da- für zu halten, was es wirklich ist , denn nicht nur sagen sie in der Abhandlung, in der sie be- merken , zweimal dunkle Körperchen innerhalb der Graafschen Bläschen gesehen zu haben (^Annale s des scie n ces naturelles T. III. p. 135.), diese seyen von den Eiern durch ge- ringere Durchsichtigkeit verschieden gewesen, weswegen die Verfasser es für nöthig halten, dafs nochmals das Verhältnifs der Graafschen Bläschen zu den im Fruchthälter gefundenen Eiern untersucht werde , sondern Dumas erklärt in dem Artikel Oeu/ des Dictionnaire classi- que (gedruckt 1827): ,, aus der Kapsel trete ein elliptisches, durchsichtiges mit Flüssisheit gefülltes Bläschen"-, offenbar nach blofser Vermuthung, da ein solches Bläschen sich nicht findet. Nach Erscheinung meier Schrift beschreibt freilich Vre\ost {Annales des sciences naturelles Tome XVI. [an 1829] p. 160) richtig die Dotterkugel aus der Kuh, als ein undurchsichtiges Kügel- chen. In neuester Zeit hat auch Herr Cosle die Dotterkugel der Säugethiere gesehen, *) Diese Beobachtungen theilte ieh 1830 der Akademie zu Paris und ISSl der Akademie zu Berlm mit, bin aber seitdem , obgleich die Abbildungen schon vor vier Jahren gestochen sind, nicht dahin gelangt sie erscheinen zu lassen. Ich hoffe dieses nächstens thun zu können. **) Nicht einmal auf vollkommene Wahrheit kann unsere Skizze Anspruch machen, da bekanntlich Needham schon weiter gesehen hatte, als seine Nachfolger. Allein jeder Kundige weifs, dafs, wenn man alle Schwankungen erzählen wollte, daraus nothwendig ein starker Band werden würde. Ich habe nur die allgemein verbreitete ältere Kenntnifs berücksichtigt, weil es mir darauf ankam, von dem, was jeder Mediciner weifs, oder wovon er wenigstens gehört hat, wie von der Ery"' throis u. s. w. eine Brücke zu der spätem genetischen Darstellung zu bauen, und ich hoffe, dafs diejenigen Leser, die eben nicht Anatomen aus der neuen Schule sind, mir für diese paar Seiten danken werden, weil ohne sie ihnen das Verständnifs der genetischen Darstellung nicht unbe- deutende Schwierigkeiten machen würde. Nur diesen Zweck im Auge behaltend, habe ich das Verwirrende möglichst ausgelassen und den historischen Bericht der nachfolgenden Darstellung mehr angeführt. So hat Cuvier eigentlich nicht bewiesen, dafs das Chorion aus einer äufsern Haut und der Allantois werde. Vielmehr nennt er die äufsere Haut selbst Chorion und sucht es aus dem Bau reiferer Eier zu erweisen, dafs die Gefäfse durch^die Allantois (oder was wir Harn- sack nennen) dahin gelangen. Dutrochet dagegen läugnet eine gemeine umschliefsende Haut ganz und hat deshalb sogar Kämpfe mit Cuvier begonnen. Nach ihm ist das Chorion nur ein Theil des riarnsackes. Dazu kommt, dafs er im Menschen die Decidua für das Chorion, d. h. für die Allantois angesehen hat. Er ist daher häufi'g gar nicht verstanden. Die allmählige Ausbil- 176 führen und Ihnen von vorn herein anzeigen wollen , wohin die genetische Dar- stellung führen wird, an die ich mich jetzt wende, nämlich zu den Resultaten: 1) dafs alle Säugethier - Eier schon vor der Befruchtung als Ideine Dollerkugeln da sind ; 2) dafs alle ursprünglich mit einander in der Art ihrer Ausbildung und der Zahl ihrer Theile übereinstimmen ; 3) dafs diese Theile, nur mit gewissen Abweichungen, die durch den Frucht hälter bedingt werden , dieselben sind , wie im Ei der Vögel ; 4) dafs aber in einigen Eiern gewisse Theile, in andern andere früh aufhören zu wachsen und dadurch die spätere Differenz hervorgebracht wird ; 6) dafs endlich diese verschiedene Beständigkeit der einz'elnen Theile verbunden mit der verschiedenen äufsern Gestalt, die wieder vom Fruchlhälter abhängt, die Verschiedenheiten der Säugethier -Eier erzeugt, g. Weibli- j)gj, Geschlechtsapparat der spätgebärenden Säugethiere unterscheidet sich schiechtsap- von dcu bci Vögclu uud Reptilien vorkommenden Formen vor allen Dingen durch parat erse - ^Q|jg^;jj^j|-gg Trennung von dem verdauenden Kanäle. Unter allen Säugethieren zeigen nur die frühgebärenden IMonotremen in einer Kloake ihre Verwandschafl mit den niedern Thierklassen. Es kommt zwar auch bei einigen normalen Säuge- thieren vor, dafs von Aufsen gesehen Darm und Geschlechtswege nur eine gemein- schaflliche OefFnung zu haben scheinen, allein näher untersucht, zeigt es sich, dafs in solchen Thieren blofs die Scheidewand zwischen beiden Wegen , wo sie nach hinten ausläuft, nicht an der allgemeinen Behaarung Theil hat, keinesweges aber eine gemeinschaftliche Flöhle (Kloake) da ist. Dagegen sind die Harn- nnd Geschlechtswege im Ausgange immer mit einander verbunden. Taf: IV. Die Eierstöcke der Säueethiere fund wir meinen , wenn nicht das Gegentheil Fig. l8. , . . CTesagt wird, hier immer die spätgebärenden oder normalen) sind auf beiden Sei- ten entwickelt, sie sind wie bei Vögeln und Schildkröten solide (d. h. ohne innere Höhlung) , eben so aus einem Keimlager (Zellstoff) und eingesenkten Kapseln be- stehend , welche letztere hier (in Verbindung mit ihrem Inhalte) Graafsche Bläs- chen genannt werden*). Die äufsere Haut des Eierstockes scheint uns nur ein verdichtetes Keimlager und wird noch vom Bauchfelle überzogen. Sowohl das Keim- (luiig des Chorions und die Eiitwickeliing dos Harnsackes hat keiner von beiden verfolgt. Cuvier s».ellt CS sogar a. a. O. S. 107. in Frage, ob der Harnsack der Siiuiiethieve allmäh lig heranwachse, oder vom Anfange an die Form habe, die man spater findet. So lang waren die Geburtswehen für die Kenntnifs der Sängetliier- Eier ! Ich glatibe in der That zuerst die rildiingsgeschichfe des Chorions und der Allantois gezeigt zu liaben. Aber immer nocli nennt mau diese Darstellunt; fast allgeim;in ,, eine Hypothese. " Das Verständuifs mufs kommen , wenn auch langsam. ♦) In Fig. 13. Taf. VII. stark virgröf^crt: u do5 Keimlager, b L'ebTziip des Bnnchfells cd die Kapsel. 177 Keimlager als die Kapseln sind , aber derber als in den genannten Thieren. Zum Theil aus diesem Grunde und zum Theil weil die Kapseln kleiner sind, und ihr Inhalt zur Zeit der Paarung lange nicht so sehr sich mehrt, als bei den Vögeln, kommt es , dafs ein Eierstock von Säugethieren niemals ganz so das Ansehen einer Traube hat, als der reife Eierstock eines Vogels. Die reifen Kapseln treten z^\-ar auch aus dem Keimlager, die Masse desselben zur Seite drängend, mehr hervor, als die unreifen, nie aber ziehen sie das zu feste Keimlager in einen wirklichen Stiel heraus. Sie haben also in dieser Hinsicht mehr das Ansehen von noch unent- wickelten Eierstöcken von Vögeln und Reptilien. Indessen zeigen die Formen, welche die Eierstöcke in den einzelnen Familien annehmnn , eine allmählige Stu- fenfolge bis zu der im Menschen vorkommenden Form , wo alle äufsere Unebenhei- ten schwinden und das an Masse vorherrschende Keimlager einen länglich runden etwas flach gedrückten Körper bildet. Bei Nagern und Insektenfressern ragen die Kapseln noch weit genug vor , um dem Eierstocke die Form einer Maulbeere zu geben. Etwas weniger sind sie in Schweinen vorragend, noch weniger in Raub- thieren und Wiederkäuern , in denen nur die reifen Kapseln mit einem Theile ihres Umfanges die Oberfläche des Keimlagers sich erheben. Am tiefsten sind nächst dem Menschen die Kapseln in dem Eierstocke der AiFen eingesenkt. Man sieht, dafs auch die Zahl der vorräthigen Kapseln oder die Produclionsfähigkeit des Thiers auf die Form des Eierstockes Einflufs hat. — Wie das Keimlaeer. so sind auch die Kapseln fester in dem Eierstocke der Säugethiere als der Vögel. Sie werden ebenfalls von einer doppelten Haut gebildet, einer äufsern, sehr dünnen, aus flachgedrücktem Zellstoff bestehenden, und einer innern, dickern, die bei star- ker Vergröfserung Unebenheiten und ein weiches Gewebe mit verdünnten Stellen zeigt. In ihr endigen viele Blutgefäfse, wie feine Injectionen zeigen. So sind also die Kapseln denen des Vogels ähnlich gebaut (§. 3. &.). Immer aber ist die N arbe, durch welche eine solche Kapsel sich öffnet, sehr viel kürzer als in Vögeln und Amphibien. Wenn man sie vor der Eröffung erkennt , so sieht sie wie ein kleiner unregelmäfsiger Flecken aus. Nach der Eröffung ist der Eingang immer sehr klein, meist gerissen, zuweilen etwas spaltförmig, doch immer kurz. Wie bei den früher besprochenen Thierklassen sind auch bei den Säugethieren die das Ei fortleitenden Organe von den Eierstöcken getrennt. Die beiden Eileiter nämlich, hier gewöhnlichMuttertrompeten oder Fallopische Röhren genannt, mün- den mit trichterförmigen Oeffnuugen frei in die Bauchhöhle. Dies ist wenigstens die Grundform, die freilich einige Variationen erleidet. Die Eileiter sind nämlich durch eine, Falte des Bauchfelles , die sehr deutliche Muskelfasern enthält, an den Fruchthälter befestigt und mehr von der Bauchwand gesondert als dieselben Theile II' Z 178 in Vögeln und Reptilien. An die] obere oder Kiickenwand derselben Falte (das breite Mutterhand , Ligamentum latufji, jetzt bisher : Fruchthdlter - Gehröse, Mesometrium^ genannt) sind die Eierstöcke angeheftet. Im vordem Rand der Falte liegt auf jeder Seile der Eileiter. Dieser aber ist bei ausgewachsenen Säuge- thieren immer länger als der Rand der Falte. Deswegen krümmt er sich mit sei- nem trichterförmigen Ende nach innen und oben zurück. Diese Umbeuguug ist schon im Menschen deutlich und hat die Folge , dafs an der Umbeugungsstelle die Falte eine beuteiförmige Vertiefung hat. In den meisten Thieren ist dieser Beutel sehr viel tiefer. Am Rande des Beutels mündet der Trichter aus, der also vor- züglich nach dem Rücken und nach dem Eierstocke zugekehrt ist. Solche Beutel, die das erste Glied des Daumens aufnehmen können, sieht man z. B. beim Schwein und den Wiederkäuern. Vf enn aber der Beutel noch ansehnlicher wird , so mufs er nothwendiü den Eierstock selbst verhüllen. Er bildet dann einen nach hinten geöffneten Sack um den Eierstock. So ist es im Hunde und den gewöhnlichen Raubthieren mit einem Blinddarme. Wenn der Beutel auf diese Weise sackförmig sich zusammengezogen hat, so ist nothwendig die Mündung des Trichters ge- gen die innere Höhlung des Beutels gekehrt und man kann sie äufserlich nicht er- kennen. Bei Robben und den Raubthieren ohne Blinddarm ist der Sack so w eit geschlossen, dafs man nur noch eine ganz kleine Oeffnung gewahr wird , durch w eiche der Sack des Eierstockes mit der Bauchhöhle communicirt , wobei also im- mer noch der Trichter ebenfalls in Communication mit der Bauchhöhle bleibt. In einigen Thieren aber schliefst sich auch diese Oeffnung, und nun communicirt der Trichter, der immer in der Wand des Sackes bleibt, nur mit seiner innern Höhlung*). Wir werden sehen , dafs durch diese Einrichtung die Fortleitung der Eier gesichert wdrd. Die Eileiter der Säugethiere sind sehr viel enger als der Eileiter der Vögel, aber sonst eben so von einer mit laugen Falten versehenen Schleimhaut ausgekleidet. Es ist ein Vorurtheil , wenn man glaubt , die Mündung des Trichters sey bei ihnen allgemein mit Läppchen oder Franzeii besetzt, wie beim Menschen. Diese fehlen ♦) Diese völlige Verschliefsung habe ich jetzt bei einem Marder und einem Hermelin gesehen, nachdem ich früher gegen andere Angaben geglaubt hatte QHeusingers Zeitschrift Bd. II ), die Verschliefsung werde nie vollständig. Auch jetzt bin ich noch etwas zweifelhaft , ob jene völhge Verschliefsung, die ich nur zweimal sah, als normal zu betrachten ist, ohne jedoch das Gegen- theil behaupten zu wollen. Soviel bleibt gewifs, dafs in der Regel eine Oeftnung, die sich im Zobel sogar in einen Kanal auszieht, nocli kenntlich bleibt, in Baren und Robben aber viel wei- ter goöffnct ist, und das niemals der Eileiter bei dieser Bildung fehlt, oder von den Hörnern des Fruchthallcrs nicht verschieden ist, wie man geglaubt hat. 179 häufiger, als sie da sind, und scheinen vorzüglich Lei den auf die ganze Sohle auf- tretenden Thieren grofs zu seyn, wie beim Bären, wo sie länger sind als im Menschen. Eine Erweiterung , dem Trichter gegenüber , gleich dem Eihälter im Eilei- ter der Vögel, fehlt den Eileitern der Säugethiere. Sie sind sogar nach dem Fruchthälter hin am meisten verengt. Es vertritt vielmehr dieser selbst die Stelle des Eihälters. Weil er aber in seinem Bau bedeutend abweicht und dadurch fähig wird die Frucht lange zu bewahren und zu ernähren , so haben wir für ihn die besondere, schon früher eingeführte Benennung des Fruchthält er s Ijeibe- h alten. Allgemein ist die Muskelschicht in ihm stark entwickelt, und auch derTheii der grofsen Falte des Bauchfelles, der diesem Theile anhängt, hat eine ansehn- hche Muskelschicht von deutlichen Längefasern und Oueerfasern. Doch scheint die Muskelschicht in diesem Fruchthälter -Gehvse (Mesometriurri) um so schwächer, je weniger dick sie im Fruchthälter selbst ist und je mehr dieser ein darmförmiges Ansehen hat. Es ist nämlich zu allgemein bekannt, als dals ich länger dabei verweilen sollte , dafs der Fruchthälter von der birnförmigen , ge- schlossenen Form, die er im Menschen hat, durch die langgezogene Form in den Quadrumanen , eine mehr dreieckige bei den Faulthieren und Zahnlosen zu einer gespaltenen, so dafs lange darmförmige Aeste nur einen kleinen Miltelkörper ha- ben, und endlich zu einer völligen Theilung in zwei Fruchthälter (bei Haasen) in den verschiedenen Thieren übergeht. So ähnlich auch die Graafschen Bläschen in den Eierstöcken der Säuge- ['• E» im thiere den Kapseln im Eierstocke der Vögel und Reptilien sind, so ist der Inhalt Taf. iv^ doch verschieden. '^' '^ In diesen Kapseln (Taf. IV. Fig. 18. c cZ.) liegt bei den Säugethieren vor der Eröffnung eine durchsichtige eiweifsreiche Masse von einer sehr zarten Hülle (e) umgeben, die aber nicht so dünn ist, wie die reife Dotterhaut der Vögel, son- dern einige Dicke und ein körniges Gefüge hat, wie die Dotterhaut der Vögel lange vor der Reife (§. 3. e.). Ich habe sie deshalb Körnerhaut (^Membrana granulös a^ genannt, obgleich ich eine ursprüngliche Uebereinstimmung mit der Dotterhaut anerkenne. In so weit steht der Inhalt der Kapsel zu dem Eier- stocke noch in demselben Verhältnisse wie beim Vogel , und man könnte ihn das Ei nennen. Allein nicht dieser ganze Inhalt wird zur Frucht, denn er ist nicht die Dot- terkugel , sondern mehr. Zwar enthält die Flüssigkeit innerhalb des erwähnten Häutchens ziemlich viele Kügelchen und unterscheidet sich darin von dem Eiweifs Z 2 180 der Vögel , aber die Kiigelchen sind ^veniger zahlreich und viel Aveniger gefärbt, als in den Dotterkugeln aller bisher erwähnten Thiere. Dagegen befmdet sich m dieser Substanz ein ungemein Ideines Kiigelchen (7i) , das bei Hunden , wo ich es am gröfsten und deshalb mit blofsen Augen sichtbar fand, je nach der Reife nur einen Durchmesser von ^ — 3% Linie *) hat. In diesen Thieren und ih- ren nächsten Verwandten ist es auch lebhaft gelb gefärbt. Weniger gefärbt fand ich es bei allen andern untersuchten Thieren. Diese Dottermasse ist von einer ziemlich dicken und festen Haut umschlossen, die von der Dottermasse deutlich gesondert ist. Auch scheint die Dottermasse nicht das ganze Bläschen auszufül- len , denn beim Zerreifsen mit der Nadel glaubte ich mit Bestimmtheit eine innere kleine Höhlung zu erkennen. Diese kleine Dotterkugel hat zu der allgemeinen Flüssigkeit des Graafschen Bläschens dasselbe Lagerungsverhältnifs , wie das Keimbläschen zu der Dottersubstanz im Ei der Vögel und Reptilien ; denn sie liegt auch nicht unmittelbar in jener Flüssigkeit, sondern wird von einer fest an- hängenden körnigen Masse umhüllt, die heller als der Dotter selbst, aber bedeu- tend dunkler als die umgebende Flüssigkeit ist (g). Diese Masse ist offenbar der Keimsdächt des Vogel- und Reptilien - Eies analog und hat die Form eines um- gekehrten breitrandigen Hutes , indem eine ansehnliche , flache Keimscheibe und ein Keimhügel , in dessen Höhlung die Dotterkugel liegt, sich unterscheiden las- sen. Vermittelst der Keimscheibe, die an der früher erwähnten Hülle vom In- halte des Graafschen Bläschens anliegt, wird die Dotterkugel auch gegen diese Haut angedrängt, so dafs sie, wenn die Kapsel sich öffnet, nothwendig heraus- gedrängt wird **). Das Verhältnifs des Keimhügels zu der Keimscheibe fand ich in den verchiedenen Familien verschieden. Man sieht aus dieser ganzen Darstellung , dafs die Dotterkugel der Säuge- thiere zu dem übrigen Inhalte der Kapsel in demselben Lagerungsverhältnisse *) E. H. Weber vermuthet (Anat. d. Menschen Bd. IV. S. 464.) in diesen Angaben einen Schreib- fehler, der jedoch nicht da ist. Das Maafs ist natürlich von der Dotterkugel allein gegeben, die Keimscheibe ist viel gröfser und schon dadurch wird das Auffinden erleichlert. Weber zweifelt nämlich, ob man dergleichen sehen könne. Nun kommt aber bei kleinen Gegenständen viel auf den Grad der Färbung an. Auf einer Kupfertafel sehen wir Pünktchen, die viel kleiner als -3'- Linie sind. Uebrigens will ich gern glauben, dafs im Augenblicke der Befruchtung diese üotterkugeln noch etwas gröfser werden, (die gemessenen wurden aus trächtigen Thieren ge- nommen), doch gewifs nicht über J^ Linie im Durchmesser. **) Man mufs daher, wenn man die Df^tterkugeln und besonders solche , die mit unbewaffnetem Auge wenig oder gar nicht sichtbar sind, untersuchen will, die Kapseln unter Wasser in einem kleinen Getiitsc, etwa einem Ulirglasc , öffnen und dann den ausgetretenen Inhalt mit dem Mi- kroskope durchsuchen. 181 stellt, wie das Keimbläschen im Ei der Vögel und Reptilien *). Es scheint in der That ein höher entwickeltes Keimbläschen, das, statt ganz kleiner fast durchsichtiger Körnchen , wie das Keimbläschen des Vogel -Eies, grofse, ausee- bildete und gefärbte Dotterkörner enthält, wogegen die umgebende JMasse , die im" Vogel beim Reifen des Eies zum Dotter wird , hier nicht viel über die Beschaf- fenheit einer blofsen Lymphe hinausgeht. Erinnern wir uns nun , dafs in den Keimbläschen der spätgebärenden Eidechsen und Schlangen (§. 8. c.) eine deut- liche, gelbliche Schicht von Dotterkörnern bemerkt wurde, so hat man eine all- mählige Gradation und kann nicht zweifeln, dafs die Dotterkugel der Säut^ethiere eine höhere Ent^vickelung des Keimbläschens ist. In jenen Thieren hat das Keim- bläschen nui' eine blasische Schicht von Dottersubstanz , in diesen ist es zu einer Dotterkugel mit kleiner Höhlung geworden. Mit dieser höhern Entwickelung mag es zusammenhängen, dafs während das Keimbläschen der spätgebärenden Reptilien , so viel ich beobachten konnte beim Austritte des Eies aus dem Eierstocke eben so sich auflöst, wie das Keim- Ijläschen der Vögel , die Dotterkugel der Säugethiere fortbesteht und sich zum Ei entwickelt, wogegen die umgebene Blasse hier verloren geht **). Ich habe nach diesen Erfahrungen die Frage aufgeworfen : ob nicht die stärkere Entwickelung der Dottersubstanz im Keimbläschen mit dem längern Ver- weilen des Embryo im mütterlichen Körper in ursachlichem Verhältnisse steht ***) i^ habe aber später eine Beobachtung gemacht, die mir Zweifel erregt. Im Störe nämlich ist der Inhalt des Keimbläschens auch sehr consistent , ein wirk- licher Körper und stark gefärbt, zwar nicht gelb, sondern nach der Färbung des gesammten Eies dunkelbraun. Sollte der Stör etwa seine Jungen im Leibe aus- bilden? Es hat nicht viel Wahrscheinlichkeit, da ihre Anzahl sehr erofs und die Wege zum Austritte sehr weit und wenig geeignet scheinen, die Brut zurück- zuhalten. Zur Paarungszeit vergröfsern sich ein oder mehrere Kapseln , je nach der '• ^'ortiei- Productionsfähigkeit des Thiers, und drängen schon deshalb gegen die Oberfläche Eu" tung des ~ies. *) Coste berichtet jedoch, in dieser Dotterkiigel der Säugethiere noch ein Keimbläschen ge- funden zu haben. Ich habe die Untersuchung noch niclit wieder vornehmen können. Schon vor 4 Jahren sah ich allerdings in einem Schaaf-Ei, 45 Minuten nach der Befruchtung, etwas Helles, das ich aber für die durchscheinende DotterhÖhle hielt. Das Ei lag noch im Eier- stocke. **) Ausführlicher habe ich von dem Ei im Eierstocke gehandelt indem Sendschreiben: De ovi mammaliuni genesi, und in Heusinge r's Zeitschrift für Physiologie Jahrg. 1827. S 568, u. folg. ♦♦♦) Meckel's Archiv für Anat. und Physiologie, 1827. S. 575. 182 des Eierstockes. Nach der Befruchtung vermehrt sich diese M ucherung rasch, bis die Kapseln sich eröffnen, was bei einigen Säugelhieren schon nach wenigen Stunden (beim Schaaf) , zuweilen aber, wie beim Hunde, besonders für die spä- ter sich öffnenden Kapseln erst nach mehreren Tagen geschieht *). Diese Eröff- nung scheint besonders dadurch veranlafst , dafs die innere Schicht der Kapseln stark wuchert , sich von der äufsern mehr löst und nun , im Räume beschränkt, den Inhalt der Kapsel gegen die dem Drucke nachgebende Narbe drängt. Zu- gleich aber veranlafst die Befruchtung eine Turgescenz des Eileiters mit vermehr- tem Blutandrange auf derjenigen Seite , wo eine Kapsel reift , oder auf beiden Sei- ten, wenn in beiden Eierstöcken sich dergleichen finden. Die Eileiter krümmen sich bei dieser Turgescenz noch mehr gegen die Eierstöcke , die Beutel vertiefen sich und nähern sich der Form der umschliefsenden Säcke, wenn sie dieselbe nicht schon früher hatten, und der Trichter umfafst, indem er sich in sich selbst faltet, in der Regel wenigstens, den gesammten Eierstock, nicht eine einzelne Kapsel , wie beim Vogel und den Reptilien ; doch ist bei den durch einen Sack umhüllten Eierstöcken die Oeffnung des Trichters zuweilen so eng, dafs man glauben möchte , er ginge von einer Kapsel zur andern über , worin er von dem Sacke leicht unterstützt wird. In diesen Thieren kann man natürlich das Um- fassen nicht sehen, allein bei andern ist es schon oft beobachtet, und ich kann nach zahlreichen Erfahrungen versichern , dafs das Umfassen länger währt als man ge- wöhnlich glaubt, in Schweinen bleibt der Eierstock in der Regel gegen vier ^Vo- chen lang umfafst , in Schaafen fast eben so lange **). h. Gelber ß^j ^l^j, Entleerung wird zuweilen in die Höhlung der Kapseln Blut ergos- Corpusiu- sen. Immer wuchert die innere Haut derselben rasch fort, und indem sie sich Taf.'iv, verdickt, füllt sie nicht nur den entstandenen leeren Raum aus , sondern, da sie ^'^ ^^' ein Sack ist, so drängt sich der die Narbe umgebende Theil über die Oberfläche des Eierstockes hervor***). Sie ist in diesem Zustande stark geröthet, und der vorragende Theil bildet daher ein blulrothes Knöpfchen. Er behält einige Tage hindurch die Oeffnung. Darauf vernarbt diese , es ist dann noch ein Rest der iimern Höhlung da, der sich aber auch bald füllt und statt des Graafschen Bläs- ♦) Einmal fand ich in einem Hunde acht Tage nach der Befruchtung eine Kapsel noch nicht ge- üffnet, aber doch im Reifen begriffen. **) Ich habe daher dieses Umfassen bei Untersuchung jüngerer Embryonen sehr oft gesehen. Die Quecrfalten , in welche sich der Eileiter legt, waren mir besonders merkwürdig. Sie zeigen, dafs er sich wirklich an den Eierstock ansaugt. *♦*) Im Durclischnitte abgebildet Taf. IV'. Fig. 12. a. Die übrigen gelben Körper dieser Abbildung sind theils völlig ausgi-bildcl , theils schon verschrumpft. 183 cheiis hat mau nun einen festen etwas vorragenden Körper, den man deii gelben Körper (Corpus luteinti) genannt hat, weil beim Menschen , auch in einigen Säuge thieren , wie in der Kuh, seine Farbe bald gelb wird. In vielen Säugelhie- ren bleiben diese Massen jedoch während der ganzen Tragezeit stark geröthet, im Kaninchen sind sie nur weifslich. In der letzten Zeit der Schwangerschaft neh- men sie ab und erst nach der Geburt werden sie klein und unansehnlich. Man sieht leicht, dafs die Festigkeit des Keimlagers den geöffneten Kelch nicht zusam- mensinken und verschrumpfen läfst, wie bei Vögeln und Reptilien, und deshalb die Kapsel so lange wuchert, bis die Lücke ausgefüllt ist. In der That nehmen in den Vögeln die entleerten Kapseln zuweilen die Form des gelben Körpers der Säugethiere an, besonders wenn die Narbe, wie zuweilen geschieht, wieder ver- wächst. Aber auch wenn die Narbe nicht verwächst, zeigt der verschrumpfte und ganz klein gewordene Kelch, indem er sich gelb färbt, eine auffallende Aehnlichkeit mit einem nicht geschlossenen, in der Bildung begriffenen, aber sehr kleinen, gelben Körper der Säugethiere. (Vergl. Taf. III. Fig. 1. No. 4.) Bei Eröffnung der Kapsel zerreifst jedesmal die den Inhalt uuischliefsende aUgemeine Körnerhaut, weil die Narbe zu eng ist, um das Ganze auszulassen. Es gehen also Stücke derselben mit dem eiw^eifsähnlichen Inhalte ab und nur die kleine Dotterkugel kommt unversehrt in den Eileiter. Die letztere ist sogar noch von ihrer Keimschicht umgeben, die sich nur langsam zu lösen scheint, denn ich fand sie noch in dem Eileiter am Eie haften. Da die Keimschicht im Verhältnifs zum Eie eine ansehnliche Ausdehnung hat , so ist das letztere mit dieser Umge- bung leichter kenntlich als ohne sie. Hierin liegt ohne Zweifel der Grund, war- um die Eier in den Eileitern einige Zeit nach dem Eintritte noch schwerer zu lin- den sind, als gleich nach demselben, besonders wenn die Eier schon ursprüng- lich wenig gefärbt waren. Dennoch ist es auf keine Weise zu bezweifeln, dafs die Dotterkugeln, ohne aufgelöst zu werden, durch den Eileiter bis in den Frucht- hälter geführt werden. Die Eier der Kaninchen haben Graaf und Cruik- shank mehrmals in den Eileitern gesehen. Die ziemlich gefärbten und deshalb als dunkle Pünktchen kenntliehen Eier des Hundes haben Prevost, Dumas und ich eben daselbst gesehen. Ich fand sie nur etwas vergröfsert und aufgelockert gegen die Form , die sie im Eierstocke hatten. Eben so fand ich das Ei eines Schaafes vor dem Ende des ersten Tages. Die Keimschicht war sehr aufgelockert und verringert. Schoi^ im Eileiter wird , während das Ei durchgeht , etwas mehr Feuchtigkeit ergossen , als gewöhnlich. 184 /. Beschaf- So IvOiiimt GS iii den Fruchlhäher. Es ist noch immer eine hiofse Dotter- Eies^wenn es kugcl , doch scheint der Doller schon etwas Feuchtigkeit aufgesogen zu haben, '" ^^", .., da er weniger ijefärbt ist. Die Haut, die den Dotter unigiebt, ist z^Yar ziemlich Fruclitlialter . . . kommt. dick, doch , wie der Erfolg lehrt, nur Oberhaut zu nennen. Es liegt wenigstens bei Hunden und Schaafen noch ein ganz unregelmäfsiger Stoff darauf, den man für einen Rest der Keimschicht ansehen mufs. Unter der Dotterhaut ist wahr- scheinlich ein Keim , denn die Dottersubstanz klebt nicht an der Oberhaut an , imd das Mikroskop läfst auch erkennen, dafs an der Oberfläche die Dotterkürnchen continuirlich zusammenhängen. Das ist der Charakter eines Keimes. Ich zweifle daher nicht, dafs die Eier der Säugethiere, entweder gleich beim Eintritt in den Fruchthälter oder bald darauf, einen selljstständigen Keim haben. Ob er schon anfänglich den ganzen Dotter umgiebt, ist durch die Untersuchung zu bestimmen w"ohl kaum möglich ; doch ist gewifs, dafs, so wie der Dolter genug verflüssigt ist , um den Keim deutlich zu sehen , (im Schweine nach 8 Tagen , im Kanin- chen etwas früher, im Hunde ungefähr auch so, o})gleich bei diesem mit vieleni Schwanken in der Zeit), er mit Einschlufs der Keimhaut eine geschlossene Blase ist. Bei der geringen Quantität Dottersubstanz läfst sich vermuthen , dafs er ziem- lich von Anfange an eine Blase seyn werde *). m. Verflüs- Die Dottersubstauz uämlicli verflüssigt sicli allmählig , indem das Ei Feuch- Do'tte?s. ^* tigkeit einsaugt und dadurch gröfserwird, und ich glaube nicht zu irren, Avenn ich behaupte, dafs jedes Dolterkörnchen Feuchtigkeit einsangt und eben dadurch sich in mehrere kleinere und hellere Körnchen auflöst. So viel ist gewifs , dafs man, sobald der gröfste Theil des Dotters genug aufgelöst ist, um den Keim||als Sack sehen zu lassen, man an der Fläche dieses letztem helle Dotterkörnchen, in kleine Häufchen vertheilt, anhaftend findet, und zuweilen glaubte ich zu sehen, dafs ein solches Häufchen von einem sehr zarten Strich umgeben sey, als ob je- des Häufchen noch von einer gemeinschaftlichen Masse zusammengehalten würde **). Die Eier werden in der ersten Zeit im Fruchthälter durch ('ontractionen desselben frei umher bewegt. Die dahin wirkenden Contractionen des Frucht- hälters , unterstützt von Contractionen des Me sometriums , kann man an eben aus- *) Man hat es Herrn C o s t e zum Verdienst angerechnet , diese Form des Keimes zuerst erkannt 7U haben, allein ich habe bereits in Heusinger's Zeilsrhrift Bd. II. S. 174. mich dafür aus- gesprochen, aber freilich als über ein Verhaltnifs , das scliwcriich mit Bestimmtheit sich nacli.- weisen läfst, **) Diese Beobachtung ist neuer als die früher von mir Ijekannt gemrchlc , wo ich keine Spisr von einer Hülle gefunden hatte. 185 aiisgeschnitenen, tragenden Fruchlhallern ungemein «Icullich sehen. Ich halte sie an Schweinen, Schaafen, Hunden und Kaninclien heobachlct. In dem Friichthiilter des Schweines dauern sie, wenn man ihn in warmes Wasser hält, wohl zwei Stunden. Der Reiz, den das Ei auf die innere Fläche des Fruchlhähers ausübt, er- "• ß'i«'""? zeugt einen Andrang des Blutes nach der Schleimhaut desselben ; die Gefäfsnetzo Eihaut und in ihr werden voller, zugleich aber wird eine Flüssigkeit ergossen, welche reich ' *"' ^'^*'^'^'°' an Eiweifs ist. In der That unterscheidet sich diese Flüssigkeit von dem Ei- weifs, womit das Vogel -Ei umgeben wird, nur darin, dafs sie reicher an Was- ser ist und deshalb als Flüssigkeit sich zeigt. Unterdessen hat aber der Frucht- hälter, wohl durch die stärkere Turgescenz veranlafst, wenn er mehrere Eier enthält, zwischen ihnen sich stärker zusammengezogen. So werden die einzelnen Eier mit ihrem Eiweifs von einander getrennt, die Stellen aber, in denen das Ei liegt, werden durch die ergossene Feuchtigkeit ausgedehnt, und so bilden sich gleichsam Nester für die Eier. Das Ei besteht nur noch aus der Dotterkugel , die immerfort aus dem um- gebenden Eiweifs die flüssigen Theile anzieht und dadurch rasch wächst, sobald der Dotter flüssig ist. Indem das raschere Wachsthum des Eies beginnt , das Eiweifs dadurch an Flüssigkeit verliert, umgiebt es sich bald mit einem Häutchen, das ganz dicht am Eihälter anliegt. Diese Bildung ist völlig wie in Vögeln , und das Häutchen ist also die äufsere Eihaut (^Membrana oui extei-na) *), und nun erst ist das Ei vollständig und plötzlich viel gröfser als vorher. Ich habe die Bildung der äufsern Eihaut in Schweinen und Schaafen nach allen Momenten verfolgt. Bis zum dreizehnten Tage sieht man bei jenen in der Regel keine Spur davon. An diesem Tage ist auch noch nichts nach Eröffnung des Fruchthälters zu erkennen. Allein wenn man den geöffneten Fruchthälter in kaltem Wasser liegen läfst, so bemerkt man an seiner innern Fläche ein unge- mein dünnes Häutchen anliegend, das ungefähr so aussieht, wie der Ueberzug, den jede Masse Eiweifs im Wasser erhält und nur in ganz kleinen Stückchen sich abtrennen läfst. Am nächsten Tage erkennt man schon das Häutchen, wenn *) Das heifst der Sc li aalenhaut des Vogel - Eies analog. So habe ich diese Haut der Säiigethier - Eier auch früher genannt. Allein da doch keine wirkliche Schaale sich bildet, scheint es mir besser, die Haut im Allgemeinen äufsere Eihaut und für die Vögel eine besondere Schaalenhaut zu nennen. Diese äufsere Eihaut ist Bur d a ch 's -E-ro cAor /'nw, eineName, den man annehmen kann, wenn es sicher ist, dafs sich überall auch im Menschen ein zweites Blatt anlegt. Doch kann dieser Name immer nur für die Säiigethiere und einige Reptilien gelten. Dieselbe Haut ist in den niedern Thieren , bildet daselbst aber kein wahres Chorion. //. A a 186 man in] eleu Frachthälter eine sehr Jdoine Oelhiung schüeidel , allein es zerreifst notlnvendig und fallt zusammen , wenn man den Fruchthalter auch noch so we- nig auseinander Liegt. In zwei Tagen bekommt es indessen so viel Consistenz, dafs man nun das Ei mit seiner äufsern Eihaut herausnehmen kann. Aus dem Gesagten wird es leicht einsichllich , woher es kam, dafs Hal- ler das Ei plötzlich so grofs fand. Freilich hätte er den innern Theil des Eies, den Dotter mit seiner Hülle nicht übersehen sollen. Allein dieser hat unterdessen in den Hufthieren eine Me- tamorphose erlitten, welche ihn sehr leicht unkenntlich machen konnte. Er zieht sich nämlich so sehr in die Länge, dafs er dadurch einem überaus zarten Faden gleich wird. Im Schweine beginnt die Verlängerung am Uten oder I2len Tage, und am ISten oder l4ten hat zuAveilen der Dotter schon 20, die unglaubliche Länge von 30 Zoll erreicht. Ich würde in der That diese Verlängerung selbst nicht glauben, wenn ich sie nicht aufserordenllich oft, wohl in hundert Eiern gesellen und wenn ich nicht den IMechanismus gefunden zuhaben glaubte, durch welchen das Ei ausgezogen wird. Der Fruchthältcr aller Iluflhierc hat nämlich innere Vorragungen, in den V\iederkäuern jene napfförmigen Höcker, in den Dickhäutern zahllose Falten von verschiedener Gröfse, welche tief in die enge Höhlung hinein ragen und bei den Bewegungen des Fruchthälters den verlänger- ten Dottersack fassen und gleichsam ausspinnen *). Die ausgesponnenen Fäden liegen aber nicht grade ausgestreckt, sondern sind sehr mannigfach gewunden und gekrümmt. Eine Folge davon ist, dafs das gesammte Ei , wenn die äufsere Haut gebildet ist, l)ei weitem nicht die Länge des für die Messung grade ausge- streckten Dotters oder Dottersackes hat. — Dafs diese langen Enden (Taf IV. Fig. 27.) in Bezug auf ihre Entstehung mit den Hagelschnüren verwandt sind, ist eben so offenbar, wie die Verschiedenheit, die darin liegt, dafs sie aus der Dot- ierkugel selbst hervorgezogen sind. Doch ich sehe, dafs der Wunsch, Ihnen gleich von vorn herein das Räth- sel zu lösen, wie es gekommen, dafs Ha 11 er das Ei, welches er mit soviel Ausdauer in Schaafen suchte, so lange nicht finden konnte und dann plötzlich ein sehr grofses Ei traf, mich ganz von meinem Gegenstande ab- und in eine Ein- zelheit verlockt hat, welche mehr in spätere Vorträge gehört, in welchen wir die Differenzen des Eies der Säugt^lhiere und die Art wie die einzelneu Formen sich ausbilden, verfolgen woJlcn. .letzt kommt es nur darauf an, das Gemeinsame '^) Eben diese Vorraguiigen maolioi es aucli völlig iiiiinöglich, die .iiifscrc Haut luiverlelzl zu cr- lialten , so Iniige tii- noch .«elir varl ist. 187 same aller Eier der Saui^ethiere uiul ihr Verliältnifs zum Ei der Vö'^el zu finden. Ich wurde aber in den Abstecher verführt, indem ich bericlitete, wie ich die Entstehung der äursern Eihaut in den Huf thieren verfolgt habe. In den kur- zen und vom Fruchlhälter eng umschlossenen Eiern des Hundes und des Kanin- chens )jin ich noch nicht so glücklich gewesen, diesen Vorgang zu sehen, und da ich an diesen Eiern, so lange sie lose im Frnchthälter liegen, zwei einander ein- schliefsende Säcke erkannte, später, wenn sie vom Fruchlhälter eng umschlos- sen sind, ebenfalls zwei in einander liegende Säcke, von denen der äufsere deut- liche , schnell wachsende Zotten hat, so war ich geneigt zu glauben, die äufsere aus dem Eierstock mit herüber gekommene Haut sey eben die spätere äufsert- Eihaut, die jetzt Zotten bekomme, in welchem Falle dann Dotterhaut und äufsere Eihaut hier identisch seyn würden. Allein, da Ijei aller Verschiedenheit in dei äufsern Form die constituirenden Theile des Eies der Säugetliiere sonst «zleich sind, könnte man es wohl wahrscheinlicher finden , dafs in den genannten Eiern die äufsere Haut ebenfalls sich neu bilde, freilich um eine sehr geringe Quantität flüssigen Eiweifses. Eben diese geringe Quantität und die enge Umschliefsung des Fruchthälters macht die BeoJjachtung der allmähligen Ausbildung fast unmög- lich, und ich habe, nachdem ich sehr viele Eier von Hunden aus dieser Periode untersucht habe, nur zu dem Resultate gelangen können, dafs die zottentragende Haut ungemein eng am Fruchlhälter anlag , wie die äufsere Eihaut der Hufthiere. Dafs aber , auch wenn sich keine neue äufsere Eihaut in den genannten Eiern fin- det, die Differenz doch nur sehr gering ist, läfst sich leicht zeigen. Wir hörten so eben, dafs sich die äufsere Eihaut der Hufthiere grade so bilde wie im Vogel , nämlich als Ueberzug über eine Quantität Eiweifs. Ein Un- terschied bestellt nur darin, dafs in den Säugethiercn das Eiweifs bedeutend mehr Wasser enthält. Wir erinnern uns ferner, dafs das Eides Hundes, Avenues in den Fruchlhälter kommt, wie alle andere Säugethier-Eier eine äufsere Haut hat, die wir Oberhaut genannt haben. Wenn nun diese Oberhaut das flüssige Eiweifs hinlänglich durchlassen sollte, so dafs es sich unter ihr sammelt, so kann sich gar keine Oberhaut für dafs Eiweifs bilden; es hat ja schon eine Bekleidung. Da nun für das Ei der Raubthiere und der Nager in der That nur wenig flüssiges Ei- weifs erzeugt wird, da ferner ihr Fruchlhälter so gebaut ist, dafs er fridizeitig das Ei umscliliefst, so wäre es wohl möglich , ja ich finde es wahrscheinlich , dafs dann diejenige Haut , welche das Ei als Oberhaut mitnimmt, äufsere Haut des Eies wird , oder eigentlich bleibt. Es käme also nur auf den Beweis an , dafs sich wirklich Eiweiis unter der Oberhaut sammelt. Dieser Beweis ist aber leicht ge- Aa 2 188 führt. Zuvörderst steht iu eleu Eiern der llaubthiere und Kaninchen , so bald sie einige Zeit im Fruchthiilter gelegen haben , die Oberhaut entschieden weiter vom inueru Sacke ab , als in den Eiern der Hufthiere. Wenn man ferner ein Ei vom Hunde oder Kaninchen, so lange es frei im Eileiter liegt und ehe es wahre Zotten trägt, in reines Wasser legt, so entfernt sich rasch der innere Sack der Keimhaut von dem Sacke der Oberhaut, als Beweis dafs hier Etwas ist, welches ^^ asser anzieht. Was kann dieses Etwas seyn als EiweifsP Anders ist es bei den Huf- thieren. Hier ist die Masse der ergossenen Flüssigkeit sehr grofs — sie kann nicht von der Oberhaut eingesogen werden. Hier ist überdiefs die Keimhaut zarter, und was die Oberhaut aufgenommen hat, geht fast sogleich durch die Keimhaut in den Dotter über , der aber in keinem Thiere so stark die umgebende Feuchtig- keit aufnimmt, dafs nicht das meiste zurückbleiben sollte. Diese Masse von ei- weifshaltigem Wasser wird sich nun allmählig mit Oberhaut d. h. für das Ei mit einer äufsern Eihaut bedecken, wie das dickere Eiweifs der Vögel und Fische in viel kürzerer Zeit. Ich habe mich hierbei etwas lange aufgehalten , um es recht anschaulich zu machen, dafs die Verschiedenheit aufscrordentlich klein, ja fast gar keine ist, wenn auch das Ei einiger Säugethiere eine neue Oberhaut erhält, das Ei an- derer aber seine frühere Oberhaut behält. Dem Ei ist es gleichgültig , (erlauben Sie mir diesen Ausdruck,) wie es zu seiner äufsern Eihaut gelangt, ob die ur- sprüngliche bleibt, wie ich von den Hunden noch immer glauben möchte, oder ob ein darüber geeossenes Eiweifs sich eine Oberhaut bildet. Die äufserste dieser Oberhaut hat für das Ei immer dieselbe Bedeutung, sie ist seine äufsere Ei- haut *). Welchen Ursprung nun auch die äufsere Eihaut der Säugethiere haben mag, sie hat in allen Formen dieselben Eigenschaften , die der Schaalenhaut des Vogel - Eies zukommen , ausgenommen dafs jene , immer in Feuchtigkeit gebadet und sie durchlassend, nicht so trocken ist, als die Schaalenhaut des Vogel -Eies. Sie ist immer, so lange nicht aus dem Eie ein mit Blutgefäfsen versehener Sack an sie heran tritt, völlig gefäfslos; sie entwickelt Zotten, wenigstens ohne Ausnahme an den Stellen, wo sie mit solchen Stellen des Fruchthälters , die nicht ganz glatt *) Schon Bnrdach hat die Dottcrhaul und die Scliaalenhaut, oder wie man sonst die über- haut des Eiweifses nennen will, gewifs sehr richtig, als blofse überhäute d. li. als Häute dar- gestellt, die nur durch die Massen l?edeutung erhalten, die unter ihnen liegen. Sic sind die geronnenen Oberflächen derselben. Die Franzosen dagegen scheinen sie als etwas sehr ^Vcscllt- liclies zu betrachten. 189 sind *) oder mit desstüi üeberzuge in Berührung kommt. Es sind sogar dünne Zipfel an den Enden des Eies von Huftlüeren, die später als überflüssig abgesto- Isen werden, mit Zotten Jjesetzt. Die Zotten sind Verlängerungen ihrer Sub- stanz und zeigen bei starker Vergröfserung einen undeutlich zelligen Bau , Avobei man nicht an holde Räume denken mufs, sondern mehr an einen Wechsel in der Dichtigkeit der Substanz. Wenn die äulsere Eihaut von Blütgefäfsen erreicht wird, so bilden sich Gefälsuelze in diesen Zotten, und ohne BlutgefäCsnetze ent- wickeln sich die Zotten nicht sehr. Doch davon später bei Gelegenheit des Cho- rions. Es scheint ferner allgemein, dafs die äufsere Eihaut aus zwei Blättern be- steht, wenigstens von dem JMomente an^ wo sie Zotten entNvickelt, denn ein Blatt geht continuirlich unter den Zotten weg. Das äuferste Blatt bildet aber auch nicht allein die Zotten, sondern nur deren Oberfläche, der Körper oder das Innere der Zotten besteht vielmehr aus einer Masse , die sich erst allmählig zwi- schen Ijeiden Blättern sammelt, was man ])esonders deutlich an den Zotten des Eies von Wiederkäuern sieht. So kann man eigentlich drei Lagen in der äüfsern Eihaut erkennen, wo sie in starker Entwickelung begriffen ist, und nur wenn die mittlere Lage ganz unentwickelt bleibt, wie in den äuisersten Zipfeln des Eies der Hufthiere, kann man mit Bestimmtheit nur die beiden andern erkennen. Es gehört ferner zu den allgemeinen Eigenschaften der äufsern Eihaut , dafs sie immerfort die Flüssigkeit durchläfst, welche der Fruchthälter zur Vergröfse- rung des Eies hergiebt, und dafs unter ihr aus der durchgelassenen Flüssigkeit sich eine Lage festereu Eiweifses sammelt. Hierdurch wird sie der Schaalenhaut der Vögel noch ähnlicher. Ich habe diese Schicht Eiweifs sogar in solchen Eiern deutlich gesehen, in denen später an die ganze innere Fläche der äufsern Eihaut der Harnsack sich anlegt, wodurch diese Lage Eiweifs verdeckt Avird. Wenn in Hunden der Harnsack die äufsere Eihaut so eben erreicht hat, so sieht man eine dünne, aber deutliche, glänzende Schicht Eiweifs unter der äufsern Eihaut. In den Eiern der Hufthiere ist sie viel stärker. Wo die äufsere Eihaut als Oberhaut einer äufsern Masse Eiweifs sich bil- " Dotier^ det, liegt nothwendig die ehemalige Oberhaut des Eies tiefer im Innern auf der schwinden Dotterkugel und verdient den Namen Dotterhaut, Sie löst sich, so wie der Em- '^^'^'''^''^" bryo und Dottersack sich scheiden, und verschwindet. Kaum ist der Dotter so weit verflüssigt, dafs er einige Durchsichtigkeit p- Erste hat ; so erkennt man auch schon , dafs der sackförmige Keim sich in zwei sehr Embryo/ *) Ich konnte nämlich keine Zotten zwischen den werdenden Fruchtkuchen auf dem Eie der ^Vie- derkäuer finden — und diesen Stellen gegeniiber ist der FruchthKIlcr ganz glatt. 190 ungleiche Theile, einen kleirern , mittlem, den Embr3'^o, und einen viel grb- (Iscrn , unigel)enden , die Keimhant, geschieden hat. Der Theil , welcher Em- bryo werden soll, ist Anfangs kreisförmig, bald wie ein Schilderhoben, ver- dickt und ganz durchsichtig, ohne weitere bemerkliche Organisation mul sehr früh kenntlich, lieim Schwein am lOlen Tage, also lange vor der Verlängerung der Dotterkugel, beim Hunde, sobald der Dotter genug verflüssigt ist, um den Keim deutlich zu unterscheiden. Später wird er länglich und es bildet sich in ihm ein Streifen aus etwas dunklerer Masse. Dieser Streifen, der das eine Ende des Schildes fast völlig erreicht, vom andern aber bedeutend absteht, ist, wie der Er- folg lehrt, dem Pritnitiustreifen im Vogel -Embryo analog. Wir werden die Entwickelung des Embryo später von ihm aus untersuchen und wollen jetzt nur, die Bildung der Eihüllen weiter verfolgend, bemerken, dafs er sich eben so wie der Primitivstreifen des Vogels queer auf der Längenachse des Eies und also auch des Fruchthälters zeigt. 7. Dotter- Kaum hat der Embryo sich zu bilden angefangen, so schnürt er sich von der übrigen Keimhaut durch Einleitung einer Nabelbildung ab , und wir haben also einen Embryo und einen Dottersack. Da ich diese Entstehungsweise in Hunden, Kaninchen, Schweinen und Schaafen verfolgt habe, so scheint es mir ganz überflüssig , noch zu erklären, dafs der Dottersack mit dem Darme durch einen Dottergang in Verbindung steht. Dot- tersack und Darm sind so gut wie im Vogel ursprünglich dasselbe, oder zwei Ab- theilungen vom vegetativen Theile des Keims, die sich durch Abschnürung von einander sondern, aber durch den Kanal der Abschnürung, den Dottergang, noch längere Zeit mit einander in Verbindung bleiben. Es darf also nur die Frage aufgeworfen werden, wie lange diese Verbindung besieht? Hierauf kann man im allgemeinen antworten: um so länger, je gröfser der Dottersack in den ver- schiedenen Familien wird; denn nach der allgemeinen Eigenlhümlichkeit des Säugethier-Eies, dafs es, je älter um so grölser wird, wächst auch der Dotter- sack, selbst im Menschen wenigstens einige Zeit. Bei keinem Säugethiere aber ist der Dottergang im Augenblicke des Austrittes aus dem Ei oil'en wie beim Vo- gel, weil in keinem der Dottersack in den Leib des Embrj^o tritt, sondern mit den Eihäuten abgostofsen wird , wenn er nicht schon früher geschAvunden war. Wie im Vogel, besieht der Dottersack aus einer äufsern Geiafsschicht und einer innern Schleimhautschicht, die sich nie vollständig trennen. Die Zotten der letztern sind zwar nie so grofs als im Vogel, doch bei Säiigethieren mit an- •^ehnlichem Doltersacke ganz deutlich. Ja sogar in dem Nabelbläschen des ^Ten- schen kenntlich. 191 Im Uebrigen sind die JJültersäcke der verschiedenen Familien der Sauge- ihiere in der äufsern Form imd in der Gröfse selir ungleich , denn obgleich alle Eier in Form von Kugeln aus dem Eierstocke treten , so werden sie doch als Dot- iersäcke sehr verschieden. AVir haben schon bemerkt, dals sie bei Flufthieren in aufserordentlich lange Fäden mit etwas Aveilerer Mille ausgezogen Averdeu. Nachdem sich die äufsere Eihaut gebildet und der Harnsack an diese angelegt hat, sterben die dünnen Zipfel ab. Obgleich sie bei sorgfältiger Untersuchung, be- sonders in Dickhäutern , noch einige Zeit auffindbar bleiben , so sieht man doch bei AYiederkäuern sehr bald nur die JMitle thälig und mit BhUgefäfsen versehen, und schnell ist auch von dieser nur noch die Spur zu sehen. Daher kommt es , dals mau diesen Eiern die Erythrois a]>gesprochen hat. Bei Dickhäutern sind nicht nur die äufsersten Zipfel längere Zeit (l)eim Schwein bis über vier Wochen) als abgestorbene Enden zu erkennen , sondern die IMitte ist Avährend der ersten Hälfte des Embrj'onenleJjens als ein zweizipfliger, von der enthaltenen Dotter- masse gelb erscheinender Sack, mit Blutgefäfsen überzogen, thätig. Der Dottersack des IMenschen, hier Nabelbläschen genannt, bildet in so fern einen Gegensatz zu dem Dottersacke der Wiederkäuer , dafs er seine kuge- lige Gestalt gar nicht verändert, oder höchstens, wenn er aufhört thätig zu seyn, etwas länglich wird , aber darin stimmt er überein , dafs er auch klein bleibt, und früh allen Antheil an der Auslüldung verliert. Der Dottersack der Raubthiere verändert langsam seine Kugelform in eine ellipsoidische und dann in eine spindelförmige. Allein dieser Dottersack saugt immerfort Flüssigkeit ein und wird daher sehr grofs , wächst mit dem Eie , bleibt durch den Dottergang mit dem Darme sehr lange in offener Communication und behält sein reiches Gefäfsuetz bis zur Geburt. Es war daher unvermeidlich, dafs man aus den Eiern dieser Tliiere schon vor Jahrhunderten die Erj throis kannte. Noch anders ist es in den Nagern. Der Dottersack wächst so stark mit Taf. iv Fiff 20 ganz flüssig gewordenem Dolter und hat so wenig Neigung sich in Zipfel zu ver- längern , dafs er bei weiterer Vergröfserung nicht an der Bauchseite des Embryo bleibt, sondern zwischen Amnion und seröser Hidle um das erslere sich herum- schlägt und über den ganzen Rücken des Embryo fortgeht, bis er endlich wieder auf der andern Seite am Bauche anlangt, ohne jedoch sich selbst zu erreichen, woran ihn der zwischenliegende Fruchtkuchen hindert. Er erlangt also die Form, die der Harusack im A'^ogel annimmt, und ist auch bis zur Geburt thätig. 192 r, Bildung IVocli clic tier Embrjo sich von dem Dottersacke abgeschnürt hat , ja eigent - «nd de^Terö^ ^^^^ ^^'^ noch eine Abschnüruug Ijcgonnen hat, spak**t er sich in ein animalisches sen Hülle. y^^ ein vegctatives Blatt , die innerhalb des Trimitivstreifens an einander haften bleiben. Die Spaltung ist sogar noch etwas kräftiger als im Vogel, indem der animalische Theil der Bauchplatlen oder die Bauchplatten im engern Sinne sich nach der Trennung nach oben zurückrollen. Hierdurch Avird die Schliefsung des Amnions so beschleunigt, dafs es schwer gelingt , es in seiner Bildung zu treffen, dennoch habe ich das Glück gehabt, bei Hunden und noch häufiger bei Schweinen und Schaafen , den Embryo ganz unbedeckt, dann mit offenem Amnion und zuletzt mit eben geschlossenem Amnion zu sehen. Hiernach kann ich versichern, dafs auch dieser Sack sich ganz eljen so formt, wie im Vogel. Durch die Bildung des Amnions wird der übrige Theil vom äufsern Blatte der Keimhaut eben so wie im Vogel in eine seröse Hülle umgewandelt, welche Amnion und Dottersack um- Taf. IV. schliefst. Das Amnion haftet nothwendig zuerst an der über ihm liegenden serösen Fig. 24. Hülle, dann verlängert sich diese Anheftung meist in Form eines langen und dün- nen Trichters*) und schwindet zuletzt. Das Amnion liegt nämlich einige Zeit hin- durch dem Embryo sehr eng an (enger als im Vogel) , während die seröse Hülle sich erhebt. Diese bleibt aber dem Embrj o gegenüber (jenseits des Gefafshofes) am Dottersacke haften , indem hier (wie im Vogel) längere Zeit hindurch keine Trennung erfolgt. Im Dottersacke ist nämlich, eben so Avie im Vogel, ein Gefäfshof durch eine Grenzvene vom Dotterhofe geschieden und die Trennung der Blätter des Dotter- sackes geht nur etwas über diese Grenzvene. (Vergl. Taf. IV. Fig. 24.) **). Die seröse Hülle ist bisher im Ei der Säugethiere gar nicht lieachtet wor- den und doch ist einVerständnifs ohne diese Beachtung nicht möglich. So bemerkt Cuvier, die äufsere Eihaut, die er Chorion nennt, löse sich am Ei des Kaninchens auf. Da er nun aufser dem Chorion nur das Amnion, die Allantois und den Dot- iersack annimmt, so würde daraus folgen, dafs diese Säcke im Ei des Kanin- chens frei ohne überziehende Hülle wären , Avas keinesweges der Fall ist. Na- mentlich scheint es mir, dafs in der Deutung des Menschen - Eies nicht so viel Ver- wirrung wäre, wenn man auf diese Haut Rücksicht genommen hätte, welche ra- scher Avechselt, als alle andern, und, weil sie mehr passiv als activist, nicht mir in den verschiedenen Gegenden desselben Eies, sondern auch in kurzen Zeit- un- *) Von diesem Trichter ist im Vogel fast nichts zu sehen , weil das Amnion naher an der serösen lÜille anlirgt. Fr ist in (]ein Ei des Schweines (Taf. V. Fig. 1.) sichtbar. **) Im Moischen trennt «ich die seröse fliillp am ^t•l)nellsterl. .4uch I).iLe ich auf seinem kleinen JJoltersncke nncli kein«.' (jremvrue gesehen. rnsai 193 unterschieden desselben Eies sehr verschieden aussieht. Im Allgemeinen wandert sie von dem Dottersacke nach der äufsern Eihaut, mit der sie ver>yächsl, aber wann und wo sie dort anlangt, hängt vorzüglich von andern Theilen ab, die sie drängen *}. Das flüssige Eiweifs liegt offenbar zuvörderst, aufserhalb der serösen Hülle, aber allmählig dringt es durch diese durch und sammelt sich in ihrem Innern, weshalb bald die seröse Hülle an die äufsere Eihaut angedrängt wird und mit die- ser verwächst, was durch die Schicht von festem Eiweifs unterstützt wird, doch läfst sie sich so lange erkennen , bis ein anderer blutreicher Sack (die seröse Hülle ist wie im Vogel ohne alles Blut) sich auch an die äufsere Haut drängt i^nd mit ihr und der zAvischenliegenden Hülle verwächst. Es tritt nämlich aus der Kloake des Embryo auch ein gefäfsreicher Harnsack hervor, der zwischen dem animali- schen und vegetativen Blatte sich herausdrängt und rasch im Innern der serösen Hülle sich vergrüfsert. In allen Säugethier-Embnonen wächst dieser Harnsach hervor, .so lange der s. H Leib noch zum gröisten Theile offen ist, und weil er eine Ausstülpung der Kloake J'"'' ^""'' ist, so besteht er aus zwei Hautschichten , einer innern, die eine Verlängerung der Schleimhautschieht und einer äufsern, die eine Verlängerung der Gefäfsschiclit ist. In allen Säugethieren nimmt er in dieser äufsern Schicht zwei Aeste der Aorta und die Enden zweier im untern Rande der Bauch platten verlaufenden Venen mit sich. Die ersteren werden die Nabelarterien , die letzteren die Nabelvenen. Es sind nämlich bei allen Säugethieren w^ie beim Vogel (§. 7. gg. ) zuerst zwei Nabel- veuen , die anfänglich erst in der Nähe des Herzens sich vereinigen , dann aber während die Bauchplatten mit einander verwachsen, ein längeres Stämmchen er- halten , hinter dem Nabel aber entweder getrennt bleiben , wie in den Wieder- käuern, oder, was gewöhnlicher ist, durch eine Anastomose sich vereinen so dafs bald die linke Vene die rechte als Ast aufnimmt und nun als einzige Nabelvene von der linken Seite in den Nabel tritt. Diese Gefäfse werden durch den Harnsack immer bis an die äufsere Eihaut gehoben und wuchern hier zur Bildun" des Cho- rions und Fruchtkucliens, wie wir sogleich hören werden, auf manniofache Weise. Eben so wie im Vogel bleibt der Harnsack mit der Kloake, oder, da diese in Säugethieren in Mastdarm und Blase sich theilt, mit der letztern in offener Com- munication. Der verbindende Gang wird in Säugethieren länger als im Vooel. Die Verbindung wird in denjenigen Säugelhier- Formen früher aufgehoben , deren *) Man sieht diese Haut nicht nur in den Abbildungen der Tafel, IV, sondern auch riei Taf V. m>t h be7eichnel, und wird wohl thnn , die Erklärung der letztgf nannten Tnfel ein7u«e!iPn //. Bb 194 Harnsack klein bleibt. Im Uebrigen ist aber die Weiterbildung des Harusackes selbst, so -Nvie die Gestalt und GröTse die er erreicht, sehr verschieden. Am ähnlichsten dem Vogel -Ei ist diese Weiterbildung des Harnsackes in den Eiern der Raubthiere. Hier schiebt er sich von der rechten Seite des Embryo über dessen Rücken fort bis an die linke Seite und würde sich überall seljjst errei- chen, wenn nicht der ansehnliche Dottersack links und unten ihn aufhielte. Den- noch erreicht er an der Oberlläche des Eies, d. h. an der äufsern Eihaut, wirklich sich selbst , und es bleibt nur nach innen ein dreiseitiger Raum von ihm nicht aus- gefüllt, in welchem der Do Itersack liegt. Inderinnern, dem Amnion anliegen- den Hälfte des Sackes entwickeln sich die Blufgefäfse wenig. Diese innere Hälfte nannten manche ältere Anatomen die mittlere Haut (Membrana media), Du- t röchet aber Endochorion. In der obern, w^elche mit der äufsern Haut zu einem Chorion verwächst, wuchern sie dagegen in die Zotten dieses Chorions und erzeugen die reichen Gefäfsnetze, welche den Fruchtkuchen zusammensetzen. In beiden Hälften bleiben aber Gefäfshautschicht und Schleimhautschicht völlig an einander haften wie im Vogel -Ei. Ganz anders ist es im Ei der llufthiere. Der Harnsack wächst so wenig in die Breite, dafs er nicht mit einem doppelten Gewölbe das Amnion überdeckt, sondern neben ihm liegt. Dagegen wächst er so aufserordentlich in die Länge, dafs er, so lang auch das Ei der Hufthiere von der frühesten Zeit an ist, keinen Kaum findet, sondern an beiden Enden die äufsere Eihaut durchreifst und aus ihr heraustritt. Ueberhaupt hat der Harnsack in den Hufthieren und besonders in den Wiederkäuern die gröfste Ausdehnung. Auch lösen sich in den Hufthieren die beiden Blätter, aus denen der Harn- sack besteht, und die in den Raubthieren wie in den Vögeln stets auf das innigste verbunden bleiben und nur als Schichten zu unterscheiden sind , vollständig von einander (Taf. IV. Fig. 22.)« Sobald nämlich der Harnsack mit seiner äufsern Wand die Schicht festeren Eiweilses erreicht hat , welche unter der äufsern Eihaut liegt, so hebt sich das Gefäfsblatt vom Schleimblatte ab und die Gefäfse wuchern in jenes hinein. Die Trennung erfolgt rasch und wird dadurch vermehrt, dafs nun eine Lage dickeren Eiweifses sich unter dem Gefäfsblatte sammelt. Dieses Eiwcifs erreicht nach der Gröfse des Eies eine Dicke von 1 bis 2 Linien. Wenn man es aber sich mit Wasser vollsaugcn läfst, kann man es um die Mitte des Em- bryoiienlebens wohl einen halben Zoll dick finden. Wenn ich diese Substanz, sowohl als die, welche in geringerer Quantität sich zuvörderst unter der äufsern Eihaut sammelt, Eivveils nenne, so will ich da- mit nicht behaupten, dafs sie die chemische Beschaffenheit des EiAveifses im Vo- 195 gel -Ei hat. In der That w.ünle sie in chemischer Hinsichl mehr den Namen Gal- lert verdienen , weil sie sich diesem äh nlich verhält. Aber grade so verhält sich das Eivreifs der Eier von Batrachiern und andern Thieren. Mit dem Worte Ei- ■Nveirs habe ich also nur eine ungeformte und durchsichtige , zur Ernährung die- nende und dem Ei später als der Dotter zugekommene Substanz bezeichnen Avollen, die Substanz, welche Burdach den secumlären Fnichtstojf nennt: eine Bezeich- nung, die die physiologische Bedeutuug sehr passend bezeichnet und die ich ange- wendet haben würde, wenn ich sie für den Gebrauch nicht zu lang gefunden halte. Aus dem Gesagten geht hervor, dafs in den Hufthieren nach der Trennung des Harnsackes in seine Blätter oder in zwei in einander steckende Säcke das Ge- fäfsblatt theils vermittelst desEiweifses an die äufsere Eihaut sich anlegt, worüber wir bald mehr hören werden, theils an die benachbarte Gegend des Amnions (doch nicht um das ganze Amnion herüber), und dals ein vollständiger Sack, nur aus der Schleimhaut gebildet, zurückbleibt. Er ist ganz gefäfslos, dünn und ungemein durchsichtig, obgleich ziemlich fest. Dieser Sack ist es, den man ursprünglich Allantoides oder Allantois genannt hat und wofür wir diesen Namen beibe- halten haben. Der Harngang geht nothwendig in ihn über. Eine dritte Hauptverschiedenheit des Harnsackes zeigt sich in den Nagern. Er schlägt sich weder über dem Amnion weg, noch liegt er neben ihm, sondern ihm gegenüber bleibt er an der Bauchseite des Embryo (Fig. 20. Taf. IV.}. Da- bei ist er zwar cylindrisch, doch kaum länger als das Amnion, gegen die Raub thiere undHufthiere also klein zu nennen. Auch ist er, natürlich mit Ausnahme der frü- hesten Zeit, eine wahre Allantois. Nur die gefäfslose Schleimhaut nämlich ist in die bezeichnete Länge ausgedehnt, dieGefäfse sind von ihr abgehoben und weichen, die Allantois umfassend , in den Fruchtkuchen. Eine vierte Hauptform sehen wir im IMenschen , wo der Harnsack ungemein klein bleibt und nur in der frühesten Zeit derEntwickelung thätig zu seyn scheint. Dafs es hier aber noch nicht mit voller Sicherheit bestimmt werden kann , oh und wie sich ein Gefäfsblatt abhebt, und ob das , wenigstens bis zur Mitte des zweiten Monats nachweisbare Säckchen eine Allantois oder ein vollständiger Harnsack sey — darüber werden wir später ausführlich sprechen (§. 10 ^. u. und Studien u. s.w.)*). Mit Ausnahme der frühesten Zeit findet man an der Oberfläche des Säuge- ^ BildutiO thier-Eies immer Gefäfse, welche das Blut der Frucht dem Einflufs desFruchthäl- desChorion«. ters aussetzen. Obgleich der Umfang dieser Gefäfse in den verschiedenen Familien ♦) Dieser Sack ist in den Durchschnittsfigiiren von Taf. IV. nnd anf Tafel V, mif/nnd ^ bezeichnet. Bb 2 196 und auf den verschiedenen Bikluiigsslutea sehr verschiedeu ist, so hat man doch die Haut, der sie augehören, überhaupt Cliorion genannt. Nun wissen wir aber, dafs ursprüngUch die äufsere Eihaut ganz gefäfslos ist, und wir haben auch gehört, dafs sie durch den Hinzutritt eines innern Sackes Gefäfse erhäh. Dennoch hahe ich es nicht für passend, mit Cu vier die äufsere Eiliaut gleich anfänghch Chorion zu nennen — theils weil bei vielen Thieren ein Theii der äu- fsern Eiliaut verloren geht , bei den Nagern , wie es scheint, sogar der gröfslo Theii, und dennoch das Ei von einer Gefäfshaut umgeben bleibt, vorzüglich aber weil man nach Cuvier's Benennung auch die Schaalenhaut der Vögel -Eier nothweu- dig Chorion nennen müfste , was gegen allen Gebrauch wäre und Verwirrung er- zeugen müfste. Bevor wir in die Bildungsgeschichle des Chorions eingehen , mufs ich an früher Gesagtes erinnern. Wir haben gehört , dafs, wenn das animalische Blatt des Embryo vom vegetativen Bialte sich löst, ganz wie im Vogel, zugleich von dem Doltersacke ein Ueberzug sich abtrennt, dem wir den Namen seröse Halle gegeben iiaben , und der das Amnion mit dem Embrjo , den jetzt blos ein vegetatives Blatt besitzenden Dottersack ^an einem Theile desselben jedoch längere Zeit haftend) und den Harnsack , sobald dieser entstanden ist , einschliefst , kurz das gesammte Ei mit Ausnahme der äufsern Eihaut und des vom Fruchthälter gegebenen flüssigen Eiweifses. Fügen wir nun hinzu , dafs dieses äufsere Eiweifs , die seröse Hülle in flüssiger Form durchdringend , immerfort und rasch vom Ei eingesogen wird, Avogegen unter der äufsern Eihaut sich etwas festes Eiweifs ansammelt ; so mufs bald , wie wir auch schon bemerkt haben , die seröse Hülle die äufsere Eihaut er- reichen , und beide verwachsen dann innig , so weit sie sich berühren. Das habe ich in den verschiedenen Formen, besonders aber bei Huf thieren, mit der minutiö- sesten Vollständigkeit verfolgen können. So entsteht also eine zusammengesetzte äufsere Haut, die schon nicht mehr die ursprüngliche ist. In der Regel wird nun %\ie seröse Hülle bald unkenntlich, indem sie im EiAveifs sich auflöst, allein in den iNagern, wo sie AA^enig Eiweifs vorfindet, scheint sie sich als Haut zu erhalten. Wir haben ferner gehört, dafs bei fortgesetzter Entwickelung iVm äufsere Haut mit dem Gefufsblalte des Harnsackes (oder des Dottersackes, Avovon später) zum Chorion verAvächst. Hier will ich nur noch Jjemerken , dals ich glaubte ver- ständlicher zu werden, indem ich schlechtweg von der äufsern Haut sprach, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob sie schon aus ursprünglich getrennten Theilen zusammengesetzt ist oder nicht. Nachdem dieses vorangeschickt ist, gehen Avir zu dem Verhältnisse der äu- fsern Eihaut, zu den in ihrem Innern wachsenden, Blut führenden Säckeu über 197 uml es läfst sich leicht denken , tiafs , Avenn eine iiufsere Hülle von einem innern Theile erreicht ^vird, es von dem Wachsthume des innern Theils und der Form der äuLern Hülle abhängt, ob dieses überall gleiclimäfsig geschieht oder nicht. Es wäre offenbar möglich, dals einzelne Theilo der äufsern Hülle (hier der äufsern Eihaut) gar nicht erreicht würden , aber auch bei raschem Wachsthume der in- nern Theile möglich, dafs die äufsere Eihaut ganz gesprengt würde, wenn sie nicht genug nachgeben kann, bevor sie zu einem lebendigen Ganzen mit dem andrin- tjenden Theile verwachsen ist. Beide Verhältnisse kommen nicht nur in den Ei- häuten der Säugelhiere überhaupt, sondern beide sogar zusammen im Ei der lluf- ihiere vor, Avir wollen sie daher hier betrachlen. 0]>glcich ich später das Ei der Wiederkäuer in der Entwickelung verfolgen werde , so mufs es ims hi^r als Ma- teriale zu allgemeinen Resultaten dienen. Das Eiweifs dieser Thiere ist sehr weit ausgebreitet, also auch seine Hidle, die äufsere Eihaut. In den ^Viederkäuern z. B. reicht diese für das Eine Ei bis in die äufsersten Enden des Fruchlhälters, hat aber in diesen Enden nur die Form von sehr dünnen Zipfeln, Nun w^ächst der Harnsack heran. Er ist auch zweizipflig, allein seine Enden sind sehr dick. Zuerst liegt er ganz frei, dann aber erreicht er die äufsere Eihaut, an welche sich die seröse Hülle a on dem kleingebliebenen Dottersacke unterdessen anzulegen be- gonnen hat , und drängt diese äufsere Haut aus einander. Die äufsersten Enden sind zu eng, sie geben ein Hindernifs und halfen einige Zeit den Harnsack in der Entwickelung nach der Länge auf. Er drängt also an den Enden stark gegen die äufsere Haut. Es erzeugt sich dadurch eine Narbe. Hinter der Narbe wird aber endlich der dünne Anhang der äufsern Haut durchrissen und der Harusack tritt mit einem ansehnlichen Zipfel hervor. Dieser Zipfel bekommt aber nie Zotten, und wir können dabei schon vermulhen, dafs nur da Zotten sich bilden, wo die ur- sprüngliche äufsere Eihaut noch besteht. Ganz eben so ist es im Ei der Schweine, wo eben solche unbedeckte Zipfel des Harnsackes sich bilden. Die Enden vom Ei der Fiaulithiere sind ebenfalls nackt. Auch hier glaube ich gesehen zu haben, dafs die äufsere Eihaut durchris- sen wird und nur in der Mitte bleibt, wo man später den Fruchtkuchen findet. An den Rändern der Fruchtkuchen sieht man auch noch später einen frei auslau- fenden Hautrand. Dagegen schien es mir , als ich das Ei mit eben durchbroche- ner äufserer Eihaut fand, als ob doch noch ein ganz durchsichtiges Häutchen die Enden des Dottersackes und des Harnsackes zusammenhielte. Ich bin deshalb unsicher, ob hier nicht die seröse Hülle noch bleibt. In den Nagern und Insecten- Iressern ist sogar der gröfste Theil vom Umfange des Eies zotlenlos, sobald sich Blulgefäfse in den Eihäuten zeigen, vorher aber ist das ganze Ei mit sehr ansehn- 198 liehen Zotten bedeckt. Da ich nun in Kaninchen die äufsere zottige Eihaut ganz kleiner Eier vollständig geschlossen fand , etwas später aber , wenn das Ei 2 bis 3 Linien Durchmesser und der Harnsack seine Entwickelung begonnen hatte, den gröfsten Theil dieser Haut lose aufliegend fand, so dafs er sich mit Ausnahme eines kleinen Theiles, mit dem das Ei sich an den Fruchthälter befestigt hatte, abheben liefs, so vermuthe ich, dafs in den Nagern und Insectenfressern der grölste Theil der äufsern Eihaut ganz abgestreift werde, nachdem ein kleiner Theil zur Ausbildung des Fruchtkuchens verwendet ist. Cuvier mufs dasselbe, jedoch in etwas späterer Zeit , bei Kaninchen gesehen haben, denn er sagt, das Chorion (d. h. äufsere Eihaut) löse sich auf und liege nur wie ein weicher Ueber- zug auf dem übrigen Ei. Ich habe die äufsere Haut noch in sich fest, obgleich abgelöst gesehen, weshalb ich allerdings nicht alle Zweifel, dafs sie durch die anatomische Operation zerrissen worden , unterdrücken konnte. Aus allem Angeführten mufs ich schliefsen , dafs das Ei der Säugethiere nur da an seiner Oberfläche Zotten hat, wo noch Reste der ersten äufsern Eihaut er- halten sind. Wir erinnern uns , dafs die äufsere Eihaut durch Herantritt des Harnsackes Blut erhält und dafs bald der gesammte Harnsack, ohne sich in Blätter zu spal- ten, an die äufsere Eihaut sich anlegt, wie in den Raubthieren, bald aber das Gefäfsblatt sich von dem Schleimblatte sondert und allein mit der äufsern Eihaut verwächst, wie in den Huflhieren. Es scheint, dafs hierbei die Eiweifs- Schicht unter der äufsern Eihaut das Blut anzieht; denn so deutlich es ist, dafs sich die Gefäfse in einem zusammenhängenden Blalle erheben und den Sack der Schleim- haut zurücklassen, so sieht man doch schnell die Gefäfse in die Eiweifs - Schicht wuchern, und sehr jjald ist das continuirliche Blatt verschwunden , es ist als ob es mit dem Eiweifs verschmölze, was nicht auffallen darf , da die Substanz, die die Gefäfse blattförmig verbindet, ja auch nichts anders sejn kann, als wenig mo- dificirtes Eiweifs. Wo das Gefäfsblatt sehr wenig oder gar kein Eiweifs vorfindet, wie an der Seite des Amnions , behält es viel länger seine Blatlform. Allein es ist nicht einmal nothwendig, dafs zur Bildung des Chorions über- all ein Gefäfsblatt sich anlegt. Davon liefern gleichfalls die Eier der Huflhiere den Beweis. Der Harnsack liegt bei ihnen neben dem Amnion, ohne es zu um- hüllen. Wenn sich nun das Gefäfsblatt des Ilarnsackes lost, so kann es nicht an den ganzen Umfang der äufsern Eihaut sich anlegen, dennoch wird diese im ganzen Umfange zum Chorion. Ich habe durch Beobachtung diese Ausbildung verfolgt, weil ich lauge über sie in Zweifel bliei>. und glaul>e das Ilcsultut Ihnen 199 mittlieilen zu können, wenn ich Ihnen eine Durchschnittsligur vom Ei eines Sch^v eines vorlege (Taf. IV. Fig. 22.). Wir sehen hier am Umkreise die äufsere Eihaut in der Ausbildung zum Chorion. Rechts vom Emljryo und x\mnion liegt der Harnsack. Er hat sich schon in seine Leiden Blätter getrennt. Da er nun nicht wie in Raubthieren um das Amnion herumwächst, so entsteht die Frage : wie auf der linken Seite die äufsere Eihaut Blut erliält, um zu einem Chorion zu werden? Es ist zuvörderst unleugbar, dafs einige Zeit hindurch (gegen den Schlufs der vierten Woche jjeim Schweine) diese Gegend wirklich gefäfslos ist, aber in wenigen Tagen Gefäfse hat. Nun schlägt sich in der That (besonders bei Dickhäutern , weniger bei Wiederkäuern) das Gefäfsblatt des Harnsackes weiter über das Amnion , als man vor der Trennung glauben sollte , aber lange nicht bis zum Stiel des Harnsackes und gewifs nicht weiter als in der vor uns liegenden Ab- bildung dargestellt ist. Auch schicken Gefäfse , die vor und hinler dem Amnion liegen, einige Aeste herüber. Der übrige Theil von der linken Seite der äufsern Eihaut wird dagegen aus den JNabelgefäfsen unmittelbar mit Blut versorgt, indem Aeste derselben in dem hier liegenden Eiweifs fortwachsen. Wir sehen hieraus , dafs auch ohne Hinzutritt eines wirklichen Gefäfsblat- tes, wenn nur Blutgefäfse und verbindendes Eiweifs da sind , die äufsere Eihaut in ein Chorion umgewandelt werden kann. Diese Bemerkung wird uns später für das Verständnifs der JMenschen - Eier wichtig werden. Jetzt wollen wir an die schwierigere Frage uns wenden, ob zur Ausbil- dung des Chorions nur die Harnsackgefäfse dienen können ? Diese Frage kann mit „ja" und mit „nein" beantwortet werden, je nachdem man die äufsere Gefäfs- haut der Nager ein Chorion nennen will oder nicht. Hier wuchern nämlich die Nabelgefäfse nur in den zurückbleibenden Theil der äufsern Eihaut und bilden aus seinen Zotten den Fruchtkuchen. Den übrigen Umfang des Eies nimmt der Dottersack ein, der, wie wir hörten, sich eben so in Form einer Blase um das Amnion schlägt, wie in den Raubthieren der Harnsack. Dieser Dottersack liegt aber nicht frei, sondern seine äufsere Hälfte ist innig mit einer glatten sehr durch- sichtigen Haut verwachsen, die das ganze Ei zusammenhält. Diese Haut kann man nicht für diejenige halten, welche wir ursprünglich die äufsere Eihaut ge- nannt haben, theils weil sie keine Zotten trägt, theils weil die äufsere Eihaut zerrissen zu werden scheint und man in der That auch in altern Eiern ein haut- fbrmiges Gebilde aufliegend findet , das sich stückweise abtrennen läfst. Schon ihrer Durchsichtigkeit wegen kann man die bestehende Haut für die seröse Hülle halten, mit der ja auch im gewöhnlichen Chorion das Gefäfsblatt des Harnsacke* zunächst verwächst. 200 Trotz den verschiedenen Elementen, aus denen die äufsere Gefälshaut des Eies der Nager besteht, möchte ich sie dennoch mit dem Namen des Chorions be- legen, weil es mir weniger passend scheint, einem Säugelhier-Ei das Chorion aanz abzusprechen oder auf den Fruchtlcuchen zu Ijeschränken , als in ihm eine andere Entstehung zu erkennen, und weil die äufsere Gefäfshaut der Nager ohne allen Zweifel wie das geAvöhnliche Chorion die Bestimmung hat, die vom Frucht hülter erzeugten flüssigen Stoffe aufzusaugen. Hiernach würden wir über das Chorion der Säugethiere uns allgemein so ausdrücken : Die äufsere Gefäfshaut im Ei der Säugethiere nennen wir das Chorion. Der Umfan»^, in welchem seine Gefäfse sich ausbreiten, ist nach den verschiede- nen Thierformen und den Bildungsstufen verschieden. Bas Chorion wird gebil- det aus einer ursprünglich gefäfslosen äufsern Eihaut und aus hinzutretenden Blut- gefäfsen *). Diese äufsere Eihaut wird aber vorher wieder zusammengesetzt aus einer Oljerhaut des Eies und einer Oberhaut des Dottersackes (der serösen Hülle), von welchen bald die eine, bald die andere mehr oder weniger verloren geht. Die Blut^efäfse erhält das Chorion durch gefäfsreiche Säcke , die mit dem Embryo in Verbindung stehen, gewöhnlich durch den Harnsack, zuweilen durch den Dotiersack. Dafs die äufsere Eihaut nicht aus sich selbst allein Blut erzeugen kann, leh- ren alle solche Mifsbildungen , wo der Embryo in seiner Entwicklung so früh ge- hemmt wird, dafs der Harnsack die äufere Eihaut nicht erreicht. Ich habe der- gleichen von Schweinen über ein Dutzend gesehen. Ihre äufsere Eihaut hatte nie Blut, obgleich sie zuweilen sich weit ausdehnte. Der Embryo mufs die Blutgefäfse für die äufsere Eihaut hergeben, aber sie bilden sich nur aus und erhalten sich nur da, wo sie in nahe Berührung mit den Blul^efäfsen des Fruchthälters kommen. So schwinden die Blutgefiifse bald auf den liarnsnck- Zipfeln der Hufthiere, weil sie in Ermangelung der Zotten nicht in nahe Berührung mit dem Fruchthälter kommen. Die ganzen Anhänge sterben später ab. — Näher umschlossen werden die Enden der Eier der Raub- thiere. Hier erhalten sich die Gefiifse, ohne jedoch zu wachsen. Z^vischen den «elrennten Fruchtkuchen der Wiederkäuer erhalten sich nicht nur die Blutgefäfse, _^ son- ♦ ) Wenn einst vollständig erwiesen werden sollte, dafs nnch im Menschen eine Gefäfshaut de» Harnsackes sich au die äufsere Eihaut anlegt, so kann man sagen : lUts Chorion enlslrht durch rir.e f^i-iii'itfheraerken , dafs die Zotten des Chorions , selbst wenn sie schon ausgebildete Gefäfsnetze enthielten, diese verlieren, sobald sie nicht mehr in naher Berührung mit der innern Fläche des Fruclilhälters bleiben. Als Beispiel wähle ich wieder dns Ei der Schweine. Nachdem in diesem die her- ausgestülplen Anhänge des Harnsackes abgestorben sind, Äverden sie auf die Seite geschoben oder eingfestüipt, und die benachbarten Theile des Chorions verlängern sich. Bei der grofsen Zahl der Eier erreichen sich diese, drängen gegen einan- der, und da sie von innen aus immer vergröfsert werden, so schieben sich endhch die Enden der Eier in einander. Dadurch kommen sie natürlich aufser Berüh- rung mit dem Fruchthälter, und nun ist es merkwürdig, dafs bald darauf auch die Zotten und ihre Gefäfsnetze in diesem ausgebildet gewesenen Chorion sich verlieren, zum deutlichen Beweise, dafs das Chorion seine Beschaffenheit ver- ändert, wo es aus der Berührung mit der innern Fläche des Fruchthälters gekom- men ist, und , dafs das Blut im Chorion aufhört in Gefäfsnetze sich zu vertheilen, wenn ihm nicht Gefäfsnetze auf der innern Eläche des Fruchthälters gegenüber liegen. Mutterkuchen, Placenta, oder in neuerer Zeit Fruchtkuchen , hat man "• p"^''^~ urspünglich zwar nur diejenigen Wucherungen des Chorions genannt, welche auf einen Theil desselben beschränkt sind und dazu dienen, das Blut der Frucht der Einwirkung des Blutes der Mutter auszusetzen, wie im Ei der Menschen , der Raubthicre, der Nagern, s. av. Da aber gar kein Grund vorhanden ist, die Zot- tenbüschel der Wiederkäuer und auch die freilich kürzern und mehr vertheilten Zotten der Dickhäuter für etwas Anderes zu erklären, so ist für uns der Frucht- kuchen der Inbegriff aller Blut enthaltenden Zotten der Oberfläche der Eier, denn alle stehen unter dem Einflüsse des mütterlichen Blutes. Hierin lie^t der wesentlichste Unterschied der Eier der Säusethiere und der Vögel, der offenbar wieder auf einem höhern beruht, darauf, dafs überhaupt die Entwickelung des Säugethier-Eies unter fortgehendem Einflufs der Mutter besteht. Man kann dem Ei der Vögel ein Chorion zuschreiben , das dem Chorion der Säugethiere fast ganz gleich ist, denn die äufsere Hälfte des Harnsackes ist so eng an die Schaalenhaut geheftet, dafs ohne Blutung beide sich nicht trennen lassen, man kann aber nichts, was dem Fruchtkuchen entspräche, nachweisen. Der Fruchtkuchen der Säugethiere ist in den verschiedenen Familien frei- lich nicht gleich , allein die Verschiedenheiten entstehen durch Verhältnisse, deren wir schon erwähnt haben. //. Co 202 Erinnern wir uns , was wir durch Vergleichung der verschiedenen Säuge- thier-Eier gefunden haben, dafs in der gesammteu äufsern Eihaut die Anlage liegt, Zotten zu bilden, und fügen wir hinzu, dafs diese Anlage nur da zur Ent- wickelung kommt , wo die innere Fläche des Fruchthälters entsprechende Vertie- fungen hat, in welche die Zotten eindringen können; erinnern wir uns ferner, dafs die Zotten nur da Gefäfsnetze erhalten, wo eine gefafsreiche Haut mit der äufsern Eihaut zu einem Chorion verwächst, dafs die Zotten schwinden, sie mö- gen Gefäfsnetze haben oder nicht, wo sie aus der Berührung mit der innern Fläche des Fruchthälters geblieben sind, und fügen wir noch hinzu, dafs die Zotten sich vergröfsern, verästeln und reicher an Blutgefäfsen werden, wo sie hinlänglich tiefe Gruben in der gegenüberliegenden Wand des Fruchthälters oder eines mit ihm innig sich verbindenden Exsudats, von dem wir sogleich sprechen werden, vorfinden; so ist auch die allgemeine Geschichte des Fruchtkuchens gegeben, denn dieser ist nichts anders als die verstärkte Wucherung von Zotten , welche Blutge- fäfsnetze erhalten haben, und zugleich nachgewiesen, dafs seine Bildung unter dem unmittelbaren Einflüsse des Fruchthälters steht. Wir wollen nun aber auch mit wenigen Worten die IModificationen des Fruchtkuchens durchgehen, um seine Abhängigkeit von der innern Fläche des Fruchthälters näher nachzuweisen. In den Dickhäutern ist er am ausgedehntesten ; denn auf dem ganzen Ei, mit Ausnahme der früher erwähnten auf einander folgenden Anhänge füllen sich die Zotten mit Gefäfsnetzen und wachsen, freilich ist ihr Wachsthum nicht bedeu- tend , da ihrer so viele sind. Ihnen entspricht eine innere Fläche des Fruchthäl- ters, die wie eine Bienenwabe mit zahllosen Grübchen versehen ist, welche die einzelnen Zotten aufnehmen. Einzelne Grübchen der Fläche des Fruchthälters, durch welche sich Drüsen - Schläuche ausmünden, sind etwas gröfser, und liier bilden sich auf dem Ei Zottenkreise, die in diese Stellen eingreifen. Das Ei der Wiederkäuer, in der äufsern Form dem Ei der Dickhäuter so ähnlich, weicht in der Bildung des Fruchtkuchens wesentlich ab. Statt eines grofsen zusammenhängenden Ueberzuges kleiner Zotten sind eine jMenge verein- zelter Fruchtkuchen, ausgrofsen, stark verästeilen Zottenhaufen bestehend, die man Cotylcdonen zu nennen pflegt. Sie werden hervorgerufen durch einzelne, uapfförmige oder pilzförmige Vorragungen der innern Fläche des Fruchthälters, die mit vielen verästelten Grübchen versehen die Fruchtkuchen gleichsam in sich hineinziehen , indem diese Grübchen immer tiefer werden. Zwischen den einzelnen Fruchtkuchen ist das Ei fast ganz glatt, weil auch die Fläche des Fruchthälters glatt ist. Nur der innern Fläche des Fruchtliälters , "svo auch Drüsen ausmünden, gegenüber bildet sich ein kleiner Kreis von niedrigen Zotten. Der Fruchtkuchen der Raubthierc umgiebt gürtelförmig das Ei. Diese Gestalt erhält er, indem auch an beiden Enden die äufsere Eihaut, wie in den Dickhäutern , vom Harnsack durchrissen werden ; es sind aber die einzel- nen Zotten, aus denen der Fruchtkuchen besteht, bei weitem mehr verästelt. In den Nagern und Insectenfressern ist der Fruchlkuchen nicht gürtelför- mig, sondern nur auf eine kleine Gegend des Eies beschränkt. Oft sieht man zwei getrennte, doch nah an einander liegende Fruchtkuchen. Diese Differenz ist aber sehr unwesentlich, denn man findet sie nicht nur bei derselben Thierart, sondern sogar bei den verschiedenen Früchten desselben Fruchthälters. Sind die Stellen, an welchen die beiden Nabelarterien die Ober- fläche erreichen, etwas näher an einander, so erreicht sich der UmfaDg ihrer Wucherungen in Zotten, und man hat nun einen Fruchtkuchen , der aber doch durch eine Einkerbung seine Duplicität andeutet ; liegen sie nur wenig mehr aus einander, so erreichen sie sich nicht, und man sieht zwei getrennte Fruchtku- chen. Ich fmde keine ursprüngliche Bildung im Fruchthälter, welche die Ent- wickelung des Fruchlkuchens an dieser bestimmten Stelle bedingen könnte. Al- lein, wie wir gehört haben, scheint die äufsere Eihaut eine Zerreifsung zu er- leiden und der gröfste Theil derselben dadurch verloren zu gehen. Dann wer- den die Zotten nur da bleiben, wo sie von den Nabelarterien schon erreicht und mit Gefäfsnetzen gefüllt sind. Vielleicht liegt aber die Auflösung der äufsern Haut auch darin, dafs die Blutgefäfse, die der Harnsack an die Oberfläche ge- bracht hat, nicht weit sicli ausdehnen können, da der grofse Dottersack den eröfsten Theil von der Höhlung des Eies eintjenommen hat und die äufsere Haut auskleidet. Dafs im Menschen der Fruchtkuchen nur auf einen kleinen Theil des Cho- rions beschränkt ist, obgleich die äufsere Eihaut doch anfänglich in ihrem gan- zen Umfange mit Zotten besetzt war, mag darin seinen Grund haben, dafs nur hier die Zotten den Gefäfsnetzen des Fruchthälters nahe hegen. Ich bemerke die- ses nur der Vollständigkeit wegen, indem ich mir vorbehalte, von der mensch- lichen Frucht später ausführlicher zu sprechen. Ueberall %vuchern an der innern Fläche des Fruchthälters die Gefäfsnetze, wo v. Uehcrtu^ ihnen gegenüber die Gefäfsnetze des Eies an seiner Oberfläche wuchern , und jene Mutterku- Wucheiung ist als die bedingende zu betrachten, denn sie tritt schon ein, wenn '=^'«''- die Frucht noch gar kein Blut hat, und geht sogar über die Substanz des Frucht- hälters hinaus , um sich den Gefäiisen des Eies zu nähern. Cc 2 204 Es wird nämlich von der iiinern Fläche des Fruch{häkers der Säugethiere eine Substanz ausgeschieden, sobald ein starker Blutandrang erregt ist. Diese Substanz ist im Anfange ein blofses Gerinnsel ohne alle Organisation, fast so wie es sich bei Entzündungen oft bildet, und liegt auf der innern Fläche des Frucht- hälters eng anhaftend auf. Allein allniählig dringen die mütterlichen Blutgefäfse, indem sie neue Schlingen bekommen , in diese Substanz ein, und so wird sie all- niählig ein Theil des Fruchthälters , ein neuer lebendiger Ueberzug desselben. Man hat diese Masse sehr mit Unrecht die hinfällige Haut {Membrana ca- duca s. decidua Hunteri) *) genannt. Sie scheint nur früh zu verschwin- den, indem sie mit dem Fruchthälter sogar verwächst. Sobald aber das Ei ausgestofsen ist, löst sie sich und geht mit demjenigen Theile der Schleimbaut, mit welchem sie zunächst verwachsen ist, ab. Im Grunde also erhält sie sich so lange, ja sogar etwas länger, als die eigentlichen Eihäute. Auch dieser Ueberzug des Eihälters , wie man ihn vielleicht am besten nennt, nimmt in den verschiedenen Familien eine verschiedene Form an. Dafs er im Menschen die ganze Höhle des Fruchthälters auskleidet, ist Ihnen bekannt, und von seinen Besonderheiten im menschlichen \'^^eibe werden wir noch weiter sprechen. Nächst dem Menschen ist er am ausgebildetsten an den Raubthieren, wo er in der That mehr noch als blofser Ueberzug ist, da er ein sehr dickes Fach- werk ansehnlicher Höhlen bildet, nächst diesen in den Insectenfressern und Na- gern. Allein, wo sich viele Eier in einem Fruchthälter bilden , überzieht er nicht den ganzen Fruchthälter, sondern bildet gleichsam ein Nest für jedes Ei. Am meisten wuchert er dem Fruchtkuchen des Eies gegenüber und vermehrt die Wu- cheruncr der Gefäfse an der innern Fläche des Fruchthälters, die eben dadurch dem Fruchtkuchen gegenüber einen JV/w^^e/X/ic/ie« (Uterin- Placenta) bilden. So ist bei Wiederkäuern, wo fredich gewöhnlich nur Ein Ei sich entwickelt, die Erzeugung dieses Stoffes nur in den mütterlichen Cotyledonen merkbar. Wo aber, wie in den Dickhäutern, der Fruchtkuchen so ausgedehnt ist, dafs er fast die ge- sammte Oberfläche des Eies einnimmt, da ist die Bddung dieses Ueberzuges nicht deutlich. Nur darin könnte man eine Spur von ihnen finden, dafs die innere Fläche des Fruchthälters in kleine Zellen sich ausbildet ^ die früher nicht da waren. •) Auch: die müUerliche Eihaut; Decidua externa; Tuniea exterior ovi; Membrana mucosa; Chorion r e ticul otum^ fun go s u m; Epiclior ion , nach Dutrochef. 205 Endlich ist noch zu bemerken , dafs auch auf dem Ei , liei vielen Säugethie- w. Uebermg ren >Yenigstens, sich noch ein Ueherzug bildet, der auf der äufsern Eihaut aufliegt, zuweilen mit ihr aufs Innigste verbunden ist. Man sieht diesen Ueberzug in den Eiern der Hufthiere als einen weifsen nicht durchsichtigen SlofF, der grofse Maschen läfst. Er scheint eine Ijlofse, in Folge der hier vorgehenden Zersetzungen gebildete Ausscheidung aus der ernährenden Flüssigkeit, welche der Fruclithalter fortgehend hergiebt. Er ist also für das Säugethier-Ei ungefähr dasselbe, was die Schaale für das Ei der Vögel und Reptilien ist Die Gleichsetzung des Ueberzuges vom Fruchthälter mit der Schaale, wie sie z. B. Cuvier giebt, pafst nur in so fern, als die Bildungsstätte dieselbe ist, nicht aber in dem Verhältnisse zum Ei. Der Ueberzug des Eies fehlt dagegen an den Stellen, wo die Zotten des Chorions sich zum Fruchtkuchen entwickeln, obgleich er in der Umgebung desselben sich grade oft am meisten anhäuft. Da er ein blofs ausgeschiedener Stoff ist, so darf man sich nicht wundern, dafs er zuweilen nur in flüssiger Form beobachtet wird. So ist ein flüssiger, sehr grün gefärbter Stoff, der in breitem Gürtel zu beiden Seiten des Fruchtkuchens auf deniEi derRaubthiere liegt, nichts anders als dieser Ueberzug in flüssiger Form, weswegen er nicht wie in den Hufthieren, wo er anfänglich auch mehr aufliegt und breiartig ist, mit der äufsern Haut des Eies ein untrennbares Ganze bilden kann. Die Eier der Säusethiere nehmen fortwährend auch neuen Nahrun ssstolf auf .»^. Athmung, und wachsen ansehnlich, während das Ei der Vögel schon in der kurzen Zeit sei- nes Durchganges durch den Eileiter vollständig versorgt wird. Es entsteht nun die Frage, auf w^elchem Wege die Aufnahme neuer Nahrung be^^rkt werde. Als gewifs ist zu betrachten , dafs nirgends die Blutgefäfse des mütterlichen Fruchthälters in das Ei selbst eingehen, oder wenigstens nicht in die Blutgefäfse des Eies. Ueberall wuchert zwar ein mütterliches Gefäfsnetz auf der innern Fläche des Uterus da , wo ihm gegenüber Gefäfsnetze auf der Oberfläche des Eies sich bilden, allein immer bleiben die Kanäle durch eine sehr dünne Lage organischer Substanz getrennt, die oft viel weniger als ^^ Linie Dicke hat*). Man sieht vielmehr, dafs, so wie ein arterieller mütterlicher Strom in die Nähe von Blutströmen des Embryo kommt, er sich in ein Gefäfsnetz auflöst, aus wel- ♦) Ja zuweilen wohl viel weniger. Wenn man den Fruchtknchen ei'nes Schaafes aus der Mitte des Embryonenlebens untersucht, so scheinen die Blutgefäfse ganz an der Oberfläche zu liegen. Es bedarf einer ziemlichen Vergröfserung, um die Dicke der zwischenliegenden Substanz zu erkennen. Leider habe ich versäumt, sie zu messen , doch glaube ich nicht dafs sie über y§, Linie betragen kann. 206 ehern das Blut in venösen Kanälen zurückkehrt, uachclem es in diesen Netzen einige Zeit an den Gefäfsnetzen des Eies vorbeigeströmt ist. Ich habe sogar deut- lich gesehen, dafs Blutgefäfse der Mutter bei Wiederkäuern in die Zotten des Eies, so lange diese noch jung sind, eingehen, an der Oberfläche der Zotten einige Zeit verlaufen, dann aber umkehren, ohne durch das Bildungsgewebe der Zotten bis zu deren Blutgefäfse vorgedrungen zu seyn. Dafs aber sonst die Blutgefäfse des Fruchthälters die Fähigkeit haben, in Bil- dungsgewebe, das nicht unmittelbar zur Substanz dieses Organes gehört, einzu- dringen, haben wir bei Gelegenheit der sogenannten hinfälligen Haut gesehen. Das eben Gesagte aber lehrt , dafs diese Fähigkeit weiter zu dringen sogleich auf- hört, wenn das mütterliche Blut ganz nah an das Blut des Embryo gekommen ist. Erinnern wir uns nun, dafs auch die Zotten des Eies nur da Blutnetze in sich aus- l)ilden , wo sie eng an der innern Wand des Fruchthälters anliegen , so können wir wohl aus der so eben gegebenen Darstellung den Schlufs ziehen , dafs das Blut des Embryo und des Fruchthälters sich gegenseitig anzieht, dafs aber jedes, so wie es in die Nähe des andern gekommen ist, sich in dieser Nähe fortbewegt und bald zurückgestofsen wird. Es mufs also wohl mit beiderlei Blut eine Veränderung vorgegangen seyn, und diese Veränderung ist eine Athmung zu nennen, mag nun das Embryonenblut entkohlt werden, was immer das Wahrscheinlichste ist, oder nicht. Als gewifs kann man also ansehen , dafs die Nabelgefäfse und ihre Entwik- kelungen im Fruchtkuchen die Athmung des Embryo der Säugelhiere bewirken, wie denn auch der Augenschein an dem Eie der Vögel lehrt, dafs die Nabelvene helleres Blut zurückführt als die Nabelarterien aus dem Embryo geführt haben. Ein solcher Unterschied ist in der Färbung^ des Bluts der Säuge thier- Embryonen nicht zu bemerken. Es hat sogar das Ansehen, als ob das Blut in den Arterien dunkler wäre. Doch rührt dieses dunklere Ansehen wohl von den viel dickern Wänden der Arterien her. y. Erjiäh- Allein, ob auf demselben W^eee auch der Nahrungsstoff aufgenommen wird, ist eine Frage , die sich nicht mit solcher Zuversicht beantworten läfst. — Zu- vörderst ist unläugbar, dafs das Ei rasch wächst, noch ehe es Blutgefäfse auf sei- ner Oberfläche hat. Es dringt also die Feuchtigkeit des Fruchthälters durch die äufsere Eihaut hindurch. Eben so dringt die Flüssigkeit, welche unter die äufsere Eihaut gelangt, weiter unter die seröse Hülle, die in kurzer Zeit sich weit von dem eigentlichen Dottersacke abhebt. Bis hierher trifft die thierische Flüssigkeit gar keine Kanäle, welche fortleiten könnten. Es dringt aber die Flüssigkeit offen- bar auch in den Dotter, da die Quantität desselben sich mehrt und er flüssiger ruiig des Eies. 207 wird , bei einigen Thieren diese Vermehrung sogar sehr lange fortbesteht. In der Wand des Dottersackes sind freilich ßlutgefafse. Allein was in sie aufgenommen wird, mufs offenbar sogleich in den Leib des Embryo geführt werden, und es hat wenig Wahrscheinlichkeit, dafs sie die vermehrte Flüssigkeit des Dotters ausson- dern, da man die unaufgelösten Dotterkörner am längsten auf der innern Wand des Dottersackes da anhaftend findet, wo in der Wand dieGefäfse verlaufen. Dieser je mehr nach der Mitte desto mehr verlängert sich der ursprüngliche oder Urdarm, so dafs man mit Recht sagen kann, fast der ganze Dünndarm und der gröfsle Theil des weiten Darmes sejen aus der nächsten Umgebung des Dotterganges geworden. Der Darm bildet daher auch sehr l)ald nach der ersten Umbeugung eine zweite für den obern Theil des Krummdarmes und des Zwölfßiigerdarmes und dann immer mehr. Er findet in der eigentlichen Bauchhöhle, die überdiefs durch die Leber und die grofsen Primordial - Nieren verengt wird, keinen Raum, und längere Zeit hindurch liegt bei allen Säugethie- ren ein Theil der Darmwindungen in der noch nicht ausgefüllten lYabelscheide. Um diese Zeit ist also das Gekröse in derJMitte sehr weit ausgezogen. Später zieht sich zwar der Darm zurück, allein er wird doch , indem auch die Bauchhöhle sich verlängert hat, immer länger und ist einige Zeit vor der Geburt verhältnifsmäfsig viel länger als im erwachsenen Zustande. Diefs gilt besonders vom Dünndarm, da in ihm der Dottergang mündet, in dessen Nähe die Wucherung am stärksten ist. Dagegen ist der Darm vor der Geburt enger als nachher. Dafs der weite Darm dem engen ursprünglich ganz gleich ist, geht schon aus dem Gesagten hervor. Wie im engen Darme der vorderste Theil zuerst ausge- bildet ist — der Zwölffingerdarm, so im zweiten Darme sein hinterster Theil. So wächst im Menschen der Queer- Grimmdarm und der aufsteigende gewisserma- fsen erst aus dem absteigenden hervor, und so bildet sich in Wiederkäuern die be- kannte Spiralplatte, indem der Darm bei seiner Verlängerung sich aufwickelt. Die Zotleubildung kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Nach Meckel erfolgt sie so, dafs sich Längsfalten erzeugen, die durch Einkerbungen getheilt werden. Die Kerkringischen oder Queerfalten im menschlichen Darme entstehen erst nach der Geburt. Sollten Sie diese Darstellung zu allgemein gehalten finden, so bemerke ich, dafs in der That Anfangs die vollkommenste Uebereinstimmung mit dem Vogel ist und dann alluiählig die Differenzen der verschiedenen Familien der Säugelhiere auftreten. So bemerkt Meckel sehr richtig*), dafs der getheilte Magen der Wiederkäuer in sehr früher Zeit nur Einkerbungen in einen ungetheilten längli- chen Sack zeigt. Allein es geht sogar eine Zeit vorher, wo der Magen dieser Thiere nicht einmal Einkerbungen hat, und vorher eine Zeit, wo der Magen gar nicht zu unterscheiden ist. Der Magen des Schweines ist dem JMagen des Menschen und des Hundes viel länger ähnlich. — Vollkommen Unrecht hatte Meckel, aL *) Deutsches Archiv für Phy«, 1817. Dd 2 System 212 er eilist, seiner Ansicht vom Durchlaufen durch die ßililuug niederer Thiere zu Liebe, vermuthete (Path. Anat. I. S. 613), dals auch der JMageu des Menschen in früher Zeit die Theilung des JMagens der Wiederkäuer durchlaufe. cc. Geiäfs Das Herz sah ich im Anfange ^Yie im Vogel, auch als einen zweischenk- li<^en Kanal. Es treibt, indem es sich verkürzt, ebenfalls 5 (jefäi'sljogen allmäh- lifT heraus, die in zwei Aortenwurzeln übergehen. AJjer die weitere Umbildung ist verschieden. Die Herzkammer schreitet in ihrer Ausbeugung nach rechts wei- ter vor. Diefs hat die Folge, dals, wenn die Scheidewand auftritt, beide nun werdende Kammern gleich Anfangs mehr neben einander und mehr getrennt er- scheinen und der Strom aus der rechten Herzkammer mehr gegen den 5ten Gefäfs- bogen der linken Seite als gegen den 4ten gerichtet ist, der Blutstrom aus der linken Kammer mehr gegen den 4ten Bogen der linken Seite als gegen denselben Bogen der rechten Seite, wie im Vogel. So wird hier der Uebergang des Blutes nach der linken Seite immer stärker, und aus dem 4ten linken Gefälsbogen und der linken Wurzel der Aorta wird der Bogen der Aorta gebildet (beim Vogel aber aus der rechten Seite). Auch glaubte ich mit ziemlicher Sicherheit zu sehen , dafs hier die beiden letzten Gefäfsbogen sich in die Lunge verzweigten und Lungen- schlagadern wurden*), nachdem die Fortsetzung des linken öten Bogens wegen *) Ich kann daher nicht ganz Allen Tlio ms o n beistimmen, der, mit einer bei Engländern noch nicht gesehenen Kenntnifs auch der schwierigem deutschen Untersuchungen , eine Darstellung von der Bildungsgeschichte der Arterienslämine gegeben hat. In der ersten Arbeit, die der ^'erfasser mir zu übersenden die Güle hatte, erklärt er sich nicht näher über die Entstehungsweise der Ar- terienstämme der Säugethiere. In einer zweiten ausführlichem, welche sich in den Nummern 639, 640, 767, 768 und 769 von Froriep's Notizen findet, copirt er dieselbe Figur, welche ich zu B ur da c li's Physiologie zum VerstänJnifs der Umwandlung des Kiemen - Gefäfssystems der Vö- gel gegeben hatte, zuerst für diese, und dann giebt er sie für die Säugethiere, indem hier blofs das links dargestellt wird, was dort rechts war. Da ich nun seitdem mich überzeugt habe , dafs die Arterie, welche ich als rücklaufende Aortenwurzel erkannt hatte, die "Wirbelschlagader ist, so gebe ich hier auf Taf. IV. Fig, 14 eine neue Darstellung von der Umwandlung des Kiemen- Gefäfssystems in die bleibenden Arterien der Säugethiere. Ich mufs nur bedauern , dafs eine solche einzelne Abbildung nicht die ganze Uniwandlnngsweise anschaulich machen kann, da bei der Lagenveränderuno des Herzens immerfort die Richtung der Blutströme und selbst die äufsere Form der Gefälsbogen verändert wird. So wird man diese Abbildung , wenn man sich die all- niählige Umformung wie ich sie im ersten Bande bei Gelegenheit des Hühnchens ausführlich be- schrieben habe, nicht geläufig gemacht hat, schwerlich ansehen, wie so lange beide Blutströme noch in einem Kanäle verliefen, derSirom aus der rechten Kammer auch den vierten Bogen (den bleibenden Bogen der Aorta) so wie die vordem Arterienstämme unmittelbar gespeist hat. Doch will ich die Erklärung versuchen: a also ist der ursprüngliche einzige Arterienstamm, der spä- ter, indem er sich in zwei Kanäle ausfurcht, nach hinten ein sackförmiges Ansehen hat. Aus ihm gehen fünf Paar Gefäfsbogen in zwei Wurzeln der Aorta [h und It über. Was von diesen Bogen sicli sehr früh schliefst, ist mit punktirten Linien angedeutet; was länger bleibt, Jiat eine dünne rothe Linie; was sich erhält, einen vollen rollien Strom. Nun ist aber das Bleibende verschieden 213 seines slarkern Blutstromes als ßotalli'scher Gang während des ganzen Embryo- nenlebens unmittelbar in die Aortenwurzel dieser Seite oder die künftige Aorta übergegangen war, auf der rechten Seite aber die rechte Wurzel der Aorta eine kurze Zeit auch als ein längerer und dünnerer Botalli'scher Gang bestanden hat. Die; vordem Bogen schwinden auch hier, nachdem sie die Wirbelsclilagader und die Kopfschlagader erzeugt haben , und zwar so, dafs auch hier die \YirbeIschlag- ader wie im Vogel eine umgekehrte Verlängerung der Aorta ist, und der Stamm der Achselschlaijader aus ihr hervortritt. Die ungemeine Schwierigkeit, die man zu überwinden hat, um den Ver- änderungen des Gefäfssjstems zu folgen, hat mich noch nicht vollständig auffin- den lassen, wodurch die DiiFerenz hervorgebracht wird, welche später in der Vertheilung der gröfsern Arterienstämme bei den verschiedenen Ordnungen ge- funden wird. Doch glaube ich nicht zu irren, wenn ich behaupte, dafs die Art, wie die beiden Blutströme aus der rechten und linken Kammer in den ursprüng- lich gemeinschaftlichen Arterienstamm sich theilen, diese Differenz erzeugt und dafs vorzüglich der langsamere oder raschere Wachsthum des Halses auf die Ver- schiedenheit der Theilung wirkt. Wenn sich das Herz schnell zurückzieht, (ein Grund oder wenigstens ein Ausdruck von dem Langwerden des Halses), so wird früher als sonst der vordere Theil des ursprünglichen (aus dem Herzen kommen- den} gemeinschaftlichen Arterienstammes gar nicht mehr von dem Blutstrome aus der rechten Kammer erreicht ; er wird Stamm der vordem Arterien (Kopf - und Achselschlagadern) oder sogenannte vordere Aorta. Die Stelle, wo der Blut- in den verschiedenen Familien. Ich habe die gewöhnlichste Form , die bei Thieren mit mittel- mäfsig langem Halse vorkommt, gewählt, wo beide Kopfschlagadern und die rechte Art. sub- clavia einen gemeinschaftlichen Stamm haben. Diese Form scheint sich so zu bilden, dafs der Blutstrom aus der linken Kammer, nach einer leichten Windung den vordem Abschnitt des ge- meinschaftlichen Arterienstammes zuerst vorherrschend, später allein anfüllt und so die bei- den Carotiden c c' und die rechte Schlagader mit Blut versorgt, der Strom aus der rechten Kam- mer eine Zeitlang auch hierher geht, je mehr es sich aber sondert, um so mehr in den 3ten und -iten Bogen der linken Seite sich richtet und dadurch für beide einen gemeinschaftliche!; Stamm ablöst, der allmählig dieselbe Richtung annimmt, wie der vierte ursprüngliche Gefäfs- bogen der rechten Seite. Nachdem sich jener Blutstrom noch mehr gedreht hat und so den drit- ten Gefäfsbogen als Ast des vierten erscheinen läfst (die rechte Art. subclavia') aus den Bo- gen der Aorta kommend. Bei Wiederkäuern , wo die rechte Vorkammer noch mehr nach rechts vorragt als bei Hunden in derselben Zeit , geht der Strom aus derselben natürlich noch früher vorherrschend in den vierten Gefäfsbogen, wodurch nun die Wirbelschlagader und was zu ihr gehört, die gesammte Art. subclavia, ein Ast der vordem Aorta wird. Dafs bei völliger Trennung dieser Strom nur die letzten Gefäfsbogen anfüllt, habe ich schon gesagt, aus seiner Richtung ist es verständlich, dafs der linke Ductus Botalli (der gewöhnlich allein genannte und gekannte) viel stärker wird als der rechte, der sich in die rechte Wurzel der Aorta ver- längert. £14 slrom aus der rechten Kammer mit dem Blutstrome aus der linken Kammer zu- sammenkommt , wird zwar immer Anfang der herabsteigenden Aorta , aber ihr Verhältnifs zu den vordem Arterien wird in langhalsigen Thieren anders als in kurzhalsigen. Dal's die Dottersackschlagadern und die Nabelschlagadern so sind wie im Vot^el, ist allgemein bekannt. Nur behalten die letztern ziemlich gleiche Gröfse. Auch im Venensysteme ist Anfangs die vollkommenste Uebereinstimmung. Zuerst bilden sich die Venen des Dottersackes , natürlich erscheint aber in Thie- ren mit kleinem Dottersacke, wie im Menschen und den Wiederkäuern, sehr bald die Doltervene nur als Ast, während sie im ersten Momente Stamm war. Die Grenzvene habe ich in Dickhäutern, Wiederkäuern, Raubthieren und Na- gern gesehen. In den letztern besteht sie sehr lange, wahrscheinlich bis zur Geburt. Indessen sind die Gefäfse des Dottersackes an sich viel weniger denen der Hühnchen gleich , als die Gefäfse des Embryo , deren Uebereinstimmung in dex ersten Form des Kreislaufes und auch in der zweiten ganz auffallend ist. Doch sah ich im Hunde, so lange der Leib noch ganz offen ist, zwei absteigende Venen der Keimhaut und zwei ansteigende. Die letztern bekommen nicht nur von aufsen, sondern auch von der innern Seite starke Zuflüsse *). — Wo der Dottersack so schmal ist, dafs der Kopf des Embryo ihn überragt, haben alle Venen des Dottersackes nothwendig mehr einen Verlauf nach der Seite. Die mit dem hintern Darmstücke in Verbindung stehende Dottersackvene , deren ich beim Hühnchen erwähnte, habe ich wenigstens im Schweine deutlich gesehen (und Taf V. Fig. I. X. abgebildet) , ohne dafs mir die ganze Geschichte dieser Gefäfse deutlich geworden wäre. Es schien als ob eine Vene vom Afterdarme und eine Vene vom Dotiersacke in Ein Stämmchen zusammengingen. Ich habe sie bis jetzt nur in der frühesten Zeit erkannt. Etwas später sah ich immer nur Eine Dotter- vene, die leicht dadurch von der Dotterarterie zu unterscheiden ist, dafs sie nie so eng am Dottergange anliegt als diese. Im Leibe des Embrj o bilden sich eben solche vordere und hintere Wirbel- venen wie im Hühnchen. Die Nabel entstehen eben so gedoppelt in den unlern *) So sah ich sehr deutlich an einem Hunde, der nur wenig älter war als der in der Epistola de ovi genesi abgebildete. Ich mufs aus dieser Beobachtung und einer andern aus etwas späterer Zeit vcrmulhen, dafs ich mich in jener Schrift geirrt habe , indem ich die vielen Gefäfse, die ich seitlich am Embryo sah, für Arterien hielt. Wahrscheinlich hatten sich die Stämmcheu der aufsteigenden oder hintern Venen des Dottersackes verblutet, und da ich nur die beidersei- tigen Zuflüsse erkannte, mufste ich sie für zusammenhängend und aus der Aorta kommend hal- ten, da sie mit keinem Venenstämmchen in N'crbindung zu bringen waren. £15 Rändern der Bauchplatten, verwachsen vorn zu einem Stamme , und verzweigen sich , in den Thieren mit grolsem Harnsacke in ein überaus schönes Gefäfsnelz in die Bauchwände. Aus diesem Netze sondern sich allmähli^ die andern Venen der Bauchplatten ab. Die hintere Hohlvene ist auch hier anfänglich nur Vene des plastischen Leibes, verbindet sich aber bei der Metamorphose der Primor- dial-Nieren und der bleibenden Nieren mit den hintern Körpervenen und nimmt sie endlich als Stamm auf, wodurch sie so stark wird , dafs die Nabelvene , die eine Zeitlang das Ansehen des Stammes hatte, als Ast erscheint. Mit der Zu- nahme der Hohlvene nehmen die hintern Vertebralvenen ab. Ihre vordem En- den bilden auf eine etwas complicirte Weise das Sj'^stem der sogenannten unpaari- gen Vene. Die Drosselvenen , obgleich am vordersten Ende mit der vordem Wir- belvene zusammenhängend , sind im weitern Verlaufe von ihm getrennt. Sie schie- nen mir im vordem Theile des Körpers fast dasselbe Verliältnifs zu haben , das im hintern die Nabelvenen ursprünglich (mit Ausnahme ihrer hintersten Enden) haben. Dafs die Drosselvenen Anfangs paarig sind, durch eine Anastomose, weil alles Blut eine vorherrschende Richtung nach rechts hat, sich verbinden und die Anastomose zuletzt alles Blut von der linken Seite nach der rechten führt und so die vordere Hohlvene bildet , läfst sich erwarten. Die Bildungen der IMedullarröhre sind ebenfalls Anfangs ganz dieselben wie im Vogel. Auch hier ist die IMedullarröhre die innere abgelöste Schicht der verwachsenen Rückenplatten. Es sind auch hier fünf morphologische Elemente des Hirnes, und das Rückenmark bildet sich eben so. In dem letztern wird aber der obere Schlufs der Markblätter früher erreicht und die Schlufslinie Avird mehr nach innen gedrängt. Im Hirne wird das Mittelhirn nie so hoch und blasig als im Vogel, ist vielmehr lang, im Bogen gekrümmt und wird früh in sich gefal- tet. Degegen wird die Herrschaft des Vorderhirnes entschiedener ; es überdeckt allmählig das gesammte Zwischenhirn , nachdem dieses vorn aufgerissen war und der hintere Theil seiner Decke als Zirbeldrüse und hintere Commissur sich etwas erhoben hatte, so vollständig, dafs beide bald nur Eine grofse Abtheilung des Hirnes zu bilden scheinen und in späterer Zeit auch das Zwischenhirn , das des- halb gewöhnlich auch mit zu dem grofsen Hirne gerechnet wird , und zuletzt mehr oder weniger vom Hinterhirne. Das Mittelhirn , das nie so grofs gewesen war, als im Vogel, wird auch nicht so in seiner Decke zur Seite und nach unten ge- drängt. Die Hirn -Ganglien wuchern, wie im Vogelhirne, erst allmählig und ohne deutliche Beziehung zu den Nerven hervor. Sie ragen früher mehr frei in die Hirnhphlen hinein als später. Es verdickt sich nämlich auch hier das Hirn von der Centrallinie aus nach der Schlufslinie. Man sieht daher die untern dd. Nerven- system. 216 Stränge verdickt, während nach oben noch das ganze Hirn blattförmig ist. Mir scheinen die Ganglien nicht einmal unmittelbare Wucherungen der Stränge , son- dern mehr selbstständig, denn wenn die untern Stränge noch sehr mäfsig ver- dickt sind , ist zwischen ihnen und dem schon deutlichen Sehhügel eine Rinne. Da die Verdickung aber von der Centrallinie nach der Schlufslinie fortschreitet, so erreicht der untere Hirnstrang bald den Sehhiigel und dieser wird nun auf- sitzend. Aber auch wenn die untern Stränge schon sehr dick und die Ganglien sehr anseschwollen sind, ist die Decke des Hirnes noch ein dünnes Blatt, ob- gleich in der letzten Zeit sich dieses so verdickt, dafs es nirgend Raum zu finden scheint. So verwachsen bei der starken Wucherung der Sehhügel mit den noch dünnen Wänden des Mittelhirnes, und es sieht nun aus, als ob jene seitlich ganz frei lägen und die Sehnerven in sie übergingen, während diese nur in ihre Be- kleidung gehen, in so weit diese nichts anders als Seitenwand des Zwischen- hirnes ist *). Vor allen Dingen ist zu bemerken , dafs das Hirn der Säugethiere sich viel mehr einknickt , als in irgend einer andern Thierklasse. Wenn der Kopf aus sei- ner übergekrümmten Stellung sich zurückgebogen hat , sieht man die Centralliiüe der IMedullarrohre bei dem Uebergange des Rückenmarkes in das Nachhirn (^Me- dulla oblong ata) fast einen rechten, nur wenig abgerundeten Winkel bil- den, der äufserlich einen starken Nackenhöcker erzeugt. Der Uebergang aus dem Nachhirne in das Hinterhirn bildet einen noch schärfern rechten Winkel, der etwas später sogar spitz wird. Dann geht die Centrallinie nach vorn, krümmt sich aber unter dem Mittelhirue so schnell um, dafs sie bald in ziemlich paralleler Richtung wieder nach hinten bis zum Hirnanhange steigt. Eine vorgelegte Al)- bildung **) (Taf. IV. Fig. 1.) wird diefs versinnlichen. Bis a reicht das Rücken- mark; a h ist das Nachhirn; b c das Hinterhirn (kleine Hirn) c d das Mittelhirn (der Vierhügel) , d e das Zwischenhirn oder die Umgebung der dritten Hirnhöhle, und e /das Vorderhirn. Indem später das Vorderhirn sich vergröfsert und erhebt , bleibt nur noch der Trichter mit dem Hirnanhange, den unterdessen Knorpel- und Knochen- masse umfafst haben, als Denkmal der starken Umbeuguug zurück. - Dafs *) Daher kommt es auch , dafs man in neuern Zeiten die Fasern der Sehnerven gar nicht in die Sehhügel gehen läfst. In der That gehen sie nur über die Masse der Selihügel. **) Ich habe diejenige Stufe des Hirnbaues für die Abbildung gewählt, welche aufser der starken Einknickung auch andere wichtige Verhältnisse darstellt, z. B. die isolirte Stellung der Seh- hügel (x). Auch die Kleinheit de« Vorderhirnes ist noch auffallend. gl7 Dafs die Hirnwindungen nur ein Ausdruck des starken Wachsthums sind, welchem der Schädel nicht rasch genug folgt, ist augenscheinlich. Daher sind im Wasserkopfe die Windungen nicht als ausgeglättet durch das Wasser zu be- trachten , sie sind vielmehr nie da gewesen und es kann sowohl zu grofse Anfül- lung des Hirnes mit Flüssigkeit, als zu grofse Nachgiebigkeit der Hirndeckeu daran Schuld seyn. Durch die starke Einknickung scheint mir auch die Brücke zu entstehen. Ich glaube nicht, dafs, wie man gewöhnlich angiebt , Fasern von beiden Seiten zusammenlaufen, um durch ihre Verwachsung diesen Theil zu bilden. Vielmehr sah ich, dafs in der Gegend, wo die Brücke werden soll, bei der ungemein scharfen Einknickung zwischen dem Nachhirn und Hinterhirn (^Medulla ob- long ata und Cerehellum) Hirnsubstanz nach unten vorgedrängt wird, zu einer Zeit wo man noch keine deutliche Faserung erkennt, und dafs diese Faserung erst allmählig entsteht, indem die vorgedrängte Substanz in die Faserung des klei- nen Hirnes übergeht und also eine queere Richtung hat, über dieser Stelle aber die Faserung der Rückenmarkstränge sich fortsetzt. Was die Bildung des Bal- kens anlangt, so ist die gewöhnliche Angabe ganz richtig, dafs er eine lange Zeit sehr kurz ist und ganz vorn liegt, als ob blofs das vordere Knie da wäre, und dafs er seine Faserung erst erhält, wenn die Fasern der Seitenwand (des Stabkran- zes} sich bilden, allein es wachsen nicht die Fasern von beiden Seiten zusam- men. Bis dahin ist überhaupt der vordere Theil der Hemisphären sehr kurz. Das nämlich ist noch eine Eigenthümlichkeit des Säugethierhirnes , dafs von den Hemisphären Anfangs der hintere Theil schneller wächst als der vordere und erst später dieser stärker sich entwickelt; die höchste Hirnform, die des Menschen, erhält ihren Vorzug eben durch die stärkere und länger ausdauernde Entsvickelung der vordem Region des Hirnes, welche die Gegend der Stirn einnimmt. Um nun auf die Entstehung des Balkens zurückzukommen , so könnte mau, wie es nach meinen Untersuchungen schien, fast mit demselben Rechte ihn einen ursprünglichen als einen später hinzugekommenen Theil nennen. Allerdings f nämlich ist die ursprüngliche mittlere Einsenkung die erste Veranlassung des Balkens, allein ganz unmittelbar doch nur für das vorderste Ende, wo er vor und unter dem -sordern Knie durch den grauen Hügel au das Gewölbe sich an- schliefst. Das Gewölbe nämlich halte ich unzweifelhaft für einen ursprünglichen Theil, für die Grenze zwischen der Höhlung des Zwischenhirnes (dem dritten Ventrikel) und den beiden Höhlungen des Vorderhirnes (den beiden Seitenven- trikeln). JDiese Grenze wird äufserlich jederseils durch eine gekrünmite Furche und innerlich durch einen Vorsprung bezeichnet. Man sieht ihn am Hühnchen //. E e 218 deutlich schon am dritten, man findet ihn angedeutet schon am zweiten Tage. Indem bei Sriugethieren sich dieser Vorsprung verdickt und der Länge nach fa- sert, wird aus ihm das Gewölbe. Die Darstellung, dafs das Gewölbe aus einem vordem und einem hintern Stücke zusammenwüchse, wird nicht nur durch nichts im Hirne des Eml)ryo gerechtfertigt , sondern ist auch gegen alle Analogie. Nun schien mir, dafs die vordem Schenkel des Gewölbes mit der ursprünglichen mittlem Einsenkung völlig eins sind. Dann müssen nothwendig über (oder vor) dieser Stelle die Wände der Hemisphären sich nochmals zusammenlegen und ver- wachsen, weil sonst der sogenannte fünfte Ventrikel nicht gebildet werden könnte. Diese Verwachsung nun glaube ich auch erkannt zu haben. Sie ist, wie aus dem früher Gesagten hervorgeht, ungemein kurz, so wie die beiden Blät- ter des Septums, über die man nicht in Zweifel sejn kann, wenn auch jene Verwachsung in früherer Zeit sich so leicht löst und so tief liegt, dafs es Schwie- rigkeiten hat, sie mit Sicherheit zu erkennen, durch ihre aufserordentliche Dicke auffallen. Bei der allmähligen Wucherung des vordem Abschnittes der Hemisphären verdünnen sich diese Blätter der Scheidewand , der Balken hebt sich vom Gewölbe ab und vnrdi nach hinten ausgezogen. Hiernach halte ich wenig- stens den Theil des Balkens, der über dem Septum liegt, nicht für ursprünglich. Sollte er dennoch ursprünglich sejn, so müfsten bei Säugethieren die vordem Schenkel des Gewölbes ursprünglich nicht ganz mit der mittlem Einsenkung zu- sammenfallen, sondern etwas seitlich liegen, und dann später unter sich verwach- sen, um den fünften Ventrikel zu erzeugen *). Auf jeden Fall wird man nicht irren , wenn man die mittlere Einsenkung des Vorderhirnes in den Vögeln , Am- phibien und Fischen für Gewölbe und Balken zugleich ansieht. ee. Sinnes- Dafs auch die erste Bildung der Sinnesorgane dieselbe ist, wie im Vogel, •^fgane. braucht kaum erwähnt zu werden. So ist also auch der Augapfel eine Ausstül- pung aus dem Hirne und hat dieselben Häute, die dem Hirne zukommen. Der Sehnerv schliefst sich eben so und es bildet sich dieselbe Falte im Innern des Augapfels, von der vielleicht der gelbe Fleck und das Central -Loch Ideibende Reste im Auge des Menschen sind, ohne dafs man den Grund kennt, warum diese Spu- ren fast bei allen andern Säugethieren fehlen. Doch zeigen sich allmählig auch Verschiedenheilen vom Auge des Vogels, Die Netzhaut bildet in dem Säugethiere mehr Falten als im Vogel, und es hält bald schwer, die ursprüngliche Einfaltung *) Leider! möcKte icli ausrufen, läfst sich auch hierfür Einige? aus dem frühern Hirnbau sagen. Auf welch ein Minimum es hier ankommt, will ich bei einer andern Gelegenheit auseinander setzen. Ohne Abbildungen ist es niclit möglich, sich völlig versländlich zu maclien. gl9 zu erkennen. Es bricht kein Kamm durch, und es entwickeh sich kein Kno- chenring in der harten Haut. Die Pupille wird von einer gefäfsreichen Haut ver- schlossen, die erst einige Zeit vor oder nach der Geburt zu verschwinden pflegt. Es scheint, dafs die gröfsere A))flachung der Linse und ihr Zurücktreten von der Hornhaut und dann von der Regenbogenhaut hierzu Veranlassung giebt. Die leeren Räume müssen sich mit lymphatischer Flüssigkeit füllen und einen serösen Ueberzug bekommen , der wie alle serösen Häute aus den benachbarten Theilen Blutgefäfse erhält. Zuerst wird die vordere Augenkammer einen solchen Sack erhalten, so lange die Linse noch in der Pupille liegt, die Membrane der wässe- rigen Feuchtigkeit der vordem Augenkammer; später, wenn die Linse noch wei- ter zurücktritt, auch die hintere Augenkammer, da die Pupille schon von der vordem Fläche her durch den ersten Sack ausgefüllt ist. Diesen letztern Sack für die wässerige Feuchtigkeit der hintern hat Müller neuerlich Membrana capsu- lo-pupillaris benannt. Noch merkwürdiger ist es aber, dafsindenSäugethieren auch die Augenlieder, nachdem sie ganz Avie in den Vögeln zuerst als Ring aufge- treten, dann in 2 Fallen über den Augapfel sich gezogen hatten, hierin so weit fortfahren, dafs sie sich vollständig erreichen, dann an einander so fest kleben, dafs man sie verwachsen nennen kann, und doch vor, oder bei andern Thieren nach der Geburt wieder von einander sich trennen. Der Thränengang stülpt sich auch hier aus der Rachenhöhle gegen das Auge hervor und liegt Anfangs hinter den IMuscheln , die nur, indem sie sich verlängern, sich über ihn ziehen. Das innere Ohr tritt als ein kleines Rohr aus dem hintern Theile des Hirnes und drängt ein wenig blasig endend gegen die Gegend über der zweiten Kiemen- spalte. Die Eustachische Röhre kommt aus der Rachenhöhle entgegen. Auch das äufsere Ohr hat im Anfange dieselbe Bildungsgeschichte wie im Vogel , allein während im Vogel der Gehörgaug kurz und immer offen bleibt, wird er beim Säugethier enger und länger an seinem Rande, treibt die Muschel hervor, und bei vielen Thieren verschliefst sich das äufsere Ohr am Ursprünge der IMuschel eine Zeitlang vollständig. Zuweilen klappt sich sogar das äufsere Ohr zurück , wo- durch diese Verschliefsuug noch vollständiger wird. Der innere Theil der Nase bleibt bei den gewöhnlichen Vierfüfsem hohl und heifst Riechfortsatz. ^Vo er an die Wand der Hirnschale andrängt , bildet sich von aufsen ein rundes Grübchen, welches bald durch Zusammenstofsen der beiden Oberkieferhälften und der Stirnfortsätze zu einem Nasenkanale umgewan- delt wird , wie im Vogel, Allein die Abscheidung von der Mundhöhle schreitet im Säugethier weiter vor durch einen längeren knöchernen Gaumen, dem die Ee 2 220 Scheidewand folgt, und durch das Gaumensegel. Das LaJjyrinth der Nase ist eine Entmckelung der Riechgruhe, und die Nebenhöhlen (^mwü) Ausstülpungen aus der Nase gegen die Höhlen , welche sich in den umgehenden Knochen erzeugen. Die Zunge ist eine Wucherung der untern Fläche der Rachenhöhle auf dem ersten oder vielleicht auf dem ersten und zweiten Kiemenbogen. Sie ragt in jun- gen Embryonen etwas vor, ungefähr wie das Zeugungsglied in früher Zeit aus der Geschlechtshöhle, und ist schon sehr früh von der Vogelzunge durch die reich- liche weiche musculös werdende Masse verschieden. //. Prinior- Die Primordial - Nieren entstehen und verschwinden wie in den Vögeln. dial - Nieren, g^^ werden bei denjenigen Säugethieren , welche einen grofsen Harnsack haben, viel gröfser als bei Thieren mit kleinem Harnsacke. Schon aus diesem Grunde kann man schliefsen , dafs sie hier eben so wohl wie in den Vögeln secerniren, und dafs der Stoff, den sie bereiten, durch den Urachus in den Harnsack er- gossen wird , wenn nicht ihr Bau an sich sehr deutlich den allgemeinen Charakter secernircnder Drüsen zeigte , deutlicher fast als jedes andere Organ. Wie in den Vögeln wird die Metamorphose des Venensystems , durch welche die hintern Ve- nen mit der Hohlvene in Verbindung kommen , durch sie vermittelt. gg. Bleiben- Nach aufsen von den Primordial -Nieren bilden sich die bleibenden Nieren, die zwar im ersten Anfange sehr lang sind , doch schnell sich in länglich rund- Hche Massen sammeln , die von den Knochen mehr sich entfernen , als die Nieren der Vögel. hh. Ge- Der Geschlechtsapparat entsteht im Wesentlichen auch wie in den Vögeln, pari"*^**^^ erleidet aber eine viel mannigfaltigere Metamorphose. Eben so findet sich in den Säugethieren, so verschieden auch im ausgebildeten Zustande die Genitalien bei- der Geschlechter sind, im Anfange doch so völlige Uebereinstimmung , dafs es unmöglich ist , die Geschlechter zu unterscheiden. An der innern Seite jeder Primordial - Niere sieht man eine längHche Masse als ersten Anfang des zeugenden Organes. Von diesem getrennt liegt an dem äu- Isern convexen Rande der Primordial -Niere ein Faden, welcher mit dem hin- tern Ende der falschen Harnleiter früher vielleicht vereint, später aber sehr dicht an ihn geschlossen, in die Kloake geht. Dieser Faden wird zum ausführenden Geschlechtsthcile, Saamenleiter oder Eileiter. In solchen frühzeitigen Embryonen ist auch wie in den Vögeln eine wahre Kloake, indem aus dem hintersten Danneude der Harnsack sich hervorge- stiilpt hat. Bei fortgehender Entwickelung fand Piathke, dafs in der Kloake zwei seit- liche Falten hervor wachsen, Avelche endlich sich erreichen. Diese Falten kön- nen aber nichts seyn als Fortsetzungen der untern Wand des Mastdarmes , und so dürfen wir sagen, dafs der Mastdarm sich von der Gegend, aus welcher der Harnsack hervorgewachsen ist, aLschnürt. Bei dieser Abschnürung wird die äufsere Oeffnung ebenfalls getheilt. Man hat also jetzt, getrennt durch einen Theil der äufsern Decken, den man Damm (Perinaeuin) nennt, zwei äufsere Ausmündungen, eine obere für den Mastdarm allein, oder den After, und eine untere. Die untere ist Oeffnung des Harn - und Geschlechtsapparates zugleich. Die Basis vom Stiel des Harn- sackes hat sich erweitert , und diese Erweiterung , die zur Harnblase wird , ist es eben , von welcher der Mastdarm sich abschnürt ; da nun aber die falschen Harn- leiter die wahren Harnleiter und die ausführenden Geschlechtstheile in die untere Hälfte der Kloake einmündeten , so führen sie jetzt in die Harnblase und deren Verlängerung, den Kanal, der unter dem After sich ausmündet. Die zeugenden Organe, die im Anfange lang und schmal sind, runden sich ab. In ihnen entwickeln sich durch histologische Sonderuni? beim männlichen Geschlechte Kanäle, die Saamengänge, im weiblichen Geschlechte später die Graafschen Bläschen. Zu gleicher Zeit gehen die an den Primordial -Nieren liegenden Fäden eine Metamorphose ein. Zuvörderst sieht man sie, wenn die falschen Nieren sich stark entwickeln, nicht mehr an deren äufserm Rande, sondern, indem die- ser immer mehr nach aufsen sich drängt, an der untern Fläche , woraus schon hervorzugehen scheint, dals sie mehr dem Bauchfelle als den Primordial -Nieren selbst anzugehören scheinen. Sie sind auch bald von den falschen Harnleitern gesondert und werden, indem sie sich mit Hervorziehung einer schwachen Falte des Bauchfelles mehr hervorheben, in beiden Geschlechtern verschieden. Im weiblichen Geschlechte werden sie weiter, münden sich offen in die Bauchhöhle und sind mithin die Eileiter, die jetzt nur von vorn nach hinten verlaufen, weil der letzte Theil des Geschlechtsapparats , der Fruchtliälter mit dem Fruchtgange oder der Scheide , noch ganz fehlt oder im Werden begriffen ist *). Im männ- lichen Geschlechte kommen sie mit den Saamengängen in Verbindung. Nach Rathke wird die Verbindung durch die vordersten secernirenden Gänge der Primordial -Nieren bewirkt. Wahrscheinlicher ist das Resultat von Müller' s Untersuchungen, dafs die Saamenkanälchen aus den Hoden heraustretend (als so- genannte coni vasculosi) sich innerhalb der Oberfläche der falschen Niere *) Nach Rathke (Meckel's Archiv für Anat. und Phjsiol. Bd. 1831.) sind sie anfängh'ch solide und werden dann erst hohl. 2£2 verlängern und in eine Verlängerung der Saamenleiter eingehen. Dieser Vor- gang macht aber wieder wahrscheinlich , dafs der Saamenleitei ursprünglich so- lide ist und mit dem Nebenhoden zugleich durch histologische Sonderung hohl wird. Bis hierher "wäre die ganze Entwickelung im Wesentlichen wie im Vogel, wenn wir auf die Absonderung der Darmöffnung von der Harn - und Geschlechts - Oeffnung nicht Rücksicht nehmen und hinzufügen, dafs im weiblichen Ge- schlechte kein Schwinden der Genitalien auf der rechten Seite eintritt. Aber eigenthümlich ist die Ausbildung der Begattungsorgane und der auf- bewahrenden Geschlechtstheile (Fruchthälter und Saamenblasen) , da diese Ab- schnitte des Geschlechtsapparates den Vögeln entweder fehlen oder nicht ausge- bildet sind. Sehr früh zeigt sich ein Paarungsglied am vordem Winkel der Harn - und Geschlechtsöffnung, ja schon in der Kloake vor der Abschnürung des Mastdar- mes , und ragt es um diese Zeit wie ein Zapfen aus der Kloake hervor *) , aber auch dieses Glied ist bei beiden Geschlechtern längere Zeit völlig gleich. Nach der Abschnürung wird es ein auf der hintern Fläche ausgefurchter Kegel , der sich langsam vergröfsert und dabei in einem Bogen so krümmt, dafs die Spitze nach hinten gerichtet ist. Bald wird die hintere Fläche tiefer ausgefurcht, indem an die Seiten des Gliedes von der Harn- und Geschlechtsöffnung aus zwei Falten verlaufen, die das Glied in seiner gekrümmten Stellung zu halten scheinen. Da die Falten von der ursprünglich engen und runden Harn- und Geschlechtsöffnung kommen , so kann man den jetzigen Zustand nicht besser bezeichnen , als wenn man sagt, die Harn- und Geschlechtsöffnung ist in eine Spalte verwandelt, wel- che längs der hintern, (beim Menschen untern) Fläche des Gliedes verläuft **). Die Aerzte erkennen nun sogleich, dafs es diejenige Bildung ist, welche bei eini- gen Männern, die man Hypospadiaei nennt, als angeborne Mifsbildung der Geschlechtstheile allgemein bekannt ist. Ja die Hypospadiaei zeigen die ver- schiedenen Durchgangsslufen bleibend dargestellt, denn bei einigen ist unter dem Gliede eine kleine runde Oeffnung und dann ist gewöhnlich das Glied sehr kurz. Die meisten sind weiter vorgeschritten , und haben unter dem Gliede , das dann gewöhnlich herabgekrüramt ist, eine Rinne von zwei Hautfalten umgeben, und zeigen also den Zustand , von dem wir eben sprachen. *) Dasselbe ist sogar im Hülinchen in früher Zeit , wo doch im erwachsenen Zustande kein deut- liches Paarungsglied zu sehen ist. **) Diese Spalte nennt Müller Fissura uro- genitalis. 223 Wer Säugethier- Embryonen in diesem Zustande, besonders von solchen Thieren, deren Männchen eine sehr lange Ruthe erhalten sollen, wie die Huf- thiere, mit ansehnlichem, hervorstehendem, hakenförmig gekrümmtem Gliede sieht, wird, selbst wenn er darauf vorbereitet ist, sich kaum enthalten können, sie alle für Männchen zu halten. Dennoch ist das Geschlecht noch nicht kennt- lich und^Sie errathen gewifs, dafs in den Weibchen aus dem vorragenden Theile der Kitzler wird. — So ist es in der That. Das Glied richtet sich aus seiner gekrümmen Stellung entweder immer mehr nach vorn und wird die Ruthe, oder es richtet sich noch mehr nach hinten und wird der Kitzler. Diesen scharfen Ge- gensatz sieht man freilich nun in Säugethieren , deren Ruthe im ausgebildeten Zu- stande der Länge nach in einer Scheide unter dem Bauche liegt. Hier legt sich das Glied allmählig ganz an den Bauch an und wird von beiden Seiten durch die Haut überwachsen, wobei das Glied aufserordentlich rasch sich verlängert. Vor- her aber verwachsen die beiden Falten, die die Harn- und Geschlechtsspalte bil- den, mit einander, und aus der Spalte wird dadurch ein Kanal, der nur am Ende offen bleibt. So kommt also die Harn - und Geschlechtsöffnung im männlichen Geschlechte an die Spitze der Ruthe, und Sie sehen leicht, dafs das Gefäfsge- flecht der Harnröhre ^das Corpus cavernosum urethrae) aus den beiden Falten und deren Basis längs der Furche sich bildet , die beiden Gefäfskörper der Ruthe (jCorpora caverno sa penis) dagegen schon in dem Gliede waren, wie sie denn auch dem weiblichen Gliede nicht fehlen. Die Bildung der Ruthe ist in andern Thieren im Wesentlichen dieselbe , nur scheint sie in denjenigen Säugethieren, wo sie im ausgebildeten Zustande die Spize nach hinten gerichtet hat, wie in sehr vielen Nagern, schon in der ge- krümmten Stellung eine Scheide zu erhalten, und dann erst an die Bauchwand sich anzulegen , wo dann eine melir ausgebildete Hautdecke die Scheide mit ein- schliefsen würde *). Diefs wäre um so mehr eine Art von Zurückbleiben in der- jenigen Metamorphose, die wir an Hufthieren bemerken, als auch bei diesen, wenn die Ruthe sich an den Bauch gelegt hat und von der Scheide umwachsen ist , die Eichel noch lange herausragt und nach hinten gerichtet ist. Erst in der letzten Zeit des Embryonenlebens zieht sich die Eichel zurück und verlängert sich innerhalb der Scheide. Da die Scheide unterdessen schon ein ausgebildetes Ge- webe erhalten hat und nicht mehr aus formlosem Bildungsstoffe besteht, so ver- wächst sie nicht mehr mit dem vordem Ende der Ruthe, sondern diese zieht die V J^ o"' '»JU f , , ^^ ,- *) So scheifit es mir wenigstens an Kaninchen. In Embryonen von 2 Zoll Länge ist die Ruthe noch frei und mit einer Haut -Decke versehen. 224 Haut an der Ausmündung der Scheide nach innen aus und bildet sich so die in- nere Fläche der Vorhaut. Wo das Glied nicht von einer Scheide an den Bauch angeheftet wird , wie im Menschen , ist die Metamorphose nur darin verschieden, dafs es sich nicht eng an den Bauch legt, sondern mehr vorsteht und deshalb seine eigene Haut von allen Seiten erhält , die über die Eichel als Vorhaut hinaus- wächst. Wenn sich dagegen das Glied ganz zurücklegt, so bleibt es klein, es schliefst sich auch die Rinne an seiner hintern Fläche nicht, und das Glied wird mithin ein Kitzler, der die Harn- und Geschlechtswege nicht aufnimmt, son- dern am Ausgange derselben durch Ueberwucherung der Haut versteckt wird. Die gemeinschaftliche Harn - und Geschlechtsöffnung , die schon früh vom After getrennt wurde , bleibt im Wesentlichen im weiblichen Gesclilechte unverändert und wird, indem eine Wucherung der umgebenden Haut die beiden äufsern Schaamlippen bildet , zur Schaamspalte. Um die fernere Entwickelung des weiblichen Geschlechtsapparates zu ver- stehen , erinnern wir nur , dafs die Harn - und Geschlechtsöifnung die Ausmün- dung eines kurzen aus der Harnblase kommenden Kanals war, und dafs in diesen Kanal hinten die falschen Harnleiter sowohl als auch die Eileiter ausmünden. Diese Ausmündungen der ersteren befinden sich in einer kleinen Vorragung , die an den sogenannten Schnepfenkopf der männlichen Harnröhre erinnert, und sind paarig. Zwischen ihnen ist noch eine dritte mittlere Mündung, durch welche ))eide Eileiter, nachdem sie sich kurz vorher vereinigt haben, sich öffnen. Von dieser Stelle aus beginnt nun eine merkwürdige Veränderung, um den noch fehlen- den Fruchthälter und die Scheide zu bilden. Es erweitert sich nämlich der kurze gemeinschaftliche Kanal von der Ausmündung aus gegen die beiden Eileiter, wird in seiner Wand dicker und theilt sich durch einen nach innen ringförmig vor- springenden Wulst in Scheide und Hals des Fruchthälters. Die Verdickung schreitet nun allmählig von dem Mittelstamme gegen den getrennten Theil beider Eileiter gabelförmig fort. So entsteht also ein gabiiger Fruchthälter. Diese ga- belförmige Gestalt ist die den [Embryonen der Säugethiere allgemeine, denn selbst in Embryonen der IMenschen ist der Fruchthälter mehr gabiig als nachher. Doch ist offenbar, dafs hier der Mitteltheil viel mehr wächst als die Aeste. An der Verdickung nimmt nicht blofs die unmittelbare Wand des ursprüng- lichen Kanals, sondern auch die nächste Umgebung Theil, und so kommt es, dafs >3ald die falschen Harnleiter in der Wand des Fruchthälters und der Scheide lie- gen. Zwei Kanäle in der Wand der Scheide ausgewachsener Kühe kannte man schon seil längerer Zeit, und nannte sie Scheidengünge nach Gurlt, oder nach einem 225 einem Beobachter Gartnersche Kanäle. Jacobson hat nachgewiesen, dals sie die nicht geschwundenen Reste der falschen Harnleiter sind. Kaum ist zu zwei- feln, dafs die früher erwähnten Seitenäste im Fruchthälter der Beutelthiere nichts anders sind als die Gartnerschen Kanäle in mehr ausgebildetem Zustande. (Vergl. §. 8. r7.) Fügen wir noch hinzu , dafs die Scheide viel weiter wird als der Uebergang der Harnblase in den Vorhof oder die weibliche Harnröhre, so ist klar, wie jefzt die Scheide den unmittelbaren Uebergang in den Vorhof bildet und die Harnröhre aufzunehmen scheint, während umgekehrt im männlichen Geschlechte die Saa- menleiter in die Harnröhre übergehen, so dafs also der durch die Abschnüruni^ des Mastdarms gesonderte Kanal aus der Harnblase , wie er vor der Umbildung des Paarungsgliedes bestand , im männlichen Geschlechte zum hintern erweiterten Theile der Harnröhre, im weiblichen zum Vorhofe wird. Noch haben Avir der Wanderung zu erwähnen , welche in den meisten Sau- gethieren die Hoden vor der Geburt unternehmen. Sie entstehen, wie wir wissen, ziemlich weit vorn in der Bauchhöhle an der innern Fläche der Primordial - Nieren und zwar nach dem vordem Ende zu. So wie nun die Primordial - Nieren sich verkürzen , rücken schon die Hoden etwas nach hinten. Eben so rücken die Eier- stöcke von ihrem Entstehungsorte weiter nach hinten und kommen so in das grofse Becken. Die Hoden aber setzen diese Bewegung fort, wenn die Primordial -Nie- ren schon ganz klein sind. Zugleich tritt eine Falte, die von der Leistengegend zur Primordial - Niere geht, mehr hervor und gewinnt im Innern eine faserige Textur. Dieses Band innerhalb der Falte , das im männlichen Geschlechte unter dem Namen des Leitbandes (G uhernaculuni Hunteri) bekannt ist, ^im weib- lichen wird es zum runden Mutterband), scheint gleichsam am Hoden zu ziehen*). Auch geht dem Hoden eine Verlängerung des Bauchfelles , der Scheidenfortsatz (Processus vaginalis") voran. Noch sonderbarer ist es , dafs äufserlich eine Herberge für beide anrückenden Hoden vorbereitet wird. Es bildet nämlich die Haut an der Wurzel des männlichen Gliedes lange vor Ankunft der Hoden Wülste, welche aufserhalb der Bauchmuskeln liegen und nichts enthalten als ungeformlen *) Zwar erkannten die genauem Beobachter Seiler und Ratlike keine Muskelfasern im Leit- bande, allein wenn es dem runden Mutterbande analog ist, woran nicht zu zweifeln, so muls ec doch eine Anlage zur Muskelbildung in sich tragen. Und sollte nicht die Ausbildung dieser An- lage die Bewegung erzeugen , wie das männliche Glied der Hufthiere in seine Scheide zurückgezo- gen und in derselben sogar gekrümmt wird, wenn die Retrahentes jP«/jiä deutlich werden? Dafs die Muskeltextur nicht immer aus gesonderten Fasern besteht, ^eigt uns der menschliche Fruchthälter. Oder soll man wirklich sagen: der Fruchthälter ist zwar bei allen Säugethieren muskulös . abpr nicht im Menschen: hier wird er nur muskulös, wenn er schwan£:er ist. //. Fi feil. 226 Bildungsstotf |voii |cler Haut bekleidet. Die .länglichen Hügel rücken immer mehr gegen einander und nach hinten. So kommen sie zuletzt hinter die Wurzel des männlichen Gliedes. Sie sind für dasselbe was wir im weiblichen Geschlechte die Schaamlippen nennen, denn wäre hier die Harn- und Geschlechtsspalte nicht schon geschlossen, so würden sie zu beiden Seiten derselben liegen. Im männ- lichen Geschlechte aber, wo die Wülste keine Spalte mehr vorfinden , rücken sie zusammen und bilden den Hodensack. Dennoch möchte ich als das Bedingende der Bewegung den Hoden ansehen. Der Hoden mufs freilich der Richtung folgen, welche ihm das Leitband vor- schrei}>t. Dieses aber geht durch den Leistenkaual in den Hodensack. Hier nun stülpt sich ein Theil der Muskelwand hervor und heifst Hodenmuslel (Cremaster') und mit ihr ein Theil des Bauchfelles, und nun folgt auch der Hoden in den gebil- deten Kanal , wie in einen gebahnten Weg. Bei Menschen verwächst bekanntlich der Scheidenfortsalz nach der Geburt und läist nur um den Hoden eine seröse Hülle zurück ; bei den eigentlichen Vierfüfsern verwächst er aber nicht*}. Bei manchen Thieren ist diese Metamorphose nicht vollständig. Bei den Nagern und Insektenfressern ist der Scheidenfortsalz nur eine kurze Ausstülpung, in welcher der Hoden gewöhnlich liegt, in der er aber nicht Raum findet, sondern ganz oder wenigstens zum Theil in die Bauchhöhle wieder zurückgedrängt wird, wenn er zur Paarungszeit anschwillt. In einigen Familien , die mit niedern Thier- klassen nahe verwandt sind , bleiben die Hoden ganz in der Bauchhöhle zurück : so in den Celaceen und Monotremen, aber auch im Elephanten und Daman. JMerkwürdig ist es, dafs die Milchdrüsen sehr früh kenntlich sind. IMehr liefse es sich erwarten, dafs sie in beiden Geschlechtern gleich gebildet sind, so dafs man sie in Embryonen mit Leichtigkeit findet, selbst wenn der Fleischnabel noch lange nicht den Hautnabel erreicht. (Vergl. Taf. IV. Fig. 26, wo diese Theile am vierwöchentlichen Embryo eines Schweines abgebildet sind.) Zwerch- Sehr leid ihut es mir, dafs ich die Entwickelungsgeschichte des Zwerchfel- les nicht vollständig kenne, da dieser Theil den Säugethieren eigenthümlich ist. Meine eigenen Beobachtungen sind nur gelegentlich gemacht und fremde sind mir nicht bekannt. Nur so viel kann ich berichten, dafs, je weiter man in der Ent- wickelung zurückgeht, um so weiter nach vorn stehend das Zwerchfell gefunden wird. Dies liefse sich von der Anheftung an das Brustbein und die untern Enden *j Ein gewifs merkwürdiger Umstand . da, vvciin der Scheidenforlsatz bei Mf nscJicn ausnahmsweise offen bleibt, tine Anlage rn Brüchen angeboren ist, die gewöhnlich sehr bald die Entstehung eines Bruches veranlalst. 227 der Rippen erwarten, da diese Wand des Brustkastens anfänglich kurz ist und von vorn nach hinten auswächst. Aber was mirnicht verständlich ist, o])gleich man es sehen kann, ist, dals auch die Insertion nach dem Rücken hin in früher Zeit sehr viel weiter nach vorn hegt , ja sogar l)edeutcnd weiter nach vorn als der un- tere oder Bauchrand. So sehe ich an Schweinchen von ^ Zoll Länge, wo die Herzkammern so eben im Rumpfe Platz genommen haben, den obern Rand des Zwerchfelles an den Anfang des Rumpfes scheinbar an den ersten Brustwirbel gehen. Trennt man die Primordial -Nieren ab, um zu sehen ob das Zwerchfell etwas über ihnen wieder nach hinten steigt, so findet man nichts davon , und den- noch scheint das Zwerchfell schon deutlich muskulös. Mit Sicherheit konnte ich das Zwerchfell noch erkennen , wenn die ungetheille Herzkammer kaum noch in den Rumpf einzutreten anfing. Es zeigt sich sehr dünn und ohne deutliche Muskelfasern. Ich glaube es auch noch feüher erkannt zuhaben, wenn das ge- sammte Herz noch im Halse liegt als ein äufserst zartes Häutchen , das unter dem eben so zarten Herzbeutel lag und seiner Durchsichtigkeit nach durchaus wie eine seröse Haut aussah. Ein Brustbein war noch nicht da. Die Anheftung nach der Rückenseite konnte ich nicht erkennen. Auf diese Weise läge das Zwei chf eil ursprünglich in derjenigen Gegend , wel- che, den Wirbeln nach, Hals genannt werden mufs oder wenigstens auf der Grenze zwischen Hals und Rumpf. Dadurch wird es mir allerdings verständlicher, dafs sein Nerv aus Halsnerven gebildet wird. Allein im Uebrigen ist seine Bildungs- weise doch noch aufserordentlich dunkel und räthselhaft. Ein IMuskel , der queer durch eine Höhle geht, um diese zu theilen, kommt sonst nirgends vor, und so fehlt jede Analogie, um seine Bildung sich verständlich zu machen. Vielleicht würde unter diesen Umständen noch am meisten die Ansicht befriedigen können, dafs das Zwerchfell ursprünglich nichts sey als die seröse vordere Bekleidung der Bauchhöhle , die , durch Herz und Lungen zurückgedrängt , zu einer bestimmten Zeit muskulös wird. Freilich wäre damit ein Theil des Unverständlichen nur hin- ausgeschoben, die Frage: warum nur in den Säugethieren ein Theil des Bauchfel- les muskulös wird, oder einen Muskel - Ueberzug erhält? Allein solche Bedingun- gen der Bildung können wir für sehr viele Verhältnisse und in gewisser Beziehung vielleicht für keine einzige organische Bildung nachweisen. Dagegen dürfen wir nicht rasten, bis wir die Möglichkeit der Gestaltung begreifen, indem wir sie we- nigstens in den Kreis analoger Vorgänge bringen. Nun scheint es mir wohl denkbar, dafs für eine Scheidewand die schon da ist, eine Muskelschicht sich bildet, allein undenkbar ist es mir, dafs Muskelfa- sern mitten in einen hohlen Raum hineinwachsen. — Die Vergleichung ausge- Ff 2 228 Lildekr Tliiere giebt der obigoa Ansicht eiaen Grad von Wahrscheiiiliclikeit. In den Fiscilen ist eine Art Zwerchfell, welches zugleich die vordere iGrenze der Bauchhöhle ist. Es liegt freilich im Yerhältnifs zum Skelet sehr viel weiter nach vorn als in den Säugethieren, allein in den Fischen rückt das Herz nicht nach hin- ten , noch weniger treten Lungen hervor. So wird also gar keine Brusthöhle im Sinne der Säugelhiere gebildet. |In den Reptilien, wo das Herz allerdings zurück- tritt und Lungen hervorwachsen , werden die letztern zum Theil von der vordem Wand des Bauchfelles überzogen, offenbar weil dieses dem Andränge der Lun- gen sich gefügt hat. Hätte aber dieser Theil der Bauchwand zur Zeit wo die Lungen herauswuchsen, eine feste Muskellage gehabt, so würde er wohl ganz die Form des Zwerchfelles erhalten haben. Allein schon genug und vielleicht zu- viel l Ich habe Sie nur darauf aufmerksam machen wollen , dafs die Bildungs- geschichte des Zwerchfelles wohl auf der Bildungsgeschichte der serösen Häute beruhen mag. ÄA. Seröse Üeber diese erlauben Sie mir noch die allgemeine Bemerkung, dafs sie überall , wo geschlossene Räume von thierischer Flüssigkeit erfüllt sind , als Aus- kleidung dieser Räume , gleichsam als Abgränzung der Flüssigkeit entstehen , zu- erst weich und verhältnifsmäfsig dick , nachher fester und scheinbar dünner wer- den , indem wir in späterer Zeit nur die eigentliche Oberhaut dieser Bekleidun- gen als seröse Häute zu betrachten und das darunter liegende Zellgewebe nicht mehr dazu zu rechnen pflegen , obgleich es der Entwickelungsgechichte nach da- ^u gerechnet "sverden mufs *). So habe ich in der Entstehungsweise der serösen Häute gar nichts Selbst- ständiges finden können. Dafs das Herz seine besondere seröse Bekleidung hat, beruht offenbar darauf, dafs es ursprünglich in einem abgeschlossenen hohlen Räume enthalten ist. Wenn das Herz unter der Rachenhöhe liegt und die Masse, welche sich zum Herzen bilden soll, sich concentrirt, mufs zwischen ihm und der untern Wand des Halses (und der hintern Kopfgegend) ein hohler Raum entste- *) Was ich im ersten liande nur zweifelhaft über die Entstehiuig der serösen Häute äiifserle, dafs sie in ihrer Bildung keine andere Beziehung zeigen als die Auskleidung einer Höhle, kann ich jetzt mit Zuversicht aussprechen , nachdem ich niich überzeugt halte, dafs auch der, in man- chen Thieren freilich ziemlich frei liegende Herzbeutel, es ursprünglich niemals ist. — Zwi- schen den praktischen Aerzten und den Physiologen ist ein Zwiespalt in Bezug auf die serösen Häufe. Jene sprechen immer von Entzündungen der serösen Häute luid müssen davon sprechen, da in der That oft die W;indc der Höhlen entzündet sind. Die Physiologen dagegen wollen den serösen Häuten keine Blutgefäfse zugestehen. Offenbar haben diese Unrecht; denn warum sollte man die Oberhaut als das Wesentliche betrachten und das darunter liegende Zellgewebe als nichts i' Q&9 heil, Jer leine seröse Bekleidiiug erhält. Diese Bekleidung nun wird das Herz auf seiner Wanderung mit sich nehmen , da sie auch ihm anhaftet. Aber der Raum, dessen Auskleidung ursprünglich der Herzbeutel ist, mufs von der Bauch- höhle getrennt seyn, sonst Aviirde der seröse Ueberzug des Herzens, wie der der Leber, in den Ueberzug aller andern Organe der Bauchhöhle übergehen. Nun er- innern Avir uns, dal's die Bauchhöhle entsteht, indem das animale Blatt sich vom vegetativen trennt, diese Trennung aber nur bis an die (Anfangs lange) Rachen- höhle reicht. Von hier ab ist die Sonderung vielmehr unterhalb der Rachen- höhle, nicht zur Seite derselben, indem das Gefäfsblatt sich selbstständig zum Her- zen ent^Yickelt und unter sich einen unerfüllten Raum läfst. Wo aber die Herz- schenkel liegen, oder die spätem venösen Queerstämme, scheint gar keine Tren- nung zu erfolgen, sondern eine Scheidewand zwischen der Höhle für das Herz und Bauchhöhle zu Jjleiben, wie sie in den Fischen das ganze Leben hindurch verharrt. Und diese Scheidewand, ist sie nicht die erste Spur des Zwerchfelles, dessen fernere Bildungsgeschichte freilich wegen seiner Befestigung an den letzten Rippen und an den Lendenwirbeln unverständlich bleibt? wenn wir nicht die Frage aufwerfen , ob nicht die seröse Bekleidung der Bauchhöhle beim Zurück- treten des Herzens und dem Hervortreten der Lungen sich von der Wand der Bauchplatten löst, so weit sich Rippen entwickelt haben, und erst nach dieser Lö- sung oder während derselben eine muskulöse Bekleidung erhält? Da das Herz schon mit einer Hidle in die Rumpfhöhle tritt, das Zwerch- fell aber zurückweicht, so müssen nothwendig auch die Lungen und die Räume, in die sie sich verlängern, seröse Ueberzüge erhalten. Das Gekröse hat zwar Anfangs eine ziemlich selbstständige Bildung und die beiden Blätter desselben haben uns besonders veranlafst, eine besondere Ge- fafsschicht im Embryo anzuerkennen. Allein später wird dieses Blatt mit dem Bauchfelle ziemlich identisch, und es wäre eine mikrologische und l>ei der ra- schen Substanz- Veränderung im Embryo nicht zu lösende Frage, ob das Zellge- webe zwischen den Gefäfsen des Gekröses dem ursprünglichen Gefäfsblatte ange- hört oder nicht ? Es kommt auch auf die Beantwortung dieser Erage wenig an, da bald das Gekröse zu den serösen Häuten gezählt werden kann. Deswegen sa- gen wir an dieser Stelle noch ein Wort über dasselbe. Es ist zuerst an der Cen- trallinie des ganzen Darmes mitEinschlufs des Magens grade ausgestreckt. Indem nun bald der Speisekanal sich mannigfach windet, nimmt das Gekröse daran Theil, jedoch nicht überall auf gleiche Weise. Im Allgemeinen kann man sa- gen, dafs, wo die Blätter des Gekröses schon eine Strecke eng an einander liegen, es den Windungen des Darmes folgt; wo aber die Blätter von einander abstehen //. Das Ge- kröse. ^30 oder eben ersl sich an einander geleimt haben, der Darmtheil sich über ihnen weg- schiebt. Vor allen Dingen dreht sich der Magen, und zwar so , dafs er atoIiI der Länge nach steht, aber die grofse Curvatur nach rechts gerichtet hat. Dann krümmt er sich langsamer, indem er zugleich die grofse Curvatur noch mehr nach rechts schiebt , Ijis sie durch die starke Zusammenkrümmung am Ende mehr nach hinten gerichtet ist und mit dem linken Ende bei vielen Thieren, wie beim Men- schen , sogar wieder weiter nach vorn zu liegen kommt. Durch diese Drehung wird daslMagengekröse in einen Beutel nach links ausgezogen, und so entsteht jene merkwürdige vom Bauchfell ausgebildete Höhlung, die zAvischen dem Magen, der Milz und dem Pankreas liegt, und in welche man bei Menschen durch das so- genannte Foramen JTinslovii *) von der untern Fläche der Leber aus ge- langen kann. Das Magengekröse ist nämlich nichts anders als das grofse Netz **), denn so unerwartet es auf den ersten Anblick scheinen mag , so gewifs ist es doch, dafs die grofse Curvatur des Magens ursprünglich die Mittellinie seiner Rücken- wand und die kleine Curvatur die Mittellinie der Bauchseite ist, wie sich schon aus der Verlheilung der herumschweifenden Nerven nach einer frühern Bemer- kung erwarten läfst. In den meisten Säugethieren verbleibt das Netz in einer beuteiförmigen Form , indem es von der grofsen Curvatur des IMagrns über den Magen weg gegen die Wirbelsäule geht, was vorzüglich deutlich bei Raubthie- ren wird. In diesen nach rechts gerichteten Beutel führt hier ein ziemlich wei- ter Eingang zwischen der Leber und dem Magen. Beim Menschen aber und vie- len andern Thieren, z, B. unsern meisten Hauslhieren, bleibt das Netz nicht so einfach, sondern es verlängert sich weit nach hinten, wobei es aber immer noch ein langer und flach gedrückter Beutel genannt zu werden verdient. Beim Men- schen aber verwächst der herabhängende Theil überdiefs noch mit dem Oueer- grimmdarme und seinem Gekröse, nachdem der Queergrimmdarm sich hinauf- geschoben hat. — Der weite Darm, der anfänglich sehr kurz ist und überall ein Gekröse hat, schiebt bei seiner Verlängerung die Blätter dieses Gekröses von einander, und so kommt es, dafs später bei manchen Thieren und vorzüglich Ijeim Menschen ein Theil des weiten Darmes ohne freies Gekröse fast aufserhalb des Bauchfelles hegt. ♦) Diese Oeffnung findet man in iillern Leichnamen oft völlig versclilossen. *♦) In der Darstellung von der Bildung des grofsen Netzes ist mir J. Müller luvorgekommen. Sie mufste mir sogleich einleuchten, als ich die Drehung des Magens erkannt hatte, die ich be- reits im ersten Theile am Hühnchen besciirieben l)ahe, die man aber an Siiugethieren nocli deut- licher sieht. NMr die Art der Anheftung an das Colon kannte ich vor Miiücr's Abhandlung (Mcckel's Archii für Arial, u. Plijsiul. 1829.) noch nicht. 231 Nach dem, was ich so eben votu Magen gesagt habe, könueii Sie leicht er- rathen, welchen Ursprung das kleine Netz haben müsse. \yir werden ihn so- gleich erkennen , wenn wir den Magen und die Leber in ihre ursprüngliche Stel- lung bringen. Der Magen liegt mit der kleinen Curratur nach der Mittellinie des Bauches, und die Leber treibt hinter dem IMagen aus dem Darme hervor. Indem iu der Ausstülpung, die zur Leber wird, die GeMsschicht zur Bildung des drüsi- gen Gewebes aufserordeutlich wuchert, hebt sie auch von der äulsern Beklei- dung des Magens Substanz ab, die bei immer fortgehender Erhebung der Leber die Form einer Falte annimmt. Wenn nun die Leber nach rechts, der Matien nach links wandert , so mufs nothwendig diese Falte in die Verhältnisse kommen, die wir am kleineu Netze finden. Nachdem wir vom Baue des Eies und der Entwickelung des Embryo der '^r^'. BiI- Säugethiere gesprochen haben, wird es nicht überflüssig sejn, noch einen Bhck befs^im" des auf die Verbindung zwischen beiden zu werfen. Wir wissen» dafs der Nabel- Nabehiran- Strang der Frucht der Säugethiere eigenthümlich ist. Diese Eigenthümlichkeit besteht aber nicht blofs in der Länge, sondern auch darin, dafs die Nabelscheide wie sie schon in den Vögeln vorkommt, sich mit Substanz anfüllt und dadurch solide wird. Zuvörderst nämlich ist die Nabelbildung wie im Vo^el nur schien es mir, dafs der Fleischnabel mehr gegen den Hautnabel zurückbleibt. Das ist wenigstens entschieden der Fall bei Thieren mit sehr grofsen Primordial - Nieren die den Bauch gewaltig auftreiben. Eine Folge davon ist, dafs statt der sehnigen Mittellinie des Bauches (Linea alba) eine lange Spalte in den Bauchmuskeln ist (vergl. Taf. IV. Fig. 26.)^ selbst zu einer Zeit wo schon eine ganz ansehnUche Nabelscheide sich gebildet hat. In diesem Zustande ist die Nabelscheide eine wahre Verlängerung des Bauches, und es liegt, wie im Vogel, ein Theil der wu- chernden Därme in der Scheide, doch ragen die Darmwindungen niemals, wie im Vogel einige Tage vor der Geburt, aus der Nabelscheide hervor, denn die Scheide wird in den Säugethieren länger. Indem sich aber der Darm zurück- zieht, füllt sich die Scheide mit Substanz aus und wird zum wahren Nabel- strange. Hiermit stimmt es überein, dafs in keinem Säugethiere der Dottersack oder das Nabelbläschen zuletzt in den Leib schlüpft, vielmehr entweder früh oder we- nigstens bei der Geburt abstirbt. Es stirbt aber überhaupt bei der Geburt, und wie es scheint, veranlafst durch den neuen Kreislauf durch die Lunge, dergesammte Nabelstrang mit allen Eihäuten ab. Die Nabelscheide enthält durchaus dieselben Theile wie der Vogel, die Nabelschnur weicht nur in sofern ab, als bei sehr 232 vielen Säugethiereii der DoltergaDg mit den Gefäfsen des Doltersackes früh ab- stirbt. — Der Nabelstrang ist oiFenl)ar am längsten beim Menschen, nächst diesem bei den AfFen und so fort ziemlich nach dem Verhältnisse der Meuschenähnlich- keit doch ist er bei Nagern kürzer zu nennen , als bei Hiifthieren. Der Nabelstrang ist mehr oder Aveniger gedreht, und diese Bemerkung nö- thigt mich noch etwas von der Lage des Embr} o zu sagen , was ich bisher ab- sichtlich vermieden habe, um Ihnen die Yergleichung des Vogel -Eies mit dem Ei der Säuge ihiere zu erleichtern. „„. Lage des Vor allen Dingen liegt der Embryo der Säugethiere im Mitteltheile oder Embryo. Körper des Fruchth alters, w^enn dieser ansehnlich ist. Ist dagegen der Mittel- theil unbedeutend gegen die Hörner, so liegt der Embryo in einem Hörne, wie in den Wiederkäuern, und die Eihäute gehen durch den Mittelkörper tief in das an- dere Hörn hinein , oder, was bei stark getheiltem Fruchlhäller wiel gewöhnlicher Statt fmdet, es bilden sich mehrere Früchte in den Hörnern. Das ist nur allzu bekannt. Da^eoen scheint es mir noch unberücksichtigt, dafs in Einer Hinsicht alle Embryonen (mit Ausnahmen) der frühesten Zeit normal so liegen, dafs ihr Rücken in der grofsen Curvatur des Fruchthälters und seiner Hörner liegt. Die grofse Curvatur des Fruchthälters ist aber der Bauchseite des Mutterthiers zuge- kehrt. Alle Säugethier- Embryonen kehren also ihre Rückenseite gegen die Bauchseite der Mutter. Eben so der menschliche Embryo in normaler Lage, ob gleich dieser am meisten seine Lage zu verändern im Stande ist. Damit stimmt es dafs bei allen Embryonen mit kurzem Nabelstrange und beschränktem Frucht- kuchen die ich untersuchen konnte, der Fruchtkuchen an der kleinen Curva- tur wo äufserlich das Fruchthälter- Gekröse ansitzt, befestigt ist, es mag übri gens dieser Fruchtkuchen getheilt seyn oder nicht. Der Embryo liegt i'erner, sobald er nicht mehr ganz klein ist, immer mit seiner Länt^endimension in der Läugendimension des Fruchthälters; allein man würde sich irren, wenn man glaubte, dafs alle Embryonen von Säugelhieren mit dem Kopfe nach der Scheide gekehrt liegen, wie der Embryo des Menschen in normaler Lage. Die Embryonen der idirigen Säugethiere sind l)ald mit dem Kopf nach dem Eierstocke, bald nach der Scheide gekehrt. Diese Lage ist jedoch nicht die ursprünghche, sondern alle Embr3'^onen der Säugethiere, die ich in sehr früher Zeit fand, lagen in der Oueerachse des Eies, und die Queerachse des Eies ist auch immer die Oueerachse des Fruchthälters. Sic drehen sich also später entweder mit dem Kopfe nach dem F-ierslocko odci- nach dem Ausgange des Geschlechts- Ap[tarates. 233 Was die Lage des Embryo im Yerhältnifs zu den Eilheilen anlangt , so halje ich bei der Demonstration des Eies und in der Darstellung desselben in unsern Ab- bildungen angenommen, dafs der Dottersack immer nach links und der Harnsack immer nach rechts vom Eml>ryo liegt. Zu dieser Annahme hatte ich zweierlei Gründe, zuvörderst "weil nur dadurch der Bau der Eier verschiedener FamiHon unter einander und mit dem Ei der VöseL vergleichbar gemacht werden konnte, und zweitens weil ich allerdings die Ueberzeugung habe, dafs diese Lage die normale ist. Doch mufs ich hier bemerken, dafs die Ausnahmen häufig genug sind *), und zwar vorzüglich bei den Thieren mit langem Ei und dünnem Dot- tersacke , weil hier der Doltersack seine ihm nach dem allgemeinen Typus zukom- mende Lage nur mit sehr geringer Kraft behaupten kann **). Die abweichende Lage kommt nicht etwa einzelnen Familien zu, sondern Individuen aus den ver schiedensten Famihen. Uel^erblicken wir zum Schlüsse noch die Geschichte sämmtlicher Theile uo. Weiche des Eies , um zu erkennen, welche in den Embryo übergegangen sind und welche de/Geburt nicht, so iinden wir, da Chorion, Amnion, Dottersack, der gesammte Nabel- y^''^""" ?*"" ' o hen. Strang mit dem Fruchtkuchen nach der Geburt absterben, dafs hier viel mehr von den Eitheilen als unbrauchbar abgestolsen wird , als im Vogel ; denn nicht nur ge- hen alle Theile des Eies, welche der Vogel bei seiner Enthüllung zurückläfst, auch beim Säugethier verloren, sondern überdiefs noch der Dottersack, so auch ein Theil der Fruchtstoffe , da etwas Eiweifs in die Bildung des Chorions einge- gangen ist und bei einigen Famihen wenigstens der Dottersack noch bei der Ge- l>urt etwas Doltersubstanz erhält. §. 10. Bau und Entwic kelung der Eier der einzelnen Säugethier- Fa- milien und des Menschen insbesondere. AVir haben bisher die Entwickelungsgeschichte der Säugethiere überhaupt a. Vorbe- kennen zu lernen gesucht. Zwar habe ich, besonders bei der Demonstration der ^^^ ""^ Eihüllen, auf die einzelnen Formen oft verweisen müssen, weil eben dadurch nur die Wesenheit jedes Theiles nachgewiesen werden konnte. Allein ich kann nicht *) Viel häufiger als icli bei Abfassung der Gratulationsschrift zu Sömmerring's Jubelfeier glaubte. So liegt bei dem Taf. l\, Fig. 17. abgebildeten Schaafs - Embryo der Mitteltheil des Dottersackes an der rechten Seite des Embryo. **) Ob diese Abweichung in dem Lagenverhältnifs nicht ihre Bedeutung habe, soll bei einer andern Gelegenheit erörtert werden. ir- Gg 234 zweifeln , dafs es Ihnen unmöglich gewesen sej^n wird , das Zerstreute so zu sam- mehi, dafs daraus die EigeuthümUchkeiten der Früchte der einzelnen Familien anschaulich werden, obgleich fast alle genannt sind, indem wir die Variationen der einzelnen Eillieile verfolgten. Wollen Sie nun die Besonderheiten der Früchte in den verschiedenen Fa- milien kennen lernen, so müssen wir sie einzeln durchgehen. Vorzüglich wird dieses für die Eihüllen als die veränderlichsten Theile nöthig seyn ; denn was die Embryonen anlangt, so entwickeln sich diese so übereinstimmend, dafs Sie gewifs schon über die Gleichmäfsigkeit in so verschiedenen Klassen, wie die Säugethiere und Vögel sind, erstaunt seyn werden *). Auf die wichtigsten Va- riationen in ihrer Bildung habe ich zum Theil schon hingewiesen, zum Theil bestehen sie eben darin, dafs die bekannte Eigenthümlichkeit einer Familie sich entAvickelt und eine ihr fremde nicht. Ich müfste erzählen, dafs das Schwein allmählig einen Rüssel bekommt, das Kaninchen nicht, doch das kcinnen Sie sich sell)st leicht sagen, nachdem Sie erfahren haben, dafs in den ersten Wochen alle Säu£ethiere kurze Menschenüesichter haben. Sie können, wenn Sie auf- merksam die Entwickelung der Embryonen und ihrer einzelnen Theile verfolgen, einige Abbildungen ansehen, und sie mit ausgebildeten Thieren vergleichen, leicht sich selbst sagen , welche Eigenthümlichkeiten spätere Bildungen sind und welche auf einem Zurückbleiben auf frühern Stufen beruhen. Sie werden ein- sehen, dafs, um bei dem gewählten Beispiele stehen zubleiben, im Menschen seine Kiefern und seine Nase auf Kosten des Hirnes zurückgeblieben sind, und wir werden zuletzt, wenn wir die Bildungsgesetze zu entwickeln versuchen, ein ganz einfaches Kennzeichen angeben, woran man unterscheidet, welche Formenein Zurückbleiben und welche ein Fortschreiten nachweisen. Ich werde daher die Entwickelungsgeschichle der verschiedenen Embryo- nen nicht erzählen, theils um nicht immer dasselbe zu sagen, theils weil ich in der That, mehr auf allgemeinere Verhältnisse aufmerksam, die geringen Diffe- renzen weniger beachtet habe. Nur gelegentlich mag also hie und da noch vom Embryo gesprochen werden. Die genauere Kenntnifs der Eihüllen, und zwar nach ihrer gesammten Bil- dungsgeschichte vom ersten Auftreten an, ist aber wichtig, weil nur dadurch die verschiedenen sich widersprechenden Berichte verständlich werden und weil nur •) Diese Uebereinstimmung ist noch so wenig anerkannt, dafs Herr Prof. E. Weber, den Je- dermann mit mir zu den ersten Analomen Deutschlands zählen wird, im dritten Bandfr seiner Anatomie, wenn er von der Entstehung der Organe spricht, auf das Hühnchen noch sclir wenig tlüclisicht nimmt, im 4ten Bande freilich schon viel mehr. 235 die genaue Keuntnifs der verschiedenen Formen der Säugetliier-Eihiillen uns beim Versländnifs der Hüllen des Menschen -Eies Jeiten kann, dessen erste Bildungs- Momente für die Untersuchung fast unerreichl^ar sind. Ferner kann nur dieKennt- iiils des Einzelnen Das l)e'währen, was •',Yir als die allgemeine Geschichte derselben gegeben haben, wie denn jene allgemeine Darstellung eben aus den speciellen Beobachtungen, über die ich unserm Zwecke geniäfs immer noch ziemlich sum- marisch werde berichten müssen, hervorgegangen ist. Auch kann nur die Betrach- tung des Einzelnen auf die Fragepunkte hinweisen , die noch einer festen Entschei- dung harren. Wohl weifs ich, dafs schon früher Wiederholungen nicht selten vorgekom- men sind. Sie liegen nur zu sehr in derEntwickelungsgeschichte, da nach einiger Zeit die alten Theile in ganz neuen Verhältnissen stehen, Avelche man nur ver- ständlich machen kann, wenn man auf die gleichzeitige Umbildung anderer Theile aufmerksam macht. Die ganze jetzt folgende Darstellung wird eine Art Wieder- holung der allgemeinen Darstellung der Hüllen des Säugelhier-Eies seyn. Allein eine solche Wiederholung schien mir unvermeidlich, wenn ich Ihnen eine feste UeberzeuHung vom Bau der Eier der Säuiiethiere geben wollte. Entweder mufs- ten wir den Bau und die Entwickelungsgeschichte der einzelnen Formen durchge- hen, um daraus die allgemeine Geschichte der Eier zu entwickeln, oder wir müfs- ten diese voranschicken , um Gründe zu erhalten , nach denen wir jeden einzelnen Theil deuten. Wäre die Kenntnifs allgemeiner, vollständiger eingebürgert und nirgends streitig, so würde man freilich einer solchen Wiederholung nicht be- dürfen. Wir Avollen uns für diesen neuen Abschnitt einer Reihe schematischer Um- J^^^^^- , Fl"'. 19 — 2+. risse bedienen , welche die verschiedenen Eiformen übersichtlich darstellen. Die 26? 27. fünf ersten Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19 — 24.) sind Oueerdurchschnitte der Eier. In allen ist diejenige Lage der Theile angenommen, die ich für die normale halte. Um die Abbildungen schon für den ersten Anblick belehrend zu machen, habe ich überall die Theile auf gleiche W^eise ausgedrückt. So ist immer der Durchschnitt der Gefäfsschicht roth, der Schleimhaut gelb; Durchschnitte, welche beide Schichten an einander haftend enthalten, wie die des unveränderten Harnsackes, zeigen daher beide gefärbten Linien. Um aber den Harnsack vom Dottersacke so- gleich unterscheiden zu können, ist die ganze Durchschnittsfläche des letztern gelb gefärbt, ja ich habe überdiefs , wenn er nicht sehr lang ist , Gefäfsvertheilungen auf ihm gezeichnet, als ob man ihn nicht eigentlich im Durchschnitte, sondern per- spectivisch sähe. Wo aber der Dottersack sehr lang ist und die Durschschnitts- fläche also sehr weit von der gefäfsreichen Bekleidung absteht, würde eine solche G g 2 236 Darstellung nur verwirrt haben. Man hat durch diese Behandlung zugleich einen Maafsstah erhalten. Doltersäcke nämlich, auf denen keine Yerlheiluug von Blut- gefäfsen kenntlich ist, sind stark in der Längenachse der Eier ausgedehnt. Der Durchschnitt des ijesaninilen Eies ist immer am Dotterijan£e üedacht. Da nun der flarnsack mit dem hintersten Ende des EmLrjo in Verbindung steht , so mufste dieser überall als tdjgelöst dargestellt werden. Die gefälslosen Häute, das Amnion, die seröse Hülle und die äulsere Eihaut sind durch eine einfache schwarze Linie angedeutet, und zwar letztere äufserlich mit Zotten , welche geröthet erscheinen, wo sie Blutgefäfse erhalten haben. Der Embr} o ist immer mit offenem Leibe dargestellt, obgleich, Avenn die üI.>rigenEitheiIe so weit entwickelt sind, als unsere Abbildungen sie geben , der Nabel mehr geschlossen seyn würde. Allein bei dem engen Aneiuanderliegen aller Theile im Nabel oder dem Nabelstrange Aväre die Darstellung viel weniger deutlich geworden, Avenn sie getreuer wäre, und überall war die gröfsere Anschaulichkeit die Hauptaufgabe der Darstellung. Ich habe Queerdurchschnitfe des Eies gewählt, weil man bisher fast nur durch schematische Länjjendurchschnitte den Bau des Säuaethier- Eies zu erläutern versucht hat (Dutrochet, Burdach in der Physiologie), diese Längen- durchschnitte aber Lage und Zusammenhang vieler Theile nicht richtig angeben können, am wenigsten des Harnsackes. Was aber durch den Oueerdurchschnitt nicht sich zeigen läfst und doch nicht von selbst anschaulich wird , sollen unsere Figuren 26 u. 27. verständlich machen. Rückblick Als Erläuterunji für alle übrigen Eier ist in FiYird von allen Seiten x^on dünnen Blättern umgeben (ä, ä), die an die benachbarten Um- gebungen sich anlegen. In altern Früchten findet mail sie netzförmig durchbro- chen, in Jüngern bilden sie continuirliche Flächen. Sie werden bei Vergleichung mit Fig. 19. bald erkennen, dafs diese Blätter nur derjenige Rest der serösen Hülle seyn können, der sich zuletzt von dem Dottersacke gelöst hat; denn allmählig breitet sich der Gefäfshof über den ganzen Dottersack aus, wobei immer das ani- malische Blatt sich löst, und der Harnsack mufs noth wendig immer die seröse Hülle vor sich her treiben. Das wird Ihnen noch deutlicher werden , wenn Sie Fig. 24. ansehen, wo das Ei der Säugethiere in dem frühen Zustande durchschnitt- lich dargestellt ist, wenn die seröse Hülle in der Blüthe sich befindet. Das Ei ist noch so jung , dafs das Amnion an der serösen Hülle haftet und der Harnsack ent- weder noch gar nicht hervorgetreten oder noch sehr klein ist. Da er aber zwischen animalischem und vegetativem Blatte hervorwächst, so glaube ich macht diese Figur es sehr anschaulich , dafs er überall bei seiner Entwickelung die seröse Hülle vor sich her drängen mufs und zuletzt denTheil, der sich zuletzt ablöst und in die- ser Figur noch anhaftet. Doch verfolgen wir die Frucht der Raubthiere in ihrer Entwickelung ! Das Ei des Hundes möge als Beispiel dienen. Es kommt in sphärischer Gestalt in den Fruchthäller und liegt in demselben zuvörderst ganz lose, so dafs es allmählig weiter bewegt wird. Sobald der Dotter flüssig geworden ist, unterscheidet man deutlich zwei in einander liegende Säcke, einen innern, an welchem noch Häuf- chen von Dotterkörnern anliegen und welcher aus der Keimhaut und einem kleinen kreisförmigen Schilde , dem Embryo , besteht. Dieser Sack schwebt frei in dem äufsern, den man für die Dotterhaut halten mufs, Aveil er dieselbe Haut ist, die schon im Eierstocke den Dotter umgab. Auf der Dotterhaut liegt noch etwas un- förmliche Masse, welche allmählig geringer wird und die anhaftende Keimschicht zu seyn scheint. Nun umschliefst aber bald derFruchlhälter das immer wachsende Ei so eng, dafs es kaum möglich scheint, es unversehrt auszulösen. Man erkennt das Daseyn des Eies, wenn man den Fruchtliälter gegen das Licht hält. Schnitt ich den Fruchlhälter auch noch so behutsam auf, so fand ich doch wenigstens die äufsere Haut zerrissen. Sie ist nun mit keulenförmijren durchaus blutlosen Zotten liesetzt, die in maschenförmige Vertiefungen, welche unterdessen im Fruchtliälter sich gebildet haben, tief eingreifen. Im Innern dieser Haut ist, durch ilüssiges Eiweifs getrennt, der früher gesehene, innere Sack, aufweichen! (\'w scluldiur- mige Erbebung des Embryo unterdessen länglich geworden ist. Weil ich nur diese 239 beiden Häute finden konnte, so glaubte ich, die aufsere sey dieselbe, welche ich,, so lange das Ei lose war," auch äufserlich gesehen hatte, und ich mufste also folgern, sie wäre aus dem Eierstocke mit herübergenommen, und schlofs nun weiter, dm Haut, die im Eierstock schon vor der Befruchtung gebildet ist, sey die äufsere Eihaut und nicht die Dotterhaut*). Da ich aber später in andern Familien, na- mentlich in Dickhäutern und Wiederkäuern , die Neubildung der äufsern Eihaut vollständig verfolgen konnte, und die Haut, welche das Hunde -Ei nach seiner Be- festigung mir zeigte, offenbar die äufsere Eihaut ist, so wird es mir jetzt zweifel- haft, ob nicht in der Zelle, welche der Fruchthälter um das Ei bildet, Eiweifs sich sammelt, und dieses sich mit einer Oberhaut bekleidet, vorher aber dieDol- terhaut geschwunden ist. Indem nun das Ei wächst und dieZotten sich verlängern,, wird es länglich , der Embryo fängt an sich zu formen und liegt queer auf dem Dot- tersacke. Es bilden sich Amnion und seröse Hülle auf die allgemeine Weise. Der Embrj'o drängt, indem er sich krümmt, mit seinem Kopfe tief in (len Dottersack hinein, wobei er aber immer vom Amnion umhüllt bleibt. — Wenn Darm und Bauch gröfstentheils noch offen sind, im Dottersacke und im Embryo aber schon längst Gefäfse sich erzeugt haben , wächst der Harnsack aus der Kloake hervor (ungefähr am Schlüsse der dritten Woche). So wie dieser die äufsere Eihaut be- rührt, was sehr bald geschieht, indem der Dottersack seiner Gröfse wegen nicht weit von der äuftern Eihaut absteht, der Harnsack aber immer zwischen dem Dottersacke und der äufsern Eihaut liegt, so schiebt er sich an ihr fort und um- wächst auf diese Weise den Embryo mit einer doppelten Hülle (seiner innern und äufsern Hälfte) , das Amnion von aufsen und das Chorion von innen bedeckend, die seröse Hülle aber vor sich herschiebend. Der Harnsack liegt, wie es scheint, immer auf der rechten Seite des Embryo , so lange dieser noch keinen oder nur ei- nen sehr kurzen Nabelstrang bat und sich nicht drehen kann. Im ganzen Harn- sacke bleiben die Gefäfsschicht und die Schleimhautschicht eng an einander haf- ten, aber die Gefäfse der erstem wuchern in die Zotten, und so wird auch die Schleimhautschicht eng an die äufsere Eihaut angezogen. Da die äufsere Eihaut in allen Eiern zerrifs, welche ich bald nach der ersten Bildung der Zotten unter- suchte (etwa vierzehn - bis zwanzigtägige **) Eier) , so weifs ich nicht gewifs', ob *) Diese Ansicht hatte ich auch bei Abfassung meiner frühern Darstellungen als fraglich aufge- stellt. Ich bemerke ausdrücklich, dafs sie noch nicht durch Beobachtung widerlegt, dafs sie mir aber durch Vergleichung unwahrscheinlich geworden ist, und berufe mich auf §. 9. n. **) Bei keinem Thiere, das ich untersuchte, läfst sich so wenig ein normales Zeitmaafs für die Entwickelung feststellen als im Hunde. Meine Beobachtungen stimmen in dieser Hinsicht weder unter sich', noch mit den Beobachtungen Anderer. Entweder ist die Entwickelungszeit nach den Jahreszeiten verschieden, oder nach den Hunde- Ragen, oder die ganze Zeit der Brunst wirkt gar nicht auf die Entwickelung der Eier. _ 240 CS nicht schon damals Stellen ohne Zotten gab. Wenn der Harnsack hervortritt, i.'it es deutlich, dafs die äufsersten Enden des Eits ohne Zotten sind. Hier kann also kein Fruchtkuchen sich erzeugen. Doch schien es mir, dafs hierin nicht allein der Grund liegt, warum später der Fruchtkuchen nur einen Gürtel um das Ei bildet. Am Schlüsse der vierten >\'oche , Avenn der Harnsack den Raum zwischen Doltersack und äufserer Eihaut ganz ausgefüllt hat , scheint mir die letztere an beiden Enden kreisförmig durchris- sen zu AA erden, wie bei den Dickhäutern. Ich hatte nämlich vor dem Schlufs der vierten Woche das Ei vorgefunden, wie Bojanus es (Nova acta Acad. Nat. Vol. X.) beschreibt und abbildet, mit einer sehr breiten Bekleidung von Zotten, aus welchen nur die beiden stumpf zugespitzten Enden des Eies zottenlos hervorragten. Etwas später waren die En- den pilzförmig hervorgetreten, die Mitte dafür verengt, so dafs jetzt erst das früher elliptische Ei paral)olisch - cylindrisch geworden war und die Zotten einen gürtel- förmigen Fruchtkuchen bildeten, wie dieser Längen -Durchschnitt zeigt. a An der Grenze des Fruchtkuchens (bei a, a, a,) erkannte ich deutlich , dafs die äufsere Eihaut durchrissen war. War diese Zerreifsung nicht etwa durch ei- nen Rest von lebendiger Contraction des Fruchthälters erst bei der Zergliederung entstanden, (eine Frage, die ich nur deshalb aufwerfe, weil ich später denselben Zustand nicht habe wieder finden können,) so mufs ich glauben, dafs die äufsere Eihaut an den Enden normal durchrissen wird, wovon ich die deutlichen Spuren auch an spätem Eiern noch zu erkennen glaube. Der weite cylindrische Dottersack hat bisher, stumpf endigend, die ganze Länge des Eies eingenommen , der liarnsack erreicht sie auch allmählig und das W^achsthum des letztern scheint die Sprengung der äufsern Eihaut zu bewirken. Indem aber das Ei sich jetzt plötzlich verlängert hat, bekommt der Dottersack die dünnen fadenfc^rmigen Zipfel. Auch wird seine cylindrische Form allmählig in eine dreiseitig - prismatische umgewandelt, indem der liarnsack von zwei Seiten und das Amnion von der dritten gegen ihn drängt. Der llnrnsnck hat ganz entschieden von rechts über den Rücken hin das Amnion und den Embryo um- wach- 241 wachsen, obgleich man öfter denEmhryo späterer Zeil, wenn derNabelstranelan« ist, so liegend findet, dafs der Harnsack zu seiner linken ist. Cuvier's Dar- stellung, als ob der Harnsack in zwei Ge^YÖlben nach demllücken des Embryo sich erhöbe, ist unrichtig und ist mit seiner eigenen Beschreibung von der La ^e des Dottersackes unvereinbar. Offenbar hat Cuvier diest.« Ansicht nur an Eml>ryonen gewonnen, die schon mit langem Nabelstrange versehen hin und her fallen, je nach der Art, wie man das Ei auf ein Brett oder in cineSchaale hinlegt. Mir schien durchaus die einseilige Entwickelung des Harnsackes über den Rücken des Em])iyo weg in den Eiern der Raubthiere viel entschiedener als in den Eiern der Vögel. Der Dottersack ist ungemein reich an Gefäfsen und der Dottergang bleibi sehr lange offen. Da die Gefälsschicht in der innern Hälfte des Harnsackes nicht in unmittelbare Berührung mit der innern Fläche des Fruchthälters kommt, so wuchern die Gefäfse wenig, vielmehr krümmen sich die gröfsern Gelalsstänime bald so, daCs sie die äulsere Hälfte oder das Chorion erreichen, besonders in der Gegend, welche zum Fruchtkuchen sich entwickelt, oder wohl richtiger a usije- drückt diejenigen Gefäfse der innern Hälfte {Membrana media der Autoren") welche die äufsere Fläche erreichen, was ursprünglich nur da geschehen kann, wo jene innere Hälfte in die äufsere übergeht (bei/^), verstärken sich und erschei- nen als Gefäfsstämme. An den beiden Enden des Eies aufserhalb des "gürtelför- migen Fruchtkuchens ist die Gefäfsverlheilung immer gering: ein deutlicher Be- weis, dnfs die Berührung mit dem Fruchthälter die starke Wucherung der Gefäfse des (Jiorions l)edingt. Es ist aber nicht mehr die unmittelbare innere Fläche des Fruchthälters welche das Ei berührt. Diese hat einen sehr dicken Ueberzug in der Gegend er- halten , in welcher das Ei liegt. Wir wollen diesen Ueberzug, die sogenannte Decidua, etwas näher ins Auge fassen. Schon sehr früh, sogar schon so lanc^e die Eier noch beweglich sind , verstärkt sich das Gefäfsnetz in der Schleimhaut des Fruchthälters. Sobald aber der Fruchthälter die Eier in Nester einschliefst, wächst das Gefäfsnetz an diesen Stellen aufserordentlich. Es bildet aus verhältnifsmäfsia weiten Kanälen enge runde Maschen und in jede Masche greift eine Zotte des Eies ein. Allein dieses Gefäfsnetz liegt nicht mehr, wie früher, in der zottigen Schleim- haut des Fruchthälters selbst, sondern aufserhalb derselben in einem durchsichti- gen ausgeschiedenen Stoffe. Es ist also ein Gefäfsnetz, das sich erst aus dem ur- sprünglichen hervorgebildet hat*). Jetzt })rauche ich nur noch hinzuzufügen, ♦) Eine Alrbildung, die ich für die folgende Abtiandlnng aus dem IVTenfchen in Taf. VI. Fig. 4, gebe, versiniiliclit diese Entwickelung, //. Hh 242 dafs diese ausgeschiedene Masse sich aufserordenthch mehrt , dafs sie sich durch die eintretenden Blutgefäfse organisirt und dadurch fähig vriid , eine Lestimmte Form anzunehmen, die sich besonders darin ausspricht, dafs sie grofse Zellen bildet und dafs sie eben dadurch untrennbar mit der Schleimhaut des Fruchthäl- ters verwächst, um Ihnen eine richtige Kenntnifs von diesem Ueberzuge des Fruchthälters , der bei Raubthieren viel dicker ist, als im Menschen, zu ver- schaffen. Die Zellen bilden zwei Schichten und sind in jeder Schicht verschie- den. Dieser Ueberzug ist nichts Anderes als die sogenannte hinfällige Haut der Frucht des Menschen, bildet aber in Raubthieren zu keiner Zeit eine Einstül- pung. Aus dem Gesagten erkennen Sie, dafs anfänglich der Ueberzug von der Schleimhaut leicht zu unterscheiden ist, ungefähr die drei oder vier ersten Wo- chen, später nicht mehr. Dagegen ist er längere Zeit (bis gegen die 6te Woche) von dem Ei leicht zu trennen. Später aber wird auch dieses nicht möglich , und wenn ', man Eier aus der letzten Zeit der Tragezeit aus dem Fruchtliälter nimmt, so trennt man mit dem Fruchtkuchen auch immer den Mutterkuchen ab , in wel- chen dieser Ueberzug dem Fruchtkuchen gegenüber sich umgeAvandelt hat , indem die] frühern , sehr ansehnlichen Höhlen oder Zellen enger und undeuthcher ge- worden sind. Mit dem Mutterkuchen geht aber auch die in seine Substanz ver- wachsene Schleimhaut ab. Fruchtkuchen und Mutterkuchen sind also mit ein- ander verwachsen. Diese Verwachsung ist aber eigentlich ein Ankleben und Ineinandergreifen der einzelnen Verlängerungen, denn die Zotten des Frucht- kuchens haben sich in die Zellen des Mutterkuchens und dieser hat sich umge- kehrt in die Zwischenräume der Zotten ausgedehnt, ausgeschiedener Stoff hat beide verbunden, nirgends aber ist ein Gefäfsübergang bewirkt, wovon man sich vollständig überzeugen kann, wenn man die Gefäfse des verwachsenen Fruchtkuchens und Mutterkuchens entweder nur von der Frucht her , oder vom Fruchthälter mit gefärbtem Stoffe anfüllt. Der Fruchtkuchen zeigt dann, wenn vom Ei aus seine Gefäfse angefüllt werden, deutHche Abiheilungen (Cotyledonen), die von dem Mutterkuchen eng umfafst werden. In der mittlem Zeit des Em- bryonenlebens kann man die einzelnen Zotten als flache gekerbte ]-.nppen wie die Kiemen mancher niedern Thiere und eben so ein reiches Gefäfsnetz enthaltend von einander trennen. Das Ei hat auch einen Ueberzug. Neben dem Fruchtkuchen zeigt er sich als eine dicke, sehr lebhaft grüne Masse, nach den Enden hin als eine dünne, wenig gefärbte aulliegende Schicht. In der Mitte ist er in die JMasse des Frucht- kuchens mit verwachsen. 243 Mit dem Ei des Hundes stimmen nicht nur die Eier der Katze , sondern wie es scheint die Eier aller eigentlichen Raubthiere oder Fleischfresser überein. Viel- leicht weicht das Ei der Sohlengänger , das ich nicht kenne , in einiger Hinsicht ab , beim Iltis ist der Gürtel des Fruchtkuchens nicht vollständig. Das Ei der Insectenfresser ist schon bedeutend abweichend, der Frucht- kuchen immer beschränkt wie in Nagern. Wir wollen jetzt zu dem Ei der Dickhäuter übergehen , welches nächst dem D^jci^i^iiter*^ der Raubthiere am leichtesten aus dem Vogel -Ei verständlich wird und was uns wieder das Ei der Wiederkäuer verständlich macht. Der Durchschnitt des Eies vom Schweine (Fig. 22.) ist aus einer Zeit gewählt, in welcher die Bildung des Chorions noch nicht beendet ist, weil dieser Zeitpunkt für das Verständnils der entscheidende ist. Diese Bildung ist noch ziemlich früh, vor Ende der vierten Woche nämlich. Wir sehen hier bei /' die Schleimhaut des Harnsackes von der Gefäfshaut getrennt, oder eine wahre Allantois nach der von uns angenom- menen (eigentlich ursprünglichen) Benennung. Doch gehen wir sogleich zur Bildungsgeschichte des Eies über. Auch dieses Ei kommt sphärisch in den Fruchthälter. Es vergrofsert sich, ^^^ d^r^ul indem der Dotter flüssig wird, und zeigt am lOten und Uten Tage *) ein noch fsern Eihaut, sehr kleines verdicktes kreisförmiges Schild, den künftigen Embryo, als Theil eines sphärischen übrigens sackförmigen Keimes, wie im Hunde, und wahr- scheinlich allen übrigen Säugethiereu. Diese Keimhaut ist von einer äufsert zar- ten nur beim Zerreifsen deutlichen Hautschicht umgeben, die offenbar die Dotter- haut genannt werden mufs. In einem Ei von noch nicht voll einer Linie Durch- messer (vom 1 Oten Tage} ist jener kreisförmige Schild schon kenntlich , aber sehr klein , kaum ~ vom Durchmesser des Eies einnehmend. Bis zur Verflüssigung des Dotters wächst das Ei ungemein langsam, nachher rasch, denn man findet nicht selten mit Eiern von dieser Gröfse andere zugleich , die zwei Linien Durch- messer haben imd deren Schild ~ vom Durchmesser des Eies grofs ist. Wenn das Ei fast 3 Linien Durchmesser hat, mit einem immer noch kreisförmigen Schilde von mehr als einer halben Linie Durchmesser, ist es noch sphärisch, doch findet man es immer zusammengefaltet wie einen wenig angefüllten Sack. Nun fängt es an sich zu verlängern, und nachdem die Verlängerung erst einen hal- ben Zoll erreicht hat, mit einer Staunen erregenden Schnelligkeit, so dafs es mir nur einmal geglückt ist , Eier von anderthalb Zoll Länge zu erhalten , und ich, ♦) Zuweilen sind einzelne Eier noch am Schlüsse des 12ten Tages nicht weiter. Ueberhaupt gebe ich die Zeiten nur mit Widerstreben an , da nur das Schaaf mir hierin wenig Wechsel zeigte. Hh 2 244 ol)gleich eiae Menge Säue dem Wunsche, diesen Zustand nüciinials zu iiuden, geopfert Avurden, nicht zum Ziele gelangt bin, sondern sie entweder unter 5 Li- nien Länge noch sackförmig, oder von der Länge von 10, 16, ja von 24 Zoll, aber in ganz dünne, stark hin und htjr gekrümmte Fäden verwandelt gefunden habe. Die Verlängerung geht so rasch, dal's man in einer 12 Tage alten Frucht das Ei eben so Avohl als länglichen Sack von 4 bis 5 Linien , wie als Faden von mehr als 20 Zollen linden kann. Allerdings liegt der Grund hiervon zum Theil in der Ungleichheit der Zeit, Avelche erfordert wird, um die Frucht auf einen bestimmten Grad der Entwicke- lung zu füliren, allein diese Ungleichheit ist im Schweine lange nicht so grofs. als im Hunde, und meine vielen Versuche lassen mich glauben, dal's 24 oder we- nig mehr Stunden hinreichen, um ein Ei von ^ Zoll Länge in einen Faden von mehr als 20 Zoll zu verwandeln. ^'S- ^"^ Diese Verlängerung wird begreiflich , wenn man sie nicht für ein Wachsen, sondern für ein Ausziehen ansieht. In der That habe ich die feste Ueberzeugung, dafs die Eier mechanisch ausgezogen werden , und dafs die Selfjstbildung (das Wachsthum) nur in so fern beiträgt, als die Eier dadurch vor Zerreifsung be- wahrt werden und die Keimhaut nicht ganz in dem Älaafse dünner wird, als s'm sich verlängert. Dennoch wird der Faden sehr dünn und die Haut, die ihn im- mer noch zu einem Cylinder formt , sehr zart und so nachgiebig , dafs beim Her- ausnehmen desselben, wenn ein Theil zurückgehalten wird und man an einem vorragenden Theile zieht, dieser leicht das Dreifache seiner Länge gewinnt. Das oben gegebene Maafs ist daher auch ein sehr unbestimmtes , indem es durchaus unmöglich ist , so sehr ich auch für das Gegenlheil bemüht war , alle Zerrung zu vermeiden, Dafs die Verlängerung auf einem mechanichen iVuszerren beruht, wird auch dadurch w^ahrscheinlich , dafs die äufsersten Enden fast ihre ursprüng- liche Weite behalten, und daher beuteiförmig aussehen. Auch die JMilte wird nie so dünn als der üljrige Faden. Diese Mitte beweist uns aber auch, wie schnell die Verlängerung erfolgt, denn unterdessen vergröfsert sich das Schild nur sehr wenig. Wodurch wird aber das Auszerren bedingt? Ohne Zweifel durch die zahllosen und tief eingreifenden Falten im Fruchthälter der Sau. Diese Falten greifen so tief ein , dafs sehr häufig die Falten der einen Seite bis an die Wurzeln der Falten der andern reichen. Es ist also natürlich , dafs , w enn die Falten be- w^egt werden, wobei sie sich bald an den vordem, bald an den hinlern JNachbar mehr anlegen, die zwischen ihnen liegenden Enden des verlängerten sehr zarten Eies, wenn sie Nachgiebigkeit genug haben (und daran fehlt es diesen duichaus- 245 uicht), verlängern und gleichsam ausspinnen. Die Jjewegeude Kraft liegt in den fortwährenden Contractiouen des Fruchtliälters, und es kommt nur darauf an, dafs zuvörderst die Enden des Eies zwischen einigen Fallen durch eigenes Wachs- ihum des Eies durchgeschoben sind, um sie dann weiter auszuspinnen und ge- legentlich , wenn ein Lehergang mehr geölfnet Avird , eine ganze Portion des zu- sammeniieAN ickelten Fadens weiter zu schieben. Der Faden bleibt aber immer so stark gewickelt und geschlungen, dafs die absolute Entfernung seiner lieiden Enden nur ungefähr 6, höchstens 8 Zoll für ein Ei beträgt, wenn auch der Fa- den selbst über 20 Zoll lang ist. Dadurch wird es verständlich, wie nachher das gesammte Ei sehr viel kür- zer ist, als dieser Faden. Wir sehen den besprochenen Faden in Fig. 27. abgebildet, und Sie wer- den erkennen, dafs er nicht regelmäfsig verdreht ist, wie die Hagelschnüre des Vogel -Eies, sondern wie der aus einem Strumpfe ausgezogene Faden unregel- mäfsig zusammengewickelt liegt. Unsere Abbildung ist aber aus einer etwas spätem Zeit, zu der wir sogleich übergehen wollen. In der Verlängerung der Fäden, die anfänglich so ungemein rasch erfolgt, . ^^^ ^' »"'^ , ,, . 1 • c- T • 1 äufserer Ei- tritt bald eine gewisse Ruhe em. Sie verlängern sich zwar noch, aber lang- haut. samer *). Der Erfolg lehrt, dafs diese durch starken Ergufs eines flüssigen Ei- weifses veranlafst wird. Diese eiweifsreiche Flüssigkeit bewirkt offenbar , dafs die Falten weniger den Faden fassen, denn sie werden aus einander getrieben, dann bekommt die eiweilsreiche Flüssigkeit allmählig einen gerinnenden Ueber- zug. Er ist, wie wir früher bereits hörten, am loten Tage noch so zart, dafs man ihn nicht eine Haut nennen kann , sondern dafs er nur wie eine ganz dünne Schicht an der Wand' des Fruchlhälters anliegt, von der er sich nur in ganz klei- nen Stückchen mit IMühe abkratzen läfst. Er sieht aus wie der Ueberzug, den das Vogel -Eiweifs im kaltem Wasser erhält, und in der That wird er auch deut- licher im Fruchthälter des Schweines, wenn man diesen einige Stunden in kal- tem Wasser liegen läfst, und noch mehr, wenn man Weingeist aufgiefst. Bald aber zeigt er sich fester, erscheint als zusammenhängendes Blatt und ist nun die äufsere Eihaut, die natürlich noch zwischen alle Falten des Fruchlhälters eingeht, aber sobald sie fiester geworden ist, von ihnen sich lösen läfst (meistens am I5ten Tage). ♦) Nach' voUeiidetiin SOsten Tage, wo der Embryo schon da war, IiatU ein Dotursatk die unge- heure Länge von 40 Zollen. 246 Wenn sie fest genug ist , um das gesammte Ei mit dem Eiweils aus dem Frachthälter auszulösen , so ist dieses nothwendig viel kürzer als der darin lie- gende zusammengeTrickelte Faden, und die Oberfläche des Eies ist nichts weniger als eben, sondern hat so zahllose Einspränge als der Fruchthälter Falten hatte. Wegen der Durchsichtigkeit der äufsern Eihaut sind diese Falten nur etwas schwer kenntlich. Ich habe versucht in der vorliegenden Figur 27. dieses Verhaltnifs anzudeuten, nicht eigentlich abzubilden, weil eine getreue Darstellung dieser kreisförmigen Falten das Innere des Eies, auf das es mir doch vorzüglich ankam, ganz verdecken würde. Man sieht also die äufsere Eihaut fast nur im Druch- schnitte und auch so noch mit zu wenig Einkerbungen. INIan erkennt in unserer Figur schon den geformten Embrj^o und den aus ihm hervorgetretenen Harnsack. Die Bildungsgescliichte des erstem habe ich hier noch nachzutragen. Während sich das Eiweifs sammelt, wird das oft er- wähnte Schild auf der Mitte des Eies, die immer weiter ist, als die Seitentheile *), länglich und zeigt einen Primitivstreifen. Neben diesem erheben sich die Seitentheile so stark , dafs die JMitte vertieft erscheint. Dem Beobachter des Hühnchens kann diese Erscheinung befremdend seyn und ihn zu dem Glauben verleiten , dafs diese breiten seitlichen Erhebungen die Rückenwülste seyen. Allein das wäre ein Irrthum. Vielmehr unterscheidet man bald , dafs dicht neben dem Primitivstreifen zwei viel schmälere Wülste sich bilden , die die Rückenrinne bilden und sich auch bald schliefsen. Jene allge- meine Erhebung beruht vielmehr darauf, dafs sich das animalische und vegeta- tive Blatt jetzt trennen und ersteres viel stärker sich dabei erhebt, als im Hühn- chen, auch stärker als im Hunde **). Fast sieht es so aus, als wollten die bei- den Seiten des animalischen Blattes vom Embryo sich über dem Rücken dessel- ben zusammenschlagen, und in der That mufs auch eine Neigung dazu seyn, denn wenn man einen Embryo aus dieser Zeit vom Dottersacke trennt und in kal- tes Wasser legt, so schlagen sich die animalischen Blätter (d. h. die beiden Sei- ten des animalischen Blattes) wirklich oben zusammen und der Embryo sieht un- ter dem IMikroskope fast wie ein durchsichtiger Schmetterling mit erhobenen Flü- geln aus. Man erstaunt dabei über die verliältnifsmäfsige Dicke des animalen Blattes. Das vegetative Blatt dagegen ist viel zarter und beide haften nur im Pri- *) Doch ist die Mitte des Fadens vor der Embryonen -Bildung auch nur eine halbe Linie dick. ♦♦) Es ist merkwürdig, dafs diese gewaltsame Sonderung des animalischbn und vegetativen Blat- tes in solchen Thieren vorkommt, deren Harnsack sehr schnell wachst, ^und was wird anders durch die gewaltiame /luseinandersperrung erzeugt, als ein grofser Raum für die Primordial - Nieren '* 247 mitivstreifen zusamuien, von dem man sehr deutlich sieht, dafs er lange nicht das .vordere Ende des Embrjo, oder vielmehr des nun gespahenen Schildes erreicht. Das Zurückschlagen erfolgt aber nicht, wenn das Ei in seinem Verhält- nisse bleibt, vielmehr dehnt sich die Trennung langsam über den Dottersack aus, wie wir jetzt o£fenbar das übrige Ei nennen müssen, und die Rückenplatten sen- ken sich mit ihren Rändern mehr nach unten , allein der benachbarte Theil der Keimhaut bleibt als elliptische Falle auf dem Rücken zurück und schliefst sich bald zum Amnion (am löten Tage). Unterdessen geht die Trennung immer weiter fort nach der Länge der Zipfel des Dottersackes. Allein so wenig Breite dieser auch hat, erfolgt sie doch nicht im ganzen Umfange der Breite, sondern für jetzt nur ungefähr auf | des Queerumfauges. Hier nämhch bildet sich die Grenzvene. So erhält das Ei des Schweines (ein Paar Tage später), der Ge- sammtform seines Dottersackes gemäfs , einen Gefäfshof , der mehrere Zoll lang, doch bei weitem nicht so lang als der Dottersack und ursprünglich kaum zAvei Linien breit ist *). Der mittlere Theil des Dottersackes hat sich nämlich während dieser Zeit wieder erweitert. Noch rascher aber dehnt sich die seröse Hülle aus. Wir erinnern uns nämlich , dafs sie derjenige Theil des animalischen Blattes ist, der von der Amnionsfalte bis zur längere Zeit bestehenden Anheftung dieses Blat- tes an dem plastischen Blatte reicht. Besonders wird sie um den Embryo sack- förmig erweitert, zieht ihre Verbindung mit dem Amnion trichterförmig aus und nähert sich der äufsern Eihaut hier viel früher, als nach den Enden zu. Kurz vor der Anheftung sieht man sie in unserer Figur 27. in ä. Diese Abbildung lehrt ferner, dafs der Dottersack viel zu schmal ist, als dafs der Embryo in ihn hineindrängen sollte , wie beim Hunde. Er ragt viel- mehr mit dem Kopfe über den Dottersack hinüber. Dieselbe Abbildung zeigt uns aber auch schon den Harnsack (/). Er er- Ausbildung scheint in den Dickhäutern in der That früher als in den Raubthieren , doch nicht sackes"" vor der Blutbildung , im Schweine nach 1 6 Tagen. Er wächst äufserst schnell in halbmondförmiger Gestalt in zwei seitliche Zipfel aus, welche nach den beiden Enden des Eies gekehrt sind, wogegen der Embryo, wie unsere Abbildung lehrt, seine Längen- Achse in der Queer- Achse des Eies hat. Auf jeder Seite geht eine Nabelarterie aus dem Embryo in den Harnsack, und eine Nabelvene aus diesem in jene. Beide Nabelvenen verzweigen sich stark in die Bauch wand , sind An- fangs gleich stark und völlig von einander getrennt. Bald aber bildet sich zwi- *) In Fig. 27. ist noch kein Gefäfshof, aber wohl in Fig. 26, 248 sehen ihnen vor dem Eintritte in den Nabel eine Anastomose, die rasch gröfser wird und endlich alles Blut aus der rechten Seite des Harnsackes in die linke Na- belvene führt. Die rechte wird dadurch nur auf den Rand der Bauchplatte ihrer Seite beschränkt, verkürzt sich zu einem INeljenästchen und schwindet endlich ganz. Der Ilarnsack, der frei in dem Räume zwischen dem Dottersackc und der serösen Hülle schwebt, wächst sehr rasch und füllt l>ald diesen Raum so aus, dafs er die seröse Hülle noch mehr wegschie]>t und bald an ihr anhaftet, wo diese nicht mehr zurückweichen kann. Er haftet aber auch bald am Dottersacke, doch nicht am IMiltelkörper desselben, sondern an seinen Enden. Denn da der Harnsack sich innerhalb der serösen Hülle befmdet, so nmfs er sich zwischen die- ser und dem übrigen Dottersacke wegschieben. So sehr nun auch die seröse Hülle sich Ijeeilt vom Dottersacke sich zu lösen, so ist doch diese Eile gering ge- ücn die Wucherung des Harnsackes. Deshalb wird auch im Mitteltheile des Dot- tersackes das animalische Blatt bald ganz abgetrennt und dieser IMitteltheil schwebt also ganz frei in der serösen Hülle; in den ausgezogenen Zipfeln scheint die Tren- nunen hat und hier schon längst angewachsen ist, dafs sie alhnählig auch im iMiltelstücJve des Doltersackes von leiben kann, er wird schon sehr früh auf die Seite ge- schoben. Wenn nun, was mr für das Normale halten und auch von unserer Fig. 26. und 22. ausgedrückt ist, der Harnsack zur rechten Seite des Embryo sich befindet, so liegt die linke Seite des Amnions an einer Stelle der äufsern Eihaut an, welche nicht unmittelbar vom Harnsacke erreicht wird. Dafs bei dieser Lage die IMitte der linken Seile des Gefälsblatles vom Harnsacke an die rechte Hälfte des Amnions sich anlegen mufs , gleich dem von Dulrochel sogenannten Endocho- *) So ist in Taf. V. Fig. 5. a die Narbe zwisclieii Harnsack und äufserer Eihaut, b der Harnsack - Zipfel, c der anhangende Zipfel der äufsern Eihaut. 253 rioii des Hunde -Eies, louchlet aus uiiseni Abbildungen ein. Auch iindet man da- .selbst nicht nur am Schlüsse der vierten ^/\ oche einen Theil des Gefärsnelzes, son- dern noch viel später, ja die ganze Zeit der Trächtigkeit hindurch, woljei dieses Gefäfsuetz eigenthiimliche Umänderungen erleidet, mit denen A\dr uns nicht auf- halten ^vollen. Uns soll jetzt nur die Frage beschäftigen : wie bekommt die Mitte von der linken Seite des Eies (Fig. 22) ein gefäfsreiches Chorion i' Es ist nämlich durch den Augenschein deutlich wahrzunehmen, dafs in der That um den Schlufs der vierten Woche hier keine Gefäfse sind ; allein eben so sicher ist es , dafs sie bald erscheinen. Dieses geschieht auf folgende Weise, Zuvörderst neigt sich das Gefäfsblatt, nachdem es sich von der Allantois getrennt hat , für sich allein weit mehr über das Amnion hinüber, als die Allantois, die in der JMitte am wenigsten Dicke hat, thmi könnte. Das haben wir in Fig. 22. bei g darzustellen versucht. Das Ge- fäfsblatt umhüllt also wirklich einen grofsen Theil des Amnions, als man vor der Trennung der Blätter glauben sollte , und seine Gefafse wuchern Aveiler fort in das Eiweifs, das sich hier unter der äufsern Eihaut angesammelt hat, nicht nur vom Rücken des Embryo, sondern auch von vorn und, von hinten*). Allein nicht alle Gefafse, wie man auch im spätem Zustande schon bei oberflächlicher Ansicht er- kennt, laufen über das Amnion hinüber, sondern es verzweigen sich auch aus den Gefäfsstämmen die in der concaven Seite des Eies liegen , Aesfe in diese Gegend, um sie mit Blut zu versorgen (Fig. 22. x). IVIan erkennt hieraus, dafs nicht überall das Anlegen eines Avirklichen Gefälsblattes nothwendig ist, sondern dafs benachbarte Blutgefäfse in die Schicht von Eiweifs, die unter der äufsern Eihaut liegt, wuchern und aus ihr ein Chorion bilden, wenn nur überhaupt das Blut des Harnsackes an eine solche Schicht Eiweifs gelangt ist. Vom Anfange der vierten Woche an wird die äufsere Eihaut dunkler, nach- dem sie vorher ganz durchsichtig gewesen war. Es liegt nämlich auf ihr eine weifsliche halbflüssige Masse auf, die sich abwischen läfst , und die bei geringer Maceration von selbst abgeht**). Diese Blosse halte ich für dieselbe, die man später mit der äufsern Eihaut fest verbunden findet und deren ich unter dem Namen des Ueberzuges vom Ei bald noch mehr erwähnen werde. Von der fünften Woche an hat die Geschichte des Eies vom Schwein wenig Biiduüg des Interesse, da es schon fast seine bleibende Ausbildung hat. Wir heben jedoch AMauTder Einiges hervor. vierten Wo- '^ che. *) Ja es ist auch vorn und liinten ein Ueberwurf des Gefälsblattes, wodurch zwei Gefafsstätnnie, die früher auf der recliten Seite des Amnions waren, auf eine linke kommen. +*) Auf Taf. V. Fig. 2 bei a dargestellt. 254 Die Zipfel des Dottersackes werden Ijald ganz unkenntlich , doch kann man sie zuteilen noch in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit sehr "sveit verfolgen. Die der JMitte näher liegenden Abschnitte erhalten sich längere Zeit, doch verkümmern auch sie, so wie die seröse Hülle an das Chorion immer mehr angedrückt und der Raum, den sie einschliefst, verengt wird. Der Anfangs kleine und enge IMittel- kÖrper erAveitert sich dagegen , die Dotiermasse in ihm erhält viel mehr Dollerkü- gelchen als in früherer Zeit, so dafs am Schlüsse des zAveiten Monates und am An- fange des dritten der Inhalt dieses Mittelstückes vom Dottersacke recht lebhaft selb gefärbt und mit einem ziemlich reichen Geläfsnetze bedeckt ist. Um diesen IMit- telkörper bildet die seröse Hülle noch immer einen freien Raum, und darauf beruht -es wohl, wenn einige Beobachter, die frühere Form der Zipfel nicht kennend, vom Ei der Dickhäuter berichten, der Dottersack läge queer gegen den Embryo und sey mit einer Art Chalaze angeheftet, worunti'r das Ende des Mittelkörpers selbst gemeint wird. Der Raum , in welchem der Mittelkörper des Dottersackes frei in einer Flüs- sigkeit liegt , würde nicht so langsam beengt werden , wenn nicht die Mitte der Allantois immer mehr an Dicke abnähme. Zuletzt ist sie in der Mitte nur wenige Linien breit. Uebrigcns weifs ich von der Allantois wenig weiter zu berichten, als dafs sie Überali mit Ausnahme der Narbe imd der Zipfel von dem Gefäfsblatte des Harn- sackes sich vollslänig trennt und dafs die Zipfel allmnhlig ganz absterbsn und gelli werden. Zuweilen schliefst sich die Narbe dabei ganz , meistens aber nicht. Da in den Zipfeln gar kein Leben ist, so wächst die nächste Umgebung des Chorions über sie weg auf die Seite. Zuweilen werden sie auch von den benachbarten Eiern in das Ei hineingestülpt, dem sie angehören. Ueberhaupt aber drängen in der letzten Zeit die Eier, Avenn ihre Anzahl ansehnlich ist, sehr gegen einander. Doch Avollen wir vorher noch bemerken , dafs von der vierten Woche an der Gefäfsreichthum im Chorion sich sehr mehrt, dafs ein zusammenhängendes Netz alle Zotten und alle ZAvischenräume zAvisclien den Zotten ausfüllt, dafs ein eben so reiches ja vielleicht noch reicheres Gefäfsnetz aber auch die innere Wand des Fruchthälters auskleidet , dafs die GefäJsuetze beider Seiten eben so offen mit den Arterien als mit den Venen communiciren und also beiden Systemen von Blut- gefäfsen mit gleichem Rechte angehören, mit dem Unterschiede jedoch, dafs die kleinen Kreise von Zotten, die den oflenen Drüsenmündungen des Fruchthälters gegenüljer liegen , stets mit den Venen mehr unmittelbare Gemeinschaft haljen, als mit den Arterien. Diese Kreise schliefsen sich mit fortgehendem Alter immer en ger und bilden daher kleine Näpfe, welche die Flüssigkeit aufnehmen, dü^ von 255 dem Fruchthältcr ergossen Avird*). Allein sie schliefsen sich nicht und aus ihieu werden nicht etwa die kleinen durchsichtigen festen Knöpfchen, mit denen die Eier des Schweines in der letzten "^eit übersäet sind. In diesen habe ich keine Gefiifsnetze entdecken können, und es ist daher wohl nicht richtig, wenn sie v(3n einigen Anatomen l'iir die (.'oljledonen dieser Frucht angesehen werflen. Als Co- tjledonen oder richtiger eigentlich als die isolirten Theile von Cotjledonen glaube ich vielmehr die einzelnen Zotten selbst betrachten zu müssen, die in der letzten Zeit dicker werden und jede ein Gefälsnelz enthalten, aber freilich gegen die Cotjle- donen der Wiederkäuer auTserordentlich klein blei}>en. Ihre ungeheure Anzahl und ihre Ausbreitung auf dem gröfsten Theile des Eies mufs ersetzen, was ihnen an Gröfse abgeht. Es ist also das ganze Chorion, mit Ausnahme seiner beiden Enden , in einen Fruchtkuchen verwandelt. Die Enden des Chorions verlieren nämlich , zuweilen bis zu einer Ausdeh- nung von 5 — 6 Zoll , gcATÖhnlich nur etwa in der Ausdehnung voi» vier Zoll in beiden letzten IMonaten wieder ihre Zotten. Damit geht es so zu : Indem die Eier sich vergröfsern , werden auch die Strecken des Fruchthäl- ters, die früher zwischen den einzelnen Nestern verengt waren, ausgedehnt und die Eier erreichen einander, gewöhnlich so, dafs die Harnsack - Zipfel auf die Seite geschoben werden und die benachbarten Gegenden jetzt die Enden bilden, zuweilen aber auch so, dafs diese Zipfel selbst die äufsersten Enden einnehmen. Wenn nun die Eier einander erreicht haben , so bleiben sie nicht dabei stehen, sondern drängen sich , bis das Ende des einen Eies in das andere hineingeschoben wird, wobei natürlich dieses sich zum Theil in sich selbst stülpen mufs. So viel nun eingeschoben oder eingestülpt ist, so viel vom Eie verliert seine Zotten, da es nicht mehr in Berührung mit dem Fruchthälter ist. So erhält man also eine dritte Art von untliätigen Zipfeln, die wir zum Unterschiede von den Zipfeln der äufsern Eihaut und den Zipfeln des Harnsackes, die Zipfel des Chorions nennen wollen. An der Stelle der Einschiebung heftet sich das Chorion des einen Eies ganz fest an das Chorion des andern. Oken sagte daher, in späterer Zeit wären alle Eier ei- ner Hälfte des Fruchthälters mit einander verwachsen und hätten nur Ein gemein- sames Chorion. JMan hat diese Beschreibung sehr angegriffen, indessen mir scheint sie eben nicht ganz unrichtig. DasAneinderhaften ist sehr fest, und Avenn man die Eier in ganz frischem Zustande untersucht, wird man sie nicht ohne Zer~ *) Abgebildet in der Gratulationsschrift an Sömmerring. 256 reif^oiig ireuueu küimeii. Mir schien es sogar, als oI> Gefäfse aus einem Ei in (lai Chorion des andern übergingen*). Die Zöllen des Chorions greifen sehr eng in die Pieihon von Grühchen des Fruchthälters ein. JMan findet daher einen nicht unLedeutenden'S\ iderstand, -wenn man an einem eben geschlachteten Thiere die Früchte aus dem Fruchthäher lösen will , und Avird die Trennung schwerlich ohne Zerreifsung bewirken, wenn man nicht einige Stunden wartet. Ist dieses geschehen, so findet man auf dem Eie lose aufliegend eine sehr geringe Quantität flüssiger JMasse, die kleine Körnchen enthält. Ich halte diese nicht für den eigentlichen Üeberzug des Eies, sondern für einen Stoff, der vom Fruchthälter ausgeschieden wird , um das Ei zu ernäh- ren, und weifs nicht, ob er die Körnchen schon ursprünglich enthält oder nur jetzt in Folse der beirinnenden Zersetzung. Als Uebergans des Eies betrachte ich viel- mehr eine weifsliche Masse , die von der 5ten Woche, deutlicher von der sechsten Woche an, in der Oberfläche des Chorions ablagernd sich zeigt. Die IMasse über- zieht das Chorion (doch mit ihm innig verwachsen) in Form eines grofsen , breite INIaschen bildenden Netzes. Im Umfange der oben erwähnten Näpfchen fehlt diese IMasse immer, so dafs also um die Näpfchen herum immer einelMasche sich bildet. Trotz ihrer jetzigen Verwachsung halte ich sie für dieselbe , die in der vierten Woche auf dem Chorion auflag (Taf. V. Fig. 2. «'). Wir haben schon ausführlich der eiweifsähnlichen Masse erwähnt, welche der äufsern Eihaut und dem Chorion von innen anliegt. Diese blasse ist in späte- rer Zeit besonders um die grofsen Gefäfsstämmc angesammelt und nimmt eine im- mer gröfsere Festigkeit an, so dafs sie fast der Natur der Knorpeln sich nähert, ohne doch zu wirklichem Knorpel zu werden. Sie liefert uns einen schönen Be- weis, dafs die Knorpel eben nichts anders sind als die verdichtete Grundmasse des Körpers, Blastema nach Müller. Zur Geschichte der Eihäute kann man es in rrewisser Hinsicht noch rech- nen, dafs das Schwein vor der Ge})urt eine continuirliche Oberhaut, die vom ganzen Embryo und einem Theile der Nabelschnur sich löst, abwirft. Das Her- vorbrechen der Borsten scheint diese J^ösung der Oberhaut zu bedingen. Offen- bar ist dieser Vorgang eine Häutung zu nennen. Mit einigen Variationen kann man die Geschichte vom Ei des Schweines wohl als die Geschichte des Eies aller Dickhäuter betrachten. So sind beim Pferde ganz ähnliche Zotten des Chorions, aber der Harnsack scheint sich mehr über *) Man findet ja ancli in Zwillinf;s - Eiern des Mensclicn ein gemeinsames Cliorion , obgleich der Genesis nach wohl jedes Ei sein besonderes f^liorion bat. Leider kenne ich keine rntersuclninf» von ZyviUings- Eiern aus früher Zeil. 257 über (las Amnion hinüberzulegen als im Schweine, dagegen die Schleimhaul des- sell^en sich Aveniger zu trennen. Das Ei der Cetaceen kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Die dürl- d. Ei der ligen Nachrichten, die wir über dasselbe in den Schriftstellern finden, zeigen ^^***'^®" wenigstens, dafs kein fester Fruchlkuchen da ist, und lassen daher vermuthen, dafs das Ei dem der Dickhäuter ähnlich sey. Rudolphi bemerkte, dal's im Brauniisch- Embryo zwei Nabelvenen in die Leber gingen {Abhandlungen der Berliner Akademie 1828) und erst hinter derselben sich vereinigten. Ich fmde jedoch im Embryo eines Narwal der nur 9 Zoll lang und also noch ziemlich jung ist, nur eine Nabelvene. Es bleibt daher zweifelhaft, ob jenes Yerhältnifs, das Rudolphi im Braunfische beobachtete, nicht eine zufällige Abweichung war. Das Ei der Wiederkäuer ist dem Ei der Dickhäuter sehr ähnlich gebaut, c. Das Ei Es ist ebenfalls ungemein lang, hat einen noch viel dünnem, viel früher schwin- k^uer '^ ^^ denden Dottersack, und eine selbstständige, die Länge des Eies einnehmende AUantois, aber vereinzelte, sehr stark getheilte Cotyledonen als eben so viele Fruchtkuchen. Denkt man sich statt der den ganzen Umfang einnehmenden Zot- ten einzelne grofse Cotjledonen, so kann unsere Fig. 22. auch dieses Ei ver- sinnlichen. Seine Bildungsgeschichte ist der des Eies der Dickhäuter so ähnlich, dafs wir sie nur vergleichend durchgehen wollen. Das in Kugelform aus dem Eierstocke kommende Ei ist beim Schaaf , das wir als Tjpus nehmen wollen, von der aufgelockerten sehr ansehnlichen Masse des Keimhügels umgeben. Sein Dotter wird flüssig und das Ei gewinnt eine läng- liche Gestalt, Nun wird es bald eben so ausgesponnen wie das Ei des Schwei- nes, aber die wirkenden Theile sind hier nicht Falten, sondern knopfförmige Vorragungen auf der inuern Fläche des Fruchthälters, die gegen die gegenüber- liegende Wand vorragen. Es wird eben so Eiweifs ergossen, das auf dieselbe Weise eine Haut erhält (die äufsere Eihaut). Allein wenn, wie gewöhnlich, nur ein Ei da ist, so reicht diese Haut von einem Ende des Fruchthälters zum andern und bildet einen langen Sack mit längern und dünnern Zipfeln der äu- fsern Haut , als das Ei des Schweines hat. Die Geschichte des Dottersackes ist dieselbe, doch habe ich die Enden nicht so lang ausgezogen und nicht so geschlängelt gesehen als im Schweine, und die Mitte ist nicht nur Anfangs, sondern besonders etwas später, wo sie im Schweine' z'.niimmt, sehr viel dünner. Deshalb hat diese Mille auch so M^en ig Selbstständigkeit, dafs sie ganz abhängig von den benachbarten Theilen ist, auf //. Kk 258 (las mannigfachste verdreht >vir(l und öfter als bei irgend einem andern Thiere auf die rechte Seite des Embryo kommt, avo wir sie auch in unserer Abbildung Fig. 17. Taf: IV. in einem Schaaf von 21 Tagen linden. Auch hier hebt sich die seröse Hülle wie im Schweine ab und der trichterförmige Ueliergang vom Amnion zu ihr wird noch länger. Der Raum oder (Me Höhle, die sie um die Mitte des Dottersackes bildet, wird aber früher unkenntlich, um so mehr, da der gesammte Dottersack nach dem Schlüsse der vierten Woche nur noch bei sorgfaltigem Nachsuchen gefunden wird und der Harnsack nicht wie im Sclnveine in der Mitle viel dünner ist als nach den Seiten. Die Geschichte des Embryo wäre dieselbe Avie im Schweine, wenn nicht die beiden Nabelvenen, bevor sie den Nabel erreichen, getrennt blieben und erst vor der Nabelöffnung sich vereinigten. Es laufen also zwei gleich starke Nabel- venen neben der NabelölFnung nach vorn. In diesen Thieren ist das Gefäl^netz, das die Nabelvenen während der vierten Woche in der Bauchwand bilden , unge- mein schön. Auch später verlaufen zwei Nabelvenen in der ganzen Länge des Nabelstranges und vereinigen sich erst, wo sie an die Bauchwaud stolsen. Der Harnsack tritt hervor Avie im Schweine, die Enden der Nabelarterien und Nabel venen mit sich nehmend, doch ist seine Form mehr gekrümmt, mit stumpfern Spitzen als im SchAveine, sein Gefäfsnetz noch reicher. Er füllt eben so die äufsere Eihaut aus, liegt aber noch entschiedener neben dem Amnion, so dafs er sich fast gar nicht über dasselbe schlägt. Die entgegengesetzte Seite des Chorions mufs also ihr Blut vorzüglich unmittelbar von der concaven Seite des Eies erhalten. Am verschiedensten fmde ich die äufsere Eihaut und eben deshalb die spä- tere Ausbildung des Chorions. Beides ist abhängig von dem Bau des Frucht- hälters. Die äufsere Eihaut bedeckt sich nämlich nicht überall mit Zotten, und Avie es mir schien ist auch der Fruchthäller zAvischen den Cotyledonen ganz glalt. Wo aber il(let. jNIan sieht nämlich in ihnen, nachdem sie sich ein we- nig erhoben haben, Avobei sie etwas breiler werden, einen schönen rosenrolhen Bogen dicht unter der Oberiläche. Dieser Bogen wird dann breiter, ijesonders in der Mitte, und glückliche Injectionen von den Blutgefäfsen des Embryo eirei chen ihn jetzt, xvllein die mikroskopische Untersuchung sowohl mit als ohne Injection lehrt, dals hier nicht blofs ein gleichw^eiler Kanal, sondern ein »qölserer Raum mit Blut angefüllt ist, gleichsam ein Blutsee. Die Wände dieses Bau- mes sind nicht glatt und gleichmälsig, sondern von sehr unregelmäfsigem, hück- rigem Bildungsgewebe geformt, so dafs man kein deutlicheres Bild von einem in Auflösung begriffenen Gewebe haben kann. Jetzt fängt jede Zotte an sich in mehrere Spitzen zu theilen, und dieser Blutsee löst sich nun in einzelne Gefäfs- bogen auF, die durch Slämnichen mit den übrigen Gefäfsen des Eies verbunden sind. Die Theilung schreitet sehr rasch vorwärts und bald ist sie für jede Zolle aufserordentlich grofs, so wie das Blutgefäfsnetz nicht nur für jede Zotte, sondern für jedes einzelne Spitzchen derselben aufserordentlich zunimmt. Aus einer ijro- fsen Anzahl solcher Zotten besteht aber der Cotjledo, weshalb trotz der verein- zelten Cot} ledonen die zur Athmuug dienenden Gefälsnetze in den Wiederkäuern eine ungeheure Ausdehnung haben. Dabei ist es auffallend, wie dicht unter der Grenze die Gefäfsnetze verlaufen und wie nahe sie also den Gef^ifsnetzen der müt- terlichen Cotyledonen sind , ohne mit ihnen zu verschmelzen. In diesen nimmt nämlich der Blutreichlhum und die VertheiluuCT des Blutes in demselben Maafse zu, und diese starken mütterlichen Gefäfsnetze umkleiden nicht nur die verästelten Gruben des mütterlichen Cotyledo, welche die Zotten des Fruchtkuchens aufnehmen, sondern liegen auch zwischen den Einwänaen in die Gruben ganz oberflächlich auf, in einem Stoffe, welcher nicht fest mit der Substanz des mütterlichen Cotyledo verwachsen ist, aber, wie ich glaube all- mählig mit ihr verwächst, wobei sich immer neuer Stoff auf lagert. So scheinen also auch in den Wiederkäuern die mütterlichen Cotyledonen durch Anwuchs neuer Masse und nicht blofs durch inneres Wachsthum der ur- sprünglich gebildeten Theile sich zu vergrölsern , wie bei Raubthieren und noch deutlicher beim Menschen es offenbar ist. Kk 2 260 Auch zwischen den vereinzelten Fruchtkuchen bildet sich im Chorion ein Gefäfsnetz, das trotz der Abwesenheit der Zotten sehr reich wird. Eben so ist es diesen Gegenden gegenüber im Fruchthälter. Allein , da dem Fruchthälter Zotten fehlen, so sind auch im Chorion diese Gegenden zottenlos, mit Ausnahme zerstreuter Häufchen kleiner Zotten, Avelche den offenen Mündungen gegenüber sich l>ilden, die auch hier im Fruchtliälter nicht fehlen und deutlichen Drüsen angehören *). Der Ueljerzug des Eies ist auch in Wiederkäuern eine weifsliche Substanz, die netzförmig in der äufsern Fläche des Chorions liegt und in der Frucht der Kuh viel deuthcher ist, als in der des Schaafes. Erscheint nicht an die Frucht- kuchen heranzusteigen. Allein hier ist er vielleicht nur von anderer Art. Die Fruchtkuchen sitzen , nachdem sie nur ein wenig gewachsen sind , so fest in den Höhlungen der mütterlichen Cotjledonen, dafs es unmöglich ist , in frischem Zustande sie unverletzt herauszubringen. Wartet man einige Zeit, so gelingt der Versuch, dann findet man aber immer zwischen dem mütterlichen und dem embryonischen Theile des Cotyledo eine dickliche Masse, von der ich| nicht weifs, ob sie sich von den Zotten des kindlichen oder von den Gruben des müt- terlichen Cot} ledo gelöst hat — vielleicht geschieht es von beiden. Uebrigens ist die äufsere Form der Cotjledonen beider Seiten in den ver- schiedenen Gattungen verschieden. Im Schaaf bekommt der mütterHche Coty- ledo die Form eines Napfes, der den Foetal- Cotyledo aufnimmt. Es sind also die Ränder an jenem am höchsten. In der Kuh ist es umgekehrt; der mütterliche Theil hat die Form eines etwas flach gedrückten Pilzes mit ganz zusammenge- (h-ückter Basis, und der kindliche Cotyledo umfaist diesen Pilz, in alle Gruben desselben Zotten einsenkend. In beiden Formen sind die Gruben des mütter- lichen Cotyledo eben so stark verästelt , wie der Cotyledo der Frucht. ^^^ Das Ei der Nager habe ich vorzüglich am Kaninchen untersucht. ^yiT be- trachten auch hier zuerst das mehr vorgeschrittene Ei und finden es durchschnitt- lich in Fig. 20. dargestellt. Es weicht von allen bisher betrachteten Eiern darin ab,' dafs es nur einen l)eschränkten Fruchtkuchen und diesem gegenüber einen IMutterkuchen von derselben Ausdehnung liat, der ziemlich fest an dem erstem haftet, aber nicht so tief in ihn eingreift, wie die gleichnamigen Theile in den Ptaublhieren und Wiederkäuern. Im übrigen Umfange ist das Ei völlig glatt und ♦) Diese Zottenhünfchen, so wie das Gefäfsnetz zwischen den Fruchtkuchen und die mikroskopische Durstelliing einer Fruchlkuchen- Spitze, sind dargestellt in der Gratulationsschrift an S ö m - m e r r i u g. 261 zolteiilos, aljer doch mit Blulgefäfsen versehen. Diese sind jedoch nicht Ver- ästelungen der Nabelgefäfse, sondernder Dottergefäfse. Der Dottersack nämlich schlägt sich hier um den gröfsten Theil des Eies herum und nicht der Harnsack oder die Allantois. Jener ist also sehr ausgedehnt, obgleich etwas zusammenge- drückt, überhaupt so gebildet wie derHarusack derRaubthiere *). Die Grenzvene umgiebt den Fruchtkuchen als ein blutführender Kanal , wenigstens bis nahe an die Geburt **). Das Kaninchen hat eine wahre und zwar ziemlich grofse Allantois ***). Sie nimmt die ganze Länge des Eies ein und ist noch weiter als unsere Figur zeigt, wo ilu^ Durchschnitt, um ihn von den Nabelgefäfsen entfernt zu halten, einen zu geringen Umfang erhallen hat und wo überdiefs die Länge eben so wenig ver- sinnlicht werden konnte, als die Länge des Dottersackes in den Raubthieren. Die Nabelgefäfse gehen , etwas abgelöst vom Harusacke, zu beiden Seiten von ihm grade in den Fruchtkuchen über. Eine ganz dünne Haut, die wir für die seröse Hüllehalten, umgiebt alle übrigen Theile des Eies und hält sie zusammen. An sie ist der Dottersack ange- wachsen. Sie geht aber über diesen weg zum Fruchtkuchen. Aufserdem liegt noch eine weiche Haut in einzelnen Lappen auf, wahrscheinlich die Reste der äufsern Haut. Auch sieht man am Umfange des Fruchlkuchens einen durchrisse- nen Rand. Die Entwickelung der Eier scheint beide Verhältnisse zu erklären. *) Meckel irrt, wenn er in der Einleilung zu Wolff's Schrift über den Darmkanal behauptet, der Dottersack bestehe bei diesen Thieren nur in einem Theile des Chorions, er sey nur eine flache Hautstelle ; er ist in der That, wie Oken gegen Meckel lebhaft behauptete und Gu- vier nachgewiesen hat, ein wahrer Sack. (Oken tagte, wenn man behaupte, der Dotiersack sey bei einigen Thieren kein Sack , sondern eine blofse Hautstellc, so komme ihm das so vor, als ob man behauptete, es gäbe Thiere, deren Magen kein Sack, sondern eine blofse Haut sey). Dagegen hatle Oken Unrecht, wenn er meinte, die Dottersack- Gefäfse könnten doch unmög- lich wie eingesteckte Nadeln durch die Höhlung des Sackes hindurchgehen, um aus der innern Hälfte desselben in die äufsere zu gelangen. Das thun sie in der That. Man sieht es nicht nur beim Aufblasen, sondern nach dem Aufschneiden, wo man mit Sonden rund um diese Gefäfs- stämme herumgehen kann, ohne an Etwas anzustofsen. Aber freilich ist dieses Verhältnifs kein ursprüngliches, sondern ein später gewordenes. **) Ganz reife Früchte von Kaninchen habe ich noch nicht untersucht, doch zweifle ich kaum, dafs die Grenzvene bis dahin noch nicht geschwunden ist. Sie ist noch kurz vorher sehr deutlich. ***) Es ist mir sehr auffallend, dafs Guvier {Memoires du Museum Vol. IH.) die Allantois des Kaninchens als ein kleines Beutelchen beschreibt und abbildet , welches gar nicht zur Ent- wickelung kommt und in der Nähe des Nabels zurückbleibt. Ich habe die Allantois nicht nur von aufsen sehr deutlich in der ganzen Länge des Eies als einen Cylinder gesehen , sondern sie aufgeblasen. 262 Es ist einleuchtend, dafs das ausgebildete Ei der Kaninchen eine gewisse Üebereinstimmung mit dem Ei der Raubthiere hat, mit dem Unterschiede jedoch, dafs die Lage und Ausbildung der Theile umgekehrt ist. Das Ei des Kaninchens ^vürde dem Ei des Hundes von vier Wochen ähnlich seyn, Avenn wir anstatt des Harnsackes den Dottersack und statt des Dottersackes den Harnsack setzen. Unter diesen Umständen wird es vielleicht weniger auffallen, w^enn ich berichte , dafs in der ersten Zeit beide einander sehr ähnlich sind. — So lange das Ei des Kaninchens noch lose im Fruchthälter sich befindet' oder anfängt befestigt zu werden , sah ich an ihm zwei in einander liegende ku- gelic^e Blasen, wie überall. Nur fiel es mir auf, dafs ich im innern Sacke um das Schild herum, welches zum Embryo wird, im achttägigen Ei einen breiten dunk- len Hof erkannte. Entweder traf ich die Zeit, wo sich der Gefäfshof abgrenzt, (doch w^ar noch kein länglicher Embryo da,) oder der ganze innere Sack ist doch nicht der Keim, sondern dieser nur ein Theil des Sackes. Wenn das Ei befestigt ist, so sieht mau die äufsere Eihaut mit langen keu- lenförmigen Zotten rund um besetzt, wie das Ei des Hundes. In etwas mehr vor- geschrittenem Zustande fand ich, wie früher erzählt wurde, immer den gröfsteu Theil der äufsern Eihaut lose aulliegend , ohne dafs es mir walirscheinüch wurde, dafs sie beim OefFnen des Fruchthälters gerissen wäre. Auch schien dieses lose grofse Stück nicht mehr fest in den Fruchthälter einzugreifen. Ich mufste daher auf die Vermuthung kommen , dafs die äufsere Eihaut so gesprengt werde , dafs der gröfste Theil abgetrennt wird und nur ein kleiner in die Bildung des Frucht- kuchens übergeht. Eine so vollständige R.eihe von diesen Eiern, wie von andern, habe ich nicht untersuchen können, doch da ich die spätem ohne Zotten fand, so spricht dieser Umstand für obige Vermuthung und Cu vier 's Angabe. Die dünne Haut, wel- che von jetzt an das Ei zusammenhält, wäre dann die seröse Hülle. Sobald der Harnsack die äufsere Eihaut erreicht hat, löst sich das Gefäfs- blatt vom Schleimblatte, die Gefäfse wuchern in die Zotten der äufsern Eihaut, welche hier sitzen bleibt, und so bildet sich der Fruchlkuchen und ihm gegen- über ein Mutterkuchen , und zwar immer auf der concaven Seite des Fruchtleiters, der Anfügung des Fruchthälter -Gekröses gegenüber. Ob nun der hautförmige Ueberzug, den man in späterer Zeit auf dem festern Blatte (der serösen Hülle) aufliegen sieht und den man in kleinen zarten Lamellen abtrennen kann, der Ue- berzug des Eies ist oder noch ein Rest der äufsern Eihaut, wie Cuvier glaul)t, kann ich nicht entscheiden. Bemerken will ich nur, dafs die zotlenlragende 263 Haut, die, ich hei ganz kleinen Eiern aufliegend fand, dunkler war, als was man später aufliegen sieht. Die Nahelschnur l^leiht sehr kurz. Das Ei der Faulthiere ist ein merkwürdiges Mittelglied zwischen sehr he- g. Ei der terogenen Formen , den Affen und AYiederkäuern. Es ist ein länglich runder ^^" ^ ""^" Fruchtkuchen da, in welchem man nach Carus nnd Rudolphi gesonderte, aher einander genäherte Cotjledonen erkennt. Der Nahelstrang ist solang, als in den AlFen. Ich hahe gesehen, dafs die Oherhaut sich liier, wie im Schweine, als ein vollständiger Sack löst und wie ein zweites Amnion im Amnion aussieht, dafs der Harnstrang sich nicht in den Gipfel der Blase wie gewöhnlich einsenkt, sondern nach dem ßlasenhalse zu. Rudolphi, den ich hierauf aufmerksam machte, hat dieses Umstandes in den Ahhandlungen der Rarliner Akademie für 1828 erwähnt und fügt hinzu, dafs auch in mehreren Zahnlosen , namentlich in '': ,^' '^" " ' Zahnlosen. Myrmecophaga suhata und wahrscheinlich in Manis pentadactyla dasselhe Yerhälfnifs vorkomme. Von Dasypus hat er keinen Enihryo zu untersuchen Gelegenheit gehaht, allein da die Harnhlase von Dasypus sexcinctus grade so aussieht, wie die vom Ameisenfresser, so vermuthet er dieselhe Einsenkung der Harnschnur auch in diesem Geschlechte. Ich finde jedoch diese Vermuthung nicht hestätigt. In ei- nem ziemlich ausgetragenen Emhrjo des neungürteligen Armadills sehe ich eine längliche zugespitzte Harnhlase. Aus der Spitze der Blase geht ein Strang nach dem Nahel, der zwar nicht mehr hohl ist, den ich aher nicht umhin kann für den hereits geschlossenen Harngang zu halten. Das Ei seihst der Zahnlosen scheint noch ganz unhekannt. Das Ei des Affen ist dem Ei des Menschen sehr ähnlich, doch ist es nach , '• ,?.' ^^^^ der Form des Fruchthälters mehr länglich. DerFruchlkuchen ist heschränkt, und es scheint, dafs die Zotten, die ihn zusammensetzen, fast so fein und zusammenge- drängt sind als im Menschen, wodurch der Fruchtkuchen eine ansehnliche Festig- keit erhält. Einige Früchte, welche Rudolphi a. a. 0. heschriehen hat und welche ich im Berliner IMuseum auch zu untersuchen Gelegenheit hatte, weisen üherhaupt die Annäherung an den Menschen sehr deutlich nach. Der Dottersack ist (wenigstens hei Hapale) gröfser und hleiht his zur Gehurt in nicht ganz un- hedeutender Gröfse. Er ist fast ehen so lang gestielt als im Menschen. Auch die Länge des Nahelstranges, die hei Affen hedeutender ist als hei allen andern Säuge- thieren mit Ausnahme des Menschen, zeigt diesen Uehergang. Dafs dem Frucht- kuchen gegenüher ein Mutterkuchen, aus der Schleimhaut des Fruchthälters und einem Ueherzuge des Fruchthälters hestehend, gefunden werde, versteht sich aus dem von andern Thierformen Gesagten von seihst. Um so auffallender ist es, Menschen. 264 dafs Rudolph! bei 3 Embryonen von Ouadrumanen aus drei verschiedenen Ge- schlechtern (Cehusj MycetesuuiX Hapale) zwei Nfibelvenen fand, die sich erst vor dem Eintritte in die Leber vereinigten. Es ist hier also ein sehr früher Embryonen- Zustand anderer Säugelhiere lange ausdauernd. k. El des Das Eides Menschen ist auf seiner letzten Bildungsstufe allgemein bekannt, und ich will daher zu der Bemerkung, dafs der Nabelstrang in demselben länger und das Amnion weiter ist als bei irgend einem andern Thiere, nichts mehr hin- zufügen, sondern sogleich zu der Bildungsgeschichte dieses Eies mich wenden, über welche am meisten Untersuchungen angestellt sind und über die dennoch bisher am wenigsten mit Sicherheit gesagt werden kann. Ich werde hier mehr als in andern Abschnitten dieses Vortrages fremde Beobachtungen benutzen müs- sen, jedoch nicht ohne sie mit dem, was eigene Untersuchungen mich lehrten, zu vergleichen. Wir können aber unmöglich in alle Controverse über die ver- schiedenen Ansichten eingehen, da wir hier den Menschen nur als ein Glied des grofsen Thierreiches betrachten *). Wir werden suchen, die Resultate zu ge- ben, und nur wo Unsicherheit ist, ausführlicher werden. Die Gründe der Unsicherheit, die trotz so vieler Arbeiten noch nicht über- all gehoben ist, leuchten ein. Nur äufserst wenige Anatomen haben Gelegenheit gehabt, sehr viele frühzeitige Früchte des menschlichen Weibes zu untersuchen, für Jeden sind aber fremde Beobachtungen viel weniger belehrend als eigene. Da- zu kommt, dafs bei weitem der gröfste Theil der Früchte durch Abort abgegan- gen war und dafs der Abort immer ein krankhafter Procefsist, hervorgebracht entweder durch ein Leiden des Fruchthälters, oder eine krankhafte ßeschalfenheit des Eies. Viele Eier gehen ab, weil es unmöglich ist, dafs solche Mifsslallungen sich weiter bilden. JMan hat also eine Menge Milsbildungen untersucht, und erst in neuester Zeit ist die Zahl der Beobachtungen so gemehrt, dafg allmählig eine normale Entwickelungsgeschichte sich daraus gestaltet. Wegen dieser Verschie- tlenheit in den untersuchten Eiern des Menschen ist die Vergleichung mit der Ent- wicklung der Thiere , und namentlich der Säugethiere der sicherste Leitstern, und es ist Jedem , der mit diesen Studien sich etwas beschäftigt hat , bekannt, dafs ohne die Fackel der vergleichenden Entwickelungsgeschichte wir die Bedeutung der einzelnen Tlieile eines frühzeitigen menschlichen Eies gar nicht kennen wür- den, ja dafs die Fragepunkle sich noch gar nicht herausgestellt haben würden. Man ♦) Lestr, welche die veschiedenen Meinungen und Darstellungen mehr bearbeitet zu studiren wün- schen , mufs ich auf Burdach's PliysioIogieBd.il. verweisen undauf die weiter unten fol- genden Studien zur Enixvichelungsgeschichte des Menschen. Hier würde eine vollständige Dis- cursion «ich gar zu unverhältnifsmäfsig ausgedehnt haben. 265 Man hätte Leim Anblicke eines langgestielteu NabelLläschens gar nicht auf den Ge- danken kommen können, dafs an und auf ihm der Embryo sich bildet, und hat deshalb in der That an Eiern , ^yo der Eml>ryo vom Nabelbläschen noch nicht ent- fernt ist, dieses notli wendig verkannt. Eine vollständige Kenntnifs der Ausbildung der Blutgefäfse an der mensch- lichen Frucht selbst zu erlangen ist ohnehin fast unmöglich , da Avir nur in sehr günstigen Fällen noch in den gröfsern Gefäfsen rothes Blut linden. Sie kennen die Bildungsgeschichte des Eies der Säugelhiere und werden leicht '• Erste Bii- rermuthen , dafs die Geschichte des Eies vom Menschen nur eine Besonderheit der allgemeinen Geschichte des Säugethier-Eies ist. Sie werden daher erwarten, dafs auch im Eierstocke des menschlichen Weibes Dotterkugeln in den Graafschen Bläs- chen liegen. Ich füge noch hinzu, dafs ich diese Dotterkugeln, deren Dasejn Seiler bestätigt, ungemein klein fand*). Dafs das Ei nach einem fruchtbaren Beischlafe von dem benachbarten Eileiter aufgenommen werde, ist eben so wenig zu bezweifeln. Aber schon in Hinsicht der Zeit hat man wenig oder gar kein Maafs. Nachdem die Kapsel sich geöffnet hat, wobei häufiger Blut in die Höhlung ergossen wird, als beiThieren, bleibt diese über 8 Tage offen. Die Höhlung wird nur durch die Verdickung der Kapsel , die zugleich sich lebhaft gelb färbt , ge- schlossen. Eine solche , ihre Höhlung ausfüllende Kapsel heifst nun ein gelber Körper und bildet eine feste Masse, die erst nach beendeter Schwangerschaft sich merklich verkleinert. Bis hierher ist noch völlige üebereinstimmung mit allen übrigen Säugethieren. Allein der L'eberzug des Fruchtliälters bildet sich viel früher als in andern ,n. Ueberzuß Thieren. In denjenigen Familien der Vierfüfser (denn von den Affen wissen wir ^.^ J*""'^^*- nichts Bestimmtes) , in welchen ein solcher Ueberzug des Fruchlhalters deutlich ist, wird er, so weit ich beobachten konnte, doch nie bemerkt, bevor die Eier im Fruchthälter angekommen sind. Beim JMenschen aberzeigt sich derselbe, be- vor das Ei im Fruchthäher gefunden wird, und man hat ihn geAYÖhnhch auch in solchen Fällen gefunden, wo das Ei im Eierstocke, in der Bauchhöhle oder im Eileiter sich weiter entwickelte, indem irgend eine Störung seinen Uebergang in den Fruchthälter hinderte**}. Es scheint also offenbar, dafs nicht der unmittel- bare B.eiz des Eies die Erzeugung dieser Substanz bedingt, sondern eine allgemeine Reizung des Fruchthälters. *) Ich kann freilich nicht behaupten , dafs die von mir untersuchten Eier der Reife nahe waren. **) Ich sah so eben einen neuen Fall von einer Deridtta bei einer Grnviditas Ivbaria. IL LI 266 Am achten T.nge nach der Empfängnifs fand ich diesen Ueberzug , die soge- nannte hinfällige Haut , im ganzen Fruchthäher als eine völlig durchsichtige Masse von derConsistenz eines festern Eiweifses, am meisten aber einem ungefärbten Blut- kuchen oder einem L} mphkuchen vergleichbar , die Zwischenräume zwischen den Zotten der Schleimhaut desFruchthälters ausfüllend und noch über sie weggehend. Durch denselben Reizzustand, welcher den Ueberzug des Fruchthälters erzeugt, vergröfsern sich nämlich auch die Zotten der innern Fläche des Fruchthälters, wel- che vor der Schwängerung nur bei sehr starker mikroskopischer Vergröfserung als kleine Unebenheiten sich erkennen lassen. In diesen Ueberzug hinein hatten sich dieBlutgefäfse desFruchthälters verlängert und Schlingen um jede Zotte gebildet*). Aus dieser Beobachtung scheint wohl unwiderleglich hervorzugehen, dafs der Ueberzug zuvörderst der Schleimhaut des Fruchthälters nur aufliegt, denn die Grenze war sehr bestimmt und für jede einzelne Zotte kenntlich. Dieser Meinung waren auch früher die Anatomen allgemein. Sie ist zwar auch jetzt noch die ge- wöhnlichste und unter vielen Andern pflichtet ihr Velpeau bei, der die meisten Untersuchungen über die erste Entwickelung der menschlichen Frucht anzustellen Gelegenheit gehabt hat. Sie ist aber in neuester Zeit bestritten worden. 0 k e n glaubte in Hunden zu erkennen , dafs die sogenannte hinfällige Haut , welche in diesen Thieren aufserordentlich wuchert, nichts Anderes sey, als die aufgelockerte Schleimhaut desFruchthälters **), und in neuester Zeit hat es viel Aufmerksamkeit, ja man kann wohl sagen, Aufsehen erregt, dafs Seiler in Bezug auf den Men- schen Aehnliches zu erweisen sich bemüht , und zwar auf vielfache Beobachtungen im Fruchthälter gestützt***). Nach unserer Ansicht verwächst aber der Ueberzug erst allmählig mit der Schleimhaut zu einem Ganzen. Dasselbe Verhältnifs scheint mir im JMenschen Statt zu fmden. Seiler hat die Wucherung, welche diese Schleimhaut erfährt^ vollständig beobachtet. Allein er nennt sie die Membrana decidua vera, giebt aber zu, dafs aufser dieser Schicht noch eine zweite auf ihr aufliegende da ist, welche keine ausgebildete Organisation hat. Diese zweite ist also wohl der Ueberzug oder die £> e c i dua. — Wenn nun später beide Theile sich näher vereinigen, so dürfte damit noch nicht das Recht gegeben seyn , die Schleimhaut schon für den Anfang Decidua zu nennen. Dafs der Ueberzug des ♦) Vergleiche die hier angehängten Studien für die Entwickelungsgeschichte des Menschen Nr. I. und Taf. VII. Fig. 4. E. Weber hat auch über eine vor sieben Tagen geschwängerte Person eine Beobachtung bekannt gemacht, die mit der meinigen sehr übereinstimmt. **) Oken's und Kieser's Beiträge zur vergleichenden Anatomie. 4. **♦) Seiler: Die Gebärmutter und das Ei des Menschen in den ersten Schwangerschaftsmona- ten. 1832. Fol. 267 Fruchthälters aber anfänglich nur anliegt und nicht die Schleimhaut selbst ist, war nach der so eben berichteten Erfahrung zu deutlich, um es zu verkennen. Z>Yar trennt man in der spätem Zeit der Schwangerschaft den Fruchtkuchen und die Decidua nicht von der Schleimhaut des Fruchthälters, sondern von der Muskel- substanz desselben ab, aber Aborte aus der frühern Zeit scheinen wohl den Ueber- zug, aber nicht die Schleimhaut des Fruchthälters mit zu nehmen. Mit Ausnahme der ersten Tage zeigt der Ueberzug beider Flächen kleine Grübchen. In diese wu- chern die Zotten des Eies hinein. Man hat eine Zeitlang viel darüber gestritten , ob die Bekleidung des Frucht- hälters, von der wir eben sprechen, an den Stellen durchbohrt ist, an denen der Fruchthälter OeiFnungeu hat oder nicht. Das erstere hatte Hunter geglaubt. Jetzt kann man wohl als erwiesen betrachten, dafs fast immer die Einmündungen der Eileiter von der neuen Substanz gleichsam verschmiert werden , wie es bei der Enge dieser Oeffnungen sich erwarten läfst. Ein solcher ausgeschiedener Stoff kann nicht so genau auf der Stelle bleiben, die ihn erzeugt hat, dafs eine so enge Oeffnung nicht sollte ausgefüllt werden. Doch giebt es Ausnahmen , wo die Mün- dungen wirklich offen bleiben, worüber Rudolph Wagner sehr bestimmte Erfahrungen mittheilt*). Nicht selten verlängert sich der Ueberzug bis in den Ei- leiter hinein. Die meisten Anatomen sind der IMeinung , dafs auch der Mutter- mund vollständig von der Decidua ausgefüllt werde. Das halte ich für weniger allgemein, weil ich in einigen Fällen das Entgegengesetzte wahrnahm, obgleich in andern der Sack unten geschlossen war**). Der Ueberzug scheint nie ganz den äufsern IMuttermund zu erreichen. In diesem findet sich vielmehr ein Schleim- pfropf, wie bei andern Säugethieren. Wenn nun das Ei den Eileiter hinabsteigt und in den Fruchthälter gelangt, so findet es diesen gewöhnlich mit einem, zwar nicht sehr derben , aber doch zä- hen und in sich so zusammenhängenden Ueberzuge versehen, dafs das kleine Ei nicht durchdringen kann. Es wird vielmehr zwischen dem Ueberzuge und dem Fruchthälter aufgehalten. Das Ei aber schwillt eben so wohl an , wie alle andern Eier von Säugethieren, und so wird allmählig mehr von dem Ueberzuge abge- trennt***), und der abgelöste Theil , der jetzt die untere Hälfte des Eies und, so wie dieses sich vergröfsert, mehr als die Hälfte des Eies bekleidet, wird durch *) Meckel's Archiv für Anat, und Physiologie. 1830. ♦*) Vergleiche die allgemeinen Bemerkungen zu den Studien für die Entwicklungsgeschichte des Menschen. +*+^ Sollte die Blutung, welche mehrere Frauen im ersten Monate der Schwangerschaft erfahren, nicht vielleicht Folge dieser Abtrennung seyn ? Auf die Catameuien fallt diese Blutung wenigstens bei einer Frau aus meiner Bekanntschaft nicht, LI 2 268 das Ei immer mehr ausgedehnt und herabgedrängt, indem das Ei ihn vor sich her- schiebt. So haben wir denn nun zwei Abtheilungen des Ueberzuges , eine äufsere, die V om Anfange an dem Fruchthälter anhaftet, [Tab.YII. Fig. 12. ac«'. (Deci- dua s. Caduca externa s. uterina), Membrana uteri evoluta, nach Seiler], und eine eingestülpte Abtheilung (DecjcZwa reflexa s. Caduca ovi, Epichorion nach Yelpeau, Membrana ovi uterina nach Seiler) Taf. VII. Fif^. 12. dg fZ', Fig. l^.aea. Dieser eingestülpte Theil ist nun einUeberzug des Eies. Er wird, während sich das Ei vergröfsert, immer dünner und dem äufsern Theile im Verlaufe der Schwangerschaft immer mehr angedrängt, so dafs vom vierten Monate der Schwangerschaft an kein leerer Raum zwischen beiden mehr erkannt wird, das unterste Ende etwa ausgenommen. Je jünger das Ei ist, um desto gröfser mufs nämlich der Raum seyn, der zwischen dem äufsern Sacke und dem eingestülpten Theile bleibt. In diesem Räume fmdet sich eine durchsichtige oelatinöse Masse. Bei Aborten ergiefst sich aber auch zuweilen Blut hierher. Im Innern des leeren Raumes, d. h, zwischen der äufsern und der innern, einge- stülpten Hälfte des Ueberzuges, ist gewöhnlich durchsichtige gelatinöse [Masse. Bei Aborten ergiefst sich aber auch Blut hierher. Diefs ist wenigstens der gewöhnliche Hergang. Allein da ich ein paar Mal Aborte besehen habe, an denen nur ein einfacher Ueberzug zu erkennen war, ohne dafs man die Stelle bemerkt hätte, wo der andere abgerissen worden, so halte ich es nicht für unmöglich, dafs zuweilen das Ei eintritt, bevor der Ueber- zug die Einmündung des Eileiters völlig geschlossen hat, weshalb denn der Ueber- zug einfach bleiben Avürde. Indessen mufs man solche Fälle im Fruchthälter selbst sehen, um ganz sicher zu seyn, denn die Beobachtung an Aborten kann hierüber nicht entscheiden. n. Eintritt Wann das Ei in den Fruchthäller tritt, weifs man noch nicht mit Bestimmt- heit anzugeben. Im Grunde hat man aber auch Unrecht, wenn man sich um ei- nen bestimmten Termin streitet. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dafs hierin eben so wohl ein Schwanken seyn wird , wie in dem Eintritte und in der Zeit der ersten Entwickelung bei den Thieren , ja die Schwankung scheint nicht einmal so grofs zu seyn als bei den Hunden, in welchen man am 20sten Tage Eier finden kann, die denen gleich sind, welche man in Andern am lOten Tage sieht. Alles Auffinden von Menschen - Eiern einen Tag oder ein paar Tage nach der Befruchtung und überhaupt vor dem Ende der ersten Woche kann man nach den neuern Erfahrungen ohne Bedenken für Irrthum halten. In dem oben erzählten Falle , wo ich einen Fruchthälter am achten Tage nach der Schwängerung unter- suchte, sah ich durchaus kein Ei , weder im Fruchthälter noch im Eileiter. Es 269 luufs also noch nicht genug aufgeschwollen gewesen seyn, um sich bemerldich zu machen. Dagegen glaubten Home und Bauer im Fruchthälter eines Mäd- chens*) 7 Tage nach der Empfängnifs ein Ei gefunden zu haben, das zu vielen Streitfragen Veranlassung gegeben hat. Zuerst hat man und Ijesonders in Deutsch- land zu viel Gewicht daraufgelegt und jetzt vielleicht zu wenig. So verwirft Vel- peau diese Erfahrung als eine ohne allen Werth. Es ist auch nicht zu leugnen, dafs die gesammte Beobachtung mit grofser Oberflächlichkeit gemacht ist. Aber grade die auffallende Form, die nach Home dieses Ei gehabt haben soll, und die besonders Zweifel erregt hat, scheint mir für die Richtigkeit derselben ein ge- 'wisses Gewicht zu geben. Das Ei fanden nämlich die genannten Herren länglich, über eine Linie messend, der Länge nach aufgeschlitzt, nämlich so, dafs man zwei gegen einander gerollte Lappen auseinander legen konnte und innerhalb dieser Lappen einen zweiten geschlossenen dünnwandigen Sack. Vorausgesetzt nun, dafs dieses Körperchen ein Ei war, so mufs man doch zugeben, dafs es bei der Manipulation verletzt worden war; denn ein offenes Ei möchte wohl in keiner Thierform vorkommen, und eine solche Verletzung konnte durch das Instrument, mit dem das Ei aus seiner Lagerstätte gehoben wurde, nur zu leicht bewirkt wer- den. Dafs nun Eier, bei denen animalisches und vegetatives Blatt eben in der Trennung begriffen sind, im Primitivstreifen aber an einander haften, w^enn sie verletzt werden, leicht eine solche Form annehmen, wie Home sie abbildet, habe ich besonders an Eiern von Hunden gesehen. Dazu kommt noch, dafs Bauer den Inhalt der innern Blase gelb und von der Consistenz des Honigs fand — was auf Dottermasse deutet**) , aber schwer zu erklären ist, wenn man an eine zufäl- lige Concretion von Eiweifs oder Gallert denkt. Bemerkenswerth ist noch , dafs Home und Bauer von Dottermasse keine Ahnung hatten, sondern zwei Organe in dem innern Sacke erkannt zu haben glaubten , also durch vorgefafste Meinungen sich wohl nicht bei Beschreibung des Inhaltes leiten liefsen. Doch bin ich auch w^eit davon entfernt, die Richtigkeit der Beobachtung verfechten zu wollen. Zu- vörderst wurde dieses sogenannte Ei nicht zwischen dem Fruchthälter und seinem Ueberzuge, sondern innerhalb der Höhle des letztern in der Nähe des Muttermun- des gefunden , eine Stelle , welche ein frühzeitiges Ei wenigstens nur als seltene Ausnahme annehmen wird, dann ist allerdings bei der Verletzung des äufsern oder animalischen Blattes, wenn sie an der dem Embryo entgegengesetzten Stelle vor- kommt , auch eine Verletzung des innern oder vegetativen Blattes kaum zu vermei- *) Lectures on cotnparative auatomy Vol. IV. Tab. 104. ♦♦) Freilich hat der Dotter diese Cousistenz gewöhnlich erst spater. Eihaut. 270 den. Auch macht die grofse Ungeschicklichkeit , die aus der ganzen Darstellung hervorgeht, auf jeden Fall diese Erfahrung sehr unzuverlässig, und man mufs be- dauern, dafs der Zufall nicht umsichtigem Beobachtern einen so seltenen Fall zu- geführt hat. So erzählt Home, dafs Bauer das Eichen, um es aufzuheben, auf einer Glasplatte habe trocknen lassen. Er hätte es eben so gut braten oder kochen können. Die Gebrüder Weber in Leipzig glaubten ebenfalls ein Ei von Einer Woche gesehen zu haben , sind aber selbst darüber im Zweifel. Die frühesten Eier, Avelche Velpeau untersucht hat, Avaren von 10 — 12 Tagen*). Sie -waren zottig und noch ohne Embryo. Ich habe ein Ei von 14 Tagen gesehen, in welchem der Embryo schon kenntlich war, doch noch so wenig entwickelt, dafs er nach Analogie der übrigen Säugethiere etwa zwei Tage alt seyn mochte. Pockels beschreibt ein Ei von 13 Tagen, dessen Embryo um einen halben oder ganzen Tag älter seyn mochte**), obgleich das Ei jünger war***). Nach diesen Erfahrungen mufs man annehmen , dafs die Zeit , in welcher der Embryo sich bildet, etwas schwankt, wenigstens vom Schlüsse des 7ten bis zum 12tenTage, wenn das, was Home sah, ein werdender Embrj^o war. Auffallend bleibt es immer, dafs die Vergröfserung des Eies so früh, be- ginnt, früher als Ijei Säugethieren, deren Embryonenleben sehr viel kürzer ist. Man hätte das Gegentheil erwarten sollen, doch sind der Erfahrungen zu viele, um sie alle für seltene Ausnahmen zu halten. Aeufsere Die Frage über die Beschaffenheit des menschlichen Eies zu der Zeit, wo es in den Fruchthälter tritt , würde noch viel mehr Zweifeln unterworfen seyn, als die Zeit des Eintrittes, wenn man nicht die Analogie der Säugethiere zu Hülfe nehmen könnte. lieber das Aussehen des Eies in den Eileitern haben wir keine zuverlässige Beobachtung f). Das von Home beschrieljcne Ei früherer Zeit ist das einzige, welches keine zottige Oberfläche zeigte. Wir haben so eben schon bemerkt, dafs *) Bei einem dieser Eier wenigstens scheint das Alter zuverlässig, Velpeau: Embryologie et ovologie hurnaine. Fol. 1833. **) Der Harnsack ist nämlich bedeutend länger in dem von Pockels beschriebenen Eie. ***) Ganz neuerlich hat J. Müller (Archiv für Anatomie, Physiologien, s.w. Ed. I. S. 8.) eine Frucht beschrieben, die entweder 9 oder 34 Tage alt seyn sollte. Müller, der das erste Maafs für wahrscheinlicher hält, fand den Embryo 2| Linien lang, den Durchmesser des Eies 7 — 8 Linien. Ein solches Ei kann ich nicht für 9läg]g halten, Vielmelir vermuthe ich, dafs der 7.weitc Beischlaf das Ei gelöst hat und dafs es mithin 25 Tage alt war, [vom 2tcn bis zum 27sten Dec. Dieses Zeitmaafs stimmt sehr gut nnt der Ausbildung der Eier. f) Seiler sah hier ein kleines Ei, aus zwei in einander liegenden Säcken bestehend, hält es aber selbst für ein zurückgrl^ultencs. 271 es zweifelhaft ist, ob das Gesehene wirklich ein Ei war, und dafs es im Be- jahungsfälle wenigstens sehr verletzt war. Hiernach kann man wenigstens sagen, dafs alle unverletzten Eier, welche man aus sehr früher Zeit kennt, eine zottige Oberfläche hatten. Man darf daher nicht zweifeln, dafs sie alle eine äufsere Ei- haut besafsen. Velpeau konnte zwar in den Eiern von 10 — 12 Tagen, die er untersuchte, nur einen einfachen Sack finden, allein die Analogie spricht zu laut dagegen, da bei allen Säugethieren aufser der Zotten tragenden äufsern Haut auch in der frühesten Zeit wenigstens noch Eine innere ist, welche die Dotter- masse zunächst umgiebt. Da aber bei allen Thieren, welche einen wahren Frucht- kuchen haben, beide Häute in früher Zeit und vor dem Auftreten des Embryo ziemlich nahe an einander liegen, so ist es sehr leicht möglich, dafs man bei der Untersuchung nur einen Sack zu finden glaubt. Ob aber die äufsere Haut sich erst später über der innern bildet, hat bei Menschen, da man ein ursprünglich glattes Ei nicht kennt, noch weniger ausgemacht werden können, als bei Raub- thieren. ♦ Unzweifelhaft scheint es mir aus der eigenen Beobachtung des Eies von , p- Nabel- . . bläschen, 1 4 Tagen und dem von P o c k e 1 s beschriebenen Ei von 1 3 Tagen , welches der- selbe freilich anders deutet *} , dafs auf dem innern Sacke oder vielmehr aus ei- nem Theile desselben, wie bei allen andern Säugethieren, der Embryo sich zu bilden beginnt (nach diesen Beobachtungen etwa 11 oder 12 Tage nach der Be- fruchtung), dafs dieser Embryo sich abschnürt und so der übrige Theil des Sackes Dottersack wird, oder diejenige Blase, welche wir im Menschen das iV«- helhrdschen nennen. Ich glaube in derselben Beobachtung mit Sicherheit erkannt zu haben , dafs die Keimhaut sich in ein animalisches und vegetatives Blatt trennt und dafs das erstere den Embryo umhüllend ihm ein Amnion und eine seröse Hülle giebt, wel- che letztere den Embrjo mit dem Dottersacke an die äufsere Eihaut anheftet. Diese Vorgänge sind wie in allen übrigen Säugethieren , nur fiel es mir auf, dafs der Embryo schon so früh sich auf die Seite gedreht hatte **). Durch diese Bemerkung aber wird es verständlich, wie schon sehr bald der Dottersack Jjedeutend vom Embryo absteht und mit ihm nur durch einen dün- nen Stiel, den Dottergang, verbunden ist. Dafs dieser Dottergang ein offener Kanal ist, glaube ich in fast allen Eiern aus den sechs ersten Wochen des Em- *) Die wegen der zalilreiclieii Beobachtungen aus sehr früher Zeit merkwürdigen Bcobachtunge« von Dr. 'Pockels finden sich in dex Isis 1825. ♦*) Studien No. 2. 272 bryonenlebens erkannt zu haben, und bei einigen war die Communication sehr weit, ja ich sah sogar einmal deutlich Dottersubstanz im Afterdarme *). Der Inhalt des Nabelbläschens ist nämlich Dottersubstanz , die man freilich in sehr verschiedenem Grade , bald mehr bald weniger verdünnt findet. Zuwei- len ist sie ganz eben so dick und gelb als der Dotter des Vogel -Eies, und ich weifs noch nicht , wovon diese Verschiedenheit abhängt. Es scheint keine regelmäfsige Progression hierin Statt zu finden, denn zuweilen sieht man in sechs- bis sieben- wöchentlichen Eiern diese Blase mit ganz gelbem Inhalt und dann ist sie meist zusammengedrückt und länglich, in andern Fällen ist ihr Inhalt hell und dann ist sie eine kugelförmige Blase. Diese Verschiedenheit , welche auch V e 1 p e a u fand , läfst aber mit ziemlicher Sicherheit schliefsen , dafs das Nabelbläschen sehr bald seine Wichtigkeit verliert. Ein wesentlich einwirkender Tlieil würde nicht solchem Wechsel unterworfen seyii und in der That ist in früher Zeit der Doller eben so verflüssigt als bei andern Säugethieren. Ich glaube, dafs der wesentliche Einflufs des Nabelbläschens sich auf den ersten Monat ];eschränkt, ja vielleicht nur auf etwas mehr als die erste Hälfte desselben. Da es ein Dottersack ist, so hat es dieselben Gefäfse, die dem Dottersacke aller Säugethiere, Amphibien und Vögel zukommen. Diese Gefäfse bilden ein Gefäfsnetz auf dem INabelbläschen, welches schon von vielen Anatomen gesehen und beschrieben ist. Doch hat noch keiner eine Grenzvene zu erkennen ver- mocht **). Ich fand ein Gefäfsnetz in einer etwa fünfwöchentlichen Frucht das ganze Nabelbläschen umspinnend und auf der innern Fläche des Dottersackes besonders an den Gefäfsen äufserst kleine Zotten, denen des Dottersackes der Vö- gel ähnhch ***). Man nimmt gewöhnlich an, dafs das Nabelbläschen im dritten Monate schwindet, doch scheint es, wenigens zuweilen, viel länger als ein über- flüssig gewordener Theil des Eies fortzubestehen, ohne ganz aufgelöst zu werden. Amnion. Dagegen wächst das Amnion ungemein rasch , viel rascher als in allen an- dern Thieren. Nur in dem Ei von 14 Tagen fand ich es so eng anliegend, wie ich es bei andern Säugethieren, so lange der Leib noch oiFen ist, gesehen habe f) , in allen übrigen Eiern dagegen schon sehr grofs. Ja andere Beobachter, wie Vel- *)S Indien No. 6. ♦*) Freilich hat man diese aucli auf den Eiern unserer Hansthierc , mit Ausnahme des Kaninchens, übersehen, ♦♦*) Stnd. N. 9. Taf. VII. Fig. 18. 7) Wie eng das Amnion in der ersten Zeit bei Säugethieren ist, deren Leib noch der ganze« Länge nacli offen «teht , kann man in der i^pistola de aii genesi Fig. VII. sehen. 273 , -Nvli- -^ P,^ Velpeaii, haben es nur blasig aufgetrieben gesehen, oder, ^vie es mir -svenig- /-f '**'* stens scheint, eben deshalb es verkannt, dafs sie es nicht anders erwarteten , als 31 i'-*^^ eine weite Blase. So wären mir die jüngstens von P 0 c k e 1 s beschriebenen Eier ^. \ ^^^ völlig unverständlich, wenn ich nicht annähme, dafs die Blase, welche P o ck el s ^^p"^ für das Amnion ansah, entweder die Nabelblase oder die seröse Hülle war. . ^ Po ekel s nämlich glaubte gefunden zu haben, dafs das Amnion ursprünglich eine nach allen Seiten ausgedehnte Blase sey, gegen welche der Embr3-o mit sei- nem Rücken sich hineindrängt und auf diese Weise ein Verhältnifs zu ihr eingeht, wie die mit serösen Häuten versehenen Organe zu ihren Bekleidungen, indem ein Tlieil des Sackes sich an den Rücken des Embrj^o anklebe, ein anderer, von der Nabelölfnung aus, in weiterem Umfange ihn umhülle. Hierfür aber spricht ijor keine Analogie, Auch die seröse Bekleidung der einzelnen Organe , wie z. ß. des Herzens , entsteht nicht so , dafs das Organ in eine neben ihm liegende Blase sich hineinsenkt, sondern der Raum, in welchem das Organ liegt, bekommt eine Bekleidung nach allen Seiten. JMit dem Amnion ist es ganz anders. Ich halte schon berichtet, dafs ich in sehr verschiedenen Säugelhieren deutlich gesehen habe, dafs das Amnion sich ganz eben so bildet, als im Vogel und Reptil, d. h. durch Umschlagung des animalischen Blattes, und kann nur noch hinzufügen, dafs dieser Vorgang zu denen gehört, über die man nicht den geringsten Zweifel hegen darf, wenn man sie eiiimal gesehen hat. Er hann im Menschen nicht anders se3'n. Allein er scheint anders, weil der Embryo sich so früh dreht, dafs er, wenn noch der Bauch ojGPen ist und das Amnion eng anliegt, schon den Rücken etwas gegen den Dottersack kehrt. Wenn nun bald darauf das Amnion sich schnell blasig ausdehnt, so sieht es aus, als habe der Embrjo sich mit dem Rücken in das Am- nion hineingedrückt. Dafs das Amnion ein einfaches Blatt ist, dafs es Anfangs vom Chorion ab- steht, aber bald früher, bald später das Chorion erreicht , ist zu bekannt, um sich länger dabei aufzuhalten. Statt dessen wollen wir jetzt zu dem streitigsten Gegenstande in der Ent- r. ciiorforj, wickelungsgeschiclite des Menschen, nämlich zu der Frage übergehen, ob und was für eine Allantois er habe und wie die äufsere Eihaut sich zum Chorion aus- bildet. Ich werde hier die einzelnen Fragepunkte noch mehr trennen müssen, da ich glaube, dafs nur noch einer der Entscheidung bedarf. Allerdings ist es im 3Ienschen äufserst schwer, durch unmittelbare Beob- achtung zu beweisen, dafs die äufsere Eihaut Anfangs ohne Blut ist, denn ge- storbene Schwangere können nicht gleich nach dem Tode untersucht werden, imd Aborte, auch wenn sie gleich zur Untersuchung kommen , haben meist schon //. Mm 274 einige Zeit abgelöst im Fruchthalter gelegen, bevor sie abgehen. Zwar erhält sich die Färbung des Blutes auffallend lange in geschlossenen Höhlen des Kör- pers — doch nicht in ganz zarten Strömen. So konnte ich den oft erwähnten Abort von 14 Tagen sogleich untersuchen. Ich sah keine Spur von Blut in der äufsern Eihaut — allein ich fand auch im Innern kein Blut ; da aber der Harn- sack schon hervorgebrochen war, so zweifle ich nicht, dafs der Embryo schon Blutgefäfse hatte, und dafs sie unkenntlich geworden waren, weil das Leben der Frucht schon einen Tag vor ihrem Abgange erloschen war. Am meisten be- weisend für die Blutlosigkeit der äufsern Eihaut scheint eine Beobachtung, die Seiler an einem im Eileiter gefundenen Ei machte. Er erkannte in der äufsern Eihaut gar kein Blut, im Innern des Eies aber Bluttropfen. Dasselbe geht aus den Beobachtungen von Pockels hervor. Allein auch wenn man solche Erfahrun- gen als nicht vollständig beweisend betrachten wollte, würde man doch der Ana- logie nach an den ursprünglichen Mangel desi Blutes glauben, und fragen müssen, auf welchem Wege im Ei des Menschen Blut an die Oberfläche kommt? Früher noch , als man überhaupt eine solche Aufgabe für die Untersuchung sich stellen konnte, mufste man veranlafst werden nach einer Allantois im Menschen zu su- chen , und um so eifriger , je mehr man die Uebereinstimmung in den verschiede- nen Eiern der Säugethiere erkannte. Man war daher schon vor längerer Zeit geneigt, einen nicht unbedeutenden mit Flüssigkeit gefüllten Sack zwischen Chorion und Amnion anzunehmen, von dem man glaubte, er erhalte sich ziemlich lange. Man berief sich dabei auf ein Häutchen, das man zwischen Amnion und Chorion fand, und das man oft mit dem unbestimmten Namen einer Mejnhrana media belegte, und darauf , dafs häu- fig noch bei der Geburt zwischen Chorion und Amnion sich eine nicht unbedeu- tende Ouantilät Wasser in einem Sacke finden soll. Allein dergleichen Wasser kommt nur in sellenen krankhaften Fällen vor *), Allein in neuerer Zeit glaubte man , geleitet durch die Analogie einiger Thiere , zu finden , dafs zwar ein dünnhäutiges Säckchen den Raum zwischen ♦) Man sucht gewöhulich in den bei der Geburt abgehenden sogenannten falschen Wassern einen Beweis für das Daseyn des Harnsackes, Wenn aber so oft grofse Hanisäcke vorkämen , als die Hebammen falsche \Vasser sehen, so miifste dergleichen auch öfter von den Anatomen beobach- tet seyn. Nun nennen aber die Hebammen, wenn das Fruchtwasser nicht mit einem Male ab- tliefst, sondern in zwei Absätzen, das zuerst abgeflossene ein falsches Wasser. Allein worin liegt der Beweis, dafs hier das Ghorion allein zerrissen ist, und das Amnion nicht? Ist es nicht viel einfacher, anzunehmeji , dafs der gemachte Rifs entweder von dem Kopfe des Kindes bedeckt, oder überhaupt so verschoben wird, dafs das übrige Fruchtwasser nicht abfliefscn kann? 275 Chorion und Amnion ausfüllt, an beide Theile sich anlegend, wie etwa in den Raublhieren, aber nur während der ersten Monate der Schwangerschaft bestehe. Diese Lehre von der menschlichen Allantois haben die meisten Anatomen der neuern Zeit angenommen. Es ist auch unläugbar, dafs man zwischen beiden eben genannten Blasen Häutm^dFJ- in den ersten Monaten der Schwangerschaft Etwas findet, das nicht unmittelbar weifs. zum Amnion oder zum Ch^rion gehört. Allein es scheint zweierlei zu seyn , was hier vorkommt. Bald sieht man eine etwas dicke Substanz , deren Oberfläche in frischen Eiern (die man im Wasser untersucht) von einem milcliweifsen, so viel ich sehen konnte, blutleeren Häutchen, das so dünn und so durchbrochen wie Spinngewebe ist, überzogen wird und deren Inneres auch unregelmäfsige zarte Blättchen oder Fädchen zu enthalten scheint, die vielleicht Blulgefäfse sind, viel- leicht aber auch, so wie die äufsere Bekleidung, erst bei der Berührung mit Was- ser oder ^Veingeist entstehen. Sehr viele Zergliederer der neuern und einige der altern Zeit haben diese Masse gefunden und nennen sie geradezu die Allantois. Ich halte sie für Eiweifs , welches sich auch bei vielen andern Säugethieren unter der äufsern Eihaut ansammelt, wie auch schon von J. Müller geschehen ist. In andern Fällen aber findet man ein wirkliches, continuirliches Blatt *). Leider waren die meisten Eier, welche ich untersucht habe, schon geöffnet. Ich habe also von dem vollständigen Umfange dieser Haut kein Bild gewinnen kön- nen, doch schien sie mir zu wechseln, und nie konnte ich finden , dafs sie einen wirklichen Sack gebildet hätte. Immer war es nur ein Blatt und zwar sehr wech- selnd. Auch habe ich nicht genug Früchte aus früherer Zeit frisch untersuchen können , um darnach zu bestimmen , wie etwa nach den verschiedenen Entwicke- lungsstufendas, Avas zwischen Amnion und Chorion liegt, wechselt. Um aber gleich an den Wendepunkt dieser Untersuchung zu gehen, sey es t- Harnsack, erlaubt, zu bemerken, dafs ich in allen Eiern des ersten und zweiten Monates zwischen Amnion und Chorion, und zwar dicht an der Einsenkung des Nabel- stranges, ein ganz kleines flachgedrücktes Bläschen fand , das mit einem Gange innerhalb des Nabelstranges mehr oder weniger communicirte **). Es ist viel zu klein , um den zehnten , ja nur den zwanzigsten Theil des Raumes zwischen Cho- rion und Amnion auszufüllen. Ich kann nicht umhin dieses Bläschen fiir den Harnsack zu halten, denn ich habe gesehen, dafs die GefäTse, welche zum Chorion *) Wie in Taf. VII. Fig. 15. **) Siehe die Sludien N. 2. 3. 4. u. s. \v, Taf. VJ, Fig. 9. u. s. w. Nur in N. 5, fand ich es nicht. Hier ist aber der ganze Embryo problematisch. Mm 2 276 gelangen , au seinem Stiele fortlaufen , und dafs der Stiel sich in die Kloake ein- senkt *). Man könnte dieses Bläschen gewissermafsen neu nennen, denn es ist, "svenn das Amnion sich etwas ausgeLiklet hat, noch nicht gesehen und ])e- schrieheu, obgleich man es iu einer Abbildung von Seiler (Taf. X.) wie ich glaube deutlich auf der äufsern Wölbung des Amnions da aufliegen sieht, wo die äufsere Wand des Nabelstranges in diese Blase übergeht. Indessen es ist in sehr frühen Zuständen allerdings abgebildet von Pockels als Erythrois^ von Seiler ^h Allantois beschrieben und abgebildet. Ich zweifle also nicht, dafs durch dieses Bläschen, das weit davon ent- fernt ist, den Raum zwischen dem Amnion und Chorion auszufüllen und von dem ich ein Paar Mal deutlich gesehen habe, dafs es aus dem hintersten Ende des verdauenden Kanals hervortritt, die Gefäfse an die äufsere Eihaut gehoben wer- den , um diese in ein Chorion zu verwandeln. Allein schwieriger scheint mir die Frage , ob das Bläschen der gesammte Harnsack ist , oder nur die innere Schleim- haut (die eigentliche Allantois) derselben. Es bleibt nämlich nun zu entschei- den, ob, wenn der Harnsack die äufsere Eihaut erreicht hat, das Gefäfsblatt sich löst und sich in Form eines Blattes an die äufsere Haut legt oder nicht, denn dafs wenigstens ein Theil des Sackes die innere Schicht oder die eigentliche Al- lantois sich gar nicht, oder fast gar nicht weiter entwickelt, ist unläugbar. Wenn sich der Harnsack nicht in zwei getrennte Säcke spaltet , so bleiben , wie wir aus andern Säugethieren wissen, beide Schichten einander so eng verbunden, dafs es sich an einem so kleinen Säckchen (wie in Taf. VI. Fig. 9.) wohl nicht be- stimmen läfst , ob es aus einem oder zweien Blättern besteht. Eine gewisse Dicke der Wand des Säckchens ist zwar auffallend , entscheidet aber nicht. Es wären also zwei Fälle möglich. Entweder hebt sich das Gefäfsblatt ab, und legt sich in Form einer Membran an die äufsere Eihaut und mehr oder weni- ger auch an das Amnion an. Die Eiweifs - Masse , diaman zw^ischen Cliorion und Amnion findet, wäre dann Eiweifs, das zwischen der Gefäfshaut und der Schleimhaut des Harnsackes sich ansammelte, wie in späterer Zeit bei den Iluf- ihieren. Oder der Harnsack spaltet sich nicht in seine Blätter, sondern die Ge- fäfse wuchern, so wie der llarnsack die äufsere Eihaut erreicht hat, sogleich in diese hinein und der Harnsack "wächst als ein nun überflüssiger Theil nicht weiter. Dann würde die Eiweifs - Masse sich unmittelbar unter der äufsern Ei- haut sammeln, indem diese sich zum Chorion umbildet, und würde zur Ausbil- ♦) Taf. VII. Flg. i4. 277 düng der Gelafse das wesentlichste Moment abgeben. Beide Vorgänge kommen bei andern Säugethieren vor. Leider ist nur meine Kenntnifs der Häute zwischen Chorion und Amnion nicht vollständig genug, um hierüber mit Sicherheit zu entscheiden. Eine Beob- achtung, wo ich die Gefäfse gleich vom Stiel des Harnsackes in das werdende Choridn übergehen sah, obgleich andere Zweige noch auf dem Harnsacke ver- liefen, dieser also sein Gefälsblatt hier wenigstens noch nicht verloren hatte *), machte mir aber die zweite Alternative wahrscheinlicher. Auch finde ich nicht, dafs andre Beobachter die zwischeuliegende Haut deutlich sackförmig und so ge- sehen hätten, dafs sie am Chorion und Amnion anlag. Mein Hauptgrund aber gegen die Annahme, dafs eine Gefäfshaut sich abhebt, liegt darin, dafs man dann ein deutliches Gefäfsnetz einige Zeit am Amnion sehen müfste. In den Dickhäu- tern und Wiederkäuern, von denen vrir diesen Vorgang kennen, bleibt das Ge- fäfsnetz an der einen Seite des Amnions bis zur Geburt. Im Menschen müfste man es wenigstens einige Wochen finden. Auch Seil er 's schöne Abbildung Tafel X. zeigt die Gefäfse nur an der Seite des Chorions. Es ist mii' daher wahr- scheinlicher , dafs die zwischenliegende Haut, die man zuweilen sieht , der serösen Hülle angehört. In einer der von mir untersuchten Früchte **) schien diefs ganz deutlich, in andern wahrscheinlich. In einer andern war der Harnsack in die Höhlung des Amnions getreten, und doch war zwischen Chorion und Amnion ein Häutchen, das also unmöglich vom Harnsack seinen Ursprung haben konnte ***). Nach dieser Ansicht ist auch die ideelle Abbildung Fig. 23. auf unserer Taf. IV. entworfen f ). Diesen Bildüngshergang also finde ich wahrschein- licher, obgleich ich ihn nicht mit Zuversicht behaupten will. Die bestimmte Entscheidung ist deshalb schwer auszusprechen , weil bei allen Thieren , auch wenn ein zusammenhängendes vollständiges Gefäfsblatt sich vom Harnsacke ab- hebt, um in die Bildung des Chorions einzugehen, es sich auf dieser Seite sehr bald auflöst, Avenn unter der äufsern Eihaut sich eine Lage Eiweifs gebildet hat. Wenn nun die Gefäfshaut im Ei des IMenschen eben so rasch sich auflöst, und *) Studien N. 3. **) Studien N. 9. ***) Ich habe hier ausführlich darzustellen versucht, was noch der Entscheidung bedarf, weil es mir scheint, dafs man etwas rasch das zwischen Amnion und Chorion Gefundene für die Allan- tois erklärt hat. Die eigentliche Allantois ist es gewifs nicht. Aus diesem Grunde auch habe ich über, die Umbildung des Harnsackes bei andern Säugethieren ausführlich handeln müssen, t) Studien N. 4. V. Fruchtku chen. 278 auch am Amnion die anliegenden Blutgefäfse schwinden, so wird nur durch glückliche Beobachtung des entscheidenden Momentes bestimmt werden können, wie der Vorgang im IMenschen ist. Jene Frucht aber, bei welcher der Harnsack in die Höhlung des Amnions gerallien war, lehrt deutlich, dafs ohne Harnsack die äillsere Eihaut nicht zum Chorion wird, denn es war keine Spur v^; Studien N. y. ♦*) Docli soll Graijvillo neuerlich Aolmliches gelehrt habon, wie ich in Müllers Zeit- schrift lese. 279 auch BilduDgsstoff neu abgesetzt wird. Auch dieses letztere Verhähnifs ist in neuester Zeit in Zweifel gezogen. Ich kann nach dem was ich selbst »esehen habe, durchaus nicht zweifeln, dafs da, avo der ursprüngliche Ueberzug des Fruchthälters durch das Ei herabgedrängt und eingestülpt Avird, zwischen dem Ei und dem Fruchlhäller, also innerhalb des Einstülpungsrandes, neuer Stoff sich absetzt , ein nachgebildeter Ueberzug QDecidua scroti na nach B o j a - nus) *). Indem in dieser Decidua serotina die Gefäfse des Fruchthälters wu- chern, wird sie zum jMutterkuchen. Der Uebergang der Gefäfse ist längst be- kannt, obgleich über die Form desselben in den verschiedenen Zeiten auch jetzt die IMeinungen nicht übereinstimmen. Lange glaubte man mit Hunt er, sie gin- gen in Höhlen über. Allein in neuerer Zeit war man mehr geneigt solche Fiäur me füi' erweiterte dünnwandige Venen zu halten, wie unter andern E. Weber sie darstellt, allein ganz neuerlich hat jedoch ein Engländer Lee mit vielem Nachdrucke behauptet, dafs die grofsen Venen des Fruchthälters sich zwar offen an der iunern Fläche desselben mündeten, dafs aber ihre Oeffnunsen durch die Substanz der hinfälligen Haut verschlossen wäi'en , und überhaupt nur sehr enge Gefäfse aus dem Fruchthälter in die hinfällige Haut gingen. ]Mir war das Ver- hältnifs früher so erschienen, wie es Weber darstellt, und seit der Bekannt- machung der Darstellung von Lee habe ich nicht Gelegenheit gehabt, sie in der Natur zu prüfen. Dafs der Nabelstrang sich im JMenschen bilde wie in allen andern Säuge- «^- Nabei- thieren, indem der Embryo sich von den Eihäuten entfernt, bedarf kaum einer Emb^o!" Erwähnung. Eben so wenig finde ich nöthig, etAvas über die Bildung des Em- bryo zu sagen, und verweise in dieser Beziehung auf die allgemeine Bildungsge- schichte der Säugelhiere **). Nur die Bemerkung sey noch erlaubt, dafs ich in allen Aborten der frühesten Zeit, sobald der Embryo nicht mehr flach auf dem Ei lag, den Kopf desselben nach unten gerichtet sah, ich also bestätigt fand, was schon früher gegen eine ältere Ansicht, als ob der Emljryo des Menschen sehr viel später erst den Kopf nach unten richte, gesagt ist. *) Vergl. Taf. VI. Fig. 18,, wd diese Masse noch ganz fehlt, und Taf. VII. Fig. 7. wo sie vöHig gebildet, aber gegen die frühere abgegrenzt ist. **) Für die spätere Zeit kann man sich in jedem anatomischen Handbuche hierüber belehren. i L I 8 R A R Y i I V -«v^'^^A- 280 §. U. Entiviclc eliing der Thiere, die lein Amnion und keinen Dotter- sack haben. Inclem wir zuerst uns an diejenigen Thiere gewendet haLen, deren Entvrik- kelung mit der Entwickelung der Vögel am meisten übereinstimmt, haben ^Yir ihre nächst untern (die Reptilien) und ihre nächst obern Verwandten (die Säuge- ihiere) als solche erkannt. Aber nicht alle Wirbelthiere zeigen in ihrer EntAvickelungsart eine so grofse Uebereinstimmung , vielmehr weichen die Fische und die Batrachier vorzüglich im Baue des Eies und der Hüllen, zum Theil auch in der Bildung des Embryo ab. Schon aus diesem Grunde mufs man die Batrachier als Klasse von den übrigen seit Linne Amphibien genannlen Thiere trennen, wie unter Andern schon lange Blainville vorgeschlagen hat, indem er nur die Batrachier Amphibien, die übrigen aber, wie wir gethan haben, Reptilien genannt haben will. Da diese Benennung aber noch nicht allgemeinen Eingang gefunden hat, und mau die Benennung Amphibien in der Linne'schen Ausdehnung zu nehmen 'ge- wohnt ist, so wollen wir bei dem Worte Batrachier stehen bleiben, welches •weniger zweideutig ist. Die Entwickelungsgeschichte der Batrachier und der Fische ist besonders darin von der Bildungsgeschichte der Reptilien, Vögel und Säugethiere verschie- den dafs sie nie in ein Amnion eingeschlossen sind und nie einen Harnsack be- sitzen. Statt des letztern entwickelt sich bei ihnen ein anderes äufseres Athmungs- organ in der Form von äufseren Kiemen. Ohne Zweifel hängt damit der JMangel des Amnions zusammen, indem die Kiemen sogleich (\ie Athmung mit der Aufsen- welt unterhalten, und nicht wie der Harnsack eine Athmung, die zwar für den Embryo selbst eine äufsere ist, aber doch für das Ei eine innere. Trotz dieser Verschiedenheit folgt die Ausbildung des Embryo demselben Schema , indem aus dem Keime auch zwei RückenwHilste über zwei Bauchplatten sich erheben und durch das Schliefson derselben Rücken und Bauchseite desThiers gebildet werden. Da wir aber noch manches IMoment aus der Bildungsgeschichte dieser Klasse spä- ter zu benutzen haben, wollen wir sie einzeln durchgehen. A Batra- Der Eierstock der Batrachier ist immer paarig, aber wesentlich vom Eier- chier. stocke der in einem Amnion sicli bildenden Thiere darin verschieden , dafs er im bevor PS ge- Jnnern hohl ist. In den Fröschen ist die Höhlung nicht einfach, sondern viele aus legt wir . ^j^^^^ Keimlagcr des Eierstockes gtbildele Scheidewände trennen eine Anzahl an- sehn- 281 sehnlicher Höhlungen von einander ab *). In den Salamandern ist die Höhlung aber einfach. In beiden Familien hat das Ei nicht nur sehr früh ein Keimbläs- chen, sondern es scheint ursprünglich nur Keimbläschen zu seyn, an welches mau die Dotterkörnchen, von Einer Seite beginnend, sich lagern sieht. AVenn das Ei reifer wird, unterscheidet man an ihm eine dunklere, einen Theil der Dottcr- kugel bekleidende Schicht, die Keimschicht , die nicht scharf gegen die übrige Dottermasse abgegrenzt ist. So lange das Ei sehr jung ist, scheint das Keimbläs- chen, das eine ansehnliche Gröfse hat, ziemlich die Miüe einzunehmen. Beider Reife des Eies erhebt es sich aber eegen die Oberiläche und nähert sich der Keim- Schicht, die eine sphärische Oberfläche bildet. Einmal sah ich das Keimbläschen eines reifen Eies in die Keimschicht eineedruneen, und da es auch von einer Schicht modißcirten Dotters umgeben ist, die es bei seiner Fortbewegung mitnimmt, so haben wir jetzt dasselbe Verhältnifs wie im Huhne in sehr vergröfscrtem JMaais- stabe, nämlich einen Keimhügel der das Keimbläscjien zunächst umgiebt und eine Keimscheibe darüber, an der Oberfläche des Eies**). Diese Eier sind eben so wie in den höhern Thieren in Kapseln eingeschlossen^ in denen ich jedoch, ihrer gro- fsen Zartheit wegen, nicht die doppelte Schicht, wie in jenen Thieren unterschei- den konnte. Die Kapseln mit ihren Eiern ragen, je reifer sie werden, um so mehr gegen die innern Höhlungen des Eierstockes vor. Eine Nar})e habe ich we- gen der Weichheit dieser Kapseln vor der OeiFnung derselben auch nicht unter- scheiden können. Gewifs ist es aber, dafs, nach dem Austritte der Eier, Kelche mit sehr weiten Blündungen zurückbleiben. Es ist mir daher wahrscheinlich, dafs die Kapsel nicht blofs in einer Linie, wie in den Vögeln und Eidechsen, oder einem ganz kleinen Umfange, wie in den Säugethieren , sondern in einem weiten Kreise mit der innern Haut des Eierstockes verwächst, und was innerhalb dieses Kreises liegt, aufgelöst wird, oder am Eie haften bleibt, wenn diese austritt. Die Eier werden hiernach in die innern Höhlungen ausgeschüttet. Nun reifseu diese zum Theil an den Scheidewänden, zum Theil an andern Stellen durch und drängen durch Contractionen die Eier in die Bauchhöhle. Zwei lange Eileiter öfl[nen sich eben so wie in den höhern Thieren frei in die Bauchhöhle. Die Trichter dieser Eileiter liegen so weit vor den Eierstöcken und sind so wenig frei, sondern ziemlich eng an die Bauchwand angeheftet, dafs es unmciglich scheint, dafs sie sich an die Eierstöcke anlegen, um die Eier aufzunehmen. Sie *) Rathke glaubt, dafs jeder dieser Höhlungen eine ursprüngliche Oeffnung zukommt; ich habe sie nach sorgfältiger Untersuchung bisher immer verschlossen gefunden, wenn noch keine Eier ausgetreten waren. **) Abgebildet in der Epistnla de ovirnammalium s^nesi, IL Nn 282 müssen viemelir diese aus der Bauchhöhle einschlürfen. Schon in der Bauchhöhle liudet man in den Eiern das Keimbläschen nicht mehr. Die Eileiter haben sich vor Aufnahme der Eier in ihrer Wand sehr verdickt und sondern beim Durch- gänge derselben Eiweifs ab, Avomit jedes Ei umgeben wird. Die hintern Enden der Eileiter sind zu ansehnlichen Eihältern erweitert. In diesen werden die Eier gesammelt und eine nicht unbedeutende Zeit dicht zusammengedrängt gehalten. b. Befruch- Bekanntlich umfafst das Männchen der Frösche sein Weibchen längere Zeit. ■""^* Es scheint gewöhnlich mit dem Momente, wo die Eier sich aus ihren Kapseln zu lösen beginnen , anzufangen und schliefst mit dem Ausstofsen derselben aus den Eihältern, in welchem Moment das Männchen den befruchtenden Stoff über die- selben ergiefsl. Diese Art der Befruchtung kommt aber allein den ungeschwänz- len Batrachiern zu*), da die Salamander sich nicht umfafst halten. Vielmehr schwimmen diese neben einander und schlagen sich mit den Schwänzen, wobei das JMännchen seinen Zeugungsstoff in das Wasser ergiefst. Das mit Zeugungs- stoff geschwängerte Wasser scheint dann in den weiblichen Geschlechtsapparat einzudringen. Auf jeden Fall gehen den Wassersalamandern die Eier befruchtet ab, und bei den Landsalamandern entwickeln sich die Eier sogar im Leibe derBIut- ter und es werden nach ziemlich langer Zeit Embryonen mit äufsern Kiemen ge- Jjorne. c. Bau der Bleiben wir aber bei den Fröschen stehen, um ihre Entwickelungsgeschichte |ekgteu ^^ verfolgen und nur gelegentlich anzuführen , worin die Salamander abweichen \ Das Ei der Frösche zeigt, wenn es zur Welt kommt, eine Dotterkugel , von der die Hälfte oder bei vielen Arten weit über die Hälfte äufserlich viel dunkler erscheint, als der Ueberrest. In einigen ist der gröfsere Th eil braun , der kleinere gelb, in andern ist jener schwarz , dieser grau. Immer aber ist das Innere der Dotterkugel dem hellem Theile der Oberfläche gleich gefärbt. Man erkennt daher bei senk- rechten Durchschnitten, dafs die dunklere Masse in Form einer ausgehöhlten • Scheilje auf der übrigen Masse des Dotters aufliegt, ohne durch scharfe Grenzen von ihr geschieden zu seyn. Schon dieser Mangel einer bestimmten Grenze läfst uns vermuthen, dafs wir noch nicht den eigentlichen Keim, sondern noch immer eine Keimschicht, eine modificirte Dottermasse, vor uns haben. Der Mcitere Ver- folg bestätigt diese Ansicht. Umgeben wird der Dotier von einer Haut, die zuerst en<' anlieft, später aber sich löst. Wir können sie nur die Dotterhaut nennen. Prevost und Dumas glaubten in dieser Haut sowohl als in der Kemischiclit *) Vielleicht nicht einmal diesen allgemein , da ich Bufo variahilis in der Paarung getroffen liabe, und diese sogar beendet wurde, bevor die Eier aus dem Eierstocke getreten waren. 283 eine Oeffnung zu erkennen , durch welche der männliche ZeugungsstofF zu dem Dotter gelange. Ich habe durchaus keine OefFnung in der Dotterhaut zu erkennen vermocht, allein in der Keimschicht ist allerdings häufig eine Lücke, durch wel- che man die innere Masse des Dotters hindurch sieht. So lange die Eier im Ei- hälter sind , ist diese Lücke stets da , nach dem Austreten konnte ich sie nicht im- mer erkennen, und auf jeden Fall schwindet sie sehr Lald. Ich zweifle daher nicht, dafs sie eine Spur von dem Hervordrängen und Schwinden des Keimbläschens ist. Im Innern der Dotterkugel, doch nicht in der Mitte, sondern unter der Keimschicht ist eine Höhle, gleich der Centralhöhle der Vögel, doch viel mehr excentrisch. Diese Höhle, welche man wohl für den frühern Aufenthaltsort des Keimbläschens ansehen darf, bewirkt, dafs immer die Keimschicht nach oben liegt, sobald so viel Wasser eingesogen ist, dafs die Dotterkugel sich in der Dotterhaut drehen kann. Es ist nämlich jedes Ei von einer dünnen Schicht zähen Eiweifses *) umge- „for^^ose" ben, welches an seiner Oberfläche so w^enig geronnen ist, dafs man keine beson- ^^s Eies bis 1 TT 1 1 T c' II • T 1 T-i .1 ^"'" Bildung dere Haut abtrennen kann, die Stellen ausgenommen, wo im Innern des Eihalters des Keime's. ein Ei an das andere gedrängt war. Kaum sind die Eier ins Wasser gekommen, so saugt das Eiweifs, das so wenig äufsere Grenze hat, das Wasser begierig ein und verdünnt und vergröfsert sich dadurch ungemein. Man kann dann eine Zeit- lang dreierlei Schichten im Eiweifs unterscheiden. Auch hat das Eiweifs nach In- neu ein Häutchen, das mit der Dotterhaut verwächst. Die vom Eiweifs aufgeso- gene Flüssigkeit dringt auch, aber nur sehr langsam, in die Dottersubstanz ein und vergröisert die Dotterkugel allmählig, löst aber vor allen Dingen die Dotter- substanz von der Dotterhaut. Während diese langsam durch die Aufnahme des Wassers wächst, spaltet sie sich zuvörderst in zwei Hälften , jede Hälfte spaltet sich dann wieder in zwei Viertheile, das Viertheil in zwei Achtel, und so geht dieTheilung regelmäfsig fort, indem die Dotterkugel sich in zwei, vier, acht, sechzehn, zwei und dreifsig, vier und sechzig Kugelsegmente theilt, welche gegen den Mittelpunkt zusammen- stofsen, mit der sphärischen Basis aber die Peripherie erreichen und hierdurch Furchen getrennte Figuren zeigen. Damit hört aber die Theilung nicht auf, son- dern diese Segmente spalten sich nun auch so , dafs sie sich der Höhe nach in zwei Hälften theilen, indem die Spitze von der Basis gelrennt wird, und aus 64 Thcilen der Dotterkugel werden 128. Die Theilung geht dann immernoch dichotomisch fort, bis die ganze Dotterkugel aus so kleinen Körnchen besteht, dafs das Mikro- *) Chemisch ist dieser Stoff mehr der Gallert verwandt, als dem Eiweifs der Chemiker. Nn 2 284 .skop sie zwar zu unterscheiden , nicht aber ihre Zahl genau zu liestimmen vermag. Endlich ist die Theilung zu einem solchen Grade gestiegen , dafs die gesammte Dot- terkugel auch unter starker Yergröfserung völlig glatt erscheint. Nur Lei der Zer- störung der Dottermasse unter dem Mikroskope findet man kleine Dotterkörnchen (ohne Za^ cifel durch vielfache Theilung der Gesamratmasse entstanden) in einem zähen Eiweifs enthalten und hat also fast ein Verhältnifs , wie es ganz zu Anfange M'ar — mit dem Unterschiede jedoch, dafs die Masse der Dotterkugel nicht nur unter sich, sondern mit dem unterdessen von aufsen eingedrungenen, mit männ- lichem Zeugungsstoffe gesch^Yängerten Wasser gemischt ist. Keim. Die wichtigste Fräse ist nun wohl : was ist Lei diesen Theilunjjen aus der Keimschicht geworden ? Hat sie sich unversehrt erhalten oder nicht ? Nach vollen- deter Zertheilung sieht eLenfalls ein Ledeutender Theil um der OLerfläche der Dot- terkugel dunkel aus und Lildet einen (freilich ziemlich dicken) UeLerzug. Dieser UeLerzug sondert sich Lald scharf von der unterliegenden Dottermasse, dehnt sich aLer aus und üLerzieht sie allmählig ganz. Bald darauf wandelt er sich in den LeiL des EmLryo um. Er ist also mit einem Worte der leLendige Keim. Auf die Frage nun, oL dieser Keim eine unmittelLare Entwickelung der Keimschicht seyP mul's ich mit „Nein" antworten. Die Spaltungen der Dotterkugel gehen nämlich auch durch die Keimschicht, die also ihre Continuität nicht Lehält. We- nigstens ist es nur eine continuirliche Schicht Eiweifs , was die Dottermassen ver- bindet in den schwachen Säuren , die diese SuLstanz auflösen, die Dottermassen ganz von einander trennen. Da nun Lei der fortgehenden Spaltung die in derselLen Gegend liegenden neu entstandenen Dotterkörner den Keim Lilden , so darf man, was in andern Thierklassen nicht so Lestimmt nachgewiesen werden kann , Le- haupten , dafs zwar die SuLstanz der Keimschicht für die Bildung des Keimes ver- wendet Arerde, dafs aLer, wenn man in der erstem selLstständiges LeLen und Or- ganisation annehmen wollte , diese durch die Theilung aufgehoLen wäre *). Die Eier der Salamander thcilen sich auf ähnliche Weise, die nur durch die längliche Form der Eier etwas modiJlcirt wird. SoLald der Keim gcLildet ist, dehnt er sich, wie gesagt, rasch üLer das Ei aus. Nur ein ganz kleines Fleckchen des Dotters Avird sehr langsam üLcrwachsen, während schon die erste Spur desEml^ryo kenntlich ist. Diese er^teSpur erscheint als ein verdicktes sehr Lreites Schild , das von dem üLrigen Keime ANenig verschie- den ist. Dennoch ist das vordere und hintere Ende des EmLryo durch eine Ein- *) Ich habe die Melamorpliose der Dottcrkugcl des Frosch -Eies ausführlich in einer Abhaudhing bearbeitet, die in Müller's Archiv für Physiologie Jahrgang I83l ersclieinen wird. £85 Senkung bezeiclinet , und man kann daher auch im Keime des Frosches eine vor- übergehende Sonderung in Keimhaut und Embryo erkennen , allein diese Sonde- rung ist nur momentan, da das, Avas man Keimhaut uenneu kann, sehr bald |selbst zum Embryo wird , wie wir gleich hören werden. Vorher ist zu bemerken, dafs das hintere Ende des Keimes an den Rest der unbedeckten Stelle anstöfst und Dutrochet diese daher für den After hält , der also vor allen andern Dingen da wäre. Ich kann diese Ueberzeugung , die auch aller Analogie bei andern Thieren entbehrt, nicht zu der raeinigen machen. Zu- vörderst wird gewöhnlich a or dem Schlüsse des Rückens und wenn der gesammte Embryo noch flach genug ist, um darüber nicht in Zweifel zu lassen, o)) der Af- ter offen oder geschlossen ist, auch diese kleine Stelle bedeckt. Allein zuweilen bleibt sie sehr lange unbedeckt, und grade dieses Zurückbleiben zeigt, dafs sie nicht ein ursprünglich offener After ist, denn es kommen monströse Bildungen vor, von welchen ich eine ganze Tafel mit Abbildungen vorzeigen kann, in welchen die un- bedeckte Stelle bald zAA'ischen den RückenAvülsten , bald an der Seite eines Rük- kenwulstes, ja sogar am Kopfe sich findet. Es wäre gegen alle Entwickelungs- geschichte, zu glauben, dafs auch bei der ärgsten Blonstrosität der After sich da- hin verirren könnte. Jene helle Stelle ist also wohl ganz einfach für eine lanfjsam sich überdeckende Stelle der Dotterkugel zu halten, die, Avie ich glaube, dadurch veranlafst AA'ird, dafs der Keim, dessen Rand nicht ohne einige Dicke ist, die Dot- termasse vor sich herschiebt. Wenigstens sieht man diese in Durchschnitten Avie einen Pfropf vorragen. Der Keim spaltet sich der Dicke nach in zAvei Lagen, eine äufsere animalische y. Erste BjI- und eine innere \eijetative, die anfänglich nur durch Yerschiedenheit in der ^""gf^esEoi- . . . . oryo- Structur sich auszeichnen und also nur Schichten eines Blattes sind , dann aber Avirklich als zwei Blätter, die wenig an einander kleben , sich sondern. Während dieser Zeit geht auch schon die Umwandlung in dem Embryo nach demselben Schema vor sich , Avie in den übrigen Wirbelthieren. Zuerst zwar sieht man nur eine mittlere Furche und kann von aulsen AA'egen der Undurchsichtigkeit nicht er- kennen, dafs der Keim in dieser Furche a erdickt ist. Allein der senkrechte Durch- schnitt eines erhärteten Eies läfst die Verdickung wahrnehmen, und so stehe ich nicht an, auch im Frosch -Ei einen Primitivstreifen zu finden, der nur tiefer sich einsenkt als im Vogel. Innerhalb des Primitivstreifens bildet sich hier eine Wir- belsaite, die viel stärker ist, als in irgend einem andern Thiere und die man aus erhärteten Frosch -Embryonen früherer Zeit ausschälen und mit den Fingern fas- sen kann: Zu beiden Seiten des Primitivstreifens entA\ ickeln sich die beiden RückeuAVÜlste, zuerst mit ungemeiner Breite, dann aber schmaler werdend, sich 286 erhebend und hohe Kanten gewinnend, die, indem sie sich erheben, zugleich sich gegen einander neigen. Während des Schlusses löst sich die innere Schicht der Rückenwlste, und so hat man gleich nach vollendetem Schlüsse eine Medullar- röhre , die aus zwei Markplatten verAvachsen ist. Noch vor erreichtem Schlüsse sieht man im vordem Theile der Rückenröhre Erweiterungen als werdende Hirn- zellen. Alle diese Vorgänge sind hier mit viel mehr Praecision zu sehen , als im Embryo des Vogels und Säugethiers. Doch ehe Avir die Ausbildung des Hirnes weiter verfolgen , lassen Sie uns sehen, was aus den Bauchplatten wird. Der Keim hatte schon vor der Ausbil- dung zum Embryo fast die gesammte Dotterkugel umwachsen. Es ist nun noch- mals zu bestimmen , ob der ganze Keim zum Embryo wird , oder ob er eine Schei- dung in Embrj^o und Keimhaut erkennen läfst. So viel ist gewifs , dafs kein Na- bel sich bildet , dafs also allmählig wenigstens der gesammte Keim zum Embrjo wird und nichts von ihm als für das spätere Leben überflüssig abgeworfen wird, wie bei Säugethieren , Vögeln und Amphibien. Aus diesem Grunde mufs man AA ohl den gesammten Keim als Embryo betrachten , obgleich, wie wir früher be- merkten , im Anfange die Umwandlung zum Embryo nicht im ganzen Umfange des Keimes Statt zu finden scheint, weil das, was sich zuvörderst abgrenzt , nicht viel mehr als die llückenplatten enthält und sogar später die Ränder der Bauchplat- ten hautförmig dünn sind. Es scheint in der That, als ob die Fleischschicht erst allmählig der Hautschicht nachwüchse. Im Grunde ist etwas Aehnliches aber auch bei den Embryonen mit einem Amnion , wo wir im Nabel eine bestimmte Grenze für den Embryo haben, der fleischige Theil der Bauchplatten aber den häutigen erst später erreicht , weshalb wir einen Hautnabel und einen Tleischnabel unter- schieden haben. Schon indem der Rücken sich schliefst, Avird das früher kugelige Ei länglich. Man kann bald an der äufsern Fläche der Baucliplatten einen Wulst unterscheiden, der zwischen dem Gesichte und dem Rumple liegt, den Kiemenwulst. Er er- streckt sich von oben nach unten, und in ihm bilden sich parallele Furchen, denen noch tiefere Furchen von Innen entgegen wachsen und dadurch Kiemenspalten*) bilden. ''-^ Frühere Beobachter gaben nur drei Kiemenspallen an. Ich zülilte vier in der kurzen Entwik- kelungsgeschichte der Frösche auf, die in Burdacirs Physiologie Bd. 2 einverleibt ist — und wurde lebhaft deshalb angegriffen. Seit jener Zeit ha])e icli Frosch- Embryonen in zwei Friih- lingen anhaltend untersucht. Ich habe nicht nur mit Sicherheit an ausgekrochenen Larven vier Kiemenspalten gesehen, sondern bin jetzt nur zweifelhaft, ob nicht vorübergelicnd noch eine fünfte Spalte da ist. Ruscopi, dessen treffliches Werk über die Entwickelung der Frösche mir erst sehr spiit zu Gesicht gekommen ist, hat auch vier Spalten beobachtet. 287 Bei den Kiemenspalten bleibt aber die Metamorphose des Kiemenwulstes nicht stehen , sondern es erheben sich auf der äufsern Fläche der Kiemenbogen Knötchen , die sich verlängern , sich spalten und wieder andere hervortreiben , die allmählig länger und dünner Averden. In diese Spitzen hinein ziehen sich Blut- gefäfse , denn sie sind äulsere Kiemen , die auf den drei ausgebildeten Kiemen- bogen stehen. Während dieses Vorijanges hat sich die Medullarrölire vollständig von den /• Erste Bii- o o *-" düng von Rückenplatten gelöst und sieht nothwendig, da sie aus einem Theile des dunk- Hirn und len Keimes gebildet ist, dunkel aus. Das Hirn ist ursprünglich noch weniger vom Rückenmarke geschieden als in den höhern Thieren ; es ist auch viel weni- ger übergebogen als in diesen, doch fehlt die Krümmung keinesweges ganz. Durch sie wird der Hirnanhang früh nach unten und hinten gedrängt. Bis un- ter den Hirnanhang geht die Wirbelsaite, die an dieser Stelle auch eine leichte Krümmung nach unten bildet. Noch ehe die Rückenfurche völlig geschlossen ist, kann man die vordem Abtheiluugen des Hirnes unterscheiden; ja man sieht schon Unebenheiten in der innern Fläche, welche zum Theil die beginnenden Ausstülpungen der drei Sinnesnerven sind. Man kann auch hier, obgleich un- ter veränderten Formen, zuerst drei Hauptabtheilungen unterscheiden, die sich später in dieselben morphologischen Elemente theilen , welche wir im Hirne der mit einem Amnion versehenen Embryonen erkannt haben. Nur erlangt bei den Embryonen der Batrachier keine Abtheilung ein auffallendes Uebergewicht über die andern, wenn auch einige Zeit hindurch das Mittelhirn etwas mehr sich er- hebt als die andern Theile. Aus diesem Grunde und weil das gesammte Hirn gleich Anfangs wenig übergebogen war, ist später, wenn das Hini sich grade stellt, geringere Zusammenknickung der einzelnen Abtheilungen. Am meisten wird der Uebergang aus dem IMittelhirn zum Hinterhirne eingeknickt. Von den Sinnesorganen erkennt man zuerst die Nase , dann das Auge , dar- j. Sinnesor- auf das Ohr, und alle diese Theile sind einander in der ersten Bildung so unge- mein gleich, dafs wer ihre Entwickelung bei den Batrachiern verfolgt hat, die Uebereinstimmung in der Entwickelung der innern Regionen dieser Organe und also die Uebereinstimmung der Regionen selbst, gewifs nicht verkennen wird. Besonders auffallend ist, dafs der sogenannte Riechnerv oder die innere Re- gion des Riechorganes Anfangs eben so, ja noch mein* blasig ist, als der Augapfel. ]>j'ach hinten verlängert sich die Wirbelsäule in einen Schwanz, da ur- k. Wirbel- sprünglich der animalische nicht länger war, als der vegetative. Im Schwänze 288 werden Wirbelsailc und Rückenmark sehr dünn und sind I)ald haardünn zu nennen. /. Speise- Während die genannlcn Veränderungen in der animalischen Al>lheilung des ""^ " Leibes erfolgen, ist in der vegetativen wenig Veränderung zu bemerken. Nach- dem sie sich von jener gesondert hat , bihlet sie einen gleichmäfbigen Sack , der dann, wenn der gesammte Embryo länger wird, sich auch verlängert , doch so, dafs sich, zwei Enden herausziehen, ein vorderes und ein hinteres. Jenes wird IMunddarm oder zuvörderst nur Rachenhöhle, dieses Afterdarm. 01)gleich ich nicht zugeben kann, dafs der After von Anfange an offen ist, so mufs ich doch anerkennen, dafs der After früher durchbricht, als der Mund. Dafs der letztere Anfangs fehlt und allmählig durchbricht, ist ungemein deutlich zu sehen. ^'. Herz. Die dunkle Farbe der Haut hat mich gehindert, von der Ausbildung des Gefäfssystems mehr zu sehen , als was die Zergliederung an erhärteten Embryo- nen zeigt, dafs das Herz im Anfange dem des Hühnchens ungemein ähnlich ist. Es hat nach hinten dieselben zwei Herzschenkel ; die mittlere Region (die künf- tige Kammer) ist ein ungelheilter nach rechts ausgebogener Kanal. Dafs in die- sem Kanäle keine Faltein späterer Zeit sich bildet, läfst sich erAvarten, so >,vie dagegen die Doppelzahl der Vorkammern, die erst in neuerer Zeit vom Prof. Weber in Bonn nachgewiesen ist, wohl darlhut, dafs diese Theile sich eben so wie im Hühnchen aus dem gemeinschaftlichen Venenstamme bilden. Der vor- derste Theil des Herzkanals wird zum gemeinschaftlichen Arlerienstamme. n. Erste Be- Während die genannten Veränderungen vorgehen, was l^ei warmem Wet- ter in sehr wenigen Tagen geschieht, hat nicht nur das Eiwcifs immer mehr Was- ser aufgenommen, sondern auch dieses Wasser unter die Dotterhaut abgesetzt. Diese entfernt sich daher immer weiter vom Embrjo, weshalb derselbe sich frei in der Flüssigkeit bewegen kann, sobald er Bewegungsfähigkeit erhalten hat. Diese Fähigkeit erhält er , wenn der Schwanz die Hälfte von der Länge des Rumpfes erreicht hat. o, Austritt Wenn der Schwanz die Länge des Rumpfes erreicht hat, die äufsern Kie- ans der Dot- jj^eu sich zicuilich verzAveigt haben und der Mund dem Oeilhen nahe ist, durch- bricht der Embryo die Dotterhaut und das Eiweifs, seine Enthüllung erfolgt mit- hin sehr früh, zu einer Zeit wo das äufsere Athmungsorgan , das er in den Kie- men besitzt, fähig geworden ist sein Geschäft zu verrichten, zu derselben Zeit, wo im Vogel iVio drille Form des Gefäfssystems sich entwickeil. Man nennt den ausgeschlüpften Embryo, da er noch nicht die bleibende Form hat, eine Larve. Der 289 Der ausgeschlüpfte EmLryo pflegt sich mit zwei eigenthümlichen , nur p- Larven - in den Batrachier- Larven vorkommenden, länglichen, undurchLohrten Sauggru- Len *) , die er schon in der letzten Zeit seines Aufenthaltes im Ei erhalten hat, und die bald nach dem Ausschlüpfen schwinden , am Eiweifs wie an jedem an- dern Körper anzuhalten. Von der klebrigen Substanz des Eiweifses bleibt zu- weilen etwas an so einer Sauggrube hängen, was Einige für einen Nabelstrang angesehen haben. In der ersten Zeit bedarf er der Nahrung nicht , da er noch einen ansehnlichen Vorrath von Dottermasse im Leibe hat; auch könnte er sie auf dem gewöhnlichen Wege nicht zu sich nehmen, denn der JMund bricht be- stimmt erst nach dem Ausschlüpfen durch. Später scheint er von dem Eiweifs oder dessen Auflösung im Wasser zu zehren, so dafs also dieselbe Substanz , Avel- che den Vogel -Embryo durch Uebergang in den Dotter und in das Fruchtwasser ernährt, von der Frosch -Larve unmittelbar durch den Mund aufgenommen wür- de**). Häufig verzehren sich etwas später die Frosch -Larven aber auch unter sich^ oder wenigstens die todten Kameraden. Wenn sie Extremitäten bekommen, so bedürfen sie der vegetabilischen Nahrung. Zuvörderst fressen sie Sporen von Conferven und den grünen Staub, der nach dem Zersetzen von Wasserpflanzen ülirig bleibt, zuletzt aber auch grÖfsere Vegetabilien ***}. Ihre Verdauung ist um diese Zeit sehr rasch, so dafs ihnen, wenn man sie gehörig mit Nahrung ver- sorgt, fast immer eine Kothwurst aus dem After hängt. Wenn die Frosch -Larve aus dem Eie tritt, so ist sie noch ohne äufsere Ex- '?• Umände- TT- ^""8 des Kie- tremitäten. Diese werden viel später sichtbar, und zwar erblickt man die hin- menappara- tern Füfse früher als die vordem, jedoch nur weil diese überdeckt sind, wenn sie hervorsprossen. In den verwandten Salamandern, wo die Ueberdeckung fehlt, sieht man auch die Vorderfüfse früher. So lange die Füfse fehlen, wächst der Schwanz sehr stark, und dadurch erhält die Frosch- Larve viel Aehnlichkeit mit Fischen, besonders da eine Hautflosse über und eine andere unter dem Schwänze verläuft, die erstere reicht bis in die Mitte des Fiückens. Die Ueberdeckung, deren ich so eben erwähnte, gehört zu der Metamor- phose derx\thmungsGrgane, und es geht damit auf folgende Weise zu : Wenn man tes. ♦) In den Larven der Salamander sind diese Sauggruben langgestielt. ♦*) Rusconi bezweifelt das Verzehren von Eiweifs. Ob mit Grund, will ich nicht entscheidej; Wenigstens suchen die Larven in den ersten das Eiweifs sehr. ***) Rusconi geht offenbar zu weit, wenn er glaubt, dafs die Frosch- Larven nie andere vegeta- bilische Nahrung zu sich nähmen, als den grünen Bodensatz. Am besten überzeugt man sich vom Gegentheil, wenn man die grofsen südamerikanischen Larven der Rana par ado xa un- tersucht Man findet ihren Darm voll von Lern na- oder ähnlichen Blättern. //. Od 290 ein Paar Tage nach dem Ausschlüpfen , wo die äufsern Kiemen der Frösche in der schönsten Bliithe sind , diese genau untersucht , so findet man , dafs die , äu- fserlic^i ^vie kleine Hirschgeweihe vorragenden Kiemenspitzen nicht die einzigen, sondern nur die letzten und gröfsten Spitzen von Reihen sind, welche an den AYändeu der Kiemenspalten ansitzen, so weit diese geöffnet sind. Es entstehen nämlich allerdings die ersten Kiemenspitzen auf den Kiemenbogen , ja noch frü- her als die Kiemenspalten sich öffnen. Sobald diese aber geöffnet sind , wachsen Kiemenspitzen an cler Seitenwand der Spalten, also in doppelten Reihen hervor, die aber um so kürzer bleiben , je weiter nach unten sie hervortreten ; nach oben laufen beide Reihen in die zuerst auf den Kiemenbogen selbst entstandenen Spi- tzen aus, welche kammförmig auf einer gekrümmten gemeinschaftlichen Basis stehen. Diese hier sind wie die ganze Oberfläche des Frosches dunkel gefärbt und mit derselben Haut bekleidet, welche den gesammten Frosch überzieht, al- lein die untern in der Kiemenspalte befestigten, aber auch etwas vorragenden Spitzen sind hell , fast durchsichtig , von einer Schleimhaut bekleidet. Allmäh- lig wird nun das vorderste Ende der Larve immer breiter; die Kiemenspalten, die anfänglich mehr hinter einander lagen, werden dadurch so gestellt, dafs die vordem mehr nach aufsen , die hintern mehr nach innen zu stehen kommen. Vor der ersten Kiemenspalte ist der Unterkiefer; dieser also ist es, der durch sein Breitwerden die Lage der Kiemenbogen und damit das ganze äufsere Ansehen der Larve verändert. Zugleich entwickelt sich vom hintern Rande des Unterkiefers eine Haut nach hinten, die in Form eines Kiemendeckels die Kie- menspalten überwächst. Sie sehen leicht , dafs , wenn man diesen häutigen Kie- mendeckel nicht zurückschie})t, man jetzt äufserlich nur eine einzige Kiemen- spalte hat, welche aber mehr nach innen durch vier verschiedene Kiemenspalten in die Rachenhöhle geöffnet ist. Legt man dagegen gewaltsam den häutigen Kie- mendeckel zurück , so sieht man schon von aufsen die mehrfachen Kiemenspal- ten. Es ist also ganz dasselbe Verhältuifs, Avie in den gewöhnlichen Frischen. Allein in den Frosch- Larven ist dieser Zustand vorübergehend, indem der häu- tige Kiemendeckel über die Kiemenbogen mit ihren Kiemcnblältclien fort bis ge- "en den Rumpf wächst. Wenn beide Kiemcndeckel dem Rumpfe sehr nahe ge- kommen sind , so wächst ihnen von diesem aus eine gürtelförmige Oueerfalte ent- gegen , die bald sich an die Kiemendeckel anschliefst. Die Verwachsung erfolgt zuerst auf der rechten Seite, dann auf der linken. Auf dieser wird sie aber nicht ganz vollständig, vielmehr bleibt ein kleiner Schlitz ungeschlossen, der endlich in Form einer kurzen Röhre mit schräger Mündung sich nach hinten verlängert. Wir haben also jetzt eine Kiemenöffnung, die grofse Aehulichkeit mit den engen 291 ^ Kiemenlöchern einiger Fische, z. B. der Aale hat, und sich nur dadurch aus- zeichnet, dafs sie nur auf Einer Seite ist *). Diese Eine OefFnung führt aber in eine Höhle , ^velche die Kiemen beider Seiten enthält. Die Kiemen , welche man in der Höhle findet, sind also keine neuen, sondern nichts anders als die alten Kiemen. Die obersten Kiemenspitzen , -srelche eine dunkle Bekleidung hatten, zeigen diese noch einige Zeit in der Höhle, dann verbleicht die Farbe, und die Be- kleidung nimmt ebenfalls den Charakter einer Schleimhaut an. Auch schrum- pfen diese Spitzen, welche früher die andern so sehr an Gröfse übertrafen, zu- sammen. Mit solchen innern Kiemen, die sich allmählig mehr verzweigen, lebt der Frosch einige Zeit. Unterdessen wachsen aus der Rachenhöhle zwei Lungen in Form von Bläschen heraus und werden zu länglichen Säcken. Die Umänderung des Gefäfssystems während dieses Vorgangs läfst sich an ^- LJ'nände, ^ -^ o £5 rung derKie- den Frosch -Larven nicht vollständig erkennen, wohl aber an den Salamander - men-Ge- ff Larven, wo Rusconi sie verfolgt hat. Er sah vier Gefäfsbogen auf den vier Kiemenbogen **) , die nach oben in zwei Aortenwurzeln übergehen. Die drei vordem von diesen Gefäfsbogen bilden Aeste für die Kiemenblättchen , die sich dort in Netze auflösen, aus welchen rückführende Gefäfse in die Aorta gehen. Doch lösen sich die Gefäfsbogen selbst nie ganz auf, sondern von einem Nebenaste werden alle Kiemenblättchen versorgt, so dafs einiges Blut unmittelbar aus dem Herzen, ohne in Kiemennetze vertheilt zu werden, in die Wurzeln der Aorta geht. Sobald die Lungen hervorwachsen , geben die hintersten Gefäfsbogen Aeste auf dieselben und werden zu Lungenarterien. Wenn die Kiemen verschrum- pfen, so schwinden auch die Netze. auf ihnen, und die unmittelbaren Ueber- gäuge der Gefäfsbogen werden wieder stärker. Zuletzt schwinden die bei- den vordersten Bogen, nachdem sie, wie gewöhnlich, Arterien an den Kopf abgegeben haben ***), die man der (vordem) Wirbelarterie und der Carotis gleichsetzen mufs, und für die erstere ohne Zweifel auch ein Theil der Aor- *) Nur diese Eine Oeffnung habe ich an hiesigen Larven so wie an den grofsen ausländischen Lar- ven gesehen, die übrigens nicht alle Einer Art , der Rana paradoxa, sondern wenigstens zweien Arten angehören , einem Frosche und einer Kröte. Die letztere kommt nach Angabe des Verkäufers aus Java. Nach Cuvier sollen bei einigen Arten zwei OefFnungen seyn (ob be- harrend?), bei andern nur Eine, aber mittlere. {Regne animal. Vol, II.) *♦) Man darf wohl vermuthen, dafs ein Gefäfsbogen längs den Unterkiefern schon unkenntlich geworden war. Die Fische nicht nur, sondern auch die höhern Thiere führen auf diese Ver- muthung. ♦♦*) Ich zweifle nicht, dafs schon der erste Gefäfsbogen von der ersten Eiemenspalte sie abge- geben hat. Oo 2 292 teuwurzel verwendet ist, das darauf folgende Gefafsbogen - Paar erweitert sich und bildet die bleibenden beiden Wurzeln der Aorta. So ist also bei den Ba- trachiern viel mehr von dem ursprünglichen Gelafssystem bleibend , als in Säuge- thieren und Vögeln , namentlich die beiden Wurzeln der Aorta. Dies ist jedoch auch in den Reptilien der Fall. Allein in den Reptilien trennt sich der gemein- schaftliche Arterienstamm , so wie die Herzkammer sich in zwei Höhlen theilt, in zwei gesonderte Arterienstämme, eine Lungenschlagader und eine Aorta. In den Batrachiern wird diese Trennung nie erreicht, sondern ein mittlerer Vor- sprung, der der Länge nach in dem gemeinschaftlichen Arterienstamme verläuft, scheint anzudeuten , dafs diese Umänderung in den Batrachiern zwar eingeleitet, aber nie vollendet wird. Um die Geschichte der Kiemen bis ans Ende zu verfolgen , ist noch hinzu- zufügen, dafs , wenn die Lungen grofs genug geworden sind , um die Athmung zu besorgen , die Larven nach Luft schnappen ; dafs dann die Kiemenblättchen ganz schwinden, endlich sogar die drei hintern Kiemenbogen, welche immer weich gebUeben waren, aufgesogen w^erden und schwinden, der vorderste aber erhär- tet und zum hintern Aste des Zungenbeins wird. s. Ausbil- Iq der Kiemenhöhle entwickelt sich auf jeder Seile hinter den Kiemen die iremitäten. vordere Extremität. Aus diesem Grunde kann man sie ohne Zergliederung nicht sehen. Allein wenn der Kiemenapparat gegen die Lungen zurückgetreten ist, häutet sich der Embryo ; die Anheftung des Kiemendeckels (eines Theiles der Haut) geht verloren und man sieht nun plötzlich die Vorderfüfse, und hat also, da auch die Hinterfüfse unterdessen hervorgewachsen sind , einen vierfüfsigen und geschwänzten Frosch. Dafs zuletzt auch der Schwanz verloren geht , ist bekannt genug. Die Spitze desselben wird zuerst ganz welk, als ob die Masse, die er enthielt, aufgesogen würde und die Haut als eine leere Scheide zurückliefse, die Basis des Schwanzes aber zieht sich in den Leib hinein, und der lange unge- gliederte Knochen , mit dem die Wirbelsäule des erwachsenen Frosches endet , ist ohne Zweifel ein Document dieses Schwanzes, aber jetzt ohne alle Gliederung. t. Nerven- Fragen Sie, was mit dem Hirne vorgeht, nachdem es seine fünf morpho- logischen Elemente erhallen hat, so wäre zu antworten: dafs jedes Element im Allgemeinen den Charakter zeigt, den es in den hÖhern Thierklassen offenbart, aber je nachdem dieser Charakter mehr oder weniger ausgebildet wird, doch ein sehr abweichendes Gesammthirn wird. Das Vorderhirn wächst zwar in späterer Zeit mehr als die andern und verlängert sich deshalb nach hinten, allein es schreitet darin nicht weit vor, und so kommt es, dafs die Sehliügel nicht voll- ständig von den Hemisphären überdeckt, viel weniger umschlossen werden, wie System. 293 in den SäugthiereD. Eine mittlere Einsenkung ist auch im Frosche lange vor dem Auskriechen da und scheidet die beiden Seitenventrikel. Im Innern bildet sich der gestreifte Körper auf jeder Seite. Das Zwischenhirn reifst auch in den Batrachiern im vordem Theile seiner Decke auf, Aveshalb die Sehhügel entblöfst liegen, sobald sie da sind. Der hin- tere Theil der Decke erhebt sich um die Zirbeldrüse zu bilden, und hier sieht man deutlich, dafs die Bildung der Zirbeldrüse, die man" sehr früh erkennen kann, nicht blofs vom Andrängen der vordem und hintern Theile bedingt wird, wie es beim Vogel das Ansehen hat. Doch erhebt sich die Zirbeldrüse in den Batra- chiern sehr wenig, und ich glaube in der That, dafs die aufserordentliche Er- hebung in den Vögeln von dem Andrängen des Vorder -und Mittelhirnes ab- hängt. Dafs es das Zwischenhirn ist, aus welchem die Augen sich hervorge- stülpt haben und dessen Höhlung nach unten in den Hirnanhang sich verlängert, lälst sich erwarten. Das JMittelhirn hat während seiner starkem Entwickelung so viel Ausdeh- nung' erhalten , dafs es sich beim Geradestrecken des Hirnes über den verengten Uebergang zum Hinterhirne und über das schmale Band , was das Hinterhirn dar- stellt , hinüberneigt. Im Innern des Mittelhirnes sieht man die Ganglienmasse ei- nige Zeit frei vorragen. Es scheint eine mittlere Einfaltung zu erfahren *). Das Hinterhirn hat so wie das Nachhirn keine Decke , sobald die Hirn- häute sich völlig gesondert haben. Nur der verengte Uebergang aus dem Mittel- hirn ist wie bei allen Embrj^onen von Anfang an ein voller Cylinder, oder, wie man seiner Kürze wegen vielleicht besser sagt, ein Ring. Dieser wächst in der Decke und zur Seite nur sehr wenig nach hinten fort, und so erhalten die Ba- trachier von obern Theilen des Hinterhirnes nichts weiter als eine schmale Binde und kaum merkliche Seitenflügel. Es ist als ob dieser Hirntheil in seiner Ent- wickelung ganz gehemmt würde. Zuletzt bildet die Gefäfshaut hinter dieser Brücke noch das von Carus beschriebene Blättchen, das wie eine Klappe den vordem Theil der vierten Hirnhöhle überdeckt, gleichsam als Ergänzung des so- genannten Wurmes vom kleinen Hirne. Das Nachhirn zeigt aufser einer allgemeinen Verstärkung seiner Wände und einer Verengerung der offenen Höhle wenig Veränderungen. *) Rusconi hält das Mittelhirn (Vierhügel) für das' Hinterhirn (kleines Hirn) und führt dafür mehrere Gründe an , die nicht überführen können. Die Vergleichung mit andern Embryonen kann hierüber gar nicht in Zweifel lassen. ^ 294 Die Nerven kann man in dem Frosch - Embryo , wahrscheinlich "weil seine Substanz überhaupt consistenter ist als in andern Embryonen, viel früher sehen und ausarbeiten, als in diesen. Rusconi stellte den Nervus pagus vier Tage nach dem Ausschlüpfen dar, allein ich glaube ihn und das fünfte Nervenpaar schon vor dem Ausschlüpfen erkannt zu haben. Die Dicke und nicht scharf begrenzte Form, •welche sie um diese Zeit haben , überzeugten mich , dafs sie durch histologische SonderuD«^ sich bilden, was im Vogel -Embryo nur vermulhet werden kann. So- bald man die Nerven blofs legen kann , findet man sie in Verbindung mit den Cen- traltheilen. u. Verdau- Den Verdüuungsopparat hatten Wir in dem IMomentc verlassen , wo er, beim ungsappara . ^^g^^j^j'-pfgjj ^^gg Euibryo aus dem Eie, blofs aus einer grofsen Blase besteht, die vorn nur eine Rachenhöhle und hinten ein ganz kurzes Mastdarm - Ende hat. Beide Enden verlängern sich, und so wie der Enil>ryo immer mehr sich ausgestreckt, wird auch die mittlere Blase länger. So gewinnt also der Verdauungsapparat die Ge- stalt eines Darmkanales , ohne dafs eine Abschnürung von Darm und Dottersack Stattfände. Die erweiterte Mitte , welche den Vorrath von unaufgelöstem Dotter bewahrt, vertritt in einiger Hinsicht die Stelle des Dottersackes, verdient aber diesen Namen nicht ganz, da sich hier nie ein Darmnabel bildet*}. Dennoch fehlt die Analogie mit der gewöhnlichen Bildungsweise des Darmes der Wirbelthiere nicht völlig. Um die Zeit des Ausschlüpfens ist die Centrallinie des gesammten Speisekanales in Form einer Kammer erhoben und der senkrechte Durchschnitt läfst also zwei Hälften (d. h. zwei Darmplatten) unterscheiden. Frei- lich geht dieses Ansehen b&ld verloren , denn bevor die Mitte noch in eine dünne Röhre umgewandelt ist , beginnt der Kanal , für den die Bauchhöhle zu kurz ist, sich in ^yindungen zu legen, w^odurch ein ansehnliches Gekröse hervorgezogen wird. Die Bildung der Leber, die früh eine Gallenblase erhält, und des Pankreas, wird von der Bildungsweise in andern Thieren nicht verschieden seyn. ,, Primor Schou Sehr früh, nämlich wenn die Larve das Ei verläfst , sah J. Müller NTeVen'u"d' Organe, die er für die Primordial - Nieren hält, und denen man keine andere Geschlechts- ])eulung ZU geben weifs, obgleich sie in vieler Hinsicht von denselben Theilen in andern Thieren sehr abweichen. Sie bestehen zwar aus länglichen Beulelchen, die in einen langen zu der Kloake gehenden Ausführungsgang einmünden , allein *) Ob diese Dottermasse , welche bei jeder Art von Erhärtung sehr fest wird, einen so vorzügli- chen Beobachter , wie Rusconi, verleitet hat , den Darm in seiner ersten Bildung als einen so- liden Slab zu beschreiben? Er ist nur allzuweit offen. Ich habe die Schleimhaut des Darmes erkannt, wenn der Rücken des Embryo noch nicht geschlossen ist, und von diesem Augenblicke an nie aus dem Auge verloren. Vergl. Taf. I\'. Fig. 25. im Eierstocke. 295 das ganze Organ ist ungemein kurz und liegt sehr weit nach vorn. Es Lesteht bis zum Schwinden des Schwanzes. Viel später als die Primordial - Nieren sieht man die bleibenden Nieren entstehen. Noch viel später bilden sich die zeugenden Geschlechtstheile, zurZeit, wenn der Schwanz abzunehmen anfängt. Ihrer Entstehung geht die Anlage des Fettkör- pers voran. Die Entwicklung der Fische ist in vieler Hinsicht mit der Entwickelung ^- Fische der Batrachier übereinstimmend , da auch sie kein Amnion und keinen Harnsack ^^^^^ bekommen. Doch ist auch die Ausbildungsgeschichte der Fische unter sich nicht ganz gleich ; diese Verschiedenheiten hängen zum Theil zwar von der gröfsern oder ge- ringern Menge von Dotter und der Beschaffenheit des EiAveifes ab, welche der mütterliche Körper erzeugt, zum Theil aber von der eigenthümliclien Bildung in den einzelnen Familien. Am meisten weichen die Selachier ^Rochen und Haye) von andern Fischen ab. In den gewöhnlichen Fischen sind die Eierstöcke auch hohl , wie in den Ba- trachiern, allein sie bilden nur eine einzige Höhlung, in Avelcher das Keimlager in Form von Blättern mehr oder weniger vorragt , und jeder dieser sackförmigen Eier- stöcke verlängert sich unmittelbar in einen , meist kurzen , Ausführungsgang , so dafs also hier die Eileiter nicht frei in die Bauchhöhle sich münden, sondern ohne Unterbrechung in die hohlen Eierstöcke gehen. Darin weicht also der Ge- schlechts - Apparat der gewöhnlichen Knochenfische von dem Geschlechtsapparate aller vorher betrachteten Wirbeltliiere ab. Indessen ist das Verhältnifs der Eilei- ter in den Selachiern ganz wie in den Batrachiern. In andern Knorpelfischen und auch in einigen Knochenfischen (z. B. den Aalen, Lachsen) sieht man eine ]Mit- telstufe, indem die Eierstöcke nicht hohl sind; sondern jeder nur der Hälfte eines Eierstockes der gewöhnlichen Knochenfische gleich sieht. Das Keimlager bildet nämlich nun auf einer Seite Blätter, die in die Bauchhöhle hineinragen. \^ enn nun die Eier in diesen Blättern sich entwickeln , so fallen sie bei der Reife in die Bauchhöhle, und die Bauchhöhle hat dann entweder zwei oder auch nur einen hoh- len Gang nach der Geschlechtsöffnung hin, als Eileiter, die nicht frei in der Bauch- höhle an einem Gekröse hängen, sondern in der Bauchwand liegen, gleichsam durch diese durch gegraben sind und nur mit dem hintern Ende der gewöhnlichen Eileiter übereinstimmen. Im Keimlager liegen die Dotterkugeln , grofse Keimbläschen enthaltend *), von einer Kapsel umschlossen, wie bei allen übrigen Wirbelthieren. Bei der *) Ich habe in der Schrift de ov i mammalium genest und in dem Commentar dazu in Heu- singer's Zeitschrift die Behauptung aufgestellt, dafs das Keimbläschen zuerst im Eie sich bilde 296 Reife treten sie gegen die innere Fläche des Eierstockes oder in den halben Eier- stöcken gegen die Bauchhöhle vor, und wenn sie grofs sind, so verlängert sich der Kelch auch in einen Stiel. Die und dann erst der Dotter. Es ist mir merkwürdig, dafs der erste Widerspruch gegen diese Ueberzeugung, in der ich seitdem befestigt bin, von einer Seite kommt, von der ich ihn am we- nigsten erwartet hatte, von meinem Freunde Rathke, der den Eierstock der Fische undKrebse genau untersucht hat. Rathke sagt (M e ekel' s Archiv 1832. S. 396.) von Lachs- Eiern : ,,Dai P u rkinj e' sehe Bläschen entsteht, wie es mir schien , viel später als der Dotter. " — Leider werden die speciellen Beobachtungen, auf denen diese Ansicht beruht, nicht mitgetheilt. — Meine üeberietigung ist die entgegengesetzte, und ich will mich für jetzt grade nur auf die Krebse und Fische berufen und auf eine Weise, der auch der ungeübteste Beobachter folgen kann, da- mit man um so leichter nachweisen könne, worin ich geirrt habe. Vorher aber müssen wir dar- über einig seyn , dafs nie ein Theil ganz fertig und absolvirt seyn kann , bevor ein anderer er- scheint. In dem entgegengesetzten Sinne könnte man nicht einmal sagen, dafs das Auge des Hühnchens früher da sey, als sein Eierstock, obgleich jener Theil in seiner Ausbildung am schnellsten und dieser am langsamsten fortschreitet, denn das Augs des zehntägigen Küchleins ist immer noch nicht das Augej des jährigen jHuhns. Wenn wir vom Früher- oder Später-Er- echeinen in der Entwickelungsgeschichte sprechen, so meinen wir damit doch nur, was sich von selbst versteht, wie früh ein Theil so viel von seiner Individualität habe, um sich als solchen zu beurkunden. Diefs vorausgeschickt, sehen wir uns einen weiblichen Krebs im Herbste an, wenn nach vollendeter Häutung die reifern Dotterkugeln sich vergröfsern und färben. Nichts ist leich- ter als aus ihrer Dottersubstanz das Keimbläschen herauszubringen. Man kann's mit dem er- sten besten Schvvefelhölzchen thun. So lernen wir das reifende Keimbläschen kennen, das in einer grofsen Menge Dotter enthalten ist. Allein aufser den reifenden Eiern sieht man eine Menge anderer, welche weifs bleiben und, von den Nachbarn gedrückt, sehr unregelmäfsig sind. In allen wird man dasselbe Keimbläschen nur wenig kleiner auch ohne feine Zergliederung finden. Dagegen ist die Dottermasse sehr viel geringer, aus einer ganzen Masse weifslicher Kör- ner bestehend. Ja, nimmt man die kleinsten Eier, die wahrscheinlich erst nach zwei Jahren reif werden sollen, und die oft ganz flach sind, so erkennt man an dem Keimbläschen nur wenige Körnchen, die, wie der Vergleich mit den mittlem und den reifenden lehrt , die Masse bilden, welche das Keimbläschen zunächst umgiebt und niclit wahrer , gelbbraun werdender Dotter ist. Aufser dieser Masse ist nur noch etwas Flüssigkeit und hie und da ein Körnchen. Hier wird doch Niemand sagen wollen , die Dottermasse sey früher da, als das Keimbläschen. Ja es wäre sehr viel wahrer, und vielleicht recht eigentlich die Wahrheit , wenn man behauptete, die Dottermasse würde erst , wenn das Ei der Zeugung entgegenreift ; denn die Dottermasse sey ein unmittelbarer Absatz aus dem Blute, durch offene Mündungen ergossen, die man wenigstens im Huhn deutlich sieht. — Nehmen wir nun den ersten besten weiblichen Fisch , nur keinen, der eben laichen will, weil es einige Mühe macht, aus reifen Eiern der Fische das Keimbläschen auszuschälen, so sehen wir mit jeder Loupe in jedem Ei ein Bläschen, und je jünger das Ei ist, um so gröfser ist im Verhältnifs zu demselben das Bläschen und um so geringer die Substanz , die dasselbe um- giebt. Zuletzt kommt man freilich auf Eier, an denen man nicht eine Blase in der andern, oder was dasselbe ist, an denen man nur eine Hülle erkennt. Entweder mufs man nun annehmen, idafs hier die Haut des Keimbläschens an der äufsern und der Kapsel so dicht anliegt, dafs man •ie nicht unterscheiden kann, oder dafs aus der undeutlich gekörnten Masse Keimbläschen und meinetwegen auch eine schwache Umliüllung von Dotter wird — immer wird man sagen müssen, das Keimbläschen bilde sich früher als der Dotter; denn wie soll man glauben, die jetzt gesehene Blase enthalte nur den Dotter, in ihm bilde sich später das Keimbläschen, werde aber plötzlich sehr grofs. Ich bedaure , dafs ein Beobachter wie Rathke nicht angegeben hat, worauf sich 297 Die Dotterkugeln "werden auch nach dem Austritte von einer Schicht Eiweifä in der Höhle des Eierstockes und im Eileiter Übergossen , und die Befruchtung er- folgt meistens , wie bei den Fröschen , im Augenblicke des Austretens; bei einigen, welche lebendige Junge zur Welt bringen , wie die Aalmutter (Blennius vivi- parus^y das Doppelauge (A nahleps) , einige IV ehe , scheint der männliche Zeu- gungsstoff nach Art der Salamander in die Geschlechtsofinung des Weibchens zu dringen, bei den «Se/ac7«er« endlich scheint, nach Art derSäugelhiere, dieser Stoff durch das männliche Glied , das diesen Fischen nicht fehlt , eingeführt zu werden. Das Eiweifs der Fisch -Eier mufs von anderer chemischer Beschaffenheit ,(,. Bau des seyn, als das Eiweifs der Batrachier und Vögel. Zwar sau^t es wie das erstere "''^^^^"ge- . . r • . "^" Lies. liegierig Wasser ein , doch bekommt es im Wasser einen festen Ueberzug. Dieser Ueberzug ist entweder eine blose Oberhaut mit kleinen Körnchen, oder fester, wobei auch das äufsere Eiweifs selbst so consistent wie ein weicher Knorpel ist (so in den Barschen) ; in andern Fällen erhält es eine ziemlich dicke hornige Schaale mit 4 Spitzen, wie in denjenigen Sclachiern, deren Junge sich nicht im Eie der JMulter entwickeln. Die letztern, die sogenannten lebendig gebärenden Ha je, haben dünne Eihäute, woraus wieder nochmals bemerklich wird, dafs nur bei dünnen Eihäuten das längere Verweilen im Leibe der Mutter möglich ist. Die Dotterkugel hat einen so zarten Ueberzug, dafs man meistens keine ge- sonderte Dotterhaut unterscheiden kann. Die Keimschicht nimmt einen Raum auf der Dotterkugel ein , der wenigstens in denjenigen Fischen , welche ich untersu- chen konnte, beschränkter ist als in den Batrachiern , doch ausgedehnter als in den Vögeln. Das Keimbläschen ist in den abgehenden Eiern nicht mehr vorhan- den*). Da der Eiweifs - Ueberzug der gewöhnlichen Fisch -Eier aufserordentlich .r. Erste klebrig ist, und sehr schnell eine feste Oberhaut bekommt, so bleiben sie an je- Emtryl^" dem Gegenstande sogleich haften, den sie in den ersten Secunden nach dem Ab- gange berühren. Trotz der Oberhaut saugt das Eiweifs doch noch rascher Wasser seine Ueberzeugung gründe. Dafs das Keimbläschen in sehr früher Zeit eine gewisse Consistenz hat, darf nicht dagegen sprechen, es dafür zu halten, was es ist. Ich habe deutlich gesehen, dafs in Fröschen, sogar kurz vor der Paarung, ein Theil des Keimbläschens noch eine feste Masse bildet. — Oder sollte die Hülle, welche ich in unreifen Eiern für Hülle der Keimbläschen geliaj- ten habe , die Körnerhaut der Dottersubstanz seyn ? Da die Geschichte der Keimbläschen für die Zeugungs- Theorie wichtig ist, so wäre die Untersuchung von mehreren Seiten zu wünschen. ♦) In der Dottersubstanz sind immer Oeltropfen , besonders im Umkreise der Keimschicht, entwe- der in kleine Tröpfchen verlheilt, wie gewöhnlich , oder wie in den Barschen, in einen einzigen Tropfen gesammelt, oder endlich so, wie nach Rathke im Schleimfische, dafs zuerst zer- streute Tropfen sind und diese dann bei fortschreitender Entwickelung in Einen grofsen Tropfen sich sammeln //. Fp £98 ein , als bei den Batrachiern , "woclurch es verdünnt wird und die Dotterkugel end- lich innerhalb des flüssig gewordenen Eiweifses sich drehen kann. Die Keini- schicht scheint durch die Befruchtung unmittelbar zum Keime zu werden. We- nigstens habe ich keine Theilungen der Dotterkugel, wie bei Batrachiern, wahr- nehmen können*) und der Keim fängt an den Dotter zu umwachsen, so wie das mit männlichem ZeugungsstoiFe geschwängerte Wasser Zeit gehabt hat, bis zu der Dotterkugel einzudringen. Nur eine beschränkte Stelle des Dotters wird, wie Lei den Batrachiern, langsam überdeckt, und an diese Stelle stöfst der Primitivstrei- fen an. Die Rückenplatten sind bei ihrem ersten Auftreten auch sehr breit, wohl noch breiter als im Frosche. Ueberhaupt aber ist in Bezug auf die erste Formung eine ungemeine Aehnlichkeit mit der Bildungsweise der Batrachief , nur dafs in den gewöhnlichen Fischen die Dotterkugeln mehr oder weniger durchsichtig sind, in den Batrachiern aber, besonders in den Fröschen, nicht. Doch giebt es auch Fische, deren Eier fast eben so dunkel sind, wie z. B. die Eier der Störe. Von der weichem Dottermasse hängt es wahrscheinlich ab, dafs in den Fisch - Embryonen, die ich untersuchen konnte, alle Fundamental -Organe sehr viel zarler sind, als in den Batrachiern. Es ist im Keime dieselbe Trennung in ein animales und vegetatives Blatt, aber beide Blätter sind viel dünner. Die Wirbelsaite ist eben so gebaut, wie im Fische, aber ungemein zart im Anfange. Sie senkt sich eben so in die Tiefe. Wenn die Rückenfurche geschlossen ist , sieht man im Hirne die drei primären Hirnblasen als geringe Ausweitungen und der Durchsichtigkeit Ave- gen ungemein schön die Hälften der Wirbelbogen, die in zwei Reihen neben der Wirbelsaite liegen und bestimmt sind , sich in den Dornfortsätzen zu vereinigen. Doch liegt die Anlage des Embryo der Karpfen , sobald die Dotterkugel sich drehen kann , nicht oben , wie in den Batrachiern und Vögeln , sondern unten, offenbar weil diese Gegend durch den werdenden Embryo ein Uebergewicht hat. Ob diese Eier gar keine Centralhöhle im Dotter haben , läfst sich wegen der gerin- gen Färbung des letztern nicht entscheiden, doch würde ihr Inhalt von der flüssi- gen Dottermasse nicht sehr verschieden seyn. Eine Folge davon ist, dafs, wenn das Ei ganz gleichmäfsig ist, die Anlage des Embryo , als der consistenteste Theil, das Uebersewicht bekommt und sich so dreht, dafs sie nach unten sinkt. So ist es in den Karpfen -Arten. Hier ist also die Lage grade die umgekehrte von der Lage der Batrachier- Embryonen. In den Barschen, wo eine grofse Oelblase ist, dreht sich das Ei noth wendig so, dafs die Oelblase ganz oben ist. Die Oelblase ♦) Baiimgärtner ist hierüber in Bezug auf die Forelle zweifelhaft (Beobacht. über die Nerven und das Blut S. 13.). 299 liegt aber am Rande des Keimes. Eine Folge davon ist, dafs derEmbryo zuerst im horizontalen Durchschnitte des Eies sich befindet, wenn der Keinirand die Hälfte des Dotters erreicht hat, und allmählig mehr nach unten kommt, ohne doch je- mals ganz umgekehrt zu liegen. Es -NYäre sehr möglich, dafs in den grobkörnigen Eiern, -wie die der Störe, in denen wahrscheinlich eine körnerlose Ceutralhöhe seyn wird , der Embryo seinen Rücken nach oben kehrt. Nach Baumgärtner (Beobachtungen über die Nerven und das Blut S. IS.) ist es schon bei den Forellen so , wenigstens sagt dieser Beobachter es von der ersten Zeit bestimmt. Auf jeden Fall lehren schon die oben genannten Fische, dafs das Lagen- Verhältnifs des Em- bryo zur Aufsenwelt wohl nur von geringer Bedeutung ist, — nur eine unmittel- bare Folge vom Baue der Eier. Je weiter der Embrj o sich ausbildet, um desto mehr wird die gesammte Ge- stalt des Eies durch die Ausbildung des Embrj o bestimmt. Allein nach dem ur- sprünglichen Verhältnisse des Iveimes zur Dottermasse ist auch die künftige Form verschieden. Wo die Doltermasse gering und die gesammte Dotterkugel bald vom Keime überwachsen ist, wird das Ei fast so allmählig zum Embryo, wie in den Batrachiern, und dieser erscheint nur ganz kurze Zeit wie ein gegliederter am Dotter anliegender Halbring, indem sein Rückentheil sich hervorhebt, die Bauchplatten aber unmittelbar um das Ei sich bilden. Wo dagegen die Dotter- masse sehr grofs ist, beharrt er lange in diesem Zustande, auch die Bauchplatten schnüren sich dann vom Dotter ab, und wir haben daher einen Embryo mit anhän- gendem Dottersacke. So ist es in den Selachiern und in Blennius viviparus. Die Lachse scheinen nach Ba umgärt n er s Darstellung in der Mitte zu stehen. Hier will ich gleich die Bemerkung aus einer etwas spätem Zeit hinzufügen , dafs auch in denjenigen Fischen, deren animalischer Theil sich nicht abschnürt, die also keinen äufsern Dottersack und keinen Nabel haben , dennoch das sackförmige vegetative Blatt sich nicht wie in den Batrachiern unmittelbar in einen Darm aus- zieht, sondern ein Theil des verdauenden Apparates in Form eines innern in der Bauchhöhle enthaltenen Dotiersackes von dem Darme abgeschnürt wird und nach seiner Gröfse, in den Karpfen und Barschen früher, in den Lachsen später schwin- det. Es ist also hier ein Zustand schon sehr früh, der bei den Vögeln erst kurz vor dem Austritte aus dem Ei beginnt und bald darauf endet. Aber auch bei den Fi- schen fällt dieser Zustand mit der Enthüllung (dem Ausschlüpfen aus dem Ei) zu- sammen, nur erfolgt die Enthüllung im Verhältnifs zur Ausbildung des Embryo sehr viel früher und ist ungefähr mit der der Batrachier gleichzeitig. Der Kiemenwulst erschien mir viel zarter und kleiner als in den Embrj-onen der Batrachier. Er theilt sich eben so durch Spalten. Die Zahl derselben ist vier, Fp 2 0- z. Kicnier»- bildung aa 300 wodurch fünf Kiemenbogen gesondert werden , von denen der vorderste zum Zun- genbeine und durch auflagernde Masse zum Unterkiefer wird, die vier hintern aber Kiemenbogen bleiben. An den Seitenflächen der Spalten entwickeln sich die Kiemenblättchen , die also für jeden Kiemenbogen zwei Reihen bilden müssen. Da sie über die Kiemenbogen herausragen, diese aber anfänglich ganz in der Ebene der Seitenwand der Thiere liegen, so sind wenigstens ihre Spitzen äufserlich zu nennen, und in i\eTi Selachiern ragen diese Spitzen sogar sehr weit vor. Der Unter- schied zwischen diesem Kiemenbau und dem der Batrachier ist also nur sehr ge- ring. Doch wächst der Kiemendeckel bei den gewöhnlichen Fischen rasch her- vor und überdeckt wenigstens die vordem Kiemenbogen fast gleich nach der Bil- dung der Kiemenblättchen , die hintere später. Gefäfs- Das Gefäfssystem läfst sich in den durchsichtigen Fischchen viel leichter beob- system. achten als in den Batrachiern. Das Herz ist im ersten Anfange dem Herzkanale der Vögel (und aller übrigen Wirbelthiere) ganz gleich. Zwei Schenkel bilden, zusammenmündend, einen nach rechts ausgebogenen Kanal, der sich vorn in ein, dann in zwei, drei u. s. w. Paar Gefäfsbogen spaltet, welche am Unterkiefer und den Kiemenbogen verlaufen. In Güstern, die vor zwei Tagen ausgeschlüpft wa- ren, sah ich diese Gefäfsbogen bis auf 7 Paar gesteigert, so dafs hinter den letzten Kiemenbogen noch zwei Paar lagen. Man kann daher vermuthen , dafs in den Selachiern mit 6 Kiemenspalten auf jeder Seite, wie Squalus griseus, auch der sechste Gefäfsbogen und in den Selachiern mit 7 Spalten, wie Squal. eine- reusy und in den Cy clostomen mit 7 Kiemenlöchern, wie Petro my zon^ auch noch der siebente Gefäfsbogen durch eine Spalte von der übrigen Seitenwand getrennt .wird. Diese Gefäfsbogen laufen nach oben wie immer in zwei '\'\'urzeln der Aorta zusammen. Sie verzweigen sich in den Kiemenblättchen, so wie diese hervorwach- sen, allein da die Kiemenblättchen nicht wieder schwinden , sondern verharren, so schreitet die Umbildung, welche wir von den Batrachiern her schon kennen, hier weiter fort, und es werden diejenigen Gefäfse, welche auf den Kiemenbogen verlaufen, so vollständig in Kiemennetze aufgelöst, dafs jedes in zwei Theile , eine Kiemenarterie und eine Kiemenvene, getrennt wird, wie allgemein von den ausge- bildeten Fischen bekannt ist. Wir können also, wenn wir die Entwickelung der Fische mit der Entwickelung der Batrachier vergleichen, sagen, dafs in den er- stem die Metamorphose ;der Athmungsorgane stehen bleibt (besonders wenn wir hinzufügen , dafs nach dem Auskriechen hei den meisten eine Art Lunge auftritt, -•» aber als Schwimmblase in der Entwickelung gehemmt wird), dafs dagegen in ih- nen eine Metamorphose der Gefjifsbogen, die in den Batrachiern unvollkommen bleibt, vollendet wird. Der erste Gefäfsbogen (am Unterkiefer) schwindet, nach- 301 dem er zwei kurzen Arterien für den Kopf, die man der vordem Wirbelschlagader und der Carotis anderer Thiere gleich setzen mufs, den Ursprung gegeben hat. Da auch hier mit dem Schwinden dieses Bogens ein Theil der AortenAvurzel zur Verlängerung der vordem Wirbelschlagader verwendet werden mufs, so ist es nolhwendig, dafs später die genannten Arterien als Aeste der ersten Kiemenvene erscheinen ; denn die Aortenwurzeln werden oder sind Stämme der Kiemenvenen, welche die Aorta im erwachsenen Fische zusammensetzen. Was aus den beiden letzten Gefäfsbogen wird , weifs ich nicht. Wenden wir uns nun zum übrigen Gefäfssysteme des Embryonen - Zustan- des, so müssen wir die Fische mit innerm, Ideinem Dottersacke von den Fischen mit äufserm Dottersacke unterscheiden. In den erstem ist der Leib des Embryo überwiegend und man sieht alles Blut aus dem hintern Theile des Körpers von der Schwanzspitze an in zwei Strömen, die neben der Wirbelsäule und an den Nieren verlaufen, dem Herzen zuströmen. Es sind offenbar die beiden hintern Wirbel- venen des Hühnchens. Eben so iliefst alles Blut aus der vordem Hälfte des Em- bryo vom Hirne durch zwei vordere Wirbelvenen zurück. Die vordere und hin- tere Wirbelvene einer Seite verbinden sich, indem sie zusammenstofsen , zu zwei venösen Oueerstämmen, und diese sind es, die wir für die erste Form des Herzka- nales die Herzschenkel genannt haben, denn ihr Zusammentritt bildet den Herz- kanal. Wir finden also im Fisch - Embryo dasselbe Gefäfssystem , wie zu Anfange im Vogel -Embryo, wenn wir auf den Dottersack des letztern nicht Rücksicht neh- men. In den Fischen verändert sich dieses Venensystem wenig. Die wesentlich- ste Veränderung besteht darin, dafs die rechte hintere Wirbelvene stärker wird als die linke, so dafs bei einigen Fischen im erwachsenen Zustande die linke sehr klein ist, und nur im vordem Theile des Leibes gefunden wird ; in diesen Fällen mufs also allmählig immer mehr Venenblut die Richtung nach rechts genommen haben. Es giebt aber auch Knochenfische , wie die Dorsche, in denen die linke hintere Wirbelvene nicht viel kleiner wird als die rechte. In den Knorpelfischen sind, so viel ich weifs, immer beide Venen ansehnlich. Die ursprünglich aus dem Schwänze kommende Vene verändert sich darin, dafs sie zuvörderst unter den untern Dornfortsätzen lag, allmählig mehrere Nebengänge zwischen den Dom- fortsätzen bildet und zuletzt der Hauptstrom zwischen den Schenkeln dieser Fort- sätze verläuft, so dafs allmählig sich eine neue tiefere Schwanzvene bildet, wel- che gewöhnlich nur in die rechte hintere Wirbelvene geht oder doch in die linke nur einen schwachen Ast giebt. Endlich ist noch" zu bemerken, dafs mehr oder wenieervon dieser Schwanzvene sich in die Nieren vertheilt. o 302 Aber, fragen Sie, wie ist es denn mit der Ilohlvene? Diese ist in den Fischen erst sehr spät zu bemerken , erscheint zwar in erwachsenen Fischen un- ter sehr mannigfachen Formen*), wird aber nie Hauptgefäfs, und was man bis- her für die Hohlvene angesehen hat, ist eben nichts anders als die rechte hintere Wirbelvene, wie die Yergleichung mit dem Hühnchen lehrt. Will man über- haupt die weiteste Vene des Körpers, unbekümmert um ihre Lage, ihre Ent- stehung und die Theile, von welchen sie das Blut aufnimmt, Hohlvene nen- nen , so kann man allerdings auch die Vene die an der rechten Niere der Fische nach vorn verläuft, mit diesem Namen belegen. Dann mufs man aber wenig- stens sagen: die rechte hintere Wirbelvene, die bei den Säuge thieren und Vö- geln gröfstenlheils schwindet, wird bei den Fischen Hohlvene. Bei diesem Grundsalze für die Benennung müfste aber auch die andere Vene, welche bei den Säugethieren und Vögeln immer zuerst aus den falschen Nieren kommt, und mit den Gekrösvenen sich verbindet, später auch die hintern Körpervenen auf- nimmt, noch einen andern Namen erhalten, indem der Name Hohlvene blofs die Blutmenge oder die Weite einer Vene bezeichnen würde, nicht ein bestimmtes Gefäfs. In den Karpfen- Arten konnte ich erst nach dem Ausschlüpfen, mithin merklich später als die Venen im animalischen Theile des Leibes sichtbar sind, eine Gekrösvene unterscheiden. Es ist mir wahrscheinlich , dafs sie früher] da ist, aber wegen der tiefen Lage und der Farblosigkeit des Blutes nicht erkannt wird. Diese Gekrösvene verläuft längs des Darmes in die Leber, vertheilt sich und geht als Lebervene in das Herz. Sie scheint auch einige Schlingen auf dem innern Dottersacke zu bilden. Solche Schlingen glaube ich gesehen zu haben, und was Carus {Erläuterungstafeln Heft IIb Taf. V. Fig. 12.) abbildet, kann ich auch nur dahin deuten. Im Blennius, dessen Dottersack heraushängt, sah Rathke, dafs die Gekrösvene sich auf dem Dottersacke vertheilt und ihr gegenüber eine andere Vene (die Dottersackvene) das Blut sammeU, um es ins Herz zu führen. Wenn sich die Leber entwickelt, die hinter dem Dottersacke liegt , so vertheüt sich die Ge- krösvene zuvörderst in die Leber. Das Blut sammelt sich dann in Lebervenen und diese verlheilen sich wieder auf den Dottersack, von wo es nun nochmals in die Dotiersackvene sich sammelt. iMit der Abnahme des Dottersackes verbinden *) In den Barschen ist sie ganz unverkenpbar , und zeigt grade die Ausdehnung, welche sie in den Embryonen der Vögel und Säugethiere während der Blülhe der Primordial- Nieren hat. In an- dern Fischen ist das Verhiiltnifs zur Pfortader verschieden. i 303 sich aber dessen zu- und abfülirenden ßlutgefiärse zu einem Stamme. Dieses merkwürdige Verhältnifs leitet Rathke wohl mit Recht davon ab, dafs der Dot- tersack vor der Leber liegt. Indessen möchte ich, um ein vollständiges Verständ- nils herbeizuführen, künftige Beobachter noch auf die Frage aufmerksam ma- chen, ob nicht vielleicht beide Systeme von Blutgefäfsen abführende Venen- systeme sind. Wenigstens haben wir von Jüngern Embryonen von Säugethieren gehört , dafs das Blut aus dem Dottersacke nicht blofs nach vorn , sondern durch ein anderes System von Venen auch nach hinten gegen den Mastdarm geführt wi rd, (§. 9. cc. Taf. V. Fig. d. x.) und diese Vene für dieselbe gehalten, deren ich beim Huhne aus späterer Zeit erwähnt habe. M'^as die Umänderung des Herzens anlangt, so ist diese ziemlich einfach, da hier noch weniger als in den Batrachiern eine Scheidung in zwei Ströme ein- tritt. Der mittlere Theil des Herzkanals sackt sich weiter nach rechts aus und wird, indem er zugleich eine muskulöse Wand erhält, dadurch zur Herzkam- mer. Die Aussackung dreht sich allmählig von rechts nach der iNlitte und hinten und ist die Spitze dieses einkammerigen Herzens ;, das vordere Ende bildet sich zu einem ungetheilten Knollen, dem Bulbus des Herzens; der hinterste Theil des Herzkanales sackt sich aber nach links aus, was durch den immer stärker wer- denden rechten venösen Queerstamm der das Blut nach links treibt, unterstützt -wird. Indem sich aber die Kammer so dreht, dafs sie nach unten und mit der Spitze nach hinten zu liegen kommt, legt sich die Vorkammer über sie. Diese einfache Vorkammer ist also ihrer Entstehung nach nicht ganz den doppelten Vorkammern anderer Wirbelthiere gleich *). Vor allen Dingen unterscheidet sich die Metamorphose des Herzens der Fische von demselben Vorgange in Säuge- thieren und Vögeln dadurch ;, dafs das Herz sich nicht zurückzieht. Damit steht es im engsten Zusammenhange, dafs sich in ihnen kein Hals bildet. Wenden wir uns nun wieder zu der Bildungsireschichte des Hirnes, wel- ^i^- Ausbil O o ' J J TT.*. ches wir auf der Stufe der drei primären Hirnbläschen verlassen haben. Sie sind sehr früh kenntlich, gleich nach dem Schlüsse der Rückenrinne, ja vor erreich- tem Schlüsse. Aus dem vordem dieser primären Bläschen sieht man das Auge, aus dem hintern das Ohr sich hervorslülpen. Etwas später ist auch hier das vor- dere Bläschen in zwei Abtheilungen getheilt, von denen die vorderste zuerst nur wie ein stumpfer Zapfen vorragt, dann durch eine mittlere Einsenkung getheilt wird und nach unsrer Benennung, trotz ihrer Kleinheit, als Vorderhirn betrachtet düng des Hir- nes. *) Die tage der Vorkammer und Kammer ist nach Rathke im Blennius viviparus die um- gekehrte {Abhandlungen zur Büdungs- und EnlwickeJungssescJiichtc Bd. II.) 304 werden mufs. Die zweite , welcher auch hier die Ausstülpung für das Auge an- gehört, ist wenigstens bei Embryonen von Karpfen in sehr früher Zeit ungemein lang im Verhältnifs zu der geringen Höhe, öffnet sich auch im vordersten Theile , aber nur in sehr geringem Umfange , weshalb ich nicht anstehen kann sie das Zwischenhirn zu nennen. Das mittlere primäre Hirnbläschen ist etwas breiter als die andern Bläschen und bekommt eine mittlere Einsenkung, die zwar den Schein einer Spalte giebt , aber, wie es mir schien , auf dem Kamme des nach unten herabragenden Vorsprunges eben so wenig getheilt ist, als bei andern Thie- ren. Es ist das Mittelhirn. Das letzte primäre Bläschen ist bald länger als die andern und verliert , wie überall , nach der Sonderung der Hirnhäute seine ganze Decke, so dafs es einerlangen, vorn abgestumpften , hinten zugespitzten Mulde gleicht, und umschliefst das werdende Hinterhirn und Nachhirn, deren Abgrän- zung erst durch die spätere Entwickelung deutlich wird. Indem ich weiter gehen will, befinde ich mich in einer peinlichen Ver- legenheit , da mir ein , ohne Zweifel sehr rasch vorübergehender , Moment bei der Untersuchung entgangen ist. Um Ihnen diesen Zweifel klar zu machen , er- lauben Sie , dafs ich vorher Ihnen das Hirn einer ausgewachsenen Karpfenart vor- lege. Sie sehen, wenn Sie es von oben betrachten, drei Abtheilungen hinter einander liegen. Die vorderste, bei unsern gewöhnlichen Fischen aus zwei soliden, durch eine schmale Binde vereinigten Massen gebildet, führen gewöhn- lich den Namen Riech - Ganglien. Wir werden hören , dafs über die Bildungsge- schichte derselben gar kein Zweifel seyn kann. Hinter diesem Paar von An- schwellungen ist eine zweite durch eine graue MittelHnie und eine mittlere Ein- senkung etwas getheilte Abtheilung, und darauf folgt eine dritte ganz ungetheilte, am meisten vorragende, doch etwas schmalere Abtheilung, die man das kleine Hirn nennt. Schlägt man das kleine Hirn nach vorn zurück, so finden sich hin- ter demselben noch auf jeder Seite, also an der Seitenwand der sogenannten vier- ten Hirnhöhle, Anschwellungen, und in den Karpfen stofsen sogar diese Anschwel- lungen in der Mitte zusammen, so dafs sie eine Brücke über der vierten Hirn- Löhle bilden. Man mufs sie für eine Wucherung des sogenannten verlängerten Markes ansehen. Aber mit welchem Theile des Hirnes der höhern Thiere soll man die Ab- theilurig, die vor dem kleinen Hirne liegt vergleichen P Sie ist hohl und enthält in sich Anschwellungen, Man nannte sie daher früher mit Hall er das grofse Hirn. Allein Arsaky, Carus und Tiedemann suchten zu beweisen, dafs sie den sogenannten Vierhügeln anderer Thiere (unserm Millelhirne) ents])rä- chen, vorzüglich weil dieser Abschnitt im Embrjoneuzustande anderer Thiere sehr 305 sehr grofs und hohl sey und die Sehnerven deutlich aus ihnen entsprängen *). Ihnen folgten Serres, Desmoulins und überhaupt die meisten neuern Zooto- men Deutschlands und Frankreichs. Erst ganz neuerlich haben Cuvier und Gottsche die ältere Ilallersche Ansicht verfochten, nach welcher dieser Theil das grofse Hirn wäre, wobei sie mit Recht darauf aufmerksam machten, dafs ZAYischen dem was sie grofsesHirn nennen, und dem kleinen, noch ein Theil, von ersterem überdeckt, liege, der für die Vierhügelmasse gehalten zu w^erden ver- diene **). Seit einer Reihe von Jahren, seitdem ich nämlich die entschiedene Selbst- ständigkeit der dritten Hirnhöhle (des Zwischenhirnes) im Embrj o des Hühn- chens gesehen und seine Ueberdeckung durch das Vorderhirn verfolgt habe, konnte ich nicht umhin, jene Abtheilung im Fischhirne für das nicht unter- drückte, sondern zur Entwickelung gekommene Zwischenhirn anzusehen, die Riechganglien aber für das Vorderhirn, den überdeckten Theil für den Vierhü- gel oder das Zwischenhirn. Wenn man nämlich die Hirnhaut zwischen dem kleinen Hirn und der fraglichen mittlem Anschwellung abtrennt, so läfst sich die letztere ohne alle Verletzung nach vorn zurückschlagen und man sieht nun einen verdeckten Abschnitt zwischen beiden, der in den meisten Fischen sogar vier Anschwellungen zeigt, wie der Vierhügel anderer Thiere. Auch liegen die Anschwellungen nicht unmittelbar auf den untern Strängen des Rückenmarkes auf, sondern sie bilden ein Gewölbe, unter welchem die Höhlung des kleinen Hirnes mit der Höhlung der zurückgeschlagenen Hirnmasse , die wir der dritten Hirnhöhle anderer Thiere gleichsetzen, communicirt. Dieser Gang wäre also in jeder Hinsicht mit der Sylvischen Wasserleitung übereinstimmend. In der zu- rückgeschlagenen Abtheilung finden wir zwei etwas gewundene Ganglien. Ca- rus und seine Nachfolger erklären sie für Gangliendes Vierhügels, weil dessen Decke sich hier so stark entwickelt habe, Cuvier für die Streifenhügel. Allein *) Der Ursprung der Sehnerven spricht melir noch für meine Ansicht, da er ursprünglich in kei- nem Thiere mit dem Mittelhirne Gemeinschaft haJ. Dafs man die erste Bildungsreise der Seh- nerven nicht kannte, hat auf alle Arbeiten über das Hirn seit Gall einen unberechenbaren Einfliifs gehabt. **) Ich habe im ersten Bande nachdrücklich auf die Selbstständigkeit und ursprüngliche Voll- ständigkeit dieser Abiheilung aufmerksam gemacht. Man scheint aber noch gar nicht erkannt zu haben , welcher Einflufs dieses Verhältnifs auf die Thr irie des Hirnbanes haben mufs. Des- wegen, habe ich es jetzt vorgezogen, gleich die morphologischen Elemente des Hirnes mit eige- nen Namen zu belegen, wie ich sie seit zehn Jahren in Vorträgen gebraucht habe. Der Aus- druckgewinnt durch dieselbe hoffentlich an Bestimmtheit und Verständlichkeil. IL Oq 306 die letztere Benennung kann man ihnen nicht geben , wenn man weifs , dafs in jedem sogenannten RiechgangUon , jeder Hälfte unsers Vorderhirnes in früherer Zeit ein freies Ganglion enthalten ist. Die Anschwellungen im Zwischenhirne müssen die Sehhügel seyn. Ueber- diefs liegt zwischen ihrem vordem Ende der Eingang in den Hirnanhang. Nach hinten sind sie durch ein Faserbündel (Reils Schleife) mit dem Vierhügel ver- bunden. Zwar liegen sie weiter aus einander, als die Sehhügel der Säugethiere und Vögel , allein beim ersten Auftreten sind sie in den Embryonen dieser Thiere noch weiter von einander gerückt, und so auch in ganz jungen Karpfen - Arten von 1 Zoll Länge. — Wie in allen Thieren verlängert sich nach unsrer Deu- tung diese dritte Hirnhöhle auch in den Fischen nach unten in den Trichter. Allein es hat in diesen Thieren noch die dritte Hirnhöhle eine kleine Oe(Fnung nach vorn , die in die Furche zwischen dem Vorderhirn und diesem Zwischen- hirne führt. Diese Oeffnung ist nichts anders als die in sehr früher Zeit aufge- rissene Stelle des Zwischenhirnes , welches sich im Fische sehr viel weniger öff- net, als im Vogel oder Säugethier. Dagegen ist hier sehr viel mehr Decke. Diese geht im Vogel und Säugethier gröfstentheils durch das Aufreifsen verloren, theils schiebt sie sich als Zirbel und sogenannte hintere Commissur zurück und die ganze Hirnzelle des Mitlelhirnes wird unkenntlich , indem bei stärkerer Wu- cherung der Sehhügel der Rest der Seitenwand sich an diese anlegt. Wenn nun Jas Vorderhirn sich hinüberzieht, so mufs nolhwendig die dritte Hirnhöhle oder besser die Höhle des Zwischenhirnes unmittelbar in die gedoppelte Höhle des Vor- derhirncs übergeben, im Fische aber nur in die Queerspalte zwischen beiden Ab- iheilungen des Hirnes. Fragen Sie nun, ob ich die Decke des Mittelhirnes der Fische der Zirbel oder der hintern Commissur gleich setze, so antworte ich: beiden Tlieilen, doch mehr der letztem. Eine Spur von der Zirbelbildung sieht man nämlich auch in vielen Fischen, dicht an dem vordem Eingange. Dazu kommt noch, dafs die sogenannte hintere Commissur, die wir uns gewöhnlich als schmale Binde zu denken gewohnt sind, diese Gestalt erst später erhält, dafs sie im Enibrjo des Vogels bald nach dem Aufreifsen der vordem Gegend viel mehr relative Länge hat als später, vorzüglich aber , dafs in den Larven der Batrachier, wo sich ein Theil der Decke des Zwischenhirnes zur Zirbel ausbildet, hinter ihr noch ein ansehnlicher Theil unter der gewöhnlichen Form der Decke übrig Ideibl. Bis hierher ist der Beweis, dafs der I^esprochene Hirntheil der Knochenfische das Zwischenhirn ist, so evident, dafs ich nicht einsehe, was sich dagegen einwen- 307 den liel'se. Nur ein Theil macht vielleicht Bedenken : derjenige, der, dem Ge- wölbe (J^ornix) der Säugethiere ähnlich, unter der Decke liegt. Ich glaube allerdings nicht, dafs er mit dem Gewölbe der Säuge ihiere einerlei ist. Denn jener bildet sich aus dem vorspringenden Rande von Einsenkungen zwischen Vor- derhirn und Zwischenhirn. Da aber in den Fischen die Decke des Zwischen- hirnes eine mittlere Einsenkung bekommt, so ist nicht einzusehen, warum nicht ein dem Gewölbe ähnlicher Theil, ein Gewölbe des Zwischenhirnes, sich daraus bilden soll. Dafs aber eine mittlere Einsenkung sich bildet, scheint nur Folge der starken "Wucherung; denn alle Ablheiliuigen des Hirnes, welche stark wu- chern, bekommen in der Mittelebene eine Einsenkung *), wie umgekehrt alle starke Entwickelungen im Knochens} stem einen vorspringenden Kamm in der Mittelebene erzeugen, wenn diese Wucherungen nicht ursprünglich nach aufsen gerichtet sind. Kehren wir nun zu der genetischen Darstellung zurück, um Ihnen zu zei- gen warum ich sie verlassen habe! Wir hörten von dem Auftreten der 5 mor- phologischen Elemente des Hirnes in den Fischen. Das Yorderhirn ist ungemein klein , wenn der Embryo noch wie ein Halbring um den Dotter liegt. Es erhält, wie gesagt, eine mittlere Einsenkung. Diese scheint vorn zu beginnen und nach oben fortzuschreiten, was zum Theil wenigstens davon abhängig ist, dafs dieser Hirntheil am meisten übergebogen ist, nicht blofs gegen den Embryo, son- dern gegen das Hirn selbst, dessen vorderstes Ende, wenn wir die Centrallinie der Medullarröhre im Auge haben, immer im Trichter und Ilirnanhange zu su- chen ist. Diese Einsenkung ist nothwendig der sogenannten strahligen Scheide- wand in Vögeln, Reptilien und Säugethieren gleich, denn das Vorderhirn ist in den Fisch- Embryonen auch hohl und hat also zwei mit einander communici- rende Seilenventrikel. Es behält die Höhlung lange, nachdem zwei innere Gan- glien (die Streifenhügel) hervorgewachsen sind. Ja jeder Seitenventrikel hat in jungen Fischen , die vor 8 Tagen aus dem Ei geschlüpft sind , deutlich ein abstei- gendes Hörn, indem die Decke des Vorderhirnes wie auch bei andern Thieren nach hinten und aufsen in einen absteigenden Lappen auswächst. Allein das Wachsthiim dieser Hirnabtheilung ist so gering, dafs er die folgende nie über- *) Wobei ich nicht leugnen will, dafs die Neigung zur mitllern Einsenkung in den verschiede- nen Hirnabtheilungen ihrer Lage und Bedeutung nach eine ursprünglich verschiedene ist. Das Vorderhirn zeigt sie immer, das Zwischenhirn schon bei mittelmäfsiger Entwickelung, das Mit- telhirn bei starker und das Hinterhirn nur bei sehr starker Entwickelung. In derselben Reihe zeigt sich aber die Zunahme der Duplicität im Knochensysteme des Kopfes von hinten nach vorn Qq 2 808 >vülbt, auch nicht mit seinen hintersten Enden. Man kann um diese Zeit und mehrere Wochen nachher, das Vorderhirn leicht öffnen und die schon abgeglätte- ten Streifenhügel in ihm sehen. Allein später wird die Decke immer dünner und verwächst mit den andrängenden Ganglien. Die Einsenkung wird kürzer und er- scheint zuletzt nur als eine Art Queerbinde. So wird das Vorderhirn in zwei solide Massen umgewandelt, an denen man jedoch noch lange den Kern und die Decke an der Farbe unterscheiden kann. Eben so leicht folgt man der Ausbildung des Hinterhirns und des Nach- hirns. Beide Tlieile verliefsen wir in dem Zustande, wo sie zusammen eine läng- liche, hinten zugespitzte, vorn abgerundete Mulde darstellen. Den Rand der jMulde bilden die obern Ränder der Markplatten. Ihr Zusammenschlufs , ein sehr allmähliger Uebergang, ist wie bei allen Wirbelthieren die erste Anlage des Hin- terhirnes oder kleinen Hirnes. Wenn der Kopf sich grade zu strecken anfängt, so wird dieser Schlufs von den vor ihm liegenden Theilen in die Hohe getrieben und senkrecht gestellt. Dieser senkrechte Bogen wuchert zuerst seillich in 2 Blätt- chen aus, die mit einander verwachsen, und so bildet sich das Hinterhirn ganz auf die gewöhnliche Weise. Zwei Tage nach dem Ausschlüpfen hat er nach hin- ten noch einen Einschnitt, acht Tage darauf nicht mehr. Er ist dann schon eine ziemlich breite Binde, die immer stärker wuchert und sich erhebt. Ich spreche nur deshalb ausführlich von der Bildung des Theiles , welchen man das kleine Hirn nennt, weil hinter ihm noch ein ähnlicher Vorgang erfolgt und man in der That zweifelhaft werden könnte, ob man ihn richtig deutet, wenn man nicht weifs, dafs er ganz eben so sich ausbildet, wie das kleine Hirn in allen Tliier- klassen *). Hinter dem Hinterhirne wuchert aber auch das Nachhirn. Die Seiten- wände der vierten Hirnhöhle verdicken sich schon vor dem Ausschlüpfen des Embryo, was bei andern Thieren erst bemerkt wird, wenn die übrige Ausbil- dung sehr viel weiter vorgeschritten ist. Durch diese Wucherung wird der Raum der vierten Hirnhöhle sehr beschränkt. Hierbei bleibt diese Bildung im Karpfen nicht stehen. Nach 8 Tagen ist sie ganz überdeckt. Endlich aber ver- wachsen beide Seilen in der Mille zu einer Brücke gleich einem zweiten klei- nen Hirne. Doch nun zu der milllern Region des Hirnes ! Wir haben für diese zwei Elemente das Zwischenhirn und das Millelhirn. Es ist mir durchaus nicht zwci- ♦) Freilich lassen auch die Nervenursprünge keinen vernünftigen Zweifel übrig. 309 felhaft, dafs in sehr früher Zeit, wenn der Embryo noch ganz wie ein Ring an- liegt, das Mitlelhirn stärker wächst, es ist schon sehr breit, während das Zwi- schenhirn ganz schmal und lang ist. Etwas später, wenn der Embryo einen kur- zen Schwanz hat und sich grade zu strecken anfängt, der Kopt'aber noch bedeu- tend übergebogen ist, erscheint das Zwischenhirn ein wenig breiter als früher, und man erkennt nun von oben gesehen zwei Bläschen hinter einander, von de- nen das vordere nur wenig kleiner als das hintere ist. Beide zeigen eine Spur von mittlerer Einsenkung, doch die hintere etwas deutlicher. Das Hirn rückt nun rasch zusammen und man sieht nur Ein erhobenes Bläschen mit deutlicher mittle- rer Einsenkung vor dem Hinterhirne. Es sieht so aus, als ob das Mittelhirn das Zwischenhirn unterdrückt habe — das kann ich nicht leugnen. Eine kleine Er- höhung in der Nähe des Auges hielt ich für das gesammte Zwischenhirn. Da ich aber nicht zweifelte, dafs der Theil des Fischhirnes, den man sonst das grofse Hirn nannte, das Zwischenhirn ist, so erwartete ich, dafs später das Zwischen- hirn sich erheben und das JMittelhirn überdecken würde. Allein was ich erwar- tete , geschah nicht. Das Gewölbe des Theils , welcher so früh schon vor dem Hinterhirne lag, vergröfserte sich, und nach dem Ausschlüpfen , wo man das Ge- hirn mit mehr Sicherheit einer Zergliederung unterwerfen kann, wird es im- mer deutlicher, dafs der Theil, welchen ich im ausgebildeten Hirne als Vier- hügel gedeutet habe, vom hintern Theile der schon erhobenen Blase über- deckt ist. Ich habe hierüber so ausführlich gesprochen, weil ich durchaus die Ueber- zeugung nicht aufgeben kann, dafs diejenige Region des Fischhirnes, welche Cuvier als die Hemisphären , Carus als die Vierhügel ansieht, das mehr als in andern Thieren entwickelte Zwischenhirn ist, (der Bau des ausgewachsenen Hirnes scheint mir zu evident dafür zu sprechen ,) weil ich aber nicht behaupten darf, der Umbildung vollständig gefolgt zu seyn *). Vielmehr würde ich , wenn ich allein meinen Zeichnungen über die Ausbildung folgen wollte, Carus bei- pflichten. Ich glaube aber, dafs bei dem Zusammenrücken der Hirntheile das Ganze so zusammengeknickt wird, dafs sich das Mittelhirn unter das Zwischen- hirn schiebt und dafs eben dadurch dieses viel mehr erhoben scheint als früher. *) Aus diesem Grunde habe ich in einer besondern Schrift über die Entwickelungsgeschichte der Fische, die ich im vorigen Sommer nach Leipzig an Herrn Vogel zum Drucke geschickt habe, die Bildungsgeschichte des Hirnes mit Ausnahme der ersten Zeit ganz ausgelassen — damals die Hoffnung noch nicht aufgebend, dafs ich eine spätere Ueberdeckung durch das Zwischenhirn wahrnehmen könnte. 310 mir aber der Moment des ünterschiebens entgangen ist. Unterstützt "wird diese Ueberzeugung dadurch, dafs man im Innern dieses Bläschens Etwas zu sehen glaubt, von dem ich meinte, dafs es der Sehhügel seyn könnte , der aber selbst nach dem Auskriechen noch nicht da ist. Um die Zeit , wo aus z^yei Hirnblaseu nur eine gröfsere zu werden scheint, ist das Hirn noch so ungemein dünnwandig und zart, dafs eine zuverlässige Zergliederung mir nicht ausführbar schien, und so deutlich man auch die Decke der Hirnzelle unter dem Mikroskope sehen kann, so ist doch die unlere Region von zu vieler Masse umgeben , um sie deutlich un- terscheiden zu können. JMögen durch meine Zweifel Andere aufmerksam gemacht werden , um wo möglich an andern Fischen , in denen vielleicht dieselbe JMeta- morphose nicht so früh oder nicht so rasch erfolgt, sie zu beobachten*). Die Fi- sche , deren Hirnbildung ich verfolgt habe , waren Güster (jCyp rinus Blicca) und Rothaugen (Cyprinus Ery thr Ophthal mus). In den letztern ist das Hirn in der ersten Zeit aber besonders zart und durchsichtig. In den Knorpelfischen erfolgt die Hirnmetamorphose sehr viel langsamer und auf andere Weise. Sie nähert sich viel mehr den Batrachiern, In einem Hay, der nicht viel über einen Zoll lang und noch nicht drei Linien breit ist, also wahr- scheinlich jünger als irgend einer von denen , die Rathke untersucht hat, sehe ich für das Nachhirn und das Hinterhirn nur noch eine einfache Mulde, das IMit- telhirn bildet eine einfache Blase, das Zwischenhirn eine lange, gekrümmte, doch mehr als das Bliltelhirn erhobene Zelle , das Vorderhirn ist von dieser stark abge- setzt, viel breiter, von ansehnlicher Gröfse , mit kurzen Vorragungen für die Riech- *) Zwar haben wir schon eine schone Entwickelungsgeschichte eines Fisches (des Blennius li- viparus) von Rathke, Allein theils hat Rathke die Embryonen nicht zu allen Zeiten ge- habt, theils scheint er keinen Zweifel in Carus Ansicht gesetzt zu haben. Bei der Form, die Fv.athke (Abh. zur Bild. u. Entwickelung B. II. Taf. V. Fig. 5.) abbildet, ist der entscheidende Moment schon vorüber, ♦♦) Man wird, wenn man diese kurze Darstellung mit der von Rathke (Neueste Schriften der na- tnrf. Gesellschaft zu Danzig Bd. II. Heft 2.) vergleicht finden , dafs meine Untersuchungen mit denen von Rathke im Wesentlichen übereinstimmen, dafs ich aber die Theile anders benen- nen zu müssen glaube. Meine Gründe scheinen mir einleuchtend. Wenn man Rathke's Ab- bildungen Taf. I, Fig. 3, und 8, ansieht, so findet man den Schlufs der obern Ränder der Mark- platlen. Dieser bildet bei allen Embryonen früherer Zeit nicht den hintern, sondern den vor- dem Fi.and des Hinterhirnes , diels kann also nicht das kleine Hirn seyn , sondern mufs das Mit- telhirn (Vierhügel) genannt werden. Das Hirn von Pelromj zon marinus, so wie jedes Ba- trachiers, kann hierüber gar nicht zweifelhaft lassen. Auch bitte ich Fig. 5. derselben Tafel an- zusehen, wo sehr richtig die geringe Abgrenzung zwischen dem zweiten und dritten Hirnbläschen dargestellt ist. Nun giebt es aber, so viel icli weifs , keinen Embryo, wo das Hinterhirn nicht auch in der Decke stark gegen das Zwischenhirn verschnürt wäre. SU kolben und ganz hohl. Spater erhebt sich das Zwischenhirn noch mehr und be- kommt eine deutliche mittlere Einsenkung. Indem sich das Hirn nun mehr grade streckt, drängen sich das Zwischenhirn und Mittelhirn , und da auch das Mittelhirn stark wächst, so wird die Commissur, welche als Repräsentant des kleinen Hir- nes da ist, besonders stark zurückgedrängt. Die stärkere Wucherung des Vorder- hirnes , das in den meisten Knorpelfischen hohl bleibt, so wie die länger dauernde ^\ ucherung des JMittelhirnes , scheinen mir vorzüglich die Verhältnisse, wodurch das Hirn der Knorpelfische zu einem andern wird , als das Hirn der Knochen- fische. Die Cyclostomen beharren am meisten auf der ursprünglichen Embryonen- form. Dieses Hirn bitte ich zu studiren, um sich von der Selbstständigkeit der 5 morphologischen Elemente des Hirnes zu überzeugen. Wir haben zwei hier, frei- lich nicht mehr gekrümmt , sondern in Einer Linie liegend , ein gepaartes hohles Vorderhirn, dann zwei hinter einander liegende Blasen , die ich für Zwerchhirn und Mittelhirn halte, obgleich die letztere Blase von sehr vielen Zergliederern als das Hinterhirn angesehen wird. Hinterhirn und Nachhirn sehe ich nämlich in dem länglichen offenen muldenförmigen Theile, mit dem das Mittelhirn schliefst. Nach dieser Deutung stimmt auch das Hirn der Cyclostomen viel genauer mit dem frü- hern Embrj'onen- Zustande höherer Thiere. Die Sinnesorgane der Fische entwickeln sich in den wesentlichsten Verhält- nissen wie in andern Thieren. Nase, Auge und Ohr sind Hervorstülpungen aus dem Hirne, und zwar zeigen auch darin die Knorpelfische Uebereinstimmung mit den Batrachiern , dafs die Richnerven nicht nur sehr breite hohle Fortsätze aus dem Vorderhirne sind , sondern mehr oder weniger sogar eine blasige Form annehmen. Das Auge hat dieselbe Einfaltung, welche in andern Wirbelthieren vorkommt. Ja hier kann man am deutlichsten sehen, dafs sie eine Einfaltung ist, denn sehr lange behält auch die dunkle Iris einen sehr deutlichen Einschnitt und erscheint deshalb nierenförmig. Diese starke Einfaltung bei verhältnifsmäfsig weniger wei- ter Ausstülpung der Sehnerven (denn in Karpfen fand ich ihn früher verdünnt als in irgend einem andern von mir untersuchten Embryo) kann vielleicht versländ- lich machen, warum der ausgebildete Sehnerve in den Fischen deutlicher gefaltet ist, als in andern Thieren (es scheint nämlich, dafs die Einfaltung sich vervielfäl- tigt), und läfst es auch begreifen, warum bei den meisten Fischen von der ur- sprünglichen Einfaltung im Auge selbst noch ein Rest in der sogenannten Sichel übrig bleibt. Auch glaube ich, dafs die Fische deutlicher als andere nachweisen, dafs die Iris nicht eine zur Chorioidea hinzukommende Neubildung, sondern eine Absonderung von einer allgemeinen Gefäfshaut- Hülle ist. Die eigenthümliche Kreuzungsweise der Sehnerven der Fische könnte Bedenken gegen die ganze Dar- cc. Sinnes- organe. 312 Stellung von der Entstehung des Auges erregen. Dennoch ist es unverkennbar, dafs auch hier aus der rechten Hälfte des Zwischenhirnes sich das Auge der rechten Seite hervorstülpt und ehen so das linke Auge von der linken Seite. Allein die Stiele der Augen (die Sehnerven) sind schon früh lang ausgezogen , und da die Weite des Hirnlheils , aus dem sie kommen, sehr gering ist, so müssen sie, in- dem sie sich verlängern, sehr bald die Centrallinie erreichen. Da nun selbst in Vögeln , -\\o sie Anfangs ziemlich weit aus einander liegen , diese Mittellinie er- reicht wird, und auch in diesen Thieren und den Säugethieren die Faserung erst deutlich wird, wenn die Sehnerven ein Chiasma gebildet, das heifst, mit ihren Abgangsstellen sich erreicht haben, und nun die Fasern von beiden Sei- ten des Hirnes in jeden Sehnerven gehen — so kann es wenig auffallen, dafs in den Fischen, wo das Chiasma beinahe ursprünglich ist, die meisten Fasern übergreifend sind. Ich will mich deutlicher machen. Vor allen Dingen mufs ich der gewöhn- lichen Ansicht widersprechen, nach welcher die Sehnerven der Fische sich gar nicht , oder doch wesentlich anders kreuzten , als die Sehnerven anderer Thiere, indem das Auge der rechten Seite seinen Sehnerven nur von der linken Hirn- Lälfle erhielte und umgekehrt für das linke Auge. Man sieht an der Abgangs- stelle der Sehnerven eine weifse Binde, welche beide vereint. Diese haben Ca- rus und Andere nicht übersehen, allein sie halten sie für ungefafert oder sind wenigstens der Ansicht, dafs die Fasern nicht in die Sehnerven übergehen. Ich glaube aber nicht nur die Faserung , sondern auch den Uebergang in die Sehner- ven und in das Hirn zu erkennen, und finde also, dafs der Sehnerve der Fische eben so von beiden Seiten kommt, wie in andern Thieren, mit dem Unterschiede nur, dafs der Ursprung von der entgegengesetzten Seite viel stärker und unmit- telbarer ist. Es hat nun das Ansehen , als ob der Uebergang in dieselbe Seite ein später durch fortschreitende Entwickelung unterdrückter sej^ Den Grund da- von suche ich in der ursprünglichen Nähe der beiden Ursprungsstellen. Diefs durch Präparation an dem überaus kleinen Hirne der Karpfen -Embryonen nach- zuweisen , scheint mir völlig unmöglich , obgleich ich das allmählige Zusammen- rücken der Sehnerven -Ursprünge am Vogel -Embryo nicht blofs angenommen, sondern durch Ausscliälung des Hirnes von Stufe zu Stufe verfolgt habe, da mir das Uebergreifen der Anfangs getrennten Sehnerven lange unbegreiflich schien. Pie Arbeit war nicht leicht, aber an den Hirnen von Güstern sie auszuführen wird auch wohl die Hand verzweifeln; die den llädcrlhiercn die Kiefern aus- bricht, Das 313 Das Ohr ist Anfangs röhrig. Aus dem Ende der Röhre müssen die übri- gen Thrile drs LaJ>yriiilhes werden. Man sieht auch hei Karpfen eine blasige Verlängerung nach hinten. Ich hahe die Frage aufgestellt, ob diefs nicht eine modiiicirte Paukenhöhle oder die vordere Sch^yimmblase ist. Ein äufseres Ohr fehlt den meisten Knochenfischen. Wo es sich findet, wird es wohl durch äu- fsere Einstülpung sich erzeugen *). Der Schwanz wäcl .sl' liervor, wie bei Bntrachiern. Nach einur zusaniuiciihängeuden wuchernden Leiste, leibenden Nieren fast immer die ganze Bauchhöhle ein. An ihnen verlaufen die hintern Verte- bral- Venen wie an den Primordial -Nieren anderer Thiere. Die Umänderung des Gefäfssystems , welche die Primordial -Nieren in hohem Thieren bewirken, in- dem sie schwinden und den bleibenden Nieren Platz machen, tritt in den Fischen nie ein. Dagegen hat das hinlere Ende der Fisch -Nieren häufig zurück fliefsende Venen. Alles diefs führt zu der Ucberzeugung, dafs die Fisch -Nieren stehen gebliebene Primordial -Nieren anderer Thiere sind. Auch weisen die schönen Untersuchungen und Abbildungen, welche J. Müller in seinem V^'erke de 315 g landularum structura über die ausgebildeten Fisch -Nieren mittheilt, eine grofse AehnlicKkeit im Baue derselben mit den Primordial - Niereu nach ; doch scheint Müller in den Fischen noch andere Primordial - Nieren zu erwar- ten. (M eckeis Archiv für Anat. u.Phisiol, 1829. S. 71.) Vielleicht fehlen sie den Knorpelfischen nicht. Mit der Entwickelungsgeschichte der Fische schliefsen wir für jetzt diese Vorträge. Halle, gedruckt In der Gebauerschen Buchdruckerei. Tar:J. «f i laf.Jn H. n. 13. f4- ^a0^^ " y^' TABM 3. i. TMLYI I '^*4fi C*aV 7^ ¥■ _^ \ 7^ A %' / r a^^^ - ^ TJB.VJl ^S- f/ □ am n,'-j"R!« -\S/Jti.Wf I 1 m 55^^^v^%^' § «1