= per et Bm se ns ae re Per netare te Ban a ee FE Fa I ee SG FR TER TE werassnTgmerrTrteneurssn errIsTeeesT ger ageT er EEHTERLTFGER zasst EIER 439343: : Pr 3 ih: er ri Tepresseiet Sterst8. musste SEIT SScziren 1 HrgerE ES TE rL er SreetTe Eee ers Est een Starte > ‘ Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1852. Berlin. Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. - Bericht 4 über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat Januar 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh. 5. Januar. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Lepsius las über die zwölfte Ägyptische Kö- nigsdynastie. ' Die Wiederherstellung der Agyptischen Königsdynastieen nach den Denkmälern ging vornehmlich von der Tafel von Aby- dos aus. Diese enthielt in ihrer zweiten Reihe eine chronolo- gisch geordnete Liste von 12 Königen des Neuen Reichs, wel- che der 18ten, und von 5 älteren, welche der 17ten Manetho- nischen Dynastie zugeschrieben wurden. Zwei andre Namen erwiesen sich nach einer Inschrift von Benihassan als die un- mittelbaren Vorgänger jener 5 Könige und wurden daher für die beiden letzten Könige der 16ten Dynastie gehalten. Dies _ war die Ansicht von Rosellini, welche auch von Champollion und andern getheilt ward. Die Unrichtigkeit dieser Anordnung war bereits 1839 er- ‚kannt und 1842, jedoch ohne weitere Begründung veröffentlicht worden. Es hatte sich ergeben, dals die in Abydos vor Amosis unmittelbar vorhergehenden Könige von ihm durch eine grofse Lücke von c. 500 Jahren getrennt waren und der 12ten Mane- thonischen Dynastie, der letzten des Alten Reichs vor dem Ein- falle der Hyksos angehörten. Diese wesentliche Umgestaltung er monumentalen Chronologie wurde zuerst von Bunsen aner- kannt und später von de Roug& näher bestätigt, hat aber noch immer nicht allgemeinen Eingang gefunden. 3 . 4 Es wurde nun in dem Vortrage des Herrn Lepsius zu- nächst gezeigt, in wiefern schon die Reihe von Abydos gegen die frühere Annahme Bedenklichkeiten zuliels. Hierauf wurden die geradezu entgegenstehenden Zeugnisse der Kammer von Karnak und des Turiner Königspapyrus näher erörtert, indem zugleich eine kurze Geschichte dieser drei wichtigsten Urkunden der ägyptischen Chronologie hinzugefügt wurde. Nachdem dann auch die übrigen Gründe entwickelt wor- den waren, aus welchen die wahre Stellung jener wichtigen und mächtigen Dynastie mit gröfster Sicherheit entnommen werden kann, wurde zur Wiederherstellung der Regierungs- zahlen der einzelnen Könige fortgeschritten. Diese wurde erreicht durch eine Vergleichung der Mane- thonischen Zahlen mit denen des Turiner Papyrus und mit einer Reihe von 106 vorliegenden oder sonst bekannt gewordenen datirten Inschriften aus jener Dynastie. Aus den letzteren ging hervor, dals vier Könige gegen Ende ihrer Regierungs- zeit ihre Nachfolger als Mitlregenten angenommen hatten. Endlich wurden die acht Könige mit Angabe der Dauer und der wichtigsten Ereignisse einer jeden Regierung einzeln aufgeführt, und unter ihnen namentlich Amenemhe III., der Möris der Griechen, hervorgehoben, aus dessen 42 jähriger Re- gierung allein 46 datirte Inschriften angeführt werden konnten. Folgendes war das Resultat der Wiederherstellung: Dyn. XI. Nach Manethös. Nach d. Denkmälern.| Nach dem Tur. Papyrus. Jahre 34, M..r 1) Amenemes I, 9 1) Amenemhe Il. 9 7 Am. I. und Ses. 1. 2) Sesortosis. 46235 Ses. I. allein 2) Sesurtesen I. 45 4 Ses. I. und Am. 11. et je Am. 1. allein f 3) Amenemes II. BA I BR 3) Amenemhe II. 37 4) Sesortosis I. 28 4) Sesurtesen II. 29 5) Sesortosis III. 38 5) Sesurtesen III. 37 6 Der e Am. II. allein r A ) Amenemes Ill. A DICH Am! ) Amenemhe III. 41 7) Amenemes IV. 8 7) AmenemheIV. 9 3 3.27 8) Sebeknofris 4 8) Sebeknofru 3 10 24 213 213.317 { 5 Hr. Bekker gab Notiz von einer Handschrift des roman de la rose in der K. Bibliothek. Ms. gall. quart. 80 macht einen stattlichen Band von 169 Pergamentblättern. Die beiden letzten sind unbeschrieben; von den übrigen hat jede Seite zwei Spalten, jede Spalte 32 Zeilen. Die Namen der sprechenden Personen sind roth geschrieben; die Anfangsbuchstaben der vielen Absätze bunt ausgemalt, auf Goldgrund, oft über einen Quadratzoll im Umfang. Ob dieser äufserlichen Zierlichkeit der innere Werth entspre- che, würde am sichersten eine Collation ergeben. Dazu fehlt nun hier der Raum. Auch lehnt sich die Collation gern an eine kritische Ausgabe, die giebt es aber nicht von dem roman de la rose, sondern wiewohl derselbe, als Jahrhunderte lang allen übrigen altfranzösischen Gedichten vorgezogen und fast allein gelesen, in gar vielen Handschriften vorhanden ist und diese von einander ungleich weiter abweichen als wir an Handschrif- ten Griechischer und Lateinischer Classiker gewohnt sind (vgl. die Zusammenstellung, Abhandlungen der K. Akademie, 1839, S. 252-291), so hat doch noch kein Herausgeber nöthig ge- funden sein kritisches Verfahren durch eine Variantensammlung zu rechtfertigen, sondern unbeglaubigt sind die Texte ohne Bedenken gegeben und hingenommen worden, gerade wie das citatenlose Wörterbuch der französischen Akademie. Meon hat über vierzig Handschriften funfzehn Jahre lang zur Verfügung gehabt: was theilt er daraus mit? Einige Auslassungen abge- rechnet, nichts weiter als, zu V. 3899: dans le plus grand nombre de manuscrits, au lieu de ce vers, on lit celui-ci: o£ sodoiers de Normandie. dans d’autres on les dit de Lombardie etc. Also auf 22074 Verse (so viele zählt die M&onsche Ausgabe) - Eine Variante, und die liederlich angegeben. Und der Recen- sent jener Ausgabe, der gefeierte Raynouard, vermilst daran blos die Liste der benutzten Handschriften, d. h., wie die nach- ra gelieferte zeigt, den Nachweis, nicht etwa wie alt und wie gut die Handschriften seien, sondern allein, welcher Bibliothek ‚sie angehören und welche Numer sie führen. | Ist es demnach für jetzt kaum möglich die hiesige Hand- schrift vollständig zu vergleichen, so bleibt übrig sie zu charak- | terisiren durch Einzelheiten in Lesart Lücken Zusätzen. # A Ps Bi N 6 Gleich der Anfang zeigt deutlich einen andern Dialect als den M£&on wiedergegeben: ci coumance le roumanz de la rose, ou lart damour est toute enclose. V. 7: un aucteur qui out non macobes] aucteur offenbar richtiger als M&ons acteur, hier sowohl als in dem oft wieder- kehrenden ci dit I!’ acteur. Macobes für Macrobius freilich so seltsam wie V. 10 Cyprion für Scipion. V. 86: dedanz mon lit, ou me gesoye, soniay un songe en mon dorment que matin estoit tres formant, Me£on: sonjai une nuit que j’estoie, ce m’iert avis en mon dormant, qu’ il estoit matin durement. V. 128: et les oysillons escoutant. Me£on: tot le rivage costoiant. Die versificirten Argumente fehlen durchweg: dafür, roth geschrieben, kurze prosaische, wie ci parle l’amant aux portiers, ci parle genius a nature, ci fenist g. de lorriz (f. 80 r), ci bat jalous sa fame, la response que li roys cresus fist ä sa fille. V. 148: le nes recorce hideuse estoyt et roilliee. M£&on: le nes secorcie (?) par grand hideur fu soutilliee. V.344: quelle estoit tote rasotee. ME£on: bien estoit sa biaute gastee. V.426 fehlt. Ebenso 555-6, 650, 653-4, 661, 677-8. Für V. 434-5 sind zwei Zeilen leer gelassen. V. 512 steht zweimal. So auch 584-6. Für 590-2: pignier cointir et acointe. V. 596: de la terre alexandrins. M&on: de la terre as Saradins. V. 626: or ne me saiez desdigneuse. Me&on: ja de ce ne soyes douteuse. V. 630: se dex plest. Meon: se je puis. Der Schlufs nach V. 4068 von Guillaume de Lorris fehlt. Nach V. 4203 fehlt 4204-4336, also ein Blatt und 4 Verse. Nach V. 4414 fehlen nicht nur die von M£on in die Note verwiesenen Verse, sondern auch 4415-6. 7 Auf V. 6948 folgen (fol. 51 r, col. 2 9) diese 26 im M£on fehlenden Verse: Dautre part se ie uos amoie Autre amor oueg lamoie Voudriez vos plus de. c.” Il uest u" hos na bore na vile Puis que tenir le peussiez Que vos ne le deceussiez Et voudriez quil vos amast Et que samie vos clamast Trestuut le monde ameriez Et trop vos abandoneriez Je ne vuil pas ne vos poist mie De vos prier comme mamie Ne vos yuil auoir ainz vos quite Quant i oi ceste parole dite Reson respont ä escient reson Un petitet en sourrient De nient teniez en sousi Seroies tu ialous de mi Que pechie en mai semeist Certain soies se dex meist Que de moy n’ aras vilonie Quant de tamor maras sesie Miuz fusi ma char liuree aus lous Que refusses de moi ialous Puisque moi te seraz donnez U’ amant Dame porment sermonez Die Verse in M&ons Noten zu 7260, 10866, 11510, 15878, 20252 fehlen der Handschrift. Auch fehlen 11262-11414. Statt 22047 — 74 fol. 167 r: Ci faut li roumanz de la rose Ou lart damour est toute enclose Li miroier aus amoureus On il a moult de bien pour eus. Ci faut li roumanz de la rose Ou ql pour voir bien dire lose Ou lart damour est toute enclose Mes il a bien mestier de glose En meins lieus ou il a grant prose 8 Mes il na nul qui i oppose Lame en paradis en repose Par cui auons si noble chose Cest por mestre jehan chopinel Qui ot cuer ioli et riuel Qui puis Guill’ de lorris , Qui estoit ia pieca pourriz Acheua et parfist ce liure Li quel quant il ni pot pl’ viure Par la grant heine diuerse Qui de son faux semblent conuerse Futä grant tort es champs couert Pour ce quil auoit voir ouuert. €i finist le roumanz de la rose. Allgemeineres von Dialect Orthographie Interpunction wird aus folgenden längeren Stellen ersichtlich werden. Darin ist ceursiv gedruckt was M&on anders hat. Wenige und unzwei- felhafte Abkürzungen sind aufgelöst. a. fol. 11v, col. a. En .i. trop beau leu arivay Au darrenier ou ie trovay 1435 Vne fontaine soz .i. pin. Mes puis Al, ne puis pepin Ne fu ausi beau pin veu Et si estoyt si haut crew Quou verger not nul pZ’ bel arbre. 4440 Dedenz une pierre de marbre Ot nature par grant mestrise Soz le pin la fontaine assise Si ot dedenz la pierre escriptes Ou chief damont lestres petites 1445 Qui disoient “ici de sus Se morut le beau Nartisus.” (°) Narcisus fu .i. damoisear Quamors tint pres en ses reseaux Et tant le sot amors destraindre 1450 Et tant le fist plorer et plaindre (*) Statt der 8 Verse Ci dit — le pin roth Narcisus qui se mire en la fontaine. v 1455 1460 1465 1470 1475 1480 1485 9 Qui li covint a rendre lame Car equo vne haute dame Lavoyt ame plus que rien nee Et fu por li si mal menee Quel li dist que il li dorroyt Samor ou elle sen morroyt Mes cil fu por sa grant beate Plain de desdaign et de fierte. Si ne la li vost otroier Ne por chuer ne por proier. Quant celle soyt escondire Elle en out tel deul et telle ire Et le tint a si grant despit Quele fu morte sanz lonc respit Mes tout auant quele morist Elle pria deu et requist Que nareisus au cuer farasche, Qualot troue damors si Zasche Fust empreigne .i. cor .i. ior Et eschaufe de tele amor Donc il ne pouist ioie atendre Si porroit sauoir et entendre Quel deul ont li loial amant Que len refuse si vilment Celle priere fut resnable Et por ce la fist deu estable Que narcisus par auenture A la fontaine clere et pure Ser uint de soz larbre onbraier .J. ior qui venoit de chacer Quil auoit soufert grant trauaz, De corre et amont et auau Tant quil ot soif por lasprete Dou chau/ et por la lassete Qui li ot tolue lalaine Et quant il vint ä la fontaine Que li pins de ses rains couroyt ll se pensa que il venroit Sus la fontaine tout adens 10 1490 Se mist lors por boire dedens (*) Si uit en leue clere et nete Son vis son nes et sa boechete Et cil maintenant sesbahi Car son ombre si lot trahi. 4495 Quil cuida voioir la feiture Dun enfant bel a desmesure, Lors se sot bien amors venger Dou grant orguil et dou danger Que narcisus li ot mene 1500 Bien li fu lors garredonne (**) Quil ama son ombre de maine Si en fu mors a la parclose Ce fu la soine de la chose 1505 Car quant il vit quil ne porroyt Acomplir ce quil desiroyt, Et quil auoit si pris parfort Quil nen pouoit auoir confort En nulle fir ne en nul sens 1510 Il perdi dire tout le sens Si fu mor? en poy de termine Ainsi si ot de la meschine Quil auoit de vant escondite Le garredon et la merite. b. fol. 48 v, col. b. 6625 Fille fet il de cortoisie Ne de sens ne maprenez mie Pl’ en sai que vos ne sauez Qui si chastie men auez Et quant par vostre fol respons 6630 Mauez mon songe issi espons Serui mauez de granz menconges Car bien sai que si noble songes Ou fause glose völez metre Doit estre entendu en la letre 6635 Et ie meimes li entens Si con nos le verron en tens (*) Kein Argument, (**) Vers 1501 fehlt, 6640 6645 6650 6655 6660 6665 6670 6675 11 Que en si noble vision Nout si vis exposicion Li dex sachies a moy vendront Et le seruise me rendront Quil mont par cest songe tramis Tant est chescun daus mes amis Car bien lay pieca deserui Voiz con fortune le serui Quil ne se pout onques defendre Quel ne feist au gibet pendre Nest ce donc bien chose prouable Que sa roe nest pas tenable Quant nns ne la peut retenir Tant sache ä grant estat venir Et se tu sez rien de logique® Qui bien est science autentique Puis que li grant seignor i faillent Li petit envain se trauaillent Et se les preuues rien ne prises Danciennes estoires prises Tu les as de ton tens nouelles De batailles fresches et telles, De tel beaute ce doiz sauoir Comme il peut en bataille auoir Cest de mainfroi roi de sesile Qui par force tint et par guille Lonc tens en pez töte la terre Quant li bons charles li mut guerre Conte daniou et de prouence Qui par deuine poruoiance Est ore de sesile rois, Que issi le vost dex le vrais Qui toz iors se? tenz o li. Ciz bons rois charles len toli Non pas sanz plus la seignorie Ainz li toli dou cors la vie Quant a lespee qui bien taille En la primeraine bataille Lasailli por li desconfire Eschec et mat li ala dire 12 Desus son destrier auferrant Dun tret de pooimet errant Ou mileu de son eschequier 6680 De corradin parler ne quier Son neueu donc lessample est preste Done li rois charles prist la teste Maugre les barons dalemaigne Henri frere le roy despaigne 6685 Plain dorguil et de traison Mist il morir en sa prison Ci dui comme fax garconnez Et vos et fox et pooimez Et ch’rs au ieu perdirent 6690 Et hors de leschequier saillirent Tel peor orent destre pris Au ieu quil orent entrepris Car qui la uerite regarde Destre mat nauoient il garde 6695 Puis que sanz roy se combatoient Eschec et mat rien ne doutoient Ne cil hauer ne les pouoit Qui contre aus as echas iouoit Fust a pie ou fust sus arcons 6700 Que len ne haue pas garcons Fox cheualiers firzes et ros. Hr. J. Grimm legte ein Schreiben des Hrn. Prof. Herzog zu Halle, enthaltend Nachrichten über den Erfolg seiner nach Frankreich und Irland gemachten Reise zu Aufsuchung von Handschriften der Waldenser vor. 8. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Lejeune Dirichlet las über einige Fälle, in welchen sich die Bewegung eines festen Körpers in einem incompressibeln flüssigen Medium theoretisch bestimmen lälst. Wie es scheint, ist bis jetzt für keinen noch so einfachen Fall der Widerstand, den ein in einer ruhenden Flüssigkeit fortbewegter fester Körper von dieser erleidet, aus den seit 13 Euler bekannten allgemeinen Gleichungen der Hydrodynamik abgeleitet worden, oder was im Grunde auf dasselbe hinaus- kommt, giebt es kein Beispiel einer rein theoretischen Be- stimmung der Modifikationen, welche ein im Innern einer Flüs- sigkeit befindlicher unbeweglicher fester Körper in der fort- schreitenden Bewegung derselben hervorbringt. Ein namhafter und in Untersuchungen dieser Art sehr geübter Mathematiker (*) ist daher zu der Meinung veranlalst worden, dals für das er- wähnte Problem selbst in dem Falle, wo die Flüssigkeit von unendlicher Ausdehnung ist und man dem festen Körper die einfachste Gestalt giebt, die bekannten Integrationsmethoden nicht ausreichen. Diese Meinung ist jedoch ohne Grund und das Problem läfst sich vollständig behandeln, wenn der feste Körper die Gestalt einer Kugel oder auch die eines Ellipsoides bat. Von diesen beiden Fällen soll nur der erstere als der einfachere in dieser Anzeige besprochen werden. Um das Problem zunächst in der zweiten der oben er- wähnten Formen zu behandeln, sei ce der Radius der unbeweg- lichen Kugel und der Mittelpunkt derselben der Anfangspunkt der rechtwinkligen Axen der x, y, z. Auf die anfänglich ru- hende homogene Flüssigkeit, deren Dichtigkeit mit 9 bezeichnet werden soll, wirke eine beschleunigende Kraft s, die zu der- selben Zeit z überall dieselbe Intensität und Richtung habe, sich aber mit der Zeit beliebig ändern kann, so dafs die Com- ponenten «, ß, y derselben gegebene Funktionen von z sind. Bezeichnet man nun mit p den im Punkte (x, y, z) nach der Zeit £ stattfindenden Druck, mit u, o, » die drei Componenten der Geschwindigkeit, setzt ferner zur Abkürzung z t t r=Va?+y°+2%, r2=fJadı, v=fß3,, v=fyar, f} () 0 2 - 9=(1+)-@@ tur + v2), k so hat man zur Bestimmung von p, u, o, w: (%) ‚Resume des lerons de Mecanique donnees & l’Ecole polytechnique par Mr. Navier, page 480. ur 14 2 ce? 30’x 2r? 2r? Artur + v2), c®? 3c°?; = (i +) 08 + +09), op c? 3c°z a Pie 143 vErien QAx-+uy+vz) 1 c? —p=T—- (ee +Py +y)— zw Het ref), wo 7 eine willkürliche blos von abhängige Gröfse bedeutet, die, wie schon Euler bemerkt hat, in jedem Problem der Hy- drodynamik so lange unbestimmt bleibt, als man sich nicht den Druck für jeden Augenblick an einem Punkte der Oberfläche der Flüssigkeit gegeben denkt. Diese Unbestimmtheit im Aus- drucke von p hat jedoch offenbar keinen Einfluls auf das Re- sultat welches man erhält, wenn man alle gegen eine geschlos- sene Fläche wirkenden elementaren Druckkräfte in eine einzelne Kraft und ein Kräftepaar vereinigt. Für die Oberfläche unse- rer Kugel haben alle diese Elementarkräfte eine einzige Resul- tante, welche durch den Mittelpunkt geht und für deren Com- ponenten man durch eine sehr einfache Rechnung die Werthe — ag, 7 2’ße, = findet, woraus sich für die Resultante der Ausdruck Ir gr er- giebt und zugleich erhellt, dals diese der Kraft parallel ist. Man sieht also, dafs in unserem Falle der von der be- wegten Flüssigkeit gegen die Oberfläche des festen Körpers ausgeübte Druck nur von der jeden Augenblick wirkenden be- schleunigenden Kraft, nicht aber von der Geschwindigkeit der Flüssigkeit abhängt. Hört die beschleunigende Kraft zu wirken auf, so verschwindet auch der Druck, ?%, #, v werden constant und die Bewegung wird sogleich zu einer permanen- ten, bei welcher w, o, » nicht mehr von z£ abhängen. Die so eintretende permanente Bewegung ist immer von derselben Art, in so fern man nämlich nur auf die Verhältnisse der Geschwin- digkeiten Rücksicht nimmt und bei den von den Theilchen der Flüssigkeit beschriebenen Bahnen nur die relative Lage dieser Curven, nicht aber ihre absolute Lage im Raume betrachtet. 15 Diese Curven sind sämmtlich eben und die Ebenen aller gehen immer durch eine bestimmte Gerade, die man als Axe des Sy- stems der Curven ansehen kann und um welche diese symme- trisch so herumliegen, dafs die in einer Ebene befindlichen Curven durch Umdrehung um die Axe alle übrigen erzeugen. Die Richtung der Axe, welche durch den Mittelpunkt der Kugel geht, wird durch die drei Winkel bestimmt, welche sie mit den Coordinatenaxen bildet und deren Cosinus den Aus- drücken Verarr Verrat rv mern gleich sind, wo unter A, #, v die Werthe dieser constant ge- wordenen Gröfsen zu verstehen sind. Die Gleichungen der erwähnten Curven erhalten eine sehr einfache Form, wenn man Polarcoordinaten einführt. Legt man durch die Axe eine be- liebige Ebene, und bezeichnet mit 8 den Winkel zwischen der Axe und dem nach jedem Punkte in der Ebene gerichteten Ra- diusvektor r, so sind sämmtliche Curven in der Gleichung (?— c?)sin’d9=er enthalten, wo der Parameter = das Intervall von O bis oo durch- laufen mufs, damit die Gleichung alle in der Ebene befindlichen _ Curven darstelle. Man sieht ohne Schwierigkeit, dafs diese Curven für ein grolses e immer mehr die Gestalt von geraden mit der Axe parallelen Linien annehmen, während die Form einer solchen Curve für ein abnehmendes = sich immerfort einem _ Halbkreise nähert, der sich in seinen beiden Endpunkten im ‘ _ verlängerten Durchmesser fortsetzt. Um aus den eben angedeuteten Resultaten den einfachsten Fall der Bewegung eines festen Körpers in einer ruhenden } Flüssigkeit abzuleiten, denke man sich die Kugel homogen oder setze wenigstens voraus, dals der Ba phakt derselben mit em Mittelpunkt coincidirt. Bezeichnet z’ die mittlere Dich- igkeit der Kugel und läfst man auf alle Theile derselben eine schleunigende Kraft wirken, deren Componenten ® g g — —.d, —_— 2 eg 20° zohu 22’ 16 sind, so wird der von der Flüssigkeit ausgeübte Druck jeden Augenblick aufgehoben und man kann die Kugel beweglich voraussetzen, ohne dals sie zu ruhen aufhört und ohne dafs die vorhin bestimmte Bewegung der Flüssigkeit modificirt wird. Wird jetzt auf das ganze von der Kugel und der Flüssigkeit gebildete mechanische System, welches den Charakter eines so- genannten freien hat, überall die beschleunigende Kraft als wirkend gedacht, deren Componenten —a, —ß, —y sind, so erhält man durch Zusammensetzung die in unserem anfäng- lich in Ruhe befindlichen System eintretende Bewegung für den Fall, wo auf die Kugel eine beschleunigende Kraft wirkt, deren Componenten die Werthe 32 2 Art ‚g u 28. (+3)% -6+3)% -(+3)> haben, während die Flüssigkeit von keiner Kraft getrieben wird. Bei dieser Bewegung sind die Componenten der Geschwindig- keit zur Zeit z für alle Theile der Kugel, —?%, — u, —v, wo- gegen in der Flüssigkeit zu derselben Zeit an der durch die Coordinaten £ € € — rd, 7—Iud:, = frd: 0 0 0 bestimmten Stelle, die Geschwindigkeitscomponenten die Werthe u—‘%, v—h, w—v haben. Man sieht, dafs die Kugel unter Einwirkung der nach Richtung und Intensität beilebis veränderlichen beschleunigen- den Kraft (ı +,)® sich im widerstehenden Mittel gerade so bewegt, wie sie Feier im leeren Raume bewegen würde, wenn die Kraft jeden Augenblick mit Beibehaltung der Richtung im ce von 20’-++ go zu 27’ verkleinert würde. Die Zusalzkraft . PR ‚ce wird also zur Überwindung des Widerstandes der Flüssig- Et verwandt. Aber dieser Widerstand entspricht nicht der Vorstellung, welche man sich von der Wirkung eines flüssigen Mediums auf einen in ihm bewegten festen Körper zu ma- chen pflegt und nach welcher ein Widerstand auch dann schon vorhanden und zu überwinden ist, wenn die in einem Zeitmo- mente stattfindende Bewegung für den nächsten Zeittheil nicht 17 alterirt werden soll, wogegen nach Obigem in unserem Falle die Bewegung des festen Körpers augenblicklich in eine geradlinige und gleichförmige übergeht, sobald die beschleunigende Kraft zu wirken aufhört. Der Widerstand hängt hier gar nicht von der vorhandenen Bewegung, sondern lediglich von der im nächsten Zeittheile hervorzubringenden Än derung der Bewegung ab und ist immer demselben aliquoten Theile der Kraft gleich, welche dieselbe Änderung im leercn Raume hervorbringen würde, und dieser gerade entgegengerichtet, was man für den Fall, wo die Geschwindigkeit vermindert werden soll, kaum hätte erwarten können. Hr. Encke las über die Berechnung der allgemei- nen Planetenstörungen. Der Wunsch, ein Problem, dessen Lösung jetzt so drin- gend nöthig geworden ist, derselben näher zu bringen, möge es entschuldigen, dals ich hier einen von den beiden in der ersten Abhandlung angegebenen verschiedenen Weg vorschlage die Aufgabe zu behandeln, obgleich ich ihn noch nicht durch wirkliche Ausführung der Rechnung geprüft habe. Es sind in- dessen so viele Vorarbeiten gemacht worden, dals ich überzeugt zu sein glaube, dals keine andern erheblichen Schwierigkeiten eintreten können, als vielleicht die langsamere Näherung als man wünschen möchte. Diese hängt indessen theils von der Natur der Bahnen ab, theils wird sie, wenn sie staltfinden sollte, durch die ungemeine Einfachheit der Formeln ersetzt, welche auch eine längere Rechnung immer angenehmer machen, als eine kürzere auf sehr zusammengeselzte Ausdrücke gegründete. Man sieht immer vor sich was man eigentlich bezweckt und erreicht. Alle Integrationen, die für jetzt hier berücksichtigt wer- den sollen, haben ohne Ausnahme die Form: o fu rar — u forat = U, wo 7 eine periodische Function ist, welche die Zeit nicht aulserhalb des Sinus und Cosinus enthält, und z und o immer zwei der Grölsen x°, y°, z°, welche ebenfalls die Zeit nicht aufserhalb der Sinus und Cosinus enthalten. Diese Form ge- q*+ 18 währt im Allgemeinen schon eine verhältnifsmäfsig leichte Be- rechnung. Besonders wenn man in 7, u und » irgend solche Glieder betrachtet, für welche J = a! cos (I — 2) +} sin (id — 124) u=f; coskÜl + & sinkL] oe=fi coskÜ-+ gr sin kDI. Es wird nämlich für diese (8, — fg, )ku U SI — ln (in — iR) — K’u” 7 wo a und «’ die mittleren Bewegungen des Jupiters und der Vesta sind. Wegen der Incommensurabilität der mittleren Be- wegungen der Planeten kann der Faktor von 7 nur unter der 0 . = - ; - Form von -„ erscheinen, wenn ’’=0 und zugleich i= & ist. Für diesen Fall erhält man wieder aus diesen Gliedern: ‚ ‚ 1 01 1 (ee G: 8; Fi 8:) Dun GE Ai }, so dafs hierdurch die Zeit aufserhalb der Sinus und Cosinus erscheint und die Säculargleichungen nothwendig werden. Wenn hier i=%k=0 wäre, so würde für fo, fo dennoch USi0: Ich gehe nun von den Gleichungen (4) meiner früheren Abhandlung (Monatsber. Nvbr. pag. 712) aus: ddE k? are er ee 4 Or ddy k? 3k?y° I) mE ee dat je ELBREN ar ro wo o o 0 x # zZ en Ham ar Die Kräfte X, Y, Z sollen nach den Sinussen und Cosinussen der mittleren Bewegungen des Jupiters und der Vesta ent-. wickelt sein, was bekanntlich numerisch dadurch geschieht, dafs; 19 man n Jupitersörter mit m Vestaörtern verbindet. Man be- rechnet den Ausdruck der Kräfte, indem man einen Vesta Ort als unveränderlich ansieht und ihn mit den n Jupitersörtern combinirt. Dieses giebt den Ausdruck der Kraft für diesen Vesta Ort, in eine periodische Reihe der Vielfachen der Jupi- ters-Bewegung entwickelt. Hat man die n Ausdrücke dieser Art für alle Örter der Vesta, so. entwickelt man die Co&ffhicien- ten von jedem Vielfachen der Jupiters Bewegung nach einer periodischen Reihe, welche nach Sinus und Cosinus der Viel- fachen der Vesta-Bewegung fortgeht. Nachher setzt man die Glieder zusammen. Es ist also X, Y, Z gegeben in der Form $ (af cos (i£9 — i’%) + X sin (129 — i’2})) und sie enthalten kein Glied von der Form A:. Der Ausdruck dieser Kräfte ist für die erste Potenz der Massen genau, weil man die rein elliptische Bewegung zum Grunde legt. Der Fehler der Gleichungen (1) wird folglich in dieser Beziehung von der zweiten Ordnung sein. Ein Fehler von derselben Ordnung ist aulserdem noch darin enthalten, dals bei ör nur der erste Differentialquotient angewandt ist. Für die erste Po- tenz der Massen sind die Gleichungen aber strenge. Wenn man einstweilen die Glieder welche ör enthalten, nicht berücksichtigt, so lassen sich die Gleichungen integriren. Denn weil k? ide 1 day?’ 1 dd? Pe BT Ze ae ze gr so wird man, wenn man z. B. die erste Gleichung mit x° oder - u N mit y° multiplizirt, und für —z in dem ersten Falle den Aus- ig druck durch x°, in dem zweiten den durch y® substituirt, durch Versetzung dieses Gliedes auf die linke Seite in dem ersten Falle 7 { oddE „dda° EEE, in dem zweiten | ddE ddy° dt? di? , ” En... wovon die Integrale sind: 20 d dy® = - und yo 25 — Fr Hierdurch erhält man aus den zwei ersten der Gleichungen (1) die 4 ersten Integrale d FR] 3k?x „dE_ = = fer + [5 “dr aar) di 2 k’x zi T dy dx 3k?y 5 Lorar m 22000 dy en “ar aE Eliminirt man aus den ersten beiden Gleichungen ze und < d b aus den letzten beiden = setzt auch zur Abkürzung 2) arte), ET D) so erhält man dy° d (7° - -)E=r forma forXaı +y?° x)ö8r z'dte— x x)Ory’dı Pau AC Pp 25 ay°® dx Era forum for +7 fe”) orxtdıe— for Vdryvar Nun aber ist „2r® Be ——yu = k cos ar rn ka dz dy° z - y° a 2, = + kvp° sin R° sin i? dx? dz® ‚ ze Eau re k Yp° cos 2° sin i?, folglich hat man sogleich: 21 kyp° cosı°.E= fer Xar — a0fy x: + rfp@®)dr xdt—x Spa Jör y°aı kyp°® cos ı°.y =,fr° Ya — aofyYar + fp@®)dr ad — = fpQ°) öry’di. Wollte man ähnlich bei £ verfahren, so würde man (we- nigstens bei dieser ersten Übersicht der Form der Entwicke- lung) auf der linken Seite einen Faktor sin i° bekommen, der nachher als Divisor in die Formeln eintreten würde. Bei sei- ner Kleinheit wäre er immer nachtheilig, und in dem speciellen Falle von i’ =0 würde, wenn er wirklich bleibt, die Auflö- sung geändert werden müssen. Um dieses zu vermeiden, eli- minire man aus je zwei der Gleichungen (1) die Gröls ör, so erhält man ebenfalls solche Formen wie 0 day dd:° ae lg? (3) die unmittelbar integrirt werden können. Führt man die In- tegralion aus, so hat man: dE dy? dx? ER ER 4 Erd ız D eu, 7 ae —_ x? fr a farrai d dz d re Au. "_ 2’ Ydt— fr’ 2a: d? dx dz° E NEE TEEN 0 zZ — I Kr. ed Ta Free fe , _Multiplizirt man hier die erste Gleichung mit =°, die zweite mit x°, die dritte mit y°, und nennt das aus der Summe die- ser Produkte auf der rechten Seite entstehende Glied 79, wo also V= (= fr ra: 2° fa°rar) + (vf2°za:— 2° fy°Za:) ‚so erhält man RER (4) ee ee) d 22 oder wenn man die obigen Werthe substituirt, (5) kyp° cos + Esin Qtgi’ —ncosSQ?tg ı=W, eine Gleichung, welche $ als Funktion von bekannten Grölsen und £ und x giebt. Hieraus folgt nun: 0 () 0 0 (6) Ör -(5-5 sin 82° °)E+(% + = cos 2 1gi°) N 1 > 7°" kyp’cosi’ Hierdurch ist also das Problem auf zwei Variable zurück- geführt und man hat folgende Lösung: ' Es sei: ImSoNnS., z’b(x") (7 Eu I= 5 yp® cos ı° Wesaha ii. } x PET cn? so wir kyp° cos i’ E = fr Xaı _ arfy' Kat +,fo (x°2°) Wx’dt fo (zz) y’at | +,foz' Orx’dt— a’ fpx' öry’dt kyYp” cos y =yfa'raı —_ arfy'Yaı +,fo (y’z’)Wx’dt -.f® (y’z’)Wy’dt +, for’ Örz’dt— a’fpy’örr’at, wobei 7 aus (4) bestimmt wird und SEHE (= tg.” sin u 20 tg ı° cos 2" 5 r’ r® I® Dabei ist: g WW ee er = 0 ‚0 0 Kyprcos® Eigi’ sin’ -Hntgi’ cos Das Verfahren wird deshalb das folgende sein: Man be- rechnet zuerst die ersten genäherten Werthe: 23 & = fa Xar— ar fy' Kat +,'fp (22°) Wax’ dıi— af (zz) Wy’dı Yı = y'faYaı af rat + fo": ) War a0 a2fpQy'z) Wr’ ar, bestimmt dann daraus y x — z’ gi” sin 8° y°+ 2" tgi° cos 83° a ee Diesen Werth substituirt man in f) () 0 px Ey 0 0 .px 5 0 = — r,xXx dt—: a dr dt &: f; Vp’ cosi? ' f; Yp° cos ı° I py° Ey 0 P) py° ‚ o = 0. 2 dte— x FR) dt ER u cos ı® ir kyp® cos i? at bestimmt dann daraus wieder x — z° tg ı? sin 83° y + ztgicosß° Mine END BD na Kran ie sauhB? I ör,= ° r r> 2 und leitet daraus ab o „0 {3 = y! BE N zdı — „o Er 04: Be fa BR F7 kyp” cos ı®? Y 0 () () PY y h) () Pr ‚ 0 — een dti— ——— dt 15 fi Vp’ cos Men ef cos ı° Iren und geht so fort, bis &, und +, unmerklich werden. Hat man _ die Grenze erreicht, so wird: kyp’ cost’ E=E, ++ &..+& i kypcoos®’y=n Hr +3... +9 und £ bestimmt sich aus 9, & und ». Es würde folglich gar keine andere Schwierigkeit obwalten als die mögliche Langsamkeit der Näherung, wenn nicht, wie ben bemerkt, die Zeit auch dann aufserhalb der Sinus und Cosinus aehiene, wenn die in die Integrale eintretenden Funk- tionen die Zeit nur unter dem Sinus und Cosinus enthalten. 24 Diese Glieder werden durch die Säcular-Änderungen der Ele- mente weggeschafft werden können, worüber ich die nähere Ableitung bis zur Entwickelung der Zahlenwerthe mir vorbe- halte. Wesentlicher als diese Untersuchung ist mir für den Augenblick die Frage, ob die Näherung schnell genug gehen wird, um diesen Weg überhaupt zu betreten. Die allmälig sich bildenden, mit 2 multiplizirten Glieder werden noch be- sonders betrachtet und ihr Einfluls auf die Reihenentwickelung berücksichtigt werden müssen. Sie entstehen überdem nur aus den Gliedern in der Entwickelung von X, Y, Z, die frei von den mittleren Längen des störenden Planeten sind. Dals eine Näherung stattfinden mufs, ergiebt sich schon daraus, dals mit X, Y, Z zugleich auch alle übrigen Glieder verschwinden müssen, weshalb auch Constanten nirgends ange- deutet sind. Der hier eingeschlagene Weg ist dem bei den speciellen Störungen angewandten so ähnlich, als die analyti- sche Behandlung es gestattet, indem er auch zuerst für ein kleines z die Werthe ermittelt, und die ermittelten benutzt, um weiter sich zu nähern. Der Grad der Näherung wird in- dessen wesentlich von der Zusammensetzung der Werthe, nach den Multiplicationen um ör zu erhalten, und von der Conver- genz der Reihen abhängen, die hier in Anwendung kommen. Es sind drei Gattungen, deren Entwickelung für die Vesta ich i deshalb hier hersetzen will. Für die Integrationen braucht man x°, y° und z°. Ich finde bei der Vesta, wenn M ihre mittlere Anomalie ist: x° = + 0,1070612 — 0,8010095 cos M + 2,1915172 sin M — 0,0354995 cos 2M + 0,0971888 sin 2M — 0,0023603 cos 3M + 0,0064642 sin 3M — 0,0001859 cos 4M + 0,0005093 sin AM — 0,0000164 cos 5M + 0,0000435 sin 5M — 0,0000015 cos6M | y° = + 0,2951664 — 2,2083739 cos M — 0,8126728 sin M — 0,0978719 cos 27 — 0,0360400 sin 2M — 0,0065070 cos 3M — 0,0023971 sin3M — 0,0005127 cos 4M — 0,0001887 sin4M ” — 0,0000446 cos 5M — 0,0000161 sinsM — 0,0000042 cos6M 25 2 = — 0,0215412 + 0,1611669 cos MW — 0,2435960 sin 7 + 0,0071427 cos2M — 0,0108029 sin 27 + 0,0004749 cos 37 — 0,0007185 sin 37 + 0,0000374 cos AM — 0,0000566 sin AM —+ 0,0000033 cos 5M — 0,0000048 sin 57 + 0,0000003 cos6M Diese Reihen deuten hinlänglich an, dafs man bei der Bildung der Werthe . . ’ ’ Sig, — Sig; oder vielmehr allgemeiner von f, Sr — Sr 8; nur wenige Glieder mitzunehmen haben wird, und die Summi- rungen, in Bezug auf die bei jedem Werthe von i[J — :’2, noch merklichen k, rasch gehen werden. Dann hat man immer zur zaauog der ör mit Reihen zu multipliziren, die sich aus —, —, — zusammensetzen. Ich finde 0 en = + 0,0302220 — 0,3371602 cos M -+ 0,9261230 sin M — 0,0299046 cos2M + 0,0804221 sin 27 — 0,0029834 cos 37 + 0,0081869 sin 37 — 0,0003135 cos 4M + 0,0008601 sin aM — 0,0000343 cos 57 -+ 0,0000920 sin 57 — 0,0000038 cos 6M T = + 0,0833216 — 0,9295496 cos 7 — 0,3434311 sin M — 0,0824468 cos 2M — 0,0304406 sin 27 — 0,0082253 cos3M — 0,0030359 sin 37 — 0,0008645 cos 4M — 0,0003189 sin AM — 0,0000919 cos 5M — 0,0000341 sin 5M — 0,0000103 cos6M — = — 0,0060808 + 0,0678382 cos 7 — 0,1029423 sin M £ + 0,0060170 cos2M — 0,0091245 sin 27 + 0,0006003 cos 37 — 0,0009100 sin 3M + 0,0000631 cos4M — 0,0000956 sin AM + 0,0000069 cos 57 — 0,0000103 sin 57 + 0,0000008 cos 6M o zZ Auch von diesen Reihen wird man die letzten Glieder schwer- lich anwenden. Endlich en noch die Multiplicationen mit ‚den Reihen LE und ER ann wesentlich in Betracht, die eben- falls auf die Schnelligkeit der Näherungen einwirken werden. 26 Für diese beiden, mit Übergehung von $(x°z°) und $(y°z°), die natürlich bei der Kleinheit von z° kleine Coefhicienten ha- ben, finde ich, wenn 100 Tage als Zeit- Einheit angenommen werden: $(«°) kVp°cosi® =— 0,0039445 _ 0,0885376 cosM + 0,2403 171sinM — 0,0195314 cos2M+ 0,0532736 sin2M — 0,0033712 cos3M+- 0,0092105 sin3M —.0,0005260 cos4M + 0,0014173 sin4M — 0,0000791 cos5M + 0,0002081 sinsM — 0,0000110 cos6M 0 = ler = —.0,0108750 — 0,2440973 cos M — 0,0891160 sin M — 0,0538480 cos2M— 0,0197553 sin2M — 0,0092943 cos3M— 0,0034155 sin3 M —0,0014502 cos41— 0,0005330 sin 4M — 0,0002180 cos5s M— 0,0000772 sin 5M } — .0,0000306 cos6 M Diese Reihen convergiren allerdings am langsamsten, so dals man wahrscheinlich mehrere Näherungen nöthig haben wird. Auch hat der Versuch den hier angegebenen Gang bei den speciellen Störungen zu befolgen, eine langsamere Näherung gegeben als zu wünschen war. Immer wird es sich der Mühe verlohnen, diesen Weg zu versuchen, wie mein jelziger vor- züglicher Gehülfe, Herr Dr. Brünnow, in Gemeinschaft mit mir 3 beabsichtigt, um wenigstens eine Vorstellung zu bekommen, wie sich bei ihm die Grölsen zusammensetzen. Wie die Glieder der zweiten Potenz der Masse nach der- selben Methode entwickelt werden können, sieht man sogleich. Aber es wäre unnütz von ihnen zu sprechen, so lange man noch nicht weils, ob die Glieder der ersten Potenz sich auf diesem Wege hinlänglich bequem erhalten lassen. Hr. G. Rose trug einige Bemerkungen vor über die Krystallform des Zinks. Als Krystallform des Zinkes ist von Nöggerath die Com- bination eines regulären sechsseitigen Prisma mit der geraden Endfläche und von Nikles das Pentagondodeka@der beobachtet, und Nikles hat daraus geschlossen, dafs das Zink dimorph ' ne ren ar Zu Bienen ee 27 sei(*), wie man diefs schon von mehreren andern Metallen weils. Dafs das Zink in sechsseitigen Prismen, also in Formen des 3- und 1-axigen Systems krystallisire, davon konnte sich der Verf. durch den Augenschein überzeugen. Hr. Nöggerath hatte die Güte, ihm einen Theil der untersuchten Krystalle zu schicken, und später hatte er dergleichen auch durch die Herrn Hasenklever in Achen und Braun am Altenberg erhalten. Wenn- gleich bei allen diesen Krystallen gegen die Hauptaxe geneigte Flächen nur so unvollkommen vorkommen, dafs sie nicht be- stimmt werden konnten, und die, wenn auch sehr wahrschein- liche Isomorphie des Zinkes mit den übrigen rhomboädrischen Metallen daher mit Gewifsheit nicht auszumachen war, so geht aus der Beobachtung von Nöggerath doch bestimmt hervor, dals die Krystalle zum 3- und 1-axigen Krystallisationssystem gehören Ob nun aber das Zink auch in den Formen des regulären Systems und namentlich in Pentagondodekaedern, wie Nikles behauptet, krystallisiren könne, ist dem Verf. durch eigene Be- obachtung jetzt sehr unwahrscheinlich geworden. Er hatte sich nämlich mit der Bitte Zinkkrystalle zu erhalten, an Hrn. Ober- Hütten-Inspector Mentzel in Königshütte in Ober- Schlesien gewandt, und auch bald darauf sowohl von ihm als auch von Hrn. Dr. Friedrich in Myslowitz dergleichen Krystalle zuge- schickt erhalten. Hr. Mentzel hatte auch die Güte ihm mitzu- theilen, wie diese Zinkkrystalle sich auf den Schlesischen Zink- hütten bilden. Sie erzeugen sich hier gar nicht selten, und zwar stets, wenn die Muffeln, in denen die Zinkerze destillirt _ werden, nach dem Vorlageraum zu nicht dicht schliefsen. Die aus den Muffeln entweichenden Zinkdämpfe oxydiren sich nun _ im Vorlageraum, das gebildete Zinkoxyd setzt sich zunächst an _ der Ausströmungsöffnung ab, und bildet daselbst Röhren, die f oft 6 bis 8 Zoll anwachsen, und an der innern Seite mit feinen _ Nadeln bedeckt sind. Verstopft sich nun die Mündung einer solchen Röhre, so dafs kein Sauerstoff in dieselbe mehr zutre- ten kann, so setzt sich oft das Zink metallisch in der Röhre ab und krystallisirt bisweilen. 5 - (*) Vergl. die Monatsberichte von 1850. $. 263. & RR % 28 Die übersandten Krystalle hatten sich also durch Sublima- tion gebildet, und folglich auf eine andere Weise, wie die durch Nöggerath beschriebenen Zinkkrystalle, die in den Dru- sen der erstarrten Masse entstanden waren, und es konnte da- her wohl möglich sein, dals so die Form der ersteren Krystalle von der der letzteren verschieden wäre. Auch war ihr Äufse- res völlig abweichend, denn sie stellten gewöhnlich völlig runde Krystalle von der Gröfse eines kleinen Stecknadelknopfes bis _ zu der einer Erbse dar, die gewöhnlich überall von einer gro- fsen Menge meistens platter und stark metallisch glänzender Flächen bedeckt waren. Untersuchte man aber die Krystalle näher, so ergab sich, dafs jeder Krystall von dem andern ver- schieden war; an eine Symmetrie der Flächen, einen Paralle- lismus der Kanten, eine Übereinstimmung der Winkel war gar nicht zu denken. Die Krystalle verhielten sich vollkommen wie die Polyäder, die man erhält, wenn man kleine Stückchen Py- romorphit" (Grünbleierz) vor dem Löthrohre schmilzt. Beim Erkalten bilden sich plötzlich unter schnell vorübergehendem Aufglühen der Masse eine grolse Menge von Flächen, in wel- chen ebenfalls gar keine Symmetrie vorhanden ist. Jeder die- ser scheinbaren Krystalle ist also nichts anderes als ein Aggregat einer grolsen Menge von Individuen, wahrscheinlich von ebenso vielen als Flächen da sind, und es ist daher ganz unmöglich, daraus die Symmetrie des einfachen Krystalls und des Krystal- lisationssystems, zu welchem er gehört, herauszufinden. Die fünfeckige Form der Flächen kehrte aber sehr häufig wieder, daher man wohl auf den Gedanken kommen kann, diese Poly- @der für Pentagondodecaäder zu halten. Da nun bis jetzt bei keinem Metalle Pentagondodeca@der vorgekommen sind, so ist es sehr wahrscheinlich, dafs die angeblichen Pentagondodeca&der von Nikles auch keine Krystalle, sondern dergleichen kuglige | Aggregate von Krystallen sind, zumal da sie ebenfalls wie die Schlesischen Zinkkrystalle durch Sublimation gewonnen worden, und die angebliche Pentagondodeka@derform und daraus abge- leitete Dimorphie des Zinkes ist daher so lange in Frage zu stellen, bis jene Form bestimmt erwiesen ist. Ganz ähnlich wie das Zink verhält sich auch das Cadmium. Durch Destillation bedeckt sich der Hals der Retorte mit Tropfen, 29 die beim Erkalten zu Poly@dern erstarren, bei denen sich eben- falls keine Symmetrie entdecken läfst und die daher ebenfalls keine Individuen, sondern Aggregate von Individuen sind. Der Verf. erhielt dergleichen Poly@äder von Cadmium von Hrn. Mit- scherlich schon längere Zeit vor den Zinkkrystallen, untersuchte sie, und kam schon damals zu dem Resultat, wohin ihn die Un- tersuchung der Zinkkrystalle geführt. Die Krystalle des Cad- miums unterscheiden sich aber von denen des Zinks dadurch, dals sie bald an der Luft ihren Glanz verlieren und matt werden. Der Verf. verglich dann die beschriebenen Poly@der mit andern Körnern, die er schon vor vielen Jahren beschrieben hat(*), die aber wirkliche Individuen sind, nämlich den Kör- nern, die in den Höhlungen des Pallas’schen Meteoreisens vor- kommen. Wo dieselben nicht an dem Eisen festgesessen ha- ben, sind sie im Allgemeinen vollkommen rund und sehr stark glasglänzend und enthalten gewöhnlich nur hin und wieder einzelne Flächen, die meistentheils runde Umrisse haben und seltener sich in Kanten schneiden. Unter einer grofsen Menge von losen Körnern aus dieser Pallas’schen Eisenmasse, die sich in der hiesigen Königlichen Sammlung befinden, hatte der Verf. nur einen etwas vollständigen Krystall gefunden, der aber eine grolse Menge Flächen enthielt, mehr als sie bisher bei einem irdischen Olivin-Krystalle beobachtet waren. Wo sich aber auch nur einzelne Flächen finden, kann man vollständig bestim- men, welche Flächen es sind, da dieselben äufserst glatt und glänzend erscheinen und ihre Neigung gegen einander sich sehr ‚genau messen lälst, und es ergiebt sich dann stets, dafs auch _ diese Körner nur einem Individuum angehören. Der Verf.-kennt gar keine Krystalle, die er mit diesen Olivinkörnern verglei- _ chen könnte; sie sind aufgewachsen und an den freien Enden nd bis auf einzelne hier und da sich findende Flächen. Wahr- s heinlich waren sie doch früher in derselben Lage wie der auf er Kohle vor dem Löthrohr geschmolzene Pyromorphit. Wa- m bilden sich hier an der erstarrenden Masse verschiedene lächen, die verschiedenen Individuen augehören, dort nur einem dividuum? Zuweilen sieht man auch bei den beschriebenen ) Vergl. Poggendorffs Ann. von 1825 B. 4. S. 185, 30 Polyödern von Zink Stellen, die ganz rund sind, diese sind aber nie glänzend, sondern matt oder drusig durch eine zahllose Menge kleiner sich schneidender und unter der Lupe erkenn- barer Flächen, so dals also auch diese runden Stellen eine me- chanische Zusammensetzung beweisen. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Antonio Ladislau Monteiro Baena, Ensaio corografico sobre a Provincia de Pard. Para 1839. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Parä d. 15. Aug. 1840, G. A. F.Keber, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Weichthiere. Königsberg 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Insterburg d. 23. Dec. 1851. Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1851. No. 3. Moscou 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des ersten Secretars dieser Gesellschaft, Herrn Dr. Renard vom ar Dec. 1851. Archiv des historischen V: ereines von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 11. Heft 2.3. Würzburg 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Ausschusses dieses Vereins d. d. Würzburg d. 12. Nov. 1851. { Journal de l’Ecole polytechnique. Cahier 33. 34. Tome 19. 20. Paris 1850. 51. 4. Bibliotheca Indica; a collection of oriental works etc. Edited by E. Röer. 1850. Aug.-Noy. No. 32-35. Calcutta. 8. Antiquarisk Tids/krift, udgivet af det Kongelige Nordiske Oldskrift-Selskab 1849-51. Hefte 1. Kjobenhavn 1850. 8. Societe royale des antiquaires du Nord. Rapport des scances annuelles de 1848-1851. 8. 10 Expl. { The Journal of the royal geographical Society of London. Vol. 21. 1851. London. 8, bi Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1851. No. 19. 8. A. Lereboullet, Zecherches sur l’anatomie des organes genitaux des animauz vertebres. Memoire couronne par ÜAcademie des sciences de Paris. Nova acta Acad. Caes. Leop. Carol, nat. cur. Vol. XXIII. 3 Das agb Karl Friedr. Hermann, Perseus und Andromeda. Eine Marmorgruppe der Königl. Sammlung im Georgengarten zu Hannover; als Programm 31 des archüologisch-numismatischen Instituts in Göttingen zum Winkel- mannslage 1851. Göttingen. 4. Karl Friedr. Hermann, Disputatio de sceptri regü antiquitate et origine. ib. 1851. 4. Giovanni Santini, Calcolo delle perturbazioni prodotte dalle attrazioni di Giove, Saturno, della Terra e di Venere negli elementi ellittici della cometa di breve periodo appellata di Biela etc. Venezia 1851. 4. Memorial de Ingenieros. Ano 6. Num. 11. Noviembre de 1851. Madrid. 8. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 787. Altona 1851. 4. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1851. Juillet. Paris 1851. 8. Ferner wurden vorgelegt: Ein Schreiben des Secretars der geographischen Gesell- schaft zu London v. 24. Sept. 1851, wodurch der Empfang der letzten Sendung der Abhandlungen der Akademie und der Mo- natsberichte vom Juli 1850 bis Juni 1851 angezeigt wird. Eine Verfügung des Hrn. Ministers der geistlichen, Un- terrichts- und Medicinal- Angelegenheiten Exc. vom 29. De- cember 1851, womit eine Abschrift eines in dem Königl. Ar- chive zu Dresden befindlichen Briefes Friedrichs des Grolsen an die Kurfürstin Marie Antonie mitgetheilt wird. 15. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. H. Rose las über die Verbindungen der Koh- lensäure und des Wassers mit dem Zinkoxyde. Das Zinkoxyd bildet mit der Kohlensäure und dem Wasser eine weit grölsere Menge von "Verbindungen als bei der Fäl- lung der Auflösungen der neutralen Salze anderer Metalloxyde namentlich der Magnesia, des Bleioxyds, des Kupferoxyds, des - Kobaltoxyds und des Nickeloxyds vermittelst kohlensauren Al- kalis erzeugt werden. Bei diesen entstehen vorzugsweise nur _ wenige Verbindungen von neutralem kohlensauren Metalioxyd und Metalloxydhydrat, welche vermöge der Verwandtschaft, wel- che sie zu einander äulsern, mit einer gewissen Hartnäckigkeit der ferneren Einwirkung des Wassers mehr oder weniger stark widerstehen; bei der Fällung des schwefelsauren Zinkoxyds aber vermittelst des kohlensauren Natrons erzeugen sich mannigfal- _ tige Verbindungen zwischen kohlensaurem Zinkoxyd und Zink- f oxydhydrat, die zum Theil schon beim Trocknen in der Zu- 32 sammensetzung sich verändern, indem sie dadurch Kohlensäure verlieren, welche durch Wasser ausgetrieben wird. Aus concentrirten Auflösungen gleicher Atomgemische beider Salze fällt in der Kälte vorzugsweise die Verbindung 2Z0nk +3Zn CH, welche aber schon beim Trocknen sich in AZnC +7ZnH-+-H verwandelt. Diese scheidet sich auch aus, wenn ver- dünntere Auflösungen mit einander vermischt werden. Aus sehr verdünnten Auflösungen in der Kälte, und auch aus concentrirten bei der Kochhitze erhält man vorzugsweise den Niederschlag Zn E4-3ZuH mit verschiedenen Mengen von Wasser verei- nigt. Bei einem Überschusse von kohlensaurem Natron erzeugen sich, je nachdem die Fällung in der Kälte, oder bei etwas er- höhter Temperatur geschieht, Verbindungen die etwas mehr Kohlensäure enthalten; bei Bereitungen aber von sehr grolsen Quantitäten scheint man immer, wenn man die Verhältnisse be- obachtet, wie sie die Preulsische Pharmacopoe vorschreibt, und eine nur etwas erhöhte Temperatur anwendet, einen Nieder- schlag von der einfachen Zusammensetzung Zn + ZnH zu erhalten. Wird das zweifach-kohlensaure Natron zur Fällung des schwefelsauren Zinkoxyds angewandt, so erhält man Verbindun- gen, die reicher an Kohlensäure sind. Sie dürfen jedoch im feuchten Zustande zum Trocknen nicht unter die Luftpumpe gebracht werden, weil dann viel Kohlensäure entweicht, und sich die Verbindung 22n& +3ZnH +H bildet. Geschieht die Fällung bei einem Überschufs des Bicarbonats in der Kälte, so entsteht ein Niederschlag von der Zusammensetzung 4ZnC +5ZnH + H; wenn aber sehr grolse Mengen in Arbeit ge- nommen werden, so fällt, selbst bei Anwendung einer etwas erhöhten Temperatur die Verbindung 2Zn&© +ZnH. Wird bei einem Überschuls des Bicarbonats kalt gefällt, und der Niederschlag lange stehen gelassen, und nicht ausgewaschen, so enthält er die gröfste Menge von Kohlensäure, und hat die Zusammensetzung 12Zn& +3ZnH +5H. Bei 100° C. ge- trocknet verliert er keine Kohlensäure, sondern nur Wasser und wird 4Zn© + ZnH. Die neutrale Verbindung des Zinkoxyds mit der Kohlen- säure erhält man nur durch zweifach-kohlensaures Kali, dessen 33 eoncentrirte Auflösung in der Kälte im Übermaafs mit der des schwefelsauren Zinkoxyds vermischt werden mufs. Man läfst den Niederschlag längere Zeit hindurch stehen, bis er dicht geworden ist, und wäscht ihn dann mit einer Auflösung von zweifach-kohlensaurem Kali aus. Nach dem Pressen zwischen Flielspapier hat er die Zusammensetzung 2Zn© +3H. Durchs Auswaschen mit kaltem Wasser verändert er sich nicht; im lufitrocknen Zustande ist er dann AZnC -+5H. Bei 100° C. getrocknet verliert er keine Kohlensäure, und auch nicht die ganze Menge des Wassers; er ist dann 4ZnG+H. Sehr merkwürdig ist es, dals selbst einer Temperatur von 200° C. ausgesetzt er keine Kohlensäure und nicht alles Wasser verliert. Seine Zusammensetzung ist dann 5Zn&© +H. So fest halten die Verbindungen von kohlensaurem Zink- oxyd mit Zinkoxydhydrat ihre Koblensäure nicht gebunden. Sie verlieren bei 200° C. ihre Kohlensäure und ihr Wasser voll- kommen und hinterlassen dann reines Zinkoxyd. Es wird hier die Kohlensäure durch das Wasser ausgetrieben, das selbst dann bei 200° entweicht. Wie das künstlich dargestellte neutrale kohlensaure Zink- oxyd verhält sich auch das natürliche bei erhöhter Temperatur. Es behält wie jenes bei 200° seine Kohlensäure, die es lang- sam bei 300° verliert. Während nun erst bei einer Temperatur von 300° die Kohlensäure aus dem neutralen kohlensauren Zinkoxyd aus- getrieben werden kann, kann Wasser dieselbe aus dem gepul- _ verten Minerale schon bei der Kochhitze desselben verjagen. i An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Heraus- gegeben von Fridolin Sandberger. Heft 7, Abth. 1-3. Wiesbaden 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Herausgebers d. d. Wiesbaden d. h 16. Oct. 1851. '® Kongl. Vetenskaps - Akademiens Handlingar för Är 1849. Stockholm & 1851. 8. Ärsberättelse om T. echnologiens Framsteg, till Kongl. Vetenskaps- Akademien afgifven den 31. Mars 1845 af G.E. Pasch. ib. eod. 8. qr*r 34 'Ärsberättelse om Framstegen i Insekternas, Myriapodernas och Arachnider- nas Naturalhistoria för 1847 och 1848 &ill Kongl. Vetenskaps- Akade- mien afgifven af C.H.Boheman. ib. eod. 8. Berättelse om Framstegen i Fysik under Är 1849. Afgifven till Kongl. Vetenskaps- Akademien af E.Edlund. ib. eod. 8, Öfversigt af Kongl. Vetenskaps - Akademiens Förhandlingar, Ärgang 1850. ib. eod. 8. Aug. von Hartmannsdorff, Tal, om Sambandet och värelverkan mellan Näringarne, Kyrkan och Samhället, hället i Kongl Vetenskaps - Aka- demien d. 17. April 1850. ib. eod. 8. I. Th. Nathhorst, Landtbruket förr och nu, jemte en blick pä dess för- hällande till Samhällets ekonomiska och moraliska Utvechling, Tal hället i Kongl. Vetenskaps- Akademien d. 9. April 1851. ib. eod. 8. mit einem Begleitungsschreiben des beständigen Secretars der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Stockholm, Herrn P. I. Wahl- berg, vom 1. Nov. 1831. Jahrbuch der kaiserlich- königlichen geologischen Reichsanstalt. Jahrg. I. | 1851. No. 2. 3. April-Sept. Wien. 4. Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien; gesammelt und herausgg. von Wilh. Haidinger. Bd. 4. No. 1-6. Jänner — Juni 18/3. Bd. 7. und letzter. No.1-11. Jän- ner— Nov. 1850. Wien 1848. 51. 8. Naturwissenschaftliche Abhandlungen, gesammelt und durch Subscription herausgg. von Wilh. Haidinger. Bd. 4. Subscriptionsjahr vom 4. Jänner bis 31. Dec. 1850. Wien 1851. 4. Eingesandt durch den Director der K. K. geologischen Reichsanstalt in Wien, Herrn Wilh. Haidinger mittelst Schreibens v. 7. Jan. d.J. Adolph Senoner, Zusammenstellung der bisher gemachten Höhenmessun- gen im Kronlande Steiermark. Aus dem Jahrb. der k. k. geolog. Reichs- anstalt, II. Jahrg. 4. , Zusammenstellung der bisher gemachten Höhenmessungen im Lombardisch- Venetianischen Königreiche. Aus dem Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt, 11. Jahrg. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d.d. Wien d. 31. Dec. 1851. 25ste publication des literarischen Vereins in Stuttgart (6ten jahrgangs, 1851, 1ste publication), auch mit dem Titel: Bibliothek des lit. Ver- eins in Stuttgart. XXV. Stuttgart 1851. 8. Pistis Sophia. Opus gnosticum Valentino adjudicatum e Codice manu- scripto Coptico Londinensi descripsit et latine vertit M.G.Schwartze.. Edidit J. H. Petermann. Berolini 1851. 8. 5Expl. Eingesandt vom Verleger, F. Dümmler’s Buchhandlung hieselbst mit- telst Schreibens vom 14, Jan. d. J. + 39 The Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain et Ireland. Vol. 13, Part 1. Vol. 14, Part 1. Memoir on the Babylonian and Assyrian inseriplions by H. C. Rawlinson. London 1851. 8. ' The Oriental Translation Fund of Great Britain and Ireland. Founded | 1828, ib. 8. Revue archeologique. 8. Annee. Livr. 9. 15.Dec. Paris 1851. 8, Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 788. Altona 1852, 4. Aufserdem kamen zum Vortrag: Ein Schreiben des Secretars der Königl. Asiatischen Ge- ‚sellschaft zu London vom 15. Nov. v. J. über den Empfang der Abhandlungen der Akademie vom J. 1849 und der Monats- berichte vom Juli 1850 bis Juni 1851. Ein Schreiben des Secrelars der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Stockholm vom 1. Nov. v. J. über den Em- pfang der Abhandlungen der Akademie vom J. 1848 und 1849 | pe der Monatsberichte vom Juli 1850 bis Juni 1851. | 1. Januar. Sitzung der physikalisch-mathe- } nie Klasse. 4 Hr. Hagen las über den Druck und die Bewegung des trocknen Sandes. In dem horizontalen Boden eines Gefälses befinde sich eine kreisförmige Öffnung, deren Halbmesser gleich r sei. In diese werde eine leicht bewegliche, aber gut schlielsende Scheibe eingesetzt, und darüber eine ausgedehnte Sandschüt- $. ung von der Höhe % angebracht. Alsdann erfährt die Scheibe einen Druck, der dem Gewichte des darauf stehenden Sand- -Cylinders gleich ist, weniger der Reibung, welche dieser von der umgebenden Sandmasse erfährt. Die Reibung ist aber dem "Horizontal-Drucke, oder dem Quadrate der Höhe proportional. Bezeichnet man durch / eine von der Reibung abhängige Con- stante und durch y das Gewicht der Raum-Einheit des San- ‚des, so ist der Druck gegen die Scheibe gleich r’anyh— 2raylh? Der Werth dieses Ausdrucks wird, wenn Ah gröfser wird, ‚anfangs zunehmen, bis er sein Maximum erreicht, alsdann sich mindern, und nicht nur gleich Null, sonderu sogar negativ 36 werden. Der Sand-Cylinder ist indessen in sich nicht fest verbunden, daher kann der Druck seines untern Theiles, der unmittelbar auf die Scheibe wirkt, nicht durch die starke Rei- bung des ganzen Cylinders aufgehoben werden. Der Druck auf die Scheibe behält daher auch bei höheren Schüttungen un- verändert jenen grölsten Werth. | Versucht man, diesen Druck durch das Gewicht eines ge- wissen Sand-Körpers darzustellen, der frei auf der Scheibe steht, und durch die Oberfläche der Schültung begrenzt wird, | so lange diese noch nicht seinen Scheitel erreicht; so findet man, dals dieser Körper ein Conoid ist, welches aus der Um- drehung einer Parabel um ihre Axe gebildet wird. Dabei ist. der Parameter der Parabel = 4r/ Mr die Höhe des Paraboloids = Fr Letzteres schlielst sich an den Umfang der Öffnung an. Zur Vergleichung dieser Resultate mit der wirklichen Er- scheinung, brachte ich in zwei Messingplatten, welche abwech- selnd den Boden des mit Sand zu füllenden Gefäfses bilden sollten, Öffnungen von 0,3791 und 0,7271 Zoll Halbmesser an, schlols dieselben durch passende Scheiben, und unterstützte diese in ihren untern Flächen durch Hacken, welche an einen Arm einer Wage gehängt waren, während der andre Arm das Gegengewicht trug. Damit Letzteres ohne Erschütterung sich langsam vermindern konnte, bis es dem Drucke auf die Scheibe entsprach, so wählte ich dazu wieder eine Sandschüttung, wel- che durch eine feine Öffnung im Boden der Schale abllofs. Der constante Fehler dieser Messungsart liefs sich leicht finden, wenn das Übergewicht der Scheibe und des Hackens über die Schale sowol durch das Abfliefsen des Sandes, als durch di- recles Abwiegen ermittelt, und beide Resultate mit einander verglichen wurden. Die mehrfach wiederholten Messungen des Druckes der Sandschüttung gegen die Scheiben zeigten unter sich bedeu- tende Abweichungen, die augenscheinlich von der verschieden- artigen Ablagerung herrührten. Der Cubikzoll dieses Sandes, eines groben, eisenhaltigen Streusandes, wog bei möglichst lockerer Ablagerung 2,9 Loth. Das Gewicht vergrölserte sich 37 aber, wenn auch nur mälsige Bewegungen während der Auf- schüttung eingetreten waren, auf 3 Loth und stieg sogar auf 34 Loth, sobald durch heftige Erschütterungen oder durch Ein- len eines Drahtes eine recht Hlschlassne Ablagerung ver- nlafst wurde. Die Reibung nahm dabei noch stärker zu, als das specifische Gewicht, so dafs bei einer festeren Ablagerung ee Druck gegen die Scheibe auffallend geringer wurde. Bei Benutzung der gröfseren Scheibe trat das Maximum 5 Druckes ein, sobald die Höhe der Schüttung etwa 1 Zoll betrug: bei gröfserer Höhe wurde der Druck wieder etwas ge- finger, weil aller Vorsicht unerachtet die Ablagerung des San- des sich alsdann etwas verdichtete. Für die lockersten Schüt- tungen fand ich /= 0,154 bis 0,175. Wenn ich dagegen den Sand in einem feinen Strahle einige Zolle tief herabfallen liels, derselbe in einer kegelföormigen Schüttung herabgeflossen war, so waren die Abweichungen geringer, indem der \WVerth won ! zwischen den Grenzen 0,21 und 0,22 blieb. Auch beim Ausströmen des Sandes durch Öffnungen ‚im Boden des Gefälses gab sich der Einfluls der verschieden- a Ablagerung deutlich zu erkennen. Sobald diese etwas hier ist, so trilt in einer Secunde weniger Sand aus. In- aber der Sand bei längerer Dauer der Ausströmung in dem fse und namentlich in der Nähe der Öffnung in starke egung versetzt wird, so vergrölsert sich nach und nach i Dichtigkeit, und veranlalst eine Schwächung des austreten- Strahles. Im Übrigen hat die Höhe der Schültung keinen linlufs, wie schon Huber Burnand vor längerer Zeit bemerkt at. Um die erwähnten Unregelmälsigkeiten möglichst zu be- eiligen, beschränkte ich die Dauer jeder einzelnen Beobachtung "30 bis 200 Secunden, und bemühte mich zugleich, die itungen recht gleichmälsig darzustellen. Zu diesem Zwecke lite ich in das Gefäls einen Blech-Cylinder mit siebartigem füllte diesen mit dem Sande an, und hob ihn alsdann ingsam auf, wobei der Sand in einigen hundert feinen Strah- en und zwar mit sehr geringer Fallböhe in das Gefäls Bols. _ Die Ausfuls-Öffoungen im Boden des Gefälses, deren i Rand sich jedesmal in der obern Fläche befand, malsen | den Radien: 38 Öffnung 1.... 0,1677 Zoll a Hr 00 » D.... 0,0986 » » IV. .o. 0,0807 » » Neskleh: 0,0549 » >. 5100 Aus je sechs einzelnen Beobachtungen ergaben sich durch- schnittlich die in einer Secunde ausflielsenden Sandmengen: für die Öffnung I... . 1,8995 Loth »» > TI »» DEE 1 3 PRRERBE ı 79.55 5 11 Du" » on >. UVA m » » » V. ... 0,08242 » » » » VI....0,02676 » Vergleicht man diese Gewichte mit den Radien der Öff- nungen, so scheinen sie ungefähr den dritten Potenzen dersel- ben proportional zu sein. Ein Versuch, sie unter der Form m=k.r’ darzustellen, führte indessen zu keinem befriedigenden Resul- tate, indem die übrigbleibenden Fehler sehr bedeutend und sehr regelmälsig waren, so dals sie nicht als Beobachtungs - Fehler angesehn werden durften. Wenn dagegen der Halbmesser der Öffnung um eine gewisse Grölse vermindert wurde, so stellte zwischen der Sandmasse und der 2—+ten Potenz des Halbmessers nahe ein constantes Verhältnils sich dar. Diese Verminderung des Halbmessers rechtfertigt sich auch, insofern diejenigen Körnchen, welche beim Herabfallen den Rand der Öffnung berühren, ihre Geschwindigkeit ganz oder theilweise verlieren, und beim Abspringen sogar die nächsten Körnchen in ihrer Bewegung stören. Bei wiederholter Messung fand ich, dafs durchschnittlich 9 Sandkörnchen die Länge einer Rbhein- ländischen Linie darstellten, woher der Durchmesser eines ein- zelnen gleich 0,0093 Zoll ist. Ich verglich demnach die gefundenen Sandmassen mit dem Ausdrucke 1 m=k(r— x)? 39 und fand durch Einführung von Näherungswerthen für x nach der Methode der kleinsten Quadrate aus allen sechs Beobach- tun gen %k = 189,07 x = 0,00968 Wenn hieraus die Werthe von die übrigbleibenden Fehler m berechnet werden; so sind bei I... . — 0,0181 » I....-+ 0,0094 » II... . + 0,0135 » IV... .-+ 0,0075 » V....— 0,00003 » VI... . — 0,00142 Die erste Beobachtung schliefst sich am wenigsten an die gefundenen Werthe an, sie ist aber auch an sich nicht so ge- nau, als die übrigen, weil theils ihre Dauer am kürzesten war, theils aber der Sand bei dem heftigen Ausströmen in starke Bewegung versetzt, und das Geläls beinahe vollständig entleert wurde. Ich versuchte deshalb, die Werthe der beiden Con- stanten unabhängig von der ersten Beobachtung nur nach den fünf letzten zu bestimmen. Hieraus ergab sich m = 181,57 (r Die Abweichungen gegen die alsdann — 0,00893)? beobachteten Gewichte waren | bei L... — 0,0712 k » IL... — 0,0085 e »IL...+ 0,0050 3 » IV. ...-+ 0,0039 j SE PR + 0,00002 — 0,00078 1 BD VEeee, I Die Verminderung des Radius der Durchflufs- Öffnung stellt sich hiernach nahe auf die Grölse des Durchmessers eines Sand- körnchens. Die Constante k führt aber noch zur Ermittelung des Abstandes von der Öffnung, in welchem durchschnittlich er freie Fall des Sandes beginnt. Unter der Voraussetzung, (s der Sand, während seines Falles, und zwar bis er die 40 Öffnung erreicht, eine geschlossne Masse bildet, findet man die in einer Secunde ausströmende Sandmenge m= 20’ y Vgn wenn A die erwähnte Fallhöhe und 9 den Radius der wirklich thätigen Öffnung bezeichnet. Die Beobachtungen ergaben da- 5 gegen m 481557 9% Werden beide Ausdrücke einander gleich gesetzt, und für y der Werth 2,93 eingeführt, der durchschnittlich den lockern Schüttungen entsprach; so ergiebt sich h= 0,5185. e Nimmt man dagegen an, dafs in jeder Zeiteinheit eine Sandschicht von gleicher vertikalen Höhe aus der ganzen innern Fläche des oben erwähnten Paraboloids sich ablöst, und frei herabfällt; so kann man deren mittlere Geschwindigkeit beim Durchlaufen der Öffnung, und aus dieser die mittlere Fallhöhe der ganzen Masse leicht finden. Diese Höhe ist nämlich r h=— 97 Für lockere Sandschüttungen wurde aber gefunden = 0,16 daher h= 0,6944 .r Führt man dagegen den Werth lm 0,225 ein, der für Schüttungen gilt, wobei der Sand, wie beim Aus- strömen wirklich geschieht, seitwärts zufliefst, so ergiebt sich h= 0,4938 .r Das aus den Beobachtungen hergeleitete Resultat fällt zwischen beide letzteren, wenn man r mit 9 verwechselt. Dieses muls aber geschehn, weil ein Gegenstofsen des Sandes gegen den Rand der Öffnung nur bei der Bewegung eintritt, während der Ruhe dagegen die sämmtlichen Sandkörnchen, die auf die lose Scheibe treffen, dieselbe auch belasten. Es bestätigt sich hierdurch die Voraussetzung, dals der freie Fall des Sandes in der Oberfläche des Paraboloids beginnt, und zugleich erklärt 41 es sich, dafs die durchflielsende Sandmenge der $ten Potenz des Radius der wirksamen Öffnung proportional ist. Schliefslich sind noch einige Wahrnehmungen über die Bewegung des Sandes, während derselbe austlielst, zu erwähnen. In dem 4 Zoll weiten und 10 Zoll hohen Gefälse, welches über der Ausfluls- Öffnung stand, senkte sich Anfangs die ganze Obertläche der Sand-Schüttung ziemlich gleichmäfsig, und nur nach und nach bildete sich lothrecht über der Ausfluls- Öffnung eine Vertiefung. Diese nahm fortwährend zu, und über ihre Wände stürzte der Sand herab, während am Rande des Gefä- [ses eine ringförmige, beinahe horizontale Oberfläche blieb, die sich gleichfalls senkte, ohne dafs die Sandkörnchen darin eine starke Seiten- Bewegung bemerken lielsen. Dieser flache Ring nahm allmählig eine geringere Breite an, und verschwand ganz, als die trichterförmige Vertiefung die Ausfluls- Öffnung er- reichte. Es ergiebt sich hieraus, dals der Sand nicht nur loth- recht, sondern ringsunher auch schräge der Öffnung zuströmt, und dafs die Bewegung sich bis zu derjenigen Neigung aus- dehnt, welche in der freien Oberfläche des Sandes sich noch darstellen kann. Die Bewegung im Innern der Sandmasse gab sich auch sehr deutlich zu erkennen, wenn ich ein Gefäls mit Sand füllte, dessen eine Seitenwand aus einer ebenen Glasscheibe bestand. Indem diese Scheibe die Austluls - Öffnung berührte; so konnte man die Bewegung der einzelnen Sandkörnchen bis zur Öffnung verfolgen. Die stärkste Strömung bildete sich lothrecht über der Öffnung, und zwar näherten sich derselben die Sandkörn- chen mit zunehmender, aber doch mälsiger Geschwindigkeit, bis sie unmittelbar darüber so beschleunigt wurden, dals sie nicht mehr deutlich gesehn werden konnten. Nichts desto we- iger strönıte der Sand auch von den Seiten der Öffnung zu, { wiewohl die Bewegung hier, wahrscheinlich wegen der Rei- bung am Glase, häufig unterbrochen wurde, und nur periodisch eintrat. Unterhalb der Öffnung war der Sandstrahl keineswegs so scharf begrenzt, wie ein Wasserstrahl, vielmehr umgaben ihn einzelne Körnchen, die sich zuweilen sogar einige Linien weit davon entfernten. Die aus den grölseren Öffnungen austretenden Er 42 Strahlen zeigten dabei sehr deutlich eine Verminderung ihres Durchmessers, die sich etwa 2 Zoll tief erstreckte, aulserdem ergab die Messung, dafs der Strahl sogar unmittelbar unter der Scheibe schon viel schwächer war, als die Durchflufs - Öffnung. Letztere hielt 0,335 Zoll im Durchmesser, während der Strahl im Abstande von 14 Linien nur 0,29 Zoll stark war, und in gröfserer Tiefe sich bis auf 0,27 Zoll zusammenzog. Die Ur- sache dieser Erscheinung darf man nicht in der oben erwähnten Verminderung der Öffnung suchen, denn diese würde nur die Schwächung des Strahles um etwa 2 Hundertiheile eines Zol- les erklären, dagegen behält ohne Zweifel der seitwärts zuströ- mende Sand, auch nachdem er bereits durch die Öffnung ge- drungen ist, noch die der Axe zugekehrte Bewegung, und die- jenigen Körnchen, welche den Rand der Öffnung treffen, wer- den offenbar gleichfalls nach der Axe des Strahles geworfen. Der Sandstrahl erfährt sonach in gleicher Art eine Con- traction, wie der Strahl einer Flüssigkeit, und wenn man den Durchmesser der Öffnung mit dem kleinsten Durchmesser des Strahles vergleicht, so etellt sich das Verhältnils auf 1: 0,806 oder das Verhältnifs der Querschnitte auf 1: 0,650 Dieses stimmt nahe überein mit dem bekannten Contractions- Verhältnisse Aüssiger Strahlen, welche aus Öffnungen in dün- ner Wand treten. Hr. v. Buch las über Blattnerven und die Gesetze ihrer Vertheilung. Sehr häufig ist man zur Erkennung fossiler Blätter ganz auf Form und Verlauf der Nerven auf der Blatifläche beschränkt. Leider sind aber diese Nerven, als von sehr untergeordnetem Werthe, von den Pflanzenkeunern wenig beachtet worden, und die Gesetze, nach denen sie verlheilt sind, erwarten zu ihrer Entwickeleng noch den Geist, der ihnen die Schranken anweist, in denen ihnen sich zu bewegen erlaubt ist. Das muls man bedauern, und dieser wenigen Achtung ist es wohl zuzuschrei- ben, dafs selbst auf den besten Abbildungen das Eigenthümliche 43 der Neryation wenig ausgedrückt, ja zuweilen auch so gezeich- net ist, wie es den Gesetzen der Natur widerspricht. Nicht blofs fossile Blätter haben sich diesem Schicksal unterwerfen müssen: auch treffliche Abbildungen lebender Pflanzen sind mit ähnlichen Fehlern behaftet. Mag es auch verwegen scheinen, es zu wagen, auf die Möglichkeit der Auffindung solcher Gesetze aufmerksam zu ma- chen, so mag ein solcher fragmentarischer Versuch auch nur als Andeutung angesehen werden und als Aufregung diese Un- tersuchung weiter zu verfolgen, für solche, denen die unglaub- liche Menge der Blätterformen in der Natur vor Augen liegt, und die mit regem Geiste ihre Verbindungen aufzufassen ver- mögen. Ich beschränke mich auf die Betrachtung einiger we- nigen Dicotyledonen - Blätter und vorzüglich auf solche, welche leicht gefunden und beobachtet werden können. Ein Blatt ist ein zum Leben der Pflanze wesentliches Or- gan. Es verläfst bei der Bildung die bisherige runde Form der Äste und Zweige und verbreitet sich in einer Ebene, von wel- cher eine Seite gegen den Boden, die andere gegen den Him- mel gerichtet ist. Auf der unteren Seite saugen Öffnungen in der Blattsubstanz Kohlensäure aus der Atmosphäre, zersetzen sie und senden den Sauerstoff wieder in das Freie. Diese Blatt- substanz würde sich jedoch in der Flächenform nicht ausbilden, noch weniger sich erhalten können, ohne zusammenzufallen, wäre sie nicht durch ein starkes und kräftiges Gerüst, durch die Rippen oder Nerven unterstützt, welche sich auf der unteren Fläche des Blattes verbreiten. Die Zahl dieser Nerven ist in der Regel für jedes Blatt eine be- stimmte, ja sogar für jede Pflanzenart. Mag das Blatt _ auch bis zu ungeheurer Grölse anwachsen, neue Nerven erschei- R nen doch auf dieser grolsen Fläche nicht wieder, ihre Zahl war $ schon in der verschlossenen Blatiknospe vorhanden. Wenig- tens ist die Schwankung dieser Zahl in der Knospe in so enge _ Grenzen eingeschränkt, dals sie im Verhältniß der Menge der Nerven nur unbedeutend erscheint. Daher ist diese Zahl an- zugeben und zu bestimmen ein wesentliches Erfordernifs jeder Abbildung oder Beschreibung fossiler Blätter, ohne welche man neue Arten nicht aufführen sollte. T i 44 Diese Nerven liegen in der Blatiknospe wie Stäbe neben- einander; ein grofser und starker Nerv, der alle übrigen trägt, in der Mitte auf der unteren Seite. Es ist noch keine Blatt- substanz, kein Parenchym zwischen ihnen sichtbar. Es entwik- kelt sich nun der Blattstiel, der peziolus; er bricht auf und bil- det gegen oben hin einen kleinen Canal, wahrscheinlich weil nun Parenchymzellen zwischen den Nerven diese auseinander- treiben und aufblähen. Geschieht dieses canalmälsige Aufbre- chen des Blattstiels schon von seinem ersten Anfange her, so son- dern sich früh die beiden dem Canalrande zunächst liegenden Nerven. Sie verbreiten sich wenig und endigen sich erst in der Spitze des Blattes, wie bei fast allen Caryophylleen. An- ders ist es, wenn der Blattstiel rund bleibt und nur dann nach oben hin aufbricht, wenn das ganze Blatt sich entfaltet. Dann verbreiten sich die zunächst liegenden Seiten - Nerven sehr schnell und werden vom frei werdenden Parenchym auf die Seite geschoben. Die übrigen Nerven, am mittleren Blattner- ven herauf, folgen dieser Bewegung. Der erste Anfang des Blattes ist daher jederzeit mit drei Nerven, dem mittleren und zwei Seiten-Nerven, die nur dann nicht deutlich hervor- treten, wenn das Parenchym auch noch unter diesen Nerven fortgesetzt ist. Dieses Parenchym erscheint mit seinen ersten Anfängen schon in der Knospe selbst, ehe die Nerven sich zur Verbreitung den Platz errungen haben. Da es nun nicht ge- lingt, im noch geschlossenen Raume die Nerven zurückzusto- fsen, so erhebt es sich zu einer Falte, zu einem Dach, mit der Dachkänte nach oben. Die von den Nerven ausgehen- den Adern verbinden sich von beiden Seiten auf der Höhe die- ses Daches, und wenn das Parenchym endlich sich ausdehnen kann, so bleibt die Verbindung der Adern oder das Dach der Falte doch noch immerfort auf dem Blatte sichtbar und ist durch einen nach oben gerichteten Winkel der Adern zu verfolgen. Diese Erscheinung ist auf die Form, welche das ganze Blatt annehmen soll, von dem wesentlichsten Einfluls. Die ersten unteren Seiten oder Secundär-Nerven haben, nach aufsen oder unten hin wo sie keinen Widerstand finden, eine Menge Ter- tiär-Nerven abgesendet; nicht aber gegen das Innere oder oben hin. Hier gelingt es dem nächstfolgenden Secundär-Nerven A r 45 nur dann erst, Tertiär-Nerven abzusenden, wenn die Adernverbindung zwischen den Nerven, die Parenchymfalte in der Knospe aufgehört hat. Da nun die Nerven häufig am Rande in Spitzen auslaufen, so müssen die hierdurch entstehenden Zähne des Randes von oben herab stets kleiner werden, bis sie die Linie der Adernverbindung zwischen den Nerven erreichen. Diese Linie liegt aber meistentheils sehr nahe dem unteren Secundär- Nerven: daher denn gewöhnlich zwischen zwei Ner- ven nur ein Zahn unten, drei oder mehr nach oben hin sicht- bar werden, wie bei Carpinus betulus, Ulmus campestris, Pyrus = Aria. Das zeigt keine Abbildung. “ Indessen werden wir uns einer kleinen Überraschung nicht _ erwehren können, wenn wir bemerken, dafs gerade der Verlauf Y der Faltenlinie zwischen zwei Nerven der Grund und die Ur- sache der Zertheilung der Blätter wird. Denn endigt sich diese Faltenlinie früh, so können nun auch Tertiär-Nerven auf der oberen Seite des Secundär-Nerven sich ausbilden. Es ent- mer - steht daher, statt eines tieferen Zahnes, eine wahre Bucht am Rande oder ein Lobus zwischen den Nerven, endlich eine völ- lige Trennung zu einem eignen Blattstück, sogar zu einem eig- nen Blatt. Die Seitenblätter von Audbus und anderer fingerarlig zerspaltener Blätter bilden sich auf keine andere Art. Das was die Blätter trennt, war in der Knospe eine Falte des Paren- _ chyms, deren zu grolse Kürze sie nicht zusammenzuhalten ver- mochte. Wenn nun in einfachen Blättern vom Mittelnerv aus die Secundär-Nerven bis zum Rande hinlaufen, sogar etwas über das Parenchym hervor, so entstehen die Randläufer. Sind ‚sie einfach, schon vom ersten Paar über dem Blattstiel, ohne Tertiär-Nerven, wie Buchen, Alnus glutinosa, Castanra vesca, so sind es einfache Randläufer. Trennen sich Tertiärner- ven von der unteren Seite des ersten Secundär-Nerven, so sind es Randläufer mit Tertiär-Nerven, geflügelte Randläufer. Allein nicht immer erreichen die Nerven den Rand des lattes. Oft bleiben sie mit solcher Bestimmtheit und mit sol- cher Gesetzmäfsigkeit vom Rande entfernt, dals sie hierdurch eine neue und sehr weitläuftige Abtheilung der Nervation bilden, 46 welche vieler Unterabtheilungen fähig ist. Es entsteht das Sy- stem der bogenläufigen Nerven. Zwei zunächst liegende Nerven biegen sich gegeneinander und verbinden sich in zier- lichem Bogen so genau, dafs man nur mit grolser Aufmerksam- keit entdeckt, wo der eine Nerv aufhört, wo der andere anfängt. Allein an dem Ort ihrer Verbindung erhebt sich stets eine leichte Anschwellung, und von dieser, gewöhnlich dem oberen Nerv schr nahe, geht ein gemeinschaftlicher Nerv bis zum Rand und endigt sich in einer Spitze oder in einem Zahn des Randes. Der obere auf diese Weise herabgebogene Nerv hat einen Zweig nach unten abgeschickt; der Hauptzweig aber biegt sich nach oben hin, um auch dort wieder mit dem nächsten oberen Se- eundär-Nerven sich zu einem gleichen Bogen zu verbinden, und so geht es fort bis zur Spitze des Blattes. Es bildet sich ein fortlaufender Bogengang, zuweilen wohl von zehn oder mehr Bogen hinter einander. Die Faltenlinie zertheilt diese Bogen in der Mitte, erreicht aber nicht mehr den Rand. Diese schöne Form der Nervation ist eine der gewöhnlich- sten unserer Kräuter. Sie ist den Hieracien eigen, den Dipsaceen, sehr ausgezeichnet bei Kpilobium angustifolium, und sie findet sich auch bei vielen Sträuchern und Bäumen, bei Wallnufsblättern, bei Orangen und Citronen, auch bei I/ex. In tropischen Pflanzen mit weit hervorstehenden Rippen ist sie nie übersehen worden und die Abbildungen las- sen die fortlaufenden Bogengänge nicht verkennen. Nur den weiteren Fortlauf dieser Nerven gegen den Rand geben sie nicht. Nicht weniger auffallend sind die Spitzläufer, bei denen die Seitennerven von der Basis aus zwischen Rand und Mittel- nerven in zierlichen Bogen hinlaufen, und entweder in der Spitze des Blattes sich wieder vereinigen, oder doch dieser Spitze ganz nahe. Im letzteren Falle sondern sich noch einige Secundär-Nerven von der Mittelrippe, von welchen das lelzie Paar sich in der Spitze vereinigt. Die ersten sind vollstän- dige Spitzläufer, wie fast alle Caryophylleen; viele Zau- rus-Arten, Zyziphus. Zu letzteren, den unvollständigen Spitzläufern, gehören Cornus, Philadelphus, Ceanothus. Eine andere sonderbare Neryation ist vorzüglich tropischen Gewächsen eigenthümlich. Der Nery geht bei ihnen am Rande 4 47 herauf, umgiebt ihn völlig und endigt sich erst in der Spitze. Secundär-Nerven können hier den Rand fast gar nicht errei- chen. Sie stehen gewöhnlich sehr nahe neben einander, sind sehr fein, zerspalten sich und verlieren sich im umlaufenden Nerven. Es sind die Saumläufer, eine Form, die den mei- sten Myrtaceen, den Banksien, auch wie es scheint dem | Buxus eigenthümlich ist. | Offenbar giebt es noch eine Menge anderer Nervationsfor- men, welche den angeführten beigesellt werden müssen; doch % können sie nur einem Buche vorbehalten bleiben, welches sich allein der Untersuchung der Nervation zugewandt hat. Nur in solcher ausführlichen Betrachtung können scheinbare Aus- nalımen von der Regel entwickelt und erklärt werden: wie das Auslaufen von Secundär-Nerven nicht in den Spitzen, sondern in den Winkeln bei Oxyacantha, Galeopsis, Euphra- sia, oder der Tertiär-Nerven in Ranunkeln, oder das Um- fassen der Buchten durch Tertiär-Nerven bei vielen Arten von Acer und ähnliche Erscheinungen. Die aufgestellten Formen, welche freilich die gewöhnlich- ‚sten sind, würden sich hiernach in folgender Weise zusam- menstellen: Die Blätter sind entweder 1) einfach, oder 2) fin- gerartig zerspalten, oder 3) gefiedert. | Die einfachen, nur aus einer Fläche bestehenden, Blätter sind: A) Randläufer, wenn die Nerven von der Mittelrippe aus gerade dem Rande zulaufen und an ihm sich endigen. a) einfache Randläufer, wenn keine Tertiär - Ner- ven von Secundär-Nerven abgehn. 6) Randläufer mit Tertiär-Nerven. Geflügelte Ranıdläufer, wenn die unleren Secundär-Nerven Ter- tiär-Nerven nach aufsen hin absenden; die höheren aber nur in ihren oberen Theilen. B) Bogenläufer. Zwei nahe liegende Secundär-Nerven | vereinigen sich zu einem Bogen. C) Spitzläufer. Zwei untere Nerven laufen im Bogen zwischen Rand und Mittelrippe und suchen die Spitze des Blattes zu erreichen. 48 a) vollkommene Spitzläufer, wenn es den beiden Nerven gelingt, die Spitze des Blattes zu erreichen. 86) unvollkommene Spitzläufer, wenn die beiden Nerven noch vor der Spitze am Rande zurückbleiben. D) Saumläufer. Beide Basalnerven laufen am Rande um- her bis zur Spitze des Blattes. Erklärung der Tafel. Fig.1. Randläufer. 1) einfache Randläufer. Carpinus betulus. Weils- buche. Vierzehn Nerven auf jeder Seite erreichen den Rand ohne Tertiär-Nerven. Die Faltenlinie des Parenchyms ist sogar noch hervorstehend, bis zum tiefsten Einschnitt zwischen zwei Nerven am Rande, und dem unteren Nerven ganz nahe. Daher sind drei oder vier Zähne des Randes nach oben hin, nur einer unterhalb der Falte sichtbar. Fig.2. 2) Randläufer mit Tertiär-Nerven. Corylus avel- lana. Haselnuls. Fünf Secundär-Nerven auf jeder Seite. Von den zwei ersten Nerven trennen sich sieben Tertiär-Nerven nach aulsen oder nach unten hin, keine aber ihnen gegenüber. Zwischen den Nerven ist die Parenchymfalte immer noch durch. die vorschreitenlde Lage der Adern zu erkennen. Sobald der untere Nerv den Rand erreicht hat, sen- det nun auch der höhere einige Tertiär-Nerven ab, doch auch hier nur auf der äulseren oder unteren Seite. Der höher liegende Nerv folgt diesem Beispiel. Es folgt hieraus, dals es eigentlich gar keine” walıre Zerspaltung, Dicholomie der Nerven giebt. Der Hauptstamm des Nerven bleibt stets der obere, die unteren sind nur Ableger, Nebenarme des Haupt- slammes. Fig. 3. Bogenläu fer. Dex aquifolum. Der obere Nerv sen- det einen Arm gegen den unteren. Beide verbinden. sich zu einem Bogen. An dem Ort ihrer Vereinigung ist gewöhnlich eine schwache Aufschwellung zu bemerken. en A Fig. 4. Fig. 5. 49 Von dieser aus geht ein Nerv genau in die Spitzen des Randes. Die Faltenlinie des Parenchyms, soweit sie noch erkennbar ist, sucht diesen Mittelnerv zu erreichen. Diese Nervenform ist unter anderen auch sehr ausge- zeichnet auf einfachen Blättern von Ficus. Ficus eriobo- £ryoides ist sowohl in diesem Nervenverlauf, als auch in der ganzen äufseren Form, fossilen Blättern von Monte Bolca so täuschend ähnlich, dals man sie kaum von ein- ander zu unterscheiden vermag. Spitzläufer. 1) unvollkommene. Ceanothus americanus. Zwei Nerven vom Blattstiel aus suchen, fast dem Rande gleichlaufend, die Spitze des Blattes zu erreichen. Doch gelingt es nicht, sondern sie verlieren sich in zwei Drittheil der Blatthöhe. Andere Secundär- Nerven trennen sich dann wieder vom Hauptnerv, % von denen das letzte Paar sich in der Spitze ver- liert. Tertiär-Nerven trennen sich auf der äufsern Seite und erreichen den Rand. 2) vollkommene. Daphnogene cinnamomifolia. Fos- siles Blatt von Altsattel in Böhmen. Die vom Blattstiel auf jeder Seite sich trennenden zwei Ner- ven laufen fort ohne Unterbrechung bis zur Spitze. Keine neuen Secundär-Nerven erscheinen, keine Tertiär-Nerven gegen den Rand. Die Faltenlinie des Parenchyms ist auf dem aderreichen Blatte noch in deutlichen Spuren zu verfolgen. Saumläufer. Banksia attenuata. Zwei starke Ner- ven umgeben den Rand und vereinigen sich in der Spitze. Die Secundär-Nerven vom Hauptstamm aus sind dann nur sehr fein, wenig ausgezeichnet und ganz nahe ne- beneinander. Es scheint als mülsten sehr viele der Fie- dern von Leguminosen hierher gezogen werden. Nicht selten sind mehrere dieser Formen auf einem Blatte vereinigt. Doch wird auch dann noch eine über die anderen die Oberhand behalten und das Blatt be- sonders auszeichnen; daher die überwiegende Form als die bestimmende aufgeführt werden mufs. qrrr 50 Hr. Magnus theilte die Resultate von neueren Versuchen des Hrn. Prof. Knoblauch in Marburg über die Durchstrah- lung der Wärme durch Krystalle in verschiedenen Richtungen, und in Beziehung zur Polarisation mit: 1) Die strahlende Wärme geht durch gewisse Krystalle, wie brauner Bergkrystall, Beryll, Turmalin und Dichroit, nach verschiedenen Richtungen in ungleicher Menge hindurch und zeigt sich (z. B. in ihrem Verhalten gegen diathermane Körper) als verschiedenartig, je nachdem sie jene Krystalle in einem oder dem andern Sinne durchdrungen hat. Diese Verschieden- heiten stehen im Zusammenbhange mit der Polarisation der Wärme und es gilt in dieser Beziehung: 2) Wärmestrahlen gehen winkelrecht gegen die krystallo- graphische Axe des braunen Bergkrystalls, Berylis oder Tur- malins in ganz anderem Verhältnifs als parallel jener Richtung hindurch, wenn ihre Polarisationsebene bei jenem Durchgange einen Winkel von 90 Graden mit der Axe des Krystalls bildet. Sie durchstrahlen aber den Krystall nach allen Richtungen hin in völlig gleicher Menge, wenn ihre Polarisationsebene mit der krystallographischen Axe zusammenfällt. 3) In jenem Falle treten auch ihre qualitativen Verschie- denheiten im Maximum auf, im zweiten sind dergleichen nicht vorhanden. 4) Längs der Axe hindurchgehend zeigen die Wärmestrah- len weder ihrer Menge noch ihren Eigenschaften nach Unter- schiede, welche Lage ihre Polarisationsebene auch haben möge, die bei unendlicher Mannigfaltigkeit von Stellungen in diesem Falle stets durch die Axe des Krystalles geht. 5) Unter sich verglichen bieten die verschiedenen Rich- tungen, welche sämmtlich winkelrecht gegen die Axe sind, bei den 3 genannten Krystallen keine Unterschiede dar. Zieht man hierbei in Erwägung, dafs (nach früheren Un- tersuchungen) die natürlichen Wärmestrahlen beim Durchgange durch jene Krystalle winkelrecht gegen die Axe (durch Doppel- brechung) in 2 Strahlengruppen zerlegt und so polarisirt wer- den, dals die Polarisationsebene der einen mit jener Axe zu- sammenfällt, während die der andern einen Winkel von 90 Graden mit derselben bildet, ferner, dals diese Erscheinung längs der Axe nicht stattfindet: so erklärt sich in Verbindung 51 mit dem Angeführten der Vorgang in den Krystallen bei ur- sprünglich in natürlichem Zustande eintretenden Wärmestrablen. Es erleiden diejenigen Strahlen, welche parallel der Axe bindurchgehen, eine gewisse Absorption, die, nach der Natur des Krystalls verschieden, ihre Menge beim Austritt und ihre Eigenschaften, z. B. ihr Verhalten gegen diathermane Körper, bedingt. Beim Durchgange winkelrecht gegen die Axe werden die beiden alsdann auftretenden Strahlengruppen in ungleicher Weise absorbirt. Diejenige, deren Polarisationsebene mit der krystallographischen Axe zusammenfällt, erfährt (so weit sich beobachten läfst) dieselbe Absorption wie die Wärme bei der Durchstrahlung längs der Axe, die andere aber wird entweder in grölserer Menge absorbirt, als jene, wie bei braunem Berg- krystall und Beryli, oder in geringerer, wie beim Turmalin. Da diese Absorption überdies eine auswählende ist, d. h. ver- schiedene Farben innerhalb der ordentlichen und aufserordent- lichen Strahlengruppe auslöscht, so wird auch die Zusammen- setzung einer solchen umgewandelt und somit ihr Durchgang durch die diathermanen Körper geändert. Auch in dieser Rück- sicht ist die Wärme, deren Polarisationsebene der Axe gleich gerichtet ist, nicht von der unterschieden, welche parallel die- ser Richtung hindurchgeht. Dagegen zeigt die andere wesent- liche Verschiedenheiten. Wurden die bezeichneten Strahlen- gruppen nicht von einander getrennt, sondern nur in ihrer Ge- _ sammtwirkung untersucht, wie bei den Experimenten mit na- türlichen Wärmestrahlen, so führten die Bestimmungen in _ quantitativer wie in qualitativer Rücksicht zu Resultaten, welche zwischen den Beobachtungen lagen, bei welchen, wie bei den Versuchen mit polarisirter Wärme, jene Gruppen von einander geschieden sind und bei denen einmal gar keine, das andere Mal die volle Verschiedenheit auftrat. Br 1) BT ats 5 Am 10. Nov. 1851 hatte Hr. Braun die folgende hier [ nachträglich zum Druck gelangende Abhandlung vorgetragen: ie Über Bastzellen, 2 von Dr. Herm. Schacht. Die Bastzellen sind sowohl für das Leben der Pflanze ‚selbst, als technisch zur Anfertigung von Geweben, von Papier und Stricken sehr wichtig, sie verdienen deshalb sehr wohl E Br: [ v, |; 52 eine genaue Beachtung, welche ich ihnen, sowie den übrigen Zellen- Arten der Pflanze schenkte. Die Bastzellen sind mehr oder weniger verdickte, lang- gestreckte, biegsame Zellen, die oftmals eine sehr bedeu- tende Länge erreichen, bisweilen einen gefärbten Salt, den so- genannten Milchsaft, führen und sich nicht selten unregelmäfsig verzweigen. — Die Bastzellen finden sich bei dicotyledonen Pilanzen nur im Mark und in der Rinde, sie begleiten die Ge- fälsbündel in die Blätter und in die übrigen Theile der Pflanze. Schon ihre Lage deutet auf nahe Beziehungen zum Gefälsbün- del und wirklich lehrt die Entwickelungs-Geschichte das Ent- stehen der Bastzelle aus dem wesentlichsten Theil der Gefäls- bündel, aus den Zellen des Cambium. Das Cambium der di- cotyledonen Gewächse im Allgemeinen besteht aus zweierlei Arten von Zellen, aus senkrechten, langgestreckten Zellen, in ihnen bilden sich durch Längstheilung des Primor- dialschlauchs Holzzellen, Gefälszellen und Bastzellen, und aus kurzen, wagerechten Zellen, aus welchen die Markstrahlzel- | len hervorgehen. Das Cambium der kryptogamen und mono- cotyledonen Gewächse besteht dagegen nur aus langgestreck- ten, senkreckten Zellen. Das Cambium der dicotyledonen Gewächse erhält sich zwischen Holz und Rinde als fortbil- dungsfähiger Ring; von diesem Cambiumringe aus bildet sich bei unsern Bäumen alljährlich nach Innen neues Holz, nach Aufsen neue Rinde, mit der letzteren entstehen neue Bastzel- len, ihre Bildung dauert deshalb in der Rinde fort, während sie im Mark auf die mit den ersten Holz- und Gefäfszellen entstandenen Bastzellen beschränkt ist. Die letzteren finden sich in der Rinde sowohl in grölseren Bündeln (bei Yiscum, Linum, Cannabis, Urtica, Euphorbia palustris, Chelidonium ma- jus), oder in zerstreuten kleineren Gruppen (bei Laczuca, Ne- rium, Finca), auch in concentrischen Reihen (bei den Taxineen und den Cupressineen), und endlich vereinzelt (bei Euphorbia antiquorum und Rhizophora Mangle). Die Bastzelle ist, da sie durch Längstheilung des Primor- dialschlauchs einer langgestreckten Zelle entsteht, von Anfang an langgestreckt, sie verlängert sich, ohne neue Zellen zu bil- den, mit dem Pflanzentheil in welchem sie entstand, ihr Wachs- 53 thum überschreitet jedoch in vielen Fällen das Wachsthum der umgebenden Zellen des Rinden- und Markparenchyms, in wel- chem die Zellenbildung noch für eine Zeitlang fortdauert. Die verzweigten Bastzellen müssen aulserdem die benachbarten Pa- renchymzellen hier und da verdrängen oder ihre Resorption herbeiführen. Verzweigte Bastzellen sind nach meinen neuesten Unter- suchungen sehr verbreitet; schon die Faser des Hanfes theilt sich an ihren Enden; die Bastzelle der Apocyneen und blattlosen Euphorbiaceen ist lang und mehrfach verästelt, die Bastzelle der Euphorbia palustris verläuft im Stengel unverzweigt, bildet da- gegen, sobald sie ins Blatt tritt, zahlreiche Äste. Bei ARhizo- phora Mangle sind die Bastzellen kurz und fast sämmtlich verzweigt; dasselbe gilt für unsere Weilstanne (Abies pecti- nata) und wahrscheinlich auch für mehrere Pinus - Arten, sowie _ für die Eiche und Buche. Die Bastzellen der Weilstanne sind noch kürzer als bei RAizophora, sie sind stark verdickt und ver- holzt und so innig mit ihren Ästen durch einander und mit dem umgebenden Parenchym verschlungen, dafs sie sich nur schwierig isoliren lassen. Am besten gelingt das Freilegen die- ser, sowie aller übrigen Bastzellen durch Kochen mälsig dünner Längsschnitte der Pflanzentheile mit Kalilösung; es wird die Interzellularsubstanz, welche die Zellen verbindet, entfernt, die letzteren lassen sich jetzt mit der Nadel unter dem einfachen Mikroskop ohne irgend eine Verletzung von einander trennen. Man erkennt an den vollständig isolirten Zellen so- wohl die geschlossenen Enden ihrer Äste, als die verschie- denen Entwickelungsstadien dieser Astbildung. Die meisten Bastzellen sind stark verdickt, es giebt dage- gen, z. B. bei Chelidonium, auch dünnwandige Bastzellen; die Verdickungsschichten treten auf dem Querschnitt besonders deutlich hervor bei China fusca. Die Verdickungsschichten sind von Porenkanälen durchbrochen, selbige wurden bisweilen, z. B. von Meyen (*), für Gliederungen der Zelle angesehen. Meyen glaubte, die Bastzelle entstünde durch Verwachsung mehrerer Zellen. Sämmtlichen Bastzellen fehlen die eigentlichen Tüpfel P2 (%) Wiegmanns Archiv 1839. Bd. 2. S. 26, 94 d.h. Porenkanäle mit einem linsenförmigen Raum zwischen den beiden benachbarten Zellen. Die Bastzellen sind durch das Abwechseln der Richtung des Spiralbandes ihrer Verdickungsschichten ausgezeichnet; wäh- rend die eine Schicht eine nach rechts gewundene Spirale zeigt, erscheint in der folgenden ein nach links gewundenes Band, in der nächsten Schicht vielleicht eine fast senkrechte, in der dar- auf folgenden eine fast wagerechte Streifung. Zwar läfst sich für diese Streifung der Schichten keine bestimmte Regel an- führen; (zwei benachbarte Bastzellen einer und derselben Pflanze zeigen hierin grofse Verschiedenheiten,) aber dennoch gewähren constante Verhältnisse z. B. der Breite des Spiralbandes selbst für die Bestimmung der Bastfasern gewisser Pflanzen vortreff- liche Anhaltspunkte. — Die zart gestreifte Bastzelle der Finca war längst bekannt, die Ursache ihrer Streifung kannte man minder genau. Jod und Schwefelsäure oder Chlorzinkjodlösung auf die isolirte Zelle angewandt, wirkt hier vortrefllich; die Schichten quellen, sich blau färbend, nach einander auf und man erkennt die Richtung der als Streifen oder Bänder erschei-. nenden verdickteren Stellen dieser Schichten. Die Milchsaft führende Bastzelle aus dem Stengel der Euphorbia palustris quillt unter Jod und Schwefelsäure genau so auf, wie die Baumwolle, in der Regel erscheint nur ein brei- teres oder schmäleres Spiralband, das bisweilen ringartige Ein- schnürungen bildet; seltener zeigen sich zwei. Spiralbänder, verschiedenen Schichten angehörend, mit verschiedener Rich- tung; die Bastfaser des Leins verhält sich ähnlich. — Die Bast- I zelle des Hanfes quillt ganz anders auf, die äulseren zahlreichen Verdickungsschichten zeigen kein Spiralband, die innersten Schichten erscheinen dagegen fast wagerecht gestreift. Die Bastzelle der Urzica dioica besitzt in der äulsern Verdickungs- schicht ein Spiralband mit sehr entfernten Windungen, die fol- genden Schichten sind dagegen sehr dicht und zart spiralig ge- streift; die Bastzelle von RAizophora Manyle verhält sich ähnlich. Wenn man sehr zart und dicht gestreifte Bastzellen (Finca minor) mit oxydirenden Mitteln, z. B. Salpetersäure und chlor- saurem Kali, nach der von F. Schulze in Rostock angegebe- nen Methode kocht, so zerfasert eine solche. Bastzelle nicht 90 selten. Man könnte hier glauben die Verdickungsschichten be- stünden aus Fasern; wenn man dagegen eine Bastzelle derselben Pllanze einige Minuten lang mit Kali kocht, so gelingt es gar häufig, die einzelnen Schichten der Zelle zu isoliren, man sieht bier, namentlich auf Zusatz von Chlorzinkjodlösung, welche die abgelöste Schicht blau oder violett färbt, dafs nicht isolirte Fasern, sondern nur band- oder streifenartig verdickte Stellen die besprochene Streifung der Bastzellen veranlassen, dals die Verdickungsschichten somit nicht aus Primitivfasern, sondern aus einer zusammenhängenden, nur ungleich verdickten, Mem- bran bestehen. Bedenkt man zugleich, dals oxydirende Mittel den Zellstoff, aus dem die Bastzelle besteht, auflösen, dafs so- mit die dünneren Stellen der Verdickungsschichten früher als die dickeren verschwinden müssen, so ist das Auftreten isolirter Fasern bei Anwendung dieser Mittel genügend erklärt. Das Abwechseln in der Richtung der verdickten Stellen nach den verschiedenen Schichten beobachtete ich zuerst an den Holzzellen der Hernandia sonora und bei den Holzzellen eini- ger Palmen (Caryota urens und Phoenix dactylifera) (*). Diese interessante Erscheinung ist, wie ich jetzt behaupten darf, für die Bastzelle charakteristisch, sie giebt über das Leben der Pllanzenzelle selbst interessante Aufschlüsse, sie zeigt uns we- sentliche Veränderungen im Verdickungsprocels der Zelle wäh- rend einer Vegetations-Periode. Schon die Schichtung der Verdickungsmasse deutet auf periodische Unterbrechnngen im Prozefs der Verdickung; wenn sich die Pflanzenzelle ohne Un- terbrechungen vom Primordialschlauch aus verdickte, so müsste die Verdickungsmasse homogen erscheinen, was niemals der Fall ist; selbst da wo man bisher eine homogene Verdickungsmasse annahm, treten bei richtiger Anwendung chemischer Mittel deut- liche Schichten hervor. Sowie nun die Schichtung auf perio- dische Unterbrechungen in der Verdickung hinwies, so zeigen die Richtungsverschiedenheiten der verdickten Stellen in den verschiedenen Schichten wesentliche Veränderungen in der Art der Schichtenbildung, mithin im Leben der Zelle selbst. Da ‘sich nun die Bastzelle in sehr vielen Fällen, z. B. bei allen (*) Botanische Zeitung 1850. N. 39. 56 einjährigen Pflanzen, ja wie ich nicht ohne Grund vermuthe, bei allen Pflanzen innerhalb einer Vegetations-Periode voll- ständig entwickelt, so fallen die erwähnten Veränderungen im Leben der Zelle innerhalb eines verhältnifsmälsig kurzen Zeit- raums. Wie schon erwähnt, lälst sich für die Richtung der Verdickungsschichten kein Gesetz aufstellen, benachbarte Bast- zellen verhalten sich in diesem Punkte durchaus verschieden; die Pflanzenzelle erscheint hier so recht als Individuum, sie führt ihr eigenes, mehr oder weniger unabhängiges Leben. Die Milchsaft führenden Bastzellen der Apocyneen (Finea) zeigen, wie längst bekannt, abwechselnd Einschnürungen und Erweiterungen, die Bastzelle der Nessel verhält sich ähnlich, auch die Faser des Leins zeigt Andeutungen solcher Anschwel- lungen; an den erweiterten Stellen zeigt sich die Streifung der Schichten am schönsten. Die schwächer verdickten ziemlich weiten Bastzellen fallen, wenn man sie isolirt, als flache Bänder zusammen, sie drehen sich gleichzeitig, ihre Feuchtung verlierend, um ihre Achse. Das bandförmige, meistens gedrehte, Ansehen der Baumwollenfa- sern galt bisher als mikroskopisches Kennzeichen der letzteren, die Bastzelle der Urzica dioica verhält sich indels genau ebenso, auch sie dreht sich beim Austrocknen an der Luft, sie unter- scheidet sich dagegen von der Baumwolle sicher durch ihre ab- wechselnden Einschnürungen und Erweiterungen. Die Bastzelle des Leins, des Hanfs, der Euphorbia antiquorum u.s. w. ist ungleich stärker verdickt, als die Faser der Baumwolle, sie fällt deshalb, wenn man sie isolirt, nicht bandarlig zusammen, dreht sich auch nicht, wie letztere, um ihre Achse. Die Schiefsbaumwolle, aus der Baumwolle durch Behand- lung mit rauchender Salpetersäure oder mit Salpetersäure und eoncentrirter Schwefelsäure entstanden, zeigt mikroskopisch keine Struktur-Veränderungen, sie wird dagegen von Jod und Schwefelsäure nicht wie die Baumwolle blau gefärbt, überhaupt in keiner Weise angegriffen, beim Erwärmen in Ätzkalilösung löst sie sich rasch und vollständig, während die Baumwollen- faser nicht gelöst wird. Die Schiefsbaumwolle liefert ein in- teressantes Beispiel einer wesentlichen Stoffveränderung ohne Einwirkung auf die Structurverhältnisse; die Baumwollenfaser 97 hat bei ihrer Umwandlung in Schiefsbaumwolle Stickstoff in sich aufgenommen. Die Bastzelle enthält während ihrer Le- bensdauer Zellsaft und in demselben gefärbte oder ungefärbte Stoffe gelöst oder vertheilt, aufserdem finden sich in ihr Chloro- phyll (bei Zinurn und Cannabis), ja bei einigen Euphorbiaceen eigenthümlich gestaltete stablörmige Stärkmehlkörner. Der Zell- saft der Bastzellen führt dagegen bei anderen Pflanzen Kaoutchouk, bei noch anderen narkotische Alkaloide, z. B. bei den Strychnos- Arten das Sirychnin, bei dem Mohn das Morphium und Narco- tin u. s. w. Die Bastzelle verholzt bei perennirenden Gewäch- sen mit dem Absterben der älteren Rinde, sie führt in diesem Falle Luft. Die Bastzelle steht in ihrem chemischen und phy- siologischen Verhalten der Parenchymzelle näher als der Holz- zelle. Den kryptogamen Gewächsen scheint die eigentliche Bast- zelle zu fehlen, bei den monocotyledonen Pflanzen ist der Un- terschied zwischen Holz- und Bastzelle nicht scharf ausgeprägt; beide sind hier verholzt. Die sogenannten Milchsaftgefälse der Euphorbiaceen, Papa- veraceen u. s. w. sind, wie ich bereits früher nachgewiesen(*), Milehsaft führende verzweigte Bastzellen; in ihnen strömt, wie ich jetzt mit Sicherheit behaupten darf, kein Lebenssaft, die schein- bare Bewegung des Milchsaftes unter dem Mikroskop wird durch mechanische Ursachen, durch Druck der Deckplatte oder durch Ausflielsen des Safts aus der angeschnittenen Bastzelle hervor- gerufen. Ich kann v. Mohl’s Beobachtungen hierüber aufs si- cherste bestätigen. Hätte C. H. Schultz versucht seine Milch- safigefälse zu isoliren, so würde er gefunden haben, dals sel- bige aus einzelnen, vielfach verzweigten, aber vollkommen ge- schlossenen Zellen bestehen und keinesweges ein zusammenhän- gendes Gefäls-System bilden; hätte er ihre Lage in der Pflanze genauer beachtet, halte er die Bastzellen und deren Verhalten nur einigermalsen gekannt, er würde seinen Irrthum nicht noch - jelzt mit grolser Bestimmtheit vortragen. C. H. Schultz hat aber nicht allein Bastzellen, sondern noch verschiedene andere Dinge, z. B. Cambiuinzellen und langgestreckte Parenchymzellen als Milchsaftgefäfse angesprochen. Ein Ungenannter(**) läfst (*) Botanische Zeitung. 1851. No. 29. (**) Botanische Zeitung. 1846. p. 267. 98 die Milchsaftgefälse aus Interzellulargängen hervorgehen; die Entwickelungsgeschichte zeigte mir, dals sie von Anfang an eigene Wände besitzen, überhaupt genau wie die Bastzellen entstehen, auch sich im Bau genau wie diese verhalten. Die sogenannten Milchsaftgefälse von Alisma Plantago sind, wie mir scheint, den Milchsaft führenden Bastzellen identisch, sie scheinen hier gleichzeitig die vasa propria des Gefälsbündels zu ersetzen. Die Milchsaftgefälse einiger Pilze sind nichts anderes als lange, mit einem gefärbten Saft erfüllte Zellen des Pilzgewebes, sie finden sich beim Fliegenschwamm sparsam so- wohl im Stiel als im Hute, bei Agaricus deliciosus, dessen Milch- saft von hochgelber Farbe, liegen sie vorzugsweise über den Fruchtlamellen. 22. Januar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Ranke las über Davila’s Geschichte der Fran- zösischen Bürgerkriege. Hr. Dove legte der Akademie gröfsere von Hrn. Prof. Karsten in Kiel ihm übersandte Platten vor, auf denen Zusam- menstellungen von Figuren enthalten sind, die im Polarisations- Apparat betrachtet in den ihnen natürlichen Farben erscheinen. An eingegangenen Schriften nebst Begleitschreiben wurden vorgelegt: Nouveaux Memoires de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Tome 9. formant le Tome 15 de la collection. Moscou 1851. 4. nebst einem Begleitungsschreiben des ersten Secretars dieser Gesell- schaft, Herrn Dr. Renard d. d. Moskan d. 3.|17. Sept. 1851. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Heft 3 —5. No. 27—65. Zürich 1849 — 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Aktuars dieser Gesellschaft, Herrn R. H. Hofmeister d. d. Zürich d. 8. Oct. 1851. The astronomical Journal. No. 33. Vol. U. No. 9. Cambridge, 1851, Dec. 9. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 789. Altona 1852. 4. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1851. Dec. Paris. 8. 59 #99. Januar. Öffentliche Sitzung der Akade- mie zur Feier des Jahrestages Friedrichs II. Hr. Ehrenberg eröffnete dieselbe mit einem einleitenden Vortrage, welcher in der Beilage mitgetheilt ist. E Hierauf trug Hr. Carl Ritter die von ihm in der Gesamnit- tzung der Akadeıie gelesene Abhandlung vor: Über die geo- graphische Verbreitung der Baumwolle und ihr Verhältnifs zur Beilage. Einleitungsrede zur Feier des Jahrestages Königs Friedrichs II. am 29. Januar 1852, von Herrn Ehrenberg. Sehr verschieden sind die Denkmäler, welche zu verschiedenen Zeiten Könige sich bauten. In früher Zeit schuf man mit roher, ja dämonischer, trotziger Gewalt, architectonische Riesenwerke, wel- che den Gesichtspunct hatten, dafs kein Nachfolger, keine Zeit im Stande sein möge sie zu zerstören, und da mitten hinein liels man aus guten Gründen den Körper nach dem Tode versenken und ver- stecken. So baute man die Pyramiden in Ägypten als riesenhafte, unzerstörbare Deckel verborgener Sarkophage. Unendlicher Jam- mer der gleichzeitigen zur Zwangsarbeit verurtheilten Völker ver- schmolz mit dem Denkmal des Erbauers. Ergreifend ist in unserm neuesten Prachibaue zu Berlin die symbolisch-bildliche Darstellung des Verfalles jenes Riesendenkmals der Herrscher von Babylon, wo der eine unter der Zwangs - Arbeit hinsinkende Mann das ganze Le- ben der alten Zeit wohl allzu wahr vor die Seele führt. Anders baute König Salomo, der sich den Namen des Weisen in mehrfacher Beziehung verdiente. Er schuf zur Ehre Gottes, da- durch aber sich selbst auch zur Ehre und zum Denkmal, den präch- tigen Tempel, der, wie der Gott für den er bestimmt war, seines Gleichen nicht haben sollte. Der Baumeister hiefs nach Luther’s Text Huram Abif, nach den 70 Dolmetschern aber Chiram von Ty- rus. Ihn überbietend baute Kaiser Justinian in Constantinopel den christlichen Tempel der Sophia mit dem Befehle ihn schöner und grölser zu bauen als den Tempel des Salomo. Als er durch die Baumeister Anthemius von Tralles und Isidorus von Milet im 5ten Jahre fertig war, rief der in den Tempel eintretende Kaiser entzückt, wie byzantinische Schriftsteller, welche die Einweihung der Kirche 61 beschreiben, berichten: veviuyxa ve ZoAouwv, ich habe Dich besiegt Salomo, gelobt sei Gott. Welch ein Denkmal hat sich wohl König Friedrich II. gesetzt, der sich den Namen des Grolsen, des Philosophen von Sanssouci erwarb, und zu dessen Erinnerung dieser Tag ein festlicher Tag dieser Akademie der Wissenschaften ist, der er neues Leben und Gedeihen nach trauriger Unterbrechung brachte? Gar manches schöne und grolse Werk der Kunst ist unter seiner Regierung ent- worlfen, hervorgerufen und unter schweren Verhältnissen gepflegt worden durch seinen nach Idealem strebendem Geist und seinen energischen Schutz. Vertriebenen, durch unchristlichen, ja un- menschlichen Fanatismus Vertriebenen aus fremden Ländern hat er ein Asyl bereitet. Das von ihm regierte Land hat er zu selbststän- diger Kraft, zu Wohlstand und, was am schwersten wiegt und am meisten im Gedächtnifs zu erhalten ist, zu geistiger Hoheit gebracht. Zwei Denkmäler würdiger Art sind bei uns aufgerichtet zu Ehren des grolsen Königs. Eins hat König Friedrich Wilhelm II. in Rauch’s, des Bildhauers geistvolle Meisterhand gelegt, und von allen bewundert, wohl ohne Gleichen, steht es erinnernd, schirmend und _ schützend, zufällig oder durch Vorsehung vor und zwischen Aka- demie und Universität. Auf der lebendigen, anmuthig belehrenden und begeisternden Geschichte seiner Zeit in Erz, Histoire de mon temps, erhebt sich der wohlwollend energische, geistvolle König ruhig und einfach auf seinem Rols, der König, dessen einfach schar- fes Profil die Knaben in drei Linien zu treffen wissen, und dessen vielseitiger Geist noch nach einem Jahrhundert frisch in die Zeit eingreift. Das ist dennoch, auch gedacht als l’Histoire de mon temps, ‚nicht Friedrichs Denkmal! Das ist das würdige Denkmal des dank- ‚baren Königlichen Neffen, das Denkmal der dankbarsten geistvollen Kunst nach Friedrichs Wirken, das Denkmal für Preußsens Ruhm! Wohl hat des jetzt regierenden Königs Majestät Friedrich Wilhelm IV. den rechten Ausdruck für Friedrichs Denkmal gefun- ‚den, für das Denkmal, welches er am innerlichsten gepflegt und welches er sich selbst gesetzt hat, dessen Erhaltung und Ausschmük- y kung er den Nachkommen selbstredend empfohlen hat. Höher als Alles und Alles stellte König Friedrich II. die Ausbildung des Gei- stes, der er nirgends durch Dogmen eine Schranke gesetzt wissen wollte. Seine höchste Freude war seine eigene Bildung, war seine 62 von ihm selbst aus den Quellen mit kräftigem Ernste geschilderte Geschichte von Brandenburg, sein mit Hals und tiefer Verachtung h geschriebener Antimachiavel, seine warme Schilderung des Nutzens der Wissenschaften und Künste im Staate, die Schilderung der Ge- schichte seiner Zeit, von ihm selbst als mitwirkender stärkster Kraft, samt vielem Andern. Die vorhandene Akademie der Wissenschaf- ten diente ihm als seinen Zwecken willkommenes neu zu belebendes Institut geistiger Erhebung für das ganze Land. Er wollte aber nicht blofs Beschützer, sondern thätiges Mitglied seiner Akademie der Wissenschaften sein, in welcher daher seine geschichtlichen Werke grolsentheils vorgelesen worden sind und für deren öffent- liche Sitzungen er viele Lobreden auf verstorbene, treue Staatsdie- ner und geistvolle Männer wohlwollend selbst verfalste und, wie es für den König schicklich erschien, durch Räthe oder Akademiker zum Vortrag bringen liels. Wie die durch Leibniz angeregte, durch die geistreiche Königin Sophie Charlotte, Gemahlin Friedrichs I., gegründete Akademie der Wissenschaften in ihrem Entstehen bei Anfangs schwacher Kraft durch Leibniz mit beispielloser Thätigkeit in den verschiedensten Theilen des Wissens lebendig erhalten, und | was weit wichtiger war, auf der Höhe der Zeit gehalten wurde, so belebte König Friedrich II. von Neuem die damals sehr verfallene, ja von der Verwaltung mit Verachtung behandelte Akademie, säu- bernd, ermuthigend und ergänzend durch seine offene und kräftige Theilnahme. Am 27. Januar 1772, vor nun gerade 80 Jahren, am heutigen Feste zu seinem Geburtstage, mag er wohl selbst seine Schwester, die verwittwete Königin Ulrike von Schweden, angeregt haben die öffentliche Sitzung zu besuchen, und um Ihr einen Sie ansprechen- den Gegenstand mit Sicherheit vorfinden zu lassen, Ihr auch eine zarte Aufmerksamkeit zu erweisen, schrieb er selbst die Abhandlung über den Nutzen der Wissenschaften und Künste im Staate, welche vorgetragen wurde und sofort mit der Bemerkung auf dem Titel gedruckt erschien, dals sie in Gegenwart der Königin in der Aka- demie der Wissenschaften gehalten worden sei. So liels König Friedrich II. bei seinen Lebzeiten viele seiner geistigen Bestrebun- gen und Anregungen selbst drucken oder übergab sie der Akademie der Wissenschaften zur Veröffentlichung. Offenbar war es seine eigene Ansicht, dals diese seine klaren, praktischen Ansichten von ° 63 Staat, Regierung und Bestimmung des Menschen sein eigenstes, _ ehrendstes Denkmal seien. ! Die würdige Erhaltung, Vervollständigung und Ausschmückung _ dieses Denkmals, welches der grolse König sich selbst gesetzt, ist _ ein Gegenstand der Fürsorge zuerst Friedrich Wilhelm IL, weit ‚zweckmäfsiger und glänzender aber neuerlich Sr. Majestät des jetzt regierenden Königs geworden. Unter Mitwirkung und Aufsicht der Akademie der Wissenschaften, von einem tüchtigen, begeisterten Geschichtsforscher redigirt, sind die Werke des geistvollen Königs bis zum 1Sten Bande jetzt vollendet. Die Akademie der Wissen- schaften selbst hat seit jener Zeit, stets im Sinne des grolsen Frie- drichs geachtet und geschirmt von den regierenden Häuptern, so bedeutende Kräfte in ihrer Mitte wirken schen, dafs sie dankbar den Blick auf Friedrich den Grofsen richtet und, der erreichten Staats- zwecke und der Vergangenheit eingedenk, mit ruhiger Zuversicht in die Zukunft blickt. ak i«« sr 4 (8 ) i rg} E ERERTEERT le edlen i > 1% armer . ia s "I5 ki ba; Ey tloN vl Bericht über die r Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat Februar 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh. 2. Februar. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Homeyer gab, als Nachtrag zu seiner am 16. Juli 851 in der Gesammitsitzung der Akademie gehaltenen Vorle- ung, Erklärungen von einigen das Hantgemal betreffenden Stel- 'n aus Urkunden und Gedichten des Mittelalters. - Hr. Bekker legte ein Altitaliänisches Fragment vor, auf er K. Bibliothek Ms. ital. quart. 27. _ Zwei Pergamentblätter von dem Einband einer Schrift des Cardanus abgelöst, durch rothe Arabische Ziffern als zwanzig- s und einundzwanzigstes bezeichnet, enthalten in nachstehen- en acht Columnen, meist noch völlig lesbar, das 16 Capitel jebst dem Schluls des 15 und dem Anfang des 17) aus dem richt von einer Reise, scheint es, in Klöster und Einsiede- ien. Der Reisende spricht in eigener Person, also, da er ein eitgenosse des h. Johannes Eremita (+ 393) ist, ursprünglich yohl nicht Italiänisch. Woher aber die Übersetzung, das wird rölsere Belesenheit finden, oder günstiger Zufall. ol. 20 dauano a poueri monisteri di | donne et incarcerati. Viddi | anche T fra loro alcuni che pascejuano li porci. la qual cosa pa'rendomi sconueneuole et rin|prensibile, disermi ch’ era biso|gno che ui intrigasono, agiö che | non gitassono via la purgatujra delle biade [1852.] 2 10 20 ”col.b goe et una”) altra che s’ impichoe mostrandosi| essere pagga. Capi- | 10 20 ”fol.20 v 10 20 (*) ministerio? 66 et dell’ erbe et al’|tre cose che mangiauano. Era | ancho questa ) 4 1 usanca fra loro, | che quegli ch’ erano diputati | agiö, insino all aurora poneua|no le mense et aparichiauano le | gibi, et poi in su la terca le ponelano in mensa. Et poi ciascuno, | quando uolea ue- nire a manlgiare, et chi ueniua a terca, et | chi a sexta, etchia nona, et chi ’| a uespero; et alquanti piu perfecti | indugiauano in fin al altro di ! o infino al tergo di. Faceano | anche diuerse arte, ma niente laluorauano in commune, et ciascu|no, quanto poteua, si sforgaua de | imprendere le scriture diuilne a mente. Del mo- nistero del|le donne del predetto ordine, et | come vna di loro s’ane- tolli -XVI. | Ancho appo chostoro | et solto la loro cura | vno mo- nistero di | bene quatro cento donne, le qualli tucte uiuano al pre- detto modo | che di sopra @ detto, excepto che | non portano pelli; et e questo moni|stero dilla dal fiume, et quel de | monaeci di- qua. Et quando muo|ra alcuna di quelle donne, !’ altre | silla por- tano alla ripa del fiume, | et partonsi, et poi uengono li molnaci, et con grande riuerencia et canlti la portano alla sepoltura al | suo monistero. Lo di della domelnicha solo vno preite et vno dil achono del deito monistero de ’| monaci ua a fare l’uflicio al det] to monistero delle donne. altralmente nullo uenena mai in questo| monistero. Auenne vno cotalle | fato nel predetto monistero del] le donne, che vno secholare chulsitore da pagni pasö el fiume, | et andoö al detto monistero, et dolmandaua opera da chusire. Al|quale ZA vna uergine giouane sem”|plicemente andando rispuose ch’ elle aueano bene fra loro chi le | serua di quel misterio (*). Onde que] gli doppo questa risposta se parti. | ma vn’ altra delle monache, la | quale gli aueua ueduti parlare | insieme, doppo alquanto tempo ue/nendo a parlare con la predetta gio|uane nergine, insticata dal dia’|uolo et ebria di furore, si li rin|prongiö in presencia de mol- te alltre come ela aueua parlato a | vno huomo et guatatosi in- sieme, | proferendo il fatto per modo di sos|peto, si che alquante delle monajche, credendo ä& costei, incomincilaro ad auere male opinione di | quella giouane. Per la qual cosa | quella uergine, ue- dendossi cosi ingiu’|stamente disfamare, per grande | tristicia et maninchonia si dis|perö et gittossi nel fiume et ane|gö. La qual cosa uedendo quella | chell’ aueua infamata, consideran|do che per la sua mala lingua era | chagione della dampnatione di | colei, venne in tanta tristicia che |s’impichoe et mori. Le quali cose |l’altre 67 "col. b suore dicendo per ordine al”| prette del monistero, coman|dö egli che di quelle ch’ erano mor|te disperate, nulla oracione ne | me- moria si facesse, ma quelle che | alla predetta infamia, contro alla pre|detta uergine prolata, aueano | consentito, et agiutata quell’ al- tra | contra di lei, con ciö sia cosa ch’ elle | anchora in alcun modo 10 fossero ca’|gione di tanto male, douesso|no stare setite anni sen- ga cho|munichare. Fue anche nel | predetto monastero vna uer| gine la quale per Cristo s’ infinse ’| d’ essere stolta et indemoni- ata, | et in tanto s’ auilitte et contrafece, | portando certi panni in chapo | et stando pure in chucina et for|bendo le inmondicie, che 20 tute’| la aueano in tanto orrore(*) che |non auerebbono mangiato in|sieme con lei, et tucte 1’ ingiurilauano et scherniuano come | paca. Non mangiaua mai | con le altre, ma richogliua dellle re- \ liquie de gibi, et di quello |! uiueua. Sempre andaua scallga, et staua ”"fol. 21 sola se non quando | forbiua le pignate et faceua””| altre cose uili. | A nulla facelua ingiuria, ne parlaua mai ne | mormoraua, auegne . che spesse | uolte da molte come pacca | fosse ingiuriata. La „ scita(**) della | quale uolendo dio reuellare, | mandoe l’ angelo suo a sto pitelrio, che staua nel diserto chialmato imporpiride, f 10 esili disse: ’j tu ti riputi vno grande fato, | et parte essere vno perfeto mo|nacho. ma io ti mostrerö vna | anima piü santa di te. Hora | ua a cotale monisterio, et quiui | trouerai vna monacha “ che por/ta cotali panni stragati in capo. | et sappi che quella & migliore di | te, pero che, auegna che contro a tan|te monache i 20 ogni di habia ba ’| taglia, mai pero lo suo cuore non | muta, et h, non si parte da dio, et | ui stando in uno luogo solo lasjsa disco- 3 “ rere lo cuore per diuerse | strade. Et incontanente andando | sCo piterio a monaci ch’ aneano | cura del detto monistero, et pre|göli che | menassero al detto mo|nistero delle donne. Lo quale li | mo- naci uegendo, come a seissimo ”| et honoratissimo huomo fecero | molto honore, et menaronlo al | predetto monistero, nel quale en] trando, fatta |’ oratione, fece ra|gunare tucto il conuento per pote|re uedere qual fusse quella di eui | 1’ angelo gli aueua detto. Et | poi- che fu congregato tucto il con|uento, non uedendo ui quella per la’] quale era uenuto, disse: fate | che tute vi siano; ch’ io credo per| certo che alcuna ce ne mancha. | et rispondendo quelle che tucte w ejrano, disse: sapiate che vna ce | ne mancha, della quale P’ ange|lo mi disse, et per quella uedere | io sono uenuto. Allora quelle | dissono: vna stolta abiamo, ch’ € | rimasa in chugina. Et - (#) errore ms. (**) santitä? BEE; 68 20 quelli disse: | fatime la uenire. Et essendo | chiamato, gia quasi per ispiri/to cognosendo ella quello cheljle doueua auenire, per nullo mo|do ui uoleua andare. ma pure | a !’ ultimo fu costretta per riueren|cia di sco piterio, e fu li menata | inangi. La quali sco pi- 1 terio ueldendo con quelli stragi in chapo, | al modo che !’ angelo ”fol.21 gliaueua”| decto, gitolisi a piedi et pregandola | che la bendicesse. V ma ella altre|si tosto gitandosi in terra pregaua | lui che bendicesse lei. La qual co|sa uedendo le altre suore, tucte | gridauano: non fare, abbate, non | fare; ch’ ell’e pagca. Alle quale | egli rispuoxe: 40 angi uoi sete pa|ce; che questa € migliore et piü | santa di uoi et di me. et prego idio | che mi faggi degnio de la sua comjpagnia al di del giudicio. Le | quali chose uedendo quelle, tucte | si git- tarono a piedi di Sco pilterio, confessandoli con molto pian|to le molte ingiurie ch’ aueano | fatte a quella sca, riputandola palgga. 20 Et’ una digeua Io la schjernio, et /’ altra Io la batei; l’ al’tra di- cea Io le gittai la lauajtura del chatino adosso, et l’altra | dicea Io le diedi di mollte sguangiate. alcuna altra | disse Io le missi la senape nel|naso. Et cosi ciaseuna di diuer!se ingiurie, che facte l’a- ueano, | confessando domandauano perdono. | sopra le quali tucte ”col.b sco piterio | insieme con la predetta sca fece oracio”|ne a dio, et poi si parli et tornö | al diserto suo. et da indi a pochi | glorni, non potendo quella sta porta|re tanto honore, fuggi, et mai | non si sappe doue andasse et come | finisse. Di sco Giouanni here|mipta dello 10 monle di licho | Essendo Capitolli XV | mecollo beato abbate ’| eua- grio et amone nella sollitudine di nitria, vdendo la falma di Gio- uanni heremipta, lo | quale staua rinchiuso in vna celjla in su quel monte ch’e sopra la | ciptä di licho, partimi da coın|pagni, et mos- simi per andare al | predetto Giouanni; et parte an|dando a piedi, 20 et parte per lo filume nauichando, doppo dieiot’]| to giorni perueni allui. Ora | era la sua cella a tre ordini, cijoe diuisa in tre parti. nell’ una | lauoraua et mangiaua, nell’ aljtra oraua, nella terga so- dis | faceua alle necessitati del corjpo. ma tucto lo hedificio in lu] me era di tanta largheca che | ui sarebono chaputi piü di cen|to huomini. Et in questa c 5. Februar. Gesammitsitzung der Akademie. Hr. v. Schelling las über einige mit A zusammenge- setzte Griechische Adjectiva. 69 Hr. Dove las über den Einfluls der Helligkeit einer weilsen Beleuchtung auf die relative Intensität ver- schiedener Farben. Dals Gelb und Roth dem Lichte näher stehn, Blau dem Dunkel, ist eine Grundanschauung, die sich durch die Farben- vorstellungen des Alterthums hindurchzieht, die sich auch in un- serer Sprache durch die Bezeichnung brennendes Roth, schreien- des Gelb im Gegensatz zu tiefem Blau geltend macht. Photo- metrische Versuche bestätigen diels, denn um auf einem Far- benkreisel ein in der Mitte stehendes Violett oder Grün zu erhalten, muls man den rothen oder gelben Ausschnitt nach Plateaus Versuchen viermal schmaler machen als den blauen. Einen noch überzeugendern Beweis erhält man, wenn man die von Fechner schwarz auf weils aufgetragene Spirale in den beiden Farben ausführt, deren Mischung man prüfen will. Sucht man bei der Rotation die Stelle auf, wo in dem allmähligen Übergang von Roth durch Violett zu Blau, oder von Blau durch Grün zu Gelb die beiden zusammenwirkenden Farben einander genau das Gleichgewicht halten, so findet man diese Stelle nie in der Mitte des Halbmessers der Scheibe, sondern stets nach der Seite des Blauen hin. Mit diesen bekannten Erscheinungen steht eine andre schein- bar in vollkommnem Widerspruch, von der ich mich nur erin- nere, dafs sie indirect in der Optik zur Sprache gekommen ist. Es ist mir oft aufgefallen, dafs wenn ich bei einbrechender Dunkelheit eine Gemäldegallerie verliels, und einen letzten füch- ligen Blick auf die Bilder warf, rothe Gewänder mir schon voll- 'kommen verdunkelt erschienen, während ein blaues noch in vol- ler Kraft der Farbe hervortrat. Ausübenden Künstlern ist in ihren Ateliers die Erscheinung vollkommen bekannt, ich habe wenigstens bei Befragen derselben stets diese Beobachtung be- ‚stätigen hören. Es schien mir wünschenswerth, zunächst die Thatsache an homogenen Farben zu prüfen, um sie unabhän- gig von der Unbestimmitheit zu machen, welche stets bei chro- matischen Versuchen mit Pigmenten obwaltet. In den im vorigen Jahre der Akademie vorgelegten Ver- suchen habe ich die merkwürdige Erscheinung beschrieben, dafs wenn man vor das rechte Auge ein farbiges Glas hält, vor das 70 linke ein andersfarbiges, und nun im Stereoskop die für das rechte und für das linke Auge entworfene Projection eines Körpers mit weilsen Linien auf schwarzen Grund ausgeführt beobachtet, das Relief in der Mischungsfarbe erscheint, während alle Kanten aus getrennten einander der Länge nach berühren- den farbigen Linien bestehen. Bei der Anwendung eines Gla- ses, welches die blauen homogenen Strahlen durchläfst, und eines andern, welches dasselbe für die rothen thut, ist die Er- scheinung am schönsten. Das von mir angewendete blaue Glas macht bei hellem Tage den Eindruck eines viel dunklern, da es. das rothe um mehr als das zehnfache an Dicke übertrifft. Bei zu- nehmender Dämmerung verschwinden aber die rothen Kanten immer mehr, zuletzt sind sie kaum noch sichtbar, doch noch so weit mitwirkend, dafs das Relief erscheint. Endlich aber ver- schwinden sie vollständig, so dals man statt des Reliefs nur die in blauen Linien ausgeführte Projection sieht, welche der An- sicht des Auges entspricht, welches durch das blaue Glas sieht. Legt man nun zwei rolhe Gläser vor die Öffnung des Stereos- kops, so sieht man gar nichts, während bei zwei blauen Glä- sern das Relief deutlich in jetziger Jahreszeit noch eine Vier- telstunde wahrgenommen wird. Damit ist die 'Thatsache selbst streng erwiesen; wie erklärt sich nun, dals die bei heller Be- leuchtung hellere Farbe in der Dämmerung früher verschwindet als die weniger helle? Bekanntlich gelangen nur unmittelbare Eindrücke auf die Sinnesorgane zu unserm Bewulstsein, die schwächsten auf die- selben wirkenden Bewegungen werden nicht mehr einzeln em- pfunden, aber dann, wenn sie sich schnell gleichmäfsig wieder- holen. Daraus ist deutlich, warum, um vernommen zu werden, die Saiten des Contrebasses weiter schwingen müssen, als die der Violine, da bei der geringen Anzahl der Schwingungen sie energischer sein müssen, warum wir in höherem Tone sprechen, wenn wir ohne grolse Anstrengung gehört werden wollen, wa- rum, wenn die tiefe durch das Sprachrohr verstärkte Stimme des Seemanns im Sturme verhallt, noch der schrillende Ton der Botspfeife durch das Brausen der Wogen und das Geheul des Windes hindurchdringt. Savart hat vermittelst der Spei- chensirene gezeigt, dals die Grenze der Wahrnehmbarkeit der 71 Töne nach der Tiefe hin durch die Stärke der Stölse erweitert werden kann. Die vollkommene Gleichartigkeit der Schwingun- gen bewirkt das Summiren der Eindrücke am vollständigsten, indem die durch ungleiche Schwingungsdauer entstehenden In- terferenzen dann wegfallen. Diese Gleichförmigkeit bewirkt bei dem Tone die Reinheit, bei der Farbe die Homogenität. Das Blau verhält sich aber zum Roth wie ein höherer Ton zu einem tiefern, bei dem erstern sind die Schwingungen der Netzhaut häufiger als bei dem letztern, wie die des Trommel- fells zahlreicher bei höherem Tone als bei tieferem. Da nun bei schwächer werdendem Tone die Grenze der Wahrnehm- barkeit tiefer Töne abnimmt, so ist es vollkommen dem ent- ‚sprechend, dafs bei abnehmender Helligkeit die Grenze der Wahrnehmung des Rothen sich ebenfalls verengert. Die rothe Farbe wird daher bei schwacher Beleuchtung nicht mehr gese- hen werden, während die grolse Anzahl der Schwingungen bei blauem Licht dessen Wahrnehmbarkeit länger erhält. 1 Auf diese Weise erkläre ich mir die wunderbare Erschei- mung, über welche sich aber merkwürdiger Weise noch Nie- mand gewundert hat, dafs bei dem schwachen Sternenlicht sich das Blau des Himmels noch deutlich geltend macht. Hiermit hängt die Erscheinung zusammen, dafs ein durch eine enge Spalte entwickeltes prismatisches Spectrum bei in- _ tensivem Licht die Farben nach dem rothen Ende hin verhält- nilsmälsig lebhafter entwickelt als nach dem violetten. Beson- ders deutlich sieht man diefs bei dichromatischen Medien, welche die Enden des Spectrums hindurchlassen, indem sie seine Mitte löschen, wenn man die Intensität der getrennten Farben bei verschiedener Helligkeit der Beleuchtuug der Spalte mit einander vergleicht Aus demselben Grunde zieht ein violettes Glas bei zunehmender Dämmerung immer mehr ins Blau. Der dunkle Raum jenseits des rothen Endes des vollständigen Spectrums, in welchem die Wärme ihr Maximum erreichl, würde wahr- seheinlich vollkommen sichtbar werden, wenn man die Intensi- tät des Sonnenlichtes durch Concentration bedeutend steigert. Es wäre diefs der Savart’sche Versuch in Beziehung auf die _ Grenzen der Sichtbarkeit tiefer Farben, wenn ich mich des ärucks bedienen darf. Wahrscheinlich gehören hierher die 72 Versuche von Brewster über die Frauenhoferschen Linien in diesem Theile des Spectrums (Report of the Brit. Assoc. 1847 p- 33), obgleich dort der Grund des Erscheinens nur der Be- seitigung der sphärischen Aberration, nicht der Lichtstärke des angewendeten Fernrohrs zugeschrieben scheint. In ähnlicher Weise erweitert sich auch mit Steigerung der Helligkeit die Wirkung des Lichtes auf eine jodirte Silberplatte jenseits des violetten Endes. Bei dieser Gelegenheit will ich noch einige Versuche nach- holen zu den frühern über die Entstehung des Glanzes und der Irradiation. Das Wesentliche der von mir angestellten Ver- suche über das Binocularsehen der Farben beruht darauf, dals ich farbige Linien betrachtet habe statt farbiger Flächen. So wie die prismatischen Erscheinungen nur klar wurden, als man kleine Öffnungen an die Stelle grofser setzte, aber nachdem das Spectrum einer engen Spalte erörtert, sich leicht ableiten liels, was in weiten Spalten erfolgen werde, so erläutern sich in diesem Gebiet auch jetzt, aber erst jetzt, früher bei dem binocularehi Betrachten verschieden gefärbter Flächen beobach- tete Erscheinungen. Über den Vortheil linearer Dimensionen daher noch einige Beispiele. Durch ein violettes Glas erscheint in der Weite des deut- lichen Sehens eine Flamme violett, innerhalb derselben eine blaue Flamme in einer rothen, jenseits derselben eine rothe in einer blauen. Viel schärfer und entscheidender sieht man diese Erscheinungen, besonders die erstere, wenn man durch das Glas nach einer von einer hellen Flamme beleuchteten Diffrac- tionsschneide blickt. Aufserhalb der Weite des deutlichen Sehens erscheint ein Mikrometer von schwarzen Linien auf weilsem Grund wie ein grauer, eins von weilsen Linien auf schwarzem Grund wie ein heller Fleck. Betrachtet man das letztere, d. h. eine Reihe pa- ralleler weilser Linien auf schwarzem Grund, durch ein blaues Glas und geht mit dem Auge so weit zurück, bis das Gitter durch das Zusammenlaufen der Linien als Fleck erscheint, so sieht man es durch ein rothes Glas noch vollkommen als Gitter, es wird bei erheblich gröfserer Entfernung erst ein Fleck. Auf diese Weise sieht man äufserst leicht, dals die Sehweite für rothes 73 Licht erheblich gröfser ist, als für blaues. Dafs die für weilses Licht ebenfalls gröfser als die für blaues, ist eben so deutlich zu sehen. Da es schwer ist, verschiedene Pigmente von so gleicher Intensität zu wählen, dafs durch ihre binoculare Ver- bindung Glanz entsteht, weilse und schwarze Flächen diesen aber entschieden geben, so kann man auf folgende Weise far- bigen Glanz leicht erhalten. Man verbindet im Stereoskop eine Zeichnung von weilsen Linien auf schwarzem Grund mit einer andern von schwarzen Linien auf weilsem Grund und betrachtet sie durch ein vor beide Augen gehaltenes farbiges Glas. Bei einem Rubinglas und heller Beleuchtung erscheint das Relief wie von polirtem Kupfer. Man kann daraus schliefsen, dafs die für Irradiation und Glanz früher erhaltenen Resultate für jede beliebige farbige Beleuchtung gültig sind. Und so möge denn hier eine von der bisherigen abwei- chende Erklärung der fHatternden Herzen ihre Stelle finden. Dals ein grünes Bild auf rothem Grund rasch hin und her be- wegt auf dem Grunde zu schwanken scheint, und dafs diese Täuschung vorzugsweise im indirecten Sehen stattfindet, könnte zu der Vorstellung führen, dals es sich hier um complementare Farben handelt. Aber schon Wheatstone hat gezeigt, dals ein rothes Herz auf blauem Grund, oder ein blaues auf rothem leb- hafter sich bewegt, es ist also ein Phänomen der verschiedenen Brechung. Nun erscheint aber, wie Brewster zuerst an geo- gnostischen Charten bemerkt hat, blau und roth nicht in einer Ebene, aus Gründen, die durch meine früheren stereoskopischen _ Versuche jetzt vollkommen erhellen. Bewege ich nun das Blatt in seiner Ebene, so beschreibt das Herz und der Grund gleich- grolse Tangenten an Kreisen, deren Radien ich verschieden setze. Die Winkelgeschwindigkeit des einen erscheint daher anders als die des andern, beide Objecte, Bild und Grund, schei- nen sich daher über einander zu verschieben. Dabei wird na- türlich vorausgesetzt, dals auch der Grund begrenzt sei, da, wenn er als ein unbegrenzter erscheint, seine Bewegung in seiner eigenen Ebene nicht wahrgenommen wird. Dals bei seitlicher Betrachtung das Phänomen deutlicher hervortritt als bei senkrechter, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dafs die in Beziehung auf das Auge hier geltend gemachten Unterschiede 74 der Farben dann noch entschiedener hervortreten, denn ich sehe, wenn ich sehr schief zur Seite blicke, in einem dunklen Zim- mer eine enge von aufsen hell beleuchtete Spalte mitunter als Spectrum, welches ich nie bei senkrechter Betrachtung wahr- » genommen habe. Aufserdem ist aus leicht ersichtlichen Grün- den die Differenz beider Bewegungen auf einer eingebildeten Parallaxe beruhend bei seitlicher Betrachtung grölser, so wie ein parallel mit sich hin und her bewegter den Augen zuge- kehrter Stab seitlich betrachtet mehr zu schwanken scheint als dann, wenn seine Bewegung um die Halbirungslinie der Sehe- linien beider Augen geschieht. Dals wir das mit beiden Augen Gesehene auch bei dem Doppeltsehen auf eine bestimmte Entfernung projiziren, geht aus folgendem Versuch hervor. Ich habe früher die Beobachtung beschrieben, ohne sie erklären zu können, dals ich mitunter bei dem Doppeltsehen einer geraden Linie das eine Bild als eine gerade Linie, das andere als eine gebrochene oder gekrümmte sehe. Ohne behaupten zu wollen, dals dies immer aus densel- ben Gründen erfolgt, kann ich doch für besondere Fälle den Grund nachweisen. Ich legte einen Bogen Papier, auf dem ich eine gerade Linie gezeichnet, auf einen Tisch und betrachtete sie durch Doppelsehn als zwei gerade Linien. Ich krümmte nun den Bogen so, dafs die Projection der geraden Linie auf dem Tisch für das eine Auge eine gerade Linie blieb, für das an- dere eine gekrümmte Linie wurde. Nun sah ich die eine Li- nie gerade, die andere gekrümmt. Schliefslich will ich noch einen sehr entscheidenden Ver- such dafür anführen, dafs nur bei binocularem Sehen das Bild im Hohlspiegel vor demselben erscheint. Man nähert einen an einem Stift befestigten Ring dem Hobhlspiegel so, bis beide durch einander hindurchgehn und das vergrölserte Bild des Ringes zwi- schen dem Auge und dem wirklichen Ringe steht. Schlielst man nun das linke Auge, so tritt das Bild des Ringes augenblicklich hinter denselben zurück. Der abgekürzte Hohlkegel, welcher dem Auge seine Grundfläche zukehrte, wendet nun plötzlich ihm seine Schnittläche zu. Nähert man bei dem Sehen mit einem Auge die Hand plötzlich dem Spiegel, so glaubt man allerdings auch monocular die Hand sich nähern zu sehen. 75 Diefs ist aber nur eine bei schneller Bewegung eintretende Täuschung, da man sich nicht vorstellen kann, dals die an der Stelle bleibende Hand gröfser wird. Der Versuch von Scherfer, durch zwei kleine dicht neben einander liegende Öffnungen einen schmalen Gegenstand in der Weite des deutlichen Sehens einfach, diesseits derselben dop- pelt zu sehen, gelingt für rothe und blaue Strahlen bei ver- schiedenen Entfernungen, für erstere bei gröfserer, für letztere bei geringerer Entfernung. Am besten ist es, als Object eine stark beleuchtete Diffractionsschneide anzuwenden, welche man nach einander mit einem rothen und blauen Glase verdeckt. Für weilses Licht liegt die Entfernung zwischen beiden Gren- zen. Man kann die farbigen Gläser auch unmittelbar vor das Auge halten, so dafs die kleinen Öffnungen sich jenseits des Glases befinden. * * * Nach Beendigung der im Vorhergehenden beschriebenen Versuche fand ich in der Abhandlung von Seebeck über den bei manchen Personen vorkommenden Mangel an Farbensinn (Pogg. Ann. 42. p. 222) folgende Stelle: „in der Dämmerung verschwinden bekanntlich die wenigst brechbaren Strahlen zu- erst aus dem Lichte der Atmosphäre, wodurch die bekannten _ Änderungen in dem Ansehn der Farben entstehn”. Seebeck erklärt daher diese Erscheinungen aus einer objectiven Verän- derung der Farbe der Beleuchtung. Diels geht deutlich daraus hervor, dafs er (p. 224) bemerkt: „Von dem Dr. G. wird an- geführt, dals er bei einiger Dunkelheit besser sehe, als andre Personen, die ihn bei Tage an Gesichtsschärfe übertreffen. Ich vermuthe, dafs diels von der Dämmerung zu verstehen ist, in- dem hier, wo die wenigst brechbaren Strahlen zuerst verschwin- den, das Abnehmen des Tageslichts den Augen der zweiten Klasse weniger empfindlich sein mufs, als denen der ersten _ Klasse und dem gewöhnlichen Auge.” Was nun die bekannte Thatsache eines objectiven Fehlens _ der am wenigsten brechbaren Strahlen betrifft, so ist es auf- fallend, dals ich sie in keiner Untersuchung über Dämmerung und über Farbe des Himmels, die neuesten nicht ausgenommen, 76 erwähnt finde. Seebeck sagt selbst, dafs das Himmelblau dem Grau in der Dämmerung ziemlich ähnlich wird. Hassenfratz (*) fand die Länge des Spectrums bei hohem Sonnenstande 185 Millimeter, bei Sonnenuntergang nur 70 und dabei fehlten die Strahlen auf der blauen Seite so sehr, dals das ganze Farben- bild nur aus Roth, Orange und Grün bestand, und Kämtz er- klärt(**) diefs dadurch, dafs die blauen Strahlen auf dem langen Wege durch die Atmosphäre verloren gegangen wären. Vor- ausgesetzt nun auch, dafs blaues Licht in der Dämmerung über- wiege, so würde diefs doch nicht stattfinden können bei einer vollkommen gleichartigen weilsen Bedeckung des Himmels, wo nach allen Theorien das Licht farblos reflectirt wird. Nun habe ich aber meine Versuche an Tagen angestellt, wo der Himmel so gleichförmig bedeckt war, dals mit dem empfindlich- sten Apparate keine Spur von Polarisation des Himmelslichtes sich zeigte, ja an Tagen, wo ein dichter Nebel die Luft gleich- artig erfüllte. Um aber jeden möglichen Zweifel zu beseitigen, habe ich die Versuche um Mittag in einem künstlich verfinster- ten Zimmer wiederholt. Tritt man unmittelbar aus einem hell erleuchteten Zimmer in ein stark verdunkeltes, und nähert sich der Stelle, wo das Licht eintritt, so weit, dals man das Blau erkennt, so erscheint zunächst das Roth lebhafter. Das Auge verlangt nämlich dann noch die Helligkeit, bei welcher das Roth überwiegt über das Blau. Erst nach längerem Aufenthalt im Dunkeln ist die Netz- haut so empfindlich, wie in der starken Dämmerung. Tritt man nun so weit zurück von der Stelle, wo das Licht einfällt, dafs das Blau noch deutlich erscheint, so ist das Roth vollständig verschwunden. Hiebei ist es aber nicht möglich, das Stereos- kop mit Sicherheit anzuwenden, da es äulserst schwierig ist, den beiden Flächen genau gleiche Beleuchtung zu geben. Am besten erhält man die beschriebene Thatsache, wenn man nach einander eine mit weilsen Strichen auf schwarzem Grund aus- geführte unverändert liegende Zeichnung zuerst durch das blaue, dann durch das rothe Glas betrachtet. *) Annal. de Chim. 66. p. 60. P (**) Meteorologie 3. p. 42, 77 Hierher gehört auch die merkwürdige Thatsache, dafs, un- ter vielen, denen ich gleichzeitig bei hellem Tage das Relief im Stereoskop mit blauen und rothen Kanten durch die ver- schiedenfarbigen Gläser zeigte, einer erklärte, dals er nur die Zeichnung mit blauen Linien, nicht das Relief sähe, da er durch das rothe Glas die Zeichnung gar nicht wahrnehme. Die Augen dieses Individuums verhielten sich also bei hellem Sonnenschein wie die normalen Augen im schwachen Dämmerlicht. Wenn aus unsern bisherigen Versuchen folgt, dafs das bei heller Beleuchtung lebhaftere Roth gegen das schwächere Blau zurücktritt, wenn die Dunkelheit zunimmt, so ist es nicht un- möglich, dals in voller Dunkelheit jenseits des violetten Endes des Spectrums noch schwächere Schwingungen stattfinden, die, wenn sie auch nicht von dem Auge empfunden werden, doch eine iodirte Silberplatte afficiren. Durch die Dauer und die grolse Anzahl der Schwingungen würde sich erklären lassen, dafs eine Wirkung auf einer Platte hervortritt, die auf der - Netzhaut nicht empfunden wird, weil wir das bewegliche Auge nicht so lange und so stetig der summirenden Wirkung dieser kleinen Schwingungen aussetzen können als die ruhende Silber- platte. Moser sagt ausdrücklich, dafs das unsichtbare Licht zu dem sichtbaren sich verhalte, wie das violetlte zum rothen und es scheint mir nach dem hier Erörterten nicht einmal nöthig anzunehmen, dafs diese Schwingungen von der Nervenhaut nicht empfunden werden, weil sie von den Substanzen, welche vor ihr liegen, zurückgehalten werden (*). Senden alle Körper Licht aus, es mag nun die Netzhaut affıciren oder nicht, so wird eine Beleuchtung der letzten Klasse von Körpern durch eine der ersten nur störend wirken, denn wir verlangen dann von der Platte, dafs sie gleichzeitig zwei Bilder darstelle, welches na- türlich der Deutlichkeit Eintrag ihun wird. Seebeck hat gezeigt, dals die zweite Klasse der mit man- gelndem Farbensinn behafteten Individuen bei hellem Licht ohn- gRtr die Erscheinungen sieht, welche ein farbengesundes Auge in der Dämmerung wahrnimmt. Da die objective Erklärang F ‚nun wegfällt, so bleibt nur eine subjective, d. h. die Annahme, (*) Über das Licht p. 18, 78 dafs die Netzhaut des gesunden Auges bei schwacher Beleuch- tung dem Zustande jenes krankhaften sich nähert. Bei dem Interesse, welches die Arbeit von Seebeck bei ihrem Erscheinen in mir erregte, war es mir wünschenswerth, eine vollständige Anschauung dieser Eigenthümlichkeit zu erhal- ten. Seebeck hatte daher die Güte, mir ein Exemplar dersel- ben zu geben, in welchem die verschieden farbigen Papiere, welche die Individuen als gleich ausgesucht hatten, in viele Reihen je zwei nebeneinander geklebt sind. Nun stellte ich mir die Frage, wenn ein Individuum ein lebhaftes Roth und Grün als vollkommen gleich sieht, sieht es vielleicht das, was ein gesundes Auge als Mittelfarbe aus beiden wahrnimmt. Wie aber fällt diese Mittelfarbe aus? Diefs erhält man sehr schön mittelst eines Prismenstereoskops. Bringt man die farbigen Pa- piere zum Decken, so erscheinen die vorher so verschiedenen Papiere paarweise vollkommen gleichartig und in der Regel grau oder als eine Schmutzfarbe. Auf diese Weise würde sich erklären, wie eins der Individuen das reine Roth nicht besser als durch die Farbe eines Esels zu bezeichnen wulste. Versuche mit wahren complementaren Farben wären besonders interessant. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philoso- phisch- historische Classe, Jahrg. 1851. Bd. VII. Heft 1. 2. Mathe- matisch- naturwissenschaftliche Classe, Jahrg. 1851. Bd. VI. Heft 5. Bd. VII. Heft 1. 2. Wien. 8. Im Auftrage der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften von demK.K. Hof-Buchhändler W. Braumüller in Wien mittelst Schreibens v. 18. Decbr. v. J. übersandt. Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österreichischer Geschichts- quellen. Herausgegeben von der historischen Commission der Kaiserl. Akademie der Wissensch. in Wien. 1851. No. 1.9. 8. Im Auftrage der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften von demK.K. Hof- Buchhändler W. Braumüller in Wien mittelst Schreibens v. 27. Decbr. v. J. übersandt. Mittheilungen der Geschichts- und Alterthumforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg. Bd. 111. Heft 3. Altenburg 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Vorstandes dieser Gesellschaft, - Herrn Dr. J. Löbe v. 22. Dec. v. J. 7 Ä Er u 79 Adam Bened. Jocher, Pelasgia, sive de sermone quondam communi, eo- que principe in Slavorum, inprimis in Polonorum illo, facile statuendo etc, Petropoli 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Wilna d. 10. Jan. d. J. Lucians Schnellfu/s oder die Tragödie vom Podagra ; übersetzt von Karl Friedr. Hermann. Göttingen 1852. 8. 16 Expl. mit einem Begleitungsschreiben des Übersetzers d. d. Göttingen d. 14. Januar d. J. Transaclions of the zoological Society of London. Vol. IV. Part. 1. Lon- don 1850. 4. Proceedings of the zoological Society of London. No.201— 213. ib. 8. Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’ Academie des sciences 1851. 2. Semestre. Tome 33. No. 21 — 26. 24. Nov. — 29. Dec, 1852. 1. Semestre. Tome 34. No. 1.2. 5. et 12. Janvier. Paris. 4. Scheikundige Onderzoekingen, gedaan in het Laboratorium der Utrechtsche Hoogeschool. Deel 5. Stuk 8. Deel 6. Stuk 1. Rotterdam 1851. 8, Traduction chaldaique, latine et [rangaise de l’Inscription hieroglyphique du grand Cerele du Zodiayue de Denderah. Traduit et autographie par H.Parrat de Porrentruy, Canton Berne. Decembre 1851. 3 Blatt fol. Adolf Ferd. Svanberg, Försök att förklara Orsaken till den dynamisha Thermo - Elektriciteten. Upsala 1851. 4. Barone Silvio Ferrari, dodici figure riguardanti il dodecagono volgare inscrilto a priori nel circolo, la trisezione grafica dell’ angolo al cen- tro etc. Torino, Agosto 1851. fol. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1852. No. 1. 8. Th. Scherer, Beiträge zur näheren Kenntni/s des polymeren Isomorphis- mus. Besond. Abdruck aus Poggendorff’s Annelen der Physik und Chemie. Bd. 84. Leipzig. 8. Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft. Bd. 6. Heft 1. Leipzig 1852. 8. d’Hombres-Firmas, Suite des memoires et observations de Physique et d’Histoire naturelle. Montpellier s. a. 8. Memorial de Ingenieros,. Aiio 6. Num. 12. Dieiembre de 1851. Madrid. 8. Vendidadi capila quinque priora. Emendavit Christianus Lassen. Bon- nae 1852. 8, L’Institut. 1. Section. Sciences mathemat., physiq. et naturell. 19. Annee. No. 935 — 939. 4.— 31. Dec. 1851. Paris. 4. 2. Section. Sciences historig., archeol. et philosoph. 16. Annee. No. 190 — 192. Oct —Dec. 1851. ib. 4. Revue archeologique. 8. Annee. Livr. 10. 15. Janvier 1852. Paris. 8. Pe 80 A.L. Crelle, Journal für die reine u. angew. Mathematik. Bd. 42, Heft 4. Berlin 1851. 4. 3 Expl. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 790-792. Altona 1852, 4, Aufserdem wurde ein Gesuch des Hrn. Ed. Robinson, Prä- sidenten der Amerikanischen Morgenländischen Gesellschaft zu New-Haven, vom 3. d. M., vorgelegt, es möge dieser Gesell- schaft gestattet werden, aus den Matrizen der Akademie Sans- krit-, Arabische und Armenische Typen gielsen zu lassen. Die Akademie genehmigte diesen Wunsch. 12. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. J. Grimm las über Frauennamen aus Blumen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: A.v. Parpart, Bericht an eine Königl. Preu/sische Academie der Wis- senschaften zu Berlin über die auf der Sternwarte zu Storlus während der Sonnenfinsternifs vom 28. Juli 1851 angestellten astronomischen ' und meteorologischen Beobachtungen. Mit Abbildungen. Culm 1851. 8 2Exempl. G. Minervini, Monumenti antichi inedili posseduti da Raffaele Barme. Vol. I. fogl. 11. (Napoli) 8. I. Kops, Flora Batava, vervolgd door P. M. E. Gevers Deynoot. Aflev. 167. Amsterdam. 4. Charles Muquardt, de la propriete litteraire internationale, de la contre ‚fagon et de la liberte de la presse. Bruxelles, Leipzig, Gand 1851. 8, Corrispondenza scientifica in Roma, Anno U. No. 29. 27. Genn. 1852, Roma. 4. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl, Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1852. No. 2. 8, 16. Februar. Sitzung der physikalisch-mathe- matischen Klasse. Hr. H. Rose las über die Umwandlung der schwe- felsauren Alkalien in Chlormetalle. Diese Umwandlung kann auf die Weise bewirkt werden, dals man dieselben mit Salmiak mengt, und das Gemenge glüht. Man behandelt die schwefelsauren Salze so lange von Neuem. mit Salmiak, bis nach erneutem Glühen kein Gewichtsverlust mehr stattfindet. 81 Die Umwandlung der schwefelsauren Alkalien in Chlor- metalle, die besonders bei Mineralanalysen, wenn Kali vom Natron von einander getrennt werden sollen, sehr häufig aus- geführt werden muls, kann bei Anwesenheit einer wenn auch nur geringen Menge von schwefelsaurem Lithion in den schwe- felsauren Alkalien nicht angewandt werden, da dieses Salz nur in einem sehr geringen Grade durch die Behandlung mit Sal- miak zersetzt wird. Hr. Peters machte eine Mittheilung über die in Mossam- bique beobachteten Mangusten, und legte Abbildungen der neuen Arten vor. HERPESTES, Illiger. 1. HERPESTES UNDULATUS n. sp.; nigro et dilute rufo undu- latus, subtus undique rufus; unguibus anterioribus multo longioribus quam posterioribus; cauda corpore breviore, sine penicillo. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,25; cau- dae 0,17. Afr. orient., Mossimboa, 11° Lat. austr. 2. HERPESTES ORNATUS n. sp.; nigro et olivaceo undulatus, supra rufescens, subtus sordide flavidus; unguibus anterio- ribus paulo longioribus quam posterioribus; caudae apice, post annulum rufum, nigra in medio alba. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,28; cau- dae 0,24. Africa orient., Tette, 17° Lat. austr. Nom. indig. runcoo. 3. HERPESTES BADIUS, Smith. (Zlustr. of the zoology of South q Africa. Mammalia. pl. 4. Gray, Proc. of the zool. soc. 1849. F pag- 11. second variety.) 4. HERPESTES FASCIATUS, Desmarest. (FH. taenianotus, Smith.) 5. HERPESTES PALUDINOSUS, Cuv. Smuts. (H. atilax, Wagn.) 6. HERPESTES ALBICAUDUS, Cuvier. BDEOGALE, Pet. (Ges. nazurf. Fr. zu Berlin19. Nov.1850.) Habitus et dentes Herpestium, pedibus omnibus tetradactylis. 7. BDEOGALE CRASSICAUDA n. sp.; ex nigro canescens, pilis nigro etalbido annulatis; pedibus et cauda crassa nigris; un- guibus anterioribus paulo brevioribus quam posterioribus. 2*r 82 j Longit. ab apice rostri ad caud. bas. 0,4; caudae 0,3. Africa orient., Tette, Boror, 17 — 18° Lat. austr. Nom. indig. g0C0c0, munjenga. 8. BDEOGALE PUISA n. sp.; fusca, pilis nigro et flavido an- nulatis, pedibus nigrofuscis; cauda breviore versus apicem nigra; unguibus anterioribus paulo brevioribus quam pos- terioribus. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,50; cau- dae 0,25. Africa orientalis, Mossimboa. Nom. indig. puisa. Aufserdem wurde eine nach Jacobi’s Formeln ausgeführte Arbeit des Hrn. Luther zu Königsberg vorgelegt, über welche ein Bericht vorbehalten bleibt. 19. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Müller hielt einen Vortrag über den allgemei- nen Plan der Echinodermen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Annales des Mines. 4. Serie. Tome 20, Livr. 4. de 1851. Paris 1851. 8. Der Akademie durch das vorgeordnete Königl. Ministerium mittelst Rescripts vom 11. Febr. d. J. mitgetheilt. Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Bd. Il, Heft 3. Bd. IV. Heft 3. Danzig 1840. 50. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Directors dieser Gesellschaft, Hrn. Professor Dr. Anger vom 9. Febr. d. J. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 793.794. Altona 1852, 4, A. L. Crelle, Journal für die reine u. angew. Mathematik. Bd.43. Heft‘ 1. Berlin 1852. 4 3Expl. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Janvier. Paris. 8, Ed. Gerhard, Denkmäler, Forschungen und Berichte als Fortsetzung der archäologischen Zeitung. Lief. 12. Berlin 1851. 4. Aufserdem kam ein Schreiben des Hrn. L. Zimmermann zu Dresden vom 13. d. M. zum Vortrag, betr. einen Wunsch desselben in Rücksicht auf Bekanntmachung gewisser Entdeckun- gen, worauf jedoch nicht eingegangen werden konnte. 83 9%6.Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. H. Rose las über die Verbindungen des Cad- miumoxyds und des Silberoxyds mit der Koblensäure. Das Cadmiumoxyd zeigt eine grolse Verwandtschaft zur Kohlensäure, und eine weit grölsere als zum Wasser. Die Nie- derschläge, welche in den Cadmiumoxydsalzen durch einfach- kohlensaures Alkali entstehen, enthalten daher sehr wenig Was- ser, und so viel Kohlensäure, dals sie in Verbindung mit dem Cadmiumoxyd ein fast neutrales Salz bildet. Es ist dies auf- fallend, da das Cadmiumoxyd nur schwach -basische Eigenschaf- ten zeigt, und schwache Basen zur Kohlensäure keine grolse Verwandtschaft zu zeigen pflegen. Zur Fällung des kohlensauren Cadmiumoxyds wurde ein- fach-kohlensaures Kali angewandt, da bei Anwendung von koh- lensaurem Natron Niederschläge erhalten werden, welche sich sehr schwer auswaschen lassen. Der Niederschlag, welcher in der Kälte in concentrirten Auflösungen von gleichen Atomgewichten von schwefelsaurem Cadmiumoxyd und von kohlensaurem Kali entsteht, hat die Zu- sammensetzung 10 CGdö+CdH + 2H; in verdünnten kalten Auflösungen erzeugt sich ein Niederschlag von derselben Zu- sammensetzung, nur enthält er ein Atom Wasser mehr; die in concentrirten heilsen Auflösungen hervorgebrachte Fällung hat etwas mehr Cadmiumoxydhydrat und hat die Zusammen- setzung 50 Cda& +6CdH+ 11H, und endlich der in ver- dünnten heilsen Auflösungen erzeugte Niederschlag ist 50 cac ——+9CdH + 12H. Wegen des sehr geringen Wassergehaltes in den Nieder- schlägen des kohlensauren Cadmiumoxyds und wegen der gro- Ssen Verwandtschaft des Cadmiumoxyds zur Kohlensäure können eselben bei einer ziemlich hohen Temperatur ihre Kohlensäure noch behalten. Selbst einer Temperatur von 300° C. ausgesetzt _ verlieren sie noch nicht ihre Kohlensäure und nur etwas Was- ser, und selbst nach dem Glühen enthalten sie häufig noch ge- ringe Spuren von Kohlensäure, wenn dasselbe nicht lange genug gewährt und stark genug gewesen ist. 84 Wegen der grölseren Verwandtschaft des Cadmiumoxyds zur Kohlensäure als zum Wasser zieht das Hydrat im feuchten Zustande, wenn es aus einer Cadmiumoxydauflösung durch Ka- lihydrat gefällt worden ist, Kohlensäure aus der Luft an. Bis zu 300° erhitzt, hat es alles Wasser verloren, dahingegen Koh- lensäure aufgenommen und sich in ein basisch-kohlensaures Cadmiumoxyd G4d&+2Üd verwandelt. Das Silberoxyd zeigt auffallender Weise gar keine Ver- wandtschaft zum Wasser, wohl aber eine bedeutende zur Koh- lensäure.. Wenn man die Auflösung von einem Atomgewicht eines neutralen Silberoxydsalzes durch ein Atomgewicht eines einfach -kohlensauren Alkalis zersetzt, so erhält man neutrales kohlensaures Silberoxyd ohne Wasser, sowohl wenn die Auflö- sungen concentrirt oder verdünnt, kalt oder heils angewandt werden. Nur bei einem grolsen Überschufs des kohlensauren Alkalis entsteht durchs Kochen basisch-kohlensaures Silberoxyd | von der Zusammensetzung 3 Ä g+ 3C: Das kohlensaure Silberoxyd verliert seine Kohlensäure bei 200° C., und verwandelt sich in reines Silberoxyd, welches schon bei 250° anfängt, Sauersto[f zu verlieren. Fällt man Silberoxyd aus der Auflösung eines neutralen Salzes durch Kalkwasser, so aber, dals ein Theil des Silber- oxydsalzes noch unzersetzt bleibt, so zieht der feuchte Nieder- schlag leicht Kohlensäure aus der Luft an. Bei 100° C. ge- trocknet hat er sein Wasser vollständig verloren, und eine geringe Menge von Kohlensäure dafür aufgenommen. Das Sil- beroxyd bildet daher mit dem Wasser kein Hydrat, wenigstens keins, das bei 100° bestehen kann. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Georg Carl Berendt, die im Bernstein befindlichen organischen Reste der Vorwelt. Bd.]I. Abth. 1. Berlin 1845. fol. 15 Ex. Durch die Wittwe des Verfassers mittelst Schreibens d. d. Danzig d. 17. Jan. d. J. übersandt. de Paravey, du pays primitif du ver a soie et de la premiere civilisation. Paris 1851. 8. 2Exempl. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Paris d. 28. Jan. d. J. 85 W. Theod. Gümbel, die fünf Würfelschnitte. Ein Versuch, die verschie- denen Krystallgestalten in einen innigen Zusammenhang zu bringen. Landau 1852. 4 2Exempl. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Landau d. 16. Febr. d.J. Königl. Preufsischer Staats- Kalender für das Jahr 1852. Berlin. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Königl. Geh. Ober- Finanz - Rathes Herrn Costenoble hierselbst vom 23. Febr. d. J. Comptes rendus hebdomadaires des scances del’ Academie des sciences 1352. 1. Semestre. Tome 34. No. 3— 6. 19. Janv.—9.Fevr. Paris. 4. The quarterly Journal of the geological Society. No. 29. Vol. VII. Part 1. Febr. 1. 1852. London. 8. Schumacher, astronomische Nachrichten. Titel und Register zum 33. Bande. Altona 1852. 4. Ferner wurde ein Schreiben der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Neapel vom 26. vor. Mon. über den Em- pfang unserer Abhandlungen vom J. 1848 vorgelegt. m ic a FR emit “un 8 ARE St u) 5 Bericht über die un Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat März 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh. ‚Februar. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. _ Hr. Petermann las über die schriftlichen Quellen es Moses Chorenensis. _M. Ch. klagt zu Anfang seiner Geschichte über den Mangel al- f Literatur unter seinem Volke, und wir finden im Allgemeinen iese Klage, in Betreff der frühern Zeiten, gerechtfertigt. Dennoch ilirt er einige Schriftsteller, welche wir theils mit Sicherheit, theils it grolser Wahrscheinlichkeit zu den armenischen rechnen kön- n. Ober die I, 3. (nach der Ausgabe seiner Werke in Venedig 15. 8.) erwähnten Chroniken, welche die Ereignisse von einzelnen tschaften, Districten und Familien erzählen, benutzt habe oder 'ht, darüber lälst sich keine Auskunft geben, da er ihrer nicht iter gedenkt. 1,6. p. 17. sagt er: „Wir müssen auch die alten ungeschriebe- n Berichte Einiger, welche schon vor langer Zeit unter den Wei- Griechenlands erzählt wurden, und durch Gorgi, Banan und en Dritten, Namens Davith, bis zu uns gekommen sind, wenn 'h nur mit wenigen Worten, wiederholen. Der Eine von diesen, cher Philosophie studirt hatte, sagte: Greise! Als ich unter den jechen dem Studium der Weisheit oblag, traf es sich eines Ta- ‚ dals unter den weisen und erfahrenen Männern die Geographie die Theilung (Trennung) der Völker zur Sprache kam. Der [1852.] 3 88 Eine gab diese, der Andere jene Nachricht aus Büchern zum Besten. Der Ausgezeichnetste aber unter ihnen, Olympiodorus mit Namen, nahm das Wort, und sagte” u.s.w. Dals die oben genannten 3 Männer Gorgi, Banan und Davith als Autoren hier angeführt wer- den, und dafs M. Ch. auf ihre Schriften verweise, ist wohl keinem Zweifel unterworfen. Den Letzten derselben halten die Mechitha- risten mit grofser Wahrscheinlickeit für den Neffen des M. Ch, den bekannten armen Philosophen Davith, welcher in Athen Philo- sophie studirte; der Zweite, Banan, ist gänzlich unbekannt, da die- ser Name sonst nirgends erwähnt wird. Wenn sie aber bei dem Dritten, Gorgi, an einen Griechen denken, der Gorgias geheilsen, so sind sie gewils im Irrthum, da einmal dieser Name nach der Ana- logie von ı.bibws, Lphfum, wpgfu u.s.w. auch zapgfuu oder zap- zfwu lauten mülste, und da aus den Worten Davith’s „als ich unter den Griechen Philosophie studirte” deutlich hervorgeht, dals wir im griechischen Sinne hier Barbaren vor uns haben. Ferner weist der Anfang dieser Stelle „die Berichte, welche schon vor langer Zeit unter den Griechen erzählt wurden, und durch Gorgi, Banan und Davith bis zu uns gelangt sind,” nicht undeutlich darauf hin, dafs es Armenier sind, welche hier eitirt werden. Der Name Gorgi hat aber georgischeForm und wird auch bei den armenischen Auto- ren, so viel mir bekannt, nur von Georgiern gebraucht. Es wäre möglich, dals er aus einer georgischen Familie stammte, welche in Armenien sich niedergelassen hatte, oder dafs er sich den Schülern Sahak’s und Mesrop’s angeschlossen. Denn dafs diese drei Zeitgenos- sen des M. Ch. waren, dafür spricht auch noch die Erwähnung des Olympiodorus, wahrscheinlich jenes bekannten Historikers aus The- ben, welcher in der ersten Hälfte des 5ten Jahrhunderts lebte. Auch haben wir hier nicht an historische Werke derselben zu den- ken, sondern vielmehr an philosophische Abhandlungen oder Vor- ‘träge, wie die angeführten Worte Davith’s zeigen. — II, 34. sagt M. Ch., dafs er die Begebenheiten unter Ananun und Sanatruk, den beiden Nachfolgern Abgar’s, mit Stillschweigen übergehen wolle, da sie schon Andere vor ihm mitgetheilt haben. Ver diese Bericht- erstatler waren, sagt er nicht; dafs es aber Armenier gewesen, ist deshalb anzunehmen, weil die genannten Ereignisse in Armenien stattfanden, und M. Ch. dieselben seinen Landsleuten als hinlänglich bekannt voraussetzt. Jetzt kennen wir alle diese Data nur aus spä- En 2 89 tern Legenden. — II, 48. erwähnt M. Ch. einen Priester von Hani, Namens rı 7 frau, Ughyp, Ulyp d.i. Olympos, Schreiber von Tem- pelgeschichten, welcher auch die Geschichte der Regierung Arta- sches II. genau aufgezeichnet habe. Da Hani (Ani) eine Hauptstätte für den Kultus der Götter in Armenien war, so liels sich wohl an- nehmen, dafs jener Olympus, obgleich dem Namen, und also wahr- scheinlich auch der Geburt nach ein Grieche, seine Werke arme- nisch verfalst habe. Er war, wie es sclieint, Zeitgenosse von Ar- tasches II., und vielleicht Nachkomme Eines der Priester, welche unter Artasches I. zugleich mit den Statuen des Zeus, der Artemis, Aıhene, Aphrodite und des Hephästos nach Ani gekommen waren, vgl. II, ı2.— Die Überschrift von II, 80. lautet: „Kurze Darstellung der Geburt und des Lebens von Grigor und dessen Söhnen aus dem auf Veranlassung des Einsiedlers Marcus in Agrodschan von dem Bischof Artithes geschriebenen Briefe.” Da die Kapitelüberschriften uralt sind, und dem M. Ch. selbst zugeschrieben werden, so verdie- nen sie ebenfalls Berücksichtigung. Ein Bischof Artithes, und wahr- scheinlich derselbe, wird auch von Agathangelos p. 127. (d. Ausg. von Venedig 1835. 12.) unter den 12 von Grigor eingesetzten Bi- schöfen genannt. Dem Namen nach scheint er, wie jener Einsied- ler, Grieche gewesen zu sein, daher auch vielleicht der sonst nir- gends erwähnte Brief griechisch verfalst war. — Der einzig bekannte armenische Schriftsteller, welchen M. Ch. an mehreren Stellen citirt, ist Agathaugelos, der Geheimschreiber des Königs Terdat (Tirida- tes); aber merkwürdiger Weise berührt er den Hauptinhalt von dessen Geschichtswerk gar nicht, verweist nur auf das, was dieser zu Anfang und Ende mehr im Vorübergehen bemerkt (vgl. M. Ch. I. 67. mit Agath. p. 28. 31. 32. — M. Ch. II, 83. mit Agath. p. 642. u. f.), und ecitirt Worte und Berichte von ihm, welche sich nicht bei Agath. finden (vgl. M. Ch. II, 80. u. 86.). Man könnte daher versucht werden zu glauben, dafs die Erzählungen des Agathange- los von der Hripsime, von Grigor’s übermenschlichen Martern, von der göttlichen Strafe, welche Terdat traf, von der wunderbaren Er- rettung Grigor’s, wie von der Bekehrung und Heilung Terdat’s spä- tere Zusätze seien. Da aber Lazarus Farpensis, ein jüngerer Zeit- genosse des M. Ch. p. 9. u. f. seiner Geschichte Alles dies als von Agathangelos berichtet erwähnt; und da M. Ch. auch in einer an- deren kleinen Schrift „die Geschichte der Hripsime und ihrer Ge- 90 fährtinnen” bis auf den Punkt erzählt, wo Agath. beginnt, und dann auf diesen verweist: so müssen wir annehmen, dafs das Werk des Agath. unter den Armeniern so sehr verbreitet war, dafs ein Ge- schichtschreiber nicht nöthig hatte, die von ihm erzählten Data zu wiederholen; und jene von M. Ch. citirten, aber bei Agath. fehlen- den Stellen sind ein Beweis, dals die bis jetzt bekannte Textesre- cension des Agath. eine mangelhafte sei. Dals M. Ch. den Faustus Byzantinus, ebenfalls einen Historiker des Aten Jahrhunderts, nirgends citirt, hat vielleicht seinen Grund darin, dals derselbe wegen seiner unkritischen und undelikaten Be- handlung der Geschichte, sowie wegen der offenbaren Übertrei- bungen, die um so merkwürdiger sind, da er nur die Begebenheiten seiner Zeit erzählt, keinen Glauben verdiente und nicht geschätzt war. Er scheint jedoch an einzelnen Stellen, wie I, 12. 22., auf ihn anzuspielen. Ebenso wenig erwähnt M.Ch. den Zenob, einen Zeit- genossen der beiden Vorigen, weil dieser ganz speciell blofs die Provinz Taron im Auge hat. Öfter zeigt M. Ch., dafs er des Persischen kundig war. Er er- klärt einzelne persische Worte und Namen, wie II, 46. 64. 77. 87, III, s., erzäblt in dem Zusatze zu dem 1sten Buche die persischen Mythen von Feridun und Zohak ganz in der Weise, wie wir sie aus dem späteren Firdusi kennen, und beleuchtet sie näher; auch beruft er sich II, 48. u. 69. auf persische Geschichtswerke. Da er aber kei- nes derselben namentlich anführt, so ist es fraglich, ob er überhaupt persische Schriften gelesen und benutzt habe. Der einzige von ihm genannte Perser, dessen Geschichte eine Quelle für ihn war, Chor- rohbut, hatte in griechischer Sprache geschrieben, daher von ihm weiter unten die Rede sein soll. Ohne Zweifel verstand M. Ch. auch das Syrische, da ihm als armenischen Theologen diese Sprache nothwendig war. Mündliche Traditionen der Syrer giebt er in seinem ganzen Werke nicht, er kennt sie nur aus ihren Schriften, die er vielfach benutzt hat. Trotz dem ist es mir wahrscheinlich, dafs er nicht die syrischen Originale, sondern nur deren griechische Übersetzungen, von den Verfassern meist selbst angefertigt, gelesen habe. Die Hauptquelle für die Geschichte der ältesten Zeit bis auf Arschak I. (reg. 127-114 a. Chr.) ist ihm Mar Abas, oder richtiger Ibas, Katina, welcher unter den beiden ersten armenischen Königen a a u ee 9 aus der Dynastie der Arsaciden, Valarschak I. (reg. 149-127 a. Chr.) und Arschak I. lebte, und ‚wahrscheinlich während der Regierung des Letztern starb. Denn, bevor M. Ch. den Tod des Arschak I. erwähnt, sagt er II, 9. am Schluls: „Hier endigt die Erzählung des guten Alten Mar Ibas Katina.” Über den Namen dieses Historikers ist viel conjecturirt worden. Die meisten Gelehrten sind der Mei- nung, Katina sei der Name seiner Vaterstadt, und nennen ihn Mar Abas oder Ibas von Katina. Allerdings gab es auch einen Ort die- ses Namens. Assem. bibl. orient. II. p. 351. sagt von ihm: „AD FEAR ’ [Ep 1X-0 „Kotin (richtiger Kätin, nach der ursprüngli- _ chen Aussprache der Syrer, welche noch heute von den orientali- schen Syrern festgehalten wird), eine Stadt in dem Gebiete von Gichon (Gichan).” Aber, wäre Mar Ihas aus dieser Stadt gebürtig, so könnte er nicht WAS, Kötino (Kätina), sondern müfste KıAS, Kötinöjo (Kätinäja) heilsen. Es ist vielmehr 1X.A5, Katino (Ka- tina) ein ehrender Beiname des Mar Ibas, und ein Adjectiv, welches „weise” bezeichnet. In dem Katalog der syrischen Autoren von Ebed Jesu bei Assem. bibl. or. III, p. 225. finden wir dasselbe Ad- jeetiv als Beinamen für einen spätern syrischen Schriftsteller, und Hieronymus erwähnt ebenfalls einen solchen tom. V. p. 12. der Ve- roneser Ausgabe. Sein eigentlicher Name war Ibas, dem der für heilige und ausgezeichnete Männer bestimmte Titel “0, Mör (Mär) „Herr” vorgesetzt, und zum Unterschied von andern gleich- namigen Gelehrten das Adjectiv LAS, Katino (Katina), „der Weise” noch nachgesetzt wurde. Als Valarschak, der erste arsacidische Beherrscher Armeniens, von seinem Bruder, dem persischen Könige Arschak dem Grolsen, auf den armenischen Thron gesetzt worden war, trug er grofses Verlangen, sich über die frühere Geschichte Armeniens zu unter- richten, und sandte defshalb den genannten Gelehrten mit der Bitte an seinen Bruder Arschak, ihm die literarischen Schätze des könig- lichen Archivs zu Ninive zu Gebote zu stellen, damit er daraus die Geschichte von Armenien zusammenstellen könnte. Arschak ge- währte ihm augenblicklich sein Gesuch, und Mar Ibas, welcher sämmtliche Schriften durchging, fand unter diesen Eine mit folgen- der Aufschrift (I, 9.): „Dieses Buch ist auf Befehl Alexanders des | Macedoniers aus dem Chaldäischen in das Griechische übersetzt worden, und enthält die wahre Geschichte der Vorfahren.” Aus 92 diesem Werke zog Mar Ibas nur das heraus, was auf die Geschichte Armeniens Bezug hatte, und brachte es in griechischer und syrischer Schrift zu Valarschak, welcher es als seinen grölsten Schatz in sei- ner Schatzkammer deponirte, und einen Theil davon auf eine Säule eingraben liels. Mar Ibas gab aber in seinem Werke nicht blofs einen Auszug von jenem, sondern benutzte auch die andern Schätze des Archivs. Dies ersehen wir aus andern Stellen, wie I, 14., wo M. Ch. sagt: „Obgleich die Thaten Aram’s nicht in den eigentli- chen Büchern der Könige (d. h. bei den Reichshistoriographen) ge- lesen werden, so finden sie sich doch, wie Mar Ibas erzählt, in dem Königl. Archiv von andern unbekannten Männern aus dem Volks- gesange entlehnt aufgezeichnet;” und I], 13. berichtet er: „Sicherer (als die Erzählung Gepaalion’s) erschien mir das, was Mar Ibas aus der Prüfung chaldäischer Werke genommen hat.” Übrigens erfah- ren wir noch aus I, 21., dafs Mar Ibas sein Werk in 4 Bücher ein- getheilt habe. Dort heilst es nämlich in Bezug auf Paruir, den letz- ten unmittelbaren Nachkommen Haik’s, welcher in Verbindung mit Varbakes von Medien Sardanapal stürzte: „Ich freue mich, hier zu unserm eigentlichen Vorfahren zu kommen, dessen Nachkommen zu der Königswürde gelangten. Wir müssen daher ausführlicher von ihm sprechen und sind so glücklich gewesen, die Beweise dafür in den 4 Büchern des beredten Weisen, ja vielmehr des Weisesten der Weisen zu lesen.” Diese Stelle bestätigt zugleich zum Über- fluls noch die oben gegebene Erklärung des Beiwortes Katina. Am Schlusse dieses Kapitels fügt M. Ch. noch hinzu: „Wenn man mich fragen sollte, woher ich die Namen und Thaten unserer vielen Vor- fahren genommen habe: so antworte ich, aus den alten Archiven der Chaldäer, Assyrer und Perser (denn alle diese waren in Ninive vereinigt), weil ihre Namen und Thaten als die der von Jenen ein- gesetzten Statthalter und Vasallen dahin gehörten.” M. Ch. konnte diese nur aus Mar Ibas kennen, da er selbst nicht dahin gekom- men war. Dagegen beruft er sich in mehreren Stellen auf das Archiv von Edesta, welches (vgl. II, 27.) der König Abgar anlegte, indem er dahin seine Residenz verlegte, und das Reichsarchiv brachte; auch hob er in demselben (vgl. II, 33.) seine Correspondenz auf. Dort wurde ferner Lerubna’s Geschichte von Abgar und Sanatruk (II, 36.) aufbewahrt, und die Römer legten ebendaselbst das Tempelarchiv Er ei 93 und die Steuerregister, welche bis dahin in Sinope am Pontus wa- ren (II, 38.), nieder. Das Archiv hatte M. Ch. selbst auf seiner Reise gesehen (II, 10.), jedoch nur oberflächlich, wie er III, 62. gesteht. Er konnte also die dort befindlichen syrischen Urkunden bei seiner Geschichte, an deren Bearbeitung er damals noch gar nicht dachte, nicht benutzt haben; sondern er kannte sie nur aus den Mitiheilungen Anderer, und zwar, wie es scheint, aus der des Lerubna. Dieser g&prıpbwy, Gherubna, Lerubna, hinterliefs, wie so eben bemerkt, eine Erzählung dessen, was zu den Zeiten des Ab- gar und Sanatruk sich ereignet hatte. Er war (II, 36.) Sohn des Schreibers Aphschadar wufzwgup. Weiter wissen wir nichts von ihm, da er sonst nirgends erwähnt wird. Wahrscheinlich war er ein Syrer von Geburt, obgleich ich weder seinen noch seines Va- ters Namen, welche beide von den Abschreibern vielleicht corrum- pirt worden sind, aus dem Syrischen zu erklären vermag (doch könnte Gherubna an das syr. US, K — leprosus erinnern, vgl. Matth. 25, 3.). Gewils ist wenigstens, dafs beide nicht armenisch, und wohl auch nicht griechisch sind. Als Syrer schrieb er auch wahrscheinlich in seiner Muttersprache; allein M. Ch. citirt ihn ent- weder, ohne seine Schrift gelesen zu haben, indem er seine Nach- richten aus Julius Africanus oder Andern entlehnte, oder er kannte sie nur aus einer griechischen Übersetzung. Dies geht deutlich aus IL, 33. hervor. Hier sagt M. Ch. von dem Apostel Thaddäus, wel- cher zu Abgar kam: „Er heilte durch Handauflegung den Abgar und den am Podagra leidenden Abdiu. Er bedient sich dabei auf- fallender Weise des griech. Wortes yagwgpnu — modaryges (wel- ches freilich auch in das Syrische übergegangen sein konnte, da sich wenigstens Ekuco = modayoa nachweisen läfst), und der Name wpirfn Abdiu ist weder armenisch, noch syrisch, noch griechisch, aber aus dem Griechischen leicht zu erklären. M. Ch. las nämlich in dem griechischen Texte rev ’ACdıou medarygor, und hielt ’AQ- diev für die eigentliche Form des Namens. Hieraus läflst sich auch die entsprechende Stelle bei Eusebius Hist. eccles. I, 13. corrigiren. Dort lesen wir: za "Aßdev Tov rev Alddev modaypav Ey,0vTQ, andere Codd. haben Audov — Audev. "Alddas soll offenbar ein se- ‚mitischer Name sein, aber 727, ax wird niemals allein als Nom. propr. gefunden. Es ist der hebr. Name 777279, oder der syr. L,2u5, folglich bei Eusebius zu lesen: „Aldıav rov rou Aßdıou.” 94 Der dritte syrische Schriftsteller, auf welchen M. Ch. sich be- ruft, ist Bardesanes, über welchen er II, 66. einige schätzbare No- tizen mittheilt, welche anderweitig nicht bekannt geworden sind. Aus ihm entlehnte er die Geschichte von der Regierung des Arta- vazd bis auf Chosrov, bemerkt aber zugleich, dafs das syrische Ori- ginal des Bardesanes später in das Griechische übersetzt worden sei. An diese Syrer reihe ich einen Perser, weil die Schrift, welche (II, 69.) M. Ch. von ihm benutzt hat, von demselben nur übersetzt, und ursprünglich von einem Syrer verfalst war. Dieser Perser hiefs [vnanSpnum, Chorrohbut, war Schreiber (II, 70.) des pers. Königs Schapuh, fiel aber in die Hände der Griechen, als Julianus, mit dem Beinamen ywrwıuıanu (M. Ch. hat hier das griechische Wort Fe- gaßarns beibehalten) mit seinem Heere nach Ctesiphon zog, und kam nach dessen dort erfolgtem Tode mit Jovianus unter den kai- serlichen Dienern nach Griechenland. Dort wurde jener zum Christenthum bekehrt, und erhielt in der Taufe den Namen Eleasar (Eliazar). Nachdem erdie griech. Sprache erlernt hatte, verfalste er eine Geschichte des Schapuh und des Julianus. Zugleich übersetzte er auch die Geschichte der Vorgänger (Schapuh’s), ein Werk, wel- ches sein Mitgefangener Barsuma, Bo >, den die Perser a wunun- Such, „mit, (d.i. veridieus) nennen, geschrieben hatte;und die- ses letztere ist das von M. Ch. für die Geschichte Chosrov’s benutzte. Als Christ und Theolog war M. Ch. bei seinen Berichten über die Anfänge der Geschichte von der Bibel abhängig, und auch aulserdem citirt er häufig Stellen aus der heiligen Schrift. Ohne Zweifel hatte er selbst, als Einer der bedeutendsten Schüler von Sahak und Mesrop in seinen jüngeren Jahren an der armenischen Bibelübersetzung Theil genommen, welche, da sie gleich nach ihrer Vollendung in vielen Exemplaren verbreitet, und bei dem Gottes- dienste gebraucht wurde, ihm als Geistlichen geläufig sein mufste. Es läfst sich daher mit Sicherheit annehmen, dafs diese Übersetzung auch bei seinen Citaten zu Grunde gelegen habe; und, dafs dies ge- schehen, wird noch überdies aus einer gleich nachher anzuführen- den Stelle klar, an welcher er mit Bewusltsein von derselben abweicht. Da aber M. Ch. die meisten seiner Citate aus dem Ge- dächtnifs niedergeschrieben zu haben scheint, und sie dem Zusam- menhange gemäfs oft verändert: so beschränke ich mich hier auf die Stellen aus den ersten Kapiteln der Genesis, welche geschichtliche 95 Data enthalten, und daher von ihm wahrscheinlich genauer wieder- gegeben sind. J, A. giebt M. Ch. die Genealogie der Erzväter nach Gen. 5, 3. ff. mit unbedeutenden Abweichungen von der armen. Version. Bei der Erwähnung des Enos geht er auf Gen. 4,2%. zurück, von wel- chem Verse er die letzten Worte anführt und erklärt. Die armen. Übersetzung giebt hier den Text der LXX. wörtlich wieder: „OUTOS NArıTev EmixaraıtIar To bvoua RUupiou Tou Seov.” M. Ch dage- gen hat: „’Evwe, 65 mogwros NArırev Emınareı Sau Tov Geov.” Aus dem Folgenden sieht man aber, dals er das Wort rgwros, wel- ches weder in der armen. Version, noch in der LXX. gefunden wird, als zum Texte gehörig betrachtet, da er sich gleich darauf die Frage stellt, warum Enos der Erste gewesen, welcher Gott ange- rufen habe? Die andern alten orientalischen Übersetzer, der Sa- maritaner, der Syrer und Araber, geben die hebr. Worte Sm7 IN richtig wieder durch „damals wurde angefangen.” Die LXX. schei- nen hier >>7777 717 gelesen zu haben, Aquila jedoch übersetzt rich- tig: Tore Aoy,Sn Tov zaAsırSar: und man muls daher wohl an- nehmen, dals hier eine doppelte armenische Übersetzung vorhan- den war, welche M. Ch. vereinigen zu müssen glaubte, oder viel- mehr, dals die Lesart des M. Ch. die ursprüngliche war, welche vielleicht erst später nach der LXX. verändert wurde. Mehrere Abweichungen in Betreff der Lebensjahre der Erz- väter lassen sich leicht aus einer den Abschreibern zur Last zu legenden Verwechselung armenischer Buchstaben, durch welche die Zahlen dargestellt wurden, erklären. So weicht M. Ch. von der LXX. (I, 5.) ab, indem er dem Kainan (den die armen. Version nicht hat) 120 statt 130 Jahre giebt, da er den Saleh erzeugte. Dies erklärt sich leicht aus einer Verwechselung des P mit ] : ebenso bei Phaleg, wo M. Ch. 133 statt 13/4 hat, wie der armen. Übersetzer angiebt, indem hier (x mit fy verwechselt ist. Wenn M. Ch. aber bei Ragau 130 statt 132 Jahre gegen den hebr. Text (wo, wie bei dem Samaritaner, die Zahl 32 steht) und alle Über- setzer hat, so müssen wir annehmen, dafs die Abschreiber den Buch- staben (* ausgelassen haben. Dagegen scheint M. Ch. bei Methu- ‚salah, wo er mit der LXX. (welche wohl hier Dv&) für Draw las) und Euseb. Chron. I. p. 117. ed. Aucher. 167 für 187 Jahre an- ‚giebt, wie die armen. Version mit dem hebr. Texte, dem Onkelos, 96 Syrer und Araber hat, die ursprüngliche Lesart der armen. Über- setzung aufbewahrt zu haben. Zwischen Arpachschad und Saleh hat M. Ch. noch den Kai- nan mit der LXX. eingeschoben, welchen auch der Evangelist Lu- cas 3, 36. in derselben Reihe erwähnt. In der armen. Übersetzung findet sich derselbe nicht, wie M. Ch. gleich darauf bemerkt: „den Kainan setzen alle Chronologen als den vierten Nachkommen von Noah ab gerechnet, und ebenso den Tiras als den vierten von Noah, und den dritten von Japheth, obgleich er sich nach unserer (der armen.) Übersetzung nirgends findet.” Dies kann nur in Bezie- hung auf die Genesis gemeint sein; denn I. Chron. 1, 18 und 24. wird derselbe Kainan zweimal bei dem Armenier erwähnt. An die Bibel reihen wir den jüdischen Schriftsteller Josephus, welchen M. Ch. an verschiedenen Stellen eitirt. Vergl. I, 4. mit Jos. Antt. I, 3. — I, ı5. mit Jos. de b. Jud. I, 5. — U, 25. mit Antt. XVII, 8. und de b. Jud. I, 21. — II, 35. mit Antt. XX, 2. Aus diesen Citaten geht hervor, dals M. Ch. den Josephus gekannt, aber nur zur Bestätigung dessen, was er aus andern Quellen ge- schöpft hatte, benutzt habe. Denn überall zeigt sich eine kleine Verschiedenheit, wenn wir seine Erzählungen mit denen des Jo- sephus vergleichen. Auffallend ist besonders, dals Josephus den Abgar gar nicht kennt. Er läfst als Jude die Helena, Gemahlin des Abgar, nach Josephus des Monobazus, Königs von Adiabene, mit ihrem Sohne Izates zum jüdischen Glauben übertreten, und er- zählt von dem Letztern Mehreres, was uns an Abgar erinnert. Man könnte geneigt sein, bei Josephus eine Verwechselung des Izates mit Abgar anzunehmen, zumal da dieser Name an das armenische Wort wgunn d.i. „frei, edel” erinnert, welches mit dem Namen Abgar, wegwp (nach M. Ch. II, 26.) aus wewg up „der vorzüg- liche, edle Mann,” der Bedeutung nach übereinstimmt, und da Jo- sephus den Izates einen Sohn des Monobazus nennt, Abgar aber nach M. Ch. ein Sohn des Arscham war, welchen die Syrer (vgl. M. Ch. II, 27.) diubnıfıny) oder dübmfwg Manowah od. Manowaz nannten: allein in der That scheinen es doch zwei verschiedene Personen gewesen zu sein, die auch Tacitus Annal. XII, 12. 14. von einander unterscheidet; und Josephus, der nach Hörensagen berichtet, hat wahrscheinlich beide nur mit einander verwechselt, vgl. 'Tschamtschean, Gesch. der Arm. Th. I, p. 589-91. 97 Der erste Schriftsteller, welchen M. Ch. erwähnt, ist Berosus, den er unter dem Namen pfuafau und pfınnu schon I], 2. bei- spielsweise anführt. Diese Stelle hat auch C. Müller, Fragmenta hist. Graec. II, p. 495. in lateinischer Übersetzung wiedergegeben, und dabei bemerkt, dafs M. Ch. den Berosus mit Manetho, oder Antiochus mit Ptolemaeus Philad. verwechselt habe. Er citirt aber die Stelle nach der fehlerhaften Whiston’schen Übersetzung, de- ren letzte Worte so zu verbessern sind: „sicut eum (sc. einen Ungenannten, nicht den Ptolem. Philad.) reperimus, qui ad hanc rem Berosum invitavit” u.s. w. Damit erledigt sıch jene Bemer- kung. Ebenso findet sich I, 6. ein Milsverständnifls in der Über- setzung der beiden Whiston. Hier citirt M. Ch. Worte der „be- rosianischen Sibylle,” und streut einzelne eigne Bemerkungen ein, welche jene Übersetzer (vgl. auch ©. Müller 1. 1. p. 502.) nicht als solche erkannt haben. Namentlich sind die Worte: „quem hic ea Zoroastrem Magum, Bactrianorum regem fuisse dicit, qui fuit Me- dorum principium ac deorum paler; aliaque multa de eo fabulatur” so zu corrigiren: „quem postea Zoroaster magus, rex Bactriano- rum id est Medorum, dixit esse principium et patrem deorum; alia- que multa de eo fabulatur (sc. Zoroaster).” Übrigens findet sich nur der Anfang dieser Erzählung in den sibyllinischen Büchern; das Übrige muls aus Berosus selbst genommen sein, den M. Ch. mit der Sibylle verwechselt, und, wie so viele Andere, nicht selbst gelesen zu haben scheint. Dies erhellt deutlich aus den Namen der drei ersten Könige: Zruan, Titan und Japetosthe. In den sibyll. Orakeln B. II. v. 10. steht dafür: „sau Barıreure Kocvos »aı Tırav, ’Iareros Te. Man würde gewils dem M. Ch. sehr Unrecht thun, wollte man ihn, der so lange Jahre in Alexandrien die griechische Sprache studirt hatte, und bis in sein hohes Alter mit Übersetzungen jedenfalls griechischer Autoren beschäftigt war, (vgl. III, 65.) für so unwissend halten, dafs er die dem Namen 'I«- mETos beigefügte Partikel re als zu dem Namen selbst. gehörig be- trachtet habe. Er muls diese Stelle aus einem andern Schriftstel- ler entlehnt haben, in welchem er den Fehler schon vorfand, und dieser war wahrscheinlich Mar Ibas, welcher diese Namen in je- mem alten Codex fand, wo sie (vgl. Kap. 9) gleich zu Anfang stan- den, und das Übrige aus Berosus hinzufügte. 98 Von einem andern Chaldäer, Arius, theilt M. Ch. nur I, 5. den Namen mit, und sagt dabei, dafs er aus eignem Antriebe oder auf königlichen Befehl eine oder mehrere Schriften aus dem Chaldä- ischen in das Griechische übersetzt habe. Mit Berosus zugleich führt M. Ch. I, 4. auch den Alexander Polyhistor, dessen Namen er in das Armenische übersetzt hat, und Abydenus als Gewährsmänner an. Von Letzterem citirt er auch einige Stellen. Die erste 1. I. beginnt mit den Worten: „Von ihm (d. i. von Adam, dem ersten Menschen) sagt Abyde- mus,” u.s.w. Die beiden Whiston übersetzen unrichtig: „de ea enim re” statt „de eo;” auch Le Vaillant de Florival ist hier im Irrthum, indem er diese Worte auf Noah bezieht. I, 5. giebt M. Ch. die Genealogie von Ninus bis Bel, und von Ara bis Haik (*) aufwärts, und sagt dabei, dafs diese in der ersten Denkschrift des Abydenus stehe, welche später Einige unterdrückt haben. Die Worte des Abydenus von I, 4. und 5. finden sich auch in der Chronik des Eusebius I, p. 48 u. 78., ed. Aucher, wobei aber die Genealogie von Ara bis Haik fehlt; und auf diese auch nur, nicht , auf das ganze erste Buch des Abyd., scheint also diese Bemerkung des M. Ch. sich zu beziehen. Eine dritte Stelle findet sich II, $., wo M. Ch. die aus Eusebius Chron. I, p. 58. u. f., und Praep. Evang. IX, 4t., Josephus Antt. X, 11, 1. und contra Apion. I], 20. bekannten Worte des Megasthenes, welche Abydenus mitgetheilt hat, anführt. M. Ch. hat offenbar den Abydenus so wenig zur Hand gehabt, als Zonaras und Syncellus; sonst würde ihn ein zu- gefügtes (byTı oder Acyeı belehrt haben, dafs AEYarIevys nicht ein Epitheton des Nebucadnezar, wie er es genommen hat, son- dern ein Nom. propr. sei. Übrigens hat hier die Whiston’sche Ausgabe, mit welcher auch ‘der Leipziger Codex übereinstimmt, einen bessern Text als die der Mechitharisten, da derselbe, wenn wir die Interpunction streichen, und nach „’p ; pp£wgeng” noch „4” d.i. „und” einschieben, den anderweitig bekannten griechi- schen Worten ganz analog ist. —An 2 Stellen I, 5. und 18. citirt M. Ch. den Cephalion, scheint aber auch diese Citate aus einem andern Autor entlehnt zu haben, da er in der zweiten Stelle gar (*) Den Letztern finden wir nicht in der Ausgabe der Mechitharisten, wohl aber in dem Leipziger Codex. 99 nicht, in der ersten nur ganz unbestimmt angiebt, wo jene Worte sich finden. Übrigens sehen wir aus der letztern, dafs bei Euse- bius Chron. I, p. 91. u. f., wo Dasselbe steht, in dem Armenischen wahrscheinlich: „, guupnnnı [Hl zuilßpunluy” d.i. „von der Be- siegung der Semiramis” sc. durch Zoroaster für quwpunnı [#bbk bh zuubpunliuy d. i. „von der Besiegung (des Zoroaster) durch Semi- ramis” zu lesen ist. I, 6. eitirt M. Ch. die Schrift des Epiphanius gegen die Häre- tiker offenbar nur aus dem Gedächtnils, da nicht dieselben Worte, sondern nur Ähnliches bei Epiphanius zu finden ist. Vgl. II. 66. 84. tom. I. p. 403. u. ff. der Kölner Ausgabe, u. B.I. Kap. 4. &. ı. I, 30. erwähnt M. Ch. Berichte von Reisenden, welche auf Be- fehl des Ptolemaeus (des dritten?) die bewohnte Erde, und theil- weise auch das Meer und die Wüste von der heifsen bis zur kal- ten Zone nach Stadien gemessen haben, und am Schlufs des ersten Buches gedenkt er noch des Homer und sagt, dals der armenische König Zarmair, als Vasall des Königs Teutamus von Assyrien, dem Priamus zu Hülfe gezogen sei. M. Ch. hat hier wohl nicht an Il. II, 862. u. f. gedacht, wo es heilst: Bopnus au Hpuyas Aye nur "Anavıos Seosıöys Tr EE "Arzavıns. obgleich die Armenier nach Jerem. 51, 27., vgl Gen. 10, 3., sich auch „Askanazier, Askanier” nennen, sondern vielmehr an das, was Eusebius Chron. I. p. 87: u. 96. ed. Aucher aus Diodorus Siculus und Cephalion mittheilt, dafs Memnon nach Hector’s Tode als Ober- feldherr des äthiopischen Heeres von Teutamus dem Priamus zu Hülfe geschickt worden sei. M. Ch. setzt also entweder Zarmair für Memnon, oder nimmt an, dals Zarmair unter Memnon’s Ober- befehl gestanden habe. Da aber Eusebius den K. Zarmair nicht erwähnt, und M. Ch. den Cephalion, wie wir gesehen, ebenso we- nig als den Diodorus Siculus, wie er III, 1. zu seinem Bedauern | gesteht, zur Hand gehabt hat: so müssen wir annehmen, daß er | auch diese Notiz dem Mar Ibas verdanke. In dem Zusatze zum ersten Buche erinnert M. Ch. an das Pla- tonische „diAorys iTornra amegyalerar,” oder richtiger wohl an das Aristotelische: „,dıAos Erepos &yw.” Das Eine wie das An- dere konnte er aus dem Umgange mit Griechen gelernt haben. 100 Der erste Autor, welchen M. Ch. im zweiten Buche erwähnt, ist Herodot, von welchem er die Eintheilung der Erde in 3 Welt- theile annimmt. Vgl. Herod. IV, 42. u.ff. In dem zehnten Kapi- tel nennt M. Ch. 4 Autoren, zuvörderst den Chronisten Julius Afri- canus, aus dessen 5ten Buche er die unmittelbar folgende Geschichte gezogen hat, und dann zu dessen Bestätigung Josephus, Hippoly- tus — also ein neues Zeugnils für ihn, als den Verfasser der ihm beigelegten Chronik — nnd die Kirchengeschichte des Eusebius, von welcher er sogar Buch und Capitel citirt. Dies beweist, dafs er sie sehr genau gekannt habe; aber dennoch lehrt uns eine Ver- gleichung des angeführten Kapitels mit der Relation des M. Ch. über Abgar (II, 33.), dafs er nicht aus ihr geschöpft, sondern sie nur zur Beglaubigung der Aussagen des Julius Africanus ange- führt habe. Eusebius macht auch in seiner Chronik von diesem 5ten Buche der Chronik des Jul. Afr. Gebrauch. Da er aber die bier folgenden Erzählungen, so weit sie die Armenier speciell be- treffen, nicht berührt, so sind wir genöthigt, anzunehmen, dals auch nicht diese, sondern, wie er ja selbst sagt, die des Jul. Afr. ihm als Quelle gedient habe. Merkwürdig in mehrfacher Beziehung ist das 13te Kapitel des- selben Buches, und es liefert uns einen Beweis, wie weit übertrie- bener Patriotismus auch den ehrlichsten Menschen irre leiten kann. In dem !2ten Kap. hatte M. Ch. von den fabelhaften Eroberungs- zügen des armenischen Königs Artasches I. (reg. 114-89 v. Chr.) gesprochen und erzählt, dafs er bis nach Griechenland gekommen sei, und Croesus, den König von Lydien, gefangen genommen habe. Dieses Factum sucht er im 13ten Kap. zu rechtfertigen, und sagt, dafs nach einigen Autoren Croesus von Cyrus getödtet worden sei, nach Andern aber, dafs Croesus einen Krieg mit Nectanebus ge- führt habe, der nach Manetho der letzte der ägyptischen Könige gewesen sein soll, und von Einigen zum Vater des Alexander ge- macht werde. „Viele aber,” fügt er hinzu, „sagen auch, dals un- ser Artasches den Croesus gefangen genommen habe, und erzählen dies umständlich; und ich stimme damit überein.” Zum Beweise dafür bringt er die hierher gehörigen Stellen aus den unbekannten Autoren: Polycrates, Agaros oder nach andern Codd. wohl richti- ger Evagaros (für Evagrios oder Evagoras), Kamadros (ein ande- rer Cod. hat Kamardos, der Leipziger vielleicht richtiger Skamadros 101 für Skamandros) und Phlegonios (andere Codd. haben: Phigonios, Phaedon, Phlodinos). Der Letztgenannte ist wahrscheinlich der aus Tralles in Lydien gebürtige Phlegon, Freigelassener des Kai- sers Hadrian, von welchem aufser mehrern andern Werken na- mentlich ein geschichtliches „Olympiaden” oder „Chronik” betitelt, welches bis zu der 229ten Olympiade und dem Todesjahr Hadrian’s, 138 n. Chr., sich erstreckte, aus einigen Fragmenten bekannt ist. Aus diesem scheint die hier von M. Ch. mitgetheilte Stelle ge- nommen zu sein. Eusebius citirt denselben Autor an mehrern Stellen seiner Chronik: I, p.359., II, p. 265. ed. Aucher, erwähnt aber nichts von dieser abweichenden Tradition. In dem 60ten Kapitel des 2ten Buches giebt M. Ch. einen _ langen und ausführlichen Bericht über den Tod des armenischen Königs Artasches II., welcher 88-129 n. Chr. regierte, nach der Mittheilnng eines Historikers Ariston von Pella (einer syr.-arab. Stadt, die nach der Zerstörung Jerusalems Sitz des hierosolymita- nischen Bisthums ward), welcher als Secretär in dem Gefolge des Kaisers Hadrian war, und bei dessen Expedition gegen Persien den König Artasches kurz vor seinem Tode in einer medischen Ort- schaft, Namens Sohund, traf Von diesem Aristo ist nur eine die- Aefıs Marırzov zar’lerwvos aus Fragmenten bekannt, welche sich in Grabe, Spicilegium Patrum Vol. I. p. 127. und in Routh, Reliquiae Sacrae Oxon. 1814. 8. Vol. I. p. 89. u. ff. finden. Letz- terer ist der Meinung, M. Ch. habe diesen Aristo aus List oder Eitelkeit eitirt, die Erzählung aber aus Eusebius H. E. IV, 6. ent- lehnt, und das, was den Orient betrifft, entweder aus einem an- dern Autor, oder aus seinem Kopfe (!) zugesetzt, da nicht bekannt sei, dals Aristo eine Geschichte geschrieben habe. Allerdings kön- nen die hier gegebenen geschichtlichen Data nicht wohl aus. jener Disputation geschöpft sein, ebenso wenig aber auch die des Euse- bius, der sich an jenem Orte ebenfalls auf diesen Aristo beruft; und die Ehrlichheit des M. Ch. leidet durchaus nicht die Annahme, dals er wissentlich eine Unwahrleit gesagt habe. Übrigens haben wir auch früher schon gesehen, dafs M Ch. zwar die Kirchenge- schichte des Eusebius genau kannte, sie aber nicht als Quelle be- nutzt hat. In dem 69ten Kap. desselben Buches sagt M. Ch., dafs die persich-arsacidische Dynastie in Persien fortwährend mit den Rö- 102 mern zu thun gehabt habe, und bald von ihnen abhängig, bald mit ihnen in Krieg verwickelt gewesen sei, was Palaephatus, Porphy- rius, Philemon und viele Andere berichten. Von diesen Palae- phatus und Philemon ist nichts weiter bekannt; aber die Chronik des Philosophen Porphyrius kennen wir aus der des Eusebius, wel- cher umfangreiche Auszüge daraus mitgetheilt hat. Da aber Euse- bius auf die Geschichte der Arsaciden darin keine Rücksicht nimmt, so finden wir natürlich auch diesen von M. Ch. hier citirten Ab- schnitt aus dem Werke des Porphyrius nicht bei ihm. — In dem rAten Kapitel beruft sich M. Ch. auf einen griechischen Histori- ker, Olympiodorus, welcher die Traditionen in Betreff der Provinz Taron und des Gebirgs Sim aufgezeichnet habe. Er spielt hier auf dieselbe Erzählung an, welche er zu Anfang seines Werkes mit den Worten dieses Olympiodorus (I, 6.) wiedergegeben hat. Die- ser Stelle zufolge hat sie aber M. Ch. nicht aus einer Schrift des Olympiodorus, sondern aus einer Mittheilung von Davith (siehe oben), welcher sie aus einem mündlichen Vortrage desselben nie- dergeschrieben hatte. Wahrscheinlich haben wir dabei an den äl- tern Zeitgenossen unsers M. Ch., Olympiodorus aus Theben in Egypten zu denken, welcher eine römische Geschichte von 407- 425 n. Chr. verfalst hat. Vgl. C. Müller, Fragm. hist. graec. tom. IV. Der letzte griechische Historiker, welchen M. Ch. erwähnt, ist Firmilianus. Von ihm sagt er II, 75 Folgendes: „Firmilianus, Bischof von Caesarea in Kappadocien, zeichnete sich durch seine Gelehrsamkeit aus, und war in seiner Jugend ein Schüler des Ori- gines, zu dem er sich begab. Er verfalste viele Schriften, unter diesen auch eine Geschichte der Verfolgungen der Kirche unter Maximian (Maximin) und Decius, und später noch zur Zeit des Diocletian, in welche er auch die Thaten der Herrscher verflocht. In dieser erwähnt er, dals Petrus, der 16te Bischof von Alexan- drien, im 9ten Jahre der Verfolgungen den Märtyrertod erlitten habe. Er gedenkt auch vieler Märtyrer uuter Chosrov in unserm Lande, und nach diesem auch in anderen Ländern. Aber, da er nicht mit der gehörigen Sorgfalt erzählt, und nicht die Namen der Märtyrer und die Orte angiebt, wo sie vollendeten: so hielten wir es nicht für nöthig, seine Berichte zu wiederholen. Ebenso (über- gehen wir auch), was er von Anton (Antonin), dem Sohne des Se- verius (Severus) sagt, dafs er mit Valarschak, König von Persien, 103 in Mesopotamien Krieg geführt habe, und zwischen Edessa und Charran gestorben sei, und dafs Chosrov unparteiisch geblieben. Aber, was er nach Chosrov’s Tode bis zu dem Regierungsantritt Terdat's zur (von der) Zeit der Anarchie erzählt, wollen wir mit kurzen Worten wiederholen.” Die folgende Geschichte, von der Regierung Terdat’s an, sagt M. Ch., habe er aus den Archiven der Griechen entlehnt, und berichtet nun versprochenermalsen zunächst aus der genannten Schrift des Firmihianus in den folgenden Kapiteln bis zu dem 79ten. — Hier begegnen wir einer eigenen Schwierig- keit. Der hier citirte Firmilianus, aus Eusebius H. E. VI, 26. 27., Basilius de Spiritu S. cap. 29., Theodoret. haeret. fab. IV, 8. und Andern bekannt, ein Schüler des Origenes, wurde 233 Bischof von Cäsarea in Kappadocien, und starb im J. 270 vor Alterschwäche auf einer Reise zu der zweiten Synode, welche gegen Paulus von Sa- mosata zu Antiochien gehalten werden sollte. Von seinen Schrif- ten ist nur ein Brief an Cyprian, mit welchem er in Betreff der _ Wiedertaufe der Ketzer gegen Stephanus, Bischof von Rom, über- einstimmte, vorhanden, und mit dessen Briefen abgedruckt. Dals er aber noch mehr geschrieben habe, ersehen wir aus jener Stelle des Basilius, wiewohl die Titel seiner Schriften dort nicht genannt sind; jedoch ist daselbst von einer von ihm verfalsten Geschichte der Christenverfolgungen nicht die Rede. Dies hindert nicht, ihm eine solche beizulegen. Allein ein Theil der ihm von M. Ch. zuge- schriebenen Erzählungen fällt in eine weit spätere Zeit, da Terdat erst im Jahr 254 n. Chr. durch Wiederoberung seines Reiches zur Regierung gelangte, und jener Petrus, Bischof von Alexandrien, sogar erst im Jahr 311 n. Chr. als Märtyrer starb. Routh, welcher in seiner Schrift „Scriptorum ecclesiasticorum opera quaedam prae- cipua Oxon. 8/0. 8.” tom. I. p. 228. u. ff. von Firmilianus spricht, ist daher der Ansicht, dafs derselbe ein solches Werk gar nicht ge- ‚schrieben habe, und meint, (in der oben erwähnten Schrift „Reli- quiae Sacrae” l.l., wo er von Aristo handelt, siehe oben), dafs M. Ch. auch dieses Citat, nur um mit seiner grolsen Belesenheit zu prunken, erdichtet, und seine Nachrichten aus Eusebius entlehnt habe. Jedoch, abgesehen davon, dafs dies auf den Character dieses ehrlichen Greises — und ein solcher war M. Ch., als er die Ge- schichte niederschrieb (vgl. III, 65.) — ein sehr übles Licht werfen würde, so haben wir schon früher gesehen, dafs er nirgends den 3+ 104 Eusebius als Quelle benutzt hat. Ebenso wenig können wir anneh- men, dafs er die hier erzählten Specialitäten rein erdichtet habe, da ja durchaus kein Grund zu solcher Erdichtung vorhanden war — man mülste denn das 79ste Kapitel ausnehmen, wo Beispiele von der übernatürlichen Stärke und grolsen Tapferkeit des Terdat ange- führt werden: — und wir würden daher genöthigt sein, zuzugeben, dals er Alles dies aus andern Werken genommen habe, mit deren Erwähnung er ebenso gut hätte prunken können, als mit der des Firmilianus. Somit fällt jeder Grund zur Verdächtigung unsers Autors weg. Da nun aber Firmilianus in der That seine Geschichte nicht so weit [ortgeführt haben kann: so glaube ich annehmen zu müssen, dafs sie von seinem Nachfolger in dem Episkopat von Cä- sarea, oder von einem Andern, ja vielleicht auch nur von dem Schreiber des Exemplars, dessen sich M. Ch. bediente, in der Weise des Firmilianus bis zu dem Jahr 311 n. Chr., also bis zu dem Ende der Christenverfolgungen fortgesetzt worden sei, und dafs dies M. Ch. unbemerkt gelassen habe. Fassen wir nun alles dies zusammen, so ergiebt sich daraus, dals M. Ch., allerdings eine umfassende Kenntnils der griechischen Literatur besals, dafs ihm aber der kritische Scharfblick abging, das Gute von dem Mittelmäfsigen, das Wahre von dem Falschen über- all gehörig zu unterscheiden. Dessenungeachtet dürfen wir ihm durchaus nicht alles richtige Urtheil absprechen. Oft zeigt er, wie er die verschiedenen Relationen wohl erwogen, und das Wahr- scheinlichere daraus gewählt habe, und, wenn wir ihn aus einer leicht erklärlichen Vorliebe auch hier und da auf Irrwege gerathen sehen: so müssen wir es ihm ebenso gut nachsehen, als den Grie- chen und Römern, welche sich nicht weniger Parteilichkeiten zu Schulden kommen lassen. Übrigens ist er der Erste, welcher die Geschichte seines Volkes bis auf den Ursprung hinauf führt; und, wie dieses dankbar anzuerkennen ist, so können wir ihm auch un- sern Dank für die vielfachen Fragmente und Notizen von Schrift- stellern, die bisher zum Theil ganz unbekannt waren, wenn sie auch | noch so unbedeutend sind, immerhin nicht versagen. 4. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Steiner las über einige neue Bestimmungs- 105 arten der Curven zweiter Ordnung, nebst daraus fol- genden neuen Eigenschaften derselben Curven. Die beiden ersten Bestimmungsarten sind den zwei bekaun- ten Erzeugungsweisen der Kegelschnitte durch Hülfe beider Brennpunkte, oder des einen Brennpunkts und der zugehörigen Leitlinie, gewissermalsen analog und umfassen dieselben als spe- zielle Fälle. Nämlich die erste Art besteht darin: „Daß man aus dem beschreibenden Punkte X an zwei gegebene feste Kreise A?, B? an jeden eine Tangente «, ß zieht und festsetzt, es soll entweder die Summe oder der Unterschied dicser Tangenten, also entweder «++, oder «— | oder P—a, einer gegebenen Länge 5 gleich sein.” Wofern nun die gegebenen Kreise sich auf ihre respectiven Mittelpunkte 4, B reduciren, so hat man die ge- wöhnliche Bestimmung durch die Brennpunkte. Bei der zweiten Art sind beliebige n Gerade G und irgend ein Punkt 4 in fester Lage gegeben und es werden die aus dem beschreibenden Punkte X auf die Geraden gefällten Per- pendikel beziehlich durch die aus dem festen Punkte 4 auf die- selben Geraden gefällten Perpendikel dividirt, die Quotienten respective mit gegebenen Coeffhicienten multiplicirt und verlangt, es soll die Summe dieser Producte gleich sein dem aus 4 nach X gezogenen Leitstrahl .4X, dividirt durch irgend eine gege- bene Länge s. Beschränkt man sich hierbei auf nur eine ge- gebene Gerade G, so hat man die andere gewöhnliche Erzeu- gungsart der Kegelschnitte durch den Brennpunkt 4 und die zugehörige Leitlinie G. Die zunächst daraus hervorgehenden zwei Sätze lauten: I. „Sind in einer Ebene irgend zwei feste Kreise 4?, B? gegeben, so ist der Ort des Punktes X, aus welchem die an die Kreise gezogenen Tangenten «, ß irgend eine gegebene Länge s entweder zur Summe oder zur Differenz haben, allemal irgend ein Kegelschnitt C?, welcher jeden der beiden Kreise doppelt be- rührt (reell oder imaginär), und von dessen Axen immer dic eine oder andere in der Mittelpunktslinie AB der Kreise liegt.’ Und umgekehrt: „Ist ein Kegelschnitt C? gegeben und man beschreibt irgend zwei solche Kreise A’ nnd B‘, die denselben (reell oder imaginär) doppelt berühren und deren Mittelpyunkte A und B in nämlichen Axe desselben liegen, so haben die aus jedem Punkte 106 X des Kegelschnitts an die Kreise gelegten Tangenten «& und ß allemal irgend eine bestimmte Länge s entweder zur Summe (« +Pß= s), oder zum Unterschied (@« — B=s odr B-—e= s); nämlich der Kegelschnitt wird durch die Berührungspunkte, wo- fern diese reell sind, in vier Bogen getheilt und sodann findet für zwei Bogen Summe («+ ß), dagegen für die beiden andern Un- terschied (a—B oder B—«) statt.” II. „Sind in einer Ebene beliebige n Gerade G,, G3....G, und irgend ein Punkt A in fester Lage gegeben, und werden die aus einem willkürlichen Punkte X auf die Geraden gefällten Per- pendikel x, Kg, er... Xn beziehlich durch die aus dem festen Punkte A auf dieselben Geraden herabgelassenen Perpendikel a,, @g, ....Q@, dividirt, die Quotienten respective mit gegebenen Coeffizienten a,, gs... a, multiplicirt, und wird verlangt, es soll die Summe die- ser Producte gleich sein dem aus A nach ÄX gezogenen Leitstrahl AX=y dividirt durch irgend eine gegebene Länge s, also es soll x Xo x BE Y dı — +62 — Fa; — te... = a, Ag Qz a, 5 sein, so ist der Ort des Punktes X irgend ein Kegelschnitt, wel- cher allemal den Punkt A zum Brennpunkt hat, und von wel- chem der Krümmungshalbmesser r im Scheitel der Hauptaxe durch die gegebene Länge s und durch die n Coefficienten unmittelbar bestimınt ist, nämlich es ist r=(a, +; +0; +...+%) Läfst man die Länge s nach einander alle Werthe annehmen, von OÖ bis &, so entsteht eine Schaar Kegelschnitte, welche nicht allein den Brennpunkt A, sondern auch die zugehörige Leitlinie G gemein haben, indem letztere durch die übrigen gegebenen Ele- mente allein bestimmt wird.” Die nähere Discussion dieser Sätze gewährt viele interes- sante Eigenschaften. So z. B. sind mit dem ersten Satze (I.) unter andern folgende Umstände verknüpft. Sei M die Mitte der Geraden 4 B, welche die Mittelpunkte der gegebenen Kreise 4°, B* verbindet, und sei Z die soge- nannte Linie der gleichen Potenzen dieser Kreise; seien ferner A und A, die beiden äulseren gemeinschaftlichen Tangenten derselben Kreise und a und a,, b und h, deren Berührungs- ER 107 punkte, ebenso ® und 8, die innern gemeinschaftlichen Tangen- ten, und a° unda?, b° und b? die Berührungspunkte. Die Mitten m und n', m° und m? der in den Tangenten durch die Berührungs- punkte begrenzten Strecken ab, a, b,, a° 6°, a} bi, liegen in der Linie Z und sind die Fufspunkte der aus M auf die Tan- ‚genten gefällten Perpendikel. Die vier Berührungspunkte a, b, @,, b, der Tangenten A und X, liegen in einem Kreise M? um den Mittelpunkt M; ebenso die vier Berührungspunkle von B und B'. Gleicherweise liegen jede vier Punkte, etwa a und a,, & und 5,, in welchen irgend eine der (im Satze I. genann- ten) Ortscurven C? die gegebenen Kreise 4°, B? berührt, in einem Kreise M? um denselben Mittelpunkt M. Und umge- kehrt: jeder um den Punkt M beschriebene Kreis M? schneidet die gegebenen Kreise 4°, B? in solchen Punkten a und a,, 2 und 3,, in welchen sie von einer Ortscurve C? berührt wer- den. Werden jede solche vier Punkte 2 und a,, 5 und 2, gegenseitig durch Gerade verbunden, d. h. zieht man die vier Geraden ab, ab,, a,b, a,5b,, so berühren alle diese Geraden eine und dieselbe Parabel ??, welchie den Punkt M zum Brenn- punkt und die mehrgenannte Linie Z zur Tangente im Haupt- scheitel hat; auch berührt diese Parabel die vier Tangenten 9, A,, B,B,. Jede der genannten Geraden ad, ad,,.... hat fer- ner die Eigenschaft, dafs sie in den gegebenen Kreisen 4° und B? gleiche Sehnen bildet. Theilt man die zusammengehörigen vier Geraden in zwei Paare, ad und a,b,, ab, und a,b, so schneidet jedes Paar die gegebenen Kreise 4°, B? in vier neuen Punkten « und «, £@ und £,, welche ebenfalls die Berührungs- punkte einer Ortscurve sind, und somit in einem Kreise M? liegen. Und legt man durch zusammengehörige vier Punkte @, a,, b, b, irgend einen Kegelschnitt D*, so schneidet dieser die Kreise 4°, B? in vier neuen Punkten « und @,, Bund £,, welche gleicherweise die Berührungspunkte einer andern Orts- eurve C* sind; und umgekehrt: die 8 Berührungspunkte von je zwei Ortscurven C? liegen allemal in irgend einem Kegelschnitte D®. Jede vier Punkte c, d, e, f, in welchen irgend zwei Orts- eurven C? einander schneiden, liegen in einem Kreise um M. Die Tangenten W, A,, 3, 3, bilden in jeder Ortscurve C? vier gleiche Sehnen, und zwar sind diese Sehnen gerade der 108 zugehörigen Länge s gleich (I.), und ihre Mitten liegen immer in der Linie Z, sind die vorgenannten festen Punkte m, m,, m® und m®. Ist also die Länge s gegeben, so sind hiernach die 8° Punkte leicht zu finden, in welchen die vier Tangenten von der zugehörigen Ortscurve C? geschnitten werden. — Lälst man die Länge s alle Werthe durchlaufen, vons=0 bis s=w, so entsteht die ganze Schaar Ortscurven, S(C?), und für jedes bestimmte, gegebene s ist leicht zu entscheiden, ob die zuge- hörige Curve C?, Ellipse E’, Hyperbel 4°, oder Parabel P? sei, und wie sich dieselbe näher gegen die gegebenen Kreise 4°, B? verhalte. In diesem Betracht besteht die S(C?) zu- nächst aus drei verschiedenen Gruppen Hyperbeln, Gr (HT), Gr(H?) und Gr(H3;), dann folgt eine einzelne Parabel, und auf diese folgt eine Gruppe Ellipsen, Gr(E?). Nämlich für die Werthe von s=0 bis s= a°’b? entsteht die erste Gruppe Hy- perbeln, Gr(H?7), sie beginnt mit der Linie Z und endet mit. dem Paar innerer Tangenten, mit (BB,); von jeder 4; liegt, die Hauptaxe auf der Geraden 42, und von ihren Zweigen um- schliefst der eine den Kreis 4°, der andere den Kreis 3°. Für die Werthe vons=a°b° bis s=ab entsteht die zweite Gruppe I Hyperbeln, Gr (43), sie beginnt mit (BB,) und endet mit dem Paar äulsere Tangenten (AX,); von jeder H3 liegt die zweite, Axe auf AB, und von ihren Zweigen berührt jeder beide Kreise A? und B? von aufsen. Hat s die Werthe von ab bis 42, so entsprechen ihm die dritte Gruppe Hyperbeln, Gr (43), be- I ginnend mit (AA,) und endend mit der Parabel P?, welche gerade dem Werthe s = 4B entspricht; von jeder 43 um- schlielst der eine Zweig beide Kreise, so dals ihre Hauptaxe I wieder in 4B liegt. Und hat endlich s die Werthe von AB bis 00, so entsteht die Gruppe Ellipsen, Gr(E?), die mit der | Parabel P®? beginnt und im Unendlichen endet; jede E? um- schlielst beide Kreise 4°? und B? und hat ihre Hauptaxe in der. Geraden AB. — Wenn die gegebenen Kreise einander schnei- I den, oder der eine ganz innerhalb des andern liegt, so treten I bestimmte Modificationen ein. — EN N et An eingegangenen Schriften wurde vorgelegt: Abhandlungen der historischen Classe der Königl. Bayerischen Akademäl der Wissenschaften. Bd. VI. Abth.2. München 1851. 4. ‘ N EEE 109 \ Bülletin der Königl. Akademie der Wissenschaften 1851. No.34-43. ib. j eod. 4. Gelehrte Anzeigen. Herausgegeben von Mitgliedern der K. Bayer. Aka- | demie der Wissenschaften, Bd.33. Juli — Dec. 1851. ib. 4. Wittmann, die Germanen u. die Römer in ihrem Wechselverhältnisse vor dem Falle des IWVestreiches. Festrede zur Geburtsfeier Sr. Ma- jestät des Königs den 28. November 1851, in öffentlicher Sitzung der K. Akademie der Wissensch. vorgetragen. ib. 1851. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Bibliothekariats der Kgl. Bayerisch. . Akademie der Wissensch. zu München vom 15. Febr. d.J. Dureau dela Malle, Memoire sur la position de la Roche tarpeienne. Bulrdcıa: 8. - „ Memoire sur alternance ou sur ce probleme: la succession al- ternalive dans la reproduction des especes vegctales vivant en societe, est-elle une loi generale de la nature? Extrait des Annales des scien-- ces naturelles. Paris 1825. 8. ‚ Note sur une nouvelle variete dans V’espece humaine. Extrait etc. (wie oben). ib. 1832. 8. ‚ Considerations generales sur la domestication des animaur. Extrait ete. (wie oben). ib. eod. 8. ‚ Memoire sur la position, P’histoire, les colonies des Aulerci, et les Medailles frappees par l’une de ces colonies. Extrait de la Revue numismalique. s.l.eta. 8, ‚ sur la distribution, la valeur et la lesislation des eauxr dans Vancienne Rome. Extrait des Comptes rendus des scances de l’ Acade- mie des sciences. Scance de 13. Fevrier 1843. Paris. 4. ‚ Refutation de louvrage du Dr. Fuster intitule: sur les change- ments dans le climat de la France; Histoire de ses revolutions meteo- rologiques. Extrait etc. (wieoben). Seance du 25. Mai 1846. ib. 4. ‚ Heponse aux observations que M. Fuster a presentees sur mon Memoire, lu le 25. Mai 1846. Extr. etc. (wie oben). Seance du 29. Juin 1846. ib. 4. ‚ Observations sur les heures du reveil et du chant de quelques oiseaux diurnes en Mai et Juin 1846. Extrait des Annales des sciences naturelles, 3. Serie, Tome X. 8. ‚ Climatologie comparde de ÜItalie et de l’ Andalousie anciennes et modernes. Paris 1849. 8. ‚ deVinfluence de la domestieite sur les animaux. s.]. eta. 4. , Memoire sur le systöme metrique des Romains etc. s.l. eta. 4. ‚ Memoire sur la Polioreetique des Perses. Paris 1849. 4. 2 Exempl. 110 j Dureau de la Malle, Memoire sur la Poliorcetique Assyrienne et lage l des monuments de Ninive decouwverts d Khors- Abad. ib. eod. 4. 2 Expl. ‚ Memoire sur le Papyrus et la fabrication du papier chez les anciens. ib. 1850. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Paris den 12ten Febr. d. J. Samuel Birch, on a remarkable object of the reign of Amenophis III. (From No. 32 of the archaeological Journal) 8. H 'Thomas Maclear, Contributions to Astronomy and Geodesy, forming part of Vol. XX. of the Memoirs of the Royal astronomical Society. London 1851. 4. ‚ Philosophical Transactions of the Royal Society of London for the year 1851. Part. 2. ib. eod. 4. Proceedings of the Royal Society. Vol. V. No. 76. 1850. Vol. VI. No.78- 82. 1851. ıb. 8. The Royal Society (List) 30th Nov. 1851. ib. 4. George Biddell Airy, astronomical and magnetical and meteorological observations made at the Royal Observatory, Greenwich, in the year 1850. ib. 1852. 4. IRevue archeologique, 8. Annee, Livr. 11. 15. Fevr. Paris 1852. 8. Aufserdem kamen zum Vortrag: Ein Schreiben der Royal- Society zu London vom 15. Febr. d. J. über den Empfang der Abhandlungen der Akademie vom | J. 1849 und der Monatsberichte vom März bis Juni 1851. Ein Schreiben des Bibliothekariats der Königl. Akademie der Wissenschaften zu München vom 15. Febr. d. J. über den Empfang der Monatsberichte unserer Akademie vom Sept., Oct. und Noy. 1851. 11. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. W. Grimm legte neue Bruchstücke zu dem Gedichte von Athis und Prophilias vor. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Hermann Gottlob Plals, die Tyrannis in ihren beiden Perioden bei den alten Griechen. Theil 1. 2. Bremen 1852. 8. Erste Säcularfeier der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Gölttin- gen am 29. Nov. 1851. 7. Zur Erinnerung an Albrecht von Haller ete. Festrede, gehalten von Rud. Wagner. Il. Ein Blick auf die äufsere 111 Geschichte der Königl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göltingen in ih- rem ersten Jahrhundert, vorgelesen von Joh. Friedr. Ludw. Haus- mann. Aus dem 5ten Bande der Abhandl. der Kgl. Gesellsch. der Wiss. zu Götting. Göttingen 1852. 4. Beide Schriften eingesandt von dem Secretar der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Herrn Dr. Hausmann mittelst Schreibens vom 1 sten März d. J. The 18th annual Report of the royal Cornwall polytechnie Society. 1850. Falmouth. 8. —Memoirs of the royal astronomical Society. Vol. 20. London 1851. 4. Monthly Notices of the royal astronomical Society. Vol. 11. ib. eod. 8. The astronomical Journal. No. 34. 35. Vol. I. No. 10.11. Cambridge 1852, Jan. 1. and 23. 4. Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Academie des sciences 1852. 1. Semestre. Tome34. No. 7.8. 16. et23. Fevr. Paris. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 795. 796. Altona 1852. 4. 45. März. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Hr. du Bois-Reymond theilte die zweite Fortsetzung seiner Untersuchungen überthierischeElektricitätmit. In meiner vorigen Abhandlung (') habe ich den Beweis ge- führt, dals der elektromotorische Gegensatz zwischen Längs- und Querschnitt der Muskeln bereits am lebenden völlig un- versehrten Frosch zugegen ist. Ich habe erklärt, woher es komme, dafs man nichtsdestoweniger vom Gesammtfrosch in die- sem Zustande sowohl, als auch von einzelnen, nicht enthäutelen Gliedmalsen desselben, stets nur verhältnilsmälsig schwache elek- tromotorische Wirkungen erhält. Der Grund davon liegt, wie ich gezeigt habe, in der parelektronomischen Schicht, einer an den beiden natürlichen Querschnitten sämmtlicher Muskeln aller Tbiere gelegenen Schicht von verschwindender Dicke, deren elektromotorische Kräfte denen der übrigen Muskelmasse ent- gegenwirken, sie schwächen, gänzlich aufheben, ja sie zu über- wiegen im Stande sind. Vom physiologischen Gesichtspunkt aus kann kein Zweifel sein, dals dies Alles auch im lebenden unversehrten menschli- (*) Jahrgang 1851. 30. Juni. S. 380. 112 chen Körper sich gerade ebenso verhalten werde. Es ist also die Möglichkeit vorhanden, dafs sich von den Gliedmalsen des lebenden unversehrten Menschen bei erschlafften Muskeln der Muskelstrom ableiten lasse, gerade wie von denen des lebenden unversehrten Frosches. Ich sage die Möglichkeit, denn die Nothwendigkeit ist nicht da. Ganz abgesehen von der parelektronomischen Schicht, ist durchaus nicht nothwendig, dals die Muskelmasse, welche mit anderen Geweben ein Gliedmals zusammensetzt, beim Anle- gen eines leitenden Bogens an die beiden Enden dieses Glied- malses einen Strom von einer gewissen Grölse und in bestimm- ter Richtung durch den Bogen sende. Sondern der Strom kann, je nach der Anordnung der Muskeln, in jeder Richtung, und, unterhalb einer gewissen Grenze, in jeder Stärke, einschlielslich der Null, vorhanden sein. Es könnte also erstlich die Anord- nung der Muskeln an den menschlichen Gliedmalsen der Art sein, dals sie auch unter den günstigsten Umständen nur einen äulserst schwachen Strom nach Aulsen sendeten. Für’s zweite könnte sich die parelektronomische Schicht auf einer so hohen Stufe der Ausbildung befinden, dals, auch bei der günstigsten Anordnung der Muskeln für eine nach Aufsen gerichtete Wir- kung, diese Wirkung, während der Ruhe der Muskeln, doch nur verschwindend ausfiele. Endlich drittens könnte die Leder- haut dem Muskelstrom eine so gute Nebenschlielsung, und die Oberhaut einen so grolsen Widerstand darbieten, dals, auch bei & der Muskeln und einer geringen 5 Ausbildung der parelektronomischen Schicht, keine merkliche der günstigsten Anordnun Spur des Stromes nach Aufsen zu gelangen vermöchte. Aus allen diesen Gründen ist es, wie gesagt, zwar mög- lich, aber nicht nothwendig, dals sich bei rubenden Muskeln am lebenden unversehrten menschlichen Körper der Muskelstrom nachweisen lasse. Man sieht, dafs die Bedeutung der thierisch- elektrischen Thatsachen vollkommen unangetastet bleiben würde, auch wenn dieser Nachweis vollkommen fehlschlagen sollte. Dies verhindert nicht, dafs dieser Nachweis, wenn er gelänge, nicht noch immer von erheblichem Interesse wäre. In dem Folgen- den werde ich die Versuche beschreiben, die ich demgemäls an- gestellt habe in der Absicht, den Muskelstrom an den Glied- 113 mafsen des lebenden menschlichen Körpers im Zustande der Ruhe zu beobachten. Ich habe mich dazu, fast ohne Ausnahme, des in meinem Werke beschriebenen Multiplicators von 24160 Windungen be- dient, den ich den Multiplicator für den Nervenstrom zu nen- nen pflege ('). Der Multiplicator für den Muskelstrom mit sei- nen 4650 Windungen (*) reicht nicht aus, um die schwachen Ströme, um die es sich hier handelt, bequem sichtbar zu machen. Diese Schwäche der Ströme rührt weniger her von der Ge- rihgfügigkeit der ihnen zu Grunde liegenden elektromotorischen Kräfte, als von der Gröfse des Widerstandes, den der unver- sehrte menschliche Körper dem Strom entgegenstellt. Es wird nicht unnütz sein, ehe wir uns zu den Versuchen selber wen- den, einiges über diesen Widerstand vorauszuschicken, als über eine der allgemeinsten physikalischen Bedingungen, welche da- bei in Betracht kommen. Über den Widerstand des menschlichen Körpers haben wir, neben vereinzelten Angaben aus älterer Zeit, aus neuerer Zeit zwei unabhängig von einander angestellte umfassende Untersu- chungen, die eine von Eduard Weber (°), die andere von Lenz und Pischelnikoff(*). Gegen die Zahlenwerthe, die in beiden für den Widerstand des menschlichen Körpers un- ter bestimmten Umständen aufgestellt werden, ist jetzt leider zu erinnern, dals sie ohne Berücksichtigung der Polarisation der Elektroden gewonnen sind. Sie sind also als zu grols aus- gefallen zu betrachten. Dieser Einwand läfst jedoch eine Menge anderer für uns sehr wichtiger Verhältnisse unberührt, die durch jene Untersuchungen aufgedeckt worden sind. Der Widerstand des unversehrten Körpers ist, auch unter den günstigsten Umständen, stets dem von mehreren Meilen eines Kupferdrahtes von 1”” Durchmesser gleich zu schätzen. (*) Untersuchungen über thierische Elektrieität, Berlin. Bd. I. Abth, 1. 1849. S. ATT Ef. (?) Ebendas. Bd.I. 1848. S. 162 ff. (*) Quaestiones physiologicae de phaenomenis galvano-magneticis in eorpore humano observatis. Lipsiae (1836). 4.* (*) Poggendorff’s Annalen u.s.w. 1842. Bd. LVI. S.429.* 114 Dieser grofse Widerstand ist nicht sowohl bedingt durch die ausgedehnte Strecke schlechter feuchter Leiter, die mit dem menschlichen Körper in den Kreis eingeführt wird, als durch die geringe Leitungsfähigkeit der Oberhaut. Der Widerstand des Körpers ist daher bei geringer Ausdehnung der Hautstel- len, von denen die Ableitung geschieht, fast umgekehrt pro- portional dieser Ausdehnung. Er ist, wie übrigens schon J. W, Ritter wufste, (') um so kleiner, je zarter und feuchter die Haut von Natur beschaffen ist, je mehr sie künstlich durch- feuchtet wird, ferner je besser die Flüssigkeit leitet, mit der sie getränkt wird. Der Widerstand der Zuleitungsflüssigkeiten selber kann gegen den des Körpers wohl stets als verschwin- dend angesehen werden, wenn es sich nicht etwa um destillir- tes Wasser handelt, oder die Länge der Flüssigkeitssäule über die Gebühr vergröfsert worden ist. Am meisten sinkt der Wi- derstand des Körpers durch Entfernung der Oberhaut, also bei Gegenwart einer Wunde an der eingetauchten Hautstelle. Der Widerstand von Fufs zu Fufs ist beiläufig dem von Hand zu Hand oder von Fuls zu Hand beinahe gleich, oder, mit anderen Worten, zwischen den Widerständen der oberen und der unte- ren Gliedmalsen ist kein namhafter Unterschied bemerkbar. Eduard Weber stellt noch den Satz auf, dals der Wi- derstand der Oberhaut um so kleiner sei, je höher die Tempe- ratur (?). Von vorn herein erscheint dies in der Ordnung. Die Oberhaut leitet nur vermöge der darin enthaltenen Feuch- tigkeit. An Stelle der Oberhaut in diesen Versuchen kann man sich also ein langes Haarröhrchen in einem vergleichweise sonst gut leitenden Kreise denken, gefüllt mit einer Flüssigkeit von grolsem eigenthümlichen Widerstande, der mit steigender Tem- peratur sinkt. Es ist keine Frage, dals bei dieser Anordnung Er- wärmen des Haarröhrchens eine beträchtliche Verminderung des Gesammtwiderstandes des Kreises nach sich ziehen würde. Allein Eduard Weber hat seine Behauptung auf Versuche gegründet, wo nicht allein die Haut erwärmt war, sondern auch die Elek- (') Beiträge zur näheren Kenntnils des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchung. Jena. Bd. 1. St. 3. 4. 1802. $. 258.259. 262.* (*) Quaesliones physiologicae etc. p. 14.* 115 troden, durch die der Strom der Haut zugeführt wurde. Nun ist es eine bekannte Thatsache, dafs die Polarisation und, wenn es einen solchen giebt, der Übergangswiderstand an der Grenze der metallischen und der feuchten Leiter mit Erhöhung der Temperatur abnehmen. Weber’s Versuch ist also für die Ver- minderung des Widerstandes der Haut durch die Wärme so wenig beweisend, als es für die Verminderung des Widerstan- des feuchter Leiter überhaupt durch denselben Einflufs die Ver- suche waren, die man vor Ohm ('), ohne Berücksichtigung der Veränderung der Polarisation und des Übergangswiderstandes, mit gleichzeitiger Erwärmung des Elektrolyten und der Elek- troden anstellte. Doch bin ich, im Lauf der folgenden Unter- suchungen, auf Erscheinungen gestolsen, die nur dadurch er- klärbar würden, dafs in der That die Erwärmung die Leitungs- fähigkeit der Haut erhöhte. Da es aber von Wichtigkeit sein kann, ein leicht anwendbares Mittel gleich der Wärme zu be- sitzen, um dergestalt den Widerstand der Haut zu vermindern, so habe ich gesucht, den Weber’schen Versuch in tadelfreier Gestalt zu wiederholen. Die Platinenden eines Multiplicators von angemessener Empfindlichkeit tauchten in zwei Gefälse mit gesättigter Koch- salzlösung, oder mit verdünnter Schwefelsäure von 1.061 Dichte bei 15?5 C. Mit jedem dieser Gefälse, die ich die Hauptge- fälse nennen werde, stand ein anderes, mit derselben Flüssig- keit gefülltes, in leitender Verbindung. Diese letzteren Gefälse, welche die Hülfsgefäfse heifsen sollen, waren bestimmt, um die beiden Zeigefinger darin einzutauchen. Die Flüssigkeiten in den Hauptgefälsen hatten immer einerlei Temperatur, entspre- chend der zeitigen Lufttemperatur. Den Flüssigkeiten in den Hülfsgefälsen wurden nacheinander ertheilt die Temperaturen 0°, 15°, 45° C. Die Hauptgefälse waren für gewöhnlich, be- hufs der Abgleichung der Platinplatten, durch ein Schlielsungs- rohr in sich zum Kreise geschlossen. Sollte zum Versuch ge- schritten werden, so wurden die Zeigefinger in die Hülfsgefälse getaucht, und so lange darin gehalten, bis man sicher sein konnte, dals die Oberhaut die Temperatur der Flüssigkeit angenommen (') Poggendorff’s Annalen u.s. w. 1844. Bd. LXIN. S.403,* 116 hatte. Alsdann wurde das Schliefsungsrohr entfernt, und eine Wippe umgelegt. Durch dies Umlegen wurde in den Kreis des Multiplicators und der Hauptgefälse eine Kette von bestän- diger Kraft eingeschaltet. Der erste Ausschlag der Multiplica- tornadel zeigte an, ob und in welchem Sinne sich der Wi- derstand der Haut mit der Temperatur verändert hatte. Die folgende Tabelle enthält die beobachteten Zahlen. Gesättigte Verdünnte Grade C. Kochsalzlösung, Schwefelsäure. 0? 32° Ausschlag 25°, 23.5 Ausschlag 15 38; 38; 44 35; 37; 36 45 74, 74 68; 65 Wie man sieht, lassen diese Zahlen keinen Zweifel daran übrig, dafs der Widerstand der Haut mit steigender Tempera- tur aufserordentlich schnell abnimmt. Die Zahlen der zweiten und dritten Columne sind nicht miteinander vergleichbar. Noch eine andere physikalische Bedingung der bevorste- henden Versuche verdient unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. In den Versuchen am Frosch und an einzelnen Thei- len desselben, womit wir uns bisher allein beschäftigt haben, war die Bedingung einer gleichmälsigen Temperatur der thie- rischen Theile stets von selbst erfüllt, Es lag also auch kein Grund vor, sich zu erkundigen, ob ungleiche Temperatur der Berührungsflächen dieser Theile mit der zuleitenden Vorrich- tung elektromotorisch wirke, Bei den Versuchen am lebenden menschlichen Körper könnte jene Bedingung vielleicht nicht mehr überall erfüllt sein. Man könnte sich nun zwar beruhigen bei der Betrachtung, dafs erstens thermoelektrische Triebkräfte in einem Kreise von so ungeheurem Widerstande wie dem unsrigen, nicht leicht eine merkliche Wirkung hervorzubringen vermöchten, und dafs für’s zweite elektromotorische Wirkungen durch ungleiche Tem- peratur feuchter Leiter noch nicht mit Sicherheit beobachtet seien. Beide Urtheile würden voreilig sein. Ich habe zu meinem Erstaunen gefunden, dafs der Strom einer einfachen Thermokelte aus Kupfer und Eisen beim Er- wärmen der einen Löthstelle mit den Fingern an dem Multi- 117 plicator für den Nervenstrom noch sichtbar bleibt, wenn in des- sen Kreis die bekannte zuleitende Vorrichtung, durch das Schlie- fsungsrohr geschlossen, eingeschaltet wird. Ersetzt man das Schliefsungsrohr durch den menschlichen Körper, indem man die Zeigefinger in die Zuleitungsgefälse taucht, so ist zwar jener Strom nicht mehr sichtbar, aber der beim Erwärmen der einen Löthstelle mit einer Weingeistilamme erzeugte tritt noch kräftig hervor. Unter diesen Umständen erscheinen die Thermoströme bei beständigem Temperaturunterschiede der Löthstellen nicht mehr beständig, wegen der Ladungen, die sie auf den Platin- enden des Multiplicators entwickeln. Ich vermuthe beiläufig, dals dies das erste Mal ist, dals mit der einfachen Thermokette Elektrolyse beobachtet worden ist. Was die Erzeugung von Strömen durch ungleiche Tem- peratur feuchter Leiter betrifft, so giebt es doch bereits einen Versuch von Nobili, der die Möglichkeit davon beweist. _Nobili tauchte in die Zuleitungsgefälse seines Multiplica- tors zwei aus Thon geknetete Stäbe, erhitzte das freie Ende des einen, und brachte es in Berührung mit dem des anderen. s entstand ein Strom im Thon von Warm zu Kalt, der mit dem Unterschied der Temperaturen spurlos verschwand ('). ia habe diesen Versuch mit Modellirthon von der hiesigen Königl. Porzellanmanufactur wiederholt, und genau den von Nobili angegebenen Erfolg gesehen. Die Wirkung läfst sich bequem am Multiplicator für den Muskelstrom beobachten. Die ‚elektromotorische Kraft, die diesem Strom zu Grunde liegt, ist beiläuig weit beträchtlicher als die einer einfachen 'Thermo- ‚kette aus Kupfer und Eisen beim Erglühen ihrer einen und mittlerer Temperatur ihrer anderen Löthstelle. # Die Möglichkeit von Strömen durch ungleiche Temperatur [4 feuchter Leiter ist also wohl vorhanden, und was wir jetzt vor allen Dingen zu thun haben, ist zu untersuchen, ob ungleiche Temperatur zweier Hautstellen zur Erzeugung eines Stromes Anlals giebt. Wir wählen zu dieser Untersuchung natürlich zwei symmetrische Hautstellen, z. B. entsprechende Finger der Be. (*) Memorie ed Osservazioni edite ed inedite ec. Firenze 1834. VoL I. p-80, 81. 87. 101.* 118 beiden Hände. Dies scheint uns den Vortheil gewähren zu müssen, dafs sich keine andere elektromotorische Wirkung ein- mischen kann in diejenige, auf deren Beobachtung wir bier aus- gehen. Zwischen symmetrischen Hautstellen könnte der Mus- kelstrom nur durch ungleiche Ausbildung der betreffenden Mus- kelgruppen der beiden Seiten, oder ihrer parelektronomischen Schichten vorhanden sein, oder endlich, was kaum denkbar ist, durch Ungleichheit der ihm auf beiden Seiten durch die Leder- haut dargebotenen Nebenschlielsungen. Wie sich asymmetri- sche Hautstellen an und für sich, und abgesehen von den elektrischen Spannungen, die ihnen von den darunter gelegenen | Muskelmassen etwa mitgetheilt werden, elektromotorisch mit- einander verhalten, wissen wir noch nicht. Auf alle Fälle aber beugen wir auch den möglicherweise Jaraus erwachsenden Sıö- rungen vor, indem wir unsere Versuche zunächst auf symme- trische Hautstellen beschränken. Vorher wird es gerathen sein, diese selbst auf ihr elektro- motorisches Verhalten zu prüfen. 1 Der Erscheinungen, die sich beim ersten Eintauchen zweier entsprechenden, unverletzten und gleich warmen Finger der bei- den Hände in die mit gesättigter Kochsalzlösung gefüllten Zulei- tungsgefälse des Multiplicators zeigen, habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit gedacht ('). Ich habe gesagt, dafs dabei stets nach Richtung und Gröfse völlig unregelmälsige Wirkun- gen auftreten, die jedoch bald verschwinden, so dals die Nadel auf dem Nullpunkt oder in dessen Nähe zur Ruhe kommt. Ist ein Finger verletzt, so beobachtet man einen andern Erfolg, von dem später die Rede sein wird. Nach zahlreichen Beob- achtungen, die ich seitdem gemacht habe, kann ich jetzt noch | folgendes hinzufügen. Erstens müssen die Finger nicht nur unverletzt sein, son- dern auch gleichzeitig eingetaucht werden, widrigenfalls sich gleichfalls Erscheinungen anderer Art zeigen, auf die wir sogleich zurückkommen werden. Die beständige Wirkung für’s zweite, welche nach dem Verschwinden der ersten Hüchtigen Wirkun- gen hinterbleibt, ist, wenn auch ihrer Stärke nach Schwankungen !) Comptes rendus etc, 21 Mai 1849. t. XXVII. p. 641. P P 119 unterworfen, doch ihrer Richtung nach nicht, gleich jenen, völ- lig unregelmäfsig. Sie hat zwar, bei verschiedenen Individuen, und bei demselben Individuum in weit auseinander liegenden Zeiten, verschiedene Richtung. Allein ich habe sie an mir sel- ber monatelang stets denselben Sinn einhalten sehen. Zu an- deren Zeiten fand ich sie dann wieder ebenso hartnäckig in der anderen Richtung vor. Ich nenne diese Wirkung, von deren denkbarer Ursache später die Rede sein wird, den Eigen- strom der Finger. Verweilt man längere Zeit mit den Fin- ' gern in der Salzlösung, wäscht sie dann mit Wasser, trocknet sie ab und taucht sie wieder ein, oder taucht man sie mehre- remal nach einander kürzere Zeit ein, indem man sie zwischen je zwei Versuchen auf die angegebene Art reinigt, so tritt beim erneuten Eintauchen der Eigenstrom sogleich rein hervor, ohne ferner, wie es anfangs der Fall zu sein pflegt, durch unregel- mälsige Nebenwirkungen in seiner Erscheinungsweise gestört zu werden. Ob der Eigenstrom zwischen sämmtlichen entspre- chenden Fingern der beiden Hände stets dieselbe Richtung habe, weils ich noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Doch glaube ‚ ich, dafs es sich so verhält. Über das entsprechende Verhalten bei anderen Personen "habe ich erst wenige Beobachtungen anstellen können. Bei Personen mit sehr zarter und feuchter Haut kommt die Nadel | oft nur in sehr grofser Entfernung vom Nullpunkt zur Ruhe, und manchmal bleibt sie in dauernden Schwankungen begriffen, ‚wodurch jede andere Beobachtung sehr erschwert wird. Nicht ‚selten tritt dies auch bei Personen mit derber Haut nach lan- gem Verweilen der Finger in der Zuleitungsflüssigkeit ein. EZ Jetzt wollen wir das elektromotorische Verhalten zweier ntsprechenden unverletzten, aber ungleich warmen Finger der iden Hände, z. B. der Zeigefinger, gegeneinander prüfen. Ich wählte dazu die Temperaturen von 0°, 15°, 30°, 45° C., zwi- schen denen alle möglichen sechs Combinationen versucht wur- ‚ den. Zuerst ori die Finger so abgeglichen, dafs nur der Eigenstrom übrig blieb, und dieser der Richtung und Gröfse mach bestimmt. Dann tauchte ich sie hinlänglich lange Zeit in zwei Gefälse mit gesättigter Kochsalzlösung, Quecksilber oder Sand von den beiden verlangten Temperaturen. Endlich übertrug zrr 120 ich sie möglichst schnell und gleichzeitig in ein Paar Gefälse mit gesättigter Kochsalzlösung von der zeitigen Lufttemperatur, die durch Bäusche oder Heberröhren mit den eigentlichen Zu- leitungsgefälsen in Verbindung standen, und die ich wieder die Hülfsgefälse nennen will (vergl. oben S. 116). In einer Ver- suchsreihe erhielten die Finger ihre ungleiche Temperatur in Brunnenwasser, und die Hülfsgefäfse enthielten auch Brunnen- wasser. In einer anderen Versuchsreihe wurde das Brunnen- wasser durch die verdünnte Schwefelsäure von 1.061 Dichte er- setzt (s. oben $.117). Endlich in noch anderen Versuchen wurden die Hülfsgefälse selber mit ungleich warmer Kochsalz- lösung gefüllt, die gleich warmen Finger gleichzeitig einge- taucht und längere Zeit darin gehalten. Um das Ergebnifs dieser Versuche sowohl als der folgen- den in dieser Abhandlung beschriebenen darzulegen, ist es noth- wendig, hinsichtlich einer Redeweise übereinzukommen, um die Stromesrichtung in den Anordnungen, mit denen wir es hier zu thun haben, unzweideutig zu bezeichnen. Ich nenne positiv gegen die andere die Hautstelle, aus der der Strom in die Zuleitungsflüssigkeit tritt, um durch den Multiplicatordraht zur anderen Hautstelle einzukehren, welche die negative heilst. Ich denke mir also gleichsam, an Stelle des menschlichen Kör- pers, einen Zinkplatinbogen zwischen den Zuleitungsgefälsen gebrückt, das Zink auf der Seite, wo der Strom aus der Haut in die Flüssigkeit tritt, das Platin auf der, wo der Strom aus der Flüssigkeit in die Haut einkehrt ('). Dies vorausgeschickt, ist folgendes das elektromotorische Verhalten ungleich warmer Finger gegeneinander. Ein Finger bei 0° verhält sich so stark positiv gegen einen Finger bei 15°, 30°, 45°, dafs die Nadel an die Hemmung geführt wird. Die‘ Wirkung ist aber bei 15° oder 30° Temperatur des zweiten Fingers weit heftiger als bei 45°. Ein Finger bei 15° verhält” sich gegen einen Finger bei 30° schwach positiv. Gegen einen Finger bei 45° dagegen verbält sich ein Finger bei 15° oder bei 30° sehr stark negativ. Am negativsten ist also der Finger bei etwa 30°, was deshalb merkwürdig ist, weil dies, wie die !) Verel. Comptes rendus etc. 21 Mai 1849. t.XXIIL p. 642. g P P 121 Folge zeigen wird, die natürliche Temperatur seiner Oberfläche bei mittlerer Luftwärme zu sein scheint. Bei jeder höheren sowohl als jeder tieferen Temperatur ist der Finger positiver. Seine Positivität wächst nach beiden Richtungen hin anfangs langsam, in der Nähe des Nullpunktes und zwischen 40° und 50° aber aufserordentlich schnell. Diese Ergebnisse sind einer graphischen Versinnlichung fähig. In der beistehenden Zeichnung stellen die Abscissen die wachsenden Tempe- raturen des einen Fin- gers dar, während der andere Finger auf 0° verharrt. Die ÖOrdina- ten stellen, ihrem all- gemeinen Gesetz nach, die relativen - Gröfsen der Positivität des auf 0° gehaltenen Fingers gegen den anderen bei den entsprechenden Temperaturen vor. Indem man sich aber die Abscissenaxe folg- weise um die Stücke 0a, 05, Oc in der Richtung der positi- ven Ordinaten verlegt denkt, findet man zugleich die relativen Gröfsen der Positivität oder Negativität des Fingers von ver- änderlicher Temperatur gegen den anderen, wenn man diesem, statt wie früher die beständige Temperatur von 0°, beziehlich die von 15°, 30°, 45° zuschreibt. Die elektromotorische Kraft dieser Ströme ist, gleich der der Nobili’schen Thon-’Thermokette, weit grölser, als die einer Thermokette aus Kupfer und Eisen beim Erglühen ihrer einen und mittlerer Temperatur ihrer anderen Löthstelle. Die Ströme halten so lange an, als der Temperaturunterschied sel- ber. Sie summiren sich im Versuch natürlich stets algebraisch mit dem Eigenstrom der Finger, von dem oben die Rede war. Dabei geht aber der Eigenstrom in diese algebraische Summe nicht mit der Gröfse ein, die er bei mittlerer Temperatur der Flüssigkeit in den beiden Zuleitungsgefälsen zeigt, sondern mit der Grölse, die ihm zukommt vermöge der Veränderung des 122 Widerstandes des Kreises, welche die Folge ist der Verände- rung der Temperatur der Zuleitungsflüssigkeit (vgl. oben S. 118). Dies ist beiläufig der Umstand, der mich darauf aufmerk- sam machte, dals die Wärme doch wohl einen Einflufs auf den Widerstand der Haut ausüben müsse (S. oben S. 115). Dieser Umstand tritt selbst dann ein, wenn die Erwärmung oder Er- kältung auf trocknem Wege, in Quecksilber oder Sand, geschah. Dies scheint zu zeigen, dafs jener Einfluls zu keinem merkli- chen Theil auf der gröfseren Leichtigkeit beruht, womit warme Flüssigkeiten, im Vergleich zu kalten, wohl die Haut durch- dringen. Der Gang der Curve des Unterschiedes der elektromoto- rischen Kräfte der ungleich warmen Hautstellen, wie er aus der obigen Figur erhellt, ist gewils höchst merkwürdig. Noch merkwürdiger wird er aber dadurch, dals dieser Gang nur an den Fingern des Lebenden beobachtet wird. Ich habe die be- schriebenen Versuche an dem Zeige- und Mittelfinger von Lei- chenhänden wiederholt, und gefunden, dafs hier der kältere Finger sich von 0° bis 75° stets positiv gegen den wärmeren verhielt. Bei gleichem Temperaturunterschied schien sich die Kraft mit wachsender Temperatur nicht sehr zu verändern. Die Stärke der Ströme war aber im Allgemeinen viel kleiner als an den Fingern des Lebenden. Die Curve Od in der Figur würde die Beobachtungen ihrem allgemeinen Gesetz nach ungefähr darstellen. Die Ordinaten derselben sind jedoch ihrer absoluten Gröfse nach mit denen der ersten Curve nicht zu vergleichen. Der abweichende Gang der Curve an den Fingern der Leichen- hand und der lebenden Hand rührt nicht von der verschiedenen Temperatur im Inneren beider her. Denn auch an den Fingern einer auf 37° C. erwärmten Leichenhand wurde dieselbe Ab- weichung beobachtet. Die durch ungleiche Temperatur der Hautstellen erzeugten Ströme sollen in der Folge den Namen der Temperaturströme führen, da es begreiflich noch ganz ungewils ist, bis zu wel- chem Grade sie mit den bekannten Thermoströmen der Metalle verwandt sind, ja ob überhaupt eine andere Beziehung zwischen beiden Erscheinungen besteht, als die, dals beide durch 'Tem- peraturunterschiede hervorgerufen werden. 123 Mit den Störungen, die uns möglicherweise seitens der Temperaturströme drohen, wären wir also jetzt vertraut. Wir sind aber noch immer nicht so weit, dals wir mit Sicherheit an die Erforschung des elektromotorischen Verhaltens asymme- trischer Körperstellen gehen könnten. Wir haben zuvor noch von zwei anderen Umständen Kenntnifs zu nehmen, durch welche das elektromotorische Verhalten symmetrischer, unverletzter und gleich warmer, also gleichartiger Hautstellen, eine Verände- rung erleidet, und durch deren Unkenntnils wir also bei der Untersuchung asymmetrischer Hautstellen leicht möchten in die Irre geführt werden. Der eine dieser Umstände ist bereits oben S. 118 ange- deutet worden. Es wurde gesagt, dals, damit das daselbst be- schriebene Verhalten beim ersten Eintauchen zweier entspre- chenden Finger beobachtet werde, die Finger gleichzeitig ein- getaucht werden mülsten. In der That, läfst man zwischen dem Eintauchen des einen und des anderen Fingers in die gesättigte Kochsalzlösung der Gefälse eine gewisse Zeit verstreichen, so verhält sich der jüngstbenetzte Finger stark negativ gegen den ersteingetauch- ten. Der Strom ist, bis zu einer gewissen Grenze, um so stärker, je grölser die Frist war, welche zwischen dem Ein- tauchen des ersten und des zweiten Fingers verflols. Ein paar Minuten Zeitunterschied geben nicht selten eine so starke Wir- kung, dals die Nadel des Multiplicators für den Nervenstrom dadurch an die Hemmung geführt wird. Diese Wirkung ist begreiflich nur vorübergehend. Nach kurzer Zeit ist der Strom erloschen und man findet nur noch den Eigenstrom vor. Diese Abgleichung ungleichzeilig eingetauchter Finger geht auch vor sich, ohne dafs die Flüssigkeitsmassen, in die man die Finger getaucht hält, zum Kreise geschlossen sind. Wird, nachdem die Finger bereits abgeglichen sind, der eine tiefer eingetaucht, so verhält er sich wieder auf einige Augenblicke schwach ne- gativ gegen den anderen. Werden die Finger aus der Lösung gezogen, mit Wasser gewaschen und getrocknet, oder läfst man sie auch nur an der Luft trocknen, so gelingt der Versuch von Neuem, und dies kann man so oft wiederholen als man will. 124 Nur dafs zuletzt die Wirkung doch merklich schwächer und in dem Mafs unregelmälsiger ausfällt. Natürlich müssen wir jetzt noch andere symmetrische Haut- stellen, als die Finger, auf die Fähigkeit untersuchen, beim folgweisen Eintauchen solche Ungleichzeitigkeitsströme, wie wir sie nennen wollen, zu erzeugen. Es tritt somit hier zunächst die Nothwendigkeit ein, auch das elektromotorische Verhalten der ganzen Hände, der Fülse u. s. w. gegeneinander untersuchen zu können. Die gewöhnlichen Zuleitungsgefälse reichen dazu nicht mehr aus.. Zum Eintauchen der Hände und der Elbogen dienten mir zwei cylindrische Gefälse aus Steingut von im Lichten etwa 16°® Tiefe und 21°® Durchmesser, die ich die Handgefälse nennen werde; zum Eintauchen der Fülse zwei parallelepipe- dische Kästen aus irdener Waare, von im Lichten etwa 43m Länge, 125 Breite und 13°® Tiefe, wie man sie in Berlin käuflich findet um Epheu vor den Fenstern darin zu ziehen. Um diese Kästen für Flüssigkeiten undurchgängig zu machen, bestrich ich sie mit Kolophoniumkitt, nachdem ich sie über einem Kohlenfeuer bis zum Schmelzpunkte des Kittes erhitzt hatte. Die Kästen sollen die Fulsgefälse heilsen, und die gewöhnlichen Zuleitungsgefälse in dieser Untersuchung fortan, zum Unterschiede von den Hand- und Fulsgefälsen, den Namen der Fingergefälse führen. In die Hand- und Fulsgefälse liefs ich, ihrem Rande nahe, die gewöhnlichen mit Flielspapier bekleideten Zuleitungsplatten hineinhängen. Es wurde nämlich der wagerechte Messingstab, der die Platten trägt, aus dem doppelt durchbohrten Klotz ent- fernt, mit dessen Hülfe er sonst an der senkrechten Säule der Zuleitungsvorrichtung verstellt wird ('), und in die Korkklemme eines Magnus’schen Halters eingespannt. Die Platten liels ich nur so lief in die Lösung hineinhängen, dafs wenn die Hand oder der Fuls beziehlich bis zum Hand- und Fufsgelenk ein- getaucht wurden, die Lösung eben den Saum der Bekleidung erreichte. Häufig indels tauchten die Zuleitungsplatten nicht (*) Untersuchungen u.s.w. Bd.I. S. 214. Taf.I. Fig. 6.12. Taf. I. Fig. 8.9.10. Bd. II, Taf. IV. Fig, 129. 125 unmittelbar in die Hand- und Fufsgefälse, sondern in die ge- wöhnlichen Zuleitungsgefälse, die mit jenen durch Bäusche oder Heberröhren in Verbindung gesetzt waren. Um auch das elektromotorische Verhalten solcher Haut- stellen gegeneinander zu prüfen, die nicht eingetaucht werden können, habe ich versucht, ihnen Bäusche anzulegen. Es hat sich aber gezeigt, dafs dies Verfahren unbrauchbar ist. Nicht blols dafs dabei der Widerstand des Kreises zu grols und zu veränderlich wird. Jeder Wechsel in der Innigkeit der Be- rührung zwischen den Bäuschen und der Haut giebt Anlals zu völlig unbeherrschbaren elekiromotorischen Wirkungen. Auch wenn die Bäusche bereits der Haut dicht anliegen, genügt es, den einen oder beide Bäusche etwas fester anzudrücken, um sogleich lebhafte Ströme in der einen oder der anderen Rich- tung auftreten zu sehen. Nur im äufsersten Nothfall ist es daher zulässig, sich dieses Verfahrens zur Ableitung zu bedie- nen. Man mufs, wo man irgend kann, dafür sorgen, dals die Zuleitungsflüssigkeiten die Haut frei bespühlen. Die Folge wird ‚zeigen, dals diese Bedingung noch auf eine andere Art ver- wirklicht werden kann, als durch das Eintauchen der Körper- ‚theile, und dals demgemäls die Zahl der hier möglichen An- ordnungen doch etwas grölser ausfällt, als man beim ersten Anblick glauben möchte. Wir nehmen den Faden unserer Untersuchung wieder auf. Zuerst ist zu bemerken, dafs die Erscheinungen beim gleich- zeitigen Eintauchen der beiden unverletzten gleich warmen Hände, Elbogen oder Fülse in die Lösung, dieselben sind als beim Eintauchen zweier entsprechenden Finger, nur dals, we- nigstens bei den Händen und Fülsen, und unstreitig des klei- neren Widerstandes halber, alle Wirkungen in grölserem Mals- stabe auftreten. Man beobachtet, im ersten Augenblick, die- selben flüchtigen Ausschläge, die weder ihrer Gröfse noch ihrer Richtung nach einem deutlichen Gesetz folgen. Auch hinter- bleibt zuletzt eine beständige Wirkung, entsprechend derjeni- gen, die wir an den Fingern den Eigenstrom genannt haben. Doch habe ich hier nicht in demselben Mafs, wie an den Fin- gern, Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen, dals die Rich- tung des Eigenstromes längere Zeit hindurch stets dieselbe 126 bleibt. Auch weils ich noch nicht zu sagen, ob die Richtung des Eigenstromes zwischen beiden Händen stets zusammenfällt mit der, welche sämmtliche entsprechende Finger der beiden Hände zeigen. Um so weniger bin ich dazu im Stande, als ich erwähntermaflsen (S. oben S.119) ja noch nicht einmal ge- wils bin, dafs sämmtliche entsprechende Finger beider Hände den Eigenstrom in derselben Richtung wahrnehmen lassen. Was nun die Ungleichzeitigkeitsströme betrifft, so lassen ' die Hände und Fülse sie ganz in derselben Art wahrnehmen, wie die Finger. Hat man aber die Hände in den Handgefälsen sich mit einander abgleichen lassen, und taucht dann den einen Unterarm tiefer ein, wobei, nach dem Erfolg des entsprechen- den Versuches an den Fingern zu urtheilen, der tiefer einge- tauchte Arm sich wieder negativ verhalten mülste, so findet nur eine schwache und unregelmälsige Wirkung statt. Man wird also auf die Vermuthung geführt, dafs vielleicht nur die eigen- thümlich beschaffene Haut an der Hand- und Fufssohle fähig ist, die Ungleichzeitigkeitsströme zu zeigen. ‚Diese Vermuthung bestätigt sich in sofern, als in der That von den beiden Hand- und Fufssohlen die später eingetauchte sich negativ verhält ge- gen die erstbenetzte, während an den beiden Handrücken die Ungleichzeiligkeitsströme vermilst werden. Überzieht man die Volarfläche zweier Finger mit Collodium, so zeigen sie nicht mehr die Ungleichzeitigkeitsströme. Überzieht man bin- gegen die Rückenfläche zweier Finger dergestalt mit einer nichtleitenden Schicht, so sind die Ungleichzeitigkeitsströme noch vorhanden. Jene Muthmalsung scheint sich also bewährt zu haben ('). Leider mufs ich hinzufügen, dals die bei- den Elbogen in Kochsalzlösung die Ungleichzeitigkeitsströme regelmälsig zeigen, wodurch die Richtigkeit der Muthmalsung alsbald wieder in Frage gestellt ist. Ich habe das Verhalten der Ungleichzeitigkeitsströme in verschiedenen Zuleitungsflüssigkeiten erforscht. In Brunnen- wasser erscheinen sie genau wie in der Kochsalzlösung, mit der einzigen Ausnahme, dals hier die Elbogen sie gleichfalls ver- missen lassen, und dals sie im Allgemeinen stärker sind als in der Lösung. In der verdünnten Schwefelsäure von 1.061 Dichte (‘) S. diese Berichte, Juni 1851, $.383. 127 zeigten die Ungleichzeitigkeitsströme an den Fingern die um- gekehrte Richtung wie in der Kochsalzlösung. An der Hand- sohle und an dem Handrücken war das Verhalten unklar. End- lich in einer kaustischen Kalilauge von 1.026 Dichte bei 15.5 C., entsprechend einem Gehalt an Kalihıydrat von etwa dritte- halb Gewichtsprocenten, waren wieder an den Fingern keine regelmälsigen Ungleichzeitigkeitsströme vorhanden, dagegen er- schienen sie an der ganzen Hand sowohl als an der Handsohle und dem Handrücken in derselben Richtung wie in der Säure, umgekehrt wie in der Kochsalzlösung und dem Brunnenwasser, d.h. es verhielt sich die letzteingetauchte Hautstelle, statt ne- gativ, vielmehr positiv. Doch ist es möglich, dals ich mich hier noch im Irrthum befinde, da ich die Versuche mit der Ka- lilauge, ihrer grofsen Unannehmlichkeit wegen, vielleicht nicht hinreichend vervielfältigt habe. An den Fingern einer Leiche zeigten die Ungleichzeitig- keitsströme in Kochsalzlösung dieselbe, an denen einer an- deren die umgekehrte Richtung wie am Lebenden, und die Stärke der Ströme war sehr gering. Beim ersten Anblick der Ungleichzeitigkeitströme könnte man verleitet sein, sie für einerlei zu halten mit den oben be- schriebenen Temperaturströmen. Die oberflächliche Temperatur eines Fingers ist bei 15° C. Temperatur der Luft auf etwa 28- 30° zu schätzen. Denn wenn ich einen Finger in Wasser von dieser Temperatur tauche und darin ruhig halte, habe ich gar keine Empfindung weder von Kälte noch von Wärme, noch überhaupt von der Gegenwart der Flüssigkeit. Die Zuleitungs- flüssigkeiten in den vorigen Versuchen theilten die zeitige Luft- temperatur von etwa 15°. Somit scheint es ganz in der Ord- nung, dafs der schon seit einiger Zeit eingetauchte, oberflächlich auf 15° abgekühlte Finger sich positiv verhält gegen den erst eben eingetauchten, oberflächlich noch 30° warmen Finger. So gut dies zu stimmen scheint, so verhält sich die Sache doch anders. Erstens sind die Ungleichzeitigkeitsströme viel zu stark, als dafs man ihren Quell in jenem Temperaturunter- schied suchen dürfte. Ein Finger bei 30° und einer bei 15° geben zusammen höchstens einen Ausschlag von 20-30°, wäh- rend die Ungleichzeitigkeitsströme erwähntermalsen unter gün- 128 stigen Umständen die Nadel an die Hemmung führen. Zweitens verändern diese Ströme ihre Richtung in der verdünnten Schwe- felsäure, die Temperaturströme nicht (S. oben S. 120). Drittens habe ich mich überzeugt, dafs die Handrücken, welche die Un- gleichzeitigkeitsströme vermissen lassen, die Temperaturströme ganz ebenso zeigen, wie die Finger. Viertens erscheinen die Ungleichzeitigkeitsströme auch in Kochsalzlösung und Brunnen- wasser, wenn man diesen Flüssigkeiten die Temperatur von 28-30° C. ertheilt, wo also keine Abkühlung des zuerst ein- gelauchten Fingers mehr stattfindet. Die Ungleichzeitigkeitsströme lassen sich folglich nicht in der angegebenen Art zurückführen auf die Temperaturströme. Dies verhindert jedoch nicht, dals nicht die Temperaturströme sich unter Umständen in die Erscheinung der Ungleichzeitig- keitsströme einmischen. Die letzteren Ströme nehmen z.B. aulserordentlich an Stärke zu, wenn man der Kochsalzlösung die Temperatur entweder von 0° oder von 45° C. ertheilt. Da diese Zunahme nicht allein bei erhöhter, sondern auch bei er- niedrigter Temperatur stattfindet, so kann sie in dem ersten Falle nicht allein von der Verminderung des Widerstandes her- rühren. Sie beruht unzweifelhaft darauf, dafs sich ein Finger sowohl bei 0° als auch bei 45° stark positiv verhält gegen einen solchen bei 30°, und der Beweis davon ist, dals die Ungleich- zeitigkeitsströme in der verdünnten Schwefelsäure sich umkeh- ren und gleichsinnig werden mit denen in der Kochsalzlösung, wenn man der Säure die Temperatur von — 3° bis 0° oder von 45° ertheilt. Die Temperaturströme überwiegen also alsdann sogar die Ungleichzeitigkeitsströme. Ich komme jetzt zu der dritten Ursache, die, wie oben S.123 angekündigt wurde, nächst der Ungleichheit der Tem- peratur und der Ungleichzeitigkeit der Benetzung die Gleich- artigkeit symmetrischer Hautstellen zu stören vermag. Wenn die beiden letzteren Ursachen uns minder fremdartig erschienen, insofern sie uns schon von den Metallen her als elektromotori- scher Wirkungen fähig bekannt sind, so ist dagegen die dritte, jetzt zu erwähnende Ursache, wenn nicht der Haut ganz eigen- thümlich, wenigstens bisher ohne Analogie. 129 Taucht man beide Hände im gewöhnlichen, halbgebeugten Zustande aller Gelenke in die Handgefälse ein, läfst sie sich darin miteinander abgleichen, und ballt dann die eine in der Flüssigkeit zur Faust, so verhält sich die zur Faust geballte auf das stärkste positiv gegen die offen gebliebene, und zwar so lange, bis sie selbst wieder entballt wird. Bei dieser Form des Versuches denkt man sogleich an zwei mögliche Ursachen der Wirkung. Am nächsten liegt es, sich vorzustellen, die beobachtete Wirkung sei der Ausdruck der negativen Schwankung des Stromes sämmtlicher Beuge- muskeln der Finger. Zweitens kann man sagen, die Faust er- scheine deshalb positiv gegen die offengebliebene Hand, weil durch das Schlielsen der Hand zur Faust die negative Hand- sohle von der elektromotorischen Wechselwirkung ausgeschlos- sen werde. Jede der beiden Hände ist einem zusammengelö- theten Zinkkupferplattenpaar zu vergleichen, dessen Zink durch den Handrücken, das Kupfer durch die Handsohle vorgestellt wird. Es ist klar, dals, wenn das eine Plattenpaar so zusam- mengebogen würde, dals das Zink das Kupfer allseits umgäbe, das früher bestandene Gleichgewicht im Kreise gestört, und das dergestalt behandelte Plattenpaar sich nunmehr positiv ge- gen das andere verhalten würde. Durch diese Muthmalsungen ist jedoch das Rechte nicht getroffen. Ich werde bei einer späteren Gelegenheit zeigen, dals zwar die Anstrengung der Beugemuskeln des Armes eine elektromotorische Wirkung nach sich zieht, dals aber diese Wir- kung auch bei der heftigsten Anstrengung aulserordentlich viel schwächer bleibt als die in Rede stehende bei nur ganz mälsi- gem Kraftaufwand, dals sie ferner die umgekehrte Richtung hat, und dafs sie drittens sich noch durch ein anderes Merkmal da- von unterscheidet, welches hier näher zu bezeichnen nicht der Ort ist. Ein vierter Grund, der allein ausreichen würde, wird sich sogleich im Verfolg der Untersuchung ergeben. Die andere vorausgesetzte Ursache hat zwar aller Wahr- scheinlichkeit nach wirklich die Hand mit im Spiel. Allein sie kann der alleinige Grund für das Positivwerden der zur Faust geballten Hand nicht sein. Denn berührt man den Spiegel der Lösung in dem einen Handgefälse mit dem Rücken der halb- 130 gebeugten Hand, den der Lösung in dem anderen Gefälse mit dem Rücken der Faust, so verhält sich der letztere positiv ge- gen den ersteren. Da hier die Handsohle auch auf Seiten der halbgebeugten Hand sich aufserhalb der Kette befindet, so kann von jener Hypothese nicht mehr die Rede sein, und es muls die Er- scheinung also abgeleitet werden aus einer Veränderung der elek- tromotorischen Beschaffenheit der Haut des Handrückens selber. Beobachtet man diese Haut während des Faustballens, so sieht man, dafs sie stark ausgedehnt wird. Vielleicht beruht hierauf die Veränderung ihrer elektromotorischen Beschaffen- heit. So ist es in der That. Läfst man durch einen Gehülfen, während man die beiden halbgebeugten Hände in der Lösung der Handgefälse hält, mit isolirten Fingern die eine Mittelhand so zusammendrücken, dals die Köpfchen des ersten und des letzten Mittelhandknochens einander möglichst genähert werden, und die Haut des Hand- rückens in die Quere stark ausgedehnt wird, so verhält sich diese Hand positiv gegen die andere. Wird der Versuch wiederholt, ohne dals die Haut dabei ausgedehnt wird, so bleibt die Nadel in Ruhe. Dies beweist schlagend, dafs die Wirkung beim Faustbal- len nichts zu schaffen hat mit der Muskelzusammenziehung, und dafs sie vielmehr herrührt von der dabei stattfindenden Aus- dehnung der Rückenhaut der Hand. Demgemäls zeigt es sich denn auch, dafs die Haut positiver gemacht werden kann noch durch eine andere Gestaltveränderung als das Faustballen, wo- bei gleichfalls eine bedeutende Ausdehnung der Haut stattfin- det, nämlich durch das möglichst weit getriebene Ausspreizen der Finger in der Ebene der flach ausgestreckten Hand; ferner, dals ein stark gebeugter Elbogen, an dem die Haut gleichfalls stark ausgespannt ist, sich gegen einen schwachgebeugten po- sitiv verhält, wie die Faust gegen die offne Hand. Die Ströme durch ungleiche Ausdehnung der Haut, die ich Dehnungsströme nennen werde, behalten ihre Richtung unverändert bei in allen Zuleitungsflüssigkeiten, in denen ich sie geprüft habe, nämlich in Kochsalzlösung, in Brunnenwasser, in der verdünnten Schwefelsäure von 1.061 und der Kalilauge von 1.026 Dichte. 131 Jetzt endlich sind wir soweit gelangt, dals wir uns, ohne Furcht vor gröberen Täuschungen, begeben dürfen an die Un- tersuchung des elektromotorischen Verhaltens asymmetrischer Körperstellen gegeneinander. Mit Bedauern müssen wir dabei die Beschränktheit unserer bisherigen Versuchsmittel wahrneh- men, die uns, da auf den Gebrauch von Bäuschen zu verzichten ist (s. oben S.125), nur die Prüfung der Anordnungen gestatten, welche zwischen Händen, Fülsen und Elbogen, höchstens noch den Knieen, möglich sind. Es wird doch im höchsten Grade wünschenswerth sein, auch am Rumpf eine Ableitungsstelle zu besitzen, um eine Anordnung herzustellen, entsprechend derje- nigen am Frosche, wo die Fülse in das eine Zuleitungsgefäls tauchen, und das Kreuz des Frosches durch einen Bausch mit dem anderen Zuleitungsgefäls verbunden ist. Nach manchen vergeblichen Bemühungen ist mir dies in folgender Art gelungen. Ich schnalle mir, mittelst eines star- ken Gurtes, ein länglich vierseitiges Gefäls aus Guttapercha vor die Brust, dem die eine breite Seitenwand fehlt. Diese eine Sei- tenwand wird durch die Brust selber ersetzt. Die beiden senk- rechten Ränder, und der untere wagerechte Rand, welche an die Brust stolsen, sind nicht scharf, sondern in 15”” Breite umgelegt, und im weichen Zustande der Stelle der Brust angepalst wor- den, an der das Gefäls zu liegen kommt. Diese Ränder wer- den mit Öl bestrichen, und stellen, bei einiger Vorsicht, einen hinlänglich wasserdichten Verschluls dar, so dafs man das Ge- fäls voll Flüssigkeit gielsen kaun, die nunmehr die Brusthaut so frei bespühlt, als ob die betreffende Stelle eingetaucht wäre. Um das Gefäls zu entleeren, ist ein Kautschukrohr angebracht, welches bis auf den Boden des Gefälses geht, und aufserhalb ‚tief unter den Boden reicht. Wird das Rohr voll Flüssigkeit gesogen, so stellt es einen Heber dar, der das Gefäls schnell und sicher bis auf einige Tropfen entleert. Ich werde diese ‚Vorrichtung das Brustgefäls nennen. Um mittelst desselben einen Strom von der Brust abzuleiten, wird ihm gegenüber eines der gewöhnlichen Zuleitungsgefälse, in Verbindung mit dem einen Multiplicatorende, aufgestellt, und ein Bausch oder ein Heberrohr über beide Gefälse gebrückt. 132 Folgendes sind nunmehr die Ergebnisse der Untersuchung asymmetrischer Körperstellen, die wir zuerst in der gesättigten Kochsalzlösung vornehmen wollen. Ich bemerke dabei, dals ich hier von meinen zahlreichen Versuchen nur die anführe, die beständig ein ganz schlagendes Ergebnils zu liefern pflegen. Doch muls ich hinzufügen, dafs diese Versuche bisher nur an mir selber angestellt sind. Für den letzten Zweck, den ich da- bei im Auge hatte, war dies genügend; und diese Versuche sind so aulserordentlich mühsam und zeitraubend, dafs ich die Ermittelung der entsprechenden Verhältnisse an anderen Indi- viduen denen überlassen mufs, die sich dafür interessiren sollten. Die Vorsichtsmafsregeln, die sich aus dem Vorigen ergeben, sind im Folgenden natürlich stets als befolgt vorauszusetzen. Die Handsohle verhält sich stark negativ gegen den Hand- rücken. Die Handsohle sowohl als der Handrücken, folglich auch die ganze Hand, verhalten sich stark negativ gegen den Elbogen und gegen die Brust. Der Elbogen ist schwach po- sitiv gegen die Brust. Die Fulssohle verhält sich stark negativ gegen den Fulsrücken, wie ich durch angelegte Bäusche aus- gemittelt habe. Sie verhält sich ferner, wie auch der ganze Fuls, stark negativ gegen die Brust. Eigenthümlich ist das Verhalten von Hand und Fuls ge- geneinander. Häufig findet man die Hand stark negativ gegen den Fuls. Oft aber findet man auch am Anfang einer Versuchs- reihe das Gegentheil. Aber es dauert nicht lange, so wird der im Bein aufsteigende Strom immer schwächer, und schlägt dann plötzlich um in den absteigenden Strom. Diese Ströme sind von sehr beständiger Kraft. Man sieht sie im Lauf ausgedehnter Versuchsreihen wohl an Stärke ab- nehmen, aber sie halten doch stets so lange an, als man Lust hat sie zu beobachten. Ihre Anfangsstärke ist zuweilen sehr beträchtlich.“ Die stärkeren darunter halten die Nadel des Multiplicators für den Nervenstrom auf 60°-80° beständiger Ablenkung, und sind also der Beobachtung anı Multiplicator für den Muskelstrom sehr gut zugänglich. Die Ströme sind nicht, wie man vielleicht muthmafsen könnte, Temperatur- ströme. Denn ich habe sie in derselben Richtung beobachtet, auch wenn ich der Lösung in dem einen Zuleitungsgefäls ab- 133 wechselnd die Temperaturen von 15° und 30° ertheilte, wäh- rend die Lösung in dem anderen Gefäls beziehlich die Tem- peraturen von 30° und 15° erhielt. Hier haben wir nun also Ströme, deren Erscheinungsweise beim ersten Blick zum Theil recht übereinkommt mit der des Muskelstroms; Ströme ansteigend in den Gliedmalsen, von der Hand zum Elbogen, von der Hand und dem Fuls zur Brust, und von einer Stärke, wie man sie von den grolsen Muskel- massen des menschlichen Körpers wohl erwarten kann. Doch ist zu erwägen, dals nach dem Eingangs Gesagten dies gar keine Merkmale für den Muskelstrom sind. Vielmehr ist das Auftreten ebenso starker Ströme durch die Dicke der Hand und des Fufses, wo nicht wohl an den Muskelstrom zu denken ist, und das Umschlagen der Strömungsrichtung zwi- schen Hand und Fuls, wohl geeignet uns darauf aufmerksam zu machen, dafs diese Ströme vielleicht sämmtlich nichts weiter sind als Hautströme, ähnlich den am Frosch bei Anwendung _ von Wasserbäuschen beobachteten ('). Um zu prüfen, ob diese Ströme von der Haut oder den "Muskeln ausgelien, stehen uns zwei Merkmale zu Gebot. Ge- hen sie von den Muskeln aus, so müssen sie erstens in allen Zuleitungsflüssigkeiten ihre Richtung unverändert beibehalten, und keine andere Schwankungen ihrer Stärke zeigen als solche, welche durch den verschiedenen Widerstand der Kreise zu er- klären sind. Zweitens müssen sie bei der Zusammenziehung der Muskeln eine negative Schwankung von angemessener Grölse zeigen. Jedoch sind beide Merkmale nicht so aufzufassen, als ob jeder Strom, der sie zeigt, nun auch der Muskelstrom sein müsse. Was das erste Merkmal betrifft, so bieten die Ungleich- zeitigkeitsströme beim Frosch, die Dehnungsströme beim Men- schen uns bereits zwei Beispiele von Strömen dar, die in allen Zuleitungsflüssigkeiten einerlei Richtung behalten, und doch si- eherlich nur Hautströme sind. Was das zweite Merkmal be- trifft, so erinnere ich an das, was ich in meiner vorigen Ab- handlung von dem Verhalten der parelektronomischen Schicht (') S. diese Berichte, Juni 1851, S.381. 134 der Muskeln bei der Zusammenziehung sagte ('). Die pare- lektronomische Schicht nimmt keinen Antheil an der negativen Schwankung. Ibre negativen Kräfte bleiben beständig, wäh- rend die positiven Kräfte der übrigen Muskelmasse sich im ne- gativen Sinne verändern. Ein im ruhenden Zustande schwach positiv wirksamer, unwirksamer oder negativ wirksamer Muskel kann folglich im Augenblick der Zusammenziehung stark negativ wirksam werden. Es könnte also gleichzeitig mit einem auf- steigenden Hautstrom in einem Gliedmals ein aufsteigender Muskelstrom vorhanden sein, aber durch die parelektronomische Schicht so geschwächt, dafs die Nebenschliefsung durch die Le- derhaut, der Widerstand der Oberhaut keine merkliche Spur davon nach Aufsen gelangen lassen. Dagegen bei der Zusam- menziehung könnte eine negative Wirkung eintreten, deren nach Aufsen gelangender Bruchtheil die angemessene Gröfse besäfse, um für die negative Schwankung des als Muskelstrom aufgefalsten Hautstromes zu gelten. Das Fehlen eines jener beiden Merkmale ist also ausrei- chend, um einen Strom als Hautstrom zu bezeichnen. Um ihn als Muskelstrom zu bezeichnen, ist sogar das Zutreffen beider Merkmale noch nicht genug. Was in diesem Falle weiter zu thun wäre, um die Entscheidung herbeizuführen, wird zu un- tersuchen an der Zeit sein, wenn es sich herausgestellt haben wird, dafs die Ströme, um die es sich handelt, die beiden er- sten Proben wirklich bestehen, und also für den Muskelstrom genommen werden können. Jetzt wollen wir sie diesen Pro- ben unterwerfen. Ich habe die Versuchsreihe an den asymmetrischen Körper- theilen, aulser mit der Kochsalzlösung, durchgemacht mit Brun- nenwasser, mit der verdünnten Schwefelsäure von 1.061 und der Kalilauge von 1.026 Dichte. In Brunnenwasser waren die Erscheinungen die nämlichen wie in der Kochsalzlösung, mit der Ausnahme, dafs die im Bein aufsteigende Strömungsrich- tung zwischen Hand und Fuls, die in der Kochsalzlösung nur hin und wieder zu Anfang beobachtet wird, in Brunnenwasser die Regel ist. In der verdünnten Säure hat der Strom zwischen (‘) S. diese Berichte, Juni 1851, S.396. 135 Handsohle und Handrücken die verkehrte Richtung von der in der Salzlösung und dem Brunnenwasser. Auch zwischen Hand und Elbogen wird im Anfang der Versuchsreihen die verkehrte Richtung beobachtet, sie schlägt aber später in die aufsteigende um. Der Strom von Hand und Fufs zur Brust erscheint un- verändert. In der Kalilauge habe ich zwischen Handsohle und Handrücken kein bestimmtes Verhalten ermitteln können. Die Hand verhielt sich einen Augenblick lang, wie in der Koch- salzlösung, negativ gegen den Elbogen. Alsbald aber ver schwand in vielen Fällen dieser Strom, und die Ungleichartig- keit beider Hautstellen schien durch die Benetzung mit der Lauge vernichtet. Dagegen zwischen Hand und Fufs und Brust zeigte sich auch hier der aufsteigende Strom wie in der Koch- salzlösung, und hielt der längsten Benetzung mit der Lauge Stich, obschon ich die Versuche so lange fortsetzte, dafs ich an der zarten Haut der Brust zahlreiche Brandschorfe davontrug. Das allgemeine Ergebnifs ist also, dals unter den Strömen, die wir von asymmetrischen Hautstellen erhalten haben, einige ‚sind, die die erste Probe nicht aushalten, welche ein Strom be- stehen muls, um für den Muskelstrom gelten zu können. Dies ‘sind die Ströme zwischen Handsohle und Handrücken, Hand und Fufs, Hand und Elbogen. Hingegen die starken aufsleigen- den Ströme von Hand und Fuls zur Brust halten jene erste Probe aus, und müssen nunmehr auf die zweite Probe gesetzt werden, d. h. es muls untersucht werden, ob sie bei der Zu- sammenziehung eine negalive Schwankung von angemessener Gröfse erkennen lassen. Die Versuche, die ich darüber angestellt habe, werde ich in einer späteren Abhandlung mittheilen. Das Ergebnifs der- ‚selben ist, dals jene Ströme keine negative Schwankung zeigen. Also auch sie sind blolse Hautströme. Es ist möglich, dals sie einen Bruchtheil in sich bergen, der von den Muskeln ausgeht. Aber er ist im Versuch nicht auszuscheiden, wie uns dies beim Frosch gelungen war, Dank dem glücklichen Umstand, dafs wir ein Mittel ausfindig machten, die Hautungleicharligkeiten zu vernichten, und die Froschhaut am lebenden unversehrten Thier in einen unwirksamen feuchten Leiter zu verwandeln. Mit einem Wort, das Unternehmen, den Muskelstrom am lebenden zrrr 136 unversehrten menschlichen Körper bei ruhenden Muskeln nach- zuweisen, ist als völlig gescheitert anzusehen. Obschon die Untersuchung der elektromotorischen Beschaf- fenheit der Haut von dem eigentlichen Ziel dieser Forschungen abseits liegt, habe ich doch nicht unterlassen wollen, im Vor- übergehen den Versuch zu machen, dies Gebiet neuer und räthselhafter Erscheinungen etwas aufzuhellen. Es hält nicht schwer, eine allgemeine Vorstellungsweise zu ersinnen, wodurch die beständigen Hautströme, so wollen wir die zuletzt beschriebenen Ströme zwischen asym- metrischen Hautstellen bezeichnen, zugleich mit den Ungleich- zeitigkeitsströmen erklärt werden. Man hat sich nur zu denken, dals die Haut, gleichviel zunächst ob in Folge der Berührung mit den Zuleitungsflüssigkeiten, oder unabhängig davon, der Sitz einer elektromotorischen Kraft ist, deren Gröfse an den verschiedenen Hautstellen verschieden ist, und sich aufserdem mit der Dauer der Benelzung in bestimmtem Sinne verändert. Um z. B. die beständigen und die Ungleichzeitigkeitsströme in der Kochsalzlösung abzuleiten, brauchte man nur anzunehmen 1. dals die Kraft aus der Lösung in die Haut gerichtet sei; 2. dals sie grölser sei an der Handsohle als am Handrücken, hier (bei absteigendem Strom im Bein) gröfser als am Fufs, hier wiederum gröfser als am Elbogen und der Brust; 3. dals die Kraft bei zunehmender Dauer der Benetzung abnehme. Die drei entgegengesetzten Annahmen führen aber gleich- falls zur Erklärung der Erscheinungen. Das erste was zu thun sein würde, würde demnach sein, zwischen diesen beiden Mög- lichkeiten zu entscheiden. Leider stölst man dabei auf nicht zu bewältigende Hindernisse. Die Richtung der Kraft unmittelbar zu bestimmen, könnte nur mit Hülfe des condensirenden Elektroskops geschehen. Es versteht sich, dafs wir hier allein auf Versuche mit geschlosse- ner Kette angewiesen sind. Man kann aber leicht ganz allge- mein zeigen, dafs sich aus diesen die Entscheidung der obigen, Frage nur entnehmen läfst unter der Voraussetzung, dals die Gröfse der Veränderung, welche die Kraft an jeder Hautstelle nach einer bestimmten Dauer der Benetzung erlitten bat, der Gröfse der Kraft an der betreffenden Hautstelle proportional 137 ist. Ist dies nicht der Fall, so wird man auf drei Gleichungen zwischen vier Unbekannten geführt, die Gleichung des bestän- digen Stromes nämlich zwischen zwei Hautstellen, und die Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsströome an diesen beiden Stellen, ohne dals es möglich wäre, eine wahrhaft neue Bezie- hung zwischen den vier Unbekannten festzustellen. Läfst man aber jene Proportionalität gelten, so erscheint die Aufgabe be- stimmt. Alsdann würde aus der geringeren Stärke der Ungleich- zeitigkeitsströme am Handrücken (als solche lälst sich ihre Un- regelmälsigkeit an dieser Hautstelle deuten) folgen, dafs daselbst die Kraft eine geringere sei als an der Handsohle. Dem ent- sprechend würde sich aus dem allmäligen Sinken der Stärke der beständigen Ströme zwischen asymmetrischen Hautstellen bei öfterer Wiederholung der Versuche (S. oben S. 132) er- geben, dafs die Veränderung der Kraft mit der Dauer der Be- netzung in einer Abnahme bestehe. Danach mülste die Kraft die Richtung haben aus der Kochsalzlösung in die Haut. Es scheint jedoch nicht, als ob sich die Annahme der Propor- tionalität zwischen der Veränderung der Kraft und ihrer Gröfse an den verschiedenen Hautstellen rechtfertigen lielse. Das Um- schlagen der Strömungsrichtung zwischen Hand und Fufs läfst sich im Gegentheil nur erklären durch die Annahme, dals die Kraft sich nicht proportional verändere; und wenn die Eand- rücken die Ungleichzeitigkeitsströme. wegen allzugeringer Kraft | vermissen lielsen, so mülsten sie sich positiv verhalten gegen "alle Punkte, welche deutliche Ungleichzeitigkeitsströme aufwei- | sen, z.B. Elbogen und Fülse, was nicht der Fall ist, das letz- | tere wenigstens nicht bei im Bein absteigender Strömungsrich- tung zwischen Hand und Fuls. Es ist daher bei weitem wahr- scheinlicher, dafs die Handrücken die Ungleichzeitigkeitsströme deshalb vermissen lassen, weil an ihnen die Kraft sich nicht so mit der Dauer der Benetzung ändert, wie an anderen Haut- ' stellen. Es ist also hier nicht durchzudringen. Aber gesetzt auch, es gelänge, die Entscheidung über diesen ersten Punkt herbei- zuführen, so würde doch damit für die Aufklärung des elektro- motorischen Verhaltens der Haut noch sehr wenig geschehen sein. Die wahre Verwickelung hebt erst an, wenn man auch die 138 Ergebnisse der Versuche in den anderen Zuleitungsflüssigkeiten in den Kreis der Betrachtung zieht. Dadurch werden die beständi- gen Hautströme in zwei Klassen geschieden, in solche, deren Rich-, tung in allen Flüssigkeiten dieselbe bleibt, und in solche, deren Richtung sich mit der Flüssigkeit ändert. Von diesen letzteren Strömen kann man annehmen, dafs sie aus der Berührung der Haut mit den Zuleitungsflüssigkeiten ent- springen, wobei natürlich vorausgesetzt wird, dals vermöge einer ungleichen Beschaffenheit der verschiedenen Hautstellen die Be- rührung daselbst elektromotorische Kräfte von ungleichem Betrag erzeugt. Zu dieser Klasse der beständigen Hautströme scheinen die Ungleichzeitigkeitsströme in Beziehung zu stehen, da auch de- ren Erscheinungsweise durch die Natur der Zuleitungsflüssigkeit bedingt wird, so dals z.B. in der verdünnten Schwefelsäure der Strom zwischen Handsohle und Handrücken sowohl als die Un- gleichzeitigkeitsströme die umgekehrte Richtung haben von der in der Kochsalzlösung und dem Brunnenwasser. Damit stimmt denn auch folgende Beobachtung. Ich habe versucht, den Strom zwischen Handsohle und Hand- rücken an den Händen von Leichen wahrzunehmen. Es fand sich, dals eine Leichenhand, welche die Ungleichzeitigkeitsströme im richtigen Sinne zeigte, auch den Strom zwischen Handsohle und Handrücken wie am Lebenden besals. An einer anderen Hand, wo die Ungleichzeitigkeitsströme verkehrt waren, war auch der Strom zwischen Handsohle und Handrücken verkehrt. Was die ersteren Ströme anlangt, die zu den Ungleichzeitig- keitsströmen der Froschhaut und den Dehnungsströmen der mensch- lichen Haut ein neues Beispiel von Hautströmen liefern, die in sauren und alkalischen Flüssigkeiten einerlei Richtung behaupten, so bleibt, wie es scheint, nichts anderes übrig, als sich vorzustel- len, dals ihnen eine in der Haut vorgebildete elektromotorische Kraft zu Grunde liegt. Über den Ursprung dieser Kraft bereits jetzt eine nur einigermalsen begründete Vermuthung zu äulsern, halte ich mich nicht für befähigt. Jedenfalls müfsten dabei, aulser den Temperatur- und den Deh- nungsströmen, die elektromotorischen Erscheinungen in Betracht gezogen werden, zu denen die Verletzung der Haut Anlals giebt, und die ich Dee vor mehreren Jahren (s. oben $.118) in ihren 139 Grundzügen angedeutet habe. Eine irgendwie verletzte Haut- stelle, eine frische Schnittwunde so gut als eine eiternde Blasen- pllasterwunde, verhält sich in Kochsalzlösung stark positiv gegen eine unverletzte Hautstelle.. Der Strom verschwindet, wenn man die Wunde mit Collodium überzieht, oder wenn man an der an- deren Hautstelle eine ähnliche Verletzung anbringt. Auch an den Fingern der Leiche habe ich den Wundenstrom, so soll dieser Strom heilsen, in derselben Richtung beobachtet. Ich habe nicht versäumt, den Wundenstrom in den verschiedenen Zuleitungsllüs- sigkeiten, deren wir uns oben bedient haben, zu prüfen. In allen blieb seine Richtung die nänliche. Nur in Brunnenwasser zeigte er sich auffallend schwach. Diese Versuche sind jedoch nur mit frisch blutenden Stichwunden angestellt, so dals der Zweifel ent- steht, ob dabei die Zuleitungsflüssigkeiten auch wirklich die Wund- fläche bespüblt haben, oder ob. sie durch das Blut davon getrennt blieben. Indessen kommt darauf nieht viel an. Wie man auch, diesen beiden Möglichkeiten gemäfls, den Thathestand auffasse, bei dem Bestreben ihn zu zergliedern geräth man in gleiche Dunkelheit. Um eine in der Haut vorbestehende elektromotorische Kraft kann es sich hier nicht handeln, da die Verletzung alsdann nichts thun könnte, als den Widerstand des Kreises herabsetzen. Sie könnte nicht die betreffende Hautstelle gegen die andere positiver erschei- nen machen. Die elektromotorische Kraft der Wundfläche muls also entweder erst durch die Verwundung erzeugt sein, oder sie muls ihren Ursprung haben in der Berührung mit den Zuleitungs- flüssigkeiten, oder endlich mit dem Blut. Wie soll man sich das erste denken? Wie soll im zweiten Fall die leicht alkalische Wund- fläche sich stark positiv verhalten gegen Zuleitungsflüssigkeiten aller Art? Wie im dritten so stark positiv gegen das Blut, dals die entgegenstehende elektromotorische Kraft zwischen Blut und Kalilauge dadurch überwältigt wird? Diese Räthsel mülsten, wenn eine erschöpfende Theorie der elektromotorisehen Erschei- nungen der menschlichen Haut gegeben werden sollte, gleichfalls gelöst werden. Von der Mundschleimhaut, welche an der Zungenspitze un- tersucht wurde, sei noch erwähnt, dals sie sich stark positiv gegen die Finger, die Handsohle und den Handrücken verhält. Ich glaubte 140 zuerst darin ein ähnliches Verhalten mit dem einer Wundfläche zu erkennen, wie denn die allgemeine Pathologie eine eiternde Fläche mit einer künstlichen Schleimhaut vergleicht. Allein gegen die Haut der Brust verhält sich die Mundschleimhaut schwach ne- gativ, eine Wundfläche wie gegen andere Hautstellen, stark po- sitiv. Demgemäfs verhält sich denn auch eine Wundlläche so stark positiv gegen die Mundschleimhaut, dafs der Strom die Nadel des Multiplicators für den Muskelstrom an die Hemmung wirft. Die elektromotorische Gleichstellung von Wundfläche und Schleimhaut ist folglich unstatthaft. Die flüchtigen Wirkungen beim ersten Eintauchen symmetri- scher Hautstellen (s. oben $.115) lassen sich jetzt deuten auf man- gelhafte Erfüllung zweier Bedingungen der Gleichartigkeit solcher Hautstellen, der gleichen Temperatur nämlich und der Gleichzeitig- keit der Benetzung. Den Eigenstrom aber (s. oben S. 119) liegt es nahe aufzufassen als den Ausdruck eines wenigstens dem Zeichen nach‘ beständigen Unterschiedes zwischen den elektromotorischen Kräften der beiden Hautstellen. Doch ist er noch nicht genau genug unter- sucht, um etwas Bestimmteres darüber sagen zu können. Sollte es’ sich bei näherer Prüfung herausstellen, dafs er seine Richtung in ver- schiedenen Zuleitungsflüssigkeiten wechselt, so würde über seinen Ursprung kein Zweifel sein. Er würde alsdann der ersten Klasse der beständigen Hautströme zuzuschreiben sein, die ihre Richtung nicht unabhängig von der Natur der Zuleitungsflüssigkeiten be- haupten. Sollte der Eigenstrom hingegen, wie ich glaube, dafs es der Fall ist, in allen Flüssigkeiten unverändert dieselbe Rich- tung zeigen, so könnte er der zweiten Klasse von Hautströmen. zuertheilt werden, die dieselbe Unabhängigkeit zeigen. Allein als- dann ist auch noch eine dritte Möglichkeit da. Es könnte sein, dafs der Eigenstrom der Ausdruck wäre eines Unterschiedes der Muskelströme auf beiden Seiten, der durch ungleiche Ausbildung der parelektronomischen Schicht bedingt wäre. Doch ist, damit diese Deutung überhaupt zulässig sei, noch eine andere Bedin- gung nothwendig, von der bei einer späteren Gelegenheit die Rede sein wird. e 141 Hr. Braun trug nachfolgende Abhandlung des Hrn. Dr. Schacht: Das Leben der Pflanze ein gesetzmälsiges Zusammenwirken ungleichwerthiger Zellen, vor. Die Pflanze ist ein aus einer oder aus vielen Zellen be- stehendes Wesen; nur bei den allerniedrigsten Arten haben alle Zellen gleichen Werth, d.h. gleiche chemische und physika- lische Beschaffenheit und gleiche physiologische Bedeutung. Nur bei den niedrigsten Pilzen und Algen kann dieselbe Zelle so- wohl als Vegetations- wie als Fortpflanzungs-Organ auftreten. Die höheren Pilze und Algen, desgleichen die Flechten, beste- hen schon aus Zellen von verschiedenem Werth; alle höheren Pflanzen sind aus vielen, sowohl in physikalischer und che- mischer, als auch in physiologischer Beziehung, durchaus ver- schiedenen Zellen zusammengesetzt. Das Leben solcher Ge- wächse beruht auf dem gesetzmälsigen Zusammenwirken die- ser ungleichwerthigen Zellen, welche nach den verschiedenen Pflanzen sowohl eine bestimmte Anordnung als Ausbildung er- halten; alle Verschiedenheiten im Leben der Pflanzen erklären sich durch das Leben ihrer verschiedenen Zellen. — Die Ge- wächse sind ungleich einfacher als die Thiere gebaut, ihnen fehlt jedes eigentliche, aus mit einander verbundenen Röhren bestehende Circulationssystem, der Saftaustausch durch die ganze Pflanze kann nur durch Diffusion erfolgen; die sogenannten Gefälse (aus Zellen entstandene Röhren) führen im ausgebilde- ten Zustande Luft. Die Pflanze bedarf aber auch keines eigent- lichen Circulationssystemes, durch ihre ungleichwerthigen Zel- len ist ihr das Vermögen gegeben, ihre Säfte und jeden che- misch verschiedenen Theil derselben dahin zu führen, wo seine Anwesenheit nöthig ist. — Sehen wir jetzt, wie sich diese Be- hauptung rechtfertigen läfst. Die erste Anlage jeder höheren Pflanze besteht aus gleich- werthigen Zellen, sehr bald differenciren sich zwei verschie- denartige Gewebe; schon im Keimling des reifen Samens er- kennt man, mit wenig Ausnahmen, die Anlage zur Stammknospe, zur Wurzel, und im Innern des Keimlings den Anfang der Ge- fälsbündel; mit ihnen erhalten wir die beiden Grundgewebe der Pflanze, d.h. zwei Zellen- Arten von durchaus verschie- denem Werth, ein vorzugsweise der Zellenbildung dienendes 142 Gewebe (das Bildungs- Gewebe, das Cambium), und ein vor- zugsweise zur Bildung von Nahrungstoffen z. B. Stärkmehl, Zucker, von Chlorophyll u. s. w. bestimmtes Gewebe (das Nah- rungs-Gewebe, das eigentliche Parenchym). Das fortbildende Gewebe liegt an der Spitze der Knospe und der Wurzel, aus ihm bestehen gleichfalls die Anfänge der Gefälsbündel; wenn der Same keimt verlängert sich durch dasselbe sowohl Knospe als Wurzel. Das Bildungsgewebe besitzt die Fähigkeit alle noch so verschiednen Zellenarten zu entwickeln, durch dasselbe ver- längern sich sowohl die Gefäfsbündel als das Parenchym. Ein cylinderartiger Ring dieses fortbildendes Gewebes zieht sich bei allen höheren Pflanzen, das Parenchym in Mark und Rinde scheidend, sowohl aufwärts in den Stamm, als abwärts in die Wurzel; bei unseren Bäumen und bei allen Pflanzen, welche, so lange sie leben, ihren Stamm verdicken, bleibt dieser Cy- linderring, den ich Verdiekungsring nenne, für das ganze Leben thätig, der Stamm verdickt sich durch ihn, indem seine Zellen nach Innen neues Holz, nach Aufsen neue Rinde bilden. Bei den höheren Kryptogamen und den Monocotyledonen bleibt Sr FE der Verdickungsring nur kurze Zeit thätig, der Stamm verdickt sich nur bis zu einem gewissen Grade, er wächst später nur in einer Richtung, in die Höhe. Die eigenthümliche Anordnung der Gefälsbündel in der Wurzel kryptogamer und monocotyledoner Pflanzen ist eine Folge der beschränkten Lebensdauer des Verdickungsringes, eine Zellenreihe des letzteren bildet hier.in der Regel einen zier- lich verdickten Zellen-Kreis, welcher das Mark umschlielst. Durch den Verdickungsring wachsen mit dem Stamm und der Wurzel auch die Gefälsbündel in letzteren, die seitliche Verzweigung der Gefälsbündel von Dracaena wird durch ihn vermittelt, sobald er verholzt, wächst das Gefäfsbündel nur noch an seiner Spitze. — Das Gefälsbündel besteht zu Anfang gleich dem Verdickungsring und der Stamm- und Wurzelspitze nur aus fortbildungsfähigen Zellen; aus letzteren bilden sich nach einander alle zum Gefälsbündel gehörenden Zellen-Arten, zuerst entstehen einige Spiral- oder Ring-Gefälse, dann Holzzellen, Bastzellen, und nach der Pflanzenart: netzförmig verdickte Ge- fälse, Treppen- Gefälse und getüpfelte Gefälse; ein Theil der 143 ursprünglichen Zellen des Gefäfsbündels bleibt unverändert, er ist der wesentliche Theil des letztern (das Cambium der Ge- fälsbündel, von Mohl’s vasa propria). Die Anordnung dieses Cambiums charakterisirt die Arten des Gefälsbündels; bei den Kryptogamen umgiebt es die Gefälszellen, es fehlen Holz- und Bastzellen, desgleichen treten niemals getüpfelte Gefälse auf. Das Cambium des Monocotyledonen - Gefälsbündels liegt in dessen Mitte, von Gefälsen und verholzten Bastzel- len umgeben, getüpfelte Holzzellen sind äulserst selten; das kryptogame und monocotyledone Gefälsbündel können sich seit- lich nur durch Verzweigung ausbreiten. — Bei den Dicoty- ledonen liegt das Cambium ebenfalls in der Mitte des Ge- fälsbündels, dasselbe fällt aber mit dem Verdickungsring zusammen, es bleibt durch letzteren für die Dauer fortbil- dungsfähig, es entwickelt seine verschiedenen Zellen nach bei- den Seiten, nach Innen Holz- und Gefälszellen, nach Aufsen Rinde und Bastzellen. Durch den Verdickungsring und das Cambium der Gefälsbündel entstehen sowohl die Markscheide (der Anfang des Holzrings unserer Bäume), als deren Jahres- ringe (die Holzbildungen späterer Wachsthumsperioden). Die Wurzel der Dicotyledonen wächst wie der Stamm, doch trägt ‚sie niemals Blätter, weil ihre Spitze, allen ächten Wurzeln entsprechend, statt einer Knospen- Anlage eine Wurzelhaube besitzt. Während sich im Innern der keimenden Pflanze aus dem Bildungs- Gewebe des Gefälsbündels Gefälse, Holz- und Bast- zellen entwickeln, entstehen in oder aus dem Parenchym der Oberfläche Oberhautzellen, und in oder unter den letztern spä- terhin Korkzellen. Die Pflanze ist jetzt mit Zellen von’ sehr verschiedenem Werth versehen. Das Bildungs- Gewebe an der Stamm- und Wurzelspitze, im Verdickungsring und an der Basis der Blätter verbraucht zunächst stickstoffhaltige Substan- zen, sein Inhalt wird durch Zucker und Schwefelsäure rosen- roth gefärbt, während der Inhalt der benachbarten, einer an- deren Function dienenden, Zellen keine solche Färbung an- nimmt. Die Zellen dieses Gewebes sind zartwandig, ihre Wand besteht aus reinem Zellstoff; das Cambium der Gefälsbündel ' kryptogamer und monocotyledoner Pflanzen verhält sich, obschon 144 es nicht mehr neue Zellen bildet, analog; dies Cambium ist in der Regel von verholzten, luftführenden Zellen umgeben und durch sie gewissermalsen isolirt. — Das Parenchym oder Nah- rungs-Gewebe, im Stamm auf das Mark und die Rinde be- schränkt, enthält wenig stickstoffhaltige Substanz, aber um so mehr Kobhlenstoff-Verbindungen, in ihm findet man Stärkmehl, Inulin, Dextrin und Zucker, Chlorophyll und andere Farbstoffe; Krystalle bilden sich zunächst in ihm. — Die Zellen der Ober- haut entsenden die Wurzelhaare der Wurzel, diese entnehmen durch Vermittlung des zum Leben aller Organismen unentbehr- lichen Wassers, den Nahrungsstoff aus dem Boden, sie theilen die durch Diffusion aufgenommenen Substanzen ihren Nachbar- zellen mit und diese führen selbige auf gleichem Wege, durch ihr Zellenmembran, weiter aufwärts in den Stamm. Die Wur- zelhaare sterben mit ihrer Oberhaut frühzeitig ab, die Wurzel bekleidet sich mit Kork, ihre Spitze wächst weiter, durch sie entstehen neue Wurzelhaare.. — Die Oberhaut des Stammes und der Blätter bildet sich in anderer Weise aus, die äufsere Wand ihrer Zellen verdickt sich in der Regel stärker als die innere, sie verhindert, zumal wenn sie verkorkt, die Verdun- stung der in den safligen Theilen vorhandenen Flüssigkeit; sie würde letztere gänzlich hemmen, wenn nicht besonders an- geordnete Zellen derselben, die Spaltöffnungen, sowohl ein Aus- hauchen dunst- und gasförmiger Stoffe, als eine Aufnahme der- artiger Substanzen möglich machte. Die Oberhaut ist somit für die Pflanze sehr wichtig; bei der Wurzel besorgt sie durch ihre Wurzelhaare die Aufnahme der löslichen Stoffe des Bo- dens, bei dem Stamm und Blatte beschränkt sie durch ihre Absonderungsschicht (die Cuticula), noch mehr durch die ver- korkte Aulsenwand ihrer Zellen, die Verdunstung, während durch ihre Spaltöffnungen ein Austausch gas- und dunstförmi- ger Stoffe stattfindet. Die Thätigkeit der Oberhaut ist auch beim Stamm in der Regel nur auf eine gewisse Zeit beschränkt, sobald sie abstirbt wird sie durch Kork ersetzt, der letztere hemmt im ausgebildeten Zustand die Verdunstung gänzlich; durch seine poröse Beschaffenheit kann er möglicherweise die’ Verdiehtung der Gase an der Oberfläche der Pflanze befördern. , 145 Das nur für die Fortbildung bestimmte Gewebe ist die thätigste Zellenart der Pflanze, ihm folgt das Cambium der Ge- fälsbündel (v. Mohl’s vasa propria), beide sind reich an stick- stoffhaltiger Substanz, arm an Kohlenwasserstoff- Verbindungen, siebilden niemals Stärkmehl, oder ihm ver- wandie Stoffe; sie nehmen ihren Stickstoff-Gehalt wahrscheinlich zunächst aus dem Boden, das Cambium der Gefäfsbündel führt denselben bis zur Stammspitze. — Das Parenchym, oder das Nahrungsstoff bildende Gewebe ist ebenfalls, jedoch in ande- rer Weise thätig, es bildet Stärkmehl und ihm verwandte Stoffe: Öle, Harze, Farbstoffe, organische Säuren u.s. w., es bedarf zunächst des Kohlenstoffes und nimmt den letzteren wahr- ‚scheinlich durch die mit einer thätigen Oberhaut versehenen Blätter und durch die jugendliche Rinde aus der Atmosphäre; die Pflanze absorbirt bekanntlich im Sonnenlichte Kohlensäure, sie haucht Sauerstoff aus. Die Zellen des Parenchyms sind schon stärker verdickt als die Zellen des Bildungs- Gewebes und der vasa propria, ihre Wandung besteht in der Regel aus ziem- lich reinem Zellstoff, sie bilden nur in beschränkter Weise neue Zellen. — Die Bastzellen leben, wie es scheint, nur für eine Wachsthumsperiode, sie bereiten zum "Theil ähnliche Stoffe als das Parenchym, liefern dagegen auch wieder ihnen eigenthümliche Producte: den Kaoutschouk, die Alkaloide, So lange sie lebensthätig sind, besteht ihre Wand aus Zellstoff, ‚sie bilden niemals neue Zellen. — Die Holz- und die Ge- fälszellen leben nur sehr kurze Zeit, während derselben sind sie sehr thätig, sie verbrauchen alle ihnen zukommenden Stoffe ‚zur Verdickung und Verholzung ihrer Wand; beide führen spä- ter Luft, sie bilden niemals Zellen, niemals Nahrungsstoffe; bei ihrer Verholzung wird der Zellstoff wahrscheinlich in einen an Sauerstoff ärmeren Stoff, das Xylogen, verwandelt. — Die Korkzellen haben eine noch kürzere Lebensdauer, sobald ihre, anfänglich aus Zellstoff bestehende, Wand verkorkt ist, schwin- det ihr Inhalt, sie sind als Zellen todt, für die Pflanze aber, ‚gleich den ebenfalls Luft führenden Holz- und Gefäfszellen, noch sehr wichtig. (Der Korkstoff unterscheidet sieh vom Xy- logen durch sein Verhalten zu oxydirenden Mitteln, er wird durch chlorsaures Kali und Salpetersäure in einen wachsartigen 146 Stoff verwandelt, während das Xylogen aufgelöst wird.) — Von der Oberhaut habe ich bereits geredet. Nach der chemischen Beschaffenheit der Zellwand und des Zelleninhalts und nach der Art und Weise des Verbrauchs rich- tet sich natürlich auch die Menge der aufzunehmenden Stoffe; die Pflanze kann sich letzteren nicht wählen, sie mus nehmen, was ihr der Boden bietet, sie kann jedoch, vermöge der che- mischen Beschaffenheit ihrer Zellwand und ihrer Säfte, den einen Stoff rascher als den anderen, und somit, innerhalb einer gegebenen Zeit, in grölserer Menge aufnehmen. Diffusions- Versuche mit der Membran einer einzelligen Alge, der Caulerpa prolifera angestellt, lieferten mir hierfür schlagende Beweise; das Wasser ging zum Zuckerwasser hinüber, während der Al- kohol (bei einem zweiten Versuch) zum Wasser trat. — Was für die Wurzelhaare gilt, hat auch für das übrige lebensthätige Gewebe der Pflanze Geltung; in der Spitze des Stammes bil- den sich fortwährend neue Zellen, hier werden zunächst Pro- tein-Verbindungen verbraucht, es wird eine neue Zufuhr derselben nöthig, diese erfolgt durch das die Wurzelspitze mit der Stammspitze verbindende Cambium der Gefälsbündel. Je stärker der Verbrauch an der Stammspitze, je stärker der Saft- strom nach aufwärts; Eine Zelle entzieht der andern Säfte, eine Zelle wirkt durch Diffusion auf die andere; das gestörle Gleich- gewicht des Zellen-Inhalts durch die fortdauernde Zellenbildung an der Stammspitze veranlalst, unterhält den aufsteigenden Saft- strom im Cambium, die Umgebung durch verholzte, oder zum wenigsten in einer anderen Weise thätige Zellen wirkt gewis- sermalsen nach der Seite isolirend. — Die beständige Thätig- keit des Parenchyms zur Bildung assimilirter Stoffe u. s. w. be- dingt in ähnlicher Weise einen fortwährenden Stoffwechsel im Mark und in der Rinde; das Gleichgewicht der Zellen ist nur zur Zeit der Vegetationsruhe hergestellt. Das Parenchym der Blätter und der Rinde nimmt seine Hauptnahrung aus der At- mosphäre, er steht mit dem Parenchym der Wurzel in unmit- telbarer Verbindung, desgleichen sind Rinde und Mark durch die Markstrahlen verbunden; durch’s Parenchym erfolgt wahr- scheinlich ein abwärtssteigender Saftstrom. — Die Verdunstung an der Oberfläche befördert den Saftaustausch der Zellen, das 147 Parenchym, unter sich nach keiner Seite-isolirt, ist nach allen Richtungen für die Diffusion thätig, das Cambium der Gefäls- bündel ist dagegen in der Regel von luftführenden Zellen um- gränzt und durch selbige gewissermalsen isolirt, die Diffusion kann hier nur nach einer oder nach zwei Richtungen, (nach un- ten und oben,) aber nicht allseitig wirken. — Bei der norma- len Thätigkeit der Pflanze werden nur soviel Stoffe aufgenom- men als verbraucht werden, der Weinstock und die Birke bluten nur im Frühling, wenn mehr gelöste Stoffe zwischen Holz und Rinde vorhanden sind, als die noch blätterlose Pflanze zu ver- arbeiten vermag. Dieser abnorme Zustand wird durch den che- mischen Procels in der Pflanze selbst hervorgerufen; mit dem Eintritt der wärmeren Witterung verwandelt sich nämlich das im Herbst in Rinde und Splint aufgespeicherte Stärkmehl in Dextrin und Zucker, die Diffusion erwacht in den Wurzelhaa- ren, der Boden, reich an Feuchtigkeit, bietet Wasser die Menge; die Umwandlung der Stärke dauert fort, mit ihr die Diffusion, der Saft, welcher augenblicklich nicht verwandt werden kann, tritt in die mit Luft erfüllten Holz- und Gefälszellen; sobald ‚dagegen die Stammspitze ihre volle Thätigkeit erreicht, sobald hinreichend Blätter entstanden sind, verschwindet er wieder aus ‚letztern, auf seine alte Bahn sich beschränkend. Weinstock und Birke bluten nicht mehr. In gewissen Pflanzentheilen finden wir verschiedene ‚chemische Stoffe in sehr verschiedener Menge angehäuft; der Same der Cerealien ist reich an phosphorsauren Salzen, ge- wisse Zellenreihen desselben enthalten Protein - Verbindungen in Menge, während die übrigen Zellen vorzugsweise mit Stärk- mehl erfüllt sind. Im Halm der Gräser, im Stengel der Equi- selaceen, sind bestimmte Zellen reich an Kieselsäure, während benachbarte kaum Spuren der letzteren enthalten. Diese Er- scheinungen lassen sich nur durch den ungleichen Werth der Zellen erklären; nach der chemischen Beschaffenheit und nach der physiologischen Thätigkeit der Zellen eignet sich die eine Zelle diesen, die andere jenen Stoff in gröfserer Menge zu; nun stehen die verschiedenen Gewebe in der Pflanze unter sich in directer Verbindung, das Stärkmehl bildende Parenchym einer bestimmten Pflanze geht von der Wurzel durch | j 148 den ganzen Stamm bis-zu dessen Spitze; die Oberhaut und der Kork bilden ein Continuum; die Gefälsbündel stehen unter sich in directem Zusammenhang; es sind demnach der Pflanze alle Bedingungen zu einem Saftaustausch, wie er für jede Art noth- wendig ist, durch ihre Zellen selbst gegeben. Durch das Ver- mögen bestimmter Zellen den einen Stoff in grölserer Menge als den anderen aufzunehmen und in bestimmter Weise zu ver- arbeiten, ist aulser einem auf- und absteigenden Hauptsaftstrom, der sich nur erschlielsen, aber nicht einmal direct bewei- sen läfst, jeder lebenden Zelle die Möglichkeit für chemisch verschiedene Stoffe verschiedene Ströme zu bilden gegeben; die- selbe Zelle kann möglicher Weise den einen gelösten Stoff aufwärts, den anderen, nach Bedürfnils ihrer Nachbarzellen, seitlich oder abwärts führen. Der Saftstrom richtet sich demnach in der Pflanze nach dem Bedürfnifs und dem Grad der Lebensthätigkeit ihrer ungleichwerthigen Zellen; bestände die Pilanze aus gleichwerthigen Zellen, so könnte, ohne ein wahres Circulationssystem, kein Saftaustausch durch ihre ganze Masse stattfinden. Schon bei den höher entwickelten Pilzen, Flechten und Algen begegnen wir ungleichwerthigen Zellen; schon hier tritt ein Gegensatz zwischen dem Verbrauch der Stickstoff- und der Kohlenstoff-Verbindungen und durch den- selben ein geregelter Saftaustausch ein. — Die nicht ‚mehr lebensthätigen Holz- und Gefälszellen sind der Pflanze sicher nicht überllüssig, sie dienen derselben so- wohl als Stütze, gewissermalsen als Skelett, als auch zur augen- blicklichen Aufnahme der von den thäligen Geweben ausge- schiedenen Gasarten; im jungen Zustande sind sie selbst für den Saftaustausch in bestimmter Weise thätig. Die für sich todte Korkzelle ist für die Pflanze nicht minder wichtig. Das Leben der Ptlanzenzellen ist ein chemisch -physiolo- gischer Procels; die eine Zelle nimmt anders Stoffe auf und verwerthet dieselben anders als die andere. Das Leben der höheren Pllanze ist ein gesetzmälsiges Zusammenwirken un- gleichwerthiger Zellen zur Bildung neuer Organe und Stoffe; das Endziel der Pflanze ist die Bildung des Samens, die Knospe, welche zur Blüthe und später zur Frucht wird, hat ihren Zweck erreicht, ihr Leben ist beendet. 149 (Die ausführlichen Untersuchungen und Belege, auf welche Hr. Dr. Schacht den hier gegebenen kurzen Abrils gründet, finden sich in seinem zur nächsten Ostermesse erscheinenden Buche: „Die Pilanzenzelle.’’) 18. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Panofka las eine Abhandlung: Dionysos und die Thyaden. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Annales des Mines, 4. Serie, Tome 20, Livr. 5. de 1851. Paris 1851. 8, Der Akademie mitgetheilt durch das vorgeordnete Königliche Ministe- rium mitlelst Rescripts vom 12. März d.J. Francesco Zantedeschi, Zicerche fisico-maltematiche sulla deviazione 3 del Pendolo dalla sua trajettoria. Padova 1852. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten, No. 797. Altona 1852. 4. "Abhandlungen der naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg, Heft 1. Nürnberg 1352. $. mit einem Begleitungsschreiben des Secretärs dieser Gesellschaft, Hrn, 2 Dr. J.W. Sturm, vom 22. Februar d.J. | Durch Verfügung Sr. Exec. des Hrn. Ministers der geistl., Unterr. und Medic. Angel. vom 11. März wurde die Bewilligung von 200 Riblrn. an Hrn. Phil. Jaffe als Unterstützung zur Fort- setzung seiner Arbeiten über die Regesta Pontificum Romanorum genehmigt; desgleichen durch Verfügung von demselben Tage die Nachzahlung von 200 Rthirn. an die Hinterbliebenen des Prof. Dr. Franz für dessen Arbeiten am Corpus Inscriptionum Graeca- zum. Beide Ministerialschreiben wurden heute vorgelegt. 2. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Homeyer gab den Schlufs der in der Gesammtsitzung vom 10. Juli 1851 begonnenen und in der Klassensitzung vom 2, Febr. 1852 fortgesetzten Erörterung über die Heimath nach altdeutschem Recht, insbesondere über das Hant- gemal. Die früher erläuterten Stellen aus Urkunden und Dichtern vom Yten bis zum 13ten Jahrb. ergeben das Hantgemal als eines Vollfreien oder Edeln freien Wohnsitz mit mälsigem Landgebiet, der als Haupt- und Stammgut des Geschlechts (locus principalis natalium) ungetheilt nebst Schwert und Schöffenstuhl sich auf den -— 150 Ältesten vererbt, aber doch für alle Familienglieder eine Grund- lage ihrer rechtlichen Stellung bildet. Das Hantgemal ist nemlich erstens das dingliche Erforder- nifls der Freiheit des Geschlechtes. Es bestimmt zweitens dessen Heimath, die „Art aus der es geboren,” und dadurch wiederum theils den ordentlichen Gerichtsstand (nicht aber die Dingpflicht), theils das persönliche Recht (das Mannesrecht des Sachsenspiegels), theils die Fähigkeit zu gewissen Ämtern. Drit- tens giebt es den Personen zuweilen den Namen, besonders aber die Bezeichnung. Es darf der uralte, in Skandinavien und an den norddeutschen Küsten verbreitete, noch jetzt nicht ausgestor- bene Gebrauch hierher gezogen werden, wonach runenähnliche Zeichen (bo/merke, Hausmarke) an einem Grundstücke haften und zugleich dem Besitzer als Handzeichen statt der Namensunterschrift dienen. Diese Sitte erklärt dann auch, wie Hantgemal d. i. eigent- lich ein durch die Hand gemachtes Zeichen, chirographum, die Bedeutung eines Grundstücks und zwar, bei ausgedehntem Fami- lienbesitz, des ursprünglichsten und geehrtesten Gutes, weil es das Zeichen des Geschlechtes an sich trug, gewinnen konnte. In dem 13ten Jahrhundert schwindet nicht nur ein lebendiger bewufster Gebrauch des Wortes, sondern auch von dem Institute bleibt nur Einzelnes unter andern Bezeichnungen und Wendun- gen stehen, wie z. B. das praecipuum nobile in der Erbfolge der Stammgüter am Niederrhein, der Übergang des Siegels auf den Ältesten, die Bewahrung der Familienurkunden in dem gemeinsa- men Stammhause. Die grolse Umwandlung des Rechtszustandes, welche unter wesentlichem Einfluls der Kreuzzüge vom 11ten bis zum 13ten Jahrh. sich vollzieht, hat auch hier gewirkt, wenn sie den alten mansus nobilis viri dem castrum, das Eigen dem Lehn, die Schöffenbarfreien den Ritterbürtigen, das schlichte Hauszeichen dem Wappenbilde weichen lälst. Die hier versuchte Darstellung betrifft meist einen Zentrum welcher der ausgiebigen Rechtsquellen nur wenige zählt. Sie for- dert allenthalben Ergänzung, schärfere Bestimmung und vollere Begründung. Um so mehr ist zu wünschen, dafs die angeregten Fragen Reiz genug bieten, um die Forschungen anderer Freunde des deutschen Alterthums auf sich zu lenken. e 151 Hiernächst las Hr. Mitscherlich nachfolgenden Auszug ‘einer Abhandlung des Hrn. Wiedemann „Über die Strö- mung von Flüssigkeiten vom positiven zum negativen Pol der geschlossenen galvanischen Säule.” Aulser der magnetischen, physiologischen, erwärmenden und chemischen Wirkung des galvanischen Stromes kummt demselben noch eine andere eigenthümliche Kraft zu, vermöge deren er Sub- stanzen vom positiven zum negativen Pol bewegt. In dieser Rück- sicht hat der Verf. eine Reihe von Versuchen unternommen und sich bemüht, die Erscheinungen auf einfache Grundprincipien zu- rückzuführen. Von verschiedenen Vorrichtungen erscheint der folgende Ap- parat als der einfachste und zweckmälsigste: in Auf einen unten geschlossenen, porösen Thoncylinder a war oberhalb eine kleine tubulirte Glocke c gekittet, in deren Öffnung ein perpendiculäres Rohr @ mit seitlichem Ausflulsrohr e einge- setzt war. Im Thoncylinder stand ein Cylinder von Kupfer- oder Platinblech g. Von diesem ging ein Draht f zum negativen Pol einer galvanischen Säule. Der Drath war in ein, in den obern Theil der Glocke luftdicht eingefügtes, Glasrohr eingekittet. Aufserhalh war der Thoncylinder von einem zweiten, mit dem positiven Pol zrrrr 152 verbundenen Blechcylinder ? umgeben. Der ganze Apparat stand in einem weiteren Glascylinder %, welcher zugleich mit dem Thon- cylinder des Apparats mit Wasser oder mit einer andern Flüssig- keit gefüllt war. Die Intensität des Stromes wurde an einem Gal- vanometer gemessen. So wie die Säule geschlossen wurde, stieg die Flüssigkeit im Thoncylinder und flofs aus seinem Ausflulsrohre in ein unterge- stelltes, gewogenes Gefäls 7. Durch Bestimmung der Ausflulsmenge bei Anwendung ver- schieden starker Ströme ergab sich zunächst das Resultat, dals die: Menge der in gleichen Zeiten überflielsenden Flüs- sigkeit der Intensität des Stromes direct proportio- nal ist. Als darauf die leitende Oberfläche des Thoncylinders nach und nach durch Auftragen eines Lackes verkleinert wurde, war unter sonst gleichen Bedingungen die Menge der, überfliefsenden Flüssigkeit von der Grölse der Ober- fläche unabhängig. Die beifolgende Tabelle enthält eine Beobachtungsreihe, die einen Beweis dieser Gesetze liefert. Es ist in ihr unter ; die In- tensität des Stromes, unter m die in einer Viertelstunde aus dem Ausflufsrohr des Apparates ausströmende Flüssigkeitsmenge ange- geben. I. Wasser. Ganze Oberfläche. 3 m ı m —— ı 144 4177 13 108 1326 1,23 83 1059 1,97 60 7,46 1,24 Ä 18. 5,89: 1,23 36 4,47. 1,24 ; TE RRNEFR 17: WORERR I 1 4 Y) 1,23 I — der Oberfläche 1,22 3 7» „ 1,24 b = ch} ’ 4,10 1 16 9 „ 1,10 153 IH. Kupfervitriollösung. Ganze Oberfläche. Ü m = 106 2,48 2,34 101 2,32 2,30 93 2,11 2,26 65 1,49 2,29 33,98 1,25 2,33 2,30 = der Oberfläche 2,31 Is» » 2,35 m » 2,28 3 „ Eh) 2,31 In derselben Zeit, in welcher ein Strom von beliebiger In- tensität bei den unter I. angeführten Versuchen 3 Cubikcentimeter Wasser durch den Thoncylinder führte, entwickelte derselbe Strom in einem in seinen Kreis eingeschalteten Voltameter etwa 1 Cu- bikcentimeter Knallgas. Wenngleich diese Gesetze schon das allgemeine Princip der fortführenden Wirkung des Stromes ausdrücken und daraus noth- wendig folgt, dals dieselbe durchaus unabhängig von besonderen eapillaren oder endosmotischen Ursachen ist, so haben doch auf die angeführten Resultate noch alle die Erscheinungen einen be- sonderen Einfluls, welche beim Ausströmen von Flüssigkeiten aus dünnen Öffnungen in Betracht kommen. - Hr. Wiedemann versuchte defshalb ein, von jenen Bedingun- gen unabhängiges Maals der Erscheinungen aufzufinden, indem er durch einfachen hydrostatischen Gegendruck die Wirkung jener Kraft aufhob. Das auf dem Thoncylinder des Apparates aufgesetzte Rohr wurde oben geschlossen, und das an demselben befestigte Ausfluls- rohr e miteinem Quecksilbermanometer pm verbunden. In dem Ap- parat befand sich eine Lösung von Kupfervitriol. Bei Anwendung verschiedener Ströme und verschieden grofser Flächen des Thon- eylinders stieg das Quecksilber im Manometer verschieden hoch. 154 Aus der Messung der so erhaltenen Druckhöhen folgt, dafs die Druckhöhen, bis zu welchen die Flüssigkeiten durch den galvanischen Strom ansteigen, der In- tensität des Stromes direct, der freien Oberfläche des Thoncylinders umgekehrt proportional sind. Einen Beweis dieses Gesetzes giebt unter Anderen die folgende Tabelle, in der i die Intensität des Stromes, A% die entsprechende Höhe des Quecksilberdruckes in Millimetern bei Anwendung einer Kupfervitriollösung von etwa 19pe. Salzgehalt angiebt. Bei ganzer Oberfläche des Thoncylinders. FE 128 176,5 1,38 109 147,5 1,35 97 132,5 1,37 73 100,5 1,38 65,3 89,0 1,36 60 80,5 1,38 45 61,0 1,36 26,5 37,5 1,41 13 19,5 1,36 2 1,37 Ist o die Gröfse der Oberfläche, so ist als Mittel mehrerer Versuche: h h Ü io Bei ganzer Oberfläche 1,37 1,37 Bei 5 der 2 1,80 1,26 Bei 5 der en 3,42 1,37 Bei dr „ 6,00 1,20 Nach diesen und anderen hier nicht erwähnten Beobachtun- gen stehen die Druckhöhen in demselben Verhältnifs zur Intensi- tät des Stromes wie die Menge der in gleichen Zeiten von dem- selben fortgeführten Flüssigkeiten; ein Resultat, welches mt den von Hagen und Poiseuille gefundenen Gesetzen des Ausströ- 155 mens von Flüssigkeiten aus dünnen Öffnungen in folgerichtigem Zusammenhang steht. In Folge der bisher aufgestellten Gesetze kann man auf fol- gende Weise die fortführende Wirkung des galvanischen Stromes auf ihre einfachsten Grundprinecipien zurückführen: An den beiden Seiten eines beliebigen Querschnittes einer be- stimmten Flüssigkeit seien in bestimmter Entfernung zwei Platten eingesenkt, die gegen einander eine electrische Spannung haben. Diese Spannung erzeugt in der Flüssigkeit einen unter sonst glei- chen Bedingungen der Spannung selbst und dem Querschnitt der Flüssigkeit proportionalen Strom. Dieser Strom treibt ferner die Flüssigkeit von der positiven zur negativen Platte mit einer Kraft, die einem der Intensität des Stromes direct und dem Querschnitt der Flüssigkeit umgekehrt proportionalen hydrostatischen Druck gleichkommt. — Aus der Vereinigung dieser beiden Verhältnisse folgt unmittelbar, dals die Kraft, mit welcher eine von beiden Seiten eines Querschnittes einer bestimmten Flüssigkeit vorhandene Spannung dieselbe von der ‚positiven zur negativen Seite fortführt, einem hydro- statischen Druck entspricht, der jener Spannung di- rect proportional ist. Durch diesen Satz ist ein einfaches Maals der electrischen Spannung und ihrer mechanischen Wirkung in Atmosphärendruck, also in Einbeiten der Schwerkraft gegeben. Die bisher aufgestellten Gesetze gelten nur für Flüssigkeiten von derselben Natur. Bei verschiedenen Flüssigkeiten stellt sich indels in der mechanischen Wirkung des Stromes insofern eine we- sentliche Verschiedenheit heraus, als bei gleicher Intensität des Stromes von Flüssigkeiten mit gröfserem Widerstand eine grölsere Menge von dem galvanischen Strom in gleicher Zeit fortgeführt wird, als von Flüssigkeiten von geringerem Widerstand. Gesetze über eine Abhängigkeit der mechanischen Wirkung ‚des galvanischen Stromes von dem Widerstand der von ihm durch- strömten Flüssigkeiten, lassen sich leider bei dem Mangel an ge- ‚nauen Widerstandsbestimmungen noch nicht aufstellen. Es muls 156 x daher bis jetzt die Beobachtung als vereinzelte Thatsache gelten: dals von verschieden concentrirten Kupfervitriollösungen, deren Widerstände neuerdings von Becker untersucht worden sind, in gleichen Zeiten von Strömen mit derselben Intensität Mengen durch eine gleiche Thonwand geführt werden, die nahe dem Quadrat ih- rer Widerstände proportional sind. Die vorstehenden Thatsachen liefern den Beweis, dafs die me- chanisch fortführende Wirkung des galvanischen Stromes auf die- selben Gröfsen zurückzuführen sind, wie die chemischen Zersetzun- gen und die Erwärmungserscheinungen. Sie zeigen ferner, wie die von Ohm eingeführten Vorstellungen des galvanischen Stromes, in dieser Äufserung seiner Thätigkeit eine neue Begründung erhal- ten. — Um so mehr zu verwundern ist es bei der Wichtigkeit der electrischen Strömung für die Beantwortung derartiger Probleme, denen sich wohl auch die Frage über die Möglichkeit der Annahme einer Electricität anschlielsen möchte, dals dieselbe zwar schon lange in einzelnen wenigen Andeutungen bekannt, doch nie die Vorlage zu gründlicher Erforschung gegeben hat. Nachdem Reuss im Jahre 1809 eine Bewegung von Wasser in der Richtung des galvanischen Stromes gezeigt und 7 Jahre spä- ter Porret dieselbe Erscheinung von Neuem entdeckt, haben die ausgezeichneten Arbeiten von Becquerel, Danieliund Napier, welche den Gegenstand fast nie zur eigentlichen Basis der Unter- suchung machten, sondern ihn nur nebenbei berücksichtigten, nur wenige vereinzelte Thatsachen hinzugefügt. Namentlich haben sie aber nicht den Nachweis einer rein fortführenden, mit allen Con- stanten des Stromes und seiner Richtung unabänderlich verbunde- nen mechanischen Kraft geliefert, welche eben so sehr seinem gan- zen Wesen eigenthümlich ist, wie seine chemisch zersetzende und erwärmende Kraft. In wie weit dies durch die vorliegenden Ver- suche geschehen ist, werden am besten die Resultate und Folgerun- gen ergeben, die man noch ferner aus ihnen ziehen wird. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: von Feilitzsch, Optische Untersuchungen, veranlafst durch die toben Strnknknstärrhle des 28. Juli 1851. Greifswald 1852. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Greifswald den 10. März d.J. 157 Memoires de ’ Academie Nationale de Medecine, Tome16. Paris 1852. 4. Bulletin de U Academie Nationale de Medecine, Tome 16. 15. Annee. ib, 1850-1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Bibliothekars dieser Akademie, Herrn Dr. Ch. Ozanam, d. d. Paris d. 6. März d, J. > Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Academie des Sciences 1852. 1. Semestre, Tome 34, No.9.10. 1. et 8. Mars. Paris. 4, L’Institut, 1. Section. Sciences malhematiques, physiques et naturelles, 20. Annee. No. 940-949. 7. Janv.— 10. Mars 1852. Paris. 4. 2. Section. Sciences historiques, archeologiques et philosophi- ques, 17T. Annee. No, 193. 194. Janvier et Fevrier 1852, ib, 4. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Fevrier. Paris. 8. Raoul-Rochette, sur la topographie d’Athenes. Extr. du Journal des : savants. Paris 1852. 4. Es Statistique d’apres feu Mr. Wagemann, Professeur a !’Universite de Liege par J. A. H. Michiels van Kessenich. Tome 6. Rure- ode 1851. 8. " Michael Faraday, experimental researches in Electrieity (Twenty- eighth : Series) $. 36. on Lines of Magnetic Force elc. From the Philosophi- cal Transactions, Part 1. for 1852. London 1852. 4. - Memorial de Ingenieros, Auo 7. Num. 1. Enero de 1852. Madrid. 8. M James D. Dana, on the classification of the Corystoidea, Paguridea etc. From the Americ. Journ. of sc. Jan. 1852. 8. ———— , Crustacea Paguridea. 8. "Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göltingen 1852. No. 3. ! ra “Schumacher, astronomische Nachrichten, No. 798. Altona 1852. 4. "Traduction du Memoire accompagnant ladresse au Roi et presente a Sa Majeste par Ulnstitut Royal des Pays- Bas, pour les Sciences, les Br Lettres et les Beaux- Arts. (1851. 8.) Folgende Verfügungen Sr. Exec. des Herrn Ministers der geistl. Unter. und Medic. Angel. wurden vorgelegt: a) Vom 17. d. M., wodurch die Bewilligung von 300 Rthirn. an - Hrn. Dr. Schacht hierselbst zur Fortsetzung seiner Untersu- 2 chungen im Thüringer Walde über das Wachsthum der einhei- mischen Waldbäume und zur Bekanntmachung dieser Untersu- chungen genehmigt wird. 5) Vom 17. d. M., enthaltend die Genehmigung der erfolgten Be- willigung von 200 Rihirn. an Hrn. Dr. Busch hierselbst, als Beitrag zu den Kosten der Tafeln seiner Schrift über die Ana- 158 tomie und Entwickelung einiger wirbellosen Seethiere. c) Vom 18. d. M., wodurch die Übertragung der im Etat der Aka- demie ausgeworfenen fixirten Remuneration von 200 Rthlrn. für fortlaufende philologische Sammlungen auf Hrn. Professor Dr. Ernst Curtius, und zwar vom 1. Januar d. J. ab, genehmigt wird. 29. März. Sitzung der philosophisch-histori- schen Klasse. Hr. Pinder las über Chronologie antiker Münzen. Hierauf wurde folgender Reisebericht des Hrn. H. Keil vor- gelegt: Durch ein Schreiben der Königlichen Akademie der Wissen- schaften vom 24. Jan. v. J. wurde mir eine Unterstützung von 175 Rthirn. zum Behuf einer wissenschaftlichen Reise nach Frankreich gewährt, die mich in Verbindung mit einer mir schon früher zu gleichem Zwecke von dem hohen Ministerium zu heil gewordenen Unterstützung in den Stand setzte, die beabsichtigte Reise in den letztverflossenen Sommermonaten auszuführen. Der Zweck meiner Reise war, das während eines früheren Aufenthaltes in Italien ge- wonnene Material zu mehreren philologischen Arbeiten aus den | Handschriftenbibliothen Frankreichs und der Schweiz zu vervoll- ständigen. Vornehmlich hatte ich dabei die Bearbeitung der Bü- cher des Cato und Varro de re rustica und der lateinischen Gram- matiker, für die ich auch früher vorzugsweise gesammelt hatte, im Auge. In beider Beziehung darf ich die gewonnene Ausbeute be- friedigend nennen. Indem ich der Akademie meinen ergebensten Dank für die mir zu diesem Zwecke gewährte Unterstützung aus- spreche, erlaube ich mir, derselben nachstehend die Resultate mei- ner Arbeiten vorzulegen. Ich muls mich wegen der grofsen Menge von Einzelheiten, welche ein vollständiger Bericht in Beziehung auf die lateinischen Grammatiker verlangen würde, auf eine kurze Übersicht beschränken, der ich einige Bemerkungen über den äulse- ren Verlauf meiner Reise vorausschicke. Ich trat die Reise im April v. J. an und begab mich zunächst durch Belgien nach Paris. In Brüssel mufste ich wegen der Biblio- theksferien, deren Ende ich nicht abwarten konnte, auf die Benut- 159 zung der Bibliothek verzichten, in der ich übrigens, nach den An- gaben des Katalogs, nichts von hervorstechender Bedeutung für meine nächsten Zwecke vermuthen durfte. Dagegen verweilte ich längere Zeit in Valenciennes, wo ich unter den in der dortigen Stadtbibliothek befindlichen Handschriften der Abtei St. Amand einige gute lateinische Grammatikerhandschriften fand. In Paris habe ich bis gegen die Mitte des Monats Augusts gearbeitet. Aufser den Handschriften des älteren Fonds, die in dem gedruckten Kata- loge verzeichnet, aber sehr unvollkommen beschrieben sind, haben mir für die lateinischen Grammatiker nur die aus St. Germain hin- zugekommenen Handschriften, unter denen sich mehrere Corveier befinden, Ausbeute gewährt. Der übrige Theil der nach dem Drucke des Katalogs in die Bibliothek gekommenen Handschriften, die fast alle nur aus Pariser Klöstern und Stiftungen stammen, enthält für lateinische Litteratur überhaupt sehr wenig von Bedeutung. Von Paris aus unternahm ich eine Reise nach Tours, um die dortige Bi- bliothek zu untersuchen und namentlich über zwei räthselhafte von Haenel (catal. p. 480) dort gesehene und als fragmentum versionis latinae Sophoclis saec. XI und versio latina Euripidis saec. XII be- zeichnete Handschriften nähere Kunde einzuziehen. Die beiden Handschriften, die auch schon von Anderen auf diese Angaben hin gesucht sein sollten, waren aber trotz der Bemühungen des sehr gut unterrichteten Bibliothekars, dem ich keine Ursache habe zu milstrauen, in der Bibliothek nicht zu finden; auch fand sich keine andere Handschrift, von der ich annehmen könnte, dafs sie Anlals zu dieser irrigen Bezeichnung gegeben habe. Die andern Depar- tementsbibliotheken, von denen mir Kataloge in Paris zugänglich waren, boten zu wenig für meine Zwecke, als dafs ich Ihnen Zeit hätte zuwenden können. Nur Montpellier war mir wegen einiger Grammatikerhandschriften wichtig. Dahin ging ich daher, sobald ich meine Arbeiten in Paris vollendet hatte. Auch hier kann ich nicht unterlassen, einer fehlgeschlagenen Erwartung zu erwähnen. In dem Catalogue general des manuscrits des bibliotheques des d£- partemens p. 338 ist ein codex rescriptus verzeichnet, der in der ersten Schrift aufser anderen grammatischen Fragmenten auch Fragmente des Festus enthalten soll. Obgleich der wichtigste Theil dieser Angabe, welche den Festus betrifft, schon von Herrn Dr. Hertz, der den Codex nur flüchtig einsehen konnte, in den 160 Monatsberichten der Akademie d. W. (4. Nov. 1847) als nichtig bezeichnet war, so war doch die Angabe in dem seitdem erschie- nenen Kataloge a. a. OÖ. so bestimmt mit den eigenen Worten der Handschrift gegeben, dafs eine genauere Untersuchung wünschens- werth war. Indels genügte ein Blick auf die Handschrift, um je- den Gedanken an eine so wichtige Entdeckung zu beseitigen. Was der Verfasser des Kataloges, blols durch eine falsch gelesene Über- schrift verleitet, (er las Tractatus Pompei Fe.. dere... statt tra- cetatus Pompeii gram.) für Fragmente des Festus ansah, sind Stücke aus dem bekannten Tractat des Grammatikers Pompeius, Alles An- dere aber Fragmente aus dem Sten Buche des Priscian. Von der Schrift war selbst ohne Anwendung von Reagentien mit leichter Mühe noch so viel deutlich zu erkennen, dafs die einzelnen Stücke erkannt und an ihrer gehörigen Stelle untergebracht werden konn- ten. Auch meine übrigen Arbeiten in Montpellier konnte ich in kurzer Zeit vollenden, und trat sodann meinen Rückweg durch die Schweiz an. Dort fand ich nur in Bern, wo die Bongarsi- schen Handschriften reiche Ausbeute gaben, und in St. Gallen An- lafs zu einem längeren Aufenthalt. Die Bibliotbekare sind mir - überall freundlich entgegengekommen; zum besonderen Danke aber fühle ich mich gegen die Herren Hase in Paris und Steiger in Bern verpflichtet, von welchen der Erstere mir mit seiner ofl ge- rühmten Zuvorkommenbheit nicht allein in Paris, sondern auch bei meinen Reisen in die Departements freundlichen Beistand leistete, der Letztere aber mir auch während der Ferienzeit die freieste Benutzung der Berner Bibliothek gewährte. Für Cato und Varro habe ich die Grundsätze der Kritik bereits in meinen observationes criticae in Cat. et Varr. dargelegt. Ich hatte damals schon aus der Untersuchung der italienischen Handschriften die Gewilsheit gewonnen, dals die einzige Quelle des Textes in der alten florentinischen Handschrift liege, welche von Politian verglichen und von Victorius bei seiner Ausgabe zu Grunde gelegt war. Der Codex ist seitdem verloren gegangen, auch das Exemplar der editio princeps, an dessen Rand Politian die Collation eingetragen hatte, hatte ich in Italien vergeblich ge- sucht, und die in Gesner’s Ausgabe aus der letzteren mitgetheilten Angaben waren zu unsicher, als dafs sie einen genügenden Anhalt hätten geben können. Daher blieb mir kein anderer Weg, als 161 aus den zahlreichen Handschriften des 15ten Jahrhunderts dieje- nigen auszuwählen, welche am treuesten die gemeinsame Quelle wiedergeben, um mit deren Hülfe diese selbst als Grundlage für die Emendation des Textes wiederherzustellen. Jetzt ist es mir gelungen, das Politianische Exemplar und somit eine Collation des Urcodex selbst in Paris, wohin ich schon früber die letzte Spur desselben verfolgt hatte (obss. p. 99), wieder aufzufinden. Die Col- lation, welche ich aus der Ausgabe abgeschrieben habe, ist sorg- fältig gemacht und bedarf nur einer geringen Vervollständigung und Berichtigung aus den von mir verglichenen späteren Abschrif- ten des Codex, um eine genügende Sicherheit für die kritische Behandlung des Textes zu geben. Zwar ist der Gewinn an neuen Lesarten nur unbedeutend, da ich auch vorher schon den Urcodex mit ziemlicher Sicherheit herstellen konnte; aber auch so ist die grölsere Einfachheit und Sicherheit des Verfahrens, welche dadurch erreicht wird, nicht gering anzuschlagen. Der kritische Apparat dieser Bücher kann mit meinen jetzigen Hülfsmitteln als abgeschlos- sen betrachtet werden. Der codex Paris. 6842 A, der früher durch sein angebliches Alter meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, und den ich auch nach eigener Ansicht nicht unter das 13te Jahrhundert herabzusetzen wage, ist nichts anders, als eine sehr incorrecte Abschrift der allen zu Grunde liegenden Quelle. Bei meinen Arbeiten über die lateinischen Grammatiker habe ich nicht nur den Priscian, für welchen durch Herrn Dr. Hertz bereits das nöthige Material zusammengebracht ist, ausgeschlossen, sondern auch von Nonius und Isidor abgesehen, weil die Unter- suchung der Handschriften, die ohne Berücksichtigung der späte- ren Glossare nicht abgeschlossen werden konnte, mich zu weit ge- führt haben würde. Die übrigen grammatischen Handschriften, welche mir in den Bibliotheken, die ich besuchte, vorgekommen sind, habe ich überall genau untersucht, diejenigen, welche die be- kannten Grammatiker enthielten, wenn sie einen Nutzen für die Emendation des Textes boten, collationirt, die unedirten Stücke, welche von einiger Wichtigkeit schienen, abgeschrieben oder ex- cerpirt und auf diese Weise für den gröfsten Theil der lateinischen Grammatiker, für welche überhaupt Hülfe aus Handschriften zu erwarten ist, mit Ausschlufs der eben genannten, einen ausreichen- den Apparat zusammengebracht. 162 Für Charisius, dessen Text bis jetzt auf der einzigen ne- apolitischen Handschrift beruht, konnte meine Reise nur unterge- ordnete Hülfsmittel liefern. Zuerst nenne ich hier den cod. Paris. 7560 saec. XI, in dem ich den Schluls des zweiten Buches und das ganze dritte Buch fand. Der Gewinn ist indels nicht so bedeu- tend, als man es von einer neuen Quelle neben jenem einzigen Codex erwarten sollte, da der Text sehr fehlerhaft geschrieben, an einigen Stellen auch verkürzt ist. Die anderen Handschriften, welche ich für Charisius benutzen konnte, gaben nur einzelne, meist kurze Excerpte. Dahin gehört der cod. Paris. 7530 saec. VIII, der unter vielen anderen grammatischen Tractaten auch Excerpte aus Diomedes und Charisius enthält, welche jedoch, was den Letz- teren betrifft, sehr knapp gehalten und meistens ohne Citate sind; dann einige mittelalterliche Grammatiker in Valenciennes, Paris und Bern, welche aus den Büchern verschiedener mit Namen ge- nannter Grammatiker zusammengestellt sind und unter diesen auch Auszüge mit dem Namen des Comminianus, welche mit den von Charisius gegebenen übereinstimmen, und ohne Zweifel aus diesem gezogen sind, geben. Handschriften der zuletzt genannten Art mögen zum Theil gemeint sein, wenn von einigen älteren Ge- lehrten Handschriften des Charisius angeführt werden. Ich hebe unter den mittelalterlichen Schriften dieser Art als die wichtigste und umlangreichste den cod. Bern. 123 saec. IX hervor. Bei einer genauen Kritik werden auch diese Auszüge nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, und sie sind deshalb überall von mir untersucht und theilweise abgeschrieben worden, obgleich ich sah, dals sie einen im Verhältnifs zu der Mühe geringen Ertrag geben würden. Mehr Gewinn dagegen darf ich mir von einer neuen Collation des cod. Neap., welche ich früher gemacht habe und die noch manche wesentliche Nachträge zu den Angaben der Lindemann’- schen Ausgabe geliefert hat, versprechen. Mit Hülfe dieses ganzen Apparates aber wird es möglich sein, dem Text des Charisius die sicherste Grundlage, welche nach den vorhandenen Hülfsmitteln überhaupt zu erreichen ist, zu geben. Von Diomedes befinden sich in Paris zwei Handschriften saec. IX und eine saec. XV, welche von Gaisford sämmtlich für das dritte Buch benutzt sind. Die beiden alten Handschriften, von welchen ich eine verglichen habe, stimmen sowohl unter einander, 163 als auch mit dem codex Monacensis von gleichem Alter so genau überein, dafs alle als Abschriften einer und derselben Handschrift gelten müssen. Dasselbe gilt von einem codex Sangallensis saec. X, welcher nur das dritte Buch enthält. Auch die neuen Handschriften, von welchen ich aulser der Pariser nur noch Eine vollständige in Rom gesehen habe, und die zerstreut vorkommenden, zum Theil sehr alten, Excerpte scheinen auf keine andere Queile zu führen, so dals der Münchener Codex mit einem der Pariser zusammenge- nommen für die Kritik ausreichen wird. Der Text aber, wie ihn zuletzt Putsch Bigchen, hat, wird daraus bedeutende Verbesserun- gen erfahren. Die kleineren Grammatiker de octo partibus orationis und de orthographia sind in der Putschischen Sammlung besonders in einer sehr mangelhaften und unzuverlässigen Gestalt gegeben. Der Ab- druck, welchen Lindemann von einigen derselben im ersten Bande seines Corpus grammaticorum latinorum geliefert hat, ist schon deshalb wenig besser, weil es dem Herausgeber an einer genügen- den Kenntnils der vorhandenen Handschriften, welche gerade bei diesen Grammatikern vor Allem unentbehrlich ist, fehlte. Er hat den Text nach den Hülfsmitteln, welche ihm gerade zugänglich waren, sehr einseitig gestaltet; an vielen Stellen hat er die Fehler der früheren Ausgaben wiederholt, an einigen allerdings bessere Lesarten gegeben, an anderen dagegen das Richtige sogar aus dem Texte verdrängt, weil es durch seine Handschriften nicht bestätigt wurde. Ich habe für diesen Theil der Grammatiker besonders einige aus Corvey stammende codices Sangermanenses, die noch völlig unbenutzt waren, und die Berner Handschriften, von denen Putsch nur einige zu Hülfe gezogen hat, mit Nutzen verglichen. Donatus und die dazu gehörigen Commentare des Servius sind in den zahllosen Handschriften so sehr verändert, dafs es einer ge- nauen Untersuchung der ältesten Codices bedarf, um eine unver- dächtige Überlieferung zu gewinnen. Ich habe die beste mir bis jetzt bekannte Gestalt dieser Stücke in dem cod. Paris. 7530 und in einem cod. Sangerman. gefunden. Aus dem ersteren kann der Theil des Commentars des Servius, der den Abschnitt de barba- rismo betrifft, neu hinzugefügt werden; aus dem letzteren wird | der Commentar des Pompeius, welchen Lindemann nach einer Wolfenbütteler Handschrift sehr fehlerhaft hat abdrucken lassen, 164 sehr verbessert werden. Für Phocas hat der cod. Paris. 7530 einen besseren Text ergeben. Für Cledonius und Consentius ist eine neue Vergleichung der beiden Berner Handschriften, aus denen diese Grammatiker von Putsch herausgegeben sind, nicht ohne Nachlese geblieben. Dasselbe gilt von Terentius Scaurus de orthographia. Von den übrigen unter den Namen des Caper, Agraecius, Beda und Cassiodorus herausgegebenen ortho- graphischen Stücken, so wie von dem Buche des Beda de metris, welche alle durch Lücken entstellt, häufig auch von den Abschrei- bern und Herausgebern höchst willkürlich interpolirt sind, habe ich einen besseren Text aus Handschriften von St. Germain, Montpel- lier und Bern gewonnen. Aufserdem wird dieser Theil der Gram- matiker durch einige unedirte Stücke de orthographia, die ich aus verschiedenen Handschriften gezogen habe, bereichert werden. Unter den Metrikern habe ich für Marius Victorinus und Plotius die meiste Ausbeute gefunden. Von dem ersteren habe ich aulser dem von Gaisford benutzten cod. Paris. 7539 eine Hand- schrift in Valenciennes saec. IX aufgefunden und verglichen. Eine dritte Handschrift von demselben Alter habe ich früher in Rom be- nutzt. Sie geben im Wesentlichen dieselbe Textesrecension und werden wahrscheinlich für die kritische Bearbeitung ausreichen. Von Plotius habe ich zwei gute Handschriften, die eine in Valen- ciennes, die andere in Paris, beide saec. IX, verglichen, von denen besonders die erstere wegen der griechischen Citate, welche in der zweiten fehlen, Beachtung verdient. Die kleinen Bücher des Ru- finus sind in vielen alten Handschriften erhalten, von denen ich diejenigen, welche mir für die Kritik des Textes ausreichend er- schienen, ausgewählt habe. Für das centimetrum des Servius ist neben dem cod. Neap. des Charisius, in welchem es miterhalten ist, der cod. Paris. 7530 die beste Quelle. Die von Putsch unter dem Namen des Maximus Victorinus herausgegebenen Stücke habe ich ın mehreren sowohl unter einander selbst als auch von dem‘ Putschischen Druck wesentlich abweichenden Redactionen, zum‘ Theil auch unter anderen Namen in verschiedenen Handschriften gefunden. In wie weit diese letzteren auf die Abfassung der Stücke selbst und ihrer Verfasser ein neues Licht werfen können, wage ich noch nicht zu entscheiden. 3 14 165 Aufser den bisher genannten Grammatikern habe ich in den Handschriften eine grolse Zahl anonymer Tractate gefunden, theils solche, welche schon in neuerer Zeit herausgegeben sind, wie na- mentlich manches von dem in den analecta grammatica von Eichen- feld u. Endlicher zuerst Bekanntgemachten, theils noch unedirt. Vieles davon konnte ich als werthlos oder bereits genügend benutzt bei Seite legen, Anderes mulste abgeschrieben oder excerpirt wer- den. Ich unterlasse es, in eine genauere Aufzählung solcher mei- stens kurzer Stücke einzugehen. Dagegen kann ich diese Bemer- kungen nicht schliefsen, ohne noch einiges über den Plan, der mich bei allen diesen Arbeiten geleitet hat, hinzuzufügen. Eine neue Sammlung und kritische Bearbeitung der lateini- schen Grammatiker ist ein längst gefühltes Bedürfnils. Das grolse Verdienst der Putschischen Sammlung zwar wird Niemand verken- nen, aber ebenso allgemein anerkannt ist es, dals sie den jetzigen Anforderungen nicht mehr genügt. Wie grolser Verbesserungen aber die Texte noch fähig sind, habe ich erst durch die Collation der Handschriften in einer weit über meine frühere Erwartung hin- ausgehenden Weise erfahren. Ein grolser Theil der aus den Hand- schriften zu gewinnenden Verbesserungen wird allerdings der Na- tur der Sache nach, wo sie blols die äulsere Fassung betreffen, ohne wesentlichen Werth sein; doch ist auch die Zahl solcher Änderun- gen nicht gering, die von einer weiter greifenden Bedeutung sind. Der von Lindemann gemachte Versuch eines neuen Corpus gram- maticorum ist, ganz abgesehen von seiner ungenügenden Ausfüh- zung, in den Anfängen stehen geblieben. Daher hatte ich schon bei meinen Arbeiten in den italienischen Bibliotheken die lateini- schen Grammatiker besonders berücksichtigt; durch die letzte Reise, bei der ich hierauf mein Hauptaugenmerk richtete, sind meine Sammlungen so vermehrt worden, dafs ich den Gedanken, sie für eine Gesammtausgabe der lateinischen Grammatiker zu benutzen, nicht mehr aufgeben darf. Es kann hier nicht meine Absicht sein, der Akademie einen vollständigen Plan eines solchen Unternehmens vorzulegen. Es soll nach meiner Absicht aufser den von Putsch zusammengestellten Grammatikern auch die später hinzugekomme- nen Stücke, soweit sie von einiger Wichtigkeit für römische Lite- ratur sind, umfassen, muls sich aber darauf beschränken, die kritisch berichtigten Texte mit kurzen Prolegomenen und mit einer Aus- 166 wahl der wirklich wichtigen Varianten zu geben. Manche werth- lose Stücke, wie die von Mai herausgegebenen mittelalterlichen Grammatiker, werden dabei ohne Schaden wegfallen können. Für Anderes, wie namentlich für Priscian, würde ich auf Beihülfe An- derer rechnen müssen. Für den gröfsten Theil derjenigen Gram- matiker aber, für welche noch ein handschriftliches Material nöthig ist, ist mein Apparat schon jetzt so vollständig, dals er nur noch einer geringen und leicht zu erreichenden Ergänzung bedarf. Es wird dazu, soviel ich sehe, namentlich noch einer Benutzung der Leidener Bibliothek und mehrerer deutschen Bibliotheken, die erst sehr wenig für die lateinischen Grammatiker benutzt sind, bedürfen. Aufser der wichtigen Handschrift des Diomedes in München wird auch für eine Anzahl der kleineren Grammatiker noch wichtiges Ma- terial aus diesen Bibliotheken zu gewinnen sein. Von anderen Arbeiten, für welche ich neben den beiden bisher _ besprochenen Hauptzwecken meiner Reise Gelegenheit fand etwas zu thun, will ich nur noch in der Kürze des Ovid Erwähnung thun. Nachdem ich früher in Italien die besten und ältesten Hand- schriften der Fasten und der Metamorphosen verglichen hatte, habe ich jetzt dasselbe für die amores, ars amandi, remedia und die He- roiden gethan. Ich habe dafür die beiden alten von Heinsius be- nutzten Pariser Codices, Puteaneus und Regius verglichen und für die amores aulserdem eine St. Galler Handschrift saec. XI. Der Werth der beiden zuerst genannten Handschriften ist allgemein be- kannt, die letzte schlielst sich dem Regius an, zeigt dabei aber schon Spuren von den in den späteren Handschriften hervortretenden Variationen des Textes. | Halle. H. Keil. Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat April 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh. 4. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. H. Rose las über eine neue Verbindung des höchsten Schwefelchlorids mit der Schwefelsäure, = Vor längerer Zeit stellte ich die Verbindung SEI? + 55 durch Behandlung von Chlorschwefel mit wasserfreier Schwe- felsäure dar, und kurze Zeit darauf glückte es Regnault das Schwefelchlorid SEI? in einem andern Verhältnisse, mit 2 Ato- men Schwefelsäure, zu verbinden. Regnault sah die von ihm erhaltene Verbindung, wie mit ihm die meisten Chemiker, als eine Schwefelsäure an, in welcher ein Drittel des Sauerstoffs durch Chlor ersetzt ist, eine Vorstellungsart, welche auch auf die Verbindungen der Chromsäure und anderer metallischer Säuren mit den ihnen entsprechend zusammengesetzten Chlo- riden, die in der Zusammensetzung dem schwefelsauren Schwe- felchlorid analog sind, ausgedehnt worden war. Ich hatte schon früher darauf aufmerksam gemacht, dafs das höchste Schwefelchlorid, SE1?, sich auch in mehr als in zwei Verhältnissen mit Schwefelsäure verbinde, und dafs diese Ver- Bindungen i in den crystallisirten Produkten enthalten sind, welche bei der Destillation der Auflösung eines Übermaaflses von was- serfreier Schwefelsäure in Chlorschwefel erhalten werden, dafs €s aber sehr schwer sei, dieselben von überschüssiger Schwe- felsäure und von dem schwefelsauren Schwefelchlorid SEI? +55 zu trennen. j . 4 168 Als ich einst Chlorschwefel mit Chlorgas möglichst über- sättigt hatte, liels ich denselben einen grofsen Überschufs von wasserfreier Schwefelsäure absorbiren, so dals endlich aus der Auflösung ein Theil der Säure krystallinisch sich abschied. Die Flasche wurde darauf sogleich luftdicht verschlossen. Nach eini- ger Zeit hatte sich auch der flüssige Theil vollständig in_glän- zende Krystalle von weilser Farbe und von Seidenglanz ver- wandelt, welche sich selbst während der heilsen Sommermonate mehrere Jahre hindurch unverändert erhielten. Die Flasche war 17 Jahre hindurch aufbewahrt worden. Durch die Länge der Zeit hatte sich am Boden derselben eine geringe Menge von einer flüssigen Mutterlauge gebildet, aber von dem gläsernen Stöpsel, durch den die Flasche verschlossen war, bis fast auf den Boden derselben, war dieselbe mit strahl- förmigen Krystallen angefüllt, welche im äussern Ansehn Ähn- lichkeit mit den Krystallisationen einiger Arten von Zeolith, namentlich mit der des Mesotyps hatten. Beim Öffnen der Flasche rauchte die Verbindung so stark wie wasserfreie Schwefelsäure, und explodirte wie diese auf Wasser geworfen; die Auflösung enthielt Schwefelsäure und Chlorwasserstoffsäure, Die Analyse ergab, dafs sie aus 31 Atomen Schwefel 5 (Dop- pel-)Atomen Chlor und 90 Atomen Sauerstoff besteht, und dals also ihre Zusammensetzung durch die Formel SE’ + 308 ausgedrückt werden kann. Wir kennen also bis jetzt folgende 3 Verbindungen des höchsten Schwefelchlorids mit der Schwefelsäure: 1) SE +25 2) SE? +55 3) SEI? + 308. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Heinr. Karl Geubel, über Kalk und Kochsalz in landwirthschaftlicher Beziehung. Separatabdruck aus dem Jahrbuche für prakt. Pharmacie von Walz u. Winckler. Speyer 1851. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Frankfurt a.M. d. 22. Mäirz d.J. George Bishop, astronomical observations taken atthe Observatory, South Villa, Inner Circle, Regent’s Park, London, during the years 1839- 1851. London 1852. 4. —— 169 A. Daubree, Recherches sur la presence de l’Arsenic et de l’Antimoine dans les combustibles mineraur, dans diverses roches et dans leau de la mer. Extr. des Annales des Mines, 4. Serie, T. XXIX. p. 669.) Strasbourg 1851. 8. ‚ Experiences sur la production artificielle de ÜApatite, de la Topaze et de quelg. autres mindraur fluoriferes. (Extr. d. Annal. d. Mines, 4. Serie, T. XXIX. p. 684.) ib. 8. The American Journal of science and arts. Conducted by B. Silliman, B. Silliman jr. and James D.. Dana etc. Second Series, Vol. XIII. No. 37. Jan. 1852. New Haven. 8. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissensch. zu Göttingen 1852. No.5. 8. Schumacher, astronomische Nachrichten, No. 799. Altona 1852. 4. A.L.Crelle, Journal für die reine u. angew. Mathematik. Bd.43. Heft 2. Berlin 1852. 4 3 Expl. Revue archeologique. 8. Annee, Livr. 12. 15 Mars. Paris 1852. 8. Die Fortschritte der Physik im Jahre 1848. Dargestellt von der physi- kalischen Gesellschaft zu Berlin IV. Jahrg. Redig. von G. Karsten. Berlin 1852. 8. mit einem Begleitungsschreiben des zeitigen Schriftführers dieser Ge- sellschaft, Heren Professor Beetz, vom 25. März d.J, Aufserdem kamen zum Vortrag zwei Schreiben vom 25. März d. J. über den Empfang der Monatsberichte der Akademie, das eine von der physikalischen Gesellschaft hierselbst, das an- dere von der Königl. Societät der Wissenschaften zu Göttingen. Auf Hrn. G. Rose’s Antrag wurde beschlossen, der Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Dijon die Monatsberichte der Akademie vom Anfange dieses Jahres ab zu übersenden. 19. April. Sitzung der physikalisch - mathe- matischen Klasse. Hr. Peters las eine Abhandlung über die Gebilsfor- mel der Spitzmäuse, welche hier im Auszuge mitgetheilt wird. Von allen Theilen, welche uns Anhaltspunkte für die Clas- sification der Säugethiere darbieten, nimmt das Gebils, abgese- hen von der durch physiologisch-anatomische Gründe gebotenen Absonderung der Beutelthiere, den ersten Rang ein. Die vor- trefflichen Arbeiten von Fr. Cuvier haben gezeigt, wie kein 170 einziges anderes Organ ein so sicheres und leichtes Mittel an die Hand gibt, die grölseren und kleineren Gruppen der Säu- gethiere naturgemäls zusammenzustellen und die .einander ver- wandten Glieder zu erkennen, als die von den Zähnen entlehn- ten Merkmale. Denn die verschiedene Form der Zähne richtet sich nach der Nahrung, von der ein Thier lebt, und steht nicht allein mit den Organen der Verdauung, sondern auch mit der ganzen übrigen Organisation und der Lebensweise desselben im innigsten Zusammenhange. Sehr zu bedauern ist es aber, dals Fr. Cuvier die alte Ein- theilung der Zähne in Vorderzähne, Eckzähne und Backzähne, statt den Begriff derselben auf eine hinreichende Weise zu er- weitern und umzuändern, wozu niemand mehr als er angeregt und berechtigt sein konnte, in einer zu beschränkten Weise aufgefalst und dadurch seinem klassischen Werke über die Zähne der Säugetbiere nicht die Vollkommenbheit gegeben hat, welche man wünschen möchte. Es hat diess offenbar nicht wenig dazu beigetragen, die für das gegenseitige Verständnils so wünschens- werthe Einigung über die Formel des Gebisses mancher Gat- tungen zu verzögern und zu hemmen. Um den gemeinsamen Plan, der dem Bau der Thiere zu Grunde liegt, zu überblicken, ist es nöthig, die wesentlichen Theile zu erkennen und zu ver- gleichen, welche dazu erforderlich sind, und um dieses zu er- leichtern, ist es eben so nothwendig, die einander entspre- chenden Theile unter demselben Ausdrucke zusammenzufassen. Dasselbe Princip gilt daher auch für die Zähne. Um die einander entsprechenden Zähne zu erkennen, ist, wie die vergleichende Anatomie gelehrt hat, kein Kennzeichen so feststehend und entscheidend, wie das, welches von den Theilen entlehnt ist, von welchen die Zähne ihren Ursprung nehmen. Nach dieser Regel sind alle und nur diejenigen obere Vorderzähne oder Schneidezähne, welche vom Zwischen- kiefer ihren Ursprung nehmen, ohne Rücksicht auf ihre Zahl, Gestalt, Stellung oder Richtung. Die Bezeichnung Eckzahn gebührt ausschlielslich und beständig demjenigen Zahn, welcher aus der vordern Ecke des Oberkiefers entspringt, möge er einwurzelig oder zweiwur- zelig sein und seine Krone sich durch eine besondere Form 171 auszeichnen, oder in derselben mit den Schneidezähnen oder Backzähnen übereinstimmen. Alle übrigen Zähne, welche aus dem Oberkicfer ent- springen, sind ohne Ausnahme als Backzähne zu betrachten. Die Unterkieferzähne werden nach denjenigen oberen, welchen sie am meisten in Stellung und Gestalt entsprechen, geordnet; in vielen Fällen kann man sich darnach richten, dafs der entsprechende untere vor dem oberen eingreift, doch ist diese Regel keinesweges durchgehend, zumal wenn die Zahl der unteren Zähne grölser oder geringer ist als die der oberen. Nur wenn man streng nach diesen Grundsätzen, welche auch Blainville in seiner Osteographie befolgt hat, verfährt, wird man zu einer endlichen Einigung über die Gebifsformeln der Säugethiere gelangen. Man hat nur die Wahl, entweder die so bewährte alte Eintheilung der Zähne in drei Hauptar- ten ganz aufzugeben, oder, wenn sie für die Classification der Säugethiere von Werth sein soll, dieselbe consequent durch- zuführen. Denn wenn einmal nicht mehr die Form und Stellung, sondern der Ursprung von den Kiefertheilen als wesentliches Merkmal für die Ordnungen der Zähne anerkannt ist, so lälst sich diefs nicht mehr auf die eine oder andere Ordnung be- schränken, sondern muls für alle anerkannt werden. Sind trif- tige Gründe vorhanden und nimmt man keinen Anstofs daran, die nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch in vielen Fällen unpassende Benennung der „Schneidezähne” beizubehalten, so gelten dieselben Gründe auch für die „Eckzähne” und ‚‚Back- zähne.” Es wird hiernach ebenso unrichtig sein, einen Zwi- schenkieferzahn mit spitzer oder platter Krone „„Eckzahn” oder „Backzahn,” einen schneidenden oder spitzigen Backzahn „‚Schnei- dezahn” oder „Eckzahn” zu nennen, wie einen Eckzahn, der nicht die Gestalt wie bei den Raubthieren hat, als ‚„Schneidezahn” oder „‚Backzahn” zu betrachten. i Obgleich nun die Verschiedenheit in den Angaben der Ge- bifsformeln in vielen Fällen blofs aus Mifsachtung der mafsge- benden Regeln hervorgeht, so kommen doch auch Fälle vor, wo sie von der Schwierigkeit der Untersuchung herrührt. In keiner Ordnung der Säugethiere ist diese gröfser als in der 172 Abtheilung der Insecztivora Cuviers, so dafs auch hier die An- sichten über die natürliche Form des Gebisses mehr auseinander weichen, als bei allen übrigen Ordnungen zusammen. Kein Beispiel zeigt dies deutlicher, als die Spitzmaus, eine Gattung, welche man als den Typus der Insectivoren betrach- ten kann, und welche nicht allein seit den ältesten Zeiten be- kannt, sondern auch vielfach Gegenstand besonderer Arbeiten geworden ist. Von den älteren Schriftstellern hat Conrad Gesner (Hist. animal. I. De quadrup. 1551. p.846.) das Verdienst, zuerst auf die eigenthümliche Form des Gebisses der Spitzmäuse aufmerksam gemacht zu haben, ohne jedoch, ebenso wenig wie seine nächsten Nachfolger, Rajus u. A. auf die Unterscheidung der Zahnarten sich einzulassen. Brisson (Le regne animal. 1756. p. 179.), welcher das Gebils seiner Systematik zu Grunde legte, gibt von der Spitzmaus an, dals sie oben 2 Schneidezähne, 6 Eckzähne und 8 Backzähne, unten 2 Schneidezähne, 4 Eckzähne und 6 Backzähne habe. Daubenton dagegen (Buffon, Hist. nat. 1764. p. 98.) sagt, dals sie weder Schneidezähne noch Eckzähne hätten. Linne& (Syst. nat. 1766. pag. 73.) charakterisirt dieses Gebils auf folgende Weise: Dentes primores superiores duo bi- fidi, inferiores quatuor, intermediis brevioribus, laniarii utrinque plures. Schreber (Die Säugethiere III. 1778. pag. 565.) folgt ihm hierin, indem er als Gebifsformel aufstellt: Vorderzähne oben 2, unten 4 oder 2; Seitenzähne fehlen, wofern man nicht die ersten Backzähne für solche annehmen will; die letzten Back- zähne haben mehrere Spitzen. Pennant (Synopsis of quadru- peds 1771. p. 307. nnd History of quadrup. 1781. p. 476.) führt von dem Gebils der Spitzmaus nichts weiter an, als dals sie „two cutting teeth in each jaw pointing forward” habe. La- cepede (Tableau des divisions, sous-divisions, ordres et genres des mammiferes (Paris. L’an IX. (1800) pag. 7.) ordnet die Zähne von Sorex wieder auf andere Art: „six ou huit incisives ine- gales a chaque mächoire; laniaires tres courtes.” Fr. Cuvier (Annal. du mus. d’hist. nat. XII. 1808. pag. 40.) unterschied die Zähne nach einer Art von Isle de France (also einer Cro- cidura Wagl.) in $ Schneidezähne, “2 falsche Backzähne und 4 * wahre Backzähne. Illiger (Synopsis mammalium. 1811. p. h 7 173 125.) vertheilte die Zähne dagegen in 5 Vorderzähne, 2 La- niarii ambigui, und # Backzähne. Diesen beiden Ansichten sind die meisten jetzigen Schriftsteller gefolgt, indem sie nur das erste Zahnpaar oben und unten als Schneidezähne, die folgen- den kleinen Zähne als molares spurii, molares anteriores, mola- res minores, canini ambigui oder dentes intermedii, und die hintersten mehrhöckerigen als Backzähne betrachten, mit Aus- nahme von Isidore Geoffroy St. Hilaire (Dictionn. classique d’hist. nat. 1827. XI. pag. 314.), welcher nach der Vergleichung mit dem Gebils vom Igel bereits in dem vordersten Zahnpaar Eckzähne zu erkennen glaubt, und daher gar keine Schneide- zähne annimmt. Blainville ist der einzige, welcher neuerdings versucht hat, das Zahnsystem auf seine natürliche Bedeutung zurückzuführen, ist jedoch zu keinem befriedigenden Resultate gelangt, sondern hat sich dabei, wie aus den betreffenden Stellen hervorgeht, nur in Widersprüche verwickelt. So sagt er in seiner Osteo- graphie (Mammiferes, Insectivores) pag. 54: „Le systeme den- „taire des Musaraignes v£ritables est plus difficile ä ramener au „type commun que celui des especes pr&c&dentes, ämoins d’ad- „mettre, comme je l’ai propos€ quelque part, que chaqueiin- „eisive, unique dans ces animaux, n’en repr&@sente au „moins deux et m&me trois; aussi peut-on dire que ce genre „@’Insectivores est encore plus anomal que les Taupes, puisque „lanomalie porte sur le nombre, la forme et la proportion.” ibid. p. 55.: „Je prendrai le type du systeme dentaire de ce „genre dans le S. vu/garis, type du G. Sorex de Wagler, par- „eequ’il est plus complet, Le nombre reel des dents est de „dix en haut et de six en bas; mais en comptant les den- „telures desincisives, onen trouverait onze en haut: „trois incisives, une canine, trois fausses molaires, une prin- „eipale, et trois arriere-molaires, et huit en bas: deux ou trois „incisives, point de canines, deux avant-molaires et trois mo- „laires vraies.” p. 62.: „Une Musaraigne de l’Inde, dont les „os du cräne &taient encore parfaitement distincts, m&me dans „leurs parties composantes, si ce n’est cependant les os du nez „deja r&unis, m’a montre le systeme dentaire. tout-A-fait sem- „blable & celui de l’adulte, quoiqu’il füt encore en grande 174 „partie couverte par les gencives, et je n’ai vu que l’äge y ap- „portät aucun changement notable.” pag. 88. „Pour moi, la formule dentaire des Musaraignes, par exemple, peut &tre ainsi ” gnes, p pe, p . x . 8-9 ou 10 „exprim® dans son systeme de notation: -—— dents de chaque (& ou 4 0 „cöte, savoir 2 Incis., + Can., Be Mol., „+ principale, — arriere-mol.).” Man ersieht hieraus eben nur, dafs ihm die Natur des Ge- bisses unklar geblieben ist, und dals er, um sich zu helfen, zu einem neuen Gewaltmittel griff, indem er mehr Zähne annahm, als wirklich vorhanden sind. Es scheint aulserordentlich selten zu sein, dals man Schädel von Spitzmäusen aus solchem jugendlichen Alter erhält, woran das Gebils schon vollständig vorhanden, die Schädelnähte aber noch zu erkennen sind. Um so erfreulicher war es mir, unter den von mir gesammelten Materialien einen solchen kostbaren Schädel (von Crocidura sacralis, No. 16290 des Berl. Anat. Museums) zu finden, an welchem man über den Verlauf der Zwischenkie- fernähte, deren Feinheit allerdings eine genaue Untersuchung erfordert, nicht zweifelhaft sein kann. Dieses führte mich zu- erst auf die richtige Deutung des Gebisses der Crociduren, und nachher auch der anderen Untergattungen, welche zu untersu- chen ich Gelegenheit hatte. Nicht allein der erste zweispitzige, sondern auch die beiden folgenden oberen Zähne sitzen im Zwi- schenkiefer und sind daher alle drei als Schneidezähne zu deu- ten, so dals man dieselbe Zahl erlangt, die Blainville auch einmal annimmt, ohne, wie er, die Zahl derselben willkürlich zu vermehren. Es hat nun keine Schwierigkeiten, den ersten avant-mol., Oberkieferzahn als Caninus ambiguus, und die vier übrigen als Backzähne zu erkennen. Den drei oberen Schneidezähnen ent- sprechen jederseits zwei untere, von denen nur der hintere in seiner Deutung Zweifel erregen könnte; da er sich aber in seiner Lage zum ersten unteren ganz so verhält wie der zweite obere zum ersten daselbst, und er bei verschiedenen Arten ent- weder vor, unter oder gleich hinter dem dritten oberen Schnei- dezahn liegt, so scheint mir seine Deutung als Schneidezahn vollkommen gerechtfertigt zu sein. Was noch mehr dafür spricht, ist, dafs er auch in dem constanten Vorkommen den oberen 175 Schneidezähnen und nicht dem Eckzahn oder dem kleinen Lük- kenbackzahn entspricht. Denn bei einer Art von Crociduren, Crocidura pulchella (Sorex pulchellus Licht.), fehlt nicht allein der kleine obere Lückenzahn, welcher bei einigen Arten vor- kommt, sondern auch von dem oberen Eckzahn ist keine Spur vorhanden, so dafs die Zahl der oberen Zähne bei dieser Art jeder- seits nicht über sieben ist. Der dritte Unterkieferzahn ist so- wohl durch seine Stellung zum entsprechenden oberen, wie auch durch seine mehrzackige Entwickelung bei Sorex varius Smuts (Myosorex Gray.), als Lückenbackzahn zu erkennen, ebenso wie die drei letzten Unterkieferzähne den oberen drei wahren Back- zähnen in jeder Hinsicht zu vergleichen sind. Auf diese Art erhalten wir eine natürliche Zahnformel, welche sowohl den übrigen Insectivoren als auch der parallelen Reihe der Beutel- thiere, insbesondere den Phalangisten entspricht, und uns die Anwendung besonderer nur verwirrender Kunstausdrücke er- spart. Das Gebifs der Crociduren besteht daher wesentlich aus drei Paar oberen und zwei Paar unteren Schneidezähnen, und aus vier Paar oberen und unteren Backzähnen. Die Eckzähne und die kleinen oberen Lückenbackzähne sind unwesentliche Theile des Gebisses dieser Gattung. Untere Eckzähne fehlen beständig; die oberen können aber ebenso wie die kleinen über- zähligen Lückenzähne vorhanden sein oder fehlen. Bei der Wasserspitzmaus, der Galtung Crossopus von Wagler, ist die Zahnformel, der Analogie nach zu schlielsen, ganz wie bei den Crociduren. Sorex vulgaris L. dagegen und die damit verwand- ten Arten (Waglers Sorex), welche sich schon durch die merkwürdige sägeförmige Gestalt der vorderen unteren Schnei- dezähne auszeichnen, haben, nach der Lage der Foramina In- eisiva zu schlielsen, höchst wahrscheinlich vier Paar obere Schneidezähne; ich glaube auch eine dem entsprechende Zwi- schenkiefernaht erkannt zu haben, doch bin ich meiner Sache noch nicht sicher genug, um mich entschieden darüber ausspre- chen zu können. Die Gebifsformel der Gattung Crocidura würde je nach den Arten auf folgende Weise auszudrücken sein: 200 0.1.3 36 3.1 1 6, MT I oder 9.218, 6,,1,.2:9 2:30, 176 Die hierher gehörigen Arten aus Mossambique sind: 1. Crocidura hirta nova spec. S. cinnamomeus, subtus ex cinereo flavescens, rostri latere labioque superiore fuscis; rliinario bifido; cauda crassa, corpo- ris dimidio longiore; unguibus aequalibus; vellere brevi ri- gido; dentibus supra utrinque octonis. Long. ab apice rostri ad caudae basin 0,085; caudae 0,055. Fundort: Tette, 17° Südl. Breite. Am meisten verwandt mit Sorex flavescens Smith, und Sorex fulwaster Sundevall. 2. Crocidura sacralis nova spec. S. supra flavescens vel dilute cinnamomeus, macula sacrali fusea, subtus ex albo canescens; rhinario bifido; cauda in basi erassa, longitudine dimidii corporis; unguibus anterioribus paulo brevioribus quam posterioribus; dentibus supra utrin- que octonis. Longit. pulli ab ap. rostri ad caud. bas. 0,070; caudae 0,037. Fundort: Halbinsel Cabaceira, 15° S. Br. 3. Crocidura canescens nova spec. S. cinereofuscus, gastraeo artuumque latere interno cine- reis, ingluvie flavescente; rhinario bifido; cauda crassa, cor- poris dimidio longiore, vertebris quadrangularibus; unguibus aequalibus; dentibus supra utrinque octonis. Longit. ab ap. rostr. ad caud. bas. 0,080; caudae 0,046. Fundort: Tette, 17° S. Br. Diese Art steht dem Sorex sericeus Sundev. am nächsten, unterscheidet sich von ihr aber durch die bewimperten Ohr- klappen und die viereckigen Schwanzwirbel. 4. Crocidura annellata nova spec. S. supra cinnamomeus, pilis albo annellatis, subtus ex eine- reo flavescens; rhinario bifido; cauda crassa, corporis dimidio longiore; pilis longioribus sat rigidis; unguibus posteriori- bus longioribus; dentibus supra utrinque octonis. Longit. ab apice rostri ad caud. bas. 0,090; caudae 0,055. Fundort: Tette, 17° S. Br. Mit Lichtenstein’s Sorex cinnamomeus (Sorex flavescens Geoffroy?) am meisten zu vergleichen, aber viel kleiner und mit verhältnifsmälsig kleinerem Schwanze. 177 Hr. Peters gab eine Übersicht der Seesterne (Aste- ridae) von Mossambique. EcHINASTER M. T. Echinaster fallax M. T. Querimba-Inseln. Selten. OPHIDIASTER Agass. a) Arten mit granulirter Täfelung. 1) Ophidiaster miliaris M. T., sowohl die langarmige (Linckia iypus, Gray) als die kürzere (Zinckia Brownii, Gray) Varietät, ungemein häufig. 2) Ophidiaster multiforis M. T. Wie die vorige bei den Que- rimba-Inseln, sehr gemein. 3) Ophidiaster Ehrenbergü M. T. Selten, bei Ibo. 5) Arten ohne Granulation, nur von nackter Haut überzo- gen (Subg. LEIASTER, Peters). 4) Leiaster coriaceus, nova spec. Arme und Scheibe von einer glatten, dicken Haut überzo- gen, so dals weder Plättchen noch Granulationen zu unter- scheiden sind. Arme platt, am Ende plötzlich zugespitzt; Länge derselben zum Scheibendurchmesser wie 44:1. Die Furchenpapillen stehen dicht gedrängt in einer einzigen Reihe, je drei auf einer Furchenplatte; die einzelnen Papil- len sind von gleicher Gröfse, und auf der inneren Seite der Länge nach gefurcht. Nach aulsen von den Furchenpapillen drängen zerstreute, kurze, am Ende zugespitzte Stacheln die Haut hervor. Die Porenfelder stehen an jedem der fünf Arme in acht regelmälsigen Reihen; in jedem Porenfelde zählt man an dreilsig Poren. Farbe: schmutzig-grün oder bräunlich-grün, mit grolsen unregelmälsigen braunrothen Flecken. Die Länge des Scheibendurchmessers ist 30 Mm., der Arme 140 Mm. Fundort: Querimba-Inseln. Nur zwei Exemplare, eins trocken und eins in Weingeist, welche sich jetzt auf dem Zool. Museum befinden. 5) Leiaster glaber, nova spec. Fünf Arme, etwas breiter als hoch, am Ende zugespitzt, 34 mal länger als der Scheibendurchmesser. Plättchen in sieben regelmäfsigen Reihen, die der Rückenseite herzförmig, mit 178 der abgerundeten Spitze nach der Scheibe gekehrt, glatt und ohne Granula. Im frischen Zustande ist das ganze Thier in eine schleimige Haut gehüllt. Porenfelder bilden acht Rei- hen; bis zwölf Poren in jedem Felde. Furchenpapillen in einer Reihe, gleich grofs, platt und ungefurcht; nach aufsen von ihnen in einiger Entfernung eine Reihe zerstreut ste- hender kurzer Stacheln. Farbe: im frischen Zustande zinnoberroth, in Weingeist schmutzig weils. Länge des Scheibendurchmessers 12 Mm., der Arme 40 Mm. Fundort: Querimba-Inseln. Ein einziges Exemplar. SCYTASTER M. T. Scytaster variolatus M.T. An der ganzen Küste gemein. CuLcıTA Agass. 1) Culeita discoidea Agass. 2) Culcita coriacea M. T. Nicht selten bei Ibo. Asterıscus M. T. 4) Asteriscus verruculatus M. T. 2) Asteriscus cepheus Val. Beide nicht selten bei Mossambique und Ibo. 3) Asteriscus coccineus M. T. (Patiria coccinea Gray). Zwei Exemplare bei Mossambique. OREASTER M.T. Oreaster tuberculatus M. T. Nicht selten an der ganzen Küste. In verschiedenen Varie- täten; die Rückseite ohne und mit Pedicillarien, die unteren Randplatten ohne oder mit Stacheln. Gonıopıscus M. T. Goniodiscus Sebae M. T. In mehreren Exemplaren bei Ibo ge- funden. AstEroPpsıs M. T. Asteropsis carinifera M. T. Nicht häufig bei den Querimba- Inseln. ÄASTROPECTEN Linck. Astropecten Hemprichü M. T. Sehr gemein in der Bai von In- hambane. LuviıpıA Forbes. Luidia maculata M. T. Von Ibo bis Inhambane nicht selten. e 179 Hr. H. Rose theilte folgende Bemerkungen über die Oxyde des Thoriums und des Donariums mit: Fast zu gleicher Zeit erhielt ich von den Herren A. Da- mour in Paris und N. J. Berlin, Prof. der Chemie an der Universität zu Lund, Mittheilungen, dafs das von Bergemann dargestellte Donaroxyd Thorerde sei, welche durch kleine Men- gen von Kalkerde und von den Oxyden des Eisens, des Bleies, des Urans, des Mangans u. s. w. verunreinigt sei. Einer der Hauptunterschiede zwischen der 'Thorerde und Donarerde ist aulser dem verschiedenen spec. Gewicht der, dafs erstere nach dem Glühen nach Berzelius eine weilse, letztere nach Bergemann aber eine rothe Farbe besitzt. Nun ist es aber den Herren Damour und Berlin geglückt, aus dem Orangit, dem Minerale, aus welchem Herr Bergemann die Donarerde darge- stellt hat, ein Oxyd von weilser Farbe darzustellen. Herr Ber- gemann aber, zufolge einer Mittheilung an Herrn Poggendorf, welche derselbe in dem Aprilhefte der Annalen der Physik u. Chemie bekannt gemacht hat, hat sich überzeugt, dals auch die Thorerde aus dem Thorit, wenn sie durch Ammoniak aus ihrer Auflösung gefällt worden ist, nach dem Glühen von rother Farbe ist; hat man sie aber durch Kali niedergeschlagen, so enthält sie Kali und zeigt nach dem Glühen eine weilsliche Farbe. Hr. Dirichlet trug folgende Mittheilung vor: Über die | Anordnung der Electricität auf einer einzelnen sehr | dünnen Platte und auf den beiden Belegungen einer Franklin’schen Tafel, von R. Clausius. Man hat sich bei der Bestimmung der Anordnung der Electricität auf den beiden Belegungen einer Leidener Flasche ' bisher immer mit den ersten Annäherungen begnügt. So be- ‚ trachtet z.B. G. Green in einer hierauf bezüglichen Unter- suchung [An Essay on the Application of math. Analysis to the theories of Electr. and Magn. Nottingham 1828. Art. 8.] nur diejenige Electrieität, welche sich auf der dem Glase zuge- | wandten Fläche der Belegung befindet, und läfst die auf der vom Glase abgewandten Fläche befindliche unberücksichtigt. | Der Verf. des vorliegenden Aufsatzes hat sich daher die Auf- | 180 gabe gestellt, wenigstens für einen speciellen Fall der Leidener Flasche die Annäherung weiter zu treiben, als es bisher ge- schehen ist, und als diesen speciellen Fall wählt er die soge- nannte Franklin’sche Tafel mit kreisförmigen Belegungen, oder allgemeiner ausgedrückt, zwei kreisförmige, parallel neben ein- ander stehende sehr dünne Platten, welche selbst aus einem leitenden Stoffe bestehen, aber von nichtleitenden Stoffen um- geben, und dadurch von einander getrennt und isolirt sind. Bevor er diese Aufgabe selbst behandelt, betrachtet er den Fall, wo nur eine einzelne Platte mit Electricität geladen wird, wobei er die Gestalt der Platte als elliptisch annimmt. Um in diesem Falle zu der Formel zu gelangen, welche die Dichtig- keit der Electricität an den verschiedenen Punkten der Platte darstellt, ist es am bequemsten, von der Betrachtung eines EI- lipsoids auszugehen, und dieses durch fortgesetzte Verkleinerung der einen Axe in eine unendlich dünne elliptische Platte zu verwandeln. Man erhält alsdann für eine Ellipse mit den Axen a und 5, welche zugleich als Coordinatenaxen genommen wer- den, wenn Z die gesuchte Dichtigkeit an dem Punkte (z, y), und © die ganze auf der Ellipse befindliche Electricitätsmenge bedeutet, die Gleichung: (T.) Z= 4 b« pe ar 2abr V x" F 1 ee, a? b® und daher für den besonderen Fall, dals die Ellipse in einen Kreis mit dem Radius a übergeht, wenn x&° + y?” =r” gesetzt wird: 1 (iS Ze . an Ve a Nachdem so der Ausdruck für Z einmal gefunden ist, lälst sich die Richtigkeit desselben auch unabhängig von dem El- lipsoid beweisen, und der Verfasser führt dieses für den besonk deren Fall der Kreisfläche aus. Indem er sich sodann zu dem eigentlichen Gegenstande seiner Untersuchung, der Franklin’schen Tafel, wendet, nimmt er vorläufig an, dafs ‚beide Platten derselben mit gleichen ’ N 3 r Li 181 _ Quantitäten entgegengesetzter Electricität geladen seien, weil dann die Dichtigkeit auf beiden Platten gleich ist, und sich daher leichter bestimmen läfst. Der Ausdruck Z, welcher diese Dichtigkeit an irgend einem Puncte der Platte darstellen soll, mülste eigentlich allgemein als eine Function des Abstandes r dieses Punctes vom Mittel- 7 punkte, oder des Bruches — = z ängenommen werden, doch a läfst sich durch einige leichte Betrachtungen im Voraus erse- hen, dals er nur gerade Potenzen von z enthalten kann, und daher als Function von =? behandelt werden darf. Zur nähe- ren Bestimmung dieser Function hat man die Bedingung, dafs die Potentialfunction über die ganze Ausdehnung der Platte _ konstant sein muls. Denkt man sich die Potentialfunction in einer Reihe ent- wickelt, welche nach steigenden Potenzen des Abstandes ce der beiden Platten geordnet ist, und welche, wie man schon a priori erkennen kann, sogleich mit dem Gliede erster Ordnung be- ginnt, so ergiebt sich aus der Untersuchung, dals, wenn man nur bewirken will, dals dieses Glied erster Ordnung von der Veränderlichen z unabhängig werde, es genügt Z selbst kon- stant zu setzen. Will man dagegen, dals auch das zweite Glied der Potentialfunction konstant werde, so muls man für alle Puncte der Platte, welche so weit vom Rande entfernt sind, dals man ihren Abstand vom Rande gegen c als grols betrach- ten kann, setzen: herr sin Wer (III.) um rear ’ worin A eine Constante ist. Um diesen Ausdruck auch auf Punkte in der Nähe des Ran- des anwendbar zu machen, wird an dem zweiten Gliede noch eine Correction ‚angebracht, welche im Innern der Platte die Potentialfunetion nur um ein Glied von höherer als zweiter Ordnung ändert, und also dort vernachlässigt werden kann, am Rande dagegen an Einfluls gewinnt, und hier zunächst bewirkt, dals die Anordnung der Electricität derjenigen am Rande einer 182 einzelnen Platte ähnlich wird. Dieses wird durch einen Zusatz im Nenner erreicht, durch welchen der Ausdruck folgende Ge- stalt annimmt: dv) z— He Sem sin?» db ). 4. 2? Bi Vise SE worin 5 eine von c abhängige Constante ist, und diese wird nun so bestimmt, dafs der Werth der Potentialfunction am Rande mit dem im Innern der Platte so nahe wie möglich über- einstimmt, was freilich, da nur über Eine Constante zu verfü- gen ist, auch nur für das erste Glied geschehen kann. Dadurch geht (IV.) über in: ( E NS ) VORMZE. | + — 2 ; ar \ 1-2? +0,35 Vz Vi =? Hierin mufs noch die Constante A bestimmt werden. Nimmt man dazu an, dafs die Electricitätsmengen + @ und — 0, mit welchen die beiden Platten geladen sind, bekannt seien, so muls man aus der vorstehenden Gleichung durch In- tegration den Ausdruck für die ganze auf der einen Platte ent- haltene Electricitätsmenge ableiten, und diesen gleich @ setzen. Dadurch erhält man: EN, & vn ==) a = (1-+ log ) woraus folgt: PR Q N. 17,68 @ WI) A= (‘ — log 2 ): Nimmt man dagegen an, dals der Zustand der Conductoren, von welchen die Platten ihre Electricität empfangen haben, bekannt sei, so kann man den Satz anwenden, dals in einem Systeme von leitenden Körpern, welche in Verbindung stehen, das elek- trische Gleichgewicht sich so herstellt, dals die Potentialfunk- tion im Innern des ganzen Systemes überall denselben Werth 183 hat. Daraus erhält man, wenn + 7 und — 7 die Werthe der Potentialfunktion in den beiden ladenden Conductoren sind: (VIIL) V=-—A.ırc, und daher: v (IX.) A = ar: p) und zugleich ergiebt sich zwischen 7 und @ folgende Bezie- hung: a V c 17,68 a (X.) Q =—_ er (: + pe log =). Bei allen diesen Bestimmungen war angenommen, dafs die Electrieitätsmengen der beiden Platten gleich und entge- gengesetzt seien. Um von hier aus zu einem allgemein gülti- gen Resultate zu gelangen, bei welchem die Electricitätsmengen irgend welche verschiedene Werthe haben können, genügt es, neben dem vorher betrachteten noch einen zweiten speciel- len Fall zu untersuchen, nämlich den, wo die Electricitätsmen- gen gleich und gleichartig sind, denn aus einem System der ersten und einem der letzten Art kann man jedes andere System mit verschiedenen Electricitätsmengen zusammengesetzt denken. Da bei dem gewöhnlichen Ladungsverfahren, wobei nur die Eine Platte mit einem Conductor, die andere dagegen mit der Erde in Verbindung gesetzt wird, die zum ersten Systeme ge- hörigen Electricitätsmengen die Hauptmasse bilden, und im Ver- hältnifs zu ihnen die zum zweiten Systeme gehörigen von der Ordnung — sind, so kann man sich bei der Bestimmung der Br 5 letzteren mit einer geringeren Annäherung begnügen, als bei den ersteren, und kann die Anordnung der Electricität so an- nehmen, wie sie sein würde, wenn der Abstand c der beiden Platten Null wäre. Dann erhält man, den Gleichungen (V.), (VII) und (IX.) entsprechend: 1 V’, Z=A. ( ) Vi Fa ’ ? EN 4 VI) A oz A* 184 WW’ 2ar IX.) A=— v 2* Sind nun die Platten mit verschiedenen Electricitäts- mengen geladen, und bezeichnen Z, und Z, die für beide gel- tenden Dichtigkeitsfunctionen, so kann man selzen: Zum ZZ ud ee Zr Z, oder: Ir 1— 2? sin’pdb c A| 1 ie Bir I a Fee Fr ee ar 12: +05Yy Vı—z? Aka Dee 6.48) T Sr sin’$bdp am 1— 2? +0,52 Vı— x? + A ——9 1—z worin A und A’nach den Bedingungen der Aufgabe bestimmt werden müssen. In der letzteren Beziehung kann man beson- ders vier Hauptfälle unterscheiden. 1) Wenn die auf den beiden Platten befindlichen Electri- citätsmengen gegeben sind, und mit Mund — N bezeichnet werden, so erhält man: > M+-N M—N und =, Q welche Werthe in (VII.) und (VIV’.) eingesetzt werden müssen. 2) Wenn die Werthe der Potentialfunction in den beiden ladenden Conductoren gegeben sind, und mit — R und $ bezeichnet werden, so erhält man: R Ay R—S 2: und a au V=— welche Werthe in (IX.) und (IX’.) eingesetzt werden müssen. 185 3) Wenn für die Eine Platte die auf ihr befindliche Elek- trieitätsmenge M, und für die andere der Werth der Po- tentialfunction des ladenden Conductors S oder —N und — R gegeben sind, so erhält man für den ersten Fall: 17,68 2er fee] Ss = c (+2) : (1! = +)] 2a: a’m\a + [ Er EZ { und für den zweiten Fall ganz ähnliche Ausdrücke. 4) Wenn für ein und dieselbe Platte die auf ihr befind- liche Electricitätsmenge und der Werth der Potentialfunction, also entweder M und — R oder — N und S gegeben sind, so erhält man für den ersten Fall: 1-22) [29]. alt) [2m] und für den zweiten Fall ganz ähnliche Ausdrücke. In den drei letzten Abtheilungen ist auch die gewöhn- liche Art der Ladung, wobei die Eine Platte mit der Erde in Verbindung gesetzt wird, als ein specieller Fall mit einbegriffen, indem man die Erde ebenfalls als einen Gonductor betrachten kann, in welchem die Potentialfunction den Werth Null hat, und man also nur $=0 zu setzen braucht. Dadurch erhält man, wenn der Werth der Potential- function in dem Conductor, welcher die andere Platte ladet, gegeben, und mit — A bezeichnet ist: A=— A= R R Am, und Am oa cr dan? und daraus ergeben sich zugleich die Electricitätsmengen M und — N, welche die beiden Platten bei dieser Ladung aufnehmen, nämlich: 17,68 ST road) Ra® 17,68 N=-—Jı 5 (1 = 2)]; 4c ar c 186 während die Electricitätsmenge m, welche eine der Platten für sich allein von demselben Gonductor aufnehmen würde, darge- stellt wird durch: 2a m=—.R. 7 Wenn dagegen die Electricitätsmenge M der inmit- telbar geladenen Platte gegeben ist, so erhält man: _._M £ ce (10 ee ” —a?’r ra GUT: >) 4 M 17,68 @ sie], und für den Werth der Potentialfunction — R auf der unmit- telbar geladenen Platte, und die Electricitätsmenge — N auf der mit der Erde verhundenen Platte ergeben sich dabei die Aus- drücke: a='z]ı — (10 ee :)]; N ul-z, E Brei (108 7®* + ]} ar ar c Ist endlich die Electricitätsmenge — N der mit der Erde verbundenen Platte gegeben, so erhält man: N c 17,68. @ 4, |- (6 =-2)] a CE K 17,68. A 3 [:- = (tes wi -:)| . und zugleich ergeben sich für die Electricitätsmenge 7 uud die Potentialfunction — R der anderen Plalte die Ausdrücke: lee: bir FRE ar ar c £ 2 en take u £ 187 Hierauf wurde folgender Bericht des Herrn Dr. E. Luther in Königsberg über die von dem verstorbenen Akade- miker C. G. J. Jacobi ihm übertragenen Störungs- rechnungen vorgelesen. Professor €. G. J. Jacobi ist nach brieflichen Mittheilun- gen an mich zu einer neuen Methode, die störenden Kräfte zu entwickeln, gelangt. Diese Methode die Störungsfunction zu entwickeln beruht hauptsächlich auf einer besonderen Darstel- lung des Quadrats der Entfernung zweier Planeten. Die End- formeln für das Quadrat der Entfernung zweier Planeten sind mir von Jacobi mitgetheilt, damit ich die Constanten dersel- ben für alle Combinationen der Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Vesta, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun berechnen möchte. Am 18. Januar a. c. schickte ich der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin einen Bericht über diesen Gegenstand ein, welcher die Jacobischen Formeln, eine Ableitung dersel- ben und die Resultate der Rechnung enthält. Die von mir ge- gebene Ableitung dieser Formeln ist von keinem Interesse, da die mir inzwischen von Hrn. Prof. Dirichlet gütigst anver- trauten Papiere Jacobi’s eine Herleitung derselben enthalten, welche anderweitig veröffentlicht werden wird. Ich gebe da- her, von den Herren Akademikern Dirichlet und Encke auf- gefordert, eine Mittheilung für die Monatsberichte der Königl. Akademie zu machen, in dem Folgenden: 1) die Jacobischen Formeln, 2) die Resultate meiner Rechnung, 3) Jacobi’s For- meln zur Berechnung der sphärischen Dreiecke, deren Eckpunkte die Perihelien zweier Planeten und der Durchschnittspunkt ih- rer Bahnen sind, und die Resultate meiner Rechnung. 1) Jacobi’s Formeln. Wenn zwei Gröfsen ohne einen obern Index und mit einem obern Index bezeichnet sind, so bezieht sich erstere auf den oberen, letztere auf den unteren Planeten, z.B. a auf Mars, a’ auf Erde. Es bezeichnet: 2 die Länge des aufsteigenden Knotens einer Planetenbahn. i die Neigung derselben. ” die Entfernung des Perihels vom festen Knoten. a die halbe grolse Axe. 188 ı den Excentricitätswinkel. r den Radiusvector. v die wahre Anomalie. & die excentrische Anomalie. T die gegenseitige Neigung zweier Bahnen. k die Entfernung des gemeinschaftlichen Knotens zweier Bahnen vom festen Knoten der Bahn des oberen Planeten. w=r-—k die Entfernung des Perihels vom gemeinschaft- lichen Knoten. e das Quadrat der Entfernung zweier Planeten. ce die Basis der natürlichen Logarithmen. Ferner bezeichne man: a cos’+gp durch « asin’+p durch 8 ‚ [04 — cos? +7 durch &. [64 | Jacobi nimmt die Bahn des oberen Planeten zur xy Ebene, die Sonne zum Anfangspunkt der Coordinaten und die Knoten- linie zur x Axe. Alsdann ist: e = fa—x’+ v-ıu sr’) ‘ fe 0 y-t1(y—-y) + 7’? oder, wenn 1 —V-1(e+v) PerE fee +y-1y-y)=R 1 V-1(e+u) j Be ‚ja y-1(y-y) =R oe gesetzt wird, re = 0? SER, +0 }. Es ist alsdann: (@-:-n+n)V- 1 —(—n)V—1 R=1-—(a)c — Cc — (+.+u—T)V- 1 —2:Y-1 zu +ig’zpe ((--YH)V-1 (-n)V-1 R,=1—(e,)c — cc (.+.+u-T)V-ı 2eV- 1 ya +gt4e 9 = m — im’ 0052 (€ + w + &0) — 2m” sin (+ w + 80). 189 Die Coefficienten und Winkel dieser Gleichungen werden durch folgende Formeln berechnet: Lg («) = Lg «, + tg’ p’ tg? 41 cos 2w w= tg’ op’tg” 47 sin 2w LgL =1Lg(u,tg+p) + tg? +7cos2wW— tg’ 57 cos 4w’ = wW— w—tg?’+I1sinzw’ + +tg' 7 sin 4w’ dcosy = 2tg pP —Lcos A esiyy = -—- Lsin‘ "=r—-(W—u) + wo ycosT= «, cos w’ (tg? +p’+ tg” +7) ysinT = «, sin w s’ +p'—tg?’+T) 2 eD8 artg’zI + 3tg? dp’ sin? w' — + 1g* @' sin! w cos? L =1g ka u +1) to? $’ sin? w gm’ ont Kl, ‚af g’+ + g {02} sın“ w — 4 tg' sin‘ w eo =tg’+9 sin2wW’ + +tg‘ +9’ sin Aw’ Lgm"’ = Lg (sig# a} ig’ +Tsin tn pP’ cos 2w _ E. tg‘ +p cos4uw 2) Resultate der Rechnung. Der Berechnung der Jacobi’schen Formeln liegen die Ele- mente aus Hansen’s Übersicht des Sonnensystems (Schumacher’s Jahrbuch für 1837) und Walker’s Bestimmung der Elemente des Neptun (Smithonian contributions to knowledge. Wa- shington 1849. Vol. II. Appendix I.) zu Grunde. Zur Berechnung von X, X’, I habe ich die Gaussischen Formeln: cos (K+K)sin 4/7 = cos + (X — 2) sin + (’— i) sin (K + K)sin+/ = sin + (X — 2) sin + (i’+ i) cos +(K— K’) cos+T = cos+ (X— 2) cos+ (i’— i) sin Z(K—K’)cos+/= int (@_.0) cos + (i’+ i) und auch die Formel: Fk KV O)=tgzitg +i’ sin m 5 tg? zZitg?’ zi’sin2 (— 2) 190 angewendet. Zur Controlle der Berechnung von gcosy=2tg$Pp—Lcosi esny= —Lsin‘ bietet sich die Gleichung £ sin (A— y) = 2tg +9 sin‘ dar, und zur Controlle von ycosT = a, cos w (tg? +P’+1g’4 ysinT = «, sin w (tg? +4’ — tg’ + die Gleichung: sin (W—T) = a,tg? 47 sin 2w. Eine Controlle über die ganze Rechnung erhält man da- durch, dafs für die Conjunction oder Opposition zweier Plane- ten, also fürvo#w=0 oder z und ’+-wW=0 oder = das Quadrat der Entfernung 9 = (r—r’)? oder (r + r’)? ist. Ich habe in den meisten Fällen v=—w und ’=— w zur Con- trolle benutzt. Die excentrische Anomalie habe ich durch die bekannte Formel igge=tgzvtg (55H) erhalten, und den Radiusvector durch die Formel r=a(1— sind cose). Es mufs alsdann (r—r')’=g=a”$RR,+ 9} sein. Da sich aber beide Planeten in der Ebene der Bahn des oberen Plane- ten, also in der xy Ebene befinden, so ist und (r—r')? =a®RR,. RR, erhält man durch die Gleichungen: VRR,.cosS=1— (a) cos (—e—y'-H4)—2 cos (e—») —ycos(+e+w—T)+tg?’+9 cos2e VRR,.snsS= — (a) sin (@—e—n+9) + Lsin(e— +) +ysin(+e+w—T)— ig’ +0 sin2e Die Resultate der auf diese Weise controllirten Rechnung sind folgende: FE) = ir R a x Br 0 OA AOKIK FFERE [= | 10+1ga? 12.9552678 11.9583066 11.4319646 10.7446602 10.3639009 „ 9.9999388 9.7186648 191 10-+lg(a,) ; danereı | | ssinmärne || ainsen 8049574 95014882 9.2383180 8.8936605 8.7041284 8.5222302 8.3814413 8.1038758 9.6963606 9.4332995 9.0882761 8.8992361 8.7172828 8.5764391 8.2991685 9,7367768 9.3924523 9.2026126 9.0206104 8.8800387 8.6026391 9.6552259 9.4659003 9.2839299 9.1431827 8.8658643 9.8083216 9.6259557 9.4863458 9.2092863 9.8179054 9.6772585 9.4003282 9.8589825 9.5815693 9.7231913 10 +1gd 8.5438618 & 1055351 .7242667 n. 1872121 7.9426424 71.9237232 7.9386496 7.8114755 8.6927635 8 7697034 8.6661465 8.7309579 8.6657233 8.6669828 8.6726277 8.7549411 8.8874871 8.8081281 8.7361006 8.7463802 8 6830362 8.8881161 85031225 8.6831101 8.6863186 8.6381914 9.0045732 8.9775005 8.9540887 8.7428693 9.0020317 8.9836094 9.0646996 8.0946729 8.8108331 9.0232877 10 di ei ee ee 6 6538375 6.4339063 6.0440534 6.4876022 6.0937204 4.9749189 5.1463198 6.1717605 6.6559917 6.1800250 6.7076742 6.2277029 4.7365934 5.2929866 6.3952415 6.4459135 6.8933412 6.6181761 5.7516826 5.3715128 6.6356344 1.2278123 6.8202423 5.5893642 5.7213786 6 9414031 7.4382983 7.2230112 6.6633796 7.0725384 6.2239554 6.1426325 7.4790890 6.8009053 7.7029906 7.7492145 EERREFFPEPHFLHHTH TOO 0 0 0 8 Or € ee He ee eae | FEFERFESEERBEBBRSBEEEBEEFRRERFERRSRERERRFS FU WLHO 40 40 40 Hot 40 O4 Ha 40 010, [K Hot 10 or a, [kB Mio Orca, [kp rin w OraJ Lk. p to #0 01 010,0, Q, 192 10-1818" + | 10 +lgm | 10+1gm | 10 +1gm” 5.2789356 6.15024 5.84913 4.4238 1r n 5.16206 4.86091 3.393235 n 4 60200 4.30084 2.99717 n 5.146709 5.16476 4.355352 n 4.34771 4.04502 3.283826 n 3.72962 3.423852 1.396257 n 3.83706 353599 1.96853 n 4.10399 3.78583 3.53968 6.7353852 6 15758 5.859554 4.989227 m 4.74047 4.43781 3.67738 n 5.98492 5.68137 5.01735 n 4.142932 3.383619 3.341597 n 3.39530 3.091422 1.571252 n 4.17150 3.387045 2.183208 n 4.38965 4.07835 3.71932 6.8973328 5.85451 5.55183 4.79404 n 6.30977 6.00707 5.25106 n 5.33344 5.03237 3.479599 n 5.01759 4.71655 2.837661 n 4.56847 4.267410 2.70362 n 5.02412 4.70214 4.500653 6.7638550 7.02609 6.72279 6 03457 n 5.42857 5.12557 4.405857 n 4.98797 4.68694 1.785895 n 5.17312 4.87206 3.25798 n 5 52409 5.20903 4.91873 72941234 7.39615 7.09262 6.42448 n 7.141219 6.341116 4 49350 n 6 45340 6.15234 4.536424 n 6.30865 5.97235 5 83741 7.3388216 6.35393 6.035275 4.7739 7n n 6.10847 580743 3.81069 n 6.41180 6.10189 5.71129 5.8482196 6.96169 6 66064 4.97597 n 7.04388 6.73436 6 33372 5.0708292 6.93044 6.60770 6.41410 €&o 22.20 50.66 9.05 N 7 v„-T ° ’ ” | o° ’ ” o ’ YVu.&|— 47 17 58.43 — 167 34 21.57/— 114 35 Vu |—-110 55 0.57 —152 49 26.88|— 39 56 vu2%| 68 4 415) 104 10 24.74 39 5 Yu. 9 47 42.16| 167 47 41.59) 129 25 Yu.g| 3122 47.49| 106 12 50.66| 66 24: Yu.ö|— 3 11639 — 55 17 7.72|— 100 51 Vm.ol— ı 333.17)— 77 34 3804| 8411 Yu.5|— 10 39 21.67) — 37 51 12.40— 819 Su.hl 33 42 42.80) 112 5 24.87] 60 29 5 u.2. 5 6 1568| 161 29 15.44| 159 22 & u.59|— 13 26 9.30|— 95 5 55.82) — 129 4l Su.dl— 2 3 23.76) — 166 56 10.04|— 167 25 su 1 0168| 69 0 1222] 88 25 Fe) 013 15.08 44 035.78] 139 6 Su.% 5 240.12] 98 11 46.90) 105 44 Hu.2) 26 52 29.62 104 52 47.591 88 18 Ru.9|— 5 31 57.40 — 165 36 38.48] 172 59 hu.gl 1156 57.82] 128 40 16.27) 115 20 Bu. ö— 020 221— 10 42 10.81 32 4 Ru.9|— 018 13.77) — 34 55 39.87| 157 32 bu% 232 428 1712 39] 3119 u. 26115974 148 82491 8111 2.u.gJ| 32 26 25.985 71101376 3514 2, u.ö5j— 350 22.72 — 92 13 13.32 — 86 58 2. u.09l— ı 22110 —113 38 45.10 10 40 2, u. 8|— 18 15 3492 — 81 31 45.66 — 49 2 Bau. Ji— 36 13 8.751119 30 3.24 — 4156 Fu 2 10 20.72) 151 51 2.11 142 9 KHu.9 1 5 2384| 126 27 52.48) — 94 36 KBu% 2 18 41.55 6 7 55.90 30 gu.ö5I— 5 13987 —132 9 1727 — 39 44: gu.9|— 055 57.79) —152 14 43.45 — 106 39 : gu.51— 26 10 3.65 — 128 7 28.94 — 93 42 &5u.9|— 9 23 35.30 — 33 36 12.701 72 44 5u.5| 148 15 57.86| 173 26 27.63 3851 Qu.5| 12748 23.87! 177 5 26.671 56 57 0 45.22 1 6.49 0 59.66 = Se 2/— 6 12.69 2|— 0 12.75 0 0.79 37 3.70 — 236.93 1 33.59 — 6 32.82 — 631.46 0 11.62 0 0.00 33 17.23 1 31.64 5 48.96 1 6.71 — 0 6.11 0 0.49 36 39.41 — 6 22.51 — 635.12 0 176 . 31 44.56 0 2.41 31 14.15 36 21.70 194 3) Jacobi’s Formeln zur Berechnung der sphärischen Drei- ecke, deren Eckpunkte die Perihelien zweier Planeten und der Durchschnittspunkt ihrer Bahnen sind, und die Resultate meiner Rechnung. Zur weiteren Entwickelung der Jacobi’schen Störungs- theorie ist die vollständige Kenntnifs der sphärischen Dreiecke erforderlich, in denen w uud w’ zwei Seiten und 7 der einge- schlossene Winkel ist. Die Distanz der Perihelien IT und die Winkel F und F’habe ich nach den von Jacobi zu dieser Berechnung IE WEST Formeln: cos + (wW+ ein (u =: - i abe at 8212; sin z(w’ zu ® = 2 sin w sin w’ REN sin (w’— w) Bear 1 ER z=a—za+za; ymb-5’+5z0 II— (w— w) = hcos’ I — 4h? cotg (w'— w) F=10°—- (x +y); F=y—x berechnet. Die sechs Stücke dieser Dreiecke sind: +I w w o ’ ” o ’ ” o ’ ” vu& | 045 17.84 71 36 3654 | —168 7 031 vun 0 29 12.64 — 29 51 56.83 12 2 29.48 Vu. 2, 028 5.51 51 2 19.64 14 55 59.05 Vu.oı | 2475694 | — 4753 1253 154 6 47.28 YVu.g | 111 53811 46 55 57.63 | — 2754 5.0 vu 0 53 29.49 97 7 45.69 149 23 37.02 vu.Q 1 23 42.15 4 1 21.24 80 32 26.11 vu% 3 31 22.88 15 47 55.16 42 59 54.31 sum 0 58 34.69 41 8 34.10 — 3714 8.02 &u.2, | 0 20 58.53 40 40 10.93 | —115 42 48.83 $u. 3 14 16.96 60 43 5.76 142 22 51 02 su.d 0 35 51.82 135 23 41.16 — 59 43 32 60 6u. ö, 0 23 14.00 — 85 28 57.00 — 153 28 52.40 $u.Q 1 18 31.21 92 5 31.09 48 18 10.39 Su.3 | 3 9 3887 124 43 52.81 31 34 52.09 Bu. 24 0 37 36.23 143 1 42.07 65 1 24.11 Ru. 2 20 27.68 — 939 26.91 150 25 13.59 bug | 1105477 | 112 28 898 | — 415 950 195 4I {7} w o ’ ” o ’ ” {0} D ” hu 1.14 47.95 157 12 13.00 167 34 21.60 hu.Q9 1 1 38.57 61 14 23.27 95 51 49.37 HuS% 312 696 63 55 11.22 49 15 18.44 2. u. 2 54 43.49 — 93 18 57.20 144 44 36.64 ı.u.d 043 0.73 85 697 — 30 38 40,87 2.u6& 0 39 25.80 92 41 53.00 — 178 55 16.40 2. u.9 1 7 27.73 — 50 13 58.10 62 22 25.90 2. u. 3 8 3781 — 25 19 39,47 37 56 37.79 Bug 3 759.98 — 48 14 29.80 35 2 25.96 Buö 3 33 58.65 — 34 8 51.00 176 10 0.60 Du.9 2 13 37.25 — 164 28 13.07 70 9 18.29 Du.8% 3 23 13.34 94 39 52.79 90 50 38.15 gu. 0 55 33.10 104 23 13.20 — 128 29 9.40 gu.Q 1 57 54.12 | —128 9 4.08 23 9 4158 gu.% 2 34 32.72 — 72 50 283.09 29 7 1.03 5u.9 1 41 44.25 24 38 47.60 48 51 25.00 85u% 3 30 2.95 53 33 19.60 283 22 56.80 Qu. 2 10 33.44 | 99 48 15.48 50 31 15.84 1 | F F' St #9 © 99 0 © © O2 1E..E E HE HE ee EBEEEBEBEBRESBEFEREEFER krkpoakerstPoa,ikPpsto 36 6 29.97 179 35 26.00 — 114 8.06 157 45 53.91 — 173 32 14.68 11 1 30.93 74 48 59.90 178 50 32.78 — 148 26.33 52 16 55.11 178 51 8.59 2 14 12.71 76 31 22.32 177 10 11.60 012 4.27 27 22 30.06 169 31 2.94 4 9 54.60 178 21 53.44 178 47 37.85 — 118 41.43 156 22 37.24 178 25 40.06 — 1 8 13.74 81 51 33.24 176 0 43.09 5 42 12.16 164 51 1.95 —176 2 47.86 3 12 49.16 0 3 5 0 ’ [77 [0} ’ ” ’ " 120 16 694 | —179 38 24.16 139 32.43 Al 54 21.68 179 Al 45.18 | — 043 33.35 | | 68 0 4.43 179 37 37.46 49 57.60 43 51 12.60 — 177 10 44.57 — 3 46 36 22 93 18 1.38 — 176 41 19.42 — 512 183 78 0 45.48 — 178 50 18.40 — 0.46 14.25 160 1 53.40 173 13 26.43 — 2 17 52.91 HI F F' #u.Z| 11643 502 179 48 13.75 | — 226 4367 Hu.8 | 10 23 38.96 177 132.24 5 21 38.20 5u.9 | 3440 49.49 176 24 22.04 3 9 59.99 HuS| 15354754 | —ı6ı 40 59.24 | —21 52 28.60 2.u.07 | 121 442392 | —ı76 3 1.94 6 50 28.98 u. | 3843 40.41 178 49 5497 | — 0 19 20.23 2.u.5 | 88 22 4957 | —179 58 30.89 1 18 48.24 2.u.9 | 112 34 26.84 177 50 3251 | — 152 18.36 2u.% | 63 10 11.06 175 41 13.02 | — 3 128,79 SugJ| 88 au 176 22 5085 | — 4 42 15.61 Fu.& | 14939 9.79 | —179 33109 | — 755 45.07 Su.Q | 125 19 1631 | —174 51 48.94 | — 127 36.84 Fu. % 746 970 | —ı19 15 2214 | —60% 3.98 Juö| ı27 55498 | —ı78 10 57.86 2 14 56.40 Zug | 151 17 30.28 178 25 10.93 | — 3 9 3861 Ju.5 | 101 50 53.30 1772623881 | — 5 14459 5u.9 | 24 17 13.60 173 46 5651 3 26 18.19 Su. | 3331610 | —172164902 | —13 821.46 ou.s| 40265568 | —ırs s1aus2 | — 5 38 51.20 22. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Dove über die mittlere Abnahme Wärme mit zunehmender geographischer Breite und über die Ursachen der Verschiedenheit dieser Ab- nahme unter verschiedenen Meridianen. Bestimmt man aus der Gestalt der Monatsisothermen die mittlere Wärme der Parallelkreise, so erhält man für die nörd- liche Erdhälfte: 4) Die mittlere Jahreswärme, bestimmt aus den zwölf mo- natlichen Mitteln, stimmt sehr nahe überein mit dem Mittel aus der Temperatur des kältesten und wärmsten Monats. 2) Die Wärmeabnahme erfolgt am schnellsten nahe unter 45° Breite, aber dauert fort bis znm Pol. Die Temperatur des Äquators ist 21°2 (R.), die des Pols — 13°2; die Gesammtab- nahme also 34°4, im Juli 21°3, im Januar 47°1. 3) Die Monatswärme des Pols erreicht im Juli fast den Thaupunkt, siukt aber im Januar 26° unter demselben herab. las der 197 4) Vom Pol bis zur Breite von 40° ist der Juli der wärmste Monat. Hier wird seine Wärme der des August gleich, unter 30° Breite von derselben übertroffen, unter 20° ihr wie- derum gleich. Die stark verflachten Gurven gehen unter 10? Breite, wo das Maximum in den Mai fällt, in die Äquatorial- form über. Am Äquator fallen die Maxima in April und No- vember, die Minima in den Juli und auf das Ende des December. 5) Von der Breite von 60° an wird die Wärmeabnahme sehr genau dureh folgende Formel dargestellt. Bezeichnet z, die der Breite x entsprechende Jahreswärme, so ist: = — 12°6 + 47 cos? x. Die Formel schlielst sich bis 80° genau an die gefundenen Werthe an, giebt aber für den Pol eine Abweichung von einem halben Grad. 6) Der wärmste Parallel fällt nicht mit dem Äquator zu- sammen, sondern auf die nördliche Erdhälfte, so dals der Pa- rallel von 10° nach O°1 wärmer ist als der Äquator. Bis zu 40° ist. die Temperatur der südlichen Erdhälfte geringer als die ‚des nördlichen, ein Verhältnils, welches in höheren Breiten sich umzukehren scheint. Mit Berücksichtung des Flächeninhalts der verschiedenen Zonen ist die nördliche Erdhälfte daher wärmer als die südliche. 7) Auf beiden Erdhälften verflachen sich die Jahresisother- men, wenn man sich der äulseren Grenze der Passate nähert. Ihre Krümmung nimmt von da zu nach beiden Seiten, sowohl nach den Polen als nach dem Äquator hin. Da nämlich das feste Land in der heilsen Zone im Jahresmittel wärmer. wird als das Meer, in der gemälsigten und kalten Zone aber das Um- gekehrte stattfindet, so giebt es eine bestimmte Breite, in wel- cher es, abgesehen vom Einfluls der Meeresströmungen und Winde, für das Jahresmittel gleichgülltig ist, ob die Grundlage | der Atmosphäre fest oder flüssig ist. 8) So wie in den Erläuterungen zu den Monatsisothermen bereits gezeigt wurde, dals es in den einzelnen Theilen des Jahres nicht zwei Kältepole giebt, sondern nur einen hin und her wandernden kältesten Fleck, so umschliefsen auch im Jah- resmittel die Isothermen einen zusammenhängenden kältesten 198 Fleck von der Melville-Insel nach dem Eiskap hinüber, ohne dies zu erreichen oder den Pol zu berühren. 9) Vergleicht man die Temperatur jedes Ortes mit der normalen d. h. der seiner geographischen Breite im Mittel zu- kommenden, so erhält man die thermische Anomalie des Ortes d.h. die Abweichung seiner wahren Temperatur von der nor- malen. Verbindet man die Orte gleicher Abweichung durch Linien, so erhält man die thermischen Isomomalen, die, für die extremen Monate früher schon entworfen, jetzt auch für das jährliche Mittel und die einzelnen Monate ansgeführt, zu fol- genden Ergebnissen führen. Die Anzahl der Isomomalen ist auf der nördlichen Erd- hälfte wegen der gröfseren Abwechselung von Land und See bedeutend gröfser als auf der südlichen und nimmt auf der nördlichen vom Winter zum Sommer hin ab, während sie auf der südlichen sich wenig verändert. Die Linien gleicher Ab- weichung schliefsen sich im Januar auf der nördlichen Erdhälfte in der Weise den Umrissen der Continente an, dals die Linien gleicher Temperaturerniedrigung (die negativen Isomomalen) die Umrisse desselben Continents wiederholen, die Linien glei- cher Temperaturerhöhung hingegen den Ufern desselben Mee- res entsprechen, also die Küsten zweier Continente verbinden. Dies tritt in Amerika entschieden hervor. In Europa verhält, sich der Parallelismus der Linien mit den Westküsten des Con- tinents bis in das Innere von Asien hinein. Die relative Tem- peraturabnahme erfolgt also stets in einer Richtung senkrecht auf den Hauptzug der Küsten bis zur kältesten Stelle hin. Die relativ wärmste Stelle liegt in Europa zwischen Jan Mayen und den Lofoden mit + 20° Überschufs, die zweite (+ 10°) auf der Halbinsel Kadiak. Die relativ kälteste Stelle (m — 12°) fällt in Amerika 100° westlich von Greenwich unter 70° Breite, die zweite (m — 18°) in die Nähe von Jakutzk. Die positiven Isomomalen sind im nördlichen stillen Ocean an den Meeresküsten dicht zusammengedrängt, aber greifen nur an dem schmalen Küstensaume jenseits der Felsgebirge auf das Land über, so dafs die Normale fast den Rücken des Gebirgs-. zuges bezeichnet. Auch an den norwegischen Küsten sind sie ebenfalls dicht, aber hier tritt der Unterschied ein, dafs sie noch 199 über ganz Europa fortlaufen, so dafs die Normale sich erst am Ural findet. Hier kann also eine doppelte Ursache der Erwär- mung sein, eine, die senkrecht auf die Richtung dieser Linien wirkt und sich im Fortschreiten allmählig abschwächt und eine, die in der Richtung derselben sich kundgiebt, und in ihrem Verlauf ziemlich gleiche Intensität behält. Die erste Ursache wirkt an den amerikanischen Westküsten allein, und da sie nach der Gestalt der Linien von SW. nach NO. gerichtet sein muls, so ist es wahrscheinlich die im Niederschlag des herabsinken- den obern Passats frei werdende Wärme. In Europa mufs die erste Ursache von NW. nach SO. gerichtet sein, und dafs eine solche existirt geht eben daraus hervor, dals die Linien so dicht an den norwegischen Küsten sich zusammendrängen. Da nun das Meer nicht direct wärmend auf das Land wirkt, sondern nur vermittelst der Luftströme, die über dasselbe hin zum Lande wehen, so müssen hier nordwestliche und westliche Winde eine für die Breite unerhebliche Wärme herbeiführen, die nur in der allgemeinen Erwärmung des nordatlantischen Beckens durch den Golfstrom ihren Grund haben kann. Aber es ist wenig wahrscheinlich, dals diese Wärme bis an die Grenze Asiens in der Weise überwiegend wird, dafs sie das Hervor- treten der normalen Wärme bis dorthin verhindert, denn der erwärmende Einfluls der Winde beruht im Winter wenigstens nicht sowohl auf der ‘Temperatur derselben, als auf der durch die Condensation des Wasserdampfes hemmenden Wärme. Die Heftigkeit der Regen an den norwegischen Küsten, verglichen mit der geringen Menge des Niederschlags in Schweden zeigt, dafs bereits an der Küste sich diese Ursache erschöpft, weswe- gen dort eben die Linien dicht an einander gedrängt sind. Für das Entstehen der positiven Isomomalen im Innern Europa’s mufs also noch eine andere Ursache mitwirken, die in der Rich- tung derselben gesucht werden muls. Diese Richtungen weisen sämmtlich nach SW. hin. Luft, welche unter dem Äquator aufsteigt, kommt von Punk- ten grölserer Drehungsgeschwindigkeit, erfährt also, je weiter sie nach den Polen vordringt, eine desto grölsere Ablenkung. Die Wiege unserer südlichen Winde ist daher nicht die Sahara, sondern Westindien. Wenn die Kraft einer anhaltenden Kälte Ar* 200 durch einen heftigen Thauwind plötzlich gebrochen wird, so wissen wir aus der früber gegebenen Theorie der Stürme, dafs dort ihr Ursprung. Was in unzweideutiger Weise bei den Stürmen sich zeigt, findet auf die Luft überhaupt eine Anwen- dung, welche unter den Tropen sich erhebt und in höheren Breiten herabsinkt. Die Erwärmung der Atmosphäre tritt erst ein, wenn der Wasserdampf, welcher sich über der tropischen Meeresfläche bildete, in nördlichen Gegenden in die Form des Tropfbaren zurücktritt. Europa ist daher der Condensator für das caraibische Meer, wie in den Erläuterungen zu den Mo- natsisothermen bereits wahrscheinlich gemacht wurde. Für die gegebene Erklärung spricht, dafs, wenn die an die Grenze von Europa und Asien fallende Normale nach SW. ver- längert wird, sie auch in der heilsen Zone den östlich gelege- nen zu kalten Raum von dem westlich liegenden zu warmen scheidet. Auf der südlichen Erdhälfte ist der Einflufs der Meeres- strömungen fast allein vorwaltend. Die Peruanische Küsten- strömung und die vom Cap an der Westküste von Afrika nach dem Äquator fliefsende zeigen ihre erkältende Wirkung ebenso wie der an der Brasilianischen Küste nach Süden gerichtete Ausläufer der Äquatorialströmung seine erwärmende. Im Ge- gensatz zu dem südatlanlischen Ocean und dem stillen erscheint der südliche indische Ocean und Australien zu warm, dessen Inneres unter dem Einfluls der Insolation einer Sonne von be- deutender Mittagshöhe und in der Erdnähe sich zu Tempera- turen erhebt, deren schreckbare Intensität neuer Reisen kennen gelehrt haben. Im Februar bleibt die Gestalt der Isamomalen der nörd- lichen Erdhälfte nahe dieselbe, nur dals die kältesten Stellen nördlicher gegangen sind, die wärmsten südlicher. Aber zwi- schen den Extremen der alten und neuen Welt findet der Un- terschied statt, dals der Temperaturüberschuls der wärmsten Stelle zwar in Europa und Amerika kleiner geworden, dafs der relativ kälteste Punkt in Asien hingegen wärmer geworden, in Amerika hingegen kälter. Der Grund ist wahrscheinlich der, dals das mit Wasserspiegeln bedeckte und von engen Wasser- stralsen durchzogene brittische Nordamerika sich unter dem 201 Einflufs der intensiven Kälte immer mehr zu einem mit Eis- flächen bedecktem Continent zusammenfügt. Daher haben, wie früher gezeigt worden, die amerikanischen Stationen höherer Breiten die Tendenz, den Eintritt der grölseren Kälte auf den Februar zu verspäten, die in der alten Welt auf den Januar fällt. Auch im März behalten die Normalen noch nahe dieselbe Gestalt, nur dafs die Anzahl der von ihnen umschlossenen Isa- nomalen sich verändert, die kälteste Stelle in Nordamerika rückt noch mehr nach Norden aber unter dem Einflufs der höher rückenden Sonne entwickeln sich im Innern von Nordafrika und in Vorderindien die heilsesten Flecke, die im April sich aus- breiten und im Mai vereinigen. Im April beginnt die ameri- kanische Normale sich entschieden östlich zu bewegen, während der warme Raum in der Kirgisensteppe Überhand über den kalten gewinnt. Die Isanomale m + 2° ist in ihrer Richtung von NW. nach SO. zwischen Europa und Amerika unterbro- ehen. Hier zeigt sich zuerst der abkühlende Einflufs des mit- telländischen Meeres, welcher nun in allen folgenden Sommer- monaten bis zum September die Curven auf eine höchst cha- racteristische Weise verzieht. Der kälteste Raum in Amerika, der im April an die Nord- küste des amerikanischen Continents gelangt war, schien nun denselben verlassen zu wollen, aber im Mai findet er sich plötz- lich bei Newfoundland. Hier muls also eine plötzliche von Norden herkommende erkältende Ursache gewirkt haben, es ist das aus der Baffinsbai und von der Küste von Grönland nun am stärksten erfolgende Eistreiben (vergleiche Charz exkiditing the ice as observed in the North Atlantic dy Redfield, und Maury’s Wind and Current Chart, Thermal Sheets). Die ganze Erscheinung der Isanomalen hat sich nun verändert. In allen wal- tet die Tendenz der Bewegung nach Osten vor, ebenso ist die vor- herrschende Richtung von NW. nach SO., sie sind also nahe recht- winklig auf ihre Richtung in den entschiedenen Wintermonaten. Die wärmste Stelle in Amerika fällt nun nicht mehr auf das Meer bei Sitcha, sondern auf die Rocky Mountains, die ther- mische Normale berührt die Küste von Spanien, dafür ist Cen- tralasien schon in die Wärme Europa’s aufgenommen, noch mehr im Juni, wo der ganze Continent der alten Welt zu warm 202 ist, einen schmalen Streifen von Novaja Semlja nach dem Tai- myrlande ausgenommen. Noch deutlicher ist dies im Juli, wo die amerikanische Normale fast überall die europäische Küste berührt. Das vollkommen veränderte Bild der thermischen Verthei- lung wird am anschaulichsten, wenn man die Isanomalen der extremen Monate, des Januar und Juli, in der Polarprojection mit einander vergleicht. Man sieht deutlich, wie die vorher wärmsten Räume nun die kältesten geworden sind, wie die ganze Erscheinung in ihrem jährlichen Verlauf als eine Dre- hung betrachtet werden kann, die in der ersten Hälfte des Jah- res von West nach Ost geschieht, in der zweiten von Ost nach West, denn so unsymmetrisch für den ersten Anschein die Ver- theilung des Festen und Flüssigen erscheint, so zeigt sich doch darin eine gewisse Regelmäfsigkeit. Während der atlantische Ocean, über den Pol verlängert, in dem stillen Ocean seine Hüssige Fortsetzung findet, entspricht dem verlängerten Nord- amerika und Nordasien eine continentale Fortsetzung. Wären die flüssigen und festen sphärischen Zweieckspaare vollkommen regelmälsig, so würden es auch jene Oscillationen sein. Aber indem unter dem Einfluls einer bedeutenden Mittags- höhe der Sonne überall das Feste wärmer als das Flüssige wird, machen sich in der Gröfse dieser Erwärmung die Besonder- heiten der festen Grundfläche geltend, seine geognostische Be- schaffenheit, die Pflanzendecke im Gegensatz zur nackten Bo- denfläche der Wüste. Daher verwickeln sich die Gestalten der Isanomalen, indem sie statt wie im Winter über weite Strecken continuirlich fortzulaufen, nun in gesonderte Stücken ausein- anderbrechen. Selbst kleine Meere wirken abkühlend, während in der Wüste sich die Temperatur unverhältnifsmälsig erhöht. So gliedert sich zu einzelnen Gruppen, was im Winter als ein Gleichartiges wirkte. Die nach verschiedenen Anziehungspunk- ten hin gerichteten Luftströme verlieren daher ihre stetige Richtung, sie sind nicht mehr von der Bedeutung wie im Win- ter, wo sie die allein bestimmenden waren. Daher ist die Ge- stalt der Isanomalen zwar verwickelter als im Winter, aber ihre Anzahl viel geringer. Sie sinkt von ihrer höchsten An- zahl 38 im Januar im September auf 10 herab. Diese ge- f 203 ringe Zahl entsteht dadurch, dafs in diesem Monat Erde und Meer wiederum ihre Rolle vertauschen, also beide durch den normalen Zustand hindurchgehen, der jetzt nicht wie im Früh- ling durch Eistreiben gestört wird, da in höheren Breiten be- reits der Schmelzungsprocels aufgehört hat. Desto entschie- dener bricht im October nun die Kälte über Asien von Norden herein, es ist ein Wendepunkt auch für den Süden des Con- tinents, wo der durch die unnatürliche Erwärmung Nordasiens weit heraufgezogene SO.-Passat durch die Drehung der Erde in SW.-Mousson verwandelt, nun dem regelmäfsigen Passat weichen muls, der nun im Gegensatz zu ihm NO.-Mousson »heifst. Im November hat die westliche Normale bereits auf ih- rem Rückweg wieder die Küste von Amerika erreicht, die öst- liche greift schon etwas über den Ural und rückt dann im December in das Inuere von Afrika vor, während sie weiter nördlich stehen bleibt, da der nun sehr mächtig wirkende Golf- strom und der herabsinkende obere Passat die Angriffe der Kälte auf Europa siegreich zurückweisen. Von diesen grofsartigen Veränderungen zeigt sich wenig auf der südlichen Erdhälfte. Die nicht erheblich in der jähr- lichen Periode veränderten Meeresströmungen behalten in allen Theilen des Jahres ihre Bedeutung, nur Australien wird bei niederm Sonnenstande zu kalt, während es bei hohem zu warm war. Es macht sich seiner Kleinheit ungeachtet als Continent geltend. Gehen wir nun zu den Abweichungslinien der mittleren Jahreswärme, so finden wir, dafs die vorwaltenden Formen der einzelnen Monate sich darin ausprägen. In höheren Breiten, von 40° bis 70°, zeigt sich entschieden die Form der Winterisa- nomalen, denn da die Störungen dann so erheblich sind, so überwiegen sie quantitativ im jährlichen Mittel. Natürlich ist aber die Anzahl der Linien viel geringer. Der Wärmeüber- schuls an der wärmsten Stelle bei Norwegen und Sitcha be- trägt 10° und 4°, die Erniedrigung an der kältesten in Asien und Nordamerika 6°. Die Normalen behalten die Richtung von NW. nach SO., wie sie sie in der grölseren Anzahl der Monate hatten. Die den warmen europäischen Raum von dem kältesten in Amerika trennende liegt aber als Mittel ihrer Wan- 204 derung von der amerikanischen zu der europäischen Küste im atlantischen Ocean selbst. In der tropischen Zone treten die isolirten heilsen Flecke hervor, da nur bei dem niedrigsten Sonnenstande hier die Ausstrahlung die Insolation überwog. Auf der südlichen Erdhälfte bleibt der indische Ocean und Po- Iynesien wärmer als die Stellen, wo erkältende Meeresströmun- gen das ganze Jahr hindurch zwar mit ungleicher Energie, aber in gleichem Sinne wirken. Man hat so häufig versucht die Linien gleicher magneti- scher Kraft mit den Linien gleicher mittlerer Jahreswärme zu verbinden, dals man ‘versucht sein könnte, auch für die Dar- stellung der magnetischen Kraft die wirklich vorhandene mit der zu vergleichen, in welcher die magnetische Intensität nur eine Function der geographischen Breite wäre. Mit den mag- netischen Abweichungslinien die thermischen direct zu verglei- chen, verhindert die Überzeugung, dals in den Linien gleicher magnetischer Abweichung zwei von einander unabhängige Er- scheinungen verknüpft sind, nämlich dafs die Erde sich um eine bestimmte Achse dreht, und dals sie aulserdem ein Magnet ist. Auch tritt in der That der Übereinstimmuug der Form zwi- schen den thermischen Isomomalen und magnetischen Abwei- chungslinien von bestimmten Stellen als Gegensatz an anderen Stellen eine wesentliche Verschiedenheit an die Seite. Aus den hier mitgetheillen Untersuchungen resultirt. die Gestalt der Jahresisothermen auf eine ziemlich einfache Weise, Es ist klar, dafs der Beantwortung der Frage, welche erwär- menden und erkältenden Ursachen ihre Abweichung von den Parallelen hervorrufen, eine andere vorhergehen mulste, näm- lich zu wissen, welche Punkte der Erde zu warm sind und welche zu kalt. Man hat von positiven und negativen Grölsen gesprochen, ehe man wulste, wo der Nullpunkt liegt, bei wel- chem sie in einander übergehen. Daher hat man Amerika zu heifse Sommer, Europa zu kalte zugeschrieben, welche beide nicht haben. Auch sieht man ein, dals man, da die Rolle des Festen und Flüssigen sich vom Winter zum Sommer hin um- kehrt, man sich den Weg durch die monatlichen Mittel nicht ersparen durfte, da ein directes Anknüpfen an das jäbrliche Mit- tel nur Vermuthungen zuläfst über das wahrscheinliche Über- a aA ir 205 wiegen einer bestimmten Ursache über eine andere im entge- gengesetzten Sinne wirkende. Schliefslich noch eine praktische Anwendung der Isano- malen. Da die Normale durch den Pol der Erde hindurchgehen muls, so erhält man dadurch für den Verlauf der von ihr um- schlossenen Isanomalen einen Anhaltspunkt, um sie dorthin zu verfolgen, wohin wegen der Unwirthlichkeit des Klimas bisher Menschen nicht vordringen konnten. Da man nun an bestimm- ten Stellen sich dem Pol viel mehr zu nähern vermag als an andern, so erhält man von solchen Stationen, wo man weils, welche Isanomale durch sie hindurch geht, eine Bestimmung der mittleren Temperatur des ganzen Parallels. Da nun aber dieser Parallel von den andern Isanomalen auch durchschnitten wird, so erhält man aus der so gefundenen mittleren Wärme des Parallels die Temperatur jener Durchschnitispunkte, also Anhaltspunkte für die Verlängerung der Isothermen in jene unzugänglichen Gegenden. Aus einer zur Kenntnifsnahme der Akademie bestimmten brieflichen Mittheilung des Hrn. Rangab& zu Athen vom ur d. J. gab Hr. Gerhard Nachricht über die fortgeschrit- tene, obwohl der genaueren Einsicht selbst des Berichterstatters entzogene, Ausgrabung des Buleuterion. Von Sculpturstücken sowohl als von Inschriften ist seit Jahr und Tag wiederum mehreres gefunden worden: in letzterem Bezug sind namentlich zwei neue Bruchstücke der schönen Inschrift &mı Nauswwizou @gypvros, ferner manche Denkmäler von Ehrenbezeugungen und Verzeichnisse heiliger Abgaben zu vorläufiger Kunde ge- langt. Veröffentlicht ist jedoch hievon noch nichts, und die in einem ersten Heft errchienenen Abschriften sind nicht correct genug. Hauptergebnifls jedoch der anderen Grabungen ist das bauliche, die Gewilsheit nämlich, dafs die im Hof einer Wittwe ausgegrabene Mauer sich weiter gegen Süden erstreckt, mehrere hundert Fufs lang ist und an einigen Stellen die alte Ge- stalt und Anlage deutlich nachweist. Eine so weitläufige Um- fassungsmauer ist dem alten Senatshaus wohl angemessen und bestätigt die Identität des vorgefundenen Gebäudes mit dem in dort entdeckten Inschriften erwähnten Buleuterion. Überdies 206 hat sich, auf der Wand selbst aufgeschrieben, unverrückt an ihrer ursprünglichen Stelle, eine Inschrift gefunden, welche ir- gend eines Kaisers Brief an die Athener enthalten soll. Hr. Müller legte ein Model der Schale der Synapta- Schnecke vor, wodurch die mikroskopischen Ansichten der Schale bei verschiedener Lage erläutert werden, und fügte einige con- chyliologische Bemerkungen bei. Die Diagnose der Schale lälst sich also fassen: Zesta obovata laevis, anfractibus rapide cres- centibus, spira brevi obtusissima, apice non elato. Apertura transversa, subsemilunaris superne angularis, inferne rotundata, marginibus disjunctis, margine columellari recto. Aperturae lali- tudo fere aequans altitudinem. Operculum non spirale. Die Vergleichungen mit anderen Schalen sind unausgesetzt fortge- führt worden. Obgleich die Formen der Naticinen, Natica und Sigaretus am nächsten verwandt scheinen und die einzigen vergleichbaren sind, so zeigen sich doch bei genauerer Ver- gleichung Unterschiede. Manche Exemplare unserer Schale wei- chen gegen das Ende der Windung von der begonnenen Spira schon merklich ab und werden mit auffallender Erweiterung der Windung am äuflsern Umfang gerader als Natica; auch ist es abweichend von Nazica, dals die Breite der Öffnung fast der Höhe derselben gleich ist. Denkt man sich die Spitze ideell weiter fortgesetzt, so erhält man bei einigen Exemplaren eine Form, die an Sigaretus erinnert, aber damit past wieder die Öff- nung nicht und manche Exemplare würden bei fortgesetzter Spira am äulsern Umfang noch gerader auslaufen als Sigarezus und an- dere ohrförmige Schalen. Siyüfer, durch Hrn. Prof. Steenstrup aus Copenhagen mit andern zur Vergleichung wichtigen Conchy- lien gütigst mitgetheift, hat an seinem foetalen Stiel ganz die Gestalt der gethürmten Eulima, und hat mit unserer Schale von ganz niedriger Spira und rasch wachsender Erweiterung durchaus keine Ähnlichkeit. Mehrere Conchylien haben in ihrem foetalen Zustande theils eine andere Form, theils eine andere Rich- tung der Windungen als später, wie Chemnitzia, Carinaria, Buc- cinum neriteum, Foluta fulminata. Die foetalen Zustände der be- kannten Schalen haben aber nirgends haltbare Vergleiche geliefert. Die Schale ist daher nach dem Resultat der sorgfältigsten Ver- 207 gleichungen wahrscheinlich eigenthümlich. Die grofsen indivi- duellen Abweichungen in dem Lauf der Spira und die Schwie- rigkeit, auf welche man stölst, wenn man die Spira einiger Exemplare fortzusetzen versucht, erregen ferner die Vermu- thung, dafs die Schale der Synapta-Schnecke schon bei der Gröfse von über 5” stalt entfernt sein möge. Dies würde aber der Voraussetzung gün- stig sein, dals die Schnecke eine ganz andere Form annehme und sich verwandele. Eine systematische Bezeichnung scheint schon dermalen nothwendig zu werden. Die Schnecke mag Enzo- concha mirabilis heilsen. Ihre Stellung im System ist zwar noch nicht sicher zu bestimmen aber es ist doch jetzt bereits vor- aussichtlich geworden, dals sie eine eigene Familie begründen werde. nicht sehr weit von ihrer vollendeten Ge- An eingegangenen Schriften wurde vorgelegt: Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathema- tisch-naturwissenschaftliche Classe. Bd. III. Lief. I. Wien 1851. fol. Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philoso- phisch-historische Classe. Jahrg. 1851. Bd.VII. Heft 3-5. ib. 1852. 8. Mathematisch- naturwissenschaftliche Classe. Jahrg. 1851. Bd.VII. Heft 3-5. ib. eod. 8, Archiv für Kunde österreichischer Geschichts- Quellen. Heransgegeben von der zur Pflege vaterländischer Geschichte aufgestellten Commission der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1851. Bd. VII. Heft 1. 2. ib. 1851. 8, Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österreichischer Geschichts- Quellen. Jahrg. I. 1851. No. 19-24. und Titel. Jahrg. II. 1852. No.1.2. ib. 8. Im Auftrage der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften von dem Hof- buchhändler Herrn W.Braumüller in Wien mittelst Schreibens vom 20. März d. J. eingesandt. Premiere traduction frangaise de l’Inscription hieroglyphique de la Pierre de Rosette par H. Parrat de Porrentruy. Porrentruy. fol. Inseriptionis Rosettanae interpretatio semitica et lalina, ex ipso fac-simile documenti (Londini. Monachi). Interpretatus est etc. H. Parrat de Porrentruy, Canton deBerne, Suisse, Mense 10bri 1851, fol. 2 Expl. Inseriptionis Rosettanae interpretalio semitica etlatina. Signa Bru gschii. Interpretatus est etc. H. Parrat de Porrentruy, mense Novembri A 1851. fol. 208 ‘ Tabula Rosettana chaldaice, littera pro signo hieroglyfico, erpressa (ed. H. Parrat a Porrentruy). Mulhouse, Fevrier 1852. fol. Inseriptio IRoseltana hieroglyphica prima vice chaldaice interpretata. — Lit- tera chaldaica pro signo hieroglyphico. Studio H. Parrat (ex Por- rentruy). Porrentruy, Mars 1852, fol. John Wilh. von Müller, das Einhorn, vom geschichtlichen und natur- wissenschaftlichen Standpunkte betrachtet. Stuttgart 1852. 8. J. Kops, Flora Batava, vervolgd door P.M.E. Gevers Deijnoot, Allev. 168. Amsterdam. 4. Filippo Parlatore, Giornale botanico italiano. Anno Il. Fasc. 9. Fi- renze 1851. 8. Bulletin monumental ou colleclion de memoires sur la stalistique monumen- tale de la France par les membres de la Societe frangaise pour la con- servalion des monuments, publie par de Caumont. 2, Serie. Tome 7. 17Te. Vol. de la collection. Paris 1851. 8. The quarterly Journal of the chemical Society. No. 16. Vol. IV. No. 4. Jan. 1.1852. London 1852. 8. The astronomical Journal. No. 36. Vol. II. No.12. Cambridge 1852. March 13. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten. No.800-802. Altona 1852, 4. Memorial de Ingenieros, Ano. 7. Num. 2. Febrero de 1852. Madrid. 8. The Museum of classical antiquities: a quarterly Journal of ancient art. No.5. Vol.1I. Part 1. 31, March 1852. London. 8, Annales de Chimie et de Physique par Arago ete. 1352. Mars. 3. Serie. Tome 34, Paris. 8. Mnemosyne. 'Tijdschrift voor elassieke Litteratuur, onder Redactie van 0.J. Kiehl etc. Deel I. Stuk 1. Januariji — Maart 1852. Leyden 1852, 8. Annales academiei. 1840-1849. Lugduni-Batavor. 1851. 4. mit einem Begleitungsschreiben der Curatoren der Universität zu Ley- den vom Februar d. J. Jacob Geel, Catalogus librorum manuseriplorum qui inde ab anno 1741 Bibliothecae Lugduno- Batavae acvesserunt. Lugduni-Batav. 1852, 4. Transactions of the Cambridge philosophical Society. Vol.IX. Part 2. Cambridge 1851. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Secretars dieser Gesellschaft, Herrn Charles C. Babington d. d. Cambridge d. 31. März d. J. Aufserdem kamen zum Vortrag: 4) Ein Schreiben des Hrn. Dr. Raimund Melzer, Directors der Filial-Krankenhäuser auf der Wieden zu Wien vom 5. d. R 209 M., womit ein die medicinische Statistik betreffendes hand- schriftliches Werk übersandt wird. Dieses wurde einem Mitgliede der Akademie der Wissenschaften zur Begutach- tung zugeschrieben. 2) Ein Schreiben des Hrn. Grafen Teleky von Sziräh den 14. d. M., wodurch der Akademie die Einsendung des ersten Bandes seines Werkes über das Zeitalter der Hunyadier in Ungarn angezeigt wird, welches jedoch noch nicht einge- gangen ist. 3) Ein Schreiben des Hrn. Dumont zu Lüttich vom 12. d. M, wodurch die Einsendung seiner geologischen Karte von Belgien angezeigt wird, welche gleichfalls noch nicht einge- gangen ist. Andere heute gleichfalls vorgelegte handschriftliche Werke werden nach Umständen später in den Monatsberichten er- wähnt werden. Zum Schlufs wurde erinnert, dals den 26. d.M. das funf- zigjährige Doctorjubiläium unseres Mitgliedes Hrn. Lichten- stein stattfinden werde, wozu die Akademie ihre Secretare delegirte, indem zugleich die übrigen Mitglieder, welche noch anwesend waren, zur Theilnahme daran veranlalst wurden. 29. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Heinr. Rose las: Allgemeine Bemerkungen über das Verhalten des Wassers gegen Kohlensäure in kohlensauren Salzen. Die Versuche über den Einflufs des Wassers bei chemi- schen Zersetzungen haben ergeben, dafs das Wasser aus den kohlensauren Salzen der meisten Metalloxyde eine gewisse Menge von Kohlensäure austreiben kann, welche dann durch Wasser ersetzt wird. Die Menge der ausgetriebenen Kohlensäure ist bei den verschiedenen kohlensauren Salzen verschieden, und richtet sich nach der Verwandtschaft des unzersetzten kohlen- sauren Salzes zu dem entstandenen Hydrat. Beide vereinigen sich, wie es scheint, in den meisten Fällen vorzugsweis in ei- nem bestimmten einfachen Verhältnils, das aber bei den ver- schiedenen Metalloxyden verschieden ist. 210 Die Verwandtschaft, welche das Wasser, wenn es als Säure auftritt, gegen Basen äufsert, scheint in manchen Fällen fast eben so grols zu sein, wie die, welche die Kohlensäure zu denselben Basen besitzt. Denn gerade dieselben Basen, welche mit der gröfsten Hartnäckigkeit Wasser bei den höchsten Temperaturen zurückbehalten, binden auch die Kohlensaüre mit solcher Ver- wandtschaft, dafs sie bei denselben hohen Temperaturen nicht von ihnen entweichen kann. Diese Basen sind Kali, Natron, Baryterde, Strontianerde und Kalkerde. Die leiztere verliert bekanntlich schon bei Rothgluht sowohl die Kohlensäure als das Wasser. Bei den verschiedenen Temperaturen ist aber bei diesen Ba- sen die Verwandtschaft zum Wasser bald grölser und bald ge- ringer als die zur Kohlensäure. Leitet man, wie Gay-Lussac und Th&nard gezeigt haben, über kohlensaure Baryterde, koh- lensaures Kali und kohlensaures Natron, nachdem sie bis zur Rothgluht erhitzt worden sind, Wasserdampf, so entbindet sich sogleich Kohlensaüregas. Das Wasser wirkt in diesem Falle durch seine chemische Masse; es treibt die Kohlensäure aus, um sich mit den Basen, welche mit ihr vereinigt waren, zu verbinden. Unter gewissen Verhältnissen äufsert sogar das Wasser gegen diese Basen eine stärkere Verwandtschaft als die Koh- lensäure. Die wasserfreien alkalischen Erden, wenn sie nicht einer zu hohen Temperatur ausgesetzt gewesen sind, nehmen mit grosser Begierde Wasser auf, und verwandeln sich unter starker Wärmeentwicklung in Hydrate; aber sie absorbiren, wenn sie von aller Feuchtigkeit befreit worden sind, bei ge- wöhnlicher Temperatur keine Kohlensäure und können sich mit derselben dann nur bei erhöhter "Temperatur verbinden. Nur wenn Wasser zugegen ist, wird bei gewöhnlicher Tem- peratur von den alkalischen Erden Kohlensäure absorbirt. Selbst Kalihydrat im frisch geschmolzenen Zustande verbindet sich nicht mit Kohlensäure, und nimmt dieselbe nur dann auf, wenn es mit Wasser befeuchtet wird. Natronhydrat hingegen kann, obwohl sehr langsam, im frisch 'geschmolzenen Zustand trocknes Kohlensäuregas absorbiren. Bei erhöhter Temperatur 211 können aber die Hydrate des Kalis und des Natrons unter Ab- scheidung von Wasser sich mit Kohlensäure verbinden. Wenn Wasser und Kohlensäure sich gegenseitig aus ih- ren Verbindungen austreiben, und als Säuren auftreten, so unterscheiden sich beide wesentlich dadurch, dafs die Kohlen- säure zwar jedenfalls eine der schwächsten Säuren ist, aber nie, auch nicht gegen die stärksten Säuren als Base auftritt, das Wasser hingegen zu den Oxyden gehört, welche nur ge- gen starke Basen die Rolle einer Säure spielen, aber mit star- ken Säuren verbunden als Base betrachtet werden mufs. Daher verbindet sich die Kohlensäure nicht mit Wasser zu einer che- mischen Verbindung. - Es giebt indessen Verbindungen, in welchen man in der That die Kohlensäure als mit Wasser verbunden annehmen kann. Es sind dies die krystallisirten Bicarbonate von Kali und von Natron. Es ist bekannt, dafs beide nicht ohne Was- ser im festen Zustand dargestellt werden können, und dafs wenn das zweite Atom von Kohlensäure, das in diesen Salzen nur schwach gebunden ist], durch erhöhte Temperatur ausge- trieben wird, es gemeinschaftlich mit dem Wasser entweicht. Betrachtet man die Kohlensäure als eine sogenannte einbasi- sche Säure, so sind die Bicarbonate der Alkalien saure Salze, oder man kann sie betrachten, wie viele saure Salze, als neu- trale Doppelsalze, in welchen die Säure mit zwei Basen, von denen die eine Wasser ist, verbunden ist. Eine Reihe von Versuchen hat indessen gezeigt, dals durch allmählig erhöhte Temperaturen aus den Bicarbonaten der Al- Kalien Kohlensäure und Wasser nicht gleichförmig verflüchtigt werden, so dafs in ihnen das Wasser als Krystallwasser be- trachtet werden muls. Hr. J. Grimm trug vor: Scholie zur Lysistrata. Mag man auf die scholiasten, die manche sonst verschol- lene kunde gesichert haben, oft verdrielslich werden, dafs sie unnöthiges oder unpassendes hinzubringen und immer wieder- holen; der letzte vorwurf soll mir wenigstens erspart sein, da ich einmal, was kaum schon geschah, den Aristophanes aus unserm deutschen alterthum bestätige. die Lysistrata, keins 212 seiner stücke, in welchen er der poesie am freisten den zügel schiefsen läfst, doch eins seiner ausgelassensten und überall den stempel grolser meisterhaftigkeit an sich tragend, beruht be- kanntlich darauf, dafs die athenischen frauen sich verschwören, unter dem schein eines opfers der Akropolis sich bemächtigen und den männern alle leistung ehlicher pflicht so lange ver- weigern, bis dem unmäfsigen kriegführen entsagt und friede geschlossen werde. Sie halten das burgthor verrammelt und verriegelt, und auf die frage © rı BovAousvar ryv morw umv amsaAsisare roisı MoyYAolrı, antworten sie gerade zu, in besitz des schatzes hätten sie sich gesetzt, um den männern einmal den ewi- gen krieg zu legen. vortreflich erzählt wird, wie sie einen sturm der männer auf die burg siegreich abwehren, und noch schö- ner und launiger, wie der Myrrhine gemahl, als er sich ihr auf dem feldposten naht, hinters licht geführt wird. die wei- ber dringen durch und zwingen zum frieden, von grolser ko- mischer wirkung ist die einmischung grober, lakonischer mund- art unter die feine attische rede. Der hauptgedanke nun, die versuchte und eine zeitlang durch- gesetzte absonderung der frauen von den männern muls in einer altverbreiteten sage gegründet sein, die ohne zweifel weit über die grenze Griechenlands binausgieng. Man könnte zurückgreifen und die sage von den Amazonen heranziehen, denen in unserm Norden die Jomsvikinge entgegenstehn, in deren burg keine frau gelassen wurde. Selbst die widernatürliche trennung der geschlechter in den klöstern müste die lebendigsten züge dieses gegensatzes darbieten und Fischart, der einzige deutsche schrift- steller, in welchem funken aristophanischen geistes sprühen, hat es auch wol verstanden sie hinundwieder zu ergreifen. Jene überrumpelung der burg durch frauen lebt aber sehr merkwürdig und nach verschiedner fassung in rheinischer volks- sage, welcher niemand irgend einen äufseren zusammenhang mit der griechischen zutrauen wird. Das altfranzösische gedicht, la chanson des Saxons, herausgegeben von Fr. Michel, Paris 4839 und in der mitte des dreizehnten jh. von Jean Bodel ab- gefalst, erzählt, auf alten überlieferungen wurzelnd, den krieg Karls des grofsen mit Wittekind, oder wie er hier heilst, Gui- teclin von Sachsen, der schauplatz ist, wie natürlich, der Nie- 213 derrhein. Saint Herbert du Rhin ist der name einer öfter im gedicht erwähnten burg, die in der nähe von Cöln gelegen sein mulfs, denn nur nach dem heiligen Heribert, einem cölnischen erzbischof aus dem beginn des eilften jh. (+ 1021) kann sie be- nannt sein. der anachronismus liegt offen, benimmt aber der sage nichts, die im laufe der zeiten immer ihre namen wechseln läfst. In diese burg Saint Herbert am Khein, wird theil 1 seite 130-135 erzählt, hatten widerspenstige frauen sich geworfen und vertbeidigten sie gegen männiglich: or i ont fait les dames un chastel a tours et a bretesches de molt riche quarrel, les portes sont fermees et bend& li Aael. Der ausgang ist aber hier dem geiste des frommen helden- lieds angemessen, Kaiser Karl weils sich nicht anders zu helfen, als dals er gegen diese frauen den himmel um ein wunder an- fleht, auf welches die burgmauern niederstürzen, die empöre- rinnen werden dann von den männern begnadigt. Eine anders gewendete und anmutigere volksage taucht in einem deutschen gedicht auf, das man in des 13 jh. zweite hälfte zu setzen berechtigt und welches aus dem Koloczer co- dex s. 75 unter dem namen frauenturnier gedruckt, in Hagens gesamtabenteuer 1, 372 wiederholt ist. die männer einer rhei- nischen, es erhellt nicht ob unmittelbar am strom oder in der umgegend gelegnen burg waren auf einem heerzug begriffen und blols ihre frauen zurückgeblieben. diese auf einem grünen plan versammelt verfallen darauf sich auch in ritterlichen übun- gen zu versuchen, eine sagt: wol üf ich hän erdäht daz es werde vollenbräht, wir teilen uns enzwei und machen ein turnei, sint wir sust eine sin, und läzen nieman herin. sie hiez die burc zuosliezen daz man dävor lieze torwarten und wahtzere. eine partei nennt sich Sachsen, die andere überrheinische Franken, worin eine berührung mit der chanson des Saxons 214 nicht verkannt werden darf. Doch bevor ihre männer heimkeh- ren, haben die frauen ihr turnier vollbracht, sich wieder ge- waschen, alle rüstungen in die kammer, alle rosse in den stall zurückgestellt. Als die männer des streichs an den schweilsigen pferden gewahren, wollen sie erst zürnen und strafen, lassen aber verzeihung angedeihen und ein herzog Walraben von Limburg, dessen namen eine schöne jungfrau angenommen hatte und damit siegreich geblieben war, beschenkte und verheira- tete sie. Gemeint ist damit ein limburgischer herzog Wale- ran aus der mitte des 13 jh., auf welchen der dichter die schwe- bende überlieferung anwandte. Fr. Michel, der in den noten zur chanson th. 2, 192 auf die wahrheit des vorgangs zu Saint Herbert weitet, bringt aus handschriften nachricht bei von einem chäteau d’amour, das rosenbewafnete frauen vertheidigen, und hier hat sich die alte sage vollends galant gedreht, so natürlich dem zeitalter, welches minnehöfe und turniere hegte, der gedanke lag, frauen förmlich mitstreiten zu lassen. in diesem kreise bewegt sich auch, ohne allen aufwand dichterischer erfindung, ein gedicht le tournoiement aus dames überschrieben, gedruckt in Me&ons nouveau recueil 1, 394-403. Aufserdem gab Hr. J. Grimm einen Nachtrag zu seiner Abhandlung über eine Urkunde des 12 Jahrh. namentlich über die Marsacii des Plinius. Hierauf wurden folgende seit der letzten Sitzung eingegan- gene Schriften vorgelegt: J. A. H. Baron Michiels van Kessenich, Ouvrage militaire. Tome 1.2, Venloo 1847. 8. Francesco Zantedeschi, Giornale fisico-chimico italiano (Puntata 1-5). Venezia 1851. 4. (Celestino Cavedoni), Nuova dichiarazione della Colonna milliaria di Cesare Augusto di recente scopertasi nelle vicinanze di Mirandola. 8. Adrien de Longperier, Lettres 4 M. Charles Lenormant sur deux Vases peints antiques du Musee du Louvre. Le Rheteur Tisias. — Polycrate roi de Samos. Extr. de la Revue archeologique. Paris 1852, 8. Mignard, Monographie du coffret de M. le Duc de Blacas. Paris 1852. 4. Er Pen av 215 Mignard, Notice sur un memoire relatif aux pratiques occeultes des Tem- pliers. (Dijon). 8. The white Yajurveda edited by Albrecht Weber. Part 1. Nro. 6.7. Ber- lin 1852. 4. 10 Exempl. Mnemosyne. Tijdschrift voor classieke Litteratuur, onder Redactie van E. J. Kiehl ete. DeelI. Stuk 2. April — Junij 1852. Leyden 1852. 8. Eduard Gerhard, Denkmäler, Forschungen und Berichte, als Fortsetzung der archäologischen Zeitung. Lief. 13. Berlin 1852. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 803.804. Altona 1852. 4. Vuk, Steph. Karadschitsch, Lexicon Serbico - Germanico - Latinum, Vin- dobonae 1852. 8. C. Prediger, Karte vom nordwestlichen Harzgebirge. Nach den Forst- vermessungs-Karten des Königl. Berg- und Forstamtes zu Clausthal, der Herzogl. Kammer zu Braunschweig, so wie nach eigenen baro- metrischen Messungen entworfen. Clausthal 1351. fol. Von Herrn C. Ritter im Namen des Herrn Bergassessor Roemer in Clausthal der Akademie überreicht. Ein von dem Dr. Med. Hrn. H. Saive zu Brüssel mittelst ] Schreibens vom 10. d. M. eingesandter versiegelter Zettel, dem Begleitschreiben zufolge enthaltend „la solution d’une question qui interesse au plus haut degre l’&conomie rurale et la medecine vet£rinaire,” wurde dem Archivar der Akademie zur Aufbewahrung übergeben. mat 1,2 Aha, ar x an r cs t Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen * der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin N im Monat Mai 1852. ü Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenberg. 3. Mai. Sitzung derphilosophisch-historischen 1 Klasse. Hr. Buschmann las über den Naturlaut. " a en ka 6. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. en Hr. von der Hagen las über deutsche Rechtschrei- bung, Aussprache und Sprachgebrauch. . e. 1 ü An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: 7 Transactions of the Royal Society of Edinburgh. Vol. 20, Part 2, for $ the session 1850 — 1851. Edinburgh. 4. x Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Vol. IN. 1850-51. No. 40. A1. und Titel nebst Register zum 2, Vol. 3 Bulletin de la Societe geologique de France. 2. Serie Tome 9. feuilles # 5-10. Paris 185121852. 8. Memorial de Ingenieros. Ano 7. Num. 3. Marzo de 1852. Madrid. 8, _ L.deKoninck, Description des animaux fossiles qui se trouvent dans le terrain carbonifere de Belgique. Supplement. Liege 1851. 4, — 7, Discours sur les progres de la Paleontologie en Belgique. (Extr. du T. XVII No. 11 et 12. des Bulletins de P’Academie Ro- yale de Belgique.) 8. 1 13. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Gerhard las über Wesen und Ursprung der Dä- monenund Genien. [1852.] 5 % 218 In einer vor längerer Zeit gelesenen (vgl. Bericht vom 1. Juli 1841 S. 229 ff.), obwohl ungedruckt gebliebenen Abhand- lung hatte Hr. Gerhard die Übereinstimmung nachzuweisen versucht, welche zwischen dem griechischen Dämon und dem Genius italischer Religionen in Bezug auf durchgängige gölt- liche Beseelung jeglichen Ortes und Gegenstandes, jeglicher göttlicher oder menschlicher Person, ja, insbesondre den Men- schen betreffend, jedes Lebenden sowohl als auch jedes Abge- schiedenen obwaltet. Nachdem diese bei Servius zu Virg. Ge- org. 1,302 für den Genius ausgesprochene Theorie auch aus den allerdings dunkleren Spuren sich nachweisen liels, welche zu allgemeinem Verständnils des griechischen Dämons führen, und eben dadurch auch die Annahme gemeinsamen Ursprungs jener in Hellas und Rom zwischen Göttern und Menschen ver- knüpfend waltenden beiderlei Mittelwesen begründet erschien, waren zwei Punkte als rückständig zu betrachten, welche zu- gleich mit Erneuung jenes früheren Inhalts Anfang und Schlufs der gegenwärtigen Abhandlung bilden. Erstens die Erwägung des homerischen Sprachgebrauchs, welcher für die Selbständig- keit dämonischer Mittelwesen im Sinn der hesiodischen Men- schenalter zwar nirgends ein gültiges Zeugnils ablegt, durch die prägnante Bedeutung jedoch in welcher der als Ausfluls der Gottheit, als Gottes und Schicksalsgeist zu fassende Auuwv die Stelle derselben nicht selten vertritt, der gesonderten Persön- lichkeit der Dämonen, wie Hesiods Lehrgedicht sie ausmalt, bereits sehr annähernd vorangeht. Sodann schien es möglich jene bei Homer vorbereitete, bei Hesiod ausgesprochene Selb- ständigkeit des Dämon, im Gegensatz etwaniger Ableitung aus dem Orient, zunächst auf griechische Entwickelung zu begrün- den, sofern nämlich die dem Zar familiaris und Acınav Errioüg,os aus Roms und Sparta’s Königshäusern (Servius und Demarat) zugesprochene Zeugung theils den Grundbegriff aller daraus ge- folgerten dem Dämon sowohl als dem Genius zustehenden Be- seelung, aulserdem aber einen Zusammenhang mit dem tyrrhe- nisch - pelasgischen Phallusdienst zu erkennen gibt, dem He- siods nächste Gottheiten Eros und Hekate eben so nahe stehn als der Fascinus des dardanisch-latinischen Vestadienstes ihm gleichartig ist. F 219 Hierauf las Hr. Panofka einen Theil der von Herrn. Welker in Bonn eingesandten Abhandlung: der Felsaltar des höchsten Zeus, oder das Pelasgikon in Athen, bisher genannt die Pnyx, nach der Entdeckung des Prof. Ulrichs in Athen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Inseriptiones regni Neapolitani latinae edidit Theodorus Mommsen. Lipsiae 1852. fol. mit einem Begleitungsschreiben des Herausgebers d. d. Leipzig im April d. J. A. F. Dittmann, Unsere Zeit und die Naturwissenschaft. Zur Vorbe- reitung eines wissenschaftlichen Unternehmens. Kiel 1852. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers vom Febr. d. J. Edward Sabine, Observalions made at Ihe magnelical and meteorologi- cal Observatory at Hobarton in Van Diemens Island. Vol. II. Lon- don 1852. 4. Naturwissenschaftliche Abhandlungen, herausgg. von Wilh. Haidinger. Bd. 2. Wien 1848. 4. Comptes rendus hebdomadaires des seances de ÜAcademie des sciences 1852. 1. Semestre. Tome 34. No. 11-16. 15 Mars-19 Avril. Paris. 4. Bulletin de la Societe de Geographie. 4. Serie, Tome 2. Paris 1851. 8. de Paravey, Preuves de lantique science qu’ont possedee les peuples & eeriture hieroglyphique et ante- diluvienne. 8. . (—- ), Notes sur la Bible et sa chronologie reelle par le Comte Joseph de Maistre et le Chevalier de Paravey. 8. Pompei. Illustrazione de’ monumenti. Dispensa 3. Napoli. 1851. 4; Minervini, Monumenti antichi inediti posseduti da Raff. Barone. Vol. I fogl. 12. (Napoli). 8. Henry Hennessy, ZÄesearches in terrestrial Physies. From the philosoph. Transactions. Part 2 for 1851. London 1851. 4. The American Journal of science and arts. Conducted by B. Silliman. B. Silliman jr. and James D. Dana. 2. Series No. 38. Vol. XIII. March 1552. New Haven. 8. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 805-806. Altona 1852, 4. - Revue archeologique. 9. Annee Livr. 1. 15 Avril 1852. Paris. 8. Überdiefs kam zum Vortrag: Ein Ministerial- Rescript vom 6. Mai welches der Akade- 220 | } mie anzeigt, dals des Königs Majestät auf Antrag Sr. Exel- lenz des Herrn Ministers, mittelst Allerhöchster Ordre vom 24. v. M. die Wahl des Privatdocenten der Mathematik an der hiesi- gen Universität, Dr. Eisenstein, zum ordentlichen Mitgliede der physikalisch- mathematischen Klasse der Akademie zu be- stätigen geruht haben. 17. Mai. Sitzung der physikalisch- ee schen en Hr Braun las über die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Characeen. Alle Bewegungen der Pflanzen, welche den Kreis der stil- len und unmerklichen, wenn auch in ihren Erfolgen noch so grofsartigen, Bildungs- nnd Wachsthumsbewegungen über- schreiten, haben von jeher die besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sie haben um so mehr die Forschung gleichsam herausgefordert, je unbegreillicher sie in ihrer mechanischen Vermittlung erschienen. In die Reihe dieser räthselhaften Er- scheinungen gehört auch der Kreislauf oder die sogenannte Rotation des Saftes in den Zellen der Characeen. Seit man durch Treviranus zweite Entdeckung des Phenomens (1807) wieder auf die fast vergessenen gewichtigen Arbeiten des er- sten Entdeckers Corti (1773) aufmerksam gemacht wurde, ist die Strömung des Zellsafts der Characeen, theils für sich allein, theils in Verbindung mit analogen Strömungsbewegungen in den Zellen anderer Gewächse, der Gegenstand sehr zahlreicher Untersuchungen geworden, die jedoch, so vielseilig sie auch den Gegenstand beleuchtet haben mögen, bis jetzt weder zu ei- ner genügenden Darstellung der Erscheinung, noch viel we- niger zu einer Erklärung des ursächlichen Zusammenhangs ge- führt haben. Wenn wir auch einstimmen, dals der letzie Grund dieser Bewegung in dem totalen Begriffe der Pflanze liegt, (') so fragen wir doch weiter mit welchen Hülfsmitteln der äufseren Natur das vom Begriffe der Pflanze geforderte aus- # geführt wird. Die meisten Arbeiten beziehen sich vorzugsweise 1 (*) H. Schultz die Natur der lebendigen Pflanze I. p. 337. 221 auf diesen Punkt, aber, obgleich Wärme, Licht, Galvanismus, Electromagnetismus, Endosmose, Flimmerbewegung und An- _ dres mehr zur Erklärung herbeigezogen wurden, so können doch alle Arbeiten mit demselben Satze schliefsen, mit wel- chem Agardh (') vor 25 Jahren schlols: „„So nun bei Ver- muthungen stille zu stehen gezwungen, geben wir dennoch _ die Hoffnung nicht auf, dieses Phenomen dereinst tiefer er- gründet und endlich das Staunen über das Unerklärlichschei- nende in die Bewunderung des Erklärten übergehen zu sehen.” Bis dahin ist noch manches nachzuholen, was von den bishe- f rigen Beobachtern vernachlässigt wurde, und was dazu dienen wird der Untersuchung eine sichere Basis zu geben. Dazu gehört zunächst die vollständige Darlegung des Baues der Cha- _raceen durch Verfolgung desselben in seiner Entwicklungsge- schichte, wofür aulser einigen Anfängen im 2len Bande von _Meyen’ s Pflanzenphysiologie und einem durch viele Irrthümer _ getrübten Versuch von €. Müller(?) noch wenig vorliegt. Daran schliefst sich von selbst die Untersuchung, wann und in welchen Zellen eine Rotalionsströmung eintritt und in welchem Verhältnifs die Strömung in der einzelnen Zelle zum Ganzen des Baues der Pflanze steht. Seit langer Zeit mit der Samm- lung des Materials zu einer Monographie der Characeen be- schäftigt habe ich jede Gelegeuheit.zur Untersuchung lebender "Arten auch in dieser Richtung zu benutzen gesucht und bin in dieser Arbeit vielfach von Prof. Nägeli in Zürich unterstützt worden, durch dessen Untersuchungen die eigenen in erfreulicher Weise theils bestätigt, theils berichtigt und erweitert wurden. Wenn ich meine heutige Mikeilang sogleich mit der etrachtung der Strömungsrichtungen beginne und vom Baue der Characeen nur soviel, als gerade nöthig, zur Erläuterung beifüge, so mag diels durch den Wunsch entschuldigt werden, schon jetzt auf den Zusammenhang der Strömungsverhältnisse mit dem Baue aufmerksam zu machen, dagegen die zusammen- hängende Darstellung des Baues, für welche durch fortgesetzte (') Über die Anatomie und den Kreislauf der Charen. Act. nat. cur. Vol. Xi. P. I. p. 137. (*) Zur Entwicklungsgeschichte der Charen. Bot. Zeit. 1848. p. 339. 222 Beobachtungen noch manche Lücken auszufüllen sind, einer späteren Zeit vorzubehalten. Was zunächst die Frage betrifft, in welchen Zellen der Characeen eine rotirende Strömung eintritt und in welchen nicht, so läfst sich in Kürze folgendes antworten: Die Rota- tion fehlt: 4) In allen transitorischen Zellen, d.h.in allen den- jenigen, welche schon im ersten Jugendzustand durch Thei- lung des Inbalts neuen Zellgenerationen den Ursprung geben. Solche Zellen findet man stets mit einem Zellkern versehen und mit einem Protoplasma erfüllt, das keine sichtbare Bewe- gung hat. So z. B. in den den sogenannten Vegelationspunkt an der Stengelspitze bildenden und ihm zunächst liegenden Zellen, also namentlich in der Scheitelzelle des Stengels selbst, welche 1 die Form einer Kuppel von 4 bis + Millim. (') Querdurch- 20 6 messer besitzt, und auf deren fortschreitender Theilung in zwei ungleiche Zellen, von denen die obere den Charakter der Scheitelzelle behält, das unbeschränkte Wachsthum des Charenstengels beruht. Auch die von der Scheitelzelle zunächst erzeugten Gliederzellen zeigen noch keine Rotation, welche vielmehr erst in den als dritte Generation von der Scheitel- zelle abstammenden und sich nicht weiter theilenden Interno- dialzellen des Stengels eintritt. Die Internodialzellen des Blat- tes stellen von der Scheitelzelle aus gerechnet die 7te Genera- tion dar, in welcher die Rotation eintritt, während sie den 6 vorausgehenden Generationen fehlte. 2) In manchen früh verkümmernden Zellen. Im In- neren der Stengelknoten, so wie auch der Blattknoten, befin- den sich eine, zwei oder mehrere Zellen, welche, wiewohl sie sich nicht weiter durch Theilung vermehren, es doch häufig nicht zur Rotation zu bringen scheinen, indem sie durch die angren- zenden Internodialzellen so zusammengedrückt werden, dafs man sie bei vorgerückterer Entwicklung gar nicht mehr findet. Dieser Gegenstand bedarf übrigens noch weiterer Untersuchungen. | (')%— x Mill. bei Ch. crinita und fragilis; % bei Ch. ceratophylla, Nie tella flexilis uud syncarpa; {, — % bei Ch. hispida. = 223 3) In solchen Zellen, welche sich früh mit Amylon und Fett füllen und dadurch in ruhende, einer künftigen Vegeta- tionsperiode Nahrungsvorrüthe aufbewahrende Behälter überge- hen. So die Zellen der ‚niedlichen elfenbeinweissen Amylon- sterne von Ch. stelligera, welche nichts anderes sind, als unterirdi- sche Stengelknoten mit verkürzten Quirlen; ferner die durch küm- merliche einzellige Blätter gebildeten Amylonsäckchen von Ch. aspera, welche Agardh (') früher für der Chara anhägende Molluskeneier gehalten hatte, und welche in ähnlicher Weise auch bei Ch. macropogon und Agardhi vorkommen. Auch in den unterirdischen und überwinternden Stengelknoten von Ch. hispida und ceratophylia kommen mit Amylon dicht erfüllte kleine Zellen vor, in welchen wahrscheinlich niemals Rotation statt fand. Hieher gehört auch die zur Spore sich ausbildende Zelle, welche aus dem Zustand der durch Blasenbildung netzartigen Vertheilung des Protoplasmas unmittelbar in den der Erfül- lung mit Amylon und fettem Oel überzugehen scheint. 4) In den Zellen der Antheridienfäden undzwar in allen Generationen derselben. Sowohl die transitorischen als die letzte Generation dieser Zellen sind durch einen sehr grolsen Zellkern ausgezeichnet, aus welchem in der letzten Generation der spiralige Samenfaden sich entwickelt. 5) In den Deckzellen des Antheridium’s scheint gleichfalls keine Rotation vorzukommen, deren Vorkommen bei der platten, dreieckigen und strahlig eingefalteten Gestalt der- selben auch schwer denkbar ist. In den inneren, röhrigen und kugeligen Zellen des Antheridium’s, welche die geglieder- ten Fäden tragen, ist dagegen eine Rotation vorhanden; in den 8 ‚eylindrischen Zellen des Antheridium’s ist sie mehrfach und auch von mir gesehen worden, in den kugeligen Zellen hat sie Meyen (?) beobachtet. Die 5 angeführten Fälle kann man auch in 3 zusammen- fassen: transitorische, verkümmernde und zur Fort- pflanzung bestimmte Zellen. Alle übrigen zu gehöriger Entwicklung kommenden und am vegetativen Bestand der Pflanze (') lc. p. 148. (*) Physiol. III. p. 220. 224 theilnehmenden Dauerzellen zeigen die Erscheinung der Ro- tation, die jedoch selbst erst mit einem gewissen, übrigens bei verschiedenen Zellen verschiedenen, Grade der Entwicklung eintritt. Die Endzellen der Blätter (z.B. von Ch. crinita und Nitella flexilis) erreichen oft mehr als die doppelte Länge ihres Durchmessers, eine Länge von ;; bis + Mill. ehe die Rotation beginnt, wobei die die Wand bekleidenden Chorophylikörner schon vor der Rotationsbewegung unterscheidbar werden; in den Internodialzellen der Blätter (z. B. von Ch. foetida und fra- gülis) sah ich dagegen die Rotation bereits im Gange, wenn ihr Längendurchmesser dem Querdurchmesser noch nicht oder kaum gleich kam,also bei linsenförmiger oder kugeliger Gestalt der später zu langen Cylindern heranwachsenden Zellen, wobei ihre Länge nur 5— 5 Mill. betrug und die Chorophylikörperchen noch nicht unterscheidbar waren. Ehe die Rotation eintritt füllt das Protoplasma, ebenso wie bei den transitorischen Zellen, die Zellen gleichförmig aus, ei- nen meist deutlich sichtbaren Zellkern umhüllend. Später treten blasige Aushölungen mit wälsrigerer Flüsssigkeit (Vacuolen) in denselben auf, wodureh ein schaumiges, oft ins netzartige über- gehendes Ansehen entsteht. Durch das Zusammenflielsen der - Vacuolen entsteht eine ununterbrochene Aushölung im Proto- plasma und nun erst beginnt die Rotation des letzteren, wo- bei man in jungen Zellen noch den vom Protoplasma im Kreise herumgeführten Zellkern bemerkt. Erst später erscheinen in der vom Protoplasma umschlossenen wälsrigeren Flüssigkeit zahl- reiche freie protoplasmatische Kugeln, die zum Theil eine kör- nige oder gewimperte Oberfläche besitzen und von Nägeli (') als Schleimbläschen, von Göppert und Cohn (?) als Wim- perkörperchen ausführlich beschrieben worden sind. In älte- ren Zellen treten dazu noch mancherlei weitere Gestaltungen des Zellinhaltes, als z. B. kugelige Vacuolen innerhalb des strö- menden Protoplasma, Krystalle, welehe dem Strom folgen u. s. w. Der strömende Theil des Zellinhaltes ist begränzt (') Zeitschrift Heft 3—4. p. 107. (°) Bot. Zeitung 1849. p. 665. 225 durch eine äufserst zarte ruhende Schicht, den Primordial- schlauch ('),an welchem die reihenweise geordneten Chloro- phylikörperchen angeheftet sind. Dafs die letzteren nicht un- mittelbar an der Zellwand (Cellulosewand) befestigt sind, so wie auch der Strom die Zellwand nicht direkt berührt, ist durch ein einfaches Experiment leicht zu zeigen. Bringt man näm- lich Chara in ein leichtes Zuckerwasser, so zieht sich der ganze Zellinhalt wohl abgeschlossen und scharf begränzt von der Zell- haut zurück, während der Strom noch lange Zeit in dem ab- gelösten Primordialschlauch fortdauert. Göppert und Cohn haben Ähnliches bei einer Anwendung von Campeche - Aufgufs bemerkt. Die Richtung des Stromes ist im Verhältnis zur Wachs- thumsrichtung der Pflanze oder des Pflanzentheiles, dem die Zelle angehört, entweder eine senkrechte oder eine wagerechte. Das letztere ist der seltnere Fall, der sich besonders schön bei einer scheibenförmigen Zelle unter dem Antheridium von Ni- tella syncarpa, seltener in den Zellen der Knoten sehen läfst. Da die Bewegung des Zellinhaltes der Characeen einen einfachen, in sich selbst zurückkehrenden Strom darstellt, so mufs eine, übrigens nicht durch eine feste Bildung dargestellte, sondern blofs im wässrigen Theil des Zellsaftes befindliche ruhende Axe vorhanden sein, um welche der Strom sich bewegt, und welche bei senkrechtem Strom quer, bei horizontalem aufrecht von Zellwand zu Zellwand sich erstreckt. Je nach der Gestalt der Zelle wird auch diese Achse verschiedene Gestalt annehmen. Bei einer kugeligen Zelle wird sie als Linie oder Walze, die die Zellwand mit ihren beiden Polen berührt, 'erschei- nen (?); bei einer zur Walze gedehnten Zelle wird sie als Fläche sich darstellen, (?) die die Zellwand jederseits in Form einer Linie berührt. Diese Linie zeichnet sich oft durch (*) Göppert und Cohn l. c. 716 rechnen auch noch die strömende Protoplasmaschicht zum Primordialschlauche; gewils mit Unrecht, da man als Primordialschlauch doch nur eine dem Zellinhalt selbst angehörige ru- hende Haut bezeichnen kann. (*) Vergleiche die noch kugeligen Internodialzellen des Blatts von Chara. (*) So bei denselben Internodialzellen des Blatts, wenn sie weiter heran- gewachsen sind, 226 den Mangel der Chlorophylikörnerreihen, welche die übrige Wand auf der Innenseite bekleiden, aus und erscheint defshalb als heller Streif, den man Indifferenzstreif genannt hat. Wo die Achse in dieser Weise zur Indifferenzebene wird, kreutzt sich natürlich Stromebene und Indifferenzebene rechtwinkelig. Schon Corti hat von einer Kette des Kreislaufs, „ Catena della circolazione”, gesprochen, indem er unter die- sem Ausdruck !die Aneinanderschlielsung der Ströme angren- zender Zellen versteht. Das Gesetzmälsige dieser Aneinander- schliefsung durch alle Theile der Pflanze hat Agardh in der schon genannten Abhandlung darzustellen gesucht und es ist seither kaum etwas Neues beigefügt worden. Wiewohl sich die Rotation auch in der isolirten Zelle erhalten kann, so verdankt sie doch ihre bestimmte und später nie wieder zu ändernde Richtung der Stelle, welche die Zelle im Ganzen des Organismus einnimmt. Dieser Zusammenhang ist es, welcher vor allem die genauste Ermittelung verdient, indem er vorweg einer Reihe von Erklärungsversuchen den Lebensfaden abschneidet und uns zur Überzeugung bringen muls, dafs die Bewegung der Säfte in den Zellen der Characeen nicht von zufälligen Ur- sachen abhängt, sondern nothwendigen inneren und strengen Gesetzen folgt. (') Unterwerfen wir die von Agardh aufge- stellten 8 Gesetze einer vorläufigen Prüfung, so zeigt sich zu- nächst, dafs dieselben sich nur auf einen kleinen Theil der Zel- len beziehen, in welchen man Strömung wahrnimmt, nämlich 4, auf die grofsen Zellen welche die Internodien des Stengels bilden; 2, auf die Internodialzellen der Blälter, welche Agardh mit den meisten Autoren Ästchen nennt, und 3, auf die Zel- len, welche die Seitenstrahlen der Blätter solcher Arten bil- den, deren Blätter gabelspaltig erscheinen. Die übrigen Zel- len, in welchen der Saftstrom theils schon damals beobachtet war, theils später gesehen wurde, wie z. B. die langgestreck- ten Rindenzellen des Stengels und der Blätter berindeter Ar- ten, die Zellen der Rinde, welche bei manchen Arten als Sta- (') So Agardh I. c. p. 130. Schleiden (Grundzüge 3te Ausgabe p- 305.) neigt sich zur entgegengesetzten Annahme. 227 cheln erscheinen, die Zellen des sogenannten Bartes am Grunde des Quirls, diejenigen der sogenannten Bracteen, der Hülle und des Krönchens der Spore, so wie die Zellen des Antheri- dium’s sind dabei nicht berücksichtigt. Es zeigt sich ferner, dals mehrere dieser Gesetze im Wesentlichen dasselbe aussa- gen, so dals die angeblichen 8 Gesetze sich auf höchstens 4 zu- rückführen lassen. Das erste Gesetz Agardbh’s lautet: „Der helle Streif verläuft durch den ganzen Stengel in einer unun- terbrochenen Linie”. Mit andren Worten: die Strömungs- ebene, somit auch die Indifferenzebene, hat in den aufeinan- derfolgenden Stengelgliedern dieselbe Richtung. Das zweite Gesetz, „dafs der Strom in allen Internodien stets aufderselben Seite des Indifferenzstreifs aufsteigt” giebt hiezu die nähere Bestimmung, dafs der Strom in den auf- einanderfolgenden Gliedern nicht blofs in derselben Ebene, son- dern auch in derselben Richtung auf und absteigt. Daraus folgt von selbst Agardh’s drittes Gesetz, „dalsin den Knoten sich die Ströme der beiden angrenzenden Interno- dien kreutzen müssen”, bei dessen Darstellung der schwe- dische Botaniker das Wort „‚kreutzen” unrichtig anwendet, denn er wollte sagen dafs sich die Ströme im Knoten diametral ent- gegenlaufen. Diese drei Agardh’schen Gesetze bilden somit nur ein einziges, das Gesetz für die Stromrichtung in den Inter- nodialzellen des Stengels, das bisher allgemein in der angege- benen Weise wiederholt wurde, aber, wie sich nachher erge- ben wird, in Wirklichkeit sich nicht so verhält. Das vierte Gesetz: „Der Indifferenzstreif befin- det sich immer auf den beiden Seiten eines Ästchens, nieauf dem Rücken desselben, der Strom aber steigt immeraufdem Rücken desselben hinaufundaufsei- nerinneren Seite herab” führt uns zur Betrachtung der Stromrichtung im Blatt und zwar zunächst im Verhältnils zum Stengel. Die Stromebene in den die Glieder der quirlständigen Blätter bildenden Zellen hat in Beziehung zum Stengel eine radiale Richtung, und zwar so, dals der aufsteigende Strom sich auf der Aussenseite (Rückenseite), der absteigenee auf der Innen- seite des Blatts (Bauchseite) befindet. Diefs ist richtig und wird 228 im achten Gesetz speciell auf den 8- blättrigen Quirl ange- wendet: „Die Richtungen der Ströme in den 8 Ästen stellen einen Stern vor, dessen Radien alle vondem Centrum des Knotens ausgehen, und worin 2 Ströme in derselben Richtung (Ag. will sagen: Ebene) mit den oben genannten beiden Hauptströmen (nämlich dem auf- und absteigenden Strom im Stengel,) zwei andere in glei- cher Richtung mit der Indifferenzschicht fortschrei- ten; alle aber einen Winkel von 45° mit einander bilden”. Was hievon nicht blofse Folge des vierten Gesetzes ist, nämlich die Stellung von 2 Radien des 8- strahligen Quir- les in die Ebene des Stroms, 2 damit sich kreuzenden in die Indifferenzebene und 4 weiteren in die Winkel des so gebilde- ten Kreutzes, ist richtig, wenn man es auf das zunächst über dem Quirl befindliche Internodium bezieht, unrichtig dagegen, wenn es auf das nächst untere Internodium bezogen wird, des- sen aufsteigender und absteigender Strom je 4 Blätter auf sei- ner Seite hat, so dafs die Indifferenzebene den Quirl in zwei vierblättrige Hälften scheidet. Es ergiebt sich dieser Unter- schied in der Beziehung des Quirls zum nächstunteren und nächst- oberen Internodium aus der Alternation der Quirle. Auf das Blatt und zwar nicht das Verhältnifs desselben zum Stengel, sondern das Verhältnils der Glieder des Blattes gegeneinander g an das nachher zu betrachtende sechste Gesetz schlielsen mufs, auch das sie- bente Gesetz Agardh’s, das, wollte man es auf den Sten- gel beziehen, eine blofse Wiederholung des dritten wäre. bezieht sich, wie man aus seiner Anschlielsun „In dem Knoten gehen die Hauptsiröme der beiden Internodien in entgegengesetzter Richtung über- einander fort und beide bewegen sich in senkrechter Richtunggegen dielndifferenzschichte”. Dals Agardh hier von „‚Hauptströmen” spricht, statt schlechtweg von Strö- men, erklärt sich dadurch, dals er eine Nizella mit scheinbar gabeliger Theilung der Blätter im Sinne hat. Dem stärkeren Gabeltheil, welcher die direkte Fortsetzung des Hauptstrahls des Blatts ist, schreibt er den Hauptstrom, dem schwächeren Ga- beltheil, der wirklich ein Seitenstrahl des Blattes ist, einen Nebenstrom zu. Im Übrigen ist in Agardh’s siebentem Ge- 229 setz das Verhältnifs in der gleichen Ebene und gleichen Rich- tung sich bewegender Ströme, wo sie im Knoten sich anein- anderketten, richtig ausgedrückt, während es im dritten Gesetz unrichlig ausgedrückt war, und im Blatte verhält es sich auch wirklich so, wie Agardh angiebt. Das fünfte Gesetz: „Wenn ein Ast, wie dieses öfters bei Nitellen vorkommt, gespalten ist, so ist auch der Iudifferenzstreifdaselbst gespalten, so dafs die beiden Streifen der oberen Ästchen nur eine Spaltung des Streifs des untern Internodiums zu sein scheinen”. Diese nicht ganz klare Darstellung wird verständ- licher durch das sechste Gesetz: „Da die aus der Spal- tung entsprungenen Äste stets von ungleicher Länge sind, so geht der Strom immer aufwärts in dem untern, ungespaltenen Haupttubus auf der Seite, wo das grössere Ästchen, und rückwärts auf der Seite, wo das kleinere Ästchen angeheftet ist”. Das Verhältnils, das Agardh bei Aufstellung dieser beiden Gesetze im Auge hatte, erklärt sich durch Vergleichung jun- ger und steriler Exemplare von Nitella flexilis und syncarpa, bei welchen die Blätter dem Anscheine nach einfach gabel- spaltig sind, indem das blofs aus zwei verlängerten Gliedern be- stehende Blatt am Gelenk einen einzigen Seitenstrahl entwik- kelt, welcher kürzer ist, als das zweite (obere) Glied des Haupt- strahls. In dem ersten Glied des Blattes (‚, dem ungespalte- nen Haupttubus”) mufs der Strom (nach dem 4ten Gesetz) auf der Aussenseite auf-, auf der Innenseite absteigen; in dem zweiten Gliede des Blattes („dem gröfseren durch Spaltung entsprungenen Ästchen”) mufs sich (nach dem 7ten Gesetz) der Strom in derselben Richtung anschliefsen. Der Seitenstrahl („das kleinere Ästchen der Gabel”) soll nach Agardh’s Dar- stellung (im 6ten Gesetz) auf der inneren Seite, der des abstei- genden Stroms, sich befinden, was nicht genau der Fall ist, in- dem er nicht mitten, sondern seitlich nach innen liegt; die In- differenzebene desselben soll (nach dem fünften Gesetz) paral- lel der des Hauptstrahls sein, was richtig wäre, wenn er ge- nau nach innen läge. Dafs in diesem Seitenstrahl (kleineren Ästehen), sowie in allen Seitenstrahlen des Blatts, in welcher > zur 230 Form sie erscheinen mögen, der Strom zum Hauptstrahl des Blatts sich verhält, wie der des Hauptstrahls zum Stengel, wurde von Agardh nicht klar erkannt. Auf einige wichtige Andeutungen, welche Agardh in dem zweiten Theile seiner Abhandlung '‘(p. 157) über die Ord- nungsfolge der Blätter des Quirls im Verhältnifs zur Stromrich- tung im Stengel und über die Stellung der wahren Zweige zur Blattfolge und Stromrichtung giebt, komme ich im folgenden zurück; sie bilden den gewichtigsten uud am wenigsten ge- würdigten Theil der Agardh’schen Abhandlung. In der übersichtlichen Darstellung sämmtlicher Strömungs- verhältnisse, welche ich beobachten konnte, folge ich den Or- ganen der Pflanze, in welchen sie stattfinden, ausgehend von der unbegrenzten Hauptachse der Pflanze, dem Stengel, und den ihr ähnlichen Seitenachsen, den Zweigen; weitergehend zu den Seitentheilen mit bestimmter Begrenzung, den Blättern, und allen übrigen vegetativen Theilen, welche in ihrem Ur- sprung mit dem Blatt zusammenhängen (Nebenblättern, Sten- gelberindung, Stacheln); ferner zu den Wurzeln und endlich zu den männlichen und weiblichen Fortpflanzungsorganen, A. Im Stengel. Der Stengel der Characeen ist seiner Natur nach unbegrenzt und wächst an seiner Spitze bei perennirenden Arten (z. B. Ch. fragilis, ceratophylla) wirklich von Jalır zu Jahr weiter; bei einjährigen Arten endigt er zwischen den oberen, sich zu- sammendrängenden fructificirenden Quirlen mit einer verküm- mernden Endknospe, also ohne bestimmtes Schlufsgebilde (so z. B. bei Nitella syncarpa nnd fasciculata). Er besteht aus einer Reihenfolge von Internodien, getrennt durch Knoten, welche die Blattquirle tragen, aus welchen überdies die Zweige und an den untern Theilen der Pflanze die Wurzeln entspringen. Jedes Internodium besteht ohne Ausnahme aus einer einzigen Zelle, welche bei den gröfseren Chara-Arten oft eine Länge von mehreren Zollen und einen Durchmesser von fast einer Linie erreicht, somit zu den gröfsten Zellen des Pflanzenrei- ches gehört. In diesen Internodialzellen des Stengels findet während der ganzen Lebensdauer der Pflanze eine Strömung statt, während in den inneren, dem Stengel angehörigen Zel- 231 len der Knoten eine solche nur vorübergehend, in anderen Fäl- len vielleicht niemals einzutreten scheint. Die peripherischen Zellen des Knotens, in welchen man andauernde Strömung wahrnimmt, gehören nicht eigentlich dem Stengel, sondern den Basilarknoten der Blätter (den Blattkissen) an. Bei allen Arten der Gattung Nizella und bei einigen Abtheilungen der Gattung Chara sind die Internodien unbedeckt (nackt), so dafs sich die Saftbewegung sehr leicht beobachten läfst; bei der Mehrzahl der Chara-Arten dagegen sind sie mit einer in ihrer Entstehung von den Quirlen ausgehenden, aus kleineren röhrigen Zellen gebildeten Decke verhüllt (berindet), in welchem Falle diese Rinde abgelöst werden muls, wenn der Kreislauf sichtbar werden soll. Doch sind auch bei solchen Arten die untersten Stengelglieder junger Pflanzen unberindet und im Alter schält sich die absterbende Rinde oft von selbst von den noch le- benskräftigen Internodialzellen ab. Mit diesen beginne ich die nähere Bestimmung der Strömungsrichtungen: 1) In den Internodialzellen des Stengels ist die Strömungsebene (') der Wachsthumsrichtung des Stengels uud der Längendehnung seiner Glieder parallel, somit, wenn der Stengel aufrecht gedacht wird, senkrecht. Die Seite des aufsteigenden und somit auch des absteigenden Stroms wird bestimmt durch den Beginn und die Aufeinanderfolge in der Bildung der Blätter des von dem Internodium ge- tragenen Quirls, in der Weise, dafs der aufsteigende Strom auf der Seite der zuerst entstehenden, der absteigende auf der Seite der zuletzt entstehenden Blätter des Quirls sich befindet. Die Verkettung der Ströme in den aufeinanderfolgenden Internodien folgtderalternirenden Stellung der Quirleund zwar so, dals ebenso, wie das erste Blatt jedes folgenden Quirles immer nach derselben Seite hin um ein hal- bes Intervall seitlich vom ersten Blatt des vorausge- henden Quirles seine Stelle erhält, so auch die Strom- (') Ebenso die Indiffereuzebene, welche sich mit der Strömungsebene rechtwinklig kreutzt. 232 ebenen in den aufeinanderfolgenden Internodialzel- len unter Winkeln, welche die Hälfte eines Inter- valls betragen, sich schneiden. Die Richtung, in welcher die Stromebenen sich von Glied zu Glied gegeneinander verschieben, entspricht einer links aufsteigenden Spirale; in derselben Richtung drehen sich häufig die Stromebenen innerhalb der einzelnen Internodialzellen, indem der Stengel sich während seines Längenwachsthums allmählig links dreht. Die zuletzt erwähnte Linksdrehung der Stengel ist eine längst bekannte, besonders bei den berindeten Characeen sehr in die Augen fallende Erscheinung; sie findet sich regelmässi- ger bei der Gattung Chara, als bei Nitella, und wiederholt sich bei den Arten aller Welttheile. Sie ist an den jüngsten In- nodien noch nicht unterscheidbar und stellt sich erst allmäh- lig mit zunehmender Dehnung in die Länge ein. Dafs aulser dieser mit der gedrehten Bildung der Zellen zusammenhängenden Spiraldrehung des Saftstroms auch noch eine Drehung in der Verkettung der Saftströme des Stengels statifinde, ist gegen die gewöhnliche Vorstellung und konnte um so leichter überse- hen werden, als die Verschiebung der angrenzenden Strömungs- ebenen nur eine geringe ist, somit auch die Indifferenzstreifen sich von einem Glied zum andern fast genau aufzunehmen schei- nen. Zur richtigen Auffassung des Verhältnisses dient nament- lich eine genaue Beachtung der Lage desIndifferenzstreifens zu den Blättern des Quirls. Wenn z. B. bei 8- blättrigen Quir- len der Indifferenzstreif des untern Internodium’s die Lücke zwischen zwei Blättern des Quirls berührt, so beginnt der In- differenzstreif des oberen Internodium’s nicht in dieser Lücke, sondern etwas seitlich davon über dem Blatt rechts von der Lücke, während er mit seinem oberen Ende wieder in eine Blattlücke des nächsten Quirls eintritt. Die beiden Stromebe- nen müssen sich somit in einem Winkel schneiden, welcher ein halbes Achtel d. i. 224° beträgt. Da die Zahl der Quirl- blätter je nach den Arten von 6 (Nitella syncarpa) bis 10 (Chara hispida), bei exotischen Arten selbst bis 14 und 15 (Chara po- Iyphylla) wechselt, so wird darnach auch der Kreutzungswinkel im Maximum ;5, im Minimum 5 bis 5 betragen. Häufig variirt nal u 27 3 u. h 233 die Zahl der Quirlblätter bei einer und derselben Art, z. B. bei Ch. ceratophylla von 6 bis 8, bei Ch. foetida von 8 bis 10, und dann finden sich oft an einem und demselben Stengel Quirle mit verschiedener Zahl der Blätter, zwischen welchen natür- lich kein reines Abwechselungsverhältnils statt finden kann. In solchen Fällen treten auch in der Aneinanderschlie- [sung der Strömungsebenen der Internodialzellen abweichende Verhältnisse ein, deren Erörterung ich jedoch hier über- gehe. Von der abwechselnden Stellung der Strahlen (Blätter) aufeinanderfolgender gleichzähliger Quirle überzeugt man sich leicht an den jungen Spitzen berindeter Arten (Ch. ceratophylla, foetida, hispida, fragilis ete.), wobei die nachher zu beschrei- benden abwechselnd ineinander greifenden lappenartigen Ab- theilungen der Berindung die Bestimmung sehr erleichtern. Die Ausmittelung der Beziehung der Stromrichtung im In- ternodium zur einseitigen Bildung des darüber liegenden Quirls ist schwieriger und erfordert ein Zurückgehen auf die früheste Bildungsgeschichte dieser Theile. Untersucht man die zwischen den obersten Quirlen versteckte Spitze eines beliebigen Spros- ses, so zeigt sich eine lehrreiche Abstufung in der Bildung be- griffener Quirle, zwischen welchen sich die Spitze des Stengels in Form einer gerundeten Kuppel erhebt. Das Ende dieser Kuppel ist von einer einzigen, nach oben linsenförmig gewölb- ten, nach unten flachen Zelle von etwa 5 bis 4 Mill. Quer- durchmesser (') gebildet. Eine solche Scheitelzelle fehlt zu kei- ner Zeit, sie erzeugt sich bei jeder Theilung neu und ist nichts Anderes, als eine in’s Unbegrenzte sich wiederholende Erneu- erung der Urzelle der ganzen Pflanze. Die Scheitelzelle theilt sich nämlich durch- horizontale Scheidung des Zellinhaltes in 2 ungleiche Zellen, in eine obere, welche Scheitelzelle bleibt, _ und in eine untere, welche ich als Gliederzelle bezeichnen will. Durch die wiederholte Theilung der Scheitelzelle wird eine 7 Reihe von Gliederzellen gebildet, von denen jedoch (wegen des in ihnen selbst bald eintretenden weiteren Theilungspro- zesses) meist nur eine oder zwei in noch ungetheiltem Zustande (') Am grölsten fand ich sie bei Chara hispida, wo sie manchmal * Mill. erreicht. 5 * . 234 unter der Scheitelzelle sichtbar sind. Während die Scheitel- zelle die Potenz des ganzen Sprosses in sich trägt, entspricht die Gliederzelle nur einer der Abtheilungen oder Glieder, aus deren steter Wiederholung der Sprofs sich bildet, nämlich einem Stengelgliede (Internodium) mit dem dazugehörigen nächst obe- ren Quirl. Die Gliederzelle theilt sich nun abermal durch eine horizontale Scheidung in 2 ungleiche Zellen, von denen die un- tere die Gestalt einer biconvexen, sehr flachen, die obere einer biconcaven, etwas höheren Linse annimmt. Hiermit ist der Grund gelegt zur Bildung des Internodiums einerseits, und des Knotens mit seinem Quirle andrerseits. Die untere, Anfangs flach linsenförmige Zelle, eine Dauerzelle, welche sich nie wei- ter theilt, ist bereits die Internodialzelle, die durch blolse Ver- längerung zu der langen Röhre heranwächst, welche das Inter- nodium der Characeen bildet; die obere, biconcave Zelle dagegen, welche ich als die primäre Knotenzelle bezeichnen will, erzeugt durch weitere Zellbildung nicht blofs den Knoten, sondern auch den ihm angehörigen Blattkreis mit allen seinen weiteren Ent- wicklungen, und zwar in folgender Weise. Die primäre Kno- tenzelle theilt sich zuerst durch eine senkrechte, diametrale Wand in 2 gleiche sekundäre Knotenzellen, welche von oben gesehen als 2 zum vollen Kreis sich ergänzende halbkreisför- mige Scheiben erscheinen. Nun beginnt gleichfalls durch senk- rechte, aber excentrische Theilung die Bildung eines periphe- rischen Zellkreises, der jedoch, da er aus den zwei halbkreis- förmigen secundären Knotenzellen hervorgeht, in Form zweier Halbkreise auftritt, welche beide an dem einen Ende der schei- denden Wand ihre Bildung anheben und am anderen zuletzt sich treffend den Kreis schlielsen, welcher nun in seiner Mitte, gleichsam als Überrest der secundären Knotenzellen, zwei cen- trale Zellen einschlielst, welche dem Knoten als solchem blei- ben, während die Zellen des Zellkreises die Grundlage eben so vieler Blätter darstellen. Die Bildung dieser Zellen (Blätter) schreitet in den beiden Halbkreisen gewöhnlich in der Weise fort, dafs abwechselnd eine Zelle des einen und eine Zelle des anderen Halbkreises gebildet wird. Es werden somit das erste und zweite Blatt, als die Anfänger der beiden Halbkreise, sich ae 235 nebeneinander befinden und zwar rechts und links (') von der Hauptwand, welche den Knoten in 2 Hälften theilt; das dritte Blatt wird auf der Seite des ersten, das vierte auf der Seite des zweiten sich anschlielsen, bis endlich die zwei letzten Blät- ter am andern Ende der Hauptwand wieder zusammentreffen. Erst nach diesen Vorgängen, zu deren Beobachtung sich be- sonders die in tieferem Wasser wachsenden, sehr durchsichtigen Formen der Nitellen eignen (*), also nach Anlegung des Quirls, tritt die kreisende Bewegung des Inhalts in der unter demsel- ben befindlichen Internodialzelle ein, so dafs es nahe liegt, den Grund, warum der aufsteigende Strom gerade nach der Seite sich wendet, auf welcher die zuerst gebildeten Blätter sich be- finden, in dem auf dieser Seite bevorzugten Bildungsprocels zu suchen. Es ist in dieser Beziehung noch zu bemerken, dafs die zuerst gebildeten Blätter auch in der weiteren Ausbildung häufig sich kräftiger als die übrigen entwickeln, (so z.B. bei N. syncarpa), so wie, dafs sie allein die Fähigkeit haben Zweige in ihren Achseln zu bilden. Beim ersten Quirle keimender Pflanzen bildet sich nicht selten nur ein Blatt des Quirles aus(?), während die übrigen als kümmerliche Wärzchen zurückbleiben; dieses eine Blatt steht auf der Seite des aufsteigenden Stroms und ist daher ohne Zweifel gleichfalls das erste des Quirls, wie dies schon Agardh, ohne die Entwickelungsgeschichte der Cha- ren zu kennen, annahm, und daraus schlols, ‚‚dals es nothwen- dig in jedem Quirl ein Ästchen (d. i. Blatt) geben müsse, welches das erstgeborene ist, und auf welchem sonach die Dar- stellung aller übrigen Theile des Gewächses beruht, insofern es nämlich das Rechts und Links, den Gegensatz zweier Seiten des (*) Eine bestimmte Regel für die Lage des ersten Blattes auf der einen oder andern Seite der Hauptwand scheint nicht zu bestehen. (?) Professor Nägeli hat die früheste Entwickelungsgeschichte des Quirls am vollständigsten bei Nitella syncarpa und hyalina des Züricher Sees verfolgen können. (*) Unrichtiger Weise ist dieses Blatt von früheren Beobachtern für die 3 Stengelspitze gehalten worden. Vergl. die Abbildungen von Kaulfuls Keimen der Charen £.23. 24, Schultz 1. c. t.3.£.8, K. Müller Eniwik- kelungsgeschichte der Charen (Bot. Zeit. 1845.) t. 3. f. 6. 236 Rohrs, allein bedingt” (') und dann als Gesetz ausspricht, „dals das Hauptästchen (d.i. das erste Blatt) des ersten Quirls auf derselben Seite des Indifferenzstreifs entspringt, auf welcher sich der aufsteigende Strom des Stammes befindet.” Die aus der Entwickelungsgeschichte entnommene Beob- achtung, dals Zweige sich nur in den Achseln des ersten und zweiten oder selbst nur in der Achsel des ersten Blattes bil- den (ersteres meist bei Nitella, letzteres gewöhnlich bei Chara), giebt uns ein leichtes Mittel an die Hand, auch an der ausge- bildeten Pflanze die ersten Blätter der Quirle zu erkennen. Diesem Leitfaden folgend, habe ich bei einigen durch Gröfse und Dicke der Stengel dazu besonders geeigneten Arten (Ch. ceratophylia und hispida) die relative Lage der ersten Blätter der aufeinanderfolgenden Quirle untersucht und die angegebene Regel, dafs dieselben eine stets links gedrehte Spirale mit Di- vergenzen von der Hälfte des Intervalls bilden, constant. ge- funden. Prof. Nägeli hat dagegen bei Untersuchung der jüngsten Quirle von Nitella syncarpa Abweichungen von dieser Regel beobachtet, indem er in an derselben Achse sich folgenden Quirlen die Divergenz der ersten Blätter bald nach der einen, bald nach der anderen Seite gerichtet fand. Da das Richtungs- verhältnils des Saftstromes von der Lage der ersten Blätter des Quirls abhängt, so gilt diese Ausnahme natürlich auch für die Verkettungsweise der Ströme in den aufeinander folgenden Stengelgliedern. 2. In den scheibenförmig plattgedrückten Zel- len des Stengelknotens (den Gelenkzellen des Sten- gels) hat die Strömungsebene eine horizontale Lage. Bei den Erläuterungen zu 1. habe ich gelegentlich der zwei Zellen erwähnt, welche, eingeschlossen von den Zellen des Zellkreises, durch welche die Grundlage des Quirls gelegt wird, den eigentlichen Stengelknoten oder das zwei Internodien verbindende Gelenk bilden. Bald bleiben diese beiden Zellen ungetheilt, bald theilen sie sich ohne erkennbare Regel weiter und bilden eine aus unbestimmt vielen Zellen gebildete Gelenk- (') Agardh I. c. p. 157. en, 237 scheibe. Bei der Gattung Chara sind diese Zellen sehr schwer zur Anschauung zu bringen, und verschwinden mit der völligen Ausbildung der Internodien wieder, so dals die Internodialzel- len älterer Stengel in direkte Verbindung treten ('); bei den Nitellen dagegen (z. B. N. syncarpa und Ayalina) haben sie eine längere Dauer und lassen in den jüngeren Quirlen eine ihrer scheibenförmigen Gestalt entsprechende horizontale Saftströ- mung erkennen, die jedoch in Beziehung auf die Wendung der Ströme nach Rechts oder Links keine ganz bestimmte Regel zu befolgen scheint. In einem mir von Prof. Nägeli mitge- theilten Falle eines blofs zweizelligen Knotens von N. syn- carpa war die Wendung des Stroms in den beiden Zellen eine entgegengesetzte und zwar so, dafs der Strom in der Periphe- rie des scheibenförmigen Knotens dem Bildungsgange der Blät- ter in den beiden Halbkreisen folgte und längs der Scheidewand durch die Mitte der Scheibe zurückkehrte, ein Fall, in welchem sich in anderer Weise wieder eine Beziehung der Stromrich- tung zum Bildungsgange des Quirls erkennen läfst. 3. Im ersten Internodium des Hauptzweiges (des Zweiges aus der Achsel des ersten Blattes) schlielst sich der Strom nach derselben Regel an den des nächstunteren Internodium’s des Stammes an, wie der des nächstoberen Internodium’s des Stammes selbst; die Strömungsebene des ersten Interno- dium’s des Zweiges hat somit eine schiefe Stellung _ zwischen Stamm und Tragblatt. Die Characeen haben Zweige (Seitensprosse), welche dem Stamm (Mittelsprols) im Ganzen oder einer gewissen oberen - Abtheilung desselben ähnlich sind: Bereicherungszweige der oberen Region, für manche Arten sehr charakteristisch (Ni. ni- difica, fasciculata); Wiederholungszweige, aus den unteren Re- gionen entspringend und in derselben Vegetationsperiode sich entwickelnd; Erneuerungszweige, die bei perennirenden Arten in einer folgenden Vegetationsperiode sich entwickeln (z. B. bei Ch. stelligera, bei welcher sie aus den kleinen sternförmi- (*) Längsschnitte durch alte Stengel von Ch. ceratophylla lassen hier- über keinen Zweifel. 238 gen, amylonreichen Quirlen, welche allein den Winter über- dauern, hervorsprossen). Die unter die beiden letzten Rubriken gehörigen Zweige haben sogar in ihrer Jugend oft grolse Ähn- lichkeit mit aus Sporen erwachsenden Pfllänzchen, namentlich in Beziehung auf die mangelhafte Ausbildung der Blätter des ersten Quirls, ferner bei berindeten Arten durch das Fehlen der Rinde an den untersten Internodien u. s. w., eine Ähnlich- keit, auf die schon Agardh (') hingewiesen hat. Bei Chara entspringt aus einem (uirle meist nur ein Zweig und zwar in der Achsel des ersten Blattes; bei Nitellen (z.B. N. syncarpa in den obern Regionen) sind meist 2 auf derselben Seite des Quirls liegende, dem ersten und zweiten Blatt desselben ange- hörige Zweige vorhanden; zahlreichere Zweige mit ungleich- zeitiger Entwickelung finden sich bei Nir. prolifera und den verwandten Arten der Untergattung Tolypella, aber auch bei anderen Nitellen (z.B. syncarpa) und selbst bei Charen (z.B. fragilis) aus dem zweiten Knoten der Pflanze. Ob in solchen Fällen auch andere, als die zwei ersten Blätter des Quirls Zweige in den Achseln erzeugen, oder ob alle überzähligen Zweige als Sekundärbildungen der Basis der primären Zweige entspros- sen, wie es wahrscheinlicher ist, bedarf noch einer genaueren Untersuchung. Die Strömungsrichtung im ersten Internodium des Zweiges hängt ab von der Lage der ersten Blätter im er- sten Quirl des Zweiges. Der erste Quirl des Zweiges stellt sich aber in ein Alternationsverhältnils zu dem vorausgehenden Quirl des Stammes, wodurch sich die für den Hauptzweig an- gegebene Regel erklärt und womit sich die noch weniger un- tersuchte Anschlielsung der Strömung beim Beginn der anderen Zweige wohl auch wird in Einklang bringen lassen. Ich habe das angegebene Verhältnils an Ch. ceratophylla und hispida er- mittelt; auch Nitella syncarpa schien mir übereinzustimmen. B. In den Blättern. Wenn ich die Theile der Characeen, welche von fast al- len neueren Schriftstellern Ästchen (ramuli) genannt werden, in Übereinstimmung mit den alten vorlinneischen (?) Botani- ‘) l. ec. p. 154, nebst elner Abbildung eines solchen Zweigs, t. X. f. 6. Linne selbst nannte sie „frondes.” () () 239 kern (z.B. dem um die Kenntnifs der Charen verdienten Vail- lant) Blätter nenne, so geschieht dies defshalb, weil sie sich vom Stengel in mehrfacher Beziehung wesentlich unterscheiden und, ungeachtet ihrer für Blätter ungewöhnlichen Formverhält- nisse, doch gewisse charakteristische Hauptmerkmale der Blätter besitzen. Während der Stengel der Characeen in der fort- währenden Theilung und Neuerzeugung seiner Scheitelzelle die Möglichkeit einer unbegrenzten Gliederbildung besitzt und diese Glieder in derselben Ordnung, in welcher sie gebildet worden, auch zur Ausbildung bringt, schliefsen die Blätter der Chara- ceen ihre Bildung mit einer bestimmten Zahl von Gliedern ein für allemal ab, indem die Scheitelzelle selbst den Charakter einer Gliederzelle annimmt und in der Ausbildung durch Wachs- thum die von ihr aus rückschreitende Reihe beginnt. So kann man auf Stengel und Blatt der Charen, wiewohl die erste Bil- dung der Zellen des letzteren unzweifelhaft in aufsteigender Ordnung geschieht, doch vollkommen die Definition Schlei- den’s (') anwenden, durch welche der Stengel als das Product der ersten, ursprünglichen, nach einer Richtung unbegrenzt fortwirkenden bildenden Thätigkeit, das Blatt als das Produkt der zweiten, abhängigen, in ihrer eigenthümlichen Weise sich selbst begrenzenden Thätigkeit bezeichnet wird. Von der an- deren Seite zeigt der Bau der Characeenblätter allerdings eine ungewöhnliche Ähnlichkeit mit der Stengelbildung, eine Ähn- - lichkeit, die noch bestimmter aus dem Gang der Entwicklungs- geschichte erkannt wird. Wie der Stengel, so besteht auch das Blatt aus aneinander gereihten Gliedern, von denen wenig- stens die unteren durch Knoten getrennt sind und als Inter- nodien des Blattes bezeichnet werden müssen; wie aus den Knoten des Stengels die Quirle der Blätter, so entspringen aus den Knoten des Blattes die Quirle der sogenannten Bracteen, welche gleichsam Blätter zweiten Grades sind und sich gegen- über dem Hauptstrahl des Blattes als Seitenstrahlen desselben bezeichnen lassen. Zum Blatte muls man noch einen Theil rechnen, der bei oberllächlicher Betrachtung dem Stengelknoten anzugehören (') Grundzüge, 3. Auflage 11. p. 117. 240 scheint, aber der Bildungsgeschichte zufolge dem Blatte ange- hört. Er kann dem Blattkissen höherer Gewächse verglichen und als Basilarknoten des Blattes bezeichnet werden. Der Ba- silarknoten entwickelt in seinem Umkreis, besonders auf der freieren unteren Seite, Gebilde, welche sich den Nebenblättern höherer Gewächse vergleichen lassen, und endlich verdankt selbst die Decke, welche bei den berindeten Chara-Arten den Sten- gel überzieht, dem Basilarknoten der Blätter ihren Ursprung welshalb ich auch ihre Betrachtung an die des Blattes anreihe. 4. In allen Gliederzellen des Hauptstrahls des Blattes, sowohl in den primären, welche die Spitze des Blattes bilden, als in den sekundären oder In- ternodialzellen, welche dessen unteren Theil bil- den, ist die Strömnngsebene im Verhältnifs zur Ba- sis des Blattes senkrecht, im Verhältnils zum Stengel radial (den Stengel senkrecht in der Richtung des Radius schneidend) und zwar so, dals der aufstei- gende Strom sich aulsen (auf der Rückenseite), der absteigende innen (auf der Bauchseite des Blattes) befindet. Letztere ist zugleich die Seite, auf wel- cher in den Knoten des Blattes die Bildung der Se- eundärstrahlen (Seitenblättchen) beginnt und auf welcher diese sich kräftiger ausbilden, so dals also der absteigende Strom sich auf der Seite der geför- derten Bildung befindet. Es geht aus dem Gesagten hervor, dafs die Anschliefsung der Strömungsrichtung im Blatt von der im Zweig (3) wesent- lich verschieden ist, so wie, dafs das Verhältnils des auf- und absteigenden Stromes zur Ausgangsseite der Zellbildung in den Knoten des Blattes gerade das Umgekehrte ist von dem im Stengel (1), Momente, die für die Unterscheidung des Blattes vom Stengel von Bedeutung sind. Die genaue Erörterung die- ser Verhältnisse macht einige Bemerkungen über den Bau und die Entwickelungsgeschichte der Blätter nothwendig. Wie es berindete und unberindete Stengel bei den Cha- raceen giebt, so auch berindete und unberindete Blätter, wo- von natürlich die leichtere oder schwerere Sichtbarkeit des Stromes in der Reihe gestreckter Zellen des Hauptstrahls des 241 Blattes abhängt. Es bedarf übrigens bei berindeten Blättern keiner Schälung, indem wenigstens im jugendlichen Zustand die Strömung durch die Rindenschicht hindurch sichtbar ist. Unberindete Blätter haben alle Nitellen (und Tolypellen), die Untergattung Zychnothamnus von Chara, von ächten Charen alle diejenigen, welche einen unberindeten Stengel besitzen, aber auch einige Arten mit berindetem Stengel, wie z.B. Ch. Baueri, Hookeri, gymnophylla. Die Charen mit be- rindeten Blättern haben über dem berindeten Theil des Blattes mindestens eine, meist aber 2 oder mehrere unberindete Zel- len, welche eine bald sehr kurze (Ch. fragilis), bald verlängerte (Ch. foetida) nackte Spitze des Blattes bilden. Die nackten Zellen sind in diesem Falle primäre Gliederzellen, die berin- deten sekundäre (Internodialzellen), doch kommt auch der Fall vor, dafs die letzteren nicht alle berindet sind. So ist z.B. bei Ch. Hydropitys von 5 bis 6 Internodien des Blattes meist nur das zweite berindet; bei Ch. gymnopus, polyphylia und den übrigen exotischen Arten der Gruppe der Gymnopoden ist das unterste Internodium des Blattes constant unberindet, während die folgenden berindet sind. Die Zahl der Glieder, welche den Hauptstrabl des Blattes bilden, ist übrigens sehr verschieden. Manche Nitellen (z.B. Aexrilis, syncarpa) haben nur 2 Glie- der, ja, wenn sie ein Antheridium tragen, sogar nur 1 Glied; Nitella mucrunata hat meist 3 Glieder, von denen die zwei un- tersten Internodialglieder sind; bei den Charen ist die Zahl der Glieder stets grölser und steigt bei manchen Arten auf 12 bis 14 (Ch. polyphylla), von welchen 10-12 durch Internodial- zellen gebildet werden. Der verschiedene Werth der Zellen, welche die Glieder des Hauptstrahls des Characeenblattes bilden, findet seine Er- klärung in der Entwickelungsgeschichte des Blattes. Das Blatt beginnt, wie früher gezeigt wurde, als einfache Zelle im Um- kreis des Stengelknotens; diese tritt, indem sie sich verlängert, mehr und mehr aus dem Knoten hervor und theilt sich succes- siv, und zwar in aufsteigender Ordnung, durch horizontale Wände in eine Reihe gleichartiger Zellen, die primären Glie- derzellen. Dals dieser erste Akt der Zellbildung, durch wel- chen die Grundlage der Gliederung des Blattes gelegt wird, 242 ein aufsteigender ist und, wie beim Stengel, durch wiederholte Theilung einer Scheitelzelle erfolgt, geht aus vielfachen Un- tersuchungen, namentlich an Ch. fragilis, auf das unzweifelhaf- teste hervor. Sobald die bestimmte Zahl der Glieder erreicht ist, verliert die Scheitelzelle die Fähigkeit weitere Glieder aus sich zu erzeugen und erhält dadurch selbst den Werth einer primären Gliederzelle. Ist die Reihe der primären Glieder- zellen beschlossen, so tritt, analog den schon betrachteten Vor- gängen im Stengel, ein neuer Akt der Zellbildung ein, indem die primären Gliederzellen, mit Ausnahme von 1, 2 oder meh- reren obersten, sich abermals in horizontaler Richtung, jedoch in 2 ungleiche Zellen theilen, von denen Jie untere, nament- lich bei der Gattung Chara, viel niedriger ist, als die obere, und die Gestalt einer sehr flachen, biconvexen Linse hat, wäh- rend die obere eine biconcave Linse darstellt. Die untere, eine Dauerzelle, die sich nie mehr theilt, ist die sekundäre Glieder- zelle, die in ihrer Verlängerung später als Internodium des Blattes erscheint; die obere, welche ich, wie beim Stengel, als primäre Knotenzelle bezeichne, bildet sich in horizontaler Rich- tung aus und wird, indem sie sich weiter theilt, zum Knoten, von welchem die Seitenstrahlen des Blattes ausgehen. So er- hält das Blatt erstlich eine bestimmte Zahl von Gliedern, welche durch sekundäre Gliederzellen gebildet und durch Knoten ge- trennt sind, und zweitens über dem letzten Knoten noch ein, zwei oder mehrere primäre, daher nicht durch Knoten getrennte Gliederzellen, von denen die letzte die zur Gliederzelle degra- dirte Scheitelzelle ist. Weitere Zellbildungsprocesse treten nun in der primären Knotenzelle ein, jedoch nicht ganz in der Weise, wie wir es im Stengel gesehen haben, indem die Thei- lung der primären Knotenzelle in zwei sekundäre, halbkreis- förmige fehlt. Es bildet sich vielmehr direkt aus der primären Knotenzelle ein Zellkreis, der eine einzige Centralzelle, als eigentlichen Knoten, einschlielst, während die Zellen des Zell- kreises als die Grundlage der quirlständigen Seitenstrahlen des Blattes zu betrachten sind. Die Bildung dieses Zellkreises ist, wie beim Stengel, eine successive, an bestimmter Stelle anhe- bende, und zwar, wie aus vielen Beobachtungen unzweifelhaft hervorgeht, ist es die innere, dem Stengel zugewendete Seite u WELEZ 74 SD Due u 2 i 243 des Knotens, auf welcher die erste Zelle des Zellkreises ent- steht. Dem Gange der Entstehung entspricht auch die spätere Ausbildung‘, indem die Seitenstrahlen an der Innenseite des Blattes sich nicht nur früher, sondern meistens auch kräftiger, ja oft allein ausbilden, indem die der Hinterseite angehörigen zu kaum bemerkbaren Wärzchen verkümmern, wie dies z. B. bei Ch. foetida und fragilis der Fall ist. Vergleichen wir nach diesen Erläuterungen das Verbältnils der Strömung in den Internodien zur Richtung der Zellbildung in den Knoten, wie es in Stengel und Blatt sich herausstellt, so muls es auffallend erscheinen, dals im Stengel der aufstei- gende Strom die Seite der anhebenden Bildung bezeichnet, im Blatt dagegen der absteigende. Dieser Widerspruch löst sich jedoch völlig und in einer in Beziehung auf die Charakteristik von Blatt und Stengel überraschenden Weise, wenn wir die allmälige Ausbildung des Blattes und den damit in Verbindung stehenden allmäligen Eintritt der Rotation verfolgen. Schon bei der Bildung der letzten Zellen des Blattes, der nachber zu beschreibenden Rindenzellen, bemerkt man ein Schwanken zwi- schen auf und absteigender Entstehungsfolge ('), in der Aus- bildung der Zellen aber wird ein durchaus rückschreitender Gang eingeschlagen, indem zuerst die Endzelle des Blatts, in- dem sie sich verlängert und zuspitzt, ihre letzte Gestalt und volle Grölse erreicht, welcher die übrigen primären und dann die sekundären Gliederzellen mit ihrem Zubehör in absteigen- der Ordnung nachfolgen. In derselben Ordnung tritt auch die Strömung in den Zellen ein. Bei Ch. fragilis, bei welcher ich den Eintritt der Strömung in den Blältern verfolgt habe, erkennt man die Strömung in der Endzelle des Blattes nicht eher, als bis diese etwa 24 mal so lang als breit ist d. i. elwa die absolute Länge von 4 Mill. erreicht hat. Das ganze Blatt ist um diese Zeit kaum + Mill. lang; die Zellkreise um die Kno- ten sind gebildet, aber weitere Theilungen in denselben noch nicht eingetreten. An etwas jüngeren Blättern, bei welchen die Bildung der Zellkreise noch nicht beendigt war, zeigte die erst zweimal so lange als breite Endzelle einen schaumig -bla- (') Ich habe darüber die bestimmtesten Nachweise von Ch. fragilis. — 244 sigen Inhalt noch ohne Strömung. Der Endzelle folgt im Ein- tritt der Strömung rasch die zweitobere, gleichfalls nackte (pri- märe) Gliederzelle bei einer Länge, die den Querdurchmesser noch wenig übertrifft, und dieser folgen die versteckten noch linsenförmigen Internodialzellen. Die Strömung in diesen lelz- teren tritt gleichzeitig mit den letzten Zellbildungsakten des Blaties ein d.i. in der Zeit, in welcher die Zellkreise ihre weiteren und letzten 'Theilungen eingehen, so dafs mit voll- endeter Anlegung des später zu beschreibenden Rindengetäfels auch in allen Internodialzellen die Strömung eingetreten ist. Es haben diese Zellen zur Zeit des Eintritts noch die linsen- förmige Gestalt, indem ihre Höhe etwa 4 der Breite beträgt, und nicht selten trifft man Stadien, in welchen die oberen schon gewölbteren linsenförmigen Zellen die Rotation bereits zeigen, während sie in den unteren flacheren noch fehlt. Ist die Rotation eingetreten, so geht die Linsengestalt durch die der Kugel allmälig in die spätere Walzenform über und die nackten Endzellen, welche beim Eintritt der Strömung die längsten waren, werden bald von den berindeten Internodial- zellen weit übertroffen. Aus den dargelegten Verhältnissen ist klar, dafs die Richtung der Strömung hier ganz in demselben Verhältnifs zu den Entwickelungsvorgängen steht, wie im Sten- gel, also wesentlich demselben Gesetze folgt. Der absteigende Strom hat für das Blatt dieselben Beziehungen, welche der auf- steigende für den Stengel hat, entsprechend der entgegenge- setzten Entwickelung beider. Es läfst sich noch eine andere Betrachtungsweise anstellen, um die im Blatt herrschende Strömungsrichtung in ihrer Be- deutsamkeit aufzufassen. Der Bildungsgang des Sprosses ist bei den Characeen, wie bei allen blattbildenden Pflanzen, ein cen- tripetaler, d.h. die neuen Theile bilden sich, wenn man von der nicht bei allen Pflanzen vorkommenden Längendehnung ab- sieht, stets innerhalb der früher gebildeten aus dem die Bil- dungsthätigkeit bewahrenden Centrum, dem sogenannten Ve- getationspunkt. Betrachtet man nun die Verkettung der Ströme als einen zusammenhängenden Strom, so erscheint auch der Strom des Blattes als ein centripetaler und die Gesammtströ- mung eines Quirls läfst sich einem umgekehrten Springbrunnen Er En EI u 2 1 TIERE EN a is 245 vergleichen, als ein strahlig in der Peripherie aufsteigender und nach dem Centrum ‚zurücksinkender Strom, eine Betrachtungs- weise, die sich, wie ich in der nächsten Nummer zeigen werde, ebenso auf das Strömungsverhältnifs der Seitenstrahlen des Blat- tes zum Hauptstrahl anwenden läfst. Im Blatte verketten sich die Strömungen wirklich in der Art, welche man unrichtiger Weise auch auf den Stengel an- gewendet hat, nämlich so, dals der Strom in dem folgenden Gliede den des vorausgehenden in derselben Ebene und in der- selben Richtung fortsetzt, somit an der Grenze zweier Glieder die Ströme in entgegengesetzter Richtung übereinander gleiten. Es hängt dies mit der gegenseitigen Stellung der Quirle der Seitenstrahlen zusammen, welche nicht, wie im Stengel, ab- weehseln, sondern in gleicher Richtung übereinander liegen, d. h. opponirte Stellung haben, so dals auch alle ersten Sei- tenstrahlen der aufeinanderfolgenden Quirle in eine senkrechte Linie fallen. Doch giebt es, abgesehen von den durch die nach oben meist abnehmende Zahl der Quirltheile herbeige- führten Verhältnisse, auch hiervon Ausnahmen. An den Blät- tern von Ch. ceratophylia habe ich öfters gleichzählige Quirle zwar nicht rein alternirend, aber doch etwas (etwa um 4 des Intervalls) gegeneinander verschoben gefunden und zwar in der- selben Richtung, wie beim Stengel, nämlich links herum. Dafs in solchen Fällen die gleiche Richtung, wie beim Stengel ein- tritt, weist wieder auf den der rückschreitenden Entwicklung ‚vorausgehenden aufsteigenden Bildungsprocels hin. Anders ver- hält es sich mit der Drehung der Blätter, welche, wie beim Stengel, erst im Laufe der Entwicklung eintritt. Sie er- scheint seltener als die Drehung des Stengels und ist ebenso constant rechts, als die des Stengels links. Ich fand sie auf- fallend stark bei gewissen langblättrigen Varietäten von Ch. hi- spida und fragilis; in sehr schwachem Grade scheint sie übrigens bei den meisten Chara-Arten vorzukommen und spricht sich besonders an den noch knospenartig geschlossenen Quirlen durch eine der Aestivatio contorta der Blüten höherer Gewächse ver- gleichbare schiefe Lage und Deckung der Quirlstrahlen aus. 246 5. In der centralen Gelenkzelle der Knoten des Blattes ist die Strömungsebene, wenn überhaupt Strömung eintritt, wahrscheinlich horizontal. Ich würde diese Nummer übergangen haben, wenn ich nicht glaubte, bei Nit. syncarpa Spuren von Strömung in der Centralzelle des Blattknotens gesehen zu haben. Bei Chara zweifle ich sehr an dem Vorkommen der Rotation in diesen Zellen. 6. In den Gliederzellen der Seitenstrahlen des Blattes (seien es Seitenstrahlen ersten Grades oder höherer Grade) verhält sich die Stromrichtung zum (relativen) Hauptstrahl, wie in den Gliedern des Hauptstrahls zum Stengel; der Strom geht auf der Rückenseite aufwärts, auf der Bauchseite abwärts. In Betreff der Seitenstrahlen der Blätter herrscht unter den Characeen eine grofse Mannigfaltigkeit, welche auf die Tracht der Arten von besonderem Einfluls ist. Besitzt der Hauptstrahl des Blattes zahlreichere Internodialzellen, somit auch zahlreichere Knoten, wie dies bei allen Arten der Gattung Chara der Fall ist, so treten die Seilenstrahlen als quirlartig nm die Knoten geordnete, an Länge hinter dem Hauptstrahl zurückbleibende Blättchen (Foliola) auf, welche man unpassend Bracteen genannt hat, eine Benennung, die höchstens in eini- gen Fällen in gewissem Sinne gerechtfertigt werden kann, wo- rauf ich später zurückkomme. Ihre Zahl beträgt am häufigsten 6 bis 7 für einen Quirl, auch wohl 8 bis 9 (Ch. erinita), oder selbst 10-11 (Ch. polyphylla). An den oberen Knoten des Blat- tes ist ihre Zahl meist geringer, als an den unteren, doch fand ich nie weniger als 5. Sie bestehen bei Chara, wenn man von den später zu betrachtendeu Basilarknoten absieht, nur aus einer einzigen Zelle ('), welche sich entweder zu einem verlängerten Gliede ausbildet, oder auch nur ein kleines, oft unmerkliches Wärzchen darstellt, beides oft in demselben Quirl. Besonders häufig ist der Fall, dafs die äulseren Blättchen in der angege- benen Weise verkümmern, während die innernızu längeren (') Eine Ausnahme machen die zur Fructification bestimmten Seiten- strahlen. a EZ zz I’ , nn Fe 247 Gliedern sich ausbilden, wie z. B. bei Chara foetida, fragilis (') und anderen. Bei zahlreichen Arten sind übrigens die Blätt- chen sämmtlich verlängert und ziemlich gleichmälsig entwickelt, wie z. B. bei Ch. barbata und den übrigen Arten der Abthei- lung Lychnothamnus, bei Ch. Hydropitys, Preissi, crinita, So wie auch gewöhnlich bei Ch. ceratophylla und manchen Formen von Ch. hispida. Sämmtliche Blättchen zeigen eine sehr geringe Ausbildung, so dafs sie leicht ganz übersehen werden, bei Ch. australis, corallina und connivens. Eine stärkere Entwicke- lung haben die Seitenstrahlen an den wenigknotigen Blättern der Nitellen, bei welchen sie, der Fortsetzung des Haupt- strahls an Stärke fast gleichkommend, als Segmente gabeliger oder fächerartig getheilter Blätter erscheinen. Bei vielen Ar- ten sind sie selbst mehrgliedrig und mit einem oder zwei Kno- ten versehen, von welchen Seitenstrahlen zweiten Grades ent- springen, die in ähnlicher Weise wieder Seitenstrahlen dritten Grades aussenden können u. s.w. So entstehen die 2-, 3- und mehrfachgetheilten Blätter mancher Nitellen, an deren Spitze N. congesta steht, bei welcher die Theilung bis zum vierten Grade steigt. Die weitere Verfolgung der hierher gehörigen Fälle würde zu weit abführen, ich begnüge mich daher noch beizufügen, dals die letzten, sich nicht weiter theilenden Strah- len eingliedrig (Nit. flexilis, syncarpa), oder 2-gliedrig (N. te- nuissima, flabellata), ja selbst 3- bis 4-gliedrig (N. gelatinosa, ‚nidifica etc.) sein können. Bei den Nitellen ist die Rotation in den Seitenstrahlen aller Grade sehr leicht sichtbar und die Beurtheilung der Rich- tung derselben durch deutlich vorhandene Indifferenzstreifen erleichtert; schwieriger erkennt man sie in den Blättchen der Charen, denen auch der Indilferenzstreif fehlt. 7) In den Zellen des Basilarknotens des Blattes ist die Strömungsebene im Verhältnifls zum Län- genwachsthum des Blatts horizontal. Die Richtung nach rechts oder links ist in den Zellen eines und desselben Basilarknotens gemischt und veränderlich, (‘) „Frondibus interne dentatis” charakterisirte Linne seine Ch. vulgaris, unter welchem Namen er Ch. fragilis und foetida vermischte. . 248 doch zeigt sich (namentlich bei vierzelligen Knoten) eine Neigung zu symmetrischer Vertheilung der Richtungen. Während in der ungetheilten Centralzelle, die das Innere der Knoten zwischen den Gliedern der Blätter bildet, die Strömung noch zweifelhaft ist (5), so ist sie dagegen in den Zellen der Zellscheibe, welche das Blatt trägt und mit dem Stengel verbindet, und welche dem Knoten eines unter- sten, im Stengel versteckten Blatigliedes entspricht, mit- unter leicht zu sehen, namentlich bei den durchsichtigeren Nitellen. Die erwähnte Zellscheibe besteht bei diesen aus einer sehr verschiedenen, nicht blofs bei einer und derselben Art, sondern sogar bei den Blättern eines und desselben Quirls veränderlichen Anzahl von Zellen, über deren Entste- hungsfolge und Anordnungsweise eine bestimmte Regel noch nicht gefunden wurde. Bei N. syncarpa wechselt die Zahl der Zellen von 4 bis 16, bei N. fexilis fand ich bis 22, bei N. tenuissima am häufigsten nur 4 Zellen. Die Strömung ist in diesen scheibenförmig niedergedrückten Zellen stets horizontal, im übrigen aber höchst veränderlich. In den vierzelligen Ba- silarknoten von N. zenuissima fand ich häufig die Strömung in den beiden vorderen Zellen entgegengesetzt, aber in verschie- dener Weise, nämlich bald gleichnamig den Seiten (in der Zelle der rechten Seite rechts, der linken Seite links), bald ungleichnamig (rechts links, links rechts). Die 2 hinteren Zel- len stimmten alsdann entweder mit den vorderen überein, oder sie zeigten selbst wieder den vorderen entgegengesetzte Strömung. So wenig das Dunkel in Betreff der Bildungsgeschichte des Basilarknotens bis jetzt aufgehellt ist, so ist doch so viel gewils, dafs er aus derselben Zelle, aus welcher das Blatt ent- steht, der Zelle jenes ersten Zellkreises, mit welchem sich der Stengelknoten umgiebt, seinen Ursprung nimmt. Daher muls der Basilarknoten auch noch zum Blatte gerechnet werden, wie- wohl man ihn dem Anscheine nach lieber noch dem Stengel zuschreiben möchte, indem er an der Bildung des äufserlich sichtbaren Theiles des Stengelknotens den gröfsten Antheil hat, ja durch die aus ihm entspringende Rindendecke selbst die ganze Oberfläche der Internodien des Stengels überziehen kann. 249 Er erinnert in vieler Beziehung an das Blattkissen höherer Ge- wächse. Bei phanerogamischen Pflanzen, deren Blattkissen deut- lich begrenzt sind, sieht man diese gleichfalls die ganze Oberfläche des Stengels bedecken, z.B. bei den Cacteen, namentlich manchen Opuntien, oder bei den Nadelhölzern, namentlich den Fichten i (Picea), Cypressen u.s. w. Der Basilarknoten scheidet sich | von dem übrigen Blatte schon in der frühesten Bildungszeit, bei Chara nachweislich schon vor Bildung der über demselben befind- lichen Gliederungen, indem man aus der Basis des im Übrigen noch einzelligen Blattes bereits nach unten eine Zelle hervortreten sieht, welche dem Basilarknoten angehört und aus welcher sich später die unteren Nebenblälter und der absteigende Theil der Stengelberindung entwickeln. Wie nämlich aus den oberen - Knoten des Blattes peripherische Entwicklungen (Blättchen oder - Segmente) hervorgehen, so auch aus dem Basilarknoten, jedoch in eigenthümlicher und höchst mannigfaltiger Weise. Es bil- den sich nämlich aus dem Basilarknoten des Blattes 1) die ver- schiedenen Formen der Nebenblätter (Stipulae); 2) die auf- und absteigenden Lappen, durch welche die Berindung des Stengels gebildet wird, und endlich 3) trägt der Basilarknoten auch zu- weilen noch zur Berindung des untersten Internodiums des Blattes bei. j 8. In den Nebenblättern ist die Strömungsebene parallel der Ebene des Basilarknotens des Blattes, bald auf der rechten, bald auf der linken Seite auf- — steigend. [3 Ich mufs bemerken, dals das angegebene Verhalten sich _ zunächst auf diejenige Form der Nebenblätter bezieht, welche in dem doppelten Kränzchen am Grunde und auf der Aufsen- seite des Quirls der meisten berindeten Chara -Arten auftritt, | indem ich bis jetzt nur bei solchen (und zwar namentlich bei | Ch. erinita, hispida und foetida) die Strömung in den Neben- blättern beobachtet habe. Sie ist, ebenso wie in den nachher zu erwähnenden Stacheln des Stengels, der Spärlichkeit des { rotirenden Plasma’s halber schwer zu sehen; die angegebene pi Richtung derselben übrigens unzweifelhaft. Es bleibt dabei noch näher zu ermitteln, ob bei dem gewöhnlichen Vorkommen von 4 Nebenblättern an der äufseren Basis eines Blattes, nämlich 5** En TEN 250 2 oberen und 2 unteren, opponirt übereinanderliegenden, etwa eine symmetrische Gegenläufigkeit des Stromes derer der rechten und der linken Seite eintritt. In je 2 übereinander liegenden sah ich den Strom gleichläufig. Das transversale Verhältnils der Stromrichtung in den aus den Basilarknoten entspringenden Blättchen, die ich als Nebenblätter bezeichnet habe, muls sonderbar und unerwartet erscheinen, wenn man dieselben mit den aus den übrigen Blattknoten entspringen- den Blättchen, in welchen die Strömungsebene radiale Lage hat, vergleicht. Vielleicht kann die doppelte Beziehung, in welcher Jie Nebenblätter durch ihre Grenzstellung zwischen Blatt und Stengel sich befinden, zur Erklärung dieser scheinbaren Anomalie dienen. Die Nebenblätter haben über sich das Blatt, unter sich den Stengel und (bei den berindeten Arten) den dem Stengel sich anschliefsen- den, abwärts wachsenden Lappen der Rinde des Stengels. Nach oben (auf das Blatt) bezogen, mülste der aufsteigende Strom auf der Unterseite des Nebenblattes sich befinden; nach unten (auf das un- tere Stengelinternodium) bezogen, mülste der aufsteigende Strom auf der Oberseite sich befinden. Beide Forderungen gleichen sich aus in der queren Lage des Stromes. Diese ist übrigens zugleich eine Fortsetzung der horizontalen Lage der Strömung in den Zel- len des Basilarknotens selbst, weshalb man die betrachteten Neben- blätter auch wohl als aus dem Basilarknoten zwar hervortretende, aber sich nicht selbstständig über das Gesetz desselben erhebende Theile betrachten kann. Ob hierin auch alle anderen Modifikatio- nen, in welchen die Nebenblattbildung auftritt, einstimmen, bedarf der weiteren Erforschung. Es ist sehr wahrscheinlich, dals die hö- her entwickelten Nebenblätter der Nitellen sich in Beziehung auf Strömungsverhältnisse anders und zwar zu ihren Hauptblättern so verhalten, wie Seitenstrahlen zum Hauptstrahl. Ich will nicht unterlassen, um das hier noch zu erforschende Gebiet näher zu be- zeichnen, einen Blick in die grofse Verschiedenheit der Characeen in Beziehung auf Stipularbildung zu werfen. Dals hier überhaupt von Nebenblättern die Rede ist, mag den- jenigen, welche gewohnt sind die Characeen als blattlose Zellen- pflanzen sich vorzustellen, befremdend erscheinen; allein einmal die Anwesenheit von Blättern zugegeben, so ergiebt sich die Analogie gewisser mit den Blättern in Verbindung stehender Theile mit den 251 Nebenblättern der Phanerogamen von selbst. Wie die Nebenblät- ter der Phanerogamen in ihrem Ursprung mit dem Hauptblatt zu- sammenhängen und eigentlich nur basiläre Seitentheile desselben sind, so auch bei den Characeen, deren Nebenblätter von dem Ba- silarknoten des Hauptblattes ausgehen (aus dem Blattkissen des Hauptblattes entspringen). Wie die Nebenblätter der Phaneroga- men zwar nicht in ihrer Entstehung, aber in ihrer Ausbildung dem Hauptblatte oft weit vorauseilen und hierin von der sonst gewöhn- lichen absteigenden Ausbildungsfolge der Theile des Blattes abwei- chen, so gewöhnlich auch bei den Characeen, wie man besonders schön aus dem Vergleich jüngerer und älterer Quirle von CA. Ri- spida ersehen kann. Je jünger die Blätter, um so gröfser erschei- nen verhältnilsmälsig die Nebenblätter. Zu einer Zeit, in welcher das Hauptblatt von Ch. Rispida etwa 1 Millim. lang ist und die Fo- liola desselben erst als schwache Wärzchen erscheinen, sind die Nebenblätter unter dem Blatt bereits fast ausgewachsen, haben un- gefähr die halbe Länge des Hauptblattes und bedecken den ganzen berindeten Theil desselben. Wie sehr ändert sich dies später! Die Blätter erreichen eine Länge von 1 Zoll und mehr, während die Nebenblätter kaum mehr an Länge zunehmen, und nur noch einen Theil des untersten Internodiums des Blattes bedecken. Die voll- kommensten Formen der Nebenblätter finden sich bei den Nitel- len, bei welchen sie häufig den Hauptblättern ähnlich, nur kleiner und in Beziehung auf ihre Gliederung einfacher erscheinen. Sie kommen jedoch nicht allen Arten dieser Gattung zu, indem sie 2.B. bei N. flewilis, translucens, tenuissima fehlen. Bei N. syn- carpa sind meist 2 Nebenblätter in einem Quirle vorhanden, welche auf der Innenseite des Quirls aus dem von der Hauptwand des -Stengelknotens abgewendeten Rande der Basilarknoten des ersten und zweiten Blattes entspringen. Der eigentlich 6- blättrige Quirl wird dadurch scheinbar zu einem $-blättrigen, mit 6 grölseren und 2 kleineren, mehr nach innen gerichteten Blättern. Bei N. hyalina entspringen auf der Aulsenseite jedes Blattes 2 Nebenblätter, welche 1 bis 2mal getheilt sind, während die Hauptblätter 3mal getheilt sind; der Quirl wird dadurch verdoppelt in einen äufseren Kreis aus 16 kleineren und einen inneren aus 8 gröfseren Blättern. Zu- ö weilen kommen auch noch einige Nebenblätter auf der Innenseite - des Quirls hinzu. Bei der neuholländischen N. congesta kommen 252 5 bis 6 Nebenblätter, welche 2 bis 3mal getheilt sind, auf jedes der 8 vierfachgetheilten Hauptblätter, wodurch der Quirl ein ungemein dichtbuschiges Ansehen erhält. Bei den Charen sind die Neben- blätter (ebenso wie die früher betrachteten Blättchen) stets einglie- derig d.h. aus einer Zelle gebildet, welche bald stark verlängert, bald warzenförmig verkürzt ist. Sie entspringen theils auf der Aulsenseite des Quirls und bilden alsdann den sogenannten Sta- chelkranz oder Bart unter dem Quirl, theils, wiewobl seltener, auch auf der Innenseite des Quirls. Die Zahl der auf der Aulsenseite an der Basis eines Blattes entspringenden wechselt von ! bis 6, wo- bei sie eine, 2 oder 3 Reihen bilden. Einen einreihigen Stipular- kranz aus je einem Nebenblatt unter dem Hauptblatt zeigt z. B. Ch. (Lychnothamnus) alopecuroides, Agardhi, macropogon; aus je 2 Nebenblättern unter jedem Hauptblatt Ch. coronata, Drummondüi, Hydropitys. Häufiger sind die zweireihigen Stipularkränze, gebil- det durch je 4 Nebenblätter unter jedem Hauptblatt, von denen die 2 oberen sich aufwärts dem Blatt, die 2 unteren abwärts dem Sten- gel anlegen. So bei Ch. crinita, strigosa, hispida u.s.w. Die Nebenblätter des unteren Kreises sind dabei oft bedeutend kürzer, als die des oberen, z.B. bei Ch. galioides ; sie sind in beiden Reihen sehr kurz und warzenförmig bei den gewöhnlichen Formen der Ch. foetida und fragilis; von ersterer giebt es jedoch Varietäten mit in beiden Kreisen verlängerten Nebenblättern, von letzterer eine Va- rietät, bei welcher blos die des oberen Kreises stark verlängert sind ('). Ein dreifacher Stipularkranz findet sich ziemlich regel- mälsig bei Ch. ceratophylia, indem unter jedem Blatt 6 Nebenblät- ter, in 3 Reihen geordnet, sich befinden. Nebenblätter auf der Innenseite des Quirls finden sich regelmälsig bei Ch. macropogon, alopecuroides, und wahrscheinlich noch bei manchen anderen Arten. Sie werden der versteckten Lage wegen leicht übersehen. 9. In den röhrenartig sich verlängernden Rin- denzellen des Stengels ist die Strömungsebene pa- rallel der Peripherie des Stengels (die Indifferenz- ebene radial); die in derselben Längsreihe überein- anderliegenden, ebenso wie die in derselben Quer- (*) Ch. fragilis var. barbata Ganterer, die österreichischen Charen t.2. 5415. Be I a Sn Bl 253 reihe befindlichen zeigen häufig abwechselnd Rechts- wendung und Linkswendung des Stromes. Die Saftströmung in den Rindenzellen wurde schon von Amici gesehen und ihre Existenz mit Unrecht bezweifelt. Schultz glaubte in dem Mangel des Indifferenzstreifens einen Grund ihres Fehlens zu finden. Später wurde ihr Vorkommen mehrfach bestätigt, na- mentlich von Ehrenberg, Dutrochet, der sie jedoch nur in den stacheltragenden Reihen der Rindenröhrchen fand, und von Schultz selbst (*), jedoch mit der unrichtigen Bemerkung, dafs die Strömung, wie in den Blättern, die radiale Richtung befolge. Eine richtige Darstellung der Strömung in den verlängerten Rin- denzellen aller Reihen gab Meyen (?) von Ch. fragilis. Bei kei- ner anderen Art sah ich sie leichter und deutlicher als bei CA. erinita, welche sich durch sehr weite Rindenröhrchen auszeichnet und sehr schwache Kalkablagerung besitzt. Bei Ch. fragilis sieht man sie meist an den jüngeren Internodien;; bei den stärker incrustirenden Arten dagegen gelingt die Wahrnehmung der Strömung am sicher- sten an abgelösten und von der Innenseite betrachteten Rinden- stücken (Ch. hispida, ceratophylia). Ein Indifferenzstreif ist aller- dings gewöhnlich nicht oder nicht deutlich vorhanden, doch fand ich einen solchen bei Ch. crinita und besonders scharf ausgespro- chen und sehr breit an einer kurzstacheligen Abart von Ch. hispida. Er theilt in diesem Fall den grünen Körnerbeleg sehr schön in eine rechte und linke Hälfte, die radiale Lage der Indifferenz- ebene, somit die der Peripherie parallele der Strömungsebene be- stätigend. Eine Ausnahme von dieser Lage kam mir nur einmal bei Ch. erinita vor, indem in einem Rindenröhrchen, das dem ab- steigenden Theil der Rinde angehörte, der Strom auf der Aulsen- seite abwärts, auf der Innenseite aufwärts sich bewegte, ein Fall, der von Interesse ist, indem hier die gewöhnliche Radialbe- ziehung, und zwar zu dem Internodium unterhalb des Knotens, von welchem der betreffende Rindentheil entsprang, eintrat. Die in der Ebene der Stengeloberfläche rotirenden Ströme der Rindenzellen vollenden ihren Kreislauf nicht alle in derselben Rich- tung, sondern theils rechts, theils links. Eine constante Regel in (') Die Natur der leb. Pflanze II. p. 25. (?) Neues Syst. der Pflanzenphysiol. II. t. 7. £. 11. 254 der Vertheilung der rechts- und linkswendigen Ströme findet nicht statt, wohl aber ist eine gewisse Abwechselung häufig, deren Be- trachtung ich aber einige Bemerkungen über die Zusammensetzung der Rinde, wie sie aus der Entwickelungsgeschichte derselben er- kannt wird, vorausschicken mufs. Zur Untersuchung der Stengelberindung ist keine Art geeig- neter, als Ch. fragilis. Die Rindenzellen sind in Längsreihen ge- ordnet, deren je 3 einem Blatte des Quirls entsprechen, so dals die Gesammtzahl aller Reihen das Dreifache der Quirlblätter und zwar, in der oberen Hälfte des Internodiums, des nächst oberen Quirles beträgt. In der unteren Hälfte des Internodiums finden sich drei Reihen weniger, als der nächst untere Quirl Blätter zählt, was da- her rührt, dafs ein bestimmtes Blatt des Quirls, nämlich dasjenige, welches den Seitensprols in seiner Achsel trägt, keine entspre- chende Rindenabtheilung über sich hat. Es entsteht übrigens da- durch keine Lücke in der Berindung, indem die von den zwei Nach- barblättern ausgehenden Rindenabtheilungen sich an einander schlielsen. Die Reihen der Rindenzellen sind von zweierlei Art: die mittlere von je 3 Reihen, welche der Mitte eines Quirlblattes entspricht, besteht aus zweierlei Zellen, nämlich verlängerten, röh- renförmigen und, mit diesen abwechselnd, kleinen scheibenförmi- gen, welche bei dieser Art sich nicht oder kaum merklich über die Oberfläche der Rinde erheben, während sie bei anderen vorra- gende Warzen oder Stacheln bilden. Die beiden seitlichen Reihen bestehen dagegen aus unter sich gleichartigen Zellen, welche sämmtlich röhrenartig verlängert sind. Die mittleren Reihen be- zeichne ich als Hauptreihen, die seitlichen als Nebenreihen, eine Hauptreihe mit den beiden angrenzenden Nebenrreihen aber als ein Rindensegment oder einen Rindenlappen. Die Entwickelungsge- schichte zeigt, dafs ein solches Rindensegment in der That ein na- türliches Ganze ist, das von einer einzigen Urmutterzelle abstammt. Es entspringen solcher Rindensegmente oder Lappen je zwei aus der Basis jedes Blattes ('), eines nach unten, das andere nach oben, und die Anfänge derselben reichen in die früheste Bildungszeit der Blätter selbst zurück. Schon ehe das Blatt seine Gliederung er- (') Mit Ausnahme des sprolstragenden Blattes, dem der obere Rinden- lappen fehlt. mr. ED 255 halten, wenn es als abgerundete einzellige Vorragung die Höhe der Endkuppel noch nicht erreicht hat, tritt aus dem unteren, so wie oberen Rande des Basilarknotens eine halbmondförmige, dem äulserst kurzen Internodium flach angedrückte Zelle hervor, welche sich rasch zu einem an der Spitze gerundeten Lappen verlängert. An der Basis dieses Lappens scheiden sich, während in den Blät- tern die primären Gliederzellen gebildet werden, zwei nebenein- anderliegende Zellen ab, aus welchen sich in der Folge die Ne- benblätter entwickeln. Schon in dieser frühesten Ausbildungszeit schlielsen sich die aufsteigenden Rindenlappen eines unteren und die absteigenden eines oberen Quirles in der Mitte des Interno- diums zusammen und verlängern sich im Laufe der weiteren Ent- wicklung stets gleichen Schriltes mit dem Internodium selbst. Der Zellbildungsgang, durch welchen aus der lappenförmigen Ur- zelle die späteren Zellen des Rindensegments hervorgehen, zeigt bis auf einen gewissen Grad eine auffallende Übereinstimmung mit dem Zellbildungsgang im Stengel und in den Blättern. Es bildet sich nämlich zuerst und zwar (im Verhältnils zur Spitze des Lappens) in aufsteigender Succession durch wiederholte hori- zontale Theilung der Scheitelzelle eine Reihe primärer Glieder- zellen, welche mit einer bestimmten Zahl (bei Ch. fragilis 7 bis 8) abschlielst. Hierauf theilt sich jede primäre Gliederzelle (die Scheitelzelle bleibt ausgenommen) abermals durch eine horizon- tale Wand in 2 ungleiche Zellen, eine untere niedrigere, sehr flach linsenförmige oder (der am Stengel angedrückten Lage wegen) vielmehr halblinsenformige, und eine obere höhere, biconcave; die erstere ist eine sekundäre Gliederzelle oder Internodialzelle, die sich nicht weiter theilt; die lelztere ist eine primäre Knotenzelle, die sich bald in senkrechter Richtung von Neuem theilt. Von nun an unterscheidet sich der Gang der Zellbildung von dem des Sten- gels und des Blattes ('), indem aus der primären Knotenzelle kein vollständiger Zellkreis hervorgeht, sondern blofs ein Halbkreis aus 3 Zellen sich bildet, nämlich aus 2 seitlichen und einer mittleren vorderen, welche die nunmehr durch Abscheidung der genannten (') Zur Veranschaulichung des Folgenden kann f. 10 auf Tafel 7 im 2. Band von Meyen’s Pflanzenphysiologie dienen. A Internodialzellen; i Stachelzellen; e bis f Lateralzellen. 256 3 auderen verkleinerte und bleibende (secundäre) Knotenzelle zwi- schen sich einschliefsen. Hiemit ist die Zellbildung in den Rinden- segmenten vollendet; sie erreicht ihren Schluls fast gleichzeitig mit der Vollendung des Rindengetäfels im Blatt. E tritt nun die Ver- längerung der Zellen ein und zwar verlängern sich die Interno- dialzellen des Rindensegments röhrenförmig und bilden die Glieder der mittleren oder Hauptreihe; die aus der primären Knotenzelle entstandenen Seitenzellen verlängern sich gleichfalls röhrenförmig und bilden die Glieder der beiden Nebenreihen; die zwischen je zwei Seitenzellen liegenden Mittelzellen, sowie die unter diesen verborgenen Knotenzellen verlängern sich dagegen nicht, wie die übrigen, doch wachsen die ersteren oft in anderer Richtung als Pa- pillen oder Stacheln aus der Fläche der Rinde hervor. Bei Ch. fra- gilis bilden diese kurzbleibenden Mittelzellen niemals Stacheln, son- dern nur kleine niedergedrückte Wärzchen zwischen den Gliedern der Hauptreihe. Nach dieser Bezeichnung der verschiedenartigen Zellen, welche die Berindung des Stengels bilden, läfst sich die Regel genauer angeben, welche sich, wenn auch nicht als immer, doch als häufig befolgt, herauszustellen scheint. Die in derselben Längsreihe lie- genden Gliederzellen der Hauptreihe haben abwechselnd rechts- und linkswendige Ströme. Ebenso die in gleicher Höhe liegenden Gliederzellen der benachbarten Segmente. Die beiden gegenüber- liegenden, durch die Stachelzelle getrennten Zellen der Nebenrei- hen haben gleiche Stromrichtung, abwechselnd umgekehrte dagegen die in derselben Nebenreihe aufeinanderfolgenden, so wie die be- nachbarten der sich berührenden Nebenreihen verschiedener Seg- mente. Es lälst sich keine Einrichtung denken, welche eine grö- fsere Abwechselung in der Vertheilung rechts- und linkswendiger Ströme böte; doch bedarf es zahlreicherer Aufnahmen, um zu ent- scheiden, ob ihr wirklich eine gewisse Geltung zukommt, oder ob es blos Zufall ist, dals sie mir öfters in dieser Weise vorgekom- men. Auch in Beziehung auf die Fälle einfacherer Berindung, deren ich noch Erwähnung thun will, fehlt es an genauen Auf- nahmen der Richtungsverhältnisse der Strömung. Die beschriebene Berindungsweise des Stengels von Ch. fra- gilis ist, abgesehen von der mangelhaften Stachelbildung, die voll- kommenste, welche in der Familie auftritt; sie bietet, wenn man 257 ihre Entwickelungsgeschichte kennt, den Schlüssel zu allen bei anderen Arten der Familie vorkommenden Modificationen. Von solchen nenne ich zuerst die Verbindung von je 2 angrenzenden Nebenreihen zu einer (zweien Segmenten gemeinschaftlichen) Zwi- schenreihe, wie sie sich bei Ch. foetida, contraria, hispida und minder regelmälsig bei Ch. ceratophylla findet. Die Zahl der Rei- hen ist in diesem Falle dem Anscheine nach nicht die dreifache, sondern nur die doppelte der Blätter des Quirls, ein Unterschied, der, so auffallend und unerklärlich er an der ausgebildeten Pflanze erscheint, sich bei Verfolgung seiner Entstehung sehr einfach er- klärt und als unwesentlich in Beziehung auf die eigentliche Con- struction der Rinde herausstellt, indem er nur dadurch entsteht, dals die Lateralzellen der angrenzenden Rindenlappen, anstatt sich in gerader Linie aneinander zu legen, wie die Zähne zweier Kamm- räder ineinandergreifen und sich dadurch bei der späteren Längs- dehnung völlig in eine Reihe zusammenschieben. Bei CA. erinita ist die Zahl der Reihen der der Blätter des Quirls gleich; nichts desto weniger sind alle Zellen vorhanden, welche die dreifachrei- hige Rinde der Ch. fragilis bilden, allein die Lateralzellen sind nicht röhrenförmig verlängert, sondern zu Stacheln ausgebildet. Ch. crinita hat daher blos die Hauptreihen und je 3 Stacheln an den Knoten, welche die Glieder derselben scheiden. Wesentlicher unterscheidet sich die bei Ch. barbata zuweilen auftretende Berin- dung. Sie zeigt gleichfalls nur die Hauptreihen, aber zwischen je 2 Gliedern derselben nur einen einfachen Stachel. Hier haben sich somit gar keine Seitenzellen gebildet, die primäre Knoten- zelle hat sich zum Stachel verlängert. Die einfachste, der nie- dersten Entwicklungsstufe entsprechende Berindung zeigt Ch. im- perfecta aus Algerien ('). Auch sie hat blos die Hauptreihen und zwar, wie bei Ch. barbata, nicht aneinanderschliefsend, sondern durch freie Zwischenstreifen getrennt, allein es fehlen die Knoten zwischen den Gliedern. Die Reihen sind somit hier durch die nicht weiter sich theilenden primären Gliederzellen gebildet. 10. In den aus der Rinde des Stengels entsprin- genden Stacheln ist die Strömungsebene parallel der Ebene des Knotens, an welchem der Stachel sitzt, d.i. (*) Exploration scient. de l’Algerie t. 39. f. 1. 258 transversal im Verhältnils zu den Rindensegmenten und zum Stengel. Unter der vorigen Nummer wurden nicht alle Zellen der Rinde in Beziehung auf Strömung betrachtet, sondern nur die in der Richtung des Stengels röhrenartig verlängerten. Es sollten nun zunächst die rundlichen oder scheibenartig niedergedrückten Zellen, welche die Knoten in den Hauptreihen der Rindenzellen bilden, betrachtet werden, allein es ist mir bis jetzt nicht gelun- gen, eine Saftbewegung in diesen Zellen zu erkennen, ich zweifle jedoch nicht, dafs die Strömung, wenn sie anders eintritt, eine ho- rizontale ist. Dies vorausgesetzt erscheint das Verhältnils zwischen Stachel und Rindenknoten als eine Wiederholung dessen zwischen den Nebenblättern und den Basilarknoten des Blattes. Die Stacheln am Stengel der Characeen sind stets einzellig; sie finden sich, wie schon bei der Entwickelungsgeschichte der Rinde angeführt wurde, blos auf den Hauptreihen der Rindenzel- len, nie auf den Neben- oder Zwischenreihen. In manchen Fäl- len scheint der Stachel eine blofse Verlängerung der Knotenzelle selbst zu sein, was jedoch noch einer genaueren Prüfung bedarf; meistens wird er von einer peripherischen, von der tielerliegen- den Zelle des Knotens gesonderten Zelle gebildet. Davon kann man sich namentlich leicht bei CR. Rispida durch Betrachtung der Rinde von der Innenseite überzeugen. Die meisten berindeten Arten sind mit Stacheln versehen. Bei Ch. fragilis treten die Sta- chelzellen nicht bemerkbar über die Fläche des Stengels hervor; bei Ch. foetida, contraria u. anderen erscheinen sie ball sehr kurz und unmerklich, bald verlängert und deutlich hervortretend; sie sind dick und aufgeblasen bei Ch. ceratophylla, dünn und schlank bei Ch. aspera, tenuispina, strigosa u.s.w. Sie stehen entweder ein- zeln (Ch. foetida), oder es bilden 2 bis 3 einen Büschel, der auf verschiedene Art entstehen kaun, nämlich entweder durch Thei- lung der zum Stachel bestimmten Zelle selbst (Ch. ceratophylla, hispida), oder dadurch, dafs die Seitenzellen des Knotens sich, statt zu röhrenförmigen Rindengliedern, zu Stacheln ausbilden (Ch. erinita). In der unteren Hälfte des Internodiums sind die Stacheln mehr oder weniger nach oben, in der oberen Hälfte nach unten gerichtet, entsprechend ihrem Ursprung aus den aufsteigen- den und absteigenden Rindensegmenten. v 259 Die Rotation ist in den Stacheln schwierig zu erkennen; ich habe sie blos bei einer Art, nämlich Ch. hispida, aber bei dieser sehr deutlich beobachtet. Alle in dieser Beziehung geprüften Sta- cheln, sowohl solche der oberen, als der unteren Hälfte des Inter- nodiums, hatten den aufsteigenden Strom auf der rechten, den absteigenden auf der linken Seite. Ob diese Übereinstimmung (bei 10 Fällen) nur zufällig war, oder hierin ein constantes Ver- hältnifs herrscht, bleibt künftiger Ausmittelung vorbehalten. 14. In den Rindenzellen der Blätter ist die Strö- mungsebene senkrecht in Beziehung zum Blatt und parallel der Peripherie desselben, horizontal in Be- ziehung auf die Blätichen, von deren Basis die Be- rindung ausgeht. Je 4 zusammengehörige, unter der Ursprungsstelle eines Blättchens zusammenstolsende Rindenzellen zeigen unter sich ein symmetrisches Strömungsverhältnifls, indem je 2 benachbarte ge- genläufig sind, und zwar so, dals der Strom der (vom Beschauer aus) rechten oberen Zelle linkswendig, der linken oberen rechtswendig, der linken unteren links- wendig, der rechten unteren rechtswendig ist, wo- raus folgt, dafs in dem Berührungskreuz der 4 Rin- denzellen die 4 Ströme in senkrechter Richtung gegen den Mittelpunkt einlaufen, in wagerechter vom Mit- telpunkt nach der Peripherie auslaufen. In den Rindenzellen der Blätter, so wie in denen des Sten- gels, ist die Strömung des Saftes schwierig wahrzunehmen, doch gelang es mir bei Ch. hispida ihre Richtungsverhältnisse vollstän- dig auszumitteln. Das Strömungsgesetz für die Rindenzellen der _ Blätter stimmt im Allgemeinen mit dem in der Stengelberindung herrschenden überein, nur dafs hier ein weit constanteres Verhält- nils symmetrischer Vertheilung der Strömungsrichtungen eintritt. Die hierüber gegebene Regel bezieht sich übrigens nur auf den (allerdings häufigsten) Fall, dafs die Rinde aus vierzelligen Abthei- lungen besteht; für die Berindungsfälle von einfacherer oder com- _ plieirterer Construction fehlt es noch an Beobachtungen. - E E # = u 4 Wenn man die Berindung blofs am ausgewachsenen Blatte betrachtet, würde man ebensowenig, als beim Stengel, auf den Ge- danken kommen, dafs sie ursprünglich in keinem Zusammenhang 260 mit den langen Internodialzellen des Blattes steht, welche sie über- zieht. Und doch ist es so. Wie die Rinde des Stengels aus den Basilarknoten der Blätter, so entspringt die Rinde der Blätter aus den Basilarknoten der Blättchen, nur in viel einfacherer Weise. Wir haben vorhin (6) die Art und Weise betrachtet, in welcher der Grund zu den Quirlen der Seitenstrahlen oder Blättchen am Hauptstrahl des Blattes gelegt wird, die Bildung eines Zellkreises um eine centrale Knotenzelle. Die weitere Entwickelung des Blättchens und seiner die Blattberindung bildenden Basilartheile aus der einzelnen Zelle dieses Zellkreises geht in folgender Weise vor sich. Die einfache Urzelle theilt sich durch eine in Beziehung auf die radiale Entwickelungslinie des Blättchens horizontale (in Beziehung auf das ganze Blatt senkrechte und der Oberfläche des- selben parallele) Wand in 2 sehr ungleiche Tochterzellen, von denen die obere kleinere in Form einer sehr flachen, nach oben etwas gewölbten, kreislörmigen Scheibe auf der unteren grölseren, im Umrifs viereckigen Zelle aufsitzt. Die obere theilt sich nicht weiter, sondern wächst zu dem früher betrachteten Blättchen aus; die untere theilt sich von Neuem parallel der ersten Theilung in eine untere, tiefer liegende und versteckte Zelle, und in eine obere, in der Peripherie der Blattoberfläche liegende. Die erstere theilt sich nicht weiter und läfst sich als Verbindungszelle des Basilar- knotens des Blättchens mit dem Knoten des Blattes bezeichnen. Die letztere ist die primäre Knotenzelle des Basilarknotens des Blättchens, durch deren weitere Theilung entweder blofs ein mehr- zelliger Basilarknoten des Blättchens, ohne Ausbreitung über die angrenzenden Internodien des Blattes, gebildet wird (nacktblät- trige Chara-Arten) oder eine sich über die angrenzenden In- ternodialzellen ausbreitende Rindentafel, welche in ihrer Mitte das Blättchen trägt. Bei den meisten Chara- Arten mit berindeten Blättern (z. B. Ch. foetida, hispida, ceratophylla) theilt sich die bezeichnete Primärzelle des Basilarknotens des Blättchens durch senkrechte, excentrische Theilung in einen Zellkreis aus 4 Zellen und eine kleine von diesen umschlossene Centralzelle. Die Thei- lung geschieht so, dafs jedes Eck der quadratischen Oberfläche der Mutterzelle von einer der 4 neuen Zellen eingenommen wird, welche, zusammenstolsend, eine Kreuzlinie bilden, in deren Mitte die kleine Centralzelle, versteckt unter dem Blätichen, sich be- 2 u 261 findet. Die so gebildeten viertheiligen Rindentafeln schliefsen sich, einander entgegenkommend, über den um diese Zeit noch kuge- ligen Internodialzellen zusammen und bilden auf diese Weise ein zusammenhängendes Getäfel, das dem jungen Blatt ein sehr zier- liches, mosaikartiges Ansehen giebt. Durch die spätere, der Ver- längerung der Internodialzellen folgende Längsdehnung der An- fangs fast quadratischen Rindenzellen wird dieses frühere Ansehen der Rinde sehr verändert. Es ist von besonderem Interesse in Beziehung auf das Strö- mungsverhältnifs im Blättchen, die Succession in der Bildung des Kreises der Rindenzellen zu verfolgen, was bei Ch. foetida nicht schwierig ist. Die 2 oberen Zellen gehen in ihrer Entstehung den 2 unteren voraus und zwar bildet sich mit merkwürdiger und, wie es scheint, unabänderlicher Beständigkeit (') zuerst die Zelle in der linken (?) oberen Ecke, welcher die der rechten oberen Ecke, sodann die der rechten unteren und zuletzt die der linken unteren Ecke folgt. Ch. fragilis, bei welcher die Bildungsgeschichte des Blattes noch leichter zu verfolgen ist, zeigt dieselbe Aufeinander- folge, weicht aber dadurch ab, dafs die 4 Rindenzellen in der Mitte sich völlig vereinigen, so dals die Gentralzelle zu fehlen scheint. Unterhalb der Vereinigungsstelle sieht man jedoch eine kleine Zelle durchschinmmern, welche nichts anderes sein kann, als die Central- zelle, welche durch Schiefheit der Theilungsrichtung von den 4 peripherischen Zellen überwölbt wird. Vergleichen wir nun mit diesem Bildungsgang die Richtung der Strömung in dem aus der Mitte der viertheiligen Tafel sich erhebenden Blättchen, so findet sich auch hier, wie beim Hauptstrahl des Blattes, der absteigende - Strom auf der Seite der anhebenden Bildung. Ich erwähne noch kurz die in Beziehung auf Strömungsver- hältnisse noch nicht untersuchten Modificationen in der Berindung des Blattes. Bei Ch. crinita besteht jede Rindentafel nur aus 2 pe- ripherischen Zellen, einer oberen und einer unteren, welche zwi- schen sich eine das Blättchen tragende, sich nicht verlängernde Centralzelle einschlielsen. Ein ähnlicher Fall kommt bei Ch. im- perfecta vor, bei welcher gleichfalls von der Basis jedes Blättchens nur eine aufsteigende und eine absteigende Rindenzelle ausgeht, (*) Ich fand nie eine Ausnahme. (?) Vom Beschauer aus. 262 jedoch mit der Eigenthümlichkeit, dafs sich diese an die der benach- barten Blättchen nicht anschlielsen, weshalb die Berindung durch Längslücken unterbrochen ist. Im Gegensatz zu diesen einfache- ren Fällen stehen diejenigen, bei welchen die Rindentafel aus mehr als 4 peripherischen Zellen gebildet ist. Als Ausnahmen kommen solche Fälle zuweilen bei Ch. foetida und hispida, besonders aber bei Ch. ceratophylla vor, als Normalbildung treten sie nur bei meh- reren exotischen Arten auf, namentlich bei Ch. polyphylla, deren Rindentafeln aus 8 peripherischen und einer centralen Zelle, näm- lich aus 3 oberen und 3 unteren sich verlängernden Zellen und drei kurzen in der Querlinie des Gelenks liegenden Zellen besteht. Ich habe schon früher erwähnt, dafs auch der Basilarknoten des Blattes zur Berindung des Blattes beitragen kann. Dieser son- derbare Fall findet sich bei Ch. ceratophylla. Es ist eine alte Be- obachtung,, dafs bei den gewöhnlichen berindeten Chara- Arten die Berindung des untersten Blattgliedes von der aller folgenden durch den Mangel eines eigenthümlichen Absatzes oder einer Naht in der Mitte des Gliedes sich unterscheidet. Die Entwickelungsgeschichte giebt dazu die Erklärung. Jene Naht ist die Stelle der Vereinigung der von den zwei das Internodium begrenzenden Knoten ausgehen- den, sich von oben und unten entgegenkommenden und in der Mitte des Internodiums sich vereinigenden Rindentafeln; da nun das unterste Glied blofs über, nicht aber unter sich einen Knoten mit einem Quirl von Blättchen und entsprechenden Rindentafeln besitzt, so erhält das unterste Glied nur von einer Seite, nämlich von der oberen, seine Berindung, und der absteigende Theil der Rindentafeln des ersten Knotens verlängert sich so stark, dals er nicht blofs die Hälfte, sondern das ganze unterste Internodium überzieht. Hierin unterscheidet sich nun Ch. ceratophylla von den anderen Arten, indem bei ihr auch aus dem Basilarknoten des Blattes, oder vielleicht richtiger aus besonderen Basilarknoten der Nebenblätter, Zellen sich erheben, welche, mit den von oben kom- menden sich verbindend, an der Berindung des untersten Blatt- gliedes Theil nehmen. Es sind diese ungewöhnlichen Berindungs- zellen jedoch in Beziehung auf Zahl und Länge weniger regelmälsig, als die gewöhnlichen, welshalb auch der durch ihre Anwesenheit bedingte, sonst gewöhnlich fehlende Absatz in der Berindung des untersten Stengelgliedes weniger regelmälsig ist. Die Strömung 263 habe ich in diesen Zellen, so wie überhaupt in den Blattberin- dungszellen von Ch. ceratophylia, noch nicht beobachtet. f C. In der Wurzel. Ältere Autoren verwechseln hier, wie anderwärts, unterir- ___dische Theile des Stengels mit eigentlichen Wurzeln ('); nur die Theile, welche man Fibrillen nannte, sind die wirklichen Wurzeln der Characeen; Agardh verglich sie unpassend mit abgelösten Rindenzellen des Stengels. Kaulfufs (?) schreibt den Charen aulserdem noch eine Hauptwurzel zu, während Schleiden (°) ihnen alle Wurzelbildung abspricht. Eine Hauptwurzel, wenn man diesen Ausdruck für gleichbedeutend mit Mittel- oder Pfahl- wurzel hält, besitzen die Characeen allerdings nicht, so wenig als die Moose und Farne, denn auch das, was Kaulfufs als Haupt- wurzel bezeichnet, ist blos die stärkste unter den Seitenwurzeln des ersten Knotens der Pflanze; wie man ihnen aber alle Wur- zeln absprechen kann, ist viel unbegreiflicher, als dals man ihnen die Blätter abgesprochen hat. Die Theile, welche ich bier als Wurzeln beschreibe, zeigen wirklich, obwohl sie von höchst ein- fachem Baue sind, alle wesentlichen Charaktere der Wurzelbil- dung. Sie wachsen, wie dies bei Seitenwurzeln (Wurzelzweigen und Adventivwurzeln) überhaupt der Fall ist, nicht senkrecht, son- dern mehr oder weniger schief nach unten, selbst wenn sie hori- zontal oder aufsteigend aus dem Knoten entspringen, biegen sie A sich im weiteren Wachstbum bald nach unten zurück. Dabei findet _ ihr Wachsthum immer nur zunächst der Spitze statt, eine spä- _ tere Dehnung, wie sie den Stengel- und Blattgliedern zukommt, tritt nicht ein, weshalb man das noch im Wachsthum begriffene untere Ende der untersten Zelle der Wurzel häufig mit noch bewegungs- losem Plasma erfüllt findet, während in derselben Zelle weiter rückwärts die Rotation bereits im Gange ist. Die Wurzeln der Characeen haben nie eine Spur von Blattquirlen, daher auch keine Knoten, denn die nachher zu beschreibenden Gelenke verdienen diesen Namen nicht. Nie habe ich einen Übergang der Wurzel- (*) Vergl. Wallroth Ann. bot. p. 160. ge 4 Keimen der Charen p.48. Die dort ger Figur 28 bietet ein 264 bildung in Sprofsbildung bemerkt, auch nie eine Wurzel an der Spitze sich wieder erheben und grün werden sehen ('), viel- mehr fand ich dieselben immer völlig farblos und ohne oder nur mit kaum bemerkbaren Spuren gereihter, aber niemals grüner Körnchen an der inneren Wand. Junge Wurzeln sind mit einem reichlichen dickflüssigen Plasma erfüllt; die später eintretende Strö- mung ist von einer Lebhaftigkeit, wie wahrscheinlich in keinem anderen Theile der Pflanze; die Zellmembran ist äulserst zart und verdickt sich auch im Alter nur wenig: sämmtlich Eigenschaften, welche anzudeuten scheinen, dals auch die normale physiologische Bestimmung den Wurzeln der Characeen nicht fehlt. 12. Die Strömungsebene in den äulserst langge- dehnten Gliedern der Wurzel ist senkrecht zur Basis und radialin Beziehung zum Knoten, aus welchem die Wurzelentspringt und zwar so, dals der Strom auf der Innenseite nach der Spitze der Wurzel absteigt, auf der Aulsenseite zum Stengel zurückführt. In den aufeinanderfolgenden Gliedern schlie[sen sich die Ströme in gleicher Richtung aneinander, wobei die sich verbindenden Enden fulsförmig angeschwollen und die Gelenkflächen in der Weise geneigt sind, dals der Strom von der Ferse nach der Spitze des Fulses längs der Sohle, von der Spitze nach der Wurzel längs des Fulsrückens sich bewegt. Die sekundären Wurzeln (Wurzelzweige) verhalten sich zu den pri- mären, wie diese zum Stengel. Zur Erläuterung füge ich noch Einiges über den Ursprung und Bau der Wurzeln bei. Die Wurzelbildung tritt sogleich beim Keimen ein. Der erste Knoten, welcher sich gerade an der Mün- dung des Nüfschens befindet, aus welchem die keimende Pflanze, ohne es mit ihrer Basis zu verlassen, hervorwächst, bringt blofs Wurzeln hervor, unter welchen sich die zuerst entwickelte durch besondere Stärke auszeichnet; diese ist es, welche Kaulfufs als Hauptwurzel bezeichnet hat. Der zweite, durch ein längeres (') Die an der Spitze in grüne, kurzgliedrige Anschwellungen überge- henden Wurzeln, welche C. Müller l.c. t, III. £.10, abbildet, sind mir ganz unerklärlich. 265 Internodium vom Nüfschen getrennte Knoten ist gleichfalls noch blattlos oder trägt wenigstens keine zu kenntlicher Gestalt gelan- genden Blätter, sendet dagegen reichlich Wurzeln von verschiede- ner Stärke nach allen Seiten aus. Dieser zweite Knoten zeichnet sich aufserdem durch eine grolse Menge von Sprossen aus, welche er nach oben sendet (vergl. 3), während der erste nur zuweilen, und dann nur einen einzigen Sprols erzeugt. Der dritte Knoten trägt den ersten kenntlichen Quirl und treibt, wenigstens in der ersten Zeit, keine Wurzeln. Die Wurzelbildung ist in der Ju- gend sehr mächtig, so dals die Wurzeln den aufsteigenden Trieb der Pflanze oft übertreffen und in kurzer Zeit eine Länge von eini- gen Zollen erreichen. Später bleibt die Wurzelbildung im Ver- hältnifs zum Weachsthum nach oben sehr zurück, wiewohl bei ausdauernden Arten auch in späterer Zeit aus den alten sich ent- blätternden Knoten neue Wurzelkreise hervorbrechen, wie z.B. bei Ch. ceratophylla und hispida ('). Die Wurzeln bilden sich durch Auswachsen plattgedrückter } Zellen im Umfange des Knotens, sitzen deshalb gleichsam mit brei- ten Füfsen am Knoten an. Die Wurzelfülse der stärkeren Wur- zeln theilen sich aber selbst noch weiter, indem sie besonders am oberen Rande kleineren platten Zellen den Ursprung geben, aus j welchen sich dünnere Wurzeln entwickeln. Auf der Seite des ab- steigenden Stroms im Internodium des Stengels oberhalb des Kno- tens ist die Wurzelbildung begünstigt, was sich besonders am ersten Knoten zeigt, an welchem die sogenannte Hauptwurzel stets auf der Seite des absteigenden Stromes sich befindet. Den Bau der Wurzeln fand ich bei allen untersuchten. Arten, sowohl der Gattung Chara, als Nitella, völlig übereinstimmend. Sie bestehen aus wenigen, sehr verlängerten Zellen, die sich ohne Zwi- schenzellen (also ohne Knotenbildung) aneinander reihen. Bei einer Dicke von /, bis. höchstens —, Millim. erreichen diese Zellen die Länge mehrerer Linien bis zur Länge eines Zolls. Sehr eigen- thümlich ist die Gestaltung der Berührungsstellen zweier Zellen oder der Gelenke; man kann sie der Vereinigung zweier vorge- streckter, in entgegengesetzter Richtung mit den Sohlen aneinan- derstolsender menschlicher Fülse vergleichen. Schultz ist der (') Vergl. Bischoff erypt. Gewächse t. 1. £. 17. zur 266 einzige, der diese fulsförmigen Gelenke und das in ihnen statt- findende Strömungsverhältnifs beschrieben und richtig dargestellt hat ('). Die Wurzelzweige entspringen in ganz eigenthümli- cher Weise an diesen Gelenken, stets nur aus dem oberen der beiden zusammenstolsenden Zellenden und zwar aus dem Rücken des Fulses, zunächst der Spitze desselben hervortretend. Es bil- det sich hier, gleichsam durch einen oberflächlichen Ausschnitt, eine flach gewölbte Zelle, welche durch weitere Theilung eine unbestimmte Zahl von Zellen erzeugt; diese sind es, welche zu Wurzelzweigen auswachsen, weshalb die Wurzelzweige stets nur auf einer Seite des Gelenks sich befinden, einen einseitigen Büschel bildend. Auf das Richtungsverhältnifs der Wurzelströme im Ver- hältnifs zum Stengel hat Varley (?) aufmerksam gemacht, in- dem er angiebt, dals dasselbe mit dem der Blätter übereinstimme, wenn man von der Richtung der Wurzeln nach unten absehe. Allein die Natur der Pflanze hat hier selbst einen Gegensatz eingeführt, von dem wir nicht absehen dürfen, einen Gegensatz, der sich auch darin ausspricht, dafs die Blattbildung auf der Seite des aufsteigenden Stroms gefördert ist (vergl. Nummer 4), die Wurzelbildung auf der Seite des absteigenden Stroms des Stengels. Wir müssen daher die Stromrichtung der Wurzel entsprechend der nach unten gewendeten Wachsthumsrichtung derselben betrachten und behaupten, dals, im Gegensatz des Verhaltens beim Blatt, bei der Wurzel der nach der Spitze derselben führende Strom sich auf der Innenseite, der zum Stengel zurückführende Strom auf der Aufsenseite befindet. So gefalst erscheint uns das Verhältnifs bedeutsam. Wie uns die Strömung in den Blättern in naher Beziehung zum aufsteigen- den Strom des Stengels erschien, gleichsam als ein strahlig vervielfältigter, aus der Peripherie stets wieder zum Centrum zurückkehrender und so von einem Bildungskreis zum anderen (‘) Die Natur der leb. Pflanze I. p. 356. t. 2. f. 2. Die dort ausgespro- chene Vermuthung, dafs die Stengelknoten ebenso gebildet sein möchten, ist jedoch irrig. (?) Transact. of the soc. of artsetc. Vol. 49; wiedergegeben in Hassall brit. fresh water Algae p. 77. 267 aufsteigender Strom, so erscheint uns die Strömuug in den Wurzeln im Zusammenhang mit dem absteigenden Strom, gleich- sam als eine vielfache Auslenkung desselben. Allein nach un- ten ist kein Entwickelungscentrum, kein zu neuen Bildungen fortschreitender Vegetationspunkt, daher biegt auch der Strom der Wurzel sich nicht nach innen herein, sondern er wendet sich vielmehr nach aufsen um, in den allgemeinen Strom der ganzen Entwickelung zurückführend. Die Wurzelzweige wie- derholen dies in einer zweiten Abstufung; gerade da entsprin- gend, wo der absteigende Strom von der Spitze des Gelenk- fulses an in den aufsteigenden sich zurückbiegt, lenken sie zum zweiten Mal nach der Tiefe aus, um, aus dieser zurückkeh- rend, den Strom auf ihrer Aulsenseite wieder in den aufstei- genden Strom der relativen Hauptwurzel zurückzuführen. Schliefslich darf ich übrigens nicht verschweigen, dafs, ob- gleich ich die Varley’sche Regel im Allgemeinen bestätigt ge- funden habe, mir doch auch Ausnahmen vorgekommen sind. Ein Theil der beobachteten Abweichungen mag sich dadurch erklären, dafs die an einem und demselben Knoten entspringenden zahlrei- chen Wurzeln unter sich selbst wieder in einem Abhängigkeits- verhältnils stehen, so dafs die kleineren an der Basis der gröfse- ren entspringenden in ihrer Stromrichtung sich vielleicht auf diese beziehen. Allein eine nicht seltene und sehr auffallende Ausnahme läfst sich auf diese Weise nicht beseitigen, nämlich die in der soganannten Hauptwurzel vorkommende Umkehrung des normalen Verhältnisses. Zwei ganz entgegengesetzte An- schlielsungsweisen des Stromes scheinen hier fast gleich häufig vorzukommen. Um diese Sonderbarkeit einigermafsen erklärlich zu machen, bemerke ich, dals diese Hauptwurzel oft an Stärke _ dem Stengelglied, unter welchem sie entspringt, fast gleich kommt und sich in ihrer Richtung demselben diametral entge- gensetzt, das Nüfschen zur Seite biegend. Es ensteht so der Anschein, als ob sie eine direkte Fortsetzung des Stengels nach unten sei. Da sich dieselbe auf der Seite des absteigenden Stroms des Stengels befindet, und da nach der Varley’schen Regel die Wurzel auf eben dieser Seite ihren (zum Stengel) _ aufsteigenden Strom hat, so tritt hier der Fall ein, dafs in zwei 4 (freilich nur scheinbar) wie Glieder einer Achse aneinander ge- 268 fügten Zellen die entgegengesetzten Ströme sich treffen. Die- ses Verhältnifs steht im Widerspruch mit der sonst in der Verkettung der Glieder überall gesuchten Aneinanderfügung der gleichen Ströme, und so mag es denn kommen, dals in dem erwähnten Falle, wo zwei widersprechende Gesetze in Collision treten, bald das eine, bald das andere den Sieg erhält. (Die Betrachtung der Strömungsverhältnisse in den Fruk- tificationsorganen wurde auf eine spätere Sitzung verschoben.) Hr. Encke trug Folgendes in Bezug auf seine Abhand- lung: Eine neue Methode zur Berechnung der Pla- netenstörungen, gelesen 1851. Novbr. 27. (Monatsbericht 1851. pg- 709) vor. Am 15. Mai erhielt ich einen Brief von Herrn Director Hansen in Gotha, worin er mir schreiht, dafs Herr George P. Bond ihm von Cambridge in den Vereinigten Staaten von Nordamerika aus geschrieben, er habe bereits im Jahre 1849 dieselbe Methode in den: Memoirs of the American Academy of Arts and Sciences, New Series Vol. IV. — Part 1. publicirt. Ich sah sogleich in diesem Bande nach, und fand, dafs dieses sich völlig so verhalte, weshalb ich mich beeile, da es mir nicht einfallen kann Herrn Bond’s Verdienst beeinträchtigen zu wol- len, es der Academie anzuzeigen. Ich würde es im Jahre 1851 zuverlässig geihan haben, wenn ich auch nur die leiseste Kennt- nils davon gehabt hätte, dals Herr Bond diesen Gegenstand behandelt habe, und führe noch aulserdem an, dafs ich, weil ich wohl weils, dafs bei meinen mancherlei praktischen Geschäften mir manchmal fremde Untersuchungen unbekannt bleiben, ich vor dem Druck meiner Abhandlung Herrn Hofr. Gaufs in Göttingen, Herrn Prof. Airy in Greenwich und Herrn Director Hansen in Gotha den wesentlichen Inhalt mitgetheilt habe. Alle drei Herren haben in ihren Antworten durchaus nichts von der Untersuchung des Herrn Bond erwähnt, so dals auch ihnen dieselbe unbekannt geblieben sein muls. Die Abhandlung von Herrn Bond führt den Titel: On some Applications of the Method of Mechanical Quadratures (communicated Mai 29. 1849.) und diese allgemeine Bezeichnung 2 hat unstreitig dazu beigetragen, dafs der Inhalt weniger be- kannt geworden ist. Nach den Einleitungsworten beabsichtigt Herr Bond die mechanische Quadratur auf verschiedene astro- nomische Probleme anzuwenden, wo unter gewissen Bedingun- gen ihre Anwendung Genauigkeit und Einfachheit der Rech- nungen erreichen läfst und völlig von den gewöhnlichen unabhängige Methoden darbietet. Herr Bond leitet darin zuerst die gewöhnlichen Formeln für Integration ab. Dann wendet er sie an auf: 269 Fr? ER une r a (wo Fr? der zweite Differentialquotient von r”? ist) und zeigt, dals, wenn die Anfangswerthe berechnet sind, man aus ihrer Summation einen genäherten Werth von r findet, der in die Differentialgleichung substituirt, einen genauen Werth von Fr* finden läfst. Es integrirt folglich ganz so, wie ich es vorge- schlagen habe, eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, wenn der Ausdruck des zweiten Differentialquotienten einer Gröfse diese Gröfse selbst enthält. Er wendet sie zweitens an auf: m; nz Fa)=—— F:; =-7 Fa wo Fx etc. der zweite Differentialquotient von x& etc. ist, wo- bei er den eben gefundenen Werth von r? benutzt. Die dritte Anwendung ist die, die partiellen Differentialquotienten der geocentrischen Rectacension und Declination eines Himmelskör- pers in Bezug auf gewisse Constanten zu finden, und endlich die vierte die Berechnung der Störungen. Die Methode geht von denselben Gleichungen wie die meinige aus, in der Bezeichnung des Verfassers 2 F.öx—=Fx A N wo man sieht, dafs F wieder das zweite Differential bezeichnet, und die Vorschriften sind die nämlichen. Herr Bond macht davon eine Anwendung auf den Lauf des Mondes während ‘einiger Tage, indem er von 12 zu 12 Stunden die öx, öy, öz berechnet. Ein Prüfungsmittel für die 270 Richtigkeit der Resultate würde nach ihm die unmittelbare Be- rechnung von r? geben, wenn diese nicht bei Störungen zu beschwerlich wäre. Er macht deshalb den Vorschlag, den ein- facheren Ausdruck der Störung der Flächengeschwindigkeit dazu zu benutzen. Der Grund, warum die Abhandlung des Herrn Bond we- niger Aufmerksamkeit erregt hat und den europäischen Astro- nomen unbekannt geblieben ist, liegt theils in der noch immer etwas schwierigen Verbindung mit Nord-Amerika, theils aber auch wohl darin, dals Herr Bond diese Integrationsmethode nicht blos auf den Fall beschränkt hat, wo sie wirklich am er- folgreichsten ist, weil das analytische Integral nicht gegeben ist, sondern auch auf solche Fälle, wo eine mechanische Qua- dratur kein Bedürfnifs war, und endlich in dem nicht glücklich gewählten Beispiele der Anwendung auf die Mondbewegung. Bei der vielleicht durch die fremde Sprache mir etwas erschwer- ten Darstellung tritt nicht sofort hervor, dafs die Intervalle bei dieser Form von gleicher Grölse wie bei der Variation der Constanten genommen werden können, und dafs daher diese Form mit beträchtlichem Vortheil statt der Variation der Con- stanten benutzt werden kann. Ich glaube deshalb, dafs mir immer noch das Verdienst bleibt, die Vorzüglichkeit dieser Methode in das rechte Licht gesetzt zu haben, so wie auch wie sehr weit sie sich ausdeh- nen lälst. Noch wiederhole ich, dals ich durchaus keine Kennt- nils davon hatte, dals Herr Bond diesen oder verwandte Ge- genstände schon behandelt habe, sonst würde ich gleich im vorigen Jahre es angeführt haben. Möchte nur diese Methode durch häufige Anwendungen recht in das Leben traten. Ich benutze diese Veranlassung, um das Verfahren anzu- geben, wie ich ohne Wiederholung sogleich völlig strenge Werthe finde. In den strengen Gleichungen ddE BR — x x ER ac ie ( ze Ze: 737703 dt e 2 me (-5)-#(3-5) dt e r r r 271 kann man, wenn man immer nur den nächstfolgenden Ort al- lein rechnet, aus dem vorläufig bekannten & das z=x’+ E stets so genau finden, dals in dem Gliede mit dem Faktor m’k®? später keine Correction vorzunehmen ist. Man rechnet also o und den Ausdruck der Kräfte mit @ + &E,y’ + n 2° +2, und findet damit sogleich den strengen Werth, weil man hier & „ $ nur bis zur fünften Decimale zu haben braucht. Diese wird aber schon bei der vorläufigen Annahme sicher sein. Den zweiten Gliedern gebe Fe. die Ren Fe 2377. 503 BrE} Ti 0 2 03 ER k N a3) z z k? N A het) et (een) Nun ist eg = r?? + 282° Hy? + 232 HE? nn S? + HFZDErU HEN +2 HN. Man setze SO +4n)n + (2 + z9)8 2 so wird r? | F wir ’ und folglich strenge RP r°3 BERN 1— = =1—- (+27) ° Sin, ie ee q 1.2 142.3 1.2.3.4 fi FIELOPREHLE } alle 29 2.37 En ... Ich babe mir nun eine Tafel berechnen lassen, aus welcher Salaıg IRRE 5 } ER 272 mit dem Argumente g genommen werden kann. Hiernach wird der strengrichtige Ausdruck der folgende: Sobald ein genäherter Werth von £&, 7, gegeben ist, was für den nächstfolgenden Ort immer stattfindet, so berechnet man Verl r’? nimmt aus der Tafel den zu g gehörigen Faktor f, und hat dann dd k? = eos $fax—& ddy k? Er er Sy ade k® dt? +5 a2 wo für x, y, z die schon früher bei der Berechnung von X, Y, Z gebrauchten &° + &,y’ +, 2° + zu nehmen sind. Vermittelst dieses Werthes verbessert man den genäherten von £, z, $, und berechnet ein neues g, wo aber aus demsel- +3 sy +4 ben Grunde wie bei X, Y, Z, die Factoren ” —r-, nn An 2 +47 ı = —, einer Verbesserung nie bedürfen A Bei dieser ki zweiten Rechnung wird man dann alles strenge haben. Man sieht, dafs, da f dem Factor 3 der Näherungsformel, g der Grölse — correspondirt, mit Hülfe der Tafel die strenge Rechnung nur wenig mühsamer wird als die genäherte, im Grunde nur wegen der Bildung von x’ + & und @° + 4E£ etc. Das Lästigste dürfte sein, dals man, wenn man a°, y°, z° für alle Örter gefunden hat, von da an für jeden Ort einzeln die Rechnung durchführen mufs. Ein Auszug aus der Tafel für f ist der folgende: 273 “ne 2 a Ki a aa a Fr A 2 — 0,021 | 0,5004561 | — 0,007 | 0,4847798 | +0,007 | 0,1695783 —.0,020 | 0,4993200 | — 0,006 | 0,4836784 | —+-0,008 | 0,4685099 — 0,019 | 0,4981865 | — 0,005 | 0,4825795 | -+0,009 | 0,4674438 — 0,018 | 0,4970554 | — 0,004 | 0,4814831 | +0,010 | 0,4663799 —0,017 | 0,4959270 | — 0,003 | 0,4803892 | +0,011 | 0,4653185 — 0,016 | 0,4948010 | — 0,002 | 0,4792975 | +0,012 | 0,4642591 —0,015 | 0,4936777 | —0,001 | 0,4782082 | +0,013 | 0,4632021 — 0,014 | 0,4925567 0,000 | 0,4771213 | +0,014 | 0,4621474 — 0,013 | 0,4914384 | -+0,001 | 0,4760368 | +0,015 | 0,4610946 — 0,012 | 0,4903225 | +0,002 | 0,4749544 | -+0,016 | 0,4600441 — 0,011 | 0,4892090 | -+0,003 | 0,4738746 | +-0,017 | 0,4589958 —0,010 | 0,4880979 | +0,004 | 0,4727971 | +0,018 | 0,4579499 —0,009 | 0,4869892 | —+0,005 | 0,4717219 | +-0,019 | 0,4569060 —0,008 | 0,4858833 | —+0,006 | 0,4706490 | —+-0,020 | 0,4558644 — 0,007 0,4847798 | 0,007 | 0,4695783 | —+0,021 | 0,4548253 Die letzte Decimale ist vielleicht hin und wieder auf eine ’ ® ” ” * Einheit unsicher. Man braucht aber immer nur 5 Dec., we- nigstens in den gewöhnlichen Fällen. Hr. Peters legte einige neue Säugethiere und Flufsfische aus Mossambique vor. 1) Sciurus palliatus nova spec. Sc. supra colore nigro flavido et ferrugineo; gastraeo, la- tere artuum interno, manibus, pedibus caudaque rufis; auri- eulis triangularibus retro excisis, angulo apicali brevi; cauda ceylindrica corpore octava parte breviore; mammis sex; vellere molli. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0, 16; caudae 0, 14. Habitatio: Africa orientalis, Quitangonha, 15° Lat. Austr. 2) Sciurus mutabilis nova spec. Sc. nigro et flavido variegatus; vertice, cervice et dorso medio nigris; prymna, uropygio, femoribus, cruribus, inglu- vie, gutture, uraeo ochraceorufis; pectore pallidiore; pedi- bus nigris albo striolatis; cauda corpore longiore subeylin- drica nigra obsolete albo fasciata, in apice rufa; auriculis tri- 3) 4) 5) 6) 274 angularibus, retro excisis, angulo apicali brevi; mammis sex; vellere molli. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,200, caudae 0,300. Habitatio: Africa orientalis, Boror, 17° Lat. Austr. Sciurus flavoviltis nova spec. Sc. supra ferrugineus, nigre undulatus, utrinque vitta la- terali flavida; lateribus pallidioribus; artubus anterioribus pedibusque splendide silaceis; annulo orbitali, duabus ab oculo ad auriculam extensis fasciis, labiis, ingluvie, gutture, gastraeo, artuumque latere interno albis; cauda corpore bre- viore disticha, alternatim flavide et nigre fasciata, subtus ochraceorufa; auriculis triangularibus integris; vellere molli; mammis sex. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,190; caudae 0,160. Habitatio: Africa orientalis, Mossimboa, Quitangonha, a 41° ad 15° Lat. Austr. Meriones leucogaster nova spec. M. supra silaceus infuscatus; lateribus splendide silaceis; gastraeo, artuum latere interno, manibus pedibusque albis; cauda brevipilosa, supra fusca, in lateribus silacea, subtus alba; pilis dorsi laterumque in basi schistaceis; unguibus an- terioribus longioribus. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,160; caudae 0,055. Habitatio: Africa orientalis, Mesuril, Boror, a 15° ad 17° Lat. Austr. Mus (Acomys) spinosissimus nova spec. M. ferrugineofuscus; labiis, gastraeo, artuum latere in- terno, manibus pedibusque sordide cinereis; auriculis rotunda- tis, nigris, pilis brevibus ferrugineis vestitis; plantis caudaque nigris; pilis singulis unicoloribus aculeatis, in capite, dorso latere, humero, femoris crurisque parte externa latioribus. Latitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,100; caudae 085. Habitatio: Africa orientalis interior, Tette, Buio, a 16° ad 17° Lat. Austr. Mus minimus nova spec. M. omnium minimus, silaceus nigro adspersus, in lateribus splendide silaceus, subtus albus; auriculis orbicularibus; cauda corpore breviore. 275 Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,065, caudae 0,042. Habitatio: Africa orientalis interior, Tette, Buio, Macanga, a 16° ad 17° Lat. Austr. 7) Mus (subg. Pelomys Pet.) fallax nova spec. M. olivaceo flavido nigroque variegatus, subtus cinereus, in rostri apice ferrugineofuscus; auriculis rotundatis, pilis splen- dide ferrugineis vestitis; dentibus incisivis superioribus sul- catis; cauda corpore paulo breviore. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin 0,170, caudae 0,135. Habitatio: Africa orientalis, Caya, Boror, 17° Lat. Austr. MoRrMYRI. 1) Mormyrus discorhynchus Pet. M. bane similis sed pinna dorsali anali longiore. B. 8. D. 3, 27-3,33. P. 1,10. V.6. A. 3, 21.-3,24. C. 16. 2) Mormyrus macrolepidotus P et. M. labiato Geoffroyi similis, sed squamis majoribus, N pinnis ventralibus et anali magis retro collocatis. 4 B.8. 3,20 — 3,21. P. 1,9— 1,10. V.6. A. 3,25 — 3,29. C. 16. Y 3) Mormyrus zambanenje Pet. Ü M. anguilloideo similis; pinna dorsali anali dimidio bre- | viore; mandibula et osse intermaxillari dentibus 32 ad 36 munitis; squamis utrinque per series 28 ad 30 longitudinales dispositis. B.7. P.1,10. V. 6. D. 3,21— 3,23. A. 3,39 — 3,44. C.2- 4) Mormyrus longirostris Pet. \ M. oxyrhyncho affınis; capite longissimo, rostro tenui inflexo, maxilla superiore prominente, naribus oculis appro- ximatis, pinnis verticalibus altioribus. BD. 3,71. B:.1,13. V. 6. A, 3,15. €. 16. 9) Mormyrus mucupe Pet. M. oxyrhyncho alfınis; rostro tenui, inflexo, mandibula pro- minente, naribus oculis approximatis, pinnis vertical. altioribus, B.:P..D53,68: P. 1,13.:V. 6. A. 3,15. C..T%. CHARACINI. 6) Distichodus mossambicus Pet. D. argenteus; dorso fasciisque obsoletis transversis la- 276 terum chalybeis; capite superne viridi; pinnis nigricantibus; rostro subcylindrico; oculis in medio capite positis; distan- tia oculorum diametro unius duplo majore; capite quintam longitudinis totalis partem aequante; osse infraorbitali quinto sexto aequali; dentibus seriei externae 18; linea laterali squa- mis 68 composita. B. 4. D. 26— 27. P. 19. V. 2,10. A. 4,11—4,12. C. 17. 7) Distichodus schenga Pet. D. priori similis; rostro in basi altiore; capite sextam lon- gitudinis totalis partem aequante; osse infraorbitali quinto multo minore quam sexto. 8) Alestes imberi. Pet. A. argenteus, maculis duabus nigris, caudali et humerali, notatus; dentibus intermaxillaribus anterioribus octo; pinna dorsali abdominalibus opposita; lingua affısa; appendicibus pyloribus decem. B.'4/ D. 10: P; 15. v:1,8.A.. 3,14 — 3,12. GC 42 9) Alestes acutidens Pet. A. parvus, colore argenteo; dentibus intermaxillaribus an- terioribus sex, posterioribus octo acutis multicuspidatis; osse infraorbitali quinto duplo majore quam sexto; pinna dor- sali ventralibus opposita; lingua libera; appendicibus pylori- bus sex. B. 4. D. 10. 6. 13. V. 1,7. A. 3,16. C. 77. PLAGIOSTOMI. 10) Carcharias (Prionodon) zambezensis Pet. C. leucae affinis; notaeo pinnisque infumatis; gastraeo ex albo flavescente; naribus in medio inter oculos et rostri api- cem positis; pinnis pectoralibus latioribus, caudali longiore. Hr. G. Rose berichtete über die Auffindung eines zweiten bei Gütersloh gefundenen Meteorsteins. Hr. Dove hat im vorigen Jahre der Akademie über den bei Gütersloh am 17. April herabgefallenen Meteorstein nach Mittheilungen des Dr. Stohlmann berichtet, und ich hatte später das Vergnügen das grölste Stück des einzigen damals 277 gefundenen Steines, das Hr. Dr. Stohlmann für die Kö- nigliche Sammlung erworben hatte, der Akademie vorzule- gen. Jetzt hat man in Gütersloh noch einen zweiten Stein gefunden, über den mir nun Hr. Dr. Stohlmann in einem Schreiben vom 5. April 1852 Folgendes berichtet: „Ich habe so eben ein’ zweites kleineres Exemplar eines Aörolithen angekauft, welches jetzt erst gefunden ist, und mit Hinzurechnuug der bereits abgeschlagenen Ecken 2 Pfund wie- gen möchte. Es war von ähnlicher Form wie das im vorigen Jahr übersendete, weicht aber in dem Aussehen dadurch ab, dals es durch Oxydation des Eisens braune Fleckchen bekommen hat. Der Stein ist von mir in 3 Stücke zerschlagen worden, um noch an Andere davon abgeben zu können, und ich schicke Ihnen anliegend ein 65 Loth schweres Stück als Geschenk '$ für die dortige Sammlung.” Die Auffindung dieses zweiten Steines macht es wahr- scheinlich, dafs am 17. April 1851 in Gütersloh wohl noch mehrere Steine gefallen sein, und vielleicht auch später gefun- - den werden mochten. Indessen ist, wie auch Dr. Stohl- _ mann erwähnt, mit dem jetzt gefundenem Steine offenbar schon eine grolse Veränderung vorgegangen, das Eisen ist zum Theil oxydirt, und hat die Umgebung braun gefärbt, was bei dem gleich nach dem Falle gefundenen nicht der Fall ist. Ein noch längeres Liegen in der feuchten Erde kann eine noch grölsere Zersetzung und gewils endlich ein gänzliches Zerfal- len der ganzen Masse hervorbringen. Diese leichte Zersetzbarkeit, die den metallisches- Eisen haltigen Meteorsteinen zwar vorzugsweise zukommt, aber auch bei den andern weniger häufig vorkommenden statt findet, die kein metallisches Eisen enthalten, wie die Meteorsteine von - Stannern und Juvenas, ist wohl der Grund, welshalb man Meteorsteine nie zufällig bei Bearbeitung des Bodens gefun- den hat. Weit besser halten sich die Meteoreisenmassen, die sich wohl an ihrer Oberfläche oxydiren, aber durch die ent- standene Kruste von Oxyd vor weiterer Zersetzung geschützt werden, und daher auch zuweilen an der Oberfläche der Erde gefunden werden, wiewohl sie in Vergleich mit den Meteor- steinen so unverhältnilsmälsig selten herabfallen, dals man ja [na a am, Sr et a 278 erst von dreien eine geschichtliche Kenntnifs ihres Herabfallens hat, von dem von Agram in Croatien im Jahr 1751, von Charlotte in Tenessee im Jahre 1835 und von Braunau in Böhmen im Jahr 1847. Dessenungeachtet kennt man aber schon eine grolse Menge von Meteoreisenmassen. Die Königliche Sammlung in Berlin enthält jetzt Meteo- rite von 97 verschiedenen Localitäten, und darunter befinden sich 33 Meteoreisenmassen; und 64 Meteorsteine; die Zahl der bekannten Eisenmassen beträgt nach der Aufzählung des Dr. Clarke 60. Vorher begrüfste der vorsitzende Sekretar Herrn Eisen- stein als neu eintretendes Mitglied der Klasse. 27. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. H. Rose las über den Einflufs der Bicarbo- nate der Alkalien auf die Salze der alkalischen Erden. Die Chemiker stimmen darin überein, dafs durch die zwie- fach-kohlensauren Alkalien nicht zwiefach -kohlensaure alkali- sche Erden im festen Zustande, sondern nur in Auflösungen erhalten werden können. Aber Baussingault giebt an, dafs durch Fällung von Auflösungen von Chlorbaryum mit einer Auf- lösung von Urao eine anderthalbfach -koblensaure Baryterde er- halten werden könne. Durch Kali-Bicarbonat konnte dasselbe aber nicht dargestellt werden, wie auch die Versuche abgeän- dert wurden; es erzeugte sich immer nur einfach -kohlensaure Baryterde. Eben so konnte unter ähnlichen Umständen aus Chlor- calciumauflösungen nur einfach-kohlensause Kalkerde erhalten werden, aber nach langem Stehen von einer ganz krystallini- schen Structur, welche die des natürlichen Kalkspaths ist. Hr. Poggendorff trug eine Mittheilung des Hrn. Dr. Clausius über das mechanische Aequivalent einer electrischen Eutladung und die dabei stattfindende Erwärmung des Leitungsdrathes vor. Die mechanischen Wirkungen und die WWärmeerzeugung, welche einen electrischen Strom begleiten können, sind schon 279 von mehreren Physikern zum Gegenstande theoretischer Un- tersuchungen gemacht, um den inneren Zusammenhang dieser Wirkungen unter sich und mit der wirkenden Ursache zu er- kennen. Die meisten derartigen Untersuchungen beziehen sich auf die galvanische Electricität und den Electromagnetismus; bei diesen wird aber die Erklärung der Erscheinungen durch die Mitwirkung von chemischer Action und Magnetismus com- plieirter, als bei der Maschinenelectricität, und der Verf. der vorliegenden Arbeit hat sich daher auf die letztere beschränkt, indem er sich die Aufgabe gestellt hat, diedurch eine elec- trische Entladnng hervorgebrachten Wirkungen auf ein bestimmtes durch die Grundsätze der Mechanik gebotenes Maafs zu bringen. Es sei ein System materieller Puncte mit den Massen m, m’ etc. gegeben, welche zur Zeit 2 in einem rechtwink- lichen Coordinatensysteme die Coordinaten x, y, z; a, y’, z’ etc. haben, und auf welche die Kräfte X, Y, Z; X, Y, zZ etc. einwirken. Diese Pnnete können entweder frei beweglich, oder irgendwie in ihrer Bewegung beschränkt sein, wobei die beschräukenden Bedingungen jedoch der Art sein müssen, dals alle bewegenden Kräfte, und alle durch diese Kräfte beweg- ten Massen explicite gegeben bleiben. Dann gilt, wenn v,, vo’ etc. die Geschwindigkeiten der Massen m, m’ etc. zur An- fangszeit 2, waren, und v, v’ etc. dieselben Gröfsen zur Zeit 2 sind, folgende Gleichung: £ ) 43, mv -12 un: => (Xdx + Ydy +. Za.), £o worin die Summenzeichen sich auf alle in dem Systeme vor- kommenden Massen mit den dazu gehörigen Coordinaten, Kräf- ten und Geschwindigkeiten beziehen. Diese Gleichung sagt aus, dals die während irgend einer Zeit in dem Systeme entstandene lebendige Kraft gleich der wäh- rend derselben Zeit in dem Systeme geleisteten Ar- beit sei, wobei aber unter lebendiger Kraft der Masse m die Gröfse mv? verstanden ist, während sonst gewöhnlich die Gröfse mo*? mit diesem Namen bezeichnet wird. 280 Die durch das Integral auf der rechten Seite ausgedrückte Arbeit läfst sich für besondere, aber sehr häufig vorkommende Fälle näher bestimmen. Wenn die wirksamen Kräfte zum Theil aus Anziehungen oder Abstofsungen fremder unbeweg- licher Massen auf die gegebenen Massen bestehen, und ihrer Stärke nach den Quadraten der Entfernung umgekehrt propor- tional sind, so ist der auf diese Kräfte bezügliche Theil der ganzen Arbeit gleich der Zunahme des Potentials der fremden Massen auf die gegebenen; und wenn ein anderer Theil der Kräfte aus eben solchen Anziehungen Abstolsungen der gege- benen Massen unter einander besteht, so ist der auf diese Kräfte bezügliche Theil der ganzen Arbeit gleich der Zunahme des Po- tentials der gegebenen Massen auf sich selbst. Diese Sätze, welche aus der Mechanik bekannt sind, und zu welchen noch der hinzugefügt wird, dafs die Wärme eine Bewegung der kleinsten Theilchen der Körper sei, und das Maals der lebendigen Kraft dieser Be- wegung bilde, werden nun auf die Electricität angewandt. Dals dieses letztere geschehen könne, obwohl die Glei- chung (1) ursprünglich nur für die Bewegungen materieller Massen aufgestellt ist, hat schon Helmholtz ausgespro- chen. (') Um die Gleichung (1) in voller Allgemeinheit auf die Bewegungen der Electricität anzuwenden, würden freilich vorher einige Erörterungen über das Wesen der Electricität nothwendig sein; diese lassen sich aber für den vorliegenden Zweck umgehen. Da nämlich die electrischen Anziehungs- und Abstolsungskräfte in den letzten der vorher erwähnten Fälle mit einbegriffen sind, so braucht man, um die während einer electrischen Entladung von diesen Kräften geleistete Arbeit zu bestimmen, nicht den veränderlichen Zustand während der Entladung, sondern nur die constanten Zustände vor und nach derselben zu betrachteu, wo die Electricität in Ruhe ist, und also nur noch Bewegungen materieller Massen vorkommen. Auf diese Weise gelangt man zu folgendem allgemeinen Satze: (') Über die Erhaltung der Kraft, eine phys. Abhandl. von Dr. H. Helmholtz. Berlin bei G. Reimer 1847. PVP er ur Fig . are DE N = 281 Die Summealler durch eine electrische Entla- dung hervorgebrachten Wirkungenistgleich der dabei eingetretenen Zunahme des Potenti- alsder gesammten Electricitätaufsich selbst, wobei unter eleetrischer Entladung jede Änderung in der Anordnung der Electricität verstanden wird, durch welche der electrische Zustand der verschiedenen Theile eines Syste- mes von leitenden Körpern, unter welche auch die Erde mit einbegriffen sein kann, sich ganz oder theilweise ausgleicht. Zur Vergleichung dieses Satzes mit der Erfahrung sind zunächst die gewöhnlichen Entladungserscheinungen einer Lei- dener Flasche oder einer aus Leidener Flaschen zusammenge- setzten Batterie gewählt. Was den Werth des Potentials bei einer geladenen Fla- sche oder Batterie anbetrifft, so ergiebt sich, dafs man für eine Flasche, bei welcher die Glasdicke ce überall gleich ist, unter Vernachlässigung der Glieder von höherer als erster Ordnung in Bezug auf c, schreiben kann: 2 deren 2) H/=— ug 2rc, worin S die Fläche der einen Belegung, @ die darauf befind- liche Electricitätsmenge, und 77 das Potential ist. Mittelst dieses Ausdruckes kann man Flaschen von verschiedener Form, Gröfse und Glasdicke unter einander vergleichen. Wenn man aber nicht verschiedene Flaschen, sondern, wie es in der Praxis häufig vorkommt, eine aus lauter gleichen Flaschen zusammengesetzte Batterie anwendet, und bei dieser den Flä- cheninhalt der Belegungen nur dadurch ändert, dafs man die Anzahl der Flaschen vermehrt oder vermindert, so kann man die dabei vorkommenden verschiedenen Fälle unter einander vergleichen, ohne die Glieder höherer Ordnuug zu vernach- lässigen, oder jene beschränkende Annahme, dafs die Glasdicke e in jeder Flasche constant sei, zu machen. Man hat nämlich dann allgemein: 2 N (3.) ee worin # eine von der Natur der Flaschen abhängige Constante zrrrr bedeutet, welche zwar nicht unmittelbar bekannt, aber jeden- falls für gleiche Flaschen gleich, und aufserdem in Bezug auf die mittlere Glasdicke von der ersten Ordnung ist. Wird nun eine so geladene Batterie nur theilweise ent- laden, so dafs der Rückstand @, in ihr bleibt, zu welchem das Potential 77, gehört, so erhält man als Zunahme des Po- tentials: 9-0: A)Ww ZW Zt Ss findet dagegen eine vollständige Entladung statt, so dafs man Q, und #, = o setzen muls, so ist die Zunahme des Poten- tials: 1 5) -W — hei und diese Gröfsen sind es also, welche dem obigen Satze nach gleich der Summe aller durch die Entladung hervorgebrachten Wirkungen sein sollen. Diese Wirkungen können sehr verschiedener Art sein, mechanischer, chemischer, thermischer, magnetischer und elec- trischer Natur. Zur Vergleichung mit der Theorie ist aber beson- ders der einfachste Fall geeignet, in welchem aulser der einen unvermeidlichen mechanischen Wirkung, welche durch das Über- springen des Funkens bedingt wird, nur thermische Wirkungen vorkommen, und auch diese nicht bis zum Glühen der erwärm- ten Theile getrieben werden. Dann kann man die Summe dieser beiden gleich den in (4.) und (5.) gegebenen Ausdrücken setzen. Hieraus folgt zunächst für den Fall, wo die Stärkeder der Entladung d.h. die Zunahme des Potentials die- selbe bleibt, aber der Schlielsungsbogen geändert wird, dafs dabei die Summe der beiden Wirkungen constant bleibt. Dieser Schlufs wird durch die von Riefs gemachten Beo- bachtungen so vielfach bestätigt, dafs Vorsselmann de Heer(') aus diesen Beobachtungen allein schon einen ähnli- chen Schlufs gezogen hat, welcher jedoch einige Ungenauig- (') Pogg. Ann. B. 48. S. 298. E 283 keiten enthält. Er bezeichnet nämlich die in dem ganzen Schlielsungsbogen erzeugte Wärme als constant. Da- bei ist aber nicht berücksichtigt, dafs auch die Bestandtheile der Batterie selbst an der Erwärmung theilnehmen, was man vielleicht bei einem sehr langen, aber nicht bei einen kurzen Schlielsungsbogen vernachlässigen darf; und aulserdem ist die mechanische Arbeit, welche beim Überspringen des Funkens verbraucht wird, unberücksichtigt gelassen. Die letztere Arbeit wird besonders dann bedeutend, wenn der Funke nicht durch Luft springt, sondern einen festen Kör- per durchbrechen mufs, und der Einflufs, welchen diese er- schwerenden Umstände auf die Erwärmung im Schlielsungs- bogen ausüben, tritt in den Versuchen von Rie[s sehr deut- lich hervor('). Ein genaues Maafs dieser Arbeit besitzen wir aber bis jetzt noch nicht, selbst für den Funken, welcher nur durch Lnft springt, und daher ist auch eine streng numerische Vergleichung zwischen Theorie und Erfahrung in dieser Be- ziehung noch nicht möglich. Für den Fall, wo der Schliefsungsbogen ungeän- dert bleibt, aber die Gröfse der angewandten Bat- terie und die Stärke ihrer Ladung geändert wird, kann man annehmen, dats die an einer einzelnen Stelle des Schliessungsbogens beobachtete Erwärmung der entsprechen- den Gesammtwirkung nahe proportional sei, und dann muls sie nach Gleichung. (5.) für eine vollständige Entladung 2 nahe proportional dem Bruche = sein. Dieser Schlufs findet sich in allen Versuchen von Riefs bestätigt. Eine fernere Gelegenheit die Theorie mit der Erfahrung zu vergleichen bietet eine von Riefs angestellte Reihe von "Versuchen dar (?), in welcher er eine geladene Batterie nicht vollständig, sondern nur theilweise entlud, indem er ihre bei- den Belegungen mit den entsprechenden Belegungen einer un- geladenen Batterie in Verbindung setzte, so dals die vorher auf der einen Batterie angehäufte Electricität sich nun über (*) Pogg. Ann. B. 43. S. 82. (*) Pogg. Ann. B. 80. S. 214. 284 beide verbreiten konnte. Dabei beobachtete er dic Erwär- mung in einem oder in beiden Verbindungsbogen, und giebt - als Resultat die Gleichung: 2 a a a ae + n s worin die Buchstaben, welche etwas anders gewählt sind, als bei Rie/[s, folgende Bedeutung haben. C die beobachtete Wärme, @ die angewandte Electricitätsmenge, s der Flächen- raum der inneren Belegung einer Flasche der ersten Batterie und n die Anzahl dieser Flaschen, s® und n’ dieselben Gröfsen für die andere Batterie und endlich a eine Constante. Dieser Ausdruck muls der Theorie nach proportional der Zunahme des Potentials sein. Nun erhält man für die letztere den Ausdruck: (NW - W= ES (+ N —) ns n x Ss worin A ebenfalls eine Constante ist, und x und #’ die oben schon bezeichnete Bedeutung für die Flaschen beider Batterien haben. Um diesen Ausdruck dem vorigen proportional zu ma- chen, braucht man nur anzunehmen, dals in den Flaschen bei- der Batterien, obwohl sie nicht gleich ‚waren, doch z und #’ nahe denselben Werth hatten, was auch durch andere Anga- ben von Rie[s gerechtfertigt wird. Endlich sind noch die Versuche betrachtet, welche Dove und Riels über die Erwärmung im Schlielsungsbogen einer sogenannten Cascadenbatterie angestellt haben ('). Diese Versuche bestehen aus zwei Reihen. Bei der einen waren immer nur zwei Batterien mit einander verbunden, aber die Flaschenzahl in jeder derselben wurde geän- dert. Für diesen Fall folgt aus der Theorie die Gleichnng: (8.) o=4(++5)2, worin C die beobachtete Wärme, @ die angewandte Electri- (*) Pogg. Ann. B. 72. S. 406. und B. 80. S. 349. 285 citätsmenge, S, und S, die Flächeninhalte der Belegungen der beiden Batterien bedeuten, wähend A eine Constante ist. Statt dieser Gleichung giebt Dove in seinem Aufsatze eine andere, nämlich: 0°? 9) C= A. —— ( VR28%: und die von ihm mitgetheilten Beobachtungen stimmen auch sehr gut mit seiner Gleichung. Dagegen stimmen die späteren Beobachtungen von Rie[s besser mit der Glei- chung (8.). Bei der andern Versuchsreihe wurden nur gleiche Bat- terien oder einzelne Flaschen mit einander verbunden, aber die Anzahl dieser Batterien oder Flaschen wurde geändert. In f diesem Falle läfst sich die Erwärmung an einer einzelnen Stelle des Schlielsungsbogens theoretisch nicht mit hinlänglicher Ge- _ nmauigkeit bestimmen, aber so viel läfst sich wenigsteus ange- ® ben, dafs diese Erwärmung nnter sonst gleichen Umständen _ in etwas geringerem Verhältnisse zunehmen muls, als die An- zahl der angewandten Batterien, und dieses wird in der That durch die Erfahrung bestätigt. Hr. Dove las über die Rückwirkung der im Gebiet der Moussons und ganz Asien stattfindenden jähr- lichen Veränderung des Luftdruckes auf die Passat- zone des atlantischen Oceans und über die wahr- scheinliche Entstehungsursache der westindischen "Stürme. „Nachdem ich (Bericht 1842 p. 303) nachgewiesen hatte, dals die früher aus der Gegend der Moussons bekannte Er- scheinung eines von den kältesten nach den wärmsten Mona- ten hin stark abnehmenden atmosphärischen Druckes sich über | . ganz Asien erstrecke, ja in das östliche Europa übergreife, habe ich in einer zweiten Arbeit (Bericht 1849 p. 145. 176. und 361) die Grenzen des Gebietes schärfer zu bestimmen ge- sucht und ausführlich erörtert, welchen Antheil der Wasser- dampf daran habe. Es ist jetzt als erwiesen zu betrachten, dals in der über ganz Asien im Sommer stattfindenden Auf- 286 lockerung der Grund zu suchen ist, warum im indischen Meer im Sommer der NO Passat durch einen SW Monsoon verdrängt wird und ebenso läfst sich der Einflufs nicht verkennen, wel- chen dieser mächtige Courant Ascendant auf die östlich, west- lich und nördlich ihn begrenzende Atmosphäre äufsert. Die neuerdings erschienenen Beobachtungen von den Küsten des Ochotzkischen Meeres, aus Japan, China, den Philippinen, Hinterindien und dem indischen Archipel erlauben die östliche Grenze näher zu bestimmen, so wie die vom Cap und van Diemensland entschieden zeigen, dafs auf der südlichen Erdhälfte überhaupt die periodische Veränderung unerheblicher ist und an der gemälsigten Zone ihre Grenze findet. Die benutzten Sta- tionen sind folgende, wo der Exponent die Zahl der Jahre bezeichnet: Breite rg Höhe e Beob.- Zeit Ajansk? 56°27° | 156°%26 | — 7.2. 9 (') Peking‘ 39 54 | 116 26 | ? | 3.7.9.11.1.3.5.7.9 (') Nangasaki‘| 32 45 | 129 52 | 26 6. 9. 34. 10 Wusung 310 |)1205| — stündl. Chusan 30 25 | 1214| — stündl. Macao 2211) 1334| — stündl. Manilla 14 36 | 129 _ stündl. Madras’ 13:4 |: 80. 22.| — stündl. Aden? 12 46 | 45 15 | 187 med. Singapore’ 116 | 103 _ stündl. Sarawak 18541 mV = Padang — 059 | 100 31 | — 3.4.5.11.12.1.7.8.9 Batavia — 6 9/1066 18 | — Capstadt? |—33 56 | 1830 | ? stündl. Hobarton? |—42 53 | 147 27 | 105’ | stündl. Sämmtliche Baromelerstände sind auf französisches Maals und den Frostpunkt reducirt ohne Correction für die Schwere. Die Beobachtungen sind für das Cap von Hrn. Sabine handschrift- lich mitgetheilt, die für China und die Philippinen aus dem Journal der Campagne de l’Erigone berechnet, die russischen und die von Peking aus dem Annuaire, die Japanischen von o (*) Für den Wasserdampf in Peking Stunden 5. 1.9, in Nangasaki 9 Uhr. 287 Dr. Mohnike angestellt, die übrigen aus den englischen Origi- nalen und den Philos. Trans. 1850. 1851 von Sykes und Elliot entlehnt. Bestimmt man aus den folgenden Tafeln die Jahres- mittel und die Gröfse der jährlichen Veränderung d.h. die Un- terschiede zwischen den die Extreme zeigenden Monaten, so erhält man: Mittel Jährliche Veränderung | trockre Luft. er ; Bar. | trockne Luft. nt: o Ajansk 3534| 3351 1.83 |2.49| 4.17 3.71 Peking 36.59| 33.30 3.29 |8.72| 15.73 7.11 Nangasaki |37.43| 32.28 5.15 1582| 12,55 6.75 Manılla 36.12] — -- 2581. — — Madras 35.01) 26.90 911. 13511 551 3.03 Aden 31.45| 25.86 859 |4158| 6.26 224 Singapore |36.48| — 0.66|., — = Cap 38.27| 33.85 4.42 |2.79| 4:46 1.69 - Hobarton | 35.32 | 31.92 3.40 2.34 | 1.41 Aus der Verbindung dieser Ergebnisse mit den früher erhal- tenen folgt: 1. Die Beobachtungen aus dem Taimyrlande, von Jakutsk, Ulskoi, Ajansk zeigen, dals die periodische Veränderung auf dem ochotzkischen Meere sowohl als in Sibirien bis an die Küsten des Eismeeres slattfindet und dafs auch hier die nach dem Sommer hin zunehmende Elasticität des Was- serdampfes nicht zu ersetzen vermag, was die Luft. durch Auflockerung an Druck verliert. 2. Als die Stelle des Maximum der periodischen Verände- rung an der Ostküste von Asien wurde früher die Ge- gend von Chusan und Peking bezeichnet. Dies scheint sich durch die hier mitgetheilten Beobachtungen zu bestä- tigen, da die Oscillation für Chusan 8.33, für Peking 8.72 grölser ist als eine irgend bekannte. 3. Die noch sehr erhebliche Veränderung in Nangasaki, so wie die in Vergleich mit Madras nur wenig veränderte von Manilla zeigt dals das Gebiet über die Ostgrenze von Asien hinaus sich noch in den stillen Ocean erstreckt, au 288 während es in höheren Breiten bereits in Kamschatka seine Grenze erreicht zu haben scheint. . Da die Veränderung von Manilla über Madras nach Aden zunimmt, so wird die westliche Grenze innerhalb der Tro- pen weit nach Africa hineingreifen. . Die Elasticitätscurve von Aden mit der von Bombay ver- glichen bestätigt auf eine auffallende Weise den früher aus- gesprochenen Satz, dafs die absolute Wassermenge in den wärmeren Monaten über den Continenten und Meeren wenig verschieden ist da bei der Dauer und Mächtigkeit der Luftströme der über der mehr erwärmten Grundfläche durchsichtig bleibende Wasserdampf über der kühleren und am Abhange der Gebirge sich niederschlägt, die hef- tigen Niederschläge daher in engerm Sinne local sind, nicht aber der Wassergehalt, für welchen im grofsen Ganzen das Meer das Material liefert. . Während in der Passatzone das ganze Jahr hindurch der atmosphärische Druck vom Äquator nach den Wendekrei- sen hin zunimmt (Cap und Canaren und Africa), findet in der Gegend der Moussons dasselbe zwar im Winter in erhöhtem Maafse statt, im Sommer aber tritt das Um- gekehrte ein (Singapore verglichen mit Macao, Canton, Chusan, Nangasaki.) . Der überwiegenden Wassermasse der südlichen Erdhälfte ungeachtet nimmt doch auf der nördlichen Erdhälfte, da wo bei hohem Sonnenstande die Luft vom Äquator nach den Wendekreisen weht, die Elasticität der Wasserdämpfe langsamer mit zunehmender Breite ab als auf der südlichen. Es erscheint daher die frühere Behauptung gerechtfertigt die Atmosphäre einer Dampfmaschine zu vergleichen, de- ren Wasserreservoir die südliche Erdhälfte, deren Kon- densator überwiegend die nördliche ist, und darin einen Grund der höheren Temperatur der nördlichen Erdhälfte zu suchen. . Die im Gebiete der Monsoons überhaupt bedeutende periodische Veränderung umfalst auf der nördlichen Erdhälfte nach Norden hin ein viel gröfseres Gebiet als auf der südlichen Erdhälfte nach Süden, denn sie er- 289 reicht in Peking ihr Maximum, während sie in Hobarton bereits unmerklich und ist unter entsprechenden Breiten auf der nördlichen Erdhälfte grölser als auf der südlichen. Gerade das Gegentheil findet in dem atlantischen Ocean in der Passatregion statt, denn hier ist sie obgleich nicht erheblich auf der südlichen Erdhälfte doch entschieden grölser als auf der nördlichen, wo sie kaum bemerkbar ist (Cap, Ascension, St. Helena, Rio Janeiro, Pernambuco verglichen mit den Westindischen Inseln und den südli- chen Provinzen der vereinigten Staaten). . Vergleicht man die Veränderung des Druckes der trocke- nen Luft in Asien und Hindostan mit der in Australien und dem südindischen Ocean, so ergiebt sich unmittelbar, dals hier nicht von einem periodischen Austausch dersel- ben Luftmasse in der Richtung der Meridiane zwischen der nördlichen und südlichen Erdhälfte die Rede sein könne. Es muls daher auf der nördlichen Erdhälfte wegen der Gröfse des Gebiets und der Stärke der Veränderung ein seitlicher Abfluls zur Zeit des verminderten Druckes stattfinden wie er früher bereits für die gemälsigte Zone nachgewiesen wurde, der aber sehr wahrscheinlich auch in der nördlichen Hälfte der heifsen Zone stattfindet. Auf die Weise erklärt sich, dafs die primäre Veränderung in dem nördlichen Theile der Passatzone durch diesen Zufluls in der höheren Region der Atmosphäre verdeckt wird, indem das, was die Luft durch eigene Auflockerung ver- liert, ihr durch seitlichen Zufluls in der Höhe ersetzt wird. Die unregelmälsige Gestalt der barometrischen Jahrescurve der westindischen Inseln ist daher ein secundäres Phäno- men, dessen primäre Ursache nach Osten hin zu suchen ist. Für diese Annahme sprechen die Beobachtungen an der Nordgrenze des Passats im atlantischen Ocean, welche ich deswegen hier hinzufüge. In der Breite von Chusan, wo in Asien die periodische Veränderung ein Maximum ist, verschwindet sie für den Gesammtdruck der Atmos- phäre auf den Azoren und Madeira fast vollständig, ja ist für die trockene Luft selbst verhältnifsmälsig unbedeutend. Die Beobachtungen für St. Michael sind aus dem Rep. der Brit. Assoc. 1850 p. 135 entlehnt, die des Wasserdamfs in Madeira aus Mason Climate of Madeira 1850. (Höhe 350’), verbunden mit dreijährigen Beobachtungen von Heinecken. 290 O0 Manilla|} Macao SEA Nangasaki Bar. Bar. Bar. Bar. , tr. Luft Jan. 1-10| 61.28 | 65.03 _ 67.75 | 61.90 11-20 | 62.97 | 66.25 es 67.17 | 61.67 3311. — 1:03.53 m 66.13 | 60.50 Febr. 1-10] — | 65.12 — 63.80 | 58.00 11-20) —' |162.18 — 165.15 | 59.45 21-28] 60.37 | 64.98 Be 66.00 | 60.37 Mrz. 1-10| 59.80 | 63.08 — 64.05 | 58.27 11-20 | 58.63 | 62.21 = 61.30 | 57.67 21-31 | 59.54 | 59.74 ZZ 63.10 | 53.92 Apr. 1-10| 5759 | 60.22 = 62.85 | 51.97 11-20 | 58.98 | 61.34 - 61.93 | 5?.83 21-30| — | 59.23 > 59.68 | 47.63 Mai 1-0] — | 55.47 _ 59.60 | 48.67 11-201 — _ 57.74 | 60.30 | 47.25 ESF — 60.20 | 57.48 | 43.80 Juni 1-0] — = 55.08 | 57.65 | 42.97 11-20| 5637 | — 55.31 | 56.08 | 41.28 21-30) 5532 | — 52.18 | 55.78 | 4068 Juli 1-10| 56.07 | — 52.61 | 5460 | 3645 11-20 | 56.36 | — 5303 | 57.75 | 37.17 21-31| 55.62 | — 51.42 | 56.75 | 36.15 Aug. 1-10] 54.07 | — 53.17 | 55.12 | 33.84 11-20 | 57.04 | — 53.86 | 55 60 | 31.10 21-31| 5574| — 56.77 | 54.48 | 34.75 Sept. 1-10] 5498 | — | 5631 | 57.58 | 36.85 11-20| 5626 | — u 59 05 | 41.30 21-301 56.30 | — u 55.68 | 42.50 Oct. 1-10] 58.19 | — — 61.60 | 49.50 11-20) 5798| — dur 62.60 | 50.40 21-31| 53.87 | 64.47 ui 62.20 | 5143 Nov. 1-10| 58.08 | 62 70 — 65.70 | 56.77 11-20 | 58.72 | 62 94 er 6653 | 57.30 21-30 | 61.14 | 64.01 - 66.30 | 58.77 Dec. 1-10] — | 6644 —- 65.20 | 57.57 12-20 | 63.61 | 65.25 — 65.53 | 59.26 21-311 61.34 | 65.70 = 66.60 | 60.70 ED | Ajansk | Peking Are: Macao | Manilla be | Batavia Jan. 35.42 | 40.72 | 39.99 | 39.20 | 37.69 | 3685 | 36.30 Febr. | 35.81 | 39.62 | 38.78 | 38.76 | 37.07 | 36.82 | 36.16 Mrz. 36.80 | 37.85 | 38.66 | 37.67 | 36.61 | 36.48 | 36.39 Apr. 35.63 | 35.80 | 37.32 | 37.03 | 36.14 | 36.50 | 36.38 Mai 35.01 | 34.32 | 36.57 | 34.90 |(35.50)| 36.34 | 36.36 Juni 34.31 | 3234 | 35.12 | — | 35.12 | 36.19 | 36.30 Juli 33.69 | 3200 | 5236| — 35.13 | 36.30 Fe Aug | 35.03 | 33.11 | 34.17 | — | 34:97 | 36.43 — Sept. 135.17 | 3592 | 36.44 | — | 3507 | 36.50 _ Oct. 36.17 | 37.52 | 37.76 | 38.89 | 35.75 | 36.63 —_ Nov. 36.03 | 39.47 | 39.49 | 37.73 | 36.52 | 36.28 | 36.21 Dec. 35.00 | 40.36 | 39.26 | 39.28 | 37.85 | 36.48 | 36.23 Trockne Luft (300” -++) Ajansk | Peking ee Batavia| Sarawak Padang Jan. 35.00 | 39.85 | 37.47 | 26.71 _ 26.92 Febr. | 35.13 | 38.48 | 36.28 | 26.31 _ — Mrz. 35.87 | 36.33 | 35.52 | 26.46 _ = Apr. 3137 | 33.42 | 32.97 | 26.54 == er Mai 33.04 | 30.73 | 3147 | 26.71 en _ Juni 31.55 | 26.53 | 29.00 | 26.13 | 25.99 _ Juli 29.83 | 21.12 | 2659| — 26.17 _ Aug. | 30.90 | 26.79 | 21.92| — | 25| — Sept. } 3203 | 30.90 | 28311 — _ _ Oct. | 31.66 | 34.73 | 3259 | R> | En | 27.62 Nov. 35.19 | 37.98 ı 35.68 , 26.44 == 27.42 Dec. | 34.49 | 39.44 | 36.33 | 26.48 | _ 27.12 Elasticität der Dämpfe (p. Lin.) | Aiansk Peking wenn Batavia| Sarawak Padang Jan. 0.42 | 0.87 | 252 | 9.59 - 9.55 Febr. 0.68 | 1.14 | 250 | 983 _ Mrz. 0.93 | 1.52 | 3.14 | 9,93 _ _ Apr. 1.26 | 2.38 | 4.35 | 9:84 en _ Mai 1.97 | 359 | 5.101965 iı — _ Juni 2.76 | 5.51 | 6.42 | 9.17 | 10.27 | E= 291 Barometer (300” +) 292 Elasticität der Dämpfe (p. Lin.) Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. Jan. Febr. Mrz. Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Öct. Nov. Dec. Dec. Ajansk | Peking 3.86 | 7.88 4.13 | 6.32 3.14 | 5.02 1.51 | 2.79 0.84 | 1.49 0.51 | 0.92 | Nanga- saki 8.67 9.25 8.13 5.17 3.81 2.93 | Batayıa 9.77 | 9.75 Barometer (300” +) Aden | Aden | Madras | Cap Madras 35.79 36.02 35.27 34.42 33.39 32.47 31.96 32.29 33.65 35.29 36.39 36.54 37.79 37.46 36.56 33.85 31.52 34.28 34.54 34.94 35.35 36.26 37.16 37.39 Cap 3711 37.08 37.47 37.99 33.79 39.25 39.87 39.52 38.89 38.27 37.50 38.48 Sarawak Padang 9.98 = 9.87 _ Trockne Luft (300”-+-) Aden 1 Aden | Madras | Cap Madras 28.65 28.78 26.97 25.41 23.24 22.39 2251 23.53 24.07 26.40 | 29.16 29.29 | —_ 9.17 — | 9.32 9.23 BR 34. ST ats 35.74 35.87 35.69 35.68 35.70 35.69 35.34 35.06 35.14 34.06 35.94 Cap | Hobarton 2992 | 3181 29.49 | 31.72 2743 | 3252 2556 | 3342 2441 | 3457 24.70 | 35.48 2538 | 36.18 25.49 | 35.78 2559 | 3495 26.58 | 34.05 28.92 ! 33.00 29.26 | 32.67 31.00 31.55 32.02 32.24 32.50 32.80 32.91 32.48 32.02 31.93 30.46 32.13 293 Elasticität der Dämpfe (p. Lin.) | Aden | Madras Cap | Hobarton Jan. 7.14 7.87 5.30 3.96 Febr. 7.24 7.97 5.35 4.19 Mrz. 8.30 9.13 4.95 3.85 Apr. 9.01 10.29 4.57 3.45 Mai 10.15 10.11 4.22 3.18 Juni 10.08 9.58 377 2.88 Juli 9.45 9.17 3.69 2.78 Aug. 8.76 9.45 3.74 2.86 Sept. 9.58 9.76 3.94 3.04 Oct. 8.89 9.67 | 4.22 | 321 Nov. 7.23 8.24 4.50 3.60 Dec. | 1.25 8.13% | 4.81 | 3.81 St. Michael '°. Azoren Funchal ?. Madeira | Bar. | ELa.D. | w. Luft Bar. | ELA.D. | Wr Loft Jan. 3934| 4.13 35.21 38.44 4.81 33.63 Febr. | 38.76 | 4.60 34.16 37.71 4.55 33.16 Mrz. | 39.77 4.70 35.07 37.66 491 32.75 Apr. | 39.62 | 5.00 31.62 37.03 5.79 31.24 Mai 39.41 5.05 34.39 38.07 6.06 32.01 Juni | 39.48 | 6.36 33.12 38.21 6.26 31.95 Juli 40.03 | 7.23 32.80 37.91 6.64 31.27 Aug. | 39.14 | 8.00 | 31.14 37.97 | 654 | 31.43 Sept. | 338.90 | 6.51 32.39 37.84 | 7.04 | 30.80 Oct. | 3928 5.50 | 32.78 38.03 | 6.67 | 30.36 Nov. ! 38.09 | 4.82 33.27 37.58 6.19 31.39 Dec. | 35.16 4.61 34.55 39.03 | 5.80 | 33.23 M. | 39.16 | 5.54 | 33.52 37.96 | 5.94 | 32.02 Brandes gebührt das Verdienst, dafs er zuerst streng nachgewiesen hat, dafs barometrische Minima nicht gleichzeitig an von einander entfernten Orten hervortreten, wie Pictet glaubte, sondern dafs sie in einer bestimmten Richtung über die Oberfläche der Erde fortschreiten. In seiner im Jahr 1826 294 erschienenen Abhandlung ‚‚de repentinis variationibus in pressione atmosphaerae observatis” wies er dies für den starken Barome- terfall am 24. Dec. 1821 und vom zweiten und dritten Februar 1823 nach, glaubte aber, dals der die Erscheinung begleitende Sturm centripetal sei, entstanden durch das Bestreben der umgebenden Luftmasse, das an einer bestimmten Stelle durch eine unbekannte Ursache gestörte Gleichgewicht wieder her- zustellen. Diese unbekannte Ursache suchte Espy in seiner Phi- losophy of Storms in einem durch Condensation des Wasserdam- pfes entstehenden Courant ascendant, Hare (Amer. Journ. 42) in electrischen Anziehungen. Die Espy’sche Aufsaugungstheo- rie centripetaler Stürme ist später von Hrn. Babinet der Pari- ser Akademie in einem besondern Raport empfohlen worden und endlich hat Pierre B@ron in einem 1846 in Paris er- schienenen systeme d’atmospherologie Pl. 2 Fig. 5, um der jener Empfehlung ungeachtet nirgends Anklang findenden Theorie Eingang zu verschaffen, einen Menschen abgezeichnet, der durch einen solchen Courant ascendant ‚hoch in die Lüfte gehoben wird. In einer im Jahr 1828 (Pogg. Ann. 13 p. 596.) erschie- nenen Abhandlung habe ich gezeigt, dafs die von Brandes gesammelten Beobachtungen nicht ein centripetales Zuströmen nach dem Minimum des Druckes zeigen, sondern eine wirbelnde Bewegung der Luft andeuten. In den der Abhandlung beigege- benen die beiden Minima darstellenden später in meine meleo- rologischen Untersuchungen Tab. II aufgenommenen Figuren sind die Drehungen der Windfahne durch gekrümmte unge- " fiederte Pfeile dargestellt, die Bewegungen der Luft durch ge- fiederte gerade Pfeile, während bei der jetzt gebräuchlichen | von Redfield herrührenden Darstellungsweise zweckmäfsiger | nur die rotirende Bewegung der Luft selbst durch ausgeführte | Kreise dargestellt wird, die Richtungen der Windfahne hin- | gegen durch Tangenten an dieselben. Beide Darstellungswei- | sen führen aber genau zu demselben Endresultat. Am zweiten \ Februar dringt ein NOstrom in einen breiten SWstrom. An der Berührungsgrenze beider im SWstrom sind auf einer dieser parallelen Linie zuerst unregelmälsig Drehungen (gegen die | Sonne) gezeichnet, auf einer daneben befindlichen regelmälsige | 295 - mit der Sonne und zwar diese an der Stelle, wo das Barometer _ am tiefsten steht. Dies giebt zusammen eine Bewegung der _ Luft entgegengesetzt der Bewegung eines Uhrzeigers. (') Bei dem Minimum vom 24. December ist der Wind vor dem Mi- nimum als SO bezeichnet mit einer Drehung nach SW, wäh- rend des Minimum der Strom als SW, nach demselben die Dre- hung bis NW, da aber hier die Ostseite nicht erreichbar war, ist durch einen von NO nach SW gerichteten gefiederten Pfeil die wahrscheinliche Richtung des Stroms in America angedeutet, welches als Ganzes betrachtet wieder dieselbe Drehung ist. Gestützt auf diese Thatsachen sprach ich daher aus, dafs alle heftigen Stürme Wirbelwinde sind, dals ein barometri- _ sches Minimum ein in der Richtung des Südstromes fortschrei- tender Wirbel sei, und fügte hinzu, dafs die meisten von mir verglichenen Orkane auf der südlichen Erdbälfte in entgegen- geselztem Sinne sich drehen. Die Erscheinungen des Dreliungsgesetzes glaubte ich aus _ dem seitlichen Verdrängen der Ströme selbst ableiten zu können, _ in welchem Falle aber der Sinn der Drehung der Windfahne nicht auf einer Erdhälfte derselbe sein könnte, wie es sich erfahrungsmälsig herausstellte. Erst später (Pogg. Ann. 36 p- 321) gelang es mir, durch Anwendung des Hadleyschen Princips der Passattheorie auf zwei einander abwechselnd ver- drängende Ströme d. h. auf Luft, die aus dem Zustand der Ruhe in den der Bewegung übergeht, die Gesammtheit der hierher gehörigen Erscheinungen vollständig abzuleiten. Seit dem Jahre 1831 hat Hr. Redfield in New- York in amerikanischen Journalen eine Reihe von Abhandlungen ver- öffentlicht, welche das Problem der Stürme wesentlich geför- (") Dals bei dieser ersten speciellen Darstellung eines fortschreitenden Wirbelsturms nicht die Drehungen der Windfahne mit dem Sinn der Dre- hung des ganzen Wirbels verwechselt worden sind, geht einfach daraus hervor, dals zwischen dem SWstrom und dem NOstrom zwei Reihen | entgegengesetzte Drehungen gezeichnet sind, da doch nur aus der Berüh- rung zweier Ströme ein Wirbel entstehen kann. Diese Zeichnungen kön- nen also nicht zwei Wirbel darstellen, sondern nur die entgegengesetzten Drehungen der Windfahne zu beiden Seiten eines Wirbels. dert haben. Ihm gebührt die wichtige Entdeckung, dafs die in der gemälsigten Zone von SW nach NO fortschreitenden Wirbelstürme ihren Ursprung in der Passatzone haben, dafs sie innerhalb derselben aber sich von SO nach NW bewegen und an der äulsern Grenze derselben plötzlich umbiegen. Durch die meisterhaften Discussionen der Schiffsjournale ist die roti- rende Bewegung evident erwiesen, auch ist durch die Einfüh- rung der Tangenten als Bezeichnung der Richtung der Wind- ! fahne im Wirbel von ihm ein für allemal den Mifsverständ- nissen vorgebeugt, welche ohne diese Bezeichnung sich oft ! fast unvermeidlich in die Darstellung der Erscheinung einschlei- chen. Seine theoretische Ableitung der Wirbelbewegung ist aber unhaltbar, denn eine auf einen rotirenden Globus befe- | stigte feste Scheibe kann nicht verglichen werden einer die Erdoberfläche in gleichem Querschnitt berührenden Luftmasse. I Durch die von Obrist Reid herausgegebenen Werke on the law of storms Lond., 1838 und 1849 sind die Redfieldschen Untersu- chungen erweitert und bestätigt worden, so wie durch Pid- U dingtons in Calcutta zahlreiche Abhandlungen die Tyfoons U der indischen See als ähnlichen Gesetzen unterworfen nachge- | wiesen, von ihm und Tom aulserdem die entgegengesetzte T Drehung des Wirbels auf der südlichen Erdhälfte, so wie ihr } entgegengesetztes Fortschreiten noch evidenter als von Red- field und Reid erwiesen. | Mit der erweiterten Kenntnils der heftige Stürme beglei- tenden Erscheinungen ist für eine Theorie derselben die Be- antwortung folgender Fragen als Aufgabe gestellt. 4. Warum drehen sich die Wirbelstürme (Aurricanes) der nördlichen Erdhälfte in entgegengesetztem Sinne als die auf der südlichen ? 2. Warum gehen die westindischen Stürme zuerst von SO nach | NW und biegen sich an der äulsern Passatgrenze nach NO um, während die Stürme in dem südlichen Theile der! heifsen Zone zuerst von NW nach SO gehen, dann von! NO nach SW? 3. Warum entstehen sie vorzugsweise an einer bestimmten! Stelle, nämlich in der Nähe der westindischen Inseln, und| was ist die Entstehungsursache derselben? je 297 4. In welchem Zusammenhang stehen die Stürme höherer Breiten mit denen der heilsen Zone? In einer im November 1840 in der Akademie gelesenen und in Pogg- Ann. 52 p. 1 erschienenen Abhandlung habe ich die beiden ersten und die vierte Frage zu erledigen gesucht. Ich habe gezeigt, dals wenn eine Luftmasse durch irgend welche Ursache in einer unter einem besimmten Winkel gegen die _ worherrschende Richtung des Passats geneigten Richtung nach Norden getrieben wird, die Ostseite dieser Luftmasse durch den Widerstand des Passats verhindert werden wird, ihrer durch die Drehung der Erde bedingten Tendenz eine südwest- liche Richtung anzunehmen zu folgen und daher in der Rich- tung des primären Impulses fortschreiten wird, die Westseite der Luftmasse hingegen dieser Tendenz folgen wird und aus diesen beiden Bewegungen (wie bei der Circularpolarisation des Lichtes) eine kreisförmige Bewegung entstehen muls ent- F gegengesetzt der Bewegung eines Uhrzeigers, auf der südlichen _ Erdhälfte hingegen dieser Bewegung entsprechend. Erreicht der so fortschreitende Wirbel an der äufseren Grenze des Pas- sats die Region der westlichen Winde, so wird mit dem Weg- fallen des Hindernisses nun der Strom sich umbiegen und nach NO fortrücken, während der Wirbel sich erweitert und all- mählig abschwächt. Da nun das von dem untern Passate er- regte Hindernils im oberen Passat nicht stattfindet, so werden Theile des Wirbels, welche in denselben eingreifen in den höheren Regionen unmittelbar nach NO fortgehen, und indem sie sich an der äulseren Grenze desselben in die niederen Theile der Atmosphäre herabsenken, dann das mittelländische Meer als Siroccostürme treffen, ohne dals in den untern Theilen der At- mosphäre ein Zusammenhang mit ihrem Äquatorialursprung sich nachweisen lälst. Auf diese Weise führte ich 1842 (die Wit- terungsverhältnisse von Berlin) die Überschwemmungen des Emmethals im August 1837 auf den westindischen Orkan in Portorico am 2. August als bedingende Ursache zurück und diese Ansicht ist später durch die Überschwemmungen im Ok- tober 1846 im südlichen Frankreich auffallend bestätigt worden, für welchen sich überzeugend herausstellte, dafs der Entstehungs- grund in dem Havannah verwüstenden Sturm des westindischen - sararx 298 Meeres lag, obgleich dies aus den eben angegebenen Gründen sich nicht im directen Verlauf der untern Luftströme nachwei- sen liefs. (') Gegen diese auch die Tyfoons umfassende Theorie hat Hr. Hare(°?) in Philadelphia den Einwurf erhoben, dafs ich nur an- gegeben habe, dals es wahrscheinlich Theile des oberen Passats seien, welche zu früh in den untern eindringen, und dadurch zu dem Sturm Veranlassung geben (Prof. Dove alleges that the upper current may penetrate the lower, but does not say why it should do so) und dafs ich übersehen habe zhe impossibility of the endurance of a momentum sufficient to cause the violence of hurricanes without continuous exciting forces. Obgleich nun Hr. Redfield in seinen Nozices of Dr. Hare szrietures of Prof. Do- ves Essay die in dem Aufsatz des Hrn. Hare enthaltenen an- derweitigen Bemerkungen vollständig widerlegt hat, so blieb doch dieser als ein begründeter stehen und ich bin erst jetzt im Stande, die in meiner Theorie vorhandene Lücke mit dem Grade der Gewilsheit, der überhaupt hier erreichbar ist, zu er- gänzen. Es ist bekannt, dafs bei dem Ausbruch des Coseguina am 20. Januar 1835 welcher die Landenge von Mittelamerika durch Erdbeben erschütterte, vulkanische Asche im obern Pas- sat nicht nur bis Kingston in Jamaica also 800 englische Mei- len gegen die Richtung des untern Passats geführt wurde, sondern auch 700 englische Meilen westlich auf das Schiff Con- way im stillen Ocean fiel. Es geht daraus hervor dals in den höheren Regionen der tropischen Atmosphäre die Luft nicht regelmälsig stets von SW nach NO flielst, sondern dafs diese Regelmäfsigkeit durch von O nach W gerichtete Ströme un- terbrochen wird. Der Entstehungsgrund solcher anomaler obe- rer Ströme glaube ich nun in dem oben erörterten barome- trischen Verhalten der Mousson- Zone verglichen mit der des (') Dr Finley, Arzt in Havannah, theilte mir die interessante Notiz, mit, dafs das Fallen des Barometers im Centrum des Sturmes hier so plötzlich war, dafs die Fenster der Häuser von Innen nach Aulsen heraus- gedrückt wurden. (*) Strietures on Professor Doves Essay on Ihe law of storms. 299 Passats nachgewiesen zu haben. Denken wir uns nun, dafs die über Asien und Afrika aufsteigende Luft in der Höhe der At- mosphäre seitlich abflielst, so wird sie dem oberen Passat sei- nen Rückweg nach den Wendekreisen versperren und ihn zwin- gen in den untern einzudringen. Aus einem von O nach W gerichteten in einen von SW nach NO fliefsenden Strom ein- fallenden Wind mufs aber nothwendig eine wirbelnde Bewegung entgegengesetzt der Bewegung eines Uhrzeigers entstehen; der im untern Passat von SO nach NW fortschreitende Wir- bel ist demnach das nach einander an vielen Stellen erfolgende Zusammentreffen zweier rechtwinkllich auf einander fortgetrie- bener Luftmassen und diefs die primäre Ursache der Drehung, deren weiterer Verlauf dann, wie früher erörtert wurde, er- folgen wird. Die Westindischen Inseln sind daher das Grenz- gebiet zweier entgegengesetzter Witterungssysteme, bezeich- net durch die starke periodische Änderung des Luftdrucks und das Nichthervortreten derselben, und deswegen, nicht aber aus besonderen lokalen Ursachen, vorzugsweise diesen Verwüstungen unterworfen; die andere Grenze beider Gebiete fällt an die Ostküste Asiens und die Tyfoons der chinesischen und indischen Meere entstehen vielleicht dadurch, dafs hier die Luft aus der Passatzone des grolsen Oceans unmittelbar in die aufgelockerte des Moussongebietes eindringt, abgesehen von den Stürmen die als Ausbruch des Monsoons bei dem Umsetzen seiner Richtung in die entgegengesetzte von den Portugiesen passend Temporales genannt werden. Dafs der südatlantische Ocean den Wirbelstürmen viel sel- tener unterworfen ist, geht aus der gleichförmigen Verbrei- tung des periodisch verminderten Druckes auf der südlichen Erd- hälfte unmittelbar hervor. Hier treten die Wirbelstürme da- her vornehmlich im Monsoon selbst auf. In wiefern die durch Wirbelstürme veranlafsten Drehun- gen der Windfahne in der gemälsigten Zone das unmittel- bare Hervortreten des Drehungsgesetzes verkümmern, habe ich in einer in Pogg. Ann. 67 p. 297 erschienenen Abhandlung „über die vom Drehungsgesetz abhängigen Drehungen der Windfahne im Gegensatz der durch Wirbelwinde veranlalsten” ausführlich erörtert, dennoch werden auch jetzt noch jene vollkommen 300 von einander verschiedenen Erscheinungen immer von Neuem verwechselt. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: J. A. H. Michiels van Kessenich, Kerit inedit (Dissertation) en fran- gais, de 1825, sur la complicite procede d’une preface de 1845. Tome 1. 2. Ruremonde 1845-1846. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Ruremonde vom 10. Mai d. J. Bartolommeo Zanon, Analisi dell’ acgua minerale idrosolforosa di Loren- zaso in Carnia presso Tolmezzo Provincia del Friuli. Belluno 1852. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d.d. Belluno den 6. Mai d.J. Andrea Zambelli, sul!’ influenza politica del Sacerdozio Indiano ed Egi- zio. Memorie due. Pavia 1852. 3. H. J. F. Parrat, Principes d’etymologie naturelle bases sur les origines des langues semitico - sanscrites. Paris 1851. 4. Adrien de Longperier, Interpretation du type figure sur les deniers de la famille Hosidia et remarques sur Vorthographe et la prononciation du Grec en Italie. Paris 1852. 8. Memorial de Ingenieros Ano 7. Num. 4. Abril de 1852. Madrid 8. Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft Bd. VI. Heft 2. Leipzig 1852. 8. - The astronomical Journal No. 37. Vol. I. No. 13. Cambridge 1852, April 17. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten No. 807. Altona 1852. 4. Joh. Henr. Schröder, Commerciorum primordia Suecos inter et Batavos. Prolusio etc. Upsaliae 1850. fol. Auf das von einem Mitgliede der philosophisch -histori- schen Klasse abgestattete Gutachten über ein von Hrn. Dr. Ray- mund Melzer, Director des Filial- Krankenhauses an der Wie- den zu Wien eingesandtes Manuscript, betitelt: die Leistun- gen des allgemeinen Krankenhauses zu Laibach von 1787 bis 1849, welches sowohl in statistischer als in ärztlicher Bezie- hung reich an interessanten auf jenen einzelnen Ort bezüg- lichen Zusammenstellungen ist, wurde dem Wunsche des Ver- fassers gemäls die Aufnahme dieses Manuscriptes in das Archiv der Akademie und zugleich, damit es in den geeigneten Fällen als specielles Material benutzt werden könne, eine darauf hin- weisende Anzeige in den Monatsberichten genehmigt. —I el Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat Juni 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenberg. 7. Juni. Sitzung der philosophisch -histori- schen Klasse. Hr. Riedel las über den Bruch des Freundschafts- verhältnisses des Königs Siegmund und des Kurfür- sten Friedrich I. von Brandenburg. Es ist das Freundschaftsverhältnifs bekannt, worin der Rö- mische König Siegmund und der Kurfürst Friedrich I. von Bran- denburg zu beiderseitigem Vortheile über zehn Jahre zusammen standen. Ihrem festen treuen Zusammenhalten hatte Siegmund die Erhebung zur Römischen Königswürde mit dem Anspruch auf die Kaiserkrone und Friedrich sein Emporsteigen zum Mark- grafen von Brandenburg, Kurfürsten und Reichserzkammermeister, ja zum Statthalter im heiligen Römischen Reich mit der Aussicht auf die Nachfolge in der Königswürde, vorzüglich zu verdanken. Es ist aber noch nicht mit gebührender Sorgfalt untersucht, welche Verhältnisse später den Freundschaftsbund der beiden Fürsten so vollständig auflösten, dals König Siegmund plötzlich als heftiger Widersacher seines frühern Lieblings erscheint, und wann diese für die nachmaligen Ereignisse entscheidende Veränderung in der Gesinnung des Königs vor sich ging. Bis zu der Fürstenversammlung, die König Siegmund zu An- fang des Jahres 1420 in Breslau hielt, bestand das gute Verneh- men zwischen ihm und dem Markgrafen fort. Der König langte in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar in Breslau an. Vor ihm [1852.] 6 302 waren bereits unser Markgraf mit seinem Bruder dem Burggrafen Johann von Nürnberg und andere Fürsten hier eingetroffen, um der Ankunft des Königs zu warten. Am 27. December 1419 zeigt Friedrich sich zuletzt in der Mark Brandenburg ('), und zwar schon auf der Reise, zu Frankfurt an der Oder. Dennoch liegen in den Gegenständen, deren Verhandlung vorzüglich die Berufung der Fürsten nach Breslau veranlalst hatte, die Anfänge jener Entzweiung. Es handelte sich besonders um die Entscheidung eines schon lange währenden Streites der Krone Polen mit dem Deutschen Orden und um den Beschluls eines all- gemeinen Aufgebotes gegen Böhmen zur Unterdrückung der Hus- sitischen Irrlehren und zur Einführung Siegmunds in das ihm durch Wenzels Tod rechtlich erledigte, aber im offenen Aufruhr widerstrebende Reich. Für endliche Beseitigung der Streitigkeiten des Deutschen Ordens mit der Krone Polen hatten sich im Interesse des Ordens verschiedene Deutsche Fürsten in Schreiben aus der letzten Hälfte des Jahres 1419 bei dem Römischen Könige lebhaft verwandt. (?) Von beiden Theilen war auf den Römischen König compromit- tirt und sein Hoflager in Breslau durch Gesandte beschickt, Siegmunds Entscheidung liels daher auch nicht lange auf sich warten, und vergeblich remonstrirten König Wladislaw von Po- len und Großsfürst Witold von Litthauen durch wiederholte Ge- sandschaften gegen die für sie harten Bestimmungen des gefällten schiedsrichterlichen Ausspruches. (3) Markgraf Friedrich betheiligte sich, wie mit seinem Bruder Johann an jenen Verwendungsschreiben für den Orden, auch an dieser für den Orden günstigen Entscheidung des Römischen Kö- nigs. (*) Dennoch konnte Friedrich dem Könige und dessen Ge- mahlin in vertraulichem Gespräche demnächst die Mittheilung (') Nach 3 ungedruckten in Frankf. ausgestellten Urk. wovon die eine die Stephani 1420 und zwei „Johannistag zu Weihnacht 1420” datirt und die in das Jahr 1419 zu setzen sind, da Mkgr. Friedrich das Jahr mit Weihnacht begann. Vgl. Riedels Zehn Jahre S. 315 £. (*) Voigts Gesch. Preufs. VII, 361. (*) Aschbach Kais. Sigism. III, 37. und 39. (*) Cod. M. Polon. IV, 108. 303 machen, der König von Polen beabsichtige seine Tochter Hedwig, ‚damals muthmaaßsliche Erbin des Polnischen Thrones, dem Prin- zen Friedrich, zweiten Sohne des Markgrafen, zur Gemahlin zu geben. (') Niemand ahndete wohl damals schon das unheils- schwere Gewicht, das dieser Heirathsplan später erlangen sollte. Nach der bisherigen Geschichtsschreibung wäre an diese Vermählung erst später gedacht. Es hätte König Wladislaw von Polen im Verdruls über Friedrichs Mitwirkung bei der für die Krone Polen so ungünstigen Breslauer Entscheidung zu dem damaligen Kriege des Markgrafen mit den Herzögen von Pommern, den letztern unter Peter Kerdelucky Hülfstruppen ge- sandt und nachdem diese durch den Sieg zu Angermünde zum Theil Gefangene des Markgrafen geworden, der zu ihrer Auslö- sung in die Mark gekommene Woiwode von Posen, Sandiwog von Ostrorog die Idee der gedachten Vermählung und einer dadurch zu begründenden engeren Verbindung zwischen Brandenburg und Polen nach seiner Rückkehr zuerst angeregt. (?) Indessen nach glaubhaften Berichten nahm an dem Kampfe zu Angermünde nicht der König von Polen durch ein von ihm ausgesandtes Kriegsheer, sondern nur ein im Solde der Pommerschen Herzöge stehender Polnischer Bannerherr, namens Peter Cordebuck, Theil. (3) Zu- gleich haben wir Siegmunds eigenes Zeugnils dafür, dafs ihm und seiner Gemahlin der gedachte Heirathsplan bei ihrem persönlichen Zusammensein mit dem Markgrafen von diesem mündlich mitge- theilt wurde. Siegmund beginnt ein an den Markgrafen gerich- tetes Schreiben vom 28. Febr. 1421 mit den Worten: „Als du mit vns vnd ouch myt der Allerdurchluchtigsten furstinn vnser lieben Gemahel, frawen Barbara, Romescher, vngerischer vnd be- hemischer etc. kunigin, sunderlich geredt hast, wie das der kunig von Polan deynem Sun seyn Tochter zu eynem eelichen weybe vnd gemahel geben wolle” (*) etc. Von dieser Unterredung ist aber wohl anzunehmen, dafs sie in Breslau stattgefunden habe, da bis (*) Riedels Cod. Br. II, III, 393. (*) Diugofs Hist. Polon. I, 436. Pauli Pr. Staatsgesch. III, 95. (°) Nach den ungedr. Kroniken von Peter Hafftitz und der Magd. Schöppenkronik. (*) Riedels Cod. Br. II, III, 393. 304 jetzt nicht zu ermitteln gewesen ist, dals Markgraf Friedrich nach der Breslauer Zusammenkunft bis zum 28. Februar 1/21 mit dem Könige Siegmund und dessen Gemahlin wieder persönlich zusam- men getroffen sei. Auch zeigen uns mittlerweile alte Frankfur- ter Rathsrechnungen, indem sie die bei solchen Gelegenheiten üblichen Geschenke angeben, schon am 15. Februar 1420, da die Kurfürstin mit ihrem zweiten Sohne, dem Prinzen Friedrich, in Begleitung der Herzöge von Lüneburg und Braunschweig, des Herzogs Heinrich von Bayern und des Erblandmarschalls Gans zu Putlitz, ihrem Gemahle gen Breslau nachreiste und auf diesem Zuge in Frankfurt an der Oder übernachtete, einen Polnischen Starosten, Severin Sack, in ihrem Gefolge. (') Dieser darnach wahrscheinlich schon vor 1420 eingeleitete und damals anscheinend als unbedenklich angenommene Heiraths- plan bildete nachgehends die Hauptquelle der Mifsverhältnisse, welche den König Siegmund und den Markgrafen Friedrich bis an ihr Lebensende trennten. Noch nähere Veranlassung hierzu ergab sich aus dem zwei- ten Punkte der Breslauer Verhandlungen. Nichts lag dem Könige Siegmund um diese Zeit in dem Maalse am Herzen, als in Böh- men die Rechtgläubigkeit hergestellt und seine Herrschaft aner- kannt zu sehen. Doch wurden die friedlichen Mittel, die dahin hätten führen können, Duldsamkeit und Milde, fanatisch verschmäht. Welche Gewissensfreiheit die Böhmen von Siegmunds Herrschaft zu erwarten haben sollten, zeigte er ihnen in unweisem Eifer schon | zu Breslau, indem er am 15. März einen angesehenen Prager Bür- und Kaufmann, Johann Krasa, der sich unehrerbielige Reden über das Constanzer Concil und die Kirche erlaubt hatte und die Noth- wendigkeit des Kelches beim heiligen Abendmahl behauptete, durch ein geistliches Gericht als Ketzer verurtheilen, mit Pferden durch die Gassen schleifen und auf dem Scheiterhaufen verbrennen liels. (‘) Wohlbrück (Gesch. v. Lebus II, 189) dem wir diese Notiz verdan- ken, irrt wohl in der Annahme, dafs die Markgräfin nach Polen gereist sei. Vierzehn Tage später wurden, wie die Magdeb. Schöppenkronik be- richtet, ihre Begleiter, die Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, in Breslau vom König Siegmund belehnt und ihnen die markgräflichen Töchter Cäcilie und Magdalena zur Ehe versprochen. , 305 z Zwei Tage später verkündete der päpstliche Legat, Ferdinand Bi- schof von Lucca, öffentlich das Kreuz gegen die Hussiten, indem er durch Verheissung umfassender Absolution zum Heereszug ent- flammte. Bald war auch eine ansehnliche Macht, besonders von Ungarn, Schlesiern, Mährern und Lausitzern, versammelt, an deren Spitze Siegmund zu Anfang Mai in Böhmen einbrach und dem um Johannis noch ein um Prag sich allmälig versammelndes Kreuzheer aus dem innern Deutschland folgte. Doch wenn es auch dem Könige gelang die Prager Burg in seine Hand zu bekommen, wo er sich den 28. Juli feierlich die Böhmische Königskrone aufs Haupt setzen liels; so widerstand doch die Prager Stadt hartnäckig dem Sturm und der Belagerung Siegmunds und seines Kreuzheeres. Mitdem An- fange des August, da auch das Kreuzheer wieder aus einander ge- gangen war, sah Siegmund sich genöthigt, sein Heer aus der Ge- gend von Prag zurückzuziehen und nach einer später (1. Nov.) beim Wyschehrad mit den Pragern nochmals gewagten Schlacht, von dem Schmerze einer schimpflichen Niederlage gebeugt, sich durch die Flucht nach Kuttenberg zu retten. Und doch hatte Siegmund noch mehr wie durch solche Niederlagen, die ihn bis an die Gren- zen des Königsreiches zurückdrängten, durch die Nationalerbitte- rung eingebülst, die sein Hochmuth und seine Härte und die ent- setzlichen Gräuelthaten seiner Heere, gegen ihn über das Land ver- breiteten. Der unglückliche Ausgang des ersten Böhmischen Feldzuges erregte in dem Könige die höchste Milsstimmung gegen Diejenigen, welche ihn ohne Hülfe u. Beistand gelassen hatten, und zu diesen ge- hörte Markgraf Friedrich von Brandenburg. Unsere neueren Bran- denburgischen Geschichtschreiber zeigen uns den Markgrafen Frie- drich zwar nicht nur als Begleiter Siegmunds bei diesem Unter- nehmen, sondern auch als Oberbefehlshaber über das Kreuz- heer und legen ihm das Verdienst bei, Siegmunds Krönung auf der Burg zu Prag möglich gemacht zu haben. (') Allein wir kön- nen weder für den Markgrafen, noch für das „tapfere brandenbur- gische Kriegsvolk”, die Heldenthaten acceptiren, die sie nach diesen Berichten auf dem Heereszuge wider die Hussiten vollbracht ha- (") Paul’s Staatsgesch. III, 89. Helwings Gesch. d. Pr. Staats I, 449. Buchholtz Gesch. d. Churm. III, 42. 306 ben sollen. Die Theilnahme des Markgrafen Friedrich an diesem Unternehmen, so allgemein sie auch behauptet worden, ist vielmehr leere Erdichtung. Leider hat dieselbe auch den sonst seinen Stoff sorgfältig sichtenden neuesten Böhmischen Historiographen Pa- lacky zu der Annahme verleitet, dafs der Markgraf Friedrich von Brandenburg dem Könige zur Belagerung von Prag 10000 Bewaff- nete zugeführt und diesem Kriegsereignisse, so wie der Krönung des Königs, beigewohnt habe. Die älteren Deutschen Kronisten, welche des Königs Kampfgenossen aufzählen, nennen den Mark- grafen Friedrich darunter nicht. Nach der Angabe Eberhards von Windeck, des gleichzeitigen Biographen Siegmunds, wurden die drei Heeresabtheilungen, die mit den von dem Könige selbst ge- führten Truppen an der Belagerung von Prag Theil nahmen, der eine von den Baierschen Herzogen, der zweite von den Markgrafen von Meilsen, der dritte von dem Herzog Albrecht von Österreich gelührt, und wohnten dem Krönungsacte auf dem Hradschin von den Deutschen Fürsten nur zwei Markgrafen von Meilsen, zwei Herzöge von Baiern, der Herzog von Österreich, so wie fünf Schle- sische Herzöge bei. Auch lälst während des ganzen Zeitraumes, den Siegmunds erster Zug gegen Böhmen umfafste, sich urkundlich nachweisen, dals Markgraf Friedrich fortdaurend an andern Orten thätig und namentlich auch an den beiden wichtigen Tagen, an dem Tage des Sturmes auf Prag, den 14. Juli, und der Krönung des Kö- nigs, den 28. Juli, zu Tangermünde in der Altmark anwesend war. (!) lastet mit den Angelegenheiten des Constanzer Concils und mit den Sorgen der Reichsregierung, die Mark Brandenburg meiden und Hauptleuten zur Verwaltung überlassen müssen. Seine flüch- tige Hindurchreise durch das schon so lange wieder verwaiste Land, auf des Markgrafen Zuge nach Breslau, hatte ihm nur die Überzeu- (‘) Am 13. Juli 1420 belieh M. Friedrich Günzel von Barthensleben mit den Burglehnen zu 'Tangermünde und Salzwedel und mit zahlreichen an- dern Gütern nach einem zu Tangermünde ausgestellten Lehnbriefe im Churm. Lehnscopialsbuche des Berl. Geh. Staatsarchives XVI, 51. Am 28. Juli fertigte er zu Tangermünde ein Schreiben an Herzog Ludwig von Bayern - Ingolstadt aus, das im Münchener Reichsarchive beruht. Markgraf Friedrich hatte seit der Mitte des Jahres 1416, be- | 3 307 gung gewähren können, wie dringend nothwendig es sei, dem Lande wieder für einige Zeit seine persönliche Fürsorge zu wid- men. Aufder einen Seite haderte der Erzbischoff von Magdeburg wegen alter, noch immer nicht beseitigter Ansprüche aus Fehden und Raubthaten Märkischer Eingesessenen ; auf der andern Seite waren Pommern, Mecklenburg und Sachsen- Lauenburg, unter sich und mit den Fürsten von Wenden verbündet, der Mark als offene Feinde gegenübergetreten. Den Herzog Johann von Mecklenburg - Star- gard aus seiner Gefangenschaft in Tangermünde zu befreien, hat- ten die Herzöge Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, Otto von Pommern- Stettin und Erich von Sachsen-Lauenburg schon 1419 einen Einfall in die Mark unternommen. Mit mehr als 1000 Ge- wappneten überfielen sie das feste Ukermärkische Grenzstädtchen Stralsburg. Dies Mal scheiterte der weitere Kriegsplan zwar an dem mannhaften Widerstande, welchen die Besatzung dem Heere entgegen selzte, und an dem in diesen Gegenden immer noch ziem- lich ungewohnten Schrecken, welchen gut gerichtetes schweres Geschütz von den Weichhäusern aus unter den Belagerern ver- breitete ('). Indessen war eine Wiederholung des Einfalls um so sicherer zu erwarten, als man den Markgrafen von seinem Lande fern wulste. In der That rückten die Herzöge von Mecklenburg- Schwerin auch schon gegen das Ende des Februar plündernd und brennend in die Prignitz wieder ein (?). Der Markgraf konnte in Breslau von dieser neuen Gebiets- verletzung kaum sobald Nachricht erhalten haben, als er auch schon in die Mark zurück eilte, um seinen Feinden zu begegnen. König Siegmund war mit der schleunigen Rückkehr des Markgrafen allem Anscheine nach einverstanden: denn nachdem er am 3. März über die Hand der markgräflichen Töchter Cäcilie und Magdalene zu Gunsten der Herzöge Wilhelm und Friedrich von Braunschweig und Lüneburg, bei Gelegenheit der Belehnung dieser Fürsten, dispo- nirt hatte(?), beauftragte der König den Markgrafen noch unter dem (*) Detmars Forts. bei Grautoff II, 24. 25. Rufus Lüb. Kron. bei Grau- toff II, 503. und Körner b. J. 1419. (°) Sie plünderten und brannten namentlich am Montag nach Invocavit Wittstock und die Umgegend. Riedels Cod. II, IV, 17. (*) Nach der Magdeb. Schöppenkronik Mspt. 308 5. März in den Landen Jahann’s von Cottbus die Huldigung in des Königs Namen anzunehmen. ('). Fünf Tage später, den 10. März, erblicken wir den Markgrafen in der Erfüllung dieses kö- niglichen Auftrags bereits in Beeskow, wo er den Huldigungsaet um 3 Wochen hinaussetzte, und den 20. März zu Lenzen an der äufsersten Grenze seines Landes (2) gegen Mecklenburg, wo er dem Herzog Albrecht seine beiden wichtigsten Grenzplätze, Dömitz und Gorlosen, schnell aus den Händen wand (?). Mit (') Riedels Cod. II, IV, 22. (?) Urk. d. Beeskow den 10. März in Riedels Cod. II, II, 259. Urk. d. Lenzen d. 20 März das. I, III, 419. (°) Dals Markgraf Friedrich im Jahre 1420 den Mecklenburgern Gorlo- sen und Dömitz sodann den Pommern Angermünde abnahm, läfst sich schon aus den Berichten Körners und des Rufus bei Grautoff schlielsen. Letz- terer sagt beim Jahre 1420: „Uppe desuluen tyd wan markgreve frederich vom brandenborch dat rofhus gorloze, dar vele arges van schude dem cop- manne. Vortmer wan he ok dosolues kelter angermunde, dat deme hertigen horde van stetin, unde dar grep he ynne vele riddere unde knapen” (Grautoff II, 507) und nachher bei der Erzählung von der Aussöhnung des Markgra- fen mit dem Herzog Albrecht von Mecklenburg beim Jahre 1423 wird ne- ben Gorlosen auch Dömitz als von dem Markgrafen Friedrich dem Her- zoge abgenommen bezeichnet, indem es hier heilst: „Dar makeden de bey- den heren einen vrede under sik, de duren scholde erer beyden leuent lang unde geven quid unde vrig de vangenen, to beyden syden, de dar gre- pen weren; sunder hertich johan van stargarde moste noch blyven in der vengnisse des markgreven to ener tyd. De slote overst, also gorlozen unde Dometze, de dar wunnen weren mit herschilde van deme markgreven, de gaf desulve markgreue over hertich albrechte to syme lande to hulpe und gaff eme darto in en teken unde orkunde enes steden vasten vredes sine dochter to wyuue” (Grautoff II, 526). Unzweifelhaft ist es irrthümlich, wenn neuere Geschichtsschreiber die Einnahme von Dömitz und Gorlosen seitens des Markgrafen erst als im Jahre 1423 erfolgt bezeichnen. Es ist denselben die neuerdings in dem Codex diplomatic. Br. I, V, 382 mitge- theilte Urkunde unbekannt gewesen, wonach Markgraf Friedrich schon am 21. August 1420 „vnser schlusse Dömenitze, mit aller tzubehorunge, als wir das gewonnen haben” den Gebrüdern Bernhard und Werner von der Schulenburg anvertraut. Nach dieser Urkunde mufs im Jahre 1420 und zwar zwischen dem 10. März, da Markgraf Friedrich sich auf der Rückkehr von Breslau erst in Beeskow zeigt, (Riedels Cod. dipl. Br. II, IIT, 259 v. Raumers Cod. cont. 1, 89) und dem 21. August die Einnahme 309 nicht minder überraschender Eile trat er dann plötzlich auf der andern Seite der Mark auf, um den Pommern Angermünde abzu- nelımen, die Pforte zum Stolperlande und den Hauptstützpunkt der Pommerschen Einfälle in die Märkischen Lande. Bemäch- tigte sich Friedrich hier am 25. oder 27. März auch zunächst nur erst der Stadt Angermünde ('), während die Burg mit dem Burg- jener Mecklenburgischen Schlösser erfolgt sein. Versuchen wir den Zeit- punkt noch näher zu bestimmen; so ist zu beachten, dafs der Markgraf Friedrich sich während dieser Monate niemals in der Prignitz zeigt, aus- ser gleich zu Anfang und noch vor der am 27. März erfolgten Einnahme von Angermünde. Wir finden ihn namlich nach der Urkunde vom 20, März zu Lenzen an der Grenze Mecklenburgs, nur eine Meile von Dömitz und von Gorlosen entfernt. Er stellte hier zu Lenzen der Stadt eine Versicherung aus, deren Inhalt zugleich auf inzwischen in ihr stattge- fundene Fremdherrschaft oder auf derartige Vorfälle, welche die Stadt und die Gegend bei dem Markgrafen verdächtigen und seine Strafe fürch- ten lassen konnten, zu schlielsen nöthigt. Denn der Markgraf giebt darin Rathmannen, Gildemeistern und gemeinen Bürgern von Lenzen, so wie zu- gleich den Rittern, Mannen und allen Bewohnern der Prignitz, die Zusiche- rung, dals er sie bei ihren Rechten und Besitzungen lassen wolle (Riedels Cod. dipl. Brand. 1, 111, 419), eine Versicherung, deren es, ohne dazwischen vorgekommene besondere Vorfälle, bei Lenzen um so weniger bedurft hätte, als dieser Stadt seiner Zeit, namentlich bei der Huldigungsleistung, am 1. April 1416, ein solcher Schutzbrief, wie den übrigen Städten der Mark, be- reits zu Theil geworden war (v. Raumers Cod. cont. ], 76). Fassen wir dies Alles zusammen; so dürfen wir annehmen, dafs Friedrich, als er gleich bei seiner Rückehr aus Schlesien in die Prignitz eilte, die festen Grenzschlös- ser der Mecklenburger, Gorlosen und Dömitz, sich unterwarf, dals die Ein- nahme derselben also am 20. Mäız oder in diesen "Tagen geschehen ist. Er siegte hier wahrscheinlich, wie so oft, durch Überraschung seiner Gegner. (') Die älteren Kronisten, namentlich auch Herm. Körner und Rufus, geben den Bericht über die Einnahme von Angermünde ohne nähere Be- zeichnung des Zeitpunktes, wann dieselbe geschehen sei. Nur darin, dals sie im Jahre 1420 erfolgte, stimmen alle überein bis auf das Chronicon Magdeburgense bei Meibom II, 355, das den Vorfall in das Jahr 1423 über- trägt. Hafftitz nennt den Mittwoch nach Judica als den Tag der Einnahme der Stadt, das wäre also der 27. März, setzt jedoch hınzu, Ludowicus Bruno gebe an, die Einnahme sei am Tage Annunctiationis Mariaed.i.am 25. März geschehen. Hätten wir diese beiden also ziemlich übereinstimmenden Angaben über den Tag des Kriegsereignisses nicht; so könnte man geneigt 310 thore noch im Besitz eines Pommerschen Vogtes blieb, dessen Bewältigung bei Gelegenheit eines von den Herzögen Otto und Casimir versuchten Entsatzes erst durch einen blutigen Kampf in der Stadt gelang; so war der Markgraf doch ohne Zweifel der drei drohendsten Grenzburgen seiner Feinde Herr, da er sich ge- gen die Mitte des April nach Berlin zurückzog. (') Von hier ging der Markgraf über Tangermünde (?) nach Zerbst zu einer Zusammenkunft mit dem Erzbischofe von Magdeburg, mit wel- chem am 24. April ein Vertrag zu Stande kam, der alle zwischen den Fürsten und ihren Landen noch obwaltende Streitigkeiten der rechtlichen Entscheidung des Kurfürsten Albrecht von Sach- sen und anderer Schiedsrichter unterwarf (?). Nach dieser Ver- sein, das Ereignils in das Ende des Junimonats zu verlegen. Denn am 27. Juni stellte Markgraf Friedrich eine Urkunde in Neuangermünde aus, hielt er sich also in dem eroberten Orte erweislich auf, und die für Franken be- stimmte Urkunde sagt zugleich ausdrücklich, dals er der Zeit mit Krieg beiaden sei (Riedels Cod. Il, 11], 366). Doch wir haben Gründe, die aus- reichend beglaubigen, dafs die Einnahme von Angermünde früher erfolgt sein müsse. Denn schon in einer Klageschrift des Erzbischofes von Mag- deburg vom 26. Mai 1420 wird Ludolph von Alvensleben, dem Markgraf Friedrich mit einigen andern Märkischen Vasallen für ihre bei dem Kampfe um Angermünde bewiesene Tapferkeit den Ritterschlag ertheilte, ohne Zweifel in Hindeutung auf die neu erlangte Ritterwürde, in der Weise angeführt: „Ludeleff van Aluensleue, dy nv her ludleff heihzet, to Calue wonhaftig” (Riedels Cod. II, 111, 316). Auch wird des Ereignisses schon im August und October 1420 in einer Correspondenz zwischen dem Markgra- fen Friedrich und dem Herzog Ludwig von Baiern - Ingolstadt in einer Weise gedacht, die vermuthen lälst, dals es schon längere Zeit vorher sich zutrug. Herzog Ludwig bemerkt in einer Zuschrift vom 31. August 1420, worin er dem Markgrafen verschiedene Vorhallungen aus älterer Zeit macht: „Auch schreibt vnser Oheim herzog Olt von Stetin von dir, du habest Im sein stat in guten geläuben vnd trawen verrätenlich abgewunnen”; worauf Markgraf Friedrich den 22. October antwortet: „Du schreibst auch von vnosern Oheimen von Stelin etc, Ist wol wissentlich, das sy vnser veinde sein worden; was wir den abgewunnen haben, das haben wir mit guten eren getan”. Mspt. des Münchener Reichsarchives. (*) Lehnseopialbuch XIV, 32 Mspt. 2 Uık. d. d. Berlin 13. April. (*) Urk. d. d. Tangermünde 16. April das. S. 8. (*) Riedels Cod. Br. II, IV, 23 und II, II, 261. 311 handlung sieht man den Markgrafen über Tangermünde (30. April) und Berlin (1. Mai) nach Frankfurt an der Oder eilen, (') viel- leicht um die von Breslau zurückkehrende Gemahlin schon an der Grenze seines Gebietes zu begrülsen; während ihn zum 29. Mai nach Salzwedel ausgeschriebene Unterhandlungen mit Sendboten der Städte Hamburg und Lübeck, die eine Verbindung des Mark- gralen mit diesen Städten zu gemeinschaftlicher Kriegsrüstung gegen Sachsen - Lauenburg zur Folge hatten, an die entgegenge- setzte Seite der Mark führten. (?) Die Monate Juni und Juli ver- weilte der Markgraf grölstentheils in Tangermünde, wo ihn na- mentlich Ausfertigungen vom 2. und 16. Juni, so wie vom 13. und 28. Juli als anwesend nachweisen (3). Auf einer in der zweiten Hälfte des Junimonats nach Frankfurt an der Oder (*) und „Neu- angermünde” unternommenen Reise traf ihn vermuthblich die Nachricht von dem am 11. dieses Monats in Franken erfolgten Ableben seines Bruders, des Burggrafen Johann, der ebenfalls mit mehreren Nachbaren in Fehde gestanden hatte und daher mit seinen dem Markgrafen erledigten Landen zugleich eine neue Last von Sorgen auf diesen vererbte. Noch in Neuangermünde fertigte er am 27. Juni eine Urkunde (5) aus, wornach er den verwaisten Fränkischen Ländern seine entschlossene Gemahlin Elisabeth in Begleitung ihres ältesten Sohnes, des Prinzen Johaun zusendet, und ihr Vollmacht giebt, auch die Erbhuldigung in dem ihm angestorbenen Theile der burggräflichen Besitzungen an Stelle ihres Gemahles anzunehmen, weil er „bier in der Mark Brandenburg mit Kriegen und anderen Sachen so beladen, dals er (') Zwei Urk. d. d. Tangermünde, 30. April, im Lehnscopiaibuche XIV, 8. 23. eine Urk. d. d. Berlin, 1. Mai in den Historisch stat. mil. Beitr. II, I, A17. eine Urk. Berlin 5. Mai im Lehnscopiälbuche XIV, 28 und eine Urkunde d. d. Frankfurt den 10. Mai im Copialbuche Mspt. des Carthäu- serklosters zu Frankfurt No. 18. (*) Vertrag d. d. Salzwedel, 29. Mai 1420, in Riedels Cod. Br. II, III, 361. (°) 2. Juni Riedels Codex I, VI, 468.-16. Juni das. II, III, 362. 364, die Urk. vom 13. und 28. Juli sind schon früher eitirt. (*) Urk. d. d. Frankfurt den 24. Juni im Churm. Lehnscopialbuch Mspt. XIV, 32. (*) Riedels Cod. II, TIL, 366. 312 zu seinen Landen da draufsen sobald nicht kommen könne”. Vor der Abreise der Kurfürstin wurden jedoch noch am 30. Juni zu Tangermünde ihre den Herzögen Wilhelm und Friedrich von Braunschweig und Lüneburg verlobten Töchter Cäcilie und Mag- dalene durch den Bischof Otto von Havelberg den Fürsten förm- lich vertrauet (') Die Braunschweig - Lüneburger Herzöge schlossen sich über- haupt während dieser Zeit dem Markgrafen aufs Engste an. Schon am !6.Juni war zu Tangermünde mit ihnen ein Schutz- und Trutz- bündnils eingegangen (?) und ihrer Vermittelung war es auch wohl vorzüglich zu danken, dafs die mit Pommern, Mecklenburg und Sachsen-Lauenburg augeknüpften Friedensunterhandlungen zum Ziele führten. Die Perleberger Zusammenkunft setzte am 24. August 1420 durch einen dreijährigen Waffenstillstand dem Kriege ein Ende. Unter Herzog Wilhelms Vermittelung verpflichteten sich hier der Markgraf einerseits und die Herzöge von Pommern - Stettin, von Mecklenburg-Schwerin und Stargard und von Sach- sen-Lauenburg, so wie die Fürsten von Wenden andererseits, rücksichtlich aller ihrer Uneinigkeiten den Weg der Selbsthülfe aufzugeben und rechtliche Entscheidung von den Herzögen Wil- helm und Bernhard von Braunschweig und Lüneburg zu erwar- ten. (?) Zugleich wurden auch die dem Markgrafen verbündeten Städte, Hamburg und Lübeck, mit den Herzögen von Sachsen - Lauenburg ausgesöhnt. (*) Mit gehöriger Ausfertigung und mit den Bürgschaften jenes Vertrages war der Markgraf auch noch An- fangs September in Tangermünde beschäftigt. (°) Doch am 8. September sieht man ihn schon wieder, in Verbindung mit dem Herzog Wilhelm von Braunschweig, vor Alvensleben im Feldlager einem trotzigen Vasallen des Erzstifts Magdeburg, Heise von Stein- furth, gegenüber stehen, (°) so wie um die Mitte des Monats zu (*) Magdeb. Schöppenkronik. Mspt. (*) Riedels Cod. II, II, 362. (*) Riedels Cod. II, IIT, 366. (*) Detmars Forts. bei Grautoff II, 27. (°) Riedels Cod. I, I, 176. (©) Riedels Cod. II, III, 369. 385. 386. IT, IV, 31-33. 313 Tangermünde mit einer Gesandschaft aus Franken (!) und am 26. und 27. September wieder zu Zerbst mit dem Erzbischofe von Magdeburg über die Verlängerung ihrer Einigung und den recht- lichen Austrag ihrer Streitigkeiten Unterhandlungen pflegen. (?) So ging die Thätigkeit des Markgrafen in der Mark auch noch während des October- und Novembermonats ununterbrochen fort. In der ersten Hälfte des October findet man ihn zu Tanger- münde theils mit Fränkischen, theils mit Märkischen Regierungs- angelegenheiten beschäftigt (*), am 22. dieses Monats in Sachsen zu Wittenberg (*) und am Ende desselben in Berlin auf einer Versammlung der Märkisehen Städte. (5). In dieser Zusammen- berufung der Märkischen Städte, so wie in Regierungsacten, welche der Markgraf demnächst im November zu Berlin vornahm, z. B. der Übergabe der Feste Boitzenburg an den kriegserfahrenen Ritter Zacharias Hase am 2. Nov.(®) und in der Aussöhnung mit dem landflüchtigen Werner von Holzendorf, welchen Friedrich den ı6. November wieder zu Gnaden annahm (7), haben wir wohl schon Sicherheitsmaalsregeln zu erkennen, die für die Aufrechter- haltung des Friedens in Rücksicht auf die bevorstehende Abreise des Markgrafen getroffen wurden. Sein Sohn Johann war um diese Zeit selbst in die Mark zurückgekommen, um dem Vater die be- drängte Lage der Fränkischen Länder vorzutragen. War daher auch für die Mark der Friede für das Erste hergestellt, so hatte (') Urk. v. 12. Sept. das. S. 370 und Lehnscopialbuch XV, 2 eine zweite von demselben Tage. (°) Riedels Cod. II, IN, 371. 372. (°) Urkunde datirt von Tangermünde den 1. Oct. Riedels Cod. TI, V, 811. den 2. Oct. das. IT, III, 373. den 3. Oct. Lehnscopialbuch XV, 51. den 4. Oct. Cod. II, III, 377. 379. Den 10. Oct. Klagebrief an Herzog Ernst von Bayern über Herzog Ludwig von Bayern im Münchener Reichs- archiv, den 14. Oct. Bestätigung der von Vincelberg im Vincelberger Guts- Archiv. : (*) Schreiben des Markgrafen an H. Ludwig von Bayern -Ingolstadt d. d. Wittenberg 22. Oct. im Münchener Reichsarchiv. (°) in conventu plurium eivitatum d. Berlin, 31. Oct. Lehnscopialbuch XV, 155. (°) Lehnscopialbuch Mspt. XV, 141. (”) Fidiein’s Beitr. IV, 124. 314 Friedrich doch noch immer Veranlassung, frommen Stiftungen, wie am 7. Nov. dem Carthause bei Frankfurt für die Vereignung des Dorfes Arnsdorf, das Gebet für den glücklichen Ausgang sei- ner Kriege besonders zur Pflicht zu machen. (') Gegen das Ende des Monats November, nachdem Friedrich am 17. noch zu Berlin den damals an vielen Orten bedrängten Juden ein Generalprivile- gium ertheilt, (?) und zuletzt noch am 25. Nov. zu Beelitz eine Re- gierungshandlung vorgenommen hatte, (?) verliels er die Bran- denburgischen Lande, denen auf dem Hindurchzuge durch Meilsen noch der Schutz eines am 3. Dezember zu Meilsen sowohl mit dem Kurfürsten Albrecht von Sachsen als mit dem Markgrafen Friedrich von Meilsen abgeschlossenen Bündnisses zugewandt wurde. (*) Aus dieser Übersicht von Friedrichs im Jahre 1420 in der Mark entwickelter 'Thätigkeit erhellt nun nicht nur augenschein- lich, dafs der Markgraf an dem Feldzuge gegen Böhmen nicht Theil genommen haben kann, sondern auch, dafs er sich wegen dieser seiner Nichttheilnahme an dem Feldzuge vor dem Könige Siegmund für vollständig entschuldigt halten durfte. In allen Grenzbezirken der Märkischen wie der Fränkischen Lande war die Kriegsflamme aufgelodert und der Markgraf hatte daher nur die Wahl, entweder den feindlichen Nachbaren, indem er mit den Seinen dem Könige folgte, zur Verwüstung und zur Beute seine Lande preiszugeben oder zu ihrer Vertheidigung daheim zu bleiben. Wer konnte ihm verargen, dals er das Letztere als die ihm näher liegende Pflicht betrachtete! Indessen der Schmerz über fehlschlagende Unternehmungen ist immer geneigt, jemand zu finden, dem er die Schuld des Mifs- lingens aufbürden kann. Im Verdruls über den unglücklichen Ausgang des Böhmischen Feldzuges, vorzüglich dem Markgrafen wegen dessen Nichttheilnahme zu grollen, lag dem Könige aber um so näher, als einerseits der Markgraf der Krone Böhmen, vermöge der an die Abtretung der Mark Brandenburg geknüpften Verpflich- (') Copialbuch des Carthäuser Klosters Mspt. No. 5 — praesent. Johanne Marchione. (?) Zimmermanns Städtegesch. II, 178. (*) Den 25. Nov. Riedels Cod. I, IX, 485. (*) Meifsen den 3. Dez. das. II, II, 374. 376. 315 tungen, ganz besonders zum Beistande verbunden war, anderer- seits eben die Abtretung der Mark Brandenburg an Friedrich mit zu den Gründen gehörte, wodurch die Böhmen ihre Widersätzlich- keit gegen Siegmund zu rechtfertigen versuchten. Wiederholt mulste Siegmund unter den Gründen, weshalb die Böhmen ihm den Gehorsam verweigert hätten, den Vorwurf hinnehmen, dafs er die Mark Brandenburg, welche Kaiser Karl IV. mit unsäglicher Mühe und Kraftanstrengung der Krone Böhmen verbunden und für immer incorporirt hatte, dieser ohne Wissen und Zuslimmung der Böhmischen Stände entzogen und veräußsert habe. (') Je leichter sich nun Siegmund überhaupt von Empfindungen bewe- gen und vom Gefühle des Augenblickes beherrschen liels, und je weniger er eigenen Fehlgriffen die Schuld des Böhmischen Auf- standes und des Milslingens der versuchten Unterdrückung dessel- ben beimessen mochte, desto geneigter gab er sich der Vorstellung bin, als sei der Erwerber der Mark Brandenburg Miturheber sei- nes Unheils, und desto unverantwortlicher mufste es ihm dann er- scheinen, dals dieser, von dessen Hülfe er immer so gute Erfolge gehabt hatte, zu dem Versuche einer gewaltsamen Unterdrückung des Aufstandes nichts beigetragen habe. Zu der hierin begründeten Milsstimmung des Königs gegen den Markgrafen Friedrich kam noch eine viel entschiednere gegen den König Wladislaw von Polen und gegen den Grolsfürsten Wi- told von Litthauen, eine Milsstimmung, die ebenfalls mittelbar wie- der gegen den Markgrafen gerichtet war. Schon im April und nochmals im Monat August 1420 hatte sich eine Böhmische Gesand- schaft an den Hof des Königs Wladislaw begeben, um mit diesem wegen Übernahme der Böhmischen Krone zu unterhandeln. (?) Wladislaw hatte die ihm dargebotene Krone zwar nicht angenom- men und den Gesandten eine mehr verneinende als zusagende Er- klärung gegeben, jedoch ertheilte er, wie sein Vetter Witold, den Böhmen zugleich wiederholt die Zusicherung seiner wärmsten Theilnahme und beraubte er sie auch in Bezug auf den Wunsch eigener Übernahme der Herrschaft nicht aller Hoffnung. König (') Än. Silvius hist. Böem. c. 39. Theobald Hussitenkrieg 206. 268. Dilugossi hist. Polon. I, 424. Pelzel Gesch. v. Böhmen I, 354. (*) Dlugossi hist. Polon. I, 428. 430. 432, 435. 436. 316 Siegmund war hiervon, wie ein Handschreiben vom 28. Februar 1421 zeigt, wenigstens so weit unterrichtet, dals er glaubte, der König von Polen und der Grolsfürst nehmen für die Hussiten Parthei und letzterer beabsichtige diesen auch in ihrer Widersetz- lichkeit Beistand zu leisten, in welchem Falle dann wieder Wladis- law seinen Vetter Witold schwerlich ohne Unterstützung lassen werde. (') Bei dieser feindlichen Stellung zu den Jagellonen in Polen und Litthauen, in die Siegmund zu gerathen fürchtete, fiel nun sein Blick auf den inzwischen dem Abschlufs nahe gekomme- nen Heirathsplan, der zwischen des Markgrafen Sohne Friedrich und der Erbtochter des Königs von Polen im Werke war. Mark- graf Friedrich, dessen freigebige Begünstigung einen Theil der Schuld des Böhmischen Aufstandes trug, hatte also nicht nur zur Unterdrückung desselben nicht mitgeholfen, er knüpfte vielmehr so- gar mit den mıuthmaaßslichen Beförderern der Rebellion enge Fa- milienverbindungen an! Solchen Gefühlen lieh König Siegmund in dem vertraueten Schreiben vom 28. Februar 1421 einen schmerzerfüllten Ausdruck. Er hält dem Markgrafen, den er sonst noch mit alter Zärtlichkeit behandelt, die ihm erwiesenen Wobhlthaten vor, namentlich dals er zu seinem Besten auf die Mark Brandenburg verzichtet habe, wo- rüber er jetzt so viel böse Nachrede und Anfechtung leiden müsse. Er erinnert den Markgrafen nachdrücklich an die Pflicht der Dank- barkeit gegen einen Wohlthäter so wie an die Pflicht des Schutzes der Rechtgläubigkeit gegen die Religion, und bittet den Markgra- fen darauf eindringlichst, nachdem er zu der hohen Ehrenstufe eines Kurfürsten des Reiches erhoben sei, von dem Plane „sein Blut also zu vermengen” — Wladislaw war ein geborner Heide— und solchen Fürsten sich verwandt zu machen, die wahren Chri- stenglauben zuwider wären, zur Wahrung seiner Ehre und seines guten Rufes abzustehen. Für den Fall, dafs Markgraf Friedrich die- ser Mahnung dennoch nicht Folge leisten sollte, bedroht Siegmund ihn endlich mit seiner und des Römischen Reiches schwerer Un- gnade. Diese Mahnung, die nach dem 28. Februar von Caslau in (') Riedels Cod. IT, IIT, 394. il 317 Böhmen erging, kam indessen wahrscheinlich zu spät, um die be- reits bis zum Abschluls gediehenen Unterhandlungen plötzlich rück- gängig machen, vielleicht auch zu spät um dem Markgrafen vor sei- ner Reise nach Polen überhaupt noch eingehändigt werden zu kön- nen. Wirsehen den Markgrafen auf seinem Zuge nach Polen im Fe- bruar in der Mark verweilen und am 1. März zuletzt in Berlin.(') Am 8. April wurde aber zu Krakau schon der Heirathscontract und zugleich ein Bündnils gegen den Deutschen Orden zwischen dem König Wladislaw, dem Grofsfürsten Witold und dem Markgra- fen Friedrich besiegelt. (?) Zum Abschlusse dieser wichtigen Ver- träge hatte sich der Markgraf zu Ostern (23. März) persönlich in Krakau eingefunden. (?) Wir treffen ihn hier in Begleitung seines ältesten Sohnes Johann, des Bischofs Johann von Lebus, des Her- renmeisters des St. Johanniter Ordens, des Grafen Albert von Lin- dow, der Edlen Johann von Bieberstein und Otto von Ilenburg, des Günzel von Bartensleben und mehrerer anderer Ritter. Der Heirathscontract verlobte Hedwig, die damals noch ein- zige Tochter des Königs, dem jungen Markgrafen Friedrich, dem nachmaligen Kurfürsten Friedrich II. mit der Bestimmung, dafs die Ehe nach 5 Jahren vollzogen werden solle, und sagte für den Fall, dals König Wladislaw ohne Hinterlassung von Söhnen sterben sollte, der Prinzessin Hedwig und ihrem Gemahl, beiden die Krönung und die Succession auf den väterlichen Thron zu. Als Grund zu dem gleichzeitig gegen den Deutschen Orden eingegangenen Bündnisse ist dagegen hervorgehoben, dafs die geistliche Ritterschaft, mit frecher Verletzung der bestehenden Rechte, fremde Besitzungen an sich ziehe und ungebührend be- | haupte, dafs sie namentlich dem Königreiche Polen und dem Grols- Ifürstenthume Litthauen, so wie auch der Mark Brandenburg, be- deutende Landestheile vorenthalte und auf das Verlangen der Zu- rückgabe dieser ihren rechtmälsigen Besitzern entfremdeten Lande, (*) Friedrich stellte zu Berlin am 15. Februar (Lehnscopialbuch XV, 145) am 22. und 23. Februar (Riedels Cod. I, VI, 114 und ], IX. 405) und am 1. März (Lehnscopialbuch XV, 145), sonst aber bei dieser Durch- reise durch die Mark keine uns bekannt gewordene Urkunden aus. ) () Riedels Cod. II, III, 396. 399. (°) Diugossi Hist. Polon. I, 437. 6 “ 318 deren Wiedervereinigung doch in der Pflicht der Fürsten liege, hochmüthig nur mit Waffengewalt und Krieg antworte. Solcher Anmalsung zu begegnen verpflichten sich die drei Fürsten so lange, bis es zu einem daurenden Frieden mit dem Orden kommt, sich einander Beistand zu leisten mit allen ihren Kräften, so wie mit al- len ihren Bundesgenossen, und sich hiervon durch kein geistliches oder weltliches Verbot zurückhalten zu lassen. Würden sie Län- der oder Orte erobern; so sollten selbige ihren rechtmälsigen Her- ren, zu deren Gebiete sie von altersher gehört hätten, wieder zu Theil werden. Brächten sie namentlich das Schlofs Dresno in ihre Gewalt ; so habe dies der König von Polen zwar vorläufig in Besitz zu nehmen, demnächst aber ein Schiedsgericht darüber zu befinden, ob die Ansprüche gegründet seien, die Markgraf Friedrich darauf erhoben. Ebenso sollte es rücksichtlich des Ortes Santock gehal- ten werden. Was veranlalste oder nöthigte aber den Markgrafen Friedrich, mit Polen und Litthauen solche, dem Könige Siegmund gegenüber mindestens doch höchst bedenkliche Verträge einzugehen? Gab es pflichtmälsige politische Rücksichten, welche den Markgrafen Frie- drich zwangen, auch gegen Siegmunds Wunsch und dringende Bitte, die Heirathsverbindung mit der Polnischen Prinzessin und die Allianz wider den Deutschen Orden abzuschlielsen? Wir ver- missen rücksichtlich dieser Fragen bei unsern Geschichtsschreibern alle befriedigende Auskunft. Statt der Aufklärung des Dunkels, das auf diesen Verhältnissen ruht, begnügen sie sich, dem Verfah- ren des Markgrafen als einziges Motiv das Streben unterzulegen, das Haupt seines zweiten Sohnes mit dem Glanze der Polnischen Königskrone zu umgeben. Sie gerathen so auf den wunderbaren Widerspruch, dafs sie demselben Fürsten, von dem sie zu einer an- dern Zeit behaupten, dafs er die Römische Königswürde für sich und seine Söhne wiederholt zurückgewiesen habe, ein rücksichtlo- ses Ringen nach einer nichtdeutschen Krone zueignen. Gewils hat jedoch der Markgraf Friedrich auch in der Eingehung dieser politischen und Familienverbindung mit Polen und Litthauen nur gehandelt, wie eine verständige, von eitler Herrschsucht weit ent- fernte Politik dem Besitzer des Brandenburgischen Staates dringend gebot, und es war nicht des Markgrafen Schuld, wenn König Sieg- mund dies verkannte, 319 Dem Markgrafen Friedrich war nämlich sowohl mittelst des Lehnscontractes vom 30. April 1415, als auch in dem nach vollzoge- ner Investitur ertheilten Lehnbriefe vom 18. April 1417, die ge- sammte Mark Brandenburg mit allen dazu gehörigen Landen und Rechten ohne irgend eine Ausnahme verschrieben : — ‚Die Marke zu Brandenburg”, wie es in dem Lehnbriefe heifst, „mit sampt der kure dorezu gehörende vnd ouch sust mit allen vnd iglichen Iren herlikeiten, wirden, Eren, Rehten — Landen, Luten, Zinsen, gul- ten, Renten, nuczen, gutern vnd tzugehorungen, wie man die mit sunderlichen worten benennen mag, nichtz visgenommen, Als dann das von vns vnd dem Riche zu lehn ruret.” Es war nicht zu be- zweifeln, das dem Markgrafen durch diese Verleihung sowohl die lehnsherrlichen Rechte, welche der Mark bisher an dem Fürsten- ihume Wenden, den Pommerschen Landen und sonst zugestanden hatten, als auch die pfandherrlichen Rechte an den von frübern Mark- gralen verpfändeten Zubehörungen der Mark zu Theil geworden seien. Die Wiedervereinigung alles Dessen, was in irgend einer Weise von der Mark abgehracht, zur Herstellung des Kurfürstenthumes in sei- nen altem Besitzstande, hatte früher auch König Siegmund selbst dem Markgrafen dringend zur Pflicht gemacht. Die Berechtigung des Markgrafen dazu anzuerkennen, wurde indessen sowohl von den von den Herzögen von Pommern, als auch in Ansehung der Neu- mark von dem Deutschen Orden verweigert. Durch eine Reihe von Zwangsmaalsregeln, die Markgraf Frie- drich seit seinem ersten Auftreten in der Mark gegen die Herzöge Otto und Casimir von Pommern - Stettin anzuwenden genöthigt war, wurde zwar die Herausgabe der Pfandbesitzungen, die sie in der Mark inne gehabt hatten, gröfstentheils erreicht. Dagegen konnten die Herzöge nicht zu der, ihrer Unabhängigkeit Gefahr drohenden Anerkennung der Brandenburgischen Lehnsherrlichkeit vermogt werden, auch nachdem, wie wenigstens Brandenburgischer Seits behauptet wurde, ('!) der König Siegmund zu Constanz den Herzog Otto zu der Lehnsempfahung von dem Markgrafen Frie- drich ausdrücklich angewiesen hatte. Für ihren Widerstand ge- gen die Mark konnten die Pommerschen Herzöge besoriders an der (') Riedels Cod. II, V, 145. vgl. S. 92. 93. desgl. v. Raumers Cod. cont. I, 88. 89. j 320 Krone Polen eine Stütze finden und dazu bot die Vermählung der muthmaafslichen Erbin dieser Krone mit einem Pommernherzoge, nämlich mit dem Herzog Boguslaw von Pommern -Stolp, um diese Zeit die beste Grundlage. Eine solche Verbindung war in der That so vortheilhaft für Pommern, als gefahrdrohend für die Mark, und wurde daher von jener Seite, mit Unterstützung einer Parthei des Polnischen Adels, eifrig gesucht. (') Wurde Hedwig wirklich einem Pommernherzoge vermählt und ging in dieser Weise der- einst Polen in den Besitz eines Herzogs von Pommern über; so | konnte von Brandenburgischen lehnsherrlichen Ansprüchen auf Pommersche Lande kaum noch die Rede sein; so war vielmehr auch die Brandenburgische Neumark einem verbundenen Polnisch - Pom- merschen Reiche schon durch ihre geographische Lage gleichsam verfallen und hatte der Brandenburgische Kurstaat überhaupt von einem so übermächtigen Slawischen Nachbaren für seinen Länder- bestand und für seine Existenz das Äusserste zu befürchten. Den- noch war es eben diese politische Combination, die Vermählung der Prinzessin Hedwig mit einem Pommerschen Herzoge, die König Siegmund wünschte und wenigstens später nach Kräften beförderte. Wahrlich, auch ein Regent, der weniger klar die Verhältuisse durchblickte, als Markgraf Friedrich, würde, dem Abschlufs einer so drohenden Verbindung jede in seiner Macht stehende Gegen- wehr geleistet haben. Indem Friedrich unter diesen Umständen auf den Polnischen Heirathsplan für seinen Sohn Friedrich einging und hierdurch die Absichten seiner Feinde vereitelte, erfüllte er da- her nur die Pflicht einer unabweislich nothwendigen Sicherheits- maalsregel für seine Lande und für die Herrschaft seines Hauses in der Mark Brandenburg. Zugleich lag aber in dieser Verbindung mit der Krone Polen und mitLLitthauen das einzige Zwangsmittel, welches von dem Mark- grafen Friedrich damals versucht werden konnte, um die dem Orden verpfändete Neumark dem Kurfürstenthume zu vindiziren. Die Zu- gehörigkeit dieses Landes als integrirenden Theiles zu dem Kurfür- stenthume Brandenburg konnte nach ältern Lehnbriefen, Landbü- chern und officiellen Verzeichnissen nicht zweifelhaft sein. Der Orden (') Dlugossi Histor. Polon, I, 437. 321 betrachtete aber das Pfandstück als eine seiner wichtigsten Besitzun- gen, hatte dieselbe im Jahre 1402 von dem Könige Siegmund mit der ausdrücklichen Zusicherung erworben, sich die Auslösung nur von dem Könige Wenzel, von dem Mährischen und Brandenburgi- schen Markgrafen Jobst oder von Siegmund selbst gefallen lassen zu müssen, und war daher begreiflicher Weise nicht geneigt, aus Interesse für die dadurch verletzte Integrität des Kurfürsten- thumes Brandenburg, dem Markgrafen Friedrich die Neumark her- auszugeben. Nur in der Verbindung mit den mächtigsten Geg- nern des Ordens konnte Markgraf Friedrich eine günstige Gele- genheit zu finden hoffen, den Orden zur Auslieferung der Neu- mark zu nöthigen und so die Herstellung der Mark Brandenburg in ihrem früheren Gebietsumfange zu vollenden. Gradein Ansehung der Neumärkischen Einlösungssache beob- achtete dabei Siegmund ein Verfahren, welches den Markgrafen schwerlich auffordern konnte, den Ansichten und Wünschen seines alten Freundes in dieser Angelegenheit eine besonders zarte Rück- sicht zu widmen. Blieb Siegmund seinen früher bei der Abtretung der Mark Brandenburg in vielen feierlichen Versicherungen kund gegebenen Absichten getreu, das Kurfürstenthum zu alter Macht und Gröfse durch Friedrichs Hand hergestellt zu sehen; so durfte er diesem auch zur Wiedervereinigung mit der Neumark seine Ver- mittelung, durch welche die Auslösung statthaft war, nicht versa- gen. Aber König Siegmund opferte sein Interesse für den Mark- grafen und für die Herstellung des Brandenburgischen Kurstaates der Hoffnung auf erspriefsliche Dienste, welche ihm der Orden dafür wider die Ketzer und Aufrührer in Böhmen leisten werde, und that für die Auslösung der Neumark nichts. Gegen die Rechtsausfüh- rung des Markgrafen, (') dals ihm die Mark und das Kurfürstenthum mit allen Rechten und Zubehörungen erblich verschrieben und dals inhalts der goldenen Bulle jede Theilung und Zergliederung eines Kurfürstenthumes null und nichtig sei, beruhigte später sogar Kö- nig Siegmund selbst den Orden durch die Behauptung, Markgraf Friedrich sei nur ein Pfandbesitzer der Altmark, wie der Orden in Beziehung auf die Neumark, und jenem stehe daher auf dies Land (*) Riedels Cod. II, IV, 341. 322 überall kein Recht zu. (') Im Jahre 1429 hat König Siegmund kein Bedenken getragen, diese offenbar falsche Deutung seiner dem Markgrafen Friedrich früher über die Mark Brandenburg gegebe- nen Verschreibungen, dals letztere sich lediglich auf die Altmark bezogen hätten, in die feierliche Erklärung vom 7. September die- ses Jahres niederzulegen, durch welche er die Mark Brandenburg dem Deutschen Orden bei seinen Lebzeiten schon vollständig ver- eignete. (?) ; Wenn den neuern Geschichtsschreibern diese für ihren Urhe- ber wenig ehrenvolle Auslegung, welche Siegmund in den späteren Jahren der Verschreibung über die Mark Brandenburg an den Mark- grafen Friedrich gab, bisher unbekannt geblieben ist, so trägt eine wunderliche Vorsicht des Herausgebers der Siegmundschen Urkunde vom 7. Sept. 1429 daran die Schuld. Das durchgängig noch les- bare Document ist von Philipp Wilhelm Gercken vollständig mit- getheilt; (3?) nur in der Versicherung des Königs, der Orden solle die Neumark ungehindert von ihm und von seinen Erben und Nach- kommen uud insonderheit auch ungehindert von dem Markgrafen Friedrich und dessen Nachkommen besitzen, ist hinter der Erwäh- nung Friedrichs, wie es scheint aus diplomatischen Bedenken, der wichtige Zwischensatz weggelassen: „dem wir die Alden Mark ge- geben vnd verschriben vff einen widerkouff vnd doch die Newen Mark dorynn nit begriffen haben.” Dals in dem hier im Gegensatz zur Neumark mit geographi- scher Unkenntnils gewählten Ausdruck Alte Mark aulserdem noch eine wohl über die Absicht des Auslegers hinausgehende einschrän- kende Deutung lag, indem doch ohne Zweifel aulser der Altmark auch die Mittelmark, Vormark und Ukermark als dem Markgrafen verschrieben anerkannt wurden, erhellt von selbst. Drohte nun also Siegmunds jetzige Politik das Kurfürstenthum Brandenburg eines seiner wichtigsten Glieder für alle Folgezeit zu berauben; so darf dem Markgrafen wohl nicht verargt werden, dals er sich zu dem Versuche, dies ihm so nachtheilige, den Reichs- (') Siegmunds Schreiben an den Hochmeister v. J. 1425 in Voigts Preuls. Gesch. VII, 477. Note 1. (?) Riedels Cod. Br. II, IV, 103. (*) Gerckens Cod. Br. V, 254. 323 grundgesetzen zuwiderlaufende Verfahren zu hindern, den Wider- sachern des Ordens anschlols. Dals Markgraf Friedrich wegen dieses Anschlusses an die Pol- nisch- Litthauische Parthei, wie König Siegmund argwöhnte, ihn in seinen Böhmischen Interessen ohne Unterstützung lassen, ja die Haussiten und die Erhebung der Jagellonen zur Herrschaft in Böh- men begünstigen werde, diesen ungerechten Verdacht haben Frie- drichs spätere, im Interesse Siegmunds gemachte Unternehmungen, namentlich auch seine Mühwaltungen in den folgenden Hussiten- kriegen, in die Augen fallend widerlegt. Selbst seinen Einflufs am Polnischen und Litthauischen Hofe bot Markgraf Friedrich vortheil- haft für die Sache Siegmunds auf. Indessen das Freundschaftsverhältnifs Siegmunds und Frie- drichs war mit den Krakauer Verträgen nun einmal gebrochen und dieser Bruch blieb unheilbar. Der Argwohn ist immer erfinderisch in seinen Combinationen ; hier aber liehen ihm zugleich Neid, Mifs- gunst und Eifersucht ihren Beistand. Friedrich hatte in des Königs Gunst zu hoch gestanden, um den Angriffen dieser Leidenschaften zu entgehen. Besonders der Herzog Ludwig von Bayern, Friedrichs erbit- tertster Feind, liels den günstigen Zeitpunkt nicht unbenutzt, um sich an dem Markgrafen für die in Constanz erfahrnen Kränkungen nach Kräften zu rächen. Mit eımem Jahrgehalt von 12000 Gulden für die Tochter des Königs, die noch nicht zwölfjährige Braut des Herzogs Albrecht von Österreich, in Hofdienst genommen, hatte er . des Königs Ohr und dieser war leichtgläubig genug, selbst der un- würdigen Verdächtigung Gehör zu geben, als beabsichtigten die Kurfürsten von Brandenburg und von der Pfalz, die eng zusam- men hielten, ihn der Königswürde zu entsetzen, wie einst dem Kö- ‚nige Wenzel unter Friedrichs Mitwirkung geschehen. Entblödete sich doch Herzog Ludwig nicht, schon in einem wegen Schuldsa- chen am 31. August 1420 an den Markgrafen erlassenen Scheltbriefe, ihn wie einen treulosen, eidbrüchigen Verräther zu verrufen und Friedrichs Verhalten gegen den König durch die Bemerkung zu ver- dächtigen: „Daher wollten wir gern, dafs der König dich so setze, dafs du ihm nicht auch thun kannst, wie du den Königen Wenzel und Ruprecht gethan hast, deren geschworener Vasall du ebenfalls warst, und meinen auch, da der König dich, unwissend deiner üblen 324 Handlungsweise, erhöht hat, dals er dich wohl wieder erniedrigen könne, nachdem du dich solcher schuldig gemacht hast.” (') Zugleich blieb auch die Österreichische Parthei nicht unthätig, die Milsstimmung des Königs, gegen den Markgrafen zu nähren, wenigstens zu ihrem Nutzen auszubeuten. Im engsten Bunde mit dem Herzoge Ludwig von Bayern stand Herzog Friedrich von Österreich, gegen welchen Markgraf Friedrich, wegen der Entwei- chung des Papstes aus Constanz, in des Königs Auftrage die Waf- fen geführt hatte und der noch immer tiefen Groll wegen der ihm dadurch bereiteten Demütbigung im Herzen trug. Er konnte da- _ her alle Veränderungen nur gern sehen, welche der alten Gunst des Königs gegen den Markgrafen Abbruch thaten und zugleich die Gefahr für seine Parthei entfernten, dals die Römische Königswürde nach dem Erlöschen des Hauses Luxemburg auf das Brandenburgi- sche Haus Zollern übergehen mögte. Herzog Albrecht von Öster- reich aber war mit Siegmunds einzigem Kinde, der Prinzessin Eli- sabeth, zwar seit längerer Zeit verlobt, doch ohne dals es ihm als künftigem Schwiegersohne des Königs gelungen war, die Hoffnung auf bedeutende Vortheile aus dieser Verbindung verwirklicht, ge- schweige denn dadurch Aussicht auf die Succession in die Römi- sche Königswürde sich eröffnet zu sehen. Auch ihm stand bisher vorzüglich die Vorliebe des Königs für den Markgrafen Friedrich hindernd entgegen. Diese mufste daher erst aus dem Gemüthe des Königs entfernt werden, bevor die Eheverbindung mit der Erbin des Königs auch für die Deutsche Oberhauptsfrage die gewünschten politischen Combinationen zur Folge haben konnte. In der That wurde auch das Verhältnifs Albrechts zu Siegmund in dem Grade ein näheres, worin dieser sich dem Markgrafen Friedrich mehr ab- neigte. Schon im ersten Viertel des Jahres 1421 trat Siegmund in nähere Beziehungen zu dem Herzoge. Dennoch war dessen künf- tige Vermählung mit der Tochter des Königs um diese Zeit immer noch so wenig gesichert, dals König Siegmund dieselbe noch im J. 1421 sogar dem Könige Wladislaw von Polen zur Gemahlin soll haben anbieten lassen, wie er diesem später die Hand Sophiens, der (') Das Schreiben befindet sich ungedruckt im Münchener Reichs- Ar- chive. u i , & 5 325 verwittweten Königin von Böhmen antrug. Doch nachdem Mark- graf Friedrich, der Abmahnung Siegmunds ungeachtet, das Pol- nisch-Litthauische Bündnils abgeschlossen hatte, wurde dem Her- zoge Albrecht am 28. September zu Presburg die Prinzessin Elisa- beih zur Gattin bündig zugesichert, letztere auch zur Erbin von Ungarn und Böhmen erklärt und der Herzog dadurch zur fortdau- renden Unterstützung des Königs in den Hussitenkriegen verpflich- tet. In dem folgenden Jahre ward auch schon am 19. April die Ver- mählung gefeiert; während es dagegen auf dem Nürnberger Reichs- tage fast fünfwöchentliche vergebliche Unterhandlungen kostete, um auch nur äulserlich ein gutes Vernehmen des Königs zu dem Pfalz- grafen vom Rheine und zu dem Markgrafen von Brandenburg, den der König aufs heftigste schalt, im Interesse der Reichsangelegen- heiten herzustellen. (') Seit der Vermählung Albrechts bemühten sich dann auch derKönig und die Baierisch- Österreichische Parthei mit vereinter Kraft, dem Schwiegersohne des Königs die Stimmen der Kurfürsten für die dereinstige Königswahl, so weit dies zu er- reichen war, im voraus zu sichern; während selbst die Wiederver- leihung des erledigten Herzogthumes Sachsen im Jahre 1423 von dem Könige zu einer unnöthigen Kränkung des Markgrafen Frie- drich benutzt wurde und der Gedanke, diesen mit offnem Krieg über- ziehen zu müssen, ohne alle in der Wirklichkeit dazu gegebene Veranlassung, dem Könige so nahe rückte, dals er z. B. 1424in Her- zog Albrechts Gegenwart dem Herzog Heinrich von Bayern-Lands- hut die feierliche Zusage seines Beistandes zum Kriege gegen seinen Schwager, den Markgrafen, zumutbete und zürnend selbst den Ab- schiedsgruls versagte, (?) da Herzog Heinrich solcher Zusage sich weigerte. Noch einer der letzten Regierungsacte des Königs war der Versuch, die Mark Brandenburg des Anlalls eines ihr erledigten Fürstenthumes zu berauben, indem Siegmund auf das Fürstenthum Wenden von Reichs wegen Anspruch machte und die Rechte des Reiches am 6. Noy. 1437 seinem Canzler Caspar Sligk ver- (*) Eberh. Windeckii Hist. Sig. bei Mencken Script. I, 1154. (?) Eberh. Windeck a. a. ©. 1175.— Die Occupation Sachsens bedarf noch einer berichtigten Darstellung: sie ist bis jetzt ganz unrichtig aufge- falst, 326 schrieb. (') Dagegen waren Herzog Albrechts Besitzungen ver-J mehrt und erweitert, auch mehrere Kurstimmen seiner Wahl be- reits gesichert, (2) da Siegmund am 9. Dezember 1437 verstarb. So lagen in den Verhältnissen, welche König Siegmund und den Markgrafen Friedrich zweieten, wohl Keime zu wichtigen, weit über den Bereich ihrer persönlichen Angelegenheiten und ihrer Hausbesitzungen hinausreichenden historischen Ereignissen. Denn ohne den Bruch des Freundschaftsbundes, der Siegmund und Frie- drich verknüpfte, mögte die Bayersch - Österreichische Parthei schwerlich in dem Wahlkampfe obgesiegt haben, der demnächst da- rüber entschied, ob das Haus Hohenzollern oder das Haus Habs- burg künftig die Oberherrschaft im Reiche führen werde. Hr. Ritter legte 2 Charten vor, einen Grundrils von Jerusa- lem und die Landschaft Galiläa, welche zu dem neu erscheinenden Theile seiner Erdkunde (XVI Palästina) gehören. v 10. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Dirksen las: Über die römisch-rechtlichen Ge- währsmänner der Grammatiker Verrius Flaccus und Festus Pompeius. Hr. Heintz hatte der Akademie eine Arbeit über die Zu- sammensetzung des Walraths, derjenigen Substanz, welche beim Erkalten des in den Kopfhöhlen gewisser Cetaceen enthaltenen Öls herauskrystallisirt, eingesandt. Ein Auszug der Abhandlung, welche ausführlich in Poggendorff’s Aunalen erscheint, ist folgender: 2 Der Walrath ist von Chevreul für eine Verbindung von Athal (CEO + HO) mit Margarinsäure und Oleinsäure ge- halten worden. Später wiesen Dumas und Stafs nach, dafs bei Einwirkung von Kalihydrat auf Äthal bei einer Temperatur von 210° - 220° C. unter Wasserstoffgasentwickelung das Kalisalz einer Säure gebildet wird, welche sie Äthalsäure nannten, (') Riedels Cod. II, IV, 158. (*) Kurz, Albrecht I. B. II, 105. 112. ; 397 deren Zusammensetzung durch die Formel C?”H’' 0°’+HO ausgedrückt werden und deren Schmelzpunkt bei 55° C liegen sollte. Kurze Zeit darauf untersuchte Smith den Walrath, und glaubte dargethan zu haben, dals er nichts anderes sei als eine Verbindung dieser Äthalsäure mit Äthal. Die Arbeit des Hrn. Heintz weist nach, dals die Zusammensetzung des Walraths eine viel complicirtere ist, dals bei seiner Verseifung allerdings Äthal, aber keine Äthalsäure, sondern ein Gemisch einer ganzen Reihe von Säuren entsteht, ja endlich, dals die Äthalsäure, d. h. eine chemisch reine Substanz von der Formel C?#°'0°-+-HO und dem Schmelzpunkt 55° C. gar nicht existirt. Die Methode, welcher sich Hr. Heintz bei der Untersu- chung des Walraths bediente, war in Kürze folgende. Ein Ge- wichtstheil festes trocknes kaustisches Kali, das rein von koh- lensaurem Kali und andern Verunreinigungen war, wurde in vielem Alkohol gelöst und diese Lösung mit dem sechs- bis achtfachen Gewicht käuflichen gereinigten Walraths gekocht, bis dieser aufgelöst war. Auf diese Weise geschah die Ver- seifung in kurzer Zeit. Die Lösung wurde mit einer concen- trirten wässrigen Lösung von Chlorbaryum gefällt, und die Flüssigkeit noch warm filtrirt. Der Barytniederschlag wurde mit heilsem Alkohol vollständig vom Äthal befreit. So wurde eine erste Portion von Barytsalzen erhalten. Die alkoholische Lösung lieferte noch eine zweite Portion, als der Alkohol ab- destillirt und der Rückstand mit Äther extrahirt wurde. Die- ses Barytsalz war im Äther nicht löslich. Eine dritte geringe Menge endlich wurde erhalten, als die ätherische Lösung verdun- | stet, das rückständige Äthal längere Zeit mit Salzsäure gekocht, die vom Baryt befreite fette Masse in Alkohol gelöst, das beim Er- } kalten sich abscheidende Äthal ausgeprelst, die abgeprefste Flüs- | sigkeit weiter verdunstet, das weiter abgeschiedene Äthal aus- | geprelst und die zuletzt übrig bleibende alkoholische Lösung mit einer alkoholischen Lösung von essigsaurer Baryterde ge- fällt wurde. Das hier gewonnene Barytsalz konnte mit kal- tem Alkohol gewaschen werden. Es waren nun das abgeprelste Äthal, die alkoholische Lö- | sung, welche von dem letztgenannten Barytsalze abgepreist war, endlich die drei Barytsalze zu untersuchen. 328 Das Äthal fand Herr Heintz, nachdem er es von einer ge- ringen Menge nicht verseiften Cetin’s getrennt hatte, genau so zusammengesetzt, wie Dumas, nämlich gemäls der Formel C?H”’O-+HO. In der alkoholischen Flüssigkeit aber, welche von dem letzt- erwähnten Barytniederschlage getrennt worden war, fand sich neben einer gewissen Menge Äthal ein eigener, sehr leicht schmelzbarer, sehr leicht in jedem Verhältnils in Alkohol lösli- cher, in Wasser nicht löslicher Stoff, der schwerlich rein von Äthal war. Schon bei 10°— 12° C. ist dieser Körper flüssig. Er kann nur dadurch vom Äthal getrennt werden, dals man die alkoholische Lösung in die Kälte stellt und das sich in fester Gestalt Abscheidende abpresst. In der Lösung bleibt endlich dieser Körper, der durch Kochen mit einer alkoholischen Kali- lösung, der man während des Kochens allmälig Wasser zusetzt, von noch etwa vorhandenen geringen Mengen fetter Säuren befreit werden kann. Die Analysen dieser Substanz führten zu der Formel C'°4'° 0%. Die fetten Säuren, welche aus den drei verschiedenen Ba- rytsalzen dadurch erhalten wurden, dals jedes für sich mit ver- dünnter Salzsäure gekocht wurde, hat Herr Heintz nach der Methode untersucht, durch welche es ihm gelungen ist, die wahre. Natur des Menschenfettes zu ermitteln, wie dies schon in einer früheren Sitzung mitgetheilt worden ist('). Er wendete zu den partiellen Fällungen aber nicht essigsaures Bleioxyd, sondern essigsaure Baryterde an. Da es jedoch möglich war, dals eine oder die andre dieser Säureportionen schon von ge- wissen Bestandtheilen der felten Säuren frei sein möchten, wodurch ihre Reinigung erleichtert werden dürfte, so hat Herr Heintz jede dieser Portionen besonders untersucht. Die geringe Menge der fetten Säuren, welche zuletzt an Baryt gebunden abgeschieden worden waren, konnte nur benutzt werden, um nachzuweisen, dals darin eine geringe Menge Öl- säure, oder einer anderen in ihrem Hydrate weniger Wasser- stoff- als Kohlenstoff- Atome enthaltenden Säure, enthalten ist. Diese Säureportion war ein Gemisch geringer Mengen verschie- dener Säuren. (') Diese Berichte, Jahrgang 1851. S. 484. 329 Die zuerst vom Äthal abgeschiedene Säureportion, welche die Hauptmasse der aus dem Walrath durch Verseifung gebil- deten Säuren enthielt, wurde in wenig Alkohol kochend gelöst. Die sich beim Erkalten ausscheidenden Säuren wurden durch eine kräftige Presse abgeprelst und dies mehrmals wiederholt, um die etwa vorhandene Ölsäure ganz zu entfernen. Die so erhaltene feste Säure wurde durch partielle Fällung mit essig- saurer Baryterde aus der alkoholischen Lösung in verschiedene Portionen gesondert. Die zuerst an Baryterde gebunden nie- derfallende Säureportion enthielt eine Säure, die durch Umkry- stallisiren einen Schmelzpunkt von 64° C. erhielt. Wahrschein- lich enthielt diese Portion Stearophansäure, die jedoch nicht im reinen Zustande erhalten werden konnte, weil sie in zu gerin- ger Menge vorhanden war. Die folgende Portion gab durch Umkrystallisiren eine be- deutende Menge reiner Margarinsäure, die an allen Eigen- schaften und an der Zisammensetzung als solche erkannt wurde. Die dritte Portion lieferte, gleichfalls nach anhaltendem Umkrystallisiren, vollkommen reine Palmitinsäure. Aus der vierten Portion konnte durch blofses Umkrystalli- siren keine reine Säure mehr gewonnen werden. Herr Heintz vereinigte sie daher mit der durch das Auspressen der erkalte- ten alkoholischen Lösung der fetten Säure abgeschiedenen Säu- reportion, nachdem diese in Bleisalz verwandelt und dieses durch Extraction mit Älher vom ölsauren Bleioxyd getrennt worden war. Es zeigte sich, dals der Äther zwar nicht reines ölsaures Bleioxyd auszog, aber jedenfalls die Verbindung einer Säure, deren Hydrat weniger Wasserstoff-, als Kohlenstoff- Atome enthält, die freilich noch mit den Bleisalzen andrer fet- ter Säuren gemischt war. Aufserdem löste der Äther eine in- differente, in Alkohol, selbst kochendem, nur schwer lösliche, butterartige Substanz, deren Analyse zu der Formel C 4% O* führte. Sie war ohne Zweifel nicht ganz rein. Aus dem in Alkohol leichter löslichen Theile der fetten Säuren des Walraths gelang es Herrn Heintz zwei Säuren ab- zuscheiden: Myristinsäure, die bei 4495C. schmilzt und aus CH’ 0° + HO besteht, und 330 Cocinsäure, die bei 3495 C. schmilzt und aus C?° H* O° + HO besteht. Letztere erhält man am besten rein, wenn man die am schwersten mit Baryt verbunden niederfallenden, um 33° C. schmelzenden Säureportionen in das Magnesiasalz umwandelt, indem man sie in wenig Alkohol unter Zusatz von Ammoniak löst und mit einer alkoholischen Lösung von essig- saurer Magnesia fällt. Die cocinsaure Magnesia bleibt im Al- kohol gelöst. Die daraus dargestellte fette Säure kann durch Umkrystallisiren aus verdünntem Alkohol gereinigt werden. Endlich der Theil der Barytsalze, welcher durch Äther vom‘ Äthal gelrennt war, lieferte eine bei 3355 C. schmelzende Säure. Durch Umkrystallisiren stieg aber der Schmelzpunkt bis 59° C. Die so gewonnene Säure erstarrte ganz ähnlich, wie die Mar- garinsäure. Ohne Zweifel enthielt sie diese Säure neben ge- ringen Mengen anderer Säuren. Die alkoholischen Lösungen, von welchen diese Säure getrennt war, wurden mit Ammoniak gesätligt und mit essigsaurem Bleioxyd@ das in Alkohol gelöst war, gefällt. Der Bleiniederschlag wurde gewaschen und mit Äther erschöpft, um die Ölsäure zu entfernen. In der That fand sich, dals die in dem gelösten Bleisalz enthaltene Säure weniger Wasserstoff- als Kohlenstoff- Atome enthielt. Sie war als ein Gemenge von Ölsäure oder einer ihr analog zusammen- gesetzten fetten Säure mit andren fetten Säuren zu betrachten, Die aus dem in Äther unlöslichen Bleisalze wieder abgeschie- dene Säure enthielt neben geringen Mengen Margarinsäure, Pal- mitinsäure, Myristinsäure und Cocinsäure eine fünfte Säure, die Herr Heintz Cetinsäure nennt. Sie wurde dadurch erhalten, dals durch partielle Fällung mit einer nur geringen Menge es- sigsaurer Baryterde die Margarinsäure und Palmitinsäure abge- schieden wurden. Die in der Alkohollösung gebliebene Säure wurde mit Ammoniak neutralisirt und mit essigsaurer Talkerde versetzt. Die Flüssigkeit wurde vom Niederschlage getrennt, aus letzterem die Säure wieder abgeschieden und diese noch einmal auf dieselbe Weise behandelt. Die nun von der Ma- gnesia wieder abgeschiedene Säure wurde endlich umkrystallisirt, bis ihr Schmelzpunkt constant blieb. Diese Säure, die Cetinsäure, schmilzt bei 5355 C., erstarrt in concentrisch gruppirten, perlmutterartig glänzenden Blättcehen und besteht aus CH? 0°’ -+-HO. % 331 Nach dieser Untersuchung besteht der Walrath aus den Verbindungen des Äthals oder Cetyloxyds mit Margarinsäure, Palmitinsäure, Cetinsäure, Myristinsäure, Coecinsäure. Herr Heintz nennt diese Verbindungen: 1) Margäthal = margarinsaures Cetyloxyd CH” 0°’+C”H”O 2) Palmäthal = palmitins. Cetyloxyd .. C?H’'0°’+-C”H?O 3) Cetäthal = cetins. Cetyloxyd ... CPH?O’+-C”H”O 4) Myristäthal= myristins. Cetyloxyd. C#?B7"0°+C”H”O 5) Cocäthal = cocins. Cetyloxyd ... C*H30’+C?H”O Aufserdem scheint eine geringe Menge Ölsäure unter den Verseifungsproducten des Walraths zu sein. Gleichzeitig ist aber auch etwas Glycerin darin, ohne Zweifel von dem Öle herrührend, aus dem der Walrath herauskrystallisirt war. Die wahrscheinlich vorhandene Ölsäure ist daher wohl als Olein dem Walrath beigemengt. Die beiden indifferenten Stoffe, welche Herr Heintz in den Verseifungsproducten des Walraths neben dem Äthal fand, sind vielleicht auch mit den gefundenen Säu- ren verbunden darin enthalten. Von dem in Alkohol so sehr leicht löslichen, der deshalb durch kalten Alkohol aus dem Wal- rath mülste ausgezogen werden können, ist dies gewils, da derselbe sich eben dadurch nicht ausziehen läfst. Von dem anderen ist es zweifelhaft. Beide Körper bilden sich aber nur in so geringer Menge aus dem Walrath, dals sie als unwesent- liche Bestandtheile desselben zu betrachten sind. Sie sind viel- leicht Producte der durch die Respiration eingeleiteten Oxyda- tion des Athals. Merkwürdig ist, dafs durch Verseifung des Walraths eine ganze Reihe der fetten Säuren ohne Auslassung eines Gliedes gebildet wird. Es ist wahrscheinlich, dals diese Reihe sechs Glieder, von der Stearophansäure bis zur Cocinsäure, umfalst. Wahrscheinlich bildet sich zunächst stets die an Kohlenstoff reiehste Verbindung, welche durch den allmäligen Einfluls des durch die Respiration in den Organismus der Cetaceen einge- führten Sauerstoffs unter Kohlensäure und Wasserbildung in die anderen Glieder dieser Reihe übergeführt wird, ähnlich wie durch Einwirkung von Salpetersäure auf Ölsäure und auf Proteinsubstanzen eine grolse Zahl der Säuren derselben Reihe entsteht, welche jedoch freilich bei dem energischeren Oxydations- prozels schon mehr Kohlenstoff und Wasserstoff verloren haben. 332 Endlich ist es Herrn Heintz gelungen, nachzuweisen, dals die durch Einwirkung von Kalikalk auf Äthal bei 210°— 220° €. entstehende Säure eine Mischung mehrerer Säuren ist, in der die Palmitinsäure ohne Zweifel den Hauptbestandtheil ausmacht. Denn durch zweimalige partielle Fällung der sogenannten Äthal- säure mit essigsaurem Baryt erhielt Herr Heintz eine bei 6193C. schmelzende, sich der Palmitinsäure ganz ähnlich verhaltende Säure. Herr Heintz behält sich vor, die Producte der Einwir- kung des Kalikalks auf das Äthal noch genauer zu studiren. Hr. Dove gab noch einen Nachtrag zu den in dr Aut Sitzung vorgelegten Mittheilungen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Aug. Schleicher, die Formenlehre der kirchenslawischen Sprache. Bonn 1852.158: : mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Berlin d. 28. Mai d. J. Annales des Mines. 4. Serie. Tome 20. Livr. 6. de 1851. Paris 1851. 8, Durch das vorgeordnete Königl. Ministerium mittelst Reseripts vom 26. Mai d. J. der Akademie mitgetheilt. Abhandlungen der mathematisch- physikalischen Klasse der Königl. Baye- rischen Akademie der Wissenschaften. Bd. VI. Abth. 2. München 1851. A. Eduard Mezger, architektonische Zeichnungen als Beilage zu den zwei Abhandlungen über das Erechtheum in B.V.3 u.Vl.1 der Abh. der I. Classe d. K. B. Ak. d. W. Mit e. Vorworte von Friedr. Thiersch (ib. eod.) A. Carl Prantl, die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie. Festrede, gele- sen in der öffentl. Sitzung der Kgl. Akad. der Wissensch. zur Vorfeier ihres 93. Stiftungstages am 27. März 1852. ib, 1852. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Bibliothekariats d. Kgl. Bayerisch. Akademie der Wissensch. zu München vom 15. Mai d. J. Carl E. Hammerschmidt, Helminthologische Beiträge. Beschreibung einiger neuen in Insekten entdeckten Oxyurıs- Arten. Aus den natur- wissensch. Abhandlungen, herausgeg. von W. Haidinger. 1. Band. Wien 1847. 4. ‚ Beschreibung eines neuen mexicanischen Schmetterlinges Zeuzera (Cossus) Redtenbacheri Hmrschdt., dessen Entwickelung in Wien beobachtet wurde. Aus denselb. Abhandl. II. Band. ib. eod. 4. Eingesandt vom Verfasser mit der beigefügten Notiz vom Z Oct. 1851, dafs er derzeit unter dem Namen Dr. Abdullah als Hekim Birba- 333 , schi oder Major und Staabsarzt im Militair- Spital zu Damascus in Syrien lebe. Observations astronomiques faites a !’Observatoire de Paris, publices par le Bureau des Longitudes, Annee 1837 - 1846. Paris 1837-46. fol. Bulletin de la Societe geologique de France. 2. Serie Tome 9. feuilles 4-4. Paris 185131852. 8. Archives du Museum d’histoire naturelle. Tome V. Livr.4. Tome VI. Livr. 1.2. Paris. 4. Museum d’histoire naturelle de Paris.— Catalogue methodique de la collection des Reptiles par C. et Aug. Dumeril. Livr. 2. Paris 1851. — Ca- talogue melhodique de la collection des Mammiferes, de la collect. des Oiseaux et des collections annexes par Isidore Geoffroy Saint- Hilaire et Florent Prevost et Pucheran. Partie 1. Mammife- res. Introduction et Catalogue des Primates par J. Geoffroy St.- Hilaire. ib. eod. 8. Auguste Comte, Systeme de Politique positive, ou traite de Sociologie, instituant la Religion de U’ Humanite. ‘Tome 2. Paris Mai 1852. 8. Dujardin, Telegraphe electrique. s.l.eta. 8. 3 Exempl. L’Institut. 1. Section. Sciences mathematiques, physiques et naturelles, 20. Annee. No. 950-960. 17. Mars — 26. Mai 1852. Paris, 4. 2. Section. Sciences historiques, archeologiques et Philosophi- ques, 17. Annee. No. 195. Mars 1852. ib. 4. Revue archeologique. 9. Annee. Livr. 2. 15. Mai. Paris 1852. 8. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Avril. Paris. 8. Schumacher, astronomische Nachrichten. No.808. 809. Altona 1852. 4. Felix Freisauff von Neudegg, das fortschreitende Bewegungsprin- eip für Dampf- und Eisenbahn- Wagen, auf ebenen und geneigten Bahnen, mittelst dessen Anwendung die Semmeringer - Preislocomotive „Bavaria” den von der k. k. österreichischen Regierung im Jahre 1850 ausgeschriebenen, ersten Preis, von 20,000 Stück Dukaten erhielt. Wien 1852. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Wien d. 7. Juni d. J. 17. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Magnus las über die Seitenabweichung der länglichen Geschosse und über eine auffallende Er- scheinung bei rotirenden Körpern. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Jahresbericht der Wetterauischen Gesellschaft für. die era Natur- kunde über die Gesellschaftsjahre 18%, 18%, 18%, 1858, 1537, 1820. Hanau 1844-51. 8. 6** 334 mit einem Begleitungsschreiben dieser Gesellschaft d. d. Hanau den 9, Juni d.J. Franz Habel, Baden bei Wien. Skizze. Wien 1852. 8. mit einem lithographirten Begleitungsschreiben der Badedirektion zu Baden bei Wien vom 1. Mai d.J. J. Lamont, Beobachtungen des meteorologischen Observatoriums auf dem Hohenpeifsenberg von 1792-1850. 1. Supplementband zu den Annalen der Münchener Sternwarte. München 1851. 8. ‚ Beschreibung der an der Münchener Sternwarte zu den Beobachtungen verwendeten neuen Instrumente u. Apparate. ib. eod. 4. , Verzeichnifs der vorzüglichsten im Königreiche Bayern ge- messenen Höhenpunkte nebst den geographischen Positionen der grö- /seren Städte und Tafeln zur Höhenbestimmung miltelst des Barome- ters. 2. Aufl. ib. eod. 8. Annales de Chimie et de Physique. 1852. Mai. Paris. 8. The astronomical Journal. No. 38. 39. (Vol. II. No. 14. 15.) Cambridge, 1852, April 30, May 13. 4. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 810.811. Altona 1852. 4. Hierauf wählte die Akademie die Herren Eduard Robinson in New York, Guilio Minervini in Neapel, Dr. Ludwig Conrad Bethmann in Rom und Luigi Canina in Rom zu correspondirenden Mitgliedern ihrer philosophisch - histori- schen Klasse, nachdem die Wahl in der Klasse selbst früher vollzogen worden war. Ferner beschlofs die Akademie das zur Feier des 50 jähri- gen Amtsjubiläums ihres auswärtigen Mitgliedes des Herrn Lobeck in Königsberg demselben gesandte Glückwünschungs- schreiben sammt der Erwiederung desselben in die Monatsbe- richte aufzunehmen. (8. d. Beilage.) 21. Juni. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Hr. Klotzsch las: Einiges über die Beziehungen des Fachgelehrten der Botanik zum Praktiker. Das Studium der Botanik erweckt seit einigen Decennien nicht mehr das rege Interesse, nicht mehr die vielseitige Un- terstützung und Protection wie ehedem. Die Ursachen zu 339 ergründen, welche diese, für die Naturwissenschaften im All- gemeinen beklagenswerthe Erscheinung herbeiführen konnte, mag das Thema meines heutigen Vortrages bilden. Es fehlt nicht an Männern, durch welche die Botanik als Wissenschaft würdig vertreten ist, auch nicht an jungen Leu- ten, die sich dieser Wissenschaft ausschliefslich widmen; un- ter ihnen solche, die mit kühnem Griffe eine neue Betrachtungs- weise einzuführen versuchen. Demungeachtet entzieht der Laie diesem Zweige der Naturwissenschaften seine Theilnahme im- mer mehr und mehr. Wenn auch die Freude nicht gemindert ist, den die man- nigfaltigen Genüsse der Pflanzen dem Menschen durch ihre Schön- heit und Nützlichkeit gewähren, so ist doch das allgemeine Interesse für die Forschungen des Fachgelehrten fast gänzlich gewichen; und dennoch muls der competente Beurtheiler zu- gestehen, dafs die Botanik in den letzten 80 Jahren durch die Bemühungen ihrer Vertreter zu einer wissenschaftlichen Doc- trin erhoben wurde, die in allen civilisirten Staaten der Welt von Seiten der Gelehrten Anerkennung findet. Nachdem das Volk die ungeheueren Erfolge, die in ande- ren Zweigen der Naturwissenschaften durch ihre praktische Brauchbarkeit gefeiert wurden, kennen lernte, hat es auf ähn- liche Resultate aus dem Bereiche der botanischen Forschungen gehofft und sieht sich in seinen Erwartungen getäuscht. Ich will nicht der Vortheile gedenken, die die Pflanzen der Medizin, Technik, Industrie und dem Handel bieten; auf sie üben die botanischen Forschungen verhältnilsmälsig wenig _ Eintlufs, da sie sich meistentheils auf die systematische Bezeich- nung, die Charakteristik und das Vorkommen der Stammpflan- zen beschränken, höchstens ein begründetes Urtheil über die Identität des betreffenden Pflanzentheils durch Vergleichung der anatomischen Structur ihrer Elementarorgane mit dem ent- sprechenden Pflanzentheile der Stammpflanze zulassen, während es den Untersuchungen des Chemikers und Technikers, zuwei- len wohl auch dem Zufalle überlassen werden muls, Neues auf diesem Gebiete zu entdecken. Anders aber verhalten sich die Beziehungen des Botanikers zum Wald-, Land- und Gartenbau; hier bietet sich ihm ein Feld, 336 dessen Bearbeitung im wissenschaftlichen Sinne fast ausschliels- lich seine Aufgabe ist, obgleich er diese Aufgabe bis jetzt ent- weder nur zum Theil erfüllte, oder sie gar nicht als zu sei- nem Bereiche gehörig betrachtend, ganz von der Hand wies und dem Forstmanne, Ökonomen und Gärtner überliefs, Verbesse- rungen nach eigenem Ermessen dabei in Anwendung zu brin- gen oder Erklärungen für das Resultat seiner Methode irgend wo zu suchen. Wenn es erhebend ist zu sehen, wie der Chemiker, Phy- siker, Techniker und Fabrikant mit einander Hand in Hand ge- hen, wie sie sich gegenseitig nach gemachten Entdeckungen in ihren respectiven Bereichen erkundigen und unterrichten; welche Mühe sich der eine nach den Forschungen der Wissenschaft giebt, um sie praktisch in Anwendung zu bringen, während der Fachgelebrte der bezüglichen Branche, sich mit den Fort- schritten, welche die Praxis errungen hat, vertraut macht, um eine wissenschaftliche Erklärung der dabei beobachteten Er- scheinungen zu geben und diese in Einklang mit den philoso- phischen Principien seiner Doctrin zu bringen; so ist es auf der anderen Seite niederschlagend, zu bemerken, dafs der botani- sche Fachgelehrte und der Forstmann, Ökonom und Gärtner sich kaum um einander kümmern. Der botanische Fachgelehrte, von dem man keinesweges sagen kann, dafs er eines philosophischen Princips entbehrt, ist nur nicht durchdrungen genug von der Wahrheit, dafs jenes Princip auf praktische Thatsachen begründet sein muls. Die leider zu sehr überhand genommene Sucht unter ein- zelnen, sonst fähigen Botanikern, etwas Neues zu liefern und | nur zu oft die älteren Theorien, welche auf praktische Erfah- rungen beruhen, ungeprüft zu verdammen, verursachen denn auch, dafs dergleichen unhaltbare Theorien in der Praxis durch- fallen. Ein solches Verfahren erweckt kein Vertrauen, und der Mangel des Vertrauens zur botanischen Wissenschaft ist es ins- besondere, der den Praktiker von dem Vertreter der Wissen- schaft trennt. Schon Störer, (Leben des Ritters Carl von Linn&, erster Theil p. 50.) spricht sich in dieser Beziehung sehr treffend 337 und mit begeisternden Worten aus, indem er sagt: ‚wenn ir- gend eine Wissenschaft, die ihren Verehrer auszeichnen soll, den Muth des Enthusiasmus und das Ertragen von Mühe und Beschwerlichkeiten erfordert, so ist es die Botanik. Der Theo- log, der Jurist, der Philosoph, der schöne Geist kann ein gros- ser Mann auf seinem Studirzimmer werden, der Astronom vom Observatorium die Kreise der Welten beobachten und sich einen unsterblichen Namen erwerben. Nicht so der Botaniker und Naturforscher. Die Natur mit ihren vielen Merkwürdigkeiten und Geheimnissen will selbst betrachtet sein. Ihr Dienst ist der mühsamste, so wie ihre Kenntnifs die reizendste und an- genehmste. Auch hat die Göttin keiner Wissenschaft eifrigere Liebhaber, keine so viele, die die Märtyrer ihrer Ergebenheit und Studiums geworden sind.” Möchte sich doch der Botaniker nie damit begnügen, die zu untersuchenden Pflanzen aus der freien Natur nur zu holen, um sie auf seinem Zimmer zu studiren,. sondern seine Beobach- tungen am natürlichen Standorte der Pflanze vornehmen. Er würde auf diese Weise zu einer naturgemälsen Anschauung des Gesammtorganismus der Pflanze gelangen und auf diesem Wege über den Begriff von Individuum, Organ und Theil eines Organes klar werden. Vor allen Dingen sollten sich die Botaniker über die Fest- stellung dieser Begriffe einigen. Hierzu gehört aber, dals sie das Pflanzenreich in seinem Totaleindrucke überblicken, eine natur- gemälse Eintheilung aller Gewächse beobachten und aus jeder der grösseren Gruppen irgend einen oder mehrere Repraesen- tanten zum Gegenstande ihrer Forschungen wählen, um das Wesen derselben nach allen Richtungen zu studiren. Die Meinungsverschiedenheit über den Begriff dessen, was als In- dividuum und Organ zu betrachten ist, würde alsdann ganz be- stimmt ihre Erledigung finden. Die seit beinahe 100 Jahren anerkannte Eintheilung der Pflanzen, zuvörderst in 2 Hauptgruppen, die als Kryptogamen und Phanerogamen bezeichnet werden, hat und wird sich für alle Zeiten bewähren; ebenso die Eintheilung der Kryptogamen in Zellen- und Gefälspllanzen. Allein statt der üblichen Ein- ‚theilung der Phanerogamen in Mono- und Dicotylen, halte ich 338 eine Trennung derselben in Gymnospermen und Angiospermen für geeigneter. Zur ersteren Gruppe gehören nur diejenigen Gewächse, welche die Eigenthümlichkeit zeigen, dals der Pol- lenschlauch nach dem Acte der Befruchtung verharrt und indu- rescirt, wie derselbe an den Cycadeen und Coniferen, bei wel- chen er am reifen Samen spiralig- gedreht, oft von einer Länge von mehreren Zollen angetroffen wird. Zur zweiten Gruppe gehören alle Phanerogamen, deren Samen von einem oder meh- reren Karpellblättern eingeschlossen sind und die wiederum in Mono- und Dicotylen zerfallen. Wenn die keimfähige Spore eines Pilzes, der zu den Zel- lenpflanzen der Kryptogamen gehört, ergiebt, dafs dieselbe gleich dem Samen der phanerogamischen Pflanze ein der Mutterpflanze ähnliches Gewächs bildet, sobald ihr die hierzu nölhigen Be- dingungen zugestanden werden, so sind wir berechtigt, die Spore mit dem Samen für analoge Produkte zu erklären. Gleich- wohl zeigt die Anatomie der Spore nur eine gesonderte Zelle, der Same der phanerogamischen Pflanze aber, je nach dem Grade seiner Ausbildung, in dem Zustande der Reife, nämlich in der Periode, in welchem er sich von seinem organischen Anhef- tungspunkte trennt, eine Zusammenhäufung von mehreren bil- dungsfähigen Zellen von einem Embryosack und demnächst von einer oder mehreren Häuten oder was gewöhnlicher der Fall ist, er findet sich im vollkommnen Zustande mit zusammenge- setzten Organen ausgestattet als Einzelnwesen, von Eihäuten bedeckt, das wir an der Beständigkeit der Erscheinungen als solches erkennen, vor. Im letzteren Falle ist er sofort zu kei- men fähig, im ersteren Falle muls der Keimung durch eine Art Brütung die Bildung seiner Organe vorausgehen. Das, was von dem Werthe und der Bedeutung des Samens gilt, der als ein aus geschlechtlicher Vereinigung hervorgegan- genes freies Individuum betrachtet werden muls, findet auch Geltung für den Werth und die Bedeutung der Spore. Beide Organismen sind vollständig analog, die Spore eine Zelle, der Same ein zusammengesetzier Organismus. Man sieht hieraus, wie irrig die, jetzt fast allgemein verbreitete Ansicht ist, die uns anzunehmen lehrt, das Individuum der Pflanze sei in der Zelle repraesentirt. Ich für meinen Theil kann eine solche 339 Lehre nur dann anerkennen, sobald mir nachgewiesen wird, dals es möglich ist, aus einer einzelnen Zelle einer phaneroga- mischen Pflanze, eine neue, ihr gleiche Pflanze zu erziehen. Die Einzelnwesen der Pilanzen sind jedoch nicht auf den Samen und die Spore beschränkt, sie treten ausserdem noch ohne vorhergegangenes Aufeinanderwirken des Geschlechtes durch Verjüngung als Knospen oder bedingte Individuen auf. Um das Entstehen und die Entwickelung solcher Indivi- duen zu erklären, ist es nöthig die Erscheinungen zu schildern, welche sich uns darbieten, wenn wir die Samen von beispiels- weise Ledurn palustre L., eines phanerogamischen Angiospermen keimen lassen und mit diesem Sämlinge experimentiren. Der von seiner losen Testa entblölste Same nimmt eine elliptische Form ein, ist in seiner Peripherie von einem aus lockeren Zellen bestehenden Endosperm und dem Embryosacke umgeben und enthält einen länglichen, verkehrt-eiförmigen Keim, dessen elwas zugespitzte Basis, aus der sich beim Keimen das Wurzelende entwickelt, dem Endostom der Micropyle zuge- wendet ist. Das der Basis entgegengesetzte Ende ist abgerun- det, durch eine Einkerbung in zwei Lappen getheilt, die sich beim Keimen als Samenlappen erweisen. An der inneren Ba- sis, zwischen diesen beiden Lappen befindet sich ein punktför- miger Höcker, der so klein ist, dafs man ihn nur bei einer zehnmaligen Vergrösserung wahrnimmt. Der senkrecht durch- geführte Schnitt, so gehalten, dals er beide Lappen von ein- ander trennt, zeigt Parenchymzellen und dicht unter dem Höcker und den Samenlappen eine geringe Menge von Cambium, jedoch keinerlei Gefälse. Beim Keimen, das auf feuchtem Torf unter einer Glasglocke um so besser von stalten geht, je frischer die Samen sind, die man dazu verwendet, verlängert sich zuerst das Wurzelende zu einem weissen fadenförmigen Körper, der seitlich durch die lose Testa tritt. Während dieses Vorganges ist das den Keim um- gebende Endosperm gänzlich resorbirt, die Samenlappen, auf denen die Testa gleich einer Mütze stülpt, sind grün geworden und zwischen ihnen wird beim Zurückbeugen derselben das Keimfederchen, das etwa +tel einer Linie lang und auf dem Scheitel ebenfalls grün gefärbt ist, sichtbar. 340 Untersucht man die innere Structur der Samenpflänzchen in diesem Zustande, so findet sich nicht allein die Menge des Cambiums gegen den früheren Zustand vermehrt, sondern auch nebenher Bast- und Spiralgefälse. Man schneidet mit einer gut geschärften Staarnadel die Spitze des Keimfederchens weg, ohne das Pflänzchen sonst wie zu beschädigen, aus seiner Lage oder von dem Orte seiner Anheftung zu bringen, was nicht gar schwierig auszuführen ist, da das Torfstück, worauf die Sämlinge sich befinden, jede be- liebige Stellung, welche die Bequemlichkeit erheischen sollte, erlaubt, indem man mit einer leichten Pincette, die von der linken Hand ‚gehalten wird, die Samenlappen behutsam zurück- beugt und die Staarnadel mit der rechten Hand operiren läfst. Gestattet man nun dergleichen Samenpflänzchen, die auf diese Weise der Operation unterzogen wurden, nachdem man sie durch das Danebenstecken einer Nadel bezeichnet hat, in derselben Lage und unter denselben Bedingungen, unter denen sie keimten, weiter zu verharren, so nimmt man zuerst das Ver- kümmern des Keimfederchens wahr; nach 10-14 Tagen aber sieht man dasselbe durch zwei Sprosse, die sich in den Win- keln an der inneren Basis der Samenlappen zeigen, ersetzt. Die hier hervorbrechenden beiden Sprosse sind mittelst Einwirkung der Samenlappen durch Verjüngung entstanden. Dals dem so ist, beweist der entgegengesetzte Versuch der Operation. Nimmt man nämlich den Samenpflänzchen in der vorerwähnten Ent- wickelungsperiode beide Samenlappen, eine Operation, die mit einer flachgekrümmten, feinen Scheere leicht auszuführen ist, ohne dafs das Keimfederchen verletzt wird, so sterben diese Pflänzchen ohne Ausnahme ab. Während die Samenlappen, die überhaupt einen schnellen Verlauf ihrer Entstehung, Entwickelung und der Ausübung ihrer Funktionen zeigen und als Organe zu betrachten sind, die den Laubblätiern vollständig analog stehen, in kurzer Zeit, nachdem ihre Verrichtungen, die nicht allein auf den Stamm, sondern auch auf die Wurzel einwirken, wie eine Wechsel- wirkung der Funktionen bei den Pflanzen, häufig sogar eine Übertragung derselben, von einem Organe auf das Andere un- verkennbar hervortritt, unbeschadet von dem Pflänzchen, dem 7 sie angehörten, doch bald abgefallen wären, zeigten sie in der vorerwähnten Periode einen so grossen Einflufs auf dafselbe, dals ihre Entfernung den Tod desselben herbeiführte. Eben habe ich die Samenlappen mit den Laubblättern für vollständig analoge Organe erklärt. Ich basire meine Behaup- tung auf das übereinstimmende Verbalten, welches beide Or- gane in ihrem Ursprunge, ihrer Entwickelung und in der Aus- übung ihrer Verrichtungen mit einander gemein haben. Sehen wir in der neueren Literatur diejenigen Abschnitte nach, in denen dieser Gegenstand zu erörtern versucht wird, so finden wir über die Entstehung des Laubblattes kaum mehr, als einzelne Andeutungen und eine strenge Trennung der Perioden für die Entstehung, Entwickelung und Aus- übung der Funktionen des Blattes ist nirgends zu bemerken, nur über die Entwickelung des Blattes ist Mehreres und Gu- tes vorhanden. Allein ungeachtet der trefflichen Versuche, die Thomas Andrew Knight vor 50 Jahren in den Verhandlungen der Königlichen Societät in London bekannt machte, und wodurch die Bedeutung und die Verrichtungen des Blattes auf das Schla- gendste nachgewiesen wurden, finden doch weder diese Ver- suche, noch die Resultate derselben bei den Fachmännern der Pflanzenphysiologie eine verdiente Würdigung. Der praktische Pflanzenphysiolog Knight, obschon er we- der die Spaltöffnungen, noch deren Bedeutung genügend kannte, wies nicht allein, wenn auch indirect den Zusammenhang des Blattes mit den Central- Organen des Stammes nach, und be- stäligte die von Bonnet gewonnenen Resultate, welche das Ausscheiden von Feuchtigkeit aus der Unterfläche des Blattes erweisen, sondern er zeigte auch zugleich durch seine, mit be- wundernswürdiger Einsicht angestellten Operationen die Ein- wirkung des Laubblattes auf den Stamm. Unsere gegenwärtigen Vertreter der Pflanzenphysiologie behaupten, die Einwirkung des Blattes auf den Stamm sei eine Ansicht, die sich als unrichtig erwiesen habe, einige unter ihnen meinen sogar, man könne eine Pilanze ohne Nachtheil für ihr Gedeihen der Blätter berauben. 342 Wäre es eine blofse Ansicht, aus irgend einer unhaltbaren Theorie entsprungen, so würde es eine Leichtigkeit sein, diese durch eine andere zu verdrängen. Hier beruht aber die Ansicht auf den Erfolg von Opera- tionen, die mit grolser Geschicklichkeit. und Sachkenntnils an lebenden Pflanzen angestellt wurden. Gleich dem Arzte, der zur Erlangung einer richtigen Diag- nose die krankhaften Symptome seines Patienten durch Fragen und Betasten der Körpertheile zu erforschen bestrebt ist, be- nahm sich Knight der lebenden Pllanze gegenüber, nur mit dem Unterschiede, dals statt der Fragstellung mittelst der Sprache ein Messer angewandt wurde und das Resultat der Operation als Antwort galt. War die Frage mit Präcision gestellt, so erfolgte jedes- mal eine Antwort, die keinen Zweifel zuliefs über das, was er wissen wollte; fehlte die Präcision in der Fragstellung, so er- folgte eine ausweichende Antwort. Ich muls bekennen, kein Werk über Pflanzenphysiologie hat mich je so angezogen, als die von Knight in den Ver- handlungen der Königlichen Socielät und in den der Londoner Gartenbau-Gesellschaft veröffentlichten Abhandlungen und nichts ist belehrender für mich gewesen, als die Wiederholung seiner Versuche, die zum Theil noch mehr enthalten, als er selbst daraus zog. Diejenigen, die sich für dergleichen Untersuchungen, die ich für die wichtigsten und folgereichsten in der Botanik halte, interessiren, kann ich Knights Arbeiten als das Beste und Zuverlässigste empfehlen. Das Laubblatt der phanerogamischen Angiospermen ist der Vorkeim des bedingten Individuums, wie die Samenlappen die- ser grolsen Pflanzengruppe Vorkeime der freien Individuen sind. Die Bezeichnung Vorkeim wurde zuerst für ein Organ be- nutzt, das die Bildungsstätte des freien Individuums der kryp- togamischen Gefälspflanzen abgiebt und sich unmittelbar aus der Spore der genannten Gewächse entwickelt. Dieser Vor- keim ist mit dem Samenlappen und dem Laubblatte der phane- rogamischen Angiospermen von durchaus gleicher Bedeutung und in Bezug auf seine Entstehung, Entwickelung und seine nn En 343 Verrichtungen vollkommen identisch. Der einzige erhebliche Unterschied, der sich zwischen dem Vorkeime der Farrue und denen der phanerogamischen Gefälspflanzen zeigt, besteht da- rin, dafs der Vorkeim der Farrne die Geschlechter unmit- telbar entwickelt, während dieselben bei den phanerogami- schen Angiospermen nach den Gesetzen der Metamorphose aus dem Blatte entwickelt werden. Es ist daher als ein Mils- griff, der jeder Begründung entbehrt, zu betrachten, wenn Wilhelm Hofmeister (die Entstehung des Embryo der Phan- erogamen pag. 5) jenes ein- oder mehrzellige Gebilde, wel- ches sich aus dem befruchteten Keimbläschen entwickelt und das als einfacher Zellfaden oder als massiger Zellkörper, des- sen Endzelle erst die erste Zelle des Embryo sein soll, er- scheint, für ein Anälogon des Vorkeimes der kryplogamischen Gefälspflanzen anspricht. Bei dieser Gelegenheit kann ich die Bemerkung nicht un- terdrücken, dafs die von den meisten Botanikern für anamor- phosirte Blätter erklärten Deckschuppen oder Tegmente der Laub- und Blüthenknospen, die sich an vielen Holzpflanzen zeigen, zwar nicht in Hinsicht ihrer Entwickelung von den Laubblättern abweichen, wohl aber in Bezug auf ihren Ursprung und auf die Ausübung ihrer Funktionen. In denselben Bezie- hungen, wie das Laubblatt zu den Centralorganen steht, in den- selben Beziehungen befindet sich die Deckschuppe zur Rinde, das heifst, zu der botanisch begrenzten Rinde, ohne Bast und Theil der Cambiumschichte, welche letztere beide zu den Cen- tralorganen des Stammes gehören, während die eigentliche Rinde zu dem peripherischen Theile des Stammes gerechnet werden muls, nicht in dem organischen Zusammenliange, wie sie in der Medizin und Technik meist Anwendung findet. Mögen diese wenigen Bemerkungen, die ich hier vorzu- tragen die Ehre hatte, nicht etwa, um zu zeigen, dals ich mehr und was besseres weils als andere Botaniker, sondern, die be- weisen sollen, was für Hindernisse eine Richtung unserer For- schungen entgegenstehen, welche zu verfolgen, in neuerer Zeit fast ganz verabsäumt wurde, obgleich sie in ihren Erfolgen geeignet ist, für das Studium der Botanik neue Sympathieen wiederum zu erwecken. 344 Wir dürfen uns den Anforderungen, die der Praktiker an uns macht, nicht entziehen. Ich betrachte es sogar als eine hei- lige Pflicht, die der Fachgelehrte der Wissenschaft, so wie dem Wohle der Menschheit willig darbringen muls, selbst dann zu erfüllen hat, wenn mancherlei Opfer für ihn damit verknüpft sein sollten. Jene Opfer werden als ehrende Denkmäler sei- nes gemeinnützigen Wirkens noch der Nachwelt als Vorbild dienen und sie zur Nachahmung aufmuntern. Hr. H. Rose berichtete über eine Arbeit des Herrn L. Heffter über die antimonsauren Salze. Die Resultate dieser mühsamen und mit Genauigkeit in meinem Laboratorium ausgeführten Arbeit sind zum Theil sehr auffallend und unerwartet. Der Verfasser hat gefunden, dafs in den antimonsauren Alkalien der Sauerstoff der Base zu der der Säure sich nur dann wie 1:5 verhält, wenn man dieselben in einer Atmosphäre von Kohlensäuregas oder von kohlensaurem Ammoniak geglüht und darauf mit Wasser be- handelt hat, welches etwas kohlensaures Alkali auszieht. Sonst enthält selbst das krystallinische antimonsaure Natron, wel- ches durch Fällung einer Auflösung von antimonsaurem Kali vermittelst eines Natronsalzes erhalten worden ist, Natron im Überschuls, an Wasser gebunden, so dafs in diesem Salze der Sauerstoff des Natrons zu dem der Antimonsäure sich wie 41:4,6 verhält. Beim Glühen verliert es seinen Wasserge- balt nicht vollständig, indem dieser Überschufs des Natrons das Wasser behält, und es gegen Koblensäure austauscht, wenn diese ihm beim Glühen dargeboten wird. Etwas Ähnliches fin- det beim antimonsauren Kali statt, und bei allen andern unter- suchten antimonsauren Salzen, von denen mehrere in einem deutlich krystallisirten Zustand darzustellen Herrn Heffter ge- lungen ist. Namentlich sind die Krystalle der Salze der Anti- monsäure mit der Magnesia, mit dem Kobaltoxyd und mit dem Nickeloxyd, welche unter einander isomorph sind, deutlich kry- stallisirt erhalten worden. Sie bestehen aus regulären sechs- seiligen Prismen mit gradangesetzter Endfläche. In allen un- tersuchten anlimonsauren Salzen ist das Verhältnils des Sauer- 345 stoffs der Base zu dem der Antimonsäure wie 1:4,6; sie ent- halten daher alle etwas überschüssige Base, welche an Wasser gebunden ist, so dafs diese Verbindungen als Salze zu betrach- ten sind, welche zwei Säuren, Antimonsäure und Wasser, ent- halten. Aufserdem enthält das antimonsaure Salz noch Krystall- wasser; in den krystallisirten Salzen beträgt dasselbe gewöhnlich 42 Atome; werden dieselben Salze im amorphen Zustand dar- gestellt, so haben sie gewöhnlich nur 6 Atome Wasser. Die Zusammenselzung für erstere kann am besten durch folgende man sie bis zu 100° C., so verlieren sie 8 Atome Wasser, bei 200° C. 10 Atome und bei 300° C. 11 Atome. In den bis zu 300° C. erhitzten antimonsauren Salzen kann man daher gegen ein Atom Antimonsäure 2 Atome Base annehmen, von denen das eine Wasser ist, und in den bis 200° C. erhitzten 3 Atome Base, wovon 2 aus Wasser bestehen. Hierauf legte Hr. G. Rose eine Abhandlung des Herrn €. Rammelsberg: über die chemische Zusammense- tzung des Chondrodits, Humits und Olivins und die Isomorphie der beiden letzteren vor. Der Humit, welcher in den Höhlungen der Kalksteinblöcke in dem 'Tuff der Somma vorkommt, und zuerst im J. 1812 von Bournon unterschieden wurde, ist krystallographisch vou Phil- lips, G. Rose, Marignac und vorzüglich von Scacchi untersucht worden. Ganz besonders hat Scacchi’s Arbeit die merkwürdigen Verhältnisse dargethan, welche das Krystallsystem dieses Mine- rals auszeichnen. Zugleich weist ihr Verfasser durch neue Messungen an Olivinkrystallen mit Bestimmtheit nach, dafs Olivin und Humit isomorph sind. Die chemische Natur des Humits ist aber bis jetzt noch nicht mit voller Sicherheit bekannt gewesen, denn obwohl Marignac aus seinen Versuchen den Schlufs gezogen hat, dals der Humit identisch sei mit dem Chondrodit, so waren diese Versuche doch nicht vollständig beweisend, da eine genaue Be- stimmung der Kieselsäure fehlte, und die Quantität des Fluors gar nicht ermittelt worden war. 346 Der nähere Anlafs zu der nachfolgenden Untersuchung wurde dem Verfasser gegeben, als Prof. Scacchi in Neapel ihm durch Vermittelung des Herrn G. Rose das Material zu einer vollständigen chemischen Analyse mittheilte. Es sind die Re- sultate derselben, mit Hinzufügung neuer Analysen vom Chon- drodit, nebst einigen Bemerkungen über das Verhältnifs der Krystallform zur Mischung von Olivin, Humit und Chondrodit, und die wahrscheinliche Ursache ihrer Isomorphie, welche der Verf. nun der Akademie vorlegt. Krystallform des Humits, Chondrodits und Olivins. Die Krystalle des Olivins sind bereits vor längerer Zeit von Herrn G. Rose sehr genau untersucht worden('). Es möchte zweckmälsig sein, die von Scacchi angenommene Be- zeichnung der Axen und Flächen in die von dem Ersteren ge- brauchte zu verwandeln, d. h. hier wie beim Humit Scacchi’s Axen A und C mit c und a zu vertauschen, und den Werth von a halb so grols zu nehmen, als Jener gethan hat. Das Axenverhältnils @:5:c ist alsdann: nach G. Rose . . . = 0,46454 :1:0,5868 » Scachh . . . = 0,4613 :1:0,57855 und 0,46755 : 1: 0,5866 Eine den drei Humittypen gemeinsame Grundform würde 0,46287 : 1 : 0,58223 haben, so dafs die Isomorphie beider Substanzen unzweifelhaft ist, wenn auch die Entwicklung ihrer Formen bemerkenswerthe Verschiedenheiten darbietet. Scacchi hat bekanntlich zu zeigen gesucht, dals gewisse Flächen des Humits sich nur an gewissen Krystallen finden, an anderen nicht, und seine zahlreichen Beobachtungen haben ihn veranlalst, drei Gruppen oder Typen zu unterscheiden. In je- dem Typus hat er ein Rhombenoktaeder zur Grundform ge- wählt, welches zu den übrigen Formen der Gruppe in einer ganz einfachen Beziehung steht, und dabei hat sich der merk- würdige Umstand ergeben, dals diese drei Grundformen in dem (') Poggend. Ann. Bd. 4. S. 173. 347 Verhältnifs der Axen a und 5 übereinstimmen, c hingegen bei ihnen die Progression 5:7:9 bildet. Eine allen gemeinsame Grundform von dem oben angeführten Axenverhältnils nöthigt zur Annahme minder einfacher Werthe für viele Flächen, wel- che der Verf. in seiner Arbeit zufolge der oben angedeuteten veränderten Stellung der Krystalle berechnet hat. Er glaubt, dals es für jetzt noch besser sei, bei der Annahme einer Grundform zu bleiben, und wagt es nicht, manche Co£fficienten in nahe liegende einfachere zu ändern, weil Scacchi’s vieljährige Beobachtungen, und die gute Übereinstimmung derselben mit der Rechnung dem entgegenstehen, und überhaupt, wie er dem- nächst zeigen wird, jene drei krystallographischen Typen auch zugleich einen dreifachen chemischen Unterschied der Krystalle im Gefolge haben. Nachdem es dem Verf. gelungen war, zu beweisen, dafs der Chondrodit in chemischer Beziehung gleichsam ein vier- ter Humittypus sei, mufste es wichtig sein, seine Krystallform zu kennen, die ohne Zweifel dasselbe Resultat gegeben hätte. Die einzige Beschreibung eines Chondroditkrystalls von Orange- County, New York, welche Dana gegeben hat('), verbreitet jedoch hierüber kein Licht. Der Krystall soll zwei- und ein- gliedrig sein; die mitgetheilten approximativen Messungen las- sen, auch wenn man den zwei- und eingliedrigen Habitus auf Rechnung von Partialformen von Rhombenoktaedern setzt, wie sie beim Humit vorkommen, keine sichere Zurückführung der Flächen auf die des Humits zu. Zusammensetzung des Chondrodits. Der Verf. hat sich ‘schon früher mit der Analyse dieses Minerals beschäftigt, und diese Versuche jetzt wiederholt, theils weil das Atomgewicht der Talkerde (= 250) inzwischen ver- ändert wurde, theils die Methode der Fluorbestimmung durch H. Rose eine grölsere Schärfe erhalten hat. Indessen waren die Resultate wenig abweichend, und er setzt daher als Mittel von fünf Analysen des nordamerikanischen Chondrodits: (*) System of Mineralogy, Ill. Edition, p. 280. 348 Kieselsäure 33,52 Talkerde 96,30 Eisenoxydul 2,96 Fluor 7,46 "100,24 So lange man in einer derartigen Verbindung ein Silikat und ein Fluorür annimmt, sind zwei Ausdrücke für den Chon- drodit möglich. Er ist nämlich entweder eine Verbindung von 4. At. neutralem Fluormagnesium mit 2 At. drittel kieselsaurer I Talkerde, MgFl + 2Mg’Si, oder er enthält 1 At. Talkerde $ mehr, und das Fluorür ist ein basisches, MgFl+ Mg. Beide Formeln entsprechen aber den Zahlen der Analyse nicht in dem Grade als man verlangen darf. Bei Annahme der ersten bleibt, wenn man die Menge des Fluormagnesiums be- rechnet hat, für das Silikat der Sauerstoff in Säure und Basis — 17,42:19,98, statt dals er gleich sein sollte. Nimmt man die zweite Formel an, und legt dem Fluormagnesium noch 1 At. Talkerde hinzu, so wird zwar im Silikat jenes Sauerstoffverhält- nils = 17,42:16,79, d. h. nahe = 1:1, allein dann verhalten sich die Magnesiumäquivalente im Fluorür und Silikat nicht —=1:3, sondern = 1: 2,63. Der Verf. verwirft in Folge dessen beide Formeln, und schlägt für den Chondrodit dieselbe Constilution vor, die er schon früher für fAluorhaltige Silikate, wie Topas, Glimmer, Apophyllit als annehmbar bezeichnet hat, wonach das Fluor mit allen elektropositiven Elementen verbunden und das Fluo- rür als Vertreter einer analog zusammengesetzten Sauerstollver- bindung gedacht wird. Alsdann ist der Chondrodit ein basisches Silikat mit 4 At. Basis, Mg‘ Si, mit dem die analoge Fluorverbindung 4MgFl + SiFI? als isomorpher Mischungstheil verbunden ist. Die Analysen ergeben, dafs die Aeq. von Fluor und Sauerstoff sich — 1:12 verhalten, so dals die Formel des Chondrodits (4MgFl + SiFl?) + 12Mg* Si sein würde. Zusammensetzung des Humits. Die Analyse der drei Typen war der des Chondrodits gleich, da beide Substanzen dieselben Reaktionen, z. B. gleiches Ver- 349 halten gegen Säuren zeigen. Das Folgende sind die Mittel der erhaltenen Werthe. IM. Typ. I. Typ. 1. Typ. Kieselsäure 36,67 34,80 33,26 Thonerde — _ 1,06 Talkerde 56,83 60,08 57,92 Kalkerde - — 0,74 Eisenoxydul 1,67 2,40 2,30 Fluor 2,61 3,47 5,04 "97,78 100,75 100,32 Die drei Typen unterscheiden sich mithin durch den Ge- halt an Fluor, dessen steigende Menge mit einer Abnahme der Kieselsäure verbunden, worin der Verf. eine Stütze für seine Ansicht von der Constitution dieser Mineralien erblickt. Auch bei den Humiltypen herrscht, gleichwie beim Chon- drodit, das Sauerstoffverhältnils von Säure und Basis = 3:4, der Humit enthält mitbin hauptsächlich dasselbe Silikat Ng°Si, wie der Chondrodit, und die drei 'Typen unterscheiden sich untereinander und von jenem nur durch die Menge des isomor- phen Fluorürs. Mit Hülfe einer geringen Correclion des ge- fundenen Fluorgehalts gelangt der Verf. zu der allen gemein- samen Formel | (4MgFl + SiFI?) + nMg*Si, wo n im Chondrodit —=12 » Humit, II. Typ. = 18 » » T: = 27 » » III. = 36 ist. Der Fluorgehalt dieser Reihe bildet daher die Progression =e6:%4:9. Es sind daher die drei Humittypen krystallographisch und J chemisch begründet, d. h. die Menge des Fluorürs hat auf die " Krystallform der isomorphen Mischung einen erkennbaren Ein- Aufs; mit ihrer Menge vergrölsert sich die Axe a, während c kleiner wird. Fluor Axe a Axe c II. Typ. 2,61 0,46260 0,58256 I. » 3,47 0,46287 0,58234 husim 5,04 0,46315 0,58178 6rrr 350 Isomorphie des Humits und Olivins. Die Isomorphie von zwei verschiedenen Sättigungsstufen derselben Basis und Säure, d. h. hier von Mg’Si und Mg*Si, wie sie mehrfach, z. B. bei den Turmalinen, bei Augit und Hornblende vorkommt, reiht sich den zahlreichen Fällen an, wo gleiche Form mit nicht analoger Zusammensetzung vereinigt ist. Der Verf. ist der Ansicht, dafs eine solche Isomorphie von einer bestimmten Beziehung der Atomvolume begleitet ist, die in dem vorliegenden Falle zur Gleichbeit wird. Das Atg. von Mg‘ Si ist = 1577,3, das sp. G. des Humits im Mittel = 3,29 das Atomvolum mithin (da das Fluorür keinen bemerkenswer- then Einflufs hat) = 493. Das Atg. des krystallisirten Olivins, welcher 1 At. Eisen- oxydul gegen 5 At. Talkerde enthält, ist 1427,6, sein sp. Gew. —= 3,44, sein Atomvol. = 415. Durch Division dieser Atomvolume durch die Atomenanzahl. der Elemente ergeben sich als reducirte Atomvolume für Humit 41,08 » Olivin 41,50, welche als gleich betrachtet werden dürfen. Die Isomorphie von Humit und Olivin gewinnt noch da- durch an Interesse, dals es auch fluorhaltige Olivine giebt, wie A. Erdmann zuerst an dem Olivin von Elfdalen und Tunaberg gefunden hat. Der Verf. bemühte sich vergeblich, in einem basaltischen Olivin Fluor nachzuweisen. Hr. Eisenstein las über die Vergleichung von sol- chen ternären quadratischen Formen, welche ver- schiedene Determinanten haben. I. Eines der wirksamsten Hülfsmittel für die Ausbildung der Lehre von den homogenen Funktionen (Formen) ist unstreitig die zuerst von Lagrange bei den binären quadratischen Formen angewandte lineare Transformation, d.h. die Verwandlung der ursprünglichen Variabeln oder unbestimmten Zahlen x, y, z... in lineare und homogene Verbindungen «x + By -+ yz..., dc By yz..., @c+B”"y+ y"..., us. w. dieser Va- riabeln, ein Hülfsmittel, durch welches es möglich wird, aus | 351 einer gegebenen Form unendlich viele neue abzuleiten, und umgekehrt unendlich viele Formen unter einem gemeinschaftli- chen Gesichtspunkte zu vereinigen. Es steht dieses analytische Instrument, je nach der Natur der in der Substitution vorkom- menden Coäfficienten «, £,... zugleich im Dienste zweier ma- thematischer Disciplinen, der Algebra und der Zahlentheorie. In der Algebra, wo vollkommen beliebige Werthe der Sub- stitulions - Co@ffieienten zugelassen werden, eröffnet dasselbe die Quelle zur Auffindung und Erforschung jener characteristischen Coäfhcienten-Verbindungen der homogenen Funktionen, welche ich, um sie von den gewöhnlichen Substitutions- Determinanten zu unterscheiden, Formen-Determinanten genannt habe, und welche bei allen algebraischen Untersuchungen die wich- tigste Rolle spielen. In der Zahlentheorie werden die so er- haltenen algebraischen Beziehungen als ein nothwendiger Ap- parat vorausgesetzt; dagegen werden für «, By... Werthe von speciellem Character, bis jetzt immer nur ganze Zahlen, ange- nommen, und es knüpfen sich hieran die Begrifle der Aequi- valenz, der Klassification und Reduction der Formen mit ihren weiteren fruchtbaren Entwicklungen. Indessen scheint dieses Princip namentlich in der Zahlenlehre noch nicht nach allen Seiten hin verarbeitet worden zu sein. So hat man z. B. die Substilutionen mit blofs rationalen Coelficienten bisher völ- lig vernachläfsigt. Durch ihre Einführung wird ein auf Formen aller Grade anwendbarer gemeinschaftlicher Gesichtspunkt für die so wichtige Eintheilung in Genera an die Hand gegeben, während der gewöhnliche Eintheilungsgrund nach den quadra- tischen und höheren Relationen der durch die Formen darstell- baren Zahlen für jeden Grad ja sogar für jede Anzahl von Variabeln einer besonderen Modification bedarf. Nachstehende drei Sätze mit ihren Umkehrungen bezeichnen übersichtlich die Stellung dieser verschiedenen Arten von Substitutionen zur Theorie der homogenen Funktionen. Die aus den Substitu- tions- Co@fficienten «, £,... gebildete Determinante, welche man kurz die Determinante der Substitution zu nennen pflegt, soll hier und im Folgenden mit % bezeichnet werden. „Wenn zwei Formen oder homogene Funktionen sich durch eine Substitution mit irgend welchen Coäfficienten, 392 für die k= 1 ist, in einander transformiren lassen, so ge- hören sie zu demselben System von Formen - Determinan- ten, und umgekehrt.” „Je zwei Formen, die durch eine Substitution mit ratio- nalen Coäfhicienten, für welche k = 1 ist, in einander über- gehen, gehören zu demselben Genus, und umgekehrt.’ „Je zwei Formen, die durch eine Substitution mit ganzen Coefhcienten, für welche k = 1 ist, in einander übergehen, | gehören zu derselben Klasse oder sind aequivalent, und umgekehrt.” Aber auch ohne die Natur der Substitutions- Co&fficienten zu ändern, und indem man sich, wie im Folgenden stets ge- schehen wird, auf ganzzahlige Werthe derselben beschränkt, lassen sich neue Vortbeile aus dem Princip der linearen Trans- formation ziehen, auf welche hinzuweisen die Untersuchungen des gegenwärtigen Aufsatzes bestimmt sind. Bei den quadratischen Formen, wo bekanntlich jeder Form nur eine einzige Determinante entspricht, werden nach dem jetzigen Stande der Theorie die linearen Substitutionen nur dazu verwandt, um Formen mit derselben Determinante in Klassen zu bringen, während die Formen mit verschiedenen Determinanten im Allgemeinen als ganz getrennt von einander stehen bleiben. Zwar wird gelegentlich bemerkt, dafs durch eine Substitution, für welche k= m ist, eine quadratische Form mit der Determinante A in eine solche mit der Determinante m?’A übergeht, und hat schon Gauss diesen Punkt einer genaueren Untersuchung unterzo- gen('); aber gerade aus dieser Bemerkung scheint auf den ersten Blick zu folgen, dals nur ausnahmsweise solche Formen ineinander verwandelt werden können, deren Determinanten sich wie Quadratzahlen verhalten. Im Gegensatze hierzu wird im Folgenden bewiesen werden, dals wenigstens für drei und allgemein für irgend eine ungerade Anzahl von Variabeln (unbe- stimmten ganzen Zahlen) quadratische Formen mit beliebig ver- schiedenen Determinanten mitlelst eines sehr einfachen Ver- fahrens durch lineare Transformation verknüpft werden können. Geht man z. B. von der Summe dreier Quadrate + y’ +’ =o (*) Disq. Arithm. Art. 213, 214. 353 aus, welches eine positive ternäre quadratische Form mit der De- terminante — 1 und zugleich die einzige ist, auf welche sich alle andern mit derselben Determinante reduciren lassen, und wendet man auf diese Form eine ganzzahlige Substitution an, für wel- che k= D? ist, so gelangt man zunächst und im Allgemeinen zu einer ternären Form mit der Determinante — D*; sucht man nun die Substitulion so einzurichten, dafs die sämmtlichen sechs Coefhicienten der neuen Form durch D theilbar werden, so er- scheint die Determinante, welche eine homogene Funktion drit- ter Ordnung jener Coäffhicienten ist, als das Produkt aus D? und der Determinante einer andern Form mit ganzen Coäfh- cienten, d. h. das Resultat der Substitution wird das Dfache einer Form mit der Determinante — D. So hat man die Form p zu einer andern mit der ganz beliebigen Determinanie — D in Beziehung gesetzt. Wie leicht zu sehen, hängt das Ver- fahren davon ab, dals die Determinante der Form, als Funktion der Coälficienten betrachtet, von einer ungeraden Ordnung sein mufs, und wird dasselbe daher bei jeder ungeraden Anzahl von Variabeln angewendet werden können, indem wie bekannt bei quadratischen Formen die Ordnung der Determinante mit der Zahl der Variabeln übereinstimmt. In der That hat man bei 2n +1 Variabeln die Substitution nur so zu wählen, dals k = D"*' und die neue Form durch D theilbar wird, um, durch Transformation und darauf folgende Division mit D, aus einer Form mit der Determinante — 1 eine solche mit der De- terminante — D, und allgemeiner um aus einer Form mit der Determinante A eine solche mit der Determinante DA zu er- halten. Die wichtigen Fragen, ob umgekehrt jede Form mit der Determinante — D auf diese Weise aus einer gegebenen mit der Determinante — 1 erzeugt werden kann, oder ob hierzu gewisse characteristische Bedingungen erfüllt sein müssen, fer- mer durch welche und durch wie viele Substitutionen dies ge- leistet werden kann, so wie endlich einige Folgerungen der aus der Lösung dieser Fragen hervorgehenden Theorie sollen, wenigstens für drei Variabeln, den Haupt - Gegenstand der nach- stehenden Untersuchungen ausmachen. Bei der Beschaffenheit der hierzu angewandten Principien wird übrigens für den Kenner kein Zweifel bleiben, dafs dieselben auch bei einer grölseren 354 Anzahl von Variabeln zur Lösung ähnlicher Probleme benutzt werden können. II. Es sind hier einige Betrachtungen über die Zusammen- setzung der linearen Transformationen vorauszuschicken, wel- che im Folgenden häufige Anwendung finden werden. Wenn nach Einführung einer linearen Substitution die Variabeln abermals durch lineare Verbindungen derselben ersetzt werden, so heilst die so erhaltene Substitution, welche auch als eine einzige an- gesehen werden kann, aus den beiden nach einander angewand- ten zusammengesetzt, und ihre Determinante ist gleich dem Produkte der Determinanten jener beiden Componenten. Die Zusammensetzung der Transformationen hat bekanntlich die gröfste Analogie mit der Multiplication der Zahlen und soll auch durch das Zeichen dieser Operation angedeutet werden, wenn die Substitutions- Systeme selbst gleichsam als selbststän- dige Gröfsen in der Rechnung auftreten (*), nur dafs man hier die Ordnung der Faktoren nicht vertauschen darf. An die Zu- sammensetzung der Substitutionen mit ganzen Coäfhcienten knüpfen sich nun einige Begriffe, welche für die hier anzustel- lenden Untersuchungen und alle ähnlichen von der gröfsten Wichtigkeit sind. Ist in der symbolischen Relation zwischen linearen Substitutionen mit ganzzahligen Coefhcienten Ay 4 8 (welche bedeutet, dafs die Substitution U aus Zusammensetzung nämlich successive Anwendung der beiden Substitutionen S und T entstanden ist) die Determinante von 7 der Einheit gleich oder kurz Det(T) = i, so nenne ich S und U aequivalente Substitutionen; ist dagegen in derselben Relation Det (S) = 1, so nenne ich Z und Y ähnliche Substitutionen. Unter allen einander aequivalenten Substitutionen, welche in eine Klasse zusammengelalst werden können, befindet sich wie leicht zu beweisen immer eine und nur eine, für welche das System der Coefhcienten folgende Form annimmt: (*) Auch eine Addition der Systeme läfst sich mit Vortheil einführen, , indem man als Summe zweier Systeme ein solches annimmt, wo jeder Coef- ficient aus der Summe der entsprechenden Coefficienten in den gegebenen Systemen besteht, 355 # I MLeT ı BaeT ı SEOR, | PZPE Re N SE a", BP", y", 9%. wo alle Plätze jenseits der Diagonalreihe durch Nullen ausge- füllt sind und wo überdies in jeder einzelnen Horizontalreihe die von Null verschiedenen Coäfficienten positiv und kleiner sind als derjenige von ihnen, welcher zur Diagonalreihe gehört. Solche Substitutionen nenne ich reducirt und die zu ihnen gehörigen Systeme von Co&ffhicienten reducirte Systeme. Alle unter einander aequivalenten Substiltutionen einer Klasse werden dann aus einer reducirten erhalten, wenn man letztere nach und nach mit allen Substitutionen mit der Determinante 1 zusammen- selzt. Die Zahl der Klassen für dieselbe Determinante % ist daher gleich der Zahl der reducirten Systeme mit dieser Determinante, und letztere Anzahl, wie leicht zu übersehen, für n Variabeln =_3S, & Ba .S" ZI), wenn in dieser n — 1fachen Summation statt der Buchstaben S,, $z,... S„_; unabhängig von einan- der alle Faktoren von k gesetzt werden. Insbesondere für drei Variabeln nehmen die reducirten Systeme die Form an «, £', 0 (R), woeßy’=kundo<«<£,0) .-) DR, )» 1,0, 14, =1,0)’ 4 o—i o=8 o6=2 o=a dem anderen Genus mit dem Character (H) = — 1 angehören. Die Anzahl der nicht-aequivalenten Substitutionen von & in Df, von & in Df’, von & in Df”, u. s. w. beträgt nun resp. 241212720024 . Zug 2A —- 9 Te ö ö' (*) Tabelle der reducirten pos. ternären q. Formen nebst Resultaten neuer Forschungen etc. Berlin bei Reimer 1851. u 369 folglich wird die Anzahl der nicht-aequivalenten Substitutionen von & in das D’fache irgend einer unbestimmt gelassenen Form, eine Anzahl, welche durch die Lösung der ersten Aufgabe (4.) schon besonders bestimmt worden ist, durch die Summe aller jener Quotienten ausgedrückt, und man erhält die merkwürdige Relation 2 + +57 He EI HN HN HN er oder > e u Che RC WIRCHE wı PRRE Es ist dies einer von den Sätzen über die Dichtigkeit der zu einer Determinante oder zu einem Genus gehörigen Formen, deren ich bereits eine ganze Reihe, aber ohne Beweis, in der Abhandlung im 35. Bd. des Cr. J. und in dem erwähnten be- sonderen Werkchen mitgetheilt habe. In der That war mir diese Gattung von Sätzen mit ihren Beweisen schon vor sieben Jah- ren zugänglich geworden, als ich meine Kräfte ohne Erfolg auf das, bei den binären Formen durch Dirichlet gelöste, scheinbar weit näher liegende Problem gerichtet hatte, die Anzahl der zu einer gegebenen Determinante gehörigen Klassen nicht aeg. pos. ternärer Formen zu bestimmen. Und so blieb meine Mühe, wie es häufig bei Untersuchungen über schwierige Punkte der Zahlentheorie zu gehen pflegt, zwar schon damals nicht un- belohnt, wenn ich auch das ursprünglich gesteckte Ziel nicht erreichte: aber neue unablässige Beschäftigung mit dem Gegen- stande und drei Jahre des angestrengtesten Nachdenkens waren erforderlich, bis sich endlich im Sommer des Jahres 1848 durch ein übrigens sehr einfaches, nunmehr auf alle quadratischen For- men anwendbares, Princip die Lösung des zuerst gestellten Problems und zwar als ein blolses Corollar zu den erwähnten, weit früher gefundenen, Sätzen ergab. Der Hauptgedanke, durch welchen es mir möglich wurde, die so lange verborgen gebliebene Verknüpfung zwischen den Formeln für die Dich- tigkeit und denen für die Klassenzahl zu entdecken, be- stand, kurz angedeulet, darin, die Anzahl derjenigen Klassen ternärer Formen einzeln zu betrachten, für welche ö einen gegebenen Werth annimmt, und namentlich derjenigen, für 370 welche ö> 1 ist. Bezeichnet man die Anzahl der Klassen, de- nen die Transformations - Zahl ee ia, tr, zugehört, und andere Werthe von ö kommen nicht vor, resp. durch: Tyy O9; Tay Tor Tay Tızy Tauı so wird der Ausdruck für die Dichtigkeit 24 offenbar: rare rss tn ta het 7 (MM) und der für die Gesammt-Zahl aller Klassen: tn, tn, tn tr t+r:+7r, (A. Gelingt es daher, diese Anzahlen bisauf eine von ihnen a priori zu bestimmen, so kann man diese eine noch unbekannte mittelst der Formel für die Dichtigkeit eliminiren und auf diese Weise zur vollständigen Bestimmung von H gelangen. Die Werthe von 74, 76 u. Ss. w. ergeben sich nun wirklich aus der Art, wie die Determinante in Betreff ihrer Faktoren zusammengesetzt ist, während o, von der Anzahl der Klassen positiver binärer quadratischer Formen abhängt, welche zu den Determinanten — 2D, — D und zu sämmtlichen negativ zu nehmenden Thei- lern der Zahl 2D gehören, und zwar müssen, wenn es sich um ein bestimmtes Genus ternärer Form handelt, nur diejenigen binären Formen mit den eben bezeichneten Determinanten zu- gelassen werden, welche ebenfalls in bestimmten Generibus ent- halten sind, deren Charactere aus denen des gegebenen ternären Genus leicht abgeleitet werden können. Es beruhen diese Re- sultate auf dem besonders von mir bewiesenen Satze, dals jede pos. ternäre Form, welche mehr als eine (*) Transformation in sich selbst zuläfst, einer Form von folgender Art: a a’ a” a a a” ( ‚ a, ) Br ( Aut ) b, 0, 0 b, 0, za aequivalent ist, deren characteristische Eigenschaften darin be- stehen, dafs, wenn man die erste so: - ax? +, (*) nämlich die evidente Transformation, bei welcher die Variabeln ganz unverändert bleiben. 371 und das Doppelte der zweiten wie folgt taltz ty)” +V schreibt, a resp. ta ein Theiler von D, und \ eine binäre . . D 3D.n 'e “ Form mit der Determinante — — resp. — — wird: während a za auch umgekehrt, wie man sogleich sieht, für die eben geschrie- benen ternären Formen stets ö > 1 ist. Die mit den ternären Formen von dieser speciellen Beschaffenheit anzustellende Dis- cussion hat dann die grölste Ähnlichkeit mit derjenigen, welche Gaufs bei den binären Formen unternommen hat, um die Anzahl der von ihm so genannten formae ancipites zu bestimmen, und wird auf dieselbe bei einer späteren Gelegenheit näher einge- gangen werden. Um diese Bemerkungen hier noch in aller Kürze an einem Beispiel zu erläutern, wähle ich den Fall, wenn für D eine Primzahl 9> 3 angenommen, und von den beiden hierbei stattfindenden Geschlechtern nur das Genus principale betrachtet wird, weil für dieses allein der Werth von M oben gefunden worden ist. In diesem Falle kommen die Transfor- mations- Zahlen ö= 12 und ö=% gar nicht vor, so dals ,, =r,,=0 zu setzen ist, und blols Nenn tn tin tinstrn H=o, +, +07, +7, +37 geschrieben werden kann. Dagegen existirt immer eine Klasse von Formen, welche durch 4 Substitutionen in sich selbst über- gehen(*); sie kann a priori angegeben werden, indem sie als Re- präsentant die Form bi. a u) enthält, welche zum Genus principale gehört a nicht, je nachdem — 2 zu d qua- dratischer Rest ist, oder nicht, so dals für dieses Genus o,=1, wenn d = 1,3 (mod 8), #,=0, wenn ) = 5,7 (mod 8). Ebenso giebt es für alle Determinanten, welche negative Primzahlen sind, (und überhaupt für alle negativen Determinanten ohne qua- dratischen Theiler) eine Form mit der Transformationszahl ö=5, 1, 0, enthalten ist, wenn d = 1 (mod 4); während 8 = 6 nur für d=1 & k 2, 2, +0+2) (mod 3) und dann bei der einen Form ( A ) vor- — ’ ’ (*) Für D=999.. = #1 (0) (mod 3) giebt es 2.3“'— 1 (—2) solcher Klassen. nämlich die folgende Form ( R 9) ‚ welche im Genus principale ’ 372 kommt, welche immer zum Genus principale gehört. Die Werthe von 5, und s, werden hiernach: °,=1 oder 0, je nachdem d = 1 oder 2 (mod 3), °5=1 oder 0, je nachdem J = 1 oder 3 (mod 4), und es sind mithin die drei Anzahlen s,, ;, rs vollkommen bestimmt, sobald der Rest von d (mod 24) gegeben ist. End- lich findet man: ,=49, 79-1 +9-20de 39-3, wo 9 gleich ist der Anzahl der Klassen eigentlich sowohl als un- eigentlich primitiver pos. binärer Formen % mit der Determi- nante — ), für welche (ar =) = 1, vermehrt um die Anzahl derer mit der Determinante — 22, für welche (5 Y= 1, und wo die vier Fälle auf resp. = 23 (mod 4), 9 = 7,5, 11, d = 13, 17, 19, 9 = 1 (mod 2%) bezogen werden. Setzt man nun die so gefundenen Werthe von 7,, c, u. s. w. in M und HZ hinein, und eliminirt s, mit Hülfe der Formel 1 MN=-:,=-5,0 +1) welche als specieller Fall für D=0J in der oben bewiesenen enthalten ist, so ergiebt sich nach Vereinigung der den ver- schiedenen Resten von d (mod 24) entsprechenden Resultate: RT i wo in den Fällen reed f) 1, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23 (mod 24) resp. 6 = ar, 19, 17, 13, 35, 3, 39, 1 zu setzen ist. Dies ist die Anzahl der nichtaeg. ternären For- men mit der Determinante — d, welche zum Genus principale gehören, deren d faches also, wie oben gezeigt, aus der Summe dreier Quadrate erzeugt werden kann. Will man den Werth von 9 in dieser Formel auf die gewöhnlichen binären Klassen- zahlen, welche Dirichlet bestimint hat, zurückführen, so wird der Ausdruck dafür nach den Resten von d (mod 3) verschieden. Bezeichnet man zu dem Ende durch A (0), #' (0) die Anzahl aller pos. binären Klassen, mit der Det. — d, welche eigentl. 373 resp. uneigentl. primitive Formen enthalten, ferner durch % (29) die Anzahl aller pos. binären Klassen mit der Det. — 2), so wird für d = 1 (mod 4), wo bekanntlich A’ (9) = 0 ist, 9=Hr) + Th); n für 9 = 3 (mod 8), wo bekanntlich A’ (0)=+%(d), wird Heu +sne =) +); endlich für 9 = 7 (mod 5) wird blos 9= + (29). IV. Wie so eben die Bestimmung der ternären Klassen- zahl, wenn auch nur andeutungsweise, aus der obigen Formel für die Dichtigkeit abgeleitet wurde, so läfst sich die Lösung eines anderen Problems auf dieselbe Formel zurückführen, und zwar durch Betrachtungen, welche in weit näherem Zusammen- hange mit dem Haupt-Gegenstande dieses Aufsatzes stehen. Es betrifft dieses Problem die Frage nach der Anzahl der Dar- stellungen einer Zahl durch die Summe von vier (uadraten. Obwohl die hierauf bezüglichen Resultate bereits von Jacobi aus der Theorie der elliptischen Funktionen gezogen worden sind, und derselbe grolse Mathematiker die hiezu nöthigen Prin- cipien dieser Theorie später in das Gewand der Zahlenlehre gekleidet hat, so fehlte es doch bisher an einem seinem eigent- lichen Wesen nach arithmetischen Beweise, an einer directen Methode, um die betreffenden Sätze aufzufnden, wenn diesel- ben noch unbekannt wären (*). Der Gesichtspunkt, unter dem die Aufgabe hier als eine Anwendung der obigen Untersuchun- gen über die ternären Formen behandelt wird, erscheint um so nalurgemälser, da die zu leistende Zurückführung derjenigen ganz analog ist, durch welche Gaufs die Darstellung der Zah- len durch 3 Quadrate auf die binären Klassenzahlen reducirt hat, und auf alle quadratischen Formen mit gleichem Erfolge ausgedehnt werden kann. Aus diesem Grunde werde ich mich in mancher Hinsicht kürzer fassen dürfen; zugleich werde ich einige der hierbei vorkommenden Betrachtungen in etwas all- gemeinerer Weise anstellen, als es für den vorliegenden Zweck (*) Wie ich neuerdings aus einer mündlichen Mittheilung erfahren habe, befindet sich auch Dirichlet im Besitz einer solchen Methode, die mir aber bis jetzt nicht bekannt geworden ist. 374 erforderlich wäre, um mich bei späteren Arbeiten auf dieselben berufen zu können. Als bekannt oder aus bekannten Principien hervorgehend wird hier zunächst vorausgesetzt, dals jede pos. quaternäre Form mit der Determinante — 1 und den Variabeln u, x, y, z der einfachsten Form mit dieser Determinante u? + x’ +y?’ + =° = u? + & aequivalent ist; die Anzalıl der Substitutionen dieser Form in sich selbst und somit auch die Anzahl der Substitu- tion von u? + in irgend eine ihr aequivalente Form beträgt 2°.2.3.4=3.4= 192, indem allgemein für eine Summe von n Quadraten die Transformations-Zahl durch 2""'.2.3.4...n ausgedrückt wird. Hat man nun irgend eine Darstellung der Zahl D durch u? + & oder allgemeiner durch irgend eine be- liebige Form ® mit den Variabeln u, x, y,...., so läfst sich die vorgelegte Form sofort in eine aequivalente Y transformi- ren, deren erster Co&fficient mit D übereinstimmt, wenn man hierzu eine Substitution mit der Determinante { an- wendet, in der die Co£fficienten der ersten Verticalreihe, d. h. die Coefficienten von u in den für die Variabeln u, x, y5... zu setzenden linearen Ausdrücken, mit den jener Darstellung entsprechenden Werthen der Variabeln zusammenfallen; und umgekehrt liefert jede der vorgelegten ® aequivalente Form Y mit dem ersten Coä@fficienten D eine Darstellung von D durch $, wenn man als Werthe der Variabeln die in der ersten Ver- ticalreihe einer Substitution von ® in Y vorkommenden Co&f- ficienten annimmt. Alle verschiedenen Darstellungen von D durch $ können daher erhalten werden, wenn man alle dieser Form aequivalenten Formen mit dem ersten Coäffcienten D aufstellt, sodann alle Substilutionen aufsucht, durch welche diese letzteren Formen aus ® hervorgehen, und unter ihnen von den zu ein und derselben ersten Verticalreihe gehörigen Substitu- tionen je eine auswählt, um endlich die Werthe der Variabeln in ® den Co&fficienten der ersten Verticalreihe in den so sich ergebenden Substitutions-Systemen gleich zu setzen. Es ver- steht sich, dafs hier immer nur von primitiven Darstellun- gen die Rede ist, d. h. von solchen, bei denen die den Varia- beln zu ertheilenden Werthe keinen allen gemeinschaftlichen Faktor enthalten, indem bekanntlich diejenigen Darstellungen, 375 welche dieser Bedingung nicht genügen, leicht auf die anderen zurückgeführt werden können. Nennt man Kürze halber zu- sammengehörige Substitutionen je zwei solche, bei denen die Werthe der in der ersten Verticalreihe der ihnen entspre- chenden Substitutions- Systeme befindlichen Coäffhicienten über- einstimmen, so ist nach dem eben Gesagten die Anzahl der Darstellungen von D durch ®, gleich der Anzahl der nicht- zusammengehörigen Substitutionen, mit der Determinante 1, durch welche ® in Formen mit dem ersten Coäffhicienten D übergeht. Alle zusammengehörigen Substitutions- Systeme 7, d. h. alle diejenigen mit einer gegebenen ersten Verticalreihe, werden ans einem derselben U erhalten, wenn man dieses nach und nach mit allen Systemen von folgender Art zusammensetzt: aa ae ER NE 5 Od, f', ae (1.), Y wo m, ft, P,... beliebige ganze Zahlen bedeuten, und für die - übrigen unbestimmt gelassenen Co&fficienten ein beliebiges Sy- stem mit der Determinante 1 gesetzt werden kann; man sehe hierüber meine Abhandlung in Crelle’s Journal, 28. Band, Seite 328. Jede der in (1.) enthaltenen Substitutionen läfst sich wie- derum als aus zwei Substitutionen zusammeugesetzt ansehen, deren erste darin besteht, die Variabeln », y,... mittelst einer beliebigen Substitution ($.) mit den Co&fhicienten «, Q,... und der Determinante 1 zu transformiren, wobei u unverändert bleibt, während bei der zweiten, die ich allgemein durch (7) bezeichne, blofs u- me -ny+pz+.... an Stelle von u gesetzt wird. Die allgemeine Formel für zusammengehörige Substitutionen wird hiernach: V=Ux (S.) X (T.) oder Y„=Ux (1.), und alle nicht in ein und derselben Formel dieser Art enthal- tenen Substitutionen sind auch nicht zusammengehörig. Es ist daher für die Theorie der Darstellung der Zahlen von Wich- tigkeit, wenn man, um die Aufsuchung der nicht-zusammen- gehörigen Substitutionen von ® in eine oder mehrere andere 376 Formen zu erleichtern, von vorn herein jedesmal: alle diejenigen Formen mit dem ersten Coefficienten D zusammenstellt, welche durch Substitutionen wie die in (S$.) oder (7.), d. h. wie die in (1.) enthaltenen aus einander hervorgehen. Das Bisherige kann auf Formen beliebigen Grades bezogen werden. Was nun ins Besondere die quadratischen Formen be- trifft, so lassen sich alle diejenigen, welche denselben ersten Coöfficienten D haben, wenn man sie zuvor mit D multiplicirt, in folgender Weise ausdrücken: Y=,„,(Du+5°—-F) (2), wo & eine lineare, F eine quadratische ganzzahlige Verbindung der Variabeln x, y,... ohne u vorstellt. Die hinreichende und nothwendige Bedingung, damit aus (2.) eine Form Y mit ganzzahligen Goefficienten hervorgehe, besteht darin, dafs die Congruenz &E°=F(modD) (3.) unabhängig von den Variabeln x, y,... erfüllt sei, und kommt darauf hinaus, dals F zu D quadratischer Rest sein und deshalb die Form F in, hierdurch näher bestimmte, Genera gehören muls. Jeder solchen Form F entsprechen dann unendlich viele Formen Y, die erhalten werden, wenn man nach und nach alle sowohl congruente als incongruente Lösungen der (3.) statt & in (2) einsetzt. Übrigens ist, wenn es sich um positive quadr. Formen mit n Variabeln und der Determinante — A handelt, Feine negative Form mit n — 1 Variabeln und, wie sich aus einfachen algebraischen Beziehungen ergiebt, mit der Determinante — D”-?.A. Wendet man jetzt, um unter allen möglichen Formen (2.) die je zusammengehörigen zu entdecken, auf (2.) die Substitutionen ($.) an, d. h. verwandelt man x, y,... in beliebige lineare ganzzahlige Verbindungen dieser Variabeln mit der Determinante 1, ohne u» zu ändern, so durchläuft F die ganze Reihe der aequivalenten Formen einer Klasse, und zwar kommt jede dieser Formen hierbei genau ö mal zum Vor- schein, wenn Öö die der Klasse zugehörige Transformations- Zahl, d.h. die Anzahl der Transformationen irgend einer ihrer Formen in sich selbst, bedeutet, eine Anzahl, die natürlich für verschiedene Klassen verschieden. ausfallen kann. Läfst man 377 daher, bei der Bildung der Formen X mit dem ersten Coäffh- cienten D, in (2.) nur solche Formen F zu, welche zu ver- schiedenen Klassen gehören, so kommen unter den Substi- tulionen ($.) nur noch diejenigen zur Sprache, durch welche F in sich selbst übergeht. Die Substitutionen (7) ferner, bei denen u me+-Ny+Pz-+.... statt u gesetzt wird, haben, auf (1.) angewendet, keine andere Wirkung, als £ in E+Dime-+-Ny+p=-+...), also in die ganze Reihe der unter einander congruenten Werthe überzuführen. Diese Substi- tutionen werden daher einfach dadurch von der Untersuchung ausgeschlossen, dafs man in (2.) nur solche lineare Verbindun- gen von x, y,... als Werthe von & zulälst, deren Co&fäcien- ten zu einem bestimmten Restensysteme (mod D) gehören, also etwa zwischen 0 und D oder zwischen — — Dund + D liegen. Die hier auftretende Frage, ob die noch zu untersuchenden Ö Substitutionen ($.), durch welche F in sich selbst übergeht also ungeändert bleibt, indem sie & ändern, zu wesentlich ver- schiedenen Formen Y, oder nur zu solchen führen, welche wie- derum durch eine der Substitutionen (7.) in einander verwan- delt werden können, mit andern Worten ob jene ö Substi- tutionen congruente oder incongruente Werthe von £ liefern: diese Frage, welche näher erörtert zu vielfachen und lästigen Unterscheidungen der bierbei möglichen Fälle Anlafs geben würde, kann glücklicherweise dadurch umgangen werden, dafs man die zu ein und derselben Form F und zu incongruenten Werthen von & gehörigen Formen Y in (2.) in ihrer Ge- sammtbeit und nicht jede einzeln hinsichtlich ihrer Entste- hung aus Transformation einer vorgelegten Form ® untersucht, indem es bei der hier allein wichtigen Unterscheidung der zu- sammengehörigen und nicht zusammengehörigen Substitutionen ganz gleichgültig ist, ob die hervorgehenden Formen identisch sind oder nicht. Aus diesen Betrachtungen ergiebt sich nun endlich folgen- des Resultat für die Darstellungen der Zahl D durch eine po- sitive quadr. Form ® mit n Variabeln und der Determinante —4. Es seien EN 378 die sämmtlichen nicht aequivalenten negativen quadr. For- men mit n — i Variabeln und der Determinante — D"-?A, für welche, wenn man sie statt F setzt, die Congruenz (3.) lösbar wird; seien we die Anzahlen derjenigen incongruenten Lösungen £ der Con- gruenzen resp. &° = F, (mod D), &°=F, (mod D), u. s. w., welche, nebst der entsprechenden Form F in (2.) eingesetzt, solche Formen Y ergeben, die mit der vorgelegten ® zu der- selben Klasse gehören, so dals die Gesammtheit der Formen Y mit dem ersten Co&fficienten D, welche ® aequivalent sind, wa, +0, +9; -... beträgt; seien ferner SE ri die Transformations- Zahlen der Formen resp. F,, F,, F;,...; sei endlich = die Zahl der Transformationen von ® in sich selbst, also auch von ® in irgend eine ihr aequivalente Form: dann giebt es w,e Substitutionen von ® in die eine oder andere der w, Formen Y, welche aus F, hervorgehen, und unter ihnen befinden sich immer Gruppen von je ö, zusammengehörigen (mit derselben ersten Verticalreihe der Substitutions - Co&fh- cienten), welche theils zu derselben, theils zu verschiedenen dieser &, Formen Y führen können; ebenso w,s Subst. von ® in die w, aus F, hervorgehenden Formen Y, und unter ihnen Gruppen von je ö, zusammengehörigen, w;s Subst. von ® in die w, aus F, hervorgehenden X in Gruppen von je 8, zu- sammengehörigen, und so weiter fort; und die Zahl der Dar- stellungen von D durch ® beträgt, in Übereinstimmung mit der Zahl der nicht-zusammengehörigen Substitutionen von ® in die Gesammtheit aller «, +@,;, + w; +... Formen Y: w,E® WzE @38 =” a = —T- 5, +.... Für die weitere Entwickelung dieser Theorie in ihrer gröfsten Allgemeinheit ist es von Wichtigkeit, statt der Zahl der Dar- stellungen von D durch ® lieber den Quotienten zu betrachten, welcher sich ergiebt, wenn man diese Zahl durch e dividirt, oder mit andern Worten das Produkt aus der Zahl der Dar- 379 stellungen in die Dichtigkeit der betreffenden Klasse. Dieser Quotient oder dieses Produkt wird dann durch die Formel oz, @Tp @z; @ - EEE ERT (4.) ausgedrückt. Für den Fall, welcher uns hier allein beschäftigt, wenn n=4, und die vorgelegte Form ® mit u?” + p zusammenfällt, wird F eine negative ternäre Form mit der Determinante — D?. Ihre zugeordnete Form wird, wie aus blols algebraischen Eigen- schaften der Coefficienten-Verbindungen einer quaternären Form hervorgeht, eine durch D theilbare positive ternäre Form, und setzt man dieselbe = Df, so ist — D die Determinante von f, und F selbst wiederum die zugeordnete Form von f. Da fer- ner wegen der Congruenz (3.) F zu D quadratischer Rest sein muls, so gehört die Form f mit der Determinante — D zum Genus principale. Wir haben es daher hier mit denselben ter- nären Formen f und ihren zugeordneten F zu thun, welche oben unter III. 4) und ZB) Gegenstand der Betrachtung waren, und von denen dort gezeigt worden ist, dals Df aus $ und — D’p aus F durch Transformationen mit der Determinante D°® erhalten werden kann. Die Zahl der incongruenten Lösun- gen der Congruenz (3.) beträgt, wenn auch hier D als Pro- dukt von « verschiedenen ungeraden Primzahlen 9, 9', 9”,.... angenommen wird, für jede der Formen F:2*, wie sich leicht durch Betrachtungen ergiebt, denen ähnlich, welche Gaufs in Art. 233. der Disg. Arithm. angedeutet hat. Da nun die sämmtli- chen aus (2.) hervorgehenden quaternären Formen Y mit der Determinante — 1 ohne Ausnahme der einen u? + $ aequiva- lent sind, so wird hier und die obige allgemeine Formel für die Zahl der Darstellungen wird nach Einsetzung dieser Werthe und des Werthes von sem=8.2%4: wir 9.24:27.% 5 Da sich endlich die hier vorkommende Summe X $ auf das Ge- nus principale für die pos. ternären Formen mit der Determi- 380 nante — D bezieht, und da die Dichtigkeit für eben dieses Genus oben in III. C) durch die Formel > OH): HF). +1). 24. 7 ausgedrückt worden ist, so ergiebt sich schlielslich: 3. +1). HN.’ 1).... als Anzahl der Darstellungen der Zahl D= 90’9”.... durch die Summe von 4 Quadraten, zunächst für den in diesem Auf- satze allein vollständig entwickelten Fall, wenn D ohne quadra- tischen Theiler angenommen wird. Um auch die übrigen Fälle zu erledigen, ist es nöthig, den Aufgaben (A.) und (2.) in III. ebenfalls eine gröfsere Entwickelung zu geben. Man findet dann Fur D=- "9" yV’"....=N das 8 fache, für D=2N das Afache, und für D=4N das 16 fache des folgenden Ausdrucks: tr N oder anders geschrieben: (9” + a) R ("+ Om=1) ; (9 m’ m" ') SUR. als Anzahl der primitiven Darstellungen, d. h. als Anzahl der Darstellungen durch 4 Quadrate ohne gemeinschaftlichen Theiler. Die durch 8 oder höhere Potenzen von 2 theilbaren Zahlen lassen gar keine primitiven Darstellungen zu. Um hieraus endlich die Anzahl aller Darstellungen ne leiten, gleichviel ob primitiv oder nicht, hat man nur die For- meln zu addiren, welche D selbst und allen den Zahlen ent- sprechen, welche aus D durch Division mit den darin aufge- henden quadratischen Theilern entspringen. Z. B. für den Fall D= 0” erhält man resp. "7 + 0"', 9”2?4+ 07°, A gend er TURN als sten Theil der Darstellungen, welche den quadratischen Di- visoren 1, 0°, d’,.... entsprechen, eine Reihe, welche entwe- der mit d + 1, oder mit 1 abbricht, je nachdem m ungerade oder gerade ist, deren Summe also für beide Fälle Ha r....+od+1 381 beträgt und mit der Summe aller Faktoren von d” übereinstimmt. Allgemein hat man für D= N = 0" dw g”m",... alle Ausdrücke zu addiren, welche aus dem Produkte u hervorgehen, wenn man statt T nach und nach alle Glieder der Reihe 9” = ne, Or—# - Oh A -% ee SEE (T.) setzt, welche entweder mit d -+1 oder mit 1 abbricht; statt T’ nach und nach alle Glieder der Reihe om + dm’ I Jg ma + m—3, gm-4 a Jg m-5 ae (1°, welche entweder mit d’-+ 1 ‚oder mit 1 abbricht; statt T” alle Glieder der Reihe Om" gm", ma m, Om-4 "m, (P’.), welche mit 9” +1 oder ı abbricht, u. s. w. Die Summation der so durch Combination der Reihen (T.), (T’.), (T”.)... ent- stehenden Produkte führt offenbar zu demselben Resultate, als wenn man statt dessen schlechthin alle Glieder der Reihen oe Pc 9 Ar ger... 3 d, 1 De TE a A tan arg u a a nenn di durch Multiplication mit einander combinirt hätte; in beiden Fällen erhält man das Produkt der Summen A eh AN > TAU RORRENGE: Sur: WER 218 | also wiederum die Summe aller Faktoren der Zahl D. Für die geraden Zahlen endlich ist zu bemerken, das D=2?"+'.N, 2?”+?, N genau ebenso viele Darstellungen als resp. D=2N, 4N zulassen. D=2N wird wie D=N behandelt, nur sind hier alle Ausdrücke mit 24 statt wie dort mit 8 zu multipliciren; für D=4N sind die durch 4 theilbaren von den ungeraden qua- dratischen Divisoren zu unterscheiden; erstere führen auf die 8 fache, letziere auf die 16 fache Faktorensumme der Zahl N. Errrrr 382 Alle Fälle lassen sich also dahin vereinigen, dafs die Anzahl der Darstellungen der Zahl D durch beliebige vier Quadrate für ungerade Werthe von D mit der 8 fachen, für gerade Wer- the mit der 24 fachen Summe der ungeraden Faktoren von D übereinstimmt. Genau in derselben Form ergiebt sich dieses Re- sultat aus der Theorie der elliptischen Funktionen mittelst der Relation, durch welche die 4te Potenz der Reihe 1429 + 29° +29’ + 24’ +.... in eine einfache Reihe ausgedrückt wird, eine Relation, welche nun wiederum umgekehrt als eine Folge aus jenem Resultate abgeleitet werden kann. Die hier angewandte Methode, die primitiven Darstellun- gen einer Zahl D durch die Summe von 4 Quadraten zu finden, erscheint, wie sie im Obigen vorgetragen worden ist, im ge- nauesten Zusammenhange mit der Theorie der positiven ternä- ren quadratischen Formen. Dem aufmerksamen Leser wird jedoch nicht entgangen sein, dals die ganze Betrachtung, wenn man alle erforderlichen Momente zusammenfafst, darauf hinaus- läuft, die Form u? +@, d.h. u” +x°?+-y?+z” in da D fache dieser selben Form zu transformiren. Das obige Ver- fahren fängt damit an, die Form u? + & in 7 (@u+8°—F) @) zu verwandeln; da nun wiederum F vermöge der in III. (2.) angestellten Betrachtungen in — D°& transformirt werden kann, so wird man, durch Zusammensetzung der Substitutionen, von u? + & ausgehend, zu der Form en ((Du + E)’ FrıD: ®) geführt, welche, da £, der aus & hervorgehende lineare Aus- druck, nothwendig durch D theilbar sein muls, mittelst einer einfachen auf u allein bezüglichen Transformation in 1 4 (Du)? + D*9), oder nach wirklicher Division mit D ın D.(u? + $) 383 übergeht. Dafs eine solche Transformation von u? + 9 in D.(u® + $) immer möglich ist, und dals jeder Darstellung von D durch die Summe von 4 Quadraten eine hierzu geeignete Substitution entspricht, geht schon aus der bekannten Euler- schen Formel für das Produkt zweier Summen von 4 Quadraten hervor, wenn man in dieser Formel die Quadrate der einen Summe als numerisch gegebene Werthe, und nur die der an- dern als variabel ansieht. Die Eulersche Formel, unter diesem neuen Gesichtspunkte betrachtet, setzt jedoch bereits die Kennt- nils der Darstellungen der Zahl D voraus, und lehrt nur, wie aus ihnen die Transformationen von u + a°py? + 2? D.(u +2? +y°’+ :°) abgeleitet werden können, während der Zweck der hier ange- stellten Untersuchungen gerade darin besteht, jene Transfor- mationen unabhängig hiervon zu ermitteln und aus ihnen um- gekehrt die Darstellungen hervorgehen zu lassen. Diese Auf- gabe ist im Vorhergehenden gleichsam Schritt für Schritt zur Lösung gebracht worden. Eine mehr directe Lösung, welche ich hier noch kurz andeuten will, würde darin bestehen, zu- nächst alle reducirten Substitutionen aufzusuchen, durch welche u? + in das D fache irgend einer noch unbestimmt gelasse- nen quaternären Form mit der Determinante — 1 übergeht, also die Gongruenz (eu)? + (eu + P'x)? + (au + B”’x + y”y)? + (au + R”x + y”y + 8”z)?=0 (mod D) unabhängig von den Variabeln u, x, y, z durch solche Werthe von &, @,..... zu erfüllen, welche den Bedingungen a«ß’y” 8” = or 0 —$ «<ß = 0 = a” < y”, 0 = B"< y”, 0o< A’ < 8” N) < Br”< 5’ ) < y"< 5” Genüge leisten, ein Problem, welches dem in III. (4.) behan- delten analog ist; sodann die aus diesen reducirten Substitutio- men und nachherige Division mit D hervorgehenden Formen mit der Determinante — 1 durch neue Substitutionen auf die ihnen allen aequivalente u? + $ zurückzuführen. Jeder der 384 redueirten Substitationen entsprechen auf diese Weise 8.2 Transformationen von u? + & in D.(u? + $), von denen aber je 24; welche mittelst der Transformationen von & in sich selbst mit einander zusammenhängen, dieselbe erste Verticalreihe haben und nur eine Darstellung liefern. Merkwürdig bleibt bei die- sen Betrachtungen der Umstand, dals die Aufgabe, eine Summe von Quadraten in das D fache einer solchen Summe, und die allgemeinere, bei einer geraden Anzahl von Variabeln stets lösbare, nämlich irgend eine quadratische Form in das D fache einer andern Form mit derselben Determinante zu transformi- ren, für 4 und auch schon für 2 Variabeln mit rein algebraischen Formeln, wie z. B. die Eulersche, in unmittelbarer Verbindung steht, während z. B. für 6 Variabeln dergleichen die Multiplica- tion betreffende identische Formeln nicht zu existiren scheinen; wogegen neuerdings von einigen Algebraikern eine Relation entdeckt worden ist, durch welche allgemein das Produkt zweier Summen von 8 Quadraten wiederum in die Summe von 8 Qua- draten ausgedrückt wird, ein Resultat, dessen Ausdehnung auf den Fall, wo die Zahl der Quadrate irgend eine Potenz von 2 ist, noch fraglich bleibt. Es scheint daher, dafs dergleichen Transformationen je nach der Zahl der Variabeln bald einen rein arithmetischen, bald einen algebraischen Character anneh- men. Welcher von diesen beiden Fällen aber die Regel, wel- cher die Ausnahme ist, kann erst durch fernere diesen Gegen- stand betreffende Untersuchungen ausgemacht werden. V. Da fast bei allen in diesem Aufsatze behandelten Auf- gaben die Substitutionen eine wesentliche Rolle spielen, mittelst welcher eine pos. ternäre quadr. Form in sich selbst transfor- mirt werden kann, so füge ich zum Schlusse zwei Tafeln bei, aus welchen diese Substitutionen für reducirte Formen, auf die sich bekanntlich alle anderen zurückführen lassen, sofort ab- geschrieben werden können. Ich habe zwar schon in dem oben erwähnten besonderen Werkchen über die ternären Formen dergleichen Tafeln aufgestellt; ich hoffe aber, dals die hier bei- gefügten noch übersichtlicher und brauchbarer sein werden. Zum bessern Verständnifs wiederhole ich hier erst noch kurz die Definition der reducirten Formen, wie dieselbe zuerst von 385 Seeber aufgestellt, sodann von mir in einigen Punkten verein- facht worden ist: d, b’, d, 5’, 5” sämmtlich positiv sind, heifst reducirt, wenn die a : a=uSar,,25Sca, 2 40 $ _—n —Ial 73 33 X 5 — a —2r —L $ Re —2, 5 —2z, 5 —y: (*) Kürze halber ist die Summe +y+2=s gesetzt worden. 389 Tafel der Transf., durch welche eine red. Form (R 2:09 mit nicht pos. unteren Coöff. in sich selbst a en 5 n Y, z. Ben, . Me Rn a en eco ai Torte ger a, —yı —. a a saniie aaa he 1, y-—ı. —:z. Bea Hi, da —2b HE". . ern. z—y, 2. ee en! Sa er arlumng =, on —z «= a”, Ben len Yan, au waldk -n, —n, —y. eu HN ne yon, a—zı, —z Beate, ..... Br) RE ,„ .—x, z ri J% 2 s—ed=2",b=b=0..... . Isa 7, Ei EEE ze a EX, Br Beet a an x, y—2, 7 2 y—:2 —ı, I Kae BIN TI He Se: ee rein ee TE er > ; d=d.=2B +b, a=3b = 3b" Zee”. ’ d= b + b’ un 5% { a er oe ee a2 rd, bb. en. ve ri. I N Melle x, xy, x—z, u =md=l."=5 20, b=b".. . . Iy—z y—a, Y z—y, z, z—x. IE RZ Sr —2, MET x—z, a=ml‘= dd." =3 = 3b = 30” z, X, z—Y. errrerx 390 24. Juni. Gesammtsitzung der Ak Hr. Schott las über die Sage von Kullerwo in der finnischen Runensammlung. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Herman Schacht, die Pflanzenzelle, der innere Bau und das Leben der Gewächse. Berlin 1852. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Rudolstadt d. 17. Juni d. J. (Schumacher), Astronomische Nachrichten. No. 812. Altona 1852. 4. Hirsch B. Fassel, Tugend- und Rechtslehre, bearbeitet nach den Princi- pien des Talmuds und nach der Form der Philosophie. Wien 1848, 8. ‚ Das mosaisch-rabbinische Civilrecht, bearbeitet nach An- ordnung und Eintheilung der neueren Gesetzbücher etc. Bd. I. Theil 1. ib. 1852. 8. Beilage. Schreiben der Akademie an Hrn. Lobeck zur Feier seines Amtsjubiläums. Den bedeutungsvollen Tag, an welchem Sie, Hochverehrter Mann, vor einem halben Jahrhundert Ihre gelehrte Laufbahn eröffnet haben, kann die Königliche Akademie der Wissen- schaften zu Berlin nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen un- ter den herzlichsten Glückwünschen den ungeheuchelten Aus- druck ihrer Theilnahme an einem so hocherfreulichen Ereig- nisse darzubringen. Wir wollen nicht durch prunkvolle Darlegung der Ver- dienste, welche Sie sich während einer so langen Reihe von Jahren durch Ihre Arbeit in der Wissenschaft um unser Va- terland erworben haben, Ihrer Bescheidenheit zu nahe treten; allein gestatten Sie uns wenigstens, mit den einfachen Wor- ten tiefgefühlter Anerkennung es auszusprechen, dafs sie die Studien, deren Anbau Sie Ihr Leben geweiht haben, mit sel- tener Kraft des Geistes gefördert, dafs Sie durch Lehre und Schrift die oft dunkeln Räume des klassischen Alterthums er- leuchtet, dals Sie, mit den Schätzen der vielseitigsten Gelehr- samkeit ausgestattet in rastloser Forschbegier der Wahrheit die Bahn geebnet und den Irrthum bekämpft haben. Mögen Sie, Verehrtester, noch lange ein wirksamer For- scher und Ausleger des aus dem Alterthume fliefsenden Grofsen und Schönen sein; mögen vor allem Ihre, wie wir mit schmerz- licher Theilnahme vernommen haben, von Zeit zu Zeit wan- kenden Kräfte sich mehr und mehr zu allgewohnter Freudig- keit verjüngen, und Ihnen vergönnt sein, im Hinblick auf ein thatenreiches, in den edelsten Bestrebungen hingebrachtes Le- ben, Sich eines wie von innen so von aufsen ungetrübten Al- ters zu erfreuen. Berlin, am 27. Mai 1852. 392 Antwortschreiben des Hrn. Lobeck an die Akademie. Hochverehrteste Herren Nachdem mir schon früher die Ehre der Aufnahme in die Königliche Academie der Wissenschaften durch Ihre Güte zu Theil geworden ist, bin ich so eben durch einen neuen Be- weis Ihres Wohlwollens auf das freudigste überrascht worden als ich den Glückwunsch zu der Feyer meines Amtsjubiläums erhielt. Wie tief und herzlich empfinde ich den Werth dieser Gunstbezeugung, die so hochverdiente Männer meinen beschränk- ten Leistungen angedeihen liefsen. Der Lebensabschnitt, den ich vor Kurzem erreichte, giebt zu manchen ernsten Betrach- tungen über Vergangenheit und Zukunft Anlafs und bedarf wohl der Erheiterung, welche die Glückwünsche theilnehmender Freunde und Gönner gewähren. Auch ich habe den wohlthu- enden Einfluls derselben durch Ihre geneigte Zuschrift erfahren und werde das Andenken derselben bis auf die letzten hellen Augenblicke meines Lebens tief und lebendig im Herzen be- wahren. Ehrerbietigst habe ich die Ehre zu verharren Ihr Königsberg ergebenster am 10. Juni 1852. Lobeck. — NE — Be Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat Juli 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenberg. 1. Juli. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. Hr. Trendelenburg leitete die Feier mit folgendem Vortrage ein: "Die Akademie der Wissenschaften hat sich heute, am Ge- burtstage Leibnizens, versammelt, um das Andenken des Mannes zu feiern, an dessen unsterblichen Namen sich ihr eige- ner Ursprung anknüpft. Die Kurfürstin Sophie Charlotte, die erste Königin, eine Frau von hohem und grolsem Geist, gab zu dem Gedanken einer Societät der Wissenschaften die nächste Gelegenheit, welche Leibniz, der ihrem Vertrauen nahe stand, ergriff. Er entwarf den Plan. König Friederich I. gründete darnach die Akademie und ersah Leibniz zu ihrem ersten Präsidenten. Ein Tag, der dem Gedächtnis des Stifters gehört, führt wie von selbst in die Geschichte seiner Stiftung. Wenn ein Volk den Ehrentag des Königs feiert, der den Grund zu sei- ner Bedeutung legte: so besinnt es sich dabei auf sein eigenes Wesen und kehrt den Blick in seine Geschichte. Denn es sieht in dem grolsen König den Hort und Richter seiner Vergangen- heit und den Führer seiner Zukunft. Im Kleinen wiederholt sich das Grofse. Es möge uns daher heute gestattet sein, beim Gedächtnils Leibnizens, des ersten Philosophen [1852.] 7 394 in der Reihe der deutschen Entwicklung, auf die philoso- phische Thätigkeit der Akademie im vorigen Jahr- hundert einen Blick zu werfen. Eine literarische Erscheinung giebt uns dazu eine äulsere Veranlassung. Die Akademie setzt schon anderthalb Jahrhunderte ihre stille Arbeit fort, nach allen Seiten der theoretischen Wissen- schaften thätig. Aber bis dahin unternahm es niemand, ihre Geschichte zusammenzufassen und ihr selbst darin den Spiegel vorzubalten. Die Sache ist schwierig, zumal wenn das Ganze nach allen Seiten dargestellt werden soll. Denn die wissen- schaftlichen Arbeiten verzweigen und verschlingen sich auf das Mannigfaltigste in die Geschichte der einzelnen Wissenschaften, hier in die Geschichte der mathematischen Speculation und ihrer Anwendung, dort in die Entdeckungen der beschreibenden und ergründenden Naturwissenschaften, hier in die Erforschung der Sprachen und die Kritik der Geschichte, dort in die Geschichte der philosophischen Systeme. Diese weitläuftige Verflechtung des ausgedehnten Stoffs ist der klaren Ausscheidung und Ab- rundung des vielseitigen Ganzen hinderlich. Zwar schreibt die Akademie alljährlich ihre äufsere Ge- schichte und giebt in ihren jährlichen Denkschriften einige hervorragende Proben ihrer ununterbrochenen Thätigkeit. Aber wo sich ein Quartband an den andern reiht, wie in einer lan- gen Kette ein Glied an das andere, da wird es immer schwie- riger, in der einförmigen, schwerfälligen Reihe den lebendigen gemeinschaftlichen Mittelpunkt herauszufinden. Die Abhand- lungen der Akademiker stehen in den Denkschriften zum grolsen Theil vereinzelt, oft nur wie Bruchstücke neben einander. Um ihre Bedeutung zu verstehen, mufs man sie vielfach aus den literarischen Beziehungen der Zeit und der Wissenschaften, welchen sie angehören, ergänzen. Bei diesen Schwierigkeiten muls ein Werk doppelt willkommen sein, welches, gelehrt in der Forschung, einsichtig in der Auffassung, lebendig im Aus- druck, auf dem Grunde des Ganzen und Allgemeinen eine we- sentliche Richtung unserer Akademie geschichtlich darstellt. Von dieser Art ist die im Jahr 1850 und 1851 zu Paris i zwei Bänden erschienene Aistoire philosophique de Pacademie 395 de Prusse depuis Leibniz jusqwäü Schelling, particulierement sous Frederic le Grand. Par Christian Bartholme/s. In Deutschland hatte man seit jener Zeit, da ein Mann der deutschen Nation, ein Mann der deutschen Philosophie, wie der kühne charaktervolle Fichte war, den Eingang in die Akademie durch Männer, wie Nikolai und Biester, versperrt gefunden hatte, seit überhaupt die Akademie die Bewegungen des speculativen Gedankens, welche aus der Mitte der phi- losophischen Facultät in Berlin stammten, still hatte an sich vorübergehen lassen, der philosophischen Seite in der 'Thätig- keit der Akademie kalt und ungünstig zugesehen. Man hatte darüber vergessen, mit welcher Hochachtung noch Kant, und zwar wiederholt, zuletzt noch im Jahre 1795, das Ur- theil der philosophischen Klasse betrachtet hatte. In den ‚deutschen Darstellungen der Geschichte der Philosophie wur- den die philosophischen Arbeiten der Akademie kaum oder gar nicht erwähnt. In Frankreich war man umsichtiger. Dort veranlalste schon die Berührung, in welche durch die Sprache ‚die philosophischen Arbeiten der Akademie mit der französi- ‚schen Literatur geriethen, eine gröfsere Aufmerksamkeit. Vil- lemain widmete in seiner französischen Literaturgeschichte des 48. Jahrhunderts der Berliner Akademie einen Abschnitt. Cou- sin handelte von ihr in seiner Geschichte der neuern Philoso- pbie (1816. 1817.) und stellte die Berliner Schule, wie er sie ‚nennt, mit der schottischen in Thomas Reid zusammen, inwie- fern sie beide die skeptischen Consequenzen des Empirismus und namentlich Hume’s Auffassung des Ich und der Welt als blofser Erscheinung bekämpfen. Herr Christian Barthol- mels falst nun diesen Gegenstand in einem grölsern Malsstabe auf. Wenn ein Mann seines Schlages die Arbeiten und die Wirksamkeit der Akademie in die philosophische Entwicklung des vorigen Jahrhunderts als Glied einreiht, so hat das dop- pelte Bedeutung; denn er ist heimisch in den Problemen der Philosophie und ihrer Geschichte. Seine Arbeit über Giordano Bruno ist eine Frucht vielseitiger Forschung und ein Werk von tieferer Auffassung und darstellender Kunst. Auch er verhehlt das nationale französische Interesse nicht; denn die Berliner Akademie des vorigen Jahrhunderts erahlire ihm 396 von einer Seite als eine französische Kolonie und er sieht sie namentlich als die Akademie des überrheinischen Frankreichs an, wozu die aus Frankreich vertriebenen Calvinisten den Grund gelegt hätten. Aber sein Standpunkt ist höher. Er will die Sache in ihrer eigenen Wichtigkeit, welche durch den Namen Friederichs des Grolsen, durch den Namen Leibnizens hinrei- chend verbürgt sei. Es bewährt sich darin sein freier Blick. Durch die ganze Schrift hindurch zeigt sich seine seltene Kennt- nils der deutschen Sprache und Literatur und derjenigen all- gemeinen Zustände, welche in der Geschichte die Eigenthüm- lichkeit philosophischer und literarischer Erscheinungen bedin- gen. Das Buch äufsert schon seine Wirkungen in Frankreich. Da es reich an einzelnen Skizzen ist, die für sich ein Ganzes bilden, wie z. B. die Skizze der wolfischen, der kantischen Phi- losophie, Friederichs des Grolsen in seinem Verhältnifs zur Akademie, Friederichs des Grofsen in seinem Wesen und Werth als Schriftsteller: so werden solche hervorragende Darstel- lungen aus ihm in den verschiedensten französischen Zeitun- gen mitgetheilt. Die französische Akademie hat im Au- gust vorigen Jahres dem Werke „als einem für die Sitten er- spriefslichen” den grolsen Preis zuerkannt. Sie hat in dieser Ehre dasselbe Interesse an deutscher Philosophie bethätigt, das sie in mehreren Preisaufgaben offenbart hat und dem wir darnach das umfassande französische Werk von Willm in Strafs- burg „Geschichte der deutschen Philosophie von Kant bis He- gel’”’ verdanken. Seit langer Zeit erschien kein Buch, das unsere Körper- schaft so nahe anging, als das Werk des Herrn Christian Bar- tholmels, das geeignet ist, durch die geschichtlichen Erinne- rungen ihren Gemeingeist und ihre Bestrebungen anzuregen. Unsere Akademie ist dem Verfasser, ihrem correspondirenden Mitgliede, zu dauerndem Danke verpflichtet; und wenn eine wissenschaftliche Körperschaft, wie die unsere, aus dem Schutz und der Förderung, welche sie in wechselnden Zeitläuften wäh- rend der Regierung von sechs Königen erfahren hat und welche sie dankbar preist, die Hoffnung auf eine längere Zukunft schöpfen darf, als dem Leben einzelner Geschlechter verheilsen ist: so wird die bedeutsame Darstellung einer fast 150 jähri- 397 gen Epoche noch spät eine Freude derer sein, welche in kom- mender Zeit die Arbeit der Frühern aufnehmen und fortsetzen. Wir nannten Leibniz nach der geschichtlichen Entwick- lung den ersten deutschen Philosophen. Es bedarf dies Wort einer Erläuterung. Wenn man in der Geschichte der Philosophie die Ge- staltungen der Systeme vergleicht, so mischt sich in ihrem Charakter auf eigenthümliche Weise das Universelle und Natio- nale, die allgemeine Richtung auf die Sache und der volks- thümliche {Impuls in der Weise der Betrachtung. So lange sich die philosophische Anschauung national abschliefst, so lange sie nur im Boden eines Volksgeistes wurzelt und nur auf sei- nem Grunde verständlich ist: so lange ist sie noch nicht Phi- losophie im höhern Sinne. Denn die Philosophie unterschei- det sich erst da von abgerissenen Speculationen einer metaphy- sischen Vertiefung oder einer ethischen Sammlung und findet sich erst da in ihrem eigenen Wesen, wo sie Wissenschaft _ wird, und als Wissenschaft begreifend und begründend das Nothwendige sucht, das als das Vernünftige durch keine Schranke der Völker, ja in den letzten Enden nicht einmal durch die Schranke der an die Erde gebundenen Menschheit begrenzt ist. In dem Mafse, als in der Philosophie diese universelle ‘Richtung wächst, mufs in ihr das ausschliefsend nationale Ele- ment abnehmen. Wir sehen es in dem grolsen Beispiel der griechischen Philosophie. In der ionischen Physiologie und in dem dorischen Pythagoreismus spiegelt sich das Wesen des Stammes, in welchem sie entsprangen oder blühten. In der attischen Philosophie arbeitet derselbe bewegliche vielseitige vereinigende Sinn, der Athens Bildung grofs machte. Und in Plato blüht die griechische Philosophie als griechische, wenn sich anders der griechische Geist besonders darin offenbart, dals er alles, was er erfalst, alles, was er ausbildet, in Schön- ‚heit kleidet und im Ebenmals einer ewigen Form ausprägt. In dieser Richtung war in ihm das Nationale universell, das Grie- chische ein Grundzug der Menschheit; denn es schien sich da- rin der Trieb kund zu geben, der aus Einer Quelle, aus der Quelle des Guten, das Wahre zum Schönen und das Schöne zum Wahren treibt. Aber wir sehen auch noch in Plato einen 398 Rückstand, der von diesem künstlerischen Antrieb herrührt und in das reine Wesen der Philosophie nicht aufgeht. Die Metaphysik verhüllt sich bei ihm in den Mythos, der Begriff in das Symbol. Aristoteles streitet gegen diese Vermischung und dadurch, ohne es zu wissen, gegen das letzte griechisch eigen- thümliche Element in der Philosophie. Indem er das Volksthüm- liche abstreift, wird er dergestalt der Philosoph der Menschheit, dals er bald durch das Morgenland und Abendland hindurchgeht und die Cultur ferner Jahrhunderte und solcher Völker beherrchst, welche zu seiner Zeit in der Geschichte noch nicht geboren waren, ja dals er den Islam und die christliche Kirche, indem sie ihn dienstbar zu machen glauben, selbst in seinen Dienst nimmt. Das Philosophische liegt im Universellen; die Nation der Philosophie ist die Menschheit, so weit sie an der gemein- samen Arbeit der Wissenschaft Theil hat. Zwar sprechen wir gern von deutscher Philosophie wie von einer eigenthümlichen Begabung unsers Volks und wir machen nicht selten das Recht der deutschen Philosophie gel- tend, wenn sie in ihrer abstrusen Sprache unübersetzlich und unübertragbar geworden ist, so dals sich die Tiefen ihrer Ab- gründe nur dem Deutschen aufschlielsen können. Aber wir täuschen uns. Die deutsche Philosophie hört da auf Philosophie zu sein, wo sie nur und auschlielslich deutsch zu sein anfängt. In diesem ‚Sinne bezeichnen wir Leibniz nicht als den ersten deutschen Philosophen. Aber wenn die Philosophie eine Genwslwiedennaläkt ist, so dals sie die Aufgabe hat, in den besondern Restnalsaedn der einzelnen Wissenschaften den gemeinsamen Mittelpunkt zu suchen und zu behaupten, wenn die Philosophie von allen Wissenschaften Probleme überkommt, inwiefern alle, je nach ihrer eigenthümlichen Stellung, stillschweigende Voraussetzun- gen in sich schlielsen, welche sie dem gemeinsamen Gebiete der Principien zur Untersuchung zuweisen: so hat sie in die- ser universalen Haltung zu allen einzelnen Wissenschaften ein gleiches Verhältnis. In allen Wissenschaften ohne Ausnahme liegt ein Trieb zur Einheit, der zu ihr überführt und in ihr selbst liegt ein 'Trieb zur Besonderung, zur Gestaltung in der Mannigfaltigkeit, der sie auf die einzelnen Wissenschaften ver- 399 weist. In ihr haben alle Wissenschaften an den andern Theil und ihr Leben liegt in dieser Wechselwirkung. Wenn das Uni- versum der Wissenschaften, im Ideal gedacht, ein Organismus sein soll, ein grolser Leib, an welchem die einzelnen Wissen- schaften Glieder sind: so sind die Theile um des Ganzen wil- len und durch das Ganze da und das Ganze um der Theile willen und durch die Theile. Dieser Wechselverkehr darf da- durch keine Einbulse leiden, dals die einzelnen Wissenschaften in sich weiter und selbstständiger werden. Wenn er sich auf der einen Seite wie blind und unbewulst einleitet, je nachdem durch die Noth des Bedürfnisses die eine von der andern Hülfe begehrt: so soll er sich bewulst in der Philosophie ordnen. Diese universelle Stellung macht das Wesen der Philosophie aus. In der Theilung der wissenschaftlichen Arbeit bedürfen wir eines Standorts, von welchem wir die Übersicht der Ein- heit gewinnen und gleichsam nach dem Blick des still in allen Wissenschaften aus Einem Geiste bauenden Werkmeisters stre- ben. Es ist daher ein wissenschaftliches Unrecht, wenn man die Philosophie nur einseitig von Einer Wissenschaft aus an- sieht und z. B. von theologischer Seite wieder der beschränk- ten Vorstellung Vorschub leistet, als sei sie nur erdacht, um dem Unglauben für den Glauben Ersatz zu bieten. Fragen. wir nun in welchem Deutschen die Philosophie zuerst diesen universellen Beruf, der ihr geschichtlich einge- boren ist, erfalste. Im dreizehnten Jahrhundert hat Albert der Grolse deutschen Fleils und deutsche Kraft daran gesetzt, um die Welt des Aristoteles in die Welt des Mittelalters einzuarbeiten und durch eine eigenthümliche Verbindung des logischen Aristoteles mit den neuplatonisch christlichen Anschauungen des Dionysius Areopagita den scholastischen Unterbau der Kirche aufzuführen. In dieser blofsen Aneignung, in dem äufserlich durch die Kirche gegebenen Zweck erkennen wir noch nicht den deutschen Phi- losophen in jenem bezeichneten Sinne. Die Scholastik wurde bald dürr und starr, und Luther, der deutsche Theolog, ver- warf sie zusammt ihrem Meister Aristoteles, der wie ein Co- mödiant die christliche Kirche so lange mit der griechischen Larve geäfft habe. Der theoretische Trieb zur Philosophie lag 400 ihm fern; und er beachlete nur ihren Verderb in der Scholastik. Aber Melanchthon, Luthern ergänzend, sah weiter und blickte tiefer. In reinem und freiern Sinne stellte er im Grofsen und Ganzen die aristotelische Lehre her,.obwol er sie da, wo sie mit der Theologie in Streit zu kommen drohte, eklektisch um- bildete. So gingen seine Lehrbücher in die protestantischen Schulen und Universitäten über, ja wegen ihres klaren Geistes und ihrer übersichtlichen Form selbst in katholische Anstalten. Es war hiemit die philosophische Richtung in Deutschland auf fast anderthalb Jahrhunderte gegeben. Unsere protestantischen Universitäten, die so eigenthüm- lich in der Geschichte des deutschen Wesens gewirkt haben, verdanken den ersten Geist der freien Forschung wesent- lich dem Princip ihrer Theologie. Eine theologische Facultät schrieb z. B. auf ihr Siegel jenen Spruch: Forschet in der Schrift. Die Forschung, frei von willkührlicher Begrenzung, aber gebunden durch das Wesen der Sache, wurde nun auf allen Gebieten der Wissenschaft anerkannt. Aber in die Philosophie selbst, die noch nicht in ihrer universalen Bedeutung erkannt wurde, schlug dies Princip erst später zurück. Sie blieb in der Abhängigkeit von der Theologie, als wäre sie nur ihre Hülfs- wissenschaft, und die Theologie wachte eifersüchtig auf die Herrschaft ihres Melanchthon. Schon in der Logik galt jede Neuerung für gefährlich. Als sich der philippischen Logik die Logik des Peirus Ramus, eines Franzosen, gegenüberstellte, der allerdings die Logik nicht vertiefte, sondern mehr in die Rhetorik überspielte: sah man darin sogleich grolse Gefahr; und man bekämpfte sie nicht auf wissenschaftlichem Wege, sondern man verbot z.B. in Wittenberg und Leipzig die Ra- misterei bei Strafe und setzte sogar in Leipzig einen Ramisten ab. Man klebte wieder am Buchstaben fest. Wenige Erschei- nungen deuteten auf andere Auffassungen. Unter ihnen steht der vielseitige Joachim Jungius, der Rector des Hamburger Gymnasiums, obenan, in welchem mathematische Methode und statt des aristotelischen Formalismus aristotelischer Geist der Beobachtung wieder auflebte. (') In Frankreich hatte Carte- (') s. @. G, Guhrauer Joachim Jungius und sein Zeitalter. 1850. 401 sius die Philosophie zuerst mit den übrigen Wisseuschaften in jene belebende Berührung gebracht, welche nur ein Geist, wie er, schöpferisch in der Mathematik, forschend auf dem Ge- biete der ganzen Natur, einleiten konnte. Daher war Cartesius der erste französische Philosoph. In England hatte Baco von Verulam, Naturforscher und Staatsmann, einen universellern Geist geltend gemacht und war insofern der erste englische Philosoph, der neben Aristoteles durch Hobbes und Locke hin- durch noch heute in England wirkt. In Deutschland vollzog Leibniz einen ähnlichen Vorgang. In ihm berührte sich die philosophische Betrachtung mit der erfindenden Kraft der Ma- thematik, mit der kritischen Arbeit der Geschichte, mit dem Urtheil des Rechtsgelehrten, mit der Contemplation des T'heo- logen. Diese Berührung erregte ihr schaffendes Vermögen und wirkte ihre Befreiung von jenem einseitigen Zwang. Obwol Paracelsus voranging, der den deutschen Geist von der Scho- lastik hinweg auf die Natur als die Lehrmeisterin hinwies, ob- wol Jacob Böhm voranging, der im Gegensatz gegen die Schul- philosophie ein Philosophus Teutonicus hiels und aus den Ge- gensätzen das Leben Gottes und der Welt begreifen wollte: so ist doch erst Leibniz im Sinne der allgemeinen und stren- gen Wissenschaft der erste deutsche Philosoph. Es hat sich hie und da in Frankreich das Bestreben ge- regt, Leibniz durch das Mittelglied des Cartesius in das Bereich der französischen Philosophie hineinzuziehen. Indessen fehlt der Nachweis, dals Leibniz je Cariesianer war. Vielmehr sprechen die historischen Gründe für das Gegentheil.(') Leib- niz geht nicht von Cartesius, sondern von Jacob Thomasius aus, dem Begründer der Geschichte der Philosophie unter den Deutschen, und durch ihn von verschiedenen geschichtlichen Anziehungspunkten, insbesondere aber von Aristoteles. Das Bedeutende in Leibniz bleibt immer der vielseitige Contact der philosophischen Fragen mit den besonderen Wissenschaften. In dieser Beziehung hat er in Deutschland niemand vor sich, und ist historisch der erste deutsche Philosoph, mögen immer- (*) S. die Abhandlung in dem Monatsbericht der Akademie der Wis- senschaften. October 1847. S. 372 ff. 402 hin in der Strenge der Ableitung und in der systematischen Durchführung bei ihm Lücken und Mängel sichtbar sein. Jene universelle Anregung bewährt sich auch äufserlich in seinem Schüler Christian Wolf, der den leibnizischen Keim nach allen Seiten des Wissens heraustreibt und wie eine üppige Pflanze so wuchern läfst, dafs er seine Kraft verliert. Bei dieser Bedeutung, welche die Philosophie in Leibniz hatte, könnte es nicht auffallen, wenn er seiner Stiftung, der Societät der Wissenschaften, eine vorwiegende Richtung auf die Philosophie gegeben hätte. Und doch that er selbst zunächst das Gegentheil. Die Stiftungsurkunde, wahrscheinlich von Leibniz geschrie- ben, weist die Societät auf drei Zwecke hin, zuerst auf die Stu- dien zur Erhaltung der deutschen Sprache in ihrer anständigen Reinigkeit und dabei auf die ganze deutsche, sonderlich dieser Landen weltliche und Kirchenhistorie, dann auf die Förderung der Wissenschaften durch Beobachtung und Experiment, insbeson- dere aber auf ihren Nutzen für das gemeine Wesen und ihre Anwendung auf die bürgerliche Wohlfahrt, endlich auf die Be- förderung der Missionen unter den entlegenen noch unbekehrten Nationen. Diese drei Gesichtspunkte sollen die Thätigkeit der So- cietät leiten. Die Mathematik ist nicht erwähnt, doch bildet sich bald eine mathematische Klasse. Aber die philosophische Untersu- chung als solche ist wie ausgeschlossen, es sei denn dals der Societät zur Pflicht gemacht wird, von Zeit zu Zeit für einen zusammenfassenden Überblick der en zu sorgen. Eine grolse Seite in Leibnizens Geist fehlte auf diese Weise in der Anlage der Akademie. Der ganze Leibniz war noch nicht darin. Man hat mit Recht nach dem Grunde gefragt, der einen Leibniz bewog, die Philosophie aulserhalb seiner Gesellschaft der Wissenschaften zu halten. War die Philosophie für die Gesellschaft oder die Gesellschaft für die Philosophie zu gut? Leibniz kannte, wie es scheint, seine Zeit; er suchte den Halt und den Fortbestand seiner theoretischen Schöpfung in prakti- schen Wurzeln. Dahin weist die Beschäftigung mit der Lan- desgeschichte, mit der Anwendung der Wissenschaften und Künste auf das bürgerliche Leben, ja mit den Missionen für 403 den im Hintergrunde liegenden wissenschaftlichen Zwecke der Geographie und Linguistik. Leibniz war noch zu scheu, um auf der Wissenschaft für sich zu bestehen. Wahrscheinlich fürchtete er auch, dafs ein philosophischer Beruf der Societät zu einem feindlichen Zusammentreffen mit der mächtigen Theo- logie führen würde. Wollte er den Bestand seiner Stiftung vor Erschütterungen bewahren, so rieth ein kluger Blick in die damaligen Verhältnisse, die Societät der Wissenschaften aufser- halb dieser Gefahr zu stellen. Überdies richtete vielleicht Leib- niz auch darum den Plan der Akademie auf das Praktische, weil ihm nicht entging, dals für einen praktischen Zweck die Gemeinschaft geistiger Kräfte leichter möglich wird, als für einen rein theoretischen. In demselben Malse als die Eigen- thümlichkeit theoretischer Ansichten wächst, wächst in ihnen eine ausschlielsende, abstolsende Kraft, welche die Gemeinschaft hindert. ‘Wo der Gedanke, wie in der Philosophie, sich selbst Aufgabe wird, da weicht er immer mehr aus der gemeinsamen Arbeit vereinigter Kräfte in die isolirte Thätigkeit des still in sich schaffenden Geistes. Zwar wirkt die Mittheilung auch im Theoretischen belebend und berichtigend; aber der praktische Zweck fordert die Vereinigung der Kräfte und die Hülfe ge- meinsamer Mittel viel dringender. So geschah es, dals Leib- niz der Philosophie in der Societät der Wissenschaften keine eigene Stelle anwies. - Wir theilen die Geschichte unserer Akademie in drei we- sentlich verschiedene Abschnitte. Den ersten bilden ihre An- fänge unter König Friederich I. und die Zeit unter König Friederich Wilhelm IL, in welcher sie unter ungünstigen Verhältnissen ausdauert und es nur ihren praktischen Richtun- gen verdankte, dals sie fortbestand. Den zweiten bildet die Erneuerung und Belebung durch Friederich den Grolsen, seine persönliche Theilnahme an den Arbeiten der Akademie, die Blüte unter seiner Regierung; die Nachwirkung dieser Zeit läuft, wenn auch einzelne Veränderungen erfolgen, bis in das erste Jahrzehnd dieses Jahrhunderts. Dann beginnt der dritte Abschnitt, der heute aufserhalb unsers Gesichtskreises fällt. Neben der Akademie erhebt sich die Universität mit ihren verwandten Zwecken. Diese neue Gründung sammelt 404 neue geistige Kräfte in Berlin und in der Wechselwirkung bei- der Anstalten empfängt die Akademie neue Impulse. In dem ersten der drei bezeichneten Stadien lag die phi- losophische Richtung der Akademie als solcher fern; wo sie erschien, erschien sie nebenbei, aber als ein solches Element, welches sich da nie ganz ausschlielsen lälst, wo es sich um Wissenschaft im hervorragenden Sinne handelt. Der vielsei- tige Christian Wolf, der Philosoph in Halle, war Mitglied der Akademie, als ihn die Orthodoxie verdächtigte und seine Verbannung aus Preulsen durchsetzte. In der Akademie dach- ten viele, wie er. Aber die Akademie mufste schweigen. Es war die Zeit, da sie die Demüthigung erfuhr, dafs Paul Gund- ling, der Gelehrte Friederich Wilhelms I., der von dem König belachte und dem Spott des Hofes Preis gegebene Cerimonien- meister, ihr zum Präsidenten gesetzt war. Gundling hatte, durch seinen Bruder Hieronymus Gundling in Halle bestimmt, dabei geholfen, das Mifstrauen des Königs gegen Wolf anzustacheln. Indessen einzelne Mitglieder wirkten indirect für Wolf und für eine gerechtere Untersuchung der Sache. In den Denk- schriften der Akademie finden sich doch auch aus dieser Zeit zwei Abhandlungen, welche in die Geschichte der Philosophie einschlagen. Sie betreffen theils die Sekte der Elpistiker, welche für stoisch erklärt wird, theils die Spuren der griechischen Philosophie im Buche der Weisheit. Beide Abhandlungen sind von Jacob Brucker verfalst, dem gelehrten Prediger zu Kauf- beuern, der sich später durch sein umfassendes Werk, die Ge- schichte der Philosophie, die erste in der neuern Zeit, verdient machte. Friederich der Grol[se begann eine neue Epoche. Als Kronprinz hatte er in Rheinsberg sich in historische und phi- losophische Studien vertieft und Gelehrte und Dichter angezo- gen. Aus der anmuthigen Einsamkeit seiner Mufse auf den Thron gerufen falste er sogleich den Gedanken, die Akademie zu erweitern und neu zu beleben. In den Acten der Akade- mie findet sich aus den ersten Tagen seiner Regierung (vom 11. Juni 1740) eine Cabinetsordre, die mit den Worten schlielst: „Ich werde auch ferner vor obgedachte Societät alle Vorsorge tragen und derselben von Meiner Huld und Protection reelle lt Zn BU 405 Marque zu geben nicht ermangeln.” Diese wirklichen Be- weise folgten dem Worte auf den Fuls. Friederich der Grofse liefs durch Jordan, seinen literarischen Vertrauten, der ihm beim Studium des Philosophen Christian Wolf behülflich ge- wesen war, mit den bedeutendsten Gelehrten der verschieden- sten Länder Beziehungen anknüpfen, um sie für die Akademie zu gewinnen. Aber erst nach dem ersten schlesischen Kriege fand er zur Ausführung volle Mufse. Die Akademie feierte ihre Erneuerung am 23. Januar 1744, dem Vorabende des königlichen Geburtstages, in einer Versammlung, der alle Prin- zen des königlichen Hauses beiwohnten; und Friederich wünschte in einer im Januar 1747 in der Akademie gelesenen Ode dem Vaterlande zu dem Tempel Glück, der dem Dienste der Wahr- heit geweiht sei. Die Societät hiels von nun an Akademie. Sie theilte sich nach den neuen Statuten in vier Klassen, in die physikalische, mathematische, philosophische und philologische. Jede Klasse versammelte sich einmal wöchentlich unter einem Director. Die Absichten Friederichs des Grolsen waren weiter, als die engern Zwecke, welche die erste Stiftung geleitet hatten. Seine Mittel waren grölser; sein Eifer quoll aus der Wissenschaft selbst. Friederich der Grofse sah den Fortschritt der Wissenschaf- ten nur in den vereinigten Kräften der Nationen. Er beschränkte die praktischen Zwecke und gab der Wissenschaft als solcher ihr Recht. Ausdrücklich schlofs er in den Statuten von 1744 die geoffenbarte Theologie aus und damit auch jene Bestrebun- gen, welche auf Missionen unter den Heiden hingewiesen hatten. Dagegen errichtete er eine Klasse der speculativen Philosophie und gab darin den Akademien Europa’s das erste Beispiel. Es war dies der bezeichnendste Zug in dem Charakter der neuen Akademie, indem darin das sie durchdringende wissenschaftliche Princip der freien Forschung den deutlichsten Ausdruck gefun- den hatte. Es handelte sich nicht um dieses oder jenes System, um Plato oder Aristoteles, um Baco oder Cartesius, um Locke oder Leibniz. Die philosophische Betrachtung war in ihrer ganzen Freiheit berechtigt. Von uun an schien in der Akademie Leibnizens vielseiti- 406 ger Geist, wenn er in der Idee seines Wesens gedacht wird, nach allen Richtungen vertreten zu sein. König Friederichs des Zweiten grofsartige Auffassung offenbarte sich dadurch, dafs er die Förderer und Meister der Wisseuschaften von den verschiedensten Enden in Berlin zu vereinigen suchte. Es ist unrichtig, dabei allein seiner Vor- liebe für Frankreich zu gedenken. Maupertuis, der erste Präsident der Akademie unter Friederich dem Grofsen, war durch seine Gradmessung im Norden Europa’s, welche den Streit über die sphäroidische Gestalt der Erde mit entschied, an und für sich berühmt. Euler, der schöpferische Mathe- matiker, ein geborener Baseler, wurde aus Petersburg berufen. Merian, Sulzer, Bernoulli waren Schweizer, Castillon ein Florentiner, Lambert aus Mühlhausen. Die Wissenschaft ist so wenig ausschliefsend national, dafs sie vielmehr als ein Erzeugnils der gemeinsamen Cultur ein mächtiges Band der Völker bildet. Mit dieser universellen Ansicht muls man es entschuldigen, wenn Friederich der Grofse im Sinne derselben das Franzö- sische zur Sprache der Akademie machte. In ihr sah er die gemeinsame Sprache der Cultur; in ihr hoffte er eine Wir- kung seiner Akademie über die Grenzen des Volkes hinaus, einen Wechselverkehr der Nationen. An die Stelle des Latei- nischen, in dessen Gebrauch dieselbe Allgemeinheit der Wis- senschaft ein Mittel gesucht hatte, setzte Friederich das leben- digere, weit verbreitete Französisch. Die Akademie nahm auf deutschem Boden das Französische als ihre amtliche Sprache an und leistete dadurch allerdings dem französischen Wesen Vor- schub. Die Philosophie hat ein Recht auf die Muttersprache, in der sie sich allein mit ursprünglicher Anschauung ausdrücken kann. Schon Leibniz hatte die Begabung der deutschen Sprache für den philosophischen Ausdruck erkannt und in einigen Bei- spielen selbst dargethan. Wo sich die Metaphysik zur Idee er- hebt, wo die Ethik selbst in die Tiefe des Gemüths zurückgeht, wo überhaupt auch in der Philosophie jene künstlerische Voll- endung erstrebt wird, in welcher der Inhalt die entsprechende Form aus sich erzeugt: da wird dem deutschen Philosophen allein die deutsche Sprache genügen; er wird in ihr eine Klar- 407 heit und Würde, eine Kraft und Schönheit erreichen können, welche ihm jede fremde Sprache versagen mufs. Solche Betrach- tungen lagen fern, als die Akademie französisch zu reden begann. Sie wurde zum Lohn im Französischen nie ebenbürlig, und es war eine gerechte Schadenfreude unter den deutschen Schrift- stellern, als ein in die Akademie selbst aufgenommener flüchti- ger Franzose Herr von Pr&montval im Jahre 1761 seine sa- tirische Schrift herausgab: preservatif contre la corruption de la langue frangaise en Allemagne. Es war ein offenbares Mifsver- hältnifs, wenn Deutsche, welche, wie z. B. Garve, das Deutsch rein schrieben, entweder ihre deutschen Abhandlungen für die Denkschriften mulsten ins Französische übersetzen lassen, oder selbst genöthigt waren, sich in einem gespreizten Französisch zu versuchen. Es war ein Mifsverhältnils, wenn Sulzer, der Deutsche, französisch schrieb, um seine französischen Abhand- lungen später für die Deutschen ins Deutsche zu übersetzen. Es war ein solches Milsverhältnils, dafs nach Friederichs des Grolsen Tode schon seit dem Jahre 1788 deutsche Denkschrif- ten neben den französischen erschienen, bis mit dem Anfang dieses Jahrhunderts diese fremde Sprache mit ihrem erborgten Schein erlosch. Dessenungeachtet darf man sich die Wirkung der Akademie während der Zeit, da sie französisch verhandelte, nicht undeutsch denken. Friederich der Grofse hatte zunächst nur die allgemeine Bedeutung der Akademie im Auge, und that alles, um die Theilnahme des Auslandes herbeizuziehen. In dieser Hinsicht findet sich sogar in den Statuten von 1744 die ausdrückliche Bestimmung, wenn die Abhandlungen eines ausländischen und hiesigen Gelehrten in gleichem Grade der Gründlichkeit und Schönheit stehen, in solchem Falle dem Fremden allemal den Vorzug zu geben ($. 20). Aber er wie- derholt in denselben Statuten die Aufgabe der Akademie für vaterländische Geschichte und für die Erhaltung der deutschen Sprache in ihrer anständigen Reinigkeit zu wirken. Indem Friederich der Grofse für die Akademie nach euro- päischer Bedeutung strebte, gründete er von selbst ihr An- sehn in Deutschland und eine Wirkung auf die deutsche Wis- senschaft.. Wir sehen dies namentlich an der Theilnahme, welche die Preisaufgaben der Akademie in Deutschland fanden. 408 Wir sehen als Bewerber die ersten Gelehrten, die gröfsten Schriftsteller Deutschlands; und ihre deutschen Preisschriften haben zum Theil eine hervorragende Stelle in der deutschen Literatur gefunden. Herder stellte sich dreimal zum Wett- kampf und trug dreimal den Sieg davon. (') Seiner berühm- ten Preisschrift über den Ursprung der Sprache ıst noch kürz- lich unter uns von dem Standpunkt einer umfassendern und eindringendern Sprachforschung ein ehrendes Denkmal gesetzt, indem anerkannt wurde, dals, was ihm an Tiefe der Untersu- chung oder Strenge der Gelehrsamkeit abging, sein Genius da- mals durch sinnvollen Tact und reges Gefühl der Wahrheit ersetzte. Früher (1759) hatte schon der vielseitige und scharf- blickende Orientalist Johann David Michaelis die Preis- aufgabe über den wechselseitigen Einfluls der Meinungen auf die Sprache und der Sprache auf die Meinungen mit einem Erfolg gelöst, der nach dem siebenjährigen Kriege Friederich den Grofsen zu dem, wenn auch milslingenden Versuch veran- lafste, den grofsen Gelehrten, den Stolz Göttingens, als Aka- demiker nach Berlin zu ziehen. Im Jahr 1751 hatte Käst- ner, der gelehrte Mathematiker, der witzige Epigrammendich- ter, die Preisaufgabe über die zufälligen Ereignisse gewonnen. Friederich Heinrich Jacobi erzählt uns aus seiner Jugend, (?) mit welcher Sehnsucht er die Herausgabe der Berliner Preis- schriften über die Evidenz in metaphysischen Wissenschaften erwartet habe. Es war im Jahr 1764. Moses Mendelssohn und Immanuel Kant waren durch die Aufgabe gereizt wor- den, ihren Scharfsinn der wichtigen Frage zuzuwenden. Im Jahr 1768 erschienen bei der Aufgabe über die Gewalt der natürlichen Neigungen Garve und Meiners unter den Bewer- bern. Selbst eine Schrift Lessings, die im Jahr 1755 nicht ohne Ironie gegen eine verfehlte Preisaufgabe der Akademie (') 1774 über den Ursprung der Sprache. 1775 Ursachen des ge- sunkenen Geschmacks bei den verschiedenen Völkern, da er geblühet. 1780 vom Einfluls der Regierung auf die Wissenschaften und der Wis- senschaften auf die Regierung. (?) In dem Gespräch David Hume. Werke II. S. 183, 409 gerichtet war, „Pope ein Metaphysiker”, zeigt wenigstens deutlich, mit welchem aufmerksamen Auge die Akademie im Kreise der deutschen Schriftsteller verfolgt wurde. Sogar in einem unglücklichen Falle hatte sie das Glück, einen nicht un- bedeutenden Schriftsteller zu krönen. Friederich der Grofse for- derte praktische Fragen und befahl für das Jahr 1780 die Preis- aufgabe: ob es nützlich sein könne das Volk zu täuschen. Da zu der Frage hinzugesetzt wurde: aufgegeben auf Befehl des Königs: so strömten von allen Seiten Schriften zur Lösung herbei; es gingen 42 an der Zahl ein, theils für, theils wider die Täuschung des Volks. Die Akademie traf die unpartei- ische Auskunft, indem sie nur die wissenschaftliche Behand- lungsweise auf die Wage legte, eine Schrift von beiden Sei- ten zu krönen. Man belächelte diese salomonische Weisheit. Aber der Verfasser der einen Preisschrift, welche jeder Täu- schung des Volks den Krieg erklärte, war der um deutsche Volksbildung später wohl verdiente Rudolf Zacharias Becker. In dieser umfassenden Betheiligung der deutschen Schrift- steller sehen wir eine Wirkung auf die Nation sich abspiegeln, welche man von der französischen Akademie Friederichs des Grofsen kaum erwartet. Zwei Mal nahm die Akademie in einem Wendepunkt der Entwicklung die bewegenden Fragen der deutschen Philoso- phie in die Hand, um für ihre Entscheidung den Wettkampf der Kräfte zu reizen. Sie that es im Jahr 1745, da sie die Frage stellte, welches der Werth der Monadologie sei, und im Jahr 4791 zur Zeit der kantischen Bewegung, die damals in hohen Fluten ging, da sie nach den Fortschritten der Metaphysik seit Leibniz und Wolf fragte. Durch jene Frage der leibnizischen Philosophie erregte die Akademie aufser der Preisbewerbung eine Reihe von Schriften und Gegenschriften, und an dem leb- haften Streit nahmen selbst Männer, wie Christian Wolf, für die Lehre und Euler gegen sie Antheil. Die Akademie ent- schied sich gegen Leibnizens Theorie, da sie eine Schrift von Justi krönte, welche das Schwierige und Hypothetische der Lehre ins Licht gestellt hatte. Der ganze Vorgang diente we- sentlich dazu, die wissenschaftliche Meinung in Deutschland mit dieser von Christian Wolf’s einflufsreicher Schule getra- 7* 410 genen Lehre aus einander zu setzen. Bei der bezeichneten andern Preisaufgabe vom Jahre 1791 wollte Kant selbst, ob- wol schon in höherem Alter stehend, seine Sache vor der Aka- demie führen; aber seine Denkschrift wurde nicht zu rechter | Zeit fertig; sie ist später in der Gestalt, wie Kant sie hinter- lassen, von Rink herausgegeben. Indessen tummelten sich jün- gere Kräfte auf dem Kampfplatz und unter ihnen ragten der eingehende Reinhold und der kühnere Hülsen hervor, nach- dem auch Salomon Maimon, der scharfsinnige jüdische Phi- losoph, die Frage aufgefalst hatte. In beiden Fällen erregte die Preisfrage der Akademie eine grofse Bewegung in der deutschen Literatur; in beiden Fällen gal- ten die Bestrebungen der Akademie der deutschen Philosophie. Überhaupt macht man sich von dem französischen Geist in der philosophischen Richtung der Akademie gewöhnlich eine falsche Vorstellung. Vielleicht war es das Charakteri- stische, dals sich in der Berliner Akademie die Philosophien der fremden Nationen begegneten, die Philosophie Newtons und Leibnizens, Christian Wolfs und Locke’s, Gedanken des Helvetius und Adam Smith. Wenn in ihrer Mitte diese ent- gegengesetzten Auffassungen zum Austrag gebracht wurden, so erfüllte darin die Akademie den Beruf einer universellen Wirksamkeit, den Beruf einer über die Grenzen des Nationalen hinausgehenden Verständigung. Man sieht dies am deutlich- sten, wenn man die Männer, welche an den philosophischen Arbeiten der Akademie Theil hatten, nach ihren Richtungen gruppirt. Die Vertreter der eigentlich französischen Philoso- phie sind nur ein kleiner Bruchtheil des Ganzen. Die Arbei- ten der Akademie standen nicht selten in einem geraden Ge- gensatz gegen die von Frankreich kommenden Meinungen. Maupertuis, der Mathematiker, kann nicht für ein Phi- losoph in der französischen Richtung gelten. Vielleicht kann man ihn auch nach der philosophischen Seite hin als Schüler Newtons bezeichnen. Man kann Newton nicht in demselben allgemeinen Sinne eine Philosophie zuschreiben, wie Leibniz. Aber die Quaestionen, welche Newton der Optik hinzugefügt hat, enthalten die allgemeinen Principien seiner Naturbetrach- tung und sie sind so gefalst, dals sie entwickelt und angewandt 411 auf der einen Seite in wesentlichen Beziehungen z. B. in der Bestimmung des Raumes, der Materie,— der Lehre Leibni- zens, namentlich der Theorie der Monaden, entgegentreten mulsten, aber auf der andern Seite mit den materialistischen Voraussetzungen der französischen Philosophie und ihren trau- rigen Gonsequenzen unverträglich waren. Das Princip der klein- sten Thätigkeit (Ze principe de la moindre action), das Mauper- tuis in seiner Kosmologie und in einer Denkschrift der Akade- mie geltend machte und von der Mathematik und Mechanik auf die Physik und Theologie dergestalt übertrug, dafs er in ihm die Oekonomie der göttlichen Weisheit sah, war auf dem Bo- den newtonscher Naturbetrachtung hervorgewachsen. Der Ma- thematiker Koenig, ein Leibnizianer, bestritt es in der Aka- demie und aulser derselben und eignete in einem ärgerlichen Streite, ‚was in dem Princip Richtiges sei, vielmehr Leibniz zu und dessen Principe der Continuität. Euler vertheidigte es noch in seinen Briefen an eine deutsche Princessin und zwar in demselben Sinn, wie er in demselben Buche und auch in akademischen Schriften Leibnizens Monadologie und die praesta- bilirte Harmonie bestritt. Euler richtete im Jahr 1748 seine Denkschrift: Betrachtungen über den Raum und die Zeit gegen die idealistische Vorstellung Leibnizens, welcher den Raum und die Zeit in ein blofses Phaenomen der vorstellenden Monade verwandelt hatte. In einem ähnlichen Sinne suchte Beguelin, der Erzieher Königs Friederich Wilhelm II, die Frage vom Raum zu behandeln, indem er eine gewisse Vermittelung zwischen Leibniz und Newton anstrebte. In diesen Richtungen kamen ganz andere Keime zur Entwicklung, als französische Philosophie. Eulers Weltanschauung, deren Grundzüge er in den merkwür- digen Briefen an eine deutsche Princessin (eine Nichte Friederichs des Grolsen) entwirft, ist ebenso sehr auf die wirkenden Kräfte der Natur als auf die unabhängige Welt des Geistes und die göttliche Vorsehung gerichtet, und steht den damals in Frank- reich um sich greifenden leichtfertigen philosophischen Ansich- ten gerade entgegen. Von einer andern Seite war Christian Wolf und in ihm Leibnizens Philosophie in der Akademie vertreten. Dahin ge- hört vor allen der vielschreibende Formey, Professor am Col- 412 lege und Historiograph, der gegen Diderot und Rousseau seine fliefsende Feder in Bewegung setzte und Wolfs Philosophie lebhaft und gemeinfalslich darstellte, dann der Grofskanzler Des Jariges, der eine Denkschrift gegen Spinoza, insbeson- dere gegen dessen Begriff von der Ausdehnung und Materie verfalste (1746. 1747), ferner Gochius, Rector des werder- schen Gymnasiums, der über die Natur der Neigungen schrieb (1768). Eine dritte Gruppe philosophischer Richtungen erscheint, wie angezogen von Locke und Leibniz zugleich, so dafs sie diese beiden Gegensätze einander nähern. Der umfassende kunst- sinnige Sulzer hatte früh Christian Wolf studirt und war sein Anhänger. Aber er verliefs dessen Methode und folgte in der Behandlung den Alten und den Engländern. Louis de Beau- sobre, Sohn des durch seine Geschichte des Manichaeimus aus- gezeichneten Isaac Beausobre, folgt in seiner metaphysischen Ansicht Leibniz, aber in seinen psychologischen Untersuchungen finden sich auch Beziehungen zu Locke. Andere sind Eklektiker. An ihrer Spitze steht Merian, der französische Übersetzer des Plutarch und Hume’s und Lamberts. Als auswählende oder ausgleichende Kritiker erscheinen nament- lich B&guelin und Jean de Gastillon. Vielleicht kann man in diese Gruppe auch die Männer stellen, welche damals in der Akademie für Geschichte der Philosophie thätig waren, wie Heinius, der Rector des Joachimsthalischen Gymnasiums. Auch zählen wir dahin den Genfer Prevost, der Lambert studirte und Adam Smith übersetzte. So regte sich in der philosophischen Klasse eine mannig- faltige Thätigkeit, von den verschiedensten darin zusammen- treffenden Elementen bewegt. In ihr standen die eigentlichen Vertreter des französischen Geistes und Wesens ziemlich fremd und vereinzelt, z.B. ein La Metrie mit seiner Ansicht vom Menschen als einer Pflanze, einer Machine, oder der Marquis d’Argens mit seiner Philosophie des gesunden Menschenver- standes, von der Voltaire sagte: „‚er nimmt bisweilen schon seine fünf Sinne für Menschenverstand”. Es ist eins der schönsten Zeichen der philosophischen Reg- samkeit in der Akademie, dals die Mitglieder anderer Klassen, 413 Mathematiker, Physiker, Historiker, sich an den philosophischen Fragen lebhaft und thätig betheiligten. Damals nahmen die ein- zelnen Wissenschaften die Philosophie noch nicht, wie später durch den sich überstürzenden Wechsel der Systeme veranlalst, für eine zudringliche, unberechtigte Betrachtung; sie schlossen noch nicht ihr Gebiet gegen ihre allgemeineren Anregungen ab; vielmehr suchten sie von ihrem Orte aus zur Philosophie vorzudringen und sie mitzubestimmen. Sie fühlten noch das gesunde Wechselverhältnifs. Später sah man nicht selten her- vorragende Vertreter einzelner Wissenschaften die Philosophie verneinen, deren bildende Kraft sie, ohne es zu wollen, den- noch in der ihnen vertrauten deutschen Literatur, in ihrem Lessing und Schiller, in ihrem Herder und Goethe erfuhren. Es geschieht nicht selten, dafs man das, was man auf geradem Wege verschmäht, auf Umwegen aufnimmt. Wie in Leibniz, dem Stifter, die besondern Wissenschaften mit der Philosophie Hand in Hand gegangen waren, sich einander erregend und mälsigend: so sah man damals in der Akademie eine ähnliche Verwandtschaft, eine ähnliche Berührung. Wegelin, als Historiker thätig, las eine Denkschrift über Philosophie der Geschichte. Neben Maupertuis und Euler nahmen der Ma- thematiker Achard und Johannes Bernoulli an denjenigen logischen und metaphysischen Fragen Theil, welche die noth- wendige Consequenz der mathematischen Speculation sind. Aber vor allen verdient in dieser Beziehung der Mathematiker und Physiker Lambert Dank und Preis. Sein inhaltsvoller Brief- wechsel mit Kant, seinem Geistesverwandten, giebt schon al- lein von dem deutschen Sinn, von der gründlichen nüchternen Richtung seiner philosophischen Bestrebungen ein hinreichen- des Zeugnils. Schon ehe er nach Berlin kam, hatte er (1761) seine kosmologischen Briefe über die Einrichtung des Weltbaues geschrieben, in welchen er den Blick in die Unendlichkeit der Welten öffnet und in den unermelslichen Räumen den gött- lichen Weltplan anschauet, und im Jahre 1764 sein neues Or- ganon herausgegeben oder ‚Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein.” Fast noch in demselben Jahre, da Kant ihm schrieb, dafs er endlich zu demjenigen Begriffe gekommen, 414 welchen er nicht besorge jemals ändern zu dürfen: gab Lam- bert (1771) seine „Anlage zur Architektonik oder Theorie des Einfachen und des Ersten in der philosophischen und mathema- tischen Erkenntnils” heraus. Leider erlebte Lambert nicht mehr, dafs Kants Kritik der reinen Vernunft erschien. Ein mathema- tischer Geist ging durch Lamberts logische und metaphysische Untersuchungen hindurch, indem er sich in der Bestimmung der Grundbegriffe zum Theil an Locke anschlofs. In den Denk- schriften der Akademie findet sich von ihm eine Abhandlung (1763), welche an das Studium des Longin über das Erhabene anknüpft, betitelt: über einige Abmessungen der intellectuellen Welt. Andere Abhandlungen betreffen die Begriffe der Ord- nung, des Malses, der Symmetrie, besonders in psychologischer Beziehung (1770 fg.). Endlich darf in der Skizze der philosophischen Thätigkeit während dieses Zeitraums der Akademie Ein Zug nicht fehlen, der belebende Antheil Friederichs des Grolsen. Es waren die glänzenden Tage der Akademie, wenn in öffentlichen Sitzun- gen Darget oder Thiebault die historischen oder philosophi- schen Denkschriften des Königs las. So wurde z. B. im Jahr 1748 bei der Feier des königlichen Geburtstages seine Lebens- beschreibung des grofsen Kurfürsten vorgetragen. Die Darstel- lung, durch die Strenge des erzählenden Stils, durch politischen Scharfblick, durch charakteristische Vergleichungen ausgezeich- net, machte auf die Versammlung der Prinzen und Generale, der Minister und Gelehrten einen grofsen Eindruck, der sich in der nächsten Vossischen Zeitung mit den Worten aussprach, dals die Lebensbeschreibung wol kaum ihres Gleichen habe. Man kannte den Verfasser, aber man nannte ihn nicht. Noch im Jahr 1772 liefs der König, als seine Schwester die verwitt- wete Königin von Schweden in der Akademie zur Feier seines Geburtstags erschien, seine gegen Rousseau gerichtete Abhand- lung über den Nutzen der Wissenschaften und Künste im Staat vortragen. Abhandlungen Friederichs des Grofsen waren nicht selten Perlen in den akademischen Denkschriften und gaben ih- nen, wenn sie darin zuerst erschienen, grolsen Reiz. Die philo- sophische Richtung Friederichs des Grolsen war damals von Leibniz und Wolf, dem Studium seiner Jugend, abgekehrt und 415 den Franzosen zugewandt. Von seiner Abhandlung des Jahres 4770 „über die Eigenliebe als Princip der Moral betrachtet”, sagt er selbst in einem Briefe an Voltaire, dals die Keime zu den Gedanken derselben in den Schriften von Helvetius und d’Alembert liegen. Aber auf den Gang der philosophischen Be- strebungen in der Akademie hatte er wenig Einfluls. Sie folgte ihrer Richtung und so oft auch z. B. Friederich der Grolse über Leibnizens schwangere Monade spottete, es machte niemanden irre, der sonst dieser Lehre anhing. Als der König auf der Universität zu Halle, seiner philosophischen Ansicht entspre- chend, das Studium Locke’s empfahl und anbefahl, hatte die Sache keinen Erfolg. Der deutsche Geist ging seinen eigenen Weg und Friederich der Grolse liels ihn gewähren; er kannte das alte Sprichwort, das er selbst einmal anführt, Caesar non est super grammaticos. Später bestritt sogar der König mit Ge- danken der deutschen Philosophie die zerstörenden Consequen- zen der französischen, wie in seiner eifrigen Schrift gegen das System der Natur, in der er nun mit Leibniz gegen die blinde Nothwendigkeit die Intelligenz, welche dem Weltall vor- stehe, geltend machte. In allem, was Friederich in dieser Schrift über Gott sagt, erkennt man die directe oder indirecte Beschäf- tigung mit Leibniz. So trat selbst in dem Könige gegen den französischen Einfluls der deutsche Geist wieder hervor. Indessen für die Akademie lag das Grofse nicht darin, ob der König als Schriftsteller diese oder jene philosophische Rich- tung verfolgte; das war von geringerem Gewicht; aber darin, dals die Wissenschaft überhaupt und insbesondere die Bestre- bungen nach dem letzten Ziel der menschlichen Erkenntnils von dem Bewulstsein des Wiederklanges, von dem Bewulstsein der lebendigen theilnehmenden Werthschätzung getragen wur- den, welche sie in dem umfassenden Geiste des grolsen Königs fanden. Ein solches Verhältnils eines Helden und Staatengrün- ders zu dem stillen Gebiete der Wissenschaft hatte die Welt noch nicht gesehen und wird es nicht zum zweiten Mal sehen. Leibnizens Akademie empfand diese belebende erhöhende Kraft und dankt sie noch heute dem grolsen Enkelsohne Sophie Char- lottens, der ersten Königin, dem Erben ihres Geistes. 416 Friederich der Grofse hat einst von Leibniz gesagt: er sei für sich eine ganze Akademie gewesen. Man wird dies Wort umkehren dürfen. Die Akademie, die Leibniz stiftete, wird da- hin streben müssen, in ihrem sich immer erneuernden Leben alle Seiten an Leibnizens Geist in reicher Gliederung zu ver- wirklichen und darzustellen; dann wird sie selbst gleichsam ein unvergänglicher Leibniz sein, in die Weite und in die Tiefe gerichtet, wie Leibniz. Das Zeichen dieser Bestimmung steht sichtbar in diesem Saale. Seine Büste, ein Kopf mit einer Wöl- bung voll Gedanken, mit einer tief gefurchten Stirn, mit Zügen einer unternehmenden nachhaltigen Kraft, erinnert die Akademie in jeder ihrer Sitzungen an das Vermächtnils seines wissenschaft- lichen Geistes, an sein Vorbild in gründlicher Forschung und ursprünglicher Erfindung, in umfassender Kenntnils und tief- sinniger Betrachtung. Sein philosophischer Geist war, wie wir sahen, im vorigen Jahrhundert mit der Akademie und möge nimmer von ihr weichen. Hierauf hielten die seit der letzten gleichen Feier gewählten, von Sr. Majestät bestätigten drei ordentlichen Mitglieder der Aka- demie, welche sämmtlich der physikalisch - mathematischen Klasse angehören, den bestehenden Einrichtungen gemäls, ihre Antritts- reden. Zuerst sprach Hr. Braun: An dem Gedächtnifstage des grolsen Mannes, der in seltener Weise alle Richtungen menschlicher Erkenntnifs umfalste und zur Einheit verband, der darum treffend als Vorbild eines wahrhaft aka- demischen Mannes bezeichnet wurde, — an diesem Tage aufgefor- dert den Gefühlen des Dankes Worte zu geben, mit welchen ich diese Stelle betrete, mit welchen mich die Aufnahme in den Kreis dieser Akademie durch Ihre von Sr. Majestät dem Könige bestätigte Wahl erfüllt hat und stets erfüllen wird, finde ich meine Gedanken von zweifacher Empfindung getheilt. Wohl darf ich mich von dem Gedanken erhoben finden, dafs ich, ungesucht und unerwartet, einer Stätte der Wissenschaft von solcher Bedeutung anzugehören wür- dig schien, einer Stätte der Wissenschaft, in der mich die ausge- zeichnetsten Männer umgeben, deren manche auf meiner Laufbahn 417 mir schon frühe vorgeleuchtet haben; welcher vor Allen der hochgefeierte Mann angehört, der die Natur in einem Umfange und einer Ausdehnung durchforscht, wie kein Anderer, der seit einem halben Jahrhunderte alle jugendlichen Kräfte der Naturfor- scher zu den verschiedensten wissenschaftlichen Bestrebungen be- geisternd angeregt hat; einer Stätte, an welcher ich dem verehrten Manne nahe trete, der einer der ersten die Hebungen der Berge gezeigt, die uralten Blätter der Erdrinde mit ihren sprechenden Denkmälern entfaltet und der Erde eine Geschichte gegeben hat, an welche die der ganzen Natur sich anschliefst; an welcher ich endlich einen Lehrer wieder begrülsen darf, der dem Wissensdurst des Jünglings mit tief geschöpfter Lehre entgegenkam und seinen Glauben an die Einheit der Wissenschaft und ihre hohe Bestim- mung unerschütterlich festgestellt hat. Aber ich darf diesen erhe- benden Gefühlen nicht weiter Raum geben, denn wenn ich den Blick auf mich selbst zurückwende und auf den Theil der Wissen- schaft, den ich hier theilweise vertreten soll, so ergreift mich ein doppeltes Gefühl der Beschämung. Gegenüber den mannigfachen und grolsartigen Anforderungen, welche die Pflanzenkunde dem Forscher immer deutlicher und entschiedener vor Augen führt, ist es nicht das wohlthätige Bewulstsein erfüllter Aufgaben, sondern das demüthigende abzutragender Schulden, das mir nahe tritt, ein Ge- fühl, das noch stärker hervortritt, wenn ich der vielseitigen Arbeiten gedenke, welche der reichen Geistesbildung meines Vorgängers ent- sprolstsind. Selbst im engeren Dienste der Specialwissenschaft durch Neigung und Schicksal festgehalten, tröste ich mich des Gedankens, dals es in der Absicht dieser Akademie liegt, dafs der Einzelne Rath und Beistand bei den verbrüderten Einsichten finden soll, wo die eigenen nicht hinreichen wollen, so wie des anderen, dals jede Wissenschaft, wenn sie nur den von ihrem Gegenstand selbst vor- geschriebenen Weg bcharrlich verfolgt, mit allen anderen an dem- selben Ziele anlangen, sich durch sich selbst mit allen anderen ver- binden muls. Mag auch auf dem jetzigen Standpunkte wissenschaft- licher Thätigkeit die Naturforschung vielfach nach einer ganz an- deren Seite zu führen scheinen, als die Erforschung der geistigen Entwicklungskreise des Menschen, so wird die Zeit nicht ferne sein, die beide wieder inniger zusammenführt. Und wenn ich nun eben von diesem Gesichtspunkt aus den besondern Zweig, der hier 418 nach dem Sinn und Geiste der Akademie als Glied in den Kranz aller anderen Wissenschaften eingeflochten werden soll, betrachte, so erscheint er mir trotz der Fülle des Stoffs an allgemeinen An- knüpfungspunkten noch so beschämend arm und dürftig! Zwar führt die Botanik seit alter Zeit den Namen der „Scientia amabilis”, aber eben diese Bezeichnung, mit der man sie zu rühmen glaubt, deutet nur allzusehr darauf hin, dafs sie häufiger die Sache blolser Liebhaberei, als strenger Forschung ist. Wohl hat Linn@’s gewal- tiger Geist bedeutende Männer erregt, die das Werk der speciel- len Pflanzenkenntnils mit grolsartiger Übersicht und richtig son- derndem Scharfblick förderten und zu einem wahren Riesenwerke fortbauten; aber die lebendige Erfassung des Einzelnen und des Ganzen in seiner Geschichte blieb zurück. Es galt zunächst das Charakteristische festzuhalten, richtig zu unterscheiden, das reiche Material zu sichten, wobei die ganze allgemeine Botanik wenig mehr war als eine der Diagnostik dienende Terminologie. Selbst die natürliche Methode, welche das Einzelne familienweise zu sam- meln und in gröfsere Gruppen zu verbinden suchte, drang nicht entschieden durch zu dem ihr so nahe liegenden belebenden Ge- danken der Entwicklung, durch den allein im Einzelnen und Gan- zen der wahre Zusammenhang erscheint, durch den allein die ganze Wissenschaft des Pflanzenlebens und seiner Gestaltung ein Glied in der Kette der Wissenschaften bildet. Was vor Allem fehlte, war eine tüchtig durchgebildete vergleichende Morphologie, für deren spärliche Anfänge den Botanikern ein Vereinigungspunkt gegeben wurde durch den glücklichen Naturblick und das schwung- reiche Wort unseres grolsen Dichters. Die Lehre der Metamor- phose war es, an die sich die wichtigsten Fortschritte anknüpften, die richtige Auffassung der wesentlichen Organe der Pflanzen und ihrer stufenweise modificirten Erscheinung, die berichtigte Betrach- tung des Pflanzenindividuums, der Sprolsbildung und der durch sie bedingten Verzweigungstypen und Blüthenstände, der Anordnung der Blätter und der Construction der Blüthen u.s.w. Aber von dem Allem haben wir nur die ersten Anfänge, denn spärlich wurde dieses Feld bebaut und durch ungeduldiges Abspringen von der hingebenden Unterwerfung unter die Wirklichkeit, welche des Na- turforschers erste Pflicht ist, vielfach verunstaltet. Nur wenige ha- ben den wahren Reichthum der Morphologie erkannt, noch weni- 419 gere kräftige Hand an die Erndte gelegt. Eine andere Seite der Forschung überwuchs die unvollendete Morphologie bald so sehr, dals sie fast in Vergessenheit gerieth oder doch milsachtet wurde. Es war die Anatomie der Gewächse, die Untersuchung der Gewebe, ihrer Natur nach die Morphologie zu ergänzen, nicht zu beherr- schen bestimmt. Das Mikroskop wurde das herrschende Werkzeug des Botanikers und es wurde leider allzuoft ohne alle morphologi- sche Orientirung angewendet, das Untergeordnete zur Hauptsache, der Baustein zum Bauplan verkehrt. Beide wieder verbindend trat endlich die von beiden geforderte Richtung der Wissenschaft in ihre Rechte ein, die Richtung auf Erforschung der Entwicklungs- geschichte, bestimmt die gemeinsame Abstammung und successive Erzeugung aller Theile des Organismus in ihrer ursprünglichen Beziehung und ihrem natürlichen Zusammenhange darzustellen, die Glieder des Organismus als Abschnitte in der Geschichte der Pflanze zu erkennen. Mit dieser glücklichen und jetzt herrschenden Rich- tung der Forschung trat zugleich eine scharfe Kritik des ganzen bisherigen Zustandes der Botanik, wie sie ohne dieses letzte Kri- terium sich gestaltet hatte auf, eine Kritik, welche alle Blölsen scho- nungslos aufdeckte, um eine gründlichere Behandlung der Wissen- schaft hervorzurufen. Wohl gab es viel aufzuräumen und es giebt dessen alle Tage mehr; auch die Kritiker selbst tragen das Ihrige dazu bei, denn sie vergessen allzusebr des natürlichen Entwicklungs- ganges der Wissenschaft, sie vergessen welche Vorarbeit verglei- chender Morphologie vorausgehen muls, wenn das Unternehmen der Entwicklungsgeschichte nicht haltlos sein soll; sie vergessen, dals nicht sowohl die ersten Anfänge, als vielmehr das Ziel der Bil- dung uns den wahren Aufschlufs über den Sinn dessen, was sich entwickelt, über seine Bedeutung im Plane des Ganzen geben mußs, dafs Vieles erst im Resultat offenbar wird, was in den ersten An- fängen noch nicht erkannt werden kann. So stehen wir noch am Anfang einer neuen Gestaltung des ersten und wesentlichsten Theiles der botanischen Wissenschaft, der uns die Gestaltungsverhältnisse der Pflanze an der Hand der Ent- wicklungsgeschichte, als Ausdruck des inneren Wesens der Pflanze . ‚selbst, vor Augen führen soll, während ein anderer diesem entgegen- stehender, denselben aber auch ergänzender Theil die Aufgabe hat die Lebensprozesse der Pflanze in ihrer äulseren Vermittlung zu 420 ergründen. Auch in diesem Theile, der Planzenphysiologie, stehen wir noch am Anfang. Während auf der einen Seite die vom Tbhiere auf die Pflanze leichten Griffes übertragenen Vorstellungen noch immer nicht überwunden sind, sehen wir von der anderen, dafs die gründlich und mit der Schärfe des Experiments verfah- rende physikalisch-chemische Auffassung der Lebensprozesse leicht den Mittelpunkt aller in der Pflanze wirkenden Kräfte verliert und, das Mittel für die Ursache haltend, das Leben der Pflanze selbst hingiebt, in sonderbarem Widerspruch mit der Entwicklungs- geschichte, die ohne die lebendige Einheit, die in der Mannigfaltig- keit der Bildungsstufen erscheint, jeden Sinn verliert, und weder das Individuelle, noch das Specifische, von welchem die ganze Naturgeschichte ausgeht, fest halten kann. Diese kurze Andeutung mag Ihnen das Gefühl erklären, mit welchem ich als Botaniker unter Sie trete; ich mulste es ausspre- chen, dafs die Botanik noch nicht in dem Zustand der Reife er- scheinen kann, die sie zur rechten Anknüpfung an das Ganze der Wissenschaft geeignet machen wird; sie wird Ihnen vielmehr im Kampfe ihrer eigenen Gestaltung, im mühsamen Werke der Einzel- arbeit zur Gewinnung derselben erscheinen müssen; aber einen Ruhm darf ich ihr bei aller Unvollkommenheit ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht schmälern, den Ruhm, dafs in ihr gearbeitet wird mehr als je, wenn auch in verchiedenem Sinn und Geist, doch in gemeinsamer Liebe zur Sache und in gemeinsamer Hoffnung des Ziels, getragen und bewährt durch die immer deutlicher sich ver- knüpfenden Resultate der Forschung. Noch muls ich zweier "Theile der Botanik Erwähnung thun, an welche ich in Ihrem Kreise besonders erinnert werde, ich meine die Geographie und Paläontologie der Pflanzen. Sie schlielsen sich als die schönsten Blüthen der speciellsten und mühevollsten Erfor- schung der Pflanzenreichs an, die eine die Grundlage einer Ge- schichte der Pflanzenwelt der gegenwärtigen Epoche bildend und in naher Beziehung zur Culturgeschichte der über alle Welttheile ausgebreiteten Menschheit selbst; die andere zurückführend in die uralten Zeiten der Vorwelt, um uns den Entwicklungsgang der Pflanzenwelt von seinem ersten Ausgangspunkte an zu vergegen- wärtigen, beide, so unvollständig ihre Ausführung auch noch sein mag, eines allgemeineren Interesses vorzugsweise würdig. 421 Was der gründlichen Erkenntnils der Lebenserscheinungen der Pflanzenwelt für die allgemeine Wissenschaft eine besondere Bedeutung giebt, das ist die mittlere Stellung derselben zwischen der höher belebten organischen Natur oder dem Reiche der beseel- ten Wesen, und dem niederen Reiche des Unorganischen. Wie die Pflanzen selbst den todten Stoff zur lebendigen Gestalt heranbilden, so scheint es mir die Aufgabe der -Naturwissenschaft zu sein, nicht in schwärmerischem Phantasiespiel, sondern auch auf dem Wege ruhiger Forschung mehr und mehr die sogenannte todte Natur, welche der einheitlichen Naturbetrachtung überall die gröfsten Schwierigkeiten bietet, in den lebendigen Organismus geistiger Erkenntnils aufzunehmen. Doch von der Abschweifung zu fernen Aussichten kehre ich zur ursprünglichen Absicht der Rede zurück. Was meine Kräfte zu leisten vermögen, das biete ich in freudiger Erwiederung Ihres Vertrauens, Ihr Wohlwollen und Ihre Unterstützung mir erbit- tend. Darauf sprach Hr. Klotzsch: Nicht ohne eine gewisse Befangenheit erscheine ich an dem heutigen Tage, dem Leibnizfeste vor Ihnen, den gefeierten Vertre- tern der Wissenschaft, um Ihnen für die ehrenvolle Auszeichnung, die mir durch das Heranziehen in Ihre Mitte, Behufs gemeinsamen Wirkens für das höchste aller geistigen Bestrebungen zu Theil wird, meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen. Die Aufgabe, die mir durch Ihre Berufung wird, ist nicht klein. Es gilt, einen Zweig der Naturwissenschaften repraesenti- ren, der bisher, an dieser Stelle, von Männern wie Gleditsch, Willdenow, v. Chamisso, Horkel, Kunth und Link auf die würdigste Weise vertreten wurde. Es gilt, die Förderung und Erweiterung einer Disciplin, die bei einer richtigen Auffassung kei- ner der übrigen Naturwissenschaften weder an Umfang, noch an Bedeutung nachsteht. Es gilt, für die Botanik einen Höhenpunkt zu erreichen, wie ihn die Zoologie bereits einnimmt. Die Lösung einer solchen Aufgabe aber, grols genug für eine Generation, kann von dem Einzelnen nur angestrebt werden. Er muls nach Kräften beitragen, und sich damit begnügen, das Ziel der Lösung näher zu rücken. 422 Mit Hülfe der verbesserten Mikroskope ist es gelungen über die Entstehung, Entwickelung und Vermehrung der Elementar- organe Licht zu verbreiten. Das von Schulze in Rostock ent- deckte Macerations-Verfahren, mittelst welchem es leicht wird, die verschiedenen Urorgane zu isoliren, um sie für sich, unter Anwen- dung der dazu nöthigen Reagentien studiren zu können, hat zu der Überzeugung geführt, dals innerhalb einer und derselben Zellen- form Abweichungen hinsichtlich des Inhalts, wie der Verrichtungen vorkommen. Dieser wichtigen Entdeckung ist es insbesondere zu danken, dafs die Bahn zur Vergleichung der Elementarorgane, (ein früher unbekanntes Feld,) gebrochen werden konnte. Das Eindringen in den Chemismus der Pflanze hat uns den Nachweis geliefert, dals alles, was in der Pflanze hervorgebracht wird, von den Zellen ausgeht, dals die Zelle das Laboratorium ist, in der die verschiedenartigsten Stoffe, die wir in der Pflanzenwelt antreffen, ihren Ursprung und ihre Bereitung finden. Die Assimila- tionserscheinungen der Pflanze zeigen auf das unzweifelhafteste, dals das Wasser nicht allein als das Agens der Betriebsamkeit, son- dern auch als Lösungsmittel für die Nahrungsstoffe dient und somit die Aufnahme derselben vermittelt. Die vortrefflichen Arbeiten, die wir über Sprofsbildung, Phyl- lotaxis und Blattmetamorphose besitzen, gewähren eine Menge höchst interessanter Aufschlüsse, die folgenreich zu werden ver- sprechen. Die Lehre von der Befruchtung der Gewächse ist in ein Stadium getreten, das einen baldigen, definitiven Abschluls erwar- ten lälst. Allein hiermit ist die Bestimmung der Botanik nicht erfüllt und den Anforderungen, die man an dieselbe zu stellen, berechtigt ist, keinesweges genügt. Abgesehen davon, dals die in den Herba- rien und Pflanzengärten aufgespeicherten Schätze aus den ent- legensten Gegenden der Welt ein fast unübersehbares Material für wissenschaftliche Erforschung bieten, haben wir noch den Normal- zustand der Pflanze, die Verrichtungen der zusammengesetzten Or- gane, ihre Beziehungen zu einander, wie zur Aulsenwelt und ihre Bedeutung im grofsen Haushalte der Natur zu ergründen, bevor es gelingen wird, die Forstkultur und den Land- und Gartenbau aus den Fesseln jener dürftigen Empirie, in der diese praktischen Fä- cher der Naturkunde noch befangen sind, befreien zu helfen. 423 Wenn irgend ein Hebel existirt, der zur Thätigkeit anzuspor- nen vermag, wenn es ein Mittel giebt den Muth des Enthusiasmus für eine Wissenschaft zu erhöhen, für die ich von früher Jugend an entbrannt bin, so ist es das Band, das mich mit einer Akademie verschlingt, in der die grölsten wissenschaftlichen Celebritäten der Vor - und Jetztzeit durch ihr Vorbild zur Nachahmung entflammen. Auf beide Antrittsreden erwiederte der Sekretar für die phy- sikalische Abiheilung der physikalisch- mathematischen Klasse, Hr. Ehrenberg: In kurzer Zeitfolge hatte die Akademie der Wissenschaften drei, hauptsächlich für Botanik thätige und weit anerkannte Mit- glieder durch den Tod verloren: Horkel, Kunth, Link. Durch Schärfe des Auffassens und gewissenhafteste bis an das Ängstliche streifende Gelehrsamkeit in physiologischen Problemen der Botanik zeichnete sich Horkel aus, der im hohen Alter erst der Akademie angehörte und dessen stille mehr mündliche als im Druck publicirte Anregungen mannichfach fruchtbringend fortwirken. Die Bearbei- tung der reichen Schätze der höchst einflulsreich gewordenen bota- nischen Sammlungen Alexander von Humboldts und Bon- plands war die Lebensaufgabe Kunths geworden, nach deren angestrengter sorgfältiger Lösung ihn diese Akademie aufnahm, gleich einem Baum voll reifer und nachwachsender stets nutzbarer Früchte. Link durch vielseitige Geistesgewandheit und in der Jugendkraft in Botanik und Physik gewonnenen Preise, auch durch Reisen ins südliche Europa ausgezeichnet und glänzend, als Lehrer der Botanik für die Universität und als Director für den botanischen Garten nach Berlin berufen, hat bis in ein seltenes hohes Alter im- mer frische Blüthen und Früchte des Geistes gereift und ordnend und beobachtend mit der Jugend wissenschaftlich gestritten und gekämpft, auch mannichfache Anregungen in dieser Akademie ge- geben. Es war für die Akademie wie für die Universität nothwendig für diese fast gleichzeitigen grolsen Verluste neue analoge Kräfte heranzuziehen. Dem für Sie, Hr. Braun, sehr ehrenvollen Wun- sche des Hohen Ministeriums zwei bei der Universität entstandene Vacanzen durch Ihre Berufung und durch Mithülfe der Akademie auszufüllen, hat die Akademie durch Ihre Wahl zum ordentlichen 424 Mitgliede in der ersten Stelle der Botanik entsprochen und hat das Vertrauen dadurch zu erkennen gegeben, dals der berufene Lehrer der Universität auch der Mann der Wissenschaft sein werde. Schroffer als je werden jetzt in der Botanik zwei Richtun- gen vertreten, die keineswegs neu, vielmehr sehr alt sind, aber durch schroffes Auseinandergehen doch einerseits neu erscheinen. Ein bedeutender vor Kurzem verstorbener süddeutscher Botaniker hat in von ihm und von noch einem Mitarbeiter herausgegebenen Grundzügen der Botanik es 1843 folgendermalsen bezeichnet: „Hatte sich die Linn@ische Schule in der materiellsten Auf- fassung der Form so fest ausgebildet (festgerannt), dafs es einer nicht geringen Bewegung der Geister bedurfte, um ihren ertöd- tenden Schematimus los zu werden, so trat von nun an die neue Gefahr ein, eine empirische Wissenschaft in lauter Geist aufgehen zu sehen und im Verfolge jener philosophischen Speculation, durch welche der richtige Ausgangspunkt allerdings gewonnen schien, den Standpunkt ächter Naturforschung abermals zu verlieren. Dals dieser für die Botanik erhalten blieb, ist aber vorzüglich dem Ein- flusse beizumessen, welchen das Beispiel eines grolsen Meisters geübt hat.” Er nennt das Auswärtige Mitglied dieser Akademie den englischen Botaniker Robert Brown. So richtig auch die letztere Bemerkung über den so glücklichen Einfluls Robert Browns ist, so wenig gerecht und der wissenschaftlichen Ent- wicklung angemessen erscheint doch das über Linn und seine Auffassung ausgesprochene jetzt weit und breit gleichtönende Ur- theil. Freilich war Linn&’s Auffassung, die so segensreich ge- wirkt, das heifst die Formen unterscheidende und systematisirende Richtung, ein Schematismus, allein dieser Schematismus ist und bleibt segensreich für die Naturkenntnils. Er war mit Bewulstsein geschaffen und es liegen in Linne’s Schriften hinreichend viele Zeugnisse vor, dafs er sowohl die Entwicklungen kennen zu lernen suchte, beachtete und empfahl, als auch die sogenannte natürliche Methode der Systematik unterschied und würdigte. Um zu seinem Ziele zu gelangen bedurfte er fester Formen und er fand dies in der alleinigen Berücksichtigung vollkommen entwickelter, sich durch Samen - und Eibildung fortpflanzender Körper. Mit vollem und klarem Bewulstsein hat er die Entwicklungszustände überall unbe- rücksichtigt gelassen. Das war nicht ein Festlaufen in einseitiger Richtung, das war offenbar die nothwendige Selbstbeschränkung eines hochbegabten Mannes. Allerdings ist nun Vieles zu than in dem was er ungethan liegen liels, die ganze organische Gestalten- welt mufs allmälig auch in diesem Sinn übersichtlich gemacht wer- den. Durch Überschätzung des Werthes der Entwicklungsformen und der Phantasie in den Wissenschaften, wo letztere so selten glückliche Früchte bringt, ist jetzt auf die Beschäftigung mit der Formenkenntnils und der Systematik ein Schatten geworfen, der sehr nachtheilig auf die Naturwissenschaften wirkt, indem er fast alle Formenkenntnils vernichtet und fühlbaren Mangel an Kennern und Lehrern wegen Nichtunterscheidung der Formen bedingt. Um so löblicher wird die Festigkeit derer zu erkennen sein, welche dennoch diesen Schatten und sein fruchtbringendes Princip dem lichtvollen Blumenhaine vorziehn, welcher sich andererseits gar phantasievoll aber meist fruchtlos ausbreitet. Da Einer nicht alles thun kann und da niemand leugnen kann, dals Linn& etwas Gro- [ses gethan, so ist in dem was er späterer Mulse und Kraft überliels, kein Vorwurf enthalten, dafs er es nicht auch gethan. Jenes von Linn@ und den in seinem Sinne thätigen Naturforschern nicht Gethane ist ein Bekanntes. Linn&’s Thätigkeit konnte durch eine Preisaufstellung nicht herbeigeführt werden, aber jenes von ihm mit Bewulstsein ungethan Zurückgelassene kann bezeichnet und durch Preisaufstellungen erreicht werden, da es nur Fleifses und sorg- fältiger Forschung und Auffassung bedarf. Schon oft haben Aka- demieen Preise auf Entwicklungsbeobachtungen ausgesetzt und man wird auf diesem Wege allmälig eine grolse Zahl der typischen For- men nach ihrer Entwicklung in Übersicht bringen können. Die wenn auch schon grolse, doch noch viel zu geringe Zahl solcher Beobachtungen, veranlafst jetzt oft eine Verwunderung über Ver- wandlungsverhältnisse und Zwischengestalten, welche unmotivirt ist und die oft schnell wieder verschwindet, wenn man etwas ver- trauter mit der Natur wird. Oft waren früheren Forschern jetzt bewunderte Erscheinungen sehr geläufig bekannt, nur erkannten sie nichts Besonderes darin und sprachen nicht von Entdeckungen dabei, wenn sie aus lineären Formen sich allmälig kugelartige oder umgekehrt entwickeln sahen. Freilich wer sich gewöhnt hat, gegen | Linn&’s Gesetz Namen zu geben, lineäre bewegte kleine Formen 7rx 426 sogleich Yidrio oder Spirillum, unbewegte Conferva, kugelartige bewegte Monas und Folvox zu nennen; oder wer alles Kleine für einzelliges Einerlei hält, der wird von Verwandlungen einer Monas und eines /idrio in Conferven, Moose und andere beliebige Pflan- zen mit grolser Verwunderung sprechen, während das Wunderbare doch nur in unrichtiger Benennung liegt und den mühsameren Forscher verstimmt. Sie haben, Hr. Braun, in schon länger vergangener Zeit die Herzen der mit Ihnen strebenden Zeitgenossen durch zwei Arbei- ten gewonnen, die von einer ungefärbten Naturforschung ein schö- nes Beispiel gaben, deren eine die Entwicklung und darauf begrün- dete Systematik der Charen und die andere das mathematische Ele- ment in der Blattstellung und dem Bau der Tannenzapfen nach Schimpers Anregung zum Gegenstande hatten. Sie haben seit- dem sich dem Lehrfache mehr als der Publication gewidmet. Aus dem, womit Sie neuerlich Ihre Thätigkeit bei der Akademie begon- nen haben, indem Sie in den physiologisch so wichtigen Chara- Bildungen die Gesetze des Saftlaufes mit reicher Beobachtung um- fassend feststellten, geht hervor, dals Sie den Weg der alten Natur- forschung einzuhalten gedenken und mit kräftigem Geiste der Wis- senschaft über die krankhafte Zeit von Naturpropheten mit hinüber- helfen werden. Durch mein Amt dazu aufgefordert heilse ich Sie in diesem Kreise öffentlich glückwünschend willkommen. Zu Ihnen mich wendend, Hr. Klotzsch, hebe ich die grolse und glückliche Thätigkeit hervor, welche Sie besonders für syste- matische Botanik in so bedeutender und anerkennenswerther Aus- dehnung bisher geübt haben. Seitdem Sie mit Jugendeifer die Eri- ceen der v. Chamisso’schen Reise beschrieben und durch Ihre praktische botanische Thätigkeit sowohl Links als Hookers be- sondere Aufmerksamkeit und Freundschaft sich erworben, haben Sie in ächt Linn&ischem, d.i. zugleich aber auch im fortbildenden Sinne die Botanik gefördert. Sie haben Schomburgks, Karstens, Carl Ehrenbergs, des hochseligen Prinzen Waldemar und zuletzt Dr. Peters botanische Sammlungen verarbeitet und dem Königlichen Herbarium zu Schöneberg eine so umsichtige Pflege gewidmet, dafs diese wichtige Anstalt in ausgezeichneter Weise ihrem Zwecke entspricht und Sie mit den Botanikern vieler Länder in Verbindung stehen. Ihre Leichtigkeit in Beherrschung grolser 427 Massen von Pflanzenformen wird Ihnen hinreichende Gelegenheit geben das gründliche Studium ein langes Leben lang im Schoose dieser Akademie fortzusetzen, wozu ich Ihnen den amtlichen Gruß und Glückwunsch der Akademie ausspreche. Hierauf hielt Hr. Eisenstein die übliche Antrittsrede: Ihre durch Allerhöchste Königliche Huld bestätigte Wahl hat auch mich und zwar als das jüngste Mitglied in Ihren Kreis auf- genommen. Indem ich demgemäls heute zum ersten Male öffent- lich als einer der Ihrigen in Ihrer Mitte erscheine, erfüllt mich das Gefühl der tiefsten Dankbarkeit für die grofse Ehre, deren Sie mich meines noch wenig vorgerückten Alters ungeachtet gewürdigt ha- ben, wie auch für das hohe Vertrauen in meine wissenschaftlichen Bestrebungen, welche neu belebt und gekräftigt werden müssen durch das freudige Bewulstsein einem Vereine der hervorragend- sten Geister einverleibt zu sein. An diesem feierlichen Tage, an dem wir das Gedächtnifs des grolsen Mathematikers Leibniz festlich begehen, der überhaupt dem Andenken an die Vergangenheit geweiht ist, fühle auch ich mich gedrungen, einen Rückblick auf mein eigenes der Mathematik gewidmetes wissenschaftliches Leben zu werfen, fühle ich mich na- mentlich gedrungen, den Männern eine dankbare Erinnerung zu schenken, deren belebender Einfluß auf meine Studien mir ein Ziel zugänglich gemaclıt hat, welches meinen schwachen Kräften allein zu erreichen vielleicht unmöglich gewesen wäre. Schon früh wurde ich von den Schönheiten eines Gebietes angezogen, welches sich nicht allein von andern durch seinen Ge- genstand unterscheidet, sondern sich vor allen durch die Eigen- thümlichkeit und Mannigfaltigkeit seiner Methoden auszeichnet, in- dem es hier nicht genügt, die Folgen eines einzigen Gedankens in einer langen Reihe von Entwicklungen darzulegen, sondern fast jeder Schritt die Überwindung neuer Schwierigkeiten, die Anwen- dung neuer Principien erfordert. Die Zahlentheorie, vor nicht viel mehr als funfzig Jahren nur aus vereinzelten Sätzen bestehend, von den meisten Mathematikern kaum gekannt, von wenigen nur ausnahmsweise gepflegt, obwohl schon Euler in ihr eine Erholung von seinen übrigen Beschäfti- tigungen fand, hat durch Gaufs und einige seiner Nachfolger in 428 kurzer Zeit einen solchen Aufschwung genommen, dafs ‚sie nun- mehr an Tiefe und Umfang keiner andern mathematischen Disciplin nachsteht, auf viele derselben befruchtend eingewirkt hat; es hat sich eine Schule gebildet, welche die hervorragendsten mathemati- schen Talente zu ihren Anhängern zählt, der auch ich mich, wenn auch als einer ihrer geringsten Jünger mit Stolz zurechne. In einer Vorrede, mit welcher der grofse Göttinger Gelehrte eine Sammlung einiger meiner eigenen Abhandlungen einzuleiten gewürdigt hat, schildert er selbst die eigenthümlichen Reize dieses Theils der Wissenschaft, dessen erhöhte Ausbildung einen so ge- waltigen Einfluls, wenn auch im Verborgenen und oft unbewulst, auf das ganze mathematische Denken unserer Zeit ausgeübt hat: „Die höhere Arithmetik — sagt er — bietet einen unerschöpf- lichen Reichthum an interessanten Wahrheiten dar, und zwar an solchen, die nicht vereinzelt, sondern in innigem Zusammenhange stehen, und immer neue, ja unerwartete Verknüpfungen erkennen lassen, je weiter die Wissenschaft sich ausbildet. Ein grolser Theil ihrer Lehren gewinnt auch einen neuen Reiz durch die Eigenthüm- lichkeit, dafs gewichtige Lehrsätze in einfach ausgeprägtem Inhalt uns leicht durch Induction zugeführt werden, deren Begründung doch so tief liegt, dals man erst nach vielen vergeblichen Versuchen dazu gelangt, und dann meistens erst auf beschwerlichen künst- lichen Wegen, während die einfacheren Methoden lange verborgen bleiben.”— Auch darin glaube ich dem groflsen Meister nachge- strebt zu haben, dafs ich meine Forschungen auf solche Probleme richtete, in denen die Zahlentheorie und andere Theile der Mathe- matik besonders die Lehre von den Functionen und die Integral- rechnung in einandergreifen: hat er selbst doch zuerst die Möglich- keit einer solchen Verknüpfung nachgewiesen, indem er ein Pro- blem der elementaren Geometrie, welches seit den Zeiten Euklids als unlösbar gegolten hatte, zur Lösung brachte — durch die Hülfs- mittel der Arithmetik. Aber nicht allein aus der Ferne hat mir ein solches Vorbild geleuchtet, sondern auch aus Ihrem Kreise ist mir oft und von je- her belebende Anregung geworden, und jetzt wird mir das hohe Glück zu Theil, als einer der Ihrigen die begonnenen Forschungen fortsetzen zu dürfen. Leider knüpft sich hieran der betrübende Ge- danke, dafs gerade meinem Eintritte in Ihre Mitte vorhergehen 429 mulste der unersetzliche Verlust, den die Mathematik durch das frühe Dahinscheiden des Mannes erlitten hat, dessen Verdienste heute von einem würdigerm Munde werden gepriesen werden, der auch mir nicht allein ein Muster der Nacheiferung in der Wissen- schaft, sondern auch ein theurer Freund im Leben gewesen ist, der seinen Einflufs oft angewendet hat, um meinen Bemühungen eine aufmunternde Anerkennung zu verschaffen. Möchte es mir ver- gönnt sein, wenigstens einigermalsen zur Ausfüllung der Lücke beizutragen, welche durch einen solchen Verlust entstanden ist. Hr. Encke, als Sekretar für die mathematische Abtheilung der physikalisch - mathematischen Klasse, erwiederte folgendes: Der ehrenvolle Auftrag, den ich meiner Stellung nach heute zu erfüllen habe, Sie, geehrter Hr. College, als neues Mitglied der Akademie zu begrülsen, erinnert mich unwillkürlich auf eine dop- pelte Art an meinen unvergelslichen Lehrer, den Geh. Hofrath Gaufs in Göttingen, durch das Fach und zwar den speciellen Theil der Wissenschaft, welchem Sie hauptsächlich Ihre Kraft zu- gewandt haben, und durch das persönliche Verhältnißs, in welchem Sie und auch ich zu jenem grofsen Mathematiker stehen. Als im Jahre 1514 der Hofrath Gauls seinen Freund, den damaligen Di- rector der Seeberger Sternwarte, Hrn. v. Lindenau, besuchte und gleichzeitig auch ich den damaligen Gehülfen derselben Stern- warte, den jetzt verstorbenen Hofrath Nicolai, der nachher Di- rector der Mannheimer Sternwarte ward, kam in dem engen und vertrauten Kreise häufig das Verhältnils der verschiedenen Wissen- schaften, besonders der reinen und angewandten Mathematik zur Sprache. Noch gegenwärtig ist mir der ungemein starke Eindruck lebhaft im Gedächtnils, den die feurige Anhänglichkeit von Gauls an den Theil der reinen Mathematik, die Zahlenlehre, auf mich machte, dem Sie von Ihrem ersten Auftreten an sich vorzugsweise gewidmet und dessen reiches Feld Sie so erfolgreich bebaut und erweitert haben. Die Vorliebe, welche für ein Fach dem verbleiben mulste,‘der wie Gauls die Zahlenlehre in gewissem Sinne erst wissenschaftlich geordnet und zu einem gegliederten Ganzen um- gearbeitet, dabei aber auch so wesentlich umgestaltet und durch neue Fortschritte bereichert hatte, dafs man sein in jugendlichem Alter geschriebenes Werk noch jetzt als das eigentliche Fundamen- 430 talwerk der höheren Arithmetik ansieht, liefs ihn die Untersuchun- gen derselben als die abstracteste und den mathematischen Sinn am deutlichsten aussprechende Geistesthätigkeit bezeichnen, welche im Laufe der Zeit die übrigen Theile der Wissenschaft in demselben Grade überdauern würde, wenn man es so ausdrücken darf, als sie von sinnlicher Veranschaulichung und der daraus zu entnchmenden Hülfsleistung sich frei hält. Zwar hat diese Vorliebe ihn nicht ver- leitet, sein hervorragendes Talent für Anwendung ganz bei Seite zu setzen, wie die magnetischen Arbeiten der letzten zwanzig Jahre so glänzend es bezeugen, immer aber verweilte er und kehrte nach einer solchen, Zerstreuung möchte man es nennen, zurück zu den Speculationen, an welchen seine jugendliche Kraft sich erstarkt hatte. Und eben diese Erinnerung an seinen eigenen Lebensgang liefs ihn auch, wenngleich Sie Ihre Ausbildung ganz unabhängig von persönlicher Annäherung an ihn verfolgt haben, mit einer Wärme an Ihrem Geschicke Theil nehmen, wie er sie nur bei sei- nen eigentlichen Schülern irgend hätte beweisen können. Von Ih- ren ersten Arbeiten an ist keine entfernte oder nahe liegende Ge- legenheit vorüber gegangen, bei welcher er nicht Ihrer und des Einflusses, den irgendwelche selbst zufällige nnd ganz aufser der Wissenschaft stehende Begebenheit auf Ihren Lebensgang und Ihre Wirksamkeit zu äulsern vermöchte, mit der regsten Theilnahme gedacht hätte. In einem so speciellen Fache wie das Ihrige, welches wohl von Mehreren in seinen ersten Anfängen gekannt, aber nur von sehr Wenigen so bearbeitet wird, dals eine wirkliche und mit glän- zenden Erfolgen begleitete Erweiterung daraus hervorgeht, ist diese ganz unpartheiische und durch keine äulsere Veranlassung hervorgerufene Anerkennung und Hinneigung des bejahrten Mei- sters zu dem jüngeren Talente, das sicherste, ehrenvollste und für beide Theile am günstigsten sprechende Zeugnils des inneren Wer- thes der Bestrebungen, und in dieser Hinsicht, so wenig sonst auch in unsern Verhältnissen Empfehlungen und Autoritäten. geltend gemacht werden dürfen, habe ich geglaubt daran erinnern zu dürfen. Gerade in dem Fache der reinen Mathematik pflegt, mit weni- gen Ausnahmen, das wahre Talent sich sehr frühe, in fast jugend- 431 lichem Alter, schon entschieden auszusprechen, wie es bei Ihnen in so hohem Grade der Fall war, und die ersten Mannesjahre pfle- gen auch die zu sein, welche dem schöpferischen Geiste erlauben seine volle Kraft zu zeigen. Aber es fehlt auch nicht an Beispielen und viele grolse Mathematiker haben gezeigt, dals ein sehr langes Lebensalter doch nicht die Elasticität des Forschens zu lähmen ver- mag, sobald sie aus dem wahren innern Kerne des Menschen her- vorgegangen ist. Der Mathematiker hat mit einiger Wahrschein- lichkeit zu hoffen, dals eine lange Reihe von Jahren ihm erlauben werde die Früchte zu erndien, welche er selbst noch in den ersten Keimen vorbereitet hat. Möge auch ein gleiches günstiges Ge- schick Ihnen und der Akademie diese ehrenvolle Genugthuung ge- währen und der heutige Tag der Anfang sein von einer langen Pe- riode, welche, wie bei den früheren Mitgliedern der Akademie in diesem Fache, die Neuheit, Frische und Gründlichkeit der Forschung durch den Reiz der Abwechselung belebt und auch den schwierig- sten Problemen durch die unausgesetzt und bebarrlich darauf ge- richtete Aufmerksamkeit den Weg zur vollständigen Lösung bahnt. Demnächst theilte Hr. Encke folgende die Preisfragen be- treffende Nachrichten mit. Im Jahre 1849 hatte die Akademie, zufolge der Bestimmung, welche an das Ellert’sche Legat geknüpft ist, als ökonomische Preisaufgabe: Eine Untersuchung des Torfes mit beson- derer Rücksicht auf die Anwendung desselben und sei- ner Asche als Düngungsmittel gestellt. Leider ist keine Bewerbungsschrift über diesen für die Ökonomie so wichtigen Ge- genstand eingegangen, so dals der Preis nicht ertheilt werden konnte. Der bestehenden Reihenfolge nach in der Aufstellung von Preisaufgaben aus den verschiedenen Wissenschaften war in die- sem Jahre eine mathematische zu geben, wozu folgende gewählt worden ist: Bekanntlich ist die Anzahl der Fälle, in welchen die Diffe- rentialgleichungen der analytischen Dynamik in endlicher Form integrirt oder auch nur auf Quadraturen zurückgeführt worden sind, ziemlich beschränkt und nach den wiederholten Bemühungen, 432 welche die grölsten Mathematiker diesem Gegenstande zugewandt haben, ist es sehr wahrscheinlich, dafs die meisten der mechani- schen Probleme, deren Lösung bisher in der erwähnten Form nicht gelungen ist, ihrer Natur nach eine Integration durch Qua- draturen nicht zulassen und zu ihrer erfolgreichen Behandlung die Einführung anderer analytischer Formen erfordern. Nachdem Ja- cobi in der letzten Zeit eine schöne Darstellung der Rotation eines festen Körpers, auf den keine beschleunigende Kraft wirkt, in Reihenformr gegeben hat, scheint es wünschenswerth, dafs der Versuch gemacht werde, der Anwendung der Reihen eine grö- fsere Ausdehnung zu geben und mit ihrer Hülfe Fälle der drehen- den Bewegung zu behandeln, die noch nicht auf Quadraturen zu- rückgeführt worden sind. Einen solchen Fall bietet das Problem der Rotation eines schweren Körpers dar, für welches die Zu- rückführung auf Quadraturen nur in einem speciellen Falle ge- leistet worden ist, dessen Behandlung man Lagrange verdankt. Die Akademie macht daher die vollständige Lösung dieses Pro- blems zum Gegenstande einer Preisbewerbung und stellt die Auf- gabe: „Die Differentialgleichungen für die Bewegung eines um einen festen Punkt rotirenden Körpers, auf welchen keine andere be- schleunigende Kraft als die Schwere wirkt, durch regelmälsig fortschreitende Reihen zu integriren, welche alle zur Kennt- nils der Bewegung erforderlichen Gröfsen explicite durch die Zeit darstellen.” Die ausschliefsende Frist für die Einsendung der Beantwor- tungen dieser Aufgabe, welche, nach der Wahl der Bewerber, in Deutscher, Lateinischer, Französischer, Englischer oder Italieni- scher Sprache geschrieben sein können, ist der 1. März 1855. Jede Bewerbungsschrift ist mit einer Inschrift zu versehen, und diese auf dem Äußsern des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von 100 Ducaten geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leib- nizischen Jahrestage im Monat Julius des gedachten Jahres. Nach Beschluls der Akademie vom 22. Juli tritt hier fol- gende Mittheilung hinzu: Fu 433 Die physikalisch - mathematische Klasse der K. Akademie der Wissenschaften sieht sich veranlafst die Frist der 1849 gegebe- nen Preisfrage, welche lautete: „Eine Untersuchung des Torfs mit besonderer Rücksicht auf die Anwendung desselben und seiner Asche als Düngungs- mittel”. und für welche im Jahre 1852 keine- Bewerbungen eingegangen waren, durch Wiederholung derselben bis zum Jahre 1855 zu verlängern. Im Übrigen bezieht sich die Klasse auf das im Druck ver- öffentlichte Programm vom Jahre 1849. Die ausschliefsende Frist für die Einsendung der Beantwor- tung dieser Aufgabe ist der 1. März 1555. ‚Hierauf hielt Hr. Dirichlet eine Gedächtnifsrede auf das verstorbene Mitglied der Akademie, den Mathematiker Jacobi. 5. Juli. Sitzung der philosophisch-histori- schen Klasse. Hr. Bekker besprach den neusten zuwachs des kri- tischen apparates zur Ilias. ein codex rescriptus, den bischof Daniel von Edessa, etwa um das jahr 800 einem Syrischen kloster geschenkt, und der i. j. 1847 aus einem kloster der wüste Nitria in das Brittische museum übergegangen, enthält eine Syrische streitschrift des pa- triarchen Severus von Äntiochien (im amte von 512 bis 519), ge- schrieben auf 115 quartblätter, wovon 50 zu einem evangelium des Lukas gehört haben, 59 zu einer Ilias, und 5 zu einem Eu- klides. so sind aus den hintern büchern der Ilias, von M ab, mit ausnahme von P, beträchtliche stücke erhalten, M 273 bis zu ende des buchs, N 133-265, 333-398, 465-530, 663-728, 797 bis zu ende, = 1-20, 156-419, 0 158-223, 356-421, 491-557, TI 199-264, 331-397, 664-731, 798-862, 2 93-358, 426-492, 434 T 136-268, 335 Y 1-172, 306 bis zu ende, $ 1-397, 306 X 1-113, 181-378, Y 57-323, 457-589, 656-788, 856 bis zu ende, 2 1-20, 285-483, zusammen 3873 verse. gehn davon auch einige 30 ab als un- lesbar, und sind an die 80 nur zum theil lesbar, so bleibt doch immer ein ansehnlicher überschuss über die früheren fünde der art, über das papyrusfragment aus 2, das nur 678 verse zählt, das andere aus & mit 306, und das Ambrosianische mit nicht vollen 800. was nun dieser mehr als tausendjährige codex, der älteste vermuthlich unter allen Homerischen von solchem umfang, für die kritik des textes bringt, liels sich kaum prächtiger, aber leicht bequemer und wohlfeiler mittheilen als geschehn ist in der ausgabe die unter dem titel Fragments of the Iliad of Homer from a Syriac palimpsest. edited by William Cureton M. A. printed by order of the trustees of the British Museum by Richard Taylor (x1x und 129 SS. gr. fol.) vor einem jahr in London erschienen. darin wird die handschrift wiedergegeben seite für seite und zeile für zeile, die wörter nicht gesondert, ohne interpunction, in der zur nachbildung des codex Alexandrinus eigens geschnittenen schrift, in einer schrift also die zwar nicht die des codex ist, sondern, wie das facsimile ausweist, auffällig kleiner, eckiger, unschöner, aber wohl fremd- artig und schwer zu lesen, gerade wie die meist zur heraus- gabe von inschriften beliebte. das facsimile giebt auf 5 blättern 6 seiten der handschrift, lithographirt von einem höchst geschickten und geübten künst- ler, und doch nicht zuverlässig: die vorrede warnt vor unge- nauigkeiten, die aus dem gedruckten text zu berichtigen sein. dieser text, von s.119-129 collationirt mit dem Heynischen, ergiebt, wenn ref. richtig gezählt hat, 569 varianten. davon wäre der vierte theil gespart worden, wenn der herausgeber statt Heynes ausgabe die Wolfische gewählt hätte oder eine spätere, und be- dacht, was nahe lag, dafs es ein wunder wäre, ein unerfreuli- 435 elies wunder, für eine, wie die Göttingische, aus ungründlich- keit und willkühr geborne recension einen halt zu finden in ur- alten membranen, dals es aber auch unnütz und langweilig ist mehr als anderthalbhundertmal anzumerken, solcher halt fehle, der codex habe das N in der hebung wo es Heyne streicht, habe das augment das Heyne als nicht ionisch verfolgt, habe rgor: für wort, habe orySessı daswov für arzSeripı dasıwov, habe vieles andere was nie hätte sollen angetastet werden. mit gleichem fug liefs sich anmerken wie oft der codex das digamma nicht habe. ein anderes viertel der abweichungen geht auf in schreib- fehler. die kommen in allen arten vor. so stehn buchstaben einmal wo sie zweimal stehn sollten: rıs«?r0s X 339 für is a’ ERS, ayıryı und ayırnos 7 376 und 2309 für ’Ayırzı und "Ayındyos, esppos N 138 für YEuEoa006, eooe W 688 für Eagee, danues II 813 für Öauers’. und umgekehrt: cöusssvs T 247 und % 709 719755 für ’Odvreds, auSoussyirw Y11, eEspusse W323, ırsarı Y 312. es sind buchstaben miteinander verwechselt, am häufigsten vocale, gewohntermalsen «: mit e (rgersaı N 515 für Telsse, und eranuver $ 311 für Eranuve, dagegen zuyerausIe % 348 für sögerderIe) und & mit ı (eAı&ew M 293 für &rıEw, zrnsıs M 456 für Arie, versonsvov N 186 und verssoua E76, vie N 216, zsıögeıye 1359 und erövmıoı 3 482, Xosımov und Xasırev I 670, zasse 789, zummnSa PIll, sr $ 315 und 736, eırvos PI18, asızus X 336, redsır« 2 340: aber auch ır72:: M 446 8 526 X 36, morıdauv N 206 und wo der name sonst vor- kömmt, ıu’ 5 205 und 304 und & 114, wie ırw X 27; emı Z 403 #669 Q14, ız:X05 & 154 nebst Secızer” T 155 und zrıuzer” Y 80, arıBov 1 499, ovadıor $ 393 und 471, arıs 571, res Q 454) oder mit 5 (Pwzeıwv O 516, magezmgodbuycsıv Y 314), oder ı mit n (mug: X 216). mit ı aber auch & (zarezogeveovrev M 318 für Aarezoaveousıw, und umgekehrt emısmiuesTe N 238, magapIıs X 197); desgleichen mit e (£=’ für «=’ M 459, ge£es X 305 für EeEas, gwes # 777, evaı&us Q 440; wohin auch wohl erısyoas gehört, Z 241, statt Alexanders von Kotia&on und Herodians Emisy,ies) und mit 0: @Spvoveu N 374, eovros 3 268. ı mit e: 249 erevussev für Erivussev. derselbe vocal wird ungebühr- lich angehängt: vry: N 141, aSowı 3 229, mazgoraryı 5288, eımı = 336, emirysouı #125. von consonanten findet sich die tenuis 436 für die aspirata in ey X 368 und reguar X 309, für die media in szrexAorer 3170 und mit seltsamer häufung ezrayzAov X 256. ausgefallen sind consonanten in oyysas F 143, ıyavowrav F 301, rı 2 387. sylben sind ausgefallen in orvısuev & 268 für Omvisneven, Ywecevy ® 479 für Korusanevn, apme W 545 für agmere: ein- geschoben in onowoyvar 5 209, Bırdı 0181 für Bm, srHedar Y 341 für oredar’, amvgwrov Y 267 für amugov, apysoıw W535 für "Apystors. nicht besser ergeht es ganzen wörtern, zunächst den par- tikeln. öde steht für rs 2 275, für ge N 177 O0 552 II 820, Seo: für d£ re N 814, au für auS’ #204, 84 für de O1, re für ye 0 508, für ds X 221 Y 204; oure-ovre 3185 für ovde - oude; age für ge N 201, ge für ° X 201; ev ao 3 146 für Ö° «UI (aus v.148, wie v.203 aurag für «up: 6°, weil aürag vorhergeht). ausgelassen ist re M 319 2 335, de M 461 N 678 (wo mgorSever steht für #gös de aSevaı) 1263 2459, yap XA6 2334, 5 ® 576 vor oöresn, 5’I1 386, vov $ 481: ungehörig hinzugefügt re M 454; ö& N 165 und I1 817 nach «U, 0 370 vor «Ure, X 227 vor eizuie, Q 340 nach aurize; 8% E61 nach 591; zer #166 nach sinimodes; 62° II 384 nach 8’; od X 200 vor Övverar; wen 3 321 nach öre. sonst ist ausgelassen Y 304 @zgov, 319 cirı, 203 & versetzt N 235 dsügo reuysa, $ 488 laEvos Mor. ganzer verse fehlen 31, einige schon von den Alexandri- nern verworfen oder nicht gelesen, wie N255, 11381 689 690, T 177, % 312, ® 480 510, # 565, andere durch ein blofses ver- sehn, wie M 374 461, & 157 158 269, © 551, Y 44 45 46 447, & 148, Y 273 746 864, 2 290. «wodurch denn zweifelhaft wird ob die allenfalls entbehrlichen (3 200 201 427, % 316 317, 2 283 284) mit absicht weggelassen seien. hinzugekommen aber sind 4 verse: nach #306 nehmlich 2, wiederholt aus 3 208 209, nach & 96 we av made YoAumı evi dbpsnıv oda zu aUrog und nach X 10, nicht viel ansprechender, Div sEararafnı (sic) eurrınevov mrortsDgov. accentuirt ist spärlich: wie die zuletzt angeführten, haben viele verse keinen accent, viele nur einen oder 2. auf fällt opg« rıs M 317 und evS« rı5 II209, desgleichen urigarro V 327. Evp- 437 zası I1 248 meint wol Ein rärı: vgl. zeu mus 3 213. Bire © 308 wird anzunehmen sein, trotz dem gewöhnlichen gebrauch und der analogie, die iros fordert zu diAroumı wie zwriros zu zurMouer und vevriros zu vevridfousı. für OVAyurevde steht ein- mal ovAuurovös, sonst ouAyurovös, und ebenso Savarovds wedtovös mohsuovös moramovös zAırıyvös, gemäls dem Alexandrinischen ge- ‚brauch, der aber nicht besser begründet ist als der jetzige: erst wenn man jene formen, zusammengenommen mit denen auf ose 09: und oSev, für locativen, also für casus erkennt, findet man ‚auch ihren accent. mit Ev e«&s N 166 vergleicht sich «u$’ sue- Xavro 0 391, aup’ emrsvovro ® 203 und Y 184, aub’ emovsıro F ‚681, 2E’ ızer0 2 481. spiritus kommen selten vor, und haben beide nur ein zei- ‚chen, einen kurzen queerstrich, der über einem diphthongen auch ‚doppelt steht, vos # 532. der accent wird darüber gesetzt: Im IOI Y 321. mitunter tritt ein senkrechter strich an die stelle: beide verbunden finde ich nur #891 Ha. interpunction fehlt gänzlich. aus dem accent auf die inter- ‚punction zu schlielsen, wie T 219 zorrcv mit dem gravis für des Aristokles abtheilung zu zeugen scheint, und 2 210 de£ıcv für die beziehung auf voys«s, das scheint milslich, weil auch M 351 neverSeüs steht, mit dem gravis am schlufs des verses und der periode. noch dürfte für die orthographie von einiger merkwürdig- keit sein yuwwazu N 223 und Yıovro 684, TagapNFoTL 726, örws von erster Hand für örrws #160, raw für raue 3339, ıne- vor für Iumevar 365, omısewrgos und omsswrgwv 9 394 und 502 (vgl. sch. Ven. E 725), zazyovu für z0y yavu W458, Merasroy: 2757, £n-v in zwei verse vertheilt 2 331, aber so dafs die erste hand nur &n geschrieben, die zweite das v vor ?s hinzu- gefügt. magazdulerov und magexcemarsv Y 127 und 683 ist be- ‚kantlich wenigstens so gut unterstützt wie ragaze&crov und apa Bader. am ende der verse kommen auch abkürzungen vor, der wagerechte strich für das v, eine art von s für meh- rere zusammen weggelassene buchstaben, z.b. INS für irwovs, TOAYK? für Doivzrug. was übrig ist von lesarten, verlangt mehr eine ins einzelne 438 gehende betrachtung. manches darunter dürfte neu sein, weni- ges ist von wichtigkeit. M322 puyovres für duyovre, und ebenso N 200 Eyovres für &y,ovre und E 314 ey IEvres für süvySävre, entspricht der sichtba- ren, obgleich von Aristarch nicht beachteten, neigung die letzte sylbe des verses so volllönend wie möglich zu wählen. weoSovrss freilich & 342 ist ein versehn. ähnlich aber N 708 arryrarın für @?%Y%ouv, und noch deutlicher X 137 "A:dos 8% für Hero- dians "Ardos dE. 340 rases yap Emuygro las schon Zenodot. 350 und 363 &u«x or:sSw die analoge und vermuthlich über-- all herzustellende form statt der Aristarchischen du EsresSw. 352 zara für maod, wie so oft zer« sroarov, zere vies. 360 zara zoareonv Usavyv statt des plurals. umgekehrt T 215 #Aırins für zAusın. 372 oöre für eure scheint verschrieben oder verlesen, wie 465 &%ov für !yzv, N 358 &ı für oi, Z 403 w’ für ci, 0 228 röv für ro oder ro5, desgleichen M 385 agavsyrngt für ao” agveuragı. der herausgeber, der sonst alle kritische erör- terung ablehnt, empfiehlt dom vevrzgr, unbekümmert darum dals veursg für veusrao bedenklich ist, und nicht weniger bedenklich“ die vergleichung dessen der von einer mauer kopfüber hinunter- | stürzt mit dem schwimmer der sich oben und wagerecht hält. 404 d: (denn xd: zu lesen ist kein grund) statt des Ari- starchischen oüde, wie 407 Zerdero statt &errero, wie N 179 AOpU- rs statt zooubr, 3 173 mor: statt zare, 202 und 203 u’ Ev apoisı statt ne cpoisı, O 417 vies statt vie, II 261 Eyovres für &y,ovres, TI 688 avdzgos für avdgwv, Y35 z:2arro für HERROTTE, 77 yes für &, 496 Eurgoyaru für Evzrınzın, ® 162 oneorn für auegri, X 85 iwv für Zw, 198 zerer’ für meter’, 280 Yerdeıs für Yerdns, E 539 zo zerevov für Ws Exirevev, 672 zur myv für ve de zur, 721 nicht ohne wabrscheinlichkeit Zuzuyuides ayaıor für euzurmöas ’Aymous, | N 347 aisunrag für aisumvarng, 373 8% für my. N 207 zvı zenreon Uran für Ev aivf Önoryrı. ähnlich 22775 Bourıs morvıe *Hon für Sea AsuzwAevos "Her, I1 840 "Exrogos immo- danoro für "Exrogos avögocovoıo, 3145 rov Ö’ susißer’ Ersıra mo- Öagzns Stos ’Ayındeus für röv 8° dransıßousvos meosEıpn medag WARUS AyıMdeuc, Y103 auaE Erraeepyös ’ArorAwv für avaE Arc viog ’ArcArwv (von zweiter hand: die erste hatte gesetzt «va dv- 43:3 Igwv ’Ayausuvwv), 333 dur” "Ayınıdos morsugew 72 MayerSae 439 für avrıx IlyAsiwvos UnsgSumoro noysoSear, 479 neons dic YWergös Erassev für dians da Yeıgos Ereıgev, $ 212 ZavIos BaSvdivys für moranos BaSudiwns, 248 Seos ueyas für neyas Seos, 360 aurzs für dowyns, 520 mega margı für mo Zuvi, Y ABO rersrssuive urmeg ee} u. ’ x ’ [a Re. „ ’ > 3 Unessyv für ers ra mag Sev Umersyv, Q 286 Eros FE mw dvriov yude für Emos 7’ !ipar’ &% 7’ dvonader. 214 Ex »rıriza für ds y he Er) . #Auriyv gegen den zusammenhang. 486 » ze für +e. so wird gelesen wo der vers wiederkehrt, & 308. 491 rc für ci, wie = 400 rorsn für örsn, T A416 sYV weo für Yurrep. 526 au Ar- »eSow für aup’ ’Arzarepw, gegen vers und sinn. 705 avexy- zıev für dvezyzicı, milten unter präsentien. 707 zeueı für z2- , ’ . nm ” .. . st. 809 Hwunsev re für mars BıßarSwv, ein mülsiger zu- satz statt des die anschaulichkeit erhöhenden. =166 5° für ö°, nicht übel. ebenso & 144. 182 &v de oi für &v Ö’ age. ähnlich Y 785 oc oi für oc ö%. 240 reu- %sı für rev&eı. umgekehrt 0196 dadıksSw für dudırrirtu. 292 mgoseu rare für mooseßyrero. 322 nero für vw oder Miva, gegen den vers, wie & 311 dazvas eEerero Zeus für pae- ves eirezro Marias AS Siun, Y99 iSüs für Si, 505 oirvuurov für "Oryamov. 342 Seöv - @2%ov für Sewv - @vözwv, leidlich, wenn nicht 343 hinzuträte «Savarwv für oLlesSaı. 363 2x2reve für Erereusev. 373 82 für re. 406 Egvsasoyv für Eusartyv. 0165 &0 für ei. 483 Zuor für or, unzeitige reminiscenz aus v.167. 203 yre für 47. 214 Hays $ für "Hoys ohne die höchst bequeme partikel. dagegen könnte 492 AwuSyr gefal- len für kwuSn re, und I1263 roUs für roüs 8’, und $ 22 ds für ws 6°, X 226 ma für meiv y. 2470 nach irrous dürfte S’ stö- rend sein. 379 voov für zrUrov, nicht unverständig. 526 beorarov viov für Pesraros avöguv. I 207 saöS’ au’ für saure w. 231 Ersır’ dusras für ersıra orcs. 247 izzrSw für izorro. 351 Erassov für EHETTOS, wol nur versehn, und so auch 354 Öueruayav für Örkruyev, in despauch mit sich selbst M 461. 369 eeoye für Eouze. 375 ürcı für ürö, auch bei Cramer. Ox. I p.418 28, ale so unnöthig wie 391 eis für £s. 394 meWras Everepre (dvemugse? vgl. N 145) paraydı für zgwres Emenegne Parayyas. 7218: KR für &xrog, vielleicht verschrieben wie 824 KaxsIaı für uaye- 0Sov und 3147 neiaev für YıEv, 180 &ASys für &2°y, T190 dor- 440 | | es dorAtes für vavres does, 243 dror für oUs 0, 379 zeparfs für vazeos, 400 YvoyHes für yviooyne, 713 dtoraynyspwo für Ars Evdov aynyzzer’, 18 rw für rav, 169 oPgımov Arog für arzımov nrog, 381 Ev” für &v 8°, X 9 vw für mw, 205 arrow für Acoı- ow, 335 ws für o, #461 Begreoo: für pegreger, 542 ya für ayırza, Q31I mugös cars für mregak sivaro, 365 ou für or. 834 morsmıLeuev für worsmgew, der dactylus vor der bukolischen cäsur willkommen, nur gerade in diesem verbum nicht üblich. 3 164 daödıkerSar für dadıkarSar. umgekehrt Y432 291 d: zu für de Ö4, was schon 290 vorhergegangen. 308 egorro für been, empfohlen durch die übereinstimmung mit dem folgenden &egoruyv und mit N 486. 318 rorra für vuzve. 465 izavsı für izavo, wie #894 2Sersıs für &FERoıe. T140 iyw rede mavra magasyzuev für &yav öde vavre mage- o%eiv halb schlechter als die gewöhnliche lesart, halb willkom- men. 143 &no für vaga. 190 ra für ze. 206 und # 572 mworsmilew für mrorspge. 216 IlsAsws für IlyAeos, wie Y 678 Myzırrews. 321 ö: für re. auch Y 502 und 8 17. 255 ac für age. 265 ars für esse. YA2 wolye” eidvinsı für momsev idvmen. 42 reiws für ro- poa 8”. 43 dneraur’, wie sonst auch & 248 und T 46 gele- sen wurde, für rtzaur”. 159 und 160 sind versetzt. schlim- mer noch ® 525 und 526. 308 Arrwvraı für yevwvraı, erin- nernd an y 354. 338 rowersı für mewran. 359 rassys für Tosched. 389 zer’ für zEiraı. 421 »eyuro yAoos für z8- ur’ EyAUS. 17 &v für &m’, erträglicher als 87 ümo für m. 62 Zov- Esı für Zguzer, wol nur weil ZeUzsı auch den nächstfolgenden vers schlielst. 82 aurz we ons für au ME Tens. 86 Avasse, wie auch Aristarch scheint gelesen zu haben, für dvesssı. dagegen Y 572 dw für Arav. falsch aber 2 482 Eyev eisogcwvre für Exeı eiropewvras. 122 wreRns für wreıryv, wie X 325 Aavzavızs für Aavzaviyv. 126 parzuvarvfe vermuthlich verschrieben statt eiy, ÜraruEsı, wie Philetas und Kallistratos lassen. 137 und 249 evo:o mit Aristarch für des Aristophanes rova. 253 cinar irrig für cinar. 279 vergab’, wie oi mo>Aocı, statt des schwierigen y’ irgup. 293 aurap so: richtiger als aurea Fo weil dem öde 1:v 292 erst dieses aür«g sc: entgegensteht, nicht 441 das U ds in einem blos parenthetischen satze. 299 nar« für Reye, gegen r 158. 395 dvaysı für avfizev, bequem schon darum weil der folgende vers wieder mit @vjz«s schlielst. eben- so 498 yag für das zweite ö£, und X12 d° Arc: für ö4 ro, wo ein rcı 11 vorangeht und ein anderes 13 nachfolgt. 492 iv- reomarıSousun für Evrgomarıonzvyv, nicht passender als X 95 suso- dar:os für Fusgdarzov. X7 airag 6 Onrsıuve für aurag II. 30 ©,” für 68°, wahr- scheinlich mit recht. 197 amoresVasze für dmosreslarze 282 AaSormyv für 2a Swuee, nicht leicht abzuweisen. 340 Yav- Fov TE arıs Yarzov re für Yarzov re arıs Yguov TE Y 130 S’ für ö°, und 310 y’ für r”. 220 abursausvos mit der gewöhnlichen lesart. 272 und 658 ’Argeidaı für "Argei- öy. 530 Basdırraı für Bagdırror. 874 Wdero für zide, mit alten ausgaben. 875 Auße für Care. Q 382 ro Trade neo für meo ade ro. und das scheint die richtige stellung der partikeln.. 388 ös für @s. 439 ou zev für oöz av. 459 4Scve für %Sovi, wie einstimmig mit T 265 und A 619 längst hätte sollen geschrieben sein. 8. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Pertz las über die Vita Chrodegangi Episcopi Mettensis. Hr. Eisenstein las über eine allgemeine Eigen- schaft der Reihen-Entwicklungenalleralgebraischen Funktionen. Entwickelt man die Quadratwurzel aus 1-++x, etwa nach dem binomischen Satze für gebrochene Exponenten, in eine un- endliche Reihe nach steigenden Potenzen von x und sucht die hier sich ergebenden rationalen Co£fficienten auf ihre kleinste Benennung zu bringen, so bemerkt man, dafs nur Potenzen von 2 in den Nennern derselben zurückbleiben, während alle übrigen Faktoren des Nenners gegen Faktoren des Zählers fortgehoben werden können; auch ist der Exponent der im Nen- ner des allgemeinen Gliedes verbleibenden Potenz von 2 im- mer kleiner als der doppelte Exponent von x (und zwar bei- läufig gesagt um so viel, als die Anzahl der Einheiten beträgt, ir“ 442 mit denen der Exponent von x nach dem Dual-System ge- schrieben wird), so dafs es genügt 4x statt x zu setzen, um alle Nenner fortzuschaffen und die Coefficienten der Reihe in ganze Zahlen zu verwandeln. Die Betrachtung dieses wahr- scheinlich längst bekannten speciellen Falles führte mich auf die Entdeckung einer merkwürdigen allen algebraischen Funk- tionen gemeinschaftlichen Eigenthümlichkeit. In jeder Reihen- Entwicklung dieser Art, wenn sie nur aus einer algebrai- schen Funktion stammt, mag dieselbe übrigens explicite oder implicite gegeben sein, kommen in sämmtlichen Co£fticienten, so fern dieselben rational sind, als nothwendige Nenner, d.h. als solche, die sich nicht weiter gegen Faktoren des Zählers fortheben lassen, stets nur eine endliche Anzahl ganz be- stimmter Primfaktoren und deren Potenzen vor; es sind diese Primzahlen zugleich die Divisoren einer aus der algebrai- schen Gleichung, der die Funktion Genüge leistet, leicht zu bildenden characleristischen Zahl, nämlich ihrer dem speciellen Werthe x=0 entsprechenden von Gauls so genannten Deler- minante, welche bekanntlich nicht verschwinden darf, wenn die Reihen-Entwicklung überhaupt möglich sein soll; endlich kann statt x immer ein solches Vielfache von x gesetzt werden, dafs alle Coefficienten der Reihe in ganze Zahlen übergehen. Nach- dem diese allgemeine Eigenschaft erst erkannt war, fiel es nicht schwer, dieselbe durch die Methode der unbestimmten Coelf- cienten zu erweisen und auch auf die aus der Auflösung eines Systems von beliebig vielen algebraischen Gleichungen hervor- gehenden Entwicklungen auszudehnen. Die wichligsten An- wendungen der so erhaltenen Sätze habe ich auf Fälle gemacht, in denen die algebraischen Funktionen als Integrale von Diffe- rential-Gleichungen definirt werden, und diese Differential-Glei- chungen für einfache Reihen - Entwicklung geeignet sind, wäh- rend die vielleicht sehr complicirte Darstellung in endlicher Form ganz unbekannt bleibt und für diesen Zweck auch wirk- lich ganz aus dem Spiele gelassen werden kann. Das Einzelne der hieranf bezüglichen Untersuchungen mag für eine künflige Mittheilung vorbehalten bleiben. Eine andere sehr einfache Art der Anwendung beruht darauf, dafs jede Reihen-Entwicklung mit rationalen Co£fficienten, für welche die obigen Bedingun- ee en a pr rw un 443 gen nicht erfüllt sind, sicher aus einer transcendenten d. h. nicht algebraischen Funktion hervorgegangen sein muls. Da z. B. in der bekannten logarithmischen Reihe lg +)=x2— 42” +42?’ —...., wenn man hinreichend weit fortgeht, jede beliebige noch so grolse Primzahl als Nenner eines Coäfficienten angetroffen wird, so schliefst man hieraus, dafs der Logarithmus keine algebrai- sche, sondern eine wesentlich transcendente Funktion ist. Ähn- liches gilt von der Reihe für e* und unendlich vielen anderen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Jahrbuch der kaiserlich-königlichen geologischen Reichsanstalt I. Jahrg’ 1851. No. 4. Oct.— Dec. Wien 4. Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien gesammelt und herausgegeben von Wilh. Haid inger. Bd. 4. No. 1-6. Jänner — Juni 1848. Wien 1848. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Directors der k. k. geologischen Reichsanstalt zu Wien, Herrn p. Wilh. Haidinger vom 24. Mai d. 3: Adolph Senoner, Zusammenstellung der bisher gemachten Höhenmessun- gen in den Kronländern Krain, Görz und Gradisca, Istrien, Dalma- tien und der reichsunmittelbaren Stadt Triest. Aus dem Jahıb. der k. k. geolog. Reichsanstalt III. Jahrg. 4. — Zusammenstellung der bisher gemachten Höhenmessungen im Kronlande Kärnthen. Aus demselb. Jahrb. u. Jahrgge. 4. mit einem Begleilungsschreiben des Verf. d. d. Wien d. 20. Juni d.J. Gröf Teleki, Jozsef, Hunyadiak Kora Magyarorszägon. Kötet 1. Pes- ten 1352, 8. Vom Verfasser der Akademie zum Geschenk gemacht mittelst Schtei- bens d. d. Sziräh d. 14. April d. J. A’ Magyar Tudos Tärsasdg' Evkönyvei. Kötet 3-7. Budan 1837-1846, 4. Regi Magyar Nyelvemlekek. Kötet 1—3. ib. 1838 — 1842. 4, mit einem Begleitungsschreiben des Sekretars der Ungarischen Akade- mie der Wissenschaften zu Pesth, Herrn Dr. Franc. Toldy vom 15. März d. J. Verhandelungen des naturhistorischen Vereines der preu/s. Rheinlande und Westphalens, herausgg. von Budge. Jahrg. IX. Heft 1. 2. Bonn’ 1852. 8. mit einem Begleitungsschreiben des Herausgebers im Namen des Ver- eins d. d. Bonn d. 28. Mai d. J. 444 Historische en letterkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maat- schappij der Wetenschappen te Haarlem. Deel 1. Haarlem 1851. 4, Bulletin de la Societe geologique de France. 2.Serie Tome9. feuill.11-14. Paris 18511852. 8. Journal of the Asialic Society of Bengal. No.225. New Series No.51. 1852, No.41. Calcutta 1852. 8. Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereines in Halle. Jahrg. 5. 1852. Heft 1. Berlin 1852. 8. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1852. No. 6— 8. 8. Memorial de Ingenieros. Ano 7, Num.5. Mayo de 1852. Madrid 8. Sam. Birch, on excavation by Capt. Caviglia, in 1816, behind, and in the neighbourhood of the great Sphinx. (From the Museum of classical antiquities. Vol. II. P. 1. London 1852) 8. ‚ upon historical tablet of Pameses II, of the nineteenth dy- nasty, relating to the gold mines of Aethiopia. London 1852. 4. W.R. Grove, on the electro-chemical Polarity of Gases. (From the philosoph. Transact. of the Roy. Soc. of London) 4. James D. Dana, Paguridea, Megalonidea, Macroura. (From the proceed, of the Acad. of nat. scienc. of Philadelph. Jan. 1852. 3.) ‚ on lettering figures of Crystals. From the Amer. Journ. of sc. and arts. May, 1852. 8. B. Silliman etc., the American Journal of science and arts. 2.Series Vol. XII No. 39, März 1852. New-Haven. 8. Adrien Feline, Dictionnaire de la prononciation de la langue fragnaise, indiquce au moyen de caracteres phonetiques, precede d’un memoire sur la reforme de l’alphabet. Paris 1851. 8. (—-) Ehritur Fonetik. Tablö de Lektur. ib. 1852. 8. Ch. Lenormant, Etudes sur les fragments coples des conciles de Nieee et d’Ephese. Paris 1852. 4. M. Otto Struve, sur les dimensions des anneaux de Saturne. Extr. des Mem. de l’Acad. des scienc. de St-Petersb. VI Serie. Scienc. math. et phys. Tome V. Saint-Petersbourg 1852, 4, A.L. Crelle, Journal für die reine u angew. Mathematik. Bd. 43. Heft 3.4. Berlin 1852. 4. 3 Expl. (Schumacher) Astronomische Nachrichten No. 813. 814. Altona 1852. 4. 15. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Trendelenburg las: über den Streit der Noth- wendigkeit und Freiheit in der griechischen Philo- sophie. Erster Abschnitt. 445 Hr. v.d. Hagen machte Mittheilungen über ein Bruch- stück aus einem neuen ÜÖodex des Nibelungen-Liedes. Nibelungen. Zwei und zwanzigste Handschrift. Erstes Blatt, Vorderseite, erste Spalte: Si fprach ich mvz in grvzen iren welt michf nicht erlan. 4464° ir habt ef groze [vnde. der chvnech hat [an] mir getan fo vil der herzen [were gar ane mine [chvlt min myvnt in hit der fvne im wiert daz herze nimmer holt. Dar nach wirt iz bezer Sprachen ir frivnde do. 4464“ waz ob er ir an v°dinet daz fi noch wierdet vro er [macht] mag fis wol ergetzen. fprach Gernot d# helt. do fprach div iamers rich fecht nv tvn ich [waz ir welt. Ich wil den chvnech grvzen do fi im des v°iach 4465 mit finen beften frivnden man in vor ir [ach done torft Hagene fvr fi nicht gegan. wol weller fine [chvlde. er het ir lide getan. o fi v°chiefen wolde vf Gynthern den haz. ob er fi chv/fen folde. ez zem im delter baz. . 4470 wer ir vo fime rate. lzide nicht getan fo mochter vrevellichen wol zv Chrimhilde gan. Ezen wart nie [vn mit fo vil trechene me gelvget vnder frivnden. ir tet ir [chade we. fi vschos vf fi alle. wan vf den einen man. 4475 in het er [lagen nieman. het ez Hagene nicht getan. ar nach vil vnlange. do trvgen fi daz an. daz div frowe Chrimhbilt. den grozem hort gewan. von Nibelvnges lande. vn fvrten an den Rin. ez was ir morgen gabe. er folt ir billiche fin. 4480 D.r: nach fvr do Gifelhs vn Gernot. ‚achzech hvndert mannen Chrimhilt do gebot. daz fi in holen folden. da er v’borgen lach da fin der degen Albrich mit finen beften frivnden phlach. 446 Do man von dem Rin nach dem fchaze chomen fach 4485 Albrich der vil chvne. zv finen frivnden fprach wir tvrren ir des hordes vor gehaben nicht fit in ze morgen gabe. div edele chuneginne giht. Noch (wurd ez nimm‘. [prach albrich getan.) “ % % % 4490 zweite Spalte: (Va folt der h’re fivrit. gefvnt) fin gewelen 4513 (Bi im wier Kriehilt. wol hend breit) beftan. getri(vr wibes cvnne. ein holt noch nie)mere gewa(n 4520 Do & den hort nv het. do) brahtes in (daz lant. Vil vnevnd° recken. den) ia gab der (vrawen hant Daf man fo grozz’) milte mere (nie gelach. Si pflag vil mang°) tvgende. des (mä d° kvngin iach. Den) armen vn (den riche. begvnd fi nv geben.) 4525 daz daz rie(it Hagen. ob fi [olt leben. Noch) dehain wil(e. daz fi fo mangem man. In daz lant) dienft gew(nne. dc in zeleid myf ergan.) Do fprach (der kvnce Gvnth°. ez ift ir lib vn gvt.) zwiv fol ich (daz wende. [waz fı da mit ge)tvt 4530 ia erw(arb ich de vil cvm. dc fi mir) wart fo h(olt Enrychet war fi teil. beidiv) ir üilber (vn ir golt. Hagen fprah zem) chvnege (ez fol ein frvm° ma. einem eigen)nem w(ibe. al folhen hort nit lan. Si) bringet (ez mit gabe. noch vf den tac. 4535 Daz) vil wol g(eriwen. alle bvrgvnde mac.) Do fprac(h der kvnc Gynth’. ich [wur ir eine eit.) daz ich ir (getelt. nimmer me chein leit. Vo wil ir) fvr baz (hvten. fi ift di (weft min. Do [prach) aber Ha(gen. lat mich d’ fchyldig fin. 4540 16) fvmelich(° eyde. waren niht zegvt. Do name) üi der wit(we. ir creftiges gyt. Hagen fich) ds flvz(zil. aller vnder want. Dal zvrnd) ir brvder (Gernot. do er di mer bevant.) 447 Do fprach (der h’re Gifelh‘. Hagen hat) getan. vil (leides miner [welt‘. ich folt ez) vnderltan (Wer er niht min mac. ez gieng) im an den (lip. Itenivf weinen. tet do Sivrides wip.) Do Iprach (der h’re Gernot. e. dal wir imm* fin.) | gemvt mit (dem golde. wir foltenf in den rin.) allez heize(n lenken. dc ef wrd nimm‘ ma.) fi gie vil (cleiglich. fvr ir brvd® Gifel)here [tan (Si fprach vil lieber bryd‘. du) folt min * * * = Kehrseite, zweite Spalte: (Der wirt) nach Ha(ge fant. ob fi im cvnt) mochten fin (Do fprach der helt von troni.) ine han (ir nit gifehn. Alf wir fi nv) gefcho(we. ich can iv wol v’i)ehen. von ([wannä fi [o ritent. her in ditz lant.) fi [vlen (fin vil fromde. ich hab fi fchie)re bechant (Den gelten herberg. waren nv) genomen (In vil richiv cleider. wal der bo)te chomen (Er vn fin gefellen. zehof fi do ri)ten fi fvr(ten gvtiv cleider. hart [pzeh) gelniten 4550 4553 4724 4730 (Do fprach der fnelle Hage. all) ich mich (mif can v’[tan. Wan ich den herre) lange nicht (gifehn han. Si varent dem wol gelich. all ez fi Rvdger. Von hvnifchen landen. der degen cvn vn her. Wie fol ich daz gelaube. fprach der kvnic zihant. Daz er von Bechlieren. com in ditz lant. Alf der kvne Gvnther. die red wol gilprach. Hagen der cvne. den milten Rvdgern fach. Er vu) fine vriv(nde. lieffen alle dan. Do fah man von den ro)[fen. fvnf(hvnd°t ritt* ftan. Do wrden wol) enphan(ge. die von hvnen lant. Boten nie) getrvgen(. fo reht berlich gewant. 0 Sprach hart Ivte. von troni Hagen. fo) fin got (willecomen. dife degene.) 4735 4740 4745 448 der voit (von Bechlzren. vn alle fin man. Der anvanc wart mit eren. den) [nellen Hivn(en getan. Dez kvngefl naehfte mag. man gen in come fa)ch Ortwin (von Metze. ze Rvdgern) fprach 4750 wir (han in aller wile. mer hie) gelehn. (Gelt alfo gern. dez wil ich) werliche(n iehn. ez grvzzes fi do danc)ten den (herre vbir al. Mit den her ge)finden(. fi giengen in den fal Da fi den) chvnech fvn(de. mit mange kvne man. 4755 Der herre ftvnt von dem fedel. daz wart durch grozze zyht gitan.) % % * + dritte Spalte: (Iv bat der kvnc Eitzel. clagen fin not. Sin volc ilt ane fravde.) min frowe div ilt tot. 4790 Helche div vil riche mines h’ren wip. an der ny it v°w:eilet vil maneger ivnchfrowen lip. Kint der edelen fvrften div fi gezogen hat da von ez ime lande vil isemerchliche [tat dine hant ny leider nieman der ir mit triwen phlege 4795 des wen och fich vil fzine des chvneges forge gelege. Ny ion’ im got [prach Gvnth® daz er den dienft fin fo willechliche enbivtet mir vn den frivnden min den finen grvz ich gerne hie v‘nomen han daz [vlen gerne dienen bxeide mage vn mine man 4800 Do fprach von Bvrgonden der herre Gernot div werlt mach immer (riwe. d fchon H)elch(e tot Durh ir) vil manege tvgende der fi da chvnde phlegen der rede geftvnt im Hagene dar zv vil manech ander degen Do fprach (aber Rvdger. der) edele bote her 4805 (Sit ir mirl kvnc erlaubt. [o) fol iv fagen mer waz iv min lieber herre her enboten hat fit im fin dinch nach Helchen fo rehte chumberliche ftat Min fagte minem herren Chrimhilt fi ane man (Sifrit fi erftorben.) vn ilt daz (lo getan. 4810 449 Welt ir ir def ‚gyn)nen fo (fol fi cron tragen. vor Etzeln recke. daz hiez ir) min herre fagen Do fprach der chunech riche wol gezogen was fin mvt fi horet minen willen ob fiz gerne tvt den wil ich iv chvnden in difen drien tagen 4815 (E. ich[ an ir fvnde. zwi) folt ich (Ezlen) v’fagen Die wile man den gelten. hiez fchaffen gyt gemach in wart da [o gedinet(. daz Rvger) des iach daz er da vrivnde hete vnder Gyvntheres man Hagne im diente gerne er het im e allam getan 4820 Altys belip do Rvdeger(. vnz an de dritte tac. Der kync nach rat fant. vil willih er pflac.) + %* 4 x Angebogenes Blatt, Vorderseite, erste Spalte: (Si tvt vnf noch vil leide. (wie fiz gilegt an. 1855 Ia wirt ir dienende. vil manc waetlich‘ man.) Des an(twrt Hagenen. der cvne Ger)not _ ez m(ag allo bliben. hinz an ir bei)der tot (Daz wir geriten nimmer.) in Ezel(en lant. Wir fvln ir fin getwe. daz ilt zere vn[ gewat. 4860 o [prach) aber H(agen. mir mac nieme wid‘) fagn (Va fol div edel Kriehilt. di Hel)chen «{ron tragen. Si getvt unf vil leide. fwie) fich gef(vget daz. Ir [vlt ez lan bliben. daf) zimt (iv recke vil baf. Mit zoren) fprach do (Gifelh’. der edeln Vten [vn.) 4865 wir [vle(n doch nit gelich. alle gemein tvn. Ob ir ere wider vert. fro [vIn wir dez fin. Swaz ir nv fagt her Hage. ich dien ir dvrh die twe min. o daz erhort Hagen. er wart vil vngemvt Gernot vn Gifelher. die ftolzen) riter (gvt. 4870 'Vn Gynther der riche. ze ivn)geft r«i(ten daz. Ob ez lobt Kriehilt.) fi wold(enf lazze ane haz. Do fprach der) fvrfte (Gere. ich wilf d: frawe lage.) daz fi (den kync Etzlen. ir lazze) wol be(hagen. 450 Dem ift fo manc recke.) mit vo(rhten vndertan. 4875 Er mac fi wol) ergetz(e. fwaz fi noch leidel ie gewan.) Do gie (der reck [nelle. da er Kriemhil)den fa(ch. Si enpfieng in minneclich. wi bald) er do f(prach Ir mvgt mich g'n grvz)zen v(n geben botenbrot. Ivch wil gelvck fcheiden. [hier vo aller ivr not.) 4330 * * * * Kehrseite, dritte Spalte: (Vnz an die tvnawe. ze ferie fi mit ir) riten 5177 fi (begvnde vrlavbes. die kvng)inne biten. (Wan fi wolte) riten an (den rin. Do mohtes) ane wiinen(. vo gute frivnde nit ge)fin. 5180 Gicfelhs der [nelle. fprach zer [w)elter fin (Swen de du frawe. bidurf)en wel(left mi. Ob dir iht werre.) daz tv (du mir becant. So rit ich di)r ze dienfte. (in daz Etzeln lant. Die ir) mage (waren. die cvft fi an den) mvnt 5185 vil (minnecliches fcheiden. fa)ch man (an der [tvnt. Die [nellen Bvrgvnde. vn Rvd)geres man (Do fvrt div kvnginne. ma)nege mit (wolgitan. Hyvndert vn) viere(. die irvgen richiv cleit.) von ge(malt) (tivren liehten pfelle. vil) der fchilde (breit. 5190 Fvrt ma bi den frawe.). nahen (vf den wegen. Do kert von ir) dannen(. vil manc zierlicher dege.) Si (zogten dan balde. nider du)rch bier(lant. Do fagten fi div mer.) da waren (furgilant. Von vncvnde g)eften da (noch ein cloft° ftat. 5195 Vn) daz In (mit flvzze. in die tvnawe gat.) In (der ftat ze Pallav. faz ein) bifch(of. Die herb‘g wrden l®)re. vn (och des kvnges hof, Si ilten) gegen (den gelten. vf in Beirlant.) da ds (Pifchof Bilgerin. di fchon)en Chrim(hilt vant. 5200 Den recken vo)n dem (lande. we de nit zeleit.) do fi ir (volgen fahen. fo manc [c)hone (meit. er 451 Do tryt man m)it ogen(. der edeln ritter kint. - Grt her)berge(. gab man den lieben gelte fint. Der (Pifchof mit finer niftel. ze Pallawe reit. 5205 Do daz den bvrg’en. wart in der [tat geleit. Daz da comen folt. dez fvrlten [welter kint. Div wart vil wol enpfange. von den burg’en fint.) ® * » * Neulich brachte mir Hr. Prorector Heffter aus Branden- burg ein altes Buch, dessen noch älterer beschribener Perga- mentdeckel gelesen werden sollte. Ich sah sogleich, dafs er abermals zu einer Nibelungen-Handschrift gehörle, und ver- mullich zu einer bisher unbekannten; wie sich später auch be- släligte. Sie erschien dabei als eine der ältesten und besten, und bedeutsam bot das Bruchstück gleich zu Anfang zwei Stan- zen dar, welche nur in einigen Handschriften sich finden. Ich löste das Blatt von dem innerhalb beklebenden Papir ab, und obschon die Aufsenseite, als Deckel von M. Tuilüi Ciceronis epi- stolarum libri quatvor. Ad vsum scholarum Societatis Jeso selecti, Dilingae 1589, sehr vergriffen ist, so ergab sich doch Folgendes. Es ist kleines Überbleibsel eines Doppelblattes, welches gerade das innerste einer Lage war. Das erste Blatt zeigt noch auf jeder Seite 14 Spalte; das zweite Blatt ist bis auf wenige Wörter Einer Spalte auf jeder Seite verschnilten. Was so noch stehn gebliben, ist, nach der gleichen Zälung aller meiner vier Nibelungen-Ausgaben und zwei Erneuungen des alten Liedes: Des ersten Blattes Vorderseite, erste Spalte, enthält Reim- zeile 4464° bis 4489; Sp. 2 = Z.4518—4553. Kehrseite, Sp.1 — 2.4724 — 4755; Sp.2= 4790 — 4821. Des zweiten Blattes Vorderseite, einzige Sp. = 2.4855 — 4879. Dessen Kehrseite einzige Sp. = Z. 5177 — 5805. Hienach fehlen an der erlten Spalte 29 Reimzeilen, und ‚da jede vierreimige Stanze hier meist 5 Schreibzeilen einnimmt, so fehlen zu den stehngeblibenen 39 Zeilen wenigstens 35 Zei- ] Ten. Ebensoviel fehlt von einem Blatte zum andern, sodafs beide dicht auf einander folgen, und keine Blätter dazwischen lagen. Dieselbe sichere Berechnung ergibt, dafs von den bei- 452 den ersten Spalten eine dritte, und damit die erste Spalte der Kehrseite ganz weggeschnitten sind; sowie dem zweiten Blatte vier ganze Spalten entfallen, nämlich die 291. Reimzeilen 4886 bis 5177, welche hier 360 Schreibzeilen fordern, jedoch weil die Stanzen nicht durchgängig fünfzeilig, mitunter nur vierzei- lig sind, sich hier nur auf 326 Zeilen berechnen. Wir haben hier also den Ausschnitt einer grofsen Nibe- lungenhandschrift in drei Spalten, zu je 74 Zeilen. Schon hieraus ergibt sich, das dises Stück zu keiner der bekannten Handschriften gehört; denn nur das mir vom ver- storbenen Freund E. Dronke in Fulda zugesandte, im Neuen Jahrbuche der hiesigen Deutschen Gesellschaft od. Germania III (1839) vollständig bekanntgemachte und nunmehr der königlichen Bibliothek übergebene Pergamentbruchstück ist dreispaltig, aber nur ö2zeilig, und überdils andre, etwas jüngere Schrift, wie meine Schriftabbildung dort zeigt. Die meisten übrigen Hand- schriften sind zweispaltig, einige unspaltig. Die Papirhand- schriften kommen ohnedils nicht in Betracht. Nur die jüngste aller Nibelungenhandfchriften, dennoch auf Pergament, ist ebenso, in grofs Folio, dreilpaltig, und 68- zeilig: es ist die vom Tiroler Stammschlols Ambras nach Wien ins Belvedere gebrachte. Dise grolse Sammlung, welche ma- nigfaltige Gedichte, meist jedoch des Heldenbuchs (Gudrun, Biterolf und Dietleib, Otnit, Wolfdietrich, Dietrichs Flucht, Ravennaschlacht) umfalst, führt in einer der reichen Randziera- ten, Bl. 215, die Jarzal 1517. Ich habe hienach in Germania Bd.I (1836), S.266 ff. dargetan, dals dise grolse Sammlung, welche sich selber in der allgemeinen Überschrift das „‚Helden- puch” nennt, eben die Abschrift des Heldenbuchs an der Etsch ist, welche Kaiser Maximilian, „‚der letzte Ritter”, dem „‚Paullen von Liechtenstain” befahl, und dem Säckelmeister Wilhelm von Oy im Jahr 1502 seinen Schreiber dazu hin- schicken hiefs, in einem unter seinen „‚Gedenkbüchern” von Max Schottky gefundenen und mir mitgeteilten Schreiben. Wie wenn nun dises seitdem verschollene Heldenbuch an der Etsch noch in vorligendem Bruchstück erhalten wäre? Näher an die Etsch, wo die Etschklause und Bern (Verona) mit Umgegend der Hauptschauplatz der Heldenthaten Dietrichs 453 von Bern und seiner Helden ist, führt noch, über Dillingen mit dem Jesuiten-Cicero hinauf, die daran gebundene Nomen- elatura Germanico - Latina. Oeniponti 1590, ein für das dortige Hochdeustch zu beachtendes Büchlein. Bestätigend ist im Äu- fsern noch die beiden Handschriften gemeinsame fortlaufende Schreibung und Bezeichnung der Stanzen durch abwechselnd rot und blau gemalte Buchstaben, und der Reimzeilen, selten beim Einschnitte, durch Punkte. Noch mehr aber die völlig übereinstimmende Lesart: wie die Vergleichung der vollständig lesbaren ersten Spalte des alten Bruchstücks mit der Ambraser Abschrift beweist: Sy [prach ich mufs In gruelfen Ir welt michs nit erlan 4464° Ir habt es grolle funde der kunig hat mir gelan fo vil der hertzen fchware gar an mein fchult mein mund in hiet der fune im wirt das hertze nymmer holt. Darnach wirt es peller fprachen Ire frunde do 4464* was ob Er Ir anverdienet daz [y noch wirdet fro Er mag [ys wol ergetzen [prach Gernot der held da fprach die Jammerreich [echt nu thun Ich was Ir welt. Ich wil den kunig grueflen do [y im des veriach 4465 mit feinen pelten freunden man In vor Ir fach da torft Hagene fur [fy nicht gegan wol wilfet Er fein [chulde er het Ir laide getan. Da: fi verkiefen wolte auf Gunthern den hafs ob Er [y kuffen folte es getzem Im defter bas 4470 war Ir von feinem rate laide nicht getan fo mocht Er frauenlichen wol zu Chrimhilden gan. (=) ER; ward nie [un mit [ouil trahene mer I gefueget vnder freunden Ir tet ir fchade wee Sy verkos auf sy alle wann auf den ainen man 4475 In het erflagen nyemand het es Hagene nicht getan. Darnach vil vnlange do trugen [y das an daz die frawe Chrimbilt den grolfen hort gewan von Nibelunges lande vnd furt In an den Rein es was Ir morgengabe er folt Ir billichen fein. 4480 454 Darnach fur Gifelher und Gernot mit Achtzigk Hundert mannen Chrimbilt do gepot daz Sy In holen folten da er verporgen lag da fein der degen Albrich mit feinen pelten freunden phlag. Da man von dem Rein nach dem Schatze kumen fach 4485 Albrich der vil kuene zu feinen freunden fprach wir turen Ir des horles vorgehaben nicht feyt In ze Morgengabe die edel kunigin gicht. Hier ist eine so nahe Übereinstimmung, wie die Lesarten zu meiner dritten Ausgabe (1820) mit keiner der übrigen Hand- schriften zeigen; sie ist meist wörtlich, auch in der Wortstel- lung: zwar nicht buchstäblich, weil die so neue Abschrift für den lebendigen Gebrauch, in der damals allgemeinen oberdeut- schen Reichs- und Schriftsprache, deren Aussprache und Schrei- bung (mit überflüfsigen, und vermehrten grolsen Buchstaben, besonders der persönlichen Fürwörter) gemacht ward; zugleich wol für eine gedruckte Ausgabe, da wir aus K. Maximilians gleichzeitigem „, Gedennckpuchel” 1509 bis 1513, wilsen, dafs er, neben anderen alten vaterländischen Gedichten (Neidhart, Pfarrer am Kalenberg, Pfaff Amis), auch Dietrich von Pern, den Haupthelden dises grolsen Heldenbuchs, ‚auf ein News dannen richten” wollte. (*) — Merkwürdig ist insonderheit die Übereinstimmung selbst in Fehlern: hit (4464°), das für jiht steht, aber weil man kein j schrieb und iiht vermied, meist giht geschriben wird (wie es auch hier 4488 steht), ist in hiet nicht eben deutlicher geworden. wierdet (4464) ist berichtigt. torft (4467) ist behalten; desgleichen fun (4473). Aus trechene (4473) ist trahene, nicht belser, geworden. die vor von (4488) fehlt ebenfalls, und Rin lautet nur Rein. Das richtige Chrimhilt, anstatt des gewönlichen Chriem- hilt, ist behalten. Ebenso ist der eigentümlich richtige Dop- pellaut wi, anstatt des gewönlichen ei (Gothisch ai), zuweilen durch ai, meist nur ai (neben ei für i) geschriben. — Auf än- liche Weise verhalten sich auch die übrigen vergleichbaren Stel- (*) Chmel Hdss. der Wiener Hofbibl. II (1846), 459. 455 len, und bewären durchgängig die allernächste Verwandtschaft der Ambraser jungen Abschrift mit diser gewis noch dem 13ten Jarhundert gehörigen Urkunde, wie die hier beigefügte Abbil- dung ihres Anfanges beweist. Man darf sie hienach wol für ein Stück des Heldenbuchs an der Etsch erklären; welches Buch beim Ausschreiben schon nicht mehr vollständig war, weil, eben in den Nibelungen, der Abschreiber mehrere grofse Lücken, zur anderweiligen Ausfül- lung, gelalsen hat, welche ich in Germania VIII (1848), 1 ff. an- gezeigt habe. Erst nach der Abschrift scheint auch dises Stück verloren zu sein, sammt allem Übrigem: wie solche Abschriften häufig den unverstandenen Urschriften verderblich wurden. Zu- mal in der Zeit des Druckes, dem sie nun zu Deckeln der ver- vielfältigten Bücher dienen musten. Das Heldenbuch an der Etsch ward am „‚Inn” so zu Schulbuchdeckeln verschnilten und verbraucht; und es ist noch ein Glück, dals der Jesuitisch ver- schnittene Cicero uns dises kostbare Blatt erhalten, und hieher geführt hat. Der frühere Besitzer schrieb auf den beklebten Deckel zierlich den Inhalt des Bandes und seinen Namen Chri- Stophorus Heinfius. Der jelzige Besitzer hat es mir freundlichst verehrt. Wie diese Handschrift gewis die gröste und stattlichste aller Nibelungenhandschriften war, deren Gröfse sie eben auch zur umfalsenden Sammlung des Heldenbuchs bestimnite, so stehe ich auch nicht an, sie für die schönste und älteste der- selben zu halten, sodafs neben ihr etwa nur die HohenEms- Laflsbergische Handschrift der jüngsten Bearbeitung steht: die " Schriftabbildungen bieten Vergleichung mit der Diese sowie mit der Berliner Handschrift und dem Dronke’schen Bruch- stücke. (*) Vorligende Abbildung zeigt auch die Sorgfalt in den roten Verbelserungen. k Bei dem nächsten Verhältnisse der Ambraser Abschrift mit (*) Das von Lafsberg mir verehrte treue Schriftbild seiner Handschrift 1; "habe ich zu den Heidelberger (Papir-) Bruchstücken in Büschings wöchentl, Nachr. IV (1818), 162 zumteil widerholt. Von den beiden anderen ge- nannten Handschriften habe ich zu den Nachrichten von ihnen, in Germa- mia VI (1839) Schriftbilder gegeben. Von den St. Galler und Münchner Handschriften (Germania VI. VII) werde ich sie nachliefern. 456 unserm Blatte, würde ich die hier in Klammern beigefügte Er- gänzung desselben aus jener genommen haben, wenn nicht ihre Schreibung und Aussprache durch dritthalb Jarhunderte so sehr verschieden wäre, und wol näher den Übergang zu einer noch dreihundert Jahr jüngern Umschreibung und Erneuung ge- währte. Ich wälte deshalb anstatt ihrer die demnächst stehende Berliner Handschrift. Dise kömmt ebenfalls aus Tirol, in- dem Schottiky sie, sowie den jüngern Titurel u.a., zu Ins- bruck entdeckte und behandelte, sodals unsere königliche Bi- bliothek sie erwerben konnte. Bei ihrer umständlichen Beschrei- bung und Vergleichung (in Germania I, 251) habe ich auch er- wähnt, dafs der „Graf Karl Mohr” sie 1797 zu „Latsch” ge- habt, gelesen und leider mit Anmerkungen beschmiert hat: mit welchem alten Geschlecht sie also ebenfalls nach Tirol gehört. In dem weiten Stammbaume der Nibelungenhandschriften bil- det sie, nächst der ältern Linie der HohenEms-Münchner Hand- schrift, und neben der St. Galler (in meinen Ausgaben 1816. 1820) und den dazugehörigen Handschriften, ein eigenes Mittel- glied, zu der jüngsten Bearbeitung, in der HohenEms-Lafsber-. gischen und den dazu gehörigen Handschriften (in meiner Aus- gabe 1842). Zu diser Mittellinie gehören nun auch die Ambraser Abschrift, unser Blatt vom Inn, das Linzer Bruchstück (*), und die Docenschen Bruchstücke (Germania I, 322). Soweit alle zu- sammengehn, haben sie meist die Lesart, und besonders eine gewisse Anzal von Stanzen gemein, welche die letzte Bear- beitung zwar meist aufgenommen hat: dagegen die ihr eigen- tümliche Verherrlichung der ‚‚Fürstenabtei Lorse’”’ (Lorsch, an der Bergstralse), als königlicher Witwensitz der Frau Ute und ihrer Tochter Chrimbild, und Grabstätte Sigfrids) ganz fehlen, sowie andere änliche Zusätze, und überhaupt die ganze um- bildende, erweiternde und berichtigende Überarbeitung. Auf unserm Doppelblatte, welches die Sühne nach Sigfrids Tode bis zu Chrimhildens Fahrt zu Etzeln (4464° bis 5205) umfalst, würde (*) Dises ist wirklich dafselbe, welches Hr. v. Karajan in der Früh- lingsgabe (1839) anmeldete, und Hr. v. Spaur im Linzer Museum V (1841), mit einer Abbildung bekanntmachte; widerhult von mir in Germania V (1843). 457 _ dise Stelle von Lorsch (Laurisham, welches in der Berli- _ ner Handschrift, dem Pilgerin, Utens Bruder, näher, sogar zu _ Lorch, Zaureacum, dem Bischofssitze vor Palsau, geworden ist), ohne Zweifel auch fehlen, wenn es noch vollständig wäre. Dagegen beginnt es sogleich mit zwei Stanzen, welche nur den zunächst verwandten Handschriften gemein, und hieraus in die letzte Bearbeitung übergegangen sind. Auch wird wol die ihr ebenso mit der Ambraser und Berliner Handschrift gemeinsame Stanze 4512 °° (Nibelungenland wird mit dem Horte nach u dienstbar) unserm Doppelblatte nicht gefehlt haben. Hinwiderum mangelt auch hier, wie jenen beiden Handschriften, g die Stanze (4204°°) von Pledelingen, jetzo Pladling, wo 2 Chrimhild, vor Pafsau, gastlich beherbergt wird: eine gelegent- liche Verherrlichung dises Ortes auf der in Österreich bis in x Ungarn mit Namen so reichlich gerühmten Donaufahrt, welche durch Pladling in Baiern, dises sonst so ungastlich und räube- - risch geschilderte Baiern noch etwas zu Ehren bringt: an die Nachträge des Schiffskatalogs der Ilias erinnernd. Bemerkenswert ist endlich, dals unser altes Doppelblatt noch keine Unterabteilungen durch etwas gröfsere gemalte An- fangsbuchstaben als die der Stanzen, innerhalb der durch noch grölsere und verzierte Anfangsbuchstaben bezeichneten Abenteuren andeutet,so wenigals dieAmbraser, St.Galler, HohenEms-Münchner und Münchner Handschriften. In der Berliner Handschrift und dem Linzer Bruchstücke, die beide in Reimzeilen abgesetzt sind, erscheinen solche Absätze, jedoch ohne sonderliche Bedeutung, und gar nicht übereinstimmig: wie der Abdruck beider gegen- über (in Germania V) weist; indem das Bruchstück Absätze von 40, 11, 12 Stanzen hat, die vollständige Handschrift dagegen Absätze von 4 bis 11 macht, seltener von 12 bis 15 Stanzen, und noch seltener von 3 und 18 bis 28 Stanzen. In den Hand- schriften der jüngsten Überarbeitung scheint dise Absatzbezeich- nung, sowie richtiger, so auch allgemeiner und gemeinsamer; nd die einzige, auch nicht ganz vollständige Handschrift der- lben, die HohenEms -Lafsbergische, welche ich auch in solcher linsicht in meiner Ausgabe diser Bearbeitung (1842, nach _ Lafsbergs Abdruck 1821), genau ausgedrückt habe, ist einerseits > auch hierin fast durchaus verschieden von den beiden vorgenann- % $ zrrrr 458 ten Handschriften, anderseits aber stimmen hierin genau mit ihr die dazu gehörigen Leichtlen’schen Bruchstücke, sowie die nah- verwandten, und zumteil die Lücke ausfüllenden Docenschen Bruchstücke. Ihre Absätze sind meist von 4, 5, 6 Stanzen, seltener von 3 und 7 Stanzen: welche Siebenzahl dagegen, nächst 8, und 5 und 6, in der Berliner Handschrift überwigt. Dafs alle dise Absätze nicht zur weitern Zergliederung und Zerliederung der Nibelungen-Not, noch über 20 Lieder hinaus, dienen konnten, leuchtete wol ein: aber sie scheinen doch nicht ohne Zusammenhang mit des sel. Lachmanns Zertei- lung der HohenEms- Münchner Handschrift in siebenstrophige Sätze (1826), welche freilich nur zufällig auf Ruhestellen tref- fend, durch alle Abenteuren hindurchsetzen; welche Siebenteilung in seinem Ausschnitte „„Zwanzig alte Lieder von den Nibelungen” (1840) aber nochmals, ohne Rücksicht auf seine erste Sieben- teilung des Ganzen, nun für jedes einzelne diser 20 (warum nicht 3mal 7?) Lieder angewandt, sich selber abenteuerlich durch- kreuzt; und nachdem das grofse Heldengedicht so rhapsodisch zerkleinert ist, wird es durch dise Heptaden zugleich wider zum gesiebenten Meistergesang gemacht: was es im edelsten Sinne allerdings war und bleibt. Hr. Poggendorff las eine Mittheilung des Hrn. Prof. Helmholtz über Hrn. Dr. Brewsters neue Analyse des Sonnenlichts. [Auszug.] Hr. Dr. Brewster hat eine Reihe von Versuchen bekannt gemacht, welche beweisen sollen, dafs homogenes Licht, dessen Strahlen alle die gleiche Brechbarkeit besitzen, im Widerspruch mit der von Newton aufgestellten Ansicht, bei der Absorp- tion in farbigen Medien seine Farbe ändern könne, und darauf eine eigenthümliche Theorie der Farben gegründet. Die Ein- wände, welche von Airy, Melloni und Draper dagegen er- hoben sind, hat er, wie es scheint, mit gültigen Gründen wi- derlegt; ich glaube aber nachweisen zu können, dafs er durch andre, bisher nicht beachtete, gröfstentheils physiologisch op- tische Vorgänge getäuscht worden ist. Zur Abh.des Hearnr.d Hagen un Monatsberichte/d. Ar " muhrnuhr elan-uyabr Be | _ Komde der cyvnec) har anınırfaran stouftyurzen Ener Fane mane fehpte | Er ee ! —Eramtdher dar insb werde vum ee hei een, Art: dv vaners = | er wer I „Au ehvmed gehizendo Gum du a machen toten Kwuden man ann. WO) done wait Aagene ori nuthr 5 gegan. wol wer‘ üne fihvlie eher _ 2 uAlae gem TO si ehanlan wi Sf Guntheren den baz overihulen U Aoltn er on am vehberfaz wan wu ” a Pr I ha) u F 459 Eine Reihe von den Farbenveränderungen, welche er der Absorption zuschreibt, beruht darauf, dafs das von ihm für ho- mogen gehaltene Licht bei seiner Methode noch mit fremdem verunreinigt war. Er blickte durch ein Prisma nach einem fei- nen Spalt im Laden eines dunkeln Zimmers, und schaltete das absorbirende Mittel zwischen Auge und Prisma ein. Das re- gelmälsig gebrochene Licht kann hierbei ein sehr vollkomme- nes und reines Spectrum bilden, aber es lassen sich verschie- dene Umstände nachweisen, durch welche ein wenig Licht un- regelmälsig über das Gesichtsfeld zerstreut wird. Dazu gehö- ren 1) Unreinigkeiten der Substanz und Unvollkommenheiten der Politur des Prisma und des, gefärbten Mittel, wie sie sich bei genauer Untersuchung mit Hülfe von Sonnenlicht in jeder Glasmasse nachweisen lassen. 2) Mehrfache Reflexionen theils zwischen den drei Flächen des Prisma, theils zwischen der Hornhaut und den Grenzflächen des farbigen Medium. 3) Licht- zerstreuung im Auge wahrscheinlich veranlalst durch Diffraction an der Pupille, durch die nicht absolute Klarheit der durchsich- tigen Medien, und durch Reflexion an der Hornhaut, wodurch die nicht unbeträchliche Menge des von der Netzhaut zurück- kehrenden Lichtes theilweis wieder in den Hintergrund des Au- ges zurückgeworfen wird. Die Lichtzerstreuung im Auge ist leicht zu bemerken, wenn man neben einem grolsen tiefschwar- zen Felde ein stark leuchtendes Object anbringt z. B. eine Licht- flamme, eine Öffnung durch welche Himmelslicht oder gar Son- nenlicht einfällt. Es überzieht dann ein heller Schein den grölsten Theil des Gesichtsfeldes, welcher fortfällt, so bald man sich das Licht mit dem Finger verdeckt. Es ist dies eine Er- -scheinung, welche bisher wohl unter den Begriff der Irradia- tion gerechnet ist. Während das unregelmäfsig gebrochene Licht seiner gerin- - gen Lichtstärke wegen gewöhnlich neben dem regelmälsig ge- brochenen nicht bemerkt wird, kann es grolsen Einfluls ge- winnen, sobald ersteres durch Absorption geschwächt ist, und der oft geringe Rest davon sich mit denjenigen Farben des un- regelmälsig gebrochenen mischt, welche ungeschwächt durch das farbige Medium gegangen sind. So erklärt sich namentlich die vorgebliche Isolation von weilsem Lichte aus dem Gelb 460 durch ein mit Smalte blau gefärbtes Glas. Das Gelb, welches im Spectrum dieses Glases durch zwei dunkle Streifen vom Grün und Orange getrennt ist, erschien mir ganz entsprechend der Beschreibung, welche Brewster gegeben hat, durch eine Platte geselien mattgelb, durch zwei fast weils, durch drei blauweils. Aber durch eine Platte wurde seine Lichtstärke nach einer annähernden Schätzung auf ‚4, verringert, durch zwei auf 50000, U.s. w. während neben ihm das Blau des Spectrum in blendender Helligkeit bestehen blieb, umgeben von einem Scheine zerstreuten blauen Lichts, welcher den gröfsten Theil des Ge- sichtsfeldes überzog. Blaues und gelbes Licht vereinigt geben aber, wie ich gezeigt habe (*), in der That Weils. Um diese Täuschung zu vermeiden, ist es nöthig, dafs auf das Prisma, blaue Glas und Auge in überwiegender Menge nur solches Licht fällt, welches dem zu untersuchenden homogen ist. Ich liefs deshalb durch den Spalt nicht natürliches weilses, sondern durch eine erste Brechung schon isolirtes Licht der betreffenden Farbe fallen. Sonnenlicht fiel durch einen ersten Spalt in ein dunkles Zimmer auf ein erstes Prisma, dann auf eine Linse, welche ein erstes Spectrum auf einem Schirme ent- warf. In diesem war ein zweiter feiner Spalt angebracht, wel- cher von dem hinter den Schirm gestellten Beobachter durch ein zweites Prisma betrachtet wurde. Je nachdem man den er- sten Spalt breiter oder schmaler macht, fällt homogenes, oder mehr oder weniger gemischtes Licht auf und durch den zweiten Spalt, welches dem Beobachter durch das zweite Prisma ent- weder als eine schmale farbige Lichtlinie, oder als ein breite- rer, in verschiedene Farbentöne zerlegter und mit den entspre- chenden Fraunhoferschen Linien versehener Streif erscheint. Da- bei bildet das Licht, welches im ersten Prisma und der Linse unregelmäfsig gebrochen auf den zweiten Spalt fällt, ein sehr lichtschwaches vollständiges Spectrum, in welchem jener hellere Streif an dem seiner Farbe angehörigen Platze stebt. Ich habe mich überzeugt, dafs das in dieser Weise gereinigte und iso- (*) Über die Theorie der zusammengesetzten Farben in J. Müllers Ar- chiv für Anat. und Physiol. 1852. 461 lirte gelbe Licht in ganz unveränderter Farbe durch 2, 3 und selbst 4 blaue Glasplatten geht. Eine zweite Reihe der Farbenveränderungen, welche Brew- ster beobachtet hat, beruht auf Contrastwirkungen, welche bei der Lebhafligkeit der Spectralfarben in ungewöhnlicher Stärke erregt werden, sobald eine lichtschwache Farbe neben andern helleren steht. Die Täuschung verschwindet, sobald man in der eben angegebenen Weise die betreffende Farbe isolirt. Dahin - gehört das glänzend grüne Aussehn der gelben, goldgelben _ und orangen Strahlen im Spectrum des Perubalsam, Schwefel- balsam, Pech; das violette des Blau in dem des Olivenöl, das rothe des Orange und das grüne des Blaugrün in dem des Smalteglases. Eine dritte Reihe der Farbenveränderungen rührt davon her, dals die Spectralfarben bei sehr grolser Lichtstärke nicht ganz den gewöhnlichen Eindruck machen. Violett geht schon bei einem sehr erträglichen Grade von Helligkeit durch ein -bläuliches Grauweils in Weils, Blau bei einem etwas höheren durch Blauweils in Weils über. Eben so nähert sich Grün bei - wachsender Helligkeit durch Grüngelb, und Gelb durch Gelb- _ weils einem blendenden Weils. Roth wird bei seinem höchsten Glanze nur Hellgelb. Man sieht diese Änderungen ebenso an ‚reinen isolirten Farben des Sonnenspectrum, wie an den zu- sammengesetzteren der farbigen Gläser. Sie erklären, dals Brewster das Blau durch verschiedene Dicken von schwefel- 'saurem Kupferoxyd- Ammonium bald blauweils, bald tiefblau sehen konnte, und warum das Gelb zwischen dem Grün und Orange im Sonnenspectrum, wo Grün und Orange selbst gelb- lich werden, mehr hervortritt, als in dem des blauen Himmels- lichts. u Ich habe nicht alle Versuche wiederholen können, auf welche _ sich Brewster beruft, weil er viele farbige Mittel nicht genau ‚genug bezeichnet, um sie sich verschaffen zu können. Doch glaube ich hinreichend nachgewiesen zu haben, dafs bei seiner Beobachtungsmethode Umstände genug vorhanden sind, welche es verbieten, aus ihren Resultaten die von Brewster gezoge- nen Schlüsse zu ziehen. MUFETERE ’ WICHE OR 462 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Abhandlungen der philosophisch- philologischen Classe der Königl. Baye- rischen Akademie der Wissenschaften Bd.VI. Abth.3. München 1852. 4. Abhandlungen der mathematisch-physikalischen Classe der Königl. Baye- risch. Akademie der Wissenschaften. Bd. VI. Abth. 3. ib. eod. 4. mit einem Begleitungsschreiben des Bibliothekariats dieser Akademie vom 9. Juni d. J. F.L. Fülleborn, Die wissenschaftliche Grundlage der Mediein. Berlin 1852. 8. Im Auftrage des Verf. durch Herrn Commerzien-Rath und Verlags- Buchhändler Carl Heymann hierselbst mittelst Schreibens vom 7. Juli d. J. der Akademie mitgetheilt. Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften, herausgegeben von dem naturwissenschaftlichen Verein in Hamburg. Bd. Il. Abth. 2. Hamburg 1832. 4. mit einem Begleitungsschreiben dieses Vereines vom 28, Mai d. J. Bulletin de la Societe Vaudoise des sciences nalurelles. No. 23. Tome Ill. Annee 1851. 8. F. J. Pictetet W. Roux, Description des Mollusques fossiles qui se trou- vent dans les gres verts des environs de Geneve. Livr.3. Acephales orthoconques. Geneve et Paris 1852. 4. Franc. Zantedeschi, Giornale fisico- chimico italiano AnnoVll. Puntata 1. de 1852. Padova 1852. 8. The astronomical Journal No. 27— 30. 40 —42. Vol. IT 3—6. 16— 18. Cambridge 1851, June 16— Oct. 3. 1852, May 22— 15 June. 4, (Schumacher) Astronomische Nachrichten No. 815. Altona 1852. 4. Revue archeologique 9. Annee Livr. 3. 15. Juin. Paris 1852. 8. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Juin. ib, eod. 8. Eduard Gerhard, Denkmäler, Forschungen und Berichte als Fortsetzung der archäologischen Zeitung Lief. 14. Berlin 1852. 4. 19. Juli. Sitzung der physikalisch - mathema- tischen Klasse. Hr. Heinr. Rose las über das Verhalten des Wassers gegenBorsäure in borsauren S alzen. Die borsauren Salze zeigen eine merkwürdige Analogie mit den entsprechenden kohlensauren Salzen, und namentlich ist der Einflufs des Wassers auf beide ein sehr ähnlicher. Wasser kann Dr 463 aus den Salzen beider schwachen Säuren letztere austreiben; bei # der Zersetzung der kohlensauren Salze kann indessen die ausge- schiedene Säure entweichen, während die Borsäure wenn sie durch den Einflufs des Wassers ausgetrieben worden ist, in der Flüssig- keit bleibt. Aber die Borsäure kann oft aus ihren Salzen durch das Was- - ser noch vollständiger ausgeschieden werden als die Kohlensäure. Schon vor sehr langer Zeit hat der Verfasser gezeigt, dafs der gewöhnliche Borax in seiner concentrirten und in seiner sehr verdünnten Lösung gegen Salzauflösungen, namentlich gegen sal- petersaures Silberoxyd sich auf eine ganz andere Weise verhält, und in der verdünnten Lösung scheint das Wasser die Bor- säure so gänzlich von dem Natron geschieden zu haben, dals sie wie eine verdünnte Auflösung von Natronhydrat zu betrachten sei, in der gleichzeitig Borsäurehydrat gelöst ist, ohne mit dem Na- _ tron verbunden zu sein. Durch neuere Versuche zeigt der Ver- fasser, wie diese Zersetzung des Borax durch das Verhalten gegen 2 Lackmustinctur durch das Auge sogleich erkannt werden kann. Er 2 geht darauf zu den Analogien über, welche Borsäure und Kohlen- F, säure in ihren Salzen zeigen, namentlich gegen Ammoniaksalze, gegen Aullösungen von Quecksilberchlorid, gegen Schwefel und gegen die Sulfide des Arseniks und des Antimons. 22. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Dieterici las über die verschiedenen Todesar- ten, an denen die Menschen im Preulsischen Staate _ vwersterben, und über die Folgerungen daraus auf den m menhang der Kulturzustände einer Provinzmit derlängeren oder kürzeren Lebensdauer in derselben. Man hat im Preuls. Staate seit Errichtung des statistischen z ® Bureaus 1805 daran gedacht, auch darüber Notizen zu sammeln, Fi an welchen Krankheiten die Menschen sterben. Nur noch in Eng- Fand und zum Theil in Frankreich und Italien geschieht Ähnliches. Man hatte im Preufs. Staat anfangs 38 verschiedene Krankheiten _ angenommen, wie man denn in England die Unterscheidungen bis auf 94 ausgedehnt. Im Preuls. Staate überzeugte man sich bald, 464 dafs eine so genaue Trennung der Gattungen von Krankheiten nicht mit einiger Sicherheit durchgeführt werden kann, und reducirte das Formular auf 11 Kategorieen, denen als 12te die todtgebornen Kinder hinzutreten. Seit 36 Jahren kann man in den statistischen Tabellen des Preulsischen Staats übersehen, wie viel von den in einem Jahre gezählten Todten gestorben sind 1. an Entkräftung vor Alter 2. durch Selbmord 3. Unglücksfälle 4. Niederkunft und im Kindbette 5. Pocken 6. Wasserscheu 7. durch innere hitzige Krankheiten 8. durch innere langwierige Krankheiten 9. durch schnelltödtliche Krankheitszufälle 10. an äulseren Krankheiten und Schäden 11. an nicht bestimmten Krankheiten i2. todtgeborne. Eine Vergleichung der Verhältnilszahlen seit einer Reihe von Jah- ren zeigt, dals an schnelltödtlichen Krankheiten, an äufseren Schä- den, überhaupt an den verschiedenen Todesarten 1. 2. 3. 4. 5. 6.9. 10. 11. 12. wenig Menschen, dagegen die allermeisten 60 bis 70 p- €. an innern hitzigen und innern langwierigen Krankheiten ster- ben. Von diesen beiden Kategorieen fallen etwa 40 p. C. auf in- nere langwierige Krankheiten, und 25 bis 30 auf innere hitzige Krankheiten im Durchschnitt für den ganzen Staat. Es ward hierauf zur Frage gestellt, ob ein Zusammenhang sei zwischen dem Verhältnils der Todten nach den verschiedenen To- desarten und dem Sterblichkeitsverhältnils überhaupt. Da in den verschiedenen Provinzen des Preulsischen Staats ein sehr unglei- ches Sterblichkeitsverhältnils obwaltet, so bot die Vergleichung zweier im Sterblichkeitsverhältnils sehr ungleichen Provinzen zur Beantwortung dieser Frage ein geeignetes Material. Es stirbt in der Rheinprovinz der 38Ste, in der Provinz Posen der 30te Mensch. Nun stellt sich heraus, dafs unter 100 Todten durch Selbstmord, Unglücksfälle, Niederkunft und im Kindbette, Pocken, Wasser- scheu, schnelltödtliche Krankheitszufälle, äufsere Krankheiten und Schäden, nicht bestimmte Krankheiten, innere hitzige Krankheiten 40 p. C. am Rhein, in der Provinz Posen 62 p. C. sterben. Bei allen diesen Krankheiten vermag der Mensch durch besonnenes Leben, Ordnung, insbesondere rechtzeitige medicinische Hülfe zur Abwendung des Todes viel beizutragen. Es sterben dagegen unter 100 Todten am Rhein an langwierigen inneren Krankheiten 42 p. C., todtgeborne sind am Rhein 6 p. C., an Alterschwäche sterben 12 p- C., sind 60 p.C. Dagegen sind in der Provinz Posen unter 100 465 Todien, todtgeborne nur 3 p. C., an innern langwierigen Krankhei- ten gestorben 25 p. C. und an Altersschwäche 10 p. C., sind 38 p. C., _ wozu obige 62 p. C. ergeben 100. — Nach diesen Zahlenverhält- nissen darf man aussprechen, dals bei dem günstigeren Sterb- _ lichkeitsverhältnifs mehr Menschen an Altersschwäche, an lang- | wierigen innern Krankheiten sterben und mehr todtgeboren sind, wogegen bei dem ungünstigen Sterblichkeitsverbältnils mehr Men- schen an inneren hitzigen Krankheiten, an Pocken, Wasserscheu, äufseren Schäden und den übrigen noch aufgeführten Todesarten _ absterben. — Bei inneren hitzigen Krankheiten ist das Leben ver- | loren, wenn nicht rechtzeitig Hülfe kommt; so bei der Lungenent- - zündung, heftigem Durchfall u. s. w. Allerdings kann bei solchen - Krankheiten ein Fehler in den Organen zurückbleiben, und es ent- a. Sure wickelt sich eine langwierige innere Krankheit. Es ist wohl erklär- lich, dafs bei günstigen Sterblichkeitsverhältnissen mehr Menschen an innern langwierigen Krankheiten sterben. Dals in bessern Ci- vilisationszuständen mehr todtgeborne vorkommen, kann man sich aus dem Fortschritt der Enibindungskunst erklären. Man opfert lieber das Kind als die Mutter. Ganz besonders aber zeigt sich der Einfluls besserer Culturzustände darin, dals mehr Menschen dann das natürliche Lebensalter erreichen. Dies ist klar im Ver- gleich der Provinzen Rhein und Posen, und läfst sich durch Ta- ” ellen, die der Abhandlung beigefügt worden, nachweisen, dals in allen Provinzen und Jahren, in denen ein günstigeres Sterblich- eitsverhältnils sich berechnet, auch die Anzahl derer, welche das atürliche Lebensalter erreichen, höher ist, als in den Jahren und rovinzen, in denen ein ungünstigeres Sterblichkeitsverhältnifs hervortritt. Auch zeigt eine Vergleichung der Todten nach den iltersklassen, dals überall, wo günstige Sterblichkeitsverhältnisse d, unter 100 Todten viel mehr Personen von mehr als 60, 70 und Jahren sind, als bei ungünstigen Sterblichkeitsverhältnissen. ies wurde für den Preulsischen Staat durch die Resultate der Jahre 816. 1825. 1834. 1843. 1846. nachgewiesen. Alle diese Betrachtungen lassen es wahrscheinlich werden, dafs r Mensch zwar nicht den Tod auf immer abzuhalten, aber die Le- sdauer durch Fortschritte in Sittlichkeit und Bildung allerdings ı verlängern vermag. 466 Hr. du Bois-Reymond trug eine Mittheilung des Hrn. Helmholtz, Professor in Königsberg, an die Akademie vor, betreffend ein Theorem über die Vertheilung electri- scher Ströme in körperlichen Leitern. Das Theorem, welches ich mich hier der Akademie vorzu- legen beehre, behauptet etwas ganz Ähnliches für die electro- motorischen Kräfte, wie es für Magnetismus und Electricität die bekannten Sätze thun, wonach eine jede Vertheilung dieser Agen- tien im Innern eines Körpers durch eine Belegung seiner Ober- fläche ersetzt werden kann, ohne die Wirkungen nach aulsen hin abzuändern. Die electromotorischen Kräfte mögen dabei in dem von Ohm eingeführten Sinne durch die Differenz der Spannungen gemessen werden, welche sie auf den beiden Sei- ten der Fläche, worin sie ihren Sitz haben, hervorbringen. Das Theorem ist folgendes: „Wenn ein Leiter von beliebiger Gestalt und Zusammen- setzung eine beliebige Vertheilung constanter electromotori- scher Kräfte in seinem Innern enthält, so kann man an ihrer Stelle jedes Mal eine Belegung seiner Oberfläche mit sol- chen Kräften substituiren, welche in allen angelegten ande- ren Leitern genau dieselben abgeleitelen Ströme giebt, wie jene Vertheilung im Innern. Und zwar müssen diese electro- motorischen Kräfte der Oberfläche in der Richtung von in- nen nach aufsen gemessen gleich sein der Spannung freier Electricität, welche in denselben Puncten der Oberfläche vor Anlegung des fremden Leiters bei den durch die inneren Kräfte unterhaltenen Strömungen eingetreten war.” Der Beweis kann in folgender Weise geführt werden. Der Leiter, in dessen Innerem die electromotorischen Kräfte ihren Sitz haben, heilse 4. Während diese fortbestehen, denke man sich auch noch seine Oberfläche mit ebenso grolsen, aber ent- gegengesetzt gerichteten electromotorischen Kräften belegt, wie ich es im Theorem bezeichnet habe. Ich will diese Belegung die negative nennen, die des Inneren dagegen die positiye. Es läfst sich leicht einsehen, dafs die negative Belegung jede Wir- kung der inneren Kräfte nach aulsen, jede Ableitung ihrer Ströme auf andre angelegte Leiter verhindern müsse. Man braucht nur die drei Bedingungen, deren Erfüllung Kirch- 3 467 Ei hoff (*) für die Stromvertheilung in Systemen von körperlichen Leitern als nothwendig und ausreichend erwiesen hat, auf die- sen Fall anzuwenden. Es ergiebt sich sogleich, dals wenn sie vor der Anlegung des zweiten Leiters B im Leiter 4 erfüllt waren, sie es auch nach dessen Anlegung bleiben, wenn 2 gar keine, und A dieselben Ströme enthält wie vorher. Dann nehme man das Princip von der Superposition der electrischen Strömungen zu Hülfe, welches Smaasen zwar nur für einen beschränkten Fall entwickelt hat, dessen Allgemein- gültigkeit aber ohne Schwierigkeit aus Kirchhoffs drei eben erwähnten Bedingungsgleichungen hervorgeht. Nach diesem Principe sind die electrischen Spannungen, und die den Coor- dinataxen parallelen Componenten der Stromintensitäten in je- dem Puncte eines Systems leitender Körper, welches mehrere constante electromotorische Kräfte enthält, gleich der algebrai- schen Summe derjenigen Spannungen und Intensitäten, welche jede einzelne Kraft für sich in demselben Puncte hervorbringen würde. Wir können also auch in dem besprochenen Falle der Lei- ‚ter A und 2 mit der negativen Belegung ihrer Berührungs- ‚fläche die Spannungen und Intensitäten in 2, welche alle gleich Null sind, als die algebraischen Summen derjenigen Spannun- gen und Intensitäten ansehen, welche erstens die electromoto- rischen Kräfte aus dem Inneren von 4 für sich allein, und zwei- tens die der Berührungsfläche für sich allein in Z hervorbrin- gen würden. Daraus dals diese Summen in der ganzen Aus- dehnung des Leiters 3 gleich Null sind, folgt, dals die nega- tive Belegung der Berührungsflächen bier genau die entgegen- gesetzten Spannungen und Strömungen hervorbringt, als die electromotorischen Kräfte im Inneren von A. Die entgegengesetzte positive Belegung muls also in dem Leiter B wiederum genau dieselben Spannungen und Strömun- gen hervorbringen, wie die inneren Kräfte von A, was zu be- weisen war. ; Auch in den Fällen, wo mehrere leitende Körper vorhan- den sind, welche electromotorische Kräfte enthalten, und unter .. (*) Poggendorffs Annalen LXXV $. 189. 468 einander und mit andern unwirksamen Leitern in Berührung sind, kann man die inneren Kräfte aller oder einzelner wirk- samer Leiter durch eine Belegung ihrer Oberfläche ersetzen, ohne dafs die Strömungen in den übrigen Leitern eine Ände- rung erleiden. Von dem gröfsten Nutzen ist dieses Theorem bei der Un- tersuchung der Ströme, welche aus den Muskeln und Nerven in den Multiplicator hinein abgeleitet werden. E. du Bois- Reymond hat nachgewiesen, dafs jeder Theil einer Muskel- oder Nervenfaser, ähnlich dem Ganzen, peripolar angeordnete electrische Ströme erregt. Setzen wir zwei Bedingungen vor- aus, erstens nämlich, dals die electromotorischen Kräfte des Mus- kels constant sind, und nicht von der Stromintensität abhängen, zweitens, dals die grölseren Faserbündel überall in gleichmälsi- ger Anordnung Fasertheile von gleicher electromotorischer Ener- gie enthalten, so lälst sich unser Theorem anwenden, und lie- fert eine sehr einfache Ableitung der Wirkungen des Ganzen aus den Wirkungen seiner Theile. Aber es ergeben sich dabei für das Ganze nur die electromotorischen Gegensätze zwischen Längsschnitt und Querschnitt, nicht die zwischen verschiedenen Theilen des Längsschnitts unter sich, und des Querschnitts un- ter sich. Der Widerspruch, welcher sich hier zwischen Theo- rie und Erfahrung zeigt, deutet darauf hin, dafs eine der bei- den genannten Bedingungen in den Muskeln und Nerven, welche 7 man dem Versuch unterworfen hat, nicht erfüllt sei. Hr. Böckh machte folgende Mittheilung: Bemerkungen über einige Theile der Tributlisten der Athener. In den Tafeln der Tributlisten, welche zum zweiten Bande meiner Staatshaushaltung der Athener gehören, ist unter N. 162. 5 (XLVII) ein Bruchstück aus Otfr. Müllers Tagebuche abgedruckt, aus welchem es Franz für mich abgeschrieben hatte. Dasselbe gebe ich hierbei (Fig. 4), wie es mir Franz überliefert hat, auch mit den von ihm angemerkten Umrissen. In dem gedruckten Texte ist Z.16 vor der Linie IABYAENO ein links vorsprin- 4 469 gendes H weggelassen, worauf wenig ankommt. Die ersten Zei- _ len zeigten den Rest einer Überschrift, dessen Anfang nach der einfachsten Ergänzung und Verbesserung auf die Worte Er: #7] reilr]|ns zu Ölezer]ss deyrs führte; das A Z.1, welches sich nicht bezweifeln liefs, leitete wie es schien unfehlbar auf ö[sz«- _ rjns. Hierdurch entstand jedoch eine von mir S.470 f. ausein- ‚andergesetzte sehr grolse Schwierigkeit. Diese Tributlisten sind nämlich Jahr für Jahr bekannt gemacht worden, nach der Folge ‚der Behörden, die von einer bestimmten Epoche ab gezählt wer- _ den, und die von der dreizehnten Behörde, oder für das drei- zehnte Jahr, bekannt gemachte Liste ist bereits anderwärts vor- ‚handen; denn die fast vollständige Überschrift derselben findet sich in N. XXX VIII und den damit verbundenen Stücken (XLII. XLV), und es läfst sich keine Ansicht bilden, wonach das Mül- lersche Stück eine Urkunde aus demselben Jalıre neben der be- reits anderwärts vorhandenen sein könnte. Daher mulste es ge- wagt werden, Müllers Lesart TPIIEZ für unrichlig zu halten, und sein Pl in AP zu verwandeln, um [re]r[&gr]rs zei S[sz«r]rs zu gewinnen. Ferner hatte Rangab& seine N. 135’ der Stellung ‚auf dem Steine gemäls, nämlich auf dem ersten und zwar auf dessen linker Seitenfläche, vollkommen sachgemäls mit Stücken des vierzehuten Jahres verbunden (vergl. meine Darlegung S.566). ‚Dieses Bruchstück N. 135’ (N. XLVIII) stöfst rechts an die Kante N an, ist aber nach der linken Kante zu verstümmelt; von den zwei Spalten, die es allein enthalten konnte, ist Z.6-15 ein Theil der Namen der rechten oder zweiten Spalte vorhanden und Z.2-12 ein Theil der voraufgehenden Ziffern derselben Spalte; von der linken oder ersten Spalte aber Z.1.2.4-8 | "blofs einige Enden von Namen. Nach den Namen gehörte die zweite Spalte zur Hellespontischen Provinz, was auch von der ersten vorauszuselzen ist. Umgekehrt enthält N. 162. 2 aulser ‚einer geringen Anzahl Suufschre Te Ziffern theils vollstän- Wiege Namen der Hellespontischen Provinz und mit einer einzi- ‚en Ausnahme lauter andere als N. 135, theils hinten, nach rechts, ; _ verstümmelte Namen derselben Provinz, und zu diesen letztern boten die vorn verstümmelten Namen in N. 135’ oder die vorhin (genannten Enden von Namen gerade die Complemente: so zu 7 N. 162. 5.14 KALXEAON N. 135’ Ol (mit dazwischen verloren Bu 470 gegangenem !), und zu N. 162.2.18-20 die Enden der Namen, wie folgende Zusammenstellung zeigt: PEP |kOzI01 AIAY[MOTE]JIXITAI I[AYN I OTEJIXI TAI ein Zusammentreffen, welches für die Verbindung beider Stücke um so entscheidender sein mulste, als es nur unter der Voraus- setzung der in N.162.5 sehr unregelmälsigen Stellung der Na- men gegeneinander möglich war, indem Ilegzwsio: gegen die vorhergehenden und nachfolgenden Zeilen stark zurückgezogen ist, weil die Ziffer in die Namenspalte hineinlief (wohl wegen ihrer Länge, nicht aus irgend einem andern Mangel an Raum oder etwa wegen eines Fehlers des Steines). Der so stark an- gezeigte Zusammenhang beider Bruchstücke konnte um so eher an- genommen werden, als nach den mitgetheilten Umrissen N.162. 2 rechts abgebrochen schien. Ich trug daher nicht Bedenken, diese Verbindung von N 162. und N.135’ zu machen und jenes Stück ins vierzehnte Jahr zu setzen. Allerdings entstanden dadurch einige Schwierigkeiten, die ich nicht unbemerkt liefs: die be- deutendste war die, dafs von dem Namen Acodavzs das Ende EX in beiden Bruchstücken vorkommt; doch konnte dies an der Ver- bindung beider nicht irre machen, weil Müller bisweilen Buch- staben, die sich von selbst verstanden, zugesetzt hat, wenn sie auch auf dem Steine nicht erkennbar waren, Es ist beinahe entmuthigend für unsere Studien, wenn sof einleuchtende und durch die Lage der Sachen abgedrungene Com- binalionen sich dennoch nicht bewähren. Hätte ich voraussetzen können, der Stein sei noch vorhanden oder leicht zu finden, so hätte ich freilich eine nähere Ansicht und Untersuchung dessel-$ ben’ veranlassen müssen; aber Rangabe kannte das Stück nicht, und so mulste ich glauben, es sei verschwunden. In der That hat Rangab€ auch später es nicht zu Gesicht bekommen und rechnet es in einem Briefe vom $- Juni d.J. zu den nicht auf- zufindenden; aber durch einen von dem Präsidenten der archäo- logischen Gesellschaft zu Athen Hrn. Glarakis und dem Secretar derselben Hrn. Eustratiades unterzeichneten, fast gleichzeiti mit dem des Hrn. Rangabe geschriebenen Brief vom 10. Jun 4 5 471 d. J. habe ich eine als zuverlässig bezeugte Abschrift erhalten, _ welche ich hier mittheile (Fig. B). In dieser steht TPITEXZ mit der hinzugefügten Versicherung, es sei klar vorhanden: da- gegen fehlt das A am Ende der ersten Zeile, welches für meine Ansicht bestimmend gewesen war und sein mulste; ferner er- scheint Z.16 (bei Müller 15) das kurze Namenende E£& als auf dem Steine befindlich; endlich erweist die Zeichnung und wird noch ausdrücklich bemerkt, der Stein sei nach rechts ein Eck- stück und habe an dieser Seite mit keinem andern in Verbin- dung gestanden. Dadurch verändert sich die Sachlage gänzlich; und war es früher, der Müllerschen Abschrift gemäls, unmög- lich, die Überschrift in regelmäfsigen sro:yrööv geschriebenen Zeilen zu ergänzen, so ist dies jetzt allerdings unter der Vor- aussetzung erreichbar, dals eizosrzs auf dem Steine stand, wie folgende Ergänzung zeigt: [ETITEZITPITEzZKAI [EIKOZTJEzAPXEz [HEIAEM]JOXAPEzMYP [PINOzI]JOzZENAPAMMA 5 [TEYEHEJLLENOTAMI [AZXEN® I VJETA I POz Dals Z.2 kürzer ist, hat nichts gegen sich; der Steinschreiber wollte den Satz 4 z. 7. A. mit einer neuen Zeile beginnen. Ay- Woyc@ons habe ich nur Beispielsweise geschrieben; Kiesoyons, Nizoy,cons, Ounoy,ons u. dgl. leisten denselben Dienst. Setzt man aber hiernach das Bruchstück als Theil der Liste des 23. Jahres, so geräth man in die gröfste Verlegenheit, wo es an einem der drei bis jetzt bekannten Steine, welche die Tribut- listen der ersten Klasse enthalten, unterzubringen sei; zu dieser J ersten Klasse gehört aber das Stück, und diese Listen waren nach der numerischen Folge der Jahre auch in regelmälsi- ger örtlicher Folge, von der linken zur rechten geschrieben, J nach mir mit einer einzigen Ausnahme, indem ich annehme es i eine Seitenfläche des zweiten Steines übersprungen und erst ‚später benutzt worden (wovon ich 5. 575 ff. meines Buches ge- 4 handelt habe). Der erste Stein kommt hier gar nicht in Be- tracht; denn er schlofs sicher mit dem 15. Jahre (ebendas. S.566). 472 Was die beiden andern Steine betrifft, so ist zuerst zu bemer- ken, dals N.162.5 nothwendig von einer Seitenfläche ist: denn wie die Überschrift zeigt, war die Fläche so schmal, dafs sie höchstens zwei Spalten fassen konnte; ja damit sie auch nur diese falste, mufs die erste Spalte nach links stark über die Überschrift vorgesprungen sein: denn in der Überschrift fehlen links nur sechs Buchstaben, während die vorhandene Spalte un- ter neun Buchstaben der Überschrift und einem rechts davon ' befindlichen leeren Raume steht und doch so gedrängt geschrie- ben ist, dals Z.15 der Athenischen Abschrift für das fehlende Ol von Karynöevio: wenig Raum bleibt, Z.19-21 aber Ilegzw- sic, Ardvmorsıyireı und Acuviorsiyiraı kaum Raum hatten, so dafs die Enden der Namen untergeschrieben sein mufsten in der Art, wie ich es S.563 nachgewiesen habe, und will man, da Iegzwsıo: nach Aufhebung der Verbindung des Stückes mit N. 135 nicht mehr sicher ist, dafür Meg[iwSıcı] setzen, was so- gar wahrscheinlich gemacht werden kann, so bleibt auch dafür diese Behauptung gültig. Nun war von dem dritten Steine nur Eine Seitenfläche beschrieben, auf welcher N. C steht, eine Spalte, welche an die rechte Kante stölst und die Überschrift Eriysmövrıos führt: die erste oder linke Spalte dazu fehlt, und war entweder abgesägt oder stand auf einem besondern dicht angelügten regelmälsigen Block, welcher ein integrirender Theil des dritten Steines oder vielmehr Steingefüges war (s. S. 522 meines Buches, vergl. S.573 und 499). Soll nun N.162. 2 von diesem angesetzten Stücke sein? Unmöglich; denn sonst käme in derselben Jahresliste die Überschrift ‘Errysrovrtos zweimal vor. Dagegen fällt das 23. Jahr sowohl nach meinen als nach Rangabe’s allgemeinern Betrachtungen in den Bereich des zwei-# ten Steines; denn bei Rangab& umfalst dieser die Jahre 16-27, bei mir die Jahre 16-30 und. auf der einen Seitenfläche (D) noch ein späteres (s. S.574 ff.): auf einer der beiden Seiten- flächen dieses Steines wäre also das 23. Jahr zu suchen. Die Flächen des zweiten Steines habe ich mit A, B, C, D bezeich- net; Rangab& setzt 4 als die Vorderseite, B als die rechte Sei- tenfläche, € als die Rückseite, D als die linke Seitenfläche; ich setze C als Vorderseite, D als rechte Seitenfläche, 4 als Rück- seite, B als linke Seitenfläche: auf C haben wir beide das 23. | ) 1 473 Jahr gesetzt. Dies kann aber verändert werden; es ist zu ver- suchen, ob das 23. Jahr auf B oder D gesetzt werden könne, ob also N.162.2 an einer oder der andern dieser Seitenflächen sich anbringen lasse. Die Seitenfläche 2 enthält nach Rangabe das 20. nach mir das 30. Jahr. 2 zeigt oben, also im Anfange der Seite, eine Überschrift, aus deren Jahrzahl KOZT übrig ist (N.179. LXXI): kann dies aus rgirys zaı eizosrzs übrig sein? Keinesweges; denn die noch vorhandenen Reste dieser Über- schrift von 3 lassen sich mit den Resten der Überschrift in N.162. 5 nicht vereinigen, folglich stand das 23. Jahr nicht auf B an jener Stelle, und es dürfte auch kaum möglich sein mehr als ein Jahr darauf anzubringen und etwa den Anfang dem 22. Jahr, das Ende aber dem 23. beizulegen. Die andere Seiten- fläche D enthielt nach Rangab& das 27. Jahr, nach mir ein un- bestimmtes Jahr, welches ein späteres ist als das 34. indem ich diese Fläche aus der regelmälsigen Folge ausgeschieden habe, um chronologischen Schwierigkeiten auszuweichen, die sich anders nicht beseitigen liefsen. Soll nun das 23. Jahr und N.162.2 der Fläche D beigelegt werden, so mülste dieses Stück vor N. XCVI (186) eingeschoben werden, und das in N.XCVI ergänzte Karzydouc: wegfallen, weil X«2.zyÖ0r: in N.162. 5 vorkommt; das voraufgehende Stück, Karischen Tribut enthaltend, mülste dann aus dem vorhergehenden 22. Jahre sein. Betrachten wir nun, wie die eine oder die andere Setzung des 23. Jahres, auf B oder D, sich zu Rangab@’s und zu meiner Zählung oder ehronologischen Folge sämmtlicher Seiten des zweiten Steines verhalte. Jener setzt 4 als Vorderfläche und darauf das 16-19. Jahr, B als rechte Seitenfliche und darauf das 20. Jahr, C als Rückseite und darauf das 21-26. Jahr, D als linke Seitenfläche "und darauf das 27. Jahr. Stand das 23. Jahr auf B, so mülste also eine Versetzung des 20. und 21. und mindestens eines Thei- les vom 22. Jahre auf 4 vorgenommen werden; und sollte da- ‚bei N. LXXVIII (198) dem 21. und 22. Jahre verbleiben, so bliebe die Schwierigkeit bestehen, um deren willen ich dieses Stück vielmehr in das 31. und 32. Jahr verlegt habe. Stand aber ‚das 23. Jahr auf D, so ist die Rangab@’sche Zählung und Folge "ganz unmöglich. Ich habe dagegen diese Anordnung und Folge gesetzt: C ist Vorderfläche, und enthält das 16-24. Jahr; D ist rer.“ 474 rechte Seitenfläche, aber Anfangs übersprungen worden, so dafs sie erst später beschrieben wurde und nicht in die Reihe gehört; A ist die Rückseite und enthält das 25-29. Jahr; 2 ist die linke Seitenfläche und enthält das 30. Jahr. Stand nun das 23. Jahr auf B, so ist meine ganze Anordnung falsch; denn dann muls A Vorderseite werden, wie bei Rangabe: aber es treten dann | die Schwierigkeiten ein, die mich bewogen haben von Rangabe abzugehen (S. 571 ff.), weil 4 die Jahre vor dem 23. enthalten mufs, namentlich das 16-19. (N.LXIL ff.), woraus nach meiner Zeitrechnung geschichtliche Widersprüche entstehen. Stand aber das 23. Jahr auf D, so würde meine Anordnung soweit bestehen bleiben, dafs nur ein kleiner Theil des 22. Jahres und das 23. von C wegzunehmen und auf D zu übertragen wäre, das 24. Jahr aber auf 4. Die Wegnahme der genannten Theile von der Fläche C, nämlich des in Rede stehenden Stückes des 22. Jahres und der ganzen Jahre 23. und 24. empfiehlt sich sogar; denn die Setzung des 23. und 24. Jahres auf C ist von mir blofs po- stulirt (S. 576); dagegen hat die Übertragung des 24. Jahres auf 4 eine grolse Schwierigkeit, da im Anfange von A der Raum (vor N. 181) sehr beschränkt ist (s. gleichfalls S. 576 meiner Schrift), und dieses Jahr noch etwa auf D zu setzen scheint bedenklich. Wenn es ferner richtig ist, was ich nicht bezwei- feln kann, dafs N.186’ (XCVI) und also auch die damit sicher verbundene N. 221 (XCVI) auf die Seitenlläche D gehört, so ist es nicht wahrscheinlich, dals das 23. Jahr, oder aulser diesem auch noch das 24. auf D gestanden habe: denn N. 221 (XCVII) und seine muthmalsliche Fortsetzung (N. XCVIII) enthalten au- fserordentliche Rubriken, welche meiner Rechnung nach erst vom 28. Jahre an erscheinen (S. 616), und in N. 221 kommen die Spartolier als zahlend vor, die weder nach meiner noch nach # Rangab#’s chronologischer Bestimmung der Jahre im 23. und 24. Jahre gezahlt haben können (8.572). Ob es möglich sein wird, eine andere chronologische Bestimmung zu ermitteln, durch welche alle Schwierigkeiten gehoben würden, mufs ich dahin gestellt sein lassen; ebenso, ob durch Anpassen des Stückes N.162 5 an die vorhandenen Stücke des zweiten Steines sich ergeben könne, dieses Stück habe zu der Seitenfläche 3 oder DJ gehört. Nur für den Fall, dafs sich dies nicht ergebe, wage ichf ? 475 eine Hypothese, welche allen bis jetzt gefundenen Schwierig- keiten abhilft. Sie schliefst sich an die von mir angenommene Zählung der Seitenflächen des zweiten Steines an. Wie gesagt habe ich zur Vermeidung chronologischer Widersprüche die Folge der Flächen anders als Rangab@ bestimmt, und hierzu war es nothwendig anzunehmen, die Seitenfläche D sei anfänglich nicht beschrieben worden, sondern erst später, zur Zeit der wieder- hergestellten Tribute nach Aufhebung des Zwanzigstels, indem die drei Steine, mit Ausschlufs jener Fläche, die ganze Zeit vom Anfange dieser Listen bis zur Einsetzung des Zwanzigstels statt der Tribute, 34 Jahre, umfalsten (vergl. S. 575. 589. 598). Fer- ner wurde ich dadurch genöthigt der Fläche C, welche mir die Vorderfläche ist, die Jahre 16-24 zu geben, wovon zwei blols postulirt und leer gelassen sind; diese können wieder wegfallen. Desgleichen mulste ich der Fläche 4, welche mir die Rückseite ist, vorn das 25. Jahr ansetzen und ihr so ein Jahr mehr geben als Rangabe: auch dies ist ein blofses Postulat, welches los zu werden nur vortheilhaft sein kann; alle von mir ins 25. und 26. Jahr Beelaten Stücke kann man ins 26. Jahr setzen, da sie alle sich in Einer Jahresliste vereinigen lassen, und in keinem Zah- lungen vorkommen, die im 26. Jahr nicht vorgekommen sein können. So bleiben denn die Jahre 23. 24. 25 zwischen C und 4 übrig, und es ist eine Hypothese zu finden, welche zugleich die ursprüngliche Überspringung der Seitenfläche D etwa noch mehr rechtfertigt als S.575 meiner Schrift geschehen ist, und für die Listen des 23-25. Jahres Raum schafft. Dies wird durch folgende Vorstellung erreicht. Man denke sich, rechts von dem zweiten Steine habe ein Pfeiler von vier schmalen Seiten ge- standen, durch eine enge Gasse von ersterem getrennt; so konnte die Seitenfliche D des zweiten Steines nicht bequem beschrie- "ben werden, und auch nicht bequem gelesen werden, wenn man sie beschrieben hätte. Die Vorderfläche dieses Pfeilers, welche ich E nennen will, lag rechts in einer Flucht oder Ebene mit C der Vorderfläche des zweiten Steines: endigte nun € mit dem 22. Jahr, so ging der Steinschreiber ganz verständig auf E "über, und setzte auf diese schmale Fläche die Liste des 23. Jah- | res, und N.162.5 wird so auf die Fläche E fallen. Es kommt | noch darauf an, ob sich aus der Förm des Stückes 162.5 er- 476 mitteln lasse, es habe damit eine Fläche begonnen: aus den Zeichnungen erhellt dies nicht klar, doch ist es an sich nicht unwahrscheinlich. Die rechte Seitenfläche des Pfeilers, welche F heifsen soll, würde dann für das 24. Jahr bestimmt gewesen ‘ sein. Dafs die entsprechende Seite des Bruchstückes 162.5 noch Schrift zeige, kann kaum angenommen werden, da hiervon nichts berichtet wird: aber ich zweifle, dafs diese Seite so wohl er- halten sei, um zu erkennen, dals sie nicht beschrieben gewesen; ich denke sie mir so verletzt, dafs sich nichts darüber sagen läfst, ob sie beschrieben gewesen oder nicht. Die Rückseite @ des Pfeilers wurde für die Liste des 25. Jahres angewandt, in- dem man mit der Beschreibung immer rechts herum ging; sie lag in einer Flucht mit der Rückseite des zweiten Steines A, welche folglich mit dem 26. Jahres beginnen mulste: endigte sie mit Hank 29. Jahr, so fiel dann das 30. auf 2. Folgende kleine Tafel gewährt eine Übersicht: 6.1622. Jahr 20. » F: 24. n G: 25. » Al 20229.» B: 30. » Die einwärts nach D zu gewandte Seite des Pfeilers wurde na- türlich wenigstens Anfangs eben so wenig als D beschrieben. Später konnte aber D, wie sich wirklich Schrift darauf findet, beschrieben werden, vielleicht auch die innere Seite des Pfei- lers; um den Raum zu benutzen, setzte man sich über die Un- bequemlichkeit weg, oder die Unbequemlichkeit war selber weg- gefallen, weil man den Pfeiler weiter vom zweiten Steine ab- gerückt hatte. Sollte sich finden, dafs N.162.5 nach der Form der Bruchstücke entschieden zu B oder D des zweiten Steines gehört habe, so erledigt sich diese Hypothese von selbst; es würde aber dann neue Arbeit entstehen, um die daraus ent- springenden Schwierigkeiten zu lösen. Die Aithenische Abschrift von N.162. 5 enthält Z.6 eine von Müller übersehene Spur einer Zeile. Der einzige erhaltene Buchstab scheint E zu sein, der letzte der kurzen Zeile. Was 477 darin angegeben war, weils ich nicht: es wäre zu gewagt an- zunehmen, es sei in dieser Zeile etwas enthalten gewesen, ver- _ möge dessen die ganze Inschrift nicht nothwendig in die Reihe der übrigen der ersten Klasse einzuordnen sein würde; wie wenn man schriebe [apsırov oder dpeirousıw ciö]e. Nähme man dies an, so brauchte man sich freilich nicht ferner abzumühen, das Stück mit den andern in Verbindung zu setzen. In den Zif- fern findet sich einiges Merkwürdige, was ich noch erwägen will. Bei Tenedos hatte ich nach Müllers Abschrift mit einer kleinen nothwendigen Änderung 285? 2° als Quotenziffer an- genommen. Ähnliche Ziffern waren für Tenedos mehre vorhan- den, und da alle diese identisch schienen, habe ich mich $.642 dahin entschieden, die richtige sei die in N. LIV nach der Ros- sischen Lesart überlieferte 286° 4°. In N.162.2 (XLVII) er- halten wir nun statt der Müllerschen Lesart eine andere, näm- lich 288°, und diese wird für zuverlässig gelten müssen; da Hr. Rangab€ mir mittlerweile eine neue Vergleichung der Stücke der Tributlisten gesandt hat, die er wieder auffinden konnte, so habe ich nachgesehen, ob sich aus seiner Vergleichung etwas für die analogen Quotenzilfern von Tenedos ergebe. N. XXXVIII 24 erscheinen in dieser Ziffer nach früherer Les- art 2852 1°..; statt der 5° 1°.. ergiebt die neue Vergleichung M1.H; ist diese Lesart sicher, so liegt darin nolhwendig THFF, und wir kommen also auch hier auf 288°. Diese Quote führt auf 7 Talente 4560 Tribut, welcher Ansatz als 8 Talente mit 3 Procent Nachlals erklärt werden kann. In den anderen Stel- len hat sich kein hiermit übereinstimmendes Ergebnils gefunden. N. LIV. 47, wo jedoch Tev£öio: nur von mir eingesetzt ist, habe ich aus Rofs 286° 4° gegeben; Rangab& hatte 283° 4° gesetzt: seine neue Vergleichung giebt zu den 280° noch HIHIII,. wel- ches wieder auf 283° 4° binführt. In N. LXXXI. 10 bestätigt die neue Vergleichung die von mir herausgegebene Schreibung 285°2°. N.CI. 25 habe ich aus unsichern Elementen die Zif- fer 286° 1° enträthselt und dazu Tevzdıo ergänzt: hierzu hat Rangabe nichts aus seiner neuen Vergleichung bemerkt. Vor ABYAENO!I Z.17 (16. Müll.) steht in der Athenischen Abschrift das Ende der Ziffer mit Hil; es versteht sich von selbst, dafs ich jetzt, nach aufgehobener Verbindung der Stücke XLVII und 478 XLVIII, diese Ziffer auf die Abydener beziehe. Diese haben N. LXXXI die Ziffer 554° 2°, N.C -- 2°: sowohl in N.XLVI als in N. C wird 554° 2° gestanden haben. Dafs Z.19 (18 Müll.) der Name Hsgzwsicı nicht mehr sicher sei, ist schon oben be- merkt: ich finde HegivSıo: jetzt wahrscheinlicher, und die Ziffer 25°44° ist nur als Ende einer grölseren Reihe zu nehmen, wie die Stellung zeigt: dies palst besonders auf Perinthos, des- sen Quote gewöhnlich 1000° ist. Über andere von Hrn. Rangabe mit grofser Sorgfalt be- merkte verschiedene Lesarten zu andern Stücken der Tribut- listen behalte ich mir einen Bericht vor. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Annales des Mines 5. Serie Tome 1. Livr. 1. de 1852. Paris 1852. 8. Durch das vorgeordnete Königliche Ministerium mittelst Rescripts vom 14. Juli d. J. der Akademie mitgetheilt. Andre Dumont, Carte geologique de la Belgique executee par ordre du Gouvernement sous les auspices de l’Academie Royale des sciences, des lettres et des beaux-arts. 9 feuilles fol. N Ein Geschenk des Verfassers laut brieflicher Mittheilung desselben d. d. Liege d. 12. April d. J. und durch das vorgeordnete König- liche Ministerium mittelst Rescripts vom 10. Juli d. J. der Akade- mie zugefertigt. Verhandlungen der Physikalisch- medieinischen Gesellschaft in Würzburg. Redigirt von A. Kölliker u. s. w. Bd. II. III, Heft 1. Würzburg 1852. 8. : mit einem Begleitungsschreiben dieser Gesellschaft vom 25. Juni d. J. Thomas Henderson, astronomical observalions made at the Royal Ob- servatory, Edinburgh, reduced and edited by Charles Piazzi Smyth. Vol. X. for 1844 — 47. Edinburgh 1852. 4. Bishop’s ecliptical charts, hour 1 — 4. 7. 10. 13. London fol. and Remarks and notes to Bishop’s ecliptical charts. ib. (1852) 4. Atti dell’ Accademia Pontificia de’ nuovi Lincei Anno IV. Sessione 5. e T. del 6. Aprile e del 27. Giugno 1851. Roma 1851. 4. (E.F.Scarpellini) Corrispondenza scientifica in Roma. Bullettino univer- sale Anno II. No. 29. 30. 27. Genn., 10 Febbr. 1852. Roma 4. (Schumacher) Astronomische Nachrichten No. 816. 817. Altona 1852, 4 Zur dbh. des Hereu Boeckh im _Almatsberichte dA vor ‚Juli. 832. IE E42 \ IONYvINY | 2313V12 DIER]) 9> 3134VNVIN IIHH4VvR KWONVIVVUdVH u | \ IOIVIN3L-H4JVVV Hr 30908 | 30ILNOJ33773H 30V LI \ IWNIGON I 717 /wwydv32o) dAWwW33dvVxo 23 VAL Id “ aa IN3ZVAIVIH ZINVVdVvV h \NOV3X1V% IOoNvIıy IONVIVVUJdY II 30d0ob ‚OILNO0.33442H 3O0Od1IV_L3 IWWVWLALON3Z14 VWwvdv3 3o dAWwW33dVvVxo 3 I.X 4 VZ3 If sinn WA NA ® 3IJ13V13 mid 33 13d4VN v3 N II444 vv N EB ie, | \ 2? | re 1 / / ) / JOIV3N3-LITUVVVWHIN | 4 479 29. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Lepsius las über einige Ergebnisse der ägyp- tischen Denkmäler für die Kenntnis der Ptolemäer- geschichte. Nach einer Hinweisung auf das Verhältnils der griechischen und der ägyptischen Quellen für die Erforschung der ägypti- schen Geschichte, wurde eine bisher fast noch unbenutzte Quelle für die Zeit der Ptolemäer nachgewiesen, welche nach verschie- denen Seiten zugleich Licht verbreitet. Dies sind die theils hieroglyphischen theils demotischen Königslisten, welche mit Alexander dem Grofsen meistens beginnend, je später um -so vollständiger bis fast an das Ende der Ptolemäerherrschaft in zahlreichen Beispielen vorhanden sind. Die hieroglyphischen Listen pflegen sich auf den Tem- peln hinter den Namen der regierenden Könige zu finden, welche es liebten als Verehrer ihrer einzeln aufgeführten Vorfahren bis zur Gründung ihrer Dynastie zurück genannt zu werden. Diese reichen in streng genealogischer Folge, mit Anführung selbst der Frauen, auf welche beim öfteren Erlöschen des Mannsstam- mes das Erbrecht des Thrones überging, bis zu Ptolemaeus Neos Dionysos. Andere hieroglyphische Listen erscheinen auf den Monumenten zu näherer Bezeichnung des Königs als jüng- sten Sprosses seiner königlichen Ahnen, wie ein Beispiel der Art von der Rosette-Inschrift bekannt ist. Endlich wird die Reihe der Ptolemäer bis zum jedesmal regierenden auch bei Gelegenheit der Erwähnung der Priester aufgeführt, welchen ‚ der Kult der dynastischen Vorfahren übertragen war. Es liegen bis jetzt 25 solcher hieroglyphischer Reihen vor. | Die zweite Klasse, die der demotischen Ptolemäer- listen, findet sich noch zahlreicher als die der hieroglyphischen in demotischen Papyrus, denen sich auch zwei griechische Pa- pyrus anschlielsen. In diesen pflegt das Datum im Eingange zugleich eine Angabe der in den verschiedenen Ptolemäerkulten fungirenden Priester zu enthalten, und zwar so, dals immer sämmtliche Könige und Königinnen bis auf die regierenden und diese eingeschlossen, aufgeführt werden, auch wenn die Namen der Priester selbst nicht genannt werden. Die Anordnung der 480 Namen, welche mehr noch auf dynastisch-hieratischen als streng genealogischen Gründen beruhte, zeigt hin und wieder kleine Abweichungen, die sich aber leicht erklären lassen. Ihre Wich- tigkeit wird aber dadurch noch gröfser, dafs zum "Theil die Kultlisten aus verschiedenen Städten des Reichs gleichzeitig aufgeführt werden, deren Verschiedenheiten zu neuen Folge- rungen Veranlassung geben. Solcher Listen liegen jetzt 5l vor aus den demotischen Papyrus von Berlin, Turin, London, Paris und Rom, und würden leicht noch ansehnlich vermehrt werden können. | Aus der Vergleichung dieser 76 Königslisten in Verbindung mit den übrigen Hülfsmilteln ging eine Reihe von Bemerkun- gen hervor, welche die bisherigen Forschungen über die Ptole- mäergeschichte mehrfach ergänzen, berichligen oder bestätigen. Die Anzahl der regierenden Ptolemäer war bisher sowohl von den alten Schriftstellern, unter denen besonders Diodor, Sırabo, Ptolemaeus, Porphyrius, Eusebius, das Chronicon Pa- schale und Syncellus zu nennen, als von den neuern Gelehrten, (Vaillant, Heyne, Drumann, Champellion-Figeac, Sharpe, Le- tronne u. A.) entweder unrichtig bestimmt, oder gar nicht an- gegeben worden. Zwei Könige, welche bald nach ihrem Re- gierungsantritte ermordet wurden, sind von den alten Schrift- stellern gar nicht gekannt, wenigstens nicht genannt worden, sondern fanden sich zuerst in den oben erwähnten Listen. Dies’ sind Ptolemaeus Eupator, der älteste Sohn des Epiphanes, wel- cher vor seinem Bruder Philometor zur Regierung gelangte, und Ptolemaeus Philopator II, auch Neos Philopator genannt, der von Euergetes II ermordete Sohn des Philometor. Über# beide wurden die vollsländigen Nachweisungen gegeben. Nach einer Musterung der genealogischen Verhältnisse aller übrigen Ptolemäer stellte sich folgende dynastisch - genealogische Reihe beraus: 1. Ptolemaeus I, Sohn des Lagus, Soter I. Berenike I, seine vierte Frau. 2. Ptolemaeus II Philadelphus, Sohn Ptol. I und Ber. I. a) Arsinoe I 5) Arsinoe II, s. Schwester. 11. 12. u 481 . Ptolemaeus III Euergetes I, Sohn Ptol. II und Arsinoe I. Berenike II, s. Schwester. . Ptolemaeus IV Philopator I, Sohn Ptol. III und Ber. II. Arsinoe III, s. Schwester. . Ptolemaeus V Epiphanes, Sohn Ptol. IV und Ars. III. Kleopatra I. . Ptolemaeus VI Eupator, Sohn Ptol. V und Kleop. I. . Ptolemaeus VII Philometor, Sohn Ptol. V und Kleop. I. Kleopatra II, s. Schwester. . Ptolemaeus VIII Philopator II oder Neos Philopator, Sohn Ptol. VII und Kleop. II. . Kleopatra III, Tochter Ptol. VII und Kleop. II. . Ptolemaeus IX Euergetes II, Sohn Ptol. V und Kleop. I. Kleopatra III, s. Nichte. Ptolemaeus X Soter II, Sohn Ptol. IX und Kleop. II. a) Kleopatra IV, seine Schwester 5) Selene, seine Schwester. Ptolemaeus XI Alexander I, Sohn Ptol. IX und Ki. IH. a) Kleopatra V, seine Schwester 6) Berenike III, s. Nichte. Ptolemaeus XII Alexander IH, Sohn Ptol. XI und Kl.V. Berenike III, seine Stiefmutter und Cousine. . Berenike III, Tochter Ptol. X und Kl. IV. . Ptolemaeus XIII Neos Dionysos, unehelicher Sohn Ptol. X. Kleopatra VI Tryphaena, s. Schwester. . Ptolemaeus XIV, Sohn Ptol. XIII und Kl. VI. Kleopatra VII, s. Schwester. . Ptolemaeus XV, Sohn Ptol. XIII und Kl. VI. Kleopatra VII, s. Schwester. . Ptolemaeus XVI Caesar, Sohn des Jul. Caesar und Kl. VII. Seine Mutter Kleopatra VII. . Kleopatra VII, Tochter Ptol. XIII und Kl. VI. Es ergaben sich hiernach 16 regierende Ptolemäer, wäh- rend der Ptolemäische Kanon nur 8, Andere 12 aufführten. Die dynastischen Namen der Königinnen beschränken sich auf den onumenten auf die Namen Arsinoe, Berenike und Kleopatra. a Pr . Trrarı 482 Den ersten Namen führten drei, den zweiten vier Königin- nen, wenn wir Berenike, die älteste Tochter des Ptolemaeus Neos Dionysos, als vierte mit aufzählen, da sie faktisch einige Jahre, während ihr Vater vertrieben war, regierte. Seit Kleo- patra I, der Gemahlin Ptolemaeus V Epiphanes, wurde Kleo- patra fast zum ausschliefslichen dynastischen Namen erwählt, und wurde bei der Verheirathung angenommen, wenn er vor- her ein anderer war. So findet sich auf den Monumenten eine „Kleopatra genannt Tryphaina”, wie sich ein „‚Ptolemaeus ge- nannt Alexander” und ein „‚„Ptolemaeus genannt Caesar” findet. ” Eine Ausnahme macht Berenike III, welche hieroglyphisch nur diesen Namen führt, obgleich auch diese bei Porphyrius, je- doch im Widerstreite mit den übrigen Berichterstattern, Kleo- i patra genannt wird. Kleopatra VI Tryphaena war bisher weder bei den Schriftstellern noch auf den Monumenten richtig er- kannt worden. Die letzteren erweisen sie als die von den Grie- chen nirgends genannte Gemahlin Ptolemaeus XIII Neos Dio- nysos. Bei Porphyrius wird eine KAsorarga ij zur Toupawe als älteste Tochter des Neos Dionysos genannt, während sich durch die Vergleichung der älteren Quellen mehr als wahrscheinlich ° machen läfst, dals hier die Gemahlin desselben zu nennen war. Die letzte Kleopatra, die berühmte Mutter des Caesarion, war. demnach die siebente. | Es wurde hierauf noch eine kurze Übersicht der verschie- denen Ptolemäerkulte, hauptsächlich aus den demotischen Papyrus, gegeben. Es lassen sich deren bis jetzt vier nach- weisen, zu Alexandria, Ptolemais, Theben und Mem- phis, welche aber zu verschiedenen Zeiten gegründet wurden. und auch in der Aufnahme der einzelnen Könige und Köni- ginnen so wie in der Anzahl der Priester vielfach unter einan- der abwichen. Hr. du Bois-Reymond theilte hierauf im Auftrage des Hrn. v. Humboldt ein Schreiben des Hrn. Melloni an Hrn. Arago: über die verschiedenen thermochroischen Ei- genschaften der von verschiedenen Puncten der Son-$ ne ausgesandten Wärmestrahlen, mit. 483 Hr. Dove sprach über einen Windmesser des Ober- lehrers Hrn. Krüger. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Maps and Sections of the geological survey of united Kingdom of Great Britain and Ireland: Geological Survey of Great Britain: No:17.18. 55, N.W.S.W. S.E. 56, S.W. N.W. S.E. N.E. 57, N.W. S.W. N.E. S.E. 58. 59, N.E. S.E. 60, S.W.N.W.S.E.N.E. 61, N.W.S.W.N.E. 72, N.E. S.E. S.W. 74, N.E. S.E. S.W. N.W. 75, S.E. N.E. S.W. N.W. 76, N. S. 77,N.E. 78, S.W.N.W.S.E.N.E. 79, SE. S.W.N.W. 81, N.E.S.E. Horizontal Sections: No. 18. 19. Geological Survey of Ireland: Wicklow, Wexford, Kildare, Car- low, Dublin. Horizontal Sections: No. 1—4. Plan and Sections of the Ovoca Mines. mit 2 Begleitungsschreiben des Geological Survey Office und des Hrn. H. J. de la Beche in London vom 12. und 13, Juli d. J. Catalogue of Stars near the Ecliptie, observed at Markree during the years 1848, 1849 and 1850. Vol.1. containing 14,888 Stars. Dublin 1851. 8. Addre/s at the anniversary meeting of the Royal geographical Society, 24, May, 1852 by Sir R. J. Murchison, President. London 1852. 8. Catalogue of the library of the Royal geographical Society, corrected to May 1851. ib. eod. 8. E. Plantamour, Resume des observations thermometriques et barometri- ques faites a l’Observatoire de Geneve et au Grand St.- Bernard pen- dant les dix anndes 1841 41850.ete, Geneve 1851. 4. Resume meteorologique de l’annde 1850 pour Geneve et le Grand St.-Bernard. ib. eod. 8. Baron Charles Dupin, /ndustries comparees de Paris et de Londres, ta- bleau presente le 4. Janvier 1852 etc. Paris 1352. 8. Notice sur quelques tributs des Frangais da l’exposition uni- verselle. Sa des Compt. rend, des seanc. de l’Acad. des sciences. Tome 34. Sdance du 22. Mars 1852. 4. Emmanuel Liais, Note sur les observations faites ad Cherbourg (Manche) Pendant l’eclipse du 28. Juillet 1851. ete. Cherbourg 1851. 8. Memoire sur la substitution des electromoteurs aux machi- nes a vapeur etc. Paris 1852. 8. Addition a un Memoire intitule: Theorie mathematique des Oscillations du Barometre etc. 8. Oeuvres de Fredericle Grand. Tome 19. 20. Berlin 1852. 8. Memorial de Ingenieros Ano 7. Num. 6. Junio de 1852. Madrid 8. ——re Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Körmgl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat August 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenbe rg- 2. August. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Bopp las über die Conjunctionen in der indo- europäischen Sprachfamilie. 5. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Homeyer las über das Verhältnils des Schwa- benspiegels zum Sachsenspiegel. Hr. Geheimeoberrevisionsrath Dr. von Daniels hat im Juni d. J. eine Habilitationsschrift u. d. T. Alexander a Daniels de Saxoniei Speculi origine ex juris com- munis libro, Svevico Speculo perperam nominari solito, 1852, 288 p. 8. ausgeben lassen. Den aulsergewöhnlichen Ansichten des Hrn. Vf. in der Ausführlichkeit zu begegnen, wie sie dargelegt worden, scheint mir kein Bedürfnils vorhanden, auch würde mir die Mulse dazu fehlen. Doch darf ich nach dem besondern Gange früherer Studien nicht wohl jeder Besprechung des Gegenstandes mich ent- ziehen. Ich wähle die Form eines Vortrages in diesem Kreise, weil mir dadurch Umfang und Haltung der Erörterung in einer Weise vorgezeichnet werden, welche ganz meinen Wünschen entspricht. Die gangbare Meinung über das Verhältnifs der beiden Spie- gel ist folgende. Das sächsische Land- und Lehnrecht, welches [1852.] 8 486 sich selber auch Sachsenspiegel nennt, hat einen aus dem Anhalti- schen stammenden Schöffen, Eike von Repkow, zum Verfasser, der seine Arbeit etwa im dritten Jahrzehnt des 13ten Jahrhunderts ab- schlofs. Sie verbreitete sich von ihrer Heimath an der niedersäch- sischen Mittelelbe aus noch während des Laufes dieses Jahrhunderts über alle Länder der deutschen Zunge, ward in deren verschiedene Mundarten übertragen, erhielt einige, jedoch nicht umfangreiche Zusätze und diente anderen Darstellungen ähnlichen Zweckes zur Grundlage. Namentlich erfolgte etwa funfzig Jahre später, nach Merkel zwischen 1276 u. 1281, (') in Schwaben oder Bayern, viel- leicht in Augsburg an der Gränze beider Länder, von unbekannten | Händen eine Bearbeitung in folgendem Sinne. Die Sätze des Ssp. werden nach süddeutschen Eigenheiten, nach der inzwischen fortgeschrittenen Rechtsentwickelung geändert; dann aber auch aus dem römischen und kanonischen Recht, aus den Reichsgesetzen des 13ten Jahrh., aus den Predigten des 1272 verstorbenen Mönches Berthold und sonstiger geistlicher Literatur, endlich aus den frän- kischen Kapitularien und den Bayrischen und Alemanischen Volks- rechten gemehrt. (?) Das neue, vorzugsweise im südlichen Deutsch- land verbreitete Rechtsbuch pflegt sich selber nur Land- und Lehn- recht oder Kaiserland- und Lehnrecht zu nennen. Doch hebt es die Privilegien der schwäbischen Nation und ihres Herzoges (Lafs- berg 32) besonders hervor. In einem Berliner Weichbildtext von 1369 ist ferner nach Hrn. v. D. eigener Annahme unter svevisch recht das süddeutsche Rechtsbuch gemeint. Im 15ten Jahrh. wird es höchst wahrscheinlich unter „des Landes Recht zu Schwaben”# begriffen; bestimmt heilst es 1550 in Münsters Cosmographie „Landrecht für die schwäbische Nation”. So hat man, nach dem Vorschlage von Goldast, seit dem Anfange des 17ten Jahrh. den Ausdruck „Schwabenspiegel”, mit vollem Bewulstsein, dafs er nich ursprünglich sei, als Gegensatz zu jenem seinen Vorbilde beque gefunden. Hr. v. Daniels setzt das Werk gleichfalls in die Zei (') Merkel de republica Alamannorum 1849, p. 23, 95 sq. (*) Wackernagel Vorr. zum Landrecht des Schwabenspiegels 1840, Mer kela. a. 0. Die Ansicht Pfeiffers in Haupt, Ztschr. f. Alterthum IX 7 fl dals David von Augsburg vor 1271 die Arbeit verfalst habe, beruhet m.E zur Zeit auf keiner festen Grundlage. 487 zwischen 1274 und 1283, vermuthet die Abfassung in Bayern we- gen der Benutzung der lex Baiuvariorum und des in Bayern besonders gangbaren Berthold und bedient sich deswegen der Bezeichnung liber Bavaricus (p.4,15). Jenes „suspicari” durfte aber wohl nicht hin- reichen, die herkömmliche, auch nicht grundlose Benennung als eine „perperam” gegebene zu bezeichnen und statt ihrer einen Namen zu wählen, welcher einer Verwechselung mit den mehreren Ge- stalten des Bayerschen Rechtsbuches oder Landrechts des 1Äten Jahrhunderts (?) unterliegt. Doch ist dies mehr Nebensache. Der Hauptpunkt ist folgender. Hr. v. D. weist dem Schwa- benspiegel statt des Ssp. ganz andere Quellen zu: insbesondere Randbemerkungen zu der lex Baiuvariorum, eine Nachahmung des ordo iudiciarius von Tancred (+ 1234), einen Kommentar zum drit- ten Buche von Ansegisus Kapitulariensammlung, welchen Stoff dann die Bearbeitung durch einander gestellt und mit weitern Zuthaten verschiedenen Ursprungs vermehrt habe. (*) Aus dem Schwbsp. habe erst wieder, wie schon vordem Lambek und Schilter mein- ten, (*° )Jder Sachse vornemlich geschöpft, daneben auch aus dem ins Ende des 13ten Jahrh. fallenden S. Weichbildrechte. Somit sei seine Arbeit in die ersten lustra des vierzehnten Jahrh. zu se- izen (p.5.). Diese ganze Darstellung bezieht sich nur auf den lan d- rechtlichen Theil beider Spiegel. Ich folge ihr hier nicht, inso- _ fern sie den Hauptkern des Schwbsp. auf neue Grundlagen zurück- _ führen will. Theils ist für diesen Punkt eine direkte Widerlegung ‚nicht möglich. Es sind z. B. die Marginalnoten zum Bayrischen | Volksrecht rein hypothetische, die weder zu diesem noch für sich \ allein irgend vorkommen. Wie möchte man hier den Beweis Be dals irgend ar ee. elkras zur ‚lex Bay, sich "erscheinen. Theils genügt es schon, wenn nur die auf dem Titel (°) Auer, Stadtrecht von München, 1840 S. VIII ff. (*) Das Schema ergiebt sich, wenn man die Zuthaten mit S bezeichnet im Ganzen so : Lalsb. 1-85 (Baj.), 86 - 117 (Taner.), 118-145 (S.), 146-171 (Bai.), 172-173 (Taner.), 174-205 (S.), 206-210 (Tancr.), 211-247 (S.), 248-370 (Anseg.), 371-377 (S-). (**) Vgl. Grupen T. Alterth. 470 ff, Homeyer Ssp. II. 1. S. 91. 488 hervorgehobene Ansicht über die Stellung der beiden Spiegel zu einander gewürdigt wird. Denn ihre Verwandschaft ist im Inhalt und Ordnung so innig und eine dritte vermittelnde Quelle so durch- aus unbekannt, dals wie niemand verkennt das eine Werk bei dem andern zur Hand gewesen sein muls. Ergiebt sich also das höhere Alter des Ssp., so ist damit schon der Hauptbeweis geliefert, dals der Schwbsp. aus ihm den gemeinschaftlichen Stoff entnahm. Die- sem Beweise dienen dann die einzelnen Stellen, in denen diese Be- nutzung besonders in die Augen fällt, nur zur weiteren Stütze. Hier folgen nun in IV Gruppen die Gründe für das höhere Al- ter des Ssp. und seinen Character als Vorbild des süddeutschen Rechtsbuches. I. Die meisten Handschriften des Ssp., unter ihnen die von Zusätzen reinste Quedlinburger, haben eine rhythmische Vorrede, in welcher Eike v. Repkow sich als Verfasser der Arbeit, den Gra- fen Hoyer v. Falkenstein als deren Förderer nennt. (5) Eike kommt von 1209 bis 1233 in Urkunden vor; zuerst als Schöffe der Graf- schaft Wettin, zuletzt als Schöffe eines Gerichts nahe bei Magde- burg; zweimal 1215 u. 1219 zusammen mit jenem Grafen. Hienach ist die ungefähre Zeit der Abfassung in das erste Drittel des 13ten Jahrh. zu setzen. Hr. v. D. nun- bestreitet nicht, dals E. v. R. da- mals gelebt; er erklärt aber die Angabe der Vorrede für eine Fabel. Es gäbe auch sonst Märchen in der Rechtsgeschichte des Mittelal- ters. Weshalb diese Nachricht dahin gehöre, wird nicht gesagt, und damit denn auch eine neue Vertheidigung der Ächtheit un- nöthig. Jene ungefähre Zeit bestimmt man, was den Endpunkt be- trifft, näher durch zwei Thatsachen. Bei der Aufzählung der Fahnlehne im Sachsenlande (III 62) wird des Herzogthums Braun- schweig-Lüneburg nicht gedacht, welches Friedrich II im J. 1235 für Heinrichs des Löwen Enkel Otto gründete. Bei der Angabe fer- ner der Suffraganbischöfe des Erzbischofes von Magdeburg fehlt noch der Bischof von Cammin, welchen erst Gregor IX im J. 1228 dem Erzbischofe untergab. (6) Der Herr Vf. geht auf diese Data nicht ein. (°) Ebd. Ssp. I. 2te Ausg. S. 3. (°) Sachfse in Reyscher und Wilda Ztschr. X. 87. 489 H II. Für die Abfassung im 13ten Jahrh. überhaupt, also doch immer gegen die neue Hypothese spricht 1. dals eine der lateinischen Übersetzungen des Ssp. noch die- sem Jahrh. angehört. Sie findet sich in einem Cracauer Codex v. J. 1308, und in einem Breslauer, angeblich v. J. 1306, aber wohl nur aus einer Handschrift dieses Jahres abgeschrieben. (7) Der Überse- tzer erbittetsich im Eingange die göttliche Hülfe „quatenus ad man- datum dilecti domini Thom e Vratislaviensis episcopi Jus theutuni- cum transferam in latinum”. Es giebt zwei Breslauer Bischöfe die- ses Namens, von 1232 bis 1267 und von 1270 oder 1272 bis 1292. Immer war also schon im 13ten Jahrh. der Ssp. in Schlesien bekannt und geehrt. Ferner erkennt auch der Übersetzer jene rhythmische Vorrede mit den Worten an: „confector huius iuris Eyco vir no- bilis derepecow”, und giebt die Stelle dieser Vorrede: „diz recht ne han ich selve nicht underdacht” so wieder: „non enim hoc ius Saxo- num invenisse vel statuisse sibi vendicat usurpando”. Nennt also das 13te Jahrh., und sei es etwa erst in den letzten Dezennien, als Verf. des Ssp. den E. v. Repkow, der nach Herrn v. D. eigenem Urtheil dem Anfange des 13ten Jahrh. angehört, was dürfen wir denn jene Autorschaft anzweifeln, oder gar die Abfassung in das 1Ate Jahrh. verrücken? Der Vf. übergeht diese in den angezogenen Schriften ausführlich dargelegten Umstände völlig. 2. In dem Stadtarchiv zu Breslau befindet sich nach Gaupp und Stenzel eine Originalurkunde, welche theils eine Mittheilung der Magdeburger Schöffen an Breslau v. J. 1261, theils einige Zu- sätze der Breslauer Schöffen zwischen 1261 und 1283 enthält. Sie giebt, und zwar auch im ersten dieser Stücke, lange Sätze aus dem ; Sachsenpiegel wieder. (8) Nach Hrn. v.D. ist die Urkunde gar nicht von Magdeburg übersandt, sondern zu Breslau um das Jahr 1283 (p- 235 N. 1) geschmiedet, namentlich sind die Siegel der Magde- burger Schöffen und des Herzogs Heinrich von andern ächten Urkunden weggenommen und hier angehängt. Ich überlasse die - Widerlegung billig jenen Breslauer Gelehrten. Vorläufig schenke # (”) Gaupp, Magdeburger R. 188 ff. Homeyer Ssp. II. 1. S.86, 9 Nr. 14, -6Nr.6. Desselben Verzeichnils D. Rechtsb. S. 8. (*) Gaupp a.a. O. 230 ff., 269 ff.; Stenzel Urkundens. f. Schlesien 351 ff., 364, 448 ff. Homeyer Ssp. I. Vorr. XXVII.. { hi E 3 490 ich ihnen, welche die genau beschriebene Urkunde vor Augen hatten, was der Hr. Vf. nicht von sich behauptet, das gröfsere Vertrauen. Hr. v. D. sagt dann weiter (p. 41): immerhin brauche die Urkunde nicht grade aus dem „‚liber saxonicus”, worunter der Vf. stets den sog. Repkowischen Ssp. verstehen will (p. 15), geschöpft zu haben, sondern aus irgend einem ältern besondern Buche, welches dann auch den Schwabensp. benutzt habe. Am Ende des Werkes heilst es jedoch p. 285: ‘,‚Vratislaviensis ta- bula... in ipsa V. civitate a. ut videtur 1283, adhibito saxo- nico libro, conficta est.” Ist hier der ‚liber saxonicus” doch wieder etwas anderes als der Sachsensp., und wie scheidet er sich von ihm? oder ist die ganze frühere Ausführung modifizirt? Jedenfalls halte ich für richtig, dafs die Urkunde, sei sie 1261 oder 1283, in Magdeburg oder in Breslau verfalst, aus dem Ssp. abschrieb. Denn daraus erklärt sich, dals nach Aufzählung der Gradesachen $ 58 in den Worten ‚noch ist manigerhande kleinote, aleine nie benume ich iz sundirliche nicht” sie gleich ' dem Ssp. I. 24 $3 ein für die Schöffen unpassendes „ich” ge- braucht. Auch möge schon hier bemerkt werden, was eine Verglei- chung der einzelnen, den beiden Spiegeln und der Breslauer Urkunde gemeinsamen Stellen ergiebt. Ich gebe die kürzesten Beispiele: Ssp. I. 24 $1: na deme herewede sal dat wif nemen ire morgengave. Bresl. U. $ 58: nach deme herewete sal daz wip nemen in lipgedinge. Schwbsp. (Lafsb. 26): nach deme totlaibe sol div frowe nemen ir morgengabe. Der Ssp. stimmt in dem ,„‚herewede” und dem „wip” mit der Br. U., in der „morgengave” mit dem Schwbsp.; von dem Ssp. gehen die beiden andern Monumente nach verschiedenen Seiten ab. Eben so, wenn der Ssp. I. 25 $ 2 liest: „Monket man aver en kint binnen sinen iaren”; die Br. U. $ 61: „be-f gibit man ein kint binnen sinen iaren; der Schwsp. 27: „mun- chet man ein chint daz under siben iarn ist.” Der Ssp. zeigt sich also als die gemeinsame Quelle, oder wäre doch immer das ver- | 491 E.. Mittelglied zwischen jener Urkunde und dem Schwbsp., was in keiner Weise zu den Annahmen des Vfs. passen würde 3. Das Hamburger Recht von 1270 benutzt häufig den Ssp., wie früher Biener Comment. II. 1. 277 bemerkt, näher der neueste Herausgeber, Lappenberg, LXIII ff. dargelegt hat. Hr. v.D. berührt diesen Punkt nicht. Ein ähnlicher Ausweg, wie der im vorigen Falle versuchte, dals nemlich dieses Stadtrecht die Quelle des Schwbsp., und durch ihn, oder auch unmittelbar die Quelle des Ssp. sein werde, ist hier eben so wenig wie dort gestattet. Folgende Zusammenstellung genüge: Ssp. III. 10 $ 3: Stirft en perd oder en ve, dat man vore bringen sal, die bürge bringe die hut vore unde si ledich. Hamb. R. VI. 25: Sterft perde ofte quik dat geborget is; de man bringe de hud vore unde wese ledich van allen stucken. Schwbsp. (Lafsb. 267 a. E.): Vnd stirbet ein pherit oder ein vihe, daz man fur gerihte bringen sol, der burge ziehe die hut herfur vnde si lidig. Das Hamb. R. weicht hier vom Ssp. in etwa fünf Punkten ab, die auch dem Schwbsp. fremd sind; der Schwbsp. in drei besondern wiederum dem Hamb. R. fremden Punkten; Schwbsp. und Hamb. R. haben nichts gemeinsam, als was auch der Ssp. mit ihnen theilt. Die Sache steht wieder grade so, wie bei 2. Vgl. auch Ssp. 1.228 1 mit Hamb. R. II. 14 u. Schwbsp. 25. Es wäre in der That ein ‚höchst sonderbarer Eklektizismus, wenn der Ssp. bei ganz gleichem Sinne abwechselnd seine Worte bald aus dem Hamb. R., bald aus dem Schwbsp. ge- nommen hätte. 4) Den Heidelberger codex picturatus des Ssp. selber wage ich zwar nicht mit Kopp und den Herausgebern der t. Denk- Diler (Lief.1. 1820 5.72) in das 13te Jahrh. zu setzen (?); dafs | aber das Original, dem der Zeichner dieser, den Ssp. von Art. zu Art. erläuternden Bilder folgte, noch diesem Jahrhundert | angehörte, schliefse ich allerdings mit jenen Forschern daraus, dals das sächsische Wappen in einer nur vor 1266 üblichen Gestalt vorkommt (Kopp 1. 118, 158), dals die in den Bildern (°) Ebd. XXI. 492 vorgezeigten Königsurkunden beständig mit F[riderieus] d. gr. beginnen (T. Denkm. Tafel XIX. Nr. 4, 5, XXIV. 9) und dafs die Kaiserkrone am besten zu der auf den Siegeln Friedrichs des zweiten vorkommenden stimmt. Der Hr. Vf. schweigt hierüber. 5. Man hat wohl gegen die Priorität des Ssp. darauf Ge- wicht gelegt, dals es keine Hds. des Ssp. aus dem 13ten Jahrh. gebe, während doch solche, und zwar ein datirter von 1287, für den Schwbsp. vorkommen ('°). Ich bemerke zuvor, dals von den Hds. des Ssp. auf Pergament, dem gewöhnlichen Stoffe im 13ten und 14ten Jahrh., eine gar grolse Zahl der den Klö- stern und Kirchen angehörigen, bei deren Aufhebung in den protestantischen Ländern als verbraucht anzunehmen ist, wie die noch häufigen Überbleibsel derselben in Umschlägen und Buchbinderstreifen darthun. Günstiger war hierin das Geschick des vorwiegend im Süden Deutschlands verbreiteten Schwbsp., dessen Hds. dort grölstentheils im Verwahr der Stifter gefun- den werden, oder doch daraus neuerdings in die öffentlichen Bibliotheken übergegangen sind. Aber dennoch gehört unter den datirten Hds. des Ssp. doch immer eine dem idten Jahrh. an, die früher Arpische, jetzt verschollene v. J. 1296 (''). Hr. v. D. gedenkt dieses Umstandes, der doch immer das sächs. Weichbild von den Quellen des Ssp. ausschlielsen würde, nicht. Unter den nicht datirten zähle ich aufserdem nach dem Cha- racter der Schrift die Quedlinburger Hds.('”) und noch be- stimmter mit Beistimmung von Schriftkennern ein in meinem Besitze befindliches Fragment dem 13ten Jahrh. zu. Freilich (1°) Ebd. Ssp. II. 1. S. 97. ('!) Der Justizrath Arpe beschrieb sie am 20. Sept. 1737 dem Präsiden- ten v. Westphalen mit dem Anfange: „Hie begynnet dat landrechte de me nomet der spegele der sassen” und dem Schlusse: „expletum feliciter per Jordanum de Bekke, clericum Brem. dioec. auno dni millesimo CCXCV1L.” S. Dreyer Beitr. z. Lit. d. D. Rechts, 146, 147. (12) Vgl. Homeyer Ssp. I. 2te Ausg. Vorr. XXVII. Wenn Nietzsche, Verz. der Hds. in der Allgem. Lit. Z. Dez. 1827, Sp. 708 Nr. 101 sie in das 14te Jahrh. setzt, so liegt wohl nach den von ihm dabei citirten Schriftstellern, und nach seinem hdschr. Verzeichnils, welches sich für das 13te Jahrh. ent-- scheidet, ein Druckfehler vor. 1 493 lassen sich solche Überzeugungen, zumal ohne Vorzeigen der Hdschr., Andern nicht füglich mittheilen. Ich will vornemlich nur dem Argument entgegentreten, es sei ausgemacht, das Hdss. des Ssp. erst aus dem 14ten Jahrh. vorkämen. III. Einen Hauptbeweis für das höhere Alter des Ssp. hat man immer darin gefunden, dafs das norddeutsche Rechtsbuch die Institute in einer früheren Gestalt der Bildung darlegt, als das süddeutsche, dafs es sich von. des letztern beständiger Ein- mischung des römischen und kanonischen Rechtes fast völlig rein hält. Der nähern Belege bin ich überhoben. Der Verf. selber sagt (p. 10) im Allgemeinen von dem Verfahren des Sachsen: „regulis, quae ex canonico vel Romano iure in com- munes meridionalis Germaniae usus introduci nuper coeperant, aut resecalis aut revocalis ad servatam apud Saxones antiquam iuris consuetudinem”, und 154', dafs er alle ihm im Schwbsp. irgend erkennbar gewesene Spuren des Römischen Rechts tilge. Auch im Einzelnen giebt Hr. v. D. zu, dafs der Ssp. die äl- tern Mündigkeitstermine habe (p. 56), dals er sich von den römischen Grundsätzen des Schwbsp. über die Tutel fern halte (p. 59); dafs die Sachsen die alterthümlichere Sitte in der Über- führung der Verbrecher bewahrten (p. 82), und dafs der scri- ptor saxonicus die Carolingische Theilnahme des Umstandes an dem Urtheilsfinden noch schütze (p. 195). Ich hebe als beson- ders bezeichnend noch hervor, dafs der Ssp. die verschiedenen Wergelder und Bulsen der einzelnen Stände als geltendes Recht (III. 45), der Schwbsp. aber als „alte buzze’” aufführt, und am Schlusse sagt: „disu buzze waz hie vor in der alten £.” Dafs nun diese alterthümlichere und reinere Gestalt durch ein „‚resecare” und „‚‚revocare” eines schon auf weiterer Ent- wickelungsstufe stehenden Vorbildes erreicht worden sei, hat mindestens jede Wahrscheinlichkeit wider sich. Und die Ver- setzung des Ssp. in das 14te Jahrh. ist um so wundersamer, als manche seiner Schilderungen, z. B. die der Standesverhält- nisse, selbst für die erste Hälfte des 13. Jahrh. etwas altfrän- kisch erscheinen, so dals man die Abfassung in dieser Zeit nur ‚durch die Annahme erklären mag, Eike habe, wie es in der Vorrede V..259 heilst, an seinem Werke lange gedacht, und 494 als schon bejahrter Mann das von den Taglalren erlernte Recht, V. 152, 153, wiedergegeben. IV. Es fragt sich endlich, worauf der Vergleich des Inhalts beider Blue für sich hinleite. Sehr wohl weils ich, dals es nicht leicht sei, sich hier völlig unbefangen zu halten und von demjenigen ganz und gar abzusehen, was man über das Alter und die Stellung beider Arbeiten sonst schon zu wissen glaubt. Dennoch stehe ich nicht an, als Ergebnifs auch dieser Untersuchung bestimmt auszusprechen, dafs in den ge- meinsamen Lehren der Schwbsp. den Ssp., nicht dieser jenen vor Augen hatte. Ich habe diesen Satz früher (Ssp. II, S. 41- 401) ausführlich in Hinsicht auf den lehnrechtlichen Theil der Spiegel entwickelt. Und da schon die ältesten Formen beider Spiegel das Land- und Lehnrecht als ein eng verbun- denes Ganze zeigen, so gilt die das Lehnrecht treffende Erör- terung auch für das Landrecht mit. Der Hr. Vrf. gedenkt je- ner Ausführung gar nicht. Sie soll hier nicht wiederholt, son- dern nur gelegentlich zur Bestärkung einiger Punkte angezogen werden. Ich gebe nun 4. die Gründe für meine, mit der herr- schenden übereinstimmende Ansicht an, und suche 2., was Hr. v. D. für das Widerspiel vorgebracht hat, zu entkräften. A. R 1. Die meisten der in beiden Büchern vorkommenden Sätze zeigen auf Seiten des Schwbsp. eine grölsere Ausführlichkeit, Breite, Umständlichkeit. Hr. v. D. giebt dies im Ganzen zu: „saxonicus liber ex iuris communis libro conceptus est, ut quam fieri poterat brevissime exhiberet, quae ex ampliori illo opere per Saxoniae partes.... scitu inprimis necessaria Occur- rerent (p. 8. 9.). Auch im Einzelnen spricht er von dem star- ken Zusammenziehen durch den Ssp. (123), klagt über sein nimium brevitatis studium (132) über sein genus dicendi exile, aridum, concisum (160), wie trocken er referire (223) und von den Blüthen des Schwbsp. nur die Stengel sich aneigne (213). Ein sichres Urtheil darüber, ob der Süddeutsche das sächsische Vorbild schmückte, dehnte, entwickelte, oder ob vielmehr der Sachse fortwährend auf ein Aussondern, Kürzen, Zusammen- drängen ausging, kann im Allgemeinen schwer dünken ohne die Kenntnifs der besondern Gaben, Neigungen und Absichten ’ 495 i der beiden Autoren, welche uns fast völlig abgeht. Indessen da die im 13ten Jahrh. eben erst aufkeimende Bemühung um eine umfassende Darstellung des Rechts zunächst auf ein mög- | liehstes Mehren und Ausbilden des Stoffes hingehen mulste, so streitet für den erstern Vorgang wenigstens die Vermuthung. Und diese wird dadurch aufser Zweifel gestellt, dafs es sich um jenes Mehr und Minder nicht etwa nur bei ganzen Sätzen oder doch erheblichen einzelnen Zügen, sondern auch bei unzähligen kleinern nähern Bestimmungen, ja blofsen Floskeln handelt, deren Ausscheidung seitens des Abbreviators eine un- denkliche Mühe und Sorgfalt, ja Kleinlichkeit erfordert haben würde. Für das Lehnrecht habe ich Proben a. a. O. 94 ge- geben. Ssp.I.3$1: „Origenis wies- sagede hir bevoren, dat ses werlde solden wesen, de werlt bi dusent unde in dem seveden solde se iaren upgenomen, togan.”” Nach der Aufzählung des Beginnes dieser Weltpe- rioden heilst esa. E.: „an go- des geborde de seste; in der Aus dem Landrecht möge folgende stehen: Schwbsp. 2: Orienes wissa- git hie vor in den alten ziten, wie sehs welt solten wesen vnd ie div welt bi tvsend iarn abnemen solte, vnd in der si- benden weite so solte div welt gar zergen, und solte der sun- tac chomen..... an goles ge- bort div sehste, vnd ez ist der seveden si we nu sunder ge- sehs welte ie bi tvsent iarn zer- wisse tale. gangen. Nu sin wir in der si- benden welte ane gewisse zal, wan div sehs tusend iar sint gar vz, unde div sibende welt stet als lange als got wil. ‚Sicherlich liegt es viel näher, in dem Schwaben oder Baiern ‚den redseligen Paraphrasten, als in dem Sachsen einen so ge- nmauen kritischen Aussonderer der bier durch Cursiv hervorge- ‚hobenen entbehrlichen Sätze zu sehen. j 2. Der Schwbsp. begründet zuweilen ausführlich seine Abweichung von einer im Ssp. einfach hingestellten Lehre. & a) Bei den Verwandtschaftsgraden rechnet der Ssp. I. 3 83, gleich dem Seligenstädter Konzil a. 1023 ('?), die Geschwi- — - (‘?) Mejer in R. u. W. Zitschr. VIII. 185. + 496 sterkinder zur ersten Sippzahl, nach der alten Vorstellung, dafs die Geschwister selber noch im truncus verbunden seien. Der Schwbsp. dagegen (Art. 3) giebt mit Pabst Alexander II. 1065 ('*) die erste Sippzahl den Geschwistern und fügt hinzu: daz wider stritent ungelerte liute und muz ez doch war sin vor den rehten maistern, und swer och sippe zal anders raiten wil wan als hie stet, der ist verirret. 5) Im Ssp. I. 42 $ 1 heilst es kurz: „over sestich iar is he (der Mann) boven sine dage komen”, ein den germanischen Rechten auch sonst wohl bekanntes Stufenjahr ('?). Der Schwbsp. | läfst sich 54 so vernehmen: Swelche livte iehent, so der man} sehzek iar alt si, so si er ze sinen tagen komen, des ist niht; wir erzivgen daz uz dem salter wol vnd mit der scrift, daz der man ze sinen tagen ist komen, so er ist ahzec iar alt. Ist es in einem wie in dem andern Falle denkbar, dafs der sächsische Autor, der doch sonst wohl andre Meinungen abzu- lehnen weils (I. 22 $ A, III. 42), und der die heilige Schrift respektirt, seine Sätze so dürr und nackt hingestellt hätte, wenn ihm die Ausführung des Schwbsp. vorgelegen? 3) Einzelne Wunderlichkeiten des Schwbsp. erklären sich nur aus einer mangelhaften Auffassung des sächsischen Textes. Die Erörterung über das Lehnrecht a. a. O. S. 95, 96 giebt mehrere Beispiele, von denen eins hier stehn mag. Sächs. Lehnr. 38 $ 3: „Lenes gewere ne mac nieman@ getüch sin ane die vonme herren belent is. Gemener gewere si getüch iewelk unbesculden man an sime rechte”. Der Bear- beiter hat fälschlich erst nach ‚„‚gemener gewere” Halt gemacht, und Cod. Lafsb. 68 liest nun: „Lehens gewer mag nieman ge- zivg han (l. gesin) wan der von dem herren belehent ist gegen einer gewer. Ein iegelich man si gezivg der nut bescholten ist. an sinem rechte.” Und Cod. Ambrus. 29: Lehensgewer.... belehent ist mit gemeiner gewer. Ein iegelich man der u. s.f.('°) ('*) S. Decretum P. II. csa 35. qu. 5. can. 2.89. (5) Kraut Vormundsch. I. 19. Österr. Landr. 10 (8). Lübsch Recht bei Hach S. 227. Art. 125. Zöpfl Bamberger R. 241. Curtius Sächs. Civilr. 859. Leges Norm. bei Ludewig rell. msp. VII. 288. $ 10. Ducange s. v. campio. (1°) Ein Codex in meinem Besitz liest ohne alle Zeichengebung: „Lehens gewer..... belehent ist gemainer gewer ein iglich man sey ze gezewg etc.”; 497 - Ich füge einen kurzen Belag aus dem Landrecht hinzu. Nach Ssp. I. 3,4 $1 mag der Mann seine Grundstücke ohne richterliche Einwilligung vergeben, falls er behält: „‚ene halve huve unde ene word, dar man enen wagen uppe wenden moge.” Die „Wort”, auch jetzt in Niederdeutschland bekannt, ist ein noch mit eingezäunter Platz bei dem Hause. Der Schwbsp. (Lalsb. 39, Wack. 36) läfst, aufser andern Mifsverständnissen, das „unde ene wort”, wohl als ihm nicht geläufig, fort, und so findet sich denn nun das ‚wo man einen Wagen wenden möge” unmittelbar hinter der „‚halben Hufe”, als ob bei einem Raume von 10 bis 20 Morgen solche Bedingung noch einen Sinn hätte ('”). 4. Der Schwbsp. widmet dem Lande Sachsen eine ganz besondere Rücksicht. a) Der Ssp., nachdem er von der Eigenheit des schwäbi- schen Rechts im Erbnehmen und Urtheilschalten gesprochen, resumirt sich 1.19 $2 a. E. dahin: „‚Svevisch recht ne tveiet von sessischeme nicht, wende an erve to nemene unde ordel to scelden.”’ Die Angabe hat hier folgenden Sinn. Innerhalb des Landes zu Sachsen, an der Saale, Bode, Selke, also nahe an Eikes Heimath, gab es einen Gau Suevon, Suavia, Svevia Saxonica mit den sog. Nordschwaben, oder Suevis Transbada- nis, welche nach Widukind „aliis legibus quam Saxones utun- tur.” Dals der Ssp. hier diese Nordschwaben im Auge hat, machen nicht nur jene Umstände glaublich, sondern erhellt auch Jaus seiner Angabe über das Urtheilschelten unter den Schwaben. Der Rechtszug soll nemlich von ihnen an den „‚elderen svaf” | gehen, d. h. nach der sonstigen Bedeutung von altswab, alt- 0 EEE j aber aus der Stellung des „sey” ergiebt sich doch, dafs auch hier das Mils- verständnils waltet. (7) Kopp Bilder u. Schr. S.102 legt viel Gewicht auf eine Entstellung von Ssp. I. 63 im Schwbsp., welcher den buckel „umbo” des Schildes für | den „buckeler” einen gebuckelten Schild genommen hat. Die Stelle findet sich nicht in Lafsb. u. Ambras. (s. Wack. 404), aber allerdings bei Schilter Art. 386 $ 7, dessen Hdschr. noch aus dem 13. Jahrh. stammen soll. Vgl. unten Note 20, 498 thuring, oldsachsen etc. (!°) an die Stammschwaben, von welchen jene Kolonie ausgegangen war. Hier ist also alles in der Ord- nung: zunächst die Angabe des Unterschiedes überhaupt, sodann das Anführen jener beiden vorhin näher erörterten Punkte, end-' lich die Ausdrucksweise, welche das sächsische Recht als das feste, überhaupt darzustellende Recht, das schwäbische aber als das davon abweichende bezeichnet. Der Schwbsp. 17 a. E. hat nun dieselbe zusammenfassende Bemerkung: „Swebisch recht zweiet sich nicht von dem saeh- schen wan an erbe ze nemene vnd an vrtail ze gebenne.” Hier befremdet alles: die Erwähnung des sächsischen Rechts überhaupt (warum nicht auch des fränkischen, des bayrischen); jene besondre Art der Erwähnung, als wenn das sächsische Recht das prinzipale oder bekannte sei; endlich die Angabe zweier Differenzpunkte, die in doppelter Weise nicht palst, einmal weil vorher (in den meisten Hds. auch Lafsb.) nur von dem Urtheilschelten, nicht auch von dem Erbrecht der Schwa- ben die Rede gewesen, sodann, weil ja das schwäbische Recht im Sinne des Schwbsp. bei unendlich mehreren als in jenen beiden Punkten vom sächsischen Recht abwich. 5) Über jene Nordschwaben erzählen die Chronicanten ('?): im J. 568 seien Sachsen mit den Longobarden nach Italien ge- zogen; Frankenkönige hätten das verlassne Gebiet an Aleman- nen gegeben, und diese sich auch siegreich gegen die späte zurückkehrenden alten Bewohner behauptet. Nun lehrt der Ssp. 1.17 8 2, die Schwaben könnten von Weiberseite nicht erben,f denn ihre Weiber seien erblos gemacht worden wegen ihre Vorfahren Missethat, d. h. wohl: den sächsischen Weibern welche sich mit dem eingedrungenen Stamme verbanden, un den Spröfslingen aus solchen Ehen gönnte man kein Erbrech gegen ihre sächsischen (mütterlichen) Verwandten. Wenigsten nennt der folgende Art. I. 18 bei Aufzählung der drei Rechts institute, welche die Sachsen wider Carls d. Gr. Willen behal ten hätten, als das erste: „dat svevische recht dur der wiv ('3) Beda V. c. 11 antiqui Saxones. Kopp B. u. Schr. I. 135; Mone An zeiger 1835 Sp. 390. (19) Vgl. die bei v. Sydow Erbrecht des Ssp. 27 gesammelten Stellen. 4 499 hat” (in odium feminarum). Einige Hds. des Schwbsp. nun, u. a. die Kraftsche aus der Gränze des 13ten und 14ten Jahrh. (°) geben (Art. 381) unter „‚Von sahsen recht” zunächst denselben Eingang: „Drier hande recht behilden die sahsen” etc. Dann folgt: „‚daz suuaebische reht durch die uuiphait.” Das nie- dersächsische ,„‚wive hat” (Weiberhals) ist also gänzlich mils- verstanden. Und das dritte Institut (Entscheidung über ein ‚gescholtnes Urtheil durch Kampf) wird trotz jener Überschrift ‚und des Einganges auf die Schwaben bezogen. Dann folgt noch ‚eine Angabe über das schwäbische Erbrecht, wie im Ssp. I. 19. Die Verkehrung des sächsischen Vorbildes erscheint in die- sem Art. 381 zweifellos. Läfst man ihn als ächt gelten, so trifft der Fehler den Schwbsp. überhaupt; betrachtet man ihn als einen später mit Benutzung des Ssp. eingeschobenen, so wird, wie zu a) bemerkt, die Aufführung zweier abweichender Punkte beziehungslos, und jedenfalls ergiebt sich, dafs der Ssp., der erst im Anf. des 14ten Jahrh. aus dem Schwbsp. geschöpft sein soll, schon um jene Zeit oder früher einigen Hdss. des- selben vor Augen lag. c) Der Ssp. sagt III. 53 $ 1 in seinem „‚ariden” Styl: jedes deutsche Land hat seinen Pfalzgrafen, ‚‚sassen, beiern, vranken unde svaven” (oder nach einigen Hdss. ‚„svaven u. vranken”). Im Schwbsp. 120 heilst es voller: „Sahsen hant einen vnde peigeren hant einen, Swaben hant einen, vranken hant einen.” Also, wiewohl der Schwbsp. (32) gedachtermalsen sonst die Schwaben und ihren Herzog als vom Kaiser bevorrechtet her- |vorhebt, stellt er doch gleich dem Ssp. das Sachsenland voran. (Endlich zählt Bl ih ns landes, im $ 2 die sieben Fahnlehne daselbst, im $ 3 dessen Übeide Erzbisthümer und funfzehn Bisthümer auf, und theilt die letztern ihren zum Theil aufserhalb Sachsens sitzenden Metro- Jpolitanen zu; u. a. dem Erzbischofe von Magdeburg die Bi- schöfe von Naumburg, Merseburg, Meilsen, Brandenburg und Be — (2°) Sie ist von Scherz bei der Ausgabe in Schilter Thes. Ant. II. zum Grunde gelegt; vgl. p. IV. der praefatio und Verz. der Hds. bei Lafsberg 78. XLI. Nr. 40. i - a) der Ssp. II. 62 im $ 1 die fünf Pfalzen des Sachsen- 500 Havelberg; dem Erzbischofe v. Mainz die vier „underdanen” von Halberstadt, Hildesheim, Verden und Paderborn. Der Schwbsp. giebt (136) dieselbe Aufzählung der sächsischen Pfal- zen, Fahnlehne, Erzbisthümer u. s. w.; nur tritt bei Magdeburg noch das erst 1228 ihm untergebene Cammin hinzu. (*) In dem folgenden Art. 137 .heilst es noch: ,‚er (der kunc) sol och sinen hof gebieten ze frankenfurt vnd ze nurenberg vnd ze vlme vnd in ander stete die des riches sint.” Wie soll man dieses specielle und so ausschlielsliche Ein- gehn auf die sächsischen Zustände, — denn von keinem son- stigen Bisthum oder Fahnlehn ist die Rede — anders sich er- klären, als aus dem Vorliegen des sächsischen Rechtsbuches! Der Hr. Vf., der den sonst unter 4. hervorgehobenen Punkten keine Beachtung schenkt, läfst sich doch auf diesen sub «) fol- gendermafsen ein (p. 266‘). Nachdem einmal die sächsischen Städte erwähnt worden, habe ein Leser des Schwbsp. demselben memoriae causa einige andre Notizen über Sachsen, wohl aus einer alten Weltbeschreibung zugefügt, weil diese in Süddeutsch- land nur wenigen bekannt gewesen. Dagegen habe der Ssp. bei Aufnahme dieser Notizen die, doch ganz unentbehrliche, Angabe über die K. Höfe zu Frankfurt, Nürnberg, Ulm weggelassen. Bei welcher Erklärung doch u. a. befremdet, wie denn der Schwbsp. überhaupt zu jenem ersten Schritt, der Aufführung der sächsischen und zwar aller Königshofstätten kommt, da er doch erst hinterher, und nicht in unmittelbarem Zusammen- hange damit, nur einige der süddeutschen namhaft macht; und ferner, wie die Notiz eines spätern Lesers in sämmtliche Hdss., auch in die ältesten und reinsten, welche, gleich der Lalsb. von 1287, der Zeit der Abfassung des Schwbsp. sehr nahe treten, gelangt sein soll. B. Hr. v. D. bringt nun seinerseits eine Reihe von Stellen vor, in denen der Ssp. den Schwsp. verändert, verkürzt, einige (2!) Dennoch spricht der Eingang auch von funfzehn Bisthümern, in- dem bei Mainz das Bisthum Verden weggelassen wird. Bemerkenswerth ist dabei, dafs einige Hds. (Wack. p. 111 N. 34), auch die Lafsb. gleich dem Ssp. anfangen: „der bischof von maginze hat vier under imin demlande ze sahsen”, und doch nur Halberstadt, Hildesheim und Paderborn aufführen. Be 57 = 501 Male auch vermehrt habe. Diese Behandlungsweise erscheint ihm zugleich, nicht blofs in dem einen oder dem andern Falle, sondern durchgängig tadelnswerth. Die Veränderung ist eine depravatio, eine perversa emendalio, die Abkürzung eine muii- Zatio, das Zusammenziehen geschieht pessime, bei der Vermeh- rung heilst es: pleno sacco effudit, quae sibi in promptu erant. Und der Unwille über solch Verfahren macht sich häufig in den härtesten Vorwürfen Luft: Der Sachse ist insulsus, stul- tissimus, absurdissimus, judieii ormnis expers, voller ineptia, mehr als imperitissimus; turpiter, foedissirme labitur; er schreibt pro more obdormiscens oder somniatus und hat sein Werk mit nu- gis erfüllt; sein Zusus ingeni und pruritus emendandi ist infeli- cissimus; @S giebt nihil futilius, insipidius, insanius als sein Ge- bahren; ja er ist als p/agiator zu betrachten. Darum erstaunt auch der Vf. (132') über die ,„‚superstitio virorum nostrae aeta- tis eruditorum, qui ex tam inquinatis fonlibus (dem Ssp. und seine Glosse) praecipue veram antiqui patrii juris notitiam de- ducere se posse confidunt”. Ich fürchte, dafs diese fortge- hende Entrüstung den Blick des Hrn. Vf. nicht selten getrübt hat. An und für sich steht doch Unwissenheit und Schlech- tigkeit des sächsichen Autors mit der Frage nach der Ori- ginalität in keiner nothwendigen Verbindung. Warum soll denn das Beibehalten ein Plagiat, warum jede Änderung, be- sonders ‚ad servandam antiqui juris consuetudinem” eine Ver- unstaltung heilsen, und andrerseits, warum könnte nicht die Darstellung, ihrer Elendigkeit ungeachtet, immer die ältere sein? Dennoch gehe ich auch auf diese Vorwürfe ein. Mag der Ssp. geschrieben sein, wann er wolle, ohne oder mit Benutzung des Schwbsp., so ist ihm zweifellos ein Beifall son- der Gleichen gefolgt. Er erhielt zwei ganz selbständige la- teinische weit verbreitete Übersetzungen, ferner eine durch- gehende Erläuterung in Bildern. Er galt schon bald im 14ten Jahrh. als ein Privilegium Carls des Gr. für die Sachsen, wel: ches Eike v. R. nur bearbeitet habe. () Gegen 1340 empfing er eine ausführliche mehrmals erweiterte Glosse, dann eine Bearbeitung für den Rechtsgang in den Richtsteigen, für den (22) Urk. für Jerichow v. J. 1336, Ludewig rell. msp. VII. 30. gr 502 städtischen Gebrauch in den Distinctionen. Er wird nach der einen Seite hin dem Ritterrecht in Liefland, nach der andern einem Niederländischen Rechtsbuche (dem holländischen Ssp.), dazwischen dem Breslauer Landrechte zum Grunde gelegt. Im J. 1374 giebt sein Widersacher, Pabst Gregor XI. ihm doch das Zeugnils: „in Saxonia et nonnullis aliis partibus quaedam detestabilia scripta, Speculum Saxonum vulgariter appellata, apud nobiles et plebejos reperiuntur, quae judices et incolae a longe retro temporibus observarunt et observant de praesenti.” (°) Noch im J. 1498 wird vor dem Reichstage ‚bezeugt, dals sich des Ssp. beinahe ein Drittel der deutschen Nation bediene. (*) Von der Erfindung des Druckes an bis in den Anfang den 17ten Jahrh. forderte das praktische Be- dürfnifs über 40 reich ausgestattete Ausgaben; denn auch nach vollendetem Siege des römischen Rechts bewahrten zahlreiche Territorien und Städte für sich die Gültigkeit des einheimi- schen Rechtsbuches. Auf seiner Grundlage endlich hat sich das sog. gemeine Sachsenrecht gebildet, welches einen grolsen Theil des deutschen Nordens beherrscht, oder doch für die Preufsischen Länder bis zum Erlals des Allg. Preufs. Land- rechts beherrschte. Ist und war demnach der Ssp. bis tief in das Mittelalter hinein eine Hauptquelle des heimischen Rechtes, so hängt es ja nicht von dem Belieben der heutigen Juristen ab, ob sie die Kunde und zwar auch des ältern Zustandes daraus schö- pfen wollen oder nicht. Die Schuld träfe unsre barbarischen, einem kümmerlichen Machwerke blind sich hingebenden Vor- fahren. Indessen, wer sträubt sich nicht möglichst gegen das Gefühl, aus unreinen Quellen schöpfen zu müssen, entstellte Gebilde einflufsreich zu sehn. Man forscht doch lieber in einem verständigen als in einem insulsissimus autor. Wenn ich da- (2°) Paflst wohl diese Schilderung auf ein Rechisbuch, welches nur vor etwa 60 Jahren von einem Privatmann geschrieben wäre, und das doch einer gewissen Zeit bedurfte, um in dem geschilderten Grade bekannt und ein- flufsreich zu werden. Vgl. auch die Notiz in der Oldenburger Hdschr. des’ Ssp. v. 1330, u. a bei Kraut Grundr. $ 26 Nr. 40. (2*) v. Harpprecht Staatsarchiv S. 341 $63, S. 126 $ 154. (Kraut Grund- rils $ 26 Nr. 37.) 503 her den einzelnen Hauptargumenten des Hrn. v. D., nament- lich denen folge, welche die Schluflsexposition 283 ff. als prä- gnante besonders hervorhebt, so will ich auch andre Stellen nicht übergehen, in welchen die Armseligkeit des Sachsen so recht zu Tage kommen soll. Besondrer Beachtung empfehle ich etwa die Nr. 2, 3, 10, 11, 12, 14, 16, 24, 26, 28. 1. Die Verpflichtungen eines Schuldners treffen nach alt- deutschem Recht in sehr beschränktem Maalse den Erben. Zu- dem ist bei ihm die sonstige alte Beweisregel nicht anwendbar, dals ein um Schuld beklagter entweder bekennen und zahlen, oder leugnen und dann die Nichtschuld beschwören muls, weil ja der Erbe gar nicht um die Schuld zu wissen braucht. Daher giebt der Ssp. I. 6 $ 2 für diesen Fall ausnahmsweise dem Klä- ger das Beweisrecht, aber mit solcher Erschwerung, dals es fast illusorisch wird. Der Erbe wird nur verurtheilt, falls er der Schuld geinnert d. h. überführt wird, „als recht is mit tven u. seventich mannen”, eine auch im ältern Recht für gewisse sel- tene Fälle als ‚‚tiefster Eid” vorkommende Zahl von Helfern. (2°) Das spätere Recht, wenn auch noch zuweilen den Satz wieder- holend, mildert doch meist jenes Erfordernils (2°); nach der Glosse zum Ssp. ist „‚der eit hute komen uff sebin unbesprochene manne.” So fordert auch der Schwbsp. (7) nur, dafs der Kl. die Schuld bezeuge „selbe sibende” oder nach Umständen „selbe dritte.” Hr. v. D. (33, 284) findet nun, der Ssp. sei „‚apertissime corruptus’’; das „alse recht is” stehe so ganz überflüssig; man müsse lesen: „alse recht is mit zween oder selbe seven (sic) _ mannen” (wo dann das „als recht is” dem Richter das Nähere nach den Umständen überlasse) und dies sei dann aus dem Schwbsp. genommen. Ich kann nur entgegnen, dals die vorge- schlagne Lesart nirgends in über 50 verglichenen Hdss. vorkommt, dals sie eben so wenig alt- als neudeutsch ist, und dafs die anstö- fsige Phrase, oder „‚secunduin jus” unzähligemale beigefügt wird, auch wo der Satz schon für sich die gehörige Bestimmtheit hat. (2) L. Rip. XI. 2 etc., Annal. Fuld. ad a. 899, Monum. I. 414. Phillips Engl. Rg. II. 311, Augsb. Stat. 70, bei Freiberg S. 62. Mit 76: Leobschützer BR, bei Böhme II. 25. Mit 80: ]. Alam. Merkel 37. 4, 72, 16. (2°) v. Sydow Erbr. N. 1053, Planck in R. u. W. Ztschr. X. 314. 504 2) Nach altdeutschem Recht sollen alte schwächliche Leute ihr Vermögen nicht beliebig lassen und leihen, weil die Ent- äufserung nur ihren Erben, nicht mehr ihnen selber ein Opfer brächte (vgl. Gl. zu Ssp. I. 52). Daher macht es die Fortdauer der Verfügungsfähigkeit von mancherlei Kraft- und Gesundheits- proben abhängig (*°“). Der Mann ist dazu berechtigt, so lange er noch ohne Stab und Stecken gehn mag, oder ,„quamdiu ire vel equitare potest.” So ist auch nach dem Ssp. 1.52 8 2 der Ritterbürtige noch dazu fähig ‚al de wile he sik so vermach”, dafs er ohne Hülfe mit Schwert und Schild auf ein Rofs kommen mag von einem Stocke oder Steine, einer Daumellen hoch. Der Schwbsp. 52 giebt unter der Aufschrift „wie lange ein man halten u. lazen sol mit seime gute” („wie lange ein man hus- ere haben sol” Wack. 45), und mit dem Eingange „alle di ’ wesent- wile sich der man mit eime swerte begurten mac etc.’ lich dasselbe und fügt nur hinzu: ‚„‚die wile er mit disin dingen ein mile mac geriten, die wile mac er halten u. lazen als ob er 14 (al. 40) iar alt si.” Eines solchen ‚wie lange”, eines „alle di wile”, d. i. dum, quamdiu, und so vieler Parallesstellen ungeachtet, ja trotz der Bestimmung der |. Baiuv. II. 10. 1 für die Dauer der Regierungsfähigkeit des Herzogs ‚„‚dum adhuc potest equum viriliter ascendere”, glaubt Hr. v. D.: nach dem Schwbsp. habe ein Jüngling durch diese Proben zu zeigen, dals er schon kräftig genug sei, und jener Stamm oder Stein werde ihm „ob corporis nondum adulti brevitatem” gegönnt. Von dem Ssp. heifst es daher: „‚quam potest infelicissime seni- bus applicavit locum et stulte versatus est in convertendo sensu.” Und die exposilio 285 hebt von neuem den „‚insignis lapsus in loco de senis valetudine” hervor! 3) Nach Ssp. I. 60 $ 2 darf niemand in gewissen Gerichten sich weigern, vom Richter zum Vorsprecher einer Partei sich bestellen zu lassen ‚‚ane uppe (ausgenommen gegen) sinen mach i .... herren.... oder man, falls die Sache an dessen Leib und Leben oder Recht (Ehre) geht. Die weitere Folge, dals man (262) Kraut Grundr. $ 185 N. 30 ff, Grimm R. A. 95 ff, Lalsberg S. 27. N. 32, Reyscher Beitr. z. Kunde des D. R. 53, Freiburger R. v. 1316 in Dreyers Beitr. S. 73. ö 505 in weniger schweren Fällen das Sprechen auch gegen so nahe verbundene übernehmen müsse, befremdet nicht; denn die Treu- pflicht gegen die Verwandten u. s. w. ist keine so unbedingte, dals sie nicht gegen Gebote des Königs, des Richters und manche andre persönliche Pflichten zurückstände. (2) Der Schwbsp. 93 a. E. hat dasselbe Prinzip, nur gebraucht er statt uppe die hier gleichbedeutende Präposition uber, (*) und dann nennt er unter den Verwandten auch noch die ‚Frau (°”) und die Kinder; m. E. unbedachterweise, da der Ehemann und Vater, als der rechte Vertreter seiner Frau und Kinder vor Gericht, gar nicht in die Lage kommen kann, für ihre Gegner zu sprechen. Hr. v. D. nimmt nun billig Anstofs, dafs jemand sogar gegen seine pu- pilla (Übersetzung für iuncvrouwe?) in nicht peinlichen Fällen solle auftreten müssen. Er bringt für den Schwbsp. — das wie ist mir bei dem „ane vbir” ein völliges Räthsel — den Sinn heraus, dals man für seine Angehörige in schweren Fällen auftreten müsse. Den Ssp. aber, der doch nicht einmal von einer pupilla spricht, trifft (76') der Vorwurf des „foedissimus lapsus”, des „pessime reddere.” 4. In einer längern Abhdl. (92 — 100) über den Zwei- kampf beim Urtheilschelten verwirft der Hr. Vf. die Meinung, dals der Ssp. 1.18 83, II. 12 $8 ein und zwar siebenfaches Duell im Sinne habe. Ich glaube mit Unrecht, doch mag dies hier auf sich beruhen. Wie stimmt aber mit der Überzeugung: „ipsum Saxonici libri autorem de conserendo septuplici iudicia- rio certamine cogitare nequaquam potuisse” (p. 92) der Tadel - in der expositio 285 XXIV: ex errore nata esse, quae in Sax. leguntur de septupliei iudiciaria pugna etc.? 3. P. 106° bezieht der Vf, was der Ssp. IH. 77 (Quedl. 4162) von der Stellung der Erben eines locator gegen den con- ductor sagt, ohne weiteres auch auf die Stellung der Erben des conductor, von denen im Artikel nicht die Rede ist, und (27) Ssp. III. 68, Schwbsp. 151 ff., vgl. II. F. 33 8 5. (28) Vgl. die Übersetzungen von Scherz (Art. 75) und v. d. Lahr (A. 88). „Über” stammt ja von „auf”, s. Grimm Gr. III. 259. (29) Die meisten Hds. haben „ane vbir sine husvrowen”, Wack. 76 N. 54; Lafsb. mit einigen andern „ane vber sinsiuncfrowen”, was hier doch wohl dasselbe bedeuten soll. 506 fügt dann hinzu: suspicor, ut saepissime alias, ita hoc quoque loco subesse Sax. scriptoris ineptiam. 6. Die Interpunktion, die der Vf. 110' für II. 81 81 (Qu. 165) vorschlägt, ist richtig, und auch so in meiner Ausg. des Lehnrechts I. 642 a. 1842 angegeben. Ein Widerspruch aber zwischen dieser Stelle, welche das erblose Gut nach des- sen Gröfse verschiedenen Richtern zuspricht, und I 28, welcher es dem Richter überhaupt zuwendet, ist unerfindlich, da I. 28 den Richter eben noch unbestimmt läfst. 7. Der Ssp. will II. 28 $ 3 den Nachtdiebstahl von Holz und gehauenem Graus mit dem Galgen, den Tagdiebstahl zu Haut und Haar gestraft wissen. Dagegen heifst es II. 39 81 (Qu. 82): wer des Nachts Korn stehle, verschulde den Galgen, wer des Tages, dem gehe es an den Hals, d. i., sagt die Glosse, man schlägt ihm den Kopf ab, was eine geringere Strafe sei. Der Schwbsp. hat für den Tagesdiebstahl an Korn, je nach dem Werth und der Wiederholung der That, verschiedene Stra- fen vom Verlust des Daumens bis zu dem beider Hände. Der Hr. Vf. klagt nun 132" zunächst über die verstümmelnde Kürze des Ssp., dann über die stupiditas der Schreiber, welche Hals statt Hand geschrieben, über die stoliditas der Glosse, welche noch solchen inepten Grund beibringe, und schliefst mit jenem Erstaunen über die superstitio der neuern Germanisten. Die Bestimmung II. 39 ist andern und mir immer aufge- fallen. (°°%) Da indessen keine einzige Hdschr. ‚‚hand’” liest, auch dem Glossator ,„‚hals” vorlag, so halte ich mich nicht für befugt den Text zu ändern, sondern glaube in der That, dafs man den Korndieb besonders hart ansah, finde auch den Unter- schied zwischen Strang und Enthauptung nicht so ganz uner- heblich. Hat ihn doch das deutsche Recht noch Jahrhunderte lang bewahrt. Endlich, wenn man auch „hand” lesen wollte, wäre es ja immer das unwahrscheinlichere, dals die mannigfach abstufende Bestimmung des Schwbsp. der einfachen des Ssp. zum Vorbilde gedient habe. (°°) Vgl. Cropp in den krim. Beiträgen II. 11, Haeberlin jur. crim. ex spec. Sax. etc. p. 50. # 507 8. Ssp. II. 68 (Qu. 106) und Schwbsp. 202 gedenken ge- meinschaftlich eines auch durch frühere Reichsgesetze (°') be- stätigten Gebrauches, wonach der Reisende, dem sein Pferd erliegen will, ihm so viel Korn schneiden und sofort geben darf, als er mit einem Fulse im Wege bleibend abreichen mag. Aulserdem bestimmt der Ssp. allein II. 39 $ 2 (Qu. 82), nach jener Vorschrift über den Korndiebstahl, dafs ein Reisender, welcher Korn auf dem Lande selbst verzehrt, ohne es weiter zu führen, mit dem blofsen Ersatze abkomme. Hr. v. D. will nun durchaus (133), dals der Ssp. den Schwbsp. zweimal be- nutzt, einmal in absurder Weise II. 39, sodann richtig I. 68, aber im Widerspruche mit II. 39. Indessen wäre doch eine zwielache Benutzung derselben Quelle so kurz hintereinander und in verschiedener Weise ungemein auffallend. Soll auch ich vermuthen, so hat der Ssp. den ersten Satz aus dem Herkom- men, den zweiten 11.68 aber aus der Treuga Henrici (°?), die ihn bestimmter falst, entnommen, während der Schwbsp. pas- senderweise die heiden im Ssp. vorgefundenen verwandten Sätze zusammenzog und dann nach seiner Art weiter ausschmückte. 9. Den Vorwurf eines infelicissimi lapsus des Ssp. in II. 4284 (Qu. 85) glaube ich einfach durch Verweisung auf mein Lehnrecht II. 565 und auf Planck in Reyscher etc. Zeitschr. X. 285 ablehnen zu können. 10. Ssp. II. 58 $ 1 (Qu. 96) spricht einen bekannten Grund- satz des deutschen Rechts in folgender Anwendung aus: stirbt der Lehnsmann ohne Lehnserben, fällt somit das Lehn an den Herrn zurück, so nimmt doch der Landerbe das „‚gut”, welches (°') Juram. pacis a. 1085, Const. a. 1156 $19, Treuga Henrici $ 7. (Mo- num. Legg. II. 59, 103, 267). Grimm RA. 400, Wilda Pfändungsrecht, in R. u. W. Ztschr. I. 278. (°2) Legg. II. 267. Vgl. über dieses undatirte Reichsgesetz, für welches Pertz d. J. 1230 vermuthet, und dessen Benutzung durch den Ssp., meinen Ssp. II. 28.21 u. Die dort erwähnten, durch eine Preisaufgabe der Berli- ner Juristenfacultät 1841 veranlafsten Untersuchungen sind nicht veröffent- licht worden, da der Vf. der gekrönten Schrift, Cand. jur. Funke, bald nach- her verstarb. Er hatte den Erlals der treuga um das J. 1224 sehr wahrschein- lich gemacht. Eike v. R. hätte also dieselbe etwa kurz vor dem Abschlufs seiner Arbeit benutzt. 908 der Verstorbene in dem Lehne schon verdient, d. h. den Er- trag, für welchen er schon die meisten Arbeiten und Kosten aufgewendet hatte. Der Schwbsp. 217 stimmt dem bei, be- zeichnet jedoch den Landerben mit ,„swer sin (daz) güt danne erbe’”’ und giebt das ,„‚sin verdenede gut in deme lene’” wieder mit „den nutz der sich hat ergangen” (Wack. 181). Dals ‚‚er- gangen” für „‚verdient” stehe, ergiebt das folgende: nu verne- met. wenne ez sich ergangen habe. an sant walpurg tage ist verdienet etc.” Unglücklicherweise lesen mehrere Hdss., auch die Lafsberger: ‚der sich nut hat ergangen.” Statt nun von diesem Texte, den doch der Vf. als einen zuweilen sehr ver- derbten anerkennt (p. 146, 147, 224, 226) abzugehn, sucht er in ihn einigen Sinn dadurch zu bringen, dals er unter dem Erben denjenigen versteht, welchem das Grundstück als erledigt heimfällt. Das möchte bei Annahme jener Lesart noch hingehn. Aber ich weils nicht zu erklären, warum die „‚versio” des Sachsen eine solche sei „qua scribi nihil poterat insipidius”, und wie im Widerspruch gegen dessen, bis heute im gemeinen Sachsenrecht anerkannten Satz (?’) gesagt werden kann: „ad fru- ctuarii heredes futuri temporis nec naturales nee civiles fructus” (worunter doch wohl sämmtliche künftig zu ziehende Früchte gemeint sind) „perlinere, nemini unguam dubium fuit.” 11. Der Ssp. giebt weiter IL.58 $ 2 die Zeit des Ver- dientseins an; 1) für die verschiedenen Arten von Zehnten; u.a. für den Wein- und Obstgartenzehnten den St. Ur- banstag, d. i. den 25. Mai alten Styls; 2) für die Ackerfrüchte; 8) für Geldgefälle, mit denen der Vasall beliehen war, sei es aus Mühlen, Zöllen, Münzen, Weingärten. Der $3 sagt noch, dafs die Früchte von Wein- und andern Gärten dem zufallen, welcher bis zum Urbanstage sie „‚bekosteget”, die Kosten für sie bestritten hat. Der Schwbsp. 217 hält ad 1) den „Wein” erst zu St. Gallen, bei der Weinlese, für ver- dient, setzt ad 3) statt Weingärten ‚und anderen dingen”, und kennt den, im Ssp. erst später zugesetzten $ 3 nicht. Hr. v. D. hebt nun in dem Summarium, 286 XXXVIII, besonders hervor, dafs der sächsische Verf. cerevisiae quam vino (°°) Vgl. z. B. Heimbach Partikularrecht $ 183. A ’ 509 adsuetior war und schliefst, dafs er an Weingärten nicht ge- dacht haben würde, ohne den Schwbsp. vor Augen zu haben; dabei setze er aber „‚infelicissimo studio emendandi’” den Tag S. Urbans als Patrons der Weingärtner statt der Zeit der Wein- lese, und stelle „„haud minus turpiter lapsus” die Gefälle von Weingärten mit jenen andern zusammen, 143. Es ist dem Hrn. Vf. also wohl unbekannt geblieben, dafs der Weinbau zwischen Elbe und Saale, ja auch zwischen Elbe und Oder schon im 12ten und 13ten Jahrh. in ausgedehntem und selbst grölserm Maafse als jetzt getrieben wurde. In der Mark kom- men 1184 Zehnten von Weinbergen vor; gleichzeitig gab es Weinbau bei Naumburg, Bitterfeld, Zeiz, Meilsen und bei Wet- tin, wo Eike v. R. 1209 als Schöffe genannt wird.(°*) Damit fällt das ganze Argument, die Unbekanntschaft mit Weingärten, zu Boden. Dieser treten auch jene andern Erwähnungen der Weingärten im Ssp., welche der Schwbsp. nicht hat, entgegen. Die persönliche Gewöhnung des sächsischen Verf., die ich übri- gens nicht kenne, ist dabei gleichgültig. Es kommt ferner nicht auf die Zeit der Lese selber, sondern auf die Zeit an, da man die Lese verdient hat, wie noch insbesondere die Zusammen- stellung der Weingärten mit andern Gärten zeigt, deren Früchte doch gleichfalls nicht Anfangs Juni reifen. (°’) Was kann end- lich in der Zusammenstellung ad 3) ungehöriges liegen, da ja nicht für alle jene Gelder auf denselben Tag, sondern für jedes auf den besondern Tag „die to geldene bescheiden is” hinge- wiesen wird. (°*) Gercken Stiftshistorie von Brandenburg S. 378. Tittmann, Heinrich der Erlauchte II. 55 ff. (°°) Daher hat denn auch die sächsische Praxis daran festgehalten, den Urbanstag, d. i. den 6. Juni neuen Styls, als den Entscheidungstag für das Verdienen des Weinzehntens und des Weingartens selbst zu betrachten. Vgl. Heimbach Part. R. $ 183° und die Stellen in Emminghaus Pand. des gem. sächs. R. 1851 S. 748. Daraus erklärt sich auch die sonst seltsam klingende Parömie bei Eisenhart D. Sprichw. S. 64: Du heifst Urben, so bist du weder gerathen noch verdurben. D.i. von Wein und Obst ist am Urbanstage, da sie als verdient ins Allode fallen, noch gar nicht zu bestim- men, wie die Lese ausfallen werde. 510 12. Ssp. II. 61 $ 4 (Qu. 100) bestätigt das Recht des Ja- genden, (#°<) ein Wild in fremde Jagdreviere unter gewissen Umständen und Bedingungen zu verfolgen, auch gegen die kö- niglichen Bannforste, jedoch „so dat he nicht blase noch die hunde nicht ne grute”, und sagt namentlich, dafs er nicht misse- thut, „of he san dat wilt veit.” Hr. v. D. findet, hiemit sei der Schwbsp. apertissime corrumpirt, als welcher beim Fangen den Jagenden mit Recht für schuldig erkläre, „quo enim jure caperet venator feras, ubi regia tantum venatio est”? Ich darf antworten, nach dem uralten und allgemeinen Jagdrecht, welches von der lex Rotharis c. 319 an bis zum Allg. Preufs. Landr. I. 9 8$ 130 dem Jagenden die sog. Wildfolge einräumt. Auch der Schwbsp., wiewohl nach seiner Weise unter einer Menge näherer Bestimmungen, erkennt es an. Hr. v. D. mils- versteht nur dessen Worte: „feiget aber er oder hetzet er die hunde an daz wilt oder blaset er sin horn, so ist er der buzze schuldig (Lafsb. 236)” Feigen kann nicht „fangen” bedeuten, denn das Objekt sind ja die Hunde, nicht das Wild, sondern ist so viel wie grüzzen im Ssp. und in dem vorher- gehenden Satze des Schwbsp. selbst: ‚‚er sol sin horn nut bla- sen noch die hunde gruzzen”, d. h. die Hunde anfahren oder anschreien.(?°) Die meisten Hdss., Wack. 197, lesen auch „schreyen.” 13. Der Ssp. will II. 62 83 (Qu. 101): wer aufser den Bannforsten Thiere haben will, soll sie in seinen „beworchten weren” d. i. in eingefriedigten Räumen haben. Ein Beweis, sagt der Hr. Vf, 151°, ‚„‚quam negligenter omnino in scribendo Saxonicus epitomator versatus sit”, als welcher bier von ge- schlossenen Privatwaldungen spreche, und doch eben, II. 61, gelehrt habe, es gebe in Sachsen nur drei geschlossene Wal- dungen und zwar königliche, was überdem ganz falsch sei. Es scheint der Begriff eines Bannforstes, als einer besonders (35@) Vgl. Stieglitz Eigenthumsrecht an Wald etc. 185 ff. (36) Scherz Glossar giebt „vaigen” mit „timore percellere”, Schmeller Bair. Wb. I. 515 „fegen” mit „zanken”. Beides palst ganz wohl für ein heftig gebietendes Anrufen der Hunde. 511 durch den Königsbann, oder die Strafe von 60 Schill. geschütz- ten Waldung (Ssp. II. 61 $ 2) übersehen worden zu sein. 14. Die 1.185 D. de postulando erzählt von dem Edikte, welches Frauenzimmern verbietet, für andre vor Gericht aufzu- treten: origo introducta est a Carfania improbissima femina, (quae inverecunde postulans et magistratum inquietans causam dedit edicto. Der Ssp., der kaum anders als hier eine, auch wohl nur vermittelte Kunde des römischen Rechtes zeigt, be- ruft sich II. 63 $ 1 (Qu. 102) für den auch ächtdeutschen Grund- satz auf jenen Vorfall mit den gleich unbestimmten oder um- hüllenden Worten „dat verlos in (d. i. ihnen, den Weibern) allen calefurnia, die vor deme rike missebarde vor torne”, da sie ihren Willen im Vorsprechen nicht durchsetzen konnte. Der Schwbsp. 245 malt diese Begebenheit in höchst unanstän- diger Weise aus. Hr. v. D. 152 giebt nun zwar zu, der plagiator drücke sich hier mälsiger aus, aber man erkenne doch, dafs er dem Vorgange ‚„‚nativum colorem’” genommen habe, und dafs er, sonst so beflissen, das R. R., wo es sich im Schwbsp. finde, zu tilgen, nur Dinge beibehalte, ‚‚quae ob ipsius rei fatuitatem epitomalori in deliciis erant.”” Auch verdrehe er die ‚„Kaefurna” des Schwbsp. in „„‚Kalefurnia.” Ich sollte denken, dafs eben die züchtige Färbung des römischen Autors, welche der Ssp. beibe- hält, hier die natürliche bilde. Die Lesart Calefurnia aber haben auch Hdss. des Schwbsp. (Wack. 203”), ja der Pandekten selber. 15. Nach Ssp. III. 1 $ 1 (Qu. 109) soll man wegen einer Nothzucht: ,‚al levende dinc dat in der notnumfte was” ent- haupten. (262) Der Schwbsp. 254 malt weiter aus: den Leuten soll man das Haupt abschlagen; man soll alles tödten, was in dem Hause ist, Rinder, Rosse, Katzen, Hunde, Hüner, -Gänse, Enten, Schweine und Leute jung und alt, „vnde allez daz le- bende drinne ist, daz sol man alles toeten.” Der Vf. tadelt hier den Ssp., dafs er, statt so albernes Zeug völlig zu ver- (362) S. die Erläuterung von J. Grimm in Reyscher etc. Ztschr. V. 17 ff. Ich füge hinzu, dafs das Bild im Heidelberg. Codex (Bat., Babo etc. XIV. 3) die Enthauptung eines Vierfülsers und eines Vogels zeigt, und dafs eine Glosse zu dem le. dinc bemerkt: „alle perde de se driven u. wat dar to helpet”. 512 werfen, noch hinzufüge ‚‚daz in der notnunft was” was ihn als absurdissimus scriptor zeige. Weshalb? ist mir aus der etwas gewundenen Redeweise nicht klar geworden. 16. Gärtners Abdruck des Cod. Quedl. hat Art. 111 eine Lücke, nach welcher der Sinn herauskommt: der Todschlag, den ein Jude an einem Christen verübt, gelte als Bruch des beson- dern Königsfriedens. Allerdings eine Verkehrtheit, da dieser Friede grade die Juden schützen soll. Meine Ausgabe des Ssp. 1835 p. xXVII, xXVlII giebt aus der Quedl. Hdschr. unter den übrigen Mängeln des Gärtnerschen Abdrucks auch diesen an. Dals Hr. v. D. diese Notiz nicht kannte, ist leicht zu entschul- digen, weniger dafs jene Verkehrtheit ihn nicht veranlalste, einen Blick auf den bei Gärtner gleich daneben abgedruckten Cod. Lips. zu richten. Statt dessen mufs nun der Vf. des Ssp.- ein „pro more obdormiscens hic deprehenditur plagiarius” sich gefallen lassen. 17. Sterben Menschen oder Thiere, deren Stellung vor Gericht jemand verbürgt hat, so wird nach Ssp. III. 10 der Bürge von der Pflicht des Vorbringens frei, 1) falls ein Mensch peinlich belangt war, durch Vorbringen des Leichnams; 2) falls der Mensch sonst belangt und noch nicht überführt war, durch ein Bezeugen des Todes selbdritte; 3) falls ein Pferd oder Vieh zu stellen war, durch Vorbringen der Haut. Der Schwbsp. giebt in der Parallelstelle (267) nur den dritten Satz. Daher folgert der Hr. Vf. mit einem ‚‚risum teneatis”, der Sachse habe, was der Schwbsp. von einer zu Pergament nutzbaren Haut eines Esels oder Schafes meine, auf den Menschenleich- nam übertragen; ein spälerer Schreiber habe jedoch diese Ab- geschmacktheit durch das „‚falls der Bürge den Tod selbdritte bezeugen mag” zu heben gesucht. Jede dieser Annahmen ist willkührlich. Zunächst ist, was grade hier für die Priorität des Ssp. spricht, schon oben dargelegt. Sodann handelt es sich gar nicht um eine Pflicht des Bürgen, einem Gläubiger das Thier oder den Menschen zu liefern, und statt des Gestorbenen das noch daran nutzbare zu übergeben. Und endlich wäre durch das angebliche spätere Einschiebsel nichts gebessert, da der Beweis des 'Todes durch 513 Zeugen ja einem ganz andern Falle als dem gilt, in welchem der Leichnam des Beschuldigten vorgebracht werden soll. 48. Wenn eine in einem Nachlasse befindliche Sache von zweien angesprochen wird, soll nach Ssp. III. 15 $ 1 der Erbe sie keiner der Parteien ausliefern, ehe der Streit unter ihnen gütlich oder durch Erkenntnils geschlichtet ist. Hr. v. D. nimmt ohne weiteres an, der Ssp. lege diese Herausgabe dem Erben auch dann auf, wenn er selber die Sache als Erbschaftssache anspreche und ruft (184) aus „an unquam insanius etc.” Der Schwbsp. (273) proponirt ganz denselben Fall, dafs nemlich, wie Lahr bei Senkenb. S. 158 richtig darlegt, eine Sache sich unter des Verstorbenen Gütern befindet, ohne ihm gehört zu haben, läflst sie aber bei jenem Streite von dem Richter in seine Gewalt nehmen. 19. Die Reichsdienstmannen, also diejenigen Ministeriellen, welche dem Kaiser und Reiche zugehören, genielsen manche Vorzüge vor den Dienstmannen der Fürsten.(?) So mögen denn auch nach Ssp. III. 19 „vrie lüde unde des rikes dienst- man” vor dem Reiche, d. i. hier vor dem königlichen Gerichts- hofe, Zeugen und Urtheilsfinder sein. Doch kann der Reichs- dienstmann über einen Schöffenbarfreien weder zeugen noch urtheilen, wo es diesem an Leib, Ehre oder Erbe geht. Im Laufe des 13ten Jahrh. erlangten die Dienstmannen insgesammt eine günstigere Stellung.(°°) So heilst es nun im Schwbsp. 278 nach vielen Hdss. (Wack. 229): ‚vribe liute u. des riches dienstman und der fursten dienestman die mugen etc. Jene Ausnahme sodann wird etwas breiter im Einklang mit Art. 64 a. E. so wiedergegeben: - Aber die dienstman die ich hie vor genennet habe, die en- mugen drier dinge nieht geziuc sin uber die vriem liute: dä ez in an ir lip oder an ir @re oder an ir erbe get. dä sullen ir genözen umbe sprechen. Der Vf. ändert hier 187? ohne irgend eine Autorität „‚drier,, in „dirre”, wohl weil bei Lafsberg der dritte Fall „oder an ir erbe” ausgefallen ist. Sodann glaubt er, jene Ausnahme gelte (°”) Fürth, Ministerialen 125. (8) Ebd. 128. 914 nur für die fürstlichen Dienstmannen, und tadelt den Ssp., weil er sie für die Reichsdienstmannen aufstelle, die doch „imperii milites, proximum in militari dignitate post principes locum obtinentes” seien. Der Schwbsp. weist jedoch nach jenen Wor- ten auf die zuvor genannten Dienstmannen überhaupt, nicht auf die zuletzt unter ihnen genannten, die überdies in einigen Hdss. fehlen, zurück. Ferner können auch im Schwbsp. die Reichs- dienstleute nicht Genossen der Freien heifsen, da auch ihm noch alle Dienstleute als eigne Leute gelten (Lalsb. 308 S. 432, Fürth 129). Endlich folgen die Reichsdienstmannen in kriegerischer Würde keinesweges gleich nach den Fürsten; der Schwbsp. trennt sie im Reichsheerschild von ihnen noch durch die freien Herren und durch die Mittelfreien ; (??) der Ssp. räumt ihnen noch gar keine Stelle im Heerschild ein. 49. Der Ssp. III. 20 $ 3 will, dafs mit dem „‚erene” d. x „arare” eines fremden Landes niemand Leben oder Glieder ver- wirke, wenn ihm nicht das Land vorher gerichtlich abgespro- chen und dem Gegner Friede darüber gewirkt worden. Denn dann liegt in dem Beackern ein Friedebruch. Der Schwbsp. 281 fügt noch hinzu, er verliere dann die Hand. Statt „erene” (s. Wack. 231'%) lesen einige seiner Hdss. ackern, aber auch erien, erigen, eri gan, (Lalsb.) erren gan. Hr. v. D. billigt die letzte Lesart, versteht darunter ‚„„Ährenlesen”, und tadelt nun die Einfalt des Ssp. 20. Wegen gewisser leichterer Verwundungen (ohne Läh- mung) haftet man den Erben des Verwundeten nicht mehr, wenn dieser erst nach der iarzal d. i. nach Jahr und Tag (*°) seit der Verwundung gestorben ist und die Klage nicht selber noch begonnen hat. Ssp. II. 31 83. Weil nun iarzal auch die erreichte Mündigkeit bezeichnet (s. mein Glossar z. Lehnrecht 585, 586), so schiebt Hr. v. D. dem Ssp. die wunderliche Be- stimmung unter: den Erben werde nur gehaftet, wenn der Ver- wundete unmündig gestorben sei. (39) Ebd. 108, 130. Vgl. die Rangordnung in Schwsp. Wack. 105: da sullen über sprechen fürsten unde graven unde vrien unde des riches dienstman. (*°) Vgl. Ssp. I. 70 $ 1, Glosse zu III. 31 $ 7, Schwäb. Lehnr. Lalsb. 48. Glossar zum Lehnr. in meinem Ssp. II. 1 S. 586. 515 24. Im Ssp. II. 32 $ 7 heilst es: ergiebt sich jemand als Eigner, so können seine Erben dem mit gerichtlichem Verfah- ren („mit rechte”) widersprechen und ihn wieder frei machen. Und $ 8: behält ihn aber der Herr bis zu seinem, des Eignen, Tode, so nimmt er seinen Nachlals und die Kinder, falls sie dem Stande des Leibeignen folgen (,‚of se na ime horen”), die er nach der Hingabe gewann. Der Schwbsp. 272 setzt für 8 7: den Widerspruch hätten sowohl die väterlichen als die mütter- lichen Verwandten, und wenn sie’s einmal (,‚einest”) wider- sprechen, möge sich jener „niemer me” zu eigen geben. Für $ 8 findet sich hier keine Parallelstelle (Art. 68° giebt eine mit Hinsicht auf römisches Recht). Der Hr. Vf. will aber, 200', dals der $ 8 des Ssp., aus dem übrigens eine Zeile weggelas- sen ist, aus einem Mifsverständnils des „niemer” geflossen sei. Das Wort bedeute „omnino nunquam”, der Ssp. habe es für „nunquam iterum’” genommen, und sei daraus in den Irrthum gerathen, es handle sich um eine schon begründete, durch den Widerspruch erst wieder aufzuhebende Leibeigenschaft. Ich brauche das Künstliche dieser Vorstellung nicht hervorzuheben, da ihr ganz die faklische Unterlage fehlt; der Schwbsp. hat nicht niemer, sondern „niemer me” Lalsb. ‚„‚nimmer mer”, Wack. 239, und das wird, besonders nach dem ‚‚einest”, doch nur „nie mehr” heilsen können, 22. Der Ssp. II. 37 $ 4 (Qu. 133) bestimmt: wer in gu- tem Glauben fremdes Korn schneidet, missethut daran nicht, falls er es nur nicht wegführt, sondern bekommt sogar Arbeits- lobn. Der Schwbsp. führt denselben Satz, Wack. 247, so aus: „der missetuot niht daran, unde wirt ers inne (Lalsb. 302, ob er geinnert wirt daz ez niut sin ist), so sol erz uf dem aker län, unde man sol im siner erbeite lönen.” Hr.'v. D. findet, jener hervorgehobene Zwischensatz sei völlig unentbehr- lich und vom Ssp. pessime ausgelassen. Doch kam schwerlich auf das Motiv des Nichtabführens etwas an. So heilst es auch weiter im Schwbsp. „unde fueret erz abe dem aker, er sol ez dannoch wider geben, unde er hät sine arbeit verloren”, ohne Rücksicht darauf, in welchem Sinne er es abführte. 23. Der Schwbsp. 305 entwickelt, wie ein Schuldner, der nicht sofort zahlen kann, Pfand oder Bürgen für die Zahlung 516 geben mufs, oder in deren Ermangelung in richterlicher Ge- wahrsam bleibt. Die Parallelstelle des Ssp. ist III. 39 $ 1, wonach der Zahlungsunfähige, der nicht Bürgen setzen kann, dem Gläubiger zu Hand und Halfter übergeben wird. Der Hr. Vf. hat aber angenommen, dals ein weiter ab liegender Satz des Ssp. III. 40 $ 2, wonach, wer Gold oder Silber schuldet, sich nicht mit Darbieten von andern Sachen losmachen kann, jener Stelle des Schwbsp. entspreche, und findet daher: Saxo- nicus plagiator infelicissimo quem saepius notavi emendandi pruritu se abripi passus est, genuinam sententiam depravans, tritamque illi substituans regulam. 24. Der Ssp. sagt III. 42 $ 4 gelegentlich seiner Polemik gegen die Rechtmälsigkeit der Unfreiheit: Gott ruhte den sie- benten Tag. Die siebente Woche gebot er auch zu halten, „als er den Juden das Gesetz gab und uns den heiligen Geist. Den siebenten Monat gebot er auch zu halten”, und das siebente Jahr u. s. w. Jene Pentecoste des alten Bundes stützt man auf 3 Mos. 23. V.15 if; 4 Mos. 28. V. 6; 5 Mos. 16, V. 9. Die Rabbiner nennen sie den Tag der Gesetzgebung.(*') Den siebenten Monat des Jahrs aber bezeichnen 4 Mos. 29 und 3 Mos. 23, V.24 ff. als einen besonders festlichen, so dals es zuletzt V. 41 heilst: Das soll ein ewiges Recht bei euren Nachkommen sein, dafs sie im siebenten Monat also feiern. Es beruht also der Satz des Ssp. hinsichtlich der siebenten Woche und des sie- benten Monats auf der heiligen Schrift und ihrer alten Aus- legung. Dem Schwbsp. 308 (v. Dan. S. 217) geht die oben be- zeichnete Stelle ab; ich denke lediglich wegen eines aus dem cruororeAsurov erklärlichen Versehens; denn wie könnte sonst die Pentecoste des neuen Bundes, und wie zwischen Woche und Jahr die Stufe des 7ten Monats in der ganzen Folge der durch die Siebenzahl gegebenen heiligen Zeiten, von dem 7ten Tage an bis zu dem 7 mal 7ten Jahre, fehlen. Hr. v. D. ist, 217, andrer Meinung. Ihm ist der 7te Monat, ja selbst schon die 7te Woche, auch im Schwbsp., zu viel. Er drückt sich so (*') S. Büchner, biblische Handconcordanz, Halle 1850 u.d. R. Pfingsten. F. 7 MH 517 aus: „Quemadmodum Saxonicus scriptor suam rerum ignoran- tiam manifestius prodere turpiusque in emendandi Bavarici li- bri conatu labi potuisset quam hoc loco, difficile dietu erit. Quum enim loci in Bav. libro recepti auctor perperam inter sacra Hebraeorum tempora septimam hebdomadem retulisset ... ., hunc utut gravem errorem plagiator non correxit sed auxit, festis Hebraeorum de sua inventione septimum unum- quemque mensem adjıciens.” Ich habe zur Ablehnung dieses Vorwurfes nur hinzuzufü- gen, dals der Ssp. eine Feier natürlich des je siebenten Monats eben so wenig meinen kann, als bei Pfingsten eine Feier des je 50sten Tages. 25. Hinsichtlich der Spott- und Scheinbufsen im Ssp. III. 45 (Qu. 141 ff.) erklärt der Hr. Vf., nicht weiter entwickeln zu wollen, quam sint ea futilia, quamque a vero illius tempo- ris usu abhorrentia. Bei dem seltsamen Wergelde jedoch des Tagewerkers, welches J. Grimm, wie ich glaube mit Recht, gleichfalls für ein Scheinwergeld hält, bemerkt er, 223, es sei so unerschwinglich angesetzt, um anzudeuten, dafs ein Todschlag an dem in des Königs Frieden stehenden Ackersmann gar nicht mit Gelde, sondern nur durch den Tod gesühnt werden könne. Das ist sehr eigenthümlich. Freilich geben die Reichs- gesetze z. B. die treuga Henrici den „agricolis” jenen Frie- den, aber zu diesen Leuten können ja eben so gut wie die Tagewerker auch die Lassen, die Landsassen und Pfleghaften des Ssp. (im Schwbsp. 310 unter den geburen zusammenge- falst) gehören, die doch ein bestimmtes erschwingliches Wer- geld haben. Und wie tief der Ssp. die Tagewerker, als die niedrigsten aller Personen, selbst unter die unfreien Lassen stellt, wie wenig er also ihnen einen Vorzug einräumen will, ergiebt III. 44 $ 3 und III. 45 $ 8. Allerdings wurde auch der Friedebruch an dem Tagewerker bestraft, eben so gut wie an den Rechtlosen, die des Wergeldes ganz ermangeln, II. 45 8 11; aber von dieser peinlichen Strafe des Friedebruchs ist das Wergeld des Ssp. als reiner Schadensersatz ganz un- abhängig; es kommt vor, wo von jener öffentlichen Strafe gar nicht die Rede ist, wie bei der Tödtung aus Nothwehr, aus Unachtsamkeit, durch ein Kind; es wird auch neben der grr 518 öffentlichen Strafe gegeben, denn diese absorbirt nach III 50 nur Bufse und Gewedde. 26. Ssp. III. 46 $1 (Qu. 141) bestimmt: An einem fah- renden Weibe und an seiner amie (Beischläferin) mag der Mann das Verbrechen der Nothzucht begehen und sein Leben ver- wirken, wenn er ihr wider ihren Willen beiwohnt. Statt des fahrenden Weibes (einer meretrix) setzt der Schwbsp. 311: „maget oder wip swie boese si sint”, und unterscheidet hin- sichtlich der Art der Todesstrafe, ob es eine Magd oder Weib ge- wesen, wobei nähere Regeln über den Beweis des Magdthums gegeben werden. Ein „‚böses” Weib ist hier, nach einer äl- tern Bedeutung von „‚boese” (Benecke Wb. 224 ff.), ein ge- ringes Weib, wie auch Wack. 256 giebt. Hr. v. D. deutet „femina pessimae famae” und gar gradezu meretrix. Wie sich damit dann die Ermittelung des Magdthums reimen soll, weils ich nicht. Der Schwbsp. fährt fort: „ein iegelich man mag mit si- ner amien den notnunft began. daz sol man-ir rihten alse ob, er nie bi ir gelegen were.” Also in Übereinstimmung mit dem Princip des vorigen Falles und mit dem Ssp.: der viola- tor wird bestraft, als ob er nie vertraulich mit ihr gelebt habe. Hr. v. D. aber giebt als den Sinn 225': stupri vio- lenti reum non haberi, qui amicae quacum sibi consuetudo erat, vim intulerit.” Das setzt voraus, dals „‚alse ob er nie” für „falls er nie’ genommen worden, und dals man auch eine „‚amie” ha- ben könne, ohne ‚‚consuetudo’” mit ihr zu pflegen. Sodann, und dies geht noch weiter, hält der Hr. Vf. sich berechtigt, die Po- sition des Ssp. mittels zwei hinzugefügter ‚‚ne’” in die Negation umzudrehn, (**) also auch ihm den Grundsatz unterzulegen, dafs an (*) Hr. v. D. will demnach lesen: „an sinir amyen [ne] mach die man not [ne] dun unde sin liph virwerken” etc. Das würde jedoch die Nega- tion nur sehr unvollkommen ausdrücken. Auch sonst kann ich in sprachli- chen Dingen Hrn. v. D. nicht beistimmen, wenn er z.B. S. 25 die Bauern (gebure) von „bueren”, welches „tragen” bedeute, ableitet; S. 26 die plech- haften des Ssp. mit viri plegiabiles erklärt, S. 91 das „ereschen” oder „vreis- chen” d.i. erfahren, erforschen, für „vorladen” nimmt, und deshalb in dem Satze II. 12 $ 4 „svenne se den kuning erst ereschet” lesen will „der neh 519 jenen Personen keine Nothzucht begangen werde, und nun wieder den Ssp. zu tadeln, dals er das, was im Schwbsp. nur als Ausnahme bei der amie stehe, auch auf die meretrix aus- dehne! 27. Unter den verschiedenen Emolumenten des Frohn- boten giebt der Ssp. III. 56 $ 3 an: „sin recht is ok die te- gede man, den man verdelen sol, dat he ine to losene du”; also der zehnte condemnandus muls seine Strafe von dem *Frohnboten lösen. Der Schwbsp. 126 stimmt hiemit und fügt noch anderweitige Benennungen des Frohnboten, wie Richter (unser Nachrichter) Büttel, Stockwärter bei. Hr. v. D. meint 242, der völlig urtheilslose Sachse habe diese Befugnisse dem Scharfrichter stultissime eingeräumt, wenn er von einem Manne, dessen vile officium mit den täglichen Kleidern aus einer erblosen Verlassenschaft abgelohnt werde, es abhängen lasse: ‚an capitis damnato vita concedi posset.” Im Schwbsp. werde dies Recht dem Reichsmarschall beigelegt; (vgl. p. 288 1. 3). Ich versuche nicht, die letzte auffällige Be- hauptung zu widerlegen, sondern weise nur darauf hin, dafs _ auch noch im 45ten Jh. in der Schweiz der carnifex und zwar mit Berufung auf das Kaiserrecht (d. i. den Schwbsp.) den 10ten Verurtheilten zur Lösung begehrte (Merkel res publ. Alam. 104); dafs ferner der sächsische Frohnbote eine ganz ansehn- liche Rolle spielt (s. mein Reg. zum Ssp.); endlich und be- sonders, dafs der Frohnbote nach obiger Stelle gar nicht über Leben und Tod des Verbrechers zu bestimmen hat, sondern ihn zur Lösung lassen mufs, also für den Frohnboten als Pflicht gilt, was sonst von des Richters Gnade abhängt. 28. Der Hr. Vf. entwickelt, 245-261, ausführlich die Mei- nung, dals auch die Bestimmungen des Ssp. über die sieben Kurfürsten theilweise aus dem Schwbsp. genommen seien. We- gen der Bedeutung des Punktes lasse ich mich etwas näher auf die Widerlegung ein. Man ist darüber einig, dafs am Ende des 13. Jahrh. das Wahlrecht von sieben Fürsten als ihr ausschliefsliches kuning”; und wenn er S. 177 meint „biurge” bedeute nicht nur fidejussores, sondern auch municipes. 920 Recht fest steht. Eben so theilt Hr. v. D. eine früher auch von mir entwickelte Ansicht, (*?’) dafs im 12ten Jahrhundert eine geschlossene Zahl gewisser Fürsten mit irgend einem be- stimmten Vorrecht bei der Wahl noch nicht erkennbar ist. Im Laufe also des 13ten Jahrh. wird sich der Grundsatz von den sieben Kurfürsten festgestellt haben. Auch darüber ist jetzt kein Zweifel, dafs dieser Satz nicht durch ein Reichsgesetz oder sonstige höhere Anordnung geschaffen wurde, dafs er vielmehr durch Gewohnheit nach und nach erwuchs, also durch gemeine Ansicht und damit übereinstimmende Übung, welche nach ge- höriger Reife und Beständigkeit auch die Anerkennung der höchsten Gewalt gewann. Eine solche Entstehungsweise läfst es wohl zu, dals während der Bildungszeit die beiden Fakto- ren des Gewohnheitsrechts, die Volksüberzeugung einerseits und der wirkliche Hergang bei der Wahl andrerseits sich in diesem oder jenem Punkte noch schieden und erst allgemach ganz zusammengingen. Das Erwachsen jenes Satzes hat aber zwei Stufen. Zunächst erscheint eine Anzahl von Fürsten, um es kurz zu bezeichnen, als Vorwähler unter ihren Genossen, dann als alleinige Wähler mit Beseitigung jeder Theilnabme andrer Fürsten. Ich führe nun die Hauptzeugnisse, die wir aufser den bei- den Rechtsbüchern besitzen, in der Folge an, dafs ich vom Ende des 13ten Jahrh. bis zu dessen Anfang zurückgehe. a) K. Albrecht nennt 1298 die Kurfürsten: prineipes im- perii, ius in electione regis Romani de iure et antiqua con- suetudine obtinentes, (Boehmer Reg. p. 205 N. 30.) 5) K. Rudolph beurkundet am 15. Mai 1275 ein Zeug- nifs des Pfalzgrafen Ludwig, dals bei der Wahl Rudolphs die Stimmen der Herzoge v. Baiern „‚pro una in septem principum, ius in electione regis Romanorum habentium numero“ gezählt worden seien, (Ebd. p. 70). In seinem Briefe an den Pabst v. 1273 (Mon. Leg. Il. 383) ist nur allgemein die Rede von den principes electores, quibus in Romani electione regis ius competit ab antiquo. (#3) Homeyer Ssp. II. 2 S. 20. 521 c) Etwas früher fallen die Aussprüche folgender Schrift- steller: Thomas Aquinas (+ 1274) de regimine principis sagt: „ut historiae tradunt, per Gregorium V... provisa est electio, ut nimirum per septem principes Alamanniae fiat, quae usque ad ista tempora perseverat, quod est spatium 270 annorum vel circa.” Da Gregor V. von 996 bis 999 Pabst war, so führen die etwa 270 Jahre auf 1266 bis 1269 als die Zeit, da Thomas schrieb, zurück. Henricus de Segusio, cardinalis Hostiensis, + 1272, eine Creatur Alexander IV. (1254— 1261) schreibt ad Cap. Venera- bilem X de electionibus das Wahlrecht zu: illis, scil. Mogun- tino, Coloniensi, Trevirensi Archiepiscopis; comiti Rheni, Duci Saxoniae, Marchioni Brandenburgico et septimus est dux Bohe- miae qui modo est Rex. Martinus Polonus berichtet in der ersten bis c. 1271 ge- henden Ausgabe (*‘) seines chronici Rom. pontif. et imperato- rum bei Otto III.: fuit institutum, ut per oflficiales imperii Imperator eligeretur, qui sunt septem, videlicet etc. Die bisherigen Zeugnisse (*”) sprechen also nur von be- stimmten und zwar sieben Wahlfürsten, ohne einer Theilnahme andrer Fürsten zu gedenken; sie betrachten ferner das Vorrecht der Sieben als ein schon altes Recht, sei es, dafs sie dasselbe auf die Gewohnheit, oder, was freilich irrig, auf eine Anord- nung aus dem Ende des 10ten Jahrh. zurückführen. Etwas anders lauten nun d) die Nachrichten über die zwiespältige Wahl von 1257. Für Richard stimmten die Erzbischöfe von Mainz und Cölln und der Pfalzgraf vom Rhein mit seinem Bruder dem Herzog v. Baiern; für Alphons der Erzbischof von Trier, der Herzog von Sachsen und der Markgraf v. Brandenburg im Beisein der Bischöfe von Speier und Worms; für beide nach einander der K. von Böhmen (vgl. Boehmer Reg. p. 38, 39). Jede Partei suchte, laut eines Briefes Urbans IV. an Richard a. 1263, vor (**) Archiv d. Ges. für D. Geschichtsk. IV. 49, V. 183 ff. (*°) Die unter c, nebst mehreren andern, der Zeit nach weniger bestimm- baren, giebt auch Grupen T. Alterth. 472 ff, wonach hier citirt worden ist. 922 dem Pabst die Rechtmäfsigkeit ihrer Wahl zu rechtfertigen. Die Wähler Richards geben an, sie wären ‚‚cum praelatis, du- cibus (?) et aliis ibidem praesentibus deliberatione habita” zur Wahl ‚„‚de ipsorum communi consilio et assensu” geschritten, und beantragten: „‚quasdam consuetudines circa electionem novi regis Romanorum..... apud principes, vocem huiusmodi in ele- ctione habentes, qui sunt septem numero, pro jure servari.” (*°) Dieses letztere Prinzip wird in der Vorstellung der Gegen- partei nicht angefochten. Merkwürdig nun ist, dafs zwar sieben Fürsten als eigentliche Wähler genannt werden, dals aber die Richardianer auch für sich anführen, sie hätten mit gemeinem Rath und Vollbort andrer Grofsen gewählt, und dafs auch bei der Wahl der Gegenpartei ein Paar Bischöfe gegenwärtig wa- ren. Also eine Erwähnung einer gewissen 'Theilnahme der übrigen Fürsten, wobei aber der Character dieser Theilnahme als einer rechtlich nothwendigen in der Schwebe bleibt. e) Eben so gedenkt der Pabst Innocenz IV. einer solchen Mitthätigkeit, aber auch nur als einer Thatsache, wenn er 1247, in einem freilich nicht ganz unverdächtigen Briefe, einem römi- schen Geistlichen schreibt, die Wahl Wilhelms von Holland sei geschehen: ‚„‚communi voto principum, qui in electione cesaris ius habere noscuntur in Romanorum regem, ceteris princi- pibus applaudentibus” (vgl. Boehmer |. c. p. 314). Ent- schiedener aber lautet f) die Auffassung bei Albert von Stade, der seine Chro- nik 1241 zu schreiben begann, sie 1256 revidirte und zwischen 1261 und 1264 starb. (*”). Zum J. 1240 bemerkt er: „ex prae- taxatione principum et consensu eligunt imperatorem trevirensis, moguntinus et coloniensis ...... Palatinus eligit quia dapifer est, dux Saxoniae quia marscalcus et margravius de Brandenburg quia camerarius; rex Boemiae qui pincerna est, non eligit, quia non est teutonicus.” Hier wird also die Vor- berathung mit den übrigen Fürsten und ihre Zustimmung als allgemeiner rechtlicher Grundsatz hingestellt. (*°) Struve Corpus hist. Germ. p. 504, Boehmer Reg. ab a. 1246 sq., p- 328., und H. v. Daniels Schrift S. 255. (*7) Lappenberg in dem N. 44 gedachten Archiv VI. 327 ff., 330, 336. Böhmer Reg, ab a. 1198 S. LXIX. 923 g) Weiter zurück im 13ten Jahrh. bis zu Ende des 12ten hin findet sich bei den Chronicanten oder in päbstlichen Schrei- ben zwar noch die Erwähnung eines gewissen Vorrechts eini- ger Fürsten, aber nicht grade der oben genannten oder über- haupt einer bestimmt abgeschlossenen Zahl. (*) Gervasius Tilberiensis (1208-1218) spricht nur von einer electio, die den „palatinis’’ zustehe, worunter man allenfalls die Reichserzbeamten verstehen kann. Arnold von Lübeck sagt von den Fürsten Sachsens und Thüringens, welche, bisher dem K. Philipp anhängend, im J. 1208 zur Bestätigung der Wahl Ottos IV. zusammenkamen: „elegerunt, archiepiscopo (Magdeburgensi ) qui primam vocem habere videbatur inchoante, persequente vero Bernhardo duce (Saxoniae) cum marchione Misnensi et landgra- vio Thuringie cum illis ad quos electio regis pertinere videba- tur”’;(*) wo also die Zustimmung auch von andern Fürsten erfolgt. Und Innocenz III. drückt sich in seinem Briefe an die D. Fürsten im J. 1208 über die zwischen Otto und Phi- lipp spältige Wahl dahin aus: „a paucioribus electus est (Otto) .... verum cum tot vel plures ex iis ad quos principali- ter spectat imperatoris electio, in Öttonem consensisse nos-. euntur, quot in alterum (Philippum) consenserunt” Hienach wären unter den Wählern überhaupt einige mit vorwiegendem Recht, aber der Pabst schliefst sie nicht bestimmt ab: denn obwohl er die auf jeder Seite stimmenden genau kannte, läfst er doch ungewils, ob von ihnen eben so viele oder ob mehrere für Otto gestimmt hätten, als für Philipp. h) Noch schwankender erscheint, nach den Angaben über die einzelnen in dieser Zeit vorgekommenen Wahlen, die Pra- xis selber. Vgl. Böhmers Reg. S. 3, 28, 72, 211, 256 über die Wahlen Philipps und Ottos 1197, 1198, Friedrichs II. 1212, Heinrichs VII. 1220, Conrads IV. 1237. Sie lassen die vor- wiegenden Fürsten weder den Personen noch der Zahl nach mit Bestimmtheit erkennen. Also vom Anfange des 13ten Jahrh. an bis zur Zeit Al- brechts von Stade hin reift und herrscht die Ansicht einer (*®) Vgl. Homeyer Ssp. II. 2 S. 20. (*?) Böhmer Reg. ad a. 1208 S. 39. 524 Anzahl von Vorwählern. Ihre Eigenschaft als solcher ist bei der Wahl von Alfons und Richard nur noch eben erkenn- bar, um späterhin in die der ausschliefslichen Wähler überzugehen. Welche Stellung nehmen nun unsre beiden Spiegel ein? Der Schwbsp., 130, sagt, dafs 3 geistliche und 4 Laienfürsten wählen. Unter ihnen nennt er zuletzt als den Schenken den Herzog von Bayern. Des Rechtes andrer Fürsten wird nicht gedacht, ja, die Zahl 7 soll grade gesetzt sein, damit die Min- derheit der Mehrheit folge. Auch Hr. v. D. nimmt an, dafs hienach der Schwbsp. nach 1274 fallen müsse. Der Ssp. da- gegen III. 57 $ 2 lehrt nach Aufzählung der 6 ersten Kurfür- sten: „die schenke des rikes die koning von behemen, die ne hevet nenen kore umme dat he nicht düdesch nis. Sint kisen des rikes vorsten alle, papen unde leien. Die tome ersten anme kore genant sin, die ne solen nicht kiesen na iren mut- willen, wenne sven: die vorsten alle to koninge irwelt, den so- len sie allererst bi namen kiesen.” Zunächst also kennt der Ssp. kein besonderes Wahlrecht des Herzogs v. Bayern, von ‚welchem neben dem des Pfalzgrafen auch erst die Rede sein konnte, als seit 1255 sich beide Stellungen getrennt hatten. (°') Die Hauptabweichung aber vom Schwbsp. liegt darin, dals die genannten Fürsten nur die ersten an der Wahl, nicht die ausschliefslich berechtigten sind; sie sollen sich vorher mit den übrigen Fürsten berathen, und diese geben noch nachher ihre Stimme ab. (°?) Hienach gehört die Lehre des Schwbsp. der spätern, die des Ssp. der frühern Stufe in der Entwickelung des Kurrech- tes an. Wie beweist nun der Hr. Vf., dafs dennoch der Ssp. den Schwbsp. vor Augen gehabt habe und erst ins 14te Jahrh. falle? Lediglich durch die Stelle über den König von Böhmen. Zwar giebt er zu, dafs dieser König wirklich, wie der Ssp. (°°) Vgl. Merkel de rep. Alam. 100 über die Lesart der verschied. Hds. (°1) Ebend. 102. (%2) Ganz analog ist das Verhältnils zwischen der Abstimmung der sitzen- den Urtheilfinder und der des Umstandes; vgl. auch Grupen T. A. 472. 525 und Albert von Stade wollen, von 1196 bis 1253 von Vater und Mutter undeutsch gewesen.(?’) Aber der Böhme habe ja vor Eike v. R. im J. 1198 an der Wahl Theil genommen, eben so kurz vor Albert im J. 1237. Deshalb gingen ihre An- gaben auf Wenzeslaus II. (von 1278 bis 1305), der auch wieder von beiden Seiten undeutsch war. Somit sei der Ssp. jünger als der Schwbsp., aus diesem und Albert geschöpft, und auch die Stelle in der letzten Chronik für später eingeschwärzt zu achten. Die sichtlich schwache Argumentation verliert vollends je- den Halt durch folgende Erwägung. Die Volksüberzeugung knüpfte zwar das Vorrecht gewisser Fürsten bei der Königs- wahl an die Reichserzämter an, aber dennoch blieb die Mei- nung dem Erzschenken, dem König von Böhmen ungünstig. Sein Recht unterlag dem Zweifel und der Beschränkung bald in dieser bald in jener Weise. Joh. Victoriensis schreibt von dem Nürnberger Reichstage 1298: alle Kurfürsten seien da ge- wesen; er führt aber nur sechse auf und fügt hinzu: Rex Bo- hemiae non elector reputatur, sed, dissensio eligentium si eve- nerit, arbitrator et pars cui innititur, valentior existimatur. Der Card. Hostiensis (+ 1272) fügt der obigen Stelle: „et septimus est Dux Bohemiae” etc. hinzu: „sed iste secundum quosdam non est necessarius, nisi quando alii discordant, nec illud ius habet ex antiquo, sed de facto hodie tenet.” Der König machte auch, wie es scheint, vor Rudolph von Habs- burg nicht gleich den übrigen Kurfürsten den Römerzug mit. (°?) Bei der Wahl Rudolphs 1273 verfahren die übrigen Wahl- fürsten mit einmüthiger Verwerfung des Widerspruchs des böhmischen Machtboten, (Boehmer Reg. p. 70). Die ältern Hdss. des Schwbsp. nennen statt seiner den Herzog v. Bayern. Und endlich sprechen der Ssp. und Albert von Stade ihm das Wahlrecht völlig ab mit Angabe eines Grundes, der wohl in der strengen Auffassung des Satzes Ssp. III. 52 81 liegt: die Deutschen wählen von Rechtswegen den König. Wenn nun ungeachtet dieser Ansichten doch der K. v. Böhmen im 13ten Jahrh. häufig Kurfürstenrechte übte, wenn trotz der Angabe (#?) bis (%°) S. das Genauere bei Merkel 100, 101. 526 des Victoriensis er im J. 1290 und 1292 eine kurfürstliche Zustimmung gab und 1298 mit wählte; wenn er 1257 gegen die Meinung beim ©. Hostiensis, und zwar sowohl für Richard als für Alfons stimmte; wie kann es dann noch befremden, dals Albert und Eike in der ersten Hälfte des 13ten Jahrh. jene Sätze aussprachen, ungeachtet auch. vor ihrer Zeit der König sich den übrigen Reichserzbeamten gleichgesetzt hatte. Es beweist dies alles nur, dafs die in den Volkskreisen leben- den Ansichten mit den wirklichen durch die Machtverhältnisse bestimmten Vorgängen nicht ganz zusammentrafen, wie auch der Card. Hostiensis ausdrücklich bezeugt. Politische Umstände, welche in Verbindung mit dem Prinzip von dem Vorrecht der Reichswürdentäger zuletzt (in der goldnen Bulle) einen ent- schiedenen Sieg davon trugen. Ohnehin bliebe ja ganz die- selbe Schwierigkeit, wenn man auch mit Hrn. v.D. den Ssp. und die Stelle aus Albert in die Zeiten des K. Wenzeslaus setzte, denn auch dieser übt seit 1285 kurfürstliche Rechte aus. (°) Für die Unächtheit endlich der Stelle bei Albert giebt es gar keinen Grund in den Nachrichten über die Be- schaffenheit der Hdss. (°”) Ob nun Albert aus dem Ssp. schöpfte oder dieser aus ihm, wäre für die hier vorliegende Frage gleichgültig. Die Fassung ihrer Sätze möchte beides zulassen; jeder Autor hat neben dem Gemeinsamen gewisse Eigenheiten. Da jedoch die Stelle im Ssp. noch vor III. Art. 62 steht, welcher das im J. 1235 errichtete Fürstenthum Braunschweig noch nicht kennt, so finde ich kein Bedenken, den Ssp. als die Quelle zu be- trachten. Wenn Böhmer Reg. v. J. 1198 etc. S. LXIX das umgekehrte Verhältnils annimmt, so möchte das an sich hin- gehen, wenn er aber, ohne etwa den passus bei Albert für unächt zu erklären, hinzufügt: auch hiedurch werde der Ssp. nach K. Rudolphs Zeiten hingerückt, so fasse ich weder die- sen Schluls, noch sind so viel ich weils sonstige Gründe die- ses Gelehrten für solche Ansicht veröffentlicht. Wesentlich bleibt immer, dals der Ssp. das Wahlrecht der Kurfürsten auf einer bestimmt zu bezeichnenden, frühern (#7) Vgl. Note 47. 5927 Entwicklungsstufe kennt, als der Schwbsp. und seine Zeit. Die beiden Bücher verhalten sich hier nicht anders, als in den übrigen Lehren, für welche man eine Umbildung während des 13ten Jahrh. mit deutlicher Richtung erkennen kann. Dals der Ssp. uns ein im wesentlichen treues Bild des deutschen Rechtes zeige, wie es im Anfange des 13ten Jahrh. in Sach- sen lebte, der Schwbsp. aber den Einfluls nicht nur süddeut- scher Gebräuche und fremder Rechte, sondern auch einer spätern Zeit verrathe, das ist bei dieser ganzen Frage der Hauptpunkt für die Geschichte des deutschen Rechts. Der andre, m. E. nicht we- niger ausgemachte Satz, dals der Schwbsp. seinem Kerne nach auf einer freien, hie und’ da freilich milsverstehenden, im Ganzen aber immer achtungswerthen Bearbeitung des Ssp. ruht, kommt erst in zweiter Reihe. Die Umkehrung dieses Verhältnisses, die Auffassung des Ssp., als einer Verzerrung und Verstümmelung des süddeutschen Rechtsbuches, die Versetzung des erstern in das 14te Jahrh., das sind Aufstellungen, deren Unnatürlich- keit, wie mir scheint, durch die ungemeinen Bemühungen, die der Hr. Vf. ihnen geopfert, nur noch in helleres Licht gesetzt wird. Herr Prof. Retzius aus Stockholm, Correspondent der _ Akademie, machte hierauf eine Mittheilung über nun mehr- fach auch bei Lausanne und in Savoyen in alten Grä- bern aufgefundene den peruanischen ähnliche ge- prelste Macrocephalen-Schädel. Prof. Andr. Retzius theilte einen Brief des Archäologen Hrn. Fredr. Troyon zu Bel-air bei Lausanne mit, worin derselbe anzeigt, dals er bei Untersuchung einer Menge alter Gräber bei seinem Gut (Bel-air) ein Grab gefunden, welches einen künstlich zusammengedrückten Schädel, ähnlich denen der Huanchas- Peruaner, enthielt. In diesem Grabe fanden sich übrigens keine Putzsachen oder andere Geräthschaften. Herr Troyon meint, dals das Grab dem 4ten oder Sten Jahrhundert angehört. Auch theilt Herr T. mit, dafs man in der Nähe des Dorfes St. Romain in Sal&ve in Savoyen mehrere solche Schä- del ausgegraben habe. Einer von diesen befindet sich schon in der Sammlung des Hern Doctor Gone zu Genf. 928 Genaue Abbildungen in + Grölse waren von Hrn. T. mit- getheilt. Diese Schädel zeigen ganz dieselbe Form wie der soge- nannte Avaren-Schädel in der Sammlung des Herrn Grafen Bräuner, eben so wie die nach Hippocrates so genannten Ma- erocephalen-Schädel, die bei Kertsch in der Krim gefunden sind. Es fragt sich, ob nicht diese Sitte, die Schädel so künst- lich zu pressen, welche bis in unser Jahrhundert noch unter mehreren Karaibenstäimmen und unter den Huanchas in Peru u. m. gebräuchlich war, in der uralten Zeit aus einer und der- selben Quelle herrübrt, und eine frühe Verbindung der Völker der alten und neuen Welt andeutet? Hr. Ehrenberg sprach über die nun gewonnene Übersicht des mikroskopischen Lebens in Califor- nien und legte die Formen in Präparaten vor. Californien wird seit einer Reihe von Jahren durch Hun- derttausende goldsuchender Menschen allseitig bereist und durch- wühlt. Bei den dadurch sich gestaitenden mancherlei Verbin- dungen Europa’s mit Californien habe ich mich bemüht, auch meinerseits eine, wie ich hoffe, erwünschte wissenschaftliche Frucht herbeizuführen und beehre mich sie der Akademie hier- mit vorzulegen. Herr Alexander Rose, Kaufmann in Shasta City, hat, der dortigen schwierigen Geschäftsverhältnisse un- geachtet, die lobenswerihe Güte gehabt, sich wissenschaftlicher Wünsche anzunehmen und mir auf kürzestem Wege als Brief- einlagen passende Materialien zuzusenden. Diese öffentlichen Worte seien mein bester Dank. Der Brief ist vom 29. März d. J. und war Anfang Juli’s in meinen Händen. Eine der Pro- ben ist eine auf Papier angetrocknete dunkelgrüne Conferve | aus einem sumpfigen Grunde, nahe bei Shasta City am 27. März gesammelt. Der Ort liegt tief im Gebirge des Golddistriktes. Alle Bäche haben die Mineralsucher so durchgearbeitet, dafs sie keine ursprünglichen Verhältnisse mehr zeigen. In der Nähe jenes noch etwas ursprünglichen Conferven - Sumpfes waren ()uellen. Eine andere etwas später abgesendete Probe ist ein feiner grünlich brauner Sand aus dem Sacramento River nahe beim 329 "Orte Monroville, etwa 150 englische Meilen oberhalb der Stelle, wo sich der Feather River in den Sacramento ergielst, gegen 200 Meilen oberhalb Sacramento City. Dieser Flufs- Absatz wurde am 6. April d. J. gesammelt und kam mir auf anderem Wege wohlverwahrt gleichzeilig zu. Der einem feinen Trieb- sande ähnliche Sand enthält verschiedenfarbige meist quarzige, d. i. doppelt lichtbrechende durch Säure nicht auflösliche Sand- theilchen, grüne, braune, gelbliche, röthliche, erystallhelle und schwärzliche, dazwischen wenige gelblich durchscheinende, oft goldglänzende Glimmerblättchen und sehr vereinzelte gelbglän- zende undurchsichtige Theilchen, welche etwas Goldstaub sein mögen. Durch Glühen wird der Sand erst geschwärzt, dann etwas geröthet. Säure giebt kein Brausen. Die scharfkantigen Theilchen des Sandes sprechen es deutlich aus, dafs derselbe kein Dünen- oder Rollsand, sondern ein Trümmersand von zerlfallenen Gebirgsarten der Gegend selbst ist, und es war keine deutliche vulkanische Mischung erkennbar. Vom Oregon Gebiet sind in den Jahren 1845 und 1849 der Akademie Mittheilungen über zablreiche kleinste Lebens- formen vorgelegt worden (s. d. Monatsberichte 1845 S. 60-63 und 1849 S. 76-87), aber aus dem benachbarten Californien ist seither noch kein Material erlangt worden. Folgende For- men lielsen sich aus je 10 Analysen nadelkopfgrolser Theilchen beider Stoffe entwickeln: SHASTA CITY. SACRAMENTO RIVER. Polygastern: 25. Polygastern: 39. Amphora libyca Amphora libyca Closterium Digitus Arcella Microstoma Lunula? Cocconeis granulata Cocconema — ? lineala Desmidium Swartzii mexicana Difflugia assulata undulata Liostomum Cocconema Fusidium Euastrum crenulatum mexicanum Eunotia amphioxys subtile gibba Sphaerula Discoplea oregonica venusta 530 Gallionella — ? Gomphonema Augur clavatum Himanltidium gracile quaternarium quinarium Navicula affınis —? Pinnularia viridis —? Podosphenia Pupula? Stauroptera —? Synedra acuta fesciculata Phytolitharien: 6. Lithostylidium angulatum biconcavum crenulatum denticulatum rude Serra Weiche Pflanzen- theile: 4. Pilus spirifer stellatus uncinatus Pollen Pini. Eunotia amphioxys gibba gibberula granulata Sphaerula turgida Fragilaria diophthalma Rhabdosoma Gallionella californica laevis Gloeonema paradoxum? Gomphonema giganteum gracile herculeanum minutissimum obtusum Navicula Sigma Silicula Pinnularia amphioxys borealis Gastrurm viridis? Stauroneis anceps ‚Surirella Microcora? Synedra acuta Entomon Ulna Phytolitharien: 14. Amphidiscus obtusus Lithostylidium biconcavum clavatum crenulatum denticulatum laeve quadratum rude Securis 931 Lithostylidium Serra Trabecula Spongolithis acicularis tracheotyla ventricosa Grüne Crystallprismen Glimmer Goldschüppchen? Übersicht der jetzt lebenden kleinsten Organismen in Californien. Shasta City Sacramento River Polygastern: 58. Amphora libyca Arcella Microstoma ++ + Closterium Digitus + Lunula? +? Cocconeis granulata lineata — mexicana u undulata es Cocconema Fusidium e Zanceolatum = mexicanum _ subtile +++4+++++ — ? Desmidium Swartzii Difflugia assulata? Liostomum Discoplea oregonica Me. venusta Euastrum crenulatum Eunotia amphioxys gibba gibberula II+t++ 1 +++ + | +++4+ +4 granulata 932 Eunotia Sphaerula Zurgida Fragilaria diophthalma Rhabdosoma ! Gallionella californica laevis — ? Gloeonema paradoxum Gomphonema Augur clavatum I 22.2.2. . giganteum gracile herculeanum minutissimum oblusum Himantidium_ gracile (Be. quaternarium I. mn.) a2 gumarıum Navicula affınis Sigma Silicula — ? Pinnularia amphioxys borealis Gastrum viridis — ? Podosphenia Pupula? Stauroneis anceps Stauroptera — ? Surirella Microcora Synedra acuta Entomon fesciculata Ulna Shasta City +++ #1 + ++++++ Sacr. River +++ ++ ++ +4+++ 333 Shasta City Sacramento River Phytolitharien: 15. Amphidiscus obtusus Lithostylidium angulatum biconcavum clavatum crenulatum denticulatum laeve quadratum rude Securis Serra Trabecula Spongolithis acicularis tracheotyla IH+ttHrttrHr tt + ventricosa AIEEUESESEEUEnE = 1% Weiche Pflanzen- theile: 4. Pilus spirifer uncinatus + stellatus + + Pollen Pini r Summe des Organischen: 77 | 35 | 53 | Unorganische For- men: 3. Grüne Crystallprismen Zt ie Glimmer — I + Goldschüppchen? Ag ar Ganze Summe 80 35 | 56 Die hiermit festgestellten 80 mikroskopischen Formen aus 2 Örtlichkeiten Californiens zerfallen in 58 Polygastern, 15 Phytolitharien, 4 weiche Pflanzentheile, 3 unorganische Formen. grrr 934 Polythalamien und Polycystinen fehlen in beiden. Alle Formen sind jetzlebende Sülswasserbildungen, deren grolse Mehrzahl schon anderwärts in Amerika und weiter verbreitet angezeigt worden sind. Unter den 77 organischen Gestalten sind nur die 5 mit ! bezeichneten eigenthümliche Arten: Discoplea ve- nusta, der G. atmosphaerica nahe kommend, Gallionella califor- nica, der G. sculpta von Oregon am nächsten verwandt, Gom- phonema giganteum, von dem fossilen G. Marnmilla von Oregon durch bedeutendere Gröfse und schlankeren Fulstheil abwei- chend, und besonders Himantidium quaternarium und guinarium, welche bei Chasta City zwischen der Conferve lange und breite Bänder bilden, deren Stäbchen der Eunotia quaternaria und gui- naria sehr ähnlich sind, doch durch die spitzeren seitlichen Schnäbel und die als Ketten auftretende unvollkommne Selbst- theilung sich auszeichnen. Die vorherrschend zahlreichen Formen bei der Conferve von Shasta City sind: ‚Synedra acuta und Closterium Digitus?, die übrigen sind weniger zahlreich. Closzerium ist im Verein mit Euastrum und Desmidium. Die dunkelgrüne Conferve selbst besteht aus einfachen von starken Gallerthüllen umgebenen 4” dicken Fäden mit oft quadratisch erscheinenden, zuweilen aber auch doppelt so lang als breiten Gliedern, in deren jedem 2 Päckchen von körniger grüner Masse liegen. Im Sand des Sacramento bilden Gomphonema minutissimum (curvatum), Cocconeis lineata und Eunotia turgida mit Cocconema mexicanum die zahlreicheren Formen zwischen überwiegenden Quarztrümmern. Diagnosen der neuen Arten: 1. Discoplea venusta: D. testula Aciinocycli habitu stellata, um- bilicata, granulata, radiis aequalibus laevibus numerosis. Specimina 3 vidi. Latitudo „” consociata est radiis 31. Alterius speciminis umbilicus quartam fere disci diam. par- tem aequans linea distincta circumscriptus, tota superficies fere prorsus laevigata, alterius superficies distincte granu- lata, umbilicus limite oblitterato parum conspicuus est. Disc. atmosphaericae affınis. Viva in California. 2. Gallionella? californica. G. articulis altioribus quam longis, superficie lineis punctatis longitudinalibus (catenae), dense 539 et graviter striata, interstitio suturae laevi non distincto. Diameter articuli majoris — #5”. G. sculptae oregonicae fossili valde affınis. Utraque forma ad G. granulatam prope accedit. Non raro disci terminales cupuliformes granulati inter articulos truncatos dispersi reperiuntur. Forsan igitur haec forma cum Gallionella Horologio Sibiriae ad peculiare Genus Sphaerotermiae deleganda est. Viva in California. 3. Gomphonema giganteum: G. maximum, valde turgidum, te- stula distinctius striata, a dorso aut ventre visa lanceolata, apice subacuto, paullo acutiore quam basi. Longit. testae —_ G. Mammilla, oregenica fossilis forma, huic spe- ciei propinquior est quam G. herculeanum, differt autem * basi angustiore, ventre latiore et statu fossil. Vivum in California. 4. Himantidium quaternarium: H. testula a latere angusta sub- tilissime striata, dorso parum convexo, profunde 4-dentato, ventre leviter concavo, apicibus valde attenuatis recurvisque. Longitudo testulae singulae — 7;”. Catenarum articulos ter latiores quam longos (ad long. catenae) 4—7 vidi. Vi- vum in California. 5. Hirnantidium quinarium: H. testula a latere angusta subtilis- sime striata, dorso parum convexo profunde 5-dentato, ventre leviter concavo, apicibus valde attenuatis recurvis- que. Longitudo testulae singulae — 4”. Catenarum ar- ticulos angustiores 4-5ies, latiores quam longos (ad longit. catenae), 17 numeravi. Vivum in California. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich Bd. 5. 8, Heft 2. (oder Heft 16.) Zürich 1852. 4. Siebenter Bericht über die Verrichtungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich vom 1. Juli 1850 bis 1. Juli 1851. ib. d. 2. Nov. 1851, 4. mit einem Begleitungsschreiben der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Zürich vom 11. Mai d. J. Giulio Minervini, Jlustrazione „di un Vaso Ruvese del Real Museo Borbonico. Memoria letta alla Reale Accademia Ercolanese. Napoli 1351. 4. ‚ Interpretazione di una Epigrafe Osca scavata in Pompei a Memoria letta alla Reale Accademia Ercolanese nella tornata de’ 2 - Settembre 1851. ib. eod. 4. 536 G. Minervini, Monumenti antichi inediti posseduti da Raffaele Barone Vol. I. fogl. 11-13. con tav. 22-25 ed A.B. ib. 8. Bullettino archeologico Napolitano. (Editori: P. Raffaele Garrucei, Giu- lio Minervini.) Nuova Serie No. 1. 2. Luglio 1852 c. tav. 1. ib. 4. Zantedeschi, Giornale fisico-chimico italiano Anno VII. Puntata 2 del 1852. 8. Bulletin de la Societe Vaudoise des sciences naturelles. No. 24. Tome III. Annee 1851. 8. Observations meteorologiques faites a Morges 1850. Dec. 1851. Janv.- Sept. 8. (Schumacher) Astronomische Nachrichten No. 818. Altona 1852. 4. Extrait du Programme de la Societe Hollandaise des sciences d Harlem pour !’annee 1852. 4. 12. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. H. Rose las über die Verbindungen der Bor- säure und des Wassers mit den alkalischen Erden und der Magnesia. Die meisten borsauren Verbindungen, welche untersucht worden sind, sind durch Fällung der Auflösungen des gewöhn- lichen Borax hervorgebracht worden. Will man aber die Zu- sammensetzung der borsauren Verbindungen mit denen der koh- lensauren vergleichen, so darf man nicht die durch neutrale kohlensaure Alkalien erzeugten Niederschläge mit denen zusam- menstellen, welche durch Borax erzeugt sind, der ein saures Salz ist, und den doppelt-kohlensauren Alkalien entspricht. Ver- gleicht man aber das Verhalten der Auflösung des neutralen Borax mit dem der Auflösungen neutraler kohlensaurer Alka- lien, namentlich zu den Auflösungen der neutralen Salze der alkalischen Erden, so wird man eine überraschende Ähnlichkeit nicht verkennen können. Werden die Auflösungen neutraler Kalkerde- oder Baryt- erdesalze durch die Auflösungen des neutralen Borax (des ein- fach-borsauren Natrons) gefällt, so erhält man in der That neutrale borsaure Kalk- und Bäryterde. Die erhaltenen Fällun- gen, ohne ausgewaschen zu werden, zwischen Flielspapier ge- prelst, enthalten keine Kohlensäure, aber durchs Trocknen bei 100° ziehen sie wie der wasserhaltige neutrale Borax, etwas Kohlensäure aus der Luft an, die sie aber beim Glühen ver- 1 537 lieren. Die neutrale borsaure Kalkerde enthält bei 100° C. 2 Atome Wasser, von denen sie bei 200° C. die Hälfte, und bei 300° C. drei Viertel verliert. Die neutrale borsaure Baryterde ist bei 100° C. nur mit einem Atom Wasser verbunden, und nur wenn sie heils gefällt worden ist, enthält sie sonderbarer Weise mehr Wasser. Durch das Auswaschen mit kaltem Was- ser wird sowohl die neutrale borsaure Kalkerde als auch die neutrale borsaure Baryterde wesentlich nicht verändert, sie zie- hen dabei nur etwas mehr Kohlensäure an, aber wegen der Lös- lichkeit derselben in Wasser kann das Auswaschen nicht einmal so lange fortgesetzt werden, bis das Waschwasser keinen Chlor- gehalt mehr zeigt, wenn die Fällung vermittelst Chlorcaleiums oder Chlorbaryums geschah. Nur durch das Fällen bei der Koch- hitze des Wassers, und durch das Auswaschen mit heilsem Was- ser kann beiden, besonders der neutralen borsauren Kalkerde, eine geringe Menge Borsäure entzogen werden. Der neutrale Borax verhält sich also gegen die Salze der alkalischen Erden wie neutrales kohlensaures Alkali, welches mit denselben neutrale kohlensaure Verbindungen erzeugt. Das Verhalten des gewöhnlichen Borax oder des zweifach- borsauren Natrons gegen die Salze der alkalischen Erden ist von dem der zweifach-kohlensauren Alkalien gegen dieselben verschieden. Diese fällen nur einfach-kohlensaure Verbindun- gen, aber die Niederschläge, welche durch Borax erzeugt wer- den, sind als saure Salze zu betrachten, obgleich von weniger saurer Zusammensetzung als das angewandte borsaure Alkali. Ein Theil der Borsäure wird durchs Wasser ausgelrieben; aber das entstandene Hydrat der alkalischen Erde verbindet sich so innig mit der gefällten zweifach-borsauren Erde, dafs es keine Kohlensäure aus der Luft anzieht. Es sind dies also ähnliche Verbindungen eines Borats mit einem Hydrate, die durch eine gegenseitige Verwandtschaft der Einwirkung des Wassers mit einer gewissen Hartnäckigkeit widerstehen, wie wir Verbindun- gen von Carbonaten mit Hydraten kennen, bei denen dies eben- falls der Fall ist. Nur enthalten diese Verbindungen neutrale Carbonate, während auch saure Borate sich mit Hydraten ver- binden, und selbst durch hohe Temperaturen den Wassergehalt nicht verlieren. 938 Wird ein neutrales Kalkerdesalz durch Borax in der Kälte gefällt, so fällt die Verbindung 3Ca+5B-+ 35H (oder 9). Sie kann als eine Verbindung von neutraler und von zweifach- borsaurer Kalkerde mit Krystallwasser, CaB + 2(Ca-+2B) + 9H (oder 8H) angesehen werden, aber wahrscheinlicher besteht sie aus zweifach- borsaurer Kalkerde mit Kalkerdehydrat, und zwar nach der Formel 5(Ca+2B +3H) +GH+H zusammengesetzt. Diese Ansicht wird besonders durch das Ver- halten der Verbindung bei höheren Temperaturen unterstützt, welche nicht im Stande sind, das Wasser aus derselben zu ver- treiben, welches erst beim Glühen daraus verjagt wird. Die Zusammensetzung der Verbindung bei verschiedenen Tempera- turen ist folgende: 5(Cca+2B +3H) + CaH + H bis 100°C. 5(Cca+2B+ H)+CaH + HE bis 200°C. 5(Ca+2B +4H) + CaH + H bis 300°C. 5 (Ca + 25) + Ca geglüht. In dem geglühten Salze, welches kein Wasser enthält, kann freie Kalkerde nicht neben zweifach-borsaurer Kalkerde an- genommen werden. Die geglühte Verbindung ist daher: 3Ca + 5B. Durch das Auswaschen mit kaltem Wasser, welches indes- sen wegen der Löslichkeit der Verbindung nicht lange fortge- setzt werden kann, wird noch mehr Borsäure ausgeschieden, und sie hat dann die Zusammensetzung 3(6Ca+25+3H) + Ca. Wenn das Waschwasser zuletzt eine fast reine Auflösung von borsaurer Kalkerde ist, wird durch dasselbe ein braungelber Niederschlag von Silberoxyd in einer salpetersauren Silberoxyd- lösung, wie durch eine verdünnte Boraxlösung hervorgebracht. Wird eine Boraxlösung mit der Auflösung eines neutralen Kalkerdesalzes in der Kochhitze vermischt, so wird der Fällung noch etwas mehr Borsäure entzogen, und sie hat dann bei 100° C. getrocknet die Zusammenselzung 5(Ca+25E+3H) + 2CaH 539 In der Auflösung eines neutralen Baryterdesalzes wird durch eine Lösung des gewöhnlichen Borax in der Kälte eine ähnliche Fällung wie in einem Kalkerdesalze hervorgebracht. Sie hat die Zusammensetzung 5ba+2B +2 HB) +BaH + H Durchs Auswaschen mit kaltem Wasser, welches indessen we- gen der Löslichkeit der Verbindung nicht sehr lange fortgesetzt werden kann, wird sie, aulser dals sie etwas Kohlensäure auf- nimmt, nicht wesentlich verändert. Durch den Einfluls von er- höhten asien verändert sie sich folgendermaalsen: 5(Ba +25 +2H) + DBaH + H bei 100°C. eg ÖH+BaH + H bei 200°C. 5(Ba+ 20) + BaH + H bei 300° C. 5 (Ba +2 B) + Ba oder vielmehr 3Ba +5B geglüht. Selbst durch Einwirkung kochender Auflösungen von einem Baryterdesalze und von gewöhnlichem Borax wird die Verbindung 5ßa+2B +2H) +BH+H gefällt, so dals diese von einer gewissen Beständigkeit zu sein scheint. Indessen wurde in der heils gefällten Verbindung etwas weniger Borsäure gefunden, doch nicht so viel weniger, dafs deshalb ein anderes atomistisches Verhältnils zwischen Borsäure und Baryterde mülste angenommen werden. In Auflösungen neutraler Strontianerdesalze wird durch die Lösung des gewöhnlichen Borax in der Kälte die Verbindung 5($S +25 +2H) + StH + 3H erzeugt, deren gefundene Zusammensetzung indessen nicht ganz mit dieser berechneten Formel übereinstimmt, indem diese etwas mehr Strontianerde voraussetzt, als wirklich gefunden worden ist. Durch den Ein- fluls von erhöhten Temperaturen verändert sich die Zusammen- setzung wie folgt: 5($r+ IB.H- 2H) + SrH + 3H bei 100°C. 5(5 +23 + H)+SrH bei 200°C. 5(Sr+2B +4H) + SrH bei 3007°C. 5(Sr + 25) -+ Sr oder vielmehr 3$r + 5B geglüht. In der Kochhitze wird der Verbindung etwas Borsäure ent- ‚zogen. Die Verbindungen der Magnesia mit der Borsäure sind zum Theil schon früher untersucht worden. Da die Verwandtschaft 540 zwischen beiden aber sehr gering ist, so können die Fällungen, die man durch neutralen und durch gewöhnlichen Borax in den Auflösungen der schwefelsauren Magnesia erhält, sehr verschie- den zusammengesetzt sein. Der neutrale Borax bringt darin in der Kälte nur einen sehr geringen Niederschlag hervor, der eine Mengung von neutralem Borax mit drittel-borsaurer Magnesia (Mg? B) oder wahrscheinlicher eine Mengung von zweifach- borsaurem Natron mit borsaurer Magnesia und vielem Magne- siahydrate ist. Wird die Flüssigkeit gekocht, so erfolgt eine starke Fällung, die nach dem Auswaschen eine Mengung oder | eine Verbindung von neutralem Borax, borsaurer Magnesia und | sehr vielem Magnesiahydrate ist. Durch die Auflösung des gewöhnlichen Borax wird die der schwefelsauren Magnesia in der Kälte nicht getrübt, wohl aber durch’s Erhitzen, aber dieser Niederschlag löst sich beim Er- kalten nach und nach wieder auf. Es kann dann aus der Auf- lösung ein krystallisirtes Doppelsalz erhalten werden, das nach Wöhler und Rammelsberg aus borsaurem Natron und bor- saurer Magnesia besteht. Der durch’s Erhitzen hervorgebrachte Niederschlag besteht, wenn er nicht ausgewaschen worden ist, aus borsaurem Natron, borsaurer Magnesia und sehr vielem Magnesiahydrate. Es ist bemerkenswerth, wie leicht die bor- saure Magnesia durch den Einfluls des heilsen Wassers den gröfsten Theil der Borsäure verliert, dafür sich mit Wasser verbindet, und sich als Magnesiahydrat abscheidet. Derselbe trug hierauf eine Untersuchung des Hrn. Heintz über das Hammelfett vor. Die Methode, welcher er sich bei der Scheidung der dar- aus durch Verseifung erhaltenen fetten Säuren bedient hat, war im Wesentlichen dieselbe, welche von ihm bei der Untersu- chung des Menschenfetts angewendet wurde, und über welche schon früher der Königl. Akademie Mittheilung gemacht worden ist. Zur partiellen Fällung der fetten Säuren diente aber nicht mehr essigsaures Bleioxyd, sondern theils essigsaure Baryterde, theils essigsaure Magnesia. Hr. Heintz hatte angegeben, eine bei 69° C. schmelzende Säure, die er für identisch mit der Stearophansäure hielt, eine Er 941 bei 564° C, schmelzende in Blättern krystallisirende Säure, die Anthropinsäure, dann Margarinsäure und Palmitinsäure, ferner Ölsäure und eine andere flüssige Säure neben Glycerin unter den Verseifungsproducten des Menschenfetts gefunden zu haben. Bei dem Beginn der Untersuchung schien das Hammelfett ganz ähnliche Resultate zu liefern, wie das Fett des Menschen. Na- mentlich ist der flüssige Theil desselben ebenso zusammenge- setzt, wie der flüssige Theil des Menschenfetts, das heilst, er enthält neben Olein noch ein anderes Fett, welches bei der Verseilung eine Säure liefert, welche ein viel niedrigeres Atom- gewicht besitzt, als die Ölsäure, deren Barytsalz in kochendem Alkohol schwerer löslich ist, als das der Ölsäure, dagegen sich in Äther viel leichter auflöst. Auch die festen fetten Säuren des Hammeltalgs zeigten, als sie der Scheidung nach der früher der Königl. Akademie mit- getheilten Methode unterworfen wurden, ganz ähnliche Erschei- nungen, wie die des Menschenfetts, nur mit dem Unterschiede, dals die hier vorhandene Menge der bei 69° C. schmelzenden Säure und der Anthropinsäure viel grölser erschien. Es war daher zu hoffen, sie hier in so grolser Menge zu gewinnen, um die Natur derselben ausmitteln zu können. Diese beiden Säuren befanden sich in den ersten Portionen der durch essig- saure Magnesia abgeschiedenen Säure. Die letzten Portionen bestanden wieder, wie es schien, aus Margarinsäure und Palmi- tinsäure. Namentlich hat Herr Heintz die Anwesenheit des Palmitins in dem Hammeltalg nachgewiesen. Die bei 69°C. schmelzende Säure muls von nun an den Namen Stearinsäure führen, da sie offenbar die von Chevreul aus dem Hammeltalg dargestellte und so benannte Säure ist. Diese Säure schmilzt jedoch nicht bei 70°C., wie Chevreul angab, sondern schon bei 6952 C., und ist auch nicht so zu- sammengesetzt, wie sie nach Redtenbacher zusammengesetzt sein soll, sondern sie hat die Formel der Stearophansäure C’°H’? 0° + HO. Mehrere Analysen der Säure selbst, so wie ihres Blei-, Silber-, Kupfer-, Baryt-, Magnesia- und Na- tronsalzes, und endlich des Stearinsäureäthers, stimmen mit die- ser Formel sehr genau überein. Wenn man übrigens die Re- sultate von Redtenbacher’s Analysen der Stearinsäure nach 942 dem Atomgewicht des Kohlenstoffs = 75 umrechnet, so stim- men seine Zahlen auch sehr gut mit der Rechnung nach obiger Formel. Bei genauerer Untersuchung der Säureportion, welche, zu urtheilen nach ihrem Schmelzpunkt und ihrer Fähigkeit, beim Erstarren in grolsen Blättern zu krystallisiren, die Anthropin- säure enthalten mulste, ist Herr Heintz zu unerwarteten Re- sultaten gelangt. Als diese Säureportion nämlich nach der frü- ber beschriebenen Methode mittelst essigsaurer Baryterde in vier verschiedene Säureportionen geschieden wurde, lieferten die beiden ersten Portionen schon beim ersten Umkrystallisiren, obgleich sie beide bei etwa 55°C. schmolzen, eine bei mehr als 60°C. schmelzende Säure, aus der durch. ferneres Umkry- stallisiren leicht Stearinsäure gewonnen werden konnte. Die dritte Portion ging durch öfteres Umkrystallisiren endlich auch in eine über 60° C. schmelzende Säure über, die vierte endlich lieferte durch diese Operation Margarinsäure. Als nun der Theil der dritten Portion, welcher beim Umkrystallisiren in der Al- kohollösung blieb, der also wesentlich Anthropinsäure enthalten mulste, nochmals nach der angegebenen Methode in vier Por- tionen geschieden wurde, verhielten sich die einzelnen Portio- nen beim Umkrystallisiren aus Alkohol ganz ebenso, wie das erste Mal, auch hier ging die erste und zweite Portion in Stea- rinsäure über, die dritie ebenfalls aber etwas schwieriger, und die vierte endlich lieferte Margarinsäure. Als endlich zum drit- ten Mal der in Alkohol gelöst gebliebene Theil der dritten Portion ebenso behandelt wurde, waren die Resultate genau die- selben. Dals auf diese Weise keine reine, nicht mehr in ver- schiedene Stoffe zerlegbare Anthropinsäure gewonnen werden konnte, überzeugte Herrn Heintz, dals diese Säure ein Ge- menge sein müsse von Margarinsäure und Stearinsäure. Gott- lieb schon hatte beobachtet, dafs ein Gemisch von Margarin- säure und Stearinsäure in einem gewissen Verhältnils einen niedrigeren Schmelzpunkt besitzt als selbst die Margarinsäure. Der Umstand, dafs die Anthropinsäure bei 564° C. schmilzt, spricht also nicht gegen die Annahme, dals sie noch eine Men- gung sei. Wie es sich erkläre, dafs dieses Gemisch in so schö- nen Blättern erstarrt, wird nachher gezeigt werden. Herr 943 Heintz versuchte nun durch directes Zusammenschmelzen von Margarinsäure mit Stearinsäure eine mit den Eigenschaften der Anthropinsäure begabte Säure darzustellen. Dies gelang voll- kommen. Eine Mengung von 3 Theilen Stearinsäure mit 5-6 Theilen Margarinsäure schmilzt bei 564° C. und krystallisirt beim Erstarren in schönen grofsen Blättern. Dieselbe Erschei- nung tritt aber auch ein, wenn man 6 Theile reine, bei 62°C. schmelzende Palmitinsäure mit 4 Theilen Stearinsäure zusam- menschmelzt. Es war auffallend, dafs diese Mischung ganz die- selben Eigenschaften besals, wie jene erst genannte. Der Schmelzpunkt war 56-° C. und wenn man die Verhältnisse je- ner Gemenge genau betrachtet, so sieht man, dals man von der Margarinsäure etwas weniger braucht, um der Stearinsäure die Eigenschaften der Anthropinsäure zu geben, als von der Pal- milinsäure. Dies brachte Herrn Heintz auf den Gedanken, dals die Margarinsäure auch nichts anderes sein möchte, als ein Gemenge von viel Palmitinsäure mit wenig Stearinsäure. Der directe Versuch bestätigte diese Voraussetzung vollkommen. Als etwa 1 Theil Stearinsäure mit 9-10 Theilen Palmitinsäure ge- mischt wurde, entstand ein Gemisch, welches bei 60°C. schmolz, und das beim Erkalten in durcheinander gewirrten Nadeln er- starrte und alle Eigenschaften der Margarinsäure besals. Die- ser Versuch ist schon mehrfach wiederholt worden und gab stets dasselbe Resultat, mochten die Säuren aus Menschenfett, aus Walrath oder aus Hammeltalg gewonnen worden sein. Auch als eine grölsere Menge der aus letzterem erhaltenen, vermeint- lichen reinen Margarinsäure, die beim Unikrystallisiren ihren Schmelzpunkt nicht mehr verändern zu wollen schien, der Schei- dung mit essigsaurer Baryterde unterworfen wurde, bestätigte es sich, dals diese Säure noch eine Mengung war, aus der we- nigstens Palmitinsäure im reinen Zustande gewonnen werden konnte. Die in dem zuerst niederfallenden Barytsalze enthal- tene [ette Säure schmolz nämlich bei 575° C., erstarrte unkry- stallinisch, und war offenbar ein Gemenge von mehr Stearin- säure und weniger Palmitinsäure als in der vermeintlichen _ Margarinsäure enthalten ist. Die andere Portion krystallisirte in langen Nadeln, schmolz aber erst bei 601° C. Bei mehr- fachem Umkrystallisiren erhob sich der Schmelzpunkt bis 614° 544 C., und wäre gewils bis 62°C. gestiegen, wenn nicht die ge- ringe Menge dieses Säurerestes ein ferneres Umkrystallisiren verboten hätte. Die Eigenschaften derselben waren ganz die der Palmitinsäure. Sie krystallisirte nicht mehr in Nadeln, son- dern schuppig-krystallinisch, ganz wie Palmitinsäure. Nach obigen Resultaten ist es sehr einfach erklärlich, dafs die Margarinsäure bei der Analyse Resultate liefert, welche der Formel C?* H’° O° entsprechen. Denn sie ist ja ein Gemenge von der Säure G?° H?° O° und von G?? H?? O* (jene Formel gehört der Stearinsäure, diese der Palmitinsäure an). Alle bis- her bekannten Erscheinungen erklären sich also auf eine ein- fache Weise. Nur eins bleibt noch zu erklären, und das ist, weshalb gerade Mischungen und zwar nur gewisse Mischungen von Stearinsäure und Palmitinsäure so schön krystallisiren. Zur Erklärung dieser Erscheinung bedarf man der Thatsache, dals eine Mischung von etwa 1 Theil Stearinsäure und 2 Theilen Palmitinsäure bei etwa 55° C. schmilzt. Dieses Gemisch ver- mag mit mehr Palmitinsäure und mit mehr Stearinsäure zusam-: menzuschmelzen, und diese Mischungen haben beide einen hö- heren Schmelz- und Erstarrungspunkt als jenes erste Gemisch. Erkaltet daher ein solches Gemisch allmälig, so krystallisirt die überschüssige Palmitinsäure oder Stearinsäure zuerst heraus und endlich erstarrt erst bei 55° C. jenes Gemisch. Die Form der zuerst gebildeten Krystalle wird aber dadurch nicht verändert. In der That ist die Form, in der die Stearinsäure aus einer verdünnten Alkohollösung anschiefst, die breiter Blätter, wäh- rend die Palmitinsäure auch aus Alkohol in feinen Nadeln kry- stallisirtt. In der Anthropinsäure ist also aus dem erst bei 55° C. erstarrenden Lösungsmittel die Stearinsäure in Blättern, aus der Margarinsäure die Palmitinsäure in Nadeln angeschossen. Hienach existirt weder die Anthropinsäure, noch die Mar- garinsäure, wenn man darunter eine chemisch reine Säure ver- standen hat. Beide sind nur Mischungen von Stearinsäure und Palmitinsäure in verschiedenem Verhältnils. . Das Menschenfett besteht demnach, abgesehen von seinem flüssigen Theil, nur aus Palmitin und Stearin, welche beiden Fette auch im Hammeltalg, jedoch in einem anderen Verhältnils enthalten sind. Hier waltet das Stearin gegen das Palmitin sehr stark vor. Ebenso ist im 545 | Walrath nicht, wie Herr Heintz früher angab, Margäthal und |Stearophäthal enthalten, sondern, neben Palmäthal, Cetäthal, Myristäthal und Cocäthal, nur Stearäthal, d. h. die Verbindung von Stearinsäure mit Cethyloxyd. Schliefslich noch die Bemerkung, dafs die Margarinsäure durch Umkrystallisiren allein kaum in ihrer Mischung geändert werden kann, weil die beiden Säuren, woraus sie besteht, etwa in dem Verhältnifs in Alkohol löslich sind, in welchem gemischt sie die Säure von den Eigenschaften der Margarinsäure bilden. Andererseits liefert die Anthropinsäure durch Scheidung mittelst essigsauren Baryts in der Weise, dals sie in etwa gleiche Hälf- ten gesondert wird, nicht zwei Säureportionen von wesentlich verschiedenem Schmelzpunkt. Dafs diese ein Gemenge ist, er- kennt man daher leichter durch Umkrystallisiren aus Alkohol; dals jene es ist, leichter durch partielle Fällung mit essigsaurer Baryterde. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Albrecht Weber, akademische Vorlesungen über Indische Literaturge- schichte, gehalten im Wintersemester 18 sr Berlin 1852, 8. mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Berlin d. 8. Aug. d. J. Annali dell’ Instituto di corrispondenza archeologica Vol. 8. della serie nuova, 23 di tutta la serie. Roma 1851. 8. Bullettino dell’ Instituto di corrispondenza archeologica per l’anno 1851. ib. eod. 8. Monumenti inediti pubblicati dell’ Instituto di corrispondenza archeologica per l’anno 1851. Fasc. 1. 2. ib. eod. fol. Revue archeologique 9. Annee Livr. 4. Paris 1852. 8. Hierauf fand eine durch Zusammenberufung sämmtlicher Mitglieder der Akademie eingeleitete Wahlhandlung über drei Sr. Majestät dem König vorzuschlagende Gelehrte zur Aller- höchsten Auswahl eines auswärtigen Mitgliedes für die Frie- densklasse des Ordens pour le merite an die Stelle des durch den Tod ausgeschiedenen Dichters Thomas Moore statt. —N El Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin in den Monaten September und October 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Trendelenburg. Sommerferien der Akademie. 41. Oct. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Die Klasse empfing bei der Eröffnung mit tiefem Bedauern die Nachricht, dafs an dem heutigen Tage Hr. Eisenstein ihr jüngstes früh um die mathematische Wissenschaft verdientes Mitglied nach längerem Leiden gestorben sei. Hr. Ehrenberg machte eine vorläufige Mittheilung über die Anwendung des Mikroskops zur Entscheidung der wichtigen Frage über die Existenz von wahrem Meeres-Torf und legte unzweifelhafte grolse Pro- ben solchen, von mikroskopischem Meer-Leben ganz durchdrungenen, Zostera-Torfes von Inseln der Ostseeküste bei Wismar vor. Hr. Klotzsch hatte vor einiger Zeit ein Samenpflänzchen und ein nicht zur Blüthe gelangtes ganzes Gewächs der Vic- toria regia (Lindley) von dem Herrn Kunst- und Handelsgärtner L. Mathieu in Berlin und am 10. d. M. auf Veranlassung des Herrn Professor Braun die Blüthe dieser interessanten Pflanze aus dem Königlichen Berliner botanischen Garten erhalten und [1852.] 9 548 theilte seine hierauf bezüglichen Beobachtungen mit, indem er zugleich die von Sir W. Hooker herausgegebene Abhandlung über Victoria, die im vorigen Jahre in Riesenfolio erschien und welche von mehreren kolorirten Abbildungen des Mr. Fitch begleitet ist, vorlegte. Der Wurzelstock, der in mehrere senkrechte Lagen zer- schnitten und getrocknet war, beweist die Angabe englischer Naturforscher, dafs die Victoria eine perennirende Pflanze ist. Die an der Basis der Blatistiele in grofser Anzahl befind- lichen, völlig entwickelten Wurzeln, welche in gleicher Stel- lung bei der, ihr verwandten Gattung Euryale vorkommen, ergeben, dals hier die Vermehrung durch Blätter leicht zu be- werkstelligen und eine Blattsprossbildung, wie bei Nymphaea micrantha anzunehmen ist. Diese Eigenthümlichkeit verspricht für die Kultur die wich- tige Folge, dafs wenn durch Kreuzung des Pollens mit einer verwandten Gattung das Erzielen von Barstarden gelingen sollte, deren Dauer für längere Zeit gesichert sein würde. Die jungen Blätter der Victoria sind wie mit einer dün- nen Nadel durchbort und der Rand dieser Löcher etwas ge- röthet. Im völlig entwickelten Blatte bemerkt man an jenen Stellen, welche früher mit diesen feinen Löchern versehen waren, Vertiefungen und die Öffnungen mit einer Art Stöpsel verschlossen, die oberhalb in Gestalt eines Nagelkopfes über den Rand der- selben greifen, aus Parenchym bestehen und sich von der Unter- fläche aus, mittelst einer stumpfen Nadel leicht hinaus stolsen lassen. Die Bedeutung dieser eigenthümlichen Structur ist noch unbekannt. Spaltöffnungen, wofür man sie bis jetzt aus- sprach, sind es nicht, denn diese kommen in sehr einfacher Form und unzählbarer Menge auf der ganzen Oberfläche mit dem fünften Samenblatte beginnend, vor. Professor Lehmann in Hamburg, der am 24. Septämbar v. J. bei einer Temperatur der Luft von 174° R. und 164° R. des Wassers, worin die Victoria wuchs, Temperatur-Versuche anstellen liels, fand, dass in dem Augenblicke des Auseinan- dertretens der Staubgefälse, am zweiten Tage des Erscheinens der Blüthe, Abends 7 Uhr 41 Minuten der, in das innere der Blume gesenkte Wärmemesser auf 214° R. stieg. 949 Hier zeigte sich das Verhältnils der Wärme in der Blume zu dem der äuferen Temperatur noch augenfälliger. Eine Blüthe, welche am zweiten Tage ihres Aufblühens den 10. October d. J., Vormittags 10 Uhr abgeschnitten war, wurde in ein mit Wasser gefülltes Glas unter eine Glasglocke in ein Zimmer gestellt, das wie das Wasser selbst eine Tem- - peratur von 10° R. hatte. Gegen 5 Uhr Nachmittags, als sich eben die innern Kreise der Blumenblätter zu öffnen begannen, zeigte ein, auf die Staubgefälse, die noch nach innen gebogen und deren Staubbeutel noch geschlossen waren, ruhender Termometer nach wenigen Minuten eine Temperatur von 19° R. Der Same der Victoria ist mit einem häutigen, der von Eryale mit einem gallertartigen Arillus versehen. Die in meh- reren systematischen Werken angeführte Phrase, nach welcher sich die Epidermis der äusseren Samenhaut von Nymphaea lösen soll, deutet ebenfalls auf das Vorhandensein eines Arillus. Das Keinipflänzchen der Victoria durch einen mehrere Zoll langen Faden von dem Samen, der noch daran hing, entfernt, war mit Adventivwurzeln, Blattscheiden und 5 Blättchen ver- sehen, die in ihrer Form sehr von einander abwichen, wie dies auch an den Keimpflänzchen der Nymphaea beobachtet worden ist. Die beiden ersten Blättchen waren pfriemenförmig, das dritte lanzenförmig, das vierte pfeillörmig und das fünfte oval, schildförmig. Die vier ersten Blättchen sämmtlich kahl und ohne Spaltöffnungen. Das fünfte mit einem tiefen pfeilförmigen Einschnitte versehene Blättchen oberhalb grün mit Spaltöffnun- gen, kahl, unterhalb purpurroth, gerippt; die Rippen und die untere Hälfte des Blattstieles sparsam mit weichen Stacheln bekleidet. 11. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Heinrich Rose las über die Verbindungen der Borsäure und des Wassers mit dem Bleioxyd und dem Kupferoxyd. Mit dem Bleioxyd verbindet sich die Borsäure und das Wasser in den mannigfaltigsten Verhältnissen; bei wenigen anderen Verbindungen kann der Einflufs des Wassers bei ver- schiedenen Temperaturen und bei verschiedenen Mengen so 990 nachgewiesen werden, wie bei diesen. In seiner Verwandt- schaft zur Borsäure steht das Bleioxyd den alkalischen Erden weit nach, da diese sich mit der Borsäure und dem Wasser vorzugsweise nur in einigen Verhältnissen mit einander verbinden. Wenn man die Lösungen gleicher Atomgewichte von salpeter- saurem Bleioxyd und von neutralem Borax (Na B) in der Kälte mit einander vermischt, so erhält man nicht neutrales borsaures Bleioxyd, sondern eine Fällung von der Zusammensetzung 3PbB+H)+PbH-+H, die aber durch Auswaschen mit kal- tem Wasser noch mehr Borsäure verliert und sich dadurch in (PbB+ H)-+PbH verwandelt. — Werden die Lösungen beider Salze heils mit einander in Berührung gebracht, so ist die unaus- gewaschene Fällung von der Zusammensetzung (PbB+H)-+PbH, die mit heilsem Wasser ausgewaschene hingegen 3(PbB-+H) +5PbH. Bei der Zersetzung von kalten concentrirten Lösungen von salpetersaurem Bleioxyd und von zweifach-borsaurem Natron entsteht eine Fällung von der Zusammensetzung PbB’H +8(PbBH), die also der des neutralen borsauren Bleioxyds sich sehr nähert. Durch Auswaschen wird sie ganz neutral, und ist dann PbBH. — Kalte sehr verdünnte Auflösungen geben die Fällung 5PbBH-+4PbH. Durch die Zersetzung von beilsen concentrirten Lösungen der Salze erhält man die Fällung 5PbBH-+PbH, die durch das Auswaschen mit heifsem Wasser sich in die Verbindung 3PbBH-+PbH verwandelt. — Durch heifse sehr verdünnte Lösungen entsteht der Niederschlag PbBH--PbH, der von allen untersuchten Verbindungen der Borsäure mit dem Blei- oxyd, die durch gewöhnlichen Borax erzeugt worden sind, am meisten Bleioxyd gegen Borsäure enthält. Noch leichter als bei den Verbindungen der Borsäure mit dem Bleioxyd kann bei denen dieser Säure mit dem Kupfer- oxyd das Wasser einen Theil der Borsäure austreiben. Es ist sogar möglich, vermittelst einer grofen Menge von Wasser, wenn die Einwirkung desselben durch eine erhöhte Temperatur unterstützt wird, endlich alle Borsäure vom Kupferoxyd zu trennen. Werden die concentrirten Lösungen gleicher Atomgewichte von schwefelsaurem Kupferoxyd und von neutralem Borax kalt 551 mit einander vermischt, so erhält man eine Fällung von 5(CuB-+H)+4CuH, aber gemengt mit schwefelsaurem Na- tron und unlöslichem basisch - schwefelsaurem Kupferoxyd. Nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser ist die Verbindung 2(CuB+H)+4CuH gemengt mit etwas basisch-schwefel- saurem Kupferoxyd. — Heilse concentrirte Lösungen beider Salze geben einen Niederschlag von der Zusammensetzung 5(CuB+H)-+6CuH, gemengt mit schwefelsaurem Natron und basisch-schwefelsaurem Kupferoxyd. Wird derselbe aber mit heilsem Wasser ausgewaschen, so hat er wesentlich die Zusammensetzung von 46CuBH+7CuH, gemengt oder ver- bunden mit 2Cu°S. Das zweifache borsaure Natron giebt mit schwefelsaurem Kupferoxyd in concentrirten Lösungen in der Kälte die Ver- bindung von 2CuBH mit 13Cu}, gemengt mit Cu?S und 2NaS, die aber durch das Auswaschen mit kaltem’ Wasser Borsäure verliert und CuBH+(uH, gemengt mit etwas basisch-schwefelsaurem Kupferoxyd, wird. — Heilse concentrirte Auflösungen geben ebenfalls die Verbindung CuB+ÜCuH, ge- $ ” ” _ mengt mit schwefelsaurem Natron und basisch - schwefelsaurem Kupferoxyd, aber schon durchs Auswaschen mit kaltem Wasser verliert sie Borsäure und wird CuB+3CuH, gemengt mit etwas Cu?S und noch weniger NaS—; nach dem Auswaschen aber mit heilsem Wasser ist sie 4CuBH-+5CuH, gemengt mit 2Cu?$ und etwas schwefelsaurem Natron. Kalte verdünnte Lösungen der Salze geben eine Verbin- dung 2C6uBH+3CuH, aber in hbeilsen verdünnten Auflösun- gen wird durch die grolse Menge Wasser der Fällung so viele Borsäure entzogen, dals sie nach dem Auswaschen die Zusam- mensetzung CuBH-+(10Cu+8H) hat. Wird bei verdünnten Lösungen das Kochen noch einige Zeit hindurch fortgesetzt, so kann man endlich einen Niederschlag erhalten, aus wel- chem alle Borsäure ausgewaschen ist und der wesentlich aus 40Cu+3H besteht. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Smithsonian contributions to knowledge. Vol. 3. 4. Washington 1852. 4. 2.3. and 5. annual Ieports of the Board of Regents of the Smithsonian Institution for the years 1848 and 1850. ib. 8. 992 Smithsonian Report on recent improvements in the chemical arts by James C. Booth and Campbell Morfit. ib. 1851. 8. Directions for collecting specimens of natural history. ib. 1852. 8. Registry of periodical Phenomena. ib. fol. List of Works published by the Smithsonian Institution, Washington. 8. List of foreign Institutions with which the Smithsonian Institution is in cor- respondence. 4. Abstract of the T. census of the United States. 4. ‚American zoological, botanical and geological Bibliography for the year 1851 by Charles Girard. 8. Report and map of the Route from Fort Smith, Arkansas, to Santa Fe, New Mexico by J. H. Simpson. Washington 1850. 8. IReport of the Commissioner of Patents for the year 1850. Part. 1. Arts | and Manufactures. Part. 2. Agriculture. ib. 1851. 8. Ieport on American Coals by Walter R. Johnson. ib. 1844. 8. Report on deepening the Water over the Bars at the Mouth of the Missis- | sippi by C. Ellet. ib. 1851. 8. Army meteorological Register for 12 years 1831—1842. ib. eod. 8. | Manual, containing tables for the Inspectors of Spirits in the U. S. Custom Houses, calculated by R. S. Mc. Culloh. Philadelphia 1849. 8. United States Patent Laws. 8. Information to persons having business to transact at the Patent Office. Washington 1551. 8. Report of the Superintendent of the Coast Survey for 1847. ib. 8. Traveller’s Guide through the united States of America, Canada etc. by W. Williams. Philadelphia 1851. 3. with Map of the Unit. States. fol. History and Statistics of the State of Maryland after returns of the T. cen- sus 1850. By Jos. C. G. Kennedy. Washingt. 1852. fol. Statistics of American Railroads by J. C. G. Kennedy. ib. eod. 8. Maury’s Sailing Directions. 3. Ed. ib. 1851. 4. 5 W.H.Sidell, Map of Railroad Routes from the Valley of the Missis- sippi towards the Pacific. fol. William M. Eddy, official Map of San Francisco in 1849. fol. Map of the Delta of the St. Clair. 1842. 2 Charts. fol. James Wijld, Map of Central-America. 1850. fol. Topographical Sketches of the Southernmost Part of San Diego. (M. S and Mexican Boundary Survey.) 3 Charts. fol. Notice of the origin etc. of the Academy of natural sciences of Phila- delphia. By W. S. W. Rutschenberger. Philad. 1852. 8, 2 Expl. \ Report of the Light-house Board. Washington 1852. 8. 533 Proceedings of the American Association for the advancement of science Meeting A. held at Philadelphia, Sept. 1848. Meeting 3. held at Charleston, March 1850. Meeting 5. held at Cineinati, Ohio, May 1851. Philadelphia, Charleston, Washington 1849—1851. 8. Proceedings of the Academy of natural sciences. Vol. V. No. 9. 10. und Titel mit Register, Vol. VI. No. 1. 2. Philadelphia. 8. Proceedings of the American philosophical Society, Vol. V. No. 47. Juli 1851 — Febr. 1852. 8. Henry R. Schoolcraft, History, condition and prospects of the Indian Tribes of the United States. Part. 2. Philadelphia 1852. 4. Die vorstehend verzeichneten Schriften und Karten sind der Akademie durch die Smithsonian Institution in Washington mittelst Schrei- bens vom 21. Juni d. J. übersandt worden. Proceedings of the American Academy of arts and sciences. Vol. Il. (Bogen) 30—45 (Schluls des 2. Bandes). Boston und Cambridge. 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben derselben Akademie vom 8. Juli d. J. Denkschriften der haiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philo- sophisch-historische Classe. Bd. 3. Wien 1852. fol. Mathemathisch -naturwissenschaftliche Classe. Bd. 3. Lief. 3. ib. eod. fol. Sitzungsberichle der kaiserl, Academie der Wissenschaften. Philosophisch- historische Classe. Bd. 8. Jahrg. 1852. Heft 1. 2. ib. eod. 8. Mathematisch - naturwissenschaftliche Classe. Bd. 8. Jahrg. 1852. Heft 1—3. ib. eod. 8. Archiv für Kunde österreichischer Geschichts - Quellen. Herausgegeben von der zur Pilege vaterländischer Geschichte aufgestellten Com- mission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. ‚Jahrg. 1851. Bd. 7. Heft 3.4. ib. eod. 8. Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österreich. Geschichts-Quel- len, 1852. No. 3—10. ib. eod, 8. Karl Fritsch, Kalender der Flora des Horizontes von Prag. Als An- hang zum Jännerheft 1852. 8. Aug. Pfizmaier, hritische Durchsicht'der von Dawidow verfa/sten Wörter- sammlung aus der Sprache der Aino’s. Als Beilage zu dem December- hefte des Jahrganges 1851 (Bd. Vll.) der Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe. Wien 1851. 8. J. J. Pohl und J. Schabus, Tafeln zur Reduction der in Millimetern ab- gelesenen Barometerstände auf die Normaltemperatur von 0° Celsius. (Aus dem Februar-Hefte des Jahrg. 1852 der Sitzungsberichte der 594 math.-naturw. Classe der kaiserl. Akad. der Wissensch. (VII. Bd., S. 275) besonders abgedruckt.) 8. I. J. Pohl und J. Schabus, Tafeln zur Vergleichung und Reduction der in verschiedenen Längemassen abgelesenen Barometerstände. (Aus dem März-Hefte des Jahres 1852 der Sitzungsberichte der math.- naturw. Classe der kaiserl. Acad. der Wissensch. (VII. Bd., S. 331) besonders abgedruckt.) 8. Im Auftrage der Kaiserl. Academie der Wissenschaften zu Wien von dem K. K. Hof-Buchhändler Herrn W. Braumüller daselbst mit- telst Schreibens vom 23. Juli d. J. der Akademie übersandt. Almanach der kaiserl. Acad. der Wissenschaften. 2. Jahrg. 1852. Wien. 8. Im Auftrage der Kaiserl. Academie der Wissenschaften zu Wien von dem K. K. Hofbuchhändler Herrn W. Braumüller daselbst mit- telst Schreibens vom 2. August d. J. übersandt. Jahrbuch der kaiserlich- königl. geologischen Reichsanstalt. 1852. III, Jahrg. No. 1. Jänner bis März. Wien. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Directors der K. K. geologischen Reichsanstalt in Wien, Hrn. etc. W. Haidinger, ohne Datum. Berichte über die Verhandlungen der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Mathematisch-physische Classe. 1851. II. Leipzig 1851. 8. F. Reich, neue Versuche mit der Drehwaage. Aus den Abhandlungen der mathematisch-physischen Classe der Königl. Sächs. Gesellsch. der Wissensch. zu Leipzig. ib. 1852. 8. M. W. Drobisch, Zusätze zum Florentiner Problem. Aus denselben Abhandl. ib. eod. 8. Wilh. Weber, elektrodynamische Maa/sbestimmungen insbesondere über Diamagnetismus. Aus denselb. Abhandl. ib. eod. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Secretars der mathematisch - phy- sischen Classe der Königl. Sächs. Gesellsch. der Wissensch. zu Leipzig, Herrn E. H. Weber vom 31. März d. J. Nova Acta Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae naturae curio- sorum. Vol. XXIII. Pars 2. Vratislav. et Bonn, 1852. 4. Mit einem Begleitungsschreiben dieser Academie d. d. Breslau den 15. Aug. d. J. Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien. Bd.1. Bogen 3—30. (Schluls des Bandes). Wien 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Secretars dieses Vereins, Herrn G. Frauenfeld d. d. Wien den 25. Sept. d. J. Annales des Sciences physiques et nalurelles, d’Agriculture et d’Industrie, publiees par la Societe Nationale d’Agriculture etc. de Lyon 2® Serie. $ Tome 3. Partie 1. 2. Annee 1850 et 1851. Lyon 8. S h 1; 555 Mit einem Begleitungsschreiben des Secretaire-Archiviste der Societe Nat. d’Agriculture, d’histoire naturelle et des arts utiles de Lyon, Herrn E. Mulsant vom 20. Juni d. J. Memoires de !Academie Nationale des sciences, belles-lettres et arts de Lyon. Classe des sciences. Nouvelle Serie. Tome 1. Lyon 1851. 8. Classe des lettres. Nouv. Serie. Tome 1. ib. eod. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Secretaire-Archiviste der Academie Nat. des sciences, belles-leltres et arts deLyon, Herrn E. Mulsant vom 20. Juni.d. J. Catalogue des Manuscrits et Aylographes orientaur de la Bibliotheque Imperiale publique de St. Petersbourg. St. Petersb. 1852. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Directors der Kaiserlichen öffent- lichen Bibliothek zu St. Petersburg, Herrn Baron von Korff vom 18. Juli d. J. Girolamo Venerio, Osservazioni meteorologiche falte in Udine nel Friuli pel quarantennio 1803—1842. Udine 1851. fol. Mit einem Begleitungsschreiben des Herrn Antonio Venerio in Udine vom 30. April d. J., und der Academie mitgetheilt durch das vor- geordnete Königl. Ministerium mittelst Rescripts vom 7. Sept. d.J. Baron Silvio Ferrari, douze figures relatives au dodecagone regulier inscerit a priori dans le Cercle, et a la trisection de l!’angle au centre, Turin, Juillet 1852. fol. Mit 4 Tafeln. 3 Expl. Mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Turin den 20. Sept. d.J. Samuel Levin Hecht, Grundlinien zum System der absoluten Philosophie. Greifswald 1852. 8. 20 Expl. Mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Gützkow den 22. Aug. d.J. The Transactions of the Linnean Society of London. Vol. 21. Part. 1. London 1852, 4. Proceedings of the Linnean Society of London. No. 45—47. 1851. 8. List of the Linnean Society of London. 1851. 4. Report of the 21. meeting of the British Association for the advancement of science; held at Ipswich in July 1851. London 1852. 8. Address at the anniversary meeting of Ihe Royal geographical Society, 24. May 1852. By Sir R. J. Murchison, President. London 1852. 8. Address delivered at the anniversary meeting of the geological Society of London, on the 20. of Febr. 1852 etc. by William Hopkins, Pre- sident. ib. eod. 8. The quarterly Journal of the geological Society. No. 30. 31. Vol. VII, Part. 2. 3. May 1. Aug. 1. 1852. ib. 8. 556 W. Hopkins, on the causes which may have produced changes in the Earth’s superficial temperature. (From the quart. Journal of the geolog. Society of London for Febr. 1852.) ib. 1852. 8. The quarterly Journal of the chemical Society. No. 17. 18. Vol. V. 1. 2. April 1, July 1, 1852. ib. eod. 8. Journal of the Asiatie Society of Bengal. No. 226. 227. New Series No. 52. 53. No. 2.3. 1852. Galcutta 1852. 8. The 29'h annual Report of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland 1852. To which is added a later communication from Lieut.-Col. Rawlinson, containing outlines of Assyrian. history from the inscriptions of Niniveh; followed by some remarks by A. H. Layard. London 1852. 8. The 19'h annual Report of the Royal Cornwall polytechnie Society 1851. Falmouth. 8. Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Academie des sciences 1852. 1" Semestre Tome 34, No. 17—26. :26. Avril bis 28. Juin; 2° Semestre Tome 35. No. 2—8. :12, Juill. — 20. Aoüt, et Tables du Tome 33. (2° Semestre de 1851.) Paris. 4. | Bulletin de la Societe geologique de France, 2° Serie Tome 8. Feuilles | 35 — 40. Tome 9. Feuill. 15—19. Paris 1850 ä 1852. 8. Liste des Membres de la Societe geologique de France au 1" Juillet 1852. ib. 8. | Verhandelingen der eerste Klasse van het Koninklyk-Nederlandsche Insti- | tuut van Wetenschappen, Letterkunde en Schoone Kunsten te Amster- dam. Beeks II. Deel 5. Amsterdam 1852. 4. Tijdschrift voor de wis- en naluurkundige Wetenschappen, uitzegeven door de eerste Klasse van het K. Nederl,. Instituut van Wetenschappen etc. Deel 5. Aflev. 1—3. ib. 1851. 52. 8. Jaarboek van het Koninkl.- Nederlandsche Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en schoone Kunsten voor 1851. ib. 1852. 8. Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft. Bd. 6. Heft 3, Leipzig 1852. 8. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göltingen 1852. No. 9. 10. 8. ß 24. Publication des literarischen Vereins in Stuttgart (5. Jahrgangs, 18/9 u. 1850, 7. Publication), enthaltend Memoires de Philippe de Vigneulles publ. par H. Michelant. Auch mit dem Titel: Bibliothek des litt. Vereins in Stuttgart. XXIV. Stuttgart 1852. 8. J.S.Bowerbank, on the siliceous Bodies of the Chalk. (From the An- nals and Mag. of nat. hist. 1847.) 8. & ‚ on the Pterodactylus Giganteus. (From the quart. Journ. of the geolog. Soc. of London 1848). 8. n 1 h 597 J. S. Bowerbank, on a siliceous Zoophyte, Aleyonites Parasiticum. (From the quart. Journ. of the geolog. Soc. of London 1849.) 8. ‚ on the Pterodactyles of the Chalkformation. (From the Proceedings of the zoolog. Soc. of London 1851.) 8. ‚, Palaeontographical Society instiluled 1847. 8. Michael Faraday, XI. Experimental Researches in Electrieity. Series XXIX. (London) 4. y ‚ on the physical character of the lines of magnetic force. From the philosoph. Magaz. for June 1852. (ib.) 8. Manuel J. Johnson, astronomical observations made at the Radeliffe Observatory, Oxford, in the ycar 1850. Vol. XI. Oxford 1852. 8. Sir Roderick Impey Murchison, on the meaning of the term „Silurian System” etc. From the quart, Journ. of the geolug. Soc. of London. London 1852. 8. F. G. W.Struve, Stellarum firarum imprimis duplicium et multiplicium posi- tiones mediae pro epocha 1830, 0, deductae ex observalionibus meri- dianis annis 1822 ad 1843 in specula Dorpatensi institutis. Petro- poli 1852. fol. Erpose historique des travaux erecutes jusqu'a la fin de Vannde 1851 pour la mesure de l’Arc du Meridien entre Fuglenaes 70° 40’ et Ismail 45° 20. Suivi de deux rapports de M. G. Lind- hagen sur l’expedition de Finnmarken en 1850 et sur les operations de Lapponie executees en 1851. St. Petersbourg 1852. 4. L.R. Le Canu, nowvelles etudes chimiques sur le Sang. Memoire lu ä l’Academie des sciences de l’Inst. le 5. Juill. 1852. Paris 1852. 8. Alexis Perrey, Note sur les tremblements de terre ressentis en 1848. (Dijon) 8. -, Documents relatifs aux tremblements de terre dans le Nord de !’Europe et de l’Asie. Extrait etc. 1848. 8, ‚ Sur les tremblements de terre dans les iles Britanniques. Extrait etc, 1849. 8. J. A. H. Michiels van Kessenich, Responsum ad Amam a facultate philosophiae et littera. in Academia Gandavensi proposilam quaeslio- nem: (Quaenam fuerit apud KRomanos pp. puerorum educandorum et instituendorum disciplina etc. pro concursu anni 1820. Ruraemundae 1844. 8. ‚ Raisonnements sur le crime de faur, ecrits en 1822 4 1823. Ruremonde 18435. 8. Quetelet, sur Pelectricite de air, d’apres les observations de Munich. Extr. du Tome 19. No. 8. des Bullet. de l’Acad. Royale de Bel- gique. 8. 558 Pier-Camillo Oreurti, Catalogo ilustrato dei Monumenti Egizü del R. Museo di Torino. Torino 1852. 8. Andrea Zambelli, sul!’ influenza politica dell’ Islamismo, Memorie tre lette etc. 1852. 4. F. Carrara, de’ Scavi di Salona nel 1850. Memoria. Praga 1852. 4, Deregis Giovanni, sopra gli strumenti d’osservazione ad indicazione continua, Memorie (Gozzano 1852). 4. (Zantedeschi), Giornale fisico-chimico italiano, Puntata 3 del 1852. (Padova). 4. Jan Kops, Flora Batava, vervolgd door P. M. E. Gevers Deijnoot. Aflev. 169. Amsterdam. 4. W.L. Holland, der abenteuerliche Simplieissimus. Versuch einer Aus- gabe nach den vier ältesten Drucken. Tübingen 1851. 8. Fr. W. A. Argelander, astronomische Beobachtungen auf der Stern- warte der Königl. Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität zu Bonn. Bd. 2. Durchmusterung des südlichen Himmels zwischen 15 und 31 Grad der Declination. Abth. 1. Bonn 1852. 4. Anhang zum 2. Bande enthaltend Hülfstafeln zu den Bonner südlichen Zonen. ib. eod. 8. J.M.J. De Saive, die Inokulation, ein Schutzmittel gegen die Lungen- seuche des Rindviehs. Köln 1852. 8. Eınst von Lasaulx, zur Geschichte und Philosophie der Ehe bei den Griechen. Aus den Abhandlungen der k. bayer. Acad. d. W.1. Cl. VII. Bd. 4. Abth. München 1852. 4. Karl Fritsch, Resultate mehrjähriger Beobachtungen über jene Pflanzen, deren Blumenkronen sich täglich periodisch öffnen und schliefsen. (Aus den Abhdl. der Königl. Böhmischen Gesellsch. der Wissensch. V. Folge 7. Bd. besonders abgedruckt.) Prag. 1851. 4. Memorial de Ingenieras. Ano 7. Num. 7. Julio de 1852. Madrid 8, The astronomical Journal. No. 43—47. Vol. II. No. 19—23. Cambridge 1852, June 26 — Aug. 25. 4. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 819—828 nebst Titel und Register zum 34. Bande. Altona 1852. 4. L’Institut A® Section. Sciences mathemat., physig. et naturelles. 20° Annee. No. 961—972. 2. Juni — 18. Aoüt 1852. Paris. 4. 2e Section. Sciences historig., archeol. et philosoph. 17° Annee. No. 196. 197. Avril — Mai 1852. ib. 4. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Aoüt, Septembre. Paris. 8. Le Soleil du Daguerreotype-Photographie ete. 1° Annee. 1. Sept. 1852, Paris. fol. 559 Revue archeologique. 9° Annee. Livr. 5. 6. 15. Aoüt, 15. Sept. Paris 1852. 8. Mnemosyne. Tijdschrift voor classieke Litteratuur van E. J. Kiehl etc. Deel I. Stuk 3. July — Sept. 1852. Leyden 1852. 8. The Museum of classical antiquities. Vol. ll. Part. 2. (No. 6.) 30. June 1852. London. 8. A. L. Crelle, Journal für die reine und angewandte Mathematik. Bd. AA. Heft 1—3. Berlin 1852. 4. 3 Expl. Elie Wartmann, 1) sur divers phenomenes meteorologiques. — 2) sur les ombres atmospheriques. — 3) 5° Memoire sur l’induetion. — 4) Note sur la polarisation des rayons chimiques qui existent dans la lumiere solaire. — 5) Note sur les courants electriques qui existent dans les vegetaur. — 6) Note sur la polarisation de la chaleur almospherique. Extraits de la Bibliotheque universelle de Geneve, Avril 1849 — Oct. 1851. 8. ‚ Itecherches sur la conductibilite des mineraux pour Velectri- eite Voltaique. (Lues a la Societe de Physique et d’Hist. nat. de Geneve le 20. Nov. 1851.). 4. Annals of the Lyceum of natural history of New-York. Vol. V. No. 2—8, April 1851 — June 1552. New-York 1851. 52. 8. Annales des mines. 5° Serie. Tome 1. Livr 2. de 1852. Paris 1852. 8. Mitgetheilt durch das vorgeordnete Königliche Ministerium mittelst Rescripts vom 6. Oct. d. J. Hierauf wurden folgende Verfügungen des vorgeordneten _ Herrn Ministers vorgetragen: as 1) 2) 3) In zwei Verfügungen vom 12. August werden auf Antrag der Akademie aus deren Fonds 42# Thlr. und 150 Thlr. für die Aufbewahrung und Beschaffung des Materials des corpus inscriptionum latinarum bewilligt. In der Verfügung vom 19. August wird der Antrag der Akademie genehmigt, dafs aus ihren Mitteln für Anferti- gung der Indices und für die Correctur des Katalogs der auf der hiesigen K. Bibliothek vorhandenen Sanskrithand- schriften 250 Thlr. an Herrn Dr. A. Weber gezahlt werden. In der Verfügung vom 21. August wird der Antrag der Akademie genehmigt, dafs aus ihren Mitteln für die Ab- schrift zweier noch ungedruckter, in das corpus scriptorum historiae Byzantinae aufzunehmender Bücher des Nicephorus 560 Gregeras 75 Thlr., für deren lateinische Übersetzung 30 Thlr. gezahlt werden. 4) In der Verfügung vom 26. Aug. wird genehmigt, dafs aus dem Fonds der Akademie dem Dr. Otto Ribbeck zur Unterstützung seiner literarischen Reise nach Rom die beantragte Summe von 200 Thlr. gezahlt werde. In einem Schreiben aus Weimar vom 20. v. M. nimmt Herr Edward Robinson die auf ihn gefallene Wahl der Akademie zum correspondirenden Mitgliede dankend an. Die Akademie empfing mit aufrichtigem Bedauern die wäh- rend der Ferien eingegangene Anzeige von dem Tode ihres correspondirenden Mitgliedes Hrn. Johann Andreas Schmel- ler. Geboren am 6. August 1785 starb er am 27. Juli 1852. Aufserdem wurden die Empfangsbescheinigungen für die übersandten akademischen Schriften vorgelegt und zwar von der amerikanischen Akademie zu Boston, von der Universitäts- bibliothek zu Breslau, von der deutschen morgenländischen Gesellschaft, von der Universitätsbibliothek zu Greifswalde, von dem naturhistorischen Verein der preufsischen Rheinlande und Westphalens, von der Universitätsbibliothek zu Bonn, von der American philosophical society in Philadelphia, von der Societ£ nationale d’agriculture, d’histoire naturelle et des arts utiles zu Lyon, von der Königl. Akademie der Künste, von der Societät der Wissenschaften zu Göttingen, von der Linnean society zu London, von der Bibliothek des philologischen Seminars zu Halle, so wie ein Schreiben ähnlichen Inhalts von dem vorge- ordneten Herrn Minister. 21. October. Öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs. Hr. Boeckh leitete als vorsitzender Sekretar die Feier mit folgendem Vortrag ein: i Die bestehenden Gesetze unserer Akademie enthalten für die heutige Feier die Bestimmung, dals an ihr „ein Jahres- bericht über die Leistungen der Akademie überhaupt, nament- lich in Rücksicht ihrer eigenen Abhandlungen und ihrer eigenen und der von ihr unterstützten wissenschaftlichen Unternehmun- # 561 gen erstattet werden” solle. Diese Gesetze sind wohl erwogen und daher auch dauerhaft: ein grolses Glück für jede Gemein - schaft, deren Beständigkeit keine Gewähr haben kann, wenn ihre Gesetze fortwährend geändert werden und dadurch ein schwebender und schwankender Zustand entsteht. Dauerhaft werden aber nur die Gesetze sein, welche der Ausdruck des Wesens einer Gemeinschaft sind, nicht aber durch zufällige Umstände entstanden, nicht auf ein augenblickliches vorüber- gehendes Bedürfnils gegründet, oder von Parteigeist und Leiden- schaften hervorgerufen. Drücken nun unsere Gesetze das Wesen der Sache aus, so kann auch die eben erwähnte Vorschrift keine zufällige sein. Wie mag es aber in der Natur der Sache lie- gen, dals zur Feier oder Nachfeier der Geburt des regierenden Königs die Leistungen der Akademie während des verflossenen Jahres angegeben werden sollen? Doch nur insofern als die | Persönlichkeit desselben, seine Grundsätze und Ansichten und seine besondere Wirksamkeit für das Gesammtleben und _ somit auch für die Hauptthätigkeit einer solchen vom Staate eingesetzten Gesellschaft vorzugsweise malsgebend und bestim- mend sind. Es kann hiergegen eingewandt werden, dieser durchgreifende Einfluls des Fürsten sei nur in einer unum- schränkten Monarchie möglich, und zwar in einer alle Verhält- nisse rücksichtslos beherrschenden, die nicht einmal die fest- stehenden gesetzlichen Körperschaften unberührt gewähren lasse, wie doch in manchen unumschränkten Alleinherrschaften Ge- meinden mancher Art die Selbstregierung ihres Innern bereit- willig zugestanden worden: sei die Alleinherrschaft eine be- schränkte, so könne das ganze Leben einer wissenschaftlichen Körperschaft nicht mehr von der Persönlichkeit des Herrschers bestimmt sein, vielmehr könne diesem etwas wider seine Nei- gung abgenöthigt werden, nicht blols eine Begünstigung der Wissenschaft oder wissenschaftlicher Verbindungen, wenn er jener oder diesen nicht gewogen sei, sondern auch Ver- unglimpfung, Bedrückung, Verkürzung oder wie man es sonst nennen mag, während von ihm selber die Wissenschaften und ihre Pfleger hochgeschätzt würden. Dies läfst sich um so weniger ganz bestreiten, als das vor kurzem eingetretene auffallende Schicksal einer angesehenen akademischen Gesellschaft dahin 562 führt, dessen wir unbedenklich Erwähnung thun dürfen, da es Gegenstand voller und amtlicher Öffentlichkeit geworden ist. Das Königlich-Niederländische Institut für Wissenschaften, Litte_ ratur und schöne Künste war in bewegten und gefahrvollen Zeiten von einem dem Lande aufgedrungenen Fürsten errichtet, nach Hollands Vereinigung mit dem Französischen Kaiserreiche von Napoleon anerkannt und demnächst von drei Königen aus dem alten Hause Oranien lange Zeit aufrecht erhalten worden: indessen wurden seine Einkünfte mit seiner Zustimmung von 15000 Fl. auf 11000 Fl. herabgesetzt, vom Jahre 1850 an aber vollends gar auf 6000 Fl. Als das Institut jetzt im begriff war, Mafsregeln zu seiner Auflösung zu nehmen, weil es bei dieser Schmälerung sich nicht weiter im Stande erach- tete ein ehrenvolles Dasein fortzuführen, wurde es durch ein persönliches Geschenk des Königlichen Schutzherrn noch ein- mal so weit unterstützt, dals es seine Arbeiten regelmäfsig fortsetzen konnte; da weitere Verhandlungen nicht zum Ziele führten und das Institut im Jahre 1851 abermals damit um- ging, in einer Adresse an den König seine Auflösung zu ver- langen, erhielt es wiederum 4000 Fl. von einem Ungenannten, welcher sich als eine Person unterzeichnet hatte, die die Wissen- schaften, die Litteratur und die Künste ehrt, damit dem Institut die Herausgabe seiner wissenschaftlichen Arbeiten und die Fort- setzung der letzteren möglich wäre, bis endlich die gelehrte Körperschaft, welche bis dahin aus vier Klassen bestanden hatte, aufgelöst wurde, um mit Beseitigung dreier, nämlich der zwei- ten für Niederländische Litteratur und Geschichte, der dritten für die übrige Geschichte und die Philologie, und der vierten für die Künste, nur an die Stelle der ersten, und gegen deren Zustimmung, eine den mathematischen und physikalischen Wis- senschaften gewidmete Gesellschaft zu setzen; eine Malsregel, die um so merkwürdiger ist, da sie in einem Lande getroffen worden, welche seine unabhängige vaterländische Litteratur nach schönen Anfängen doch immer noch erst geltend zu machen hat, welches mehrere Jahrhunderte hindurch die ruhmvolle Pfle- gerin der philologischen Studien gewesen und in den Künsten Anerkanntes und Eigenthümliches geleistet hat. Wie aus den angeführten Umständen zu folgen und wie man zwischen den | . 963 Zeilen lesen zu können scheint, liegt hier allerdings ein Fall vor, der als Beweis für dasjenige gelten kann, um dessen willen ich diese Sache berührt habe. Doch mag man hierüber ur- theilen wie man wolle, so hege ich das sichere Vertrauen, in unserem Staate, dem ich das beste verfassungsmälsige Gedeihen wünsche, werde niemals ein Zustand eintreten, vermöge dessen ein persönliches Gewicht des Königs für das Gesammtleben der wissenschaftlichen Körperschaften bedeutungslos wäre. Aber mit noch grölserem Schein könnte man behaupten, weit mehr als der persönliche Einfluls des Fürsten werde das Zeitalter oder der sogenannte Zeitgeist wie auf den ganzen Staat so auf die von ihm eingesetzten Gesellschaften einwirken und für ihre Thätigkeit bestimmend sein. Freilich wäre es zu beklagen, wenn eine solche Einwirkung ausbliebe, vorausgesetzt, dals in dem jedesmaligen Zeitgeiste ein Fortschritt liege, und vielleicht selbst dann, wenn er einen wesentlichen Fortschritt nicht ge- währt hätte, da doch meistentheils auch in diesem Falle anzu- nehmen sein wird, dals er einen künftigen Fortschritt vorbe- reite. Indessen giebt es Beispiele genug, woraus man erken- nen mag, der Eintlufs des Fürsten auf gelehrte Körperschaften könne auch dem Zeitgeist entgegen sehr wirksam sein: ich führe zwei uns nahe liegende an, eines was nur Project blieb, aber auch als solches seine Beweiskraft nicht verliert, und eines welches kräftig ins Leben getreten ist. Friedrich Wilhelm der grolse Kurfürst, gleich ausgezeichnet durch die Künste des Friedens wie durch die des Krieges, nach des grolsen Friedrich Ausdruck ebenso bewundernswürdig an der Spitze der Heere, mit welchen er der Befreier seiner Unterthanen wurde, als an der Spitze seines Rathes, wo er seinen Völkern das Recht ver- waltete und ein untergegangenes Land von der Vernichtung wieder erhob, hatte bekanntlich die Absicht, eine Universität aller Völker, Wissenschaften und Künste zu gründen: war ihm der Gedanke zuerst durch andere dargeboten, so dürfen wir ihn doch als den seinigen bezeichnen, da er ihn zu dem seini- gen gemacht hatte. ,„Wenn”, heifst es in der von ihm unter- zeichneten Stiftungsurkunde, „irgend Diener der anmuthigen Musen da sind, wenn irgend Forscher in den trefflichsten Wissenschaften, edlerer Künste Erfahrene, wenn welche durch 9 * 564 ihre Gottesverehrung und Religionsgebräuche ins Gedränge gebracht, wenn welche einer harten Herrschaft überdrüssig, freiheitsliebend, durch Östracismus aus ihrem Vaterlande ver- jagt oder aus irgend einer andern nur nicht ehrenrührigen Ur- sache landflüchtig sind, wenn welche in der Gesellschaft von Gelehrten und in einer wissenschaftlichen Unterhaltung den Reiz der Welt finden; so mögen die vorgenannten und alle guten und ehrenhaften Männer, von welchem Volke und an- ständiger Beschäftigung und Glauben sie seien, hierdurch wissen, dals sie in dieser Universität finden werden einen Parnals, einen Mäcenas, Ehre der Künste und Wissenschaften, der Gewissen und aller Dinge anständige Freiheit, Trost den Leidenden, den Verbannten Zullucht und Freistatt, vortrefflicher Seelen Ge- meinschaft, Genossenschaft edler Geister, die Wonne der ge- bildeteren und über den grolsen Haufen hinaus einsichtigen Menschheit.” Er will, heist es weiter, dieser Universität „einen Ort geben und weihen zum Sitze der Musen, zum Tempel der Wissenschaften, zur Werkstatt der Künste, zum Wohnsitze der Tugend, zu einer Königsburg der besten und erhabensten Beherrscherin der Welt, der Sophia.“ Er verspricht allen Dissidenten im Christlichen Glauben Freiheit der Gewissen und der Religionsübung, namentlich den Reformirten, den Arminia- nern, den Lutherischen, den Römisch-Katholischen, den Griechen und allen, die den dreieinigen Gott bekennen und im Verdienst und Blute Christi die Hoffnung der Seele und den Grund des Heils finden; auch wenn ausgezeichnete Hebräer, Araber und andere der Ungläubigen ihren Sitz in dieser Universität auf- schlagen wollen, soll ihnen dies unter Nachsuchung besonderer Erlaubnifs verstattet sein, jedoch mit dem Versprechen, dafs sie ihre Irrthümer für sich behalten und nicht zu verbreiten suchen und ein anständiges Leben führen werden ohne Ärger- nils zu geben. Allen ist freier Zutritt ohne Auflagen, ebenso jederzeit freier und ungehinderter Abgang verstattet. In der Verwaltung werden die gröfsten Freiheiten gegeben, und es wird versprochen, der Universität für Kriegsfälle die Neutra- lität zu erwerben, den Kurfürstlichen Truppen aber das Betre- ten des Ortes, sei es zum Durchmarsch oder Aufenthalt, unbe- dingt verboten. Immerhin mag man diesen Plan, in dessen 565 übrige Einzelheiten ich nicht eingehen will, für abenteuerlich und unausführbar erklären, wie er denn, zunächst wohl nur wegen der Unzulänglichkeit der Mittel, die bessere Zeiten und einen grölseren Staat erfordert haben würden, nicht zur Aus- führung gekommen ist: doch wird man zugestehen, dafs der Gedanke ein grofsartiger und das Zeitalter überragender war, und-dals ein Fürst, der solche Entwürfe fassen oder gutheilsen konnte, in der Begünstigung der Wissenschaften und in der Einrichtung wissenschaftlicher Anstalten dem, was man Zeit- geist zu nennen pflegt, weit vorauseilen konnte. Einen andern Widerspruch mit dem Geiste der Zeit in der Bildung und Er- haltung einer wissenschaftlichen Körperschaft zeigt Friedrich der Grolse in Bezug auf unsere Akademie selber; und wenn von ihm gerade ein Vorauseilen erwartet werden konnte,. be- steht hier der Widerspruch vielmehr darin, dals er dem Geiste der Zeit nicht nachgab, sondern an dessen Stelle den seinigen walten liels. Wir wollen es ihm aus Gründen, die schon oft erörtert sind, nicht verargen, wenn er diese Akademie bei ihrer Wiederherstellung zu einer durchaus Französischen machte: aber wir können nicht läugnen, dafs er in Bezug auf die Litte- ratur dem Deutschen Volksgeiste seiner Zeit bis an sein Ende widerstrebte, indem er von den kräftigen Regungen desselben, wodurch während seiner Regierung die Bildung einer eigenen von der Französischen unabhängigen Litteratur mehr als vor- bereitet worden, so gut wie gar nicht berührt wurde und na- mentlich in der Akademie dem Deutschen Elemente den gering- sten Spielraum vergönnte: sie blieb bis zu seinem Tode eine Französische; ein schlagender Beweis, wie der Geist des Für- sten auch im Widerspruch mit Volk und Zeit für eine solche Gesellschaft entscheidend sein kann. Nachdem also die Haupt- einwürle gegen die Ansicht, von welcher ich ausgegangen bin, beseitigt worden, wird man dabei verharren dürfen, dafs die Persönlichkeit des Herrschenden für das Gesammtleben wissen- schaftlicher vom Staate eingesetzter Körperschaften vorzugs- weise von Einfluls ist. Es folgt hieraus freilich nicht, dafs die Geschichte dieser Anstalten gleichzeitig mit jedem Regierungs- wechsel einen Wendepunkt habe: vielmehr kann der vorige Zustand unter der folgenden Regierung lange fortdauern und 966 eine Änderung erst allmählig oder auch gar nicht eintreten, wenn die Anstalt eine gewisse Festigkeit erlangt hat oder der Fürst sich gegen sie gleichgültig verhält: aber man wird es doch kaum mifsbilligen können, wenn der Geschichtschreiber einer Akademie in Anerkennung des meistentheils vorwiegenden Einflusses persönlicher Richtungen des Fürsten seine Epochen nach deren Regierungen absteckt, wie Christian Bartholmels in seiner mit vieler Liebe, Kenntnils und Geist verfalsten phi- losophischen Geschichte unserer Akademie gethan bat. Gerade diese Akademie hat die Abhängigkeit ihrer Schicksale von der Geistesrichtung der Fürsten in hohem Maalse gefühlt. Die auf Leibnizens Betrieb gegründete Societät der Wissenschaften gilt mit Recht für unsere Akademie, und ist mit letzterem Namen von sihm nur defshalb nicht benannt worden, damit man sie nicht mit einer Universität verwechselte: ihre Stiftung war zwei Monate nach der Krönung des Königs, am 18. März 1700 mit zur Verherrlichung des neuen Königthums beschlossen, die Stiftungsurkunde wurde im nächstfolgenden Monat Juli an dem Geburtstage des Königs vollzogen und die Einweihung auf den Tag nach dem Krönungsfeste angesetzt, alles recht zum Be- weise der persönlichen Gunst des Königs; ihre Gründung ging indels sogar mehr von der Königin als von dem König aus, und Leibniz, die Seele der neuen Schöpfung, nach dem Tode der Königin nur noch dem Namen nach Präsident, wurde seit dieser Zeit mehr und mehr vernachlässigt und vergessen, was auf die Ge- sellschaft nur nachtheilig wirken konnte: ja er wurde nicht einmal zu der Einsetzung der Gesellschaft in ihr Gebäude ein- geladen, als diese am 19. Januar 1711 zum ersten Mal sich darin versammelte, eben wiederum weil nur die persönliche Neigung obwaltete. Was soll man aber erst von der persön- lichen Einwirkung des Königs Friedrich Wilhelm I. sagen? Mit Recht sagt der vorgenannte Geschichtschreiber der philo- sophischen Leistungen der Akademie, wenige Epochen zeigten besser als die Regierung dieses Königs, wie vielen Einfluls in der geistigen Entwickelung eines Landes der persönliche Cha- rakter des Herrschers habe. Die anderweitigen Tugenden die- ses mit einer ganz eigenthümlichen Art väterlicher Gewalt herr- schenden Landesvaters und seine sehr bedeutenden Verdienste er wurden; ’ 567 um das Reich, die sein grolser Sohn trotz aller erlittenen Un- bill gebührend anerkannte, liegen meiner gegenwärtigen Be- trachtung fern, und die den Künsten und Wissenschaften, ja aller feineren Bildung abholde Gemüthsart und Geistesrichtung des in seiner Weise tüchtigen Mannes und der klägliche Zu- stand der Akademie unter seiner Regierung sind zu bekannt, als dals ich lange dabei verweilen möchte: ich sage nur, dafs das Schwert immer über ihrem Haupte hing, dals jeder Akade- miker sich fürchtete ihn persönlich zu sehen, dals er mit der Gesellschaft fast in keinem als in den spalshaften Verhältnissen stand, die man aus den allgemein verbreiteten Anekdoten kennt, dals er sich mit derselben durch die ihr auferlegte Errichtung eines medicinisch-chirurgischen Collegiums aus ihren mälsigen Einkünften, vorzüglich für seine Militärchirurgen, einigermalsen aussöhnte, dals er ihr als der Vertreterin der Wissenschaften aus Dankbarkeit für die Hülfe, welche eine derselben, die Arznei- kunde, ihm in schwerer Krankheit geleistet hatte, funfzig Thaler schenkte, und dals er zur Entschädigung für die Erniedrigungen, welche ihr Präsident, sein lustiger Rath, sich zur Unterhaltung des Königs gefallen liels, der Gesellschaft die Privilegien, auf denen ihre Einkünfte beruhten, bestätigte und sogar ausdehnte. Noch weniger Worte sind nöthig, um daran zu erinnern, dafs die Akademie unter Friedrich II. alles, was sie war, durch ihn war. Er hat die Einrichtungen derselben festgestellt, er hat statt eines früher ihr angewiesenen praktisch-religiösen Zweckes die Philosophie, sowohl die speculative als die praktische, in sie eingeführt und ihr dadurch eine eigenthümliche Richtung ge- geben. Eine Zeit lang hielt sie sogar ihre Versammlungen im königlichen Schlols; Anfangs nur Schutzherr der Akademie, zog er bald alle Theile ihrer Verwaltung an sich; er verlieh ibr dadurch einen besonderen Glanz, dals er manche seiner litterarischen Erzeugnisse in ihr vortragen liels, und dals durch ihn, wie Formey sagt, die akademischen Plätze Ehrenpatente wurden, „welche mit denen von Marschällen und Ministern zusammenstanden, welche von Fürsten und Helden gesucht ’ und für das Ausland gewann sie, obwohl durch her- vorragende Gelehrte, insbesondere Mathematiker, schon an sich bedeutend genug, durch seinen eigenen Ruhm und durch das 568 Ansehen, zu welchem er den Staat erhoben hatte, so viel Na- men, dals sie bei Gründung oder Erneuerung anderer Akade- mien zum Vorbilde diente. Denn eine wissenschaftliche Anstalt im Mittelpunkte eines von der öffentlichen Meinung getragenen und gefeierten Staates wird, indem von diesem und seinem Be- herrscher auch auf sie einige Strahlen fallen, gewils die Auf- merksamkeit mehr auf sich ziehen, als eine ihrem eigenen Werthe nach gleich berechtigte in einem gering angesehenen Lande. Ich gebe zu, dafs unter dem nächsten Nachfolger des grolsen Friedrich die Wirksamkeit des unmittelbaren Einflusses des regierenden Hauptes auf die Akademie nicht in dem Grade sich nachweisen läfst wie früher; selbst Wöllners Aufnahme in die- selbe, die kaum drei Monate nach dem Thronwechsel erfolgte, brachte keine wesentliche Änderung hervor, und die Verstär- kung des Deutschen Elementes in der Akademie war längst durch die Zeit geboten, und man kann nur sagen, dals Friedrich Wilhelm II. keinen Beweggrund hatte, dieser in dieser Bezie- hung einen ferneren Widerstand entgegen zu setzen. Und weiter herab will ich nicht gehen, um meinen Satz durchzu- führen; ich sage nur: was die Akademie Friedrich Wilhelm dem III. verdankt, ihre volle wissenschaftliche Freiheit, die ihr auch während der Herrschaft der Censur verblieben war, ihre angemessene Unabhängigkeit und die Beseitigung alles eitlen Scheins, von dem niemand mehr als er entfernt war, wird stets in treuem Andenken bewahrt werden; und dafs der edle König, dem die heutige Festfeier geweiht ist, begeistert für Kunst und Wissenschaft, und wenn irgend ein Fürst für die Förderung derselben geboren und bestimmt, in der ursprüng- lichen Empfänglichkeit für alles Gute und Schöne wie den andern Bildungsanstalien so der Akademie von dem Beginne seiner Regierung an sich huldvoll erwiesen, besonders aber unserer Gesellschaft sein ganzes Wohlwollen und Vertrauen zugewandt, und sie nicht nur mannigfach begünstigt, sondern sogar vorgezogen hat, ist unserem Bewulstsein zu tief und un- auslöschlich eingeprägt, als dafs ich veranlalst sein könnte, an dem Gegenwärtigen zu zeigen, was ich lieber in der Vergan- genheit nachgewiesen habe, dasjenige, wozu ich jetzt vor- schriftgemäls übergehe, sei nicht durch willkürliche Satzung, E FE 569 sondern vermöge der Natur der Sache gerade diesem Tage zu- gewiesen worden. An diese Einleitung knüpfte sich die Übersicht der in der Akademie gehaltenen Vorträge und dessen, was sie während des abgelaufenen Jahres zur Ausführung ihrer eigenen wissen- schaftlichen Unternehmungen und zur Förderung anderer ge- leistet hat. Hierauf las Herr Dieterici die nach den bestehenden Vor- schrifien aus den akademischen Vorträgen des letzten halben Jahres gewählte Abhandlung: „Über das numerische Verhält- nils derjenigen, welche das höchste Lebensalter erreichen, zu den Culturzustäinden eines Landes.” (S. Monatsbericht vom 22. Juli d. J.) 25. October. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Meineke hielt über die Epidemien des Hippo- erates, besonders in Rücksicht auf griechische Namenkunde, folgenden Vortrag. Ich erinnere mich in jüngster Zeit nicht leicht eine Schrift mit gröfserer Theilnahme und Belehrung gelesen zu haben als die Epidemien des Hippocrates. Die Feinheit und Schärfe der Beobachtung, dieses Belauschen der Natur und des menschlichen Organismus, die Anschaulichkeit in der Beschreibung der ein- zelnen Krankheitsfälle, gröfstentheils mit Nennung des Namens und Wohnorts der behandelten Patienten, selbst die aphoristische und in den freisten Constructionen sich bewegende Darstellungs- weise, so wie die Anmuth der ionischen Mundart und der Ge- brauch prägnanter Wörter und Wendungen, alles dies verleiht iener Schrift einen besondern Reiz, der noch dadurch erhöht wird, dafs wir hier eine literarische Notabilität sich auf dem Felde practischer Thätigkeit bewegen sehen, die weit über die - Grenzen der Heimath hinaus sich über Thracien, Hellas, die _ Inseln des Ägäischen Meeres und einen Theil der Asiatischen Küste verbreitet ('). (1) Auf die V schiedenheit der Verfasser der einzelnen Bücher der Epidemien habe ich in dieser Darstellung nicht Rücksicht genommen. Die 570 Es läfst sich erwarten, dafs ein Werk von diesem Charac- ter zugleich eine nicht geringe Anzahl antiquarischer Notizen enthalten wird, die für den Philologen von mehr als gewöhn- lichem Interesse sind und mehr als einem Theile der Wissen- schaft zu Gute kommen. Um die Wahrheit dieser Behauptung zu erweisen, werde ich im Folgenden auf den Gewinn hinwei- sen, der sich aus einer sorgfältigen Benutzung des vorliegenden Materials für die griechische Onomatologie ergiebt. Zu diesem Ende werde ich die in den Epidemien vorkommenden Personen- namen in drei Gattungen theilen: 1) in solche, welche bisher in keinem onomatologischen Werke verzeichnet sind, 2) in solche, welche ihrer Form und Bildung nach der Cor- ruptel verdächtig sind, 3) endlich in solche, welche bisher nur als mythische oder als Heroen-Namen bekannt waren, nicht aber als solche, welche auch im bürgerlichen Leben üblich gewesen. I. Neue und bisher noch nicht verzeichnete Namen: "Aynsıs aus VI, 4, 4. wo die Handschriften 5 ’Ayarıos haben, nicht ohne auffallende Verbindung der ionischen Endung mit der dorischen Wortform. Das richtige hat Galen erhalten: 4 Aynsıos. "Ayysıs ist derselbe Name mit ’Aysries, zu dem sich "Ayysıs verhält wie Ködis zu Kuöias, Krsivis zu Krswies, Asivis zu Aswies u. a. m. ’AyAworeiys aus V, 69. Ayuaoyw rw ’Ayımorereos. ’Aygiavos aus VII, 4 za "Aygıcvw raeüre. Agrianos war bekanntlich zugleich ein Monatsname auf der Insel Kos. $. So- ranus V. Hipp. p. 885 K. und Bergk Beiträge zur griech. Mo- natskunde p. 49. ’Aupıdaaöns aus VII, 12. "Aupeupowdeos, mit der Variante "Aubıßgwöeos. ’Avsy,eros aus VII, 46. r& ’Aveyzrou. Gegen den Ver- dacht der Corruptel schützt diesen allerdings auffallenden Namen der Homerische "Eysros. Ausgabe, deren ich mich im Folgenden bedient habe, ist die von Hrn. Littre mit einer bei Ärzten heutiges Tags seltenen Kenntnils des Griechischen besorgte. Hier steht das erste Buch der Epidemien im 2ten Bde, das dritte Buch im 3ten, die übrigen Bücher im 5ten, 571 ’AmsAratos aus V, 22. ’AmedAnios Arsıroios, oder wie die Bücher richtiger haben, Aagıraios. Auch dies ist zugleich ein Monatsname im dorisch-mazedonischen Calender. Als Per- sonenname steht er auch bei Eusebius Can. chron. ed. Maii p- 148 ’Arsrrctos ’HAstos sradıov Zvize (1). Aosısrozuöys, ein Thasier, aus I p. 644. ‘Aorarıöyns aus VII, 6. vr "Apmaridew aderAper, und 9: ö mega “Asrarıör aAeimrrs. ’Arwmoros aus VII, 97. #7 ’Arwuorov. Denn so ist offen- bar statt ’Arcuorcv zu schreiben. ’Eursdoriun aus II, 3, 4. Dies ist richtig als Personen- name schon von andern erkannt worden; da der Name aber im Dativ steht, ’Eursdoriun, so ist es ungewils, ob wir einen Frauen- oder Mannsnamen anzunehmen haben. Im andern Falle wird der weiter unten zu erwähnende Name ®Aoriurs zu verglei- chen sein. ’Egesıvda aus I P- 702. "Egesıvov, es wize Maga Bowrou Ya- geödgy. Richtiger ’Egasivos. Als Mannsname häufig die patron. Form Egarwiöns. ’Eoaroraos und ’Ega@rvrros aus VII, 3 und 105. Eisgyerys aus V, 97. Dieser Name wird einigermafsen zweifelhaft durch VII, 35. wo dieselbe Person Evsgyos genannt wird. Wahrscheinlicher aber ist es dals Eveoyev aus Evegyerov, als umgekehrt dafs Edsgyirov aus Eitgyou verdorben sei. “Egnorrorienos aus VII, 11 und 14. ®ecpogßos aus V, 17. Ev Aagisn Ocopogßov mais. Kaıvies aus VII, 4. #5 Kewiov. Derselbe Name ist bei Jamblichus V. Pythag. 36. aus dem Zeizer Codex herzustellen. _ Ngl. Keil Anal. p. 229. Kisoysvirzos aus V, 65. Ws zu Kiesoyeriozw, wo eod. EC Asoviszw hat, und D Aswyeriszw. Jenes könnte auf Asovriszw führen. Indels wird KAsoyeviszw geschützt durch VII, 61. wo keine Variante. Das Prototypon Krsoyevys kommt öfters vor, und Krsoyzvirzos ist gebildet wie Aswrıwiszos von Asrrivys, und anderes der Art. (!) Die Canones chronici des Eusebius werden den Onomatologen gleichfalls eine reiche Ausbeute darbieten können. 972 Kieozvörs steht VII, 1. Da aber die Handschriften gröfs- tentheils Krewzuözs darbieten, so ist der Name vielleicht Asw- zuÖys zu schreiben. AswzVöys findet sich IV, 1. und 20. Koarısrüvaf, wie ‘Irzöve£, aus I p. 666. Koerisruverri, ös maoc "Haaren (— Yio) wei. Kööd:s aus VII, 5. #5 Kuödtos. Derselbe Name stand viel- leicht auch VII, 83. wo jetzt #egezVösı steht, der cod. C aber #uön hat, wofür also Kudz: (oder Kudı) zu schreiben wäre. Die- selbe Variante findet sich auch I p. 644 “Hoa#r.störs 06 zariasıro magc "Agısrorudsı, wo cod. A mooee ro Kuözı darbietet. Köos steht als nomen proprium IH, 2, 23. rf Kuwou @derbef. Denselben Namen habe ich bei Scymnus Per. 949 nachgewiesen. S. Comment. crit. de Scymni Per. p. 62. In- dels ist die Schreibart des cod. G nicht unbeachtet zu lassen, welcher Kvov hat, was vielleicht aus Kotog entstanden ist. Aswpogßeröns aus VII, 23. wo C Aswoogziön hat, was auf das richtige Aswepogßiön führt. Denn nicht Aswpoplevs ist ı als Prototypon anzunehmen, sondern AswpogPos, wie Ozopopßos, immapogos u. Ss. w. Mergwv aus VII, 18. Allerdings auffallend, und man könnte M/rgwv vermuthen, oder auch M&rwv, das ein sehr ge- wöhnlicher Name war, und auch bei Hippocrates VII, 93. vor- kommt. Mvyoı@va@E aus VII, 45. Denn so hat Herr Littre aus seinen Handschr. statt "Ovzsıeve£ geschrieben. Nearworıs aus V, 99. Eine seltsame Form. Denn wenn auch hin und wieder Städtenamen gefunden werden mögen, die zugleich Pcersonennamen sind, so kann doch Ne«zor:s schon aus dem Grunde nicht hierher gerechnet werden, da es eine aus- gemachte Saehe ist, dafs dieser Name, den sehr viele Städte führten, von den ältern Schriftstellern nicht als ein Wort be- handelt, sondern getrennt vex wor: geschrieben worden ist. Überdies würde bei einem ionischen Sehriftsteller der Name nicht Nsazoxıs gelautet haben, sondern Nsyzor.s. Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, dafs das richtige in einer andern Stelle VII, 30. erhalten ist, wo derselbe Kranke Neorox:s heifst. Durch diese Form tritt der Name in dieselbe Kategorie mit Eirors, Zuoimors, "Hynoizorıs und andere derselben Art. | 573 . ; NızdEevos aus VII, 80. 6 &v ’OrivIw Nıxöevos. H Iodöponos aus VII, 22. Iloseıöoxgtwv aus VII, 35. Ievrıniöns aus III p. 60 mit der Variante Hevrınyöns, die Beachtung verdienen würde, wenn es Ilavrouyörs hielse. Horsıöwvin als Frauenname aus VI, 7, 2. Um so weniger / möchte ich bei Schol. Homeri Od. y, 9. r7v "Anudırairyv Ilorsıdwv Homarev, 0.Iev Umo rwv Eyyugiwv Nosedwie wvonasSr, mit Lobeck Path. p. 32 Ilorsöwvr schreiben. Zweirews IV, 30. Y ygcıy vs zare Dwoidew. ar“ Zxereßgevs aus IV, 40. 70 dE may rw £&v KogivSu suvou- pad To Irereßgtos /v. So wird die Stelle nach cod. C | zu lesen sein. Statt 3xeregeos steht gewöhnlich Kerevgeos. Zi Möglich ist es freilich, dals auch XzereßgeVs noch nicht der _ rechte Name ist; man könnte XxsAsıpasvs vermulhen, von oze- t Asıpoos, oder Ixersdgsus, von Ixersögos welches ein Sclaven- name bei Plautus ist. Ganz anders hat Herr Littree die Stelle behandelt, der, wie ich glaube, ohne Grund an suvouyosörs Anstols nahm. Allein dieses Wortes bedient sich Hippocrates _ auch sonst zur Bezeichnung eines Menschen von weichlichem, weibischem Körper. Überdies wird statt KogwSw wohl HegvSw herzustellen sein. Vergl. Littr& Preface Tom. V. p. 10. Erunapyns, aus I, 2, &y% Irunagyew, und 4,5. 5% Erunagyen oizerıs. Hierüber lesen wir bei Galen Gloss. p- 566 folgendes: Ironagyov' ev N Pd Fo eriörmmv 6 Arzovgiöns eurws yacıpsı za ÖnroürIei hrs FToÜ Andodvros MavızWs. ci de Er Irunapyov Ygapovsı zur Owole aUgiov azovovr., und p- 970: Zrunagyou (so Rosenbaum statt Irgumapyov): oda zur Tauryv Es / > D \ / E \ \ n > e Fyv yocıbyv, oU Movor Tyv TromapyoV. AAAR Au TOoUTO 00%, WG , „ ı£ m > AN \ m E) ’ \ 1.403 wUgıov ovolue per ANA TOV MAVIAWS EMTONMEVOV Mes Te Or “. EA 2 dirıa RIZA oürSai BR eins 7) bs werke 229] Irromgareı za Ara TON.GE Aura TOVv Rürov Fgamov emıIern, 20T dirsg Koax, Fagwmous, yeunrumvE. Mr zu mao Bedienen Peer ö SwoxoAoUgos. - Man schwankte also zwischen Yrvuegyos und Yrowegyos. Das eine wie das andere nahm Dioscorides nicht für ein nomen proprium, sondern für einen Spotinamen, welchen der betref- fende Kranke entweder wegen seiner Redseligkeit (srouagyos) oder wegen seiner Geilheit (von srüu«) gehabt habe. Mir 7 m m ee Te 574 scheint dies eben so wenig glaublich wie das was er von pwoyem und segerous (') behauptet, und ich zweifle nicht dafs Zrunagyrs oder Sronapyns, welches nur dialectisch verschiedene Formen sind, (da srin« bekanntlich äolisch ist statt sroue) als ein Eigennahme zu betrachten sei. ZzonDos aus V, 3. ein Acarnanischer Name: Zzoubos Zu Oiveöysıw. Teeriöns aus VII, 97. #f Tegmidew large rn «mo Aopiszov. Ähnlich ist der schon aus Homer bekannte Name Tegmınörs. Tymevns. Bekannt ist der Argivische Name TiYusvos, aber die Form auf 75 findet sich wiederholt bei Hippokrates, z. B. II, 1, p. 78. #9 Tuuzvewn dderpıder. IV, 25. 6 Trusvem. IV, 26. 5 vage Tyusveo aderder, und VI, 2, 19. ö maga Truzvew adsrpıdeg. Aus einigen dieser Stellen geht hervor dafs dieser Name nach Perinth gehört. BazSovs« aus VI, 8, 32. &v ’Aßdreası BaeSouse % NvSicv yurr. Bırorinss oder Bıror/nas aus VII, 124. 5 SiRorinov, was auf ®Rorınos zurückzuführen wäre, ein Name der auch sonst vorkommt. Allein die Handschriften haben ®wxortuew, was zu ändern kein Grund war. ®ıAlsrys und Bırıaric, ienesauslll, 2. gebildet wieMeyirrns (über welchen Namen in den Vindic. Strab. p. 242 gesprochen ist), das andere aus VII, 120. Bausrıdı 7 “HoamAsibou yuvaızi. Dafs dieser Name bis ietzt noch keine Aufnahme gefunden hat, ist um so auffallender, da eine im Theater zu Syrakus befind- liche Inschrift, auf welcher eine Barirırs® Birırris erwähnt wird, der Gegenstand vielfacher Untersuchungen gewesen ist. Übrigens wird vielleicht richtiger ®irirrıs accentuirt. Povvı Kiöns aus I p. 704 Aarszeıro mage 2) Bouviyidew pgzag. Xapiwv aus II, 2, 1. oa ro Xagıuvos, wo aber Galenus Kagiwvos fand. Xaıgiwv steht III p. 46. und VI, 6, 5. (1!) Man sieht auf den ersten Blick wie verschieden von diesen Fällen der ypuraiunn& ist, von dem es bei Hippocrates VI, 8, 29. heilst: Zdrupog dv Odow mapwvunıov ixakelro ypuradunne&. In den Epid. III p. 118 &v Aapion dakaxpog imoynoev &Ealbung, ist PaAaxpos als Name herzustellen. 575 Xaoradns VII, 10. wo fälschlich Xagradsı steht statt Xaoraön, wie Euruyidsı statt Eiruyiön VII, 67. Das Prototypon Xagres findet sich als spartanischer Name bei Pausan. VI, 4, 4. IH. Ich wende mich zu den corrumpirten oder der Cor- ruptel verdächtigen Namen. Hier begegnet uns zuerst ’Avög obavys V, 80. "Avdgorhare? apwvin, Anansıs. Wäre der Name richtig, so müsste wenigstens ’Avdgopavsı accen- tuirt werden. Es ist aber nach cod. C ’AvögoSarsı zu lesen, wie derselbe Patient genannt wird. Ganzäbnlich VII, 85. gebildete Namen sind “HrıoSarrs (Vater des Epicharmus) ‘IrroSa@rrs und ’AsıSaars, welches die Onomatologen ebenfalls nicht kennen, bei Euseb. Chron. p. 162 Mai. ’Aorıyevys aus V, 20. oiov 70 ”Agrıyeveos. Scheint aus — ’Avreysrsos verdorben zu sein, und so hat cod. C. Vielleicht ist dies derselbe Antigenes, der II, 3, 11 erwähnt wird: + Avrıyeveog Ev eg Sw. Aoyıyern sausI p. 694. "Erıizgeereos yuvalzacy zarizsıro mag | Agyıyeryw. Agyeyerss kann schwerlich ein Name gewesen sein. Die Handschriften haben ’Agyry&rrv, und das ist das Rich- _ tige; doch halte man dies nicht für einen Mannsnamen, viel- mehr ist darunter das Heiligthum des Gottes zu verstehen, unter dessen Auspicien die Colonie gegründet war. So lesen wir bei Thucydides VI, 3. von den Chalcidiern die unter Theocles - Führung Naxus in Sicilien gegründet hatten: "ArozAuvos dp- { Ynyerov Bunov, Orrıs vür eEw TiS morEWs Errıv lögurerro. Die Kranke also von der die Rede ist, wohnte in der Nähe des dem göttlichen Gründer der Colonie geweihten Altars oder Tempels. Da die wenigsten griechischen Städte eigentliche Stralsen hatten, und wenn sie deren hatten, diese nur in sel- tenen Fällen bestimmte Namen führten, so waren solche Orts- _ und Wohnungsbestimmungen sehr natürlich. Bei Hippocrates finden wir davon interessante Beispiele. So heilst es I p. 666 Devrazrsi 66 wzeı Tage Auvvriov, nicht beim Dionysius, son- dern in der Nähe des Tempels des Dionysos. I p. 716 % zarizsıro mu0& 70 TuS "Hans isgev. I p. 698 Kresavezrıöyv, 66 Fe kurezeıro Eravw Fol “Hoazrsiou. III p. 24 OySuv, os wxst miace _Tis ieger. III p. 102 sv Hegeor, 05 zarezeıro Umso 70 "Agrınisıov. DI p. 112 IvSuwve, 66 zerezeıro Ürsgavu ro “Huczasiov. Das 576 Heracleum in Thasos erwähnt auch Herodot II, 44. Alle diese Heiligthümer also gehören nach Thasos, von dem wir auch noch andere Lokalitäten kennen lernen. So heilst es III p. 56 und 62 zarzzsıro im beudcw ayogf, und III p. 134 wizet mAnSiov vov Mvradov Erı Tod Astov, und p. 142 zarixsıro imı roÜ Astov (oder Ariov nach Galen), mit welchem Namen man einen freien ebenen Platz in der Stadt bezeichnet zu haben scheint. Auch ein Theater in Thasos wird erwähnt I p. 660 zertvswro ru 2) Seaergov "Erıyeveog adeAbeor. Ferner gehört hierher die neue Stadtmauer III p. 32 zarizsıro wage 70 zcwov reiy,os, die kalte Quelle TII p. 108 zarazeıatvn magce 70 Vuxgöv Üdwp, der Graben des Bootes I p. 702 v'zeı maoc Bowrou Aagadonv, der Brunnen des Phrynichides I, p. 704 age Bauvyidew dasag, der Platamon, vielleicht eine breite Ebene am Flufsufer (!), aus I p. 684 Zıryvos, 05 wre Emı ToÜ mARTeuKVog mAySIoDV Tüv Eiarzidew, wo andere, wie Galen berichtet, mA«ravsvos, Plata- nenpflanzung, lasen. Auch die Erwähnung der «xry, wie es scheint eines bewohnten Theils des Thasischen Meerufers, wel- ches als Wohnung eines Kranken I p. 712 genannt wird, mag hier Platz finden. Ich übergehe anderes minder erhebliche derselben Art, und bemerke nur dafs wir auch über Abdera auf diese Weise einige nicht unwichtige Notizen erhalten, aus III p. 122 maoSevos, N »arszsıro Emı TA icons ödov, p. 128 was mAySiov TAG avo aywyas, und p. 124 zerezeıro Tao Tas Opyınias rUres. Das Thrakische Thor von Abdera führte sicher nach Norden, die «vw ayuyy ist mir als Ortsbezeichnung un- klar, die iegr, ödos dürfen wir uns schwerlich als eine Strafse in der Stadt denken. Es ist bekannt von wie vielen Städten aus heilige Wege nach einem näher oder ferner gelegenen Heiligthum führten. Endlich aus andern ich weils nicht welchen Städten gehört hierher VII, 8 % av Tov MUAUW oixtoure. VII, 15 5 Em voö Umegwiov 24. % avw oizsoure. IV, 20 6 äv 23 m v „ - ’ FrUrEIW mag 78 Eryarov zumndeiov. IV, 23 9 0m Iev Fol Yowov u (') Anonymus Bekkeri Anecd. p. 1313 Omep ini Saldoang dıytalos, 6 Imimedos IrAadn wal Suados, Toiro Zul Tüv morauüv d mAarauwv. Wenn der Il, 2, 18. erwähnte xpnuvog gleichfalls nach Thasos gehört, so würde der mAarausv von dem Plateau dieser Anhöhe verstanden werden können. 577 madisan. I, 3, 3. 6 mapa ro veiyos. IV, 42. 5 &v rols ArSiwors mpomuA0ıc. V,38. 6 wage rov Ögamov oizew. VI, 6, 9. ö &v mrwSiw. "Aravögos. An der Richtigkeit dieses Namens ist an sich zwar nicht zu zweifeln. Wir wissen aus Strabo dafs ihn ein König der Bosporaner, und aus Arrian dals ihn ein Sohn des Philotas, des Statthalters von Lydien, führte. Ja wir finden ihn sogar auf Thessalischen Münzen. Um so weniger kann es an sich befremdlich scheinen, wenn Hippocrates VII, 54. einen Kranken mit diesem Namen einführt. Allein die bessern Bücher zeigen die Spuren eines andern Namens; vier gute codd. haben "Oravögos, der beste C ’Or«vötos, ein anderer, welchen Littree mit D bezeichnet, "Iravögos, dies offenbar nach willkürlicher Emen- _ dation. Auf das Richtige scheint der cod. C zu führen, wenn _ man nur ’Or«vdtos in zwei Wörter trennt, ö Savöıos, der Sohn des Sandis. Xavös ist ein vollkommen beglaubigter Name. ZBavöros Aodos, der Hügel des Sandis, ist eine Anhöhe bei { Myus, welche Thucydides III, 19 erwähnt. Yavöys hiefs ein Schüler des Epicur aus Lampsacus, Zavöwv erscheint im Mythus bei Pausanias als Mörder des Hyperion, und S«vdov heilst der rater des Tarsischen Philosophen Athenodorus. AvdsAAos. Dieser Name steht VII, 34. Audrru mAyıylorı Ei: rov vorov mveüue word Eymwseı. Dasselbe Ereignils erzählt Beepoerste: V,.96. wo der verwundete Soldat Biros heilst, wie es scheint mit voller Übereinstimmung aller Handschriften. Auch könnte man sich bei diesem Namen beruhigen; denn “wenngleich sich kein anderes Beispiel dazu findet, so kennen wir doch aus Strabo den Verfertiger einer Himmelssphäre in -Sinope, welche Lucullus nach Rom entführte, unter dem Namen r Böragos, zu dem sich Birros verhält wie Kyrros zu Kurdagos. Allein die andere Form des Namens in der Stelle aus dem "siebenten Buche, so verdorben sie auch sein mag, ist zu auffal- lend, als dafs sie durch ein Versehen aus BiAros entstanden ‚sein sollte. Betrachten wir die Varianten zu dieser Stelle, so schwanken dieselben zwischen ovöErrw, eiderw, aldArw und avd:Am. Dies nun führt ohnfehlbar auf ’AQAw, gerade wie ‚der Name der Stadt "ARörg« fast durchweg in den Handschrif- ten Avöyg« geschrieben wird. Ich halte also "A@deros für die 578 richtige Form, obgleich ich kein anderes Beispiel derselben nach- weisen kann. Wohl aber findet sich dieser ’"Aßderos in Zu- sammensetzungen, z.B. in ’AQdsAwvuuos, dem bekannten König von Sidon, über den Wesseling zu Diodorus Sicel. XVII, 46. und Pollux VI, 105. zu vergleichen ist. Ursprünglich war es also wohl ein griechisch-phönizischer Name. Allein was sollte uns hindern anzunehmen dals Phönizier in Thrazien Kriegs- dienste gethan? Finden wir doch bei Hippocrates selbst eine Idumäerin als Slavin in dem Hause des (Tihessaler) Stymarges. Epid. II, 4,5. % Srynagyew oizirıs 4 Wdouneie irzyero (!). Ausyures aus VII, 34. suveßr de zer Fu Ausyure. Ein selt- samer Name, für den ohne Zweifel Auszur& herzustellen ist aus V, 96. ‘Ezarwv aus V, 30 und 31. ‘Ezaswv &v ’Opiaw. Vielleicht “Ezaruv. ’EE«gmodos. Dieser Name ist sinnlos, und würde selbst wenn man ihn ’EZaguoöics schreiben wollte, nicht gerechtfertigt werden können. Er steht VII, 35. ö ’EZaguodou madırzos. Hippocrates schrieb wohl © 25 “Aguoörsv madırzos, der junge Sclav aus dem Hause des Harmodius. Asarzys aus III p. 142. 2v Oasw Asarzovus Yuvaize. Dieser Name kann nicht richtig sein. Galenus in seinem Com- mentar zu den Epidemien fand in seiner Handschrift Asrsagzous, Derselbe Name kommt noch einmal vor IH p. 38. zu rw Asarzsos aymw, wo C Asardeos hat, FG Ararzovs, und Galenus wie an der ersten Stelle As?.eugzovs. Gegen Ararzous oder Arar- zeos wäre nichts einzuwenden; allein noch ungewisser über die richtige Form wird man wenn man VH, 122 vergleicht, wo es heilst maga arv "Ersarzeog zonvuv, wo C ’Eraarzeos hat, und DQ ziarztos. Das letztere, was doch wenigstens Edarzeos heilsen müfste, scheint nur Correctur zu sein. Ich halte dem- nach an allen drei Stellen das an den beiden ersten von Galenus überlieferte AsAs«3z0us (—eos) für das einzigrrichtige, ein Name, der (1) Denn so glaube ich mufs gelesen werden, zum Theil nach Hand- schriften, die aber in &y&vero, wofür ich &X&yero gesetzt habe, überein- stimmen. Re. h j f 579 durch die Vergleichung mit ’Ovouapy,0s; Irundgyns und ähnliche hinreichend geschützt ist. Die vollere Form würde also eigent- lich Asr.emrongens sein. I "Evaugıs. Dieser Name findet sich zweimal, IV, 51. # "Evuvgtos 2doxsı Avev muperoü rubwörs Eoüre, und kurz darauf 52. 4 Evuvgos mais Erugeryve. Die Rechfertigung eines Na- mens "Evuvgıs wird niemand übernehmen wollen. Die Handschrif- ten geben nichts, aufser dals in der ersten Stelle cod. I 5 eunvgros und C # wugios darbietet, und an der zweiten Stelle zwei Hischr. DJ 5 Zvauaıos statt % Evaugıos. . Wahrscheinlich ist an beiden Stellen ganz einfach mit Trennung der Sylben % &v Mvzos zu lesen, d. i. das Mädchen im Hause des Myris, wie &v Koeriwou und vieles andere der Art, auch bei Hippocrates selbst, z. B. IV, 11. wo die Bücher richtig ö &v Myrgopevrou haben. Der Name Mygıs steht sicher durch Suidas: Mügıs vom Ugıov, und die vita Arati p. 48 Bekk. Hier heilst es @öerhoUs de exe Tozis, My Karwvdav zuı "ASyvodwgor, wo die Herausgeber des Pariser Thesaurus Mcizw wünschen, mit Un- recht. Mvsıs ist derselbe Name mit Mygwv, zu dem sich iener verhält wie "Agerıs zu ’Agtrwv, "Agısrıs zu ’Agisswv, Ködıs zu Kuösw, Boörıs zu BovAww. Denselben Namen vermuthe ich II, 1,12. Ta wma Öreywermere zur Üyoc zEyyg0s Fregeös Ev Aciw EhSos irrysıw, lov 70 veuromandiov zur % Wugioy,avvn, wie beidem Schiffer- jungen undbeider nugroyavvn. Das letzte Wort hat schon den alten Interpreten Noth und Mühe gemacht. Galenus im Gloss. 9 >» Im N I > N ’ ’ P- 5283 sagt: ETLTETOV Er ANETAOUTYNS. [77 ds MYgLoyavvn ya \ v E) J . &orro, % Erı Mugiors av ein Yavvovmzvy. Erotian aber sagt p. 246. Mygroy.avn, Ovoue yuvaızoc. Folglich gab es eine dreifache Schrei- bung Mvoyavn Mugoyavon und Mvgioy,aun. Dals keiner- dieser Namen als ein eigentliches nomen proprium zu fassen sei, kann man wohl mit Sicherheit annehmen; eher könnte man javoycvrs mit Dioscorides bei Galen Gloss. p. 570 für einen Spottnamen halten, der einer liederlichen Person gegeben ge- wesen sei im Sinne von muris instar hians. Die Geilheit der _ Mäuse war sprüchwörtlich. S. Aelian Hist. An. XII, 10. Und ebenso die andereForm Mugtoy,advn oder Mugtoy,aun, etwa millibus viris hians, oder millibus viris lassata. Wahrscheinlich € aber schrieb Hippocrates 4 MUgıos Xavvn, des Myris Scla- 9+r*t 580 vin Chaune. Die Chauner waren ein Thesprotischer Völker- stamm, und eine von dort gekaufte Sclavin konnte sehr wohl den Namen Xavvy führen, wie bei den Athenern Slaven und Sclavinnen von ihrem Geburtslande genannt wurden, Avdos Avdy, BaVE Bouyia, Koryos Koryis u. s. w. Auf gleiche Weise steht bei Eippocrates selbst II, 2, 22 und VI, 16. der Name Avzı. Dafs die alten Interpreten des Hippocrates oft sehr fehlerhafte Hand- schriften benutzt haben, werde ich bei dieser Gelegenheit noch durch zwei auffallende Beispiele erörtern. Epid. VI, 3, 22. steht in unsern Texten oi« &v mArva. Diese Worte sind ein aus Galen entnommener Zusatz, welcher hinzufügt, einige Hand- schriften hätten ds 5 smArv om. Und hierin liegt das Richtige ss 6 &v MruwS&u. TawSiov war der Name eines Stadttheils, wahr- scheinlieh des Marktes, wie zu Tegea im Peloponnes. $. Vin- diciae Strab. p. 119. Das andere Beispiel steht Epid. II, 2, 3. a Zepamıs EE üyohs zorias wörser. Statt Neparıs haben einige Zepamıs, Galen Negamis; im Glossarium aber sagt er p. 556: Yagamovs, % duesesngöres zu Ö1esraras Eyourc ToÜs Öazruroug röv modwr. So nämlich las statt Xegamıs Dioscorides, welcher bei Galen unter dem Worte Irunagyou p. 570 das Wort sagarous zu den von Hippocrates gebrauchten Spitznamen rechnet. Offen- bar ist dies ein Versuch das verdorbene Yeganıs, welches ein Frauenname nicht wohl sein kann, zu beseitigen. Auf etwas anderes führen unsere Handschriften, von welchen die meisten otgemes, eine aber, und zwar C, segerzıs darbietet. Hiernach wird das Wahre durch Trennung des Wortes hergestellt wer- den können, nemlich Zio« ats, die Tochter des Seras. Zioes oder Negas ist ein spartanischer Name, von dem sich Beispiele im Corpus Inser. no. 1279. und 1384. finden. Und damit man bei Hippocrates, dem ionischen Scribenten, nicht Ztoew verlange, so hat Hippocrates auch anderweitig dorische Namen unverändert gelassen, wie. Auuveyozes VI, 3, 14. “Hoe- yöoas II, 1, 7. Acuwv V, 76. Nızavwg V, 81. Ausrvras V, 96. und andere. “Hynyırroarıos aus VI, 25. Ist kaum richtig und wohl aus Hyysisroe@ros corrumpirt. So viel ich weils, gehört iene verlängerte Form der mit srg«@ros componirten Namen der 581 mittelaltrigen Gräcität an, z. B. Eisroarios, Patriarch in Con- stantinopel. Ozg:ivwv. Auch dieser Name gewährt keinen etymologischen Anknüpfungspunct. Er steht V, 76. Ogivav 5 rod Acuwvos, wofür ohne Zweifel “Pivwv herzustellen ist, nicht nur hier, sondern auch VII, 38. wo ietzt im Text steht Zyvuv 5 oO Acuwwvos, die Hdschr. aber öyvwv und ätsw darbieten. Über den Namen “Pivwv s. Historia Com. graec. p. 209. Krıvi« aus IV, 48. Wird von den Editoren als Frauen- name gefalst. Nachdem dort Hippocrates die Symptome einer Krankheit in Aenos an der Thrakischen Küste angegeben hat, fährt er fort: ciov 4 Krwie arc’sıros u. s. w. Krıwie oder Krsıwia _ kann nach den Gesetzen der griechischen Namenbildung eben so wenig ein von KRsıwi«s gebildeter Frauenname sein, wie es z. B. Pyrrhia ist bei Horatius Epist. 1, 13, 14, welches Lach- mann zu Lucretius mit Recht für verdorben hält. Nun könnte 2 man zwar Krewie für den Genetiv nehmen, so dafs von einer "Tochter des Klinias die Rede wäre; allein eine solche dorische Genetivform ist, wenn auch nicht wie eben gezeigt worden ohne I Beispiel, so doch immer befremdend. Hieraus ergiebt sich dafs der Stelle auf eine andere Weise geholfen werden muls, und ‘da die Handschriften nicht Krı« haben, sondern Arie, so ist es evident dals Aivi« hergestellt werden mufs. Koarin steht als Frauenname Ep. I. p. 650. Koarin 7A maoc Bevopaveos, "Agtrwvos mal, Miysissoerou yuvaızi. Der _ Name ist unmöglich richtig gebildet. Sollte er von Kge«rzs _ abgeleitet sein, würde er entweder Kgdreıc heifsen (s. Menandri fr. in Com. graec. IV. p. 331) nach der Analogie von Horvzsersır Eyssgereıc u. a., oder Koerıs, wie Terıs von Terys, NzuSis von 32US7s. Und hierauf führt cod. A, welcher Kgerıcıry bietet statt Koarin #7. Also ist wohl Koarıöı #7 herzustellen. Kicvıyos aus VII, 115. Krcveyos &v "Aßörgorsı. Auch ein seltsamer Name, der Krcvryos zu schreiben sein wird aus eod. C. Kisovazriöns aus I p. 698, wofür die Handschriften 1 Krervaxriörs haben; so auch Galen im Text, im Commentar * I aber Kreovazryv. Die Form Kreovazriörc, die auf versew zurück- 982 zuführen sein würde, ist absurd; richtiger würde KAswverriöns sein, aber auch gegen KAeavazriöys ist nichts einzuwenden. Kuoyvıos aus V, 29. Kygyvıos iv 'OuAw, wofür einige Kuatvıos haben, C Kugivos. Ich halte den Namen für verdorben. Asanßros aus IV, 41. Tu Asanlıv zaL Eden braun Amugerou £v agırreod (leg. Evapirrege). Dieser Name ist mir durchaus unerklärbar. Mehrere codd. geben Asavßıw. Es ist nicht unwahrscheinlich, dals die ursprüngliche Schreibung des Namens Asavögıos gewesen ist. Me?ıöiy aus I p- 716. Meruöiy, 9% zarizsıro mad 70 Tus "Hons iegov. Schwerlich unverdorben. Ich vermuthete Meryrin, ein Name den Suidas erhalten hat. Indefs mag etwas anderes verborgen liegen, da die Handschriften Me?ıöivy und Mevdiwy haben. Vielleicht also MsAırivs. S. Franz Corp. Inser. vol. III. p. 1141. Negıos aus V, 50. % magSevos 4 roU Negiov. Der Name Nigos ist nicht ohne Beispiel; allein der Artikel, den unser Schriftsteller in solchen Verbindungen nicht gebraucht (?), zeigt dafs hier eine Corruptel vorliegt. Ich vermuthe daher dafs hier gar kein nomen proprium anzunehmen ist, sondern ein Gentilname, deren sich Hippocrates wiederholt bedient, wo ihm der Name des behandelten Patienten nicht einfiel, z. B. ö Hezıos I. p. 102,.(%)-,% Tevsöin IV, 20. ö Marıeus V, 26. 6 Aivıyays V, 61 (°). ö ©Owvos VII, 108. 6 Baraios VII, 17. Demnach möchte ich #% ro0 Asgiov herstellen, sei es nun dafs Hippo- crates wie andere Inseln des Aegeischen Meers so auch Lerus besucht hatte, oder dals er jenen Lerier irgendwo anders be- handelte, wohin derselbe ausgewandert war. ’Ovıravriöys aus VII, 78. wofür Ovysavriöys herzu- stellen, ein patronymischer Name, der ein Simplex ’Ovyr«s, auros, (1) Nur sehr wenige Stellen sind dagegen, z. B. VII, 39, 40, z% IHeppevioxy und rd KAsoxy, wo cod. C den Artikel nicht hat. (2) &v @dow rov Ildpiov, nicht den von Parium, wie Hr. Littre ver- steht, sondern den von Paros. Jenes wäre röv Ilapızvov, Thasos war eine Colonie von Paros. (3) 5 Alvmıng tv Ayıy dxovriw mAnyeis. Dies soll nach Galen Gloss. “p. 418 einen von Aenos bedeuten. Er verwechselte Aenus und Aenia. Für tv Ayıw haben die Hdschr. &v idw. Vielleicht &v Alu, obgleich &v Ayıy auch VII, 33. steht. Sodann ist &xovrı aus guten Handschriften herzustellen. 583 voraussetzt. Dergleichen Namen, welche mit dem Participium der ersten Aoristus zusammenfallen, giebt es mehrere, z. B. Teriras, avros. Tereßoros aus I. p. 646. Tereßoroy Suyern. Hier würde man unbedenklich TyAs@erov herstellen, wenn die Hand- schriften nicht fast ohne Ausnahme TersßovAou darböten: dieselbe Form bieten die Name TeA£vizos und Terzöapos. Vgl. Keil Anal. epigr. p. 110. Tyzonatos aus IV, 24. 5 maga Tyzonais ayopyvonov Suyarng, die bei Tekomaeus befindliche Tochter des Marktmeisters. Dafs der Name corrumpirt ist, beweist die Unmöglichkeit einer nur einigermafsen vernünftigen Etymologie desselben. Irre ich nicht so schrieb Hippocrates 5 zaga rf Konsw ayopnvonov Suyarnp, die Tochter eines Markt- meisters, welche bei der Gattin des Komes wohnte. Über den Namen Koyys lesen wir bei Choeroboscus in Bekkers Anecd. p. 1188. ro zUgeov ovona 0 Kouns Öyas ele>y HAıwonsvov maz« Tois dpy,eioıs. eugirzeran yag Konou f yarızy, inwvızds Ö8 zar Konsw, elgiszeran de zur dd ToÜ Tog #Awolssvov Kourros. Fast sollte man glauben, Choeroboscus oder vielmehr sein Gewährsmann habe die Stelle des Hippocrates vor Augen gehabt. Anstöfsig ist aulserdem noch der Marktmeister, zumal mit fehlendem Artikel. Ich vermuthe daher dafs "Ayopyvonos als Name zu fassen ist, mit dem man "Ayogazgıros, BovAnyogrs u. a. vergleichen kann. ®ı2.rs findet sich IV, 4. und zwar wie der Accent zeigt, als Frauenname, +3 ®:riöos. Der Mannsname Birrs (Birıöos) ist aus Abderitischen und anderen Münzen bekannt. An unserer Stelle hat cod. Q ®ir:ö«, was nur ein Schreibfehler sein kann, und ich nicht auf einen Namen ®r:8«5 = ®iridys zurückführen möchte. ®ıria aus VII, 35. #3 Birres maıdi. Dieselbe Person heilst V, 97. 4. Bra ist schon wegen der nicht ionischen Form verdächtig. III. Mythische und Heroen-Namen, welche zugleich in den Gebrauch des bürgerlichen Lebens übergegangen waren. ’Avögsvus aus V,4. Pavızı Ev Oivsönrı za "Avöget, Die Hdss. haben @vögv: und «vöge. Vielleicht ist daher "Avdgtn vorzuziehen. | 584 AysAwos aus IV, 6. 4 ’AysAwou Exraiy amshQeigev. Dieser Name gehört wahrscheinlich nach 'Thessalien, wo ia auch ein Flufs desselben Namens erwähnt wird, in der Landschaft Phthiotis. Die Thessaler waren ein aus Thesprotien eingewanderter Stamm, und es ist daher sehr erklärbar, wenn wir in ihrer neuen Hei- math den Namen ihres Ursitzes begegnen. Derselbe Name ist auch II, 2, 18. herzustellen. Hier heilst es: wzeı de ws &yw oma 7a "AoysAcou Moos 73 zorwva. Allein zwei Hdsch. CH haben ’AysAwov und zwei andere FJ "AgysAwou, was gleichfalls auf ’Ayerviov führt. Überdies ist aus cod. C &yauaı, und aus sechs Handschriften Ws s@ ’Ayerwov herzustellen: er wohnte, glaube ich, wo des Acheloos Haus ist. ws in der loca- len Bedeutung findet sich in den Thess. Inschr. bei Ussing II, 4. auch im späteren Atticismus bei Menander Fragm. Com. IV. p- 233 Eußrslbov eis re wuruaS ws ödormogeis. Endlich r« ’Aysrwouv, das Haus oder Grundstück des Achelous, ganz wie bei Aristophanes Vesp. 1432 eis r« Ihrrarcd, und Theocrit II, 76 & r& Avzwvos, und selbst bei Hippocrates I p. 684 =Azrtov rav Eiarzidsw. MI p. 52 mag 7a "Agıstiwvos. III p. 134 ar4siov 700 (richtig die codd. röv) Ira«öov uzer. ’AvriAox,os aus II, 1, 10. zaı 70 özgua zeragoyyvura zer Ta Asinee, ws "Avrıroyos za "Arevas. Der Name war als nicht mytbischer unbekannt; zwar führt ihn das Papesche Werk als den Namen eines Geschichtschreibers aus Clemens Alexan- drinus an. Allein hier ist gewils schon längst von andern der Name des Antiochus hergestellt worden, des bekannten Historikers von Syrakus. Und wer weils ob nicht derselbe Irrthum bei Hippocrates anzunehmen ist? Auf eine solche Vermuthung führt mich die Verbindung mit dem Namen ’ArsVes, der doch ganz gewils zu der bekannten Thessalischen Fürstenfamilie der Aleuaden gehört. Mit den Aleuaden war aber die Familie des Antiochus verschwiegert, daher auch Simonides, wie uns Theocrit XVI, 34 berichtet, beider Namen mit einander verbunden hatte: morror Zu ’Avrıoy,oıo Öchors zar avarros ’Arsve agmarıcev Eltanvov EusTonaavro TEVeTTaL. wo der Scholiast die Notiz beibringt: 6 "Avrioy,os "Exergerıdov zu Aussgıdos (so Valesius) viös yv, ws dyrı Zıamviöys. Hiermit verbinde man ausser einer gleich anzufühbrenden Stelle des j u 2, Be i u Ar EU ER Ba A 1 LE u al 2 Ed a a ul un ZU A aa En i 1 ‚ Aristides, die Worte des Aeschines, des Socratikers, bei Philo- stratus Epist. 13 p. 920 Ol. Oagynria &Ioüse eis Oerrarav Br $ ‚ AR ‚ ‚ er Evegv Avrooyw Osssary Barırsvovrı mavrwv Osrraruv, und des Anonymus de mul. bello claris in Herens Bibl. vet. litt. vol. VI p. 22. ravsyv (müv Bapynriav) basıw ’Avrıoyov BasırVsavzog - FW > L > , / on > G \ zwv Ossrarav apızonsvyv Eis Osrrarav yruasSar "Arryw za > © ’ > G m rn | 7 =, \ x m amoSwvovros Exsivov Basırsdsaı Oerrarias Err A, za rov Ilepgswv Basıra, öre £mı Yu 'Errade Esroareusso, deEas Sau zo amomeud ar N m ” .. . undev EAarrwSeisev (1). Der hier erwähnte Antiochus war also ein Zeitgenosse des Simonides; ein Sohn von ihm oder ein Enkel kann der gewesen sein, von dem ich vermuthe dafs ihn Hippocrates neben einem Aleuas erwähnt habe. Auf die ärztliche Praxis des Hippocrates in dem Hause der Aleuaden und der übrigen Fürstenfamilien Thessaliens führen aulserdem noch einige andere Stellen in den Epidemien, z. B. II, 3, 11. wo eine Krankheit des Scopas beschrieben wird. Der Zeit nach könnte dies derjenige Scopas sein, von dem Buttmann Myth. vol. II p. 274 spricht. Ferner V, 25. &v Aagıiry aupızer.os Ausmados ven eoüre, ördre Aryvsvorro, megmöuvs ITX UWE. Eine Dyseris war die Mutter des vorhin erwähnten Antiochus, wie _ aulser dem Scholion zu Theocrit Aristides bezeugt Orat. X. p- 137 Dind. ru« 82 Ausrais Oerrarn Tosoüro mevSog EmerIysev emı Avrıoyu rersuryrevrı; Der Name blieb in der Familie ein- heimisch, und so konnte noch Hippocrates eine Dyseris oder deren Kammerfrau ärztlich behandeln (?). Da ferner der Ge- (') Diese für die Geschichte Thessaliens wichtige Notiz ist sowohl von mir in den Beiträgen zur Geschichte der Alenaden (Comm. Misc Ip. 50) als von Bultmann in seiner bekannten Abhandlung über denselben Gegen- stand (Mythol. vol. II p. 281) übersehen worden. Dals übrigens Thar- gelia nach des Antiochus Tode dreilsig Jahre lang Thessalien beherrscht habe ist aus chronologischen Gründen kaum glaublich. Wahrscheinlich ist A zu schreiben statt A. (!) Dafs die ältere, von Simonides erwähnte Dyseris dieselbe ist, wel- cher Anacreon in einem Epigramm der Anth. Pal. VI, 136 gedenkt: IlpnEidixm uev Epeev, EBoureusev dt Avanpıs elua Tode, Evun 2’ duboripwv vobin, wird um so weniger zu bezweifeln sein, da derselbe Dichter gleichfalls in einem Epigramm der Anth. Pal, VI, 142. des Thessalischen Herrschers Eche- 986 mahl der älteren Dyseris nach demselben Scholion den Namen Echecratidas führte, und dieser Name überhaupt in dem Ge- schlechte des Aleuaden häufig war ('), so wird es keinem Zweifel unterliegen, dafs der VII, 78. erwähnte Echecrates zu derselben Familie zu rechnen ist. Ein nicht minder berühmter Name in der Familie des Aleuaden ist Ziuos; einer dieses Na- mens stand an der Spitze der Partei, welche dem Macedoni- schen Philipp den Weg zur Herrschaft über Thessalien bahnte. Von diesem ist ein älterer Simus zu unterscheiden, der von Simonides beim Scholiasten des Theocrit a. a. OÖ. der Vater eines Aleuas, des Ahnherrn der Familie, genannt wird. Auf einen dritten Simus, welcher der Zeit nach in die Mitte der genannten zu setzen sein wird, bezieht sich daher wahrschein- lich was bei Hippocrates steht V, 53. r7 Zınou 70 ramzorrictov arcbIague. Vgl. 103. Derselbe Name auch noch später in Thes- salien. $. Ussing Inser. Thess. p. 12. Aber auch anderen adlichen Familien, namentlich zu Larisa, leistete Hippocrates ärztlichen Bei- stand. So wird V, 16. der Larisäer Palamedes in einer Weise er- wähnt, dafs man unwillkürlich an einen Edlen denken muls: ir o- #005, heilst es hier, IHaraprdeos Ev Augen Emrnıyy up Immev. Der Stallmeister, denke ich, weist deutlich genug auf ein vor- nehmes Geschlecht; und wenn wir bei Thucydides II, 22 lesen, cratidas, von dem wir gesehen haben dafs er der Gemahl der Dyseris war, in folgender Weise gedenkt: Zady Te xapıv, Auovuce, xal AyAaov dorei xoouov Ozocaklag m dvasnK' apxds Exexparidag. Wenn, woran ich nicht zweifle, diese zierlichen Gedichte den Anacreon von Teos zum Verfasser haben, so lässt sich nicht ohne Wahrscheinlichkeit aus ihnen der Schluls ziehen, dafs Anacreon unter andern auch am Hufe der Aleuaden zu Larisa sich aufgehalten hat. Denn wie käme ein Dichter der in Teos oder Samos oder Athen verweilte dazu, Thessalischer Fürsten so wie es in ienen Epigrammen geschieht zu erwähnen? Gewils sind iene Epigramme unmittelbar in Larisa geschrieben. (2) S. Comment. Misc. I. c. 5. und Buttmann Myth. II p. 283. Aus demselben Hause war auch höchst wahrscheinlich iener Echecrales, wel- chen Eusebius Can. chron. p. 181 ed. Mai als den Vater des Pausanias kennt, derum Olymp. 146. Tagos der Thessaler war. Auchder von PolybiusV, 36. und XII, 11. erwähnte Echecrates zur Zeit Antiochus d. G. gehört hierher. 587 dafs Polymedes und Aristonoos, die Larisäer, zu der die be- stehende Regierung (der Aleuaden) bekämpfenden Partei ge- hörten, so liegt die Vermuthung, dafs in den Worten des Hippo- erates statt des Palamedes der Thucydideische Polymedes einzuführen sei, nicht allzuweit, zumal da Polymedes auch ander- wärts von Hippocrates erwähnt wird (!). Ferner finden wir V, 11 und 18. die Gemahlinnen der Larisäer Gorgias und An- timachus erwähnt, deren Namen schon die Vermuthung edler Abkunft begründen. Auch Eumelus gehört hierher aus V, 23. und Hippolochus aus VI, 13. Ferner Theophorbus aus V, 17. Aenesidemus aus V, 19. Hipposthenes aus V, 14. Scamandros aus V, 15. Eudemus aus V,20. Apellaeus aus V,22. Alle diese werden ausdrücklich Larisäer genannt, mit Ausnahme des einzigen Hippo- lochus; gleichwohl zweifle ich nicht, dafs auch dieser zu den adlichen Geschlechtern Larisas zu rechnen ist, da Eusebius Can. Chron. p. 181. unter den Thessalischen Fürsten einen Hippolochus Alexippi Larissaeus nennt, der ohne Zwei- fel ein Nachkomme des Hippocratischen war. Desselben ge- denkt Livius XXXVI, 9. und Polybius erwähnt öfters, nament- lich V, 70, einen ‘Irzoroyes Osrraros. Dals der von Hippocrates erwähnte ein vornehmer und reicher Mann gewesen sei, zeigt schon der Umstand, dafs er im Besitz einer Ortschaft war, die nach ihm ‘Irrorcyov zuun genannt war. In gleicher Lage be- fand sich Bulagoras nach IV, 35. Zv +7 BovAnyesou zwun, und Amphilochus nach IV, 45. 6 dm’ "AupimMoyov zuuns "Agısring. Auch Sosileos und Medosades gehören wohl hierher nach IV, 30 Y yaaın N zara Ewsirew, und IV, 45 p- 186 ö zar@ Mydoradew, und kurz darauf p. 188 su «am ’Audicyov zu Tu zard MyÖöorc@dew, wo der Genetiv nach zer& von einem verschwie- genen zwar» und nach «@z° von zwurs abhängig gedacht werden (1) VI, 8, 18. ofov Daprary HoAvundei. Wenn hier ®areaiw als Vater- stadt des Polymedes zu fassen wäre, so würde dieser Polymedes von dem Larisäer allerdings zu unterscheiden sein. Allein so die Stelle zu verstehen verbietet die fehlende Präposition. Palladius, der oft einen correcteren . Text benutzte als der heutige ist, las an dieser Stelle oiov daprarw xal TloXvundei, und dies ist, wie ich glaube, dafs Richtige. Dals Paprarog ein Mannsname sein könne, wird niemand bezweifeln. 588 muls (?). Ob.aber die hier genannten Männer sämmtlich nach Thessalien gehören, wage ich nicht mit Bestimmtheit zu be- haupten. “Hoaxiys aus II, 2, 14. “Hoazre wos (d. i. @gev) Tou »ar00 öydaıu. Indels zweifle ich ob iemals dieser Name in den Gebrauch des gewöhnlichen Lebens übergegangen ist und halte ihn aus “Hoazrsıön verdorben, wohin auch cod. GC führt, der Hoezrsıdss hat. Vgl. IV, 34. Gzoruwp aus IV, 9. % 8x ysrrovu Ozrrog0S oizeris. IrmoSoos aus VI, 8, 10. % ‘InmoSoov oizoupos. Zwar kennt das Papesche Lexicon auch einen Dichter Hippothous; allein diese Angabe beruht auf einem Irrthum. S. Comic. gr. fragm. IV. p. 712. Kezgov aus IV, 25. oi roü Kixgomos oizelcr. Kr20oyos aus VII, 47. Über den mythischen, auch nicht häufigen, Namen K?2oyos s. zu Stephanus Byz. v. Karos. Der weibliche Name K?soy« steht fest bei Nossis Delect. Anth. p: 7. und ist vielleicht auch bei Plutarch V. Ages. 19. herzu- stellen, wo eine Tochter des Agesilaus KAecg« genannt wird, welches andere in KAeor« verwandeln wollten. 8. Keil Ana- lecla epigr. p. 160. Mivwus aus IV, 39. 4 Mivwos. Da aber cod. J Mivwvos hat, ist vielleicht Mi’zwvos zu lesen, oder ’Ani(z)vwvos. Meyagsvs aus IV, 20. rö Meyaseos, oder vielmehr Meyagzos. 25. October. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Peters las eine Abhandlung über Conchodytes, eine neue in Muscheln lebende Gattung von Gar- neelen, welche hier im Auszuge mitgetheilt wird. Die Gewohnheit gewisser Krebse, ihren Aufenthalt in lebenden Muscheln zu nehmen, war bereits im Alterthum be- (*) Und so ist vielleicht Epid. I p. 650 zu fassen ty mapd Bevodaveog Moneıorparov ywaızi, dieFrau des Mnesistratus welche vondem Gute des Xenophanes kam. Indess kann das auch ganz einfach die von Xenophanes zur Heilung geschickte bedeuten, wie Epid. II, 2, 7.5 map’ ’Adxıßıadew Aw. II p. 58 9 mapd Tioanevod yury. IV, 1 und 20. 7% mapa Aswxudeog. IV, 2. 78 orıyparin map "Avrıdikou. u a 0 ee 989 kannt. Aristoteles und nach ihm Cicero und Plinius haben Nachrichten darüber aufbewahrt. Letzterer (Hist. nat. IX. 42) er- zählt, dafs eine Muschel, Pinna, aufrecht im Schlamm stecke, welche stets von einemKrebs, den man Pinnoteres oder Pinnophylax nenne, begleitet sei, dals dieser Krebs die Muschel durch einen leichten Bifs darauf aufmerksam mache, wenn sich kleine Fische in ihrem Bereiche befänden, damit sie sich zusammenziehe und sie tödte, und dals sie ihm zum Dank dafür einen Theil der Beute über- lasse. Schriftsteller des Mittelalters, wieBelon, Rondelet und Gesner nahmen in Verehrung für das classische Alterthum die schönen Sagen von der Freundschaft dieser Thiere ohne wei- teren Zweifel an, oder behaupteten, sie durch eigue Beobach- tungen bestätigt gefunden zu haben und selbst im vorigen Jahrhunderte wurden sie von einem Schüler Linn&s, dem orien- talischen Reisenden Hasselquist wiederholt und ausgeschmückt. In neuerer Zeit, wo man angefangen hatte, ein ungemeines Interesse daran zu nehmen, die meistens sehr ungenauen Be- schreibungen der Alten kritisch zu beleuchten, um die Thiere, von welchen sie berichten, oder an denen sie Beobachtungen angestellt haben, genauer zu bestimmen, wurden wit Recht viele ihrer Angaben ins Reich der Fabel zurückgewiesen. Je- doch ist man darin auch oft zu weit gegangen und hat Beob- achtungen, aus welchen die Fabeln herzuleiten sind, mit diesen zugleich verworfen. So ist es auch, um mich auf den hier vorliegenden Gegenstand zu beschränken, mit den Erzählungen von den in Muschelthieren lebenden Krebsen geschehen. Cuvier, in seiner Abhandlung über die Krebse der Alten (Annales du _ Mus#um d’hist. nat. II. 1803 p. 384), erklärt die ganze Ge- schichte der Pinnoteres für eine grundlose Erdichtung, und b ptete mit Unrecht, dals das Vorkommen von Krebsen in helthieren durchaus zufällig sei. Es ist allerdings richtig, dals nicht allein Krebse, sondern auch Fische und andere kleine Thiere, die sich sonst immer im Freien aufhalten, zuweilen in Mu- scheln zufälligeingeschlosseun gefunden werden, aber ebenso wenig lälst es sich leugnen, dals es bestimmte eigenthümlich gebaute Ar- t on Krebsen giebt, welche fast nur und sohäufig in Muscheln angetroffen werden, dals mangezwungen ist, anzunehmen, sie seien ihrem Instincte folgend hineingekrochen und nicht hineingefallen. 990 Die Beobachtungen aller Carcinologen neuerer Zeit stimmen hierin überein, und es bleibt daher auch ohne die daran ge- knüpften Fabeln die bereits von den Alten beobachtete That- sache immer höchst merkwürdig, dafs Thiere, welche mit harten scharfen Kiefern und Krallen bewaffnet sind und einer fleisch- fressenden Ordnung angehören, bei andern, deren Körper von weicher gallertartiger Consistenz ist, einen Zufluchtsort suchen ohne sie zu beschädigen. Man kennt bis jetzt nur wenige For- men von Krebsen, welche sich durch diese sonderbare Lebens- art auszeichnen. Diese gehören theils den kurzschwänzigen, theils den langschwänzigen Decapoden an. Die ersten, welche am häufigsten und bekanntesten sind, sind in der Gattung ver- einigt, welche Latreille unter dem alten Namen Pinnotheres aufgestellt hat. Eine der zu dieser Gattung gehörigen Arten, welche sich ungemein häufig an den Küsten des Mittelmeers in der Steckmuschel aufhält, ist ohne Zweifel diejenige, auf welche sich die Erzählungen und Darstellungen der Alten be- ziehen. Andere Arten derselben Gattung finden sich in der Mielsmuschel und in den tropischen Meeren findet man sie auch in der Riesenmuschel und in der Perlenmuschel, welche Muscheln alle die Eigenthümlichkeit haben, sich durch eine bastförmige Absonderung, den Byssus, an Steine unl andere Gegen- stände am Meeresboden zu befestigen. Die giftigen Eigen- schaften, welche diesen Muscheln zuweilen innewohnen, werden vom Volke an manchen Orten heut zu Tage den Krebsen, welche man in ihnen findet, zugeschrieben, eine Behauptung, die ebenso wenig begründet und weniger poetisch erscheint als die Sagen der Alten. Von den langschwänzigen Decapoden giebt es eben- falls eine Gattung, Pontonia, Latreille, welche man vor weise in Muscheln antrifft. Man kennt von derselben nur bis fünf Arten, von welchen nur eine, die am ältesten bekannte, Pontonia tyrrhena im Mittelmeer, ehenfalls in der Steckmuschel vorkommt. Es erscheint daher sehr wahrscheinlich, dafs es diese Art ist, von welcher Aristoteles (H. A. V.15) spricht, wenn er sagt, dals man in der Pinna sowohl einen #0gzivos, einen kurzschwan- zigen Krebs, als einen z&gis, einen langschwänzigen Krebs finde. Unter den von mir an der Küste von Mossambique be- obachteten Krebsen, finden sich drei Arten, welche sich eben- zZ a Da u a er En a 591 falls zwischen den Mantellippen von Muschelthieren aufhielten, Eine davon gehört zu der Gattung Pinnoteres die andern beiden aber gehören einer neuem Gattung an, welche ich Con- chodytes (Ges. naturf. Fr. 18. Febr. 1851) genannt habe, und von der ich mir erlaube bier die Beschreibung mitzutheilen. CONCHODYTES. Die Gattung Conchodytes hat die gröfste Verwandtschaft mit den Pontonien, unterscheidet sich aber von ihnen vorzüg- lich durch die Lage und Kürze der Arterien. Wahrscheinlich ist auch eine von Milne Edwards bereits beschriebene Art, welche er von den übrigen Pontonien abgesondert hat, die Pontonia-macrophthalma desselben aus den asialischen Meeren hierher zu siehen. Das Panzerschild der zu dieser Gattung gehörigen Arten ist gewölbt, nur wenig länger als breit, glatt, sehr weich und dünn und geht vorn in einen kurzen, platten, ungezähnel- ten an der Spitze nach unten gebogenen Schnabel aus. Die Augen sind frei, von halbkugelförmiger Gestalt und stehen an der Spitze kurzer ceylindrischer beweglicher Stiele. Die innern Fühler sind breit und platt, kaum länger oder selbst kürzer als der Schnabel; ihr erstes Glied ist platt, am äulsern Rande verdickt, am innern Rande zugeschärft; das zweite und dritte Glied sind zusammengenommen kürzer als das erste, an ihrer obern Fläche convex, an der untern abgeplattet; die End- glieder, die Geilseln, entspringen seitlich, von einander durch den mittleren vorspringenden Theil der dritten Fübhlergliedes getrennt, sind sehr kurz und niemals wie bei den Pontonien am Ende gespalten. Die äufsern Fühler entspringen nicht, wie bei Pontonia, unter den innern sondern neben denselben, und legen sich mit ihrem Wurzelglied in einen Ausschnitt des Panzerschildes, welcher durch eine kleine vorspringende Spitze von dem Ausschnitt, worin die Augenstiele liegen, gelrennt ist. Der Fühlerstiel ist dreigliedrig, sehr kurz und schmal; die einfache Geilsel, welche aulsen an ihrem vordern Ende entspringt, ist so kurz, wie man sie bei keiner andern Gattung von lang- schwänzigen Decapoden antrifft, indem sie kaum länger ist als der Füblerstiel, von dem sie ihren Ursprung nimmt. Der blatt- 592 förmige Anhang, welcher den äufsern Fühler von oben her be- deckt, ragt kaum über den Schnabel hinaus, ist von eiförmiger Gestalt, am äufsern Rande ver-Mfckt und vorn mit einem kleinen Stachel bewaffnet. Die Oberlippe ist weich, dreieckig und wulstig. Die Unterlippe (oder Zunge) ist in der Mitte wie gewöhnlich gespalten. Die Mandibeln sind schmal und kreisförmig gebogen, mit scharfen Zähnen bewaffnet und tragen einen eingliedrigen, schmalen, sichellörmig gebogenen Taster, der an dem abgestuzten Ende kammförmig gezahnt erscheint. Das dritte oder äuflsere Paar der Kinnladenfüfse, welches bei den Garneelen und bei den langschwänzigen Deca- poden überhaupt meist sehr gestreckt, fuls- oder fadenförmig erscheint, ist so kurz, wie man es nur bei den Brachyuren be- obachtet; das zweite und dritte Glied sind breit, jedoch nicht breit genug, um den Kauapparat zu verdecken. Von dem vor- deren äulseren Winkel des dritten Gliedes entspringt das schmale vierte, an dessen Spitze sich nur noch ein einziges klei- nes Glied befestigt, so dafs hier ebenfalls nur zwei Endglieder vorhanden sind, wie bei Pontonia, während die meisten andern Gattungen wenigstens drei solcher schmaler Endglieder zeigen; der tasterförmige Anhang dieser Fülse ist schmal und einfach, und von äulseren peitschen- oder blattförmigen Anhängen findet sich keine Spur. Die Gangbeine verhalten sich ähnlich wie bei den Pontonien und zeigen nichts von kiemenarligen An- hängen. Die beiden ersten Paare sind Greiffülse. Das erste Paar ist dünn und schwach und endigt mit einer kleinen Scheere, deren beide Finger zugespitzt und gerade ausgestreckt sind. Das zweite Fulspaar, welches bei den Pontonien so über- wiegend viel länger ist als alle übrigen, ist hier, obgleich immer das längste und dickste, nicht in dem Mafse vergröfsert und nur wenig länger als das erste Paar; die Scheeren sind an bei- den Seiten von gleicher Form, ziemlich gleich grofs und machen etwas mehr als ein Drittheil dieser Beine aus; beide Finger, namentlich der Daumen, gehen in eine scharfe hakenförmig ge- krümmte Spitze aus, und sind am innern Rande mit einem oder zwei grolsen Zähnen bewaffnet. Die folgenden drei Paare der Gangbeine sind einfingrig, dicker als das erste Paar, aber kürzer, wobei das vorletzte Paar das kürzeste von allen ist; ihre Tar- ' 593 sen, welche bei den Pontonien schmal und spitz erscheinen, sind kurz und breit, endigen mit einer sichelförmig spitzen Kralle, hinter welcher sich noch eine kürzere zweite Kralle und nahe der Basis ein platter dreieckiger behaarter Zahn be- findet. Der zwischen dem Grunde der Beine gelegene Theil des Vorderleibes, das sogenannte Sternum, ist zwischen den vordern drei Fulspaaren sehr schmal, zwischen den hintern bei- den Paaren dagegen viel breiter; die Abtheilungen des Ster- nums sind deutlich, besonders zwischen dem zweiten und drit- ten Fulspaare, wo eine ziemlich hohe quere Leiste hervorspringt. Der Schwanz ist etwa um die Hälfte länger als der übrige Körper, bei den Weibchen breiter als bei den Männchen und auf ähnliche Weise wie bei den Pontonien gebildet. Die drei ersten Segmente desselben sind in der Mitte verkürzt, an den Seiten plötzlich erweitert, und das zweite Segment, welches das breiteste von allen ist, bedeckt an den Seiten die angren- zenden Theile sowohl des ersten als des dritten Segments. Die drei folgenden Segmente, das vierte, fünfte und sechste nehmen sehr schnell an Grölse ab, und das letzte siebente Endglied, wel- ches das mittlere Stück der fächerförmigen Schwanzflosse bildet, ist schmal und lanzettförmig. Sämmtliche Segmente sind glatt _ und namentlich an den Seiten sehr weich und dünn. Die fünf - He A a le et Fi u au uU une Sn Dun az au u ersten Paare der falschen Bauchfülse bestehen aus einem langen Basalgliede und zwei Anhängen, von denen der vordere des ersten Paares eine lanzettförmige Platte bildete, das hintere dagegen von fadenförmiger Gestalt ist; bei den folgenden Paa- ren sind beide Anhänge von blattförmiger Gestalt und genau betrachtet am Rande sägeförmig gezackt. Das sechste Paar der falschen Bauchfülse, welches durch ein kurzes Glied mit dem sechsten Schwanzsegmente articulirt bildet jederseits die beiden Seitenlamellen der fächerförmigen Schwanzflosse. Es sind, wie bei Pontonia, nur fünf Kiemen jederseits vorhanden, welche nicht mit den Basalgliedern der Fülse in Verbindung stehen, sondern über denselben aus dem Boden der Kiemenhöhle ent- springen. Jede derselben besteht aus zwei Atheilungen, einer vorderen breitern und einer hintern schmälern, welche an ihrer freien, sich nach den Beinen herabkrümmenden Spitze zusammen- fliefen. Die einzelnen Kiemenblättchen sind theils verlängert 594 eiförmig, theils unregelmäfsig herzförmig, am Ende abgestumpft. Die Öffnungen für die männlichen Geschlechtsorgane befinden sich an dem Basalgliede des letzten Paares der Gangfülse. Die Männchen sind stets viel kleiner als die Weibchen. 1. CoNCHODYTES TRIDACNAE. Der Panzerschild ist in der Mitte bauchig aufgetrieben, am hintern Rande bogenförmig ausgeschnitten, an der äulsern Seite neben den Antennen abgerundet, zwischen den Augen und dem Basalgliede der äufseren Fühler in Form eines stumpfen Zah- nes hervorspringend. Der Schnabel ist platt, halb so breit wie lang, länger als der Stiel der innern Fühler und die Schuppen der äufsern, unter der Spitze mit einem abgerundeten Längskiel versehen. Die Endfäden der innern Fühler sind von gleicher Länge, achtgliedrig, kaum länger als die beiden Endglie- der des Fühlerstiels; die innere Geilsel ist fadenförmig, die äulsere klein,am Grunde spindelförmig angeschwollen. Die äufsern Fühler sind ebenso lang wie die inneren; ihre einfachen Endfäden sind 48gliedrig nicht länger als der Schnabel. Die Fühlerblätter sind vorn und aufsen mit einem starken Dorn bewaffnet, am Rande nicht mit Haaren bewimpert. Die äufsern Kinnladenfülse reichen mit ihrem Endgliede höchstens bis zur Mitte des Schnabels. Das erste Fulspaar ist so lang wie der Panzerschild; sein drit- tes Glied, Femur, ist sehr zusammengedrückt und kürzer als das vierte, die Tibia. Das zweite dicke Fufspaar ist nur wenig länger als das erste. Die Scheerenglieder sind doppelt so lang wie dieSchwanzflosse. Der Daumen ist am innern Rande mit einem einzigen stumpfen Zahne bewaffnet. Die Scheeren beider Sei- ten sind von gleicher Gröfse. Die drei folgenden einfingrigen Gangbeine sind um ein Drittheil kürzer, aber merklich dicker als das erste Paar. Länge eines trächtigen Weibchens 33 Mm. Fundort: Südostküste von Africa, bei Ibo, im 12° Südl. Br., zwischen den Mantellappen von Tridacna sguamosa Lam. 2. COoNCHODYTES MELEAGRINAE. Das Panzerschild ist sehr bauchig, hinten bogenförmig aus- geschnitten, an der äulsern Seite neben den Antennen abgerundet, zwischen den Augen und dem Basalgliede der äufsern Fühler 395 zahnartig vorspringend. Der Schnabel ist platt, sehr spitz, unter der Spitze mit einem abgerundeten Längsvorsprung bewaffnet und erreicht nicht das Ende der Antennen. Die Augenstiele sind verhältnilsmälsig länger als bei der vorigen Art. Der Bau der innern und äufsern Fühler, die Länge und Gliederung ihrer Geilseln ist ebenfalls dieselbe, nur sind die Stiele etwas länger, und ragen über den Schnabel hervor; auch unterscheiden sich die Fühlerblätter durch die dichte Behaarung ihrer innern Ränder. Die äulsern Kinnladenfülse ragen bis ans Ende des Schnabel. Am ersten dünnen Paar der Scheerenfülse ist das vierte Glied kürzer als das dritte. Die Scheeren des zweiten dicken Fufspaares beider Seiten sind gleich grols; sie sind dop- pelt so lang wie die Schwanzflosse, schmaler als bei der vori- gen Art; der Daumen ist an der innern Seite mit einem Zahn bewaffnet, welcher zwischen zwei kleineren Zähnen des Zeige- fingers eingreift. Farbe blafsrotb, oder genau betrachtet weils mit feinen rothen Pünktchen. Länge des Weibchens 20 Mm. Länge des Männchens 14 Mm. Fundort: Südostküste Africas, Ibo, im 12° S. Br., zwischen den Mantellappen von Meleagrina margaritifera Lam. Darauf las Hr. Müller über die Entwicklungsformen einiger niederen Thiere. Eine Fortsetzung der Beobachtungen über die niedern | Thiere hat wieder in Triest stattgefunden, es hatten diesmal die Herren Dr. Berlin und Lachmann an den Arbeiten Antheil { genommen. Der gegenwärtige Bericht beschränkt sich auf die Beobachtungen über die Larvenzustände der Thiere. Die Larven der Gasteropoden und Bivalven unter den iiallasken. sind zum pelagischen Schwärmen befähigt durch ihr vergängliches räderndes Kopfsegel. Dafs es noch andere Formen von schwärmenden Larven gebe, davon liefern die schalenlosen ’ Pteropoden ein unerwartetes sehr ausgezeichnetes in Triest k beobachtetes Beispiel. Es wiederholt sieh nämlich der Typus der Annelidenlarve mit mehreren ‘den wurmförmigen Körper % umgebenden Wimperkränzen oder Räderorganen. Diese Form f ist um so auffallender, als die beschalten Pteropoden davon BsBeachlossen sind, deren Larven im Besitz des Kopfvelums J ger* ‚ 11 596 sich ganz an die schwärmenden Larven der Gasteropoden an- schliefsen. Beide Abtheilungen der Pteropoden die schaligen und die schalenlosen waren in Triest durch eine Art vertreten, die ersteren durch C/eodora acicula Rang, die letzteren durch Pneumodermon mediterraneum Van Beneden. Die Jungen 'des Pneumodernon sind an mehreren Tagen beim Fischen mit dem feinen Netz vorgekommen. Die jüngsten hatten nur 4— 5. 8/1 10 Zeit zu Zeit ihre Flügel nach Art der Insecten, obgleich die Thierchen in diesem Alter gewöhnlich doch nur durch ihre Wimperkränze oder Räderorgane und zwar ohne Rotation um die Achse des Körpers schwimmen. Die kleineren Exemplare bewegten ihre Flügel gar nicht und schwammen blofs durch die Wimperreifen. Die der Gattung eigenen Bündel von Saug- näpfen am Kopfe, die Tentakeln, der Rüssel, die Kiefer- und Zungenzähne, die Gehörblasen mit Otolithen, die Flügel, der vordere und hintere Mittellappen zwischen den Flügeln, welchen Die gröfseren Exemplare von bis 1” Gröfse bewegten von Van Beneden und Souleyet für ein Rudiment von Fuls halten, sind schon ausgewirkt. Von den mittleren und grölseren Exemplaren von +—1”’ konnte ich bei Vergröfserungen von 250—450 schon alle Details der Zähne zeichnen, und ich konnte die Spur der Zähne auch schon in den kleinern Indivi- duen wahrnehmen. Die ringförmigen Räderorgane verhalten sich in allen angeführten Gröfsenstufen der Larven gleich, auch die kleinsten von mir gesehenen Exemplare hatten keine Spur eines Kopfsegels. Das Junge hat 3 Wimperreifen. Der erste um- giebt den Kopf. Sowohl die Stelle des Kopfes, aus welcher der grofse Rüssel hervortritt, als die Tentakeln und die Saug- näpfe liegen schon vor diesem Reifen, der Wimperreifen liegt aber noch vor den am Halse befindlichen Flügellappen und vor dem vordern der beiden intermediären Lappen, auch vor der Stelle, wo die Gehörbläschen ihren Sitz haben. Das zweite ringförmige Räderorgan liegt in den jüngsten gegen die Mitte der Körperlänge, in älteren hinter der Mitte, so dafs der After noch vor diesem Ringe gelegen ist. Das dritte liegt kurz vor dem hintern Ende des Thiers, welches Ende bei dem ganz aus- gebildeten Thier durch die terminalen Kiemen ausgezeichnet ist. Es steht nunmehr fest, dals die Jungen von Anneliden, 0897 Mollusken und Echinodermen, nämlich die Holothurienpuppen in der äulsern Form und in ihren Räderorganen sich völlig gleichen können. Ich sage Holothurienpuppen; denn die Wim- perschnüre der Holothurienlarven sind ganz anders angeordnet. Die Zähne der Zunge dieser jungen Pneumodermen bilden zwei Reihen zackiger Platten und zwischen ihnen in der Mitte eine leicht zu übersehende Reihe kleinerer Plättchen mit 4 klei- nen Zacken. Zu jeder Seite der Zunge befindet sich ein mit Spitzen besetzter Zapfen, vor der Zunge befindet sich noch eine gebogene Querreihe von einzelnen Spitzen, welche auf Kieferzähne zu deuten ist, da ihre Lage von der Stellung und Lage der Zungenplatten unabhängig ist. In der Haut der 'Thier- chen sind ästige violette Pigmentflecke und am mittleren und hintern Theil des Körpers auch grolse Zellen ein Öltröpfchen enthaltend, diese Zellen sind ringförmig um den Körper gestellt. Das Fulsrudiment wimperte, die Flügel waren am Rande mit langen steifen d. h. unbeweglichen Wimpern besetzt, auch auf der Spitze jedes Tentakels stand eine steife lange Wimper. Ist der in Triest beobachtete Zustand der Pneumodermon- larve der jüngste oder giebt es noch eine frühere Form, in welcher sie den Larven der schaligen Pteropoden gleicht, d. h. ein Kopfsegel und noch keine Wimperreifen hat, und vielleicht selbst eine Schale besitzt, vergänglich wie die Schale der -Nacktkiemer? Zur Beantwortung dieser Frage besitze ich selbst keine Thatsachen. Eine von Carl Vogt in der Entwickelung aus dem Ei in Nizza beobachtete merkwürdige junge Schnecke, welche zuletzt als schalenloser Pteropode erschien und sogar auf Pneu- modermon gedeutet wurde, gehört aber diesem Zustande an. Die Eihülse war an der ÖObertläche des Meeres gefischt und enthielt 50—60 Embryonen noch in ihren Eischalen. An dem vordern stumpfen Ende der Embryonen salsen zwei henkelartige Wülste, die vom Rücken aus gesehen einen flachen Halbkreis bildeten, mit kurzen lebhaft schwingenden Wimpern besetzt. An dem zapfenförmigen Hinterende war eine äulserst dünne quergeringelte Schale, welche bald schon innerhalb der Eischale abfiel. Ein zungenförmiges Fulsrudiment richtete sich nach vorn, so dafs es fast in der Achse des Kopfes stand und ent- 598 wickelte aus seinen Seitenrändern zwei flügelartige Lappen. Die Lappen wurden lang und schmal und standen bald als zwei Flügel vor dem Kopfe. Die Wimperlappen nahmen dagegen allmählig ab und bildeten nur noch zwei Wülste. Als die Larven die Eischalen verlielsen, schwammen sie blofs durch den Schlag ihrer Flügellappen. Sie starben nach dem Verlassen der Eischalen. Bilder aus dem Thierleben von C. Vogt. Frankf. 1852 p. 289. Es ist dermalen ungewils, ob diese Beobachtung auf Pneumodermon oder einen andern noch unbekannten schalen- losen Pteropoden des Mittelmeers z. B. Euribia zu beziehen, welche lange und schmale Kopftlügel bei einem sehr kurzen Körper besitzt. Bei Pneumodermon sind die Flügel am Halse angebracht und an dem jüngsten von mir gesehenen Individuum von +” sehr klein. Sie stehen zur Seite der intermediären Lappen oder des Fufsrudimentes, ohne mit diesen selbst zu- sammenzuhängen. Die Flügel waren immer blattförmig und entweder quer gestellt oder etwas nach hinten geneigt, wie auch beim erwachsenen Pneumodermon, sie reichten quer aus- gebreitet bei weitem nicht bis zum Vordertheil des Kopfes oder zu den Tentakeln und selbst nicht bis zum ersten Wimperreifen oder kaum bis dahin. Von den Gehörbläschen bemerkt Vogt, dals sie früher und vor der runden crystallinischen Concretion, welche sie einschlielsen, erschienen. An dem jungen Pneumo- dermon von Triest enthielten die Gehörbläschen einen Hau- fen von Ötolithen. Cleodora acicula fand sich täglich bei Triest an der Küste gegen Barcola hin in allen Altersstufen in erstaunlicher Menge. Das Kopfsegel der Larve besteht aus 2 bis zur Basis getrenn- ten Lappen, wovon jeder wieder durch einen Einschnitt gabelig getheilt ist, ganz so wie in einigen Gasteropoden. Larven, welche = erreicht haben, besitzen noch nicht die beiden späteren locomotorischen Flügel, wohl aber den Mittellappen der späte- ren Flügel, welchen man für das Rudiment eines Fulses hält, in Gestalt eines mit sehr langen Cilien besetzten Zapfens, die Flügel wachsen dann allmählig zu den Seiten dieses Zapfens hervor unterhalb der Insertion der Lappen des Kopfsegels, d. h. auf der Seite des Kopfes, wo der Mittellappen oder das Fuls- 6/H rudiment ist und haben an Larven von „— schon die Länge Baier 599 der Wimperlappen. Später erkennt man, dafs die Flügel durch den Mittellappen zusammenhängen, wie es den Cleodoren und verwandten eigen ist. Die Sinnesorgane bestehen aus den Ge- hörbläschen und den Tentakeln, kleinen Knöpfchen am Kopfe, welche aber ein oder zwei schwarze Körner und ein drittes eben so kleines helles Körnchen enthalten, was auf Augenflecke deutet. Vom Magen geht aufser dem Darm ein sehr langer Blindsack ab, der bis in den Grund der Schale herabsteigt und im In- nern nicht wimpert, während die übrigen Theile des Darms deutlich wimpern. Er darf nicht mit der ersten Erscheinung der Leber in Form eines Blindsacks verwechselt werden, wel- cher sich bald in Follikel theill. Vom Herzen, den Kiemen, der Niere, ist in den jüngsten Larven nichts zu sehen. Die jüngern Larven zeichnen sich durch eine contractile Membran aus, welche über die der Mantelhöhle zugekehrte Seite des Eingeweidesacks bis in die Gegend des Magens herabläuft und ihren freien Rand nach der Mantelhöhle gerichtet hat und be- ständig im Rhythmus sich zusammenzieht. Sie scheint eine Art Ventilator vorzustellen, später verschwindet sie spurlos. Der Eingang der Mantelhöhle wimpert uniform wie gewöhnlich, aber sehr eigenthümlich ist die Vertheilung der Wimperorgane im übrigen Raum der Mantelhöhle- Die innere Fläche der Mantelhöhble zeigt bei der Larve sowohl wie im erwachsenen Thier eine grolse Zahl discreter Wimperstellen, welche sehr regelmälsig über die ganze Mantelhöhle bis in den Grund der Schale und auch über die der Mantelhöhle zugekehrte Seite des Eingeweidesacks verbreitet sind. Jede dieser Wimperfackeln besteht aus einem kammförmigen Bausch von einigen quer neben einander geordneten langen Wimpern. Wenn das Herz ent- standen ist, wird auch die Niere bereits erkannt, sie liegt als ein Blindsack bei der Kiemenvene zwischen dem convexen Rande der Kieme und dem Vorhof des Herzens. Es ist die von Souleyet gesehene unerklärt gebliebene poche pyriforme, von der er sagt, der Vorhof communicire mit einer birnförmi- gen Blase, die mit der untern Wand des Mantels innig zusam- menhänge. Die Deutung auf die Niere scheint sicher zu sein, da die Ausmündung des Sacks am hintern Ende mit Wimper- bewegung im Halse des Sacks und an der Öffnung erkannt 600 wurde. Die Öffnung des Sacks in die Mantelhöhle befindet sich ganz nahe am Vorhofe und Herzbeutel. Die Flügel des Thiers sind gröfstentheils ohne Wimperbewegung mit Ausnahme eines scharf begrenzten Feldes an der basilaren Hälfte der innern Seite, von wo sich die Flimmerbewegung auch auf den inter- mediären Lappen fortsetzt. Ich übergehe die übrigen anatomi- schen Verhältnisse, welche beim erwachsenen Thiere mit Ge- nauigkeit von Souleyet beschrieben sind. In den ersten Abbildungen der Holothurienpuppen von Nizza war mir einiges unverständlich geblieben, in diesem Jahre waren die Holothurienlarven und Puppen mit Kugeln bei Triest lange Zeit so aufserordentlich häufig, dafs die Gelegenheit zur Aufklärung hierüber mit Erfolg benutzt werden konnte. In der vierten Abhandlung über Echinodermenlarven habe ich be- reits mit Beziehung auf Taf. II. Fig. 4. darauf hingewieseu, dafs die Windungen der bilateralen Wimperschnur der Holo- thurienlarven zur Ausbildung der ringförmigen Wimperreifen zum Theil benutzt zu werden scheinen. Dies ist in der That der Fall. Die zickzackförmigen Biegungen des dorsalen Zugs der bilateralen Wimperschnur der Larve breiten sich nämlich zur Zeit des Übergangs in das Puppenstadium um den walzig werdenden Leib der künftigen Puppe nach der Rückseite so aus, dals sich die Winkel beider Seiten nahe begegnen, der eine Schenkel dieser Winkel nimmt dabei eine quere Rich- tung an, der andere behält seine schiefe Richtung. In manchen Fällen erkennt man aber nach vollständiger Aus- bildung der queren Reifen mehr oder weniger deutlich noch den Lauf der früheren bilateralen Wimperschnur an den Resten des Pigmentes, welches diese Schnur auszeichnete. Die viel- fach wiederholte directe Beobachtung lehrt nun in der That die theilweise Aufnahme der bilateralen Schnur in die entste- henden queren Cirkel und das theilweise Obliteriren derselben bis auf Pigmentreste. Die queren Schenkel werden dann in der Mitte durch Neubildung vereinigt und zu den queren Bin- den des Rückens ausgebildet, während die schiefen Schenkel ihre Wimpern und theilweise selbst ihr Pigment verlieren, so dafs ihr früherer Verlauf nur an den Resten der Pigmentflecke mehr oder weniger erkennbar ist. Dasselbe geschieht mit den 601 zickzackförmigen Biegungen der ventralen bilateralen Stücke der Wimperschnur. Die entsprechenden dorsalen und ven- tralen queren Schenkel vereinigen sich an den Seiten des Körpers zu vollständigen Reifen. An der ventralen Seite der Lärve entstehen die ventralen Portionen der 3 hinter- sten Reifen aus dem hintern ventral umgeschlagenen Theil der bilateralen Wimperschnur bis zur früheren Querfurche der Larve, so dals der quere Theil dieses Umschlags in den drittletzten Reifen aufgenommen wird. Aus den Zickzack- biegungen dieses Umschlags entstehen die ventralen Ab- schnitte. des vierten und fünften Reifen. Der Seitentheil des fünften Reifen wird aber ohne weiteres aus der dorsoventralen Umbiegung der bilateralen Wimperschnur gebildet. Die ven- trale Portion des zweiten Reifen entsteht aus dem mittleren queren Theil des vorderen ventralen Umschlags der bilateralen Wimperschnur und der Vereinigung mit entgegenwachsenden Portionen der dorsalen Wimperschnur. Auch auf der Bauch- seite vergehen die unbrauchbaren Theile des bilateralen Wim- persaums.. Am längsten erhält sich das frühere Ansehen am vordern Theil der Larve und Puppe. Die Ausbildung des vordersten Wimperreifen war am schwierigsten zu verstehen, ist nun aber auch aufgeklärt. All- mählig rücken nemlich der rechte und linke Theil der bilateralen Wimperschnur auf der Rückseite nahe dem vordern Ende der Larve gegen einander bis zur Bildung einer bogenförmigen dorsalen Commissur, zu gleicher Zeit entfernen sich die beiden Gipfel und die ventralen Fortsetzungen der bilateralen Wimperschnur am vordern Ende selbst immermehr von einander, so dafs die Lärve an der ventralen Seite des vordern Endes breiter wird. Umgekehrt schrumpft das ventrale Feld in der Gegend vor der früheren Querfurche mit Einknickung der ventralen bilateralen Wimperschnur immermehr zusammen. Der vorderste circuläre Wimperreifen der Puppe entsteht daher so, dafs einmal an der Rückseite die dorsalen Schnüre sich zur Commissur vereinigen, und die longitudinale Fortsetzung eingeht, der ventrale Theildieses Cirkels wird durch die Einknickungen am ventralen Theilder bila- teralen Wimperschnur und die Verbindung beider Seiten gebil- 602 det. Die Seitenportionen des vordersten Cirkels werden durch die dorsalventralen Umbiegungen der bilateralen Wimperschnur oder ihre Gipfel gebildet. Der vorderste Wimperreifen. unter- scheidet sich jetzt von allen andern, dals er nicht in einer queren Ebene liegt, sondern dafs wegen des Antheils der bei- den seitlichen Gipfel der bilateralen Wimperschnur am vorder- sten Reifen die Ebene dieses Cirkels sowohl nach der Rückseite als Bauchseite, am stärksten aber von den Gipfeln ab nach- der Bauchseite geneigt ist, mit andern Worten die Seitenportionen des vordersten Cirkels steigen anfangs beträchtlich herab, ehe sie ventral zur Vereinigung kommen, während sie am Rücken weiter vorn durch Commissur verbunden sind. So bleibt daher an der Bauchseite längere Zeit ein Rest des frühern ventralen Feldes und der ventrale Theil des vordersten Cirkels ist ganz dem zweiten Cirkel genähert. Später wird dies ausgeglichen. Die entstandenen queren Wimperreifen zeigen eine viel leb- haftere Wimperbewegung als die frühere bilaterale Wimper- schnur. Das Flimmern nimmt zuletzt die Erscheinung der Rad- bewegung an, bei welcher die Puppe schneller kreist und sich um die Achse dreht. Die Wimperreifen sind breiter geworden und das gelbe Pigment wird reichlicher in ihnen abgelagert. Später erhält dieses Pigment eine allgemeinere Verbreitung in der Haut der jungen Holothurie. Es war ungewils geblieben, wo die Tentakeln der Holo- thurie aus der Puppe hervorbrechen, wo sich die Puppe öffnet nnd es war nur ausgemacht, dafs dies im vordern Theil in der Nähe der Umbiegungschlingen der bilateralen Schnur der frü- heren Larve geschieht. Es ist jetzt ausgemittelt, dafs die ÖFE- nung zwischen diesen Umbiegungen am vordern Theil erfolgt und dafs das Feld des Aufbruchs weiter auf der ventralen als dorsa- len Seite hinabreicht. Der Ausschnitt wird jedoch bald circulär. Wenn die Holothurie ganz aufgeschlossen und die Tentakeln ganz hervorgebrochen sind, erscheinen sie an ihrer Basis über dem Kalkring durch eine Membram verbunden, welche mit der innern Fläche des Perisoms zusammen hängt. Es ist gewils, dals der After sich zwischen dem letzten und vorletzten Wimperreifen befindet. 603 In der dritten Abhandlung Taf. IV. Fig. 8. ist eine schon verwandelte junge Holothurie abgebildet, bei der sich der Kör- | per vor dem hintern Ende zwischen dem letzten und vorletzten Reifen in einen Zapfen verlängert, dessen Bedeutung sich jetzt als der erste Fuls erweist. In der vierten Abhandlung ist in der jungen Holothurie ein starker Canal abgebildet, der vom vordern Theil des Kör- _ pers bis zwischen den vorletzten und letzten Reifen reicht und bier ausgeht. Es mulste ungewils gelassen werden, ob er dem Athemorgan entspricht oder einer der Ambulacralcanäle für Füfschen ist. An jungen Holothurien (von der Grölse der Puppen), welche ihre Wimpern verloren aber noch die 5 durch gelbes Pigment ausgezeichneten Ringe besalsen, ist jetzt ausgemittelt, dals dieser Canal ein Ambulacralcanal zu dem ersten Fülschen ist, welches in der Nähe des Afters hervortritt und weit aus der Öffnung herausgestreckt werden kann. Der _ Canal hängt mit dem Cirkelcanal zusammen. Bei der Insertion in den Fufs hängt der Canal mit einer Ampulle zusammen. _ Die junge Holothurie kriegt theils mit den Mundtentakeln, mit welchen sie sich festsaugt, theils auch mit Benutzung | des einzigen Fulses, auf welchem sie sich so festsaugen kann, dafs sie schwer ohne Verletzung loszubringen ist. Die erste Ausbildung der Fülse in der Nähe des hintern Endes an unserer Holothurie verhält sich ebenso wie bei der von Krohn beschriebenen jungen Holothurie einer andern Art. Was die Stelle des Fulses betrifft, so ist sie meist zwi- schen dem letzten und vorletzten Pigmentreifen oder frühern f "Wimperreifen. Meist ist die Stelle seitlich, die junge Holo- _ thburie auf den Rücken gesehen, rechts, auf den Bauch gesehen links zwischen der vorletzten und letzten seitlichen Kugel; nur einmal sah ich ihn zwischen den Kugeln beider Seiten. Sieht man den After als ventral an, die beiden Reihen der Kugeln als rechts und links, so liegt der Kalksack wie früher der Rücken- _ porus constant zur linken Seite des Rückens, auf den Rücken gesehen und die Holothurie aufgerichtet d. h. die Mundseite nach oben gedacht. Und bei dieser Lage war der Fuls meist rechts zwischen der letzten und vorletzten rechten Kugel. Wenn der Kalksack zur rechten erscheint, so hat man die An- = 604 sicht auf die Bauchseite und dann erscheint der Fufs auf der linken Seite. Vierte Abhandlung Taf. I. Fig. 8. Eine seitliche Ansicht lehrt ferner, dals der Fufs wenn seitlich doch jeden- falls ventral ist. Aus allem scheint zu folgen, dals der erste Fufs der Holothurie in der Regel dem rechten ventralen Ambu- lacrum angehört, aber auch dem mittleren ventralen Ambulacrum angehören könne. Einmal wurde eine sehr kleine aber vollkommen verwan- delte kriechende junge Holothurie von conischer Körperform | beobachtet, welche ebenfalls mit dem feinen Netz an der Ober- fläche des Meeres gefischt worden, sie gehört einer eigenen Art an, war nur &” grofs, also dreimal kleiner als die junge Holothurie mit Kugeln und die junge Holothurie mit Rädchen und ihre Larven. Sie hatte auch nur 5 Tentakeln, welche an der Basis durch eine Membram verbunden waren, die Enden der Tentakeln waren mit einigen Saugwarzen gekrönt. In der Haut waren einige wenige Kalkfıguren von der Form derjeni- gen des Kalkringes zerstreut, besonders am hintern Ende und dort von ungewöhnlicher Stärke, stärker als die Kalkfıguren am Mundring. Von Wimperreifen oder Pigmentringen war nichts zu sehen. . Die Bipinnarien waren in diesem Jahre selten, einmal wurde die Bipinnaria von Triest wieder mit ausgebildetem Stern beobachtet. Der letztere hatte ein Kalknetz für 5 Radien ent- wickelt, das Kalknetz jedes Radius war ein selbstständiges Ganze und wurde jede der 5 Abtheilungen für sich bewegt. “Jede dieser Abiheilungen war mit 4 Stacheln besetzt. Eine neue adriatische Ophiurenlarve ist dadurch ausgezeich- net, dals ihre geraden runden am Ende dickern Seitenarme an diesem Ende roth gefärbt sind, wie bei der Ophiurenlarve von Helgoland, welche sich durch ihre gebogenen und auf den ge- bogenen Seiten abgeplatteten Arme unterscheidet. In der Mitte des Sterns ein rother Fleck. Characteristisch ist auch an der neuen Larve die Einknickung der Seitenkalkstäbe an der Stelle wo die Äste abgehen. Die Larve ist bis zur Entwick- elung des Sterns von 4” beobachtet, welche nichts eigen- ihümliches darbietet. Es wurde indels die Überzeugung ge- 605 wonnen, dals der in der 4. Abhandlung Taf. V. Fig. 11. und 12. abgebildete Stern von 4” von dieser Larve herrührte. Von Seeigellarven aus der Form der Gattung Echinus ist eine neue Art vorgekommen. Sie ist einmal von Hrn. Lach- mann aufgebracht und mir mitgetheilt und noch zweimal von mir wieder gesehen. Die Kuppel ist niedrig und abgerundet, die Kalkstäbe am Ende in der Kuppel nicht angeschwollen, dagegen liegen in der Kuppel constant ein oder zwei Kalkkugeln. Pedicel- larien sessil. In den Wimperepauletten und am Ende aller 8 Arme ein Haufen schwefelgelben Pigmentes. Pigmentpuncte der Wimperschnur wie gewöhnlich roth. Die Kalkstäbe sind ein- fach, nicht gegittert. Diese Larve kann nur entweder dem Echinus brevispinosus oder melo angehören. Die Seeigellarven mit Gitterstäben waren ziemlich häufig, es sind davon einige Formen beobachtet, welche unter sich und besonders von den Helgoländischen so weit abweichen, dafs die Annahme mehrerer Arten innerhalb einer eigenen von Echinus verschiedenen Gattung gerechtfertigt ist. Die zwei der- malen zur Beobachtung gekommenen Formen gleichen einander, dafs die 4 Kalkstäbe, welche in der Kuppel aufsteigen, dort ein vierseitiges Gerüste bilden, dies ist aber vorn und hinten nicht völlig geschlossen, indem die Kalkleisten mit Zacken nur gegen einander stolsen. Die eine der beiden Formen hat einen hohen gegitterten Kalkstab auf der Kuppel wie die Larve von Helgo- land, aber die Basis dieses Stabs, der auf dem vierseitigen Rah- men der Kuppel aufgesetzt ist, verhält sich ganz anders wie ‚bei der Helgoländischen Larve, die Basis läuft nämlich horizon- tal in 3 gerade Schenkel aus, wovon der eine nach hinten, die beiden andern nach den vordern Ecken des Kalkrahmens ge- richtet sind. Eine zweite Form hat auf der Kuppel nichts von einem Stab, bei dieser ist die Kuppel stumpfer und viel ge- räumiger und die unveränderlichen Dimensionen der Kalkleisten in der Kuppel auffällig gröfser. Die Gewebeselemente der Echinodermenlarven sind Zellen wie in andern Thieren. Sie erscheinen oft deutlich bläschen- ‚artig, z. B. in der Wimperschnur, in der innern Magenschicht, in den jungen Larven der Seeigel und Holothurien namentlich in der Nähe der Kalkabsätze. Ohne Anwendung von Reagen- 606 tien sind diese Zellen und ihr Inhalt so durchsichtig, dals sie völlig kernlos erscheinen. Bei Anwendung von Essigsäure gelingt es indels, wenn auch nicht in allen Fällen, sich von der Anwesenheit eines Kernes in diesen Zellen zu überzeugen, Dies gilt auch von den geschwänzten und verzweigten Zellen, welche in den Larven der Echinodermen sehr verbreitet sind. In der Haut der jungen Holothurien zeigen diese Zellen sogar einen deutlichen körnigen Inhalt unter Anwendung von Essig- säure. Die Entwicklung der Enzoconcha mirabilis in der Synapta ist ziemlich oft wiedergesehen, es hat sich aber nichts weiter in der Sache ermitteln lassen, als eine Vermuthung bestätigt, welche ich in der Schrift über Synapta digitata Berlin 1852 p. 11 geäulsert, dals die wimpernde Schicht des schneckenführenden Schlauches und die wimpernde Oberfläche seiner Eierstockcapsel, wenn auch nirgend unter dem Mikroskop ein Zusammenhang erkennbar ist, doch an irgend einer für das Mikroscop schwer zugänglichen Stelle zusammenhängen möchten. Durch Präpa- ration wurde nämlich einmal eine häutige Production zwischen der innern Haut des Schlauches und dem umgebogenen Theil des Endzipfels der Eierstockcapsel wahrgenommen. Die Samen- capseln liegen jedoch immer frei in der Höhle der Schlauches. Die Akademie beschlofs, sowohl der Oberlausitzischen Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Goerlitz die Denkschriften der philosophisch - historischen Klasse sammt den Monatsberichten, als auch dem neu begründeten Athenaeum Frangais ihre Monats- berichte von jetzt ab zuzusenden. Dadurch ist ein Austausch mit diesen Instituten eingeleitet. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Studien des Götlingischen Vereins bergmännischer Freunde. Herausgege- ben von Joh. Friedr. Ludw. Hausmann. Bd. 6. Heft 1. 2. Götting. 1852. 8. Mit einem Begleitschreiben des Herausgebers d. d. Göttingen den 10. October d. J. Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl, Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1852. No. 10. 8. 607 Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft. Bd. 6. Heft 4. Leipzig 1852. 8. Epistulae Novi Testamenti Coptice ed. Paul. Boetticher. Opus ad- juvante Societate Orientali Germanica editum. Halae 1852. 8. Von der Deutschen morgenländischen Gesellschaft mitgetheilt. Geognostische Karte Tyrols, aufgenommen und herausgegeben auf Kosten des geognost. montanist. Vereins von Tirol und Vorarlberg (in 13 Blättern) 1851. fol. J. F. Encke, Berliner astronomisches Jahrbuch für 1855. Berlin 1852. 8. Jean Alexandre-Hubert Baron Michiels van Kessenich, de la condition des Femmes chez les differens peuples tant anciens que modernes. Tome 1. Ruremonde 1852. 8. Memoires de la Societe de Physique et d’Histoire naturelle de Geneve. Tome 18, Partie 1. Geneve et Paris 1852. 4. C. H. D. Buys Ballot, meteorologische Waarnemingen in Nederland 1851. 1852. Utrecht 1852. 8. und 4. Porro Lettre a M. Baninet: Raies longitudinales du Spectre. Extr. des Compt. rend. hebd. des seanc. de l’Acad. des scienc. de l’Inst. de France Tome 35. Seance du 4. Oct. 1852. (Paris) 4. Samuel Birch, Notes upon an Egyptian inscription in the Bibliotheque Nationale of Paris. (From the Transact. of the Roy. Society of Lit. Vol. IV. New Series). 8. Memorial de Ingenieros. Ano 7. Num. 8. Agosto de 1852. Madrid. 8. Adolph Hannover, das Epithelioma, eine eigenthümliche Geschwulst, die man im allgemeinen bisher als Krebs angesehen hat. Leipzig 1852. 8. 26ste publication des litterarischen vereins in Stuttgart enthaltend Cancio- neiro geral. 3. Band, herausgg. v. E. H. von Kausler. Auch mit dem Titel: Bibliothek des litterarischen vereins in Stuttg. XXVI. Stuttg. 1852. 8. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 829 — 831 Altona 41852. 4. Das Verbrüderungsbuch des Stiftes S. Peter zu Salzburg aus dem 8. bis 13. Jahrhundert mit Erläuterungen von Th. G. von Karajan. Auf Kosten der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Wien 1852. fol. Abhandlungen der historischen Classe der königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften Bd. 6. Abth. 3. München 1852, 4. Bulletin der Königl. Akademie der Wissensch. 1852. No. 1— 24. 2. Jan. bis 14. Juni. ib. 4. Gelehrte Anzeigen. Herausgegeben von Mitgliedern der Königl. Bayeri- schen Akademie der Wissenschaften, Bd. 34, Jan. — Juni 1852. ib. 4. 608 Fr. v. Thiersch, über die wissenschaftliche Seite der praktischen Thä- | tigkeit nebst biographischen Nachrichten über die Akademiker v. Rei- | chenbach, v. Fraunhofer u. v. Roth. Fine Rede zur 93. Stiftungs- ' feyer der K. Akademie der Wissenschaften vom 27. März 1852. ib. 1852. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Bibliothekariats der Königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München vom 4. Oct. d. J. worin zugleich der Empfang der Akademischen Ab- handlungen von 1850 und des Monatsberichts vom April — Juni | d. J. angezeigt wird. Ibn "Akil’s Commentar zur Alfijja des Ibn Mälik. Aus dem Arabischen ' zum erstenmale übersetzt von F, Dieterici. Berlin 1852, 8. mi Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat November 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Trendelenburg. 4. November. Gesammtsitzung der Akademie. | Hr. Pinder las über die Cistophoren. Nach Erläuterungen über die Bedeutung des Wortes zırrocegos und über dessen Anwendung auf die Münzart, welche als allgemeine Landesmünze des proconsularischen Asiens bei Cicero, Livius u. A. öfters vorkommt, wurde das Gepräge die- ser Münzen selbst näher betrachtet und erklärt. Mit den bacchi- schen Mysterientypen, der Cisza mystica, dem Epheukranze und dem aufgerichteten Schlangenpaare, vereinigen die Cistophoren die Darstellung des Bogens und des scythischen Köchers, welcher dem Herakles eigen ist. Herakles, dessen Keule und Löwen- ‚haut auch auf den halben und Viertel-Cistophoren zugleich mit den Symbolen des Dionysos dargestellt sind, erscheint hier in nahem Zusammenhange mit den bacchischen Mysterien. Von den Prägorten der Cistophoren kannte Eckhel sechs; die doppelte Zahl läfst sich jetzt nachweisen. Es sind die Centralstädte der Verwaltung in dem pergamenischen Reiche, der römischen Provinz Asia, dieselben Städte welche Mittel- puncte der Convenzus iuridici bildeten. Ihre Namen sind auf den Cistophoren der südlichen Landestheile stets durch einige Anfangsbuchstaben, auf denen Mysiens durch ein Monogramm angedeutet. Dazu kommen noch unterscheidende Nebenzeichen der einzelnen Prägstädte. Auch in der Nennung der Magistrate sind charakteristische Unterschiede. Auf den Cistophoren der - [1852.] 10 610 beiden phrygischen Prägstädte, Apamea und Laodicea, steht der Magistratsname vollständig, mit Angabe des Vaters, selbst ‘des Grofsvaters; und dabei sind sprachlich bemerkenswerth die späten Genitivformen wie “Eauoyevov , Zuroarov, Eöuzvou, die sich auch aufInschriften nachweisen lassen. Während andereStädte den Magistratsnamen kürzer, zum Theil durch ein Monogramm an- deuten, und Pergamum den Titel meUramng oder meUrenıs mawWrog hinzufügt, setzt Ephesus auf seine Cistophoren nur eine Zahl. Sie bezeichnet das Jahr der Aera der römischen Provinz Asia, und diese Aera beginnt mit dem Jahre 621 Roms, 133 vor Chr., der Epoche der pergamenischen Erbschaft. Diese in Ephesus als der eigentlichen Residenz der römischen Statthalter gebräuch- liche Jahreszahl giebt nun wesentliche Aufklärungen über die Verwaltungsjahre der Proconsuln und lehrt uns diese zum Theil erst kennen. Es folgt nämlich auf die rein griechischen, wenn auch unter römischer Herrschaft geprägten CGistophoren gegen Ende des siebenten Jahrhunderts der Stadt eine zweite Classe, welche aulser dem einheimischen Magistrat den römischen Proconsul nennt, jenen in griechischer, diesen in lateinischer Schrift. Die Reihe der auf diesen proconsularischen Cistophoren genannten Statthalter, in welcher noch einige Lücken durch neu aufzu- findende Münzen gefüllt werden müssen, wurde nach ihren Ver- waltungsjahren zusammengestellt. In diese Reihe gehört auch M.T. Cicero, für welchen als Proconsul Ciliciens in den Jahren 703 und 704 Roms mit der Aufschrift Cicero proconsul, und, nach seinem Siege bei Issus, Marcus Tullius imperator, zu Apamea und Laodicea Cistophoren geprägt wurden. Vor Betrachtung einer dritten und vierten Classe von Cistophoren, die zum Theil nur durch ihr Gewicht sich als zu dieser Münzart gehörig erweisen lassen, wurden die Gewichts- und Werthverhältnisse der Cistophoren untersucht. Aus der Wägung erhaltener Stücke, aus den Angaben des Festus, dessen beide hierher gehörende Stellen von Otfried Müller milsver- standen worden sind, und aus dem Vorhandensein von halben und Viertel-Cistophoren ergiebt sich, dals der Cistophorus eine Tetradrachme, aber um ein Viertel leichter als die attische Tetradrachme ist. Er mulste also nach attischem Münzfulse fü 611 ein Toiögeyuov gelten. Zugleich mit dem Gewichte der atti- schen Drachmen und der römischen Denare geht das Gewicht der Cistophoren allmählich herab, so dafs sie auch in der Kaiser- zeit stets drei kaiserlichen. Denaren gleich sind. Die Cistophoren waren in den Nachbarländern, z. B. in Galatien, neben attischen Tetradrachmen verbreitet, und letztere wurden hinwiederum im Bereich der Cistophoren durch eingeschlagene kleine Stempel anerkannt und in Curs gesetzt. Beispiele hiervon geben vor- züglich die zahlreichen für die Landschaft Pampbylien gepräg- ten Tetradrachmen attischen Gewichtes, welche mit dem Granat- apfel, dem redenden Wappen der Prägstadt Side bezeichnet sind, und aulserdem oft die später eingeschlagenen Namen und Typen der Cistophoren-Städte tragen. Das auffallende Verhältnifs der pergamenischen Cistophoren zu den nach attischem Fulse ge- prägten Tetradrachmen der pergamenischen Könige veranlafst die Vermuthung, dals die Cistophoren jünger seien als man nach Livius erwarten sollte. Die von Festus berichtete Iden- tität des Münzfulses von Rhodus mit dem der Cistophoren wurde unter anderm bestätigt durch ein aus Borrells Nachlafs - für die Königliche Sammlung jüngst erworbenes Cistophoren- didrachmon von Tralles, welches das frühere Gepräge eines rhodischen Didrachmon noch deutlich erkennen läfst. Die dritte Classe der Cistophoren, aus der Zeit des Unter- ganges der römischen Republik, unterscheidet sich durch die blos lateinische Aufschrift und durch das Bildnils des römischen Machthabers, neben welchem nur ein Theil der früheren Cisto- phorentypen erhalten ist. Hierher gehören die Cistophoren des Triumvir Antonius, die ihn selbst als Bacchus, und aufser- dem gleichsam als Ariadne seine Gemahlin Octavia darstellen; Octavia ist auf guten Exemplaren durch eine auffallende Ähn- lichkeit mit ihrem Bruder Octavianus kenntlich. Kurz nach Antonius Fall wurde in Kleinasien als Siegesmünze, als Victo- riatus, die halbe Cistophorendrachme Octavians geprägt, welche die Victoria auf der Cista mystica stehend darstellt, mit der Umschrift Asia recepta. Hierauf folgt Octavians Cistophorus mit der Friedensgöttin und mit der Beischrift Pax, aus dem Jahre Roms 726. 612 Mit dem folgenden Jahre, in welchem Octavian den Namen Augustus annahm, beginnen, als vierte Classe, die kaiserlichen Cistophoren, — wenn man sie so nennen darf, da bei genauer Beibehaltung des Cistophorenfulses doch die Typen, von welchen der Name entlehnt war, und welche allmählich römische Dar- stellungen neben sich aufgenommen hatten, hier gänzlich ver- schwunden sind. Aber die Gepräge, deren etwa 40 verschie- dene von Augustus bis Hadrianus vorkommen, lassen zum Theil noch die vornehmsten Prägstädte der Cistophoren erkennen. Es sind z. B. der Augustustempel und die Aesculapstatue von Pergamum, das Dianenbild, der Tempel und der Altar von Ephesus, die doppelte Nemesis von Smyrna, der Juppiter von Laodicea. Diese ansehnliche, in der Königlichen Sammlung durch neu erworbene und früher unbekannte Stücke trefflich vertretene Münzreihe wurde bestimmter angeordnet, und zum Schlufs die Gleichartigkeit dieser sogenannten kaiserlichen Silber- medaillons mit den Cistophoren durch ein interessantes Stück aus der Pembrokeschen Sammlung nachgewiesen, welches im Lauf von anderthalb Jahrhunderten dreimal als Schrötling unter den Stempel gekommen ist, und neben dem letzten Gepräge noch die Spuren der beiden früheren zeigt. Es ist ein Cisto- phorus des Antonius, welcher unter Octavian das Gepräge der Friedensgöttin mit dem Schlangenkorbe, und unter Hadrian den Typus des ephesischen Dianentempels erhalten hat. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Det Kongelige Norske Frederiks Universitets Aarsberetning for 1850. Kristiania 1852. 8. Det Kongelige Norske Frederiks Universitets Matrikel 1852. ib. 8. Beskrivelse over de nye Universitets-Bygeninger. ib. 1852. 8. C.P. Caspari über Micha den Morasthiten und seine prophetische Schrift. Hälfte 2. ib. eod. 8. Munch Raeder, Jury-Institutionen i Storbritanien, Canada og de forenede Stater af Amerika. Bind 2. ib, 1851. 8. Aslak Bolts Jordebog udgivet af P. A. Munch. ib. 1852. 8. Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Udgivet af den physiographiske Forening i Christiania. Bind 7. Hefte 1. ib. eod. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Secretairs der Königlichen Univer- sität zu Christiania, Herrn Christian Holst vom 6. Octbr. d. J. Gi, 613 Verhandlungen der physicalisch-medicinischen Gesellschaft in Würzburg, redigirt von A. Kölliker, F. Scanzoni, J. Scherer. Bd, III. Heft 2. Würzburg 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des zweiten RER dieser Gesell- schaft, Herrn Dr. Jac. Rosenthal d. d. Würzburg den 28. Sept. d. J. Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1851. No. 3. 4. Annee 1852. No. 1. Moscou 1851, 52. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des ersten Secretars dieser Gesellschaft Herrn Dr. Renard vom z. Juni d. J. Auguste Comte, Catechisme posiliviste ou Sommaire exposition de la Religion universelle. Paris, Oct. 1852. 8. B. Silliman ete., ike American Journal of science and arts 24 Series No. 40, 41. Vol. XIV. July and Sept. 1852. New Haven 8. James D. Dana, on the classification of the Crustacea Choristopoda or Tetradecapoda. 8. ‚ mineralogical Notices. No. IV. 8. ‚ Note on the Eruption of Mauna Loa. 8. ‚„ Abstract of a Paper on the Humite of Monte Somma by Arcangelo Siacchi of Naples. 8. ‚ Conspectus of the Crustacea of the exploring expedition under Capt. Wilkes. Paguridea, continued, Megalopidea and Ma- croura, 8. _—-, mineralogical Notices by Meneghini of Pisa. 8. Charles Upham Shepard, Report on American Meteorites. From the Amer. Journ. of sc. and arts. New Haven 1848. 8. ‚ Treatise on Mineralogy. 34 Ed. ib. 1852. 8. Bullettino land Napolitano. Editori: Raffaele Garrucci e Giulio Minervini. Nuova Serie No. 3—6. Agosto e Setitembre 1852. Tav. 2.3. Napoli. 4. Giulio Minervini, nuove osservazioni intorno la voce Decatrenses, la quale s’incontra in alcune Iscrizioni Puteolane. Memoria letta alla reale Accademia Ercolanese. Napoli 1852. 4. , Monumenti antichi inediti ete. Vol. I. fogl. 8. 14. Tav. 16 — 19. (ib.) 8. Memorie di Matematica e di Fisica della Societa Italiana delle scienze re- sidente in Modena. Tomo 24. Parte 2. Tomo 25. Parte 1. Modena 1850. 52. 4. Ferner folgende 6 Auszüge aus dem 23. 24. und 25. Bande dieser „Memorie”: Stefano Marianini, sui movimenti della trotiola girante. Modena 1844. 8. 614 Stefano Marianini, Storia di una sensazione particolare cheprovava una paralitica quando veniva elettrizzata durante il corso mensile. ib.1 845.4. ‚ di alcune paralisi curate coll’ elettricitd voltaica. Me- moria II. ib. 1846. 4. ‚ sopra lazione magnelizzante delle correnti elettriche mo- mentanee. Memoria VII. VII. IX. ib. 1846. 47. 4. Giuseppe Bianchi, intorno una ordinazione di archetipi e istromenti me- trici data dal Governo di Modena in Parigi per mezzo della Societä Italiana delle scienze resid. in Modena Relazione etc. ib. 1851. 4. ‚ intorno la quantitä della pioggia che cade annualmente a Modena disquisizione. ib. 1852. 4. The astronomical Journal by Benj. Anthorp Gould jr. No. 48. Vol. I. No, 24. nebst Titel und Register zum 2. Vol. Cambridge 1852, 4. (Sehumacher) Astronomische Nachrichten. No. 832. Altona 1852, 4. A.L. Crelle, Journal für die reine und angew. Mathematik. Bd. 44. Heft 4. Berlin 1852. 4. 3 Expl. H. de Luynes, Numismatique et Inseriptions Cypriotes. Paris 1852. 4. Revue archeologique. 9° Annee Livr. 7. 15. Oct. Paris 1852. 8. Carl Friedr. Naumann, Lehrbuch der Geognosie. Bd. II. Abth. 2. oder Bogen 23—40. Mit einem paläontologischen Atlas. Hälfte 2. Taf. XXVUI—LXX. Leipzig 1852. 8. u. 4. Die Akademie beschlofs, von jetzt ab der academie des sciences belles lettres et arts ihre Denkschriften sammt den Monats- berichten zuzusenden. 8. Nov. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Hr. H. Rose las über die Verbindungen der Bor- säure und des Wassers mit dem Kobaltoxyde, dem Nickeloxyde, dem Zinkoxyde und dem Cadmium- oxyde. Es wurden von diesen borsauren Verbindungen nur die Niederschläge der Untersuchung unterworfen, welche vermit- telst der Auflösung des gewöhnlichen Borax in den Auflösungen der schwefelsauren Salze der genannten Oxyde erhalten wor- den waren. Das borsaure Kobaltoxyd, welches durch Fällung von Lösungen gleicher Atomgewichte von Borax und von schwefel- 615 saurem Kobaltoxyd in der Kälte entsteht, ist im Wasser nicht vollkommen unlöslich, das Waschwasser ist daher röthlich ge- färbt, und trübt sich durchs Zusetzen von Lösungen sowohl von Borax, als auch von schwefelsaurem Kobaltoxyd. Es ent- hält nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser eine sehr geringe Menge von Schwefelsäure, aber kein Natron und hat bei 100° C. getrocknet wesentlich die Zusammensetzung 2 CoBH = CoH 7 #. Eine ähnliche Zusammensetzung nur mit einem etwas andern Wassergehalt, hat das borsaure Nickeloxyd, wenn es auf dieselbe Weise gefällt, und mit kaltem Wasser ausgewaschen worden ist. Nach dem Trocknen bei 100° C. ist die Zusam- mensetzung desselben 2NIBH+NiH-+2H. Ist aber der Nie- derschlag nicht ausgewaschen worden, sondern nach dem Fil- triren Parken Löschpapier geprelst, so besteht er wesentlich aus einfach borsaurem Nickeloxyd NiB-+2H, so dals also durch das Auswaschen mit kaltem Wasser der Verbindung ein Drittel der Borsäure entzogen wird. — Werden die Salzauflösungen heils mit einander gemischt, und wird nach dem Vermischen das Ganze noch einige Zeit im Sieden erhalten, so enthält der Niederschlag, wenn er nicht ausgewaschen, sondern unmittelbar nach dem Filtriren zwischen Löschpapier geprelst worden ist, nur halb so viel Borsäure gegen das Nickeloxyd, wie in der Fällung, wslIche aus kalten Salzlösungen erhalten worden ist. Auch die Fällung des borsauren Zinkoxyds ist wesentlich, wie die Nickelverbindung, ein neutrales Salz, wenn die Lösun- gen von schwefelsaurem Zinkoxyd und von Borax kalt mit ein- ander gemischt worden sind, und der Niederschlag nach dem Filtriren nicht ausgewaschen, sondern zwischen Flielspapier ge- trocknet worden ist. Nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser hat er wesentlich die Zusammensetzung 4ZuBH-+5ZnH. Es ist dadurch dem borsauren Zinkoxyd eine bedeutende Menge von Borsäure entzogen worden, bedeutend mehr als unter ähn- lichen Umständen dem Nickeloxyd. — Werden die Salzauflösun- gen kochend mit einander vermischt, und das Ganze noch einige Zeit im Sieden erhalten, so ist der Niederschlag, wenn er nicht ausgewaschen, sondern nach dem Filtriren zwischen Fliefspapier geprelst worden ist, von derselben Zusammensetzung aber ge- mengt mit 2Zn’S und etwas schwefelsaurem Natron. 616 Das borsaure Cadmiumoxyd ist keine völlig neutrale Verbindung, wenn es aus kalten Auflösungen von schwefel- saurem Cadmiumoxyd und von Borax erhalten, nach dem Fil- triren nicht ausgewaschen und nur zwischen Flielspapier ge- trocknet worden ist, sondern es enthält: etwas Borsäure mehr, so dals eine geringe Menge von Cadmiumoxyd mit der Bor- säure zu CdB? verbunden im Niederschlage enthalten ist. — Werden die Lösungen aber kochend mit einander vermischt, der Niederschlag nicht ausgewaschen, sondern nur zwischen Fliefspapier geprelst, so enthält er weit weniger Borsäure und ist wesentlich 2C4BH-+C4H, enthält aber aufser schwefel- saurem Natron noch Schwefelsäure, als unlösliches basisch- schwefelsaures Cadmiumoxyd, so dals der grölste Theil des Cadmiumoxydhydrats wohl als diese Verbindung in der Fällung enthalten ist. Hr. Dove las über die Vertheilung der Wärme in den vereinigten Staaten und über die nicht perio- dischen Veränderungen der Wärme daselbst. Hr. von Humboldt theilte folgende Stelle aus einem Briefe des Hrn. Rudolf Wolf in Bern vom 2. Novbr. 1852 mit, dereinen Gegenstand betrifft, welcher auch von Sabine in seiner Rede bei der diesjährigen Versammlung der dritish association in Belfast zur Sprache gebracht ist und in einer der Königlichen Societät zu London schon am 18. März eingereich- ten Abhandlung des Bandes der Philosoph. Transact. von 1852 nächstens ausführlicher behandelt erscheinen wird: „Meine gröfsere Arbeit: Neue Untersuchungen über die Perioden der Sonnenflecken und ihre Bedeu- tung ist dem Abschlufs nahe und ich kann Ihnen bereits die Hauptresultate derselben vorlegen. Sämmtliche Sonnenfleckenbeobachtungen von Fabricius bis auf Schwabe oder besser von 1600—1855, lassen sich durch 23 Perioden von 41,111 # 0,038 Jahren recht schön darstellen. In jedem Jahrhundert stellen die Jahre 0,00 11,11 22,22 33,33 44,44 55,96 66,67 77,78 88,89 617 Minima’s vor. Der Zeitraum zwischen einem Minimum und dem folgenden Maximum ist variabel, durchschnittlich etwa 5 Jahre; dafs ich gerade (aus 16 Bestimmungen mit Hülfe der Methode der kleinsten Quadrate) 11,111 Jahre oder den 9ten Theil eines Jahrhunderts als definitive mittlere Länge der Pe- riode fand, und gehalten war gerade auf 1800 ein Minimum zu verlegen, war mir einerseits sehr überraschend, andererseits aber sehr bequem. Wenn aber auch die mittlere Periode Jahrhunderte lang constant zu bleiben scheint, so sind die einzelnen Perioden in der Wirklichkeit doch nicht genau gleich lang und lange nicht alle in gleicher Weise ausgeprägt, — kurz es zeigt sich bei den Sonnenflecken eine ganz ähnliche Natur wie bei den ver- änderlichen Sternen und es läfst sich begründet hoffen, dafs diese beiden räthselhaften Erscheinungen einander gegenseitig beleuchten werden. Die magnetischen Variationen unterliegen ebenfalls der Periode 11,111; ich habe nachgewiesen, dals ihr Gang sich durch diese Periode weit genauer darstellen läfst als durch die von Lamont angenommene Periode von 104 Jahren. Ich habe ferner darauf aufmerksam gemacht, dafs dieselben kleinen Schwan- kungen und Unregelmälsigkeiten, welche sich bei den Sonnen- flecken zeigen, genau auch bei den magnetischen Variationen vorkommen, — und ich glaube gerade hiedurch den letzten Zweifel an dem Zusammenhange beider Erscheinungen aus dem Felde zu schlagen.” Bern, den 2. Nov. 1852. Rud. Wolf. 11. Nov. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Buschmann las über die aztekischen Orts- namen. (Anfang der ersten Abhandlung.) | Hr. Ehrenberg trug neue Untersuchungen der _ Nilerden vor. { Unter der Leitung des Herrn Leonhard Horner in London sind neuerlich umfangreiche und kostspielige Untersuchungen über die Ablageruugen des Nils im untern Flufslaufe, im eigent- 618 lichen Nil-Delta, unternommen worden. Die wichtigen Folge- rungen, welche die Gelehrten der französischen Expedition mit Napoleon aus den Nilschlanm - Verhältnissen rücksichtlich der allmäligen Landesbildung und des wirklichen Alters der darauf gebauten Denkmäler, alten bizarren Hypothesen gegenüber, gezogen haben, sind aus den obern Nillaufsverhältnissen bei Siut und Theben entnommen. In Ägypten hat man sich neuer- lich das wissenschaftlich bedeutende Verdienst erworben mit ansehnlichen Mitteln den untern Nillauf zu prüfen und es sind daher Untersuchungen der Bodenverhältnisse, Nachgrabungen und Bohrungen bis auf über 60 Fuls Tiefe im Nildelta veran- staltet worden. Das unzweifelhaft wichtige Resultat wird dem- nächst veröffentlicht werden. F Herr Leonh. Horner hat Herrn Carl Ritter bei dessen letzter Anwesenheit in England in diesem Sommer eine Anzahl von Erdproben aus diesen planmälsigen Untersuchungen über- geben, welche derselbe meiner mikroskopischen Prüfung empfiehlt. Obschon ich eine gleichartige Arbeit bereits beendet und auch schon im Druck vollendet habe und es eigentlich nicht rath- sam ist, einen und denselben Gegenstand zweimal zu hehandeln, so schienen mir doch die wissenschaftlichen dem neuen Zweck gewidmeten Kräfte und die ansehnlichen Mittel sammt dem mir durch 6 Lebensjahre befreundeten Nile wichtig genug, um durch eine zweite Überarbeitung gleichsam eine Probe der ersten Resultate meiner Untersuchungen vorzunehmen. In dem jetzt bis zum 88 Druckbogen vorgerückteu Buche über den Einflufs des mikroskopischen Lebens auf Erd- und Felsbildungen sind von mir aus 37 ausgewählten Lokalitäten in Äthiopien, Oberägypten und Unterägypten meist je 10, öfter aber je 40 Analysen (also über 500) von Nil-Erden gemacht und die ältesten vorpharaonischen Ablagerungen mit den neue- sten verglichen worden. Das allgemeinere Resultat habe ich im vorigen Jabr als Auszug aus dem obigen Drucke der Aka- demie mitgetheilt und es ist im Monatsbericht 1851 S. 333 gedruckt worden. Viele dieser Materialien hatten ich und Dr. Hemprich selbst eingesammelt. Reiche und wohlgeordneteandere Erdproben hatte mir auf meine Bitte Herr Lepsius aus den ältesten und neuesten Zeitaltern zugeführt. 619 Die neuern von Herrn Horner übersandten Materialien sind von 16 Örtlichkeiten, welche von der neuesten Nachforschung ausführlich in Untersuchung genommen worden sind. Sie be- ireffen 4) die jetzige Nil- Trübung bei Bulak, 2) Nr. 2—5 sind Nil-Erden vom östlichen (Damiatte) Nil-Arm, von der Oberfläche aus 3, 15’ und 27’ Tiefe, 3) 6—11 sind Nil-Erden vom westlichen (Rosette) Nil-Arm von der Oberfläche, aus 3, 15 und 604° Tiefe, so wie von dem als Befruchtungsmittel jetzt benutzten Limon ferrugineux, 4) 12—14 sind die senk- recht auf einander folgenden Schichten bei Heliopolis, nördlich von Cairo, von 9” bis 104 Fufs, von 10% F. bis 144 F. und von 14% bis 16 F., 5) 15—16 sind ähnliche Schichten von einer andern benachbarten Stelle von 7F.—9F. und von 13F.— 17 F. Tiefe. Aus den französischen Untersuchungen hatte sich bei Theben ergeben, dals der jungfräuliche von menschlichen Einflüssen . nicht berührte Urboden in 18 Fuls Tiefe liege. Im Delta ist die Dicke des Culturlandes sammt den Geröll- und Sandschich- ten bis zu 36° Tiefe angenommen werden, worauf dann festes Grundgestein folge, welches bei Siut in 33 Fuls Tiefe wirk- lich erbohrt worden war. Meine Untersuchungen der obigen 16 Proben habe ich in der Art eingerichtet, dals ich von jeder einzelnen eine Ein- zel-Analyse gemacht habe von den tiefsten Schichten aber und von denen die ein besonderes Interesse hatten je 5, von zweien aber je 3. Dies hat eine Zahl von 41 Analysen veranlafst. Die besonders berücksichtigten Proben sind die Niltrübung Nr. 1. Aus 5 Analysen nadelkopfgrofser Mengen wurden 19 Formen- Arten des mikroskopischen Lebens ermittelt. 2) Nr. 5. Nil- schlamm, vom Damiatte-Arm, aus 27 Fuls Tiefe ergab 25 Formen in 5 ähnlichen Analysen. 3) Nr. 8. Nilschlamm vom Rosette- Arm aus 15 Fufs Tiefe entbielt 18 Formen in 5 Analysen, - 4) Nilschlamm aus Heliopolis von 13—17 Fuls Tiefe enthielt in 5 Analysen 36 Formen- Arten. In gleichem Maalse haben sich auch die sämmtlichen Einzel- Analysen der übrigen Stoffe als reich an organischen Theilen erkennen lassen. In jedem der nadelkopfgrolsen Substanztheil- 620 chen sind nicht unter 3 oft aber 10 bis 11 verschiedener Kör- perchen erkannt werden. Während aus den frühern über 500 Einzelanalysen des Nilbodens sich die Summe von 102 verschiedenen Arten mi- kroskopischer Lebensformen festgestellt hatte, so sind in diesen 46 hinzukommenden aus den 16 Proben im Ganzen 67 Arten ermittelt, wovon 62 dem organischen Leben angehören, 5 aber Unorganisches betreffen. Besonders bemerkenswerth scheint es zu sein, dals der weilse Sand, welcher sich in 60 Fufs Tiefe gefunden hat und der ein deutlicher Rollsand von Quarztheilen ist, vereinzelte Polythalamien enthält und zwar solche Formen, die dem Kreide- oder Nummuliten-Kalk Ägyptens nicht angehören, sondern einem Meeressande gleichkommen, wie ihn die Dünen Ägyptens selten zeigen. Es könnte somit der erbohrte Sand im obern Delta, nicht fern von der Bifurcation, das alte Meeresbeit oder der alte Dünensand sein, über welchen der Nil seine Landbildung allmälig so hoch und breit ausgedehnt hat. Der zum Dünger neuerlich empfohlene und benutzte Limon ferrugineux, welcher, meinen Untersuchungen nach, sich mikroskopisch nicht auszeichnet, dürfte wohl auch ökonomisch von nicht grölserer Bedeutung sein als anderer Nilschlamm. Ich übergebe der Akademie die kleine auf die gleichzeitig vorgelegten Präparate begründete Tabelle der aufgefundenen Formen, welche die früheren Resultate rücksichtlich der Menge der Lebensatome in sehr gleicher Art bestätigt. Die speciel- leren Nachrichten über die Forschungen der englischen und ägyptischen Gelehrten werden dieser Mittheilung später erst ihren breiteren Werth geben. Aufserdem waren für empfangene Schriften der Akademie Bescheinigungen eingegangen und zwar von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, von der König- lichen Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam und von dem Königl. Institut der Niederlande. Polygastern: Arcella — ? Eunotia amphioxys. Gallionella distans granulata nilotica? procera er T: aspera fistulosa obtusa robusta! Polythalamie lotalia — ? -?.—? Weiche Pfla theile: ı Schnabelförmige Pfla Summe des Organ Unorganische I Cristallprismen weij: | grün 'hombische Crystallı rstalle weifs waitze nmer Ganze Sı Zahlder | r Nilerde vom Nilerde vom Rosette-Arm. Nilerde bei Heliopolis. Daimialte-Arın. | Tg Fi Nilschlamm. ee) ei Unter der Oberfläche, 3 aa Ze =|; ke BallzalNed|=:0 le S alle less elle zo ee Eu — TR DS laule ee 7 ET TTERTETSTE Polygastern: 10. Ei I, 100 Arcella — ? = cl Eunotia amphioxys. ++ Gollionella distans — |-|- |-|- | — | - | + ‚granulata —I-|1-|- | - | - 1|- | - |-|+ nilotica? +? procera +|i-|—-|— + Surirella Rhopala n. sp. + Synedra Ulna? Ze Trachelomonas granulata eco ll] jlelee laevis elek elle le) ll | Al zei Teer Phytolitharien: 47. Amphidiscus anceps ll |— ll obtusus - |- |+|- |+ I- |-|- /-\- |-|-|_/_|_|+ Lithodontium angulatum er Bursa -|-|-|- +/- | -|-/+/+|-|-|-|_|_|+ curvatum Ba a rc Se [Er [ee Je [er EEE EEE FE ED RE DE Jurcatum -|-|- [+ 1- [+ |1- |+|- |+|- |- \- |- | |+ nasutum + +/- | #7 Baer je ‚panduriforme zellen | Platyodon — | - | - 1- \- 1|- |- | -|- |- |- |-|- |+ rostralum +1! |+|+1|- |- |- |- |- + |+|+ | ln es Lithomesites ornatus —l— | — (== leeres Lithostylidium Amphiodon — || || = lo |2= = |I= || ll ]|Ss Jess les angulaturn lee ==) | |le> biconcavum — ee clavatum ++ |+ III ler | li Clepsammidium| +?) — | — | + + |+ crenulatum _ — |+|1— — |- |-|- |) -/|+|-|+ curvatum Feel — le == |) || len dentiulaum \+ | — | — + | + Elle ll len Emblema —|- 1- I1-|- 1-1 - | -|- | +|—- |-|- |-|-|+ Jusiforme —- |- | - |- + J|- |- |+ |-|- |- | - |- |- |+ flexuosum — |- | |- |+? Hemidiscus I | I ||| |le5 ärregulare —- |- |- 1 -/|+|J|- | -|+|1-|1- | - | - 1-1 - ++ Taeve aler = | | Ill Il IE | ers; oblongum —- |—- |— |— |— |—- |— |+ obliguum —- |- +I1- |- |- | - |- |- 1 - |- | - |- |- |- + Ossiculum — |- |- |- + I - |- |—- + |—- |- |- |- |- |- | + ovatum —_— |— —_— —_ —_— — | i- | — + — —_ |— —- + quadratum +|+|+|\+|+ | -|- | +|- ++ +/-|+|+|+ Rhombus —|-|-|—- + rude +/1-|+/+|+/+/+|+|+/+/+/+|+| +) +) + Serra —— I|+|— |- | — | —- | —- |) |) |) —- | — | — 1— 1-1 |+ sinuosum — | | 3 E spinulosum — |—- |— |— |— |— | — | I |— | |— |— | — |) + | + spiriferum — || all ll | | Il I |E> Subula — I (— [1 a I Trabecula — |—- + +!+|1+!+1- |- |! + 1-1 —-|+|J+ Trapeza? elle | ll ||| — |} triquetrum | i— — |- |- |- |- |- I|- |-|+|—- | + |+ ventricosum | - |- |- 1-1 |- /—- + unidentatum — |- |+|—- |- |- |+|— |- |- |- | +|— |- | + |+ ıgolithis acicularis + + aspera —- | |- | |- |- |- |- |- |- |+ | - | +1 |+ fistulosa — |- !+ |- |- 1 - I! ++) - | - |- | - | - | + obtusa +|\- | - | - |- |- | - |- | |+3—- |- |)-|- |-|+ robusta? +! 13 |s Jio [42 |22|6 | 8 |ı4 | 8 Jso| 9 | 7 | 3 [to | 9 |3ı Polythalamien: 4. totalia — ? salz || Gl -.-? a a a Pa 1 = IS ie —_ _? — |— |— |— |— | — |— | — | —- | —- || —- | — |+ on —» — !- |- I|- | - | - |- | -| —-|+ Weiche Pflanzen- theile: 1. Schnabelförmige Pflanzennaare) — | |— | | | 1-11 | -1-\-|-|- + Summe des Organischen62 |18 | 9 |10 |12|zA|7 |s Jıs|s |ı2|9 | 7 | 3 |12]| 9 | 35 Unorganische Formen. ristallprismen weifs — SI || grün —|ı =] — (==> ||5> 'hombische Crystalle gelb “nr rstalle weifs waitzenkornartig| — | — | — | + mmer > al kahl ta elek ll + +/+|+ Ganze Summe 67 | 19 | 10 | 11 | 14 |25 | s | 9 [is [10 |ı2 [10 | s | 3 [13 J 10 | 36 Zahl der Analysen 510 Peer u . © 621 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Rapporto della pubblica esposizione dei prodotti nalurali e industriali della Toscana fatla in Firenze nel 1850. Firenze 1851. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Präsidenten der „Commissione compilatrice del rapporto della pubblica esposizione dei prodotti Toscani, Herrn Francesco Bonnini in Florenz vom 29. Aug. 1851. Seriptores rerum Lusaticarum. Sammlung Ober- u. Niederlausitzischer Geschichtsschreiber. Herausgegeben von der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. Neuer Folge Bd. 1—3. Görlitz 1839 —52. 4. Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der Oberlausitzischen Ge- sellschaft der Wissenschaften besorgt durch deren Secretär. Bd. 27. 28. 29. Heft 1. 2. Görlitz 1850—52. 8. Neumann, ueber Kaiser Karl IV. als Schriftsteller. Separat-Abdruck aus dem Neuen Lausitzisch. Magazin. Bd. 26. Heft 1. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des dermaligen Secretärs der Ober- lausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, Herrn Dr. Th. Neumann vom 5. Nov. d. J. Bulletin de la Classe physico-mathematique de ! Academie Imperiale des sciences de Saint-Petersbourg. 'Tome 9. 10. St. Petersbourg 1851. 1852. 4. ‚ de la Classe historico-philologique de ?’ Academie Imp. des sciences de Saint-Petersbourg. Tome 9. ib. 1852. 4. Chr. Andr. Holmboe, Det norske Sprogs vesentligste Ordforraad, sam- menlignet med Sanskrit og andre Sprog af samme #£t. Wien 1852. 4. Vom Verfasser der Akademie als Geschenk überreicht. Hunfalvy Päl, 7ajekozds a’ Magyar. Olvasta a Magyar Akademidban. Pesten 1852, 8, Im Namen des Verfassers von Herrn Schott überreicht. Georg Friedr. Grotefend, Erläuterung der Keilinschriften babylonischer Backsteine. Hannover 1852. 4. : ‚ Die Tributverzeichnisse des Obelisken aus Nimrud nebst Vorbemerkung über den verschiedenen Ursprung u. Charakter der ‚per- sischen u. assyrischen Keilschrift ete. Aus dem 5. Bande der Abhandl. der Königl. Gesellschaft der Wissensch. zu Göttingen. Göttingen 1852. 4. J. A. Kool, Craniometrie of onderzoek van den menschelijken Schedel by verschillende Volken in Vergelyking met dien van den Orang Oetan. Amsterdam 1852. 8, Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle. 4. Jahrg. 1851. 5. Jahrg. 1852. Heft 2. Berlin 1852. 8. 622 r Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1852. No. 11. 12. 8. Memorial de Ingenieros. Ano 7. Num. 9. Setiembre de 1852. Madrid. 8. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 833. Altona 1852. 4. Mnemosyne. Tijdschrift voor classieke Litteratuur, onder Redactie van E. J. Kiehl etc. Deell. Stuk 4. Leyden 1852. 8. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Octobre. Paris. 8. Eduard Gerhard, Denkmäler, Forschungen und Berichte als Fortsetzung der archäologischen Zeitung. Lief. 15. Berlin 1852. 4. 15. Nov. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Riedel las: Graf Rudolph von Habsburg und Burggraf Friedrich II. von Nürnberg in ihren Ver- hältnissen zu einander. Hr. Müller las darauf eine briefliche Mittheilung des Hrn. Valenciennes Correspondenten der Akademie über den Metarsus von Aepyornis. Les fragmens des os tarso-metatarsiens de l’Aepyornis ont &t& trouves dans la vase d’une grande caverne de Nossi-b& pres Madagascar. Les os de cet oiseau ont un caractere curieux auquel on n’a pas fait assez d’attention. Ils manquent du trou qui traverse le bas du metatarse des oiseaux au dessus des con- dyles. Je l’ai trouve dans le Dronte quoique par son obliquite il soit plus cach@ que ceux de P’autruche, du casoar, de l’Emeu. Je ne vois dans les oiseaux vivans que l’Apteryx qui ressemble sous ce rapport, car cet oiseau n’a pas le metatarse perfore. Ce caractere me frappe d’autant plus que le Dinornis de Owen manque aussi de ce trou. Peut-on en conclure que l’Apteryx, le Dinornis, tous deux de la nouvelle Zelande, et l’Aepyornis de Madagascar formaient une petite famille propre aux isles australes et qui ont disparu. An eingegangenen Druckschriften wurden vorgelegt: Jahrbuch der kaiserl.-königl. geologischen Reichsanstalt. 1852. III. Jahrg. Nr. 2. April-Juni. Wien. 4. Mit einem Begleitungsschreiben der Direction der K. K. geologischen Reichsanstalt zu Wien vom 6. Nov. d.J. Siegfried Reissek, die F' asergewebe des Leines, des Hanfes, der Nessel u. Baumwolle. Mit 14 Tafeln. Wien 1852. fol. 17 Exempl. 623 Mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d.d. Wien den 10. Nov.d.J.. Filippo Pacini, sulla struttura intima dell’ organo elettrico del Gimnoto e di altri pesci elettrici Memoria. Firenze 1852. 8. Adrien de Longperier, Notice sur un Vase Gaulois de la collection du Louvre. (Extr. du Tome 19. des Bulletins de ’Academie Roy. de Belgique.) 8. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 834. Altona. 1852. 4. L’Institut 1° Section. Sciences mathemat., physig. et nalurelles. 20° Annee No. 973—984. 25. Aoüt — 10. Nov. 1852. Paris. 4. 2° Section. Sciences historig., archeol, et philosoph. 17° Annee. No. 198. 199. Juin — Juil. 1852. ib. 4. 22. Nov. Sitzung der philosophisch-histo- rischen Klasse. Hr. Ranke las über die schwedisch-deutsche Ge- schichte von Puffendorf und Chemnitz. 25. Nov. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Braun las von einer grölseren Abhandlung über das Pflanzenindividuum in seinem Verhältnils zur Spe- cies, Generationsfolge, Generationstheilung und Generationswechsel der Pflanzen den ersten Theil, in welchem er die verschiedenen Auffassungsweisen des Pflanzen- individuums darstellte. Hr. Peters legte den eben erschienenen ersten Theil sei- nes Werkes vor: „naturwissenschaftliche Reise nach Mosambique auf Befehl Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. in den Jahren 1842 bis 1845 ausgeführt von Wilhelm C. H. Pe- ters, Mitglied der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Zoologie, 1. Säugethiere. Mit 46 Tafeln.” und be- gleitete denselben mit einigen Bemerkungen. Hr. Lejeune Dirichlet theilte folgenden Auszug aus einem von Hrn. Hansen in Gotha, Correspondenten der Aka- demie, an ihn gerichteten Briefe mit. „Aus Formeln, die ich schon vor einer Reihe von Jahren abgeleitet aber noch nicht veröffentlicht habe, ergiebt sich eine neue direkte Auflösung des Kepplerschen Problems, die um so unerwarteter ist, als sie im Gegensatz zu den bekannten Auf- 624 lösungen so sehr einfach ist. Da der Beweis keine Schwierig- keit darbietet, so theile ich blofs das Resultat mit. Bezeichnen g die mittlere Anomalie, p den Excentricitätswinkel, i eine ganze und positive Zahl, und setzt man B=uin n=iutie, Ti = 1—u pP, = 1404 at er E 8: Hai, it 0, = Bık 3 Piz RE, ME, 13 etc. De etc. so ist die Mittelpunktsgleichung eu iR = (1—P?) nz = (P,& HP, Pt? HPysß't’+...) sinie. 1 Eine zweite etwas weniger einfache Auflösung ist die folgende: Setzt man mM ag le ee = wit! ei 2,3.) M;,;. = — Mizi (); „_l 1? Mi; = Mizı ee) —_ etc. 7 N, = ara 1 Ce VER u ER RENTE BETT er iG+H1)( +2) , +1) (i+2) # i+2 u? 1? > 1.2.3 1.2 lerne etc. 625 so ist die Mittelpunktsgleichung Dr? M,ß'— 2 BR +M;,2 Naß' ° — etc.) sinig, ı 1 und es lassen sich noch andere Formen angeben. Überhaupt ist die vorstehende Auflösung nur ein specieller Fall einer all- gemeinern. Alle Funktionen des Radius vectors und der Ano- malien, die man in der Astronomie in Reihen entwickelt, welche nach sini’g und cosig fortschreiten, lassen sich auf dieselbe Art behandeln und führen auf analoge Resultate. Eine ausführliche Abhandlung über diesen Gegenstand habe ich beinahe vollendet. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Johannes Voigt, Markgraf Albrecht Aleibiades von Brandenburg-Kulm- bach. Bd. 1. 2. Berlin 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Königsberg den 8. Aug. d. J. Gio, Batt. Amici, sulla malattia dell’ Uva, Memoria letta alla R. Acca- demia dei Georgofili nella seduta del 5. Sett. 1852. 8. Memoires de la Societe Imperiale d’Archeologie de St. Petersbourg, publies par etc. B. de Koehne. XV. (Vol. V. No. 3.) S. Petersb. 1851. 8. Corrispondenza scientifica in Roma. Bullettino universale Annoll. No. 38. 13. Ott. 1852. 4. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 835. Altona 1852, 4. Ferd. Roemer, die Kreidebildungen von Texas und ihre organischen Einschlüsse. Bonn 1852. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Bonn den 20. Oct. d.J. Wilhelm C. H. Peters, naturwissenschaftliche Reise nach Mossambique auf Befehl Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. ausge- ‚führt. Zoologie I. Säugethiere. Berlin 1852. 4. m NINIIII nn 10 * Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuls. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Monat December 1852. Vorsitzender Sekretar: Hr. Trendelenburg. 2. December. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Klotsch hielt einen Vortrag über Pistia, in wel- chem derselbe unter Vorzeigung von Zeichnungen die Structur dieser Gewächse, so wie die Deutung ihrer Organe zu erklären, die früher darüber gehegten Ansichten mit der Seinigen ent- weder in Einklang, oder, wenn dies nicht anging, zu wider- legen versuchte; zur Feststellung der Familie, Gattungen und Arten den Werth der betreffenden Organe hervorhob; sich über die geographische Verbreitung und der Nutzanwendung der- selben ausliels und in Bezug auf Systematik nachfolgende Re- sultate entwickelte, wie sie hier im Auszuge folgen: Die Pistien machen eine besondere Familie aus, welche zur Klasse Spadiciflorae Endlicher gehören. Die als Tribus früher damit vereinigte Gattung Ambrosinia verbleibt bei den Aroideen bildet eine eigne Tribus derselben, die durch den berühmten Monographen dieser Familie Herrn Schott in Schön- _brunn bei Wien näher charakterisirt ist. Die Lemnaceen wer- _ den nach dem Vorbilde De Candolle’s und Duby’s, Link’s und Endlicher’s zur Klasse Fluviales gebracht, und die frü- here Gattung Pistia, von der 20 Arten diagnosirt sind, von denen zwei Arten in Europa cultivirt, wird in drei Gattungen vertheilt. [1852.] 4 628 PISTIACEAE. Flores monoeci in spatham ima tubulosam persistentem plus minusve coloratam bini superpositi. Flos superior mascu- lus caducus, limbi basi insertus; perigonio viridi parvo scutel- laeformi spadiceque antherifero minuto solido instructus. Spadix teres, subclavatus, semiliber, in apice vel infra apicem 2—8 anthe- ris uniseriatim verticillatis obsessus. Antherae sessiles aut bre- vissime stipitatae, dorso affıxae, quadriloculares, foraminibus 4 ge- minatim superpositis extrorsum dehiscentibus. Pollinis granula ovalia, longitudinaliter striata.. Ovarıum perigonio deciduo vi- ridi squamaeformi instructum, uniloculare, in fundo spathae spa- dici lateraliter adnato oblique insidens, pauci-multiovulatum; ovulis parietalibus, erectis orthotropis. Stylus terminalis, brevis, subincurvus. Stigma obtusum, glanduliferum. Bacca unilocu- laris, intus mucilaginosa, oligo-polysperma. Semina oblonga, variaeformia, laevia aut rugulosa, per hilum basilarem funiculo brevissimo patellari insidentia, dein basi excavata, apice trun- cata, radiatim sulcata, extremitate micropyları aut farcto aut hiante. Integumentum duplex, exterius insigniter, suberoso- incrassatum, fuscum, interius membranaceum. Embryo minutus, obovatus, acotyledoneus, in apice endospermii amylacei inclusus. Herbae tropicae et subtropicae, natantes, annuae, flagel- liferae; radicibus simpliciter ramosis, calyptratis; caule brevis- simo, incrassato, inferne deinde in partes planas sponte soluto; foliis petiolatis, interdum sessilibus, rosaceo-expansis, cunealis vel obovatis vel ellipticis vel suborbicularibus, bası subtus pul- vinatis, paralleli-nervosis, nervis plerumque partis superioris et inferioris cellulis maximis medullaribus sejunctis; vaginis hyali- nis, tenuissime membranaceis, caducis; spathis solitariis, axilla- ribus, sessilibus vel petiolatis, spadicem superantibus, primum bractea hyalina vaginali caduca cinctis. APIOSPERMUM. (') Spadice antheras 4—8 uniseriatim ver- ticillatas longe superante; seminibus glabris, extremitate micro- pylari e cellulis elongatis radiatim disposilis farcta. (*) E vocibus ärıov et omipua compositum. 629 Folia obovata, septemnervia, apice anguste emarginata, in petiolum satis longum attenuata, supra paralleli-nervosa, fur- furaceo-puberula, absque cellulis medullaribus, subtus laxe vil- losa, lamellis nervis septem paginae superioris alternantibus in- structa. Petiolus supra planus laevis, subtus convexus, hirtus. Stolones graciles, basi attennatae, teretes, hirsutae. A. obcordatum Kl. Pistia obcordata Schleiden in Otto et Dietrich Gartenzei- tung (1838) v. VI. p. 20, no. 9. Kunth Enumeratio plan- tarum (1841) v. III. p. 9, no. 9 excl. synonymis Brownei et Neei. Pistia Stratiotes Humboldt, Bonpl. et Kunth Nova ge- nera et species plant. (1815) v. I, p. 66 (excl. syn.). Horkel in den Monatsberichten der Berliner Akademie der Wiss. 2. Jahrg. (1837) p. 41. In inundatis insulae Cubae Humboldt et Bonpland, Brasi- liae Sello, Luschnath. Lımsosesıs (') Kl. Spadice antheras 2—3 uniseriatim verticillatas non supe- rante; baccis dispermis; seminibus elliptico-eylindricis, extremi- tate micropylari hiante. Folia obovato-rotundata, vix emarginata, in petiolum 1 —4 longitudinis subito contracta, quinquenervia, supra sparsim fur- furaceo-puberula, subtus tenuissime-villosula, absque cellulis medullaribus, nervis subtus prominulis. Petioli plani, utrinque nervosi. Stolones evanescente-hirsutae. Americanae tropicae. 1. L. commutata Kl. Foliis ovalibus in petiolum longio- rem attenuatis, quinquenerviis, supra ex albido glaucescentibus, subtus pallide viridibus; spatha laete-viridi; stolonibus evanes- cente-hirtis. | Folia cum petiolis 1—2 pollicem longa, semi ad polli- _ cem lata. Pistia commutata Schleiden Il. c. p. 20, n. 8. Kunth Enum. plant. v. III, p. 9, n. 8. Pistia Stratiotes Weigelt Pl. Surina- menses exsiccatae. Pistia Horkeliana Miquel Symbolae ad Horam "Surinamensem (1844) in Linnaea v. XVIII, p. 81. Pistia Wei- geltiana Presl Epimeliae botanicae (1849) p. 240. (') E vocibus Alum et vnei; compositum. 630 ; In inundatis Surinam. (Weigelt, H. C. Focke, Herb. reg. Berol.) 2. L. Friedrichsthaliana Kl. Foliis suborbiculato-obovatis, in petiolum brevem attenuatis, quinquenerviis, utrinque glau- cescentibus; stolonibus tenuissimis, evanescente-hirlis. Folia juniora plerumque orbicularia, pollicem longa, 8 lineas lata, deinde obovata sesqui pollicis longa, 10 lineas lata. In paludibus inundatis St. Juan de Nicaragua. Friedrichs- thal no. 578 (vidi-spec. in Herb. Vindob.). PıstıaA Linne. Flora zeylan. p. 321. Spadice antheras 4—8 uniseratim verticillatas non supe- rante; baccis polyspermis, seminibus cylindricis, rugulosis; ex- tremitate micropylari e cellulis elongatis radiatim dispositis farcta. Folia obovato-cuneata, apice emarginata, 5—13 nervia, ner- vis partis superioris inferiorisque superpositis cellulis medulla- ribus sejunclis; subtus versus basim in aream plus minus mag- nam pulvinata. Petioli compressi nervis utrinque prominentibus; stolones teretes, laeves aut sulcali. 1. P. Stratiotes L. Foliis obovatis, octonerviis, apice dilatatis, margine leviter repandis, inferne cuneatim longe atte- nuatis, sessilibus, hirtis, area pulvinata, magna, saepissime pagi- nam inferiorem obducens instructa; nervis subramosis in pagina inferiore conspicuis, pubescentibus; spathis lutescentibus, extus pubescentibus; perigonio foemineo reniformi, margine crenulato; stolonibus glabris, laevibus. Folia 3—4 pollices longa, apice 14 —2+ poll., infra me- dium 8—11 lin. lata. Flora zeylanica p. 152, n. 322 (excl. syn.) Roxb. Corom. III, p- 63, t. 268! In voraginibus inundatis Indiae orientalis tropicae frequens. 2. P. crispata Blume. Foliis repando- crispalis, primum obcordato-emarginatis, deinde in stipitem longissimum attenuatis, area fusca pulvinata, hirta in inferiore parte, nervis lamellae- formibus subcrispatis in superiore parte foliorum; spathae limbo obtuso, emarginato. Folia 3—5 poll. longa, apice 1—3 pollices lata. 0 Ä 631 Blume Rumphia p. 78. Kodda pail Rhede Hort. ind. Malab. Vol. XI, p. 63, t. 32. Hill The veget. system vol. XXIII, p. 32, t. 32, fig. 1. In inundatis Malabariae (Rhede), Javae (Zollinger n. 1877), Pondichery (Reynaud). 3. P. minor Blume. Foliis minoribus, subtus glaucis, triangularibus, apice emarginato-dilatatis, inferne brevi-attenuatis, quinquenerviis, nervis supra conspicuis, subtus elevalis; area pulvinata basilari. Folia 7—10 lineas longa et lata. Blume Rumphia p. 78. Schleiden in Otto et Dietrich Gartenzeitung vol. VI, p. 19. Plukenet Phytographia t. 207, fig. 6. Kiamban kitsjil Rumph Herbarium Aımb. v. VI, p. 177. In puteis in Moluccis. Java (Commerson). 4. P. Cumingü Kl. Foliis parvis, obovatis, glaucis, mar- gine integris, inferne brevi-attenuatis, quinquenerviis, area pul- vinata, fusca, usque ad medium longitudinis foliorum subtus in nervos elevatos decurrente. Folia 6—9 lin. longa, 4—7 lin. lata. Pistia Stratiotes Presl. Epimeliae botanicae p. 240. In inundatis Manilae (Cuming n. 1114). 5. P. aegyptiaca Schleiden. Foliis obcordato-cuneatis, parvis, primum glaucis, deinde rubescentibus, supra tenuissime furfuraceis, subtus puberulis, 5 nerviis; nervis prominulis in aream minutam basilarem confluentibus; stolonibus pubescentibus. Folia +—1+ pollicis longa et lata. Schleiden in Otto et Dietrich Gartenzeitung vol. VI, p. 19 (excl. syn. Veslingii et Morisonii). In inundatis Coromandeliae (Mac£). 6. P. Natalensis Kl. Foliis obcordato - flabelliformibus, late sessilibus, 5—7 nerviis, supra laete-viridibus, sparsim floc- coso-furfuraceis, subtus albicantibus, puberulis, basi villosis, ner- vis subtus auguste-lamellatis; stolonibus adpresse hirtis. Folia sesqni pollicis longa, apice 14 lin., basi 4 lin. lata. In Umlaack Nataliae natans (Krauss, Herb. Vindeb.). 7. P. aethiopica Fenzl. Mss. Foliis longissimis, lingulatis, septemnerviis, apice profunde-emarginatis laete viridibus, subtus glaucis, sessilibus, supra subtusque sparsim puberulis, basi lon- 632 gissime ciliatis; nervis in aream oblongam confluentibus; baccis maximis; seminibus ochraceis, ovatis; testa poroso-lacunosa. Folia 5—6 poll. longa, apice 1% poll., basi 2 poll. lata, exteriora petiolata. In inundatis (Fazokel) Aethiopiae leg. Cl. Th. Kotschy anno 1837 et 1838. 8. P. Leprieurü Blume. Foliis late - linguaeformibus, novemnerviis, apice rotundato-bilobis, versus basim sensim atte- nuatis, supra laete-viridibus, dense puberulis, subtus albicantibus, nervoso-plicatis, fuscis; testa poroso-lacunosa. Folia 3—4 poll. longa, apice 2 poll. basi 14 poll. lata. Blume Rumphia p. 79. P. linguaeformis, & Leprieurii Schleiden in Oito et Dietrich Gartenzeitung v. VI, p. 20. In inundatis Senegambiae (Leprieur, Lelievre). 9. P. Africana Presl. Foliis sessilibus, obovatis, 7—9 nerviis, apice emarginatis, dilatatis, supra viridibus, sparsim fur- furaceis, subtus albicantibus, puberulis, inferne tomentoso-hirsu- tis, nervis subtus anguste-lamellatis, in aream magnam basilarem confluentibus; stolonibus pubescentibus ; seminibus oblongis utrin- que truncatis, poroso-sinuatis. Folia 3—4 poll. longa, apice 2 poll., basi pollicem lata. Presl. Epimeliae botanicae p. 240. In inundatis Capitis bonae spei (Drege). 10. P. amazonica Presl. Foliis magnis, obovatis, tenuissime membranaceis, 7—13 nerviis, apice rolundaltis, inferne sensim attenuatis, utrinque glaucis, supra furfuraceo-puberulis, subtus pubescentibus, elevato-nervosis; stolonibus pubescentibus. Folia 4—6 poll. longa, infra apicem 25—4 poll., basi +— 2 poll. lata. Presl. Epimeliae botanicae p. 240. In stagnis Auvii Amazonum ad Para Brasiliae (Comes Berch- told) nec non in flumine San Juan prope Mantanzas Cubae (Poeppig). 11. P. occidentalis Blume. Foliis elongato-obovatis, 7—9 nerviis, apice rotundatis, profunde emarginatis, inferne gradatim attenuatis, supra viridibus, subtus subglaucescentibus, nervis subtus prominentibus, in aream oblongam basilarem confluen- E) 633 tibus, spathis subsessilibus, extus villosis, pallide e flavido-virescen- tibus; perigonii foeminei foliolo bipartito, lobis divaricatis. Folia 3 poll. longa, infra apicem 2 poll., basi # poll. lata. Blume Rumphia p. 79. Jacquin Am. p. 234, t. 148. P. Stra- tiotes Hooker Bot. Mag. t. 4564. In inundatis Jamaicae, Cubae, Floridae (A. de Humboldt. Cabanis). 12. P. linguaeformis Blume. Foliis linguaeformibus apice rotundato-emarginatis, 7—9 nerviis, supra saturate-viridibus, sparsim puberulo-asperis, subtus puberulis, ex albido-roseis, inferne villosis, nervis in utraque pagina prominentibus, area magna elliptica; stolonibus tomentoso-villosis. Folia2—3 poll. longa, apice 14— 24 poll., basi 2 poll. lata. Blume Rumphia p. 79. L. Nee in Annales de ciencias na- turales fasc. 13, p. 77. Turpin Dictionn. des sc. nat. t. 7. In inundatis Peruviae ad Callao (Ruiz) Lima (Lesson. Dombey). 13. P. Brasiliensis Kl. Foliis obovatis, apice rotundatis, leviter emarginatis, septemnerviis, supra laete-viridibus, glabris, subtus pallidis, fuscescenti-nervosis, puberulis; area brevissima, basilari petioloque distincto brunneo; stolonibus sparsim pubes- centibus, substriatis. Folia 2 poll. longa, apice 1% poll., basi + poll. lata. In inundatis Brasiliae prope Rio de Janeiro (Herb. Vindob.). 14. P. Gardneri Kl. Foliis obovatis, apice truncatis, le- viter emarginatis, septem-novemnerviis, versus basim sensim attenuatis, supra scabrido-puberulis, laete-viridibus, subtus villo- sis, albicantibus, anguste lamellato-nervosis, nervis in aream se- miorbicularem confluentibus; petiolo compresso, lato, utrinque prominente-nervoso, longissime villoso. Folia 1—1% poll. longa, apice —1 poll. basi $ poll. lata. Petioli exteriores = poll. longi. In inundatis Brasiliae (Gardner n. 1171 Herb. Vindob.). 15. P, Schleideniana Kl. Foliis obovatis, apice rotundatis, leviter emarginatis, septem-novemnerviis, supra saturate-viridi- bus, minutissime furfuraceis, subtus glaucis, puberulis, nervis plicaeformibus, satis elevatis in aream brevem basilarem con- fluentibus; stolonibus adpresse-pubescentibus. 634 Folia 1% poll. longa, infra apicem pollicem, basi 4—5 lin. lata. P. spathulata Schleiden in Otto et Dietrich Gartenz. v. VI, p- 20, n. 7 (excl. synon. et diagn.). In aquis stagnantibus prope Estero reg. calid. Mex. (Schiede n. 842 Berlandier). 16. P. Texensis Kl. Foliıs elongato-obovatis, 5—9 ner- viis, apice rotundatis, levissime emarginatis, inferne cuneato- attenuatis, supra laete viridibus, sparsim puberulis, subtus glau- cescenti-albicantibus, nervis magis prominentibus, acie fuscescen- tibus, in aream obovatam confluentibus; perigonii squama foe- minei minuta, obcordata; stolonibus glabris, laevibus. Folia 2—5 poll. longa, infra apicem 1—2 poll., basi +— 2 poll. lata. P. Turpini C. Koch in Mohl et Schlechtendal bot. Zeitung v. 10, p. 577. In aquis stagnantibus Texas (Lindheimer Hb. Berol. Men- zel Hb. Al. Braunii). 17. P. spathulata Mx. Foliis obovato-orbicularibus, ro- tundato-obtusis, in petiolum abrupte-angustatis, quinque-septem- nerviis, area destitutis, utrinque glaucescentibus, nervoso-pro- minentibus, supra dense et minutissime furfuraceis, subtus pu- berulis; nervis deinde subtus fuscescentibus; stolonibus ut vi- detur complanatis, unilateraliter pubescentibus. Folia 14 poll. longa, 14 poll. in diametro. Michaux Flora boreali-americ. vol. II, p. 162. Pursh Flora Am. sept. v. I, p. 268. In aquis stagnantibus Carolinae, Novo-Aureliani, Pensyl- vaniae (Poeppig et alii). An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 3. Folge, Heft 1—3, enthaltend: Tirol im Jahre 1809 von Joh. Rapp. Innsbruck 1853. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Verwaltungs-Ausschusses des Fer- dinandeums zu Innsbruck vom 28. Sept. d. J. Monumenti storiei di Sicilia tratti dall’ epistole di Platone e dai frammeniti di Timeo da Taormina etc. e Diodoro versioni ed illustrazioni del Sac. Nicola Spata. Palermo 1852. 8. 635 im Namen des Herausgebers durch Herrn Joseph Julian Overbeck in Rom mittelst Schreibens vom 25. Sept. d. J. übersandt. Bulletin des seances de la Societe Royale (et Nationale) et centrale d’ Agri- eulture. Serie I, Tome 2—6 et 7, No. 1—8. Paris 1846 — 1852. 8. Annuaire de la Societe Nationale et centrale d’ Agriculture. Annee 1852, ib. 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben dieser Gesellschaft d. d. Paris den 16, Sept. d. J. Memoires de T Academie Royale des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique. Tom. 26. Bruxelles 1851. 4. Memoires couronnes et memoires des savants etrangers, publies par ’Aca- demie Royale des sciene., des lettr. et des beauxr-arts de Belgique. Tome 24. 1850—1851. ib. 1852. 4. ‚ Collection in 8. Tome 5. Partie 1. ib. eod. 8. Bulletins de l’Academie Royale des sciene., des lettr. et des beaur-arts de Belgique v. Manuser. 1852. 18. Annee. ib. eod. 8. A. Quetelet, Annuaire de l’Observatoire Royal de Bruxelles 1852, 19, Annee, ib. 1851. 8. ‚ Annales de l’Observatoire Royal de Bruxelles. Tome 8. Partie 2. Tome 9. ib. 1852, 4. _—, sur le Climat de la Belgique. Partie 5. ib. eod. 4. Transactıons of the American philosophical Society, held at Philadelphia. Vol. X. New Series Part 2. Philadelph. 1852. 4. Transactions of the Royal Sociely of Edinburgh. Vol. XX. Part 3. for the session 1851—52.. 4. Proceedings of the Royal Society of Edinburg. Session 1851—52. Vol. 11. 1851—52. No. 42. 8. The quarterly Journal of the chemical Society. No. 19. Vol. V. 3. Oct. 1. 1852. London 1852. 8, Journal of the Asiatic Society of Bengal. No. 228. No. 4. — 1852. New Series. No, 54. Calcutta 1852. 8, The quarterly Journal of the geological Society. Vol. VIII. Part 4. No. 32. Nov. 1. 1852. London 8, Bulletin de la Societe de Geographie. 4. Serie. Tome 3. Paris 1852, 8. Comptes rendus hebdomadaires des scances de l’ Academie dessciences 1852, 2. Semestre. Tome 35. No. 9, 11—20. 30. Aoüt, 13. Sept. — 15. Nov. et Tables du 1. Semestre 1852, Tome 34. Paris 4. Philippe Koralek, Methode nouvelle pour calculer rapidement les Loga- rithmes des nombres et pour trouver les nombres correspondant aux logarithmes. Paris 1851. 8. 636 Redarez-Saint-Remy, les Poesies de Sapho de Lesbos. Paris 1852. 8. ' de Paravey, Pau, les Pyrendes et la vallde d’Ossau, contrees offrant des traces de’ l'antique ecriture hieroglyphique et revues en 1847. Paris 1852. 8. Minelrvini, Monumenti antichi inediti. Vol. I. fogl. 14. 15. (Napoli) 8. Adolph Hannover, das Auge. Beiträge zur Anatomie, Physiologie und Pathologie dieses Organs. Leipzig 1852. 8. 27ste publication des litterarischen vereins in Stuttgart (6. Jahrganges, 1851, 3. publication) enthaltend: die Krone, gedicht von H. v. Türlin. Auch mit dem Titel: Bibliothek des litterarischen vereins in Stuttgart XXVII. Stuttg. 1852. 8. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 836. Altona 1852. 4. Annales de Chimie et de Physique par Arago etc. 1852. Novembre. Paris. 8. Revue archeologique. 9. Annee. Livr. 8. 15. Nov. 1852. ib. 8. Endlich wurden eingegangene Bescheinigungen empfange- ner akademischer Schriften vorgelegt und zwar von dem Ver- waltungs-Ausschufs des Ferdinandeums zu Innsbruck, von der American philosophical society zu Philadelphia, dem Institut de France, acad@mie des sciences, und der acad@mie royale des sciences des lettres et des beaux arts de Belgique. 6. Dec. Sitzung der physikalisch-mathema- tischen Klasse. Hr. Mitscherlich las über die Wärme, welche frei wird, wenn die Krystalle des Schwefels, die durch Schmelzen erhalten werden, in die andere Form übergehen. Wenn die Krystalle, die auf die bekannte Weise durch Schmelzen des Schwefels dargestellt werden, noch heils von der compacten Masse getrennt werden, oder wenn man kleinere Mengen derselben bereitet und wenn sich erst nur wenige Krystalle gebildet haben, den Hüssigen Schwefel abgielst, so verändern sie sich langsam, indem von einzelnen Punkten diese Veränderung ausgeht und mehrere Tage vergehen, bis sie voll- endet ist. Bei einer grölseren Masse, besonders wenn man 1 637 sie zusammenhängend läfst, erfolgt diese Veränderung schneller; die einzelnen Krystalle behalten dabei ihre glänzende Ober- fläche, so dafs sie in der Regel noch mefsbar sind und wenn man auch zuweilen im Innern derselben eine schwache krystal- linisch körnige Textur bemerkt, so gelingt es doch äufserst selten, Flächen von neugebildeten Krystallen zu beobachten. Diese Umänderung beruht nach der allgemeinen Annahme darauf, dals bei derselben die einzelnen Theile ihre Lage verändern und nach derselben ein Krystall aus einer grolsen Zahl der andern Form, der rhombenoctaädrischen besteht; eine Annahme, die besonders durch einen ähnlichen Vorgang 'gerechtfertigt wird, welcher auf eine sehr schöne Weise bei den Krystallen des prismatischen schwefelsauren Nickeloxyds beobachtet werden kann, in welchen sich, wenn sie in einem verschlossenen Ge- fälse dem Lichte ausgesetzt werden, grofse melsbare Quadrat- octaäder bilden, die dieselbe Zusammensetzung, wie die pris- matischen Krystalle haben (Poggendorfs Annalen 1827 B. 11 p- 326). Durch verschiedene Flüssigkeiten, worin der Schwefel löslich ist, kann man diese Veränderungen sehr schnell bewir- ken, am besten durch Schwefelkohlenstoff; taucht man die fri- schen durch Schmelzen bereiteten Krystalle in eine gesättigte Auflösung von Schwefel in Schwefelkohlenstoff, so findet die Um- änderung sogleich statt und auf der Oberfläche und im Innern der einzelnen Krystalle haben sich erkennbare Rhombenoctatder ge- bildet. Man braucht die Spitze eines Krystalls nur mit Schwefel- kohlenstoff zu berühren, damit von dieser Stelle die Umände- rung sich sogleich durch den ganzen Krystall verbreitet. Durch diese rasche Umänderung ist es möglich die Wärme zu bestimmen, welche dabei frei wird. In einem mit einem sehr schlechten Wärmeleiter umgebenen Glaskolben wur- _ den zu einer gesättigten Auflösung von Schwefel in Schwefel- kohlenstoff frisch bereitete Krystalle geschüttet; vor dem Ein- schütten war der Kolben, die Lösung und die Krystalle gewo- gen und die Temperatur derselben bestimmt worden. Nach sechs Minuten war die höchste Temperatur erreicht; die Temperatur- zunahme des Gemisches betrug 6°,1. Obgleich auf 375,1 Grm. _ Schwefel nur 245,5 Grm. der gesättigten Auflösung genommen wurden, so erfolgte die Umänderung doch in wenig Minuten. 638 Bei diesem Versuch wurde so viel Wärme frei als nöthig ist, um die angewandte Schwefelmenge um etwas mehr als 12° zu erwärmen. Da es sich jedoch zeigte, dals der frisch bereitete Schwe- fel, wenn er nur gestolsen oder stark geschüttelt wird, schnell in die andere Form übergeht, so wurde dieses Mittel vorgezogen, um die Wärme, welche bei der Umänderung frei wird, zu bestimmen. Wenn man eine grolse Menge Schwefel- krystalle anwendet und die Kugel des Thermometers in der Mitte derselben befindlich ist, so kann man die Erkaltung durch die Wände des Gefälses und die Luft ganz beseitigen. Bei der Anwendung von einem Gentner Schwefel wurde schon ein genaues Resultat erreicht; man schmilzt eine gröfsere Menge Schwefel am besten in einem eisernen Topf und gielst den fHüssigen Schwefel in ein hölzernes Fals; wenn die Krystalle sich gebildet haben, welches nach drei Stunden er- folgt, wird der flüssige Theil des Schwefels abgegossen, das hölzerne Fals aus einander geschlagen und der noch heilse Schwe- fel in Stücke zerhauen, welche man so lange liegen läfst, bis sie die Temperatur der Luft angenommen haben. Läfst man die krystallisirte Masse im Topf erkalten, so verändert sie sich sehr schnell, weil durch die Zusammenziehung, welche durch die Erkaltung bewirkt wird, eine Spannung und ein Zerreilsen und Zerbröckeln statt findet, wodurch wie durch Zerstofsen die Umänderung bewirkt wird. Die Krystalle, die sich nicht verändert haben, werden rasch zerstampft und in ein Gefäfs, welches man mit schlechten Wärmeleitern umgeben hat, am zweckmälsigsten in ein gut eingerichtetes Calorimeter, einge- tragen; den Versuch fängt manin einem Zimmer an, dessen Tem- peratur 2° höher als die des Schwefels ist und trägt diesen, wenn seine Temperatur um 4° gestiegen in ein anderes Zimmer, dessen Temperatur wieder 2° höher als die des Schwefels ist und setzt den Versuch auf diese Weise fort ; gegen das Ende desselben wählt man ein Zimmer, dessen Temperatur so nahe als möglich die des Schwe- fels ist. Bei mehreren Versuchen war in den ersten zehn Mi- nuten keine Erhöhung der Temperatur bemerkbar, dann stieg sie allmählig, nach 20 Minuten für jede 3 Minuten um 1°, bei einem Versuch nach 1 Stunde 9 Minuten bis um 12°, 4, bei einem andern nach 2% Stunde um 11°,8. Die Wärme, welche dem- 639 nach frei wird, wenn der Schwefel aus der einen in die andere Form übergeht, würde so viel betragen, als nöthig ist, um dieselbe Menge Schwefel um 42°,1 zu erwärmen, also, da die Wärme-Kapacität des Schwefels 0,1880 ist, 2,27 Wärme- einheiten. Auch.der zähe Schwefel ändert sich in Berührung mit Schwefelkohlenstoff schnell in den gewöhnlichen Schwefel um, er bedarf dazu eiwa eine halbe Stunde. In welcher Beziehung diese Umänderung des Schwefels und die Wärmeentwicklung wit den allotropischen und isomeren Zuständen der Körper steht, hofft der Verfasser in einer andern Abhandlung nachweisen zu können. Darauf theilte derselbe einige Beobachtungen über das Vorkommen von Urgebirgsgeschieben an den süd- lichen Abstürzen der Coirons unter den Lavaströmen mit, welche Hr. G. Rose, und er angestellt haben. Die Goirons bestehen aus Kalk- und Mergelschichten, auf welchen eine fast kreisförmige Hochebene von Basalt liegt; sie fallen nach allen Richtungen steil ab, der Rhone zu etwas sanfter und sind durch den Col de Lescrinet mit dem hohen Rücken von Mezilhac verbunden. Der höchste Berg der Coirons, Blandice, liegt 1023" über dem Meere, Privas am nördlichen Fuls 306", die Kettenbrücke bei St. Didier am westlichen Fuls noch bedeutend niedriger, die Rhone, deren Höhe bei Valence 147” beträgt, am östlichen Fuls am niedrigsten und der Col de Lescrinet 803",5 über dem Meere und dieselbe Höhe mögen ungefähr auch die anderen Stellen haben, wo südwest- lich die Basaltströme bei St. Laurent, Mirabel und St. Jean auf den Mergel- und Kalkschichten liegen. Diese Schichten ge- hören der Jura- und ältern Kreideformation an und sind an den meisten Orten sehr mürbe; wo starke Wasserstürze wirksam sind, sollen, wie man bei St. Laurent zeigt, noch in neuerer Zeit tiefe Thaleinschnitte dadurch hervorgebracht wor- den sein. Eine grolse Anzahl von Bächen haben in der langen Zeit ihrer Wirksamkeit die Kalk- und Mergelschichten tief ein- geschnitten und die Basaltdecke unterwaschen, so dafs diese nachgeslürzt ist und die Thalbildung sich weit in die Basaltdecke der Coirons hinein erstreckt. Stundenlang kann ‚man diese tiefen Einschnitte verfolgen, zu beiden Seiten des Thales liegen oben die Basaltmassen einander gerade gegen- 640 über und der untere Theil des Thales wird von den Kalk- und Mergelschichten gebildet bis man ansteigend zuletzt an die Stelle kommt, wo die Basaltmassen zusammenhangen. Von den Coirons gehen über zwanzig Thäler dieser Art aus. Nirgends auf den Coirons findet man, dafs wie in dem nahen westlichen Bas-Vivarais die Lavaströme sich in Thälern ergossen haben und heruntergellossen sind. Die Bildung der jetzigen Thäler in den Coirons ist daher neuer als die der Basalte; und vor der Basaltbil- dung war dort ein flaches Land mit unbedeutenden Erhabenhei- ten, so bemerkt man, wenn man in den Thälern die Basaltströme, z. B. in dem von Darbres verfolgt, dals hin und wieder nie- drige Stellen erst mit Lava ausgefüllt wurden, ehe sie gleich- mälsig weiter flols; solche Stellen sind jedoch kaum 10 Fuls tief gewesen. Die Hochebene der Coirons besteht aus einer nicht unterbrochenen Basaltdecke; in den Thälern sieht man deutlich, dals sie durch verschiedene Lavaströme gebildet wurde, sehr häufig liegen verschiedene Basaltmassen über einander, die nicht allein durch poröse Gesteine, sondern auch oft durch ganz zer- setzte rothe ihonartige Massen getrennt sind; woraus man fol- gern könnte, dafs ehe der obere Strom sich über den unteren ergols, einelängere Zeit vergehen mulste, in welcher die Zersetzung erfolgen konnte. An einigen Stellen, wie bei Montbrul, be- merkt mau ausgeworfene und zusammengebackene Massen, die wie das Gestein, woraus man die Mühlsteine in der Eifel macht, aussehen und sich ebenso gebildet haben, zuweilen kommt auch vulkanischer Sand aus kleineren und grölseren porösen Stücken bestehend vor, wie beim Col de Leserinet eine Viertelmeile südlich am Rande des Gebirgs. In diesem Sande finden sich Bomben von Olivin; da von dort aus der vulkanische Sand sehr weit hergeholt wird, so muls er wenigstens nicht sehr häufig auf den Coirons vorkommen. Unter diesem Sande liegt geschichteter Tuff, welcher dem aus dem Bassin von le Puy oder von Stefller in der Eifel ganz ähnlich ist und dessen Bindemittel wie bei diesen aus Palagonit besteht. Der Basalt der Coirons ist also nicht allein aus vielen Öffnungen herausgeflossen, sondern es haben auch beträchtliche Auswürfe statt gefunden. In der Nähe dieser Hochebene kommen die Ausbrüche, die auf derselben sich so häufig wiederholt haben, 641 dafs sie ganz mit Basalt bedeckt ist, oft vereinzelt vor. Gleich oberhalb Privas nach Westen liegt eine schöne Basaltkuppe mit Basaltconglomerat, der Montholon, und etwa eine halbe Meile östlich von Lescrinet und unmittelbar an der nördlichen Seite der Stralse ist eine Basaltmasse, die mit einem Gange in Verbindung steht und ein anderer schmaler Gang 'geht dort über die Stralse und dann durch ein Thal wohl eine halbe Viertelmeile weit; auch nahe vor Aubenas führt die Stralse über mehrere schmale Gänge und südlich von den Coirons bei Ville- neuve kann man einen Basaltgang über eine halbe Meile weit verfolgen; an allen diesen Stellen durchbricht der Basalt die Kalk- und Mergelschichten. Es liegt besonders der südliche Abhang der Basaltdecke der Coirons auf wenig festen Gebirgsmassen, so dafs bei der Fortführung derselben durch Wasser grolse Basaltmassen sich losgelöst haben, wovon ein Theil als abgerissene Felsen nahe dem anstehenden Gebirge liegen geblieben sind. Durch die tief eingeschnittenen Thäler bildet dieser Rand viele Vorsprünge, welche sich in Halbkreise endigen, wovon man manchmal eine grofse Anzahl wie von St. Jean aus übersieht. Ein solcher Vorsprung besteht unten aus perpendiculären Säulen und darüber aus Säulen die gewöhnlich dünner und ver- schiedentlich und unregelmälsig gerichtet sind; sie haben ganz dasselbe Ansehen wie die von den Bächen entblöfsten Lavaströme in Bas-Vivaraisz.B. dievon Jaujac, von Aisac und andere. Die Bil- dung der unteren Säulenreihe, die perpendikulär gegen die Erkal- tungs ebene stehen, rührt unstreitig von dieser her; liegt der Basalt auf einem festen Gestein oder auf einer Unterlage, die trocken war, so ist er an der Berührungsfläche dicht und haftet ge- wöhnlich, besonders wenn die Unterlage ein Felsen ist, an dieser; porös ist er dagegen an der Berührungsfläche und aus einzelnen Stücken bestehend, wenn er sich auf eine feuchte Unterlage ergols, z. B. auf einen lockern mit Vegetation be- deckten Boden. Am Ende dieser Vorsprünge sind bei den drei westlichen Sand- und Geschiebelager aufgefunden und untersucht worden, bei den übrigen kommen sie wahrscheinlich auch vor. Diese _ vorspringenden Basaltmassen sind durch tiefe Thäler von ein- 642 ander getrennt; an den beiden ersten Orten wird der Sand zum Mauern angewendet und es sind daher dort ziemlich weite Gruben entstanden. St. Laurent liegt auf dem Rande eines basaltischen Halbkreises; an der südlichen Seite desselben ist eine Grube, deren Decke aus Basaltprismen besteht und die 20 Quadrat- Meter weit sein mag. Unter dem Basalt liegt zunächst zwei Fufs Sand, dann zwei Fuls Sand mit gröberen Geschieben, dann drei Fufs Sand und dann eine dünne Schicht Sand mit Geschieben; als Geschiebe findet sich, wenn auch nur selten in diesen Lagern, gewöhnlicher dichter Basalt mit Olivin. Unter dem Sande liegen die Kalk- und Mergelschichten; an einigen Stellen liegt an dem Vorsprung von St. Laurent der Basalt unmittelbar auf diesen Schichten, die Sand- und Geschiebe- schicht fehlt; in der Regel ist jedoch der Fuls der Säulen ver- schüttet. Bei Mirabel ist die Sandgrube an der südwestlichen Seite des Vorsprungs oberhalb des Ortes und gleicht ganz der von St. Laurent. Folgt man von Mirabel einem Fufsweg, der am Fufs der Basaltsäulen östlich um den Halbkreis herumführt, so findet man hin und wieder Granitgeschiebe; da die Be- rührung zwischen dem Basalt und der Unterlage aber ver- schüttet ist, so kann man sich von dem Vorkommen eines Sandlagers selbst nicht überzeugen. Nach einer Viertelstunde kommt manan eine Einbuchtung, welche durch einen Bach gebildet worden ist, der von den herüberhängenden Basaltfelsen herunler- stürzt. Theils durch das Wasser, vielleicht auch durch die Kunst ist hier eine grolse Höhle entstanden, die in früheren Zeiten bewohnt wurde und jetzt noch benutzt wird; vor derselben und östlich von derselben ist die Geschiebebank ganz frei gelegt, der obere Theil derselben besteht aus Granitgeschieben und Granitsand, der untere Theil enthält auch Kalkgeschiebe, welche dem unterlie- genden Gebirge angehören; unweit dieser Höhle nach Osten liegt der Basalt unmittelbar auf den Kalk- und Mergelschichten, Das Geschiebelager oberhalb St. Jean liegt ganz frei an der ersten Windung, wenn man nach Montbrul zu steigen anfängt, und an der südwestlichen Seite des basaltischen Vor- sprungs, welcher Jastri€ oder Maillas genannt wird. Einige: 643 y der Granitgeschiebe haben bis zu 14 Fufs Durchmesser, die meisten sind klein von % bis 1 Zoll Durchmesser; mit ihnen kommt viel Granitsand vor; Basalt- und Gneusgeschiebe finden sich jedoch nur selten und sind ganz zersetzt, Quarzgeschiebe sind häufig. Das Lager hat eine Mächtigkeit von 12 Fufs, ver- folgt man von dieser Stelle den Fufs der Säulen, so ist er bis an das südliche Ende des Halbkreises ganz verschüttet, dort kann man jedoch das Geschiebelager unter den Säulen wieder gut beobachten. Faujas de St. Fond führt schon, Volcans du Vivarais 1778, die Geschiebe bei Maillass an und Soulavie erwähnt, Histoire naturelle de la France meridionale 1780, die Geschiebe und be- sonders die des Coirons an vielen Stellen, aber ohne bestimmte Angaben oder Beschreibungen. Die Geschiebe der drei angeführten Lagerstätten bestehen fast ganz aus Granit und Gneus; Jder Granit ist feinkörnig, ohne grolseFeldspathkrystalle; der Quarz und der Sand rührt von diesen zerstörten Gebirgsarten her; chloritische Gesteine kommen nicht darin vor; die Basaltstücke, die selten sind, beweisen, dafs vor der Bedeckung der Geschiebelager durch die Lavaströme schon Ba- salte vorhanden waren. Die Geschiebe sind von dem Gestein der Gegend, wo sie vorkommen, ganz verschieden, von Osten jenseits der Rhone, von den Alpen können diese Urgebirgs- geschiebe nicht gekommen sein, das naheliegende westliche und nördliche Urgebirge ist durch tiefe Thäler davon getrennt und hängt nur durch den schmalen Rücken von Lescrinet damit zu- sammen; das Vorkommen des Sandes und der Geschiebe ist ganz so wie in einem Flufsbett, vollkommen so wie unten in der Ardeche und die natürlichste Annahme ist, dals da, wo jetzt die Geschiebe sich finden, ein Strom in der Richtung der Geschiebelager, also von Nordwest nach Südost flofs, wel- cher vorher die nach West oder Nord liegenden Urgebirge durch- strömte und kurz vor oder bei der Überströmung seines Bet- tes durch den Basalt, dieses verlief. Wahrscheinlicher wird dieses noch dadurch, dals nach einer Angabe von Malbos, Bull. d. I. soc. geolog. de France Vol. II. p. 328, Holz, Thierknochen, Stolszähne von Elephanten und Mastodontenzähne in den Sand- schichten bei Mirabel vorkommen; auch wurde noch neulich in 147 644 le Mas d’Arnou unweit Darbres ein solcher Zahn gefunden. Bestimmter wird die Richtigkeit dieser Annahme sich bestäti- gen, wenn die Geschiebelager weiter verfolgt und ihre Be- schaffenheit genauer untersucht werden, wobei der Naturforscher durch das Bedürfnils der Bewohner, sich für ihre Bauten Sand zum Mörtel zu verschaffen, unterstützt wird, ohne welches die Schichten von St. Laurent und Mirabel gewils lange unbe- kannt geblieben wären, wenn man auch einzelne Geschiebe in den Bächen und in der Nähe derselben beobachtet ('). Wenn die von Fournet entdeckten und beschriebenen Lager des Berges Charray welche aus Polirschiefer, in dem vul- kanische Bruchstücke, Grant und Sand liegen, aus bituminöser Braunkohle mit fossilem Holz und aus Sandstein bestehen, die ungefähr 50 Fuls mächtig sind und die auf Jurakalk liegen und von Basaltströmen bedeckt sind, so wie die ähnlichen wenig davon entfernten Polirschieferlager von Roche Sauve zu derselben Zeit, wie die Geschiebelager von den Basaltströmen der Coirons bedeckt wurden, welches sehr wahrscheinlich ist, so beweisen sie, da in den ersteren nach Seringe Blätter von Buchen, Ahorn, Linden, Pappeln und Kiefern, in diesen von Birken, Ulmen, Haselnuls- und Vogelbeerbäiumen vorkommen, dals das Klima dieser Gegend zur Zeit der Lavaströme der Coirons nicht ver- schieden von dem jetzigen in Privas und Aubenas war und dafs die damalige Vegetation mit der der Jetztzeit übereinstimmt. -Granitgeschiebe hätte Fournet gewils erwähnt, wenn sie in diesen Lagern, die zu den Coirons gehören, vorgekommen wären. Ann. de la Soc. d’Agriculture de Lyon V. V. p. 204. Diese Lager haben sich unstreitig in stehenden Gewässern ge- bildet, wofür die von Ehrenberg in dem Polirschiefer entdeck- ten microscopischen Thierüberreste noch besonders sprechen. (') Aus einem solchen Vorkommen allein einen Schlufs zu machen, ist sehr gefährlich: so kommen mehr als eine Meile weit von der Ardeche auf den hohen Kalkbergen sehr grolse Granitgeschiebe vor, von denen bei ge- nauer Nachforschung sich ergab, dafs sie heraufgebracht waren, um darauf die weicheren Kalksteine zu zerschlagen; auf dem Puy de Mur bei Clermont fanden sich einzelne Granitgeschiebe und unter der Rasendecke viel Granit- grant; an einem Stückchen sals etwas Kalk und es ergab sich, dals auf der Spitze des Berges ein altes Gebäude gestanden hatte. 645 Wären die Geschiebe mit einer allgemeinen Fluth gekommen, so mülste man sie vorzugsweise in diesen Lagern finden. } Sind die Geschiebe von Westen oder Norden gekommen, so müssen die Gegenden, wo die Lager derselben vorkommen, die Coirons also, tiefer gelegen haben als das zunächst liegende Urgebirge und gehoben worden sein. Diese Hebung kann durch den Druck der Basaltmasse bewirkt worden sein, welche nach- her die Oberfläche des gehobenen Landes durchbrach und die Basaltströme bildete, die die Geschiebelager bedecken. Ähnlich der Bildung der Coirons ist die des Mont Dore und des Can- tals, welche auch nach der jüngsten tertiären Bildung erfolgte und es ist kein entscheidender Grund vorhanden, dafs alle diese Bildungen und die Hebung, die ihnen voranging, nicht in der- selben Periode erfolgt sei und nicht durch dieselbe Ursache, durch den Druck nämlich einer unter der festen Erdkruste zusammenhängenden flüssigen Masse; derselbe Druck kann in Unteritalien und Sicilien die Hebung des Landes und das erste Erscheinen der dort noch thätigen Vulkane in derselben Pe- riode bewirkt haben; dort, so wie wo jetzt der Mont Dore und Cantal liegen, fand zwischen den jünsten tertiären Bildun- gen und dieser Hebung eine grolse Trachyt- und Trachytcon- glomeratbildung statt, welche mit aufgehoben wurde und die auf den Coirons fehlt. Hr. Braun legte darauf eine sehr grofse Anzahl von Zeich- nungen des Hrn. Dr. Schacht vor, welche derselbe bei seinen diesjährigen Untersuchungen über die einheimischen Waldbäume (am Thüringer Walde) angefertigt hatte. Hr. Braun las alsdann eine Abhandlung desselben Gelehr- ten über die Keimung einiger Waldbäume: Um das Leben eines Thieres oder einer Pflanze richtig zu ‚erkennen, mufs man dasselbe vom Entstehen ab verfolgen. — Die Königl. Akademie der Wissenschaften gab mir für diesen ‘Sommer den ehrenvollen Auftrag, das Leben der einheimischen "Waldbäume zu erforschen. Indem ich der Königl. Akademie ‚die Resultate meiner Untersuchungen nach einander in kurzen ‚Abrissen vorzulegen wage, beginne ich heute mit dem Werden, mit der Keimung, des Baumes. In diesem vorläufigen Bericht 646 halte ich mich nur an eigene Beobachtungen, da ich des Rau- mes wegen auf die betreffende Literatur nicht eingehen kann. Der Same unserer Nadelbäume (ich untersuchte zunächst die Tanne [4dies pectinata], die Fichte [Picea exceisa Link], | die Kiefer [Pinus sylvestris] und die Lerche [Zarix europaea]) | ist geflügelt, der Keimling ist von. einem Öl und Stärkmehl enthhaltenden Sameneiweils umgeben. Der Keimling (das Embryon) | des reifen Samens besteht aus einem ziemlich langen, geraden, walzenförmigen Axentheil und aus Keimblättern. Bei Thuja und Taxus sind der letzteren nur 2 vorhanden, bei allen übrigen von mir untersuchten mindestens 4. Die Zahl der Keimblätter (Samenlappen) ist übrigens bei solchen Nadelbäumen nicht con- | stant. — Die Tanne keimt selten mit 4, in der Regel mit 5 f bis 7 Samenlappen, die Fichte hat deren selten 6 oder 7, in der Regel 9, bisweilen sogar 10. Die Kiefer und Lerche zäh- len 5 bis 7 Keimblätter, 6 ist bei ihnen die häufigere Zahl. Ein zarter Längsschnitt, durch die Mitte des Keims ge- führt, zeigt zwischen den Samenlappen eine kleine kegelförmige Erhebung, die Anlage zur Stammknospe (die Plumula). Die letztere trägt ihr jüngstes fortbildungsfähiges Gewebe unmit- telbar an ihrer Spitze. Das Wurzelende der cylindrischen Axe des Keimes (die Radicula) zeigt dagegen eine sehr ent- wickelte Wurzelhaube. Das jüngste Gewebe dieses Theiles liegt nicht unmittelbar an seiner Spitze, es ist von meh- reren Schichten älterer Zellen, die später, während sie von innen her neu gebildet werden, von aufsen her absterben, um- hüllt. Diese äufseren, den sich fortbildenden Theil der Wurzel- spitze umkleidenden, älteren Zellen-Schichten, welche keiner wahren Wurzel fehlen, nenne ich Wurzelhaube. Das Wurzel- ende des Keimlings entspricht demnach im Bau der Wurzel- knospe aller mit Stamm und Wurzel versehenen Pflanzen. Während die Stammknospe unter ihrem Vegetationspunkt (der fortbildungsfähigen Spitze) Blätter entwickelt und somit ent- weder einen Stamm, einen Zweig oder eine Blüthe bildet, kann die Wurzelknospe aus sich nur eine Wurzel entwickeln, aber niemals Blattorgane bilden. Wenn ein Zweig Wurzeln treibt, so entsteht, vom Verdickungsring ausgehend, eine Wurzelknospe; wenn dagegen eine Wurzel Zweige ausschickt, so bilden sich zuvor, ebenfalls vom Verdickungsring ausgehend, Stammknospen. 647 Beide sind, wie schon der Keimling zeigt, vom ersten Entstehen an sowohl anatomisch als physiologisch durchaus verschieden. Wir müssen deshalb fortan zwischen Stamm- und Wurzel- knospe scharf unterscheiden. Die Stammknospe ist nicht von absterbenden Zelleuschichten umgrenzt, sie bildet einen Stamm; die Wurzelknospe, nach aufsen hin durch ältere Schichten, welche die Wurzelhaube bilden, geschützt, entwickelt eine Wurzel. Zarte Querschnitte durch die Axe des Keimlings der Nadel- bäume lehren uns noch mehr; man erblickt in der Anordnung seines Gewebes und im verschiedenen chemischen Verhalten des Inhaltes seiner Zellen die Anlage zum Mark, zum Ver- dickungsring und zur Rinde. Das Gewebe des Markes und der Rinde besteht aus grolsen, ziemlich regelmäfsigen Parenchym- zellen, welche mit Stärkemehlkörnern erfüllt sind; das Gewebe des Verdickungsrings, welches Mark und Rinde trennt, besteht dagegen aus kleineren, zarteren Zellen, welche kein Stärkmehl, dagegen Protein-Verbindungen enthalten (Zucker und Schwefel- säure färben den Inhalt dieser Zellen vorzugsweise rosenroth). Der Verdickungsring verliert sich, wie ein Längschnitt durch die Mitte des Keimlings zeigt, nach unten in das jüngste Ge- webe des Wurzelendes, nach oben in das jüngste Gewebe der Stammknospe, ein Zweig oder Bündel von ihm verläuft zu jedem Samenlappen. Im Verdickungsring entstehen, sobald der Same zu keimen beginnt, die Anfänge der Gefäfsbündel, zuerst durch einige Spiralgefälse erkennbar. Die Zahl der entstehenden Ge- fälsbündel richtet sich nach der Zahl der vorhandenen Samen- lappen. Bei Thuja entstehen deshalb immer 2, bei der Tanne, Fichte, Kiefer und Lerche, nach der Zahl der Keimblätter, 4 und mehr Gelfälsbündel; die letzteren verlaufen vom Axentheil des Keimlings in die Samenlappen. Der Same der Nadelbäume keimt bei feuchtem, warmen Wetter innerhalb 8—14 Tagen. Die Tanne entläfst, da ihr Zapfen meistens schon im Herbst seine Schuppen verliert, so dals die nackte Spindel stehen bleibt, ihren Samen am frühsten. Schon Anfang Mai sieht man die jungen Tannen im Walde bervorsprossen, anfänglich die geflügelte Samenschale als Mütze mit emporhebend. Die Fichte, Kiefer und Lerche entlassen ihren Samen später; die Fruchtschuppen des Zapfens dieser Bäume fallen nicht ab, die Sonnenwärme des Frühlings öffnet 648 sie erst. Die gellügelten Samen entfallen dem Zapfen, der Wind führt sie weiter. Die Sämlinge genannter Bäume er- scheinen, da der Same später den Boden erreicht, auch un- gleich später als die jungen Tannen. Ende Mai oder Anfang Juni entsprossen dieselben der Erde. Die Art der Keimung bleibt sich bei allen Nadelbäumen ziemlich gleich; die Wurzel durchbricht die Samenschale zuerst. Das junge Pflänzchen ernährt sich anfänglich vom Sameneiweils; ist letzteres verzehrt, so wird die Samenschale abgestreift; die Keimblätter, nunmehr durch Chlorophylibildung grün ge- färbt, entfalten sich. Die entfalteten Keimblätter der Tanne entsprechen ihrer Gestalt nach den sich bald darauf bildenden Nadeln dieses Bau- mes; sie sind wie letztere flachgedrückt, unterscheiden sich jedoch von ihnen durch ihre Gröfse und durch das Vorkommen der Spaltöffnungen an ihrer Oberseite, während die eigentliche Na- del der 'Tanne selbige nur an der Unterseite und zwar in den beiden silberweilsen Streifen besitzt. Das centrale Gefälsbündel des Keimblattes entspricht dem gleichfalls centralen Gefäfsbündel der Nadel. Die Keimblätter der Fichte gleichen den Nadeln dieses Baumes, aber anch sie haben die Spaltöffnungen nur auf der Oberseite, während die Nadel an beiden Seiten mit ihnen ver- sehen ist. Die Keimblätter der Kiefer und Lerche sind ähnlich gebaut; die Harzgänge fehlen entweder gänzlich, oder sind nur kümmerlich entwickelt. Alle Keimblätter genannter Coniferen sind gleich den Nadeln mit einem centralen Gefälsbündel ver- sehen. — Die Unterseite des Samenlappens der Nadelbäume ist im Samen vom Eiweils umgeben, sie entzieht, gleich dem Axentheil des Keimlings, letzterem die Nahrung. Die Oberhaut dieser Seite ist epitheliumartig entwickelt und nicht mit Spalt- öffnungen versehen, während bei der Buche, deren Same eiweis- los, gerade die Unterseite des Samenlappens, dem Blatte dieses Baumes entsprechend, Spaltöffnungen besitzt. Den beiden flei- schigen Samenlappen der Eiche, welche nicht, wie bei den Nadelbäumen und der Buche, sich über die Erde erheben, feh- len die Spaltöffnungen gänzlich. Der Samenlappen hat hier eine 649 ganz andere Function, er vertritt gewissermalsen die Stelle des Sameneiweilses. Die kürzlich der Erde entsprossenen Pflänzchen der mehr erwähnten Nadelbäume unterscheiden sich schon zu Anfang wesentlich von einander. Die Tanne hat sowohl den gröfsten Samen, als auch den gröfsten Keimling, ihre flachen Keimblät- ter stehen wagerecht-quirlförmig um die Axe. Die Fichte dreht ihre mehr walzenförmigen Keimblätter nach einer Seite. Die Kiefer und Lerche tragen ihre gleichfalls walzenförmigen Samen- lappen nicht wie die Tanne wagerecht, sie richten selbige aufwärts, um die Stammknospe (Plumula) gewissermalsen einen Becher bildend. Die Keimpflanze der Lerche ist blau angeflogen. Die junge Tanne bringt im ersten Lebensjahre selten mehr als einen Kreis von Nadeln; die Zahl der jungen Blätter (Na- deln) entspricht der Zahl der Keimblätter, sie alterniren mit letzteren. Dasselbe gilt auch für den folgenden Blattkreis, der meistens sehuppenartig verbleibt und als äufserster Deck- schuppenkreis die Stammknospe umgiebt. Die Fichte, Kiefer und Lerche bringen schon im ersten Lebensjahre mehrere voll- ständig entwickelte Blatikreise, ihre Stammknospe erhebt sich schon zu einem kleinen Stamm; die Zahl der Blätter dieser Kreise entspricht auch hier, die Fichte ausgenommen, der Zahl der Samenlappen. Der Vegetationspunct der Stammknospe umgiebt sich auch hier alsbald mit Deckschuppen. Die Tanne, Kiefer und Lerche verzweigen sich im ersten Lebensjahre niemals, die Fichte bildet dagegen, auf üppigem Boden, bisweilen einen Seitenzweig. Der Wurzeltheil des Keimlings sämmtlicher Nadelbäume wächst im ersten Jahre ungleich kräftiger als der Stammtbheil. (Als Wurzel betrachte ich für den Keimling alles, was unter- halb der Samenlappen liegt.) Die Hauptwurzel verzweigt sich alsbald; die Spitze aller Zweigwurzeln ist mit einer, für die Wurzel überhaupt charakteristischen, Wurzelhaube versehen. Die Kiefer, bekanntlich später nicht wie die Tanne und Fichte, mit einfachen Nadeln, sondern mit Doppelnadeln ver- sehen, welche einer, aus häutigen Schuppen gebildeten, Scheide entspringen, bringt im ersten Lebensjahre nur einzeln stehende Nadeln mit 2 Herzgängen und einem centralen Gefälsbündel. 650 Der Trieb des kommenden Jahres bildet dagegen in der Achsel solcher Blätter, welche alsdann nicht vollständig ausgebildet werden, vielmehr schuppenarlig bleiben und frühe absterben, eine Knospe, welche die erwähnten häutigen Schuppen und zuletzt die beiden eigentlichen Nadeln entwickelt. Ein gelun- gener Längsschnitt zeigt zwischen letzteren den freilich sehr klei- nen, Vegetationspunkt dieser Knospe, deren Stengelglieder sich nicht entwickeln. Die Nadeln der Kiefer sind nach dem Alter und nach der Kräftigkeit des Baumes mit zahlreichen Harz- gängen versehen. (Ich zählte deren bis 24.) Die Nadel der Tanne, Fichte und Lerche besitzt jederzeit nur 2 Harzgänge. Auch die Lerche, später durch ihre Nadelbüschel ausge- zeichnet, hat im ersten Jahr einzeln stehende Blätter. Der Trieb des kommenden Jahres bringt wieder einzeln stehende Nadeln. In der Achsel der letzteren entsteht eine Stammknospe, welche im kommenden Jahr, indem ihre Stengelglieder unent- wickelt bleiben, die Büschel der Nadeln erzeugt. Die Lerche entlaubt sich, sohald der Frost eintritt; auch die Samenlappen der Keimpflanze werden alsdann abgeworfen; bei der Kiefer und Fichte vertrocknen letztere schon im ersten Jahre, bei der Tanne bleiben sie dagegen mehrere Jahre grün. Während in dem äufseren Theil der Rinde des Stammes _ Harzgänge entstehen, stirbt der äufsere Rindentheil der Wurzel durch Periderma-Bildung, frühzeitig ab. Die Wurzel der Nadel- hölzer enthält deshalb, mit Ausnahme der Lerche, welche auch in dem vom Verdickungsring aus später entstandenen Theil der Rinde Harzhöhlen nachbildet, niemals Harzbehälter. Dies Ab- sterben des äufsersten (primairen) Rindentheiles gilt für die Wurzel aller von mir untersuchten höheren Pflanzen. Die Wurzel unterscheidet sich auch hierdurch wesentlich vom Stamm. Die sogenannte Wurzelhülle der Luftwurzeln tropischer Orchi- deen findet in dieser Eigenthümlichkeit der Wurzel ihre Er- klärung. Durch die bei der Keimung entstandenen Gefälsbündel ent- wickelt sich allgemach im Stamm und in der Wurzel der Holz- ring. Die ersten Zellen des Gefälsbündels sind lang, eng und spiralförmig verdickt. Die folgenden sind als normale getüpfelte Holzzellen entwickelt. Es bilden sich primaire, und später, 651 durch Zerklüftung des Gefäfsbündels,, secundäre Markstrahlen. Im Herbst ist der Holzring des Pflänzchens vollständig ge- schlossen. Das Holz einer jeden Baumart zeigt alsdann schon alle ihm zukommenden Eigenthümlichkeiten; selbst die Harz- gänge sind, wo sie überhaupt im Holz vorkommen, jetzt schon vorhanden. Wie sich mit Hülfe des Verdickungsrings nach Innen zu der Holzring ausbildet, so entwickelt sich nach Aulsen hin, gleichfalls durch ihn, die Rinde. Zum Herbst sind sowohl Harzgänge als mehrere Bastlagen oder Bastgruppen entstanden. Unter der Oberhaut hat sich eine Korkschieht (ein Periderma) entwickelt. Sobald sich die Stammknospe des Keimlings durch Bildung von Deckschuppen, geschlossen, hört das Längenwachsthum des Stammiheiles auf, dagegen verdicken sich noch ferner Stamm und Wurzel mit Hülfe ihres Verdickungsriuges. Die Deck- schuppen sind ihrem Entstehen nach Blätter, sie kommen aber nicht, wie die wahren Blätter (die Nadeln) zur vollständigen Ausbildung, sie bleiben schuppenartig, erhalten keine Gefäls- bündel, besitzen keine Spaltöffnungen und keine Harzgänge; sie sind häutig und werden früh safıllos. In mehreren Kreisen entwickelt schützen sie die Knospe vor dem Winterfrost. Wenn sich im Frühjahr die letztere öffnet und der junge Trieb her- vorbricht, bleiben sie stehen und bilden das, was der Forstmann als Quirlansatz bezeichnet. Nach diesen Quirlansätzen zählt man das Alter der jungen Pflanzen und Zweige. Wenden wir uns jetzt zu den Laubhölzern. Die Samen der Eiche, Buche, Birke und Erle sind eiweislos. Die drei letzteren, gleich den meisten Dieotyledoncn mit 2 Samenlappen versehen, bringen beim Keimen dieselben über die Erde; die Eiche begräbt dagegen ihre beiden fleischigen, mit Stärkmehl reich erfüllten, Samenlappen im Boden. Noch an der zweijäh- rigen Eiche erkennt man die letzteren. Die Samenlappen der Eiche haben eine ganz andere Function als die Keimblätter der- jenigen Pflanzen, welche sich mit ihren Samenlappen über den Boden erheben. Die Keimblätter der Eiche bleiben, so lange sie überhaupt vorhanden sind, in der Samenschale, sie wachsen _ nicht mehr, ihre Oberhaut besitzt keine Spaltöffnungen, da- 652 gegen sind sie mit vielfach verzweigten, sehr entwickelten Ge- fälsbündeln (schon Spiralgefälse enthaltend) versehen. Das Stärk- mehl ihres Parenchyms schwindet allmälig; nach zwei Jahren sind die Zellen fast leer, die Samenlappen braun gefärbt, vermodert. Die Keimblätter der Buche, Birke und Erle verhalten sich ganz anders. Die Samenschale wird hier, wie bei den Nadel- bäumen 'abgestreift. Die Samenlappen, an ihrer Unterseite mit Spaltöffnungen versehen, fungiren später als wahre Blätter, sie führen der jungen Pflanze athmosphärische Nahrung zu. Der innere Bau des Keimlings der von mir untersuchten Laubbäume entspricht genau dem Embryon der oben bespro- chenen Nadelbäume. Zwischen den beiden Samenlappen ver- birgt sich die Stammknospe (Plumula). Der Verdickungsring der Axe verliert sich nach oben in diese Stammknospe, nach unten in das jüngste Gewebe der Wurzelanlage (Radicula), wel- ches von einer entwickelten Wurzelhaube umhüllt wird. Vom Verdickungsring verlaufen Cambiumbündel in die Samenlappen; bei der Eiche enthalten dieselben, wie oben erwähnt, bereits Spiralgefälse. Das Wurzelende des Keimlings durchbricht auch bei den Laubbäumen zuerst die Samenschale. Die Eiche und Buche entsendet eine starke, nach abwärts gerichtete Pfahl- wurzel, welche sich später, durch Bildung von Seitenwurzeln, verzweigt. Der sehr kleine Keimling der Birke und Erle schickt nur eine zarte Wurzel aus, die sich sehr bald verzweigt, we- niger tief in den Boden dringt und bei der Erle schon früh- zeitig kleine knollenartige Anschwellungen entwickelt... Die Wurzelspitzen aller Seitenwurzeln sind, gleich der Hauptwur- zel, mit einer Wurzelhaube versehen. Die Rinde des unter- halb der Samenlappen befindlichen Tbeiles verhält sich auch hier überall der Wurzel analog, ihre äufseren Partien sterben früh, durch Periderma-Bildung, ab. Die älteren Theile der Wurzel können deshalb schon bei der Keimpflanze nicht mehr dem Boden Nahrung entziehen; junge Seitenwurzeln, reichlich hervorsprossend, ernähren das junge Pflänzchen. Die Stammknospe des Eichenkeimlings macht im ersten Jahre nur einen mälsigen Trieb. Die ersten Blätter sind schup- penartig, sie entsprechen etwa den Nebenblättern, welche später 653 zur Seite jedes eigentlichen Blattes entstehen; treten aber au- fangs einzeln und darauf erst gepaart auf, endlich erscheint das Laubblatt zwischen diesen Nebenblättern. Die Knospe schliefst sich später, indem die Nebenblätter als Deckschuppen entwickelt werden und das eigentliche Blatt zwischen ihnen verkümmert. Die junge Buche bringt im.ersten Jahr in der Regel nur 2 und zwar gegenständige Blätter, denen fast jede Spur der Neben- blätter fehlt. Wenn sich, was nicht gar selten, noch ein drittes oder viertes Blatt entwickelt, so erscheint dasselbe einzeln und zwar mit 2 Nebenblättern versehen. Wenn die Buche was eben- falls vorkommt, schon im ersten Lebensjahr einen zweiten Trieb macht, d. h. wenn ihre bereits geschlossene Knospe sich wieder ölfnet und von neuem zu treiben beginnt, so erscheinen die Blätter jederzeit einzeln. Mit 2 Nebenblättern versehen, tritt jetzt die spiralige Blattstellung der Buche hervor. Die Samen- lappen der Buche liegen im Samen zusammengefaltet. Der Stammtrieb der Buche ist im ersten Jahre nach Um- ständen sehr verschieden, er schwankt zwischen 1 und 4 Zoll Länge. Die Äusbildung der Pfahlwurzel ist hier wie bei der Eiche ungleich bedeutender als die Entwicklung des Stamm- triebes. Die Birke und Erle machen im ersten Jahre einen für ihren kleinen Keim verhältnifsmälsig starken Stammtrieb. Das Blatt der jungen Birke (Beiula alba L.) weicht in Gestalt und Be- haarung vom Blatt des ältern Baumes ab, es ıst jederzeit stark behaart, während das Blatt der ältern Pflanze keine oder nur eine sehr schwache Behaarung zeigt. Die Stammknospe schlielst sich auch hier wie bei der Eiche und Buche, indem die Neben- blätter zu Deckschuppen werden und das eigentliche Blatt zwi- schen ihnen verkümmert. Bei der Rofskastanie, deren Blätter gegensländig und niemals mit Nebenblättern versehen sind, schliefst sich die Knospe anders; dort wird das Blatt selbst, wenn der Trieb sein jähriges Wachsthum beendet hat, nicht mehr als solches ausgebildet, sondern als Deckschuppe ent- wickelt. Die letzteren sind deshalb in der geschlossenen Knospe, gleich den eigentlichen Blättern, gegenständig. 654 Das Verhalten der keimenden Buche wird, im Vergleich mit andern Pflanzen, für die Bedeutung der Nebenblätter sehr wichtig. Anfänglich 2 gegenständige Laubblätter, welche mit den beiden Samenlappen alterniren, bildend, fehlen die Neben- . blätter vollständig. Der ganze Umkreis der Stammknospe unter- halb des Vegetationspunkts wird hier zur Bildung der beiden Laubblätter verbraucht. Die späteren Blätter, einzeln auftre- tend, sind dagegen zu beiden Seiten mit einem Nebenblatt ver- sehen, der Gesammtumkreis der Stammknospe bildet hier zwei Nebenblätter und zwischen letzteren ein Laubblatt. Die Neben- blätter der Buche vertrocknen, wenn sich der Trieb entfaltet, alsbald, sie haben für das entwickelte Laubblatt keine Bedeu- tung; als Deckschuppen sind sie dagegen der Knospe sehr wichtig, sie schülzen sowohl den Vegetationspunkt, als auch die bereits im Herbst angelegten Laubblätter der ruhenden Knospe während des Winters. Bei der Rofskastanie, überhaupt bei allen Pflanzen mit gegenständigen halbstengel- umfassenden Blättern, kennen wir keine Nebenblätter; auch bei denjenigen Monocotyledonen, deren Laubblätter den ganzen Stengel um- fassen, fehlen dieselben. In beiden Fäilen wird, wie bei deu beiden ersten gegenständigen Blättern der Buche, der ganze Umkreis der Stammknospe zur Bildung der Laubblätter ver- braucht. Wenn sich bei solchen Pflanzen die Knospe schlielst, so wird fortan die Anlage zum Laubblatt als Deckschuppe aus- gebildet. Bei den Nadelbäumen, wo ebenfalls die Nebenblätter fehlen, sehen wir dasselbe; die Deckschuppen sind dort nicht ausgebildete Nadeln. Die 4 von mir genauer erforschten Laubbäume verzweigen sich im ersten Lebensjahre nicht; erst im dritten oder vierten Jahre ist das Pflänzchen kräftig genug um eine oder die andere der Knospen, welche als Anlage in der Achsel der Blätter selten fehlen, zur Ausbildung zu bringen. Wenn dagegen bei der Buche die Terminalknospe des Keimlings (die Plumula) ver- kümmert, oder behutsam entfernt wird, so entwickelt das Pflänz- chen 2 gabelförmige Zweige. Untersucht man ein eben dem Boden eutsprossenes Keimpflänzchen der Buche, so findet man überall, aulser der Terminalknospe, in der Achsel jedes Samen- 655 lappens bereits die Anlage 'einer Stammknospe. Nur wenn der Haupttrieb unterdrückt wird, kommen letztere zur Entwicklung. Die sehr grofsen, flachen Samenlappen der Buche bleiben in der Regel bis zum Herbst an der Keimpflanze; sie bieten - der Luft und dem Licht eine grofse Fläche dar, sie haben für die Ernährung des mit wenig Blättern beschenkten Pflänzchens eine grolse Bedeutung. Entfernt man die Samenlappen, noch ehe der junge Trieb seine Blätter entfaltet hat, so stirbt das Pflänzchen; entfernt man sie später, so wird es nicht so kräf- tig als im normalen Zustande. Die Samenlappen der Birke und Erle sind nur sehr klein, sie haben, sobald die ungleich grölseren Blätter des Triebes sich entwickeln, für die Pflanze nur eine geringe Bedeutung; sie vertrocknen in der Regel früh- zeitig. ‚Die Samenlappen der Eiche werden häufig von Thie- ren angefressen; eine geringe Verletzung derselben schadet dem Gedeihen des Pflänzchens nicht beträchtlich, gröfsere Beschä- digungen führen dagegen, durch Entziehung der Nahrungsquelle, den Tod des Bäumchens herbei. Hebt man eine keimende Eichel aus der Erde und bringt sie unter eine Glasglocke in feuchte Athmosphäre, so wächst die Wurzel noch 14 Tage und länger weiter, dann aber stirbt sie ab, wahrscheinlich weil dem Pllänzchen die Bodennahrung, auf welche seine starke Wurzel angewiesen scheint, entzogen ward. Auch bei der Keimpflanze der Laubbäume entsteht, mit Hülfe des Verdickungsrings, durch Fortbildung der ersten Gefäfsbündel, alsbald ein geschlossener Holzring. Das Mark der Eiche ist in dem aus der Stammknospe (P/umula) entwickelten Triebe deckig, bei der Rofskastanie rund. Die eckige Beschaffenheit des Mar- kes ist eine Folge der Austrittsweise der Gefäfsbündel zu den ‚Blättern, sie hängt mit der Blattstellung innig zusammen. Das Mark der Wurzel, überhaupt des Axentheils, unterhalb der Samenlappen, ist bei den genannten Bäumen nicht eckig, son- dern rund. Der Holzring der Keimpflanze zeigt schon im Herbst alle Eigenthümlichkeiten des späteren Baumes. Das Holz der Wur- zel ist schon im ersten Jahre leichter, seine Zellen sind weiter und schwächer verdickt, bei den Nadelhölzern finden sich schon 656 in der Wurzel des ersten Jahres Holzzellen mit 2 Tüpfelreihen, welche im Holz des Stammes (Arauearia ausgenommen) fehlen. Im Keimling schlummern alle Eigenthümlichkeiten der spä- tern Pflanze. Die keimende Erle entwickelt schon Wurzel- anschwellungen (eigenthümlich ausgebildete Wurzelknospen). Die keimende Birke bildet schon im ersten Sommer ihr Periderma. Jede Keimpflanze hat ihren besonderen, äulseren und inneren Bau. Man kann die Keimpflanze der Tanne unmöglich mit der | jungen Kiefer und Fichte verwechseln. Eine genaue Er- forschung des Werdens ist der Hauptschlüsselzum Verständnifs der Organismen. Fassen wir jetzt die Resultate dieser Untersuchungen kurz zusammen. 1) Im Embryon des Samens liegt schon der Gegensatz der Stamm- und Wurzelknospe. Die Stammknospe, von den Samenblättern geschützt, trägt ihr jüngstes, fortbildungsfähiges Gewebe unmittelbar an ihrer Spitze, unterhalb der letzteren, entstehen die Blätter. Aus der Stammknospe bildet sich der Stamm. Die Wurzelknospe trägt ihr jüngstes Gewebe nicht unmittelbar an ihrer Spitze. Eine Wurzelhaube, aus Zellenschichten bestehend, welche von auflsen her absterben und von innen her durch neue Schichten ersetzt werden, schützt den fortbildungsfähigen Theil der Wurzel. Die Wurzelknospe selbst kann, da sie anatomisch durchaus anders als die Stamm- knospe beschaffen ist, niemals Blätter bilden, auch niemals zum Stamm werden, aus ihr entwickelt sich jederzeit eine Wurzel. 2) Die Zahl der Samenlappen schwankt bei den Nadel- bäumen innerhalb gewisser Grenzen. . Die Zahl der Nadeln (Blätter) des ersten Blatikreises correspondirt sowohl mit der Zahl der Samenlappen, als auch mit der Zahl der in der Axe des Keimlings entstehenden Gefälsbündel. Die ersten Blätter alterniren mit den Samenlappen; die Elemente des folgenden Blatikreises alterniren mit den Elementen des vorhergehenden. 3) Der Verdickungsring ist schon im reifen Embryon deut- lich ausgeprägt. Die Gefälsbündel entstehen in ihm erst wäh- rend der Keimung, nur die Eiche besitzt schon vor der letz- teren mit Spiralgefälsen versehene Gefälsbündel. 657 4) Die Function der Samenlappen ist nach der Pflanzen- art sehr verschieden: a) Die Samenlappen der Eiche sind gewissermalsen Be- hälter des Nahrungsstoffes, ihre Stärkmehlgehalt ernährt zum grölsten Theil das junge Pflänzchen. Im Boden vergraben, ist die physiologische Thätigkeit des Samenlappens von der Fanc- tion des gewöhnlichen Blattes durchaus verschieden. 6) Die Samenlappen der Buche, Birke und Erle versehen sehr bald die Function der gewöhnlichen Blätter, sie sind auch im Bau nicht wesentlich von letzteren verschieden, ihre Unter- seite trägt Spaltöffnungen; sie führen dem Keimpflänzchen athmosphärische Nahrung zu. ce) Die Samenlappen der Nadelbäume haben, naeh dem - Stadium der Keimung, zweierlei durchaus verschiedene Thätig- keiten. Sie ernähren das Pflänzchen zuerst, indem sie dem Sameneiweils, welches sie umgiebt, den Nahrungsstoff entzie- hen. Ist dieses von ihnen verbraucht und ist die Samenschale _ abgestreift, so wirken sie als wahre Blätter. Ihre Unterseite, _ anfänglich der Resorption des Sameneiweilses dienend, besitzt _ ein Epithelium, ihre Oberseite später für athmosphärische Nah- rung sorgend, ist von einer Epidermis, mit Spaltöffnungen ver- sehen, bekleidet. d) Die. Palmen, Gräser u. s. w. haben einen Samenlappen _ der nur für die Aufsaugung der Nahrungsstoffe aus dem Samen- _ eiweils dient. (Genaue Keimungsgeschichten anderer Pflanzen, für die. _ Wissenschaft sehr wünschenswerth, werden uns vielleicht noch mehr Verschiedenheiten in der Function des Samenlappens kennen lehren.) 5) Der Theil oberhalb der Samenlappen der Keimpflanze verhält sich anatomisch als Stamm, der Theil unterhalb der- selben als Wurzel. Die Rinde der Wurzel stöfst ihre äufseren ‚Zellenschichten frühzeitig ab, deshalb fehlen schon in der Rinde junger Wurzeln diejenigen Elemente oder Organe (bei den ‚Nadelbäumen die Harzgänge) welche nur im.äufseren Theil der Rinde des Stammes vorkommen. 6) Das Mark der Wurzel besitzt nicht überall die Ge- ‚stalt des Marks im Stamme, die eckige Gestalt des letzteren 658 wird durch die Austrittsweise der Gefälsbündel des Holzringes“ zum Blatie veranlafst. 7) Das Holz der Wurzel ist leichter als das Holz des Stammes. Hr. Peters legte Diagnosen und Abbildungen der von ihm in Mossambique neu entdeckten Dipte- ren vor, welche von Hrn. Professor Loew bearbei- tet worden sind. 1. Limnobia albonotata, Loew; atra, opaca, abdominis basi apiceque melleis; pedes testacei, femorum, tibiarumque apice nec non tarsis totis obscurioribus; alae nigrae, apice punctis tribus candidissimis notatae. 2. Tabanus longitudinalis, Loe w;Q cinereus, abdomen subru- fescens, striis quatuor longitudinalibus obscure brunneis; frons foeminae callo oblongo lineaque fusiformi signata. 3. Tabanus unilineatus Q2 Loew; cinereus, abdominis linea longitudinali alba; alarum sligma nigricans. 4. Midas dispar, Loew; flavo cinereus (J), s. flavus (9); thorax striis lateralibus e tribus maculis nigris compositis lineis- que duabus intermediis signatus; abdomen nigro-annulatum, in foemina diaphanum; pedes maris brunnei, feminae flavi. 5. Leptogaster stigmaticalis, Loew; thorax laevis nitidus, obseure badius; facies, mystax, pleurae et scutellum albescunt, alae subhyalinae basi flavescentes, stigmate distinclissimo nigro- brunneo. 6. Stichopogon gigantellus, Loew; griseus, abdominis cin- gulis sex latis, albis, aequalibus, tenuiter interruptis. 7. Stichopogon punctatum, Loew; brunnescente cinereus; alae cinereo-hyalinae, puncto minuto nigro dislinctissimo signatae, 8. Mierostylum simplicissimum, Loew; totum obscure flavo- cinereum; facies tota barbata; alae hyalinae, venis versus margi- nem posteriorem multo tenuioribus; cellula prima posterior clausa. 9. Microstylum acutirostre, Loew; thorax brunneo-cinereus, striis nigris nilidis, lateralibus e maculis duabus composilis, inter- media duplici; abdomen fulvescens, ad basin et ab annulo quinto nigrum; alae nigricantes. 659 10. Stenopogon mantis, Loew; obscure flavido-cinereus; facies angustissima; femora antica basi valde incrassata, fere trigona, subtus spinosissima; tibiae anticae intus nigrospinosae, reliquis crassiores; cellula alarum posterior tertia brevis et lata, quarta longe ante marginem alae clausa. 11. Laphria albicinecta, Loew; tota atra, nitida, femora postica valde incrassata; cellula prima posterior longe ante alae marginem clausa. 12. Exoprosopa nigripennis, Loew; nigricans, tota tomento obscure aureo, nitente tecta, quod in thorace brunnescit; alae totae aequaliter nigroinfumatae, cellulis marginalibus quatuor. 13. Exoprosopa inaequalipes, Loew; nigra; thoracis latera _ postice, abdominis latera antice albovillosa; scutellum magnaque utringue abdominis macula rufescunt; alae hyalinae, ad basin et ad marginem anteriorem, nec non ad venas transversas obscure brunneo pictae; cellulae submarginales tres. 14. Anthrax biflexa, Loew; nigra, nigropilosa, abdominis segmentis basi albotomentosis; alae oblique dimidiatim nigrae, punctis duobus discretis nigris. 15. Bombylius nigribarbus, Loew; laete Aavo-villosus, _pilis obscurioribus intermixtis omnino nullis; frons et facies pilis nigris. 16. Bornbylius brunnipennis, Loew; validus, lutescente-vil- losus, pilis obscurioribus nullis; alaead basin et ad marginem ante- _ riorem obscure flavo-brunneae, qui color versus apicem et mar- _ ginem posteriorem in cinereum vergit; cellulae basales aequa- les; cellula prima posterior clausa, apice acutangula. 17. Bombjlius laticeps, Loew; robustus, aureotomentosus, ad latera faciei, thoracis et abdominis albotomentosus; frons latissima. Alae pure hyalinae; cellula basalis anterior posteriori aliquantulum longior; cellula posterior prima clausa, acutangula. 18. Conops bipunctatus, Loew; rufo-testaceus, tarsis nigris; caput flavum, ad antennarum latus utrinque puncto nigro signatum. 19. T’hinophilus calopus, Loew; laete viridis, opacus, an- tennis, palpis pedibusque luteis, tarsis nigro-annulatis. 20. Phorocera eucalypta, Loew; oblonga, atra, nitida; alae ‚hyalinae; tegularum candidarum posterior permagna. 2 1 Il F a % 660 21. Ochromyia Petersiana, Loew; thorax viridi-aeneus, polline densissimo flavescens, opacus; abdomen obscure testa- ceum; margine segmentorum posteriori lineaque intermedia lon- gitudinali tenuissima nigris. 22. Pyrellia nudissima, Loew; nigro-cyanea, modice nitens; abdomen globosum, punctulatum, brevissime tantum pubescens, segmento quarto magno, nigro-viridi. 23. Idia seriepunctata, Loew; cupreo-viridis, punctulata, parum nitida; alae hyalinae versus apicem ad marginem anterio- rum nigrescunt, seta antennarum longe plumata. 24. Idia eupoda, Loew; obscure aenea, abdomine testaceo pleurarumque vitta longitudinali flava; primus tarsorum anti- corum articulus valde elongatus, albus, apice niger. (Idia simulatrix, Loew; obscure aenea, abdomine testa- ceo, pleurarum vitta longitudinali Hava; primus tarsorum anti- corum articulus valde elongatus, albus, apice niger. Durch Westermann vom Olifant-River.) 25. Hyalomyia nasuta, Loew; tota atra, nilida; alae hya- linae, ad basin et ad marginem anteriorem dilute brunnescentes; epistomatis margo inferior valde productus. 26. Hylemyia quaterna, Loew; obscure flavo-cinerea, tho- race unicolore; abdominis segmentum secundum et tertium punclis binis brunneis; alarum vena longitudinalis tertia versus apicem antrorsum curvalta. 27. Coenosia trichopyga, Loew; grisea; seta antennarum nuda, basi incrassata; abdominis segmenta omnia maculis binis obscuris trigonis signata; anus parce sed longe pilosus. 28. Coenosia laevigata, Loew; tota laevis, nitida; thorax et scutellum superius nigra; abdomen obscure testaceum, bifa- riam nigropunctatum. 29. Senopterina submetallica, Loew; viridinigra, subeine- rascens, opaca; alarum hyalinarum costa a stigmate nigro usque ad ostium venae longitudinalis quartae anguste nigro-marginata; striga nigra ab alae basi usque ad venam transversam anteriorem ducta, inde tenuior, ad venam transversam posteriorem nigro- einctum demum deliquescit. 30. Platystoma pectoralis, Loew; cervina, densissime punctulata; abdomem violaceum, albo-pruinosum; alae nigricantes, 661 densissime pellucido-guttulatae, faseid venam transversam: poste- riorem includente obscuriore. 31. Dacus bistrigatus, Loew; thorace badio, humeris scu- telloque flavis; alae hyalinae, striis duabus longitudinalibus nigri- cantibus angustis, venis transversis non infuscatis. 32. Zauxania gagatina, Loew; atra, nitida, halteribus concoloribus; alae hyalinae; antennarum seta longe pilosa, sub- plumata. 33. Ulidia smaragdina, Loew; laete aeneo-viridis nitida, tarsis anterioribus totis nigris. 34. Psilopa tonsa, Loew; nigro-viridis, nitida, femorum apice, tibiis tarsisque rufıs. 35. Crassiseta palmata, Loew; nigra, nitida, halteribus albis, pedibus flavis. 9. Dec. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Buschmann las über die aztekischen Orts- n’amen (Schlufs der ersten Abhandlung). Hr. Braun sprach über die Blattstellungsverhält- nisse der Victoria regia. Das Nähere darüber im nächsten Monatsberichte. An eingegangenen Druckschriften wurden vorgelegt: Kongl. Vetenskaps-Akademiens Handlingar för Är 1850. Afdelningen 1. 2, Stockholm 1851. 8. Öfversigt af Kongl. Vetenskaps - Akademiens Förhandlingar Ärg. VII, 1851. ib. 1852. 8. Berättelse om Framstegen i Molluskernas, Crustaceernas och de lägere skelettlöva Djurens Naturhistoria under Ären A1845—1849 til Kongl. Vetenskaps-Akademien afgifven af S. Loven. ib. eod. 8, Ärsberättelse om T echnologiens Framsteg, til Kongl. Vetenskaps- Akade- mien afgifven den 31. Mars 1847 af G.E. Pasch ib. 1851. 8. _— ‚för Ären 1848 og 1849. ib. 1852. 8. Ärsberättelse om Framstegen i Insekternas, Myriapodernas och Arachni- dernas Naturhistoria för 1849 och 1850 till Kongl. Vetenskaps-Akade- mien afgifven af C. H. Boheman, ib. eod. 8. 662 Ärs-Berättelse om botaniska Arbeten och Upptäckter för Ar 1849 till Kongl. Vetenskaps- Akademien afgifven den 31. Mars 1850 af Joh, Em, Wikström. ib. eod. 8. Ärsberättelse om Framstegen i Kemi under Är 1849 afzifven till Kongl, Vetenskaps-Akademien af L. F. Svanberg. ib. 1851. 8. Berättelse om Framstegen i Fysik under Är 1550 afgifven till Kongl. Ve- tenskaps-Akademien af E. Edlund. ib. 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des ersten Sekretars der Königl. Aka- demie der Wissenschaften zu Stockholm, Herrn P.F. Wahl- berg vom 30. Octbr. d. J. Nova Acta Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae naturae curiosorum. Vol. 22. Supplementum, sistens Floram fossilem formationis transi- tionis autore H. R. Goeppert. Vratislav. et Bonn. 1852. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Präsidenten dieser Akademie, Hrn. Dr. Nees von Esenbeck d. d. Breslau, den 20. Nov. d.J. Correspondenzblatt des naturforschenden Vereins zu Riga. Redigirt von F.A.Buhse u. M.R. Gottfriedt. Jahrg. 5. 1851 — 1852. Riga 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Sekretars dieser Gesellschaft, Herrn Dr. Buhse vom 5. Sept. d. J. Archiv des historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. 12. Heft 1. Würzburg 1852. 8. Mit einem Begleitungsschreiben des Ausschusses dieses Vereins d. d. Würzburg, den 30. Oct. d. J. Das Bischofs- und Dienstmannenrecht von Basel in deutscher Aufzeichnung des AlII. Jahrhunderts. Herausgegeben von Wilh. Wackernagel. Basel 1852. 4. Memorial de Ingenieros. Ano 7. Num. 10. Octubre de 1852. Madrid. 8. Die Akademie beschlofs, der societ@ nationale et centrale d’Agriculture und dem naturforschenden Verein zu Riga ihre Monatsberichte zu übersenden. Von der Kaiserl. Leopold. Karolin. Akademie der Natur- forscher war eine Bescheinigung über den Empfang akademi- scher Schriften eingegangen. 16. Dec. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. von Buch las über die Juraformation auf der Erdfläche. En u. 663 Alle Hauptbildungen auf der Erdoberfläche scheinen, durch die organischen Reste, welche sie umschlielsen, so genau in einander zu greifen, dafs man nicht wohl einsieht, wie irgend eine solche Hauptbildung über grofse und ausgedehnte Ländererstreckungen hin vermilst werden könnte. Ohne die Schichten der Juraforma- tion würden wir Ammoniten, ihre Ausbildung, die erstaunenswür- dige Mannigfaltigkeit ihrer Gestalten, wenig erkannt haben. Ohne die Einschlüsse in den Schichten der Kreideformation würden wir nicht wissen, wie und auf welchem Wege diese Gestalten wieder aus der Schöpfung verschwinden. Nur durch Betrachtung dessen, was in älteren, vorzüglich jurassischen Schichten vorkommt, lernen wir, wie die wunderbarsteu Formen der Crinoideen, die, auf lan- gen Stielen sich erhebenden Encriniten, sich zu frei beweglichen Echinodermen verändern. Dafs eine solche Hauptveränderung des organischen Lebens nur auf einen kleinen Theil der Erdoberfläche sollte eingeschränkt gewesen sein, ohne über andere Theile dieser Oberfläche sich auszudehnen, ist gar nicht glaublich. Eine so be- deutende Veränderung der Lebensbedingungen kann sich auf einen kleinen Raum nicht beschränken. Auch wird schon durch wirk- liche Beobachtung der allgemeinen, überall hin mit ganz gleichen _ Eigenthümlichkeiten vorkommenden Transitions formation, durch die gleiche Verbreitung der Kreidebildungen in der nördlichen, _ wie in der südlichen Halbkugel die Allgemeinheit des Zustandes _ während der Bildung der Hauptformationen hinreichend erwiesen. Fehlen nun wirklich über grofse Länder die Schichten, aus denen wir diese Hauptformationen erkennen, so muls diese Abwesenheit in anderen Ursachen gesucht werden, als in einem völlig verschie- denen Zustande der Lebensbedingungen in diesen Ländern. Und deswegen mufs um so mehr eine solche Erscheinung anregen, die - Verbreitung der verschiedenen Gebirgsarten auf der Erdfläche zu N verfolgen, um daraus Schlüsse über die allmählige, und fortdauernde _ Ausbildung dieser Erdfläche zu ziehen. In der That sind aber _ unsere Mittel, den ehemaligen Zustand der Erde zu erkennen, sehr beschränckt. Das organische Leben in den verschiedenen Zeit- perioden wird uns grölsentheils durch Geschöpfe verrathen, welche - wirklich nur in der hohen See lebten, oder durch Ströme und Flu- - then in die Meere herabgeführt worden sind. WVas auf dem festen a / 664 Lande zurückbleibt, wird gröfsentheils sogleich, oder doch durch spätere Bildungen wieder zerstört. Aber eben hieraus geht auch hervor, dafs der Mangel solcher Hauptformationen das Dasein fester Länder beweist, über welche die Schichten der hohen See, welche die Producte dieser Formationen umschlielsen, sich nicht haben ausbreiten können. Die jurassischen Bildungen sind in dieser Hinsicht sehr merk- würdig. So ausgezeichnet sie in ihren Producten auch sein mögen, so wird man doch sehr geneigt, ihr Erscheinen und ihre Verbrei- tung der südlichen Halbkugel gänzlich abzusprechen und in der nördlichen sie auch nur auf wenige Gegenden zu beschränken. Es ist den amerikanischen Geognosten sehr schwer geworden, sich zu überzeugen, dals in Nordamerika jurassische Schichten gar nicht vorkommen, um so mehr, da die einzelnen Glieder anderer Formationen in diesem Erdtheil mit so viel Folge, Klarheit und Deutlichkeit auftreten wie Nirgends wieder. Vergebens hat man die fehlenden Formationen immer tiefer gegen Westen gerückt, selbst auch dann noch, nachdem James Hall treffliche geognostische Karte der Vereinigten Staaten erschienen war. Schwache Anzei- gen, die man zu sehen glaubte, haben sich bald als zu anderen For- mationen gehörend erwiesen. Endlich aber haben des Obristen Fremonts zwei Untersuchungsreisen vom Mississippi bis zum gro- [sen Westmeere, das Fehlen der Juraformation in der ganzen Breite von Nord-Amerika aufser allem Zweifel gesetzt. Denn durch diese kühne mit so viel Eifer und Überlegung als Muth und Kenntnils ausgeführten Unternehmungen haben wir nicht allein den Durch- schnitt der sogenannten „Rocky mountains” kennen gelernt, son- dern auch das wunderbare, hinter diesen Bergen sich ausbreitende grolseBecken, grölser als Franckreich, in das viele Flüsse hineinlau- fen, keiner heraus, sogar nicht einmal der grolse Humboldtsflufs, der im Innern des Beckens eine, jetzt sehr benutzte Wasserstrafse bildet, von vollen dreilsig Meilen Länge. Des Capitain Stansbury Untersuchung und Aufnahme des grolsen Salzsees und des Mormo- nenlandes (1851) haben Fremonts Entdeckung vollkommen bestätigt und James Hall, nachdem er Stansbury’s Sammlungen untersucht und seine Berichte durchgesehn hat, erklärt (Stansbury 401) dals diesen Berichten zufolge in dem grolsen Raum zwischen Mississippi 665 und,der Ausdehnung der Rocky mountains bis zur Seekette des Westmeeres nur vier verschiedene Formationen sich verbreitet haben: ı) silurische und devonische Schiefer, 2) Kohlen-Kalkstein, 3) Kreideschichten, endlich 4) Marine tertiair Ablagerungen am Fulse der östlichen Gebirgsreihe. Von Juraschichten ist auch in diesem Theile von Amerika Nichts erschienen. Dafs auch in den goldreichen Bergzügen von Californien keine Juragebirgsart her- vortrete, ist durch die vom Congrels der Vereinigten Staaten ver- anstaltete Untersuchung und Beschreibung dieser Gebirgsketten durch Philipp Tyson (Baltimore 1851) vollständig erwiesen. Andere Theile von Nordamerika sind aber eben so gründlich durchforseht worden; die arctischen Länder bis zum Eismeer durch die vielen Landreisen nach diesem Meere, dort die Nord- westdurchfahrt zu entdecken, vorzüglich durch die zwei Reisen von Richardson und durch die lehrreichen Berichte, welche wir ihm von diesen Reisen verdanken. Die Kenntnifs der südlichen nordamerikanischen Thäler und Berge ist dagegen eine Frucht des Krieges mit Mexico und der Eroberung von Californien. Hrn: Ferdinand Römer’s Untersuchungen haben diese Kenntnils bis zum mexicanischen Meerbusen fortgesetzt. Da bei allen diesen Untersuchungen sich nirgends Etwas gezeigt hat, das nur von fern als Theil einer jurassischen Schicht angesehen werden könnte, so hat man es wohl aufgeben müssen, diese Formation noch in irgend einer Gegend dieses grolsen Welttheils wieder aufzufinden. Die Verbreitung der Gebirgsarten in Nordamerika hat etwas Erstaunenswürdiges, Colossales, was dieses Land vor allen übrigen Ländern der Erde wesentlich auszeichnet. Im gröfsten Theile von Europa ist es leicht, alle Hauptformationen in wenigen Tagen zu überschreiten, wird dagegen in Nordamerika eine Formation verlassen und eine neue betreten, so wird man über viele Breiten- und Längengrade fortgeführt, ehe eine andere neue wieder er- scheint. Daher wird es möglich, auf einem kleinen Blatt mit vieler Deutlichkeit die geognostischen Grenzen und die Ausdehnung der Gebirgsarten aufzutragen, welches nur in wenigen Gegenden von Europa angehen könnte. Eine solche Karte verdanken wir dem berühmten englischen Geognosten Herrn Lyell. Er hat die Ar- beit von James Hall zum Grunde gelegt und sie mit allen den 666 Nachrichten bereichert, welche ihm im Lande selbst in so reich- lichem Maafse zugeflossen sind. Denn keine Regierung der Welt hat so viel Mühe und so viel Eifer auf die Erforschung geognosti- scher Verhältnisse verwandt, als fast alle Regierungen in den Ver- einigten Staaten, und noch gegenwärtig unterhält fast die Hälfte dieser Staaten, jede für sich, ihren Reichsgeognosten. Wird Lyells Karte noch weiter fortgesetzt, bis zum Eismeer herauf und bis zu den californischen Küsten, so wird es sehr deutlich, wie dieser ganze Welttheil in vier verschiedene "Theile gesondert ist, von denen ein jeder seinen eigenthümlichen, wesentlich von den anderen verschiedenen Character hervortreten läfst. Die langen hintereinander liegenden Wellen der apalachischen Gebirge kommen von der grolsen Bucht des Lorenzflusses herab, begren- zen in der ganzen Länge fort gegen Westen hin das Tertiär- gebirge am atlantischen Meer, und endigen sich nicht eher, als bis sie den mexicanischen Meerbusen fast erreicht haben. Solche fort- gesetzte langdauernde Längenthäler, in welchen den Wässern nur selten ein Ausgang vergönnt ist, findet man in Europa nicht wieder. Es sind Wellen, sagen die scharfsinnigen Gebrüder Rogers in Pensylvanien und Virginien, welche durch Seitendruck und Erhebung ihre ausgezeichnete Form erhalten haben, eben wie ein Tuch, von den Seiten zusammengeprelst, ganz gleiche \Vellen erheben würde. In diesen Wellen folgen sich die Schichten der älteren Gebirgsketten mit so wunderbarer Regelmälsigkeit, dals man vom Ontario See bis zum atlantischen Meere hin sie verfolgen kann, als wären sie in einem künstlichen Durchschnitt aufeinander- gelegt. In einer so regelmälsigen Schichtenreihe wird es kaum möglich, eine scharfe Grenze der Hauptabtheilungen zu ziehen, und silurische, devonische und Coalformationen sind im Staate von New-York und in den apalachischen Bergen so genau mit einander verbunden, dafs es den ganzen Scharfsinn des eifrigsten, des ihätigsten, des erfahrensten und kenntnifsreichsten aller unse- rer jetzt lebenden Geognosten, des Herrn Eduard de Verneuil in Paris dazu gehörte, diese Grenzen mit einiger Sicherheit zu bestimmen. Er hat dies gethan, nachdem er fast alle Staaten von Nordamerika bereist hatte, in einem Meister-Aufsatz (Bulletin de la Societe geologique de France 1847), in welchem er zugleich 667 mit der gröfsten Klarheit erweist, wie eng europäische und asia- tische ältere Gebirgsschichten durch Auflagerung und Folge, wie durch Ähnlichkeit, ja völlige Gleichheit der eingeschlossenen or- ganischen Produkte sich den amerikanischen anschlielsen; so dals die Gleichheit dieser Formationen in allen Welttheilen gar nicht bezweifelt werden kann. Einen zweiten Theil und gewils mehr als die Hälfte von Nord-Amerika wird von der gewaltigen Thalfläche eingenommen, die vom Eismeer bis zur mexicanischen Bucht sich fortzieht. Sie enthält die drei ungeheuren Kohlen - Niederlagen, durch welche die Vereinigten Staaten einen so schnellen und so mächtigen Auf- schwung erhalten haben, die Niederlagen von Pittsburg, von St. Louis und von Michigan, zu denen Capt. Stansbury’s Ent- deckung noch eine vierte, kaum weniger ausgedehnte gefügt hat, am Ursprung des nördlichen Plattefluls, im sogenannten North- parck, eine Entdeckung, welche dem neuen Mormonenstaat die glänzendsten Aussichten verspricht. Kohlen-Kalkstein und devo- nische Schichten trennen diese Niederlagen, und treten darunter hervor, und setzen ununterbrochen fort, durch viele Breitengrade herauf, bis zu den Ufern des Eismeers. So lehren es die Beob- achtungen des Dr. Richardson auf den zwei arctischen Land- reisen des Capitain Franklin. Er sah noch die bestimmende terebratula prisca, productus, spirifer und orthis Arten (arctic sear- ching expedition 1851 1.123) am Athabasca-Fluls im 55° Breite und im 70° am Ausfluls des Mackenzieflusses, noch produezus, tere- dratula uud Corallen im Kalkstein bis zum Eismeer (Lyell’s Geo- logy. 3. Aufl. 146). Seit dem Missouri erhebt sich über diesem Weltthale eine Banck, ein erhöhtes Tafelland von Kreide, bis zu den „Rocky mountains” in mehr als hundert zehn bis hundert zwanzig geo- graphische Meilen Breite und über dreihundert geogr. Meilen ohne _ Unterbrechung fort, durch volle 21 Breitengrade, vom 49° bis 280 herab. Es ist die grölste Kreideausdehnung in der Welt; sie ist mit den Vereinigten Staaten noch nicht beendigt, sondern _ setzt weit in den Staat von Mexico herein. Allein, ich wieder- hoble es; nur auf der Ostseite der, das grolse amerika- nische Thal einschlielsenden Westgebirge verbrei- 668 ten sich diese Kreideschichten, sie gehen nie auf die Westseite des Gebirges herüber (Grenzen der Kreide- bildungen, Bonn 1849 S. 13 Monatsberichte März 1849). Und das ist eine höchst wichtige, geognostische Erscheinung. Ein dritter, sehr merkwürdiger Theil von Nord-Amerika be- endet das grolse Thal in Nord-Osten. Es ist auffallend, sagt Dr. Richardson (Back’s Narrative 1836, p. 555), dals Kalkstein und die krystallisirten Gebirgsarten bis zum Eismeere hin, stets durch Seen und Flüsse von einander geschieden sind, so dals fast alle Seen ostwärts aus Granit, westlich aus Kalkstein bestehen. Der Granit bildet auf der Ostseite eine, stets fortlaufende Wulst, ab- gerundete Hügel, ohne scharf hervorstehende Felsen. Diese Grenze geht nordwärts am „lake Superior” hin, und oberhalb des Huro- nensee weg; auch hat sie Herr Richardson noch weiter über Quebeck hinaus bis in Labrador verfolgt und auf einer Karte ver- zeichnet. Durch gesammelte Nachrichten ist es ihm auch gelun- gen, eine innere Grenze gegen die Hudsons Bay zu bestimmen. Endlich geben uns Beobachtungen auf den vielen polarischen Rei- sen Anleitung genug, auch in Nordosten, über die polarische Inselwelt das Granitband noch weiter auszudehnen. Und hier- durch wird völlig ein ungeheurer Granitring geschlossen, von welchem die Hudsons Bay wie ein Crater die Mitte einnimmt. Man glaubt ein ringförmiges Mondgebirge zu sehen. Endlich bilden die schroffen und steilen Westgebirge den vierten, ausgezeichneten Theil von Amerika; die Rocky mountains und: die californischen Cordilleren laufen parallell mit einander fort, und die Thäler zwischen beiden erweitern sich zum hoch- liegenden Tafellande. Diese Ketten sind vorzüglich in ihrem nörd- lichsten Theile, von Hrn. Dr. GC. Grewingk in seinem, mit musterhafter Critik, Fleils und Kenntnils abgefalsten Werke: Geognostische Beschaffenheit der Nordwestküste von Amerika, Petersburg 1850, vortrefflich beschrieben, ihr Lauf und Verzwei- gung deutlich auseinandergesetzt, ihre innere Bildung, so weit man sie kennt, entwickelt worden. Nur im höchsten Norden, im russischen Antheil kann man sie als Granitketten, betrachten, kaum aber in Oregon oder in Californien. In diesen Landstrichen erscheint. aulser dem Basalt und Granit auf der Höhe der Sierra 4 EEE, GBR WERE WERE 7 E f 4 669 Nevada (nach Fr&emont) nur Thonschiefer der älteren For- mationen mit den Hyperiten, Serpentinen, Dioriten, welche diese Thonschiefer gewöhnlich durchbrechen. Tyson’s Untersuchungen lassen hier nicht einmal die über einen so grolsen Theil von Ame- rika verbreiteten älteren Kalksteine erwarten. Das californische Gold ist in der Mitte von kleinen Quarztrümmern zerstreut, welche in grolser Menge auf der Westseite der mittleren Cordillere den Thonschiefer durchschwärmen. Auf diesen Gebirgen, östlich vom $. Sagramentothale und von der Küstenkette des Oregon, ein Gebirge, das Hr. Grewingk das columbische nennt, erheben sich eine ganze Reihe grolser, mächtiger Vulcane, von deren Dasein man noch im Jahr 1836 als ich meine Geographie der Vulkane zusammentrug, auch nicht eine Ahındung hatte und haben konnte. Bis jetzt kennt man sieben sol- cher Kegel hinter einander. 1) Shasty Peak über dem S. Sagra- mentothale. James Dana hat ihn gesehen, gezeichnet und be- schrieben (American Journal of Sciences and Arts. Sec. Ser. VII. 248). Er hatte am 30. Sept. 1841 nur Schneeflecke, keinen immer- währenden Schnee. 2) M. Mac Loughlin. 3) M.Jefferson, die Fr&mont auf seiner ersten Reise sahe. 4) M. Hood 7700 engl. Fuls hoch nach Gardner. (Grewingk p. 11,5.) S. Helens im Nor- den vom Columbiafluls. Am 28. November 1542 hatte dieser Asche bis 50 engl. Meilen ausgeworfen (Fr&emonts zweite Reise 1843, p- 193). Er ist 9550 Fuls engl. hoch (Wilkes Explor. Foyage IV. 319); dagegen 12700 Fuls nach Simpson bei Grewingk, und erhebt sich bis tief in die Schneeregion. 6) M. Reignier. Auch diesen Berg sah Fr&mont rauchend und dampfend, Wilkes hat seine Höhe trigonometrisch gemessen und sie zu 12330 Fuls hoch gefunden. (Voy. IV, 430.) Auch giebt er eine Ansicht des Berges, der 1841 einen grolsen Ausbruch beobachten liels. 7) M. Baker am Ende der Strafse von Juan de Fuca. Mit nicht wenig Überraschung belehrt uns Hr. Grewingk (p- 48 und 273), dals dennoch auch in Nordamerica Juragesteine sich finden. Allein wo? Auf der übermälsig lang gegen Asien vorspringenden Halbinsel Alaska (Aläksa), welche gar nicht mehr zu Amerika zu gehören scheint. Auf der südlichen Küste dieser Halbinsel in 154 Länge West von Greenwich liegt der Golf’ von 670 Katmai und zwei Meilen im Innern das Dorf Katmaiskoj. Hier hat der Geistliche Wosnessensk Ammoniten gefunden, Belemniten und sogenannte Unionen, die offenbar nur der Jura- formation gehören können. Hr. Grewingk hat sie (Tab. IV. f. 1.2.) gut abgebildet und weitläuftig beschrieben. Ammonites Wosnessenskii Grewingk ist A. Tschefkini d’Orb. (Ver- neuil. Russia II. 439 tab. 36. f. 10—15). Er steht dem Amm. sublaevis sehr nahe, unterscheidet sich aber durch das absatzförmige der Windungen im Innern; statt dafs bei A. sublaevis die Win- dungen genau über einanderstehen und im Innern einen glatten Trichter bilden. Er gehört den mittleren Juraschichten (oxford- clay) und ist in Rulsland nicht selten, Amm. biplex (Grew. t. IV. £. 2) ist von A. polygyratus nicht verschieden. Der Meri- dian der Katmaibucht berührt das Festland von Amerika gar nicht mehr, ja er entfernt sich soweit westlich im Meer, dafs seine Ent- fernung von den nächsten amerikanischen Küsten fast so grofs ist, als die Breite des ganzen Erdtheils selbst. Kann dies noch Ame- rika sein? Zieht man den Meridian von Katmai über den Pol hin- aus und jenseits herab, so wird hierdurch die nördliche Halb- kugel in fast zwei gleiche Hälften getheilt, von denen die Ober- fläche der westlichen in Sibirien bis 73 Grad herauf Juraschichten auffinden lälst, — dagegen durchaus keine Spur von ihnen, auf der östlichen amerikani- schen Hälfte. Ich gehe zu Süd-Amerika über, denn Central-Amerika ist uns noch immer zu wenig bekannt, um angeführt werden zu können. Doch verdient es wohl bemerkt zu werden, dafs die Westcor- dillere, welche in Nordamerika die Kreide abschneidet, in Mexico sich so sehr der Ostküste nähert, dafs für diesen Ostabhang kaum ein Drittheil der Breite des Westabfalls übrig bleibt. Weder Humboldt noch irgend ein anderer Beobachter haben nun bisher auf dieser Westseite neuere Formationen gesehen. Was Herr Galeotti in Tehuacan (Bullet. de Bruxelles t. VII. n. 10.) entdeckt hat, liegt auf der Höhe, dem mexicanischen Meerbusen zugewandt. Als ich im Jahre 1837 mich mit denen, bis dahin ganz ver- nachlässigten, so höchst wichtigen Humboldtschen Sammlungen 671 von Versteinerungen aus Süd-Amerika beschäftigte, gröfstentheils von Neu-Granada und aus der Umgebung von S. F& de Bogota, war mir die Übereinstimmung oder die Ähnlichkeit mit organi- schen Gestalten in der Kreideformation so auffallend, dals ich glaubte mit ziemlicher Bestimmtheit behaupten zu können, alle Gebirge von Cundinamarca, welche nicht vulkanisch sind, mülsten der mittleren Kreideperiode zugerechnet werden, und die zu der- selben Zeit durch den verstorbenen Degenhardt hierher gebrach- ten Sammlungen bestätigten vollkommen diese Ansicht. Ich hatte darauf der Akademie am 23. April 1838 einen kleinen Bericht über ‚diese Sammlungen vorgetragen und weitläuftiger und mit Abbil- dungen geschah es in denen „Petrifications recueillies en Amerique par Ms. Alexandre de Humboldt et Charles Degenhardt”, ein Werk das von der hiesigen Academi,chen Druckerei 1839 gedruckt wor- den ist. Bald darauf kam Herr Boussingault aus Amerika zurück und übergab dem älteren Brogniart eine bedeutende Sammlung von Versteinerungen aus Neu- Granada. Sie wurde vortrefflich von Alcide d’Orbigny bearbeitet und beschrieben; und diese am 10. September dem Institut in Paris übergebene Arbeit veranlalste einen sehr vortheilhaften Bericht von Alexander Brogniart in den Comptes rendus des Instituts (23. Jan. 1843). d’Orbigny selbst hatte indessen schon seine Untersuchungen in einem eigenen Werke bekannt gemacht: Coquilles fossiles de Colombie recueillies par Mr. Boussingault, ein Werk, welches auch dem dritten Theile seines grolsen Reisewerkes durch Amerika angehängt ist. Mit be- wundernswerther Gelehrsamkeit erzählt er hier aus seltenen und oft wenig zugänglichen Büchern, was man bis dahin von organi- schen Producten in südamerikanischen Schichten beobachtet oder gewulst hat, und dann werden Boussingaults Versteinerungen be- schrieben und meisterhaft abgebildet. d’Orbigny, der mit seltenem Eifer, Kenntnifs und Muth so viele, oft von anderen nie betretene Gegenden von Südamerika durchforscht hatte, war doch nie in solche Gebirgsstriche und Thäler geführt worden, in denen die _ Kreideformation sich verbreitet. Dennoch erkannte er sogleich, - dafs Boussingaults Sammlungen nur Kreideschichten angehören könnten, und dafs sie den von mir beschriebenen Humboldtschen s Entdeckungen angereiht werden mülsten. So war denn diese 672 Kreideformation über eine bedeutende Erstreckung der Andes- gebirge erwiesen; von dem ersten Ansteigen des vulkanischen Gürtels von Quito gegen Nord hin, bis tief in Venezuela herein; und auch d’Orbigny versichert, dals unter allen diesen Gestalten keine erscheint, die im Mindesten an Schichten der Juraformation erinnern könnte. Seit nun der Dr. Hermann Karsten mit so preiswürdiger Beharrlichkeit die Andeshöhen von Venezuela unter- sucht hat, und die ganze, durch Humboldt zuerst bekannt gewordene Kette der Silla de Caracas bis zum Orinoko hin, ist die Kreide- formation mit der grölsten Bestimmtheit, auch noch selbst da nach- gewiesen worden, wo die Andeskette die Richtung ihres Laufes gänzlich verändert hat. Und höchst auffallend sind die von Herrn Karsten hierher gesandten fossilen Muscheln, vorzüglich die Am- moniten, denen, wie sie in den Umgebungen von Genf an der Perte du Rhone, oder in Savoyen auf dem Berge des Fis gefunden werden, so täuschend ähnlich, dafs man ohne Bedenken, wenn die äulsere Nachweisung fehlt, sie mit einander verwechseln würde. Dies hat mich veranlalst, eine Nachricht darüber der Akademie am 10 December 1849 vorzutragen. Ammonites inflatus, varicosus, Hougardianus, Royssianus von der, sehr natürlichen d’Orbignischen Familie der Cristati; dann Arnmonites majorianus von der Familie der Zigati sind die vorzüglichsten dieser Gestalten, die auch, nach Hrn. Karstens Berichten (in Karstens Archiv und in Zeitschrift der deutschen geol. Gesellschaft October 1850) die häufigsten zu sein scheinen. Aber diese Familien sind nur allein der Kreidefor- mation eigenthümlich; und ihre völlige Gleichheit in so entfernt liegenden Gegenden der Erdfläche, ja sogar auf verschiedenen Sei- ten des Äquators erweisen auf das Bestimmteste wie der Zustand der Erdfläche während der Kreidebildung ein allgemeiner, über die ganze Fläche verbreiteter gewesen ist, und wie höchst wider- sinnig es sein würde, wie doch einige Geognosten es geglaubt haben, dals auf einer Seite des Erdballs Kreideschichten sich ab- setzen könnten, während auf der anderen Seite noch Juragesteine sich bilden. Natica prelonga, cardium peregrinorsum, Lucina plicato-costata, Inoceramus plicatus haben die Berge von Venezuela mit denen von S. F& de Bogota gemein, wodurch noch deutlicher 673 die Bildungen von Neugranada der mittleren, nicht der unte- ren Kreideformation angereihet werden. Nach langer Unterbrechung, in welcher alle Vulcankegel und Trachytberge von Quito aufsteigen, und die zugleich die ganze Länge des jetzigen Staates Ecuador in sich begreift, findet Hum- boldt nicht eher Gesteine, welche organische Producte enthalten, als bei dem Herabsteigen zum Thale des Amazonenstromes, in welchen die fossilen Muscheln sich über die Thäler zu grolsen, weit ausgedehnten Feldern anhäufen, die unter dem Namen der „Choropampas” überall bekannt sind, ja sie bilden sogar ganze Berge, und dies noch in Höhen von mehr als zwölf Tausend Fuls über dem Meer. Es sind die Muschelberge bei Caxatombo und bei Guancavelica, wo sie schon Ulloas und nach ihm Buffons Auf- merksamkeit und Erstaunen erregt hatten. Dafs diese Muscheln grölsentheils alle zu einer Art von Pecten gehören, hatte schon Ulloa bemerkt; dafs aber diese Pecten in die Abtheilung der Neithea eingeordnet werden müsse, habe ich zuerst aus den Humboldt- schen Stücken zu zeigen gesucht. Da nun die Form der Neithea ganz ausschlielslich der Kreideformation eigenthümlich gefunden worden ist, so glaubte ich, sei der Schluls hinreichend gerechtfer- tigt, auch alle Choropampas, als dieser Formation zugehörend an- zusehen. Eine so ausgezeichnete Form gehörte freilich dazu, um sogleich wieder an Kreide zu denken. Denn viele der übrigen von Humboldt bei S. Felipe und Montan mit den Pecten gefundenen Muscheln gleichen denen, von Neu-Granada und von Venezuela nieht mehr. Eine grolse zierliche Univalve tritt unter ihnen beson- ders hervor, die ich als P/eurotomaria Humboldtii abgebildet und beschrieben habe, d’Orbigny nennt sie Turritella Andi, Edward Forbes dagegen Turritella Humboldtü. Doch habe ich schon bei der ersten Beschreibung bemerkt, dals eine genauere Mundöflnung die Muschel selbst einen Zrochus einordnen könnte. Sie hat als Leit- ‚Muschel gedient um diese Muschel führende Schichten des Ama- zonenstroms auch noch jenseit des grolsen Knotens von älteren Ge- birgsschichten zu erkennen, der von Huamanga unter Cuzco ohne Unterbrechung bis Potosi fortläuft und auf dessen Höhe der See von Titicaca sich verbreitet, von der Ostseite durch Productus füh- renden Kolılenkalk, in der westlichen Kette durch rothen Sandstein 674 der Trias begrenzt (Pentland, d’Orbigny, Meyen). Herr Domeyko nemlich, seit langen Jahren General-Director der Bergwerke in Chili hatte von mehreren Orten in Chili der Ecole des mines eine kleine Sammlung von Versteinerungen gesandt, diein den dortigen Schich- ten nicht eben selten vorkommen und mit freudiger Verwunderung erblickt man in der Sammlung in grofser Schönheit die Turritella Humboldtii wieder, und zugleich auchmit der Neithea des Amazonen- stroms, mit dem Pecten alatus vereinigt. d’Orbigny nennt ihn wohl, als eigenthümlich, pecten Dufresnoyii, er ist aber in der That vom Pecten alatus nicht verschieden, wie aus unmittelbarer Verglei- chung der Stücke hervorgeht. Die Turritella Humboldtii aber, wenn sie auch nicht Berge bildet, wie der Pecten, scheint doch in den Schich- ten von Chili ganz häufig zu sein. d’Orbigny hat sie schön abgebildet (Voyage IH. pl. VL £. 11.) und noch besser Jacob in Bayle Fossiles secondaires de Chili, Mem. de la Soc. geol. de Paris. 1852. IV. pl. II. £. 7. Beide ausgezeichnete Gestalten fehlen in Neu-Granada, in den Bergen von S. Fe di Bogota, dem ohnerachtet werden die, von Humboldt untersuchten Schichten von S. Felipe und Montan in Peru und die von Neugranada und Venezuela durch gar viele an- dere organische Reste eng mit einander verbunden. Ein grofser und oft vorkommender Ammonit ist von mir als Ammonites peru- vianus beschrieben worden (Petrific. d’Amerique t.1. f. 5. b. 7.) Er gehört zur Familie der „Cristati.” Aber eben diesen Ammoni- ten hat Hr. Karsten von Barbacoes bei Truxillo geschickt, von eben dem Ort, welcher die mit denen der Gegend von Genf so sehr über- einstimmenden Ammoniten geliefert hat. Und kaum ist zu zwei- feln, dafs es auch derselbe Ammonit sei, den der Dr. Gibbon zwi- schen Tocayma und la Messa ohnweit S. Fe de Bogota gefunden hat, und der von Herrn Isaac Lea als Ammonites Gibbonianus be- schrieben worden ist. (Transac. Americ. Phil. Soc. 2. Series Fol. T. pl. 8. f.3.) Trigonia alaeformis (Petrif. d’Amerique f. 10) findet sich zu S. Felipe wie bei S. Fe de Bogota, und Exogyra polygona (Petrif. d’Amer. f. 18. 19.) könnte leicht ein junges Exemplar von Exogyra Couloni sein. * Nach so vielen, und so auffallenden Übereinstimmungen in der ganzen Kette der Anden, von Puerto Cabello bis weit über Valpa- 675 raiso heraus, müssen wir erstaunen, wie vor wenigen Monaten (im September 1852) ein mit grofser Zuversicht und Bestimmtheit ver- falster Aufsatz von Herrn Bayle, Director der Sammlungen der Ecole des mines zu Paris, im vierten Bande der Schriften der fran- zösischen geologischen Gesellschaft, uns belehrt, wie nach neueren Sendungen des Herrn Domeyko die Kreideproducte in Chili fast gar nicht vorkommen, dagegen aber ganz ausgezeichnete Jura- schichten erscheinen, sogar vom Lias an, bis zu den neuesten Jura- producten herauf, und dieses zugleich mit der Neithea des Amazo- nenstromes und mit der Turritella Humboldtii. Es folgt also hieraus, sagt Herr Bayle, dafs die Neithea auch noch in den tiefsten jurassischen Schichten vorkommen könne, und keinesweges aus- schlieflslich der Kreideformation angehöre. Die Stücke der Samm- lung sind von Hrn. Jacob meisterhaft abgebildet und von Hrn. Bayle beschrieben worden. Schon lange vorher (1846) hatte auch Dar- win in seinen geognostischen Bemerkungen über Südamerika die Lagerstätte dieser Muscheln, von denen er die meisten selbst be- sucht hatte, beschrieben, und die Versteinerungen selbst, waren von Edward Forbes bestimmt und gezeichnet worden. (Geological Observations on South America, Tab. V.) Um vieles vorsichtiger als Hr. Bayle waren ihm und Hrn. Forbes zwar wohl Gestalten aufgefallen, die mehr an Juraschichten als wie an Kreide erinnerten, vorzüglich zwei Arten von Spirifer, wie man sie im Kohlenkalk- stein, nicht aber in der Kreide erwarten konnte. Sie glaubten daher diese Ablagerungen auf den Höhen des Gebirges über Copiapo und Coquimbo könnten wohl eine Mittelformation bilden, zwischen Kreide und Jura und nennen sie daher eine cretaceo-oolitische For- mation. Allein, nur die Spirifer, die auch nur an zwei.Orten vorkommen, über Guasco und im Clarothale, scheinen bestimmt in Verlegenheit, sogar in Verwirrung über die Erkennung der Formation zu setzen; alles übrige könnte leicht nur Folge einer verschiedenen Ansicht sein, und einer vielleicht nicht hinreichend - genauen Deutung der von den Schichten gelieferten organischen Reste. Es mag deshalb nicht überflüssig oder unnöthig sein, Herrn ze; Angaben genauer durchzugehen, und die Gründe, auf wel- - chen diese Angaben beruhen, etwas näher ins Auge zu fassen, 11 ... 676 Ich habe schon in einem Vortrage in der Akademie am 22. März 1849 über die Grenzen der Kreidebildungen bemerkt, (cf. Ver- handlungen des naturhistorischen Vereins der Rhein- lande und Westphalens 18/9 $. 239) wie grols die Über- raschung des Herrn Ferdinand Römer gewesen ist, als er die Exogyra Pitscheri, die ihm aus den Kreideschichten von Texas wohl bekannt war, in den Stücken von Chili wieder auffand. Er hat sie in seinem Werke über die Kreidebildungen von Texas vor- trefflich beschrieben und sie durch Herrn Hohe schön abbilden lassen (gryphaea Pitscheri p. 73. t. 12. f. 17.) Diese Exogyra ist | leicht an einer breiten Vertiefung zu kennen, die auf der tieferen, unteren, Schale an der linken Seite dieser Schale gegen den Rand heraufläuft, verschieden von dem Canal der, wie bei allen Exo- gyren den Rand bis zum ersten Anfang des Schnabels begleitet. Eben diese Exogyre wird von Bayle, wunderbar seltsam, als Gryphaea Cymbium aufgeführt und t. 5. f. 6. 7. abgebildet; dann wieder noch einmal t. 1. f. 7. 8. als Gryphaea Rivoti, jene wird zum Lias, diese zum unteren Oolith gestellt. Wieder ist Gryphaea Cymbium t. IV. f. 1— vorgestellt. Wohl ist es ein Gryphaea, da die Vertiefung, (die Depression) der unteren Schale weit unter dem Schnabel an der Seite sich endigt. Allein schwerlich würde Lamarck eine so flache, und so schnell an Breite zunehmende Muschel mit einem Boote verglichen haben. Gryphaea Cymbium ist nicht allein wohl 2+mal länger als breit; es ist auch sehr auffallend und auszeichnend, wie auf dieser Muschel die sehr feinen und dünnen Anwachsstreifen der oberen Schale in sehr regelmälsigen, durch keine besonders hervortretende Einsenkung gestörten Kreisen hinter einander fortliegen. Wie verschieden von Exogyra Pitscheri! d’Orbigny hatte die chilische Muschel mit Ostrea oder Gryphaea vesicularis verglichen: gewils mit Recht. Denn diese, an Abänderurgen so überaus reiche Gryphaea, so reich, dafs man zehn oder zwölf verschiedene Arten zu sehen glaubt, läfst doch jederzeit auf der flachen Oberschale einen vom Buckel auslaufenden Stern von feinen Rippen oder Streifen bemerken; ein Stern den auch die ganz ähnliche Gryphaea dilatata besitzt, niemals aber weder Gryphaea cymbium noch Gryphaea gigantea ; diese sternartige Strei- fung ist deutlich auf Hrn. Bayle’s Abbildung t. IV. f. 1. Also auch diese Muschel scheint den Lias in Chili nicht zu beweisen. 677 Terebratula tetraedra. Bayle. VII. f. 9.10. Wenn sie es wäre! Allein T. tetraedra ist eine ausgezeichnete Pugnace, bei welcher der Rand höher steht als die Mitte, welches in Hrn. Bayles Figur nicht der Fall ist. Es ist eine Abänderung der Terebratula alata, welche gleich häufig in oberen Juraschichten wie in der Kreide ist. Nicht viel mehr Glück, vielleicht noch weniger scheint Herrn Bayle zu begünstigen, wenn er die, von ihm abgebildeten und be- schriebenen Ammoniten von Chili dem Lias zuweisen will. Jede andere Formation würde in der That darauf mehr Anspruch machen können, als gerade die ältesten Schichten des Jura. Ammonites Domeikanus (Bayle t. II. f. 4.5. 6.) ein Bruchstück, gehört offenbar zu der Familie der Armaten. In dieser Familie lassen zwei Spitzenreihen, eine auf der Suturkante, die andere am Rücken, auf der Seite einen breiten Zwischenraum leer, in welchem der obere Lateral sich herabsenkt. In der Unterabtheilung der _ Rihotomagenses d’Orb. stehen die oberen Spitzenreihen sehr nahe zusammen. Diese Familie ist aber ganz auszeichnend für Kreide- bildungen und in unteren Juraformationen wohl noch nie gesehen worden. Der A. Domeykanus steht dem Amm. milletianus d’Orb. ganz nahe. Auch hat Herr Karsten aus dem Kreidegebirge von Para- parain Venezuela einen fast ganz gleichen Ammoniten geschickt; ein ähnlicher findet sich @ /a montagne des Fis in Savoyen (Hrn. Ewalds Sammlung); endlich hat ihn Sowerby aus der Kreide von Sussex abgebildet. (Dixons Chalk t. 29. f. 15.) Die unzertheilten Falten der Seite bei Bayle finden sich nur auf grölseren Umgängen. Ammonites opalinus. Reinicke. Tab. II. f. 1. Welche Bestim- mung! A. opalinus ist bekanntlich nichts anderes als A. Murchin- sonae, auf dem sich eine perlmutterartige Schale erhalten hat. Er ist daher von der sehr natürlichen Familie der Falciferen. Von die- ser Familie ist aber nicht ein einziges Kennzeichen auf dem Bayle- schen Stücke sichtbar. Nicht die, so sehr eigenthümliche ebene, schief zur Sutur herabgehende Suturfläche mit scharfer Suturkante, wie sie d’Orbigny (Cretacees t. 84) für A. bicurvatus abbildet, oder (jurassiques t. 120) für A. Murchinsonae selbst, — nicht die mächtige Sichel der Streifen, mit weit vorspringender Spitze, mit grolsem Halbzirkelbogen auf den Seiten und mit kurzem Stiel gegen die 678 Sutur, — auch nicht mit dem scharfen Rücken, welcher allen „‚Fal- ciferen” eigen zu sein pflegt. Herrn Bayle’s Stück würde an A. Juilettii (d’Orb. Cret. pl. IL. f. 3.) erinnern, der im französischen Neocomien sich findet. Ammonites bifurcatus Schlth. t. IL. f. 2. Es ist ein eigenthüm- licher amerikanischer Ammonit und unter dem Namen von A. cene- miaphorus schon längst bekannt. Er gehört zur Familie der Pla- nuliten, und ist sehr leicht zu erkennen, durch dünne und scharfe Rippen auf der Seite, welche wie Stäbe hintereinander fortstehen, mit Zwischenräumen, die drei oder viermal breiter sind, als die Rippen selbst. Diese zertheilen sich, gabeln erst nahe am Rücken. Zwei und zwanzig Rippen stehen auf eine Windung bei einem Zoll Durchmesser. Dieser Ammonit bildet ganze Berge über dem CGerro de Pasco, dem berühmten Silberbergwerk auf der gro- fsen Höhe der Anden in Peru, ostwärts von Lima. Hr. Francis de Castelnau erzählt (Expedition dans les parties centrales de l’Amerique T. IV. p. 193), dafs er schon auf dem 15500 Fuls hohen Col de Viuda im schwarzen, bituminösen Schiefer vorkomme, zum Theil von gewaltiger Grölse, und seitdem fände er sich auf allen Pässen bis zum Cerro de Pasco. Benachrichtigt, dals bei dem Orte Diezmo sieben Stunden (lieux) von Pasco viele Ammoniten vor- kämen, liefs er sie dort sammeln und nach wenigen Stunden er- hielt er von ihnen eine ganze Maulthierladung. Die Lagerung die- ser Ammoniten kann aber wenigen Zweifeln unterliegen. Denn wenig tiefer, hat Hr. v. Tschudi zwischen Droja und Yauti ohn- weit Tarma ganz ausgezeichnete N&ocomien - Muscheln gefunden, die von Agassiz dafür erkannt und bestimmt worden sind: Ptero- cera Emerici oder conoidea, Spatangus retusus (Holaster compla- natus), Diadema Bourgetii, pecten eretosus und pecten quinque costatus (über Verbreitung der Kreidebildungen, Bonn 1549, p. 29. Berliner Acad. Monatsberichte, März 1849 p. 121). Wieder eine Übereinstimmung der Kreideproducte der Anden von Peru, mit denen, in der Mitte von Europa, die höchlich überraschen muls, und denen geradezu entgegentritt, welche die Allgemeinheit der Ge- birgsformationen bezweifeln. Die Ammoniten dieser Art, von Manflas über Coquimbo, ver- einigen sich daher mit 'Turritella Humboldti, Pecten alatus und 679 anderen, sie zu den obersten Schichten des N&ocomien zu rechnen, um so mehr, da sie Meyen am Vulcan von Maypo über S. Yago de Chili mit Exogyra Couloni vereinigt gefunden hat (Monatsberichte März 18/9 S. 20). Auf der achten Tafel seiner Denkschrift hat Herr Bayle eine Menge glatter Terebrateln abbilden lassen und sie zum Theil mit neuen Namen belegt. Auch sie sollen Jurabildungen erweisen. Allein sonderbar! einer jeden der abgebildeten Terebrateln kann man eine ganz gleiche an die Seite stellen, welche Herr d’Archiac aus der sogenannten „Tourtia”, der mittleren Kreide von Tour- nay in Belgien abbildet. Teredratula Domeykana von Bayle, oder Terebratula Inca von Edward Forbes (S. Darwin South Amerika, pl. V. f. 19. 20.), Teredratula Bulla (Sow. Dixons chalk t. 27. S. 11) ist offenbar von der, in vielen Abänderungen vorgestellten Teredra- tula nerviensis (Mem. de la Soc. g@olog. de France 1847 tab. VIIL f. 2—10) gar nicht verschieden. Die Oeffnung, durch welche das Heftband hervortritt, ist besonders grofs, und das Deltidium in jün- geren Stücken sehr hervortretend. Die herabhängende, Anfangs flache Ventralschale wird durch Wachsthum immer mehr aufgebla- sen und hoch und dadurch gegen den Schnabel gedrückt, wodurch es geschieht, dafs diese Schale endlich die Ränder der Heftöffnung berührt und das Deltidium ganz versteckt wird. Auf gleiche Weise findet man leicht die Abänderungen der Terebratula biplicata, die Herr Bayle als T. ornithocephala und T. perovalis aufführt, unter ‚vielen verschiedenen Namen bei d’Archiac, wieder. Es sind alles ‚Kreide-Terebrateln. Die von Herrn Bayle als Ostrea Marshii und -Ostrea pulligera (Tab. V. f. 3. 4. 5.) erkannten Muscheln, würden wohl von Wenigen dafür angesehen werden. So bleibt denn von allen Bayle’schen Bestimmungen als Jura- fossilien Nichts übrig, als die Spirifer, welche er für Spirifer tumi- dus des Lias ansieht. Sie können freilich auf Kreidefossilien durch- aus keinen Anspruch machen. Allein ehe man nicht näher erforscht "hat, auf welche Weise sie in Kreideschichten mögen gerathen sein, wird man sich mit dem, bei ähnlicher Gelegenheit geäufserten Aus- ‚spruch des geistreichen Herrn von Barrande in Prag begnügen müssen: „es ist einefremde Colonie.” 680 Die, in Hrn. Bayle’s Tafeln vortrefflich abgebildeten Exogyra Couloni (Tab. VII. £f. 1. 2.), Crioceras Davallii oder Ermerici (Tab. III.) und Trigonia Delafossei von Argueras über Coguimbo, wer- den von ihm selbst als unbedenklich dem N&ocomien angehörig auf- geführt. Der Ort liegt doch von den vorausgesetzten Juraschichten nicht sehr weit entfernt. Herr Edward Forbes hat unter denen, von Darwin gesammel- ten Fossilien von Chili (Darwin south Amerika pl. V. f. 4. 5.) eine Pernaabgebildet und beschrieben und sie Perna Americana genannt. Es ist nur ein Bruchstück und Copiapo ist als Fundort angegeben, das ist entweder Manflas oder Jonquera. Dieses Bruchstück ist aber der schönen, von Herrn Kraus in der Algoabay des Caps entdeckten | Gervillia dentata (Kraus. N. Leopold. 22. t. 50. f. ı.) so ähnlich, dals man an völliger Gleichheit der Art kaum zweifeln kann. Was aber in der Algoa Bay vorkommt, ist schon längst als Kreide er- kannt worden. Was (pl. V. f. 8. 9.) als eine neue Art von Gryphaea angesehen wird, ist wahrscheinlich Exogyra Pitscheri; und Gryphaea Darwini (pl. V. £. 7.) könnte leicht mit Exogyra imbricata von Kraus über- | einstimmen. I Es bedarf die Kenntnils des Daseins und der Ausdehnung ju- | rassischer Bildungen in Süd- Amerika noch überzeugenderer und schärferer Beweise. Bis solche Beweise geliefert sind, wird es immer erlaubt sein, den Mangel der Juraformation in Amerika als Thatsache anzusehen, ja sogar der gan- zen Hälfte der Erdoberfläche südlich des Aequators diese Formation abzusprechen. Das feste Land hat sie uns bisher in der südlichen Halbkugel nirgends gezeigt. ‘Was aber in der See liegen mag bleibt uns, bis zu künftigen Erdrevolutionen verborgen. | Hr. von der Hagen gab einen Nachtrag zu seiner letz- ten Abhandlung über die Handschriftengemälde und andere bildliche Denkmäler der Dichter des 12!“ bis 14“ Jahrhunderts und legte hiezu gehörige Abbildun- gen vor. 681 Zugleich berichtete derselbe, dafs neulich die 23 Niebe- lungenhandschrift, im Besitz des Freiherrn von Aufsels zu Nürnberg, gefunden sei. Hr. Peters gab die Fortsetzung seiner Diagno- sen von neuen Flufsfischen aus Mossambique. SPAROIDEI. i 1. Chrysophrys vagus n. sp.; berda similis, sed arcu infra- orbitali multo altiore; dentes superiores triseriales, inferiores biseriales. Sena, Tette, Boror. Nom. indig. isch&si, Portug. peixe pedra. 6 2:6, D, 11,12, P. 15 (16); v.'4,9; 8.9, 979, 10), 12 6 Squ. ser. transv. 43, long. 16. GOBIOIDEI. 2. Gobius aeneofuscus. n. Sp.; corpore elongato cylindrico, squamis modicis, rostro arcuato obtuso, dentibus caninis nullis; dorso viridi maculis fuscis, lateribus nitore aeneo resplendentibus; pinnae dorsales fasciis e maculis fuscis compositis signatae. Sena. Nom. indig. £tschidiasseische. 1.2.6; I. D: 41 :(12);.P.,127,.V. 65 A. 11;.€. Squ. ser. transv. 59, long. 20. = 3. Gobius platycephalus n. sp.; corpore elongato cylindrico, squamis magnis, dentibus seriei externae majoribus, capite de- presso, maxilla inferiore prominente; supra viridifuscus, subtus sordide albus, pinnis dorsalibus, pectoralibus caudalique fascia- tis. Tette, Nom. indig. fucuramuschenga. Boror, Nom. indig. muntscherere. I.D. 6; IL.D. 10 (11); P. 19 (20); V.6; A.9,C. Squam. ser. transv. 34, long. 11. CHROMIDES. 4. Chromis (Tilapia) mossambicus n. sp.; nilotico affınis, rietu multo ampliore. Tette, Sena, Quellimane, Lumbo, Inhambane, Querimba; Nom. indig. congüni, pende. >Ielo w. “= 682 SILUROIDEI. 5. Synodontis nebulosus n. sp.; supra flavoviridis, maculis irregularibus nigris, subtus ex albo flavescens; pinnae flavo- virides nigro maculatae. Tette. Nom. indig. corcor. Mi DEHLITE PIE IT PA yi 6. Synodontis zambezensis n. sp.; arabi affınis; corpore elongato, pinna adiposa breviore. Tette, Sena, Boror. Nom. indig. corcor, condno vel cönocöno. 9 D.1,7;P.1,8 (4,9 v. 1,10); V. 7; A. 5,8 (5, 9); C. 12. 11 7. Bagrus depressirostris n. sp.; supra virescens, in lateri- bus nitore argenteo et aeneo resplendens, subtus albus; corpore compresso, rostro depresso, maxilla inferiore prominente; ten- taculis octo. Sena, Tette, Boror; Nom. indig. njandidande v. dande. 4 B. 10; D. 1, 6; P. 1, 10; V. 4, 5; A. 60; €. 35. Sehr verwandt mit Bagrus schilboides, aber A die gröfsere Breite des Kopfes, den hervorragenden Unterkiefer, die ausgedehntere Bezahnung des Unterkiefers, die schmalere Hinter- hauptsspitze, den viel schwächeren Stachel der Brustflosse und die grölsere Höhe der Afterflosse zu unterscheiden. 8. Clarias mossambicus n. sp.; capensi affınis, filis lon- gioribus; dentes vomeris arcum unicum formant. Tette, Sena, Boror; Nom. indig. murdmba, münimüni, mucatsche, coruviri. D. 60; P. 1, 9; V.. 6; A. 54,0. 15. 9. Heterobranchus laticeps; pinnis dorsalibus sejunctis, adiposa caudali adnata. Tette, Boror. Nom. indig. njume. B. 9. 1.D.31(—33); II.D.19; P.1,11; V.6; A.43 (—45); C.I7. Dem AH. Iongiflis sehr nahe verwandt, durch etwas ver- schiedene Form des Schädels, und besonders durch den grölse- ren Abstand der beiden Rückenflossen zu unterscheiden. CYPRINOIDEI. 10. Leuciscus zambezensis n. sp.; supra viridis, in lateribus ventreque argenteis, pinna dorsali parti anteri orianalis opposita. Tette; Nom. indig. Zsimbu. 683 11 2,10% P} 1271, SA. 2, 12,’C. Squam. ser. transv. 43, long. 11. eil> * - 11. Barbus gibbosus n. sp.; pinna dorsali inter ventrales et analem posita. Tette. Be TERRA 2 AI Dar Squam. ser. transv. 36,. long 9. 12. Barbus paludinosus n. sp.; priori similis, oculo majore, rictu ampliore, operculo latiore.e. Quellimane. =27,9.17: V.2, 8::8.3;.8: 6. 12. Squ. ser. transv. 34, long. 10. 13. Barbus (Dangila) trimaculatus n. sp.; supra viridis, subtus argenteus, maculis nigris in utroque latere ternis. Tette. DEI, IC N 4 Squ. ser. transv. 30, long. 10. 14. Barbus (Dangila) inermis n. sp-; supra fuscoviridis, subtus argenteus; pinna dorsali supra ventrales posita, maxilla inferiore breviore. Tette. 4 Le ie Ta A a de Ba a Pe ae 4 Squ. ser. transv. 31, long. 11. 15. Labeobarbus zambezensis n. sp.; nedgia affınis,‘ corpore altiore, capite breviore. 2 35,:948, 10); P.: 46; %:2, 8; A. 3,65 Gozs Squam. ser. transv. 34, long. 11. 16. Labeo altivelis n. sp.; supra virescens, in lateribus aureus, subtus in argenteum transiens; pinna dorsali altissimo. Tette; Nom. indig. tsimmbu. >. 11NPM7WV. 25 8A 3,’6,C. Squam. ser. transv. 38, long. 12 (13). Sehr ausgezeichnet durch die hohe Rückenflosse, welche niedergelegt die Schwanzflosse erreicht. 17. Labeo congöro n. sp.; priori similis, labiis plicatis cras- sioribus; pinna dorsali breviore. Tette. Nom. indig. congöro. D. 4, 11;.P. 147; V. 2,8; A..3,.6; C. ZZ Squam. ser. transv. 36, long. 12 (13). ee . 684 18. Labeo (Paricorhinus) cylindricus n. sp.; corpore cylin- drico elongato, supra viridis, in lateribus aureus, subtus albus. Tette; Nom. indig. cozto. 1 UBER EEE AR LE AR ME WE IE Hera Squ. ser. transv. 35, long 10. - CLUPEOIDEI. ‚19. Lutodeira (Chanos) mossambica n. sp.; arabico affınis, oculo minore. Querimba. B.4; DA, 4; P. 17, VL RS Squ. ser. transv. 91, long. 25. : MURAENOIDEI 20. Muraena (Anguilla) labiata n. sp.; flavoviridis, nigro- marmorala, subtus sordide alba; oculo mediocri; rostro obtuso; labiis erassis latis; dentibus in lateribus per series ternas vel quaternas dispositis; pinnae pectorales in medio inter rostri api- cem et pinnam dorsalem positae. Tette, Boror; Nom. indig. mucünga, licovövo. 21. Muraena (Anguilla) macrophthalmos n. sp.; ex flavo virescens, fuscoviride marmoralta, in laterıbus aurea, subtus alba; pinnae pectorales nigrae; pinna analis et dorsalis albae, in mar- gine nigrovirides; oculi permagni aenei; rostrum acutum, ma- xilla inferiore prominente; dentes in lateribus uniseriales; rictus parvus oculos non excedens; pinnae peclorales sexta parle remo- tiores a pinna dorsali quam a rostri apice. Teite; Nom. indig. mucunga. 22. Muraena (Anguilla) virescens n.sp.; fuscoviridis, in la- teribus ex viridi flavescens, subtus alba: rostro obtuso; pinnae peclorales et analis rubescentes; pinnae pectorales duplo remo- tiores a pinna dorsali quam ab apice rostri. Boror; Nom. indig. licovövo, 23. Muraena (Anguilla) mossambica; supra fuscoviridis, in lateribus ex viridi flavescens, subtus alba; pinnae pectorales et analis rubrae; pinnae pectorales in medio inter rostri apicem et pinnam dorsalem positae. Lumbo. Diese Art ist identisch mit meinem Tribranchus an- guillaris, eine Gattung, die nach einem monströsen Indi- vidium von mir aufgestellt wurde, welches auf der einen Seite Bi 685 nur drei Kiemen hat, auf der andern Seite aber, wie sich bei einer spätern Untersuchung gezeigt, vier Kiemen besitzt. LOPHOBRANCHH. 24. Syngnathus argus n. sp.; corpore cylindrico, dorso plano, rostro capite reliquo tertia parte breviore; pinna dorsali ante corporis medium posita; pinna anali minima sub primo pinnae dorsalis quadrante posita; poro anali inter primum et secun- dum corporis trientem apparente; color ex cinereo fus- cescens, in utroque latere series ocellorum binae. In rivulo insulae Anjoanae (Comores). Nom. indig. mohüngo. D. 42; P. 16; A. 4, C. 9. Die Zahl sämmtlicher Körperringe ist 54, die Rückenflosse beginnt am 14ten und endigt am 24ten, die Afteröffnung öffnet sich im 16ten und die Afterflosse befindet sich am 17ten Ringe. 25. Syngnathus fluviatilis n. sp.; corpore heptagonali, paulo altiore quam lato, cauda tetragona; rostro capite reliquo quarta parte breviore, oculo in capitis medio sito; pinna dorsali quarta tolius corporis parte longiore, longitudine ejus distantiae a rostri apice aequali; pinna anali sub ultimo pinnae dorsalis qua- drante posita; color fuscus, operculorum ventrisque argenteus. Tette. Nom. indig. Singanno. D2.66; P. 17; A. 4; C.9. ’ Die Zahl sämmtlicher Körperringe ist 43; die Rückenflosse steht über dem 9ten bis 23ten, der After befindet sich am Ende des 19ten und die Aflerflosse am 20ten Ringe. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Acta Regiae Societalis scientiarum Upsaliensis. Seriei tertiae Vol. I. fasc. 1. 1851. Upsal. 1852. 4. Mit einem Begleitungsschreiben des Secretars dieser Gesellschaft Herrn E. Fries ohne Datum. Nils Vibe Stockfleth, Norsk-lappisk Ordbog. Christiania 1852. 8. Im Namen der Königl. Norwegischen Universität zu Christiania durch den Secretar derselben, Herrn Chr. Holst mittelst Schreibens vom 30. Oct. d. J. der Akademie übersandt. Annales des Mines. 5° Serie. Tome 1. Livr. 3. de 1952. Paris 8. Durch das vorgeordnete Königl. Ministerium mittelst Verfügung vom 10. Dechr. d. J. der Akademie mitgetheilt. 686 The Museum of classical antiquities. No. 7. Vol. II. Part 3. 30 Sept. 1852. London 8. Corrispondenza scientifica in Roma. Bullettino universale. Anno II. No. 39. 40. 20. Nov. 1852. (Roma) 4. B. Silliman etc., the American Journal of science and arts. 24 Series. No, 42. Vol. 14. Nov. 1852. New Haven 8. (Zantedeschi) Giornale fisico-chimico italiano. Anno VI. Puntata 4. del 1852. (Padova) 4. (Schumacher) Astronomische Nachrichten. No. 837. Altona 1852. 4, Endlich legte Hr. Encke die nunmehr beendigte reichhal- tige Sternkarte hora VI des Herrn Dr. Bremiker vor. mi N amen-Register. Bekker, Bemerk. zu einer Handschrift d. roman de la rose in d. K. Biblio- thek, 5. — Ein altitaliän. Fragment von d.K. Biblioth., 65. — Neuester Zuwachs d. kritischen Apparats zur llias, 433. Böckh, Üb. einige Theile d. Tributlisten d. Athener, 468. — Rede zur Ge- burtstagsfeier Sr. Maj. des Königs, 560. Bopp, Üb.d. Conjunctionen in der indo-europäischen Sprachenfamilie, 485. Braun, Richtung d. Saftströme in d. Zellen der Characeen, 220. — An- trittsrede, 416. — Verhältnils d. Pflanzenindividuums zur Species, Ge- nerations-folge, -theilung u. -wechsel d. Pflanzen, 623. — Üb. d. Blatt- stellung bei Victoria regia, 661. v. Buch, Üb. Blattnerven u. die Gesetze ihrer Vertheilung, 42. — Üb. d. Juraformation auf d. Erdoberfläche 663, Buschmann, Üb. d. Naturlaut, 217. — Üb. d. Aztekischen Ortsnamen, 617. 661. Clausius, Anordnung d. Elektricität auf einer sehr dünnen Platte u. d. beiden Belegungen einer Franklinschen Tafel, 179. — Üb. d. mecha- nische Äquivalent einer elektr. Entladung u. die dabei stattfindende Erwärmung des Leitungsdrathes, 278. Dieterici, die verschiedenen Todesarten der Menschen im Preuls. Staat und Folgerungen daraus, 463. 509. Dirichlet, Lejeune-, Fälle, in denen sich d. Bewegung eines festen Kör- pers in einem incompressibeln flüssigen Medium theoretisch bestim- men läfst, 12. — Gedächtnilsrede auf Jacobi, 433. Dirksen, Üb. d. römisch-rechtlichen Gewährsmäuner d. Grammatiker Verrius Flaccus u. Festus Pompejus 326. Dove, Einfluls d. Helligkeit einer weilsen Beleuchtung auf d. relative In- tensität verschied. Farben, 69. — Mittlere Abnahme d. Wärme mit zunehmender geograph. Breite u. Ursache d. Verschiedenheit dieser Abnahme in verschied. Meridianen, 196. — Rückwirk. der im Gebiet der Moussons u. ganz Asien stattfindenden jährl. Veränderung d. Luft- drucks auf d. Passatzone d. atlant. Oceans u. wahrschein]l. Ursache d. 688 westindischen Stürme, 285. 332. — Vertheilung der Wärme in d. Ver- einigten Staaten, 616. Dubois-Reymond, Untersuch. über thier. Elektricität, 111. Ehrenberg, Rede zur Feier Friedrichs Il., 60. — Rede bei d. Einführung der neuen Mitglieder Braun u. Klotzsch, 423.— Übersicht d. mikroskop. Lebens in Califormien, 528. — Proben von wahrem Meerestorf d. Ost-: seeküste bei Wismar 5/17. — Neue Untersuchungen d. Nilerden, 617. Eisenstein, bestätigt. 220 278. — Vergleichung solcher ternären quadrat. Formen, welche verschied. Determinanten haben, 350. — Antriltsrede, 427. — Allgem. Eigenschaft d. Reihen- Entwicklungen aller algebrai- schen Functionen, 441. — gestorben 547. Encke, Berechn. d. allgemein. Planetenstörungen, 17. — Über Bond’s neue Methode zur Berechn. d. Planetenstör., 268. — Rede bei Einführ. Eisensteins, 429. Gerhard, Wesen u. Ursprung d. Dämonen u. Genien, 217. Grimm, J., Üb. Frauennamen aus Blumen, 80. — Scholie zur Lysistrata, 211. — Nachtrag zur Abhandl. üb. eine Urkunde aus d. X1]. Jahrhun- dert, 214. Grimm, W., Neue Bruchstücke zu d. Gedicht v. Athis u. Prophilias. 110. v.d. Hagen, Üb. deutsche Rechtschreibung, Aussprache u. Sprachgebrauch, 217. — Bruchstück aus einem neuen Codex des Nibelungenliedes, 445, 451. — Üb. d. Handschriftengemälde u. andere bildliche Denk- mäler d. Dichter aus d. XI. bis XIV. Jahrh. 680. — Notiz betreffend d. 23. Nibelungenhandschrift, 681. Hagen, Druck u. Bewegung d. trocknen Sandes, 35. Hansen, Neue direkte Auflösung d. Kepplerschen Problems 623. Heffter, Üb. d. antimonsauren Salze, 314. Heintz, Zusammensetz. d. Walraths, 326. — Üb. d. Hammelfett, 540. Helmholtz, Üb. Brewster’s neue Analyse d. Lichts, 458. — Theorem üb, die Vertheil. elekt. Ströme in körperlichen Leitern, 466. Herzog, Bericht üb. den Fıfolg seiner wissenschaftl. Reise, 12. Homeyer, Erklärungen einiger das Hantgemal betreffenden Stellen aus Urkunden u. Dichtern d. Mittelalters, 65, 149. — Verhältnils d. Schwabenspiegels zum Sachsenspiegel, 485. Karsten, Figuren, die im Polarisationsapp. mit ihren natürl. Farben er- scheinen, 58. Keil, Reisebericht, 158. Klotzsch, Beziehung d. Botanikers v. Fach zum Praktiker, 334. — An- trittsrede 421. — Üb, Vietoria regia, 547. — Üb, Pistia, 627. Knoblauch, Durchstrahlung d. Wärme durch Krystalle in verschied. Richtungen u. in Bezieh. zur Polarisation, 50. Krüger, Windmesser, 483. | 689 Lepsius, Üb. d. XII. ägyptische Königsdynastie, 3. — Ergebnisse d. ägypt. Denkmäler für d. Kenntnifs d. Ptolemäergeschichte, 479. Lobeck, Glückwunsch d. Akademie zu seinem 50jähr. Jubilaum und Er- widerung, 334. 391. Loew, Diagnose d. in Mossambique neu entdeckten Dipteren, 658. Luther, Bericht üb. die von ihm nach Jacobi’s Methode ausgeführten Störungsrechnungen, 82. 187. Magnus, Seitenabweich. d. längl. Geschosse u. auffallende Erscheinung bei rotirenden Körpern, 333. Meineke, Üb. d. Epidemien d. Hippokrates besonders in Rücksicht auf griech. Namenkunde, 569. Melloni, Verschied thermochroische Eigenschaften der v. verschied. Punkten d. Sonne ausgesandten Wärme, 432. Melzer, Leistungen des allgem. Krankenhauses zu Laibach, 208. 300, Mitscherlich, Wärmeentbind. des Schwefels beim Übergang desselben aus einer Form in die andere, 636. Mitscherlich u. G. Rose, Vorkommen v. Urgebirgsgeschieben an 'd. südl. Abstürzen d. Coirons unter d. Lavasirömen, 639. Müller, Allgemeiner Plan d. Echinodermen, 82. — Modell d. Schale d. Synapta-Schnecke, 206. — Entwicklungsformen einiger niederen Thiere, 595. Panofka, Dionysos u. d. Thyaden, 149. Pertz, Üb.d. vita Chrodegangi Episcopi Mettensis, 4/1. Petermann, Üb. d. schriftl. Quellen d. Moses Chorenensis, 87, Peters, Üb. die in Mossambique beobacht. Mangusten, 81. — Gebifsfor- mel d. Spitzmäuse, 169. — Übersicht d. Seesterne v. Mossambique, 177. — Neue Säugethiere u. Flulslische aus Mossambique 273. 681. — Conchodytes, eine neue in Muscheln lebende Gattung v. Garneelen 583. — Bemerk. zu seinem Reisewerke, 623. — Üb, d. neu entdeckten Dipteren aus Mossambique, 6583, = Pinder, Chronvlogie antiker Münzen 158. — Üb. d. Cistophoren, 609. Rammelsberg, Chem. Zusammensetz. d. Chondrodits, Humits u, Olivins, 345. Rangabe, Üb. d. Ausgrabung des Bnleuterion, 205. Ranke, Üb. Davıla's Geschichte d. franz. Bürgerkriege, 58. — Üb. d. schwe- disch-deutsche Geschichte v. Puffendorf u. Chemnitz, 623, Retzius, Macrocephalen-Schädel ähnlıch den peruanischen bei Lausanne und in Savoyen, 527. Riedel, Bruch d. Freundschaftsverhältnisses zw. König Siegmund u. Kur- fürst Friedrich II. v. Brandenburg, 301. — Graf Rudolph v. Habsburg u. Burggraf Friedrich III. v. Nürnberg, 622. 690 Ritter, Geograph. Verbreitung der Baumwolle u. ihr Verhältnifs zur In- dustrie d. Völker, 59. — Karte v. Jerusalem u. Galiläa, 326. Robinson, gewählt, 560. Rose, G., Kıystallform d. Zinks, 26. — Üb. den Meteorstein v. Gütersloh, 276. — s. Mitscherlich. Rose, H., Verbind. d. Kohlensäure u. d. Wassers mit Zinkoxyd, 31. — Umwandl. d. schwefelsaur. Alkalien in Chlormetalle, 80. — Verbind. d. Kohlensäure mit Cadmiumoxyd u. Silberoxyd, 83. — Neue Verbind. des höchsten Schwefelchlorids mit Schwefelsäure, 167. — Üb. d. Oxyde d. Thoriums u. Donariums, 179. — Verhalt. d. Wassers gegen Kohlen- säure in kohlensauren Salzen, 209. — Einfluls d. Bicarbonate d. Alka- lien auf d. Salze d. alkalischen Erden, 278. — Verhalt. d. Wassers gegen Borsäure in borsaur. Salzen, 462. — Verbind. d. Borsäure u. d. Wassers mit d. alkal. Erden u. Magnesia, 536. — mit Kupferoxyd u. Bleioxyd, 549. — mit Kobalt-, Nickel-, Zink-, u. Cadmiumoxyd, 614. Schacht, Üb. Bastzellen, 51. — Das Leben d. Pflanze, ein gesetzmäls. Zusammenwirken ungleichwerthiger Zellen, 141. — Üb. d. Keimung einiger Waldbäume, 645. v. Schelling, Üb. einige mit u& zusammengesetzte griech. Adjectiva, 68. Schott, Says, v. Kullerwo in d. finnischen Runensammlung, 390. Schmeller, todt, 560. ‘ Steiner, Neue Bestimmungsarten d. Curven 2ter Ordnung und neue Eigen- schaften derselben 105. Trendelenburg, Rede zur Feier des Leibnizischen Jahrestags, 393. Valenciennes, Üb. d. Metarsus v. Aepyormis, 622. Wiedemann, Strömung v. Flüssigkeiten vom positiven zum negativen Pol der geschloss. Säule, 151. Welker, der Felsaltar d höchsten Zeus, bisher genannt d. Pnyx, 219. Wolf, R., Untersuch. üb. d. Periode d. Sonnenilecke, 616. ” Sach - Register. Adjectiva, griechische, zusammengesetzt mit ua, 68. Aegypten, Die XII. ägypt. Königsdynastie, 3. — Ergebnisse d. ägypt. Denkmäler für d Kenntnils der Ptolomäergeschichte, 479. Aepyornis, Üb. den Metarsts d. Aep., 622. Alkalien, Umwandlung d. schwefelsaur. Alk. in Chlormetalle, 80. -_ Einfl. ihrer Bicarbonate auf d. Salze d. alkal. Erden, 278, Antimonsaure Salze, Zusammensetz. ders. 344. Archäologie, s. Münzen, Ausgrabungen. Astronomie, Berechnung d. allgemeinen Planetenstörungen, 17. — Stö- rungsrechnungen nach Jacobi’s Methode, 187. — Bond’s Methode zur Berechn. d. Planetenstörungen, 268. — Neue direkte Auflösung d. Keppler’schen Problems, 623. Athener, Einige Theile d. Tributlisten derselben, 468. Athis u. Prophilias, Neue Bruchstücke daraus, 110. Ausgrabungen d. Buleuterion zu Athen, 205. Aussprache, deutsche, 217. Aztekische Ortsnamen, 617. 661. Bastzellen, Bau derselben, 51. Baumwolle, Geogr. Verbreitung derselb. u. ihr Verhältnils zur Industrie der Völker, 59. Bicarbonate d. Alkalien, Einfl. derselben auf d. alkal. Erden, 278. Blattnerven, Gesetze ihrer Vertheilung, besonders in Bezug auf fossile Blätter, 42, Bleioxyd, borsaures, 549. Borsäure, Verhalten d. Wassers gegen Borsäure in borsaur. Salzen, 462. — Verbind. d. Borsäure u. d. Wassers mit d. alkal. Erden, 536.— mit Magnesia, 539. — mit Bleioxyd u. Kupferoxyd, 549. — mit Kobalt- oxyd, 614. — mit Nickel- und Zinkoxyd, 615. — mit Cadmium- oxyd, 616. Botanik, Beziehungen d. Botanikers v. Fach zum Praktiker, 334. S. Bast- zellen, Blattnerven, Characeen, Keimung, Pflanzen, Pistia, Victoria. 1 zrrXx 692 Cadmiumoxyd, Verbind. mit Kohlensäure, 83. — mit Borsäure, 616. Characeen, Richtung d. Saftströme in denselben, 220. Chemie, s. Alkalien, Antimonsaure Salze, Borsäure, Donaroxyd, Kohlen- säure, Schwefelsäure, Walrath. Chondrodit, Zusammensetz., 347. Chrodegangi vita, Episcopi Mettensis, 441. Chronologie antiker Münzen, 158. Cistophoren, Klassificat. derselben, 609. Cleodora acicula, Entwicklungsformen derselb., 598. Conjunctionen in d. indo-europäischen Sprachfamilie, 485. Conchodytes, neue in Muscheln lebende Gattung v. Garneelen, 588. Dämonen, Wesen u. Ursprung ders., 217. Dipteren, Diagnosen neu entdeckter D. aus Mossambique, 685. Donaroxyd ist Thonerde, 179. Dionysos u. d. Thyaden, 149. Echinodermen, Allgem. Plan derselb., 82. — Entwicklungsformen ver- schied. Arten, 600. Elektricität, Strömung v. Flüssigkeiten vom positiven zum negat. Pol d. geschloss. Säule, 151. — Anordn. d. El. auf einer sehr dünnen Platte u. den beiden Belegungen einer Franklinschen Tafel, 179. — Mechani- sches Äquivalent einer elektr. Entlad. u. Erwärmung d. Leitungsdrahtes dabei, 278. — Theorem üb. d. Vertheiluug elektr. Ströme in körper- lichen Leitern, 466. Untersuch. üb. thierische Elektricität: Milslungene Versuche den Muskelstrom am unversehrten lebenden menschl. Körper im Zustand d. Ruhe nachzuweisen, 111. — Elektromotor. Beschaffenheit d. Hautströme, 136. Entoconcha mirabilis, die Synapta-Schnecke, Schalenmodel u. Entwickl. 206. 606. Epidemien d. Hippokrates, besonders in Rücksicht auf griech. Namen- kunde, 569. Farben, Blaue Farben bleiben bei zunehmender Dunkelheit länger er- kennbar als rothe, 69. — Farbeneindrücke bei Dämmerlicht und man- gelhaftem Farbensinn, 75. s. Licht. Festus Pompejus, Üb. d. römisch-rechtl. Gewährsmänner dess, 326. Fische, Neue Flufsfische aus Mossambique, 273. 681. Frauennamen aus Blumen, 80. Friedrich I. v. Brandenburg; Friedrich II. v. Nürnberg s. Geschichte. Genien, Wesen u. Ursprung derselb., 217. Geologie, Vorkommen vy. Urgebirgsgeschieben an ‘den südl. Abstürzen d. Coirons unter den Lavaströmen, 639. — Grolsartige Ausbreitung d. 693 Gebirgsschichten in Amerika, 665. — Die Juraformation fehlt in Ame- rika, 680. S. Blattnerven. Geschichte. Üb. Davila’s Gesch. d. franz. Bürgerkriege, 58. — Üb. d. schwedisch-deutsche Gesch. v. Puffendorf u. Chemnitz, 623. — Bruch d. Freundschaftsverhältnisses zw. König Siegmund u. Kurfürst Frie- drich I. v. Brandenburg, 301. — Verhältnis zw. Graf Rudolph v. Habs- burg u. Burggraf Friedrich III. v. Nürnberg, 622. S. Aegypten. Geschosse, Seitenabweich. d. länglichen Gesch. 333. Glanz, Weitere Versuche üb. d. Entstehung dess., 72. Grammatik, s. Adjectiva. Hammelfett, Zerleg., 540. ‚Handschrift des roman de la rose in d. Königl. Bibliothek, 5.— Handschr. eines alt-italien. Fragments aus d. K. Bibliothek, 65. — Keil’s Reise- ergebnisse in Betreff d. Handschriften für röm. Schriftsteller in d, Bibliotheken Frankreichs u. d. Schweiz, 158. — Bruchstücke aus neuen Handschr. d. Nibelungen-Liedes, 445. 451. — Nachricht üb. d. 23ste Handschr. des Nibelungenliedes, 681. — Handschriftengemälde u. andere bildliche Denkmäler d. Dichter aus d. XII. bis XIV. Jahrh., 680, Hantgemal, Erklär. einiger das Hantg. betreff, Stellen aus Urkunden u. Gedichten d. Mittelalters, 65. 149. Holothurien, Weitere Beobacht. üb. d. Entwicklung derselben bei Triest, 600. Humit, isomorph. mit Olivin, 345. Ilias, Neuester Zuwachs d. kritischen Apparats zur Ilias, 433. Isanomalen, thermische, Ableitung d. ungleichen Wärmeabnahme aus d. Isanom. auf verschied. Meridıanen, 198, Juraformation fehlt in Amerika u. überhaupt auf der Erdoberfläche d. südlichen Halbkugel, 663. 680. Jurisprudenz, Üb. d. römisch-rechtlichen Gewährsmänner der Gramma- tiker Verrius Flaccus und Festus Pompejns, 326. — Verkältnils d. Schwabenspiegels zum Sachsenspiegel, 485. S. Hantgemal. ‚Keimung einiger Waldbäume: Tanne, Fichte, Kiefer, Lerche, 645 — Eiche, Buche, Birke, Erle, 651, Kobaltoxyd, borsaures, 614. Kohlensäure, Verbind. mit Zinkoxyd, 31. — mit Cadmiumoxyd u. Silberoxyd, 83. — Verhalt. d. Wassers gegen Kohlensäure in kohlen- sauren Salzen, 209. Krystalle, Durchstrahlung derselben durch d. Wärme in verschied. Rich- tungen u. in Beziehung zur Polarisation, 50. — Wärmeentbindung aus Schwefel beim Übergang desselben aus einer Krystallform in eine andere, 636. 2 Kullerw o, Sage in d. finnischen Runensammlung, 390. 694 Kupferoxyd, borsaures, 550. Licht, Irrthümer in Brewster’s Analyse d. Sonnenlichts, 458. S. Farben, Sonne. Lysistrata, ähnliche altdeutsche Sagen, 211. Macrocephalen-Schädel, ähnl. den peruanischen, gefunden bei Lausanne, 527. Magnesia, borsaure, 539. Mangusten, Beschreib. der in Mossambique beobachteten, 81. Margarinsäure, ein Gemenge v. Palmitin- u. Stearinsäure, 543. Mathematik, Neue Bestimmungsarten d. Curven zweiter Ordnung u. daraus folgende neue Eigenschaften derselben, 105. — Vergleich v. solchen ternären quadrat. Formen, welche verschied. Determinanten haben, 350. — Allgemeine Eigenschaft d. Reihen-Entwicklungen aller algebraischen Functionen, 441. S. Astronomie, Mechanik. Mechanik, Fälle, in welchen sich d. Bewegung eines festen Körpers in einem incompressibeln flüssigen Medium theoretisch bestimmen lälst, 12. — Druck u. Bewegung d. trocknen Sandes. 35. — Seitenabweichung d. länglichen Geschosse u. auffallende Erschein. bei rolirenden Kör- pern, 333, n Meteorologie, Rückwirk. der im Gebiet d. Moussons u. Asiens statt- findenden jährl. Veränderung d. Luftdrucks auf d. Passatzone d. atlan- tischen Oceans, 285. — Wahrscheinl. Ursache d. westindischen Stürme 294. S. Wärme, Windmesser. Meteorstein, Nachricht voneinem zweiten bei Gütersloh gefundenen, 276. Mikroskopische Organismen, aus Californien, 528. — Neue Unter- suchung der Nilerde, 617. S. Torf. a) Polygastrica aus Californien, 529. 531.— aus d. Nil, 620. db) Phytolitharien aus Californien, 530. 533. — aus d. Nil, 620. c) Polythalamien des alten Nilbettes, 620. Mollusken, Entwicklungsformen einiger Pteropoden, 595. Moses Chorenensis, schriftl. Quellen desselben, 87. Münzen, Chronologie antiker Münzen, 158. — Bedeut. u. Eintheilung d. Cistophoren, 609. Naturlaut, 217. Nibelungen-Lied, Bruchstücke aus neuen Handschriften dess., 445. 451. — Notiz d. 23ste Handschrift desselben betreffend, 681. Nickeloxyd, borsaures, 615. Olivin, isomorph. mit Humit, 345. Optik, s. Farben, Licht. Pelasgik'on in Athen, bisher d. Pnyx genannt, 219. Pflanzen, das Leben d. Pflanzen ein gesetzmäls. Zusammenwirken un- gleichwerthiger Zellen, 141. — Das Pflanzenindividuum in seinem Ver- 695 hältnifs zur Species, Generationsfolge, -theilung und -wechsel, 623. — Keimung einiger Waldbäume, 645. Philologi e, Üb. deutsche Rechtschreibung, Aussprache u.Sprachgebrauch, 217. — Neuer Zuwachs d. kritischen Apparates zur Ilias, 433. — Conjunctionen in d. indo-germanischen Sprachfamilie, 485. — Üb. d. Epidemien d. Hippokrates in Rücksicht auf griech. Namenkunde, 569. — Üb. Aztekische Ortsnamen, 617, 661. S. Adjectiva, Handschriften, Naturlaut. Philosophie, Philosoph. Thätigkeit d. Königl. Akademie im vorigen Jahrhundert, 394. — Streit d. Nothwendigk. u. Freiheit in d. griech. Philosophie, 444. Pistia, Systematik ders., 627. Planet, s. Astronomie. Pn’eumodermon, Entwicklungsformen desselben, 596. Preisfragen d. Königl. Akademie üb. Torf u. erweiterte Anwend. der Reihen, 431. Pteropoden, Entwicklungsformen einiger, 595. Rechtschreibung, deutsche, 217. Rede zur Feier d. Jahrestags Friedrichs I., 59. 60. — zur Feier d. Leib- nizischen Jahrestags, 393. — Antrittsrede v. Braun, 416. — v.Klotzsch, 421. — v. Eisenstein, 427. — Entgegn. darauf v. Ehrenberg, 423, v. Encke, 429. — Gedächtnifsrede auf Jacobi, 433. — Rede zur Ge- burtstagsfeier Sr. Maj. d. Königs, 560. Roman de la rose, Handschrift in d. Köu. Bibliothek, 5. Rudolph v. Habsburg, sein Verhältnils zu £'riedrich III. Burggraf v. Nürn- berg, 622. Sachsenspiegel, Verhältnifs zum Schwabenspiegel, 485. Säugethiere, Neue aus Mossambique, 273. Sage v. Kullerwo, 390. — altdeutsche Sagen ähnlich der v. Lysistrata, 211. Sand, Druck u. Bewegung d. trocknen Sandes, 35. Schwabenspiegel, Verhältnils zum Sachsenspiegel, 485. Schwefel, Wärmeentwickl. desselben beim Übergang aus einer Krystall- form in die andere, 636, Schwefelchlorid, Neue Verbind. d. höchsten Schw. mit Schwefel- säure, 167. Schwefelsäure, Neue Verbind. derselben mit d. höchsten Schwefel- chlorid, 167. Seeigel, Larven ders. beobachtet bei Triest, 605. Seesterne v. Mossambique, 177. — Verschied. Entwicklungsformen be- obachtet bei Triest, 604. Siegmund, König, Bruch seines Freundschaftsverhältnisses mit Frie- drich I. v. Brandenburg, 301. 696 Silberoxyd, Verbind. mit Kohlensäure, 84. Sonne, s. Licht, Wärme. Sonnenflecken, Periode u. Zusammenhang derselben mit d. magnet| Erscheinungen, 616, Spitzmäuse, Gebilsformel derselben, 169. Statistik, Verschied. Todesarten d. Menschen im Preufs, Staat u. Folge rungen daraus, 463, 569. Stürme, Wahrscheinl. Ursache d. westindischen Stürme, 294. Synapta-Schnecke (Entoconcha wirabilis) Schalenmodel, 206. — Ent wicklung, 606. Thorerde, Verschied. Ansehen derselb. nach der Fällungsart, 179. | Torf, Preisaufgabe denselben betreffend, 431. — Erkenn. v. Meerestorl durch d. Mikroskop u. Vorkommen dess. an der Küste bei Wismar, sul Tributlisten d. Athener, 468. | Urkunde aus d. XI. Jahrh., namentlich üb. d. Marsacii d. Plinius, 214. |. Verrius Flaccus römisch-rechtl. Gewährsmänner dess., 326, Victoria regia, Bau u. Entwickl. derselben, 547, — ihre Blattstellun 661. ! Wärme, Durchstrahlung derselb. durch Krystalle in verschied. Richtun gen und in Beziehung zur Polarisation, 50. — Abnahme d Wärme mi zunehmender geogr. Breite, 196. — Ableitung dieser Abnahme untd verschied. Meridianen aus d. thermischen Isanomalen, 198. — Un] gleiche thermochroische Eigenschaften der v. verschied. Punkten d Sonne ausgehenden Wärmestrahlen, 432. — Vertheilung d. W. in « Vereinigten Staaten, 616. Wasser, s. Borsäure, Kohlensäure. Waldbäume, Bevbacht. üb. d. Keimen d. Tanne, Fichte, Kiefer, Lerch | Eiche, Birke, Buche, Erle, 645. Walrath, Chem. Zusammensetz. desselben, 326. Windmesser, 483. Zink, Krystallform desselben, 26. Zinkoxyd, Verbind. dess. mit Wasser u. Kohlensäure, 31. — mit Bo: säure, 615. Zoolvgie, s. Aepyornis, Conchodytes, Dipteren, Echinodermen, Ent« concha, Mangusten, Mikroskop. Organismen, Mollusken, Säugethier Spitzmäuse, Seeigel, Seesterne. SUN WIEN ZT nn ERNERR: N e N N ERDE brpaererree irre DESHERELL ES U IL IE BE REEL EEE Pa a be Pi. Fa dA bee Be hiee 8335742 Fastariteers mignaese 8327%2 sirıe ads HEIHIERE 2 2 . 6 ’ BEE BEIERTILPLPERE ENTE Besser seen Pir? 28 Erst Fra a sten Bir eprerHt er} Bereit vi je ar2°. Tone * Banden: H 4 % er > mi a:0-17% 2