iiSiii^^fiiPiii f-f^ jr'i:^.:,^^ WÄ-v^< ->,<-* .-^ *^' r:^^>^.'5^ ■:.'^A^\..^A:r:^'^ "^' »--%^" J^'O. . 'K^r ^1^/.^^' >?^_ J BERICHTE DER DEUTSCHEN BOTANISCHEN GESELLSCHAFT. GEGRÜNDET AM 17. SEPTEMBER 1882. DREISSIGSTER JAHRGANG. BAND XXX MIT 21 TAFELN, EINER BILDNISTAFEL UND 66 TEXTABBILDUNGEN IN 152 EINZELFIGUREN. LIBRARY NEW YORK BOTANICAL QAKDCN BERLIN, GEBEÜDEß BORNTBAEGER, W 35 Scliöneberger Ufer 12a 1912 Sitzung vom 26. Januar 1912. tlBRART NEW YORK HOTANJCAL »AWL>BN Sitzung vom 26. Januar 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Lesage, Dr. phil. et med. Pierre, Professeur Adjoint ä la Faculte des Sciences in Rennes (durch G. HABERLANDT und C. CORRENS). Dunzinger, Dr. Gustav, Assistent am botanischen Institut der tech- nischen Hochschule zu München (durch K. GlESENHAGEN und W. WÄCHTER). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Tröndle, Dr. Artur, in Freiburg i. B., Liesite, Dr. Rudolf, in Freiburg i. B., Munk, Dr. Max, in Freiburg i. B., Sommerstorff, Hermann, in Wien, Ludwigs, Dr. Karl, in Dahlem, und Fräulein Riß, Marie Martha, in Straßburg i. E. Der Vorsitzende teilt mit, daß die in den Voranschlag für 1911 eingestellten und von der Generalversammlung in Danzig genehmigten 500 M. zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten Fräulein Dr. ß. STOPPEL in Straßburg (Eis.) bewilligt sind. Von Herrn Prof. Dr. E. WARMING ist ein Dankschreiben für die Glückwunschadresse eingegangen, die ihm der Vorstand der g:^ Deutschen botan. Gesellschaft zu seinem 70. Geburtstage über- "" sandt hatte. '^ . , I Ber. der deutsohen bot. Gesellsch. XXX. 1 2 Sitzun-- vom 26, Januar 1912. Herr P, LiNDNER legte zu Beginn der Sitzung eine Anzahl Serienpliotogramme von Pilzkulturen vor, die in dünner Gelatine- oder Agarschicht in seinen Pilzkulturgefäßen gewachsen waren. Da die Pilzkolonie rosettenartig sich in der dünnen Nährgelatine aus- breitet und die Glaswandung nur eine geringe Dicke hat, kann man mit Gaslicht])apier auf die einfachste Weise Kopien von der Pilzkultur anfertigen. Man preßt dasselbe in der Dunkelkammer fest an die Außenseite des Glases an und setzt es etwa 5 — 10 Se- kunden, je nach der Dichte der Kolonie, dem Licht einer Glüh- birne aus. Dann entwickelt man sogleich das Bild und fixiert, und nach etwa 10 Minuten hat man einen naturgetreuen Abdruck in Händen, der vor einer mit einer photographischen Kamera her- gestellten Aufnahme den Vorteil voraus hat, daß das Bild der Kolonie in natürlicher Größe auf eine Ebene projiziert erscheint. was bei jener unmöglich ist, da man nur bei kleinen Kolonien Fehler, die sich aus der Rundung des Glases ergeben, vermeiden kann. Größere Kolonien sind nur stark verkleinert einigermaßen scharf auf die photographische Platte zu bringen. Wenn man täglich zu einer bestimmten Zeit solche Kopien macht, erhält man absolut zuverlässige Werte bezüglich der Wachs- tumsgeschwindigkeit aller Teile des betreffenden Pilzes, über den Einfluß des Lichtes (Tagesringe), über launenhaftes Auftreten von Farbstoffen und Fruchtbildungen, über Kristallhöfe um die äußere Peripherie u. dgl. m. Bei Serienaufnahmen wurde an der Außenseite des Glases ein schwarzer Strich aufgetragen und an diesem die täglichen Zuwachs- marken angebracht; sie gaben beim Vergleich der einzelnen Bilder eine zuverlässige Orientierung. Es wird nunmehr keine Schwierig- keiten mehr machen, solche Bildreihen auf den Kinofilm zu bringen und das Wachstum einer Pilzrose in wenigen Sekunden vorzu- führen. Einige Bilder boten Gelegenheit, auf die Launenhaftigkeit des Pilzorganismus hinzuweisen. Ein Pykniden bildender Schimmelpilz zeigte in der Pilzrosette ganz verschiedene Fruktifikation und Färbung. Schmale Sektoren mit ganz kleinen Pyknidenfrüchten wechselten mit breiteren mit großen Pyknidenfrüchten ab und um- gekehrt. Bei Monascus purpureus traten in der einen prächtig pur- purrot gefärbten Rosette zwei Sektoren auf, in welcher ganz un- vermittelt die Farbstoffbildung ausgeblieben war, trotzdem die Tagesringbildung die ganze Rosette gleichmäßig durchzog. Bei einer anderen Kultur desselben Pilzes war nur an der Aussaatstelle etwas Purpurfarbstoff gebildet; dann folgten eine große Anzahl Sitzung; vom 26. Januar 1912. 'ö Ringe ohne Farbstoff, endlich nahe der Peripherie bildeten sich zwei Ringzonen mit zarter Purpurfärbung. Dort war also in radiärer, hier in peripherer Richtung die Farbstoffbildung launen- haft ausgeblieben bzw. aufgetreten. Eine Erklärung dieses sonder- baren Verhaltens kann nicht gegeben werden. Die radiär auf- tretenden Variationen erinnern durchaus an die von NADSON und KONOKOTINE an Guilliermondia fulvesceus, der interessanten Eichen- schleimflußhefe, beobachteten Erscheinungen, wo nur in bestimmten Sektoren Sporenbildung eintritt und, mit dieser zusammenhängend, gelblichbräunliche Verfärbung. Ganz überraschend verschiedene Sektoren bei derselben Pilzrosette zeigte ein der Gattung Harziella nahestehender Pilz, welcher die zartesten smaragdgrünen Myzelien gibt. In älteren Pilzrosetten bildet der üppig fruktifizierende Pilz stellenweise weiße, nicht fruktifizierende Watten, die aussehen, als wenn Fremdpilze in die Kultur gekommen wären. Bei der Aussaat solcher Watten teilchen kann man Pilzrosetten erhalten, die zu 7io ^^^ solchen weißen Watten bestehen, und nur ein schmalei Sektor besteht aus fruktifizierendem, schön grün gefärbtem Myzel, Die Launenhaftigkeit des oben erwähnten noch nicht näher be- stimmten grünen Pilzes äußert sich auch gegenüber dem Licht. Es wurden grüne Rosetten ohne geringste Anzeichen einer Ring- bildung beobachtet, andere wieder mit deutlicher Tagesringbiidung. Besonders zarte Kopien konnten von Kolonien von Endomi/ces Magnusii vorgezeigt werden. Hier wechselt die Tendenz zu ästig verzweigten Strangmyzelien ab mit solcher zu kompakten Belägen. Hier scheinen wie bei Monilia variahilis verschiedene „Generationen" dem Formenkreis der Art anzugehören. Herr LiNDNER glaubt, daß die Einfachheit seiner Kulturmethode in Verbindung mit der leichten Herstellbarkeit von Kopien derselben dem Studium der Pilzgruppe einen neuen Anstoß geben wird, insbesondere dem Studium der Variation. 1* P. GRAEBNER: Mitteilungen. I. P. Graebner: Rückschlagzüchtungen des Maises'). (Vorläufige Mitteilung.) (Mit Doppeltafel I.) (Eingegangen am 3. Januar 1912.) Angeregt durch die von ASCHERSON und anderen behauptete nahe Verwandtschaft von Mais und Teosinte {Euchlaena luxurians resp. E. mcxicancr) und die Tatsache, daß wirklich wildwachsender Mais nirgend bekannt war, habe ich schon vor fast 20 Jahren meine Aufmerksamkeit auf Mißbildungen und Rückschläge ge- richtet. Die von amerikanischen Botanikern (HarSHBERGER usw.) gezogenen Bastarde und Zwischenformen zwischen dem Mais und der Teosinte ließen dem Gedanken, daß wir im Mais eine wenigstens in bezug auf den weiblichen Kolben monströse Kulturform'') vor uns haben, mehr Raum. Verästelungen des Maiskolbens sind seit langer Zeit ebenso bekannt wie das Auftreten weiblicher Blüten im männlichen Blütenstande und umgekehrt, das männlicher oder zwittriger Blüten im weiblichen. BELHOMME hat diese Formen^) bekanntlich als var. androgyna beschrieben*). ASCHERSON und ich erwähnten bei Gelegenheit der Bearbeitung der Gattung für die Synopsis der Mitteleuropäischen Flora II, I, 59 noch das Vorkommen von fast porzellanartig, fast verhärtenden glänzenden Hüllen am Grunde einzelnstehender Früchte; verhärtende Fruchthüllen stellen eine Eigenart dar, die wohl allen Maydeen außer dem Maise zukommt. Im laufenden Jahre hat nun ILTIS ^) eine Arbeit veröffent- licht „über einige bei Zea Mais L. beobachtete Atavismen, ihre 1) Vom Verf. bereits in der Dezembersitzung vorgetragen. 2) Vgl. AsCHERSON, Verb. Bot. Ver. Brandenb. XVIf (1875), 80. Sitzber. Ges. Naturf.-Freunde, Berl. 1876, 160. Bot. Zeitg. XXIV (1887). 194, XXV, 521. 3) Vgl. auch K. Schumann in Festschrift Aschers. 70. Geburtst. 137. 4) Bull. Soc. Bot. France IX (1862), 633, 534. ö) Vgl. auch Schur, Österr. Bot. Zeit. IX (1869), 11. LOESENER, Verh. Bot. Ver. Brandenb. XLV (1903), 146 T. II. 6) Zeitschrift für induktive Abstamm.- u. Vererb.-Lehre V (1911), H. 1. T. II. III. Rückschlagzüchtungen des Maises. 5 Verursachung durch den Maisbrand, üstilago Maydis DC. (Corda) und über die Stellung der Gattung Zea im System", in der er einige ganz ähnliche E/ückschlagsbildungen des Maisblütenstandes, durch den Brandpilz verursacht, erhielt, wie sie im folgenden als hier im Garten durch Züchtung entstanden, beschrieben werden sollen. Iltis schließt aus den Bildungen, in denen sich die „Andropogo- neenähre" ausgeprägt zeigt, d. h. bei denen die Eispenäste des männlichen Blütenstandes stets eine sitzende weibliche und eine gestielt männliche Blüte nebeneinander tragen (Taf, I Fig. 3) auf die Richtigkeit der von HACKEL und STAPF ausgesprochenen Ansicht, daß die Maydeen den Andropogoneen untergeordnet werden müssen. Bereits im alten Botanischen Garten machte ich den Versuch, „Mißbildungen" des Maises, die verästelten Kolben, androgyne Formen und auch das einmal wieder beobachtete Auftreten von harten kugeligen Höhlungen am Grunde der Frucht weiterzu- züchten. Bei den beiden angestellten Versuchen kam ich aber leider nicht über 2 Generationen hinaus, denn das erste Mal wurden die einzigen Versuchspflanzen durch einen Frost zerstört, das zweite Mal wurden die Früchte nicht reif. Durch den langwierigen Umzug des Gartens nach Dahlem wurde die Möglichkeit der Wiederanstellung dann weit hinausgeschoben. In den ersten Jahren der größeren üuhe im neuen Garten ließen sich am Maise gar wenig Bildungsabweichungen finden und meist nur solche von ge- ringerer Bedeutung. Erst im Jahre 1908 traten an durch Bastar- dierung verschiedenen Maissorten (dunkler, heller, Zucker- und Hühnermais miteinander) doch eine Reihe von Abänderungen auf und zwar ästige Kolben, Kolben mit männlichen Spitzen und zahl- reiche weibliche Blüten in männlichem Blütenstande. Von den im Jahre 1909 davon aufgezogenen Pflanzen erwiesen sich fast nur diejenigen als wieder monströs, deren Früchte durch den Farben- und Formenwechsel die hybride Abstammung der betr. Individuen erkennen ließen. Die Pflanzen mit gemischt geschlechtlichen Blütenständen wurden nun numeriert -und genau beschrieben, ihre Fruchtstände dann in das botanische Museum gebracht. Von jeder Nummer wurden im Frühjahr 1910 eine Anzahl Samenpflanzen in den Garten des Botanischen Museums ausgepflanzt und beobachtet. Etwa ^3 derselben zeigte einen normalen Aufbau, diese wurden sofort entfernt. Von den androgynen Blütenständen wurden die besten sofort beim Erscheinen in feine Gaze gebeutelt und mit Pollen derselben Pflanze künstlich bestäubt. Fig. 1 bis 6, Taf. I zeigen einige der 1910 gewonnenen zur Fortpflanzung bestimmten 6 P. Graebner: Frucbtstände und Teile von solchen. — Herr Prof. SUHWELNFURTH, der ja stets der Frage der Herkunft der Kulturpflanzen hohes Interesse entgegenbrachte, interessierte sich noch für meine Kul- turen. Bei der Besichtigung machte er mich darauf aufmerksam, daß die wilden Formen der Kulturgräser eigentlich alle am Grunde bestockt seien, daß die Einstengeligkeit, die ja auch für die meisten Kulturformen des Maises so charakteristisch ist, zumeist eine Folge der Kultur sei. Dieser Anregung folgend, suchte ich nun aus den Formen mit androgvnen Blütenständen diejenigen heraus, die am Grunde am stärksten verästelt waren (Textfigur 2). Dabei ergab sich schon das Resultat, daß, je stärker die Seitenzweige des Maises (also eigentlich die Kolben) verlängert und mit Laubblättern (nicht nur wie der normale Kolben mit Scheidenblättern) besetzt waren, desto sicherer trat mindestens an der Spitze des Kolbens eine männliche Ähre auf (Taf. I Fig. 7). Je ähnlicher also die Seitenäste dem Haupt- stengel in ihrem Aufbau wurden, desto mehr löst sich der Kolben in irgendwelche ästigen androgynen Gebilde auf. Beim Einsammeln der Ernte wurden die den Mutterpflanzen (von 1909) am meisten ent- sprechenden Pflanzen mit A, etwa abweichende mit B, C usw. hinter der Nummer von 1909 bezeichnet. Unter den Pflanzen des Jahres 1909 hatte sich zufällig eine mit androgynen Blütenständen gefunden, bei der die einzeln stehenden Früchte in verhärteten, einem Eichelnäpfchen nicht unähn- lichen, Hüllen saßen. Leider wurden die porzellanartig glänzenden Aveißen Hüllen erst beim Heranwachsen der Früchte bemerkt; die Fruchtstände waren daher nicht gebeutelt und von den Sperlingen stark beschädigt worden, doch ließen sich zur Aussaat genügend Früchte gewinnen. Taf. I Fig. 2 zeigt einen Fruchtstand der daraus gezüchteten Generation 1910. Die einem Eichelnäpfchen ähnhchen glänzenden Hüllen sind am Grunde der Früchte auch im Bilde leicht zu erkennen. Die daraus gezüchteten Pflanzen 1911 hatten nur zum Teil etwas größere verhärtete Hüllen, aber bei den meisten war der schmale, oft gefurchte Hautrand der Hüllen erheblich vergrößert, oft fast laubartig und namentlich waren an einigen Exemplaren die in dem „Näpfchen" sitzenden Früchte auch im männlichen Blütenstande aufgetreten. Den verhältnismäßig langsamen Fortschritt möchte ich dadurch erklären, daß es bisher nicht gelang, Pflanzen mit stark verlängerten laubtriebartigen Seitenzweigen zu erziehen. Die übrigen Aussaaten des Jahres 1911 haben sich größten- teils in sehr interessanter Weise weiterentwickelt, nur einige Num- mern zeigten starke Eückschläge zum Typus der Kulturformen Rückschlagzüchtungea des Maises. 7 und zwar auch hier wieder ausschließlich nichtästige Pflanzen. Die Auswahl der Formen und die Weiterzucht wurde in der Weise vorgenommen, daß zunächst alle Pflanzen, die rein männliche Blütenstände hervorbrachten vor der Blüte kastriert wurden. Gleich beim Erscheinen der Blütenstände sieht man auch schon die faden- förmigen Narben mit zum Vorschein kommen ; fehlten diese, so wurde der ganze Blütenstand herausgezogen, um eine Bestäubung mit diesen nicht erwünschten Formen zu verhindern und nur andro- gyne Blütenstände zur Verstäubung des Pollens zu veranlassen. Besonders charakteristische Formen wurden frühzeitig in feine Gaze gebeutelt, um Fremdbestäubung bei ihnen zu verhindern. Diese selbstbestäubten Pflanzen sollen zur Weiterzüchtung und Be- obachtung der bestimmten Form dienen, die übrigen der freien Bestäubung clerPflanzen mit androg)'nen Blütenständen untereinander zugänglichen sollen gleichfalls weiter gezogen werden; vielleicht ergeben sich, wie aus den Bastarden bisher auch weiter neue Formen. Soweit die wenigen vorliegenden Generationen bisher erkennen lassen, ergeben sich bei der Weiterzüchtung der Pflanzen mit ge- mischt geschlechtlichen Blütenständen zwei verschiedene Formen- reihen. Erstens; waren Früchte von solchen Pflanzen genommen, bei denen die weiblichen Blütenstände, also die Kolben, verzweigt waren, indem sie dann entweder an der Spitze einige männliche Blüten trugen (Taf. I Fig. 1) oder die Seitenästchen mehr oder weniger verlängert männlich waren (Taf. I, Fig. 2). Die aus ihnen ge- zogenen bereits am Grunde ästigen Pflanzen besaßen sämtlich auf- gerichtete Triebe, die sich kräftig verlängerten, normale Laub- blätter trugen und z. T. sogar den Blütenstand des Mitteltriebes schließlich überragten. Der endständige Blütenstand des Mittel- triebes war bei den meisten Exemplaren nach dem obenerwähnten „Andropogon-Typus" (Taf. I Fig. 3, 5, 6 u. Textfig. 2) gebaut mit mehr oder weniger zahlreichen weiblichen Blüten drin. Nur in einem Falle war er denen der seitlichen Triebe ähnlich. Diese, die in den gehenden Generationen wie erwähnt nur einige männliche Blüten an der Spitze trugen, waren jetzt schlank und dünn senkrecht nach oben gerichtet und allmählich oder plötzlich übergehend endigten die weiblichen Kolben in eine bis über 2 dm lange schlanke bis etwas dicke männliche Ähre (Taf. I. Fig. 7). Bei den meisten Exem- plaren dieser Reihe fehlten alle kurzgestielten seitlichen Kolben völlig, andere waren wohl angelegt, verkümmerten aber im Laufe der Entwickelung, brachten gar keine oder nur wenig Früchte. In den rispigen endständigen Blütenständen machte sich auch wie bei den folgenden oft eine Vergrößerung der Spelzen bemerkbar. 8 P. GRAEBNER: Weit zahlreicher aber als die eben beschriebenen waren die- jenigen Formen, die aus Kolben gezogen waren, die eine starke Neigung zur Vergrößerung der Spelzen zeigten, die also etwa dem Balgmais ähnlich gebaut waren, aber natürlich androgyne Bluten- stände (end- oder seitenständige) besaßen. Hier scheinen alle die aus mehreren lieihen gezogenen Pflanzen einem Endtypus zuzu- streben. Bereits im vorigen Jahre (191ÜJ hatte sich aus einer solchen Aussaat eine Pflanze mit dem endständigen Blütenstande Fig.4(Taf.Ij gebildet, der sorgfältig gebeuteltundselbstbestäubt wurde. Aber nicht nur aus der Nachkommenschaft dieser Pflanze, sondern 1 2 Fig. 1. Gleichgestaltete end- und seitenständige androgyne Rispen. Fig. 2. Eins der ästigen Exemplare noch mit echten Kolben, die aber alle an beblätterten Stengeln aufrecht stehen und an der Spitze kurz männlich, z. T. schon verzweigt sind. (Züchtungen des Jahres 1911.) auch aus anderen Pflanzen derselben und ähnlich gestalteten Eeihen ergaben sich in sehr großer Zahl Individuen, die keinen einzigen normalen Kolben mehr besaßen. Die unteren seitlichen Blüten- stände zeigten, soweit sie nicht an stengelartig verlängerten Asten saßen, fast kugelige bis schlank kegelförmige Gestalt. Am Grunde waren sie (meist sehr regelmäßig) kurzästig, die Verzweigung war aber stets in den sehr (bei einigen bis über i dm laugen, bei den meisten aber viel kürzeren) laubartigen unteren Spelzen versteckt. Rückschlagzüchtungen des Maises. 9 (Taf.I, rig.7,8.) Nach oben wurden die Spelzen dann kürzer, schlössen aber fast stets doch noch alle Früchte ein. Einige von diesen Gebilden sind dick kopfförmig und machen einen ganz monströsen Ein- druck, enthalten aber trotzdem reichlich gut entwickelte Früchte, die meist ebenso wie die der rispigen Blütenstände kugelig sind, von der Gestalt des „Maiskorns" nicht mehr viel zeigen. An den stark verlängerten Seitenzweigen mit typischen Laubblättern lösten sich diese „Kolben" aber ganz allmählich auf. Die Internodien waren gestreckter, das Ganze lockerer und das Gebilde näherte sich mehr und mehr einer echten Rispe, wie sie denn auch mehrfach an den obersten resp. den am stärksten verlängerten Zweigen auftraten. Besonders interessant war hier- bei, daß verschiedene der seitlich entstandenen „aufgelösten Kolben" so völlig einzelnen der endständigen Blütenstände glichen, daß man sie ohne Prüfung der Stellung nicht unterscheiden kann (Taf. I Fig. 8 und Textfigur 1). Bei einigen Aussaatreihen zeigten sämtliche Exemplare diese Eigenart, waren also (soweit man bei etwa 10-20 Exemplaren den Ausdruck gebrauchen darf) mit 100 pCt. konstant. Je kolbenäholicher die seitlichen Blütenstände sind, desto weniger männliche Blüten treten in ihnen auf, je rispenartiger sie waren, desto mehr. In allen finden sich reichlich wohlausgebildete Früchte. Auch bei der Ernte dieses Jahres wurden die abweichenden Formen der einzelnen Aussaatreihen wieder besonders numeriert, also etwa als 2 B II usw., um im nächsten Jahre die Weiterent- wicklung beobachten zu können. Die große Mehrzahl der Pflanzen war völlig gesund, nur bei einigen wenigen trat Maisbrand auf. wie ja fast stets auch in den Kulturen normaler Maispflanzen. Zufällig wurden auch von einer 1910 brandkranken monströsen Pflanze (ästige Kolben), die sich in den weit entfernten Kulturen in der systematischen Abteilung des Gartens fand, Früchte unter besonderer Nummer ausgesät. Alle daraus erwachsenen Pflanzen waren 1911 der normalen Kultur- form wieder gleich. — Daß es sich bei diesen Ergebnissen nicht um verkümmerte usw. Pflanzen handelt, zeigte der stets kräftige Wuchs der reichlich bewässerten Pflanzen. Ich hoffe, dieser vorläufigen Mitteilung nach Gewinnung eines reichlicheren Zahlenmaterials später eine ausführliche Arbeit mit Angabe der aus den einzelnen Individuen und Reihen ge- wonnenen Resultate folgen lassen zu können. Vorläufig denke ich aber darauf verzichten zu müssen, da mir zwar das allgemeine 10 Julius Schuster: bisherige Bild interessant erscheint, daß aber bei der geringen Zahl von 4 Generationen und nur etwa je ca. 10 bis 20 der Nach- kommen jeder eigenartigen Form (es wird dadurch schon ein er- heblicher Raum eingenommen) die bis jetzt vorliegenden Zahlen doch ein trügerisches Bild geben können, jedenfalls nicht zuver- lässig sind. Erklärung der Tafel I. Züchtungen des Jahres 1 9 10. Fig. 1. Astiger Kolben, nur an der Spitze wenige, männliche Blüten. Fig. 2. Kolben mit männlichen Ästen, die Früchte mit den porzellanartigen „Näpfchen" am Grunde. Fig. 8. Teile von endständigen androgynen Rispen (Fig. 6, 6) nach dem „Andropogontypus". Figur 4. Endständiger androgyner Blütenstand mit vergrößerten Spelzen (durch die zu enge Beutelung gepreßt und verbogen). Fig. 5. Endständiger androgyner, sonst normaler Blütenstand. Fig. 6. Mehrere solcher Blütenstände. Züchtungen des Jahres 1911. Fig. 7. Aus Fig. 1 gezüchtete ,, aufrechte Kolben" mit männlichen Ähren und aus Fig. 4 gezogene Kolben mit Vergrößerung der Spelzen und Verzweigungen (Übergänge zu den endständigen androgynen in Fig. 4 und 8.) Fig. 8. Einige weibliche Kolben einer Aussaat mit der fortschreitenden Ausbildung der Spelzen bis zur (links) schon deutlichen Verlaubung und Verzweigung zu Grunde. 2. Julius Schuster: Die systematische Stellung von Rhizocaulon. (Mit einer Textabbildung.) (Eingegangen am 13. Januar 1912.) Vor kurzem hat A. ENGLER eine in Kamerun vorkommende Cyperacee mit baumartig verzweigtem Stamm, wie er den Pandaceen eigen, beschrieben (1) und durch anatomische Untersuchung ge- zeigt (2), daß der interessante, Schoenodendron Buecheri genannte Die systematische Stellung von Rhizocaulon. 1 1 Typus einen oberirdischen, unter den Blattbasen verborgenen Mantel von Adventivwiirzeln besitzt, der kaum weniger dick ist als der Stamm selbst. Diese Wurzeln entspringen an den Stengel- gliedern in verschiedener Höhe und wachsen durch die Scheiden- teile der Blätter, parallel zur Stammoberfläche, senkrecht nach ab- wärts. So entsteht an dem untersten Teil des Stammes ein mäch- tiges Wurzelgeflecht, welches dem Querschnitt ein charakteristisches Gepräge verleiht. Dieses eigentümliche Verhalten der Wurzeln fand ENGLER unter den gegenwärtig bekannten Cyperaceen nur bei dem brasilia- nischen Cephalocarpus dracaenula Neos wieder und so mag es nicht ohne Interesse sein, auf eine längst beschriebene fossile Gattung hinzuweisen, die, wie ich glaube, als dritte im Bunde hier anzu- gliedern ist: SapORTAs Rhizocaulon, dessen Identifizierung ein altes Desiderat der Palaeophytologie bildet. Von Bhizocaidon kennt man ebenso genau die Abdrücke der Stammstücke und Blattfragmente als deren Innenstruktur aus zahl- reichen verkieselten Resten und nur die Zusammengehörigkeit der leider ausschließlich in Abdrücken vorliegenden Blütenstände ist, wenngleich durch die zahlreichen Funde SAPORT As höchstwahr- scheinlich, über allen Zweifel noch nicht erhaben, weil es bisher nicht gelungen ist, sie in direktem Zusammenhange mit den vegetativen Organen nachzuweisen. Dafür sind aber die letzteren so gut bekannt und charakteristisch gebaut, daß bei der Frage nach der systematischen Stellung von Rhizocaulon die Blüten vorerst weniger wichtig erscheinen und es genügen mag, auf die Wahrscheinlichkeit hinzuweisen . S APORTA hat von seinem Rhizocaulon eine größere Anzahl von Arten aus verschiedenen Formationen und Orten beschrieben, deren Bestimmung sich zum Teil nur auf mangelhaft erhaltene Abdrücke stützt und daher zweifelhaft ist. So ist Rhizocaulon für den oberen Jura von Portugal angegeben, was natürlich kaum richtig sein dürfte, da bis jetzt Reste von Monocotyledonen aus dem Jura mit Sicherheit nicht bekannt sind. Dagegen ist es außer allem Zweifel, daß die Gattung Rhizocaulon bei der Zusammen- setzung der hygrophilen Flora des südfranzösischen Oligozäns eine wichtige Rolle spielte und hier, so namentlich bei Aix, bestand- bildend auftrat. Die in der folgenden Tabelle verwerteten Merk- male beziehen sich alle auf Rhizocaulon Brongniarti von Aix, welches aus zahlreichen verkieselten Exemplaren so gut wie möglich be- kannt ist und als Typus der Gattung betrachtet werden kann. 12 Julius Schuster: C V) I < o o 3 3 (S p sr 3 . » CD I i W I D S' I o p 0 er ^ PORTA Gr.) so^ grophi enso a> P I N I p-l m 3 a. p c ä p- ^ N P a "^: tO CD OQ •-1 O » •73 P 1-1 T er CK _. O cc >-l »^ 3 er. o § 3 cc 05 a l 5?P 3 3 e! CD 3 I a ■ p p o-atj c»g §= S- 2- o- 2- CD 5-5 -1 2 ST 2 3 CD ® »— CD 3 " 21 p^ tri- a> 1 3' P 3 p: 3 &-: P g^^ ^ - - '^ 3^ CD P 2: ^ cc P ^ ?r to CD CD CD ;-• 3 ° er 3 'P cc P ü, C: "^ 3 P B Cf tc cnq O ' Co CD 3 C 2. fi3:| Co' CD r CD 3 :rc! CD CD S'g |.|. |.P CD p O P g != CD < P CD r r'-^ -1 -» m CT> rj 0-3- tr -< 11 N PO? rt> <^ p h-l KK CD CD cd" 3 P C: 3 3 P CO Ol -^ P ' ^ P Ol P ö o ^ et- B' P' "1 p ® 3 rr CD o CD cc- Z,\ 3 P 3 E. i-t N CS CD ^-"^ p" p CD B B l p Q. P a a CD 3 N 5 2 2. a. a < a CD P ^ ^^ CD 5r2. CL j: P- 2 ^" n CD G^ ^ D CD 2 w < -d o o p p 2 "^ a ;:;■ CD pj s^ 3 POP 3 o p: r C.2 p- p- £-■ 3 o' CD CD w N P- -, P CD w >-t CD P O^ CD CD 3 3 I p^ >P.B P ?i- - er CD P >— CC CD N P • n P" er ^*-' " CD n cS--^ O' CT CD 3 CL CD "1 3- O acj CD p er CD P 3 CD 3 bd p p 3 p P P -^ -1 CD O D- ci- o; 5" p 05 P' o n tr- o TT crj o- er CD I CD -i O 3- CD P B oi 3 p" 3 er? CD P . cc O ►p' 2 CD p 3 3 3 2. ofq'S, ■* p CD B CC O er o- CD CD 3 3 cc cc o o p B CP3 1^ o I ^£ ^P= p^ w cc ^ r: P' 2.N 3 C r. CD s:tr ^-' C: >r CS 3 3 cc 2"-° CD B" FS CD C ^ S' CD 3 er cr CD CD 3 3 cc X O O C^ CD TT 1^ CD 05 CD p o- CD X er CO CD 3 CD - 3 , Cb ' P 2:s. '^- s - 3- C^ 3 ° ^ p- ~- CD o 3" p P B H K M er o- o"; er CD ® CD j CD P 3 3 P Ui V. cc ! CC 00 o o cc CS o 3 p" p er? 3 B es 35' 01 o p- o CS p' CD c* tc CS -1 LC CD ^ CD S CC Cc Ä) c MS p s~ O "^ P £J S <: CD ■-1 2. ö' tr 0 p CO d: CT CD f5 P" Die systematische Stellung von Rhizocaulon. ] 3 Aus dieser Übersicht geht hervor: 1. Es bestellt eine weit- gehende morphologische und systematische Übereinstimmung zwischen ScJioenodendron, Cephalocaypus und Bhisocaulon; 2. im Ver- gleich zu Schoenodendron steht Rhizocaulon der Gattung Gephcdocarpus viel näher und unterscheidet sich von letzterer — von den nicht ganz sicheren Blüten abgesehen — anatomisch kaum und durch die stärkeren Größenverhältnisse nur wenig; 3. die anatomischen Unterschiede zwischen Rhizocaulon und Gephalocarpus einer-, ScJioeno- dendron andererseits erklären sich aus dem xerophilen Vorkommen des letzteren und dem hygrophilen Standort der ersteren. Es könnte der Einwurf gemacht werden, ob der — wenn- gleich äußerst charakteristische — anatomische Bau von Rhizocaulon berechtige, dieses den Cyperaceen zuzuführen; ob nicht vielleicht auch andere Monocotjledonen ähnlich gebaut sein könnten. Indes geht aus ENGLERs Arbeit hervor, daß auhJer den Cyperaceen Schoenodendron und Gephalocarpus nur die Velloziaceen durch einen oberirdischen, unter den Blattbasen verborgenen "Wurzelmantel ausgezeichnet sind. Die Velloziaceen sind aber ausgesprochene Xerophyten, während sich die Rhizocaulon- Äxten (wie auch Gephalo- carpus) schon durch die radialen Luftgänge zwischen den Speichen des Rindenparench\^ms der Adventivwurzeln und den Bastträgern der Blätter als Bewohner eines feuchten, wasserreichen Bodens dokumentieren. Zudem hat früher schon SCHUMANN, namentlich auf Grund der Blattanatomie, Rhizocaulon für eine Cyperacee er- klärt und speziell Gladium Mariscus zum Vergleich herangezogen. SaPORTA sprach sich allerdings noch für die Zugehörigkeit zu den Eriocaulaceen und besonders den ßestiaceen aus, wo ihm nament- lich die Blütenstände brauchbare Vergleichsobjekte zu liefern schienen. Allein einmal ist die Identität dieser Blütenstände mit Rhizocaulon nicht ganz sicher, zweitens sind davon nur Abdrücke bekannt und drittens stimmen sie, soweit die ßeste erkennen lassen, mit denen von Schoenodendron so gut überein, daß auch aus diesem Grunde die Stellung bei den Cyperaceen- nicht mehr zweifelhaft sein dürfte. Ich bin der Ansicht, daß das Habitusbild von Gephalo- carpus rücksichtlich der vegetativen Organe beinahe noch ein besseres Bild von dem Aussehen der Rhizocaulon-P üanzen liefert als SaPORTAs bekannte Rekonstruktion. Dieses Bild, durch die Reproduktion in SapORTAs Pflanzenwelt (S. 260) weiteren Kreisen bekannt, stellt die Pflanze in wenig tiefem Wasser eingewurzelt dar und zeigt die zum Teil nach unten wachsenden und hier seitliche Organe treibenden Adventivwurzeln, die dann natürlich als Nährwurzeln dienen. Auch bei Cephalocarpus 14 Julius Schuster: Ceplialocarpiis dracacnula Nees, von MaRTIüS in den Bergwäldern des Cupati am Japurä (Provinz Rio Negro) gesammelt, zwei oben einmal gegabelte Exem- plare (in der Flora brasiliensis t. 18 irrtümlich zu einer einzigen Pflanze kombiniert); ^/j der nat. Größe sichtlich der vegetativen Teile 2 (Orig. im Bot. Mus. München), anz g-ut als Rekonstruktion von gelten. Kann hin- Rhisocaulon Die systematische Stellung von Rhizocaulon. 15 hängen die Adventivwurzeln, die stets seitlich der Gefäße ent- stehen, teilweise frei herunter und verzweigen sich hier. Die meisten stellen aber schon vorher ihr Wachstum ein und ver- trocknen, nachdem eine starke Verholzung der Gewebe eingetreten ist. Diese bilden eben den charakteristischen Wurzelmantel unter den persistierenden Blattbasen. Ihrer biologischen Bedeutung nach dürften sie als humussammelnde Organe aufzufassen sein. Cephalo- carjms wächst ja in den nebelreichen Bergwäldern der Provinz B,io Negro am Japurä „forte nunquam humano pede pressis, ubi humus tri um pedum altitudine", wie die Flora brasiliensis angibt. Vielleicht wuchs Rhizocaulon unter ähnlichen Bedingungen, jedenfalls ist die Tatsache, daß die Luftwurzeln auf dem feuchten Substrat sich verzweigen und zu Nährwurzeln werden, leicht verständlich. Bei dem auf trockenen Felsen, z. B. Gneiskuppen, vorkommenden Schoenodendron dagegen sind diese Luftwurzeln mit einem wasser- speichernden Velamen versehen. Die Ähnlichkeit mit den gleich- falls xerophilen Velloziaceen ist wieder ein Beispiel für konver-- genten „Standortshabitus" systematisch weit abstehender Familien. Daß indes sowohl die Velloziaceen als auch die baumartigen Cy- peraceen phylogenetisch alte Typen darstellen, scheint schon daraus hervorzugehen, daß sie sehr beschränkte Areale bewohnen. Außerdem hat Engler bei Schoenodrendon am Grunde des Pistills drei kleine Schüppchen nachgewiesen, die (wie nach meiner Auffassung die lodiculae der Gräser) als Perigonblätter aufgefaßt werden könnten. Jedenfalls ist das Vorkommen von baumartigen tropischen Cyperaceen im Oligozän, ja selbst in der oberen Kreide Südfrank- reichs von hohem Interesse und dies umsomehr, als hier der seltene Fall gegeben ist, daß man den anatomischen Bau einer fossilen Pflanze seit längerer Zeit (1862) kennt als die entsprechenden rezenten Analoga (1911) — woraus eben bisher jene Unsicherheit der svstematischen Stellung von Rhizocaulon zu erklären ist. Literatur. Engler (l), Schoenodemhon in Englers Bot. Jahrb. XLIV (1910), Beiblatt nro. 101. l'^MGLER (2) und KRAUSE, Über den anatomischen Bau der baumartigen Cy- \>ev3icec ,Schoeiwdendro)i Buec' eri Engl, aus Kamerun, Abb. K. PreuJi. Akad. 1911. Nees, Oyperaceae in Flora brasiliensis II, 1, 1842. S. 162. SapORTA (1), Etudes sur la Vegetation du sud-est de la France k l'epoque tertiaire III, Ann. sc. nat. XVII, ser. i, 1862, S. 193. SapORTA (2), Ebenso V, Ann. sc. nat. XIX, ser. 4, 1863, S. 37 (vgl. Taf. 4, Figur 20). 16 Theodor Porodko: SapORTA (8), Ebenso, Suppl. I, Ann. sc. nat. XVII, ser. 5, 1873,' S. 27. SaporTA (4), Etüde monograpliiiiue surles Bhizocauloii, Rev. gen. Hot. VI, 1894. Saport .\ (5), Die Pflanzenwelt vor dem Er.scheinen des Menschen (übers. V. VOGT), Braun.schweig 1881, S. 260 (vgl. Figur 70). SCBENK, Paläophytologie, München 1890, S. 391. Schumann, Untersuchungen über die Rhizocauleen, Jahrb. K. Preuß. geol. Landesanst. f. 1901. Berlin 1893. ZbiLLER, Elements M»I)K(»: Im Falle der „festen" Lösungen nehme ich mittels einer ca. '/a nam dicken Kapillar rühre einen Agarfaden, blase ihn auf eine Glas- platte heraus und zeischneide ihn in ca. 1 lum lange Stückchen. Im Falle der wäßrigen Lösungen befeuchte ich hiermit die ca. ^|^ bis 1 ([mm groHen Vierecke von reinem schwedischem Filtrier- papier und entferne vor dem Auftragen auf die Wurzel den Über- schuß der Flüssigkeit. Das Aufsetzen der Agar- und Papier- stückchen geschieht mittels eines dünnen Pinsels, und zwar sehr vorsichtig, damit die berührte Flanke der Wuizelspitze nicht ge- schädigt, die übrigen Flanken dagegen nicht berührt werden. Sind die Stückchen richtig aufgesetzt, so berühren sie höchstens das letzte Millimeter der Wurzel. Nunmehr stelle ich das Mikroskoj) auf die Spitze der Wurzel ein. Für die Ablesungen bediene ich mich schwacher Vergröße- rungen, so daß 77-2 Teilstriche des Okularmikrometers einem Milli- meter entsprechen. Das Okular wird vorher um 9U " gedreht, so daß die Skalastriche vertikal orientiert sind. Den mittleren, also den 50., Teilstrich bezeichne ich weiterhin als 0; auf ihn stelle ich immer am Beginn des Versuches die Mittellinie des Kegels der ebenfalls lotrecht orientierten Wurzel ein. Dann folgen Be- obachtungen, und zwar in Zwischenräumen, die meistens 10 bis 15 Minuten betragen und nur in den Versuchen mit den schon bekannten Stoffen bis zu 20 — 30 Minuten verlängert sind. Die Beobachtungen dauern den ganzen Tag, im Durchschnitt also 7 — 8 Stunden. Die letzte Beobachtung erfolgt 20 bis 2-1 Stunden nach dem Beginn des Versuches. Bei jeder Ablesung konstatiere ich, ob und nach welcher Richtung die Wurzel wächst. Die in den Tabellen angeführten Ziffern bedeuten, um wie viel Skalastriche die Wurzel von der Vertikale (also von dem 50. Strich) abgewichen ist, wobei die vorangehenden +- und — Zeichen die Richtung dieser Abweichung in bezug auf das den Reiz auslösende Stückchen zeigen. Die Abweichung der Wurzelspitze von der Verti- kalen geht in allen typischen Fällen in eine Krümmung über. Der Ablenkungswinkel wurde nur annähernd geschätzt, und zwar mit der Genauigkeit bis zu 5 " etwa. Es sei hervorgehoben, daß in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Krümmung streng in der Ebene des Gesichtsfeldes des Mikroskopes, also in der Fläche der Reizverbreitung verläuft. Die chemischen nicht zu weit von dem Optimum liegenden Reize sind augenscheinlich stark genug, um sowohl den Geotropismus zu überwinden als auch das eventuelle Nutationsbestreben zu unterdrücken. Die Temperatur während der Versuche wurde konstant gehalten. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 19 und zwar betrug sie in der einen Reihe der Versuche 30 ^ C, in der anderen 18 ° C. Irgendwelche bedeutende Unterschiede in dem Gang der Krümmungsreaktion sind aber dadurch nicht ent- standen. Als Versuchspflanzen benutzte ich Keimlinge von Liqnmis albus und HeJicmthus annuus. Das Verhalten der beiden Pflanzeu- arten erwies sich in qualitativer Hinsicht als identisch. Die quanti- tativen Unterschiede bestehen lediglich darin, daß die Wurzeln von Helianthus viel empfindlicher als diejenigen von Lupinus sind. In den Versuchen mit der ersteren Pflanze wurden daher ent- sprechend niedrigere Konzentrationen angewandt. Es wurden 55 Verbindungen untersucht, und zwar aus ver- schiedenen chemischen Gruppen, Jede Verbindung wurde in der Kegel in mehreren Konzentrationen geprüft. Meistens enthielten meine Lösungen 0,01 bis 0,1 Grammäquivalent Substanz pro Liter. Oft aber sanken die Konzentrationen bis 0,001 herab oder stiegen bis zu mehreren Grammäquivalenten hinauf. Aus dem in diesem Abschnitt Gesagten geht also klar hervor, daß nur in bezug auf die Art der Heizung meine Methodik mit derjenigen von CH. DARWIN und CHOLODXYI übereinstimmt. Sonst schließt sie sich der mikroskopisch-singulären Beobachtungs- methode von W. POLOWZOW^) an. Die Bedingungen der chemotropen Reaktion. Damit die chemotrope Krümmung eintrete, sind gewisse Be- dingungen in bezug sowohl auf die Wurzel als auch auf die Reizung zu erfüllen. Die Wurzel muß nicht zu langsam wachsen. Es besteht ein enger Znsammenhang zwischen der Schnelligkeit des Wachstums und der des Krummwerdens. Altere sehr langsam wachsende Wurzeln krümmen sich in absehbarer Zeit überhaupt nicht. Man hat mithin in erster Linie die Bedingungen eines guten Wachs- tums zu schaffen, um ausgesprochene und schnell eintretende che- motrope Krümmungen zu erzielen. Was nun die Bedingungen des Reizes selbst anbelangt, so ist hier vor allem die Stoffnatur maßgebend. Darüber soll weiter besonders die Rede sein. Hat man nun schon einen guten Reizstoff in Händen, so ist dann dafür zu sorgen, daß er einwirke 1. streng einseitig nur auf einen ^/^ — 1 mm langen Endteil der Wurzelspitze und 2. mit einer bestimmten Stärke. 1) „Untersuchungen über Reizerscheinungen bei den Pflanzen." Jena 1909, S. 34 u. ff. 2* 20 Theodor Porodko: Die Stärke des chemischen Reizes setzt sich aus drei Vari- ablen zusammen: der Konzentration, der Stoffmenge und der Ein- wirkungsdauer, Der Zusammenhang zwischen diesen Variablen kann vorläufig noch nicht genau formuliert werden. So viel ist aber sicher, daß durch Steigerung jeder dieser Variablen der Reiz gleichfalls verstärkt wird, und umgekehrt. In meinen Versuchen variierte ich meistens die Konzentration, zuweilen aber auch die Stoffmenge und die Einwirkungsdauer. Über die Konzentrations- variationen ist das Nötige schon oben gesagt. Die Stoffmenge regulierte ich einerseits durch die Verminderung der Papierstücke, andererseits durch deren mehrmaliges Wechseln. Die Einwirkungs- dauer konnte ich beliebig abkürzen, indem ich das aufgesetzte Papierstückchen nach der erwünschten Berührungszeit entfernte. Meine diesbezüglichen Versuche haben mich nun zu dem Schluß geführt, daß für eine chemotrope Krümmungsreaktion eine ein- seitige Zuführung einer bestimmten Menge der chemischen Energie zu der Wurzelspitze notwendig ist. Je näher diese Menge dem Reizoptimum liegt, desto besser verläuft die Krüm- mungsreaktion, was in der Verkürzung der Reaktions- (bzw. Präsentations-) Zeit, in der Beschleunigung des Krummwerdens und in der Vergrößerung des Krümmungswinkels zum Ausdruck kommt. Demgegenüber erfahren alle drei genannten Elemente der Krümmungsreaktion sowohl bei der Verminderung als bei der Ver- größerung der Menge der chemischen Energie eine entsprechende Abschwächung. Diese Abschwächung ist ganz verständlich im Falle der Verminderung der Energiemenge, besonders wenn man den immer entgegenwirkenden Geotropismus berücksichtigt. Wie ist aber solche Abschwächung im Falle der Vergrößerung der Energiemenge zu erklären? Nicht immer auf gleiche Weise, Mit einigen Stoffen wird die chemotrope Erregungsreaktion durch die Vergrößerung der chemischen Energie abgeschwächt oder sogar sistiert. Davon wird fernerhin noch die Rede sein. In anderen Fällen kann der Überschuß des Stoffes die Lokalisierung der Reizung stören, und zwar entweder dadurch, daß der Stoff quer durch die Wurzelspitze diffundiert und so den relativen Unter- schied an den opponierten Flanken der Spitze vermindert oder ver- nichtet, oder dadurch, daß der Stoff sich nach oben bis zur Wachstumsregion verbreitet und hier eine positive Krümmungs- tendenz hervorruft. Meines Erachtens kommt die letzte Möglichkeit besonders oft in Betracht. Deswegen sehen wir nicht selten, wie dies aus dem folgenden Abschnitt hervorgeht, daß die Krüm- mungsreaktion nicht nur eine schon betonte Verminderung ihrer Vergleichende üntersuchuDgen über die Tropismen. 21 Elemente erfährt, sondern auch ein anscheinend qualitativ^ neues Gepräge erhält. Der Verlauf der chemotropen Krümmungsreaktion. a) In einigen Versuchen wachsen die Wurzeln gerade fort oder weichen von der Vertikalen höchstens um wenige Teilstriche des Mikrometers ab, und zwar entweder in positiver oder nega- tiver Richtung. Ein solches Verhalten der Wurzeln beobachtet man entweder bei fast allen möglichen Konzentrationen der reiz- unfähigen Stoffe oder bei Anwendung solcher Stoffe, welche zwar reizfähig sind, aber in unwirksamen Konzentrationen angewendet wurden. b) In anderen Versuchen wachsen die Wurzeln schief ab- wärts sowohl in positiver als auch in negativer Richtung, ohne doch die betr. Krümmungen auszuführen. Dies ist bei zu schuachen Reizen der Fall. Offenbar kann hier eine für das Zu- standekommen der wahren Krümmung nötige Wachstumsdifferenz an den opponierten Wurzelflanken nicht geschaffen werden. Daß meine Erklärung richtig ist, beweisen diejenigen Versuche, wo das in Rede stehende schiefe Wachstum leicht in eine wirkliche Krüm- mung umgewandelt werden konnte. Dazu genügte, die ange- wandte Reizung zu wiederholen, und zwar durch das Ersetzen des aufsitzenden Papierstückchens durch einen anderen frisch be- feuchteten. Das gleiche Resultat kann auch durch die An- wendung einer stärkeren Konzentration des nämlichen Stoffes er- zielt werden. c) In den meisten Versuchen begegnen wir den negativen Krümmungsreaktionen entweder in reinem Zustande oder in der Kombination mit der positiven Krümmung. So z. B. beginnt die Wurzel sich negativ zu krümmen, erreicht einen gewissen maxi- malen Ablenkungswinkel und verbleibt dann bald in derselben Lage, führt bald eine geotropische Abkrümmung aus, gleicht bald den entstandenen Winkel mehr oder minder aus. Zuweilen macht sich hier aber auch eine Tendenz zur positiven Krümmung geltend. Ist die entstandene negative Krümmung bereits durch Wachstum fixiert, so beginnt sich nun die jüngste Wachstumszone positiv zu biegen und bildet also eine S-förmige Krümmung. Widrigenfalls aber kann die entstandene negative Krümmung erst ausgeglichen w^erden, und nur dann krümmt sich die Wurzel positiv. Schließlich muß noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß bei Beginn der Krümmungsreaktion fast immer eine schwache, positiv gerichtete, Ablenkung (nicht Krümmung!) stattfindet. Dies 22 Theodor Porodko: ist selbst in den Versuchen der Fall, wo man die besten Reizstoffe anwendet nnd späterhin auch eine ausgezeichnete negative Krüm- mung beobachtet. Die unter c) beschriebenen Fälle kommen in den Versuchen mit den passenden Konzentrationen der Reizstoffe vor. d) Endlich krümmt sich die Wurzel entweder von Anfang an positiv, oder erst nach einer kurzdauernden Abweichung in negativer Richtung. Dies beobachtet man bei Anwendung sehr hoher Konzentra- tionen oder sehr giftiger Stoffe. Die in diesem Abschnitt beschriebenen Reaktionsmodalitäten möchte ich folgendermaßen erklären. Die Spitze der Wurzel geht ganz allmählich in deren Wachs- tumszone über. Die Nachbarschaft ist dabei so eng, daß das genau auf die Spitze aufgesetzte Papier- oder Agarstückchen zuweilen') durch wachsende Wurzelteile nach oben geschoben wird. Unter diesen Verhältnissen ist es begreiflich, daß eine streng lokalisierte Reizung der Wurzelspitze faktisch eine Fiktion ist. Denn der angewandte Stoff diffundiert ja sehr schnell zu der Wachstums- zone und kann hier die bekannte positive Krümmungstendenz her- vorrufen 2). Auf diese Weise kommt es auch hier, also bei der verbesserten Methode, oft zu einem Kampf zwischen den entgegenwirkenden Krümmungstendenzen der Wurzelspitze und deren Wachstumszone. Von der relativen Stärke dieser Tendenzen hängt offenbar auch der Krümmungsgang ab. Es kann daher nicht wundernehmen, wenn bei stärkeren Konzentrationen selbst guter Chemotropika nur zu leicht die positive Tendenz zur Geltung kommt. Auf jeden Fall ist es sicher, daß die chemotrope Krümmungsreaktion in ihrem reinen Zustande immer negativ gerichtet ist. Die Krümmungswinkel schwanken zwischen 0 ° und 360 °, meistens aber betragen sie 30 — 60 °. Was nun die Form der 1) Dies beobachtet man teils mit denjenigen Stückchen, welche etwas größer sind oder nicht genau das letzte ^/a Millimeter der Spitze einnehmen teils aber ohne diese Gründe. Damals dürfte das Wachstum der affizierten » Zellen erweckt oder beschleunigt sein. 2) In anderen Versuchen wurde der Reizstoff auf die Wachstumszone, und zwar in einer Entfernung von 2 — 8 mm von der Spitze aufgetragen. Die Folge war, daß die Wurzel sich erst positiv krümmte, um sich aber nach einer raschen Ausgleichung negativ zu krümmen. Diese Tatsache erkläre ich auch durch die Diffusion des Stoffes von der Wachstumszone bis zur gleichnamigen Seite des Wurzelkegels. Vergleichende Untersuchun,L;en über die Tropismen. 23 Krümmung anlangt, so kann ich hier alles das wiederholen, was ich früher^) darüber mitgeteilt habe. Da ich aber jetzt imstande war, die Wachstumsschnelligkeit und die Form der entstehenden Krümmung gleichzeitig zu beobachten, so konnte ich den früher nur vermuteten Zusammenhang direkt bestätigen. Was nun die zu Beginn des Versuches vorkommenden schwachen positiven Abweichungen der Wurzelspitze anbetrifft, so glaube ich, daß es sich hier bloß um die vorübergehenden Schwan- kungen des Turgors handeln dürfte. Die Abhängigkeit der chemotropen Krümmungs- reaktion von der Natur des Stoffes. Es mögen zunächst die Stoffe angeführt werden, welche von mir untersucht wurden. Die geprüften Konzentrationen, in Molen oder Grammäquivalenten ausgedrückt, folgen überall in Parenthesen. Diejenigen Stoffe und Konzentrationen, welche ausgesprochene negative Krümmungen hervorgerufen haben, sind fett gedruckt. Versuche mit den Wurzeln von Luphms albus: HCl (0,1; 0,02), Essigsäure (t,0; 0,1), Chromsäure (0,5; 0,1), Oxalsäure (2,0; 0.5; 0,1; O.Ol); Pliosj)hormül.yb(läusäure (u/10, n/100), Piiospliorwolframsäure (n/10, n/lOÖ), Tannin (n/1, n/10); KOH (1,0; 0,1); N;i,SO, (4,0; 2,0; 1,0; 0,1); KCl (1,0; 0,1); KCN (2,0; 0,2; 0,1); CsCl (0,5; 0,025); CaCl, (2,0; 1,0; 0,1); MgSO^ (10,0; 5,0; 2,5; 1,0; 0,1; Ü.05); BaCl, (1,0; 0,01); Cr,(S0j3 (2,0; 0,1; 0,01): AI,(SOJ, (1,0; 0,1; 0,02; 0,01; 0,001 0,0001); BeSO, (2,0; 0,1; 0,01); CeJJr« (2,0; 0,2; 0,02; 0,01; 0,002) H:;C1, (0,2; 0,01; 0,002; 0,001); A-NO, (2,0; 0,01; 0,003; 0.0003) PbfXO,), (2,0; 0,1; 0,01; 0,002; 0,0002); FeJ'l, fl.O; 0,1; 0,05; 0,UI 0,001); CuCl, (0,02; 0,001; 0,0002); NiCl, (0,1; 0,01): )IuCl, (2,0 0,01; 0,002); CdCl, (0,1; 0,01; 0,001); ZuSO, (2,0; 1,0; 0,01; 0,001) TI.SO, (0,05; 0,01; 0,001); Uranylazetat (0,1; 0,05; 0,02; 0,01; 0,001) Uranylnilrat (2,0; 0,2; 0,02: 0,002); Krystallviolett (n/20; n/200); Auramin (n/10; n/20; n/200); Füchsin (0,00833 n; 0,00417; 0,000417); Fuchsin S (n/10; n/20); Violettschwarz (n/80; n/200); Aethylalkohol, Amylalkohol, Phenol (5/C n; n/10); Resorzin (4 ii; u/1), Anilin; Orthotoluidiii; Xylidln; Fonnaniid; Pyridin (100 pCt., 50 pCt; 30 pCt.); Piperidin (100 p€t.; 30 pCt.); salzsaur. Morphium (n/10); Nikotin (0,5 n; 0,25 n). ]) PORODKO, a. a. 0. S. 359— 3»-0. 24 Theodor Pohodko: Versuche^) mit den Wurzeln von Helianthus nnnuus; Bi'omwasser (50 pCi; 5 pCt.); KOH fl,0; 0,05; 0,01; 0,001); XK, (1,0; 0,1) HCl (0,05; 0,01; 0,001); Chromsäuro (ii/IO); PliosplioiinolybdäQ- säure (ii/lOO; u/lOOO); Pliospliorwollranisäiire (ii/lO; n/100; n/1000); Tauuiii (u/10); Na.sÖ, (1,0; 0,1; 0,01); KCN (0,1; 0,01); KF (0,1; 0,01; 0,001); K,CrO, (0,2; 0,01); CsCl (0,5; 0,25; 0,025); CaCl, (1,0; 0,1); MgSO, (5,0; 1,0; 0,01); BaCL (1,0; 0,1; 0,01; 0,001); (■r2(S0J, (1,0; 0,1; 0,01; 0,001); A1,(S0J, (04; 0,01; O.uOl); BeSO, (1,0; 0,1; 0,01); Cr,Br„ (1,0; 0,1; 0,01; 0,002); HgCl, (0,02; 0,01; 0,002; 0,0005); A^XO, (2,0; 0,1; 0,05; 0,01; 0,001; 0,0001); ¥hm,), (2,0; 0,1; 0,01; 0,002; 0,0005; 0,0002); Fe,Cl„ (0,1; 0,05; 0,01; 0,001); CuCl (LO; 0,1; 0,01; 0,001; 0.0002); NiCl, (1,0; 0,1; 0,01; 0,001); CoCl, (2,0; 0,01); MnCL (2,0; 0,1; 0,01; 0,002); CdCl, (0,1; 0,01; 0,001); ZnSO, (0,01; 0,001); AsBr, (0,1; 0,01); Uranylazetat (0,05; 0,02; 0,01; 0,001); Krystallviolett (0,05 n; 0,005 n); Auraiiiiu (0,05 u; 0,005 n); Fuchsin (0,00JS3:3 n; 0,00417 n), Fuchsin S (0,05 n); Violettschwarz (0,0125 n); Phenol (5/6 n; n/10); Forniamid (10 pCl); Pyridin 100 pCt., 50 pCt,); Pipei'idin (10 pCt.; 2 pCt.); salzsaur. iMoipliiuin (u/lO; n/50); salpetersaur. Strychniu (0,01 n; 0,001 n); Nikotin (0.25 n; 0,05 n). Aus dem angeführten kurzen^) Überblick der untersuchten Stoffe ist ersichtlich, daß nur ein Teil derselben reizfähig ist. Vei-suchen wir nunmehr diejenige Eigenschaft der Stoffe klarzu- legen, welche eine chemotrope üeizung der Pflanzenwurzeln be- wirken kann. Berücksichtigen wir unsere sich als Reizstoffe er- wiesenen Verbindungen, so springt alsbald in die Augen eine w ei t- gehende Analogie zwischen deren chemotropem und eiweißkoaguli erendem^) Vermögen. Einerseits gehören alle die Stoffe, welche schnell verlaufende und starke Krümmung her- vorrufen, in die Gruppe der energischsten Koagulatoren der Ei- 1) In Anbetracht der schon betonten Empfindlichkeit der Hdianthus- wurzeln wurde die Einwirkungsdauer der stärkeren Konzentrationen meistens bedeutend verkürzt. 2) Aus Räumlichkeitsgründen können die ausführlichen Protokollo selbst der ausgewählten Versuche nicht angeführt werden. 3) Ich verstehe hier die Koagulation in weiterem Sinne des Wortes, also fasse hierin sowohl die eigentliche Fällung als auch das Aussalzen zu- sammen. Näheres über die Eiweißkoagulation siehe bei 0. OOHNHEIM „Chemie der Eiweißkörper'', III. Aufl. 1911, Braunschweig, T. B.ROBERTSON, „Physika- lische Chemie der Proteine", 191'2, Dresden, T. DE RUFZ DE La^'ISON. Ann. de Sc. nat. (Botan.) 1911, Tome 14, p. 97. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 25 weißsole, so z. B. Phosphorwolframsäure, Phosphormoljbdänsäure, Schwermetallsalze, die Salze einiger dreiwertigen Metalle (AI, Cr, Ce). Hier gelang es überall schon durch die Anwendung schwacher Konzentrationen gute Krümmungen hervorzurufen. Andererseits rwfen diejenigen Stoffe, welche nur schwache Eiweißkoagulation bewirken, auch relativ' schwächere Krümmungen hervor, so z. B, Alkohole, Farbbasen, organische Basen. Hier mußte ich immer stärkere, zuweilen sehr liohe Konzentrationen anwenden, um ausgesprochene Krümmungen zu erzielen. Die in ßede stehende Analogie läßt sich aber auch in Einzel- heiten nachweisen. a) Die höheren Konzentrationen fast aller Stoffe vermögen, wie schon bemerkt wurde, die negative Krümmungstendenz mehr oder weniger zu paralysieren. Ahnliches beobachtet man doch mit einigen Stoffen schon bei relativ niedrigen Konzentrationen. Dies ist z. B. mit den Salzen von Eisen, Kupfer oder Aluminium der Fall. Mit der FeaCl^-Lösung sah ich die Wurzeln von Helianthus sich nur dann krümmen, wenn das Papierstückchen nur wenige Minuten die Spitze berührte und dann entfernt wurde. Diese Eigentümlichkeit läßt sich leicht erklären. Es ist ja bekannt i), daß gerade die genannten Salze die Eiweißlösung nur in bestimmten Konzentrationen fällen. Bei dem Überschuß des Koagulators ent- steht der Niederschlag überhaupt nicht oder löst sich alsbald wieder. h) Während die Salze vieler Schwermetalle stark krümmend wirken, ergeben die mit NiCL, CoCL und MnCl, angestellten Ver- suche immer negative Resultate. Dies ist indessen insoweit be- greiflich, als auch die Eiweißsole nicht durch alle Schwermetall- salze gefällt werden. Je nach dem Ursprung des Eiweißes sind diese inaktiven Schwermetalle verschieden. Bemerkenswert ist es z. B., daß auch die Lösungen von Hühnereiweiß gerade durch die genannten Salze nicht gefällt werden konnten. c) Überblickt man die geprüften Elektrolyte, so tritt überall die Rolle der Kationen ausschließlich oder doch vorwiegend in den Vordergrund. So wirken z. B. nur die basischen Farbstoffe (Krystallviolett, Auramin, Fuchsin) krümmend, sulfosaure Farb- stoffe (Violettschwarz, Fuchsin S) bleiben dagegen inaktiv. Offen- bar handelt es sich hier nur um positiv geladene Farbradikale. Ferner erweisen sich die sämtlichen geprüften Säuren als aktiv, augenscheinlich dank dem H-Ion. Schließlich hängt auch die 1) COHNHEIM, a. a. 0. S, 8, 183. DE LaVISON, a. a. O. S. 103. 26 Theodor PorodkO: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. krümmende Wirkung der Salze von der Natur des Kation ab. Nur auf diese Weise ist zu begreifen, daß alle geprüften Salze von Alkalien und FJrdalkalien inaktiv sind, wogegen die Salze der Erden oder Schwermetalle krümmend wirken unabhängig davon, mit welchem Säureradikal sie verbunden sind. Die Hauptrolle der Kationen erklärt sich überaus einfach. Es ist bekannt'), daß eine durch dauernde Dialyse elektrisch neutral gewordene Eiweißlösung durch die Zusetzung von einer Spur Säure oder Alkali elektropositiv resp. negativ gemacht werden kann. Ganz abhängig davon, welche Ladung die Eiweißlösung erhalten hat, wird sie durch Anionen oder Kationen koaguliert. Das Proto- plasma besitzt eine schwach alkalische Reaktion, ist also negativ geladen. Deswegen muß auch das das Plasma vorwiegend zusammen- setzende Eiweiß gerade durch Kationen gefällt werden. Und das ist wirklich der Fall. d) Die Gerinnung der Eiweißsole wird bekanntlich durch die Salze der Alkalien und Erdalkalien ausgeführt. Dies geschieht aber bei den sehr hohen Konzentrationen, zuweilen erst bei der Sättigung der Eiweißlösung durch betr. Salze. Es kann deswegen auch nicht wundernehmen, wenn meine mit diesen Salzen ange- stellten Versuche meistens keine bestimmten Krümmungsreaktionen ergeben haben. Es wurden ja Konzentrationen von 0,01—0,1 Grammäquivalent angewandt, bei denen natürlich noch keine Koagulation des Eiweißes stattfinden konnte. Wurden nun die stärkeren, der Sättigung naheliegenden Konzentrationen angewandt, so traten auch Krümmungen ein. Bemerkenswert ist, daß es mit ZnSO^ leichter als mit MgSO^ geschweige denn mit Na^SO^ gelang. Das entspricht vollkommen der Reihenfolge dieser Salze in bezug auf ihre gerinnenden Eigenschaften''^). Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Analogie zwischen der chemotropen Reizung der Wurzelspitze und der Koagulation der Eiweißlösung als gut begründet angesehen werden darf. Auf Grund dieser Analogie kann man die bisher nur theoretisch ange- nommene chemotrope Erregung mit einem realen Inhalt versehen. Namentlich dürfte die nächste durch das Ohemotropi- kum bewirkte Veränderung in den affizierten Zellen der Wurzelspitze als eine Koagulation des plasmatischen Ei- weißes aufzufassen sein. 1) Vgl. DE LaVISON, a. a. 0. S. 103; ROBERTSON, a. a. O. S. 90 u. ff. 2) Vgl. OOHNHEIM, a. a. O. S. ]6fi. R. BOSHART: Über die Frage der Anisophyllie. 27 Von diesem Standpunkt ans wäre es von großem Interesse, die gereizte Wurzelspitze mikroskopisch zu untersuchen, um sicli zu überzeugen, ob und wo die Eiweißniederschläge zu finden sein dürften. Die betr. Versuche habe ich schon in Aussicht gestellt. Sollten sie aber negative Resultate liefern, so würde dies kaum gegen unsere Vorstellung sprechen. Es wäre immer möglich, daß die chemotrope Erregung selten auf der eigentlichen makrosko- pischen Koagulation des plasmatischen Eiweißes beruhe. Chemische Einwirkungen können bekanntlich') auch innere, also höchstens ultramikroskopisch feststellbare, Zustandsänderungen der Eiweiß- sole hervorrufen. Ganz analog dürften sich auch die Eiweiße dei- chemotrop gereizten Wurzelspitzen verhalten. Odessa, Botanisches Laboratorium der Universität, den 15. Januar 1912. 4. R. Boshart: Über die Frage der Anisophyllie. (Eingegangen am 18. Januar 1912.) Die Untersuchungen, die ich über dieses Thema unter dem Titel „Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie'*' im Juli 1911 veröffentlichte (Flora 1911, Bd. 103, S. 91-124), sind vor kurzem in dieser Zeitschrift angegriffen worden ( W. FlGDOR, Das Anisophyllie-Phaenomen bei Vertretern des Genus Strobilanthes Blume. Ber. d. bot. Ges. 1911, Bd. 29, S. 549—558), so daß ich mich genötigt sehe, sie hier noch einmal zusammenfassend zu be- sprechen, um so den Angriffen FlGDORs entgegnen zu können. Die erste Übereinstimmung, • die wir bei allen Formen mit: Blattasymmetrie oder Anisophjdlie finden, besteht darin, daß beide Erscheinungen stets nur an dorsi ventralen Sprossen auftreten (aus- genommen die asymmetrischen Blätter der Blüten). Die Seiten- zweige der Ulme und Linde z. B. sind anatomisch dorsiventrai und tragen zwei Zeilen asymmetrischer Blätter; im jüngsten Teile ist die Sproßachse deutlich stärker entwickelt auf der Unterseite^ n Wo. Ostwald „Grundriß der Kolloidchemie", I. Aufl. 1909, Dresden» S. 332 u. ff. 28 R- BOSHART: und hier stehen auch die größeren Hälften der fast quer inserierten Bhitter; dieselbe Beziehung besteht bei der Buche, nur daß hier die Oberseite gefördert ist. Die Keimpflanzen sind überall radiär mit sA^mmetrischen Blättern; kräftig wachsende Seitensprosse bilden an der Spitze zwar gleichfalls symmetrische Blätter aus, doch ist es bis jetzt nicht gelungen, auch die Blattstellung zu verändern. Äußere Kräfte, wie Licht und Schwerkraft, scheinen ohne Einfluß zu sein, da dieser Übergang bei jeder Lage und Beleuchtung vor sich geht. An einer Ulme drehte ich mehrere Zweige um einen Winkel von IbO ° im Juni J 909 und hielt sie in dieser Lage fest bis zum Sommer 1910. Die Achselknospen hatten nun neue Sprosse austreiben lassen, deren Blätter, wie zu erwarten, die normale Form besaßen; aber auch die von diesen Sprossen angelegten Achsel- knospen waren schon deutlich exotroph, obwohl weder sie selbst noch auch ihre Muttersprosse jemals die normale Lage eingenommen hatten (Flora S. 106 u. 109). Ganz ähnlich nun verhalten sich Pflanzen mit dekussierter Blattstellung wie Ahorn, Roßkastanie. Auch hier sind die Keim- pflanzen radiär mit gleich großen symmetrischen Blättern; erst an den dorsiventralen Seitenzweigen tritt die bekannte Anisophyllie auf: Seitensprosse 1. Ordnung tragen auf der dem Muttersproß abgekehrten (Außen-) Seite eine ßeihe großer, auf der dem Mutter- sproß zugekehrten (Innen-) Seite eine Reihe kleiner Blätter, während die seitlichen Blattpaare in ihrer Größe die Mitte halten, aber asymmetrisch sind, wobei die größeren Blatthälften nach außen zu liegen. Dieselbe Form der Exotrophie wiederholen die. Sprosse 2. Ordnung, welche auf Ober- und Unterseite dieser Sprosse 1. Ordnung entspringen, wobei die geförderten Außenseiten dann zum Horizont umgekehrt orientiert sind, da bei den auf der Ober- seite entspringenden Sprossen die stärkere Seite oben liegt. Die auf den Flanken entstehenden Seitensprosse 2, Ordnung sind nun in beiden Blattpaarzeilen anisophyll, indem hier offenbar noch die Exotrophie ihres relativen Muttersprosses nachwirkt in dem Sinne, daß auf dessen + Seite auch die -f- Seite des Seitensprosses liegt und die Anisophyllie der transversal stehenden Blattpaare bedingt, während bei den medianen Paaren einfache Exotrophie genügt. Yiel stärker tritt diese Erscheinung bei mehreren tropischen Pflanzen auf, z. B. bei Arten der Gattung Goldfuss'm (Strohilanfhcs) wie G. aniso2jhyUa und glomerata, wo sich neben wenigen isophyllen Trieben fast stets nur Sprosse mit durchweg an isophyllen Blatt- paaren finden. Überall drückt sich die Dorsiventralität auch in der Sproßanatomie und Verzweigung aus. über die Frage der Anisophjllie. 29f Es war nun interessant, den Mechanismus zu untersuchen, der diese Blattformen herbeiführt; dabei gelang es dadurch, daß Blattstiel oder Sproßachse beliebig eingeschnitten wurden, die Blatt- form zu verändern, indem das bereits angelegte Blatt infolge der Durchschneidung der darunterliegenden Leitbündel an den be- treffenden Stellen in seiner Entwicklung dauernd gehemmt wurde. Ebenso aber läßt sich ein symmetrisch angelegtes Blatt auch asymmetrisch machen durch nachträgliche Vergrößerung der einen Blatthälfte, wenn man nämlich dieser eine größere Anzahl von Leitbündeln der Sproßachse zuteilt, was durch geeignete Eingriffe möglich ist, und sie so besser ernährt (genauer beschrieben sind diese Versuche S. 97), Jedenfalls geht aus diesen Untersuchungen die starke Abhängigkeit der Blattform von der Verteilung und Tätigkeit der Leitbündel hervor, die in sie eintreten. Die Ent- wicklungsgeschichte dagegen zeigt, daß bereits die ersten Anlagen der Blätter asymmetrisch bzw. anisophyll sind, schon bevor die Sproßachse ausgebildet wird — ich schloß daraus, daß die un- gleichseitige Sproßanatomie zwar notwendig sei zur Erhaltung der Asymmetrie bzw. Anisophyllie, daß diese aber unabhängig von ihr angelegt werde und somit beide Erscheinungen nur eine Äußerung der G-esamtdorsiventralität des Sprosses oder genauer ausgedrückt, Produkte des dorsiventraJen Vegetationspunktes seien. Wodurch wird nun dessen Dorsiventralität bedingt? Meine Versuche wurden hauptsächlich ausgeführt anGoldfiissia(Strobüantlies) glomerata Nees, einer schon vielfach diskutierten und in Versuch genommenen Pflanze. Wenn man deren dorsiventrale Sprosse kräftig ernährt — was ich dadurch zu erreichen suchte, daß ich jede Verzweigung durch sorgfältiges Entfernen aller Seitenknospen verhinderte — , so erhält man mit großer Regelmäßigkeit aus sehr stark dorsiventralen Sprossen ganz radiäre mit gleich großen symmetrischen Blättern. Die Spreitenlängen von aufeinanderfolgenden Blattpaaren desselben Sprosses betragen normal z. B. : L 3,0 : : 9 cm 2. 5,0 : 10,0 cm 3. 4,0 : 12,0 cm 4, 3,5 : 9,0 cm m Versuchen erhielt ich Werte wie : 1, 3,6 : 7,5 cm II. 1. 6,0 : : 6,0 cm 9 7,0 : 9,5 cm 2. 10,6 : : 10,6 cm 3. 9,5 : 9,7 cm 3. 4,0 : 4,0 cm (verkümmert) 4. 7,4 : 7,4 cm 4. 9,0 ; ; 9,0 cm 5. 4,6 : 4,4 cm 3U R- BOSHART: Während in den Blattern der Übergang infolge der ungleich- seitigen Ausbildung der Leitungsgewebe im unteren Sproßteile nur allmählich vor sich geht, findet er in der Sproßanatomie ganz unvermittelt statt. Es geht daraus hervor, daß im Gegensatz zum JMatte der Vegetationspunkt ganz unabhängig ist von der sj^m- metrischen oder asymmetrischen Verteilung der Stoffzufuhr, auf ihn wirken offenbar andere Reize ein, welche seine radiäre oder dorsi ventrale Natur bedingen. Für eine Abhängigkeit der radiären Form von besserer Ernährung sprechen noch mehrere Tatsachen: das ganze Aussehen der radiären Sprosse mit langen Internodien, großen Blättern und schnellerem Wachstum, ferner der regelmäßige Übergang aus dorsiventraler in radiäre Form bei den Seitenzweigen von Acer, wenn sie mehrere Jahre hindurch kräftig fortwachsen, ebenso wie dann bei Ulme und Buche die Asymmetrie der Blätter ganz oder teilweise schwindet. Diese Fälle gleichen ganz denen, ■die in GOEBELs E-sperimenteller Morphologie (S. 70 - 100) ein- gehend behandelt sind, besonders den Verhältnissen bei Euphorbia alcicornes, Opuntia hrasiUensis. Corijhis avellana u. a. Wodurch nun diese Schwächung der Seitensprosse bedingt wird, ist freilich unbekannt. Die Richtung der Dorsi ventralität •dagegen scheint vom Muttersproß bestimmt zu werden, wobei in den meisten Fällen die ihm abgekehrte, also spätere Unterseite gefördert wird. (,,Exotrophie'': TJlmus, T/lia, Acer, Aesculus, Gold- fussia usw.; „Endotrophie" bei Fagiis). Die Schwerkraft übte in meinen Versuchen an Uhnus und GoJdfussia keinerlei Wirkung aus. Der Übergang in die radiäre Form fand bei Goldfussia völlig un- abhängig von der Lage oder Wachstumsrichtung statt. Mehrere andere negative Punkte sind zusammengestellt S. 106 und S. 107. Das Licht war gleichfalls, wenigstens bei den untersuchten Pha- nerogamen ohne Bedeutung; nur wurden gänzlich etiolierte Sprosse bei GoJdfussia (jlomcrata stärker dorsiventral, fast bis zur Ver- kümmerung der Oberseite. Da ich aber sonst nie eine Emwirkung •des Lichtes fand, glaube ich dies so deuten zu müssen, daß hier nicht speziell der Lichtmangel, sondern die durch ihn bedingte Allgemeinschwächung das Resultat herbeigeführt hat. Es stünde dies dann im Einklang mit den anderen Ergebnissen (S. 108 und 114), - Bei Cryptogamen liegen die Verhältnisse anders. Doch handelt es sich hier nicht um Seiten- sondern um Hauptsprosse. So fand ich eine gewisse Abhängigkeit der Anisophyllie vom Lichte bei einem Laubmoos, CyatJiopliorum hulbosum; nach anderen Untersuchungen scheint dies ja auch für mehrere SelagineUa- und über die Frage der Anisophvllie. 31 Li/copodiion- Arten zuzutreffen. Dagegen übte die Schwerkraft auch auf Cyathophomm keine Wirkung aus. Nun zu den Einwänden FlGDORs: 1. Er behauptet, ich hätte die Beschreibung der isophyllen Sprosse an Goldfussia unterlassen; abgesehen davon, daß ich solche selbst habe hervorrufen können, sind sie beschrieben S. 110, auch die von FlGDOR früher angegebenen sind zitiert S. 114. 2. FlGDOR glaubt, „man kann nur behaupten, daß die Sproß- dorsiventralität u. a. durch die Anisophyllie nach außen gelangen kann'' (S. 557). Diese Ansicht findet sich fast wörtlich auch in meiner Arbeit S. HO, wo es heißt (wie ich dies auch hier wieder- holt habe): „Anisophyllie und Blattasymmetrie sind demnach nur ein Spezialfall der Exotrophie. Wir haben an den CoJeus- Versuchen gesehen, daß Verschiedenheiten in der Stoffzufuhr zur dauernden Ausbildung der Anisophyllie nötig sind und sie sogar hervorrufen können. Letzteres ist hier nicht der Fall, da sie schon vor der Ausbildung des Stammgewebes auftritt, dessen Asymmetrie nur die bereits angelegte Form erhält. Als Ursache müssen wir somit die dorsiventrale Natur des Vegetationspunktes bezeichnen, die sich in der Bildung eines ungleichseitigen Sprosses ausdrückt." Ein Mißverständnis scheint hier schwer möglich zu sein, und es ist dadurch auch angegeben, wie man den Ausdruck „Sproßdorsiventralität" in der Zusammenfassung S. 122 zu verstehen habe. „Bei Goldfussia ist die Anisophj^llie durch die Sproßdorsi- ventralität, die Asvmmetrie der Blätter durch Korrelation zu er= klären," um so mehr, als der unmittelbar vorhergehende Satz heißt: „An dorsi ventralen Organen sind Asymmetrie und Anisophyllie gleichfalls nur ein Ausdruck der Gesamtsymmetrie." Wogegen FlGDOR hier kämpft, kann ich nicht einsehen, da er schreibt, dies sei auch seine Meinung. Wenn er dann weiter sagt, daß die Lage als primärer Faktor die Anisophyllie hervorgerufen habe und behauptet, „in unserem Falle (d. i. bei Goldfussia) trifft dies sicher zu," so weiß ich eigentlich nicht, worin der Wert von experimentellen Feststellungen besteht, wenn man nachher das genaue Gegenteil von dem, was die Versuche zeigen, doch festhält. Das eben war ja das Ergebnis meiner Versuche und ent wickelungs- geschichtlichen Beobachtungen, daß gerade kein Einfluß der Lage wahrzunehmen ist, übrigens ein Resultat, das auch durch alle früheren Beobachtungen sehr wahrscheinlich war. Sollte jedoch FlGDORs Satz phylogenetisch gemeint sein, so fällt er allerdings außer- 32 R- BOSHART: Über die Frage der Anisophvllie. iialb des llalimens meiner Unteisiichungen, weil icli glaube, daß wir foimbildende Reize nur am lebenden Objekt studieren können. 3. Weiter macht mir FlGDOR den Vorwurf allzu großer Ver- allgemeinerung. In der Zusammenfassung meiner Arbeit S. 122 schrieb ich: „4. Die Dorsiventralität der Seitensprosse, als Exotro- phie bezeichnet, kommt zustande durch eine Reizwii-kung auf den Vegetationspunkt des betreffenden Sprosses, der Keiz scheint auf Schwächung zu beruhen, durch gute Ernährung läßt sich die dorsiventrale Natur des Vegetationspunktes in radiäre umwandeln. Einen Einfluß des Lichtes konnte ich nirgends fmden, ebensowenig bei den untersuchten Formen einen solchen der Schwerkraft " Wie deutlich angegeben, bezieht sich das auf Seitensprosse, wo- durch auch Pflanzen wie Gijafhophorum u. a. von vorneher-ein aus- geschlossen sind, da es sich hier stets um Hauptsprosse handelt, oder vielmehr kein Unterschied zwischen Haupt- und Seitentrieb besteht; wie ich für diese Pflanzen die Dorsiventralität im Versuche fand, steht S. 101—103. Es hat also gar keine Verallgemeinerung stattgefunden, und FlGDOR konnte den Eindruck einer solchen nur bekommen und hervorrufen, indem er an der Stelle, wo er mich zitiert, einfach den Vordersatz, der die Einschränkung enthält, wegläßt. 4. Einen Widerspruch enthält, wie ich glaube, meine Arbeit gleichfalls nicht. Die Schwerkraft habe ich in meinen Versuchen (an Ulmns und Goldfuss'ia) eindeutig als wirkungslos gefunden und dies auch angegeben. Den — meist nicht vorhandenen — Einfluß des Lichtes findet man überall beschrieben, so wie ich ihn beobachtet habe; wie ich ihn bei Goldfussia deuten zu müssen glaubte, ist auch hier nochmals begründet worden. Die Versuchsanordnung war sehr' einfach: ich hüllte die Sprosse entweder iu schwarzes Papier ein oder ließ das Wachstum (bei kleineren Formen) unter schwarzem Glas- oder Papierzylinder vor sich gehen, da wo es sich um völlige Verdunkelung handelte. Ebenso einfach war es, Sprosse bei Untersuchungen über den Einfluß der Lage so zu halten, wie ich es wünschte; übrigens zeigten horizontal liegende radiäre Triebe von Goldfussia keinerlei Bestreben, diese Lage zu verändern. 5. Schließlich behauptet FlGDOR, es wäre wünschenswert, wenn ich zahlenmäßige Angaben veröffentlichte. Tatsache nun ist, daß in meiner Arbeit (ausgenommen die Beobachtungen an TJlmus und Fagus, wo die Frage, ob symmetrisch oder asymmetrisch, sehr leicht zu entscheiden ist) kein einziger Versuch steht, dem nicht die genauen Zahlenwerte der Resultate beigegeben wären, Gertrud u. Friedrich Tobler: Untersuchungen über Natur usw. 33 ebenso wie auch bei der Beschreibung der Entwicklungsgeschichte stets Messungen der einzelnen Stadien angeführt sind. Außerdem sind noch Reproduktionen nach Photographien beigegeben von Goldfiissiati-ieben, welche durch die beschriebenen Versuche aus dorsiventraler in radiäre Form übergegangen waren, S. 111. Wie FlGDOR diese sowie die häufigen Zahlenangaben, die z. T. sogar in Tabellenform gedruckt sind (S. 111 und 112), übersehen konnte, ist nicht verständlich, da sie ja schon beim Durchblättern der Arbeit auffallen müssen. So weit die Einwände FlGDORs. SchließHch aber sind alle meine Versuche sehr leicht zu wiederholen und damit ist dann ja auch eine Kontrolle meiner Angaben jederzeit ohne Mühe möglich. 5. Gertrud u. Friedrich Tobler: Untersuchungen über Natur und Auftreten von Carotinen. III. Zur Bildung: des Lycopins und über Beziehun§:en zwischen Färb- und Speicherstoffen bei Daucus. (Mit 2 Textfiguren.) (Eingegangen am 23. Januar 1912.) Die im weitesten Sinne als Carotine bezeichneten Farbstoffe sind in neuerer Zeit von zwei Seiten aus bearbeitet worden. Ein- mal haben, meist gelegentlich an einzelnen Objekten, seltener ver- gleichend und dann vielfach kompilierend, Botaniker sich dem Gegenstand gewidmet. Für sie war das Vorkommen und zwar sowohl im allgemeinen, als auch das lokal beschränkte an den Pflanzen von besonderem Interesse. Erst als die verschieden- artigen Befunde zu Vergleichen nötigten, wurde versucht, die Einzelfunde genauer zu kennzeichnen. Das geschah namentlich auf dem so bequem und so erfolgreich erscheinenden Wege der Spektroskopie, zugleich aber auch durch Beobachtung der Ent- wicklung der Farbstoffe und des Zusammenhangs mit anderen, wie vor allem dem Chlorophyll. Demgegenüber bedeutete es einen großen Fortschritt, als auch die Chemiker, meist ausgehend von Studien am Chlorophyll, die Gruppe der Carotine zu erforschen begannen. Dadurch sind Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 3 34 Gertrud u. Fkiedrich Tomler : insbesondere die Unterscheidungen, die die Spektroskopie nur hie und da andeuten konnte, präzisiert und nach Möglichkeit die einzelnen Carotine beschrieben worden. Paß mit diesem vor allem an WiLLSTÄTTERs Namen ge- knüpften Kreis von Arbeiten auch uns Botanikern viel gedient ist, unterliegt keinem Zweifel, um so mehr als der Mehrzahl der Bo- taniker eine auch nur annähernd ähnliche chemische Unter- suchung derartiger Stoffe unmöglich sein dürfte. Aber eben darum ist es an der Zeit, daß die Verständigung zwischen den beiden Gruppen herbeigeführt und das, was jede Seite an Feststehen- dem hervorgebracht hat, der andern wirklich zugänglich und damit nutzloses Nebeneinander- und Aneinandervorbeiarbeiten ver- mieden wird^). Müssen wir uns doch darüber klar bleiben, daß auch nach den exaktesten, in großem Maßstab ausgeführten chemischen Unter- suchungen, die auf Entwicklungsgeschichte, lokales Auftreten und Verschwinden gerichtete botanische Arbeit nicht überflüssig wird. Und zwar einmal deshalb, weil die große Materialmengen er- fordernde makrochemische oder analytische Arbeit dem Auftreten eines Carotins in kleinen Mengen, sowie mehreren Carotinen in entwicklungsgeschichtlichem Zusammenhang u. dgl. nicht nachzu- gehen vermag, und ferner, weil die Arbeit der Chemiker aus prak- tischen Gründen vielfach von Materialien ausging, bei denen einzelne Farbstoffe von leicht zersetzbarer Natur höchstwahrschein-' lieh nicht mehr intakt vorliegen können^). Ob diese Farbstoffe im Sinne des einen oder andern wirklich Carotine sind oder nicht, ist botanisch nicht das Ausschlaggebende, sobald Beziehungen zwischen ihnen zu bestehen scheinen oder auch nur das gemein- same Auftreten beobachtet ist. Für solche Fälle, in denen der Farbstoff der einen Art nur in gei-inger Menge oder nur auf ganz bestimmten Entwicklungsstadien sich allein zeigt, wird vorläufig 1) Man sieht eine ähnliche Verständigung erstrebt von TSWETT (diese Berichte, 1911, 29, S. 630: Über den makro- und mikrochemischen Nachweis des Carotins). Mit Rücksicht auf einige Daten dort können wir von einer geplanten verbesserten Darstellung des mikrochemischen Nachweises hier absehen. 2) So benutzten WillstäTTER und EsCHER (Ztschr. f. physiol. Chemie 1910, 64, 47 f.) Tomatenpüree aus Konserven und trockneten dieses vollständig. Wir wissen aber, daß rote Farbstoffe (Carotinoide im Sinne TsWETTs 1. c), für die wir gemeinsames Vorkommen und Znsammenhang mit den gelben Carotinen bei Momordica schilderten (diese Ber. 1910, 28, 496 ff.), sehr leicht zersetzbar sind. Wo also solche im Zusammenhang miteinander auftreten, darf nicht getrocknetes und konserviertes Material dienen. UntersuchungeQ über Natur und Auftreten von Carotinen. 35 mikroskopische Untersuchung und Mikrochemie die üntersuchungs- methode bleiben. Um der von uns in der früheren Mitteilung^) gebrachten Nachweise willen wird es sich in der Tat empfehlen, wie TSWETT kürzlich vorschlägt, einen neuen Namen für die Gesamtheit aller der anscheinend verwandten in den Pflanzen vorkommenden gelben und roten Farbstoffe zu schaffen, die bisher als Carotine im weitesten Sinne galten, und den Ausdruck Carotine für die chemisch als Carotine beschriebenen Kohlenwasserstoffe zu reservieren. Obwohl wir die Terminologie TSWETTs („Carotinoide" übergeordnet den „Carotinen") nicht ganz glücklich finden und auch die sie gebende Stelle für nicht ganz leicht verständlich"), dürfte es sich empfehlen, an seiner Ausdrucks weise festzuhalten, bis spätere Untersuchungen der ganzen G-ruppe und den nicht zu den echten Carotinen gehörigen Stoffen, soweit sie einheitliche Gruppen vorstellen, bessere Namen zu geben gestatten. In der vorliegenden Mitteilung bringen wir einige Beobach- tungen zur Fortsetzung und Ergänzung unserer früheren Daten. In diesen richteten wir unser Augenmerk auf solche Objekte, bei denen gelbe und rote Färbungen nebeneinander oder nacheinander erscheinen. Bei solchen lassen sich von vorn- herein genetische Beziehungen vermuten, wenn die verschieden- artigsten Färbungen nacheinander in denselben Organen auftreten. Ein derartiges Objekt sind einige Sorten von Tomafen. "Während die Mehrzahl der Tomatensorten eine dunkelrote Farbe der reifen Früchte zeigt, bestehen Sorten, für die starke Abweichung zu verzeichnen ist. HAAGE und SCHMIDT in Erfurt führen eine Tomate „Kaleidoskop", bei der die Bezeichnung steht.* „weiß, später in zitronengelb übergehend". Ahnlich scheinen einige Sorten Eierfrucht (Solanum Melongena) sich zu verhalten, so sagen HAAGE und SCHLIIDT bei der Sorte „Chamäleon": „Früchte zuerst weiß, später in gelb und Scharlach übergehend." Den Farbstoff der Tomate normaler Art haben WiLLSTÄTTER und Escher in der schon genannten Arbeit genau behandelt und Ljcopin genannt. Dieses ist nicht identisch mit dem Möhren- 1) Diese Ber. 1910, 28, 365. 2) Herr Professor TsWETT teilt uns freundlichst mit, daß er die fragliche Stelle seiner Arbeit wirklich so verstanden wissen will; ,, Carotinoide" soll gleichbedeutend sein den früheren Begriffen „Lipochrome", ,,Xanthophylline" (Tswett) und ,, Carotine" (Zopf). Der neue Name ließ freilich eher einen gewissen Gegensatz zu den echten Carotinen, also etwa eine Bedeutung wie Zopfs „Oarotinine" vermuten. ,S* 36 Gertrud u. Friedrich Tobler: Carotin, immerhin isomer, im Verhalten gegen Sauerstoff verwandt, im Schmelzpunkt fast übereinstimmend. Die Farbe des reinen Lycopins soll im Mikroskop bräunlich- rosa bis karmin sein, im Pulver rotbraun erscheinen. Es zeigt im reinen Zustand, wie das orangerote Carotin, mit Schwefelsäure Blaufärbung. Nach dem, was die Autoren über das Ausgangs- material ihrer Untersuchungen sagen (vgl. die Anm.j, ist der Farbstoff, den sie untersucht haben, der des Fruchtfleisches reifer Früchte gewesen. Die Schalen dürften nicht dabei gewesen sein. Die Färbung des Fruchtfleisches ist es aber, wie sich leicht beobachten läßt, bei den meisten Tomatensorten nicht allein, die das äußere Erscheinen der Früchte für unser Auge bedingt. Denn bei den purpurroten Tomaten pflegt die Wand der Epidermis völlig mit einem schön gelben Farbstoff imprägniert zu sein. Man darf demnach die Farbe der Tomate nicht mit der Farbe des aus dem Fruchtfleisch rein hergestellten L3^copins identifizieren. Wir haben übrigens versucht, aus den Schalen von Tomaten diesen Farbstoff zu extrahieren. Versuche mit den für Carotinoide sonst verwendeten Lösungsmitteln sind aber fehlgeschlagen. Auch konnte keine Reaktion über den Farbstoff Aufschluß geben. Wir wissen über seine Entwicklung nur das eine, daß er erst dann in der Wand auftritt, wenn sich der rote Farbstoff (Lycopin) im Gewebe zeigt. In unreifen grünen Tomaten oder solchen Sorten, die nicht rot werden, bleibt die Wand ungefärbt. Durch einige Beobachtungen können wir genetische Zu- sammenhänge zwischen den verschiedenen Farbstoffen der Tomate zunächst weiter erhärten. Bei gutem raschen Gedeihen ist die Farbenfolge gewöhnlicher Tomaten diese: Die Frucht ist anfangs grün, wird dann kurze Zeit gelblich und schnell rot. (Die Raschheit des Übergangs erinnert an unsere Daten über Momordka^).) Dagegen ist der Vorgang bei der obengenannten Sorte „Kaleidoskop" anders : die Früchte er- grünen wenig oder gar nicht, gehen allmählich in ein helles, schmutziges Gelb über und erlangen schließlich braungelbe Färbung (etwa wie herbstliche hellere Blätter). Auf diesem Stadium blieben fast alle Früchte, auch in dem der Entwicklung so günstigen Sommer 1911, stehen und erlangten so ihre volle Reife. Nur wenige Spätlinge, die meist sehr klein waren und zum Nachreifen an einem sonnigen Platz eines Warmhauses den Rest Oktober und November verbrachten, ergrünten stärker und wurden dann, n Diese BericMe, 1910, 28, 368. Untersuchungen über Natur und Auftreten von Carotinen. 37 ■wenigstens stellenweise, nur kurz braungelb, dann aber rot. Es könnte danach scheinen, als ob das Auftreten der roten Farbe an ein stärkeres vorheriges Ergrünen und schnelles Durchlaufen des braungelben Zustandes geknüpft sei. Dazu würde gut stimmen, daß an den gewöhnlichen roten Tomaten („Demokrat") gelegent- lich (und zwar auch wieder bei Spätlingen!) einzelne anfangs hellere Stellen zu beobachten waren, die kräftiger gelb wurden, es länger blieben und nicht in ßot übergingen. Über einige mikroskopische Beobachtungen an rotwerdenden Tomaten haben wir früher berichtet^) und vor allem festgestellt, daß die Chloroplasten selbst zu Bildungsherden der Carotine werden und daß speziell das Lycopin MONTANARIs und WiLLSTÄTTERs (Solanorubin MiLLARDETs) an dem ehemaligen Chloroplasten während und nach Versetzung des Chlorophylls auskristallisiert. Daß damit aber ein direkter genetischer Zusammenhang zwischen Chlorophyll und Carotinen festgestellt sein sollte, haben wir schon damals in Abrede gestellt. Unsere neuerlichen mikroskopischen Untersuchungen an To- maten galten nun aber der Aufsuchung der Unterschiede hiervon, wie sie da vorliegen müssen, wo sichtlich die Bildung des Lyco- pins selbst ausbleibt oder nur unter besondern Umständen eintritt also bei „Kaleidoskop" und den Spätlingen von „Demokrat". Bei den letzteren boten die Stellen, an denen die gelbbraune Earbstufe bestehen blieb und nicht in B,ot überging, wie normal, die Abweichung, daß an den von Chlorophyll fast befreiten Chloro- plasten viele kleinere gelbe Körnchen erscheinen, später auch aus- kristallisierten und nur wenig rote Kristalle zu erkennen waren. Die gelben sind splitter-, balken- und nadeiförmig, aber stets viel kleiner als die des Lycopins (es genügt deshalb wohl die nicht farbige Abbildung). Sie sind am undeutlichsten und kleinsten, wenn noch Spuren grünen Farbstoffs vorhanden sind und am größten, wo schon einzelne rote Kristalle daneben erscheinen. In gewöhnlichen roten Tomaten sind sie nur ganz vorübergehend und nie in der Ausbildung zu bemerken, die sie an den nicht äußer- lich rot gefärbten Stellen erreichen. In ihrem dauernden und reichlicheren Bestehen liegt also die Abweichung der gelbbraunen Flecke an den roten Tomaten von dem übrigen Gewebe. "Vergleichen wir hiermit die schwach ergrünenden Tomaten „Kaleidoskop", die nachher gelb und braun werden, die Farbe 1) Diese Berichte, 1910, 28, 499. 38 Gertrud u. Friedrich Tobler: aber — von Ausnahmen abgesehen — als Endstadium beibehalten, so ist der Vorgang ähnlich. Chlorophyll ist nur wenig vorhanden, aber auch gelbe Kristalle nicht zu finden, vielmehr erscheinen reichlich amorphe gelbe Körnchen. "Wir stellten uns selbstverständlich die Frage, was die gelben Kristalle und die amorphen Körnchen der beiden Fälle für Stoffe seien. Eine Isolierung aber und sichere Trennung war bei den geringen Mengen sowohl, als auch bei dem lokal beschränkten oder nicht isolierten Auftreten nicht möglich, spektroskopische Unter- suchung ergab keine deutlichen Resultate. Doch zeigten einge- trocknete Schnitte in beiden Fällen bei Schwefelsäurezusatz die blaue sog. Carotinreaktion, die immerhin, wo sie eintritt, Stoffe des Carotinkreises andeuten solP). Es ist also durchaus wahr- scheinlich, daß hier statt des roten Lj'copins ein gelbes Carotin 1 2 Fig. 1. Tomate Demokrat. Chlorophyll sich zersetzend, die Splitterchen gelbes Carotinoid. (Übergangsstadium.) Fig. 2. Tomate Demokrat.' Gelbe (kleine) und rote (große, balkenförmige) Kristalle von Carotinoiden. (Späteres Stadium, nicht rein rote Stelle.) gebildet ist: Die Sorte „Kaleidoskop" stellt eine Tomate vor, die für gewöhnlich nicht zur Lycopinbildung in reifenden Früchten übergeht, Sie bleibt auf einem früheren Stadium, das von der gewöhnlichen rot werdenden Tomate rasch durch- laufen wird, stehen. Wie aber oben schon bemerkt wurde, konnten unter besonderen Bedingungen einige stellenweise doch zur roten Färbung gelangen: bei diesen traten die Kristalle wie bei den roten Sorten und unter Abnahme des gelben Farbstoffes auf ^). Der direkte Anlaß zur ßotfärbung scheint aber auch hier 1) Wir fügen hier als Beitrag zu TsWETTs methodischen Angaben an, daß es keineswegs richtig ist, wie Tammes (Flora 1900, 87, 214) angibt, daß die blaue ßeakt^on nur an wasserfreien Objekten erfolge. Gerade z B. bei Daucus läßt sie sich auch an frischen Schnitten bisweilen erkennen. Es könnte sein, daß dann schon Modifikationen vorlägen? 2) Hier sei erwähnt, daß da, wo im Inneren nachträglich die Lycopin- bildung auftrat, die Früchte also rot wurden, auch die Imprägnierung der Epidermiswand mit gelber Farbe noch erfolgte. Die Wände sind alle cutini- siert und tragen einen äußeren Wachsüberzug. Untersuchungen über Xatur und Auftreten von Carotinen. 3g das vorherige stärkere Ergrünen gewesen zu sein (s. o.). An den Stellen ungewölinlicli verstärkten Ergrünens erfolgte auch hier Lycopinproduktion. Damit soll wieder nicht gesagt sein, daß ein direkter Zusammenhang vorliegen muß zwischen Chlorophyll und Lycopin. Es liegt vielmehr nahe an einen ver- änderten Ernährungszustand zu denken; denn während die ge- wöhnlichen rotwerdenden Tomaten in ihrem Beifebeginn durch großen Stärkegehalt der G-ewebe auffallen, ist ein solcher bei „Kaleidoskop" nie vorhanden. Lediglich wieder bei den im Warm- haus gehaltenen Spätlingen war ein dem Verhalten der roten analoges und dann die lokale Lycopinproduktion bemerkbar. Die Sorte Kaleidoskop hat ihr Merkmal also nicht sowohl im Mangel der Lycopinbildung, als vielmehr dem Fehlen des Ergrünens und der darausfolgenden Stärkebildung durch eigene Assimilation. Auf Beziehungen zwischen Stärkegehalt und Farb- stoff produktion waren w^ir auch an Momordica früher experi- mentell eingegangen ^). AVir suchten ähnlichen Fragen auch bei Daucus Garota nachzugehen, als dem an Carotin besonders reichen, zugleich Zucker und Stärke speicherndem Objekt. Was bei den Daucus-'äoxien des Handels schwankt, ist, wie ein Blick in die Liste etwa von HaaGE und SCHMIDTs Katalog ergibt, einerseits die Farbe, andererseits die Güte, d. h. der Zuckergehalt. Daß dieser mit dem Stärkegehalt in engster Beziehung steht und daß beide Faktoren bei gleich großen Rüben und oberirdisch gleichen Pflanzen sich wechselseitig ergänzen, ist selbstverständlich. Eine Modifikation kann hier an der ßübe selbst nicht mehr statthaben, da ihr gewöhnlich eigene Assimilation (wie etwa den Früchten) abgeht. Anders aber liegt der Fall an den sog. grünköpfigen Sorten resp. Exemplaren, die aus dem Erdreich so weit heraus- ragen, daß sie anfangen, grün zu werden. Es ist bekannt, daß der Geschmack solcher Wurzeln an Feinheit oft abnimmt. Es schien von Wert zu sein, im Zusammenhang mit der Carotinbildung zu sehen, ob die ergrünenden Objekte Abweichungen erkennen lassen. Es wairden zur Untersuchung herangezogen folgende Daucus- Sorten : 1. Carentan, scharlachrote, Treib-, stumpfspitz, 2. Pariser, allerfrühste, kleine, runde, extra, 3. Guerande, kurze, dicke (Samen von HaaGE und SCHMIDT). 1) 1. c. 499. 40 Gertrud u. Friedrich Tobler: Es lagen durchweg schön rote und kräftige Rüben vor. Die Yergleichsuntersuchungen wurden an Schnitten jeweils aus 3 lle- gionen: Kopf, Mitte und Basis der Rübe, vorgenommen und die Beobachtung ausgeführt auf Chlorophyll, Carotin, Stärke, Zucker. Die Angaben, die durch Inaugenscheinnahme von Schnitten bei mittlerer Vergrößerung gewonnen werden, können freilich roh ge- nannt werden, aber sie sind für den vorliegenden Fall klar genug. Insbesondere läßt sich für die Reaktionen mit Jod und FEHLING- scher Lösung auf Stärke und Zucker sehr wohl durch Nachprüfen der Schnitte mit stärkerer Vergrößerung der Fehler vermeiden, daß etwa ungleich dicke Schnitte mit infolgedessen ungleich inten- siver Reaktion zum Vergleich gelangen. Für die Menge des Chlorophylls bei der Untersuchung sei daran erinnert, daß die grüne Färbung sich bei fast allen Möhren in der Mitte vom An- satz der Blätter abwärts in der Wurzel heruntererstreckt, aiich bei nicht grünköpfigen, bei den grünköpfigen aber auch innen weiter als außen. Der grüne Streifen zieht sich auf Längsschnitten oft bis in das unterste Drittel der Wurzel hinab. Übrigens wurden bei nicht allzu großen Objekten neben den verschiedenen Niveaus entnommenen Querschnitten auch Längsschnitte zum direkten Ver- gleich der Zonen verwendet. Die Resultate lassen sich am geeig- netsten wohl gleich zusammenfassen, Tabellen sind dabei etwas unübersichtlich. Der Gehalt an Carotin wächst und fällt natürlich im all- gemeinen umgekehrt proportional dem an Chlorophyll, propor- tional aber dem an Stärke und Zucker. Bei den völlig roten Objekten wenigstens ist das Verhältnis des Carotins zu Stärke und Zucker besonders deutlich und für verschiedene Altersstufen: alle drei Stoffe nehmen vom unteren Ende gegen die Wurzel hin zu, während sie nach dem Kopfende hin höchstens die gleiche Menge, eher eine Abnahme erkennen lassen. Bei den oben ergrünenden Exemplaren verschieben sich die Beziehungen insofern, als die zw^ischen Carotin und Chlorophyll sich stets gleich bleiben, der Oehalt an Stärke und Zucker aber sich nun auch noch in Abhängigkeit vom Alter erweist. Jetzt gilt für Stärke dasselbe wie für Carotin, beide nehmen nach dem Kopf hin ab an den älteren Exemplaren, an den jüngeren kann die Stärke noch im Zunehmen nach oben sein. Der Zucker- gehalt dagegen steigt stets mit dem Alter. Die Ergrünung in ihrem Fortschreiten bedeutet merkwürdigerweise also Abnahme der Stärke; w^as an Reservestoffen neu hinzukommt, ist als Zucker vor- Untersuchungen über Natur und Auftreten von Carotinen. 41 handen. Hier tritt ferner eine Verdrängung des Carotins durch das Chlorophyll auf. Bei stark vergrünten "Wurzeln bildet das Carotin zwischen dem im Mittelpunkt (Holzparenchym! Mark- strahlen!) der Wurzel gelegenen Chlorophyll und dem in der Einde außen sich in immer größere Tiefe erstreckenden Gürtel schließlich nur einen schmalen Ring, der sogar zuerst stellenweise, dann völlig verschwinden kann. Nebeneinander bestehen die beiden Farbstoffe hier nur ganz w^enig und selten, Stärke findet sich nur nahe dem Carotinring und in diesem selbst (Kambium!). Sichtlich sind bei Bauens die Verhältnisse, die das Auftreten des Carotins herbeiführen, ungleich komplizierter als in den bisher beobachteten. Aber die früheren Fälle behandelten Früchte, also Objekte, bei denen das Ende einer Entwicklung vorlag. Und es gibt Momente genug, die den Carotinen den Charakter von Zer- setzungsprodukten bei Reifeprozessen zusprachen. Hier aber liegt ein Speicherorgan vor, in dem das Carotin reichlich und neben sicheren Speicherprodukten (wie Stärke, Zucker, Öl) erscheint. Seine Funktion wäre durch Vergleich mit anderen Fällen vielleicht auf- zuhellen. Als Parallele zu den Angaben für nicht rote Tomaten sei an- geführt, daß es erstens ja DaucusSortQn ohne jeden Farbstoff gibt und daß ferner solche gezogen werden („Lobbericher, lange, große, goldgelbe, süße"), die gelbe Farbe aufweisen. Bei diesen kommt neben dem Daucus-Gaxotin ein anderer goldgelber Farbstoff vor, der ein Carotin zu sein scheint. Diesen und den farblosen sollen spätere Untersuchungen gelten. Münster (Westf.), 21. Januar 1912. Botanisches Institut der Universität. 42 Paul Sorauer: 6. Paul Sorauer: Die Schleimkrankheit von Cyathea medullaris. (Mit Tafel II.) (Eingegangen am 26. Januar 1912.) In einem Palmenliause zeigte ein etwa 2 Meter hoher Stamm von Cyathea seit längerer Zeit einen bedeutenden Rückgang im Wachstum. Die neu entstehenden Wedel wurden zunehmend kleiner und schließlich blieben die jüngsten, als sie etwa 25 cm Länge erreicht hatten, im Wachstum stehen. In dieser Zeit gaben die Basen der früher entwickelten Wedel bei geringem Druck ein knackendes Geräusch und ließen sich leicht abbrechen. An der Bruchfläche trat eine rahmgelbe breiige Masse aus dem Innern des Blattstiels hervor. Wenn man einen kürzlich gebildeten Wedel in der Nähe seiner Basis durchschnitt, bemerkte man, daß der starke braune Belag aus Haaren und Schülfern sich leicht entfernen ließ und darunter reihenweis gestellte, geschwürartige Neubildungen zutage traten. Dieselben erwiesen sich als unregelmäßig höckerig aus- gebildete Überwallungsränder von Wundstellen. Die Überwallungs- ränder steigerten sich stellenweis zu krebsartigen Wucherungen, welche Längsstreifen bis zu 10 cm Länge darstellten. Etwa eine halbe Stunde nach Ausführung des Schnittes bemerkte man, daß aus der Schnittfläche reichlich farblose, später bernsteingelb werdende gummiartige Tropfen hervortraten und daß der gesamte Gefäßbündelkörper eine schwarze Farbe besaß. Im Laufe der Untersuchungszeit steigerten sich die Er- scheinungen, indem das gesamte Gewebe der Wedel sich bräunte und, nachdem alle neuentstandenen Wedel erkrankten, schließlich die ganze Pflanze abstarb. An den toten Teilen fanden sich reich- lichst Pilzansiedlungen und geschäftig bewegliche Milben. Wenn man die starken blumenkohlähnlichen Wucherungen am Blattstiel aufwärts verfolgte, nahm man wahr, daß dieselben immer kleiner und die Wundstellen immer weniger tief wurden, bis sie sich in Reihen kleiner Löcher auflösten und schließlich nur Die Schleimkrankheit von Cyathea mediillaris. 43 noch als schwach eingesunkene braune Stellen auftraten. Hier er- wiesen sich zunächst nur die Epidermiszellen gebräunt; in einem späteren Stadium hatte auch das subepidermale Gewebe an der Verfärbung teilgenommen, und bei fortschreitender Erkrankung setzte sich die Bräunung tief in das Hindengewebe hinein fort. Die normale Rindenschicht des Wedels besitzt unterhalb der Epidermis eine bis vier Zellreihen von parenchymatischem Cha- rakter, auf welche ein nahezu geschlossener Prosenchymbelag von 10 — 15 Zellen Dicke folgt. Bei Beginn der Erkrankung verfärbt sich zunächst der Inhalt der Epidermiszellen und zerfällt in eine sandig aussehende, nicht klumpig zusammengezogene Masse. Der Vorgang ist dort am deutlichsten, wo die Epidermis zu haar- oder schuppenförmigen Schülfern ausgewachsen sich erweist. Nach dem Zerfall des Inhalts beginnt die Bräunung der Wandungen. Unabhängig von der Schülfernbildung finden sich Gruppen von Epidermiszellen mit braunem Inhalt, die kuppenförmig über die Oberfläche dadurch hervorgew^ölbt sind, daß das subepidermalcf Parenchym, in welchem konzentriertes Glycerin große Zucker- tropfen zusammenzieht, sich radial stark gestreckt hat. Die Vorwölbung steigert sich nun zu einem perlartigen Auswuchs an einzelnen Stellen, an denen das Gewebe schon bei seiner Anlage dadurch abnorm verändert worden ist, daß an Stelle des vor- erwähnten geschlossenen prosenchymatischen peripherischen Ringes- parenchymatische Gruppen gebildet worden sind, die den Prosen- chymring durchbrechen und deren Elemente äußerst starke radiale Überverlängerung zeigen. Bisweilen sind solche Zellen viermal länger als breit. Auf diese Weise entstehen mehr oder weniger große In- tumescenzen von fächerartiger Zellanordnung, über welche anfange die gebräunte Epidermis gespannt bleibt. Später reißt dieselbe am Gipfel der Intumescenz und diese selbst entzwei, so daß zunächst ein Loch entsteht, das von garbenartig angeordneten Zellen der Wucherung umgeben ist. Das inhaltslos gewordene Gewebe der- selben stirbt unter schwarzbrauner Verfärbung ab. Indem dieser Vorgang weiter rückwärts fortschreitet, entstehen jene Löcher^ welche anfangs erwähnt worden sind. Unabhängig von dieser ßindenerkrankung erweist sich eine große Anzahl der im meist gesund aussehenden Grundgewebe liegenden Gefäßbündel erkrankt, indem die Wandungen ihrer Holz- elemente tief rotbraun verfärbt und verquollen .sind. Meistens ist 44 Paul Sorauer: €S die Mittellamelle, welche an der Quellung den Hauptanteil nimmt; das Fibral- und Vasalparenchym bleibt lange Zeit gesund und folgt erst bei fortgeschrittener p]rkrankung nach, wenn das Orundgewebe in Schmelzung übergeht und jene ersterwähnten rahmartig oder bernsteingelb austretenden breiartigen Massen liefert. Solange diese Massen noch nicht gänzlich flüssig sind und am Orte ihrer Entstehung Lakunen bildend, im Innern des Blattstiels sich befinden, erscheinen sie wolkig geschichtet und zeigen eine eigenartige Struktur, welche bei Behandlung des Schnittes mit Salzsäure deutlicher kenntlich wird. Bei Zutritt von Salzsäure nämlich gliedert sich die Masse in landkartenartig unregelmäßige Partien von gleichmäßiger Be- schaffenheit und leuchtend rubinroter Färbung und in ein daran- stoßendes Netzwerk aus braunrot werdenden Zellwandungen, die als das Vorstadium für das völlige Verflüssigungsprodukt von gummi- ühnlicher Beschaffenheit anzusehen sind. Wenn man dieses Maschenwerk betreffs seiner Zellengröße mit dem umgebenden nor- malen Grundgewebe vergleicht, findet man die Dimensionen des ersteren viel kleiner, die Wandungen zarter und verzerrter. Der- artiges Gewebe ist aber im gesunden Organ nicht vorhanden und kann daher erst während des Krankeitsprozesses entstanden sein. Dieser Schluß findet seine Bestätigung darin, daß in der Umgebung des Schmelzungsherdes innerhalb des noch normalen Grundgewebes sich einzelne Zellen, die an den Schmelzungsherd anstoßen, dadurch bemerkbar machen, daß sie mit kleinem Maschen werk durchzogen ■sind, und aussehen, als ob sie durch Thyllenbildung ausgefüllt wären. Es ist aber nicht beobachtet worden, daß dieses Maschenwerk durch Thyllenwachstum erzeugt wird, sondern es sprechen die Uber- gangsstadien dafür, daß hier in dem plasmatischen Inhalt eine freie Zellbildung stattfindet. Solange das Grundgewebe gesund ist, erweist es sich reichlich mit Stäike angefüllt, die beim Er- krankungsprozeß gelöst wird. Derselbe Vorgang ist vielfach auch in den normal im Grund- gewebe eingelagerten, oft in kurzen Längsreihen stehenden Schleim- zellen zu finden. Die kleinen Füllzellen derselben färben sich mit Salzsäure braunrot und gehen bei ihrer Schmelzung in eine leuchtend rote strukturlose Masse über. Einem ähnlichen Vor- gange begegnet man auch bei einzelnen normalen Parenchymzellen, •deren Wandungen unter schwacher Quellung sich mit Salzsäure leuchtend rot färben. Sehr demonstrativ erweist sich die Doppelfärbung mit Methyl- Die Schleimkrankheit von Oyathea mecluJlaris. 45 grün lind Eosin, indem alles normale Gewebe leuchtend rosenrot wird, das erkrankte aber in grünbleibender Färbung sich abhebt. Man findet auf diese Weise sehr schöne Ubergangsfärbungen von der normal verbliebenen Membran bis zu der schleimigen Ver- quellung und sieht vergrößerte Parenchymzellen oder auch Schleimzellen mit roter Wandung aber grünem Zellennetz im Innern. Bei Behandlung mit Eisensulfat zeigen sich alle Membranen geschwärzt und zw^ar um so intensiver, je erkrankter dieselben sind. Die erwähnten Ausfüllungen der Schleimzeilen erscheinen als dunkelgraue, gequollene, kugiige Massen mit deutlich erkenn- barer Umgrenzung der Einz;elkörper. Die übrigen Schleimzellen, welche nicht die netzige Ausfüllung besitzen, sind entweder in- haltsleer oder aber mit gleichartiger tiefschw^arzer Substanz ver- stopft. Ebenso sind die Zellinhalte der Epidermis und der sub- epidermalen Gewebe tiefschwarz, aber die Wandungen w^erden, wie diejenigen des parenchymatischen Grundgewebes und der prosen- chymatischen Gefäßbündelumgürtungen matter, etwa grünschwarz, gefärbt. Am tiefsten geschwärzt erweisen sich die gleichartigen^ gummös aussehenden strukturlosen Schmelzungsprodukte. Bei Einwirkung kalter Kalilauge färben sich alle dickwandigen. Elemente lehmgelb bis braungelb. Die gummiähnlichen Massen nehmen eine leuchtend braungelbe Färbung an und quellen auf,, während das anstoßende kleinzellige Gewebe, das später der Ver- schleimung verfällt, bis zur Unkenntlichkeit durchsichtig wird. Es scheint, daß die Kalilauge den braunen Farbstoff den Membranen der erkrankten Gewebe entzieht und dieser von dem gummiähnlichen, strukturlosen Schmelzungsprodukt gespeichert wird; letzteres wird von heißer Kalilauge gelöst. Das kleinzellige Gewebe, das später der Verschleimung ver- fällt, läßt sich auch schon durch Erhitzen des Schnittes in Wasser deutlich machen, wobei die gummöse strukturlose Masse ent- färbt wird. Die Übergänge vom gesunden in das kranke Gewebe werden bei Behandlung der Schnitte mit frisch bereiteter Chlorzinkjod- lösung sehr scharf gekennzeichnet, indem sich das gesamte gesunde Parenchym und die sekundäre Membran der prosenchymatischen Elemente tiefblau färben, alles erkrankte Gewebe aber einschließ- lich der verschleimten Massen braungelb wird. Besonders schöne Bilder bieten die mit kleinzelligem Gewebe ausgefüllten Parenchym- 46 Paul Sorauer: Zellen in der Nähe des Verschleimimgsherdes. Die "Wandungen solcher etwas vergrößerten Zellen des Grundgewebes werden blau, während das sie ausfüllende Maschenwerk gelbbraun erscheint. Eine empfehlenswerte Reaktion ist auch die Färbung mit Alizarin unter nachfolgendem Auswaschen des Schnittes. Man er- hält dann Bilder, in welchen alle erkrankten Teile rot bleiben, namentlich auch die Schleimmassen, während das gesunde Gewebe sich schnell wieder entfärbt. Es wurde anfangs erwähnt, daß die kranken Teile ungemein reich von Milben und Pilzen besiedelt erscheinen. Außer einer Anzahl wechselnder Schimmelformen entwickelt sich bei der Kultur allmählich eine Perithecienform in Gestalt roter Kapseln, die nester- Aveise zusammenstehen. Die anfangs leuchtend roten, später braun- roten Kapseln sind meist kugelig oder wenig höher, wie breit mit großgefelderter Oberfläche, etwa 160 ju- hoch bei 140 fi, Breite. Die Askosporen sind ellipsoid-zylindrisch, oben und unten abgerundet, farblos, einzellig, bei Anwendung wasserentziehender Mittel bis- weilen 4 Abteilungen, aber keine Scheidewände erkennen lassend, 4 — 5x20 — 23 (jt groß. Die sie bergenden Schläuche müssen ungemein schnell verschleimen, da es nicht gelungen ist, voll- kommen ausgebildete mit reifen Sporen zu beobachten. In Rück- -sicht darauf, daß zurzeit der Untersuchung nicht alle zur Bestim- mung des Pilzes notwendigen Merkmale aufzufinden waren, muß von einer Bestimmung abgesehen werden. Wir sprechen ihn als •eine Nectria an. Die hier geschilderten Erscheinungen reihen diese Erkrankung von Cyathea in die Gruppe der Verflüssigungskrankheiten ein und stellen sie in die Nähe der Gummösen. Wie bei dieser tritt ein Schmelzungsvorgang der Zellwandungen ein, bei dem die sekun- däre Membran in erster Linie beteiligt ist. Das Verhalten der Membranen zu Salzsäure deutet auf einen Reichtum an Phloroglucin, ■das ebenso wie bei Kirschen auch mit Anhäufung von Gerbstoffen vergesellschaftet ist. Die Endprodukte des Verflüssigungsprozesses erweisen aber schon dadurch ihre Verschiedenheit, als die schließ- lich aus dem Pflanzenteil heraustretende Masse bei Cyathea breiartig bleibt und nicht erstarrt, während die bei den Amygdalaceen her- vorquellenden Gummipartien alsbald erstarren. Erstere färben sich auch mit HCl rot, letztere gelb. Was aber den vorliegenden Fall von allen andern mir be- l^annten Schmelzungsvorgängen unterscheidet, ist, daß außer der Lösung Die Schleimkrankheit von Cyathea meduUaris. 47 großer Gruppen von normalem Parenchym sicli ein Vorgang ein- stellt, der an die Eite rjbildung im Tierkörper erinnert. Es sind dies die Maschenbildungen innerhalb der zur Verflüssigung sich vorbereitenden Zellen des Grundgewebes, die in der Nähe des Schmelzungsherdes gefunden werden. Wie die Reaktionen zeigen, sind die Maschen als die Wandungen kleiner, kernloser Zellen an- zusprechen, welche in einer sich zunächst etwas vergrößernden Zelle des Grundparenchyms oder in einer Schleimzelle sich bilden. Daß dieser Vorgang stets der vollständigen Verschleimung voran- geht, ist daraus zu schließen, daß sich um den großen zentralen Schleimherd eine wolkige Zone lagert, die bei fAnwendung von Quellungsmitteln sich in ein zusammenhängendes Netzwerk aus den erwähnten Neubildungen auflöst. Fragt man nach der Ursache des Verschleimungsvorganges, so ist auf das Auftreten der Intumescenzen zu verweisen, die als Komplexe überverlängerter ßindenzellen in blumenkohlähnlichen Wucherungen hervortreten. Eine ähnliche Überverlängerung von Zellen ist auch noch im Innern des Blattstiels zu beobachten gewesen. Näm- lich in der Nähe des Schmelzungsherdes zeigen sich ein- zelne Gefäßbündel, bei denen die an die Endodermis nach innen anstoßende, z, T. Stärke führende (Stärkescheide) eine bis drei Zellen starke Parenchymlage nicht aus isodiametrischen (wie normal) Zellen gebildet wird, sondern aus radial gestreckten palisadenartig sich lagernden Elementen besteht. Es müssen also zur Zeit der Anlage des Wedels, als die Gewebe noch streckungsfähig waren, Verhältnisse vorhanden gewesen sein, welche eine Überver- längerung bestimmter Zellgruppen und deren teilweises Auswachsen zu Intumescenzen veranlaßten. Nach allem, was wir bisher über die Entstehung von Intumescenzen wissen, verdanken dieselben einem lokalen Wasserüberschuß ihre Entstehung. Derselbe braucht nicht durch direkte übermäßige Wasseraufnahme zustande zu kommen, sondern kann sich auch dadurch einstellen, daß bei reichem Wasservorrat der Gewebe die Verdunstungstätigkeit herabgedrückt wird. Solche Verhältnisse sind im vorliegenden Falle vorhanden gewesen; denn der Farnstamm war in einem sehr hohen, stark erwärmten und daher sehr viel Feuchtigkeit enthaltenden Palmen- hause weit entfernt von der Lichtquelle ausgepflanzt gewesen. 48 Paul SORAUER: Die Schleimkrankheit von C^athea medullaris. Kikläirunjf dor Tafel II. Querschnitt durch die erkrankte Wedelbasis von Cijatliea meäidlaris. h, HohlrautQ des Verschleimungsherdes. Der Hohlraum wird begrenzt von dem der Verschleimung zunächst verfallenden Maschenv?erk (m), das aus Zellen besteht, welche innerhalb normaler, sich etwas vergrößernder Zellen des Grundparenchjms entstanden sind. Derartige Zellen, in denen das Maschenwerk bereits deutlich ausgebildet ist und die nächster Zeit der Ver- schleimung anheimfallen würden (b), findet man häufig. sz sind normale Schleimzellen, welche bei der Erkrankung entweder auch ein Maschenwerk ausbilden oder sich direkt mit Schleim füllen, wobei nicht selten die sekundäre Membran durch Quellung sich beteiligt, p ist das- normale parenchymatische Grundgewebe, g normales Gefäßbündel. Einladung zur Generalversammlung der Deutschen Bot. Gesellschaft 49 Einladung zur Generalversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Die Mitglieder der Deutschen Botanischen Gesellschaft werden hiermit zur Teilnahme an der am Dienstag, den 28. Mai, vormittags 9 Uhr, in Freiburg i. B. im Hörsaal des Zoologischen Instituts der Universität stattfindenden Generalversammlung eingeladen. Die Tagesordnung ist durch §§ 15 und 16 der Geschäftsordnung gegeben. Gleich- zeitig werden in Freiburg die Freie Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik und dic^ Vereinigung für angewandte Botanik ihre Versammlungen abhalten. G. Haberlandt, z. Z. Präsident der Gesellschaft. Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXX. 50 Sitzung vom 23. Februar 1912. Sitzung vom 23. Februar 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Spisar, Dr. Karl, Direktor der Landwirtschaftlichen Landesversuchs- anstalt in Brunn (Mähren) (durch B. NeMEC und J. PekLO). Seeliger, Dr. Rud., Assistent an der Kaiserl. biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem b. Steglitz, Königin- Luise-Straße 19 (durch J. BEHRENS imd P. CL AUSSEN). Müller, Dr. Clemens, in Bonn, botanisches Institut (durch E. STRAS- BURGER und M. KOERNICKE). Brunnkow, Reinhard, in Stettin (durch A. Dengler und M. Mücke). und Fräulein Schiemann, Elisabeth, in Beräin, Tauentzienstr. 76 (durch E. Baur und M. Burret). Als ordentliches Mitglied wird proklamiert Herr Müller, Dr. Arno in Berlin. Frl. ELISABETH SCHIEMANN berichtete über Mutationen bei Aspergillus niger nach eigenen Versuchen. Es handelte sich darum festzustellen, ob es möglich ist, Mutationen, d. h. also sprunghaft auftretende, erblich fixierte Ver- änderungen durch starke äußere Keize hervorzurufen. Versuchsobjekt war Äspergilhis niger, Ausgangsmaterial eine nach dem BURRIschen Tuscheverfahren hergestellte Einzellkultur. Als Reizmittel kamen schwache Giftdosen und extreme Tempe- raturen zur Anwendung. Die verwendeten Gifte waren in erster Linie CuS0,.5aq, K,Cr,0, und CCl,COH-laq. Das Gift wurde Sitzung vom 23. Februar 1912. 51 in Konzentrationen von 1 g-mol auf 1000, 2000 resp. 20 000 l einer Nährlösung von Eolirzucker, Pepton, KNO3, MgSO^ und KHjPO^ zugesetzt und der Pilz bei der Optimaltemperatur von 36 " gezüchtet. Es traten Mutationen auf: 1. auf Giftkulturen a) in der 1. Generation auf KjCraO. (Konz. : 1:2000) eine braune Form, die isoliert, auf giftfreien Nährboden (7% Malzagar) übertragen und hier bis zur 32. Generation unverändert weiter gezogen wurde; b) in der 11. Generation auf K^Cr^O, (Kodz.: 1:20000) eine Form, deren Konidienrasen von weiß über sandfarben nach hellzimtbraun übergeht; die Kultur ist konstant bis zur 23. Generation fortgesetzt worden; 2. auf Hitzekulturen bei der Maximaltemperatur 44 — 45 " auf Schrägagarröhrchen (7 % Malzagar) eine abweichende Wuchsform. Die Hasen dieser Form sind schnellwüchsiger als die der Aus- gangsrasse, haben ein lockeres Mycel mit vielen Lufthyphen, ver- längerte Konidienträger (3 — 4 mm gegen 1 — 2 mm der Ausgangs- rasse). Von gelegentlich auftretenden Ernährungsmodifikationen, die den gleichen Habitus aufweisen, ist diese Form durch ihre Erb- lichkeit prinzipiell unterschieden, also als Mutante zu bezeichnen; sie liegt in der 17. Generation vor. Die erste Mutante ist dreimal aufgetreten; zum zweitenmal auf KjCr.O, und in jüngster Zeit auf einer Kultur ohne Giftzu- satz bei Zimmertemperatur, Dieses Vorkommen macht es not- wendig, die relative Häufigkeit des Auftretens von Mutationen mit und ohne B-eizwirkung zahlenmäßig festzustellen. Die Versuche sind im botanischen Institut der Landwirt- schaftlichen Hochschule zu Berlin ausgeführt. 4* 52 N. A. Maximow Mitteilungen. 7. N. A. Maximow: Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. I. (Eingegangen am 8. Februar 1912.) In den letzten Jahren widmet man der Frage über das Er- frieren der Pflanzen viel Interesse, und die Anzahl der Arbeiten darüber wächst immer mehr. Dessenungeachtet würde man doch meist vergebens eine Antwort auf die folgende Frage suchen: weshalb ist eine so verschiedene Kälteresistenz bei verschiedeneu Pflanzen vorhanden, weshalb gehen einige Pflanzen beim ersten Frieren zu- grunde, während andere den stärksten Frost vertragen, ohne da- durch beschädigt zu werden. Obgleich diese Frage den Praktikern außerordentlich wichtig und interessant ist, so scheint es, als ob dieselbe die Forscher meistens verscheucht und diese — wie es Molisch (l) z. B. in seinem unlängst, etwa vor einem Jahre, ge- haltenen Vortrag meint — die Lösung dieser Frage jedenfalls auf die entfernte Zeit hinausschieben, „wenn wir einmal einen tieferen Einblick in die spezifische Konstitution des Protoplasmas der ver- schiedenen Grevvächse, die noch tief verschleiert vor dem Auge des Forschers liegt, gewinnen sollten." Erst in der letzten Zeit trifft man Versuche an, die auch in dieses anscheinend unzugängliche Gebiet eindringen wollen.. BUHLERT (2) machte bereits einen Versuch, der Lösung dieser Frage näher zu treten. In seinen umfangreichen, aber leider un- beendeten Untersuchungen über das Auswintern des Getreides^ unterwarf er verschiedene Sorten desselben, die ungleiche Wider- standsfähigkeit gegen Kälte besitzen, einer vergleichenden Unter- suchung; er fand, daß man die Ursache der größeren Kälteresistenz nicht so sehr in morphologischen und anatomischen Merkmalen, wie in der chemischen Natur der Pflanze suchen muß, und es fiel ihm auf, daß die widerstandsfähigen Sorten einen größeren osmotischen Druck besitzen. Viel bestimmtere Ergebnisse finden wir in der Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 53 inhaltreichen Arbeit von LiDFORSS (3), die ein Jahr später, aber in einem wenig verbreiteten und wenig zugänglichen Organ ge- druckt worden ist und deshalb fast unbemerkt in der Literatur geblieben ist. Beim Studium der Eigentümlichkeiten der winter- grünen Flora hat LiDFORSS besonders eingehend die physiologische Bedeutung eines ihm schon längst aufgefallenen Umstandes be- handelt, nämlich, daß Stärke in den Blättern der wintergrünen Pflanzen für den Winter durch Zucker ersetzt wird. Er betrachtet diesen Ersatz des unlöslichen Kohlenhydrates durch das gelöste ^Is ein Schutzmittel gegen schädliche Einwirkung der Winterkälte. Der Zucker tritt seiner Meinung nach, als ein spezieller Schutz- stoff auf, der die Widerstandsfähigkeit erhöht. Diese Theorie be- weist er nicht nur durch ausgedehnte biologische Beobachtungen, sondern auch durch Experimente: die Blätter der wintergrünen Pflanzen {Viburnum Tinus u. a.), deren Blattstiele in 5 — 10 proz. Zuckerlösungen eingetaucht wurden, zeigten beträchtlich mehr Widerstandsfähigkeit als die Kontrollblätter derselben Pflanzen. Ähnliche Resultate erhielt er auch an empfindlicheren Objekten — an den Keimlingen von Helianthus und an den Wurzeln von Zea Maijs und Vicia Faha. Meine gegenwärtige Arbeit stellt in gewissem Maße die Fort- setzung meiner Untersuchungen (4) über das Erfrieren von Asi^er- flillus niger dar, in welcher ich mich mit dem Einfluß der Konzen- tration auf die Kälteresistenz dieses Pilzes beschäftigte. In der- selben bewies ich nämlich, daß das Einführen von Glycerin oder Zucker in die Zelle die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte stark ■erhöht; dabei habe ich dargetan, daß die Erhöhung der Kälte- resistenz bedeutend rascher vor sich geht als die Gefrierpunkts- erniedrigung und darum kann sie nicht bloß durch diese erklärt werden. Meine Ergebnisse wurden späterhin von BaRTETZKO (5) in seiner Arbeit, die im Laboratorium von Prof. PFEFFER ausge- führt wurde, vollständig bestätigt. Ungeachtet der Bequemlichkeiten der Anwendung der Schimmelpilze für physiologische Untersuchungen, brachten mich die Experimente mit Aspergillus niger zu der Überzeugung, daß diese Pilze wenig tauglich für die Studien über das Erfrieren der Pflanzen sind, weil sie in dieser Hinsicht einen besonderen physio- logischen Typus darstellen. Meine Experimente und die von BaRTETZKO stimmen darin überein, daß das Absterben von Aspergillus niger schon bei einer Temperatur über dem Gefrierpunkt beginnt, also haben wir es hier mit einer Erscheinung zu tun, die bedeutend vom typischen Erfrieren, d. h. vom Tode, der 54 N. A. Maximow: infolge der Eisbildung innerhalb der Pflanze erfolgt, abweicht. Außerdem zeigten die Untersuchungen von RICHTER (6), daß man das "Wiederaufleben der erfrorenen, anscheinend vollkommen toten Kultur von Aspergillus nach dem Auftauen bei 4- 30 *• C beobachten kann; bei den höheren Pflanzen gelingt es niemals, solch ein AViederaufleben zu beobachten. Da ich der Ansicht bin, daß das größte Interesse — das theoretische wie auch besonders das praktische — die Experi- mente mit den höheren Pflanzen in Anspruch nehmen, so bevor- zugte ich bei meinen wiederaufgenommenen Studien über das Erfrieren der Pflanzen diese Objekte, und an die Spitze stellte ich die Aufklärung der drei folgenden Fragen : 1. Ob der Todespunkt der höheren Pflanzen ein spezifisches Minimum darstellt, welches nur von dem feineren Bau der leben- digen Substanz abhängt, die vorläufig unseren Studien unzugäng- lich ist, oder ob dieses Minimum von verhältnismäßig einfachen physikalisch-chemischen Umständen beeinflußt wird, wie z. B. durch die Gegenwart und Konzentration bestimmter Stoffe in der Zelle. 2. Ob eine gerade Proportionalität zwischen der Gefrier- punktserniedrigung der Pflanze, welche durch das Einführen der Schutzstoffe in die Zelle hervorgerufen wird, und der Erhöhung der Kälteresistenz existiert, oder ob dieser Zusammenhang bedeutend komplizierter ist. 3. Ob verschiedene Stoffe, die in gleichen Konzentrationen angewendet werden, gleiche Schutzwirkungen besitzen, oder ob diese Wirkung verschiedenen Stoffen in verschiedenem Grade eigen ist. Nach langem Suchen habe ich schließlich eine recht einfache Methodik ausgewählt. Ich nahm Objekte mit gefäibtem Zellsaft; die Blätter vom gewöhnlichen Rotkohl und von Tradescantia diS' color erwiesen sich als vollkommen passend. Mittels eines Rasier- messers präparierte ich von der Oberfläche der Blätter nicht zu dünne Schnitte und brachte sie in flache Gefäße, die mit an- geschliffenen Stöpseln versehen waren, auf Lösungen verschiedener Stoffe von verschiedenen Konzentrationen — eine Methode, die ge- wöhnlich bei plasmolytischen Untersuchungen angewendet wird. Nach einem genügend langen Verweilen auf der Lösung wurden die Schnitte samt etwas Lösung mittels eines Pinsels in gläserne Röhrchen von 20 mm Länge und 5 mm Breite übertragen; die Röhrchen wurden alle zusammen in einem kleinen Halter, der aus Korken und einem Holzstäbchen bestand, befestigt. Dann wurden sie in ein großes Reagenzglas gebracht, welches sich in dem Gefrierapparat befand. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 55 Besondere Aufmerksamkeit verwandte ich darauf, daß das Ge- frieren bei vollständig bestimmter und konstanterTemperatur geschah, weil man nur unter solchen Bedingungen die Resultate vollkommen vergleichen kann. Dazu benutzte ich die Methode der Krjohydrat- lösungen^). Mein Gefrierapparat stellte im wesentlichen einen be- deutend vergrößerten BECKMANN sehen Apparat dar, der zum Be- stimmen des Molekulai'gewichts angewendet wird. Das äußere große Gefäß wurde mit Kältemischung, und das Innere, welches von diesem Gemisch durch einen gläsernen Schutzmantel getrennt war, mit Kryohydratlösung von beständigem Gefrierpunkt angefüllt. Man könnte zwischen 0 ° und — 22 " eine ganze Serie beständiger Temperaturen erhalten, wenn man entsprechende Salze wählte; ich gebrauchte folgende Salze (in Klammern zeige ich die Lage des eutektischen Punktes der Wasserlösungen an): K^Cr.O. ( — 1,0 °), K,SO, (- 1,6 «), KNO, (- 2,9 «), MgSO, (- 3,9 °), Sr(NÖ,), (- 5,8 »), BaCl (- 7,8 °), KCl (— 11,1 "), NH,N03 (- 17,3 "), NaCl (—22 "). In solch eine Kryohydratlösung wurde das Reagenzglas mit den Böhrchen versenkt. Die Kryohydratlösung wurde beständig mittels eines gläsernen Rührers gemischt, welcher von einem HEINRICI-Heißluftmotor in Bewegung gesetzt wurde. Wählt man die Temperatur des umgebenden Gemisches so, daß dieselbe 2 " — 3 ° niedriger als der eutektische Punkt der Lösung ist, so kann man eine beständige Temperatur im Laufe einer unbegrenzt langen Zeit erhalten. Die Unterkühlung, die unbedingt in schmalen Röhr- chen beobachtet wird, wird nach 20 bis 30 Minuten nach Beginn des Frierens durch rasches Einführen eines winzigen Kriställchens Eis oder Schnee in jedes der Röhrchen beseitigt. Das Ge- frieren dauerte gewöhnlich 4 — 5 Stunden, dann wurde der Halter mit den Röhrchen aus dem Apparat herausgenommen und das Ganze bei Zimmertemperatur auftauen gelassen. Ungefähr eine Stunde nach dem Auftauen wurden die Schnitte mikroskopisch untersucht, und man konnte leicht die am Leben gebliebenen Zellen von den erfrorenen durch den gefärbten Inhalt unterscheiden. Nach der ersten Kontrolle ließ ich gewöhnlich die Schnitte in derselben Lösung bis zum nächsten Tag liegen, und dann folgte die zweite Kontrolle. Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Untersuchung war meist nicht groß, obwohl die An- zahl der abgestorbenen Zellen sich fast immer am nächsten Tage vergrößerte. 1) OSTVVALD-LUTHER, Physico-ChemiscLo Messungen, 2. Aufl., S. 80 56 N. A. Maximow: Anfangs beabsichtigte ich, die Experimente in folgender Weise auszuführen: den Todespimkt der Kontrollschnitte, die auf Wasser gefroren, mittels einer E-eihe von Bestimmungen festzustellen und denselben mit dem Todespunkt der Schnitte, die auf Lösungen verschiedener Stoffe verschiedener Konzentrationen gehalten wurden, zu vergleichen. Es zeigte sich aber, daß von irgendeiner bestimmten Temperatur des Absterbens nicht nur einer ganzen Pflanze oder eines Organs, sondern auch von zwei nebeneinander liegenden Zellen nicht die Rede sein kann. Ein Schnitt, welcher nicht zu starkem Abkühlen unterworfen wird, stellt bei mikroskopischer Untersuchung ein außerordentlich buntes Bild dar: einige Zellen sind schon tot und haben ihr Pigment verloren, die anderen behalten ihre vollständige Impermeabilität und treten dank ihrer grellen Färbung stark hervor. Beim Sinken der Temperatur wächst die Anzahl toter Zellen sehr allmählich, und der Unterschied zwischen dem Todespunkt verschiedener Zellen ein und desselben Schnittes er- reicht nicht selten einige Grade '). Infolgedessen benutzte ich eine andere Methode: ich ließ auf einmal eine ganze Serie von Schnitten, die eine Zeitlang auf den Lösungen verschiedener Konzentrationen gehalten wurden, bei einer beständigen Temperatur gefrieren und merkte für jeden Schnitt die Anzahl der am Leben gebliebenen Zellen ungefähr an. Die Resultate dieser Bestimmungen sind in den folgenden Tabellen angeführt. Zu allererst beschloß ich, eingehender die Schutzwirkung des Zuckers zu untersuchen, der nach LiDFORSS (3) von sehr großer Bedeutung im Leben der wintergrünen Pflanzen ist. Mich interes- sierte hier nicht so sehr die Bestätigung seiner Ergebnisse, w^ie die Aufklärung der quantitativen Seite der Frage: nämlich, wie weit der Todespunkt aufgeschoben werden kann und ob der Zuckerzusatz allein die Widerstandsfähigkeit so erhöhen kann, daß eine von Natur nicht besonders widerstandsfähige Pflanze die größten Winterfröste ertragen kann. Diese Frage w^ar von desto größerem Interesse, als SCHAFFJSIIT (11) in seinen unlängst herausgegebenen, umfangreichen Untersuchungen die Schutzwnrkung des Zuckers zw^ar nicht vollständig leugnete, ihr aber doch keine große Be- 1) Ähnliches beobachtete BartetzkO (5) bei seinen Versuchen mit den Schimmelpilzen. Dagegen Mez (7) und besonders seine Schüler APELT (8), Rein (9) und Voigtländer (10) halten es für möglich, den Todespunkt ihrer Objekte bis 0,01 ° C genau zu bestimmen. Die Ursache dieser Uneinigkeit möchte ich aus der mangelhaften Aufmerksamkeit seitens genannter Forscher bei mikroskopischer Untersuchung ihrer Objekte erklären. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 57 deatung im Leben der Pflanzen zuschrieb. Die Hauptursaclie ver- schiedener Kälteresistenz erklärt er durch verschiedene Beschaffen- heit der Eiweißstoffe des Plasmas. Die erste Serie der Experimente behandelt die Glukose — Zucker, der am raschesten in die Zelle eindringt und darum der brauchbarste für unsere Experimente ist. Die Versuchspflanze dieser Serie war der Rotkohl — eine Pflanze, welche die Eisbildung in ihren Zellen ohne Beschädigung erträgt. Diese Pflanze gefriert etwa bei —2", stirbt aber erst zwischen — 5° und — 7°C ab (ist also nach der Terminologie von MEZ (7) eisbeständig), Tabelle I. Rotkohl. Glukose. Konz. 2 n 1 n I/o n 'U n Vsn Vi6n Wasser t« - 5.2« leb. leb. leb. V, leb. — 780 — — leb. leb \U leb. einzel.leb. tot — 11,1 0 leb. leb. leb V, leb. einzel.leb. tot tot — 17,3° leb. leb. Vi leb. einzel.leb. tot — — >2 0 leb. leb. einzel.leb. tot — — -32° '/, leb einzel.leb. tot — — — — Wie die Tabelle uns angibt, beginnt die Schutzwirkung der Glukose schon bei schwacher Konzentration (V,,, normal = 1,1 %); bei Erhöhung der Konzentration wächst dieselbe außerordentlich rasch, und die In- (18%) Lösung macht es möglich. Kälte bis — 22 ** ohne Schaden zu ertragen. Eine direkte Proportionalität zwischen der Größe der Depression und der Schutzwirkung kam nicht zum Vorschein, da Va^'Lösung, die den Gefrierpunkt nur auf 0,9 " erniedrigt, die Kälteresistenz aber nicht weniger als um 6 " (von — 5,2 " bis — 11,1 ") erhöht; ebenso erhöht die In-Lösung mit Depression — ^1,8 die Widerstandsfähigkeit nicht weniger als um 17 ° (von — 5,2 bis — 22 "). Dabei sehen wir, daß der Zu- satz von Glukose allein genügt, um die Kälteresistenz des Kohles mit derjenigen mancher Vertreter der wintergrünen Flora wie z. B. Epheu oder Hex gleich zu machen, dessen Todespnnkt nach GÖPPERT nahe an — 25 '' liegt. Damit ein so starker Erost zu ertragen sei, müssen freilich 1 — 2 n-Konzentrationen gebraucht werden, die einem osmotischen Druck von 22 — 44 Atmosphären entsprechen Solche Konzentrationen sind aber nicht etwas ganz Außergewöhnliches und Unerreichbares für die Pfanze im Natur- zustande. Als LiDFORSS (3) den osmotischen Druck in den Blättern der wintergrünen Pflanzen untersuchte, fand er, daß im Winter derselbe bedeutend höher als im Herbst ist und 10 — -11 % KNO3, d. h. 33 - 35 Atmosphären erreichen kann (s. Tabelle S. 67 58 N. A. MaXimOW: Ilex, Taxus, Iledera), — eine Größe, die gerade dem entspricht, was unsere Experimente ergeben. Ähnliche E-esultate erhielt auch BUHLERT (2), als er den osraotischeü Druck in den Nadeln der Nadelbäume gemessen hatte. Anhänger der Ansicht, daß die Kälteresistenz der Pflanze hauptsächlich von der spezifischen Struktur des Protoplasmas ab- hängt, könnten freilich erwidern, daß der üotkohl zu den eis- beständigen Pflanzen gehört und der Zuckerzusatz die schon vor- handene recht beträchtliche Kälteresistenz nur erhöhen würde. Deshalb war es für mich von großem Interesse, meine Ergebnisse an irgendeiner Pflanze, die für den geringsten Frost empfindlich ist, zu kontrollieren. Ich wählte Tradescantia discolor, eine tropische Planze, deren Todespunkt nach REIN (9) bei — 2,14 " Hegt, nach meinen Bestimmungen aber zwischen — 1 ° und — 1,6 "; jeden- falls liegen der Gefrierpunkt und der Todespunkt bei dieser Pflanze nahe aneinander, wenn sie auch nicht völlig ineinander fallen. Tabelle 11 . Trandescantia. Glukose • Konz. to 2 n 1 n V.n V4 n V8 n V16 n Wasser — 1,0 0 — j _ leb. leb. leb lel-. — 1,6 « — — — • leb. ',., leb. einzel.leb. tot — 2.9 0 — leb. leb. leb. einzel.leb tot tot — 3,9 " leb. leb. lelj. 1/2 leb. tot — tot — 5,8 0 — leb. leb. einzel.leb. tot tot tot — 7,8 0 — leb. leb. einzel.leb. tot tot tot — 11,1 0 leb. leb. 3/4 leb. tot tot — — 1 7,3 0 leb. leb. 1/2 leb. tot tot — — — 22 0 leb. leb. 1/4 leb. tot — — _.- - 32 0- einzel.leb. tot tot — — — — Das Einführen von Glukose erwies sich aach hier als Schutz- mittel, und recht starke Lösungen dieses Stoffes sind imstande, sogar eine tropische Pflanze bedeutend widerstandsfähiger als die Mehrzahl der Pflanzen unseres gemäßigten Klimas zu machen. Es ist interessant hier festzustellen, daß die Wirkung hoher Zucker- konzentrationen auf so verschiedene Objekte wie Rotkohl und Tradescantia discolor fast die gleiche Widerstandsfähigkeit erzielt. Es scheint mir, daß dieser Umstand allein uns eine vollständig klare Lösung der ersten Frage^ die am Anfang dieser Arbeit gestellt worden ist, geben kann : ein spezifisches Minimum der Temperatur für eine bestimmte Pflanze existiert nicht, der Todespunkt kann nach Willkür durch das Einführen größerer oder kleinerer Quanti- täten von Schutzstoffen geändert werden. Chemische Schutzmittel der Pflanzea gegen Erfrieren. 59 Im Zusammenhang damit tritt unwillkürlich die Frage auf, ob man — im Vergleich zu Tradescantia — die größere Widerstands- fähigkeit des Kohles, die unter natürlichen Bedingungen beobachtet wird, durch die größere Quantität Zucker oder irgendeines anderen Schutzstoffes erklären kann. Zur Lösung dieser Frage versuchte ich, die Kälteresistenz des Kohles zu erniedrigen, indem ich die Schnitte längere Zeit auf Wasser schwimmen lieb. Vorläufig kam ich zu der Überzeugung, daß solch ein langes Aufhalten auf Wasser die Schnitte keineswegs zum Absterben bringt. Bei meinen Experimenten blieben die Kohlschnitte 20 — 30 Tage auf Wasser ohne irgend welche Todessymptome zu zeigen und ohne ihr Pigment zu verlieren. Unterdessen mußten sie aber fast allen Zucker, der sich in den Zellen befand, verloren haben — teils durch Diffusion, teils in Folge der Atmung. In Zusammenhang damit ist auch die Kälteresistenz, wie es die Tabelle III angibt, beträchtlich gefallen. Tabelle III. Rotkohl. Wasser. Zeit 1/2 Stunde 9 Tage 12 Tage 9 Tage auf Wasser t'-- 12 Std. auf 1/3 n-Glukose — 2,9 " — 0,8" — 7,8 » — 11,1 0 leb. 1/4 leb. tot tot '/. leb. tot tot tot tot tot tot tot leb leb. leb. leb. Nach 9 Tagen Aufenthalt auf Wasser sank die Widerstands- fähigkeit des Kohles fast auf die Hälfte, nach 12 Tagen noch weiter. Es genügte aber, wie es die letzte Kolonne angibt, in den Rotkohl, der seine ursprüngliche Widerstandsfähigkeit durch langes Verweilen auf Wasser verloren hat, eine beträcht- liche Quantität Zucker einzuführen, und die Widerstandsfähigkeit der so behandelten Schnitte wird nicht im mindesten der Wider- standsfähigkeit der frisch präparierten Schnitte, die ebenso lange auf ebensolcher Lösung gehalten wurden, etwas nachgeben. Das Erforschen der Schutz Wirkung des Zuckers gibt uns auch auf die zweite am Anfang der Arbeit gestellte Frage eine bestimmte Antwort. Einen bestimmten Zusammenhang zwischen der Gefrierpunktserniedrigung und der Kälteresistenzerhöhung finden wir nicht. Diese beiden Größen verändern sich durch Kon- zentrationserhöhung im gleichen Sinne, die Schutzwirkung wächst aber bedeutend rascher als die Depression. Dies war schon von LIDFORSS, von mir und von BARTETZKO gezeigt, dennoch halte ich es nicht für überflüssig, noch einmal diesen Umstand zu be- 60 N. A. Maximow: handeln, da er als Schlüssel zur Lösung der Frage über die Schutz- wirkung im allgemeinen dienen kann. Indem sich LiDFORSS an die bekannte GüRKEsche (12) Theorie anschließt, laut welcher der Kältetod eine Folge des Aussalzens der Eiweißkörper ist, sacht er die Schutzwirkung des Zuckers durch die Fälligkeit desselben zu zu erklären, die Aussalzung oder mindestens die nach ihm fol- gende Denaturierung zu paralysieren. Zur Bestätigung seiner An- sicht weist LiDFORSS nicht nur auf die in der Kolloidchemie bekannte Schutzwirkung der Zucker und anderer organischer Nichtelektro- lyten hin, die bei dem Gerinnen und Aussalzen der Eiweißstoffe beobachtet wird, sondern er führt einige Experimente an, die das Gefrieren der Hühnereiweißlösung in Gegenwart der Salze be- handeln. Wenn man hier keinen Zucker hinzufügt, so bildet sich ein nicht wieder auflösbarerNiederschlag, derZuckerzusatz verhindert aber solch eine Ausfällung (3, S. 54 und folg.). SUHAFFNIT wiederholte und bestätigte in seiner Arbeit die Experimente von LIDFORSS (11, S. 105 und folg.). Dessenungeachtet behauptet er, die Schutzwirkung des Zuckers sei von einer geringen Bedeutung. In seinen Untersuchungen über das Erfrieren der Schimmel- pilze hat sich BARTETZKO (5, S. 96) an die Ansichten von LiD- FORSS nicht angeschlossen. Er fand, daß die Schutzwirkung nicht bloß den Zuckerlösungen eigen ist, sondern in gleichem Maße auch den isotonischen Glycerinlösungen und ebenso KNO., und NaN03. Die zwei letzten Salze müßten eigentlich nach der Theorie von GORKE die Kälteresistenz der Pflanzen nicht erhöhen, sondern eher erniedrigen. Übrigens, wenn man sich die Resultate vonB ARTETZKO überlegt, muß man unbedingt das in Betracht ziehen (worauf eigentlich dieser Forscher selbst hinweist), daß die auf konzen- trierten Lösungen verschiedener Stoffe kultivierten Schimmelpilze in sich eine beträchtliche Quantität osmotisch wirkender Stoffe speichern, die qualitativder Beschaffenheit der umgebenden Flüssigkeit gar nicht ähnlich sind^). Die Voraussetzung, daß auf isotonischen Lösungen so verschiedener Stoffe wie Zucker und Salpeter, die Schimmelpilze gleiche Quantitäten von ein und demselben Stoffe produzieren und dadurch eine gleiche Kälteresistenz erlangen, ist sehr wahrscheinlich. Die höheren Pflanzen stellen auch in dieser Beziehung ein günstigeres Objekt dar, weil sie nicht die Fähigkeit besitzen, ihren 1) S. Eschenhagen, Über den Einfluß von Lösungen verschiedener Konzentration auf das Wachstum der Schimmelpilze. Diss. Leipzig, lS8i». AIayenbURG, Jahrbücher f. wiss. Bot, Bd. 32, 1901, S. 3SL Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 61 Tiirgor in solchem Maße zu regulieren. Deshalb beschloB ich, meine besondere Aufmerksamkeit auf das vergleichende Studium der Schutzwirkungen verschiedener Stoffe zu legen und halte diese Frage für besonders wichtig nicht nur zur Aufklärung der Natur der Schutzwirkung, sondern auch für die Theorie des Erfrierens im allgemeinen. Darum benutzte ich möglichst verschiedene Gruppen von Stoffen zur Untersuchung der Schutzwirkung; in die erste Reihe stellte ich die organischen Stoffe von neutralem Charakter wie Kohlehydrate, Alkohole, Ketone, dann anorganische Salze und endlich Salze organischer Säuren. Die Schutzwirkung eines Vertreters der Gruppe des Zuckers — der Glukose — ist uns bekannt. Da es aus den Experimenten von LiDFORSS (3, S. 40—43) schon bekannt ist, daß eine ähnliche Schutzwirkung auch die anderen Zuckerarten ausüben, so hielt ich es nicht für notwendig, auch andere Zucker eingehend zu untersuchen. Ich stellte nur einige Versuche mit Saccharose an, welche zeigten, daß ihre Wirkung auf den Rotkohl ebenso auch auf Tradescantia sich fast gar nicht von der Wirkung der isotonischen Lösungen der Glukose unterscheidet. Von größerem Interesse schien mir das Studium der Scliutz- wirkung der Alkohole zu sein. Bis jetzt existieren für dieselbe nur Angaben über Gljcerin, dessen Schutzwirkung BaRTETZKO (5) gleich der Schutzwirkung der isotonischen Zuckerlösungen schätzt. Die Untersuchung der Alkohole hat aber den Vorzug, daß diese Stoffe leicht und rasch in das Plasma eindringen, und es ge- nügt für diesen Zweck, die Schnitte 2-3 Stunden auf der Lösung zu halten; um dasselbe aber mit Zuckerlösungen zu erreichen^ braucht man mindestens 12 — 16 Stunden. Außerdem ist man beim Einführen von Alkohol auch sicher, daß man unmittelbar seine Wirkung untersucht und nicht die Wirkung der schon vor- her in der Zelle vorhandenen Stoffe, deren Konzentration infolge der Plasmolyse erhöht worden ist. Meine Resultate mit Glycerin stimmen nicht ganz mit denen von BARTETZKO überein. An und für sich ist die Schutzwirkung dieses Stoffes viel schwächer als die der Glukose. Tabelle IV. Rotkohl. Glycerin. Konz. 2n 1 n V2n Ven Vsn V.sn Wasser to — 5,8 0 _ leb. leb. leb. leb. V4 leb. — 7,8« — leb. leb. V4 leb. V4 leb. einzeln, leb. tot — 11,1 0 leb. leb. leb. 1/2 leb. 1/4 leb. tot — — 17,3 0 '/, leb Va leb. einzeln, leb. tot tot — — — 22 0 \'4 leb. einzeln, leb. tot — — — 62 N. A. Maximovv Von den einwertigen Alkoholen konnte ich nur zwei ge- brauchen, nämlich den Methylalkohol und den Äthylalkohol. Die höheren Glieder der Ileihe sind schon in verhältnismäßig kleinen Konzentrationen giftig und darum für unsere Experimente untaug- lich. Die Experimente bewiesen, daß auch die einwertigen Alko- hole eine ansehnliche Schutzwirkung besitzen; dabei ist zu be- merken, daß die Wirkung von Äthylalkohol etwas schwächer ist als die des Methylalkohols; das steht vielleicht im Zusammenhang mit seiner etwas größeren Giftigkeit. Die zwei folgenden Tabellen zeigen die Wirkung dieser Alkohole auf den Eotkohl: Tabelle V. Rotkohl. CH3OH. Konz. 2 n 1 n V2n V^n VsQ Wasser t" — 6,8» — 7,8» — 11,1» — 17,3» leb. leb. einzeln, leb. leb. leb. leb. tot leb. leb. V2 leb. tot leb. - einzeln, leb. einzeln, leb. leb. tot tot V4 leb. tot tot Tabelle VI. Rotkohl. an, OH. Konz. 2n 1 n V2n V4D Vs" Wac;«;pr t» — 5.8» — 7,8» — 11,8» — 17,3» leb. einzeln, leb. tot leb. leb. tot tot leb. V2 leb. tot tot leb. V4 leb. tot leb. tot tot V4 leb. tot tot Die Fähigkeit der Alkohole, außerordentlich rasch in das Plasma einzudringen und ebenso rasch aus demselben herausgespült zu werden, gibt uns die Möglichkeit, mit ihnen Kontrollversuche aufzustellen, die uns beweisen, daß ihre Schutzwirkung nur so lange dauert, wie diese Stoffe sich wirklich in der Zelle befinden. Die Wirkung hört sofort auf, wenn der Alkohol entfernt wird. Um dies zu beweisen, stellte ich folgenden Versuch an: Die Hälfte der Kohlschnitte, die sich in Glycerin- oder Methylalkohol- lösungen einige Stunden befanden und darum eine bedeutende Kälte- resistenz erwarben, ließ ich, wie gewöhnlich, auf den Lösungen gefrieren, die audere Hälfte aber wurde vor dem Gefrieren 2 bis 3 Stunden auf dem Wasser gehalten. Nach dem Auftauen zeigte es sich, daß der Aufenthalt während einiger Stunden auf Wasser die neuerworbene Kälteresistenz spurlos verschwinden ließ, und die Schnitte unterschieden sich gar nicht von den Kontrollschnitten, welche die ganze Zeit auf Wasser lagen. Die folgende Tabelle enthält die Resultate eines solchen Experimentes. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 63 Tabe lle VIT. Rotkohl. Glycerin. 16 Stunden anf Lösungen 12 Stunden auf Lösungen und 4 Stunden auf Wasser 16 Stunden Wasser to 1 n V2 n V4 n 1 n V2 n V*" — 5,8 0 — 7,8 0 — 11,10 leb. leb. leb. leb. leb. leb. leb. leb. 3/4 leb. ^'4 leb. tot tot V4 leb. einzeln, leb. tot V4 leb. tot tot V4 leb. tot tot Von den mehrwertigen Alkoholen wurde außer Glycerin noch Mannit untersucht. Dieser sechswertige Alkohol steht seiner Zu- sammensetzung nach und seiner vielen physiologischen Eigenschaften, z. B. des Nährwerts wegen, den Kohlehydraten nahe, und man konnte erwarten, daß seine Schutzwirkung nicht geringer oder bloß etwas kleiner als die der Zucker sein würde. Das Experiment hat es aber nicht bestätigt. Mannit konnte nur sehr wenig die Kälteresistenz erhöhen. Tabelle VIII. Eotkohl. Mannit. Konz. 1 n V2 n \/4n Vs n Wasser to — 5,8 0 — 7,8 0 — 11,1 0 — 17,30 leb. Vo leb einzeln. leb tot V4 leb. \, leb. tot tot 3/4 leb. V4 leb. tot tot leb. V4 leb. tot tot V4 leb. tot tot Es war von großem Interesse, zu untersuchen, ob Mannit nicht bei höheren Temperaturen schützend wirkt; dazu mußte man die Experimente mit empfindlicheren Pflanzen anstellen, nämlich mit Tradescantia. In der Tat zeigte es sich, daß auch Mannit als Schutzmittel wirken kann, aber nur in sehr geringen Temperatur- grenzen. Tabelle IX. Tradescantia. Mannit. Konz. 1 n 1/2 n V4 n Wasser to — 1,6 0 — 2,9 0 — 5,8 0 — 7,8 0 leb. leb. V4 leb. einzeln, leb. leb. leb. tot tot leb. V4 leb. tot tot ^/2 leb. V4 leb. tot tot tot Aus der Tabelle ersieht man, daß bei geringem Frost ( — 1,6 ° bis - 2,9 ") die Schutzwirkung des Mannits der Wirkung der Glukose nichts nachgibt; aber bei weiterem Sinken der Temperatur ver- schwindet diese Wirkung. Diesen plötzlichen Umschlag in der Schutzwirkung von Mannit kann man, wie mir scheint, durch 64 N. A. Maximovv: den Umstand erklären, daß dieser sechswertige Alkohol verhältnis- mäßig wenig in Wasser löslich ist (schon die normale Lösung scheint bei Zimmertemperatur etwas übersättigt zu sein). Mit dorn Sinken der Temperatur fällt seine Löslichkeit noch weiter, und schon bei - 1,4 " (nach meinen Bestimmungen) liegt sein eutek- tischer Punkt, und die Lösung erstarrt vollständig. Und zugleich verschwindet auch die Schutzwirkung des Mannits. Der Umstand, daß die Schutzwirkung auch noch bei — 2,9 " beobachtet wird, erklärt sich vielleicht daraus, daß die Kristallisation des Mannits bei Gegenwart von Kolloidstoffen im Plasma langsamer erfolgt. Die Experimente mit den Alkoholen geben uns also einige Hin\vßise in bezug auf die Natur der Schutzwirkung selbst. Als Schutzmittel können nur die Stoffe angesehen werden, die einen niedrig liegenden Kryohydratpunkt haben und fähig sind, einen Teil des Wassers auch bei großem Frost flüssig zu erhalten. Dabei scheint die Schutzwirkung verschiedener Vertreter der Alkoholgruppe verschieden zu sein, und nicht selten wird die SchutzW'irkung sogar in den Fällen beobachtet, in denen eine be- stimmte Konzentration, wie z. B. 2 n-Lösung von C^H^OH, bei an- dauernder Behandlung giftig wirkt. Von anderen in die Zelle leicht eindringenden neutralen Stoffen untersuchte ich Aceton und Äthylurethan. Die Wirkung des Acetons stimmte vollständig mit der Wirkung der einwertigen Alkohole überein. Negative Resultate gab Urethan, dessen Y2 ^' Lösung im Laufe einiger Tage vom roten Kohl noch gut vertragen wird. Alle Schnitte, die auf y.^ ^"j V4 ^' ^^^ ^1» n-Lösungen dieses Narkotikums gehalten w^urden, waren bei — 5,8 ° 0 schon abge- storben, während in den Kontrollschnitten ein Viertel der Zellen am Leben blieben. Hier treffen wir zum erstenmal einen Stoff an, der die Kälteresistenz nicht erhöht, sondern erniedrigt. Meine Experimente mit den Salzen, die noch nicht ganz zu Ende gebracht sind, und auch den allgemeinen Überblick über die Natur der Schutz wirkung beabsichtige ich in einem, anderen Ar- tikel mitzuteilen. Vorläufig halte ich es nicht für überflüssig, die schon erhaltenen Resultate zusammenzufassen: 1. Das Einführen organischer Stoffe von neutralem Charakter (Kohlehydrate, Alkohole, Aceton) in die Pflanzenzelle kann die Kälteresistenz beträchtlich erhöhen, und diese Resistenzerhöhung kann nicht nur bei den Pflanzen gemäßigten Klimas, sondern auch bei tropischen Pflanzen erzielt werden. 2. Die Schutzwirkung steht nicht in direktem Zusammenhang mit dem osmotischem Druck und der Gefrierpunktserniedrigung; Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 65 mit der Konzentrationserliöhung des Sclintzstoffes wächst die Kälto- resistenz bedeutend rascher als die Depression. 3. Verschiedene Stoffe besitzen die Schutzwirkung in ver- schiedenem Grade: an den Anfang der Reihe muß man die Zucker- arten stellen, dann Glycerin, die einwertigen Alkohole und Aceton ; Mannit, dessen Lösungen einen hohen eutektischen Punkt besitzen, ist ein sehr schwaches Schutzmittel. 4. Die Entfernung künstlich eingeführter Schutzstoffe aus der Zelle läßt die Kälteresistenz im ursprünglichen Zustande erscheinen. Solch ein Fallen der Kälteresistenz kann man auch bei den von Natur widerstandsfähigen Pflanzenzellen hervorrufen, indem man sie längere Zeit auf Wasser liegen läßt. Zitierte Literatur. 1. Molisch, H, Das Erfrieren der Pflanzen. Vortrag. Wien 1911. 2. BUHLERT, Landwirtsch. Jahrbücher, Bd. 35, 1906, S. 837. 3. LiDFORSS, B., Die wintergrüne Flora. Lunds Universitets Ärskrlft, N. F., Bd. 2, Afd. 2, 1907. 4. MaXIMOW, N. A., Travaux d. 1. Soc. d. Natur, de St.-Petersbourg, Vol. 37, livr. 3, 1908, p. 32 (russisch). 5. BaRTETZKO, H., Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. 47, 1909, S. 57. 6. Richter, A. A, Oentralbl. f. Bacter, II. Abt, Bd. 28, 1910, S. 617. 7. MEZ, C, Flora, Bd. 94, 1905, S. 89. 8. Apelt, A., Beitr. z. Biol. d. Pfl., Bd. IX, 1907, S. 215. 9. Rein, R , Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 80. 1908, S. 1. 10. VOIGTLÄNDER, H., Beiträge z. Biol. d. Pfl, Bd. IX, 1909, S. 859. 11. SCHAEENIT, E., Mit. d. K.-Wilhelm-Inst. f. Landw. in Bromberg, Bd. III, 1910, S. 93. 12. GORKE, H , Landw. Versuchs-Stationen, Bd. 65, 1906, S. 149. Botanisches Laboratorium d. K. Forstinstituts St. Petersburg. Ber der deutseheu bot. Gcsellsch. XXX. Qß Emmy Stein: 8. Emmy Stein: Bemerkungen zu der Arbeit von Molisch: .,Das Offen- und Geschlossensein der Spaltöffnungen ver- anschaulicht durch eine neue Methode^)." (Eingegangen am 11. Februar 1912) Das Erscheinen der obengenannten Arbeit ist die Veranlassung zur folgenden vorläufigen Mitteilung. Das von MOLISCH beschriebene Infiltrationsverfahren, welches durch kapillares Eindringen resp. Nichteindringen von Flüssig- keiten durch die Stomata in die Blattinterzellularen auf das Offen- oder Yerengtsein der ersteren schließt, wurde auch von Professor Stahl gefunden und wird im hiesigen Botanischen Institut seit Herbst 1910 angewendet. Ich selbst begann als Praktikantin einige diesbezügliche Versuche im Sommersemester 1911, über die einige Worte folgen mögen. Die Zahl der für genannten Zweck geeigneten Flüssigkeiten ist ohne Zweifel eine sehr große. Als solche, mit denen Versuche gemacht wurden, und die sich als unter Umständen brauchbar er- wiesen, seien zunächst folgende genannt: Benzol, Toluol, Xylol, Athyläther, Chloroform, absol. Alkohol, Lavendel- und Zitronenöl, sowie Petroläther, Petroleum und Paraffinum liquidum. Während MOLISCH bei seinen Versuchen Alkohol zum Nach- weis weiter geöffneter Spalten, Benzol und Xylol für geringere (Jffnungs weiten benutzt, erwiesen sich bei uns die oben zuletzt genannten KohlenAvasserstoffe verschiedenen Siedepunkts als be- sonders gut verwendbar. Die Reihe: Petroläther'^), Petroleum, Paraffinum liq. bietet den Vorteil, daß sie infolge ihrer verschieden- artigen Viskosität die Öffnung der Spalten in drei Abstufungen beobachtbar macht und zwar in nachstehender Weise: Dringt Paraffinum liq. ein, so ist das ein Zeichen dafür, daß außerordent- lich weit geöffnete Stomata vorhanden sind. Versagt dieses aber, und man sieht, daß bei der nun folgenden Probe Petroleum in 1) Zeitschrift für Botanik IV, 2 S. 106. 2) Es handelt sich stets nra die hier unter obigem Namen im Handel erhältlichen Destillate, deren Siedepunkt noch zu bestimmen ist. Bemerkungen zu der Arbeit von Molisch:,, Das Offen- und Geschlossensein usw. 67 ■den Interzellularen sichtbar wird, so ist die Öffnung eine mittlere. Petroläther endlich dringt noch durch stärker verengte Spalt- öffnungen, so daß man auf eine weitgehende Reduktion des stoma- tären Gasaustausches und der Transpiration schließen darf, wenn auch hier keine Infiltration des Gewebes mehr erfolgt. Ich vermeide hier einstweilen, von geschlossenen Spalt- öffnungen zu reden, behalte mir aber vor, die bei der Infil- trationsmethode gegebenen Beobachtungsgrenzen noch mittels des DARWÜSTschen Porometers genauer zu bestimmen. Es ist die Frage, ob man die Stomata „praktisch genommen als geschlossen" betrachten kann, wenn ein kapillares Eindringen leichtbeweglicher Flüssigkeiten nicht mehr erfolgt, oder ob nicht doch noch ein Gasaustausch in einem für die Pflanze nicht unwesentlichen Grade möglich ist. Ist ersteres der Fall, so bedeutet das für die Methode einen wesentlich höheren Grad an Genauigkeit. Die Grenzen der Untersuchungsmögiichkeit liegen bei den oben genannten Stoffen jedenfalls weiter auseinander als bei den von Molisch verwendeten. Paraffinum liq. dringt längst nicht in alle Spaltöffnungen, die für absoluten Alkohol geöffnet sind, während Petroläther noch den Weg in die Interzellularen findet, wenn diese für Benzol und Xylol nicht mehr zugänglich sind. — Erwähnt sei allerdings, daß die für ein Eindringen von Paraffinum liq. nötige Spaltweite nicht von den Schließzellen aller Pflanzen erreicht wird. Ein weiterer Vorteil unserer Flüssigkeiten ist der, daß durch sie die Ejoidermis und mit ihr die tiefer liegenden Gewebe weit weniger geschädigt werden, im Falle keine Filtration erfolgt. Selbst gegen Petroläther erweist sich die Oberhaut resp. ihre Kuti- kula viel widerstandsfähiger als gegen Benzol und Xylol. In bezug hierauf wurden im Sommer Proben an der spaltöffnungs- losen Oberseite zarter Blätter gemacht. Diese blieben stets unver- sehrt, während — wie ja auch MOLISCH angibt — Benzol und Xylol in vielen Fällen das Gewebe töteten. Um zu beweisen, daß nicht nur die leichtere Verdunstung des Petroläthers und sein da- durch nur kürzeres Einwirken die geringere Ej^idermisschädigung bedingt, wurde folgende Probe gemacht: Glasglöckchen, die oben mit einer kleinen Öffnung versehen waren, wurden mittels Gela- tine auf der Blattoberseite von Plectranthus friitic. befestigt. Die Flüssigkeitsproben wurden eingetropft und die Glöckchen ge- schlossen. Nach ungefähr drei Minuten trat bei Benzol und Xvlol eine Bräunung des Gewebes ein, während das Blatt unter der Schicht von Petroläther nach fünf Stunden noch unversehrt aussah. 5* 68 Emmy Stein: Bemerkungen zu der Arbeit von Molisch: „Das Offen- usw. Die erwähnte Flüchtigkeit des Petroläthers ist übrigens nicht so stark, daß sie den Infiltrationsversuchen hinderlich wäre; es wurden im Gegenteil auch im Freien bei heißem Wetter stets gute Erfolge erzielt. Die Anwendung der Methode geschah genau in der von Molisch angegebenen Weise durch Auftragen eines Flüssigkeits- tropfens aus einem Stiftfläschchen auf die zu untersuchende Blatt- fläche. In der Beobachtung ist hier wohl zu unterscheiden zwischen augenblicklichem Eindringen und einem nachträglichen Ausbreiten in den Interzellularräumen. Es gibt Blätter, die in den Stunden der Maximalöffnung sofort nach Auftragen des Tropfens in dessen ganzem Umkreis einen dunklen Fleck zeigen, während der etwa bei sinkender Sonne wiederholte Versuch zu- nächst nur getrennte Fleckchen oder Punkte sichtbar macht, ein Zeichen, daß die Spaltöffnungen verengt sind und nunmehr nur noch an einzelnen Stellen die für das Eindringen der Flüssigkeit nötige Weite besitzen. Der Wert des Infiltrationsverfahrens besteht darin, daß es mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand an Zeit und Mühe eine große Anzahl von Untersuchungen zuläßt und somit im- stande sein wird, einen Überblick über die wesentlichsten Stomatabewegungen von Familien oder biologischen Gruppen zu geben, sowie die der Blätter im allgemeinen unter verschiedenen Bedingungen zu verfolgen. Einige die Methode betreffende Einzelheiten, sowie die mit ihr gewonnenen Ergebnisse behalte ich mir für eine ausführlichere Arbeit vor, ebenso eine üeihe von Untersuchungen mit dem DARWINschen Porometer, die ich im Lauf des Sommers abzu- schließen hoffe. Jena, Botanisches Institut, Februar 1912. O TßEBOUX: Die freilebende Alge und die Gonidie Cj^stococcus usw. 69 9 0. Treboux: Die freilebende Alge und die Gonidie Cysto- coccus humicola in bezug auf die Flechtensymbiose. (Eingegangen am 17. Februar 1912.) Seitdem die Flechten als aus Pilz und Alge zusammengesetzte Pflanzen betrachtet werden, ist das Verhältnis der beiden Kompo- nenten zueinander bald als Parasitismus, bald als mutualistische Symbiose gedeutet worden. Mit Vorliebe wurde es als mutua- listische Symbiose hingestellt und galt überhaupt als bestes Bei- spiel einer solchen im Pflanzenreiche. Ausschlaggebend für diese Auffassung waren wohl besonders die mannigfachen nahen Be- ziehungen zwischen Gronidie und Pilz, wie sie im Aufbau, in der Entwicklungsgeschichte und Biologie der Flechten zum Ausdruck kommen. In ernährungsphysiologischer Hinsicht sollte das sjaiibiotische Verhältnis darin bestehen, daß der Pilz die organische Nahrung (den Kohlenstoff) von der Alge erhalte, wofür er diese mit Wasser und den anorganischen Nährsalzen versorge. War es einerseits verständlich, daß der Flechtenpilz als chloro- phyllfreie Pflanze seine organische Nahrung ausschließlich oder doch zum größten Teil von der Alge bezieht, so erschien anderer- seits die Alge auf den Gegendienst des Pilzes, Zufuhr von Wasser und Nährsalzen, weniger angewiesen. Berechtigt war die Frage, ob diese und außerdem das Licht der freilebenden Alge nicht viel reichlicher zur Verfügung stehen. x4.1s wesentliche Stütze für die Vorstellung einer mutualistischen Symbiose mußten daher die Beobachtungen EEIJERJNCKs') über die Ernährung von Algen erscheinen. Darnach wären einige Algen „Pepton-Kohlenstofforganismen" in dem Sinne, daß sie als Stickstoffquelle die Zuführung von Proteinstoffen benötigen. Unter diesen Algen sollte sich auch die aus Physcla fXanthoria) parietina isolierte Gystococcus humicola Näg. befinden, die am Aufbau der meisten Flechten teilnimmt. Jetzt konnte man mit BEIJERINCK den Vorteil, welchen die Alge in der Symbiose findet, darin er- blicken, daß sie vom Pilze mit dem erforderlichen „Pepton" ver- sorgt werde, während sie diesen oder ähnliche Stoffe in der freien Natur meist nur in Spuren antreffen dürfte. 1) M. BEIJERINCK, Botanische Zeitung, 48. Jahrg., 1890, S. 725. 70 0. TREBOUX: Eine weitere Vertiefung in dieser Richtung bedeutete alsdann die von ARTARI^) aufgeworfene interessante Fragestellung: besteht ein Unterschied im ernährungsphysiologischen Verlialten der Go- nodie im Vergleich zu dem der freilebenden Alge-)*? Hat sich, mit anderen Worten, die Alge im Zusammenleben mit dem Pilze im Laufe der Zeit an eine bestimmte Nahrung gewöhnt, anderer ihr früher zugänglicher Nährstoffe entwöhnt, und zeigt sie jetzt als Gonidie erblich gewordene Unterschiede in ihren ernährungsphysio- logischen Eigenschaften gegenüber der freilebenden Alge? Aus- gehend von den Kulturversuchen BEIJERINCKs, war vor allem daran zu denken, daß zwar die Gonidienanlage ein „Pepton-Kohlen- stofforganismus" sei, die freilebende Alge aber auch andere Stick- stoffquellen verwerte oder sogar vorziehe. Es war ohnehin wenig wahrscheinlich, daß die freilebende Alge „Pepton" in genügender Menge für ihr Gedeihen in der Natur vorfinde'). Einen solchen Unterschied im Verhalten der freilebenden Aloe und der Gonidie gegenüber den verschiedenen Stickstoffquellen glaubte nun ARTARI in der Tat nachgewiesen zu haben. Das war ein Befund, um den einem Gegner der mutualistischen Symbiose schwerlich herumzukommen war, denn er deutete mit größter Wahrscheinlichkeit darauf hin, daß die Gonidie vom Flechtenpike für die gelieferte Kohlenstoffquelle „Pepton" erhalte. Die Sym- biose war also jetzt auch in ernährungsphysiologischer Hinsicht perfekt. Für den Begriff der mutualistischen Symbiose, nicht nur für den entgegengesetzten, den des Parasitismus, ist diese Seite der Frage doch wohl die wesentlichste. Infolgedessen findet die Auffassung von einer mutualistischen Symbiose der Flechtenkom- ponenten fast allgemeinen Anklang. Demgegenüber möchte ich gleich darauf hinweisen, daß die Gonidienalge Cystococcus humicola kein „Pepton-Kohlenstofforganis- mus" ist (auch nicht in dem Sinne, daß sie „Pepton" allen anderen Stickstoffquellen vorzieht), und daß die freilebende Alge in ihren ernährungsphysiologischen Eigenschaften sich von der Gonidien- alge durch nichts unterscheidet. 1) Schon VAN TiEGHEM führt aus, wie für die Aufstellung des Be- griffes „reciproker Parasitismus" die Versorgung der Alge mit Eiweißstoften von Seiten des Flechtenpilzes vorausgesetzt werden muß Bulletin de la Society botanique de France, Bd. XXI, 1874, S. 349—350 2) A. AßTARl, Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Bd. XX,. 1902, S. 172. 3) Beijerinck setzte voraus, daß auch die freilebende Alge „Pepton" bedarf (a. a. O., 8. 766). Die freilebende Alge und die Gonidie Cystococcus humicola in bezug usw. 71 Auf Grund der Kultur versuche BEIJERINCKs kann nur so lange von der Notwendigkeit einer Versorgung der Gonidie mit „Pepton" durch den Flechtenpilz die Rede sein, als die Tatsache bestehen bleibt, daß die Gonidienalge ohne Pepton nicht aus- kommen kann. Sobald gezeigt werden konnte, daß die Gonidien- alge auch mit anderen, z. B. anorganischen, Stickstoffquellen vor- züglich gedeiht, konnte die Stickstoffversorgung der Gonidie mit Pepton seitens des Flechtenpilzes nur noch als eine mehr oder weniger wahrscheinliche Voraussetzung betrachtet werden, zu deren Gunsten dann erst das Beweismaterial zu erbringen wäre. BEIJERINCK bezeichnete folgende Algen als Pepton-Kohlen- stoff Organismen: Scenedesmus acutus M.ejevi, Chlorella vulgaris Beij., Chlorosphaera limicola Beij. und Gijstococcus humicola aus Xanthoria parietina. In der Folgezeit wurden wiederholt Tatsachen mitgeteilt, welche die Beobachtungen BEIJERINCKs vervollständigen. Für Scenedesmus acutus fand KLEBS^), daß er in rein organischer niti at- haltiger Nährlösung vorzüglich gedeiht. Dies bestätigten SENN^) und GRINTZESCO^). Die Ernährung mit Nitraten resp. Ammonium- salzen wurde festgestellt für Chlorella vulgaris von KOSSOWITSOH^J, Krüger und Sohneide wind*), GRINTZESCO") und anderen; für Xan^Aona- Gonidien von BEIJERINCK'), ArTARI"), KrÜGER und Schneidewind (a. a. 0. S. 798). Entsprechende Angaben für die genannten Arten habe auch ich gemacht"). Diese Zitate machen keinen Anspruch auf Vollzähligkeit ; sie sollen nur darauf hin- 1) G. Klebs, Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen, 1896, S. 183. 2) G. Senn, Botanische Zeitung, hl. Jahrg., 1899, S. 71. .3) J. GßiNTZESCO, Bulletin de l'Herbier Boi.ssier, 2 ser. 1902, Nr. 3. 4) P. KOSSOWITSCH, Botanische Zeitung, 62. Jahrg , 1884. Die unter- suchte Alge ist identisch mit Chlorella vulgaris Beij , die ebenfalls ein Pjre- noid besitzt. 5) W. KrCGEB, und W. SOHNEIDEWIND, Landwirtschaftliche Jahr- bücher, Bd. XXIX, 1900. 6) J. Grintzesco, Revue generale de Botanique, Bd. 15, 1903, S. 16. V) M. BEIJERINCK, Centralblatt für Bakteriologio u. Parasitenkunde, Bd. 13, 1893, S. 368. Daß die angewandte anorganische ammoniumnitrathal- tige Nährlösung im Vergleich zu Nährböden mit Malzextrakt nur ein lang- sames Wachstum gestattet, erklärt sich gutenteils durch den Mangel einer das Wachstum fördernden Kohlenstoffquelle, wie es der Zucker der Malz- extraktnährböden ist. 8) A. Artari, Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou, 1899, S. 39. 9) Berichte d. Deutschen Botanischen Gesellschaft, Bd. XXITI, 1905, S. 432. 72 0. Treboux: ^veisen, daß die von BEIJERINCK untersuchten Algen nicht weiter als „Pepton-Kohlenstofforganismen" hingestellt weiden können, worauf es uns hier ankam. Es werden die besprochenen Algen aber auch häufig als Peptonorganismen bezeichnet, um auszudrücken, daß für sie Pepton eine bessere Stickstoffquelle ist als es die übrigen organischen und anorganischen Stickstoffverbindungen sind. Mit demselben Namen hatte BeijeriNUK eine ganz andere Gruppe von Organismen be- legt. BEIJERINCKs Peptonorganismen können nur mit Pepton fort- kommen, welches ihnen außer als Stickstoff- zugleich als Kohlen- stoffquelle dient, wogegen die Pepton-Kohlenstofforganismen neben Pepton eine besondere Kohlenstoffquelle erfordern, z. B. Zucker oder auch Kohlensäure. Mir scheint es wünschenswert, daß diese verschiedenen Begriffe in Zukunft auseinandergehalten werden, um so mehr, als die gleichlautende Bezeichnung schon in einigen Fällen zu Mißverständnissen geführt hat. Übrigens bevorzugen unsere Algen gar nicht Pepton vor allen übrigen Stickstoffverbindungen. In bezug auf Scenedesmus acutus (a. a. 0. S. 270) und Chlorella vulgaris (a. a. 0. S. 69) hat schon GRINTZESCO bewiesen, daß sogar die Nitrate eine bessere Stick- stoffquelle als Pepton sind. Außer diesen beiden Algen werden nach meinen Versuchen auch die X^anthoria-parietma-QcomdäQn von Ammoniumsalzen besser als von Pepton mit dem nötigen Stickstoff versorgt. Auf die entgegengesetzte Beobachtung ARTARIs an XrtnfAorea-Gonidien möchte ich an anderem Orte, im Zusammen- hang mit der Stickstoffernährung der Algen überhaupt, des näheren eingehen; um so eher als dieser Punkt für die hier be- sprochenen Fragen nicht wesentlich ist. Die Wiedersprüche mit BEIJERINCKs Beobachtungen sind in allen obigen Fällen jedenfalls nicht auf verschiedene physiologische Rassen^), mit denen man jetzt so schnell zur Hand ist, zurückzuführen, sondern auf die weitere Ausbildung der Algenreinkultur seit und dank den ersten Versuchen BEIJERINCKs. Überhaupt zeigen die Grünalgen (hier sprechen auch meine sonstigen Erfahrungen mit) in ihrem Verhalten zu verschiedenen Stickstoffquellen dieselbe Be- ständigkeit wie eine höhere Pflanze. Der einzige scheinbar besser begründete Fall, der damit nicht in Einklang steht — das Vor- handensein der zwei für unseren Cystococcus humicola von ART AR! beschriebenen Rassen — erweist sich eben als anfechtbar. 1) Übrigens habe ich zum Vergleich auch mit den entsprechenden Algen- arten gearbeitet, die von der früheren Centralstelle für Algenkulturen des Botan. Oentralb., also wohl von den Stammkulturen BEIJERINCKs herrührten. Die freilebende Alge und die Gonidie Cjstococcus humicola in bezug usw. 73 Die Angaben ArtarIs mögen auf den ersten Blick viel Be- stechendes haben. Zieht man die Möglichkeit der Entstehung er- nährungsphysiologischer Rassen bei Algen in Betracht, so kann man die Bedingungen dazu in der Natur allerdings am ehesten im Zusammenleben der Algen mit dem Flechtenpilze suchen, da die Dauer der Zeiträume für die fortgesetzte Einwirkung des be- stimmenden Faktors hier nichts zu wünschen übrig läßt. Voraus- setzung bleibt dabei natürlich immer, daß der Alge in der Flechte tatsächlich andere Nährstoffe als im Freien, in unserem Falle also „Pepton" zur Verfügung stehen. Einige Erwägungen jedoch lassen alsbald das Vorhandensein der zwei vorausgesetzten Bässen von Cijstococcus humicola als zweifelhaft erscheinen. Obgleich der Flechtenpilz während vieler Generationen mit den Nachkommen ein und derselben Gonidien- alge in Verbindung bleiben kann (Vermehrung durch Soredien, unter Ausbildung von Hymenialgonidien, durch Bruchstücke u. a.), geht er in anderen Fällen mit fremden und zwar freilebenden In- dividuen derselben Algenart neue Verbindungen ein. Denn wenn auch die Soredien für die Mehrzahl selbst der frukticificierenden Flechten das vorherrschende Mittel zur Vermehrung sind, so ist doch durch zahlreiche Beobachtungen, besonders der älteren Flechtenliteratur, das Ergreifen freilebender Algen durch Hyphen zw-ecks Flechtenbildung in der Natur festgestellt worden. Der frühere skeptische Standpunkt gegenüber diesen Angaben ist nicht mehr berechtigt, nachdem auch experimentell die Verwendung der freilebenden Alge bei der Flechtenbildung darch die von BONNIER mit besonderem Erfolge angestellte Synthese der Flechte Xaiithor/'a parietina, gerade für Cystococcus humicola, erwiesen w'orden ist. Es fragt sich nun, ob die Existenz der zwei Rassen mit bezug auf die mutualistische Symbiose noch einen Sinn hat, wenn die Flechte bald eine Pepton, bald eine anorganische Stickstoffquellen vor- ziehende Alge als Gonidie führt*). Wie schon oben bemerkt, handelt es sich auch gar nicht um zwei Rassen von Cystococcus humicola. Die Resultate ARTARIs er- klären sich dadurch, daß er mit ZAvei nicht nur physiologisch, sondern auch morphologisch verschiedenen Algen, mit zwei ver- 1) W. Benecke (Referat in Botanischer Zeitung, 1902, 12. Dezember) und F. Oltmanns (Morphologie u. Biologie d. Algen, 2. Bd., 1905, S. 360) entnehmen versehentlich aus Artaris Arbeit die Angabe, daß die vermeint- lichen Rassen von Cystococcus humicola ineinander übergeführt werden könnten. 74 0. Treboux: schiedenen Arten gearbeitet hat. Um das zu verstehen, müssen wir etwas näher auf die Eigenschaften dieser Algen eingehen. BEIJEIilNüK (a. a. 0. S. 765) bemerkt, daß er dem Beispiele BORNETs und SCHWENDENERs folge, welche die Gonidien von Xanthoria als Cystococcus Immicola Nägeli^) bezeichnet haben, ob- gleich er betonen müsse, daß seiner Ansicht nach NÄGELI diesen Namen einer ganz anderen Algenart gegeben habe, welche zu ChhrospJiaera oder Endosphaera gehöre. Dieser Ansicht kann ich mich nur anschließen; indem ich jedoch, nebenbei gesagt, die von NÄGELI abgebildete Alge nicht zu Chlorosphaera, sondern mit OLT- MANNS^) und anderen zu Chlorococcum ziehe, zu welcher Gattung (vgl. OLTMANNS) auch die von BEIJERINCK unter dem Namen Chlorosphaera limicola beschriebene Alge gehört. Wie die meisten Algologen, hat ARTARI diesem Umstände nicht genügende Beachtung geschenkt. Ausgehend von der ver- meintlichen morphologischen Identität der Gonidienalge mit NÄGELIs Cystococcus Immicola (und nach ARTARX sogar mit Chloro- coccum infusionum Menegh. ') isoliert er diese aus dem grünen Über- zuge an den Wänden eines Aquariums, in der Meinung, die den Gonidien entsprechende freilebende Alge in Händen zu haben. Daß hier zwei verschiedene Algenarten vorliegen, davon über- zeugt man sich bald durch den Vergleich mit den Gonidien, z. B. von Xanthoria parietina. Bei der Unsicherheit in der Systematik der hierher gehörigen Algen sollte man in zweifelhaften Fällen stets die Gonidien berücksichtigen, die immer zur Verfügung stehen. Der hierdurch gegebene sichere Anhaltspunkt bewahrt uns auch davor, auf die verschiedenen sich widersprechenden älteren Angaben eingehen zu müssen und uns darin zu verlieren. NÄGELIs Cystococcus humicola zeigt, ähnlich anderen Chlor o- cocmmarten, ein fast hohlkugelförmiges, mit kreisförmigem Aus- schnitt versehenes Chromatophor, welches der Zellwand fast an- liegt, NÄGELI selbst spricht von einem hohlen Raum im Innern, in bezug auf Figur f. Die Gonidienalge dagegen besitzt ein massives Chromatophor, welches die Mitte der Zelle einnimmt und nur den peripherischen Teil der Zelle freiläßt, wo sich bei Chloro- coccum gerade das Chromatophor befindet. Die Oberfläche des Chromatophors ist nicht glatt, sondern etwa als runzlich-höckerig 1) C. NÄGELI, Gattungen einzelliger Algen, 1849, S. 8t— 85 u. Taf. III, E. 2) F. Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen, 1. Bd., 1904, S. 171. 3) Berichte d. Deutschen Botanischen Gesellschaft, B^l. XX, 1902, S. i:3 und S. 206 Anmerkung. Die freilebende Alge und die Gonidie Cystococcus humicola in bezug usw. 75 zu bezeichnen. Im optischen Durchschnitt zeigt daher das Chroma- tophor einen ganz nnregehnäßigen Umriß, welcher aus feinen Aus- buchtungen, Einkerbungen, Zacken usw. besteht. Ein Pyrenoid befindet sich im Innern des Chromatophors, im Zentrum der Zelle, und erscheint infolgedessen, unabhängig von der Lage der Zelle, stets in der Mitte gelegen, wie dies auf allen Abbildungen von Flechtengonidien zu sehen ist. Der Zellkern liegt in einem Aus- schnitte des Chromatophors und ist, wenn der Ausschnitt zufällig in den mittleren optischen Durchschnitt fällt, auch ohne Färbungen deutlich zu unterscheiden. Dieses eigentümliche Chromatophor ist schon BEIJERINCK aufgefallen. Er schreibt mit Eecht (a. a. 0. S. 782): „Übrigens sind die Gonidien leicht kenntlich an der grünen Färbung des grobkörnigen Protoplasmas, welche im Zentrum der Zelle viel intensiver ist wie an der Peripherie, so daß hier das Chromatophor offenbar entweder nicht der Wand anliegt, sondern zentral ist oder die Zellen ganz erfüllt." Das Gesagte ist auch seinen Ab- bildungen zu entnehmen, die im übrigen wenig Einzelheiten er- kennen lassen. In den mit organischen Verbindungen überfütterten Zellen verdecken die aufgespeicherten Stoffe z. B. das zentrale Pyrenoid, welches sonst immer leicht zu erkennen ist. Eine Abbildung, aus der die Details im Bau des Chromato- phors zu ersehen sind, hat ChODAT^) gegeben. Ich würde nicht zögern die abgebildete Alge (nach CHODAT das Ci/stocoecus-Sta,dmm von Pleurococcus vulgaris Menegh. non Näg. darstellend) als die den Xan^Äomgonidien entsprechende freilebende Alge zu betrachten, wenn CHODAT dieselbe nicht mit fadenbildenden Formen in Ver- bindung bringen würde, die mir eine oder mehrere andere selb- ständige Arten zu sein scheinen. Unter anderem unterscheiden sich diese Formen z.B. dadurch, daß sie Zoosporen mit deutlichen Augenflecken bilden, während unsere Gonidienalge, wie auch BEIJERRINOK hervorhebt, solche an den Zoosporen nicht erkennen läßt. Kürzlich erweiterte CHODAT 2) unsere Kenntnisse von Schizogoniuni radicans Ktz. durch einen auf Grund von Kulturen aufgestellten Entwickelungscyclus, in welchen er jetzt Pleurococcus vulgaris Menegh. non Näg. und Cystococcus humicola einschließt. Auch in diese Formenreihe gehört unsere Gonidienalge nicht. Allerdings haben diese Formen ein unregelmäßig-sternförmiges 1) R. ÜHODAT, Algues vertes de la Suisse, 1902, S. 290, Fig. 193, A— E. 2) R. Chodat, Etüde critique et experimentale sur le polymorphismo des Algues, 1909, S. 65—74. 7 t'. 0. Treboüx: Chromatophor, welches mit dem der Gonidienalge einige Ähnlich- keit aufweist, aber nur wenn wir letztere im mittleren optischen Durchschnitt betrachten. Bei wechselnder Einstellung des Mikroskopes zeigen sie, im Gegensatz zum rundlich-massiven Chromatophor der Gonidienalge, ein plattenförmiges, an den Rändern öfters umgebogenes Chromatophor. Diese Unter- schiede im Bau der Chromatophoren sind ein beständiges Merk- mal. Fadenbildungen habe ich in meinen Kulturen sowohl der Xanthoriagomdien als auch der entsprechenden freilebenden Alge bisher nicht bemerkt i). Von den in Frage kommenden faden- bildenden Arten unterscheidet sich die Gonidienalge auch dadurch, daß sie keine „echte Zellteilung" sondern ausschließlich „freie Zell- bildunp-" aufweist; die Wände der Tochterzellen setzen nicht an die Wand der Mutterzelle an. Kommen bei Schi^ogonium überhaupt Zoosporen vor? Das Gesagte möge genügen, um darzutun, daß die Gonidien- alge nicht mit C^s^ococcws-Stadien anderer Algen identifiziert werden kann, vielmehr eine selbständige Art ist. . Vor den Ghlorococciim' arten zeichnet sie sich durch das eigentümliche Chromatophor und das Fehlen des Stigmas aus, und ich würde vorschlagen, auch fernerhin den Namen Cystococcus liumicola beizubehalten, falls dies nicht gegen Nomenklaturregeln verstoßen sollte. Mit dem Bau der Gonidienalge bekannt, ist es leicht, die ent- sprechende freilebende Alge in der Natur zu finden. Sie ist eine typische auf Baumstämmen usw. wachsende Luftalge 2), die eben- sowenig wie etwa Pleurococcus vulgaris Näg. oder Trentepohlia iim- brina (Kiz.) Born, spontan in Wasser auftritt. Mit der von ARTARI isolierten Wasseralge Chlorococcum infusionum Menegh. hat sie, wie gesagt, nichts zu tun. Im selben Grade wie die isolierten Xanthoria- gonidien ist auch die freilebende Cystococcus humicola zur Zoosporen- bildung wenig geneigt, auch in Nährlösungen, in denen CMorococcum- 1) Dagegen bei Pleurococcus vulgaris Näg. = P. Naegelii Ohod., für welche ChODAT die .Fadenbildung nachgewiesen hat, habe ich eine solche in flüssigen Medien häufig beobacliten können. Ansätze zur Fadenbildung trifft man auch bei der im Freien auf Baumstämmen wachsenden Alge. Da noch in letzter Zeit die Fähigkeit dieser Alge, kurze Fäden zu bilden, bezweifelt wurde, so war es vielleicht nicht überflüssig, dieselbe nochmals hervorzuheben. 2) Cystococcus humicola ist hier (Charkow), trotz der zuzeiten herrschen- den großen Trockenheit, sehr verbreitet, und reichen die grünen Überzüge an Baumstämmen, z. B. der Linde und Ulme, bis in die Gipfel hinauf. Nur selten bestehen die Überzüge aus Pleurococcus vulgaris Näg. = P. Naegelii Ohod.; im Norden wird das Verhältnis zum umgekehrten. Die freilebende Alge und die Gonidie Cystococcus humicola in bezug usw. 7 7 arten fast zu jeder Zeit in Zoosporenbildung begriffen sind. Es ist daher ganz begreiflich, daß ARTARI im Vergleich zu den isolierten Xanthor iagomdien bei der vermeintlichen entsprechenden freilebenden B,asse reichlichere Zoosporenbildung beobachtete, wenn diese Alge eben Chlor ococcum infusionum war. Die freilebende Cystococcus humicola, um auf die Frage nach den zwei physiologischen Rassen zurückzukommen, zeigt nun in allen Beziehungen ganz dasselbe Verhalten wie die Xanthoria- gonidien. Während zahlreicher Versuche, die im Laufe mehrerer Jahre über die Ernährung der Algen mit verschiedenen Stickstoff- und Kohlenstoffquellen, den Einfluß verschiedener äußerer Be- dingungen usw. angestellt wurden, habe ich diesen Punkt stets im Auge gehabt und streng parallele Versuche gemacht. Änderungen im Verhalten zu den Stickstoffquellen ließen sich durch fortgesetzte Kultur nicht erzielen. Sowohl die Gonidienalge, als auch die frei- lebende, ließen sich mit gleichem Erfolge zur Synthese der Flechte mit dem Flechtenpilze von Xanihoria parietina in Reinkultur auf Agar verwenden. Mit den zwei physiologischen Rassen fällt auch die Ver- anlassung, vom ernährungsphysiologischen Standpunkt die Flechte als mutualistische Symbiose aufzufassen. Überhaupt lassen sich, allgemein betrachtet, die Verhältnisse ungezwungener als Para- sitismus deuten, wenn man, wie wiederholt in der Literatur aus- geführt wurde, berücksichtigt, daß einige Abweichungen vom üblichen Bilde des Parasitismus zustande kommen, indem in der Flechte der Parasit den kleineren Wirt dauernd in sich einschließt. Dagegen können auch die vielen gegenseitigen Beziehungen zwischen Gonidie und Pilz, die im Aufbau, Entwickelungsgeschichte und Biologie der Flechten zutage treten und die dazu geführt haben, die Flechte als eine der chlorophyllführenden Pflanze ent- sprechende Einheit zu betrachten, nicht geltend gemacht werden. Denn selbst in Fällen typischen Parasitismus reagiert nicht selten der eine Komponent in für den anderen nützlicher Weise (z. B. Gallenbildung). Allerdings sind, wie gesagt, derartige Beziehungen zwischen Pilz und Gonidie ganz besonders häufig. Und wenn die Mannigfaltigkeit der Natur nicht durchaus unter zwei extremen Vorstellungen untergebracht werden muß, so ist es wohl rat- samer, die Erscheinung der Flechte von anderen etwa als Flechten- parasitismus oder als Helotismus zu unterscheiden. Jedenfalls ist daran festzuhalten, daß die Cystococcus-Gonidie im Vergleich zur freilebenden Alge ein kümmerliches Dasein führt. Ich möchte in dieser Hinsicht, in den gesteckten Grenzen 78 0. Treboux: bleibend, wiederum die freilebende Alge mit der Gonidie ver- gleichen, da ich beide daraufhin dauernd im Auge behalten habe. Zum Beweise für das Gedeihen der Alge in der Flöchte W'ird häufig darauf hingewiesen, daß die Zellteilungen der Gonidie durch die Berührung mit den Pilzhyphen stark gefördert werden. Diese Beobachtung kann wohl nur für besondere Fälle Geltung haben, z. B., wenn die freilebende, noch immer einen Nährstoff- vorrat enthaltende Alge von den Hyphen ergriffen wird. Sie läßt sich anderen ähnlichen E-eizwirkungen zur Seite stellen, biologisch sich als ein auch sonst bei Algen verbreitetes Mittel, sich von parasitischen Pilzen zu befreien, deuten. Untersuchen wir dagegen Schnitte von gesunden Strauch- und Laubflechten, auch aus den jüngeren, stärker wachsenden Flechtenteilen, von verschiedenen Standorten und zu verschiedenen Jahreszeiten, so finden wir darin nur vereinzelte in Teilung begriffene Gonidien. Hierzu können auch die Abbildungen von Querschnitten der Flechten mit Gysto- cocciis-humicoIa-Gonidien verglichen werden. Im Gegensatz dazu besteht der grüne Überzug, den die freilebende Alge womöglich auf demselben Baumstamme bildet, aus größtenteils in Teilung be- griffenen Zellen. Die Zellen zeigen meist die Anordnung von jungen Tochterzellen, die noch einige Zeit zu einem Komplexe an- einander haften, nachdem die Mutterzellenhaut sie nicht mehr um- schließt. Sie sind kleiner und an den Berührungsstellen etwas abgeflacht, und nur vereinzelt kommen zwischen ihnen vollständig ausgewachsene und abgerundete ruhende Zellen vor, die dann von der Größe der Gonidien sind. In Kulturen haben wir ähnliche Bilder, "Wächst die Alge einigermaßen, so erinnert sie an die frei- lebende Alge; sind die Bedingungen ungünstige, so finden nur noch wenige Zellteilungen statt, und die Alge hat sozusagen Zeit, zur maximalen Größe heranzuwachsen. Daß die Vermehrung der Gonidie im Vergleich zur Alge nur eine sehr geringe ist, läßt sich auch im Freien beobachten. Cystococcus Jiumicola gehört, wie auch Pleurococcus, Trentepohlia u. a, zu den auch in Kulturen langsam wachsenden Luftalgen, Wischt man aber die grünen Überzüge von einem Baumstamme oder Bretterdache ab, so kann man feststellen, daß sich der etwa 1 mm hohe Überzug verhältnismäßig schnell erneuert. Vergleicht man damit den jährlichen Zuwachs einer Flechte, etwa Xanthoria parietina, in deren Thallus die Gonidie selbst eine lockere, unter- brochene Schicht aus Avenigen Reihen Zellen bildet, so erscheint die Vermehrung der Gonidien verschwindend klein. In der freien Natur werden bei den grünen Überzügen die Algen der oberen Die freilebeode Alge und die Gonidie Ojstococcus humicola ia bezug usw. 79 Schicht augenscheinlich von Regen und Wind abgetragen; der trockene Überzug läßt sich zum guten Teil leicht abblasen. Würde sich die Gonidie nur annähernd wie die freie Alge vermehren, so müßte sie alsbald die Flechte sprengen, wie dies etwa bei starker Soredienbildung stattfindet. In betreff der älteren, wenig wachsen- den Flechtenteile müßte man, selbst mit Berücksichtigung der ge- ringen Anzahl der mikroskopisch zu beobachtenden Zellteilungen, fragen, wo denn im Lauf der vielen Jahre die Algen hinkommen. Es muß ohne weiteres ein Absterben und vom Standpunkte des Parasitismus ein Verzehren zum wenigsten des Zellinhaltes der Gonidien von selten des Pilzes gefordert werden. Diese Er- scheinung hat denn auch ELENKIN in letzter Zeit mit so zahl- reichen neuen Beispielen belegt, daß er sie als bei heteromeren Flechten allgemein verbreitet betrachtet. Die Gonidie vermehrt sich nicht nur sehr schwach, sie zeigt auch ein kränkelndes Aussehen, worauf schon verschiedene Be- obachter hingewiesen haben. Statt frischgrün ist sie mißfarbig, gelbgrün. Solch eine Veränderung der normalen Färbung ist stets ein sicheres und empfindliches Zeichen für irgendwie gestörten Stoffwechsel. Der Zellinhalt ist nicht mehr so stark lichtbrechend wie bei der gesunden Alge, wohl infolge geringeren Gehaltes au dem als E/eservestoff dienenden „fetten Öle". Die Pyrenoidstäi'ke fehlt meist'). Das Protoplasma hat ein mehr körniges Aussehen. Diese und andere, bei ungünstigen Bedingungen eintretende Ver- änderungen sind dem Algenzüchter gut bekannt. Speziell bei Chlorococeum humicola im Gegensatz zu manchen anderen Algen habe ich solche Veränderungen nicht einfach infolge von Mangel an Nährsalzen, Kohlensäure, Licht und Luft eintreten sehen. Des- halb halte ich es auch nicht für wahrscheinlich, daß auf o-enannte Ursachen das kränkelnde Aussehen der Gonidien zurückzuführen ist. Bei ungünstigen Wachstumsbedingungen geht die Alge näm- lich mit Leichtigkeit, und ohne ein anormales Aussehen zu er- halten, in den Ruhezustand über. An der Luft ausgetrocknete Algen, aber auch in sterilisiertem Wasser aufbewahrte Zellen können nach meinen Beobachtungen in diesem Zustande am Lichte oder im Dunkeln anderthalb Jahre und wohl auch länger lebend 1) Dadurch erklärt sich vielleicht die Behauptung PeircEs (zit. nach JUSTS Jahresb ), daß der zentrale Körper der C'i/sfococcus-hunücoJa-Goniäie ein Kern und nicht einPjrenoid sei. Zum Nachweis der Stärke ist Chloralhydrat- lösung anzuwenden, da ohne die aufhellende Wirkung des Chloralhydrats das massive Chromatophor so viel Jod speichert, daß die Stärke des zentralen Pyrenoids leicht verdeckt wird. gO 0. TrebüuX: Die freilebende Alge und die Gonidie Cjstococcus usw. verbleiben. Den kränkelnden Gonidien ähnliche Zellen der Cysto- coccus humicola habe ich nur in infizierten zuckerhaltigen Kulturen mit starker Bakterien- und Pilzentwicklung gesehen. In diesem Falle kann man eine schädliche Einwirkung der Stoffwechsel- produkte der Bakterien und Pilze auf die Algen annehmen. In der Flechte selbst wird natürlich das kränkelnde Aussehen durch den Parasitismus des extra- und intrazelluläre') Haustorien aus- bildenden Flechtenpilzes hervorgerufen. Die schädigende "Wirkung der Pilzhyphen beruht wohl hauptsächlich auf Entnahme von or- ganischen Nährstoffen und braucht nicht sogleich das Zugrunde- gehen zur Folge zu haben. Aus der Flechte befreit, sind die grünen Gonidien, auch die mit anhaftenden Hyphenresten, fast alle zur normalen Weiterentwicklung fähig ^). Die nachteilige Wirkung der Pilzhyphen kann bedeutend abgeschwächt werden, wenn man der Ernährung der Gonidien nachhilft, indem man die Flechte oder Flechtenbruchstücke in Nährlösungen oder auf Agar mit Zu- gabe von etwas Glukose (0,1 pCt.) kultiviert-'). Die Gonidien zeigen dann fast normales Aussehen, obgleich der Flechtenpilz sie auch weiter umklammert hält. Nowotscherkask, Botan. Lab. d. Polytechnikums. Arb. Nr. 15. 1) Neue Belege bei A. Danilovv in Bull, da jardin Imp. bot. de St. Petersb. vol. X, N. 2. 2) Von den Gonidien einiger Flechtenquerschnitte wurden mit Nähr- agar von geeigneter Zusammensetzung Plattenkulturen gegossen, die einzelnen Zellen vermerkt und die zu Kolonien auswachsenden gezählt. 3) In den durch Benetzung stark aufquellenden Hjphenwänden des Flechteopilzes werden der Gonidie genügend Nährstoffe, ähnlich wie in einer Agarkultur, zu,t;eführt. Ich glaube, daß, wenn die Flechte mit dem Wasser zu- gleich organische Substanzen ihrer Umgebung aufnimmt, die Gonidie mit dem Flechtenpilze in Konkurrenz treten dürfte, indem sie nicht nur die mineralischen Nährstoife, sondern auch die organischen zum Teil in Beschlag nimmt. F. Jesenkü: Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der usw. 81 10. F. Je senk o: Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. (II. Mitteilung.) (Aus dem Institute für Pflanzen Züchtung der Hochschule für Bodenkultur in Wien.) (Mit Tafel HI.) (Eingegangen am 23. Februar 1912.) Vor kurzem berichtete ich, daß man die winterliche Ruhe periode verschiedener Holzgewächse durch Einpressen von ver- dünntem Alkohol, Äther und reinem "Wasser in Zweige, sowie durch Injektionen und bloßen Stich*) in Knospen um mehrere Tage abzukürzen vermag (JESENKO). Das Einpressen von Lösungen mit Hilfe des Druckapparates — besonders wenn es sich um eine größere Anzahl von Zweigen handelt — ist jedoch ziem- lich umständlich. Die Injektion mittelst der PRAVAZschen Spritze in Knospen hat wieder den Nachteil, daß die Wirkung der inji- zierten Lösung nicht für sich allein beurteilt werden kann, da ja schon durch das Einführen der Kanüle in die Knospe ohne nachherige Injektion, bloß infolge des Stiches, ein zeitigeres Austreiben er- folgt; außerdem werden kleinere Knospen beim Einstich (selbst wenn eine sehr feine Kanüle verwendet wird) häufig so schwer verletzt, daß die Sproßentwicklung empfindlich gestört wird. Diesen Schwierigkeiten und Störungen glaubte ich dadurch begegnen zu können, daß ich Zweige und Knospen, statt Alkohol, Äther und "Wasser einzupressen oder zu injizieren, nach der Art der Warmbadmethode von MOLISOH, in diesen Lösungen badete. Bereits voriges Jahr konnte ich beobachten, daß Alkoholbäder das Austreiben zu beschleunigen vermögen. Zweige von Quercus 1] Der ähnlichen und unabhängig von mir angestellten Versuche F. Webers habe ich bereits in der I. Mitteilung Erwähnung getan. Die Arbeit Webers: „Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch Verletzung der Knospen, beziehungsweise Injektion derselben durch Wasser (Verletzungsmethode)", ist inzwischen in den Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wissensch. in Wien 1911, Bd. OXX, Heft VI, erschienen. Ber. der deutschen bot. Gesellseh. XXX. 6 82 F. Jesenko: 2)edunci(lata, die durch einige Stunden in lOproz. Alkohol (Tempe- ratur 1 7 ° C) untergetaucht und dann ins Warmhaus gestellt wurden, trieben mehrere Tage früher aus als ungebadete Kontrollzweige. Im heurigen Winter wurden die Versuche mit Alkoholbädern — Atherlösnngen waren wegen der großen Flüchtigkeit des Äthers nicht gut brauchbar — auf eine Anzahl verschiedener Holzgewächse ausgedehnt; ferner wurden noch andere Lösungen herangezogen, vor allem solche organischer und anorganischer Säuren, deren chemische und physiologische Wirksamkeit auf beginnende Wachs- tumsprozesse ja mehrfach schon erwiesen wurde (HEYER, LOEB). Die Versuchsanordnung war folgende: 20 — 30 cm lange Zweige, womöglich demselben Baume ent- nommen, wurden zu 6 — 10 Stück in einem Bündel vereinigt in das Bad gelegt. Diese von MOLISCH angegebene Methode ist schon deshalb sehr zu empfehlen, weil dadurch eine große Anzahl Knospen gleichzeitig denselben Bedingungen ausgesetzt werden und demnach trotz bedeutender Variationsbreite der Treibfähigkeit einzelner Knospen die Wirksamkeit des Bademittels mit großer Sicherheit beurteilt werden kann. Die auffälligen Abweichungen und Ausfälle in den groß angelegten Versuchen von HOWARD dürften wenigstens teilweise auf eine zu geringe Anzahl von Zweigen bei den einzelnen Versuchen zurückzuführen sein. Das Bad wurde in zylindrischen Glasgefäßen von 2 Liter Inhalt bereitet, die Lösung in abgestufter volumprozentischer Ver- dünnung angewendet. Die Alkoholbäder enthielten SOpCt., 20 pCt., 10 pCt., 5 pCt., 1 pCt. Alkohol; Salzsäure- und Schwefelsäure- bäder 5 pCt., 1 pCt., 0,5 pCt. Säure. Von der Verwendung mole- kularer bzw. normaler Lösungen wurde diesmal abgesehen und die bis jetzt bei Alkohol und Äther stets angewendete volumprozen- tische Verdünnung auch für die Säuren beibehalten. Um die Wärmewirkung auf Knospen während des Badens außer acht lassen zu können, wurden die Lösungen bei einer Temperatur von 12 "^ bis 14 ° C gehalten, was im Laboratorium dadurch erreicht wurde, daß man die Gefäße, sobald die Temperatur der Lösungen 14 ° C überschritt, in eisgekühltes Wasser stellte. Die Zweigbündel wurden mit dem apikalen Ende nach abwärts in die Lösung getaucht, so daß ein kurzes Stück des basalen Endes und die Schnittfläche aus dem Bade hervorragten; die Lösung konnte demnach nicht im Holzkörper aufsteigen, sondern lediglich von außen her in die Knospen eindringen. In dieser Weise wurde die erste Versuchs- serie von Zweigbündeln 12 Stunden gebadet; dann folgte eine Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. 83 zweite, die ein 6 stündiges und darauf eine dritte, die ein 3 stündiges Bad durchmachte. Beim Herausnehmen aus dem JBade erhielt jedes Zweigbündel durch umgebundene verschiedenfarbige Glas- perlen eine Markierung, die die Art der Badelösung, ihre Konzen- tration und die Zeitdauer des Badens erkenntlich machen sollte. Die Zweigbündel wurden nun mit der Basis in Wassergläser ge- stellt und ins Warmhaus in die Nähe der Leitungsrohre gebracht, wo andauernd eine Temperatur von 26 "— 30 " C herrschte. Im folgen- den seien einige dieser Versuche angeführt: Pirus malus. Äthylalkohol. a) Zweige von Pirus malus, alle demselben Baume entnommen, wurden am 30. November in 20-, 10-, 5-, 1 pi'ozentigem Äthyl- alkohol und reinem Wasser (14 " C) gebadet. Nach Überstellung der Zweige ins Warmhaus wurde täglich kontrolliert, welche Bündel zuerst zu treiben begannen. In der nachstehenden Tabelle sind die Beobachtungen übersichtlich zusammengestellt, wobei der Deutlichkeit halber hauptsächlich der Zeitpunkt des Austreibens berücksichtigt wurde. Äthyl- Beginn des Versuches: 30 November 1911 Konzen- tration 12 stündiges Bad 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad in Vo 12 Dez. 18. Dez. 17. Dez. 19. Dez. 18. Dez. 19 Dez. 20 7o — — — Knospen- schuppen lösen sich Knospen- schuppen lösen sich Fort- schreit. Entwickl. 10 7o — Knospen- schuppen lösen sich Knospen- schuppen lösen sich » » j» 5% Knospen- schuppen lösen sich Blüten sichtbar »' )> »• Knospen- schuppen lösen sich i7o — Knospen- schuppen lösen sich '» — — Wasser — Knospen- schuppen lösen sich » — — nicht gebadet — (20. bez.) 12 stündiges Bad in 1 proz. Alkohol hatte eine ausgesprochen treibende Wirkung : die darin gebadeten Knospen trieben im Warm- haus um 8 Tage früher aus als die nicht gebadeten. 5 proz. 6* 84 F. JesENKO: Alkohol ergab nach r2stündiger Einwirkung einen weniger günstigen Erfole, während noch stärkere Alkoholbäder nur bei einer 6- und 3 stündigen Dauer eine geringe Beschleunigung der Knospen- entfaltung herbeiführten. Bemerkenswert ist ferner auch, daß reines Wasser schon bei einer Temperatur von 14 " 0 die Knospen- entwicklung förderte. b) Einen Monat später wurden Zweige von Pirus malus unter den gleichen Bedingungen wie im ersten Versuche gebadet. Das Ergebnis war folgendes: Äthyl- alkohol- Beginn des Versuches: 1. Januar 1912 Konzen- tration 12 stündiges Bad G stündiges Bad 3 stündiges Bad inVo 9. Januar 12. Januar 10. Januar 12. Januar 9. Januar 12. Januar 20 «/o — — — — — — 10% — — — — Knospen- schuppen lösen sich Fort- schreit. Entwickl. K 0/ 0 ,0 — 1 — 1 — 1 — •) >) 1 0' A 0 — Knospen- schuppen lösen sich Knospen- schuppen lösen sich fort- schreit. Entwickl. — Knospen- schuppen lösen sich Wasser Knospen- schuppen lösen sich Blüten »» >» — (13. Jan.), nicht gebadet — Knospen- schuppen lösen sich (13. Jan.) Das Alkoholbad hatte im Januar bei weitem nicht denselben günstigen Einfluß auf die Knospenentfaltung als einen Monat zu- vor. Zwar trieben infolge des Abklingens der Ruheperiode die Knospen im allgemeinen früher aus als im Dezember, die gebadeten hatten jedoch gegenüber den nicht gebadeten einen ganz geringen Vorsprung in der Knospenentfaltung; 1 proz. Alkohol, im Dezember mit bestem Erfolge angewendet, wirkte nun bei einem 12 stündigen Bade retardierend, während 20 proz. Alkohol bereits bei einem 3 stündigen Bade ausgesprochen schädigende Wirkung auf die Knospenentwicklung zeigte. In reinem Wasser gebadete Zweige trieben etwas früher aus als die nicht gebadeten. Salzsäure. a) Zweige von Pirus malus am 20. November in verdünnter Salzsäure gebadet. Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. 85 Salz- säure- Beginn des Versuches: 30. November 1911 Konzen tratioa 12 stündiges Bad 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad in «/o 13. Dez. 19. Dez. 13. Dez. 20. Dez. 20. Dez. 5 "/o — — — — — 1% Knospen- — schuppen lösen sich Knospen- schuppen lösen sich Blüten treten hervor Knospen- schuppen lösen sich 0,50/0 Knospen- schuppen lösen sich Knospen brechen auf >> Knospen- schuppen lösen sich jf Wasser — Knospen- schuppen lösen sich — >> », nicht gebadet — (20. Dez.) Die Treibwirkung des Salzsäarebades ist unverkennbar: Zweige, die 12 Stunden in 0,5 proz. Salzsäure gelegen sind, trieben um 7 Tage früher aus als die ungebadeten Kontrollzweige. Un- gefähr gleich verhielten sich Knospen nach einem 6 stündigen Bade in 1 proz. Salzsäure. Das Verhältnis war also das gleiche wie in den Versuchen mit dem Alkohol: bis zu einer gewissen Grenze vermag demnach ein stärkeres Agens, durch kurze Zeit angewendet, einen ähnlichen Treiberfolg hervorzurufen wie ein schwaches bei längerer Einwirkung. b) Pirus-malus-Zweige, am 1, Januar in verdünnter Salzsäure gebadet, ergaben folgendes Resultat: Salz- Beginn des Versuches: 1. Januar 1911 Konzen- tration 12 stündiges Bad Gstündiges Bad Sstündiges Bad in "/o 10. Januar 12. Januar 9. Januar 12. Januar lO.Jaimar 12. Januar 6 "/o — — — i — — — 1% — — — — Knospen- schuppen lösen sich 0,5 % — — Knospen- schuppen lösen sich Fort- schreit. — Entwickl. ,» j Knospen- Wasser 1 schuppen lösen sich Knospen öffnen sich Knospen- schuppen lösen sich — )) nicht gebadet — Knospen- schuppen lösen sich 86 F. Jesenko: Entsprechend den Versuchen im Alkoholbad hatte verdünnte Salzsäure im Monat Januar keine oder nur eine geringe treibende Wirkung airi Pirtis malus. 12 Stunden in reinem Wasser gebadete Zweige begannen 2 Tage früher als die nicht gebadeten zu treiben. Larix decidua. Die Vorversuche zeigten, daß Knospen an einjährigen Zweigen von Larix decidua im Warmhause nicht nur langsamer, sondern auch viel unregelmäßiger austrieben als ältere KnosjDen. Der ein- jährige Trieb wurde deswegen stets abgeschnitten, und man ver- wendete zu Versuchszwecken nur zwei- und dreijährige Zweige. Durch das Abschneiden der Spitze ist allerdings unvermeidlich geworden, daß während des Bades die Lösung auch von der Schnittfläche aus in Zweige und von da in die Knospen eindrang. Äthylalkohol. a) Äthyl- alknhnl- Beginn des Versuchs: 1. Dezember 1911 Konzen- tration in o/r. 12 stündiges Bad 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad 15. Dez. 20 Dez. 17. Dez. 20. Dez. 18. Dez. 20. Dez. 30 o/o — — — — — — 20 o/o — — Beginnen- — des Treiben Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. 10 o/o Beginnen- — des Treiben Beginnen- Fort- des schreit Treiben Entwickl. » » 5 °/o Beginnen- des Treiben Fort- schreit Entwickl. n » »• 1' 1 o/o » »• 1' •' Beginnend. Treiben (21. Dez.) Wasser n >> Beginnen- des — Treiben (21. Dez.) nicht gebadet — Beginnend. Treiben (21. Dez) Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. 87 b) Äthyl- Beginn des Versuchs: 1. Januar 1912 Konzen- tration 12 stündiges »Bad 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad in »0 8. Januar 12 Januir 9 Januar 12. Januar 12. Januar 30 o/o — — ! — — — 20 Vo 1 — — — 10 o/o — Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. Beginnen- des Treiben 5 o/o — Beginnen- des Treiben n n H 1 0/ ■^ /o Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. n )i » Wasser (10. Jan ) Beginnen- — des Treiben » nicht gebadet — Beginnen- des Treiben Vergleicht man die Wirkung des Alkoholbades im ersten und zweiten Versuche, so ergibt sich, daß ebenso wie bei Pirus die optimale Alkoholkonzentration im Dezember eine höhere ist als einen Monat später, wo sich die E-uheperiode bereits ihrem Ende nähert. Schwe f elsäure. a) Ruhende Knospen von Larix decidua nach dem Schwefel- säurebade am 1. Dezember 1911. Schwefel- säure- 12 stündiges Bad 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad tration in Vo 14. Dez 20 Dez. 17. Dez. 20. Dez. 17. Dez. 20. Dez. 5 o/o — • — — — — — 1 Vo — Beginnen- Beginnen- des des Treiben Treiben Fort- schreit. Entwickl Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. 0,5 o/o Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. n » ?> n Wasser (16. Dez.) » (18. Dez.) j) (18. Dez.) » nicht gebadet — Beginnen- des Treibt'n 88 F. JksENKO: b) Knospenentwicklimg von Larix decidua nach dem Schwefel- säurcbade am 1. Jannar 1912. Schwefel- säure- Kon zfin- 12 stündiges Bad 6 stündiges Bad. 8 stündiges Bad tration in o/o 10. Januar 13. Januar 10. Januar 13. Januar 12. Januar 18 Januar 6 «/o — — — - — 1 «/o — — — Beginnen- des Treiben B^ort- schreit. Entwickl. ' 0,6 o/o — Beginnen- des Treiben Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. » » Beginnen- Fort- Wasser des schreit. Treiben Entwickl. Beginnen- — des Treiben — nicht gebadet — Beginnend. Treiben (14. Jan.) Auch das Schwefelsäurebad vermag die ßuheperiode bei Larix abzukürzen. Die optimale Wirkung hatte im Dezember 0,5proz. Schwefelsäure nach einem 12stündigem, im Januar 0,5proz. Schwefelsäure nach einen 6 stündigem Bade. öproz. Schwefel- säure hemmt die Entwicklung, tötet jedoch nach kurzdauernder Einwirkung nicht alle Knospen. In dem Versuche vom 1. De- zember brachen am 16. Januar ^3 cler in öproz. Schwefelsäure 6 Stunden lang gebadeten Knospen noch auf. 0 rthophosphorsäure. Orthophos- phorsäure- Konzen- tration in Beginn des Versuches: 3 Januar 1912. 12 stündiges Bad 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad 0/ /o 18. Januar 17. Januar 1.3 Januar 17. Januar 16. Jan 18. Jan. 5% — Beginnen- Fort- des 1 schreit Treiben Entwickl. Begin- nendes Treiben Fort- schreit. Entwickl. 1% Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. n " » II 0,6 7o it 1 w 1 II 1 » 1 11 1 •' Wasser >> (16. Januar) Fort- schreit — Entwickl. Beginnen- des Treiben — Begin- nendes Treiben nicht gebadet Beginnen- des Treiben (18. Januar) Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. 89 Orthophosphorsäure besitzt treibende Wirkung. Nach einem 12stündigen 1 proz. Bade trieben die gebadeten Knospen um 6 Tage früher aus als die nicht gebadeten. Auch 5 proz. Orthophosphor- säure hatte in einem 6 stündigen Bade noch keinen schädigenden Kinfluß auf die Knospen, sondern brachte sie um 3 Tage früher als die nicht gebadeten zum Treiben. Weinsäure. Wein- säure- Konzen- tration Beginn des Versuches : 2. Januar 1912. 12 stündiges Bad ■ 6 stündiges Bad 3 stündiges Bad in o/o 12. Januar 17. Januar 12. Januar 16 Januar LS. Januar 17. Januar 30% — — — — — — 20% — — — — — Beginnen- des Treiben 10% — Beginnen- des Treiben — Beginnen- , des Treiben Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. 5% Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. Beginnen- des Treiben Fort- schreit. Entwickl. » V 1% v n II Fort- schreit. B]ntwickl. • Wasser n (16. Januar) n — Beginnen- des Treiben — — nicht gebadet Beginnen- des Treiben (18. Januar) 1 Ließ man 5 proz. und 1 proz. Weinsäure 12 Stunden auf die Knospen einwirken, so trieben sie um 5 Tage früher als die nicht- gebadeten aus. Ein 3 stündiges Bad in Iproz. Weinsäure hatte keinen sichtbaren Erfolg. Die Zeit war jedenfalls zu kurz, als daß die Lösung wirksam in die Knospen eindringen konnte. Zweige von Larix wurden am 3. Dezember und am 2. Januar in mit Kohlendioxyd gesättigtem Wasser gebadet. Die Wirkung des Bades war in beiden Fällen eine günstige, die gebadeten Zweige trieben zeitiger aus als die Kontrollzweige und zwar im Dezember: durch 12 Stunden gebadete Zweigr^ . nach 14 Tagen n ^ n n « n " '» n " in reinem Wasser gebadete „ Kontroll zweige ungebadet .... 18 19 19 19 90 F. JESENKO: Im Januar ging das Treiben im allgemeinen zeitiger an, doch beschleunigte ein 12 stündiges kohlensaures Bad die Knospenent- wicklung noch nm 3 Tage. Populus nigra. Am 4. Januar in verdünntem Alkohol, Salzsäure, Weinsäure und reinem Wasser gebadete Zweige kamen tags darauf ins Warm- haus. Am 18. Januar begannen einige Bündel auszutreiben und zwar diejenigen, die 12 Stunden in 20 proz. Weinsäure und 5proz. Salzsäure gelegen waren. In dieser Konzentration waren Wein- säure und besonders Salzsäure in allen vorhergehenden Versuchen ausgesprochen schädlich, während sie bei Populus die Knospen- brechung um 9 Tage beschleunigten; die nicht gebadeten Kontroll- zvveige trieben nämlich erst am 27. Januar aus. Fig. 1 Taf. III zeigt das Entwicklungsstadium zweier Bündel am 27. Januar, von denen eines nicht gebadet, das andere in 5 proz. Salzsäure 12 Stunden gebadet wurde. In bezug auf die Beförderung des Austreibens kam der 5 proz. Salzsäure und 20 proz. Weinsäure am nächsten ein 10 proz. Alkoholbad, nach dessen Anwendung die Knospen am 20. Januar aufbrachen. Im übrigen war das Austreiben der Knospen weniger als bei vorhergehenden Versuchen von der Konzentration der Alkohol- und Säurelösung abhängig, denn fast alle Bündel außer den bereits erwähnten, trieben zwischen 25. und 27. Januar aus. Carpinus hetiilus. Carpinus-befuIus-Zweige kamen im Dezember und Januar ins Alkohol- und Säurebad. Ins Warmhaus überstellt brachen die Knospen sehr unregelmäßig auf. Nicht nur die einzelnen Bündel untereinander, sondern auch die Zweige desselben Bündels zeigten nach 30 — 35 Tagen alle möglichen Entwicklungsstadien. Mit Sicherheit zu erkennen war nur, daß 20 proz. Alkohol nach einem 12 stündigen Bade die Knospen im Dezember zur Entwicklung an- regte und auch Iproz. Salzsäure (12 stündiges Bad) das Austreiben förderte. Acer campestre. Die Knospenentfaltung w^ies nach dem Bade in Alkohol und Säure ähnliche Unregelmäßigkeiten auf wie Carpinus hetulus. Eine deutliche Beschleunigung des Knospenwachstums war im Januar nach 6 stündiger Einwirkung von 10 proz. Weinsäure zu konstatieren. Da Acer campestre auch im Januar nur sehr langsam austrieb, siedelten sich an den Zweigen Schimmelpilze an, die das Austreiben emp- findlich störten. Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzuküraen. 91^ Samhucus nigra. Das beste Resultat ergaben die in kohlendioxydgesättigtera Wasser gebadeten Zweige, die Mitte Januar um 5 Tage früher als die in reinem Wasser gebadeten austrieben. Sonst war das Aus- treiben sehr unregelmäßig. Bemerkenswert ist, daß Knospen von Sambucus, die eigentlich nur durch zwei größere Knospenschuppen geschützt sind, zwischen denen oft die jungen Blättchen hervor- ragen, in 5proz. Schwefelsäure nach 6 stündiger Einwirkung nicht ausnahmslos getötet wurden. Sie entwickelten sich langsamer, aber schließlich kamen doch vollständig normale Sprosse hervor. Salix aurita. Der Erfolg der Alkohol- und Säurebäder (Dezember und Ja- nuar) war durchweg negativ. Stärkere Alkohol- und Säurebäder schädigten die Knospen in der Regel so stark, daß die wenigsten davon austrieben. Auch verdünntere Bäder hatten keinen günstigen Einfluß: die Knospen trieben darnach sehr unregelmäßig aus. Nur die in reinem Wasser gebadeten Zweige trieben normal aus und entwickelten sich noch gleichmäßiger als die ungebadeten Kontroll- zweige. Wenn wir die Ergebnisse der vorliegenden Versuche im Zu- sammenhange betrachten, so geht daraus vor allem deutlich hervor, daß Alkohol-, Salzsäure-, Schwefelsäure- und Weinsäurebäder, ferner kohlensäuregesättigtes Wasser und auch reines Wasser während der winterlichen Ruhepause bei einer Anzahl von Holz- gewächsen das Austreiben der Knospen zu beschleunigen vermögen. (Versuche mit verschiedenen anderen Säuren sind noch nicht ab-^ geschlossen.) Das Verhalten von Alkohol- und Säurelösungen war, nach den Treiberfolgen beurteilt, in vieler Hinsicht ziemlich identisch. Stärkere Lösungen hatten zur Zeit, wo die meisten Versuchs- gewächse noch in tiefer Ruhe verharrten, durchaus einen günsti- geren Erfolg als gegen den Ausgang der Ruheperiode, wo in der Regel nur noch sehr verdünnte Lösungen das Austreiben der Knospen einigermaßen beschleunigten. Bei Holzgewächsen, die bereits aus der Ruhe getreten waren, bewährte sich am besten noch das Wasserbad (14 ^ C), nach dessen Anwendung die Knospen, wenn auch nicht früher, so doch regel- mäßiger als die nichtgebadeten Knospen austrieben. 92 t'- JksenkO: Eiuige neue Verfahren, die Ruheperiode der usw. Eine höher konzentrierte Alkohol- oder Säurelösung kürzere Zeit angewendet, wirkte bis zu einem gewissen Grade ähnlich wie eine schwache bei längerer Dauer der Einwirkung. In welcher Weise verdünnter Alkohol, verdünnte Säuren und reines Wasser (14 " C) in die Entwicklungsfähigkeit der Knospen eingreifen, ob es sich dabei um ähnliche oder verschiedene Pro- zesse handelt, konnte bisher nicht entschieden werden. Meine Er- fahrungen lassen die Vermutung zu, daß es sich dabei vielleicht nicht nur um einen Reiz sensu stricto handelt, sondern daß durch die oben angewendeten Lösungen auch direkte chemische Prozesse in den Knospen eingeleitet werden und dadurch . gewisse günstige Bedingungen für das Austreiben geschaffen werden. Diese An- schauung fand eine Unterstützung auch darin, daß Jodproben auf Knospenschnitte eine verschiedene Verteilung der Stärkekörnchen vor und nach dem Bade zeigten. Versuche in dieser Richtung werden fortgesetzt, weswegen ich mich im vorliegenden nur mit der Anführung einiger Tat- sachen begnüge, während die theoretische Seite des Problems in einer weiteren Mitteilung Berücksichtigung finden soll. Literaturnachweis. Heyee, Über fermentative Fettspaltung, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 60, 1906—1907. Jesenko, ]. Einige neue Verfahren, die Ruhepriode der Holzgewächse abzu- kürzen. I. Mitteilung. Berichte d. Deutsch, Bot. Gesellsch, Jahrg. 1911, Bd. XXIX, Heft 5. 2. Das Frühtreiben mittels Injektion, Stich und Alkoholbad. Österr. Gartenzeitung, Jahrg. 1911. JOHANNSEN, 1. Das Ätherverfahren beim Frühtreiben. Jena 1900. 2. Über Rausch und Betäubung der Pflanzen. Naturwiss. Wochenschrift 1902, Nr. 9. LOEB, Chemische Konstitution und physiologische Wirksamkeit der Säuren. Bioch. Zeitschr. 1909, Bd. 15, Heft 12 u. 13. Molisch, Über ein einfaches Verfahren, Pflanzen zu treiben (Warmbadmethode). Sitzungsb. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien 1908, Bd. CXVII, Heft I und 1909, Bd. OXVIII, Heft VI. Pfeffer, Pflanzenphysiologie. Bd. II, 1904, S. 264. F. W. Neger: Eine abgekürzte Jodprobe. 95 Erklärung der Tafel III. Fig. 1. Populus nigra, a) uagebadete Zweige, b) am 4. Januar 12 Stunden in öproz. Salzsäure gebadete Zweige. Photographiert am 27. Januar. Fig. 2. Larix decidua. Die Abbildung zeigt den lokalen Einfluß des Schwefel- säurebades. Ein gegabelter Zweig von Larix wurde am 1. Dezember mit der einen Gabel in 0,6proz. Schwefelsäure getaucht, 12 Stunden darin belassen und nach Überstellung ins Warmhaus am 20. Dezember photographiert. Fig. 8. Laxix decidua. Die Wirkung Iproz. Orthophosphorsäure: a) nach einem zwölfstündigen, b) nach einem sechsstündigen Bade. Unter c ungebadete Zweige. Beginn des Versuches am 1. Dez., die photogr. Aufnahme ge- schah am 20. Dez. Fig. 4. Pirus malus. Am 30. November gebadet: a) in öproz. Alkohol, b) in reinem Wasser, c) ungebadet. Die Bilder zeigen die Entwicklungssta.lien am 20. Dezember. II. F. W. Neger: Eine abgekürzte Jodprobe. (Vorgetragen in der Sitzung der Sektion Dresdea-Tharandt der D. B. G. zu Tharandt am 24. Februar 1912.) (Eingegangen am 3. März 1912.) MOLISCH^) hat vor kurzem eine äußerst bequeme Methode vorgeschlagen, durch welche ermittelt werden kann, ob in einem bestimmten Fall die Spaltöffnungen offen oder geschlossen sind (Infiltrationsmethode). Bei dem Versuch, diese Methode auf die Nadeln von Koniferen anzuwenden, kam ich nicht zum Ziel. In- folge der Dicke der meisten Nadeln ist es nicht möglich, jene von MOLISOH angegebene Infiltration der aufgetragenen Flüssigkeit (Alkohol, Äther, Xylol, Benzol usw.) zu beobachten. Ich ver- suchte daher die Infiltration durch Auflösung gewisser Stoffe (Jod, Farbstoffe) in Äther, Benzol usw. deutlicher zu machen. Auch jetzt gelang es mir nicht, eine Aufsaugung der Farblösungen nachzuweisen, und ich glaube, dieses passive Verhalten auf die 1) Das Offen- und Geschlossensein der Spaltöffnungen veranschaulicht durch eine neue Methode (Infiltrationsmethode), Zeitschrift f. Botanik, Bd. IV. 1912, S. 106—152. 94 F. W. Neger: Yersto])fung der Si)altöffnungen durch Wachspfropfen zurückführen ■zu müssen. Dieselben scheinen von den betreffenden Lösungs- mitteln sehr schwer angegriffen zu werden. Nebenbei ergab sich aber bei diesen Versuchen ein Verfahren, welches ermöglicht, am hängenden Blatt ohne jede vorherige Behand- lung — wie sie bei der Ausführung der bekannten SAUHSschen Jodprobe üblich ist — , die Anwesenheit oder Abwesenheit von Stärke nachzuweisen. Abgesehen davon, daß dieses Verfahren bei Untersuchungen über Assimilationsvorgänge wegen seiner Kürze und Handlichkeit Vorteile bietet gegenüber der üblichen Jodprobe, eignet es sich ganz vorzüglich zu Vorlesungsversuchen; gleich- zeitig aber kann durch diese abgekürzte Jodprobe die von MOLTSCH vorgeschlagene Infiltrationsmethode, welche das Offen- oder Ge- schlossensein der Spaltöffnungen veranschaulicht, derart ausgeführt werden, daß sie für einen größeren Zuschauerkreis sichtbar wird. Bringt man eine Lösung von wenig Jod in Äther auf die Unterseite eines Laubblattes, so spielen sich die gleichen Erschei- nungen ab, welche MOLISOH (1, c.) beschrieb, d. h. die Flüssigkeit •dringt ein, wenn die Spaltöffnungen geöffnet sind. Hatte vorher in dem Blatt eine energische Assimilation stattgefunden (ohne daß ■die Assimilate sofort zum weiteren Ausbau des Blattgewebes ver- "wendet wurden), so zeigt sich augenblicklich eine tief schwarze Färbung des Mesophylls, welche auch von der Oberseite her sicht- bar ist. Eine derartige (wenn auch w^eniger intensive) Dunkelfärbung tritt an dicken Blättern allerdings auch ein, wenn das Blatt mit dem Lösungsmittel allein (Xylol, Alkohol, Äther usw.) benetzt wird. Allein schon nach wenigen Minuten ist der Unterschied deut- lich. Bei Anwesenheit von Jod (und Stärke) bleibt die Schwarz- färbung, ja sie wird sogar noch intensiver; dagegen verschwindet -die Dunkelfärbung in kürzester Zeit, wenn reines Lösungsmittel infiltriert war. Bei durchfallendem Licht ist die Jodstärkefärbung natürlich noch besser von der Infiltration mit reinem Lösungs- mittel zu unterscheiden (die letztere ist ja bei durchfallendem Jjicht hell auf dunklem Grund). Fehlte die Stärke bei dem Versuch, so zeigt sich nach der JBehandlung mit Jod-Äther nur eine schwache Braunfärbung. In ganz vorzüglicher Weise eignen sich zu diesen Versuchen — wenn es sich um einen Vorlesungsversuch handelt — Topf- pflanzen von Evonijmus Japonicus, welche einige Tage im Vege- tationshaus standen und kräftig assimiliert hatten. Eine abgekürzte Jodprobe. 95 Die zu Beginn der Vegetationszeit sich bildenden, wie auch die älteren (1-, 2- oder mehrjährigen) Blätter nehmen, in turges- zentem Zustand die Jod-Atherlösung leicht auf. Aber nur die ein- bis dreijährigen Blätter werden intODsiv schwarz gefärbt, während die neuen Blätter nicht eher das Vorhandensein von Assimilaten anzeigen, als bis sie vollkommen entwickelt und ihre normale Dicke erlangt haben. Selbst unter den günstigsten Assimilations- bedingungen ist — trotz erfolgender Infiltration — kein Spur von Stärke oder höchstens eine sehr schwache Dunkelfärbung nachzu- weisen, so lange die Blattgewebe nicht ihre volle Ausbildung er- langt haben. Offenbar wird alles, was durch Assimilation ge- wonnen wird, sofort zum Aufbau der Zellw^ände und zur Ver- dickung der vorhandenen Wände verbraucht. In ähnlicher Weise läßt sich diese abgekürzte Jodprobe bei vielen anderen Pflanzen — außer bei immergrünen Nadelhölzern — anwenden. Allerdings gelingt die Probe nur dann, wenn die Spalt- öffnungen offen stehen. Werden stärkereiche Blätter des Ev. japonicus abgepflückt und einige Stunden bei Zimmertemperatur liegen gelassen, so gelingt es nicht mehr, eine Infiltration der Blätter zu erreichen. Die Spaltöffnungen haben sich geschlossen. Die Jod-Ather- lösung verdunstet ohne einzudringen, hinterläßt dabei allerdings einen dunklen Fleck, der aber durch Watte leicht zu entfernen ist. Auf diese Weise kann weiterhin sichtbar das verschiedene Verhalten frischer und welkender Blätter gegenüber einer Infil- trationsflüssigkeit veranschaulicht werden; in diesem Fall allerdings immer vorausgesetzt, daß das Blattgewebe hinreichend stärke- haltig ist. Wurde nun auf diese Weise gezeigt, daß die Spaltöffnungen keine Jod-Atherlösung passieren lassen, so genügt es, mit einer Nadel die Blattunterseite leicht zu ritzen und wieder einen Tropfen der Jod-Atherlösung aufzutragen — sofort intensive Schwarz- färbung. Ich fand auf diese Weise, daß die verschieden alten Blätter des japanischen Spindelbaums beim Welken verschieden schneh ihre Spaltöffnungen schließen; am schnellsten die jungen, eben entwickelten, etwas weniger rasch die einjährigen, sehr langsam die zwei und dreijährigen. Bei ihnen scheint der Schließmecha- nismus schon ziemlich unbeweglich geworden zu sein. 96 t'- W. Neger: Eine abgekürzte Jodprobe. Noch ältere Blätter sind sehr stärkearm, und daher weniger geeignet diese Verhältnisse zu veranschaulichen, sie lassen übrigens auch die Infiltrationsflüssigkeit schwer passieren. An panachierten Blättern zeigen nur die grünen Stellen die Jod-Stärke-Schwarz- färbung, während die weißen Stellen gelbliche Farbe annehmen. Näheres über die Assimilationsvorgänge bei verschieden alten Blättern immergrüner Holzpflanzen wird später in einer um- fassenderen, voraussichtlich im Tharandter forstlichen Jahrbuch zu veröffentlichenden Abhandlung mitzuteilen sein. Hier kam es mir nur darauf an, auf die abgekürzte, zu Demonstrationszwecken geeignete Jodprobe und die modifizierte Infiltrationsmethode hin- zuweisen. Bot. Institut der Kgl. Forstakademie, Tharandt. Sitzung vom 29. März 1912. 97 Sitzung vom 29. März 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Mitlachen, Dr. med. Wilhelm, a. o. Professor der Pharmakognosie an der Universität in Wien I, Pharmakognostisches Institut der Universität (durch T. F. HaNAUSEK und J. BEHRENS). Herrig, Friedrich, Assistent am botan. Institut der Universität Berlin in Charlottenburg, Philippstr. 6 (durch P. CLAUSSEN und E. J\HN). Rabbas, P., cand. phil., in Charlottenburg, Pestalozzistr. 8 (durch P. CLAUSSEN und M. MÜUKE). Schroeder, Dr. Dominicus, Assistent am pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Göttingen (durch G. BERTHOLD und S. V. SLMON). Bohutinsky, Gustav, Professor an der höheren landwirtschaftl. Lehr- anstalt in Krizevci (Kroatien), (durch F.PaX und H. AVlNKLER). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Lesage, Dr. Pierre, Professor in Rennes. Dunzinger, Dr. Gustav in München. Herr LiNDNER demonstrierte einige instruktive Tröpfchen- und Adhäsionskultnren von der im Schleimfluß einer Eiche von NADSON gefundenen neuert Hefe Guilliermondia fuhescens Nads. und Konokot. und gab dazu einige Erläuterungen über die Eigen- tümlichkeiten dieser als Schulbeispiel für heterogame Kopulation und üppige Sporenbildung empfehlenswerten Art auf Grund der An- Ber. der deutschen bot. Gesellseh XXX. 98 Sitzung vom 29. März 1912, gaben der Entdecker. Dm die Einzelheiten der interessanten Arbeit, die in russischer Sprache erschienen und am Schluß nur eine kurze französische lulialtsangabe bringt, auch dein deutschen Leserkreis zugänglich zu machen, ist auf Anregung des Vortr. und mit gütiger Erlaubnis von Herrn Prof. XadSON eine deutsche Übersetzung durch Herrn Dr. SOKOLÜWSKY vom Institut für Gärungsgewerbe angefertigt worden, und wird dieselbe in der „Wochenschrift für Brauerei", Berlin N 65, Seestraße, erscheinen. Eine größere An- zahl Sonderabdrücke soll zum Selbstkostenpreis Interessenten ab- gegeben werden. Es empfiehlt sich, schon jetzt eine diesbezügliche Bestellung zu machen, damit die Zahl der anzufertigenden Sonder- abdrücke festgelegt werden kann. Eine weitere Demonstration bezog sich auf ein von Prof. Henneberg von dem gleichen Institut dem Vortr. überlassenes Präparat einer Heubazillusspezies aus Katzenkot, die in einer Tröpfchenkultur ein prächtiges Habitusbild lieferte. Die langen noch im Zusammenhang gebliebenen Fadenstücke hatten in regelmäßigen Abständen Sporen angelegt. Nur am ßand des Tröpfchens waren vereinzelte sporenlose Stäbchen. Antrag an die Generalversammlung: Herr Buchhändler W. JüNK beantragt, das Verlagsverhältnis mit der Firma Gebr. BORNTRAEGER zu lösen und die „Berichte" einem anderem Verlage zu übertragen. Für die Generalversammlung ist außer dem im gemeinsamen Programm angekündigten Vortrag des Herrn K. MÜTjLER noch ein weiterer Vortrag von Frl. ROSE STOPPEL über „Die autonomen Bewegungen bei Phascolus'^ angemeldet worden. 3^E1NZ-R0LF Wbhrhahn : Wurde die Zitrone im ersten Jahrhundert usw. 99 Mitteilungen. :J2. Heinz-Rolf Wehrhahn: Wurde die Zitrone im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung in Italien kultiviert? (Mit einer Abbildung im Text.) (Eingegangen am 14. März 1912.) Mit einer Arbeit über die römischen Gärten im ersten Jahr- hundert nach Chtisti Gebart beschäftigt, bin ich veranlaßt, auch die damals in ihnen kultivierten Pflanzen zu berücksichtigen. Betreffs des „medischen" bzw. „assyrischen" Apfels, der Zitrone, bin ich auf Unstimmigkeiten in der Litei-atur gestoßen, auf die ich in folgendem näher eingehen möchte, da mir in der größeren Arbeit kaum dazu Platz sein wird. Es würde auch aus dem Rahmen einer solchen Arbeit fallen, derartige spezielle Fragen ein- gehend zu behandeln. Zudem beansprucht diese Abhandlung mehr ■botanisches als gärtnerisches Interesse. Die größten Widersprüche finden sich in der gärtnerischen Fachliteratur. Der Grund ist wohl darin zu suchen, daß der Töraische Garten als nebensächlich nur ungenau bearbeitet wurde. Die meisten kommen nur wenig über die klassischen Briefe des PHNIUS d. J. hinaus, in denen er seine Gärten, das Tuskum und Laurentinum, beschreibt. Nicht erwähnt wird die Zitrone von HÜTTIG 1) und J. V. FALKE'). H. JÄGER-') dagegen spricht von den Hausgärten in Pompeji und schreibt: ,, Außer den im freien Lande stehenden Bäumchen und Schlingpflanzen waren, besonders in kleinen Gärten, immergrüne Pflanzen in Stein- und Tongefäßen regelmäßig aufgestellt, und man sah hier oft den zu jener Zeit 1) 0. HÜTTIG, Geschichte des Gartenbaus, Berlin 1879. 2) J. V. Falke, Der Garten, seine Kunst und Kulturgeschichte, Berlin •und Stuttgart. 3) H. JÄGER, Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt. Berlin 1888, •Seite 42. 7* JOO Heinz-Rolf Wehrhahn : noch niclit akklimatisierten Orangenbaum (soll heißen Zitronen- baum), für welchen es ja auch in Rom zu kalt ist." Das Gegen- teil schreibt W. P. TUCKERMANNi): „Zitronen waren zu PLINIUS'" Zeit, 50 V. Chr., allerdings noch nicht verbreitet. Ihre Kultur- wanderung aus ihrem Vaterlande Medien ist unschwer zu ver- folgen." Man wird einwenden, daß zur Klärung einer solchen Frage die gärtnerische Literatur belanglos ist, da sie sich nur auf ältere, botanische Angaben stützen kann und keine Frucht eigenen Studiums ist. Ich muß dieses zugeben und verspreche mir auch in Beziehung auf eine Neubearbeitung der Gartenkunst nur etwas- aus Studien, die die Literatur lediglich als Notbehelf benutzen^ Unstimmigkeiten finden wir schon bei PLINIUS. Es heißt da. im 12. Buche: „Der assyrische oder, wie andere sagen, der medische- Apfel dient als Gegengift. Sein Blatt gleicht dem des Unedo mit: dazwischensitzenden Dornen. Die Frucht selbst ißt man gewöhn- lich nicht, ihr Geruch ist noch stärker als der der Blätter, teilt sich den Kleidern mit, zwischen welche sie gelegt wird und schützt, dieselbe gegen schädliche Tiere. Der Baum trägt zu jeder Zeit. Früchte, von denen ein Teil abfällt, ein anderer reift und noch andere nachwachsen. Man hat wegen ihrer vorzüglichen Heil- kräfte diese Bäume in irdenen Töpfen in andere Länder zu ver- pflanzen gesucht, Allein sie haben nur in Medient und Persien fortkommen wollen." Dagegen spricht er im 13. Buche^ daß er zum Schmuck der Häuser diene, woraus sich der Schluß, ziehen ließe, daß die Kulturversuche doch nicht so ganz resultat- los verlaufen wären. Im 16. Buche schreibt er dann, daß sich der medische Apfelbaum sträube, anderwärts zu tragen. Daraufhia fragt Victor HEHN^) ganz berechtigt: „Inwiefern aber schmückte- dieser medische Baum die Häuser? Stand er in Kübelrk unter den Säulen der Halle, und war er also doch, obiger Ver- sicherung zuwider, auch außerhalb Mediens lebensfähig? Oder zierte er die Wohnungen der Reichen nur durch seine Früchte^ die etwa als xfiuO.ia auf Tischen und Gesimsen prangten und die Dämonen des Verderbens als felicia mala abhielten?" Und an einer anderen Stelle sagt er, daß er ,,den Alten in ihrer besten Zeit ganz unbekannt, in der späteren Zeit nur halb bekannt war". Aus alledem geht hervor, daß die Frage, ob die Zitrone zu PLINIUS' Zeit in den Gärten Roms bekannt war, noch unentschieden. 1) W, P. Tuckermann, Die Gartenkunst der italienischen Renaissance- zeit, Berlin 1884, Seite 55. 2) V. Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere, 3. Auflage 1877, Seite 388.. AVurde die Zitrone im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung usw. 10 L äst. L, WlTTMACK^) hatte die in Pompeji gefundenen pflanzlichen B-este untersacht, aber üelikte derZitrone nicht gefunden. Auch hatte er keine erwartet, denn er gibt an, indem er sich auf SOHOUW'') -stützt, daß die Apfelsinen, Pomeranzen, Zitronen und Cedrate, kurz alle Orangen, fehlen. SüHOUW") und COMES ') durchsachten -die pompejanischen Wandgemälde und stellten die Zitrone auch nicht fest. Es lag im Interesse meiner oben erwähnten Arbeit, die An- gaben SCHOUWs und COMES' nachzuprüfen, soweit es fern von den Ruinen Pompejis möglich ist. Glücklicherweise besitzen wir ^roße iTnd schöne Tafel werke, die uns auch dasjenige zeigen, was -wegen der Ungunst der Witterung oder durch die schlechte JVLethode der Konservierung vor Fiorelli zum zweiten Male and Qt.. Cht't/tXUmn.ßactt ttjL_iriiin-'J^m' ■dafür desto gründlicher untergegangen ist. Außer vielen anderen Werken ist Le Antichitä di Ercolano e contorni Napoli 1757 •ein unerschöpflicher Born für mich gewesen. " Durch dieses Werk war es mir besonders ermöglicht, einige Angaben COMES' nachzu- prüfen. Nicht immer konnte ich seinen Standpunkt teilen und muß WiTTMACK recht geben, wenn er auf Tafel XL VI des ersten JBandes „aus dem niedrigen Kraut" die Hirse nicht erkennt,. Zu- 1) L. WiTTMACK, Die iu Pompeji gefundenen pflanzlichen Reste. Garten- ilora 1904, Seite U4 ff. 2) J. F. SCHOUW, Die pompejanischen Pflanzen, in Die Erde, die Pflanzen •und der Mensch. 1851. 3) COMES, Illustrazione delle Plante Rappresentate nei Dipinti Pompejani, in Pompei e Ja regione sotterata del Vesuvio nell' anno LXXEX Napoli 1879. 102 Heinz-Rolf Wehkhahn : gleich aber fand ich vol. II t. XXIV im mittleren Bilde unten eine Pflan/.e, an deren Deutung sich COMES nicht getraut hat^ Er mag sie auch übersehen haben. Dieses Bild habe ich photo- graphiert und zwar aus einem Nachdiuck des Originahverkes,. der von G. CHR. KiLIAN in Augsburg 1777 besorgt wurde. Er imteischeidet sich vom Original dadurch, daß die Tafeln den>. Original spiegelbildlich gleich sind. Was daher im Original recht» ist, ist hier links und umgekehrt. Ich halte mich an die uns- vorliegende Abbildung. Sie stellt, wie es scheint, eine Mauerkrone dar, auf der sieb drei Vögel befinden, welche wohl Wachteln vorstellen sollen. Einer von ihnen pickt an einem Zweige, der zwischen ihnen liegt und nicht angewachsen zu sein scheint. An ihm bemerken wir zwei Blüten, die eine mit vier, die andere mit sechs Blütenblättern.. Dieser Zweig stammt, meiner Ansicht nach, von einer Zitrone. Der hin- und hergebogene Zweig, das charakteristische^ Blatt, die Blüten, alles deutet darauf hin. Auffällig ist, daß diese Tafel SCHOUW und COMES entgangen- ist. Ich kann es mir nur daher erklären, daß sie einen Citrus. nach dem Beiichte des PLINIUS nicht erwarteten. Ob das Werk SCHOUW überhaupt vorgelegen hat, ist fraglich. Vielleicht hati: er seine Untersuchungen an Ort und Stelle gemacht, denn er war 1817—1820 und 1829-1830 in Italien. COMES dagegen zitiert Le Antichitä häufiger. Offen bleibt vorläufig noch die Frage, ob das Modell zu dem Zweige dem alten Maler in Herkulanum oder Pompeji vorgelegen, hat. (Aus dem Texte ist nicht ersichtlich, wo man das Wand- gemälde fand.) Wir haben Bilder gefunden, die ägyptische Land- schaften mit dort heimischen Tieren und Pflanzen darstellen. Es- wurden also auch Pflanzen auf den Gemälden verwertet, die es^ ohne Zweifel in Italien nicht gegeben liat, wie. der Pap^'rus und das Nelumbium, und man könnte daraus schließen, daß der Zweig; dem Maler nicht unbedingt vorgelegen haben muß. Doch spricht. der Realismus, mit dem hier der Zweig, die Blätter und die Blüten behandelt sind, dafür, das der Maler das Modell vor sich gehabt hat. Hätte es sich um exotische Pflanzen gehandelt, die man nur in Mediem und Persien zu Gesicht bekäme, so wären auch Tiere der dortigea Fauna an Stelle der Wachteln getreten. Daß der eine Vogel eiii Blatt davon im Schnabel hält, spricht noch mehr für den Umstand,, daß wir es hier mit einer Pflanze zu tun haben, die in Italien nicht gerade zu den allergrößten Seltenheiten gehörte. Wurde die Zitrone im ersten Jahrhundeit unserer Zeitrechnung usw. 103 Es bleibt nuu noch übrig, die Angaben des PLINIUS mit diesem Funde zu vergleichen. Einmal sagt er (lib. XIII, 31): „Auch dient er zum Schmuck der Häuser (domus etiam decorans)." Victor HEHN will diese Worte auf den afrikanischen Citrusbaum (Thuja articulata) bezogen wissen, aus dem besonders kostbare Tische hergestellt wurden. Aber es steht doch zwischen der Ab- handlung über den afrikanischen Citrus und diesen Worten: „alia est arbor eodem nomine malum ferens execratum aliquis odore et amaritndine, aliis espiditum!'' Es wäre ja möglich, daß man das decorans nicht auf den Baum, sondern auf die Frucht zu beziehen hat, wie das HEHN weiter unten ja auch tut. In diesem Falle müßte man aber auf den Wandgemälden, auf denen Früchte und Girlanden mit Früchten vorkommen, auch die Zitronenfrucht finden. Und das ist weder SCHOUW noch COMES und trotz eifrigen Nachsuchens auch mir nicht gelungen. Also bleibt nur noch die Annahme übrig, daß der Baum zum Schmücken der Häuser verwendet wurde. Gegen die Annahme, daß er kultiviert werde, sprechen auch nicht die Worte im 16. Buche: fastidit .... nata Assyria malus alibi ferre, sondern sie besagen lediglich, daß er außerhalb Assyriens keine Früchte gezeitigt habe. Ich glaube einwandfrei, besonders auf Grund der aufgefundenen Tafel, bewiesen zu haben, daß die Zitrone zu PLINIUS' Zeiten, wenn wahrscheinlich auch nur selten, in den Gärten Italiens vorge- kommen ist. Wie sie dort kultiviert wurde, ob in Kübeln oder im freien Lande an geschützten Stellen, wie es aus späteren Jahr- hunderten verbürgt ist, läßt sich vorläufig noch nicht sagen. Doch klingt das erstere wahrscheinlicher. Hannover, im Februar 1912. 104 \V. PaLLADIN: 13. W. Pallad in: Über die Bedeutung der Atmungs- pigmente in den Oxydationsprozessen der Pflanzen. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 14. März 1912.) Die Atmungspigmente nehmen Wasserstoff auf und verwandeln sich in Leukokürper, wie viele Farbstoffe. So reduziert sich Methylenblau, indem es zwei Atome Wasserstoff aufnimmt: Ci6H,3N3SCl + H^ - C1A0N3SCI. Die Atmungspigmente, wie das Methylenblau, gehören dem- nach zu den ungesättigten liadikalen. 1. Die Rolle der Atmungspigmente in den Oxydations - Prozessen besteht in dem Entziehen des Wasserstoffs von der zu os3'dierenden Substanz. Durch die umfassenden Untersuchungen von BACH^), wie auch von CHODAT und BACH^j wissen wir, daß die Osydations- prozesse in den Pflanzen mit Hilfe des Systems Peroxydase -\- Osygenase vor sich gehen. Allein die oxydierende Fähigkeit dieses Systems ist eine sehr beschränkte. Die Untersuchungen von Bertrand ^) haben den Nachweis dafür geliefert, daß die Oxydasen (Peroxydase + Oxygenase) den Sauerstoff der Luft ausschließlich auf cyklische Verbindungen einer bestimmten Za- sammensetzung übertragen können. Die Oxydation ist für gewöhn- lich nur auf eine Entziehuno^ von Wasserstoff zurückzuführen. So wird das Hydrochinon nur bis zum roten Chinon oxydiert, unter Aufnahme von Sauerstoff und Bildung von Wasser: CeHßO^ 4- 0 = CeH^O^ + H^O 2. Die Oxydasen sind wasserbildende Fermente. In Anbetracht einer so beschränkten Oxydationsfälligkeit der Oxydasen vermögen dieselben nicht Glukose oder die Produkte ihres anaeroben Zerfalles zu oxj^dieren. Zwischen der Glukose (oder den Produkten ihres anaeroben Zerfalles) und der Oxydase 1) A. Bach, Comptes rendus 124, 951, 1897. 2) Ohodat und Bach, Archives des sciences physiques et naturelles. Geneve 1904. 3) G. Beetrand, Annales de chimie et de' physique, 7 serie 12 tome, 1897, S. 115. Über die Bedeutung der Atmuügspigmente in den usw. 105 bedarf es eines Intermediärkörpers. Einen solchen Vermittler stellt nun das Atmungspigraent dar. Es entzieht der zu oxydierenden Substanz den Wasserstoff, welcher sodann mit Hilfe der Oxydase zu Wasser oxydiert wird. Indem das Pigment der zu oxydierenden Substanz Wasserstoff entzieht, wirkt es da- durch gleichzeitig als Oxydationsmittel. Solche Prozesse können sogar von einer Ausscheidung von Kohlensäure begleitet sein. So erhielten BREDIG und SOMMER i) bei der Einwirkung von Methylen- blau auf Ameisensäure in Gegenwart eines anorganischen Ferments Kohlensäure : CieHigNgSCi -f HCOOH = CißHaoNgSCl + CO2 .Bekanntlich zerfällt die Glukose während des primären anae- roben Stadiums der Atmung unter der Einwirkung von Zymase in Äthylalkohol und Kohlensäure: OH H OH OH I I I I / 0=C-C— C— C— C-C— H H^ I .1 I I \0H • H OH H H H \ / = 2 H — C — C — H + 2 C H H ^ / . = 0 H "^ ^ OH Bei diesem Prozesse erfolgt eine Wanderung des Sauerstoffes vom Wasserstoff zum Kohlenstoff-). Im Molekül Alkohol ist nur ein Atom Wasserstoff noch oxydiert geblieben. Es ist eine intra- molekulare Oxydation des Kohlenstoffes vor sich gegangen. Bei der weiteren Oxj'dation der Produkte des anaeroben Zerfalles der Glukose wird auch dieses letzte Sauerstoffatom für die intramole- kulare Oxydation des Kohlenstoffes verwendbar. Der gesamte Wasserstoff der Glukose wird frei und mit Hilfe eines besonderen Ferments auf die Reduktion des Atmungspigments verwendet, von welchem er durch die Oxydase entzogen und zu Wasser oxydiert wird. Bezeichnet man das Atmungspigment mit dem Buchstaben R, so wird man die Oxydation der Produkte des anaeroben Zer- falles der Glukose in nachstehender Weise ausdrücken können: 2 CaHßO + 6 ß = 6 IIH2 + 00^ + 3 C und hierauf 6 EH2 + 3 02 = 6R + 6 H2O. 1) G. BREDIG uud Sommer, Zeitschrift für phjsikal. Ghemie, 70, 34, 1910. 2) F. Hoppe-Seyler, Pfll^GERs Archiv, 12, 8, 1876. 106 W. I'ALLADIN: Hieraus folst: 8. Während der Atmung wird der ganze Wasserstoff der Glukose ausschlieRlich durch den Sauerstoff der Luft oxydiert. 4. Das während der Atmung gebildete Wasser ist aeroben Ursprunges. In dem von mir mitgeteilten Schema sind noch drei nicht oxydierte Kohlenstoffatome übrig geblieben. Dieselben können durch Wasser in Anwesenheit eines besonderen Fermentes oxydiert werden. 1. 2 C.H.O + 6 H/) -f 1211= 12 RH.^ + 4 COg. 2. 12 EH2 + 6 O2 = 12 E + 12 H2O. 5. Die Oxydation der Glukose mit Hilfe eines At- mungspigments erfolgt unter Teilnahme des Wassers. 6. Die Oxydation der Glukose während der Atmung geht zur Hälfte auf Kosten des in der Glukose enthal- tenen Sauerstoffes, zur anderen Hälfte auf Kosten des Sauerstoffs des während der Atmung assimilierten. Wassers von statten. 7. Während der Atmung wird Wasser nicht nur aus- geschieden, sondern auch assimiliert. Es drängt sich nunmehr die Frage auf, ob wir dazu berecli- tigt sind, eine Beteiligung des Wassers an dem Oxydationsprozesse der Glukose zuzulassen. Eine ganze Reihe von chemischen Reak- tionen spricht für die Möglichkeit einer Teilnahme des W^assers an den Oxydationsprozessen bei Anwesenheit eines Katalysators. Durch die bemerkenswerten Untersuchungen von BACH^) über die Reduktionsfermente wird eine solche Annahme vollauf begründet. Die Untersuchungen der Reaktion von SCHARDINGER haben diesen Autor zur Feststellung eines besonderen reduzierenden Ferments, der Perhydridase, geführt, welche das Wasser spaltet. Es drängt sich nunmehr die Frage auf, wann die Assimilation des Wassers vor sich geht, ob es sich während der Verarbeitung der intermediären Produkte der alkoholischen Gärung assimiliert, oder ob die Bildung dieser intermediären Produkte der Gärung unter Anteilnahme des Wassers vor sich geht. Die vorliegenden Beobachtungen sprechen zugunsten der zweiten dieser Annahmen. 1) A. Bach, Biochemische Zeitschrift 31, 4-13, 1911; 33, 282, 1911; 38, 154, 1912. über die Bedeutung der Atmungspigmente in den usw. IQT In der Hefe ist eine große Menge von Redukase enthalten i). GRÜSS 2) und ich 3) haben nachgewiesen, daß die llednkase andern Prozesse der alkoholischen Gärung einen unmittelbaren Anteil nimmt. Zieht man jedoch außerdem die erwähnten Untersuchungen von Bach in Betracht, welche den Nachweis dafür liefern, daß die Redukase unter Mitwirkung des Wassers arbeitet, so beweist dies alles zusammen genommen, daß der anaerobe Zerfall der Glukose von hvdrolvtischen Reaktionen begleitet wird. Da bei physiologischen Vorgängen die Nährstoffe gewöhnlich einem tief-^ gehendem Zerfalle unterliegen, so ist es sehr wahrscheinhch, daß> auch die Glukose während der alkohohschen Gärung einem ähn- lichen Zerfalle unteiiiegt. Man kann die alkoholische Gärung, ohne die notwendigen Pliosphate in die Gleichung einzuführen, in Gestalt des nachstehenden Schemas ausdrücken: \. CßHi^Oe 4 6 H2O = 6 CH4O2. In Abwesenheit von Sauerstoff ergeben die schematisch durch die Formel CH4O2 ausgedrückten unbekannten Zerfallprodukte Alkohol, Kohlensäure und Wasser: 2. 6 CH.Oa = 2 C.^HeO + 2 CO^ -4- 6 H2O. Bei Zutritt von Luft und bei dem Vorhandensein eines 0x3^- dierenden Apparates werden diese intermediären Produkte bei den höheren Pflanzen oxydiert: 1. 6GH4O.2 -I- 12ß = 6CO2 + I2R.H2. 2. 12 ß.Ha + 6 O2 = 12 R + 12 H2O. Die völlige Zerstörung der Glukose während der Atmung: geht demnach in folgender Weise vor sich: 1. Anaerobe Spaltung der Glukose unter Wasserassimilatiort mit Hilfe der Zymase und der Perhydridase. 2. Abgabe des Wasserstoffes der intermediären labilen Pro- dukte vermittelst Perhydridase an das Atmungspigment. 3. Entnahme des Wasserstoffes von dem reduzierten Atmungs- pigment und Oxydation desselben zu Wasser mit Hilfe des Systems Peroxydase + Oxygenase. St. Petersburg, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität. 1) E. Buchner, H. Buchner und M. Hahn, Die Zymasegärung, 1903,. S. 341. 2) GRÜSS, Zeitschrift f. ges. Brauwesen, 27, 1904. Diese Berichte 190«, S. 191. 31 W. Palladin, Zeitschrift f. phjsiol. Chemie. 56, 81, 1908. 108 A. Schulz: 14. A. Schulz: Die Entwicklungsgeschichte der gegen- wärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke Deutsch- lands und seiner Umgebung (mit Ausschluß der Alpen), I. (Eingegangen am 17. März 1912.) In einer in den „Abhandli"in<^en der Xaturforschenden Gesell- schaft zu. Halle a, d. S." erschienenen Abhandlung über „Die Wandlungen des Klimas Deutschlands seit der letzten Eiszeit" ') habe ich eine zusammenfassende Darstellung meiner in zahlreichen früheren Schriften 2) veröffentlichten Ansichten über die Entwick- lungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke Deutschlands und seiner Umgebung (mit Ausschluß der Alpen)-') und der Methode, durch die ich zu diesen gelangt bin, gegeben. Im folgenden will ich auf die Entwicklungs- geschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen- decke des bezeichneten Gebietes noch einmal eingehen, sie kurz darstellen und dabei darlegen, daß die Ergebnisse der Untersuchung der pleistozänen geognostischen Bildungen des nördlicheren Europas in keiner Weise den Ansichten über diese Entwicklungsgeschichte widersprechen, zu denen man einzig durch Untersuchung der Fähigkeiten, der Bedürfnisse und der Verbreitung der Arten der gegenwärtigen deutschen Phanerogamenflora sowie der heutigen klimatischen, der orographischen, hydrographischen und pedologi- schen Verhältnisse Deutschlands und seiner Umgebung gelangt, für sich allein aber nicht imstande sind, die gegenwärtige Ver- breituno- der Phanerogamen in Deutschland und seiner Umgebuno; zu erklären. 1 1 Schulz, Das Klima Deutschlands in der Pleistozänzeit. I. Die Wand- lungen des Klimas Deutschlands seit der letzten Eiszeit, Abhandlungen d. Naturf. Gesellschaft zu Halle a. d. S., N. F., Heft 1, 1912. 2) Vgl. hierzu SCHULZ, Zeitschrift d. Deutschen Geologischen Gesell- schaft, Bd. 62 (19 !0), Abhandlungen S. 115—116. 3) Hierunter ist das Gebiet verstanden, das ich in früheren Publikationen meist Mitteleuropa nördlich der Alpen genannt habe. Ich will es im folgenden kurz als Deutschland bezeichnen. Die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen usw. ],0\) Die gegenwärtige phanerogame^) Flora-j eines Gebietes besteht aus indigenen, d. h. ohne jede Beihilfe des Menschen in diesem Gebiete zur Ansiedlung gelangten Arten ^), und nicht indigenen Arten. Die indigenen Arten Deutschlands lassen sich hinsichtlich ihrer klimatischen Bedürfnisse und Fähigkeiten in fünf nicht scharf geschiedene Gruppen zusammenfassen. Von diesen Gruppen umfaßt: die erste die Arten, die hauptsächlich oder ausschließlich in solchen Gegenden wachsen, deren Sommer- und Winterklima kühler ist als das gegenwärtig in den niedrigen Gegenden des zentralen. Mitteldeutschlands herrschende; die zweite die Arten, die hauptsächlich oder ausschließ- lich in solchen Gegenden wachsen, 'deren Sommermonate trockner und sämtlich oder teilweise wärmer, deren Winter trockner und kälter sind als die der niedrigen Gegenden des zentralen Mittel- deutschlands: 1) Da hier nur die phanerogamen Arten berücksichtigt werden, so kann der Zusatz phanerogam fortbleiben. 2) Als gegenwärtige Flora eines Gebietes bezeichne ich die Gesamt- heit der in diesem Gebiete seit dem Beginne seiner botanischen Erforschung wild — d. h. ohne Absicht und Pflege der Menschen — wachsend beobachte- ten Pflanzenarten. Als gegenwärtige Pflanzendecke eines Gebietcs^ bezeichne ich die Gesamtheit der gegenwärtigen Areale der Arten seiner gegenwärtigen Flora in ihm. Das gegenwärtige Areal einer Art in einem Lande ist das von ihr in diesem in der Gegenwart, d. h. seit dem Beginne serner botanischen Erforschung, bewohnte Gebiet. Die Ansiedlung einer Art in einem Gebiete hat in dem Augenblicke stattgefunden, wo hier das erste Individuum von ihr wuchs, dessen Nachkommen sich in diesem Gebiete ununterbrochen bis zur Gegenwart erhalten haben. Die Ansiedlung einer Art in einem Gebiete ist entweder die Folge einer Einwanderung der Art in dieses Gebiet oder die Folge einer Entstehung der Art aus einer anderen Art in diesem Gebiete. Einwanderung und Ansiedlung sind nicht identisch; die Ein- wanderung kann zu einer Ansiedlung führen, muß aber nicht dazu führen. Die Vorgänge — im weitesten Sinne — , die zur Ansiedlung der Arten der gegenwärtigen Flora eines Gebietes in diesem Gebiete geführt haben — sowie ihre Darstellung — , bilden die Entwicklungsgeschichte der gegen- wärtigen Flora dieses Gebietes; die Vorgänge — im weitesten Sinne — . die zur Ausbildung der gegenwärtigen Areale der Arten der gegenwärtigen Flora eines Gebietes in diesem Gebiete geführt haben — sowie ihre Darstellung — , bilden die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen Pflanzen- Verschiedene Stadien der Zygotenbildung. Vergr. etwa 800. 5. Zwei männliche Progameten an demselben Zygophor in Vereinigung mit zwei weiblichen auf verschiedenen Hyphen sitzenden Progameten. Vergr. etwa 800 6.- Ein männlicher Progamet in Vereinigung mit zwei weiblichen auf ver- schiedenen Hyphen sitzenden Progameten. Vergr. etwa 800. II. — 21. Verschiedene .Stadien der Zygotenbildung. Vergr etwa 800. 12. — ]9. Übertritt des männlichen Gameten in den weiblichen. Vergr. etwa 800. 12 a. Männlicher Gamet mit Kernteilungen (?). Vergr. etwa 1.500. 18 a. Kernverschmelzungen in der Zygote. Vergr. etwa 1.500. 22. Querwandbildungen auf austrocknendem Substrat. Vergr. etwa 800. 134 W. FlGDOß: 18. W. Figdor: Zu den Untersuchungen über das Anisophyllie-Phaenomen. (Eingegangen am 2d. März 1912.) BOSHART^) hat es in dem letzten Hefte dieser Bericlite, nach- dem er kurz den Inhalt seiner in der „Flora" erschienenen Ar- beit^) rekapituliert hatte, für angezeigt gefunden, mir auf die Be- merkungen, die ich als Nachtrag meiner Mitteilung „Das Anisophyllie- Phaenomen bei Vertretern des Genus Strobilanthes Blume')" ver- öffentlicht hatte, zu antworten. Ich kann jedoch seine Ausführungen durchaus nicht als richtig anerkennen und muß, gewiß kein Freund einer Polemik, mich melden, w^eil man sonst glauben könnte, ich sei betreffs der Erscheinung der Anisophyllie nun eines Sinnes mit BOSHAUT. Wie man sich das Zustandekommen der Ungleichblättrigkeit vorzustellen hat, ist mir infolge von Raummangel nicht möglich hier auseinanderzusetzen; es soll dies an anderer Stelle ge- schehen. Ich will nur kurz den Einwänden BOSHARTs mir gegenüber begegnen, damit man sich ein Urteil bilden kann, wer in dieser Sache recht hat. BOSHART*) hat betreffs der Erscheinung der AnisophyUie bei der Gattung Goldfussia Folgendes erwähnt: „1. Alle Blattpaare sind sehr stark anisophyll. 2. Die Sprosse erscheinen gegen den Muttersproß schief ge- k:reuzt, so daß oben zwei Zeilen kleiner, unten zwei Zeilen großer Blätter zu stehen kommen. 3. Die unteren großen Blätter schließen einen Winkel ein von ungefähr 120", sie sind auseinandergerückt." 1) BOSHART, Über die Frage der Anisophyllie. Diese Ber. Bd. XXX (1912) S. 27 ff. 2) BOSHART, Beiträge zur Kenntnis' der Blattasymmetrie und Exotrophie. Flora oder allgem. bot. Ztg. Bd. 103 (1911) S. 91—124. 3) FlGDOR, Das Anisophyllie-Phaenomen bei Vertretern des Genus Strobilanthes Blume. Diese Ber. Bd. 29 (1911) S. 549 ff. Betreffs der Nomen- klatur vgl. Fußnote 6 auf S. 556 dieser Arbeit. 4) BOSHART, Flora S. 104. Zu den Untersuchungen über das Anisophyllie-Phaenomen. 135 Da ich^) gezeigt habe, daß Individuen von Sfrobilanfhes (Goldfussia) anisophijUus T. Anders., aus Samen gezogen, sowohl im Keimlingsstadium wie auch noch darüber hinaus und zwar bis zu einer ziemlich bedeutenden Höhe ^) (dieselbe schwankte zwischen 58 und 94 cm) isophvll, orthotrop waren, ferner, daß Seitensprosse, die in den Achseln der knapp oberhalb der Kotyledonen gelegenen Blätter entstanden waren, oftmals nur unvollständige Anisophyllie (das Phaenomen der Exotrophie) zeigten oder sogar auch nahezu gänzlich isophyll erschienen, war ich^) wohl berechtigt, zu sagen, daß die Ausführungen BOSHARTs selbst „betreffs des typischen St. anisophyllus nicht allgemein zutreffen". Daß auch manche andere Goldfussia- (St rohüanthes-) Äxten sich betreffs des Anisophyllie- Phaenomens anders verhalten als BOSHART anführt, habe ich*) außerdem erwähnt. BOSHART behauptet nun, ich hätte ihm vorgeworfen, „daß er die Beschreibung der isophyllen Sprosse unterlassen habe" '). Es ist mir nicht eingefallen dies zu tun, weil es hier ja gar nicht darauf ankommt, ob gleichblättrige Sprosse gelegentlich vorkommen, sondern es sich nur darum handelt, welche morphologischen Verhält- nisse normale, aus Samen gezogene Pflanzen im Laufe der Individual- entwicklung aufweisen. Daß BOvSHART isophylle Sprosse bei G. {St.) glomerata hervorrufen konnte, daß er sie beschrieben und auch meine Beobachtungen betreffs St. glomeratns und St. ani- sophyllus zitiert hat, habe ich wohl gelesen. Nebenbei sei erwähnt, daß es mir nicht gelungen ist, vegetativ vermehrte Pflanzen von ;S'^. anisophyllus selbst bei bester Ernährung durch Ausbrechen der Seitenknospen isophyll zu machen resp. solchen Pflanzen ortho- tropen Wuchs aufzunötigen. Näheres diesbezüglich werde ich a. a. 0. publizieren. BOSHART ß) vertritt den Standpunkt, daß „bei Formen wie Goldfussia die Anisophyllie durch die Sproßdorsiventralität zu er- klären ist." Ich") bin jedoch der Meinung, „man kann nur be- ll FlGDOR, Diese Ber. 1. c. S. 550 u. 555. 2) Die Kotyledonen waren in einem derartigen Entwicklungszustande schon längst aufgebraucht worden und sind abgefallen gewesen. 3) FlGDOR, 1. c. S. 556. 4) FlGDOR, 1. c. S. 556 u. 567. Vgl. auch FlGDOR: Die Erscheinung der Anisophyllie. Eine morphologisch-physiologische Studie. (Bei F. DeüTICKE in Leipzig u. Wien 1909), S. 98. 5) BOSHART, Diese Ber. S. Hl. 6) BOSHART, Flora S. 122. 7) FlGDOR, Diese Berichte S. 557. In dem Zitate BOSHARTs erscheinen die Worte „hin- zum Ausdrucke" weggelassen. Vgl. BosHART, Diese Ber. S. 31. 136 W. FlGDOR: haupten, daß die Spoßdorsiventralität u. a. durch die Anisophyllie nach außen hin zum Ausdrucke gelangen kann." BOSHART') bemerkt nun, daß sich diese Ansicht fast wörtlich in seiner Arbeit (Seite 110) findet. Daß dem niclit so ist, erhellt daraus, daß BOSHART*) sagt: „Als Ursache der Anisophyllie müssen wir somit die dorsiventrale Natur des Vegetationsj)unktes bezeichnen, die sich in der Bildung eines ungleichseitigen Sprosses ausdrückt." Ein Mißverständnis meinerseits liegt hier wohl nicht vor, ich kämpfe nur dagegen, daß man ein morphologisches Ver- hältnis, in diesem Falle die Anisophyllie, durch ein anderes, die Sproßdorsiventralität, erklärt. Damit ist nichts getan, ebensowenig, wenn ich mit BOSHART ^) sage, daß an dorsiventralen Organen Asym- metrie und Anisophyllie gleichfalls nur der Ausdruck derGresamtasym- metriesind." Es ist dies ja nur eine Kennzeichnung von morpholo- gischen Verhältnissen undschließt deshalbgar nicht aus, daß in unserem Falle (i. e. bei Strohilanthes) die Lage dem Horizonte, eventuell auch der Abstammungsachse gegenüber die Ungleichblättrigkeit bedingt. Denn wenn ich sehe, daß einerseits die Jugendform von einer Art (z. B. von St. anisophijllus) isophyll ist und die Pflanze erst im Laufe der weiteren Entwicklung anisophyll wird, andererseits es im Experi- mente gelingt, die Ungleichblättrigkeit von durchaus anisophyllen Pflanzen, wie solche anfänglich nur bekannt waren, durch den Ein- fluß einer allseits gleichmäßig angreifenden Licht- und Schwer- kraftswirkung bis zu einem gewissen Gerade auszugleichen, so liegt es wohl nahe, diese Kräfte als Ursachen der Ungleichblättrigkeit anzusehen; man könnte höchstens annehmen, daß die Potenz, ani- sophyll zu werden, in jedem Sprosse während einer gewissen Entwicklungsperiode latent vorhanden ist und durch gewiss Momente ausgelöst werden kann, eine Sache, die sich leider nicht beweisen läßt. Der Gegensatz in der Auffassung über das Zustandekommen der Anisophyllie zwischen BOSHART'') und mir besteht also darin, daß jener keinen Einfluß der Lage wahrnehmen konnte, ich hingegen derselben wohl eine Bedeutung znschreibe und zwar in demselben Sinne, wie dies WlESXER^) getan hat. indem nämlich einerseits die Lage der Abstammungsachse gegenüber ev. zu berücksichtigen 1) BOSHART, Diese Ber. S. 31. 2) BOSHART, Flora S. 110. 3) BOSHART: Flora S. 122. 4) BOSHART, Diese Ber. S. 31. .5) WlESNER, Über Trophieen nebst Bemerkungen über Anisophyllie. Diese Ber. Bd. XIII (1895) S. 491 ff. Zu den Untersuchungen über das Anisophyllie-Phaenomen. 137 ist und andererseits die durch die Lage dem Horizont gegenüber gegebenen Einflüsse (Licht, Schwerkraft u. a. m.) eine gewisse Rolle spielen. Weiter beschwert sich BOSHART ') darüber, daß ich ihm „allzu große Verallgemeinerung" vorwerfe. In der Zusammenfassung seiner Arbeit schrieb nämlich BOSHART-) folgendes: Die ,,Dorsi- venti-alität der Seitensprosse, als Eso- bzw. Endotrophie bezeichnet, kommt zustande durch eine ßeizwirkung auf den Vegetationspunkt des betreffenden Sprosses, der Reiz scheint auf Schwächung zu beruhen; durch gute Ernährung läßt sich die dorsi ventrale Natur des Vegetationspunktes in radiäre umwandeln. Einen Einfluß des Lichtes konnte ich nirgends finden, ebensowenig bei den unter- suchten Formen einen solchen der Schwerkraft. Wie deutlich an- gegeben, bezieht sich das auf Seitensprosse, wodurch auch Pflanzen wie Cnatliopliorum u. a. von vornherein ausgeschlossen sind, da es sich hier stets um Hauptsprosse handelt, oder vielmehr kein Unterschied zwischen Haupt- und Seitentrieb besteht. Wie ich für diese Pflanzen die Dorsiventralität im Versuche fand, steht S. 101 — 103. Es hat also gar keine Verallgemeinerung stattgefunden, und FlGDOR konnte den Eindruck einer solchen nur bekommen und hervorrufen, indem er an der Stelle, wo er mich zitiert, ein- fach den Vordersatz, der die Einschränkung enthält, wegläßt." Hierzu möchte ich nur bemerken, daß es sich, woferne man z. B. Sfrobilanthes {Goldfnssia) cmisophißns in Betracht zieht, zwar um Seitensprosse handelt, die aber zu relativen Hauptsprossen ge- worden sind und sich durch nichts von wirklichen Hauptachsen^) unterscheiden. Es liegen also ähnliche morphologische Verhältnisse vor, wie sie BOSHART für das Moos Cyaihophonim bulbosum angibt, weshalb man nicht zusammenfassend schreiben kann : „Durch gute Er nährung läßt sich die dorsiventrale Natur des Vegetationspunktes in radiäre umwandeln", während für das eben erwähnte Moos gerade das Gegenteil gilt: „Ganz allgemein scheinen demnach un- günstige Bedingungen eine Hemmung der Dorsiventralität zu be- deuten" *). Schließlich glaubte ich aus der Arbeit BOSHARTs'*) einen Widerspruch herauszulesen, wenn er sich dahin äußert, daß er i) BOSHART, Diese Ber. S. 32. 2) BOSHART, Flora S. 122 u. diese Ber. S. 32. 3) Infolge des Umstandes, daß es mir gelang St. anisophyllus aus Samen zu ziehen, konnte ich diese beschreiben. Vgl. FlGDOR, 1. c. S. 550 ff 4) BOSHART, Flora S. 122 u. S. 102. 6) BOSHAKT, Flora S. 122. 138 ^^- FlGDOR: Zu den Untersuchungen über das Anisopliyllie-Phaenomen. „einen Einfluß des Lichtes nirgends finden konnte, ebensowenig bei den untersuchten Formen einen solchen der Schwerkraft", nachdem er hinsichtlich letzterer auf Grund von Versuchen anderer geschrieben hat, „daß der Wirkung der Schwerkraft doch nur eine untergeordnete Rolle zukommt"^). Was den Einfluß des Lichtes anbelangt, so hat BOSHART wohl einen solchen bei dem Zustandekommen der Anisophyllie be- obachtet-), nur gibt er der Erscheinung eine andere Deutung, als dies sonst geschieht. Da man sich über die wirklichen Verhält- nisse nur dann ein Bild entwerfen kann, wenn zahlenmäßige An- gaben vorliegen, so hielt ich es für wünschenswert, daß BOSHART genau die Versuchsanstellung und zahlenmäßige Angaben betreffs seiner Versuchsergebnisse publiziert. Daraufhin antw^ortet nun BOSHART =*): „Tatsache nun ist, daß in meiner Arbeit (aus- genommen die Beobachtungen an Ulmus und Fagus, wo die Frage, ob symmetrisch oder asymmetrisch sehr leicht zu entscheiden ist), kein einziger Versuch steht, dem nicht die genauen Zahlenwerte der Resultate beigegeben wären." Wie die Tatsachen aussehen, auf die sich BOSHART beruft, erhellt am besten daraus, wenn ich die Beschreibung BOSHARTs'*) von im Dunkeln erwachsenen Sprossen von GoUfussia") zitiere: „Anisophyllie und Asymmetrie der Blätter war keineswegs vermindert, sondern eher in ver- stärktem Grade aufgetreten, in einigen Fällen bis zur fast völligen Reduktion der Oberblätter." BOSHART macht zudem noch un- genaue Angaben über den Einfluß der Lage auf die Ausbildung der Anisophyllie. So schreibt er"): „Irgendeine Beziehung zur Lage besteht nicht; es gelang, radiäre Sprosse zu erhalten auch bei sehr starker Neigung. So lag ein Sproß in seinem unteren Teil völlig horizontal, in seinem oberen 40 " geneigt, andere besaßen eine Neigung von 30 ", 60 ° usw. und wurden trotzdem isophyU." Weder die Länge der Sprosse, die zu diesen Versuchen verwendet wurden, ist angegeben, noch, ob es sich um eingewurzelte Pflanzen oder um Seitensprosse von älteren Individuen handelt, ebensowenig das Ausmaß der in diesem Versuche aufgetretenen 1) BOSHART, Flora S. 107 2) BOSHART, Flora S. 108. 3) BOSHART, Diese Ber. S. 32. 4) BOSHART, Flora S. 108. 5) Die Art, mit welcher B0,SHART experimentiert hat, wird nicht an- gegeben. 6) BOSHART, Flora S. 112 W. RüHLAND: Die Plasmahaut als Ultrafilter bei der Kolloidaufnahme. 139; Blätter und die Versuchsdauer, die wohl auch ausschlaggebend sein dürfte. Ich überlasse es ruhig dem Urteile jedermanns, ob man da von zahlenmäßigen Angaben und einer genauen Beschreibung der Versuchsanstellung reden kann ! Biologische Versuchsanstalt in Wien. 19. W. Ruhland: Die Plasmahaut als Ultrafilter bei der Kolloidaufnahme. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 23. März 1912.) In den folgenden Zeilen werden in aller Kürze einige Re- sultate von bereits abgeschlossenen Untersuchungen mitgeteilt, über welche alsbald an anderer Stelle ausführlich berichtet werden wird. Die Arbeit wurde durch frühere Studien des Verfassers, zum Teil auch durch die in botanischen Kreisen, wie es scheint, bisher nicht bekannt gewordenen capillarphysikali&chenUntersuchungenGOPPELS- ROEDERs^) an Pflanzen veranlaßt, blieb dann anderer Studien wiegen einige Zeit liegen, bis durch die neueren Mitteilungen von KÜSTER'^) ein Anlaß zur Fertigstellung gegeben wurde. 1. Für die Aufnehmbarkeit sowohl der basischen wie der Säure-Farbstoffe in die lebende Pflanzenzelle bietet nicht die Lipoid- löslichkeit, die Dialyse in Wasser, das Molargewicht oder die Anzahl der Benzolkerne, sondern die Beweglichkeit der Farbstoff- teilchen in konzentrierten, d. h. engporigen Gelen einen genauen Maßstab. Dies zeigte das Verhalten einer sehr großen Eeihe von Farbstoffen und einiger anderer Kolloide in konzentrierten Ge- latinelösungen, deren Zähigkeit zweckmäßig noch durch Zusätze (z. B. von Glycerin, Dextrose, gewissen Elektrolyten usw.) erhöht werden kann, und in anderen Gelen. 2. Diese überraschende Parallelität zeigt, daß lediglich die Größe der Teilchen kolloider Lösungen für ihre Aufnehmbarkeit. 1) KoJloidzeitschrift, Bd. 6 (1910), S. 111; besonders S. 121 ff. 2) Jahrb. f. wiss. Botan., Bd. 50 (1911), S. 261. 140 W. Ruhland: entscheidend ist. Die Plasmahaut wirkt somit als „Ultral'ilter" in dem von BEOHHOLD') gebrauchten Sinne. 3. Die untersuchtenStoffe bilden „Lösungen" sehr verschiedenen -Charakters, von hochdispersen Systemen bis zu echten Suspen- sionen, meist suspensoide oder lyophile Sole. Da die Teilchengröße in einer und derselben Lösung der Farbstoffe wie auch anderer Kolloide eine verschiedene ist, so können vielfach nur die kleinsten, nicht aber die größeren Teile derselben in die Zelle importiert werden. Zusätze verschiedener Art (Säuren, Basen, Salze) haben auf den Dispersitätsgrad oft sehr erheblichen Einfluß. 4. Adsorptionserscheinungen, entsprechend der großen Grenz- fläche des „Filtriermaterials", stören bei der gewählten Versuchs- anstelluDg, auch wenn das betr. Kolloid den Charakter der Emul- soide hat, die Eindeutigkeit der beobachteten Tatsachen nicht. Dasselbe gilt von der Adsorption durch die Zellwandungen. 5. Ultramikroskopische Untersuchung bietet nach dem Ge- sagten für unsere physiologischen Zwecke keinen zuverlässigen Anhalt, da optisch „hochkolloide" Lösungen (Methylgrün u. a.) gleichzeitig z. T. fast molekulardispers sein können. Die Fäll- barkeit durch Eiektrolyte gibt nicht einmal bei Suspensoiden stets einen brauchbaren Maßstab für den in Frage kommenden Disper- sitätsgrad. 6. In vieler Beziehung bedeutungsvoll erwies sich dagegen das Verhalten bei der Kapillardiffusion in Fließpapier. Während gemäß ihrem elektrischen Charakter die positiven (basischen) Farb- stoffe sofort an der Eintauchsgrenze ausgefällt werden'-), vermögen die sauren mehr oder weniger mit ihrem Dispersionsmittel aufzu- steigen. Tropfen wässeriger Lösungen derselben ergeben dement- sprechend zwei Diffusionskreise, deren Durchmesserverhältnis sich für den Dispersitätsgrad als meist sehr charakteristisch erwies. Betrug der Quotient („Kapillarquotient") unter 0,70, so erfolgte keine vitale Aufnahme des Farbstoffes. 7. Die Teilchen selbst der in Gelen diffiisibelsten sulfosauren Salze sind wohl immer noch größer als die der meisten basischen Farben in neutraler Lösung. Der außerordentlich große Unterschied zwischen beiden Kategorien in der Geschw'indigkeit der Aufnahme in die Zelle wird aber hierdurch nicht erklärt, sondern ist vor allem durch die Form ihrer Speicherung daselbst begründet, die bei Sulfosauren nicht auf salzartiger Bindung be- 1) Vgl. u. a. Zeitschr. f. phjsikal. Chemie LX (1907), S. 257. 2) SAHLB03I, KoUoidchem. Beihefte II (1910), S. 79. Die Plasmahaut als Ultrafilter bei der KoUoidaufnahme. 14t. ruht. Darauf weist u. a. das Verhalten freier Sulfosäuren hin. Es handelt sich hier vielmehr um eine langsame Dispei'sitätsver- minderung unter Einfluß der zelleignen Kolloide, also um eine Grrenz- flächenerscheinung. Daß hierneben für das schnelle Permeieren der Farbbasen etwa noch der anscheinend gewöhnlich elektronega- tive Charakter') der Plasmahautkolloide eine Rolle spielt, erscheint ausgeschlossen. 7. Die für das Permeieren der Kolloide in Frage kommende- Porenweite der Plasmahaut erscheint nach den bisherigen Ver- suchen vorläufig als eine konstante, ein für allemal gegebene Größe. Sie ist bei Pflanzen offenbar sehr gering. Nach den wenigen Er- fahrungen, welche über tierische Zellen vorliegen, zu urteilen, scheint die Porengröße hier weit beträchtlicher zu sein''). Ob dieser Umstand auf einen durchgängigen fundamentalen Unterschied in. den statischen Eigenschaften der Plasmagrenzhäute hinw^eist, bleibt demnach noch weiter zu untersuchen. Vielleicht j spricht aber für das Vorhandensein solcher Unterschiede u. a. auch das, wie es scheint, grundsätzlich abweichende Verhalten^) bezüglich der Permeabilität für die hoch dissoziierten anorganischen Säuren. 1) Isolierte Zellen zeigen bei der elektrischen Überführung anodische Konvektion. Vgl. auch HÖBER, Physika!. Chemie der Zelle und G-ewebe, 3. Aufl., S. 388. 2) Das dürfte aus den interessanten Ergebnissen HÖBERs (vgl. u. a.. Biochem. Zeitschr. Bd. 20, 1908, S. 36) zu schließen sein, wonach von den Zellen der Nieren epithel) en nur einige hoch disperse Suspensoide unter den. Säurefarbstoffen von der Aufnahme ausgeschlossen bleiben. Vgl. auch das Verhalten von Nachtblau. 8) Für pflanzliche Zellen vgl. Ruhland, Jahrb. f. wiss. Botan. Bd. 46,. 1908, S. 36, für tierische s. u. a. Bethe, PelüGERs Archiv Bd. 127, S. 219,. OVERTON, ebenda Bd. 92, 1902, S. 115 usw. 142 Alfred Jj. Heilrronn; 20. Alfred L. Heilbronn: Über Plasmaströmungen und deren Beziehung zur Bewegung umlagerungsfähiger Stärke. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 24. März 1912.) Bei allen bisherigen Untersuchungen über die Umlagerungs- fähigkeit der Statolithenstärke war man so zu Werk gegangen, daß man die betreffenden Organe in die gewünschte Lage brachte, nach Ablauf der ja annähernd bekannten Umlagerungsfrist fixierte und die Lage der Stärkekörner an Schnitten betrachtete. Diese Methode konnte natürlich nicht immer einen sicheren Aufschluß darüber geben, welchen Weg die Stärkekörner zurückgelegt hatten, um von einer Lage in die andere zu gelangen. Die Beantwortung dieser Frage war möglich, wenn es gelang, die Umlagerung der Statolithen direkt am lebenden Objekt zu beobachten. Die ersten Versuche in dieser Richtung führte ich mit Vicia faha und Phaseolus multiflorus ans, und zwar untersuchte ich sowohl Wurzelspitzen wie Stärkescheiden dieser Pflanzen. Die Resultate waren in beiden Fällen übereinstimmend, jedoch klarer bei den Zellen der Stärke- scheide, die sich wegen ihrer langgestreckten Form für die Be- obachtung besonders gut eigneten. Der Versuch wurde in folgender Weise ausgeführt: Ich fertigte Längsschnitte durch den Stengel in der Region der Gefäßbündel an, die so dick waren, daß min- "destens eine durch den Schnitt nicht verletzte Zelllage sich in der Mitte befand. Die Präparate wurden auf dem horizontal umge- klappten Mikroskop am drehbaren Objekttisch befestigt. Unter- suchte man die Schnitte in ihrer natürlichen, das heißt in der Lage, in der sie dem aufrechten Stengel angehört hatten, so fand man die Stärke in einer der Statolithentheorie entsprechenden Position auf den unteren Querwänden. Drehte man jetzt den Ob- jekttisch um 180 Grad, so war erstaunlicherweise innerhalb der -ersten 5 — 10 Minuten von einer Fallbewegung nichts zu sehen. Die Erfahrung lehrt doch aber, daß bei dem Umlegen ganzer Stengel und darauf folgender Fixierung eine annähernd vollständige Umlagerung der Stärkekörner schon nach 12 — 15 Minuten definitiv erfolgt ist. Hier tritt also offenbar bei dem Anfertigen der Schnitte ein Wundchok auf, der eine sofortige Umlagerung der Stärke hemmt. Nun ist es klar, daß die leblosen infolge ihres größeren spezifischen Gewichtes abwärts sinkenden Stärkekörner selbst ■durch einen Wundchok nicht beeinflußt werden können. Es ist über Plasmaströmungen und deren Beziehung zur Bewegung usw. 143 daher anzunehmen, daß durch die Verletzung eine Einwirkung auf das lebende Plasma stattgefunden habe, derart, daß für einige Zeit dessen Zähigkeit erhöht wird. Schon hier sehen wir, daß das Fallen der Statolithen in enger Beziehung steht zur Viskosität des Plasmas. Wie aus dem folgenden Versuchsprotokoll hervorgeht, Versuchsprotokoll. Objekt I: Phaseohts midfiflorus. Beginn der Beobachtung Dauer der ühok- wirkung Beginn der Fallbe- wegung Erste Fall- dauer Erreichen der unteren Wand Zweite Fall- dauer Erreichen der oberen Wand nach sofort er- folgter zweiter Umdrehung 9 45 a. m. 11.00 a. m. 12.12 p. m. 13' 15' 10' 9 58 11.15 12 22 27' 17' 23' 10.25 11.37 12.45 15' 13' 11' 10.40 11.50 12..56 Objekt II: Vicia faba. 2 28 p. m. 15' 2.43 16' 2.59 3.3U p. m 13' 3.43 17' 4.00 10.10 a. m. 15' 10.25 17' 10.42 11.07 a. m. 12' 11.19 28' 11.47 12.20 p. m. 10' 12 30 28' 12.53 15' 15' 10' 16' U' 3.14 4 15 10.52 12.03 1 04 setzte in der Hegel innerhalb 10— 15 Minuten nach der Umkehrung die sichtbare Fallbewegung langsam ein, um erst nach 32 — 40 Minuten ihr Ende zu erreichen. Die Mehrzahl der Stärkekörner verfolgte dabei ihren Weg, langsam an den Wänden entlang gleitend, einzelne jedoch schienen den anderen voranzueilen und auf Plasmabrücken durch das Lumen der Zelle hindurchzugleiten ; hatten die Körner die untere Wand erreicht, so wurde der Ob- jekttisch um 180 Grad gedreht; nun setzte die Abwärtsbewegung in der Tat sofort ein, und nach bedeutend kürzerer Zeit (10 — 15 Minuten) hatten die Statolithen die untere Wand wieder erreicht. Zu meinem Erstaunen bemerkte ich nun, daß nach wenigen Minuten die Körner ihre Ruhelage auf der unteren Quer- wand der Zelle zu verlassen begannen, um langsam an den Wänden aufzusteigen, das heißt also sich entgegengesetzt der Richtung der Schwerkraft zu bewegen. Es stellte sich bald heraus, daß diese Bewegung hervorgerufen war durch eine Strömung des Plasmas, welche langsam einsetzend nach l'/^ Stunden ihre größte Ge- schwindigkeit erreichte, um dann allmählich wieder abzuflauen. Infolge dieser Bewegung rotierten die Körner — allerdings viel langsamer als das Plasma — durchschnittlich 5 — 6mal an der Zellwandung herum, um schließlich doch auf der unteren Wand liegen zu bleiben, wenn die Plasmaströmung sich so weit verlang- samt hatte, daß sie nicht mehr imstande war, die Statolithen zu Jedenfalls besteht also ein gewisser bewegen Antagonismus 144 Alfked L. Heilbronn: zwischen Schwerkraftwirkung und lebendiger Kraft des strömenden Plasmas. Bevor ich auf die Untersuchung der Plasmarotation und ihre Bedeutung für die Statolithen näher einging, beobachtete ich bei einer größeren Anzahl von Fällen den Modus der ersten Fallbe- wegung der Stärkekörner und kam dabei zu dem überraschenden Resultat, daß es einer größeren Anzahl von Einzelkörnern und Körnergruppen gelingt, durch die Vacuole hindurchzufallen. Dies geschieht in der Weise, daß die Körner einen Plasmafaden hinter sich herziehen; es ist ein ähnliches Bild wie das einer Spinne, die sich am frisch ausgesponnenen Faden abwärts fallen läßt. Solche am dünnen Plasmafaden in der Vacuole hängenden Stärkekörner unterscheiden sich naturgemäß von den der Wand anliegenden durch besonders leichte Beweglichkeit: sie folgen jeder, auch der kleinsten Drehung des Objekttisches durch sofortige Änderung ihrer Fallrichtung. Während in den Zellen frischer Schnitte sich solche besonders leicht bewegliche Stärke nur vereinzelt findet, tritt dieselbe ungleich häufiger auf, wenn man Zellen zur Unter- suchung wählt, in denen nach vorhergegangener kräftiger Rotation die Körner schließlich unten liegen geblieben sind. Man hat den Eindruck, als habe die Viskosität des Plasmas sich verringert. Nach den bisherigen Erfahrungen schien es ohne weiteres glaubhaft, daß die beobachtete Rotation nur eine Folge der durch die Schnitte verursachten Verletzungen sei, und bestätigt wurde diese Annahme noch durch gleichzeitige Kontrollversuche an un- verletzten Bohnenstengeln. Stellte man diese um 90 oder 180 " aus ihrer natürlichen Lage gedreht auf und fixierte nach 15, 30, 45, 60, 120 und 180 Minuten, so fand man stets die Stärke, der Statolithentheorie entsprechend, auf der physikalisch unteren Wand. Demnach schienen die oben beobachteten Erscheinungen patholo- gischer Natur zu sein, und deshalb begab ich mich auf die Suche nach einem Objekt, welches infolge geringer natürlicher Dicke und großer Durchsichtigkeit die Beobachtung ohne weitere Präparation gestattete. Am geeignetsten erwiesen sich 5 — 6 Tage alte, im feuchten Raum gezogene Keimpflanzen, und -von den verschiedenen beobachteten Arten boten Mimidus moschatus, Calceolaria chelido- nioides und Verhascum Thapsus das günstigste Material dar. Die Versuche wurden anfangs mit auf feuchtem Filtrierpapier ge- zogenen und zur Beobachtung in Wasser unter ein gestütztes Deckglas gebrachtes Pflänzchen angestellt; doch da sich auch hier der Einwand machen ließ, es könnten bei den verschiedenen Manipulationen geringfügige Verletzungen nicht vermieden werden, so zog ich meine Keimpflanzen direkt auf Agartropfen (100 g über Plasmaströmungen und deren Beziehung zur Bewegung usw. 145 Wasserleitungswasser auf 1,5 g Agar), die an aufrecht stehenden Objektträgern angebracht waren. Zur Untersuchung wurden diese Objektträger möglichst vorsichtig, ohne ihre Lage zur Schwer- kraftrichtung zu verändern, unter das Mikroskop gebracht. Diese Vorsichtsmaßregel war nötig, weil, wie ich in einer späteren Mit- teilung ausführlich darlegen werde, Lageveränderungen nicht ohne Einfluß auf Plasmaströmungen sind. Die Resultate der Versuche mit Calceolaria und Verhascum waren untereinander identisch, bei Mimulus hingegen etwas ver- schieden, so daß ich die letzteren nachher besonders besprechen will. Es ergab die Beobachtung bei den beiden zuerst erwähnten Pflanzenarten in ihrer natürlichen Lage zunächst nichts Auffälliges. Plasmaströmungen sind in der Stärkescheide in erkennbarem Maße nicht vorhanden und stellen sich auch während einstündiger Beob- achtung unter dem Mikroskope nicht ein. Drehte man aber den Tisch um 90 oder 180 ", so begann sofort die ümlagerung der Stärkekörner ; gleichzeitig setzte aber auch die Rotation ein, die allmählich die Stärkekörner ergriff und mit sich riß. 40 bis 70 Minuten später erschlaffte in der Kegel die Bewegung wieder und ließ die Körner der Stärkescheide meist, jedoch nicht durch- gehends, auf der unteren Wand liegen. Interessant ist, daß die Plasmabewegung zuerst merklich in der Stärkescheide auftrat, im Verlauf einer halben Stunde aber sich auch in den mehr peripher gelegenen Stellen der Rinde bemerkbar machte. Bei Mimulus liegen die Verhältnisse insofern etwas anders, als von vornherein in den Rindenzellen kräftige Protoplasma- strömungen vorhanden sind, welche die darin eingebettete klein- körnige Stärke energisch und regellos durcheinanderwirbeln. Auch in der Stärkescheide ist Plasmabewegung vorhanden, jedoch zunächst nicht so kräftig, daß es ihr gelänge, die großkörnigere Statolithenstärke aus ihrer Ruhelage zu entfernen. Auch hier be- ginnt bei einer Drehung der Pflanze sofort die ümlagerung, auch hier wird nach einiger Zeit die Stärke von der anwachsenden Rotation ergriffen und mitgeführt. Was bedingt diese Rotation, hier, wo eine Verletzung un- möglich die Ursache sein kann? Noch will ich mich auf eine Beantwortung der Frage, da meine diesbezüglichen Untersuchungen im Gange, aber nicht abgeschlossen sind, nicht einlassen, doch drängt sich stark die Vermutung auf, daß entweder der Reiz der Schwerkraft selbst es sei, auf den die Zelle durch eine Bewegung ihrer lebenden Substanz reagiert, oder aber, daß das Plasma durch die infolge des Schwerezuges nach Ber. der deutschen bot. Uesellsch, XXX. 10 146 Gertrud Torler-Wolff: unten gleitenden Stärkekörner gezerrt, zu einer weiteren Bewegung veranlaßt wird. Die Tatsache, daß das strömende Plasma die Fallgeschwindig- keit der Stärke beeinflußt, ja sogar die Körner zwingen kann, entgegengesetzt der Schwerkraftrichtung nach oben zu steigen, gibt uns die Möglichkeit in die Hand, durch Geschwindigkeits- messungen und eine mathematische Berechnung den „relativen Fallwert", d. h. die durch die Schwerkraft erzielte Geschwindig- keit umlagerungsfähiger Stärke im ruhend gedachten Plasma zu ermitteln. Ebenso wird es auf diese "Weise möglich sein, Ände- rungen in der Dichtigkeit des Plasmas durch Messungen und Be- rechnungen festzustellen. Doch behalte ich all dies einer aus- führlichen Publikation vor. Ich möchte diese Mitteilung nicht schließen, ohne Herrn Geheimrat HABERLANDT und Herrn Professor BENECKE für ihre freundliche Anteilnahme und manchen guten E-at auch an dieser Stelle herzlich zu danken. Berlin, im Februar 1912. Botanisches Institut der Universität. 2i. Gertrud Tobler-Wolff: Über Synchytrium pyriforme Reinsch. (:Mit Tafel V.) (Eingegangen am 29. März 1912.) Im Jahre lb75 beschrieb P. FR. REINSCH i) zw^ei auf Moosen vorkommende Synchytrien: 1. S. muscicola auf Leskea (jetzt Neckera) complcmata und L. trichomanoidos ; 2. S. puriforme auf Neckera viti- culosa (jetzt Änomodon viticulosus). Von beiden gab er eine Anzahl Abbildungen und die Diagnosen. Da das Werk offenbar ziemlich selten ist, so ist es vielleicht nicht überflüssig, die hierher gehörige Diagnose von S. pyriforme an dieser Stelle wiederzugeben: „Plantula tubercula pyriformia breviter pedicellata in foliis Muscorum frondosorum (Necke rae) insidentia formans; cellulae per- durantes parenchymati plantae infectae semper insidentes basi 1) P. Fr. Reinsch : Contributiones ad Algologiam et Fungologiam. Vol. T Loipzig 1S75, p 97; Tf. YI der Serie Fungi. über Synchytrium pj'riforme Reinsch. 147 truncata substrato arctissime adhaerentes, cytioplasmate dense gra- nuloso colore obscure-fiisco, cytiodonnate crasso pliirilamelloso basin cellulae verstis angustato; cellulae matricales Zoosporangiorum*? Zoosporae? Longit. cellular. perdurantium 0,1 — 0,11 mm. Latit. 0,0504 — 0,0615 mm. Hab. in Neckerae viticulosae foliis. Vogesi occident. — In speciminibus in Herbario diu asservatis detectum. Prima Synchytria obsen^ata in Muscis frondosis crescentia differnnt ab aliis Synchytriis cellulis perdurantibus extra parenchyma plantnlae infectae evolntis." Das Material scheint danach lange nicht wiedergefunden zu sein; wenigstens beschränken sich FISCHER^) und V. MINDEN-*) darauf, die Angaben von ßEINSCH zu wiederholen bzw. seine Abbildungen zu beschreiben. FISCHER (und V. MINDEN, der nicht einmal die E-EINSCHsche Abhandlung gesehen hat, mit ihm) ist der Meinung, daß es sich in beiden Fällen gar nicht um ein Synchy- trium handele, sondern wahrscheinlich um Brutknospen. Er schließt das sowohl aus den Abbildungen (von denen deshalb einige auf der Tafel wiedergegeben seien), wie vor allem aus der Diagnose, in der er den Ausdruck „tubercula insidentia formans" so auf- faßt, als könne damit nur ein rein äußerliches Aufliegen gemeint sein. Das braucht aber um so weniger der Fall zu sein, als es wenigstens in der Diagnose von H. muscicola von den „Dauersporen" noch heißt, sie seien „interdum in inferiore parte parenchymatis caulis a strato summo cellularium parenchymatis subtectae". Immerhin ist der Text der REINSCHschen Diagnose nicht eindeutig. Irreführend ist in den REINSCHschen Diagnosen aber vor allem die Bezeichnung „Dauerspore", die statt „Galle" gebraucht wird und ohne die völlig richtigen Abbildungen ganz unverständlich wäre. Herr Prof. CORRENS sammelte im September 1910 am Ufer des Vierwaldstätter Sees (nahe der Teilskapelle) in größerer Menge Anomodon vitictdosus mit kleinen braunen Fremdkörpern, die er sowohl nach Betrachtung mit der Lupe, wie nach einiger mikro- skopischer Durchsicht für das Synchytrium pyriforme von REINSCH hielt. Er war so freundlich, mir dies Material zu überlassen. Ich versuchte in der Kultur den völlig geschlossenen Ent- wicklungsgang zu beobachten; es gelang mir dies allerdings immer nur bis zu einem gewissen Grade. Dieser aber genügt, um das Objekt als zweifelloses Synchi/triuin anzusprechen. Daß der Parasit sich leichter von seinem Wirt loslöst, als es bei anderen 1) A. Fischer, in RabenhORSTs Kryptogamenflora. I. Bd., IV. Abt., S. 62. 2) M. V. Minden, in Kryptogamenflora der Mark Brandenburg, V. Bd. 2. Heft, S. 309. 10* 148 Gertrud Totsler-Wolff: Synchytrien der Fall ist, daß er also oft sclioinbar nur loso auf dem Wirtsgewebe liegt, erklärt sich wohl aus dem Bau dos Laub- moosblattes. Wo ein Syncht/friuiii eine Epidermiszelle befällt, die ihrerseits fest mit dem darunter liegenden Gewebe verbunden ist, wo überdies noch oft eine komplizierte Gallenbildung mit über- wuchernden Nachbarzellen stattfindet, oder wo die infizierte Epidermiszelle sich womöglich gar nach innen in das Gewebe dehnt, da ist selbstverständlich die Galle sehr viel inniger mit dem Wirtsgewebe verbunden, als wo sie lediglich eine einzelne stark erweiterte Zelle eines einschichtigen Blattgewebes darstellt. Im reifen Zustand mag auch die glatte, chitinöse Membran, die die Galle allseitig umschließt, dazu der stielartige Fußteil, ein übriges zur leichten Loslösung beitragen. Leider kann ich im folgenden nur eine unvollständige Dar- stellung des Parasiten geben; einmal aus dem oben angeführten Grunde, und zweitens, weil es sehr schwierig ist, Mikrotom- schnitte herzustellen, denn die Galle mit ihrer chitinösen Membran wird schwer durchtränkt und fällt daher beim Schneiden meist heraus. Das Material wies im wesentlichen Gallen mit reifen Dauer- sporen auf. Sie erscheinen in Form hell- oder dunkelbrauner, länglichrunder Körper, die auf der Oberseite der Blattspreiten und vorzugsweise in den Blattwinkeln, dicht am Stengel (Abb. 1). Hier bleiben Wassertropfen begreiflicherweise am ersten hängen, und mit ihnen hereingeschwemmte Zoosporen finden leicht die Möglich- keit zur Infektion. Querschnitte durch besiedelte Blätter zeigen, daß es sich bei dieser Gallenbildung um eine sehr starke Größen- zunahme und Ausstülpung einer einzelnen Zelle handelt. Die Nachbarzellen sind dabei ganz ohne Einfluß und unbeeinflußt (Abb. 2). Möglicherweise ist die Gallenbildung komplizierter, wenn ein Synchytrium dem Blattnerven aufsitzt. Ich habe ein solches Bild bei -S*. puriforme nicht gesehen, schließe aber seine Möglichkeit aus dem "Verhalten eines anderen, unten noch zu erwähnenden Synchytrium. Die Gesamtform der Galle tritt am deutlichsten hervor, wenn man sie, was leicht möglich ist, aus dem Moosblatt- gewebe herauspräpariert. Der jetzt freivverdende stielartige Fußteil vervollständigt die ausgesprochene Birnenform der Galle, die REIISISCH zur Namengebung veranlaßte (Abb. 3, 4). Der Autor hat übrigens offenbar weder Schnitte gemacht, nocli Gallen frei herauspräpariert, sondern sich mit der schrägen Aufsicht begnügt, welche auch schon die Birngestalt verrät (Abb. 7, 9). An jungen Stadien glaube ich in dem Septembermaterial nur eines gesehen zu haben, das in Fig. 5 abgebildet ist. Weitaus in über Sjnchytrium pyriformö Reinsch. 149 den meisten Gallen befanden sich, wie gesagt, reife Dauersporen (Abb. 3, 4). Mittelgroße Gallen sind etwa 60—70 [i lang und 45 — 55 ft breit. Die in ihnen befindlichen Dauersporen füllen die Wirtszelle bei weitem nicht aus. Sie haben annähernd Kugelform und etwa 25 — 30 fx Durchmesser, Der größere, freibleibende Raum der Galle enthält farbloses, körniges Plasma und auffallend reichlich Chloro- . phyll, wesentlich mehr als in den nicht infizierten Moosblattzellen, so daß also offenbar während des Auswachsens der das Synchij- trium beherbergenden Zelle eine starke Vermehrung des Chloro- phyllgehalts stattgefunden hat (Abb. 6), E-EINSCH gibt auch ein entsprechendes Bild (Abb. 7), sagt aber dazu, daß das Plasma in 2 Teile getrennt sei. Das hängt wieder mit seiner Betrachtung der Galle als Dauerspore zusammen. Die Dauerspore selbst ist von feinkörnigem Plasma erfüllt, das in sich Fettkügelchen einschließt. Eine Netzstruktur ließ sich nicht deutlich erkennen. Es ist übrigens weiß bzw. farblos, nicht „colore obscure-fusco", wie REINSOH sagt, der es wohl nur durch die braune Gallenwand hindurch gesehen hat. Während alles bisher Erwähnte an frischem Material (ev. Hand- schnitten, Quetschpräparaten) ohne weiteres zu beobachten ist, zeigt sich am fixierten und gefärbten (beides geschah nach FLEMING) auch der Kern dieses Stadiums, der, soweit man bei der Kleinheit des Objekts Einzelheiten beobachten kann, in nichts von dem Aus- sehen anderer ^S^/wcÄ^^rmm-Dauersporenkerne abweicht (Abb. 8). Dies so beschaffene Material wurde in Kultur genommen, d. h. den Winter über in bedeckten Glasschalen schwach ange- feuchtet gehalten. Im Januar fand sich hier und da der Inhalt der Dauerspore umgewandelt in einen Sporangiensorus, der von einer farblosen Hülle umgeben war und nun die Galle fast ganz aus- füllte (Abb. 9, 10). An in Hängetropfen weiter aufbewahrten Sori zeigte sich am nächsten Tage der Sorus mit seiner Hülle aus der Galle herausgetreten; nur Chlorophyll und körniges Plasma bleibt zurück (Abb. 1 1). Es waren ca. 30 Sporangien vorhanden, kugelig abgerundet, mit ca. 15 /^ Durchmesser. Sie enthalten, wie die Dauersporen, zuerst feinkörniges Plasma und Fett-Tröpfchen (Abb. 12); an fixiertem und gefärbtem Material hoben sich von dem violetten Plasma unregelmäßige, rot gefärbte Körperchen ab (Abb. 13). Offenbar ein späteres Stadium mit weiter fortgeschrit- tener Zoosporenbildung stellt Abb. 14, 15 dar. Zoosporen selbst glaube ich gesehen zu haben, nicht aber ihr Ausschlüpfen aus dem Sporangium. Sie sind jedenfalls von außerordentlicher Kleinheit, Die Art der Bewegung, Form usw. vermag ich nicht mit Sicherheit 150 Gertijud Tobler-Wolff: Über Synchytrium pyriformo Reinsch. zu beschreiben. Die Hängetropf en-Kulturcn gingen in der Kegel nach einigen Tagen zugrunde, ohne weitere Entwickelung zu zeigen. Man kann nur annehmen, daß die freigewordenen ZoO' sporen in die Zellen junger Blättchen einwandern und die be- schriebene Gallenbildung verursachen. Ob in einem Jahr eine oder mehrere Generationen gebildet werden, läßt sich vorläufig nicht entscheiden. Daher läßt sich auch das Si/nchytrium pyriforme systematisch noch nicht genauer unterbringen. Eine Andeutung für die Stellung gibt nur das farblose Plasma, durch das es sich den Leucochytrien anreiht. Es ist offenbar eine streng auf die Wirts- pflanze beschränkte Form. Herr Prof. CORRENS hat es trotz viel- fachen Suchens nie auf anderen dicht dabeistehenden Moosen ge- funden. Ähnlich scheinen sich andere moosbewohnende Synchytrien zu verhalten, die ich an anderer Stelle erwähnen werde. Münster i. Westf., Botan. Inst. d. Universität, 28. März 1912. Erklärnng- dor Tafel V. Abb. 1. Habitusbild. Nach Reinsch. 60:1. Abb. 2. Leere Galle im Querschnitt. 280:1. Abb. 3 und 4. Herauspräparierte Gallen mit Dauersporen. 280:1. Abb. 5. Junge Galle? Von oben gesehen. 280: 1. Abb. 6. Herauspräparierte und zerquetschte Galle. C = Chlorophyll, J = Wirtszellenplasma, D = Dauerspore. 280:1. Abb. 7. Galle mit Dauerspore in schräger Aufsicht. Nach Reinsgh. 360: 1. Abb. 8. Stück einer Galle mit Dauerspore. Kernpräparat, nach FLEMING fixiert und gefärbt. 560:1. Abb. 9. Galle mit Sporangiensorus in schräger Aufsicht. Nach Reinsch. 360 : 1. Abb 10 und 11. Galle mit Sporangiensorus. 280: 1. Abb. 12. Zwei Sporangien. 560:1. Abb. 13. Dasselbe Stadium, nach FLEMING fixiert und gefärbt. 550 : 1. Abb. 14. Älteres Sporangium. 650 : 1. Abb. 1.5. Dasselbe Stadium, nach FLEMING fixiert und gefärbt. Sitzung vom 26. April 1912. 151 Sitzung vom 26. April 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Zu ordentlichen Mitgliedern werden vorgeschlagen Herr Herter, Dr. W., Professor der Botanik am Istituto agronomico (Escola d'Eughenharia) in Porto Alegre, Rio Grande do Siü (durch A. ENGLER und I. ÜRBAN), und Frau Reinisch, Olga, in Prag II, Heinrichgasse 3 (durch Gr. v. BECK und A. Pascher). Zu ordentlichen Mitgliedern werden proklamiert die Herren Spisar, Dr. Karl, in Brunn. Seeliger, Dr. Rud., in Dahlem. Müller, Dr. Clemens, in Bonn. Brunnkow, Reinhard, in Stettin und Fräulein Schiemann, Elisabeth, in Berlin. Ber. der deutschen bot. Gesellsch XXX. 11 152 A. Pasoher: Mitteilungen. 22. A. Pascher: Eine farblose, rhizopodiale Chryso- monade. (Mit Tafel VI.) (Eingegangen am ^0. März 1912.) In einem Kulturglase mit Oedogonium fanden sich auf den Algenfäden massenhaft Epiphyten verschiedenster Stellung: Cha- maesiphon, Characium und Characiopsis, kleine Diatomeen, reichlich dick bescheidete Bakterienfäden und auch Chrysomonaden. Von letzteren allerdings nicht alle lebend, viele bereits tot und meist nur an ihren charakteristischen Gehäusen erkennbar, bes. ein Ge- häuse, das sich mit der von SOHERFFEL als Ghrijsopuxis ampullacea bezeichneten Art ziemlich deckte. Unter diesen Epiphyten war aber auch ein merkwürdiger, farbloser Organismus vorhanden, der keine Chromatophoren besaß. Sein Gehäuse saß wie ein kleiner kegelförmiger oder fast brotlaib- artiger Höcker den Odogonien an. Junge Gehäuse waren farblos oder leicht gelblich, ältere aber stark mit Eisen inkrustiert, oft so sehr, daß an der Basis die Inkrustation auch auf die benachbarten Stellen der Oecio^oniMm-Haut übergriff (Fig. 15, 17, 19), so daß dann die Er^ kennung der basalen Kontur schwer war. Die Inkrustation bildete eine deutlich abgesetzte, oft verschieden stark ausgebildete Schicht, von der sich die eigentliche Gehäusemembran scharf abhob (Eig. 14, 15). — Die Gehäusemembran färbte sich mit Gentianaviolett deut- lich, gab aber keine Cellulosereaktion. Die Gehäuse waren halbkugelig, brotlaibförmig, seltener ausge- sprochen kegelförmig, meist ungleichmäßig entwickelt, so daß die eigentliche runde Basalfläche nicht selten einseitig vorgezogen oder ganz unregelmäßig ward. In den meisten Fällen nimmt das Ge- häuse dabei die Gestalt eines schiefen Kegels an. Oben, annähernd in der Mitte, ist die relativ große Gehäusemündung; sie ist nicht gleichförmig rund, sondern ausgezackt und ausgebuchtet. Eine besondere Verfestigungseinrichtung, Fortsätze oder Aufhängefäden, kamen nicht zur Beobachtung. Eine farblose, rhizopodiale Chrysomonade. 153 Der Protoplast füllte das Grehäuse fast ganz aus; nur be- sonders starke Buckel oder die Basalkante waren manchmal frei. Eine klare Beobachtung gestatteten nur wenige ganz schwach inkru- stierte Individuen. Manchmal war ziemlich deutlich der Kern zu be- merken, ferner 2 — 3 in ihrer Lage bei den einzelnen Individuen sehr schwankende pulsierende Vakuolen, zahlreiche kleine Yerdauungs- vakuolen mit Nahrungseinschlüssen, sowie größere glänzende Ballen, die in ihren Eigenschaften dem Leukosin der Chrysomonaden ent- sprachen. Das Protoplasma war feinkörnig und zeigte nicht die mindeste Andeutung von Chromatophoren. Die Nahrungsaufnahme erfolgte mittels eines durch die Ge- häusemündung austretenden Rhi/.opodiums, das 3— 4mal länger als das Gehäuse deutliche Strömung zeigte. Es konnte einige Male deutlich beobachtet werden, wie kleine Bakterien am Rhizopodium kleben blieben, wie sie förmlich in das Randplasma einsanken, wie sich eine kleine Vakuole um sie bildete und wie sie dann vom strömenden Plasma weitergetragen dem Protoplasten im Gehäuse einverleibt wurden. Dieses llhizopod war zu allermeist unverzweigt. An der Basis des Rhizopodiums wurden aber ungemein rasch und wechselnd, zahlreiche, kurze, breitlappige Pseudopodien gebildet, die ebenfalls mit der Nahrungsaufnahme zu schaffen hatten. Die Nahrungsaufnahme war ungemein lebhaft. Über die Vermehrung konnten keine einwandfreien Beobach- tungen gemacht werden. Einmal waren in einem Gehäuse zwei durchgeteilte Protoplastenhälften nebeneinander, ein andermal wieder lag ein großer Protoplasmaballen außerhalb des Gehäuses und war nur mit einer schwachen Bi-ücke mit dem Protoplasmateile im Ge- häuse verbunden. Inwieweit Teilung, inwieweit Sprossung vorliegt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es ist beides, in Ana- logie zu ähnlichen Formen, möglich. Die Größenverhältnisse waren folgende: Gehäuse 7 — 10 /t* breit, 5 — 7 fji, hoch, lihizopodium bis 25 (x lang. Sucht man nach ähnlichen oder verwandten Formen unter den Eihizopoden, so findet man in der eigentliche Gruppe der E/hizopoden keine derart gebauten Organismen. Dagegen finden sich in einer ganz anderen Reihe von Pro- tisten gehäusetragende Formen, die mit dem eben beschriebenen Organismus . große, ja auffallende Übereinstimmung zeigen. — Es sind dies die Flagellaten und speziell die Chrysomonaden. 11* 154 A. Pascher: Di<> Tatsache, daß es bei den Chrysomonaden nicht bloß Fla- gellaten, sondern auch „Uln'zopodenfonnen" geben kann, wurde zuerst von KLEBS^) erkannt. Unabliängig voneinander wiesen SCHERFFEL^), LAUTERBORN 'J und PASUHER*) nach, daß rhizopo- diale Formen bei den Chrysomonaden viel häufiger als gewöhnlich geglaubt %vird, vorkommen. Diese rhizopodialen Formen können in mehrerlei AVertigkeib auftreten. Einzelne Chrysomonaden bilden zunächst neben der Geißel auch Pseudo- oder ßhizopodien aus; entweder nur vorübergehend wie viele Chrysomonaden, die organische Körperchon aufnehmen, oder bei der von KLEBS entdeckten Chrysamocba, oder aber auch dauernd im ontogenetischen Abschlußstadium als Apparat für die Erwerbung fester Nahrungspartikelchen, wobei die ßhizopodien oft richtige Reusenapparate bilden können. (Vergleiche die Cyrtopho- raceae Pascher, Diese Berichte Bd. XXIX.) Oder aber die Chrysomonaden reduzieren die Geißel unter gleichzeitiger Bildung der Rhizopodien, z. B. die von SCHERFFEL beobachtete Chrysamocba. Hierbei kann die Zurückverwandlung in den Flagellaten jederzeit erfolgen, die Bildung der Rhizopodien aber fakultativ sein, oder aber die Chrysomonade bildet die Geißel für das Individualleben endgültig zurück und bildet dafür im ontogenetischen Abschlußstadium das Rhizopodiensystem aus; das kann oft innerhalb einer Gattung wechseln, die eine Art die Geißel beibehalten, die andere die Geißel unter Ausbildang von Rhizo- podien reduzieren (z. ß. bei Ghrysoptjxis). Aber auch diese letzteren Formen bilden zu Zwecken der Vermehrung die Teilungsprodukte als Schwärmer aus, kehren also zum Flagellatenstadium zurück, um schließlich doch das Rhizopodienstadium auszubilden"). 1) Klebs, Flagellatenstudien, Zeitschrift für wiss. Zoologie LX. 2) SCHERFFEL, Kleiner Beitrag zur Phylogenie usw. Bot. Zeitg. 1901. Beitrag zur Kenntnis der Chrjsooionaden, Arch. f. Protistenkunde XXII, 299. 3) Lauterborn, Pseudopodien bei Crysopyxia, Zool. Anzeiger, XXXVIII, 46. 4) Pascher. Über Rhizopoden und Palmella-Stadien bei Flagellaten, Arch. für Protistenkunde, XXV, 163. .")) Ich kann mich daher nicht SCHERFFEL anschließen, wenn er unter ausschließlicher Rücksichtnahme auf die Rhizopodiei.bildung einerseits Formen, deren Zusammengehörigkeit zweifelhaft erscheint, zusammenfaßt und andere, deren Zusammengehörigkeit zweifellos ist, voneinander trennt. Die von SCHERFFEL wieder als Chrysnptjxi^ ((iiipnUa^ca zu Cln-ysopy.ris gestellte Chry- somonade hat mit Chrysopyxis nur den Besitz des Rhizopodiums gemeinsam. Eine farblose, rliizopodiale ChiysomoKade. 155 Noch ist der Fall raöglicli, daß das Flagellatenstadium völlig unterdrückt wird, daß derlei rliizopodiale Stadien auch bei der Ver- mehrung keine Schwärmer mehr bilden, sondern sich ohne den Uinweg über das Flagellatenstadium direkt im rhizopodialen Sta- dium teilen. Das scheint realisiert z. B. bei Chnjsostephanosphaera. Derlei Formen sind dann natürlich wegen ihres mangelnden Flagel- latenstadiums nur an sekundären Merkmalen (Chroraatophoren, Ex- kretkörperchen, Assimilat, Cystenbildung) als Chrysomonaden er- kennbar. Die Einordnung in das System der Chrysomonaden ist speziell bei diesen Formen, die unter Anpassung an die direkte • Aufnahme fester Körperchen völlig zu Khizopoden geworden sind, schwel'. Ich habe sie als Rhizochrysidinen zusammengefaßt und diese Gruppe im System der Chrysomonaden jener Gruppe gegen- übero-estellt, bei der das Flagellatenstadium noch erkenntlich ist^). weicht aber im Gehäuse ab ; ja wir wissen nicht einnaal, ob auch bei ihr die Vermehrung durch einwimperige Schwärmer erfolgt wie bei Chnjsnpijxis. Es scheint am besten, diese einmal zu Derepyxis, einmal zu Chrysopyxis ge- stellten unsicheren Formen überhaupt ans diesen beiden Gattungen aus- zuschalten, und da sie morphologisch einheitlich sind, für sich zusammen- zufassen. Darnach würden sich folgende zwei Differentialdiagnosen zwischen €hr>jsopijxis und den unsicheren Formen von selbst in der Weise ergeben; Chrysopyxis: Gehäuse mit zwei Schenkeln quer auf Algenfäden reitend, eine deutliche Schmal- und Breitseits ausbildend. Die beiden Schenkel durch einen ringförmigen Aufhängefaden verbunden. Gehäusemündung gestutzt, vorgezogen oder trichterig erweitert. Geißel bei der einen Art (Ch. cyathus) noch vorlianden, bei den anderen infolge Ausbildung eines Rhizopodiensystems reduziert. Vermehrung durch Teilung und Bildung einwimperiger Schwärmer. (Ch. cyathns, Ch. stenostoma, Ch. Iwanoffi, Ch. hipes und eine Reihe noch relativ wenig bekannter Formen. Layynion: Gehäuse mit breiter mehr minder kreisförmiger Basis flach auf Algenfäden sit/.end, nicht mittels zweier Schenkel querreitend, ohne Auf- faiängefaden, ohne differenzieite Schmal- und Breitseite. Gehäusemündung gestutzt, leicht oder lang röhrenförmig vorgezogen. Die bis jetzt bekannten Arten nur mit Rliizopodien; geißeltragende Formen (vielleicht stellt SCHERFFELs LepochromaUna die geißeltragende Reihe hierzu dar) unbekannt. Vermelirung nicht genügend bekannt. Teilung der Protoplasten; Schwärmer- bildung nicht btobachtet. Hierher: Lagynion Scherffdii = Chrysopyxis ampul- lucca, im Sinne SCHERFFELs (die STÜKESsche Form, in Prag wiedergefunden, ist von ihr verschieden) vielleicht auch noch Lagynion ainpuUacemii = Chryso- pyxis ampuHacea Slokes, Lagynion trianguläre ^ Chrysopyxis triangularis Stokes, Lagynion macrotrachelmn = Ctr. maerotrachela Stokes. 1) Natürlich können vorderhand in diesen Rhizochrysidinen Formen vorhanden sein, bei denen die Flagellatenstadien noch gefunden werden, diese müssen dann der „Flagellaten"-Gruppe eingereiht werden. 156 A. PASCHEß: Jedenfalls gelit ans all dem Gesagten die Tatsache hervor, daß es ßhizopodenformen gibt, deren Zusammenhang mit Flagel- laten derzeit noch sicher nachgewiesen werden kann. Unter diesen rhizopodialen Chrysomonaden gibt es nun gehäuse- tragende Gattungen, die mit dem eben beschriebenen llhizopoden ganz auffallende Übereinstimmung besitzen. Es ist dies Glirysopyxis und Lagynion, beide Gattungen im vorhin umschriebenen Sinne. Die Gattung Ghrysopyxis hat Gehäuse, die mittels zweier Quer- • schenke! quer auf Algenfäden reiten, w^obei die beiden Schenkel noch durch einen Faden verbunden sind, so daß das Gehäuse förmlich an einem Ring hängt. Das Gehäuse besitzt eine schmale Mündung, die gestutzt oder kurz röhrenförmig vorgezogen ist, oder bei einer Art in einen Mund trichter erweitert ist. Die meisten Arten besitzen ein Rhizopodiensystem, das genau wie bei unserem farblosen Organismus durch die vordere Mündung ausgestreckt wird; nur Ch. cyatlnis hat sich auch im ausgebildeten Zustande die Geißel gewahrt. Die zweite Gattung, Lagynion, hat andere Gehäuse, halbkuge- lig bis brotlaibförmig oder kegelförmig, ohne Breit- und. Schmal- seite; sie reiten nicht mittels zweier Schenkel quer, besitzen auch keinen Aufhängering, sondern sitzen mit ihrer kreisförmigen Grundfläche den Algen breit auf. Die Mündung ist ebenfalls vorne an der Spitze abgestutzt oder röhrig verlängert. Durch die Mün- dung wird ein zu allermeist unverzweigtes ßhizopodium gestreckt. Zeigt die erste Gattung Chrysopyxis nur entferntere Überein- stimmung mit unserm farblosen, rhizopodialen Organismus, so ist dafür die Übel einstimmung mit der zweiten Gattung um so größer: dieselbe Form der Gehäuse, dieselbe Form des ßhizopods. Vor allem ist es Lagynion ampullaceiim, das, abgesehen von der sekun- däien, röhrenförmig verlängerten Gehäusemündung recht ähn- lich ist^). Nun sind diese erwähnten rhizopodialen Chrysomonaden mit Chromatophoren versehen, unsere rhizopodiale Form aber farblos. Nun sind aber auch apochromatische Chrysomonaden bekannt geworden und zwar sowohl Flagellaten- wie B-hizopodenformen. 1) Es sei hier auch auf die ähnliche LcpcchromuUna Scherffel (im engeren Sinne) verwiesen (siehe Tafel VI) sowie auf die Tatsache, daß alle diese Formen ihre Gehäuse mit Eisen inkrustieren. Eine farblose, rhizopodiale Ohrysomonade. I57 SCHERFFEL hat in seiner zitierten Chrysomonadenarbeit den Nachweis erbracht, zunächst, daß einzelne gefärbte Chrysomonadengattungen in einzelnen Individuen apochromatisch sein können, ferner aber ge- zeigt, daß einzelne Arten der bis jetzt zu den farblosen Protomasti- ginen gestellten Gattungen Monas und Ochromonas nach ihrem Assi- milationsprodukt (Leukosin) wie nach ihrer charakteristischen Cystenbildung als farblos gewordene Chrysomonaden anzusprechen sind, ähnlich wie Polytoma als farblos gewordene Chlamydomadine aufzufassen ist. Solche dauernd farblos gewordenenen Chiysomo- naden sind auch Antlwphysa, und wie ich mich überzeugen konnte, auch Ce2)haIotham?iion und Deiidromonas. Ferner wurde aber von ihm auch gezeigt, daß die von ihm beobachtete rhizopodiale Chnjsamoeba (die nicht identisch zu sein scheint mit der von KLEBS beobachteten) direkt Teilungsprodukte ohne Chromatophoren entwickeln kann. Berücksichtigen wir nun alle Tatsachen: die weitgehende Ähnlichkeit der Gehäuse zwischen dem be- sprochenen farblosen Organismus und der Chrysomonaden- gattung, die Tatsache, daß die Chrysomonaden sowohl fakultativ als auch dauernd rhizopodial auftreten können, die Tatsache, daß sich sowohl unter den Flagellaten wie den rhizopodialen Formen der Chrysomonaden apochro- matische Typen finden, ferner den Umstand, daß unser farbloser, rhizopodialer Orga- nismus Leukosin produziei't, wie die anderen apochroma- tischen und euchromatischen Chrysomonaden, so scheint es höchstwahrscheinlich zu sein, daß der be- schriebene Organismus eine apochromatisch gewordene, rhizopodiale Chysomonade vom Typus Lagijnion ist, mit welcher Gattung er so große Übereinstimmung zeigt, daß mich nur die mangelnde Kennt- nis der Entwicklungsgeschichte hindert, ihn als eine farblose Art zu Lagynion zu stellen. Deshalb bezeichne ich diesen Organismus vorderhand als Hetcrolagynion mit der Art Heterolagynion Oedogonii. Für das ganze Rhizopodenproblem ist aber das Ganze noch insofern von Bedeutung, als damit wieder ein neuer Beweis er- bracht erscheint für die enge Beziehung der Bhizopoden und Fla- gellaten und für die abgeleitete Stellung vieler, vielleicht aller 158 •^- PascHKR: Eine farblose, rhizopodiale Chrysomonade. heutigen ßhizopoden. Und diese Beziehungen sprechen immer mehr dafür, daß „rhizopodiale Form" allein gar kein Charakteristikum für „primitive Organisation" zu sein braucht, sondern daß die „rhizopidiale Form" zunächst nur den morphologischen Ausdruck einer zumeist erst sekundären Anpassung an eine bestimmte Er- nährungsweise darstellt. Prag, Ende Februar 1912. Erkiarnn^ der Tafel VI. Fig. I — 7, 7 — 19. Hdcrolagynion Oedogonii. Fig. 5. Lagynion Scherffeli. Fig. 6. LcpochromuUna bursa (nach SCHERKFEL). Fig. 1 — i. Alte Individuen mit stark inkrustierten Gehäusen. Fig. 7, 9, 10, 16. Verschiedene Gehäuseformen von der Seite gesehen. Fig. 2, 3, 13. Verschiedene Gehäuse von oben gesehen. Fig. 8, 18. Optische Längsschnitte durch den Protoplasten (kombiniert, K = Kern, P = kontraktile Vakuolen, JS = Nahrungsvakuolen. L = Leukosin- balleii. Fig. 11. Vorderer Teil mit den kleinen Pseudopodien. Fig. 12. Stück des Rhizopods mit zwei aufgenommeoen Körperchen. Fig. 14, 15. Optische Schnitte aus dem Gehäuse mit deutlich differenzierter Wand und aufgelagerter Inkrustation. Fig. 17, 19. Optische Längsschnitte durch stark inkrustierte Gehäuse. V e r 2 r ö ß e r u n o- : Fig. 1—4 7, 9, 10, 13, 16 : 1200 mal. Fig. 8, 17-1!) : 2m.l 1500. Fig. 11, 14, 15 : 2mal 1750. Fig. 12 : 2 mal 1950. F. HOLLENDONNER: Über die histologische Unterscheidung des usw. 159 23. F. Hollendonner: Über die histologische Unter- scheidung des Holzes von Biota ori^ntalis Endl. und Thuja occidenta is L. (Mit Tafel VII.) (Eingegangen am 3. April 1912.) Das Holz von B'iota orientalis und Thuja occidentaUs stimmt in den zur Unterscheidung dienenden Eigenschaften miteinander so sehr überein, daß es nach den Daten der meisten xylotomischen Arbeiten von einander gar nicht zu uutersclieiden sei, und so fand darin die Ansicht eine Stütze, wona.c\i Biota mit dem Speziesnamen Orientalis dem Genus Thuja eingereiht wurde. Es ist aber richtiger, die beiden Alten in besondere Genera einzureihen, da sich nicht nur in ihren morphologischen Merkmalen Unterschiede vorfinden, sondern auch ihr Holz derartige innere und äußere histologische Kennzeichen aufweist, welche zur Unterscheidung beider Arten führen. Schon ein oberflächlicher Vergleich zeigt, daß das Holz von Thuja weicher, leichter ist, mit einem Lufttrockengewicht von 0,32, und daß das Kernholz in einem 40jährigen Stamme den Vs-Teil des B-adius ausmacht. Das Holz von Biota ist dagegen dichter, härter mit dem Lufttrockengewichte 0,63; das Kernholz eines 26jährigen Stammes beträgt Y» ^^^s E-adius In ihren histologischen Merkmalen stimmen sie miteinander insofern überein, als ihre Tracheidenwände glatt sind, abgesehen von den im „Rotholz" oder „Druckholz" vorkommenden spiral- gestreiften engen Tracheiden. An ihren Uadialwänden sind gewöhnlich einzelne, selten paarweise Hoftüpfel, deren Dimensionen mit der Tracheidenbreite proportional sind. Hoftüpfel finden sich auch noch an den engen Tracheiden in der Nähe der G'-enze der Jahres- ringe vor. Strangparenchymreihen finden wir hauptsächlich in der Region der engen Tracheiden. Die Markstrahlen sind einschichtig und werden nur stellenweise doppelreihig (Taf.VH, Fig. 2 u. 6); sie be- stehen durchaus aus Parenchymzellen, deren Wände besonders an den Stellen der in der radialen Wand befindlichen Tüpfel durch Ruthoniumrot intensiv gefärbt werden. Die horizontale Wand ist dick, mit wenigen Tüpfeln; die tangentiale Wand ist dünn ohne 160 F. Hollendonner: Tüpfel, oder es sind kleine Knoten daran. Meistens ist die Wand geschweift, die konvexe Fläche gegen das Kambium gewendet. Rechts und links von der Stelle, wo die horizontale und die tangentiale Wand sich treffen, ist entweder auf beiden Seiten, oder nur auf der einen, eine kleine Vertiefung. Die Höhe der Mark- strahlen, in Zellenreihen ausgedrückt, ist veränderlich je nach dem Alter, ja sogar nach den Individuen und daher als diagnostisches Merkmal nicht zu verwerten. Ebendarum können wir nur im all- gemeinen behaupten, daß sich Thuja bezüglich der auf 1 qmm tangentialer Oberfläche befindlichen Markstrahlen und Markstrahl- zellen den Abietineen anschließt, da die Zahl der Markstrahlen und Markstrahlzellen bei den übrigen Cupressineen eine be- deutendere ist und manchmal sogar das Doppelte ausmacht von der Zahl bei den Abietineen, In dieser Hinsicht verhält sich Thuja zu Biota wie 2 : 3 oder 2 : 3,5; es ist aber notwendig, identische Teile zu vergleichen, da sich dieses Verhältnis, wie aus folgender Tabelle hervorgeht, ändert, je nachdem sich die Zahlen auf die Äste oder auf den Stamm beziehen. Die Zahl der Markstrahlzellen per qmm im Tangentialschaitt Die Zahl der Markstrahlen per qmm im Tangential- schnitt Tliuja occid. Biota Orient. Thuja occid. Biota Orient. Essner ') 195-270 230 270-410 250—820 350 280 54—86 93—147 WILHELIL 2) 220 6—19! 121 Wiesner ^) 160 Äste: 140-190 160 220- 390 382 fO-90 79 120—240 162 Verfasser Stamm: 160—255 19i 310- 450 350 45—85 56 75—120 99 Die sehr abweichenden Besuitate WiLUELMs, welche sich auf Thuja beziehen, sind, wie aus vielfach wiederholten Versuchen hervorgeht, unrichtig; Nach seinen Angaben sollen die Mark- strahlen im Durchschnitt 220:12 = 18 Zellenreihen hoch sein; solche Markstrahlen hat weder ESSNER, noch ich beobachtet. Ebenso unrichtig sind auch die ani Juniperus communis bezüglichen 1) Über d. diagnost. Wert d. Anzahl u. Höhe d. Markstrahlcn b. d. Koniferen, Halle 1882. 2) Iq Wiesneb, Rohstoffe d. Pflanzenreichs, IL Aufl., II. Bd., S. 165. 3) „ „ . „ .. ,1. Aufl. S. 628. über die histologische Unterscheidung des Holzes von Biota usw. Ißl Werte; nach WILHELM sind '20, nach ESSNER 103 — 143, nach meinen Beobachtungen im Stamme 45—120, durchschnittlich 72, im Aste 135 — 195, durchschnittlich 168 Markstrahlen auf 1 qmm tangentialer Schnittfläche. Da nach WILHELM auf einem Quadrat- raillimeter tangentialer Schnittfläche 300 Markstrahlzellen sein sollen, müßte die Durchschnittshöhe der Markstrahlen 300 : 20 = 15 Zellreihen betragen, während WILHELM selbst sagt^), daß diese Zahl meistens zwischen 2—10 variert, so daß die Werte EsSXERs (1—6) wie auch die von mir beobachteten und berechneten Mittel- werte (im Ast 1 — 4, im Stamm 1 — 9) innerhalb dieser Grenzen liegen. Von den nicht aus der Zahl sondern aus den Dimensionen der Holzelemente berechneten Werten benützte KLEEBERG-) die Höhe der Markstrahlzellen als diagnostisches Merkmal; es stellt© sich aber aus den von ESSNER und BURGERSTEIN^), wie auch aus den von mir ausgeführten Messungen heraus, daß die Zellen- höhe für sich allein kein genügendes diagnostisches Merkmal sein kann, weil deren Werte sich einander nähern, schwanken und in- einander übergehen. Da aber im Tangentialschnitt von Biota der Querschnitt der mittleren Zellen der Markstrahlen ein Kreis, der von Thuja eine Ellipse ist (Taf. YII, Fig. 1, 2), existiert nicht nur in den Höhendimensionen, sondern auch in dem Verhältnisse der Länge zur Breite ein Unterschied. Auf Grundlage vieler Messungen und nach den Literatur-Angaben verhält sich die Breite der mittleren Markstrahlzellen zu ihrer Höhe wie 1 : 1,5 bei Biota; bei Thuja dagegen wie 1:2,9 ca. 1:3; und dieses Verhältnis ist konstant, da sich die Dimensionen proportioneil verändern. Außer den morphologischen Unterschieden der mittleren Markstrahlzellen fand ich auch noch einen anderen histologischen Unterschied, nämlich in der Tüpfelung der liadialwand; während bei Biota der Perus auch m der Zone der breitlumigen Tracheiden sehr klein (1,4 — 2X3 — 5//-) und ringsherum der Hof gut zu unter- scheiden ist, ist bei Thuja der Perus in der Zone der breiten Tracheiden breit (4 — 6 /*) und weil der Durchmesser des Hofes- beiläufig ebenso groß (6 — 8 /it) ist wie bei Biota, so ist bei Thuja der Hof um den Perus entweder überhaupt nicht oder höchstens im Winkel des augenlidförmigen Perus zu sehen (Taf. VII, Fig. 3, 4). 1) 1. c. S. 162. 2) Markstrahlen d. Coniferen, Bot. Zeitung 18S5, S. 712. 3) Bestimmungstabelle d. Koniferen-Gattungen nach xylotomischeu Merkmalen in WiESNERs Festschrift, 162 F. HOLLENDONNEß: Über die histologisclie Unterscheidung des usw. Es gibt außerdem noch einen Unterschied in den zwischen Markstrahlzellen nnd Längstracheiden auftretenden Interzellular- räuraen, welche im Tangentialschnitte bei Thuja dreieckig sind (Taf. VII, Fig. 1), bei Biota aber gehen manchmal aus dem Inter- zellularraum zwei gabelartig verlaufende Kanälchen gegen den Hohl- raum der übereinander stehenden parenchymatischen Markstrahl- zellen und erstrecken sich, die mächtige sekundäre Lamelle der horizontalen Wand durchbrechend bis zur tertiären Lamelle (Fig. 3). An Stellen, wo die Markstrahlen zweischichtig werden (Taf. VII, Fig. 5). sind diese Kanälchen zwischen den nebeneinander oder übereinander stehenden Parenchymzellen einem 3 4strahligen Sterne ähnlich. Die Kanälchen sind im stark ausgetrockneten Holze und in den äußeren Jahrringen älterer Stämme, wo die Markstrahlen schon mehr Zellen hoch sind, sehr auffallend. Dio innere Wand dieser Kanälchen wird durch Rutheniumrot gefärbt. Im Querschnitt sind die Interzellularräume dreieckig, im Radial- schnitt dagegen sind die Durchschnitte der Kanälchen an der Durchkreuzung der Tracheiden und der horizontalen Marktstrahlen- wände sichtbar und zwar als zwei mit der Basis gegenübergestellte fast gleichzeitig dr-eieckige Räume, die in einem geraeinsamen rhombusförmigen Raum münden. Je nach der Stelle des Durch- schnittes bekommen wir also entweder zwei mit der Basis gegen- einander gestellte, fast gleichzeitige Dreiecke oder nur einen ge meinsamen Interzellularraum, welcher sich längs der Primärlamellen oft so sehr ausdehnt, daß die benachbarten Interzellularräume in- einander übergehen (Taf. VII, Fig. 6). In den in Chlorzinkjod oder Nelkenöl aufbewahrten Radialschnitten sind die Interzellulari äume, zumal wenn sie Luft enthalten, besonders scharf zu sehen. Budapest, April 1912. Botanisches Institut des königl. ungar. Josephs-Polytechnikums. Erklärung der Tafel VII. Vergrößerung: 300, nur bei Fig. 2:830. 1. Tltujd cccidentaltH, ein- und zweischichtige Markstrahlen und Längsparerschym, im Taugentialschnitt. 2 Bi'da orientalis, Markstrahl im Taugentialschnitt. äter mitgeteilt werden. Hier sei nur eine Vorarbeit zur Klärr.ng der ßolle des osmotischen Drucks bei der Wasserbewegung be- handelt. Diese notwendige Voruntersuchung betrifft die Ermittelung des osmotischen Druckes derjenigen Zellen, die mit der Wasser- leitungsbahn in Verbindung stehen; es soll m. a. W. festgestellt werden, ob Gesetzmäßigkeiten in der Verteilung des osmotischen Druckes vorhanden sind, die zur Wasserbewegung Beziehung haben können. Diese Frage ist von früheren Forschern nur eben gestreift worden. So hatte EWART gelegentlich (1906) untersucht, ob die Zellsaftkonzentration in den Blättern eines und desselben Baumes von den unteren nach den oberen Regionen hin zunimmt. Nach- dem er zuerst ein entsprechendes Verhalten nachgewiesen zu haben glaubte (1906, S. 77), fand er später, daß die vermeintlichen Niveau- unterschiede nur von Verschiedenheiten im Alter und in der Größe der Blätter herrührten. (1907, S. 391.) Diese letzte Angabe dürfte jetzt wohl außer Zweifel stehen, da auch DlXON(19lO) später gefunden hat, daß die Differenzen in den osmotischen Werten der Blattzellen eines Baumes von der Höhe des Blattansatzes unabhängig sind. Da nun aber die Widerstände in den verschiedenen Teilen der Leitungsbahneu und ferner die Transpirationsbedingungen der einzelnen Blätter sehr ungleich sein können, brauchen die festge- stellten Unregelmäßigkeiten in den osmotischen Werten der Blatt- zellen nicht gegen eine Mitwirkung der Zellsaftkonzentration bei der Wasserbewegung zu sprechen. Eine andere Frage von mindestens gleich großer Bedeutung wie die der Zellsaftkouzentration in Blättern verschiedenen Niveaus ist die nach den Beziehungen zwischen dem osmotischenDruckin den Wurzeln und in den Blattzellen. Wenn zwischen den osmotischen Systemen der absorbierenden und der transpirierenden Gewebe ein Gefälle vor- handen ist, ließe sich, wie das z. B. NATHANSOHN (1910) getan hat, die Saugwirkung der Sprosse mit den osmotischen Kräften der Blattgewebe in Verbindung bringen. In der Literatur findet sich über diesen Punkt nur eine Beobachtung (DlXON 1910), die übrigens Nathansohn noch nicht bekannt war. DiXON hat Blätter und Wurzeln von Syringa vidyaris mittels einer besonderen thermoelek- trischen Methode der Gefrierpunktserniedrigung untersucht und bei den Blättern Werte gefunden, die zwischen 11,6 und 26,9 Atmo- sphären schwanken, w^ährend sich die Wurzelwerte zwischen 4,3 und 5,9 Atmosphären bewegen. Weniger groß sind die Unter- schiede bei Eucalyptus glohuJus: ausgewachsene Blätter 6,1 — 8,1^ die Wurzeln 5,3 Atmosphären. Es scheint aber, daß die von DiXON untersuchten Wurzeln und Blätter nicht von demselben 196 E. H ANNIG: Baume stammten, jedenfalls waren sie nicht zu gleicher Zeit unter- sucht worden, es kann somit, abgesehen von der zu geringen Aus- dehnung der Untersuchungen, kein allgemeiner Schluß aus seinen Beobachtungen gezogen werden. FlTTING (1911, S. 223) stellte die Ergebnisse überhaupt in Zweifel, weil die Untersuchungsmethode nicht einwandfrei sei, und sprach sich im Gegensatz zu DiXON dahin aus, daß der Druck in den ausgewachsenen Blättern und in den Wurzeln gleich sein müsse oder daß der osmotische Druck in den Wurzeln höchstens höher sein könne wie in den Blättern, weil sonst die Wurzeln ihr Wasser an die oberirdischen Teile abgeben lind verwelken müßten. Die Angaben von STANGE, auf welche riTTING sich z. T. stützt, sprechen übrigens nicht unbedingt zu Gunsten dieser Ansicht. Denn daraus, daß Stengel und Wurzeln den gleichen osmotischen Druck zeigen, folgt noch nicht, daß auch die Blätter, die STANGE nicht untersucht hat, die gleiche Zellsaft- konzentration aufweisen wie die Stengel. Die angeführten Unklarheiten lassen eine vergleichende Unter- suchung des osmotischen Druckes in der Wurzel und in den Blättern als notwendig erscheinen, Methode. Der osmotische Druck wurde mittels der plasmoly- tischen Methode (mit KNOg-Lösungen) geprüft. Da es vorläufig darauf ankam, die Untersuchung auf möglichst viele Objekte auszudehnen, wurden die KNO^ -Lösungen nur in Konzentrationsstufen verwendet, die um 0,05 Mol. auseinander lagen — abgesehen von den ersten orientierenden Versuchen, bei denen die Unterschiede 0,1 Mol. betrugen. In diesen Lösungen blieben die Schnitte 15 bis 30 Min. Nach etwa dreimaliger Benützung wurde die Plasmolyseflüssigkeit stets erneuert. Als plasmolysiert galt ein Präparat, wenn die große Mehrzahl der Zellen beginnende Plasmolyse zeigte. Die Epidermiszellen der Blätter ließen sich im allgemeinen leicht anFlächen- schnitten in Aufsicht untersuchen, nur wenn Haare oder Wachs- überzug vorhanden waren, war die Feststellung schwieriger und mußte evtl. nach Umdrehung des Schnittes vorgenommen werden. Bei den Blättern wurden Flächenschnitte der Blattunterseite, aus Partien zwischen dem Adernetz, untersucht, bei den Wurzeln waren Längsschnitte am vorteilhaftesten. Letztere wurden Wurzel- fasern entnommen, die, mit Erde ihres Standortes bedeckt, in einem geschlossenen Gefäß in das Arbeitszimmer gebracht und schnell mit Leitungswasser bzw. 0,1 Mol. KN03-Lösung abgespült worden waren. Zur Feststellung der Plasmolyse dienten im allgemeinen die größeren stärkefreien Parenchymzellen der ßinde. Die Wurzel- haare sowie die übrigen stärkereichen und kleinen Parenchymzellen Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Drucks usw. ]97 eignen sich weniger, differieren aber, wie gelegentliche Kontrollen zeigten, bezüglich ihres osmotischen Druckes nicht wesentlich von den großen ßindenzellen. Im allgemeinen wurden die Pflanzen zwischen 7 und 8 Uhr morgens (im Spätherbst zwischen 8 und 9 Uhr vorm.) ausgegraben und dann gleich untersucht. Die Morgenstunden wurden deshalb gewählt, weil die äußeren Bedingungen, unter denen die Pflanze des Nachts arbeitet, gleichmäßiger sind wie am Tage. DlXON hat z. B. gefunden, daß bei bedecktem Himmel der osmotische Druck bis zu ^/j kleiner sein kann wie bei Sonnenschein. (DiXON 1910.) Schließlich ist noch zu bemerken, daß die in den ersten Tabellen angeführten Beobachtungen nicht überall normalen Yer- hältnissen entsprechen. Ein Teil der Untersuchungen fiel in die Monate Juli und August 1911, die sich durch außergewöhnliche Trockenheit und Hitze auszeichneten. Die Mehrzahl der Versuchs- Pflanzen stammt also aus einem Boden, der wochenlang entweder gar nicht oder nur spärlich mit einer Schleuderspritze bewässert worden war. Die Wirkung dieser trockenen Witterung ist aber doch nicht so groß, wie man sich wohl im allgemeinen vorstellt, denn auch an gar nicht bewässerten Stellen war der Erdboden nach wochenlanger Trockenheit in einer Tiefe von 30 bis 40 cm noch verhältnismäßig feucht und bei größeren Tiefen in einem mit grobem Kies untermischten Lehmboden noch ganz naß. Besonders interessante Verhältnisse ergaben sich beim Ausgraben der Wurzeln von Convolvuhis arvensis. Die Wurzeln dieses Pflänzchens zogen sich wie gleichmäßig dicke Schnüre von 2 bis 4 mm Durch- messer, fast unverzweigt, senkrecht abwärts bis zu der für ein so unscheinbares Gewächs ganz enormen Tiefe von 2 bis 2,30 m. Da in diesen Tiefen wohl auch an den trockensten Standorten unserer Zonen der Boden stets reichlich wasserhaltig ist, läßt es sich be- greifen, daß die Gonvolvulus-^o^QttQn. sich trotz ihrer zarten Blätter auch auf den heißesten Kiesstellen frisch erhalten. Die Fähigkeit, durch Ausbildung besonders langer Wurzeln in wasserreiche Tiefen hinabzusteigen, hat VOLKEXS (1887), wohl kaum mit Recht, der „überwiegenden Zahl" aller Wüstenstauden und -sträucher zuge- schrieben. CaNNOX (1911) hat indessen die Wurzeln einiger Sträucher bis zu 2 m und die eines Baumes (Prosopis velutina) sogar bis zu dem 8 m tiefen Grundwasser hinabsteigen sehen. Bei so zarten Pflänzchen wie Convolvulus arvensis ist aber ein so tiefes Einwurzeln — zumal in unserem feuchten Klima — bisher nicht bekannt. Convolvulus arvensis und nahestehende Arten kommen 198 !•:. HaNNIG: nun aucli in der Wüste z. B. in der algerischen Sahara vor; es wäre interessant, festzustellen, ob die Wurzeln dort in ebenso große oder vielleicht noch giüßere Tiefen hinabsteigen wie bei uns. Übrigens hat der Versuch, die Wurzelspitzcn einer Convolvidus und die Bliitter derselben Pflanze gleichzeitig plasmolytisch zu prüfen, wochenlange — freilich oft unterbrochene — Arbeit ge- kostet, da die spröden Wurzeln, auch bei dem sorgfältigsten Frei- präparieren aus dem Kiesboden, durch Abrutschen einer Wand- partie oder auch nur durch das spontane Ausbrechen irgend eines Kieselsteines häufig zerreißen und somit die Arbeit wieder von vorne angefangen werden muß. Bei dieser Sachlage ist klar, daß derartige Arbeiten in der Wüste in größerem Maßstabe nur unter besonderen Umständen möglich wären. Es so'.len nun die Beobachtungen in Tabellenform angeführt werden, gruppiert nach Gesichtspunkten, die sich aus dem Problem der Wasserbewegung ergeben. Als Grenzkonzentration ist stets diejenige Lösung angegeben (in — -^ Mol KNO3), bei der noch Plas- molyse auftrat. Bei gleichen Zahlen ist ein + zu einer der Zahlen hinzugefügt, w^enn die Plasmolyse hier wesentlich stärker war als in dem anderen Organ. Tabelle I. Mesophytische Kräuter und Stauden. Lfde. Nr. Pflanzennamen Datum Stunde Wur- zel Blatt- unter- seite Be- merkungen Proto- koll- Nr. 3 4 0 6 7 8 9 lU 11 12 13 14 15 16 17 Tradesca ntia discolor Fagopijrum cficulciitum Impa I iois ha Isa ni Ina Basclla rubra Ulhicus tuherosus GalanthH.s n/valis Ccnfaurca Cijanus Liliuni iigrimun Lilium umhiilutum All! Ulli porruni Plantayo media Tagetes erecta Beilis perennis Plantago lanceolata Mentha piperita Calendula officinalin Atriplex hortensis VII. 1 1 31. V. 11 27. VI. 11 l'J. VI. 11 12. VI. U 27. VI 11 8 VII. 11 19. VC. 11 20. VI n 19. VI. 11 13. VII. 11 15 VI. 11 14. VII. 11 9. XI. 11 9. VI. 11 10. VI. 11 8. VII. 11 7'/,a. 15 15 8 „ 16 25 7'/. •■ 15 30 7'/ 2 •• 20 25 7 .. 20 25 7'/-. ■• 25+ 25 7'/-. •• 25 + 25 7 ., 25 30 7 „ 25 35 7 „ 25 40 7'/2 „ 25 50 7 „ 30 40 7'^ .. 30 45 8^12 ;' 30 50 6'/2P. 35 40 6'/2 „ 35 46 7'/2a. 35 45 Zinkkasten im Gewächs- haus System im Bot. Garten Kiesweg System Kiesweg Wiese System 46 37 23 13 38 48 24 27 26 52 17 53 74 1 10 50 Ergebnis. Der osmotische Druck ist allgemeinen höher als in den Wurzeln; er in den Blättern im schwankt bei den Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Drucks usw. 199 Wurzeln zwischen 0,15 und 0,35 Mol., d. h. ungefähr zwischen 6 und 14 Atm., während er bei den Blättern zwischen 0,15 und 0,50 Mol., d. h. zwischen 6 und 20 Atm. liegt. Der Unterschied zwischen den Werten für die Wurzeln und die Blätter einer Pflanze beträgt in der Mehrzahl der Fälle 0,05 bis 0,1 Mol., d. h. 2 bis 4 Atm. Er kann aber, und das ist bei diesen niedrigen krautigen Pflanzen überraschend, auf 0,2 und 0,25 Mol., also 8 bis 10 Atm., ansteigen. Auf der anderen Seite kommen Fälle vor, in denen der Druck in Wurzeln und Blättern gleich groß zu sein scheint (vgl. Nr. 1, 6 u. 7). In Wirklichkeit war aber in diesen Bei- spielen bei der angewendeten Konzentrationsstufe der Salpeter- lösung die Plasmoh'se in den Wurzeln stärker wie in den Blättern, so daß bei engerer Abstufung als 0,05 Mol. der Unterschied auch zahlenmäßig zum Ausdruck gekommen wäre. Nur Tradescantia discoJor scheint eine Ausnahme zu machen und in Blättern und Wurzeln gleich großen Druck zu haben Es war nun zunächst interessant, zu erfahren, ob diese Ver- hältnisse auch bei Pflanzen wiederkehren, die dauernd in wasser- durchtränktem, sumpfigem Boden wachsen. Tabelle II. Helophyten (Freiland). Lfde. Nr. Pflanzennamen Datum Stunde Wur- zel Blatt- unter- seite Be- merkungen Proto- koll- Nr. 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 Ber Menyanthes trifoh'nta Sparganhuii ramosum Pontcderia eordata Zizania palustris Saururus cernuns Alisma plantacjo Hippuris vulgaris 30. VI. 11 80. VT. 11 23. VI. 11 27. VI. 11 22. VI. 11 22. VI. 11 1. VII. 11 8«/2 15 30 "V. 20 25 7 20 25 7'/. 20 30 8 20 35 7'/. 20 40 'V2 25 30 Schlamm- boden Schlamm- hoden mit Wasser über- schichtet 40 42 33 34 36 31 44 Helophyten (Gewächshaus). Ceratopteris thalic- troides Acrostichum aureunt Limnohiutn Spar- ganium LimnopJmda Jwtero - phylla Pontederia crassipcs 24. XI. 11 Xyniphaea dentata 25. XI. 11 Victoria regia 27. XI. 1 1 Saccharum officinarum 28. XL 11 der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 29 XI. 11 20. XL 11 26. XL 11 2LXI.11 8V2 10 20 8V2 8Va 10 10 30 20 8«/. 15+ 15 8V3 8V2 8'/2 8V2 15 15 15 20 20 20 20 45 Topf mit 111 Schlamm im Wasser »? 108 Schlamm 102 Topf mit 99 Schlamm im Wasser )) 100 » 101 » 104 .. 109 14 200 K. Hannig: Ergebnis. Die Sumi»f pflanzen verhalten sich ol3enso wie die Landpflanzen. Auch hier sind die AVerte für die Drucke in den Wurzeln sehr verschieden — zwischen 0.10 und 0,25 Mol. (6 und 10 Atm.) — , und ebenso schwanken die Differenzen zwischen Wurzel- und Blattdrucken zwischen 0,05 und 2,0 Mol. (2 und 8 Atm.). Außergewöhnlich niedrig- ist der Wurzeldruck bei Nr. 25—27. Auch schwimmende Wasserpflanzen, deren Wurzeln frei im Wasser hängen, stimmen mit den Landpflanzen überein: Tabelle III. Schwimmende Wasserpflanzen. Lfde. Xr. Pflanzen namen Datum Stunde Wur- zel Blatt- unter- seite Be- merkungen Proto- koll- Nr. 33 34 Trianaea hogotmsis Pistia stratiotcs 27.XI.11 26.VI.11 8V2 8V2 10 16 15 20 Wassertemp. 25— 30 0 C 1) 107 103 Man hätte erwarten können, daß bei ganz untergetauchten Wasserpflanzen, bei denen kein Transpirationsstrom existiert, auch der ausgesprochene Unterschied zwischen dem osmotischen Druck in Wurzeln und Blättern fehle. Das ist aber keineswegs der Fall: Tabelle lY. Untergetauchte Wasserpflanzen. Lfde Nr. Pflanzennamen Datum •Stunde Wur- zel Blatt- unter- seite Be- merkungen Proto- koll- Nr. 35 36 37 38 Elodca canadcnsis Cabomba aquatica ValUsnerla spirallx Isoctc-s Tuckermann i 29. XI. 11 6. XII. 11 6.XIL11 6. XII. 11 8V2 8V', 8\/: 15 15 20 20 25 20 20 25 Wassertemp. n 112 115 114 113 Der größte Unterschied zwischen Blatt und Wurzel ist hier wieder 0,1 Mol (4 Atm.), während der Zellsaft in den Blättern von Tallisneria um weniger als 0,5 Mol größer ist wie in den Wurzeln. Nachdem für die Hygrophyten bezüglich der osmotischen Verhältnisse Übereinstimmung mit den Mesophyten gefunden war, erschien es wahrscheinlich, daß dasselbe für die Xerophyten gelten werde : Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Drucks usw. 201 42 48 44 45 46 47 48 49 Tabelle V. Xerophyten (Freilandpflanzen). Lfde. Nr. Pflanzennamen Datum Stunde Wur- zel Blatt- unter- seite n Proto- ße- 1 koll- merkungen >t 39 40 41 Sempervivum tectorum Opuntia Raffinesquiana Portulacca oleracea 1. VII. 11 1. VII. 11 10. VI. 11 7^2 6^2 15 + 25 25 15 35 30 auf lockerer Erde im Freien über- winternd » 43 45 11 Xerophyten (Topfpflanzen; Gewächshaus). Sempervivum urbieum Cra SS ula a rhorescei is Phyllocactus Äcker- iiianni Mesembryanth. cu trat. Aloe mitraeforinis Cyclamen ruropacum Acacia microbotrya Acacia Dietrichiana 10. XII. 11 8'/. 15 15 10. XII 11 8'/., 10 20 8. XII. 1 1 SVo 20 25 8. XII. 11 10. XII. 11 8V2 20 20 30 40 21. XI. 11 15. XI. 11 8V2 20 30 45 40 15. XI. 11 8V2 35 40 1 Höhe 72 cm, Gipfelblätter Höhe 75 cm. Gipfelblätter Höhe .50 cm, Gipfelblätter Höhe 1,45 m Gipfelblätter Höhe 1,50 m Gipfelblätter 121 120 118 117 119 91 85 84 Die größte Schwierigkeit bietet praktisch die Untersuchung der Sträucher und Bäume. Beobachtungen im Freien habe ich hierüber bisher nicht angestellt. Um aber vorläufig wenigstens einigermaßen einen Einblick in dies Gebiet zu gewinnen, wurden Gewächshauspflanzen herangezogen, die in Töpfen oder Kübeln wuchsen. Ein Teil dieses Pflanzenmaterials hatte wenigstens den Sommer über im Freien gestanden und war erst kurze Zeit vor der Untersuchung in die Gewächshäuser zurücktransportiert worden. Die Belichtung der Krone w^ar also hier nicht allzusehr von den natür- lichen Bedingungen abweichend gewesen. Dagegen kann das AVurzel- system nicht als normal betrachtet werden, da es gezwungen ist, sich ohne Tiefenentfaltung auf engem Raum zu entwickeln. Ob durch diese besonderen Umstände wesentliche Unterschiede gegen- über den im Freien wachsenden Bäumen bedingt sind, läßt sich nicht ohne w^eiteres sagen, es ist aber, zumal nach der Über- einstimmung mit den von DiXON untersuchten Freilandpflanzen (s. S. 2) nicht wahrscheinlich. Jedenfalls gilt auch für die Topf- pflanzen die bisher gefundene Gesetzmäßigkeit, wie folgende Zahlen zeigen: 14* 202 E. HanniG: Tabelle VI. Sträucher oder Bäume, Haus(Topf)pfIanzen. LMo. Nr. Pflanzennamen Datum Stunde Wur Blatt- Be- , unter- zel Seite merkungen Proto- koll- Xr. 50 51 52 53 54 ÖD 56 57 58 69 60 61 62 SparvHinnia africana Fuchsin triplii/Ud (Rubin) Fuchsia fulgens Olra fragrans Fuchsia triphylla (Henkel) Euycnia apicuJata Gcnista canariensis Astrapaea moUissima Acacia lophantha Cnnimhfum populneum Clianthus puniceus Nicotiana tomentosa Echiiun fastuosum Fatsia japonica Mespilus Japonicus 13. XII. 11 19. XI. n 21. XL 11 13. XII. 11 14. XI 11 14.XII.ll 13. XI. n 14.XII.1] 20. XI. 1 1 l'J.XI. 11 13. XI. 11 21. XI. 11 22. XI. 11 13. XII. n 13. XII. 11 «'.'2 15 20 j 8V2 15 20 8V2 15 25 8V2 20 30 8V2 20 25 8V2 20 40 8V2 20 45 8^2 20 56 S\', 20 40 8\'2 25 30 81/, 25 40 9 25 40 1 8V2 25 40 8\2 25 40 8V2 85 45 i Höhe 3 m Gipfelblätter I Höhe 0,80 m Gipfelblätter Höhe 0,70 m Gipfelblätter Höhe 4,20 m Gipfelblätter Höhe 0,80 m Gipfelblätter Höhe 6,00 m Gipfelblätter Höhe 1,20 m Gipfelblätter HöhelO-50m Gipfelblätter Höhe 1,60 m Gipfelblätter Höhe 0,70 m Gipfelblätter Höhe 0,60 m Gipfelblätter Höhe 2,00 m Gipfelblätter Höhe 3,50 m Gipfelblätter Höhe 4,50 m Giptelblätter Höhe . 3,20 m j Gipfelblätter 126 87 93 125 80 126 7& 127 8^ 88 77 94 Ü5 123 124 Es haben nun weiter vergleichende Untersuchungen, die hier nicht im einzelnen angeführt werden sollen, ergeben, daß das osmo- tische Gefälle für ein und dieselbe Pflanze sowohl in nassem wie in trocknem Boden und ferner zu jeder Tages- und Nachtzeit vor- handen ist. Da nun bis jetzt eine ziemlich große Zahl verschieden- artiger Pflanzen (ca. 150) unter verschiedenen Bedingungen stets mit demselben Ergebnis untersucht worden ist, ist es wahrschein- lich, daß dies Ergebnis eine allgemeine Gesetzmäßigkeit darstellt. Wir können somit den Satz aussprechen, daß im allgemeinen der osmotische Druck in den Wu rzelgeweben geringer ist wie in den Blattzellen. Es würde jedoch keinen Zweck haben, die Bedeutung dieser Tatsache für die Theorie der Wasserbewegung zu erörtern. Auf keinen Fall darf die hier aufgefundene Regel von der Existenz eines osmotischen Gefälles zu der Ansicht verleiten, daß damit die wasserbewegende Kraft, etwa im Sinne der von NATHANSOHN. Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Drucks usw. 203 gegebenen Darstellung, nachgewiesen wäre. Für diese Auf- fassung spricht allerdings, in Hinsicht auf die angeführten Befunde, die Angabe von RENNER, daß die in den Sprossen auftretenden Saugkräfte ungefähr dem osmotischen Druck in den Blattzellen gleichkommen, und ferner die Beobachtung desselben Autors, daß beim "Welken der Blätter, wobei der ganze osmotische Druck für die Saugung verfügbar wird, die negative Spannung in den Sprossen zunimmt. Bewiesen ist diese Annahme aber damit noch nicht, es stehen ihr vielmehr noch die mancherlei Tatsachen ent- gegen, die DiXON zu der Theorie geführt haben, daß die Saug- kräfte durch Kapillarwirkung in den transpirierenden Membranen geliefert werden und im wesentlichen von dem osmotischen Druck der Blattzellen unabhängig seien. Außerdem wären auch die angeführten Beobachtungen über die Verteilung des osmotischen Druckes noch nicht hinreichend. Denn es genügt nicht, den Druck, am Anfang und am Ende der Leitungsbahn zu kennen, es müssen auch die Verhältnisse in den- jenigen Zellen bekannt sein, welche die Leitungsbahnen begleiten. L^nd hier ist die Sachlage vielleicht nicht so einfach, wie man nach der oben festgestellten Gesetzmäßigkeit erwarten könnte. Denn wenn auch bei der Mehrzahl (bei 21) der daraufhin geprüften Pflanzen der Druck in den Epidermiszellen der Stengelbasis ebenso hoch gefunden wurde wie in der Blattepidermis, ferner bei einigen ebenso groß wie in der Wurzel und in 5 Fällen in der Mitte zwischen Wurzel und Blatt, so lag er andererseits einige Male tiefer als in der Wurzel und in 7 Pflanzen höher als in den Blättern. Es bedarf daher noch spezieller Untersuchungen, um festzustellen, ob die Mantelzellen der Gefäße im Stengel den- selben osmotischen Druck haben wie die zu dem betreffenden Stengelstück gehörigen Epidermiszellen. Zum Schluß sei noch auf die Bedeutung der angeführten Zahlen für die Theorie FiTTINGs über die Wasserversorgung der Wüstenpflanzen hingewiesen. FiTTING hat bei der großen Mehr- zahl der Wüstengewächse enorm hohe Drucke in den Epidermis- zellen der Blätter — 30 — 100 Atmosphären — gefunden. Er schließt, wie schon erwähnt, daraus, daß auch die Wurzeln min- destens ebenso hohe osmotische Werte aufweisen müßten und sieht in diesen hohen Zellsaftkonzentrationen der Wurzeln die Saug- kraft, welche den trocknen Wüstenböden das W^asser zu entreißen vermag. Aus den oben angeführten Zahlen geht aber hervor, daß die Drucke der Wurzelzellen in unserem Klima im allgemeinen nicht gleich groß, sondern kleiner sind wie diejenigen der Blatt- 204 E. Hannig: Untersuchimgen über die Verteilung des osmotischen usw. Zellen, und daß sie gerade bei Pflanzen, die auf trockenen Böden wachsen (Flantagoj beträchtlich kleiner sein können. Wenn es nun auch wahrscheinlich ist, daß die Zellsaftkonzentrationen in den Wurzeln der Wüstenpflanzen verhältnismäßig höher sind, wie die- jenigen in normalen Böden, so ist dies doch noch nicht sicher, ehe derartige Untersuchungen an Wurzeln von Wüstonpflanzen, streng genommen sogar an Wurzelhaaren, den Nachweis dafür er- bracht haben. Es wäre z, B. auch möglich, daß es nicht auf die absolute Höhe der Zellsaftkonzentration in den absorbierenden Wurzelzellen ankäme, sondern daß die Absorptionskraft um so stärker w^äre, je größer die Differenz zwischen dem osmotischen Druck der Wurzel- und der Blattzellen. Literatur. CannON, W. A., The root habits of desert plants. Carnegieinst, of Washington. Pub]. Nr. 131. 1911. 1—96. DlXON, H. H., On the physics of the transpiration current. Notes bot. school Trinity coli., Dublin 1897 Nr. 2. — , Transpiration and the ascent of sap, Progr. rei bot. 1910. 3. 1 — 66. — , and ATKINS, V. R. 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(Eingegangen am 20. April 1912.) 1. Einleitung-. Im vorhergehenden Bande dieser Zeitschrift, Bd. XXIX, S. 386 — 402 und S. 511 — 517, habe ich zwei Arbeiten veröffentlicht, welche die Schöpfmethode dnrch die 1-ccm-Planktonkammer und das Abfangen der absiebbaren Schwebestoffe nach der 50-1-Plankton- methode behandeln. Beide Methoden zielen darauf ab, durch ein- fache, aber ausreichende Mittel quantitative Werte zu erreichen; sie ergänzen sich insofern, als die erstgenannte bei Verwendung einer kleinen Wassermenge genaue Zählwerte, die zweite bei Be- handlung einer großen Wassermenge weniger genaue, aber gleich- falls gut verwendbare Yolumenwerte liefert. Die vorliegende Arbeit stützt sich auf diese beiden Veröffentlichungen und gibt ein Bei- spiel für ihre Anwendung auf ein ganzes Stromsystem, den Rhein. Die nähere Eigenart großer Wasserläufe tritt besonders an- schaulich hervor, wenn man zu ihrer Charakterisierung quantitative Methoden verwendet und nach diesen den gesamten Fluß oder Strom von der Quelle bis zur Mündung untersucht. Der Rhein eignete sich hierzu ganz besonders gut, weil er wegen seiner be- deutenden Strömungsgeschwindigkeit keine nennenswerten Mengen von Schlamm in seinem normalen Lauf abzusetzen und außerdem viele Uferorganismen aufzuweisen pflegt, welche erratisch in das freie Wasser gelangen. In diesem kommen demnach die Bestandteile des Grundes, des Ufers und des Planktons gleichzeitig vor, so daß aus der Untersuchung nur einer Region gleichzeitig gewisse Schlüsse auf die Bestandteile der beiden anderen möglich sind. Die einzige Stelle mit bedeutender Stagnation im Laufe des Rhein- stromes ist der Bodensee, welcher etwas über 41 Milliarden Kubikmeter Wasser speichert. Das Schicksal des Rheinj^lanktons auf dem langen Lauf des Stromes mußte am besten erkannt werden zu einer Zeit, wo seine Nebenflüsse so wenig Wasser führten, daß diese von keinem nennenswerten Einfluß auf den Hauptstrom waren. Das Problem 206 R- KOLKWITZ: der quantitativen Selbstreinigung im strömenden Wasser und die Zergliederung der dabei wirksamen Faktoren mußte unter solchen Umständen am leichtesten zu studieren sein, zumal dann auch das ^ Zuströmen von Grundwasser auf ein Minimum beschränkt war. Aus diesen Gründen unternahm ich eine Bereisnng des Rheins vom Quellgebiet in der Schweiz bis zu seiner Mündung in die Nordsee in dem sehr heißen und trockenen Sommer 1911, zu einer Zeit, wo auf ständig gleiches, klares, regenloses Wetter und damit auf regelmäßige Wasserverhältnisse zu rechnen war. Dement- sprechend war der Wasserstand des Rheins ziemlich niedrig; doch war für die Schiffahrt noch genügend Wasser vorhanden, da die abschmelzenden Schnee- und Gletschermassen der Alpen für ge- nügende Zufuhr sorgten. Ohne diese wäre im Spätsommer 1911 im Rhein keine Schiffahrt möglich gewesen. Die Bereisung begann am 27. August 1911 am Tomasee beim St. Gotthard und endete am 5. September in Hoek van Holland an der Nordsee, von Anfang bis Ende vom AVetter be- günstigt, sehr zum Vorteil für die Übersichtlichkeit der Ergebnisse. Die Reise erfolgte längs des Stromes ungefähr so schnell, wie der Rhein fließt, wenio-stens nach Passieren des Bodensees, so daß angenähert die Möglichkeit der Entnahme einander entsprechender Proben gegeben war. Diese wurden fast durchweg vom Boot oder vom Dampfer aus entnommen; ihre Untersuchung geschah an Ort und Stelle. Betreffs näherer Ausführungen und Kartenmaterials sei auf die größere Arbeit in den Mitteilungen aus der Königlichen Prüfungsanstalt fürAVasserversorgung und Abwässerbeseitigung 1912, Heft 16, verwiesen. Dort finden sich auch Angaben über die Neben- flüsse, z. B. Aare (mit Reuß), Neckar, Main, Lahn, Mosel, Sieg, Ruhr und Lippe. 2. Allgemeines über das Rheinstromg-ebiei. Das Niederschlagsgebiet des Rheins ist, verglichen mit anderen europäischen Flüssen, sehr wasserreich. Sein Areal beträgt, vom Quellgehiet des Stromes bis zur deutsch-holländischen Reichsgrenze gerechnet, rund 159 516 qkm. Das Gebiet der Maas, welche kurz vor der Mündung in die Nordsee einen Teil ihres Wassers an den Rhein abgibt, pflegt man nicht mehr zum Rheingebiet zu rechnen. Die Gesamtlänge des in seinem Lauf sehr wechselvoll gegliederten Stromes beträgt ca. 1230 km. Der größte Teil der seenreichen Schweiz sowie Vorarlbergs wird durch das obere Rheingebiet und durch die Aare entwässert. Es sind besonders Schneeschmelz- und Gletscherwässer, welche die Quellgebiete des Vorder-, Mittel- Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 207 und Hinterrheins dem Hochrhein zuführen. Ihre gesteinszertrüm- mernde Kraft ist im allgemeinen größer als ihre chemisch wirkende so daß sie kein an gelösten Nährstoffen besonders reiches Wasser abzuführen pflegen; kalkhaltiges Gestein passieren sie besonders in einem Teil derjenigen Partien, welche den Zentralalpen vorge- lagert sind. Der Bodensee wirkt naturgemäß als Sedimentierbecken. Die Stagnation seines Wassers ist ein Faktor physikalischer Art, welcher im Gegensatz zu einer starken Strömung begünstigend auf die Ent- wicklang von Euplankton wirken muß. Bei Basel verläßt der Rhein das Alpenland und tritt, nach Norden umbiegend, in die Oberrheinische Tiefebene ein. An dieser Pforte wird sein Niederschlagsgebiet durch das der Donau und der ßhone stark eingeengt. Auf dem langen Laufe durch diese an Altwässern reiche Ebene nimmt der Ehein von bedeutenden Nebenflüssen den Neckar, dessen Hauptgebiet in Württemberg liegt, und den fast ganz zu Bayern gehörigen Main auf; ihre Niederschlagsgebiete umfassen 13 966 bzw. 27 378 qkm. Die untere ßhein- und Mainebene ist reich an Siedelungen und Industrien, welche Zufuhr von organischen Nährstoffen und unorganischen Substanzen zum Wasser bedingen. Die dadurch verursachte Änderung in der chemischen Beschaffen- heit des Wassers kommt deutlich in der Einwirkung auf das Plankton zum Ausdruck. Der Main besitzt zudem einige durch die Errichtung von Nadelwehren bedingte Staustufen, womit eben- falls eine Förderung des Planktonwachstums verbunden sein kann. Dicht bei der Mündung der Nahe tritt der Strom aus dem Üheingau zwischen den felsigen Gehängen des Niederwalds und des Bingerwaids in die Felsenst recke des devonischen Schiefer- gebirges ein. Er verliert damit seinen kurz vorher dem Äußeren nach fast seenartigen Charakter und tritt in ein streckenweise schluchtartig gestaltetes Erosionstal ein. In raschem Wechsel folgen im Strombett Felsriffe und tiefe Kolke, Stromschnellen und scharfe Krümmungen, die aber die Wasserbeschaffenheit nur wenig zu beeinflussen vermögen. Die deutliche Vermischung des links- ufrigen Rhein- und des rechtsufrigen Mainwassers erfolgt unter normalen Verhältnissen erst etwas vor der Mündung der Lahn. Nach Aufnahme der auf französischem Gebiet entspringenden Mosel, welche mit ihrem zeitweiligen Hochwasser den Pegelstand des unteren Rheins zu beherrschen pflegt, verläßt der Strom bei Bonn das Schiefergebirge und tritt in die Niederdeutsche Ebene ein. In dieser durchfließt er besondeis zwischen Wupper 206 ^- KOLKWITZ: und Lippe ein bedeutendes Industriegebiet mit bemerkenswertem Einfluli auf sein Wasser. Kurz unterhalb Emmerich tritt der ßhein auf hollän- disches Gebiet über, wo er sich bald zu einem Mündungsdelta verzweigt. In diesem sind Waal und Lek die Hauptarme. Mit Wasser der Maas vei mischt, mündet der Ilhein unter Verlust seiner Eigenströmung infolge Ebbe- und Flutwirkung bei Hoek van Holland in die Nordsee. 3. Das Plankton des Rheins. Das Organismenplankton stark strömender Gewässer, zu denen der llhein mit Ausnahme des Bodensees und der Mündung zu Beginn der Elut gehört, ist fast immer von mineralischem und or- ganischem Detritus durchsetzt; meist pflegt dieser die Planktonten an Menge zu überwiegen. Dementsprechend ist das Netz- bzw. Siebplankton des strömenden llheins im allgemeinen von haupt- sächlich erdiger, d. h. graubrauner Farbe, stellenweise mit einem Stich ins Grünliche. Im Bodensee dagegen war sie gelblich, an der Mündung in die Nordsee deutlich gelbgrün, weil an diesen Stellen die Naturfarben des Organismeuplanktons im Fang ziemlich rein hervortraten. Die in der Textfigur dargestellte Kurve gibt die Höhe des an jeder Entnahmestelle aus 50 1 Wasser gewonnenen, nicht zentri- fugierten Bodensatzes an Plankton (absiebbaren Schw^ebestoffen) am Grunde von Normalgläsern in natürlicher Größe. Die Zahl der für die Kurve ausgewählten, in der Textabbildung näher bezeichneten Entnahmestellen beträgt 30. Die folgenden Zeilen enthalten die näheren Angaben über die wichtigsten Planktonbefunde in der 1-ccm- und 20-ccm-Plankton- kammer, sowie über Menge und Zusammensetzung der absiebbaren Schwebestoffe. Toma-See, Quelle des Vorderrheins, 27. August 1911. Kammerplankton pro 1 ccm Wasser: Gesteinssplitterchen, sehr fein .... tausende Chrysomonadinen 8 Gymnodinium 1 Kleine Protozoen vereinzelt Kammerplankton pro 20 ccm Wasser: Kein Cyclops oder dergleichen, Netzplankton pro 50 1: 0,1 ccm. Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 209 Netzplankton qualitativ: Detritus Nifsschki, Cymbella, Clostevium. Cyclops, Naupl'ms, Lynceus, Canthocamptus, PolijartJua, Anuraea cochlearis, Moosblattreste, Pflanzenhaare Holzfasern, Wasserfarbe : Blaugrün. Der grüne Farbenton wurde hauptsächlich durch die gelblichen überwiegend ungelösten Beimengungen zum blauen Wasser bedingt. Wasser-Temperatur: 7 ° C. Luft-Temperatur: 8"C (TV^ Uhr morgens). Der Toma-See liegt in der hochalpinen Eegion am Badus- stock; er nimmt Schmelz- und Regenwässer auf, soll am Grunde aber auch eigene Quellen besitzen. In Befund 2 bei Tschamut zeigte sich insofern ein Unter- schied, als das Netzplankton durch beigemischtes Benthos etwas mannigfacher zusammengesetzt und ein wenig Sphaeroültis natans beigemischt war, dessen Entwicklung durch Dung alpiner Schaf- weiden bedingt war. Vorderrhein bei E-eichenau-Tamins, vor Einmündung des Hinterrheins. 27. August 1911. Feinste Trübungskörperchen . Sandkörnchen ....... pro 1 ccm: viele Tausend 16 Organischer Detritus wenig vereinzelt Nitzschia und Navicida, meist Schalen Keine Crustacea und Rotatoria. 1,0 ccm. Chirononms-hoxvQn, meist klein, gelblich, [Dendrocoelum), Pflanzenreste, spärlich, u. a. m. , 35 cm. Trübe, graugrün. Wasser-Temp.: 14° C. Luft-Temp.: 22 "C (gegen 5 Uhr nachm.). Die Trübung an dieser Stelle rührte von Einschwemmungen feiner Gesteinsbestandteile aus Wildbächen her. Beim Hinter rhein (Befund 4), der bald nach Passieren der oberhalb Thusis gelegenen Yia mala einmündet, waren diese Detritusbestandteile und Ton- trübungen noch reichlicher vorhanden. pro 20 ccm: pro 50 1: qualitativ: Sichttiefe : Wasserfarbe 210 R. KüLKWlTZ: Bei St. Margarethen (Befund 5) vor Eintritt in den Boden- see war die Menge der absiebbaren Schwebestoffe pro 50 1 Wasser wohl wesentlich durch Verdünnung und Sedimentation wieder auf 0,3 ccm gesunken. Die Menge der Planktonorganismen pro 1 ccm war bis zu dieser Stelle nur gering, was durchaus dem Gebirgs- flußcharakter des llheinlaufes in der Schweiz und seinem Mangel •an größeren Seen im Oberlauf entspricht. Bodensee, zwischen Romanshorn und Friedrichshafen. 28. August 1911. pro 1 ccm: Tonartige Körperchen, äußerst fein . . hunderte Detrituspartikel, kleine . . . . . ' . . ca. 30 {Goccen)-Zoo(jloea 1 Cryptomo7ias 3 UrogJena voJvox 0 — 1 Gymnodininm \ Peridinium j Glenodinium . 1 Ceratium hirnndineUa 1 — 2 CycIotena-ZeWen, in talerartiger liolle . . 8 ticliroederia setig er a 1 pro 20 ccm: Uroglena volvox 3 pro 50 1: 0,05 ccm. qualitativ: {Microcystls), Botryococcus hrauni, Anahaena, Pediastrum pertusum, Dinobryon, Kirchneriella Junata, (Mallomonas), Ärcella, mit Luft, Cycloiella astraea, socialis, Diffluyia hydrostatica MeJosira tenuis, Rhüphidio2)hrys, Synedra actis, Äcanthocystis, Asterionella, sehr vereinzelt, Anuraea cocJilearis, Fragilaria crotonensis, Polyarfhra platyptera, Tahellaria fenestrata, Nof/wlca longisjnna, Pkiirosigma acuminafum, DapJmia-B^este, Nitsscliia acicuhvris, ganz Nauplien vereinzelt, u. a. m. Gesamtfarbe des Sedimentationsplanktons gelb. Sichttiefe: 4,5 m*). "Wasserfarbe: Grün, verglichen mit dem Himmel kein blauer Farbton beigemischt. 1) Nach Forel (i. c) beträgt die Sichttiefe bei Friedrichshafen ca. 5 m, bei Konstanz zuzeiten 8 — 9 m. Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 211 Wasser-Temp.: 22 "0. Luft-Temp.: 24 °C (zwischen 2 und 3 Uhr). Das Kammerplankton an der Oberfläche des Bodensees läßt gegenüber dem oberen Rheinlauf deutlich die Zunahme an Eu- planktonten erkennen. Unter diesen überwiegen bei der Reinheit des Wassers naturgemäß die oligosaproben bzw. katharoben Nahrungsproduzenten. Im Gesamtplankton übertreffen diese an Zahl die Nahrungskonsumenten. Als Sauerstofferzeuger tragen sie in den oberen Wasserpartien des Bodensees zur Belüftung bji, doch ist über den zahlenmäßigen Anteil ihrer Quantität an diesem Prozeß zurzeit nur wenig bekannt. Bei oligosaprober Natur der Planktonten läßt sich veimutungsweise sagen, daß bei ruhigem Wasser die biologische Durchlüftung in denjenigen Fällen genügt, wo pro 1 ccm mindestens einige Durchlüfter vorhanden sind. Die Zahl der unter Einhaltung der üblichen Methoden auf gewöhnlicher Nährgelatine entwicklungsfähigen Bakterien beträgt pro 1 ccm Bodenseewasser zu wärmeren Jahreszeit im allgemeinen 20 — 50, also — wie bei den Euj)lanktonten — ■ ebenfalls wenig. Es ist sehr bemerkenswert, daß zwischen planktonischen Algen und Bakterien in der freien Natur an Stellen mit nicht gestörtem ökologischen Gleichgewicht, im Süßwasser und wahrscheinlich auch im Meere gewisse zahlenmäßige und ernährungsphysiologische Beziehungen bestehen, durch welche die planktologischen Methoden sich den bakteriologischen ähnlich gestalten lassen. Über diese Beziehungen möge das folgende Schema mit extremen, bestimmte Beispiele be- treffenden Zahlenwerten orientieren. Tabelle zur Veranschaulichung der physiologischen Beziehungen zwischen Algen- und Bakterienentwicklung in der freien Natur, Polysaprobien Mesosaprobien Oligosaprobien organ. Nahrung obligatorisch obligatorisch fakultativ Chlorophyllfunktion fakultativ? obligatorisch obligatorisch Organismen Euglena viridis Stephanodiscus liantsschkmus Asterionella formosa davon Zellen pro ccm Wasserblüte (über 100 000) bis 58000 bis 6000 Bakterien pro ccm ca. 1000000 meist<100000 meist < 500 212 I^ KOLK WITZ: Der Bodensee steht naturgemäß der dritten Gruppe nahe, während der Mittel- und Niederrhein Beziehungen zur zweiten Gruppe zeigen. An Kleintieren pflegen in der dritten Zone Bodo- Arten und dergl. im geschöpften Plankton ])eigemischt zu sein, in der zweiten Zone, wie an späterer Stelle noch gezeigt werden soll, oft vorwiegend Botatoria. Die Gewässer der dritten Gruppe pflegen sich dadurch aus- zuzeichnen, daß ihr Planktongehalt in qualitativer und quantitativer Beziehung keinem besonders großen und schnellen Wechsel ausge- setzt zu sein pflegt. Damit im Einklang steht für den Bodensee die Ähnlichkeit der vorliegenden qualitativen Planktonbefunde mit den von SCHRÖTER und KIRCHNER in den „Bodensee-Forschungen" 1896 veröffentlichten Feststellungen. Ähnlich wie in der Hydrobiologie unter Zuhilfenahme zahlen- mäßiger Ermittelungen eine Zusammenfassung gewisser Organismen- gruppen möglich ist, gilt dies auch für die Anordnung der Seen nach der Farbe ihres Wassers im durchfallenden Licht nach chemischen Zahlen. Die Farbe des Rheinwassers im Quell- gebiet an denjenigen Stellen, wo es durch Einschwemmung keine Trübung erfahren hat, ist blau, entsprechend der Naturfarbe des reinen Wassers. So sah ich es am 27. August 1911 bei Disentis in Graubünden. Durch Auslaugungen des Bodens bilden sich bekanntlich gelbliche gelöste Humusstoffe, welche sich dem blauen Wasser beimischen und diesem einen blaugrünen, bei stärkerem Gehalt grünen und schließlich bei w^eiter gesteigerter Zufuhr organischer Substanz unter völliger Zurückdrängung des Blaus einen gelben oder gelbbraunen Farbenton verleihen. Im Rheinlauf und schließlich im Meere zeigen sich, dadurch bedingt, bei durchfallendem Licht folgende Abstufungen in der Eigenfarbe: Hochrhein (wenn nicht getrübt) blau Bodensee blaugrün-grün Oberrhein grün Mittelrhein gelbgrün-gelblich i) Niederrhein gelblich-gelbbraun') Nordsee bei Rheinmündung grün Freie Nordsee blaugrün Freier, nicht arktischer Ozean meist ... blau. 1) Bei ansteigendem Hochwasser häufig lehmig getrübt. Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 213 Als Maß für die Menge der im Bodensee vorhandenen or- ganischen Substanz dient der Verbrauch an Milligrammen Kalium- permanganat pro Liter in saurer Lösung. Dieser beträgt im vor- liegenden Falle durchschnittlich gegen 5 mg, also etwa doppelt so viel als im fast rein blauen Genfer See. Die Menge von fj mg Permanganatverbrauch pro Liter AVasser genügt, um den rein blauen Farbenton etwas zurückzudrängen. Das Plankton des Bodensees besaß zur Zeit der Untersuchung gelbliche Farbe, doch schien mir seine Menge zu gering, um ihm einen wesentlichen direkten Anteil an der Umbildung des Blaus in Grün zuzuschreiben. Da indessen in jedem Kubikzentimeter noch Hunderte von äußerst feinen, tonartigen Trübungskörperchen vor- banden waren, könnten diese an sich grauen Bestandteile durch Reflex innerhalb des Wassers dazu beigetragen haben, das Gelb des Planktons wirksam zurückzuspiegeln, so daß außer der Eigen- farbe auch die Vegetationsfarbe bei Erzeugung des Grüns eine Rolle spielen könnte. Untersuchungen über die Farbe des Boden- sees nach der künstlichen Farbenskala sind bei F. A. FOREL und Eberhard Graf Zeppelin in den „Bodensee-Forschungen" 1893 mitgeteilt. Danach entspricht der Farbenton des Bodensees der Nr. VI — VII der Skala (blaugrün-grün), während der des Genfer Sees Nr. IV entspricht. Im weiteren, besonders unteren Lauf des Rheins nimmt entsprechend der Änderung der Farbe seines Wassers der Kaliumpermanganatverbrauch wesentlich zu, freilich nicht allein infolge Zufuhr natürlicher organischer Stoffe. Das in einer größeren Flasche geschöpfte Wasser des Rheins ist in dessen unterem Laufe von gelblicher Farbe, auch nach dem Sedimentieren der Schwebestoffe, während es im Oberlauf unter den gleichen Bedingungen farblos erscheint. Das Blau des reinen Wassers tritt erst in 1,5 und mehr Meter Dicke deutlich hervor. Rhein bei Schaffhausen, oberhalb des Rheinfalls. 29. August 1911. Strommitte. pro 1 ccm.: Cryptomonaden 3 Gerat ium hintndineUa . . . . 0 — 1 Peridininm 0 — 1 CycIotelJa-ZeWen, meist in Rollen 12 Gomphonema] Navicuia ] Protozoen, klein 6 Detritusflöckchen, klein ... ca. 12 Trübungskörperchen, sehr fein . einige Hundert 214 K- Kolkwitz : pro 50 1 : 0, 1 ccm. qualitativ: Sphaerotiln s-'Bnschelchen. Pediasfruin honjanitm^ ganz vereinzelt, Bursaria truncafella, Bakterienklümpchen,klein, Nofhoica hmgispina, Beggiatoa alba, Änuraea cochlearis, Fusarium, Fäden, JDiaptomus, Cerafium hirundinella, Nauplius, Gymnodinium palnstre, Hydra, Uroglena volvox, fehlend, Cliiro)iomHS-'La.Yven, Dinohryon serfnlaria, gelblich Asterionella formosa, wenig, Pflanzenhaare, Stjnedra delicatissima, Detritnskrümel, Iragilaria crotonensis, Chitinreste, Mdosira arenaria, Sandkörnchen. Cocconeis auf Cladophora-Zellen, Sichttiefe: (an einer stillen, rechtsseitigen Uferstelle un- mittelbar oberhalb der Brücke bei Schaff- hausen): etwas über 5 m. Wasserfarbe: Dunkelgrün. Wasser-Temp.: 21» C. Luft-Temp. : 20" C (gegen 8 Uhr morgens). Nach Passieren des Bodensees hatte das Plankton im Rhein im Vergleich zum Oberflächenwasser des Sees selbst sich nicht wesentlich geändert, nur hatten sich infolge der starken Strömung naturgemäß einige vom Ufer abgerissene Organismen erratisch beigemischt. Unterhalb des Rheinfalls, durch den das Wasser zur Zeit der Besichtigung zum großen Teil zu Gischt zerstäubt wurde, hatte Ceratium hirundinella etwas gelitten. Die Menge der ab- siebbaren Schwebestoffe hatte ein wenig zugenommen, da sich abgerissene Fäden von Cladophora, Oedogonium und Chantransia sowie krümelige Kotbestandteile von Insektenlarven beigemengt hatten. Die Aare, w^elche kurz oberhalb Waldshuts (Befund 9) mündet, führte ein Plankton, welches, abgesehen von Oscillatoria ruhescens-F&den (3—4 pro ccm), dem des Rheins im allgemeinen ähnlich war. Die Menge der Schwebestoffe war hauptsächlich wegen Beimengung von Sand, Detritus, Moosblatt- und Chitin- resten in der Aare etwas größer als im Rhein. Das Plankton des Rlieinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 215 Rhein bei Straßburg, an der Brücke nach Kehl. 30. August 1911. pro 1 ccm: Lampropedia, 16zellige Kolonie ... 1 Oscülatoria ruhescens, kleine Fäden . . 1—2 Chrysomonadinen ] Protozoen, klein f Dinohrijon, Gehäuse l Ceratium, tot 0 — 1 Feridimum 5 Cyclotella, Zellen 2 Synedra acus 1 Nitsschia acicularis 1 Ilantsschia amjjhioxys 1 Navicula, Schale 1 Detrituspartikel, gröbere 10 Trübungskörperchen, klein hunderte pro 20 ccm: Mindestens 10 charakteristische Detrituskügelchen. pro 50 1: 0,2 ccm. qualitativ: Coccen-Planktonzoogloeen, Staurastrum, Sphaerotüus-F ä.den, Closterium lunuJa, Ätiahaena, Spiroyyra, Chrysomonadinen, Chlaniydomonas, Feridinium tahulatum, Pandorina morum, Ceratium, meist unbeweg- Cladojjhora-FÄden, lieh und Panzer, Chantransia, nicht selten, Gymnodinmm, Flagellaten, farblos, Cyclotella in B-ollen, Anthophysa mit Kopf, Asterionella formosa, CarchesiumStiele, Fragilaria crotonensis, Synchaeta pectinata, Tahellaria fenestraia, Polyarthra platyptera, Synedra delicatissima, Ämiraea cochlearis, Synedra ulna, Chitinreste, Pleurosigma, Papierfibrillen, Stiele von Diatomeen, Detritus, zierlich krümelig, Cosmarium ornatum, Sichttiefe: Gegen 2 m. Wasserfarbe: Schön grün, dunkler als bei Basel; weniger tonig getrübt. Wasser-Temp. : 22" C. Luft-Temp.: 25,5" C (gegen 5 Uhr nachmittags). Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. ^^ 216 R. KOLKVVITZ: ..iL . ■liiiiillililliiil 12 3 4 6 6 7 8 1)10 1112 13 14 16 16 17 18 19 20 2122 23 24 25 26 27 28 29 30 Plauktonkurve und Rheinlauf mit Entnahmestellen. Die Kurve wird gebildet durch Aneinanderreihung der Bodensätze in den Normalplanktongläsern — bestehend aus Netz- oder Siebplankton pro 60 1 Wasser — in natürlicher Größe, so daß 1 cm Höhe = 2 ccm Inhalt bedeutet. Ort Datum Plankton- mengen Höhe i. d. M. 1. Toma-See . . 2. Tschamut . . 3. Vor Re'chenau- Tamins . . . 4. Nach HinterrheiD 5. St. Margarethen 6. Bodensee, Mitte 7. Vor Rheinfall . 8. Hinter Rheinfall 9. Waldshut . . 10. Basel .... 11. Straßburg . . 12. Vor Mannheim 13. Vor Bingen . 14. Rüdesheim . . 16. Rhens, Strommitte 16. Vor Koblenz . 17 Andernach . . 18. Hinter Bonn 19. Vor Köln '. . 20. Niehl-Flittard . 21. Hitdorf, links . 22. Bei Düsseldorf . 23. Ürdin gen -Krefeld rechts .... 24. Ruhrort . . . 25. Bei Orsoy (Em- schermündung) 26. Bei Rheinberg, rechts .... 27. Vor Wesel, links 28. Emmerich . . 29. Rotterdam . . 30. Hoek van Holland 27. Aug. 1911 28. Aug 1911 29. Aug. 1911 30. Aug. 1911 81. Aug. 1911 1. Sept. 1911 2. Sept. 1911 3. Sept. 1911 n n 4 Sept. 1911 5. Sept. 1911 ca 0,1 ccm » 0,1 » » 1.0 n n 2.0 ,, » 0,3 „ M 0,05 » » 0,1 n W 0,lo M n 0.36 » }t 0,25 „ » 0.2 j) n 0,3 1) » 0,8 » » 1,5 if ♦1 1,2 n tt 1,2 n »t 0,9 ," » 1.1 „ n 0,8 n » 3,0 n » 1,6 » » 0,8 n »» 1,5 » n 1,0 n n 2,0 » n 1,5 n t} 0,H » ft 1,0 n V 0,7 n n 1,3 n ca. U km 4 „ 67 C8 160 ISO 256 258 313 377 504 63-1 736 737 791 799 821 866 896 904 913 951 971 987 999 1010 1019 1058 1198 1230 ca. 2340 m „ 1660 „ „ 586 „ „ 686 „ „ 39J „ „ 39o „ „ 386 „ „ 356 „ „ 309 „ „ 244 „ „ 134 „ „ 87 „ . 77 „ „ 60 „ » 59 » „ 53 „ „ 37 „ „ 36 „ „ 34 „ „ 27 „ „ 23 „ « 20 „ « 19 . . 16 „ » 15 » „ 10 „ „ 0-1 „ 0 „ Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 217 Der Befund bei Basel war dem vorstehend mitgeteilten bei Straßburg im wesentlichen ähnlich, nur waren die Ohryso- monadinen u. a. m. in geringeren Mengen vorhanden. Diese stammten wahrscheinlich aus den üfermoosbeständen {Fonfinalis und Gindidotus) oberhalb Straßburgs. Qualitative Untersuchungen über die Biologie des Oberrheins finden sich in den Arbeiten von R. LAUTERBORN (Arbeiten aus dem Kaiserl. Q-esundheitsamte, 1907 — 10 und Verhandl. des natur- hist.-med. Vereins zu Heidelberg. N. F. 1910). M. MARSSON (Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte, 1907 — 10) untersuchte den Rhein auf der Strecke von Mainz bis Koblenz auch quantitativ mittels der Planktonkammer, doch war die Menge der Planktonten in den Jahren 1908 — 10 wesentlich geringer als in dem für solche Studien besonders günstigen Sommer 1911. Ehein bei Bie brich, km 0 der preußischen Rheinstrecke. Linke Stromseite vor Beimischung des Mainwassers. 1. September 1911. pro 1 ccm: SphaerotiIus-¥ä,den . . . . . . vereinzelt Anahaena-Rest 1 Cryptomonas erosa 2 CJilamydomonas 2 CijdoteUa-ZeWen in Rolle .... 6 Siephanodiscus 3 Asterionel.la-^o\om.Q, 8 strahlig . . 1 Synedva acus 1 Nitzschia acicularis 2 Navicula, lebend 1 ,, Schalen 2 • Scenedesmiis caudatus, Kolonie . . 1 Tinünyiidium fluviatile 2 Detrituspartikel, grob einige Dutzend pro 20 ccm: Keine Sphaerotilus-Flöckchen, Sichttiefe: 1,10 m. Wasserfarbe: Fahl graugrün im auffallenden Licht. Wasser Temp.: 21'// C. Ström.-Geschw,: 0,9 m. An dieser Stelle zeigt sich der Einfluß von Ludwigshafen, Mannheim und Mainz in dem Auftreten von Sphaerotüus natans als Kammerplanktont. 15* 218 R. Kolkwitz : ßliein bei Biebricli pro 1 ccm: pro 20 ccm: pro 50 1: qualitativ: Sichttiefe: "Wasserfarbe Rechte Stromseite; hier Mainwasser führend. 1. September 1911. SphaeroHlus-F &d6n Cryptomonas erosa Steplianodisms hantsschkmus . . . Syncdra acus ,, actinastroides, Kolonie . . Nitzschia 1 Hantzschia \ vereinzelt vereinzelt 60 20-30 1 vereinzelt Kolonien mindestens 50 vereinzelt Didyosphaermm \ Hariotina reticulata i Scenedesmus acutus ,, obtusus Pediastruni horyanum Brachionus j Detrituspartikel hunderte 3 Flöckchen von Sphaeroiüus, etwa erbsengroß. 1,6 ccm. Sphaerotilus-'^lock&n, Bracliiomis, ziemlich häufig, Anuraea tecta, Ceratium, breite Form, Papier- oderZellulosefasern^ Stoffasern, blau, Farbstoffpartikel, rot und gelb, Pflanzenhaare, wahrschein- lich von Gerbmitteln, Kohlepartikel, Ruß u. a. m. Synedra acus, Fediastrum, Dictyosphaermm pul- chellum, häufig, Aredia vulgaris, Callidina, reichlich, Botifer actinurus, Triartlira, 70 cm. Rotbraun, Bugwellen der Dampfer rosa. Wassergeruch: Scharf erdig, am Ufer fast brandig. Wasser-Temp.: 21° 0. Luft-Temp.: 22" C (9 Uhr morgens). Der Main führte erhebliche Mengen von Kammerplankton zu, besonders Stephanodiscus hantzschicmus, Synedra acus, Dictyosphaermm und den erratischen Sphaerotilus natans. Der Befund läßt auf stärker saproben Charakter des Mainwassers gegenüber dem des Rheins schließen. Auch Dictyosphaerium pulcJiellum läßt bei so häufigem Vorkommen diesen Schluß zu (vgl. diese Berichte 1908, Bd. XXVIa, S. 514); bei vereinzeltem Auftreten hat sein Vor- Das Plankton des RheinstromR, von seinen Quellen bis zur Mündung. 219 kommen im Vierwaldstätter See (vgl. H. BACHMANN, Mit- teilung der Naturf. Ges. Luzern, 1911, Heft 6) nichts Über- raschendes an sich. Die Menge der absiebbaren Schwebestoffe war auf 1,6 ccm pro 50 1 angestiegen. ßhein bei Koblenz. Oberhalb der Stadt bei der Eisenbahn- brücke. Linke Stromseite. 1. September 1911. Abends 7 Uhr. [)ro 1 ccm: S2}haerotilus-Fä,dGn einzeln Änabaena-¥ Siden 1 Cryptomonas erosa 1 Flagellaten, klein Dutzende Gymnoäinium 1 Chlamydomonas 1 Pliacotus lenticularis 1 Lepo^indis ovum 1 Stejjhanodiscus 20 Nitsschia acicularis t; ,, communis 2 Syncdra actinastroides, Kolonien zu 6 und 12 Zellen Dictyosphaerium \ Ilariotina j Scenedesmus ohtusus ., caudaius \ Kolonien . . 6 „ acutus Conferva {depauperata), Fäden .... 2 Anthophysa mit Kopf 1 Detritus, gröbere Partikel Dutzende „ feinere Partikel einige 100 2 Ciliaten, keine Botatoria. 1,2 ccm. Der vorstehende Befund läßt erkennen, daß der bei Biebrich iDcstehende Gegensatz zwischen den beiden Stromseiten sich bei Koblenz zur Zeit der Untersuchung ausgeglichen hatte und der Einfluß des Mainplanktons dominierend geworden war. pro 20 ccm: pro 50 1: 2 10 Bhein bei Köln. Oberhalb der Stadt an der Südbriicke. Mitte des Stromes, 2. September 1911, 4 Uhr nachmittags. pro 1 ccm: Cryptomonas 2 Giimnodininm 1 220 pro 50 1: qualitativ: Sichttiefe: Wasserfarbe R. ZOLKVVITZ: StephanodiscKS und Cyclotclla 20—25 St/ncdra aciis 2 „ actinastroidcs 1 Navicnla . 2 Nitzschia acicularis 2 Chlamijdomonas 2 Dictyosphaenwii 4 Scenedesmus acutus 4 „ caudatus 3 Polyarthra 0 — 1 Detritus, gröbere Partikel Dutzende 0,8 ccm. SphaerotiJus-'Fö.dLQn, Pandorina morum, 2Ierismopedia glauca, Eudorina elegans, Oscillatoria agardhi, sam- Dictyosphaerium, melte sich in geringer SchhocMamys, Menge an der Oberflilche ( Tetrafpora), des Planktonglases, Hariotina, Binohryon sertularia, häufig, CoeJastrum, Ceratium, schlanke Form, Pediastnim simplex, tot, „ selenaea, Melosira {tenuis), Crucigenia, Cydotella und Stephano- Scenedesmus acutus, discus, „ quadricauda, Fragüaria crotonensis, Conferva, häufig, Chantransia, Fragilaria capucina, Eiüstylis, Tdbellaria fenestrata, Carchesium, Asterionella formosa, Brachionus, Synedra acus, Anuraea cochlearis, „ uina, „ tecta, „ actinastroides, Polyarthra, Nitzschia sigmoidea, Triarthra longiseta, Naviculeen, ßotiferiden, Pleurosigma attenuatmn, Chironomiden-Larven> Surirella hiseriata, Detritus, „ splendida, Pflanzenreste, CyrnhellaSchalen, Kohlepartikel, Closterium, Sand. Cosmarium margaritiferum, ca. 1 m. : Oliv-bräunlich im auffallenden Licht. Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 221 Unterhalb der Stadt Köln (Befund 20) stieg infolge Ein- schwemmung von Detrituspartikeln, Papierfasern, Fleischmuskel- fasern usw. die Menge der absiebbaren Schwebestoffe an der linken Stromseite bei Niehl-Flittard auf 3,0 ccm pro 50 Liter Wasser, war vor Düsseldorf aber wieder auf 0,8 ccm zurückgegangen. Hinter größeren Besiedlungszentren sehen wir die Menge der ab- siebbaren Schwebestoffe immer wieder ansteigen, um dann all- mählich wieder abzusinken. Eine Summierung findet demnach, wie man eigentlich erwarten sollte, nicht statt. Dieser Umstand dürfte sich hauptsächlich durch die Freßtätigkeit der ßädertiere, Kleinkrebschen, • Insektenlarven und Fische erklären, während das pflanzliche Kleinplankton dem sonst üppiger sich entwickelnden Sphaerotiliis natans die gelöste organische Nahrung entzieht. Papier- und Holzfasern werden in strömenden Gewässern meist zu kleinen Fibrillen aufgelöst und nicht durch den anaeroben Bacillus cellulosae angegriffen. Betrachtungen über den saproben Charakter der fest- sitzenden pflanzlichen Organismen auf der Rheinstrecke bei Köln finden sich bei H. SCHENK (Zentralbl. für allgem. Gesundheits- pflege, Bonn, 1893), über die Zahl der pro 1 ccm auf gewöhnlicher Nährgelatine entwicklungsfähigen Keime bei W. KRUSE (Zeitschr. f. Hyg. und Infektionskrankh. 1908) und bei 0. SPITTA (Arch. f. Hyg. 1900). Bei letztgenanntem Autor finden wir außerdem den ersten Versuch, durch quantitative Netzfänge Aufschluß über den Gehalt des Rheins an planktonischen Algen zwischen Köln und Düsseldorf zu erhalten. Rhein bei Emmerich. 4. September 1911. Strommitte. pro 1 ccm: Cnjptomonas 6 Binöbryon, Kolonie 1 GycloteUa und Stephanodiscus .... ca. 70 Synedra actinastroides 3 „ acus ca. 40 Nitzschia acicularis 3 Fragilaria crotonensis. Band .... 1 Ilantzschia amplüoxys 2 Pleurosigma attenuatum l Closterium acerosum 2 Staurasirum 1 Dictyosphaerium 15 — 18 Chlamydomonas 8 Phacotits lenticularis 1 222 T^- Kolkwitz : Scenedcftnius 10 — 12 Pediastrum 5 Protozoen, klein nicht selten Anthophysa mit kl. Kolonie .... 1 Anuraea cochlearis 0 — l pro 50 1: ca. 1,0 ccm (über das ganze Stromprofil). Sichttiefe: 80 cm. Emmerich ist die letzte deutsche Stadt am Rhein vor dessen Übertritt auf holländisches Gebiet. Der Befund 28 läßt erkennen, daß nach dem endgültigen Passieren bedeutender Besiedlungs- und Industriezentren die Menge der aus dem Rheinwasser absiebbaren Schwebestoffe keine wesentliche Zunahme erfahren hat, doch sind durch Sphaerotilus natans geringQ schleimige Bestandteile beigemengt. Rhein (Nieuwe Maas) bei Rotterdam. Rechtes Ufer an der Oude Plantage, bei Flut. 5. September 1911. Gegen 12 Uhr mittags. pro 1 ccm: Cryptomnnas 4 Euglena viridis 1 Glcnodinium 1 Mdosira, Faden 1 Cosdnodiscus subtilis 1 — 2 Cydotella 20—25 Synedra adinastroides, Kolonien . 23 „ acus 30—40 Ästenonella 3 Fragilaria crotoyicnsis, Bänder . . 2 Diatoma elongatum 2 Chlamydomonas 6 Gonium pedorale 1 Didyosphaerium 12 — 14 Sceywdcsmiis, Kolonien 5 Pediastrum 4 Codastrum 1 Adinophrys sol 1 IlaUeria grandinella 1 (Monos(yla) 2 Anuraea codilearis 2 Detnt'.ispartikel, mittelfein . . . einige hundert p; ) 20 ccm: Mindestens 20 Rotatoria. pi ) 50 1: 0,7 ccm. Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 223 qr.alitativ Sichttiefe:' Wasserfarbe : Wasser-Temp. Cosclnodiscus suhfilis, Fragilaria crotonensis, Asieriondla fonnosa, Dialonia chnigataiu, Syyiedra deUcatisaima „ actinastroldes, J\iJidorina mornni, Dicfyos2jhaenuiH2JUichcUu)n, „ ehrenbergianum, Botryococcus hraiini, liicliterieUa hotnjoides, 1 m. Gelblich. 21 »C. Schizochlamys g latinosa, Fcdiastrum bortjanum „ pertusitm, Coelastrum microporuni, Carchesium lachnanni, Brachionus, Anuraea, \ zahlreich, Asplanclma, Papierfasern, Stoffasern, gefärbt, u. a. m. In diesem Befunde 29 fällt das Vorhandensein mariner bzw. brakiger Algen [Coscinodiscus) und das reichlichere Auftreten von üädertieren (besonders Brachioniis, Asplanchna und Anuraea) auf. Eine ähnliche Erscheinung, auch reichliches Auftreten von Crustacea, findet sich zur wärmeren Jahreszeit im Staugebiet der Flut und im Hafengebiet an der Elbe bei Hamburg (vgl. ßlÜH. VOLK, Hamburgische Elb-Üntersuchungen, 1901; über Algen H. SELK, ebenda, 1908). Rhein (Nieuwe Waterweg) an der Mündung in die Nord- see, bei Station Hoek van Holland. Zwischen 3 und 4 Uhr. 5. September 1911. pro 1 com: Ceratium tripos 2 „ fusus 2 Peridinium divergens 1 Chaetoceras, lebend 8 „ Schalen 2 Wiizosolenia 2 Eucampia-TiQWen 3 Coscinodiscus 2 Ci/c/ofe/^a-Schalen 2 Pleurosigma 1 Navicula 2 — 4 Tiniinnopsis 1 Protozoen, klein vereinzelt pro 50 1: 1,3 ccm; ganz marin, Detritus fast fehlend. 224 R- XOLKVVITZ: qualitativ: Fer/dinium, Biddulphia, CeraÜum tripos, zahlreich Didijosphaerium (ab- „ fnsHS, gestorben), C 'oscinodiscHS, Tintinnopsis, Baderiastrum Copepodcn u. a. m. Chaetocerus, Sichttiefe: ca. 3 m. Wasser-Temp. : 20 ° C, Bei Hoek van Holland drückte zur Zeit der Untersuchung der Ebbestrom das Nordseewasser wieder aus dem E,hein heraus. Der Gehalt an marinem Kammerplankton war ziemlich bedeutend; dieser Befund kann aber nicht überraschen, da in der Nähe der Küste geschöpfte Proben weit planktonreicher zu sein pflegen als solche aus dem freien Meere. 4. Zusammenfassung- der Ergebnisse. 1. Die Arbeit beschäftigt sich mit quantitativen Plankton- untersuchungen des gesamten ßheinstroms nach einfachen Methoden, die zum Teil zu denen der Bakteriologie in näherer Beziehung stehen. Die absiebbaren Schwebestoffe (im vorliegenden Falle ab- fangbar durch Maschen von ca. Vis ^^^ Seitenlänge) ließen, zu einer Kurve zusammengestellt, eine bestimmte Gesetzmäßigkeit in ihrem Verhalten im Strome erkennen (im oberen Lauf vorwiegend Flachkurve, im unteren Wellenkurve); diese Gesetzmäßigkeit tritt dadurch besonders deutlich hervor, daß infolge günstiger Witterung im ganzen Gebiet und infolge bedeutender Wasserarmut fast aller Nebenflüsse im Hauptstromlauf selbst sehr gleichmäßige Verhält- nisse herrschten. Bei Hochwasser, bei bedeutender Einwirkung von Nebenflüssen, bei Schneeschmelzen u. a. m. wird sich, kein so einfaches Bild ergeben wie im vorliegenden Falle. 2. Während das Kammerplankton des Hoch- und Oberrheins mehr Gebirgsfluß- und Gebirgssee-Charakter trug, beherrschte das des Mains den Mittel- und Unterrhein. Dieser zweite Stromab- schnitt trug infolge spezifischer chemischer Beeinflussung des Wassers deutlicher saproben Charakter als der erste. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß der Einfluß des Mains bis Rotterdam reicht, sondern nur, daß der Rheinzustand im unteren Lauf so beschaffen ist, daß eine Reihe der vom Main zugeführten Organismen in ihm weitere, vielfach ähnliche Lebensbedingungen finden. 3. Der heiße Sommer 1911 hatte die Entwicklung eines für rheinische Verhältnisse ziemlich bedeutenden Gehaltes an Kammer- Das Plankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. 225' plankton in der unteren Stromhälfte ermöglicht. Ähnlich, lagen die Verhältnisse für die Elbe in dem heißen Sommer 1904 (für 1911 liegen keine Untersuchungen vor). Die hohe Wassertemperatur und der Planktonreichtum be- schleunigten die im Wasser sich abspielenden Zersetzungserschei- nungen und Umbildungsprozesse. 4. Der Einfluß der geologischen Beschaffenheit des Gebietes und die Form des Strombettprofils sowie die Gliederung der Ufer, soweit diese nicht bedeutende Buchten bilden, treten weit zurück gegen den die Entwicklung des Planktons fördernden Ein- fluß der Stagnation, besonders in Verbindung mit chemischen Einwirkungen düngender Natur. Organische Stickstoffnahrung und ausreichende Ruhe sind zwei mächtige Faktoren für die Plankton- entwicklung. Fehlen beide, so findet sich am primären Wachs- tumsherd nur wenig Plankton. Vom Bodensee vermute ich, daß er in seinem klaren Wasser nicht wesentlich mehr Kammer-Planktonten und Bakterien zu er- zeugen vermag, als in den oben mitgeteilten Befunden angegeben ist. Zur Zeit der Untersuchung waren die Ernährungsverhältnisso wahrscheinlich relativ günstig, da kein Verdünnungswasser durch Regen zugeführt wurde und durch Verdunstung von Wasser in- folge der Hitze eine gewisse Konzentration eintrat. Sonst unter- liegt der See in seiner Gesamtheit keinen besonderen düngenden Einflüssen, es müßte denn gelegentlich ein Aufsteigen von Nähr- stoffen aus der Schlammregion stattfinden. So könnte sich das massenhafte Auftreten von OsciUatoria ruhescens in manchen Seen,, besonders schweizerischen, erklären. Die Alpenwässer, welche der Rhein dem Bodensee zuführt, sind im Vergleich zu den meisten Wässern der Niederungen für Plankton sehr nahrungsarm. In ernährungsphysiologischer Beziehung besteht bezüglich des Planktons eine auffallende Ähnlichkeit der großen, tiefen schweize- rischen und oberitalienischen Wasseransammlungen mit der Hochsee. 5. Die Eigenfarbe des Wassers war blau für den Hochrhein, blaugrün bis grün für den Bodensee, grün für den Oberrhein, gelb- grün bis gelblich für den Mittelrhein, gelblich bis gelbbraun für 'den Niederrhein (Bedeutung der Permanganatzahl für große Seen). Während sich der Rhein eines Teiles seiner absiebbaren Schwebe- stoffe zu entledigen vermochte, unterlagen die gefärbten gelösten organischen Stoffe keiner auffallenden Zersetzung. Jedenfalls ge- wann der Rhein in der niederdeutschen Ebene bei seiner jetzigen Inanspruchnahme keine „grünen Wellen" wieder. 226 F- Jesenko: 6. Im Mündungsgebiet verliert der Rhein durch die Einwir- kung der Fhit seinen normalen Strömungscharakter und unterliegt periodischer Stagnation. Infolge dieser veränderten Verhältnisse pflegt, wenigstens zur wärmeren Jahreszeit, ein stärkeres An- wachsen von im freien Wasser lebenden Kleintieren, die als Plank- ton- und Detritusfresser tätig sind, einzutreten, wodurch im Verein mit der beginnenden brakigen Natur des Wassers veränderte ökolo- gische Gleichgewichtsverhältnisse einzutreten beginnen. Beim end- gültigen Vordringen in das Meerwasser stirbt das ßheinplankton schließlich ab, hilft dadurch düngen und liefert so in der Nähe der Küste Nahrung für die marinen Schwebeorganismen. 29. F. Jesenko: Über das Austreiben im Sommer ent- blätterter Bäume und Sträucher. (Aus dem Institute für Pflanzeozüchtung der Hochschule für Bodenkultur in Wien.) (Mit Tafel IX.) (Eingegangen am 26. April 1912.) Es ist bekannt, daß Bäume, die ihr Laub — beispielsweise durch Käferfraß — verloren haben, noch in derselben Vegetations- periode neuerlich ausschlagen und sich in kurzer Zeit wieder mit frischem Blattwerk bedecken, indem Knospen, die normalerweise erst im nächsten Frühjahr austreiben würden, nach der Entblätte- rung sofort zur Entwicklung schreiten. Ein sofortiges neuerliches Austreiben erfolgt jedoch, wie JOHANNSEN gezeigt hat, nur dann, wenn die Entlaubung zeitig im Sommer erfolgt, während im Spät- sommer entblätterte Staucher bis zum nächsten Frühjahr kahl bleiben. Die Versuche JOHANNSENs wurden von MOLISCH be- stätigt und dahin ergänzt, daß nicht nur eine vollständige Ent- laubung, wie JOHANNSEN meinte, sondern auch eine teilweise Ent- blätterung ein neuerliches Austreiben nach sich bringt, wenn sie nur zeitig im Sommer ausgeführt wird. Im Spätsommer, wo auf bloße Entlaubung hin kein Austreiben mehr erfolgt, gelang es JOHANNSEN durch Einwirkung von Ätherdämpfen, MOLISCH durch das Warmbad, noch in derselben Vegetationsperiode eine K-.iDspenentwicklung anzuregen. über das Austreiben im Sommer er tl lättcrter Bäume und Stiäucher. ■_J7 Meine Versuche gingen dahin, za prüfen, inwieferne da» Stich- und Injektionsverfahren (JESENKO, WEBER) eine Wieder- belaubung im Spätsommer entblätterter Bäume zu beeinflussen ver- mag. Zu diesem Zwecke wurden verschiedene, teils im Freilaiul stehende, teils eingetopfte Bäumchen und Sträucher entlaubt und die Knospen mit verdünntni Alkohol-, Atherlösungen und reinem Wasser injiziert bzw. nur angestochen. Von einigen Holzgewächsen wurden abgeschnittene und entblätterte Zweige in Glasgefäße mit Wasser gestellt und die Knospen in ähnlicher Weise wie bei ein- getopften Pflanzen behandelt. Tilia grandifolia. Am 24. Juli wurden zwei ungefähr 3 m hohe Bäumchen von Tilia entblättert, von denen das eine In- jektionen in die Knospen erhielt, das andere aber als Kontroll- pflanze keiner weiteren Behandlung unterzogen wurde. An ver- schiedenen Stellen des Baumes wurden die Knospen mit 10-, ö- oder 1 proz. Alkohol, mit 1- und O,lproz. Äther, andere wieder mit reinem Wasser injiziert oder auch nur angestochen. Am 31. Juli begannen die ersten Knospen zu schwellen und zwar jene, die mit 1 proz. Alkohol injiziert worden waren. Tags darauf folgten die angestochenen, mit Wasser und O,lproz. Äther injizierten Knospen, während die nicht angestochenen, die mit 10- und öproz. Alkohol und Iproz. Äther injizierten Knospen an diesem Tage noch vollständig geschlossen waren; auch die Knospen des Kontroll- exemplares rührten sich noch gar nicht. Am 5. August ent- wickelten die mit Wasser injizierten Knospen bereits Blätter und auch einige mit öproz. Alkohol eingespritzte Knospen gingen auf; 10 proz. Alkohol und Iproz. Äther schädigten aber die Knospen durchwegs so stark, daß sie gar nicht austrieben. Am Kontroll- bäumchen öffneten sich nur wenige und vor allem kleine, tief in der Baumkrone sitzende Knospen. Am 9. August waren einzelne injizieite und angestochene Knospen bereits zu 3 — 5 cm langen Sprossen ausgewachsen; am meisten voran waren die, welche eine Wasserinjektion erhielten. Die nicht behandelten Knospen am selben Zweige waren alle ohne Ausnahme noch geschlossen. Tiefer in der Baumkrone sitzende Knospen entwickelten sich viel rascher und kräftiger als die an der Peripherie des Baumes gelegenen (Taf. IX, Fig. 1 u. 2). Während an vollständig entblätterten Zweigen die Knospen nach Verletzung und nach Injektionen bereits nach einigen Tagen zu wachsen begannen, blieben die ebenso behandelten Knospen ■228 P- Jesenko: jener Zweige, an denen noch eine Anzahl Blätter belassen wurde, in der Regel vollständig stecken. An einem Zweige mit 35 Blättern wurden 23 abgenommen und 12 Blätter zerstreut auf dem Zweige stehen gelassen. Von den 23 in den Achseln der abgenommenen Blätter gestandenen injizierten oder angestochenen Knospen ging keine einzige auf. Am 8. August wurden noch die restlichen 12 Blätter abgenommen, doch trieben auch dann die Knospen nicht mehr aus. An einem langen Zweige wurden mit Ausnahme zweier Blätter alle abgenommen und am 25. Juli mehrere Knospen, auch die in den Achseln der zwei zurückgebliebenen Blätter stehenden mit Iproz. Alkohol injiziert. Während die meisten Knospen bis zum 8. August bereits beblätterte Sprosse austrieben, blieben die zwei Knospen in den Blattachseln vollständig stecken und entwickelten sich auch dann nicht, als die Blätter am 2. August abgenommen wurden. Die zurückgebliebenen Blätter verhinderten also in irgend einer Weise das Austreiben der Knospen, die sonst durch Anstich und entsprechende Injektionen regelmäßig aufgingen. Fagus silvatica. Das 2 m hohe Bäumchen wurde am 30. Juli vollständig entlaubt und den Tag darauf in die Knospen 5- und Iproz. Alkohol, 1- und 0,5proz. Äther und reines Wasser mit Hilfe der Morphiumspritze injiziert. Einige Knospen wurden mit der Spitze der Morphiumspritze an der Basis angestochen oder es wurde der Stich so geführt, daß er durch die ganze Längsachse der Knospe hindurchging. Die beginnende Entwicklung stallte sich am 10. August bei Knospen ein, die mit Iproz. Alkohol in- jiziert worden waren. Am 10. August öffneten sich viele von den angestochenen Knospen und zwar gleichgültig, ob sie nur am Grunde oder der ganzen Länge nach durchstochen worden waren. Im letzteren Falle ereignete es sich jedoch häufig, daß der in der Knospe ruhende Trieb durch den Anstich so stark verletzt wurde, daß die ganze weitere Entwicklung eine empfinliche Störung er- litt. Wurde jedoch der Stich unterhalb der Knospe in das Holz geführt, so blieb er wirkungslos. Um ein Austreiben zu bewirken, muß der Stich die Knospe selbst oder mindestens die Basis der- selben treffen. Ich dachte zuerst, daß die Verletzung in erster Linie am Grunde der Knospe wirksam wäre. Daß dem nicht so ist, zeigte sich an Knospen, die nur hoch oben an der Spitze zwei bis dreimal durchstochen wurden und doch in 10 Tagen zu treiben begannen. Eine Anzahl Knospen wurde mit einem scharfen Messer ungefähr in der Mitte etwas angeschnitten oder die Spitze der Knospe wurde mit einer Schere abgeschnitten. Die in dieser Weise verletzten Knospen trieben am 10. August aus wie die an über das Austreiben im Sommer entblätterter Bäume und Sträucher. 229 der Basis angestochenen und entwickelten sich in der Folgezeit zu schönen Sprossen, während die nicht verletzten Knospen durchweg geschlossen blieben (Taf. IX, Fig. 4). Mag nun die Verletzung durch Stich oder Schnitt an der Basis oder an der Spitze der Knospen geschehen, es erfolgt da- durch im Spätsommer eine Wiederbelaubung von Fagus, während die bloße Entblätterung wirkungslos bleibt. Yon nicht behandelten Knospen gingen am ganzen Baume nur vier Knospen am 18. August auf ; es waren kleine, im unteren Teile der Krone gelegene Knospen 1). Injektionen von 5proz. Alkohol und von verdünntem Äther waren dem Austreiben weniger günstig, die Knospen gingen wohl am 9, August auf, sie entwickelten sich jedoch nicht so gut, wie die mit Wasser und Iproz. Alkohol injizierten. Am 20. August wurde ein eingetopftes Buchenbäumchen ent- laubt und die Knospen mit 10-, 5-, Iproz. Alkohol mit 1- und O,lproz. Äther und reinem Wasser injiziert. Einige Knospen wurden bloß angestochen oder mit einer Schere entspitzt. Am 2. September begannen einige Knospen, und zwar die mit 5proz. Alkohol injizierten, zu treiben. Zwei Tage nachher fingen auch die verletzten Knospen an aufzugehen, doch waren ihnen die mit Alkohol injizierten Knospen auch weiterhin in der Entwicklung stets voran. Während also im Juli mit 5proz. Alkohol injizierte Knospen sich sehr schlecht entwickelten, rief dieselbe Alkohol- konzentration, einen Monat später injiziert, die optimale Knospen- entwicklung hervor. Am 9. September waren einzelne Sprosse bereits 3 cm lang und trugen gut entwickelte Blätter. Von den nicht behandelten Knospen ging aber keine einzige auf. '■ Quercus pedunculata. Einer kleinen Eiche wurden am 24. Juli alle Blätter abgenommen und die Knospen mit verdünntem Alkohol, Äther und reinem Wasser injiziert oder nur angestochen. Am 3. August war eine Entwicklung an Knospen, die gar nicht be- handelt wurden, zu beobachten. Am 6. August hatten diese Knospen bereits kleine Blätter entfaltet, während die injizierten 1) In einer früheren Abhandlung nannte ich die Methode, durch Stich das Austreiben von Knospen hervorzurufen, das Stichverfahren. Nach den Erfahrungen bei Tilia, Fagus und bei noch weiter zu besprechenden Ge- wächsen scheint mir jedoch die Bezeichnung „"Verletzungsmethode" wie sie Weber, der gleichzeitig mit mir die Wirkung des Stiches in die Knospen be- obachtet hatte, vorschlug, jedenfalls entsprechender, weil sie die verschiedenen mechanischen Verletzungsarten einschließt. Ich will künftighin die Bezeichnung Verletzungsmethode bei allen das Austreiben fördernden mechanischen Ver- letzungsarten anwenden, während Injektionen von Lösungen weiter als be- sonderes, auch bezüglich der Wirkungsweise mit der Verletzung nicht identi- fizierbares Verfahren aufgefaßt werden sollen. 230 i'- JiiSENKO: und angestochenen Knospen durchweg zurückblieben. Von 35 an- gestochenen Knospen kamen nur 2 zur Entwicklung und von 20 mit 1 proz, Äther injizierten gingen nur 8 auf. Etwas vorteil- hafter erwies sich die Injektion von Iproz. Alkohol, denn von 20 Knospen trieben am 3. August 12 aus. Ich vermute, daß die Knospen, die bei der Eiche, mit Ausnahme der Terminalknospen, sehr klein sind, beim Einstich mit der Kanüle zu stark verletzt wurden, so daß der Trieb in der Knospe in den meisten Fällen vernichtet wurde. Bis zum 11. August, also in 16 Tagen, haben sich die ausgetriebenen Knospen — fast nur die nicht behandelten — so weit entwickelt, daß das Bäumchen vollständig belaubt war und außer durch die lichtgrüne Färbung der Blätter von den da- neben stehenden Exemplaren kaum zu unterscheiden war. Sorhus torminalis. Dem Bäumchen wurden am 28. Juli 130 Blätter abgenommen und 50 zerstreut auf den Asten stehen ge- lassen, und darauf die Knospen mit 5- und 1 proz. Alkohol mit 1- und 0,1 proz. Äther und reinem Wasser injiziert. Keine einzige Knospe trieb aus, obwohl am 1. September auch noch die rest- lichen Blätter abgenommen wurden. Ein daneben stehender Strauch von Sorhus torminalis, am 28. Juli vollständig entlaubt, be- laubte sich jedoch bis zum 27. August sehr schön, indem die mit Iproz. und 0,1 proz. Äther injizierten Knospen am 5. August, die angestochenen und viele unbehandelten Knospen am 7. August austrieben. Carpinus hetulus, am I.August entlaubt, erhielt in die Knospen Injektionen von 5 proz. Alkohol und reinem Wasser, während einige andere nur angestochen wurden. Die Entwicklung war keine rasche. Am 15. August öffneten sich die ersten Knospen, die mit 5 proz. Alkohol injiziert w^orden waren. Am 18. August folgten einige unbehandelte Knospen, es kam jedoch zu keinem allgemeinen Austreiben. Es ist nicht ausgeschlossen, daß, wie bei Quercus, auch die Knospen von Carpinus durch die Einführung der Kanüle stark beschädigt wurden. Abgeschnittene und entlaubte Zweige von Acer platanoides und Acer Pseudoplaianus wurden am 4. August in Wassergläser gestellt und die Knospen durch Stich verletzt oder mit 1 proz. Alkohol injiziert. Am 15. August trieben die injizierten und am 17. August die verletzten Knospen beider -4cer-Arten aus. Obwohl Acer Pseu- doplaianus im Frühjahr normal einige Wochen später treibt als Acer platanoides, war im Herbst keine Verschiedenheit in der Zeit des Austreibens bei diesen beiden Formen zu bemerken. Es trieben jedoch nur die behandelten Knospen aus, die nicht behandelten blieben vollständig geschlossen. über das Austreiben im Sommer entblätterter Bäume und Sträucher. 231 Blütenknospen an abgeschnittenen und entblätterten Zweigen von Forshyüa sus^jensa wurden am 5. August angestochen oder mit 1 proz. Alkohol injiziert. Die Blütenknospen vertrockneten alle, wohl schlugen aber an der Basis derselben Blattknospen hervor. Am 24. Juli wurde ein im Freilande stehendes Syringa- bäumchen entblättert und die Knospen mit 10-, 5-, Iproz. Alkohol und mit Wasser injiziert oder nur angestochen. Das Treiben stellte sich zuerst bei den mit Wasser injizierten Knospen ein, und zwar bereits am 27. Juli. 10- und .5 proz. Alkohol wirkte nicht günstig auf das Austreiben der Knospen, während der Anstich und Iproz. Alkohol das Austreiben forderte. Die Verletzung wurde auch in ähnlicher Weise wie bei Fagus, nämlich durch Ab- schneiden der Knospenspitze, ausgeführt. Die so verletzten Knospen trieben aus, einzelne brachten sogar Blüten hervor, die Ende August 5 bis 8 cm lang waren. Von den nicht behandelten Knospen gingen einige auf, jedoch niemals Knospen an der Peri- pherie des Strauches. Einem zweiten Fliederstrauch wurden am 24. Juli alle Blätter abgenommen. Am 6. August gingen einige mehr im Innern des Strauches sitzende Knospen auf, die Knospen an der Peripherie öffneten sich jedoch im Herbst 1911 nicht mehr. Syringa weist also die gleiche Erscheinung auf, wie wir sie bei Tilia kennen gelernt haben, nämlich daß Knospen, die im unteren Teile der Baumkrone, also mehr im Schatten lagen, früher und anfangs viel kräftiger austrieben als die Knospen an der Peripherie des Strauches. Am 18. August entblätterter Fliederstrauch, dessen Knospen mit verdünntem Alkohol und Äther injiziert wurden, begann am 1. September zu treiben, und zwar entwickelten sich die mit Iproz. Alkohol injizierten Knospen am besten; 5proz. Alkohol war jedoch zu stark. Nicht injizierte Knospen rührten sich gar nicht. Aber auch die mit Iproz. Alkohol injizierten Knospen entwickelten sich nicht weit; die Blütenknospen öffneten sich, die Blütentrauben traten wohl noch heraus, sie wuchsen aber nicht weiter. Am 4. September wurde ein ^'^/mi^a-Bäumchen entblättert und wie in den vorigen Versuchen mit Alkohol, Äther und Wasser injiziert oder durch Stich verletzt. Nur Knospen, die mit 5 proz. Alkohol injiziert worden waren, begannen am 15. September zu schwellen, die Entwicklung ging jedoch nicht weiter und sie ver- blieben in diesem Zustande auch, nachdem der Stock ins Warm- haus gebracht wurde. Iproz. Alkohol, Äther in 1- und 0,1 proz. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 16 232 F- JESENKO: über das Austreiben im Sommer entblätterter usw. Konzentration, Wasser, ebenso wie die Verletzung durch Stich und Abschneiden der Knospenspitze blieben vollständig wirkungslos. Wie bei den Injektions- und Bäderversuchen im Winter (Ber. d. D. Bot. Gesellsch. 1912, Heft 2) zeigte sich auch hier, daß dieselbe Alkohol- oder Äther-Konzentration, zu verschiedenen Zeiten angewendet, eine ganz verschiedene Wirkung ausübt. Nur ist der Vorgang gerade umgekehrt, indem gegen den Spät- herbst immer stärkere Konzentrationen, gegen das Frühjahr hin- gegen immer verdünntere Alkohol- und Atherlüsungen ange- wendet werden müssen, um einen günstigen Treiberfolg zu erzielen. Literatnrnachweis. JOHANNSEN. 1. Das Ätherverfahren beim Frühtreiben. Jena 1900. 2. Über Rausch und Betäubung der Pflanzen. Naturwissensch. Wochenschrift 1902, Nr. 9. Jesenko, 1. Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzu- kürzen. I. Mitteilung. Berichte d. Deutsch, Bot Gesellsch. Jahrg. 1911. Bd. XXIX, Heft 5, und H. Mitteilung 1912, Bd. XXX, Heft 2. 2. Das Frühtreiben mittelst Injektion, Stich und Alkoholbad. Österr. Garten- zeitung. Jahrg. 1911. MOLiSCH, Über ein einfaches Verfahren, Pflanzen zutreiben (Warmbadmethode). Sitzungsber. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien 1908, Bd. OXVH Heft 1 und 1909*Bd. CXVIII, Heft VI. Webee, Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch Ver- letzung der Knospen beziehungsweise Injektion derselben durch Wasser (Verletzungsmethode). Sitzungsber. d. Kais. Akad d. Wiss. in Wien 1911. Bd. OXX, Heft VI. Erldärnnc: der Tafel IX. Fig. 1. Tilia yramUfolia. Zweige von der Peripherie des Baumes, a) Wasser-, b) 1 proz. Alkoholinjektion; c) Stich. Die Entblätterung geschah am 24. Juli, die photographische Aufnahme am 9. August 1911. Fig. 2. Tilia grmidifolia. Schattenzweige am 24. Juli 1911 entblättert und injiziert: a) mit 1 proz. Alkohol, b) mit Wasser; c) und d) angestochene Knospen. Photographiert am 9. August 1911. Fig. 3. Syrlnga vulgaris, a) und b) mit Wasser injiziert; die Knospe in b wurde durch den Anstich stark verletzt; c) Verletzung durch Ab- schneiden der Knospenspitze; d) und e) Injektion von 1 proz. Alkohol; f) Verletzung durch Stich. Beginn des Versuches am 24. Juli, photogr. Aufnahme der Zweige am 14. August 1911. Fig. 4. Fagns silvaiica. Bei a und b erfolgte die Verletzung am 30. Juli 1911 durch Abschneiden der Knospenspitze. c) Ohne Behandlung aus- getriebene Knospen. Photogr. am 20 August. Sitzung vom 23. Mai 1912. 233 Sitzimg vom 23. Mai 1912. Vorsitzender: Herr L. AVlTTMACK. Der Vorsitzende macht zunächst Mitteihmg von dem am 16. April d. J. erfolgten Ableben des Herrn Oekonomierates Dr. Rud. Hesse in Marburg a. d. L. und gedenkt des schweren Verlustes, den die Gesellschaft durch den am 19. Mai d. J. erfolgten Tod Ed. Strasburgers in Bonn erlitten hat. Die Anwesenden ehren das Andenken an die Verstorbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Als ordentliches Mitglied wird vorgeschlagen Herr Häuser, Robert, cand. phil. in Berlin NW 23, Claudiusstraße 15 (durch P. CLAUSSEN und E. JAHN). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren: Mitiacher, Dr. Wilhelm, Professor in Wien. Herrig, Friedrich in Charlottenburg. Rabbas, P. in Charlottenburg. Schroeder, Dr. Dominicus in Göttingen. Bohutinsky, Gustav, Professor in Krizevci. Herr PAUL MAGNUS legte einige Zweige von Cheiranthus Cheiri vor, die von Peronospora parasitica (Pers.) Tul. befallen waren» Diese Feronospora tritt in diesem Frühjahr epidemisch auf dem Goldlack im Botanischen Garten zu Dahlem auf, namentlich in Ber. der deutschen bot. Gesellscb. XXX. 17 234 Sitzung vom 23. Mai iyi2. einem großen dicht mit Goldlack bepflanzten Beete nahe dem beim Museum gelegenen Eingange des Botanischen Gartens. Sie tritt aber auch in kleineren dort gepflanzten Gruppen des Gold- lacks auf. Ihr Auftreten ist mannigfaltig, bald auf einzelnen Fruchtknoten oder kleinen Flecken auf Blättern oder dem Stamme, bald die Sprosse, namentlich die Blütensprosse weit durchziehend und mannigfache Krümmungen des Blütenstandes und der Frucht- knoten veranlassend. Vortragender hat dieses Auftreten schon 1894 in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft S. (39) — (44) behandelt. Sehr interessant ist ihm dieses epidemische Auftreten auf Cheiranthus Gljeiri. Vergebens suchte er in der Nähe die Peronospora parasitica auf anderen Gruciferen, namentlich auf Capsella bursa pastoris. Vergebens suchte er sie auf der Cardamine pratensis in der benachbarten Wasserpflanzen-Kultur; vergebens beim allerdings nur zweimal unternommenen schnellen Durchstreifen des Botanischen Gartens auf einer anderen Crucifere. So fand er sie z. B. nicht auf der in schöner Blüte stehenden Iberis, die er speziell darauf untersuchte, weil sie auch derbere kräftigere Blätter wie Cheiranilms hat. Dieses Fehlen der Peronospora parasi- tica in der Nachbarschaft des epidemisch befallenen Cheirantlius- Cheiri-^eetes und der kleineren davon getrennten Gruppen ist um so bemerkenswerter, als Per. parasitica häufig bei Berlin z. B. auf Capsella, AUiaria officinalis, Sispmbrium- Arten und andern Gruciferen auftritt. Dies legte dem Vortragenden den Gedanken nahe, daß es sich hier um eine biologische Race der Peron. para- sitica handeln möchte, die sich dem Cheiranthus Cheiri angepaßt hat. Solche E-acen sind namentlich bei Uredineen bekannt, und Vor- tragender hat sie 1894 in Hedwigia, Bd. XXXIIE, S. 77-83 und S. 362—366 und 1895 im Botanischen Centralblatt, Bd. LXIII, Nr. 28 29 als „Gewohnheitsracen" bezeichnet. Sie bilden den Übergang zu den biologischen Arten oder Unterarten, wie sie von ROSTRUP, Ed. Fischer und seinen Schülern, von KLEBAHN und Eriksson begründet sind. Eine solche Gewohnheitsrace möchte die auf Cheiranthus Cheiri epidemisch aufgetretene Peronospora parasitica auch sein. J. VON Wiesner: Heliotropismus und Strahlengang. 235 Mitteilungen. 30. J. von Wiesner: Heliotropismus und Strahlengang. (Mit vier Textfiguren.) (Eingegangen am 6. Mai 1912.) 1. In einer kleinen Abhandlung, welche in diesen Berichten') ■erschien, habe ich den Versuch gemacht, das Zustandekommen des positiven Heliotropismus im diffusen Tageslichte mit Rück- sicht auf den Strahlengang festzustellen und zu erklären. Da sich unter natürlichen Verhältnissen der positive Heliotropismus im Tageslicht vollzieht, wurde die Behandlung dieses Problems be- sonders nahegelegt. Freilich war die Lösung gerade dieses Problems durch die Kompliziertheit des bei diffusem Tageslicht stattfindenden Strahlenganges einigermaßen erschwert. Joder Punkt des bestrahlten Organs wird ja von unendlich vielen Strahlen getroffen, welchen je nach der Einfallsrichtung eine verschiedene Intensität zukommt. Das Ergebnis dieser meiner Studien lautet dahin, daß die iaktische Lage des im diffusen Tageslicht heliotropisch gewordenen Organs sich als Resultierende zahlreicher heliotropischer Einzelneffekte darstellt und daß dieses Organ bei aufrechter Anfangsstellung in einer Vertikal- ebene dem Lichte zustrebt, welcher im ganzen wirksamen Lichtfeld die größte Intensität zukommt. Später hat sich HAGEM'^) mit einer ähnlichen Frage beschäf- tigt; er untersuchte nämlich, welche Lage ein positiv heliotro- pisches Organ im künstlichen Lichte und bei zweiseitiger Beleuchtung mit Rücksicht auf den Strahlengang einnimmt. Er ging von meinem heliotropischen Photometerversuch') aus, welcher 1) J. WlESNEE, Über Heliotropismus, hervorgerufen durch diffuses Tageslicht. Ber. d. D. Bot. Ges. Bd. XVI (1898), S. 68 ff. 2) 0. HagEM, Über die resultierende phototropische Lage bei zweiseitiger Beleuchtung. BERGENs Museums Aarbok. 1911, Nr. 3. 3) J. WlESNER, Die heliotropischen Erscheinungen. Denkschriften der IViener Akademie der Wissenschaften. Bd. 39 (1878), I. Teil, S. 183 (Sep.- Ahdr. S. 43). 17* 236 J. VON WiESNER: lehrte, daß ein heliotropiscli sehr empfindliches Organ, in der ge- raden Verbindungslinie zwei er Flammen und in der Mitte zwischen beiden aufgestellt, genauer als das BUNSENsche Photometer zwischen der Lichtstärke beider Flammen unterscheidet, indem es sich jener Flamme zuwendet, welche die größere Inten- sität besitzt. HageM änderte den von ihm bestätigten Photometerversuch sodann derart ab, daß er die Yersuchspflanzen aus der Verbin- dungslinie der beiden Flammen hinausschob, wobei er fand, daß die heliotropische Bewegung weder nach der einen noch nach der andern Flamme hin stattfindet, sondern zwischendurch der resul- tierenden Strahlenrichtung der beiden Leuchtkörper folgt. Nach meinen im diffusen Lichte vorgenommenen Experimenten konnte kein anderes Resultat erwartet werden. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß HaGEM in sehr instruktiver Weise nach einer dem Prinzipe des Kräfteparallelogramms entsprechenden Konstruktion die resultierende Lage der heliotropischen Organe aus- findig machte. Durch einen Versuch zeigte HaGEM auch, daß bei zweiseitiger (symmetrisch nach rechts und links gehender) Be- leuchtung die heliotropische Bewegung das Organ nach einer re- lativ dunklen Stelle hin dirigieren kann. Auch dieser Versach steht im Einklang mit meinen im oben zitierten Aufsatz ausge- führten Anschauungen. 2. Bei Abschluß meiner Arbeit war ich mir völlig klar, daß trotz des oben angeführten Ergebnisses — des zum ersten Male ge- führten Nachweises resultierender Wirkungen divergierender Strahlen beim Zustandekommen des Heliotropismus — das Problem doch nur zur Hälfte gelöst sei. Denn ich hatte wohl die Vertikal- ebene gefunden, in welcher bei diffuser Tagesbeleuchtung ein an- fangs aufrechtes heliotropisches Organ sich zum Lichte krümmt; aber die Richtung ausfindig zu machen, welche das Ziel der helio- tropischen Bewegung bezeichnet, war meine damals angewendet» (photographische) Methode nicht ausreichend. Es handelt sich also darum, den hellsten Punkt des diffus beleuchteten Lichtfeldes ausfindig zu machen. Denn diesem Punkte muß der Pflanzenteil folgen, wenn die heliotropische Zielrichtung erreicht ist. Wenn es sich darum handelt, einen Punkt am Himmel genau zu bezeichnen, so sucht man dessen „Azimut" (Vertikalkreis) und dessen „Höhe". Wenn ich diese in der Astronomie gebräuch- lichen Ausdrücke auf unseren Fall — Aufsuchung des hellsten Punktes eines Himmelsstückes — anwende, so kann ich mit Rück- Heliotropismus und Strahlengang. 237 sieht auf meine damals veröffentlichten Untersuchungen sagen, ich hatte das „Azimut"') dieses hellsten Punktes gefunden; es erübrigt noch die „Höhe" desselben ausfindig zu machen. Es ist mir gelungen, einen einfachen Apparat herzustellen, mit dem man die Richtung des stärksten diffusen Lichtes eines bestimmten diffus beleuchteten Lichtareals eines Himmelstückes ausfindig machen kann. Ich habe diesen Apparat unter dem Namen Skioklisimeter-) früher schon beschrieben. Dieser Apparat leistet dem Pflanzenphysiologen gute Dienste, indem es mit dem- selben nicht nur gelingt, „Azimut" und „Höhe" der stärksten dif- fusen Beleuchtung festzustellen, sondern auch die im diffusen Tageslicht zustande gekommene heliotropische Zielrichtung zu finden und zu konstatieren, ob ein Blatt euphotometrisch ist, d. h. die Eigenschaft besitzt, sich senkrecht auf das stärkste diffuse Licht des ihm zufallenden Lichtareals zu stellen''). 3. Meine Studien über die Beziehung der Strahlenrichtnng zum Heliotropismus habe ich weiter fortgesetzt, auf die Erscheinung des euphotometrischen Charakters des Laubblattes ausgedehnt und die Ergebnisse dieser Untersuchungen in einer Abhandlung nieder- gelegt, welche unter dem Titel „Studien über die Richtung helio- tropischer und photometrischer Organe im Vergleiche zur Einfall- richtung des wirksamen Lichtes" in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften demnächst erscheinen wird. In der vorliegenden kleineren Schrift will ich das Wichtigste aus meinen Untersuchungen über den Zusammenhang der Rich- tung der Lichtstrahlen mit der Erscheinung des positiven Heliotro- pismus kurz zusammenfassen. Um den Zusammenhang zwischen der Richtung des wirken- den Lichtes und der hierdurch bedingten Orientierung der Pflanzen- organe erfassen zu können, ist es notwendig, die Beleuchtungsver- hältnisse genauer zu analysieren, als es bisher geschehen ist. 1) Ich nehnae den in der Astronomie gebräuchlichen Ausdruck „Azimut" in beschränktem Sinne, soferne ich bezüglich des Vertikalkreises der stärksten Beleuchtung eine Orientierung im Welträume nicht annehme. Mit Rücksicht auf die Kompaßpflanze und der Abweichung ihrer Blattlage vom Meridian könnte der Begriff „Azimut" auch im vollen astronomischen Sinne in der Pflanzenphysiologie Verwendung finden. 2) J. V. Wiesner, Eine Methode zur Bestimmung der Richtung und Intensität des stärksten diffusen Lichtes eines bestimmten Lichtareals. Sitzungs- ber. der Wiener Akademie Bd. 119 (1910). 3) J. V. Wjesner, 1. c. S. 608 ffd. iSep.-Abdr. S. 10 ffd.). Der Apparat kann von Herrn Universitätsmechaniker Oastagna (Wien, Physiolog. Institut) bezogen werden. 238 J- "^ON \^1ESNER: 4. Um zu einem guten Überblick über die verschiedenen Be- leuchtungsverhältnisse zu gelangen, welchen die Pflanzen in der Natur oder im Experiment ausgesetzt sind, erscheint es am zweck- mäßigsten, zwischen natürlicher und künstlicher Beleuchtung zu unterscheiden. In beiden Fällen wird man aber darauf zu achten haben, ob die Beleuchtung durch parallele oder durch divergent© Strahlen erfolgt. Es scheint mir nicht überflüssig zu sein, bei dieser Gelegenheit zu bemerken, daß Lichtstrahlen häufig als pa- rallel angenommen werden, die aber, strenge genommen, nur ein© Annäherung an Parallelismus darbieten, wie z. B. die Sonnen- strahlen, deren Divergenz durch die im Schatten der Bäume zu- standekommenden Sonnenbilder so leicht zu veranschaulichen ist'). 5. Was den Strahlengang bei künstlicher Beleuchtung an- belangt, so möchte ich zunächst die Verhältnisse schildern, welche sich bei divergentem Lichte mit liücksicht auf die Beleuchtung heliotropischer Organe ergeben. Man wird hier zu unterscheiden haben, ob die Beleuchtung durch einen Leuchtpunkt (praktisch genommen durch einen Leuchtkörper) oder durch zwei oder mehrer© Leuchtpunkte erfolgt. Ich spreche in der Folge der Einfachheit halber von der Beleuchtung durch Leuchtpunkte und nicht von Leuchtkörpern. Es kommt die angenommene Beleuchtungsart der faktischen desto näher, je kleiner der Leuchtkörper und je größer dessen Entfernune: von dem betreffenden Pflanzenteil ist. Ich betrachte zunächst die Beleuchtung durch einen Leucht- punkt (Fig. 1). Von einem Leuchtpunkte gehen unendlich viel© Strahlen nach allen möglichen Richtungen aus. Aber nur ein Teil dieser Strahlen fällt auf den betreffenden Pflanzenteil. In Fig. 1 ist der Querschnitt eines zylindrisch gedachten heliotropischen Or- gans gezeichnet, welcher von dem Leuchtpunkt L bestrahlt wird. Die in den Punkten a und b den Querschnitt tangierenden Strahlen bilden die Grenzen der Beleuchtung. Da sie den Querschnitt nur tangieren, so muß ihre Wirkung (auch ihre heliotropische) gleich Null sein; und es ist schon von vornherein anzunehmen, daß von diesen Nullpunkten an die Wirkung der übrigen Strahlen sich immer mehr steigert und in dem Strahl LH ihr Maximum erreicht. Es ist klar, daß dieser Strahl — er soll später als Hauptstrahl näher charakterisiert werden — im Punkte c den Querschnitt am intersivsten beleuchtet. Es läßt sich auch durch das Experiment 1) J. Wiesner, Über die Veränderungen des direkten Sonnenlichtes beim Eintritt in die Laubkrone der Bäume. Sitzungsber. d. Wiener Akademie, Bd. 118 (1909). Heliotropismus und Strahlen gang. 239 zeigen daß die Krümmung des heliotropischen Pflanzenteils in einer Vertikalebene erfolgt, welche den Hauptstrahl in sich aufnimmt, so daß also der Hauptstrahl für die Richtung des heliotropischen Pflanzenteils maßgebend ist. Dieser Strahl (Hauptstrahl) besitzt eine Reihe von charakte- ristischen Eigenschaften. Er erreicht den Querschnitt unter allen denselben beleuchtenden Strahlen auf dem kürzesten Weg und er durchschreitet den Querschnitt in dessen größter Ausdehnung, indem Fig. 1. Querschnitt durch ein heliotropisches, zylindrisch geformtes Organ, welches von dem Leuchtpunkt L bestrahlt ist. LH Hauptstrahl. La und Lb Grenzen der Nebenstrahlen. er den Durchmesser seiner ganzen Länge nach durchstrahlt. Er erfährt unter allen durch den Querschnitt gehenden Strahlen die stärkste Absor23tion und die geringste Brechung. Daß der Hauptstrahl in der Berührung mit dem Querschnitt auf diesen mit seiner größten Intensität wirkt, ist schon gesagt worden. Es ergibt sich aus diesen Eigenschaften, daß an den beiden Schnitt- punkten des in den Querschnitt eintretenden Hauptstrahls, welche einander gegenüber an der Licht- und Schattenseite des betreffen- 240 J. VON WlESNER: den Organs gelegen sind, die Differenz der Lichtintensität ihr Maximum erreichen muß. In Fig. 2 ist schematisch die Bestrahlung des Querschnittes eines heliotropischen Organs durch zwei Leuchtpunkte dargestellt. Erfahrungsgemäß folgt das heliotropische Organ weder der einen noch der anderen Lichtquelle, sondern stellt sich in die Resultierende der beiden Hauptstrahlen. Diesen Fall hatte HaGEM experimentell geprüft und hat dabei ganz richtig gefunden, daß der heliotropische Pflanzenteil nicht Fig. 2. Querschnitt eines heliotropischen, zylindrisch geformten Organs, welches von zwei Leuchtpunkten Li und Lj bestrahlt ist. L, H^ und LjHa Haupt- strahlen, Li a^ und L^ b^ Grenzstrahlen bezüglich des Leuchtpunktes L^. Lg a.2 und L, bj Grenzstrahlen bezüglich des Leuchtpunktes L^. OZ Resultierende der beiden Hauptstrahlen (L, H, und L^ H,). In der durch 0 Z gehenden Verticalebene bewegt sich das heliotropische Organ. wie bei der Beleuchtung im diffusen Tageslichte der stärksten Be- leuchtung, sondern einer geringeren Beleuchtung folgt. Es ist, wie schon oben auseinandergesetzt wurde, ganz erklärlich, warum bei zweiseitiger symmetrischer Beleuchtung (von rechts und links) der heliotropische Pflanzentail einem schwächeren Lichte folgen muß. Heliotropismus und Strahlengang. 241 Es kann nach diesen Auseinandersetzungen keiner Schwierig- keit unterliegen, sich klar zu machen, welche Richtung ein helio- tropischer Pflanzenteil einschlagen wird, wenn er von einer größeren Zahl von getrennten Leuchtpunkten bestrahlt wird. Immer wird die Richtung dieses Pflanzenteils die Resultierende jener Effekte repräsentieren, welche von den einzelnen Leuchtpunkten ausgehen. Es wird durch den Vergleich der Wirkung eines mit jener mehrerer Leuchtpunkte auf das heliotropische Organ klar ge- worden sein, warum es für unsere Zwecke erlaubt ist, statt der Fig. 3. QuerscliDitt durch ein heliotropisclies, zylindrisch geformtes Organ, von parallelstrahligem Lichte beleuchtet, LH Hauptstrahl, Za, Zb Grenzstrahlen. Die Nebenstrahlen wurden der Einfachheit halber ohne Berücksichtigung der Brechung gezeichnet. faktisch wirkenden (getrennten) Leuchtkörper theoretische Leucht- punkte zu setzen. Die Abweichung des Strahlenganges bei An- nahme eines Leuchtpunktes statt eines Leuchtkörpers übt auf das Resultat keinen wesentlichen Einfluß aus. Fig. 3 stellt den Querschnitt eines heliotropischen Organs dar, w^elcher von parallelem Lichte bestrahlt ist. Unter allen auf den Querschnitt fallenden Strahlen ist nur einer, welcher den Querschnitt in seiner ganzen diametralen Ausdehnung durchschreitet. 242 J. "VON WlESNER: Diesen Strahl darf man auch als Hauptstrahl bezeichnen, welcher für die heliotropische Richtung maßgebend ist, so daß sich dieser Fall (parallele Bestrahlung) dem allgemeinen Gesetze, daß die E-ich- tung des Hauptstrahls für die heliotropische Lage maßgebend ist, unterordnet. Es liegt hier ja doch nur ein Spezialfall vor, in welchem der leuchtende Punkt in unendlicher Entfernunp- anzu- nehmen ist, wodurch der Parallelismus der Strahlen bedingt wird. 6. Beleuchtung der heliotrop ischen Organe im dif- fusen Tageslichte. Die natürlichen Beleuchtungsverhältnisse gestalten sich im Vergleiche zu den künstlichen äußerst verwickelt. Schon die Beleuchtung im diffusen Tageslichte schließt eine große Komplikation in sich, indem jeder beleuchtete Punkt von unend- lich vielen in ihrer Richtung und Intensität verschiedenen Strahlen getroffen wird. Wäre zudem auf die Mitwirkung des direkten Sonnenlichtes Rücksicht zu nehmen, so müßte die Divergenz der Sonnenstrahlen und zudem die mit dem Sonnenstande sich fort- während ändernde Richtung der Sonnenstrahlen in Rechnung ge- zogen werden Ich habe aus Gründen möglichster Verständlichkeit darauf verzichtet, mit solcher Vollständigkeit die natürlichen Beleuch- tungsverhältnisse zu schildern und nehme bloß auf das diffuse Tageslicht Rücksicht. Daß indes auch direktes Sonnenlicht') und gemischtes Sonnenlicht'*) heliotropische Bewegungen hervorrufen, habe ich früher schon nachgewiesen. Die hierbei stattfindenden komplizierten Beziehungen zwischen Strahlungsrichtung und helio- tropischer Lage lasse ich hier außer Betracht und verweise bezüg- lich der hierbei stattfindenden tatsächlichen Verhältnisse auf die beiden eben zitierten Schriften. Die Beleuchtung eines heliotropischen Pflanzenteils durch diffuses Tageslicht Avird verständlich und ist mit den Ergebnissen bezüglich der "Wirkung künstlicher Beleuchtung in Einklang zu bringen, wenn man die gewiß durchaus berechtigte Annahme macht, daß jedes Himmelstück, natürlich auch der ganze Himmel, durch unendlich viele Leuchtpunkte erhellt ist. Da von jedem Leucht- punkt ein Hauptstrahl ausgeht, so gehen durch den Querschnitt eines diffus beleuchteten heliotropischen Pflanzenteils unendlich viele Hauptstrahlen. Jeder Hauptstrahl ist selbst wieder von un- endlich vielen Nebenstrahlen begleitet. 1) WlESNER, Die heliotropischen Erscheinungen, 1. c. II. Teil (1880)^ Sep.-Abdr. S. 69ffd. 2) Wiesner, Die Stellung der Blüten zum Lichte. Biol. CentralbL Bd. XXI (1901), S. 801 ffd. Heliotropismus und Strahlengang. 243 Fig. 4 dient dazu, schematisch die Beleuchtung des Quer- schnitts eines heliotropischen Organs zu veranschaulichen. Der dem diffusen Tageslichte ausgesetzte heliotropische Pflanzenteil wendet sich, wie ich schon in meiner Abhandlung aus dem Jahre 1898 auseinandersetzte, in der Vertikalebene stärkster Beleuchtung dem Lichte zu, und wächst, wie ich nun hinzufügen kann, wenn die heliotropische Zielrichtung erreicht ist, innerhalb der genannten Eben^ ihrem hellsten Punkte entgegen. Diese Rich- tung wird aber auch hier dadurch erreicht, daß sich der betreffende Pflanzenteil in die resultierende Richtung stellt, welche sich aus. dem Zusammenwirken der heliotropischen Einzelneffekte ergibt. Auch hier, beim Heliotropismus, hervorgerufen durch diffuses Fig. 4, Querschnitt eines heliotropischen, zylindrisch geformten Organs, von vorne durch diffuses Tageslicht bestrahlt. L, H,, Lj Hj, L3 H3 Hauptstrahlen. c, C2C3 Schnittpunkte, von Hauptstrahleii und Nebenstrahlen beleuchtet. Von den unendlich vielen Haupt- und Kebenstrahlen wurden nur einige wenige iu das Schema eingetragen. Tageslicht, resultiert die faktische Lage des heliotropischen Organs aus den Richtungen der Hauptstrahlen. Wendet sich der heliotropische Pflanzenteil gegen ein be- stimmtes Himmelsstück, so fällt die hierbei eingeschlagene Richtung mit jener der stärksten Beleuchtung zusammen. Das ist in der Natur Regel, wovon man sich durch das Skioklisimeter leicht überzeugen kann. Im Experiment kann man es allerdings so einrichten, daß selbst bei diffuser Tagesbeleuchtung sich Abweichungen von der Richtung des stärksten Lichtes einstellen. Es hat bereits HAGEM einen Ver- 244 J- "VON Wiesner: Heliotropismus und Strahlengang. such gemacht, demzufolge bei zweiseitiger Beleuchtung im diffusen Tageslichte durch zwei Fenster, ein -^ye?;«- Keimling sich nach vorne gegen die dunkle Wand, welche die beiden Fenster trennte, kehrte. Einen komplizierteren Fall mit analogem Erfolg beschrieb ich in der oben genannten, im Drucke befindlichen Abhandlung. Dort zeigte ich auch, daß euphotometrische Blätter, von zwei Seiten her durch gleich starkes diffuses Licht beleuchtet, sich senkrecht auf die resultierende Lichtrichtung einstellen. In der Natur kommen, wie bereits angedeutet, ähnliche ßichtungsverhältnisse . nur als seltene Ausnahmefälle und zwar, wie ich bisher gefunden habe, nur in schwacher Ausprägung vor. — Das Endergebnis der vorliegenden Untersuchung lautet da- hin, daß für die Richtung eines positiv heliotropischen Organs die Richtungen jener Strahlen maßgebend sind, w^elche den ganzen (senk- rechten oder geneigten) Querschnitt des Organs durchschreiten. Diese Strahlen wurden oben als Hauptstrahlen genau charak- terisiert. Ist nur ein Leuchtpunkt (Leuchtkörper) wirksam, so folgt der heliotropische Pflanzenteil direkt der Richtung des Haupt- strahls und damit der stärksten Beleuchtung. Sind mehrere getrennte Leuchtpunkte (Leuchtkörper) wirksam, so stellt sich das Organ in die Resultierende der Hauptstrahlen. Diesem Falle ist auch die Beleuchtung im diffusen Tages- lichte unterzuordnen, wobei die berechtigte Annahme gemacht wird, daß unendlich viele Leuchtpunkte wirksam sind. Unter natürlichen Beleuchtungsverhältnissen (im diffusen Tageslichte) und bei regulärer Beleuchtung von vorn folgt der heliotropische Pflanzenteil der Richtung des stärksten Lichtes. Bei symmetrischer Beleuchtung der Seiten der Organe weicht d^a«Ä«lbe bei Ä£iner heliotropischen Be- wegung dem starken Lichte aus. Eine solche seitliche symme- trische Beleuchtung läßt sich im Experiment leicht herbeiführen. In der Natur kommt eine solche Beleuchtung selten, man kann sagen, nur ausnahmsweise vor und prägt sich nur schwach aus. Die Regel ist, daß ein positiv heliotropisches Organ im diffusen Tageslichte der Richtung des stärksten Lichtes folgt. Da die Hauptstrahlen bei jeder beliebigen Intensität des Außenlichtes die unter den gegebenen Beleuchtungsverhältnissen stärkste Bestrahlung hervorzurufen vermögen und bei senkrechtem Einfall faktisch hervorrufen; da ferner durch sie die größte Differenz ü. Tunmann: Über Ferula Narthex Boissier, insbesondere usw. 245 in der Bestrahlungsstärke des Organs an seiner Licht- und Schatten- seite gegeben ist, so erscheint es mit Rücksicht auf den hierbei erzielten heliotropischen Effekt berechtigt, in diesen Bestrahlungs- verhältnissen die Art und Weise zu erblicken, wie das Licht in den Prozeß des positiven Heliotropismus eingreift. ,, Hauptstrahl" im Sinne der obigen Darlegungen ist kein physikalischer, sondern ein physiologischer Begriff, welcher ein E-ichtungsverhältnis des Lichtstrahls zu einem lichtempfindlichen Organ ausdrückt und welcher eine Reihe bestimmter physikalischer oben schon vorgeführter Eigenschaften in sich schließt. Ich möchte noch, um nicht mißverstanden zu werden, be- sonders betonen, daß nach meiner Ansicht nicht der Hauptstrahl, sondern die Richtung des Hauptstrahles für die Richtung des Organs maßgebend ist. Der Hauptstrahl bezeichnet eben jene Strahlungsrichtung, w^elcher die maximale Wirkung im ganzen von einem Lichtpunkte ausgehenden Strahlenbüschel zukommt. Es w^erden die Nebenstrahlen desto mehr zur Wirkung kommen müssen, je mehr sie dem Hauptstrahl genähert sind; und zudem ist die Richtung des Hauptstrahls die Resultierende der Richtungen der demselben Lichtbüschel angehörigen Nebenstrahlen. 31. 0. Tun mann: Über Ferula Narthex Boissier, insbe- sondere über die Sekretgänge dieser Pflanze. (Mit Tafel X.) (Eingegangen am 10. Mai 1912.) Im Sommer 1909 kam im Berner Botanischen Garten Ferula Narthex Boissier zur Blüte und Fruchtbildung. Die Liebenswürdig- keit des Herrn Prof. ED. FISCHER ermöglichte es mir, in Gemein- schaft mit Herrn VODA im TSCHIRCHschen Institut die Keimungs- geschichte imd, soweit es das Material zuließ, auch die Entwick- lung von Blüte und Frucht zu studieren '). Herrn VODA standen jedoch beim Abschluß dieses Teiles seiner Arbeit im November 1) Hierüber IvTäheres in der Dissertation von G. VODA, Anatomisch-ent- wicklungsgeschichtliche Untersuchungen einiger pharmakognostisch wichtiger Pflanzen. 246 0. Tünmann: 1910 nur kaum ■'Z« Jalir alto Pfliinzclien zur Verfügung, so daß ich mich entschlossen habe, weitere Beobachtungen anzustellen, welche die früher gewonnenen Befunde ergänzen und vor allem weitere, nicht uninteressante Tatsachen beibringen. Die Untersuchungen erstrecken sich in erster Linie auf die schizogenen Milchsaftgänge. Zuvor sei auf einige anatomische Fragen eingegangen. Der Bau der Keimwurzel von Fenila NartJtex ist folgender: die Bündelanlage ist diarch-tetrach, die sekundären Bündel sind regelmäßig im Kreise angeordnet und werden durch stärkeführendes Parenchym auseinander gehalten, welches auch den relativ mäch- tigen Holzkörper erfüllt. Die primären Gefäßplatten bleiben im Zentrum mehr oder weniger vollständig erhalten. Das llhizom ist bei einem 74 Jahr alten Pfiänzchen in anatomischer Hinsicht von der Wurzel kaum zu unterscheiden. Anomalien sind nicht aufzu- finden. GORIS^) hat nämlich den Bau des Rhizoms von Scorodosma foetidum Bunge an einem von MENTHIEN 1887 in Taschkent ge- sammelten Exemplar beschrieben. Der kurzen Mitteilung sind 2 Abbildungen von Querschnitten beigegeben. Der eine Quer- schnitt läßt ein wellenförmiges Kambium erkennen, weist aber im -übrigen normale Verhältnisse auf, der andere zeigt 10, in Parenchj^m eingebettete, hadrozentrische Bündel. Auf die Entwicklungsge- schichte wird nicht näher eingegangen, doch sagt GORIS, daß die Bündel in gleicher Weise entstehen wie bei Oenanthe, wo sie von COURCHET") beschrieben wurden. Wahrscheinlich kommen bei unserer Ferula die gleichen Anomalien vor, doch ist es bemerkenswert, daß bei einer 2VJährigen Pflanze (die Fig. 1, Taf. X, in natürlicher Größe darstellt) noch nichts davon zu sehen ist Hingegen werden am Ende der ersten Vegetationsperiode unterhalb des Kotyledonar- knotens die im Zentrum liegenden, primären Gefäßgruppen durch Korkmäntel eingeschlossen (Fig. 6). Die Bildung der Korkmäntel scheint regelmäßig zu er- folgen. Sie wurde wenigstens an den wenigen Exemplaren, die mir Herr Obergärtner SCHENK überlassen konnte, an 1- und 2VJährigen Rhizomen übereinstimmend festgestellt. Die gesamte ^zentral gelegene Gefäßgruppe nebst einigen angrenzenden Paren- chvmzellen wird von einem 6 — 8 reihigen Korkmantel umschlossen. 1) A. GORlS, Structure de la racine da Scorodosma foetidum Buoge, Journ. de Pharm, et de Chim., 1901, 6 ser. XIII, S. 549. 2) COüECHET, Les Ombellif^res, Montpellier 1882, auch H. SOLEßEDER, Systematische Anatomie der Dikotyledonen, 1899, S. 479. über Forula Narthex Boissier, insbesondere über die usw. 247 Der ganze Gewebekomplex innerhalb des Korkmantcls ist von braunen Massen mehr oder weniger ausgefüllt. Kelativ am wenigsten Füllsubstanz führen die Gefäße. Derartige Füllmassen bezeichnet man meist als Wund-Harz oder -Gummi. Ihr reaktio- nelles Verhalten läßt aber hier auch auf die Gegenwart von Fetten schließen. Durch Kochen mit alkoholischer Chloralhydratlösung werden Anteile herausgelöst. Bei dem 2V2Jährigen Exemplar war der Korkmantel etwa 1,5 mm hoch, hatte einen mittleren Durchmesser von 0,4 mm und legte sich mit seinem unteren Ende der Innenseite des Gefäßbündel- ringes an. Querschnitte unterhalb des Korkmantels zeigen ein völlig normales Rhizom Das Mark wird von einem Kranze kol- lateraler Bündel umgrenzt. Es kann somit als feststehend ange- sehen werden, daß die Bildung anomaler Bündel im Rhizom von Ferula Narthex erst nach dem 3. Jahre erfolgt. Auf welchen Ur- sachen aber das Ausschalten der primären Gefäßplatten durch Wundkork beruht, läßt sich mit Sicherheit an den 2- und 3jährigen ßhizomen nicht mehr ermitteln, da der Vorgang in der 1. Vege- tationsperiode einsetzen muß; diese Gefäße gehen in die Kotyle- donen. Möglicherweise üben die im Herbst absterbenden Kotyle- donen von oben her einen Zug oder Reiz aus, während zur gleichen Zeit die Bhizombildung einsetzt, wobei die primären Gefäßplatten ebenfalls auseinandergesprengt werden. Jedenfalls ist das regel- mäßige Auftreten stets an der gleichen Stelle interessant, denn "Wundkork im Holzkörper von Wurzeln und ßhizomen ist bekannt- lich keine seltene Erscheinung. Es sei nur daran erinnert, daß Wundkork von LANESSANi) und HART WICH 2) in der AVurzel von Älthaea officinalis beschrieben wurde und letzterer diesen bei Urginea maritima (L) Baker beobachtete. Über ähnliches berichtet KONINGSBERGER ') bei einer Rheum-Art u. a. Ein anderer anatomischer Befund betrifft den Bau der In- floreszenzachsen und der Stiele der Einzelblüten. Die Stiele der männlichen Dolden und die der einzelnen Blüten zeichnen sich durch unverholztes Mark aus und durch das Fehlen festerer 1) I. L. de Lanessan, Histoire des drogues d^origine vegetale par F. A. FlüCKIGER et D. Hanbury. Traduction de louvrage anglais, 1878, Bd I, S. 180. 2) C. Hartwich, Eigentümliche Bildung von Wundkork in der Wurzel von Althaea officinalis, Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharm., 1906, Nr. 10, und Archiv d. Pharm. 1889, S. 585, 3) I. 0. KONINGSBERGER, Eine anatomische Eigentümlichkeit einiger Rheum-ATtea, Bot. Ztg. 1893, Bd. LI, S. 85. 248 0. TüNMANN: mechanischer Elemente. Zwar sind die Kollenchymbeläge ziemlich kräftig ausgebildet, doch fehlen Sklerenchymzellen gänzlich. Hier- mit stimmt überein, daß die männlichen Dolden gleich nach dem Abblühen verwelken und herabhängen. Hingegen haben die Achsen der weiblichen Dolden und die Stiele der weiblichen Einzelblüten einen relativ schwächeren Holzkörper, der aber weit besser mechanischen Funktionen angepaßt ist. Der Bündelkreis wird durch Sklerenchym völlig geschlossen und auch das Mark der Blütenstiele verholzt schon vor der Befruchtung. Inflorenszenz- achse und Blütenstiel werden im Verlauf der Fruchtbildung über- wiegend durch mechanische Gewebe verstärkt und passen sich ihrer Funktion als fruchttragende Organe an. Da hierüber die An- sichten noch geteilt sind, so scheint mir Ferula Narihex ein ge- eignetes Versuchsobjekt für derartige Studien zu sein, ebenso jede Umbellifere mit analogen Blütenverhältnissen (Fig. 2 u. 3). Größeres Interesse beanspruchen nun die Gummiharz führenden, schizogenen Sekretgänge. Verfolgen wir die Sekretgänge in der Keimpflanze. Sie erscheinen zuerst im Kotyledonarknoten und lassen sich von dort aus zunächst nach den Kotyledonen weiter verfolgen. Die ungestielten Keimblätter verwachsen an ihrer Basis zu einer Manschette, wie es LAMARLIERE^) für Ferula glauca und communis, sowie für einige andere Umbelliferen beschrieben hat. Jedoch findet bei F. Narihex niemals ein Verschmelzen der Seiten- bündel statt ; die zu den Keimblättern führenden Bündel stehen in 2 Gruppen gesondert. Die 6 Bündel werden von 6 Gängen begleitet. In der Keimwurzel setzt die Bildung der Gänge erst später ein. Eine 5 cm lange Wurzel zeigt 12 — 26, dem Phellogen angrenzende, primäre Gänge, die bald mehr oder weniger der Ob- literation anheimfallen. Nach Übergang in den kollateralen Bau bilden sich die sekundären Gänge in den Phloemstrahlen. Eine 5 Monate alte "Wurzel führt 4 — 8 sehr enge, sekundäre Sekret- gänge. Erst nach dieser Zeit setzt gleichzeitig mit dem sekundären Zuwachs eine beschleunigte Neubildung phloemständiger Gänge ein. In die ersten Laubblätter schließlich zweigen mit den 5 Nerven- bündeln ebenfalls 5 Gänge ab und mit jeder Verzweigung der Bündel findet eine Teilung der zugehörigen Gänge statt. Anasto- mosen der Gänge waren nur im Kotyledonarknoten. Die Präparate der Blütenachsen zeigten ebenfalls keine Anastomosen. Die Gänge verlaufen im Mark und in der Rinde 1) G. DE LamaRLIkRE, Sur la germination de quelques Ombelliferes, Assoc. franc. p. l'avanc. d. sc, Marseille 1890, II, S. 480. über Ferula Narthex Boissier, insbesondere über die usw. 249 in fast gerader Biclitung, ancli Yerzweigungen sind nur vereinzelt aufzufinden. Selbst im Knoten der Infloreszenzen sind Anastomosen selten. In den Blütenstielen und in der Blüte v^erlaufen die Sekret- gänge ebenfalls in gerader Richtung. Den rudimentären Kelch- blättern fehlen sie, im Blumenblatt folgt ein Gang dem Mittelnerv, in die Filamente tritt auch nur je ein Gang. Letzterer ist an der Basis der Filamente nur sehr schwer aufzufinden, nach oben hin erweitert er sich aber, wird besser sichtbar und endet im Konnektiv als blasige Auftreibung, wobei zuweilen Gabelung erfolgt. Die Gänge der Frucht gelangen ganz überwiegend in gleicher Zahl zur Ausbildung Ein Merikarp führt normal 13 Gänge. 5 rudi- mentäre Gänge sind in den Rippen, 3 davon in den Komissural- rippen (letztere fehlen in der Zeichnung von DRUDE^)), 4 Gänge sind in den Tälchen (diese besitzen die größten Durchmesser) und 4 an der Kommissuralseite, Nur an letzterer findet, wenn auch nicht häufig, Gabelung statt, so daß sich die Gesamtzahl der Gänge auf 14 bis 15 erhöht. — Nach diesen Befunden sind Anastomosen nur in den Kotyledonarknoten und in den Knoten der Infloreszenzen zugegen, m ersteren reichlich, in letzteren spärlich. Es gelang mir nun auch, an einer anderen Stelle Anastomosen aufzufinden und zwar im Rhizom. Auf ihr Vorkommen wies eine Verwundung hin. Zur xluffindung muß man größere Tangential- schnitte durchmustern. Um die Gänge an größeren und natur- gemäß auch stärkeren Schnitten mit Sicherheit verfolgen zu können, bedient man sich des Hauptbestandteiles des Sekretes, der Ferida- säure. Diese gibt mit Phloroglucinsalzsäure eine rote Farben- reaktion. Die Präparate werden daher mit Phloroglucinsalzsäure behandelt. Der Inhalt der Gänge wird leuchtend rot, natürlich färben sich auch die verholzten Membranen. Legt man jedoch die gefärbten Schnitte auf einige Tage in Glyzerin, dann ist die Holz- färbung stark abgeblaßt, während die Tropfen der Ferulas,ä,yxxe in den Gängen ihre leuchtend rote Färbung behalten und sie selbst nach "Wochen nicht verlieren-). Auf diese Weise ließen sich Anastomosen im Rhizom stets auffinden. Die ältesten der sekun- dären Gänge, welche am weitesten nach außen gedrückt sind, anastomosieren. Die nähere Prüfung der eben erwähnten Wunde 1) 0. Drude, Die Umbelllferen in EnGLER-Prantl, Pflanzenfamilien, III, 8. S. 101, Fig. 42 b. 2) Ferulasäure kann durch direkte Mikrosublimation der Schnitte nach- gewiesen werden. 0. TüNMANN, Beiträge zur angewandten Pflanzenmikro- chemie, Gehes Berichte 1911, S. 160. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. X.NX 18 250 0. Tunmann: hatte noch ein anderes Kesultat. Die Wunde war jedenfalls beim Umsetzen der Pflänzchen entstanden und war ungefcähr ein Jahr alt. Nach dem Auflösen der großen Mengen eingetrockneten Milchharzes mit alkoholischem Chloralhydrat ließen die Tangential- schnitte nur ein schwaches Wundparenchym erkennen. Hingegen war die Wunde von ungemein zahlreichen Anastomosen umgrenzt. Vergleicht man die Präparate mit normalen Anastomosen mit jenen der Wundstelle, so muß man zu der Ansicht kommen, daß durch den Wundreiz zur Erzeugung von Wundsekret eine vermehrte Bildung von Anastomosen stattgefunden hat. Die in großer Zahl neu entstandenen Anastomosen sind sicher pathologische Bildungen. (Fig. 5.) Im vorliegenden Falle reichte die Wunde nicht bis zum Kambium. Ob die gleiche Erscheinung auch an den vegetativen Teilen eintritt, werden Versuche an den Blättern zeigen müssen. Doch ist zu beachten, daß im E-hizom bereits normalerweise Anastomosen vorkommen, was bei den Blättern nicht der Fall ist. — Die sekretbildende, „resinogene" Schicht ist an lebendem Material (l — 2'/^ jährige Pflänzchen) nur sehr schwer sichtbar zu machen. Es gelingt dies nur an mit konzentrierter Pikrinsäure- lösung fixiertem Material. Wurde aus Präparaten des fixierten Materials das Sekret vorsichtig mit Alkohol herausgelöst, so trat die zarte Schicht in schöner Weise hervor. Sie teilt mit der resinogenen Schicht unserer einheimischen Umbelliferen die Fähig- keit, Pektinfarbstoffe aufzunehmen .und sich mit Jodreagentien gelb zu färben, unterscheidet sich aber von ihr durch ihre Lös- lichkeit in Wasser. Diese wiederholt und übereinstimmend ermittelten Resultate standen nun gar nicht im Einklang mit den Befunden, die ich 1909 mit den lebenden Achsen der blühenden Pflanze, und zwar an Stücken von 1 — 2 cm Durchmesser erhalten hatte und über die sich in meinem Arbeitsbuch unter anderem auch folgende Notiz findet: „Resinogene Schicht, zähe, derb, gelb- braun, unlöslich in Wasser, Alkohol, Chromsäure, Schwefelsäure." Da nun ein frisch in Alkohol eingelegter Blütenzweig zur Verfügung stand, so ließ sich die Differenz aufklären. Das Resultat meiner Untersuchung sei gleich hier genannt. Die Nachprüfungen führten zur Auffindung von Auskleidungen und von Scheide- wänden in den Gängen der vegetativen Teile. (Fig. 4.) Bisher sind Auskleidungen und Scheidewände nur in den Vittae der Umbelliferenfrüchte bekannt geworden. Orientieren wir uns zunächst in Kürze über die Literatur unseres Gegenstandes. Die ersten Angaben über Scheidewände in den Vittae, welche die bekannte Fächerung dieser Sekretgänge bewirken, macht über Ferula Narthex Boissier, insbesondere über die usw. 251 • TRECUL^); doch erst A. MEYER '^j hat sich mit ihnen in grundlegender Weise beschäftigt. Nach diesem Forscher sind die Auskleidungen und die Scheidewände Ausscheidungsprodukte des Sekretes und unlös- lich in Schwefelsäure, Chromsäure, Kalilauge, Eisessig, Chloroform und Terpentinöl. Durch Salpetersäure und Kaliumchlorat werden sie gebleicht. Infolge der Auskleidungen lassen sich die Vittae frei präparieren, indem man die mit Ammoniak gekochten Früchte bis zum Zerfall der E'erikarpien mit SCHULTZEschem Macerations- gemisch erhitzt. Nach meinen Befunden weisen die derart frei präparierten Auskleidungen ein etwas abweichendes reaktionelles Verhalten auf. In chemischer Hinsicht stehen sie dem Suberin oder dem Cutin nahe und VAN WiSSELINGH') nannte die Substanz Vittin. Nach ihm enthalten die Vittinlamellen keine Zellulose, werden von verdünnter Chromsäure gelöst und geben die Cerin- reaktion. Sie enthalten aber Pektinsubstanzen, und außerdem soll in den mittleren Partien der Querwände noch ein in Kalilauge leicht löslicher Körper auftreten, der die Cerinreaktion nicht gibt. Bei Astranüa major bestehen die Auskleidungen aus korkartigen Lamellen, die keine Phellonsäurereaktionen zeigen, sowie aus einer verholzten Laraelle. TSCHIRCH'*) gedenkt 'ebenfalls der Auskleidun- gen und sagt: „Wenn man das Verhalten .der inneren Haut und und das der resinogenen Schicht Reagentien gegenüber mit diesen Angaben vergleicht, so kommt man sofort zu der Überzeugung, daß WiSSELINGHs Pektin der Schleimsubstanz der resinogenen Schicht und sein Vittin der inneren Haut entspricht, d. h. die Auskleidungen der Vittae Reste der resinogenen Schicht sind." Bei Ferula Narthex ließ sich die Bildung der Auskleidungen und der Scheidewände an den 40 und 65 cm langen, Bluten und Früchte tragenden Achsen (getrocknetes und in Alkohol eingelegtes Material) gut verfolgen. Ergänzende Aufklärung gaben die lebenden 2- und 2 V^ jährigen Pflanzen, sowie das von Herrn Prof. Ed. Fischer gütigst überlassene Alkoholmaterial von jüngeren Blütenständen. Eine eingehende Darstellung der erhaltenen Reaktionen würde an dieser Stelle zu weit führen. Wir können 1) TreCUL, Des vaisseaux dans las Ombelliferes, Ann. d. sc. nat., 1866, ser. 5, t. V, p. 290. 2) A. Meyer, Über die Entstehung der Scheidewände in dem sekret- führenden, plasmafreien Interzellularraume der Vittae der Urabelliferen, Bot. Ztg, 1889, XLVII, S 341. 3) C. VAN WlSSELiNGH, Sur les bandelettes des Ombelliferes, Arch. J^eerland., 1895, XXIX. S. 199. 4) A. TSCHIRCH, Harze und Harzbehälter, 1906, S. 1129. 18* 252 0. Tunmann : darauf um so mehr verzichten, da die Hauptreaktionen im wesent- lichen mit den von A. Mp]YER bei den Vittae erhaltenen überein- stimmen. Auch entsinne ich mich, Querwände in den vegetativen Teilen unserer einheimischen Umbelliferen früher gesehen zu haben, freilich ohne sie näher zu beachten. Daher möchte ich diese Bil- dungen im Laufe des Sommers an einem größeren Material weiter verfolgen und hier nur die Resultate der Untersuchung bei Ferula Narthex, die nicht nur auf Reaktionen, sondern auch auf Messungen beruhen, in kurzer Zusammenfassung mitteilen. Die Bildung der Auskleidungen und der Querwände ist eine Alterserscheinung. In den Gängen jugendlicher, wachsender Or- gane sind beide Gebilde nicht vorhanden. Beachtenswert ist, daß an der gleichen Achse unten (bei einem Durchmesser von 1 cm) Querwände gebildet sind, während sie weiter nach oben zu den Dolden hin fehlen. Ebenso fehlen Scheidewände in den Vittae, die in den reifen Schizokarpien nur Auskleidungen besitzen. Aus- kleidungen und Querwände sind aus flüssigen Sekretlösungen aus- geschiedene amorphe Membranen. Das Sekret kapselt sich ge- wissermaßen im Alter unter membranartigen Ausscheidungen auf kürzere oder längere Strecken ein, ähnlich wie es A. MEYER an einem Kapillarversuch njit Emulsionen geschildert hat (vgl. die Figur bei A. Meyer 1. c auf S. 365). Die Auskleidungen bestehen vor- zugsweise aus den Ausscheidungen des noch flüssigen Sekretes^ welche sich auf der resinogenen Schicht niederschlagen, die, wie wir sahen, bei Ferula ein ungemein empfindliches Gebilde ist. Die Querwände sind ausschließlich Ausscheidungen des Sekretes. Wie ferner vergleichende Messungen an Alkohol- und an getrocknetem Material ergaben, werden Auskleidungen und Scheidewände beim Trocknen der Pflanzenteile durch weitere Sekretausscheidungen verstärkt. Während somit das Sekret in der resinogenen Schicht ent- steht, verdanken Auskleidungen und Scheidewände ihre Entstehung dem Sekrete selbst, das gegen Ende der Vegetationsperiode hin nicht nur in der Konsistenz, sondern auch im Chemismus Ände- rungen erleidet. Es wird wasserärmer und reicher an zähen,, schleimigen Anteilen. Aus Vorstehendem ergibt sich, wie wichtig es für den Bo- taniker, noch mehr aber für den Chemiker ist, bei Sekretstudien das Vegetationsstadium der Pflanze zu berücksichtigen. Bei den schizogenen Gängen hat man an diesen Punkt noch nicht gedacht. Nur über die Pflanzen, die Ölzellen und Oldrüsen führen, liegen. Erfahrungen von CHARABOT und seinen Schülern vor, die indessen. über Ferula Narfchex Boissier, insbesondere über die usw. 253 lediglich die Zusammensetzung der ätherischen Öle berücksichtigen. Von Seiten der Mikroskopiker ist zu den CHARABOTschen Ar- beiten noch nicht Stellung genommen worden. Nur ich habe bei Studien über die Öldrüsen^) die Ansicht vertreten, daß die Ver- änderung im Chemismus der ätherischen Öle während der Vege- tation ausschließlich im subcuticularen Räume der Drüsen erfolgt und nicht, wie CHARABOT meint, im Innern des pflanzlichen Organis- mus. Freilich ist dies nur eine Ansicht, doch hoffe ich, soweit es im Bereich der Möglichkeit liegt, dafür auch Beweise erbringen zu können, wenigstens deuten im Gange befindliche Untersuchungen darauf hin. Die Änderung in der Zusammensetzung des Sekretes erstreckt sich aber nicht nur auf jene Bestandteile, die der Chemiker ge- wöhnlich untersucht, d. h. auf die harzigen und terpenhaltigen, sondern auch auf die sogenannten Beisubstanzen, von denen es noch fraglich erscheint, 'ob sie sämtlich und in welchem Maße bei der Gewinnung in die Handelsdrogen gelangen, Beziehungen zwischen Schleim und Balsamproduktion sind seit HANSTEIJSTs Colleterenarbeit^} vielfach in der Literatur erwähnt. Über die Sekretzellen von Cinnamomum CassiaBlnme sagte TSCHIRCH 1889*): „es scheint, als ob hier ein allmählicher Übergang des Schleimes in ätherisches Öl Platz greift, jedenfalls aber ein Wechsel im In- halt stattfindet", und später wies derselbe darauf hin, daß Klima und Bodenbeschaffenheit von Einfluß darauf sind, ob die Schleim- zellen zu vermehrter Ölbildung schreiten oder nicht. Ganz all gemein ist man aber der Ansicht, daß die Schleimbildung der „Harz"-Produktion vorausgeht. Diese Tatsache ist bei vielen Öl- drüsen ohne weiteres erkennbar, denn die Abhebung der Kutikula im Anfange der Sekretion, wenn sich erst Spuren von ätherischem Öle gebildet haben, kann nur durch quellbare Substanzen bewirkt werden^). Der Literatur zufolge soll somit bei Balsambehältern der Schleimbildung überwiegend eine Produktion harziger Anteile folgen, die, wie oben erwähnt, durch Kultur gefördert werden kann. Bei Ferula Narthex scheint nun gerade umgekehrt im Alter eine ver- 1) 0. Tunmann, Beiträge zur Kenntnis der Hautdrüsen, Ber. Deutsch, pharm. Ges., 1908, XVIII,' S. 491. 2) J. Hanstein, Über die Organe der Harz- und Schleimabsonderung in den Knospen, Bot. Ztg., 1868, XXVI, Nr. 43—46. 3) A. TsCHiRCH, Angewandte Pflanzenanatomie, 1889, S. 201. 4) A. DE Bary, Vergleichende Anatomie, 1877, S. 93 u. folg., und O. Tunmann, Über die Sekretdrüsen, Dissertation, Bern 1900, S. 49. 254 0. Tunmann : mehrte Bildung zäher schleimiger Anteile Platz zu greifen, die neben Fetten das Material für die Auskleidungen und für die Scheidewände liefern. Für diese Ansicht, nämlich daß im Alter vermehrte Schleimbildung stattfindet, möchte ich als treffendes Beispiel Exogonium Purga Benth. anführen. Bei dieser Pflanze sind die Sekretzellen in den Blättern und den Internodien während des Sommers ungemein arm an Schleim. Wenn wir aber die Sekretzellen im Spätherbst untersuchen, dann findet man den In- halt, der übiigens im Gegensatz zu dem Sekret anderer Convolvu- laceen nicht resorbiert wird^), sehr schleimreich. Ja, an der Basis des Stengels treffen wir in den phloemständigen Sekretzellen nur eine zähe der Membran anliegende Schleimschicht an, der nur sehr selten einige wenige Harztröpfchen aufgelagert sind. Diese Zellen schreiten demnach fast gar nicht mehr zur Harzbildung. Hiermit steht in Übereinstimmung, daß bei vielen Umbelliferea zur Zeit der Fruchtbildung das Sekret in den vegetativen Teilen eine andere Zusammensetzung hat als in den Vittae. Wir sehen also, daß die Wechselbeziehungen zwischen Harz- und Schleim- bildung noch viel weiter gehen, als man bisher anzunehmen pflegte. Es war oben gesagt, daß Messungen der Stärke der Aus- kleidungen und der Scheidewände darauf schließen lassen, daß sie beim Trocknen der Pflanzen, beim Austrocknen des Sekretes, einen Zuwachs erhalten. Es ist auch ganz erklärlich, daß beim Aus- trocknen des Sekretes eine Trennung der emulgierten Bestandteile erfolgt in Harze, Fette und Schleime. Vorzüglich Schleimmassen sind bekanntlich zur Hautbildung geneigt. Dieser Befund mahnt zur Vorsicht bei der Beurteilung der resinogenen Schicht. Schon früher konnte ich zeigen^), daß die Schicht beim Trocknen Ver- änderungen erfahren müsse, denn die Reaktionen, die ich bei fixiertem Material mit Farbstoffen und Jodreagentien erhielt, standen mit den von BECHERAZ angegebenen nicht völlig im Ein- klang; ich führte die Differenz darauf zurück, daß „BECHERAZ-') seine Untersuchungen in erster Linie auf die Feststellung des 'Entstehungsortes des Sekretes richtete" und daher „sein Material 1) Fß. Czapek, Zur Kenntnis des Milchsaftsystems der Convolvulaceen Sitzber. Wiener Akad., math.-naturw. KL, CHI, Abt. l, Januar 1894, S. 31. 2) O. Tunmann, Über die resinogene Schicht der Sekretbehälter der Umbelliferen, Ber. deutsch, pharm. Ges., 1907, XVII, S. 466. 3) A. BeCHERAZ, Über die Sekretbildung in den schizogenen Gängen, Dissertation, Bern 1893, S. 10. über Ferula Narthex Boissier, insbesondere über die usw. 255 vor der Präparation bei 100 ° längere Zeit im Trockenschranke" aufbewahrt hatte. So empfiehlt es sich denn für die Zukunft, wenn wir die resinogene Schicht einwandsfrei nachweisen wollen, sie nur an lebendem oder allenfalls an mit Osmiumsäure oder mit Pikrinsäure fixiertem Material nachzuweisen und von der Benutzung von Drogen oder von getrocknetem Material am besten ganz ab- zusehen. Außerdem muß sie sich auch unbedingt an jungen Sekretbehältern nachweisen lassen. Zum Schluß seien einige Bemerkungen über die biologische Aufgabe des Milchsaftes von Ferula Narthex gestattet. Wir können diesen und ganz allgemein den Milchsaft der persischen Umbelli- feren in ökologischer Hinsicht nicht gleichstellen dem Milchsaft der Milchröhren, über dessen Funktion die Ansichten bekanntlich auch noch geteilt sind. Dem Milchsaft der Ferula fehlen plas- matische, also eiweißhaltige Bestandteile, auch Stärke und Zucker. Er besitzt allerdings außer den schleimigen Körpern Anteile von Fetten (Fettsäuren?, Myelinformen i)), besteht aber zum größten Teile aus Ferulasixwxe, die sicher Sekret und nicht Baustoff ist. Die Bildung der Auskleidungen und der Scheidewände in den basalen Achsen zur Zeit der Fruchtbildung deutet gleichfalls nicht auf eine ernährungsphysiologische Aufgabe des Milchsaftes hin. Wohl lassen sich häufig Korrelationen zwischen den Gängen und den Gefäßbündeln beobachten, aber nur im Mark und diese sind jedenfalls auf andere Ursachen zurückzuführen. Die Gänge haben im Mark das Bestreben das Phloem möglichst beiseite zu drücken. Oft findet man Siebteile, die durch die Gänge völlig obliteriert sind. Da die Gänge mit ihrem unter hohem Druck stehenden Inhalt teils an relativ feste Markparenchymzellen, teils mehr oder weniger an das zartwandige Phloem grenzen, so ist es einleuchtend, daß sie weit eher das Phloem als die resisten Markzellen zusammen- drücken können. Sie gelangen dadurch möglichst nahe an die Gefäßteile und erreichen in den langen, knotenfreien Blütenschäften einen besseren Halt. Für die vegetativen Teile und für die Wurzel kommt dem Milchsaft die Bedeutung eines Schutzmittels zu. Aus dem oben mitgeteilten Fall geht diese Funktion ohne weiteres hervor. Auch für die Früchte ist der Milchsaft ein Schutzmittel. Läßt man 1) F^te kommea neben den ätherischen Ölen und dem Harze in vielen Sekretbehältern vor (0. TUNMANN, Über angewandte Pflanzenmikrochemie und neuere Untersuchungen auf diesem Gebiete, Verh. d. Naturf., Karlsruhe, II, 1, S. 312, Pharm. Post 1911). 256 0- Tunmann: Über Ferula Narthex Boissier, insltesondere usw. Mei'ikarpien unter der Glasglocke einige Tage auf feuchtem Fließpapier zum Keimen liegen, dann macht sich ein kräftiger Knoblauchgeruch bemerkbar. Bei den frei im Boden keimen- den Früchten fällt der Geruch nicht so auf, ist aber immerhin noch wahrnehmbar, und es erscheint naheliegend, daß derart tierische Feinde abgehalten werden. Doch noch eine andere Aufgabe kommt dem Milchsaft der Früchte zu. Die Meri- karpien sind angewiesen auf eine Verbreitung durch den Wind. Dafür spriclit ihr geringes Gewicht (ein reifes Merikarp ist etwa 0,022 g schwer), sowie der schön ausgebildete Flugap23arat^), der seiner ganzen Höhe nach von einem 60 /it weiten Luftsack durchzogen wird. Tritt bei Wasserzutritt Keimung ein, so ist gerade in der persischen Steppe in erster Linie eine hinreichende Befestigung am Boden erforderlich. Hierzu kann es kaum eine geeignetere Substanz geben, als das Sekret der Yittae. Beim Einlegen der Merikarpien in Wasser werden die Vittae leicht gesprengt und die Merikarpien bedecken sich mit einer klebrigen Gummiharzemulsion. Die Klebkraft dieser Masse ist so groß, daß an die Wand geworfene Früchte fest anhaften, selbst beim Ein- trocknen nicht abfallen und sich nur mit Gewalt entfernen lassen. Ob das Fehlen der Scheidewände in den Vittae etwa mit der schnellen Mobilmachung des eingetrockneten Milchsaftes zusammen- hängt, bleibe dahingestellt. Jedenfalls dient der Milchsaft der Vittae als Keimschutz in jeder Hinsicht, schützt vor Tieren, bewirkt Aufquellung, hält Feuchtigkeit zurück und befestigt die Merikarpien am Boden. Vornehmlich letztere Eigenschaft ist bei dem trockenen quarzhaltigen Boden der asiatischen Steppen von nicht geringer Bedeutung. Wahrscheinlich werden diese Verhältnisse bei den anderen persischen Umbelliferen die gleichen sein. Erklärung- der Tafel X. Fi^. 1. Ferula Narthex Boissier, 2i/2Jährige Pflanze vor dem Entfaltea der Blätter. Nat. Größe. Fig. 2. Querschnitt durch den Stiel der männlichen Dolde und der männ- lichen Einzelblüte. Die mechanischen Elemente (Kollenchym) sind schraffiert. Lnpenbild. Fig. 3. Querschnitt durch den Stiel der weiblichen Dolde und der weiblichen Einzelblüte. Die mechanischen Elemente (Kollenchym, Libriform) und das verholzte Maik sind schraffiert. Lupenbild. 1) An der Abbildung von DRUDE (EnGLER-Peantl, III) fehlt der Flug- apparat, wahrscheinlich ist ein unreifes Merikarp abgebildet. V. VOük: Über eigenartige Pneumathoden an dem Stamme usw. 257 Fig. 4. Längsschnitt durch den Sekretgang einer 1,6 cm starken Achse. Der Gang besitzt Auskleidungen und Scheidewände. Sekret mit Alkohol, Äther, Chloroform und heißem Wasser gelöst. Fig. 6. Tangentialer Längsschnitt durch eine Wunde in der Rinde des Rhizoms. Die Sekretgänge haben neue Anastomosen gebildet. Die Gänge mit dem Zeichenapparat aufgenommen, im übrigen schematisiert. Fig. 6. Querschnitt durch den oberen Teil des Rhizoms. Die primären Ge- fäße durch einen Korkmantel eingeschlossen. Lupenbild. 32. V. Youk: Über eigenartige Pneumathoden an dem Stamme von Begonia vitifolia Schott. (Mit Tafel XL) (Eingegangen am 14. Mai 1912.) Unter dem Ausdruck „Pneumatliode" faßt man bekanntlich alle verschiedenen Durchlüftungsapparate zusammen, von denen man nur wenige Typen unterscheidet. An primären Gewebearten sind es die Spaltöffnungen; an sekundären die Lentizellen und als besondere Typen die von KARSTEN und JOST untersuchten Durchlüftungsapparate an den Atemwurzeln der Jnssiaea-Arten, ferner die von LEITGEB und SCHIMPER beschriebenen Pn&uma- thoden einiger Orchideenwurzeln'). Gelegentlich beobachtete ich nun an dem Stamme von Begonia vitifolia Schott, einer in Brasilien einheimischen Art, Pneumathoden, welche sich, wie die spätere anatomische Untersuchung ergab, keiner der vorhandenen Typen ein- reihen lassen, vielmehr als ein besonderer Typus anzusehen sind. An dem über 1 m hohen Stamme dieser Begonie kommen kleine, erhabene, warzenartige Bildungen vor, die jedermann auf den ersten Blick als Lentizellen ansehen würde, die sich jedoch bei näherer Betrachtung als grün erweisen und dadurch keines- wegs Lentizellen sein können. Auch aus der beigelegten Photo- graphie (Fig. 1) bekommt man den Eindruck, es handele sich hier bloß um Lentizellen. Diese lentizellenartigen Bildungen finden sich ziemlich zahl- reich — bis über 30 an einem Internodium — vor. Es sind runde, seltener längliche Warzen von 1 bis 2 mm im Durchmesser, die 1) G. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie. 4. Aufl. 1909. S. 435. 258 V. VOUK: sich durch ihre grüne Farbe vom braunen Korkgewebe des Stammes deutlich abheben. Ich habe nach der Durchmusterung von mehreren Exemplaren') gefunden, daß diese Bildungen noch an den 10 bis 15 jüngsten Internodien grün und erst an den älteren Internodien größtenteils braun sind. Im allgemeinen fand ich auch, daß bei den jungen, kräftigen, 2 — 3 Jahre alten Exemplaren noch schöne grüne Pneumathoden vorhanden sind, während sie bei den vier- jährigen und älteren Stämmen teilweise oder fast ganz braun waren. So viel über die äußere Morphologie, und jetzt betrachten wir den inneren anatomischen Bau. An einem Flächenschnitte sieht man eine kraterförmige, meistens runde, seltener ovale, grüne, gewölbte Fläche, welche von einem Korksaum umgeben ist. Man erkennt sofort die Spalte Öffnungen, und bei stärkerer Vergrößerung sieht man, daß diese samt den Nebenzellen ein normales Aussehen haben. Bezeichnend ist es, daß die Spaltöffnungen in der variierenden Anzahl von 10 bis 20 unregelmäßig und in verschiedenen liichtungen angeordnet sind, was man besonders bei der Anfertigung von Querschnitten merkt, da man selten einen schönen Querschnitt durch eine Spalt- öffnung erhält. Die Epidermiszellen sind, von der Fläche gesehen, unregelmäßig polygonal. Erst der Querschnitt gibt uns das klare Bild von dem Baue dieser Bildungen-). . Den anatomischen Bau der Pneumathode veranschaulicht Fig. 2. Sie ist nicht immer stark nach außen gewölbt, manchmal ist sie sogar sehr flach. An den Rändern ist sie von dem ziemlich stark entwickelten Periderm scharf abgegrenzt, das an zweijährigen Stämmen bis 10 Schichten von Zellen enthält und an ihren E-ändern gegen die Epidermis der Pneumathode abgerundet ist. Die Charak- teristika im anatomischen Bau sind folgende: Die Epidermis ist sehr zart gebaut und besteht aus kleinen, dünnwandigen Zellen mit fast ganz glatter Außenwand. Diese ist verhältnismäßig sehr dünn und auch nur teilweise mit einer sehr schwachen Kutikula bedeckt (Reaktion mit Sudan III). Die Epidermis ist chlorophyllos. 1) Diese Brgonia wird im Gewächshause der biologischen Versuchsstation in Wien in Kultur gehalten und ich spreche hier den Leitern derselben Anstalt Herrn Prof. Dr. \V. FlGDOR und L. V. PORTHElM für die Überlassung des Materials meinen besten Dank aus. 2) Bei der Anfertigung von Querschnitten leistet das von K. PECHE empfohlene REiCHERT-Mikrotom für das Schneiden uneingebetteter Objekte (Zeitschr. f. Mikroskopie 1912) sehr gute Dienste. über eigenartige Pneutnathoden an dem Stamme von usw. 259 Die Spaltöffnungen sind mehr oder weniger erhaben. Die beiden ScLließzellen bilden mit den spitzig entwickelten Vorsprungs- bildimgen einen ziemlich großen Vorhof mit breiter Eisodialöffnung, hingegen ist der Hinterhof mit der Opisthialöffnung kaum ent- wickelt. Wesentlich ist, daß die Atemhöhle ganz schwach oder gar nicht ausgebildet ist, und zwar sind es entweder die Parench^'mzellen des Assimilationsgewebes (Fig. 5) oder die Nebenzellen selbst (Fig. 6), welche die Atemhöhle teilweise ver- schließen. Der Verschluß kann aber auch vollständig sein, so daß die Parenchymzellen direkt die Opisthialöffnung thylloid verstopfen (Fig. 4j, wie dies zuerst MOLISÜHi) bei Tradescantia beobachtet hat. Auch die Gelenke der Spaltöffnung sind weniger ausgebildet. Das unter der Epidermis liegende Gewebe ist ein Assimi- lationsgewebe. Es besteht aus parenchymatischen, chlorophjll- führenden Zellen mit verhältnismäßig schwach ausgebildetem Inter- zellularsystem. Die erste Zellreihe knapp unter der Epidermis ist palisadenartig ausgebildet. Außerdem befinden sich in diesem Gewebe besondere Sekretbehälter, welche FELLERER^) genau stu- diert, und da sie einen cystolithenartigen Charakter haben, unter dem Namen „Cystosphären" beschrieben hat. Das Assimilations- parenchym geht nach unten in das Gewebe der primären Rinde über. Das unter der Korkrinde befindliche Kollenchym fehlt gänzlich. Wenn wir nach der physiologischen Funktion dieser Organe fragen, so drängt sich uns mit Rücksicht auf den anatomischen Bau der Gedanke auf, daß es sich hier um Pneumathoden handelt, wenn auch bei diesem Organe die wichtigsten Merkmale eines Durchlüftungsapparates nicht in voller Ausbildung realisiert sind. Die Spaltöffnungen sind zwar da, aber die Atemhöhle ist, wie wir gesehen haben, sehr schwach ausgebildet, sie kann sogar teilweise oder ganz verstopft sein, daher sind die Spaltöffnungen in ihrer Funktion wesentlich gehemmt. Damit will ich aber nicht gesagt haben, daß die Spaltöffnungen bei der Durchlüftung überhaupt nicht im Spiele sind. Auch das Fehlen eines stark ausgebildeten Interzellular- systems könnte uns fast in Zweifel setzen, ob es sich hier über- haupt um Durchlüftungsapparate handelt. Wenn wir aber den . 1) MOHSCH, H., Zur Kenntnis der Thyllen. Sitzungsberichte der kais. Akad. d. Wiss. Bd. XOVII. I. Abt. 1888. 2) Fellerer, C, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Begoniaceen. Inaug.-Dissert. München 1892. 260 V. VOUK: auffallend zarten Bau der Epidermis, die Dünnwandigkeit ihrer Außenwände, besonders aber die spärlich entwickelte Kutikula ins Auge fassen, so erscheint uns die Annahme plausibel, daß dieser zartwandigen Epidermis vielleicht eine andere Aufgabe als die eines Schutzorgans zukommt. Meiner Ansicht nach ist die Funktion dieser zartwandigen Epidermis die epidermoidale Durch- lüftung. Durch die Dünnwandigkeit der Außenwände ist die Diffusion der Gase direkt durch die ganze Oberfläche der Epidermis ermöglicht. Es wird daher auch die etwas zurückgedrängte Funktion der Spaltöffnungen, sowie das schwach ausgebildete Interzellular- system verständlich. Die Durchlüftung wird hier höchstwahr- scheinlich nebst den Spaltöffnungen durch die ganze Oberfläche besorgt. Die Spaltöffnungen sind hier in ihrer vollständigen Aus- rüstung kaum notwendig, und auch das wenig ausgebildete Inter- zellularsystem dürfte bei diesem epidermoidalen Gasaustausch ge- nügen. Ich möchte deshalb diese zartwandige Epidermis, welche aller Wahrscheinlichkeit nach hier eine wichtige Rolle bei der Durchlüftung spielt, als Durchlüftungsepithel bezeichnen. Wir haben also hier einen besonderen Typus von Pneuma- thoden vor uns, insbesondere in bezug auf das Vorkommen von primärem Gewebe neben dem sekundären. Bei den Begonien kommen fast allgemein an den Blättern und an den Blattstielen Spaltöffnungsgruppen in Form von weißen, länglichen Flecken vor. Möglicherweise entstehen die Pneumathoden des Stammes aus den Spaltöffnungsgruppen der einjährigen krautigen Stengel. Es wäre vielleicht auf diese Weise die Genesis der Stamm-Pneumathoden erklärt. Ich habe bereits früher erwähnt, daß bei älteren 3 — 4jährigen Stämmen diese eigenartigen Pneumathoden verkorken. Das Periderm geht aber hier nicht von dem Phellogen des Stammes aus, sondern wird auf eine besondere Weise gebildet. An älteren, noch nicht ganz verkorkten Pneumathoden sieht man, wie die Korkbildung von mehreren Stellen der Oberfläche ihren Anfang nimmt. Die genauere Untersuchung zeigt, daß die Korkbildung knapp unter einer abgestorbenen Spaltöffnung beginnt. Die Spaltöffnung stirbt ab und die Nebenzellen beginnen sich zu teilen (Fig. 7). Diese Zellteilung nimmt mehr und mehr zu und geht dann auf die unteren Palisadenzellen über. Dasselbe erfolgt unter mehreren ab- gestorbenen Spaltöffnungen gleichzeitig, und. schließlich wird die ganze Pneumathode mit der Peridermschicht überdeckt. — Wenn man abgeschnittene Stämme im Wasser stehen läßt, so sieht man nach einiger Zeit, wie die Pneumathoden anschwellen und später über eigenartige Pneumathoden an dem Stamme von usw. 261 sogar zerplatzen. Es können also diese Pneumatlioden wie die gewöhnlichen Lentizellen zur "Wucherung angeregt werden. Auch die mikroskopische Untersuchung dieser Pneumathodenwucherungen zeigt, daß das Anschwellen und Platzen die Folge einer hyper- hydrischen Hypertrophie ist. Es war natürlich wünschenswert zu konstatieren, ob diese eigenartigen Pneumathoden auch bei anderen stammbildenden Beo'onien vorkommen. Ich untersuchte diesbezüglich die Begonien im G-ewächshanse des k. k. botanischen GTartens der Universität in Wien und fand auch an einigen ähnliche Bildungen, jedoch aber bei keiner in so typischer Ausbildung wie bei B. vitifolia. Bei Begonia aptera Blume nnd B. undulcda findet man am mehrjährigen, mit dicker Korkschichto bedeckten Stamme kleine, längliche, grüne Flecken, die aber gar nicht erhaben und gewölbt sind. Von der Fläche, unter dem Mikroskop betrachtet, sieht man unregelmäßig verteilte Spaltöffnungen. Ähnliche Bildungen beobachtete ich auch bei B. sccmdens Hort, und B. argijrosUgma. Nach einigen Quer- schnitten von diesen Bildungen zu urteilen, scheint es, daß diese Pneumathoden doch nicht ganz identisch mit denen an jB. t'i^i/bZ/a sind. Bei B. undulata kann z. B. von einem Durchlüftungsepithe nicht die Rede sein, da die Epidermis nicht zartwandig ist und auch eine deutliche Kutikula besitzt. Aus Mangel an genügendem Material konnte ich diese vergleichenden Untersuchungen vorläufig nicht zum Schlüsse führen. Jedenfalls ist die Tatsache bemerkens- wert, daß auch bei anderen mehrjährigen, stammbildenden Begonien die Spaltöffnungen als Ersatz für die Lentizellen am sekundär ge- bildeten Periderm vorkommen. Zusammenfassung. 1. An dem Stamme von Begonia vitifolia Schott, fehlen am sekundären Hautgewebe die typischen Lentizellen und an Steiler dieser fungieren als Durchlüftungsapparate besondere aus primärem Gewebe bestehende'^^Organe. IL Diese Pneumathoden sind, wie ihre anatomische Unter- suchung zeigte, charakterisiert durch das Vorhandensein L eines Durchlüftungsepithels, d. h. einer kleinzelligen,, zartwandigen Epidermis mit kaum merkbarer Kutikula, 2. der SjDaltöffnungen, welche eine minimal entwickelte oder gar keine Atemhöhle haben und welche sogar thylloid verstopft sein können, 3. eines'Assimilationsgewebes mit schwach ausgebildetem Interzellularsystem. 262 Bengt LiDFORSs: III. Diese PnenmathodeD sind nach dieser anatomischen Charakteristik als ein besonderer Typus zu betrachten, die den Gasanstausch nebst den Spaltöffnungen vorwiegend auf epider- moidalem Wege vermittelst des Durchlüftungsopithels besorgen. "Wien, pflanzenphysiologisches Institut der k. k. Universität. Erklärung der Tafol XI. Fig. 1. Photographie eines Stammstückes von Begonia vitifolia Schott, mit Pneuraathoden. Nat. Größe. Fig. 2. Querschnitt durch eine Pneumathode. (Vergr. 100.^ Fig. 3. Eine Partie des Querschnittes. D = Durchlüftungsepithel. Fig. 4. Thjlloide Verstopfung der Spaltöffnung. Fig. 5. Normale Spaltöffnung mit schwach ausgebildeter Atemhöhle. Fig. 6. Normale Spaltöffnung mit durch Nebenzellen verschlossener Spalte. Fig. 7. Korkbildung unter einer abgestorbenen Spaltöffnung. Fig. 3—7 Vergr. 550. 33. Ben gt Lidforss: Über die Chemotaxis eines Thio- spirillum. (Eingegangen am 22. Mai 1912.) Während die schwefelführenden Purpurbakterien schon wieder- holt auf ihre chemotaktische Reizbarkeit geprüft wurden^), fehlen bis jetzt alle Angaben über das Vorkommen resp. die Beschaffen- heit einer solchen Reizbarkeit bei den farblosen Schwefelbakterien. Mit Rücksicht auf die eigentümliche und noch nicht völlig aufge- klärte Sonderstellung, welche die letzterwähnten Organismen in ernährungsphysiologischer Beziehung einnehmen, wäre eine Aus- füllung dieser Lücke unseres Erachtens sicherlich erwünscht; denn wenn es auch keineswegs erlaubt ist, aus der chemotaktischen Reizwirkung eines Körpers ohne weiteres auf seinen Wert als 1) MiYOSHi, Studien über die Schwefelbakterien der Thermen etc. Journ. of the College of Science, Tokjo, Vol. X, Pt. II (1897); MOLlSCH, Die Purpurbakterien (Jena 1907). über die Chemotaxis eines Thiospirillum. 263 Nährstoff zu schließen, so steht es doch fest, daß im allgemeinen gewisse Beziehungen zwischen Nährwert und chemotaktischer Reiz- wirkung einer bestimmten Verbindung vorhanden sind. Nun ist es bekanntlich gerade in bezug auf die farblosen Schwefelbaklerien, deren Reinkultur bis jetzt niemandem gelungen ist, noch immer eine offene Frage, ob sie gänzlich ohne organische Nährstoffe aus- kommen können. Letzteres ist ja bei den Nitromonaden sowie bei den von LiESKE kürzlich rehabilitierten Eisenbakterien sicher der Fall; in bezug auf die farblosen Schwefelbakterien, die nach den berühmten Untersuchungen WlNOGRADSKYs^) ihre Bau- und Betriebsenergie in erster Linie durch die Oxydation des Schwefel- wasserstoffs gewinnen, wurde WlNOGRADSKY zu dem Schlüsse geführt, daß sie außerordentlich wenig von organischen Substanzen zur Unterhaltung ihres Lebens brauchen und daß sie als Kohlenstoif- quelle Substanzen benutzen können, welche das Leben anderer Orga- nismen nicht zu erhalten vermögen. Über die chemische Qualität dieser organischen Verbindungen konnte WlNOGRADSKY nichts bestimmtes aussagen, nur gelegentlich erwähnt er, daß Wasser der Weilbacher Schwefelquelle, worin farblose Schwefelbakterien sehr üppig ge- deihen, kleine Mengen von Ameisen- und Propionsäure enthält, eine Angabe, die dann später in die Literatur Eingang gefunden hat. Im vergangenen Winter bekam ich zufällig größere Mengen eines farblosen Schwefelbakteriums, das sowohl durch seine Größe als seine überaus lebhafte Bewegung geradezu zu chemotaktischen Versuchen aufforderte. Es war ein großes SinriUum, in dessen farbloses Plasma zahlreiche Schwefelkörnchen eingelagert waren; bei schwacher Vergrößerung resp. sehr rascher Eigenbewegung er-_ schien der ganze Körper rotbraun, fast wie die Farbe frisch ge- fällten Kupferoxyduls; an abgestorbenen Individuen hob sich aber das farblose Plasma sehr scharf gegen die fast perlschnurartig eingelagerten Schwefelkörnchen ab. Makroskopisch bildeten die Spirillen eine weißgrauliche Trübung, welche durchaus keine Rot- färbung gewahren ließ, und stimmten also auch in dieser Beziehung mit dem von OmeLIANSKI . vor einigen Jahren beschriebenen Thiospirillum Winogradskii überein '^); von dieser Art ebenso wie von dem von MOLISCH ^) kürzlich beschriebenen Spirilluni granulatum unterscheidet sich das von mir erhaltene Sch-weiel-Spirillum durch seine zahlreicheren (2 — 4) Windungen, wodurch eine gewisse Ähn- 1) Über Schwefelbakterieo, Bot. Zeit. 1887, S.489. 2) Oentralbl. f. Bakt.- und Parasitenkunde, Abt. II, Bd. XIV, S. 769. 3) Centralbl. f. Bakt.- und Parasitenkunde, Abt. II, Bd. 33, S. 55—62. 264 Bengt Lidforss: lichkeit mit COHNs Sphillum volidans zustande kommt. Über die Zahl und Anordnung der Cilien kann ich leider keine Angaben machen, weil mir das Material auf einmal plötzlich und unerwartet abhanden kam; es kann deshalb keine llede dav^on sein, den Orga- nismus mit einem besonderen Namen zu belegen; sicher ist nur seine Zugehörigkeit zu der Gattung Thiospinllum, wie diese von OMELUKSKI 1. c. gefaßt wird. Mitte Februar trat das betreffende Schw eiel-SpiriHuju in großer Menge in einem Gefäß auf, das mit Teichwasser (aus dem Institutsgarten), etwas Schlamm und überwinterten, teilweise abge- storbenen Charazw e'\gen angefüllt war. Nachdem das Gefäß etwa sieben Tage in einem warmen Zimmer gestanden und ein deut- licher Schwefel Wasserstoffgeruch sich vernehmen ließ, war die Flüssigkeit von oben bis unten mit überaus lebhaft schwärmenden Thiospirillen gefüllt, während alle anderen Organismen zurück- traten. Dieser Zustand dauerte 8 — 10 Tage. Dann nahmen mit einmal die Infusorien überhand, und von jetzt ab war das Thio- spirillum verschwunden; weder durch Zusatz von Gips, Einleiten von Schwefelwasserstoff oder sonstige Kunstgriffe w^ollte es gelingen, das kurz vorher so üppig gedeihende Schwefelbakterium wieder heraufzubeschwören. AVurden dagegen neue Kulturen mit Teich- wasser, Schlamm und CAarrtfragmenten angestellt, so trat nach einigen Tagen das Thiospirillum wieder auf, um nach weiteren 8—10 Tagen ebenso pünktlich wieder zu verschwinden. Dies Ver- schwinden wurde unerwarteterweise ein definitives, als Ende März die Eisschicht, die vorher den Teich bedeckt hatte, abschmolz; nach diesem Zeitpunkt erwies es sich als absolut unmöglich, das Thio- ' spirillum wieder zu bekommen, obwohl die verschiedensten Methoden, darunter natürlich auch die von AVlNOGRADSKY und MOLISÜH zur Erlangung von Schw^efelbakterien empfohlenen, zur Verwendung gelangten. Einen ähnlichen Mißerfolg hat übrigens auch OMELI- ANSKI mit seinem Thiospirillum WinogradsJcii gehabt. Möglich ist, daß das Verschwinden meines Spirillwris auf dem Überhandnehmen der gefräßigen Infusorien beruhte, ebenso möglich ist aber auch, daß andere Einflüsse dabei wirksam w^aren. Inzwischen hatte ich doch Gelegenheit gehabt, über die Chemo- taxis meines Thiospirillums einige Erfahrungen zu machen, die teil- weise von recht überraschender Natur waren, und trotz ihrer Lückenhaftigkeit sicher ein gewisses Interesse beanspruchen können. Bevor ich zu einer kurzen Darstellung der ermittelten Tatsachen übergehe, mögen einige Worte über die benutzte Methodik voran- geschickt w^erden. über die Chemotaxis eines Thiospirülum. 265 Da im Laufe der Untersuchung eine erhebliche Menge von leichtflüchtigen Stoffen auf ihre chemotaktische E-eizwirkung ge- prüft werden mußten, konnten die Kapillaren nicht gut durch Evacuieren resp. durch Erwärmen der Flüssigkeit gefüllt werden. Bekanntlich hat ROTHERT für solche Fälle eine Methode ange- geben^), die aber ziemlich umständlich ist und tatsächlich auch umgangen werden kann, indem man — wie es übrigens schon MOLISOH getan hat — offene (nicht einseitig zugeschmolzene) Kapillaren verwendet. Für meine Zwecke habe ich dies Verfahren so modifiziert, daß ich ziemlich lange (5 — 10 mm) Kapillaren mit dem einen Ende in die zu prüfende Flüssigkeit hineintauche, und zwar nicht tiefer als es zum Aufsteigen der Flüssigkeit nötig ist; dann wird daß nasse Ende mit Fließpapier abgetrocknet, und die Kapillare ohne weiteres, aber vorsichtig in den Versuchstropfen gelegt (nicht geschoben). An beiden Mündungen, aber ganz be- sonders scharf am oberen, vorher trockenen Kapillarende be- kommt man dann eine Ansammlung mit darauf folgender Ein- wanderung, falls die Verbindung überhaupt chemotaktisch wirksam ist. Wegen der schnellen Ausführung eignet sich diese Methode auch ganz gut für Versuche mit nichtflüchtigen Stoffen, doch muß man immer ziemlich dünne Kapillaren verwenden und ein Her- und Hinschieben der Kapillare im Versuchstropfen tunlichst ver- meiden, weil sonst ein Verschieben der Flüssigkeitssäule ein- treten kann. Einen gewissen Vorteil gewährleistet — aus leicht ersicht- lichen Grründen — die Methode mit offenen, gleichmäßig gefüllten Kapillaren ohne Luftsäule, wenn es sich um aerotaktisch empfind- liche Organismen handelt, und wenn man, was ja bisweilen aus verschiedenen Gründen erwünscht sein kann, mit bedeckten Kultur- tropfen operiert. Das uns interessierende ThiosplrUlum stellt nun, wie die meisten mit Eigenbewegung ausgerüsteten Schwefel- bakterien, einen in aero taktischer Beziehung exquisit empfindlichen Organismus dar: in Deckglaskulturen sammelt os sich immer in einer gewissen Entfernung vom Deckglasrande an und bildet hier einen grauweißen, makroskopisch gut sichtbaren Rahmen, dessen Lage je nach der Dicke der Flüssigkeitsschicht und der Anzahl der Bakterien etwas verschieden ausfallen kann, doch immer ein gewisses Stück (0,5 — 2 mm) vom Flüssigkeitsrand zurückweicht. In Deckglaskulturen mit lebenskräftigen Spirillen ist die aero- taktische Orientierung schon nach 10 — 15 Minuten makroskopisch 1) Über taktische Reizerscheinungen, Flora Bd. 88 (1901), S. 380. Ber. der dentschen bot. Gesellscb. XXX. l9 2QQ Bengt Lidforss: sichtbar. Diese feine Empfindlichkeit gegen den Sauerstoffgehalt des Mediums bewirkt nun, daß besonders in bedeckten Kultur- tropfen rein aerotaktische Ansammlungen innerhalb der Kapillare zustande kommen können, auch wenn man Kapillaren ohne Luft- säulen verwendet; von denjenigen chemotaktischen Ansammlungen, die im folgenden geschildert werden sollen, sind indessen diese aerotaktischen Erscheinungen schon wegen ihrer weit geringeren Intensität ziemlich leicht zu unterscheiden. Übrigens wurden fast alle im folgenden zu erwähnenden Versuche sowohl im offenen wie im bedeckten Tropfen mehrmals wiederholt. "Was nun die chemotaktische Reizbarkeit unseres Spirülums betrifft, so war ja mit Rücksicht auf die schon von MlYOSHI mit Chromatium und von MOLISOH mit verschiedenen anderen Purpur- bakterien erhaltenen Resultate eine Empfindlichkeit gegen Schwefelwasserstoff recht wahrscheinlich. In der Tat wurden die Thiospirillen ziemlich energisch in die Kapillare hineingelockt, die eine 5 — 10 fach verdünnte Lösung des von MERCK bezogenen Schwefelwasserstoff Wassers enthielten ; konzentrierte Lösungen wirkten, wie schon WlNOGRADSZY gefunden, giftig; bei Ver- wendung von schwächeren Lösungen gestaltete sich die Ansammlung und das Endringen in die Kapillare ungefähr so, wie es MlYOSHI für sein Chromatium Weissii geschildert hat^). Von bestimmtem Interesse ist, daß auch andere Schwefel- verbindungen imstande sind, eine ebenso deutliche Anziehung wie HgS zu bewirken. Dies wurde für Natriumthiosulfat (NajSjOj) und für Kaliumsulfhydrat (KSH) konstatiert. Mit der letzteren Sub- stanz machte ich nur einige qualitative Proben mit verdünnten Lösungen, deren Konzentration nicht bestimmt wurde; die An- lockung war indessen über allen Zweifel erhaben. Aus den Ver- suchen mit Natriumthiosulfat mögen folgende den Vorgang illustrieren: 1 Mol. NajSgOj! im ersten Augenblicke eine starke Ansamm- lung vor der Kapillarmündung; nach etwa 30 Sekunden entsteht im Zentrum dieser Ansammlung, aber mit dem Innern der Kapillare verbunden, ein kreisrunder leerer Fleck, der sich ziemlich schnell erweitert, so daß eine ringförmige Ansammlung zustande kommt; auch der Ring wird innen weiter, bis schließlich von chemo- taktischer Orientierung gar nichts zu sehen ist. Yso Mol. Na2S2 03: nach 5 Minuten sehr ausgiebige Ansamm- l) 1. c. S. 161. über die Chemotaxis eines Thiospirillum. 267 lung vor der Kapillarmündung; einige Spirillen dringen auch in die Kapillare hinein, wo sie ihre lebhaften Bewegungen fortsetzen. Vioo ^ol- Na^S^O., : sehr rasches Eindringen in die Kapillare, in der bald eine ausgiebige Ansammlung zustande kommt. Während also Schwefelwasserstoff, Kaliumsulfhydrat und Natriumthiosulfat sich als recht energische Chemotropica erwiesen, waren die Sulfate — es wurden Kalium- und Calcium- sulfat in verschiedenen Konzentrationen geprüft — völlig wirkungs- los gegenüber dem Thiospirillum, abgesehen davon, daß Kalium- sulfat bei Konzentrationen über ^20 ^^^l- eine deutliche Abstoßung, wahrscheinlich osmotaktischer Natur, bewirkte. Das nämliche gilt auch für die anderen geprüften Mineral- salze. Die Chloride, Nitrate, Sulfate und Carbonate^) von Kalium, Natrium, Calcium und Ammonium waren bei nied- riger Konzentration (Y^^ — ^/j^ Mol.) gänzlich wirkungslos, bei höheren (V^o — V,«) stellten sich deutliche llepulsionswirkungen ein. Das Thiospirillum verhält sich also in diesem Punkte wesent- lich anders als das von MlYOSHI untersuchte Chromatium, das z. B. von 0,3 proz. Kaliumnitrat und 0,3 proz. Ammoniumsulfat deutlich angezogen wurde. Von den geprüften Kohlehydraten erwiesen sich alle in chemotaktischer Beziehung völlig indifferent, dabei aber ziemlich giftig. Geprüft wurden Rohrzucker, Lävulose und Galactose in Konzentrationen von Vio — ^Uo Mol., außerdem Dextrin in 0,1- bis 5 proz;. Lösung. In keinem Falle konnte irgendwelche deutliche Anziehung bemerkt werden, dagegen trat eine solche sofort ein, wenn eine HjS-Kapillare in den Tropfen hineingelegt wurde. Die Gift- wirkung trat besonders bei Lävulose (z. B. mit ^20 Mol.) und Rohrzucker (auch bei '/^o Mol.) sehr deutlich hervor. •Wie die Kohlehydrate erwies sich auch Mann it chemotaktisch wirkungslos, aber ziemlich giftig. Ebensowenig bewirkte Pepton (in 1- und lOprozentiger Lösung) irgend welche Anziehung, wohl aber eine gewisse Repul- sion aus, indem die Kapillaren auch in sehr bakterienreichen Ver- suchstropfen völlig frei von Spirillen blieben. Bei Verwendung von 0,2 proz. Pepton fand ein sporadisches und offenbar ganz zu- fälliges Eindringen statt; die Eindringlinge starben sofort. 1) Leider habe ich versäumt, die Wirkung der Phosphate rechtzeitig zn untersuchen. 19* 268 BenGT LlDFORSS: Hämoglobin in 1 prozentiger Lösimg: chomotaktisch völlig wirkungslos, aber ohne ausgesprochene Giftwirkung. Analog ver- hielt sich Albumin und auch Asparagin. Überblicken wir die soeben referierten Befunde, so sehen wir, daß Kohlehydrate, Eiweißstoffe, Pepton und Asparagin, welche für die gewöhnlichen heterotrophen Bakterien die besten Nährstoffe darstellen und demgemäß auf diese Organismen eine energische chemotaktische B-eiz Wirkung ausüben, dem Thiospirilliim gegenüber in dieser Hinsicht gänzlich wirkungslos sind. Durch WlNOGRADSKYs Untersuchungen wissen wir ja auch, daß die erwähnten Substanzen die Ernährung der Schwefelbakterien eher beeinträchtigen als fördern: es besteht also hier — allerdings im negativen Sinne — zwischen Nährwert und chemotaktischem Keiz- vermögen ein Parallelismus, der aber ein bestimmtes Interesse gewinnt, wenn man die chemotaktische Reizbarkeit unseres Thio- spmllum im ganzen berücksichtigt. Im schroffsten Gegensatz zu der ausgesprochenen Gleich- gültigkeit, die das ThiospiriUum den Kohlehydraten und Eiweiß- stoffen gegenüber an den Tag legt, steht die überraschende Prompt- heit, womit unser Bakterium auf gewisse andere organische Ver- bindungen chemotaktisch reagiert. Es sind dies in erster Linie die einwertigen Alkohole der Fettreihe, ebenso dieKetone und Aldehyde (mit gewissen Ausnahmen) der aliphatischen Serie; ferner die zweiwertigen Alkohole und obwohl schwach, der dreiwertige Alkohol, das Glycerin; wirkungslos ist aber der vier- wertige, Erythrit, wie auch das schon vorhin erwähnte sechs- wertige Mannit. Sehr stark positiv chemotaktisch wirken dagegen -Äthyläther und Chloroform. Von den fetten Säuren hatte ich leider nur Gelegenheit, Essigsäure und Milchsäure zu prüfen, diese gaben aber beide positive Ausschläge. Von den aromatischen Verbindungen erwiesen sich Xylol und auch der einwertige Alkohol Phenol als sehr starke positive Reizmittel. Ähnlich, aber etwas schwächer, wirkten auch die Biphenole, Resorcin und Hydrochinon. Eine sichtbar schwächere, aber immerhin unverkennbare Anlockung bewirkte von den Triphe- nolen das Phloroglucin (die anderen Triphenole wurden nicht ge- prüft). Benzaldehyd bewirkte auch eine sehr energische An- lockung, während eine solche in Versuchen mit Benzoesäure gänz- lich ausblieb. über die Chemotaxis eines Thiospirillum. 269 Zur Veranschaulichung des Gresagten und als Belege mögen aus den Versuchsprotokollen folgende Einzelheiten mitgeteilt werden. Äthylalkohol. Ys Mol. Sehr starke Anlockung, rasches Eindringen in die Kapillare, die in wenigen Minuten in ihrer ganzen Länge von leb- haft schwärmenden Spirillen gefüllt wird. Nach einer Viertelstunde wurden die eingedrungenen Spirillen, wahrscheinlich infolge von Sauerstoffmangel, bewegungslos. 1 Mol. Überaus lebhafte Anlockung, dabei aber auch Ile- pnlsionswirkung, so daß vor der Kapillarmündung eine mücken- tanzähnliche Ansammlung entsteht, die sich allmählich zu einer dichten Wolke konzentriert. Das Eindringen in die Kapillare ge- schieht aber äußerst langsam und nur sporadisch. 2 Mol. Momentane Ansammlung vor der Kapillare, aber kein Eindringen; besonders in jungen Kulturen ist die Ähnlichkeit mit einem regelrechten Mückentanz sehr frappant. Bei Verwendung von höheren Äthylalkoholkonzentrationen (25 — 90 Volumprozent) entsteht immer eine momentane Ansamm- ung vor der Kapillarmündung, gleichzeitig erfolgt aber ein ziem- ich rasches Eindringen in die Kapillare, so daß diese in wenigen Minuten in ihrer ganzen Länge von Spirillen vollgepfropft wird; unter Umständen entsteht schon in der Mündung ein so dichter Pfropfen von ineinander verflochtenen Spirillen, daß ein weiteres Vordringen mechanisch unmöglich wird. Sonst sind die Spirillen gegen kurze Einwirkung hoher Alkoholkonzentrationen auffallend resistent; an Kapillaren mit 90proz. Alkohol waren von den eingedrungenen Spirillen nach 4 — 5 Minuten die meisten noch lebendig. — Daß die Spirillen bei diesen hohen Alkoholkonzen- trationen in die Kapillare eindringen, während sie von schwächeren (5— lOproz.) Konzentrationen nur bis an die Mündung angelockt wurden, beruht wahrscheinlich darauf, daß im ersteren Falle eine Narkose eintritt, wodurch die apochemotaktiiiche Tendenz aufgehoben wird, während dagegen die proschemotaktische noch persistiert. Daß es sich in diesem Falle um Aufhebung einer osmotaktischen Reizbar- keit handelt bei gleichzeitiger Erhaltung der chemotaktischen, wie es ROTHERT in einem Versuche mit Baderium Termo'^) erzielt hat, ist kaum anzunehmen, da der Äthylalkohol, wie plasmolytische Ver- suche gezeigt haben, momentan in die Bakterienzelle eindringt und demgemäß keine osmotaktische Reizwirkung ausüben kann. , 1) Jahrb. f. wiss. Botanik Bd. 31 (1904) S. 25. 270 BENGT LlDFORSS:' Bei Verwendung starker Alkoholkonzenfcrationen kommt es häufig vor, daß die Kapillarmüudung schon im Anfange des Ver- suchs zugestopft wird, und es entsteht dann vor der Mündung eine dichte Ansammhmg überaus lebhaft schwärmender Spirillen, die sich makroskopisch als ein weißgrauer Fleck bemerkbar macht. Was die Reizschwelle für Äthylalkohol betrifft, so wechselt diese je nach dem Zustand der Spirillen innerhalb ziemlich w^eiter Grenzen. In älteren Kulturen waren die Spirillen öfters völlig unemp- findlich gegen Äthylalkohol, wenn die Konzentration auf '/loo ^ol herunterging. In jungen Kulturen veranlaßten Vioo — V200 ^o^ noch sehr ausgiebige Ansammlungen innerhalb der Kapillare, und auch wenn der Alkohol bis zu Viooo ^ol verdünnt wurde, entstand im ersten Augenblicke eine deutliche Ansammlung vor der Mündung, die sich aber bald lockerte, so daß ein Eindringen in die Kapillare nicht zustande kam.- Bei V2000 ^^1 waren niemals deutliche Re- sultate zu erzielen. — Wenn man bedenkt, daß z. B. die Equisetum- spermatozoiden noch sehr deutlich auf V10000 ^^^1 Äpfelsäure re- agieren, so erscheint die Empfindlichkeit der Thiospirillen gegen- über einem so überaus kräftigem Reizmittel wie dem Äthylalkohol nicht besonders groß; indessen handelt es sich hier in erster Linie um ein Ausbleiben der Reaktion, und hierbei spielt vielleicht die überaus starke Eigenbewegung der Spirillen sowie auch ihre phobochemotaktische Reaktionsweise eine nicht zu unter- schätzende Rolle. Methylalkohol. 1 Mol. Momentane Ansammlung vor der Mündung, aber fast kein Eindringen in die Kapillare. Nach 2 — '6 Minuten ist die Mündung verstopft von einem makroskopisch sichtbaren Pfropfen aus lebhaft schwärmenden Spirillen. Der Pfropfen dringt allmäh- lich etwas weiter in die Röhre hinein, die Eindringlinge erscheinen während der ersten 15 Minuten ganz munter. Yio ^ol- Lebhaftes Eindringen in die Kapillare. 7,00 Mol- lufi ersten Augenblicke vielleicht schwache An- lockung, die aber bald nachläßt. Isopropylalkohoh 1 Mol. Sehr starke Anziehung, leb- hafte Ansammlung vor der Mündung, dann Propfenbildung; von den eingedrungenen sterben viele ziemlich rasch. — 7ioo ^^1. Ziem- lich rasches Eindringen in die Kapillare. Sek. Butylalkohol. Vs ^ol. Ungefähr wie Isopropyl- alkohol, aber Giftwirkung noch stärker. über die Chemotaxis eines Thiospirillum. 271 AUylalkohol. 1 Mol. Vor der Kapillare sehr lebhafte, mückentanzähnliche Ansammlung; ziemlich starke Giftwirkung, so daß die Mehrzahl in der Kapillarmündung abstirbt. Äthylen glukol. 1 Mol. Sehr schöne Chemotaxis, die Spirillen dringen sofort tief in die Kapillare hinein, wo sie ziem- lich unbeschädigt bleiben, '/zo ^o\. Ungefähr wie 1 Mol. Glycerin. 1 Mol. Deutliche Proschemotaxis, aber nicht be- sonders ausgeprägt. Die Spirillen gehen in die Kapillare hinein, wurden aber hier sofort bewegungslos. Vio Mol. Anziehung sehr schwach, in manchen Versuchen gar keine. Erythrit, Ya ^^^ V« ^o'- Keine Spur von chemotaktischer Reizwirkung. Äthyläther, 5 %. Starke positive Chemotaxis, der Verlauf sonst völlig wie in den Versuchen mit 1 Mol Äthylalkohol. Aceton. Die chemotaktische ßeizwirkung dieser Verbindung stimmt in allen Einzelheiten mit derjenigen des Äthylalkohols über- ein. 1 Mol ruft starke Anziehung gleichzeitig auch Repulsions- wirkungen hervor, Vs ^o^ wirkt nur anziehend; die Reizschwelle liegt ungefähr bei Viooo ^ol« Äthyl aldehyd. Frisch destilliertes Athylaldehyd bewirkte in Vio'Mol-Konzentration energische Proschemotaxis. Paraldehyd, das bekanntlich kein Aldehyd in eigentlichem Sinne ist, er- wies sich völlig wirkungslos. Das nämliche gilt auch von Formaldehyd. Chlor alhydrat. 1 Mol. Eine überaus reichliche Ansamm- lung vor der Kapillare, schon nach 2 Minuten makroskopisch sicht- bar, aber kein Eindringen. — Vao ^<^^. Momentane Ansammlung, Eindringen auf eine kurze Strecke, nach 2 — 3 Minuten bei den Eindringlingen deutliche Schwächung der Bewegungen. 7,^^ Mol. Starke Anziehung, rasches Eindringen in die Kapillare, anfangs sehr lebhafte Bewegungen, die aber bald nachlassen. Chloroform. Gesättigte wässerige Lösung: Anfangs keine sichtbare Einwirkung, nach einigen Minuten aber äußerst reich- liche, makroskopisch sich als weißgrauer Fleck von 2 ram Durch- messer abhebende Ansammlung von lebhaft schwärmenden Spirillen; allmählich Giftwirkung. — Vas Chloroformwasser. Momentane An- sammlung vor der Kapillare, aber unmittelbar vor der Mündung ein leerer Raum, der indessen bald verschwindet je nachdem die Ansammlung zunimmt und sich unmittelbar vor der Mündung kon- zentriert; dann Eindringen in die Kapillare, wo die Spirillen noch 10 — 15 Minuten munter bleiben. 272 Bengt Lidforss: Essigsäure. 7too Mol. Deutliclie Proschemotaxis; die Spirillen dringen in die ßöhre hinein, sterben aber fast momentan, so daß in der Mündung bald eine Anhäufung von Leichen entstellt. Milchsäure. Ein Tropfen auf 10 ccm Wasser. Deutliche Proschemotaxis, aber ziemlich starke Giftwirkung. Ein Tropfen auf 100 ccm H_0: die Giftwirkung scheint jetzt aufgehoben, die Proschemotaxis macht sich aber sehr deutlich geltend; außerdem scheint die Milchsäure gewissermaßen excitierend auf die Spirillen zu w^irken, denn einmal eingedrungen, bewegen sie sich in der Kapillare mit einer ungestümen Lebendigkeit. Phenol. Vio Mol. Überaus reichliche Ansammlung vor der Kapillare, auch massenhaftes Eindringen von Spirillen, die aber sofort der Giftwirkung des Phenols unterliegen. ViooMoL: momen- tanes und sehr reichliches Eindringen in die Kapillare, rasches Absterben. Die beiden Diphenole E-esorcin und Hydrochinon (7io ^^d Vion Mol) verhielten sich in bezug auf Chemotaxis und Gift- wirkung gaDZ wie das gewöhnliche Phenol, nur war ihre Wirkung in beiden Beziehungen etwas schwächer. In noch höherem Grade gilt dies von dem Triphenol, dem Phloroglucin , das immerhin eine deutliche Proschemotaxis veranlaßte. Benzaldehyd, gesättige wässerige Lösung. Sehr schöne mückentanzähnliche Ansammlung vor der Kapillare, aber erst all- mähliches Eindringen. Giftwirkung nicht besonders ausgeprägt. Mit Benzoesäure wurden keine sicheren Resultate erhalten. Die bis jetzt mitgeteilten Beobachtungen sind ja nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht recht lücken- haft; besonders gilt dies von den Versuchen mit den Säuren der Fettreihe, von denen nur zwei, allerdings beide mit deutlich positiven Resultaten, untersucht wurden. Den Grund dieser Lückenhaftig- keit hat indessen der Leser schon erfahren, und da es recht frag- lich ist, ob ich diesen merkwürdigen Organismus wieder in die Hände bekommen werde, habe ich die Mitteilung dieser immerhin recht bemerkenswerten Beobachtungen nicht unterlassen wollen. Die Lückenhaftigkeit in quantitativer Hinsicht macht es nun leider unmöglich, auf eine Frage von großem Interesse einzugehen, diejenige nämlich, ob die verschiedenen Stoffe hier auch durch verschiedene Perceptionsakte wahrgenommen werden, oder ob z. B. über die Chemotaxis eines Thiospirillum. 273 der Äthylalkohol und das Aceton identische Perceptionen auslösen. Indessen stößt die Entscheidung dieser Frage in diesem Falle auf kaum überwindbare technische Schwierigkeiten. Wenn es sich nämlich um so flüchtige Stoffe wie etwa Alkohol, Aceton und Aldehyd handelt, muß man unbedingt mit bedeckten Versuchs- tropfen arbeiten, und unter diesen Umständen sind immer die Be- dingungen für eine aerotaktische Ansammlung in der Kapillare gegeben, falls man nämlich mit einem in aerotaktischer Hinsicht so empfindlichen Organismus wie dem Thiospirillum experimentiert. Ob die Kapillare eine Luftsäule enthält oder nicht ist gleichgültig. immer erhält man eine aerotaktische Ansammlung, falls die Anzahl der Spirillen im Versuchstropfen nicht allzu gering ist; in' solchen Tropfen — mit sehr spärlichen Spirillen — läßt sich aber auch nicht die chemotaktische Reizschwelle bestimmen. Allerdings ist es, wenn es sich nur um die Feststellung qualitativer Reizwirkun- gen handelt, sehr leicht, eine unter optimalen Bedingungen statt- findende chemotaktische Reizwirkung von einer aerotaktischen zu unterscheiden; ganz anders gestaltet sich aber die Sache, wenn es sich um die Eruierung von Schwellenwerten handelt, und diese sind ja eine notwendige Voraussetzung für die Feststellung der Unterschiedsempfindlichkeit, die man wiederum unbedingt kennen muß, um die Sensibilitätsfrage zu entscheiden. — Dazu kommt, daß unser Thiospirillum gegen Schwankungen in der Zu- sammensetzung des Mediums offenbar sehr empfindlich ist, was sich hier natürlich auch als ein sehr lästiger Faktor geltend macht. Einen Umstand, der im vorigen nur gelegentlich gestreift wurde, möchte ich noch hervorheben. Es ist die überaus deutliche phobo- chemotaktische (apobatische) Reaktionsweise, der dies Spirillum anszeichnet, und es zu einem vorzüglichen Demonstrationsobjekt machen würde — , wenn man es nur haben könnte. Es ist ein sehr fesselnder Anblick, wenn die wie Raketen an der Kapillar- mündung vorbeischießenden Spirillen, oft wenn sie ziemlich w^eit vorbeigekommen sind, plötzlich haltmachen und sofort wieder in der entgegengesetzten Richtung vorbeisausen, dann wieder in immer kürzeren Bahnen zurückkehren, um schließlich, nachdem sie eine Zeitlang in dem vor der Mündung aufgeführten Mückentanz teil- genommen, in die Kapillare eingezogen zu werden. In bezug auf die eingangs aufgeworfene Frage — ob die Auf- hellung der chemotaktischen Reizbarkeit des Spirillums irgend- welche Anhaltspunkte in bezug auf die Ernährungsphysiologie ab- geben könne — läßt sich vorläufig nichts sicheres sagen. Indessen wird man sich wohl schwer entschließen können, eine so aus- 274 BenGT LlDFORSS: Über die Chemotaxis eines Thiospirillum. geprägte chemotaktische Reizbarkeit wie die soeben geschilderte nur als ein biologisches Paradoxon zu betrachten; wahrscheinlicher ist wohl doch, daß hier wirklich ernährungsph^^siologische Be- ziehungen bestehen, um so mehr, als mehrere von den in Frage kommenden Stoffen (Alkohole, Acetone und organische Säuren) unter den natürlichen Vegetationsbedingungen des Thiospirillum sehr wohl, wenn auch nur in Spuren, vorhanden sein können. Schließlich möchte ich bemerken, daß die jetzt geschilderte chemotaktische Reizbarkeit sicher kein ausschließliches Monopol der betreffenden Thiosjnrilhim-Avt darstellt. So beobachtete ich z. B. sehr oft in meinen Thiospirillum-Knltnren einen kleinen, leb- haft beweglichen, schwefelkörnchenhaltigen Coccus, der das Thio- spirillum auf seinen chemotaktischen Ausflügen regelmäßig begleitete. Aber auch unter den farblosen und durchaus schwefelfreien Wasser- bakterien gibt es nicht wenige Arten, die eigentümliche Analogien zu der Chemotaxis des Thiospirillums aufweisen Seit bald zwei Jahren kultiviere ich z. B. ein farbloses Spirillum, das ganz wie das Thiospirillum von Alkohol, Aceton, Aldehyd, Chloralhydrat usw. intensiv angelockt wird; anstatt aber auf Schwefelwasserstoff zu reagieren, zeigt es sich sehr empfindlich (im proschemotaktischen Sinne) gegenüber Kohlehydraten, Pepton und anderen „guten" Nähr- stoffen. Über die Reizbewegungen dieser Bakterien, die eine in biologischer Hinsicht ziemlich gut abgegrenzte Gruppe bilden, werde ich nächstens an anderer Stelle ausführlich berichten. Lund, Botanisches Institut der Universität. L. WlTTMACK: Holz vom Porträtkopf der altägyptischen usw. 275 34. L Wittmack: Holz vom Porträtkopf der alt- ägyptischen Königin Teje. (Mit 2 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 23, Mai 1912.) Als 17. wissenschaftliche Veröffentlichung 1) der um die Alter- tumskunde so hoch verdienten Deutschen Oriontgesellschaft hat Prof. Dr. LUDWIG BORCHARDT in Cairo eine eingehende Studie herausgegeben, die den Titel trägt: „Der Porträtkopf der Königin TEJE im Besitz von Dr. jAMES SIMON in Berlin" mit 4 Heliogravüren, 1 Doppellichtdruck, 42 Abbildungen im Text, Leipzig, J. C. HlNRICHSsche Buchhandlung, 4°, 191 L Dieser Kopf ist eine der schönsten Arbeiten altägyptischer Holzbildhauerkunst. Er ist nur klein, kaum 9 cm hoch, mit dem auf dem Scheitel ein- gesetzten Holzpflock, der zum Befestigen eines Aufsatzes gedient haben mag, 10,7 cm. Das Gesicht, das an eine Nubierin erinnert, ist umwallt von einem dicken Mantel. Dieser Mantel oder Kopf- putz erstreckt sich auch von der Stirn bis an den Hinterkopf. Der Kopfputz besteht nach BORCHARDT 1. c. p, 6 ff. aus zwei übereinander liegenden Trachten. Die untere ist nur über der Stirn, an 2 Stellen oben auf dem Kopfe und am Hinterkopf hinter dem Nacken sichtbar und besteht aus einer glatten weißlichen Haube (Kopftuch), welche die Haare vollständig verdeckt. Über dieser Haube sitzen die Beste eines weiteren Kopfputzes, einer großen Perrücke. Von ihr ist aber nur die Unterlage erhalten, diese besteht aus einer graubraunen aufgepappten Stoff- masse. Regelmäßige kleine Eindrücke auf ihr laufen in Reihen über sie fort. Sie rühren von kleinen Ringperlen aus blauem Glase her, welche, dicht an dicht mit einer Schmalseite nach außen auf- geklebt, die Löckchen der Perrücke wiedergaben. Herr BORCHARDT brachte mir persönlich dies Kleinod, das . durch seine Vermittelung Herr Dr. jAMES SIMON, der allezeit zu Opfern bereite Schatzmeister der Deutschen Orientgesellschaft, er- worben hatte, und ersuchte mich, das Holz zu untersuchen. Bei ]) Auch bezeichnet: Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Teil El-Amarna, I. Als Einleitung: Der Porträtkopf der Königin TeJE usw. — Die Königin Tbje war die Gemahlin des Königs Amenophis III., ca. 1400 V. Chr. 276 L, WlTTMACK: der Kostbarkeit des Gegenstandes durfte ich aber nur ein ganz kleines Splitterclien und zwar in seiner Gegenwart an einer un- auffälligen Stelle am Halse abschneiden; doch das genügte. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß es ein Tangentialschnitt geworden war, der sehr deutlich Tracheiden mit einem Spiralband im Innern aufwies. Die Bestimmung war leicht, viel leichter als bei den meisten andern ägyptischen Hölzern, die ich im Laufe der .Jahre zu untersuchen hatte. Es konnte nur Taxus sein. Das Kopftuch Fig. 1. Die altägyptische Königin Teje, 18. Dynastie, ca. 1400 v. Chr. Nach BORCHARDT „Der Porträtkopf der Königin Teje.« Taf. I aber und der Zapfen auf dem Scheitel, sowie der Rest eines anderen sehr starken viereckigen Zapfens, auf den der Hals auf- gesteckt ist, sind aus dem Holz von Äcacia nüotiea. Herr Prof. BORCHARÜT sagt in seiner Beschreibung (a. a. 0. S. 9) : „Der Kopf ist durchaus polychrom behandelt, aber die natürlichen Farben sind mit wenigen Ausnahmen nicht aufgemalt, Holz vom Porträtkopf der altägyptischen Königin Teje. 277 sondern durch das Material selbst erzielt. Der eigentliche Körper des Kunstwerkes besteht aus Eibenholz {Taxus baccata), das die Hautfarbe annähernd, vielleicht eine Nuance zu dunkel wieder- gibt . . . Die Augäpfel sind aus weißem, die Pupillen und die Iris daran aus schwarzem harten (unbekannten L. W.) Material, die Wimpern aus völlig schwarzem Ebenholz. Die Augenbrauen sind aus Eibenholz eingelegt und schwarz übermalt gewesen . . . Das Stirnband war aus dünnem Goldblech . . . , die Haare waren durch dunkelblaue aufgereihte Glasperlen wiedergegeben. (Nach der Vorstellung der Alten hatten die Götter Knochen von Silber, 1 ■ f 1 Fig. 2. Taxus-Holz vom Kopf der altägyptischen Königin TEJE, ca. 1400 v. Chr. Tangentialschnitt. Nach einer Mikrophotographie 60:1. Fleisch von Gold, Haare von echtem Lapis lazuli). In der Ansatz- fläche des Haubenzopfes kommt das Holz, welches das Kopftuch füllt, zum Vorschein. Es ist ebenso wie ein Zapfenrest, der in der Mitte der Fläche steckt, Nilakazie {Acacia nilotica). Der Zapfen im Scheitel ist aus gleichem Material." — Letzterer Zapfen diente, wie BORCHxiRDT annimmt, zur Befestigung eines zylinderischen Aufsatzes, wie ihn die Königinnen bei festlichen Gelegenheiten trugen. 278 Ij- WlTTMACK: Holz vom Porträtkopf der altägyptischen usw. Taxusholz hatte ich bisher noch niemals aus dem alten Ägypten gesehen und glaubte, es sei das erste Mal, daß es gefunden. Freund SCHWEINFURTH belehrte mich aber eines Besseren. Er sandte mir einen Aufsatz von Dr. G. BEAUVISAGE, Sonderdruck aus Annales d. 1. Soc. bot. de Lyon XX 1895, betitelt: „Oerceuils pharaoniques en bois d' If." BEAUVISAGE hatte das Holz von 7 Särgen zu untersuchen, der eine war aus Sykomorenholz (Ficus Sycomora), zwei andere bestimmt aus Taxus. Das Holz besaß kein Holzparenchym und keine Harzgänge, die Tracheen zeigten ein- reihige behöfte Tüpfel und im Innern ein Spiralband. Anfangs hatte BEAÜVLSAGE dennoch einige Zweifel; denn die Spiralen in dem antiken Holz waren sehr locker, während sie bei modernem Holz sehr eng, fast ringförmig verliefen. Das letztere war aber nur bei einem jüngeren (10 — 11jährigen) Holz der Fall. Als er Holz von einem alten Stamm untersuchte, fand er es genau so wie das antike. • Ich muß bemerken, daß bei dem Holz des Porträtkopfes der Königin TeJE auf Radialschnitten die Hoftüpfel erst bei starker Ver- größerung deutlich waren und dann eine schiefe, elliptische Tüpfel- öffnung zeigten. Auf dem Tangentialschnitt sieht man sie gar nicht gut. Karl Wilhelm gibt in Wiesner, Rohstoffe des Pflanzen- reichs, 2. Aufl., 2. Bd., S. 166, eine gute Abbildung des Eiben- holzes und sagt u. a., daß es ehemals das gesuchteste Holz für Arm- brustbogen war. Damit stimmt gut eine Angabe in Dr. M. R. BUCK, Oberdeutsches Flurnamenbuch, Stuttgart 1880, Verlag von H. Kohlhammer. Dort heißt es S. 54: Eibe (Taxus). Dieser Baum war vor Zeiten viel häufiger zu finden. Aus seinem Holz machte man die Bögen, daher in Ober- schwaben die Armbrust heute noch die „Eibe" genannt wird. Alt- hochdeutsch heißt die Eibe iwa. Anmerkung. Die beiden Löcher oberhalb der Stirn der Königin und die zwei weißen Flächen darüber sind die Ansatz- stellen für 2 nicht mehr vorhandene üräen, d. h. 2 Königs- schlangen, Naja Haje L., je eine für Ober- und Unterägypten. Sie waren das Symbol der königlichen Macht. An dem linken Ohr- ring sind ebenfalls 2 Uräen sichtbar. Sitzung vom 28. Juni 1912. 279 Sitzung vom 28. Juni 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Der Vorsitzende macht Mitteilung von dem am 31. Mai d. J. erfolgten Ableben unseres Mitgliedes, des Herrn Geh. Hofrat Prof, Dr. med. et phil. Wilhelm Blasius in Braunschweig. Die Anwesenden ehren das Andenken an den Verstorbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Ferner teilt der Vorsitzende mit, daß von der Academy of Natural Sciences in Philadelphia ein Dankschreiben für den ihr von unserer Gesellschaft zur Zentenarfeier gesandten Glück- wunsch eingelaufen ist. ö^ Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren: Kubart, Dr. Bruno, Privatdozent f. Botanik und Assistent am Inst. f. systematische Botanik in Gpaz (durch K. LiNSBAUER und K. Fritsch). V. Degen, Dr. Arpad, Direktor der Samenkontrollstation in Budapest (durch A. ENGLER und 0. APPEL). Kuntzen, Dr. Heinrich, Assistent am Zoologischen Museum Berlin in Karlshorst, Treskowallee 57 A (durch M. 0. EEINHARDT und E. Jahn). Killian, Dr. Karl, in Straßburg i. E., Lud wigshaf euer Str. 9 (durch L. JOST und H. KNIEP). Sierp, Hermann, Kandidat d. höheren Lehramts in Münster I. W., Staufenstr. 53 (durch F. TOBLER und A. HEILBRONN). ßer. der dentschen bot. Gesellsch, XXX. 20 230 ^- V. Richter: Schilling, Ernst, cand. rer. nat. in Münster i. VV., Scliloßgarten- restaurant (durch F. TOBLER nnd A. HKILBRONN). Späth, Dr. Hellmut, in Berlin-Baumschulenweg (durch W. Magnus und W. AVÄUHTEH). Hils, Dr. Ernst, Oberlehrer in Berlin- Grunewald, Siemensstr. 18 (durch W. WÄCHTER und E. BAUR). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert Herr Herter, Dr. W., Professor in Porto Alegre, und Frau Reinsch, Olga, in Prag. Mitteilungen. 35. A. V. Richter: Farbe und Assimilation. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 27. Mai 1912.) Die Gesetzmäßigkeit in dem Zusammenhange zwischen der Summe der auf ein assimilierendes Blatt fallenden Radiation und der Arbeit der Photosjnthese des Chromophylls wird für gewöhnlich durch die ENGELMANN sehe Formel Eabs=Eass ausgedrückt, nach welcher die Quantität der von dem Chromophyll absorbierten Energie in bestimmtem, direktem Zusammenhange mit der Energie der Assimilation stehen soll. TLMIRJAZEV) war der erste Autor, welcher diesen im theo- retischen Sinne schon von LOMMEL^) ausgesprochenen Grundsatz be- gründete. Engelmann') verallgemeinerte die Angaben TiMIRJAZEVs, indem er sie auf äußerst elegante Weise auf alle uns bekannten Chromophylle ausdehnte. In dem gleichen Sinne arbeiteten auch EEINKE^) und Kohl*). Durch eine Eeihe von Versuchen im 1) TiMlRJAZEV. Über die Assimilation des Lichtes durch die Pflanze. 1875 (russisch). 2) LOMMEL, E. Pogg. Ann. 1871, 143, p. 680. 3) Engelmann, Th. W. Bot. Zeit. 1881 — 1884. 4) Rejnke, J. Bot. Zeit. 1882— .5. B) Kohl, F. G. Ber. d. d. Bot. Ges. Bd. XV. 1897. Farbe und Assimilation. 281 •gefärbten Lichte ist es mir^) gelungen, den Nachweis dafür zu liefern, daß die Höhe des photosynthetischen Prozesses in sehr inniger proportionaler Abhängigkeit steht von den durch das grüne Blatt bei den Bedingungen des Versuches absorbierten Quantitäten -von Energie. KNIEP und MINDER^) haben kürzlich den Versuch unternommen, die gleiche Frage zu bearbeiten, sind aber leider auf :halbem Wege stehen geblieben, indem sie nur die auf das Blatt fallende Energie quantitativ bestimmten. In neuester Zeit hat Dangeard') die ENGELMANNsche Formel durch eine Reihe bio- logischer Verfahren bestätigt. Die oben angeführten Forscher haben es fast ausschließlich mit grünen Pflanzen zu tun gehabt. ENGELMANN allein hatte seine Beobachtungen auch auf Organismen mit anders gefärbten Piastiden ausgedehnt. Die Anwendung der bakteriellen Methode im Objektiv- Mikrospektrum gestattete dem genialen Forscher die Aufstellung eines für die in den verschiedensten Farben gefärbten Piastiden gemeinsamen Gesetzes der Photoabsorption und der Photosynthese. Er erhob alle die verschiedenartigen Neben-Pigmente zu dem Range aktiver Chromophylle. Gleichzeitig wurde auch der Grund für ■die Theorie der Farbenanpassung gelegt, durch welche die zonale Verteilung der Meeresalgen erklärt wurde und die durch die Ver- suche von GAIDUKOV^), wie es schien, eine energische Bestätigung erfahren hatte. Unter dem Einflüsse dieser Theorie stehend, be- trachtet STAHL") das fundamentale Chromophyll des Pflanzen- reiches — das Chlorophyll — als ein für die vorwiegend nützliche Radiation angepaßtes Pigment. BRUNNTHALER") endlich benützt ■die ENGELMANNsche Theorie als Prüfstein für die Forschungen im Gebiete der Pliylogenie der pflanzlichen Organismen. Die LOMMEL-ENGELMANNsche These hat demnach eine über- aus universale Anwendung erfahren, die aus derselben gezogenen Schlußfolgerungen haben eine außergewöhnliche theoretische Bedeu- tung erlangt und ein ebensolches Interesse hervorgerufen. Und doch läßt sich unschwer erkennen, daß dieser ganze •elegante und harmonische Aufbau auf verhältnismäßig schwacher Grundlage ruht: wenn nämlich für das Clorophyll die gegenseitigen Beziehungen zwischen seinen optischen Eigenschaften und seiner 1) Richter, A, Revue geu. Bot. T. XIV. 1902. 2) Kniep, H. und Minder, F. Zeitsch. f. Bot. Bd. T. 1909. 3) Dangeard. Bull. Soc. bot. de France 56, 57. 4) GaidukoV, N. Ann. d. Abhandl. d.Preuß. Akademie d. Wissensch. 1902. 5) Stahl, E. Zur Biologie des Chlorophylls usw. 1909. 6) Brunntealer, J. Biol. Oentralbl. Bd. 31. 1911. 20* 282 A.. y. Richter: pliotosynthetischen Funktion auch auf eine Reihe verschieden- artiger experimenteller Ergebnisse begründet sind, so können docli alle unsere Kenntnisse im Gebiete der Chromophylle ausschließlich auf die Zahlen von ENGELMANN zurückgeführt werden, welche vermittelst einer zwar äußerst interessanten, allein nicht genügend nachgeprüften und wiederholten Methode erzielt worden sind. Nachdem ich Dank der Unterstützung der Kaiserlichen Uni- versität St. Petersburg und des Kaiserlichen Ministeriums der Yolksaufklärung die Möglichkeit erlangt hatte, während mehrerer Monate des Jahres 1911 an der Zoologischen Station in Neapel zu arbeiten, benützte ich die reichen, von dem Direktor Herrn Professor Dr. DOHRN dem Arbeitenden in liberalster und liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellten Hilfsmittel des dortigen Chemischen Laboratoriums, um auf dem Wege direkter chemischer Analysen^ an die Frage über die Assimilation der Meeresalgen heranzutreten.. Mit größtem Dank erinnere ich mich an die liebenswürdige Hilfe des Herrn Laboratoriumsvorstand Dr. HeNZE. Die von mir gewählte Methodik war verhältnismäßig einfach. Die zu untersuchenden Algen wurden in ein großes Zylinderglas mit geschliffenem Deckel verbracht, welches bis zum ßande mit Seewasser von zu\7or bestimmtem Sauerstoffgehalt angefüllt worden, war. Die Insolation wurde in einem großen Aquarium mit Durch- fluß ausgeführt, welches auf der inneren, den Sonnenstrahlen von oben zugänglichen Terrasse des Laboratoriums stand. Durch einen. Wassarstrom wurde die Temperatur auf gleicher Höhe erhalten.. Die Dauer der Insolation wurde in der Weise reguliert, daß der Gehalt des Sauerstoffs im Wasser die Grenzen seiner Löslichkeit nicht überstieg. Nach Beendigung des Versuches wurden rasch Wasserproben entnommen und der Sauerstoffgehalt des Wassers, nach der WiNKLERschen') Methode bestimmt. Durch die Zunahme des Sauerstoffes wurde der Verlauf des Prozesses der Photosynthese angezeigt. Um die nötigen Korrekturen anbringen zu können,, wurden die zu den Versuchen dienenden Algen in besondereni Mengen von Wasser auf die Atmung hin untersucht. — Viel, schwieriger war es, die Werte der Absorption der Lichtenergie in jedem einzelnen Falle festzustellen. Um die mit der Extraktioib der Chromophylle und der Bestimmung ihrer Absorption verbun- 1) WlNKLER. Ber. d. d. Chem. Ges, 1888. Farbe und Assimilation. 283 'denen Schwierigkeiten und Irrtümer zu vermeiden, wandte ich die Methode parallel unter verschiedenen Bedingungen angestellter Versuche an. Der Insolation wurden stets Paare der verschieden gefärbten Algen unterworfen ; der Verlauf der Sauerstof fabscheidung im Licht von verschiedener Farbe oder verschiedener Intensität mußte nun, meiner Voraussetzung nach, die für die Beurteilung •der Gleichwertigkeit oder der Divergenz der photosynthetischen Eigenschaften ihrer Pigmente erforderlichen Daten ergeben. Um gefärbtes Licht zu erhalten, wurden farbige Flüssigkeiten verwendet') u. zw. Lösungen von Kalibichromat (rotgelbes Filter), Lösungen Ton Kupferosjdhydrat in Ammoniak (dunkelblaues Filter) und Lösungen von essigsaurem Kupfer und Pikrinsäure in Wasser (grünes Filter). Alle Filter wurden spektroskopisch auf die Rein- heit der durchgelassenen Lichtbezirke geprüft. Ich muß hier daran erinnern, daß nach den Angaben von ENGELMANN^) in den Hälften des in Wellenlängen von 580 /*/[* ■eingeteilten sichtbaren Spektrums die grünen Zellen einen gleichen Assimilationseffekt ergeben (1:1), blaugrüne das Verhältnis 1 : 0,53, braune 1 : 1,18 und rote 1 : 2,48. Die Intensität des Lichtes veränderte sich in Abhängigkeit von der Tageszeit, vom direkten Sonnenlicht bis zum zerstreuten Abendlicht, oder sie wurde durch eine verschiedene Anzahl über den zu insolierenden Gefäßpaaren angebrachter Bogen weißen Filtrierpapieres abgeschwächt. Dieses Papier absorbierte, wie eine vergleichende Untersuchung des Spektrums ergab, Strahlen von verschiedener Wellenlänge in fast gleichem Maße. Für die ersten Versuche wurden litorale Formen verwendet. I. Versuch. Relative Assimilation einer grünen Alge Viva Lactuca und einer roten GraciJaria compressa. (Beide von der Uferzone.) Die Zahlen sind auf Atmung korrigiert. Sonne, Sonne, Sonne, 2 Bogen gelbes Filter, blaues Filter, Papier. 2 Bogen Papier. 1 Bogen Papier. ülva schied 0^ aus^j 36,00 26,42 11,56 GraciJaria 25,83 15,46 4,86 1) Nagel. Biol. Centn., 1898. 2) Engelmann: Th. W. Bot. Zeit. 1883. 3) In cras der '/mo N" Hjposulfitlösung ausgedrückt. 1 cm» meiner Lösung entsprach 0,05939 cm» 0^. Alle Größen beziehen sich auf 60! 284 ^- ^- RiCHTER: Nehmen wir die Höhe der Assimilation mit weißem Lichte- := 100 an, so erhalten wir: Weißes Licht Gelbes Licht Blaues Licht Ulva 100 73 32 Gracilaria 100 59 19 IL Versuch. Dieselben Algen. Zerstreutes Licht (weiße Wolken). Weißes Licht Gelbes Licht • Blaues Licht Viva 36,90 (100) 24,43 (66) 2,45 (6,6) Gracilaria 24,54 (100) 20,20 (82) 0,88 (3,7) IIL Versuch. Dieselben Algen. Sonnenlicht. Weißes Licht, Gelbes Filter, Blaues Filter, 2 Bogen Papiei 1 Bogen Papier 1 Bogen Papier ülva 106,59 (100) 97,14 (91) 27,9S (26) Gracilaria 104,01 (100) 92,60 (89) 8,32 (8) Die hier mitgeteilten drei Versuche zeigen uns, daß intensiv- grüne und intensiv rote Algen die Assimilationsenergie bei dem Übergange vom weißen zum rotgelben Filter im wesentlichen ganz, übereinstimmend abändern. Die Schwankungen nach beiden Rich- tungen werden in dem dritten Versuche fast vollständig ausge- glichen und entsprechen in keiner Weise der aprioristischen, auf den Angaben von ENGELMANN begründeten Vorstellung von der überwiegenden Arbeit des grünen Pigments in diesen Strahlen, im Vergleiche mit dem roten Pigment. AVie aus den Versuchen her- vorgeht, hat das blaue Licht die Photosynthese der roten Alge im. Vergleich mit der grünen in keiner Weise erhöht, wie man wohl hätte erwarten können, sondern dieselbe vielmehr schroff herab- gesetzt. Angesichts dieser in einer ganzen Reihe von Versuchen festgestellten deprimierenden Wirkung des blauen Lichtes ging ich zu einem anderen Filter über, und zwar zu dem grünen, w^elcher als komplementär in bezug auf die Färbung der Floridee, meiner Berechnung nach besonders deutliche Resultate ergeben mußte. IV. Versuch, Litorale Algen: JJlva Lactuca und Plocamium cocerneum. Sonne. Weißes Tjicht, ^ .. ^.,, -n, ttiu , ^ r^ . Grünes Filter Blaues i ilter 4 Bogen Papier Ulva 67,73 (100) 23,36 (35) 36,11 (53) Plocamium 50,15 (100) 18,41 (36) 6,24 (12) Farbe und Assimilation. 285 V. Versuch. Litorale Algen: Ulva LacUica, scharlachrote Floridee Plocamiiim cocerneum und Gigartina Teedii, die fast gänzlich grün geworden ist. Zerstreutes Licht. Weißes Licht Grünes Licht Ulva 63,35 (100) 16,33 (24) Plocamium 28,86 (100) 6,35 (22) Gigartina 49,71 (100) 11,57 ( 3) Wir beschränken uns darauf, aus der B-eihe übereinstimmender Versuche zwei derselben anzuführen. Alle weisen darauf hin, daß der Verlauf der Photosynthese bei den grünen Formen in seiner Intensität sich in gleicher Richtung, ja sogar in gleichem Grade verändert wie der Verlauf des gleichen Prozesses bei den rotes Chromophyll enthaltenden Organismen. Die Anwesenheit dieses letzteren macht sich in keiner Weise bemerkbar, indem dasselbe keinen Überschuß in grünen Strahlen ergibt und keine Herab- setzung der Photosynthese — entsprechend dem relativen Sinken der Absorption — in rotgelben Strahlen anzeigt. Man kann wohl sagen, daß das rote Nebenpigment der marinen Uferalgen eine ebenso geringe Holle in dem Prozesse der Photo - Synthese spielt, wie das in dem Zellsaft gelöste Anthocyan der höheren Pflanzen. Von dem Gedanken ausgehend, daß das Leben in den von noch nicht durch die Absorption des Wassers verändertem weißen Lichte durchdrungenen Schichten des Seewassers zu einer In- aktivierung des anfänglich aktiven Pigmentes geführt haben könnte, ging ich zu Versuchen mit in größeren Tiefen lebenden Orga- nismen über. VI. Versuch. Algen : Viva Laduca aus der Uferzone und die Floridee Calli- tliamnion aus einer Tiefe von etwa 20 Metern. Sonne. Weißes Licht, 1 Bogen Papier. Grünes Filter, 1 Bogen Papier. Ulva 213,22 (100) 21,89 (10) Callithamnion 49,32 (100) 15,27 (31)! VII. Versuch. Algen: Ulva Laduca, Gelidium Crinale (litorale Zone) und Callithamnion, wie früher. Sonne. Weißes Licht, Grünes Filter, Gelbes Filter, 2 Bogen Papier. 2 Bogen Papier. 2 Bogen Papier. Ulva 158,47 (100) 18,98 (12) 143,67 (91) Gelidium 195,16 (100) 26,37 (14) 156,13 (80) Callithamnion 85,81 (100) 19,85 (23)! 45,64 (53)! 286 A. V. Hl CHT KR: Algen; VIII. Versuch. Viva Lactuca und CalHfhamnio)!, wie früher. Ulva CalHÜHnnmon Weißes zerstreutes Licht, 1 Bogen Papier. 60,20 (100) 20,84 (100) Gelbes Filter, 1 Bogen Papier, Sonne. 95,66 (159) 16,62 (80) Grünes Filter, 1 Bogen Papier, Sonne. 14,84 (25) 14,76 (71)! Diese Versuche ergeben schon ein ganz anderes Bild: im gefärbten Lichte ergeben verschieden gefärbte Algen sich scharf von einander unterscheidende Größen der Photosynthese, welche dem Gesetze von der komplementären Färbung regelrecht ent- sprechen: im grünen Lichte assimiliert die rote Form am stärksten, im rotgelben Lichte — die grüne Alge. Wir führen nunmehr Versuche mit in noch größeren Tiefen lebenden Formen an: IX. Versuch. Algen: die grüne Caulerpa prolifera und die rote Delesseria (Tiefe von etwa 70—90 Meter), Sonne, Grünes Filter, 1 Bogen Papier. 1 Bogen Papier, Sonne, Caulerpa 275,87 (100) 66,34 (24) Delesseria 106,11 (100) 40,65 (38) Gelbes Filter, Sonne, 93,09 (34) 24,57 (23) X, Versuch, Algen: TJlva Lactnca und Delesseria vom Tiefwasser. Sonne, Grünes Filter, 1 Bogen Papier, 1 Bogen Papier, Sonne. Ulva 209^51 (100) 71,96 (34) Delesseria 51,34 (100) 31,30 (61) Sonne. XL Versuch. Algen: Caulerpa prolifera, Delesseria und Dictyota dicJiotoma (Braunalgen). Sonne, Grünes Filter, 1 Bogen Papier. 22,99 (28) 28,88 (55) 52,71 (28) Die letzten drei Versuche scheinen die spezifische Bedeutung der komplementären Färbung der roten Tiefseeformen noch stärker hervorzuheben. Die Frage erweist sich als im Sinne der herr- Caulerpa 81,80(100) Delesseria 52,36 (100) Dictyota 190,21 (lüO) Gelbes Filter, 1 Bogen Papier. 61,47 (75) 19,26 (37) 138,27 (73) Weißes zer- streutes Licht, 2 Bogen Papier. 11,68 (14) 11,98 (23) 25,16 (13) Farbe und Assimilation. 287 sehenden Theorie entschieden. Wir wollen indessen die Zahlen der letzten Kolonne des XI. Versuches etwas näher betrachten. Hier ergab sich bei der Photosynthese in verhältnismäßig schwachem weißen Lichte eine charakteristische Abweichung zugunsten der roten Tiefseealge, als ob wir es mit einem Prozesse in gefärbtem Lichte zu tun hätten. Die Veränderung in der Intensität des Lichtes hat eine ebensolche Verschiebung der Optima der Photosynthese hervor- gerufen, wie die Veränderung seiner Farbe. Wir führen hier einige Versuche an, welche das Studium der Photosynthese bei verschiedener Intensität des gleichförmig weißen Lichtes zum Zwecke haben. XII. Versuch. • Algen: Ulva Lactuca und Callithamnion. Weißes zer- Weißes zer- streutes Licht, streutes Licht, 1 Bogen 4 Bogen Papier. Papier. Ulva 190,59 (100) 83,57 (44) 25,30 (13) Callithammon 42;20 (100) 24,92 (59) 13,94 (33) Sonne, 1 Bogen Papier. XIII. Versuch. Dieselben Algen. Sonne, 1 Bogen Papier. Ulva 124,08 (100) Callithamnion 23,11 (100) Sonne, 6 Bogen Papier. 58,62 (47) 1?,60 (76) XIV. Versuch Algen: Ulva Lactuca, Belesseria und Dictyota Weißes zer- streutes Licht, 8 Bogen Papier. 8,74 (5) 5,74 (14) Zerstreutes Abendlicht. 88,44 (69) 29,13 (126) Sonne. Zerstreutes Licht, Zerstreutes Licht, 3 Bogen Papier. 6 Bogen Papier. 20,78 (8) 7,53 (31) 27,56 (11) die gleichen Ulva 261,48 (100) 38,16 (15) Belesseria 24,42 (100) 12.66 (52) Dictyota 260,98 (100) 41,33 (16) In dieser Serie von Versuchen erblicken wir charackteristischen Divergenzen in den Größen der Photos3'nthese wie in den vorhergehenden Versuchen mit gefärbtem Lichte; ein Zusammenhang zwischen der erhöhten assimilierenden Tätigkeit bei den grünen Formen mit der verhältnismäßig großen Intensität des Lichtes, bei den roten Tiefseeformen dagegen mit dessen ver- 288 A.. V. RICHTER: hältnismäHig geringer Intensität tritt hier deutlich zutage. Der Verlauf der Zahlen ist dem in den früheren Versuchen so ähnlich, daß man annehmen könnte, wir hätten es nicht mit weißen, sondern mit komplementär gefäibten Strahlen zu tun. Um das Wesen dieser Erscheinung kennen zu lernen, werden wir vor allem im Auge behalten müssen, daß alle Filter, sowohl das rotgelbe wie auch das grüne, nicht nur bestimmte Strahlen auslöschen, sondern auch die allgemeine Intensität der einfallenden lladiation abschwächen, und zwar durchaus nicht gleichmäßig: das Filter aus Bichromat ist eins der durchlässigsten für die rotgelben Teile des Spektrums, welche es fast unverändert hindurchläßt, beinahe ohne die Intensität der Strahlen abzuschwächen; das grüne Filter — Pikrin-Kupfer — ist verhältnismäßig dunkel, wenn seine Dicke so gewählt wird,- daß nur die grünen Strahlen mit alleiniger Beimischung der blauen Randstrahlen durchgelassen werden. Mit anderen Worten, hinter dem gelbroten Filter werden die Be- dingungen einer verhältnismäßig grellen Beleuchtung geschaffen, während hinter dem grünen Filter tiefer Schatten herrscht. Was erweist sich nun als ausschlaggebend für den Verlauf der Photo- synthese, der Wechsel der absorbierten Strahlen oder die allgemeine Intensität des Lichtes, welche für die einzelnen Organismen passende Bedingungen hervorruft? Wir wollen Versuche anführen, aus denen die Möglichkeit, die Tätigkeit des gefärbten Strahles sozusagen umzukehren, indem man dessen Intensität verändert, deutlich zu ersehen ist. XV. Versuch. Algen: Caulerpa prolifera und Delesscria vom Tiefwasser. Sonne, Gelbes Filter, Gelbes Filter, 1 Bogen Papier. Sonne. zerstreutes Licht. Caulerpa 275,87 (100) . 93,09 (34) 20,90 (8) Belesseria 106,11 (100) 24,57 (23) 13,42 (13) XVI. Versuch. Algen: Viva Lactuca und Tiefwasserfloridee Belesseria. Sonne, Grünes Filter, Gelbes Filter, 1 Bogen 1 Bogen Papier, zerstreutes Licht, Papier. Sonne. 1 Bogen Papier. JJlva 209,51 (100) 71,96 (34) 32,58 (16) Belesseria 51,34 (100) 31,30 (61) 9,85 (19) In diesen Versuchen ist gar kein gegenseitiges Verhältnis zwischen der Färbung des Chromophylls und der Farbe des auf- Farbe und Assimilation. 289 fallenden Strahles mehr zu erkennen. Unter dem gelbroten Filter assimiliert die rote Alge bald schwächer, bald energischer im Ver- gleich mit der grünen. Nicht die Farbe des Strahles spielt die ausschlaggebende Rolle, sondern dessen Intensität. Indem wir nunmehr zu der theoretischen Zusammenstellung der Versuchsergebnisse schreiten, muß vor allem, bemerkt werden^ daß die erhaltenen Resultate sich nicht in dem durch die ENGEL- MANNsche Theorie von der komplementären Farbenanpassung ge- gebenen Rahmen unterbringen lassen, hingegen vollkommen den Vorstellungen entsprechen, wie sie hauptsächlich von BERTHOLD und OLTMANNS in bezug auf die Frage von der Verteilung der Algen nach Zonen entsprechend ihrem Lichtbedürfnisse ent- wickelt worden sind. Mit dem Begriffe von dem Lichtgenuß werden wir dank den bemerkenswerten Untersuchungen von WiESNER immer eingehender bekannt; einige experimentelle Daten, welche mit den oben ange- führten in außerordentlichem Maße übereinstimmen, aber aus dem Studium der individuellen photosjnthetischen Fähigkeit der Baum- arten gewonnen wurden, verdanken wir LJÜBIMENKO. In den Meeresalgen haben wir gewissermaßen ein besonders auffallendes Beispiel der Teilung in lichtliebende und schattenliebende Pflanzen. Das Nebenpigment, welches in gleicher Weise sowohl bei den Ufer- wie auch bei den Tiefseeformen angetroffen wird, kann nicht zur Bestimmung des Lichtbedürfnisses herangezogen werden, aber es beeinflußt augenscheinlich auch nicht den Verlauf des photo- synthetischen Prozesses. Die erhaltenen Resultate veranlassen uns, zu den klassischen Untersuchungen von ENGELMANN zurückzukehren und dieselben eingehend zu analysieren, was ich denn auch in einem speziellen Aufsatze auszuführen gedenke. Auch die Angaben von GaidUKOV bedürfen einer Revision auf experimenteller Grundlage. Indem ich die Erörterung der. Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen über die Photosynthese bei den blau-grünen Algen auf einen demnächst erscheinenden Aufsatz verschiebe, will ich hier nur darauf hin- weisen, daß für die Begründung der vitalen Bedeutung der chro- matischen Adaptation auf experimentellem Wege gewonnene Daten bezüglich der photosynthetischen Funktion erforderlich sind, da die Veränderung der Färbung in die Komplementärfarbe an und für sich nicht im biologisch zweckmäßigen Sinne ausgenützt werden kann. 290 P- Magnus: Als die wichtigsten Schlußfolgerungen der Untersuchung wird man nachstehende Sätze betrachten können: 1. Unter den Meeresformen besitzen wir in bezug auf die Photosynthese ebensolche Gruppen von lichtbedürftigen und licht- scheuen Formen wie bei den Landpflanzen. 2. Durch diese Eigenschaft (den Lichtgenuß) wird die zonale Verbreitung der Algen bestimmt (BERTHOLD, OLTMANNS). 3. Die Nebenpigmente (wie das Phycoerythrinj spielen keine aktive Rolle im Prozesse der Photosynthese. 4. Das einzige, den Verlauf der Photosynthese bestimmende Pigment, ist auch bei den nicht grün gefärbten Pflanzen das überall vorhandene, allein bisweilen versteckte grüne Pigment, d. h. das Chlorophyll. 5. Die Theorie von ENGELMANN sowie die auf derselben fußenden Vorstellungen sind daher einer grundlegenden Revision zu unterziehen. 36. P. Magnus: Eine neue Urocystis. (Mit 4 Textfiguren.) (Eingegangen am 17. Juni 1912.) Unter den von Herrn J. BORNMÜLLER 1910 in Syrien ge- sammelten parasitischen Pilzen erhielt ich noch nachträglich^) eine mich sehr interessierende Ustilaginee, die derselbe auf Melica Cupani am Westfuße des Antilibanon bei Heliopolis (Baalbek) 1300 m hoch am 18. Mai 1910 gesammelt hatte. Sie erwies sich als eine neue Art der Gattung Urocystis. Ich nenne sie zu Ehren des um die Pilzkunde des Orients so hoch verdienten Entdeckers Urocystis BornmüUeri P. Magn. Sie tritt in den Scheiden und Spreiten der Blätter und in den Inflorescenzen von Melica Cupani auf (s. Fig. 2). In den Scheiden tritt sie in längsverlaufenden Schwielen auf, die auf der Innenseite der Scheide aufi^latzen. In der Inflorescenz stehen die 1) Ich habe die Bestimmung und Bearbeitung des größten Teiles dieser Sammlung veröffentlicht in den Mitteilungen des Thüringischen Botanischen V^ereins Neue Folge, Heft XXVIII, 1911, S. 63—75, Taf. V. Eine neue Urocystis. 291 Ährchen weit gedrängter, als an der gesunden (s. Fig. 1). Die Achse der befallenen Inflorescenz bleibt daher viel kürzer. Fig 1. Gesunde Inflorescenz von Melica Cupani; die meisten Ährchen schon abgefallen. Nat. Gr. Fig. 2. Von Urocystis Bornmhllerl P. Magn. befallener Halm der Melica Cupani. Aus den Blattscheiden treten die Brandschwielen hervor. Der Stiel der Inflorescenz ist sehr verkürzt, und die Ähren"' mit brandigen Körnchen stehen dichter aneinander. Nat. Gr. Fig. 3. Sporenknäuel mit drei Sporen im optischen Durchschnitt. Vgr. 1330. Fig. 4. Derselbe in der Oberflächenansicht, die die Gestalt der Hüllzellea zeigt. Vgr. 1330. An den Ahrchen tritt Urocystis BornmüUeri (so wenigstens an dem einzigen von BORNMÜLLER gesammelten Exemplar) in den Frucht- 292 P- Magnus: Eine neue Urocystis knoten auf, die klein und dicht schwarz von den Sporenknäueln, clie sicli in ihnen entwickelt haben, werden. Das Auftreten der Urocijstis BornmüUeri auf Melica Cupani ist daher ganz analog dem der IJrocystis occuUa (Wallr.) Wint. auf Seeale cereale, nur daß die befallene Inflorescenz heraustritt, während sie bei ür. occuJta oit von der oberen Scheide mehr oder minder umfaßt bleibt, und daß bei dem dichten Stande der Ahrchen des E-oggens ein Unterschied in der dichteren Stellung bei den infizierten Halmen nicht her- vortritt. Die Sporenknäuel bestehen aus 1 — 5, selten mehr großen dunklen Sporen, die von kleineren Hüllzellen mit etwas helleren Außenwänden umgeben werden (s. Fig. 3 und 4). Am häufigsten sind 3 oder 4 Sporen in einem Sporenknäuel. Die Hüllzellen um- geben die Sporen oft nicht vollständig, wie das auch von anderen Uroeystis-Arten bekannt ist. Die äußeren Wände der Hüllzellen liegen an den trockenen Sporenknäueln der Innenwand an. Sobald man aber Wasser hinzusetzt, springen die Außenwände sofort nach außen hervor, so daß am im Was^ser liegenden Sporenknäuel die Hüllzellen nach außen jede kuglig hervortreten. Die Hüllzellen der Sporenknäuel von Uroeystis BornmüUeri verhalten sich daher ganz ähnlich, wie ich es vor Jahren von denen von Uroeystis Antipolitana beschrieben habe. Die Sporen sind durchschnittlich 17,8 fi breit; die Hüllzellen sind 5,5 — 6,8 /x breit. Die Sporenknäuel sind im allgemeinen kugeligrund, so namentlich bei denen mit 3 oder 4 Sporen. Doch kommen auch häufig unregelmäßigere Grestalten vor, wie das bei den Sporen- knäueln aller Uroeystis- Arten eintritt. Die Durchmesser der Sporenknäuel sind natürlich bei ver- schiedener Sporenzahl etwas verschieden. Sie sind bei 2 Sporen 20,5—30 p. breit. (Bei den zweisporigen namentlich siud öfter die Sporenknäuel länglich, d. h. nach zw^ei Richtungen von verschiedener Breite, so z. B. öfter 19,1 X 27,4 fi.) bei 3 Sporen 24,6 — 35,6 (.i breit, bei 4 Sporen 34,2—47,9 fi breit, bei 5 Sporen (wovon nur wenige gemessen) 34,2 — 38,3 fi breit. Die nahe Verwandtschaft der Uroeystis BornmüUeri mit anderen Gräser bewohnenden Uroeystis- Arten geht aus dem Gesagten klar hervor. Durch ihr Auftreten auf der Melica Cupani, namentlich in der Inflorescenz derselben, sowie durch den Bau der Sporen- N. A. MaXIMOW: Chemische Schutzmittel der Pflanzen usw. 293 knäuel mit den bei Wasserzusatz nach außen vorgewölbten Wänden der Hüllzellen ist sie gut charakterisiert. Auf Melica sind in SACCARDO Sjlloge Fungorum bisher nur zwei Ustilagineen genannt. In Vol. VII, S. 461 ist TJstüago segetum (Bull.) Dittm. ohne weitere Angaben auf Melica sp. angegeben. Sie dürfte wahrscheinlich eine eigene Art sein. Und Endothlaspis Melicae Sorok. ist in Vol. VII, S. 481 als Cintractial Melicae (Sorok) De Toni auf Melica ciliata aus Zentral-Asien aufgeführt. Außerdem haben H. u. P. SYDOW in den Annales Mycologici Vol. X (1912), S. 214 die Ustilago Trehouxi Syd. auf den Blättern von Melica ciliata aus Nowotscherkassk in Rußland beschrieben. Sie treten in langen strichförmigen Streifen auf den Blättern auf, wodurch sie sich der Ustilago strüformis (West.) Nießl. anschließen. Alle drei Arten Arten auf Melica sind aus Asien oder dem öst- lichen Rußland. Aus dem östlichen Rußland und Asieu sind noch viele Ustilagineen auf den dortigen Gräsern zu erwarten. Frl. LlSBETH WERNER, die die beiden beigegebenen Zeich- nungen der Sporenknäuel gütigst angefertigt hat und meinem Neffen Prof. Dr. WERNER MAGNUS, der die beiden photographischen Aufnahmen gemacht hat, spreche ich auch hier noch meinen besten Dank aus. 37. N. A. Maximow: Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. IL Die Schutzwirkung: von Salzlösung^en. (Eingegangen am 17. Juni 1912.) Im ersten Teil der vorliegenden Untersuchung^) habe ich ge- zeigt, daß das Verweilen der Pflanzengewebe auf einer Lösung irgend eines Zuckers oder Alkohols die Kälteresistenz bedeutend erhöhen kann. Ein eingehenderes Studium dieser Erscheinung er- wies, daß solch eine Kälteresistenzerhöhung nicht ausschließlich durch die Gefrierpunktserniedrigung der Lösung und des Zellsafts erklärt werden kann, da einerseits die Kälteresistenz bedeutend rascher als die Depression wächst, andererseits die isotonischen 1) Diese Berichte, Bd. XXX, 1912, S. 52. 294 N. A. Maximow: Lösungen verscliiedener Stoffe, welche ein und denselben Gefrier- punkt besitzen, eine sehr ungleiche Schutzwirkang ausüben. Die Erklärung der Schutzvvirkung muß man also in irgendeiner kom- plizierten physikalisch-chemischen Einwirkung der umgebenden Lösung auf das Protoplasma suchen; deshalb ist es notwendig, die Faktoren kennen zu lernen, w^elche das Ausmaß der Schutz Wirkung bestimmen. Von solchen Faktoren fielen mir vorläufig nur zwei auf: die giftige Wirkung der Lösungen, — welche ganz besonders in den Versuchen mit Methyl- und Äthjdalkohol und ebenso mit Glyzerin zutage trat, ferner die Lage des eiitektischen Punktes der Lösung; beim Vergleich der Wirkung des Mannits, dessen eutek- tischer Punkt nahe an — 1,4 " liegt, mit der Wirkung der Glykose, deren eutektischer Pankt sehr niedrig liegt, trat dieser Umstand besonders deutlich hervor. Indem ich außer den Alkoholen und Kohlenhydraten auch noch Salze anorganischer und organischer Säuren in Betracht zog, bestrebte ich mich, nicht bloß durch neue Beispiele die chemische Schutzwirkung zu beweisen und die schon erhaltenen Resultate zu verallgemeinern, sondern auch der Erklärung der Natur der Schutz- wirkung selbst näher zu treten. Wenn man von einer recht ver- breiteten, aber wie wir schon gesehen haben, unbegründeten An- sicht, daß die Kälteresistenzerhöhung bloß von der Gefrierpunkts- erniedrigung abhängt, absieht, so bleibt die Annahme von LlD- FORSS^) als einzige bis jetzt vorgeschlagene Erklärung der Schutz- wnrkung. Indem LiDFORSS die Zuckerarten und die mehr- wertigen Alkohole wie Mannit oder Glyzerin als spezifische Schutzstoffe ansieht, bringt er diese Schutzvvirkung in Zu- sammenhang mit ihrer chemischen Natur, nämlich mit der Fähigkeit, manche chemischen Prozesse, im besonderen das Gerinnen der Eiweißstoffe, verlangsamen oder sogar ganz einstellen zu können. Auf Grund der GORKEschen „chemischen" Theorie des Erfrierens gibt LiDFORSS das folgende Schema der Schutzwirkung: beim Ge- frieren bildet sich in den Pflanzengeweben reines Eis und die Konzentration des Zellsafts steigt, bis endlich die sich darin be- findenden Salze die Eiweißstoffe des Plasmas aussalzen und dena- turieren; es resultiert das Zugrundegehen der Zelle — „das Er- frieren". Wenn sich aber im Zellsaft eine genügende Quantität von Zucker befindet oder künstlich eingeführt wird, so erfolgt die Denaturierung bedeutend später, da der Zucker die schädliche 1) B. LiDFORSS, Die wintergrüne Flora, Lund 1907, S. BO. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 295 Einwirkung der Salze paralysiert und die Kälteresistenz der Pflanzenzellen beträchtlich erhöht. Das LiDFORSSsche Schema ist sehr verlockend, da er einer- seits in seinen Versuchen mit dem Gefrieren von Eiweißlösungen, andererseits in dem wechselnden Zuckergehalt in den Blättern der wintergrünen Pflanzen zu verschiedenen Jahreszeiten eine Stütze findet. Es setzt aber einen Antagonismus zwischen der Wirkung der Salze und der Zucker voraus, gegen dessen Annahme Experi- mente von BARTETZKO ^) angeführt werden können, in welchen die Salpeterlösungen dieselbe Schutz w^irkung auf die Schimmelpilze ausübten, wie die isosmotischen Zucker- oder Glyzerinlösungen. Diese Experimente können aber nicht als entscheidende angesehen werden, da die erhöhte Kälteresistenz der auf Salpeterlösungen kultivierten Schimmelpilze, nicht durch die Aufspeicherung eben dieser Salze selbst in den Zellen, sondern durch das Entstehen besonderer, osmotisch wirkender Stoffe, deren chemische Natur vielleicht von der Beschaffenheit der umgebenden Lösung nicht abhängt, erklärt werden könnte; dennoch kann man nicht leugnen, daß durch diese Experimente das Schema von LiDFORSS einiger- maßen erschüttert ist. Durch die Untei suchung des Einflusses der Salze auf die Kälteresistenz der Zellen höherer Pflanzen, die nicht fähig sind, ihren Turgor so stark zu verändern wie die Schimmelpilze, wollte ich das Schema GORKE-LlDFORSS einer experimentellen Prüfung unterwerfen. Im Falle, daß das Schema richtig ist, muß das Ein- führen der Salze eine Kälteresistenzerniedrigung zur Folge haben; wenn es aber eine ebensolche Schutzwirkung wie Alkohole und Zucker ausübt, so ist das Schema zu verwerfen und die Erklärung der chemischen Schutzwirkung irgendwie anders zu begründen. Die Methodik meiner Experimente mit den Salzen unter- schied sich fast gar nicht von der, die im ersten Teil meiner Untersuchung beschrieben ist. Manche Schwierigkeit bot bloß die bekannte Giftwirkung der reinen Lösungen neutraler Salze '•^). Um diese Giftwirkung zu beseitigen, fügte ich zu Lösungen der K- und Na-Salze zirka 2 Volumprozente aequimole- kularer Lösungen des Ca-Salzes von demselben Anion hinzu. Auf solchen „entgifteten" Lösungen, selbst wenn sie von hoher Konzen- 1) Jahrbücher f. wiss. Botanik, Bd. 47, 1909, S. 81—85. 2) Siehe z. B. HÖBER, Physikalische Chemie d. Zelle, 3. Aufl., 1911, Kap. 11. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX 21 296 N. A. Maxi.mow: tration waren, hielten die Kotkohlsclmitto ohne merklichen Schaden mehrere Tage aus. Späterhin, da es sich als möglich erwies, die Dauer der Versuche herabzusetzen, konnte ich ohne diesen Ca- Zusatz auskommen. Um die Schutzwirkung der Salze unter sich, ebenso auch mit der früher erforschten Wirkung der Nichtelektro- lyte vergleichen zu können, habe ich dieselben in isosmotischen Konzentrationen angewandt. Als Einheit nahm ich eine Lösung an, die der Normallösung (1 Mol im Liter) der Glykose isosmotisch ist, und fernerhin werde ich der Abkürzung halber, solche Lösungen als „isonormal" in den Tabellen mit den Buchstaben „is" be- zeichnen. Den Prozentgehalt solcher Lösungen erhielt ich meist durch Berechnung, unter Benutzung der in den Tabellen von LANDOLT-BÖRNSTEIN angegebenen kryoskopischen Daten. In den Fällen, wo solche Daten nicht zu finden waren, bereitete ich die Isonormallösung aus der Normallösung, deren Depression ich mit Hilfe des BEKMANXschen Kryoskops bestimmte und zu der ich so lange Wasser hinzufügte bis der Gefrierpunkt gleich 1,8 ° war. Die Depression der „Isonormallösung" wurde jedesmal mittels des Kryoskops geprüft und wenn es sich als nötig erwies, wurde die Konzentration durch Hinzufügung von Wasser oder konzentrierter Lösung korrigiert; freilich mußten bei den Salzen, deren eutektis scher Punkt höher als — 1,8 " (K.^SO^, Na^SO^ u. d. g.) liegt, halb-isonormale Lösungen der kryoskopischen Kontrolle unter- worfen werden. Für eine völlig genaue Übereinstimmung der Depression habe ich nicht gesorgt und hielt es für ausreichend, wenn dieselbe zwischen — 1,75 " und — 1,85 "* fiel. Schwächere Konzentrationen erhielt ich durch 2-, 4- bis 10 fache Verdünnung, der Isonormallösung; dabei hielt ich es für möglich, die bei ver- schiedenen Salzen ungleiche Veränderung des Dissotiationsgrades außer acht zu lassen. In manchen Fällen gebrauchte ich auch stärkere 1,5-is- und 2-is-Lösungen mit der Depression — 2,7 " und — 3,6 0. Es war nicht meine Absicht die Wirkung der Salze aller existierenden Anionen und Kationen zu untersuchen. Ich zog es vor, die Salze solcher Säuren und Basen zu prüfen, die am häufig- sten und in größeren Quantitäten in den Pflanzen vorkommen; nämlich von den Kationen Na, K, Ca, Mg, NH^, von den Anionen — Gl, NO3, SO4. Ich beschloß mit der Wirkung der Chloride zu beginnen, insbesondere des Chlornatriums, das in vielen Salzpflanzen in großer Menge vorkommt. Ich untersuchte die Chlorsalze aller fünf oben genannten Metalle und alle diese Salze, obwohl in sehr verschiedenem Grade, erwiesen sich fähig die Kälteresistenz der Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 297 Rotkohlsclmitte zu erhöhen. Die Resultate der Versuche mit NaCl, KCl und CaClg sind in folgenden drei Tabellen wiedergegeben: Tabelle X. Rotkohl. NaCl. 2 is 1,5 is 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 — 5,8« leb. leb. leb. leb. V4 leb. — 7,8« —^ — leb. leb. leb. V4 leb. tot — 11,1« — leb. leb. V2 leb. \4 leb. — — 17,3« leb. leb. leb. Vo leb. einzeln, leb. tot — - 22« leb. leb. 3/4 leb. V4 leb. tot tot — — 32« leb. 3/4 leb. tot — — — Tabelle XI. Rotkohl. KCl. 2 is 1,5 is 1 is 0,6 is 0,25 is 0,1 is 5.8« 7,8« 11,1« 17,3« 22« einzeln, leb. tot _^_ leb. leb. leb. leb. — leb. leb. leb. V4 leb. — leb. ^/4 leb. V4 leb. tot einzeln, leb tot tot tot tot tot tot tot tot tot 1/, leb. tot Tabelle XII. Rotkohl. CaCl,. 2 is 1,5 is 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 - 5,8« leb. leb. leb. leb. 1/4 leb. — 7,8« — — leb. leb. leb. Vi leb tot — 11,1« — — leb. V4 leb. V4 leb. tot — — 17,3 « — — leb. Vileb. tot tot — — 22« leb. Vo leb. V2leb. tot — — — — 32« einzeln, leb. tot tot — — — Von anderen Chlorsalzen zeigte NH^Cl eine noch schwächere Wirkung als CaClg ; MgCl^ äußerte fast gar keine Schutzwirkung. Die obigen Ergebnisse zeigen, daß die Chloride eine beträcht- liche Schutz Wirkung bewirken können; die Schutzwirkung von NaCl steht der Schutzwirkung der Glykose nicht nach. (Vgl. Tabelle I, S. 57.) Diese Tatsache steht in starkem Widerspruch sowohl mit der von GORKE vorgeschlagenen chemischen Theorie des Erfrierens als auch mit der Theorie von LiDFORSS über die spezifische Schutzrolle des Zuckers, da laut diesen Theorien das Ein- führen konzentrierter Lösungen anorganischer Salze das Aussalzen und die Denaturierung der Eiw^eißstoffe des Plasmas beschleunigen und verstärken müßte. Es ist also klar, daß die Ursachen des Erfrierens und der Schutzwirkung irgend wo anders zu suchen sind. 21* 298 N. A. Maximow: Betrachten wir vor allem NaCl und KCl. zwei einander sehr nahesteliende Salze, deren Schutz wirkung aber sehr ungleich ist. Beim Vergleichen der Tabellen X und XI sehen wir, daß diese beiden Salze anfangs, so lange die Temperatur nicht unter — 11 ° sinkt, fast in gleichem Grade die Kälteresistenz der Kohlschnitte erhöhen. Nachdem aber diese Grenze überschritten worden ist, kommt auf einmal der große Unterschied zum Vorschein: während die Schutz- wirkung hoher Konzentrationen von NaCl nur allmählich der Wirkung des steigenden Frostes nachgibt, fallt die Schutz wirkung des KCl rasch bis zu Null. Die Ursache solcher Verschiedenheit könnte man in größerer Giftigkeit des K-Ions suchen. Abgesehen aber davon, daß so eine Giftigkeit für die Pflanzenzelle kaum festgestellt ist, Vväre es schwierig, dadurch den Umschlag der Schutzwirkung gerade neben — 11 ° zu erklären. Wenn wir uns erinnern, daß bei — 11,1 ° der Kryohydratpunkt der Chlorkalium- lösung liegt, und daß wir in den Versuchen mit Mannit gesehen haben, daß das Erreichen des eutektischen Punktes ein rasches Ver- schwenden der Schutzwirkung bedingt, so ist es leicht anzunehmen, daß die verschiedene Schutzfähigkeit des NaCl und KCl durch die verschiedene Lage ihrer eutektischen Punkte ( — 11 *' für KCl, — 21,3 ^ für NaCl) hervorgerufen ist. Daraus folgt, daß die Schutz- wirkung der Salze dieselbe Abhängigkeit vom Gang der Löslich- keit bei Temperaturerniedrigung zeigt wie auch in der Schutz- wirkung der Nichtelektrolyte. Die Natur der Schutzvvirkung ist wie in einem, so auch in dem anderen Falle gleich. Die Schutzwirkung des Chlorkalziums widerspricht anscheinend dem eben erwähnten. Der eutektische Punkt der Lösung dieses Salzes liegt außerordentlich niedrig, nämlich bei — - 55 ", dessen- ungeachtet gibt die Wirkung desselben bedeutend der Wirkung von NaCl nach. Dies kann man jedoch durch größere Giftigkeit dieses Salzes erklären, die man höchstwahrscheinlich der Wirkung des Kations zuschreiben muß. Eine noch größere Giftigkeit und kleinere Schutz wirkung besitzen NH^Cl und MgCl^. Zur Auf- klärung der Giftwirkung des Ca und Mg kehren wir später zurück, jetzt gehen wir aber zu den Versuchen mit salpetersauren und schwefelsauren Salzen über, die hauptsächlich in der Absicht auf- gestellt worden sind, den Zusammenhang zwischen der Schutz- wirkung und der Lage des eutektischen Punktes noch deutlicher erscheinen zu lassen. Von den Nitraten sind folgende untersucht worden: NaNGj, KNO„ NH,N03, Ca(N03),, Mg(NO,),. Chemische Schutzmittel der Pflanzen seoen Erfrieren. 299 Tabelle XIII. Eotkohl. NaNOj. 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 5,8 0 7,8° 11,1" 17,3° leb. leb. leb. V4 leb. ^'4 le leb. leb. leb. 1/, leb. tot leb. V2 leb. V4 leb. einzeln. leb. — 'U leb. V4 leb. einzeln, leb. tot — Tabelle XIV. Eotkohl. KNO,. \ is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 5,8« 7.8° 11,1 " 17,3" V4 leb. V4 leb. einzeln, leb. tot V4 leb. V4 leb. tot tot Vi leb. einzeln, leb. tot tot V4 leb. einzeln, leb tot tot V4 leb. tot Tabelle XY. Rotkohl. CafNO,),. 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 5,8° 7,8» 11,1 0 17,30 leb. leb. leb. 3/4 leb. leb. leb. V2 leb. V4 leb. leb. '/2 leb. tot tot leb. 1/, leb. tot tot t/4 leb. tot Mg(K03)2 zeigte eine sehr schwache, NH^NO., gar keine Schntzwirkung; letztere erwies sich sogar eher als schädlich. Der Zusammenhang der Schutzwirkung mit der Lage des Kryohydratpunkts tritt bei den Experimenten mit Nitraten nicht minder scharf hervor als bei denen mit Chloriden. Für die Lösungen KNO3 liegt dieser Punkt bei — 2,9 ^ für NaN03 be- deutend niedriger, nämlich bei — 18,5 °. Dementsprechend äußert das erstere Salz fast gar keine Schutzwirkung, während die Wirkung des NaNOa vollkommen deutlich auftritt. Ca(N03)2, un- geachtet seines fast ebenso niedrig liegenden eutektischen Punktes ( — 16 °), schützt bedeutend schlechter — wieder die spezifische Griftwirkung des Kations. Mg(N03)2 ^^•i NH^Cl sind in solchem Grade giftig, daß es schwierig ist, überhaupt von ihrer Schutz- wirkung zu reden. Meine Experimente mit Nitraten gaben im all- gemeinen dieselben Resultate, wie die von BxlRTETZKO^). Er be- nutzte aber ausschließlich gemischte Lösungen, die zu gleicher Zeit 1) loc. cit., S. 81—85. 300 N. A. Maximow: Kali- und Natronsalpeter enthielten, und deshalb konnte er den Unterschied zwischen der Wirkung dieser beiden Salze nicht konstatieren. Von den Sulfaten habe ich nur zwei Salze untersucht, näm- lich — Na^SO^ und K^SO^. Da diese beiden Salze einen sehr hohen eutektischen Punkt haben (NagSO^ bei — 1,2 ", K^S04 bei — 1,6 °), so konnte man im voraus sagen, daß ihre Schutzwirkung noch schwächer als die von KNO., sein muß. Das Expeiiment hat diese Vermutung völlig bestätigt. Beide Salze, ungeachtet ihier vollständigen Unschädlichkeit, erwiesen sich als vollkommen un- fähig, die Kälteresistenz der Kohlschnitte zu erhöhen. Die Untersuchung der anorganischen Salzlösungen zeigt uns, daß die Schutzwirkung der Salze ebenso wie die der organischen Nichtelektrolyte vorzugsweise durch ihre Löslichkeit bei niedrigen Temperaturen bestimmt wird. Wenn eine Lösung bei Erniedrigung der Temperatur die Sättigungsgrenze rasch erreicht, wenn sie schon bei kleinem Frost vollkommen erstarrt, so ist ihre Schutzwirkung unbedeutend. Ein niedrig liegender eutektischer Punkt weist dar- auf hin, daß wir eine ansehnliche Schutzwirkung erwarten können, vorausgesetzt, daß die Lösung ungiftig ist; und wenn das letztere der Fall ist, so spielt die chemische Natur des Schutzstoffes keine Rolle bei der von ihm bedingten Kälteresistenzerhöhung. Streng genommen ist die letzte Behauptung noch nicht völlig bewiesen. Obwohl wir gesehen haben, daß chemisch so ver- schiedene Stoffe, wie Glykose und NaCl in isosmotischen Kon- zentrationen gebraucht, gleiche Schutzwirkung erweisen, konnte diese Übereinstimmung doch rein zufällig sein. Um den Zufall zu beseitigen, beschloß ich eine möglichst große Anzahl unschädlicher Stoffe mit niedrigem eutektischem Punkt zu prüfen. Ich ging deswegen zur Untersuchung der Salze organischer Säuren über, und bei der Wahl der letzten legte ich dasselbe Prinzip zugrunde, wie in den Versuchen mit anorganischen Salzen, nämlich ich be- vorzugte die Salze der Säuren, die am häufigsten in den Pflanzen vorkommen. Von den einbasischen Säuren der Fettreihe konnte ich nur die Salze der Ameisen- und die der Essigsäure gebrauchen, da die höheren Glieder der Reihe Salze geben, welche durch Wasser stark zerlegt werden und darum eine scharf-alkalische Reaktion besitzen; das letzte ist jedoch auch bei den Acetaten bemerkbar. Von den essigsauren Salzen habe ich Na-, K- und Ca-Salze, von den ameisensauren nur Na-, und K-Salze untersucht. Chemische Schutzmittel der Pflanzen ee^en Erfrieren. 301 Tabelle XVI. Eotkohl. Na-Acetat. 2 is 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 — 5,8 0 leb. leb. leb. leb. V4 leb. — 7,8 0 — leb. leb. 3 4 leb. tot tot — 11,1 0 — leb. Vz leb. 1/4 leb tot — — 17,3 0 — leb. I/o leb. einz. leb. tot — — 22 0 leb. 3/4 leb. einz. leb. — — — : — 32 0 3/4 leb. einzeln, leb. tot — — Tabelle X.Y1L Rotkohl. K-iVcetat. 2 is 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 — 5,8 0 _ leb. leb. leb. leb. V. leb. — 7,8 0 — leb. leb. leb. Vi, leb. tot - 11,1 0 — leb. leb. 1/2 leb. tot — — 17,3 0 — leb. V-. leb. V4 leb. tot — — 22 0 leb. leb. » 4 leb. — — — 32 0 leb. t/4 leb. einz. leb. — — Tabelle XVIII. Rotkohl. Ca-Acetat. 2 is 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 — 5,8« _ leb. leb. leb. leb. 1/4 leb. - 7,8 0 — leb. leb. V4 leb. einz. leb. tot — 11,1 0 — leb. 3/4 leb. V* leb. tot — — 17,30 — V, leb. einz. leb. tot tot — 22 0 einzeln, leb. tot — — — — — 32 0 tot tot — — — — Die Formiate haben fast identische Resultate wie die Acetate gegeben. Beim Durchsehen der erhaltenen Resultate fällt es auf, daß essigsaure Natrium- und Kaliumsalze eine fast ebensogroße Schutz- wirkung ausüben wie Glykose oder Chlornatrium. Dies hängt wohl davon ab, daß die stärkste beobachtete Kälteresistenzerhöhung auch überhaupt die höchste ist, die man durch Anwendung von konzentrierten Lösungen erreichen kann. Fernerhin sehen wir, daß das Kaliumsalz seiner Wirkung nach fast gar nicht sich von der Wirkung des Natriums unterscheidet und sogar das letztere in seiner Schutzwirkung etwas übertrifft. Dies kann als Bestätigung für die früher ausgesprochene Ansicht dienen, nämlich, daß die schwächere Wirkung der Chloride und Nitrate des Kaliums im Vergleich mit denjenigen des Natriums ausschließlich durch die 302 N. A. Maximow: höhere Lage des eutektisthen Punktes der letzteren erklärt werden muß, durchaus aber nicht durch eine spezifische Eigentümlichkeit des Kalium-Ions. Das Ca-Acetat bedingt eine bedeutend kleinere Kälteresistenzerhöhung als die Salze der Alkalimetalle; dies kann durch schon früher erwähnte spezifische Eigentümlichkeiten des Ca-Ions erklärt werden, freilich auch durch die verhältnismäßig hohe Lage des eutektischen Punktes ( — 11,8 "). Ungeachtet ihrer alkalischen Reaktion haben die Acetate eine bedeutende Schutzwirkung ausgeübt. Da ich es für wünschens- wert hielt zu untersuchen, wie überhaupt die Reaktion der Lösung auf die Kälteresistenz der in sie eingetauchten Gewebe einwirkt, versuchte ich die Kohlschnitte in sehr verdünnten Lösungen von NaHO und von Zitronensäure gefrieren zu lassen. Dabei erwies es sich, daß alle Verdünnungen der Säure von Vmo ^ ^^^ ^^^ V5000 ^ di^ Kälteresistenz des Kohles erniedrigen (schon bei — 5,8 " gehen alle seine Zellen zugrunde) und nur die Verdünnung bis auf Vio 000 ^ i'u^t keinen schädlichen Einfluß mehr hervor. Die schwachen Konzentrationen der Natronlauge von '/auo ^ ^^^ Viooo ^ zeigen im Gegenteil, wenn auch eine geringe, dennoch aber eine günstige Wirkung: die Anzahl der am Leben gebliebenen Zellen nach dem Gefrieren der Schnitte bei — 5,8 " in schwach alkalischem Medium war etwas größer als die bei den Schnitten, welche bei derselben Temperatur im Wasser gefroren waren, und ein Teil der Zellen blieb sogar bei' Erniedrigung der Temperatur bis — 7,8" am Leben. Zweibasische organische Säuren und ebenso die Oxysäuren sind, wie bekannt, stärkere Säuren und geben beständigere Salze als die einbasischen Fettsäuren; darum konnte ich für meine Ex- perimente eine größere Anzahl dieser Salze gebrauchen. Übrigens sind die Calciumsalze dieser Säuren meist wenig oder gar nicht wasserlöslich und darum gebrauchte ich nur Kalium- und Natrium- salze. Da es sich zeigte, daß die saure Reaktion des Mediums schädlich wirkt, benutzte ich nur Neutralsalze, indem ich sorg- fältig die Reaktion ihrer Lösungen auf Lakmus prüfte und im Not- falle dieselbe mit einigen Tropfen Lauge korrigierte. Es wurden Salze folgender Säuren untersucht: der Oxalsäure, Milchsäure, Apfelsäure, Weinsäure und Zitronensäure. Dabei erwies es sich, daß die Oxalate und Tartrate ausgeschlossen, alle übrigen Salze beträchtliche Schutzwirkung besitzen, welche nahe der Schutz- wirkung von Glvkose oder NaCl steht. Als Beispiele können Ver- suche mit Lactaten angeführt werden, welche die größte Wirkung äußerten. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 303 Tabelle XIX. Eotkohl. Na-Lactat. 2 is 1 is 0,0 is 0,2.5 is 0,1 is 0 — 6,8 0 leb. leb. leb. leb. 1/4 leb. — 7,8 0 — leb. leb. leb. =»/4 leb. tot — 11,1 0 — leb. leb. 3/4 leb. einz. leb. — — 17,3 0 leb. leb. 3/4 leb V4 leb. tot — — 22 0 leb. 3/4 leb. — — _ — 32 0 3/, leb. V. leb. — — — — Tabelle XX. Rotkohl. K-Lactat. 2 is 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 5,8 0 — - 7.8 0 — 11,1 0 — 17,30 leb 22 0 leb 32 0 leb. leb leb. leb. leb. leb. '/., leb. leb. leb. leb. 3/4 leb. leb. leb. Va leb. V4 leb. leb. 3/4 leb. einz. leb. tot 1/4 leb. tot Wie wir aus den Tabellen ersehen können, besitzen die Salze beider Alkalimetalle auch hier beinahe gleiche Schutzwirkung. Dabei üben die K-Salze eine etwas stärkere "Wirkung aus als die des Natriums — eine "Wiederholung der schon in den Versuchen mit Acetaten beobachteten Erscheinung. Die Tartrate und die Oxalate zeichnen sich, wie wir schon erwähnt haben, vor den übrigen organischen Salzen aus: die Schutzw^irkang ist etwas schwächer bei den ersteren und kommt bei den letzeren beinahe gar nicht zum Vorschein. Die Ursache liegt in geringerer Löslichkeit dieser Salze bei niedrigen Tempe- raturen und in der daraus folgenden hohen Lage des eutektischen ' Punktes. Besonders scharf kommt dieser Zusammenhang bei den Oxalaten zum Vorschein, bei denen im Gegensatz zu den Chloriden und Nitraten der eutektische Punkt des Kaliumsalzes bedeutend niedriger liegt als bei dem Natriumsalze ( — 1,7 '^ für Na^O^O^ und — 6 " für KjCgO^). Dementsprechend besitzt das erstere noch eine bemerkbare Schutzwirkung, die dem letzteren vollständig abgeht. Tabelle XXI. Rotkohl. Na-Oxalat. 1 i; 0,5 is 0,25 is 0,1 is 5.8 0 7,8 0 11,1 0 17,30 V. leb. V4 leb. tot tot V4 leb. •/4 leb. tot tot einzeln. leb. einzeln, leb tot tot tot tot tot tot 1/4 leb. tot 304 N. A. MaXI.MOW: Chemische Schutzmittel der Pflanzen usw. Tabelle XXII. llotkohl. K-oxalat 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0,8 0 7,8° 11,1 0 17,3 0 leb. leb. einzeln, leb. einzeln, leb. leb. leb. einzeln, leb. tot V4 leb. V. leb. tot tot 1/4 leb. einzeln, leb tot tot V4 leb. tot Meine Experimente mit den Salzen abschließend, hielt ich es für nötig hier auch (wie früher bei Untersuchung organischer Nichtelektrolyte), die Schutzwirkung dieser Stoffe an einem Ob- jekt zu prüfen, das äußerst wenig kälteresistent ist, und mich nicht mit einer verhältnismäßig kälteresistenten Pflanze wie Rot- kohl zu begnügen. Ich wählte wieder Tradescantia discolor. Es erwies sich, daß die Salzlösungen auch bei dieser tropischen Pflanze die Kälteresistenz der Zellen erhöhen können. Wesen der außerordentlichen Zartheit und Empfindlichkeit des Plasmas dieser Pflanze, die schon von DE VRIES bemerkt worden ist, wird sie aber sehr bald durch Salzlösungen geschädigt und deshalb kann die Schutzwirkung der letzteren nicht denselben Grrad erreichen, W'ie in den Experimenten mit Glykose. Als Beispiel führe ich einen Versuch mit Chlornatrium an. Tabelle XXIII. Tradescantia. NaCl. 1 is 0,5 is 0,25 is 0,1 is 0 2,9 0 5,8 0 7,8 0 11,1 0 leb. leb leb. leb. leb. Va leb. einzeln, leb. einzeln, leb. 3/4 leb. tot tot tot tot tot tot tot tot Versuche mit organischen Salzen gaben ebensolche Resultate. Ein Vergleich der mit Salzen organischer und anorganischer Säuren erhaltenen Resultate mit den Ergebnissen der Versuche mit Lösungen organischer Nichtelektrolyte erlaubt uns nicht bloß in den ersteren eine Bestätigung der früheren Ergebnisse zu sehen, sondern gibt uns das Recht, eine Zusammenfassung in allgemeinerer Form zu machen: 1. Das Einbringen der Pflanzengewebe in Wasserlösungen verschiedener Stoffe — wie Zucker, Alkohole verschiedener Wertig- keit, Salze, mineralischer und organischer Säuren — kann die Kälteresistenz der Zellen beträchtlich erhöhen. Th. M POßODKO: Vergleiche ade Untersucliiiugen über die Tropismen. 305 2. Die Scliutzwirkung der Lösungen kann nicht allein durch die Gefrierpnnktserniedrigung erklärt werden: die Kälteresistenz wächst immer bedeutend rascher als die Depression. 3. Der Grad der Schutz Wirkung steht in nahem Zusammen- hang mit der Lage des eutektischen Punktes der Lösung; sie nimmt nach dem Erreichen dieses Punktes rasch ab. Die Stoffe, deren eutektischer Punkt sehr hoch liegt (Mannit, Na- und K-Sulfat, Xa^C^O^) zeigen gar keine Schutzwirkung. 4. Isotonische Lösungen von Stoffen verschiedener chemischer Natur, die einen recht niedrig liegenden eutektischen Punkt haben, üben eine fast gleiche Schutzwirkung aus. Diese Schutzwirkung wird aber bedeutend geschwächt, wenn der gebrauchte Stoff einen schädlichen Einfluß auf das Protoplasma ausübt. Auf Grund der angeführten Resultate wollen wir im folgen- den Artikel zur Aufklärung der Natur der Schutzwnrkung selbst übergehen. Botanisches Laboratorium d. K. Forstinstituts St. Petersburg. 38. Th. M. Porodko: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. IL Mitteilung-. Thermotropismus der Pflanzenwurzeln. (Mit 2 Textfiguren.) (Eingegangen am 19. Juni 1912) Einleitung und Methodisches. Als Thermotropismus faßt man bekanntlich') alle durch eine Temperaturdifferenz veranlaßten Krümmungsreaktionen zusammen. Die nötige Temperaturdifferenz läßt sich nun auf zweierlei Weise herstellen. Entweder setzt man die orthotropen Organe der Ein- wirkung eines sich horizontal ausbreitenden Wärmestromes aus, oder man bringt bloß eine Flanke dieser Organe in Berührung mit einer Wärmequelle. Unsere Kenntnisse des Thermotropismus basieren auf Erfahrungen, die nach der ersten Methode gesammelt wurden. In der vorliegenden Mitteilung will ich nun über Ver- 1) Ppeffeb, Pflaazenphysiologie 'II. Aufl. Bd. 2 S. 580. 306 'i'H. M. PORODKO: suche berichten, welche ich nach der zweiten Methode ange- stellt habe. Als Versuchsobjekt benutzte ich die Keimwurzeln. Yor- greifend sei bemerkt, daß die negative thermotrope Krümmung ungetrübt nur dann eintritt, wenn die Wurzelspitze allein gereizt wird. Ganz ähnlich verhält es sich aber im Falle des Chemo- tropismus der Wurzeln, was meine frühere^) Methode auch hier anzuwenden gestattete. Die einzige Abweichung bestand in der Reizungsweise der Wurzel. Nur auf diese Eigentümlichkeit der Methode soll nunmehr eingegangen werden. Als Wärmequelle diente mir ein 5C0 ccm fassender ERLEN- MEYER-Kolben, welcher mit dem Wasser von gewünschter Tem- peratur gefüllt war. Um die Abkühlungsgeschwindigkeit des AVassers zu vermindern, habe ich den Kolben mit Filz umwickelt. Der Filzumschlag wurde mit einem runden Loch versehen, das sich dicht über dem Boden des Kolbens befand. Eben an dieser Stelle hat der Kolben eine stark konvexe Oberfläche, was eine ein- seitige streng lokalisierte Berührung mit der Wurzelspitze gestattet. Um die Berührungsoperation auszuführen, nimmt man den Blumentopf^) des Versuchsgefäßes ab und stützt ihn mit dem Band gegen den bedeckten Wandteil des Kolbens etwas oberhalb des Loches auf. Dann zittern die' Hände nicht, sodaß die Berührung ununterbrochen dauert. Die Berührungsdauer wurde unter Zuhilfe- nahme eines Metronomes oder einer Kontrolluhr gemessen. Nach der vollendeten Berührung stellt man den Blumentoj^f auf seinen Platz zuiück. Die Berührung dauert in der Regel kurz, sodaß wachstumshemmende Folgen des Aufenthaltes der Wurzel an der trockenen Luft nicht beobachtet wurden. Die zu berührende Seite der Wurzelspitze mußte irgendwie vermerkt werden. Dieses geschah in der Regel durch Anbringen einer Tuschemarke in einem schon ausgewachsenen Teil der Wurzel. Letzteres sei besonders betont. Denn eine Tuschemarke, welche in der Wachstumsregion aufgetragen ist, ruft eine ausge- sprochen positive Krümmung hervor, die späterhin in eine schwach negative übergeht. Da aber auch bei der thermotropen Reizung der Wurzel die positive Ablenkung der negativen voran- geht, so kann man durch unpassende Markierung leicht zu einem Irrtum geführt werden. Diese Gefahr ist beim Feststellen der . Schwellenwerte natürlich besonders groß. 1) PORODKO, diese Berichte Bd. 30 S. 17—18. 2) PORODKO, a. a. 0. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 307 Die Temperatur (ta) der die "Wurzelspitze berührenden Kolbenvvand wurde aus der betreffenden Temperatur (ti) des im Kolben befindlichen Wassers berechnet, und zwar nach der Formel : ta = (ti + 4,6 "*) • 0,815. Diese Formel habe ich auf Grund spezieller auf dem thermoelektrischen Wege angestellten Versuche abgeleitet. Die Temperatur des "Wassers wurde immer am A.nfang der Berührungsoperation bestimmt. Faktisch sinkt die Temparatur während dieser Operation, jedoch höchstens um ca. 0,1 — 0,2". In den vorliegenden Untersuchungen experimentierte ich aus- schließlich mit den ca. 10—20 mm langen Wurzeln von Lupinus albus. Wenige mit den Warzeln von IleUanthus anmms und Vicia faba major angestellte Versuche ergaben übrigens keine wesent- lichen Unterschiede. Alle Versuche sind im Dunkelzimmer bei 19 — 21*^ 0 ausgeführt. Zum Schluß des methodischen Teiles sei bemerkt, daß alle weiter beschriebenen thermotropen Krümmungsreaktionen keines- falls auf Rechnung der Berührung selbst mit der Kolbenwand gesetzt werden können. Denn hat das im Kolben befindliche Wasser eine Zimmertemperatur, so bleibt dann eine sogar 5 Min. dauernde Berührung mit der Kolbenwand ohne Einfluß auf die Wurzel. Dieselbe wächst gerade weiter oder höchstens wird sie sehr schwach in der positiven Richtung abgelenkt. Verteilung der thermotropen Reizbarkeit auf die Wurzel. Um ein Mißverständnis zu verhüten, soll ausdrücklich betont werden, daß sowohl in diesem als in den folgenden Abschnitten lediglich von dem negativen Thermotropismus die Rede ist. Wie oben gesagt, wurden thermotrope Krümmungen immer durch einseitiges Erwärmen der Wurzelspitze hervorgerufen. Thermische Reize können somit bereits von der Spitze allein perzipiert werden. Es fragt sich aber, ob und in welchem Grrade die nämlichen Reize seitens der Wachstumszone aufgenommen werden können. Um diese Frage zu entscheiden, stellte ich eine Reilie von Versuchen an, wo die Wachstumszone allein einseitig erwärmt wurde. Die Erwärmung erstreckte sich in der Regel auf den vierten und fünften Millimeter der Wurzel und wurde auf oben beschriebene Weise bewerkstelligt. Es erwies sich nun, daß diejenigen Reizmengen, welche der Spitze zugeführt, eine starke negative Krümmung hervorrufen, hier dagegen eine gute positive Krümmung zur Folge haben. Die Biegung entsteht dabei eben dort, wo die Erwärmung statthatte, und ist desto schärfer, ie stärker gereizt wurde. Diese Beziehung legt die Vermutung 308 "i'H- M. PORODKO: nahe, daß die in Rede stehenden positiven Kiümmimgen passiv zustande kommen dürften, und zwar dadurch, daß der erwärmte Wurzelteil seine Wachstumsgeschwindigkeit herabsetzt. Trifft die obige Vermutung zu, so sind diese Krümmungen als traumatische^) anzusehen. Bedingungen und Verlauf der thermotropen K rümmungsreaktion. Für den Eintritt der thermotropen Krümmung sind zwei Bedingungen maßgebend. Die Wurzel muß gut wachsen. Sehr langsam wachsende Wurzeln reagieren äußerst träge oder gar nicht. Was die Reizung anbetrifft, so muß sie 1. einseitig auf einen 1 — IVj ^3im langen Endteil der Wurzelspitze und 2. mit einer be- stimmten Stärke einwirken. Die Stärke des thermischen Reizes setzt sich aus zwei Variablen zusammen: der Temperatur und ihrer Einwirkungsdauer. Der Zusammenhang zwischen ihnen ist weiter unten formuliert. Die thermotrope Krümmungsreaktion verläuft in der Regel in zwei Phasen. Die erste Phase besteht in der Ablenkung der Wurzel nach der positiven Richtung, die zweite Phase — nach der negativen. In beiden Fällen kann die Ablenkung verschieden stark ausgefallen sein: von der schwachen ein paar Teilstriche des Mikrometers ausmachenden Neigung an, über ein schrägt) gerichtetes Wachstum, bis zur eigentlichen Krümmung. Im letzteren Fall variiert noch die Größe des Ablenkungswinkels. Unter den Be- dingungen meiner Versuchsanstellung betragen positive Winkel etwa 15 — 20°, negative dagegen meistens 30 — 60*^, zuweilen aber sogar 90- 180 0. Gegenseitige Beziehungen beider Phasen stellen sich, abhängig von der Reizstärke, folgendermaßen dar. Wendet man minimale Reize an, so wächst die Wurzel lotrecht weiter oder — und das ist der häufigere Fall — sie wird positiv abgelenkt. Die positive Phase der Reaktion dauert dann den ganzen Tag lang, um erst nachts einer schAvachen negativen Krümmung Platz zu machon. Steigert man die Reizung, so wird die positive Phase schwächer und gleicht sich bald aus. Dann beginnt die negative Ablenkung und schreitet bis zu einem gewissen durch die Reizstärke gegebenen Punkt fort, um nachher allmählich ausgeglichen zu werden. Zuweilen komplizieren sich die Verhältnisse dahin, daß nach der Ausgleichung der nega- tiven Krümmung eine erneute positive Ablenkung beginnt, um 1) Pfeffer, a. a. 0. S. 591. 2) PORODKO, a. a. 0. S. 21 sub b. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 309 wiederum in eine negative und oft noch stärkere Krümmung über- zugehen. Es macht den Eindruck, als ob die Tendenzen der Wurzel, sich positiv oder negativ zu krümmen, hier miteinander ringen. Verstärkt man den Reiz noch mehr, so verlängert sich wiederum die positive Phase, dafür aber ist dann auch die negative stärker aus- geprägt. Die Ausgleichung der negativen Krümmung tritt hier s-tark verspätet ein und ist nur eine teilweise. Es entstehen somit S-förmige Krümmungen. Bei den maximalen Reizen wächst die Wurzel entweder gerade weiter oder erzeugt schwache unbestimmte Krümmungen. Übrigens ist hierbei schon das Wachstum z. T. sistiert. Die negative Phase der thermotropen Krümmungsreaktion ist also durch ein Minimum und ein Maximum der ßeizstärke begrenzt; innerhalb dieser Grenzen variieren verschiedene Elemente der Krümmungsreaktion, so z. B. die Reaktionszeit, die Schnelligkeit des Krummwerdens, die Größe und die Stabilität des Ablenkungs- winkels usf. Abhängigkeit der thermotropen Krümmungsreaktion von der Temperatur und ihrer Einwirkungsdauer. Um diese Abhängigkeit klarzulegen, habe ich die thermo- trope Wirkung von sechs Temperaturen untersucht, und zwar von 70", 60,4«, 52,65 ^ 50", 44,5° und 40«. Bei je einer dieser Temperaturen wurde eine Reihe der Versuche angestellt, die sich nur durch ungleiche Berührungsdauer der Wurzelspitze mit der Kolbenwand voneinander unterschieden. Durch Variation der Berührungsdauer suchte ich die Präsentationszeit für negative thermotrope Krümmung bei gegebener Temperatur festzustellen. Individuelle Differenzen im Verhalten einzelner Wurzeln machten es entschieden notwendig, die betreffenden Versuche mehrmals zu wiederholen. Aus Räumlichkeitsgründen kann ich die Protokolle meiner diesbezüglichen, selbst ausgewählten Versuche nicht an- führen. Ich beschränke mich nur auf die tabellarische Zusammen- stellung der gewonnenen Resultate. Tabelle. N. z t\. 3 5 10 15 20 40 45 60 120 180 240 270 70 0 X XX 60,4 0 X XX 62,66 0 X XX 60 0 X XX 44,5 0 X 40 0 X? X 810 Th. M. PorodkO: Zvir Erliinterung der Tabelle sei folgendes bemerkt. Z ist Berührungsdauer in Sekunden, T — Temperatur nach Celsius; 0, X und XX bedeuten, daß die negative thermotrope Krümmung nicht eingetreten bzw. minimal bzw. stark ist; das Fragezeichen zeigt, daß die Reaktion zweifelhaft ist. ^ Für uns sind also diejenigen Z-Werte von Wichtigkeit, welche dem Zeichen x entsprechen, weil sie die gesuchten Präsentations- 300 250 200 150 100 50 N t « \ \ \ \ \ \ ^^ -^T U\ 3 A4,5 5 0 52 65 6 •0,4 70 Fig. 1. Zeiten vorstellen. Die Reizschwelle für negative thermotrope Reaktion liegt somit: bei 70 " und 5 Sek., 60,40 „ 15 52,650 „ 45 50« „ 60 44,50 „ 180 400 „ 270 Trägt man nun in ein rechtwinkliges Koordinatensystem die T- und Z-Werte ein, so erhält man eine Kurve (Fig. 1), welche der Formel einer Hyperbel entspricht: Zt T° ■ Zt = (1). t" ^^ Denn!) legt man der graphischen Darstellung die Logarithmen unserer Z-"und T-AVerte zugrunde, so ergibt die Verbindungslinie 1) WiLH. Ostwald, Lehrb. d. allgem. Chem. II. Aufl. Bd. 3, S. 232. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 311 der Schnittpunkte eine Gerade (Fig. 2). Die Gleichung dieser Geraden ist: lg Zt = lg Zt + n (lg T - lg t) (2), woraus man den Wert von n leicht berechnen kann. Im Durch- schnitt ist er 7,4 gleich. Führt man diesen "Wert in die Formel (2) ein, so kann man aus der einen empirisch gefundenen Präsentations- zeit (Zt) bei der Temperatur T die Präsentationszeiten bei allen möglichen ^) Temperaturen leicht berechnen. 1.648 1.699 Fig. 2. Stellt man nun die Gleichung (1) in der Form Ztt7,6 = ZTT7,6 (3) dar, so ist klar, daß für den Eintritt der negativen thermotropen Krümmung die Menge der thermischen Energie maßgebend ist. Denn Zt t^.e stellt ja ein Produkt aus der Temperatur und der Eerührungsdauer vor. Der letzteren Größe ist wohl die "Wärmemenge proportional. Wir sehen also hieraus, daß das be- kannte -) Reizmengegesetz auch für den negativen Thermotropismus der Pflanzenwurzeln gültig ist. iDas Wesen der Erregung bei dem negativen Thermo- tropismus. Vergleicht man sowohl die Bedingungen und den Verlauf der thermo- und chemotropen Krümmungsreaktion als auch die Verteilung der betreffenden Reizbarkeiten untereinander, so ist eine weitgehende Analogie unverkennbar. Im Hinblick darauf lag 1) Ob die Formel außerhalb des geprüften Temperaturspielraums (40" — TO«) gilt, habe ich noch nicht untersucht. 2) E. PßiNGSHElM, Die Reizbewegungen der Pflanzen. S. 66, 160 u. ff Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 22 312 Th. M. POKODKO: die Vermutung nahe, daß auch die Erregungsvorgänge beider Tropismen älinlich sein dürften. Theoretisch sah diese Vermutung ganz plausibel aus, weil die Eiweißkoagulation sowohl durch chemische als durch thermische Energie hervorgerufen werden kann. Es mußte nun eine experimentelle Prüfung dieser Ver mutung vorgenommen werden. 1. Bei der Bestimmung der Präsentationszeiten wurde der physiologische Effekt, sofern die erste Spur der Krümmung in Betracht kam, immer konstant gehalten. Solchen Krümmungen liegen offenbar auch die Erregungen der gleichen Intensität zu- grunde. Die Formel (3) ist somit für den Eintritt der der Reiz- schwelle entsprechenden Erregung gültig. Blicken wir von diesem Standpunkt aus auf unsere obige Vermutung. Wenn die Er- regung beim negativen Thermotropismus wirklich in einer ther- mischen Koagulation des plasmatischen Eiweißes in den affizierten Zellen der Wurzelspitze bestehen sollte, so müßte auch die Eiweiß- koagulation eine durch die Formel (3) ausgedrückte Funktion der Temperatur und ihrer Einwirkungsdauer sein. Ist dies aber wirk- lich der Fall? Einen gewissen Aufschluß über diese Frage geben uns die Untersuchungen von ChtcK und MARTIN i). In den ersten zwei Kolonnen der III. und IV. Tabelle finden wir die Zeiträume, welche nötig sind, damit eine gleiche Menge der Proteine bei ver- schiedenen zwischen 60° und 77" liegenden Temperaturen koaguliert. Unterziehen wir diese Werte derselben Bearbeitung, wie die nnsrigen oben erfahren haben, so erhalten wir für das Eier- albumin die Formel Zt t'^4 = Zt T44^ für das Hämoglobin dagegen Zt tl7.4 = ZtT17.4. Hieraus ist ersichtlich, daß sowohl die thermische Eiweißkoagulation wie die negative thermotrope Er- regungs- bzw. Krümmungsfähigkeit in analoger Weise von der Menge der thermischen Energie abhängt. Der einzige Unterschied bezieht sich auf den Wert des Exponenten. Wovon dies abhängt, läßt sich ohne weiteres nicht sagen. Möglicherweise dürfte man die Ursache dieses Unterschiedes z. T. im folgenden zu suchen haben. CHICK und MARTIN untersuchten die Koagulation der Proteine im eigentlichen Sinne des Wortes, d. h. die grobe Fällung. Dieselbe fand z. B. bei 69° erst nach einigen Minuten statt. Wäre es aber, wie bei uns, Sekunden erwärmt, so würde die Ei- weißlösung nur innere, in der Verminderung des Dispersitätsgrades bestehende Zustandsänderungen erleiden. Vermutlich würde sich unter diesen Umständen auch der Exponent vermindern. 1) Jouro. of Physiologj vol. 40 p. 404. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 313 2. Es ist längst bekannt, daß die thermische Koagulation der Eiweißlösung durch Zusätze verschiedener Stoffe sowohl begünstigt als gehemmt werden kann. Es erhebt sich alsbald die Frage, wie die negative thermotrope Krümmungsfähigkeit sich unter analogen Bedingungen verhalten wird. Um diese Frage zu lösen, habe ich die Wurzelspitze zunächst mit der Lösung des zu prüfenden Stoffes in eine ca. 30 Minuten dauernde Berührung gebracht und erst dann einseitig erwärmt. Die Berührung mit den Stoffen war all- oder einseitig. Im ersteren Fall trägt man den kleinen Tropfen der Lösung auf die Wurzelspitze auf, im letzteren setzt man auf die zu erw^ärmende Spitzenseite ein mit der Lösung befeuchtetes Papierstückchen *) auf. Vor dem Erwärmen wurde der Überschuß der Lösung von der Wurzelspitze entfernt. Für diesbezügliche Versuche habe ich die Salzsäure und den Harnstoff angewandt, und zwar in den Konzentrationen, welche für sich chemotrop noch nicht W'irksam sind. Es ergab sich, daß die negative thermotrope Wärmewirkung durch Säure mächtig gesteigert, durch Harnstoff stark erniedrigt wird. In ganz analoger 2) Weise beeinflußt nun der Zusatz der genannten Stoffe auch die thermische Koagulation der Eiweißlösung. Zum Schluß der vorliegenden Mitteilung fassen wir den Inhalt des letzten Abschnitts kurz zusammen. Es wurde die Ver- mutung ausgesprochen, daß die Erregung im Falle des nega- tiven Thermotropismus in einer thermischen Koagulation des plasmatischen Eiweißes in den affizierten Zellen der Wurzelspitze bestehen dürfte. Zum Beweis dieser Vermutung wurde geprüft, ob die sich aus derselben ergebenden Konsequenzen mit den Erfahrungen der physikalischen Eiweißchemie in gutem Einklang stehen. Es stellte sich wohl klar heraus, daß eine weit- gehende Analogie zwischen der negativ thermotropen Krümmungs- fähigkeit und der Koagulierbarkeit der Eiweißlösung tatsächlich besteht. — Odessa, d. 17. Juni 1912. Botanisches Laboratorium der Universität. 1) PORODKO, a. a. O. S. 18. 2) Vgl. Spiro, Zeitschr. f. phjsiol. Chemie, Bd. 30, S. 182; Chick und Martin, a. a. O. 22* 314 "^- Magnus und B. Schindler: 39. W. Magnus und B. Schindler: Über den Einfluß der Nährsalze auf die Färbung der Oscillarien. (Eingegangen am 20. Juni 1912.) Die Farbe der Cvanophvceen und besonders der Oscillarien wechselt im natürliclien Vorkommen bei den gleichen Arten in ziemlich weiten Grenzen. Es erregte berechtigtes Aufsehen, als GAIDüKOV nachwies, daß in farbigem Licht dieser Farbwechsel in der Weise erfolge, daß im wesentlichen die zu dem einwirken- den Licht komplementären Farben Zustandekommen. So nahm die von ihm hauptsächlich untersuchte Oscillaria sancta forma violacea Gaid. in rotem Licht eine grünliche, in gelbbraunem Licht eine blaugrüne, in grünem Licht eine rötliche und in blauem Ijicht eine braungelbe Färbung an. Im Anschluß an die ENGELMA.NN- sche Theorie, daß die zur jeweiligen Farbe der Algen komplemen- täre Lichtart die stärkte Assimilation bedingt, folgert G-AIDUIvOV, daß die untersuchten Oscillarien imstande sind, die für die Assi- milation zweckentsprechendste Farbe anzunehmen und nennt diese Fähigkeit „chromatische Adaptation". — Später berichtet GaiDUKOV, daß schon nach lOstündiger Bestrahlung im intensiven, durch den elektrischen Lichtbogen erzeugten Spektrum die anfangs blau- grünen Kulturen von Phonnidium tenue in allen Strahlen von Grün bis Violett gelb bis braungelb gefärbt wurden, in roten und gelben Strahlen dagegen blaugrün blieben. „Die Schnelligkeit dieses Prozesses zeigt, daß es sich hier um die direkte Farbenveränderung der alten Zellen handelt und nicht um die Erzeugung neuer Zellen mit anders gefärbten Chromophyllen." — Die GAIDUKOVschen Unter- suchungen scheinen aber noch ein weiteres Ergebnis von allge- meinster Bedeutung zu bieten. Die durch Einwirkung monochro- matischen Lichts erworbene Farbe der Oscillarien erhält sich in weißem Licht und vererbt sich auf jüngere Zellgenerationen, die dem betreffenden Licht gar nicht ausgesetzt waren. Die Theorie von der Vererbung erworbener Eigenschaften hatte durch dies Ergebnis einen wesentlichen Stützpunkt gefunden. — Die GAIDUKOVsche Hypothese wurde seitdem durch XADSOJST, Schorler und jüngst besonders durch DANGEARD gestützt. Lber den Einlluß der Nährsalze auf die Färbung der Oscillarien. 3]^5 Es kann nun aber nicht daran gezu'eifelt werden, daß noch andere Ursachen für den Farbenwechsel der Oscillarien in Betracht kommen können. Von den Angaben P. ElCHTERs ganz abgesehen, sprechen OLTMAJTNS, NADSON, 0. ElCHTER und MOLISCH die Vermutung aus, da,ß auch die Intensität des Lichtes in Betracht zu ziehen ist. Ferner läßt sich aus BRUNNTHALERS Angaben über Gloeothece vermuten, daß Ernährungsbedingungen von Einfluß sein möchten. Bei der Wichtigkeit der GAIDUKOVschen Beobachtungen er- schien es also notwendig, seine Versuche unter möglichster Ver- meidung von Fehlerquellen einer Nachprüfung zu unterziehen und zu untersuchen, ob vielleicht von ihm nicht berücksichtigte Fak- toren einen analogen Farbwechsel hervorzurufen imstande sind. Als Versuchsobjekte dienten eine Fhormidhim autumnale Gom. sehr nahestehende Art, die in dunkel-schwarzgrünen Rasen die Erde von Blumentöpfen überzog und eine spangrüne OsciUaioria for- mosa Bory nahestehende Form, die im Wasser eines Aquariums auftrat. Von beiden Spezies wurden auf Agar-Agar und Gipsplatten, die mit Nährlösung getränkt waren, Speziesreinkulturen angelegt, die während der fast zweijährigen Dauer der Untersuchung frei von anderen Algen und Pilzen gehalten werden konnten, jedoch nicht frei von Bakterien zu bekommen waren. Nach 2jähriger Kultur hatten die Algen noch die gleichen morphologischen und physiologischen Eigenschaften wie das Ausgangsmaterial. Als Nährlösung wurde eine etwas modifizierte KNOPsche und die MOLISCHsche mit und ohne Calciumsulfat verwendet. Auf diesen Nährmedien gedeihen bei alkalischer Reaktion die Oscillarien aus- gezeichnet. — Nach einiger Zeit traten aber bei allen in diffusem, weißen Tageslicht gehaltenen Kulturen Farbenveränderungen auf. Die schwärzlichen Rasen von Phonnidhim wurden braunschwarz, schließlich braungelb und gelb, die spangrünen von OsciJlatoria rein- gelb. Der Farbwechsel begann regelmäßig zuerst am Impffleck, um sich dann schließlich über die ganze Kultur zu verbreiten. — Wurden die gelben Fäden auf eine neue Kultur übergeimpft, färbten sie sich, noch ehe sie sich im Agar weiter ausbreiteten, dunkler, bis sie wieder die schwärzliche resp. spangrüne Aus- gangsfarbe angenommen hatten. Waren also diese Farbenver- änderungen auch in weißem Licht eingetreten, so war doch die Möglichkeit vorhanden, daß im farbigen Licht die der komplemen- tären Adaptation entsprechenden Farbenveränderungen auftreten. 3 16 AV. Magnus und B. Schindler: Es wurden deshalb, nach der von GA.IDUKOV angewandten Methode, die Kulturen unter doppelwandige SENEBIERsche Glocken gebracht, die mit farbigen Lösungen gefüllt waren. Als gelbrotes Filter diente Kaliuinbichromat, als grünes Kupferchlorid, als blaues Kupferoxydammoniak. Die Kulturen blieben mehr als vier Monate unter den Glocken. Ihre Entwicklung nach dieser Zeit war sehr verschieden. Mit abnehmender Wellenlänge war die Entwicklung immer mehr ver- langsamt, daß heißt, sie hatte unter Einwirkung der roten Strahlen ihr Maximum erreicht, während unter Einwirkung der blauen Strahlen die geringste Entwicklung erfolgte. Auch in diesen Kulturen trat eine Farbenveränderung auf, die sich aber in keiner Weise von der der in weißem Licht gezogenen Kontrollkulturen unter- schied. Sowohl unter der roten als auch grünen Glocke traten gelbe und gelbbraune Töne auf, während unter der blauen die ur- sprüngliche schwärzliche, resp. spangrüne Farbe erhalten blieb. Farbenveränderungen im GAIDUKOVschen Sinne blieben dagegen vollkommen aus. Besonders bemerkenswert erscheint, daß die unter blauem Licht schwach entwickelten Oscillarien gerade ihre ursprüngliche Farbe behielten und nicht einen braungelben Ton annahmen, der nach der GAIDUKOVschen Theorie für sie von wesentlichem Vorteil hätte sein müssen. — Versuche, etwa eine chromatische Adaptation in intensiv monochromatischem Licht, das von einer elektrischen Bogenlampe ausging, zu erzielen, hatten ebensowenig Erfolg. Es zeigte sich aber bei diesen Versuchen eine Erscheinung, die für die abweichenden Resultate anderer Forscher eine Erklärung liefern dürfte. Etwas ältere Kulturen von OscilJa- toria, die schon einen leicht gelbgrünen Ton angenommen hatten, wurden zu einer Hälfte durch schwarzes Papier beschattet, während die andere intensiv grünem Lichte ausgesetzt war. Nach relativ kurzer Zeit war die belichtete Hälfte weit intensiver grün ge- worden, während die beschattete deutlich gelb erschien. Dies kommt so zustande, daß schon in einem Teil der Fäden eine Um- färbung nach Gelb stattgefunden hat, w^ährend die anderen Fäden noch die ursprüngliche grüne Farbe besitzen. Letztere sind viel stärker heliotropisch reizbar und wandern alle nach der belichteten Schalenseite, und die gelben bleiben zurück . Es dürfte mit Sicher- heit anzunehmen sein, daß die schnelle Farbenveränderung, welche GAIDUKOV durch Bestrahlung von Phormidinm mit intensivem Spektrum erzielte, auf einen ähnlichen Faktor zurückzuführen ist. Ebenso dürfte auch DANGEARD einer gleichen Fehlerquelle zum Opfer gefallen sein. Er arbeitete mit einer Oscillarie, von über den Einfluß der Nährsalze auf die Färbung der Oscillarien. 317 der er angibt, daß sie Lynghya versicolor am nächsten gestanden habe. Er ging von oran gegelben Kulturen aus, die er mittels seines Spektrophors einem hellen Spektrum in einer Kulturröhre unterwarf. Es stellte sich nun heraus, daß schon nach relativ kurzer Zeit im roten Teile des Spektrums ein Farbenumschlag nach Grrün stattfand, während in allen übrigen Teilen des Spek- trums die gelbe Farbe erhalten blieb. Nach unseren Versuchen läßt sich daraus keineswegs auf eine chromatische Adaj)tation schließen, die sich dann ja auch in den übrigen Teilen des Spek- trums hätte dokumentieren müssen. Es ist vielmehr anzunehmen, daß sich zwischen den gelben Fäden noch grüngefärbte befanden, die nun nach dem ihnen am meisten zusagenden Lichte wanderten, resp. daß es sich um Fäden handelte, welche unter günstigen Kulturbedingungen wieder ihre grüne Farbe annahmen. Da wenigstens für die von uns untersuchten Oscillarien also eine chromatische Adaptation nicht vorhanden ist, mußte der Grund der Farbenveränderung ein anderer sein. In unseren Kulturen nun stellte sich nach einer gewissen Zeit stets eine Farbenveränderung ein, und beim Überimpfen auf neue Nährboden trat stets die alte Färbung wieder auf. So lag es nahe, die Farbenveränderung nach den braunen und gelben Farben- tönen mit Nährstoffmangel in Verbindung zu bringen. Die Richtig- keit dieser Vermutung läßt sich durch Parallelkulturen beweisen. Es zeigt sich, daß mit steigender Konzentration des Nährmediums der Eintritt des Farbwechsels immer weiter hinausgeschoben wird. Das gleiche ist der Fall, wenn eine größere Menge Nährsubstrat den Algen in den Kulturen zur Verfügung steht. Je höher die Konzentration steigt, desto mannigfaltiger sind bei Phormidium die Farbentöne, die beim Farbenwechsel durchlaufen werden. Grünliche, rötliche, bräunliche, gelbliche Töne treten auf, und je konzentrierter die Nährlösung ist, desto tiefer ist auch der den Beginn des Farben wechseis kennzeichnende Farben ton. Es gelingt nun aber auch, diejenigen Kulturen, die bereits einen Farbwechsel aufweisen, dadurch ihre alte Farbe wieder annehmen zu lassen, daß neue Nährflüssigkeit der alten Kultur zugefügt wird. Wird in einer solchen Agarkultur ein Loch im Agar her- ausgeschnitten und neue Nährflüssigkeit hineingegossen, so läßt sich sehr bald erkennen, wie von dieser Stelle aus die Umfärbung in den ursprünglichen Farbenton einsetzt. Hat somit der Nährsalzgehalt eine ausschlaggebende Bedeutung für die Umfärbung der Oscillarien, ist die Intensität der Belichtung gleichfalls von sichtbarem Einfluß. Kulturen, die unmittelbar am 318 "^V- Magnus und B. Schindler: Fenster gewachsen sind, zeigen einen früheren Farbenwechsel wie die weit vom Fenster entfernt stehenden. Dennoch muß der Licht- einflaß als von mehr sekundärer Bedeutung angesehen werden. Durch stärkere Beleuchtung wird die CO^-Assimilation gefördert. Es kann nun als sicher angenommen werden, daß in einem wenig- zelligen, autotrophen Organismus sich Nährstoffaufnahme und Wachstum nach den durch die Assimilation zur Verfügung stehen- den Kohlehydraten richten werden. Je größer bis zu einem ge- wissen Grade also die Bestrahlung ist, desto intensiver und schneller wird der Verbrauch der Nährsake stattfinden. — ■ Noch eine andere Erscheinung läßt auf das starke Nährstoffbedürfnis der Oscillarien schließen. In schwächer konzentrierten Agarkulturen w^andern die Oscillarien in konzentrischen Zonen vom Impffleck fort, augen- scheinlich nach den Stellen der ihnen zusagenden Nährstoffkonzen- tration. Deshalb steht auch Zonenbildung und Farbenwechsel in zeitlichem Zusammenhang. Es wurde bisher nur ganz allgemein von Nährsalzen ge- sprochen. Indem nur ein Salz als Nährsubstrat den Algen geboten wurde und bei positivem Ausfall Basen und Säureanteil in anderer Kombination angewendet wurden, kann mit Sicherheit festgestellt -werden, daß ein zu geringer Stickstoffgehalt im Nährboden im wesentlichen allein die Umfärbung bedingt. Durch Stickstoffzufuhr wird das Wiederauftreten der ursprünglichen Farbe herbeigeführt, und es ist gleich, ob dieselbe als Nitrat oder Ammoniumsalz er- folgt. — Die Degeneration der ursprünglichen schwärzlichen und spangrünen Farbe ist von der Gegenwart des Lichtes unabhängig und erfolgt auch bei völligem Lichtabschluß. — Ist nun der von uns bei Phormidium und bei Oscillatoria ge- fundene Farbwechsel den von GAIDUKOV beobachteten an die Seite zu stellen oder ist er von ihm als prinzipiell verschieden anzusehen? Untersuchungen über den Gehalt an den verschiedenen in den Cyanophyceenzellen vorhandenen Farbstoffpigmenten, die mit den gebräuchlichen Methoden vorgenommen wurden, dürften darüber Aufschluß geben. Der Chlorophyllgehalt nimmt mit dem Fortschreiten des Farbenumschlags nach Gelb stark ab, kann aber, wenn auch nur noch in Spuren, noch in reinem Gelb nachgewiesen werden. Das gelbe Pigment („Karotin") läßt sich in allen Stadien auffinden. Anders dagegen verhält sich der dritte Farbstoff, das Phycocyan, das in Phonnidütm in einer rotvioletten, in Oscillatoria in einer bläulichen Modifikation auftritt. Seine Menge verringert sich ebenfalls, je weiter der Farbwechsel vorwärtsschreitet. Es über den Einfluß der Nährsalze auf die Färbung der Oscillarien. 319 verschwindet aber bei einem bestimmten Grad des Farbenweclisels vollkommen. Daß es sich nun aber bei den GAIDUKOVschen Farbenver- änderungen hauptsächlich um das Verschwinden des Phycocyans gehandelt hat, scheint aus seinen eigenen Angaben zu folgen. „Nur die Helligkeitsminima II, IIa und III a (im Absorption- Spektrum der Blaualgen) können verschwinden und wieder er- scheinen^)." Da aber die Helligkeitsminima II, IIa dem Phyco- cjanband entsprechen-), so scheinen die Farbenveränderungen in ganz ähnlicher Weise wie bei unseren Versuchen vor sich gegangen zu sein, und es liegt kein Grund vor, die von uns beobachteten Farbenumschläge nicht als gleichartig den von GaiDUKOV be- obachteten anzusehen. Unsere Farbenveränderungen sind nun, wie wir sehen, völlig unabhängig vom Einfluß farbigen Lichtes, und es liegt die Ver- mutung nahe, daß auch die von GAIüUKOV beobachteten Farben- veränderungen zum Teil oder vielleicht sogar ganz, gleichen Er- nährungsstörungen zuzuschreiben sind. Wenigstens muß seine Theorie der chromatischen Adaptation so lange als unbewiesen gelten, bis nicht unter Berücksichtigung des Einflusses der Nähr- salze auf die Färbung seine Versuche eine Wiederholung und Be- stätigung erfahren haben. Doch dürfte eine solche Bestätigung sehr zweifelhaft sein. — Es wird aber nicht unberechtigt sein, sich nach einer anderen Erklärung für den Farbwechsel durch Nährsalz- und speziell Stickstoffmangel umzusehen. Man könnte sich viel- leicht damit begnügen, in den durch Phycocyanmangel aus- gezeichneten Stadien bisher für Oscillarien unbekannte Dauer- zustände zu sehen, die geeignet erscheinen, ungünstige Lebens- bedingungen zu überdauern. Unsere Experimente lassen aber die Farbenveränderung als ganz bestimmte ökologische Anpassung erscheinen. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal den Entwicklungs- gang einer Kultur, so sehen wir, daß durch die allmähliche Ver- mehrung und das stärkere Wachstum der Fäden die Nährsubstanz aufgezehrt wird. Geht nun die Assimilation ungestört fort, so wird bald der Augenblick eintreten, wo die für das normale Wachstum der Zellen nötigen Nährsalze nicht mehr vorhanden 1) Gaidukov, N., Die Farbenveränderung bei den Prozessen der komplementären chromatischen Adaptation. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch. Bd. XXI, 1903, S. 519. 2) Derselbe, Zur Farbenanalyse der Algen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXII, 190i, S. 24. 320 W. Magnus und B. Schindler: Über den Einfluß der Nährsalze usw. sind. AVachsen und teilen die Zellen sich nicht weiter, so würde also bei fortdauernder Assimilation im Innern der Zelle durch die Anhäufung von Kohlehydraten das physiologische Gleichgewicht der Fäden schwer gestört werden. Wachsen aber die Fäden, ohne daß genügend Nährsalze zur normalen Bildung neuer Zellen zur Verfügung stehen, würden sie bald degenerieren und schließlich absterben. Die Ökologie der Gelbfärbung bestände also darin, daß die für die Assimilation wirksamen Farbstoffe sich vermindorn, oder schließlich gänzlich verschwinden. In diesem Sinne könnte man dann auch von einem „Ruhezustand" sprechen, da die Nahrungsaufnahme nach jeder Richtung hin ganz oder fast ganz unterdrückt ist. Und so ist es auch immerhin möglich, daß bei gleich minimaler Nährsubstanz die Verfärbung beschatteter Kulturen eine Verzögerung erleidet, w^eil durch die stark verminderte Assimilation die durch Nährstoffmangel eintretenden Stoffwechselstörungen sich weniger stark bemerkbar machen. Die von uns beobachteten Farbenwechsel von Phormidhmi antumnale, Oscillatoria formosa und Oscülaria limosa würden also ökologisch im schärfsten Gegensatz zu der behaupteten chro- matischen Adaptation stehen. Während dort der Nutzen in einer die Assimilation begünstigenden Farbenveränderung liegen soll, wird der Nutzen unseres Farben wechseis gerade in einer Herab- setzung der Assimilation zu sehen sein. Die Farbenveränderung ist für die Pflanze nützlich, weil nur so schwere Stoffwechsel- störungen vermieden werden können. Für die näheren Beschreibungen der Kulturen, Versuchs- protokolle und Literatur muß auf die im Manuskript fertig vor- liegende Arbeit von B. SCHINDLER „Über die Farbenveränderungen der Oscillarien" hingewiesen werden. Botanisches Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule Berhn. Mai 1912. C. WehmeR: Über Pigmentbildung bei Merulius lacrymans Schum. 321 40. C. Wehmer: Über Pigmentbildung bei Merulius lacrymans Schum. (Mit 3 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 21. Juni 1912.) Unter gewölinlichen Verhältnissen in Bauten auf Holz wachsend, zeist Merulius bekanntlich nur hin und wieder eine Verfärbung seiner Mycelien ins Citronengelbe, auch ein schwach rötlicher Ton kann vorhanden sein; die Hyphen sind gewöhnlich farblos, jung schneeweiß, Häute und Stränge aschfarben. Allerdings kommt es z. B. bei Kellerculturen vor, daß alle diese Teile schließhch ihren reinen Ton verlieren und gelblich bis schmutzigbraun M^erden, alte Mycelhäute samt Strangbildungen dann also in der Farbe den Sporen nahekommen. In welchem Maaße dieser Pilz seine Farbe zu ändern vermag, zeigen am besten künstliche Culturen, in ihnen läßt sich eine überraschende Mannigfaltigkeit der Färbung fest- stellen; neben hellgelb findet man goldgelb, chokoladebraan, braunrot und selbst ein leuchtendes dunkelkirschrot als Farbe der vegetativen Mycelien, je nach Fall und Umständen. Es ist mir kein Pilz bekannt, der bei künstlicher Zucht in Eeincultur eine solche Zahl von Pigmenten hervorbringt, Am häufigsten und regelmäßigsten auftretend beobachtet man den leuchtend hellcitronengelben Farbstoff, er fehlt fast keiner Cultur, wenn sie nur genügend lange ausgedehnt wird, nicht selten ist er aber schon von Anfang an da. Er hat auch bereits wieder- holt die Beobachter beschäftigt, die schön gelbe Farbe solcher Merulius - Mycelien ist nicht zu übersehen ; genaueres über ihn ist bislang nicht festgestellt, die früheren Untersucher ^) sind sich 1) K. Hoffmann läßt das Auftreten des gelben B'arbstoffes an wachs- tumshemnaende Einwirkungen gebunden sein, Infectionen und allzuhohe Tem- peratur wirkten aber keineswegs stets in diesem Sinne („Wachstumsverhält- nisse einiger holzzerstörenden Pilze", Dissert. Halle 1910, 112). MEZ weist auf ungünstige Ernährungsbedingungen im allgemeinen hin („Der Haus- schwamm und die übrigen holzzerstörenden Pilze", Dresden 1908, 49). VON TüBEüF läßt die Frage offen (s. unten). R. Falck läßt in der gegebenen Diagnose „beeinträchtigte" Stellen des Mycels gelb sein, erwähnt aber nicht, worauf diese Angabe fußt (Hausschwammforschungen, 1909, 3. Heft, VHI). Braune oder rotbraune Farbe des Mjcels ist bislang von keinem Be- obachter gesehen, es werden nur weiß, grau und gelb angegeben. 322 ^- Wehmer: nur darin einig, daß sein Auftreten die Folge störender Umstände ist (ungünstige f]rnilhrung, zu hohe Temperatur, Infection, Folge nicht näher praecisierter Schädigung). Das ist aber kaum der Fall. Durch Variation der Nähtlösungszusammensetzung bez. der Beschaffenheit des festen Nährbodens habe ich versucht, den Bildungsbedingungen nachzugehen, es hat sich da aber wenig Be- stimmtes eigeben. Lediglich läßt sich feststellen, daß es sich um einen Stoff handelt, der überaus häufig auch unter ganz normalen Verhältnissen und. keineswegs als Folge schädlicher Einflüsse ent- steht^); für letztere Annahme ist auch bislang ein Beweis nicht beigebracht, das müßte experimentell eindeutig gezeigt werden. Grade üppig wachsende Culturen, z. B. auf gekochten Kartoffeln, färben sich bisweilen alsbald intensiv gelb, langsamer wachsende Vegetationen auf verschiedenen Zuckerarten lassen das spät, aber doch fast ausnahmslos hervortreten. Für meine Culturen verwende ich ungehopfte Brauerei- würze (auf 4 7o ca. verdünnt) mit Gelatine (10 "/J oder Agar (3 °/o) versetzt oder ohne Zusatz-), gekochte Kartoffeln, Kartoffel- S tärkekleister (lO"/,,) mit Mineralsalzen ( - Ammonnitrat, prim. Kalinmphosphat, Magnesiumsulfat krist., im Verhältnis 1 : 0,5 : 0,25, Concentration 0,5 ''/o — ), Dextrose und andere Zucker (3— 5Vo) mit den gleichen Salzen, von denen das Ammonnitrat auch durch Asparagin ersetzt wurde. Die im strömenden Dampf sterilisierten mit Wattestopfen verschlossenen Kolben (meist ERLENMEYER-K. mit 50—100 cc Substrat) wurden in üblicher Weise mit Mycel aus ßeincultur beimpft, sie wuchsen bei constanter Zimmertemperatur im zerstreuten Tageslicht. Einzelheiten, auf die ich ausführlicher bei anderer Gelegenheit zurückkomme, übergehe ich hier und gebe lediglich einen kurzen Abriß der Resultate. Die Gelbfärbung erstreckt sich, wie bekannt, in der Regel nur über einzelne Teile des vorher schneeweißen Luft-Mycels, ihr Umfang ist sehr variabel, gewöhnlich handelt es sich um junge Hyphen, seltener um schon ältere Teile der weißen Decken; nach langer Zeit tritt sie erst in den langsam wachsenden Culturen auf. 1) Darauf wies ich bereits bei anderer Gelegenheit hin („Der wachs- tumshemmende Einfluß von Gerbsäuren auf Mendius lacri/mans" etc. Mycolog. Centralbl. 1912. Heft 5. 154). 2) Von früheren Untersuchern ist oft „Malzextract " ohne Angabe der Marke verwendet; solcher enthält bisweilen Antiseptica. über Pigmentbildung bei Merulius lacrymans Schum. 323 nur in ganz seltenen Fällen habe ich sie überhaupt nicht eintreten sehen. Man darf die Calturen natürlich nicht nach wenigen Wochen abbrechen, bei den meist ungemein träge wachsenden Vegetationen auf solchen Nährlösungen können Wochen und Monate bis dahin vergehen; eine Reihe solcher (ca. 30 Kolbenversuche) führe ich seit rund 10 Monaten, in allen ist nicht nur die bekannte Gelbfärbung früher oder später aufgetreten, das Mycel hat sich überdies noch großenteils braun, kupferfarben und kirschrot gefärbt. Diese Culturen sind nicht etwa abgestorben, Aussaaten geben neue Vege- tationen, das Luft-Mycel vergrößert sich fortdauernd langsam und ist auch in seinen älteren Teilen wohlerhalten, also nicht zusammen- gefallen, was bei Störung, etwa durch Offnen des Kolbens, sogleich stattfindet. Auch das Mitspielen von Infectionen scheidet völlig aus. Der Farbstoff verschwindet in der Regel nicht wieder, sondern bleibt Monate erhalten; trockene Kartoff elculturen sind noch canariengelb. Es ist auffällig, daß die Pigmentbildung trotz ihres häufigen Vorkommens tatsächlich doch so wenig regelmäßig ist, irgendwelche für ihr Eintreten bestimmende Momente sind aber kaum anzugeben. Die Art der Nahrung ist im allgemeinen ohne nachweisbaren Einfluß, das Gelbwerden tritt auf Lösungen von Traubenzucker ebenso gut auf, wie bei Verwendung von Milch- zucker, Maltose, Mannose, Dextrin, Stärkekleister, Glycerin u. a. als Kohlenstoff-Q.uelle, auf Kartoffel wie auf Würze. Trotzdem scheint mir die Art der Ernährung doch nicht so ganz ohne Bedeutung, besonders auffällig war die Gelbfärbung z. B. auf Stärkekleister mit Asparagin gegenüber Ammonnitrat als Stickstoffquelle, auf Würzeagar mit Gallussäure-Zusatz (0,5 — 1 %)> gelegentlich auch auf gekochten Kartoffeln, regelmäßig und schon von Anfang an auf Glycerin mit Nährsalzen; Holzculturen im Kolben zeigten sie seltener, kaum ausgesprochen war sie auf Xylan, völlig fehlte sie bislang auf Citronensäure (3 "/o) mit Nährsalzen, übrigens — ähnlich dem Glycerin — einem für Mendius sehr minderwertigem Substrat. Offenbar handelt es sich ja um irgend ein Stoffwechselpro- duct des Pilzes, und zwar um ein wasserlösliches, die Schwierig- keit liegt aber darin, daß es gewöhnlich nur in einem Teil der Hyphen erscheint. Übrigens entsteht das Pigment sowohl im Luftmycel wie in den Substrathyphen, in diesen wird es aber sogleich von der Nährlösung aufgelöst, sodaß die in ihr flottierenden 324 U. Wehmer: Hyplien stets farblos, die Flüssigkeit selbst aber hellgoldgelb ist. Sobald das Luftmjxel sich zu färben beginnt, nimmt die Zuckerlösung also gleichfalls gelbe Farbe an, solange jenes farblos, ist auch diese ungefärbt. Das spricht nicht für einen an Fett gebundenen Farbstoff), microscopisch verteilt sich die Farbe ge- wöhnlich auch auf den ganzen ZeUinhalt. Selbst microchemisch ist einem in so geringer absoluter Menge vorhandenen und mit allerlei anderen Substanzen gemischten Stoff schwer beizukommen. Mit zunehmendem Alter der Cultur kommen zu dieser gelben noch weitere Farben. Braun bis kirsch- und kupferrot können ganze Mycölteile des Pilzes in und auf Zuckerlösungen mit der Zeit werden, be- sonders hübsch tritt letztere Farbe unter dem Microscop hervor, gewöhnlich, aber regelmäßig, ist die Erscheinung erst in monate- alten Culturen wahrnehmbar, ausnahmsweise sah ich sie sogleich nach der Aussaat sich entwickeln. Rubin- bis dunkelkirschrote Farbe habe ich besonders auffällig an den submersen Mycelien von Stärkekleister-Culturen mit Asparagin als Stickstoffquelle beobachtet, auch sie betrifft ganze 2 bis 3 cm im Dm haltende Fadenmassen, braunes Pigment war hier überhaupt kaum entwickelt, das üppige Luftmjcel war schneeweiß mit starker Verfärbung in citronengelb, der Kleister selbst einschließlich der durch die Amylase verflüssigten Anteile gelb. Diese Farben sind an die Hyphe gebunden (unlöslich). Die Mannigfaltigkeit in der Färbung der Mycelien dieses Pilzes ist bemerkenswert, an ein und derselben Cultur können alle Töne von schneeweiß, citronengelb, goldgelb, hellchokoladebraun bis rotbraun und kirschrot nebeneinander auftreten, so ein eigen- artig schönes Bild gebend; von der Flüssigkeitsoberfläche an der Kolbenwand emporsteigend, wird der Farbenton zonenweis immer heller und zarter. Gerade ältere Culturen auf Zuckerlösungen sind deshalb trotz ihrer trägen Entwicklung für die Beurteilung des Pilzes nach dieser Seite hin nicht ohne Bedeutung. Man muß also auch bei Mendius schließlich mit dem Vorkommen stark ge- färbter Mycelien rechnen, seine Teile sind keineswegs notwendig stets farblos, gelblich oder grau, wie man solches gewöhnlich an zerstörtem Bauholz — wo dunkle Pigmente nur in den Frucht- körpern auftreten — findet. .1) cf. VON TUBEUF, Centralbl. Bacter. II. 1902. 9. 131, der auch einige Reactionen mit demselben anstellte. über Pigmentbildung bei Merulius laciymans Schum. 325 Es ist möglich, daß der braune Hyphenfarbstoff mit dem der Sporen übereinstimmt. Auch diese ändern ihre Farbe mit dem Alter, wenn auch in etwas anderer Weise; der jung hell- rostbraune Fruchtkörper wird im Alter schwarzbraun. Hier liegt der Grund des Farbenwechsels in bestimmt nachweisbaren äußeren Einflüssen, es ist lediglich die chemische Reaction, welche Fig. 1. 9monatige il-f^r^Z/w.s-Vegetation auf Zuckerlösung; Dextrose mit Nährsalzen (nach kolorierter Photographie wiedergegeben). Die dunklen Teile der Decke sind rotbraun, das darüber emporsteigende Luftmycel ist schneeweiß, teilweise (in den etwas stärker schattierten Teilen oben rechts und links) zitronengelb; Flüssigkeit hellgelb. (Nat. Gr.) die Umfärbung des Pigments bewirkt; sobald der Fruchtkörper bei beginnendem Verfall alkalische (lakmusbläuende) E.eaction an- nimmt, geht das Zimmtbraun in Schwarzbraun über. Den Farben- wechsel der Sporen kann man durch baldiges Eintrocknen direkt ver- hindern, auf dem langsam zerfallenden Hymenium dagegen werden 326 ^- WEHMER: sie nahezu schwarz. Das Alkali (Ammoniak) liefert hier der Ei- weißzerfall, zumal bei der bacteriellen Zersetzung. Der hellbraune Sporenfarbstoff ist in alkalischen Flüssigkeiten (nicht in neu- tralen oder sauren) mit schwarzbrauner Farbe löslich und aus dem mit verdünnter Natronlauge gewonnenen Auszuge wieder fällbar. Da sich Sporen in größeren Mengen unschwer beschaffen lassen, Fig. 2. Sporen von McruUus lacrymans, nach trockener Aufbewahrung in Wasser präpariert (ca. 4öU). scheint damit der Weg wenigstens zur Untersuchung dieses J/er?(Zw5-Farbstoffes gegeben. Von Interesse wäre, zu zeigen, ob er mit ähnlichen braunen Pilzpigmenten, so auch dem des Aspergillus niger, identisch oder verwandt ist. Für die Deutung des Auftretens braunroter Pigmente in älteren Mycelien ist vielleicht folgende Tatsache beachtenswert. Auf allen genannten Substraten (Lösungen der verschiedenen Zuckerarten mit anorganischen Nährsalzen, gekochte Kartoffeln, über Figmentbildung- bei Merulius lacrjmans Sclinm. 327 Kartoffelstärkekleister mit Nährsalzen oder Asparagiii als Stick* stoffquelle, Brauereiwürze ohne und mit Gelatine oder Agar) bildet mein Merulius inCulturröhrchen wie ERLENMEYERkolben unter den eingehaltenen Yersuchsbedingungen (Zimmertemperatur, zer- streutes Tageslicht) bei Aussaat von Mycelflocken in einwandfreier ßeincultur, bislang auch in den ältesten Culturen (ca. einjährig), nie Fruchtkörper. Der unter normalen Verhältnissen (auf Holz) wachsende Pilz geht zur Bildung dunkler Pigmente bekanntlich erst mit der Entwicklung dieser über. In den Culturen tritt die Erscheinung also auch da ein, wo die normale morphologische Ausgestaltung des Piizkörpers aus irgend welchen Gründen unter- bleibt, physiologisch verhalten sich die sterilen vegetativen Mycelien da wie gewisse am Aufbau des Fruchtkörpers beteiligte Elemente, pigmentbildend sind hier bekanntlich nicht nur die Sporen, sondern auch subhymeniale Elemente. In solchen Culturen bleibt es aber bei der Pigmeutbildung. Um dem Einw^ande zu begegnen, daß die sterilen Mycelien meiner Culturen möglicherweise einem anderen Pilz angehören, gebe ich in Fig 2 ein Bild der Sporen, wie sie derselbe Pilz bei Cultur auf Holz in reichlicher Menge auf gut und völlig normal ausgebildeten Fruchtkörpern erzeugt. Diese Sporen wurden, nach halbjähriger trockner Aufbewahrung im warmen Zimmer, mit "Wasser verrieben; sie zeigen also auch die durch Eintrocknen be- wirkte Formänderung (concav-convexe, kahnförmige Gestalt) und völliges Fehlen von stark lichtbrechenden Tröpfchen. Der als Merulius Silvester Ylck. bezeichnete sogenannte Wilde Hausschwamm von dem Ebers walder Standort, den ich in einer Reihe von Versuchen mit dem M. lacrymans verglichen habe, ver- hält sich bezüglich der Pigmentbildung in der Hauptsache wie dieser'), wenn auch die Neigung dazu etwas minder aasgesprochen ist. Kartoffelculturen zeigen später das gleiche citronengelb, ver- flüssigte Würze- Gelatine färbt sich wie bei M. lacnjmans schließ- lich dunkelbraun, auch die Luftmycelien auf Zuckerculturen ver- färben sich hellrotbraun. Auf die graduellen Unterschiede komme ich in einer ausführlichen Mitteilung über die hier nur kurz ge- schilderten Tatsachen zurück. Wo das junge schneeweiße Mycel des M. lacrymaiis an den Glaswänden der Culturkolben emporwächst, kommt es nicht selten 1) Gleiches gibt bereits Hoffmann (]. c. 112) an. Cf. auch C. MEZ, I. c. 69. Ber. der deutschen bot. Geselisch. XXX. 23 328 C. Weh. HER: znr Ausbildung feiner heller Stränge, die sich gegen den Watte- stopfen des Gefäßes emporziehen, in einzelnen Fällen ihn selbst Fig. 3. Strangbildung bei Menilius an der Gefäßwand, auf dem Wege zum Wattestopfen. Cultur auf Fichtenholz-Stücken, am Boden des Kolbens von schneeigem Luftmycel verdeckt. 3 Monate alt. (Nat. G-r.) erreichen können (Fig. 3); weißes uud citronengelbes Mycel breitet sich dann über die Watte aus. Diese Erscheinung ähnelt also der über Pigmentbildung bei Merulius lacrymans Schum. 329 bei Coniophora cerebella^), ist aber seltener und minder stark aus- gesprochen; daß dafür ein Luftraum mit einer gewissen gleich- mäßigen Feuchtigkeit Bedingung ist, bedarf kaum der Hervor- hebung. Eigenartig ist die bekannte Empfindlichkeit solcher schneeigen Luftmjcelien; sie reagieren aber keineswegs bloß auf plötzlichen Luftwechsel (Feuchtigkeitsdifferenzen), sondern auch in fast auffälliger Weise auf Berührungsreize; es genügt eine irgendwie bewirkte mechanische Störung der Vegetation — also unter völlig gleichbleibenden Luftfeuchtigkeitsverhältnissen — , um den ganzen Easen alsbald zusammensinken zu lassen. Man kann diese lebhaft an die Empfindlichkeit der Mimosenblätter erinnernde und vielleicht ähnlich zu erklärende Erscheinung sehr gut z. B. bei Impfungen im Keller, aber auch in Culturkolben im Laboratorium beobachten, wenn man hier durch bloße Neigung des Kolbens die mit hohem Luftmycel bewachsenen Holzstücke aus ihrer Lage bringt; die ganze Vegetation fällt alsbald zusammen. Sonderbarerweise erholt sie sich nicht meist wieder, sondern wird langsam durch eine neu emporwachsende ersetzt. Hannover, Juni 1912. Techn.-Bacteriolog. Laborat. d. Kgl. Techn. Hochschule. 1) 0. Wehmer, „Zur Biologie der Coniophora cerebella", Mjcologisch, Oentralbl. 1912, I. Heft 1, 3 u. f. 23* 330 A. Nestler: 41. A. Nestler: Cortusa Matthioli L., eine stark haut- reizende Pflanze. (Mit Tafel XI L) (Eingegangen am 21. Juni 1912.) Im Jahre 1601 schrieb der berühmte Arzt und Botaniker CLUSIUS *) folgende Bemerkung zu Cortusa IlatthioU (folia) recentia integraque, non trita, mulierum aut delicatu- lorum malis imposita, et paulo post adempta, gratum ruborem sine noxa inducunt, tamquam nobilissimo aliquo fuco infectae fuissent, quo ovanescente, nullum vesti- gium aut macula relinquitur Da nach der bekannten Bedeutung des CLUSIUS an der Richtigkeit dieser seltsamen Verwendung der Laubblätter der Cortusa nicht zu zweifeln war, schien es mir nach meinen früheren Untersuchungen über hautreizende Pflanzen sofort sehr wahr- scheinlich, daß es sich hier um dieselbe oder wenigstens um eine ähnliche Wirkung handeln müsse, wie ich sie namentlich für Primula ohconica, Pr. mollis und andere Primeln nachgewiesen, habe. Die nahe Verwandtschaft der Cortusa zu Primula verstärkte diese Ansicht außerordentlich. Meine Versuche mit den Laub- blättern dieser Pflanze bestätigten nicht nur vollkommen meine Vermutung, sondern zeigten mir auch nur zu deutlich, daß Cortusa zu den stärksten hautreizenden Pflanzen gehört, die ich bisher zu untersuchen Gelegenheit hatte. Aus dem „Heiig löcklein", wie Cortusa genannt wird, wurde für mich ein ,,Unheilglöcklein". Da in der Litteratur über die giftige Eigenschaft dieser Pflanze außer jener Bemerkung des CLUSIUS meines Wissens nichts bekannt ist, da ferner unter gewissen Bedingungen durch die Blätter der Cortusa nicht nur eine „zarte Rötung", sondern ein überaus unangenehmes, sich weit ausbreitendes Ekzem entstehen 1) Clusius, Rar. stirp. bist. 1601 pag. 307 (ex ipsius Cortusi litteris). • Herr R. BuSER (Grand Lancy, Geneve) hatte die Freundlichkeit, mich auf diese interessante Stelle in den Schriften des Olusius aufmerksam zu machen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle bestens danke.- Cortusa Matthioli L., eine stark hautreizende Pflanze. 331 kann, so bin ich überzeugt, daß namentlich sammelnde Botaniker, die mit dieser Pflanze in Berührung kamen, mitunter an einer Hauterkrankung zu leiden hatten, deren Ursache ihnen vollkommen unerldärlich war. Denn die Wirkung dieses Hautgiftes tritt, wie meine Erfahrungen zeigen, bisweilen genau so wie die des Se- kretes der Primula ohconica erst einige Tage nach erfolgter Infektion auf. Im folgenden will ich nur in allgemeinen Umrissen die Wir- kung des Cortusa-}lantg'dtes schildern, wie ich sie durch direkte Versuche an mir selbst und durch zufällige Infektionen beim Untersuchen der Blätter erfahren habe, hierauf die Resultate meiner Untersuchungen über den Sitz und die näheren Eigen- schaften dieses Griftes mitteilen, soweit ich sie zu ermitteln im- stande war '). Am 27. Mai d. J. wurde ein mittelgroßes, vollständig unver- letztes, frisches Laubblatt mit der stark behaarten Unterseite auf die Innenseite des linken Unterarmes nahe der Handwurzel gelegt und mit Hilfe eines locker geschlungenen Bandes 2 Stunden lang in dieser Lage festgehalten. Nach Entfernung des Blattes zeigte sich, ganz entsprechend der Angabe des CLUSIUS, ein roter Fleck von ungefähr 3 cm Durchmesser. Da ich aber das Blatt nicht nur kurze Zeit, sondern wie gesagt 2 Stunden lang hatte einwirken lassen, blieb es nicht bei der entstandenen Rötung, sondern es entwickelte sich sehr rasch ein großes Ekzem, das nach 14 Tagen 12 cm lang und 8 cm breit war und erst 17 Tage nach Beginn des Versuches sich nicht weiter ausbreitete. Da diese Hauterkrankung dieselben Eigenschaften und Be- gleiterscheinungen zeigt, wie die durch hautreizende Primeln her- vorgerufene, kann ich mich diesbezüglich kurz fassen. Der Zustand der infizierten Hautstelle nach 33 Stunden ist aus der photographischen Abbildung (Fig. 1) ersichtlich: auf einer polsterartigen, stark geröteten Anschwellung eine große und mehrere kleinere Blasen. Hierauf allmähliche Bildung zahlreicher, neuer Blasen, von heftigem, oft schmerzhaftem Jucken begleitet; überaus reiches Ausfließen von Serum, mitunter von Bluttröpfchen begleitet; die Blasenbildung greift auch auf die Außenseite des Armes über; die Hand und der ganze Unterarm geschwollen. 1) Herr Dr. FR. RUTTNER (Biolog. Station Lunz, N.-Österr.) hatte die Freundlichkeit, mir eine größere Anzahl schöner Exemplare von Cortusa Matthioli zu senden, wofür ich ihm zu besonderem Danke verpflichtet bin. 332 A. Nestler: Erst am 13. Juni, also nach 17 Tagen, hört die weitere Bhisenbildung auf, und es beginnt der Heilungsprozeß. Gleichzeitig mit diesem Versuche am linken Unterarm wurde am 27. Mai eine Stelle des rechten Unterarmes mit einem frischen, unverletzten Blatte ganz schwach gerieben. Hier war das erste Zeichen der Infektion, schwache Ilütung, erst am 29. Mai be- merkbar; hierauf starke Blasenbildung und alle jene Erscheinungen, wie sie gleichzeitig am linken Arm beobachtet wurden; Größe des Ekzems geringer als im ersten Ealle — ungefähr 6 cm^ — . Außer diesen beiden, durch Versuche hervorgerufenen, großen Ekzemen auf den Unterarmen traten noch an anderen Körperstellen mehr oder weniger ausgedehnte Blasenbildungen auf, die unbedingt auf zufällige Infektionen zurückzuführen sind, da ich nach der Einleitung der oben geschilderten Experimente (am 27. V.) noch ungefähr 8 Tage die Blätter der Cortnsa genau untersuchte, zahl- reiche Präparate herstellte und daher mit den Fingern das Haut- gift auf andere Körperteile übertrug. Am 7. VI. erkrankte das linke Auge, zahlreiche kleine, rote Bläschen bedeckten die Augen- lider und verursachten eine bedeutende Geschwulst, so daß das Auge durch 2 Tage vollkommen geschlossen war. Auch die beiden Ohrläppchen waren dick angeschwollen, und die hier entstandenen größeren Blasen entleerten bedeutende Mengen von Blutserum, Es zeigten sich ferner zahlreiche Blasen zerstreut über die beiden Hände. Das Nagelglied des linken Zeigefingers war besonders stark infiziert, eine Erscheinung, die leicht zu erklären ist. Auf dieses Fingerglied wurden stets die Blätter gelegt, um Epidermisstücke derselben abzuschneiden. Nach diesen Experimenten und Erfahrungen und nach der oben zitierten Bemerkung des CLUSIUS ist es sicher, daß Cortnsa MatthioU eine stark hautreizende Pflanze ist. Daß der Sitz des Hautgiftes bei Cortnsa ebenso wie bei den hautreizenden Primeln auf der Epidermis der Blätter zu suchen ist, geht schon aus der Beobachtung des CLUSIUS, ferner aus meinen Experimenten und Erfahrungen hervor. Das Sekret der Drüsenhaare ist auch hier als der Träger der hautreizenden Sub- stanz anzusehen. Alle oberirdischen Organe der Cortnsa MatthioU sind stark behaart; die Haare sind durchwegs mehrzellige Drüsenhaare von 0,07 bis 4 mm Länge; die Form ist die der bekannten Primelhaare. Die kleinen Trichome (Fig. 2) tragen auf der Köpfchenzelle eine farblose Sekretkappe, mitunter eine unregelmäßige Sekretmasse, die Cortusa Matthioli L., eine stark hautreizende Pflanze. 333 von kleinen Kristallnadeln durchsetzt ist. Bei älteren, größeren Trichomen ist das Drüsenköpfchen stets zusammengeschrumpft; dagegen findet man hier öfters auf den übrigen Zellen des Haares farblose Sekretmassen mit eingestreuten, farblosen Kristallen (Fig. 3) Derartige Kristalle findet man auch hie und da auf den Epidermis- Zellen .des Blattes. Reibt man einen reinen Objektträger schwach an einem jüngeren Blatte, so erhält man überaus zahlreiche, kürzere oder längere, gerade oder gekrümmte Nadeln (Fig. 4), auch größere Kristallaggregate (Fig. 6), ferner fettartige Massen mit Kristall- bildungen (Fig. 5). Alle diese Gebilde sind als Produkte des Sekretes der Drüsenhaare anzusehen. "Wenn man ein Laubblatt der Cortusa mit seiner Unterseite auf eine Glasplatte legt und genau, wie bei dem oben besprochenen, ersten Versuche am linken Unterarm, mit einem locker ge- schlungenen Bande festhält, so zeigt die Glasplatte nach 2 Stunden dieselben fettartigen Sekretmassen und Kristallbildungen, wie sie bereits beschrieben worden sind. Daß dieselben Gebilde beim Be- rühren eines Blattes auf die Haut des Menschen gelangen, ist wohl als sicher anzunehmen; sie müssen somit als die Ursache der dar- auf folgenden Ekzembildungen betrachtet werden. Ob nun die Sekretmassen allein oder die Kristallbildungen oder auch beide Teile wirksam sind, vermag ich nicht zu entscheiden, da hier die Kristalle nicht, wie bei Primula obconica, durch Sublimation isoliert werden können '). Die "Wirkung des Cortusa-G^iiies auf die Haut des Menschen ist, wie gesagt, dieselbe wie die des Primelhautgiftes, nur scheint sie mir bedeutend heftiger zu sein. Um so auffallender muß es erscheinen, daß hier nicht jene Kristalle nachgewiesen werden können, denen bei Primula obconica (und Pr. mollis) unbedingt die hautreizende "Wirkung zugeschrieben werden muß. Die Sekretmassen inkl. der Kristalle der Cor^wm-Trichome zeigen ganz andere mikrochemische Eigenschaften als die der Primula obconica ; sie sind ebenfalls wie diese in Alkohol und Äther leicht löslich, scheiden aber nach dem Verdunsten der Lösungs- flüssigkeit keine Kristalle aus. Sie sind in verdünnten Säuren leicht löslich, in Wasser un- löslich. Übergießt man einige Laubblätter flüchtig mit Äther, filtriert dann den Äther und läßt das Filtrat verdunsten, so erhält man 1) A. Kestler, Hautreize ade Primeln. Berlin 1904. S. 10. 334 ri- KOLKWITZ: als llückstand eine dickflüssige, ölartige Substanz, aus der im Gegensatze zu Primnla dbconka selbst nach vielen Tagen sich keine Kristalle ausscheiden. ' Ob in diesem Rückstande das hautreizende Gift enthalten ist, konnte ich leider nicht experimentell nachweisen, da es mir nach den oben geschilderten sehr unangenehmen Erfahrungen nicht möglich war, mich noch einmal einer Infektion auszusetzen. Aus demselben Grunde mußte ich auch alle weiteren Unter- suchungen über diese Pflanze aufgeben. Prag, am 20. Juni 1912. Erklärung- der Tafol XII. Fig. 1. Die durch ein Laubblatt der Cortusa MatthioU hervorgerufene Haut- erkrankung, 33 Stunden nach Beginn des Experimentes. (Nach einer Photographie.) Fig. 2. Ein junges Drüsenhaar. V. 390. Fig. 3. Eine Zelle eines älteren Drüsenhaares mit anhaftender Sekretmasse. V. 390. Fig. 4 — 6. Kleinere und größere Kristalle und Sekretmassen mit Kristallen auf einem Objektträger, der an der Unterseite eines Laubblattes schwach gerieben worden ist. V. ?90. 42. R. Kolkwitz: Plankton und Seston. (Eingegangen am 25. Juni 1912.) Einleitung. Mit feinen Seidennetzen und Kupfersieben werden in einer Reihe von Fällen aus dem Wasser Schwebestoffe abgefangen, für welche die Bezeichnung Plankton im ursprünglichen Sinne des Wortes offenbar nicht paßt. So gewinnt man aus vielen Gebirgs- bächen — um von zahlreichen Beispielen nur eines zu nennen — mit den genannten Instrumenten in der Regel zwar Gesteins- trümmerchen, Sand, Detritus, Fasern, Pflanzenreste, erratische Ufer- und Grundorganismen und dergleichen in oft großer Menge, aber Planktonten im Vergleich dazu meist in nur geringer Zahl. Ahn- lich kann es im Gesamtlauf strömender Flüsse bei ansteigendem Plankton und Seston. 335 Hochwasser, ferner am windgepeitschten Ufer von Seen u. a. a. 0. sein. Solche Stoffe und andere mehr können häufig eine bedeut- samere Rolle als das echte Plankton selbst spielen; so für die Prozesse der Schlickbildung an Flußmündungen, der Schlamm- anhäufung (Sapropelbildung usw.), der Verlandung und der Gelände- abtragung, ferner als Nahrung und Versteck für Organismen, aber zu Zeiten auch als verhängnisvolles Fällungsmittel. Solche Stoffe können auch bei der Vergleichung von Flußläufen für deren Charakterisierung vom biologischen, geologischen und geographi- schen Standpunkt nach Quantität und Qualität ganz wesentlich in Betracht kommen. Wie die folgenden Zeilen lehren, hat man mehrfach versucht, die ursprüngliche Bedeutung des vielgebrauchten Ausdruckes Plankton, besonders mit Rücksicht auf manche verwickeiteren Ver- hältnisse im Süßwasser, unter Einbeziehung von losgerissenem Benthos und Pseudoplankton, zu erweitern und den wechselvollen Bedingungen in der freien Natur anzupassen, ohne jedoch bisher eine einheitliche Lösung gefunden zu haben. Es erschien des- halb geboten, mit Rücksicht auf die in neuerer Zeit zunehmenden Studien an Gewässern, besonders fließenden, die bestehende Hand- habung des Wortes Plankton einer Revision zu unterziehen und für den sinngemäßen Umfang dieses Terminus wieder ausreichende Klarheit zu schaffen. Verschiedene Definitionen von Plankton. In welcher Weise nach den in der Literatur vorliegenden Angaben der Terminus Plankton definiert wird, mögen folgende Beispiele zeigen: L Victor HENSEN führte vor 25 Jahren (1887) das Woit Plankton anstelle des von JOHANNES MÜLLER (1845) bei seinen Meeresstudien für Organismenfänge mit feinen Netzen gebrauchten Wortes Auftrieb oder pelagischer Mulder ein, da ihm diese Bezeichnung nicht genügend umfassend und bequem war. Das Wort Plankton ist dem Griechi- schen entlehnt und bezeichnet das, was umherschwebt, umherirrt oder genaue]*: „Alles, was im Wasser treibt, einerlei ob hoch oder tief, ob tot oder lebendig, aber nur bezogen auf Organismen." Eine genauere Begrenzung des Ausdruckes auf bestimmte Formen läßt sich nach H. nicht gewinnen, da zum Plankton viele Embryonal-Formen gehören, die im entwickelten Zustand im Plankton nicht mehr vorkommen. Das Entscheidende für die Kennzeichnung des Wortes ist der Umstand, ob die Organismen 336 ^- Kolk WITZ: Avillenlos mit dem Wasser treiben oder ob sie einen gewissen Grad der Selbständigkeit dieser Triebkraft gegenüber bewahren. Die Fische gehören daher höchstens in der Form von Eiern und Brut zum Plankton, aber nicht als erwachsene Tiere; die Copepoden dagegen, obgleich lebhaft schwimmend, werden doch willenlos mit dem Wasser fortgerissen und müssen daher wie die Qaallen zum Plankton gerechnet werden. Auf eine ganz genaue Abgrenzung des Begriffes kommt es nach den eigenen Worten PI.s nicht an. Die Bakterien werden nicht erwähnt und waren damals im Meere auch noch nicht planmäßig studiert. Das Plankton ist nach den Worten HENSENs in der Lage, die Kräfte, welche dem Meere von der Sonne übermittelt werden, voll auszunutzen, weil es sich sehr nahe an der Oberfläche zu halten vermag, aber unter ümstäaden auch in der Tiefe vor dem Licht wird Schutz zu finden vermögen. Die quantitative Untersuchung des Planktons sollte dazu dienen, einen tieferen Einblick in den Stoffhaushalt der Meere zu gewinnen. Ähnliche Definitionen finden sich bei Autoren der verschieden- sten Eichtungen, z. B. bei 0. APSTEIN, E. BRESSLAU u. H. E. Ziegler, C. Chun, B. Eyferth, K. lohmann, h. Sohenck, 0. SCHMEIL, 0. SCHROETER, E. WALTER, 0. WESENBERG-LUND, G. Ch. WHIPPLE und 0. ZAOHARIAS. In der Hauptsache laufen die Definitionen für Plankton kurz hinaus auf: Kleinere frei- schwimmende oder freischwebende Wasserorganismen. 2. Ernst HaeckEL weicht mit seinen Ausführungen aus dem Jahre 18'Jl ziemlich erheblich von der HENSENschen Um- grenzung des Begriffes ab. Nach ihm kann der Begriff des Plank- tons in weiterem oder engerem Sinne gefaßt werden ; entweder versteht man darunter alle im Wasser schwimmenden Organismen, die passiv treibenden und die aktiv schwimmenden, oder man schließt diese letzteren davon aus. Wenn man in dieser Weise den Begriff des Planktons beschränkt, so muß man dem passiv treibenden Plankton das aktiv schwimmende Nekton entgegen- stellen. Indessen verliert dann nach HaEüKEL der Begriff jeden festen Halt und wird abhängig von ganz variablen Verhältnissen : von der wechselnden Stärke des Stroms, in dem das Tier treibt, ■von der augenblicklichen Energie seiner willkürlichen Schwimm- bewegung usw. Pelagische Fische oder Copepoden, die von einer starken Strömung mit fortgerissen werden, also zum Plankton ge- hören, könnten wenige Schritte seitwärts, außerhalb derselben, ganz Plankton und Seston, 337 willkürlich ihren Weg selbständig bestimmen und gehörten dann zum Nekton. Es erscheint daher nach HAEOKEL wohl zweck- mäßiger, den Begriff des Planktons vorläufig im weiteren Sinne zu fassen, im Gegensatze zum Benthos, den nicht schwimmenden Bodenorganismen im Wasser. Fische und Sargassum gehören nach ihm zum Plankton; Bakterien werden nicht erwähnt. Diese Erweiterung des Begriffes Plankton wurde deshalb vor- genommen, weil darunter möglichst alle Organismen zusammen- gefaßt werden sollten, welche eine bedeutende ökologische E-olle im Stoffaustausch des freien Meeres spielen. 3. EUG. WARMING (1896) schließt sich der Definition HEIs^SENs an, in die er auch die Bakterien einbegreift. Zum Plankton im eigentlichen Sinne des Wortes, heißt es bei ihm ausdrücklich, dürfen nicht Pflanzen gerechnet werden, die, wie der Sargassmn-Tang, an den Küsten losgerissen und auf das offene Meer hinausgeführt werden, oder wie viele Süßwasseralgen {Oedogonium, Cladophora u, a.) anfangs festsitzen, später in ruhigem Wasser emporsteigen und sich mit Hilfe von Luftblasen schwimmend erhalten. K. LaMPERT dagegen rechnet auch treibende Algenwatten zum Plankton. Ceratophyllum und üiricularia werden bei ihm als Makro-Phytoplankton bezeichnet. F. Schutt schreibt bezüglich der Diatomeen: „Die Plankton- flora der Hochsee enthält vereinzelt, die des Küstenstrichs viele aufgeschwemmte Zellen der Grundflora." 4. F. A. FOREL (1904) definiert in seiner Monographie über den Genfer See Plankton im HENSENschen Sinne des Wortes, fügt aber hinzu, daß später die Bedeutung des Terminus in dem Sinne verändert worden sei, daß er in Wirklichkeit das Ergebnis eines mit dem Seidennetz ausgeführten Fanges bezeichnet, nämlich: lebende und tote Algen, organische Stäubchen (poussieres organi- ques), treibende Tiere und einige gut schwimmende Tiere, welche sich mit dem Planktonnetz erbeuten lassen. In diesem Sinne wendet FOREL das Wort an. Ähnlich scheint AD. STEUER (1910) zu definieren, da er aus- drücklich angibt, daß das Flußplankton sich vom Teichplankton durch die Beimischung von Detritus aller Art unterscheidet. 5. RiCH. Volk (1901) hält sich bei seinen Hamburgischen Eibuntersuchungen trotz "Vorhandenseins zahlreicher Beimengungen tunlichst an die Planktondefinition HENSENs. Bei der Bearbeitung des Flußplanktons bilden nach VOLK dreierlei Fremdkörper, welche im Seenplankton wohl nur ganz ausnahmsweise eine Rolle 338 R- Kolk WITZ : spielen, recht störende und die Untersuchung erschwerende Bei- gaben, nämlich fein zerteilter Ton, Sand und organischer Detritus. Weil die tonige Trübung fast ungehindert die Maschen passiert, wirkt sie in Netzfängen nicht störend, wird aber unter Umständen zur größten Plage bei der Untersuchung der Filterfänge. Sand fand sich in den Netzfängen VOLKs zwar nur selten in einem das Plankton übertreffenden Volumen, doch überstieg sein Gewicht oft um das Vierfache das der gefangenen Organismen. Der orga- nische Detritus übertraf an Volumen sehr oft um das Mohrfache die Summe der Planktonorganismen, mit welchen er ein untrenn- bares Gemisch bildete. 6. B. Schorler gab in seinen 1900 veröffentlichten Elbe- studien dem Begriff Plankton eine weite Fassung, nach welcher er auch die 'vom Ufer und Boden losgerissenen und im Wasser treibenden Formen umschließt. Ich selbst schrieb 1911: „Der Begriff des Planktons wird ver- schieden definiert. Die einen verstehen darunter, und das ist wohl die korrektere Bezeichnung, nur die im Wasser freilebenden kleineren, mit dem Planktonnetz zu erbeutenden Organismen, während die anderen in die Definition auch die im Wasser trei- benden Beimengungen, wie Detritus, Fasern, Sandkörnchen und dergleichen, einbeziehen." Überblickt man die vorstehenden Definitionen, so erkennt man leicht, daß alle Autoren in erster Linie das Lebende in ihren Planktonfängen als wichtig betonen; Detritus, Pflanzenreste und dergleichen treten demgegenüber bei ihnen an Interesse zurück. Beim Lebenden wird aber Plankton und Benthos von den ver- schiedenen Autoren nicht immer scharf unterschieden; es ist das für viele Fälle, besonders beim Süßwasser, auch schwer, wenn man den Ausdruck Plankton hier möglichst generell anwenden will. Um diese Schwierigkeit betreffs Erweiterung der Bedeutung des Wortes Plankton zu beheben, möchte ich neben diesem Begriff einen neuen, mehr auf die Methode gegründeten zur Einführung vorschlagen, über den ein folgendes Kapitel handeln soll. Einheitliche Definition von Plankton. Dui'ch Einführung des neuen Terminus Seston dürfte sich ungezwungen die Möglichkeit ergeben, dem Begriff Plankton seine w^esentliche Bedeutung im Sinne von V. HEJSSEN generell zu Plankton und Seston. 339 bewahren, auch wenn sehr verwickelte Verhältnisse in einem Ge- wässer herrschen. Es sei zunächst noch einmal auf den Kommentar zur bezüg- lichen Definition verwiesen, also auf den Umfang von Plankton im engeren Sinne des Wortes. Eine Erweiterung nach dem Vor- gange von HAECKEL unter Einbeziehung des Nektons ist zwar konsequent, aber zurzeit nicht geboten, liegt bisher auch nicht im Sinne der geschichtlichen Entwicklung. Die Planktonorganismen sind in erster Linie durch ihre enge Beziehung zu einem ph^^sikalischen Faktor, dem spezifischen Gewicht des Wassers, gekennzeichnet. Sie besitzen mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Anpassungen an das Leben im freien Wasser, welche häufig in ihrer morphologischen Ausgestaltung^ ihrer Zartheit, ihrem Wasserreichtum u. a. m. kenntlich sind. Das Treiben im freien AVasser, ohne auf einem Stützpunkt auszuruhen oder aufzuliegen und ohne zu verhungern bzw. all- mählich abzusterben, ist eine Befähigung, die — für die ganze oder einen großen Teil der Lebenszeit — nur bestimmten Orga- nismen zukommt. Die Gemeinschaft derselben bildet eine natür- liche Gruppe, eine spezifische Formation, eine ökologische Vereins- klasse; darin liegt die innere logische Rechtfertigung des Begriffes Plankton. Seine Definition geschieht nicht ausdrücklich nach er- nährungsphysiologischen Gesichtspunkten, wiewohl es bedeutende Stoffwechselleistungen vollführt, deren eingehendes Studium natür- lich eine Hauptaufgabe der Planktologie ist. Den planktonischen Organismen werden die meist robuster gebauten, festsitzenden oder kriechenden Ufer- bzw. Grund- organismen als Benthos gegenübergestellt. Diese besitzen keine weitgehenden Anpassungen an das spezifische Gewicht des Wassers. Benthonische und planktonische Vertreter können in ein und der- selben Gattung, manchmal auch Art (Koiifcr actinurusj, vorkommen^ z. B. ist Oscillatoria Agardhi planktonisch, „ Hmosa benthonisch, Melosira granulata planktonisch, „ varians benthonisch. M. MARSSON schrieb 1901 mit Recht: „Melosira varians ist eigentlich nicht zu den Planktondiatomeen zu rechnen; ich fand sie in großer Massenhaftigkeit am Ufer des Schiffahrtskanals fest- sitzend." Bei der Gattung Pediastrum u. e. m. gibt es deutliche Über- gänge zwischen planktonischen und benthonischen Formen. 340 ^- Kolkwitz: In ein und derselben physiologischen, sogar stark speziali- sierten Gruppe können wechselvolle Standortsverhältnisso vor- kommen. So finden sich z. B. unter den Gattungen der Schwefel- bakterien: Chromatium freischwimmend im Wasser, Beggiatoa kriechend auf Schlamm, Thiothrix festsitzend am Ufer. Niemals sollte ein typischer Benthos-Organismus zum Plankton gerechnet werden. Wenn man aus dem Inhalt zweier Probegläser, von denen das eine reines Plankton, das andere dagegen ausge- sprochenes Benthos enthält, ein Gemisch herstellt, so kann dieses als Ganzes nicht mehr als Plankton bezeichnet werden. Eine natürliche Vermischung zweier solcher Formationsbestände kommt in strömenden Flüssen, an Meeresküsten bei bewegtem Wasser usw. oft vor, so daß man bei der Untersuchung solcher Gewässer oft ein schwierig zu analysierendes mixtum compositum vor sich hat^). Dieses im Wasser verteilte Gemisch darf in seiner Gesamt- heit auch dann nicht als Plankton bezeichnet werden, wenn es unter Beteiligung aller seiner Komponenten von bedeutendem Ein- fluß auf den Stoffwechsel des betreffenden Gewässers ist. Das schließt natürlich nicht aus, daß man in solchen Fällen z. B. von Flußplankton spricht, man darf dann aber auch nur die echten Planktonten meinen. Auch der reinsten Planktonprobe aus den klarsten Seen kann ©ine geringe Menge von Detrituspartikelchen beigemischt sein. Diese stammen dann meist von fein zerteiltem Krebschenkot her, der unter anderem Algenreste und Bakterienanhäufungen ent- halten kann. Von den Bakterien rechnen nur diejenigen zum Plankton, welche normalerweise im freien Wasser leben; treibende Sphaerotilus- Flocken, aufgestiegene Beggiatoa-¥la.den und dgl. sind Benthos. Unter den höheren pflanzlichen Organismen wird man die untergetaucht vegetierende Lemna trisulca'^), ferner Ceratophyllum und Uiricularia (diese in den Arten, welche im Wasser wachsen) nur mit einem gewissen Vorbehalt zum Plankton rechnen können, da sie z. T. die Fähigkeit zum Festwurzeln besitzen und über Wasser blühen. 1) la Gewässer eingeschwemmte Eier parasitärer Würmer sind weder Plankton noch Benthos. 2) Lemna minor, polyrrhiza u. a. m. gehören nach 0. KiRCHNEE zum Pleuston. Plankton und Seston. 341 Ähnliches gilt bei Fassung der vorliegenden Definition im weiteren Sinne des Wortes von den Walen, da diese zum Luft- holen an die Oberfläche kommen müssen. Eine gewisse Beschrän- kuno- ist auch bei der Definition im weiteren Sinne des Wortes geboten, da man sonst -versucht sein könnte, auch Tauchvögel zum Plankton zu rechnen. Definition von Seston. Ausgehend von der Konstruktion der sehr feinmaschigen Kupfersiebe, besonders Nr. 260 (vgl. diese Berichte 1911, Bd. 29, S. 511—517, und Mitteil. a. d. Kgl. Prüf.-Anst. Heft 15), habe ich den Begriff des Abgesiebten bzw. des Absiebbaren eingeführt. Hierfür schlage ich, unterstützt durch den Rat der mir befreundeten Herren Prof. K. OSTERWALD, Ing. L. SOHIFF und Prof. A. WEISSE die — wie üblich dem Griechischen entlehnte — kurze Bezeichnung Seston (mit laDgem e gesprochen) vor. Seston bedeutet hier Bestandteile, welche sich durch Sieben zurückhalten lassen*). Beim Sieben kann zweierlei eintreten: entweder passiert der einzusammelnde Teil die Maschen, oder er bleibt auf dem Sieb zu- rück, und das Unwesentliche geht durch die Maschen. Nur in diesem letztgenannten Sinne (Siebrückstand) ist die begriffliche Bezeichnung Seston hier gemeint. Wenn man bedenkt, daß Berkefeldfilter, die wie Kapillar- siebe wirken, selbst Bakterien, Tontrübungen u. dgl. zurückhalten, und daß andererseits Siebe als Grobrechen benützt werden können, so ergibt sich ohne weiteres, daß man technisch alles, das Kleinste und das Größte, absieben kann. Mithin ist Seston der Haupt- und Plankton der Teilbegriff. Plankton umfaßt (wahrscheinlich aus- nahmslos) nur einen Teil des im Wasser Schwebenden, während Seston davon alles in sich begreift. Gesamtplankton ist deshalb wohl nie- mals gleichbedeutend mit Gesamtseston. Die Planktologie wäre demnach in bezug auf manche Fragen eine Unterabteilung der Sestonkunde. Der Terminus Seston läßt sich im Bedarfsfalle außer auf die in Flüssigkeiten (Wasser, Milch, Ol, Wein usw.) suspendierten 1) Von GrjGTÖ- 1. gesiebt, durch Sieben ausgesondert; 2. siebbar, durch Sieben absonderbar, abscheidbar. GfjaT'.i' von mir in dem speziellen Sinne gemeint: etwas, was sich durch Sieben zurückhalten läßt = Schwebestoffe (bzw. schwebende Sinkstoffe), die sich durch Sieben zurückhalten lassen. 342 R. Kolk WITZ: Stoffe auch auf den z. B. mit Watte oder Filtrierpapier — die als Fasersiebe wirken — zurückhaltbaren Staub der Luft anwenden. Es kann auch den Staub des zerfließenden Eises oder des schmelzenden Schnees bedeuten. Von diesen Gesichtspunkten aus sind der Definition von Seston, wegen seiner ganz allgemeinen Ableitung von sichten, auswählen, aussondern, keine engen Grenzen gezogen. Mit dem Worte Netz verbindet sich naturgemäß die Vor- stellung vom Fange lebenden Materials weit mehr als mit dem Worte Sieb, da dieses ein universelleres Instrument ist. Man wird das Wort Seston ungezwungen in denjenigen einschlägigen Fällen mit Vorteil gebrauchen können, wo das Wort Plankton nicht paßt. Dieses dürfte nach Einführung des Begriffes Seston zukünftig wieder wesentlich in dem ursprünglichen, im vorstehenden Kapitel näher erläuterten Sinne gebraucht werden können. Bei stark strömenden Flüssen kann man, wie schon in der Einleitung hervorgehoben worden ist, den gesamten Rückstand im Netz oder Sieb nun nicht mehr als Plankton bezeichnen; allenfalls wäre der Ausdruck Planktonfang noch zulässig. Es handelt sich in Wirklichkeit um Seston, welchem etwas Plankton beigemischt ist. Man würde also im gegebenen Falle beispielsweise schreiben können: Der im Glase abgesetzte Fang ergab 3 ccm Seston, von denen sich 0,5 ccm mineralischer und organischer Detritus (Pseudo- plankton) rasch absetzten, während sich langsam nach dem Kon- servieren der Probe ca. 2,5 ccm Organismen darüber schichteten. Die nähere Untersuchung ergab, daß diese fast durchweg aus Plankton und zum geringen Teil aus abgerissenem Benthos be- standen. Das in diesem Falle ungleich rasch erfolgende Zubodensinken nach Eintritt von Ruhe im Wasser zeigt besonders klar den Unter- schied zwischen Detritus und Plankton in bezug auf das spezifische Gewicht. Aus dem Rhein und der Spree können sich zuzeiten aus einem bestimmten Wasserquantum die gleichen Volumina Seston ergeben. Davon enthält aber der Rhein zum geringeren, die Spree zum größeren Teil Plankton. Die nähere quantitative Bestimmung des bestehenden Unterschiedes geschieht am besten an einer Schöpfprobe. Entnimmt man die Schwebestoffe aus einem Gewässer mittels Netzes oder Siebes (bei einer Maschenweite von i/,j — ^j.^^ mm), so ist Plankton und Seston. 343 damit ohne weiteres gesagt, daß es nicht auf die Gewinnung des Gesamtplanktons bzw. Gesamtsestons ankam. Für viele Fälle ist es auch nicht nötig, alle Bestandteile zu ermitteln. Viele Klagen über ungünstige Zustände in Gewässern kulti- vierter Gegenden haben ihren Hauptgrund in Überlastung des Wassers mit Seston. Methodisches. Um die Zahl und Beschaffenheit der im Wasser enthaltenen feineren Stoffe belebter und unbelebter Natur einwandfrei ermitteln zu können, habe ich auf jede besondere methodische Vorbehand- lung der zu untersuchenden Proben verzichtet und dement- sprechend das Schöpfgefäß, die 1 ccm-Kammer, gleichzeitig als Zählkammer benutzt (vgl. diese Berichte, 1911, Bd. 29, S. 386—402). "Wie bereits früher mitgeteilt, werden die mittels der Kammer in automatisch abgemessener Menge entnommenen Proben zunächst unter Verwendung von Aplanat- oder Anastigmatlupen durch- mustert, um sich über den Inhalt der Kammer in bezug auf Menge und Zusammensetzung der in ihr enthaltenen Schwebe- und etwaigen Sinkstoffe zunächst in großen Zügen zu unter- richten. Kleine Körper, wie Bakterien, Kleinalgen, Tonteilchen usw., pflegen im Wasser viel gleichmäßiger verteilt zu sein als größere. Man kann sie deshalb in viel kleineren Wassermengen in Be- obachtung nehmen als etwa Bestandteile wie manche Crustaceen, deren Verteilung unter Umständen allein schon durch den Wind eine ungleiche werden kann. Für eine solche gleichmäßige An- ordnung kleiner Körper im Wasser scheinen neben biologischen auch rein physikalische Faktoren wirksam zu sein. Die Kammer wird etwa 10 Minuten lang horizontal auf den Objekttisch des Mikroskops gelegt. In dieser Zeit wird man, be- sonders in mehr oder weniger salzhaltigen Gewässern, ein Ab- sinken der Körperchen erwarten können, welche in der 2,63 mm hohen Wasserschicht in der Kammer enthalten sind; durch die mikroskopische Prüfung kann leicht kontrolliert werden, ob das Absinken innerhalb der genannten Zeit bereits erfolgt ist. Das Absinken der nahe der Grundscheibe befindlichen Schwebestoffe dürfte durch die Flächenanziehung dieser Scheibe beschleunigt werden. Bewegliche Organismen können im Bedarfsfalle zur Wärmestarre gebracht werden und zwar durch Einlegen der Kammer in einen Thermostaten. Auf Beisen kann man den ge- Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 24 344 R- KOLKVVITZ: eicrneten Grad von Wärmestarre auch durch vorsichtiges Erwärmeri mittels eines Streichholzes erreichen. Mit Pseudovakuolen ver- sehene Spaltalgen pflegen sich unmittelbar unter der Deckscheibe der Kammer anzusammeln. Ist das Absinken auf die Bodenscheibe beendet, so kann die genaue mikroskopische Durchmusterung des Sedimentes vorgenommen werden und zwar so, daß man die geeignete Vergrößerung am besten durch das Apo- chromatobjektiv 16 mm^) und das Kompensationsokular 12 erzielt. Da wegen der, einschließlich Deckscheibe etwa '6 mm betragenden Höhe der Kammer keine sehr starken Objektive an- gewendet werden können, muß eine ausreichende (etwa 200 bis 400 fache) Vergrößerung durch gleichzeitige Anwendung starker Okulare bewirkt werden. Die Kombination von Apochromat 16 mm mit Okular 12 liefert ganz besonders vorzügliche, farbenreine Bilder, doch eignet sich auch Okular 18, selbst in Verbindung mit guten Achromaten A A und B, wodurch sich bis ca. 400 fache Vergrößerung erzielen läßt; doch ist zu bemerken, daß Okular 18 meist etwas schwammige Bilder liefert. Die Verwendung relativ schwacher Objektive und sehr starker Okulare bringt den für Zähl- methoden wesentlichen Vorteil mit sich, daß man bei mehrhundert- facher Vergrößerung ein Gesichtsfeld vom Durchmesser fast eines Millimeters erhalten kann, wobei unter Verwendung von Apochro- maten auch die Farbenreinheit eine vollkommene ist. Verwendet man auf Eeisen oder Ausflügen das Exkursionsmikroskop ohne Beleuchtungsapparat, so lassen sich auch mit diesem bei geschickt gewählter Spiegelstellung gute Bilder gewinnen, selbst für Stäbchen- bakterien, Spij-illen, Monaden u. a. m. Natürlich empfiehlt sich nebenbei auch eine qualitative Untersuchung der Organismen unter Benutzung starker Objektive. Bei Verwendung von zwei Parallelfäden im Okular oder von Teilstrichen auf der Grundscheibe der Kammer (wodurch Schöpf- gefäß, Meßkammer und Zählplatte zu einem verbunden sind) kann diese auf beweglichem Objekttisch, nicht selten auch mit primi- tiveren Einrichtungen, leicht in toto innerhalb kurzer Zeit bei guter Kenntnis der Organismen ausgezählt werden, sofern man es nicht vorzieht, unter Einschalten von Netzmikrometern oder vier- eckigen Blenden im Okular Teile der Kammer (eventuell auch in vertikaler Richtung) auszuzählen und aus diesen die Menge der 1) Auch Apochromat 12 mm würde voraassicMlich gut verwendbar sein, doch ist dieses Objektiv für deutsche Instrumente bisher nicht konstruiert worden. Plankton und Seston. 345 TDCobachteten Bestandteile für die ganze Kammer zu berechnen. In dieser Beziehung bestehen methodisch weitgehende Parallelen mit der Bakteriologie, für welche nur an die Zählplatten von WOLFFHÜGEL, LafaR, V. EOZSAHEGYI, ferner an die bereits er- wähnten Blenden von P. EHRLICH und G-. W. EAFTER erinnert sei. Die Genauigkeit des Zählens in der Planktonkammer ist recht groß; gewisse kleine Fehler können aber trotzdem ent- stehen und zwar dadurch, daß manche Organismen sich in Detritus- krümeln verbergen. Die Schärfe der quantitativen mikroskopischen Ana- lyse durch die Kammer kann leicht aus folgendem Versuch ■erkannt werden: Wenn man sehr feine Waschblaukörner im Wasser verteilt und die Mischung weitgehend verdünnt, so erhält man schließlich ein Wasser, welches in einem weißen Emailleeimer voll- kommen klar erscheint. Schöpft man davon eine Probe mit der 1 ccm-Kammer heraus, so wird man leicht und schnell zu seiner Überraschung feststellen können, daß in solchem Wasser im Kubik- zentimeter noch Hunderte von feinsten Waschblaukörnchen trotz seiner Klarheit enthalten sind. Ganz ähnliche Wahrnehmungen kann man in der freien Natur machen, wo auch im Wasser sehr klarer Seen im Kubikzentimeter noch Hunderte von feinsten Trübungskörperchen vorhanden sein können. Will man auch die sehr kleinen Flagellaten, Nitzschien Tjnd Naviculeen, soweit dies überhaupt gelingen kann, zahlen- imäßig und genau bestimmen, wird man sich zuvor fragen müssen, ■ob die dadurch bedingte Zeitversäumnis in einem entsprechenden Verhältnis zu dem Wert der gewonnenen Resultate steht. Gegen- wärtig können die in der Kammer leichter erkennbaren Plankton- organismen unter Berücksichtigung ihrer Zahl schon wertvolle -Aufschlüsse über viele physiologisch und ökologisch wichtige -T'ragen geben. In neuerer Zeit hat sich auch gezeigt, daß eine Reihe von Planktonorganismen selbst bei tagelangem Aufenthalt in dem Mikro- kosmos der Kammer geeignete Lebensbedingungen finden, so daß die Planktonkammer auch als Kulturgefäß — unter etwaigem Zusatz geeigneter Xährsubstanzen — verwendet werden kann und sich •dadurch gleichsam als „PETRI-Schälchen" des Planktologen be- zeichnen ließe. Bezüglich der bereits erwähnten Kupfersiebe, welche zum Untersuchen großer Wassermengen dienen, sei hier noch bemerkt, -daß Siebe mit höheren Nummern als 260 (bis 350) zurzeit nicht :in Taft- sondern nur in Köperstruktur, durch welche das Gewebe 24* 346 Hermann Ross: an Regelmäßigkeit aber etwas verliert, hergestellt werden können. Es scheint, daß Nr. 260 mit Vis i^m Maschen weite auch zukünftig ein für viele Zwecke sehr brauchbares Muster bleiben wird. Die Leistung solcher Siebe für Filtration von reinem Wasser ohne Anwendung von Druck betr.ägt pro 50 qcm filtrierender Fläche bei, falls nötig, vorhergehendem kurzem Befeuchten mit Alkohol gegen 40 Liter pro Minute. Schlußsätze. Nach den von mir in dieser Arbeit gemachten Vorschlägen, ergeben sich die folgenden beiden Definitionen: Plankton ist die natürliche Gemeinschaft derjenigen Orga- nismen, welche im freien Wasser, bei Strömung willenlos treibend,, freilebend, normale Existenzbedingungen haben. Seston ist jedes Ungelöste, das sich aus dem Wasser ab- sieben läßt. Plankton ist ist demnach ein Teilbegriff von Seston. 43. Hermann Ross: Adventivbiättchen auf Melasto- maceenblättern, verursacht durch parasitisch lebende Älchen. (Mit 8 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 27. Juni 1912.) Auf einer botanischen Studienreise in Mexiko beobachtete ich' im September 1906 in der Umgebung der im Staate Vera Cruz, etwa 1000 m über dem Meere gelegenen Hazienda Zacuapam (Mirador) an einer nicht blühenden Melastomacee eigenartige Bil- dungsabweichungen. Diese waren am stärksten ausgebildet an der Sproßspitze und an den letzten Blättern, welche zu unregelmäßigen, blumenkohlartigen Klumpen umgebildet waren, währead die älteren, sonst wenig veränderten Blätter sehr verschieden gestaltete Neu- bildungen trugen. Auf der Unterseite der Blattfläche, am Blattstiel und an den Sproßachsen waren diese Neubildungen mehr oder weniger unregelmäßig verzweigt, bisweilen auch etwas flächenförmig ausgebildet und ihrer anatomischen Beschaffenheit nach Emer- genzen. Ebenso verhielt sich ein Teil der Neubildungen auf. Adventivblättchen auf Melastomaceenblättern, verursacht durch usw. 347 der Blattoberseite, während andere dagegen blattartige Struktur •zeigten und einige sogar zu kleinen, aber typisch gestalteten Laubblättchen ausgebildet waren. Da nähere Untersuchungen an Ort und Stelle wegen Mangel ■an Zeit nicht möglich waren, setzte ich Material in Spiritus und ■dieses diente zu den im Nachfolgenden beschriebenen Unter- suchungen. * * * In den jüngsten Teilen der Emergenzen werden mit großer Regelmäßigkeit 0,5 bis 0,7 mm lange ,,Alchen", und zwar eine Tylenchus-Axt, angetroffen, die ohne Zweifel die Ursache der Miß- bildungen sind. Es handelt sich hier also um ein Helmintho- c e c i d i u m. Ähnliche Älchengallen wurden von ßÜBSAAMEN^) an mehreren •aus Südamerika stammenden Melastomaceen des Berliner Herbars beschrieben. Eingehende anatomische Untersuchungen über diesen "Gegenstand liegen nicht vor. KÜSTER^) erwähnt, daß die Gallmilbe Eriophyes fraxini Nah auf der Oberseite der Blätter von Fraxinus ornus in Südtirol blatt- artige Leisten usw. oder kleine Spreiten hervorbringt, letztere aber nur am Mittelnerv oder an kräftigen Seitennerven. Nähere An- gaben über Entwicklungsgeschichte, anatomischen Bau usw. dieser Neubildung werden nicht gemacht. Die normale Blattfläche der betreffenden Melastomacee zeigt folgenden anatomischen Bau (vgl Fig. 5). Die Epidermis der Ober- seite ist sehr kleinzellig und frei von Spaltöffnungen Die erste subepidermale Schicht ist ein wasserspeicherndes Gewebe (Hypoderm), das aus dünnwandigen und sehr weitlumigen Zellen besteht, deren Höhe etwa Va ^.es ganzen Blattdurchmessers beträgt und etwa •^ mal größer ist als die der Epidermiszellen. Dieses Hypoderm ist am normalen Blatt stets einschichtig. An vielen Stellen, meist in das darunter befindliche blattgrünführende Gewebe eingesenkt, findet sich eine ebenfalls dünnwandige, blattgrünfreie Zelle mit ■einer großen Druse von oxalsaurem Kalk. Darauf folgen meist 2 — 3 Schichten von kurzen Palisadenzellen. Hypoderm und Pali- sadenparenchym fehlen über den starken Nerven; das Schwamm- 1) RÜBSAAJIEN, Ew. H., Beiträge zur Kenntnis außereuropäischer Zooeecidien. Marcellia. VI (1907), 167. 2) KÜSTER, Ernst, Über zwei organoide Gallen : Die Wiederholung blattrandiger Strukturen auf Blattspreiten. Marcellia. V (1906), 46. — Id. Die Gallen der Pflanzen. Leipzig 1911, 117 und 130. 348 Hermann Ross: parenchym bestellt ans 5 — 8 Schichten rnndlicher Zellen. In letzteren befinden sich ebenfalls zahlreiche Kalkoxalatdrusen, di& jedoch in der Regel viel kleiner sind. Die Epidermis der Blatt- unterseite ist sehr kleinzellig und reich an kleinen Spaltöffnungen. Die Leitbündel bieten nichts Bemerkenswertes. Haare von ver- schiedener Gestalt und Größe finden sich überall; besonders häufig treten sie auf der unteren Fläche der Blattspreite und am Blatt- stiel auf. Nach dem anatomischen Bau des Blattes gehört die vor- liegende Pflanze zur Gattung Gonostegia ^) und vergleichende Unter- suchungen ergaben, daß sie mit Conosiegia suhhirsuta DO. völlig übereinstimmt. Diese Art kommt auch tatsächlich in dem Gebiete vor, wo ich die Gallbildung sammelte^). Betrachten wir zunächst diejenigen Fälle, bei denen äugen- scheinlich infolge schwacher oder später Infektion die Gesamtan- lage des Blattes selbst wenig verändert ist. Hier zeigt die Blatt- fläche dann nur unregelmäßige Zusammenziehung oder Hervor- wölbung nach oben oder nach unten. Auf dem obersten Teile derselben finden sich bisweilen kleinere Auswüchse. Auch ßollung oder unregelmäßige Verkrümmung des Randes kommen vor, und dann pflegt eine mehr oder minder starke und ausgedehnte Ver- dickung des Blattgewebes in den Randpartien aufzutreten. In anderen Fällen zeigt der Rand verschieden beschaffene und ge- staltete Ausbuchtungen; bisweilen kommen auch Verdickungen der Nerven vor. Hand in Hand damit geht vielfach eine stärkere und reichere Entwickelung der Haarbildungen. . Wenn stärkere und ausgedehntere Mißbildungen auf einem Blatte auftreten, so sind dieselben im allgemeinen nicht beliebig auf der Blattfläche verteilt, sondern finden sich vorzugsweise auf" und neben den Nerven oder in deren unmittelbarer Nähe (Fig. 1 und Fig. 8). In der Regel sind die Neubildungen um so kräftiger entwickelt, je stärker der benachbarte Nerv ist. Die Auswüchse kommen auf beiden Seiten der Lamina vor, bei meinem Material reichlicher auf der Unterseite. Ganz junge Entwicklungsstadien standen mir leider nicht zur Verfügung. Es scheint aber, daß die Bildung der Auswüchse auf 1) Vgl. Gottschall, Michael, Anatomisch-systematische Unter-', suchungen des Blattes der Melastomaceen aus dem Tribus Miconieae. Inaug.- Diss., München 1900 und Memoires de l'Herbier Boissier. I, uo. 19 (19C0j, 66. 2) Biologia Centrali-Americatia. Botany I, London 1979 — 88, 424. Adventivblättchen auf Melastomaceenblättern, verursacht durch usw. 3-49 der Blattunterseite eingeleitet wird durch Zellteilungen in den subepidermalen Schichten des Schwammparenchyms, meist unter gleichzeitiger Beteiligung der parenchymatischen Elemente der be- nachbarten Leitbündel. Die Epidermis folgt durch entsprechendes Flächenwachstum allen Veränderungen der unter ihr entstehenden Neubildungen, beteiligt sich aktiv aber nicht an dem Aufbau der Fig. 1. Conostegia subhirsuta DO. Blattunterseite mit Emergenzen. 1:1. neuen Gewebe. Das Wachstum der letzteren bewegt sich haupt- sächlich in der Längsrichtung, ist vielfach aber auch unregelmäßig und so entstehen nach und nach Auswüchse von sehr verschiedener Länge und Größe, Gestalt und Beschaffenheit, die aber doch typische Emergenzen (Exkreszenzen) sind (Fig. 2 A und B). Meist sind dieselben an der Spitze mehr oder minder zerklüftet und zeigen seitlich oft tiefe Einbuchtungen, in denen wiederum 350 Hermann Ross: größere und kleinere Auswüchse vorhanden sind (Fig. 2C). Zwischen den zarten, meist ziemlich eng zusammenschließenden, innersten Gevvebewucherungen finden sich zahlreich die Älchen. Der innere Bau dieser Emergenzen ist stets sehr einfach; auch die größten bestehen nur aus gleichmäßigen, dünnwandigen Paren- chymzellen, die in der Richtung der Längsachse meist etwas ge- Fig. 2. Conostegia suhhirsuta DC. A und B Emergenzen der Blattunterseite. 4:1, 0 Querschnitt einer Emergenz. (Schematisch.) 20:1. streckt sind. Die äußersten Schichten zeigen schwache kollen- chymatische Verdickungen der Wände. In den mittleren Partien, finden sich unregelmäßig verteilt kleine, konzentrisch gebaute Leitbündel, oft in großer Zahl; sie bestehen aus einigen in der Mitte gelegenen B-ing- oder Spiralgefäßen, die von langgestreckten, dünnwandigen, nicht verholzten, plasmareichen Zellen umgeben Adventivblättchen auf Melastomaceenblättern, verursacht durch usw. 351 sind. Das Ganze ist umgeben von einer Schicht von Parenchym- zellen mit zahlreichen Stärkekörnern (Stärkescheide). Diese Leitungs- bahnen setzen sich stets in der Richtung nach den normalen Leit- bündeln fort und schließen sich direkt oder indirekt an diese an Bisweilen nehmen diese Neubildungen eine mehr oder minder abgeflachte Gestalt an und in manchen Fällen erinnern sie in bezug auf die äußere Gestalt sogar an blattartige Organe (Fig 2 A und B). Dies ist aber nur äußerlich, denn niemals sieht man auch nur eine Andeutung 7on typischem Blattbau. Einzelne Auswüchse der Blattunterseite wiederum sind ver- hältnismäßig dünn und erreichen eine größere Länge; man könnte an wurzelartige Gebilde denken, aber anatomisch und morphologisch spricht nichts für eine solche Deutung. Fig. 3. Conostegia suhhirsuia DC. Stark verzweigte, langgestreckte Emergenzea der Blattunterseite. 4:1. Den höchsten Grad der äußeren Gliederung erreichen einige Emergenzen, indem sie sich vielfach verzweigen, achsenartig sich strecken, an der Spitze sich wiederum .teilen usw. und so äußerlich an kleine Hexenbesen erinnern (Fig. 3). Trotzdem zeigen sie den- selben einfachen anatomischen Bau wie die bisher beschriebenen Gebilde. Bemerkenswert ist ferner, daß an solchen Orten der Blatt- fläche, an denen sich unterseits Auswüchse finden, oberseits ein zweischichtiges Hypoderm vorhanden ist. Hierauf komme ich später zurück. Wenden wir uns nun zu den Neubildungen auf der Oberseite der Blattfläche. Schon makroskopisch ist wahrnehmbar, daß sie von verschiedener Beschaffenheit sind, je nachdem sie sich un- mittelbar über einem der stärkeren Nerven oder seitlich von dem- selben befinden (vgl. auch Fig. 8). 352 HjjIRMANN Ross: über den starken Nerven der normalen Blattfläche fehlt, wie schon erwähnt, das sonst überall vorhandene, einschichtige, großzellige, dünnwandige Hypoderm sowie das Palisadenparenchym. An Stelle dieser Grewebe finden sich kollencliN'matisch ausgebildete Zellen. Auf diese folgen chlorophyllfreie, dünnwandige und ziem- lich große Parenchymzellen, die sich bis an das Leitbündel er- strecken; die äußeren Schichten derselben entsprechen der Lage nach den Palisadenzellen. Bei der Ausbildung der Galle bleiben die subepidermalen kollenchymatischen Zellen stets unverändert; sie scheinen zur Hervorbringung von Neubildungen nicht befähigt zu sein^). Die darunter gelegenen Parenchymzellen dagegen verlängern sich und werden meristematisch, w^ahrscheinlich gleichzeitig mit den benach- barten parenchymatischen Elementen des Siebteiles. Die hieraus entstehenden Emergenzen sind sehr einfach gebaut; sie entbehren sowohl des Hj'poderms als auch der Palisadengewebe und zeigen im allgemeinen das Verhalten der Neubildungen auf der Blatt- unterseite. Unmittelbar über den starken Nerven kommt es also nicht zur Ausbildung von blattartigen Organen. Anders verhalten sich die Neubildungen, die an solchen Stellen der Blattoberseite entstehen, wo Mesophyll vorhanden ist. Die hier zuerst wahrnehmbare anatomische Veränderung besteht darin, daß an bestimmten Stellen unter dem normalen, einschichtigen Hypoderm eine zweite Lage von größeren, dünnwandigen, blattgrünfreien Zellen auftritt. Dies kommt dadurch zustande, daß die zweite subepidermale Schicht nicht wie bei der normalen Entwickelung des Blattes zu Palisadenzellen w^ird, sondern die gleiche Ausbildung erfährt wie die erste Schicht. Nachträgliche Teilungen der Zellen kommen nur verhältnismäßig selten vor. Die hier in Betracht kommenden Reizwirkungen müssen sich also schon zu einer Zeit geltend machen, wann die einzelnen Gewebeformen des Blattes noch nicht differenziert sind, die Blätter also nur eine Breite von wenigen Millimetern besitzen. Der Ausgangsort dieser Neubildungen auf der Blattoberseite liegt unter dem Palisadenparenchym und höchstwahrscheinlich in den dünnw^andigen Zellen in der unmittelbaren Umgebung der Leitbündelverzweigungen. Hier tritt zuerst eine lokale Zellver- mehrung ein unter Ausbildung von neuen Leitungsgeweben. 1) Bemerkenswert ist, daß die kollenchymatischen Zellen auf der Unter- seite der Nerven imstande sind, zu Korkmutterzellen zu werden für Wund- periderm. Adventivblättchen auf Melastomaceenblättern, verursacht durch usw. 355, Dadurch entsteht eine höckerartige Emergenz, die folgenden Bat» zeigt: die kleinzellige Epidermis, ein meist aus zwei, bisweilen; auch mehreren Schichten bestehendes Hypoderm, meist typisch ausgebildete Palisadengewebe, in der Mitte chlorophyllfreie Paren- chj^mzellen und schwache Stränge von Leitungsgeweben. Das- Längenwachstum scheint in allen Teilen der Neubildung vor sich zu gehen. In den meisten Fällen hat die Emergenz bei der weiteren Entwickelung eine zylindrische oder schwach kegel- förmige Gestalt, und ein Längsschnitt zeigt dann typisches Pali- sadengewebe auf beiden Seiten. Früher oder später tritt an der Spitze oder auch etwas seitlich eine Veränderung ein, indem eine Stelle im Wachstum zurückbleibt und die Zellen des Hypoderms Fig. 4. Conostegia suhhirsuta DG. Blattartige Neubildungen auf der ßlattoberseite. 4:1. sich vielfach teilen; die Epidermiszellen zeigen an solchen Stellen meist einen bräunlichen Inhalt, während sie sonst farblos sind. Zu beiden Seiten dieser im Wachstum gehemmten Stellen entwickeln sich die Gewebe weiter und so teilt sich die Emergenz in zwei, in der Eegel mehr abgeflachte, mehr oder minder blattartig ausge- bildete Stücke, von denen eins meist größer wird als das andere. Wann die Teilung eintritt, pflegt schon eine Verzweigung der Leitungsgew^ebe in der Richtung der Teilstücke vorhanden zu sein. Die so entstandenen Neubildungen zeigen in der Regel blatt- artige Gestalt und Beschaffenheit. Oft sind sie allerdings nur flächenförmige, etwas gefaltete oder krause Gebilde (Fig. 4), bei höchster Entwickelung aber kleine Blättchen mit gut ausgebildeter Spreite und mehr oder minder deutlichem Stiel (vgl. Fig. 8); dazwischen gibt es alle Übergänge. Es handelt sich also hier um Adventivblättchen, entstanden durch Reize, die von den para- 354 Hermann Ross: sitisch lebenden Alchen ausgegangen sind. Die Parasiten scheinen aber an diesen Organen nicht zu leben, wenigstens sah ich nichts von ihnen bei meinem Material. Die inneren Flächen, die bei der Teilung der Emergenz sich neu gebildet haben, werden zur Blattunterseite, da Hypoderm und Palisadenzellen fehlen, ein Schwammgewebe dagegen sich ausge- bildet hat und auch Spaltöffnungen sowie die typische Haarbildung vorhanden sind. Fig. 5. Conostegia subhirsuta DO. Querschnitt eines Adventivblättchens. 100 : 1. Die Adventivblättchen zeigen also nicht nur die äußeren Merkmale, sondern auch den inneren Bau eines normalen Blattes bis in alle Einzelheiten (Fig. 5). Bei umfangreichen Neubildungen der Blattoberseite, die augen- scheinlich eine langandauernde Entwickelung durchgemacht haben und über einem starken Nerven liegen, kommt noch eine andere Weise der Ausbildung von Adventivblättchen vor. Es finden sich nebeneinander zahlreiche, mehr oder minder große Emergenzen, die o£t ein oben unregelmäßig eingebuchtetes Polster bilden, auf dem erst die flächenförmig ausgebildeten blattartigen G-ebilde ent- standen sind (Fig. 6). Bisweilen finden sich auch unregelmäßig gestaltete oder mäanderartig gewundene Neubildungen und an den Adventivblättchen auf MelastomaceenWättero, verursacht durch usw_ 355 verborgensten Stellen derselben werden Älchen wiederum in großer Menge angetroffen. Die Adventivblättchen selbst beherbergen auch hier niemals Galltiere. Bei den am höchsten entwickelten Adventivblättchen, meist also solchen, die am Außenrande eines Mißbildungsherdes stehen (vgl. Fig. 8), sind die Blattspreiten so orientiert, daß die gleichen Blattflächen einander zugekehrt sind, d. h. die Oberseiten der Adventivblättchen sind der Oberseite des Mutterorgans zugewendet und die Unterseiten der Adventivblättchen sind gegeneinander ge- richtet (Fig. 7). Solche Stellungsverhältnisse kehren immer wieder Fig. 6. Conostegia suhhirsuta DC. Querschnitt einer polsterartigen Neubildung mit Adventivblättchen auf der Blattoberseite. (Schematisch.) 10 : 1. und finden sich auch bei zahlreich nebeneinander auftretenden Blättchen (Fig. 6). Diese Gesetzmäßigkeit kommt auch bei anderen durch Galltiere erzeugten Neubildungen ^) sowie auch bei Miß- bildungen teratologischer Natur vor 2). In einigen Fällen sind Neubildungen auch am Blattstiel vor- handen. Dieselben bestehen aber stets nur aus länglichen oder 1) Vgl. Peyritsch, J., Zur Ätiologie der Ohlorantien einiger ArabiS' Arten. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik 13 (1882), 4. — KÜSTER, E., 1. c. 118. 2) Masters, Maxwell, T. , Pflanzenteratologie (Übersetzung von U. Dammer). 407. 356 Hermann Ross: rundlichen, seltener abgeflachten Emergenzen, die sich bisweilen wiederholt verzweigen und eine Länge von mehreren Millimetern erreichen. Ihr anatomischer Bau entspricht vollkommen dem der Emergenzen auf der Blattunterseite. Die gänzlich mißgebildeten Blätter und die blumenkohl- ähnlichen Massen an den Sproßspitzen bieten nichts Besonderes in anatomischer Hinsicht. Sie sind nur Anhäufungen zahlreiclier und oft auch verhältnismäßig großer Auswüchse. In solchen Fällen hat Pig. 7, Conostegia suhhirsuta DO. Zwei Adventivblättchen im Längssclmitt. (Schematiscb.) 20 : 1. die Infektion der betreffenden Organe wahrscheinlich so frühzeitig stattgefunden, daß es zu deren Ausbildung und Entwickelung gar nicht mehr gekommen ist. * Auf eine briefliche Anfrage teilte mir Herr Prof. Dr. O. HIERONYMUS (Dahlem-Berlin) mit, daß sich in seinem jetzt -dem Berliner Botanischen Museum einverleibten Herbar ähnliche durch Alchen erzeugte Mißbildungen befänden. Die Direktion der Berliner Botanischen Sammlungen sandte mir gütigst das betreffende Material, das das meine vortrefflich ergänzt. Es handelt sich hier um eine nicht näher bestimmte Miconia- Art aus Brasilien (Ule, Herb. Brasil. Nr. 58) mit kräftiger, fast 25 cm langer Blattspreite. Die Mißbildungen finden sich aus- schließlich auf der Oberseite und ebenfalls nur auf oder neben den stärksten Nerven. Die Adventivblättchen sind hier zahlreicher Adventivblättclien auf Melastomaceenblättern, verursacht durcli usw. 357 ■entwickelt sowie stärker und größer als bei meinem mexikanischen Material. Viele derselben zeigen Stiel und Spreite gut ausgebildet (Fig. 8); die größten sind fast 10 mm lang und 3 — 4 mm breit. In bezug auf den anatomischen Bau konnte ich ebenfalls eine völlige Übereinstimmung zwischen Adventiv- und Mutterblatt fest- Fig. 8. Miconia spec. Unterer Teil eines Blattes mit Adventivblättchen. 1:1. stellen. An den Stellen, die oberseits die Mißbildung tragen, ist auf der Blattunterseite nur eine etwas stärkere Behaarung vor- handen. Auswüchse in Gestalt langer und dicker Emergenzen finden sich auch hier an den Blattstielen. Auch das Material, das Herr Ew. H. EÜBSAAMEN in seiner angeführten Arbeit beschreibt, wurde mir von demselben in liebens- würdiger Weise zur Ansicht gesandt. Es liegen hier dieselben 358 Hermann Ross: Verhältnisse vor wie in den von mir beschriebenen Fällen. Die Adventivblättchen erreichen aber nicht den hohen Grad der Aus- bildung, wie ihn Fig 8 zeigt. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen konnte ich in beiden Fällen nicht ausführen, da das Herbarmaterial sich hiefür nicht eignet. * * * Die Älchen nehmen ihre Nahrung in der Weise auf, daß sie eine Epidcrmiszelle mit dem allen parasitisch lebenden Tylenchus- Arten zukommenden vorstreckbaren Mundstachel anbohren und Säfte aus derselben saugen. Der Körperbau der Älchen zeigt entsprechende Einrichtungen für diese Arten der Nahrungsauf- nahme'). Verletzungen der betreffenden Zelle oder irgendwelche Störungen ihrer inneren Organisation habe ich nie gesehen; im Gegenteil, dort, wo die Älchen zahlreich angetroffen werden, finden sich meist auch reichlich junge Neubildungen und die Epidermis folgt stets vermittelst fortgesetzter Teilungen der oft bedeutenden Größenzunahme. Als Entstehungsursache der Gallbildungen kommen besonders zwei Möglichkeiten in Betracht: chemische Reize und trauma- tische Reize 2). Der Frage, ob traumatische Reize für die Neubildungen hier in Betracht kommen, habe ich versucht, auf experimentellem Wege näher zu kommen. Bei mehreren Melastomaceen in den Warm- häusern des Münchner Botanischen Gartens führte ich bald nach meiner Rückkehr aus Mexiko Verwundungen aus vermittelst Stichen und Einschnitten von verschiedener Ausdehnung und Tiefe, an Blättern in verschiedenen Entwickelungsstufen und auch an verschiedenen Regionen der Blattspreite. In keinem Falle traten Neubildungen auf. Bei tiefer gehenden Verletzungen wurde das Blatt meist frühzeitiger als sonst abgeworfen, bei schwächeren Eingriffen trat keine wesentliche Veränderung ein, höchstens starben die der Wundstelle zunächst liegenden Zellkomplexe ab. Leider habe ich nur w^enige derartige Versuche machen können, und die negativen Resultate dürfen nicht überraschen. Ich hoffe, 1) MarCINOWSKI, Kati, Parasitisch und semiparasitisch an Pflanzen lebende Nematoden. Arbeiten aus der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft. VII (Berlin 1909), 1. 2) KÜSTER, E., 1. c. 279. — Winkler, Hans, Untersuchungen über Pfropfbastarde. I. Teil (Jena 1912), 76—93. Adventivblättchen auf Melastomaceenblättern, verursacht durch usw. 359 später die Versuche in größerem Maßstabe und von verschiedenen anderen Gesichtspunkten geleitet, wieder aufnehmen zu können. Die Resultate mehrerer neuerer experimenteller Arbeiten liefern den Beweis, daß auch durch traumatische und ähnliche Reize Neubildungen von sehr verschiedener Beschaffenheit und verschiedenem Umfang, zum Teil allerdings nur Intumeszenzen, entstehen können'). Chemische Reize müssen in dem hier vorliegenden Falle durch Stoffe ausgeübt werden, die bei dem Durchbohren der Zell- wände oder während der Nahrungsaufnahme in die betreffenden Zellen der Wirtspflanze gelangen. Hierüber ist in bezug auf Alchen Näheres nicht bekannt und es läßt sich bei der Kleinheit der TylencJms-Arten auch schwer etwas darüber ermitteln. Die Alchen besitzen jedoch Organe, die wirksame Stoffe liefern könnten, und die ebenfalls parasitisch lebenden verwandten Ascaris-Arten sondern bekanntlich in großem Maße giftige Stoffe ab 2). Das indifferente Verhalten der direkt betroffenen Epidermis- zellen einerseits und anderseits die Tatsache, daß der eigentliche Bildungsherd der hier behandelten Gallen zum Teil mehrere Zell- schichten entfernt von dem Angriffspunkt liegt, deuten auf Wir- kungen von chemischen Reizen hin, denn diese können leicht von Zelle zu Zelle diffundieren und dann erst auf dafür empfängliche Gewebepartien wirken. Die Entwicklungsgeschichte der Conostegia-G allen weist eben- falls darauf hin, daß der erste Anstoß, welcher die Störungen in der normalen Entwickelung des Blattes und der dabei herrschenden Korrelationsverhältnisse bedingt, ein chemischer Reiz ist. Die dadurch eingeleiteten Wachstumsvorgänge stehen aber in enger Beziehung zu den allgemeinen Ernährungsverhältnissen, indem die 1) BeusekOM, Jan van, On the influence of wound Stimuli on the formation of adventitions buds ia the leaves of Gnetum Gnemon L Recueil des travaux botaniques Neerlandais. IV (1908), 149. — SORAUER, PaüL, Handbuch der Pflanzenkrankheiten. I (1909), 435. — MARX, LILLY M, Über Intumeszenzbildung an Laubblättern infolge von Giftwirkung. Österr. Bot. Zeitschrift. 61 (1911), 49. — KÜSTER, E, 1 c. 261. 2) Vgl. Weinland, E., Der Stoffwechsel der wirbellosen Tiere. Oppen- heimers Handbuch der Biochemie des Menschen und der Tiere. IV, 2 (J910), 472. — Goldschmidt, R., Die ^scam-Vergiftung. Münchner Medizinische Wochenschrift. 27 II (1910), i981. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 26 360 Hermann Ross: Adventivblättcben auf Melastomaceenblättern usw. Nälirstoffe in neue Bahnen gelenkt und an sonst untätigen Stellen zum Aufbau der Neubildungen verbraucht werden. In der Um- gebung der Gallen bleiben die nachträglichen Teilungen in der zweiten subepidermalen Schicht aus, die Zellen werden ebenso groß wie die des darüber liegenden Hypodeims und Chlorophj^llkörner kommen nicht zur Ausbildung. Hier tritt also eine Hemmung ein. An den Grenzen dieser Hemmungserscheinungen kann man oft erkennen, daß die zweite Schicht des Hypoderms der obersten Schicht des Palisadenparenchyms entspricht und bisweilen zeigen einzelne Zellen auch Übergänge zwischen den beiden Gewebeformen. Das zweischichtige Hypoderm tritt in Zusammenhang mit allen Neubildungen auf, also nicht nur bei denen auf der Ober- seite, sondern auch bei denjenigen auf der Unterseite; seine Aus- dehnung entspricht meist ziemlich genau der der Neubildung und erstreckt sich seitlich nur wenig über diese hinaus. Wenn zwischen mehreren Auswüchsen auf der Blattunterseite sich eine normal ge- bliebene Partie befindet, so ist ihr gegenüber das H^'poderm in der Regel einschichtig; hier hat also normale Ernährung und folg- lich normale Zellteilung geherrscht, die dann auch zur tyjDischen Ausbildung des Palisadengewebes führte. Die Störung der Korre- lationsverhältnisse ist hier also eine begrenzte. Bei Infektion sehr junger Organe oder bei dem Vorhanden- sein zahlreicher Parasiten werden die allgemeinen Korrelations- verhältnisse des Blattes überhaupt aufgehoben und es entstehen dann die blumenkohlartigen Massen, die sich besonders an der Sproßspitze finden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Neubildungen in Form von Emergenzen typische Gallbildungen sind. Die Alchen rufen sie hervor und finden zwischen den Gewebewucherungen Nahrung und Wohnung. Da die Emergenzen auf der Blattoberseite all- mählich in die Adventivblättcben übergehen, müssen auch letztere als Gallbildungen betrachtet werden, obgleich sie nicht in direkten ernährungsphysiologischen Beziehungen zu den Galltieren stehen, da sie keine Parasiten beherbergen. Es ist sogar nicht ausge- schlossen, daß die Adventivblättcben in manchen Fällen nicht unmittelbar von den Alchen hervorgerufen werden, da sie bis- weilen neben einem Bildungsherde frei auf der Blattfläche ent- stehen (Fig. 7). Vielleicht handelt es sich um eine Fernleitung oder Ausdehnung des vorhandenen Bildungsreizes. K. SnelL: Der Transpirationsstrom der Wasserpflanzen. 361 Adventivblättchen können bei Melastomaceen auch aus inneren Ursachen entstehen. MORREN') beschreibt einen solchen Fall, be- gleitet von einer guten Abbildung, an einer nicht bestimmten, üppig im Warmhaus gedeihenden Miconia- Art. Blättchen von typischer Gestalt und Beschaffenheit, aber nur von V20 der Größe des Mutterblattes, hatten sich an den Nerven auf der Blattober- seite gebildet. Nähere Angaben finden sich nicht. Die Ober- seite des Blättchens war auch hier der Oberseite des Mutterblattes zugewendet und die Unterseite des Blättchens nach oben gerichtet. Ein von Parasiten ausgehender Reiz ist hier wohl ausgeschlossen, da die Blätter sonst keine Spur von Mißbildungen trugen; die Ursache dürfte in üppiger Ernährung und günstigen allgemeinen Lebensbedingungen (hohe Temperatur, Feuchtigkeit) zu suchen sein. Ahnliche Mißbildungen beschreibt LEMAIRE '^) für Heferocentron macrodon Triana. 44. K. Snell: Der Transpirationsstrom der Wasser- pflanzen. (Eingegangen am 28. Juni 1912.) In seinen interessanten „Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Druckes in der Pflanze in Hinsicht auf die Wasserleitung" stellt E. HANNIG') fest, „daß im allgemeinen der osmotische Druck in den Wurzelgeweben geringer ist als in den Blattzellen." Obwohl Verf. nicht der Ansicht ist, durch seine Untersuchungen den Beweis erbracht zu haben, daß die wasser- bewegende Kraft in denPflanzen in dem nachgewiesenen osmotischen Gefälle begründet liege, so ist doch die Möglichkeit dieser Be- ziehungen nicht von der Hand zu weisen. Schwierigkeiten in der Theorie scheinen ihm die ganz untergetaucht wachsenden Wasser- pflanzen zu machen, „bei denen kein Transpirationsstrom existiert" und die dennoch keine Ausnahme für den oben angeführten Satz 1) MORREN, Ed., Notices sur l'autophyllogenie ou production des feuilles par les fe\iilles. Bull, de l'Academie des sciences, Bruxelles. 16 (1849), 52. 2) LE31A1RE, Oh., Illustration Horticole. Juli 1860, Mise. 46. 3) Diese Berichte, Bd. XXX, 1912, S. 194—204. 25* 362 K- Snell: Der Transpirationsstrom der Wasserpflanzen. bilden. Xun glaube ich aber 1907 ') nachgewiesen zu haben, daß sowohl die in betracht kommenden untergetauchten, als auch die schwimmenden "Wasserpflanzen sich in bezug auf den Wasserstrom genau wie Landpflanzen verhalten. Ich konnte zeigen, daß eine Aufnahme von Nährstoffen durch die Wurzeln auch bei submersen Wasserpflanzen zu einer normalen Entwicklung notwendig sei. Ich war auch imstande, den aufsteigenden Wasserstrom mit Hilfe einer nachweisbaren Flüssigkeit (Ferrocyankaliumlösung) direkt fest- zustellen. Die HANNIGschen Untersuchungen bieten mir eine weitere indirekte Stütze für meine Ansicht, zeigen sie doch, daß sich die Wasserpflanzen auch in ihren osmotischen Verhältnissen nicht von den Landpflanzen unterscheiden. Selbst für die schwimmende Wasserpflanze Pistia stratiotes, deren Nahrungsauf- nahme durch die Wurzeln ich seinerzeit bewiesen hatte, wurden dieselben Differenzen im osmotischen Druck von Blatt- und Wurzel- zellen festgestellt. Es liegt keinerlei Grund zu der noch vielfach herrschenden Ansicht vor, daß die im Boden wurzelnden unter- getauchten Wasserpflanzen sich von den Landpflanzen dadurch wesentlich unterscheiden, daß sie ihre Nahrung nicht durch die AVurzeln, sondern durch die ganze Oberfläche aufnehmen. Bahtim (Kairo), Botanisches Laboratorium der Khedivialen Landwirtschaftsgesellschaft, Juni 1912. 1) Unters, über die Nahrungsaufnahme der Wasserpflanzen. Flora Bd. 98, Heft 2. Sitzung vom 26. Juli 1912. G. Mylius: Das Polyclerm. 363 Sitzung vom 26. Juli 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Als ordentliches Mitglied wird proklamiert Herr Häuser, Robert, in Saarbrücken. Mitteilungen. 45. G. Mylius: Das Polyderm. (Eingegangen am 7. Juli 1912.) Seit 50 Jahren ist bei Untersuchung des Periderms immer wieder das Augenmerk auf eine eigenartige Erscheinung gerichtet worden, und zwar auf das Vorkommen eines wellig gebogenen, tangential um die Korkzellen des Phelloidkorkes laufenden Ringes. Man fand die Erscheinung in einigen Pflanzengruppen, so vornehm- lich bei den Rosaceen, Myrtaceen, Onotheraceen und Hypericaceen. Manche Autoren meinten, daß darin eine Besonderheit der Korke dieser Pflanzen liege, andere sahen in diesem vermeintlichen Kork ein rudimentäres Aerenchym. Auch wurde hier und da auf eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem CASPARYschen Streifen und dieser Erscheinung hingewiesen. Doch ist von keiner Seite das 'Wesen des betreffenden Gewebes richtig aufgefaßt worden. Ich habe daher auf Veranlassung von Herrn Professor Arthur Meyer in einer demnächst in der Bibliotheka Botanika erscheinenden Arbeit^) in möglichst eingehender "Weise Klarheit in 1) Dr. G. Myhus, Das Polyderm. Eine entwicklungsgeschichtliche Unter- suchung der physiologischen Scheiden Polyderm, Periderm und Endodermis. Arbeit aus dem Botanischen Institut zu Marburg, ausgeführt unter Leitung von Prof. Arthur Meyer. ßer. der deutsehen bot. Ciesellsch. XXX. 26 364 G. Mylius: die Verhältnisse zu bringen gesucht. Dabei stellte sich heraus, daß das genannte Gewebe, für das Herr Prof. MEYER den Namen Polyderm v« rschlug, grundsätzlich nichts mit Kork gemein hat. Als Kardinalpunkte der Charakteristik des Polyderras sind anzu- führen: 1. Das Polyderm ist ein lebendes Gewebe. 2. Die Suberinlamellen führenden Zellen im Polyderm sind Endoderm- Zellen. Des weiteren mag noch folgendes zur Kennzeichnung des Wesens des Polyderms dienen: Polyderm tritt auf in Wurzel und Achsen der Rosoideeu, Neilleen, Hypericaceen, Lythraceen, Me- lastomaceen, Myrtaceen, und zwar als äußerste Schicht des Zentral- zylinders. Es ist ein überaus regelmäßig gebautes Gewebe, das sich zusammensetzt aus Endoderm- und Parenchymzellschichten, die in regelmäßiger Folge miteinander abwechseln. Sämtliche Ge- webeschichten gehören genetisch zueinander. Eine Endodermis ist immer mit der nächstäußeren Parenchymschicht, dem Zwischen- gewebe, gleichzeitig entstanden, und beide bilden zusammen eine Polydermlamelle. Die innerste Polydermlamelle besitzt innerhalb der Endodermis noch eine Initialschicht, aus der nach einiger Zeit die nächstfolgende Polydermlamelle hervorgeht. Dies geschieht in ganz bestimmten und ganz charakteristischen Teilungsfolgen, deren man hauptsächlich zwei zu unterscheiden hat: die centripetale und die B-osoideenteilungsfolge. In dem Maße, wie an der Innenseite des Polyderms Polydermlamellen entstehen, sterben die äußeren ab, so daß eine ständige Erneuerung und Verjüngung des Gewebes stattfindet. Jede Polydermlamelle lebt etwa ein Jahr. Die Ent- wicklung des Polyderms kann entweder unbegrenzt fortgesetzt werden, oder aber nach Anlage einer bestimmten Anzahl von Polydermlamellen wird das Wachstum des Polyderms eingestellt, ein neues in einer tieferen Gewebeschicht gebildet und so fort. Die Polydermendodermen entsprechen physiologisch und mor- phologisch völlig den Wurzelendodermen. Sie können sich bis zum Tertiärstadium entwickeln und auch tertiäre Stützwände bilden. Nur bezüglich ihrer Entstehung zeigen die Polydermen- dodermen die Besonderheit, daß sie sich aus Folge meristem entwickeln, was jedoch auch bei den Zylinderendodermen der be- treffenden Arten vorkommt. Das Zwischengewebe ist meist mehr- schichtig und besitzt Intercellularen. Das ganze Polydermgewebe umfaßt durchschnittlich drei oder zwei Polydermlamellen, je nach- dem die Polydermendodermen Durchlaßzellen führen oder nicht. Die an der Außenseite des Gewebes liegenden toten Lamellen werden sehr bald abgestoßen. Wo dies nicht schnell genug statt- findet, löst sich die Suberinlamelle der toten Endodermzellen ganz M. MÖBIUS: Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenutnis usw. 365 oder teilweise auf. Das tote Polydermgewebe besitzt eine sehr geringe Festigkeit und Elastizität. Polyderm an submersen Pflanzenteilen kann lakunös und so zum Aerench^^m werden. Dabei behalten aber die Endodermzellen unter sich ihren festen und interceilularenfreien Verband, so daß die Endodermen ihre Geschlossenheit und ihren Scheidencharakter wahren, Verwundungen einer Polyderm bildenden Pflanze können durch Polyderm geschlossen werden. Niemals jedoch tritt Wund- periderm an den betreffenden Pflanzenteilen auf. Marburg, Botanisches Institut der Universität. 46. M. Möbius: Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blütenfarbstoffe. (Eingegangen am 15. Juli 1912.) Vor einigen Jahren hat CARL DETTO eine eingehende und sehr interessante Studie über die Bedeutung der Insektenähnlich- keit der 02)hrys-B\\iten veröffentlicht i). Er kommt dabei zu der schon von ROBERT BROWN zuerst geäußerten Ansicht, daß durch diese Ähnlichkeit gewisse Insekten vom Besuch der Blüten abge- schreckt werden sollen. „Die Blüten der Ophrijs apifcra werden von Honigbienen und Hummeln deshalb nicht beflogen, weil sie „den Anschein erwecken", als ob hellrosafarbene Blüten von einem (hummelartigen) Insekte bereits besetzt seien. Die Blüten von 0. aranifera und muscifera wirken auf jene Insekten wie kleine grüne Blüten, in denen sich ein größeres, spinnen- resp. schmetter- lingartiges Tier befindet, oder sie wirken wie von irgendwelchen Tieren besetzte, mit grünen Blättern versehene Stengel, also über- haupt nicht als „Blüten"." Von 0. apifcra ist es seit DARWINs Untersuchungen bekannt, daß sie für Selbstbestäubung eingerichtet ist, von 0. aranifera und muscifera sind die Bestäuber merkwürdigerweise immer noch nicht ermittelt: der Fruchtansatz ist äußerst gering, und es scheint fast, als sollten diese reizenden Blüten von jeder Berührung verschont 1) Flora Bd. 94, 190.5, S. 287. 26* 366 ^- MÖBIUS: gehalten werden. Viel geringer ist die von DKTTO in der gleichen Studie besprochene Insektenähnlichkeit der Mohrenblüte von Daucus Carota. Die weißen Dolden der Mohrrübe mit einer dunkel- braunen Blüte in der Mitte erwecken allerdings den Eindruck, als ob ein kleiner Käfer auf ihnen säße, aber nur von weitem und im ganzen betrachtet, denn die Mohrenblüte selbst hat in der Form keine große Ähnlichkeit mit einem Käfer oder einem Insekt über- haupt. Nach der einen Auffassung soll es sich hierbei um eine Anlockung von Aasfliegen, nach der andern um eine Abschreckung der Weidetiere handeln. DETTO entscheidet sich nicht deutlich für eine von diesen Auffassungen. Das Vorkommen der Insektenähnlichkeit von Blüten ist also noch eine recht rätselhafte Erscheinung und wird es vielleicht noch mehr, wenn man Blüten in Betracht zieht, welche die sie bestäubenden Insekten nachzuahmen scheinen. Einen solchen Fall, auf den man noch gar nicht geachtet zu haben scheint, möchte ich hier beschreiben: er betrifft die Bclphinium-kxten aus dem Verwandtschaftskreis des D. elaium L. Sowohl durch die Farbe als auch die Struktur der Blütenteile scheint mir hier ein Insekt viel vollkommener „nachgeahmt" zu werden, als dies bei den Ojjinys-Arten oder bei Daucus der Fall ist. Als ich im Sommer 1910 im hiesigen Palmengarten vor einer hohen Staude einer Gartenvarietät des Z). hijhridum stand und den die Blüten besuchenden Hummeln zusah, fiel es mir auf, daß die am Eingang der Blütenöffnung stehenden Fetalen ganz so aus- sehen, als ob eine Hummel in die Blüte gekrochen sei, und als ob man den gelbbehaarten Unterleib und das dunkle Brustschild von oben sähe. Wie es sich also bei den Ophrys-Arten hinsichtlich der Insektenähnlichkeit nur um das Labellum resp. die Fetalen handelt, so auch hier nur um die in dem blauen Kelch von außen sicht- baren Teile der Fetalen, deren Bau und Färbung sogleich näher beschrieben werden soll. Insofern aber stimmen beide Fälle über- ein, als die Ähnlichkeit w^irklich da erscheint, wo sich das Insekt auf die Blüte setzt: bei OpJirys bildet das Labellum den Anf lug- platz, und bei Delphinium kriecht das Insekt in die vom Kelch ge- bildete Höhlung. Da, wie schon erwähnt, die Blüten der hier in Betracht kommenden Delpliinium-KxiQn reichlich von Hummeln be- sucht werden, so kann es sich bei ihrer Insektenähnlichkeit jeden- falls nicht um eine Abschreckung der Insekten handeln, viel eher möchte ich darin ein Anlockungsmittel erblicken, indem vielleicht den Hummeln vorgetäuscht werden soll, daß schon andere ihrer Art die Blüten besucht haben, und diese also des Besuches wert Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blütenfarbstoffe. 367 sind, daß sie dann nach anderen noch unbesuchten Blüten des- selben Stockes suchen und sich beim Näherkommen überzeugen, daß die Blüten noch frei sind, ihren Irrtum erkennend. Das „Vielleicht" dieser Erklärung möchte ich aber noch besonders betonen und mich gern bereit erklären, eine bessere anzunehmen. Sehen wir uns nun die Blüte von Delphinium eJatum etwas näher an, besonders in Hinsicht auf die Färbung und Gestalt der Fetalen. Die Farbe des Kelches ist ein helleres oder dunkleres Blau, das auf der Außenseite ins Violette spielt. Die Fetalen dagegen, von denen nur die vier oberen ausgebildet sind, haben eine braune Farbe. Die zwei obersten Fetalen sind bekannt- lich zu Nektarien umgebildet, vollkommen symmetrisch und be- stehen aus einem hinteren, spornförmigen und einen vorderen, blattförmigen Teil. Man könnte sie mit einer spitzen Tüte ver- gleichen, die an dem erweiterten Ende aufgeschlitzt ist, so daß nur das hintere Ende, also V4 des Ganzen, wirklich röhrig gestaltet ist. Die aufgeschlitzte Seite ist bei beiden der Medianlinie zu- gewendet, und ungefähr in der Mitte der Länge ist das Blatt dem Blütenboden aufgewachsen. Von da aus nach vorn und aufwärts ist die Mündung braun gefärbt und zwar so, daß von einem helleren Ton ein allmählicher Übergang zu dem dunkelbraunen des von außen sichtbaren Teils, der am Eingang der Blumenröhre steht, stattfindet. Auch der Sporn ist dunkelbraun gefärbt, und in der Mitte ist die Färbung grünlich. Die seitlichen Fetalen stellen schmale, blattförmige Körper dar, die nach unten und hinten in einen hellgefärbten Stiel verschmälert, vorn breiter und in zwei Zipfel gespalten sind. Der blattförmige und der stiel- förmige Teil stehen ungefähr in einem rechten Winkel gegenein- ander, ersterer abwärts nach vorn, letzterer abwärts nach hinten gerichtet. Der braune Lappen ist auf der Fläche mit gelben und am unteren ßande mit weißen Haaren besetzt. Die zwei Lappen der seitlichen Kronblätter hängen parallel nebeneinander und so dicht, daß sie mit den inneren Bändern etwas übereinander greifen. So bilden die nach oben gerichteten Lappen der oberen Fetalen und die nach unten gerichteten Lappen der seitlichen Fetalen von außen gesehen ein scheinbar einheitliches Gebilde, das wie gesagt, einem Hummelrücken nicht unähnlich ist. Besonders groß ist die Ähnlichkeit mit der auch am häufigsten von mir an der blühenden Fflanze beobachteten Art Bomhus liortorum, deren Vorderleib schwarz mit einem vorderen gelbweißen Rand gefärbt ist, während der Hinterleib auch großenteils braunschwarz ist und weiß endigt, am hinteren Abschnitt aber eine gelbe Quer- 368 ^^- ^iöBius: binde trägt: es entstehen so drei ziemlich gleich breite Quer- streifen am hinteren Ende von gelbor, schwarzer und weißer Farbe. Hat sich die Hummel in die Blüte gesetzt, so ist, wenn sie ihren Kopf in die Höhlung streckt, der vordere gelbliche Band des Vorderleibs wenig oder gar nicht sichtbar, sondern nur der dunkle Teil mit den gelben und weißen Haaren am Hinterleib. Dies wird durch die Fetalen mit ihrer dunkelbraunen Farbe nebst den gelben und weißen Haaren nachgeahmt. Noch besser als bei D. clatum, wo die Fetalen etwas kleiner als der Hummelkörper sind, tritt die Ähnlichkeit bei Arten mit größeren Blumen her- vor und ist geradezu überraschend, wenn man eine tote Hummel in die Blume setzt und diese Blume mit einer unbesetzten vergleicht. Besonders schön zeigen es gewisse Gartenvarietäten. In der Gattung DeJpJdnmm ist die eben geschilderte Ver- teilung der Farben, nämlich braune Fetalen in blauem Kelch ziem- lich verbreitet. Ich habe sie nach Durchsicht des hiesigen Her- bariums bei folgenden Arten gefunden: D. dalmrkum Bess. D. laxlflorum DC. D. Aconiti L. J). altaicum (ohne Autor) D. amoenum Steven. D. anomahim Sp. D. nrceolatnm Jacq. D. dasycarpum Stev. D. exaltatum Ait. D. flexuosnm M. B. D. revolutum Desf. D. infermedium Ait. D. discolor Fisch. J). lilacimtm W. D. pahnatifidum DC. B. luzuUnurn Hort. D. speciosnm M. B. B. montanum DC. D. dictyocarpum DC. D. sulcatum ßeichb. D. triste Fisch, hat nicht nur braune Fetalen sondern auch einen braunen Kelch. Wie schon bekannt, wird die braune Färbung durch den Farbstoff Anthophaein bewirkt'). Bei D. elatum sind die den Farbstoff führenden Epidermiszellen von unregelmäßiger Gestalt und besitzen etwas ineinander gebuchtete seitliche und ziemlich stark vorgewölbte äußere Wände. In dem hinteren Sporn- ende liegen unter der braunen Epidermis noch chlorophyll- führende Zellen, wodurch eine sehr dunkle Färbung dieser Stelle 1) Vgl. meinen Aufsatz über das Anthophaein in diesen Berichten, 1900, Bd. XVIII, S. 346. Auch ARTHUR SCHLOCKOW beschreibt die Braunfärbung von D. hyhridmn in seiner Dissertation S. 32. (Inaug.-Dissertation Heidel- berg 1903.) Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blütenfarbstoffe. 369 hervorgerufen wird. Die grünliche Färbung im mittleren Teil des Petalums beruht auf dem Chlorophyllgehalt der snbepidermalen Schichten. Besonders eigentümlich ist die Ursache der gelben Farbe der Haare, denn sie wird weder durch Anthoxanthin noch durch gelben Zellsaft erzeugt, sondern die äußerste Schicht der dicken Wandung ist es, an welche die Farbe gebunden ist, wie man schon beim Einstellen auf den optischen Längsschnitt, noch besser an einem Durchschnitt des Haares sieht. Diese Schicht hebt sich zu- gleich in vielen kleinen Falten von der dickeren, inneren Schicht ab und bewirkt dadurch die höckerig-rauhe Beschaffenheit der Außenseite des Haares. Dieses ist immer einzellig, 15 bis 20 mal so lang als breit, oben zugespitzt, unten mit schwach ver- breiterter Basis der Epidermis eingefügt und mit körnigem Inhalt versehen. Die Haare der Hummel sind bei ungefähr gleicher Länge viel dünner und außen mit zahlreichen feinen, auf- wärts gerichteten Stacheln besetzt. Ich will aber nicht auf die Insektenähnlichkeit der Kronblätter von Ddphinium zurückkommen, sondern im Anschluß an die Beschreibung ihrer Struktur und Färbung einige Bemerkungen über das Anthophaein und die braune Farbe der Blüten hinzufügen. Den Namen Anthophaein habe ich in einem oben citierten Aufsatz (1900) für den schon früher bekannten, im Zellsaft ge- lösten, braunen Farbstoff der Blüten eingeführt, wobei ich zugleich eine Anzahl chemischer und optischer Eigenschaften für ihn an- gegeben habe. SCHLOCKOW hat dann in seiner ebenfalls schon citierten Dissertation noch als besondere Kennzeichen des Antho- phaeins angeführt, daß die Farbe unverändert bleibt, wenn die Blüte einige Tage in Alkohol gelegt wird, und wenn der Farb- stoff sich, bei mikrochemischer Reaktion auf dem Objektträger, als unlöslich in verdünnter Schwefelsäure erweist. Er soll dadurch von andern ebenfalls im Zellsaft gelösten braunen oder schwärz- lichen Farbstoffen unterschieden werden. Dafür gibt SCHLOCKOW eigentlich nur ein Beispiel an, nämlich im Labellum der Orchidee Tricliosma suavis. Hier sind die Zellen des braungefärbten Teils mit „gelbem, rotbraunem, braunem, seltener hellviolettem" Safte erfüllt, der sich als Anthocyan erweist. Meiner Ansicht nach würde man also hier schon an dem anderen Farbenton erkennen, daß es sich nicht um Anthophaein handelt. Die schwarzen Flecke am Grund der Fetalen von Papaver Orientale kommen vollends gar 370 M. MÖBIUS: nicht in Frage. Xaclidem ich zuerst auf das Vorkommen von Anthophaein bei einer Orchidee, Coclofj//ne Masstmgemia, hin- gewiesen hatte, ist dann von SCHLOCKOW gezeigt worden,, daß unter den Orchideen nur die irrten aus der Unterfamilie der Coelogyninae in ihren Blüten Anthophaein führen, hier aber mit Ausnahme von Pholidoia imhricita alle untersuchten Arten. Er führt außer C. Ifaiissangeana sieben Arten von Coelogyne, Phnlidofa (üiicnlatd und Flatyrlinis glumacea an. Nicht in der Blüte, wohl aber in den Brakteen und in einzelnen Zellen des rötlichbraunen Fruchtknotens y-on MaxiJl arm Sander iana habe ich auch Anthophaein gefunden, was insofern vielleicht bemerkenswert ist, als nach dem PFITZERschen S^'stem die Maxilhtriinae von den Coelogyninae weit entfernt sind. Auch in den Brakteen von Asßhodelus albus enthalten die Epidermiszellen der Außenseite Anthophaein und bewirken da- durch die erst bräunliche, nachher braunschwarze Farbe dieser Blätter. Für Blüten kann ich den früher angegebenen keinen neuen Fall hinzufügen. Wenn also auch das Vorkommen des Anthophaeins nicht häufig und wie es scheint auf eine Reihe von Arten gewisser Gattungen (besonders Delphmmm und Coelogyne) beschränkt ist, so stellt es doch, auch wenn es, wie SOHLOOKOW angibt, aus Chloro- phyll entstanden ist, einen wohl charakterisierten Farbstoff dar. Er hätte also wohl ebenso gut wie Anthocyan und Anthoxanthin in dem großen biochemischen Lexikon von ABDERHALDEN auf- genommen werden sollen. Ferner ist sowohl mein Aufsatz wie auch die Dissertation von SCHLOCKOW gänzlich übersehen worden von F. und S. EXNER, die 1910 eine recht interessante Abhand- lungi) über die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbungen herausgegeben haben. Dem Schwarz der Blüten wird darin ein besonderes Kapitel gewidmet, an einer anderen Stelle aber sagt S. EXNER: „Ein Pigment, das, wie etwa Tusche, alle Farben des Spektrums gleichmäßig absorbiert, habe ich in der Pflanzenwelt nicht gefunden", und fügt in einer Fußnote hinzu „Professor V. Wettstein teilte mir mündlich mit, daß ein solches bei Vicia Faha vorkomme". Beides ist nicht ganz richtig, denn ein wirk- liches Schwarz kommt in der Pflanzenwelt an Samenschalen vor, und das F/aa-Schwarz ist nur ein scheinbares Schwarz, in Wirklich- keit ein dunkles Braun, wie schw^arze Färbung in andern Fällen, zum Beispiel bei dunklen Gartenstiefmütterchen „bloß durch sehr kon- 1) Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien. Math.-nat. Kl. Bd. CXIX, Abt. I, S. 191. Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blütenfarbstoffe. 371 zentrierte Anthokyanlösung zustande kommt". Von Braun kennen die Verf. nur das, welches durch die Kombination von Anthocyan mit Anthoxanthin oder Chlorophyll entsteht und eine sog. Sub- traktionsfarbe darstellt: z. B. bei Gentiana pannonica und Atropa Belladonna '). Unter Subtraktionsfarben werden aber hier nach dem Vorgange von HELMHOLTZ solche verstanden, die aus zwei übereinandergelagerten Farben entstehen, von denen jede einen Anteil des einfallenden weißen Lichtes absorbiert: „was von dem Spektrum noch als ßest bleibt, ist durch seine Wellenlängen und durch seine Intensität bestimmend für den Farbeneindruck, den es auf unser Auge macht." Jetzt möchte ich noch einige Worte über die Färbung der gelben üanunculus-^XntQn sagen, denn auch in diesem Punkt haben die Herren EXNER vollständig übersehen, daß ich bereits im Jahre 1885 gleichzeitig mit SüHFMPER eine sehr eingehende Darstellung von der Ursache des Fettglanzes gegeben habe-). Nach erneuter Untersuchung des Gegenstandes in diesem Jahre finde ich an meiner früheren Darstellung nichts zu ändern, jedoch möge ihr noch einiges hinzugefügt werden. Die neu untersuchten Arten verhalten sich ganz wie die früher beschriebene R. Ficaria. Bei R. acer ist die Oberseite des Kronblattes vom oberen Rande aus auf etwa 2/3 der Länge fettglänzend. Die Grenzlinie des glän- zenden und nicht glänzenden Teils verläuft im Zickzack, und zwar folgen die aufwärts gerichteten Zacken den das Blatt durchziehenden Hauptnerven, während die nach unten gerich- teten zwischen den Nerven liegen. An der völlig geöffneten Blüte fand ich die Epidermiszellen der glänzenden Stelle mit dem gelben, ölartigen Saft gleichmäßig erfüllt. Dieser entsteht offenbar aus Anthoxanthinkörnern und zwar erst, wenn sich die Blüte ganz öffnet. An einem noch nicht ausgewachsenen Kronblatt der Knospe fand ich in den später ölhaltigen Zellen eine gelbe, kör- 1) Hierher gehört wohl auch die bräunliche Färbung bei Orobanche- Arten, von denen ich in meinem, ersten Aufsatz gesagt hatte, sie seien auf das Vorkommen von Anthophaein zu prüfen. Bei 0. speciosa und rubens findet sich in der Epidermis des Stengels Anthocyan, und die Rindenzellen ent- halten körnige Bestandteile, die wohl als desorganisierte Ohlorophyllkörner aufzufassen sind. Bei 0. ramosa wird die braungelbe Farbe des Stengels durch ähnliche Körnchen in der Rinde und durch Antho.-canthin in der Epidermis bewirkt. Die Blüten von 0. rubens werden erst beim Vertrocknen braun, was natürlich nicht auf besonderen Blütenfarbstoffen beruht. 2) Bot. Gentralblatt, 1885, Bd. XXffl, Nr. 29/30. ;-i72 ^^ MöBius: nige Masse, dein Anthoxanthin ähnlich. In der darunter liegenden Schicht war schon ziemlich viel Stärke angehäuft, aber in einer halb so langen Knospe fehlte diese noch. Selbst an einer Knospe, die gerade am Aufbrechen ist, fehlt noch der Fettglanz: er er- scheint erst am nächsten Tage an der ganz entfalteten Blüte. Es lag nun der Gedanke nahe, daß die Olbildung eine Wirkung des Sonnenlichts sei, im Dunkeln also nicht eintreten werde') Als ich jedoch Knospen an abgeschnittenen und ins Wasser gestellten Stengeln ins Dunkle brachte, wo sich die Blütenstielo unter Etiolement verlängerten, entfalteten sich die Blüten mit normalem Fettglanz. Immerhin verfährt die Natur mit dessen Ausbildung so sparsam, daß er auf der Oberseite des Blumenblattes nur so weit reicht, als das Blatt an der Basis nicht durch die Staub- gefäße verdeckt wird, und daß er auf der Unterseite ganz fehlt. Die Sparsamkeit ist aber offenbar bedingt durch die Menge von Stärke, die zur Hervorbringung des Fettglanzes erforderlich ist, indem die Stärkeschicht das sog. Tapetum (EXNER) oder den Be- lag des Spiegels, nach meiner früheren Erklärung, liefert. Genau wie JR. acer verhält sich R. repens, ferner R. hulbosus, bei dem der glänzende Teil auf der Oberseite etwas weiter nach unten geht, so daß über dem Nektarium nur ein kleiner glanz- loser Teil bleibt. Auch R. flammula und Lingua zeigen äußerlich betrachtet dieselben Verhältnisse wie R. acer. Überhaupt scheint mir, daß alle gelbblühenden Ranuncnlus-Kvten den Fettglanz be- sitzen. Da er sich auch an den getrockneten Blüten noch be- merken läßt, so habe ich daraufhin das hiesige Herbarium durch- gesehen und ihn in allen solchen Arten konstatieren können, mit Ausnahme von R. asiaticus und sulphurens, bei denen es mir zweifel- haft erschien, bei letzterer Art auch schon des Beinamens wegen. Von weißblühenden Arten habe ich R. aqiiafilis frisch untersucht: hier ist der bei R. acer gelbglänze ade Teil weiß, entbehrt also des Farbstoffs und der Stärkeschicht, während' der basale Teil eben- falls durch Anthoxanthin in der Epidermis gelb gefärbt wird. Andererseits habe ich keine einzige Blüte gefunden, die einen solchen gelben Fettglanz zeigt wie Ranunculuf<. Es ist also nicht ganz korrekt, wenn S. EXNER sagt, daß die Blüten von Galtha palustris und TroUius enropaeits denen von R. acer „im optischen Eindruck sehr ähnlich" sind, vielmehr unterscheiden sie sich sofort 1) Hugo Fischer hat zwar bereits nachgewiesen, daß Banuncidns acer auch im Dunkeln seine gelbe Farbe bekommt, sagt aber nichts über den Fettglanz. (Über ßelichtang und Blütenfarbe, in Flora, Bd. 98, S. 380—386.) Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blütenfarbstoffe. 373 durch das matte, wenn auch gesättigte Gelb. Bei CaltJia ist das Bhimenblatt auf der Ober- und Unterseite eigelb und zwar gleich- mäßig von der Spitze bis zur Basis, die Oberseite ist etwas inten- siver gefärbt als die Unterseite, was leicht aus dem verschiedenen anatomischen Bau verständlich wird. Denn auf der Oberseite sind die Epidermiszellen von oben gesehen polygonal, etwas längs- gestreckt und papillenförmig ausgezogen, die zahlreichen Authoxan- thinkörner liegen der inneren Wand an und fehlen in dem pa- pillösen Teil der Zelle. Auf der Unterseite, die im Gegensatz zur oberen zahlreiche Spaltöffnungen besitzt, haben die Zellen stark zackig ineinandergreifende Wände und sind flach, nicht zu Pa- pillen ausgezogen, sie sind ebenfalls reich an Anthoxanthin. Bei TroVius sind die beiden Seiten gleichmäßig gefärbt und demgemäß im anatomischen Bau kaum verschieden: die Zellen sind polygonal, etwas längsgestreckt, wenig nach außen gewölbt und reich an An- thoxanthin; nur auf der Unterseite finden sich Spaltöffnungen und Keulenhaare. Man könnte also wohl in systematischer Hinsicht sagen, daß eine gelbe Blüte mit Fettglanz einer Art der Gattung Rammcidiis angehören muß. Einer genaueren chemischen und optischen Untersuchung des flüssigen gelben Farbstoffs von Manunculus steht die Schwierigkeit entgegen, ihn rein, ohne Beimengung von körnigem Anthoxanthin zu gewinnen, welche Schwierigkeit sich eben aus den geschilderten anatomischen Verhältnissen ergibt. Wenn freilich der ölartige Stoff aus Anthoxanthin entsteht, so ist kaum anzunehmen, daß er von ihm in den chemischen und optischen Eigenschaften wesent- lich verschieden ist, und die Untersuchung von TSCHIRüH spricht für diese Annahme. Denn dieser Autor hat den Extrakt der Blumenblätter von B. acer kapillaranalytisch und spektroskopisch untersucht und dabei offenbar einen einheitlichen Körper vor sich gehabt^). Er findet ihn am .meisten übereinstimmend mit dem von „N. pseudopoeticus" . Beide Farbstoffe zeigen spektroskopisch drei Bänder und ein viertes bei h-H, sie bilden die erste Untergruppe in der Xanthocarotin-Gruppe. Offenbar ist dieser Farbstoff verschieden von HxA.NSENs'^) Anthochlor, das wiederum dem im Zellsaft gelösten Farbstoff der ^Ifrtc/a-Blüten nahe verwandt ist. Ich habe den Farbstoff in 1) Vgl. diese Berichte, 1904, Bd. XXII, S. 414—438, N. pscudopoeiicus (= N. poeticus) ist übrigens wohl nur ein Schreibfehler für N. pseudonarcissus. 2) Die Farbstoffe der Blüten und Früchte. (Verh. d. Würzburger phys. med. Ges. N. F., Bd. XVIII. 1884.) 374 ^I- MüBlUS: größerer Menge ans Acacia dealhata gewonnen, indem ich die ab- gepflückten Blütenköpfchen mit 96proz. Alkohol übergoß, drei Tage stehen ließ und dann abf iltrie rte. So gewann ich eine schöne dunkelgelbe Lösung, die folgende chemische Reaktionen zeigte: Wenn die Lösung mit dem gleichen Volumen destillierten "Wassers vermischt wird, entsteht eine Trübung und ein weißlicher Nieder- schlag. Ebenso wird die Farbe heller und es entsteht Trübung bei Zusatz von Salpeter- oder Schwefelsäure, und am nächsten Tag ist ein voluminöser weißer Niederschlag ausgeschieden. Bei Zusatz von Ammoniak verfärbt sich die Lösung in Braungelb und gibt einen Niederschlag. Einige Tropfen Kalilauge lassen sofort einen dicken gelbbraunen Niederschlag entstehen und färben die Lösung dunkler. Das Acaciengelb verhält sich also chemisch ganz ähnlich wie das von HANSEN aus Zitronenschalen gewonnene Anthochlor und gleicht ihm spektroskopisch auch insofern, als es eine diffuse Absorption des blauen Feldes zeigt. Ein undeutliches Band im Rot ist wahrscheinlich auf Beimischung von Chlorophyll zurück- zuführen, denn es wurden ja zum Extrakt die ganzen Blüten- köpfchen mit den Stielen benutzt. Gelben Zellsaft fand ich auch bei der Orchidee Ada auranüaca. Die Blüte fiel mir im hiesigen Palmengarten durch ihre intensiv gelbrote Färbung auf, und da man mir freundlichst ein Exemplar überließ, untersuchte ich sie mikroskopisch. Ich war erstaunt hier das Umgekehrte des gewöhnlichen Verhaltens zu finden. Denn während sonst das Gelbrot durch Kombination von rotem An- thocyan mit Anthoxanthin entsteht, ist hier der gelbe Farbstoff in Lösung vorhanden, und der rote in Gestalt von Körnchen. Ferner ist bemerkenswert, daß nicht nur die Epidermis der Ober- und Unterseite die beiden Farbstoffe enthält, sondern auch die Schichten des Mesophyllgewebes sie in ihren Zellen führen. Die roten Körperchen sind von unregelmäßiger, eckiger bis rundlicher Ge- stalt, w^enn auch nicht so variabel wie die im Fruchtfleisch der Hagebutte oder von Crataegus coccinea (nach der Abbildung von Strasburger im großen Praktikum, 4. Aufl., S. 133). Daß auch in Blütenblättern rote Farbstoffkörner vorkommen, wissen wir schon durch STRASBURGER (1. c), der es für Lilium croceiim und Ädonis flammeus angibt. Schließhch möchte ich noch auf eine Eigentümhchkeit des roten Farbstoffs hinweisen, der sich in den Blüten der Portula- Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blütenfarbstoffe. 375 cacee Calandrinia umhellata findet'). Taucht man nämlich die frischen, carminroten Blüten in Wasser, so färbt sich dieses so- gleich rot. Worauf aber diese Eigenschaft des Farbstoffs beruht, so leicht in Wasser auszutreten, ließ sich nicht ermitteln. Bei der mikroskopischen Untersuchung gleicht er dem gewöhnlichen An- thocyan, indem die Zellen der Epidermis und des Mesophylls, die letzteren schwächer, roten Zellsaft enthalten. Dieser gibt auch die chemischen Reaktionen des Anthocyans: er wird durch Ammoniak- wasser intensiv blau, durch Kalilauge unter Zersetzung gelb ge- färbt. Das Merkwürdige ist also der leichte Austritt der Farbe in Wasser aus der lebenden Zelle, wodurch die Blüten bei an- dauerndem Regen ausgewaschen werden müßten, wenn nicht eine Regeneration stattfände. Dies Verhalten erinnert einigermaßen an das der roten Federn der Turako-Arten {Gorythaix), denn man kann beim lebenden Vogel ^an den roten Flügelfedern die Farbe mit Wasser abwaschen, und wenn der Vogel sich badet, färbt sich das Wasser rot. In dem Turacin genannten Farbstoff sind 5 — 8 pCt. Kupfer nachgewiesen^). Auch diese letzte Angabe dürfte zu der Erkenntnis beitragen, die übrigens jetzt immer mehr Geltung gewinnt, daß die Farbstoffe der Blüten viel mannigfaltiger sind, als man früher angenommen hatte. Die Farben der Pflanzen sind sowohl für die morpholo- gische als auch chemische und physikalische Untersuchung ein Gegenstand, der unser volles Interesse verdient. In letzterwähnter Hinsicht möchte ich die Aufmerksamkeit der Botaniker besonders auf die mehrfach erwähnte Abhandlung von F. und S. EXNER lenken, wenn ich mich auch mit ihrer Unterscheidung der Addi- tions- und Subtraktionsfarben in ihrer Auffassung nicht ganz ein- verstanden erklären kann. Die bunten Figuren, die eigentlich diesem Aufsatz beigegeben werden sollten, und die in der Sitzung der Gesellschaft vorgelegt wurden, hofft Verf. noch an anderer Stelle veröffentlichen zu können. Frankfurt a. M., Juli 1912. 1) Die ebenfalls rotbl übenden Arten C Menziesii und compressa zeigen merkwürdigerweise jene Eigentümlichkeit nicht. 2) Vgl. Brehms Tierleben, 4. Aufl., 1911, Bd. VII, S. 472. 376 H. CHRIST: 47. H. Christ: Die Ansichten des Silvio Boccone über {(ünstiiche Befruchtung von Kulturpflanzen 1697. (Mit 1 Abb. im Text.) (Eingegangen am 16. Juli 1912.) Das reizende Buch unseres so rasch abgerufenen genialen Strasburger, das ich immer wieder vor mich nehme, wenn mich die, im Greisenalter mehr unterdrückte als gestillte Wanderlust anwandelt: „Streifzüge an der Riviera, II. Aufl., 1904", enthält die anschauliche und lichtvolle Darstellung alles dessen, was wir vom Caprificus und dessen Funktion wissen, und berührt auch die künstliche Bestäubung der Dattel. Über dieselben Dinge verbreitet sich ein wenig bekannter, absonderlicher Autor des ausgehenden 17. Jahrhunderts, der Sizi- lianer SILVIO BOCCONE, in dem Quartband, den Hunderte von Pflanzenbildern — soll ich sagen zieren? denn sie sind zum Teil so abstrus wie der Text, der ein unverdauliches Ragout von guter Beobachtung und Phantasterei bildet. Ein ganz abenteuerliches Frontispiz steht am Anfang des Werkes, den Plan der Stadt Panormus, zwei Säulen aus der dortigen Kathedrale, die Ginseng- Wurzel und ein seltenes Marruhium, endlich, über dem allem, die heilige ROSALIA mit der Beischrift zeigend: S. ßosalia et abdita juvat. Der Titel lautet: Museo di piante rare della Sicilia, Malta, Corsica, Italia, Piemonte e Germania, dedicata ad alcuni nobili patritii veneti etc. etc., di Don Paolo Boccone Gentilhuomo di Palermo, botanico del Serenissimo Gran Duca di Toscana, Collega dell' Accademia Caesarea Leopoldina Naturae curiosorum, ed al presente Don Silvio Boccone, Monaco del Sacro ordine Cisterciense della provincia di Sicilia. In Venetia 1697. Per Jo. Baptista Zuccato, Con Licenza de'Superiori. Dann folgt ein prächtig gestochenes Porträt des Autors in seinem 94. Jahre: Das Gesicht eines dunklen, spintisierenden, glatt geschorenen und nur mäßig ernährten Mönches ; denn zu einem Die Ansichten des Silvio Boccone über künstliche usw. 377 solchen ist ja, wie das Titelblatt besagt, der ursprüngliche DON Paolo ausgewachsen. Nach einer von Komplimenten triefenden Vorrede an seine venetianischen Gönner und zwei, von den Herren F. VlALT und B. Sarella an Boccone gerichteten sehr niedlichen Gedichten kommt er zur Sache, welche auf Abbildung und höchst fragmenta- ^ > , y — < — _j_J/ . » »-\ i ,# , '. # Ä iJ 3' pi "^Pi/ni'ftniir KjiK*^ Abb, 1. rische Beschreibung einer sehr großen Zahl südeuropäischer und alpiner Seltenheiten, untermischt mit Abhandlungen meist pharma- zeutischen Inhalts, hinausläuft, in denen der Autor einer noch stark scholastisch angehauchten Naturphilosophie nur zu oft den Zügel läßt. Das ist wohl spezifisch sizilisch oder individuell, denn gegenüber der soliden und sachlichen Arbeit der Botaniker des 16. Jahrhunderts: namentlich eines CLUSIUS, sind hundert Jahre 378 -ü- Christ: später solch nebelhafte Theorien sonst unbegreiflich. Trotzdem oder eben deshalb zieht dieser fabelhafte BOCCONE den Leser ent- schieden in seinen Bannkreis. Das Buch hat ca. 200 Seiten und 136 Kupfertafeln, jede mit mehreren, oft dicht ineinander gedrängten Abbildungen, die zum Teil sehr gut (z. B. Tab. I Salix herhacea, S. retusa, ÄlchemiUa pentaphßJea, Veronica alpina, alle vom Kleinen Mont Cenis), zum Teil fast unkenntlich sind. Mit den Diagnosen macht sich der Autor v\'enig Mühe. Er sagt hierüber S. 19: „Ich ließ die neuen Formen, die ich sah, zeichnen und stechen, und die Unterschiede und die Benennung meiner Pflanzen ersetzen eine lange und mühselige Beschreibung, da ich bei meinem hohen Alter weder Zeit noch Gesundheit habe, um mir größere Anstrengungen zuzumuten. Des- halb bemühe ich mich sehr, in fünf oder sechs Worten die Teile und Merkmale zu umschreiben, welche die Unterschiede der Arten bezeichnen." Damit rechtfertigt BOCCONE seine, stets aus einer Anzahl von Adjektiven bestehende Terminologie. Auf Taf. 53 ist eine gute Abbildung der Asalea procwmhens vom Kleinen Mont Cenis, unter dem Namen Ghamaerhododendron . Im Test schreibt darüber BOCCONE: „Diese Pflanze ist durch Unachtsamkeit des Kupferstechers meiner Absicht entgegen auf diese Tafel gezeichnet worden, da ich bereits wußte, daß sie von LOBEL beschrieben und von OASP. BaUHIN" in seiner Historia generalis abgebildet ist." Weshalb er das Folypodinm majus viferbiense (P. vulgare) zwei- mal (Taf. 47 und 48) abbildet, sagt er uns nicht: wahrscheinlich ist auch der Stecher daran schuld. Das Buch ist in 12 Dekaden (sie) eingeteilt, jede einem hochmögenden Nobile gewidmet; gegen das Ende sind mehrfache Abhandlungen: eine lateinische des Londoner Arztes AbeRCROMBIE über die Diagnose der Simplicia durch den Geschmackssinn, und eine ebensolche BOCCONEs als Appendix zum Liber de plantis von CAESALPINUS eingeschoben. Auf Seite 61 ist ein Brief an Monsieur JOSEPH TURNEFORTIUS, der 17 latei- nische Thesen de Generationo plantarum enthält. Sonst ist der Text in einem gespreizten, weitläufig ausholendem Italienisch von oft drolliger Orthographie. Übrigens haben mehrere spätere Botaniker unsern BOCCONE ernst genommen, und von ihm abgebildete Pflanzen als neue Arten anerkannt, auch mit seinem Namen belegt: so ALLIONI, welcher als Artemisia JBoeconi die von diesem Absynthium pmnüum (Taf. 71) genannte Art beschrieb. Es ist die Artemisia spicaia Wulf. Ferner Die Ansichten des Silvio Boccone über künstliche usw. 379 A. P. De CANDOLLE, der eines der von BOOOONE abgebildeten Galium als G. Bocconi aufstellte. Bekannt auch ist die amerikanische Papaveracee Bocconia, LlNNE Philosoph. Bot. 1751, Seite 31, wo auch Seite 3 BOCOO mit der Jahreszahl 1668 als Phytologus aufgezählt ist. Doch ich gebe nun unserm Autor das Wort, soweit er sich über die künstliche Befruchtung der drei einhäusigen Kulturpflanzen Pistazie, Feige nnd Dattel äußert (S. 139 — 141) und übersetze so gut als möglich seinen holperigen italienischen Stil: Pistacium mas, Siculum, folio nigricante. „Im Museo di Fisica e di Esperienze (einem mir unbekannten "Werk BOCCONEs) ist diese Art von Pistazien auf S. 282 beschrieben und ihre Geschichte erwähnt, welcher ich beifüge, daß dieser Baum keine eßbare Frucht trägt, sondern an sich unfruchtbar ist, wenn er nicht durch die weibliche (sie!) Pistazie befruchtet wird. Dann aber muß ich hier unter Bezugnahme auf meine Abbildung (Tab. 93 Pistacium mas) jene ganze Beobachtung 44 (jedenfalls den Artikel im genannten Museo) wiedergeben, zur Aufklärung der Botaniker, und um einige begangene Irrtümer zu berichtigen, denn zuweilen ändert diese männliche Pistazie ab, indem sie an Blättern 4 Lobi hervorbringt, aber nicht regelmäßig. Im Pinax des CASPAR BAUHIN finde ich nur eine Art Pistazie, und weil ich in Sacca und Agrigent zweierlei verschiedene Pistazienbäume fand, die von den Bauern als männliche und weib- liche unterschieden werden, habe ich es für eben so unterhaltend als passend befunden, folgende Notizen beizufügen. Bei der männlichen Pistazie sind die Blätter kleiner, etwas länglich, stumpf, oft regelmäßig in 3 Lobi von schwärzlichem Grün geteilt, und die Blüten rispig, zahlreich. Aber zuweilen ändert sie mit 4 Lobi. Die der weiblichen Pistazie sind hellgrün, größer, härter, rundlicher und regelmäßig mit 5 Lobi, mit traubiger und lockerer Blüte. Da die männlichen und weiblichen Pistazien weit auseinander stehen, pflegt man in Sizilien diese Baumart in folgender Weise zu befruchten und tragbar zu machen (fecondare ed ingravidare) : man wartet, bis die weibliche Pistazie ihre Blüten geöffnet hat, und dann nimmt man von den Asten der männlichen Pistazie Blüten in Knospe, so viel man will, die am Aufblühen sind, tut sie in ein Gefäß, umgibt sie mit Erde, befeuchtet diese mit Wasser, hängt das Gefäß mit den Blüten der männlichen Pistazie an einen Ast einer weiblichen Pistazie, und läßt es da, bis die Blüten oder Ber. der deutschen bot. Gesellsoh. XXX. 27 380 H. Christ: Knospen trocknen, damit der Staub von den 'welken Blüten in Bewegung kommt und durch den Dienst des Windes durch alle Stämme der weiblichen Pistazien getragen wird, und auf diesem Wege jede einzelne Schote (Guscio) der weiblichen Pistazie sich anfüllt und tragbar gemacht wird, vorausgesetzt, daß die Entfernung eine angemessene sei. Dieses Verfahren nennen die Bauern des Bezirks Agrigento türkisieren (turchiarare) und die Früchte bezeichnen sie als Fastuchi. Die männliche Pistazie blüht vor der weiblichen. Andere, welche sich diese Mühe nicht geben wollen, oder die viele weib- liche Pistazien haben, sammeln die Blüten und Blütenknospen der männlichen und tun sie in ein Säckchen zum Trocknen, und wenn die weibliche ihre Blüten öffnet, so werfen und verstreuen die Leute darauf von dem Staube, der im Säckchen ist. Und es ist nötig, die Blüten der männlichen Pistazie zu nehmen, während sie noch geschlossen sind, denn sobald sie offen und reif sind, so streuen sie ihren Staub aus, der zitronfarbig ist. Die Leichtgläubigkeit oder Einfalt der Bauern bringt sie auf die lächerlichsten Handlungen, indem einige von ihnen in die Stämme und Äste der weiblichen Pistazie Einschnitte machen und in den Einschnitt oder die Wunde etwas von dem Staube der männlichen Pistazie einfüllen, wenn die weibliche zu sprossen be- ginnt, gleich als ob sie alsdann zu empfangen und den fruchtbringen- den Samen aufzunehmen willig wäre. Es wurde beobachtet, daß jedesmal, wenn die männliche Pistazie sproßt und die welke Blüte eintrocknend den Staub fahren ließ, ehe die weibliche Pistazie auszuschlagen begann, alsdann auch diese nicht befruchtet wird. Um nun die Ernte der Fastuchi nicht einzubüßen, verschafft man sich den Staub vorher, und streut ihn dann auf die Äste umher, und so dient er gleich dem Samen selbst. Es kommt vor, wo viele männliche und weibliche Pistazien nahe beisammen im Felde stehen, man nicht nötig hat, eine der erwähnten Geschäfte zu verrichten, weil der Wind an sich schon letztern den erforderlichen Samen zuführt. Einige, welche Aste der männlichen Pistazie bei der Hand haben, die bereits etwas trocken oder im Welken sind, streuen, um ihre Pistazienernte zu sichern, mit eigenen Händen den Staub, der in den Blüten der männlichen Pistazie ist, auf das Weibchen, und zwar durch ganz Sizilien. Zum Beweise ihres Vertrauens in diesen Befruchtungsakt und ihrer Gewißheit des Erfolges verweisen die Bauern -auf die Die Ansichten des Silvio Boccone über künstliche usw. 381 Erfahrung, daß wenn die Bestäubung erfolgt ist, zuweilen die Früchte sich so mit Kernen anfüllen, und so reichlich empfangen haben, daß sie platzen und den Inhalt sehen lassen, den sie nicht in ihrem Schoß zusammenhalten können. Andere, welche dem Bedürfnis nach der Befruchtung mög- lichst zuvorkommen wollen, stecken oder befestigen auf den weib- lichen Baum an passendem Ort einen Zweig des männlichen und ersparen sich die Mühe, den Staub zu säen oder auszustreuen; wie auch alle jene die Arbeit vermeiden, welche einige blühende Zweige der männlichen Pistazie mitten unter eine entsprechende Zahl von weiblichen Pistazien anbringen, welche im Lauf der Tage den erforderlichen fruchtbaren Staub durch die Bewegung des Windes den weiblichen Blütenspitzen (Apici del fiore = Narben) ver- mitteln." Dieser Darstellung des Sachverhalts, in welcher im Eingang einmal offenbar lapsu calami weiblich statt des allein richtigen und ohne Zweifel auch von BOCOONE gemeinten männlich ge- braucht ist, reiht er nun seine erklärende Theorie in folgender Weise an: „Wie wir nun sehen, daß einige Ausflüsse (effluvii) der Erde den Pflanzen schaden, so können wir auch begreifen und zugeben, daß die Teilchen der Spitzen der männlichen Blüten der Pistazie infolge ihres Olgehalts (Oleositä) fähig sind, die weibliche Pista- zie zu befeuchten, zu benetzen und fruchtbar zu machen, selbst wenn es Beispiele gibt, daß in Italien ohne Beihilfe männlicher Pistazien die weibliche zuweilen, aber nicht regelmäßig alle Jahre, reife Früchte gebracht hat. Wir antworten, daß die Natur in diesem Falle höhere, uns unbekannte Mittel hat, die Befruchtung dennoch auszuführen, und mit andern Ausflüssen und befruchten- den Teilchen zu Hilfe kommt. Eine ähnliche Notwendigkeit wird von den ägyptischen Palmen berichtet, aber alles hängt vom Experiment (Esperienza) ab. In Sizilien, Chios, Candia und im Archipel haben wir be- ständig und allgemein das folgende Experiment vor uns: Eine Art Feigen, statt reife und eßbare Früchte zu erzeugen, bringt die unreifen Feigen -nur zu einem gewissen Punkt und läßt sie dann fallen. Diesen Fall oder Krankheit bezeichnen die Bauern mit dem Ausdruck: „die Feigenbäume leiden durch Hitze oder von Scirocco" (scaldano o sciroccano), gleich als ob der Südwind ihnen ihre Kraft entzogen oder sie verbrannt hätte. Indes kommen sie dem Schaden zuvor, indem sie eine kleine Reihe von unreifen Früchten wilder Feigenbäume, die an eine Binse angefädelt sind, 27* 382 H. Christ: an die zahmen Bäume befestigen, welche sich zu „erhitzen oder zu sciroccisieren" pflegen. Durch diese Vorsicht wird der Feigen- baum fruchtbar, und ohne diese reift er die Früchte nicht. Aber in Sizilien sehe ich, daß nicht bei jeder Feigensorte diese Arbeit getan wird, und ich glaube, daß es besondere Feigenarten gibt, welche schwächlich sind und der Gegenwart einiger unreifer an- gefädelter Feigen bedürfen, die in sizilischer Sprache Scattioli heißen. Wer sich von den Kräften der Ausflüsse zu überzeugen wünscht, hat bloß das Büchlein La physique occulte von R. P. N. zu lesen, in welchem dieser Autor verschiedentliche Erscheinungen, bejahende oder doch wahrscheinliche, finden wird, zum Beweise, daß viele Wirkungen ihre Urachen in Effluvien haben, die von einigen Körpern auch in die Ferne ausgehen. So gut wir Pflanzen sehen, die aus der Ferne andere Pflanzen durch die Kraft ihrer Ausflüsse töten, können war auch glauben, daß durch wohltätige und homogene Ausflüsse der Eindruck der Fruchtbarkeit bei den Pistazien und der Palme entstehe. So schreibt CaSTOR DURANTE, daß die Laureola oder Chamae- daphne, an den vier Ecken eines Feldes gepflanzt, wo die Oro- banche wächst, diese zerstöre, während die Orohanche ihrerseits den Leguminosen tötlich ist. Die Portugiesen pflanzen auch in die Gärten die Pflanze Catcfputia oder Laihyris major B. pin. (Bauhini Pinas = Eujihorhia Lathyris), um die Maulwürfe umzubringen. All diese Wirkungen sind zurückzuführen auf die Kräfte der Effluvien, aber man muß dafür wiederholte und unzweifelhafte Beweise sehen." In dieser Darstellung ist nun anzuerkennen, daß BOCCONE die Geschlechter bei Pistacia vera richtig deutet: er nennt die Antheren tragende Pflanze männlich und die fruchttragende weib- lich. Es ist dies ein Fortschritt gegenüber den antiken Botanikern und auch denen des Cinquecento, welche es darüber noch zu keiner Bestimmtheit gebracht haben. THEOPHRASTUS nennt die weibliche Mercurialis Phyllum marificum, die männliche Ph, femini== ficum, DiOSüORIDES w-endet die umgekehrte Bezeichnung an, und CLUSIUS in den Stirp. Hispan, (1576) pflichtet der — unrichtigen — Meinung des TheOPHRAST bei (S. 397). Auch C. BAUHIN in seiner kleinen Basler Flora 1622 nennt die Mercurialis testiculata die männliche. Aber daß unser BOCCONE selbst, der doch mit vollem Bewußtsein und ganz richtig die männliche Pistazie und ihren befruchtenden Einfluß von der weiblichen und ihrer emp- fangenden ßolle zu unterscheiden weiß, bei dem Phyllum nun doch Die Ansichten des Silvio Boccone über künstliche usw. 383 wieder auf den alten Irrtum hereinfällt, hätten wir nicht erwartet, und doch ist es so. Auf Taf. 109 bildet er eine männliche Mer- curialis als Phyllum feminificum ab, und im Text S. 150 sagt er, daß auf den Früchten die Differenz beruhe: „denn das Männchen hat zweiteilige (testiculato) und das Weibchen ährenförmige." Durchaus klar ist dem BOCCONE der entscheidende Einfluß des Pollens auf die Befruchtung der weiblichen Pistazie, welcher nach seiner sehr anschaulichen Schilderung in Sizilien durchw^eg unbe- zweifelt angenommen wird. Aber das erst durch SPRENGEL ent- schleierte Geheimnis hat sich ihm noch nicht gehoben: er verfällt in nebelhafte Theorien über die in die Ferne wirkenden Effluvien, die ein uns unbekannter Autor in seiner Physique occulte näher darlegen soll. Bei der klaren Einsicht BOCCONEs in die Not- wendigkeit einer Berührung des Pollens mit der Narbe (dem „Apex der weiblichen Blüte") ist das Hereinziehen einer fernwirkenden Effluvien-Theorie eigentlich unverständlich, und die vom Autor zuerst vorgetragene Ansicht von der Befruchtung durch direkte Einwirkung der öligen Feuchtigkeit des Pollen weit gesunder, zu einer Zeit, wo der mikroskopische Vorgang der Befruchtung selbst noch ganz unbekannt war. Noch weit besser als die Effluvien- Theorie ist die naive Meinung der Bauern von Grirgenti, welche glaubten, den von ihnen als allein befruchtungsfähig erkannten Blütenstaub dem Baum durch Einimpfung in den Splint besonders wirksam einverleiben zu können. Ebenso hübsch ist die Ansicht jener Bauern, welche einer besonders starken Befruchtung auch eine besonders üppige Entfaltung der Frucht zuschreiben. Was also dem großen, scharfsinnigen CLUSIUS noch ver- schlossen war: die männliche Natur der Staubblüten, war auf Sizilien längst allgemeines Besitztum. Durchaus zutreffend ist auch die von BOCCONE beigebrachte Analogie der künstlichen Befruchtung der Dattel. Wenn er nun aber auch die Befruchtung der Feige durch den Caprificus damit in Parallele stellt, so läßt ihn hier sowohl Beobachtung als Belesenheit im Stich, und es wäre ihm nützlicher gewesen, wenn er DESCARTES Abhandlung über Methode studiert hätte, anstatt sich dem Irrlicht des Autors R. P. N. anzuvertrauen. Denn daß es bei der Befruchtung des zahmen Feigenbaumes durch die daran befestigten, durchstochenen wilden Feigen nicht auf ein fernwirkendes Effluvium ankommt, mußte BOOCONE schon aus Aristoteles und PLINIUS wissen, welche beide genau be- schreiben, daß eine „Fliege" den Kontakt beider Arten von Früchten vermittelt und das Ausreifen der zahmen bedingt. (Siehe STRAS- 384 ü. CHlllST: Die Ansichten des Silvio Boccone über usw. BÜRGER, Streifzüge an der Iliviera 291 u. f.). Es ist auch, fast nicht denkbar, daß den Landleuten der Zusammenhang der Wespe mit der lleife der Feigen verborgen blieb. Hier hat dem Neu- scholastiker und Mystiker BOCCONE seine theoretisierende Mono- manie einen Streich gespielt! Aber auch hier ist seine Schilderung anschaulich, und das Anstechen und Aufspießen des Caprificus an einen Binsenhalm kann nur förderlich sein für den Verkehr der Wespen mit der zahmen Feige. Boccone nennt für seine Zeit auch für Sizilien die Caprifi- kation für bestimmte Feigensorten eine konstante und allgemeine Maßregel. Ob dies noch heute der Fall ist? Vielleicht, ja sehr wahrscheinlich ist auch dort schon die Operation nicht mehr üb- lich, sei es, daß die, der Caprifikation benötigten Feigensorten nicht mehr kultiviert werden, oder sei es, daß heute die Feigen allgemein ohne Caprification reifen. Das von STRASBURGER an- geführte Kriterium der kaprifizierten Orientfeigen: die voll aus- gereiften Früchtchen sah ich an den meisten getrockneten italie- nischen Feigen nicht, deren Scheinfrüchte innen trockener, ohne Pulpa sind und keine entwickelten Früchtchen zeigen. Sehr auffallend ist die Bemerkung des BOCCONE, daß zu- weilen, aber nicht alle Jahre, Pistazien auch, ohne Befruchtung reife Samen bringen, und ebenso, daß nur bei bestimmten, „be- sonders schwächlichen" Feigenarten Siziliens die Caprifikation an- gewandt wird, so daß also die übrigen Sorten derselben nicht be- nötigen. Wäre diese Notiz aus unseren Tagen, so müßte man be- reits an die von TREUB für tropische FicHsa,rten nachgewiesene Parthenogenesis denken. Immerhin mutet uns die Erklärung des alten Mönchs, daß die Natur außer der Befruchtung durch den Blütenstaub noch „alti mezzi", Mittel subtilerer Art haben könne, um diesen Zweck zu erreichen, fast wie eine Ahnung künftiger Entdeckungen an. Deutlich zeigt der von BOCCONE uns mitgeteilte Ausdruck der sizilischen Bauern des endigenden 17. Jahrhunderts für die Bestäubung der Pistazie, daß man sie den, in Sizilien so lange angesessenen Sarazenen verdankt. Das Wort turchiarare entspricht in seiner Bildung genau unserem gallisieren, das wir für den Wein anwenden. Kahl Müller: Über das biologische Verhalten von usw. 385 48. Karl Müller: Über das biologische Verhalten von Rhytisma acerinum auf verschiedenen Ahornarten. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 16. Juli 1912.) Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit der Frage: ist das bekannte Bhytisma acerinum als einheitliche Art aufzufassen, oder zerfällt es, ähnlich wie andere parasitäre Pilze in mehrere biologische Rassen? Soweit ich aus der Literatur ersehen kann, haben sich bisher nur FüCKEL und ROSTRUP hierzu geäußert. Beide halten eine Spezialisierung bei Rhytisma für wahrscheinlich, bringen aber keine beweisenden Angaben hierfür. J. MÜLLER suchte vor nahezu 20 Jahren auf morphologischem Wege zu entscheiden, ob man unter Uh. acerinum verschiedene Arten zusammenfasse und kato zu dem Ergebnis, es seien wohl stufenweise Abänderungen vorhanden, nicht aber derartige scharfe Unterschiede, daß ein Aufspalten des Rh. acerinum in mehrere Arten gerechtfertigt erscheine. Ich muß dieser Ansicht J. MÜLLERs beipflichten, denn die morphologischen Merkmale sind in der Tat geringen Schwankungen unterworfen. Trotzdem trat ich der Frage nochmals näher, allerdings auf anderem Wege. Durch Übertragung von Sporenmaterial, das den Sklerotien einheimischer Ahornarten entnommen w^ar, auf Blätter verschiedener Ahornbäumchen mußte es sich entscheiden lassen, ob unter Rh. acerinum mehrere biologische Arten zu verstehen sind. Über einen Teil der bisher gemachten Beobachtungen will ich im folgenden kurz berichten. Eine ausführlichere, mit Ab- bildungen versehene Mitteilung behalte ich mir vor. Rhytismailecken auf Ahornblättern, sind sehr häufig, aber trotzdem gestatten uns Beobachtungen in der Natur nicht, mit Sicherheit festzustellen, ob unter Rh. acerinum verschiedene biolo- gische Arten zusammengefaßt werden. Man findet gar nicht selten Bergahorn und Spitzahorn beisammen stehen und gleichzeitig von Rhytisma befallen. Mitunter sind allerdings auch nur Bergahorn- blätter von den pechschwarzen Sklerotien bedeckt, nicht dagegen Spitzahorne, wie ich es bei Durlach seit mehreren Jahren beobachten 386 Karl Müller: konnte. Die Bergahornbäumchen sind hier stets reich infiziert, die dazwischen stehenden Spitzahorne dagegen nicht. Durch Beobachtungen im Freien wird es also wahrscheinlich, dali sich Rh. acerinum in biologisclie Rassen gliedert, einen genauen Einblick erhalten wir hierdurch aber nicht. Wie sich Rh. acerinum von Feldahornblättern in dieser Hinsicht verhält, ist schon deshalb durch Studien im Freien schwer festzustellen, weil dieser Ahorn nur selten in Gemeinschaft mit Spitzahorn und Bergahorn wächst und wenn das einmal der Fall ist, nicht gerade von Rhytisma be- fallen ist. Es konnten darum nur systematisch durchgeführte Impfver- suche eine Entscheidung der gestellten Frage herbeiführen. Zu diesem Zwecke wurden Topfpflanzen von Spitzahorn (Acer platanoides), Bergahorn (Ä. i^seudoplaianus) und Feldahorn (A. campestre) im Freien an voneinander entfernten Stellen in Gruppen zusammen- gestellt und Ende April unter die Bäumchen nahezu reife R/n/tisma- Sklerotien einer bestimmten Ahornart ausgelegt. Die Infektion im Freien wurde, trotzdem sie Nachteile bietet, auf die ich noch ein- gehe, deshalb gewählt, weil auf diese Weise Ahornpflanzen mit normal entwickelten Blättern zur Verfügung standen. Die Impfversuche im Freien wurden in den Jahren 1908 —1911 mit Sklerotien verschiedener Ahornarten ausgeführt, um eine Kontrolle über die erhaltenen Resultate zu bekommen. Ich be- schränke mich im folgenden auf die bisher erzielten, wesentlichsten Resultate: 1 Mit den Sporen der großen Spitzahorn-Sklerotien, die in reifem Zustande warzenartige Erhöhungen aufweisen, unter denen die Hymenialschicht sich befindet, lassen, sich leicht infizieren: Spitzahorn- und Feldahornblätter, Bergahornblätter dagegen nur teilweise und viel schwächer. Ganz ausnahmsweise ist der Bergahorn nahezu gleich stark befallen wie der Spitzahorn. Außerdem befällt der Pilz von Spitzahornblättern auch schwach Acer dasycarpmn. Diese RJiytisma- Art hat also eine große Verbreitung auf unseren einheimischen Ahornbäumen. 2. Auf Bergahornblättern z. B. von Hinterzarten, Durlach, Frei- burg usw. kommen Rhytisma-SMerotien vor, die im allge- meinen kleiner und dicker als die des Spitzahorns sind und in reifem Zustande gehirnartig gerunzelt erscheinen. Sie unterscheiden sich morphologisch kaum von denen, welche man beim Impfen von Bergahornblättern mit Eh. acerinum über das biologische Verhalten von Rhy.tisma acerinum usw. 387 von Spitzahornblätt-ern erhält, wohl aber biologisch, denn sie infizieren alljährlich stets nur Bergahornblätter, diese aber sehr stark. Spitz- und Feldahorne blieben bei den Versuchen im Freien, wie auch bei den weiter unten zu schildernden in Glaskästen stets frei von dem Pilze. Wir haben hier also eine biologisch scharf, morpho- logisch dagegen nur unscharf charakterisierte Art vor uns, die ich JRhytisma pseudoplatani nennen will. Von dem ebenfalls auf den Bergahorn beschränkten Rh. iniTictatum, von- dem mir bisher leider kein frisches Material zur Verfügung stand, unterscheidet sich Uh. pseudosplatani durch größere Sklerotien und Sporen. 3. Die Sporen von Feldahornblatt-Sklerotien, die im Aus- sehen denen der Spitzahornblätter gleichen, befallen stark den Feldahorn, schwächer den Spitzahorn, nicht da- gegen den Bergahorn. "Wir dürfen daraus schließen, daß sich auf dem Feldahorn ebenfalls eine Form zu spezialisieren beginnt, die zwar nicht so scharf ausgeprägt ist wie Rh. pseudo- platani, weil sie auch Spitzahorn befällt, sich aber immerhin von Rh. acerinum dadurch unterscheidet, daß sie Bergahorn nicht infiziert. Möglich bleibt es auch allerdings, daß bei anderem Impfmaterial auch Bergahornblätter befallen werden. Solange das aber nicht erwiesen ist, müssen wir den Rhi/tisnia. Pilz auf Feldahornblättern als eine spezialisierte Form von Rh. acerinum ansehen, die ich Rh. acerinmn fo. spec. campestris nenne. Da an den Freilandversuchen ungewollte Infektionen eintreten konnten, wurden zur Kontrolle Impfversuche in einem Vege- tationsraum durchgeführt. Hierbei kam jede Pflanze gleich nach dem Aufbringen der Sporen unter einen Glaskasten. Dadurch waren Fremdinfektionen ausgeschlossen und gleichzeitig ließ sich auf diese Weise feststellen, ob das Eindringen des Pilzes von der Blattober- oder Blattunterseite aus erfolgt. Die reifen Sklerotien wurden mit einem Messerchen abge- schabt und das Abgeschabte in wenig sterilem Wasser verteilt. Mit einem Verstäuber wurden dann die ganzen Pflanzen mit der Sporen enthaltenden Flüssigkeit bespritzt oder sie wurde mit einem Haarpinsel teils auf die Blattoberseiten, teils auf die Blattunterseiten aufgetragen. Die infizierten Blätter erhielten Erkennungsmarken. Da bei Vorversuchen nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Infektionen glückte, mußten später recht viele Versuche angestellt werden, um die erhaltenen Eesultate kontrollieren zu können. Ein- 388 Karl Müller: faches Aufdrücken reifer Sklerotien auf die Blätter führte zu dem gröIUen Prozentsatz von geglückten Infektionen. Die Impfversuche im geschlossenen Raum bestätigten die bei den Freilandversuchen geraachten Erfahrungen, (hiß sich mit EJu/iisma-S ]ioren von Spitzahornblättern, Spitzahorn, Bergahorn- und Feldahorn infizieren lassen, daß Bhytisma von Feldahornblättern neben Feldaliorn auch Spitzahorn schwach befällt, nicht dagegen Bergahorn, und daß die FJiytisma-PilzQ auf Berg- ahornblättern aus zwei biologischen Arten bestehen, von denen die eine sich nur auf Bergahornblättern entwickelt (Rh. pseudoplaiani), die andere dagegen das gewöhnliche Rh. acerinum darstellt. Wie sich dieses Rh. acerinum vom Bergahorn bei der Übertragung auf verschiedene Ahornarten verhält, ließ sich erst im Jahre 1912 sicher erkennen. Bei Höllsteig im Höllental fanden sich nämlich im Herbst 1911 überaus reich von Rhytisma befallene Spitzahorne und da- neben nahezu ebenso stark befallene Bergahorne. Nach den durch die mehrjährigen Infektionsversuche gemachten Feststellungen konnte entweder auf den Spitzahornblättern Rh. acerinum und auf den Bergahornblättern Rh. psendoplafani vorhanden sein, was nicht sehr wahrscheinlich war, oder aber Rh. acerinum hatte Bergahorn wie Spitzahorn in gleicher Weise geschädigt. Durch Impfversuche ließ sich nachweisen, daß das der Fall war, denn die Sporen aus den Bergahornsklerotien riefen bei Impfversuchen an Spitzahorn, Bergahorn und Feldahorn die bekannten schwarzen Flecken hervor. Eine große Zahl von Versuchen, welche darauf abzielten, fest- zustellen, ob die Infektion durch Rhijfisma-Sporen auf der Blatt- oberseite oder nur auf der Blattunterseite erfolgte, hatte nur dann Erfolg, wenn die in Wasser aufgeschwemmten Sporen auf die Blattunterseite gebracht wurden. Die Sporen der Pilze von verschiedenen Ahornarten verhielten sich hierbei völlig gleich, und ebenso war es gleichgültig, auf welche Ahornart die Sporen gelangten; wenn überhaupt eine Infektion möglich war, glückte sie auf der Blattunterseite, wo die Keim- schläuche offenbar, wie bei vielen anderen Parasiten, durch die Spaltöffnungen in das Blatt eindringen. Den Beweis hierfür konnte ich allerdings durch direkte Beobachtung bisher nicht er- bringen, weil nur ein geringer Prozentsatz der Sporen auskeimt und es deshalb schwer hält, das Eindringen des Schlauches zu be- obachten. Da jedoch die Infektionsflecken häufig an den Blatt- zipfeln der Ahornblätter vorkommen, spricht das dafür, daß der über das biologische Verhalten von Rhytisma acerinum usw. 389 Keimschlauch durch die an den Blattzipfeln besonders reichlich vorhandenen Spaltöffnungen eindringt. Eine Ausnahme von der eben geschilderten Ansteckung durch die Blattunterseiten tritt dann ein, wenn man reife Sklerotien auf die Oberseiten von AhornbJättern kräftig aufdrückt. In diesem Falle gehen auch einige Infektionen von der Blattoberseite aus, offenbar weil bei dem Aufdrücken die Epidermis durch die rauhen Sklerotien verletzt wird, wodurch der Keimschlauch die Möglich- keit erlangt, in das Innere des Blattes einzudringen. Daß in der Tat beim Aufdrücken der harten Sklerotien Verletzungen auf der Blattoberseite entstehen, ließ sich später an den Blättern feststellen, da an den betreffenden Stellen kleine Teile des Blattgewebes abstarben. Recht verschieden erwies sich die Inkubationszeit der untersuchten Bhytistna-Filze. Sie läßt sich nicht immer genau an- geben, weil man anfangs oft nicht genügend Sicherheit hat, ob die gelben Flecken auf den Blättern von einer BhuHsma-lniektion herrühren oder nicht. Es wurde deshalb als Inkubationszeit die Zeit gerechnet, die von der Ansteckung bis zum Auftreten der ersten schwarzen Stellen auf der Blattoberseite (Beginn der Sklerotienbildung) verstreicht. Mitunter folgen die ersten Sklerotien- bilduugen schon wenige Tage nach dem Sichtbarwerden der ersten gelben Flecken, hie und da dauert es auch noch Wochen. .Jeden- falls hängt die Inkubationszeit wesentlich von der Feuchtigkeit und Wärme ab, darum schwankt sie auch in den einzelnen Jahren beträchtlich sowohl im Freien, wie im Glaskasten. Im Freien be- trug sie etwa 8 Wochen, bei Pflanzen im Vegetationsraum dagegen 4 — 6 Wochen. Die Impfversuche im Freien ergaben auch Anhaltspunkte über die Abhängigkeit des Befalls von der Witterung. Für ein starkes Auftreten der Schwarzfleckenkrankheit der Ahornbäume durch FJiijttsma sind verschiedene Umstände ausschlaggebend. Zunächst müssen die Sklerotien im Herbst genügend aus- reifen, was bei einem normalen Laubfall immer der Fall ist. Die Art der Überwinterung der i?A?//2.sw?a-befallenen Blätter hat insofern eine Bedeutung, als feucht liegende Sklerotien die Sporen eher zur Reife bringen als trocken liegende. Die Hauptsache aber ist, daß den Sklerotien im Frühjahr, zur Zeit der Entwickelung der Askusschicht, genügend Feuchtigkeit zur Verfügung steht, sonst verdorren die Sklerotien vor der Sporenreife. Ebenso wie das Reifen der Askusschicht wird auch die Sporenaussaat durch feuchtes mit Sonnenschein abwechselndes Wetter begünstigt, weil die hinter- 390 Karl Müller: Ülier das biologische Verlialton von usw. einander feuchten und trockenen Sklerotien am leichtesten die Sporen ausschleudern. Diese führen dann in feuchter Atmosphäre, in der sie nicht so rasch absterben, eher eine Blattinfoktion herbei als in trockener. Man kann wegen der Abhängigkeit der Infek- tion von den Niederschlägen schon aus der zur Zeit der Sporen- reife (bei 200 mm zwischen 25. April und 12. Mai) gefallenen Niederschlagsmenge mit großer Sicherheit auf die Stärke des Be- falls schließen. Die Niederschläge waren z. B. in Augustenberg um die genannte Zeit in den Jahren 1907 und 1908 stark, 1909 mittel, 1910 stark und 1911 und 1912 gering. Dementsprechend fielen die Infektionen in den Jahren 1907, 1908 und 1910 stark, in den übrigen Jahren dagegen schwach aus. Kurz will ich noch die Beschaffenheit der Askosporen be- sprechen, die in der Literatur fast durchweg falsch geschildert wird. Klebahn hat zuerst an den Sporen von Bhijfisma acerinum eine dicke Gallerthülle nachgewiesen. Diese Beobachtung ist aber von J. MÜLLER „als durchaus den Tatsachen entbehrend" be- zeichnet worden. Mit guten Mikroskopen ist die gallertartige Exine sc.hon ohne Färbung zu erkennen; sie ist 74 so dick als der Sporeninnenraum und schwillt am oberen Ende der Spore kopf- artig an, während sie gegen das untere Sporenende zu an Dicke abnimmt. KLEBAHN hat, wie mir scheint, auch richtig den biologischen Wert dieser Exine erkannt. Die Sporen werden, nachdem sie aus dem Askus herausgeschleudert sind, vom leisesten Luftstrom erfaßt und an die Ahornblätter geweht. Hier haften sie dann mittels der Gallerthülle. Über einige morphologische Verhältnisse bei Rh. acerinum und über verschiedene andere Beobachtungen, die sich gelegentlich der Untersuchungen ergaben, werde ich in der ausführlichen Arbeit berichten, die im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde erscheinen wird. Großh. Landwirtschaftliche Versuchsanstalt Augustenberg (Baden), Literatur. FüCKEL, Sjmbolae mjcologicae Jahrb. Nassau. Verein für Naturk. Bd. 22 und 23 Wiesbaden 1869—1870. Klebahn, H., Beobachtungen über die Sporenentleerung des Ahornrunzel- schorfes Rhytisma acerinum Fr. „Hedwigia" 1888 S. 306—306. V. VOUK: Ein verbesserter, neuer Wiesnerscher Insolator usw. 391. Klebahn, H., Bemerkungen über Bhijtisma acerinum und über die Arbeit des Herrn Dr. J. MÜLLER über die Runzelschorfe. Bot, Gentralblatt 1894 No. 23. MÜLLEß, J., Zur Kenntnis des Runzelschorfes und der ihm ähnlichen Pilze. Jahrb. für wissensch. Botanik Bd. XXV. Heft 4 (1893). ROSTRUP, Einfluß der Wirtspflanze auf die Entwicklung neuer Arten para- sitischer Pilze (Dänisch). Overs. Kgl. Dansk. Vid. Selk, Forh. 1896 S. 113— !34. 49. V. Vouk: Ein verbesserter, neuer Wiesnerscher Inso- lator zur Bestimmung des Lichtgenusses. (Mit einer Textfigur.) (Eingegangen am 16. Juli 1912.) Der bekannte WiESNERsche Insolator, der zur Bestimmung der chemischen Lichtintensität von Biologen, Pflanzenphysiologen und Meteorologen allgemein benutzt wird, besteht aus einem Holz- brettchen, welches mit schwarzem Papier umkleidet ist und in einem Ausschnitt die Skalentöne und das Normal- oder BUNSEN- EDER-Papier enthält^). Bei der Lichtbestimmung werden die Streifen des lichtempfindlichen Papiers im Dunkeln unter das schwarze Papier hineingeschoben und bei jeder Messung herausgezogen. Im Momente der Erreichung des betreffenden Skalentones wird das Papier mit einem gelben Glas zugedeckt. Dieser einfache Apparat gestattet aber nur eine beschränkte Anzahl von Bestimmungen — im ganzen etwa 20-30 — , dann muß er wieder mit frischen Streifen vei sehen werden, was aber oft bei Mangel eines ent- sprechenden Verdunkelungsraumes, z. B. bei der Bestimmung im Freien sehr unangenehm empfunden wird. Auch bei kontinuier- lichen Lichtbestimmungen muß man nach der erwähnten Anzahl von Messungen wegen Einführens frischer Papierstreifen die Be- stimmung unterbrechen. Bei der Yerbesserung des WlESNERschen Insolators schwebt© mir hauptsächlich der Gedanke vor, den erwähnten unangenehmen Umstand zu beseitigen. Dabei wurden auch andere Momente be- i) Nähere Beschreibung des Insolators siehe WlESNER, J. : Lichtgenuft der Pflanzen. Leipzig 1907, S. 15. 392 V. Vouk: rücksichtigt, wie z. B. die möglichste Schonung der wertvollen Skalentüne, die etwaige Berührung der Töne und des gelben Glases mit den Händen und Einfachheit der Handhabung des Apparates. Durch die Anwendung von Spulen, an denen mög- lichst lange Streifen des lichtempfindlichen Papiers aufgewickelt sind, gelang es, den Insolator so weit zu verbessern, daB es jetzt möglich ist, auch etwa 400 Bestimmungen ohne Unterbrechung durchzuführen. Die Ausführung des von mir konstruierten Apparates be- sorgte in liebenswürdiger Weise die bekannte Wiener Firma R Leohner (Wilh. Müller) in Wien^j. Fig. 1. Der verbesserte WiESNERsche Insolator ist ein schwarz adjustiertes Kästchen (Länge 8 cm, Breite 4 cm, Höhe 5 cm), in welchem sich zwei Spulen befinden, wovon eine mit ca. 4 m langen und 1 cm breiten Streifen BUNSEN-EDER-Papiers^) versehen ist. Der Vorteil dieser Anordnung besteht, wie erwähnt, darin, daß man ca. 400 Belichtungen in bequemer Weise vornehmen kann, ohne das Papier, wie bisher, wechseln zu müssen. Die wesentlichsten Bestandteile des Apparates sind: 1) Die Firma R. LECHNER (WlLH. MÜLLER) Wien T, Graben 31, wird den erwähnten Apparat in kürzester Zeit in den Handel bringen. 2) Anstatt des Normal-Papiers wird in neuester Zeit das haltbare BüNSEN-EDER-Papier benutzt, welches man auch von der erwähnten Firma beziehen kann. Ein verbesserter, neuer Wiesnersclier Insolator usw. 393 A. Der Schlüssel, der durch Linksdrehen die Einstellung des Papiers besorgt und durch Rechtsdrehen bei Einfüllen neuer Spulen herausgenommen wird. BB. Die obere Platte, die fest und lichtdicht am Kästchen sitzt und die beim Einsetzen neuer Spulen abgehoben wird. C. Die Spule 1, an der das lichtempfindliche Papier auf- gewickelt ist. D. Die Spule 2, auf die das belichtete Papier durch Links- drehen des Schlüssels aufgewickelt wird. E. Ein kleiner Reiber, mit welchem die dünne Metall- platte, unter der die entsprechenden Skalentöne links und rechts vom BUNSEISi-EDER-Papier eingelegt werden, befestigt ist. F. Die gelbe Glasscheibe, die in einem Geleise frei sich bewegen kann. Der Insolator wird in folgender Weise benützt. Man hält den Insolator in der linken Hand horizontal und zwar so, daß das gelbe Glas auf den Skalentönen ruht. In der rechten Hand hält man den Chronometer (Sekundenuhr) und im Momente der Ex- position wird zu gleicher Zeit die Uhr im Gang gesetzt und der Insolator schief gestellt, so daß das gelbe Glas von den Skalen- tönen herabgleitet und sie freiläßt. Im nächsten Momente kann man den Insolator wieder horizontal stellen, wobei sich das gelbe Glas nicht bewegt. Im Moment der Erreichung eines bestimmten Skalentones wird der Insolator wieder schief gestellt, das gelbe Glas gleitet zurück und bedeckt die Töne. Zu gleicher Zeit wird die Uhr gestoppt, und man liest die Anzahl der Sekunden ab, aus welcher man die Intensität des Lichtes in BUNSEN-ßOSCOE-Ein- heiten in bekannter Weise ') berechnen kann. Die Handhabung des iipparates ist also sehr einfach und die Ausstattung ist eine vollkommen dem Zwecke entsprechende, da dieser einerseits lichtdicht und andererseits handlich ist. Der neue Insolator entspricht alo den im Anfang gestellten Anforderungen und bietet uns folgende Vorteile: 1. Der Insolator gestattet ca. 400 Bestimmungen ohne Unter- brechung. Dieser Vorteil wird manchem, der z. B. die Licht- messungen auf hohen Bergen, oder im breiten Flachland ohne eine Verdunkelungsvorrichtung in der Nähe ausführen will, sehr willkommen sein. Auch für tägliche, fortlaufende Licht- bestimmungen ist die Einführung des Rollenpapiers sehr geeignet. 1) Wiesner, J., Lichtgenuß I. c. S. 10—33. 394 A. Wieler: 2. Die wertvollen Skalentöne sind vor Schädigungen durch Berührung oder durch den Staub möglichst geschützt. 3. Es ist das Verschieben des gelben Glases, d. h. das Zu- und Aufdecken der Töne durch die Gleitvorrichtung sehr ver- einfacht. Ich bin daher überzeugt, daß dem Pflanzenphysiologen, wie auch dem Meteorologen und dem Biochemiker dieser Apparat gute Dienste leisten wird, Wien, pflanzenphysiologisches Institut der k. k. Universität. 50. A. Wieler: Die Acidität der Zellmembranen. (Eingegangen am 19. Juli 1912.) In der Bodenkunde unterscheidet man bekanntlich neutrale bzw. alkalische und saure Böden. Bis vor kurzem nahm man an, daß diese Keaction, die schon durch das Verhalten zum Lackmus- papier zum Ausdruck kommt, von freien Humussäuren herrührt, die infolge verschiedenartiger Zersetzungen der in den Boden ge- langten organischen Materie im einen Falle vorhanden sind, im anderen fehlen. Bei näherer Überlegung mußte es überraschen, daß in manchen sauren Böden Pflanzen nicht nur wachsen, sondern vortrefflich gedeihen, während in anderen alles Pflanzenwachstum unterbleibt. So sind viele Waldböden humussauer, trotzdem ge- deihen die Bäume sehr gut in ihnen, während sie im Moorboden nicht wachsen oder höchst kümmerlich. Den Grund hierfür er- blickte man wohl, ohne daß es näher begründet worden wäre, in dem verschiedenen Gehalt an freien Humussäuren. Man schrieb also den Humussäuren einen schädigenden Einfluß zu, und in dieser Vorstellung schien die Erfahrung zu bestärken, daß manche saure Böden fähig werden, eine normale Vegetation zu tragen, wenn man für Zusatz von ausreichenden Mengen Kalk sorgt. Die günstige Wirkung des Kalkes erblickte man in einer Neutralisie- rung der Humussäuren. Ein sicherer Nachweis für die Richtig- keit dieser Anschauung ist aber niemals geführt worden, und manche Tatsachen schienen dafür zu sprechen, daß die Verhält- Die Acidität der Zellmembranen. 395 nisse verwickelter liegen, als diese Ansicht annahm. Auf dies ziemlich dunkle Gebiet ist in neuerer Zeit ein helles Licht ge- fallen durch Untersuchungen über die „freien Humussäuren" von A. Baumann, dem Direktor der Bav. Moorkulturanstalt. Eine kritische Prüfung der ziemlich umfangreichen Literatur über diese Stoffe führte ihn zu folgenden Ergebnissen: „Es scheint sehr fraglich, ob wir es bei den sogenannten Humussäuren, auch bei denen des Hochmoores, überhaupt mit Säuren zu tun haben. Alle Erscheinungen, aus denen man die Anwesenheit freier Säuren ge- schlossen hat, können als Colloidreaktionen oder auch als Capillar- erscheinungen aufgefaßt werden, die möglicherweise von neutralen Körpern herrühren. Ein bindender Nachweis, daß es freie Humus- säure im Hochmoor gibt, liegt nicht vor"'}. Gegen die Säure- natur der sogenannten Humussäuren spricht besonders, daß sie keine wirklichen Salze bilden; denn die Humate sind keine kon- stant zusammengesetzten Körper. Es handelt sich bei ihnen nur um Absorptionsverbindungen colloidaler Körper. Auch kommt den Humussäuren keine elektrische Leitfähigkeit zu, während alle wirklichen Säuren durch ein gutes Leitungsvermögen für den elek- trischen Strom ausgezeichnet sind. Ist es unter diesen Umständen sehr unwahrscheinlich, daß es überhaupt freie Humussäuren gibt, so müßten sie wenigstens nach BaüMANN, wenn sie vorkommen, ihrem Ursprünge nach sehr verschieden sein. Die Humussäuren des Sphagnumtories müßten anderer Natur sein als die im Heide- torf, und „Humussäuren der verschiedensten Art müßte man im Niederungsmoor und Hochmoor, im hu-mosen Wald- und Wiesen- boden annehmen. Auch im Ortstein, also im mineralischen Boden, müßten wieder andere Humussäuren vorhanden sein, wie im reinen Humus- und Moorboden. Soll darum jemals Klarheit in die Hu- mussäurefrage kommea, so muß man die Humussäuren ihrer Ent- stehung nach verfolgen und vor allen Dingen untersuchen, ob ge- wisse Humussäuren nicht auf Säuren zurückzuführen sind, die be- reits in den lebenden Pflanzen enthalten sind." Diese Erwägungen haben BAUMANN bestimmt, sich zunächst auf die Untersuchungen des Moostorfes und der Sphagnen, aus denen dieser Torf hervor- geht, zu beschränken. Die Untersuchung hat seine Vermutung, daß die freien Humussäuren dieses Torfs gar keine Säuren, sondern lediglich colloidale Stoffe sind, bestätigt. Die Gründe für seine Auffassung mögen in der sehr eingehenden Untersuchung nach- 1) Untersuchungen über die Humussäuren. 1. Gescbichte der Humus- säuren. — Mitt. d. K. Baj. Moorkulturanstalt. Heft 3, 1909, S. 106. Ber. der dentsehen bot. Gesellsch. XXX. 28 396 A. Wieler: gesehen werden^). Ich will nicht unterlassen zu erwähnen, daß Baum ANNS p]rgebnisse Widersprucli erfahren haben, aber sie machen einen so überzeugenden Eindruck und erklären die Er- scheinungen in viel befriedigenderer Weise als die Ansicht, welche in den Humussäuren wirkliche Säuren erblickt, daß vorderhand kein Grund vorliegt, an ihrer llichtigkeit zu zweifeln. Nach Baumann sind die sogenannten freien Humussäuren des Moostorfes coUoidale Substanzen. Als solchen kommt ihnen die Fähigkeit zu, Salzlösungen zu zerlegen, indem sie die Basen absorbieren. Dadurch werden Säuren frei. Die ältere Ansicht setzte die Gegenwart von Säuren voraus, die die Salze zerlegten. Es wären demnach diese humosen Stoffe gar nicht an sich sauer; der saure Charakter tritt erst bei Gegenwart von Salzlösungen hervor. Viel wichtiger für die Biologie ist ein anderes Untersuchungs- ergebnis BAUMANNs, und zwar das, daß der humussaure Charakter bereits den Torfmoosen anhaftet. Behandelt man gleiche Mengen Torf und SpJiagnum mit gleichen Mengen von Salzlösungen und titriert die in beiden Fällen ausgeschiedene Säuremenge, so er- hält man annähernd gleiche Werte. In der folgenden Zusammen- stellung sind die Zahlen bei ,,Sphagnen" und ,,Torf" Prozente des titrierten Gesamtsäure Wasserstoffs, Salz Sphagnen Moostorf 5 pCt. Chlornatrium 13,40 12,50 5 „ Schwefelsaures Kalium . . 22,00 21,70 10 „ Chlorcalcium 15,30 15,00 10 „ Schwefelsaures Ammonium . 26,80 27,40 10 „ Jodkalium 12,60 11,10 • 2,5 „ ameisensaures Natrium . . 66,00 67,80 5 „ ameisensaures Natrium . . 76,00 77,90 Die Sphagnen sind also ungefähr ebenso sauer wie der Moos- torf. Die sauer reagierenden Stoffe des Torfs entstehen demnach nicht erst im Boden durch Zersetzung, sondern gelangen bereits mit den absterbenden Pflanzen in ihn hinein. Es sind entweder, wie aus BAUMANNs weiteren Ausführungen hervorgeht, die Zell- 1) A. Baumann und E Gully, Untersuchungen über die Humussäuren. 2. Die freien Humussäuren des Hochmoores. Ihre Natur, ihre Beziehungen zu den Sphagnen und zur Pflauzenernährung. — Mitt. d. K. Baj. Moorkultur- anstalt. Heft 4, 1910. Die Acidität der Zellmembranen. 397 häute selbst oder colloidale Körper, welche in der Membran vor- handen, aber auf gewöhnlichem Wege nicht isolierbar sind. Mit der sauren Reaktion der Zellhäute bringt BAUMANN die Biologie und den Bau der Sphagneen in Zusammenhang, wofür auf das Original hingewiesen werden muß. Diese Erfahrungen wird man vermutlich verallgemeinern dürfen. Es wäre dann alle Pflanzensubstanz, wenigstens so weit sie aus Zellhäuten besteht, als humussauer anzusprechen, und der saure Charakter irgend eines Bodens würde durch den sauren Charakter der Streu, welche durch Blattfall usw. in ihn hineinge- langt, bedingt sein. Man wird aber noch einen Schritt weiter- gehen und auch für die alkalischen und neutralen Böden die Be- hauptung aufstellen dürfen, daß die Pflanzensubstanz, die als "Wurzeln, Stoppeln oder Gründüngung dem Boden zugeführt wird, gleichfalls sauer reagiert, und daß es nur der sonstigen Beschaffen- heit des Bodens zu verdanken ist, wenn ihr saurer Charakter ver- schwindet. Da aber die Möglichkeit nicht ganz von der Hand zu weisen war, daß es sich um eine specifische Eigentümlichkeit des Torfmooses handelte, die ohne weiteres nicht bei den höheren Pflanzen vorausgesetzt werden könnte, so war es notwendig, die Frage für diese durch eine besondere Untersuchung zu entscheiden. Eine von mir früher gemachte Beobachtung schien für das gleiche Verhalten der höheren Pflanzen und der Torfmoose zu sprechen. Infolge der Raucheinwirkung häufen sich die Nadeln der älteren Fichten um ihren Fuß herum in den der Clausthaler Silberhütte benachbarten Waldungen an und bleiben unzersetzt liegen. Diese Nadeln untersuchte ich seinerzeit auf ihren Gehalt an freien Hu- mussäuren nach einer Methode von TACKE. Setzt man Kreide zu der zu prüfenden Substanz, so wird Kohlensäure entbunden, wenn Humussäure zugegen ist, und ihre Menge kann als Maßstab für die vorhandene Menge Humussäure dienen. In 2 Bestimmungen lieferten 10 g Substanz 27,7 und 34,5 mg Kohlensäure'). Zur Er- klärung dieser Erscheinung nahm ich damals an, daß, wenn auch im großen und ganzen die Nadeln unzersetzt geblieben waren, doch eine teilweise Zersetzung eintrat, die zur Bildung freier Hu- mussäuren führte. Unter dem neuen BAUMANNschen Gesichtspunkt erscheint diese Beobachtung in einem anderen Lichte. Verschiedenartige Pflanzenteile höherer Pflanzen habe ich auf ihr Verhalten gegen Salzlösungen geprüft, um zu ermitteln, ob sie 1) WlELER, Untersuchungen über die Einwirkung schwefliger Säure auf die Pflanzen. Berlin, Gebr. BORNTRAEGER, 1905, S. 308. 28* 398 A. WIELEK: sich ebenso wie die Torfmoose verhalten. Ich bediente mich dazu teils einer qualitativen, teils einer quantitativen Methode; beide Methoden rühren von BAUMANN und GULLY her. Da wir es nicht mit chemischen Verbindungen, sondern mit Absorptions- erscheinungen zu tun haben, so ist es nötig, wenn vergleichbare "Werte erzielt werden sollen, daß stets gleiche Mengen Substanz untersucht werden, die mit gleichen Mengen Reagentien zu be- handeln sind. Die qualitative Methode wurde von unseren Au- toren zunächst zur Untersuchung von Böden angegeben. Sie empfehlen, auf 3 g Boden 15 Minuten lang unter häufigem Um- schütteln 100 ccm einer Lösung einwirken zw lassen, die 2 g Jod- kalium und 0,1 g jodsaures Kalium enthält. Sind sogenannte freie Humussäuren vorhanden, so wird Jod ausgeschieden, das sich durch Zusatz von Stärke zur Lösung nachweisen läßt. Sind die Humus- säuren in reicher Menge vorhanden, so läßt sich das Jod schon an der gelben bis dunkelbraunen Färbung der Lösung erkennen. Inner- halb gewisser G-renzen ist diese Methode auch als quantitative zu benutzen. Als quantitative Methode schlagen BAUMANN und GULLY die Verwendung einer lOproz, Lösung von essigsaurem Kalk vor. Die entbundene Essigsäure wird durch Titrieren mit '/i» N-Kali- lauge und Vio N-Schwefelsäure und Phenolphthalein als Indicator bestimmt. Beide Methoden habe ich auf das zu untersuchende Pflanzen- material angewandt. Dasselbe wurde möglichst zerkleinert. Es wurden immer die gleichen Mengen Substanz benutzt und zwar jedesmal 3 g, die mit 100 ccm der Lösung sowohl bei Anwendung der einen wue der anderen Methode versetzt wurden. Bei der Jod- methode dauerte die Einwirkung 15 Minuten, bei der Methode mit essigsaurem Kalk 3 Stunden. Zunächst führte ich qualitative Bestimmungen aus, deren Er- gebnisse ich in der folgenden Tabelle zusammengestellt habe. Fichte: 1. Frische grüne Nadeln aus dem Harz, getrocknet. 2. Durch Hüttenrauch beschädigte Nadeln, gleichfalls aus dem Harz, getrocknet. 3. Abgefallene Nadeln von unter ßauchwirkung stehenden Fichten im Clausthaler Rauchschadengebiet, die lange unzersetzt auf dem Boden gelegen haben. 4. Gesunde Nadeln, im Sommer gepflückt, getrocknet. Alles erwies sich als stark sauer. Die Acidität der Zellmembranen. 399 Kotbuche: 1. Grüne, im Sommer gepflückte und getrocknete Blätter. 2. Blätter, die im Winter vom Baum gepflückt wurden. 3. Blätter, die im "Winter vom Boden aufgelesen wurden und aus dem vorhergehenden Jahre stammten. 4. Buchenlaub aus dem Vorjahre, im Sommer aufgelesen. Alles war stark sauer. Amerikanische Eiche: Vertrocknete Blätter, im Herbst bald nach dem Blattfall aufge- lesen — saaer. Koßkastanie: Abgefallene und vertrocknete Blätter, bald nach dem Laubfall auf- gelesen — sauer. Weinstock: Gesunde grüne Blätter, im Sommer vom Stock gepflückt und ge- trocknet — stark sauer. Gelbe Lupine: Im Garten gezogen, rechtzeitig abgeerntet und im getrockneten Zustande aufgehoben. Stengel und Blätter gemeinsam unter- sucht — stark sauer. Hafer: Im Garten gezogen, rechtzeitig abgeerntet und im getrockneten Zustande aufgehoben. Stengel und Blätter zusammen unter- sucht — stark sauer. Werg von Flachs: sauer. Verbandwatte: ziemlich stark sauer. Cellulose aus Nadelholz: isoliert mit dem SCHULZschen Mace- rationsverfahren (nach der Angabe von DRAGENDORFF, Pflanzenanalyse) — stark sauer. Hiernach sind alle geprüften, toten oder lebendigen Pflanzen- teile, so verschiedenartig sie auch waren, sauer oder gar sehr sauer. Daß diese ßeaction etwa von der .Gegenwart von organischen Säuren herrührte, war unwahrscheinlich, befanden sich doch unter dem untersuchten Material Blätter und Nadeln, die im abgestorbenen Zustande den Winter über auf der Erde zuge- bracht hatten, so daß durch das ßegenwasser wohl alle leicht löslichen Stoffe ausgewaschen sein durften. Der stark saure Charakter der Cellulose ließ sich nicht aus der Anwesenheit von organischen Säuren erklären; hier konnte es sich nur um Zell- 400 A WlELEß: raembranen handeln. Trotzdem habe ich einen Teil der Materialien mit viel Wasser ausgekocht, um zu sehen, ob die sauren Stoffe ganz auszuziehen wären. Nun erwies sich die Verband- watte erheblich weniger sauer als vorher, und der Werg reagierte nach dem Auskochen nur noch ganz schwach sauer. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß die extrahierten Stoffe Säuren waren; denn bekaunterweise gehen auch colloidale Körper, nament- lich mit großen Wassermengen in Lösung. Auch von den übrigen untersuchten Proben habe ich noch einige ausgekocht; zum Teil war das schon- mit Rücksicht auf die quantitativen Bestimmungen erforderlich. Vielfach entstehen beim Behandeln der Substanzen mit der Lösung des essigsauren Kalkes so stark gefärbte Lösungen, daß Titrieren ausgeschlossen ist. Bei den Extractionen, die mit Wasser am ßückflußkühler ausgeführt wurden, gingen vielfach große Mengen in Lösung. In einem Fall wurde die Menge be- stimmt; es waren 26 pCt. ausgezogen worden. Die Natur der extrahierten Substanzen wurde nicht näher untersucht. Es scheinen vielfach Gerbstoffe mit ihren Oxydations- und Zersetzungsprodukten zu sein. Es ließen sich gelegentlich auch reducierende Substanzen nachweisen. Meistenteils reagierte auch der Auszug humussauer, und die extrahierte Substanz reagierte dann weniger sauer oder erheblich weniger sauer als vorher. Die saure Reaction der Ex- trakte wurde mit der BAUMANN-GrULLYschen Jodprobe oder mit Lackmus nachgewiesen; das sind aber keine sicheren Reagentien zum Nachweis von wirklichen Säuren, Dahingegen läßt sich ihre Gegenwart aus der elektrischen Leitfähigkeit erkennen, die den coUoidalen Stoffen abgeht. In einem Falle wurde im Extracfc festgestellt, ob ihm elektrische Leitfähigkeit zukam. Es wur- den frische gesunde Fichtennadeln extrahiert, Herr Dr.-Ing. A. Fischer, Privatdocent der Elektrochemie an der Technischen Hochschule zu Aachen, hatte die Freundlichkeit, die Bestimmung auszuführen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle bestens danke. Es war keine elektrische Leitfähigkeit vorhanden, obgleich eine Reaktion mit Lackmus auftrat. Es handelt sich also bei diesen sauren Stoffen nicht um Säuren, sondern um colloidale Substanzen. Es wird demnach auch für die anderen Materialien angenommen werden können, daß die saure Reaction von colloidalen Körpern herrührt, und sollten gelegentlich kleine Mengen Säuren vorhanden sein, so treten sie doch hinter den großen Mengen colloidaler Körper zurück. Die colloidalen Körper, an die die saure Reaction gebunden ist, sind teils Körper, welche in Wasser löslich sind, teils unlös- Die Acidität der Zellmembranen. 401 liehe, und zwar ist dies Verhältnis, wie ein Vergleich ausgekochter und unausgekochter Proben zeigt, bei verschiedenen Materialien sehr ungleich. Bald überwiegen die im Wasser löslichen Stoffe, wie bei der Buche in Nr. 9 und 10 der folgenden Tabelle, bald die unlöslichen, wie bei den unzersetzten Fichtennadeln aus dem Harz (Nr. 5 und 6). In der folgenden Tabelle sind die quantitativen Bestimmungen zusammengestellt worden. Sie sind teilweise mit demselben Material ausgeführt worden, das zu den qualitativen gedient hat. Dazu sind noch einige Bestimmungen gekommen, zu denen keine qualitative Bestimmung vorlag. Da es sich bei der Behandlung der Pflanzensubstanz mit der Lösung des essigsauren Kalks um eine Absorption von Kalk handelte, schien es mir zweckmäßig zu sein, aus dem Ergebnis des Titrierens zu berechnen, wieviel Kalk 100 g Substanz absorbiert hatten. CaO 1. Hafer, Stengel und Blätter . 1,160 g 2. Lupine, Stengel und Blätter 1,413 g 'ö. Eotklee, Wurzeln, ausgekocht ;. 0,315 g 4. Unterste Partie des holzigen Stengels des Heidekrauts 0,616 g 5. Abgefallene und unzersetzte Fichtennadeln aus dem Harz, unausgekocht 1,922 g 6. do., ausgekocht 1,475 g 7. Frische Fichtennadeln, ausgekocht, 2 Proben 1,209 g, 1,260 g 8. Rotbuche, im Sommer gesammelte und getrocknete Blätter, ausgekocht 0,634 g 9. Eotbuche, im Winter vom Baum gepflückte Blätter, ausgekocht 0,448 g 10. do., unausgekocht 1,325 g 11. Buchenlaub des Vorjahres, im Sommer aufgelesen, wenig zersetzt 1,540 g Die mitgeteilten qualitativen und quantitativen Bestimmungen sind ausreichend, da ihre Ergebnisse übereinstimmen, um die An- sicht zu begründen, daß diese saure Reaktion eine Eigentümlich- keit der Pflanzensubstanz überhaupt ist. Wurzeln, Stengel und Blätter verschiedener Pflanzen und das secundäre Holz der Heide sind absorptiv ungesättigt, und das gleiche gilt von den isolierten G-eweben, wie Baumwolle und Flachsfasern und den isolierten Zellen des Nadelholzes. Namentlich das Verhalten dieser letzteren und der isolierten Gewebe spricht dafür, daß die saure Reaction 402 A.. WlELER: an die Zell wände gebunden ist. wie es nach den BAUMANNschen Untersuchungen für die Torfmoose zutrifft. Da die Wurzeln von Rotklee, die Stengel und Blätter von Lupine und Hafer gleichfalls sauer reagieren, so gelangt auch bei den Ackerböden absorptiv ungesättigte organische Substanz in den Boden. Nur der natürlichen Beschaffenheit des Bodens bzw. seiner Düngung (durch den Kalkgehalt) ist es zu verdanken, wenn diese Böden nicht sauer reagieren. Gelegentlich kommt es aber vor, etwa durch Kalkentzug, daß Ackerböden sauer werden. Wie der saure Charakter des Moortorfes aus dem der Torf- moose herrührt, so läßt sich auch zeigen, daß der saure Charakter des Waldbodens aus dem der Streu stammt. Ich habe einen Fall näher untersucht. Es handelte sich um einen ßuchenboden im Be- zirk Dachsenhausen bei Braubach a. Bh. Es wurde die Streu, die aus den unzersetzten Blättern des Vorjahres bestand, die darunter liegende humose Erde und der Boden etwa aus Spatentiefe unter- sucht. Auch hier wurde, wie in der vorhergehenden Tabelle, die absorbierte Menge Kalk ermittelt. CaO 1. Streu 1,540 g 2. Darunter befindliche humose Erde 1,101 g 3. Boden aus Spatentiefe 0,653 g Es macht nach diesen Zahlen den Eindruck, als wenn sich die absorptiv ungesättigte Substanz nach unten an Menge vermin- derte. Wenn man aber berücksichtigt daß die Menge der organischen Substanz nach unten hin abnimmt, und wenn wür voraussetzen, daß die saure ßeaction nur an diese organische Substanz gebunden ist, so ergibt sich bei einer Umrechnung der absorptiv ungesättigten Menge auf die organische Substanz überhaupt, daß die absorptiv ungesättigte Substanz nach unten sogar zunimmt, 100 g Boden enthalten organische 100 g organische Substanz Substanz absorbieren CaO 17,77 g 6,20 g 9,23 g 7,07 g Demnach scheinen bei der Zersetzung der organischen Massen absorptiv immer ungesättigtere Substanzen übrig zu bleiben. Vielleicht steht es hiermit im Zusammenhang, daß die Steinkohle sauer und die Braunkohle sogar ziemlich stark sauer reagiert. Die Waldböden, selbst wenn ein und dieselbe Baumart auf ihnen wächst, sind sehr ungleich sauer. Das hängt vermutlich von Die Acidität der Zellmembranen. 403 der sonstigen Beschaffenheit des Bodens ab. Auf Kalkboden wird ein Buchenboden entweder gar nicht sauer oder nur wenig sauer, auf kalkarmen Böden stark sauer sein. Und es ist sehr wahrschein- lich, daß ein Kalkmangel auch die Ursache für das Auftreten von üohhumus ist. Freilich scheint hierfür zunächst einmal das Fehlen der zerstörenden Tätigkeit der Tiere die Bedingung zu sein, doch wäre es vielleicht möglich, daß ihr Fehlen eine Funktion des Kalk- mangels ist. Da nicht nur die Zellwände sauer reagieren, sondern auch mit Wasser ausziehbare coUoidale Substanzen in der Streu vor- handen sind, die sauer reagieren, tritt zu dem oben geschilderten Verhältnisse noch die Wirkung dieser Substanzen im Boden hinzu. Sie werden in um so tiefere Schichten des Bodens gelangen, auf je weniger Hemmnisse sie stoßen, je weniger Stoffe im Boden vor- handen sind, die sie niederzuschlagen vermögen. Die Ortsteinbil- dung ist vielleicht auf das Vorhandensein dieser löslichen absorptiv ungesättigten Stoffe zurückzuführen. Mit dem Nachweis, daß der saure Charakter des Bodens nicht von der Gegenwart freier Säuren, sondern absorptiv ungesättigter Substanzen, die an sich neutral sind, herrühit, wird auch die Vor- stellung von der Wirkung der sauren Böden auf das Pflanzen- wachstum eine ganz andere. Solche Böden schaden, nicht durch das, was sie im Übermaß haben, sondern durch das, was ihnen fehlt. Ein schlechtes Gedeihen von Pflanzen auf sauren Böden deutet darauf hin, daß an ihren normalen Existenzbedingungen im Boden etwas fehlt, und keineswegs braucht jeder saure Boden schädlich zu sein. Es gibt viele saure Waldböden, auf denen die Bäume vortrefflich gedeihen, weil sie alle Nährstoffe in ausreichender Menge für diese Pflanzenarten enthalten. Tritt aber in einem solchen sauren Boden Mangel an Nährstoffen ein, so kränkeln die Bäume. Das allmähliche Auftreten von ßohhumus in Waldböden dürfte auf Mangel an bestimmten Nährstoffen zurückzuführen sein, wodurch die normale Zersetzung der organischen Substanz beein- trächtigt wird. Manche saure Böden vermögen nur eine kümmer- liche Vegetation hervorzubringen, ja es gibt sogar saure Böden, auf denen gar nichts gedeiht. Als Beispiele hierfür sind mir be- kannt ein humusreicher Boden auf dem Eselsberg in der Ober- försterei Zellerfeld und kahle ßauchbloßen in der Nähe der Claus- thaler Silberhütte im Harz. Auf Zusatz von Kalk ist auf diesen Böden ein Wachstum ausgesäeter oder ausgepflanzter Waldbäume möglich. In sehr vielen Fällen ist Mangel an Kalk die Ursache schlechten Wachstums in sauren Böden, Auf Zusatz von Kalk 404 . ^^- WiELER: wachsen in den extrem sauren Moorböden Pflanzen, die ohne diesen Zusatz nicht wachsen wollen. Damit soll nicht gesagt sein, daß in allen Fällen nur ein Mangel an Kalk vorliegt. Daneben können auch andere wichtige Nährstoffe fehlen. Der saure Boden ist noch durch einen anderen Umstand aus- gezeichnet, durch die geringe Entwicklung der Mikroflora, die um so geringer zu sein scheint, je saurer er ist. Es ist das lange vom Moorboden bekannt, wirkt doch dieser Boden gerade zu konser- vierend. Ahnlich verhalten sich auch andere saure Böden, es kommen natürlich alle möglicJaen Abstufungen vor. Diese geringe Entwicklung der Bakterien in den sauren Böden hat man vielfach auf eine specifische Wirkung des Moorbodens geschoben, es dürfte sich aber vermutlich ausschließlich um eine Folge des Kalkmangels handeln. Denn, wie aus der Litteratur') ersichtlich ist, beanspruchen die Bakterien, welche für die Zerstörung organischer Substanz von Wichtigkeit sind, und die, welche dem Boden Stickstoff zu- führen, oder den Stickstoff in eine für die höheren Pflanzen auf- nehmbare Form überführen, einen beträchtlichen Kalkgehalt im Boden. Es geht das aus den Vorschriften für die Kulturmedien hervor, teils daraus, daß Azotohader nur aus ausreichend gekalkten Böden gewonnen werden kann. In diesen Fällen dürfte der Kalk eine doppelte Aufgabe im Boden haben; einmal ist er Nährstoff für die höheren Pflanzen, zweitens ermöglicht er den Mikro- organismen eine normale Entwicklung und wird damit indirekt wieder wichtig für die höheren Pflanzen. In den Kalkböden wird die organische Substanz schnell zersetzt, während diese Zersetzung um so langsamer vor sich geht, je kalkärmer die Böden sind. Es scheinen ganz wesentlich die Ansprüche zu sein, welche die einzelnen Pflanzenarten an Kalk stellen, eventuell auch die damit aufs engste zusammenhängenden Ansprüche an die Stickstoff- versorgung, welche es der einen Pflanzenart ermöglicht, auf einem Boden zu wachsen, auf der eine andere versagt. Unsere Acker- früchte sind durchgehends anspruchsvoller nach dieser Richtung hin als beispielsweise unsere Waldbäume. Diese gedeihen deshalb auf ziemlich saurem Boden noch recht gut, wo der Weizen nicht existieren kann. AVährend der saure Charakter der Streu, wie wir gesehen haben, für das Pflanzenwachstum an sich unschädlich ist, ist er für die Aufschließung des Bodens von der größten Bedeutung. Die Salze circulieren im Boden als sehr stark verdünnte Lösungen. 1) Lafar, Handbuch der Technischen Mykologie Bd. 3, 1904-6. Die Acidität der Zellmembranen. 405 Diese werden durch die organische Substanz zerlegt. Die freie Säure kann wieder neue anorganische Materialien in Lösung bringen, und so werden durch eine kleine Menge Säure mit der Zeit große Mengen mineralischer Stoffe gelöst. Ein schädliches Übermaß an freier Säure kann nicht auftreten, solange ausreichende Mengen kohlensauren Kalkes im Boden vorhanden sind. Eine geringe Menge freier Säure vermögen die Pflanzen ja auch zu vertragen, ein Übermaß wirkt schädlich. Bringt man zum Moorboden Gyps, so gehen die Pflanzen, welche sich anfänglich entwickelt hatten, zugrunde. Hatte man aber vorher oder gleichzeitig kohlensauren Kalk hinzugesetzt, so schädigte der Gyps nicht. Es handelte sich hierbei um Entbindung von Schwefelsäure, welche im zweiten Fall immer wieder durch den kohlensauren Kalk gebunden wurde. Die Absorption der Basen durch die organische Substanz ist aber auch noch nach der Richtung hin nützlich, daß dadurch die zu zersetzenden organischen Massen in enge Verbindung mit den für die Entwicklung der Mikroorganismen erforderlichen mineralischen Nährstoffen gebracht werden. Da sich die Pflanzenteile in bezug auf die Acidität im toten wie im lebendigen Zustande gleich verhalten, so müssen sich auch die Wurzeln im Boden wie die ihm zugesetzte Streu verhalten; sie müssen aus den Salzlösungen die Basen absorbieren und auf diese Weise ihren mineralischen Nährstoffbedarf decken. Unter Bezugnahme auf eine Theorie von MICHAELIS und auf die von den Colloiden bekannte elektrische Kraftäußerung stellt BaUMANjST folgende Hypothese über die Aufnahme mineralischer Nährstoffe durch die Pflanzen auf: „Die gequollene Zellhaut ist negativ elek- trisch; sie zieht hierdurch die Kationen der dissociierten Salzlösun- gen an und verwandelt sie in Hydrate, die sich durch Diffusion in die Zelihaut begeben und von da an die Orte des Verbrauches geleitet werden. Gleichzeitig müssen Reduktionswirkungen eintreten, die von dem Wasserstoff dieser Elektrolyse herrühren, Nach Sätti- gung mit Basen oder durch H-Ionen findet eine elektrische Um- ladung der Zellhaut statt, die es ermöglicht, daß Säuren diffundieren können. Durch die Umladung wird also die Nährstoffaufnahme selbstätig reguliert. Wurzelabscheidungen in Form organischer Säuren sind für die Nährstoff auf nähme nicht nötig, eher nachteilig^)." Zur Stütze seiner Hypothese beruft BaUMANN sich auf eine Beobachtung von STOCKLASA und ERNEST, die freien Wasserstoff 1) Die freien Humussäuren des Hochmoores S. 155 1. c. 406 Theo J. Stomps: an den Wurzeln auftreten sahen ^) und auf eine Notiz von SACHS, wonach sicli an den Wurzeln Braunstein niederschlug, als sie in eine Lösung von Kaliumpermanganat getaucht wurden^). Hierzu kann ich eine analoge Beobachtung mitteilen. Als in ein großes Gefäß mit AVasser, in dem sich Pflanzen von Vicia Faba befanden, etwas frisch gefälltes Kupfercarbonat geschüttet wurde, färbten sich die Wurzeln rot unter Einstellung ihres Längenwachstums. Nachdem das blaue Kupfercarbonat in grünes übergegangen war, wuchsen die Wurzeln weiter, ohne sich zu färben. Es wurde diese Beobachtung damals nicht weiter verfolgt; augenscheinlich handelte es sich hierbei auch um eine durch die Zellhaut bewirkte Re- ductionserscheinung. Die oberflächliche Abscheidung von Braun- stein aus einer Kaliurapermanganatlösung konnte ich übrigens auch an der oben erwähnten Nadelholzcellulose beobachten, als sie in die Lösung gebracht wurde. Aachen, Bot. Institut der Techn. Hochschule. 5i. Theo J. Stomps: Die Entstehung von Oenothera gigas de Vries. (Eingegangeu am 24. Juli 1912.) Bekanntlich weist die Oenothera gigas bei ihren Kernteilungen doppelt so viele Chromosomen auf als ihre Mutterart Oenothera Lamarckiayia. Diese merkwürdige Tatsache wurde von Miß LUTZ-') entdeckt, nachdem zuvor die diploide Chromosomenzahl von O. LamarcMana durch die Untersuchungen von GrATES^), Miß Lutz und GEERTS') auf 14 festgestellt worden war. Auch bei 1) Beiträge zur Lösung der Frage der chemischen Natur des Wurzel- sekretes. — PßlNGSHElMs Jahrb. f. wiss. Bot. 46 1909. 2) Handbuch der Experimentalphysiologie der Pflanzen 1865 S. 189. 3) Anne M. Lutz, A preliminary note on the chromosomes of Oeno- thera Lamarcldana and one of its mutants 0. gigas. Science, N. S., Vol. 26, S. 151—152, Aug. 1907. 4) R. B. Gates, Hybrldization and germcells of Oenothera mutants. Bot. Gaz., Bd. 44, S. 1- 21, 1907. 5) J. M. Geerts, über die Zahl der Chromosomen von Oenothera LamarcMana. Ber. d. D. Bot. Ges., Bd. 25, S. l'Ji— 195, 1907 und Bd. '^6a, S. 608, 1908. Die Entstehung von Oenothera gigas de Vries. 407 anderen OenotJiera- Arten ist letzteres der Fall; so bei Oenothera hiennis, \\o GATES ^) 14 Chromosomen zählte und 0. grandißora, wo BRADLEY Moore Davis 2) zum gleichen Resultat kam. Auch für die aus 0. Lamarckiana entstandenen Mutanten ist 14 die ge- Avöhnliche Zahl. GATES zählte dieselbe z. ß. bei 0. latx^), 0. ruhrinervis*), 0. laevifolia^) und 0. nanella''). Miß LUTZ fand die gleiche Zahl bei 0. ohlonga, 0. albida und 0. nanella '). 0. gigas macht also eine Ausnahme von dieser Regel. Diese Mutation ist 1895 in den Kulturen von DE YRIES entstanden aus im Jahre 1891 durch Selbstbestäubung von 0. Lamarckiana gewonnenen Samen. Miß Lutz untersuchte die Wurzelspitzen und fand, daß bei den vege- tativen Teilungen 28 (bisweilen auch 29) Chromosomen anwesend sind. Dieses wurde von GATES "), der die Pollenmutterzellen studierte, bestätigt. O. gigas ist also von der Mutterart und den übrigen Mutanten durch eine verdoppelte Chromosomenzahl unter- schieden. Im Pflanzenreich kommt es öfters vor, daß Arten sich durch eine doppelte Chromosomenzahl von nahe verwandten Arten desselben Geschlechts unterscheiden. Der Fall von Oenothera gigas ist aber deshalb besonders interessant, weil wir den Zeitpunkt kennen, wo die Verdoppelung stattgefunden haben muß. Darüber, daß die Verdoppelung einer Längsspaltung der Chromosomen ihre Entstehung verdankt, wurde man bald einig. Gates ■■') vertrat diese Meinung in seiner Mitteilung „The stature and chromosomes of Oenothera gigas de Vries". Bald darauf schloß sich ihm STRASBURGER'") in seiner Arbeit „Chromosomenzahl** an. Seitdem nimmt man allgemein an, daß sogenannte tetraploide DR. R. Gates, Further Studies of Oenotheran cytology. Science, N. S.. Vol. 29, S 269, Febr. 1909. 2) BRADLEY Moore Davis, Cjtological Studies on Oenothera. I. Pollen- clevelopment of Oenothera grandiflora. Annais of Botaoy, Vol XXIII, No. XCII, Oct. 1909. 3,1 R. R. Gates, Pollendevelopment in hybrids of 0. lata X 0. La- marckiana and its relation to mutation. Bot. Gaz., Bd. 43, S. 81—115, 1907. 4) R. R. Gates, A. study of reduction in Oenoihera riibrinervis . Bot. Gaz., Bd. 46, S. 1—34, Jul. 1908 5) R. R. Gates, Science, 1. c, Febr. 1909. 6) R. R. Gates, The chromosomes of Oenothera. Science, N. S., Vol. 27, S. 193—195, Jan. 1908. 7) Anne M. Lutz, Chromosomes of the somatic cells of the Oeno- theras. Science, N. S., Vol. 27, S. 335, Febr. 1908. 8) R. R. Gates, Science, 1. c, Jan. 1908. 9) R. R. Gates, Archiv für Zellforschung, Bd. 3, Heft 4, 1909. 10) E. Strasburger, Chromosomenzahl. Flora, Bd. 100, 1910. 40b Theo J. Stomps: Sporophvten möglich sind, was übrigens ROSENBERG^) schon früher behauptet hatte auf Grund seiner Untersuchungen an Drosera longifoUa. Bekauntlicli weist diese Art doppelt so viele Chromosomen auf als die nahe verwandte Drosera roUmdifolia. ROSENIJERG nahm hierzu an, daß die Drosera longifoJia in ihren Kernen vier Chromosomensätze führt, wie Drosera rotundifölia deren nur zwei hat. Er konnte seine Auffassung beweisen durch ein Studium der Reduktionsteilung beim Bastard zwischen Drosera longifolia und Drosera rotiindifoV/a. Hier treten die 10 Botnitdifolia- Chromosomen mit 10 der 20 LongifoUa-Chromosomen zu Paaren zusammen, während die übrigen 10 XoM^^/öZ/rt-Chromosomen will- kürlich über die beiden Pole der Reduktionsspindel verteilt werden. Ahnliche Erscheinungen stellte GEERTS '^) fest bei einer Unter- suchung der Reduktionsteilüng bei einem Bastard zwischen Ocno- thera gigas und (). Lamarchiana. Hier findet Paarung zwischen den 7 Lamarchiana-G\\rom.os,om.&n und 7 von den 14 von 0. gigas herrührenden Chromosomen statt. Die übrigen 7 Gigas-Ghxom.o- somen werden ohne Paarung so über die beiden Tochterkerne der heterotypen Teilung verteilt, daß in der Regel 3 Chromosomen nach der einen Seite, 4 nach der anderen Seite wandern. Ab- weichungen in der Verteilung dieser Chromosomen, welche man Extrachromosomen nennen könnte, wurden sowohl von ROSEN- BERG als von GEERTS beschrieben. Damit wollen wir uns aber nicht weiter beschäftigen. Hauptsache für uns ist, daß man all- gemein annimmt, daß die Verdoppelung der Chromosomenzahl bei der Entstehung von 0. gigas durch eine Längsspaltung statt- gefunden hat und daß folglich 0. gigas in ihren Kernen vier Chromosomensätze führt, wie 0. Lamarchiana deren nur zwei aufweist. Über die wichtige Frage jedoch, wo die Verdoppelung bei der Entstehung von 0. gigas eingetreten war, wurde zunächst keine Einigkeit erreicht, GATES setzte als wahrscheinlich voraus, daß in einem befruchteten, noch ungeteilten Ei oder jedenfalls kurz nach der Befruchtung eine Kernteilung ohne darauf folgende Zell- teilung stattgefunden hatte. STRASBÜRGER war derselben Meinung. Gates nahm dazu noch an, daß die Verdoppelung den Charakter einer zufälligen Erscheinung hatte. „It appears to be rather of 1) 0. Rosenberg, Oytologische und morphologische Studien an Drosera longifoUa X rotundifölia. Königl. Sv. Vet.-Akad. Hand]., Bd. 43, 1909, Nr. 11, S. 1-63. 2) J. M. Geerts, Cjtologische Untersuchungen einiger Bastarde von Oenothera gigas. Ber. d. D. Bot. Ges., 1911, Bd. XXIX, Heft 3. Die Entstehung von Oenothera gigas de Vries. 409 tlie nature of an incidenfc among evolutionary plienomena", sagt er am Schlüsse seiner oben citierten Arbeit im Archiv für Zell- forschung. Die Unterschiede zwischen Oenothera Lamarckiana und 0. gigas betrachtete er als Folgen der Verdoppelung; m. a. W., in den Kernen von 0. gigas würden die nämlichen Eigenschaften an- wesend sein, wie in denen von 0. Lamarckiana, nur bei ersterer in doppelter Zahl. Dies geht hervor aus seiner Äußerung: „The doubling of the chromosome number in 0. gigas is to be looked upon merely as a duplication of the chromosome set already present in 0. Lamarckiana. There is no evidence that anj new Unit characters have been added or that anything really new has come into the germ plasm')." Die kräftigere Gestalt von 0. gigas würde dann einfach dadurch herbeigeführt werden, daß ihre in bezug auf die der 0. Lamarckiana doppelte Chromosomenzahl eine Vergröße- rung der Zellen bewirkt, ungefähr in einem Verhältnis, wie es BOVERI und MaRCHAL in ihren bekannten Versuchen gefunden haben. „In 0. gigas we have an organism built of bricks which are larger and whose relative dimensions are also altered in some cases. These two factors will apparently account for all the diffe- rences between 0. gigas and 0. Lamarckiana^). ^^ Auf Grund theoretischer Erwägungen bin ich dann dieser Auffassung entgegengetreten'') und habe zu beweisen versucht, daß die Verdoppelung schon vor der Befruchtung eingetreten sein muß, in den beiden Keimzellen, aus deren Zusammenwirkung die 0. gigas hervorging. Eine Verdoppelung der Chromosomenzahl, welche sich durch zahlreiche Generationen erhält, wie das bei 0. gigas der Fall ist, kann unmöglich zufälliger Natur sein. Ihr muß ebensogut wie dem Entstehen jeder andren neuen Eigenschaft eine Mutation zugrunde liegen. In einer befruchteten Eizelle wird eine solche Verdoppelung nie eintreten, wenn nicht wenigstens eine der beiden Keimzellen die Eigenschaft dazu mitgebracht hat, also mutiert war. Aber dann liegt es näher, anzunehmen, daß diese mutierte Keimzelle selbst schon infolge der Mutation zum Besitze einer doppelten Chromosomenzahl gelangt war. Am wahr- scheinlichsten ist es also, daß die 0. gigas durch das Zusammen- treffen zweier Keimzellen entstand, die beide in ihren Kernen schon eine im Verhältnis zur gewohnten verdoppelte Anzahl Chro- mosomen führten. Als Argument für meine Auffassung kann ich 1) R. R. Gates, Arch. f. Zellf., Bd. 3, Heft 4, 1909, S. 547. 2) R. R. Gates, 1. c, S. 543. 3) Theo. J. Stomps, Kemdeeling en sjnapsis bij Spinacia oleracea L Amsterdam, 1910, S. 62—64. 410 Theo J. Stomps: noch eine Mitteilung von GEERTS anführen, aus welcher zu schließe a ist, daß von Ocnothcra Lamarckiima bisweilen Keimzellen mit einer doppelten Chromosomenzahl erzeugt werden. GEERTS zählte nämlich einmal in der heterotypen Spindel einer Embryo- sackmutterzelle nicht 14, sondern 28 Chromosomen i). Ich habe dann weiter darauf hingewiesen, daß meine Anschauung in Über- einstimmung ist mit den herrschenden Vorstellungen über den Ur- sprung der Mutationen. Nach der Ansicht von DE VRIES^) muß dem Auftreten einer Mutation ein Mutieren der Eizellen oder der Pollenkörner der Mutterpflanze vorangehen. Da mvitierte Keim- zellen offenbar selten sind, werden nur ausnahmsweise zw^ei im gleichen Sinne mutierte Keimzellen einander befruchten. „Jede sichtbare Mutation", sagt DE VRIES^) „muß in unsrem Beispiele somit als Bastard zwischen einer mutierten und einer nicht mutierten Sexualzelle entstanden sein, wenn wir von dem seltenen Zusammentreffen zweier mutierten Zellen absehen". Die Möglich- keit bleibt aber offen, daß zwei im gleichen Sinne mutierte Keim- zellen zufälligerw^eise zusammenkommen. Somit paßte sich meine Auffassung über den Ursprung von 0. giyas in schönster Weise der von DE VRIES gegebenen Vorstellung bezüglich der Ent- stehung von Mutationen im allgemeinen an. Für meine Ansicht sprach im Zusammenhang mit dem zuletzt Besprochenen gleich- falls die Tatsache, daß 0. gigas nur außerordentlich selten in die Erscheinung getreten ist. Mit Sicherheit wurde sie in den Kul- turen von DE VRIES sogar nur einmal wahrgenommen, und während für andere Mutanten von DE VrIES der Mutations- Koeffizient 1 oder 0,1 gefunden worden ist, war derjenige von 0. gigas nur höchstens 0,01. Was nun die Ansicht GATES' über die Unterschiede zwischen 0. Lamarchiana und 0. gigas betrifft, so ist es klar, daß ich auf Grund meiner Auffassung über die Entstehung von 0. gigas diese gleichfalls nicht zu teilen vermochte. GATES selbst machte übri- gens in einer Fußnote in seiner diesbezüglichen Arbeit die Be- merkung*): „The possibility must, however, be recognized, that other changes took place at the same time as the doubling of the chromosomes." Und in einer neueren Arbeit über die Pollenbildung 1) J. M. GEERTS, Beiträge zur Kenntnis der Cytologie und der partiellen Sterilität von Oenotliera Lamarckmna. Rec. d. Trav. Bot. Neerl., Vol. V, Livr. 2—4, 1009, S. 144. 2) Hugo de VRIES, Die Mutationstheorie, Bd. II, 1903, S. 504. 3) Hugo de Vries, 1. c., S. 504. 4) R. R. Gates, 1. c, S. 547. Die Entstehung von Oenothera gigas de Vries. 411 bei Oenoihera gigas gibt er sogar zu, daß') „it further seems prob- able, though not certain, that whenever in the life cycle the duplication in the number of chromosomes occurred in 0. gigas other simultaneous changes took place in the germ-plasm". In der Tat muß letzteres als wahrscheinlich angenommen werden. Denn es ist sehr schwer, wenn nicht unmöglich , alle Unterschiede zwischen 0. gigas und 0. Lamarckiana zu erklären durch die bloße Annahme, daß erstere die Eigenschaften der letzteren in doppelter Zahl besitzt. Denn wie kann dies zur Folge haben, daß bei 0. gigas ein so viel größerer Prozentsatz der Individuen erst im zweiten Jahre zur Blüte gelangt als bei 0. Lamarchiana ? Wie, daß die Samen der 0. gigas so viel leichter keimen als die der Mutterart? AVie die kleineren Früchte, die kürzeren Internodien und das Aufwachsen der Achselknospen am Stengel? Wie würde man nach dieser Hypothese erklären können, daß die Blätter der Keimpflanzen von 0. gigas rund, doch die der 0. Lamarchiana länglich und zugespitzt sind, während bei den Keimlingen des Bastards zwischen diesen beiden Pflanzen die Blätter die abge- rundete Basis vom einen Elter haben und doch zugespitzt sind wie beim andern? Gegen die Auffassung, daß die Unterschiede zwischen 0. gigas und 0. Lamarckiana erklärt werden können aus einer Verdoppelung derjenigen Erbeinheiten, welche in den Kernen der 0. Lamarckiana verbunden sind, habe ich dann noch folgendes hervorgehoben. Gates begegnete unter Bastarden zwischen 0. lata und 0. gigas einmal einem Exemplar, das 20 anstatt der erwarteten 21 Chromo- somen in seinen Kernen führte ^j. Dies könnte vielleicht erklärt werden aus der Wahrnehmung GATES', daß bei der Reduktions- teilung von 0. gigas bisweilen in der Spindel der heterotjpen Teilung ein Chromosom nach der falschen Seite wandert ^). Jedenfalls zeigt es uns, daß Bastarde, welche gewöhnlich 21 Chro- mosomen bei den vegetativen Teilungen aufweisen, deren bisweilen eins zu wenig taben. Betrachten wir jetzt den Bastard zwischen 0. gigas und 0. Lamarckiana. Dieser ist intermediär zwischen den beiden Eltern und konstant-*). Dies stimmt mit der ursprünglichen 1) R. R. Gates. Pollen-Formation in Oenothera gigas. Ann. of Bot., Vol. XXV, Nr. C, Okt. 1911, S. 934. 2) R. R. Gates. The behavior of the chromosomes in Oenofkera lata X O. gigas. Bot. Gaz., Vol. XLVIII, Nr. 3, Sept. 1909. 3) R. R Gates, 1. c, Archiv für Zellf., Bd. 3, Heft 4, 1909. 4) Hugo de Vries, Bastarde von Oenothera gigas. Ber. d. D. Bot. Ges., Bd. XXVI a. Heft 10, 190S. 29 Ber. der deatschen bot. Gesellsch XXX. ^^ 412 Theo J. Sto.mi's: Auffassung GATES'. Bei 0. Lamarckifoui zählt man 14 Chromo- golnen, bei (K !/((■'< -8, beim Bastaid 21, also 7 weniger als bei 0. (i'igas. Da nach GATES die doppelte Chromosomenzahl der (>. (/i(/a.< die Ursache der kräftigeren Gestalt ist, muf} eine Ver- minderung der Anzahl Chromosomen, welche 0. gigns mehr hat als (). LamarcJciann, auf die Hälfte, auch zur Folge haben, daß die Unterschiede zwischen diesen beiden Arten im Bastard zur Hälfte zurückgebracht werden. Aber wenn es nun auch Exemplare mit 20 Chromosomen gibt, müssen diese noch mehr der 0. Lamarckiana ähnlich sein, und so würde ein Beet vom Bastard zwischen 0. Lamarckiana und 0. gigas keinen gleichförmigen Anblick bieten, was jedoch der Fall ist. So kam ich also zum Schluß, daß zwar die kräftigere Gestalt voü 0. gigas im Vergleich mit 0. Lamarckiana mit der verdoppelten Anzahl von Chromosomen zusammenhängen könnte, daß man aber nicht das Recht liat, anzunehmen, daß in den Kernen der ersteren einfach 4 Chromosomensätze vorkommen, wie deren bei 0. La- marckiana nur zwei anwesend sind. Jetzt können wir als weiteres Argument noch die Befunde GEERTS' an einigen Bastarden von (). gigas anführen. GEERTS i) zählte in den vegetativen Kernen eines Individuums der zweiten Generation von O. gigas X 0: Lamarckiana nur 14 Chromosomen. Wie oben bemerkt wurde, ist aber Oenothera gigas X 0- Lamarckiana ein konstanter inter- mediärer Bastard. Dieses Individuum war also den Pflanzen der ersten- Generation in allen Punkten ähnlich, zeigte gleichfalls die Merkmale der O. gigas und führte doch in seinen Kernen 7 Chro- mosomen w^eniger. Gelegentlich einer Untersuchung von Keim- wurzeln aus Samen der vierten und fünften Generation von 0. gigas X 0. Lamarckiana konnte ich diese Mitteilung GEERTS' bestä- tigen. In mehreren Kernplatten wurden die Chromosomen gezählt: iiiamer ergab sich ihre Zahl als 14. Wenn wir jetzt noch bedenken, daß Riesenformen wie die (J. gigas öfters im Pflanzenreich vor- kommen und daß nach einer Mitteilung von GREGORY '') bei einer solchen Riesenform von Primula sinensis die Chromosomenzahl nicht verdoppelt ist, obgleich die Zellen größer sind, so ist es jetzt noch wahrscheinlicher geworden, daß wir die Unterschiede zwischen 1) J. M. Geerts. Ojtologische Untersuchungen einiger Bastarde von Oenothera yigas. Ber. d. D. Bot. Ges., Bd. XXIX, Heft 3. 191 J. 2) R. P. Gregory. Note on the Histology of the Giant and Ordinär j Forms of Primula sinensis. Proc. Camb. Phil. Soc, XV, III, 1909. Die Entstehung von Oenothera gigas de Vries. 413 0. gigas ^ und 0. Lamarckiana betrachten müssen als Folgen der nämlichen Mutation, durch welche auch die Verdoppelung der Chromosomenzahl bedingt wurde. In meiner oben genannten Arbeit konnte ich meine Auffassung, daß Oenothera gigas durch das Zusammentreffen zweier mutierten 14-chromosomigen Keimzellen entstanden war, nicht beweisen. ,.If this were the method of origin one would also expect to find mutants occurring with 21 chromosomes", sagt GATES'). Diese wai-en aber damals nicht bekannt, und ich konnte nur darauf hin- weisen, daß es nicht ausgeschlossen war, daß dergleichen Mutanten aufgetreten waren. 0. gigas ist in Amsterdam noch zweimal wahr- genommen, im Jahre 1898 als Mutant von 0. suhUnearis und im Jahre 1899 aus^ 0. Jata X hirtella^). Diese beiden Exemplare waren aber »steril und brachten keine Samen hei vor. Es ist also fraglich, ob sie wirklich 0. gigas waren, besonders weil in jener Zeit der Bastard zwischen 0. gigas und 0. Lamarcliiayia noch nicht von 0. gigas unterschieden wurde. Dies geht daraus hervor, daß J3E Vries sagt^), 0. Lamarckiana mit 0. gigas gekreuzt und dabei nur 0. gigas als Bastard erhalten zu haben. Es war also nicht unmöglich, daß die beiden betreffenden Individuen wirklich Mu- tauten waren, die nur 21 Chromosomen in ihren Kernen führten. Nach mündlicher Mitteilung von Herrn Prof. DE VRIES sind nun dergleichen vermutliche „halbe Mutanten", welche natürlich die Statur des Bastards zwischen 0. Lamarckiana und 0. gigas haben müssen, auch später wiederholt aus rein bestäubten Samen von 0. Lamarckiana entstanden. Im vergangenen Sommer wurde nun wieder ein solches Individuum auf einem Lamarckiana-Beet entdeckt. Ich benutzte die Grelegenheit, um junge Knospen zu fixieren und zwar mit einer mittelstaiken FLEMMINGschen Lösung und mit Alkohol-Eisessig nach CaRNOY. Letztere Fixierflüssig- keit gab mir, ebensowenig wie bei meinem Biexnis-'Katensd, die bei der Färbung erwünschten Resultate. Das in FLEMMING ein- gelegte Material gab dagegen gute Präparate. Die Färbung wurde mit Eisenhämatoxylin nach HEIDENHAIN vorgenommen. Im meri- stematischen Gewebe der jungen Knospen traf ich mehrere Kern- platten an. Immer ergab sich die Zahl der Chromosomen in diesen als 21. Somit ist jetzt die Tatsache festgestellt worden, das 0. 1) R. R. Gates, 1. c, Arch. f. Zellf., Bd. 3, Heft 4, 1909, Sr-644.-' 2) Die Mutationstheorie. '. Bd, 1, S. 231. 3) Die Mutationstheorie. Bd. 2, S. 420. 29* 414 Theo J. Stomps: Lmnarchiam Mutanten mit 21 Chromosomen hervorzubringen im- stande ist. Ich nenne diese Oemthera Lamarckiana sem'igkjas. Da- mit ist zu gleicher Zeit bewiesen, daß (). girjas durch das Zu- sammenkommen zweier Keimzellen mit je 14 Chromosomen ent- standen sein muß. Von Wichtigkeit war es zunächst, für die (). sem/f/igas den Mutationskoeffizienten zu bestimmen. Aus ihm würde sich dann der Mutationskoeffizient für (). gigas in einfacher Weise ableiten lassen. Offenbar ist ein Mittel dazu, große Kulturen von 0. La- marckiana aus durch reine Selbstbestäubung gewonnenen Samen zu züchten und die Semigigas-lnd'ividnen zu zählen. Aber es gibt einen andren Weg, den ich jetzt beschreiben w^erde. Im zweiten Band der Mutationstheorie, S. 61, wird eine Kreuzung beschrieben zwischen 0. Lamarckiana und (). muricata. Zum größten Teil sind die aus dieser Kreuzung hervorgehenden Keimlinge gelblich. Diese kommen bald zum Sterben, und nur wenige Individuen bleiben am Leben. Dasselbe ist nach münd- licher Mitteilung von Herrn Prof. DE VRIES der Fall, wenn man anstatt der 0. muricata, 0. cruciafa '^utt oder eine unter dem Namen 0. MiUersi nov. Sp. im Versuchsgarten von DE VRIES kultivierte Art für die Kreuzung benutzt. Ebenso wie 0. Lamarckiana geben auch die meisten Mutanten, wie 0. ruhrinervis und 0. lata, mit den drei genannten Arten bestäubt, hauptsächlich gelbliche, bald ab- sterbende Keimpflanzen. 0. gigas benimmt sich aber anders: wenn man diese Art in der genannten Weise bestäubt, bekommt man ausschließlich grüne Keimlinge, Hier hat man also ein Mittel, um den Mutationskoeffizienten von 0. semigigas in einfacher Weise zu bestimmen. Wenn eine Eizelle der Mutterpflanze, sei sie von 0. Lamarckiana oder 0. ruhrinervis oder O. lata, in 0. gigas mutiert ist und somit die doppelte Chromosomenzahl führt, wird sie mit dem Pollen von 0. muricata oder 0. criiciata oder 0. MiUersi be- fruchtet, eine grüne Keimpflanze geben. Unter den aus den be- schriebenen Kreuzungen hervorgehenden seltenen grünen Pflanzen wird man also leicht die Individuen mit 21 Chromosomen finden können. Tatsächlich unterscheiden sich unter diesen grünenlndividuen vielfach Exemplare durch eine besonders kräftige, an Bastarde von 0. gigas erinnernde Gestalt. Deshalb war es wünschenswert, sie mit einem besonderen Namen zu belegen und dafür empfiehlt sich der Name Hero, den DARWIN^) schon für durch stärkeren Wuchs ausgezeichnete Exemplare von Ipomoea piirpurea benutzt hat. 1) Ch. Darwin, The effects of Gross- and Seif- Fertilization in the Vegetable Kingdom, London, 1876. Die Entstehung von Oenothera gigas de Vries. 415 Im vergangenen Sommer fixierte ich von zwei solchen Hero- Pflanzen junge Blütenknospen. Im meristematischen Gewebe zählte ich in zahlreichen Kernplatten immer 21 Chromosomen. In diesem Jahre war das Verfahren ein etwas anderes. Acht wie Jiero-Individuen aussehende Keimpflanzen aus Kreuzungen zwischen 0. LamarcJciana, 0. rnbrinervis oder 0. lata einerseits und 0. cruciata andererseits wurden in Töpfe gestellt. Infolgedessen war es leicht, in einem etwas weiter fortgeschrittenen Stadium Wurzelspitzen zu fixieren. Das Material wurde immer in FLEM- MINGsche Lösung eingelegt und die 10 fi dicken Schnitte mit Eisenhaematoxylin nach HEIDENHAIN gefärbt. Bei allen diesen /:?ero- Pflanzen ergab sich als Chromosomenzahl 21. Eine dieser Pflanzen war besonders interessant. Sie trat aus einer im Jahre 1903 von DE Vries gemachten Kreuzung zwischen 0. LamarcJciana und 0. crucjata auf und zwar aus dem einzigen am Leben ge- bliebenen Samen. Schon das deutete auf eine kräftigere Natur hin. Außer bei diesen zehn jöero-Individuen habe ich noch bei einem elften aus einer etwas abweichenden Kreuzung die Chromo- somenzahl bestimmt und für dieselbe gleichfalls 21 gefunden. Es war ein /iero-Exemplar, das im vorigen Jahre auftrat in einer Kreuzung zwischen der Velutina aus 0. LamarcJciana und 0. hiennis Chicago, und 0. Millersi, und von dem ich Blüten-Material fixiert hatte. Im ganzen habe ich also bei 11 7/ero-Individuen die Chro- mosomenzahl 21 angetroffen. Da die 0. miiricata, cruciata und Millersi 14 Chromosomen als diploide Zahl in ihren Kernen führen, Avie ich gleichfalls festgestellt habe, und in ihren Keimzellen somit nur 7 Chromosomen vorhanden sind, kann diese Zahl 21 nur durch das Auftreten von Keimzellen mit 14 Chromosomen bei 0. La- marckiana bzw. 0. ruhrinervis oder 0. lata erklärt werden. Nach mündlicher Mitteilung von Herrn Prof. DE VRIES treten unter 1000 Keimlingen in den genannten Kreuzungen etwa 3 Jiero- Individuen auf. Daraus läßt sich schließen, daß bei 0. La- marcJciana bzw. einigen ihrer Mutanten unter 1000 Eizellen drei 14 Chromosomen aufweisen, und, wenn man annimmt, daß das- selbe bei den Pollenkörnern der Fall ist, daß der Mutationskoeffi- zient von 0. semigigas ungefähr 0,6 pCt. ist. Somit kann man unter 1 000 000 ZmnrtrcÄ/awa-Pflanzen nur 9 wirkliche Gigas- Pflanzen erwarten, oder mit anderen Worten, der Mutationskoeffi- ^ . „ „.., 0.3 0.3 0.09 , zient von 0. gigas muß ungefähr ^^ x ^^ — ^qqöö ^^^^ 0,0009 pCt. betragen. 416 Jahoslay Peklo: Fassen wir das in diesem Aufsatz Mitgeteilte zusammen, so sehen wir, daß die Oenotliera hamarchiana imstande ist, Keim- zellen mit 14 Chromosomen zu erzeugen. Hieraus können Mu- tanten mit 21 Chromosomen entstehen. Ich nenne diese 0. La- marckiana scmigigas. Der Mutationskoeffizient dieser Mutanten beträgt ungefähr 0,6 pCt. Es ergibt sich daraus eine Methode, den Mutationskoeffizienten . von (). ghjas selbst zu berechnen. Denn nimmt man an, daß diese durch das Zusammentreffen zweier Keimzellen mit je 14 Chromosomen entstanden ist, so muß ihr Mutationskoeffizient das Quadrat von 0,3 pCt. und somit 0,0009 pCt. betragen. 52. Jaroslav Peklo: Über symbiotische Bakterien der Aphiden. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 25. Juli 1912.) In der letzten Zeit ist eine Reihe von Arbeiten erschienen, duich w^elche zahlreiche Fälle von der Symbiose zwischen In- sekten und verschiedenen Mikroorganismen festgestellt worden sind (vgl. z. B. SULC, PlERANTONI und die Zusammenstellung von P. Buchner 19 12). Die betreffenden Insekten gehören giößten- teils zu den Homopteren, es sind Aphiden, Cocciden, Psylliden, Ci- caden; ihnen schließen sich Blattiden, einige Ameisen und von Käfern Anobium paniceum an. Bei den Blattiden sind es Bakterien, die in die symbiotischen Beziehungen zu ihren Wirtstieren ein- treten; die Symbionten von den übrigen Gruppen werden meistens als Hefen beschrieben. Ihre Wohnstätten im Körper der Insekten sind die Hämolymphe, das Fettgewebe und eigentümliche Zellen, die als Mycetom oder Mycetocyten bezeichnet werden. Die letzt- genannten Gebilde stellen Gruppen von Zellen vor, welche schon in der Embryogenie der betreffenden Arten von anderen Geweben sich scharf unterscheiden lassen und dicht von Zellen der Mikroben angefüllt sind. Sie täuschen mit ihren Ansiedlern ein so einheit- liches Ganzes vor, daß sie eine lange Zeit von Zoologen für ganz bestimmte Organe der Insekten gehalten wurden, analog z. B. dem Herzen, dem Darm usw., und Pseudovitellus, sekundärer Dotter tD Über symbiotische Bakterien der Aphiden. 417 genannt wurden. In der Ttit erschienen sie in einigen Fällen von einem Kranz von Glykogen speichernden Zellen umgeben, werden oft. auf eine sehr sonderbai-e Weise von einem Ti'acheenbüschel begleitet, so daß sie den Eindruck von einem recht spezifischen Organ machen können. Erst in der letzten Zeit ist es SULC und PlERANTONI gleichzeitig gelungen, ihre körnchenartigen Einschlüsse als Kolonien von endophytischen, hefeartigen Mikroorganismen zu enträtseln. Einioe von diesen svmbiotischen Mikroben sollen auch schon in Reinkulturen vorliegen, über ihre vermutliche Funktion und die Bedeutung für das Insekt sind wir aber noch im un- klaren Der E,efei-ent hat unlängst (PEKLO, Die Assimilation des Luftstickstoffs in Schwarz wäldera, Biologische Blätter 1912, böhm.) einen Teil seiner Studien über epiphytische Mykorrhizen der Fichte abgeschlossen. Er hat diese Gebilde in sehr großen, uner- warteten Mengen in Fichtenwäldern vorgefunden. Es ist ihm ge- glückt, einige von ihren Pilzen zu isolieren; diese haben, in den speziellen Kulturen darauf geprüft, die Fähigkeit erwiesen, elemen- taren Stickstoff zu assimilieren. Die von den Mykorrhizen herge- stellten Schnittserien haben endlich gezeigt, daß der Pilz in den Geweben der Wirtspflanze in einem ausgedehnten Maße auch endophytisch und zwar typisch und regelmäßig vorkommt, und daß er daselbst auch einer weitgehenden Verdauung unterliegt. Die ektotrophen Charaktere treten sogar bei den Fichtenmykorrhizen oft in den Hintergrund, ihr Hauptcharakter liegt in dem Endo- phytismus, und ihre sehr wahrscheinliche Bedeutung in der Bin- dung des Luftstickstoffs, welche Naturerscheinung demgemäß eine noch weitere Verbreitung besitzen dürfte als dies bis jetzt ange- nommen wird. Der Gedanke lag nun nahe, auch bei der genannten Symbiose der Aphiden, bei welchen eben die den Hefen ähnlichen Kom- ponenten typisch im Plasma eingeschlossen liegen — den Bakterien in den Leguminosenknöllchen ähnlich — und wo also auch ein typischer Fall von der Endobiontie vorkommt, nach ähnlichen Be- ziehungen zu suchen. Die Idee war um so mehr bestechend, als die Aphiden bekanntlich Insekten sind, deren Vermehrung erstaun- lich ist und deren Vertreter sich von zuckerreichen Säften er- nähren, welche größtenteils — wie dies z. B. bei Blattläusen des Honigtaus der Fall ist — von schon älteren Blättern herrühren; solche Blätter sind da imstande, hauptsächlich nur die durch die Kohlensäureassimilation gewonnenen Kohlenhydrate ihnen zu liefern. Seitens des Herrn Prof. NemEC wurde nun der Peferent 418 Jaroslav Perlo: darauf aufmerksam gemacht, dali im Körper der Aphiden, welche auf Acer lÄaianoidcs den bekannten Honigtau verursachen, ©ine Menge Stäbchenbakterien vorzukommen pflegt. Der Fall wurde seinerzeit (1889, 1890) von KRASSILSCHTSCHIK näher verfolgt, der B-eferent kann seine Angaben nur bestätigen. Die Bakterien erscheinen regelmäßig in einem Teil des Magens, dem sog. Chylus- magen. Sie ließen sich ziemlich leicht isolieren, als der Referent für das Nährmedium verdünnte Bouillon mit 6proz. Saccharose gewählt hatte, (llohrzucker wurde aus dem Grunde genommen, weil in den Ahornblättern, an deren Oberfläche der Honigtau sich bildet, diese Zuckerart in einer großen Menge angehäuft wird. Tgl. VON RATTMER, Über die Zusammensetzung des Honigtaus und über den Einfluß an Honigtau reicher Sommer auf die Be- schaffenheit des Bienenhonigs. Zeitschrift für analytische Chemie 1891, 33, S. 398.) Als ein verläßliches Mittel zur Identifizierung der Spezies haben sich charakteristische „Involutionsformen" be- währt, die sowohl in älteren Blattläusen als auch in Reinkulturen in großen Mengen erscheinen. Bei dieser Gelegenheit wurde es auch versucht, den Mycetom- „Pilz" zu isolieren. Es gelang dies mit Hilfe von derselben Flüssigkeit, als in ihr je eine jüngere, mit der Flamme abgesengte Aphide mit einem sterilisierten Glasstab zerdrückt wurde. Nach 3 Tagen hat sich in zwei Kölbchen ein Bodensatz gebildet, und als aus einem von demselben ein Teil des Impfstückes mit einer Kapillare aufgefischt wurde, hat es sich unter dem Mikroskope mit aller Klarheit gezeigt, daß aus den Mycetocyten die Endo- symbionten herausgesproßt waren. Es sind ziemlich kleine, . kreisrunde, manchmal aber viel- kantige Kügelchen, welche, mit einer dünnen Membran versehen, im Plasma der Mycetocyten liegen (BÜCHNER. S. 58, Tafel I). Und auch in der Kultur erschienen sie in der Form von runden, in größeren Kolonien vielkantigen Gebilden, welche sich durch Einschnürung teilten und große Mono-, Diplo- und Streptokokken bildeten. Durch Zwei- und Vierteilung entstanden öfters auch Sproßverbände. Auf dem mit Bouillon und Saccharose herge- stellten Agar wachsen sie schnell und üppig als typische Bakterien und zeigen sich mit einer Gallertscheide umgeben. Ihre Struk- turen, sowie einige Merkmale, die in den Reinkulturen aufgetreten sind, machen es sehr verdächtig, ob sie nicht zum Genus Azoto-. bacter gehören. Das dürfte selbstverständlich nur zur Erhärtung der geäußerten Meinung, wonach der Sinn von dieser Insekten- symbiose in der Assimilation des elementaren Luftstickstoffs zu über symbiotische Bakterien der Aphiden 419 suchen wäre, beitragen, denn es ist von den Azotohader- AvtQn nur ein Azotob. Woodsfownii bekannt, an dem die Befähigung zur Stickstoffbindung vermißt wurde^). Was für eine Verbreitung diesem Bakterium bei den Aphiden zukommt, hat der Referent nicht näher untersucht. Außer in der gelblichgrünen ÄjiJiis-Art, welche er auf dem Acer platanoides ge- funden hat, hat er eine ganz ähnliche Form auch bei Schisoneura lanuginosa gesehen. In Eiern von demselben Insekt wurden außer- dem an dem Bakterium charakteristische Formveränderungen, die an die Verschrumpfung oder überhaupt an die Degenerations- erscheinungen erinnerten, gesehen. A priori darf übrigens kaum auch den anderen, den Hefen ähnlichen Endosymbionten der Ho- mopteren die Befähigung zur Bindung des Luftstickstoffs abge- sprochen werden, hat doch unlängst u. a. ZiKES und KOSSOWIÜZ (Zeitschrift für Gärungsphysiologie, 1912, S. 252) für mehrere Saccharomyceten und Schimmelpilze, welche durch hefeartige Aus- sprossungen sich vermehren, dieselbe Fähigkeit festgestellt. Prag, Pflanzenphysiologisches Institut der k. k. böhm. Universität. 1) Andererseits dürfte auch ein wie Mikrokokkus aussehendes Bakterium, welches in großen Mengen zwischen den Zellen der Kolonien von Polycijstls aeniginosa vorkommt, eine kleine Azoiobacter- Art vorstellen. Der Verfasser hat ihn auf die Weise von der Alge getrennt, daß er ihm als Kohlenstoff- quelle in stickstoffarmen Medien Glykogen dargeboten hat. Im Jahre 1911, welches für die Entwicklung der bekannten Wasserblüte so günstig war, hat übrigens der Referent mit Beuerincks Nährlösung Azotobacter-KultviTen auch von Aphanizomenon flos aquae und Anabaena^ß'pez. bekommen, es scheint folg- lich Azotobacfer bei dem Zustandekommen des Süßwasserplanktons eine allge- meinere Rolle zu spielen. 420 H. Harms: 53. H. Harms: Über eine bemerkenswerte Form von Vigna sinensis. (Mit 1 Abbildung im Text.) (Eingegangen am 2fi. Juli lülü.) Der Forsehungsreisende Dr. LEO FrOBENIUS sammelte in Bftntschi (oder Bauclii, Englisch-Nord-Nigerien, Provinz Montoll) im vergangenen Jahre eigenartige kleine weiß und braun gestreifte Bohnen. Sie gehörten zu einer großen Sendung von Früchten und Sämereien, die er Herrn Prof. Dr. G. SCHWEINFURTH ge- schickt hatte; einen wesentlichen Teil dieser Sendung bildeten u. a. eine größere Anzahl Sorten der bekannten in den Tropen und Subtropen der alten wie der neuen Welt viel kultivierten Bohnen- Art Vigna sinensis (L.) Endl.^). Die genannten eigentümlichen Bohnen gehören nach ihrer Gestalt und insbesondere nach der Form ihres lanzettlichen oder birnförmigen Nabels (Hilura), der am Microp\'lende des Samens breiter ist und sich nach dem Cha- laza-Ende allmählich verschmälert, zweifellos zu der ungemein formenreichen V. sinensis, und zwar, wenn wir die Dreiteilung des großen Formenkreises bei PIPER berücksichtigen, offenbar zu den von ihm unter V. unguiculaia (L.) Walp. zusammengefaßten Foimen- reihen. Sie weichen nun von allen bekannten Sorten in so auf- fälliger Weise ab, daß es sich wohl lohnt, sie besonders zu be- schreiben. Während nämlich bei allen andern Sorten die Samen- schale eine ringsum geschlossene, je nach der Sorte bald dickere, bald dünnere Haut bildet, dp den Embryo völlig einhüllt, ist sie im vorliegenden Falle durch unregelmäßig verlaufende Transversal- 1) (J. V. Piper (Agricult: Varieties of the Cowpea, U. S. Departm. Agricult. Bur. of Plant Industry, Bull Nr. 229, 1912) hat die zahlreichen Sorten dieser Art eingehend beschrieben; er kennt über 300. Ich halte es nicht für zweckmäßig, drei nahe verwandte Arten (V. sesquipedaUs, V. catjang und V. uiicjuiculatci) zu unterscheiden, wie es PIPER tut; möchte vielmehr alle Formen zu einer großen variabeln Art rechnen, die ich zunächst V. sinensis (L.) Endl. nenne. Nach Piper (1. c. 143) soll sich der für diese Art in neuerer Zeit und auch zur^chst von ihm selbst angewandte Name V. unguiculata Walp. (gegründet auf DoUchos nnguiculatiis L. 1753) auf Phascolus antillanus Urb. be- ziehen, eine Identification, deren Richtigkeit ich nicht beurteilen kann. Die Grundlage für Vigna sinensis ist Dolichos sinensis L. Cent. pl. II. (1756) 28, Amoen. acad. IV. (1760) 326; und LiNNEs Beschreibung geht zurück auf RU-MPHIUS, Herb. amb. V. 371 t. 134. Sollte sich Dolichos unguiculatns L. etwa doch auf Vigna sinensis beziehen, so müßte aus Prioritätsgrüuden Vigna rmyuiculala (L.) Walp. gelten. über eine bemerkenswerte Form von Vigna sinensis. 421 spalten in ein netzartiges Gebilde verwandelt, dessen Maschen die nackten Keimblätter hervortreten lassen. Der Keim liegt in einem Netze von schmäleren oder breiteren gelegentlich durch kurze Anastomosen verbundenen Streifen, die an der Bauchseite, wo der Xabel liegt, zusammenschließen und sich auch auf der JRückenseite des Samens größtenteils wieder vereinigen. Die Spalten der Testa liegen also hauptsächlich auf den Flanken des Samens. Nicht selten bemerken wir, daß die Spalten noch ganz oder teilweise mit einer dünnen hellbräunlichen Haut überzogen sind; dieses be- merkt man besonders an der Nabelseite. Dieses dünne Häutchen kleidet auch bisweilen noch den Rand der Spalten aus. Bei größerer Breite der Spalten ist es zerrissen und die helle Oberfläche der Keimblätter liegt frei zutage. Die Netzstreifen zeigen nicht selten feine grubige Vertiefungen; am Rande sind sie oft ein wenig ein- gebogen. Da die Samenschale hellbraun oder dunkelbraun ist und sich diese Farbe von den hellen weißlichen Keimblättern stark abhebt, so gewähren diese gestreiften Samen einen sehr hübschen Anblick, der an ein Kunstprodukt erinnert; ja man wäre versucht, an einen künstlichen Eingriff zu denken, der diese Spalten in der Schale verursacht hat, indessen läßt sich die Möglichkeit eines solchen nicht ausdenken. Die Breite der braunen Streifen ist sehr verschieden. Bei einigen Samen finden wir nur wenige breite Streifen (von etwa 1 — 2 mm Breite), bei anderen sind sie fein und zahlreich und anastomosieren dann häufiger. Am Micropylende ist oft ein breiterer Sattel der Testa erhalten, der das darunter liegende Würzelchen schützend überdeckt. Die Bohnen sind mittel- groß, 8 — 10 mm lang, 6—8 mm breit, 5 — 6 mm dick Sie sind breit länglich, abgerundet rhombisch, trapezoidisch oder fast recht- eckig mit gerundeten oder abgestutzten Enden; die Bauchlinie ist fast gerade, die ßückenlinie oft ebenfalls oder wenig gewölbt. Die Farbe der Samenschale ist, wie erwähnt, hellbraun oder dunkel- braun; bei einigen wenigen Samen ist sie heller und dunkler braun gefleckt. Bohnen von ähnlicher brauner Farbe der Testa sind im Formenkreise der Vigna sinensis nicht selten. Der Nabel liegt, wie es die Regel für diese Art ist, dem Chalaza-Ende genähert. Er ist von einem hellgelblichen bräunlichen oder grünlichen, schmalen Hofe umgeben, der sich an den dunkelbraunen Samen durch hellere Farbe abhebt. Die Micropyle ist als ganz feiner Stich dicht am breiteren Ende des Nabels wahrzunehmen. Wir kennen die Hülsen dieser Sorte nicht. Einige Samen wurden im Bot. Garten zu Dahlem ausgesäet und entwickelten gute Keimpflänzchen. Das teilweise Entblößen der Keimblätter hat also die Keimkraft nicht zerstört. Ohne Beobachtung der 422 H. Harms: Entwickelung ist es nicht möglich, anzugeben, in welcher Weise die Spalten in der Schale entstehen. Ich vermute, daß hier schon frühzeitig die äußeren Schichten der Testa, insbesondere die oberste Schicht, die aus stark verdickten Palissadenzelien^) besteht, sich an kleineren oder größeren bestimmt umschriebenen Stellen mangel- haft oder gar nicht ausbildet; an solchen Stellen sind aber die inneren Schichten, die aus lockerem dünnerem Gewebe bestehen, zunächst noch erhalten, wie es einzelne Samen besonders auf der Nabelseite zeigen. Später reißen diese Stellen der Testa, durch das Wachstum des Keimes platzend, auf, und die Oberfläche des Keimblattes wird bloßgelegt, während die derberen Streifen der Testa, die der stark verdickten Außenschicht nicht entbehren, als Yigna sinensis forma schizochron. Same, 1. von der Bauchseite, 2. von den Flanken, 3. vom Rücken gesehen, 4. im Längsschnitt. Vergr. 3/1. Netzwerk erhalten bleiben. Es ist mir nicht bekannt, daß bei andern kultivierten Fhaseolus- oder T7^na-Arten ähnliche Sorten wie die eben beschriebene vorkommen. Die zebraartige Streifung mancher Sorten von Phaseolus lunaius L., an die man hier denken könnte, ist ganz anderer Natur, denn sie sitzt in der Samenschale. Diese von FROBENIUS gesammelte Bohnensorte mit gespaltener Samenschale ist so eigenartig, daß sie einen besonderen Namen verdient; sie heiße nach einem Vorschlage von Herrn Geh.-ßat ASCHERSON forma scbizochroa. ]) Die äußerste Schicht besteht w^ie bei vielen andern Leguminosen- Samen aus stark, verdickten Palissadenzellen, darunter liegt eine Schicht dünn- vpandiger Sanduhrzellen (wie sie Harz, Landwirtschaftl. Samenkunde (1885) 735 nennt; Säulenschicht nach G. Haberlandt in Sitzber. Akad. Wien LXXV. (1877) I. II); dann folgen einige Schichten dünnwandigen Parenchjms. Das Bild des Querschnitts der Testa bei Haberlandt (1. c. Taf. II Fig. 14), das nach ihm Dolichos inonachalis Brot, darstellt, wird sich mit ziemlicher Sicher- heit auf eine Form von Vigna sinensis beziehen, da D. monachalis Brot, ein Synonym letzterer Art ist und zwar eine der häufigen Sorten mit weißen schwarzäugigen Samen darstellt (nach PIPER, 1. c. 11). über eine bemerkenswerte Form von Vigna sinensis. 423 In derselben Bohnensammlung von Herrn Dr. LEO FROBENIUS findet sich noch eine andre bemerkenswerte Sorte derselben Art Vigna sinensis, die ein nicht unwichtiges Fasermaterial liefert. Eine faserliefernde Sorte (forma textilis) wurde zuerst von Togo bekannt, wo sie der um die botanische Erforschung der Kolonie so ver- diente Dr. KeRSTING auffand. Über diese Sorte berichtet Gr. VOLKENS im JSTotizbl. Bot. Gart. Berlin Appendix Nr. XXII. 2. (1909) 56. Diese Sorte scheint nur im Bezirke Sokode-Basari ge- zogen zu werden; die Faser ist nach VOLKENS sehr fest. Nicht die oanze Pflanze, die 1 — 2 m weit am Boden hinkriecht, liefert sie, sondern nur die bis armlang (50 — 80 cm) werdenden blattlosen Schäfte, an denen die Blüten und Früchte sitzen, also die Inflores- cenzstiele. Diese Bohnensorte ist nach KERSTING nicht eßbar, und wird nur wegen der Faser von den Eingeborenen kultiviert, die daraus u. a. Bogensehnen machen. Übrigens soll Vigna sinensis auch in Amerika gelegentlich der Fasergewinnung dienen (DODGE, Fiber plants, U. S. Departm. Agric. BuU. Nr. 9 (1897) 325 unter Vigna catjang), und K. BRAUN berichtet ähnliches von Indien (Pflanzer VII, Heft 11, (1911) 664). Diese faserliefernde Sorte wurde jüngst von Oberleutnant GaISSER wiederum aus Togo mit- gebracht (Sokode-Basari). -- Die Hülsen von KERSTINGs Exemplar (N. 192, 1905) sind schmal, gerade oder sehr wenig gekrümmt, 11 — 13 cm lang, 6—7 mm breit, hellgelbhch oder hell lehmfarben. Die Samen sind klein, abgerundet rhombisch oder trapezoidisch bis fast rechteckig, nur 5 — 6 mm lang, 4—4,5 mm breit, schwarz mit hellem Nabel. GaiSSERs Faserbohne stimmt damit ziemlich überein; die Hülsen sind schmutziggrau oder bräunlich, auch hier sind die Samen schwarz, oft nahezu rechteckig, 6-7 mm lang, 4 — 5 mm breit. Derselbe hat aber außerdem noch eine Faserbohne mit ganz ähnlichen schmalen hellfarbigen feingestrichelten Hülsen gesammelt, die weißliche, rötliche oder rötlichschwarze Bohnen enthalten. Nun hat auch Herr Dr. FROBENIUS Hülsen und Samen einer Vigna sinensis geschickt, von der er angibt, daß sie nur als Bast verwendet werde. Das Material stammt aus Ibi am Benue in Nord- Nigerien; die Bohne heißt: „Djukum soatschiki", Taubenbohne; außerdem werden folgende Namen vermerkt: okw^ere (Joruba), bini (Nupe), hahua (Haussa). Diese Form ist der oben genannten Togo-Form ähnlich, doch ist die Farbe der Samen eine andere. Die hellgelblichen oder strohfarbenen Hülsen sind 10 — 16 cm lang, gerade oder fast gerade, fast drehrund, 5 — 6 mm dick. Die Bohnen sind rhombisch bis fast rechteckig oder trapezoidisch, 5 — 7 mm lang, 4 — 5 mm breit; die Größe ist also ungefähr dieselbe wie bei 424 H. Harms: KKUSTINGs Faseibohne, Jedoch sind die Bohnen eigenartig mar- moriert. Die Grundfarbe ist rötlichbraun bis fleischrötlich oder grau; dieser sind zahllose feine schwarze Pünktchen in unregel- mäßiger Verteilung aufgesetzt, so daß die Oberfläche grau gewölkt aussieht. Außerdem aber findet man zerstreute oder dichter stehende größere schwarze Flecke, die gelegentlich zu Bändern zusammentreten, ja bei einigen Samen herrscht die schwarze Farbe so sehr vor, daß nur noch einige rötlichgelbe oder graue Flecke dazwischen zu sehen sind. — Offenbar handelt es sich stets um dieselbe faserliefernde Sorte, die bald mit schwarzen, bald mit hellfarbigen, bald mit marmorierten Samen auftritt. Was nun die übrigen, von Herrn Dr. LEO FROBENIUS aus Nigerien und Nord-Kamerun mitgebrachten Sorten anbetrifft, so lassen sie sich den Samen nach in 2 Kategorien sondern, nämlich einfarbige (oder gelegentlich marmorierte), und solche mit weiß- licher Grundfarbe, der braune oder dunkelviolette Töne in Flecken, Streifen oder Bändevn aufgesetzt sind^). I. Einfarbige Samen (dazwischen gelegenthch einige marmo- rierte Samen). 1. Samenprobe Nr. 5 aus Nord- Nigerien (Ibi am Benue). Als einh. Namen werden angegeben: Montol: imba; Nupe: eru- monoji; Haussa: woake; Joruba: eri. Samen breit trapezoidisch, meist deutlich gekielt, 8—9 mm lang, 7 — 8 mm breit, 5—6 mm dick, eine der kleineren Sorten unter den von FROBENIUS ge- sammelten. Nabel hell; Samenschale glatt, einförmig rötlichbrann oder weinrötlich. — Die Hülsen sind fast gerade oder oft etwas gebogen, 15 — 21 cm lang (im ausgestreckten Zustande), 9 — 10 mm breit, graiigelb mit meist deutlichem violettem Anflug. Ahnlich gefärbte Hülsen und Samen hatten wir durch Dr. K. BRAUN aus Ostafrika (Amani) unter der Bezeichnung ferruginea „Hülsen schwarz- purpurn" erhalten (1. c. 645). 2. Samenprobe Nr. 43 aus Tschamba (am Flusse Faro, süd- westlich von Garua) in Deutsch-Adamaua. Samen trapezoidisch öder fast rechteckig, 9 — 11 mm lang,: 7 — 9 mm breit, 5 — 7 mm dick. Nabel hell. Samenschale glatt, glänzend, fest, einförmig heller oder dunkler kastanienbraun. Dazwischen einige heller und dunkler braun marmorierte Bohnen. 1) K. Braun, Die Kunde-Bohne in Deatsch-Ost-Afrika (in Pflanzer VII. (1911) 645) betont, daß die Farbe der Samen mit dem Alter wechsele; nach ihm sind manche Sorten anfangs sahnefarbig und nehmen erst nach einiger Zeit eine charakteristische dunklere Farbe an. über eine bemerkenswerte Form von Vigna sinensis. 425 Eine sehr ähnliche Sorte hat A. CHEVALIER in Franz.-Sudan (Gebiet Mossi, Ouagadougou, August 1910) gesammelt; die kleine Probe zeigt braune oder rötlichbraune Samen mit dunkleren Flecken und Streifen. FROBENIUS Nr. 43 gliedert sich wohl an K. BRAUNs „kastanienbraune Bohne", Form badia (1. c. 646) an, indessen sind die Bohnen aus Amani erheblich kleiner (nur 6 --7 mm laug). II. Grundfarbe weißlich; die andre Farbe (braun oder dunkel- violett) in Streifen, Flecken oder Bändern. Die hierher gehörigen Sorten haben eine dünne, oft querrunzelige Schale i). a) Nur ein mehr oder minder breiter farbiger (fast schwarzer oder brauner) Augenfleck; Schale sonst weißlich. 3. Samenprobe Nr. 3 aus Nord-Nigerien (Ibi am Benue) ; einh. Namen: Montol: imbia; Haussa: jawoa; Nupe: bini; Joruba: okun eli-e. Diese Sorte ist in der Färbung nicht einheitlich. In vielen Hülsen (hellgelblich oder strohfarben, fast gerade oder wenig gekrümmt, 11 — 15 cm lang, 7—8 mm breit) finden wir weiße Samen (abgerundet rhombisch oder trapezoidisch, 8 — 9 mm lang, 6 — 7 mm breit) mit schmalem nach der Micropylseite ver- breitertem braunem oder schwarzbraunem Augenfleck, der schwärz- liche Pünktchen zeigt, die um den Nabel herum zu schwarzer Farbe zusammenfließen; die braune Farbe setzt sich bisweilen noch in Form feiner Pünktchen über das Micropylende fort. Andere Hülsen zeigen Samen von ähnlicher Größe, mit schwarz um- randetem Nabel und brauner Testa, die sehr feine schwärzliche Punktierung und Strichelung zeigt. Noch andre Hülsen besitzen einförmig hellbräunliche Samen. Vielleicht ist die Sorte nicht ein- heitlich. 4. Vigna sinensis nigro-ocellata K.Braun in Pflanzer VII (1911) 648. In die Gruppe gehört Samenprobe Nr. 13 aus Tschamba in Deutsch- Adamaua. Samen breit nierenförmig bis trapezoidisch oder fast rechteckig oder fast quadratisch; Nabel oft etwas eingesenkt. Die Bohnen sind fast weiß, mit mehr oder weniger großem schwarzem Augenfleck. Die Färbung ist kein ausgesprochenes Schwarz''), sondern ein tief gesättigtes Violett oder Braunviolett, mit dem die Palissadenschicht gefärbt ist. Die Samenschale ist sehr dünn und feinrunzelig. Länge 8 — 10 mm, oft ebenso breit wie lang oder nur wenig schmäler, 6 — 8 mm dick, Rücken oft etwas ge- kielt. — Die schwarzäugigen Bohnen sind eine der häufigsten 1) Piper (1. c. 23): „The seed coat is usuallj smooth, but often transverselj and finely wrinkled, especiailj^ in white er nearl^- white seeds." 2) Piper (1. c. 22) sagt: „Black in all cowpeas is really verj dark violet." . ~- 420 ^- HuiMs: Sorten. BllAUN zählt mehrere Formen auf. Die vorliegende Sorte ist ziemlich großsamig, während andere Sorten derselben Augen- form ans kleinei'en Bohnen bestehen. PIPER (1. c. 11) sowohl wie K. Braun rechnen die Synonyme Dolichos monachalis Brot, und D. melanophthidmus DC. hierher. Die von FR0BP:nius gesammelte Form kommt „Ram's llorn Black-Eye" (abgebildet bei PIPER, plateV, ser. 13) offenbar recht nahe. Harz (1. c. 735) beschreibt schwarzäugige Bohnen von D. monachalis von 8 — 1-1 mm Länge, 6 — 7 mm Höhe, 5 — 7 mm Dicke; das sind also recht ansehnliche Maße, die obige Maße bei den Bohnen von FROBENIÜS sogar noch übertreffen. Dagegen sind ähnliche Sorten aus Togo (HaERINGs ssonä kucholemä) kleiner (9 — 10 mm lang, 7 — 8 mm breit) und die von K. BRAUN aus Amani beschriebenen Bohnen der Form nigro-ocellata gar nur 6 -bis 7 mm lang. 5. Samenprobe Nr. 42 aus Nord-Nigerien (Ibi am Benue). Die Sorte zeichnet sich durch die spiralig gewundenen Hülsen aus. Ihre Farbe ist hellgelblich oder sahnefarbig. Die Samen sind 8 —9 mm lang, 7 mm breit, weiß, mit etwas runzeliger Schale und schmalem dunkelbraunem bis fast schwarzem Augenfleck. — Spiralig gewundene Hülsen gibt es bei Vigna sinensis mehrfach (vgl. Piper, 1. c. plate VII). b) Breiter Augenfleck am Nabel oder farbiger Sattel auf der Bauchseite; außerdem verschiedenartige farbige Streifen oder Flecke auf den Flanken und dem Rücken. a) Farbenflecke braun. Die Grundfarbe weiß herrscht noch vor bei der folgenden Sorte : 6. Samenprobe Nr. 46 aus Tscharnba in Deutsch-Adamaua. Samen schief rhombisch oder trapezoidisch oder fast rechteckig bis fast quadratisch, 10 — 11 mm lang, oft fast ebenso breit oder etwas schmäler, 8 — 10 mm breit, 6 — 8 mm dick. Diese Sorte zeigt den- selben Typus der Färbung wie Nr. 44, nur mit dem Unterschiede, daß hier statt des Dunkelvioletts auf hellerem Grunde ein helles Braun vorhanden ist. Der Nabel ist von einem mehr oder minder breiten hellbraunen Sattel umgeben. Dieselbe Farbe zeigt sich auf den Flanken in bogig verlaufenden kontinuierlichen oder oft unterbrochenen Streifen und zahLdichen großen nnd kleinen Flecken. — Dieser Sorte kommt in der Färbung sehr nahe eine aus Togo (Mangu 1911) von Oberleutnant HaERING geschickte Bohne mit weißlicher Grundfarbe, breitem rötlichbraunem Augen- fleck und ebensolchen, oft in Längsrichtung verlaufenden Streifen und Flecken. Die Farbe ist mehr rötlichbraun, die Bohne ist etaws kleiner, 7,5 — 9 mm lang, 7 — 8 mm breit. über eine bemerkenswerte Form von Vi'gna sinensis, 427 Braun herrscht vor bei: 7. Samenprobe Nr. 8 aus Nord-Nigerien (Ibi am Benue). Samen länglich bis fast rechteckig oder kurz und breit nierenförmig oder trapezoidisch, 9 — 11 mm lang, 8 — 9 mm breit, 6 — 7 mm dick, auf dem Rücken nicht oder schwach gekielt. Nabel hell, von ganz schmalem dunkelbraunem Saum umgeben. Mehr oder minder breiter hellbrauner Augenfleck. Rücken und Flanken bis über die Mitte hinauf ebenfalls hellbraun; dann nach der Bauchseite zu auf den Planken ein weißer Streifen von wechselnder Breite, der von der Bauchseite eine den braunen Augenfleck ringförmig um- schließende oder oft an dem Micropylende durch einen braunen Verbindungsstreifen unterbrochene Zone bildet. Der weiße Streifen ist gegen die braune Farbe nicht scharf abgesetzt; wir finden vielmehr, daß nach der Bauchseite zu sich die braune Farbe teil- weise in Flecke auflöst. Sehr oft wird zwischen dem braunen Augenfleck und dem Braun des Rückens eine schmale braune kontinuierliche oder unterbrochene Verbindungslinie hergestellt, die auf der Micropylseite den weißen Streifen überbrückt. Die Schale ist dünn, oft querrunzelig. Die Hülsen sind gerade oder wenig gebogen, helllehmfarben oder gelblich, oft mit winzigen strichförmigen Flecken, 14 — 16 cm lang, 9 — 11 mm breit. Eine Bohne aus Togo erinnert etwas an vorstehende, sie ist jedoch relativ schmäler, mehr länglich bis länglich-rechteckig, 8 bis 11 mm lang, 7-8 mm breit; Schale weißlich oder bräunlich- weiß, brauner Augenfleck und oft brauner Streifen auf der Mi- cropylseite, der sich in verwaschener Form über den Rücken und auch etwas über den oberen Teil der Flanken ausbreitet. ß) Farbenflecke dunkelviolett oder braunviolett bis fast schwarz. Farbe nur in schmalen Flecken oder Streifen bei: 8. Samenprobe Nr. 45 aus Tschamba in Deutsch-Adamaua. Samen breit nierenförmig, 10—11 mm lang, 9 — 10 mm breit, 6 bis 7 mm dick. Grundfarbe weißlich. Der helle Nabel von breitem dunkelbraunviolettem bis fast schwarzem Augenfleck umgeben. Bogenförmige, continuierlich^ , oder unterbrochene meist schmale Streifen oder längsgestreckte Flecke von braunvioletter Farbe auf den Flanken und dein Rücken. Schale dünn, fein quer- runzelig. Farbe in breiteren Flecken oder Streifen: 9. Samenprobe Nr. 9 aus Nord-Nigerien (Ibi am Benno). Samen trapezoidisch, breit nierenförmig bis fast quadratisch, 9 — 11 mm lang, 8 — 10 mm breit, 5 — 7 mm dick. Nabel hell, von it breitem Ber. der deutschen bot. Ge.sellsch. XXX. 29 428 H. Harms: Über eine bemerkenswerte Form von Vigna sinensis. dunkelviolettem bis fast schwarzem Angenflcck umgeben, dann auf den Flanken eine weißliche Zone, die das Chalazaende breit um- faßt und nach dem Micropylende schmäler wird und durch einen von dem Augenfleck ausgehenden dunklen Streifen durchbrochen wird. Dieser Streifen verbindet den Augenfleck mit dem Rücken, der bis auf die Mitte der Flanken hinauf oder nicht ganz so weit mit dunkelvioletter, vielfach durch weiße Fleckchen unterbrochener Farbe bedeckt ist. Samenschale dünn, oft fein querrunzelig. Die Färbungsweise erinnert an die von Nr. 8 nämlich darin, daß ein breiter weißer Streifen das Chalazaende bis auf die Flanken hin- auf umgibt. Nur ist dieser Streifen hier breiter, und die dunkle Farbe ist nicht braun, sondern dunkelviolett. — Die Hülsen ähneln denen von Nr. 8; sie sind hellgelblich oder helllehmfarben, fast gerade oder bisweilen schwach S-förmig gebogen, 15 — 17 cm lang, 10—12 mm breit. — Eine von Oberleutnant Haering aus Togo (Mangu) geschickte schwarzgefleckte schwarzäugige Bohne ist obiger ähnlich, doch etwas kleiner und mit geringerer Zahl von schwarzen Flecken auf dem Rücken und den Flanken. Die Flecke sehen aus, als seien sie mit Tinte aufgespritzt; ihre Farbe ist fast tiefschwarz. 10. Samenprobe Nr. 44 aus Tschamba in Deutsch-Adamaua ist eine kurze breite dicke, fast nierenförmige, schief rhombische bis rechteckige Bohne von 9—11 mm Länge, 8 — 9 mm Breite, 6 bis 7 mm Dicke. Rücken meist deutlich gekielt. Nabel nicht selten etwas eingesenkt, hell, weißlich, umgeben von breitem schwarzviolettem Sattel, der fast die ganze Bauchseite einnimmt; im übrigen ist der helle, oft in Schmatzigviolett übergehende Grundton der Samenschale durch feine schwarzviolette Punkte be- lebt, die oft zu bogenförmigen durchlaufenden oder unter- brochenen, schmäleren oder breiteren Längsbinden oder auch nur zu breiteren Flecken zusammenfließen. Die weißliche Grundfarbe tritt bei dieser Sorte sehr zurück. Wenn wir unter Beiseitelassung der Faserbohne die hier be- schriebenen Sorten aus Nigerien und Kamerun, die vielfach eine hübsche Zeichnung aufweisen, mit Sorten aus anderen Gegenden Afrikas vergleichen, z. B. mit den durch Dr. K. BRA.UN jetzt so gut beschriebenen Sorten Ostafrikas, so fällt uns die bedeutende Größe der Bohne an dem Material von FROBENIUS in die Augen. Vielleicht deutet dies auf eine längere auswählende Kultur in jenen Gebieten, die die Tendenz hatte, großsamige Formen heran- zuziehen. Sitzung vom 25. Oktober 1912. 429 Sitzung vom 25. Oktober 1912. Vorsitzender: Herr G. HABERLANDT. Der Vorsitzende begrüßt zunächst unser korrespondierendes Mitglied Professor TRELEASE aus St. Louis und macht Mitteilung von dem Ableben zweier unserer ordentlichen Mitglieder, der Herren Dr. Hermann Graf zu Luxburg, verstorben in Stettin am 26. Y. 1912, und Gustav Herpell, verstorben in St. Goar am 22. VII. 1912, Die Anwesenden ehren das Andenken an die Verstorbenen in der üblichen AVeise durch Erheben von ihren Sitzen. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren: PorodkO, Dr. Th., Privatdozent in Odessa (durch W. WÄCHTER und A. F. LEBEDEFF), Schmid, Dr. Günther, Assistent am botanischen Institut der Univer- sität Jena (durch E. Stahl und J. Behrens), Schneider, Dr. Fritz, Assistent am botan. Institut der Universität Berlin (durch G. Haberlandt und P. CLAUSSEN), Jakowatz, Dr. A., Professor an der landwirtschaftlichen Akademie in TetSChen-Liebwerd (Böhmen) (durch 0. Appel und A. Naumann). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren: Kubart, Dr. Bruno in Graz, V. Degen, Dr. Arpad in Budapest, Kuntzen, Dr. Heinrich m Karlshorst b. Berlin, Killian, Dr. Karl in Straßburg i. E., Sierp, Hermann in Münster i. W., Schilling, Ernst in Münster i. W., Späth, Dr. Hellmut in Berlin-Baumschulenweg, Hils, Dr. Ernst in Berlin-Halensee. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 29 430 Sitzung vom 25. Oktolicr l'.)]2. Herr K. KOLKWnz legte eine von der Firma CARL ZEISS, Jena, gefertigte 1 ccin-Planktonkammer mit als Zählplatte liniierter Bodensclieibe vor. Man könnte geneigt sein, das Kubikzentimeter Wasser bei quantitativen Kleinplanktonstudien als eine zu gering bemessene Einheit zu betrachten. Dabei würde man aber übersehen, daß ein solches Wasserquantum für einen kleinen Planktonorganismus schon als See gilt, was sich aus einer einfachen Betrachtung ergibt. Einem Schwebeorganismus von 10|tt' Grüße, z.B. der Kiesel- alge Stephanodiscns lianfzftcliiamis, steht nämlich in einem Kaum von einem Kubikzentimeter so viel Wasser zur Verfügung wie einem größeren Fisch in einem See von einer Million Kubikmeter Inhalt, was schon als stattliches Gewässer gelten kann. Wir können deshalb schon auf Grund rein theoretischer Be- trachtung bei normalem Oberflächenwasser kaum auf Sterilität auch nur eines. Kubikzentimeters rechnen. Laut § 23 der Satzungen fanden die Wahlen des Berliner Vorstandes, der ßedaktionskommission und der Kommission zur Vorbereitung der Generalversammlung usw. für das Jahr 1913 statt. Das Ergebnis war folgendes: Erster Vorsitzender: Herr G. HabERLANDT. Erster Stellvertreter: Herr L. WiTTMACK. Zweiter Stellvertreter: Herr H. CONWENTZ. Erster Schriftführer: Herr P. LTNDNER. Zweiter Schriftführer: Herr P. CL AUSSEN. Dritter Schriftführer: Herr W. BENECKE. Schatzmeister: Herr 0. APPEL. Die Redaktionskommission besteht nach § 19, I der Satzungen aus dem Vorsitzenden, den drei Schriftführern und drei gewählten Mitgliedern. Ihr gehören für das nächste Jahr an die Herren G. Haberlandt, P. Lindner, p. Claüssen, W. Beneüke, A. Engler, P. Asüherson, H. v. Guttenberg. In die Kommission zur Vorbereitung der Wahlen usw. wurden gewählt die Herren H. HARMS, E. KOEHNE, G. LINDAU, R. PILGER, M. 0. REINHARDT. Die Geschäfte der Gesellschaft wird^ wie bisher, Herr W. WÄCHTER fortführen. A. FamincyN: Beitrag zur Kenntnis von Brjopsis muscosa Lam. 431 Mitteilungen. 54. A. Famincyn: Beitrag zur Kenntnis von Bryopsis muscosa Lam. 9 Der Akademie am -^ November 1911 vorgelegt. (Mit Tafel XIII.) (Eingegangen am 7. Juni 1912.) Während meines Aufenthalts m Monako (1909 — 1910) habe ich hauptsächlich Bryopsis untersucht. Dank der Liebenswürdig- keit des Direktoriums des Oceanographischen Museums hatte ich fortwährend frische Algen für meine Studien. Die erhaltenen Resultate sind in dieser Mitteilung niedergelegt. Die Familie Bryopsidaccae enthält" zwei Gattungen: Bryopsis Lam. und Pseudohri/oj^sis Berth., welche durch folgende Merkmale unterschieden werden: 1. hei Bri/opsis verwandeln sich in Gametan- gien die auf dem Hauptstiele sitzenden Verzweigungen — die so- genannten kurzen Äste; 2. bei Fseudohrijopjsis bilden Gametangien nicht die kurzen Äste, sondern die aus ihnen heranwachsenden ovalen Zellen, welche durch eine Querwand an ihrer Basis von dem übrigen Inhalte der Pseudohryopsis geschieden werden. 2, Bei Bryopsis bleiben die Äste in Communication mit dem Stiele, während sie bei Pseudohryopsis sich durch eine Querwand vom Stiele abgliedern. Im Herbarium des Museums waren zwei Arten von Bryopsis aus der Bucht von Monako vorhanden: Br. muscosa und Br.plumosa. Während meines Aufenthaltes habe ich öfters die, sowohl dem An- sehen, als auch der Größe nach, sehr verschiedenen Formen von Bryopsis gesammelt und teilweise getrocknet, teilweise in Alkohol aufbewahrt. Auf meine Bitte wurden sie von dem russischen Algologen WORONICHIN bestimmt. Die ganze Masse meiner Sammlung von Bryopsis erwies sich ausschließlich aus Bryopsis muscosa Lam. be- stehend, nur ein Exemplar ausgenommen, welches der Br. plmnosa angehörte. Von den erhaltenen Resultaten erwiesen sich diejenigen am interessantesten, welche die Struktur und ümlagerungen der Chloro- 29* 432 ^- Famincyn: phvllkörner betreffen. In den zahlreichen, die Chlorophyllkiirner betreffenden Untersuchungen wurde nur die Form der Chlorophyll- körner und das Vorhandensein des Pyrenoids berücksichtigt. Mir ist es gelungen, bei Bryopsh mnscosa in der chlorophyllführenden Schicht nebeneinander sowohl Chlorophyllkörner als auch Chro- matophoren zu beobachten '). In fast allen Familien der Algen kommen vereinzelte mit Pyrenoiden versehene Formen vor; mir ist aber keine Alge bekannt, in der Chlorophyllkörner und Chromatophoren in derselben Zelle nebeneinander beobachtet wären, wie ich es bei Br. musrof^n ge- funden habe. Das ausgewachsene Chromatophor hat die Form einer mit abgerundeten Enden versehenen grünen Platte. Dem Beobachter, mit dessen Kante zugewendet, erscheint das Chromatophor als eine gerade Platte, mit einem nur in der Mitte ihrer Länge hervorragenden Höcker, dem auf der entgegengesetzten Seite eine ebensolche Vertiefung entspricht; es hat also die Form eines mit breiten Rändern versehenen Hutes. In der Vertiefung, also außerhalb des Chromatophors, ist das Pyrenoid gelegen. In der Zelle, mit normal gebautem Inhalte, ist das Chromatophor immer mit derjenigen Seite nach außen gekehrt, an welcher das Pyrenoid sich befindet; es lassen sich also die äußere und die innere Seite auch dann erkennen, wenn das Chromatophor außer- halb der Zelle sich befindet. Wir haben also bei Br. muscosa einen noch nicht bekannten Fall eines asymetrischen Chlorophyllkornes vor uns. Das Chlorophyllkorn bietet außerdem noch andere Eigen- tümlichkeiten dar: das Pj^renoid ist inmitten eines Protoplasma- klümpchens gelegen, welches ihn einerseits an dem Chromatophor befestigt und andererseits auf der Außenseite in die periphärische Plasmascliicht übergeht; auf diese Weise wird das Chlorophyllkorn passiv in der Zelle herumgeführt. Bemerkenswert ist es, daß es mir niemals gelungen ist, auf der Innenseite des Chromatophors eine Plasmaschicht zu beobachten, die Innenseite erscheint immer ganz frei von ihr. 1) In dieser Arbeit habe ich, infolge der weiter angeführten Gründe, die Terminen: Chronaatophor und 0hl orophyllko ru in einem etwas ab- geänderten Sinne gebraucht. Jetzt werden sie als Synonyme betrachtet. Ich werde dagegen als Chromatophor nur die gefärbte Platte des Ohlorophyll- kornes bezeichnen, als Ohlorophyllkorn aber den Oomplex aus der gefärbten Platte, dem Pyrenoid, den Plasmaklümpchen und der Membran, welche manch- mal beobachtet wird, bezeichnen. Beitrag zur Kenntnis von Bryopsis muscosa Lam. 433 Der funktionelle Unterschied der Außen- und Innenseite des ChloropLyllkornes offenbart sich in sehr klarer Weise in einem isolierten Tropfen des Zellinhaltes. Zu diesem Zwecke unterband ich mit einem Seidenfaden an zwei Stellen den Hauptstiel oder eines der Gametangien; ich schnitt darauf von dem unterbundenen Stücke das übrige dei Biyojosis weg und trocknete es mittelst Filtrierpapier ab; darauf durchschnitt ich es über einem Deckplätt- chen, wobei ein mit großer Gewalt herausgeschleudertes Tröpfchen des Inhaltes mittelst eines Deckgläschens aufgefangen wurde. Das Deckgläschen mit dem Tropfen wurde auf einen mit einer Ver- tiefung versehenen Objektträger gelegt und mittelst Olivenöls isoliert. Über einen Tag dauerte die Bewegung des Plasmas mit den ihr an- hängenden Chlorophyllkörnern, Zellkernen als auch anderen Bestand- teilen des Zelleninhalts. Es fand zur selben Zeit eine Querteilung der Chlorophyllkörner statt, welche dabei ihre Formen änderten. (Fig. 1, 2, 3, 6, 8, 9.) Es fanden sich unter ihnen sichelförmig gekrümmte Chloro- phyllkörner (Fig. 6, 8, 9), wobei das Pyrenoid mit dem ihn um- gebenden Plasmaklümpchen immer im Zentrum der Krümmung sich befand; mit den freien Enden rückten die sich krümmenden Teile gegeneinander zu, fast bis zur Berührung. Es konnte zu dieser Zeit das Erscheinen der Membran auf der Oberfläche des kugel- förmigen Chlorophyllkornes beobachtet werden. Es entstand auf diese Weise ein der Zoochlorella ähnliches Gebilde. Die Figuren 8 und 9 stellen die aufeinander folgenden Metamorphosen zweier Chlorophyllkörner dar. Ein ganz eigentümliches Verhalten zu den Plasmafäden und Plasmaklümpchen offenbarten die Chlorophyllkörner in dem Tropfen des Zelleninhalts von Br. muscosa. Die sich schon geteilt habenden und mehr oder weniger gekrümmten Chlorophyllkörner waren aus- nahmslos mit den concaven Seiten zum Plasma gerichtet (Fig. 6, 8 und 9); in dieser Lage bewegten sie sich auch den Plasmafäden entlang, manchmal paarweise in einer Uichtung, in anderen Fällen nach zwei entgegengesetzten Richtungen, Längs denselben Plasma- fäden wanderten auch verschiedene Plasmaklümpchen, die manchmal mit fadenförmigen, nach verschiedenen Richtungen gewendeten Auswüchsen besetzt waren; diesen Gebilden begegnete ich auch frei schwimmend zwischen den Plasmafäden, einige von ihnen in Be- rührung mit einem Chlorophyllkorn. In den Figuren 3, 4 und 5 sind mehrere derartige freischwimmende Körper dargestellt. Was die Chromatophoren betrifft, welche, wie schon oben erwähnt, zwischen den Chlorophyllkörnern in großer Menge vor- 434 A. FaMINCYN: JJeitrag zur Kenntnis von Bryopsis muscnsa Lam. kommen, will ich folgendes beifügen : sie werden (Fig. 1) durch Qnerteilung des Chlorophyllkornes abgeschnürt. In manchen Fällen wird das Chlorophyllkorn in der Mitte ihrer Länge quergesi)alten, wobei sich auch das Pyrenoid teilt, und es werden dabei zwei Chlorophyllkürner gebildet. In diesen neu gebildeten Chlorophyll- körnern verbleibt das Pyrenoid manchmal am stumpfen Ende; es wächst in diesen Fällen das Chrom \tophor nur an einem Ende fort, und das Chlorophjdlkorn wird asymetrisch; manchmal ist das Pyrenoid in der Mitte des Chlorophyllkornes gelegen, und es wer- den dem ohnegeaclitet eins oder sogar zwei Chromatophoren zu einem auf jeder Seite abgegliedert. Ob das abgegliederte Chro- matophor bei Br. muscosa sich weiter teilen kann, kann ich nicht angeben; ihre Vermehrung durch Teilung würde nichts Auffallendes bieten, da bei höheren Pflanzen die Chromatophoren, ohne das Pj'renoid zu besitzen, sich, wie bekannt, fortwährend durch Quer- teilung vermehren. Von den übrigen Resultaten seien nur folgende erwähnt: Außer den bekannten Gametangien habe ich öfters am Haupt- stiele von Br. muscosa ebenfalls Zoosporen bildende, ovale Zellen beobachtet, welche den Macrozoosporen, sowohl der Dimension, als auch dem Ansehen nach, ähnlich waren. Ihr Ausschwärmen habe ich öfters beobachtet; weiteres kann ich über sie nicht be- richten. Es bleibt deshalb sogar unentschieden, ob diese Zoospo- rangien der Bryopsis entstammen, oder als fremde, der Bryo])sis nur aufsitzende Algen zu deuten sind. Endlich wurde ich darauf aufmerksam, daß manche Game- tangien an der Spitze, oder an 'der Basis, als auch an beiden Enden, durch Querwände "kleine Zellen abgliedern; es ist mir nicht gelungen, das weitere Schicksal dieser Zellen aufzuklären. Erklänmg der Tafel Xlll. Fig. 1. Neun Abbildungen des Chlorophjllkornes. Es sind hier nur die Um- risse des Ohromatophors, die Lage des Pyrenoides und die Abschnürung der Ohronaotophorea von dem Ohlorophyllkorne angegeben. Fig. 2. Vier Chlorophjllkörner, die dem Plasmanetze und dem Plasmaklümpchen anliegen. Fig. 3. Ein Plasmanetz mit den ihm anliegenden und mit ihm sich fortbe- wegenden Ohlorophyllkörnern und Plasmaklümpchen, die manchmal mit strahlenartigen Au^sstülpungen versehen sind. Fig. 4 u. 5. Freischwimmende strahlige Plasmagebilde; in Fig. 5 ist ein Ohlorophyllkorn an ihm haften geblieben. A. Famincyn: Die Symbiose als Mittel der Synthese von Organismen. 435 Fig. 6. Chlorophyllkörner nach der Teilung, teilweise freischwimmend, teil- weise den Plasmafäflen entlang sich bewegend. a) Zwei freischwimmende, einander genäherte, gekrümmte Chlorophyll- körner, mit angeschwollenen Plasmaklümpchen auf der concaven Seite. b) Zwei sich der ganzen Länge nach anlegende Chlorophyllkörner. Sie A'erbleiben dabei nicht in Ruhe, sondern fahren fort, ihren Platz zu ändern; sie können sich auch wieder trenren und nach verschiedenen Richtungen auseinander gehen. c) Längs dem Protoplasmafaden sich bewegende, manchmal paarweise geordnete Chlorophjdlkörner. d) Drei einem Protoplasmaklümpchen, mit ihrer concaven Seite, an- liegende Chlorophyllkörner. Fig. 7. Eine aus dem Inhalte von Br. iiniscosa isolierte Protoplasmamasse mit Vacuolen und den in ihr vorhandenen und sich bewegenden Chromidien. Fig. 8 u. 9. Zwei Chlorophyllkörner in verschiedenen, aufeinanderfolgenden Umwandlungen in Zoochlorella ähnliche Gebilde. Fig. 10. Verschiedene Gestalten eines und desselben Plasmaklümpchens indem Zellinhalte des Br. iimscosa. 55. A. Famincyn: Die Symbiose als IVlittel der Synthese von Organismen. Der Akademie vorgelegt am " Mai 1912. (Eingegangen am 11. Juni 1912.) Die vorliegende Abhandlung, eine Fortsetzung der Unter- suchung über die Rolle der Symbiose in der Synthese von Or- ganismen, unterscheidet sich aber von den zwei der Akademie vor- gelegten Arbeiten darin, daß sie eine Analj^se der gegenwärtigen, die Struktur der Zelle betreffenden Anschauungen darbietet und diejenigen Punkte aufklärt, in denen meine Ansichten ihnen wider- sprechen. Den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen boten die außer Zweifel stehenden Angaben des Zusammenlebens von untereinander sehr verschiedenen Organismen, die nicht selten nicht nur ver- schiedenen Klassen, sondern sogar verschiedenen Pflanzen- und Tierreichen entstammen. Das Zusammenleben solcher Organismen bietet eine große Mannigfaltigkeit dar; dem gegenseitigen Verhalten der Symbionten 436 ^^' TAMINUYN: nach unterscheidet man: 1. Parasitismus und 2. Symbiose. In extremen Formen können diese beiden Arten des Zusammenlebens leicht unterschieden werden. Es gibt aber Fälle, wo der Unter- schied mehr oder weniger verwischt wird, nämlich wenn die Sym- bionten beim Wechsel der Generation verbunden bleiben. Als Bei- spiel sei hier das Zusammenleben von Orchideen mit dem Pilze Wiisoctonia erwähnt '). Von den verschiedenen Symbiosen werde ich ausschließlich nur die formative behandeln, also Fälle, in denen durch das Zu- sammenleben von zwei oder mehr Symbionten eine höher organi- sierte Form gebildet wird. Mehrere Male wurde schon die Vermutung ausgesprochen, daß die Zelle nicht, wie es die Mehrzahl von Gelehrten meint, eine unzerlegbare Lebenseinheit sei; mit anderen Worten geredet, wurde die Frage gestellt: ob die Zelle, im Gegenteil, nicht einen symbiotischen Komplex darstellt, aus welchem die ihn zusammen- setzenden aktiven Teile bei geeigneter Kultur, außerhalb der Zelle, zur Weiterentwickelung angeregt werden könnten? In dieser Richtung sind schon mehrere Versuche angestellt worden. Mittels der Plasmolyse (KLEBS) oder durch Abkühlen (GERASSIMOW) wurde bei ^pirogyra der Zellinhalt in zwei Teile gesondert: einen kernhaltigen und einen kernlosen. Der kernlose Teil blieb während mehrerer Wochen am Leben; er war imstande, sowohl Stärke zu bilden, als auch die gebildete Stärke zu lösen; es trat aber dabei kein Wachstum ein und er starb, ohne sich weiter zu entwickeln. Der kernhaltige Teil dagegen wuchs rasch heran zu einem vielzelligen Faden. Ahnliche Beobachtungen wurden von SCHMITZ an Siplio- nocladiaceenzellen angestellt. Das gleiche beobachtete HABER- LANDT an Zellen von Bryonia dioica und Sicyos angulata. Dieselben Resultate erhielten NUSSBAUM, GRUBER, BALBIANI, VERWORX, Hofer und Brandt an Protozoen. VERWORN hat außerdem den Kern aus der Radiolarie Thalassicola nudeata entfernt; der isolierte Kern starb in einigen Tagen 2). Diese negativen Resultate scheinen die Vorstellung, daß die Zelle ein unteilbares Ganzes darstellt, zu bestätigen. Die gegenwärtige Lehre von der Struktur sowohl der Pflanzen- als der Tierzellen läßt dennoch mehrere schwerwiegende Zweifel 1) NOEL Bernard, L'evolution daüs la symbiose. Les Orchidees et leurs champignous comraensaux. An. d. Sc. Nat. 9. Ser., t. IX, p. 1. 2) Zitiert nach HEIDENHEIN, Plasma und Zelle, Lief. I, S. 62. Die Sj'mbiose als Mittel der Synthese von Organismen. 437 an ihrer Richtigkeit aufkommen. Folgende Worte aus dem Werke einer der größten Autoritäten in der Biologie, B. HERTWIG. sollen zur Charakteristik der gegenwärtig herrschenden Vorstellungen über die Struktur der Zellen dienen. In seinem Werke: Lehrbuch der Biologie (1906) S. 11 steht die folgende Beschreibung der Zelle: „Die Zelle ist ein Klümpchen von Protoplasma, das in seinem Innern einen besonders geformten Bestandteil, den Kern (Nucleus) einschließt" und weiter S. 45 antwortet er auf die Frage: Gibt es kernlose Elementarorganismen'? folgendes: „Nachdem auch bei der reifen Eizelle der Kern gefunden worden ist, können wir sagen, daß im gesamten Tierreich kein Fall von hornlosen Tieren existiert." In diesen Worten ist vollständig klar der herrschenden Meinung Ausdruck gegeben, daß alle Zellen nach demselben Modell konstruiert sind, und daß deshalb dem Forscher obli- gatorisch sei, innerhalb des Plasmas nach einem Kern zu suchen. Gegen die herrschende Zellentheorie habe ich manches ein- zuwenden. Die folgenden Bemerkungen betreffen sowohl den Kern als das Plasma. Der Kern. Erste Bemerkung. Der Äußerung R. HERTWIGs ent- gegen, daß es im Tierreich keine kernlosen Zellen gibt, wird von dem rühmlich bekannten Protozoenforscher DOFLEIN in seinem Lehrbuch der Protozoenkunde (3. Aufl. 1911 S. 237) die Gruppe der kernlosen Organismen, der MONEREN wieder her- gestellt, der Nomenklatur HÄCKELs folgend, welcher auf die Existenz von kernlosen Organismen als erster hingewiesen hat. Die kernlosen Zellen werden von DOFLEIN als Chromidialzellen bezeichnet. Zweite Bemerkung, welche schwerwiegender erscheint als die erste. Es hat sich herausgestellt, daß dem angenommenen Prinzip folgend, man als Kerne Gebilde verschiedenen Ranges zu- sammengestellt hat, worauf schon im Jahre 1884 von CaRNOY^) hingewiesen wurde. CARNOY war der erste, der darauf aufmerksam machte, daß in einer ganzen Reihe von Formen der Gregariiiae, der Wüzopoda und der Radiolaria, der für den Kern charakteristische Prozeß der Karyokinese nicht im Kerne, sondern in dem Kernkörperchen (nucleolus) verläuft, und daß dabei die den Kern färbenden Sub- 1) CarnOY, Biologie cellulaire 1884 p. 236—238. ^38 A. Famincyn: stanzen nur das Kernkörperchen tingieicn. Er war es, der be- merkte, dali auch bei manchen Algen (Sp/rogyra) dasselbe statt- findet. Den sogenannten Kern der Spirognia will ich liier mit ein paar Worten charakterisieren. Er ist in der Mitte der I^änge der Spiro(/i/ra-ZG]\e gelegen und senkrecht zur Achse der Zelle gestellt. Er hat die Form einer biconv^exen Linse, deren Umriß stark variieren kann; bald erscheint der Kern plattgedrückt, bald mehr oder weniger convex, gelegentlich fast kugelförmig. Es lassen sich an ihm eine derbe Membran, ein plasmatischer Inhalt mit einem, seltener 2 — 4 Kernkörperchen unterscheiden; das Kernkörperchen (in welchem die Karyokinese stattfindet) ist nach CaRNOY mit einer zarten Membran versehen. „Lorsque on examine" schreibt CARNOY ..attentivement ces nucleoles on v trouve tons les elements du noyau ordinaire: une membrane, une partie plasmatique et un element nucleinien." ,,Si l'on tenait ä conserver la denomination de nucleole, il semblerait naturel de la reserver exclusivement pour nommer ces noyaux en miniature, nucleoli. Cette restriction dans la signification du mot nucleole est d'autant plus legitime. que Valentin a originairement defini ce corps: eine Art von zweitem Nucleus, une espece de second noyau. Or, de toutes les productions si disparates qui ont ete comprises sout ce nom par les auteurs subsequents, Celles qui nous occupent sons les seules dont on puisse dire qu'elles sont une sorte de petit noyau dans le grand." Eine vollständige Bestätigung der x4.ngaben von CARNOY enthält die schöne Arbeit von MEUNIERI), Er schließt den zweiten Teil seiner Arbeit mit folgenden Worten: 1. Le nucleole de Spirogipa est un noyau en miniature. 2. A raison de la Situation particuliere au sein d'une masse plasmatique circonserite par une membrane particuliere comme dans les noyaux ordinaire, on ne peut lui refuser le nom nucleole- noyau, qu'il legitime et necessite. Diese Angaben habe ich teilweise nachgeprüft und zweifle nicht an ihrer Richtigkeit, nur habe ich folgendes gegen ihre Deutung zu bemerken. Eine vollständige Analogie des Kern- körperchens der Spirogi/ra und der Kerne der Mehrzahl der übrigen Pflanzen anerkennend, glaube ich, die Analogie in diesem Sinne weiterführend, den sogenannten Kern der Spirogyra einer Zelle 1) Meunier, La cellule T. III. Fascicule 2. Le nucleole des Spiro, gyra. p. 390. Die Symbiose als Mittel der S^-nthese von Organismen. 439 gleichstellen zu müssen. Der sogenannte Kern der Spirogyra läßt sich leicht außerhalb der Zelle beobachten, da er beim Zer- schneiden der Zelle heraustritt, dabei Kugelform annimmt und als typische Zelle erscheint, an der man eine Membran, ein Plasma und einen Zellkern (das sogenannte Kernkörperchen) leicht unter- scheidet. Diese Deutung der Struktur von Spirogi/ya wird wohl vielen als ein unannehmbares Ding erscheinen. Es ist gewiß nicht möglich, sie mit der herrschenden Zellentheorie in Einklang zu bringen. Wenn wir aber diese Tatsachen von dem Standpunkte der Symbiosetheorie betrachten und zulassen, daß die Zelle überhaupt, also auch die Spirogy)r[-Ze\le, einen symbiotischen Komplex dar- stellt (was natürlich noch zu beweisen ist), so verlieren diese Tat- sachen ihren exklusiven Charakter, indem sie den Forderungen der Symbiosetheorie nicht widersprechen, denn es gibt ja eine ganze Reihe symbiotischer Komplexe, wo lebende Zellen innerhalb einer ebenfalls lebenden Zelle eingeschlossen sind und sich dabei ganz wohl belinden und durch Teilung sich vermehren. Die dritte Bemerkung weist darauf hin, daß die als Kerne bezeichneten Gebilde so verschiedenartig nach der Struktur und der in ihnen verlaufenden Prozesse sind, daß sie nur ein ihnen allen gemeinsames Merkmal, welches aber zur Klärung der Sache wenig beiträgt, aufweisen, und das in folgenden Worten formuliert werden kann: der Kern ist ein im Innern der Zelle gelegenes Gebilde, welches meistens sehr scharf von dem übrigen Inhalte der Zelle absticht. Deshalb scheint es mir willkürlich, diese Gebilde in eine Kategorie zusammenzufassen und sie als gleichwertig zu betrachten. Das Plasma. Dem Plasma wird gegenwärtig die wichtigste Rolle in dem Leben der Tier- und Pflanzenzellen zugeschrieben, es wird als Grundsubstanz aller Zellen angesehen und als derjenige Bestand- teil betrachtet, an welchen alle Erscheinungen des Lebens ge- bunden sind. Würde als Plasma der ganze Inhalt der Zelle, nur den Kern ausgenommen, gemeint, so würde ich dagegen nichts zu erwidern haben. Gegenwärtig wird aber als Plasma etwas ganz anderes be- zeichnet, wie aus den folgenden Zitaten zu ersehen ist: „Das Protoplasma" schreibt 0. HertWIG^) „ist ein physio- logischer Begriff, ist eine Bezeichnung für ein Stoffaggregat, das 1) 0. HertWIG, Allgemeine Biologie 1906 S. 17 und 45. 440 ■^- Famincyn: eine Anzahl von physikalischen, chemischen und, was noch wichtiger ist, von biologischen Kigonschaften zeigt" und weiter: „Das Protoplasma einzelliger Organismen, pflanzlicher und tierischer Zellen, erscheint als eine zähflüssige, fast immer farblose, mit AVasser nicht mischbare Substanz, die infolge einer gewissen Ähn- lichkeit mit schleimigen Stoffen einst von S(JHLEIDEN als Schleim der Zellen bezeichnet wurde. Es bricht das Licht stärker als Wasser, so daß selbst feinste Protoplasmafäclchen sich trotz ihrer Farblosigkeit in diesem Medium erkennen lassen." Auf der Seite 14 fügt 0. HERTWIG noch hinzu: „in keinem Plasma fehlen kleinste, nur wie Punkte erscheinende Körnchen, die Microsomen, die bald spärlicher, bald reichlicher vorhanden und in eine bei schwächerer Vergrößerung homogen aussehende Grand- substanz eingebettet sind." Diese Microsomen werden aber von HERTWIG als, obwohl konstante, doch dem Plasma fremde Einschlüsse betrachtet. Etwas ganz Ähnliches versteht unter Plasma auch DOFLEIN'). Er beginnt die Charakteristik des Protoplasmas mit folgenden Worten: ,,Das Protoplasma betrachten wir als die Grundsubstanz aller tierischen und pflanzlichen Zellen; in ihm erblicken wir den- jenigen Bestandteil, an welchen alle Erscheinungen des Lebens gebunden sind, und ohne den der Wissenschaft kein Leben auf der Erde bekannt ist. Wir beschreiben unter dem Namen ,, Proto- plasma" die meist durchsichtige oder durchscheinende zähflüssige Substanz, welche in den meisten Protozoenzellen als Hauptbestand- teil leicht beobachtet werden kann, Sie ist mit Wasser nicht mischbar, stark lichtbrechend (d. h. stärker lichtbrechend als Wasser) und ist durch alkalische Üeaktion ausgezeichnet. Als wichtigste Bestandteile und Träger des Lebens betrachtet man die Eiweißverbindungen (Proteine und Proteide), welche man in den abgetöteten Tierkörpern nachweisen kann." Diese beiden den hohen Autoritäten entnommenen Zitate werden wohl von jedem als treues Bild der gegenwärtigen Zellen- theorie anerkannt werden. Letztere scheint mir, dessen ohnegeachtet, in mehreren Punkten anfechtbar zu sein. Es wird gegenwärtig das Proto- plasma (im Sinne von R. HERTWIG und DOFLEIN), besonders ihre alveoläre Struktur, als etwas besonders Wichtiges und mit den Lebensprozessen in nächster Beziehung stehendes Merkmal be- trachtet. Die in dem Plasma vorkommenden Einschlüsse dagegen 1) DOFLEJN, Lehrbuch der Protozoenknnde 1911 S. 5. Die Symbiose als Mittel der Synthese von Organismen. 44I werden als ihm subordinierte Nebendinge angesehen. Meiner Meinung nach ist der entgegengesetzte Schluß: daß die Hauptrolle in dem Leben der Zelle die im Plasma vorhandenen Einschlüsse spielen, dem Plasma dagegen nur eine sekundäre ßolle zukommt, der richtigere und zwar aus folgenden G-ründen: l. ein vollkommen reines, von Einschlüssen freies Plasma kennen wir, nach 0. HERT- WIGs Aussage nicht. Ihr sind immer Chromidien oder Ohondrio- somen beigemischt. Von den Bestandteilen des Plasmas und der in seinem Innern eingeschlossenen Ohondriosomen stellen die letzteren den aktiven, lebendigen Teil dieser Mischung dar, da von ihnen bekannt ist, daß sie nach Art der Bakterien wachsen und sich durch Teilung vermehren können. Das sie umgebende Plasma wird sowohl von HERTWIG als auch von DOFLEIN als eine zähflüssige, mit Wasser sich nicht mischende Substanz beschrieben; von formativen Pro- zessen ist in ihr keine Spur nachgewiesen worden. Was die alveoläre Plasmastruktur betrifft, so scheint sie mir mehr gegen als für die herrschende Meinung über die Rolle des Plasmas im Leben der Zelle zu sprechen. BÜTSOHLI, dem wir die Entdeckung und Ausarbeitung dieser Struktur verdanken, hat aber außerdem mit voller Bestimmtheit nachgewiesen, daß man eine ganz iden- tische Struktur außerhalb der Zelle, und zwar in der Mischung von Olivenöl mit KgCOg erzeugen kann. Letzteres zeugt aber nach meiner Meinung dafür, daß die alveoläre Struktur eine rein physi- kalische Erscheinung ist und nicht als eine der Ursachen der rätsel- haften Prozesse des Lebens betrachtet werden kann. Außer den oben erwähnten Chromidien und Ohondriosomen haben sich auch die übrigen Einschlüsse des Plasmas als aktiv w^achsende und sich durch Teilung vermehrende Grebilde erwiesen; dahin gehören: die Centrosomen mit ihren Centriolen, die Leuco-, Chloro- und Chromoplasten, endlich der Zellkern, der sich von den übrigen Einschlüssen durch die Kompliziertheit der in ihm während des Teilungsaktes stattfindenden Prozesse unterscheidet. Diese im Plasma eingeschlossenen Grebilde, und nicht das zäh- flüssige Plasma, sind die Herde der Lebensprozesse in der Zelle; ihnen und nicht d^m Plasma verdankt sie ihr Leben. Aus allem Vorhergesagten glaube ich folgenden Schluß ziehen zu müssen: daß in der nächsten Zeit dem Plasma dasselbe Schick- sal bevorsteht, welches die Zellmembran getroffen hat. Beim Beginn der Zellforschungen glaubte man in der Mem- bran die Hauptursache aller eigentümlichen im Innern der Zellen vorgehenden Prozesse entdeckt zu haben. Mit der Zeit klärte sich 442 '^ lAMlNCYN: Die Symbiose als Mittel der Synthese von Organismen. die Sache, und man erkannte, daß die Zellmembran eine ganz untergeordnete Holle spiele. Gegenwärtig glaubt man den Haupt- sitz des Lebens' der Zelle in dem zähflüssigen Plasma und nicht in seinen Einschlüssen zu sehen. Mir scheint es aber, daß auch im letzten Falle nicht das die aktiven Einschlüsse umgebende Plasma, sondern die Einschlüsse selber als Herde der Lebens- prozesse innei-halb der Zelle anerkannt werden müssen, dem Plasma aber nur eine ganz untergeordnete sekundäre Rolle vin- diciert werden kann. Die Entdeckung, daß die Microsomen (Chro- midien und Chondriosomen) sich zu Kernen und den Chrorophyll- körnern organisieren können, und dabei einen intergrierenden Teil des Plasmas bilden, ist ein Todesurteil der gegenwärtigen Zellen- theorie, die dem Plasma (im Sinne HerTWIGs und DOFLEINs) die erste Rolle in den Lebensprozessen der Zellen zuschreibt. Es ist gegenwärtig in der Biologie eine neue Richtung im Werden gegriffen, der, meiner Ansicht nach, eine glänzende Zu- kunft bevorsteht. Anstatt das primum movens des Lebens in dem zähflüssigen Plasma zu suchen, erscheint es nicht nur mög- lich, sondern sogar obligatorisch für aktive Zentren des Lebens der Zelle die in dem Plasma eingeschlossenen Gebilde anzu- erkennen. Die nächste Aufgabe dieser in der Biologie neuen Richtung, die den Anteil der Symbiose an der Evolution der Organismen zuläßt, besteht in dem Aufsachen solcher Kulturbedingungen, in denen das Leben und die Weiterentwickelung der aktiven Zellen- bestandteile im Freien, außerhalb der Zelle, ermöglicht Avären. Gleich dem Chemiker, der zur Erforschung der Struktur eines komplexen Körpers seine Analyse vornimmt, ihn in seine nächsten Bestandteile zerlegt und darauf die Synthese dieses Körpers aus seinen Komponenten zu erlangen sucht, soll, meiner Meinung nach, auch der Biologe nach dem Erfinden solcher Handgriffe streben, die ihm ermöglichten, den zu untersuchenden Organismus in einfachere Organismen zu zerlegen und darauf aus ihnen den zu untersuchenden Organismus zu rekonstituieren, was für die Lichenen schon ausgeführt ist. Sollte dieses gelingen, so würde auf diese Weise vielleicht auch möglich sein das als pium desiderium gegen- wärtig angesehene Problem: ein natürliches auf Blutverwandt- schaft gegründetes System sowohl für das Pflanzenreich als für das Tierreich aufzustellen. A. VlEHOEVER: Über den Nachweis von Chitin bei Bakterien. 443 56. A. Viehoever: Über den Nachweis von Chitin bei Bal(terien. (Eingegangen am 8. August 1912.) Während das Yorkommen von Chitin in den Zellwänden der Pilze schon eine Reihe von Jahren bekannt ist — ich weise hier nur auf die eingehenden Versuche von VAN WiSSELINGH (1898) hin — , hat man seine Anwesenheit in den Membranen der Bakte- rien bisher nicht mit Sicherheit feststellen können. So kam auf Grund kritischer Literaturstudien Herr Prof. Arthur Meyer (1912, S. 188) zu dem Schlüsse: „Daß Chitin nicht in den Sporenwänden der daraufhin untersuchten Spezies vorkommt, ist sicher, und es ist sehr wahrscheinlich, daß es auch nicht in der Oidienmembran dieser Spezies vorhanden ist". Herr Prof. Meyer hatte dabei die makrochemischen Untersuchungen von RUPPEL (1898), EMMERLING (1899), IWANOFF (1901) berück- sichtigt, deren Resultate für das Vorkommen von Chitin sprechen konnten; er stützte aber den obigen Satz auf die Erwägungen, daß die Resultate der genannten Arbeiten nicht völlig eindeutig für das Vorkommen des Chitins sprachen und daß besonders alle Ver- suche der Autoren VAN WiSSELINGH (1898), GARBOWSKI (1907) und Wester (1909), das Chitin mit der empfindlichen mikro- chemischen Methode von VAN WiSSELINGH nachzuweisen, nega- tive Resultate ergeben hatten. Die an anderer Stelle z. B. von ZEMPLEN (1911) vertretene Ansicht, daß das Vorkommen von Chitin sicher erwiesen sei, beruhte auf der XTnterschätzung der mikrochemischen Reaktion und auf der nicht genügend kritischen Bewertung der makrochemischen Tatsachen. Hatten die Autoren, welche jene Meinung aussprachen, auch Richtiges prophezeit, so war es doch unkritisch, aus dem bisher vorhandenen Materiale den Schluß zu ziehen: das Chitin sei sicher in der Membran der Bak- terien nachgewiesen. Es war — wie gesagt — trotz zahlreicher dahinzielender Versuche in keinem einzigen Falle geglückt, das Chitin auf mikrochemischem Wege (mit der VAN WiSSELINGHschen Reaktion) in der Bakterienmembran nachzuweisen. VAN WiSSELINGH hatte (1898) — wie schon kurz erwähnt — eine mikrochemische Methode des Chitin-Nachweises ausgearbeitet; 444 A- ViKHOEVER: er untersuchte mit ihr die Membranen der Pilze und Jiakterien. Während nun \'AN AViSSELINGH so das Vorkommen von Chitin in den Membranen viehn- Pilze deutlich und einwandfrei nachweisen konnte, fand er es bei keiner der daraufhin untersuchten Bakterien- spezies; er benutzte Kulturen von Bar. inrgaterrum de Ba.ry, ant/ini' cnides Trev., mesentericus vulgat/isYiügge, flnorescem pnfidus^ violareu s Schroeter, 2?«^c/if'' Beijerinck. VAN WiSSELINGH schlieft seine Ver- suche mit den Worten: „Was die Bakterien anbetrifft, so bemerke ich, daß dieselben nach Erwärmen in konzentrierter Kalilauge bis auf 160 " nicht mehr wiederzufinden waren und auch nicht mehr nach dem Erwärmen auf 300 " in G-lvcerin, indem ich bei den Resten, welche ihre Kulturen im ersten Falle zurückgelassen hatten, keine Mvkosinreaktion hervorrufen konnte. Daher olaube ich nicht, daß in den AVänden Chitin vorkommt." G-ARBOWSKI (1907) hat dann im Botan. Institute zu Marburg Untersuchungen über die chemische Zusammensetzung der Bakterien- membranen ausgeführt und dabei die von VAN WiSSELINGHsche Methode auf Bac. luteum, fumescetis und asterosjjorus angewandt. Er sagt (S. 53 und 54 der Diss.; A. MEYER 1912, S. 177): „Es wurden vegetative Formen und Sporen der genannten Arten zu Versuchen angewandt. Nach dem Vorgange von VAN WiSSELINGH wurde das Material mit einer ungefähr lOfachen Menge konzentrierter Kalilauge (1 KOH -|- 1 HgO) in kleinen zugeschmolzenen ßührchen im Autoklaven bis auf IßO ^ erhitzt und die erhitzte Masse nach einigen Vorprüfungen auf folgende Weise behandelt: Mit der Platinöse wurde ein Klümpchen der Masse auf den .Objektträger gebracht, die Kalilauge nach und nach durch 75proz., öOproz., 25proz. Glycerin entfernt und mit Jodjodkaliumlösung (2 J, 1 KJ, 200 HgO) und verdünnter Schwefelsäure (l proz. oder 5proz. H2SO4) versetzt. Als Koutrollprobe diente ein Röhrchen mit Penicihinm oder Aspen/illus. Während nun bei den letzten die rotviolette Färbung unfehlbar schon makroskopisch schön hervortrat, war bei den Bakterien nichts derartiges zu sehen. Die vegetativen Formen gehen beim Erhitzen mit Kalilauge auf 160 " und selbst auf 150 " sicher zugrunde und sind vor wie nach dem Färben „nicht mehr wiederzufinden". Anders die Sporen. Werden zu den Versuchen ältere (3 — 4 Wochen alte), etwas angetrocknete Kulturen ange- wandt, so widerstehen die Sporenflöckchen der zerstörenden Kali- lauge ganz gut, und selbst eine schwache Färbung ihrer Membran durch die Wirkung der genannten ßeagentien würde -nicht zu übersehen sein. Diese tritt aber nicht ein. Im Gegenteil, die Sporen von B. asterosporus werden durch die Kalilauge selbst röt- über den Nachweis von Chitin bei Bakterien. 445 lieh gefärbt und diese Farbe wird durch Jod- wie auch durch Schwefelsäurewirkung zum' Verschwinden gebracht. Die rosenrote Färbung des Sporenmaterials durch konzentrierte Kalilauge tritt schon in der Kälte ein. Die Erhaltung der Farbe trotz der Er- hitzung auf 160 ° beweist, daß es sich um einen hitzebeständigen Membranstoff handelt. Schwach rötlichen Anlauf bekommen durch KOH-Wirkung auch die Sporen von Bac. Intens, und sie verhalten sich gegen J -\- JK und H2SO4 ebenso wie Asterosporus-^^oven. Die Sporen von Bac. tumescens bleiben nach wie vor ungefärbt. Inwieweit dieser negative Ausfall der Versuche über „Chitinreak- tion" der Sporenmembran der genannten Bakterienspezies gegen die Anwesenheit eines chitinartigen Körpers in denselben spricht, läßt sich nicht entscheiden, denn das Chitin wird bekanntlich neuerdings als ein Sammelbegriff angesehen." Auch Wester (1909) wandte die VAN WlSSELINGHsche E/caktion zum Nachweise des Chitins bei Bakterien an; er benutzte Colibakterien und Staphylococcus aureus. Das mit Kalilauge er- hitzte Bakterienmaterial übergoß er mit starkem Alkohol, der nach kurzem Centrifugveren wieder abgehoben und durch immer ver- dünnteren Alkohol ersetzt wurde. Der E-ückstand wurde zur Untersuchung benutzt, enthielt jedoch ' — nach WESTER — weder Chitin noch Cellulose, Ich habe nun die von mir isolierte harnstoffspaltende Spezies „Bacillus probatus A. M. et Viehoever", über welche demnächst eine ausführliche Abhandlung als Dissertation veröffentlicht werden soll, auf Chitin geprüft und zwar ebfenfalls mit der VAN WlSSE- LINGHschen Reaktion. Es gelang mir, mit dieser Methode das Chitin in den Membranen aller Morphoden dieser Spezies: in Oidien, Sporangien, Hemangien (Sporen umschließende Sporangienhälften) und Sporen, auch in leeren Sporen- und Sporangienmembranen, einwandfrei nachzuweisen. Ich untersuchte dann noch die in der Tabelle verzeichneten sporenbildenden Spezies, darunter auch die von GrARBOWSKI be- nutzten, ferner eine sporenbildende Sarzine, die Sarcina ureae. Bei allen ohne Ausnahme konnte ich Chitin nachweisen. Zur Ausführung der VAN WiSSELINGHschen Chitin-ßeaktion wurden mehrere Ösen kräftig entw^ickelten Bakterienmaterials in kleine, mit etwa 1 ccm öOproz. Atzkalilösung beschickte. Glas- röhrchen gebracht, die Gläschen dann zugeschmolzen. Da in der Literatur eine Angabe über die erforderliche Dauer der Erwärmung für Bakterien nicht* zu finden war, wurden Versuche bei 15, 60 und 90 Minuten langer Einwirkung von 6 Atmosphären im Auto- Ber. der deutschen bot. Gesellseh. XXX. 30 4-46 A. VlEHOEVEK: klavon angestellt. Das Ergebnis war, daß eine 15 Minuten lange Erhitzung im Autoklaven bei 6 Atmospliären Druck = 164 " C für Bac. j»obatus und Sporodinia f/randis völlig ausreichte, um das Chitin in Chitosan zu verwandeln; vermutlich genügt diese Dauer der Erhitzung auch für die anderen Bakterienspezies. Die kurze Erwärmung hatte noch den Vorteil, daß die weniger widerstands- fähigen Morphoden zum Teil erhalten blieben. Nachdem das im Autoklaven erhitzte Material erkaltet war, wurden die Gläschen geöffnet und ihr Inhalt auf Uhrschälchen ausgeleert. Nach dem Absetzen des Rückstandes wurde die überstehende Flüssigkeit mit der Pipette weggenommen, der Bakterienrest dann in ähnlicher Weise nacheinander mit 75proz., öOproz. und 25proz. Glycerin — nach der Angabe von GARBOWSKI (siehe das Zitat) — sorgfältig ausgewaschen; hierauf auf einen Objektträger übertragen und mit einem Deckglase bedeckt, das an zwei Seiten mit Wachsstreifen auf dem Objektträger befestigt wurde. Dann ließ ich im Über- schuß durch Absaugen mit Fließpapier Jodjodkaliumlösung (2 g Jod, 1 g Jodkalium und 200 ccm Wasser) zu dem Präparate fließen und verdrängte diese wieder in gleicher Weise völlig durch über- schüssigen Zusatz von Iproz. Schwefelsäure. Tabelle der auf Chitin untersuchten Bakterienspezies Die Ohitosan-Reakti on trat Name Alter der ein bei der a 1 o _ ■ 5=1 -, Ü C3 (T) > ... 4 1) )) + + + + + „ asterosporus A. M. (Migula) " )> )) + + + + » » " » 14 „ + + + + „ aimjlobaderA.M.. et Brede- mann 14 „ + „ fusiforniisA.lsL et Gottheil 14 Monate,, + + + „ luteus Smith et Baker 7 Wochen „ + UrobaciUus Leubei Beijerinck . . 1 3 Monate „ + + + + + Vrohacillus pasteurii Mi(|uel (Beije- rinck) 11 „ + + + + + Bacillus prohatus A.M. etViehoever 8 Tage „ + + + + + » » »II II 13 Monate „ + + + + „ rohur A. M, et Neide . . 13 „ „ + „ sphaericus A. M. et Neide 15 »> )> + + + „ subtüis Oohn 11 „ + + + »» >> j» 11 „ „ + „ tumescens Zopf 3 Tage „ + . + + »1 »> )>•••• ö >) ), + • + Sardna ureae Beijerinck .... 13 Monate „ Kokken-j- + + + über den Nachweis von Chitin bei Bakterien. 447 Die Chitosan- oder Mykosin-Reaktion wurde meist erst sichtbar, «obald das Jod durch die Schwefelsäure verdrängt worden war. Die Färbung ist nicht immer sehr deutlich zu sehen: der Farbenton ist nicht immer rein violett; in ein und demselben Präparate kann man -Z. B. neben deutlich violett gefärbten Gebilden solche mit schwarz- violetter, rotvioletter, braunvioletter und dunkelrotbrauner Farbe beobachten; ja einige können auch braun oder ganz farblos sein. Braungefärbte, strukturlose Reste fand ich auch in Präparaten, •denen weder Jodlösung noch Schwefelsäure zugesetzt worden war. Eine schwache gelbliche bis bräunliche Färbung zeigen auf Zusatz der oben erwähnten Jodjodkaliumlösung die Bakterienreste ■dann, wenn sie noch unzersetztes Chitin enthalten, also besonders vor der Erhitzung mit Kalilauge. Die von G-ARBOWSKI (siehe das Zitat) und zuweilen auch von mir beobachtete Rotfärbung von Bakteriensporen und anderen Mor- phoden möchte ich auf das Vorkommen eines mit konzentrierter Kalilauge sich rot färbenden Bakterienschleimes zurückführen. Diese Annahme wurde besonders wahrscheinlich gemacht durch ■die Beobachtung bei Bac. asterosporus. Junges, schleimreiches Sporangien- und Oidienmaterial dieser Spezies färbte, in 50 proz. Kalilauge gebracht, diese innerhalb 5 bis 10 Minuten deutlich rosarot. Wurde diese Mischung 1 Stunde auf 100 ^ 0 erwärmt, so setzen sich rotgefärbte Flöckchen zu Boden, -die überstehende Flüssigkeit wurde nahezu farblos; dasselbe trat nach mehrtägigem Stehen der nicht erhitzten Mischung ein. Nach längerem Stehen oder nach dem Erhitzen auf 160 ^ war makro- skopisch weder bei der Flüssigkeit noch bei dem Bodensatze eine Rotfärbung zu sehen. Mikroskopisch zeigte das 'frisch mit -50 proz. KOH versetzte Material rosarot gefärbte, gallertartige Massen, auch glaube ich, eine schwache Rosafärbung der Mem- branen gesehen zu haben. Nach dem Erhitzen mit Kalilauge im Autoklaven waren diese Massen verschwunden, eine Rotfärbung der Sporen- und Membranreste war zuweilen — jetzt etwas deut- licher — zu beobachten. Auf Zusatz der Jodlösung wurden die Sporen blasser, auf Zusatz der Schwefelsäure ganz entfärbt, die Membranen zeigten dann aberdie erwartete violette Färbung. Diese Beobachtungen waren besonders dadurch erschwert, daß es nur ganz selten — wegen der beim Durchsaugen der Flüssigkeiten entstehenden Strömungen — gelang, das gleiche Objekt kontinuierlich zu beobachten. Die oben erwähnte Rosafärbung des Bakterienmaterials von B. asterosporus mit konzentrierter Kalilauge tritt makroskopisch deutlich sichtbar nur bei Mischung mit schleimreichen, jungen 30* 448 A.- VlEHOEVER: Kulturen ein, nicht mit alten ausgetrockneten Sporen dieser Spezies^ Ich liabe diese Färbung bis jetzt bei keiner anderen Spezies beob- achtet und glaube, daß man sie bis auf weiteres mit zu den leichten Erkennungsmitteln der Spezies Bacillus asferosporus A. M,, rechnen darf. Frisches, d. h. nicht mit Kalilauge versetztes und erhitztes, Bakterienmaterial gab auf Zusatz der Jodlösung — wie oben schon er- wähnt — eine gelbliche, bräunliche Färbung; diese schlug jedoch, auf Zusatz von verdünnter Schwefelsäure nie in eine violette um, sondern verschwand vollständig: ein Beweis dafür, daß nur das in Chitosan umgewandelte und nicht auch das unzersetzte Chitin die VAN WlSSELINGHsche Reaktion zeigt (siehe auch die damit überein- stimmenden Angaben von WESTER, 1909, S. 33, „Chitin und Jodlüsung"). Als Vergleichsobjekt dienten beim Chitinnachweis Flügel- decken eines Käfers, ferner Pilzhyphen von Aspergillus glaucus und Sporodinia grandis Linck. Besonders gut eigneten sich die plasma- freien Sporangienträger von Sporodinia, da sie gegen die Einwir- kung der Kalilauge sehr widerstandsfähig sind und sehr deutliche Färbungen mit dem VAN "WiSSELINGHschen Reagenz geben. Alle Beobachtungen wurden vorgenommen mit ZEISSscher Optik: Kompensationsokular 12 und 18, Ölimmersionslinse ^/^g und Apochromatlinse (Apertur 1,40, Brennweite 2 mm). Die Färbungen waren am besten bei Tageslicht (weißem "Wolkenlicht) zu sehen; bei Verwendung der A. MEYERschen Mikroskopierlampe (Gasglühlicht) waren die Farbentöne ebenfalls^ zu sehen, hatten dann aber mehr einen Stich ins Rötliche. Da die Farbentöne der Chitosanreaktion — wie wir oben sahen — alle Übergänge vom Tief seh warzvioletten bis zum Braun- violetten zeigen können, selbst in dem gleichen Präparate, so läßt sich nicht von der Tiefe der Färbung oder einem bestimmten Farbentone auf die Menge des in den Membranen vorhandenen Chitins schließen. Eine quantitative Methode zur Bestimmung des Chitingehaltes bei Bakterien kann also die VAN WlSSELINGHsche Reaktion nicht sein. Ebensowenig kann man wohl aus der Verschiedenheit der Jodfärbung auf das Vorkommen mehrerer Chitinarten schließen,^ wie es KrawkOW (1892) tat. WESTER (1909) sagt hierzu (S. 15): „Die verschiedenen Färbungen mit Jod sind wahrscheinlich den Verunreinigungen oder Zersetzungsprodukten zuzuschreiben." „Das Chitin einiger Pflanzen {Fezisa awantiaca, Agaricus albus, Glaviceps purpurea) einerseits, und verschiedener Tiere (Grarneelen, Insekten, Skorpione, Spinnen, Myriopoden, Mollusken [Loligo], Bryozoen,. über den Nachweis von Chitin bei Bakterien. 449 Brachiopoden [Lingula], Hydrozoen [Sertularia]), andererseits lieferte völlig identische Derivate (wie salzsaures Glukosamin und dessen Benzoat, Chitosan und dessen schwefelsaures Salz) und kann, somit «elbst auch als identisch betrachtet werden." Der positive Ausfall des Chitin-Nachweises steht nun — wie wir gesehen haben — vor allem im Widerspruch zu den Angaben von VAN WiSSELINGH, von GARBOWSKI und von WESTER. Vielleicht verstehen wir das negative Besultat der genannten Au- toren, wenn wir uns über die Bedingungen klar werden, die für das Gelingen der VAN WiSSELINGHschen Reaktion von Wert sind. Man muß mit der Morphologie des zu untersuchenden Bak- teriums völlig vertraut sein, muß damit rechnen, daß ein großer Teil des Bakterienmaterials durch die Vorbehandlung, d. h. die Erhitzung mit Kalilauge, zerstört wird und der kleinere Teil manch- mal bis zur Unkenntlichkeit verändert werden kann. Ratsam ist es, -ZU den Übungen des Chitin-Nachweises Bakterien mit ausgereiften •Sporen zu nehmen, da die Sporen die widerstandsfähigsten und vermutlich auch die chitinreichsten Entwicklungszustände sind. Da nur in der Hitze der Umwandlungsprozeß des Chitins in ■Chitosan sehr schnell vor sich geht, andererseits aber auch die Zerstörung der Bakterien durch die erhitzte Kalilauge eine zu weitgehende sein kann, so darf die Erhitzung nicht länger als es unbedingt zur Bildung des Chitosans nötig ist, ausgedehnt werden ; ■die Konzentration der Kalilauge spielt hier natürlich eine große Rolle. VAN WiSSELINGH empfiehlt 50proz., WESTER für die meisten Fälle 60proz. Kalilauge; nimmt man eine weniger konzen- trierte Lösung, so muß man länger erhitzen. Über diese Verhält- nisse hat Wester mit gereinigten Daphnias und Schnitten von Peziza aurantiaca eingehende Versuche gemacht und die Resultate auf einer Tabelle (S. 22) vereinigt, der ich einige Angaben ent- nehmen möchte: Konzen- tration der Kalilauge Zeitdauer der Einwirkung Bei Temperatur von Färbung mit Jod V5 7o und H3SO, 1 Vo Löslichkeit in 2^/2 "/o Essigsäure 60% 60% 60% 50% 60 0/0 400/0 40 7o 20 Minuten 39 Tage 90 Tage 25 Minuten 90 Tage 120 Tage 40 Minuten 110 Tage 160" Zimmertemp. 160" Zimmertemp. 160« Zimmertemp. sehr tief violett >> >> völlig löslich zum geringen Teile löslich zum größten Teile löslich völlig löslich Zum größten Teile löslich völlig löslich n n fast „ 450 ^ Viehoever: Ich sagte oben schon, daß Angaben über die erforderliche- Daner der Erhitzung bei Bakterien nicht gemacht wurden, und vermute daher, daß VAN WiSSELINGH, da er keine Bakterien mehr wiederfand, sein Material zu lange erhitzt hatte. GARBOWSKI und und WESTER haben vielleicht nicht lange genug erhitzt, denn der Umwandlungsprozeß des Chitins in Chitosan kann bei Bakterien infolge des Vorhandenseins einer Schleimschicht womöglich noch länger dauern als bei Pilzen und tierisclien Häuten. "Wester erhitzte seine Präparate im Ölbade langsam und gleichmäßig auf 160 " C und kühlte dann ev. sofort ab; er sagt (S. 42): „Das Chitin in den Pflanzenobjekten ist dadurch gewöhnlich voll- ständig in Chitosan umgesetzt." Ich erhitzte, wie GARBOWSKI, meine Präparate im Autoklaven ;^ war die Temperatur auf 164 " gestiegen, so wurde in meinen Ver- suchen frühestens erst nach 15 Minuten die Flamme abgestellt; die Gläschen mit dem Bakterienmateriale waren dann aber immer noch längere Zeit bis zum Erkalten des Autoklaven der Wärm& ausgesetzt. In einem Falle versuchte ich nun die Kalilauge in der Kälte einwirken zu lassen, in der Annahme, daß dadurch di& Struktur der Bakterien besser erhalten bleiben müsse und folglich auch der Nachweis des Chitins sich leichter gestalten müsse. Ich habe Oidien- und Sporenmaterial von Bac. asferosporus in kleinen Gläschen mit 50 proz. Kalilauge zusammengebracht und nach 8 Tagen beobachtet: die Morphoden w^aren wohl zum Teil ver- ändert — geschrumpft oder gequollen — aber im ganzen doch noch gut und deutlich zu erkennen. Nach Zusatz des VAN WlSSE- LINGHschen Reagenz war nur ganz vereinzelt eine schwache violette Färbung zu sehen, der Umwandlungsprozeß war also nach 8 tägigem Stehen bei durchschnittlich 20 ^ C noch nicht weit fortgeschritten. Die Violettfärbung von Chitosan mit Jod und Schwefelsäure tritt — wie VAN WiSSELINGH und WESTER übereinstimmend fest- stellten — am besten mit verdünnten Lösungen ein. WESTER beobachtete eine rasche Entfärbung dieser Reaktion durch Alkohol und Glyzerin. Anwesenheit von Kalilauge stört ebenfalls die Reaktion. Es w^äre also noch denkbar, daß in den Versuchen von GARBOWSKI und WESTER das Bakterienmaterial vor dem Zusätze der Jodlösung und der Schwefelsäure nicht genügend von Kali- lauge, oder von Glyzerin (GARBOWSKI) oder von Alkohol (WESTER), befreit worden war. Schließlich geht auch aus den Angaben der anderen Autoren nicht hervor, mit welcher Optik ihre Untersuchungen ausgeführt wurden; nimmt man nicht mindestens eine 2000 fache Vergröße- über den Nachweis von Chitin bei Bakterien. 451 rung, so wird man auch eine violette Färbung der Bakterien- membran kaum beobachten können. Die Säurefestigkeit kann auf das Vorkommen von Chitin iu der Membran der Bakterien nicht zurückgeführt werden, wie es HELBING (1900) vermutete, ebensowenig die Gramdauer; denn unter den als chitinhaltig angeführten Bakterienspezies sind nicht säurefeste und solche von sehr geringer Gramdauer. Die große Widerstandsfähigkeit der Bakterienmembranen gegen äußere Einflüsse ist jedoch jetzt verständlicher geworden. Der makrochemische Fund von Glukosamin aus Bakterienmaterial ist nun sicher nicht mehr auf das Vorkommen von Glukoproteiden (Mucinen und Mucoproteiden) allein, sondern ganz oder doch gewiß teilweise auf das reichliche Vorkommen von Chitin bei Bakterien zurückzuführen. Während das von HEGLER (1901) und KOHL (1902) bei einzelnen Vertretern der Zyanophyzeen beobachtete Vorkommen von Chitin nach den neuen umfassenderen Versuchen von WESTER (1909) wieder zweifelhaft geworden ist, hat sich mit dem Nach- weis des Chitins in Bakterien herausgestellt, daß diese sich nun auch mikrochemisch wie die Pilze verhalten. Damit ist wieder ein Unterschied zwischen den Bakterien und den Pilzen gefallen. Es ist das nicht ohne Interesse für die von Herrn Prof. METER (1912, S. 27) vertretene Anschauung, daß die Pilze und die Bakterien relativ nahe miteinander verwandt sind. Wenn auch die Übereinstimmung des Vorkommens oder Fehlens von Chitin kein Kennzeichen für die Verwandtschaft zweier Pflanzengruppen sein kann, so war es doch auffallend, daß das Chitin den Membranen der Bakterien zu fehlen schien, während es in den Pilzzellwänden so häufig und reichlich angetroffen worden war. Botanisches Institut der Universität Marburg a. L., den 7. August 1912. Literatur. EMMEßLiNG, C, Zur Kenntnis des Sorbosebakteriums. Berichte der Deutsch. ehem. Gesellschaft, Bd. 32, S. 541 (1899). Garbowski, L., Über Abschwächung und Variabilität bei Bacillus Smith et Baker und Bacillus tumescens Zopf. Dissertation Marburg 1907; auch Zentralbl. f. Bakt., II. Abt., Bd. XIX, S. 641 (1907). Heglee,, R., Untersuchungen über die Phycochromaceenzelle. Jahrbücher für wissenschaftl. Mikroskopie, S. 279 u. 349 (1901). 452 ^' DENOLER: HelbinG, C, Erklärungsversuch für die spezifische Färbung der Tuberkel- bazillen. Orig. in Deutsch. Med. Wochenschrift S. 133 (1900); Ref. in Zeitschrift f. wissenschaftl. Mikroskopie, Bd. 18, S. 97 (1901). IWANOFF, K. S., Über die Zusammensetzung der Eiweißstoffe und Zellmem- branen bei Bakterien und Pilzen. Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie (HOFMEISTERS Beiträge), Bd. 1, S. 524 (1901). Kohl, G., Über die Organisation und Physiologie der Oyanophyceenzelle. Gustav Fischer, Jena 1903. KraWKOW, N. P., Ref. von WESTER (siehe WESTER, 1909). Orig. in Zeit- schrift f. Biologie, Bd. 29, S. 177 (N. F. 11), (1892). MeyeR, Arthur, Die Zelle der Bakterien. GUGTAV FlscHER, Jena (1912). RUPPEL, W. G., Zur Chemie der Tuberkelbazillen. Zeitschrift f. physiol. Chemie, Bd. XXVI (189S). Wester, D. H., Studien über das Chitin. Dissertation, Bern 1909; auch er- schienen im Archiv der Pharmazie, Bd. 247, S. 282—307 (1909). Pharma- ceutisch Weekblad, Bd. 46, S. 1233—1238; 1258— 126B (1909). . VAN WlSSELlNGH, Mikrochemische Untersuchungen über die Zellwände der Fungi. PrinGSHEIMs Jahrbücher f. wiss. Botanik, Bd. XXXI (1898). ZempleN, Geza, Chitin. Biochemisches Handlexikon von ABDERHALDEN, Bd. 2, S. 626 (1911). 57. A. Dengler: Eine neue Methode zum Nachweis der Spaitöffnungsbewegungen bei den Coniferen. (Vorläufige Mitteilung aus dem Botanischen Institut der Forstakademie Eberswalde.) (Mit Tafel XIV und einer Textfigur.) (Eingegangen am 30. August 1912.) In jüngster Zeit sind einige neue Methoden veröffentlicht worden, die dazu dienen sollen, die Bewegungen der Spaltöffnun- gen an den Blättern der Beobachtung und Untersuchung zugäng- lich zu machen. Die älteren Methoden von STAHL mit Kobalt- papier und die von DARWIN mit dem Porometer erlauben, streng genommen, eigentlich keine direkten Schlüsse auf die Offnungs- weite der Stomata. Denn die Verfärbung des Kobaltpapiers und der Ausschlag des Porometers ist eigentlich nur der Maßstab für die G-esamtgröße des an der Außenfläche des Blattes verdunsteten Wassers. Jedenfalls ist daher auch die nicht stomatäre Transpiration an dem Ergebnis mitbeteiligt, und dieses läßt infolgedessen keinen un- bedingten und unmittelbaren Schluß auf die Weite der Öffnung Eine neue Methode zum Nachweis der Spaltöffnungsbewegungen usw. 453 der Stomata zu. Wenn STAHL die cuticuläre Transpiration als gänzlich unbedeutend gegenüber der stomatären hinstellt, so steht der einzig zwingende Beweis dafür, der durch die Wägung des Wasserverlustes vor und nach Schluß der Spaltöffnungen zu er- bringen wäre, vorläufig noch aus. Wenn aber auch die STAHLsche Angabe nach seinen Versuchen für Blätter mit großen Stomata, noch dazu im Zustand weitester Öffnung, zutreffen mag, so ist es doch zum mindesten zweifelhaft, ob sie auch bei engen oder zwar an sich weiten, aber kurz vor ihrer Schließung stehenden Spalt- öffnungen noch richtig sein dürfte. Meine dahingehenden, aller- dings noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen an Coniferen- nadeln scheinen dagegen zu sprechen. So fand ich z. B. an vier abgeschnittenen TaxuszweigQn, die während des Versuchs unter konstantem Licht und gleichbleibender Feuchtigkeit gehalten wurden, dagegen steigender Temperatur ausgesetzt waren, folgende Beziehung zwischen Transpirationsgröße und Öffnungsweite der Spaltöffnungen : ^^u rn„„ „ i Wasserabgabe in mg Zeit Temperatur pro Minute Spaltöffnungsweite Nr. 1 2 3 4 2.00—3.30 25,6 <> 54 40 50 26 um 3.00 bei allen 4 Zweigen etwa noch halb geöffnet. 3.30—4.30 30,5 « 37 25 33 13 4.30—5.35 34,9 <> 55 31 46 25 um 5.30 bei allen 4 Zweigen vollständig geschlossen. Bei Nr. 1, 3 und 4 hätte sich das Kobaltpapier im ersten wie im letzten Teil des Experiments gleich stark verfärben oder das Porometer gleich großen Ausschlag zeigen müssen, trotzdem die Spaltöffnungsweite stark zurückgegangen ist. Das Wieder- ansteigen der Wasserabgabe im letzten Versuchsabschnitt ist wohl kaum anders erklärbar, als daß die mit der erhöhten Temperatur gesteigerte cutikuläre Transpiration hier den Verlust an der stomatären ausgeglichen hat. Jedenfalls bildete die neue Methode, die MOLISCH zuerst ver- öffentlichte, die aber, wie E. STEIN kürzlich in diesen Heften mit- teilte, auch von STAHL schon länger ausgeübt worden ist, näm- lich aus der Infiltration beim Auftupfen verschiedener Flüssig- keiten auf die Öffnungsweite der Stomata zu schließen, einen erheblichen Fortschritt. Denn das Eindringen oder Nichteindringen der verschiedenen Flüssigkeiten steht offenbar in alleiniger und unmittelbarer Beziehung zur Weite der Öffnungen. Leider versagt diese schöne und so leicht im großen anzuwendende Methode bei den Coniferennadeln vollständig. Das hat bereits NEGER in Heft 4 454 ^- Denglee : des laufenden Jahrgangs dieser Berichte festgestellt, und ich kann das bestätigen. NEGER war bei seinen Versuchen auf den Ge- danken gekommen, die Infiltration durch Einsaugen der Flüssig- keit mittelst der Luftpumpe zu bewerkstelligen, und da sich die Luft durch die Schnittstelle des Zweiges nicht absaugen ließ, ver- suchte er die Evacuierung durch die Spaltöffnungen selbst und die Infiltration dann durch Wiederherstellung des normalen Luft- druckes, der die Flüssigkeit in das Blattinnere hineinpressen sollte. Bei verschiedenen Laubhölzern gelang dies gut, und in der Größe des ünterdrucks, ,, durch welchen die Bedingungen für die In- filtration mit Wasser gegeben sind", und in der Zeit, ,, welche bis zum Abschluß der Infiltration verstreicht", sah NEGER zwei Grad- messer für die Öffnungsweite der Stomata. Da bei den Coniferen- nadeln die Infiltration aber auch auf diesem Wege nicht gelang, stach Neger die Nadeln nach Evacuierung an, worauf die In- filtration mehr oder minder rasch erfolgte. Mit diesem Verfahren, von ihm „Evacuationsmethode" genannt, gelangen dann einige Ver- suche, deren Ergebnisse NEGER in seiner schon genannten vorläufigen Mitteilung veröffentlicht hat. Ich habe mich zur gleichen Zeit wie Neger mit dem Problem der Infiltration von Coniferennadeln be- schäftigt, und zwar zunächst nur zum Zweck der Feststellung des Interzellularvolumens von Licht- und Schattennadeln, über derea anatomische und physiologische Unterschiede ich seit Herbst vorigen Jahres eine größere vergleichende Untersuchung am Ber- liner pflanzenphysiologisches Institut begonnen hatte. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit handelte es sich dann aber auch für mich um die Frage der Bewegungen des Spaltöffnungsapparates, über die ja gerade für die Coniferen noch gar nichts Sicheres bekannt ist. Ich kann nun im allgemeinen bestätigen, was Neger bezüglich der Unmöglichkeit der Infiltration durch Auftupfen oder Eintauchen in Wasser, Alkohol, Äther, Petroläther usw. feststellte, ferner, was er bezüglich der Unmöglichkeit der Evacuierung der Nadeln durch die Schnittstelle des Zweiges, und bis zum gewissen Grade auch das, was er bezüglich der Eva- cuationsmöghchkeit durch die Spaltöffnungen selbst und nach- träglicher Infiltration bei Einstich fand. Hier möchte ich nur hin- zufügen, daß bei meinen Versuchen ein Einpressen von Wasser, oder noch leichter von Alkohol, auch in unverletzte Nadeln, nach mehrmaliger Evacuierung und Wiederherstellung des Normaldruckes gelang. Ich operierte bei meinen anfänglichen Versuchen^ zur Fest- stellung des Interzellularvolumens mit Taxusiia.de\n, die vom Eine neue Methode zum Nachweis der Spaltöffnungsbewegungen usw. 455- Zweige getrennt waren, und zwar durch Abschneiden mit der Schere oder auch durch Abpflücken. Hierbei bemerkte ich sehr bald, daß unter den letzteren immer diejenigen, die oberhalb des Stieles an der Basis der Spreite abgerissen waren,, rascher infiltrierten als die an der natürlichen Ab- lösungsstelle abgetrennten, was sofort daran zu sehen war^ daß die vorher im Wasser schwimmenden Nadeln bei der In- filtration zu Boden sanken. Als ich auf Grund dieser Wahr- nehmung versuchte, die unverletzten mit der Schere an Basis oder Spitze anzuschneiden, erfolgte überall eine ganz plötzliche Infiltration^ die sich an der sonst hellgrünen Unterseite der Taxusnadeln durch Dunkelfärbung sofort kenntlich machte. Hieraus ergab sich der Schluß, daß die Sj^altöff nungen zu einer Zeit und unter Bedingungen die Evacuierung ermöglicht hatten, unter denen eine Infiltration nicht eingetreten war, daß sie also in diesem Zustand die Luft durchgelassen, der Flüssigkeit aber den Eintritt versperrt hatten. Zugleich ergab sich, da die Infiltration von der Anschnittsteile in raschem Zuge über die ganze Nadelfläche vorrückte, daß das Inter- cellularsystem der Nadel im allgemeinen zusammenhängend sein mußte. NEGER hat diese beiden Schlußfolgerungen bereits in seiner Mitteilung im Maiheft dieser Zeitschrift gezogen. Ich kann sie hier auf Grund meiner etwa gleichzeitig und unabhängig davon auf anderm Wege gemachten Erfahrungen bestätigen. Während aber NEGER bei seiner Evacuations- methode stehengeblieben ist, hat mich die Verfolgung des- obigen Gedankenganges zu einer neuen, einfachen Methode ge- führt, die, wie ich glaube, noch klarere und präzisere Resultate- liefern wird. Wenn nämlich das Intercellularsystem der Coniferen- nadeln einheitlich ist, d. h. unter sich zusammenhängt,, und wenn es möglich ist, aus ihm mit der Saugpumpa Luft herauszuziehen, so muß es umgekehrt auch mög- lich sein, mit einer Druckpumpe durch eine künstlich© Öffnung an einem Ende, etwa an der Nadelbasis, Luft hinein- und durch die geöffneten Stomata hindurchzupressen. An einer in Wasser untergetauchten Nadel muß dann der Austritt der Luft in Form von Blasen direkt mit dem Auge zu beobachten sein. Schon die ersten rohen Versuche an einigen turgeszenten und welken Taa;««- Nadeln, die ich einzeln in das Ende kleiner Glasröhrchen einkittete, und in die ich vom andern Ende mit dem Munde Luft einblies, zeigten die Möglich- 456 A. Dengler: keit, auf diesem Wege zu einer brauchbaren Untersuchungsmethode zu gelangen. Ich mußte dann an der weiteren Ausbildung dieser Methode neben meiner anderen größeren Untersuchung arbeiten. Daher kann ich sie erst jetzt veröffentlichen und vorläufig nur einige wenige damit gewonnene Ergebnisse mitteilen, die nur dazu dienen sollen, ihre leichte und vielseitige Anwendbarkeit darzutun. Eingehendere Untersuchungen damit hoffe ich erst später durch- führen zu können. Am praktischsten wurde nach mancherlei Herumprobieren folgende Versuchsausführung befunden: Ein etwa 10 cm lauges an einem Ende zugeschmolzenes Stück Bleirohr, das 0,8 cm lichte Weite und etwa 2,5 mm Wandstärke hat, wird auf der einen Seite mit etwa 6 kleinen Schlitzen versehen, die ich mit der kleinen Schneide des Taschenmessers einsteche. Sie brauchen nur so lang und breit zu sein, daß sie die zu untersuchenden Nadeln l^equem und mit etwas Spielraum aufnehmen können. Die Schlitze werden dann nach außen, ebenfalls mit dem Taschenmesser, trichter- förmig erweitert, damit der hineinzufüllende Kitt nach unten recht fest zusammengedrückt werden kann. Die Böschungswände des Schlitzes w^erden zur besseren Adhäsion durch Einritzen etwas auf- gerauht. Dann wird vor dem Einsetzen der Nadeln erst der Kitt fest eingedrückt. Als bester Stoff dafür hat sich von vielen ver- suchten das in Apotheken in Stangenform käufliche sog. Blei- pflaster bewährt. Dieses knetet sich in der warmen Hand wie Wachs, klebt aber besser und hält nach seiner raschen Erstarrung recht ansehnlichen Druck aus. In den in die Schlitze eingedrückten Kitt steche ich dann mit einer kleinen Lanzette einen Spalt und schiebe die zu untersuchende, frisch abgepflückte und an der Basis gekappte oder auch nur angestochene Nadel so tief hinein, daß die geöffnete Stelle im Hohlraum der Eöhre liegt. Dann wird mit einem sogenannten Modelliereisen, wie es zu Wachsarbeiten (z. B. beim Lederschnitt) gebraucht wird, drückend und streichend die Ab- dichtung der Nadel vorgenommen. Besonders wichtig ist hierbei ein kräftiges Drücken nach dem Grunde des Kessels zu. Nach einiger Übung gelingt die Abdichtung rasch und fast immer voll- kommen. Zeigt sich nach dem späteren Untertauchen noch eine Undichtigkeit, so ist sie nach Abtrocknen der betreffenden Stelle mit Fließpapier durch Nachpressen mit dem Modelliereisen meist rasch und unschwer zu beheben. Ich brauche zum Einsetzen und Einkitten von 6 Nadeln höchstens 5 Minuten. Das Rohrstück mit den Nadeln ist dann durch einen starkwandigen Gummischlauch mit einem Gummi sebläse oder besser einer kleinen Kolbendruck- Eine neue Methode zum Nachweis der Spaltöffnungsbewegungen usw. 457 i^ Fig. 1. A. Fester Manometerschenkel. B. verschiebbarer Manometerschenkel. C. Gefäß mit Wasser. S. Gummischlauch' 50 cm lang, Verbindungsstück zwischen A u. B. M. Verschiebbarer Maßstab, b. Bleirohrstück, r. Haltestift zur Verbindung zwischen Blei- und Glasrohr, ^in einer Durchbohrung beider ruhend, k. Dich- tungsstellen, mit Bleipflaster verkittet, n. Ooniferen-Nadeln mit Luftblasen, die unter dem Überdruck von 200 mm Quecksilber austreten. 458 -A- Dengler: pumpe, wie sie für Fahrräder gebraucht wird, in Verbindung ge- setzt. Zur Erzeugung einer stets annähernd gleichen Drucks wird ■die Führungsstange des Kolbens mit Marken versehen und bis zu einer bestimmten Marke hineingeschoben. Je nach dem Zu- stand des Spaltöffnugsapparates erfolgt nun bei Kom- pression ein größerer oder geringerer Austritt von Luft- blasen an den spaltöffnungsführenden Nadelflächen, den man beim Untertauchen in einer flachen Schale mit Wasser bequem mit dem Auge oder der Lupe verfolgen kann. Vorher äußerlich anhaftende Luftblasen werden mit einem kurzen Borstenpinsel abgestreift. Es bedarf nur der Festsetzung einer entsprechenden Skala, in welche die einzelnen Stufen der Blasenbedeckung einzuschätzen sind. Das letztere bringt natürlich eine gewisse Unsicherheit und Subjektivität hinein, die aber bei einer weiteren Verfeinerung der Methode bis zu einem gewissen Grade vermieden wird. Man kann nämlich das Bleirohr mit den eingekitteten Nadeln statt mit einer Druckpumpe auch mit einem Quecksilber- manometer verbinden, dessen Schenkel durch einen dick- wandigen Gummischlauch verbunden und gegeneinander verschiebbar sind. Dadurch kann man in dem einen Schenkel -einen Überdruck von beliebiger Größe erzeugen und dessen Ausgleich auf dem Wege durch die Spaltöffnungen zeit- lich messen, wodurch ein zahlenmäßig erfaßbares Maß für die Durchlässigkeit der Spaltöffnungen und damit auch für ihre Offnungsweite gegeben ist. Die einfache Zu- sammenstellung eines solchen Apparates möge die beigefügte Skizze veranschaulichen. Der unten verlängert zu denkende Gummi- schlauch S ist etwas über 50 cm lang, das nach oben zu ver- längernde, verschiebbare Lineal M gerade 50 cm lang, so daß ein Überdruck von dieser Höhe erzeugt und gemessen werden kann. Unbedingt notwendig ist es, daß das Bleirohr mit den eingekitteten Nadeln auch hier unter Wasser getaucht wird. Neben der Be- obachtung der Größe der aufsteigenden Luftbläschen, ihrer Ver- teilung über die Nadeloberfläche u. a. ist dadurch auch die Kon- trolle darüber gegeben, daß nirgends eine Undichtigkeit an den Kittstellen vorhanden ist. Ich habe erst wenige Versuche mit diesem Apparat machen können, so daß ich Ergebnisse hier vor- läufig noch nicht mitteilen kann. Besonders brauchbar scheint er bei Nadeln mit an sich weiteren Spaltöffnungen und bei weiten Offnungszuständen zu sein. Jedenfalls ist seine Anwendung aber umständlicher, und die Einzelbeobachtung dauert länger als bei Eine neue Methode zum Nachweis der Spaltöffnungsbewegungen usw. 459 der zuerst beschriebenen, einfacheren Methode, die ich kurz- weg Compressionsme thode nennen will, während die kompli- ziertere Art Manometermethode heißen mag. Die Compres- sionsmethode bietet den großen Vorteil, daß man die wenigen dazu nötigen Gegenstände überall bequem mit sich führen und rasch eine Beobachtung machen kann. Sie wird daher in erster Linie zu Untersuchungen im Freien unter natürlichen Verhältnissen zu benutzen sein, w^ährend die Manometermethode mehr im Laborato- rium zur Anwendung kommen wird. Für die Compressionsmethode bedarf es nun aber noch der Bildung gewisser Stufen für die Schätzung. Ein Zählen der Luftblasen, die bei einem bestimmten Druck auf der Nadeloberfläche erscheinen, ist nicht mög- lich, da die Blasen oft rasch zerplatzen, sich ablösen oder zu- sammenfließen. Auch kommt es neben der Zahl noch sehr auf die recht verschiedene Größe der Blasen an. Ich habe bei meinen bisherigen Versuchen an Taxusnadeln schließlich 6 Stufen gebildet. Stufe 0 ist jene, bei der keine Blase erscheint, Stufe 4 jene, bei der der Spaltöffnungen führende Nadelteil ganz dicht mit Blasen bedeckt ist. Darüber hinaus geht noch Stufe 5, bei der außer dichter Bedeckung ein lebhaftes Perlen einen noch stärkeren Grad des Luftaustrittes anzeigt. Diese Stufen sind leicht und sicher zu unterscheiden und einzuschätzen. Auf den nach einzelnen Versuchen aufgenommenen Photographien der Tafel zeigen z. B. in Abbildung 1 die Nadeln b, c, d Stufe 4, die Stufe 0 dagegen die Nadel a und d in Abbildung 6. Leicht zu bestimmen ist auch Stufe 1, wo nur wenige, meist kleine Blasen er- scheinen. Typisch dafür ist die Nadel c in Abbildung 6. Stufe 2 ist dann diejenige, bei der etwa die Hälfte der Blasen er- scheinen, die bei maximaler Bedeckung zu sehen wären (etwa Abb. 2d), Stufe 3 endlich zeigt jedenfalls mehr als die Hälfte, aber doch nicht volle, dichte Bedeckung (z. B. 2 a u. c, 5 e u. d). Natürlich sind die einzelnen Stufen durch Übergänge verbunden und daher nicht immer zweifellos einzu- schätzen. Man hilft sich dann damit, daß man durch 2/3 oder ^/^ den Übergangscharakter andeutet! Selbstverständlich ist auch eine andere Stufenbildung mit weniger Graden möglich. Die Haupt- sache wird immer sein, daß man im Verlauf einer vergleichenden Untersuchung die einmal gebildeten Stufe q konsequent festhält. Übrigens ist ja, wie die Tafel zeigt, hier auch das Hilfsmittel der Photographie anwendbar, um die einzelnen Phasen in völlig getreuer und objektiver Weise festzulegen. Die Aufnahmen sind mit dem LEITZschen mikrophotographischen 460 A. DENGLER: Apparat gemacht. Die Objekte lagen in einem tiefen Teller unter Wasser und wurden von oben mit einer kleinen Bogenlampe grell beleuclitet, da wegen der Bewegung der Luftblasen lange Moment- aufnahmen gemacht Averden mußten. Die Abbildung 1 zeigt 4 Nadeln von Taxus-SirimcheYn und zwar a u, b von einer kurznadligen, c u. d von einer langnadligen Varietät, a u. c sind Nadeln von 1911, b u. d solche vom Jahre 1912. Die abgeschnittenen Zweige waren vorher 3 Stunden im feuchten Raum ans helle Fenster gestellt worden. Die jünge- ren Nadeln b u. d zeigen größere Blasen wie die des Vorjahrs, dürften also wenigstens teilweise weiter geöffnete Spaltöffnungen haben als die älteren. Dies würde mit den NEGERschen Beobachtungen übereinstimmen. Doch kommen, wie andere Versuche zeigten, gerade unter den letztjährigen Nadeln, w'ahrscheinlich nach dem verschiedenen Entwicklungszustand, auch umgekehrte Fälle vor. Abbildung 2 zeigt dann dieselben Nadeln, die noch im Bleirohr eingekittet also ohne Wasserzuführung in trockner Zimmer- luft 2 Stunden liegen gelassen wurden, nachdem vorher das anhaftende Wasser mit Fließpapier abgetrocknet w^orden war. Man sieht den deutlichen Rückgang an Zahl und besonders an Größe der Blasen. Die Spaltöffnungen haben sich offenbar zu einem kleinen Teil schon geschlossen, alle aber ihre Offnungsweite verringert. Abbildung 3 gibt den Zustand von je 2 andern Nadeln derselben beiden Sträucher an. Die Zweige waren aber vor der Aufnahme 3 Stunden in der Dunkelkammer in den Chlor- calcium-Exsiccator gelegt worden. Die Jahrgänge 1911 und 1912 sind in derselben Weise angeordnet wie in Abbildung 1. Mit Ausnahme von a ist bei allen Nadeln eine weitgehende Schließung der Öffnungen eingetreten, d zeigt allerdings merk- würdigerweise, wenn auch nur wenige, so doch noch recht große Blasen. Einen andern Versuch und sein Ergebnis veranschaulicht Ab bilduno- 5 und 6. Die Nadeln a— c stammen von Taxus baecata. d u. e von Äbies concolor. Die Zweige, denen sie entnommen sind hatten vorher 2 Stunden im hellen feuchten Raum gestanden Die Nadel a ist von 1911, b von 1912, und zwar normal ausge bildet, c von 1912, aber noch sehr unfertig und zart, d ist wieder von 1911, e von 1912. Auch hier zeigt wieder wenigstens Taxus 1912 die größeren Blasen als 1911, bei Äbies concolor ist das nicht so stark ausgeprägt. Das Rohrstück mit Nadeln wurde darauf in einen dunstgesättigten Raum in die Dunkelkammer gelegt und nach 2 Stunden wieder geprüft. Das Ergebnis zeigt Abbildung 6. Eine neue Methode zum Nachweis der Spaltöffnungsbewegungen usw. 461 Überall zeigt sich ein deutlicher Eückgang, a u. d lassen über- haupt keine Luft mehr durch, auch nicht bei starker Erhöhung des Druckes. Bemerken möchte ich noch, daß ich mich in solchen Fällen von der Wegsamkeit des Interzellularsystems — es könnte ja eine Verstopfung an der Schnittfläche eingetreten sein — am Schlüsse der Beobachtung jedesmal dadurch überzeuge, daß ich die Nadel an der Spitze oberflächlich ansteche. Dann muß aus der Einstichstelle Luft austreten. Überhaupt kann man so auch die Wegsamkeit einzelner Teilflächen, auf denen sich keine Blasen zeigen, jederzeit nachprüfen! Die wenigen hier mitgeteilten Versuche und die bildliche Darstellung ihrer Ergebnisse beweisen eine deutliche Reaktions- fähigkeit des Spaltöffnungsapparates der Coniferen auf verschiedenartige äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit, man- gelnde Wasseizufuhr, Lufttrockenheit und Dunkelheit. Auf eine Mitteilung meiner inzwischen weiter ausgedehnten Versuche und eine Besprechung der daraus abzuleitenden Schlüsse will ich hier nicht eingehen. Diese Mitteilung bezweckt ja zunächst nur, die neue Methode darzustellen und ihre Brauchbarkeit an einigen Bei- spielen zu veranschaulichen. Die Reaktionen des Spaltöffnungs- apparates scheinen mir aber durch sie deutlicher, unmittelbarer und einwandfreier veranschaulicht zu werden als durch die bisher üblichen, auch die jüngst von NEGER veröffentlichte Methode. Übrigens kann die Zahl der gleichzeitig zu untersuchenden Nadeln noch vermehrt werden, wenn man das wünscht, indem man ein längeres Rohrstück mit mehr Schlitzen anwendet. Wo es sich aber um Nadeln ein und desselben Zweiges und Jahrgangs handelt, dürften je 5 vollständig genügen. Ich habe wenigstens gefunden, daß unter solchen Bedingungen 5 Stück schon ein völlig zuver- lässiges Durchschnittsbild ergeben. Am besten eignen sich natür- lich die breitflächigen Nadeln, die nur auf einer Seite Spaltöff- nungen führen, also Taxus, Ahies, Tsuga, und unter ihnen wieder Taxus am meisten, weil diese Nadeln keine Harzkanäle haben. Wo letzteres der Fall ist, schneidet man das basale, ins Rohr einzu- schiebende Ende besser nicht ab, da sonst die Schnittstelle mit Harz überläuft, und dieses dann bei Compression das Intercellular- system verstopft. Vielmehr begnügt man sich hier mit einigen oberflächlichen Einstichen mit einer feinen Nadel, die möglichst dort anzubringen sind, wo die Harzkanäle nicht liegen! Daß die verschiedensten Nadeltypen für die Methode zugänglich sind, soll Abbildung 4 dartun. Die Nadeln sind Zweigen ent- nommen, die 1 Stunde im hellen, feuchten Raum gestanden hatten Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 31 462 A. DengLER: Eine neue Metliode zum Nacliweis der usw. und gehören folgenden Spezies an : a) Äraucaria imhricata, b) Scia- dopitys verticillata, c) Pinus silvestris, d) Picea _?;My(^^e«.s-, e) Latix leptolepis. Ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit der Methode zunächst noch für Blätter mit nicht zusammenhängendem Interzellularsystem, für die NEGER den m. E. nicht sehr glücklich gewählten Aus- druck „heterobarisch" vorgeschlagen hat^). Die meisten Laub- blätter werden daher dieser Form der Untersuchung nicht zugäng- lich sein. Doch hoffe ich, in einem etwas abgeänderten Verfahren vielleicht auch für sie noch die Compressions- oder Manometer- methode anwendbar zu machen. Es würde dann besonders in- teressant sein, die einzelnen Stufen dieser Methode mit denen der MOLISCH-STAHLschen Infiltrationsmethode zu vergleichen, wodurch für jene noch eine genauere Vorstellung über die Offnungs weite der Stomata zu gewinnen wäre. Erklärung der Tafel XIV. Abb. 1. Nadeln von Taxus baccata nach 3 stund. Stehen im hellen feuchten Raum, a u. b kurznadelige, c u. d langnadelige Varietät, a u. c Jahr- gang 1911, b u. d Jahrgang 1912. Abb. 2. Dieselben Nadeln nach 2 stund. Liegen in trockner Zimmerluft. Abb. 3. Nadeln derselben Stämmchen wie in 1, nach 3 stund. Liegen in der Dunkelkammer im Ohlorcalcium-Exsiccator. Anordnung der Jahrgänge "wie bei 1. Abb. 4. Nadeln verschiedener Ooniferen-Gattungen nach 1 stund. Aufenthalt der Zweige im hellen, feuchten Raum, a) Äraucaria imbricata, b) Sda- dopitys verticillata, c) Pinus silvestris, d) Piceapunyens, e) Larix leptolepis. Abb. 5. a— c Nadeln von Taxus baccata, d u. e von Abies concolor, nach 2stünd. Stehen im hellen feuchten Raum, a von 1911, b von 1912 normal ausgewachsen, c von 1912 unausgewachsen, d von 1911, e von 1912. Abb. 6. Dieselben Nadeln nach 2stündigem Liegen im dunstgesättigten Raum in der Dunkelkammer. 1) Der Ausdruck erweckt die Vorstellung, als ob bei diesen Blättern in ihren einzelnen Teilen für gewöhnlich ein verschiedener Luftdruck herrschte ! Das kann zwar unter gewissen Bedingungen, namentlich nach Behandlung mit der Luftpumpe, der Fall sein, braucht es aber durchaus nicht, und ist es unter natürlichen Verhältnissen wahrscheinlich auch niemals. <3rÜNTHER SCHMlD: Zur Ökologie der Blüte von Himantoglossum. 463 58. Günther Schmid: Zur Ökologie der Blüte von Himantoglossum. (Eingegangen am 19. September 1912.) Man findet bei der Durchsicht des Kapitels über die Orchideen in P. KNUTHs Handbuch der Blütenbiologie ^), daß eine Reihe unserer deutschen Orchideen einer genaueren Beschreibung ihrer blütenökologischen Verhältnisse noch harren, ja, daß einige bisher gar keine Untersuchung erfahren haben. In dieser Hinsicht sind Orchis purpiirea, ustulata, müitaris, Simia, Bivini, incarnata, laxiflora, Traunsteineri zu nennen, ferner Neottia nidus avis, Coralliorrhisa innata, Malaxis paludosa, Microstijlis monophyllos und die duftenden Orchis pallens, 0. coriophora mit der nach Vanille riechenden Abar : frayans, Himantoglossum hircinum und Epipactis ruhiginosa. Nicht nur der Vollständigkeit halber sollten auch diese, nur zum Teil selteneren Pllanzen vorgenommen werden; die Erfahrung schon, daß uns das Studium der Orchideenblüte immer neue Eigenarten ihres Eingreifens in das Leben der Insekten hat finden lassen, dürfte dazu Anlaß genug sein. Das reichliche Vorkommen von Himantoglossum im Leutratale bei Jena führte mich zur Beobach- tung dieser Pflanze. Unter den heimischen Orchideen gehört Himantoglossum hircinum Spr. (= Loroglossum hircinum Richard, Aceras hircina Lindl. Satyrium hircinum L. usw.) zu den auffälligsten Erscheinungen. Die Pflanze ist stattlich groß und stellt sich mit einer Höhe bis zu 90 cm unter die größten deutschen Arten der Familie. Der lange Blütenstand ist reich besetzt, und die Blüten sind recht ansehnlich. Will man das Beispiel einer bizarren Blumenausbildung anführen, weist man gerne auch u. a. auf die Blüte von Himantoglossum. M. Schulze 2) und 0. von Kirchner') geben gute Abbildungen: es ist die Lippe, die zu einer seltsamen Form ausgewachsen ist. Das schmale — manchmal nur 2 mm breite — bis 6 cm lange Gebilde rollt sich wie eine Uhrfeder aus der Knospe heraus und 1) n. Bd., 2. Teil, S. 430 ff. 2) M. Schulze, Die Orchidaceen Deutschlands usw. Gera 1894. 3) 0. "VON KmCHNER, Blumen und Insekten. Leipzig u. Berlin 1911, S. 280. 31* 464 GÜNTHER SCHMID: öffnet auf diese Weise die ganze Blüte. Unter mannigfachen Windungen, die physiologisch nicht näher untersucht und einst- weilen den Nutationen zuzuzählen sind '), nimmt die Lippe u. a. eine rechtwinklig gekrümmte Lage ein, so daß das längere, untere Ende senkrecht nach oben steht, dreht sich dann um ihre Achse ab oder auf; und schließlich streckt sie sich wagerecht oder schräg nach unten von der Blüte weg. Durch die vielen gedrehten oder frei aus dem Blütenstand herausragenden langen Lippen bekommt eben die ganze Pflanze den bizarren Ausdruck. Dabei ist die Gesamtfärbung unansehnlich bleich. Freilich im einzelnen erkennt man auf der Innenseite der helmartig sich berührenden Perigon- blätter purpurne Längsstreifen und purpurne Zeichnungen auf dem der Blüte zunächst liegenden, fleischigen Teil der Lippe. Aber im übrigen ist die Blüte weißlich oder bräunlichgrün. Besonders der dünne Teil, d. h. der untere und Hauptteil, der Lippe, dann die seitlich an der fleischigen Zone entlang laufenden krausen Anhänge und die darunter entspringenden auffälligen Seitenzipfel zeigen diese schmutzige, blaßbräunliche, bis ins Braunviolette übergehende Farbentönung. Es ist klar, daß diese Ausbildung und Färbung nur aus der Beziehung zu Insekten zu verstehen ist. Vor allem aber wird auch der eigentümliche, bocksartige Geruch, den KeRNER^) den paraffi- noiden Düften angliedert, indem er wie bei Orcliis fragans Kapron- säure als die Ursache annimmt, in ein Verhältnis zur Insektenwelt gesetzt werden müssen. Es ließ sich von vornherein nicht von der Hand weisen, daß gerade der auffällige Bocksgeruch bei der Anlockung oder Fern- haltung bestimmter Insekten eine bevorzugte Rolle spiele. Die Farbe kann sicherlich keinerlei fernwirkende Anziehungskraft aus- üben. Der Jen.aer Standort bei Leutra liegt an einem sonnigen, leicht geneigten Südabhang. Der Boden ist humusuntermischter Kalkschutt, der von höher liegenden Muschelkalkschichten hier auf das Roth sich gelagert hat. Die Besiedelung ist nicht eben dicht. Neben weithinleuchtenden Salvia pratensis und (Mohrijchis sativtt stehen Thlasjn perfoliatum, Dianthus Carthusianorum und sehr ver- einzelt Anemone sUvestris, Falcaria Rivini und Oplirys muscifera im lockeren Rasen. Dabei scheint der kalkige Untergrund überall durch. Himantoglossum ist — namentlich aus einiger Entfernung 1) L. JOST, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 2. Aufl., S. 631. 2) Kerner von Marilaun, Pflanzenleben. II. Bd., Leipzig u. Wien 1891, S. 197. Zur Ökologie der Blüte von Himantoglossum. 465 — in fieser Umgebung bei lichtem Wetter äußerst leicht zu über- sehen. Bei Beobachtungen mußte man also besonders auf die Wirkung des Duftes achten. Die auf Düfte leicht reagierenden Falter durften von vornherein bei der Bestäubungsverrichtung aus- geschlossen sein oder zum mindesten nicht als eigentliche Be- stäuber in Frage kommen. Falterblüten unter den Orchideen haben gemäß dem dünnen Schmetterlingsrüssel sehr enge Eingänge zum Sporn, so Orchis glohosa, Anacamptis, Gyninadenia, NigriteUa, Piatan- thera — vgl. H. MÜLLER 1) und P. KNUTH a. a. 0. Der Sporn bei Himantoglossum ist weit geöffnet. Man durfte so einstweilen besonders Fliegen als Besucher mutmaßen. Ich begann meine Beobachtungen den 5. Juni 1910 an einem sonnigen, heißen Tage in Gesellschaft meines Kollegen Dr. H. WEY- LAND. Die Blüten waren geöffnet und dufteten stark; eine kleine Anzahl war schon befruchtet worden. Mehrmals am Tage, morgens 74? bis ^/AO, mittags 11 — 12'^ und abends 5 — 7 wurden eine Reihe Pflanzen beobachtet. Der Insektenflug war äußerst lebhaft. Schon sehr bald wurde hier die Vorstellung erweckt, daß die Blüten von Himantoglossum den meisten Insekten gleichgültige G-egenstände seien. Keine der umherfliegenden Bienen oder Hummeln sah man in ihrem Wege irgendwie sich beirren lassen. Ja, auch keine der zahllosen Fliegen flog je an die Blütenstände heran. Die einzigen G-äste waren-): eine große Ameise (Formica rufa L.), die auf einer Pflanze umherlief, sogar krampfhafte Anstrengung machte, in den Sporn zu gelangen, und ein andermal die glänzende, feuchte Narbe ausfraß; fünfmal einer der zahlreich sich umhertreibenden Junikäfer (Phyllopertha horticola L.) in den Blütenständen auf- und nieder- kletternd, gelegentlich auch auf die Lippe steigend, selbst vor der Öffnung des Spornes sich bemühend, jedoch ohne des Nektars hab- haft werden zu können. Auch rotgefleckte Kleinzirpen (Cercopis sanguinolenta Fabr.) und sehr kleine Käfer setzten sich manchmal auf Himantoglossum nieder. Dies war der Besuch während einer Beobachtungszeit von 6 Stunden! In allen Fällen hatte der Besuch durchaus das Gepräge des vollkommen Zufälligen. Die Überzeugung, daß der Bocksgeruch, aber auch die Gestalt der Blüte, für die allermeisten Insekten weder ein Abschreckungs- noch ein Anlockungsmittel seien, wurde befestigt durch weitere Beobachtungen in diesem Jahre. Am 24. Mai fand ich etwa 1) H. Müller, Alpenblumen und ihre Befruchtung durch Insekten. Leipzig 1881, S. 59 ff. 2) Die Bestimmung dieser und folgender Insekten verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn cand. rer. nat. E. ÜEBAHN. 466 GÜNTHER SCHMID: 25 Blutenstände, durchweg mit geöffneten Blüten. Ich hiek mich von morgens 7 Uhr vier Stunden in ihrer Nähe auf. Das Wetter- war allerdings ungünstig. Immerhin schwärmten seit 8 Uhr bei schwachem Sonnenschein Scharen von Fliegen umher, auch Bienen und Hummeln und vereinzelt die große Diptere Bombylius major L. und der Käfer Clythra laeviuscula Eatz. Aber nur kleine Ameisen krochen auf der Pflanze umher, gelangten auch mit Leichtigkeit in den Sporn und naschten Nektar. Am 30. Mai war ich wieder, bei schwach sonnigem Wetter, morgens von 8 — 10 Uhr an Ort und Stelle. Vorher war die Luft kühl und wenig sonnig gewesen. Ich prüfte jetzt viele Blüten, nirgends fand ich die Pollinien fortgenommen. Auch heute flogen Bienen, kleinere Fliegen und der obengenannte Bombylius in un- mittelbarer Nähe unbeeinflußt. Die weiteren Untersuchungen ge- schahen im botanischen Garten, nachmittags von 3 Uhr ab, bei ausgezeichnet warmem Sonnenschein an drei abgeschnittenen, gut aufgeblühten und stark duftenden Exemplaren. Die Pflanzea standen in Wassergläsern auf einer gemähten Rasenfläche, unmittel- bar neben einer stehengebliebenen Grasinsel mit weitscheinenden' Leucanfhemum vulgare Lmk., darunter vereinzelten Bellis und einer lila blühenden Vicia-Art. Über den Leucanfhemum war ein reges Leben. Besonders Honigbienen, Anthrena albicans, unzählige große und kleine Fliegen tummelten sich umher. Wie selten wurde Himantoglossum berücksichtigt. Einmal nur während zweier Stunden kreiste eine Biene (Apis mellifica) um eins der Exemplare, ward aber ganz offensichtlich durch das glänzend reflektierende Glas angezogen. Auch andere, niedere Apiden flogen einigemal wie zufällig heran, umkreisten die Blütenstände und gesellten sich dann, ohne sich zu setzen, wieder in das Blumenbeet, wo sie Be- stäuber von Leucanthemum waren. Ganz kleine Tanzfliegen (Empis) ruhten öfters auf einem beliebigen Teile der Blüte aus. Fortwährend liefen kleine Ameisen (Lasius fuliginosus) auf der Pflanze umher,, die vom Rasen aufgestiegen waren. Ich prüfte zwei dieser Ameisen unter dem Mikroskope vergeblich auf P< llen. — Am nächsten Tage, bei sehr sonnigem, beinahe windstillem Wetter, stellte ich die ab- geschnittenen Himantoglossum wieder in die Nähe des Leucanthemen- beetes. Schon morgens um 9 Uhr war die Lufttemperatur 23 ^ C. Yon 8 — 10 beobachtete ich keinerlei Besuch. Nachmittags um 2 Uhr sah ich eine Apis mellifica herankommen, dann, ohne sich zu setzen, zu dem zweiten nahestehenden Blütenstande fliegen. Sie bonahm sich sehr ungeschickt und kroch außen am Perigon- helm einer Blüte, um dann sich wieder fortzawenden. Bis 72^ Uhr Zur Ökologie der Blüte von Himantoglossum. 467 — so lange dauerte meine Beobachtung heute — ergab sich, nichts Neues. Immer erwiesen sich mir gelegentliche Anflüge als durchaus zufällig. Was dabei besonders wichtig mir erschien, war, daß niemals die lange Lippenzunge als Anflugsstelle benutzt wurde. Apis flog kurz vor Beginn des Helmes auf den purpurgefleckten Teil der Lippe, ein andres Mal auf den Helm selber oder schließ- lich auf einen beliebigen Teil der Blüte. Auch Prosopis communis Nyl. und die Wespe Oxybelus uniglumis Fabr. verhielten sich ganz ebenso. Greruch und Grestalt der Blüte waren durchaus gleichgültig für die angeführten Insekten oder jedenfalls insoweit, als sie nicht zum Suchen des Nektars und zur Bestäubung veranlaßten. So konnte noch mehr als im Anfang die Mutmaßung zu Recht be- stehen, daß hier ein ganz bestimmter Bestäuber in Frage kommen müsse. Aber der besondere Bestäuber hatte sich indes auch ge- funden. Schon 1910 fing ich bei Leutra eine Anthrena, die sich mit großer Selbstverständlichkeit an den Blüten von Ilimardoglossum zu schaffen machte, von einer Blüte noch in zwei andere Blüten flog und Nektar aus dem Sporn holte. Es war Anthrena carbonaria L. Dieselbe Anthrena fing ich später im botanischen Grarteri wieder, leider gleich darauf, als sie erst einen Sporn besucht hatte. Die Pollinien hatten sich nicht festgeklebt. Trotzdem möchte ich Anthrena carbonaria als Bestäuber ansprechen. Ich überzeugte mich nämlich, daß es sehr vom Zufall abhing, ob die Pollinien sich an- setzten oder nicht: scheinbar reife Pollinien kleben ihre Haft- scheibe durchweg sehr schwer an Gegenstände, die man der Blüte einführt, wie ich selber oft probiert habe, heften sich aber ebenso auch an dies Insekt, wenn man es in die Blüte hineinhält. Anthrena carbonaria L. (= A. pilipes F.) hat nach KNUTH (a a. 0., S. 608) einen 3 mm langen Rüssel. Die gleiche Länge hat auch der Sporn von Himantoglossum. Die Bestäubung wird in ganz normaler Weise verlaufen. Wie ich mich des öfteren über- zeugt habe, senken sich die Pollinienstiele in t bis 3 Minuten. Sie bleiben niemals gerade, wie es M. MAETERLINCK in seinen be- kannten Plaudereien über die „Intelligenz der Blumen" mitteilt'). Die Pollenmassen kleben sehr gut auf der Narbenfläche. Die einzige Nachricht, die wir bisher über die Bestäubung von Himantoglossum haben, stammt von HlLDEBRAND^). Seine sehr 1) M. Maeterlinck, Die Intelligenz der Blumen. Jena, Eüg. Diede- RICHS. 1907, S. 43. 2) Tageblatt d. 44. Versammlung Deutscher Naturforscher u. Ärzte. Rostock 1871, S. 131, auch Botan. Zeitung 1871, S. 746. 468 Günther Schmid: kurze Notiz gibt ohne weitere Beifügung eine unbestimmte Apide an. Auch VON KIRCHNER (a. a. 0. S. 279) rechnet Himantoglossum auf Grund seines Baues zu den Hymenopterenblumen. Doch Anthrena carbonaria benutzte ebenfalls nicht die lange Lippenzunge als Anflugsort. Sie flog nach einigem Hin- und Her- schwirren unmittelbar auf den rotgezeichneten Teil der Lippe, kurz vor den Perigonhelm. "Wozu dient die Lippenzunge? Folgender einfache Versuch überzeugte mich, daß sie einen wirksamen Duftspender vorstellt. Ich zerschnitt eine große Anzahl Blüten in je 4 Teile: 1. in die bräunliche lange Lippenzunge, 2. die Neben- zipfel und die krausen Anhänge, 3. den gefleckten fleischigen Teil der Lippe und 4. den Perigonhelm. Diese Blütenteile wurden ge- sondert in vier verschließbare feuchte Glasgefäße verteilt. Schon nach 2 Stunden stellte sich beim Abheben des Glasverschlusses heraus, daß' die Lippenzungen am stärksten riechen. Auch die Seitenzipfel mit den Anhängen dufteten einigermaßen. Den schwächsten Geruch entließen die Perigonhehne und die fleischigen Lippenteile. Nach 3 und 4 Tagen stellte sich der Unterschied noch bezeichnender heraus: die Lippenzungen und Seitenzipfel riechen sehr stärk, die übrigen Blütenteile sehr schwach. Je länger die zergliederten Blüten aufbewahrt wurden, desto krasser wurde der Unterschied: nach 7 Tagen riechen die Helme soviel wie gar nicht, die Lippen dagegen noch immer stark; nach 13 Tagen ist nur bei den Lippen noch ein abgeschwächter Geruch vorhanden. Es fällt hierbei auf, wie lange bei Himantoglossum der Duft bewahrt wird. Noch deutlicher war dies bei Pflanzen, die, für das Herbar bestimmt, zwischen Fließpapier lagen, Hand in Hand damit ging ein Frischbleiben der Lippenzunge. Es ist erstaunlich, daß nach 40 Tagen die Lippen eines Exemplars sich noch feucht an- fühlten und lebendigen Eindruck machten, während die Blätter und Stengel und die Perigonhelme der Blüte — doch nicht die Fruchtknoten! — vollkommen trocken aussahen. Freilich dufteten in diesem Falle die Lippen jetzt nicht mehr. Ganz klar zeigt sich die Bedeutung der Lippe als Duftspender. Die Lippe in ihrer langgezogenen Zungenform erscheint besonders dazu angetan den Duft zu verstreuen. Die Seitenzipfel verstärken diese Wirkungsmöglichkeit, Hervorzuheben ist in diesem Zu- sammenhange die Form thuringiaca M, Seh., die nach SCHULZE, a. a. 0., äußerst lange Seitenzipfel (ein halb bis ein drittel so lang als die Zunge) ausbilden soll und deshalb noch besser zur Duft- spende geeignet sein muß. Es fragt sich, ob Anthrena carbonaria besonders auf Düfte reagiert und nicht wie die höheren Apiden Zur Ökologie der Blüte vom Himantoglossum. 469 sich rein oder vornehmlich durch den Gesichtssinn zurechtfindet (vgl. hierzu vor allem DETTO')). Aber das ist wohl anzunehmen. Hinweise auf das Duftempfinden verwandter Arten sprechen dafür. So wird das honigduftende Cypripedium Calceolus von Anthrena- Arten, und zwar nur von diesen, erfolgreich besucht; vgl. H. MÜLLER'). Anthrena florea ist nach KERNER') zeitweilig der einzige Besucher der in der Farbe unscheinbaren, aber schwach duftenden Blüten von Bryonia dioica. Besonders sprechen für den Geruchssinn von Anthrena die Versuche von Andreae*): er ver- deckte die mattfarbenen Reseda luteola, die eifrig von Apis, Prosopis und Anthrena besucht wurden, mit dunkler Gaze und fand, daß jetzt — allein durch den Duft bewogen — nur noch Anthrenen und Prosopiden sich in derselben Zahl wie früher an die ver- deckten Pflanzen heranmachten. Bei anderer Gelegenheit (ebenda, S. 23) beobachtete er deutlich, wie (nicht näher bestimmte) An- threnen von Primelblüten angelockt wurden, die unter einer offenen Glasglocke hingen. Sie flogen indes nicht auf die leuchtenden Farben zu, sondern ohne weiteres — vom Dufte geleitet — in die Öffnung der Glocke. ANDREAE (S. 38) glaubt, die Anthrenen zu- sammen mit niederen Hymenopteren als Tiere ansehen zu dürfen, die in erster Linie von Düften geleitet werden beim Aufsuchen der Blumen und nur in nächster Nähe Farbe wahrnehmen können. Jena, Botanisches Institut. 1) 0. Detto, Blütenbiologische Untersuch angen II. Flora 94, 1905. 2) H. MÜLLER, Die Befruchtung der Blumen durch Insekten. Leipzig 1873, S. 76. 3) Kernee, von MarilaüN, a. a. 0. S. 201. 4) E. Andreae, Inwiefern werden Insekten durch Farbe und Daft der Blumen angezogen? Diss. Jena 1903, S. 31. 470 ^- ^- WlSLOUCH: 59. S. M. Wislouch: Thioploca ingrica nov. sp. (Mit einer Abbildung im Text.) (Eiügegangea am 22. September 1912.) Die Familie der Beggiatoaceae (aus der Gruppe der Schwefel- bakterien), die seit WlNOGRADSKY nur zwei Gattungen: Beggiaioa und Thiothrix umschloß, wurde 1907 durch eine neue, von LAUTER- BORN (1) aufgestellte Gattung Thioploca mit einer einzigen Art: Thioploca Schmidlei Lauterb. bereichert. Die letztere Gattung unterscheidet sich von Beggiatoa haupt- sächlich durch die Anwesenheit von dicken Gallertscheiden, welche Bündel von Bcggiatoa-'2i\irA\Qh.en Fäden einschließen, welch letztere gewöhnlich in kriechender Bewegung begriffen sind. Sonst sind die T/t/op7ofrt-Fäden sehr ähnlich denjenigen von Beggiatoa und unterscheiden sich von letzteren nur dadurch, daß bei Thioploca die Querwände zwischen den einzelnen Zellen stets gut sichtbar und die Fadenenden des öfteren zugespitzt sind. Ihrem allgemeinen Charakter nach weist Thioploca große Ähnlichkeit mit den Gat- tungen Hydrocoleus oder Microcoleus aus der Gruppe der blaugrünen Algen (Familie Oscillariaceae) auf, worauf bereits LAUTERBORN" hinwies. Diese Ähnlichkeit gewinnt besonderes Interesse durch die Beobachtung des genannten Autors, das Protoplasma der ein- zelnen Zellen sei „von schwach bläulicher Farbe". Auf diese Weise liefert die neue Gattung einen weiteren Beweis von der allgemein anerkannten Verwandtschaft zwischen den Beggia- toaceen aus der Gruppe der Schwefelbakterien und den Oscil- lariaceen aus der Gruppe der blaugrünen Algen. Diese nahe Verwandtschaft wurde mir besonders einleuchtend, nachdem im August 1911 (2) ein neuer Vertreter der Gattung Thioploca von mir gefunden wurde, zu dessen Beschreibung ich jetzt übergehe. Bei der Untersuchung von Schlammproben, die aus einer Tiefe von ca. 3 — 4 m in der Mündung der Neva (Grebnoi-Fahr- wasser) entnommen waren, fielen mir dünne weiße Fäden auf, die eine Länge von ca. 1 cm nicht überschritten und in den oberen Schichten des an dieser Stelle ziemlich stark verunreinigten Schlammes oft vorkamen. Thioploca ingrica nov. sp. 471 Unter dem Mikroskop erwiesen sich diese Fäden, bestehend aus ganzen Bündeln von schwefelführenden Beggiatoa-äihnlichen Fäden (Fig. 3 — 4), die von ziemlich starken, zuweilen faltigen Gallertscheiden umgeben waren und (innerhalb letzterer) eine^ V?. •* ">/ i \ -\ %. '.3 I •■Z: • S^^"iS^ ? >M TJnoploca ingrica nov. spec. Fig. 1 Gallertscheide von außen. Fig. 2 faltige Gallertscheide. Fig. 3 — 4 do. im optischen Schnitt. Fig. 5 verschiedene Fadenenden, langsam kriechende Bewegung nach beiden Richtungen der Achse aufwiesen. Die Anzahl der Fäden in jeder Scheide variierte in weiten Grenzen — von 1 (sehr selten) bis zu 10 — 20 Stück, wobei letztere Zahlen nur geschätzte sind, da eine direkte Zählung der Fäden im dichten Bündel außerordentlich schwierig ist. Die Zwischenwände 472 S. M. WlSLOUCH: zwischen den einzelnen Zellen sind gut erkennbar, selbst bei Fäden, die mit Schwefelkörnclien dicht gefüllt waren (Fig. 3, 4, 5). Die Fadenenden sind bald stumpf (Fig. 5 a), bald zugespitzt (Fig. 5 b, c, d), wobei es mir scheint, daß die stumpfen Faden- enden ^ stets auf eine vorausgegangene Querteilung des Fadens schließen lassen. Alle diese Kennzeichen weisen auf die Zuge- hörigkeit des von mir gefundenen Mikroorganismus zur Gattung Thioploca; derselbe unterscheidet sich jedoch von der LAUTERBORN- schen Thioploca SchmidJei durch seine wesentlich geringeren Maße: Länge der Gallertscheide Durchmesser der Gallertscheide . Durchmesser der einzelnen Fäden Länge der Zellen Thioploca Schmidlci Thioploca nov. sp. einige cm bis 1 cm 50—160/^ bis 80 it* 5—9 n 2—4,5 {i 5-14^ 1,5 8 11 Infolge obiger Differenzen in den Dimensionen sondere ich diesen Mikroorganismus als neue, untenstehend kurz charakterisierte Art ab, die ich Thioploca ingrica Wisl. (von: Ingrien — der alten Bezeichnung des Distrikts um St. Petersburg) nenne. Thioploca ingrica (nov. sp.) Wisl. Beggiatoü-d^h.n\\c]iQ, bewegliche Fäden von 2 — 4,5 ^i im Durch- messer, welche zu dichten Bündeln von 1--20 Stück (evtl. mehr) in Gallertscheiden vereinigt sind. Letztere können bis zu 80 ii im Durchmesser und 1 cm Länge erreichen und sind außen dicht bedeckt mit mineralischen Schlammpartikeln. Die Fadenenden sind bald stumpf, bald verschiedenartig zugespitzt (Fig. 5). Die ein- zelnen Zellen des Fadens — von l'/a bis 8 ii lang — sind gut sichtbar. Vorkommen: in den oberflächlichen Schlammschichten der mehr oder weniger verunreinigten Stellen des östlichen Teils der Neva-Bucht. (Süßwasser.) Ökologisch [im Sinne von KOLKWITZ und MarSSON (3)] muß dieser Mikroorganismus zu den a- und /S-Mesosaprobien gestellt werden. Um die Zugehörigkeit des beschriebenen Mikroorganismus zu den Schwefelbakterien zu beweisen, wurden von mir einige Re- aktionen ausgeführt, wobei es sich erwies, daß die tröpfchenartigen Zelleinschüsse sich restlos in Chloroform, Schwefelkohlenstoff und absolutem Alkohol lösten. Wenn man eine Anzahl von Fäden der Thioploca ingrica mit Osmiumsäuredämpfen fixiert, dieselben in Thioploca ingrica nov. sp. 473 konzentriertes Glyzerin und darauf in alte Glyzeringelatine über- führt, so krystallisieren in einem solchen Präparat nach ca. 1 bis 2 Monaten schöne rhombische Oktaeder und ganze Drusen aus, die für Schwefel charakteristisch sind und z. B. von MlYOSHI (4) und CORSESTI (5) abgebildet wurden. Auf Grund dieses dürfte man es als bewiesen betrachten, daß die tröpfchenartigen Einschlüsse bei Thioploca ingrica wirklich die für Schwefelmikroorganismen so charakteristischen Schwefelkörnchen darstellen. Was die von LAUTERBORN wahrgenommene „schwachbläu- liche Färbung" des Zellplasmas anbetrifft, so war sie unter dem Mikroskop und bei Tageslicht auch bei Thioploca ingrica zu be- merken und konnte eher als „grünlichblau" bezeichnet werden. Bemerkenswert hierbei ist, daß die Farbe der durch Osmiumsäure- dämpfe fixierten und in Wasser eingelegten Fäden von Thioploca ingrica in ein schwaches Gelblichgrün übergeht, ganz analog den typischen blaugrünen Algen, bei denen im getöteten Zustande der blaue Farbstoff (Phykocyan) sich im Wasser löst, während das wasserunlösliche Chlorophyll festgehalten wird und dadurch die charakteristische blaugrüne Färbung sich in eine gelblichgrüne verändert. Das geschilderte Verhalten deutet augenscheinlich auf das Vorhandensein der für blaugrüne Algen charakteristischen Farb- stoffe: Phykocyan und Chlorophyll — auch bei Thioploca ingrica. Wenn auch die Quantitäten der gespeicherten Farbstoffe unbedeu- tend sein mögen, so ist sowohl die ursprüngliche Färbung als auch der Farbwechsel gut wahrnehmbar. Die nahe Verwandtschaft zwischen Thioploca und den blaugrünen Algen findet mithin durch diese Tatsache eine neue Bestätigung nicht nur in morphologischem,, sondern auch in physiologischem Sinne. Der Umstand, daß die genannten Farbstoffe sich bei Thioploca trotz äußerer Lebensbedingungen (im Schlamm, wo die Farbstoffe eigentlich zweck- und funktionslos sind) erhalten haben, läßt darauf schließen, daß wir es mit einem phylogenetisch verhältnismäßig- jungen Organismus zu tun haben, welcher — obgleich bereits den neuen Existenzbedingungen angepaßt — doch noch einige charak- teristischen Eigenschaften seiner nächsten Verwandten, der blau- grünen Algen, beibehalten hat. St. Petersburg, den L Juli 1912. ^-4 ^- SCHKORBATOW: Wichtig-sto Literatur. 1. LaüTERBORN, R, Eine neue Gattung der Schwefelbakterien (Ber. d. Deutsch. Bot. Gesell., B. 25, 1907, S. 238). 2. S. M. WlSLOüCH, Ein neuer Schwefelmikroorganismas aus der Neva: Thioplocd ingrica (Russkij Wratsch, 1911, Nr. 51, Kussisch). 'S. JvOLKWlTZ, R., und MarSSON, Ökologie der pflanzlichen Saprobien (Ber. d. Deutsch. Bot. Gesell., B. 26 a, 1908, S. 605). 4. MlYOSHl, M., Studien über die Schwefelrasenbildung und die Schwefel- bakterien der Thermen von Yumoto bei Nikko. (Separatabdruck.) 6. CORSINI, A, Über die sogenannten „Schwefelkörnchen", die man bei der Familie der Beggiatoaceae antrifft (Chi. f. Bakt., IE. Abt, B. 14, 1905, S. 272—289). 60. L Schkorbatow: Zur Morphologie und Farbstoff- bildung bei einem neuen Hyphomyceten (Gemmophora purpurascens nov. gen. et spec). (Mit 3 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 2. Oktober 1912.) Im Frühling des vorigen Jahres, während meiner Arbeit im Laboratorium der K. K. Wiener Universität, hatte ich die Möglich- keit gehabt, die Entwickelung eines Pilz-Organismus zu beobachten, der mir zufällig in zubereiteten Kulturen aufgefallen war. Der Pilz fiel leicht ins Auge seiner roten Farbe wegen. Als ich mich um nähere Auskunft an Herrn Professor MOLISCH gewandt hatte, be- kam ich die Antwort, daß der Pilz sehr oft vorkommt und daß es ihm nicht gelungen war, ihn zu bestimmen, weil dem Pilze alle Fruktifikations-Organe fehlten. Ich hatte den Wunsch, die Be- dingungen der Farbstoffentwickelung kennen zu lernen, und, um einige Auskunft über die systematische Stellung des Organismus zu bekommen, führte ich seitdem meine Kulturen mit vegetativem Mycel fort. Die Ergebnisse, welche mir bisher zu erhalten ge- lungen ist, können keineswegs erschöpfende genannt werden; ich habe die Absicht, ausführlichere Untersuchungen über die Natur des Organismus und seine Eigenschaften anzustellen; jetzt aber möchte ich einige nicht uninteressante Tatsachen veröffentlichen. Der Mangel der Fruktifikation und die Bedeutung der letzte- ren für die Bestimmung des Organismus veranlaßten mich natür- Zur Morphologie und Farbstoffbildung bei einem neuen usw. 475 lieh, die Kulturen auf verschiedenen Substraten bekannter, sowie unbekannter Zusammensetzung zu prüfen. Es war auch notwendig, einige physikalischen Faktoren, wie Temperatur, Feuchtigkeit, Licht usw., nicht außer Betracht zu lassen. Andererseits war es wichtig, um sich mit den Eigenschaften der Pigmente bekannt zu machen, die günstigsten Bedingungen für ihre Bildung zu finden und solche Kulturen zu erhalten, woraus der Farbstoff in mög- lichst reinem Zustand herausgezogen werden könne. 1. Morphologische Veränderung-en des Organismus unter verschiedenen Kultur-Bedingungen. Nachdem der Organismus aus der Luft in PETRIschalen auf- gefangen war, wurde er unter günstigen Ernährungs-Bedingungen auf Agar-Pepton-Dextrin mit einer kleinen Quantität LiEBIGs Extrakt kultiviert (Agar 18 g, Dextrin 5 g, Pepton 5 g, LiEB. Extr.-Spur, Wasser 1000 g). Der Pilz bildete unter Purpurrot- färbung des Substrats ein zartes Mycelium aus, jedoch ohne Anzeichen, irgendwelcher Fruktifikations - Art. Ungefähr die- selben Resultate konnte man bei dem Ersatz des Agars durch Gelatine erzielen. Bei der Plasmolyse gelang es zu konstatieren, daß der Farbstoff im Zellsaft aufgelöst ist. Die Kulturen auf den mit Pepton- und Dextrin-Lösung getränkten Gypsscheiben riefen eine kirschrote Farbe hervor; dabei entwickelte sich der Pilz ganz gut, wenn Feuchtigkeit vorhanden war. Durch Übertragung des Organismus auf Brot habe ich zuweilen charakteristische An- schwellungen bemerken können, welche zuweilen stark lichtbrechende Einschlüsse enthielten. Diese Anschwellungen entsprechen der Definition der Gemmen von ZOPF, welcher sagt: „unter Gem- men im eigentlichen oder engeren Sinne sind zu verstehen Zellen mycelialer oder sonstiger Hyphen, welche Plasma, Fett, Glycogen usw. speichern auf Kosten benachbarter Hyphenteile, die infolgedessen ihren Inhalt z. T. oder auch ganz einbüßen. Zu jenem Hauptcharakter treten dann häufig noch Nebenmomente hinzu, wie mehr oder minder auffällige Vergrößerung und besondere Gestaltung der Zellen, Verdickung und Färbung derselben, .sowie des Inhalts" (SCHENK, Handbuch der Botanik — Die Pilze, von W. Zopf). Diese Gemmen haben die Tendenz, eine endständige Lage einzunehmen, ohne dadurch das "Weiterwachsen der Hyphen dauernd zu hemmen, wie es aus den beiliegenden Zeichnungen von Brot-Kulturen klar wird (Abb. I a — d). Sehr lehrreich ist hier die Gemme c, welche nur mittelst einer sehr dünnen Zelle mit dem erzeugenden Hyphenfaden in Verbindung steht. Auf der Abb. I 476 L. SCHKORBATOW: sind sehr junge Phasen der Entwickelung der Gemmen dargestellt ; die letzteren sind mit Zellsaft angefüllt, in welchem hier und dort (s. Hyphe d) die Einschlüsse sich abzulagern anfangen; später sind diese Einschlüsse mehr bemerkbar, indem sie stärker das Licht brechen. Die Größe der Gemmen ist sehr verschieden, dem Lebens- alter und der Qualität des Nährbodens gemäß; unter günstigen Bedingungen können die Gemmen etwa 40 fi und mehr erreichen. Kultiviert man den Organismus auf an anorganischen Salzen armen Böden, so entwickelt sich das Mycel schwach, verliert die Farbe, Abb. I. die Zellen dehnen sich aus und bilden die elliptischen Gemmen mit großer Anzahl der Körnchen. Um die ausgebildeten Gemmen herum ist manchmal eine charakteristische Mycel-Spirale zu be- obachten. Abb. II, 1 u. 2 stellen einen Teil eines monatalten Mjceliums dar, welches unter solchen Bedingungen gezogen war. Äußerst zahlreiche und starke Gemmenbildung zu erzielen gelang mir durch die Kultur in Rohrzuckerlösung mit Mineralsalzen (KH2PO4 — 0,4 g, MgSO^ — 0,2 g, Rohrzucker — 40 g, destilliertes Wasser 1 1), indem die Lufthyphen die auf Abb. II, 3 darge- stellten Gemmen bildeten. Außer Gemmen, welche eine große Mannigfaltigkeit der Form und der Größe zeigen und sich leicht bilden, ist es mir, wenn auch sehr selten, gelungen, die Konidien- bildung anzutreffen. Der Durchmesser dieser Konidien übertrifft Zur Morphologie und Farbstoffbildung bei einem neuen usw. 477 nie 8 — 10 ,«-. Die gelbbraunen Konidienliüllen sind mit sehr kleinen Wärzchen bedeckt; durch die Hülle gelingt es manchmal (in einem Glycerin-Tropfen) den rundlichen Inhalt zu sehen (Abb, II, 5). Die Konidien sind entweder auf die Spitze der Hyphen gesetzt oder auf der Seite der Mycelfäden entstanden, jedenfalls sind sie nicht scharf vom ]\Iycel differenciert, und ihrer Befestigungs-Art Abb. I[. nach müssen sie „sitzende" genannt werden. Der beschriebene Organismus wurde im Laufe von 11 Monaten auf den verschiedensten Nährböden kultiviert, wie auf festen (Agar und Gelatine in der Kombination mit Pepton, Dextrin, Pflaumensaft und verschiedenen Salzen; Brot, Reis, Mist, faulenden Blättern, Möhre, Kartoffel^ Filtrierpapier), wie auf flüssigen (gelösten: Pepton, Dextrin, Dextrose, Mannit, Glycerin und verschiedenen Salzen). Außer Ber. der deutschen bot. Gesellseh. XXX. 32 478 L. SCHKORBATOW: Zimmertemperatur wurde auch ein Thermostat bei 28 " C benutzt. Um den EinfkiB der feucliten Atmosj)hilre auszuschließen, habe ich etwa 10 Tage dauernde Transpirationsversuche in ERLEN- MEYER-Kölbchen angestellt. Seiner oben beschriebenen morpholo- gischen (Gemmen, Konidien), sowie physiologischen Merkmale Abb. ]II. wegen kann der Organismus ja provisorisch in die Farn. Mitcedi- naceae der Ordnung Ilypiiomi/cetes {Fungi imperfedi) placiert und in eine selbständige Gattung und Art Gemmophora piirpurascens n. gen. et sp. ausgesondeit werden. Der Gattungsname weist auf seine charakteristische Eigenschaft, die Gemmen hervorzubringen, hin, der Artname, auf die Fähigkeit, die rote Farbe auszuscheiden. Zur Morphologie und Farbstoffbildung bei einem neuen usw. 479 Es muß jedoch betont werden, daß es sehr wahrscheinlich ist, daß dieser Pilz nur eine Entwickelungsstufe eines unbekannten Orga- nismus vorstellt, welchen es durch ßeinkultur-Methode zu finden nicht gelungen ist. In dem Äußeren der Zellen, ihrer Größe, in der Dicke und Farbe der Membran, sowie im Charakter der Vakuolen treten mit der Zeit bei Gemmophora purpurasccns einige Veränderungen ein, welche überhaupt für das Mycel in der Periode seines Wachstums charakteristisch sind. Außer diesen Veränderungen treten auch andere, die ohne Zweifel von der Ernährungsart und den Bestandteilen des Bodens abhängen. Ahnliche Abhängigkeit hat auch KLEBS bei Miicor racemosus beobachtet (KLEBS 1896) und zwei charakteristi- sche M\-cel -Typen (Zucker- und Pepton-Mycel-Typen) festgestellt. Die Beobachtungen über Gemmophora machten es wahrscheinlich, daß man durch Gebrauch von Nährlösungen mit verschiedenen Be- standteilen eine größere Varietät solcher physiologischen Mycel- Tj^pen hervorzurufen kann. Kultiviert man z. B. den Pilz in Iproz. Pepton- oder Dextrinlösung, so bekommt man ein zartes Mycelium mit einem feinkörnigen Protoplasma uDd einer großen An- zahl Vakuolen (s. Abb. III, 6 u. 7). Der Zucker beeinflußt in höchstem Grade den Habitus der Zellen: die Zelle wird dichter und mit stark lichtbrechenden Körpern angefüllt. Vgl. Abb. III, 8 u. 9, wo das Mycel in der Lösung von gewöhnlichen Mineralsalzen mit 1 pCt. (Abb. III, 8) und- 4 pCt. (Abb. III, 9) Zucker kultiviert war. Ist aber der Zucker durch Citronensäure ersetzt, so wird das "Wachstum sehr verzögert, die Länge der Zellen verkleinert sich, und der Inhalt der Zellen nimmt das Aussehen einer homo- genen Masse an (vgl. Abb. III, 10). Bei allen erwähnten Kultur- bedingungen ist das in flüssiger Substanz eingetauchte Mycel ge- wöhnlich farblos, und nur mit der Zeit fängt es an, bräunlich zu werden; das letzte kann als • Merkmal des eintretenden Alters dienen. Der Habitus des Mycels entspricht einer bestimmten Nährlösung, bleibt aber dabei unverändert. Die erwähnten Tatsachen können gewiß die beobachteten Fälle nicht erschöpfen; aber eine ausführlichere Mitteilung derselben wäre eine specielle Aufgabe der Forschung. 2. Die Bedingfung^eii der Farbstoffbildung-. Die Farbstoff bildung trifft, 'wie erwähnt wurde, in allen Fällen genügender Ernährung ein, unter einigen Bedingungen aber ist sie sehr intensiv ausgeprägt. Die Aufgabe, solche Be- 32* 480 L. SCHKÜRBATOW : dingungen zu untersuchen, war dadurch erleichtert, daß beträchtHche Pigmentbildung auf Agar-Pepton-Dextrin schon vorhanden war; es war zu entscheiden, mit welcher von diesen Verbindungen die Entstehung des Pigments zusammenhängt. Es waren die Kulturen angestellt auf: 1. reinem Agar, 2. Agar-Pepton, 3. Agar-Dextrin; in 4, Dextrinlösung, 5. Peptonlösung, 6. Pepton-Dextrinlösung. Die Resultate waren folgende: Auf reinem Agar entwickelte sich das Mycel sehr schwach und bildete kein Pigment; auf Agar- Pepton entwickelte sich das letzte merklich, am intensivsten aber war der Farbstoff auf Agar-Dextrin vorhanden. In löslichen Kulturen hat das eingesenkte Mj^cel keinen Farbstoff produciert und nur die Lufth^^phen und die ihnen benachbarten waren rot geworden. Daraus folgte nun klar, daß Dextrin-Ernährung bei freiem Luftzutritt der Pigmentbildung sehr günstig ist. Um sich davon zu überzeugen, habe ich die Kulturen auf mit 1 proz. Dextrinlösung angefeuchtetem Filtrierpapier angestellt. Die Farbe war sehr intensiv ausgebildet und das Papier war mit ihr durchtränkt. Das Zufügen von Peptonlösung erhöhte noch die Farbstoffbildung. Dabei konnte man die gewünschten Resultate nur unter Benutzung der für die chemische Analyse gebrauchten Filter erlangen (die Filter von C. SCHLEICHER & SOHN). Auf dem gewöhnlichen Filtrierpapier dagegen trat bald die Verbräunung der Hyphen und die Veränderung des Farbstoffes ein; letzteres war besonders leicht zu erzielen, wenn die Kulturen im Thermostat bei 28 " C placiert waren. Für die Entscheidung der Frage, ob das Licht für die Pigmentbildung von Bedeutung sei, wurden einige Kulturen vorbereitet, welche gleichzeitig im Licht, im Dunkeln und unter SENEBIERschen Glocken gehalten waren. Der Farbstoff entwickelte sich überall vortrefflich. Die durch die beschriebene Methode er- haltene Farbe ist leicht mit Wasser oder wässerigem Alkohol aus- zuziehen. In absolutem Alkohol ist der Farbstoff schwer löslich; in Chloroform, Benzin, Benzol, Xylol ist er ganz unlöslich. Wässe- rige und alkoholische Lösung im durchfallenden sowie reflektierten Licht ist karminrot: die Fluoreszenz fehlt. Unter dem Einfluß der Erwärmung verändert sich der Farbstoff schwach. Als eine charakteristische Eigenschaft des Farbstoffs ist seine Widerstands- fähigkeit gegen Säuern und Laugen anzusehen. Bei Einwirkung von Essig- und Schwefel-Säure oder Natronlauge, wenn auch in starker Concentration, verändert sich die Farbe zuerst schwach; bei Überschuß derselben tritt endlich eine starke Veränderung ein; die Farbe wird gelb und bleibt so konstant bei der Wirkung der Säuren auf alkalische Lösungen, sowie umgekehrt. Der Alkohol- Zur Morphologie und Farbstoffbildung bei einem neuen usw. 481 Extrakt hält sich im Dunkeln längere Zeit (ungefähr eine Woche), im Licht entfärbt er sich schneller. Durch spektroskopische Untersuchung kann man nichts charakte- ristisches bemerken: man beobachtet eine gleichmäßige Absorption und bei einer genügenden Dicke der Flüssigkeitsschicht sind nur rote, gelbe und ein Teil grüner Strahlen des Spektrums zu sehen. Wird die Gesamtheit der beschriebenen Eigenschaften zusammen- gefaßt, so ist kein Grund, das untersuchte Pigment irgendeinem der von Zopf geschilderten Farbstoffe zuzuzählen (ZOPF, Die Pilze 1890). Auch mit den von A. BeSSEY untersuchtem bei Fusarium, sowie mit allen in seinem Werke angeführten Farbstoffen stimmt es gar nicht überein (BESSEY 1904); ebensowenig ist es dem von M. MEDISCH (1910) erwähnten Farbstoff heiHi/pocrea rufa ähnlich. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß das untersuchte Pigment ein Farbstoff sui generis sei. Zum Schluß will ich hinzufügen, daß Gemmoxjhoru pnrjnimscens mir durch sein Verhalten zum Dex- trin als Nährsubstrat von Interesse schien. In Iproz. Lösung des käuflichen Dextrins entwickelte sich der Pilz vortrefflich und bildete hübsche klumpeuartige Kolonien. Man konnte a priori voraussetzen, daß Dextrin eine genügende Quantität von zugäng- lichem Stickstoff enthielt. Da aber in der letzten Zeit verschiedene Untersuchungen erschienen, welche bei den Pilzen die Möglichkeit der Assimilation von atmosphärischem Stickstoff beweisen (K. PURIE- WITSCH 1895. CH. TERNETZ 1907, H. FROELICH 1908. STAHEL 1911), so habe ich meinerseits eine entsprechende Untersuchung an Gemmophora unternommen. Die Resultate sind negativ ausge- fallen: 1 g des käuflichen Dextrins enthielt etwa 2,4 mg N; und diese Quantität ist ganz genügend, um in einer Iproz. Lösung ein mächtiges Mycel auszubilden. Ich habe ein solches Mycel nach ersten Anzeichen des Absterbens der Zellen untersucht (bei lOtä- gigen Kulturen): der Pilz benutzte aber etwa die Hälfte des zu seiner Verfügung stehenden Stickstoffs. Ich halte es für meine angenehme Pflicht, meinen verbind- lichsten Dank dem hochgeehrten Prof. Dr. HANS MOLISCH aus- zusprechen für seine Ratschläge und Winke während meines Aufenthalts in seinem Laboratorium. Außerdem danke ich folgen- den Personen, die mir bei einer Arbeit in liebenswürdiger Weise behilflich waren: Herrn Prof. Dr. ARNOLDI, dank welchem es mir möglich war, in vorgenommener Richtung zu aa'beiten; Herrn Prof. 4^2 L SCHKORBATOW: Zur Morphologie und Farbstoffbildung usw. KORSCHUM, der mir Keageatien und Instrumente für analyt. Unter- suchungen zur Verfügung stellte; Henn Prof. Dr. BJELOUSOW für seine Ratschläge während der Spektralanalyse und Herrn Dr. MEDISCH für seine nützlichen Ratschläge. Botanisches Institut der Universität Charkow. Mai 1912. Benutzte Literatur. Bessey, E. A., über die Bedingungen der Farbbildung bei Fusarium. Flora 1904, Bd. 93. FROELICH, H., Stickstoffbildung durch einige auf abgestorbenen Pflanzen häufige Hyphomjceten. Jahrbuch, f. wiss. Bot. 1908. KlEBS, G-., Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen. 1896. KÜSTER, E., Anleitung zur Kultur der Mikroorganismen 1907. Lafar, Fr., Handbuch d. Technischen Mykologie, Bd. IV. Lindau, G., Fungi imperfedi — Rabenhorsts Krvptogamen - Flora von Deutschland, Österreich u. d. Schweiz — Die Pilze. MedisCH, M., Beiträge zur Physiologie der Rypocrra riifa (Pers.), Jahrb. f. wiss. Bot. 1910. PURIEWITSCH, K., Über Stickstoffassimilatiou bei den Schimmelpilzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1895, Bd. XEII. Ternetz, Charlotte, Über Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze, Jahrb. f. wiss. Bot. 1907. Stahel, G., Stickstoffbildung durch Pilze bei gleichzeitiger Ernährung mit gebundenem Stickstoff. Jahrb. f. wiss. Bot. 1911. Zopf, W., Die Pilze. — SCHENK, A., Handbuch der Botanik 1890. M. NORDHAUSEN: Über Sonnen- und Scliatten'ulätter. 483 61. M. Nord hausen: Über Sonnen- und Schattenblätter. (2. Mitteilung.) (Eingegangen am 5. Oktober 1912.) In einer früheren Mitteilung hatte ich feststellen können, daß bei bäum- und strauchartigen Gewächsen die Ausbildung von Sonnen- und Schattenblattmerkmalen nicht allein durch die augen- blicklich einwirkenden, äußeren Faktoren — Licht und Tran- spiration — sondern auch durch Nachwirkungen von früheren Ve- getationsperioden her bedingt wird^). Dies kann zur Folge haben, daß die Blätter unter gewissen Umständen, namentlich bei einem Wechsel der äußeren Bedingungen, d. h. Licht und Schatten ihrer Form und Struktur nach in einem gewissen Mißverhältnis zu jenen stehen. Indem ich seitdem die Frage nach den Ursachen der Licht- und Schattenmerkmale an den gleichen Objekten dauernd im Auge behielt, strebte ich vor allem danach, ähnlich wie bisher im Experiment in der freien Natur weitere Gegensätze zwischen äußeren Bedingungen und Blatt-Struktur aufzufinden. Tatsächlich gelang dies in zwei Fällen: Einmal zunächst bei einem Vergleich der einzelnen, speziell oberen und unteren Blätter der gleichen Sproßachse, ferner im engen Zusammenhange hiermit, bei einer Gegenüberstellung von Keimpflanze und erwachsenem Baum. Mein Manuskript war auf Grund vorjähriger und einiger diesjähriger Beobachtungen gerade fertiggestellt, als in der Flora eine Arbeit von SüHRAMM erschien, die, auf sehr eingehenden und sorgfältigen Beobachtungen an Keimlingen fußend, zu im Prinzip gleichem Resultate gelangte. Unter diesen Umständen erschien 1) Herrn Prof. MaC-LeOD verdanke ich die nachträgliche Kenntnis einer schwer zugänglichen Studie von De Bois, die gleichzeitig mit meiner ersten kurzen Notiz (1901) an der Buche die gleiche Frage mit ähnlichem Resultat, wie ich es später (1903) auf breiterer Basis darstellte, behandelt. Dieses Re- sultat ist eigentlich merkwürdig, da DE BOIS von der veralteten, unzutreffen- den Voraussetzung ausgeht, daß Licht- und Schattenblätter lediglich quanti- tativ voneinander verschieden sind und so z. B. die ersteren ihm auch als die größeren gelten. Dem entsprechen nicht immer einwandfreie Versuche, z. B. wenn durch starkes Zurückschneiden benachbarter Zweige Schattensprosse im Innern der Baumkrone besserer Beleuchtung zugänglich gemacht, aber natür- lich auch in ihren Ernährungsverhältnissen in unzulässiger Weise verändert werden. 484 M. NORDHAUSEN: mir eine Kürzung des Textes speziell des auf Keimpflanzen bezug- nehmenden Teiles unerläßlich, eine Veröffentlichung desselben aber schon durch die verschiedenartige Behandlung des Themas ge- rechtfertigt. Auf eine vollständige Charakteristik der Licht- und Schatten- blattmerkmale einzugehen, dürfte sich mit Rücksicht auf die be- kannte neuere Literatur (KNY, SG'HUSTER, SCHRAMM) erübrigen, zumal ich mein Augenmerk in Anbetracht der sehr zahlreichen Einzelprüfungen nur auf die wichtigsten richtete. Neben auf- fälligeren Formverhältnissen der Blätter wurden die relative Größe der Adermaschen ^}, die Blattdicke, Strukturverhältnisse der Epider- mis-, Palissaden- und Schwammparench^-mzellen bzw. der Inter- cellularen berücksichtigt. Absolute Messungen wurden regelmäßig nur bei der Blattdicke und den einzelnen Palissaden und an- grenzenden Schwammparenchymzellen gemacht. Alle Beobach- tungen beziehen sich auf gleiche Stellen des Blattes, nämlich die Mitte einer Blatthälfte 2). I. Schon ein flüchtiger Vergleich der Blätter ein und des- selben Sprosses belehrt uns, daß diese nicht nur in ihrer Form schlechthin voneinander abweichen, sondern gewisse gesetzmäßige Veränderungen erkennen lassen. Am auffälligsten ist das Größen- verhältnis: Mit einem Minimum beginnend, steigt dasselbe von der Sproßbasis nach der Spitze zu bis zu einem Maximum, um darüber hinaus eventuell wieder etwas zu sinken. Parallel gehen dem meist qualitative Veränderungen: Nach der Blattbasis zu ist die Gliederung der Blätter meist, wenn auch nicht ausnahmslos, eine einfachere (cf. SCHÄFJER); sie können dort leicht vergänglich und rudimentär sein und vermitteln nicht selten den Übergang zu den Knospenschuppen. Abgesehen von letzteren uns hier nicht weiter interessierenden Zwischenformen zeigen aber auch die typischen Laubblätter in anatomischer Beziehung deutliche Verschiedenheiten. Nach unten zu herrscht die Tendenz zur Ausbildung von Schatten- blattmerkmalen vor und zwar derart, daß bei sehr intensiver Be- sonnung ihr Bau einem mäßig hellen Standort entspricht, w^ährend 1) Die Blattstücke wurden bei durchscheinendem Licht nebeneinander ge- halten und mit bloßem oder mit der Lupe bewaffnetem Auge geprüft. 2) Gegenüber SCHRAMM kann ich in dem Ausschluß weiterer zeit- raubender Messungen keinen Nachteil erblicken. Solche bringen allzu leicht die Gefahr mit sich, daß die Zahl der untersuchten Blätter nicht hoch genug ausfällt, um individuelle Abweichungen hinreichend auszuschalten. tJher Sonnen- und Schattenblätter. 485 bei mittlerer Beleuchtung oder im Schatten sie typische bis extreme Schattenblätter repräsentieren. T^'pische Sonnenblätter findet man nur in den oberen Sproßteilen. Zunächst dürfte diese Tatsache durchaus selbstverständlich erscheinen, da an radial nach außen strebenden Ästen oder bei reichlicher Verzweigung die Sproßbasen in der Baumkrone versteckt liegen bzw. durch die Blätter der Nachbarzweige beschattet werden. Gerade die Gesetzmäßigkeit dieses Vorkommnisses rief aber bei mir den Verdacht rege, daß hier ähnlich wie bei typischen Schatten- und Sonnensprossen neben äußeren auch innere Ursachen mitwirken. Tatsächlich liegen die Verhältnisse auch etwas anders. Die fertige Lichtlage der Blätter ist zwar für die Ökologie der Pflanze von höchster Bedeutung, kausal aber für deren eigene Ausbildung nicht allzu wichtig. Der für die Einwirkung äußerer Faktoren günstigste Zeitmoment liegt, wie wir früher sahen (N. II), in einem weit zurückliegenden Jugendstadium der Blätter, wo die Beleuchtungsverhältnisse in der Baumkrone noch an den unbelaubten Winterzustand erinnern, d. h. schärfere Beleuchtungsgegensätze zwischen innen und außen sehr gemildert sind, und bei kleinen räumlichen Differenzen ganz fehlen. In gleichem Sinne wirkt meist der Entfaltungsmodus der Blätter. Ich erinnere nur an die Ulme und Buche: Die ausgeprägte Nutation der Sproßgipfel bewirkt, daß die jüngsten Blätter der intensiven Beleuchtung entzogen werden, während die älteren Blätter der Sproßbasis eine relativ günstigere Beleuchtung genießen, als sie sie später wirklich vor- finden^j. Nun lassen sich aber fast stets an Bäumen und Sträuchern solche Sprosse auswählen, die unter Berücksichtigung des Blatt- entfaltungsmodus (cf. Hinze) in früherem wie in späterem Stadium einen wesentlichen Beleuchtungsunterschied, speziell eine Benachteiligung der Sproßbasis durch Beschattung ausschheßen. Vor allem sind dies solche Sprosse, die senkrecht zum stärksten Lichteinfall sich einstellend möglichst frei in horizontaler Richtung und tangential zur Krone verlaufen. Bisweilen bot auch eine Kombination eng benachbarter Sprosse einen Vorteil, indem die unteren Blätter des einen mit den oberen des anderen Sprosses verglichen wurden, was übrigens stets besonders hervorgehoben werden wird. Um ganz sicher zu gehen, wurden in allen wich- tigeren Fällen, wo nicht anders bemerkt, gleichzeitig photo- ]) Durch den Wechsel der Jahreszeit bedingte Helligkeitsunterschiede spielen übrigens bei der Schnelligkeit der Laubentwicklung keine Rolle. Be- züglich krautartiger Gewächse vergl. hierüber Yapp. 486 ^I- Nordhausen: metrische Messnngen vorgenommen^). Dies geschah in der Weise, daß kleine Blätteben photographischen Papieres auf die zu vergleichenden Blätter geklebt und bei bedecktem Himmel in den mittleren Tagesstunden dem Lichte ausgesetzt wurden. Der Verlauf der ganz allmählich eintretenden Bräunung zeigte an, ob ]Ielligkeitsunterschiede existierten oder nicht. Die Probe galt als befriedigend, wenn Unterschiede fehlten oder, was häufig genug eintrat, die Basalblätter sich als die besser beleuchteten erwiesen. Wird schließlich die Bedingung eingehalten, daß die Blätter nur kurz gestielt sein dürfen^) und während ihrer Einstellung: zum Licht daher keine größere Ortsveränderung durchmachen, ferner daß nur gleichartig orientierte Blätter, die direkt auf kürzestem und schnellstem AVege ihre Lichtlage einnahmen, zur Beobachtung gelangten, so dürften irgend wie erhebliche Fehlerquellen aus- geschaltet sein. Alle diese Maßnahmen boten gleichzeitig eine Gewähr, daß die mit der Beleuchtung meist parallel gehenden Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft keine größeren Verschieden- heiten aufwiesen, die im einzelnen natürlich nicht nachgeprüft werden konnten. Die üntersuchungsobjekte hatten naturgemäß den vorstehenden Bedingungen zu genügen; durch Ausnutzung gewisser individueller Eigentümlichkeiten \var es aber möglich, die Zuverlässigkeit der Beobachtungsresultate noch weiterhin zu steigern. Hiernach möchte ich drei Gruppen von Pflanzen unterscheiden. Zu der ersten rechne ich einige Bäume und Sträucher, deren Blätter sich deui Licht gegenüber gut in einer Ebene anordnen, sei es daß sie von vornherein zweizeilige Stellung aufweisen wie bei Fagus sylvatka, Ulmus montana und campestris, Ostrija carpinifolia oder bei dekus- sierter Stellung durch Torsion der Internodien sehr schnell eine solche annehmen: Evonymus (data. Letzterer auch für die später zu erwähnende Esche gültige Fall bot noch den Vorteil, daß zur Kontrolle das opponiert stehende Blatt, das ja auf dem entgegen- gesetzten AVege in die Lichtlage gelangt war, verglichen werden konnte, ohne allerdings bemerkenswerte Unterschiede zu zeigen. Die zweite Gruppe umfaßt einige Trauerbäume: Fraxinus excelsior 1) In tiefem Schatten erwiesen sich Lichtmessungen meist als unnötig, da hier die gleichmäßigeren BeJeuchtungsverhältnisse sich leichter beurteilen lassen. Im übrigen kamen unter genannten Umständen Blätter bzw. Sprosse aus größerer als ca. 2,5 Meter Höhe über dem Erdboden für gewöhnlich nicht in Betracht. Ausnahmen werden besonders genannt werden. 2) Für die Esche wurde hierin aus später zu nennenden Gründen eine Ausnahme gemacht. über Sonnen- und Schattenblätter. 487 1 2 3 4 5 6 7 8 ^ kl 1 Dicke des Pa- ■*3 ;_, .*o o 43 S-c •Zi lissadengewebes o Name 0) a s E3 -4-* o 'S pq O a 1 s Blattdicl in fx Zahl de 'alissadenre in fx bzw. Zell- längen der oberen (a)und unteren (b) Reihe 'S s tn c 0) TS BS cn ^ ^ 1 a 1 b ^ Evonymm alata 1 a h 1 n-1 '208 2-3 1 1 72 36 1,9 b )) k 1 130 1 44 (18) 3 (2) 2 h 1 n-1 220 2 86 38 1,8 ' >• >i 1 164 1-2 44 24 (24) 3,8 (2,4) 3 s l,k 120 1 26 (18) 1 4,6 1 (2,7) Fagus syhatica 1 h I n— 3 180 2 60 40 1,8 >» >> 1 140 1-2 48 24 (24) 2,9 (i,y) 2a )» 1 n— 2 160 2 48 32 2 b >> k 1 124 1—2 36 24 (24) 3,4 (2) 3 s 1 n 134 2 36 28 2 ?i ?» 1 92 1 36 (16) 2,6 (1,8) Ulmus campestris 1* h 1 n(18) 200 1-2 96 2 >> ?> 4 260 >» 112 2,3 >» 1 200 >' 76 2,6 2* s 1 n(5) 92 1 (2) 32 2,8 )l M 4 104 » S8 2.7 )* »» 2 116 >> 40 2,9 »» » 1 92 26 3,6 Salix pentandra 1 h 1 n— 3 192 2(3) 60 40 1,9 J' >? n-5 168 2 52 40 1.8 »> 5* 1 160 2 40 28 2,4 2 * h 1 n(16) 280 3 172 1,63 5» »> n-5 240 3 146 1,64 M )> 1 180 2 94 1.9 3* S 1 n— 1 148 2 44 24 (24) 3,4 (2,2) »» ?' 1 132 2 28 >) >> 4,7 (2,5) Spiraea Douglasii 1 h 1 n— 2 157 2-3 88 1,6 (Bastard) >> >! 1 (n=.]9) 112 1(2) 40 2,8 2 s 1 — 110 1 (2) 45 2.5 Qucrcus pedunculata 1 h 1 n-5 160 2 56 28 1,9 >» )> 1 124 2-1 38 22 (22j 3,3 (2) ») 1» n'-4 156 2 56 26 1,9 2*a s 1 n 130 2 40 24 2 b )' k 1 88 1 28 (li) 3,1 Fraxinus excelsior 1 h 1 n 186 2 56 40 1,9 var. pendula ?» J» 1 126 1—2 40 (20) 3,1 (2,1) 2 s 1 — 118 1-2 2S 24 (24) 4,2 (2,2) TJlinus montann var. 1 h 1 n 184 2—1 96 1,9 pendula >j M n— 1 176 J» 80 2,2 j> )) 1 156 1(2) 56 2,8 2 s 1 — 112 1(2) 4( ) 2,8 488 M. NORDHAUSEN: var, pe^idnla, Ulmi(s moiitana var. pendula und Salix bahi/lonica. Deren z. T. fast lotrecht hängende Sprosse erfüllten die Bedingungen der Beleuchtung besonders leicht; der liegel nach erwiesen sich die Basalblätter sogar als die erheblich besser belichteten, was natürlich bei Beurteilung der Befunde wohl zu berücksichtigen ist. In der diitten Gruppe sind Pflanzen vereint, deien meist recht zahlreiche Blätter -/g — ^/g- Stellung aufweisen, wie z. B. Sjtiraea Douglasii (Bastard), Salix pentandra, Quercus pedunculata, Salix alba und babylonica. Deren Blätter sind nicht in einer Ebene angeordnet und nehmen z. T. sogar nur unregelmäßige Flächenstellung dem Licht gegenüber ein, besonders gilt dies von den zuletzt genannten Arten. Da hier die Blätter auf der vom Licht abgekehrten Seite stets etwas beschattet sind, war eine Auswahl gleichartig orien- terter Blätter besonders am Platze. Bemerkenswerterweise zeigte sich aber der Einfluß der direkten Beschattung in den meisten Fällen so geringfügig, daß er ganz vernachlässigt werden konnte. Über die Befunde gibt die vorstehende Tabelle, in welcher eine kleine Auswahl von Beispielen zusammengestellt ist, nähere Auskunft. Weitere Erläuterungen schließen sich hier an. Zur Erklärung der Tabelle: Es bedeuten h = hell, s = schattig, 1 — Lang-, k = Knrztrieb, n = letztes Blatt, n — 1 vorletztes Blatt usw. Ein Strich in Spalte 4 besagt, daß Mittelwerte aus mehreren Blättern genommen wurden. — Jeder Nnmmer in Spalte 1 entspricht 1 Sproß, nur ausnahmsweise sind als a und b 2 Sprosse einander gegenübergestellt worden. Ein Sternchen daselbst bedeutet, daß eine photometrische Messung zwar nicht vorgenommen ist, aber gleichwertige Resultate an gemessenen Sprossen sonst vorliegen. (Bezüglich Vlmus cüiiipesttis vgl. den Text) Spalte 7 enthält die Dicke des Palissadengewebes und zwar meist die Zellängen der oberen und unteren Schicht gesondert berechnet. Die Klammern in der zweiten Unterspalte besagen, daß die betreffenden Zellen durch ihre geringe Längsstreckung bzw. durch ihre Querausdehnung in Verbindung mit lockerer und unregelmäßiger Anordnung nicht oder nicht mehr als Palissaden gerechnet werden können (meist liegt bei 24 u die Grenze). Da nämlich die Reduktion des Palissadengewebes bzw. der Übergang zum Schwammparenchym durch Beschattung usw. sich ganz allmählich vollzieht, derart, daß gegebenen- falls die Zellen der zweiten Reihe immer kürzer, schließlich rund und zuletzt quergestreckt erscheinen, alle Formen aber gleichzeitig im selben Blatt vereint sein können, so verändert sich bisweilen das Dickenverhältnis von Blatt und Palissadenschicht (Quotient in Spalte 8) sprungweise. Zur Vermeidung von Willkürlichkeiten wurde daher verschiedentlich ein weiterer Quotient in Klammern beigefügt, bei dessen Berechnung die zweite Reihe ganz unab- hängig von ihrer Form und Zugehörigkeit zum Palissadengewebe mitgezählt wurde. Dessen Werte schwanken naturgemäß viel weniger. 1. Evonipnus uJata. Die stets dorsiventralen Sprosse dieses ca. 2 Meter hohen Strauches sind mit ihren Blättern und Verzweigungen sehr schön flächeoförmig angeordnet. über Sonnen- und Schattenblätter. 489 Auf die untersten, schuppenförmigen und schnell vergänglichen Blätter, aus deren Achseln Blutenstände hervorgehen, folgen zunächst kleinere, dann größere Laubblätter. Die ersten von diesen unterscheiden sich von einem der letzten vor allem durch lieduktion der Gesamtdicke und noch mehr der Palissadenschicht. Bei den oberen Blättern im Hellen 2-, durch Teilung der oberen Zellage sogar häufig 3 schichtig, erweist sich die letztere bei den ersten Sonnenblättern sowie allgemein im Schatten als 1 schichtig, bisweilen nur mit Andeutungen einer zweiten Reihe. Die Aderung ist durchweg äußerst spar- sam und der undeutlichen, nicht geschlossenen Maschen wegen schwer ver- gleichbar, jedoch bei den 1-Blättern der Sonnenprosse offenbar ebenso wie im Schatten lockerer als bei den folgenden. Im Schatten ist der Unterschied zwischen 1- und n-Blatt nur sehr gering, immerhin sind die ersteren extremer gebaut. Übrigens scheinen die Kurztriebe für eine schärfere Ausprägung von Schattenblattmerkmalen besser disponiert. 2. FaifUs sylvatica. Neben der Stammform wurde auch die Blatbuche untersucht, deren Rotfärbung bekanntlich für die Beurteilung direkter, lokaler Beleuchtungsver- hältnisse wertvoll ist. Da die bei sehr heller Beleuchtung sich zeigende SpreiteneinrolluQg Störungen der Blattanordnung mit sich bringt, so waren hier die üblichen Vorsichtsmaßregeln durchaus am Platze. Biologisch inter- essant ist zunächst die Tatsache, daß die 1-Blätter die Einrollung besonders stark und selbst bei halbsonniger Lage noch ausführen im übrigen nament- lich bei trockener Witterung sehr früh vergilben. Dieser Empfindlichkeit gegen grelle Beleuchtung bzw. Wasserverlust entspricht ihr anatomischer Aufbau. Die schnell ansteigende Blattgröße erreicht ca. beim dritten Blatt ihr Maximum, um darüber hinaus beim Kurztrieb nur wenig, beim Sonnenlang- trieb aber allmählich bis unter das Ausgangsminimum zu sinken. Ihre Asymmetrie wird, wie noch auf S. 493 weiter zu besprechen sein wird, nach der Spitze zu schwächer, umgekehrt das Adernetz in gleichförmiger Weise dichter. Die Gesamtdicke steigt vom ersten Blatt und erreicht beim n-Biatt (Kurztrieb) oder einem der vorletzten Blätter (Langtrieb) ihr Maximum. Das Palissadengewebe der Sonnenblätter besteht im allgemeinen aus zwei Reihen langgestreckter Zellen Beim 1-Blatt reduziert es sich haupt- sächlich nur durch Verkürzung der Zellen, auch fehlt die palissadenartige Aus- bildung der Schwammparenchyrnzellen der Blattunterseite. Schon bei mittlerer Beleuchtung finden sich aber neben zwei auch nur eine Reihe von Palissaden mit entsprechend lockerer Anordnung. Im tiefen Schatten ist stets nur eine vorhanden. Schon in meiner früheren Arbeit be7.eichnete ich diesen Fall als relativ selten, da ich meist zwei Palissadenschichten daselbst antraf. Dies erklärt sich jetzt dahin, daß der Regel nach die n-Blätter im Schatten zwei Reihen allerdings kurzer Zellen führen, wie überhaupt die Unterschiede zwischen 1- und n-Blättern auch im Schatten allerdings sehr abgeschwächt beobachtet werden können. Dementsprechend variiert der Wert des Quotienten nicht allzusehr, solange nicht eine einzige, ausgesprochene Palissadenreihe vorhanden ist. Die obere Epidermis, die hier allein betrachtet werden soll, zeigt in hellster Beleuchtung nur am n-Blatt gerade Querwände, das 1-Blatt dagegen, vermittelt durch Übergänge, bereits erhebliche Wellung. In mittlerer Be- 490 M- N'ORDHAUSEN: leuchtung bleibt dieser Gegensatz, der übrigens bereits in der sich öffnenden, ja sell)St noch geschlossenen Knospe nachweisbar ist, im Prinzip bestehen, doch ist am n-Blatt ebenfalls Wellung vorhanden. Im Schatten ist die Wellung am stärksten, doch lassen sich kaum noch Unterschiede ge- nannter Art auffinden. Die Endblätter der Kurztriebe erreichen selbst in hellster Sonne keine glatten Epidermisquerwände. Sie gleichen ungefähr mittleren Langtriebblättern, wie überhaupt der Kurztrieb auf Grund seiner Blatteigenschaften gewissermaßen den unvollständig gebliebenen Stumpfeines Langtriebes und Schattensproßcharakter repräsentiert. Nach meinen Be- obachtungen verhält sich Oslri/o corpinifolia und, wie wir sehen werden, noch eine ganze Reihe anderer Pflanzen in bezug auf ihre Epidermis ähnlich wie die Buche, so daß die bisher übliche Bewertung dieser Eigenschaft als Licht bzw. Schattenblattmerkmal (Kny V. S. 506) eine gewisse Einschränkung erfährt. Erwähnt sei noch, daß am Sonnensproß im Querschnitt die Außen- wände der Epidermis beim 1 -Blatt wie im Schatten etwas gewölbt sind. 8. ZTIiiius campestris. Infolge Beschattung der unteren Baumpartien konnten heller beleuchtete Sprosse nur aus größerer Höhe genommen werden. Die hiermit ausfallende photometrische Kontrolle wurde aber dadurch einigermaßen ersetzt, daß von größeren, frei hervorragenden Zweigsystemen Sprosse von verschiedener Richtung zum Licht ausgewählt wurden, zumal Blätter und Sprosse infolge der nur halbsonnigen Lage und i/2"Stellung gut fiächenförmig ausgebreitet waren. Im übrigen spricht der kontinuierliche Verlauf der periodischen Ver- änderungen an den stets zahlreichen Blättern für sich. In der Sonne ergab sich folgendes: Schnell ansteigend erreicht die Blattgröße innerhalb der unteren Sproßhälfte ihr Maximum, um dann wieder etwas zu sinken. Das an- fänglich lockere Adernetz nimmt nach oben zu gleichmäßig an Dichte zu, ebenso wird die Zähnelung des Blattrandes ausgeprägter. Besonders schnell steigt die Blattdicke, deren Maximum beim 2 — 4-Blatt, unabhängig von der Größe, erreicht wird, und dann allmählich wieder bis zu dem Anfangsminimum fällt. Hierbei ist zu beachten, daß die ersten Blätter sehr leicht vergänglich sind und häufig fehlen, so daß die Kurve scheinbar mit einem Maximum be- ginnen kann. Die Palissaden waren überall einreihig, mit der Tendenz, durch vereinzelte Qaerteilungen, speziell nach der Sproßspitze zu, zweireihig zu werden. Ihre Zellänge nimmt acropetal zu; das absolute Maximum wird in den dicksten Blättern, das relative Maximum aber erst gegen Ende des Sprosses erreicht, wie aus dem Werte des Quotienten hervorgeht. Das Flächenbild der unteren Epidermis zeigt beim n-Blatt völlig, beim 1 -Blatt nicht ganz glatte Querwände; im Schatten sind sie an den ents-prechenden Blättern als schwach- bzw. starkwellig zu bezeichnen. Im übrigen lassen die Schattensprosse meist auch bezüglich der anderen Eigenschaften im Prinzip gleichsinnige, jedoch recht abgeschwächte Unterschiede erkennen. Den periodisch sich ändernden Blatteigenschaften lassen sich auch solche der Axillartriebe anreihen. Bekannt ist deren Längenunterschied: in den unteren Teilen nur mäßig lang, erreichen sie als typische Langtriebe in der oberen Sproßhälfte ihr Maximum. Auch die Zahl der Axillarknospen in jeder Blattaxel ist verschieden. Ganz unten stehen sie einzeln, dann zu zweien, schließlich in den Axeln der größten bzw. dicksten Blätter zu dreien. Weiter- hin sinkt ihre Zahl wieder bis auf eins. Meist handelt es sich bis auf die oberen Knospen um Blütenknospen. über Sonnen- und Schattenblätter. 49]^ 4. Salix pcntandra. Wie schon früher angedeutet, zeigten wiederholte und genaue Messun- gen, die auf sämtliche Blätter einzelner Sprosse ausgedehnt wurden, daß die Beschattung der einzelnen Blätter untereinander, wie sie namentlich bei seit- lichem Lichteinfall die auf der vom Licht abgekehrten Seite betrifft, keinen merklichen Einfluß ausübt. Das Reaktionsvermögen der Blätter gegenüber direkten Beleuchtungsdifferenzen ist also recht gering. Unter diesen Um- ständen war es statthaft, Sprosse aus höheren Regionen der Baumkrone auch ohne photometrische Messungen heranzuziehen, wie z. B. Nr. 3 der Tabelle. Es war dies ein die Baumkrone frei überragender, allseitig beleuchteter, orthotroper Sproß. — Allgemein zeigten die ersten relativ kleinen Blätter bei heller Beleuchtung mehr oder minder ausgesprochenen Schattencharakter gegenüber den späteren. Sie zeigten geringere Dicke; weiteres Adernetz; lockeres, intercellularenreicheres Schwammparenchym, dessen Zellen parallel zur Blattiläche gestreckt waren. Die kurzen Palissaden bildeten zwei Schichten. Nach dem Sproßgipfel zu nimmt die Dicke der Blätter ebenso wie deren Größe zu, um dann gleich zu bleiben, während die letztere wieder etwas abnimmt. Hier erscheint das mächtigere Palissadengewebe z. T. dreireihig und selbst die Schwammparenchjmzellen sind etwas senkrecht zur Blattfläche gestreckt. Im Schatten sind die Unterschiede gering, aber doch deutlich und zwar in gleichem Sinne. Erwähnt sei beiläufig, daß die 1-Blätter in ihrem Spitzenteil nicht selten oberseits Spaltöffnungen führen, die sonst nur auf der Unterseite zu finden sind. 5. Spiraea Douglasii — Bastard. Zur Untersuchung gelangten an kleinen ca. 1 Meter hohen Sträuchern solche Sprosse, die in horizontaler Richtung dicht unterhalb des abgestoßenen Gipfels vorjähriger blütentragender Schosse abzweigten. Bei allseitiger sonniger Beleuchtung waren auch hier, wie Messungen lehrten, Beleuchtungs- differenzen völlig ausgeschlossen. Mangels hinreichenden Schattens mußten Kontrollschattensprosse allerdings anderen Pflanzen entnommen werden. Die sehr zahlreichen zu -/s angeordneten Blätter verhielten sich gegenüber lokaler Beschattung ebenso indifferent wie die von Salix penianflra, so daß die uns interessierenden gesetzmäßigen Änderungen nicht gestört wurden. Diese voll- zogen sich ganz allmählich. Langsam steigt die Blattgröße, um meist wieder etwas abzunehmen. Die Zähnelung des Blattrandes fehlt zuerst ganz. Die ^Nervatur ist anfänglich sehr weitmaschig und wird nach oben zu immer enger. Die Blattdicke steigt bis zu einem Maximum, das etwas vor dem letzten Blatt liegt In den untersten Blättern ist das Palissadengewebe einreihig, doch kommen in einzelnen Zellen Querwände nicht gerade selten vor; späterhin ist es typisch zwei- bis dreischichtig. Hier zeigen auch die Schwamm- parenchymzellen im Gegensatz zu den ersten Blättern Neigung, sich senkrecht zur Blattfläche zu strecken. Sehr charakteristisch ist besonders an der oberen Epidermis die Wellung der Querwände von der Fläche gesehen. Anfänglich ist sie erheblich, um allmählich so gut wie vollständig zu verschwinden. Die ersten Blätter zeigen also durchaus den Typus des Schattenblattes, welches eine, vereinzelt zwei palissadenreiche und stark wellige Epidermiszellwände er- kennen läßt. • 6. Quercus pediinculata. Da die in ^/j-Stellung angeordneten Blätter gegenüber lokaler Be- schattung, wie sie auf der Sproßunterseite regelmäßig eintritt, etwas emo- 492 M. NOHDHAUSEN: findlich sind, ist hier auf gleichsinnige Orientierung der Vergleichsblätter be- sonders zu achten. Einiges Interesse boten solche Langtriebe, die nach Be- endigung des Frühjahrstriebes erneut als Johannistrieb auswuchsen, insofern, als sich für sie die Beleuchtungsverhältoisse der einzelnen Blätter, zuuial bei der größeren Länge der Internodien, gleichmäßiger gestaltete. Ic Beisi)iel -3 wurde das viertvorletzte (n" — 4) Blatt des Frühjahrstriebes und das 1- und n-.i-Blatt des Johannistriebes gegenübergestellt. Beide Sproßarten verhielten sich in bezug auf unsere Frage wie zwei selbständige Sproße. In beiden Fällen sind die 1-Blätter kleiner, schmaler und einfacher gestaltet sowie von geringerer Dicke als die folgenden (vgl. übrigens S]'.\TH) Größe und Dicke er- reichen ungefähr beim n-4- Blatt ihr Ma.ximum. In der Sonne sind im allgemeinen zwei Reihen von Palissaden vorhanden, doch zeigt beim 1-Blatt die untere durch Kürze und lockere Anordnung der Zellen z. T. bereits Übergänge zum Schwamm- parenchym. Im Schatten zeigen die n-Blätter häufig noch zwei Reihen, die 1-ßlätter nur eine Reihe von Palissaden und auch lockereren Bau des Schwamm- parenchjms. Die Epidermisijuerwände sind oberseits überall glatt; ebenso unter- seits in der Sonne beim n-Blatt, beim 1-Blatt dagegen etwas verbogen. Im Schatten sind sie beim 1-Blatt stark, beim n- Blatt deutlicli weniger wellig. Das Adernetz der 1-Blätter ist meist enger als bei den folgenden und steht somit im Widerspruch zu dem typischen Verhalteii der Schatten- und Sonnen- blätter. Dieser Ausnahmefall wird uns noch weiter .beschäftigen. 7. Fraxinus cxcels/or var. pendula. Obwohl die 1-Blätter sich nach den Messungen stets als die besser be- leuchteten erwiesen, bestanden doch die typischen Unterschiede'). Gegenüber den folgenden sind die 1-Blätter sehr klein und nur dreizählig. Als An- deutung eines Überganges zu den Knospenschuppen war zwar eine Ab- plattung des Blattstieles die Regel. Dies hat jedoch für unsere Zwecke nichts zu besagen, da auch die n-ßlätter nicht selten die gleiche Eigenschaft besaßen. Speziell an Sonnentrieben zeigen die 1-Blätter wieder geringere Dicke und eine schwächere Ausbildung des Palissadengewebes, das bisweilen nur ein- reihig ist, z. T. allerdings noch zwei Reihen kurzer und lockerer Palissaden führt; die n-Blätter besitzen typisch zwei Reihen. Selbst in tiefem Schatten kommen neben einer häufig noch zwei Palissadenreihen vor. Wie bei der Eiche sind ausnahmsweise und im Gegensatz zu den typischen Schatten- blättern die 1-Blätter mit engeren Nervenmaschen au-sgestattet als die folgen- den (vergl. weiter unten). Auf Anisophyllie beruhende Größenuuteischiede der Blätter eines Wiertels bedingen keine Strukturunterschiede. 8. Ulmus montana var. pendula Trauerulrae. Diese sowie die ebenfalls untersuchte Stammform verhalten sich im Prinzip gleich. Photometrisch erwiesen sich die 1-Blätter der Trauerform stets als die besser beleuchteten. Die Blattstellung ist Vi- Die Unterschiede zwischen End- und Basalblättern sind im allgemeinen die gewohnten. Be- sonders in der Sonne ist ein Ansteigen der Blattdicke bis zum n- bzw. n — 1- 1) In Anbetracht der ganzen Anordnung der Blätter und Zweige konnten die hier etwas längeren Blattstiele keine Störungen mit sich bringen. Im übrigen wurden entsprechend der dekussierten Blattstellung speziell von den 1-Blättern stets die beiden zu einem Wirtel gehörigen untersucht. Die Untersuchung erstreckte sich entweder auf die Endblättchen oder das letzte Fiederpaar. über Sonnen- und Schattenblätter. 493 Blatt zu erkennen, ebenso eine kräftigere Entwicklung der Palissaden, die an der Basis abgesehen von vereinzelt auftretenden Querwänden einreihig sind, nach oben zu durch Häufung der Teilungen mehr oder weniger zweireihig werden. Im Schatten finden sich Querteilungen nur selten, auch sonst sind die ent- sprechenden Unterschiede meist äußerst gering. Eigenartig sind die Größen- verhältnisse der Blätter insofern, als die Größe dauernd bis zum letzten Blatt steigt. Die 1 -Blätter sind häufig einwärtsgerollt. Regelwidrig ist das Ver- halten der Nerven. Die Maschen der 1-Blätter sind stets sowohl im Schatten als auch in der Sonne enger als die der folgenden, während sie im Durchschnitt, wie üblich, im ersten Falle lockerer als im zweiten sind. Dieses Ausnahme- verhältnis steht offenbar in engem Zusammenhange mit den Größenunter- schieden der Blätter. Die ersten, übrigens häufig besonders stark asym- metrischen Blätter sind gegenüber den folgenden sehr klein; ihre Flächen- entwicklung ist gewissermaßen hinter der Aderbildung zurückgeblieben. Selbst im Schatten zeigen sie häufig noch engere Maschen als die n-Sonnenblätter und umgekehrt wechselt bei gleicher Beleuchtung, aber ungleicher Größe un- abhängig von der Stellung am Sproß die Maschengröße in gleichem Sinne. Zweifellos liegen die Verhältnisse bei der schon besprochenen Eiche und Traueresche ganz ähnlich. Wir haben hier einige weitere Belege für einen Fall, den bereits SCHUSTER (S. 224) z. B. beim Liguster beobachtet hat, wonach große und kleine Sonnenblätter sich durch die Dichte der Nerven- verteilung in fast gleicher Weise wie Schatten- und »Sonnenblätter schlechthin unterscheiden. Anhang: Über die As jmmetrieverhältnisse der Blätter der Ulme (U. iiiontaiia und U. camyestris) und der Buche seien hier noch im Zusammen- hange einige Bemerkungen hinzugefügt. Wie BOSHART (S. 109) angibt und ich im großen und ganzen bestätigen kann, ist die Asymmetrie der untersten Blätter am stärksten und nimmt nacli oben zu, vor allem bei der Buche, er- heblich ab. Mit Rücksicht auf meine früheren Angaben (I, S. 17) wonach im Schatten die Blattasymmetrie der Buche stärker, die der Ulme schwächer wird, sollte entsprechend der hier vertretenen Anschauung bei der Ulme das Gegenteil erwartet werden. Tatsächlich liegen aber die Verhältnisse so, daß die Blattasymmetrie als Ausdrucksform der Sproßdorsiventralität bei der Buche sowohl wie bei der Ulme in ausschlaggebender Weise bereits durch besondere, innere Faktoren, die z. B. mit dem Verhältnis zur Mutterachse als Endo- bzw. E.xotrophie usw. zusammenhängen, bestimmt wird. Merkwürdig und m. E. nicht ganz logisch ist, daß BOSHART, der die gleiche Auffassung vertritt, auf Grund der oben genannten Tatsache den von mir behaupteten Lichteinfluß überhaupt bestreitet, noch dazu ohne sich auf hier unbedingt notwendige zahlenmäßige Angaben stützen zu können. Seiner- zeit hatte ich, um dem Durchschnitt möglichst nahe zu kommen, die ersten und letzten Blätter ihrer auffälligen Abweichungen wegen ganz außer Betracht gelassen. Unter meiner Kontrolle hat nunmehr Herr stud. FaHRENHOLTZ die Frage noch einmal genau revidiert und — worüber er an anderer Stelle noch berichten wird — gefunden, daß meine Behauptung nicht nur für den Durchschnitt, sondern auch die ersten bzw. letzten Blätter, d. h. also ganz allgemein für die betreffenden Pflanzen Gültigkeit besitzt. So gestaltete sich z. B. das Verhältnis der Blatthälften von Z7. montana beim ersten Blatt in der Sonne 1,88 im Schatten 1,3 : 1; beim n-Blatt entsprechend 1,39 bzw. 1,14: 1. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 33 494 M- NOKDHAUSEN: 0. Snii.r bahyloniai, Trauerweide. An den langen, reich beblätterten Sprossen erwiesen sich die untersten Blätter stets als die am besten beleuchteten. Die Blattstellung ist 2/5, die Lichtlage ziemlich unregelmäßig. Die sich demzufolge auf der Sproßunterseite ergebende Beschattung bleibt aber, wie in früheren Fällen, ohne merkliche Wirkung. Im großen ganzen finden wir wieder das gewohnte Bild: Ansteigen der Blattgröße, die sich nach Erreichen eines Maximums nicht wesentlich mehr verändert; unten großmaschige nach oben zu immer dichter werdende Ade- rung der Spreiten. Die Blattdicke steigt unabhängig von der Größe zu einem Ma.ximum, sinkt aber w^eiterhia wieder bis auf den Anfangswert, ja nicht selten, vielleicht auch infolge der geringeren Beleuchtung noch tiefer. Sonstige anatomische Unterschiede fehlen bis auf ein lockereres Gefüge des grünen Gewebes bei den 1 -Blättern. Dies ist insofern bemerkenswert, als schlechthin über die besprochenen Differenzen hinaus sich Schatten- und Sonnenblätter nicht wesentlich unterscheiden. Ihr grünes Gewebe besteht hauptsächlich nur aus palissadenartig gestreckten Zellen. Wichtig dagegen sind einige äußere Merkmale. Die seidenartige Behaarung, wie sie den oberen Blättern zum mindesten anfänglich zukommt, fehlt den ersten Blättern ganz, ebenso auch der blaugrüne Wachsüberzug der Unterseite ; auch sind sie bei durchfallendem Licht hellgrün, jene dagegen tief dunkelgrün. Im Schatten sind diese Eigen- schaften auch bei den n-Blättern weniger scharf ausgeprägt, jedoch immer noch erheblich mehr als bei den 1-Blättern. Die Bedeutung dieser Charaktere für die Ökologie des Blattes wird dadurch sehr gut illustriert, daß die 1-Blätter der Sonnensprosse sehr frühzeitig mitten im vSommer absterben. Rein nach äußeren Merkmalen läßt sich die Zahl der Beispiele, wo ich die 1-Blätter gegenüber den folgenden abgesehen von ihrer Form (cf. Schaff er S. 23), vor allem durch Eigenschaften auszeichnen, die auf eine Herabminde- rung des Transpirationsschutzes bzw. Abschwächung xerophiler Einrichtungen hinauslaufen, leicht vermehren. Salix alba verhält sich in bezug auf Behaarung und Waclisbekleidung der Blätter wie die Trauerweide. Die charakteristische Wollbehaarung der Blattunterseiten und Sproßachsen von Popuhis alba fehlt den unteren Blättern und Internodien • — ich lasse dahingestellt, ob von Anfang an (cf. Krasan S 187) — . Auffällig sind die Unterschiede bei Salix incana mit ihren zahlreichen, radial von der Achse abstellenden linealen Blättern Der weiße Haarfilz der Unterseite und die Einrollung des Blattrandes findet sich am ausgesprochensten an den oberen Blättern, während die untersten kleiner und breiter, wenig behaart und z. T. völlig flach sind. Die. untersten Blätter des Sanddorns {Hippophae) entbehren der charakteristischen Behaarung fast ganz. Als ein Extrem möchte ich schließlich noch Berberis rnlgaris nennen. Bekanntlich führen die Langtriebe Blattdornen, außerdem aber, worauf seltener hingewiesen wird, an ihrer Basis typische Laubblätter mit gestauchten Internodien. Letztere, die auch die Kurztriebe charakterisieren, finden sich nicht nur, wenn es sich um eine nachträgliche Umbildung eines Kurztriebes handelt, sondern auch dann, wenn ein Axillarsproß sofort* zum Langtrieb auswächst. (Ausnahmsweise können sie unterdrückt sein, wenn der Sproß dicht am oder unter der Erdoberfläche entspringt.) Jeder Kurztrieb stellt somit einen um- gebildeten Langtrieb dar insofern, als er ähnlich wie die Niederblätter den über Sonnen- und Schattenblätter. 495 Blattgrund einer Blattanlage, den Basalteil eines Langtriebes repräsentiert. Dies hatten wir schon bei den Kurztrieben der Buche gefunden und dem reihen sich nach meinen Beobachtungen weiter an Bcrheris stenophijlla, manche Pappelarten und die Lärche. Bei letzterer sind nach Anordnung und Form die Kurztrieb- und unteren Langtriebblätter einer-, die oberen Langtriebblätter andererseits deutlich voneinander vei'schieden. Die vorstehenden Beobachtungen zeigen, daß von der Basis nach der Spitze eines Sprosses fortschreitend dessen Blätter gesetz- mäßigen Veränderungen der Form und Struktur unterworfen sind, und daß die ersten Blätter jedes Sprosses selbst bei heller Beleuchtung mehr oder minder den Stempel des Schatten- blattes tragen. Schon physiologisch war an den unteren Blättern eine größere Empfindlichkeit gegen stärkere Besonnung bzw. Tran- spiration nachweisbar, wie aus der leichteren Einrollung (Buche, Ulme) bzw. dem frühen Absterben im Sommer zu entnehmen ist. Dem entsprechen die anatomischen Befunde. Die Blattdicke er- weist sich anfangs stark herabgesetzt. Noch mehr ist die Palis- sadenschicht nicht nur an Länge sondern auch Zahl der einzelnen Zellen reduciert; daher ist dort auch ihr Verhältnis zur Gesamt- dicke am größten und sinkt nach oben zu. Weiterhin ist über- haupt das Blattgewebe, besonders das Schwammparench ym lockerer. Bemerkenswert ist das Verhalten der Epidermisquerwände, deren AVellung als charakteristisches Schattenblattmerkmal außer bei den genannten Pflanzen nach meinen Beobachtungen bei Sorhus Äria, Acer Pseudoplcdanus und vermutlich vielen anderen eine Rolle spielt. Die stärkste Weliung findet sich am 1-Blatt des Schatten- triebes 1), die geringste bzw. glatte Zellwände am letzten Blatt des Sonnentriebes. An diese Extreme schließen sich im Sinne eines Ausgleichs der Reihe nach die einzelnen Blätter der gleichen Sprosse an. Der Ausgleich vollzieht sich aber je nach der Be- leuchtung und Pflanzenart verschieden schnell. Bei der Buche z. B. sind in der Sonne das 1- und das n-Blatt erheblich, im Schatten dagegen bei maximaler Wellung nur wenig verschieden* Andererseits zeigt sich bei Ahorn, Sorhus, Ülmus campestris usw. im Schatten ein schärferer Gegensatz, während in der Sonne das 1-Blatt nur unerheblich vom n-Blatt abweicht. Als äußerlich erkennbare Merkmale schließen sich an eine Reduktion bzw. Fehlen der Behaarung, Wachsausscheidungen, Ein- 1) Bei Übergangsblättern zu Knospenschuppen kann sie allerdings wieder schwächer sein. 33* 496 ^- NORDHAUSÜN: roUuag der Spreite oder von sonstigen, mehr oder minder xerophilen Eigenschaften (Berberis), wofür weitere Beispiele übrigens noch leicht zu finden wären. In der gleichen Richtung bewegt sich auch eine lieduktion der Blattnerven, die beim 1-Blatt sowie im Schatten großmaschiger und lockerer, nach oben zu aber immer dichter werden^). Ausnahmea hiervon, die bei der Eiche, Traueresche und Bergulme konstatiert wurden, ließen sich unge- zwungen in Beziehung zur Blattgröße bringen. Überhaupt wird man sich klar darüber sein müssen, daß die Entwicklungsbedin- gungen für manche Merkmale durch Kollision mit anderen Faktoren nicht immer gegeben sind. Dies trifft z. B. zu, wenu die 1-Blätter anstatt nach Art von Schattenblätteru besonders groß, nur klein ausfallen, oder einfacher gebaut sind oder schließlich in ihrer Symmetrie (Buche, Ulme) abweichen. Symmetrieverhältnisse, Baum- verhältnisse in der Knospa und andere Faktoren dürften hierfür entscheidend sein. Die gefundenen Unterschiede treten hauptsächlich in der Sonne, besonders aber bei mittlerer Beleuchtung hervor, sind da- gegen im Schatten sehr abgeschwächt oder fehlen ganz. Im übrigen sind sie, w'ie wir sahen von lokalen Beleuchtungsdifferenzen un- abhängig und bisweilen sogar andeutungsw^eisf'/ in der Knospe vor- handen. Der Schattentypus der 1- Blätter bedeutet in der Blatt- entwicklung eines Sprosses gewissermaßen das Primäre. Weiterhin entscheiden erst die äußeren L'ebensbedingungen, ob diese Blatt- form, wie es im Schatten geschieht, dauernd beibehalten wird^j oder ob Sonnenblätter an ihre Stelle treten. Der Ausgangspunkt ist aber in beiden Fällen nicht der gleiche. Im Schatten repräsen- tiert das 1-Blatt den extremsten Schattouüypus, der am • Sonnen- sproß erheblich abgeschwächt sein kann. Das ist auch leicht er- klärlich, denn von früher her wissen wir, daß die äußeren Faktoren nicht nur unmittelbar, sondern von der vorhergehenden Vegeta- tionsperiode her nachwirkend ihren Einfluß geltend machen und der ganzen Knospe bzw. deren Blattanlagen ihr Gepräge aufdrücken können. Jedenfalls erweisen sich aber die 1-Blätter sowohl den direkten als auch nachwirkenden Einflüssen der Außenwelt gegen- über als die widerspenstigeren. Für das Verständnis einer solchen 1) Unter diesen Umständen erscheint es mir fraglich, ob die von Schuster für die einzelne Pflanzenart behauptete Konstanz der Nervenlänge mangels Berücksichtigung der Blattlage Gültigkeit besitzt. 2) Vereinzelt mag vielleicht sogar eine gewisse Steigerung durch ihn bewirkt w^erden. über Sonnen- und Schattenblätter. 497 Nacliwirkung sind übrigens diese Tatsachen insofern von Bedeutung, als der verschiedentlich gemachte Einwurf, es könne sich da- bei um eine direkte Lichtwirkung durch die Knospen- schuppen hindurch handeln (DETTO S. 177), gegenstandslos wird, da die in der Knospe außen liegenden 1-Blätter als die vom Licht stärker getroffenen alsdann gerade den Sonnenblatttypus hervorkehren müßten. Die Verbreitung der hier beschriebenen Erscheinungen ist nach einer flüchtigen Orientierung offenbar eine ziemlich große. Selbst immergrüne Hölzer wie Hex Aquifolhim und Buxus bilden gute Beispiele. Gerade sie zeigen aber auch, daß die Unterschiede sich innerhalb der Grenzen bewegen, die zwischen Sonnen- und Schattenblättern gegeben sind (cf. auch Trauerweide). Anderer- seits dürfte die Zahl der Pflanzen, die in morphologischer oder anatomischer Beziehung bemerkenswerte Unterschiede nicht er- kennen lassen, nicht ganz klein sein; für unsere späteren Deutungen hat dies aber nichts zu sagen. Besonders erwähnen möchte ich übrigens in dieser Beziehung Aesculus parviflora und Rosa deshalb, weil die 1 -Blätter trotz ihrer bekannten, charakte- ristischen Übergangsbildungen zu den Knospenschuppen anatomisch indifferent sind. Wie im speciellen Teil erwähnt, stellen die Kurztriebe mancher Holzgewächse wie Buche, Berheris, Lärche, Pappel- arten usw. in der Weise reducierte Langtriebe dar, daß sie deren Basalstücke repräsentieren. Da eben dort die Tendenz zur Schattenblattbildung vorherrscht, so wird man die Kurztriebe als zum Schattensproß prädestiniert bezeichnen müssen. Tatsächlich überwiegen sie im Schatten ganz erheblich, wenn nicht ausschließlich und zeigen nach den Beobachtungen des Herrn FAHRENHOLTZ (cf. S. 493) auch unabhängig von der Be- leuchtung in ihrer Anatomie gewisse Anklänge an solche. Seit langem ist bekannt (cf. GOEBEL I., SCHÄFFER u. a.), daß die hier nur kurz gestreiften gesetzmäßigen Änderungen der Form der einzelnen Blätter eines Sprosses in groben Zügen häufig das wiederholen, was in meist ausgesprochenerer Weise sich an der Keimachse abspielt und daß die 1-Blätter in enger Verwandtschaft zu den sog. Primärblättern stehen. Als Beleg braucht nur an SagHtaria und CampanuJa roiundifolia, zwei ausdauernde, krautartige Gewächse, erinnert" werden, die alljährlich beim Austreiben die Primärblattform regelmäßig wiederholen. Wie dort mögen auch in unserem Falle daher die 1-Blätter kurz als „Primärblätter" be- zeichnet werden, doch sei durch die Anführungszeichen stets an- 498 ^- NORDHAUSEN: gedeutet, daß die Übereinstimmung mit den eigentlichen Primär- blättern keine vollständige ist bzw. zu sein braucht'). Hiernach würden wir in ähnlicher Weise wie die morphologischen so die Schattenblattmerkmale der 1-Blätter als Eigen- schaften der Primärblätter aufzufassen haben und gewinnen damit für das ganze Problem einen neuen Gesichtspunkt. Bevor wir diesen weiter verfolgen, wollen wir uns davon überzeugen, in wie weit die Primärblätter entsprechend ihrer Rolle als l-Blätter der Keimachse die von ihnen erwarteten Eigenschaften wirklich besitzen. II. Meine anatomischen Befunde an den Primärblättern seien hier mitRücksicht auf die eingangs erwähnten Gründe in besonders ab- gekürzter Form wiedergegeben, zumal sie mit den eingehenden und genauen Beobachtungen SCHRAMMs im Prinzip übereinstimmen, ja aus naheliegenden praktischen Gründen sich auf fast die gleichen Objekte beziehen. Näher besprochen seien deshalb nur die ßot- 1) Praktisch dürfte dies schon doshalb nicht immer leicht zutreffen könneo, weil zurzeit unter Primärblätter, abgesehen von den U bergangsformen, selbst an der gleichen Pflanze verschiedenartige Blattgebilde zusammengefaßt werden. Z. B. gelten bei den phyllodinen Acacien und bei Latlii/rus Aphaca die mehr oder minder gegliederten Fiederblätter als Priraärblätter, während von den ihnen vorangehenden rudimentären bzw. schuppenförmigen Blättern merkwürdigerweise wenig Notiz genommen wird, obwohl gerade diese nach dem bekannten Beispiel der Eiche und Vicia Faba am ersten Anrecht auf diese Bezeichnung hätten. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die Entwicklungsbedingungen für die obengenannten Blattarten nie sich gleich sein können z. B. auf Grund der Symmetrieverhältnisse der Sproßacbsen bei Buche, Ulme usw., deren Primär- blätter symmetrisch sind. Bei der Berberitze scheint in Korrelation mit der Verdornung der Blätter die Anordnung der Knospen in den Blattachseln — fortlaufende Haupttriebe fehlen — dafür entscheidend zu sein, daß die Laub- blätter der Lang- und Kurztriebe mit ihren uagestielten, an der Basis schmal- ausgezogenen Spreiten sich von den Primärblättern unterscheiden. Letztere treten, wie Schramm (S. 66) richtig als Stütze unserer Beweisführung angibt, an Kurztrieben in tiefem Schatten wieder hervor. Ihnen geht aber nach meinen Beobachtungen eine Reihe stielloser Blätter voraus. Dasselbe Bild wiederholt sich an den Seitentrieben von 1jährigen Pflänzcheu selbst in heller Sonne, allerdings mit Modifikationen: Als zwei Vorblätter finden sich die unge- stielten Blätter in dem oberen verdorrten Teil der Keimachse mit großen Spreiten, nach der Achsenbasis zu werden sie immer kleiner, zuletzt schuppen- artig. Die Basis der untersten Seitensprosse zeigt demnach scheinbar nur ge- stielte Blätter. An den oberen Internodien der Keimachse wird übrigens die Stiellänge zusehends kleiner. über Sonnen- und Schatte ablätter. 499 buche, Stieleiche und Acer Pseudoplatanus und zwar weil hier Keimpflanzen sowohl aus dem Schatten als auch hellster Sonne verglichen werden konnten. Da Aussaatversuche nur bei der Eiche gelangen, wurden Pflänzchen aus dem Freien sofort nach der Keimung in Töpfe mit kräftiger Erde gesetzt und unter reichlicher Bewässerung einesteils auf einer großen, tischartigen Holzplatte in einiger Höhe über dem Erdboden, anderenteils auf einem altan- artigen Ausbau eines niedrigen Häuschens in ca. 8 Meter Höhe so aufgestellt, daß sie faßt den ganzen Tag von der Sonne beschienen werden konnten, gleichzeitig aber auch der feuchteren Boden- atmosphäre entzogen waren. Schattenpflanzen fanden sich im Freien genug, bzw. wurden sie im Kalthaus gezogen '). Zum Ver- gleich waren auch Baumschulenkeimlinge von Hainbuche, Feld- ulme, Esche, Birke, Crataegus monogyna und Berheris vulgaris heran- gezogen worden. Sie stammten aus sonniger Lage; jedoch ist bei derartigen Growächsen stets der Einfluß der Erdnähe sowie die infolge reichlicher Düngung etwas überreiche Ernährung in Rück- sicht zu ziehen 2). Das Resultat entsprach den Erwartungen. Unabhängig von der Beleuchtung erwiesen sich die Primärblätter noch mehr als in den früheren Fällen als ausgesprochene Schattenformen. In hellster Sonne sind sie allerdings etwas in der Richtung zum Sonnenblatt modificiert, bilden also z. T. Zwischenglieder zwischen Schatten- und Sonnenblättern der erwachsenen Pflanze; im Schatten sind sie dagegen ganz extrem ausgebildet. AVie früher finden wir: geringe Blattdicke, Reduktion der Palissadenschicht und ent- sprechende A^eränderang des Quotienten ; stärkere Ausbildung des Intercellularsystems und gegebenenfalls der Wellung der Epider- misquerwände sowie der Größe der Epidermiszellen, die beim Ahorn unterseits anormal schwach papillös sind; schließlich sehr weite Maschen des Nervennetzes. In der grellen Sonne erwiesen sie sich z. T. recht empfindlich. Die Primärblätter der Sonnen- und Schattenkeimlinge unterscheiden sich voneinander, als Beweis einer direkten Lichtwirkung, in ■ zwar geringer, jedoch normaler 1) Bei der Eiche und dem Ahorn standen zum Vergleich die erwachsenen Mutterpflanzen zur Verfügung. 2) In entgegeukommenster Weise wurde mir das Material seitens der bekannten Firmen HEINS SÖHNE, Halstenbeck (Holstein), und Hesse, Weener a. E., zur Verfügung gestellt, wofür ich hier nochmals meinen besonderen Dank aussprechen möchte. 500 M. NORDHAIISEN: Weise. Die Bauinschnlkeimlinge bestätigten im übrigen die ge- machten Erf ah rangen 1). 1 2 3 4 0 6 ^ Ö 0) Längen (in ,u) der .5 oberen (a) und 03 t*. N 1£ ■ a> 5 £ unteren (b) •« bß 8 ° V 'S Palissadenzellen S 3 T3 05 a l-r- TS t8 c3 .a .22 ü — < X s N.2 Ol a b ■&,& W ^ s 1. Rotbuche n \Sonne ^^^"^ i Schatten 200—220 2 60 44 0,+ eng 2 92—124 1(2) 28 (16) (20) 28 +++ weit 3,9(2,2) j7 . ,. i Sonne ^«»«"^'"S! Schatten 80 112 160 1(2) 24 39 56 (12) (18)24 ++ weiter 2,9 (2) 76 92 100 1 20—28 (10)-(12) +++ s.weit. 3,8(2,6) 2. Bergahorn r, »Sonne ^^"°^ »Schatten 200 - 220 2 96 26 0 + eng l.T 120-144 1 36-48 (20) 0,++ weit 3,1 KeimlinoJ Sonne =■ 'Schatten 120 136 160 ] 40-44 (20)- (24) +,++ weit 3,2 104 120 128 1 28-40 (20) ++ weiter 3,5 3. Stieleiche T, \Sonne 2^"°^ ) Schatten 204—216 2 74 37 0,+ eng 1,9 92-104 1 30 (15) ++ weit 3,3 ■rr • T iSonne ^«^°^1'"S; Schatten 104-132 1—2 28-44 (16) (20) 24 4- weit 3,2 (2) 100 1 28 (16) ++ weiter 3,6(2,3) Zur Erklärung der Tabelle: Wo drei Zahlen angegeben sind, bedeutet die mittlere den Durchschnitt, die beiden anderen Grenzwerte. Die Bewertung der Epidermiswellung in Spalte 5 erfolgt durch die Zahl der Kreuze; 0 bezeichnet glatte Querwände. Bei Buche und Ahorn ist nur die obere, bei der Stieleiche nur die untere Epidermis berücksichtigt. Bezüglich Spalte 2—3 und 6 gilt das entsprechend für Tabelle 1 (gesagte. Die Kontroll-Sonnenblätter der erwachsenen Bäume wurden stets aus der oberen Sproßhälfte gewählt. Beim Ahorn entstammten sie der Nord- seite der Baumkrone, bei der Buche der Südseite eines in allernächster Nähe der Sonnenkeimlinge befindlichen Baumes. Ökologisch stehen alle diese Befunde, wie schon SCHRAMM feststellt, als mehr oder minder zweckmäßige Eigenschaften in Ein- 1) Abgesehen von kleineren, unvermeidlichen Abweichungen zwischen den von SCHRAMM und mir gefundenen Werten dürften gewisse auffälligere Differenzen z. T. wohl aus den auf S. 484 Anm. 2 wiedergegebenen Gründen sowie der ausschließlichen Benutzung von Freiland- und Baumschulenpflanzen seitens Schramms zurückzuführen sein. Demzufolge schätzt SCHRAMM auch das Reaktionsvermögen der Sonnenprimärblätter allgemein zu niedrig ein (ich faad z. T. bei der Buche gelegentlich sogar 2 Palissadenreihen). Irrtümlich ist auch, daß eben diese Blätter bei der Buche und Eiche entgegen der Regel an Blattdicke und Palissadenausbildung hinter den entsprechenden Schatten- blättern zurückstehen sollen. Tiber Sonnen- und Scliattenblätter. 501 klang mit den normalen Lebensbedingungen der Keimlinge, die sich durch abgeschwächte Beleuchtimg und feuchtere Atmosphäre aus- zeichnen. Mit Hemmungsbildungen, wie sie an den Primär- und „Primär"-Blättern häufig genug vorkommen, haben sie jedenfalls der Hauptsache nach nichts zu tun. Gegen letztere spricht z. B. auch die stärkere Wellung der Epidermis, die erst sekundär aus einer glattwandigen hervorgegangen sein kann, während nach GOEBEL II 130 an den primitiven Primärblättern von Ceratopteris tatsächlich die Wellung im Gegensatz zu den Folgeblättern fehlt. III. Die Deutung der Schattenblattmerkmale als Eigenschaften der Primärblätter gewinnt insofern Bedeutung, als hiermit in gleicher Weise, wie dies mit anderen sogenannten direkten Anpassungs- erscheinungen — erst neuerdings mit der von LOTHELIER behaup- teten Verlaubung der CZ/ejcdornen in feuchter Luft — geschehen ist (cf. ZEIDLER S. 95), die ganze Frage dem bekannten Primärblatt, problem untergeordnet wird. Die Schattenblattbildung der erwachsenen Pflanze stellt sich somit als eine Rückkehr zur Primärblattform dar, die einerseits durch äußere Fak- toren (Schatten), andererseits durch innere Ursachen an der Sproßbasis veranlaßt wird^). Direkt frappierend ist die von mir schon früher betonte Ähnlichkeit mit der Blattbildung von Sagittaria, deren bandförmige Wasserblätter den Schattenblättern^ die pfeilförmigen Luftblätter den Sonnenblättern entsprechen. Die alljährlich an den Enden von Ausläufern entstehenden Winter- knollen sind dann den Winterknospen der Laubbäume gleichzu- setzen; beim Austreiben entstehen an ihnen zuerst die Wasser-, dann die Luftblätter. Wie auch in anderen Fällen kann aber die Folgeform ganz unterdrückt bzw. durch Wasser-(Schatten)-Blätter ersetzt werden, wenn z. B. die Beleuchtung ungünstig wird. Auch scheint je nach der Wassertiefe bzw. Beleuchtung die Qualität der Winterknollen nebst Blattanlagen ähnlich wie bei unseren Sonnen- und Schattenknospen von vornherein eine verschiedene zu sein, da nach GLÜCK S. 228 bisweilen trotz schwacher Beleuchtung die Bildung von Luftblättern erfolgt, diese aber wieder verkümmern. Schließlich stimmen die Keimlinge beider darin überein, daß sie im ersten Jahre noch nicht befähigt sind, die Folgeform, d. h. die 1) An StockausschJägen der Bergulme fiel mir eine gewisse Tendenz zur Schattenblattbildung aiif. Ob hier die bekannte Wirkung des Zurück- schneidens auf das Zurückschlagen zur Primärform vorliegt? Vielleicht liegt- hier eine weitere Möglichkeit vor, Schattenblätter ohne Schatten hervorzurufen. 502 ^^- NOKDHAUSEN: Luft- bzw. Sonnenblätfcer vollkommen auszubilden (GLÜCK S. 222, Schramm p. 72). Es sei noch kurz die Frage gestreift, inwieweit die l'ri- mär-Schattenblätter sich unterdrücken lassen. KLEBS (292) erwähnt allerdings ohne nähere Angaben, daß dies bei den Band- blättern von Sag'ittaria, d. h. also „Primärblättern" in unserem Sinne möglich ist. Nach meinen Beobachtungen gilt dies in mehr oder minder ausgesprochenem Maße auch für unsere Holzpfianzen (z. B. Buche, Trauerweide, Pappeln usw.), v/enn nämlich normaler- weise oder durch außergewöhnliche Ernährung (z. B. Zurück- schneiden) die Axillarknospen sofort ohne Ruheperiode austreiben. Mit dieser hängt zweifellos ihre Bildung zusammen: selbst eine kürzere E-uhepause, wie sie bei unserem früheren Eichenbeispiel vorlag, ist zur Hervorruf ung der „Primärblätter" ausreichend. Bezüglich der eigentlichen Primärblätter steht zunächst fest, daß sie gegenüber direkter Beleuchtung recht schwerfällig reagieren. Aber auch die anderen Blätter verhalten sich, wie wir erst jetzt wieder an Spiraea, Salix u. a. sahen, nicht viel besser und zwar offenbar deshalb, w^eil die vorjährigen äußeren Faktoren ihnen be- reits einen bestimmten Charakter aufgeprägt (induziert) hatten. Eine ähnliche nur noch nachhaltigere Induktion könnte nun sehr W'Ohl bei den Primärblättern angenommen werden. Eine Abänderung oder Unterdrückung dieser würde somit theoretisch, im Gegensatz zu der Auffassung SCHRAMMs, daß sie erblich fixiert seien, sehr wohl im Bereich der Möglichkeit liegen. Zwar hätte eine derartige Induktion kaum mit dem Licht etwas zu tun, könnte aber im Prinzip auf ähnlichen Vorgängen beruhen, wie sie durch die indi- rekte Lichtwirkung ausgelöst w^erden, sodaß das Studium der Kei- mung und ebenso das des Knospentreibens zu deren Verständnis beitragen könnte '). Daß es sich bei einer direkten oder indirekten Lichtwirkung um chemische Vorgänge handeln dürfte, glaube ich, dagegen kann ich der Auffassung nicht beitreten, daß die Sonnen- bzw. Schatten- blattmerkmale schlechthin durch bessere bzw. schlechtere Ernährung bedingt seien. Zur Orientierung habe ich im Frühjahr Buchen- knospen in mittlerer Beleuchtung durch Zurückschneiden aller Nach- barknospen einen kräftigen Nahruugsstrom zugeführt, zum Teil 1) Ob die entscheidenden Vorgänge bereits in der Samenkno.^pe oder erst bei der Keimung sich abspielen, würde natürlich zuerst zu entschei- den sein. Allzu grob wäre allerdings die Vorstellung, den Lichtmangel bei •der Keimung im Erdboden für die Schatteneigenschaften der Primärblätter verantwortlich zu machen. über Sonnen- und Schattenblätfcer. 503 obendrein durch starke Verkürzung der soeben aus der Knospe hervortretenden Triebe deren Blattzahl reduziert: Die Blätter nahmen Riesendimensionen an, ohne aber prinzipiell ihre Struktur gegen- über dem Licht zu verändern. Inwieweit die interessanten Erfahrungen MATHUSES an gesteckten Blättern Fortschritte in unserer Frage bringen werden, muß die Zukunft lehren. Literatur. K. BOSHART, Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie, Flora. Bd. 103, lyil. DE BOIS, Het bepalen der gevoelige periode van den invloed van het licht op de structuur der blaelschijf. Separatam aus Handelingen v. h. vijfde Vlaamsch Xatuur-en Geueeskundig Congress, Brügge J901. C. Detto, Die Theorie der direkten Anpassung, Jena 1904. Glück, Biolog. und morpholog. Untersuch, über Wasser- und Sumpfgewächse. I. Jena 1905. K. GOEBEL I, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Bot. Zeit. 38, 1880. K. GOEBEL II, Experimentell-morphologische Mitteilungen. Sitzungsb. d. math.- phys. Klasse d. Kgl. Bayer. Ak. d. Wiss. Bd. XXXVII, 1907. G. Hinze, Über die Blattentfaltung bei dikotylen Holzgewächsen. Bot. Cen- tralbl. Beihefte, Bd. X, 19ll. G. Klebs, Über die Probleme der Entwicklung. Biol. Centralbl. XXIV, 1S04. L. Kny, Text zu den bot. Wandtafeln CXIII und CXIV, Berlin 1909. F. Krasan, Zur Geschichte der Formentwickelung der roburoiden Eichen. Englers Bot. Jahrb. VIII, 1887. 0. MathüSE, Über abnormales sekundäres Wachstum von Laubblättern, insbe- sondere von Blattstecklingen dicotyler Pflanzen. Berliner Diss. 1906. M. Nordhausen I, Unters, über Asymmetrie von Laubblättern höherer Pflanzen nebst Bemerk, zur Anisophyllie. Jahrb. f. wiss. Bot. XXXVII, 1901. M. Nordhausen II, Über Sonnen- und Schattenblätter. Ber. d. D. B. G. XXI, 1903. C. SchäFEER, Über die Verwendbarkeit des Laubblattes der heute lebenden Pflanzen zu phylogenet. Unters. Abh. a. d. Gebiete d. Naturw., heisg. v. Naturw. Verein in Hamburg, XIII, 1895. R. Schramm, Über die anatomischen Jugendformen der Blätter einheimischer Holzpflanzen. Separatum aus Flora 104, 191"^. H. L. Späth, Der Johannistrieb. Diss. Berlin. 1912. Yapp, Spiraea Ulmaria L. and its bearing on the problem of xeromorphy in marsh plants. Annais of botany XXVI, 1912. J. Zeidler, Über den Einfluß der Luftfeuchtigkeit und des Lichtes auf die Ausbildung der Dornen von Ulex europaeus L. Flora 102, 1911. 504 N. A. MaXIMOW: 62. N. A. Maximow: Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. HI. über die Natur der Schutzwirkung-. (Eingegangen am 6. Oktober 1912.) Zur Erklärung der Natur der Schutzwirkung scheint mir von allen bisher^) gewonnenen Resultaten der schon vielmals von mir erwähnte Zusammenhang der Größe der Schutzwirkung mit der Lage des eutektischen Punktes am wichtigsten zu sein. Diesem Zusammenhange möchte ich folgenden Ausdruck geben: ein jeder Stoff, unabhängig von seiner chemischen Natur, kann nur so lange als Schutzstoff wirken, als er in Lösung bleibt; sinkt die Tempe- ratur bis zum Punkte, bei dem der gelöste Stoff samt dem Wasser zu erstarren anfängt (das ist ja der eutektische Punkt), büßt er seine Schutzfähigkeit ein. Schon aus diesem Zusammenfallen des Erstarrungmoments mit der Grenze der Schutzwirkung könnten wir eine Schlußfolgerung über die Natur der letzteren ziehen: sie kann nur darin bestellen, daß der Schutzstoff einen Teil des AVassers im flüssigen Zustande erhaltend, das Plasma von völliger Entwässerung und auch vom Absterben rettet. Man kann jetzt für sichergestellt halten, daß die Eisbildung für den Kältetod un- bedingt notwendig ist und daß die Zelle ohne Schaden die stärkste Unterkühlung ertragen kann 2). Die Schutz Wirkung der Lösungen ist, wie mir scheint, einigermaßen mit dem Unterkühlungsphänomen vergleichbar; dort wird überhaupt kein Eis gebildet, hier wird es wohl gebildet, doch bleibt ein Teil des Wassers flüssig, eine völlige Erstarrung tritt nicht ein. Jede andere Erklärung der Schutz- wirkung, z. B. eine chemische Einwirkung der Schutzstoffe auf das Plasma, wie es LlDFORSS^) annahm, indem er die Zuckerarten als spezifische Schutzstoffe betrachtete, kommt mir wegen der höchst verschiedenen chemischen Beschaffenheit der Schutzstoffe sehr unwahrscheinlich vor. 1) Diese Berichte, Bd. XXX, 1912, Heft 2 S. 53 und Heft 6 S. 293. 2) Siehe z. B. VOIGTLANDER, Beiträge z. Biol. d. Pflanzen, Bd. IX, 1909, S. 359; SCHAFFNIT, Mitt. d. K.-Wilhelms-Institut in Bromberg, Bd. IH, 1910, S. 93. 3) Die wintergrüne Flora, Lund, 1907, S. 60 und folg. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 505 Obwohl die Verschiedenartigkeit der Stoffe, bei denen ich den Zusammenhang zwischen der Größe der Schutzwirkung und der Lage des eutektischen Punktes beobachtet habe (Mannit, KCl, "KNO3, K,SO„ Na,SO„ K.aO,. Na,0,OJ darauf hinweist, daß dieser Zusammenhang kein zufälliger ist, wollte ich doch versuchen, den Kryohydratpunkt der Lösung zu verschieben, um zu beobachten, ob die Größe der Schutzwirkung dabei beeinflußt wird. Zu diesem Zwecke habe ich anstatt reiner Lösungen ihre Mischungen an- gewandt. Bei solchen findet meistens eine bedeutende Depression des Krjohydratpunktes statt, und deshalb muß die Mischung eine größere Schutzwirkung ausüben als jede Komponente für sich. Die Versuche bestätigten meine Vermutung vollständig. Die Mischungen wurden aus gleichen Volumen isoosmotischer Lösungen schon früher untersuchter Stoffe hergestellt. Der osmotische Druck (wie auch die Gefrierpunktserniedrigung) blieb dabei dem Drucke der Komponente gleich, die partiale Konzentration von jedem Stoff wurde aber zweimal schwächer. In den die Resultate dieser Ver- suche darstellenden Tabellen ist durch das Zeichen 1 isn, 0,5 isn usw. die gesamte Konzentration der Mischung bezeichnet i). Der Einfluß der Verschiebung des eutektischen Punktes ist besonders auffallend, wenn die Mischung aus zwei Lösungen mit einem hohen eutektischen Punkte und entsprechend schwacher Schutzwirkung hergestellt wird. z. B. aus Mannit- und KiSTOg-Lö- sungen (Tab. XXIV). Tabelle XXIV. Mannit + KNOo. — 5,8" — 7,8" — 11,10 — 17,8» Obwohl jeder von diesen Stoffen ein sehr schwaches Schutz- mittel ist (vgl. Tabellen VIII u. XIV), zeigte sich ihre Mischung, in der jede chemische Einwirkung der Komponenten aufeinander ganz ausgeschlossen ist, befähigt, die Kälteresistenz der Schnitte bedeutend zu erhöhen. 1) la meinem vorigen Artikel hatte ich aus Versehen die „isonormalen'' Salzlösungen durch „is" bezeichnet. Diese Abkürzung ist aber von PFßFFER für die Bezeichnung des osmotischen Druckes einer 0, l-n-KNO*-Lösung ein- geführt, und ich bedaure sehr, daß ich nicht rechtzeitig auf dieses Zusammen- fallen aufmerksam geworden bin. 50G N. A. Maximow: Ähnliche Resultate bekommt man, wenn Stoffe von ver- schiedener Schiitzfilhigkeit (z. B. Glukose und K^SO^) vermischt werden. Dabei ist aber nicht zu vergessen, daß die Grenze der Schatzwirkung der Glukose nicht durch die Eutektik bestimmt wird, und wir dürfen auch nicht erwarten, daß die Mischung stärkere Schutzwirkung ausübt als die reine Glukoselösung. In diesem Falle kann nur eine Komponente, nämlich K.SO^, an Schutz- fähigkciit zunehmen und die halb aus einem wirksamen, halb aus einem unwirksamen Stoffe bestehende Mischung muß dieselbe Schutzwirkung zeigen wie eine nur aus wirksamem Stoffe be- stehende isoosmotische Glukoselösung. Tabelle XXY. Glukose -\- K,SO,. 1 isn 0,6 isn 0,25 isn 0,1 i.sn 5,8 7,8 11,1 17,3 leb. leb. leb. ■Vi leb. leb. leb. •V4 leb. Vo leb. leb. leb. ^4 leb. einz. leb. leb. V, leb. einz. leb. tot V« leb. tot Wird endlich eine Mischung aus zwei Stoffen von bedeutender Schutzwirkung hergestellt,' z. J5. Glukose und Natrium-Tartrat, so zeigt sie dieselbe Schutzwirkung, wie jeder Komponent für sich: Tabelle XXVI. Glukose -f Na-Tartrat. 1 isn 0,5 isn 0,25 isn 0,1 isn 5,8 0 7,8 " 11,1 0 17,3 0 leb. leb. leb. leb. leb. leb. leb. V2 leb. leb. leb. Vi leb. einz. leb. leb. Vi leb. einz. leb. tot V4 leb. tot Auf Grund dieser letzten Versuche glaube ich behaupten zu dürfen, daß der Zusammenhang zwischen der Größe der Schutz- wirkung und der Lage des eutektischen Punktes außer jedem Zweifel gesetzt ist. Außerdem wird durch diese Versuche auch der höchst wichtige Satz bestätigt, daß isotonische Lösungen ver- schiedener Stoffe (und auch ihrer Mischungen) gleiche Schutzwir- kang ausüben, vorausgesetzt, daß sie nicht giftig sind und ihr Krjohydratpunkt tief genug liegt. Gehen wir jetzt zur Besprechung einer Frage über, die ich in dem ersten Artikel nur nebenbei berührt habe und auf die ich in dem zweiten Artikel absichtlich nicht näher eingehen wollte. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 507 Ich meine die Frage über den Zusammenhang der Schutzwirkung mit der Permeabilität des Piasmas fü^ die Schutzstoffe. Da ich zuerst annahm, daß ein Stoff überhaupt nur dann schützend wirken kann, wenn er schon ins Plasma gelangt ist, so benutzte ich meist leicht eindringende Stoffe, wie Alkohole und dgl., oder ließ die Schnitte längere Zeit auf der Lösung schwimmen. Schon damals bemerkte ich aber, daß ein längeres Verweilen des Objekts auf der Lösung auf seine Kälteresistenz gar keinen Einfluß hat: die Kohlschnitte, die 16 Stunden auf Glukose blieben, zeigten keine größere Widerstandsfähigkeit, als diejenigen, die auf derselben Lösung 3 — 4 Tage verweilten. Als ich zur Untersuchung der Salze überging, habe ich versucht, das Verweilen der Schnitte auf den Lösungen möglichst zu beschränken (um die Giftwirkung der Salze auf das Plasma zu vermeiden), zuerst von 16 --20 bis auf 2 — 3 Stunden, dann bis 20—30 Minuten und endlich setzte ich die Schnitte sofort nach dem Einbringen in die Lösung dem Ge- frieren aus. Zu meinem Erstaunen blieb aber die Schutzwirkung in allen Fällen gleich. Da ich diese Versuche mit NaCl und KCl angestellt habe, sn suchte ich dieses ßesultat auf die von vielen Forschern 1) angenommene große Permeabilität des Plasmas für die Salze der Alkalimetalle zurückzuführen und wiederholte die Ver- suche mit der bekanntlich langsam permeierenden Glukose, erhielt aber dieselben Resultate. Die Unabhängigkeit der Schutzwirkung der Stoffe von ihrer Fähigkeit, durch 'das Plasma zu permeieren, weist darauf hin, daß ein Schutzstoff gar nicht in das Plasma einzudringen braucht, um die Kälteresistenz der Zelle zu erhöhen, sondern daß eine bloße Berührung der Plasmaoberfläche mit der Lösung dazu vollständig 2fenü2:t. Daraus dürfen wir wohl schließen, daß die Kälteristenz- erhöhung ein Resultat der Einwirkung der Lösung auf die ober- flächliche Schicht des Plasmas ist, auf die halbdurchlässige Plasma- haut, die nach den klassischen Untersuchungen Pf EFFERs als Träger der osmotischen Eigenschaften der Zelle allgemein anerkannt wird. Diese Folgerung wirft ein Liclit nicht nur auf das Wesen der Schutzwirkung, sondern auch auf das des Erfrierens. W^enn eine Berührung der Plasmahaut mit einer Lösung die Zelle vor dem Erfrieren schützen kann, so ist diese Schicht der frostempfindlichste Teil des Plasmas, und beim Erfrieren ist die Schädigung der Plasmahaut die eigentliche Todesursache. 1) Z. B. RUFZ DE LavizON, Annales d. sc. naturelles, Botanique, 1911, vol. 13, p. 97. 508 N. A. MAXIMOW: Ehe ich aber zur näheren Besprechung dieser neuen Theorie des Erfrierens übergehe, zu der mich meine Versuche brachten, dürften hier noch einige Experimente am Platze sein, welche die Lokalisation der Schutzwirkung in der Plasmahaut bestätigen. Wie wir schon gesehen haben, ist die Schutzwirkung unmittelbar nach dem Einbringen der Schnitte in die Lösung nachweisbar. Spielt sich der Vorgang wirklich nur auf der Oberfläche ab, so ist es zu erwarten, daß die Wirkung sofort aufhört, wenn die Schutzlösuug durch Wasser ersetzt wird. Solch ein schnelles Verlieren der Kälteresistenz haben wir schon in Versuchen beobachtet, in denen die Schnitte aus Alkohol- oder Glycerinlösungen in Wasser über- tragen wurden; damals erklärte ich es aber durch ein rasches Aus- spülen dieser Stoffe aus der Zelle (s. Tabelle VII, S. 62 der ersten Abhandlung). Bei den späteren Versuchen erwies es sich aber, daß dieselbe Erscheinung auch beim Ersetzen eines beliebigen Schutzstoffes (Glukose, NaCl usw.) durch Wasser beobachtet wird. Da ein langes Waschen der Schnitte dabei gar nicht nötig war, es vielmehr genügte, den Schnitt einfach ins Wasser einzutauchen und ihn ein paar Minuten gefrieren zu lassen, so handelte es sich hier offenbar nicht um eine allmähliche Entziehung des Schutz- stoffes aus der Zelle. Tabelle XXVII gibt die Resultate eines von diesen Versuchen an. Die ßotkohlschnitte wurden nach einem 20stündigen Verweilen auf Glukoselösungen in zwei Portionen ge- teilt: die eine wurde in derselben Lösung, die andere in AVasser dem Gefrieren ausgesetzt: Tabelle XXVII. Rotkohl. Glukose. la Glukoselösung gefroren In Wasser gefroren. 1 n 0,5 n 0,25 n 1 n 0,5 n 0,25 n — 0,8" — 7,8" — 11,10 leb. leb. leb. leb. leb. leb. leb. leb. V4 leb. ',4 leb. tot tot '/, leb. tot tot '/4 leb. tot tot Gegen diese Versuche läßt sich wohl einwenden^ daß das A^erlieren der Kälteresistenz vielleicht von der Deplasmolyse ab- hängt, deren schädliche Einwirkung auf das Plasma bekannt ist, oder dadurch sich erklären läßt, daß das Protoplasma, welches an- fänglich durch starke Lösungen teilweise entwässert war, beim Über- tragen in reines Wasser wasserreicher und dadurch frostempfind- licher wird. Um die Möglichkeit solcher Erwiderungen zu be- Chemische Schutzmittel iler Pflanzen gegen Erfrieren. 509 seitigeD, veränderte ich etwas die Methodik der Versuche. Ich übertrug die Schnitte aus der Lösung nicht in Wasser, sondern in isotonische Lösungen von Stoffen mit einem hohen eutektischen Punkte (z. B. Mannit, KNO.,, K^SO^), die keine Schutzfähigkeit besitzen. Das Resultat war dasselbe: die Vorbehandlung mit ver- schiedenen Schutzlösungen erhöhte die Kälteresistenz der Schnitte, die in Lösungen mit einem hohen Kryohydratpunkte gefroren waren, so gut wie gar nicht. In der Tabelle XXVIII sind die Resultate von zwei solchen Versuchen wiedergegeben. Die Rot- kohlschnitte wurden nach 20 stündiger Vorbehandlung mit Glukose - lösungen in isotonischen Lösungen von Mannit und K.^SO^ dem Gefrieren ausgesetzt. Tabelle XXVIII. Rotkohl. Glukose. In Maanit-Lösung gefroren 1 n 0,6 n 0,25 n In K-sulfat-Lösung gefroren 1 isn 0,6 isn 0,25 isn 5,80 7,80 11,10 /4 leb. ','4 leb. tot leb. leb. tot '/, leb. 1/4 leb. tot ■^U leb. V4 leb. tot //, leb. einz. leb. tot V4 leb. tot tot Die geringe Schutzwirkung, die in diesen Versuchen beob- achtet wird, übertrifft nicht diejenige, die von Mannit resp. K-sulfat für sich, ohne Vorbehandlung mit Glukose, bewirkt wird. Es scheint mir, daß diese letzten Versuche definitiv beweisen, daß die Schutzwirkung von den die Plasmahaut berührenden Stoffen verursacht wird und daß die sich innerhalb der Zelle befindenden Stoffe nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ebenso spielt der Grad der Entwässerung des Plasmas durch starke Lösungen, der ja in isotonischen Lösungen der Glukose oder NaCl einerseits und des Mannits oder K-sulfats andererseits gleich ist, keine wichtige Rolle bei der Kälteresistenzerhöhung. "Wir müssen die ganze Schutzwirkung als in der Plasmahaut lokalisiert anerkennen. Gegen die Versuche, die Kälteresistenz der Pflanzen mit ihrem Gehalt an Schutzstoffen, z. B. an Zuckerarten, in Zusammen- hang zu bringen, wird nicht selten die Tatsache angeführt, daß Zuckerrüben, Zwiebeln i) und manche andere Pflanzen ungeachtet ihres hohen Zuckergehalts gar nicht besonders kälteresistent sind. Durch die Annahme, daß die Schutzwirkung an der Plasmaober- 1) W. WÄCHTER (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 45, 1907, S. 240) gibt aber an, daß Zwiebeln — 7 0 ohne Schaden ertragen können. Bei", der deutschen bot. Gesellsch XXX. 34 510 N- A- MaXIMOW: fläche lokalisiert ist, wird dieser Einwand leicht beseitigt. Der Zucker dieser Pflanzen befindet sich innerlialb der Zellen, und die Plasmaoberfläche bleibt unbeschützt oder nur schwach beschützt. Diese Erklärung findet auch in einer Arbeit von IlUHLAND^) eine Stütze, der eine fast vollständige Impernieabilität der llübenzelle für Zuckerarten nachgewiesen hat. Im Falle, daß eine Zucker- lösung von derselben Konzentration nicht nur mit der inneren, sondern auch mit der äußeren Plasmaoberfläche in Berührung wäre, so wäre auch die Kälteresistenz solcher Pflanzen bedeutend höher. Die Richtigkeit dieser letzten Vermutung ist leicht ohne weiteres durch einen direkten Versuch zu bestätigen. Wenn wir llotkolilschnitte im Wasser gefrieren lassen, so sterben die meisten Zellen schon bei — 5,^ " ab. Wird ein ganzes Blatt in der Luft dem Gefrieren ausgesetzt, so läßt sich derselbe Grad der Resistenz beobachten, was darauf hinweist, daß auch in der intakten Pflanze das Wasser, welches die Zellwände durchtränkt, keine bedeutende Menge von gelösten Stoffen enthält. Wenn wir aber aus dem Bot- kohl den Saft auspressen und die Kohlschnitte in diesem (sozu- sagen in seinem eigenen) Safte gefrieren lassen, so findet eine be- trächtliche Kälteresistenzerhöhung statt. Die Zellen fangen erst bei — 11,1 ° abzusterben an, und um den größten Teil der Zellen zu töten, muß man sie bis — 17,3^ abkühlen. Nebenbei sei be- merkt, daß der durchgekochte Saft dieselbe Wirkung ausübt, und deshalb ist den im Safte gelösten Eiweißstoffen dabei keine Rolle zuzuschreiben. Die Schutzwirkung des Rotkohlsaftes ist im Ver- gleich zu der der Zuckerarten und Salze gar nicht zu stark. Kryoskopisch bestimmt, liegt der Gefrierpunkt des Saftes bei — 1,3 7 °, d. h. seine Konzentration entspricht ungefähr einer 0,75-n-Glukose-Lösung. Seine Schutzwirkung aber ist sogar etwas schwächer als die der 0,5-n-Lösnng. Daß die sich außerhalb der Zelle befindende Lösung die wichtigere Rolle spielt, wird auch dadurch bestätigt, daß die in den Rotkohlsaft eingebrachte Epider- mis von Trndcscantia discolor um etwa 2 ° kälteresistenter ist als der Rotkohl selbst, der ja denselben Saft nur innerhalb seiner Zellen enthält. Das Studium der chemischen Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren brachte uns zu einer wesentlich neuen Ansicht über den Vorgang des Erfrierens selbst. Die erste Wirkung des Frostes auf die Zelle ist eine Schädigung der oberflächlichen 1) Jahrbücher f. wiss. Botanik, Bd. 60, 1911, S. 200. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 511 Schicht des Protoplasmas, der Plasmahaiit. Diese Schä- digung ist mit Eisbildung verknüpft, die entweder in der Plasmahaut selbst oder in unmittelbarer Berührung mit ihr stattfindet; sie verursacht eine Störung der osmo- tischen Eigenschaften der Zelle und kann auch ihren Tod zur Folge haben. Diese neue Auffassung kann die Ansichten von Sachs einerseits und seiner Gegner — GöPPERT, MÜLLER- THURGAU, Molisch u. a. — andererseits einigermaßen versöhnen. Sachs behauptete, und die meisten Praktiker sind auch bis jetzt dieser Meinung, daß die gefrorene Pflanze erst beim Auftauen ab- stirbt und hat einen besonderen Wert darauf gelegt, wie rasch dieser Vorgang sich abspielt. Seine Gegner wiesen aber darauf hin, daß es unmöglich sei, eine vollständig erfrorene Pflanze auch durch beliebig langsames und allmähliches Auftauen zu retten. Meiner Ansicht nach tötet das Gefrieren an sich die Zelle nicht; es schädigt nur mehr oder minder, je nach Temperatur und anderen Bedingungen, die Plasmahaut und erst nach dem Auftauen wird es klar, ob diese Schädigung so stark ist, daß sie sofort den Tod nach sich zieht, oder eine dauernde Krankheit verursacht, die nach einiger Zeit auch zum Tode führt, oder endlich ob es dem Plasma gelingt, seine Hautschicht wieder herzustellen und die Zelle am Leben bleibt. Meine Ansicht über die Natur des Erfrierens basiert nicht auf meinen eigenen Versuchen und Beobachtungen allein, sondern auch auf denjenigen anderer Forscher und wird noch durch die neueren physikalisch-chemischen Anschauungen über die Struktur des Plasmas gestützt. Eine ausführlichere Begründung meiner An- schauungen sowie eine experimentelle und kritische Revision der xA.nsichten anderer Autoren möchte ich für eine spätere Publikation vorbehalten; hier seien nur einige Überlegungen angedeutet. Es ist bekannt, daß eine erfrorene Pflanze sich dadurch leicht erkennen läßt, daß ihre Zellen die Impermeabilität vollständig einbüßen: der Zellgehalt, der z. B. aus einer lebenden Rübe oder Kartoffel nur unter einem hohen Druck ausgepreßt werden kann, fließt aus einer erfrorenen von selbst wie aus einem Schwämme heraus. Diese Er- scheinung hat ältere Forscher auf den Gedanken gebracht, daß beim Gefrieren die Zellwände durch das sich in den Zellen bildende Eis gesprengt werden. Jetzt wissen wir wohl, daß die Zellwände intakt bleiben und daß der Impermeabilitätsverlust ein Resultat des Plasmatodes ist. Solch ein Impermeabilitätsverlust wird aber immer beim Absterben der Zelle beobachtet, und diese Tatsache allein ge- nügt noch nicht, um zu entscheiden, ob die Störung der osmo- 34* 512 N, A. Maximow: tischen Eigenschaften die Todesursache war oder ob umgekehrt der Tod die Zerstörung der Hautschicht und das Herausfliegen des Zellsaftes verursacht. Versuchen wir aber anstatt der Objekte, die durch den Frost vollständig getötet sind, nur zum Teil beschädigte /u untersuchen, so können wir manchen Beweis zugunsten der ersten Vermutung finden. Wenn wii- die Blätter irgendeiner Pflanze, die nicht zu starken Frost noch vertragen kann, z. B. Hyacinthen- oder Tulpenblätter bei — 2—3^ gefrieren lassen, so merken wir bald nach dem Auftauen, daß sie etwas verwelkt aus- sehen, ihren Turgor verloren haben und nur in einiger Zeit wieder straff werden. Bei der mikroskopischen Kontrolle gefrorener und wieder aufgetauter llotkohlschnitte habe ich oft beobachtet, daß der Impermeabilitätsverlust das erste Zeichen einer Schädigung der Zelle ist. Bald nach dem Auftauen lassen sich die beschädigten Zellen von den gesunden durch ihren blaß gefärbten Inhalt unter- scheiden und beim Wiederholen der Kontrolle nach einigen Stunden erweisen sich solche Zellen meistens schon als tot. Das tritt be- sonders scharf hervor, wenn die Schnitte in einer verdünnten NaOH-Lösung gefroren waren. Vor dem Gefrieren ist der Zellsaft gi-ell rot gefärbt, nach dem Auftauen findet man alle Übergangs- töne von rot durch violett bis blau — ein Zeichen dafür, daß das Plasma für das Alkali durchlässig geworden ist. Die Zellen, die ihre Farben geändert haben, sterben meistenteils nach einiger Zeit ab. Die Annahme, daß die Ursache des Kältetodes in der Be- schädigung der Plasmahaut zu suchen ist, läßt noch die Frage ungelöst, wann eigentlich diese Schädigung auftritt, beim Gefrieren oder erst beim Auftauen. Wenn auch diese Frage anscheinend durchaus zugunsten der ersten Vermutung zu entscheiden ist, so ist doch andererseits festgestellt, daß es in manchen, zwar wenigen Fällen gelingt , gefrorene Pflanzenteile durch langsames Auftauen vom Absterben zu retten (Obst nach MÜLLER-THURGAÜ, Agave americana nach MOLISCH). Es weisen auch die von BüTJAGIN^) mit Bakterien und von E-ICHTER^) mit Schimmelpilzen angestellten Versuche darauf hin, daß die Art des Auftauens für die Zelle nicht gleichgültig sein kann. Das Studium der Schutzwirkung der Lö- sungen gibt die Möglichkeit, der experimentellen Lösung auch der oben gestellten Frage näherzutreten. Jetzt wissen wir, daß das Ein- 1) ßUTJAGlX, Mitteilungen d. Kais. Universität Tocask, Bd. 25, 1909 (russisch). 2) A. Richter, Zentralblatt f. Bacteriologie, IL Abt., Bd. 28, 1910, S. 617. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gfeaen Erfrieren. 513 tauchen der Schnitte in eine mehr oder minder konzentrierte Lösung sie vom Erfrieren schützen kann. Da aber bei diesen Versuchen das Gefrieren und das Auftauen in einer und derselben Lösung vor sich ging, so beantworteten sie die uns interessierende Frage noch nicht. Zum letzteren Zweck muß man die Methodik der Versuche in dem Sinne ändern, daß man den einen Prozeß, näm- lich das Gefrieren, in Abwesenheit vom Schutzstoffe, den anderen — das Auftauen in seiner Gegenwart vor sich gehen läßt. Die Resultate solch eines Versuches befähigen uns zum Urteil darüber, wann die Schutzwirkung Platz gehabt hat, und daraus können wir schließen, wann eigentlich das Protoplasma beschädigt war. Solche Versuche habe ich so angestellt, daß ich während 2 Stunden die Rotkohlschnitte in einer minimalen Wassermenge (auf der feuchten Wand eines Glasröhrchens) gefrieren ließ und dann, ohne sie auf- tauen zu lassen, in die Röhrchen bis — 2,9 ^ abgekühlte konzen- trierte (2-n- resp. 2-isn-) Lösung von Glukose, Methylalkohol, NaCl oder K-lactat rasch einführte und dann sie noch 2 Stunden im Gefrierapparat bleiben ließ, wo die neu eingeführten Lösungen all- mählich gefroren. Die Kontrollportion bekam etwas unter 0 ^ ab- gekühltes Wasser. Das Auftauen ließ ich ganz langsam vor sich gehen, ich begann mit dem Einbringen der Röhrchen in einen bis — 2,9 ^ abgekühlten Raum, wo sie 2 Stunden blieben, bis das ganze Eis verschwand (der Gefrierpunkt der 2-n-Lösung liegt bei — 3,7''). Nur dann wurden sie bis zur Zimmertemperatur erwärmt. Die Resultate dieser Versuche sind in der Tabelle XXIX wiedergegeben. Tabelle XXIX. Rotkohl, gefroren in Wasser, aufgetaut in Lösungen. CH3OH CgHioOe NaCl K-lactat 5,8» 7,8" 11,1» \U leb. tot tot leb. V4 leb. tot leb. 'U leb. tot leb. 3/4 leb. tot V4 leb. tot tot Hier zeigte es sich, daß die Art des Auftauens für die Zellen nicht gleichgültig war; die LIeseitigung der Wirkung des Wassers kann auf das auftauende Protoplasma eine merkliche Schutzwir- kung ausüben. Diese Schutzwirkuug ist aber bedeutend schwächer als die früher von uns beobachtete, und daraus müssen wir schließen, daß das Gefrieren, nicht aber das Auftauen beim Zer- stören des Plasmas die erste Rolle spielt. 514 N. A. Maxi-mow: Meine Auffassung über das Erfrieren als Schädigung der Plasmaliaut steht mit den neueren physikalisch-chemischen An- schauuniien über die Struktur und Beschaffenheit des Plasmas im Einklänge. Die meisten Forscher') neigen jetzt zur Ansicht, daß das Proto])lasma ein flüssiges F]mulsoid (Hydrosol) darstellt. Schon die Beobachtungen von MOLISCH über das Gefrieren der Kolloide lehren uns, daß die meisten organischen Hydrosole, wie Lösungen von Eiweiß oder Grumrai arabicum, nach Gefrieren und x4.uftauen unverändert bleiben. Diese Beobachtungen haben GORKE und später LiDFORSS auf den Gedanken gebracht, daß nicht die Eis- bildung selbst, sondern das Denaturieren der Eiweißstoffe durch Salze, deren Konzentration im Zellsafte beim Gefrieren stark wächst, die eigentliche Todesursache ist. Auch die Tatsache, daß das Eis gewöhnlich nur in den Interzellularen gebildet wird, gibt Grund für solch eine Anschauung. Wir sahen aber schon, daß die Theorie von GORKE und LiDFORSS durch unsere Versuche nicht bestätigt wurde. Meiner Ansicht nach müssen wir das Er- frieren durch die Wirkung des Frostes nicht auf Hydrosole, sondern auf Hydrogele des Protoplasmas erklären. Zahlreiche Unter- suchungen über das Gefrieren der Kolloide 2) haben gezeigt, daß die Hydrogele beim Gefrieren beträchtliche Veränderungen er- leiden: sie verlieren die Fähigkeit, Wasser zu behalten, bekommen eine Netz- oder Schwammstruktur oder zerfallen in einzelne Klümp- chen. Gerade ein solches Hydrogel stellt nach Beobachtungen von GAIDUKOV ^) die oberflächliche Plasmaschicht dar, und es wäre einleuchtend, warum sie auch der frostempfindlichste Teil der Zelle ist. Es ist aber freilich nicht ausgeschlossen, daß bei einem stärkeren Froste auch die inneren Teile des Protoplasmas koagu- lieren. Die von uns festgestellte schwächere Schutzwirkung der Ca- Salze im Vergleich zu der der Na- resp. K-Salze weist auch auf die hervorragende Bedeutung der Plasmahaut beim Erfrieren hin. Es ist bekannt, daß die zweiwertigen Metalle eine stärkere koagu- lierende Wirkung besitzen als die einwertigen, und wir dürfen aus manchen Gründen annehmen, daß die Ca-Salze eine Bildung einer Art Niederschlagsmembran auf der Plasmaoberfläche hervorrufen. Dadurch erklären einige Forscher*) die schützende Rolle des Cal- 1) Siehe Lepeschkin, Diese Berichte, Bd. 29, 1911, S. 181. 2) Eine Zusammenfassung dieser Untersuchungen hat H. W. FISCHER in OOHNs Beiträgen z. Biologie d. Pflanzen, Bd. X, 1911, S. 133, gegeben. 3) Ultramikroskopie und Dunkelfeldbeleuchtung, Jena 1911, S. 61. 4) Z. B. J. LOEB, Biochemische Zeitschrift, Bd. 36, 1911, S. 275. Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. 515 cinms gegen Natrium. In unserem FaJle aber, bei der Schutzwir- kung gegen Erfrieren, ist die Bildung einer solchen Niederschlags- membran eher schädlich, sie muß die Frostempfindlichkeit der Plasmaoberfläche erhöhen. Und in der Tat haben mir spezielle Versuche gezeigt, daß die Schutz wirkung der NaCl-Lösung durch das Zufügen einer geringen Menge von CaClg, wenn auch un- bedeutend, doch merklich schwächer wird. Kehren wir jetzt zu der Frage zurück, die ich am Anfange meiner Arbeit gestellt habe, und versuchen wir zu beantworten, inwie- fern meine Untersuchungen über die chemischen Schutzmittel gegen Erfrieren die natürliche verschieden hohe Kälteresistenz ver- schiedenei- Pflanzen erklären können. Wie schon früher erwähnt wurde, suchte LiDFOKSS diese Verschiedenheiten in der Kälte- resistenz durch ungleich hohen Zuckergehalt verschiedener Pflanzen zu erklären. Diese Erklärung kommt mir etwas einseitig vor, denn meine Untersuchungen über die Schutzwirkung der Salze haben gezeigt, daß nicht nur Zuckerarten allein, sondern auch verschiedene Salze der anorganischen und organischen Säuren die Kälteresistenz der Pflanzenzellen beträchtlich erhöhen können. Dementsprechend müssen auch die Pflanzen, deren Zellsaft eine bedeutende Menge dieser Salze gelöst enthält, wie viele Suoculenten und Salzpflanzen, eine bedeutende Widerstandsfähigkeit besitzen i). Für viele Sedtim-, Semperviruin- und Saxifraga-Aiten ist so eine hohe Kälte- resistenz festgestellt, und nur über die Salzpflanzen konnte ich in der Literatur keine betreffenden Angaben finden. Die Lehre über die Schutzstoffe erklärt auch die allgemein verbreitete, wenn auch nie genau bewiesene Ansicht, daß die Pflanze desto frostempfind- licher ist, je wasserreicher sie ist, das heißt je verdünnter die Lösung ihrer Schutzstoffe ist. .Jetzt ist es auch zu begreifen, Avarum dieser Satz nur in ganz allgemeinen Zügen richtig ist und warum zwischen der Konzentration der Zellsäfte und der Kälte- resistenz keine direkte Proportionalität besteh t^); außer der Konzen- tration spielt auch die Zusammensetzung des Zellsaftes eine wich- tige Rolle, nämlich das Vorhandensein von Stoffen von verschiedener Schutz Wirkung. 1) H. BaRTETZKO (Jahrbücher f. wiss. Bot., 47, 1909, S. 94) gibt an, daß Oavaka (Bull. d. Soc. bot. ital. 1901, p. 146) bei manchen kälteresistenten Pflanzen sehr hohe Konzentration des Zellsaftes beobachtet hatte. Zu meinem Bedauren hatte ich bis jetzt noch keine Gelegenheit, diese Arbeit Cavaras im Originale zu lesen. 2) Rein, Zeitschrift für Naturwissensch., Bd. 80, 1908, S. 1. 516 Hermann Losch: Wenn wir endlich die Plasmaliaut als Organ anerkennen, das zuerst vom Frost angegriffen wird, so müssen wir zum Schlüsse kommen, daß die Zusammensetzung von dieser Schicht bei der Bestimmung des Grades der Kälteresistenz von Bedeutung sein kann. Leider wissen wir recht wenig von dieser Zusammen- setzung und noch weniger von den Veränderungen, die auf die Kälteresistenz einen Einfluß haben können. Eins nur ist zweifellos, nämlich daß wegen der Oberflächenspannung die Plasmahaut reich an Fetten und Lipoiden sein muß, und es ist sehr wahrscheinlich, daß eine Zunahme von diesen Stoffen sie weniger empfindlich gegen Kälte macht. Werden diese theoretischen Erwägungen mit manchen schon längst bekannten Tatsachen zusammengestellt, näm- lich mit dem Ersatz von Stärke durch Ol, welclier bei vielen Baum- arten bei Eintritt des Winters stattfindet und mit der geogra- phischen Verbreitung solcher Ölbäume, die am weitesten gegen Norden vordringen, so ^ehen wir, daß auch hier die von uns ex- perimentell gewonnenen Eesultate den empirisch festgestellten Tat- sachen nicht widersprechen, sondern ihnen eine rationelle Erklärung geben können. Botanisches Laboratorium d. K. Forstinstituts St. Petersburg. 63. Hermann Losch: Über das Vorkommen eines zweiten Hüllquiries an den Eiknospen von Ohara foetida. (Mit 10 Textfiguren.) (Eingegangen am 8. Oktober 1012) Bei den Eiknospen der Charen wurden schon öfter allerlei Mißbildungen beschrieben. So fand A. ERNST') in den Oogonien von Nitella syncarpa einen Pseudohermaphroditismus vor: Sper- matogene Fäden entstehen im Oogonium, und die Wendezellen werden besonders ausgebildet. ALEX, BRAUN') führt als seltene Ausnahme sechszellige Krönchen und bei Cham gcüioidef ein vier- IJ A. Ernst, Über Pseudo-Hermaphroditismus und andere Mißbildungen der Oogonien bei Nitella syncarpa, Flora 1901. 2) Alex. Braun, Über die Richtungsverhältnisse der Saftströme in den Zellen der Charen. Monatsber. d. Akad. d. Wiss. in Berlin 1852/53 über das Vorkommen eines zweiten Hüllquirles an den Eiknospen usw. 517 zelliges Krönchen an. A. ERNST schreibt in Flora 1901 Bd. 88 S. 10: „während bei den Charen und Nitellen die Blattzahl der vegetativen Quirle kaum innerhalb einer Art vollständig konstant bleibt, ist die Fünfzahl der Hüllblätter der Oogonien bei allen Arten gemein." Als Ausnahme erwähnt er dann zwei Präparate, die je ein Knöspchen mit aufgelöstem Hüllquirl aus 6 bzw. 7 Hüll- blättern enthalten. Bei Untersuchungen von Charen im Botanischen Institut in Tübingen fand ich nun bei Charct, foetida Eiknospen vor, die außer Fig. I. Ohara foetida. Vergr. 330 : 1. Fig. II. Chara foetida. Vergr. 100 : 1. o = Oogonium a = Antheridium br = Berindung i — Internodium k = Knotenzelle s = Stielzelle b =: Basilarknotenzelle. wie normal . w = Wendezelle ' k = Knotenzelle 1 anormal k' s' s = Stielzelle weitere Knotenzelle Stielzelle den normalen, spiralig aufgewundenen fünf Hüllschläuchen noch einen weiteren selbständigen Hüllquirl zeigten, der sich basal unter dem normalen Hüllquirl befindet. Das Material bestand aus- schließlich aus Chara foetida und zwar einer Form, die der Chara gymnophylla — einer der ersteren nahe verwandten Art — sich nähert. Ein einziges Exemplar von Chara gymnophylla selbst fand sich zwischen den von mir untersuchten Exemplaren von Chara foetida. Das ganze Material stammte aus einem schattigen Tümpel in der Nähe von Murrhardt (Württemberg). 518 Hermann Losch: Um besser vergleichen zu können, will ich hier zunächst kurz an der Hand einer Zeichnung den normalen Bau einer Ei- knospe von CArnv^ schildern (vgl. Fig. Ij. Die Anlage der Eiknospe geht von der Basilarknotonzelle aus und stellt in jungem Zustande ein dreizelliges Sprölichen dar, dessen oberste Zelle zur Eizelle (o) wird, die später an ihrer Basis eine kleine Zelle durch eine Quer- wand abschnürt, die sogenannte Wendezelle. Die mittlere Zelle des Sprößchens ist eine Knotenzelle (k), aus der fünf periphere Zellen hervorgehen, die zu den Hüllschläuchen heranwachsen, die ihrerseits später sicli nochmals teilen, indem sie an ihrer Spitze eine Zelle abschnüren, die sogenannte Krönchenzelle. Anfänglich Fig. III. Ohara foctida. Vergr. 62 : 1. Fig. IV. Ohara foetida. Vergr. 70 sind die eigentlichen Hüllschläuche kaum länger als die Krönchen- zellen. Erstere strecken sich aber in ihrer weiteren Entwicklung sehr stark, während die Krönchenzellen klein bleiben. Allmählich winden sich die Hüllschläuche spiralig um die Eizelle herum und umhüllen sie vollständig. Die Krönchenzellen schließen sich dann oben zusammen und bilden das fünfzellige Krönchen. Die unterste Zelle des dreiteiligen Sprößchens teilt sich nicht mehr, sie heißt Stielzelle (s) und sitzt, wüe oben erwähnt, der Basilarknoten- zelle auf, von der auch das Antheridium seinen Ursprung nimmt. Wir haben bei normalen Eiknospen also folgende Zell- folge: Basilarknotenzelle, Stielzelle, Knotenzelle, Eizelle mit Wendezelle. über das Vorkommen eines zweiten Hüllquirles an den Eiknospen usw. 519 In den von mir beobacliteten Ausnahmefällen schieben sich zwischen Basilarknotenzelle und Stielzelle zwei weitere Zellen ein und zwar eine weitere Stiel- und Knotenzelle. Bei diesen ab- normen Eiknospen ist also die Reihenfolge der Zellen: Basilar- Fig. V. Ohara fort/da. Vergr. 75 : 1. Fig. VI. Chara fort! da. Vergr. 218:1. Fig. VII. Chara foetida (vgl. Fig. VIII oben). Vergr. 75 : 1. knotenzelle, eingeschaltete Stielzelle (s^), eingeschaltete Knoten- zelle (k^), normale Stielzelle (s), normale Knotenzelle (k) und schließlich die Eizelle mit Wendezelle. Wie aus der normalen Knotenzelle (k) die Hüllschläuche peripher gebildet werden, so bringt auch die eingeschaltete Knotenzelle (k^) ebenfalls peripher 520 Hermann Losch: / einen Hüllqnirl hervor (vgl. Fig. II— V). Auf einem Längsschnitt ist die Zellenfolge deutlich zu sehen (Fig. II u. III); die Hüll- schläuche zeigen die Figuren lY und V. Die Eizelle ist hier nor- mal von fünf Hüllschläuchen spiralig umwunden, auch die Zahl der Krönchenzellen beträgt fünf. Aus der anormal eingeschalteten Knotenzelle entspringen aber fünf weitere Hüllschläuche, die ebenfalls eine Tendenz zu spiraliger Windung zeigen und zwar im selben Sinne wie die normalen Hüll- schläuche. Auch die Strömungsrichtung entspricht derjenigen in den normalen Hüllschläuchen beziehungsweise Krönchenzellen. Die Fig. VIII. Cham fortida (vgl. Fig. VII). Fig. IX. Cham foetida. Vergr. 32 : 1. Vergr. 20 : 1. Strömungsschnelligkeit ist in den Krönchenzellen viel geringer als in den Hüllschläuchen. In Fig. YI durchläuft ein Plasmakörnchen die Strecke I durchschnittlich in 3 Sekunden, dagegen brauchte ein solches Körnchen zum Durchlaufen der Strecke II durch- schnittlich 30 Sekunden. Im Hüllschlauch sah ich große und kleine Körner, in der Krönchenzelle dagegen nur kleine. Leider konnte ich die Entstehung der einzelnen Zellen der abnormen Eiknospe nicht verfolgen, da ich beim Durchsuchen des Materials nur fertige Eiknospen vorfand, weil sich die jungen Zu- stände bei der Durchsuchung mit dem Präpariermikroskop dem Auge entziehen. Auf allen Schnitten, die ich machte, fanden sich nur normale junge Anlagen. über das Vorkommen eines zweiten HülLjuirles an den Eiknospen usw. 521 Aus den übereinstimmenden Eigenschaften der abnormen Hüllschläuche und der normalen, wie gleichsinnige Windung, gleiche Strömungsrichtung und Strömungsschnelligkoit läßt sich aber vielleicht doch auf die Entstehung der Knotenzelle k* ein Schluß ziehen. Offenbar ist diese Windungstendenz eine Vererbung, denn aus mechanischen Gründen ist sie bei diesen überzähligen Hüllschläuchen nicht zu erklären. Die eingeschaltete Knoten- zelle k* ist gemeinsam mit der normalen Knotenzelle k und den beiden Stielzellen s und s^ aus der Basilarknotenzelle entstanden. Die eingeschaltete Knotenzelle k* und die normale Knotenzelle k müssen also Schwesterzellen sein, da sie dieselben Eigenschaften Fig. X. Ohara foetida. Vergr. 20 : 1. LoscA phoi. besitzen. Die Teilung wird wohl in folgender Weise vor sich ge- gangen sein: Die Zellen (k + s) und (k' -\- s^) müssen gleich- altrige Tochterzellen ein und derselben Mutterzelle sein, die ihrer- seits die Knotenzelleneigenschaften in sich barg; (k + s) und (k^ 4- s^) zerfallen dann ihrerseits in k und s bzw\ k' und s^. Während bei Fig. IV und V das Oogonium seine normale Grröße erreicht hat, eeigt Fig. VII ein anderes Bild. Die Ei- knospe ist im Wachstum sehr zurückgeblieben, die normalen Hüll- schläuche haben sich nicht herumgewunden. Offenbar haben sich auf ihre Kosten die abnormen Hüllschläuche um so kräftiger ent- wickelt. (Fig VII zeigt den oberen Teil von Fig. VIH, nur stärker vergrößert.) Während Fig. IV und V die Eiknospen losgetrennt dar- 522 E. WerTH uiul K. LUDWIGS: Stellen, geben Fig. YIII — X Bilder der am Blatt sitzenden Ei- knosj>en. Die abnormen Eiknospen treten einmal mit ansitzendem Antheridiiini, das andere Mal ohne Antheridium auf. Da mir das Material ausgegangen war und ich die abnormen Fälle '/A\ den Präparaten verwendet hatte, konnte ich leider keine weiteren Beobachtungen oder Versuche anstellen. Es wäre inter- essant, zu untersuchen, wie sich diese Eiknospen bei der Keimung verhal- ten und ob die aus ihnen hervorgehende neue Pflanze normale oder derartig abnorme Eiknospen bildet oder beides und dann in welchem Zahlenverhältnis. Grimmelfingen, Oktober 1912. 64. E Werth und K. Ludwigs: Zur Sporenbildung bei Rost- und Brandpilzen. [Ustilago anthcraruiii Fries und Ftucinia Malvacearuiii Mont.) (Mit Tafel XV.) (Eingegangen am 10. Oktober 1912.) Die Frage, ob die Chlamydosporen der Ustilagineen (Brand- sporen) und diejenigen der Uredineen (Aecidio-, Uredo- und Teleuto- sporen) und ebenso die aus diesen hervorgehenden Konidienträger (Promycelien) homologe Gebilde darstellen und damit auf eine relativ nahe Verwandtschaft der beiderlei Pilzgruppen zueinander schließen lassen, ist zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden beantw^ortet worden. Als vor ca. 20 Jahren, nachdem BREFELD durch Aufstellung seiner Gruppe der Ilemibasidii der Frage eine be- sondere Bedeutung und erhöhtes Interesse verliehen hatte, sich die neuen zytologischen Arbeitsmethoden auch auf das in dieser Hin- sicht besonders schwierige Gebiet der Pilze warfen, war es natür- lich, daß bald auch die Entscheidung über das Wesen des Promy- cels der Ustilagineen und Uredineen und der diese produzierenden Sporen von dem zj'tologischen Verhalten bei deren Entwicklung abhängig gemacht wurde. Wenn trotzdem heute nach jahrelangem Widerstreit in fast allen systematischen Darstellungen der Pilze die Hemibasidii noch immer in der ihnen von BREFELD ange- wiesenen Stellung, wenn auch oft stillschw^eigend und unter vor- Zur Sporenbildung bei Rost- und Brandpilzen. 523 sichtiger Verir.eidung jeder Pointierung erscheinen, so zeigt dieses, wie weit wir auch jetzt noch von einer endgültigen Beantwortung der obigen Frage entfernt sind. Um unsererseits einen Beitrag in dieser Eichtuug zu liefern, beschlossen wir eine Anzahl in bezug auf bestimmte Frageformuli- rungen besonders geeignet erscheinender Brand- und Hostpilze zy- tologisch zu untersuchen. Eine mehrjährige Auslandsreise des einen von uns nötigte uns jedoch zu vorzeitiger Unterbrechung der Arbeiten, weshalb es gestattet sein möge, das bisherige Ergebnis unserer Untersuchungen im Auszuge hier wiederzugeben. Wir möchten dabei in möglichst objektiv sachlicher Darstellung uns jeglicher spekulativer Erörterungen enthalten und auch eine aus- führliche kritische Behandlung der Literatur für später vorbehalten. Auch sei auf die Untersuchungsmethoden in dieser vorläufigen Mit- teilung nicht näher eingegangen. Indes mag erwälmt sein, daß wir es uns im Hinblick auf die so häufigen nachträglichen Um- wertungen zytologischer Befunde von vornherein zur Hegel gemacht haben, nur solche mikroskopischen Bilder zur textlichen und figür- lichen Darstellung zu benutzen, die nach reiflicher Prüfung durch jeden von uns vollkommen eindeutig gesehen und beurteilt wurden, und außerdem die zu zeichnenden Gegenstände jedesmal vor. während und nach Herstellung des Bildes der eingehenden ver- gleichenden Kritik des anderen zu unterwerfen. I. Usiilago antherarum Fries. Über diese Form können wir uns, da sie bereits wiederholt Gegenstand zytologischer Untersuchung gewesen ist '), kurz fassen. Die reifen, ungekeimten Brandsporen enthalten nur einen Kern, an welchem in der Regel ein exzentrisch gelegener Nucleolus zu unter- scheiden ist (Fig. 2). Bei der Keimung und Promycelbildung teilt sich der Kern; der eine Tochterkern bleibt in der Spore zurück — er tritt bei der Bildung eines zweiten Promycels aus derselben Spore in Aktion — , während der andere in die junge Promycel- anlage wandert (Fig. 3). Hier teilt er sich nach dem Heran- wachsen des letzteren nochmals, und es bildet sich die erste Scheidewand im Promycel zwischen den beiden sekundären Tochter- kernen (Fig. 4). In diesem Zustande oder noch etwas später, löst sich das Promycel in der Regel von der Spore ab, und in ersterem 1) Dangeard, Recherches histologiques sur ia famille des Ustilagioees. Le Botaniste, Ser. III, 1892, p. 240 ff. Harper, Nuclear phenomena in certain stages in the development of the Smuts. Transactions of the Wisconsin Aca- demj of Sciences, arts and letters. Vol. XII, part II, 1899, p. 475 ff. 524 K- Werth und Iv. Ludwigs: findet eine nochmalige Zell- und Kernteilung statt (Fig. 5 u. 6). Dieselbe betiifft jedoch zumeist nur eine der beiden primären Promycel- zellen und zwar wie es scheint, in der Regel die der Spore ab- gewendete (obere). Das reife (abgefallene) Promjcel hat also meist nur 3, seltener 4 Zellen mit je einem Kern. Dieser Kern verhält sich bei der nunmehr erfolgenden Spo- ridienbildung ähnlich wie der Primärkern in der Chlamydospore, d. h. er teilt sich, und nur der eine Tochterkern wandert in die zunächst als kleine Ausstülpung (Fig. 6) entstandene, nunmehr aber fast ausgewachsene Sporidie (Conidie) (Fig. 7), während der andere Tochterkern für weitere Sporidienabgliederungen zunächst in der Promycelzelle zurückbleibt (Fig. 8). Die abgefallenen Sporidien (Conidien) (Fig. 9) verhalten sich wiederum in gleicher Weise wie die einzelnen Promycelzellen; sie stülpen Sekundärkonidien aus und lassen nach vorhergehender Teilung einen Tochterkern in diese hineinwandern (Fig. 10 — 12). Die Abgliederung der Sekundärconidien kann nach 2 Seiten un- mittelbar nacheinander erfolgen (Fig. 10 — 12). Fasionen sind zwischen den abgefallenen Conidien nicht selten; es findet dabei aber weder eine Verschmelzung, noch überliaupt ein Übertritt des Kernes der einen Conidie in die andere statt (Fig. 13). Soweit stimmen unsere Beobachtungen mit denen der älteren Autoren überein. Differenzen ergeben sich weiter insofern, als es uns nicht gelang, die von DAN GE ARD angegebene Zw^eikernigkeit der jungen Brandsporen nachzuweisen. Die aus winzigen Antheren- anlagen herausgequetschten Sporen, die noch von gestreckter Form und teilweisem Znsammenhang waren, zeigten uns bereits deutlich nur einen Kern (Figur 1). Auch auf Antheren- oder Blüten- schnitten war nichts anderes nachzuw'eisen. Dagegen konnten wir aus noch jüngerem Material kein eindeutiges, klares Bild erlangen. In der Tat scheinen sich hier Schwierigkeiten zu ergeben, und scheint TJstüago aniherarum in dieser Beziehung kein günstiges Untersuchungsobjekt zu sein. Denn die winzigen Figürchen mit den punktartigen Kernen, die DANGEARD von diesem Stadium gibt, sind nicht sehr überzeugend, und HarPER bildet die doppel- kernigen Sporen überhaupt nicht ab und verweist auf ersteren^). 1) Über die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer Zweikernigkeit in irgend einem Stadium des Pilzes lassen wir uns, entsprechend unserem oben ausgesprochenen Grundsatze nicht aus, was namentlich auch im Hinblick auf die interessante, erst nach Abschluß des Manuskriptes zur vorliegenden Arbeit erschienene, Arbeit von RaWITSCHEE, über Ustilagineen (Zeitschr. f. Bot., Jahrg. 4, Heft 10) gesagt sei. Zur Sporenbildung bei Rost- und Brandpilzen. 525 II. Puccinia Malvaceanim Mont. Dieser Rostpilz schien insofern ein besonderes Interesse zu bieten, als er weder Aecidio- nocli Uredosporen, auch keine Pyk- niden bildet und dadurch einen direkteren Vergleich mit den Us- tilagineen in bezug auf seinen Entwicklungsgang (natürlich zu- nächst rein äußerlich) zuläßt. Eine zytologische Untersuchung der Sporenentwicklung liegt unseres Wissens bisher nicht vor '). Die Entwicklung des Teleutosporenlage rs geht auf folgende Weise vorsieh: Die in den Interzellularen des Blatt- (oder Stengel-) gewebes der Xährpflanze {Malva silvestris L.) unter starker Ver- drängung der AVirtszellen wuchernden Hyphen des Schmarotzers treten an gewissen Stellen des Blattes, ungefähr in der Mitte der Blattdicke, bündelartig zusammen. Hier bildet sich dann durch reichliche Verzweigung und innige Verflechtung der Hyphenäste ein dichtes, pseudoparenchymatisches Grewebe, das nach der Blatt- unterseite zu in radialstrahliger Anordnung keulenförmig stark ge- schwollene Myceläste treibt. Diese stehen mehr oder weniger senk- recht gegen die Außenhaut des an dieser Stelle alsbald sich wölben- den Blattes gerichtet; sie sind aber zunächst noch von mehreren Zell- lagen der AVirtspflanze bedeckt, die bei weiterem Wachstum des Fruchtlagers des Pilzes allmählich bis auf die Epidermis und viel- leicht noch eine Zellage verschwinden. Nach außen wird diese Keulenschicht in mehr oder weniger vollkommener Weise von dichtem Hyphengeflecht oder gleichfalls von pseudoparenchyma- tischem Pilzgewebe umgeben. Das pseudoparenchyraatische Gewebe besteht aus etwa 7 bis 8 Lagen von Zellen, die je einen Kern enthalten (Fig. 14 und 15). Auch die aus ihm hervorgehenden keulenförmigen Mycelan- schwellungen sind zunächst, aber nur sehr kurze Zeit, einkernig (Fig. 17 und 18), Bei genauer Verfolgung dieses kurzlebigen Zu- standes sieht man, wie benachbarte Keulen paarweise sich dicht aneinander gelegt haben und miteinander in Fusion getreten sind, und kann dann w^eiter in allen Stadien verfolgen, wie der Kern der einen, regelmäßig kleineren Keule zu dem in dar anderen, namentlich am Scheitel stark geschw^ollen erscheinenden Zelle hin- überwandert (Fig. 19 und 20). Eine nach der kleineren Keule hin- 1) Die Arbeiten von TAUBENHAUS (A contribution to our Knowledge of the Morphology and Life history oi Puccinia Malvacearu in Mont.Phytopathology. Vol. I, 1911; p, 55 ff.) und ERIKSSON, Der Malvenrost {Puccinia Malvacearum Mont.), seine Verbreitung, Natur- und Entwicklungsgeschichte. Kungl. Svenska Vetenskapsakademiens Handlingar. Bd. 47, Nr. 2) berühren unsere Unter- suchungen nicht. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX, 3B 526 E. WERTH iitid K. LUDWIGS: überziehende helle anscheinend plasmaleere Zone läÜt den Weg verfolgen, den der wandernde Kern genommen haben muß. Eine Verschmelzung der beiden Kerne findet zunächst niclit statt. Bis- weilen sieht man auch in den an die Keulenschicht grenzenden Pai'tieen des pseudoparench^'matischen Gewebes bereits Zellen mit zwei Kernen auftreten (Fig. 16), und wir müssen es nicht für ausgeschlossen halten, daß aus solchen auch von vornherein zwei- kernige Keulenschwellungen hervorgehen können. Doch scheint im typischen Falle der Übertritt des einen Kernes in die Zelle des zweiten erst in der Keulenschicht in der geschilderten Weise statt- zufinden. Diese keulenförmigen Mycelstränge (Fig. 21 und 22) beginnen nun sich in ihrer Längsrichtung in mehrere Zellen zu gliedern, die je ein Kernpaar enthalten. Die gepaarten Kerne befinden sich bei diesem Vorgänge stets in der gleichen Phase, ,, konjugierte Teilung". Die unteren Zellen bilden den Stiel, die oberen werden zu der meist zweiteiligen Spore selbst (Fig. 23 — 27). Die definitive Verschmel- zung der Kerne in den Zellen der Teleutospore findet sehr spät, meist erst unmittelbar vor ihrer vollen Reife statt (Fig. 2ö u. 29 — 32). Beider schon von SAPPIN -TROUFFy') zytologisch untersuchten Keimung und Sporidienbildung der Teleutosporen wurde von uns nichts Neues gefunden, sie entspricht dem üblichen Schema der Uredineen: Der in die schlauchförmige Prom3'celanlage eingewan- derte Teleutosporenkern bildet durch zwei kurz hintereinander erfolgende Teilungen vier Kerne. Zugleich damit werden unter gleichzeitigem Wachstum des Promycels zur definitiven Größe durch Scheidewandbildung erst zwei und dann vier Zellen im Pro- mycel gebildet, die je einen Kern enthalten (Fig. 33—35). Aus jeder dieser Zellen wächst dann eine Vorstülpung heraus, die an der Spitze blasig anschwellt und das Sterigma mit der Sporidie ergibt. Wenn letztere fast ihre definitive Größe erreicht hat, wandert der Kern in sie hinein (Fig. 36 — 39). Wenn wir zum Schluß, uns weiterer theoretischer Erörterungen enthaltend, die Hauptresultate aus dem Vorhergehenden kurz zu- sammenfassen, so ergeben sich etwa folgende Sätze: 1. Bei der Entwickelung der Teleutosporen von Pnccinia MaJuacearum sind dieselben Vorgänge im Verhalten der Kerne zu beobachten, wie sie bei anderen Uredineen sich auf verschiedene „Sporengenerationen" (Aecidio-, üredo- und Teleutosporen) verteilen, 1) Sappin-Trouffy, Recherches histologiques sur la famille des Ure- dinees. Le Botaniste, Ser. IV, 1894/95, p. 59 ff. Zur Sporeobildung bei Rost- und Brandpilzen. 527 was zweifellos dafür spricht, daß bei letzteren ßostarten die ver- schiedenen Chlamydosporen sich erst aus einer ursprünglichen ein- heitlichen Form heraus differenziert haben. Hiermit im Einklano; steht auch der gleiche zytologische Entwickelungsgang bei Endo- phyllum '), wo zum Unterschied von Puccinia Malvacearum die ein- zige Chlamydosporenform nicht der Teleuto-, sondern der Aecidio- sporenform der mehrsporigen Uredineen äußerlich gleicht. 2. Nach unserer Darstellung unterscheidet sich, im Einklang mit den Angaben älterer x4.utoren, die Keimung der Chlamydo- sporen und die Sporidienbildung bei den Ustilagineen dadurch von der bei den Uredineen, daß bei ersteren immer nur ein Teilkern in das Promycel sowohl wie in die Sporidie wandert, während der verbleibende Schwesterkern eine neue Promycel- bzw. Sporidien- bildung zu veranlassen imstande ist 2). Da Ähnliches ausnahms- weise auch bei Uredineen beobachtet wird ^), so dürfte hierin kein prinzipieller Unterschied zwischen Ustilagineen und Uredineen zu erblicken sein. 3. Über das zytologische Verhalten bei der Entstehung der Chlamydosporen selbst vermochten unsere Untersuchungen an Usti- lago antherarum keine Auskunft zu erteilen. Wenn zwar es viel- leicht nicht mehr zweifelhaft sein kann, daß allgemein bei den Brandpilzen gleichwie bei den Uredineen in der Chlamydosporen- anlage eine Verschmelzung zweier Kerne statthat, so sind wir doch noch über das Zustandekommen dieser Zweikernigkeit vollkommen im unklaren. Es ist dies ein Punkt, der vorläufig einen strikten Vergleich zwischen Ustilagineen und Uredineen nicht weiter kommen läßt^). Erklärung- der Tafel XY. Fig. 1. Junge Brandsporen von Ustilago antherarum. Fig. 2. Reife ungekeimte Sporen derselben. Fig. 3. Promycelanlage (auskeimende Brandsporen) derselben Art. Fig. i, 5, 6. Teilungs Vorgänge bei der weiteren Ausgestaltung des Pro- in jcels. Fig. 7. Reifes, Sporidien abschnürendes Promycel; der Kern der unteren, unausgewachsenen Sporidie noch vor der Einwanderung in dieselbe. Ij HOFKAIANN: Zur Entwicklungsgeschichte von Eyidophyllum Semper vivi. Centralbl. für Bakteriologie usw. 2. Abt., 32. Band, S, 137 ff. 2) Eine gleiche Regeneration kommt dann ferner auch den abgeschnürten Sporidien der Ustilagineen zu (Hefesprossung). 3) Hoffmann, a. a. 0., S. 163. 4) Siehe übrigens die oben zitierte, jüngst erschienene Arbeit von F. RAWlTSCHEß, die vornehmlich in dieser Hinsicht neues Material liefert. 36* 528 W. W. Lepeschkin: Fig. S. Dasselbe, alle Sporidien mit Kern. Fig, 9. Abgeworfene einkernige Sporidien. Fig. 10 u. 11. Teilungsvorgäüge bei der Bildan.ü; von Sekundärkonidien. Fig. 12. Abschnürung von Sekundärkonidien, diese zumeist schon mit Kern. Fig. 13. Paarweise Fusionen der Sporidien. Fig. 14 — 39. Fuccf'nia Malvacraruiii. Fig. 14. Pseudoparenchyraatisches Gewebe des Pilzes unter der Keulen schickt. Fig. 16. Dasselbe. Fig. 16. Einzelne zweikernige Zelle dieses Gewebes. Fig. 17 u. 18. Junge Zellen aus der Keulenschicht, einkernig. Fig. 19 u. 20 Verschiedene Stadien der Fusion zwischen zwei Keulen (Teleuto- sporenanlagen) und des Übertrittes des Kernes der einen Zelle zu dem- jenigen der anderen. Fig. 21 u. 22. Zweikernige Keulen. Fig. 23—27. Die verschiedenen Stadien der Zellreihenbildang in den TeJeuto- sporenanlagen (konjugierte Teilung). Fig 28. Fast reife Teleutospore, in jeder Zelle zwei Kerne. Fig. 29 — 32. Verschiedene Stadien der endgültigen Reifung der Teleutosporen (Kern Verschmelzung). Fig. 33, 34, 36. Wachstums- und Teilungsvorgänge in dem aus der Teleuto- spore auskeimenden Prornjcel. Fig. 36, 37, 38. Sporidienbildung. . Fig. 39. Reife, abgefallene Sporidie. Fig. 1-13 in loOOfacher, Fig. 14—39 in lOOOfacher Vergrößerung. 65. W.W. Lepeschkin: Zur Kenntnis der Todesursache. (Eingegangen am 22. Oktober 1912.) 1. Vorbemerkungen. In einem kurzen Aufsatze über die Todesursache zuschreiben, ist begreiflicherweise nur bei einer Einschränkung der Aufgabe möglich, und, da zurzeit der Protoplast meistens als alleiniger Sitz des Lebens angesehen wird, so beabsichtige ich, in den folgenden Zeilen nur die Ursache des Protoplastentodes zu betrachten; außer- dem sollen diese Betrachtungen nur auf Grund derjenigen Ver- suche, die zum Teil schon in meinen früher erschienenen Arbeiten beschrieben wurden, zum Teil aber noch zu publizieren sind, ge- macht werden. Um im weiteren Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich vor allem daran erinnern, daß als Tod eine irreversible Unter- Zur Kenntnis der Todesursache. 529 biechung der Lebensäußerungen bezeichnet wird, und daß, wie die neuesten Untersuchungen an Samen, Bakterien u. a. erweisen, die Lebenserscheinungen bei niedrigen Temperaturen oder beim Aus- trocknen nur reversibel verschwinden können, um unter passenden äußeren Bedingungen von neuem zum Vorschein zu kommen. Ein solches reversibles Ausbleiben der Lebensäußerungen kann bekannt- lich so vollkommen sein, daß man tatsächlich von einem leblosen, aber zum Leben fähigen Organismus und von einem Scheintode sprechen darf. Doch ist ja kein Organismus imstande, sich ohne Wachstum und Verjüngung auf die Dauer lebendig zu erhalten! Die rever- sible Lebensunterbrechung geht bekanntlich allmählich in die irre- versible über, und der Scheintod wird dann zum wirklichen Tode. Demzufolge kann die Fähigkeit zum Leben nur durch das Leben selbst unterhalten w^erden. Das Lebende ist also durch eine La- bilität des darin w^irkenden Kraftsystems charakterisiert, welche nur im Stoff- und Energiewechsel mit dem umgebenden Medium entstehen kann; sich selbst überlassen geht dagegen dieses Kraft- sj'stem über kurz oder lang ins Gleichgewicht über, welches dem Toten eigentümlich ist. Um die direkte Ursache des Protoplastentodes zu er- forschen, haben wir also den erwähnten Übergang ins Gleich- gewicht näher zu verfolgen und die Kräfte zu bestimmen, welche denselben bewirken. 2. Kann die Todesursache in einer Veränderung der morphologischen Verhältnisse im Protoplasten liegen? Um diese erste Frage beantworten zu können, müssen wir uns vor allem der Tatsachen erinnern, welche beweisen, daß nicht alle Veränderungen der morphologischen Verhältnisse im Proto- plasten zu seinem Tode führen. So können bekanntlich Proto- plastenstücke verschiedener Größe vom Lifusorienleibe u. a. ab- geschnitten werden, ohne demjenigen Teile, welcher den Zellkern behält, großen Schaden zuzufügen. Und wenn die abgetrennten kernlosen Protoplasmateile schließlich doch zugrunde gehen, so w^eisen sie ja eine Zeitlang nach ihrer Trennung vom übrigen Protoplasten dieselben Lebenserscheinungen wie vorher auf. So blieben in den Versuchen GERASSIMOWs^) die kernlosen Zellen von Spirogyra bis zu 14 Tagen am Leben, indem sie ihr Wachs- 1) Bulletin de la Socete Imperiale des Naturalistes de Moscou. 1901, Nr. 1 u. 2. S. 195. 530 ^^- W. Leperchkin: tum fortsetzen. Stärke bildeten usw.; kernlose Stücke von Amöben konnten in den Versuchen von STOLC^) wochenlang mit Bei- behaltung ihrer normalen Bewegungen isoliert am Leben erhalten werden. In kernlosen Protoplastenstücken hört also das Leben nicht sofort auf; es ist zurzeit nur unmöglich, dasselbe auf eine be- liebige Dauer zu verlängern. Wenn die erwähnten Plasmastücke schließlich doch zum Leben unfähig werden, so haben wir es hier offenbar mit einer Erscheinung zu tun, welche dem Erlöschen der Lebensfähigkeit in trockenen Samen analog ist. Wie in den letzteren ist der Stoff- und Energiewechsel offenbar auch in den kernlosen Protoplastenstücken nicht stark genug, um die nötige Labilität des Kraftsystems auf die Dauer zu unterhalten-). Die den Kern enthaltenden Protoplastenteile, welche in den intakten Zellen an die kernlosen Teile angrenzten und sich mit den letzteren in Berührung befanden, waren also nötig, um den normalen Stoff- und Energiewechsel in denselben zu bewirken. Andererseits hilft auch die Verbindung der kernlosen Plasmateile mit den kernhaltigen in der intakten Zelle nicht, wenn der Stoff- und Energiewechsel des letzteren auf irgend eine Weise (z. B. durch Verhungern, durch eine zu hohe Temperatur, durch eine ge- linde Giftwirkung usw.) beeinträchtigt wird: alles geht über kurz oder lang zugrunde. Die Störung irgendeines morphologischen Zusammenhanges' zwischen dem Protoplasma (Cytoplasma) und dem Zellkern selbst kann also das oben erwähnte Kraftgleichgewicht nicht herbeiführen und daher keine direkte Ursache des Todes sein. Das Gesagte bezieht sich offenbar auch auf die Störung irgendeines morphologischen Zusammenhanges zwischen den Chro- matophoren und der übrigen Protoplastenmasse, weil die ersteren getrennt von der letzteren bekanntlich ihre Lebenserscheinungen noch ziemlich lange beibehalten können-'). Außerdem bleiben be- 1) Zeitschr. f. allg Phjsiol. Bd. 1. 1902. 2) Übrigens bleibt es noch unentschieden, ob die getrennten Proto- plastenteile nicht deshalb zugrunde gehen, weil ihre Isolierung mit einer Protoplastendeformierung verbunden ist, welche schädlich und sogar tötlich sein könnte. (Vgl. hierzu meinen Aufsatz in diesen Berichten. 1910, S. 97 und 386.) 3) Pfeffer, Pflanzenphysiologie 1897, Bd. I. S. 288. Famincin, Bulletin de l'Acad. Imp. d. Sc. d. St. Petersbourg. 1912. S.. 58. In den Versuchen dieses russischen Gelehrten blieben isolierte Ohloro- plasten einige Wochen lang am Leben. Zur Kenntnis der Todesursache. 531 kanntlich die Spermatozoiden von Vaiicheria n. a. unter passenden Bedingungen lange am Leben, obwohl sie keine Chromatophoren besitzen und aus dem zahlreiche Chloroplasten enthaltenden Proto- plasma der Algenzellen entstehen. Daß der Tod nicht durch eine Störung der groben morpho- logischen Verhältnisse in der Zelle hervorgerufen wird, beweist schon die Tatsache, daß die morphologischen Bestandteile der Zelle auch nach dem Absterben der letzteren ihre Form und gegenseitige Lage behalten. Was nun die morphologischen Verbindungen zwischen feineren sichtbaren lebenden Bestandteilen des Protoplasten anbelangt (z. B. zwischen Mikrosomen u. a.), so kann auch ihre Störung keinen Tod direkt verursachen, weil ein beliebiger Protoplastenteil, wenn er den Zellkern enthält, bekanntlich weiter leben kann. Wenn also die direkte Ursache des Todes nicht in einer Veränderung der sichtbaren morphologischen Verhältnisse im Proto- plasten liegt, so ist diese Ursache vielleicht in einer Störung des gegenseitigen Zusammenhanges zwischen unsichtbaren lebenden Protoplastenteilen, etwa zwischen Granula, Biophoren, Protomeren usw. zu suchen. Man könnte z. B. denken, daß getrennte Proto- plasmateile, welche so klein sind, daß sie nur einzelne der ge- nannten lebenden Körper enthalten, nicht mehr lebensfähig sind. Dafür schien zunächst die Tatsache zu sprechen, daß ein gründ- liches Zerreiben des Protoplasmas den sofortigen Tod desselben herbeiführt. Weiter haben meine Versuche vor kurzem gezeigt (diese Be- richte 1910), daß eine auch noch so zarte Protoplastendeformierung öfters das Absterben gewisser Algen (z. B.° Spirogyra) hervorrufen kann, so daß man denken könnte, daß eine ganz unbedeutende Veränderung der gegenseitigen Anordnung oder der Abstände der lebenden Zellbestandteile tötlich sein kann. Meine Versuche haben aber zugleich gezeigt, daß nur ein© plötzliche und rasch stattfindende oder mehrmals wiederholte De- formierung zum Protoplastentode führt, während eine eben so starke aber nur langsam stattfindende Formänderung des Proto- plasten unschädlich ist. Eine Verlagerung der lebenden Zell- bestandteile und eine Störung des morphologischen Zusammen- hanges zwischen denselben kann also noch nicht den Protoplasten- tod hervorrufen. Daß der Tod bei der Protoplastendeformierung nicht durch eine Störung der morphologischen Verhältnisse verursacht wird, beweist auch die in den erwähnten Versuchen beschriebene Tat- 532 ^^ • ^'^ • LEPESCHKIN: Sache, daß eine ganz schwache alkalische lieaktion der umgeben- den Flüssigkeit das Absterben der S/;//-o^///Yr-Zellen infolge dei De- formierung verhindert, während eine saure lieaktion sie besonders empfindlich gegen dieselbe macht. Wenn der Tod bei der Proto- plastendeformierung durch eine Lagenverschiebung der unsicht- baren Lebensträger und der infolgedessen eintretenden Störung des gegenseitigen Zusammenhanges zwischen denselben hervorgerufen würde, so wäre ganz unbegreiflich, weshalb die alkalische Reaktion eine solche Störung unwirksam macht, die saure sie dagegen ver- stärkt. Zwar könnte man diese Erscheinung in der Weise deuten, daß man etwa voraussetzte, daß die saure Reaktion die Verletzung eines die unsichtbaren lebenden Protoplastenbestandteile verbinden- den, festen Stromas begünstige, die alkalische sie dagegen er- schwere, indem z, B. Säuren und Alkalien mit den das Stroma zusammensetzenden Stoffen reagieren und dadurch seine Festig- keit verändern. Eine solche Voraussetzung hat aber schon des- halb keine Berechtigung, weil das Protoplasma wenigstens in Pflanzenzellen bekanntlich flüssige Eigenschaften besitzt und das Vorhandensein eines festen, die genannten Lebensträger miteinander verbindenden Stromas also unmöglich ist^). Die eben angeführte Tatsache, daß die Einführung von Alkali- oder Säuremolekülen in den Protoplasten bei der Defor- mierung desselben sein Absterben verhindert resp. begünstigt, kann nur darauf hinweisen, daß die Todesursache in diesem Falle auf einer Störung des Zusammenhanges zwischen den den Proto- plasten bildenden Atomen, Molekülen oder Molekularkomplexen beruht. Das Absterben bei einer Deformierung oder einem Zer- reiben des Protoplasten wird also durch irgendeinen physikalischen oder chemischen Vorgang verursacht. Wenn aber die Kräfte, welche das im lebenden Protoplasma herrschende labile Kraftsystem ins Gleichgewicht bringen, selbst beim Absterben, hervorgerufen durch einen mechanischen Eingriff, von chemischen oder physikalischen Vorgängen im Protoplasten herrühren, um so weniger könnte dann der Tod, hervorgerufen durch chemische und physikalische Eingriffe, durch ein zu lange dauerndes Verweilen des Protoplasten im Zustande des Schein- todes oder anderswüe, seine Ursache in einer Veränderung der morphologischen Verhältnisse in der Zelle haben. In Anbetracht des Gesagten wird man zum Schlüsse be- rechtigt sein, daß der Protoplastentod in allen Fällen durch che- 1) Vgl. hierzu meinen Aufs, in diesen Ber. 1911, S. 181. Zur Kenntnis der Todesursache 533 mische oder physikalische Vorgänge in der lebenden Substanz ver- ursacht wird und daß sich dies letztere von der toten Substanz vor allem entweder durch chemische Zusammensetzung oder durch ihren physikalischen Zustand und in keinem Falle durch morphologischen Bau (Organisation) unterscheiden muß. Somit ist auch eine lebende Substanz denkbar, weiche keine morphologische Struktur und keinen üblichen Zellenbau besitzt^. 3. Über chemische Vorgänge beim Absterben. Von Seiten verschiedener Forscher wurde bekanntlich die Vermutung ausgesprochen, daß die lebende Substanz sich von der toten durch ihre chemische Konstitution unterscheiden muß; es seien zunächst die Hypothesen von PFLÜGER, DETMER, VERWORN u. a. hervorgehoben. Diese Hypothesen stimmen darin überein, daß sie die lebende Substanz als einen sehr zersetzungsJähigen Körper betrachten, welcher aus zwei Atomkomplexen, einem Stick- stoff reien und einem stickstoffhaltigen zusammengesetzt sei; von diesen zwei Komplexen werde bekanntlich nur der erstere im Stoffwechsel abgesprengt und fallen der weiteren Zersetzung anheim, der letztere werde dagegen zu lebender Substanz re- generiert. Nach VERWORN^) nimmt die Eegeneration der lebendigen Substanz bei Atrophie und Verhungern, welche schließlich den Tod herbeiführen, immer mehr ab, so daß schließlich die ganze lebendio;e Substanz zerfällt. Ob sich aber auch bei raschem Ab- sterben die erwähnte chemische Verbindung zersetzt, so daß der stickstoffreie und sticksoffhaltige Teil der lebenden Substanz aus- einandergehen, läßt sich aus den Betrachtungen der oben genannten Autoren nicht ersehen. In bezug auf den vermutlichen chemischen Unterschied zwischen der lebenden und toten Substanz spricht sich die be- kannte Cyanhypothese PfLÜGERs bestimmter aus, indem sie im Molekül der lebenden Substanz die Anwesenheit eines cyanhaltigen Eiweißkörpers voraussetzt, der in der toten Substanz fehlen soll. Auf die Anwesenheit einer bestimmten chemischen Gruppe (Aldehydgruppe) führt auch die Hypothese von LOEW und BO- 1) Man vgl. hierzu HElDENHAlN, M., Plasma und Zelle. 1907. Über Zwillings-, Drillings- und Vierlingsbildungen usw. Anatom. Anzeiger Bd. 40, Nr. 4—6, 1911. 2) Verworn, Allgemeine Physiologie. 1909. S. 381. 534 ^^- ^^- Lkpeschkin: KORNY den chemischen Unterschied zwischen der lebendigen und toten Substanz zurück '). In diesem kurzen Aufsätze muß ich freilich auf eine ein- gehende Kritik der zwei genannten Hypothesen verzichten. Es genügt aber darauf hinzuweisen, daß diese Hypothesen zurzeit sich keines großen Beifalls erfreuen-), und daß eine direkte experimen- telle Prüfung derselben schon deshalb unmöglich ist, weil die An- wendung der für die Erforschung der chemischen Konstitution notwendigen Reaktionen auf die lebende Substanz diese sofort zum Absterben bringen würde. Um die chemische Konstitution der lebenden Substanz mit derjenigen der toten zu vergleichen, ist man also nuj:- auf die milderen physikalischen Methoden angewiesen. Solche Methoden sind z. B. die Lösungsfähigkeit, die Adsorptionsfähigkeit und die Koagulierbarkeit, welche bekanntlich zusammen mit der chemischen Konstitution ansehnlich variieren können. In der Tat weist schon die sogenannte Yitalfärbung darauf hin, daß die lebende Substanz beim Absterben sich chemisch ver- ändert. Die Anwendung dieser Färbung zeigt, daß die lebende Substanz (Protoplasma, Kerne, Chromatophoren) die Aufnahme der Farben geradezu verweigert, und daß die Färbbarkeit der Zell- bestandteile im lebenden und toten Zustande gänzlich ver- schieden ist^). Bei Gärungschemikern ist die folgende Prüfnngsmethode, welche zu entscheiden hat, ob vorliegende Hefezellen lebend oder tot sind, sehr im Gebrauch. Man behandelt die zu prüfende Hefe mit einer ziemlich starken (z. B. 0,1 pCt.) Fuchsinlösung und beob- achtet unter dem Mikroskope, ob sich die Zellen stärker gefärbt haben als die umgebende Flüssigkeit; wenn die Hefenfärbung stäi'ker erscheint, so kann man mit Sicherheit behaupten, daß die Zellen abgestorben sind; bleiben die Zellen farblos, so sind sie lebend. Das lebende Protoplasma färbt sich also nicht mit Fuchsin, trotzdem es den Farbstoff im toten Zustande sehr gierig adsorbiert. Demnach ist ein Unterschied in der chemischen Zusammensetzung der lebenden und toten Substanz sehr wahrscheinlich. Daß in der lebenden Substanz Eiweißkörper (in weitem Sinne des Wortes, also auch deren Verbindungen) vorhanden sind, wurde 1) LOEW u. BOKORNY, Die chemische Kraftquelle im lebenden Proto- plasma 1882. Biol. Cltbl. 1891, Bd. 11, S. 5 usw. 2) VERW0E.N, Allgemeine Phisiologie, 1909. PFEFFER, Pflanzenphysio- logie, IL Aufl., I. Bd., S. 57 u. a. 3) Heidenhain. Plasma und Zelle, 1907, S. 443 u. 447. Zur Kenntnis der Todesursache. 535 von niemand geleugnet; wie gesagt, es wurden nur Vermutungen ausgesprochen, daß diese Eiweißkörper darin anders gebaut sind als die toten Eiweißkörper. Diese Vermutungen durch eine physi- kalische Methode zu prüfen, ist freilich zurzeit unmöglich, weil Eiwfißkörper, welche andere chemische Grruppen als die bekannten toten Eiweißkörper enthalten, bis jetzt überhaupt nicht erhalten wurden. In einigen von mir in diesen Berichten veröffentlichten Aufsätzen^) habe ich schon über die chemische Zusammensetzung einer Form der lebenden Substanz, nämlich von derjenigen der Plasmamembran, berichtet. Auf Grund der mittelst physikalischer Methoden erhaltenen Resaltate kam ich in diesen Aufsätzen zum Schlüsse, daß die Plasmamembran Eiweißkürper enthält, welche ähnliche physikalische Eigenschaften besitzen, wie bekannte tote Eiweißkörper. Somit habe ich keinen Anlaß, anzunehmen, daß die Eiweißkörper der lebenden Substanz eine andere Konstitution be- sitzen. Die Eiweißkörper mit anderer Atomgruppierung als die übliche, würden überhaupt nicht mehr als Eiweißkörper bezeichnet werden dürfen. Wenn also kein Grund vorhanden ist, anzunehmen, daß die lebende Substanz Eiweißkörper einer anderen Konstitution enthält, so ist damit nicht gesagt, daß diese Substanz eine gleiche chemische Zusammensetzung besitzt wie die tote. Im Gegenteil! Die oben erwähnte Tatsache, daß die lebende Substanz die Aufnahme der Farben geradezu verweigert, während sie nach dem Absterben dieselben begierig aufspeichert, weist unzweideutig darauf hin, daß sich Eiweißkörper (oder deren färbbare Verbindungen) in der lebenden Substanz in einer Verbindung mit anderen chemischen Körpern befinden, und zwar wahrscheinlich mit solchen Körpern, welche die Aufnahme der wasserlöslichen Anilinfarben selbst ver- weigern. Beim Absterben wird aber diese Verbindung offenbar zerstört. In einem meiner früheren Aufsätze^) habe ich gezeigt, daß die zusammenhängende Phase der Plasmamembran gleichzeitig Wasser, Eiweißkörper und Lipoide enthält, welch letztere wasser- lösliche Farbstoffe nicht adsorbieren. In diesem Aufsatze w^urde auch die Vermutung ausgesprochen, daß die lebende Plasmamem- bran aus lockeren Verbindungen der genannten chemischen Körper zusammengesetzt ist. Diese Verbindung ist aber so unbeständig, daß «sie schon durch die bei der Protoplastendeformierung und der 1) Diese Berichte 1910 u. 1911. 2) Diese Berichte 1911, S. 247 u. 349. 536 ^^ • ^^ • Lei'eschkin: Koagulation stattfindende innere Bewegung, ähnlich wie manche explosive Stoffe, zerstört werden kann. Das Gesagte bezieht sich offenbar auch auf die lebende Sub- stanz im allgemeinen, weil einerseits die letztere sich ähnlich wie die Plasmamembran gegen Farbstoffe, anästhesierende Stoffe, me- chanische Eingriffe, hohe Temperatur usw. verhält, indem sie, wie gesagt, die Aufnahme von Farben verweigert, bei einer ähnlichen Konzentration der anästhesierenden Stoffe in der umgebenden Lösung wie die Plasmamembran und bei einer naheliegenden Temperatur koaguliert^), und weil sie andererseits zur Bildung der Plasmamem- bran befähigt ist"), Verbindungen der Lipoide mit Eiweißkörpern und zwar Lecithalbumine wurden bekanntlich in den letzten Jahren aus ver- schiedenen Tierorganen erhalten und sogar künstlich hergestellt'). Die Eigenschaften dieser Substanzen weichen jedoch von derjenigen der lebenden Substanz wesentlich ab. So färben sich solche Ei- weißlipoide sehr leicht durch Methylenblau, Safranin, Hämatoyylin u. a. ; ihre Reaktion ist stets sauer, weil sie sogar immer in saurem Medium gebildet werden; sie sind meist in Wasser unlöslich und, wenn sie doch löslich sind, gerinnen sie nicht bei Siedehitze. Nach diesen Angaben zu urteilen, kann man mit Sicherheit behaupten, daß bestimmte Verbindungen oder gegenseitige mole- kulare Lösungen, w^elche Lipoide und Eiweißkörper in der lebenden Substanz bilden, mit den bis jetzt erhaltenen Lecithalbuminen nichts gemein haben: die lebende Substanz wird schon durch mecha- nische Angriffe zum Absterben gebracht, und, wenn also eine solche Substanz einmal im Laboratorium erhalten worden wäre, so würde sie bei dem groben Laboratoriumsverfahren, das bei Her- stellung der Lecithalbumine angewandt wird, sehr bald ihre eigen- tümlichen Eigenschaften verlieren. Wenn also die lebende Substanz aus einer Verbindung der Eiweißkörper mit Lipoiden und Wasser besteht, so müssen diese Verbindungen anders zusammengesetzt sein. Vielleicht sind sie lockere Verbindungen der Eiweißkörper mit anderen Lipoiden, so z. B. mit Cholesterinen, Fetten usw., die in Laboratorien noch nicht erhalten sind. Die Lecithalbumine entstehen offenbar aus der lebenden Sub- stanz; sie können also nur als Produkt einer Zersetzung der großen 1) 1. c. S. 255 u. 259. 1910, S. 99. 2) Pfeffer, Zur Kenntnis d. Plasmahaut u. d. Vacuolen, S. 252. 3) Wintersteins Handbuch d. vergleich. Physiologie, Bd. I, S. 88-89. Zur Kenntnis der Todesursache. 537 Moleküle der lebenden Substanz betrachtet werden, welche außerdem noch andere Verbindungen von Eiweißkörpern mit Lipoiden enthalten können. Beim Absterben, das auch durch me- chanische Eingriffe verursacht werden kann, zersetzen sich diese komplizierten lockeren Verbindungen, so daß färbbare Körper (Eiweißkörper und Lecithalbumine) entstehen. 4. Über die physikalischen Vorgänge beim Absterben. In meinen oben zitierten Aufsätzen habe ich darauf hin- gewiesen, daß die Plasmamembran der Pflanzenzellen im lebenden Zustande eine flüssige, nach dem Abstorben aber eine feste Formart besitzt. Daß das innere lebende Protoplasma (wenigstens das der Pflanzenzellen) auch eine flüssige Konsistenz besitzt und erst nach dem Tode erstarrt, ist meines Wissens zurzeit von den meisten Physiologen anerkannt; wenn nun einige wenige Zoologen noch jetzt an der Lehre von der festen Konsistenz des lebenden Proto- plasmas festhalten, so dürften sie nach dem Erscheinen der Ar- beiten von RHUMBLER und von mir') kaum ihre früheren An- sichten aufrechterhalten. Über die Struktur des Protoplasmas berichtend, habe ich näm- lich gezeigt, wie zwei Flüssigkeiten einen festen Körper bilden können, indem sie sich zu einem echten Schaum vermischen. Alle lebenden festen Protoplastenteile, die eine Schaumstruktur haben, bestehen also aus einer Mischung flüssiger Körper. Beim Ab- sterben verwandelt sich einer oder alle dieser flüssigen Körper in feste, und der ganze Vorgang macht den Eindruck einer Grerinnung. Die Erstarrung der den Protoplasten bildenden Flüssigkeiten fällt jedem, der das Absterben unter dem Mikroskope verfolgt, in die Augen und hat schon lange die Aufmerksamkeit verschiedener Forscher auf sich gelenkt. Schon lange ist z. B. der Gedanke ausgesprochen worden, daß bei dem Absterben eine Koagulation der im Protoplasma befindlichen Stoffe stattfindet. Da die Hauptmenge der das Protoplasma bildenden Sub- stanzen kolloiden Charakter besitzt, so bezeichneten manche Forscher dtis Protoplasma einfach als Kolloid (so z. B. NÄGELI, der für die Kolloide und das Protoplasma einen ähnlichen Micel- larbau vorschlug, ARTHUR MEYER u. a.). 1) RHUMBLER, Arch. f. Entwicklungsgesch., berausg. v. ROUX, XXX. Bd., 1910, S. 195. Lepeschkin, Über die Struktur des Plasmas, Diese Ber. 1911, Bd. XXIX, S. 181. 538 ^^ ■ ^V. Lei'eschkin: Die Fortschritte, welche die Kolloidchemie in den letzten Jahren gemacht hat, mußten gewiß auch Einfluß auf die Lehre von der lebendigen Substanz haben. Die ultramikroskopischen Untersuchungen des Protoplasten vermochten aber keine sichere kolloidale Struktur in demselben zu konstatieren. So fanden z. H. GAIDUKOW und ANDRE MAYER '), daß das ültramikroskop im Protoplasten nichts Neues zu entdecken vermag. Alle Gebilde, die unter dem Ultramikroskope zu sehen waren, sind auch im gewöhn- lichen Mikroskop sichtbar; in anderen Fällen erwies sich das Protoplasma optisch leer. Übrigens würde man ein anderes Re- sultat der ultramikroskopischen Untersuchungen des Protoplasten auch kaum erwarten können, w^eil die denselben bildenden kolloiden Stoffe in die Gruppe der sogenannten Emulsoide gehören, die auch im Ultramikroskop optisch leer erscheinen. Trotz der erwähnten mißlungenen Untersuchungen ist eine Analogie zwischen den physikalischen Eigenschaften der Kolloide und des Protoplasnias unverkennbar 2), In diesem Aufsatze inter- essieren uns aber ausschließlich physikalische Vorgänge, die sich in der lebenden Substanz beim Absterben abspielen. In einem meiner publizierten Aufsätze^) wurden schon die physikalischen Vorgänge beim Absterben der Plasmamembran vom Standpunkt der Kolloidchemie aus betrachtet. An dieser Stelle möchte ich aber darauf aufmerksam machen, daß dieselben durch äußere Einwirkungen hervorgerufenen Veränderungen in der Plasma- membran, welche das Absterben des letzteren verursachen, gleich- zeitig oder bald darauf auch den Tod der übrigen Protoplasten- teile bedingen. Die sichtbaren Veränderungen der lebenden Sub- stanz im Protoplasteninneren sind dabei denjenigen an der Peri- pherie durchaus ähnlich: alles Flüssige wird starr, alles Homogene wird körnig, faserig oder wabig (wenn das Protoplasma schon vor- her Körnchen enthielt, so erscheinen neue Körnchen darin), die selektive Permeabilität (oder die Fähigkeit, eine neue Plasma- 1) GaidukOW, Dunkelfeldbeleuchtung und Ultramikroskopie usw. 1910. Meyer, A , und SCHAEFFER, Ultramikroskopische Studien der Beschaffen- heit usw. 0. R. Bd. LXIV, S. 681 (1909). Gaidukow will übrigens in den kleinen Körnchen usw., die er im Protoplasma unter dem Ultramikroskope gesehen hat, Ultramikronen erblicken. Ein geübterer Mikroskopiker wird aber sofort in den von ihm beschriebenen Gebilden nur einfach unter dem gewöhn- lichen Mikroskope sichtbare Mikrosomen, Oxalatkrystälchen usw. erkennen. 2) M. vergleiche hierzu meine oben zitierte Aufsätze und die Arbeiten von Rhuübler (1. c). 3) Diese Berichte 1910 Aufs. Nr. 15. Zur Kenntnis der Todesursache. 539 membran zu bilden — was dasselbe ist) geht verloren, die Ad- sorptionsfähigkeit für Farbstoffe nimmt zn. Auf Grund des Gesagten ist man zum Schlüsse berechtigt, daß beim Absterben des Protoplasten in allen seinen Teilen Ent- mischungsvorgänge stattfinden, ähnlich wie überhaupt bei der Koagulation der Emulsoide. Auch in festen lebenden Protoplasten- teilen findet ein Koagulationsvorgang statt. Ganz homogene und durchsichtige Teile werden durch Körnchen getrübt. Die Flüssig- keiten, die solche feste lebende Zellenteile bilden, erstarren, werden koaguliert'); in beiden Fällen (also in flüssigen, wie auch in festen lebenden Protoplasten teilen) bildet sich daher eine ver- schiedenartige, körnig«, wabige usw. Struktur, die gewöhnlich an fixierten Objekten beobachtet wird. Nach dem Gesagten ist kaum daran zu zweifeln, daß sich in der lebenden Substanz beim Absterben eine Koagulation abspielt. Es ist aber noch zu entscheiden, ob diese Koagulation als eine Folge des Todes oder als dessen Ursache betrachtet werden muß. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die Einwirkung der äußeren Faktoren, welche die Koagulation der kolloidalen Lösungen bewirken, auf die lebende Substanz kennen. Wenn die Koagulation der letzteren erst infolge des Todes stattfindet, so müssen verschiedene tötliche Einflüsse, welche sonst keine Koagu- lation der kolloidalen Lösungen hervorrufen, die Koagulation der die lebende Substanz bildenden Stoffe verursachen. Im entgegen- gesetzten Falle müssen nur diejenigen Faktoren tötlich einwirken, welche die Koagulation der kolloidalen Lösungen hervorrufen können. Zurzeit kann man behaupten, daß alle Faktoren, welche kolloidale Lösungen von Eiweißkörpern zur Koagulation bringen, auch die Abtötung der lebenden Substanz bewirken. So ist die tötliche Wirkung der hohen und niedrigen Temperaturen, der Ionen von Schw^ermetallen, der sogenannten Narkotika usw., welche auch die Koagulation der Eiweißsolen hervorrufen, genug bekannt^). Überraschend ist aber ein vollkommener Parallelismus in den Details, welcher in der Einwirkung der genannten Faktoren auf die Eiweißsole einerseits und auf die lebende Substanz andererseits 1) M. vgl. hierzu: AGAZZOTl (zitiert von BOTTAZZI in Handbuch d. vgl. Physiol. herausg. v. WiNTERSTElN 1911, Bd. I, S. 158). 2) Über d. Einwirk. d. Narkotika vgl. man z. B. meinen Aufs, in dies. Ber. 1911, S. 265—259. 540 W. W. Lepeschkin: beobachtet wird Es genügt liierfür, an den günstigen Einfluß der sauren Reaktion der umgebenden Flüssigkeit und an die hemmende Wirkung von OH-lonen auf die Plasmakoagulation, an die gemischte Wirkung von hohen Temperaturen und von Narkotika i) und an die tütliche Wirkung der niedrigen Temperaturen zu erinnern ''^j. In einem Aufsatze, der bald in diesen Berichten erscheint, werde ich auch über einen vollkommenen Parallelismus in der Ein- wirkung der supramaximalen Temperaturen auf das Protoplasma der Pflanzenzellen und die hohen Temperaturen auf die Eiweißsole berichten. Die Versuche, welche ich in diesem Aufsatze zu be- schreiben gedenke, haben nämlich gezeigt, daß das Protojjlasma, einer hohen, aber noch nicht sofort tütlich wirkenden Temperatur ausgesetzt, in einer gewissen Zeit doch abstirbt. Die Abhängig- keit der Zeitdauer, während welcher das Protoplasma bei einer gewissen Temperatur noch am Leben bleibt, erwies sich bezüglich der Abhängigkeit, welche an EiweiHsolen von BüGLIA beobachtet worden ist'*), als ganz gleich. Aus dem Gesagten folgt, daß die Koagulation der Eiweiß- körper in der lebenden Substanz stets das Absterben der letzteren verursacht. Trotzdem sind auch einige Fälle bekannt, wo das Ab- sterben durch Stoffe hervorgerufen wird, deren koagulierende Wirkung auf Eiweißsole nicht bekannt ist. So sind z. B. freie Alkalien in nicht zu schwachen Konzentrationen, Jod usw. für Protoplasma giftig^), trotzdem ihnen keine koagulierenden Eigen- schaften, wenigstens für Eiweißsole, zukommen. In diesem Falle haben wir es offenbar mit einer chemischen Wirkung der erwähnten Stoffe auf die lebende Substanz zu tun. Die Ionen (OH) \\ irken, wie man vermuten kann, verseifend auf jene lockeren Verbindungen der Eiweißkörper mit Lipoiden, welche die lebende Substanz zusammensetzen und in Paragraph 3 dieses Aufsatzes besprochen wurden. Jod, das auch das Platinsol infolge seiner chemischen Wirkung inaktiv macht, kann vermutlicherweise entweder addierend oder oxydierend auf die die lebende Substanz bildenden Lipoide^) wirken usw. 1) M. vgl. mein. Aufs. 1. c. S. 256. 2) Fischer, H., Gefrieren und Erfrieren. OOHNs Beitr. zur Biol. d. Pflanzen 1910, S. 133—234. 3) BUGLiA, Zeitschrift für Chemie und lüdustrie d. Kolloide. Bd. 5. 4) Pfeffer, Pxlanzenphysiologie. II. Bd. 1904, S. 351. 5) Vgl. hierzu: BANG, Chemie und Biochemie d. Lipoide. 1911, S. 12, 23 u. 48—49. Zur Kenntnis der Todesursache. 541 Jedenfalls ist festgestellt, daß das Absterben auch durch chemische Wirkung auf die die lebende Substanz zusammen- setzenden Eiweißkörper und Lipoide verursacht werden kann. Solch eine chemische Wirkung kann sehr wohl die Zersetzung der lockeren Verbindung der letzteren hervorrufen, und, da die lebende Substanz nur als ein zeitlich flüssiger Körper aufzufassen ist '), so ist es ganz begreiflich, daß ihre Zersetzung zur Erstarrung führt, also eine Koagulation hervorruft^). Was nun die oben aufgestellte Frage (ob nicht die Koagula- tion erst nach dem Tode eintritt), anbelangt, so müssen wir sie in der Weise beantworten, daß die Koagulation, welche als Folge irgend welcher chemischen Wirkungen auf Eiweißkörper oder Lipoide der lebenden Substanz eintritt, gleichzeitig mit dem Tode stattfindet,. weil die lebende Substanz aus einer Verbindung der genannten Stoffe besteht, nach derer Zersetzung und Koagulation sie abstirbt. 5. Schlußfolgerungen. Überblicken wir alle die Tatsachen und Betrachtungen, welche in diesem Aufsatze dargelegt wurden, so kommen wir zum Schlüsse, daß die Todesursache des Protoplasten auf Vorgängen zweier Art beruht, welche sich in der lebenden Substanz gleichzeitig ab- spielen. Einerseits wird die lockere Verbindung der Eiweißkörper mit Lipoiden zersetzt, andererseits findet eine Koagulation der ersteren statt. Die beiden Vorgänge hängen miteinder zusammen, wobei es freilich gleichgültig ist, ob die Koagulation die Zersetzung oder die Zersetzung die Koagulation hervorruft. Fragen wir jetzt nach den Kräften, welche die oben be- sprochene Labilität des Kraftsystems ins Gleichgewicht bringen, so müssen wir zugeben, daß es vor allem die Kapillaritätskräfte sind, welche die Koagulation verursachen, wenigstens in denjenigen Fällen, wo das Absterben durch keine kräftige chemische Wirkung hervorgerufen wird. Diese Koagulation macht alsdann chemische Energie frei und führt zur Zersetzung der erwähnten lockeren Verbindung. Wirkt man dagegen auf die lebende Substanz mit kräftigen chemischen Agentien ein, so können in den ersten Augen- blicken nur die chemischen Anziehungskräfte, die die Zersetzung der Eiweiß-Lipoid- Verbindung verursachen und erst dadurch die Kapillaritätskräfte in Tätigkeit setzen, wirksam sein. 1) M. sehe mein. Aufs. Nr. 15 u. 63. 1910 (diese Berichte). 2) Postmortal kann sich das entstehende Gerinnsel auch lösen (z. B., wenn das wirkende Reagens KOH ist), wie es RUSSO angibt (zitiert von BOTTAZZI im Handbuch d. vergleich. Physiologie v. WiNTERSTElN, S. 156). Ber. der deutschen bot. Gesellseh. XXX. 36 542 Torsten Nyjjerüh: "Was nun ilie Details der eiwähnten zwei Vorgänge anbelangt, so können sie freilich erst in Zukunft erforscht werden. So würde es sich z. B. erweisen können, daß die Eiweiß-Lipoid-Yerbindung der lebenden Substanz bei ihrer Zersetzung keine freien Lipoide, sondern neue Lipoid-Eiweißkörper liefert; man ist Ja zurzeit ge- neigt, phosphorhaltige Eiweißkörper, die als Vorratsmaterial aus der lebenden Substanz gebildet werden und lebenslos sind (Vitel- line), als Phosphatid-Eiweißkörper aufzufassen'). Die Zukunft hat also zu entscheiden, inwieweit der chemische von den zwei er- wähnten Vorgängen, die sich beim Absterben abspielen, kompliciert sein kann. Kasan, Botanisches Laboratorium der Universität. 66. Torsten Nybergh: Studien über die Elnwirl(ung der Temperatur auf die tropistische Reizbariceit etlolierter Avena-Keimlinge. (Mit 3 Textfiguren.) (Eingegangen am 24. Oktober 1912.) Einlei t ung. In der Physiologie wird ziemlich allgemein angenommen, daß die Reizvorgänge, wie Lebenserscheinungen überhaupt, von che- mischen Reaktionen begleitet oder sogar mit solchen Reaktionen identisch sind. Besonders ist die allererste Veränderung, die ver- schiedene Reizaniässe in dem lebenden Organismus erregen, die so- genannte Perzeption, kürzlich von mehreren Pflanzenphysiologen als eine chemische Reaktion aufgefaßt und jedenfalls als mit che- mischen Vorgängen verknüpft nachgewiesen worden. Allerdings ist es nicht gelungen, die fraglichen chemischen Reaktionen direkt zu beobachten, aber das Stadium der Perzeptions- vorgänge und besonders deren Abhängigkeit von den äußeren Be- 1) Bang, J., 1. c. S. 62 u. ff. Studien über die Einwirkung der Temperatur auf die tropistische usw. 543 dingungen hat schon einige interessante Anhaltspunkte über die Natur dieser Vorgänge gegeben und wird es vielleicht möglich machen auf indirektem Wege der Lösung des Problems näher zu kommen. Derartige Erwägungen haben die Untersuchungen, die hier mitgeteilt werden, angeregt. Methodisches. Bei den Versuchen wurden etiolierte Keimlinge von Avena safiva — der Gleichförmigkeit halber eine weißkörnige Pedigree- sorte aus Miltonhafer „Svalöfs Segerhavre" — benutzt. Die von den Spelzen befreiten Körner blieben 1 — 2 Tage in Wasser und wurden darauf sorgfältig in reinen, gesiebten Sand eingepflanzt. Jedes Kulturgefäß enthielt 15 — 20 in Reihen angeordnete, 1 — 3 cm lange Keimlinge, so daß sämtliche Pflanzen bei den Experimenten vom Licht getroffen wurden. Die Keimung geschah in einem geräumigen Dunkelzimmer des hiesigen Botanischen Instituts. Da es weder in dem Dunkel- zimmer noch in der ganzen Etage Gasleitungen gab und für reich- liche Zufuhr reiner Garteuluft gesorgt wurde, waren die Kultur- bedingungen sehr günstig; die Keimlinge blieben auch meistens sehr gerade. Beiläufig sei nur bemerkt, daß die ärgerlichen Krümmungen der ^vewa-Koleoptile, die von verschiedenen Forschern beobachtet und bei experimentellen Arbeiten sehr hinderlich sind, weder von tiefen (wie BLAAUW annimmt), noch von hohen Tempe- raturen ausgelöst werden. Bei der Belichtung waren natürlich alle übrigen, außer den eben zu untersuchenden Pflanzen, im Dunkelzimmer vor Licht sorgfältig geschützt. Die Temperatur des Dunkelzimmers betrug 18 — 24 *^ C. Auf dem Heizapparat wurde ein weites Wassergefäß angebracht; durch Abdampfung des Wassers wurde eine genügende Luftfeuchtigkeit erzielt. Die Aufstellung und Beobachtung der Pflanzen geschah bei dem roten Lichte einer elektrischen photographischen Lampe, nachdem genaue Beobachtungen gezeigt hatten, daß mehrstündige Belichtung in 25 cm Entfernung keine Reaktion zu induzieren vermochte. Als Lichtquelle diente eine gewöhnliche elektrische Kohle- fadenlampe von 12 H.-K. Die Lichtstärke wurde wiederholt mit einem LUMMER- BRODHUNschen Photometer bestimmt. Zwar hatten Schwankungen des elektrischen Stromes Fluktuationen der Lichtstärke zur Folge, die bisweilen 1 H.-K. betrugen; der Strom 36* 544 Torsten Nybergh: wurde aber bei den Versuchen gemessen, wodurch die Abweichun- gen beurteilt werden konnten. Durch eine Reihe sorgfältiger Versuche wurde als „photo- tropische Schwelle der normalen", d. h. der bei Zimmertemperatur befindlichen Keimlinge, der durchschnittliche AVert 15 M.-K.-S., einer Belichtungszeit von 20 Sek. in einer Entfernung von 4 m von der Lichtquelle entsprechend, erhalten. Theoretisch wird die Schwelle als diejenige Entfernung von der Lichtquelle bestimmt. wo die Zahl der eben merkbar gekrümmten und die der unge- krümmten Keimlinge gleich ist. In Wirklichkeit sind aber die beiden Kategorien von Pflanzen durch kontinuierliche Übergänge verbunden, und die Zahl der gekrümmten hängt ganz von der Genauigkeit der Beobachtung ab. Hat doch ARISZ (1911) gezeigt, daß auch die winzigsten Lichtmengen als ßeizbeantwortung eine deutlich merkbare Asymmetrie der überaus lichtempfindlichen konischen Spitzen der ^yewo-Koleoptilen hervorrufen. Bei makroskopischer Beobachtung werden die Schwellen- bestimmungen natürlich verschieden ausfallen, je nach der Genauig- keit derselben. Da in Wirklichkeit die absolute Schwelle kaum existiert, kommt es vor allem darauf an, die relative Schwelle, womöglich jedesmal auf gleiche Weise, zu bestimmen. In diesem Falle wurde vor und nach der Reizung die Zahl der in jedem Gefäß und desgleichen die Zahl der im Verhältnis zur Lichtquelle in -f- oder — Richtung von der Vertikalen abweichen- den Keimlinge notiert. Besonders wurden die Lage und der Um- riß der überaus lichtempfindlichen Spitzen (makroskopisch) be- obachtet. Als Zeichen der Erreichung der Schwelle wurde eine eben merkbare -+- -Krümmung von 50 pCt. der ganzen Keimlinge in der fraglichen Kultur genommen; dabei wiesen ca. 75 pCt. der Spitzen eine sichtbare Reaktion auf. Wie bekannt, nimmt die phototropische Krümmung bei dem Überschreiten der Schwelle bis zu einem Optimum zu, während eine weitere Belichtung erst eine abgeschwächte Reaktion und schließlich die sogenannte phototropische „Indifferenz" herbeiführt. BLAAUW (1909) hat gefunden, daß diese „optimale" Reaktion der ^vewa-Koleoptile durch eine Lichtmenge von 40 — 400 M.-K.-S. aus- gelöst wird, wobei die Schwelle bei 20 M.-K.-S. liegt. Da es nun von Interesse war, auch diese optimale Reaktion zu beobachten, wurden bei den Experimenten auch meistens Kulturen in einer Entfernung von 1 m von der Lichtquelle aufgestelllt, was bei einer Expositionszeit von 20 Sek. einer Lichtmenge von 240 M.-K.-S. entspricht. Studien über die Einwirkung der Temperatur auf die tropistische usw. 545 I. Einwirkun§: extremer Temi3eraturen auf die photo- tropische Perzeptioii. 1. Einwirkung niedriger Temperaturen. Versuchsanordnung. Die sorgfältig verdunkelten Kulturen wurden im Bodenraum des botanischen Instituts der Winterkälte ausgesetzt. Durch Offnen und Schließen der Fenster konnte die Temperatur einiger- maßen geregelt werden. Ein Thermograph, der mit einem Queck- silber-Normalthermometer verglichen wurde, gab die in unmittel- barer Nähe der Pflanzen herrschende Lufttemperatur an. Da die betreffenden Koleoptilen nach dem Aufenthalt einiger Stunden bei — 4^0 erfrieren, kamen niedrigere Temperaturen nicht in Be- tracht. Die Temperatur bei den Versuchen betrug somit zwischen — 3 und =b 0 ^ C. Doch geschah es, daß Keimlinge, die nachts einer Temperatur unter 0 ° ausgesetzt waren, des Morgens, als die Temperatur sank, etwa 2 Stunden bei — 6 ^ C stehen blieben, ohne zu erfrieren. Nach der Abkühlung wurden die Kulturen in das botanische Dunkelzimmer gebracht und sogleich mit der oben erwähnten Lampe von 12 H.-K, in Entfernungen von 1 m und 4 m 20 Sek. belichtet. In Anbetracht der großen Veränderlichkeit der Temperatur, die natürlich die Versuche sehr erschwerte und auch das Er- frieren einer großen Zahl von Pflanzen verursachte, ist es begreif- lich, daß die Beobachtungen in mehreren Beziehungen mangelhaft waren; aber in günstigen Fällen war die Temperatur doch an- nähernd konstant, so daß viele Versuche zuverlässige Resultate ergaben. Ergebnisse. Keimlinge, die 6 — 12 Stunden in einer Temperatur von unter 0 ^ gestanden hatten und darauf unmittelbar in dem Dunkel- zimmer belichtet wurden, reagierten nach dem Auftauen (die Erde in den Versuchsgefäßen war gefroren) mit sehr energischen -(--Krümmungen auf die optimale Belichtung und auch deutlich bei der phototropischen Schwelle „normaler" A.vena-l^oleoptWen. Die Reaktionszeit betrug durchschnittlich 2 Stunden. Aber erst 6 bis 8 Stunden nach der Belichtung erreichte die Reaktion ihr Maxi- mum, wobei die Stärke der Krümmung nicht der maximalen Krümmung „normaler" Keimlinge nachstand. Die Verspätung der Reaktion hängt natürlich mit der Hemmung des Wachstums in der Kälte zusammen, aber das langsame Abklingen derselben ist wohl zunächst dem Aufheben der Geoperzeption in der Kälte zuzu- 546 Torsten Xybergh: schreiben: die geotropische Gegenwirkung bei der Krümmung hat aufgehört. Falls die Keimlinge mehrere Stunden bei einer Temperatur unter Null gestanden haben, darauf belichtet und sogleich aufs neue in die Kälte gebracht werden, kann man die phototropischen Krümmungen am Hervortreten hindern. Besonders wird dies gelingen, wenn die Belichtung nur wenig die phototropische Schwelle übersteigt. Die optimale Belichtung löst nämlich eine Beschleunigung der Zu- wachsbewegung aus, wodurch doch schließlich auch unter 0 ° eine sichtbare Reaktion resultiert. Sehr nahe der Tötungstemperatur ( — 4 ^ C) scheint aber der Zuwachs ganz aufgehört zu haben, so daß bei dieser Temperatur tropistische Keaktionen überhaupt ausbleiben. Werden indessen Keimlinge, deren phototropische Reaktion auf oben erwähnte Weise gehindert wurde, von neuem in das Dunkelzimmer zurückgebracht, so tritt gleichwohl — wenig- stens noch nach 12 Stunden — eine sehr deutliche phototropische Krümmung ein, die also ca. 15 Stunden nach der phototropischen Induktion erscheint. Diese außerordentlich lange Dauer der Tren- nung der sensorischen und der motorischen Phase kann auch bei einer Belichtung durchgeführt werden, die sehr nahe der photo- tropischen Schwelle liegt. Als das w^ichtigste Ergebnis der erwähnten Experimente er- hellt, daß die phototropische Präsentationszeit der Koleoptile bei — 3 ^ C der Präsentationszeit der „normalen" Koleoptile gleich ist- Die phototropische Perzeptionsf ähigkeit etiolierter ^i;m«- Keimlinge dauert noch bei — 3^ C ( — 6 ^ C) ungeschwächt fort; und zwar ist etwa — 4 '^ C die Tötungstemperatur der Koleoptile. 2. Einwirkung hoher Temperaturen. Versuchsanordnung. Die Keimlinge wurden in das ausgezeichnete thermostatische Dunkelzimmer des botanischen Instituts konstanten hohen Tempe- raturen ausgesetzt. Die Größe des Zimmers beträgt 2,4 x 2 X 2,3 m. Sobald die Temperatur auf einen bestimmten Punkt eingestellt war, betrugen die Schwankungen derselben nur 0,2 ® C. Die Luft wurde mit Wasserdampf nahezu gesättigt gehalten, da die Re. aktionsfähigkeit der Keimlinge bei hohen Temperaturen in trockener Luft etwas herabgesetzt wird. Als Lichtquelle diente die oben erwähnte Kohlenfadenlampe von 12 H.-K. Während der BeHchtung befanden sich die Ver- suchspflanzen in dem thermostatischen Zimmer; da bei den Studien über die Einwirkung der Temperatur auf die tropistische usw. 547 Schwellenbestimmungen eine größere Entfernung von der Licht- quelle erforderlich war, wurde die Lampe in einem außerhalb des Thermostaten befindlichen Dankelzimmer aufgestellt und das Licht durch eine Öffnung eingelassen. Übrigens wurden die verschieden- sten Kombinationen von Beleuchtungsintensität und Belichtungs- dauer angewendet. Bei Yersuchen über phototro])ische „Über- belichtung" wurde auch eine Osramlampe von 100 H.-K. benutzt. Gleich nach der Belichtung wurden die Kulturen sorgfältig verdunkelt in das botanische Dunkelzimmer in eine Temperatur von 20 — 24° C zurückgebracht. Hier wurde die Reaktion während mehrerer Stunden beobachtet. Die Länge der benutzten Ävena- Koleoptilen betrug 0,5 — 1,5 cm. Höhere Keimlinge eignen sich nicht für Versuche bei hohen Temperaturen, da sie unter diesen Bedingungen auffallend schwächer reagieren. — Die Experimente wurden größtenteils im Sommer ausgeführt, weil die Kultur- bedingungen da am günstigsten sind, imd weil zu der Zeit kein Gas im Laboratorium gebrannt wird, demzufolge die Luft mög- lichst rein war. Ergebnisse. FiTTING (1907) gibt als Tötungstemperatur der Keimscheide von Arena sativa etwa 43 ° 0 an. Er hat nachgewiesen, daß die phototropischen Reizleitungsvorgänge der ^yewa-Koleoptile schon bei 39 — 41 ° C durchschnittlich völlig gehemmt werden. Die Koleoptilen der von mir untersuchten Hafersorte vertragen wenig- stens den 12 stündigen Aufenthalt bei -f 47,3 '^ C, ohne daß die phototropische Perzeptionsfähigkeit aufgehoben wurde '). Bei höheren TemjDeraturen habe ich sie noch nicht geprüft. Vor der Belichtung wurden die Pflanzen meist 10 bis 14, bisweilen 2 bis 6 Stunden erwärmt. Die Dauer der A^orerwärmung scheint inner- halb dieser Grenzen keinen Einfluß auf die phototropische Per- zeption auszuüben; vielleicht wird die Reaktionsfähigkeit bei Temperaturen über 44 ° C nach längerer Einwirkung doch herab- gesetzt, so daß von dieser Temperatur aufwärts eine kürzere (2- bis 3 stündige) Vorervvärmung angemessener wäre. 1) Die größere Wärmeresistenz dieser Koleoptilen im Gegensätze zu den von FlTTlNGr untersuchten kann nicht auf die verschiedene Wirkung der Luft- und Wassertemperatur zurückgeführt werden. Denn drei Koleoptilen, die 11 Stunden bei 44,5" C mit der ganzen oberen Hälfte der Keimscheide in Wasser eingetaucht waren, reagierten außerordentlich energisch nach der Be- lichtung und wiesen einen viel größeren Zuwachs auf als die „Luftpflanzen". Wahrscheinlich beruht die Verschiedenheit der Wärmeresistenz auf Rassen- eigentümlichkeiten . 548 Torsten Nvbergh: Fig. 1. l/,j Stunden photographiert. Fig. 2. 11 Stunden bei 44,6» C. Belichtung: 1,6 M.-K. während 20 Sek. = 32 M.-K.-S. Vor der Belichtung: 3 Keimlinge schwach -\-, 8 schwach — . Nach 3 Stunden photographiert: starke -}- -Krümmung. Fig. 3. 11 Stunden bei 43,2» 0. Belichtung: 10 M.-K. während 12 Sek. = 120 M.-K.-S. V^or der Belichtung: 3 Keimlinge schwach +, 7 schwach — . Nach 5 Stunden photographiert: Sehr energische -|- -Krümmung. Studien über die Einwirkung der Temperatur auf die tropistische usw. 549 Die Versuche wurden bei folgenden Temperaturen angestellt: 35 ", 40 ", 41,2 », 41,4 ", 42 » (3 Versuche), 42,5 ^ 43 °, 43,2 ° (2 Versuche), 43,4 ", 44,3 ", 44,5 « (2 Versuche), 44,6 ", 45 ", 45,1 ^ 45,2 ", 47,3 ". Bei jedem Versuche wurden etwa fünf Kulturen untersucht, abgesehen von den Kontrollkulturen. Der mittlere Zu- vvachs der Keimlinge war nach 13stündigem Aufenthalt bei 42 ** C ganz gleich demjenigen bei Zimmertemperaturen nach derselben Zeit: 1 cm; nach 12 stündigem Aufenthalt bei 43,2 ° C um etwa 0,25 cm. Nach 10 stündigem Aufenthalt bei 45,1 ° C hatte der Zuwachs noch nicht aufgehört, wie Beobachtungen im Horizontal- mikroskope zeigten. Die optimale Lichtmenge löst bei den erwähnten Tempe- raturen eneigische -f -Krümmungen von gleicher Stärke aus wie bei den „normalen" Keimlingen. Nach I2stündigem Stehen bei -t- 47,3 ° C rief eine Belichtung von 50 M.-K.-S. eine deutliche Reaktion hervor; besonders wiesen die zwei kürzesten Keimlinge (0,5 — 0,8 cm) sehr energische -f -Krümmungen auf. Die Reaktionszeit ist von 12stündiger Erwärmung bei 44,5 ° C etwa 2 Stunden; nach etwa 4 Stunden hat die Krümmung ihr Maximum erreicht; bei 43 " C ist die Reaktionszeit kürzer. Bleiben die Pflanzen nach optimaler Belichtung bei 42 ^ C stehen, so ist die Reaktion noch nach 6 Stunden sehr gering; so hatten bei einem Experiment von 21 Keimlingen nur 2 schwach reagiert; nach dem Zurückbringen der Pflanzen in das botanische Dunkelzimmer trat eine deutliche aber schwache Reaktion auf. Werden die Keimlinge aber unter gleichen Bedingungen 2 Stunden nach der Belichtung in das Dunkelzimmer zurückgebracht, so tritt eine kräftige Reaktion auf. Trotz des bei dieser Temperatur un- gehemmten Wachstums wird die Reaktion durch die Wärme stark gehindert, was zum Teil wenigstens mit der von FiTTING ent- deckten Hemmung der Reizleitungsvorgänge zusammenhängen dürfte. Die genannten Schwellenbestimmungen wurden unter folgen- den Umständen ausgeführt: nach 12 Stunden bei 42,5 **; nach 11 Stunden bei 44,5 °; nach 13 Stunden bei 44,6 "; nach 6 Stunden bei 44,8 ° G. Die „normalen" Kontrollkulturen wurden gleich vor dem Beginn der Belichtung im thermostatischen Zimmer aufge- stellt und gleich nach der Belichtung mit den übrigen Kulturen in das botanische Dunkelzimmer zurückgebracht. Als wichtigstes Resultat ergab sich, daß die phototropische Präsentationszeit von der Erwärmung nicht beeinflußt wird. Die phototropische Perzeptionsfähigkeit etiolierter .4x;ew«-Keimlinge dauert bei den erwähnten Temperaturen ungeschwächt fort. 550 Torsten Nybergh: Auch der Effekt der pliototro])ischen Überbelichtung ist bei hohen Temperaturen der gleiche wie in der Zimmertemperatur. Wenigstens trat nach 6stündiger Vorerwärmung bei 44,8 " C und einer Belichtung von 10 Min. mit der Osramlampe von 100 H.-K. in 1 m und 0,5 m Entfernung, was den Lichtmengen von 6000 und 240 000 M.-K.-S. entspricht, keine oder eine ganz geringe Reaktion ein. Die Versuche wurden mit einigen Variationen bei derselben Temperatur mehrmals wiederholt; stets trat phototropische „In- differenz" ein. Theoretisches. Es bleibt noch übrig zu sehen, inwieweit die oben gewonnenen Ergebnisse Licht über das Problem der Natur der phototropischen Perzeption werfen. Halten wir an der Vorstellung der Abhängig- keit der Perzeptionsvorgänge von chemischen Reaktionen fest, so ist es einleuchtend, daß besonders die photochemischen Reaktionen eine auffallende Parallele aufweisen. Während der Temperatur- koeffizient bei rein chemischen Reaktionsgeschwindigkeiten zwischen 2 und 3 liegt, liegt er bei photocheniischen Reaktionen dagegen zwischen 1 und 1,4. Es besagt dies, daß die Beeinflussung einer photochemischen Reaktion durch die Temperatur nur gering ist. So fand z. B. SCHELLEN (nach WEIGART 1911) zwischen —32 und + 90 ° gar keinen Einfluß der Temperatur auf die Licht- empfindlichkeit der Bromsilbergelatine. Nimmt man die Prä- sentationszeiten als Maß der Reaktionsgeschwindigkeit des licht- empfindlichen Systems, in welchem die phototropische Perzeption vor sich geht, so haben wir gesehen, daß diese Reaktions- geschwindigkeit innerhalb der gegebenen Grenzen nicht meßbar von der Temperatur beeinflußt wird. Die erwähnten Erfahrungen über das Verhalten der- phototropischen Perzeption der Avena- Koleoptile hinsichtlich der Temperatur dürften mithin eine weitere Stütze der Auffassung bilden, die neulich besonders von BLAAUW nachdrücklich hervorgehoben ist, daß dieser Perzeptionsvorgang mit photochemischen Reaktionen zusammenhänge. Die phototropische Perzeption ist in hohem Grade unab- hängig von solchen äußeren Bedingungen, die im allgemeinen tief in den Lebensbetrieb der Organismen eingreifen. Sie wird auch, wie zahlreiche von mir ausgeführte Versuche gezeigt haben, nur verhältnismäßig wenig von Narkotika (Äther, Chloroform) beein- flußt. Werden die .4vena-Keimlinge während 2 Stunden einer ge- sättigten Atheratraosphäre ausgesetzt und dann belichtet, so reagieren sie allerdings nicht auf Lichtmengen, die bei der photo- tropischen Schwelle liegen; aber dagegen bei optimaler Belichtung. Studien über die Einwirkung der Temperatur auf die tropistische usw. 551 Nicht gesättigte Atheratmosphäre vertragen sie tagelang, ohne daß die phototropische Empfindlichkeit herabgesetzt wird. Diese Tatsachen deuten darauf hin, daß die photo tropische Perzeption mit Erscheinungen verknüpft ist, die einfacher sind als die Mehrzahl der vitalen Vorgänge. II. Einwirkung: extremer Temperaiur^n auf die g-eotro- pische Perzeption. Im Gegensatz zu der außerordentlichen Unabhängigkeit von der Temperatur, die wir als kennzeichnend für die phototropische Perzeption gefunden haben, hat ßUTGERS (1910) nachgewiesen, daß die geotropische Perzeption in einer augenfälligen Abhängig- keit von derselben steht. Zwischen -f 5 und + 30 ° C ändert sich die geotropische Präsentationszeit mit der Temperatur in einem bestimmten Verhältnis, und setzt man die Präsentations- zeiten als Maß der Greschwindigkeit der Reaktion, die als mit der Perzeption verknüpft angenommen wird, indem jene umgekehrt proportional der Geschwindigkeiten gesetzt werden, so kann die Abhängigkeit der geotropischen Perzeption von der Temperatur durch die sogenannte VANT' HOFFsche Regel ausgedrückt werden, welche besagt, daß die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion für jede Erhöhung der Temperatur um 10 ° C etwa verdoppelt wird. Der von RUTGERS für die geotropische Perzeption be- stimmte Temperaturenkoeffizient ist 2,6. Von j- 5 zu ± 0 ^ C fand er dagegen eine viel größere Zunahme der Präsentationszeiten als sich mit der VANT' HOFFschen Regel verträgt. Hierüber sagt RUTGERS (1912) S. 67: "At C C the presentation-time is a good deal longer then it should be according to VAN'T HOFFs law; probably this fact is connected with the cessation of growth at that temperature.' In Übereinstimmung hiermit ergab sich aus Versuchen, die ich bei Temperaturen unter 0 ® ausführte, daß die geotropische Sensibilität in der Kälte außerordentlich herabgesetzt ist; doch konnte nachgewiesen werden, daß der Zuwachs auch unter 0 ** vor sich geht; wenigstens tritt nach mehrstündigem Stehen bei einer Temperatur gleich unter 0 ^ bei längerer geotropischer Reizung (und auch nach phototropischer Induktion) eine deutliche Reaktion ein; auch im Horizontalmikroskope wurde der Zuwachs sichtbar. Auch ist es nicht a priori wahrscheinlich, daß die Herabsetzung der geotropischen Sensibilität mit dem Wachstum verknüpft ist. Haben wir doch gesehen, daß die phototropische Empfindlichkeit unter den gleichen Bedingungen (und bei einer 552 Torsten NyberGH: Studien über die Eiowirkung der Temperatur usw. Temperatur, wo der Zuwachs sicher aufgehört hat: — 6 ^ C) bei denselben Keimlingen unverändert bleibt! Die Keimlinge wurden wenigstens 5 Stunden unter 0 ** ab- gekühlt, worauf sie (verdunkelt) in horizontaler Lage der Kälte ausgesetzt wurden. Nach Ablauf mehrerer Stunden wurden sie in das Dunkelzimmer zurückgebracht, in vertikaler Lage wieder auf- gestellt und während ^ — 8 Stunden beobachtet. Bei — '2 " C hat die geotropische Perzeption noch nicht ganz aufgehört, was daraus erhellt, daß die Keimlinge nach 12 stündiger geotropischer Reizung unter 0 ® sichtbar, wenngleich außerordentlich schwach reagiert hatten. (Die Reaktion war als eine schwache Asymmetrie der Spitze bemerkbar.) Dagegen hört schon bei — 2 ° ^ede weitere Nachwirkung auf, nachdem die Keimlinge im Dunkelzimmer in vertikale Lage gebracht sind, so daß die geotroj^ische Erregung nicht mehr die Höhe erreicht, die für Entstehung einer geotro- pischen Nachwirkung nötig ist. Bei — 3 " C hört überhaupt jede geotropische Reaktion auf. Weder während der Reizung, noch nachher ist eine Reaktion zu bemerken (auch nach tagelanger Induktion), sei es, daß die geotropische Sensibilität bei dieser Tem- peratur völlig erloschen ist, oder daß der Zuwachs aufgehört hat. Es mag noch hervorgehoben werden, daß zur Kontrolle die- selben Pflanzen später noch häufig belichtet wurden, und daß stets eine energische phototropische Reaktion erfolgte; das Ausbleiben der geotropischen Reaktion kann somit nicht einer Schädigung der Keimlinge durch die Kälte zuzuschreiben sein. Die Einwirkungen hoher Temperaturen auf die geotropische Perzeptionsfähigkeit habe ich nicht untersucht, da wir über diese {wenigstens bis 40° C) durch die ausgezeichneten Untersuchungen vqn RUTGERS sehr gut unterrichtet sind. So viel mag doch gesagt werden, daß noch nach 1 1 stündigem Stehen bei 44,5 ^ C und nach 4 stündiger Induktion sämtliche Keimlinge stark geotropisch bei derselben Temperatur reagiert hatten (8 Keimlinge von 12 hatten die geotropische Ruhelage erreicht). Die geotropische Perzeptions- und Reaktionsfähigkeit besteht mithin bei extrem hohen Tem- peraturen. Wie weit die gefundenen Beziehungen auch für andere Pflanzen Gültigkeit haben, muß weiteren Untersuchungen vorbe- halten bleiben. Helsingfors, Botanisches Institut, Oktober 1912. Eduard GerRESHEIM: Über den anatomischen Bau und die damit usw. 553 Zitierte Literatur. 1911. ARISZ, W. H., On the connection between Stimulus and effect in photo- tropic curnatures af seedlings of Avena sativa. Kooinkl. Akad. von Wetenschapp. Amsterdam 1911. 1909. BlaauW, A. H., Die Perzeption des Lichtes. Recueil des Trav. Botan. Neerlandais, Vol. V. 1909. 1907. FlTTlNG, H., Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzen- teilen. Jahrb. f. wissensch. Botanik. 44. 1907. 1910. RUTGrERS, A. A. L., De invloed der temperatuur op den praesentatietijd bij geotropie. Utrecht 1910. 1912, RUTGERS, A. A. L., The influence of temperature on the geotropie presentation-time. Recueil des Trav. Botan. Neerlandais Vol. IX. 1912. 1911. Weigert, F., Die chemischen Wirkungen des Lichts. Stuttgart 1911. 67. Eduard Gerresheim: Über den anatomischen Bau und die damit zusammenhängende Wirlhaceloma ampelinum de By ist seither von einer Reihe von Autoren näher untersucht worden. Anders ist die Sache mit dem punktförmigen Schwarzbrenner (Antracnose ponctuee), P. VlALA macht darüber die Bemerkung „encore totalement inconnue dans leur cause". Im Gegensatz dazu halten DELAGROIX und MAUBLANC S, 23 den punktförmigen Schwarzbrenner durch ein Bakterium verursacht, das den Mal nero und die Gommose bacillaire der Weinrebe erzeuge. In der Frage der Beziehung der Valsa Vitis Fuck. zum punktförmigen Schwarzbrenner konnten nur Infektionsversuche weiteren Aufschluß geben. Im Frühjahr 1911, nachdem die Triebe der Weinrebe eine Länge von 30 — 40 cm erreicht hatten, be- gann ich mit meinen Infektionsversuchen am 12. Mai. Ich be- nutzte dazu frisch gesammeltes Q/^o.'a-Gehäuse in Reihen an- gelegt; oft verschmelzen deren melirere miteinander. Ihre Mün- dungen zeigen einen kleinen weißen Ring, der sie scharf charakte- risiert. Das Or/^o^pom- Gehäuse ist stets vielkammerig kohlig mit fest abgegrenzter Wandung (Fig, 4), Die Conidien werden auf dünnen Sterigmen, die eine mittlere Länge von 15 — 18|M' erreichen, gebildet (Fig, 6), Die Conidien selbst sind farblos c^dindrisch schwach gebogen und messen 3,5 — 4 — 5 /* in der Länge auf 1 — 1,5 n in der Breite (Fig. 7). Sie treten in gelblichen Schleim- über die Schädigung der Weinrebe durch Valsa Vitis (Schweinitz) Fuckel. 591 ranken aus der Mündung hervor. Die Conidien werden vom Früh- jahr bis in den Herbst ausgestreut, und man findet reife Cyfospora- gehäuse fast den ganzen Sommer hindurch, sofern die Feuchtigkeit ihre Entwickehing begünstigt. Dementsprechend kann man auch Schwarzbrennerinfektionen in feuchten Jahren den ganzen Sommer hindurch beobachten. Sie treten im Frühjahr zeitiger als die PJasmopara auf und sind im Sommer, sobald feuchtkühle Witterung eintritt, wieder zu sehen. Die jüngeren Triebe und Blätter werden stets stärker infiziert als ältere Partien. Die Ascosporengehäuse oder Perithecien entstehen aus einem kohlig schwarzen elliptischen Stroma. Sie sind wie die Cytospora- gehäuse meist in Reihen angeordnet und können auch mit ein- ander verschmelzen. Sie ragen warzenförmig zwischen den alten Bastschichten hervor. Die Mündungen der einzelnen Perithecien stehen dicht gedrängt in einer kleinen Scheibe vereinigt und über- ragen diese mit einem kurzen cylindrischen Schnabel (Fig. 8). Die Fruchtkörper sind in der Zahl von 8 — 14 je in einem Stroma vereinigt, sie stehen dicht gedrängt in einer Schicht gelagert. Die Asci sind keulenförmig kurz gestielt und reißen bei der Präparation leicht von der AVand los. Sie messen 30 — 34 p, in der Länge auf 4 — 6 ^ in der Breite. Die Sporen sind stets in der Zahl von acht im Ascus und cylindrischer, schwach gebogen, farblos. Ihre Dimensionen sind 8 — 11 auf 2 — 2,5 n. Wenn man die von NiTSCHKE vorgeschlagene Gruppierung der Gattung Valsa acceptiert, so ist Valsa Vitis Fuck. somit unter JEnvalsa zu stellen und in die Monostichae einzureihen. Nach der Literatur zu schließen, wäre Valsa Vitis Fuck. und auch dessen Conidienform ein nicht besonders häufiger Pilz. Die Krankheit, die sie hingegen erzeugt, der punktförmige Schwarz- brenner, ist mit eine der häufigsten Erscheinungen, die man in den Rebgebieten Westeuropas antrifft. Ich fragte mich, ob denn der Pilz wirklich so selten, oder ob er bisher nur übersehen worden sei. Bis heute habe ich ihn in fast allen E-ebgebieten, wo mir Gelegenheit zur Untersuchung geboten war, vorgefunden. So an einer Eeihe von Punkten der Nord-Ost-Schweiz, ferner in der Umgebung von Basel, im Kanton Waadt und Genf. Auch in Südfrankreich in der Umgebung von Montpellier konnte ich den Pilz vorfinden. So habe ich die Überzeugung gewonnen, daß der- selbe sich überall vorfindet, wo man den Punktbrenner des Wein- stockes kennt. Am leichtesten findet man den Pilz auf den ab- gefallenen kleinen Triebspitzen in der Erde. Die Ascosporenform dürfte deshalb seltener gefunden und auch gebildet werden, weil Ber. der deutschen bot. Gesellseh. XXX. 39 592 H C. SCHELLENBERG: wohl mehrere Generationen Conidien sicli ausbilden können, bevor der Pilz Perithecien erzeugt. Es ist aber tatsächlich ein häufiger Pilz, der bisher nur wenig beachtet wurde. unter unsern Rebsorten infiziert er am stärksten die Elblino-e und die Burgunder oder Klevner. Auch die anderen Sorten werden nicht verschont; ich kenne unter den V. vhnf'era-Formen keine, die nicht von ihm befallen würden. Die stärkste Entwickelung zeigt die Krankheit in naßkalten Jahrgängen. Das Jahr 1912 war für ihre Entwickelung außer- ordentlich günstig, und in solchen Jahrgängen stiftet der Pilz auch namhaften Schaden. Besonders die jungen Blätter wie Zweige werden bei reichlichem Befall in der Entwickelung empfindlich gehemmt. Die Blätter bleiben etwas kleiner und breiten sich nicht flach aus, sondern bleiben schwach kraus. Der stark befallene Trieb bleibt erheblich im AVachstum zurück. Nach VlALA sollen einzelne Amerikaner-Rebsorten stärker von der „Antracnose ponctuee" befallen werden als die europäischen Rebsorten. Ich habe auf Vitis liiimria und rnpestris-YoYm.Qn denn auch die Conidienfrüchte von Yalsa Vitis auffinden können, doch fehlt mir zurzeit genügend Beobachtungsmaterial, um diese Frage zu beantworten. In die Verwandtschaft des Panktbrenners stellt dann VlALÄ die „Antracnose deformante", die ähnliche Punkte wie der Punktbrenner auf dem Holz erzeugt, gleichzeitig aber stark verkürzte Zweige und krause Blätter hervorbringt. Sie ist nur auf einzelnen Züchtungen amerikanischer Reben bekanntgeworden. Sie dürfte vielleicht ebenfalls durch eine Valsa erzeugt werden, doch bedarf die ganze Frage des punktförmigen Schwarzbrenners noch vieler weiterer Untersuchungen. Durch die vorliegenden Zeilen dürfte der sichere Nachweis erbracht sein, daß die Infektionen von Valsa Vitis Fuckel den punktförmigen Schwarzbrenner verursachen. Die Vermutung von DELACROIX, daß der Punktbrenner durch Bakterien verursacht sei, halte ich für unrichtig. Einmal liegen für diese Angabe keine Infektionsversuche vor. Andererseits aber wird man in den Punkten des Schwarzbrenners besonders in älteren Stadien immer Bakterien vorfinden, denn die schützende Epidermis ist nicht nur abgestorben, sondern gerissen oder gar abgestoßen. Den Bakterien ist alsdann der Zutritt frei, und es können einzelne Bakterien unter den Bedingungen, die in der kleinen Pilzgalle existieren, sich auch weiter entwickeln. Das sind aber sekundäre Befunde, die mit der pri- mären Infektion, durch die Valsa Vitis Fuckel nichts zu tun haben. über die Schädigung der Weinrebe durch Valsa Vitis (Schweinitz) Fuckel. 593 Anders ist hingegen die Frage, ob der Punktbrenner in jedem Falle durch ^'aIsl Vitis Fuck. hervorgerufen werde. Neben dieser Art ist auf der Weinrebe in Europa Valsa ampelina Nitschke be- kannt geworden, die zu der Cytospora ampelina Sacc. als Conidienform gehören dürfte. Bis heute habe ich diese Form in den "Weinbergen nicht finden können; ich zweifle aber nicht daran, daß sie ähnliche Krankheitsbilder verursacht wie Valsa Vitis Fuck. und vielleicht in einzelnen Gebieten diese vertritt. Sie ist hingegen leicht und sicher zu unterscheiden, indem sie zur Untersektion Cryptovalsa gehört und ihre Asci somit zahlreiche Sporen aufweisen. Auch in Amerika sind Vertreter der Gattung Valsa auf wilden E-eben bekanntgeworden. So Valsa (Eutypa) viticola Schw. Sacc. auf Vitis vulpina, und bei weiterer Untersuchung dürften auch noch einige weitere Spezies entdeckt werden. Alle diese Formen dürften einen ähnlichen Entwickelungsgang wieValsa Vitis Fuckel auf- weisen. Es fragt sich nur, ob ihnen vom Standpunkt der Pflanzen- pathologie die gleiche Bedeutung zukommt. Seitdem in Europa zur Gewinnung von reblaussicheren Unter- lagen zahlreiche Kreuzungen amerikanischer Reben gezogen werden, ist auch bekannt, daß in regenreichen Jahren auf vielen dieser Züchtungen der Punktbrenner stark auftritt. Ja aus einzelnen Pflanzschulen sind sogar namhafte Schäden angegeben worden. Ich habe, soweit mir Gelegenheit geboten war, auch diese Frage geprüft und konnte konstatieren, daß Valsa Vitis Fuck. auf ver- schiedenen Amerikanern {Uiparia- und Itupestris-VovvciQn) auftritt. Diese Frage bedarf noch der weiteren Untersuchung; indessen zweifle ich nicht daran, daß die in Europa sicher ursprünglich ein- heimische Valsa Vitis Fuck. auf die neuen Züchtungen übertritt und dort wenigstens bei einzelnen Sorten größere Schäden noch verursacht als auf Vitis-vinifera-Vovm.en. Literatlirverzeicilnis. BabO und Mach, Handbuch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft, III. Aufl., Bd. I, 1910. A. DE BaRY, Über den sog. Brenner der Reben, Bot. Zeitung 1874. Delacroix et Maublanc, Maladies des plantes cultivees, Paris 1909. FUCKEL, Symbolae Mjcologicae, I, Wiesbaden 1869. Lindau in Sorauers Handbuch der Pflanzenkrankheiten, Bd. II, Die pflanzlichen Parasiten 1908. J. SCHROETER, Krjptogamenflora von Schlesien, 1897. Schweinitz, Synopsis Fungorum Carolingense, 1831. P. ViALA, Les maladies de la vigne, II. Aufl., Paris 1893. 39* 594 Friedrich IIildebrand: Erkläniiig der Tafel XVI. Fig. 1. Zweig der Weinrebe mit Ci/tospora-Grehlxnsen, die zwischen den Bast- lagern hervorbrechen. Nat. Größe. Fig. 2. C/jIvspord -Gehiiuse nach Entfernung der Bastlager. Nat. Größe. Fig. 3. Querschnitt durch einen Punkt des punktförmigen Schwarzbrenners. Vergr. 200. Fig. 4. Querschnitt durch das C//^06;^>0)y<- Gehäuse der Valsa F/V/s. Vergr. 2.5. Fig. 5. Flächenansicht des C//^os;^;r)>Y/-Gehäuses mit Mündungspapille. Vergr. 8. Fig. 6. Sterigmen des Ci/tot^pora-Gehä.uses. Vergr. 800. Fig. 7. Einzelne Conidien. Vergr. 800. Fig. 8. Perithecienlager von Valsa Vitia. Querschnitt. Vergr. 25. Fig. 9. Perithecienlager von der Fläche gesehen. Vergr. 8. Fig. 10. Einzelne reife Asci. Vergr. 800. Fig. 11. Reife Ascosporen. Vergr. 800- 73. Friedrich Hildebrand: Über einen Bastardapfel und eine Bastardbirne. (Mit Tafel XVII.) (Eingegangen am 20. November 1912.) Schon im Jalire 1868 bespracli ich in der botanischen Zeitung auf S. 327 einen Apfel, der dort auf Taf. VI abgebildet wurde, welcher aller Wahrscheinlichkeit nach dadurch entstanden war, daß die Blüte eines Gravensteiner Apfelbaums — dort Herbst, calvill genannt — mit dem Pollen einer Blüte des daneben stehen- den roten Calvillebaumes durch Insekten bestäubt worden war, was dadurch angedeutet wurde, daß dieser Apfel einen breiten, roten Streifen hatte, unter welchem im Fleisch sich die für den roten Calville charakteristischen, rot gefärbten Gefäßbündel fanden. Da nun derartige Fälle von dem direkten Einfluß fremdartigen Pollens auf die durch diesen eingeleitete Fruchtbildung nicht sehr häufig besprochen worden sind, so mag es entschuldigt werden, wenn ich in dem Folgendem einen in diesem Jahre in meinem Garten erschienenen Bastardapfel beschreibe und die Beschreibung einer schon vor vielen Jahren beobachteten Bastardbirne hinzufüge. In meinem Garten hier in Freiburg steht ein Kaiser- Alesander- Apfelbaum, zwischen dessen Asten die Zweige eines Gravensteiner Apfelbaums sich eingedrängt haben. An diesem Kaiser-Alexander- Apfelbaum fand ich nun in diesem Herbst einen Apfel, welcher über einen Bastardapfel und eine Bastardbirne. 595 aller Wahrscheinlichkeit nach durch die Bestäubung einer Blüte dieses Baumes mit dem Pollen einer Blüte des Gravensteiner Apfel- baumes entstand und auf Tal XVII in Figar 1 dargestellt ist. Die Abbildung der Früchte der beiden Eltern erschien überflüssig, da diese beiden Apfelsorten ja wohl allgemein bekannt sind, jedoch wird eine kurze Beschreibung derselben wegen des Vergleiches mit der Bastardfrucht nötig sein. Die Kaiser-Alexander-Apfel sind mehr oder weniger kugelig, eher etwas plattgedrückt, als länglich ; sie haben nie Andeutungen von Eippen und besitzen eine grünlichgelbe Oberfläche, wobei sie meist rote Backen haben, aber niemals rote Streifen, welche sich von der gelblichgrünen Oberfläche mehr oder weniger scharf abheben. Die Gravensteiner Apfel haben hingegen eine mehr oder weniger längliche Gestalt und zeigen dabei in vielen Fällen, wenn auch nicht immer, rippenartige Vorragungen, welche von der Einsenkung am Gipfel ausgehen, die hier nicht so stark wie bei den Kaiser-Alexander-Aj)feln ist. Die Oberfläche ist zur E-eifezeit der Gravensteiner bei ihnen gold- gelb und hat meistenteils, an einer Seite der Frucht oder ringsum mehr oder weniger scharf ausgeprägt, leuchtend rote Längsstreifen; in manchen Fällen sind diese roten Streifen mehr oder w^eniger zu roten Backen zusammengeflossen, in anderen Fällen fehlen sie fast ganz. Der Duft ist bei dem Kaiser-Alexander-Apfel ein sehr schwacher und wenig anziehender, während er beim Gravensteiner Apfel als sehr stark, und sehr angenehm bekannt ist, so daß durch diese Eigenschaft die echten Gravensteiner sich leicht von den fälschlich unter diesem Xamen auf den Markt gebrachten Äpfeln unterscheiden lassen. Diesem angenehmen starken Duft der Gravensteiner entsprechend ist auch deren Fleisch im Vergleich zu dem Kaiser- Alexander-Apfel das bedeutend wohlschmeckendere, von welchem es sich auch durch große Saftigkeit auszeichnet; außerdem ist es hier gelblich gefärbt, was beim Kaiser-Alexander- Apfel nicht der Fall ist. Der in Bede stehende an dem Kaiser-Alexander- Apfelbaum gewachsene Apfel zeigt nun, wie die Fig. 1 der Taf. XVII (auch wenn sie nicht koloriert gegeben werden konnte) leicht wird er- kennen lassen, in sehr auffallender Weise eine große Ähnlichkeit mit einem Gravensteiner Apfel, welche so groß ist, daß man meinen sollte, die Frucht sei nicht an einem Kaiser-Alexander-Apfelbaum, sondern an einem Gravensteiner Apfelbaum gewachsen. Derselbe hatte eine schwach längliche Gestalt und eine Anlage zur Rippen- bildung an seinem Gipfel, dessen sogenannte Blume lange nicht so eingesenkt lag wie bei einem Kaiser-Alexander- Apfel. Haupt- 596 Friedrich Hildebrand: sächlich bemerkenswert war aber die Farbe dieser Fruelit. Die- selbe war schön zitronengelb wie bei dem echten Gravensteiner Apfel lind hatte auf der einen Seite dunkelrote, in der Fig. A durch dunkle Stellen angedeutete Längsstreifen, welche nach Basis der Frucht zu an Breite zunahmen. Der Duft glich ganz dem eines Gravensteiner Apfels, ebenso war auch das Fruchtfleisch so wohl- schmeckend und saftig, wie bei diesem und gar nicht mit dem 2iur geringen Wohlgeschmack und der mehr trockenen Beschaffenheit des Fruchtfleisches eines Kaiser- Alexander-Apfels zu vergleichen. Auch dadurch war diese Frucht einem Gravensteiner Apfel sehr ähnlich, daß ihr Gehäuse weitere Kammern hatte, als das eines Kaiser-Alexander-Apfels. Ferner war auch die Bestielung der Frucht eine sehr kurze, gerade so wie bei einem Gravensteiner Apfel, während die Kaiser-Alexander-Apfel ziemlich langgestielt sind. Endlich zeigte auch die Reifezeit der in Rede stehenden Frucht ihre teilweise Abstammung vom Gravensteiner an; diese Reifezeit trat nämlich bedeutend später ein, als bei den anderen in diesem Herbst an demselben Kaiser- Alexander- Apfelbaum ge- wachsenen Früchten. Diese spätere Reifezeit war es denn auch, welche bewirkte, daß der Apfel unter den auf Lager befindlichen Kaiser-Alexander- Äpfeln bis zuletzt beim Yerbraucii übrigblieb, so daß dies dazu führte, daß ich auf ihn aufmerksam wurde. Eine Verwechselung mit einem an dem benachbarten Gravensteiner Apfelbaum gewachsenen Apfel konnte nicht vorliegen, da an dem- selben in diesem Jahre die Früchte wegen der großen Nässe sich ganz schlecht ausbildeten, und eher abfielen, als die des Kaiser- Alexander-Apfelbaums, welche zu normaler Ausbildung gelangten, abgenommen wurden. Nach allem ist ersichtlich, daß die vorliegende Frucht eine selir bemerkenswerte Abweichung von den sonstigen Kaiser- AlexanderÄpfeln zeigt, und daß ihre Eigenschaften derartige sind, daß man es kaum bezweifeln kann, daß dieser Apfel dadurch entstanden sei, daß eine Blüte des Kaiser-Alexander-Apfelbaums mit dem Pollen einer Blüte des benachbart stehenden Gravensteiner Apfelbaums bestäubt vA'urde. An diesen Bericht möchte ich kurz den über eine Birne schließen, welche ich schon vor vielen Jahren in meinem elterlichen Garten in Köslin beobachtete und damals abbilden ließ. Dieselbe ist auf Taf. XVII Fig. 4 dargestellt: Die Früchte eines der Eltern dieser Birne, nämlich die Schmalzbirnen, Taf. XVII Fig. 2, sind ja wohl allgemein bekannt, aber von des anderen Elter, einer Ber- gamottensorte, Taf. XVII Fig. 3, kann ich den Namen nicht angeben; über einen Bastardapfel und eine Bastardbirne. 597 es schien daher geboten, eine Abbildung der beiden Eltern außer derjenigen der Bastardbirne, Taf. XVII Fig. 4, zu geben, welche sich an einem Schmalzbirnenbaum fand, der dicht neben einem Baum der betreffenden Bergamottensorfce stand. Die Schmalzbirnen, Fig. 2, haben bekanntlich eine längliche Gestalt und zeigen nach ihrem Stiele zu eine plötzliche Verkleinerung ihres Umfanges, während die Früchte der in üede stehenden Bergamottensorte, Fig. 3, nicht länglich, sondern kuglig waren, und nach ihrer Basis zu allmählich im Durchmesser abnahmen, sich also von den Schmalz- birnen in der Gestalt sehr unterschieden. Die in Hede stehende Bastardbirne, Fig. 4, zeigte nun in ihrer Gestalt ein Mittelding zwischen den Schmalzbirnen und denen der Bergamottensorte. Sie war länglicher als die Bergamotten, aber bedeutend kürzer als die Früchte des Schmalzbirnenbaumes, an dem sie sich fand, und nahm nach ihrem Stiele zu in ähnlicher Weise, wie die Schmalz- birnen im Umfange, ab, wenn auch nicht in so starkem Maße. Hätte diese Birne an dem Bergamottbirnenbaum gesessen, so würde man sie kaum vor den übrigen Früchten als besonders hervor- tretend bemerkt haben, da sie aber an dem Schmalzbirnbaum saß, so fiel sie sogleich auf. Leider unterließ ich es zu jener Zeit, diese Birne in bezug auf ßeifzeit und Geschmack zu untersuchen, ihre Gestalt aber dürfte die Vermutung berechtigen, daß dieselbe ihren Ursprung der Bestäubung einer Blüte des Schmalzbirnen- baumes mit dem Pollen einer Blüte des benachbart stehenden Bergamottbirnenbaumes verdankte. Erkläniua- der Tafel XTII. •& Fig. 1. Ein an einem Kaiser- Alexander- Apfelbaum gewachsener Apfel. Fig. 2. Eine Schmalzbirne. Fig. 8. Eine Bergamottbiroe. Fig. 4. Eine an einem Schmalzbirnenbaum gewachsene Birne. 598 Hugo Fischer: 74. Hugo Fischer: Zur Frage der Kohlensäureernährung der Pflanzen. (Eingegangen am 21. November 1912.) Nachstehende Zeilen sollen eine Antwort sein auf die Be- sprechung, welche A. HANSEN in der Naturwiss, llundschan, 27. Jahrg., 43. H., S. 547, meiner in der Gartenflora 1912, 14. H., er- schienenen Arbeit „Pflanzenernährung mittels Kohlensäure" ge- widmet hat. Vorausschicken will ich, daß ich mich durch diese Kritik in keiner "Weise verletzt fühle, vielmehr von der Unvollkommenheit des bisher Erreichten selbst überzeugt bin und mich über jeden freue, der dieser so überaus wichtigen Frage Interesse entgegen- bringt. Daß ich mich mit diesen Dingen, wenigstens in Gedanken, beschäftige, geht auf die Zeit von 1892 — 1895 zurück, wo ich Assistent in Tübingen war und dort VÖCHTINGs Arbeiten über die Beziehung zwischen Licht und Blütenbildung zu sehen Gelegen- heit hatte. Was jetzt meinerseits, allerdings recht unvollkommen und verbesserungsbedürftig, das Licht der Welt erblickt hat, ist alles, was ich in der langen Zwischenzeit zu der Frage habe arbeiten dürfen. Mit letzterem Wort will ich allerdings nicht bestreiten, daß mir die Errichtung und Unterhaltung eines eigenen botanischen Laboratoriums auf eigene Kosten wohl nicht verboten worden wäre. In den „sieben mageren Jahren", die ich in Bonn verlebt, habe ich wenigstens den einen sehr wesentlichen Nachweis liefern können, daß der gleiche Rückgang der Blütenbildung, Abfallen der schon vorhandenen Knospjen usw., der von verdunkelten Pflanzen bereits bekannt war, sich in der gleichen Weise vollzieht, wenn die Yersuchspflanze zwar im Licht, aber in kohlensäurefreiem Baum gehalten wird, daß also die Blütenbildung nicht einfach vom Licht, sondern von der Assimilation abhängig ist. AVas nun die jetzt von mir empfohlene Methodik betrifft, so bitte ich zu berücksichtigen, daß sich meine Veröffentlichung vor- wiegend an die Gärtner wendet. Darum habe ich zunächst (keineswegs für immer) von einer Anwendung im Freien abge- Zur Frage der Kohlensäureernälirung der Pflanzen. 599 sehen, weil mir in dieser Kichtung keine Erfalirungen zu Gebote standen, und ich auf der Hut sein mußte, ein A^erfahren zu emp- fehlen, das vielleicht mehr kosten Avürde als es einbringt; denn im Freien muß notwendig ziemlich viel Kohlensäure verloren gehen. Daß grüne Blätter mit großer „Gier" die Kohlensäure der Luft an sich reißen, ist auch mir bekannt; es würde von der jeweiligen Geschwindigkeit der herrschenden Luftbewegung abhängen, wieviel Kohlensäure wirklich ausgenützt wird. — Aus dem genannten Grunde war auch meine Methodik auf möglichst billiges Arbeiten zuge- schnitten, auch mußte ich von vornherein auf komplizierte Appa- rate verzichten, weil sowohl deren Anschaffung wie ganz besonders deren Handhabung seitens der Gärtner auf zurzeit unüberwindliche Schwierigkeiten gestoßen wäre. Gründe der gleichen Art waren es auch, die mich zur Ver- wendung der rohen Salzsäure führten. Schwefelsäure ist an sich teurer; dann stehen dem Hantieren mit der konzentrierten Säure gewisse Bedenken entgegen, während der Bezug verdünnter Säure die Frachtspesen erhöhen würde. Irgend eine Schädigung der Blätter durch aufsteigende Salzsäuredämpfe habe ich bisher nie beobachtet, obwohl ich mit so empfindlichen Pflanzen arbeitete wie z. B. Trojxieolum. Die Waschflasche wäre zurzeit noch ein viel zu komplizierter Apparat, könnte ja aber zur größeren Sicherheit eingeführt werden. Schaden kann freilich entstehen, wenn die nach Aufgießen der Säure emporspritzenden Tröpfchen auf Blätter oder Stengel treffen. Übrigens habe ich jenem Aufsatz einen Nachtrag in Heft 15. der Gartenflora folgen lassen^), in welchem ich zur Kohlensäure- entwicklung das Abbrennen von Spiritus (auf 1 qm je 1, 2 oder 3 ccm, eventuell zweimal täglich) empfehle. Reiner Alkohol wäre ziemlich teuer, ich habe mich jedoch überzeugt, daß die ja nicht eben schön riechenden Dämpfe des Denaturierungsmittels meinen Yersuchspflanzen nicht im mindesten schadeten, auch nicht, wenn ich in meinen Glashäuschen von Va cbm Linenraum bis zu 10 ccm Spiritus abbrannte. Mit Brennspiritus kommt die Sache noch billiger zu stehen als mit Kalkstein und roher Salzsäure; auch hat man den Vorteil, daß die Kohlensäure aus der Flamme nach oben 1) Dieser Nachtrag sollte in den Sonderabzügen mit dem Hauptteil zu- sammengedruckt werden, was seitens der Druckerei versäumt wurde; nun scheint es, als ob versehentlich (ohne mein Verschulden) ein Teil derjenigen Fachgeuossen, denen ich Sonderabzüge zugehen ließ, den Nachtrag nicht mit erhalten habe, was ich zu entschuldigen bitte. 600 Hugo Fischer: Zur Fruge der Kohlensäureernährung der Pflanzen. steigt, sich also gleichmiiMiger im Räume verteilt, während sie ja sonst leicht zu Boden sinken kann. Freilich, mit der Anwendung dieses Mittels ist es kein reiner Vorsuch mehr: die entwickelte Wärme kommt hinzu, was bei exakten Vergleichen selbstredend in Betracht gezogen werden muß. Für die Nutzanwendung wäre das gewiß kein Fehler, die Wärme könnte je nachdem sogar von günstiger Wir- kung sein. Als feststehend dürfen wir ansehen, daß Wärme die Entfaltung vorhandener Blütenanlagen beschleunigen, nicht aber den Knospenansatz an einer noch nicht blühreifen Pflanze fördern würde. Nicht zugestehen kann ich, daß solche Versuche „im wesent- lichen nur eine Wiederholung von GODLEWSKIs Versuchen be- deuteten". Dafür war von vornherein die Fragestellung eine ganz andere. Bei GODLEWSKI lautete sie: „Läßt sich die im Blatt niedergelegte Stärke entsprechend dem Kohlensäuregehalt der Luft vermehren? und: wo liegt die Grenze, jenseits welcher eine Steige- rung nicht mehr stattfindet?" In meinen Versuchen: ,,Wie ent- wickelt sich die Pflanze, der man monatelang täglich ein verhältnismäßig geringes Mehr an Kohlensäure zuführt? und: sind die blütenbildenden Stoffe nach SACHS, wie ich schon im Jahre 1898 behauptet hatte, identisch mit den Kohlen- hydraten?"' Ich glaube nicht zu viel gesagt zu haben, wenn ich das eine ganz verschiedene Fragestellung nenne. Als ein besonders wichtiges Ergebnis meiner Versuche sehe ich es an, daß man wenig fruchtbare Bastarde duch Zufuhr von Kohlensäure zu reicherem Samen ansatz veranlassen kann, was in Rücksicht auf die ganze botanische Bastardforschung von sehr großer Bedeutung zu werden verspricht; nähere Mitteilungen behalte ich mir vor. Diese Zeilen möchte ich nicht schließen, ohne den kultur- geschichtlich interessanten Hinweis, daß wir in diesen Fragen weiter, als wir heute sind, schon vor 15 Jahren hätten sein können, wenn manches anders wäre als es ist, wenn ich hätte ar- beiten dürfen, wie ich arbeiten wollte und konnte. 0. WeumeR: Merulius lacrymans und M. silvester. ßOl 75. C. Wehmer: Merulius lacrymans und M. Silvester. (Eingegangen am 21. November 1912.) Über das Verhältnis des sogenannten wilden Haus- schwamms (Merulius Silvester Flck.) zum echten Hausschwamm (M. lacrymans Schum.) sind die Ansichten bekanntlich geteilt, nach dem einen^) ist ersterer eine besondere Spezies für sich, nach dem anderen dagegen"^) nur eine Varietät des letzteren. C. MEZ legt dem von ß. FALOK hervorgehobenen Unterschiede beider bezüglich der Temperaturw^erte keine entscheidende Bedeutung bei. Zur Ge- winnung weiteren Materials für Beurteilung dieser Frage kultiviere ich beide Pilze bereits seit längerer Zeit vergleichend neben- einander, es handelte sich darum, festzustellen, ob Unterschiede etwa bei Züchtung auf verschiedenen Nährböden herauskommen. "Wie ich erweisen konnte, ist das nun allerdings der Fall. Die Differenzen liegen in der Art des Wachstums, insbesondere aber in der Pigmentbildung auf flüssigen, zumal zuckerhaltigen Substraten. Meine beiden Pilzformen entsprechen — wie vorweg konsta- tiert wurde — der Anforderung, daß sie sich bei ca. 26 " durchaus verschieden verhalten^). Hierzu wurden Abimpfungen auf Kar- toffel und Würze-Agar mehrere Wochen im Thermostaten gehalten: Diejenigen von J/. lacrymans versagten und trock- neten ohne nennenswerte Weiterentwicklung ein, während die von M. Silvester glatt anwuchsen; hier überzog sich das Substrat als- bald mit dem charakteristischen weißen, teils zitronengelb verfärbten Mycel, das beim Abschluß sowohl den Würze-Agar wie die Kar- toffelstücke völlig bedeckte^). 1) R. Falck, Wachstumsgesetze, Wachstumsfaktoren und Temperatur- werte holzzerstörender Mycelien in „Hausschwammforschungen", herausgegeben von A. MÖLLER, 1. Heft, Jena 1907, S. 53. — A. MÖLLER, Hausschwamm- untersuchungen, ibid., S. 33. 2) 0. MEZ, Der Hausschwamm, 1908, S. 69. — K. Hoffmann, Wachs- tumsverhältnisse einiger holzzerstörenden Pilze. Disserfc. Halle, 1910, S. 120. 8) Impfung der Kulturröhrchen und kleinen ERLENMEYER-Kolben ge- schah mit Mycelflocke aus zwei gleich alten Kartoffelkulturcn der beiden Pilze; um Zufälligkeiten auszuschließen, wurden die Impfungen von M. lacrij- 602 ^- Wehsier: Bei Zimmertemperatur dagegen wuchsen beide auf Kar- toffel, Würze-Agar und Würze- Gelatine ziemlich gleich schnell, das Aussehen des Mycels zeigte kaum Unterschiede — ausgenommen etwa, daß M. lacrt/mans zumal auf Kartoffel erheb- lich stärker zur Pigmentbildung (Gelbfärbung) neigte — auch die Verflüssigung der Gelatine geht mit ungefähr gleicher Geschwindig- keit vonstatten. Nach wochenlanger Kultur ist die total ver- flüssigte Gelatine bei beiden Pilzen tief dunkelbraun, aber auch hier bestehen bereits Unterschiede in der Schnelligkeit, mit der die Pigmentbildung einsetzt; erst goldgelb geht die Farbe allmäh- lich in dunkelbraun über. Besonders auffällig sind die Differenzen auf Zuckernährlösungen (Dextrose mit Ammonnitrat als Stick- stoffquelle, neben Monokaliumphosphat und Magnesiumsulfat), solche Kulturen geben mit der Zeit ein ganz verschiedenes Bild. Da das Wachstum der beiden Pilze unter solchen Bedingungen ein sehr langsames ist, muß ihnen dazu entsprechende Zeit gelassen werden. Hier findet nun eine intensive Verfärbung allein bei J/. lacrymans statt, M. Silvester zeigt nur schwache Anfänge zur Farbstoffbildung selbst in mehrere Monate alten Kulturen. Sein Mycel ist dann weißgrau, stellenweise hellbräunlich, das des anderen Pilzes dagegen größerenteils tief rotbraun, die Kulturflüssigkeit selbst bei 31. lacrymans durchweg goldgelb, bei M. Silvester farblos bis hellgelb. Es kommt hiernach, wie ich schon ge- legentlich hervorhobi), bei beiden Arten zu einer Pigmentbildung, sie ist aber bei M. Silvester auf Zackerlösung so wenig ausge- sprochen, daß dies Moment wohl zu einer systematischen Trennung ausreicht, das Aussehen der Kultaren ist tatsächlich so stark von- mans an den folgenden Tagen zwei- bis dreimal (erfolglos) wiederholt. Tem- peraturschwankungen des Brutschrankes während der Versuchswochen be- trugen einige Grad (24 — 28°). • — Der vorschriftsmäßige Ausfall der Versuche überraschte mich — wie ich gestehe — etwas; das Material von M silveater bezog ich von der Zentralstelle in Amsterdam. Fräulein Prof. Dr. Wester- DlJK hatte auf meine besondere Nachfrage noch die Liebenswürdigkeit mit- zuteilen, daß der Pilz aus dem Botan. Institut zu Halle stammte, seinerzeit von Herrn Dr. Ernst G. Prijs'GSHEIM eingeschickt und der richtige des Ebers walder Standortes sei. Ich vergleiche ihn nun mit einem selbst aus einem kranken Hause isolierten. Der benutzte M. lavrijmanH war vor einigen Jahren aus schwammkrankem Holz isoliert und fortgesetzt bei Zimmerwärme weiter kultiviert, seine Empfindlichkeit gegen etwas höhere Wärme- grade hat er also trotzdem nicht eingebüßt. 1) C. Wbhmer. Über Pigmentbildung bei Merulius lacrymans (Ber. Botan. Ges., 1912, 30, 327). Zitronengelbes Pigment bilden beide Arten, M. Silvester aber gleichfalls schwächer. Merulius lacrymans und M. Silvester. 603 einander abweichend, daß der uneingeweihte Beobachter sie ohne weiteres als verschiedenen Pilzen entsprechend erklären würde, der eine ist eben farbig, der andere fast farblos. Es sei das durch das Ergebnis von 8 Kulturen hier im ein- zelnen kurz belegt. Je 100 cc Nährlösung mit 3 pCt. Dextrose (ehem. rein) und 0,5 pCt. des Mineralsalzgemisches von 1 Teil Ammonnitrat, 0,5 T. Monokaliumphosphat, 0,25 T. Magnesiumsulfat (krist.), unter Watte im Dampf sterilisiert, mit je einer Mycelflocke der beiden Pilze aus Kartoffelkultur beimpft. Stand der Kulturen am 20. No- vember 1912: 1. 31. lacrymans (Kulturalter 6 — 15 Monat): In allen 4 Ver- suchen Deckenmj'cel stark gelb und rotbraun verfärbt, submerse Mycelmassen in toto rotbraun, Flüssigkeiten goldgelb. 2. M. Silvester (Kulturalter 6 — 12 Monat): In allen 4 Versuchen die Decken weißgrau, nur stellenweise hellbraun, submerse Mycelien farblos, Flüssigkeit teils farblos, teils hellgelb. An einer Konstanz der Unterschiede ist hiernach kaum zu zweifeln. Die gleiche Erscheinung wiederholt sich aber bei einigen anderen Substraten in ähnlicher Weise, allerdings verfüge ich hier erst über wenige Versuche. So wuchs M. lacrymans auf Inulin- lösung (3 pCt., sonst wie vorher) unter starker Rotbraunfärbung des Mycels, Flüssigkeit goldgelb; das kümmerliche Polster zweier Parallelversuche mit M. Silvester ist dagegen nach rund einem Jahre noch schneeweiß, Flüssigkeit farblos. Für beide Pilze, zumal für letzteren, ist diese Kohlenstoffquelle schlecht. Auch Glycerin gibt Unterschiede, als Nährstoff ist es unter den gewählten Ver- hältnissen nicht viel besser; hier tritt sogleich Färbung von Mycel und Flüssigkeit bei M. lacrymans auf, M. Silvester blieb monatelang farblos, schließlich wurden hier die oberflächlichen Polster rostfarben (je 3 Versuche), der andere Pilz rotbraun bis dunkelrot. • Ahnliche Differenzen findet man auf Kartoffel- Stärkekleister mit Nährsalzen, wo sich der letztgenannte Pilz bislang kaum merklich verfärbte. Es scheint mir hiernach, daß die Verschiedenheiten im Ver- halten gegen Wärme ebenso wie die ungleiche Pigmentbildung der zwei Pilze — solange Wandelbarkeit dieser Merkmale nicht exakt gezeigt ist — ihre Aufrechterhaltung als besondere Spezies wohl motivieren. Dazu kommt, daß das Aussehen der auf Holz wachsenden Mycelhäute und derben Stränge trotz der großen Ähnlichkeit doch ganz bestimmte Unterschiede zeigt; M. Silvester scheint in Ge- bäuden verhältnismäßig selten zu sein (ich fand ihn im ganzen dreimal), und hier auch kaum oder doch selten Fruchtkörper zu 604 ^- N\ üHMER: Älerulius lacrymans uml M. Silvester. bilden, solche bekam ich bislang (nach 10 Wochen) auch nicht in größeren Kellerversiichen auf Holz, während M. lacrymans sie hier unschwer erzeugte. Selbst wenn nun die Fruchtkörper beider Pilze einander sehr (also bis zum Verwechseln) ähnlich sein sollten — kleine Unterschiede im Bau weiden jedoch angegeben^) — , so könnte dies Moment gegenüber den greifbaren physiologischen Unterschieden um so weniger schwer ins Gewicht fallen, als ja die äußere Form der J/.-Za^'ryma«5-Fruchtkörper (nicht weniger vielleicht auch die der anderen Arten) schon recht wandelbar ist und in ihrer Ausgestaltung stark unter dem Einfluß äußerer Um- stände steht. Oidien bzw. Gemmen, wie solche früher wiederholt, als durch Zerfall der Hyphen in bekannter Weise entstehend, ang(3geben sind, habe ich bislang weder in Keinkulturen noch bei freier Vegetation auf Holz im Keller bei keinem der beiden Pilze gesehen, dagegen bildete sich nunmehr nach monatelanger Kultur in einer der zahl- reichen Zuckerkalturen des M. lacrymans oberhalb des Flüssigkeits- niveaus ein wohlcharakterisierter kleiner hellbrauner Frucht- körper (ca. 3 om Durchm.), der alsbald aber wieder von sterilem Mycel überwuchert wurde. Gegenüber den sogen. Schimmelpilzen (Aspergillaceen, Mucoraceen) fällt die außerordentlich lange Lebens- dauer der künstlichen Kulturen von 3Ierulius- Arten, auf. Hannover, November 1912. Techn.-Bakter. Laboratorium des Techn.-Chem. Instituts der Kgl. Techn. Hochschule. 1) E. Falck in MÖLLER, Hausschwammforschungen, 3. Heft, 1909, S. VII. Karl Rudolph : Chondriosomen und Chromatophoren. 605 76. Karl Rudolph: Chondriosomen und Chromatophoren. (Beitrag zur Kritik der Chondriosomentheorien.) (Mit Tafel XVIII und einer Textfigur.) (Eingegangen am 21. November 1912.) In den letzten zwei Jahren liat die Chondriosomenlelire, M-elche seit dem vergangenen Jahrzehnt bereits in der tierischen Histologie eine große Literatur hervorgerufen hat, auch in der botanischen Zellenlehre ihre belebende Wirkung geltend gemacht und eine in mancher Beziehung umwälzende Bewegung entfacht, die zum großen Teil von Arbeiten in diesen „Berichten" ihren Ausgang nahm. Es handelt sich bekanntlich um neuentdeckte, den tierischen Mitochondrien morphologisch und färberisch ähnliche Inhaltskörper im Cytoplasma, an die die weittragendsten Folge- rungen geknüpft wurden, die einerseits alte, für gesichert geltende Anschauungen angriffen, andererseits neue grandiose Perspektiven für unsere Erkenntnis der Beziehungen von Pflanzen- und Tierzelle eröffnen sollten, indem die besagten Cytoplasmastrukturen für ho- molog den tierischen Chondriosomen erklärt und die Chromato- jDhoren der Pflanzenzelle von ihnen abgeleitet wurden. Wenn auch unbedingt gesagt werden muß, daß diese Hypo- thesen noch ganz ungenügend fundiert sind, so haben sie doch ge- gewiß schon einen nicht geringen heuristischen Wert bewiesen, der in der immer mehr anschwellenden botanischen Chondrio- somenliteratur zum Ausdruck kommt. Es erübrigt mir, neuerdings einen historischen Überblick über die Entwicklung dieser Anschau- ungen zu geben. Ein solcher findet sich in den Einleitungen der meisten diesbezüglichen Arbeiten und erst in letzter Zeit sind uns wieder durch E. W. Schmidt (25, 26) Sammelreferate darüber geboten worden. Naturgemäß hat auch bereits eine kräftige Kritik eingesetzt, wie sie die Tragweite dieser Hypothesen erfordert, und dieser sollen auch die folgenden Darlegungen dienen, die das Ergebnis einer Nachuntersuchung hauptsächlich der Angaben LEWITSKYs (13) bilden, mit der ich mich seit mehr als Jahresfrist beschäftigt habe. Es sei im vorhinein bemerkt, daß ich die meisten der von LEWITSKY beschriebenen cytologischen Figuren wieder gefunden 606 Karl Rudolph: habe. In ihrer Deutung aber und ihrer genetischen Zusammen- stelhing kann icli den bisher ausgesprochenen Ansichten nicht ganz folgen. Zu dieser Untersuchung verwendete ich mit Absicht dasselbe Objekt, das LEWITSKY dazu geführt hat, einen entwicklungs- geschichtlichen Zusammenhang zwischen Chromatophoren und Chondriosomen anzunehmen, nämlich Keimlinge und ältere Sprosse von Asparagns of'ficinalis. Auch in der Methode folgte ich zunächst ganz LEWITSKY, fixierte also mit BEND Ascher Flüssigkeit^) oder mit Formol-Chromsäure ^) und färbte die Schnitte mit Eisen-Häma- toxylin. Später verwendete ich dann mit weit schönerem Erfolg jene Methode, die von BENDA (2) als „typische Mitochondrien- Färbungsmethode" in die tierische Histologie eingeführt wurde*): die Doppelfärbung mit sulfalizarinsaurem Natrium und Kristall- violett nach vorangegangenem etwas kompliziertem Beizungs- und Chromierungsverfahren. Man erhält dann nach richtiger Differen- zierung das Cytoplasma licht gelbrötlich, Nucleolus und Chromo- somen tief rot, Chromatophoren und Chondriosomen violett gefärbt, letztere beide aber je nach dem Volumen wieder in verschiedener Intensität, also eine viel vollkommenere Kontrastwirkung als bei der Hämatoxylinfärbung. In einigen Fällen versagte mir die Darstellung der Cytoplasma- bestandteile in den plasmareichen Meristemzellen, wie ja schon ver- 1) „BENDAsche Flüssigkeit" entspricht dem „starken FlemminG" mit verringertem Gehalt an Essigsäure und erhöhtem Gehalt an Osmiumsäure: 15 ccm 1 proz. Chromsäure + 4 ccm 2 proz. Osraiumsäure + 3 Tropfen Eisessig. 2) 85 T. 10 proz. Formol -|- 15 T. l proz. Chromsäure mit Nachfixierung in „Benda". 3) Die irr„B-ENDA" fixierten Objekte kommen 24 St. in Acet. pyrolignos. rectif., sodann 24 St. in 2 proz. Kaliumbichromat — 24 St. wässern — Ein- bettung in Paraffin wie gewöhnlich — die Schnitte 24 St. in 4 proz. Eisen- alaun — in Wasser abspülen — 24 St. in bernsteingelbe wäßrige Lösung von sulfalizarinsaurem Natrium, die durch Einträufeln einer alkoholischen Lösung in Wasser erhalten wird — abspülen — in Kristallviolettlösung (1 Vol.-T. in 70 proz Alkohol kalt gesättigte Lösung von Kristallviolett + 1 Vol -T. Säure- alkohol (1 proz. HCL) -f 2 Vol.-T. Anilinwasser) vorsichtig erwärmen, bis Dämpfe aufsteigen — abspülen — in 30 proz. Essigsäure differenzieren, bis im Cyto- plasma die Rotfärbung wieder durchschlägt, ca. 3 Min. — auswaschen — an der Luft trocknen lassen — kurz in Aceton eintauchen — durch Xylol in Kanadabalsam. — Die Beizung mit Holzessig und die Postchromierung mit Kaliumbichromat wurde mehrfach auch erst nach dem Schneiden vorgenommen. Ich habe es nicht ausprobiert, ob diese Prozeduren alle unerläßlich sind. — Angewendete Schnittdicke in allen Fällen 5 fi. ChonfJriosomen und ühromatophoren. 607 schieclene Forscher, z. B. ZIMMERMANN, NEMEC (20, S. 292), auf die Schwierigkeit der Plastidenfärbiing in den Vegetationspnnhten hingewiesen haben. Bei einigen Serien aber, wo ich die Vegetations- punkte gespalten hatte, um ein möglichst rasches Eindringen der Fixierungsflüssigkeit herbeizuführen, erhielt ich befriedigende Resultate. Meine Auffassung stützt sich auf das übereinstimmende Er- gebnis von vier gut gelungenen Serien, von denen drei durch die End- knospen junger, etwa 3 cm großer KeimpfJänzchen geführt wurden, während die vierte von der Endknospe eines fingerdicken, etwa 20 cm langen, bereits ergrünten Erneuerungssprosses einer alten Pflanze stammte. An dieser letzteren ließ sich besonders schön die Entwicklung der Chromatophoren und Chondriosomen bis in die ausgewachsenen Gewebe verfolgen und sie ist daher in erster Linie der folgenden Darstellung und den Zeichnungen zugrunde gelegt. Es seien zunächst die Verhältnisse in den schon ausdifferen- zierten Geweben betrachtet, wie sie die Internodien unmittelbar untel- der Endknospe darbieten. In einer Assimilationszelle aus dem primären ßindengewebe der Sproßachse (Fig. 5) finden wir die Chlorophyllkörper — mit der Doppelfärbung nach BENDA licht- violett gefärbt — schon annähernd in ihrer endgültigen Größe und in ihrer gewöhnlichen Gestalt. Neben den runden Körnern sieht man, bald vereinzelt, bald an manchen Stellen lokal gehäuft, ge- streckte, walzen- bis bisquitförmige Körper mit allen Graden der Einschnürung in der Mitte, welche man ohne weiteres als Teilungs- stadien der Chlorophyllkörner ansehen wird, . wie sie sich auch in viel älteren Zellen immer wiederfinden. Nur sind hier die Chloro- phyllkörner im Zustande der Teilung häufig — nicht immer — auffallend stark in die Länge gezogen, sodaß sie mehr den be- kannten, von MlKOSUH (18) beschriebenen Teilungsfiguren bei Hartivegia comosa als der üblichen schematischen Darstellung der Durchschuürung entsprechen (Fig. 5, Textfig. I). Ahnliche Chloro- plastengestaltungen hat u. a. auch KÜSTER (12) in FunariazQWQn, die im Dunkeln in 72 pi'oz. KNOPscher Nährlösung gehalten wor. den waren, ferner bei Elodea in schwach plasmolysierender Lösung gefunden. Die Teilung scheint hier nicht so sehr dadurch zustandezu- kommen, daß eine Durchschneidung in der Mitte des Kornes ein- tritt, als vielmehr dadurch, daß sich das Korn zunächst durch eine vermutlich intercalare Wachstumszone walzenförmig streckt und dann die beiden Hälften auseinander rücken, wobei das Mittelstück Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. 40 608 Karl Rudolph: immer länger ausgezogen und dünner wird, bis es reißt. Die Mitte des Kornes ist ancli in den gefärbten Präparaten oft lichter gefärbt, entsprechend der chloropliyllosen Mittelzone bei der „indirekten Teihmg" nach MlKOSOH, Neben diesen lichtgefärbten Chromatophoren fallen dann weiter zahlreiche weit kleinere, tief schwarzblau gefärbte Körnchen in die Augen, welche unregelmäßig im Cytoplasma zwischen den Chlorophyllkörnern zerstreut liegen, ferner vereinzelte kurze, gleich intensiv gefärbte Stäbchen, welche bei hinreichend starker optischer Auflösung auch häufig eine leichte Einschnürung in der Mitte er- kennen lassen und so die Formverhällnisse der „Teilungsfiguren" in kleinerem Maßstab wiederholen, und bisweilen auch längere Fädchen, die bald gleichmäßig dünn erschemen, bald schwache Anschwellungen an den Enden, in der Mitte oder reihenförmig hintereinander erkennen lassen (Fig. 5). Wie der weitere Verfolg bestätigt, sind diese Gebilde un- zweifelhaft die als Chondriosomen beschriebenen Inhaltskörper, und ich werde auch im folgenden für sie diesen Ausdruck und die übrigen Termini der Chondriosomenlehre i) in Anwendung briügen, wobei aber ausdrücklich betont sei, daß damit nur ihre Formver- hältnisse, ihj- färberisches Verhalten und die äußerliche Vergleich- barkeit mit früher unter diesem Namen beschriebenen Gebilden zum Ausdruck kommen, aber nichts über eine Homologie mit den tieri- schen Mitochondrien ausgesagt sein soll. Es soll damit nur ge- kennzeichnet werden, daß es sich um körner-, Stäbchen- oder faden- förmige Inhaltskörper des Cytoplasma von gewisser Größe handelt, die durch verschiedene Fixierungs- und Färbungsverfahren vom Cytoplasma different gefärbt werden und auch schon in der leben- den Zelle erkennbar sind. Es ist also zu konstatieren, daß die Chondriosomen auch noch neben den entwickelten Chloroplasten in den aus- gewachsenen Zellen vorkommen, eine, wie mir dünkt, für die Deutung sehr bemerkenswerte Tatsache, deren LEWITSKY keine besondere Erwähnung tut und die auch in seinen Figuren nicht zum Ausdruck kommt. Die ausgewachsenen Epidermiszellen enthalten nur wenige kleine Chloroplasten, daneben aber wieder eine größere Zahl von Chondriosomen in Körner-, Stäbchen- und Fädchenform in schein- bar noch größerer Dichte. 1) Mitochondrien — Körner. Oliondriokonten — Stäbchen, Chondriomiten — Fäden, Chondriosomen — Gesamtbezeichnung für alle Formen, Chondriom — die Gesamtheit der Chondriosomen in einer Zelle. Ohoudriosomen und Chromatophoren. 609 Verfolgen wir die Chloroplastengestaltung ira Innern des Sprosses vom ßindenparenchym gegen die Grefäßbündel zu, so sehen wir, daß die Chlorophyllkörner kleiner und kleiner werden, wobei auch, wie der Vergleich mit lebenden Schnitten zeigt, der Chlorophyllgehalt mehr und mehr abnimmt. Gleichzeitig sehen wir, daß ungefähr in demselben Maß, in dem die Streckung der Zellen gegen das Gefäßbündel hin zunimmt, auch die Teilungs- figuren der Chromatophoren immer stärker gedehnt und dünner ausgezogen erscheinen. Diese Verkleinerung und Streckung der Chromatophoren führt zu einer allmählichen Annäherung an die Tadenformen der Chondriosomen, die sich in allen Zellen wieder, finden, so daß wir in den verschiedenen, langen, schmalen Ele- Cs. c .C c; Fig. 1. Asparagiis ofßcinalis, Ghloroplasten- und (Jliondriosomengestaltung im allmählichen Übergang von der j^rimären Rinde gegen ein Gefäßbündel, ca. 3 cm unter der Endknospe, a aus einer äußeren Zellage des Assimilations- gewebes, b weiter nach innen, c aus gestreckten Parenchymzellen des Gefäß- bündels. Apochromat. 2 mm, Com2:)ens.-Okular 18. menten der Gefäßbündel beide Gebilde nurmehr mit Mühe von- einander unterscheiden können. In Textfigur I sind Chloroplasten mit den sie begleitenden Chondriosomen auf drei verschiedenen Stufen dieses allmählichen Überganges dargestellt. Es ist also schon innerhalb eines Querschnittes jene Kette von Übergangs- formen zwischen ausgewachsenen Chromatophoren und Chondrio- somen gegeben, die LEWITSKY zur Annahme eines entwicklungs- geschichtlichen Zusammenhanges geführt hat. Dieser allmähliche Übergang beweist aber zunächst nur, daß wir auch die chondriomitenähnlichen Chromatophoren als Teilungs- figuren und nicht als Urformen aufzufassen haben, homolog den gewöhnlichen Bisquitformen der Chlorophyllkörper, wie sie sich auch in alten, längst ausgewachsenen Zellen gelegentlich wieder- 40* 610 Karl Rudolph: finden, wenn eine Vermehrung der Chlorophyllkörner eintritt. Diese sind nach aller unserer Erfahrung nichts anderes als ein vorübergehender, gelegentlicher Foruizustand der runden Kürner, der wiederholt eingenommen werden kann. Die starke Dehnung dieser Teilungsfiguren in den Gefäßbündeln und begleitendem Gewebe könnte vielleicht in irgend einem mechanischen Zusammen- hang mit der Streckung der Zellen und ihren engen Ilaumver- hältnissen stehen, wie ja auch der Kern oft um ein vielfaches seines Durchmessers gestreckt erscheint. Es scheint übrigens, daß die Chromatophoren oft sehr lange im Zustande der Teilung ver- harren, ja daß dieser Zustand bisweilen fast stationär werden kann. Dafür spricht die oft große Häufigkeit der Teilungsfiguren, ohne daß immer eine entsprechende Vermehrung der Chloroplastenzahl zu konstatieren wäre. Spätere Erfahrungen haben mich in dieser Annahme noch bestärkt (s. u. S. 620, Fußnote). Jene Übergangskette legt nur noch die Möglichkeit sehr nahe, daß wir die Chondriomiten selbst als letzten Grad dieser natürlichen Deformierung der Chromatophoren auffassen, daß auch sie nur eine besondere secundäre Formgestaltung derselben darstellen. Aber schon ein eingehender Vergleich des Chondrioms in den verschiedenen Zellschichten desselben Querschnittes läßt diese Annahme unwahrscheinlich erscheinen. Wie schon erwähnt, finden sich die Chondriosomen gleichmäßig in allen Arten von Zellen, in Epidermis- und Grundgewebszellen sowohl, wie in allen Ele- menten der Gefäßbündel, den Siebröhren, Geleitzellen, Ursprungs- zellen der Gefäße usw. Die Gestaltungs- und Zahlen Verhältnisse sind ziemlich gleichförmig, es läßt sich nur im allgemeinen sagen, daß die Zahl und Länge der Fäden nach innen zunimmt und in den Gefäßbündeln ein Maximum erreicht. Hier finden sich in meinen Präparaten Ketten von großen gestreckten Zellen (Fig. 7), vermutlicli Gefäßanlagen, die ganz erfüllt sind von einem Gewirr langer, meist in der Längsrichtung der Zellen orientierter Fäden, die oft beträchtlich länger sind als die längsten Teilungsfiguren der Chromatophoren. Zwischen ihnen lassen sich hier und da noch kleine voluminösere Leukoplasten, häufig wieder im Teilungs- zustande, und Mitochondrien erkennen. In anderen Schnittserien fand ich in ganz gleichwertigen Zellen nur Mitochondrien in großer Zahl an Stelle der Fäden, wie überhaupt zu konstatieren ist, daß die Chondriosomen in gleichwertigen und gleichaltrigen Zellen bald als Körnchen, bald als Stäbchen, bald als Fäden oder meist ganz gemischt auftreten. Ohondriosomen und Ohromatophoren. 611 Beim Übergang gegen das Grundgewebe zwischen den Gefäß- bündeln erreichen die Ohromatophoren allmählich wieder ungefähr die normale Größe und zeigen die gleichen unzweideutigen Teilungs- figuren wie die Ohloroplasten des Assimilationsgewebes (Fig. 6). Die Ohondriosomen finden sich auch hier wieder in allen ihren gewöhnlichen Formen mit allen Übergängen untereinander, von den Kleinkörnern über Stäbchen bis zu Fäden von beträcht- licher Länge, aber ohne jeden Übergang zu den Ohloro- plasten dieser Zellen. Aus dieser Tatsache schon läßt sich schließen, daß auch die lansen Chondriomiten sich von den Mitochondrien und nicht von den gestreckten Teilungsfiguren erwachsener Ohloroplasten ableiten und daß die Formannäherung zwischen diesen und den Ohondrio- somen in den Stranggeweben nur eine rein zufällige ist. Es scheint mir am wahrscheinlichsten, daß die Ohondriomiten tatsächlich Ketten von unvollständig durchgeteilten Mitochondrien vorstellen — vergleichbar etwa den bekannten Ohloroplastenketten bei Sela- ginella — , die gelegentlich auch wieder in die Einzelkörner zer- fallen können. Es wurde auch schon erwähnt, daß die Ohondriomiten oft reihenförmige Anschwellungen an der äußeren Kontur oder im Grade der Färbung erkennen lassen (Fig. 7, 4). Für diese Auffassung spricht das vikariierende Auftreten von Körnern und Fäden in derselben Zelle, die so wechselnde Länge der Fäden, die kein bestimmtes Größenverhältnis zu den Ohloro- plasten erkennen läßt und das Fehlen von Übergangsformen in den Grundgewebszellen. Es ergibt sich bei dieser Deutung, daß wir in den aus- differenzierten Geweben ein getrenntes Nebeneinander von Ohromatophoren und Ohondriosomen zu konstatieren haben. Der ,, Übergang" zwischen beiden in den Gefäßbündeln ist nur ein scheinbarer, in den Grundgewebszellen fehlt er überhaupt. Dies legt schon die Auffassung näher, daß es sich hier um ver- schiedenartige Gebilde handelt und nicht um Entwicklungs- stadien desselben Organs. Eine weitere Entscheidung darüber muß natürlich in den embryonalen Geweben gesucht werden. Die Verhältnisse im Vegetationspunkt, wie sie sich aus meinen Präparaten ergeben, sind mit der Auffassung LEWITZKYs nicht ganz in Einklang zu bringen. Nach der Darstellung LEWITZKYs (13, 15) und auch GUILLIERMONDs (in einer seiner ersten Arbeiten) (7) müßten wir in den Urmeristemzellen ganz vorwiegend Fäden und Stäbchen erwarten, denn solche sollen den Ausgangspunkt, das Anfangsstadium der Ohromatophoren-Entwicklung bilden. 612 Karl Rudolph: leli finde nmi in meinen Präparaten im Urmeristem der Haiij)tachse sowohl wie aller seitlichen Cladodien durchwegs nur Kürner vorherrschend (Fig. 1). Es sind also in allen von mir untersuchten Serien nicht Stäbchen und Fäden sondern Körner das Primäre, der Ausgangspunkt der Entwicklung. Die Körnchen, die meist zerstreut im Cytoplasma liegen, bisweilen auch um den Kern gehäuft sind, sind in der ßegel von Mitochondrien- oröße. In einieen Urmeristemzellen heben sich schon einzelne Körner durch größeres Volumen heraus, so daß man hier schon glauben könnte, Piastiden und Mitochondrien unterscheidbar vor sich zu haben, doch will ich darauf noch kein Gewicht legen, da auch die Mitochondriengröße etwas schwankt. Nur vereinzelt, manchmal in einer Zellgruppe etwas gehäuft, finden sich auch gestreckte Formen, Stäbchen, Keulen, Spindeln und besonders gestreckte Bisquitformen, neben den runden Körnern. Als Seltenheit habe ich auch hier und da einmal etwas längere Fäden gefunden. Bei ihrer w^eit geringeren Zahl machen diese gestreckten Bildungen durchaus den Eindruck, daß sie nur gelegent- liche Formgestaltungen der runden Körner bilden. Wie wir in älteren Zellen neben den runden Körnern auch gestreckte Teilungs- figuren sowohl der Chloroplasten wie der Mitochondrien sehen, so werden wir naturgemäß auch in den Meristemzellen Teilungs- figuren dieser Gebilde zu erwarten haben, ja sie werden hier, wo die Zellteilung so lebhaft ist, mit noch größerer Häufigkeit auf- treten müssen, und es könnte wohl vorkommen, daß sie in manchen Vegetationspunkten, die sich gerade in einer Phase besonders leb- hafter Zellteilung befinden, die ursprünglichen runden Körner überwiegen. Es ist daher wohl das natürlichste, daß wir diese vereinzelten gestreckten Formen auch als Teilungsfiguren der Körner auffassen, wie ja auch die Teilungsbilder der Piastiden in älteren Zellen starke Dehnung zeigen. Darnach wären diese „Chondriokontenstadien" nicht als Urformen sondern als wiederholt durchlaufene Zwischenstadien gedeutet, wofür ihr nur gelegentliches Vorkommen in Zellen aller Altersstufen und ihr allmählicher Über- gang zu normalen Teilungsfiguren spricht. In diesen Urmeristemzellen vermögen wir Chromatophoren und Chondriosomen noch nicht zu unterscheiden, aber vielleicht nur deswegen nicht, weil hier die Piastiden bis zur Größenordnung der Mitochondrien verkleinert sind. Schon im nächsten Alters- stadium aber, dort etwa, wo die erste Gewebedifferenzierung ange- deutet ist, beginnen sich die Chloroplastenanlagen deutlich aus dem Chondriom herauszuheben, indem einzelne der Körner, etwa 6 bis Chondriosomen und Chromatophoren. Q{^ 12, an Größe heranwachsen, während ein Rest in der ursprüng- lichen Mitochondriengröße verharrt (Fig. 2, 3). Die Teihingsstadien sind auf dieser Stufe oft noch schwer von den Chondriokonten zu unterscheiden, besonders in den jungen Procambiumsträngen (Fig. 4). In den Grundgewebszellen geben sie sich aber bald durch die voluminöse Anschwellung (Fig. 2, 3) unzweifelhaft als solche zu erkennen^ und wir können dann deutlich das Nebeneinander von Piastiden und deren Teilungsstadien einerseits und von Chondrio- somen andererseits konstatieren, wobei auch bereits gewisse färbe- rische Unterschiede hervortreten, indem die Färbung mit Kristall- violett um so blasser ausfällt, je voluminöser die Gebilde sind. Die Chondriosomen folgen ebenso wie die Piastiden durch stete Vermehrung der fortschreitenden Zellteilung, so daß auch die Mitochondrien auf alle Zellen aufgeteilt werden. Diese Ver- mehrung erfolgt offenbar auch durch Teilung, und es ist nahe- liegend, wieder die Chondriokonten, die ja oft deutlich bisquit- förmig sind, als die Teilungsstadien der Mitochondrien anzusehen. Die Länge der Chondriokonten nimmt mit der Entfernung vom Vegetationspunkt immer mehr zu. Sie gehen so allmählich in die Fäden, die Chondriomiten über, die übrigens vereinzelt schon in den Meristemzellen auftreten können. Man gewahrt dann Fäden, welche einer Teilungskette von etwa drei bis vier Körnern ent- sprechen. (Fig. 4.) Die langen Chondriomiten treten aber erst in größerer Entfernung vom Vegetationspunkt in rasch zunehmender Häufigkeit und Länge auf. (T. XVIII, Fig. 7.) Die Entwicklung schreitet dann in der angegebenen Richtung- divergent fort, indem nur die Chloroplasten weiter an Volumen zunehmen, ergrünen oder zu Leuko- oder Chromoplasten aus- differenzieren usw., während die Chondriosomen mehr oder weniger in ihrem embryonalen Zustand verharren, und wir kommen dann wieder zu dem eingangs geschilderten Nebenein- ander ganz verschieden aussehender Gebilde in den älteren Geweben. Es ergibt sich somit eine Lesart des Entwicklungsganges, die von der Darstellung LEWITSKYs und der anderen Autoren ab- weicht, derzufolge in den Meristemzellen als Anfangsstadium fädige Bildungen vorhanden sein sollen, die dann an den Enden anschwellen und durch Trennung dieser Anschwellungen zwei oder mehr Chromatophoren den Ursprung geben. Hier finde ich ganz überwiegend Körner als Anfangsstadium und gestreckte Formen nur als gelegentliche untergeordnete Beimischung, die ohne Schwierigkeit als nur gelegentliche Formgestaltungen, am besten als ,, Teilungsfiguren" gedeutet werden können. 614 Karl Rudolph: Im Urmeristem sind Chromatophorenaulagen und Chondrio- somen nicht unterscheidbar. Ks findet aber keineswegs eine quantitative Umbildung aller vorhandenen Körner und Fädchen in Chromatoplioren statt, wie es aus den Figuren LEWITvSKYs (13, Fig. 6 — 9) und PeNSAs zu schließen wäre, sondern ein Teil entwickelt sich zu Chromatophoren, während der andere zu den Chondriosomen der ausgewachsenen Zellen wird. Die Chromato- phorenentwicklnng erfolgt ganz nach unserer alten Auffassung durch Wachstum und Teilung einzelner der in den Meristemzellen vor- handenen Körner. Ihre Teilungsfiguren sind anfangs den Chon- driokonten noch sehr ähnlich. Man könnte nun annehmen, daß alle Körner im Vegetations- punkt gleicher Natur sind und sie alle als Mitochondrien be- zeichnen und weiter schließen, daß nur ein Teil von ihnen zu Chromatophoren ausdifferenziert wird, während der andere im embryonalen Zustande auf alle Zellen übergeht. Diese Denk- möglichkeit entspricht dem Standpunkte GUILLIERMONDs, welcher ebenfalls konstatiert hat, daß sich die Mitochondrien nicht nur in allen embryonalen, sondern auch in allen somatischen Zellen finden und in der Zusammenfassung einer seiner letzten Arbeiten (9) sagt, ,,ein Teil der Mitochondrien bildet sich um in Chloroplasten, Leucoplasten usw., viele dauern aus in gewissen Zellen und haben noch unbekannte Bestimmuns;". GUILLIERMOND hält dabei an der ganz hypothetischen An- nahme fest, daß die pflanzlichen und tierischen Mitochondrien homologe Organe des Cytoplasmas seien. Er bringt übrigens seine Auffassung auch mit der SCHIMPERschen Lehre von der Indi- vidualität der Chromatophoren in Einklang, indem er aussagt, daß sich alle Mitochondrien der Pflanze durch Teilung von denen der Eizelle und diese wieder durch Teilung von denen der Mutter- pflanze ableiten, während LEWITSKY (14) die Chondriosomen als das Grundgerüst des Cytoplasmas, entsprechend den Granula ALTMANNs und dem Mitom FLEMMINGs auffaßt und PENSA (23) gar sie jedesmal durch Neudifferenzierung aus dem Cytoplasma entstehen läßt. Man kann aber auch, diesen kühnen Hypothesen ausweichend, alle beschriebenen Gebilde als verschiedene Entwicklungsformen der Piastiden auffassen und wieder annehmen, daß von den Chro- matophorenaulagen der Meristemzellen nur ein Teil zu Chloro- plasten, Leucoplasten usw. aktiviert wird, während der andere rudimentär bleibt. Zu diesem Schluß ist E. W. SCHMIDT ge- kommen, indem er in seinem Sammelreferat (26, S. 713) sagt: Choudriosoraen und Ohromatoplioren. 615 ,,daß das, was als „pflanzliche Mitocliondrien" oder ,,Claondrio- somen" beschrieben worden ist, wechselnd gestaltete Chroma- tojDhoren in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung ge- wesen sind". Schmidt hat aber nicht das übergangslose Nebeneinander von Chromatophoren und Chondriosomen in den ausgewachsenen Zellen gesehen, und eben das bleibt bei dieser Deutung sehr schwer verständlich. Bilden die Chondriosomen hier nur ein funktionsloses B-udiment oder bilden sie vielleicht einen E,eserve- fonds, aus dem die Vermehrung und Regeneration der Chroma- tophoren erfolgt? Das entspricht nicht unserer Erfahrung, der- zufolge die Vermehrung der Chromatophoren immer nur durch Teilung der vorhandenen Chromatophoren stattfindet^). Mir erscheint da eine dritte Deutungsmöglichkeit am natür- lichsten, daß Chromatophoren und Chondriosomen von vornherein Gebilde verschiedener Natur seien und daß die morphologische Annäherung in den Meristemzellen und den Gefäß- bündeln nur eine rein zufällige ist. Daß das gleiche färberische Verhalten keine beweisende Bedeutung hat, braucht wohl nicht erst besonders betont zu werden 2). Man könnte allenfalls an eine entfernte phylogenetische Ver- wandtschaft denken. Dafür dürfte sich aber kaum ein Anhalts- punkt bei den niederen Pflanzen finden. Für diese Deutung spricht vor allem die frühzeitig getrennte Nebeneinander-Entwicklung, die zu so verschiedenen Endstadien innerhalb derselben Zelle führt. In dieser verschiedenen Entwicklung drückt sich ein tief- greifender physiologischer Unterschied aus, der den Körnern schon im Anfangsstadium induziert sein muß, wenn sie morphologisch 1) Auch bei Neubildung von grünen Adventivsprossen aus scheinbar chlorophyllfreien Zellen, z. B. Adventivbildungen an Moosrhizoiden, lassen sich doch meist noch einige kleine Ghloroplasten oder wenigstens Leuco- plasten nachweisen, auf die dann der neu entstandene Chlorophjllapparat zurückgeführt werden kann. Weitere Untersuchungen über das Verhalten des Chondrioms bei Regenerjitionserscheinungen (z. B. Blattstecklingen aus Epidermiszellnn bei Begonia) sind noch beabsichtigt. 2) Die verschiedene Korngröße der einzelnen Chromatoph. und Chon- drios. hat übrigens oft große Unterschiede in der Intensität und dem Ton der Färbung zur Folge, je nach der verhältnismäßigen Dauer von Färbung und Differenzierung. »So sind manchmal in einzelnen Zellpartien überhaupt nur die Chromatoph. gefärbt, wo andere Schnitte an gleicher Stelle deutliche Chondrios. zeigen und umgekelirt. Damit erklären sich wohl manche Wider- sprüche zu früheren Beobachtungen. 61(3 Karl Rudolph: noch nicht nntcrschicden werden können. Bei den überhaupt so einfachen Formverhältnissen scheint mir dieser physiologische Unterschied wichtiger '/.n sein als die morphologische Ähnlichkeit in gewissen Entwicklungsstadien. Ein solcher [)hysiologischer Unterschied spricht sich auch darin aus, daß die Chondriosomen so gleichförmig in allen Zellen auftreten, während die Chromatophoren viel mannigfaltigere Aus- gestaltung erfahren. Letztere scheinen auch von äußeren Faktoren viel leichter beeinflußbar zusein. Schon A. MEYER (17) ist zu dem Schluß gekommen, daß die abweichende Chromatophorengestaltung in den verschiedenen Zellagen durch die ungleiche Lichtintensität in denselben bedingt ist. Ich habe mich auch selbst davon über- zeugt, daß das Licht bis zu gewissem Grade das Wachstum der Chromatophoren stark fördert, während die Chondriosomen unbe- einflußt bleiben. Vergleicht man gleichartige Gewebe von Keim- lingen, die im Dunkeln gezogen wurden, mit solchen, die im Licht heranwuchsen, so sieht man bei ersteren das Chloroplastenwachstum in den ßindenzellen stark verzögert. Bei solchen Dunkelkeim- lingen ist daher auch die Differenz in der Chromatophoren- und Chondriosomenent Wicklung ia den ersten Stadien viel weniger prägnant und tritt viel später in Erscheinung, Ahnlich wie bei diesen Dunkelkeimlingen ist aiTch im Yegetationspunkt der Wurzel das Heranwachsen der Piastiden zu Leucoplasten sehr verzögert, und sie sind daher samt ihren gestreckten Teilungsfiguren erst auf später Entwicklungsstufe im bereits differenzierten Gewebe sicher von den überall vor- handenen Mitochondrien und fädigen Chondriosomen zu unter- scheiden. Aber auch hier finde ich in den Meristemzellen als Anfangsstadium der Entwicklang beider Gebilde vorwiegend Körner und in den älteren Zellen wieder nebeneinander er- wachsene Leucoplasten und kleinere Chondriosomen, wie es übrigens LEWITSKY (13, Eig 19) hier selbst abbildet. Es ist also auch hier der Entwicklungsgang mit der vorgetragenen Ansicht, daß es sich um heterogene Gebilde handelt, ohne weiteres in Einklang zu bringen. Für einen n u c 1 e a r e n Uisprung der Chondriosomen kann ich ebensowenig wie LEWITSKY einen Anhaltspunkt finden. Täuschungen sind hier sehr leicht möglich, ich kann diesbezüglich auf die ausführlichen Kritiken von NEMEC (20, S, 271 ff.) und LUNDEGARD (16) verweisen. Jedenfalls habe ich kein Alters- stadium der Zelle gefunden, wo Chondriosomen noch im Cyto- plasma fehlen, und bei Anwendung der BENDAschen Mitochondrien- Ohondriosomen und Chromatophoren. 617 färbung ist auch der färberische Unterschied zwischen Chromosomen und Nucleokis einerseits und Ohondriosomen andererseits sehr auffällig. Während LEWITSKY Asparagus noch als ein ungeeignetes Objekt für die Lebendbeobachtung der Ohondriosomen be- zeichnet, konnte ich doch auch bei dieser Pflanze die Existenz der Ohondriosomen in vivo ganz unzweifelhaft in Zellen ver- schiedenster Kategorie, in Epidermis-, Rinden-, Mark- und Gefäß- bündelzellen, in den Sproßachsen sowohl wie in den rudimentären Blättchen konstatieren. Wenn auch nicht gerade in jedem Fall auf sicheres Gelingen zu rechnen ist, kommt man doch bald zu einer gewissen Sicherheit im Auffinden der Ohondriosomen. Die Schnitte können in gewöhnlichem Brunnenwasser unter- sucht werden, es kommen aber für die Beobachtung nur völlig intakte Zellen in Betracht, welche noch das bekannte glasklare Aussehen des Zellkernes und der Ohlorophyllkörner aufweisen und noch keine Spur von Granulation und Schaumigwerden zeigen. Solche gut geeignete Zellen lenken bald durch ihre rege Plasma- strömung die Aufmerksamkeit auf sich. Sieht man nun längere Zeit zu, so unterscheidet man bald in den zarten Plasmasträngen kleine zart lichtbrechende Körnchen, Stäbchen und Fädchen, die von der Plasmaströmung mitgetragen werden, wobei die Fädchen schlängelnd hin und her gebogen werden. Das ganze Bild erinnert in der Art der Lichtbrechung wie ia den Größenverhältnissen ganz an zarte Bakterien aller Gattungen, von Coccen bis zu Spirillen. Nicht selten zeigen die Fädchen wieder leichte Anschwellungen an den Enden, Es kehren dieselben Formen in gleichen Größen- und Mengenverhältnissen wieder wie in den gefärbten Präparaten ^ und es erweist sich damit ihre Fixierung und Färbung als völlig naturgetreu. Das bemerkenswerte Nebeneinander der großen dunkelgrünen Ohloroplasten und der viel kleineren, zarten,, gänzlich farblosen Ohondriosomen in den ausgewachsenen Assimi- lationszellen tritt hier noch viel eindrucksvoller hervor. Wer dieses Hinundherwandern der Ohondriosomen in der lebenden Zelle einmal gesehen hat, für den kann kein Zweifel an ihrer realen Existenz auch in vivo mehr bestehen, und der Einwand LUNDEGARDs (16), daß die beschriebenen Ohondriosomen nur durch Fixierung defor- mierte Piastiden seien, erledigt sich damit von selbst, Diese Beobachtungen machte ich sowohl an den Geweben junger Keimpflanzen, wie an älteren Sproßstücken fast^ erwachsener Pflanzen, nur in den jüngsten Geweben war mir keine sichere Beobachtung gelungen, weil es zu schwer ist, hinreichend dünne Schnitte mit trotzdem völlig intakten Zellen zu bekommen. <318 Karl Rudolph: In einigen Zellen nimmt man noch etwas stärker licht- brechende Tröpfchen von schwach grünlicher Färbung wahr, welche mit den Mitochondrien nicht zu verwechseln sind. Das Auftreten ■dieser Tröpfchen bedeutet, wie ich \n Übereinstimmung mit LEWITSKY konstatieren konnte, das erste Anzeichen für das Ab- sterben der Zellen. Es tritt wahrscheinlich durch das allmähliche Eindringen des Wassers, das auf die Chloroplasten wie auf die Chondriosomen zerstörend wirkt, eine Entmischung ein. Osmium- säure schwärzt diese Tröpfchen, während die Chondriosomen un- gefärbt bleiben. Bei fortschreitender Desorganisation beginnt das Plasma vakuolig zu werden, Chromatophoren und Chondriosomen zerfließen zu einer gleichmäßig grünen, körnigen Masse, in der nurmehr der gleichfalls granulös gewordene Kern zu unter- scheiden ist. An dem lebenden Material wurden dann noch einige weitere Yersuche über das mikrochemische Verhalten der Chondriosomen angestellt, die allerdings noch nicht zu einer sicheren chemischen Definition derselben geführt haben. Ebensowenig konnte die Aus- gangsfrage, ob Chromatophoren und Chondriosomen in den Jugend- stadien vielleicht mikrochemisch unterscheidbar sind, zur Ent- scheidung gebracht werden, weil die Lebendbeobachtung eben nur an älteren Geweben sicher gelingt. So wurden die nachfolgenden Ileaktionen an den ßindenzellen eines alten grünen Internodiums eines etwa 30 cm hohen Spargels vorgenommen. Bemerkenswert ist das Verhalten gegen verdünnte Säuren und Alkali. 0,1 n. NaOH bringt die Chondriosomen zum Vorschwinden. Ich glaube, beobachtet zu haben, daß der Auflösung ein rasches Aufquellen vorangeht. Dagegen werden sie von verdünnten Säuren nicht gelöst, sondern fixiert. Zusatz von 4 proz. Essigsäure vom Deckglasrande her läßt sie wohl durch die Gerinnselbildung im Cytoplasma etwas undeutlicher werden, sie bleiben aber dauernd unterscheidbar, und dasselbe Resultat erhielt ich selbst noch mit konzentrierter Essigsäure und ebenso mit 5 proz. HCl und HNO3. Bei letzterer verändern die Chondriokonten allerdings ihre Gestalt durch Abrundung. Es ist bei diesen Versuchen natürlich not- wendig, immer ganz bestimmte Chondriosomen im Auge zu behalten, um Täuschungen durch die Gerinnselbildungen zu entgehen. Dieses Verhalten gegenüber den Säuren steht im Einklang mit liesultaten von MiKOSCH (19), welcher auch seine ,, fädigen Plas- mastrukturen" in den Epidermiszellen von Scdum teleph'mm mit 17-. proz. HNO3 und 2 proz. Essigsäure usw. fixierte, es steht dagegen im Widerspruch zu den Resultaten LEWITSKYs, (13, 14) Chondriosomen und Chromatophoren. 619* welcher der Essigsäure eine spezifische „chonclriosomenzerstörende" Wirkung zuschreibt und den Vorteil der „BEND Aschen Flüssigkeit" gerade in der Reduktion des Essigsäuregehaltes erblickt. Um diese Yermutung LEWITSKYs noch einmal zu überprüfen^ habe ich völlig gleichwertige Stücke aus gleicher Höhe von einem älterem Spargelsproß in starkem Flemming mit verschiedenem Essigsäuregehalt fixiert, den ersten Teil in 15 ccm Iproz. Chrom- säure + 4 ccm 2 proz. Osmiumsäure ohne Essigsäure, den zweiten w. V. + 1 Tropfen (0,06 ccm) Eisessig, den dritten w. v. + 1 ccm? Eisessig und die Stücke dann völlig gleichmäßig in gleichen fle" laßen und Flüssigkeiten weiter behandelt. Es ergab sich bei allen drei Partien keinerlei Unterschied in der Fixierung, die Chon- driosomen waren überall gleich gut fixiert. Ich finde also keine Bestätigung für LEWITSKYs Annahme und die Frage bleibt noch offen, worauf das Gelingen und Nichtgelingen der Chondriosomen- fixierung beruht. Mit Sublimat und Platinchlorid konnte ich ebensowenig wie- LEWITSKI" Erfolge erzielen. Dagegen erweist sich Jod, in verdünnter Jodjodkaliumlösung vom Deckglasrande zugesetzt, ais- ausgezeichnet geeignet, die Chondriosomen unmittelbar unter dem Deckglas in den Schnitten zu fixieren. Sie heben sich dann durch etwas dunklere gelbliche Färbung und schärfere Lichtbrechung deutlich von dem schwachgefärbten Untergrunde ab. Auch 96prozentiger und absoluter Alkokol bringen die Chondriosomen in den Schnitten zur Fixierung, aber meist nur unter Schrumpfung und Formveränderung. Ebenso bewirken verdünnter Alkohol, Äther- und Chloroform- wasser eine tropfenförmige Abrundung der Stäbchen und Fäden, und das gleiche Besultat kann auch schon durch gelinde Er- wärmung der Objektträger erzielt werden. Die Möglichkeit dieser Formveränderung von Chondriokonten zu runden Kugeln muß natürlich auch bei der Deutung der gefärbten Präparate im Auge behalten werden. Osmiumsäure wird, wie oben erwähnt, von den Chondriosomen nicht reduziert. Ich habe meine Untersuchungen dann noch auf weitere Ob- jekte ausgedehnt und konnte noch bei verschiedenen beliebig her- ausgegriffenen Pflanzen die Chondriosomen in lebendtn Zellen auf das deutlichste beobachten, sodaß ich subjektiv die Überzeugung von ihrer sehr allgemeinen Verbreitung bei den Angiospermen gewonnen habe. So sah ich sie in den Epidermis- und Hjpoderm- zellen von Sedum reflexum und Echeveria glmica in Übereinstimmung mit den Befunden von MiKOSCH (19) an Sedum telephium, weiter ^20 Karl Rudolph: in verschiedenen Grundgewebszellen von Nf/mphaca alba vivipara. und NupJtar luteum, in den Mark- und Rindenzellen älterer Internodien von Ärisfolochia elegans und A. clematifis. Ihre Er- scheinung stimmt ganz mit den an Äspamgus geschilderten Bildern überein. Es wäre wunderzunehmen, wenn diese so deutlich zu sehenden Gebilde früher ganz der Beobachtung entgangen wären, es lassen sich aber aus der älteren Literatur eine Menge Angaben zusammentragen, die sicher auf die Beobachtung solcher Chondri- osomen zurückgehen. So verweise ich zur Vervollständigung der bisherigen Zusammenstellungen noch auf die ,,Nematoplasten" Zimmermanns (29, S. 215), die er in den Haaren von Momordica daterium und im Wurzelmeristem von Vicia faha lebend und nach Fixierung beobachtet hat, und gewiß ist auch ein Teil der aben- teuerlichen „Kristallplastiden" WiGANDs (28), die gleichzeitig Kristalle und Bakterien sein sollen, hierher zu stellen. Knospen beider Arten von Äristolochia und Keimlinge von Cucurhüa pepo wurden auch wieder nach den bei Äsparagus an- gegebenen Methoden fixiert und gefärbt. In den ausgewachsenen Zellen zeigt das Chondriom genau dasselbe Verhalten und Aus- sehen wie bei Äsparagus. Vor allem ist auch hier wieder das übergangslose Nebeneinander von ausgewachsenen Chlorophyll- körnern und Chondriosomen in derselben Zelle zu konstatieren, ■das den Eindruck bestärkt, daß es sich um heterogene Gebilde handelt. Über den Entwicklungsgang in den Meristemgeweben konnte ich aus den Präparaten bisher noch keinen lückenlosen Aufschluß bekommen. Nach den bisherigen Ergebnissen scheinen aber auch hier in den embryonalen Zellen vorwiegend Körner und nicht Fäden aufzutreten und das Anfangsstadium der wieder früh- zeitig getrennten Entwicklung z\\ bilden^). Für die bisher aufgestellten Hypothesen über die Natur der Chondriosomen muß ein entscheidender Prüfstein noch in dem Verhalten der niederen Pflanzen, das bisher noch fast gar nicht beachtet wurde, gesucht werden. 1) Bei Äristolochia elegan o Anmer Samen (noch fe mmeri. © a es W rzgefärbte Sana eten (grünen) unreif (weiß), nicht gekeimt, schwarz gefärb d. bei ca. 20« gleicher Besch en bei 20« 0 TS Ö © a u p a © C © a CO "^ !.. O 2 ajc . , ... . . HH 1 — 1 1— f 1— i l-H ^H • 1— 1 1— f , 1— 1 soda am Lieh gekei > CC CD cd 4. V 1. V 8. V 5. V 8. V ö."x > > > > CO 8. V ft. V 0. I. 1— J d > 00 CO ^" CM ,-1 — ^ — . CO — 1 CO CO M ""^ 1: a a c , • H im Dunke gebalt bis zu > 1—! >>> t>>t > > i— 1 > > 1— 1 > > >>M l-H l-H in lÖ IC lO lO lO lO lO CO CO CO c-\ lO (M lä lO C^l CO* CO* 00 lC im' IM IM C4 CM '" T— 1 Ol c^^ 1 ® fcß 'S WJ t- H _^ O CC — . i" cx) ■<* ci is 1 1 ■* CO _! .— 1 c~ :o lO lO CO o 1 iQ lO CO M r^i M »— 1 f-H »— 1 T— 1 1— t 1 i T-^ T— ' M lO -H M r-l — 1 CM UJ 1 t— 1 ^H i Lichte keimt h^ -^ 1— 1 H- 1 1-5 tXjl-ll-l— 1 ^ j 1 ^ ^ ?>> l— ( 1— 1 1—1 ti s 1—1 > 1 H- i • 1 .s ^ ■^ ^ c O (M -^ -+1 -ni th CO ao CO CO •^ 00 o M — ' CO ^ CM -^ ICO ,-^ IM IM (M (M —' IM M ^— 1 1— 1 tH Beginn der Versuche ^• 1— J 1— ( > >> 1— f — t 1— i ,. 1—5 > h- i p— 1 • . 1— ( 1— C P— 1 •^ lo 00 ö O t- C~ C~ 00 CO ^ O — ' CO r- CO C~ C^ CO -^ CC a> r- OÖ -. CM CT CC r-l IM CO M (M ;m M M CM 1— 1 c<\ •4 'S • * * • sc s e ■ • ^ • • 'S ,S t-i 1 CJ :«■ s 1 -5 1 CO es . > ■« -S CO 1 ■ S hyhrida 'ora f-^ ^ ^ o <"> • H 11^ e e -* § ö •S^ ^ g li 5 «S II i ^5 « r TS 1^ 00 Ü5 ^ ^ ^ Ü3 652 W. FlGDOR: Aus der vorstehenden Tabelle ist all das, was hier zn be- rücksichtigen ist, mit Ausnahme betreffs MonopJnjllaca, auf die ich zum Schlüsse zurückkomme, ohne weiteres zu ersehen. Die Daten, je eine Versuchsreihe betreffend, befinden sich auf einer Horizon- tallinie, Meine früheren Beobachtungen haben ergeben, daß sich ent- weder ein Keimverzug in verschieden starkem Grade einstellt, oder, Avenn auch selten, keiner; in einem Falle erfolgte sogar eine Be- schleunigung der Keimung, wenn die Samen eine gewisse Zeit dunkel gehalten und dann ans Licht gebracht wurden. Die Resul- tate der eben angeführten Versuchsreihen zeigen jedoch, daß nur in drei Fällen eine deutlich bemerkbare Verzögerung hinsichtlich der Samenkeimuiig nach vorhergegangener Verdunkelung zu be- merken war, in 11 Fällen hingegen stellte sich nach einer solchen eine Beschleunigung der Keimung ein, und es war nur für eine Art ganz gleichgültig, ob der Samen verdunkelt wurde oder nicht. Was die Ursache dieser von einander abweichenden Ergebnisse ist, vermag ich leider nicht zu sagen, da sämtliche Versuche im Laufe mehrerer Jahre durchgeführt w^urden, während \velcher die Licht- intensitäten selbst in ein und denselben Monaten sicherlich nicht gleich waren; auch das Alter der Samen, das ich nicht immer genau kannte, wird hiefür vielleicht verantAVortlich zu machen sein, ebenso die Temperatur, die, wie bereits erwähnt, in manchen Fällen schwankte. Einer näheren Betrachtung müssen zum Schlüsse die Keimungs- verhältnisse von Mo)wphyIIaeaSa,m.en unterzogen werden, da dies- bezüglich entgegengesetzt lautende Beobachtungen vorliegen. FRITSCH^) konnte Samen, den er aus dem botanischen Garten in Leiden bezogen hatte, nicht zur Keimung bringen, ebensowenig keimte er dort, und auch in Kew machte man mit daselbst ge- erntetem Samen die gleiche unangenehme Erfahi-ung. Mir ging es hier anfangs auch diesbezüglich nicht besser, während es nach FRITSCH im Wiener und Prager botanischen Garten leicht gelang, Pflanzen aus solchem Samen heranzuziehen, der noch nicht inner- halb der Frucht gekeimt war 2). Aller Wahrscheinlichkeit nach ist 1) Die Keimpflanzen der Gesneriaceen 1, c, S. 51. 2) Monophyllaea Horsfieldii ist bekannfcücli eine vivipare Pflanze, worauf schon V. WettstEIN s.Z. FßlTSCH aufmerksam gemacht hat. Ich zog an- fangs mein ganzes Versuchsmaterial aus bereits in der Frucht gekeimten Pflänzchen heran, während eine derartige Anzucht dem Gärtner im Wiener botanischen Garten nicht gelungen ist. Vgl. FßlTSCH 1. c. und FlGDOß: Über Restitutionserscheinungen an Blättern von Gesneriaceen. PßlNGSHElMs Jahr- bücher f. wiss. Botanik Bd. 44 (1907), S. 44, Fußnote 1. Die Beeinflussung der Keimung von Gesneriaceen-Samen durch das Licht. 653 das verschiedene Verhalten der Samen betreffs der Keimung darauf zurückzuführen, daß die mit Samen beschickten Kulturgefäße das eine Mal im Lichte standen, das andeie Mal dunkel gehalten wur- den, und dann keimte eben der Samen nicht, da man ja damals nicht wußte, daß das Licht hiebei eine Rolle spielt. Es schien mir jedoch auch nicht ausgeschlossen zu sein, daß die Samen, die, wie bereits erwähnt, normaler "Weise in der Kapsel keimen, durch Austrocknen ihre Keimkraft eingebüßt hatten. Versuche zeigten jedoch, daß schwarz gefärbte, also schon ziemlich reife Samen einer noch ungeöffneten, grünen Kapsel entnommen, wenigstens vier Wochen 1) hindurch einer Temperatur von ca. 22° C ausgesetzt werden können, ohne daß die Keimfähigkeit beeinträchtigt wird. Andrer- seits stellte es sich heraus, daß selbst nicht vollständig ausgebil- deter Samen, der aus noch ganz unreifen, grünen Kapseln stammte, wofern er nur einen gewissen Reifegrad") erreicht hatte, gut keimte und normale Pflänzchen lieferte. Ob das Abtrennen der Kapsel von der Mutterpflanze resp. die Längsspaltung der Frucht^), also ein operativer Eingriff, ursächlich (indirekt) mit der vorzeitigen Keimung im Zusammenhange steht, eine Ansicht, die J0HA.NIS1SEN*) allgemein ausspricht, müssen weitere Untersuchungen lehren, gerade so wie, ob bei Vertretern der Gesneriaceen überhaupt der Einfluß des Lichtes auf die Keimung der Samen durch irgendwelche Fak- toren wettgemacht werden kann. Biologische Versuchsanstalt in Wien. 1) Über diesen Zeitraum hinaus wurden derartige Versuche nicht durch- geführt. 2) Die Samenkörner dürfen nicht mehr weii3, sondern müssen bereits dunkel gefärbt erscheinen. Über das Keimen von unreifen Samen vgl. u. a. KlNZEL: Über die Keimung von Cuscuta lupuliformis, Landw. Versuchsstationen Bd. 55 (1901), S. 255, u. WlESNER: Biologie 2. Auflage (Wien 1901), S. B6. 3) Die eine Hälfte wurde im Dunkeln, die andere am Lichte auf Erde gelegt, und beobachtet. 4) JOHANNSEN: Das Ätherverfahren beim Frühtreiben etc. (bei G. FlSCHEB. in Jena 1906) S. 11. 654 E. MOLZ und 0. MORG ENTHALER: 80. E. Molz und 0. Morg en thaler: Die Sporotrichum- Knospenfäule, eine für Deutschland neue Nelkenkrankheit. (Zugleich ein Fall von Symbiose.) (Mit Tafel XIX und 1 Textfigur.) Aus der Versuchsstation für Pflanzenkrankheiten in Halle a. S. (^Eingegangen am 28. November 1912.) Die Tatsache, daß die Nelke heute zu einer unserer am meisten begehrten Blumen zählt, hat zu einer weitgehenden Ver- vollkommnung ihrer Kultur und zu einem sehr regen Austausch der Neuzüchtungen zwischen den verschiedenen Ländern ge- führt. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens neuer Krankheits- erscheinungen in den deutschen Nelkenkulturen war damit sehr nahe gerückt, wissen wir doch, daß der Pflanzenimport für das Auftreten so vieler gefährlicher Schädlinge unserer Kulturpflanzen in Deutschland verantwortlich gemacht werden muß. Auch die im nachstehenden geschilderte Nelkenkrankheit 'dürfte aus dem Aus- land und zwar von Nordamerika in den letzten Jahren bei uns eingeschleppt worden sein, da diese Krankheit bereits dort auf- getreten und ihre Erscheinimgsform von amerikanischen Phyto- pathologen beschrieben worden ist. Unserer Versuchsstation wurden kranke Nelkenblüten am 12. September 1912 zwecks Untersuchung von einer thüringischen Nelkenzüchterei zugesandt. Die Krankheitserscheinungen waren kurz folgende: Die Nelkenblumen befanden sich größtenteils im Zustande der halb geöffneten Knospen. Ein kleiner Teil war noch weiter zurück und die Petalen erst wehig aus den Kelch- blättern herausgetreten. An den letzteren Blüten machte sich die Krankheit sofort durch eigenartig verkräuselte, unregelmäßige Lage der über die Kelchblätter herausragenden Blumenblätter be- merkbar, während bei halbem Aufblühen der Blüten ihr krank- hafter Zustand nicht überall auf den ersten Blick in die Augen fiel. Schnitt man eine solche Blüte aber mitten durch, dann ließ sie im Innern eine faulige Beschaffenheit und bräunliche Ver- färbung erkennen. Hier und da sah man auch einige weißliche Pilzrasen, die wir als zu der Mucedinaceengattung Sporotrichum gehörig bestimmten. Außerdem wurden in allen kranken Blüten Die Sporotrichum-Knospenfäule, eine für Deutschland neue usw. 655 kleine weißliche Tioi'e gefunden, die wir sofort als angeschwollene, trächtige Weibchen aus der Milbenfamilie der Pedicnloidinen erkannten (siehe Taf. XIX, Fig. 2). Über das Zusammenvorkommen einer Milbe mit Sporotrichum in Nelken in Verbindung mit den genannten Krankheits- erscheinungen liegen zwei amerikanische Untersuchungen vor. In beiden Fällen wurde das erste Auftreten im Jahre 1905 be- obachtet. HEALD und WOLOOTT ^) beschreiben die Erscheinung aus dem Staate Nebraska. Der Pilz wurde von PECK^) als neue Art Sporotrichum anthophilum beschrieben, jedoch teilt schon HEALD die ihm brieflich übermittelte Anschauung STEWARTS, daß der vorgenannte Pilz identisch sei mit Sporotrichmn Poae Peck. Die Milbe wurde von WOLOOTT Pediculoides diantho- philus n. sp. genannt. Das auffällige Zusammenvorkommen der beiden Organismen konnte nicht befriedigend erklärt werden. Nur stellte HeaLD durch Infektionsversucho fest, daß der Pilz allein, also ohne Mitwirkung der Milbe, imstande ist, die Knospenfäule hervorzurufen. 88 pCt. der auf diese Weise künstlich infizierten Knospen erkrankten. Auch wurde der Vermutung Ausdruck ge- geben, daß durch die Milben die Pilzsporen verbreitet und auf gesunde Pflanzen verschleppt werden. Stewart und HODGKISS ^) beschreiben das Auftreten der Krankheit im Staate New-York und teilen zugleich Beobachtungen von Davis mit, der über die gleiche Erscheinung aus dem Staate Illinois berichtet. Nach ihren Angaben wurden die weißen Varietäten, besonders Lawson, am stärksten befallen. Die hell- roten Sorten wurden nur in geringem Maße, die dunkelroten über- haupt nicht angegriffen. Die Krankheit trat drei Jahre hindurch (1905, 1906 und 1907) in gleicher Stärke, zu ca. 6 bis 8 pCt., auf. Die meisten kranken Knospen fanden sich zwischen dem 1. Oktober und 1. Januar. Von Mitte Januar ab verschwand die Krankheit. Auch Stewart identifiziert den Pilz mit Sporotrichum Poae Peck, das von ihm zum ersten Mal im Jahre 1902 auf Poa pra- tensis gefunden wurde. Auch auf dieser Nährpflanze wird der Pilz merkwürdigerweise öfters in Gresellschaft mit der gleichen Milbe angetroffen. Für die Vereinigung der beiden Sporotrichum- arten spricht nach' STEWART außer der Übereinstimmung in Form und Größe der Hyphen, Hyphenzweige und Sporen noch das regelmäßige Vorkommen von septierten Sporen, die er bei beiden \) Nebraska, Experiment Station, BuUetia Nr. 103, Vol. XX, Art. IV. 1907. 2) Bull. New York State Museum, 105, 1906. 3) New-York, Agr. Exp.-Station, Techn. Bulletin Nr. 7, 11)08. Ber. der dentsehen bot. GeselUch. XXX. 4ö 65(5 • ]•:. Mndern mehrfach beschrieben, so u. a. von KORFF*), der die Milbe als 1) Acta soc. pro Fauna et Flora Fennica XIX, Nr. 1, 1900 2) Festschrift für Palmen, Nr. 7, Helsingfors 19()7 und Acta socict. scientiarum Fennicae, T. XXXVI, Nr. 4, 1909. 3) Sjlloge Fungorum Bd. 18, p. 62o. 4) Prakt. Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz, Jahrg. 3, 1905, p. 1U9. Die Sporotrichuui-Knospenfäule, eine für Deutschland neue usw. 657 Schädling auf Getreide in Bayern anführt. Auf Diuntlms ist sie bisher aus Deutschland nicht bekannt. Im vorliegenden Falle scheint eine Einschleppung der Sporo- fricJinm-FviulG direkt aus Amerika durch Bezug von Nelken durch die in Frage kommende Nelkenzüchterei erfolgt zu sein, da nach einer Mitteilung dieser Firma von dort ein solcher Import statt- gehabt hat. Die Krankheitserscheinungen machten sich sofort bei Beginn der Blüte im Anfang August, bemerkbar und zeigten bis Mitte September keine Verminderung in der Stärke ihres Auf- tretens. Besonders stark befallen zeigten sich die gelbrot und weißrot gestreiften Sorten. Am 17. Oktober erhielten wir jedoch von dort folgende Nachricht: ,,Seit etwa acht Tagen zeigt sich die Krankheit nur noch in ganz vereinzelten Fällen. Seit Anfang dieses Monats wird regelmäßig geheizt und hatten wir vielfach sonniges Wetter-, beide Umstände mögen zum Nachlassen der Krankheitserscheinungen beigetragen haben." Am 7. November wurde uns schließlich mitgeteilt, daß nun die Kranklieit an den Nelkenblumen vollständig verschwunden sei. Unsere Beobachtungen im Laboratorium an abgeschnittenen Nelkenblumen wie auch an Blumen tragenden Nelkenpflanzen ließen einen deutlichen auch von STEWART (1. c. p. 101) er- wähnten Zusammenhang zwischen der Größe der Luftfeuchtigkeit und der Intensität der Krankheit erkennen. Der Pilz entwickelte sich an den befallenen, unter einer Glasglocke befindlichen Knospen sehr üppig und trat auch am äußeren Teil der Knospe vornehm- lich an den oben sichtbaren Fetalen in Form eines weißen, watteartigen Mvcelbelages hervor (siehe Taf. XIX, Abb. 1). Andern- teils konnten wir an Pflanzen, die im Laboratorium ohne Be- deckung aufgestellt worden waren, ein gänzliches Vertrocknen der erkrankten Knospen wahrnehmen. Je üppiger das Siiorotrichum sich entwickelte, desto rascher schritt die Fäulnis im Innern der Blüten vorwärts, um so größer waren allemal aber auch die sich in einer solchen Blütenknospe auf- haltenden, angeschwollenen weiblichen Geschlechtstiere (^-Prosopa) von Pediculopsis graminum (Taf. XIXFig.3). Für diese Tatsache lassen sich zwei Erklärungen geben. Einmal kann man annehmen, daß die Krankheit durch die Milbe übertragen wird, und daß die Stärke des Befalles dann abhängig ist von der Zahl der in eine Blüte eingewanderten Tiere, bzw. der durch diese erzeugten Infektions- stellen. Es ist aber auch möglich, ja sogar sehr wahrscheinlich, daß die durch Sporotrkhum hervorgerufene Fäule den geschlechts- reifen Weibchen besonders günstige Bedingungen zur vollen Ent- i3* (358 I^- MüLZ und 0. MüRGENTHALER: vvicklung gibt, denn ihr Aufenthalt und ihre Weiterontwickking scheint an Verhältnisse geknüpft zu sein, wie sie der Pilz in der Knospe erzeugt. Diese Auffassung hat in den Beobachtungen REUTERS (1909)'), daß die Weiterentwicklung der $-Prosopa von Pediculopsis graminum in Wiesengräsern nur dann statt- hat, \venn die notwendige Nährflüssigkeit vorhanden ist, eine wesentliche Stütze. Dieses Nährsubstrat ist nach liEUTER be- sonders in toten Halmen gegeben, die unter der Einwirkung von Schimmelpilzen eine faulige, halb breiartige Beschaffenheit ange- nommen haben. Solche faulige Halmpartien bieten den Milben be- sonders günstige Ernährungsbedingungen. Im Lichte dieser Erkenntnis gewinnen wir Verständnis für die ökologisclie Bedeutung des Zusammenvorkommens von Pilz und Milbe in unserem Falle. Die schon von den amerikanischen Forschern vermuteten Beziehungen zwischen SporotricJium Poae und Pediculopsis graminum in Nelkenblüten werden durch eine von uns gemachte Beobachtung ziemlich befriedigend aufgeklärt. In der Nähe einer mit infizierten Nelkenblüten gefüllten Doppelschale standen einige PETRI-Schalen, die mit Apfelsaft- Gelatine aus- gegossen waren. Diese Grelatineplatten zeigten sich nun teilweise mit Sporotrkhum spontan infiziert (siehe nebenstehende Abbildung). Zunächst glaubten wir, daß hier ein Sporenanflug stattgefunden habe, doch stellte das nach einiger Zeit zahlreiche Auftreten von stark angeschwollenen ^-Prosopa von Pediculopsis graminum innerhalb der Kulturen eine andere Erklärung, nämlich die der Ein- schleppung von Sporotriclmni-S\)orein durch die Milbe einigermaßen sicher. Die Richtigkeit dieser Annahme wird gestützt durch die weitere Tatsache, daß die Ausbreitung des Pilzthalloms auf den Platten allemal von der Stelle aus erfolgte, an der die Milben sich in der Gelatine festgesetzt hattfen. Auch das von uns häufig be- obachtete Haften von SjJorofrichum-Sporen und ganzen Mycel- stücken an den Haaren der Milben gibt dieser Auffassung eine reale Grundlage. In gutem Einklang damit steht auch die Ent- wicklung der Krankheit in den Nelkenblüten. Sie schreitet von innen nach außen und nicht von außen nach innen fort. Diese Beobachtung führte schon DAVIS (1. c. p. 88) dazu, die Milbe als Überträgerin der Pilzspoien anzusprechen. Deutlich konnten wir in einigen Fällen auch in den Nelkenblüten feststellen, wie das Pilzmycel von der Ansatzstelle der Milbe aus peripher sich ver- breitete, ähnlich wie wir das oben bei der Spontaninfektion auf Gelatineplatten beschrieben haben. 1) Acta Soc. Scientiarum Fennicae, T. XXXVI, Nr. 4, 1909, p. 9. Die Sporotrichum-Knospenfäule, eine für Deutschland neue usw. 659 Es hat den Anschein, als ob sich die Milbe in den Platten- kulturen von der unterhalb des Pilzthalloms schwach verflüssigten Apl'elgelatine, in die sie sich deutlich mit dem Torderteil ein- gebohrt hatte, ernährte. Eine Beschädigung der Pilzkulturen durch Pediculopsis konnten wir in keinem Falle beobachten. Analog dazu sowie unter Zugrundelegung der erwähnten Beobachtung REUTERs über die Nahrungsaufnahme der Milbe an Gräsern dürfen Fig. 1. Durch spontane Infektion infolge Milbeneinwanderung entstandene Plattenkultur von Sporotrichum Poae auf Apfelsaftgelatine mit zahlreichen trächtigen ^-'-Prosopa von Pediculopsis graminum. wir annehmen, daß Pediculopsis graminum sich in den Xelken von den faulenden Blumenblättern ernährt. Zwischen Milbe und Pilz bestehen somit ausgesprochene symbiotische Be- ziehungen. Die Milbe trägt zur Ausbreitung des Pilzes bei während der Pilz der Milbe die Nahrung mundgerecht macht und ihre Brutpflege unterstützt. Infolge der Wirkung des Pilzes werden die Blumenblätter in eine feuchte, faulige Masse verwandelt, die besonders zur Ernährung der Milben geeignet ist, während and'erer- seits die infolge der Pilzeinwirkung geschlossen bleibenden Blüten den sich entwickelnden ^'^^^o^opa das so notwendige dauernd feuchte Medium bieten. Wir verhohlen uns nicht, daH durch unsere Beobachtungen die Tatsache, daß auf zwei so verschiedenen Nährpflanzen wie Poa und Dlanthus gerade Sporotr'ichum Poac und nicht irgend ein anderer Pilz in Begleitung der Milbe vorkommt, nicht genügend erklärt wird. Vermutlich sind die beiden Parasiten noch durch irgend- welche engeren Beziehungen miteinander verbunden. Für die Milbe dürfte nur das Zusammenleben mit einem solchen Pilz von Vorteil sein, der wie Sporotrichum Foae als echter Parasit die gesunde Nährpflanze rasch und energisch angreift und zerstöit, der aber auch nachher halb oder ganz saprophytisch auf dem ab- getöteten und vermodernden Gewebe zu leben vermag. Die Zahl der in einer Blüte vorhandenen trächtigen Weib- chen nahm mit dem Fortschreiten der Fäulnis immer mehr zu. Sie betrug am 5. Oktober etwa 25 Stück pro Blüte, am 25. Oktober etwa 50—60 Stück.. Neben den trächtigen Weibchen wurden an dem zuletzt angeführten Datum auch bereits sehr zahlreiche junge Milben ((5-Prosopa und ^-N^-mphen) beobachtet, auf der nach innen 2erichteten Seite eines Kelchblattes in einem Falle in solcher Menge, daß diese Stelle aussah wie mit einem rostfarbenen Pulver überstreut. Die jungen Milben kriechen meist bereits innerhalb der Fun- datrix aus den Eiern, die 6-Prosopa meist etwas früher als die Nymphen. Eine, wenn auch nur schwach ausgeprägte Protandrie scheint also vorzuliegen. Man trifft zuweilen aber auch Eihaufeu, die bereits von der mütterlichen Hülle entblößt sind und dann entweder in Klumpenform oder flach auf den* faulenden Petalen ausgebreitet zusammenliegen. Die sich entwickelnden Eier haben hier offenbar zu einem Platzen der Uterus wand geführt. Ge wohn- lich verlassen die jungen Milben die Eihäute innerhalb des Uterus und verweilen hier noch längere Zeit. Offenbar werden sie schließlich durch Bersten der Chitinhaut des Uterus frei, da wir ein normal gebärendes, trächtiges Weibchen niemals beobachten konnten, aber zahlreiche aufgeplatzte Uterushäute in den Nelken- blüten vorfanden. Diese Ansicht wird auch von IlEUTER (1. c. 1900) vertraten. In allen von uns beobachteten Fällen entschlüpften den Ei- haufen stets die achtbeinigen (5-Prosopa und ^-Nymphen (siehe Tai. XIX Fig. 4) niemals konnton wir das freilebende sechsbeinige Larvenstadium beobachten. Das Überspringen des freilebenden Larvenstadiums, also dessen intrauterine Entwicklung, ist nach Die vSporotrichum-Knospenfäule, eine für Dt utschlanrl neue usw. 661 JiEUTER (1909) als ein Zeichen für besonders günstige Firnährungs- verhältnisse aufzufassen. Die Zahl der in einer Fundatrix entstehenden Männchen ist bedeutend geringer als die der AVeibchen. Gegen Schluß der Embr\'onalentwicklung ließen sich die Geschlechter in unserem Falle schon deutlich innerhalb der Eihäute unterscheiden. Schon die mehr breifovale Form deutet dann auf männlich differenzierte Eier hin, da die übrigen mehr langgestreckt sind. Doch darf mit den ersteren nicht das in der äußeren Form ähnlich aus- sehende Ei im ersten Entwickelungsstadium verwechselt werden. Wir haben bei den verschiedenen Entwickelungsformen von Pediculopsis graminum einige Messungen vorgenommen, die nachstehend zusammengestellt sind: Eier Ange- schwollenes ■^ ^ im Beginn der Embrjonal- entwicijlung mit ent- mit ent- 5-Pro- $• Nymphe 2 S wickelten! 5 Prosopon wick elter 5:-Nymphe sopon 9-Prosopon Länge Breite Länge Breite Länge Breite Läng. Br. Läng. Br. Länge! Breite /* ," <" f* ," u M ^ i" ^ ," 1 138 105 176 104 194 84 127 72 234 77 1523 1350 2 156 133 170 ■ 109 203 88 125 66 264 85 1613 1354 3 150 101 176 101 209 91 151 84 244 75 1680 1162 4 137 105 164 10s 215 98 1.^9 75 248 82 1238 878 5 185 159 — 202 98 114 68 251 79 1365 1200 ß 146 1(18 — — 213 91 139 73 265 85 1358 1260 7 Inl 133 — . — . 198 82 164 85 2R6 95 1373 1088 8 138 100 — — 185. 90 142 73 268 91 1883 1448 9 155 95 — - — 208 84 135 76 269 85 1676 1230 10 139 107 — — 212 83 138 88 1^74 98 1560 1088 Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß neben der Sporofrichum- Fäule bei einigen eingesandten Knospen Botriitis-F'2kVi\e vorhanden war. Unsere Beobachtungen haben uns nun belehrt, daß die Botrytis-F'd,u\e, häufig sekundär als Folgeerscheinung der Sporn- trichwn-Krsinkheit auftritt, wenigstens wurden in unseren Labo- ratoriumskulturen fast sämtliche an Spomtrichum erkrankten Knospen schließlich von Botrytis befallen. Was die Bekämpfung der eben geschilderten durch Sporo- trichum verursachten Nelkenknospenfäulo anbetrifft, so dürften gute Erfolge durch sofortiges A'^ernichten aller befallenen Knospen, durch Wärme (Heizung), Vermeidung zu großer Feuchtigkeit in Luft und Boden und gute Durchlüftung der Kulturhäuser zu er- zielen sein. Ein Bespritzen der oberirdischen Teile der Nelken- pflanzen ist in infizierten Gewächshäusern tunlichst zu ver- meiden. Auch die Verwendung von ßasenerde in Nelkenkulturen 662 R Kolkwitz: ist nacli den Kifalirungen der amerikaiiischen Forscher nicht ratsam, da diese p]rde öfters mit Krankheitskeimen infiziert ist, die von weißiihrigen Wiesengräsorn, besonders Fod pratensis, stammen. Halle a. S. im November 1912. Erklärung der Tafel XIX. Fig. 1. Nelkenknospe von Sporotrichum Poae befallen. Entwicklung von Luft- mycel an der Außenseite der Knospe nach einem zweitägigen Aufent- halt unter einer Glasglocke. (Phot.) Fig. 2. Sporotrichum-kranke Nelkenknospe aufgeschnitten. Im Innern sind deutlich die angeschwollenen ^-Prosopa von Pediculopsis graminum sichtbar. (Phot.) Fig. 3. Trächtiges 5^^-Prosopon von Pediculopsis graminum. (Mikrophot.) Fig. 4. (5-Prosopon und ^-Nymphe neben Eiern im Stadium der intrauterin entwickelten Nymphen von Pediculopsis graminum. (Mikrophot.) Fig. 5. Sporentragende Hyphen und verschiedenartige Sporen von Sporo- trichum l'oar, a) aus 6 Tage alter, b), c) und d) aus ca. 4 Wochen alter Kultur auf Apfelsaft-Gelatine (10 p(Jt. Apfelsaft, 10 pCt. Gelatine). (Gezeichnet mit dem Zeichenapparat von LElTZ.) 81. R. Kolkwitz: Über die Schwefelbakterie Thioploca ingrica Wislouch. (Eingegangen am 29. November 1912.) Im Oktober dieses Jahres fand ich im Frischen Haff auf der Linie Königsberg — Pillau einerseits, Heydekrug — Patersort anderer- seits die im Jahre 1911 von S. M. WiSLOUCH entdeckte Thioploca wgrica, über welche der Genannte Näheres in diesem Band der Berichte S. 470 — 473 mitgeteilt hat. Die folgenden Zeilen sollen weitere Angaben über diesen bemerkenswerten Schwefelorganismns, besonders über seine Lebensbedingungen bringen. Die Gattung, von der die beiden (durch Größendimensionen verschiedenen) Arten Th. Sclimidlei Lauterborn und T/i. ingrica Wislouch unterschieden werden, ist zurzeit von folgenden fünf Standorten bekannt: LAUTERBORN fand Tli. Srhmidlei 1. im Untersee des Bodensees in der Gegend von Ermatingen im Innern des kalkreichen Grundschlicks bei einer Tiefe von 15-20 m im April 1907 (vgl. diese Berichte, Bd. 25, 1907, S. 238-242). 2. in einer Rheinbucht unterhalb Straßburg, bei SöUingen, in feinem Schlick bei einer Tiefe von 3 m im Juli 1907 (vgl. Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte, 1909, Bd. 30, S. 530), über die Schwefelbakterie Thioploca ingrica Wislouch. 663 3. im Rheinliafen von Kehl bei Straßburg in kalkreichem Schlamm bei einer Tiefe von etwa 1,5 m im November 1907 (vgl. ebenda, 1909, Bd. 32, S. 43). Wislouch fand Th. ingrica 4. in der Mündung der Newa (Grebnoi-Fahrwasser) in der Süß- wasserzone im a- bis /S-mesosaproben Schlamm bei einer Tiefe von ca. 3 — 4 m im August 1911, 5. ich selbst fand diese Art im Frischen Haff in der Brack- wasserzone in kalkschalenhaltigem, breiigem Schlamm bei einer Tiefe von 3 — 4 m im Oktober 1912. Der Durchmesser der Gallertscheiden betrug 8 — 12 |tt, der der einzelnen, zu 1 bis 4 in einer Scheide vereinigten Zellfäden ca. 4 (i. Die Zellen selbst waren meist etwas länger als breit, nicht selten aber auch im optischen Längsschnitt quadratisch, die Enden der Fäden meist zugespitzt. Die beweglichen Fäden konnten sich etwa 60 ]t* weit aus den Scheiden herausschieben und wieder zurückziehen, sofern diese nicht geschlossen waren. Eine schwach bläuliche oder grünlichblaue Färbung des Zell- plasmas, welche LAUTERBORN und WISLOUCH beobachtet haben, konnte ich an den mir vorliegenden Exemplaren nicht wahrnehmen. Die Fäden waren ebenso farblos wie diejenigen der gleichzeitig vorhandenen Beggiatoa alba. Beide erschienen auch bei Dunkel- feldbeleuchtung gleich und ohne Fluoreszenzerscheinungen, wie sie durch etwa vorhandenes Phykocyan bedingt sein könnten. Gleich- wohl stimme ich aus morphologischen Gründen mit den genannten Anitoren darin überein, daß Thioploca mit Microcoleus und Hydrocoleuni verwandt sei; es ergeben sich für die fädigen Schwefelbakterien die folgenden Beziehungen zu den Spaltalgen. Verwandtschaft zwischen Beggiatoaceae und Schizophyceae. Thiohaderia Schisophyceae Thiothrix wahrscheinlich festsitzendes Phormidium Beggiatoa OsciUatoria Thioploca Microcoleus, Hydrocoleum Die Schwefeltröpfchen in den lebenden Zellen der Thioploca ingrica verschwanden beim Aufbewahren des mit etwas Wasser überschichteten Schlammes verhältnismäßig schnell, w^as auf eine relativ energische Oxydationstätigkeit der Zellen schließen läßt. 664 R. Kolk WITZ; Der Schlamm des Frischen Haffs, in w-elchem sich die Thio- ploca fand, war von dunkelgrauer Farbe, breiiger Konsistenz und dumpfigem Geruch. Bei hingerem Stehen in einer Flasche oxy- dierte sich an der Oberfläche des Schlammes das in ihm enthaltene Schwefeleisen zu bräunlichem Eisenoxydhydrat. Nach Zusatz von Salzsäure entwickelten sich aus dem Schlamm Bläschen von Kohlen- säure, hauptsächlich bedingt durch die Gegenwart von Muschel- und Schneckenschalenresten. Über die sonstige Zusammensetzung des Schlammes und seinen wesentlichsten Organismenbestand gibt folgende Übersicht Aufschluß: Über orten der Flagellaten, farblos, Tubifex rivulorum, einzeln, A n u r a e a panzer, Bythinia tentaculata, Dreissensia, meist Schalen, B 0 s m i n a panzer, M y s i SjVereinzelt über d.Schlamm, Chironomus plumosus, Larven, Detrituspartikel, organisch, Sand, Ton, Keste von Kalkschalen, Schwefeleisen, wenig. ♦ die chemische Beschaffenheit des Wassers an den Stand- Thioploca möge die folgende Tabelle orientieren: (Die Werte bedeuten Milligramme pro Liter.) * Beggiafoa alba, Aphanisomenon, abgesunken, Änahaena flos aqnae, „ Coscinodiscus, „ Melosira, „ Synedra acus, „ Surirella, Cymatopleum, Amphora ovalis, Ort Tem- pe- ratur Reak- tion Cl NH3 N2O3 N,0, CaO Verbraucu aa Kalium- perman- ganat freier 0. Frisches Haffi) (18. X. 12) 7,0 0 C schwach alkalisch 1220 deut- liche Reak- tion nicht nach- weis- bar Spu- ren ca 100 ca. 85 10— IP) Newa- Mündung (nacli G. Wulff) — M meist 3-4 < 0., ^ _ i — ca. 30 — Bodensee (nach Bauer und Vogel) — » 0,4 nicht nach- weis- bar nicht nach- weis- bar nicht nach- weis- bar ca. 13 <6 — 1) Die Analyse verdanke ich der Chemischen Abteilung der Kgl. Ver- suchsanstalt f. Wasservers, und Abwässerbeseitigung. 2) Auch in 3,5 m tief entnommenem Wasser. über die Schwefelbakterie l'hioploca ingrica Wislouch. 665 Die Sichttiefe betrug im Frischen Haff ca. 1 m, auch an der Newa-Mündung ist sie nicht erhebhch, dagegen bedeutend im Bodensee. Die Eigenfarbe des nicht getrübten Wassers ist ent- sprechend dem Kaliumpermanganatverbrauch im Frischen Haff und in der Newa-Mündung, im durchfallenden Licht über der weißen Scheibe, gelb, im Bodensee und im Rhein grünlich. Die Analyse des Haffwassers läßt aus der CJalorzahl erkennen, daß es sich um Brackwasser handelte, was übrigens auch schon aus dem Vorkommen von Coscmodiscus und M y s i s vermutet werden könnte. Der Gehalt an Chloriden unterliegt im Frischen Haff mit wechselnder Windrichtung begreiflicherweise deutlichen Schwan- kungen. Überblickt man die vorstehenden Analysenwerte der Wässer von den verschiedenen Standorten der Thioploca, wobei noch be- merkt sein mag, daß die Werte für das Wasser des Oberrheins von denen des Bodensees nicht sehr wesentlich differieren, so er- kennt man ohne weiteres, daß bei ihrer fundamentalen Verschieden- heit die chemische Beschaffenheit der im Wasser gelösten Ver- bindungen für das Vorkommen der Thiojjloea schwerlich ausschlag- gebend sein kann. Anders dagegen verhält es sich mit dem Schlamm. Ehe wir seinen Einfluß näher erörtern, sei auf die bei- stehende Übersicht kurz verwiesen. Zur Charakteristik der Beggiatoaceen*)-Formation. Name Makroskopische Erscheinungsform Standort Thiothrix weißer, flockiger Besatz über dem Schlamm (an Stengeln, Algenfäden usw.) Beggiatoa weißer, schleierartiger Überzug auf dem Schlamm Thioploca isolierte, weiße Fäden im Schlamm Zu dieser Aufstellung ist zu bemerken, daß sie zunächst auf eine gewisse Beziehung von Beständen dieser Schwefelorganismen zum Sauerstoff hinweist. TJiiothrix gedeiht gut in strömendem, schwefelwasserstoffhaltigem Wasser und scheint dadurch eine be- sondere Vorliebe für Luftzufuhr erkennen zu lassen. Beggiatoa ist in diesem Punkt schon genügsamer, aber nicht so weitgehend an- spruchslos in bezug auf Sauerstoffversorgung, daß sie sich in einen 1) Die einzelligen, z. T. planktonischen Vertreter sind hier nicht be- rücksichtigt. 666 R. Kolkwitz: Über die Schwefelbakterie Thioploca ingrica Wislouch. durch starke Reduktionsprozesse beherrscliten Schlamm verkriechen würde; sie bildet makrosko])isch sichtbare Bestände nur auf dem Schlamm. Wenn endlich Thioploca hauptsächlich im Schlamm lebt, so darf man daraus nicht den Schluß auf anaerobe Lebensweise ziehen, da die für den genannten Organismus in Frage kommende Ver- arbeitung des Schwefelwasserstoffes ein Oxydationsprozeß ist, der schwerlich intramolekular verläuft. Der Schlamm, in welchem Thioploca gefunden wird, ist locker und nicht von stürmisch ver- laufenden Keduktionsprozessen beherrscht, womit auch sein relativ geringer Gehalt an Schwefelwasserstoff in gutem Einklang steht. Das über ihm stehende Wasser unterliegt keiner bemerkenswerten Sauerstoffzehrung, so daß der Schlamm mit gut belüftetem Wasser in Berührung bleibt, im Frischen Haff zur Zeit der Untersuchung sogar mit einem Wasser, das nahezu mit Sauerstoff gesättigt war. Ein weißer Überzug von Beggiatoa auf solchem Schlamm, welcher mit Thioploca besiedelt ist, wäre kaum denkbar, da eine solche Schicht von Schwefelbakterien den Sauerstoff von den darunter liegenden Partien zu stark zurückhalten würde. Der Kalkgehalt des Schlammes könnte namentlich dazu beitragen, den Verlauf der im Schlick sich abspielenden Zersetzungsprozesse feu mildern. Der T/«op/orrt- haltige Schlamm wird in dem weniger lichtdurch- lässigen gelben Wasser nicht so tief unter der Wasseroberfläche liegen dürfen wie in dem besser durchleuchteten und meist gut durchlüfteten grünen Wasser. In der Bearbeitung der Schizomycetes für die Kryptogamen- flora der Mark Brandenburg habe ich 1909 auf Grund der damals vorliegenden Standortsangaben die Vermutung ausgesprochen, daß die vorliegende Gattung auch über das B/heingebiet hinaus ver- breitet sein dürfte. Es gewinnt den Anschein, daß Thioploca weniger selten ist, als man bisher glaubte und nur übersehen worden ist, weil Untersuchungen an für ihr Gedeihen geeignetem Schlamm noch nicht oft vorgenommen worden sind. Sitzung vom 27. Dezember 1912. 667 Sitzung vom 37. Dezember 1912. Vorsitzender: Herr J. BEHRENS. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen Fräulein Nothmann-Zuckerkandl, Dr. Helene in Prag, Pflanzenphysiolog. Institut der deutschen Universität (durch F. CZAPEK und K. BORESCH), die Herren: Tanaka, Di-. Ch., Professor der Botanik an der Hochschule für Seidenbau und Spinnerei in Uyeda; Schinano (Japan), (durch S. IKENO und K. MlYAKE), Klenke, Dr. Heinrich in Göttingen, Pflanzenphys. Institut (durch G. Berthold und A. Peter), Rawjtscher, Dr. F., Assistent am bot. Institut in Freiburg i. B. (durch F. OLTMANNS und A. TrüNDLE), Noack, Konrad, cand. rer. nat. in Freiburg i. B. (durch F. OLT- MANNS und A. TRÖNDLE), Noack, Dr. Kurt, Assistent am bot. Institut in Tübingen (durch H. VüCHTING und E. LEHMANN). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren: Porodko, Dr. Tli. in Odessa, Sclimid, Dr. Günther in Jena. Schneider, Dr. Fritz in Berlin, Jakowatz, Dr. A., Professor in Tetschen-Liebwerd. Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, daß sich für die in den Voranschlag für das Jahr 1912 (siehe 1. Generalversamm- lungsheft (S, 7)j eingestellten 500 M. zur Förderung wissenschaft- licher Arbeiten bisher kein Bewerber gefunden hat. Ber. der deatschen bot. Gesellsch. XXX. 44 668 Sitzung vom 27. Dezember 1912. Das Ergebnis der Wahl des Präsidenten, seines Stellvertreters und der Ausschul^mitglieder für das Jahr 1913 wurde vom Vor- sitzenden verlesen. Die Wahlen waren schriftlich gemäß § 22 der Satzungen vollzogen. Die Öffnung der Umschläge vind Zählung der Stimmzettel wurde am 18. Dezember von Herrn P. CLAUSSEN und dem Sekretär vorgenommen. Im ganzen sind 239 gültige Wahlzettel eingesandt; die für die einzelnen Herren abgegebenen Stimmen schwanken zwischen 239 und 230. Sämtliche von der Kommission vorgeschlagenen Herren sind gewählt worden! Präsident: E. V. WETTSTEIN -Wien. Stellvertreter des Präsidenten: E. BaUR- Berlin. Ausschußmitglieder : F. CZAPEK-Prag, G. KARSTEN-Halle a. S., F. PAX-Breslau, J. REINKE-Kiel, A. WIELER-Aachen, H. AMBRONN-Jena, M. BÜSGEN-Hann.-Münden, L. DIELS-Marburg, 0. DRUDE-Dresden, Fr. V. HÖHNEL-Wien, E. FiSCHER-Beru, G. Beck V. MANNAGETTA-Prag, H. DINGLER-Aschaffenburg, M. MÖBIÜS-Frankfurt a. M., C. WehMER- Hannover. H. SELK: Coscinodiscus-Mikrosporen in der Elbe. 669 Mitteilungen. 82. H. Selk: Coscinodiscus-Mikrosporen in der Elbe. (Eingegangen am 3. Dezember 1912.) Bei Untersuchung des Eibplanktons wurden in Coscinodiscen, welche — unter Berücksichtigung des Coscinodiscuschaos — dem Formenkreise von Coscinodiscus hiconiciis van Breemen angehören dürften, Mikrosporen von mir beobachtet. Die Zahl derselben schwankte in den einzelnen Diatomeen von vier bis über sechzehn derart, daß daraus auf eine ungleichmäßige weitere Teilung der zuerst gebildeten Mikrosporen zu schließen ist. Die Planktonproben waren der Elbe gegenüber der Mündung des Nord-Ostsee-Kanals bei Hochwasser in Tiefe von 7,5 und 15 m am 7. Juni 1909 von Herrn VOLK für die hamburgische Eib- untersuchung entnommen worden. In der Elbe finden sich nicht selten Haufen kleiner zentrischer Diatomeen, deren Schalenstruktur in diesem Zustande sehr oft noch nicht so weit entwickelt ist, daß die Art sicher bestimmt werden kann. Nach dem Auffinden der erwähnten Mikrosporen ist es höchstwahrscheinlich, daß diese Haufen zum Teil denselben ihren Ursprung verdanken, also kleine Coscinodiscus hiconicus sind. Teil- weise gehören jedoch die Haufen der Cosc/nodiscus subtilis-Griippe und dem Ad'mopiyclnis undnlatus an. Hamburg, Institut für allgemeine Botanik, November 1912. 44* 67U P' Jaccard: 83. P. Jaccard: Über abnorme Rothoizbildung. (Mit 6 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 13. Dezember 1912.) Bekanntlich bildet sich das ßotliolz auf der unteren Seite der horizontalen Coniferen-Zweige; dieselbe Erscheinung zeigen auch häufig die Zweige auf der dem herrschenden Winde entgegen- gesetzten Seite. E. H ARTIG, der das Rotholz auch als Di uckholz bezeichnet,, vertritt die Auffassung, daß die ßotholztracheiden ihre Eigentüm- lichkeiten dem Längsdrucke verdanken, welcher zufolge des Eigen- gewichtes des Organs auf der unteren bzw. concaven verkürzten Seite entsteht. Im Gegensatz zu dem Druckholz wird das Holz der entgegengesetzten Seite als Zug- auch Weißholz bezeichnet. In seinen „Holzuntersuchungen, Altes und Neues"!} wurde von ß. HARTIG, abgesehen von den künstlich verursachten Umkehrungen der Dorsiventralität, nur eine einzige Ausnahme zu dieser allgemeinen Regel erwähnt, nämlich der Fall, wo infolge Verletzung bei geköpften Fichten Seitenäste zum Ersatzgipfel sich entwickeln und sich nach oben überbiegen. Bei solchen Bäumen kommt es nicht selten vor, daß ein infolge geotropischen Reizes sich aufbiegender Ast im oberen Teile so v/eit übergebogen wird, daß sein Gewicht nicht mehr auf die Außen- resp. Unterseite, sondern auf seine Oberseite einen Druck ausübt und zwar da, wo die concave Krümmungsstelle gelegen ist. An solchen Asten tritt nun die merkwürdige Erscheinung auf, daß die beiden Reize, welche Rotholz erzeugen, gleichzeitig und getrennt zur Wirkung kommen: daß also auf der Unterseite Rotholzbildung als Folge des- Schwerkraftreizes, auf der Oberseite aber Rotholz als Folge des Längsdruckreizes zum Vorschein kommt ^j. Neuerdings ist es mir gelungen, beim Sammeln von Materialien betreffend das exzen- trische Dickenwachstum, zwei neue Beispiele von Rotholzbildung, auf der Oberseite zu beobachten. 1) Berlin 1901. S. 82. 2) loc. cit. S. 82, Fig. 36 u. 36. loc cit S. 84. über abnorme Rotholzbildung. 671 Das erste betrifft eine Schwarzkiefer {P'miis nigra) des Kantonsspitalgartens in Zürich, die frei an der Straße wächst. Es handelt sich um einen starken beinahe horizontal wachsenden oder schwach aufwärts gebogenen Zweig, welcher von der oberen Seite «Ines größeren Astes herstammt. In der Nähe seiner Ansatzstelle 2;eigte sich eine deutliche Aufwärtskrümmung. Fig. 1 stellt einen Querschnitt durch die gekrümmte Basis dieses Zweiges dar, wobei eine ausgeprägte ßotholzbildung auf der Fig. 1. Querschnitt durch einen Ast von Pimis nigra mit Rotholzbildung auf der oberen und auf der unteren Seite. Das Rotholz zeichnet sich durch die dunkle Farbe aus. Wenn Rotholz oben angelegt ist, so fehlt es unten in dem entsprechenden Ringe. Photo. ^/^ natürl. Größe. oberen sowie auf der unteren Seite zum Vorschein kommt. Dif E,otholzbildung auf der Oberseite läßt sich bis zu einer Entfernung von 30 cm, von der Ansatzstelle aus gemessen, verfolgen, d. h. bis da, wo die Aufwärtskrümmung verschwindet und der Zweig die horizontale Lage einnimmt. Wie gewöhnlich bei den Coniferen, war die untere Seite be- deutend breiter als die obere. Aus Fig. 1 tritt außerdem deutlich hervor, daß bei den letztgebildeten Jahrringen ein ausgeprägtes Rotholz bloß auf 672 P- Jaccard: der Oberseite entstanden ist; dagegen fehlt es bei denselben Hingen auf der Unterseite. Da die aufwärts gekrümmte Oberseite des betroffenden Zweiges einer Zugspannung und nicht einem Längsdrucke aus- gesetzt war, so muß man annehmen, daß die E-otholzbildung nicht notwendigerweise mit dem Vorhandensein eines Längsdruckes ver- bunden ist, und daß Rotholz auch unter starker Zugspannung zu entstehen vermag. Fügen wir noch hinzu, daß die südliche freie Seite des Baumes, aus M'elcher der untersuchte Zweig stammt, keinem stark dominierenden Wind ausgesetzt, und schließlich, daß die Wirkung der Schwerkraft bei diesem Zweig eine normale war, d. h, eine solche, welche gewöhnlich bei den wagerechten Coniferen-Asten die Bilduno- von Rotholz auf der unteren Seite allein bewirkt. Aus der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich, daß die Struktur der Rotholztracheiden auf den beiden Seiten genau die- selbe ist. Aus Druck- und Biegungsproben stellte sich heraus, daß sich auch in ihren mechanischen Eigenschaften kein merklicher Unterschied zwischen den beiden Seiten geltend macht. Der zweite Fall wurde an Zweigen von Finas monfana Mill. var. nncinata Ramon aus dem Torfmoor La Yraconnaz beobachtet. Auf dem Hochmoor La Vraconnaz bei St. Croix (wadtländisch. Jura) bei ca. 1200 m bildet Pinus nncinata einen reinen Bestand von kümmerlichen ca. 2 — 3 m hohen Exemplaren (sog. „Kuscheln"),, deren Zweige verschiedenartige Krümmungen aufweisen, die iu keinem Zusammenhang mit einer bestimmten Windrichtung stehen. Im Gegensatz zu dem oben erwähnten Oberseitenholze bei Finns nigra zeigen die aufwärtsgebogenen Aste unserer Torfkiefer ebensogut wie die abwärtsgerichteten Weißholz auf der oberen schmalen Seite, obgleich zufolge der Auswärtskr jmmung diese Seite einem Längsdruck ausgesetzt sein sollte. Umgekehrt zeigte die untere breite Zugseite eine normale Rotholzbildung. Schon aus diesen Tatsachen geht hervor, daß bei der Ent- stehung der Rotholztracheiden nicht allein der infolge des Eigen- gewichtes des Zweiges sich entwickelnde Längsdruck maßgebend ist, sondern daß auch andere Faktoren die Rotholzbildung be- dingen müssen. Durch die vergleichende Untersuchung der anatomischen Struktur der Ober- und der Unterseite eines und desselben Zweiges werden wir zu demselben Schluß geführt. Fig. 2 faßt halb schematisch die anatomischen Eigentümlich- keiten zusammen, die auf dem Querschnitte eines neunjährigen. über abnorme Rotholzbildung. 673 A Markkrone J903 v^'» jgij 1. Riiig (21 Zellreiheii) ^ Markkrone 2. Ring (24 Zellreiken) Ring Qj (24 Zellreihen) H=iö ,-. Ring F T= ö Reihen S= II H = 6. Ring F z=. 20 Reihen S=4 H — 10 S. Ring rjj ReilienJ 0. Ring CXJ-JD (i^ Reihen) F H F CZEXXD -^^ /. Ring (21 Zellreihen) Grenze wischarf rxr BcE& (24 Zellreihen) 3. Ring (24 Reihen) ffl^ 4. Ring F=i 10-12 Reihen S und H :=:. ij — ly Reihen ^F^ s- R"'g (22 Zellreihen) 6. Ring (i-j Reihen) 7. Ring (1^ Reihen) 8. Ring (18 Reihenj BEe& g. Ring (ij Reihen) fm& H H F H H F H F H Frühjahr 1903 O Co Co o Herbst 1911 Horisontaler Zweig: j — (> tnm\IJurchnt. F. Jaccard del. Fig, 2. Verschiedenartige Differenzierung der Tracheiden im Rot- und im Weißholze bei einem 9jährigen Zweig von Pinus montana Mill. var. uncinata Ramon. aas dem Torfmoor La Vraconnaz (Wadtländ. Jura ca. 1200 m), (Halb schematisch.) 674 P Jaccard: Zweit^es von Pimis monfana unclnnta aus La Yraconnaz beobachtet worden sind. Wie aus dieser Tafel hervorgeht, besitzt der erste liing (der älteste) auf den beiden Seiten dieselbe Struktur: die Frühtracheiden sind weitlumig, dünnwandig und regelmäßig viereckig. Am Ende der Vegetationsperiode werden sie in radialer liichtung allmählich enger und etwas verdickt. In der tangentialen Richtung behalten sie meistens ihre ursprüngliche Breite bei. Die Zahl der Zell- reihen ist auf den beiden Seiten die gleiche und bleibt vom ersten bis zum dritten Jahre beinahe dieselbe. Im vierten Jahre tritt plötzlich eine merkwürdige Erscheinung auf: nämlich die Bildung von typischen Eotholztracheiden auf der unteren Seite des Zweiges und zwar schon am Anfang der Vegetationsperiode, also ohne vorherige Bildung von weitlumigen, dünnwandigen Elementen. Die auf dem Querschnitt schön kreisförmigen, stark dickwandigen Tracheiden, aus welchen das Frühholz dieses Ringes besteht, zeigen die durch HARTIG beschriebene und für die Rotholztracheiden charakteristische Spiralstreifung und eine schwache oder fehlende Verholzung der inneren AVandschicht. Diese typischen Rotholztracheiden bilden 8 Reihen, dann ändert sich ihre ursprüngliche Gestalt; ihre kreisförmige Schnitt- fläche geht allmählich in eine breitere elliptische über. So werden 12 Zellreihen gebildet, aus welchen das Sommerholz S besteht. Diesen letzteren folgen dann noch 16 Reihen von eckigen regel- mäßig gebauten Tracheiden, die das Spätholz oder Herbstholz H bilden. Die obere Seite dieses vierten Jahrringes zeigte aber eine ganz andere Straktur: das Frühholz besteht aus 10 — 12 Reihen von normalen Frühholztracheiden, denen 15 — 17 Reihen von un- gleich großen Tracheiden folgen; die einen sind im Querschnitt relativ breit und elliptisch, die anderen kleiner und kreisförmig i); sie bilden zusammen das Sommer- und das Spätholz dieses Ringes. Der fünfte Ring beginnt auf der unteren Seite mit 6 Reihen großer eckiger dünnwandiger Frühholztracheiden; das Sommerholz besteht aus elliptischen relativ dickwandigen Elementen, welche sich gegen das Ende der Vegetationsperiode abplatten, ohne ihre Wände merklich zu verdicken. Auf der oberen Seite sind die Früh- jahrstracheiden dünnwandig, weitlumig und etwas abgerundet; die des Sommer- und Spätholzes sind elliptisch und von unregelmäßiger Gestalt und Größe. 1) Dieselben haben mit den Markstrahlen gar nichts zu tan. Üljer abnorme Rotholzbildung. 675 Spätholz 1905 Frähhoh 1907 S. J. gr. F. Fi- 4. Fig. 5. Fig. 3. Rotholzring (aus abgerundeten Tracheiden) auf der unteren Seite eines 9jährigen Zweiges desselben Baumes. (4. Jahresring.) Camera lucid. Obj. 5. — Fig. 4. Rotholztracheiden im Frühholz auf der oberen Seite eines Astes von Pinas nigra. J.gr. ^ Jahrringgrenze. S. = Spätholz. F. = Früh- holz. Oamer. lue. Obj. 6. — Fig. 6. Normale Struktur eines anderen Ringes desselben Astes von Pinus nigra. Obj. B. Camera lucida. S. = Spätholz. F. = Frühholz. G76 P- Jaccard: Der sechste Ring beginnt aul' der unteren Seite genau wie der vierte mit 20 Reihen stark abgerundeter, dickwandiger Tracheiden denen merkwürdigerweise vier Reihen typischer eckiger, dünn- wandiger Frühholztracheiden folgen. Diese 24 Reihen bilden zu- sammen das Früh- und Sommerholz; das Hevbstholz besteht aus elliptischen mehr oder weniger stark abgeplatteten Elementen. Die Bildung von abgerundeten Rotholztracheiden im ersten Frühjahr läßt sich noch am Anfang des achten Ringes auf der unteren Seite beobachten. Die siebenten und neunten Ringe zeigen auf den beiden Seiten eine normale Struktur. In Abweichung von dem normalen Bau zeigen manche Kiefernzweige desselben Standortes Jahrringe, welche aus lauter Rotholztracheiden bestehen, und zwar tritt diese Erscheinung bald auf der oberen bald auf der unteren Seite des Zweiges auf (Fig. 3). Solche Rotholzringe treten plötzlich zwischen normal gebauten Ringen auf; die Rotholztracheiden nehmen aber gewöhnlich nur einen Teil, die Hälfte oder zwei Drittel eines und desselben Ringes ein, der übrige Teil besteht aus weitlumigen Elementen. Es gibt auch Zweige, bei denen die Rotholzringe schon im zweiten Jahre auftreten, und solche, wo 3 bis 5 Rotholzringe hintereinander auf derselben Seite angelegt werden. Eine Rot- holzbildung im Frühjahr (Fig. 4 — 5) sowie die Bildung von Rot- holzringen, die aus lauter Rotholztracheiden auf einer Seite des Astes bestehen, habe ich auch bei dem oben erwähnten und be- schriebenen Aste von Pinus nigra beobachtet. Das Wurzelholz von Pinus monfana uncinata aus La Vraconnaz zeigt auch manche Eigentümlichkeiten. Je nach dem Alter und der Größe sowie je nach ihrer Tiefe im Boden ze'gen die Wurzeln in ihrer anatomischen Struktur auffallende Differenzen. Die jungen 3 — 5 mm dicken Wurzeln bestehen meistens aus zarten, dünnwandigen, relativ weitlumigen Tracheiden und zeigen nur ein ein- oder zweischichtiges Spätholz. Bei den älteren Wurzeln dagegen, welche näher an der Boden- oberfläche stehen, kommt die Jahrringbildung deutlicher zum Vor- schein. Das Spätholz besteht hier manchmal aus abgerundeten Tracheiden, welche auch wie die Rotholztracheiden eine schwach verholzte oder unverholzte Wandschicht aufweisen. Erklärungsversuche. Auf Grund der abnormen Verteilung des Rotholzes bei der Torfkiefer von La Vraconnaz und der damit verknüpften Struktur- abweichungen einzelner Jahrrijige bin ich zu dem Schlüsse ge- über abnorme Rotholzbildung. 677 kommeu, daß bei den untersuchten Objekten die Bildung und Ver- teilung der üotholztracheiden weder durch die mechanische Wirkung der Schwerkraft, noch durch diejenige des Windes be- dingt wird. Es unterliegt keinem Zweifel, daß in diesem Falle die Rot- holzbildung nicht von den Festigkeitsverhältnissen, sondern von den Ernährungsbedingungen abhängig ist. Bekanntlich sind die Wachstumsbedingung-en in den Torfmooren des Jura sehr un- günstig: die Vegetationsperiode ist sehr kurz, die Wasserversorgung ist zufolge der niederen Temperatur und des Säuregehaltes des Bodens stark erschwert, so daß der Wachstumsgang in hohem Maße von den Licht- und Temperaturverhältnissen abhängt. Ein kalter Frühling kann wohl bei unserer Kiefer bei schwacher Wasseraufnahme und gleichzeitiger Auflösung der Reserven des vorigen Sommers einen hohen osmotischen Druck in den Zellen der peripherischen Wachstumszone bedingt haben, wodurch schon im Frühjahr eine starke Abrundung und Verholzung der gebildeten Tracheiden entstehen können. Wahrscheinlich findet die Bildung von abgerundeten dick- wandigen Tracheiden an Frühholz sowie die Bildung von Rotholz- ringen nicht bei allen Zweigen einer und derselben Pflanze gleich- zeitig statt; sonst würde die Wasserversorgung der ganzen Pflanze in zu hohem Maß beeinträchtigt. Aus den experimentellen Untersuchungen von LAURENT und von MOLLIARD geht hervor, L daß im allgemeinen durch eine starke Wasserzirkulation die Verholzung und die starke Verdickung der Elemente gehemmt wird, daß dieselbe dagegen durch reichliche Zufuhr von Kohlehydraten bei mäßiger oder erschwerter Wasser- versorgung befördert wird; 2. daß Länge und Breite der Elemente von der Größe des osmotischen Drucl^s abhängen. Die klimatischen Verhältnisse der Torfmoore sind gerade ge- eignet, starke und unregelmäßige Schwankungen in der Intensität der Wasserversorgung und der Assimilation hervorzurufen und da- bei die Größe des osmotischen Druckes in hohem Maße zu beein- flussen. Schwieriger zu erklären und zu begreifen ist die Einschaltung von dünnwandigen weitlumigen Elementen in der Mitte eines Ringes zwischen abgerundeten stark verholzten Tracheiden (siehe Fig. 2, sechster Ring, untere Seite). Eine ähnliche Erscheinung haben wir zwar bei den Doppel- ringen, welche zufolge einer vorübergehenden Unterbrechung des Wachsturas durch Frost oder durch Raupenfraß zustande kommen. 678 ^^ Jaccaru: Ül'er abnorme Rotholzbildung. In solclien Fällen findet aber die Unterbrechung der Cambium- tätigkeit aiif dem ganzen Umfange des Ringes und die Bildung neuer wasserleitenden Tracheiden findet ebenso rings um den Zweig statt ^). Auch die oben erwähnte Bildung von Rotholz im Frühjahr bei Pimis nigra läßt sich in ihrer Ursache schwer erklären. Inwieweit die Gestalt und die Verdickung der Frühholz- tracheiden bei der Kiefer durch Erschwerung der Wasserver- sorgung und durch Schwankungen in der Intensität der Assi- milation beeinflußt werden können, kann nur auf experimentellem Wege beantwortet werden. Solche Experimente sind in meinem Garten angesetzt und werden hoffentlich bald auf diese interessante Frage etwas Licht werfen. Inzwischen können wir die Tatsache hervorheben, daß die Eotholzbildung bei den Kiefern nicht nur mit der Richtung der Schwerkraft und des Windes verbunden ist und also nicht immer und allein eine mechanische Bedeutung besitzt, sondern, daß sie in manchen Fällen ausschließlich mit den Ernährungsverhältnissen in Zusammenhang stehen. Zürich, Dezember 1912. Pflanzenphysiologisches Institut der Eidg. teclin. Hochschule. 1) Ein lokale.«, einseitiges Aussetzen des Cauibinms kommt bei stark exzeutrischen Asten häufig vor, -wie aus den Untersuchungen von Rübner hervorgeht. RÜBNER, Über den Hunger des Oambiums. Naturw. Zeitschr. f. Forst- und Landwirtsch. Jahrg. 1911. H. ]>URGEFF: Über Sexualität, Vaiiabilität und Vererbung usw. 679 84. H. Burgeff: Über Sexualität, Variabilität und Ver- erbung bei Phycomyces nitens. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 21. Dezember 1!)12.) I. Sexualität. Eigenschaften des polyenergiden Mycels, BLAKBSLEEs Resultate. Neutrale und sexuell aktive Mycelien. Künstliche Synthese des neutralen Mycels Die Mixochimäre. II. Variabilität. Entstehung einer Variante in heterocary- otischer Form: Versuche zur Selektion der homokaryotischen. Var. piloholoides. III. Vererbung. Kreuzung der Variante mit dem normalen Nitensmycoi. I. BLAKESLEEs Untersuchungen (1904, 1906) haben bei Fhjco- mijces nitens Kunze das Vorhandensein sexuell differenzierter, mor- phologisch aber nur schwer unterscheidbarer Mycelien ergeben. Treffen Hyphen von Mj'celien entgegengesetzten Geschlechts auf- einander, so entsteht durch Fusion zweier an den Berührungs- stellen entstandener, vielkerniger Gametangien eine Zygospore, die nach längerer ßuheperiode mit einem Sporangium keimt. Die in diesem Sporangium erzeugten Sporen geben zum größeren Teil sexuell differenzierte, zum kleineren sexuell undifferenzierte (neu- trale) Mycelien. Die neutralen Mycelien bilden nicht zur Copula- tion kommende, abortive Copulationsäste (sog. Pseudophoren) und Sporangien. In den Sporangien der neutralen Mycelien entstandene Sporen liefern neben neutralen wieder eine diesmal kleinere An- zahl sexuell aktiver Mycelien (vgl. Schema). + Mvcel 4- Gametangien \ ^ _ . -/ , ^ , . • • • Ziygospore • • • Keimsporangmm • • • — Mycel — Gametangien j ^ & i i & -\- Sporen • • • -f Sporen • • • usw. ( -\- Sporen . . . . -f Sporen • • • • usw. usw. Neutrale Sporen • • • cj öj C3 Fig. 1. AB — Die Kurve, welche die Abhängigkeit der Koagulations- temperatur des Protoplasmas von der Erhitzungsdauer darstellt. CD — Die Linie, welche die Abhängigkeit der Koagulationstemperatur von den Logarithmen der Erhitzungsdauer darstellt. Die Konstanten a und b kann man am genauesten aus den oben angeführten Angaben der Versuche 1 und 7 berechnen i). Wenn wir diese Angaben in die Gleichung (I) statt T und Z ein- setzen, so ergibt sich aus den erhaltenen zwei Gleichungen: b = 12,8 und a = 79,8, so daß die Gleichung I die Gestalt T = 79,8 — 12,8 lg,„ Z (T in Grad. Celsius, Z — in Minuten) an- nimmt. Wie genau diese Gleichung mit den Angaben der oben an- 1) Die Ungenauigkeit der angewandten Methode äußert sich, wie leicht zu ersehen ist, bei höheren Temperaturen (also bei kleinen Z) meistens in der Größe der Konstante b, während bei niedrigeren Temperaturen (also bei großen Z) diese Ungenauigkeit meistens die Konstanten a beeinflußt. Die genaueste Berechnung der beiden Konstanten ist also auf Grund der Angaben der zwei extremsten Fälle möglich. 10 W. W. Lepeschkin: geführten Versuche übereinstimmt zeigt die folgende Zusammen- stellung, wo die nach der Gleichung berechneten und in den Ver- suchen 2 — 6 gefundenen Größen von Koagulationstemperatiiren bei einer gegebenen Erhitzungsdauer parallel angeführt sind. Ver- suche Nr. Erhitzuogsdauer Z (in Minuten) Koagulationstemperaturen T des Proto- plasmas berechnet gefunden 2 3 4 5 6 10 25 60 80 100 67 0 62 67,1 66,5 64,2 69,6 " 63,2 67,0 56,7 54,1 4. Versuche an Beta vulgaris (Wurzel). In jedem Versuch wurden Stücke der roten Rübe (5 Stück, Gesamtoberfläche 33 qcm) in Wasser von einer konstanten Tempe- ratur gebracht und so lange erhitzt, bis das Wasser so stark ge- färbt wurde wie die 0,00001 proz. Fuchsinlösung. Die bei ver- schiedenen Temperaturen beobachtete Erhitzungsdauer, die zur Koagulation des Protoplasmas ausreichte, ist in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Temperatur 70 64 0 60" 55 " 50 0 45" c CO 3 4.J a 43 U ^3 Versuch 1 2 3 4 5 0,1 0,1 0.1 0.1 0,1 0,7 1,7 2,2 4,5 8,5 0.7 1,6 2,3 4,7 10,2 0,6 1,6 2,3 4,6 9,1 0.7 1,4 2,3 4,8 8,1 0.6 1.7 2.6 5,0 10.5 30 33 28 26 36 Mittelzahl : 0,1 | 0,7 | 1,6 | 2,3 i 4,7 9,3 30 Stellen wir das erhaltene Resultat in Form einer Kurve dar, so erhalten wir eine ähnliche Kurve (AB), w^ie sie für Tradescantia discolor gefunden wurde. Bringt man nun im Diagramm auf der Abszisse statt der die Erhitzungsdauer darstellenden Zahlen die Logarithmen derselben an'), so erhält man eine Linie CD von bei- nahe gerader Richtung. (Die Logarithmenzahlen sind in einem anderen Maßstabe aufgetragen.) Die Abhängigkeit der Koagulationstemperatur des Proto- plasmas T von der Erhitzungsdauer Z hat also einen noch deut- 1) Diese Logarithmen sind: IgioO.l-— 1; lg 0,7 = —0,2; lg 1,6= 0,2 lg 2,8 = 0,36 ; lg 4,7 = 0,67 ; lg 9,3 = 0,97 ; lg 30 = 1,48. Zur Kenntnis der Einwirkung supramaximaler Temperaturen us^v. 7^1 licheren logaritlimischen Charakter als die für Tradescantia discolor erhaltene Kurve. Die Konstanten a und b in der Gleichung T=:a-blgZ gelten für die extremsten und am genauesten er- mittelten Fälle der Erhitzungsdauer (also für Z = 1,6 und Z = 30): a = 67 und b = 14,9, so daß die Gleichung T = 67—14,9 Ig^gZ die Abhängigkeit der Koagulationstemperatur des Protoplasmas T von der Erhitzungsdauer Z ungefähr ausdrückt. I < ■ u < 1 ] > . I Fig. 2. AB — Die Kurve, welche die Abhängigkeit der Koagulationstempe- ratur des Protoplasmas von der Erhitzungsdauer darstellt. CD — Die Linie, welche die Abhängigkeit der Koagulationstemperatur von den Logarithmen der Erhitzungsdauer darstellt. 5. Zusammenstellung der erhaltenen Resultate mit den Angaben, die für Eiweißsole bekannt sind. Wie die Untersuchungen von BüGLTA gezeigt haben'), hat die Abhängigkeit der Koagulationstemperatur der bekannten Ei- weißsole von der Erhitzungsdauer einen logarithmischen Charakter und kann in Form ähnlicher Kurven dargestellt werden, wie sie von mir für die Plasmakoagulation von Tradescantia discolor und Beta vulgaris erhalten warden. Aus den Beobachtungen BUGLL4s folgt, daß diese Abhängigkeit ebenfalls durch die Gleichung T = a — b lg Z ungefähr ausgedrückt werden kann, wobei die Kon- stanten a und b, nach den Angaben desselben Verfassers berechnet, für Blutserum a = HO, 6, b := 8,2, für verdünntes Albumin a = 61,4,^ b = 6, für konzentriertes Albumin a = 53,9 und b := 4,2 betragen. 1) BUGLlA, Über die Hitzegerinnung von flüssigen und festen orga- nischen Kolloiden. Zeitschr. für Chemie und Industrie der Kolloide. 1909. Bd. B. S. 291. 712 ^V- ^V- LePESCHKIiN : Verschiedene EiwciHsole und sogar ungleich konzentrierte Sole desselben Eiweißes haben somit verschiedene Konstanten und wenn die für die rote Hübe und Tradescantia discolor gefundenen Konstanten sich von denjenigen der Eiweißsole unterscheiden, so zeigt dieses, daß das Protoplasma andere Eiweißkörper und in anderen Konzentrationen enthält. Die Einwirkung supramaxiraaler Temperatur auf das Protoplasma ist also durchaus derjenigen auf unbelebte Eiweißsole gleich. Somit wird die Tatsache begreiflich, daß eine Pflanze, die sich in einer supramaximalen Temperatur befindet, über kurz oder lang zugrunde geht. Je höher diese Temperatur ist, um so kürzer dauert es bis zum Absterben, das durch die Koagulation der Plasmaeiweißkörper verursacht wird, 6. Über die Koagulation der Plasmaeiweißkörper und Ei- weißsole bei gewöhnlicher Temperatur. Aus der logarithmischen Abhängigkeit der Koagulations- temperatur der Eiweißsole von der Erhitzungsdauer kann der wich- tige Schluß gezogen werden, daß die Koagulation auch bei Zimmer- temperatur stattfindet, aber sehr langsam vor sich geht. Die für die Koagulation bei 20 ° C erforderliche Zeit läßt sich aus der Glei- chung T=^a— blgißZ berechnen, indem man T = 20 setzt. Auf diese Weise erhält man für Blutserum diese Zeit Z:=r 246*10^ Mi- nuten = ca. 42 Jahre, für verdünntes Albumin Z=:7y7-10* Mi- nuten = ca. 15 Jahre, für konzentriertes Albumin Z = 118'10^ Mi- nuten = ca. 230 Jahre. Noch beständiger sind die unbelebten Ei- weißsole bei 0 ^. So erhält man bei T ^ 0 für Blutserum Z = 677- 10" Minuten = ca. 13 000 Jahre, für verdünntes Albunim Z = 174-10^ Minuten = ca. 250 000 Jahre, für konzentrieites Al- bumin Z = 677-1010 Minuten = ca. 4 500 000 000 Jahre. Setzt man nun in der Gleichung, welche wir für Tradescantia discolor und Beta vulgaris erhielten, T = 20 ", so findet man, daß die für die Koagulation des Protoplasmas bei Zimmertemperatur erforderliche Zeit unvergleichbar kleiner ist. So ist für Trandes- cantia Z = 47 • 10^ Minuten = 33 Tage, für Beta Z = 1880 Mi- nuten = ca. 31 Stunden. Sogar bei 0 ^ ist diese Beständigkeit des Plasmaeiweißkörpers viel geringer als diejenige der unbelebten Sole bei 20 0 C. So finden wir bei T = 0 für Tradescantia discolor Ti = 17-105 Minuten = ca. 3 Jahre, für die rote Rübe Z= 16200 Mi- nuten = ca. 11 Tage. Somit ist der Plasmaeiweißkörper bei 20" 0 200 bis 100 000 mal, bei 0 0—4000 bis 400 000 000mal un- Zur Kenntnis der Einwirkung supramaximaler Temperaturen usw. 713 beständiger als die unbelebten Eiweißsole! Man könnte also mit vollem Recht behaupten, wie ich das übrigens auch früher aus anderen Gründen geschlossen habe^), daß das Protoplasmasol einen temporär flüssigen Charakter besitzt, indem es nur eine Zeitlang nach seiner Entstehung flüssige Formart besitzen kann. Je höher die Temperatur ist, um so kürzer ist die Existenz des Protoplasmasol, und um so energischer muß der Stoffwechsel neue Quantitäten dieses Sols schaffen, welche die koagulierten Teile des Protoplasmas ersetzen müssen, um die lebendige Substanz in leben- dem Zustande zu erhalten. Bei einer Temperatur aber, wo die Koagulation zu rasch vor sich geht und die durch dieselbe getöteten Protoplasmateile nicht mehr in vollem Maße durch die neu ent- stehende flüssige lebende Substanz ersetzt werden können, geht die Zelle und der Organismus mit der Zeit zugrunde; diese Tempera- tur, wo also kein Wachstum der lebenden Substanz mehr statt- finden kann, heißt das Maximum und ist, wie schon aus den oben angeführten Beispielen hervorgeht {Beta vulgaris und Tradescantia discolor), für verschiedene Pflanzen verschieden. In meinen früher veröffentlichten Aufsätzen habe ich u. a. gezeigt, daß die selbständige Koagulation des Protoplasmas durch mechanische Eingriffe bedeutend beschleunigt wird, d. h. daß das Protoplasmasol unbeständiger wird. Daß die Unbeständigkeit des Plasmaeiweißsols durch mechanische Einwirkungen zunimmt, be- weist auch meine Beobachtung über die Abhängigkeit der Koagu- lationstemperatur des Protoplasmas von der Erhitzungsdauer, welche an Zellen bestimmt wird, die vorher einem mechanischen Eingriffe ausgesetzt waren. Man erhält nämlich an solchen Zellen andere Koagulationszeiten, So wurden in meinen Versuchen an Buben- stücken V2 — ^ Stunde nach dem Zerschneiden der Rübe die für die Koagulation des Protoplasmas erforderliche Erhitzungsdauer bei 60 0 C Z = 1,2 Minuten, bei 55 ° - Z = 2,7 Minuten, für 50 « — Z = 5,7 Minuten gefunden. Daraus ergeben sich die Konstanten a = 61,3 und b := 15,9. Bei Zimmertemperatur (also bei T = 20 °) berechnet sich Z = 395 Minuten = ca. 6 Stunden. Die oben für die rote E-übe aufgestellte Kurve der Abhängigkeit der Koagula- tionstemperatur des Protoplasmas von der Erhitzungsdauer ist auf Grund von Versuchen gemacht, welche gewöhnlich nicht früher als 15 Stunden nach dem Zerschneiden der Rübe in Stücke aus- geführt wurden. Demnach ist das Protoplasmasol eine Stunde 1) Mau sehe meinen Aufs. Nr. 15 in diesen Berichten, 1910. (Bd. XXVIII, Heft 4.) 714 W. W. LkI'ESCHKIN: Zur Kenntnis der Einwirkung usw. nach dem Zerschneiden, das mit einer Zellendeformierung ver- bunden ist, 5 mal so unbeständig als nach 15 Stunden. Die Be- ständigkeit nimmt aber schon 2 — 3 Stunden nach dem Zerschneiden bedeutend zu, um nach 10—15 Stunden einen konstanten Wert zu erreichen. Die verstärkte Neigung zur Koagulation ver- schwindet allmählich, nachdem die Zellen wieder ihre normale Ge- stalt angenommen haben. Kasan, November 1912. 1) Diese Berichte, 1910 (Bd. XXVIII), S. 97 und 384 ff Bericht über die am 28. Mai 1912 in Freiburg i. B. abgehaltene neunundzwanzigste Generalversammlung der Deutsehen Botanischen Gesellschaft. Wie aus dem den Berichten beigefügten gemeinsamen Pro- gramm der „Deutschen Botanischen Gesellschaft", der „Freien Vereinigung für Pflanzengeographie und systematische Botanik" und der „Vereinigung für angewandte Botanik" hervorgeht, wurde der „Botanikertag" diesmal durch eine Exkursion in den Kaiser- stuhl und nach Rufach eingeleitet. Die Aussicht, ein so interes- santes Florengebiet kennen zu lernen, hatte schon vor Beginn der Sitzungen eine große Anzahl Fachgenossen nach Freiburg gelockt, so daß die Teilnahme an der Generalversammlung in diesem Jahre eine überaus günstige war. Dank den freundlichen Bemühungen des Herrn MUNK fanden alle Teilnehmer gute Unterkunft, obwohl in Freiburg gleichzeitig noch zwei andere Kongresse stattfanden. Es nahmen an den Verhandlungen folgende Mitglieder teil: APPEL-Berlin. BEHRENS-Berhn. BRICK-Hamburg. BUUHWALD-Berlin. BURCHARD-Orotava. DiELS-Marburg a. d. L. DOPOSOHEG-ÜHLAR-München. ENGLER-Berlin. ENGLER-Breslau. ERNST-Zürich. EWERT-Proskau. FISCHER-Basel. FISCHER-Berlin. FiSCHER-Bern. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. (1) (2) Bericht über die neunundzwanzigste Generalversammlung. GTLG-Berliu. V. GüEBEL-München. HANNIG-Straßbiirg i. E. HEELBRONN-Münster i. W. HILLMANN-Berlin. JOST-Straßburg. V. KlRCHNEH-Hohenheim. KLEBS-Heidelberg. KNIEP-Straßburg i. E. KNISCHEWSKY-Flörsheim a. M, KN OLL- Graz. KOLKWITZ-Berlin. LIESKE-Freiburg i. B. LlNDNER-Berlin. MÖBIUS-Frankfurt a. M. MÜLLER- Augustenberg. MUNK-Freiburg i. B. MUTH-Oppenheim a. Rh. NAUMANN-Dresden. OLTMANNS-Freiburg i. B. PETERS-Berlin. RENNER-München. RÜBEL-Zürich. SCHENÜK-Darmstadt. SCHLUMBERGER-Berlin. V. SCHOENAU-München. SENN-Basel. SIMON-Güttingen. Graf SOLMS-Straßburg i. STOPPEL-Straßburg i. E. SVEDELIUS-Uppsala. THOST- Berlin. TISOHLER-Heidelberg. F. TOBLER-Münster i. G. TOBLER-Münster i. TRÖNDLE-Freiburg i. WÄCHTER-Beriin. WERTH-Berlin. WlNKLER-Breslau. yi INKLER-Tübingen. E. W. W. B. Als Gäste wohnten der Sitzung bei die Herren: BRANDT, \. Beke, Clark, Eichler, Jakowatz, Noack, Plaut, Raba- nus, RA WITSCHER, SCHAFFITZEL, STARK, J. WEISS, K. WEISS, Zimmermann, Zschokke und Fräulein Else Wendel. Um 9 Uhr 25 Minuten eröffnete als Stellvertreter des Präsi- denten, der am Erscheinen verhindert \var, Herr OLTMANNS die Versammlung im Hörsaal des Zoologischen Instituts. Er begrüßte die Anwesenden auch im Namen der Universität und der Stadt Freiburg. Herr OLTMAISIISIS erstattete sodann einen kurzen Bericht über den Stand der Gesellschaft und teilte mit, daß auch im verflossenen Jahre die Mitgliederzahl in erfreulicher Weise gewachsen sei. Herr APPEL verlas den Kassenbericht und den Voranschlag für das nächste Jahr. (S. Anlage I.) Eine Diskussion fand nicht statt, der stellvertretende Präsident dankte dem Schatzmeister für seine Mühewaltung und erteilte ihm Entlastung. Hierauf verlas Herr GLTMANNS die Namen der seit der Bericht über die neunundzwanzigste Generalversammlung. (3) vorigen Greneralversammlung verstorbenen Mitglieder und Ehren- mitglieder: E. BORNET-Paris, gest. am 18. Dezember 1911, Sir J. HOOKER-London, gest. am 11. Dezember 1911, R. HESSE-Marbiirg a. d. L., gest. am 16. April 1912, E. STRASBURGER-Bonn, gest. am 19. Mai 1912. Die Anwesenden ehrten das Andenken an die Verstorbenen in der üblichen Weise. Als nächster Punkt stand auf der Tagesordnung der Antrag JUNK (abgedruckt im Heft 3 der Berichte). An der Diskussion beteiligten sich die Herren OLTMANNS, BRICK, APPEL, GILG und ThOST. Der Antrag wurde einstimmig abgelehnt, hingegen wurde auf Vorschlag des Herrn OLTMANNS eine Kommission gewählt, deren Aufgabe es sein soll, zu prüfen, ob die Firma Gebr. BORN- TRAEGER den pekuniären Interessen unserer Gesellschaft in jeder Hinsicht gerecht wird. — In diese Kommission wurden durch Zu- ruf die Herren OLTMANNS, OTTO MÜLLER, APPEL, GiLG und V. Kirchner gewählt. Herr KNIEP fragte an, ob es sich nicht empfehlen würde, Diskussionen im Anschluß an die Referate in den Berliner Sitzungen in den Berichten abzudrucken. Es sei ihm ein Fall erinnerlich, daß ein Autor sich in einer Polemik auf eine der- artige Diskussion berufen hätte, die weiteren Kreisen unbekannt ge- blieben w^äre. Nach einer kurzen Aussprache über diesen Gegen- stand wird die Prüfung der Angelegenheit dem Berliner Vorstand überlassen. Auf Vorschlag des Herrn ENGLER wird als Ort für die nächste Generalversammlung Berlin gewählt. Als Zeit wird Anfang Oktober festgesetzt; der endgültige Termin soll den Mitgliedern später bekanntgegeben werden. Hiermit waren die geschäftlichen Angelegenheiten erledigt, und die wissenschaftliche Sitzung begann mit einem durch Licht- bilder illustrierten Vortrag des Herrn KARL MÜLLER über „Die Vegetation des Schwarzwaldes" (s. S. (45)). Hierauf sprach Frl. EOSE STOPPEL: „Über die Bewegungen der Blätter von Phaseolus bei Konstanz der Außenbedingungen" (s. S. (29)) und dann hielt Herrr P. LiNDNER, Berlin, einen Lichtbildvortrag über: „Gär- und Assimilationsversuche und Pilzrosenkulturen." Er gab einen (1*) C4) Bericht über die neunundzwanzigste Generalversammlung. kurzen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse von Grär- und Assimilationsversuchen, die mit zahlreichen Hefen und Schimmel- pilzen der Sammlung des Instituts für Gärungsgewerbe, Berlin, gewonnen worden sind. Eine Zusammenstellung der ca. 8000 Einzel- feststellungen wird demnächst erfolgen. Eine größere Zahl von Lichtbildern, die sich auf die Assimilation von Alkohol, Methyl- alkohol, Essigsäure, Buttersäure, Aceton, Paraldehyd, Benzin, Benzol, Harnstoff und Luftstickstoff bezogen, wurden erläutert. Besonders auffällig war der Gegensatz zwischen den Kulturen in Äthyl- und Methylalkohol, ersterer wurde von den meisten Mikroben assimiliert, letzterer gar nicht. Auch mit Aceton, Paraldehyd und Essigsäure wurde mit einzelnen Mikroben starke Ernten erzielt. Weitere Lichtbilder zeigten den Unterschied im Verhalten von + - und — Stämmen von Pliycomyces nitens gegenüber verschiedenen Zucker- arten. Der — Stamm wuchs und fruktifizierte meist viel üppiger als der -f- -Stamm. Den Schluß der Vorführung bildeten Pro- jektionen farbiger Aufnahmen von ca. 40 Pilzrosenkulturen. Nach einer kurzen Pause sprach Herr TRÖNDLE über „Geotropische Reaktion und Sensibilität" (s. S. (23)), Herr KnOLL „Über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Frucht- körpern verschiedener Hymenomyceten" (s. S. (36)), und Herr LiESKB über ,, Untersuchungen über die Physiologie denitrificierender Schwefelbakterien" (s. S. (12)). Da keine weiteren Mitteilungen vorlagen, schloß Herr OLT- MANNS die Sitzung mit einem Dank an den Direktor des Zoo- logischen Instituts, Herrn Professor DOFLEIN, der uns den Hörsaal seines Instituts für unsere Versammlung freundlichst zur Verfügung gestellt hatte. Am Nachmittag wurde ein Ausflug nach Staufen unter- nommen, und Herr V. KiROHNER nahm bei dem gemeinsamen Abendessen Gelegenheit, Herrn OLTMANNS im Namen der An- wesenden für seine Mühe und die den Mitgliedern gewährte Gast- freundschaft zu danken. Die meisten Teilnehmer der Versammlung beteiligten sich in den nächsten Tagen an den Sitzungen und Exkursionen der beiden anderen Gesellschaften, und auch die Schlußexkursion auf den Feldberg, nach Donaueschingen und Beuron erfreute sich reger Beteiligung, ein Zeichen, daß die HEBELschen Verse, mit denen Herr OLTMANNS seine Begrüßungsansprache eingeleitet hatte. Bericht über die neunundzwanzigste Generalversammlung. (5) allen Besuchern der schönen Stadt noch lange in den Ohren klangen : Z'Friburg in der Stadt snfer ischs' und glatt, richi Here, Geld und Gut, Jumpfere wie Milch und Blut, z'Friburg in der Stadt. F. Oltmanns, W. Wächter, z. Z. Stellvertreter des Präsidenten. Schriftführer, (6) Anlage I. Rechnungs abläge für das Jahr 1911. Rechnungsablage für das Jahr 1911. Yermögen am 1. Januar 1911 Einnahmon: Mitglieder beitrage. (Zu zahlen sind für 1911: 645 JMitglieder ä 20 M = 10 900 M. davon vorausbezahlt . . 164,30 M. „ 1911 bezahlt . . 10 735,70 „ 10 900 „ w.v.) G ezahlt wurden 1911: für 1911: a) Beiträge . . 10 635,70 M. b) 5 lebenslang!. Mitglieder . 100,— „ 10 736,70 M. c) Mehr- zahlungen 24,29 HO,— 107,30 lebensläng- „ frühere Jahre „ spätere Jahre von einem liehen Mitgliede . 200,— .. Zinsen aus dem Depot und Konto- korrent Gewinnanteil anBandXXVIlI 480,90 M. „ XXIX 497,70 „ 11 177,29 602,90 978,60 Ausgaben : Band XXIX der Berichte, 560 Exemplare .... Formulare und Drticksachen Honorare Ehrungen Wissenschaftliche Förderung , Porto: für Schriftwechsel 177,59 M. für Berichte 1 143,95 „ Sonstiges Vermögen am 31. Dezember 1911 Es haben betragen: die Ausgaben die Einnahmen aus den Beiträgen so daß die Ausgaben um höher sind als die Einnahmen, Bei 546 zahlenden [Mitgliedern entfallen auf jedes Mitglied 20,14 M. Einnahmen und 21,65 M. Ausgaben. M. 13714 64 Pf M. Pf. 12 768 84 7 068 436 1800 133 800 1321 241 96 05 36 54 20 11801 10 10 977 29 823 81 26 473 48 11801 10 14 672 38 Rechnungsablage für das Jahr 1911. (7) Voranschlag für 1912. Vermögen am 1. Januar 1912 Einnahmen: Beiträge (650 ä 20 M.) 11 000,— M. Zinsen 610, — „ Gewinnanteil 617,62 „ Ausgaben : Berichte Fonniüare und Drucksachen Honorare . . . Ehrungen Wissenschaftliche Förderung ......... Porto Sonstiges Vermögen am 31. Dezember 1912 AI. Pf. M. Pf. U672 12 127 62 38 7 200 500 — 1 800 ;— 300!— 500 t — 140o!- 400 — 26 800 12 100 14 700 — Dahlem, dea 6. Mai 1912. Der Schatzmeister: APPEL. Revidiert und richtig befunden. Dahlem, den 14. Mai 1912. VOLKENS. G. Lindau. (8) Bericht über die VI. und VII. Gesamtsitzung des „deutschen usw. Anlage II. Bericht über die VI. und VII. Gesamtsitzung des „deutschen Ausschusses ffir den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht".!) Von F. HÖCK. r Seit meinem letzten Bericht über den „deutschen Ausschuß" (Ber. d. bot. Ges. XXIX, 1911, S. 320—322) fanden zwei Gesamt- sitzungen dieses Ausschusses in Berhn statt, und zwar die VI. am 13. und 14. Oktober 1911 im Vorstandszimmer des Herrenhauses, die VII. am 2. April 1912 im Hause des Vereins deutscher Inge- nieure. Beide berücksichtigten vorwiegend den mathematisch- naturwissenschaftlichen Unterricht an Lehrerbildungsanstalten. Deshalb ging der letzten auch eine Sitzung der Seminar-Kommission am 1. April voran, doch konnte ich aus amtlichen Gründen an dieser nicht teilnehmen, erfuhr nur den Inhalt der Verhandlungen aus dem späteren Bericht, während ich bei den Gesamtsitzungen zugegen war. In Weiterverfolgung der in meinem vorigen Bericht erwähnten Grundsätze über die Bildung der Lehrer für solche Schulen suchte der Ausschuß jetzt besonders Leitsätze und Lehraufgaben für Lehrerbildungsanstalten festzustellen. Bisher waren diese vielfach in zwei, selbst örtlich oft getrennte Anstalten geteilt, die Präparandenanstalt als Unterstufe und das Seminar als Abschlußschule. An der ersten unterrichteten oft ganz junge, eben von dem Seminar entlassene, nicht für ein be- stimmtes Fach weiter ausgebildete Lehrer. Aber auch an der letzten kam es noch zu oft vor, daß Lehrer in Fächern unter- richten mußten, die ihrem Bildungsgang und Interesse fernlagen, z. B. Theologen in Mathematik oder Naturwissenschaften. Damit solcher Mißstand aufhört, wenigstens der Regel nach nur für ein Fach besonders vorgebildete Lehrer in diesem Unterricht erteilen, 1) Dieser Bericht lag auf der Generalversammlung noch nicht vor. Bericht über die VI. und VII. Gesamtsitzung des „deutschen usw. (9) hält der Ausschuß es für erwünscht, daß wenigstens nach und nach überall beide Anstalten zu einer sechsklassigen (für minde- stens 6 Jahre berechneten) verschmolzen oder ergänzt werden Die besondere Berufsbildung dürfte vorwiegend im letzten Jahre erfolgen, so daß 5 Jahre der Allgemeinbildung zur Verfügung stehen und auch das letzte diese wenigstens für eine Gruppe von Fächern, die der Schüler sich auswählt, noch weiter fördert; denn auch für die künftigen Volksschullehrer sieht der Ausschuß eine etwas weitergehende Vertiefung in eine einzelne Fachgruppe als erwünscht an, empfiehlt daher für die letzte Klasse eine Gabelung namentlich nach der mathematisch-naturwissenschaftlichen und sprachlich-geschichtlichen Seite hin, vielleicht neben einer besonderen musikalischen Abteilung. In den Naturwissenschaften ist in viel stärkerem Maße als auf den höheren Schulen auf Selbsttätigkeit der Schüler zu halten, da diese später fähig sein müssen, ihre eigenen Schüler durch An- schauung und Versuch anzuregen, also zunächst selbst sehen und Versuche anstellen lernen müssen. Diese Rücksichtnahme auf den künftigen Beruf, welche den Gesamtunterricht bedingt, muß auch bei den hier besonders in Betracht kommenden biologischen Fächern maßgebend sein. Daher sind Bestimmungsübungen hier gleichfalls mehr zu pflegen als an anderenSchulen, selbstverständlich aber nur an Tieren und Pflanzen der Heimat, denn der Lehrer muß die Wesen, welche er im Unterricht behandeln soll, zunächst sicher kennen, von allen verwandten oder äußerlich ihnen ähnlichen scharf zu trennen wissen. Aus dem Grunde darf die Systematik auf dem Seminar keineswegs vernachlässigt werden, wie es in letzter Zeit in Übertreibung der durch JUNGE und SCHMEIL ins Leben ge- rufenen Bestrebungen bisweilen geschah. Die \;^on diesen Metho- dikern mit Recht betonte Rücksichtnahme auf das Leben der Pflanzen und Tiere, die Ökologie, soll zwar auch im Seminar her- vorgekehrt werden, da sie den Volksschulunterricht beherrschen muß, aber die Unterscheidungskunst verdient gleichfalls starke Betonung. Daneben aber muß der Seminarist durch selbst anzu- stellende Versuche das Leben der Tiere und Pflanzen verstehen lernen, denn ein „Verständnis" der umgebenden Lebewelt und ihrer Stellung zum Menschen muß die Hauptforderung an jeden Lehrer der Naturkunde sein. Der Volksschullehrer muß auch ein Berater seiner Gemeindemitglieder sein können, besonders dann, wenn er an einem kleinen Ort amtiert, wo keine anderen Berater zur Verfügung stehen. Dies zeigt, daß im Seminar auf den Nutzen und Schaden der einzelnen Lebewesen für den Menschen auch mehr (10) Bericilt über die VI. und VII. Gesamtsitzung des „deutschen usw. Wert zu legen ist als an den Schulen, die wesentlich für einen allgemeinen Lebensberuf oder auf den künftigen Hochschuibesuch vorbereiten. Unterrichtliche Ausflüge sind von allerhöchster Bedeutung; sie lehren die Einzelarten kennen, aber zeigen diese zugleich in ihrem innigen Zusammenleben mit ihresgleichen und mit Gliedern anderer Gruppen, so daß, trotzdem die ökologische liichtung des Unterrichts in hohem Maße beachtet wird, und nicht über dem „Leben der Pflanze" etwa die „Verschiedenheit der Pflanzen" außer acht gelassen werden darf, zumal da auch die verschiedenen Verwandtschaftsgruppen verschiedene Lebensbedingungen ver- langen. Auf die wichtigsten heimischen Vertreter der gesamten Lebe- welt ist der Hauptnachdruck zu legen, ihre Vergesellschaftung in Beständen ist nach Ausflügen in möglichster Vollständigkeit vor- zuführen, da dies der Seminarist für seinen künftigen Beruf braucht. Die biologische Heimatkunde, die auf Erfahrung aufbaut, bildet zugleich eine Grundlage für das Verständnis der Anpassung der Floren fremder Länder an Boden, Klima usw. So läßt sich das Gesamtbild abrunden, auch ein kurzer Überblick über die wichtig- sten Bestände fremder Länder bieten, um dadurch gleichzeitig eine Verbindung mit dem erdkundlichen Lehrstoffe herzustellen. Auch dieser Unterricht baut möglichst auf Beobachtung auf. Tropische ßegenwälder werden z. B, mit unseren Wäldern ver- glichen, Wüsten mit öden Sandfeldern oder an der Küste mit Dünen. Soweit Einzelarten überhaupt hervorgehoben werden, was nur in geringem Maße geschehen kann, weil die hier allein zur Anschauung zu benutzenden Bilder diese undeutlich zeigen, sind sie nach ihrer Stellung zu heimischen zu kennzeichnen oder mit bekannten nutzbaren, daher näher betrachteten anderer Länder zu vergleichen. Der künftige Lehrer soll so in den Stand gesetzt werden, sich später selbst weiter zu bilden, seinen Beruf zu er- füllen, und, wenn er Neigung für unser Fach hat, auch dieses durch eigene Sammel- und Beobachtungstätigkeit zu fördern. So sehen wir, daß auch die richtige Ausbildung des künftigen Volks- schullehrers in unserer Wissenschaft dieser selbst wieder nach- träglich zugute kommen kann. Auch die anderen Lehranstalten wurden in den Sitzungen des Vorjahres nicht vernachlässigt. So hat z. B. der Ausschuß in seinem Jahresbericht sowohl durch seine Beschlüsse wie durch Veröffentlichung einer Denkschrift Stellung genommen zu der in meinem vorjährigen Bericht erwähnten Verfügung des preußischen Bericht über die VI. und VII. Gesamtsitzung des „deutschen usw. (11) Kultusministeriums vom 4. November 1910 über Biologie auf der Oberstufe höherer Lehranstalten. Besonders wurde dabei betont, daß die „Eigenart" der Oberrealschulen in starker Betonung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts bestehen müsse, nicht auch an diesen Schulen die sprachliche Richtung wie bisher vielfach überwiegen dürfe. Hierin befindet sich der Ausschuß im Einklang mit dem h]rlaß des Ministers, hat aber vielfach lebhafte Gegnerschaft bei neusprachlichen Direktoren gefunden. Diesem ernstlich in Wort und Schrift entgegenzutreten, ist eine Hauptauf- gabe def- Mitglieder des Ausschusses, die sie auch auf anderen Versammlungen nicht außer acht lassen. Sie suchen auch Schul- männern von anderen Fächern den bildenden Wert ihres Lehr- gegenstandes nahezulegen. So habe ich z. B. auf der 51. Ver- sammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Posen am 5, Oktober 1911 die Frage behandelt: „In welcher Beziehung kann der biologische Unterricht fördernd auf die gesamte Geistesbildung der Schüler wirken')?" Doch noch zwei weitere Vorträge jener Sitzung, die nicht von Vertretern des Ausschusses gehalten wurden, behandelten in den Ausschußsitzungen vielfach erörterte Fragen und zeigten, welchen Einfluß schon jetzt der Ausschuß auf den gesamten naturwissenschaftlichen Unterricht hat; auf Einzelheiten kann aber in diesem kurzen Bericht nicht eingegangen werden. 1) Vgl. die Verhandlungen über jene Versammlung S. 144 — 149; ausführ- lich wiedergegeben ist der Hauptinhalt meines Vortrags in den Unterrichtsblättern für Mathematik und Naturwissenschaften, XVII, 1911, Nr. 8. (12) Rudolf Lieske; Mitteilungen. I. Rudolf Lieske: Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender Schwefelbakterien '). (Eingegangen am 18. Juni 1912.) Im Frühjahr 1911 beschäftigte ich mich mit der Kultur von Thiosulfatbakterien. Es gelang mir, aus dem Teich des Botanischen Gartens zu Leipzig eine E-eihe verschiedener Arten zu isolieren, die zum Teil das Thiosulfat unter sehr beträchtlicher Aus- scheidung von elementarem Schwefel oxydierten. Ich habe diese Arten, die in Kulturen mit geringer Tiefe und großer Ober- fläche der Nährlösung bei Luftzutritt üppig gediehen, nicht näher untersucht. Gibt man die thiosulfathaltige Nährlösung in ein hohes Becherglas oder einen Glaszylinder und impft mit etwas nach Schwefelwasserstoff riechendem Schlamm, so tritt auch hierbei eine Entwicklung von Bakterien ein. Die Formen aber, die auf der Oberfläche der Nährlösung elementaren Schwefel abscheiden, erhält man auf diese Weise nur selten. In der Flüssigkeit da- gegen zeigen sich in bestimmter Entfernung von der Oberfläche nach einigen Tagen scharf abgegrenzte opalisierende Zonen, oft drei bis vier übereinander. Dieselben \a erden verursacht durch Schwefelbakterien, die sich m der Nährlösung an den Stellen entwickeln, die einen ihnen zusagenden Sauerstoffgehalt auf- weisen. Die Arten, die sich am weitesten von der Oberfläche ent- fernt einstellten, die also das geringste Sauerstoffbedürfnis zeigten, bildeten für mich den Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen. Die Kulturen wurden in kleinen ERLENMEYER-Kolben von ungefähr 100 ccm Inhalt angesetzt. Die Nährlösung bestand aus: 1) Ausführliche Arbeit in den Sitzungsberichten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 1912, 6. Abb. Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender usw. (13) H,0 dest. 100 ccm Na,S,03 0,5 g KNO, 0,5 g NaHC03 0,1 g K,HPO, 0,02 g MgCL 0,01 g CaCl, Spur FegCl. Spur Die Kolben wurden mit einem durchbohrten "Gummistopfen verschlossen. Durch die Öffnung wurde eine, nach unten gebogene Glasröhre geführt, wie das für die Kultur von Gärungsorganismen üblich ist. Nach dem Impfen wurde der Kolben und auch die Glasröhre ganz mit Nährlösung gefüllt, und das freie Ende der Glasröhre wurde in ein Gefäß mit Quecksilber getaucht. Die Nährflüssigkeit stand also mit der Atmosphäre nicht in Ver- bindung. Nach wenigen Tagen trat in den Kulturen im Wärmezimmer bei einer Temperatur von 25 " Celsius eine lebhafte Gasentwicklung ein. Die Nährlösung blieb zunächst ganz klar. Nach einiger Zeit wurde die Gasentwicklung geringer, und die Nährlösung zeigte scheinbar eine leichte Trübung, In Wirklichkeit war aber die Lösung klar, die Wände des Kulturgefäßes dagegen waren mit einer dünnen, schwach opalisierenden Bakterienhaut über- zogen, die sich regelmäßig einige Tage, nachdem die Nährlösung verbraucht war und damit die Gasentwicklung aufgehört hatte, in größeren Stücken von dem Glase ablöste und an die Ober- fläche stieg. Durch wiederholtes Überimpfen von dieser Bakterienhaut in neue sterilisierte Kolben wurden Kulturen erhalten, in denen sich fremde Bakterien oder andere Mikroorganismen kaum nachweisen ließen. Reinkulturen ließen sich auf diesem Wege, wie voraus- zusehen war, nicht erzielen. Die Herstellung von Reinkulturen aus diesen Rohkulturen erwies sich als außerordentlich schwierig. Alle die mißglückten Versuche anzuführen, halte ich für zwecklos. Die Reinkulturen wurden schließlich erhalten durch Aus- streichen der Bakterienhaut auf Agarplatten, die mit der an- gegebenen Nährlösung und l,5proz. gewässertem Agar hergestellt waren. Die Bakterien kamen aber nur dann zur Entwicklung, wenn die Platten sich in einer Atmosphäre von sehr geringem Sauerstoff druck befanden. Die Bakterienkolonien waren im Agar als schwach opalisierende Stellen zu erkennen. (14) Rudolf Lieske: Morphologie, Vorkommen in der Natur. Der kultivierte Organismus ist ein kleines dünnes* Stäbclien von ungefähr 1 [x Länge. Mit Säurefuchsin und Methylenblau sind die Bakterien leicht färbbar. Eine Sporenbildung konnte nicht beobachtet werden. Die Bakterien wurden im Februar 1911 aus dem schwefel- wasserstoffhaltigen Schlamm des Teiches im Botanischen Garten zu Leipzig isoliert. Anscheinend denselben Organismus konnte ich später aus verschiedenen Schlammproben in Freiburg i. B. erhalten, jedoch gelang es mir hier nicht, Reinkulturen herzu- stellen, da es mir nicht möglich war, noch einmal soviel Zeit und Mühe zu opfern wie bei den bisher beschriebenen Kulturen. Ich halte es aber für sehr wahrscheinlich, daß der erwähnte Orga- nismus im Schlamm unserer Gewässer zu den häufigsten Bak- terien gehört. Der Einfuß von Licht und Temperatur. Der Einfluß von Licht und Temperatur auf das Wachstum der Bakterien wurde näher untersucht. Im Dunkeln und im dif- fusen Tageslicht gediehen die Kulturen ungefähr gleich gut. Direktes Sonnenlicht wirkt hemmend auf die Entwicklung der Bakterien, tötet dieselben aber nicht ab. Der volle Sauerstoffdruck wird von den Bakterien nicht er- tragen, ein AVachstum tritt ein bei ungefähr '/, bis 7« des nor- malen Sauerstoffdruckes. Bei vollständigem Fehlen von Luftsauer- stoff ist dagegen ein sehr gutes Wachstum zu beobachten. Verschiedene Kohlenstoff quellen. Alle bisher beschriebenen Kulturen enthielten eine Nähr- lösung, die aus reinen Salzen und destilliertem Wasser hergestellt war. Versuche mit nochmals umkristallisierten Salzen ergaben kein anderes Resultat. Aus der Luft konnten die Bakterien or- ganische Stoffe nicht aufnehmen, da die Nährflüssigkeit voll- ständig von der Außenluft abgeschlossen war. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß der untersuchte Organismus kohlenstoff- autotroph ist. Im Gegensatz zu anderen autotrophen Bakterien zeigte sich, daß ein Zusatz von organischer Substanz zur an- organischen Nährlösung nicht hemmend auf das Wachstum ein- wirkt. Als Kohlenstoffquelle konnten verwertet werden: Ammoniumkarbonat, Calciumkarbonat, Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender usw. (^15) Magnesiumkarbonat, Man gankarbonat, Natriumkarbonat. Mit freier Kohlensäure trat kein Wachstum ein. Das er- klärt sich wahrscheinlich daraus, daß die Karbonate nicht allein als Kohlenstoffquelle dienen, sondern daß sie nebenbei unbedingt gebraucht werden zur Neutralisation der beim Wachstum der Bak- terien gebildeten Schwefelsäure. Verschiedene Schwefelverbindungen. Die von BEIJERINCK und NATHANSOHN untersuchten Thio- sulfatbakterien können ihre Assimilationsenergie durch Oxydation von Thiosulfaten gewinnen. Die bisher beschriebenen Kulturen enthielten als Energiequelle ebenfalls kristallisiertes Natriumthio- sulfat (Na^S^Og + 50.^0), Es wurde nun untersucht, ob auch andere Schwefelverbindungen als Energiequelle dienen können. Zunächst wurden angewendet: Kaliumsulfid K^S^ Natriumsulfit Na^SO^ Natriumbisulfit NaHSOj Natriumsulfat Na^SO^. Nur bei Kaliumsulfid war ein ganz geringes, kaum merk- liches Wachstum zu beobachten, wenn das Salz in sehr geringer Konzentration geboten wurde. Dies beruht aber vielleicht nur auf der Bildung von Schwefelwasserstoff in der Nährlösung, die auf rein chemischem Wege erfolgen kann, oder auf einer schwer ver- meidbaren Verunreinigung dieses Salzes durch Kaliumthiosulfat. Ein ziemlich gutes Wachstum wurde durch Einleiten einer geringen Menge von Schwefelwasserstoff erzielt. Von den Salzen der niederen Säuren des Schwefels wurden untersucht: Hjdroschwef ligsaures Natrium Na^S^O^ Unterschwefelsaures Natrium Na^S^O„. Bei dem ersten Salz trat keine Bakterienentwicklung ein, das unterschwefelsaure Natrium ergab ein sehr gutes Wachstum. BEIJERINOü (3) beschreibt Versuche mit nicht reinen Kul- turen, in denen sein autotropher Thiobacillus denitrificans elemen- taren Schwefel als Energiequelle verwertete. Ich gab ebenfalls anstatt des Natriumthiosulfats in die beschriebenen Kulturen freien Schwefel. Am besten eignet sich sublimierter Schwefel (Schwefelblume), den man sehr rein erhalten kann. Man reibt denselben vorher in (Iß) Rudolf Lieske: einer Porzcllanschale mit etwas Wasser zu einem dünnen Brei an, da er sonst infolge anhaftender Luft auf der Oberfläche der Nähr- lösung schwimmt. Geschmolzenen und gepulverten Schwefel zu nehmen, erwies sich aus technischen Gründen als unpraktisch. Die Schwefelteilchen werden nämlich in den Kulturen durch anhaftende Gasblasen oft in die Höhe gerissen und können leicht die ver- schließende Kapillare verstopfen, was bei sublimiertem Schwefel nur selten vorkommt. Es trat bei diesen Kulturen ein sehr gutes Wachstum, ver- bunden mit lebhafter Gasentwicklung, ein. Die Zeitdauer der Ent- wicklung aber war ganz wesentlich länger als in Kulturen mit Natriumthiosulfat als Energiequelle. In Kulturen mit Thiosulfafc ist der Oxydationsprozeß gewöhnlich schon nach 5 — 8 Tagen be- endet, bei elementarem Schwefel dauert derselbe mehrere Wochen. Wahrscheinlich ist dieser Zeitunterschied zurückzuführen auf die schwere Wasserlöslichkeit des Schwefels, der anscheinend erst durch Stoffwechselprodukte der Bakterien in eine leichter lösliche Form übergeführt werden muß Die vorstehenden Versuche zeigen, daß der untersuchte Or- ganismus durchaus nicht angewiesen ist auf das Natriumthiosulfat als Energiequelle, sondern eine ganze Reihe anderer Stoffe können denselben Zweck erfüllen. Quantitative Bestimmung des assimilierten Kohlenstoffes. Der durch den chemosynthetischen Assimilationsprozeß ge- wonnene Kohlenstoff wurde quantitativ bestimmt. Die Kohlen- stoffbestimmung wurde ausgeführt nach der Methode von WOLFF- DEGENER-HERZFELD, bei welcher die organische Substanz in einer Lösung von Kaliumbichromat und Schwefelsäure verbrannt wird. (Vgl. TiEMENN-GÄRTNER, Wasseruntersuchung, Braun- schweig 1895, S. 258.) Um zu untersuchen, ob einer bestimmten Menge von den Bakterien oxydierten Natriumthiosulfats eine bestimmte Menge assimi- lierter Kohlenstoff entspricht, wurden Kulturen, die eine genau abgewogene Menge Natriumthiosulfat und Salpeter im Überschuß enthielten, nach Beendigung des Wachstums analysiert. Die Re- sultate stimmten gut überein. Es ergab sich für 0,1 g Na, S,03 f 5H,0 2,5 mg CO, 0,2 g „ 5,5 mg „ 0,3 g „ 12 mg „ 0,4 g „ 15 mg „ 0,5 g „ 19 mg „ Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender usw. (17) Die Werte sind Mittelwerte aus je drei Bestimmungen, Bei den niederen Mengen sind die Versuehsfehler natürlich verhältnis- mäßig groß. Das Verhältnis des oxydierten Thiosulfats zum assimilierten Kohlenstoff ist also innerhalb gewisser Grenzen konstant, und zwar kann durch die Oxydation von 0,1 g Natriumthiosulfat (Na^S.O., 4- öHjO) ungefähr 1,09 mg Kohlenstoff assimiliert werden, oder es müssen, um 1 g Kohlenstoff zu assimilieren, ungefähr 100 g Natriumthiosulfat zu Sulfat oxydiert werden. Analyse der Stoffwechselprodukte. Um einen Einblick in den Stoffwechsel des untersuchten Orga- nismus zu gewinnen, war es nötig, die beim Wachstum entstehen- den Gase und die Veränderung der Salze in der Nährlösung mög- lichst genau zu untersuchen. Die Untersuchung des gebildeten Gases ergab, daß es aus ungefähr 80 pCt. Stickstoff und 20 pCt. Kohlensäure bestand. Mehr oder weniger deutlich ließen sich Spuren von schwefliger Säure nachweisen. Die Analyse der Salze der Nährlösung ergab, daß die als Energiequelle dienenden Schwefelverbindungen bei Überschuß von Salpeter vollständig zu Sulfaten oxydiert wurden. Der Schwefel und seine Verbindungen als Energiequelle für die chemosyn thetische Assimilation der Kohlensäure. Die Assimilation von Kohlensäure mit Hilfe chemischer Energiequellen ist bereits von einer ganzen ßeihe von Bakterien bekannt. Es seien nur die Nitrat- und Nitritbakterien, die Wasser- stoffbakterien und die Eisenbakterien genannt. Schwefelwasser- stoff oxydierende Bakterien wurden zuerst von WiNOGRADSKY (3) näher untersucht, Thiosulfat oxydierende von NATHANSOHN (1) und BEIJERINCK (l). Der von BEUERINOK (3) untersuchte Thiobacillus denitrificans, der vielleicht mit dem hier beschriebenen Orga- nismus identisch ist, ist bereits mehrfach erwähnt worden. Die autotrophen Bakterien gewinnen ihre Assimilations- energie nicht wie die höheren Pflanzen aus der Energie des Lichtes, sondern durch chemische Oxydationsprozesse. In erster Linie wichtig für die Assimilation ist dabei die Gegenwart von Sauerstoff. Die meisten der bisher untersuchten autotrophen Organismen sind also streng aerob, sie brauchen den Sauerstoff unbedingt für ihren Assimilationsprozeß. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. ' (2) (18) Rudolf Lieske: Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Bakterienart ist fähig, ohne die Gegenwart von freiem Sauerstoff zu gedeihen. Die Bakterien müssen sich den Oxydationssauerstoff erst selbst durch Reduktion von Salpeter gewinnen. Die Reduktion des Salpeters ist von vielen Bakterienarten bekannt. Der beschriebene Organismus reduziert Salpeter bis zu freiem Stickstoff, nicht dagegen Nitrit, das von vielen Bakterien leichter als Nitrat reduziert wird. Der üeduktionsprozeß ist ein endothermer Vorgang, er er- fordert also Zufuhr von Energie. Diese Energie wird von den gewöhnlichen denitrifizierenden Bakterien gewonnen aus orga- nischer Substanz. In anorganischer Nährlösung ist also bei ihnen eine Denitrifikation ausgeschlossen. Die beschriebene Bakterien- art denitrifiziert in anorganischer Nährlösung. Es muß also eine andere Energiequelle vorhanden sein, die an Stelle der orga- nischen Substanz tritt. Diese Energiequelle, die außerdem noch die Energie für die chemosynthetische Assimilation der Kohlen- säure liefern muß, ist der Schwefel und einige seiner Verbin- dungen. Man kann allerdings auch annehmen, daß die Reduktions- energie aus der organischen Substanz gewonnen wird, die von den Bakterien durch die chemosynthetische Assimilation gebildet wurde. Durch exakte Beobachtungen konnte keine dieser An- nahmen bewiesen werden. Als oxydierbare Substanz wurde den Kulturen zunächst Natriumthiosulfat zugesetzt. Daß die Bakterien durchaus nicht auf dieses Salz angewiesen sind, ergab sich bald durch weitere Untersuchungen. Die meisten Versuche wurden mit Natriumthio- sulfat ausgeführt, weil dasselbe leicht in reinstem Zustande er- halten werden kann und ein besonders schnelles Wachstum ergibt. In der Natur dürfte das Thiosulfat wohl nur eine untergeordnete Rolle für den Stoffwechsel des Organismus spielen. Die chemischen Stoffe, die bei den Versuchen eine gute Entwicklung der Bakterien verursachten, waren: Schwefelwasserstoff H^S Schwefel S ünterschwefligsaur. Na Na^S^Og Unterschwefelsaur. Na Na^S^O^^ Das hauptsächlichste Endprodukt der Oxydation aller dieser Stoffe war Schwefelsäure. Betrachten wir ganz schematisch die Entstehung dieser Säure aus den genannten Stoffen, indem wir der Einfachheit- halber nur die Oxydationsstufen des Schwefels Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender usw. (19) ohne Rücksicht auf das wirkliche Vorhandensein dieser Ver- bindungen annehmen, so erhalten wir : 2H,S -h 80 = 2SO3 -f 2H,0 2S + 60 = 2S0, S.O., + 40 = 2SO3 S,0', + 0 = 2S0,. ■ ■ Schwefelsäure entsteht also aus allen diesen Verbindungen durch Aufnahme von Sauerstoff. Es fragt sich nun, ob durch Oxydation der einzelnen Verbindungen direkt Schwefelsäure ent- steht, oder ob die niederen Oxydationsstufen allmählich in die höheren übergeführt werden, so daß also aus einer Oxydations- stufe immer erst eine nächst höhere gebildet wird. Experimente ergaben über diese Frage näheren Aufschluß. -f Die Nährlösung einer Kultur mit elementarem Schwefel als Energiequelle wurde untersucht, und zwar einen halben Tag, nach- dem eine deutliche Gasentwicklung begonnen hatte. Die Lösung war vollständig frei von Schwefelsäure. Nachdem dieselbe mit Brom oxydiert worden war, entstand mit Baryumchlorid ein deut- licher Niederschlag von Baryumsulfat. Die Nährlösung enthält also kurz nach Beginn des Wachstums keine Schwefelsäure, wohl aber eine geringe, aber deutlich nachweisbare Menge niedere, durch Brom oxydierbare Säuren des Schwefels. Zwei Tage später ent- hielt eine auf gleiche Weise angesetzte Kultur sowohl Schwefel- säure als auch die niederen Säuren. Mit anderen Schwefelsalzen sind die Zwischenstufen der ■Oxydation, die immer nur in geringer Menge auftreten, schwerer nachweisbar, da sie nicht leicht von den ursprünglichen Salzen zu unterscheiden sind. Es ist aber anzunehmen, daß sie bei allen, als Energiequelle verwendeten Schwefelverbindungen auftreten. Die Oxydation des Schwefels ist also eine stufenweise. Es erklärt sich hieraus, daß eine ganze Reihe von chemischen Stoffen fähig ist, demselben Organismus als Energiequelle für die chemo- synthetische Assimilation zu dienen. Das ist bemerkenswert im Vergleich zu anderen autotrophen Bakterien, von denen bekannt ist, daß sie immer nur einen bestimmten chemischen Stoff als Energiequelle verwerten können. Die Nitritbakterien oxydieren eben nur Ammoniak zu Nitrit, niemals Nitrit zu Nitrat, die Nitrat- bildner umgekehrt oxydieren niemals Ammonsalze, sondern werden durch diese sogar in ihrem Wachstum gehindert. Bei dem Wachstum der Bakterien wird aus Schwefel und einigen seiner Verbindungen, einem kohlensauren Salz und C2*) (20) Rudolf Lieske: Kaliumnitrat Schwefelsäure, Stickstoff und Kohlensäure gebildet, BEIJERINCK (4) stellte theoretisch für diesen ProzeB bereits eine Formel auf. Im Endeffekt kann nach den Ergebnissen der Ana- lysen der 'Prozeß wie folgt verlaufen: 5S + 6KN0;, + 4NaHC03 = 3 K,S04 + SNa^SOi + 400^ + .SN^ + 2H,0 oder für Natriumthiosulfat: öNaaS-A + 8KNO3 + 2XaHC03 = eNa^SO. + 4K,S04 -}- 4N, + 200^ + H.,0 Beide Prozesse sind exothermisch, können also als Energie- quelle für die chemosynthetische Assimilation der Kohlensäure an- gesehen werden. Wie wir bereits erörtert haben, ist das Resultat des Prozesses aber abhängig von dem Mengenverhältnis, in dem die reagierenden Stoffe in der Nährlösung vorhanden sind. Die BItkterien können, z. B. bei Beginn des Wachstums in einer Kultur, sehr gut wachsen ohne Schwefelsäure zu bilden. Die aufgestellten Formeln besitzen daher nur eine beschränkte Bedeutung, zumal wenn wir bedenken, daß in der Natur der Stoffwechsel des Orga- nismus durch Zusammenwirken mit anderen Bakterien sicher weit komplizierter verläuft. Eine Diskussion über die Frage, welche Teile des Oxydations- prozesses sich innerhalb der Bakterienzelle abspielen und welche außerhalb, erscheint mir nicht angebracht. Es liegen hierfür keine Beobachtungen vor, und bei der sehr geringen Oröße der Bak- terien dürite eine Entscheidung dieser Frage mit unseren heutigen Hilfsmitteln kaum gelingen. In der Natur scheinen die beschriebenen Bakterien für den Kreislauf des Schwefels eine ganz wesentliche Bolle zu spielen. Der in ungeheuren Massen gebildete Schwefelwasserstoff muß wieder in Schwefelsäure umgewandelt werden, um für andere Organismen nutzbar werden zu können. Daß diese Umwandlung zum großen Teil von Bakterien geleistet wird, ist bereits bekannt. Nach WiNOGRADSKY (4) verläuft dieser Oxydationsprozeß ungefähr wie folgt: 2H2S + 0, = 2H20 + S, S, + 30,-f2H,0 = 2H,SO,. Wichtig ist hierbei, daß für die Bakterien sowohl Schwefel- wasserstoff als auch Sauerstoff in ganz bestimmter Konzentration notwendig ist. Daß der Vorgang in der angenommenen Weise verläuft, geht unter anderem aus der Tatsache hervor, daß diese Bakterien sich in einer H^S-haltigen Nährlösung an einer ganz be- stimmten Stelle entwickeln, und zwar an dem Ort, der einen ihnen zusagenden Gebalt an Schwefelwasserstoff und Sauerstoff besitzt. LTntersucliuDgen über die Physiologie denitrifizierender usw. (21) Man bezeichnet diese in Kulturen sehr auffälhge Erscheinung als Bakterienplatte (vgl. LaFAR (1)). Die Bedingungen für die Entwicklung der eben erwähnten Bakterien sind aber durchaus nicht überall gegeben. Der Schlamm der meisten unserer stehenden Gewässer, der Grrund vieler Meeres- küsten und andere Orte sind so arm an Sauerstoff, daß eine Oxy- dation des Schwefelwasserstoffes durch Luftsauerstoff ausge- schlossen ist, und doch finden wir an solchen Orten stets große Mengen von Bakterien. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß ein großer Teil derselben einen ähnlichen Stoffwechsel hat wie die beschriebene Art. Ganz sicher ist, daß von den streng aeroben Schwefelbakterien za den denitrifizierenden alle denkbaren Übergänge vorhanden sind. In den eingangs erwähnten ßohkulturen waren über- einander mehrere Zonen von Schwefelbakterien, ihrem Sauer- stoffbedürfnis entsprechend, angeordnet. Ich hatte es zu meiner Aufgabe gemacht, den extremsten Fall herauszugreifen, d. h. die Bakterien zu untersuchen, die das geringste Sauerstoffbedürfnis besitzen. Die Untersuchungen w'urden mit einer Art durchgeführt. Es gibt sicher eine große Anzahl von Arten, die einen ähnlichen, vielleicht in den Einzelheiten etwas abweichenden Stoffwechsel besitzen, und es ist daher erwünscht, daß durch neue Unter- suchungen unsere Kenntnis über diese, für den Haushalt der Natur bedeutungsvolle Gruppe von Bakterien erweitert wird. Die in vorliegender Arbeit beschriebenen Untersuchungen wurden anfangs im Botanischen Institut der Universität Leipzig, später im Botanischen Institut der Universität Froiburg i. B. ausgeführt. Zusammenstellung der Hauptresultate. Der untersuchte Organismus ist ein kleines, dünnes Kurz- stäbchen von ungefähr 1 /* Länge. Sporenbildung konnte nicht beobachtet werden. Die Herstellung von Reinkulturen gelang durch Ausstreichen auf Platten, die mit gewässertem Agar hergestellt waren, aber nur bei geringem Sauerstoffdruck. Direktes Sonnenlicht wirkt hemmend auf die Entwicklung, tötet aber die Bakterien nicht ab. Die günstigste Temperatur für das Wachstum liegt ungefähr bei 30 ^. Bei vollem Sauerstoffdruck der Atmosphäre tritt kein "Wachs- tum ein. Geringe Mengen von Sauerstoff unterdrücken die Ent- (22) Rudolf Lieske: Untersuchungen über die Physiologie usw. Wicklung nicht. Bei vollständigem Fehlen von Sauerstoff ist ein gutes Wachstum zu beobachten. Der beschriebene Organismus kann sich nicht heterotroph er- nähren. Ein Zusatz von organischer Substanz zur anorganischen Nährlösung wirkt aber nicht hemmend auf das Wachstum. Als Kohlenstoffquelle können verschiedene Karbonate und Bikarbonate dienen. Freie Kohlensäure allein kann, wahrschein- lich wegen der auftretenden freien Schwefelsäure, nicht assimiliert werden. Nitrat wird bis zu freiem Stickstoff reduziert. Nitrit kann das Nitrat nicht ersetzen. Als Energiequelle für die chemosjnthetische Assimilation der Kohlensäure konnten verwertet werden: Schwefelwasserstoff, Schwefel^ unterschwefhgsaures Natrium, unterschwefelsaures Natrium. Die als Energiequelle gebotenen Schwefelverbindungen werden bei Überschuß von Salpeter vollständig zu Sulfat oxydiert. Das Verhältnis des oxydierten Natriumthiosulfats zum assi- milierten Kohlenstoff ist annähernd konstant, und zwar können durch die Oxj^dation von 1 g Natriumthiosulfat (Na^S^Oj +5H.,0) ungefähr 10,9 mg Kohlenstoff assimiliert werden. Die Oxydation der Schwefelverbindungen geschieht wahr- scheinlich stufenweise. Eine Verbindung wird nicht direkt zu Schwefelsäure oxydiert, sondern es entstehen Zwischenstufen der Oxydation. Da an vielen Orten in der Natur eine Oxydation des Schwefel- wasserstoffes mit Hilfe des Luftsauerstoffes ausgeschlossen ist, scheint die beschriebene Bakterienart eine bedeutende Holle für den Kreislauf des Schwefels zu spielen. Litei'atur- Verzeichni s. BeijekinCK, (1) Zentralbl. f. Bakteriol., II. Abt, 1904. Bd. 11, S. 693. — (2) a. a. 0., S. 599. — (3) a, a. 0., S. 59';. — (4) a. a. 0., S. 598. Lafar, (1) Technische Mykologie, Jena 1904—1906, Bd. III, S. 237. Nathansohn, (l) Mitteil, aus der Zoolog. Station zu Neapel, 1902, Bd. 16, S. 655. WlNOGRADSKY, (1) Annales de l'Inst. Pasteur 1890, Bd. 4, S. 268. — (2) a. a. 0., S. 767. — (3) Botanische Zeitung 1887, Bd. 45, S. 489. — (4) a. a. 0., S. 648. A. TrÖNDLE: Geotropische Reaktion und Sensibilität. (23) 2. A. Tröndle: Geotropische Reaktion und Sensibilität. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit 2 Figuren im Text.) (Eingegangen am 20. Juni 1912.) 1. Ausgang^sx^unkt der Untersuchung-. MAILLEFER^) gibt an, daß die Geschwindigkeit, mit der die geotropische Krümmung vor sich geht, der Zeit, während der die Schwerkraft auf die Pflanze gewirkt hat, proportional sei. Zu diesem Schluß war er durch die folgenden Experimente gekommen. Koleoptilen von Ävcna wurden horizontal gelegt. Nach Beginn der geotropischen Reaktion wurde in Zeiträumen von 5 zu 5 Minuten der Abstand der Koleoptilenspitze von der Horizontalen (h in Fig. 1) bestimmt. Dabei ergab sich, daß die Abstände h, die nach 5, 10, 15, 20 usw. Minuten bestimmt worden waren, sich annähernd ver- hielten wie 1 : 4 : 9 : 16 usw. Der Weg, den die Spitze der Koleoptile während der geotropischen Bewegung durchläuft, wäre somit dem Quadrate der Zeit proportional. Oder anders ausge- drückt: es gelten für die geotropische Krümmung dieselben Ge- setze wie für den freien Fall. Daraus ergibt sich dann der Schluß MaILLEPERs: die Wirkungen der Schwerkraft auf die Pflanze summieren sich in analoger Weise wie beim freien Fall. Diese Angabe schien für die Theorie der Reizung von Wichtigkeit, so daß ich es für angebracht hielt, näher auf sie einzugehen, um so mehr auch, da die Untersuchungsmethode MAILLEFERs Zweifel an der Richtigkeit seiner Resultate aufkommen ließ. 2. Untersuchung-smethode. Der Hauptfehler der Untersuchungsmethode MAILLEFERs ist darin zu sehen, daß der Punkt D (siehe Fig. 1) als unverrückbar angenommen wurde. In Wirklichkeit aber ist dieser Punkt D nicht unverrückbar, sondern wird allmählich immer mehr nach der Basis hin verschoben. 1) Bulletin d. 1. soc. vaudoise d. sc. nat. 5. S. Vol. 46. Sept. 1910. Nr. 170. (24) A. TßöNDLE: Die von mir angewandte Methode knüpft an die bekannte Erscheinung an, daß die Krümmung an der Spitze der Koleoptile beginnt und von da weg kontinuierlich gegen die Basis fort- schreitet. Wir können uns vorstellen, daß dieses Fortschreiten ruckweise erfolgt. Es würde dann erst eine ganz kurze Zone an der Spitze, die an und für sich geradlinig bleibt, aufgekrümmt, worauf eine gleich lange, unmittelbar darunterliegende, ebenfalls geradlinig bleibende Zone von der Reaktion erfaßt würde usw. Das Resultat wäre schließlich, daß wir an Stelle der Kurve, die der gekrümmte Keimling bildet, eine gebrochene Linie erhielten, die aus lauter gleich langen, kleinen, geradlinigen Teilstücken oder Zonen zusammengesetzt wäre. (Siehe Fig. 2.) Fig. 1. Fig. 2. Jede dieser geradlinigen Zonen stellt einen Hebelarm dar, dessen Drehpunkt im Schnittpunkt der Zone mit der nächstunteren Zone liegt. Die geotropische Reaktion können wir dann aus- drücken durcli den Winkel, den die Zone mit der geradlinigen Verlängerung der nächst unteren Zone bildet (« und ß in Fig. 2). Wir dürfen selbstverständlich nicht den Winkel nehmen, den die Zone mit der Horizontalen bildet, denn, wenn zum Beispiel die erste Zone, während sie noch allein aufgekrümmt ist, mit der Horizon- talen einen bestimmten Winkel bildet, so wird dieser Winkel schon allein durch die Aufkrümmung der zweiten Zone vergrößert, ohne daß die erste Zone die geotropische Reaktion weiter geführt hätte. (Vergleiche Fig. 2.) Geotropische Reaktion und Sensibilität. (25) Die praktische Ausführung der Untersuchungsmethode ge- staltete sich folgendermaßen: Koleoptilen von Avena und Hordeum wurden in Abständen von 2 mm mit Tuschmarken versehen und horizontal gelegt, Yon 20 zu 20 Minuten wurden die Keimlinge auf ein straffes, weißes Papier gelegt und neben jeder Tuschmarke mit einem spitzen Bleistift ein Punkt auf das Papier gemacht. Hierauf wurden die successiven Punkte mit geraden Linien verbunden, worauf dann aus dieser Konstruktion die ßeaktionswinkel der einzelnen Zonen direkt bestimmt w^erden konnten, 3, Ergebnisse der Untersuchung-. a) Krümmungsgeschwindigkeit. Die Krümmung geht mit konstanter Geschwindigkeit vor sich, das heißt, die einzelne Zone beschreibt in gleichen Zeiten gleiche Winkel, Als Beleg dafür seien hier bloß zwei Versuche angeführt. In diesen Versuchen sind neben die experimentell ge- fundenen Winkelwerte die Werte gesetzt, die in der Annahme berechnet wurden, daß die Krümmung mit konstanter Gre- schwindigkeit vor sich geht. Versuch Avena. Berechnete Werte Gefundene Werte 1 ° 1 " 2.3 ° 2,3 " 3,6 " 3,8 ° 4,9 0 5,0 " 6.2 " 6,1 " 7,5" 7,4» Eine größere Anzahl mit Avena ausgeführter Versuche er- gaben dieselbe schöne Übereinstimmung zwischen gefundenen und theoretisch berechneten Werten. Als zweites Beispiel sei ein Versuch mit Hordeum angeführt. Versuch Hordeum. Berechnete Werte Gefundene Werte 2.4 ° 2,4 ° ■ 3.3 " 3,3 « 4,2 ° 4,4 " 5,2 ° 5,1 " 6,1 » 6,1 " 6,9 " 6,5 ° (26) A. Tröndle: Auch hier bestätigten eine größere Zahl von Versuchen das vorstehende E,esultat, Ich bin somit zu einem Ergebnis gekommen, das dem MAILLEFERschen direkt entgegengesetzt ist. Es ist deshalb zu fragen, worauf das beruhen mag. Zum voraus will ich bemerken, daß die experimentellen Befunde MAILLE- FERs richtig sind, wie sich mir aus einer Nachprüfung ergeben hat. Es ändert sich also der Abstand h der Spitze der Koleop- tile von der Horizontalen tatsächlich in der von MAILLEFER ange- gebenen Weise. MaiLLEFERs Deutung seiner Ergebnisse ist aber falsch, denn es läßt sich mathematisch zeigen, daß der Abstand h annähernd proportional dem Quadrate der Zeit zunehmen muß, wenn 1. jede Zone sich mit konstanter Geschwindigkeit aufkrümmt und wenn 2. die Reaktion in gleichmäßiger Weise basalwärts immer neue Zonen ergreift. (Daß die Reaktion in gleichmäßiger Weise basalwärts fortschreitet, wird weiter unten noch gezeigt werden.) Ich will hier bloß das Endergebnis meiner Berechnungen anführen. In den Versuchen mit Tlordeum legte die erste 2 mm lange Zone (die Spitzenzone) in 5 Minuten einen Winkel von 2,6 " zurück. Unter Berücksichtigung der im folgenden mitzuteilenden gesetz- mäßigen Abnahme der Krümmungsgeschwindigkeit mit der Ent- fernung der Zone, von der Spitze der Koleoptile, berechnete sich das Verhältnis der Werte für die Strecke h nach 5, 10, 15 usw. Min. in der nachstehend angegebenen Weise. Neben diese Werte setze ich das Verhältnis, das sich ergeben würde, wenn die Zu- nahme der Strecke h genau dem Fallgesetz folgte. der W^erte nach 5 10 15 20 Min. Verhältnis für h 0,04 0,13 0,27 0,45 Fallgesetz • • . 0,03 0,12 0,27 0,48 Wie man sieht, ist die Übereinstimmung mit dem Fallgesetz eine so große, daß die geringe Differenz im Experiment nicht mehr zum Ausdruck kommen kann. Wir kommen deshalb zum Schluß, daß MaILLEFERs Versuche dasselbe aussagen, wie unsere eigenen, nämlich, daß die geotropische Reaktion mit konstanter Geschwindigkeit verläuft. Wir wollen nun fragen, wie sich die Geschwindigkeiten der einzelnen Zonen unter sich verhalten. Die Antwort darauf lautet: Geotropische Reaktion und Sensibilität. (27) Die Krümmungsgeschwindigkeit ist um so geringer, je weiter die Zone von der Spitze entfernt ist. Für diese Abnahme der Krümmungsgeschwindigkeit gilt die folgende einfache Gesetzmäßig- keit : die Krümmungsgeschwindigkeit geht der Entfernung der Zone von der Spitze umgekehrt proportional. Zum Beweise dafür will ich nachstehend die relativen Geschwindigkeiten der einzelnen Zonen anführen, und daneben die Geschwindigkeiten setzen, die berechnet wurden in der Annahme, daß die Geschwindigkeit der einzelnen Zonen ihrer Entfernung von der Spitze umgekehrt proportional gehe. Zone Berechnete Geschw indi i gkeit Gefundene Geschwindigkeit 1 1,17 . 1,00 0 0,58 0,55 3 0,39 0,40 4 0,29 0,29 5 0,23 0,28 6 0,20 0,24 7 0,17 0,17 8 0,15 0,11 Was nun die Zuverlässigkeit der mitgeteilten Werte betrifft, so will ich beifügen, daß jeder Wert ein Mittel darstellt aus 150 bis 200 Einzelwerten. Die gleiche Gesetzmäßigkeit der Abnahme der Krümmungs- geschwindigkeit konnte ich auch für die Epikotyle von Phaseolus feststellen. Was ist nun der nächste Grund für diese Gesetzmäßigkeit? Man könnte in erster Linie vermuten, daß das Wachstum in analoger Weise von der Spitze nach der Basis hin abnehme. Das ist aber nicht der Fall, denn ßOTHERT*) wies nach, daß in etwa 20 mm langen Koleoptilen von Avena das Wachstumsmaximum etwa 5 bis 10 mm hinter der Spitze liegt und daß eine Spitzen- zone von 3 mm Länge nur sehr wenig wächst. Es muß also die Ursache für die Abnahme der Krümmungs- geschwindigkeit irgendwie in den vorhergehenden Phasen der Reiz- kette zu suchen sein. Man könnte denken, daß die Sensibilität von der Spitze nach der Basis in gleicher Weise abnimmt wie die Krümmungs- geschwindigkeit. Über die Verteilung der Sensibilität liegt eine neuere Arbeit von V. GUTTENBERG^) vor. Er fand bei Avena, daß eine Spitzen- 1) Beiträge zur Biologie der Pflanze, Bd. 7, 1896, S. 28. 2) Jahrb. f. wiss. Bot. 50, 1911, S. 289 ff. (28) A. TRÖNDLE: Geotropische Reaktion und Sensibilität. Zone von etwa 2,8 mm Länge maximal empfindlich ist. Ob in dieser Zone die Sensibilität überall gleich ist, oder ob sie nach der Spitze zu höher wird, ist nicht bekannt. In dem hinter der 2,8 mm langen Spitzenzone gelegenen Teil der Koleoptile sind die ersten 5 mm wahrscheinlich empfindlicher als der liest. Diese Angaben genügen nun aber noch nicht zur Beantwortung unserer Frage. Dazu ist nötig, eine noch genauere Bestimmung der Ver- teilung der Sensibilität auszuführen. Dies kann dadurch geschehen, daß wir für jede einzelne Zone die Präsentations- und Reaktionszeit bestimmen. Die Vorsuche zur Bestimmung dei Präsentationszoit sind noch nicht abgeschlossen, die Reaktionszeiten hingegen sind bereits ermittelt und sollen im folgenden mitgeteilt werden, b) Reaktionszeit. Das Ergebnis der Versuche war, daß die Reaktionszeiten der Entfernung der Zonen von der Spitze proportional gehen, wie aus den nebenstehenden Zahlenangaben zu eisehen ist, wobei neben die experimentell gefundenen Werte die theoretisch berechneten Werte gesetzt sind. Ävena. Zone: 1 2 ,^ , ,. .^ berechnet: 1,04 2,08 Reaktionszeit gefunden: 1,00 1,98 Daraus könnte man schließen, daß die Sensibilität der Ent- fernung von der Spitze umgekehrt proportional gehe. Doch ist eine sichere Entscheidung, ob dieser Schluß richtig ist, natürlich erst zu treffen, wenn die Präsentationszeiten bestimmt sind. Die Reaktionszeitbestimmungen sind nun aber auch in anderer Hinsicht von Bedeutung. In den Versuchen mit Avena betrug die absolute Reaktionszeit in Koleoptilen von etwa 20 mm Länge bei 20 ° C für die erste Zone 8 Min., für die zweite 16 Min. usf. Daraus ergibt sich, daß sich die Reaktionszeit um 8 Min. ändert, wenn wir den Drehpunkt einer Zone um 2 mm vor oder rück- wärts verschieben. Wir können uns vorstellen, daß wir die erste Zone um 2 mm nach vorwärts verschieben, so daß ihr Drehpunkt gerade die äußerste Spitze der Koleoptile berühren würde. Die Reaktionszeit würde in dem Fall nach den obigen Auseinander- setzungen gleich null sein. Denken wir uns eine Zone, deren Drehpunkt 4 mm hinter der Spitze läge, so müßte ihre Reaktions- zeit 4 Min. betragen. In analoger Weise berechnet sich die Reaktionszeit einer Zone, deren Drehpunkt ^/,o mm hinter der Spitze liegt, auf 24 Sekunden. Es muß also allgemein die Re- 3 4 5 6 3,12 4,16 5,20 6,24 3,06 4,27 5,64 6,15 R. STOPPEL: Über die Bewegungen der Blätter von Phaseolus usw. (29) aktionszeit für die der äußersten Spitze zunächstliegenden Partien äußerst klein sein, so daß man praktisch den Eindruck gewinnt, als ob die Reaktion in diesen Partien sofort nach Beginn der Reizung einsetzt. Die Richtigkeit dieses Schlusses ist bereits experimentell be- wiesen durch POLOWZOW, die durch MaILLEFER bestätigt wurde. POLOWZOW beobachtete mit dem Horizontalmikroskop und fand, daß die Reaktion an der Spitze schon nach weniger als 1 Min. beginnt. MAILLEFER zieht aus seinen und POLOWZOWs Ergeb- nissen den Schluß: Es gibt gar keine Reaktionszeit, die Reaktion beginnt unmittelbar nach der Reizung. Nach dem, was wir jetzt über die Abhängigkeit der Reaktionszeit von der Entfernung von der Spitze wissen, ist MAILLEFERs Schluß in dieser Fassung nicht haltbar, er gilt bloß für die alleräußerste Spitze, Was man bis jetzt mit bloßem Auge als Reaktionszeit be- stimmt hat, ist die Reaktionszeit einer mehr oder weniger weit hinter der Spitze liegenden Zone. Je nach dem Beobachter müssen die so erhaltenen Werte verschieden ausfallen. Wir kommen somit zu dem Ergebnis, daß die Reaktionszeit wirklich existiert. Sie ist aber eine doppelt variable Größe. Sie ist nicht nur abhängig von der Größe der reizenden Kraft, sondern auch von der Entfernung der reagierenden Zone von der Spitze. 3. R. Stoppel: Über die Bewegungen der Blätter von Pha- seolus bei Konstanz der Außenbedingungen. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit einer Abb. ini Text.) (Eingegangen am 23. Juni 1912.) Nachdem es sich bei meinen Untersuchungen „Über den Ein- fluß des Lichtes auf das Offnen und Schließen einiger Blüten"^) herausgestellt hatte, daß die Blüten von Calendula arvensis in dauernder Dunkelheit und bei konstanter Temperatur Offnungs- und Schließbewegungen in einem ungefähr 24 stündigen Rhythmus 1) Zeitschrift f. Bot. Bd. II, S. 369. (30) R. STOPPEL: ausführen, drängte sich mir der Gedanke auf, daß sich auch bei den Blättern von Phaseohts ähnliche autonome Vorgänge abspielen könnten, die nur infolge der starken Reaktionsfähigkeit der Blätter auf Außenbedingungen bisher übersehen worden waren, oder doch wenigstens nicht einwandsfrei hatten nachgewiesen werden können. Aus den Versuchen von PFEFFER') ist bekannt, daß die Blätter von Phaf^eolus in dauernder Dunkelheit sowie in dauerndem Licht allmählich ihre Bewegungen einstellen, um dann bei kon- stanter Belichtung eine fixe Gleichgewichtslage einzunehmen, in dauernder Dunkelheit aber bald zugrunde zu gehen. Aus diesen zuletzt erwähnten Versuchen waren daher keine Schlüsse zu ziehen hinsichtlich einer etwa vorhandenen autonomen Periodizität der Bewegungen. Das allmähliche Aufhören der Schwingungen in dauerndem Licht war aber auch kein einwandfreier Beweis für das Fehlen einer autonomen Periodizität bei den Laubblättern, denn es hatte sich herausgestellt, daß bei den Blüten von Calendula diese Be- wegungen durch anhaltende Lichtwirkung unterdrückt werden'^). Um diese Frage zu entscheiden, war es daher erforderlich, Material heranzuziehen, das ohne wesentliche Schädigung einen längeren Aufenthalt in dauernder Dunkelheit aushielt. Zu diesem Zwecke führte ich meine ersten Versuche derart aus, daß ich Pflanzen von Phascolus multiflorus in Töpfen im nor- malen Tageswechsel so weit heranzog, bis die Primärblätter ent- wickelt waren. Alsdann wurde der junge Mittelsproß lichtdicht durch den Boden eines Dunkelkastens geführt, und die Pflanze so lange am Fenster eines Gewächshauses belassen, bis sich ein drei- teiliges Blatt im Innern des Kastens (also dauernd verdunkelt) gut entwickelt hatte. Alsdann wurde die Pflanze in den Versuchs- raum in konstante Temperatur und in dauernde Belichtung ge- bracht. Das etiolierte Blatt blieb indes verdunkelt, und die Be- wegungen des Mittellappens wurden automatisch auf der Trommel eines ßegistrierapparates aufgezeichnet. Die Bewegungskurve dieses Blattes zeigte neben den großen tagesperiodischen Schwin- gungen auch die bekannten kleinen autonomen Oscillationen und unterschied sich nur quantitativ von der Kurve eines im normalen Tageswechsel befindlichen Blattes. 1) Untersuchungen über die Entstehung der Schlafbewegungen der Blattorgane. Abh. d. math.-phys. Kl. d. Königl. Sachs. Gesell, d. Wiss. Bd. XXX, 1907. 2) R. Stoppel und H. Kniep, Weitere Untersuchungen über das Öffnen und Schließen der Blüten. Zeitschr. f. Bot. Bd. III, S. 369. über die Bewegungen der Blätter von Phaseolus bei Konstanz usw. (31) Dieses Resultat war indes noch kein einwandfreier Beweis für die Existenz einer autonomen Periodizität, da es sich bei der angewendeten Versuchsanordnung noch um Nachwirkungen hätte handeln können. Denn erstlich war das Blatt nicht in konstanter Temperatur erzogen worden, außerdem wäre es aber auch denkbar gewesen, daß die durch den tagesperiodischen Lichtwechsel aus- gelösten Nachschwingungen der Primärblätter irgendwie zu dem Dunkelblatt hingeleitet wurden. Um diese Fehlerquelle auszuschließen, war es erforderlich, Blätter zu erziehen an Pflanzen, auf die von der Keimung des Samens an kein Wechsel des Lichtes oder Schwankungen der Temperatur eingewirkt hatten. Dies war möglich nach einer zuerst von JOST angewendeten Methode. Die Bohnen wurden in dauern- der Dunkelheit und konstanter Temperatur zur Keimung gebracht und dem Keimling dann so früh als möglich die Gipfelknospe über den Primärblättern und etwa austreibende Achselknospen ge- nommen. Auf diese Weise gelingt es, Blätter zu erziehen von, wenn auch nicht normaler, so doch ganz ansehnlicher Größe. Viele dieser Blätter bleiben kraus und verbogen, einige breiten sich aber auch schön flach aus, und diese wurden nur zu den Versuchen verwendet. Wenn die Bewegungskurven dieser Blätter einen deutlichen Rhythmus zeigten, so konnte an dem Bestehen einer autonomen Periodizität kaum mehr ein Zweifel, sein. Das Resultat dieser Versuche war, daß die von diesen Dunkelblättern aufgezeichneten Kurven in allen Fällen eine deut- liche, etwa tagesrhythmische Periodizität aufweisen. Ich glaube daher, durch diese Versuche — die Kurven werden * in einer späteren Arbeit veröffentlicht werden — einen einwandfreien Be- weis für die Existenz einer autonomen Periodizität der Schlaf- bewegungen bei Phaseolus erbracht zu haben. Auch PFEFFER^) ist auf anderem Wege inzwischen zu dem gleichen Resultat ge- kommen. Für die Deutung der Bewegungen war es nicht unwichtig, zu wissen, wie sich die Schwingungen der zwei Blätter einer Pflanze zeitlich zueinander verhalten. Es wäre denkbar gewesen, daß die Veränderungen im Turgor der beiden Gelenkhälften beider Blätter nicht synchron verlaufen, daß z. B. in der unteren Gelenkhälfte des einen Blattes der Turgor steigt, während er gleichzeitig in der \) Der Einfluß mechanischer Hemmung und von Belastung auf die Schlafbewegungen. Abh. d. math.-phys. Kl. d. König!. Sachs. Gesell, d. Wiss. Bd. XXXII, S. 163. (32) R. Stoppel: unteren Hälfte des zweiten Blattes sinkt. Es würde sich dann das eine Blatt heben, während das andere sich senkt. Versuche, bei denen beide Blätter einer Pflanze ihre Be- wegungen gleichzeitig aufzeichneten, ergaben jedoch einen sehr ausgesprochenen Synchronismus der Schwingungen. Die Kulmi- nationsjDunkte der beiden Kurven fallen fast genau auf dieselbe Stunde. Dasselbe gilt im allgemeinen auch für die kleinen autonomen Oscillationen, die neben den großen tagesperiodischen Schwingun- gen auftreten können. Meist jedoch sind diese kleinen Oscillationen bei den Dunkelblättern wenig oder gar nicht zu beobachten. Treten sie aber bei einem Blatt auf, so zeigt sie auch das zweite Blatt derselben Pflanze. Die Größe des Ausschlages ist natürlich bei den beiden Kurven durchaus nicht immer die gleiche; bisweilen zeigt auch die eine Kurve eine kleine Oscillation an, die bei der anderen nicht hervortritt. Ich habe es aber nie beobachten können, daß das eine Blatt sich nach unten bewegte, während das andere gleichzeitig eine Schwingung nach oben ausführte. Übrigens habe ich nicht die Größe der Ausschlagwinkel be- rechnet, es mag also auch in dem Ausmaß der Bewegungen eine größere Übereinstimmung bestehen, als es nach den Kurven erscheint. Nach alledem scheint es, daß die großen periodischen Be- wegungen sowie die kleinen Oscillationen nicht durch den Zustand des einzelnen Blattes, sondern von der ganzen Pflanze bestimmt werden. . Diese Übereinstimmung der Bewegungen regte von neuem den Gedanken in mir an, daß es sich bei den periodischen Schwin- gungen doch nur um Reaktionen auf einen aitionastischeu Beiz handle. Es wurde daher Sorge getragen, daß die Töpfe zu möglichst wechselnden Tages- oder Nachtstunden begossen wurden. Dies änderte an dem B-esultat nichts. Außerdem konnten nur geringe Temperaturschwankungen (V2 — 'Vi ") ^'®^' antwortlich gemacht werden, die an einzelnen Tagen in dem Versuchsraum nicht zu vermeiden waren. Auch diese Deutung hatte nicht viel Wahrscheinlichkeit für sich, da diese kleinen Differenzen in dem Zimmer nicht einmal an allen Tagen zu beobachten waren. Dennoch machte ich eine Anzahl Ver- suche, um festzustellen, ob durch Temperaturschwankungen eine Beeinflussung der periodischen Bewegungen zu konstatieren war. — Es ergab sich, daß bei Differenzen von 6 — 8 ° keine merk- über die Bewegungen der Blätter von Phaseolus bei Konstanz usw. (33) bare Reaktion in den Kurven hervortrat. Es war gleichgültig, ob die Temperatursteigerung während der Hebe- oder während der Senkbewegung des Blattes einsetzte, oder umgekehrt ein Sinken der Temperatur während dieser Phasen eintrat, — in jedem Fall ging die Bewegung weiter, ohne daß eine deutliche Eeaktion zu beobachten gewesen wäre. Im Hinblick auf diese Versuche halte ich es daher für ausgeschlossen, daß die tagesrhythraischen, perio- dischen Bewegungen auf die Temperaturschwankungen im Ver- suchsraum zurückzuführen sind. Als letzter Punkt meiner Untersuchungen wird nicht die Frage berührt werden, inwieweit bei dem Zustandekommen der normalen Schlafbewegungen die autonome Bewegung oder eine aitionastische Reaktion sich geltend macht. Meine weiteren Versuche sollten andere Fragen klären. Es ist durch die Untersuchungen von PFEFFER') und A. Fischer^) bekannt, daß die Bewegungen der Bohnenblätter in hohem Maße abhängig sind von der Angriffsrichtung der Schwer- kraft. Nach Pfeffer dreht sich die Richtung der Bewegung in bezug auf die Pflanze selbst um, sobald man dieselbe invers stellt, und nach FISCHER hören die Schlafbewegungen auf, sobald man die Pflanze um die horizontale Achse eines Klinostaten rotieren läßt. Es verhalten sich aber nicht alle Pflanzen wie Phaseolus, und Fischer unterscheidet daher die geonyctitropischen [Phaseolus, Lupinus usw.) von den autonyctitropischen. Bei den Repräsentanten dieser letzten Gruppe {Oxalis, Portulaca) werden die Bewegungen bei Rotation an der Klinostatenachse nicht einsfestellt, und bei Inversstellung der Pflanze wird die Richtung der Bewegung in bezug auf die Pflanze nicht umgekehrt. Es liegen keine Angaben darüber vor, ob bei diesen Pflanzen autonome periodische Schwin- gaugen beteiligt sind. Da die früheren Versuche an Bohnenblättern gemacht worden waren ohne Berücksichtigung der autonomen periodischen Schwin- gungen, in den meisten Fällen sogar ohne Ausschluß des Lichtes, so hielt ich eine Wiederholung der Versuche für erforderlich unter den konstanten Außenbedingungen, wie sie oben beschrieben sind. Meine Resultate bestätigen die früheren Erfahrungen vollkommen. Wird die Pflanze invers gestellt, so wird die Richtung der Be- wegung fast momentan umgekehrt. Es ist für den Erfolg voll- kommen gleichgültig, in w^elcher Phase der Bewegung die Pflanze 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie, H. Aufl., 1904, S. 609. 2) Bot. Zeitung 1890, S. 672. Ber. der deutschen bot. Gesellsch XXX. (3) (34) R- StOI'I'EL: iimgekelirt wird. In jedem Fall stellt das Blatt die liichtung Seiner Bewegung entsprechend der veränderten Angriffsrichtung der Schwerkraft ein und erreicht die Culrainationspunkte der Kurve zur gleichen Zeit wie in der ersten Stellung. Bei wiederholtem Umdrehen wird jedesmal auch die Bewegungsrichtung in bezug auf die Pflanze geändert, mit Innehaltung einer für jede Lage spezifischen mittleren Gleichgewichtslage. Fig. 1. Registrierapparat mit 2 Walzen von der Firma BOSCH, Straßbarg. Das Papier wird um beide Walzen gelegt und selbstregulatorisch durch eine Feder gespannt. Unter der einen Walze befindet sich das Uhrwerk, diesem gegenüber eine Libelle. Ob die beobachteten Erscheinungen nun als nastische oder tropistische im Sinn der üblichen Definition angesehen werden können, ob sie Übergänge zwischen beiden darstellen, oder als ein von diesen beiden differenter Vorgang aufgefaßt werden muß, soll hier nicht diskutiert werden. Weitere Beobachtungen über die Schlafbewegungen der Laub- blätter hoffe ich im Laufe einiger Zeit veröffentlichen zu können, da die Untersuchungen weitergeführt werden. Auf einen Erklärungs* über die Bewegungen der Blätter von Phaseolus bei Konstanz usw. (35) versuch hinsichtlich des Zustandekommens der autonomen Perio- dicität kann ich mich vorläufig nicht einlassen. Zum Schlüsse möchte ich noch der Apparate Erwähnung tun, die mir beim Registrieren der Bewegungen gedient haben. Auf die direkte Beobachtung, die bei Calendula durchgeführt wurde, habe ich bei den Laubblättern verzichtet. Zuerst stand mir durch die Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. OLTMANNS ein Eegistrierapparat von ZIMMERMANN zur Ver- fügung, wie er auch von PFEFFER hauptsächlich benutzt wurde. Später konstruierte mir eine hiesige Firma eine einfache rotierende Trommel aus dem Uhrwerk eines Barographen. Da bei diesen beiden Apparaten der Schreibhebel die Kurve an einer gewölbten Fläche aufzeichnet, so kommen bei größeren Ausschlägen zeitliche Verschiebungen in die Kurven, die bei der Eintragung der Zeitkurven nicht berücksichtigt werden können. Die Fehler können bei größeren Ausschlägen ein oder auch mehrere Stunden betragen. Jetzt steht mir ein durch die Firma BOSCH, Straßburg (Münstergasse) konstruierter Apparat zur Verfügung. (Fig. 1.) Bei diesem wird der obige Fehler vermieden, weil das Schreib- papier über 2 Walzen läuft, und daher eine ebene Schreibfläche gebildet wird. Außerdem bewegt sich das Papier bei diesem Apparat in jeder Stunde um 3 mm vorwärts, während bei dem ZiMMERMANNschen nur ca. 2 mm pro Stunde durchlaufen werden. Auch hierdurch wird eine größere zeitliche Genauigkeit bedingt. An dieser Stelle möchte ich der Deutschen Botan. Gesellsch. noch meinen Dank aussprechen, daß sie mich durch Verleihung des Stipendiums in die Lage gesetzt hat, die Arbeit fortzusetzen. (3*) (36) F- Knoll: 4. F. Knoll: Über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Fruchtkörpern verschiedener Hymenomyceten'). (Mit 6 Textfiguren.) (Eingegangen am 9. Juli 1912.) Fruclitkörper bestimmter Hymenomycetenarten, die während ihres Heranwachsens ihren Substanzbedarf aus einem feuchten Substrat decken und dabei vielfach in feuchter Luft sich entwickeln müssen, besitzen häufig eigene Organe für die Abscheidung von Wasser in flüssiger Form. Gleichzeitig werden an diesen Organen oft wasser- lösliche Endprodukte des Stoffwechsels abgegeben. Trotz mancher Verschiedenheiten in der Ausbildung zeigen diese Organe (Hyda- thoden) bei den verschiedenen Arten eine Anzahl charakteristischer gemeinsamer Merkmale. Die Hydathoden, von denen hier zunächst gesprochen werden soll, sind einzellige Haare, — ich will sie des- halb Trichomhydathoden nennen — , die sich durch ein eng- begrenztes Längenwachstum auszeichnen. Diese Haare sondern an ihrem freien Ende fast stets nur einen einzigen Flüssigkeits- tropfen ab (z. B. Fsaihijrella disseminata (Pers.) QueP); nur an den Enden der wasserabsondernden Haare von Coprinus radiatns (Bolt.) Fr. ^) fand ich gleichzeitig fast immer mehrere Tropfen abge- schieden, wobei jedoch der an der Spitze des Haares sitzende Tropfen immer die übrigen an Größe bedeutend übertraf. Diesen Typus betrachte ich als den phylogenetisch älteren T3'pus, da die Flüssigkeitsabsonderung wie bei den vegetativen Hyphen und den phylogenetisch tiefer stehenden Formen, z. B. den Sporangien- 1) Die vorliegende Veröffentlichung ist eine teilweise veränderte Wieder- gabe des Vortrages, den ich in der 29. Generalversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft in Freibarg i. B. gehalten habe. Die Veränderungen ergeben sich daraus, daß ich einerseits die Tatsachen, die ich erst kürzlich unter dem Titel „Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cjstiden und verwandter Organe" in den Jahrbüchern f. wiss Botanik (B. 50, 1912,8.453 — 501) veröffentlichte, hier nur ganz kurz wiedergeben wollte, andererseits aber einige noch nicht veröffentlichte Beobachtungen und Versuche, die bei dem Vortrage nur kurz mitgeteilt worden waren, hier aus- führlicher zu schildern gedachte. 2) Vgl. a. a. 0. S. 458 und Fig. 1 (S. 459). 3) a. a. 0. S.'471, Fig.; 35, 36. über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Fruchtkörpern usw. (37) trägem von Pilöböliis, noch auf verschiedene Punkte der Zelle ver- teilt ist. Jedoch ist die bedeutende Größe des endständigen Tropfens eine Erscheinung, die von Coj^rinus radiatus (Bolt.) Fr. zu den Typen mit streng terminaler Absonderung eines einzigen Tropfens hinüberleitet. Solche Trichomhydathoden findet man bei verschiedenen Arten entweder nur auf der sterilen Oberfläche des Fruchtkörpers oder nur auf der Oberfläche des Hymeniums, manchmal auch gleich- zeitig auf beiden. (Die Hydathoden des Hymeniums hat man bis- her gewöhnlich als Cystiden bezeichnet.) Die Form dieser Haare läßt meist eine Gliederung in mehrere Abschnitte erkennen (Fußteil, Bauchteil, Halsteil, Kopfteil), wobei bei verschiedenen Arten einzelne dieser Abschnitte besonders deutlich sichtbar sein können oder stark oder gänzlich zurücktreten. An allen diesen Exkretionsorganen konnte ich an der Austrittsstelle der Flüssigkeit eine Yerschleimung der Zellwand nachweisen. In dem Schleime scheiden sich dann vielfach Kalziumoxalat oder harzähnliche Sub- stanzen aus^). In der letzten Zeit hatte ich Gelegenheit, die Absonderung von Flüssigkeit an den Fruchtkörpern von Paneolus Jielvolus (Schaeff.) Bres. 2) zu studieren. Ich erhielt diese Art auf Pferdemist, den ich längere Zeit in einem geschlossenen Glasgefäße sich selbst überlassen hatte. Da ich das Verhalten dieser Art noch nicht be- schrieben habe, will ich es hier als Beispiel anführen. Die Fruchtkörper von Paneolus helvolus (Schaeff.) Bres. zeigen vor der Sporenaussaat die Absonderung von Flüssigkeit in einem viel höheren Maße als alle von mir bisher beobachteten Arten. Der Stiel und der untere Rand der sterilen Hutoberfläche ist dicht bedeckt von großen und kleinen Flüssigkeitstropfen, wenn man den Pferdemist genügend feucht hält und die Fruchtkörper unter einer Glasglocke sich ent- wickeln läßt (Fig. 1). Dagegen findet man auf dem Scheitel der Hutoberfläche keine solchen Tropfen. Läßt man die ausge- schiedene Flüssigkeit auf Glas eintrocknen, so wird sie allmählich dickflüssiger, und es verbleibt beim gänzlichen Vertrocknen ein durchsichtiger, strukturloser Rückstand von schw^ach gelblicher Farbe, der sich nach Wasserzusatz wieder löst. Er zeigt, soweit 1) Alle diese Befunde sind in meiner vorhin zitierten Arbeit an zahl- reichen Beispielen ausführlich beschrieben worden. 2) Die Bestimmung verdanke ich der Freundlichkeit von G. BRESADOLA, Trient. (38) KNOIJ,: ich ihn untersucht habe, das Verhalten der bei anderen Arten be- obachteten „Schleime" der Hydathodenenden. An Längsschnitten durch den Fruchtköi'perstiel sieht man, daß die äußerste Hyphenlage zahlreiche annähernd gleichlange Haare trägt. Fertigt man die Schnitte derart an, daß man beim Schneiden die Verdunstung und das Abstreifen der ausgeschiedenen Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. ä. Fig. 1—5. Pani'olus helvolus (Schaeff.) Eres. Fig. 1. Junger Fruchtkörper mit den von den Hydathoden ausgeschiedenen Tropfen. (Vgr. ca. 4.) — Fig. 2. Hydathoden des Fruchtkörperstiels mit den an ihren Enden haftenden Schleimtropfen. (Vgr. ca. 400.) — Fig. 3. Bau der Hydathoden des Fruchtkörperstiels. (Vgr. ca. 550). — Fig. 4. Hydathoden- gruppe des Lamellenrandes. (Vgr. ca. 550). — Fig. 5. Einzelne Hydathoden des Lamellenrandes. (Vgr. ca. 550.) Tropfen vermeidet, so sieht man, wenn man den Schnitt auf einem großen Wassertropfen schwimmen läßt, bei hinreichend starker (mittlerer) Vergrößerung das in Figur 2 wiedergegebene Verhalten. Die Abbildung zeigt, daß die von den Ilaaren ausgeschiedenen Tropfen von den Haarenden über das Niveau der äußersten Hyphen- lage des Fruchtkörpers emporgehalten werden. In dem abgebildeten über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Fruchtkörpern usw. (39) Falle war die Flüssigkeit schon etwas verdunstet, trotzdem sieht man aber, daß manche Flüssigkeitstropfen von einem Haare, manche aber anch von mehreren getragen werden. Bei der von mir beobachteten überaus reichlichen Flüssigkeitsabsonderung der Haare werden die großen Tropfen (deren Durchmesser bis ca. 4 mm betragen kann) oft von einer Unzahl von Haaren getragen, indem bei der fortschreitenden Größenzunahme der Tropfen (bei ver- hinderter Verdunstung) die benachbarten Tropfen bei der Berüh- rung zu immer größeren Tropfen sich vereinigen. Wenn man Haare betrachtet, deren Flüssigkeitstropfen schon fast verdunstet sind, kann man häufig zwischen benachbarten Haarenden ausge- spannte Schleimfäden beobachten, die als der Rest solcher von zwei oder mehr Haaren getragenen Tropfen aufzufassen sind. Ahnliches hatte ich schon früher bei PsathyreUa disseminata (Pers.) Quel. beobachtet, nur daß bei dieser Art das Durchreißen der zwischen den Haarenden sichtbaren Schleimreste früher erfolgt und keine Bildung von Fäden zustandekommt'). Wenn die Sporenaussaat beginnt, kann man an der Schneide der Hymeniallamellen von Paneolus helvolus (Schaeff.) Bres. schon mit freiem Auge Säume von Flüssigkeitstropfen wahrnehmen. Die mikroskopische Untersuchung dieser Stelle ergab, daß auch hier die Flüssigkeitsabsofiderung durch Vermittlung von Haaren erfolgt. In ihrem Bau zeigen die Hjdathoden des Fruchtkörpers von Paneolus helvolus (Schaeff.) Bres. ein Verhalten, das sich teilweise vom Verhalten der von mir schon früher beschriebenen Trichom-^ hjdathoden unterscheidet. Bei den Hydathoden des Fruchtkörper- stiels (Fig. 3) der genannten Art ist der Fußteil schmal und kurz, dann folgt ein schmal -spindelförmiger Bauchteil, der ohne Absatz in den Halsteil übergeht. Oft fehlt auch ein solcher Bauchteil, so daß die Haare sich mehr der Zylinderform nähern. Am Haarende (Kopf teil) hat das Organ in den meisten Fällen den größten Durch- messer, so daß der Umriß des Organs annähernd Löffelform besitzt. Die Stelle der Membran des Haarendes (Kopfteil), an der die Ab- scheidung von Flüssigkeit und die Verschleimung vor sich geht, ist auffallend dünner als die Wand des Bauchteils, die öfters schwach gebräunt erschien. Das Extrem dieser Ausbildungsweise, die mit der Funktion des Haares zusammenhängt, habe ich schon früher bei den Cystiden von Peniophora glehulosa (Fr.) Sacc, et Syd, be- obachtet ^). 1) a. a. 0. S. 459, Fig. 2 und 3. 2) a. a. 0. 486, Fig. 69. (40) !''• Knoll: Die Ilydathoden der Hymeniallamellcn von Paneohis lielvdlus (Schaoff.) Bres. zeigen einen iilinllchen Bau. Die Haare stehen hier in kleinen Gruppen locker angeordnet (Fig. 4). Ihre Länge ist etwas geringer als die der Haare des Fruchtkörperstiels, sie erscheinen deshalb etwas gedrungener. Einen Unterschied in der Membrandicke einzelner Teile habe ich hier nicht beobachtet; eine Verdickung der Wand des Bauchteils kommt hier nicht zustande (Fig. 5). Auch an der Lamellenscheide bilden sich durch seit- liches Ineinanderfließen benachbarter Tropfen größere, oft von zahlreichen Haaren getragene Flüssigkeitsanhäufungon. An dem Fruchtkörper, dessen Hydatlioden in den Figuren 3, 4 und 5 wiedergegeben sind^ waren die Haare des Fruchtkörper- stiels 50 bis 80 ^ lang; die Dicke des Kopf teils betrug etwa 10 bis 15 }i. Die Hydathoden der Lamellenscheide waren dagegen nur 35 bis 50 fi lang, der Durchmesser des Kopfteils maß 8 bis 10 II. Doch kommen auch wesentlich kleinere Dimensionen bei den Haaren des Fruchtkörperstiels vor. Bei den jungen Fruchtkörpern bestimmter Agaricaceen-i^rten erfolgt die Abscheidung von Flüssigkeit nicht nur nach außen an der Oberfläche des Fruchtkörpers durch Vermittlung lebender Haare, sondern auch nach innen in die zwischen den Hyphen des Fruchtkörperstiels vorhandenen, meist langspaltenförmigenZwischen- räume; darauf weist schon der Umstand hin, daß man in diesen Interzellularen häufig Ablagerungen von Kalziumoxalat findet. Dies gilt auch für den ]\[arkraam, jene meist langgestreckte Höhlung die viele Fruchtkörperstiele von einem bestimmten Ausbildungs- stadium an der Länge nach durchzieht. Dieser Markraum entsteht z. B. bei den Coprinus- Krien ziemlich frühzeitig durch das Aus- einanderweichen der Markhyphen, das wieder durch bestimmte Wachstumsvorgänge in den ßindenhyphen verursacht wird. Wenn man einen solchen Fruchtkörper, etwa von C. radiatus (Bolt.) Fr., in dem Entwicklungsstadium, das der raschen Stielstreckung un- mittelbar vorausgeht, vom Substrat nimmt und der Länge nach vor- sichtig spaltet, so wird man finden, daß der ganze Markraum — vorausgesetzt, daß der Fruchtkörper auf genügend feuchtem Sub- strat sich befand und von feuchter Luft umgeben war — von Flüssigkeit erfüllt ist. Es muß angenommen werden, daß von den Markhyphen, die wir als die Leitungshyphen aufzufassen haben, die Flüssigkeit in den Markraum abgegeben wird. Wenn das Stadium der raschen Stielstreckung vorüber ist und die Sporen- aussaat beginnt, ist diese Flüssigkeit des Markraums fast oder ganz verschwunden, also aufgebraucht worden. Durch ein ein- über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Fruchtkörpern usw. (41) faches Experiment kann man sich davon überzeugen, daß z. B. der Fruchtkörper von Goprinus radiatus (Bolt.) Fr, für die Ausführung der in der Nacht vor der Sporenaussaat vorsich- gehenden enormen Stielstreckung keine Wasserzufuhr von außen benötigt, daß also das im Fruchtkörper gespeicherte "Wasser für die Vergrößerung der Zellsaf träume hinreicht. Man braucht hiezu nur am Abend vor der Sporenaussaat — • man erkennt diesen Zeit- punkt an dem plötzlichen Dunkelwerden der durch das Hut- gewebe hindurchschimmernden heranreifenden Sporenmassen — einige Fruchtkörper vom feuchten Substrat (Pferdemist) zu nehmen und über Nacht in feuchter Luft vertikal aufzustellen; am nächsten Morgen zeigen diese Fruchtkörper eine gleich starke Längenzu- nahme wie die auf dem Substrat belassenen Fruchtkörper des gleichen Entwicklungsstadiums. Wenn auch bt)i den Versuchen in konstant feuchter Luft diese Speicherung des Wassers im Mark- raum weniger in Betracht kommt, indem oft nur ein Teil des Wassers aufgebraucht wird, so wird sie doch bei Fruchtkörpern, die im Freien heranwachsen, im Wasserhaushalt eine bedeutende Rolle spielen. Die Speicherung des Wassers im Markraum sah ich besonders schön an jungen, noch licht gefärbten Fruchtkörpern von Psathy- rella disseminata (Pers.) Quel. Die jungen Fruchtkörper, die in einem sehr feuchten Warmhause des Grazer botanischen Gartens auf Holz und Eindenstücken sich ausbildeten, besaßen vor der Sporen- aussaat stark durchscheinende Stiele. Wenn ich solche Fruchtkörper vorsichtig mit einem Stückchen Substrat in trockene Luft trug, und die Stiele nach einiger Zeit mit einer feinen Nadel seitlich anstach, so drang an der Stichwunde sofort eine Luftblase ein, die die Flüssigkeit des Markraumes ganz gegen die Enden des Fruchtkörperstiels zu- rückdrängte; die Stiele zeigteü dann ein mehr milchweißes Aus- sehen und geringere Transparenz. Dieser Versuch zeigt, daß bei dieser Art (und sicher auch bei vielen anderen) die äußersten Rinden- hyphen einen lückenlosen Verband bilden. Wird die Stielwandung nach genügender Transpiration an einer Stelle durchbohrt, so dringt hier sofort Luft ein, weil die vorhandene Gewebespannimg den Markraum zu erweitern sucht, wenn durch die Verdunstung eine Verminderung der im Markraume gespeicherten Flüssigkeits- menge zustandekommt. Wenn auch bei der genannten Art unter den erwähnten Umständen der Markraum stets von Flüssigkeit er- füllt ist, so dringt doch, wie meine Untersuchungen ergaben, nie- mals Flüssigkeit zwischen den Rindenhyphen aus dem Frucht- körperstiele nach außen hervor; doch tragen die Enden der an (42) F. K.NOLL: diesen Fruchtkörpern reichlicli vorhandenen Trichomhydathoden in diesen Fällen stets große Tropfen ausgeschiedener Flüssigkeit. Man kann daher annehmen, daß infolge des lückenlosen seitlichen Zusammenschlusses der peripheren llindenhyphen des Stiels ein Überschuß an aufgenommenem Wasser durch die Vermittlung der Trichomhydathoden wieder aktiv aus dem Fruchtkörper entfernt wird. Als zweites Beispiel für das Auftreten von Flüssigkeits- tropfen am Stiele der Agaricaceen- Fruchtkörper will ich hier Coprinus lagopus Fr. (sensu Quel.) anführen. Wenn die Frucht- Fig. 6. Coprinus lagopus Fr. Photographische Wiedergabe des oberen Teiles eines Fruchtkörpers mit drei am Stiele haftenden großen ExkreUropfen. (Vgr. ca. 3.) körper dieser Art hinreichend Feuchtigkeit im Substrat (Pierde- mist) zugeführt bekommen und dabei die umgebende Luft ge- nügend feucht gehalten wird, so treten an dem Fruchtkörper- stiel vor dem Eintritt der raschen Stielstreckung stets einige wenige Flüssigkeitstropfen (siehe Fig. 6) auf. Der Durchmesser dieser Tropfen kann das Ausmaß des Stieldarchmessers erreichen. Die ausgeschiedene Flüssigkeit ist vollständig klar, farblos oder (selten) etwas gelblich. Auf Grlas gebracht zeigt ein solcher Tropfen kurz vor dem Vertrocknen eine schleimige Beschaffenheit, die sich be- sonders am Rande des Tropfens bemerkbar macht. Im mittleren Teil eines solchen eingetrockneten Tropfens sieht man häufig über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Fruchtkörpern usw. (43) Kristalle, die sich vielfach zu gitterförmigen Gebilden vereinigen. Die chemische Untersuchung der Flüssigkeit ergab das Vorhanden- sein von Oxalsäure, durch die spektroskopische Prüfung der Tropfen ließ sich deutlich Kalium nachweisen; es dürften dem- nach die erwähnten Kristalle einem Kaliumsalze der Oxalsäure an- gehören, da auch sonst bei Pilzen die Ausscheidung von Kalium- oxalat nachgewiesen wurde ^). Das Vorhandensein von Schleim zeigt sich manchmal auch darin, daß ein größerer Tropfen beim Verdunsten des in ihm enthaltenen Wassers eine deutlich faltige Haut bekommt, wenn man den Fruchtkörper mit dem Tropfen in trockene Luft bringt. Dies erinnert an das Verhalten der Flüssig- keit, die von den Hydathoden des Coprinus ephemerus Fr. abge- schieden wird 2). Die jungen Fruchtkörper von Coi.rinus lagopus Fr. sind von einer dichten, faserigen Volva bedeckt, deren Bau bereits von BREFELD untersucht und abgebildet worden ist''}. Die be- schriebenen Flüssigkeitstropfen werden nun nicht etwa von den haarförmigen Elementen der Volva abgeschieden, sondern sie treten immer zwischen diesen auf und haften immer direkt an der Ober- fläche der äußersten Rindenhyphen des Fruchtkörperstiels. Die Volvaelemente legen sich häufig in ihren unteren Teilen diesen Tropfen seitlich an. Sicher geben die Volvaelemente als lebende, dünnwandige Zellen durch Transpiration viel Wasser ab, doch habe ich an ihnen niemals die Bildung von Tropfen beobachtet. Würde die Flüssigkeit von den Volvaelementen abgeschieden, so wäre auch nicht einzusehen, warum diese Wasserabgabe nur an so wenigen Stellen (oft nur einer Stelle, manchmal an zwei oder drei, selten wenig mehr Stellen) des Fruchtkörperstiels erfolgen sollte, während doch an Fruchtkörpe^n mit wasserabgebenden Haaren die Flüssigkeitsabgabe gleichmäßig an allen Enden der in großer An- zahl vorhandenen Haare erfolgt. Aus denselben Gründen ist auch nicht an eine Abgabe aus bestimmten Teilen der äußersten Rinden- hyphen zu denken. So bleibt nur die Annahme übrig, daß die Flüssigkeit durch irgendwelche Spalten zwischen den Zellen des noch unentwickelten Fruchtkörpers an die Oberfläche gelangt. In diesem Entwicklungsstadium ist der Markraum der Fruchtkörper stets gänzlich von Flüssigkeit erfüllt. Denn 1) Vgl. Zellner, Chemie der höheren Pilze, Leipzig 1907, S. 47. 2) Siehe Knoll, a. a. 0. S. 467, Fig. 21—24. 3) BßEFELD, Botanische Uatersuchungen über Schimmelpilze III. Xeipzig 1877, S. 104 ff., Taf. VI, Fig. 1 und Taf. VII, Fig. 4. (44) F. KNOLL: Über die Abscheidung von Flüssigkeit usw. auch bei C. Jagopus Fr. bilden die Interzellularen der Stielrinde and der Markraum ein Reservoir für Wasser. Auch die Frucht- körperstiele dieser Art strecken sich noch normal in die Länge, wenn mau sie am Abend vor der starken Stiel- streckung, also am Abend vor der Sporenaussaat, vom feuchten Substrat nimmt und in senkrechter Stellung ohne künst- liche Wasserzufiihr in feuchter Luft aufstellt. Diese Streckung tritt in feuchter Luft auch dann ein, wenn man vorher aus dem Markraum des vom Substrat genommenen Fruchtkürpers in ge- eigneter Weise die gespeicherte Flüssigkeit entfernt. Dies gelingt am einfachsten dadurch, daß man die Stielbasis abschneidet und vom Hutscheitel her in der Richtung der Fruchtkörperachse eine Glaskapillare einführt, worauf man die Flüssigkeit des Markraums durch Ausblasen entfernen kann. Dieser Versuch zeigt, daß bei unterdrückter Transpiration schon das in den Zellzwischenräumen vorhandene Wasser für die Ausführung der unmittelbar von der Sporenaussat eintretenden enormen Stielstreckung genügt. Bei Fruchtkörpern, die im Freien heranwachsen, wird dagegen die Flüssigkeit des Markraums bei plötzlich eintretender Transpirations- steigerung für die augenblickliche Deckung der AVasserverluste im Zeiträume kurz vor der Sporenaussaat sehr in Betracht kommen können. Es wird also bei den erwähnten Fruchtkörpern das zugeleitete Wasser, das nicht weiter verwendet wird, bei verhinderter Trans- piration in flüssiger Form aus den Fruchtkörperhyphen abgegeben. Ein Teil dieses Wassers wird in den Interzellularen und im Mark- raum aufgespeichert und nach Bedarf besonders bei der Streckung des Fruchtkörperstiels und beim Aufspannen des Hutes verbraucht. Bei unterdrückter Transpiration »wird ein Überschuß des im Innern des Fruchtkörpers gespeicherten Wassers wieder in flüssiger Form an der Oberfläche des Fruchtkörpers ausgeschieden. Karl Müller: Die Vegetation des Schwarz waldes. (45) 5. Karl Müller: Die Vegetation des Schwarzwaldes. (Vortrag, gehalten gelegentlich der G-eneralversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft in Freiburg i. Br. am 28. Mai 19121). (Mit Tafel (I) und 7 Abb. im Text.) (Eingegangen am 17. Juli 1912.) Der Schwarzwald stellt ein von Süden nach Norden verlaufen- des Gebirge dar, das nach Süden und Westen steil gegen das Eheintal abfällt, nach Osten sich allmählich in das schwäbisch- fränkische Kalkplatean abdacht und nach Norden durch das Pfinz- tal zwischen Karlsruhe und Pforzheim begrenzt wird. Das Gebirge besteht fast ausschließlich aus Gneis und Granit, dem im nördlichen Teil eine nach Norden immer mächtiger werdende Buntsandsteindecke aufgelagert ist. Daneben treffen wir an dem westlichen Steilabsturze noch Schollen aus Kalk und Sandstein 2), die bei der Senkung des Rheintales resp. der Hebung von Schwarzwald und Vogesen an der Bruchlinie liegen blieben. Ostlich geht das Gebiet des Urgesteins allmählich in den Buntsand- stein über, dem noch weiter östlich der Muschelkalk folgt. Die Grenzlinie zwischen Buntsandstein und Muschelkalk bildet zugleich die pflanzengeographische Ostgrenze des Schwarz waldes. Durch ein tiefes Quertal, das Kinzigtal, zerfällt das Gebirge in zwei Hälften, die nördlich gelegene heißt nördlicher Schwarz- wald, die südliche wird durch das Höllen- und Dreisamtal noch- mals geteilt in südlichen Schwarzwald (südlich vom Höllental) und mittleren Schwarzwald (zwischen Höllental und Kinzigtal). Der südliche und mittlere Schwarzwald einerseits und der nördliche andererseits zeigen auch geologisch und botanisch Abweichungen. 1) Der Vortrag wurde durch 40 Lichtbilder erläutert. Ein Teil der Auf- nahmen ist in den „Vegetationsbildern" von Karsten und SCHENCK IX. Reihe, Heft 6 — 7 reproduziert. 2) Die Vegetation der Kalkschollen ist von der des eigentlichen Schwarzwaldes weit verschieden und soll darum hier nicht näher behandelt werden, Ber. der deutschen bot. Gesellsch XXX. (4) (46) Karl Müller: Der südliche und mittlere (rebirgstoil baut sich in der Haupt- sache ans einem mächtigen Urgesteinkerne auf und hat Erhebun- gen über rJOO — löOO m; der nördliche Schwarzwald besteht ent- weder ganz oder doch in den oberen Lagen aus Buntsandstein und erhebt sich im Maximum bis 1164 m; im Durchschnitt sind die Bergkuppen aber nur 800 - 1000 m hoch. Während sich auf den nährstoffreichen Urgesteinbüden eine reiche V^egetation entfalten kann, zeichnet sich der nördliche Schwarzwald, infolge des nähr- stoff armen Buntsandsteins, durch Artenarmut und darum große Einförmigkeit der Vegetation aus. Die Lage des Schwarzwaldes, im Herzen Europas, ermög- lichte einer Anzahl von Pflanzen, die sonst der alpinen, nordischen, südlich-pontischen und atlantischen Flora angehören, sich seit den großen Pflanzenwanderungen hier festzusetzen, vv^odurch ein ab- wechselungsreiches Vegetationsbild entsteht. Eine reichhaltige alpine Flora finden wir vor allem im südlichen Schwarzwald in den Gebieten, die einst von Gletschern bedeckt waren. Der nördliche Schwarzwald, der keine ausgedehnte Vereisung aufzuweisen hatte, besitzt nur wenige alpine Arten. Durch die Verbreitungsstatistik, welche MEIGEN ') für charakte- ristische Erscheinungen der badischen Phanerogamen-Flora aus- gearbeitet hat, ergibt sich folgendes Verhältnis: alpine Arten: subalpine Arten : zusammen: Südlicher Schwarzwald: 25 21 46 Mittlerer Schwarzwald: 7 - 12 19 Nördlicher Schwarzwald: S 7 10 An nordischen Vertretern ist die Schwarzwaldflora arm. Ledum palustre, Woodsia hyperhorea, Mnium cindidioides und SplacJwum ampuUaceum wären z. B. zu nennen. Wie es scheint, sind manche nordische Vertreter hier im Verschwinden begriffen. Sehr spärlich sind auch pontische und südeuropäische Arten vertreten, was um so mehr auffällt, als der östlich gelegene Schwäbische Jura, sowie das Hegau-Gebiet, ebenso wie der west- lich vom Schwarzwald gelegene Kaiserstuhl eine reichhaltige pontische Flora aufzuweisen haben, die für diese Gebiete geradezu charakteristisch ist. Im Schwarzwald gehören Carlina acaulis 1) Eichler, Gradmann, Meigen, Ergebnisse der pflanzengeographischen Durchforschung von Württemberg, Baden und Hohenzollern. Heft 1 — 4, Stuttgart 1905—1909. Die Vegetation des Schwarzwaldes. {^'^) und Vincetoxiacm officinale zu den häufigsten pontisclien Ein- dringlingen. Auffallend reich ist dagegen die atlantische Gruppe an der Vegetation des Schwarzwaldes beteiligt, nicht nur der Arten- zahl — wir kennen über 20 pontische Phanerogamen — , sondern auch o-anz besonders der Individuenzahl nach. Es wird das ver- ständlich, wenn wir das Klima im Schwarzwald ins Auge fassen. Weite Gebiete haben mehr als 1400 mm jährliche Niederschlags- menge und im südlichen und nördlichen Gebirgsteile steigen die Durchschnittsbeträge bis 1800 mm, sie erreichen also Beträge, wie sie in Mitteleuropa höchstens noch im Alpenzuge vorkommen. Ferner ist die Lufttemperatur durchschnittlich mehrere Grade wärmer als für die Breitengrade, in denen der Schwarzwald liegt, erwartet werden darf. Das Klima des Schwarzwaldes hat also einen ausgeprägten ozeanischen Charakter, wodurch sich das Auftreten zahlreicher atlantischer Elemente in der Flora genügend erklärt. Nach dieser kurzen Orientierung über die Florenbestandteile des Schwarzwaldes sei im folgenden die Vegetation der einzelnen Regionen geschildert, die verhältnismäßig scharf gegeneinander ab- gegrenzt sind, besonders wenn man von Westen her in den Schwarz- wald hinaufsteigt. Wir unterscheiden: die Region des Weinstocks bis 400 m, darüber die Bergregion bis etwa 1200 m und oberhalb der Bergregion die subalpine Zone. Die Reg"ion des \Yeinsiockes umfaßt das Kulturland, das sich am West- und Südabhang des Gebirgszuges hinzieht und vor allem durch die Weinberge charakterisiert wird, die z. T. vor- zügliche Weine hervorbringen. Außer als Kulturrebe kommt der Weinstock auch wild in den Wäldern am Fuße des Gebirges vor, jetzt allerdings nur noch selten. Daneben schmücken Kirschen- und Zwetsch'genanpflanzungen diesen Kulturstreifen, ebenfalls durch die von ihnen gewonnenen Erzeugnisse (Schwarzwälder Kirschwasser, Bühler Frühzwetschge) weithin bekannt. Auch andere Obstbäume spielen in den Vorbergen eine große Rolle, Die ursprünglich angepflanzte Edelkastanie (Castanea vesca) hat sich infolge der günstigen klimatischen Bedingungen besonders in den Tälern am Westabhang des Gebirges weit verbreitet und bildet manchmal kleine Wälder häufig in Gesellschaft von Buchen und Eichen. Im Juni und Juli fallen die durch Blütenreichtum licht- grünen Kronen der Edelkastanie von weitem auf und liefern dann einen einzigartigen Landschaftschmuck. (4*) Karl Müller: (48) Eine für den Schwarzwald fremdartige Erscheinung sind die Bnchsbestände {Bnxus sempervirens), die in den Wäldern am Südwestabstnrze des Schwarzwaldes bei Basel vorkommen. Hier tritt der Buchs auf Kalkboden als Charaktorpflanze der Laub- wälder auf und entwickelt sich an Stellen, wo er nicht ständig abgehauen wird, zu über mannshohen Gebüschen. Nirgends in ganz Baden und auch sonst kaum in Deutschland trifft man diese atlantische Pflanze in solchen Massen an, wie hier. Im be- nachbarten Schweizer Jura ist der Buchs ebenfalls häufig. Auch der Efeu [Hedera helix) ist in der Weinstockregion, wie in der unteren Bergregion reich vertreten und überzieht bald weite Felswände oder klettert hoch an den Bäumen empor. In der Bergregfion liegt der eigentliche Schwarzwald, von dem über die Hälfte der gesamten Fläche heute noch mit Wald bedeckt ist, vor allem mit dunklen Tannenbeständen, nach denen das Gebirge seinen Xamen trägt. Bis zu einer Höhe von etwa 800 m tritt die Weißtanne als vorherrschender Waldbaum am ganzen Westabhang auf, oberhalb dieser Höhe wird sie spärlicher und erreicht dann bei etwa 1100 m die obere Grenze ihrer Ver- breitung. Xeben der Tanne ist die Buche eine häufige Erscheinung der Bergregion. Gewöhnlich wächst sie mit der Tanne zusammen, an einzelnen Stellen hat sie diese verdrängt, vor allem im süd- westlichen Teil des Schwarz waldes, wo die Buche bis zu den höchsten Erhebungen emporsteigt. An windgeschützten Stellen, auf Weidfeldern wächst sie noch zu stattlichen Exemplaren heran, während sie auf den Gebirgskämmen, wie z. B. auf dem Schauinsland (bei 1250 m), sturmgepeitschte Gestalten annimmt. Die Fichte ist in der unteren Bergregion ebenfalls schon vorhanden, im oberen Teil der Bergregion übertrifft sie an Häufig- keit die anderen Baumarten und wird auf der Ostabdachung des Schwarzwaldes — im nördlichsten Teil trifft das nicht mehr zu — alleiniger Waldbaum. Weniger häufig sind Kiefernwälder, die von der Rhein- ebene bis in die Bergregion vorkommen, besonders auf Bunt- sandstein. Im mittleren und nördlichen Schwarzwald hat die Eiche in Form von Schälwaldungen noch größere Verbreitung, während sie sonst durch andere Baumarten stark zuiückgedrängt wurde. Die Vegetation des Schwarzwaldes. (49) In geschichtlicher Zeit trat eine erhebliche Umgestaltung des ehemaligen Waldbildes ein, teils durch Abholzen und Roden, um landwirtschaftliche Anbauflächen zu erhalten oder zur Holz- gewinnung für Glashütten- und Bergwerksbetriebe, teils durch die natürliche Ausbreitung mancher Bäume auf Gebiete, die sie früher nicht innehatten oder durch die Art der Bewirtschaftung der Wälder. Manche Baumarten, wie die Eibe {Taxus haccafa), sind hierbei stark zurückgegangen und finden sich jetzt nur noch an vereinzelten Stellen in reichlicheren Beständen, wie z. B. im Höllental und am Südabhang des Schwarzwaldes. Eine typische Begleitpflanze der Tannenwälder oder der aus Laub- und Nadelholz gemischten Wälder am Süd- und West- abhange des Schwarzwaldes ist die Stechpalme {Hex aquifoluim), die gewöhnlich als Unterholz auftritt und im südlichen Schwarz- wald bis 1000 m, im nördlichen sogar bis 1100 m emporsteigt. Wo das Gebirge einen ausgesprochenen Hauptkamm besitzt, kommt der Strauch nahezu ausschließlich auf dem Westabsturz vor^), offen- bar deshalb w^eil sich der Ostabhang durch stärkere Winterkälte auszeichnet als der Westabsturz. Der frostempfindliche Strauch kann sich dann hier nicht mehr halten. Die Grenze des Yer- breitungsareals der Stechpalme geht über den Schwarzwald und läuft dann nach Osten nördlich vom Bodensee. Obwohl sich die Pflanze im Schwarzwald an der Grenze ihrer Verbreitung befindet, tritt sie hier doch nicht, wie man vermuten könnte, spärlich auf oder nur in niederen Gestrüppen. Vielfach kommen stattliche Stechpalmenbüsche in der Bergregion vor. Bei St. Märgen ist sogar in einer Höhe von 900 m ein kleiner Wald von Stechpalmen bekannt, der aus 8 — 9 m hohen und bis 30 cm im Durchmesser messenden Bäumen gebildet wird. Nach außen gleicht dieser Wald einer dichten Dornhecke. Auf waldfreien Plätzen haben sich noch mehrere andere atlantische Arten in großer Menge angesiedelt, z. B. der gemeine Besenginster {Sarothamnus scqparius), der besonders im Mai auf- fällt, wenn er ganze Hänge durch seine Blütenpracht gelb er- scheinen läßt, der rote Einger hu t {Digitalis piirpurea), der in auffallender Üppigkeit oft weite Elächen, besonders auf Buntsand- stein im nördlichen Schwarzwald ziert (Tafel (I) Abb. 1), im süd- lichen mehr auf den Westabhang beschränkt ist hier aber aus bis- 1) Dies trifft vor allem im südlichen Schwarzwald zu. (50) Karl Müller: her nicht genügend erforschten Grründen streckenweise auch fehlt'). Häufig wachsen in seiner Gresellschaft zwei ebenfalls atlantische Arten: Galiiim saxntile und Centaurea nigra. Zwischen Gebüschen an Waldrändern schlingt sich Lonicera pericü/menum empor. Charakteristisch für den Schwarzwald sind die schon er- wähnten großen Niederschlagsmengen und der damit im Zusammen- hang stehende außerordentliche Wasserreichtum, der selbst in heißen Sommern nur wenige Bäche versiegen läßt. Infolgedessen findet man in allen Waldschluchten eine üppige KRAUTVEGETATION und zwar beteiligen sich hieran der schon im zeitigen Frühjahre blühende Petasites albus und später Prenanthes piirpurea, stellen- weise Limaria rediviva, Pohjyonatum verticillatum und der prachtvolle Aruncus Silvester (Tafel ([) Abb. 2), Circaea alpina u. a. Überaus üppig entwickeln sich in der feuchten Atmosphäre auch Moose und Flechten, sowie Farnkräuter, die bis l'/a i^ hohe oft schwer durchdringbare Vegetationen bilden. Die hauptsächlichsten in großer Menge und in buntem Gemisch auftretenden Farne sind im unteren Teil der Bergregion Aspidium filix nias, A. dUatahim und Athyrium filix femina. Im oberen Teil der Bergregion verschwindet Asp. filix mas und wird durch das ähnliche A. montanum ersetzt; ferner treten dazu das subalpine Athyrium alpcstre und Bleclmnm spicant. Seltener findet man Aspidium tohatum; Asp. Braunii ist auf wenige Stellen beschränkt. Verschiedene Schachtelhalme, vor allem Equisetum siJvaticum und Bärlappe sind der Bergregion eigen. Lycopodium annotimim findet sich durch den ganzen Schwarzwald, ist aber als charakte- ristische Pflanze der Buntsandsteinhöhen erwähnenswert. Die Flora der WIESEN UND MATTEN hat nur in dem oberen Teil der Bergregion neben verbreiteten Wiesengräsern einige charakteristische Erscheinungen, wie Polygonuni bistorta. TroUius europaeus, Geraniiim silvaticum und längs der Wassergräben oft in großer Menge Ranunculus aconitifoUus. Seltene Wiesenpflanzen sind Narcissus poeticus, Imperatoria ostruthium und der alpine Orckis globosns. Nur an einer Stelle wurde in letzter Zeit die ebenfalls aipine Gentiana acaulis gefunden. 1) Neuerdings stellte BüRMANN (Schweiz. Wochenschrift für Chemie und Pharmazie 1911 S. 562) in Digitalis purpurea das Vorkommen von Mangan fest und führt das Fehlen des roten Fingerhutes in einzelnen Gegenden der Schweiz auf den Mangel an Mangan zurück. Inwieweit diese Auffassung richtig ist, müssen weitere Untersuchungen lehren. Die Vegetation des Schwarzwaldes. (51) Außerhalb des Waldes ist die FELSENVEGETATION aus zahl- reichen Arten zusammengesetzt, von denen die meisten allerdings, obwohl sie in der oberen Bergregion auftreten, schon als subalpine Typen aufzufassen sind und deshalb auch vor allem in dem an subalpinen Arten reichen südlichen Schwarzwald vorkommen. Saxifraga Äkoon und Frimula auricula trifft man mehrfach, aber nur, ebenso w^ie Silene rupestris im südlichen Schwarzwald. Hier ist die letztgenannte Pflanze eine überaus typische und häufige Felsbewohnerin (Abb. 1). Die Felsenbirne {Ämclanchicr vulgaris) Phof. K. Müller. Abb. 1. Silene rupestris aus dem südlichen Schwarzwald. ist an Felsen und auf Felsgeröll im ganzen Schwarzwald zu finden und steigt mitunter auch tief herab. Eine merkwürdige Vegetationsgruppe kalkholder Pflanzen findet sich an den Felswänden rings um den Feldsee. Neben dem pontischen Laserpitium latifolium (Abb. 2), das im Schwarzwald einzig und allein hier auftritt, wachsen da Gampanida pnsilla, Aster hellidiastrum, Saxifraga Aisoon, Asplenium virkle, Carduus deßoratus und von Moosen z. B. Orthof hecinm intricatuin, Lejeunea calcarea, Scapania aeq/iiloba, Freissia commutafa u. a. Alle diese Pflanzen kommen im Schwarzw^ald entweder über- haupt nicht mehr oder nur noch an ganz wenigen Stellen vor. (52) Karl Müller; sind aber in der scliwäbischen Alp verbreitet. Man nimmt darum an, daß sie nach dem Eückgang des Bärentalgletscliers durch das alte Donautal bis mitten in den Schwarzwald eingewandert seien. Eine ähnliche Stelle findet sich noch im Höllental am Hir.sch- sprnng. Außer den genannten Moosen tritt hier noch Orihoiliecium rufescetis und 3Iocrc7ciah?her)dca hinzu, die beide im ganzen Schwarz- wald nur am Hirschsprung gefunden werden. Wie diese Kalk- pflanzen hierher mitten in das Urgesteingebirge gelangt sind und P/!0/. K. Mit Her: Abb, 2. Laserpitimn latifoUum an Gneisfelsen an der Seewand am Feldsee, warum sie sich gerade nur da erhalten konnten, ist ein vorderhand noch ungelöstes Rätsel. Die auf der Ostabdachung des Schwarz waldes gelegenen Seen bieten, soweit sie dem nördlichen Schwarzwald angehören, botanisch nicht viel Bemerkenswertes. Dagegen sind die größten Seen des südlichen Schwarzwaldes, der Feldsee, Titisee und Schlucli- see durch einige floristische Eigentümlichkeiten ausgezeichnet wie: Spargayiium affine, Nuphar pumilum, N. luteum, MyriophylJum alterniflo- rum, sowie vor allem durch Isoetes echinospora (Abb. 3) und I. lacustris. Die Vegetation des Schwarzwaldes. (53) Die erstgenannte Isoefe.^-Art wächst gewöhnlich am oberen Ende und 7. lacustris am Ausfluß der Seen. Beide ragen nur bei aus- nahmsweise niederem Wasserstande über das Wasser heraus. Auf torfigem Boden am Ufer der Seen an Stellen, die bei hohem Wasserstande überschwemmt sind, findet man in der Eegel ein sonst seltenes Lebermoos: Fossmnbronia Dumortieri. Unschwer lassen sich an die Schwarzwaldseen die HOCH- MOORE anschließen, die man in der oberen Bergregion des ganzen '■P/io/. K. Müller. Abb. 3. Isoi'tcH cchinospora im Fetdsee. Gebirgszuges antrifft, gewöhnlich allerdings nur in geringer Aus- dehnung. Nach ihrer Entstehung und nach ihrer Lage kann man zwischen Muldenmooren und Plateau mooren unterscheiden. Die ersten sind im südlichen Schwarzwald verbreitet, wo sie sich im Anschluß an die ehemaligen Vereisungen gebildet haben, während die auf den fast horizontal gelagerten Buntsandsteinrücken des nördlichen Schw^arzwaldes sich weithin ausdehnenden Plateaumoore aus einer viel späteren Zeit stammen. Neben verbreiteten Hochmoorpflanzen, vor allem verschiedenen Sphagmim-Arten, trifft man Andromeda polifolia, Scheuchzeria palu- (54) Karl Müt.t.kh; stris, Eriophoruiii oaglmäiDii, Scirpus ciw^tpitosus, Curcx ^Jcti^/r/Z/on« so- wie die in ganz ^litteleuröpa verbreiteten Vaccinien. Auch dreier- lei Sonnentau-Arten leben auf den Mooren des Scliwarzwaldes: Drosera mfundifolia, seltener D. longifotia und nur auf wenigen ^looren D. intermedia. Einige Hoelnnourpflanzen finden sicli cntsj)rcchen(l ihrer Ab- stammung von der alpinen oder nordischen Flora nur auf den Mooren des südlielien oder nur auf den Mooren des ncirdlichen Schwarz- waldes. Zu den erstgenannten ist Eriophor/tm alpinnm zu rechnen, das nordwärts bis zum mittleren Schwarzwald vorgeht und Lycojwdinni inundatum, mit einer größeren Verbreitung im südlichen Teile des Gebirgszuges als im nördlichen. Umgekehrt sind nur den Mooren des nördlichen Schwarzwaldes eigen zwei nordische Pflanzen: der Sumpf porst {Ledum palustre), der bis vor kurzem bei Kaltenbronn wuchs und neuerdings durch Nachpflanzung an seinem ursprüngliclien Standort erhalten werden soll, sowie die ^Y&,hQnhQQYQ{Empetrum nigrum), eine auf den ge- nannten Mooren typische Pflanze, die dagegen im südlichen Schwarzwald nur in der subalpinen Region am Nordabsturze der höchsten Gipfel als Seltenheit auftritt. Unter der Baumvegetation der Hochmoore spielt die Berg- kiefer {Pinus montanci) eine wesentliche Rolle, denn sie bedeckt die Moorflächen z. T. vollständig. Viel spärlicher sind Kiefer (P. siJvestris), Birke (Betula verrucosa und piilescens) und Fichte vorhanden. Alle diese Baumarten können aber nicht so weit in die Moore vordringen wie die Bergkiefer, die auf den tiefsten Moorgründen, wohin der Fuß nicht mehr folgen kann, im Gegen- satz zu den übrigen Baumarten noch in überraschender Üppigkeit gedeiht. Die Ursache hierfür ist in einer reichen Mykorrhiza- Entwickelung zu suchen, mittels derer der Baum entweder Nähr- salze in erhöhtem Maße aus dem Substi-at beziehen oder nach anderer Ansicht freien Stickstoff aus der Luft aufnehmen kann. Weitere Untersuchungen müssen diese Verhältnisse noch klarer legen. Die Seitenwurzeln der Bergkiefer sind reich dichotom ver- zweigt, so daß hexenbesenartige Gebilde entstehen von '/2 — ^ ^m Durchmesser. In den Rindenzellen dieser AVurzeln findet sich en- dophytisch ein Pilz vor, und außerdem werden sie von einem dichten Pilzmantel umhüllt. Altere Mykorrhiza- Wurzeln sind durch die Pilzhyphen häufig zu kompakten Knollen verwebt. Die Bergkiefer tritt im Schwarzwald fast ausschließlich auf Die Vegetation des Schwarzwakles. (55) Mooren auf, nur an einzelnen Ostabstürzen im nördlichen Gebirgs- teil geht sie von der Moorfläche auch an die Sandsteinfelsen über. Man unterscheidet drei hauptsächliche Rassen, die auch als Arten aufgefaßt werden, Pinus pumilio, P. unclmda und P. muglms. Von diesen kommen nur die ersten beiden im Schwarzwald vor. P/iot. K. Müller. Abb. 4. Baumförmige Bergkiefern (Spirken) im „Roten Meer" bei Altglashütte am Feldberg, Höhe 15 — 18 Meter. und zwar sind sie durch Übergangsformen so sehr miteinander verbunden, daß es unmöglich wird, sie nach der Zapfenform stets auseinanderzuhalten. Scharfe Gegensätze liefern dagegen die Berg- kiefernbestände der Schwarzwaldmoore, sobald wir sie nach der "Wuchsform einteilen. Im südlichen Schwarz wald trifft man an (56) Karl Müller: nassen Stullen die sog. Kuschel, ein kleiner Busch, der sich von Torf- moos nur wenig erhebt, an trockeneren Stellen die aufrechte Form mit einfachem, geradem 10 — 18 m hohem Stamm. Solche Bäume, Spirken genannt (Abb. 4), gleichen durch ihre lockere, sturapf- pjnamidenförmige Krone einigeimanen der "Weymouthskiefer. Den Mooren des nördlichen Sclnvarzwaldes geht die für den südlichen mittleren Schwarzwald so sehr charakteristische Spirke vollständig ab. Hier findet sich im Gegensatz dazu die Latsche. Man ver- Plwt. K. Müller. Abb. 5. Niederliegende Bergkiefer (Latsche) am Hohlohsee l)ei Kaltenbronn. steht darunter eine Bergkiefernform, die sich durch zahlreiche, gewöhnlich niederliegende und am Ende aufsteigende Hauptstämme auszeichnet (Abb, 5). Die Latschenbestände stellen mitunter kaum durchdringbare Urwälder dar, weil die Stämme wirr durcheinander und übereinander liegen. Auf den Mooren bei Kaltenbronn ist das •z. B. der Fall. Dem ganzen mittleren und südlichen Schwarzwald fehlt die Latsche vollständig. Sie ist also auf die Plateauhoch- moore und die unbedeutenden Muldenmoore im Buntsandsteingebiet beschränkt. Die Vegetation des Schwarz waldes. (^7) Die Wälder der Bergregion gehen oberhalb 1200 m in die subalpine Region über und hören dann bei etwa 1400 m gan^ auf. Als Waldbanm kommt fast nur noch die Fichte in Betracht, vereinzelt finden sich auch Buchen und Bergahorne. Oberhalb der Waldgrenze liegt ein Gürtel mit vom Sturm und Wetter ver- krüppelten Fichten, die häufig nur einseitig entwickelte Kronen be- sitzen. Auch einige Laubhölzer beteiligen sich an diesem Krüppel- wuchs, dagegen fehlt dem Schwarzwald der für die subalpine Region anderer Gebirge charakteristische von Pinus montana gebildete Krummholzgürtel. Für den nördlichen Schwarzwald besteht wohl kaum mehr ein Zweifel, daß die wenigen jetzt kahlen Kuppen früher eben- falls bewaldet waren, ob aber der südliche Schwarzwald von jeher waldfreie Höhen aufgewiesen habe, ist bisher nicht widerspruchs- los festgestellt'). Die subalpine Region weist viele charakteristische Arten auf,, von denen aber nur die verbreiteteren Erwähnung finden können. Jedem, der etwa Ende Juli oder Anfang August zum erstenmal auf die Schwarzwaldhöhen hinaufsteigt, wird der üppige KRAUT- WÜCHS in den Wäldern in Erinnerung bleiben. Zwei typische Pflanzen sind an dieser Vegetation beteiligt, der Alpendost (Adenosfyles alhifrons) und die Alpenmilchdistel (Mulgedium^ alpinum). Während die erstgenannte Pflanze im Schwarzwald weit verbreitet ist und auch tief herabsteigt, beschränkt sich Mulgedium mehr auf den südlichen Teil des Gebirges, wo eine ausgedehnte subalpine Region vorhanden ist. Hier bildet die Alpenmilchdistel mitunter Massen-Bestände. Im nördlichen Schwarzwald kennen, wir sie nur von wenigen Stellen. Zusammen mit den genannten subalpinen Kräutern wachsen gewöhnlich noch Senecio Fiichsii, Hanunculus aconitifolius, Aconitum lycoctoniim, mitunter auch Ä. napellus, der blaue Eisenhut, von dem an Bachufern über 2 m hohe Exemplare vorkommen, Äruncus Silvester und im Gebiet des Feldberges wohl auch Centaurea montana und Streptopus amplexifolius. Teilweise mischen sich auch Farnkräuter dazwischen, z. B. das hier verbreitete Afhyrium alpestre. In Moospolstern versteckt und darum vielfach übersehen, blüht gar nicht selten an schattigen,^ 1) Neuerdings meint z. B. Hausrath (Pfianzengeogr. Wandlungen der Deutschen Landschaft S. 34), es sei nicht unwahrscheinlich, daß früher der Waldwuchs am Feldberg auf der Süd- und Ostseite .bis auf den Gipfel ge- reicht habe. (58) Karl Müller: feuchten Stellen die zierliche Listet a cordaia. An ähnlichen Plätzen wächst sehr vereinzelt auch TrieniaUs euro2)((ea. Eine interessante und artenreiche Vegetation ist den oberhalb der Waldgrenze gelegenen FELSABSTÜRZEN eigen, die gewöhnlich nocli einigen Sträuchern und Bäumen Schutz bieten. Am ausge- Phot. K. Miiller. Abb. 6. Gentiana lutea an der Seewand am Feldsee. prägtesten finden wir eine solche subalpine Felsenflora am Beleben, Herzogenhorn und Feldberg. Hier wachsen z. B. AJchemilla alp'ma, Carex frigida. Yeronica saxat'dis, Campamila latifolia, liiemcium prenan- tJioides, U. aurantiacnm, Orepis hlattario'idcs, Miägedimn Pluniieri, Allium victoriale, Sorhus cliamnemesp'dus u. a. Quellige, kiesige Stellen oder nasse Felsen sind von Saxifraga steUaris bewohnt, die auch Die Vegetation des Schwarzwaldes. (59) im mittleren und nördlichen Schwarzwald, wennschon viel seltener, auftritt. Von Farnen wäre Asindimn lonchitis und Ällosorus crispus zu nennen; von Moosen z. B. Blindia acuta, Grimmia torquata, Andreaea Rotliii und A. Hunt}}, Gymnomitnum concinnatum, LopJio- zia FloerJcei und viele andere. Oberhalb der Waldgrenze liegen im Südschwarzwald ausge- dehnte "Weidfelder, ^.'eben Futtergräsern und -kräutern treffen wir von verbreiteteren Pflanzen das Borstengras {Nardus strictd), Meum athamanticum und seltener M. mutellina, die beide, ebenso P/io/. K. Miiller. Abb. 7. Bartschin alpinu auf sumpfigen Wiesen am Feldberg. wie das Borstengras, vom Vieh nicht gefressen werden, Arnica moniana, Gymnadenia aWida, Lijco2Jod}um alp}num. Für den Feld- berg kommt noch Gnajjhalium supinum und Homogijne alpina hinzu. Früher war der gelbe Enzian {Gentiana lutea) über die Schwarz- waldhöhen verbreitet, seit aber seinen Wurzeln zur Herstellung: des Enzianbitters nachgestellt wnrd, hat er sich auf wenige Stellen zurückgezogen; am Feldberg gedeiht er in der subalpinen Region noch sehr reichlich. Einige Stöcke finden sich außerhalb der Weid- felder an senkrechten Felsabstürzen, wo sie gegen Ausrottung noch lange geschützt sein werden (Abb. 6). (60) Karl Müller: Die Vegetation des Schwar/waldes. Rings um die Viehhütten, die im südlichen Schwarzwald über der Waldgrenze liegen, vor allem an den Dungstätten und deren Abiaufgräben, finden sich ]\Lassenbestände von Ritmex alpbius und B. anfoVms. Manchmal wachsen diese Sauerampfer so üppig, daß sie zu einem lästigen Unkraut der Weidefläche werden. Reich an Seltenheiten sind die SUMPFIGEN MULDEN, aus denen die Bäche ihren Ursprung nehmen. Wir finden da Barischia alphia (Abb. 7) und SoldaneJJa alpina, die beide im Schwarz- wald nur am Feldberg vorkommen, Soldanella sogar hier allein in allen deutschen Mittelgebirgen. Ferner sind hier vertreten Sweertia peren- nis, P'mguknla vulgaris, Viola palustris, Eriophoruni polystachyum, Selaginclla selaginoides und verschiedene charakteristische Moose, wie Bicranella sqnarrosa, Scapania paludosa, Harpanthus Flotowi- anus u. a. Erklärung der Tafel (I). Abb. 1. Digitalis purpurea aus dem Raumünzachtal im nördlichen Schwarz- wald. (Phot. K. Müller.) Abb. 2. Aruncus Silvester aus dem Höllental im südlichen Schwarz wald» (Phot. K. MÜLLER.) Nachrufe. Eduard Strasburger. Von Gr. Karsten. (Mit Bildnis.)!) Als am Morgen des 19. Mai 1912 ans dem alten KnrMrsten- schloß in Poppeisdorf die Kunde hinausdrang, daß EDUARD STRAS- BITRGER in der Nacht ans diesem Leben abberufen sei, ward es uns allen bewußt, daß wir einen der Großen unter unseren Fach- genossen verloren hatten, dessen Name in seinen Werken fort- leben und weiterwirken wird. Schien auch vielleicht in erster Linie die Universität Bonn, speziell die Philosophische Fakultät betroffen, die in STRASBURGER fast den letzten großen Namen aus der Zeit der hervorragenden Bonner Professoren verloren hatte, aus der Zeit wo Kj^gULE, CLAUSIUS, HERTZ, LIPPSCHITZ, JUSTI, BÜCHLER und USENER als Lehrer tätig waren, so ist der Verlust für unsere Wissenschaft doch deshalb so viel schwerer, weil man von STRASBURGER noch eine Reihe gedankenreicher Arbeiten hätte erwarten dürfen, deren Fragestellungen ihn bereits Jahre hindurch beschäftigt hatten, und die ihrer Lösung entgegengingen, Eduard STRASBURGER^) ward 1844 in Warschau als ältester Sohn des Kaufmannes EDUARD GOTTLIEB STRASBURGER und 1) Das beigegebene Porträt ist auch in PßlNGSHElMs Jahrbüchern, Bd. 51, veröffentlicht. Eine Porträttafel 18 X 25 in weißer Elfenbeinmasse nach einer Bronzetafel des Herrn Prof. KÜrPERs in Bonn ist für 6 M. erhältlich. 2) Die biographischen Mitteilungen verdanke ich teils dem Sohne Herrn Prof. Dr. Julius Strasburger in Breslau, dem ich hierfür besten Dank sage, teils dem Briefe StRASBüRGERs, den Ohamberlain in der Bot. Gaz. ver- öffentlichte, schließlich auch eigenen Erinnerungen. Vervollständigt sind sie nach den bereits früher erschienenen Nekrologen, soweit sie genauere Daten gaben. ßer. der deutschen bot. Geseilsch. XXX. (ö) (62) G. Karsti>:n: seiner Frau ANNA KarOLINE geb. V. SCHÜTZ geboren. Die Vor- fahren beider Poltern waren seinerzeit mit den sächsischen Königen nach Polen gegangen. Drei seiner vier Brüder und eine Sclnvester überlebten ihn, und seine Mutter, die ihn noch 1909 in Bonn be- suchen konnte, starb erst ein Jahr vor ihm selber. Nach Absol- vierung des Gymnasiums seiner Vaterstadt studierte StuaSBURGER 1862 — 6-1 in Paris an der Sorbonne, dann ging er nach Bonn, wo damals HERRMANN SCHACHT wirkte. Die große manuelle Ge- schicklichkeit, die vor der allgemeinen Anwendung des Mikrotoms eine wesentliche Vorbedingung für erfolgreiches Arbeiten war, hat Strasburger von Schacht mitgenommen. Gleichzeitig übten die glänzenden Vorlesungen von JULIUS SACHS, der an der Land- wirtschaftlichen Akademie Poppeisdorf lehrte, einen mächtigen Einfluß auf seinen empfänglichen Geist aus. Nach SCHxlCHTs plötzlichem Tode ging SRRASBURGER nach Jena, wo er an dem 10 Jahre älteren N. PRINGSHEIM, der ihn in Bonn gesehen und aufgefordert hatte, sein Assistent zu werden, nach und nach einen Freund gewann. PRINGSHEIMs kritischer Geist dürfte wesentlich auf seine Entwicklung eingewirkt haben und bildete ein wohl- tätiges Gegengewicht gegenüber der starken Beeinflussung durch Ernst HAECKEL, der Strasburger für die DARWIN^schen Ideen enthusiasmierte. Zum Doktor 1866 promoviert, war STRASBURGER also im wesentlichen an Deutschen Hochschulen zum Botaniker herangebildet. Er kehrte 1868 nach Rußland zurück und habili- tierte sich an der Warschauer Universität. Doch ward er bereits 1869, als PRINGSHEIM vom Lehramt zurücktrat und sich als Aka- demiker in Berlin niederließ, vor allem durch HAECKELs Einfluß nach Jena berufen, zunächst als außerordentlicher Professor und Direktor des Botanischen Institutes. 1871 bereits ward er zum Ordinarius befördert. So hatte STRASBURGER den großen Vorzug, schon mit 25 Jahren eine selbständige Stellung zu gewinnen. In Jena verheiratete er sich mit ALEXANDRINE WERTHEIM aus Warschau, einer feinsinnigen, besonders musikalisch hochbe- gabten Frau* die ihm in seiner Arbeit mancherlei wichtige Hilfe geleistet hat und mit ihrem musikalischen Talent einen angeregten geselligen Kreis zu versammeln wußte. Sie schenkte ihm noch in Jena eine Tochter und einen Sohn. 1880 folgte Strasburger einem Hufe nach Bonn, als Nach- folger HANNSTEINs, und hier, wo er sich im Kreise der vorge- nannten bedeutenden Kollegen wohlfühlte, blieb er lieber, als daß er einem verlockenden iinerbieten, nach München zu kommen, ge- folgt wäre. Eduard Strasburger, (63) Ende der 90er Jahre verfiel seine Frau in schwere unheilbare Krankheit, wodurch STRASBURGER zeitweise auf das tiefste de- primiert und auch körperlich mitgenommen ward. Erst als sie 1902 ihrem Leiden erlegen war, trat nach und nach eine Be- ruhigung ein, und STRASBURGER warf sich mit verdoppeltem Eifer auf seine Arbeiten. Das letzte Jahrzehnt ward ihm durch die Familie seines am Orte verheirateten Sohnes verschönert, dessen Kinder mit großer Liebe an dem Großvater hingen. In den Osterferien und den großen Ferien suchte STRAS- BURGER auf Reisen Erholung und sammelte neue Kräfte für das anstrengende Semester. Denn STRASBURGER ist einer der wenigen, denen es möglich war, seine enorme wissenschaftliche Arbeit und seine zahlreichen Publikationen im Laufe des Semesters zu leisten, ohne die Ferien — wenigstens in den letzten 15 Jahren — dazu zu Hilfe zu nehmen. Er kannte fast alle Länder Europas aus eigner Anschauung und kehrte vor allem stets wieder gerne an die geliebte Riviera zurück. Weitere Reisen unternahm er nach Algier und Ägypten; eine geplante Fahrt nach Buitenzorg kam nicht zu- stande, da jede, auch kurze Seereise seine Kräfte und Nerven übermäßig anzustrengen pflegte. Das sind im wesentlichen die äußeren Umrisse eines durch wissenschaftliche Arbeit vollauf aus- gefüllten Lebens. Strasburgers Persönlichkeit übte auf alle, die ihm näher traten, einen besonderen Zauber aus. Er konnte der liebenswürdig- ste Gesellschafter sein, der je nachdem bald mit feinsinnigen, witzigen Causerien, bald mit Erzählungen eigener Erlebnisse oder mit Erörterung ernsterer Fragen und wissenschaftlicher Gegen- stände eine ganze Gesellschaft zu unterhalten wußte. Nach dem Tode seiner Frau lebte er sehr zurückgezogen und verkehrte nur bei den engeren Freunden des Hauses und seinen Jüngern Fach- genossen. Lebhaften Anteil nahm er aber stets an dem monat- lichen wissenschaftlichen Kränzchen, an dem ich mehrere Male in seinem Hause teilnehmen durfte. Hier behandelte er Gegenstände, die er gerade bearbeitete, in einer auch für die Kollegen anderer Fächer verständlichen Art und stets formvollendeter, anregender Weise. Bei dem nachfolgenden Abendessen pflegte sich das Ge- spräch um den Inhalt des Vortrages zu drehen, wobei STRAS- BURGER auf das liebenswürdigste alles etwa unverstanden Ge- bliebene weiter auseinandersetzte. Eine große Gewandtheit im persönlichen Verkehr und in der Behandlung verschiedenartiger Charaktere ließ ihn bei Verhand- lungen meist zu dem gewünschten Ziele gelangen, und er äußerte (5*) ((i4) Ct. Karsten: mir mehrfach, wenn er nicht Botaniker geworden, so hätte er sich wohl getraut, auch als Diplomat Tüchtiges zu leisten. So suchte man in schwierigen Fragen gerne seinen Hat, und ein Dank für seine versöhnende Vermittlung in den oft schwierigen Verhält- nissen der Fakultät wurde ihm vom Dekan ins Grab mitgegeben. Strasburgers Tätigkeit als Lehrer war sehr vielseitig. Seine Vorlesungen waren nach Form und Inhalt gleichmäßig be- deutend, besonders auch ihrer geistreichen Einleitungen wegen, die die Beziehungen der Botanik nach allen Seiten hin ins rechte Licht stellten, berühmt; und die öffentliche Gratisvorlesung, die er im Wintersemester über allgemeinere biologische Probleme abzu- halten pflegte, versagte niemals ihre in der Studentenschaft wie im größeren Publikum Bonns bekannte Anziehungskraft. Für An- fänger und nicht besonders Interessierte dürften seine Vorlesungen oft zu hohe Voraussetzungen gemacht haben. Das Anfänger-Praktikum, das ihn sehr ansti-engte, ohne ihn zu befriedigen, hatte er auf ein Semester eingeschränkt, was den Bedürfnissen nicht genügte. Doch erschien es ihm für die Wissen- schaft wächtiger, daß er seine Arbeiten weiter fördern konnte, als daß er sich im Kleinkram des Instituts-Betriebes verbrauchte; eine für einen überragenden Geist verständliche Ansicht, der ein wesent- licher Anteil an der ungewöhnlichen Fülle seiner Publikationen beizumessen ist. Für Fortgeschrittene, besonders für ausgebildete Botaniker, war er ein ausgezeichneter Lehrer, der bei einem täglichen, meist kurz vor der Vorlesung stattfindenden Rundgang mit wenig Worten den rechten Weg zu weisen verstand, oder aber auch bei schwie- rigeren Fragen viele Zeit auf das Studium von Präparaten seiner Schüler verwenden konnte. So war es kein Zufall, daß er fast immer eine große Zahl von Ausländern aus aller Herren Länder, besonders von Amerikanern, Engländern und Japanern in seinem Tages-Praktikum sah. Fast alle jüngeren amerikanischen Dozenten nennen sich STRASBURGERS Schüler, wie ich bei Gelegenheit der Vorbereitung einer für den 70 Geburtstag bestimmten Festschrift ersehen konnte. Der Eifer, mit dem er einmal angefangenen Arbeiten nach- ging, ward nur noch von der Schnelligkeit, mit der er sie zu vollenden wußte, übertroffen. Er hatte einen sicheren Blick für die Fragen, wo Erfolge winkten, so daß er selten fehlgriff. Die ganze neue Wissenschaft der Cytologie sieht in STRASBURGER ihren Schöpfer und auf botanischer Seite andauernd bedeutendsten Förderer. Daß seine Arbeiten über die feinsten Kerndetails sieh Eduard Strasburger. (65) oft widersprachen, lag teils an dieser ungestümen Arbeitsweise, teils an der ungeheueren Schwierigkeit der stets neu auftretenden Probleme, deren man erst nach und nach Herr zu werden gelernt hat — wesentlich mit durch STRASBURGERs Arbeit und Über- legung. Ebenso war durch dieses Arbeitsungestüm veranlaßt, daß er mit einigen Fachgenossen in erregtere Auseinandersetzungen kam, die aber von seiner Seite niemals der Würde seiner Wissen- schaft zu nahe traten. Vor allem und das soll ihm stets unvergessen bleiben, scheute er sich niemals, einen be- gangenen Irrtum offen zuzugeben, sobald er sich von der Richtigkeit der gegenüberstehenden Beobachtung hatte überzeugen können. Vielleicht dienten ihm nebenbei auch eigene Erlebnisse aus dem Beginn seiner wissenschaftlichen Lauf- bahn, von denen er mehrfach erzählte, als warnende Lehre. So hatte es sich tief in sein Gedächtnis eingeprägt, wie er von dem von ihm hochverehrten, in seinen letzten Lebensjahren jedoch überaus reizbaren HOFMEISTER, dem" er mehrere Irrtümer nachgewiesen, gelegentlich einer wissenschaftlichen Versammlung (Insbrucker Naturforschertag 1869?) derart behandelt und förmlich bojcottiert worden sei, daß er die Versammlung verlassen mußte. Wenn STRASBURGER allerdings als älterer, verdienter Fach- genosse von jüngeren in unangemessener Weise und dabei zu Un- recht angegriffen wurde, konnte ihn seine Ruhe wohl zeitweise verlassen. Doch dachte er viel zu vornehm, auf dergleichen andeis zu erwidern, als es völlig zu ignorieren. Suchen wir nun im folgenden festzustellen, was die wissen- schaftliche Botanik EDUARD STRASBURGER verdankt, so müssen wir uns große Beschränkung auferlegen, denn es gibt kaum ein G-ebiet, das ihm nicht mehr oder minder zu Dank verpflichtet wäre. Vollständig sein, hieße eine Geschichte der Botanik von 1867 — 1912 schreiben, da STRASBURGERs Arbeiten überall in die gerade aktuellen Fragen eingreifen und stets im Zusammenhange mit ihnen eine umfangreiche Literatur zu bewältigen wäre. Somit kann hier nur das Wichtige hervorgehoben werden, das aber voll- kommen genügen wird, den enormen Einfluß zu zeigen , den er auf die Ausgestaltung der modernen Botanik ausgeübt hat. In der ersten Zeit in Warschau und Jena arbeitete STRAS- BURGER an der Lösung entwicklungsgeschichtlicher Fragen. Über die Befruchtung der Farne, der Lebermoose und der Coniferen liegen mehrere Arbeiten vor (4, 5, 7, 8, 9, 10 des Verzeichnisses), (G6) G. Karsten: die durchweg eine wesentlichere Ergcänzung der HOFMEISTERschen Untersiichi^ngen bringen, der bis dahin fast allein dieses Gebiet bear- beitet, und bei dem umfassenden Charakter seines Hauptwerkes im ein- zelnen doch vieles übersehen und auch wohl unrichtig dargestellt hatte. So konnte STRASBURGER die genauere Entwicklung von Antheridien und Archegonien, deren Öffnung und Befruchtung bei Earnprothallien und Lebermoosen beobachten. Er stellte auch die Anziehungskraft des bei Öffnung der Archegonien ausgestoßenen Schleimes fest, ohne freilich die chemischen Anziehungskörper aus- findig zu machen, was PFEFFER vorbehalten blieb. Sehr wichtig war die Korrektur von HOFMEISTERS Auffassung der Coniferen- Samenanlage, wo STRASBURGER die Embrj^osackbildung mit den Archegonien am Scheitel und ihre Homologie mit dem Verhalten der Earnprothallien richtig erkannte. Ein wesentliches Hilfsmittel war ihm hier die meines Wissens vor ihm nicht angewandte Härtung der Objekte in Alkohol. Diesen Vorarbeiten folgte alsbald die gründliche Untersuchung der Coniferen und Gnetaceen (12). War hier zunächst nur eine vergleichende Darstellung der Blütenentwicklung beabsichtigt ge- wesen, um mit dem neu gewonnenen Rüstzeug, das die Descendenz- theorie für Ermittelung der natürlichen Verwandtschaft lieferte, die alte Frage nach dem morphologischen Wert der Gymnospermen- blüten zu lösen, so wuchs die Arbeit unter der Hand und er- streckte sich schließlich auf alle vegetativen und generativen Teile der beiden Familien, soweit ihm das Material zugänglich war. Das bleibende Resultat dieser eingehenden Untersuchung ist die Klarlegung der genauen Entwicklungsgeschichte der Blüten und Samenanlagen, der Embryosäcke, ihrer Befruchtung und der Embryonen für die ganzen Coniferen und in wesentlichen Teilen auch die Gnetaceen. Die Auffassung der Coniferenzapfen als In- floreszenzen, die er mit anderen Fachgenossen teilte, vermochte freilich nicht allgemein durchzudringen. Ebenso mußte STRAS- BURGER eine hier vertretene Auffassung: die Gymnospermen - Samenanlagen als Fruchtknoten denen der Angiospermen an die Seite zu setzen, später selbst wieder fallen lassen, während er sie vorerst noch in einem besonderen Aufsatze (17) ElCHLER gegen- über verteidigt hatte. Die Arbeit über AsoUa (14) schließt sich der Zeit nach zu- nächst hier an. STRASBURGER lieferte, wie es scheint auf relativ geringfügiges Material gestützt, eine sehr vollständige Beschreibung des vegetativen Baues wie der Fortpflanzungsorgane dieser damals erst langsam mehr bekannt werdenden heterosporen Farngattung. Eduard Strasburger. (67) Seine Resultate sind noch heute die Grundlage unserer Kenntnisse, auf die weitere Beobachter stets wieder zurückgehen müssen. Die Untersuchungen der Gymnospermen-Entwicklung wieder aufzunehmen, ward STRASBURGER einmal durch neues Material (an Gnetaceen besonders) veranlaßt, dann aber drängte es ihn, zu den neu erschienenen Untersuchungen von VESQUE und WARMING über Samenanlagen und Embryosackentwicklung von Angiospermen- pflanzen Stellung zu nehmen. Als Ergebnis erschien das Buch „Angiospermen und Gymnospermen" (30). Diese Arbeit bringt als Folge eigener Untersuchungen eine Kritik ungenauer resp. direkt unrichtiger Angaben von VESQUE und einen Anschluß an den von "WARMING formulierten Satz: „Die Anthere verhält sich zum Nu- cellus wie das Mikrosporangium zum Makrosporangium." STRAS- BURGER modifizierte den Satz etwas und sagt, minder glücklich wie mir scheint: ,,Wenn also das Eichen einem freien Sporangium des Gefäßkryptogamen entspricht, so dürfte das Pollenfach eher einem ganzen Sorus gleichwertig sein, der aus der Verschmelzung zahlreicher Sporangien entstanden ist." Die Arbeit gipfelt alsdann in dem Vergleich der beiden großen Abteilungen und ihrem Anschluß an die Kryptogamen. Die heutigen Anschauungen beruhen noch immer großenteils auf STRASBURGERS Resultaten, deren wichtigste hier kurz folgen mögen: ,, Übereinstimmend fanden wir bei Angiospermen und Gym- nospermen die Anlage des Embryosacks" . . . „Auch für die Vor- gänge, die sich im Innern des Embryosackes bei den Angiospermen abspielen, finde ich jetzt Anknüpfungspunkte bei den Gym- nospermen. Bei den Angiospermen teilt sich der Embryosack- kern; seine Nachkommen wandern in die beiden Enden des Embryosackes und bilden hier durch fortgesetzte Teilung je vier nackte Kerne. Mit ähnlicher nackter Kernteilung beginnen aber auch die Vorgänge im Embryosack der Gymnospermen. Hierauf erst treten die Unterschiede hervor." Es folgt die genaue Schilde- rung der Embryosackausrüstung bei Angiospermen und Gym- nospermen derart, wie wir sie jetzt noch im wesentlichen be- schreiben würden, wobei die Antipoden und der Eiapparat als den Endospermzellen im gymnospermen Embryosack entsprechend auf- gefaßt werden. ,,In der nach der Befruchtung eintretenden Endo- spermbildung, welche durch Teilung des gegebenen Zellkernes ein- geleitet wird, möchte ich aber eine Fortsetzung des ursprünglichen unterbrochenen Vorganges der Endospermbildung erblicken. Dieser weitere Vorgang bedarf hier erst der Anregung durch die Be- fruchtung." — Entgangen war STRASBURGER, wie allen späteren (68) G. Karsten: Beobachtern der nächsten 20 Jahre, lediglich der zweite, in den Embryosack mit eintretende männliche Kern und seine Vereinigung mit dem Embryosackkern, wie 1898 von NAW ASCHIN zuerst be- obachtet ward. In Bezug auf die Kryptogamen betont STRAS- BURGER, ,,dal{ das Homologon des Gymnospermeneichens Jeden- falls im Sporangium zu suchen sei. Dabei vergleiche ich auch hier das ganze Eichen mit dem Sporangium, so daß letzteres eine Hülle erhalten haben müßte, um zum Ovulum zu werden." ,,Auf welche Weise Gymnospermen und Angiospermen dann weiter zu- sammenhängen, ließe sich auch nur in ganz hypothetischer Weise beantworten. Jedenfalls sehe ich jetzt ganz davon ab, die An- giospermen direkt in die Verlängerung der Gnetaceen zu bringen, der Anschluß hat aller Wahrscheinlichkeit nach an der Wurzel beider Gruppen stattgefunden." — Von den in größter Menge bei- gegebenen musterhaften Zeichnungen der beiden großen Werke (Coniferen-Gnetaceen, sowie Angiospermen und Gymnospermen) smd mehrere als dauernder Bestand in unsere Lehrbücher übergegangen. Auf die Gymnospermen-Entwicklung ist STRASBURGER, von kleineren Veröffentlichungen (b9) und ständigen Sammelreferaten (121 — 123) abgesehen, nur noch einmal zurückgekommen (55), indem er den Beobachtungen und Auffassungen von BELAJEFF über das Verhalten des Pollens bei Taxus und anderen Gym- nospermen bei der Befruchtung, die von seinen eigenen ab- wichen, nach eingehender Nachforschung zustimmen mußte. Das Studium der Vorgänge im befruchteten Archegonium führte Strasburger aber noch weiter zu der weitaus wichtigsten Auf- gabe seines Lebens, an die er nach mancherlei Abschweifungen immer wieder herantrat, und der er durch stets veränderte und er- weiterte Fragestellung einen großen Schatz von unvergänglichen Forschungsresultaten abzugewinnen wußte — zum Studium der Pflanzenzelle und Zellkerne. Im ersten Bande des Progressus rei bötanicae gibt STRAS- BURGER selber (98) die genauen Angaben, wie er durch Beobach- tung der Kernteilungsfiguren im gehärteten Material der Pinus- Archegonien die prinzipielle Bedeutung des bis dahin beim Studium nur lebenden Materials noch nie beobachteten Vorganges erkannte und, sofort alles andere zurückstellend, diesem Vorgange seine ganze Aufmerksamkeit zugewandt habe. Da lebende plasmareiche Zellen ihre in Teilung begriffenen Kerne undeutlich werden lassen, so hatte man bis dahin angenommen, daß sie jedesmal der Auf- lösung verfallen und nach Trennung der beiden Tochterzellen aus dem Plasma wiedergebildet würden. Eduard Strasburger. (69) Diese Vorstellung war natürlich mit der gemachten Be- obachtung völlig unvereinbar, und so machte sich STRASBüRGER daran, die mannigfachsten Objekte pflanzlicher, daneben auch tierischer Art auf die Vorgänge bei der Teilung ihrer Zellen hin zu untersuchen. Als Resultat erschien das Buch über Zellbilduns: und Zellteilung (21), das derart einschlug, daß bereits nach Jahres- frist eine zweite (22) und einige Jahre später die dritte Auflage (33) erscheinen mußte, die stets eine Fülle neuer Beobachtungen und unerwarteter Ergebnisse brachten. Dazwischen hatte STRAS- BURGER seine Untersuchungen sehr viel weiter ausdehnen können und, wenn in der ersten Auflage noch einige Fälle ausgesondert waren, in denen auch er Neubildung der Kerne aus dem Plasma annehmen zu müssen glaubte, so konnte er in der dritten Auflage feststellen, daß nirgends Neubildung eines Kernes aus Zellplasma vorkommt: wie Zellen nur aus Teilung einer Mutterzelle entstehen, so gehen Zellkerne nur aus Teilung eines Mutterkernes hervor. Inzwischen hatte von verschiedenen Seiten die Diskussion der mit Entdeckung der Kernteilung sich aufdrängenden Fragen ein- gesetzt; auf botanischem, zoologischem und anatomischem Gebiete waren viele Forscher in gleicher Richtung tätig, deun mit einem Schlage war die grundlegende Bedeutung dieser Probleme erkannt. Über die Anteile der verschiedenen Forscher an der Aufdeckuno- der Tatsachen gibt STRASBURGER (98) selber am besten Auskunft. Ein wichtiger Schritt war die Auffindung von Objekten, die an ihren lebenden Zellen Kernteilung beobachten ließen und da- mit die zunächst vielfach vorgebrachten Einwände, es hätten Kunstprodukte vorgelegen, entkräfteten. — Die Entwicklung des geknäuelten Kernfadens im teilungsbereiten Kern, sein Aufbau aus Körnchen, die Längsspaltung des Fadens und sein Zerfall in Chromosomen, das Auftreten der Verbindungsfäden im umgebenden Plasma, die Aufeinanderfolge der verschiedenen Teilungsphasen, das Auseinanderweichen der Kernplattenhälften wurden so nach und nach festgestellt und, soweit andere Beobachter, vor allen anderen O. HerTWIG und W. FLEMMING, neues Tatsachenmaterial beibrachten, stets von STRASBURGER nachgeprüft, hie und da erweitert, bestritten, verändert, so daß er stets mit in der vorder- sten Linie stand. (Hierher gehören seine Arbeiten 23, 24, 26, 29, 31. 32.) Der erreichte Zustand des Zellenproblems ward dann zu- sammenfassend in der 3. Auflage des Zellenbuches und einer Rede (34) auf der Naturforscher- Versammlung in Danzig dar- gestellt. (70) Gr- Karsten: Doch war die Bedeutung der einzelnen Vorgänge noch durch- aus nicht überall erkannt, vielfach auch durch einander wider- sprechende Darstellungen der verschiedenen Beobachter getrübt. So ward z. B, die von FLEMMING bereits beobachtete Längs- teilung der Chromosomen, zunächst bei pflanzlichen Zellen ver- mißt und ihr daher keine Wichtigkeit beigemessen. Erst als die Verteilung der Längshälften jedes Chromosoms auf die beiden verschiedenen Seiten klar beobachtet und als regelmäßige Er- scheinung sichergestellt war, trat die große Bedeutung der Tat- sache ins rechte Licht. Ebenso ward die Feststellung der Chro- mosomenzahl erst dann richtig bewertet, als sich die stete Wiederkehr derselben Zahl an den spezifisch gleichen Zellen herausgestellt hatte (36, 41). Von besonderer Wichtig- keit war aber das schließliche Ergebnis, daß tierische und pflanzliche Zellen in allen wesentlichen Erscheinun- gen der Kernteilung, nach Beseitigung anfänglicher Miß- deutungen, gleiches Verhalten zeigen. Neue Differenzen begannen, als sich herausstellte, daß bei der Bildung von Sexualzellen stattfindende Kernteilungen einen anderen Verlauf erkennen lassen, als bei der Teilung vegetativer Zellen zu beobachten war. Zuerst war diese Tatsache von FLEMMING aus- gesprochen. Gleichzeitig war man bestrebt, die in tierischen Zellen vorhandenen Attraktionssphären und Centrosomen als Mittel- punkte von mehr oder minder deutlichen Strahlungsfiguren der Verbindungsfäden, deren Vorhandensein aus der sonstigen Überein- stimmung der Tier- und Pflanzenzelle gefolgert ward, auch bei den Pflanzen aufzufinden. Und endlich führte der Nachweis des ver- schiedenen Verhaltens der Kerne von Sexualzellen, ihre verminderte Chromosomenzahl gegenüber den vegetativen Zellen derselben Species, näher auf die wesentlichen morphologischen Erscheinungen bei der Befruchtung hin. Auf diese Periode beziehen sich die Ar- beiten Strasburgers unter Nr. 38, 43, 48, 49, 55, 56, 57, 59, die nach einer Seite hin einen vorläufigen Abschluß mit der Arbeit (65) „Über periodische Eeduktion der Chromosomenzahl im Ent- wicklungsgang der Organismen" fand. Dagegen ward das Fehlen der Centrosphären in den Zellen höherer Pflanzen von STRASBURGER erst später anerkannt. Von der sonst vollkommenen Übereinstimmung pflanzlicher und tierischer Zellen verleitet, wollte man eben überall Centrosomen gesehen haben, und sie werden in (68) „Karyokinetische Probleme" auch noch ge- zeichnet. Erst in (73) den „Cytologischen Studien aus dem Bonner botan. Institut" sind sie dann als nicht existierend nachgewiesen. Eduard Strasburger. (71) Diese Arbeiten, von STRASBURGER gemeinsam mit einigen seiner Schüler veröffentlicht, legten gleichzeitig die Grundlagen fürdie jetzige Auffassung der Kernteilungsvorgänge bei der Sexualzellbildung und stellten die Unterschiede der t^^pischen von der heterotypischen und homöotypischen Teilungsweise fest, die nur in einem Punkte noch späterer Berichtigung bedurfte. Ein vorläufiger Abschluß in der Frage nach der Sexualzellentwicklung und den anschließenden Vorgängen wird alsdann in (77) gegeben, betitelt: ,,Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Centrosomen und Cilienbildner im Pflanzenreich". Die Ergebnisse dieser auf umfangreicher Grundlage die Resultate der ,, Studien aus dem Bonner Botanischen Institut" resümierenden und erweiternden Arbeiten sind im wesentlichen die folgenden: Die Spindelfasern in den Teilungen der Sexualzellen enden in der Hauptschicht des Plasmakörpers, ohne daß Centrosomen vorhanden wären. Was als solche gedeutet ward, sind wohl meist extranuclear© Kernkörperchen gewesen. Die Blepharoblasten bei den Cycadeen und sonst sind ,, Cilienbildner", STRASBURGER möchte sie nicht den Centrosomen vergleichen. Die Vorgänge der Reduktionsteilung werden jetzt folgendermaßen geschildert: ,, Gleich nach vollzogener Segmentierung des Kernfadens" beginnen ,,die Längshälften der Chromosomen, sich voneinander zu trennen". Sie erleiden darauf eine Verkürzung und es ,,ist zu konstatieren, daß den beiden bis zuletzt unterscheidbaren Längshälften eines jeden Chromosoms seinen ursprünglichen beiden Längshälften entsprechen". ,,Auf manchen Entwicklungszuständen .... habe ich .... die Andeutung von einer zweiten Längsspaltung an den Tochtersegmenten beobachtet." Auf den nächstfolgenden Stadien treten die Tochterchromosomen in stäbchenförmiger Gestalt in der Kernplatte ein. ,,Sie werden an dem einen Ende von den Zugfasern erfaßt und dort von ihnen in Richtung der Pole meist etwas auseinandergezogen. Die Seiten- ansicht der Elemente läßt .... meist ihre Zusammensetzung aus den beiden Längshälften erkennen; in der Polansicht hingegen ist eine Linie, welche auf die zweite Längsspaltung hindeuten könnte, nur ganz ausnahmsweise bemerkbar Es ist klar, daß, wenn an den Kernplattenelementen . . . eine Uförmige ümbiegung sich vollzogen hätte, dieser eine vollständige Verschmelzung der beiden Schenkel des U gefolgt sein müßte, um solche Bilder zu ergeben." Inzwischen waren aber auch mannigfache weitere, neben der Verfolgung der Kernwandlungen einhergehende Vorgänge des Zellenwachstums von STRASBURGER beobachtet worden: Bau und Wachstum der Zellhäute (39, 50) riefen sein lebhaftes Interesse wach, da sich ihm bei Untersuchung der Zellteilungs- und bil- <72) G. KALiSTEN dungsvorgiinge die Überzeugung aufdrängen mußte, daß dein NAEGELIschen Intussnsceptionswachstum lange nicht die von ihm und seinen Schülern behauptete allgemeine Verbreitung zu- komme. War dieser Glaube auch bereits durch die eleganten Ver- suche von NOLL wesentlich erschüttert, so lag es doch im Inter- esse der Wissenschaft, weitere Objekte daraufhin zu prüfen, vor allem auch den Bildungsprozeß selber genauer zu präzisieren. Das Ergebnis war, daß überall eine Umwandlung aus dem Protoplasma die Grundlage der Membranbildung sei, daß also eine Haut nicht ausgeschieden, sondern direkt aus Plasma umgewandelt werde. Ferner erwies STRASBURGER die viel allgemeinere Verbreitung des A])positionswachstums nicht nur bei der Auf lagerung neuer La- mellen, sondern auch beim Flächenwachstura von Membranen, wo es mit Dehnung älterer Membranlamellen verbunden ist. Auch verholzte, verkorkte oder cutinisierte Membranen werden von dem Plasma als Oellulosewäade gebildet. Die ihre spätere Natur bedingenden Stoffe wandern erst nachdem in die iirsprünglich aus Cellulose bestehende Wandung ein. Und zwar ist wohl allgemein das Hyaloplasma der zunächst in die Membran eindringende Stoff, der alsdann die betreffenden Veränderungen der Cellulosehäute bewirkt. Hier schließt sich am nächsten an die riesenhafte Arbeit über ,,Bau und Verrichtungen der Leitungsbahnen" (54), die eine ge- naueste Durcharbeitung des anatomischen Aufbaues der Gymno- spermen- und Angiospermenstämme brachte und im Anschluß daran Versuche, das immer noch nicht ganz gelöste Problem der Wasserleitung einer Lösung zuzuführen. Diese Arbeit verlieh Strasburger eine so ins einzelne gehende Kenntnis der Pflanzen- anatomie, wie sie vor ihm wohl nur A. DE Bary eigen gewesen sein dürfte. Die auf Grund dieser Kenntnisse durchgeführten Wasserleitungsversuche zeigten unter anderem, daß Einschaltung von über 10 m langen durch Gift oder Abbrühen getöteter Strecken in die Wasserleitungsbahnen das Aufsteigen von Farblösungen nicht hindert, wenn auch die obere Spitze so behandelter Zweige abstarb. Der beabsichtigte Nachweis, in welchem Grade die leben- den Zellen des Holzkörpers, Markstrahlen und Holzparenchym, bei der Leitungtätigkeit beteiligt sind, dürfte dahin geführt haben, daß eine direkte Beteiligung solcher lebenden Elemente bei Lei- tung durch abgetötete Stücke hindurch und weiter hinauf nicht zu erweisen ist. Inwieweit sie aber etwa indirekt noch von Bedeutung sein mögen, läßt sich deshalb nicht sagen, weil alle diese Versuche doch nur relativ kurze Zeit mit lebenden Elementen oberhalb der abgebrühten Stelle rechnen können. Eduard Steasbueger. (73) Von Bedeutung ist ferner der Nachweis, daß die AVasser- Strömung an den Luftblasen jAMINscher Ketten vorbei stattfindet, daß solche also kein absolutes Hindernis dafür darsteilen. Auf die zahlreichen Versuche im einzelnen einzugehen, würde hier zu weit führen. G-egen Einwände SCHWENDENERs auf diese Ai-beit Avendct sich STRASBURGER in einer etwas ironisch gehaltenen Ent- gegnung „Über das Saftsteigen" (60), worin SCHWENDENERs Ein- würfe als unzutreffend zurückgewiesen werden. Weitere Arbeiten auf anatomischem Gebiete betreffen die ,, Plasmaverbindungen pflanz- licher Zellen" (82). Hier wird anknüpfend an frühere Beobach- tungen von TANGL u. a. dei- Nachweis der überall vorhandenen „Plasmodesmen" geführt, die somit den vielzelligen Pflanzenkörper als mit einheitlichem Plasmakörper begabt darstellen. Werden durch starke Plasmolj^se ganzer Sprosse diese Plasmazusammen- hänge gelöst, so hört auch die Reaktionsfähigkeit des Sprosses- z, B. auf geotropische ßeize auf. Anatomischer Art ist schließlich noch die Arbeit „über die Verdickungsweise der Stämme der Palmen und Schraubenbäume" (96). Die Resultate sind im wesentlichen so zu formulieren: Ein sekundärer Dickenzuwachs, etwa wie bei Dracaena,. ist nicht möglich, da ein entsprechender Kambiumring fehlt. Da- gegen finden sich streng lokalisierte Bildungen im Pericykel, die neues Grund ge webe, neue Gefäßbündel und Sklerenchymfaserstränge- an räumlich eng begrenzten Stellen hervorbringen. Die neuen Ge- fäßbündel entsprechen aber stets nur Verbindungen zwischen schon vorhandenen und werden zur Befriedigung nachweisbarer lokaler Bedürfnisse angelegt. Im Interesse einer einheitlichen Darstellung sind soeben die anatomischen Arbeiten STRASBURGERs ohne chronologische Folge vorweggenommen. Aber lange vor der Bearbeitung des Palmen- zuwachscs war STRASBURGER bereits wieder zu seinem Haupt- arbeitsgebiet, der Zelle, zurückgekehrt, da manche neuen Fragen, aufgetaucht waren, zu denen es galt Stellung zu nehmen. Zunächst sind hier die Beobachtungen von NAWASCHIN zu nennen, die von GUIGNARD und anderen bestätigt, die Einwande- rung eines zweiten Spermakernes bei der Befruchtung einer Ei- zelle nachweisen und zeigten, daß dieser zweite männliche Kern mit dem sekundären Embryosackkern verschmilzt und diesen zur Endospermbildung anregt. STRASBURGER erörtert in dem kleinen Aufsatze (78) „Einige Bemerkungen zur Frage nach der ,, doppelten Befruchtung" bei den Angiospermen" die neuen Ergebnisse, und hier glaube ich nach früheren Ansätzen die erste klare Formulie- rung zu finden, die seine Anschauungen über Befruchtung, Apo- ^74) G. Kakstkx: gamie usw. später stetig in gleicher Richtung beeinflußt haben. Er unterscheidet hier zwischen „generativer Befruchtung"', näm- lich des Eikernes durch den männlichen Kern, und „vegetativer Befruchtung", d. li. der Vereinigung des sekundären Embryosack- kernes mit dem zweiten Spermakerne. Dann wird ausgeführt, daß ■die beiden Sexualkerne einander in der Chromosomenzahl gleich sind, jeder also die gleiche Erbmasse dem Nachkommen zufüge, während der sekundäre Embryosackkern bereits zwei Polkerne in sich enthalte und alsdann noch einen dritten Kern aufnehme. Hier sei es nur ,,A.nregang" resp. ,, Ermöglichung der Entwick- lungsvorgänge", bei der generativen Befruchtung dagegen ,, Über- tragung der vereinigten Eigenschaften der Erzeuger auf die Nach- kommen". ,,Nur bei der generativen Befruchtung durch Vereini- gung von Geschlechtszeilen verschiedenen Ursprungs kann der Ausgleich individueller Abweichungen erzielt werden, wie er für das Fortbestehen der Spezies erforderlich ist." ,,Der Ausgleich der individuellen Abweichungen, wie ich ihn mir bei der Befruchtung sich vollziehend denke, kann in der Tat nicht besser als durch Vereinigung gleich großer Erbmassen erreicht werden." Weiter fortgesetzt findet sich dieser Gedankengang in der Publikation (83) ,,Über Befruchtung", die in erster Linie wohl durch WlNKLERs Veröffentlichung über ,,Merogonie" veranlaßt war. Es wird der •doppelten Bedeutung des Befruchtungs Vorganges gedacht, daß nämlich darin „Qualitätskombinationen" und ,,Entwicklungsanre- ^ung" auseinanderzuhalten seien; deren ersterer nach STRAS- BURGERs Auffassung die Hauptbedeutung zukommt, da „die fluk- tuierende Variation" einen ,, Ausgleich der Speciescharaktere" ,, fortdauernd nötig macht". So ist denn ,,im Laufe der phylogene- tischen Entwicklang die Unfähigkeit der Geschlechtsprodukte, sich einzeln für sich, ohne gegenseitige Vereinigung, weiter zu ent- wickeln, immer schärfer fixiert". Indem STRASBURGER in dem Akademieberichte (87): „Über Reduktionsteilung" sich der von WEISMANN seit lange aus theore- tischen Gründen vertretenen, jetzt besonders von BOVERI hervor- gehobenen Auffassung der Reduktionsteilung angeschlossen hat, die sich von der seinigen vorher aufgeführten (S. 71) wesent- lich unterscheidet, stellt er die Vorgänge folgendermaßen dar: ^»Dementsprechend muß ich ändern, was ich früher als Merkmal der heterotypischen Teilung angab. Sie beruht nicht auf einer doppelten Längsspaltung der auf ihre halbe Zahl reduzierten Chromosomen, vielmehr auf der einzigen Längsspaltung dieser zweiwertigen Chromosomen, durch welche gleichwertige Schwester- Eduard Strasburgek. (75^ Chromosomen für den nächsten Teilungsschritt vorbereitet werden, und in einer Querteihmg, welche einwertige Chromosomen schafft. Letztere werden auf die Tochterkerne verteilt, in welchen ihre homöotypische Teilung durch Trennung ihrer beiden Längshälften sich vollzieht." Doch auch damit war die richtige Auffassung der tatsäch- lichen Vorgänge noch nicht erreicht. Von den verschiedensten Seiten: FARMER, MOORE und von der GrREGOIREschen Schule kamen anderslautende Beobachtungen und so entschloß STRASBÜRGER sich nochmals, im Verein mit einigen seiner Schüler besonders die Ge- heimnisse des als Synapsis bezeichneten Vorganges aufzuklären. In den „Histologischen Beiträgen zur Vererbungsfrage" (91) ward alsdann die Lösung in der Weise gefunden, daß in der Prophase sich die Chromosomen paarweise zusammenlegen, so gepaart in die Synapsis eintreten. Diese ist an einer Zusammenballung des ganzen Kerninhaltes an der einen Kernseite kenntlich. Aus diesem Zustande spinnt sich alsdann ein feiner Doppelfaden aus, der den gepaarten Chromosomen entspricht. Er verschmilzt alsbald unter V^rkürzuDg zu einem dicken Faden, der sich in Segmente teilt, die je einem Doppelchromosom entsprechen und deren Zahl die Hälfte der in vegetativen Zuständen zu beobachtenden Chromosomen gleich kommt. Damit ist der wesentliche Schritt der Reduktion vollzogen. Schon vor dieser letzten Richtigstellung der bei den pflanz- lichen Reduktionsteilungen zu beobachtenden Vorgänge wendet Strasburger sich zur Untersuchung der Gattung ÄlchimiUa, die nach SV. MURBECK durch „parthenogenetische Embryobildung'* ausgezeichnet sein sollte (88). Eine Untersuchung der Pollenent- wicklung zeigt dessen Unfruchtbarkeit. Die Anlagen der Embryo- sackmutterzellen lassen nun erkennen, daß sie keine Reduktions- teilung eingehen, sondern sich nur einer typischen Kernteilung unterwerfen. Sie behalten also die diploide Zahl der Chromosomen. Daraus folgt für STRASBURGER, daß den Embryosackzellen das wesentliche Merkmal der Sexualzellen — die Unfähigkeit, sich ein- zeln weiter zu entwickeln — fehlt. Die Embryosäcke führen also lediglich vegetative Zellen, und so ist die Pflanze nicht partheno- genetisch sondern durch Geschlechtsverlust „apogam" geworden. Hier stimmt demnach Unfruchtbarkeit des Pollens zusammen mit apogamer Embryoentwicklung. Dieselbe Beweisführung für Apogamie gestattete Marsilia Brummondi, für die früher bereits von W. B. SHAW Vorkommen von Parthenogenesis angegeben war. STRASBURGER konnte zeigen, (76) 0. Karsten: daß bei Beginn der Kernteilung in den Makrosporenmutterzellen die zunächst eingeleitete heterotypische Teilung im Stadium der Diakinese umschlägt; die homologen Chromosomen bleiben nicht paarweise verbunden, „sie hören augenscheinlich auf sich gegen- seitig stärker anzuziehen, rücken auseinander Aus der Zählung der gesonderten Chromosomen ergibt sich die diploide Zahl." Die Entwicklung scheint zwar den gewöhnlichen Weg weiter zu gehen, doch bleibt in den mit diploiden Prothallien ver- sehenen Individuen die Öffnung der Archegonien aus, und so wird das Eindringen von Spermatozoiden zu den diploiden, einer Er- gänzung ihrer Chromosomenzahl nicht mehr bedürfenden Eizellen unmöglich. Die Entwicklung geht also auch nur auf apogamem Wege vor sich, und die begleitenden Umstände des Verschlusses der Archegonien dürften die Richtigkeit der Auffassung STRAS- BURGERs, daß Apogamie nicht Parthenogenesis vorliegt, beweisen. Nachdem dann die verwickelten Fragen der Kernteilungs- vorgänge im wesentlichen gelöst schienen, wandte STRASBURGER sich mit der ganzen Summe seiner aus der Zellenlehre gewonnenen Erfahrung zu dem anschließenden Problem der Vererbung. In einer gemeinverständlichen Darstellung (92) wies er auf „die stoff- lichen Grundlagen der Vererbung im organischen Beiche" hin, als welche er die Chromosomen und ihre weiteren kleineren und klein- sten Teilchen ansieht. Ihre Bedeutung schließt er einmal daraus, daß „die Individualität der Chromosomen dauernd in den Organis- men gewahrt bleibt". Bei der Befru-chtung nun wurden durch die weitergehende Forschung immer intimere Verschmelzungsvor- gänge aufgedeckt. „Zunächst hatte man sich mit der Feststellung zu begnügen, daß im Befrachtungsvorgang zwei als Gameten be- zeichnete Geschlechtszellen sich vereinigen; dann folgte der Nach- weis einer Verschmelzung der Kerne dieser Zellen; jetzt kommen wir einer Vereinigung von Chromosomen und Iden vor der üeduk- tionsteilung auf die Spur und glauben uns zu der Annahme be- rechtigt, daß der ganze Vorgang seinen Abschluß erst in einer Vereinigung der Pangene findet." Die Individualität der Chromo- somen also bleibt während der ganzen Lebensdauer der Individuen gewahrt, bis sie im Befruchtungsvorgang bei der Verschmelzung mit den Chromosomen des anderen Geschlechts vorübergehend aufgegeben wird. Diese Paare von ganzen väterlichen und mütter- lichen Chromosomen werden nun getrennt und auf die Tochter- kerne beliebig verteilt, so daß alle möglichen Kombinationen vor- kommen können. Somit hat jeder Tochterkern die Hälfte der Chromosomen des Mutterkerns erhalten und die mit bereits früher Eduard Strasburgeb. (77) erfolgter Längsspaltung versehenen ganzen Chromosomen zerfallen nun im zweiten Teilungsschritt und werden auf die vier Enkel- kerne übertragen. Da wir nun annehmen müssen, daß die einzel- nen Chromosomen sowohl unter sich verschieden sind, als auch aus verschiedenartigen Teilen bestehen, deren Gesamtheit erst die Eigenschaften des Mutterindividuums bestimmte, so werden bei dem geschilderten Verschmelzungs- und Teilungsvorgange, die Eigen- schaften auf das mannigfachste vermischt, auf die vier Enkelkerne verteilt werden müssen. Dieser hier so scharf betonten Individualität der Chromo- somen schienen die Pfropfbastarde Schwierigkeiten zu bereiten, und so konnte STRASBURGER sie unmöglich unberücksichtigt lassen. Er äußerte sich in zwei Arbeiten (99) und (105) ausführ- licher darüber. Die bis dahin bezweifelte Möglichkeit von Pfropf- hybriden war ja durch die schönen WiNKLERschen Versuche er- wiesen; es fragte sich, wie das Verhalten der Kerne sei, ob an der Verwachsungsstelle etwa vegetative Kerne miteinander ver- schmelzen könnten und dadurch den Ausgangspunkt der Mischung von Eigenschaften zweier Pflanzen bilden. STRASBURGERs Unter- suchungen bei Cytisiis Adami den Bizarrien und Nachahmungen der AViNKLERschen Versuche hatten stets ergeben, daß die Pfropf- hybriden normale diploide somatische Zellen führen, daß also eine Vereinigung zweier somatischer Zellen nicht wahrscheinlich er- scheine. Er sprach die Pfropfhybriden also als Chimären an, Hyperchimären, was ja durch die inzwischen erfolgten Nach- weisungen der „Periclinalchimären" von BAUR, BUDER usw\ seine Bestätigung für die bis jetzt übersehbaren Fälle gefunden hat. Eine letzte Gruppe von Arbeiten bezieht sich auf die Ge- schlechtsbestimmung bei diöcischen Pflanzen (Nr. 79, 107, 109, 110, 112). Es sei hier gestattet, nur einige der gewonnenen Resul- tate aufzuführen, die zeigen dürften, daß STRASBURGER bereits eine feste Basis für Weiterführung seiner Versuche gewonnen hatte, und daß seine große Erfahrung und zähe Arbeitskraft wohl eine noch weitergehende Lösung der Frage nach den geschlechts- bestimmenden Ursachen hätte erwarten lassen. Das diöcische Lebermoos Sphaerocavpus californicus besitzt auf- fallend große Sporentetraden. Bei Isolierung je einer Tetrade mußte sich das Verhältnis der entstehenden Männchen und Weib- chen feststellen lassen, und es ergab sich mit großer Regelmäßig- keit 50 pCt. jedes Geschlechtes; die Ausnahmefälle waren dagegen verschwindend. Demnach muß die Geschlechtsdifferenzierung hier bei Teilung der Sporenmutterzelle erfolgen. Ber. der deutsehen bot. Gesellsch. XXX. (6) (78) G. KARSTEN: Bei den lieterosporen Farnpflanzeu muß die Sachlage eine andere sein, da bereits der Sporophyt die Gesclileclihsbestimmung bedingt, und bei den Samenpflanzen kann die Geschlechtsdifferenz bereits auf die Sporophyten übertreten, so daß diücische Sporo- phyten entstehen. Hier scheinen die Pollenkörner nach Angaben von NOLL und CORRENS das Geschlecht der Nachkommen zu be- stimmen. Strasburger schließt sich dem zunächst im wesent- lichen an, so daß er dem Pollen verschiedengradig abgestufte männliche Potenz zuerkennt, deren eine dem weiblichen Einfluß des Eies unterliegt, während die andere ihn überwindet. Die Ei- zellen diöcischer Pflanzen dagegen erscheinen a priori sexuell durchaus gleichartig sein zu müssen, da ja bei der Tetraden- teilung der Embr^-osackmutterzelle nur eine der Tochterzellen er- halten bleibt. Entscheidende Versuche findet STRASBURGER möglich bei Hclüdea canadensis, deren mit großer Mühe beschaffte männliche Pflanzen ihren Pollen in Tetraden an der Wasseroberfläche aus- streuen; die Tetraden sind groß genug, um einzeln auf die Narben übertragen zu werden. Den Abschluß dieser Versuche hat STRAS- BURGER nicht erlebt, doch konnte er sich überzeugen, daß un- genügender Samenansatz voraussichtlich Schwierigkeiten bereiten würde, die weitere Beobachtung nötig machen könnte. Normaler- weise hätte bei voller Funktion aller vier Pollenkörner jede Frucht zwei Männchen und zwei Weibchen eigeben müssen. Versuche bei Mdandryum rubrum in ähnlicher Weise, bei minder günstigen Vorbedingungen ausgeführt, ergaben stets ein Überwiegen des weiblichen Geschlechtes, das auch bei anderen Diöcisten von verschiedeneu Beobachtern festgestellt war. Es dürfte, schließt STRASBURGER, „die männhche Tendenz der Pollen- körner als Ganzes betrachtet, bei diesen Pflanzen eine Schwächung erfahren" haben. Samenaussaaten von den an männlichen Pflanzen von Merot- rialis annua einzeln aufgetretenen weiblichen Blüten lieferten nur männliche Nachkommen, da offenbar die männliche Potenz in der ganzen Pflanze überwiegt. Damit wäre also der Nachweis ge- führt, daß nicht nur die männliche, wie allgemein angenommen, sondern auch die w^eibliche Potenz unter besonderen Umständen Schw^ankungen unterliegen kann, so daß damit die nachgewiesenen größeren Unregelmäßigkeiten im Auftreten der beiden Geschlechter bei Diöcisten ihre Erklärung finden dürften. Aus dem Verhalten der J/erwr/rt/i.s-Pflanzen geht aber weiter hervor, daß „die Merkmale beider Geschlechter in den Kernen Eduard Strasbürger. (79) des Diöcisten vertreten sind". Und es entscheidet, unabhängig von der MENDELschen Spaltangsregel, die sexuelle Potenz darüber, ob dies oder jenes Geschlecht in Wirksamkeit tritt. Diese letzte wichtige Arbeit STRASBURGERs läßt somit auf das beste erkennen, daß er hoffen durfte, mit einigen weiteren Beobachtungsjahren einen wesentlichen Schritt in diesem Problem über die geschlechtsbildenden Faktoren an der Hand der Ilelodea- Kulturen vorwärts zu kommen, doch war es ihm nicht vergönnt, diese Versuche zu Ende zu führen. Neben diesen Arbeiten zum Weiterausbau seiner Wissenschaft w^ar Strasbürger wohl nach Sachs der erfolgreichste Lehrer durch Lehrbücher und andere der Verbreitung botanischen Wissens dienende Werke, Zunächst erschien ,,Das große botanische Prakti- kum", ein Buch, das für angehende Botaniker bald unentbehrlich wurde, in dem er vom Mikroskop und seiner Beschreibung be- ginnend das ganze morphologisch-anatomische Wissen, das als Grundlage notwendig ist, in einzelnen Lektionen aufführte, dabei die technischen Schwierigkeiten angab und die Beobachtungsgabe an- regte. In den einander folgenden Auflagen, deren letzte (VL) im Erscheinen begriffen ist, ward das Buch immer auf der Höhe des AVissens gehalten, und, anfänglich von bescheidener Größe, ist es zu einem umfangreichen Kompendium geworden, in dem m'an alle Hinweise auf Arbeitsmethoden, Material und Literatur in Voll- ständigkeit finden kann. Verbreiteter noch als dies große Werk ist das in erster Auf- lage gleichzeitig erschienene „Kleine botanische Praktikum", das für Mediziner, Landwirte und andere interessierte Kreise das not- wendigste botanische Wissen mitteilte. Ebenso hat sich das sog. ,, Bonner Lehrbuch", das er mit seinen Bonner Fachgenossen 1894 zuerst herausgab, als „Vier- männerbuch" bald einen Weltruf erobert und bis jetzt 11 Auflagen in 17 Jahren erlebt. So wird STRASBURGER als Lehrer durch seine von ihm geschaffenen Lehrbücher noch lange in der Botanik lebendig bleiben und auch dem botanischen Nachwuchs die Ein- führung in alle Zweige seiner Wissenschaft erleichtern, ihm die Methoden und Wege weisen. Neben diesen wissenschaftlichen Werken ist STRASBURGERs Name in der weiteren Welt wohl am besten bekannt geworden durch seine zumeist in der Deutschen ßundschau erschienenen, elegant geschriebenen Reiseaufsätze von der Riviera (63, 67), Hohen Tatra (71), Centralpyrenäen (80) usw. Vor allem sind die botanischen Streifzüge an der ßiviera hervorzuheben, die auch in (6*) (80) G. Kaiisten: Buchform (119) erschienen und, seit der zweiten Auflage mit reizenden farbigen Bildern geziert, allbekannt geworden sind; ein Büchlein, das kein Italienreisender, der irgendwie Freude an der südlichen Natur empfindet und Sinn zur Beachtung von Vegeta- tion und Landschaft besitzt, liegen lassen sollte. Es war das Lieblingswerk des Verfassers, der darin all die Freude an dem edlen Naturgenuß niedergelegt hat, den er in der südlichen Sonne beim Durchstreifen blühender Maquis am Ufer des tiefblauen Mittel- meeres empfunden. Dabei enthält es einen ßeichtum an Kennt- nissen über Verwendung, Verarbeitung und Geschichte der Er- zeugnisse der südlichen Pflanzenwelt, die den Reisenden umgibt. Wer das Büchlein zur Hand nimmt, lernt neben dem Gelehrten auch den Menschen E. STRASBURGER kennen, dem jeder, der das Glück hatte, ihm nähertreten, mit ihm zusammenarbeiten und wirken zu dürfen, ein dankbares Andenken bewahren wird. Trotz aller Ehrenbezeugungen, die sämtliche Akademien und wissenschaft- lichen Gesellschaften der Welt auf sein Haupt häuften, blieb er schlicht, einfach und ohne jede Überhebung, getreu dem Satze homo sum nihil humani a me alienum puto. Halle a. S., Dezember 1912. Wissenstliaftliche Arbeiten toii Eduard JSti-asl)urger. 1807 — 15)12'). Zusammengestellt von Dr. CLEMENS MÜLLEE, Bonn. 1. Ein Beitrag zar Entwicklungsgeschichte der Spaltöffnungen. Jahrb. f. w. Botanik 1867. Bd. V, S. 297-342. (Dasselbe polnisch.) 2. Über spontane Entstehung der Lebewesen (polnisch). Warschau 1867. Zeitschrift Pamitnika Nanko wego? S. 492— .512. 3. Wesen und Aufgabe der Naturwissenschaften. Warschau 1867. Rede am 11. V. 1867 gehalten: Motto von HalleR: „Ins Innere der Natur dringt kein erschaffener Geist, Glückselig, wem sie nur die äußere Schale weist." 4. Befruchtung bei den Farnen. Gazety Lokarskiej Nr. 6, 1868. 5. Die Befruchtung bei den Farnkräutern. Mem. de l'academ. imp. des sc. de St. Petersbourg 1868. VII, t. 12, Nr. 3, 14 S., 1 Taf. 6. Zur Mechanik der Befruchtung. Briefliche Mitteilung. Bot. Zeitung Bd. XXVI, 1868, Nr. 26, S. 822-825. 1) Polnisch geschriebene Arbeiten sind fortgelassen. Titel der unge- druckten Dissertation ist: Asplenium hulbifentm. Ein Beitrag zur Entwicklungs- geschichte des Farnblattes. Eduard Strasbürger. (81) 7. Die Geschlechtsorgane und die Befruchtung bei Marchantia polymorpha L. Jahrb. f. w. Botanik. VIL Bd., S. 409—422. 1869. Taf. XXVIl— XXVIII. 8. Die Befruchtung bei den Farnkräutern. Jahrb. f. wiss Bot. 1869. VII. Bd., S. 390-408. Taf. XXV— XXVI. 9. Die Befruchtung bei den Coniferen. Mit 3 Tafeln. Jena 1869 bei HERM. Dabjs. 22 S. 4'. Gewidmet Herrn Garten-Inspektor F. Bau- MANN-Jena zu seinem 50jährigen Jubiläum. 10. Die Bestäubung der Gymnospermen. Jen. Zeitschr. f. Med. u. Neiturw. Bd. VI. Taf. VIII. 1871. S 249—262. 11. Zur Kenntnis der Archispermenwurzel. Bot. Ztg. 1872. Bd. 30, S. 757 bis 763. (Erwiderung auf einen Aufsatz ReinkEs: ibidem S. 661. Zur Geschichte unserer Kenntnisse vom Bau der Wurzelspitze) 12. Die Coniferen und Gnetaceen. Eine morpholog. Studie mit einem Atlas von XXVI Taf. Jena 1872 (Herm. Dabis) 442 S. 13. Ein geschichtlicher Nachtrag. Bot. Ztg. Bd. XXX, S. 763—765. 1872. 14 Über Azolla. Mit VII Tafeln. Jena 1873 (H. Dabis) 86 S. 1.5. Über Sciaäopitys u. PhyllodadHu. Jen. Zeitschr. f. Med. u. Naturw. 1873. Bd. VII, S. 226—236. 16. Einige Bemerkungen über Lycopodiaceen. Bot. Ztg. 1873. Bd. XXXt, S. 81—93, 97 — 110, 113-119. 17. Sind die Coniferen Gymnospermen oder nicht? Flora 1873. S. 369—377 Bd. LVI. 18. Über die Bedeutung phylogenetischer Methoden für die Erforschung lebender Wesen. Rede, gehalten beim Eintritt in die philos. Fakultä, d. Univ. Jena. Jena, F. Mankes Verlag (später G. FlSCHERj 1874. S. 1—30. 19. Über Scolecopteris rlegans Denk., einen fossilen Farn aus der Gruppe der Marattiaceen. Mit 2 Taf. (Jena, Naturw. Ztschr.) 8. N. Fig. 1,1. S. 81-95. 20. Über RenaulTs SplienopliyUuin und Annularia. Jenaische Literatur- zeitung 1874, Nr. 5. 21. Über Zellbildung und Zellteilung mit VII Taf. Jena 1876. H. Dabis. 266 S. 22. Über Zellbildung und Zellteilung nebst Untersuchungen über die Be- fruchtung. 2. verbess. u. verm. Auflage. Mit VIII Tafeln. Jena 1876 (H. Dabis), 332 S. 23. Sur la formation et la division des cellules. Edition revue et corrigee, traduite de l'allemaud avec le concours de l'auteur p. JeaN JaQUES KiCK, Prof ü l'univ. de Gand. VIII tables, Jena, Londres, Paris 1876. 307 S. 24 Studien über Protoplasma. 2 Taf. Jena 1876. 56 S. Jen. Zeitschr. f. Med. u. Naturw. Bd. X, S. 395-446. Taf. XIII— XIV. 25. Acrtahiilaria mcditerranea. DE BaRY u. StRASBURGER. Bot. Ztg. 1877. Bd. 35, Nr. 45, S. 713—728, 729—743, 745-758, Taf. Xllf. 26. Über Befruchtung u. Zellteilung mit IX Taf. Jena 1877. Jen. Zeitschr. f. Med. u. Naturw. Bd. XI, S. 436—536. Taf. XXVII-XXXV. 27. Wirkung des Lichts und der Wärme auf Schwärmsporen. Jena 1878, Verlag v. G. FlSüHER vormals F. Manke. Jen. Zeitschr. f. Med. u. Naturw. Bd. XII, S. 551-626. (82) G. Karsten: 28. Über Polyembrjonie. 1878. Jen. Zeitschr. f. Med. u. Naturw. Bd. XII, S. 647—670. Dasselbe polnisch. 29. Über Zellteilung. Sitzungsbericht der Gesellschaft Naturforsch. Freunde zu Berlin 1879, Nr. 8, S. 117—118. (Behandelt auch Kernteilung bei Tradescanfia u. Spirogijra.) 30. Die Angiospermen und die Gymnospermen. Mit XXII Taf. Jena 1879 (G. Fischer.) 173 S. 31. Neue Beobachtungen über Zellbildung und Zellteilung mit Taf. IV. Botan. Ztg. 1879, Bd. XXXVII, S. 265-'279, 281—288. 32. Über ein zu Demonstrationen geeignetes Zellteilungsohjekt. (Sitz.-Ber. Jenaische Gesellscb. f. Medizin u. Naturw.) 18. Juli 1879. Empfiehlt TradescantiahaaTe {Tr. virginica u. bes. Tr. data). 33. Zellbildung und Zellteilung. 3. völlig umgearb. Aufl. mit XlV Taf. u. 1 Holzschnitt. Jena 1880. (G. FISCHER.) 392 S. 34. Die Geschichte und der jetzige Stand der Zellenlehre. Tageblatt der 53. Vers, deutscher Naturf. u. Ärzte 1880. Danzig. Nr. 4. 35. Einige Bemerkungen über vielkernige Zellen u. über die Embryogenie von Lupinm. Bot. Ztg. 1S80. Bd. XXXVIIl. Taf. XII. S. 845- 854, 857—868. Bis zur nächsten Veröff. 1882 längerer Zeitraum, der wohl mit der Ver- setzung nach Bonn zusammenhängt. 3P. Über den Teilungsvorgang der Zellkerne und das Verhältnis der Kern- teilung zur Zellteilung. Mit Taf. XXV- XXVII. Bonn (COHEN) 1882. 115 S. (Aus Archiv f. mikrosk. Anatomie XXI.) 37. Der Unterschied zwischen Tier und Pflanze. Deutsche Rundschau 1882. S. 79-91. 38. Über den Befruchtungsvorgang. Sitz.-Ber. d. Niederrhein. Ge«. f. Natur- und Heilkunde 1882. Bd. XXXIX, S. 184-196. 39. Über den Bau und das Wachstum der Zellhäute. Mit 8 Taf. Jena, G. Fischer 1882. 264 S. 40. Zur Entwicklungsgeschichte der Sporangien von Trichia fallax. Bd. XLII. Botan. Zeitg. 1884. Taf. III, S. 305—316, 321—326. 41. Die Kontroversen der indirekten Kernteilung. 2 Taf. Bonn (COHEN) 1884 (separat), auch Archiv f. mikrosk. Anatomie XXIII. S. 246-304, Taf. XIII, XIV. 42. Die Endospermbildung bei Daphne. Ber. d. D. Bot. Ges. 1884. Bd. IL S. 112—114. 43. Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanero- gamen als Grundlage für eine Theorie der Zeugung. Mit 2 Taf. Jena (G. Fischer) 1884. 176 S. 44. Zu Santalum und Daphne. Berichte d. D. Bot. G. 1885. 3. Bd., S. 105 bis 113, Taf. IX. 45. Über Verwachsungen und deren Folgen. B. d. D. Bot. Ges. 1885, Bd. III. S. XXIV— XL. 46. Über fremdartige Bestäubung. Jahrb. f. w. Bot. XVII. S. 50- 98, 1 Fig. 1886. Eduard Strasburger. (83) 47. Studien über InfektioQskraokheiten. (Eine Epidemie im Pflanzenreich.) Deutsche Rundschau 1886. S. 116-131. (Über die Kartoffelkrankheit durch Phjtophtora.) 48. Sur la division des nogaux cellulaires, la division des cellules et la fecondation. jour. de Bot. 1888. 16. mars. 49. Über Kern- und Zellteilung im Pflanzenreich, nebst einem Anhang über Befruchtung mit 3 Taf. Jena 1888. 258 S. Histologische Beiträge Heft I 50. Über das Wachstum vegetabilischer Zellhäute. 4 Taf., 186 S. Jena, G. Fischer 1889. „Dem Andenken Hubert Leitgebs gewidmet.« Histologische Beiträge Heft II. 51. Die Vertreterinnen der Geleitzellen im Siebteile der Gymnospermen. Mit Taf. 1, S. 207-216. Sitz.-Ber. d. K. Pr. Akad. d. Wiss Beilin, 6. März 1890. 52. Das Protoplasma und die Reizbarkeit Rede z. Antritt des Rektorats zu Bonn, 18 X 1891 Jena, G. FISCHER. 38 S. 53. Die Wechselbeziehungen der Organismen. Deutsche Rundschau Bd. 47, 1891, Nr. 8, S. 192—207. 54. Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen. Mit 6 Taf. und 17 Abbild, im Text. Jena 1891, G. FISCHER. lOOO S. Histologische Beiträge Heft HL 55. 1. Über das Verhalten des Pollens und die Befruchtungsvorgänge bei den Gymnospermen. Taf. I u. II. S. 1—46. 56. 2 Schwärmsporen, Gameten und pflanzl. Spermatozoiden und das Wesen der Befruchtung. S. 47-168, Taf. III. Jena 1892 (G. FISCHER). Histo- logische Beiträge IV. 57. Über den Gang der geschlechtl. Differenzierung im Pflanzenreich und über das Wesen der Befruchtung. Atti di congresso botanico internazio- nale 1892. S. 53—57. 58. Über die Wechselbeziehungen im lebendigen Organismus. Deutsche Rundschau 1892. Bd. 18, H. 12, S. 416—434. 59. Zu dem jetzigen Stande der Kern- und Zellteilungsfragen. Anatom. Anzeiger VUL 1893, Nr. 6/7, S. 177 — 191. 60. 1. Über das Saftsteigen. S. 1—94. 61. 2. Über die Wirkungsphäre der Kerne und die Zellgröße. S. 95 — 124. Jena 1893 (G. FISCHER). 124 S. Histologische Beiträge Heft V. (Ohne Taf.) 62. Botanik in „die Deutschen Universitäten" 1893. S. 73—94. (ASHER Oo.- Berlin.) 63. Botanische Streifzüge an der Riviera. 1893. Dtsch. Rdsch. 19. H. 4/.5, S. 35—63, 220-238. 64. Zum hundertjährigen Gedächtnis an „Das entdeckte Geheimnis der Natur-. Dtsch. Rdsch. 1893, Bd. 20, H. 1, S. 118-130. 65. Über periodische Reduktion der Chromosomenzahl im Entwicklungs- gang der Organismen. Biol. Zbl. XIV, 1894, Nr. 23—24, S. 817—838, 849—866. 66. The periodic reduction of the number of Chromosoms in the life history of living organisme. Ann. of bot. 1894, vol. Vlll, S. 281—316. 67. Botan, Streifzüge a. d. Riviera. D. Rdsch. 1895. Bd. 21, S. 218-241, Heft V. (84) G. Karstkn: 68. Karyokinetische Probleme. Jahrb. f. w. Bot. XXVIII, Heft I, 189.i. 2 Tdf., Taf. IT. lir, S. 151—204. 61). The Development of botanj in German}' during tlie ninoteentli Century. Autorised translation by GEORGE I. Peirce Th. D. Bot. Ga- zette XX, 1896. S. I!f3— 257. 70. Blumen im Hochgebirge. D. Rdsch. 1896. Bd. 23. H 1 u 2, S. 77 bis 106, 216—236. 71. Die hohe Tatra. D. Rdsch. 1897. Bd. 24. H. 1, 2, 3, S. 70-94, 250 bis 284, 364— 3i)8. 72. Eisenbahnschwellen aus Buchenholz. Köln. Ztg. 26, II, 18o.s 223, 224. Ceraiophylhim 337, 340. Ceratopteris thalidroides 199. Ceratozamia 621. Charfoceras 223. 224. Chamacdaphne 382. Chamo erliododendron 378. Chamaesiphon 152. Chantransia 214, 215, 220. C/w^m 518, 622, 627. — /■oef/A/516, 517, 518, 519, 520, 521. — galioidfs 516. — gymnophylla 517. Characiopsis 152. Characium 152. Chciranthus 234. — c7ie/r? 233, 234. Ckimophila 562. Chirononius 209. 214. — jduiiiosus 664. Chlamydomonas 215, 217, 219 — 222. Chlorella vulgaris 71, 72. Chloris ciliata 648. Chlorococcuiii 74, 76. — humicola 79. — infmionum 74, 76, 77. Chlorosphaera 74. — limicohi 71, 74. Chromatitnn 266, 267, 340. — TFe/s,s// 266. Chroococcuvi 76. Chrysamoeba 154, 167. Chrysomonade 152. Verzeichnis der Pflanzennamen. (119) Chrysomonadmen 215, 217. Chrysopi/xis 154 — 156. — ampuUacea 152, 154, 155. — bijics 155. — cyathus 155, 166. — Iwanoffi 155. — macroirachela 155. — stenostoma 155. — trkingularis 156. C'hrysostcphanosphaera 1 65. Cindidotus 217. Cinnamomum Cassia Blume 253. Cintractia Melicae 293. Circaea alpina (50). Cladimn Mariscus 13. Cladophora 214. 216, 337. Claviceps 2}U)purea 448. CUanthus puniceus 202. Closterüim 209, 220. — acerosum 221. — lunida 215. Coccoloba 121. Cocconeis 214. Cocoholoholz 120, 121. Coelastrum 220, 222. — microporum 223. Coelogyne 370. — Massangeana 370. Coelogyninae 370. Coleus 81. Conferva 220. — dfpauperata 219. Coniferen 452. Coniophora cerehella 329. Conostogia 348, 369. — suhhirsuta DC. 348, 349, 350, 351, 353, 354, 355, 356. Convolvulus 197. — arvcnsis 197. Coprinus (40). — ephemerus (43). — %0i9ws (42), (43), (44). — radiatus (3G), (37), (40), (41). Copepoden 224. Coralliorrhiza innata 463. C'or^».sa 330, 331, 332. — MatthioUL. 330, 331, 332, 334, 583. Corylus avellana 30, 174. Corythaix 375. Corytholoma aurantiacum 650. Coscinodiscus 223, 224, 664, 665, 669. — s»W/^^■s 222, 223, 669. — biconicus 669. Cosmarium margaritiferum 220. — ornatum 215. Crassida arborescens 201. Crataegus coccinea 374. — monogyna 499. Crepis blaftarioides (58). Crucigenia 220. Crustacca 223. Cryptomonas 210, 219, 221, 222. — erosa 217, 218, 219. Cryptovalsa 593. Cucurbita pepo 620. Cuscuta liipidiformis 653. Cyanojjhyccen 314. Cyathea 42, 46. — medullär is 42, 48. Cyathophorum 31, 32, 137. — • hulbosum 30, 137. Cycadeen 621. Cycas circinalis 621. — revoluta 621. Cyclamen europaeum 201. Cyclops 209. Cyclolella 210, 213, 215, 217, 220, 221, 222, 223. — aslraea 210. — sodalis 210. Cymatoplcura 664. Cymbella 209, 220. Cyperaceen 13. Cypripedien 583. Cypripedium Calceolus 469. — spectdbile 683. Cyrtophoraccae 154. Cystococcus 75, 76, 77. — humicola 69 — 80. Cytospora 586—588, 590, 591, 594. — ampelina 593. — T-i^üs 586, 588. Dahlia coronata 164. Daphne alpina 189. Daphnia 210. DrtHfits 33, 38, 39, 41. — Carofo 39, 366. Delesseria 286 — 288. 120) Verzeiclinis der Pihui/ennamen. Drlphinium 366, 368, 36i), 370. — Aconitl 368. — (dtdicum 368. — (imocnum 368 — (inomdlum 368. — (lahuriaim 368. — (la.sycarpum 368, — dktyocarpiDii 368. — discolor 368. — rlatum L. 366 — 368. — exaltatiim 368. — ftexiiosiim 368. — hyhrUimn 366, 368. — intcrmcduon 368. — laxifiormn 368. — lilacinum 368. — luzidinum 368. — montanum 368. ■ — pabncdijid um 368. — revolutmn 368. — speciosum 368. — sulcatuiii 368. — ^/v'.sfc 368. — wceolatnm 368. Dendrocoelmn 209. Dendromonas 157. Drrepyxis 155. Dianthns 657, 660. — CartliKsidnorum 46-1. Diaptotims 214. Diatomu elongatuiii 222, 223. Diatomeen, 669. Dicraiiclbi sqaarrosa (60). Didyosphaeriivm 218-222, 224. — ehre über gianum 223. — pulcheUuiii 218, 223. Dktyota 286, 287. — dichotomn 286. Difflugia hydroatatica 210. Digitalis purpurea (49), (50), (60). Dinohryon 210. 215, 221. — sertuhiria 214, 220. „DJiikum soaischiki" 423. Dolichos inelanoplithalmus 426. — monachalis 422, 426. — sinemis 420. — unguicidutus 420. Dreissensia 664. Drosera 169, 623. — inter media (54). Drosrni lovgifolia 169, 17], 408. (54). — longifolia X i^- rotumlifoUn 408. — rottmdifolia 169, 171, 408, (54). Dryas octopctahi 114. Echcvrria glauca 619. Eehinm fastuosum 202. Edelkastanie (47). ^/e« C48). j;/6e 185, 278. Eiche, amerikanische 399. Eierfrucht 35. i;/!or?efl 607, 624. — canadensis 200, 628. Empetrum nigrum (54). Endomyces Magnusii 3. Endophyllnm 527. — Sempervivi 527. Endosphaera 74. Endothlaspis Melicae 293. Enzian, gelber (59). ^/)Aei( 57. Epipactis riihiginosa 463 Epistylis 220. Eqnisetum 270. — silvaticum (50). Erdbeere 560. er/ 424. Eriophoruiii 178. — (dpiimm (64). — polyslachyum (60). — vaginatum 173, (54). Eriophyes fraxini Nal 347. er ?( »( onoj i 424. Erxlebenia (subsect.) 565. Eucalyptus globulus 195. Eucampia 223. Euchlaena hixurians 4. — mexicana 4. Eudorina elegans 220. Eugcnia apiculata 202. Euglcna gracilis 624. — vmrfis 211, 222. Euphorbia alcicornes 30. — Lathyris 382. Eiivalsa 691. Evonymus 184. — «i'rt^rf 486 — 488. Verzeichnis der Pflanzennameii. (121) Evonyinus jdponicus 94, 95, 180, 183, 184, 186, 189. Exogoniuni Purga Bcnth. 254. Fagopi/ruiii csculenfum 198. Fagus 30, 82, 138, 189, 229, 231. — süvatica 228, 232, 486, 487, 489. Falcaria Rivini 464. Fatsia japonica 202. Feigenbaum 560. Felsenbirne (51). Ferula 246, 252, 255. — communis 248. — glauca 248. — Narthcx Boiss. 245, 246, 247. 24S. 251, 252, 253, 255, 256. Fichte 398, (48), (54), (57). Ficus 384. — Sycomora 278. Fingerhut, roter (49). Flagellalen 215, 219, 345, 664. Floridee 285. Fontiruüis 217. Forsythia 578, 580. — suspensa 231, 577. Foseholz 120. Fossombronia Dumortieri (53). Fragilaria capucina, 220. — crotonrnsis 210, 214, 215, 220, 221, 222, 223. Fraxinius excelsior 486. — excelsior var. pendula 486, 487, 492. — onuts 347. Fuchsia 182, 183, 185, 189. — /■»/if^»« 202. — triphylla Henkel 202. — triphylla Rubin 202. Funaria 607, 622. Fusarium 214, 481. Galanthiis nivalis 198. Galoga 577. Grt??!«»/ 379. — Bocconi 379. — saxatile (50). Galtonia 169. Cr(76c Lupine 399. Gelidimn 285. — Crinale 285. Gemmophora 479, 481. — piirpurascens 474, 478, 479. 481. Genista canaricnsis 202. Gentiana acaulis (50). — Zw^ea (58). (59;. — pannonica 371. Geranium silvaticum (50). Gesncria anrantiaca 650, 651. — macraniha 650, 651. Gesneriaceen 648, 650, 652. Gigartina 285. — reef?ü' 285. Glenodininm 210, 222. Gloeosporimn ampelophiguin 587. Gloeoihece 315. Gloxinia 649. — hybrida erecta grandifiora 650, 651. — hybrida „Kaiser Wilhelm" 649. Gnaphalium supinum (59). Gnetum Gnemon L. 359. Goldfussia 28, 30, 81, 82, 88, 134, 135, 138. — anisophylla 28, 135, 137. — glomerata 2S. 29, 30. 135. Gonijjhonema 213. Gonium pectorale 222. Grocilaria 283, 284. — comprcssa 283. Gregarinac 437. Grimmia torquata (59). „Gros- Michel" 686, 687, 687, 688, 689. Guilliermondia fiilvescens 3, 97. Gymnadenia 465. — albida (59/ Gymnodinium 2i)8, 210, 215, 219. — palustre 214. Gymnomilrium concinnatum (69). Habcrlea 650. B"rt/er 399. /i « /? rt ^/ 423. Hainbuche 185. Halteria grandinella 222. Hantzschia 218. — amphioxys 215, 221. (122) Verzeichnis der Pfanzennainen. Harioiina 219, 220. — reticulata 218. Harpanlhiis Flotoivianm (60). Harticegia coinosa 607. Havziella 3. Hcdera 58. — helix (48). „Heilglöcklciii" 330. Helianthus 19, 24, 26, 53. — annuus 19, 24, 307, 631. Hchinntltocecidiiivi 347. Hero-Pfianzcn 414, 416. Heterocentron macrodon Triana 361. Heterolagynion 157. — Oedogonii 157, 158. Hieraciiim aurantiacum (58). — prcnanilioides (58). Himantoglossuin 463, 464, 465, 466, 467, 468. — Mreinum 468. — Mreinum forma thuringiaca M. Seh. 468. Hipiwphae 494. Hippuris vulgaris 199. Homogyne alpina (59). Hordeum (25), (26). J??/f/ra 214. Hydrocoleum 663. Hydrocoleus 470. Hypocrcu rufa 481, 482. „ J"a w a i' ca- B an a n e" 686 . j aw 0 a 425. I/t'x 57, 58. — aqiiifolinm 189, 497, (49). ?■ »i 6 a 424. ^ »i fc ^ a 425. Impatiens balsnmina 198. Imperatoria ostruthium (50). Ipomoea purpurea Hero 414. Isoetes (53). — echinospora (62), (53). — lacustris (52), (63). — Tuckermanni 200. Isoloma hirsuüim 649, 651. — hirsutum multiflorum 650, 651, Juniperus communis 160. Jussiaea 267. ;?(7^? 278. Kurtoffel 601. Ä/c/er (54). Kirchneriella lunata 210, Klugia 649. — zeylanicd 649, 651. Kohlcria bogotensis 649. — hirsuta 649. Krähcnbcerr (54). Lagynion 155, 156, 157. — anipaUaceum 156. — macrotrachelum 155. — Scher ffelü 168. — trianguläre 166. La)iipropedia 215. iärc/ie 497. iörfcc 88, 89, 93. — fZeciV/Mrt 86, 87, 88, 93. -- leptolepis 462. Laserpitinm latifolium (61), (52). Lathyris major 382. Lathyrus Aphaca 498. Latsche (66). Laureola 382. Ledum palnstrc (46), (54). Lejeunea calcarea (51). Lemna minor 340. — polyrrhiza 340. — trisulca 340. LepochrdDmlina 155, 156. — bursa 168. Lepocinclis ovum 219. Lcskea complanata 146. — trichomanoides 146, Leucanihemuni 466. — vulgare 466. Lilium croceum 374. — tigrinum 198. — umbellatum 198. Limnobium Sparganium 199. LiinnopUila heterophylla 199. Liquidambar styraciflua 120. Listera cordata (58). Lonicera periclymenum (50). Verzeichnis der Pflauzennamen. (123) Lojjhozia Floerhei (59). Loranthus 650. Loroylüssuin hircinum 463. Lnnaria rediviva (50). Lupimis 16, 19, 632, (33). — albus 19, 23, 307, 631. Luj)hie, gelbe 899. Lfjcmm baybanuii 578. Lijcopodiuui 31. — alphuuii (59). — aniiolinuiii (50). — inundatum (54). Ljjnceus 209. Lijn(jbya versicolor 317. Malaxis paludosa 463. Mallomonas 210. Malva silvestris 525. Marrnbiuni 376. Mdxälaria Sandcriana 370. Maxillariinae 370. Mdastomaceen 346, 348. Jfe/üca 293. — c<7mto 293. — Otpan/ 290, 291, 292. Melosira 222, 664. — arenaria 214. — (jra)iidata 339. — /'e«»«s 210, 220. — varians 339. Mentha piperita 198. Meni/antltes trifoliata 199. Merismopedia glauca 220. Mercurialis 382, 383. — testicidata 382. MeruUns 321, 323—328, 604. — lacrymans Schuin. 321, 322, 327, 601—604. — iilvester 327, 601-603. Mcsemhrijanthe^Huin cultratuin 201. Mespilus japonicus 202. Meiim afhainanticum (59). — mutellma (69). Miconia 356, 357, 361. Miconieac 348. Microcoleus 470, 663. Microcystis 210. Microstylis monophyllos 463. Miltonhdfer „Svalöfs Scgerhavre'^ 543. Mimxdus 145. — moschatus 144. Mniim 622, 627. — cindklioides (46). — cuftpidatuni 622. Moerckia hibernica (52). Momordka 34, 36, 39. — elaterium 620. Monas 157. Monascus purpureus 2. Monilia variabilis 3. Monophyllaca 649, 652. — Horsfieldä 649, 651, 652. Monostyla 222. Miicedinaceae 478. i¥wcor 627. — heterogainus 126. — hienialis 132. — Modler i 132. — mucedo 622. — racemosus 479. Midgediwn (57). — alpinum (57). — Plumieri (58). 3f«sa 689. — &a6;;oo 687, 688, 689. — Cavendishü 686. — ornafa chiüagong 687, 688, 689. — paradüiaca subsp. sapientuvi 686. Myriophylliuii altcrnifloruvi (52). Mysts 664, 665. Naegelia zebrina 650, 651. Narcissus poeticus 373, (50). — pseudonarcissus 373. ■ — • pseudopoeticus 373. Nardus strida (59). Navicula 209, 213, 215, 217, 220, 223 Nauplia 210. Naupllus 209, 214. Navicideen 220, 345. Neckera complanata 146. — viticulosa 146. Nectria 46. Neoltia nidiis avis '463. Nicotiana tomentosa 202. Nigrifella 465. Nitella syiicarpa 516. (124) Verzeichnis ilcr l'Hanzennainen. Nilzschia 209, 218. — ackuhtris 210, 215, 217, 21i), 220, 221. — cniinnunin 215). — si(/)iioi(lca 220. Nitz schien 345. Xoiholca longispina 210, 214. Kuphar latcum 620, (52). — pumilum (52). Nympliaea alba vivipara 620. — (Jentata 199. Ochromoaas 157. Oedogonium 152, 214, 337. Oennnthe 246 Ocnotheva 406. 407. — (tibi da 407. — biennis 407. — biennis Chicngo 415. — cniriiita 414. 415. — <7/(/rt.s 168, 164, 406. 414, 416. — ^?V/(7.s- X Lamarcldaiia 412. — grandifiora 407. — laevifolia 407. — La iiKirckiana 406 - 416. — Lamarckiana sentigigas 414, 416. — Zrt^rt 407. 411, 414, 415. — lata X f/^i/a« 411. — lata X hirtella 413. — /flfa X 0. La)inircki(n)(i 407. — Millersl 414, 415. — muricatd 414, 415. — nanella 407. — oblonga 407. — rubrinervis 407. 414, 415. — scmigigas 414, 415. — sublinearis 413. 0 /v 1« K cli- e 425. 0 Ä; ;r (? r <; 423 0?ert fragrans 202. Onobnjchis sativa 464. 0/^/i?-?/s ,365, 366. — apifcra 365. — aranifera 865. — muscifera 365, 464. Opnniia brasilicmis 30. — Raffinesqinana 201. Orchis coriopliora 463. — coriop)hora var. fragrans 463. Orchis frag raus 464. — globosa 465, (50). — incarnata. 463. — laxi/lora 468. — vu'litaris 468. — pallens 463. — purpurea 463. — Ä^l•^■»^■ 463. — Siinia 463. — Traunstcineri 463. — ustulata 463. Orobanche 371, 382. — ramosa 371. — riibens 371. — speciosa 371. Orthotheciwn intricalniii (51). — rufcscens (52). Oscillarien 314. Oscillaria sancta forma violacea 314. Osclllariaceen 470. Oscillatoria 316, 318, 663. — agardhi 220, 339. — formosa 315, 320. — Zmosf; 320, 339. — rubescens 214, 215, 225. Ostrya carpinifolia 486, 490. Oa-fli/s (83). Palmella 154. Pandorina morum 215, 220, 223. Paneolus helvolns (37), (38), (39), (40). Papaver Orientale 369. Pr/pjoeZ 497. Pastinaca opaca 582, 584, 585. — .satoa 581, 582, 584, 685. — it/-ens 582. Pastinak 581, 583, 585 Pediastrum 218, 222, 339. — boryamim 214, 218, 223. — - pertuHum 210, 223. — selenaea 220. — simplcx 220. Pediculoides 656. — dianthophilus 655, 656. Pedicidopsis 656. — graniineuin 656, 657, 658, 661, 662. Pelargonium 183, 185. PenicilUum 444. Peniopliora glebulosa (39). Verzeichnis der Pflanzennamen. (125) Peridiniinn 210, 213, 215, 224. — divo.iji'iis 223. — tabulatum 215. Peronospora 233. — parasiüca 233, 234. Pctasäes albus (50). Peziza aurantiaca 448, 449. Phacotus lenticularis .219, 221. Pliajus grandifolius 628. Phaseolus 98, 189, 422, 642, 644, (3), (29), (30), (31), (33). — antillanus 420. — lunatus 422. — miiltiflorus 142, 143, 642, (30). — vulgaris 185. Phol/dota articulata 370. — imbricata 370. Phormidium 315—318, 663. — autumnale 315, 320. — tenup 314. Phycomyccs 682. — ««Vi-ns 679, 683, 684, 685, (4). — nitens v3iT. jiloboloides 619, 682, 683, 684, 685. Phyllocactus Ackennanni 201. Phyllum feminifitum 382, 383. — jitarificum 382. Physcia parietina 69. P2cea punyens 462. Pllobolus 37. Pivguicula vulgaris (60J. ^ Pinus montana (54), (57). — montana Mill. var. uncinata Panion 672, 673, 674, 676. — mughns (55). — n?(/ra 671, 672, 675, 676, 678. — pumilio (55). — silvestris 173, 462, (54). — uncinata 672, (55). Pirola americana 566, 567, 571. — asarifolla 561 — 571. — asarifolia var. incarnata 566. — bracteata 663, 565 — 567, 570, 571. — bracteosa 563, 566. — chlorantha 562, 563, 566, 567, 569, 570. — Forrestiana 571. — grandiflora 566. — Japonica 564, 566, — incarnata 565, 566, 569. Ber. der deutschen bot. Geselisch. XXX. Piroht media 562, 566. — ncphrophylla 565. — obovata 569. — Palaeo rotundifolia 571. — p«c/a 667. — pumila 565. — rotundifolia 561 — 563, 565—571. — rotundifolia var. albiflora 665. — rotundifolia forma americana 664. — rotundifolia var. asarifolia 566, 569. — rotundifolia var. bracteata 565. — rotundiolifa var. chlorantha 569. — rotundifijlia « genuina fl. alba 566. — rctundifoUa var. japoniia 569. — rotundifolia var. incarnata 561 — 663, 565. 566, 669. — rotundifolia var. nummularia 569. — rotundifolia var. pumila 665, 666. — rotundifolia var. idiginosa 565, 670. — uliginosa 561. 563, 565-571. Pirolaceae 561, 564. P^rH.s" ma^Ms 83, 84, 85, 86, 93. Pistacia vera 382. Pistacium mas 379. P/sfm stratiotrs 200, 352. Plantago 204. — lanceolata 198. — media 198. Plasmopara 591. — viticofa 587. Platanihera 465. Platyclinis gluniacea 370. Plectranthus fruticosus *i7. Pleurococcus 78. — Naegelii 76. — vulgaris 75, 76. Pleurosigma 215, 223. — acuminatum 210. — attenuatum 220, 221. Plocamium 284, 285. — cocerneum 284, 285, Poa 656. — pratensis 655, 662. Polyarthra 209, 220. — platy])iera 210, 215. Polycystis aeruginosa 419. Polygonatum verticillatum (60). Polygonum bistorta (60). Polypodium majus viterbiense 378. — vulgare 378. (9) (126) Verzeichnis der Pfianzennamcn. FoIytoiiKi \'ü. Pontedcria cordatu 199. — cra)/o/Z/s 330, 333. — oheonica 330, 331, 333, 334. — sinensis 412. Prosopix vclutina 197. Protozoen 215, 222. PsaUota campestris 627, Psathijrella disseminata (36), (39), (4l). Pseudohryopsis 481. Pmcinia Malvacearnni -522, 625, 526, 527, 528. Pustularia vesiculosa 621. Pyro/a 562, 568. Quercus 189. 230. — peduncidata 81, 174, 229, 487, 488, 491. Radiolaria 437. Ramondia 660. „Rani' s Hörn Blach-Eye" 426. Ranunculus 371 — 373. — rtcer 371, 372. — aconitifolius (60), (67). — aquafilis 372. — asiaiicus 372. — bulbosiis 372. — Ficaria 371. — flammula 372. — Lingua 372. — repens 372. — scelcratus 649, 650. — sulphurens 372, Reseda luteola 469. Rhaplndiophrys 210. Rhcum 247. Bhizocaidon 10, 11, 13, 15, 16. — Brongniartii 11, 12. Rhizoctonia 436. Rhizopoden 164, 437. Rhizosolenia. 223. Rhytisma 885, 386-389. — acerinuw 385. 386, 387, 388, 390, 391. — acerinum fo. spcc. campestris 387. — pseiidoplalani 387, 388. — imnctatum 387. RichteneUd botryoides 223. Rotbuche 399, 498. Bosö 497. Roßkastanie 399. Rotifer actinurus 218, 339. Rotiferiden 220. Ruiiiex alpinus (60). — arifolius (60). Saccharum officijiarum 199. Sagittaria 497, 501, 502. ÄaZex 502. — rtZ&ft 488, 494. — aurita 91. — babylonica 488, 494. — herbacea 378. — iricana 494. — pentandra 487, 488, 491. — polaris 114. — reticidata 114. — refnsrt 378. Salvia pratensis 464. Snmbucus 91. — ?a'(/Aa 91. Saponaria officinalis 579. Saprolegnia 13'^, 62 1. Sarcina ureae 445, 446. Sargassinn 337. Sarothumus scoparius (49). Satyrium hircinum 4'j3. Sauriirus cernnus 199. Saxifraga 515. — ^«>oon (51). — stellaris (58). Scapania aequiloba (51). — paludosa (60). Verzeichnis der Pflanzennamen. (127) Scenedesmus 222. — acutus 11, 72, 218—220. — caudatas 217, 219, 220. — ohtusus 218, 219. — quadricauda 220. Schachtelhalme (50). Scheuchzeria pahistris (53). Scldzochlamys 220. — gelatinös a 223. Schizogonium 76. — radkans 75. *SV/( />o )iujcctes 666. Schizoneura lanuglnosa 4:19. Schizophyceae 663. Schoenodendron 13, 15. — Buecheri 10, 12, 15. Scltroederia setigera 210. Schwefcl-Spirülmn 263, 264. Sciadopitys verticillata 462. Scirpus caespitosus (54). Scolopendrium 621, 622. Scorodosma foetidmn 246. Seeale cereale 170, 292. Sedum 515. — reflcxum 619. — telephium 618, 619. SelagineUa 30, 611, 627. — erythrop' ^ 622. — selaginoides (60). Seiiipervivum 515. — tecloru)u 201. — urbieum 201. Senecio Fuchsii (57). ÄesZer/rt 692. Sicyos angulata 436. Silene rupcstris (51). Sittningia 649, 650. Sisijmhrium 234. Smithianiha zehrina 650. Solanum Mclongena 35. Soldanella (60). — alpina (60). Sorbus 495. — J.Wa 495. — cJuimaemespilm (58). — torminalis 230. Sparganium affine (52). — ramosum 199. Sparmannia africana 202. Sphaceloma ampelinum 587. Sphaeria Vitis 586. Sphaeroiilus 214, 215, 217 — 220,340. — ??ato»s 209, 217, 218, 221, 222. Sphagnuiii 173—175, 396, (53). Spiraea 502. — Douglasn 487, 488, 491. Spirken (56). Spirillum 268, 264, 266, 273, 274. — granulatmn 263. — volutans 264. Spirogyra 215, 486, 438, 439, 529, 531, 532, 622, 623, 627. Splachnum amptdlaceum (46). Sporodinia 128, 132, 448. — grandis 128, 131, 446, 448. Sporotrichum 654, 655—658, 661. — anthophilum 655. — Poae 655, 656, 658—660, 662. Staphylococcus aureus 445. Staurastruin 215, 221. Stechpalme (49). Stephanodiscus 217, 219-^^21. — Hantsschianus 211, 218, 430. Stieleiche 499. Streptocarpus grandis 650, 651. Strcptopus aiiiplexifolius 57. Strobilanthes 27—29, 134, 136. — anisophyllus 135 — 137. — glomeratus 135. Sumpfjjorst (54). Surirclla 664. — hiseriata 220. — splendida 220. Sioeertia perennis (60). Synchaeta pectinata 216. Synchytrium 147 — 149. — niuscicola 146, 147. — pyriforme 146—148, 150, Synedra actinastroides 218 — 223. — ac(fs 210, 215, 217, 218, 220 — 222. 664. — delicatissima 214, 215, 223. — itZna 215, 220. %rm<7a 231, 573, 674, 677, 678. — vulgaris 195, 232, 572. Tahellaria fenestrata 210, 215, 220. Tagetes erecia 198. ran«(? 185. ■ (9*) (12b) Verzeichnis der Pflanzennamen. T a üb cnbohnr 423. Tnvm 58. 276, 278, 465, 459, 460, 461. — baccata 186, 277, 462, (49). Telekia 679. — speciosa 578. Tetraxpora 220. Thalassicola nudeatu 436. Thc.laia 561, 571. — asarifoUa 569, 670. Thiobacteria 663. Thioploca 470, 663, 664—666. — infjrka 470, 471, 473, 474, 662, 663. — Schmullrl 470, 472, 662. Thiospirillum 262, 264, 265, 267, 268, 273, 274. — Winogradskä 263, 264. Thiothrix 340, 470, 663, 665. TJtlaspi pcrfoUatnm 464. Thuja 169—162. — articulata 103, 162. — occidentalis 159, 160, 162. Tilia 30, 227, 229, 231. — yrandifoUa 227, 232. — parvlfoliu 174, 232. Tintinnidium fluviatile 217. Tintinnopsis 223, 224. Tsufja 185, 461. — canademis 188. Tradescantia 68, 69, 63, 259, 304. — discolor 54, 58, 198, 199, 304, 510, 706, 708, 710, 711—713. Trentepohlia 78. — umbrma 76. Trianaea bogotensis 200. Triarthra 218. — longiseta 220. Trichosma suavis 369. Trientalis europaea (58). Triticum 163, 164, 167, 169—171. — dicoccoides 165—170, 172. . — dicoccum 164. — monococcmn 164, 166. — nwnococcnm var. lasiorrhacMs 164 — polonicum 164. — sativum 164. — 5i>eZfa 164. — fenoa; 164. — VH/^-arr- 164—168, 170, 172. — vulgare var. compaciiim 165. Triticum vulgare (5 X Acgilops ovata $ 167, 168. Trollius 373, (50). — europaeus 372. Tropacolum 699. Tubifex rivulorum 664. Ttf/^^r' 560. Tydaca hgbridd var. grandißora 649> 661. — Lindcnii 649, 661. Tglenchus 'Sil, 358, 359. f/Zej:; 501. — europaeus 503. Ullucus tuberosus 198. Limits 3ü, 82, 138. — caiupestris 486—488, 490, 493, 495. — montana 486, 493. — montana va.r. pendula 487, 488, 492. t/Zm 283—285, 287. — Lactuca 283—288. [/■/•eio 525. Urginea maritima (L.) Baker 247. Urobacillus Leubei 446. — pasteurii 446. Urocystis 290, 292. — Anttpolitana 292. — Bornmülleri P. Magn. 290—292. — occulta 292. Uroglena volvox 210, 214. Usiilaginccn 522. Ustiliigo anthcrarum 522, 523, 524, 527. — Maijdis 6. — segetum 293. — striiformis 293. — Trcbouxi 293. Utricularia 337, 340. Vaccinium vitis idara 184, 189. VaUisneria 20U. — spiralis 200. Fa/sa 589, 692. — ampelina 593. — viticola 593. — F/to 586, 687, 590—594. Vaucheria 531, 621—623, 627, 629. Velloziaceen 13. F(?ZMfo'?m 416. Verzeichnis der Pflanzennamen. (129) Verbascum 145. — Thapsus 144. Veronica alpina 378. — saxatüis (58). Viburnum Tinus 53. Vicia 466. — Faba B3, 142, 143, 370, 406, 498, 620, 633. — faba major 307. Victoria regia 199. Yigna 422. — catjang 420, 423. — sesquipedalis 420. — sinensis 420—423, 426. — sinensis forma bndia 425. — sinensis forma fcrruginca 424. — sinensis nigro - ocellata 426. — sinensis forma schizochroa 422. — sinensis forma textilis 423. — unguiculata 420. Vincetoxicum officinalc (47). Viola palustris (60). Viscuw 650. — album 650. F/f/s Riparia 592. — rupestris 592. — vinifera 687, 592, 593. — vulpina 693. woake 424. Weinstock 399. Trei>eji 660. TToofZsm hyperborea (46). Xanthoria 7], 72, 74. 7.'3, 76, 77. — parietina 69, 71 — 74, 77, 78. Zamia 621. .^e« Jtffl/s (Zea Mays) 4, 53. — w^a^s var, androgyna 4. Zizania palustris 199. ZoocMorella 433, 435. Zoogloea 210. Zygorynchus 130, 132, 133. — heieroganim 126, 127, 130. — Moelleri Vuill. 126, 127, 132. Mitgliederliste. (Abgeschlossen am 17. Februar l!)l;i.) Ehrenpräsident. S. Schwendener, Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, in Berlin W 10, Matthäikirchstraße 28. Ehrenmitglieder. Bower, F. 0., Professor der Botanik an der Universität in Glasgow, 1. Hillhead, St. Johns Terrace. Erwählt am 12. September 1907. Famlncyn, A., emer. Professor der Botanik, Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, Wassihevv Ostrow 7te Linie 2. Erwählt am 1. Dezember 1903. Fries, Dr. Th. M., em. Professor der Botanik an der Universität in Uppsala. Erwählt am 12. September 1907. Nathorst, Dr. Alfred G., Professor und Direktor des Phytopaläonto- logischen Museums, Mitglied der Kgi. Schwed. Akademie der Wissenschaften in Stockholm, C. Drottninggatan 96. Erwählt am 12. September 1907. Nawashin, Dr. S., Professor der Botanik in Swjatoschino, Gouv. Kiew. Erwählt am 12. September 1907. Prain, Dr. David, Direktor der Botanischen Gärten in Kew bei London. Erwählt am 12. September 1907. Thaxter, Dr. Roland, Professor der Botanik an der Harvard-Uni- versität in Cambridge, Mass. (U. S. A.), 7 Scott-Str. Erwählt am 12. September 1907. Van Tieghem, Ph., Professor der Botanik, Mitglied des Institut de France in Paris, 16 rue Vauquelin. Erwählt am 12. Septem- ber 1907. Mitgliederliste. (131) de Vries, Dr. Hugo, Professor der Botanik an der Universität in Amsterdam, Parklaan 9. Erwählt am 24. September 1891. Warming, Dr. Eug., Professor der Botanik und Direktor des Bo- tanischen Museums, Mitglied der Königl. Akademie der Wissen- schaften in Kopenhagen. Erwählt am 24. September 1891. Winogradsky, Dr. Sergius, m St. Petersburg, Kaiserl. Institut für ex- perimentelle Medizin. Erwählt am 12. September 1907. Wittrook, Dr. V. B., Professor der Botanik, Mitglied der Königl. Akademie der Wissenschaften in Bergielund, Albano bei Stockholm. Erwählt am 7. August 1908. Korrespondierende Mitglieder. Andersson, Dr. Gunnar, Professor in DjursilOim bei Stockholm. Baifour, J. Bailey, Professor der Botanik an der Universität in Edlnburg. Beccarl, Odoardo, vordem Direktor des Botanischen Gartens und Botanischen Museums in Florenz, z. Z. in Baudino bei Florenz, Villa Beccari. Bejjerlnck, Dr. M. W., Professor am Polytechnikum in Delft (Holland). Bonnjer, Dr. Gaston, Mitglied des Institut de France, Professor der Botanik an der Universität in Paris, Rue d'Estrapade 15. Briquet, Dr. John, Direktor des Botanischen Gartens in Genf. Brotherus, Dr. Viktor Ferdinand, Professor in Helsingfors. de Candolle, Casimir, in Genf. Cavara, Dr. Fr., Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Neapel. Chodat, Dr. Robert, Professor der Botanik an der Universität in Genf. Christ, Dr. Hermann, Oberlandesgerichtsrat in Riehen bei Basel, Burg- straßo 110. Darwin, Francis, M. B., F. R. S., F. L. S. in Cambridge (England), 13 Madinglev Poad. EIfving, Dr. Fredrik, Professor an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens in Helsingfors. Farlow, Dr. W. G., Professor der Botanik an der Universität in Cambridge, Mass. (U. S. A.). Fiahault, Dr. Charles, Professor an der Universität, Direktor des Botanischen Instituts in Montpellier. Guignard, Dr. Leon, Professor der Botanik an der Ecole superieure de pharmacie, Mitglied des Institut de France in Paris, 1 rue des Feuillantines, (132) Mitgliederliste. Harper, R. A., Professor an der Columbia-Universität in New York (U. S. A.). Hemsley, W. B., F. R S., F. L, S. in Kew bei London. Henriques, Dr. J. A., Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Coimbra (Portugal). Ikeno, Dr. S., Professor an der Universität in Tokio. Johannsen, Dr. W., Professor der Pflanzenpli3siologie an der Uni- versität in Kopenhagen. V. Lagerheim, Dr. G., Mitglied der Kgl. Schwedischen Akademie der "Wissenschaften, Professor an der Universität, Direktor des Botanischen Instituts in Stockholm. Lecomte, Dr., Professor in Paris. Mangin, Dr., Professor in Paris. Massart, Dr. J., Professor an der Universität in Brüssel. Matsumura, Dr. J,, Professor an der Universität, Direktor des Bota- nischen Grartens in Tokio. Miyoshi, Dr. Manabu, Professor an der Universität in Tokio. Oliver, Daniel, Professor der Botanik, Mitglied der ßoyal Society in Kew bei London. Oliver, F. W., Professor der Botanik am University College in London 1 the Vale, Chelsea bei London SW. Palladin, Dr. Wl. J., Professor an der Universität in St. Petersburg. Penzig, Dr. Otto, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Genua. Reiche, Dr. Karl, Professor der Botanik an der Universität Mexico (Escuela de Altos Estndios) und Sektionschef am Institute Medice Nacional in Mexico, D. F. Apartado 656. Ridley, H. N., M. A., Direktor des Botanischen Gartens in Singapore. Robinson, Dr. B. L., Professor an der Universität und Kurator des Gray-Herbariums in Cambridge, Mass. (U. S. A.). Rothert, Dr. Wl., früher Professor an der Universität in Odessa, in Krakau, Slowackiallee L Saccardo, Dr. P. A., Professor der Botanik und Direktor des Bota- nischen Gartens an der Universität in Padua. Scott, Dr. D. H., in East Oakley House, Oakley, Hants (England). Seward, A. C, Professor in Cambridge, Huntingdon Eoad (England). Stapf, Dr. Otto, Keeper of Herbarium and Library in Kew bei London. Trelease, William, Professor an der Universität, Direktor des Missouri Botanical Garden in St. Louis (U. S. A.). Went, Dr. F. C, Professor der Botanik in Utrecht (Holland). Wildeman, Dr. Em. de, Professor in Brüssel. Mitgliederliste. (133) Wille, Dr. J. N. F., Professor an der Universität, Direktor des Bota- nischen Gartens in Christianla. Willis, John Chr., M. A., Direktor des Botanisclien Gartens in Rio de Janeiro. Mitglieder. Abranowicz, Erna, in Wien IX, Burggasse 29. Abromeit, Dr. Johannes, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität, Assistent am Botan. Garten in Königsberg i. Pr., Traglieimer KirchenstraHe 80. Allen, Dr. Charles E., Professor of Botany in tlie University of Wisconsin in Madison, Wis. (U. S. A.), 2014 Cliamberlain Avenue. Ambronn, Dr. H., Professor und Direktor des Instituts für Mikro- skopie an der Universität in Jena, Goethestraße 18. Anders, Gustav, Lehrer in Westend bei Berlin, Aka/ienallee 29. Anderson, Dr. Alexander P., 5558 Everett Avenue, American Cereal Co., in Chicago, Bl. (U. S. A.). Andree, Ad., Apothekenbesitzer in Hannover, Schiffgraben 36. Andres, Heinrich, Lehrer in Bonn W (Poppelsdorfj, Kirschallee 12. Andrews, Dr. Frank, Marion, Associate Professor of Botany an der Indiana University in Bloomington, Indiana (U. S. A.), 901 East 10*^^ Street. Anisits, Daniel, Professor, in Berlin-Steglitz, Zimmermannstr. 2, III. Appel, Dr. Otto, Eegierungsrat, Mitglied der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem. Arcangeli, Dr. Giov., Professor der Botanik und Direktor des Bota- nischen Gartens in Pisa, Via S. Maria. Arnoldi, Dr. Wladimir, Professor der Botanik an der Universität in Charkow, Botanischer Universitätsgarten, Klotschkowskaja 52, Artari, Dr. A., Privatdozent in Moskau, Botan. Laborator. d. Kaiserl. Techn. Hochschule. Arthur, J. C, Professor der Botanik an der Purdue University in Lafayette, Indiana (U. S. A.). Ascherson, Dr. Paul, Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik an der Universität in Berlin W, Bülowstraße 50, pt. (134) Mitgliederliste, ^b Babiy, Johanna, in Mödling bei Wien. Baccarini, Dr. Pasquale, Professor und Direktor des Reale Orto botanico in Florenz, Via Lamarmora Nr. 6 ^^\ Bachmann, Dr. E,, Professor, Konrektor am E-ealgymnasium in Plauen im Vogtlande, Leißnerstr. 1. Bachmann, Dr. Hans, Professor in Luzern, Brambergstr. 5a. Baesecke, Dr. P., Apotheker in Bpaunschwelg, Eiermarkt 1. Ball, Dr. 0. Melville, Professor der Biologie in College Station, Texas (U. S. A.). Bally, Dr. Walter, Privatdozent der Botanik, Assistent am Botan. Institut der Universität in Bonn, Kurfürstenstr. 11. Bartke, R., Professor an der Städtischen Realschule in Kottbus, Turnstr. 7, pt. Baur, Dr. Erwin, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Instituts an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin N, Invalidenstr. 42. Wohnung: Friedrichshagen bei Berlin. Beck, Dr. Günther, Ritter von Mannagetta und Lerchenau, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartons und Instituts der Deutschen Universität in Prag II, Weinberggasse ba. Becker, H., Dr. med. in Grahamstown (Südafrika), Die Duveneck. Behrens, Dr. Joh., Geh, Regierungsrat, Professor, Direktor der Kaiserl. Bioloo-ischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem. Belajeff, Dr. W., Kurator der Volksaufklärung in Warschau, Krakauer Vorstadt 28 (Rußland). Benecke, Dr. W., Professor der Botanik an der Universität in Berlin NW, Botan. Institut, Dorotheenstr. 6. Berthold, Dr. G., Geh. Regierungsrat, Professor der Botanik und Direktor des Pflanzenphysiologischexi Instituts in Göttingen. Bessey, Dr. Ernst A., B. Sc, M. A., Professor of Botanj^ am Michigan Agricultural College in East Lanslng, Michigan (U.S.A.). Beyer, R., Professor, Oberlehrer in Berlin 0, Raupachstr. 13, I. Bitter, Dr. Georg, Direktor des Botanischen Gartens in Bremen. Bode, Dr., Assistent am Institut für Gärungsgewerbe m Berlin N, Seestr. 61, in Hermsdorf bei Berlin. Boergesen, Dr. Fr., Bibliothekar am Botanischen Museum in Kopenhagen, Östbanegade 7. Bogen, Alfred, Lehrer in Berlin 0, Eldenaer Str. 20. Bohlin, Dr. Knut, Lektor, Privatdozent der Botanik an der Uni- versität in Stockholm, Asögatan 79. Bohutinsky, Gustav, Professor an der Höheren Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Krizevci (Kroatien). Mitgliederliste. (135) Boresch, Dr. Karl, Assistent am Pflanzenphysiologischen Institut der Deutschen Universität in Prag II, Weinberggasse 3a, Borzi, A., Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens und des Pflanzenphysiologischen Instituts der Uni- versität in Palermo. Brand, Dr. Friedrich, in München, Liebigstr. 3. Brandes, W., Medizinalrat, Apotheker in Hannover, Maschstr. 3a. Braungart, Dr. R., Professor in München, Fürstenstr. 18, I. Bremerkamp, Dr. C. E. B. in Pasuruan (Java). Brendel, R., Fabrikant botanischer Modelle in Berlin-Grunewald, Bis- marckallee 37. Brick, Dr. C, Professor, Assistent am Botanischen Museum, Leiter der Station für Pflanzenschutz in Hamburg V, St.-Greorgs-Kirch- hof 6, I. Briosi, Dr. Giovanni, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Laboratorio crittogamico in Pavia (Italien). Brück, Dr. Werner Friedrich, Privatdozent in Gießen, Liebigstr. 97, II. Brunnkov\^, Reinhardt in Stettin. Brunn, Dr. Julius, in Kiel, Harmsstr. 12 b. Brunnthaler, Josef, Konservator am Botan. Institut der Universität, Greneralsekretär der k. k. Zool, -botan. Gesellschaft in Wien III, Stanislausgasse 5. Bubäk, Dr. Franz, Professor der Botanik und der Pflanzenkrank- heiten an der Landwirtschaftlichen Akademie in Täbor (Böhmen). Bücher, Dr. Hermann, Versuchsanstalt für Landeskultur in Victoria (Kamerun), z. Z. Buea (Kamerun). Bucherer, Dr. Emil, in Basel, Jurastr. 54. Buchwald, Dr. Johannes, Professor, Wissenschaftlicher Direktor der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in Berlin NW 23, Klopstockstr. 49. Buder, Dr. Johannes, Privatdozent an der Universität in Leipzig, Botanisches Institut, Linnestr. 1. Burchard, Dr. 0., in Puerto de Orotava, Teneriffa, Kanarische Inseln La Paz. Adr. für Paketsendungen: Kais. Deutsches Konsulat, Santa Cruz de Tenerife, Canarias, via Hamburg p. Wörmann- Linie. Burgelf, Dr. Hans in München, Pflanzenphysiolog. Institut. Burgerstein, Dr. Alfred, k. k. ßegierungsrat, a. o, Professor an der Universität in Wien ll/l, Karmeliterplatz 5. Burret, Dr., Assistent am Botanischen Institut der Landwirtschaft- lichen Hochschule in Berlin N 4, Invalidenstr. 42. Buscalioni, Dr. Luigi, Professor der Botanik und Direktor des Bo- tanischen Gartens in Catania (Sizilien). (136) Mitgliederliste. "o Büsgen, Dr. M., Professor der Botanik an der rorstakademie in Hann.-Münden, Bismarckstr. 606a. Busse, Dr. Walter, Geh. Reg.-liat, Vortragender Hat im ßeichs- kolonialamt, Privatdozent der Botanik an der Universität Berlin, in Berlin-Wilmersdorf, Hildegardstr. 2. Campbell, Dr. Douglas H., Professor der Botanik an der Stanford üniversity in Palo Alto, Kalifornien (U. S. A.). Cavara, Dr., Fridiano, Professor der Botanik und Direktor des ßeale Orto botanico in Neapel. Celakovsky, Dr. Ladislav, Professor der Botanik an der Böhmischen Technischen Hochschule in Prag, Kgl. Weinberge, Villa Grobe. Chamberlain, Dr. Charles, Associate Professor of Botany, in Chicago, 111. (ü. S. A.), üniversity, Dpt. of Botany. Chodat, Dr. R., Professor der Botanik an der Universität in Genf. Christensen, Carl, mag. scient. in Kopenhagen, Skaanesgade 6. Claußen, Dr. Peter, Regierungsrat, Professor, Mitglied d. Kais. Biolog. Anstalt für Land- und Forstwirtschaft, Privatdozent an der Universität Berlin, in Berlin-Steglitz, Rothenburgstr. 41, III. Conwentz, Dr. H., Geh. ßegierungsrat, Professor, Leiter der Staat- lichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen, in Berlin W 57, Elßholzstr. 13 IL Correns, Dr. Carl E., Professor der Botanik, Direktor des Botanischen Gartens uud des Botanischen Instituts der Universität in Münster i. W., Schloßgarten. Cuboni, Dr., Professor, Direktor der Stazione di Patologia vegetale in Rom, Via St. Susanna. Czapek, Dr. Friedrich, Professor der Botanik an der k. k. Deutschen Universität in Prag II, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität, Weinberggasse 8 a. . ^ Dalmer, Dr. Moritz, Gymnasialoberlehrer in Tannenfeld bei Möbdenitz (Sachsen-Altenburg). Damm, Dr. Otto, ordentlicher Lehrer an der höheren Mädchenschule in Charlottenburg 5, Windscheidstr. 25. Darbishire, Dr. 0. V., in Bristol, Universität. Davis, Dr. Bradley Moore, Professor in Philadelphia, Pa. (U. S. A.), Üniversity of Pennsylvania, Botanical Laboratory. V. Degen, Dr. Arpad, Direktor der Samenkontrollstation in Budapest VI, Varosl. fasor 20. MtgliederlLste. (137) Deleano, Dr. Nicolas C, in St. Petersburg, Petersburgskaja Storana Bolschaja Puschkarskaja 28a, z. Z. Marburg a. L., Villa Sibiria. Dengler, Dr., Kgi. Oberförster in Reinhausen, Kr. Göttingen, Ober- försterei. Dennert, Dr. E., Professor, wissenschaftlicher Direktor des Kepler- bundes in Godesberg a. Rhein, Eömerstr. 23. Detmer, Dr. W., Professor der Botanik an der Universität in Jena, Sonnenbergstr. la. Derschau, Dr. Max von, in Auerbach an der Bergstraße (Hessen). Dieis, Dr. L, Professor der Botanik in Marburg a. d. Lahn, Bismarck- straße 32. Dietel, Dr. P., Oberlehrer in Zwickau, Carolastr. 21. Oingler, Dr. Hermann, Professor der Botanik in AschafFenburg (Bayern), Grünevvaldstr. 16. Dittrich, Dr. Gustav, Gyinnasialoberlehrer in Breslau XVI, LJferzeile 14. Docters van Leeuwen, Dr. W., in Samarang (Java). Dohrn, Dr. Reinhard, Direktor der Zoologischen Station in Neapel. Doposcheg-Uhlär, Dr. J., k. k. Hauptmann a. D. in München, Ohmstr. 15. Drude, Dr. Oskar, Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Tech- nischen Hochschule und Direktor des Botanischen Gartens in Dresden, Botanischer Garten. Duggar, Dr. Benjamin M., Professor der Pflanzenphysiologie am Missouri Botanical Garden in St. Louis, Miss. (U. S. A.). Dunzinger, Dr. Gustav, Assistent am Botanischen Institut der Tech- nischen Hochschule in München, Agnesstr. 4. Düsen, Dr. P., in Berg bei Vreta Kloster, Östergotland in Schweden, z. Z. p, Adr. Dr. Vestermann in Caritzbo, Estado do Parona (Brasilien). Duysen, Dr. Franz, Assistent an der vegetabilischen Abteilung der Kgi. Landwirtschaft!. Hochschule in Berlin NW 23, AltonaerStr. 10. East, Dr. Edward Murray, Professor of Experimental Plant Morpho- logie an der Harvard University in Cambridge, Bussey Institution, Forest Hills, Mass. (U. S. A.). Engler, Dr. A., Geheimer Oberregierungsrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens und Museums, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, in Berlin-Dahlem. Engler, Dr. V., in Breslau, Botan. Institut d. Universität. (138) Mitgliederliste. Ernst, Dr. Alfred, Professor der Botanik und Direktor des Botanisch- pliysiologisclien Laboratoriums der Universität in Zürich IV, Frohburgstraße 70. Esser, P. HJ. (S. Y. D.), Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen in St. Gabriel bei Mödling-Wien. Esser, Dr. P., Direktor des Botanischen Gartens in CÖln a. Rh. Ewert, Dr., Professor, Lehrer der Botanik und Leiter der botanischen Abteilung der Versuchsstation des Pomologischen Instituts in Proskau (Oberschlesien). Faber, Dr. F. C. von, Vorsteher der Botanischen Laboratorien s' Lands Plantentuin in Buitenzorg (Java). Falkenberg, Dr. Paul, Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Di- rektor des Botan. Gartens und des Botanischen Instituts in Rostock i. M. Farlow, Dr. W. G., Professor der Botanik an der Universität in Cambridge, Mass. (U. S. A.), Quincy Street 24. Farmer, J. B., M. A., Professor der Botanik in London W, South Park, Gerrards Gross, Bucks. Fay, Percy, B. A. (Cantab.), Int. B. Sc (London), in Berlin NW 23, Holsteiner Ufer 21, IV. Fedde, Dr. Friedrich, Professor, Oberlehrer in Berlin- Wilmersdorf, Weimarische Straße 3. Fedtschenko, Boris von, Oberbotaniker am Botanischen Garten in St. Petersburg. Feldbausch, Karl, stud. jur. in Landau (Pfalz), Xylanderstr. 1. Figdor, Dr. W., Professor an der Universität in Wien III, Metternich- gasse 4. Fischer, Dr. Alfred, Professor der Botanik in Leipzig, Grassistr. 33, I. Fischer, Dr. Ed., Professor der Botanik in Bern, Kirchenfeldstr. 14. Fischer, Dr. Hugo, Privatdozent der Botanik, wissenschaftlicher Mit- arbeiter der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, Schriftleiter der Gartenflora in Berlin-Friedenau, Goßlerstr. 5. Fischer von Waldheim, Dr. Alexander, Kais, russischer Geheimer Rat, Exzellenz, emerit. ordentl. Professor der Botanik, Direktor des Kaiserlichen Botanischen Gartens in St. Petersburg. Fitting, Dr. Hans, Professor der Botanik, Direktor des Botan. Instituts in Bonn a. Rh., Poppelsdorfer Schloß. Flahauit, Dr. Charles, Professor an der Universität, Direktor des Botanischen Instituts in Montpellier. Focke, Dr. W. 0., Medizinalrat in Bremen, Beim Steinernen Kreuz 5- Mitgliederliste. (139) Forenbacher, Dr. Aurel, Professor, Adjunkt am Botanisch-i^hysi- ologisclierL Institut der Universität in Agram (Zagreb), Pri- morska nt. 28. Forti, Dr. Achille, in Verona, Via St. Eufemia. Fries, Dr. Rob. E., Privatdozent an der Universität in Uppsala. Fritsch, Dr. Karl, Professor der Botanik und Vorstand des Botanischen Laboratoriums an der Universität in Graz (Steiermark), Albert- straße 19. Fritsch, Dr. F. E., Professor der Botanik am East London College (University of London) in London NW, Brondesbury, 77 Chats- wortli ßoad. Frösche!, Dr. Pau , Assistent am Botan. Institut in Czemowitz. Fuchs, Dr. J., Assistent an der Kaiserl, Biolog. Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem. Fünfstück, Dr. Moritz, Professor der Botanik an der Technischen Hochschule in Stuttgart, Ameisenbergstr. 7. Furlani, Dr. Hans, Professor, k. k. Gymnasiallehrer in Görz, Corso Francesco Giuseppe 25. Fürnrohr, Dr. Heinrich, Hofrat, Vorstand der Botanischen Gesell- schaft in Regensburg. Fujii, Dr. K., Professor der Botanik in Tokio, Botanisches Listitut und Botanischer Garten der Universität. Gassner, Dr. Gustav, Professor, Privatdozent an der Universität in Rostock 1. M., Johann-Albrecht-Str. 15. Gatin, Dr. C. L., Preparateur de botanique ä la Sorbonne in Versailles (Seine et Oise), 13 rue Jacques Boyceau. Gehrmann, Dr. K., Leiter des Botanischen Gartens in Rabaul auf Neu-Guinea. Geisenheyner, L., Gymnasialoberlehrer in Kreuznach. Gero, Arpad., k. Ungar. Oberrealschulprofessor, z.Zt. in Charlottenburg, Pestalozzistr. 101. Giesenhagen, Dr. Karl, Professor d. Botanik, Vorstand des Botanischen Instituts der Technischen Hochschule in München, Schackstr. 2,11. Glessler, Dr. Rudolf, Kustos am Bot. Institut in Leipzig, Sidonienstr. 19. Gilbert, Edward, M., Assistant Professor of Botany, the University of Wisconsin in Madison (ü. S. A.). Gilg, Dr. Ernst, Professor der Botanik an der Universität, Kustos am Botan. Museum in Berlin-Steglitz, Grenzburgstr. 5. Gjurasin, Dr. Stjepan, Prof. a. Mädchenlyzeum in Agram (Kroatien), Pantoviac 80. (140) Mitgliederliste. Glück, Dr. Hugo, Pro iessor der Botanik in Heidelberg, Brückenstr. 18, 1. Gobi, -Dr. Chr., Ex/cHenz, Professor der Botanik an der Universität in St. Petersburg, Wassilü Ostrow, 9. Linie, 46, Qu. 34. Goebel, Dr. K. von. Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanisclien Gartens nnd des Pflanzenphysiologischen Instituts in München, iMenzinger Str. 25. Goethart, Di-. J. W. Chr., Konservator am lleichslierbariurn in Leiden (Niederlande), llijn-Schickade 78. Graebner, Dr. P., Professor, Kustos am Botanischen Garten in Dahlem, in Berlin-Lichterfelde, Viktoriastr. 8. Gräfe, Dr. Victor, Dozent der Botanik an der Universität in Wien VIII, Hamerlingplatz 9. Gran, Dr. H., Professor der Botanik an der Universität in Christiania, Botanisches Institut. Grosser, Dr. Wilhelm, Direktor der Agrikulturbotanischen Versuchs- station in Breslau X, Matthiasplatz 1. Grüß, Dl'. J., Professor, Oberlehrer in Friedrichshagen bei Berhn, Königstr. 5. Grün, Carl, Assistent am Laboratorium für allgemeine Botanik an der Universität in Zürich IV, Universitätsstr. 87, ILI. Günthart, Dr. August in Leipzig, Poststr. 3. Guttenberg, Dr. Hermann Ritter von, Privatdozent für allgemeine Botanik, Assistent am Botanischen Institut der Universität in Berlin, Dorotheenstr. 6. Gwynne-Vaughan, D. J., M. A., Professor der Botanik an der Universität in Belfast, Irland. Haacke, Dr. Otto, Professor, Eealgymnasialoberlehrer in Plauen 1. V., Streits Berg. Haase-Bessell, Gertrud, Frau verw. Dr. med. in Dresden -N. 6, Hospitalstr. 3, II. Haberlandt, Dr. G., Geh.Eeg.-Eat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Instituts der Universität Berlin, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, in Berlin-Charlottenburg, Lietzen- seeufer 1. Hagem, Oscar, cand. real, Stipendiat der Botanik in Bergen (Nor- wegen), Botanisches Institut des Museums. Hagen, Dr. J., Bezirksarzt in Trondhjem (Norwegen). Hallier, Dr. Hans, Konservator am Reichsherbarium in Leiden (Holland), Maria-Gonda-Straat 37. Mitgliederliste. (141) Hämmerle, Dr. J., Oberlehrer an der höheren Staatsschule in Döse bei Cuxhaven, in Cuxhaven, Marienstr. 29, L Häuser, Robert, Kand. d. höheren Lehramts in Saarbrücken 2, Trierer Str. 11. Hanausek, Dr. T. F., k. k. Eegierungsrat, Professor in Wien VII/3, Schottenfeldgasse 82. Hannig, Dr. E., Prof. der Botanik an der Universität in Straß- burg j. E., Botanisches Institut. Hanselmann, E., stud. rer. nat. , Assistent am Bot. physiol. Labo- ratorium d. Universität in Zürich IV, Leonhardstr. 19. Hansen, Dr. Adolf, Geh. Hofrat, Professor der Botanik, Direktor des Botanischen Gartens in Gießen, Leberstr. 21. Hansteen, Dr. B., Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Aas bei Christiania (Norwegen). Härder, Dr. Richard, Assistent am Bot. Institut der Universität in Kiel. Harms, Dr. H., Professor, wissenschaftlicher Beamter der Königlichen Akademie der Wissenschaften, in Berlin-Friedenau, Eingstr. 44. Harper, R. A., Professor an der Columbia University New York City in New York (U. S. A.). Harster, Richard, Assistent am Botan. Institut der Technischen Hoch- schule in München. Hartmann, Dr. Max, Professor, Privatdozent der Zoologie an der Universität Berlin, in Frohnau (Mark), Maximiliancorso. Hartwich, Dr. C, Professor der Pharmakognosie an d. Eidg. Tech- nischen Hochschule in Zürich, Freie Straße 76. Haupt, Dr. Hugo, in Bautzen, Muettigstr. 35. Hausrath, Dr. Hans, Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe, Kaiserstr. 12. Hecke, Dr. Ludwig, Professor an der Hochschule für Bodenkultur in Wien XVIII, Hochschulstr. 17. Heerlng, Dr. W., in Hamburg 37, Isestr. 27, III Hegi, Dr. Gustav, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität in München, Richard-Wagner-Str. 27, III. Heiden, Dr. H., in Rostock i. MckIbg., Prinz-Friedrich-Karl-Straße 2. Heidmann, Anton in Wien III, Xealinggasse 24. Heilbronn, Dr. Alfred, Assistent am Bot. Inst, der Universität in Münster i. W. Heinricher, Dr. E., Professor der Botanik nnd Direktor des Bota- nischen Gartens der Universität in Innsbruck. Heinsius, Dr. H. W., in Amsterdam, P. C. Hooftstraat 144. Hergt, B., Professor in Weimar, Cranachstr. 8. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXX. (10) (142) Mitgliederliste. Hering, Dr. Georg, llcalg^-mnasialleluer in Dresden-Blasewitz, Keal- gymnasinin, Kyffliäuserstr. 23. Herrig, Friedrich, Assistent am Bot. Institut der Universität Berlin, in Charlottenburg, Philippstr. 6. Herrmann, E., Königl. Eegierungs- und Forstrat in Langfuhr bei Danzig, Kastanienweg 8. Herter, Dr. W., Professor der Botanik am Istituto agronomico (Escola d'Euglienharia) in Porto Allegre, Rio Grande do Sul. Heukels, H., Lehrer an der Realschule in Amsterdam, Weesperzijde 81. Hieronymus, Dr. Georg, Professor, Kustos am Botanischen Museum zu Dahlem, in Berlin-Steglitz, Grunewaldstr, 27. Hildebrand, Dr. F., Geh. Hofrat, Professor der Botanik in Freiburg i. B., Karlstr. 65. Hill, A. W., M. A., Assistant-Director an Royal Botanic. Gardens in Kew, Branstone Road 4. Hill, T. G., A. R. C. S., Assistant-Professor of Botany in London WC, University College. Hillmann, Dr. P., Privatdozent a. d. Landw. Hochschule, Geschäfts- führer der Saatzuchtstelle der Deutschen Landwirtschafts-Gesell- schaft in Berlin SW II, Dessauer Straße 14. Hils, Dr. Ernst, Oberlehrer in Berlin-Haiensee, Katharinenstr. 2L Hiltner, Dr., Professor, Regierungsrat, Direktor der Agrikulturbotani- schen Versuchsanstalt in München-Schwabing, Osterwaldstraße 9. Hinneberg, Dr. P., in Altona-Ottensen, Flottbeker Chaussee 29. Hinze, Dr. G., in Zerbst, Friedrichsholzallee 28. HÖCk, Dr. Fernando, Professor am Realgymnasium in Perleberg, Wittenberger Straße 15. HofFmann, Dr. Ferd., Professor, Oberlehrer in ChaHottenburg, Kaiser-Friedrich-Straße 58. HofFmeister, Dr. Camill, Professor an der k. k. Gewerbeschule in Bielitz (Österreich. -Schlesien). HÖhnel, Dr. Fr., Ritter von, Hofrat, Professor an der Technischen Hochschule in Wien IV, Karlsplatz 13. HÖstermann, Dr. G., Vorstand der pflanzenphysiologischen Abteilung und Lehrer an der K. Gärtner-Lehranstalt zu Dahlem, in Berlin- Steglitz, Schloßstr. 32. Hollrung, Dr. M., Professor, Lektor für Pflanzenpathologie an der Universität in Halle a. S., Dorotheenstr. 18, IL Holtermann, Dr. Carl, Professor, Privatdozent derBotanik in Berlin NW, Dorotheenstr. 6. Horn, Paul, Apotheker in Waren (Mecklenburg). Houtermans, Elsa, in Wien I, Börseplatz 6. Mitgliederliste. (143) iiunger, Dr. F. W. T., Direktor der Algemeen Proefstation, Salatiga (Java), z, Zt. Adr. Amsterdam, van Eeghenstraat 52. Iltis, Dr. Hugo, Privatdozent an der Franz-Josef Technischen Hoch- schule in Brunn, Schmerlinggasse 28. fssatschenko, Boris, Privatdozent der Botanik an der Universität, Vorsteher der Samenprüfungsstation in St. Petersburg, Kaiserl. Botanischer Garten. istvänffi, Dr. Gyuia von (Schaarschmid, J.), Direktor der Ungarischen Ampelologischen Zentralanstalt, in Budapest II, Törökvesz, Debröi üt 15. Ivanow, Sergius, Magister der Botanik, Assistent in Moskau, Basu- mowskoje C. X. U. Jwanowski, Dr. Dimitri, Professor der Pflanzenphysiologie an der Universität in Warschau, Nowogrodzkastr. 60. Jaap, 0., Lehrer in Hamburg 25, Burggarten la. Jaccard, Dr. Paul, Professor d. Botanik ara Eidgen. Polytechnikum in Zürich, Konkordiastr. 12. Jahn, Dr. Eduard, Professor, Oberlehrer in Charlottenburg 5, Witz- lebenstr. 41. Jakowatz, Dr. A., Professor an der Landwirtschaftlichen Akademie in Tetschen-Liebwerd (Böhmen). Janzen, Nikolaus, stud. phil. in Zürich IV, Kinkelstr. 70. Jensen, Hjaimar, in Buitenzorg auf Java, 's Lands Plantentuin. Johannsen, Dr. W., Professor der Pflanzenphysiologie an der Uni- versität in Kopenhagen, Botanischer Garten, Gothersgade 140, Johnson, Dr. T., F. L. S., Professor der Botanik am Royal College of Science und Kustos der botanischen Sammlungen des Nationalmuseums in Dublin. Jongmans, Dr. Wilhelm, Konservator am Eeichsherbarium in Leiden (Holland), Breetstraat 137. Jost, Dr. Ludwig, Professor der Botanik in Straßburg i. E., Botan. Institut der Universität. Junk, W., m Charlottenburg, Kurfürstendamm 201. Kabät, Jos. Em., emeritierter Zuckerfabrikdirektor in Turnau 544 (Böhmen). Kamerling, Dr. Z., Vorstand der biologischen Abteilung der Ver- suchsstation für Zackerrohr in Campos (Brasilien). (10*) (144) Mitgliederliste. Karsten, Dr. George, Pi-ofessor der Botcanik und Direktor des Botan. Gartens in Halle a. S., Botan. Institut. Katic, Dr. Danilo, Professor am IIL G^'mnasiuni in Belgrad (Serbien). Kegel, Dr. Werner, in Bremen, Braunschweiger Stralie 5. Keller, Dr. Robert, Gymnasialrektor in Winterthur, Trollstr. 32. Kienltz-GerlofF, Dr. F., Professor, Direktor der Landwirtschaftsscliule in Weilburg, Keg.-Bez. Wiesbaden. Killian, Dr. Karl, in Rovigno (Istrien), Zoologische Station. Kirchner, Dr. 0. von, Professor der Botanik an der Landwirtschaft- lichen Hochschule in HohenheJm bei Stuttgart. Klebahn, Dr. H., Professor, in Hamburg 30, Curschmannstr. 27. Klebs, Dr. Georg, Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Heidelberg. Klein, Dr. Edmund, Professor in Luxemburg, Äußerer Eiug 20. Klein, Gustav, stud. phil. in Wien I, Universität. Klein, Dr. Jul., Professor der Botanik am k. ungar. Josephs- Polytechnikum in Budapest I, Polytechnikum. Klein, Dr. Ludwig, Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens an der Technischen Hochschule in Karlsruhe in Baden, Kaiserstr. 2, Botanisches Institut. Klein, Richard, stud. phil. in Wien II, Negerlegasse 4. Klemt, Dr. F., Oberlehrer in Berlin-Lichtenberg, Rathausstr. 7, IL Klenke, Dr. Heinrich, in Göttingen, Pflanzenphysiolog. Institut der Universität. Kluyver, A. J., Dipl. -Ingenieur in Delft (Holland), Laan van Overvest 52. Kneucker, A., Redakteur der Allgemeinen botanischen Zeitschrift in Karlsruhe in Baden, Werderplatz 48. Kniep, Dr. Hans, Professor der Botanik in Straßburg i. E., Gailer- straße 37, I. Knischewsky, Dr. Olga, in Flörsheim a. M., Chem. Fabrik Nördlinger. Knoll, Dr. F., Privatdozent für Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Universität, Adjunkt an der k. k. Allgem- Untersuchungsanstalt für Lebensmittel in Graz, Universitätsstr.6. Knuth, Dr. Reinhard, Oberlehrer in Berlin-Wilmersdorf, Wilhelms- aue 12, IV. Kny, Dr. L., Geheimer Eegierungsrat, ord. Honorar-Professor der Botanik a. d. Universität Berlin, früher Direktor d. Pflanzen- physiologischen Instituts und etatsmäßiger Professor a. d.. Landw. Hochschule, in Berlin-Wilmersdorf, Kaiserallee 186/187. Mitgliederliste. (145) Koch, Dr. Alfred, Professor, Direktor des Landvvirtscliaftlicli-bakterio- logischen Instituts an der Universität Göttingen, Herausgeber des Jahresberichtes über die Fortschritte in der Lehre von den Gärungsorganismen, in Göttingen, Schildweg 13. Koch, Dr. L., Professor der Botanik an der Universität in Heidelberg, Sophienstr. 25. Koehne, Dr. E., Professor in Berlin-Frjedenau, Wiesbadener Str. 84, II. Koernicke, Dr. Max, Professor der Botanik an der Landwirtschafth Akademie in Poppeisdorf und der Universität in Bonn, Bonner Talweg 45. Kolkwitz, Dr. Richard, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität und an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, wissenschaftliches Mitglied der Versuchs- und Prüfungs- anstalt für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, in Berlin-Steglitz, Rothenburgstr. 30. Koriba, Dr. K., in Tokio, Botan. Institut der Universität. Kornauth, Dr., Uegierungsrat, Vorstand der k. k. Landwirtschaftlich- bakteriologischen und Pflanzenschutzstation in Wien ll/l, Truramerstr. 1. Korschelt, Dr. P., Oberlehrer am Königl. Realgymnasium in Zittau i. S., Königsstr. 2L Kränzlin, Dr. F., Professor in Berlin C, Klosterstr. 73. Krasser, Dr. Fridolin, Professor der Botanik an der k. k. Deutschen Technischen Hochschule in Prag, Hußgasse 5. Kratzmann, Ernst, stud. phil. in Wien VII, Neubaugürtel 22. Kraus, Dr. C, Geh. Hof rat, Professor an der Technischen Hochschule in München, Luisenstr. 24, II. Kraus, Dr. Gregor, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Würzburg, Klinikstr. 12. Krause, Dr. Kurt, Assistent am Königl. Botanischen Museum in Berlin-Dahlem. Kroemer, Dr. Karl, Professor, Vorstand der Pflanzenphysiologischen Versuchsstation der Lehranstalt für Wein-, Obst- und Garten- bau in Geisenheim a. Rh. Krüger, Dr. Friedrich, Professor, Kaiserl. Technischer Rat und Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Biologischen Anstalt zu Dahlem, in Berlin-Lichterfelde-Ost, Hobrechtstr. 10. Krull, Rudolph, Apotheker in Breslau X, Rosenthaler Straße 45. Kubart, Dr. Bruno, Privatdozent für Botanik und Assistent am In- stitut für systematische Botanik in Graz. Kuckuck, Dr. Paul, Professor, Kustos für Botanik an der Biologischen Anstalt auf Helgoland. (146) Mitgliederliste. Kumm, Dr., Professor, Direktor des Westpreußischen Provinzial- Museums in Danzig, Langemarkt 24. Kuntzen, Dr. Heinrich, Assistent am Zoolog. Museum zu Berlin, in Karlshorst, Treskowallee 57A. Kurtz, Dr. Fritz, Professor der Botanik, Direktor des Botanischea Museums an der Universität und Mitglied der Academia nacional de ciencias in CÖrdoba (Argentinische Republik). Küster, Dr. Ernst, Professor der Botanik an d. Universität, Heraus- geber der „Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie" in Bonn a. Rh., Endenicher Allee 28. Lafar, Dr. Franz, Professor der Gärungsphysiologie und Bakteriologie an der Technischen Hochschule in Wien IV, 1, Karlsplatz 13. La Garde, Dr. Roland, in Smichow bei Prag 197, Kreuzherrengasse 7. Lagerheim, Dr. G. von, Mitglied der Kgl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Instituts in Stockholm N, Stockhohns Högskola. Laibach, Dr. Fr., in Frankfurt a. M., Lindenstr. 10. Lakon, Dr. G., Assistent am Botan. Institut der Kgl. Forstakademie in Tharandt i. S. Lakowitz, Dr. C., Professor, Oberlehrer in Danzig, Frauengasse 26, Lande, Max, Yerlagsbuchhändler in Berlin-Steglitz, Schloßstr. 53. Langer, Professor in Posen, W. 3, Siemensstraße. Lauterbach, Dr. C, Rittergutsbesitzer auf Stabelwitz bei Deutsch-Lissa, Lebedeff, A. F., Magistrant der Agronomie, Assistent am Agrikultur- chemischen Laboratorium d. Kaiserl. Neurussischen Universität in Odessa. Lehmann, Dr. Ernst, Privatdozent und Assistent am Botan. Institut der Universität in Tübingen, Lustnauer Allee. Leininger, Dr. Hermann, Lehramtspraktikant in Heidelberg, Laden- burger Straße 23. Leisering, Dr. Bruno, in Berlin NO 55, Braunsberger Str. 15. Lemcke, Dr. Alfred, Vorsteher des Samenuntersuchungsamtes und der Pflanzenschutzstelle der Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen in Königsberg i. Pr., Köttelstr. 11. Lemmermann, Dr. E., Assistent für Botanik am Städtischen Museum für Natur-, Völker- und Handelskunde in Bremen, Celler Straße 41. Lepeschkin, Dr. W. Wlad., Professor der Botanik, Direktor des Botan. Laboratoriums und Gartens der Universität in Kasan, Privat- adresse: Ljadskaja d. Molotkowa. Mitaliederliste. "O (147) Lesage, Dr. Pierre, Professeur, Adjoint ä la Faculte des Sciences in Rennes. Lidforss, Dr. Bengi, Professor an der Universität und Direktor des Pflanzenphysiolog. Instituts in Lund (Schweden). Liebenberg, Dr. Ad. Eitter von, k. k. Hofrat, Professor an der Hoch- schule für Bodenkultur in Wien XVIII, Hochschulstraße 17. Lieske, Dr. Rudolf, in Dresden-A., Gambrinusstr. 16. Lindau, Dr. Gustav, Professor, Privatdozent der Botanik, Kustos am Botanischen Museum zu Dahlem, in Berlin-Lichterfelde, Moltke- straße 3. Lindner, Dr. Paul, Professor in Berlin N 65, Seestraße 4, Institut für Gärungsgewerbe. Linhart, Dr. Georg, Kgl. Kat, Professor an der Ungarischen Land- wirtschaftlichen Akademie in Ungarisch-Altenburg (Magyar Ovar). Linsbauer, Dr. Karl, Professor an der Universität in Graz, Pflanzonphys. Institut. Lloyd, L. G., The Lloyd Library, Cincinnati, 0. (ü. S. A.), 309 West Court Street. Loesener, Dr. Th., Professor, Kustos am Botanischen Museum zu Dahlem, in Berlin-Steglitz, Humboldtstr. 28. Lopriore, Dr. Giuseppe, Professor der Botanik an der Universität und Direktor der Regia Stazione Sperimentale Agraria zu Modena, Herausgeber der„Stazioni SperimentaliAgrarie Italiane" in Modena. Ludwig, Dr. Alfred, Oberlehrer in Forbach (Lothr.), Schloßbergstr. 11. Ludwigs, Dr. Karl, in Victoria (Kamerun), Bot. Garten. Luerssen, Dr. Chr., Geh. ßeg.-Rat, Professor in Danzig-Langfuhr, Bahnhofstr. 4. Mac Kenney, Dr. Randolph E. B., Professor, Expert im Bureau of Plant Industry, U. S. Department of A.griculture. Adr. für Postsendungen: Cosmos Club, Washington, D. C. (U. S. A.) Mac-Leod, Professor der Botanik und Direktor des Botao. Gartens in Gent (Belgien). Magnus, Dr. P., Geh. Regierungsrat, Professor der Botanik an der Universität in Berlin W, Blumes Hof 15. Magnus, Dr. Werner, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität und an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin W, Friedrich- Wilhelm- Straße 26. ■*- Mägocsy-Dietz, Dr. Sändor, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Bot. Gartens in Budapest VIII, Illesu 25. (148) JMitgliederliste. Maine, Dr. R., Professor an der „Faculte des Sciences de i'Universite" in Algier. Marloth. Dr. Rudolf, in Kapstadt (Süd-Afrika), P. 0. box 359. Matthiesen, Dr. R., Redakteur des Tropenpflanzer in Berlin, Unter den Linden 43, Kol. wirtsch. Komitee. MattlrolO, Dr. 0., Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Turin, Valentino. Mäule, Dr. C, Professor am Gymnasium in Cannstait- Stuttgart, Ludwigstraße 17. Maurizio, Dr. A., Professor an der k. k. Technischen Hochschule in Lemberg, Botan. Institut. Menzel, Dr. Paul, Sanitätsrat in Dresden, Mathildenstr. 46, I. Meyer, Dr. Arthur, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Marburg a. d. L., Botanisches Institut. Mez, Dr. C, Professor der Botanik in Königsberg i. Pr , Botanisches Institut. Miehe, Dr. Hugo, Professor der Botanik an der Universität in Leipzig, Marienstr. 6, II. Migula, Dr. W., Professor der Botanik an der Forstlehranstalt in Eisenach, Richard- VVagner-Str. 3. Mikosch, Dr. C, Professor an der Technischen Hochschule in Brünn. Mildbraed, Dr. K., Kustos am Botanischen Museum in Berlin-Dahlem. Miliarakis, Dr. S., Professor an der Universität in Athen, Rue Didot 12A. Minder, Dr. F., in Brake (Oldenburg). Mitlacher, Dr. Wilhelm, t? a. o. Professor der Pharmakognosie an der Universität in Wien I, Pharmakognost. Institut d. Universität. Miyake, Dr. Kiichi, Professor der Botanik, Botan. Institut d. Agri- cultur College d. Universität in Tokio, Japan. Miyoshi, Dr. Manabu, Professor der Botanik an der Universität in Tokio, Botanisches Institut der Universität. Möbius, Dl'. M., Professor, Direktor des Botanischen Gartens in Frank- furt a. M., Königsteiner Str. 52. Möller, Dr. Alfred, Professor, Oberforstmeister, Direktor der Forst- akademie in Eberswalde. Moeller, Dr. Herrn., Professor, Privatgelehrter in Göttingen, Fried" länder Weg 28. Moewes, Dr. Franz in Berlin SW 47, Hornstr. 19. Molisch, Dr. Hans, wirkl. Mitglied der Kais. Wiener Akademie der Wissenschaft., Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen und Direktor des Pflanzenphysiologischen Instituts an der Universität in Wien VIII, Zeltgasse 2. Mitgliederliste. (149) Mrazek, Dr. August, in Prag I, Deutsche Technik. Mücke, Dr. Manfred, in Cerro Redondo, Rep. de Guatemala, Centro- America. (Für Briefsendg. : via New York — New Orleans — Puerto Barrios, Drucksachen nach Erfurt, Wilhelmstr. 36, I.) Müller, Dr. Arno, Mitarbeiter im Kaiser! Gesundheitsamt in BerlJn- Friedenau, Wiesbadener Str. 11. Müller, Dr. Clemens in Bonn, Bot. Institut. Müller, Dr. H. C, Professor, Direktor der Versuchsstation für Pflanzen- krankheiten der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen in Halle a. S., Karlstraße 10. Müller, Dr. Karl, wissenschaftl. Hilfsarbeiter, zweiter Beamter an der Großherzogl. Bad. Landw. Versuchsanstalt in Augustenberg bei Durlach, Baden. Müller, Dr. Otto, Professor in Charlottenburg 2, Goethestraße 1. Müller, Dr. Rudolf, Professor für Pharmakognosie an der Universität in Graz (Steiermark), Universitätsplatz 4. Müller-Thurgau, Dr. Herrn., Professor und Direktor der Deutsch- schweizerischen Versuchsstation für Obst-, Wein- und Garten- bau in WädenswII bei Zürich. Munk, Dr. Max, in Heilbronn a. N., Wollhausstr. 117. Murinoff, Alexander, Assistent am Agronomischen Laboratorium der Universität in St. Petersburg, Fontanka 162. Musciller, Dr. R., Assistent am Botan. Museum in Berlin-Dahlem. Muth, Dr. F., in Oppenheim a. Rh. Nahmacher, Dr. 0., Oberlehrer in Berlin S, Camphausensti. 8, I. Nathansohn, Dr. Alexander, Professor der Botanik an der Universität in Leipzig, Weststraße 89. Naumann, Dr. Arno, Professor, Dozent für Botanik an der Tierärzt- lichen Hochschule, Assistent am Kgl. Botanischen Garten und Lehrer für Botanik an der Gartenbauschule in Dresden-A., Borsbergstr. 26, I. Neger, Dr. F. W., Professor der Botanik an der Forstakademie in Tharandt, Sachsen. Nemec, Dr. Bohumil, Professor der Botanik an der Böhmischen Uni- versität in Prag V, Slupy 433. Nestler, Dr. A., k. k. Regierungsrat, Professor der Botanik, k. k. Ober- inspektor der Untersuchungsanstalt für Lebensmittel an der Deutschen Universität in Prag II, Sluper Gründe. Neumann, Dr. M. P., Vorstand der chemischen Abteilung der Ver- suchsanstalt für Getreideverwertung in Berlin N 65, Seestraße 4a. (150) Mitcrliederliste. "ö Nevinny, -Dr. Joseph, Professor in Innsbruck, k. k. Pharmakol. Institut. Niedenzu, Dr. F., Professor am Lycoum Hosianum in Braunsberg (Ostj)renBen). Niemann, Gustav, Mittelschullehrer inMagdeburg-N., Augustastraßel8. Nienburg, Dr. Wilhelm, in Frohnau (Mark), Alemannenstraße. Nilsson, Dr. Hjalmar, Professor in Svalöf (Schweden). Nilsson-Ehle, Dr. H., Dozent an der Universität Limd, in Svalöf (Schwed.j. Noack, Konrad, cand. rer. nat. in Freiburg I. B., Botan. Institut der Universität. Noack, Dr. Kurt, Assistent am Botan. Institut der Universität in Tübingen. Nordstedt, Dr. 0., Professor in Lund, Kraftstorg 10. Nordhausen, Di-. Max, Professor, Privatdozent der Botanik in Kiel, Botanisches Institut, Caprivistr. 12 a. Nothmann-Zuckerkandl, Dr. Helene, in Prag, Pflanzenphysiol. Institut der Deutschen Universität. Oliver, Francis Wall, Professor der Botanik an dem University College in London, 2 the Vale, Chelsea, S. W. Oltmanns, Dr. Friedrich, Professor der Botanik, Direktor der Bota- nischen Anstalten, E-edakteur der „Zeitschrift für Botanik", in Freiburg i. B., Jakobistraße 23. Orth, Dr. A., Geheimer ßegierungsrat, Professor und Direktor des Agronomisch-pedologischen Institutes der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin W, Ziethenstraße 6b. Ostenfeld, Dr. C. H., Inspektor des Botanischen Museums in Kopen- hagen 0, Sortedams Dossering 63 A. Osterwald, Carl, Professor am Lessinggyranasium in Berlin NW 52, Spenerstraße 35. Overton, Dr. J. B., Professor am Botanical Department der Universität von Wisconsin in Madison, Wisc. (U. S. A.), Science Building. Paeckelmann, Wolfgang, Oberlehrer am Gymnasium in Barmen, Mozartstr. 7. Palla, Dr. Eduard, Professor an der Universität in Graz, Schubert- straße 51, Botanisches Institut. Pammel, L. H., Ph. D., Professor der Botanik an dem Jowa State College of Agriculture in Ames, Jowa (U. S. A.). Pantanelli, Dr. Enrico, Privatdozent der Pflanzenphysiologie an der Universität und Assistent an der Stazione di Patologia vegetale in Rom, Via St. Susanna 1. Mitgliederliste. (151) Pascher, Dr. A., Privatdozent für Botanik an der Deutschen Uni- versität in Prag II, Weinberggasse 3a. Paul, Dr. Hermann, Assessor der Kgi. Bayerischen Moorkulturanstalt in München, Königinstr. 3. Pax, Dr. Ferdinand, Geh. E-egierungsrat, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens in Breslau IX, Göppertstr. 2. Pazschke, Dr. 0., in Dresden-N., Forststr. 29, L Peche, Kuno, stud. phil. in Wien VI, Mariahilferstr. 61, IV/18. Peirce, Dr. George James, Professor of Botany and Plant Physiology an der Leiand Stanford Junior University, Kalifornien (U. S. A.), Peklo, Dr. 0. Jarosiav, Privatdozent, Assistent am Pflanzenph^'sioL Institut der Böhmischen Universität in Prag VI, Slupy 433. Perkins, Dr. Janet, in Berlin-Dahlem, Königin-Luise-Straße 6—8, Botanisches Museum. Wohnung: Berlin, Am Carlsbad 2. Peter, Dr. A., Geh. Regierungsrat, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens in Göttingen^ Wilhelm-Weber-Str. 2. Peters, Dr. Leo, Kaiserl. Technischer Rat, Ständiger Mitarbeiter an der Kaiserl. Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirt- schaft zu Dahlem, in Berlin-Steglitz, Schloßstraße 4L Pfeffer, Dr. W., Geh. Rat, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Instituts und Botan. Gartens in Leipzig. Philipps, W. Reginald, M. A., D. Sc, Professor am Universit}^ College in Bangor (Wales), England. Pietsch, Dr. Wilh., Assistent der Botanischen Versuchsstation der Kgl. Lehranstalt für Obst- und Gartenbau in Proskau b. Oppehi, Pomologie-Hotel. Pilger, Dr. R., Kustos am Botan. Garten, Privatdozent a. d. Uni- versität und Dozent für Botanik an der Techn. Hochschule zu Charlottenburg, in Berlin-Steglitz, Ahornstr. 25. Pirotta, Dr. R., Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Instituts in Rom, Via Panisperna 89 B, Polowzow, Dr. Warwara von, in Odessa, Botan. Laborat. d. Kais. Universität, z. Z. Bonn a. Rh., Rheinwerft IL Pomorski, J., Professor der Agrikulturchemie, Direktor der Land- wirtschaftlichen Versuchsstation in Dublany bei Lemberg. PorodkO, Dr. Th., Privatdozent in Odessa, Bot. Institut der Uni- versität. Porsch, Dr. Otto, Professor an der k. k. Univeisität in Czernowitz, Botan. Institut. (152) Mitgliederliste. Portheim, Leopold, Ritter von, J^eitor der Biologisclif3n Versuchs- anstalt in Wien i, 0])ernring 3. Potonie, Dr. H., .Professor, Landesgeologe, Redakteur der „Natar- wissensclml'tliclien Wocliensclirift" in Berlin-Llchterfeide, Pots- damer Straße 37. Potter, M. C, M. A., Professor der Botanik am Durham College of Science in Newoastle upon Tyne, 14 Highbury, AVest Jesmond. Poulsen, Dr. Viggo A., Professor für pharmazeutische Botanik an der Universität in Kopenliagen V, Rosenvsengets Hovedvej 29. Pringsiieim, Dr. Ernst, Privatdozent in Halle a. S., Tiergartenstr. 10. Pritzel, Dr. Ernst, Oberlehrer am Gymnasium in BerlJn-Lichterfelde, Hans-Sachs-Straße 4. Puriewitsch, Dr. Konstantin, Professor der Botanik an der Universität in Kiew, Botanisches Institut, Reiterska 28. Quelle, Dr. F., in Berlin-Niederschönhausen, Blücherstr. 24. Raatz, Dr. Wilhelm, Botaniker an der Zuckerfabrik Klein-Wanzleben bei Magdeburg. Rabbas, P., cand. phil. in Frankfurt a. M.-Niederrad, Schwarzwald- straße IIS. Raciborski, Dr. M. von, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens in Krakau. Radlkofer, Dr. L., Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Universität, Direktor des Botanischen Museums (Herbariums), Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München, Sonnen- straße 7, I. Rawitscher, Dr. F., Assistent am Botanischen Institut der Uni- versität in Freiburg i. B. Rehder, Alfred, Assistent am Arnold-Arboretum in Jamaica Piain, . Mass. (U. S. A.), 62 Orchard Str. Rehsteiner, Dr. Hugo, Apotheker in St. Gallen. Reiche, Dr. Karl, Professor der Botanik an der Universität Mexico (Escuela de Altos Estudios) und Sektionschef am Instituto Medice Nacional in Mexico, D. F. Apartado 656. Reinhardt, Dr. M. Otto, Professor, Privatdozent der Botanik in Berlin W 50, Ansbacher Straße 40, vom 1. IV. 13 ab Augs- burger Str. 9. Reinisch, Olga, in Prag II, Heinrichgasse 3. Reinitzer, Friedrich, Professor an der Technischen Hochschule in Graz (Steiermark). Mitgliederliste. (l'^>3) Reinke, Dr. Joh., Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, in Kiel, Düsternbrook 17. Relnsch, Dr. P. F., Professor in Erlangen. Reitler, Dr. Josef, in Hamm, Post Conz (Rheinland). Remer, Dr. Wilhelm, in Dresden-A., Herderstraße a. Renner, Dr. Otto, Privatdozent, Kustos am K. PfLanzenphysiologischen Institut in München. Richter, Emil, in Loschwiiz bei Dresden, Robert-Dietz-Straße 9. Richter, Dr. Oswald, Professor für Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Universität in Wien XVIII, Hofstattgasse 15. Richter, Dr. P., Professor an der Paul-Gerhardt-Schule in Lübben in der Lausitz. Richter, Paul, Oberlehrer in Leipzig, Talstraße 12 b. Riehm, Dr. Eduard, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Kaiserl. Biologischen iinstalt für Land- und Forstwirtschaft zu Dahlem, in Berlin-Lichterfelde, Ringstraße 8. Rikli, Dr. Martin, Professor, Dozent und Konservator der botanischen Sammlungen am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich II, Brandschenkesteig 12. Rimbach, Dr. A., Professor der Botanik am Instituto de Agronomia in Montevideo (Uruguay). Rippel, Dr. August, Assistent an der Großherzogl. Badischen Landvv. Versuchsanstalt in Augustenburg bei Durlach. Riß, Maria Martha, stud. rer. nat. in Straßburg i. E., Bot. Institut. Robertson, A. R., Lecturer in Botany an der Universität in St. Andrews, Schottland. Rodewald, Dr. Herm., Professor und Direktor des Landwirtschafthchen Instituts in Kiel, Bartelsallee 20. Rompel, Dr. Josef, S. .1,, Professor der Naturgeschichte am Jesuiten- gymnasium zu Feldkirch (Vorarlberg). Rosen, Dr. Felix, Professor der Botanik an der Universität in Breslau XVI, Tiergartenstr. 30. Rosenberg, Dr. 0., Privatdozent der Botanik an der Universität in Stockholm, Tegnerlunden 4. Roshardt, Dr. P. A., Gymnasiallehrer in Stans (Schweiz). RosS, Dr. H., Konservator am Botanischen Museum in München, Richard- Wagner-Straße 18, IV. RÖßler, Dr. Wilhelm, Professor, Oberlehrer in Charlottenburg, Si)rec- straße 15, IV. Roth, Dr. Ernst, Professor, Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek in Halle a. S., HohenzoUemstraße 13. Roth, Dr. Franz, in Godesberg b. Bonn, Rungsdorfer Str. 17. ^54) Mitgliederliste. Rothert, Dr. Wladislaw, früher Professor der Botanik an der Uni- versität Odessa, in Krakau, Slowackiallee 1. Rubel, Dr. E., in Zürich V, Zürichbergstr. 30. Rudolph, Dr. Karl, Assistent am Pflanzenphysiologischen Institut der Deutschen Universität in Prag II, Weinberggasse 3 a. Ruhland, Dr. W., Professor der Botanik an der Universität in Halle a. S., Schillerstr. 54. Rultner, Dr. Franz, Assistent an der Biologischen Station in Lunz (Nieder-Osterreich). Rywosch, Dr. S., in Straßburg i. E., Schweighäuserstr, 9. Saccardo, Dr. P. A., Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens an der Universität in Padua. Saida, Dr. Kotaro, Professor der Botanik in Tokio (Japan), Koisnikawa Doshinmashi Nr. 1. SaitO, Dr. K., in Dairen (Dalny), Manchuria, the central laboratory of the South Manchuria Railway Co. Saupe, Dr. A., in Dresden, Kyffhäuserstraße 17. Schaffnit, Dr. E., Assistent an der Abteilung für Pflanzenkrank- heiten des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Landwirtschaft in Bromberg, Hempelstraße 26. Schander, Dr. R., Professor, Vorstand der Abteilung für Pflanzen- krankheiten des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Landwirtschaft in Bromberg. Schellenberg, Dr. Gustav, in Berlin-Steglitz, Zimmermannstr. 19, II. Schellenberg, Dr. H. C, Professor a. d. Eidgen. Technischen Hoch- schule in Zürich V, Hofstraße 63. Schenck, Dr. Heinrich, Geh. Hofrat, Professor der Botanik an der Technischen Hochschule und Direktor des Botanischen Gartens in Darmstadt, Nikolaiweg 6. ScherfFel, Aladär, in Iglö, Zips, Ober-Ungarn. Schiemann, Dr. Elisabeth in Berlin, Tauentzienstr. 7b. Schikorra, Dr. Georg, Ständiges Mitglied des städtischen Unter- suchungsamts für hygienische und gewerbliche Zwecke in Berlin 0, Königsberger Str. 22. Schikorra, Dr. W., Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Land- wirtschaft in Bromberg. Schilling, Dr. Aug. Jg., Oberlehrer, Privatdozent an der Technischen Hochschule in Darmstadt, Roßdörferstr. 74, II. Schilling, Ernst, cand. rer. nat. in Münster i. W., Schloßgarten- restaurant. Mitgliederliste. (155) Schinz, Dr. Hans, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens und des Botanischen Museums der Universität in Zürich V, Seefeldstraße 12. Schlicke, Dr. A., in Berlin-Niederschöneweide, Berhner Str. 23. Schiumberger, Dr. 0., Assistent an der Kaiserl. Biolog. Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem. Schmid, Dr. Günther, Assistent am Botan. Institut der Universität in Jena. Schmidle, W., Professor, Direktor der Oberrealschule in Konstanz i. B., Yilla Hansagarten. Schneider, Dr. Fritz, Assistent am Botan. Institut der Universität in Berlin NW 7, Dorotheenstr. 6, I. Schneider, Dr. J. M., in Altstaetten, Kt. St. Gallen, Schweiz. Schober, Dr. Alfred, Professor, Schulrat für das höhere Schulwesen in Hamburg 23, ßichardstraße 86. Schönau, Dr. Karl von, in München, Josephsplatz 2, III r. Schönland, Dr. S., Curator of the Albany Museum in Grahamstown, Südafrika (Kapkolonie). Schorler, Dr. Bernhard, Professor, Oberlehrer und Kustos des Her- bariums der Technischen Hochschule inDresden-A., Krenkelstr.34. Schottländer, Dr. Paul, Rittergutsbesitzer in Wessig bei Klettendorf. Schrenk, Hermann von, B. S., A. M., Ph. D., Botanical Garden in St. Louis, Mo. (U. S. A.). Schröder, Dr. Bruno, Lehrer in Breslau, Sadowastraße 88, II. Schroeder, Dr. Dominicus, Assistent am Pflanzenphysiolog. Institut der Universität in Göttingen. Schroeder, Dr. Henry, Professor an der Universität, Abteilungs- vorsteher am Botanischen Institut in Kiel, Niemannsweg 6L Schrodt, Dr. Jul., Professor, Direktor der VII. Realschule in Berlin SO 26, Mariannenstraße 47, II. Schröter, Dr. C, Professor der Botanik an der Eidgen. Technischen Hochschule in Zürich V, Merkurstraße 70. Schübe, Dr. Theodor, Professor, Oberlehrer in Breslau VIII, Forcken- beckstraße 10. Schultz, Richard, Oberlehrer in Sommerfeld, Reg.-Bez. Frankfurt a. 0., Pförtner Straße 13. Schulz, Dr. A., Professor, Privatdozent der Botanik in Halle a. S. Albrechtstraße 10. Schulz, Hermann, Lehrer in Kassel, Rotenditmolder Str. 14. Schulze, Max, in Jena, Marienstraße 3. Schutt, Dr. Franz, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens und Museums in Greifswald. (156) ^litgliederliste. ^ö Schwarz. Dr. Frank, Professor der Jjotanik an der Forstakademie in Eberswalde, Neue Schweizer Straße 21. Schwede, Dr. Rudolf, Privatdozent, Assistent am Botanischen La- boratorium der Kgl. Technischen Hochschule in Dresden-A., Gutzkowstr. 28. Schweinfurth, Dr. Georg, Professor in Berlin-Schöneberg, Kaiser- Friedrich-Straße 8. Schwendener, Dr. S., Geheimer ßegierungsrat, Professor der Botanik, MitgHed der Akademie der Wissenschaften, in Berlin W 10., Matthäikirchstraße 28. Seckt, Dr. Hans, Profesor del Institute Nacional del Profesorado Secundario in Buenos Aires (Argentinien), Belgrano, Superi l-SO. Seeger, Dr. Rudolf, Assistent am Botanischen Institut der Universität in Innsbruck. Seeländer. Dr. Karl, in Berlin-Wilmersdorf, Brabanter Platz 2 II. Seeliger, Dr. Rud., Assistent a. d. Kais. Biol. Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Berlin-Dahlem, Königin-Luise-Str. 19. Senn, Dr. Gustav, Professor der Botanik und Direktor des Botan. Gartens in Basel, Schönbeinstr. 6. Sernander, Dr. Rutger, Professor der Botanik in Uppsala. Seydel, Dr., Richard, in Hildesheim, Zingel 34. Shibata, Dr. K., Professor in Tokio (Japan) Koishikawa, Kobinata- daimachi I, 1. Shull, Dr. Geo. H., Leiter der botanischen Arbeiten an der Station für experimentelle Entwickelungslehre, Carnegie Institution of Washington, Cold Spring Harbour, Long Island, N. Y. (U. S. A.). Sierp, Hermann, Kandidat des höheren Lehramts in Münster i. W., Staufenstr. 53. Simon, Dr. Friedrich, Professor, Oberlehrer in Frankfurt a. M., Günthersburgallee 79. Simon, Dr. Joseph, 1. Assistent am K. Botan. Garten in Dresden-A., Stübelallee 2. Simon, Dr. Siegfried, Privatdozent für Botanik in Göttingen, Nikolaus- berger Weg 53. Singer, Dr. Max, Professor am Deutschen Staats-Gymnasium in Prag, Königliche Weinberge. Skene, Macgregor, B. Sc, Botanical Department the University in Aberdeen, Schottland. Snell, Dr. Karl, Societe khed. d'Agric. k Bahtim in Matarich (Kairoj, Ägypten. Solerede r, Dr. Hans, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Instituts in Erlangen, Botan. Garten. Mitgliederliste. (157) Solms- Laubach, Dr. H. Graf zu, Professor der Botanik an der Universität, Redakteur der „Zeitschrift für Botanik" in Straß- burg i. Eis., Goethestr. 27. Sommerstorff, Dr. Hermann, Assistent am Bot. Garten und Institut der k. k. Universität in Wien III, üennweg 14. Sonder, Dr. Chr., Apothekenbesitzer in Oldesloe (Holstein). Sonntag, Dr. P., Professor, Oberlehrer an der Oberrealschule St. Petri und Pauli, in Saspe-Neufahrwasser bei Danzig, Villa Mövenblick. Sorauer, Dr. Paul, Geh. E-eg.-Eat, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität, Redakteur der „Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten", in Berlin-Schöneberg, Martin-Luther-Str. 68. Späth, Dr. Hellmut, in Berlin-Baumschulenweg. Sperlich, Dr. Adolf, Professor an der k. k. Lehrerbildungsanstalt und Privatdozent der Botanik an der Universität in Innsbruck^ Maximilianstr. 23. Spieckermann, Dr. A., Professor, Vorsteher der Bakteriologischen Abteilung der Versuchsstation in Münster i. W., Plöniesstr. 5, I. Spisar, Dr. Karl, Direktor der Landw. Landesversuchsanstalt in Brunn (Mähren). Stahl, Dr. Ernst, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens in Jena. Stameroff, Dr. Kyriak, Dozent der Botanik an der Universität zu Odessa, Puschkinskajastr. 8, Wohnung 15. Steinbrinck, Dr. C, Professor am Realgymnasium in Lippstadt. Steiner, Rudolf, k. k. Gymnasialprofessor in Prag II, Stephansgasse 20. Steyer, Dr. Karl, Oberlehrer an der Ernestinenschule in Lübeck, Huextertor-Allee 23. Stiefelhagen, Dr. Heinz, in Weißenburg i. E. Stoklasa, Dr. Julius, Hofrat, Professor und Direktor der Chemisch- physiologischen Versuchsstation der Böhmischen Technischen Hochschule in Prag, Villa Grobe. Stoppel, Dr. Rose, in Straßburg i. E., Botanisches Institut. Strauß, H. C, Obergärtner am Botanischen Garten in Berlin-Dahlem. Strigl, Dr. Max, in Urfahr bei Linz a. D., Oberösterreich, Collegium Petrinum. Svedelius, Dr. Nils Eberhard, Privatdozent der Botanik an der Universität in Uppsala. SzÜCS, Dr. Joseph, in Leipzig, Botanisches Institut d. Universität, Linnestr. 1 . Tahara, Dr. M., in Tokio, Botanisches Institut der Universität. Ber. der deufcsehen bot. Gesellseh. XXX. (11) (158) Mitglietlerliste. Tanaka, Dr. Ch., Professor dei' Botanik an der Hochscliiile für Seidenbau und Spinnerei in Uyada, Schinano (Japan). Ternetz, Dr. Charlotte, in Basel, Fcldbergstr. 118. TessendorfF, Ferdinand, Oberlehrer am Helmholtz-llealg ynmasium zu Schöneberg, in Berlin-Steglitz, Grillparzerstraße 16. Thomas, Dr. Fr., Professor, emerit. Oberlehrer am Gymnasium Gleichense in Ohrdruf, Hohenlohestr. 14. Thoms,Dr. Hermann, Professor, Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Universität zu Beilin, in Berlin-Steglitz, Hohenzollernstr. 6. Thost, Dr. R., in Berllnüchterfelde-Ost, AVilhelmstr. 27. Thum, Dr. Emil, k. k. Realschulprofessor in Reichenberg (Böhmen). Sperlgasse 7. Timpe, Dr. H., Oberlehrer in Hamburg-Eimsbüttel, Am Weiher 29. Tischler, Dr. Georg, Professor der Botanik und Direktor d. Botan. Instituts und Gartens an der Technischen Hochschule in Braunschweig, Bodestr. 46. Tobler, Dr. Friedrich, a. o. Professor der Botanik und Abteilungs- vorsteher am Botanischen Institut der Universität in Münster i. W., LangenstraRe 17. Tobler-WolfF, Dr. Gertrud, in Münster i. W., Langenstr. 17. Toni, Dr. G. B. de, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen Gartens, Laureat de l'Institut de France, Heraus- geber der „Nuova Notarisia", in Modena. Trail, Dr. James W. H., F. R. S., Professor der Botanik an der Universität Aberdeen in Old Aberdeen, High Street 71 (Schott- land). Tröndle, Dr. Artur, Privatdozent und 1, Assistent am Botanischen Institut in Freiburg i. B., Deutschordenstr. 7. ^ Trow, Dr. A. H., Professor der Botanilc am University College of South- Wales and Monmouthshire in Penarth , Cardif f , 50 Olive Place. Tschermak, Dr. Erich, Edler v. Seysenegg, Professor der Pflanzen- züchtung an der Hochschule für Bodenkultur in Wien XVIII, Hochschulstr. 17. Tschirch, Dr. Alexander, Professor der Pharmakognosie, pharma- zeutischen und gerichtlichen Chemie, Direktor des Pharma- zeutischen Instituts der Universität in Bern. Tswett, Dr. Michael, Professor am Polytechnischen Institut in Warschau, Mokotowska 9. Tubeuf, Dr. Carl, Freiherr von, Regierungsrat, Professor der Anatomie, Physiologie und Pathologie der Pflanzen an der Universität in München, Habsburger Str. 1. Mitoliederliste. "o (159) Tunmann, Dr. Otto, Privatdozent der Pharmakognosie in Bern, Beundenieldstr. 3. Uhlworm, Dr. Oskar, Professor, Oberbibliothekar, Eedakteur des „Zentralblattes für Bakteriologie und Parasitenkunde" in Berlin W 15, Hohenzollerndamm 4. Ulbrich, Dr. E., Assistent am Kgl. Botanischen Museum zu Dahlem, in Berlin-Steglitz, Paulsenstr. 47. Ule, Ernst, Botanischer Forschungsreisender. Bot. Museum in Berlin-Dahlem. Urban, Dr. Ign., Geh. Regierungsrat, Professor, Unterdirektor des Botan. Gartens undBot.Museumsin Berlin-Dahlem, Altensteinstr. 4. Ursprung, Dr. Alfred, Professor der Botanik an der Universität in Freiburg (Schweiz), Botanisches Institut. VÖChting, Dr. H. von, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botanischen Gartens in Tübingen. Voigt, Dr. Alfred, Professor, Direktor des Instituts für angewandte Botanik in Hamburg VII, Wandsbeker Stieg 13. Volkart, Dr. A., Assistent an der Eidgenössischen Samenkontroll- station in Zürich IV, Frohburgstraße. Volkens, Dr. Georg, Professor, Kustos am Botanischen Museum zu Dahlem, in Berlin W 57, Goebenstr. 12. Voß, Dr. W., Oberlehrer in Itzehoe (Holstein), Friedrichstr. 45. Votsch, Dr. Wilhelm, Oberlehrer in Delitzsch, Eilenburger Str. 58. Vouk, Dr. Valentin, Adjunkt am bot.-physiol. Institut der Universität in Agram (Zagreb), Kroatien. Wächter, Dr. Wilhelm, Sekretär der Deutschen Botanischen Ge- sellschaft, in Berlin-Steglitz, Düntherstr. 5, p. Wager, Harold, Inspector of Science Schools for the Science and Art Department in London, in Leeds (England), Horsforth Lane, Far Headingley. Wagner, Dr. Adolf, Professor der Botanik an der Universität in Innsbruck, Mühlau Nr. 68. Wahl, Dr. Carl von, Großherzogl. Bad. Versuchsanstalt Augustenburg, in Durlach (Baden), Moltkestr. 9. (11*) (IQO) Mitglieilerliste. Warburg, Dr. 0., Professor, Privatdozent der Botanik an der Uni- versität, Lehrer am Orientalischen Seminar, in Berlin W, Uhland- straße 175. Weber, Dr. C. A., in Bremen, Friedrich-Wilhelm-Str. 24. Weber, Dr. Friedrich, Assistent am Botanischen Institut in Graz. Wehmer, Dr. C, Professor, Dozent an der Technischen Hochschule,. Vorstand der Bakteriologischen Abteilung des Technisch- chemischen Instituts der Kgl. Technischen Hochschule in Hannover, Alleestr. 35. Wehrhahn, W., Lehrer in Hannover, Im Moore 26. Weis, Dr. Fr., Professor der Botanik an der Landwirtschaftl. Hoch- schule in Kopenhagen. Weiß, Dr. Fr. E., Professor der Botanik und Direktor des Botanical Laboratory of the Owens College in Manchester. Weiße, Dr. Arthur, Professor, G^'mnasialoberlehrer in Zehlendorf (AVannseebahn) bei Berlin, Annastr. 11. Went, Dr. F. A. F. C, Professor der Botanik und Direktor des Botan. Gartens in Utrecht (Holland). Werth, Dr. Emil, wissensch. Hilfsarbeiter a. d. Kais. Biolog. Anstalt für Land- imd Forstwiitschaft zu Dahlem in Berlin-Wilmers- dorf, Binger Str. 17. Wettstein, Dr. Richard, Ritter von Westerheim, Professor und Direktoi des Botan. Gartens und Museums der Universität Wien, Mit- glied der Akademie der Wissenschaften, Herausgeber der Oster- reichischen botaiv Zeitschrift, in Wien lli, Renmveg 14. Wiedersheim, Dr. Walther, in Hemigkofen- Nonnenbach a. Bodense© (AVürttemberg). Wieler, Dr. A., Professor, Dozent für Botanik an der Technischen Hochschule in Aachen, Nizza-Allee 71. Wiesner, Dr. Jul., Ritter von, k. k. Hof rat, emer. Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen, Direktor des Pflanzen- physiologischen Instituts der Universität, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, in Wien IX, Liechtensteinstr. 12. Wilhelm, Dr. K., Professor der Botanik an der Hochschule für Boden- kultur, in Wien XVIII, Hochschulstr. 17 (Türkenschanze). Willis, John C, Direktor des Bot. Gartens in Rio de Janeiro. Wilson, William Powell, Direktor of the Philadelphia Commercial Museum in Philadelphia (U. S. A.). Mitgliederliste (161) Winkelmann, Dr. J., Professor, in Stettin, Politzer Straße 85, III. Winkler, Dr. Hans, Professor, Direktor des Botan. Grartens und des Instituts für allgemeine Botanik, in Hamburg, AVoldsenweg 12, Winkler, Dr. Hubert, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität, Assistent am Botanischen Garten in Breslau. Wirtgen, Ferd., Rentner in Bonn, Niebuhrstr. 55. Wißmann, Apotheker in Geisenheim (ßheingau), Landstr. 47. Wittmack, Dr. L., Geheimer E-egierungsrat, Professor an der Land- wirtschaftlichen Hochschule und an der Universität, in Berlin NW, Platz am Neuen Tor 1. Wlodek, Dr. Johann von, in Krakau (Galizien), ul-sw-Filipa 25. Wolf, Dr. Theodor, in Dresden-Plauen, Hohe StraRe 62. Wollenweber, Dr. W., in Washington (ü. S. A.), Dep. of Agr. Lab. of Plant Industry. Wortmann, Dr. J., Geh. ßeg.-Rat, Professor, Direktor der Yersuchs- und Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau zu Geisen- heim a. Rh. Wulff, Dr. Eugen, in Moskau, Sretenka. M, Golowin pereulok 5. Yamanouchi, Dr. Shigeo, Prof. of Botany, the University of Chicago 111. (U. S. A.) Yapp, R. H., Professor am University College in Aberystwyth (Wales). Zahlbruckner, Dr. A., Leiter der Botanischen Abteilung des Natur- histor, Hofmuseums in Wien I, Burgring 7. Zander, A., Professor, Oberlehrer am Bismarck- Gymnasium in Berlin- Halensee, Westfähsche Straße 59, HL Zeijistra, Dr. Fzn. H. H., in Harlem, Kleine Houtweg 21c. Zimmermann, Dr. Albreoht, Professor, Botaniker an der Biologischen Station Amani, Poststation Tanga (Deutsch-Ostafrika). Zornig, Dr. Heinrich, Kustos am Pflanzenphysiologischen Institut in München-Nymphenburg, Nördl. Auffahrtsallee 69, H. ng2) Mitgliederliste. Verstorben. Blasius, Dr. Wilhelm, Geh. Hofrat, Professor und Direktor des Bo- tanischen Gartens und des Naturhistorischen Museums in Braunschweig. Verstarb am ßl. Mai 1912. Herpell, Gustav, Rentner in St. Goar. Verstarb am 22. Juli 1912. Hesse, Dr. Rud., Kgl. Ökonomierat, Direktor der Landwirtscliaft- lichen Winterschule in Marburg a. d. L. Verstarb am 16. Ajiril 1912. Luxburg, Dr. Hermann, Graf zu, in Stettin. Verstarb am 26. Mai 1912. Mitlacher, Dr. W., Professor der Pharmakngnosie in Wien. Verstarb am 15. Januar 1913. Müller, Dr. Julius, in Ziegenhals O.-S. A^'erstarb am 5. Dezember 1912. Strasburger, Dr. Ed., Geh. Kegierungsrat, Professor der Botanik an der Universität und Direktor des Botan. Gartens in Bonn. Verstarb am 19. Mai 1912. Register zu Band XXX. I. Geschäftliche Mitteilungen. Seite Sitzung vom 26. Januar 1912 1 (Mitteilung des Vorsitzenden, daß die von der Gesellschaft be- willigten 500 M. zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten an Frl. Dr. ROSE STOPPEL in Straßburg i. E. verliehen wurden. Dankschreiben des Herrn Prof. Warming.) 1 Sitzung vom 2o. Februar 1912 50 (Einladung zur Generalversammlung nach Freiburg. Bericht Frl. Elisabeth SCHIEMANNs über Mutationen hei Aspergillus n'njer) 50 Sitzung vom 29. März 1912 97 (Herr LiNDNEß demonstriert Kulturen von GuilUerinondia ful- vescens Nads. und eines Heubazillus aus Ivatzenkot, 97 Antrag des Buchliändlers Herrn W. JUNK an die General- versammlung) 98 Sitzung vom 26. April 1912 151 Sitzung vom 23. Mai 1912 233 (Herr P. MAGNUS demonstriert Peronospora parasitica an Chei- ranthus Chriri) 233 Sitzung vom 28. Juni 1912 279 Sitzung vom 26. Juli 1912 363 Sitzung vom 25. Oktober 1912 429 (Herr KOLKWlTZ demonstriert eine 1-ccm-Planktonkammer mit als Zählplatte liniierter Bodenscheibe. Ergebnisse der Wahlen des Berliner Vorstandes und der Kommissionen) 430 Sitzung vom 29. November 1912 559 (Glückwunschadresse an Herrn Gbafen ZU SOLMS-Laubach zu seinem 70. Geburtstage) 559 Sitzung vom 27. Dezember 1912 667 (Mitteilung der Walilergebnisse des Präsidenten, seines Stell- vertreters und der Ausschußmitglieder) 668 Bericht über die 29. Generalversammlung in Freiburg i. B (1) Rechnungsablage für das Jahr 1911 (6) Bericht über die VI. und Vif. Gesamtsitzung des „Deutschen Ausschusses für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht". Von F. HÖCK ^ (8) Verzeichnis der Pflanzennamen (116) Mitgliederliste (130) (164) Register. 2. Nachrufe. seue Ediianl StrnsbiirsiTi- von G. Karsten. (Mit Bildnis) (61) Sir Joseph Jlookcr von A. ENGLER • (87) Frauz Bnchonjui von GEORG BlTTER (95) 3. Wissenschaftliche IVlitteilungen. Ainbergr, K. : Zur Blütenbiologie von Arcfosfajjhi/los alpina (L.) Sprengel. (Mit 2 Abbildungen im Text) 692 v/ V Andres, H.: Pirola asarifolia Miclix. und uliginosa Torr., ihr Verhältnis zu P. rotuiuUfol/a L. s. 3. und ihre Stellung im System. Kritische Notizen zur Kenntnis der Pirolaceae (Mit zwei Abbildungen im Text) .161 (l'Angremond, A. : Parthenokarpie und Samenbildung bei Bananen. (Mit Tafel XX) 686 Ballj", W. : Chromosomenzahlen bei Triticum- und Aeg/'lujJs-Axten. Ein cytologisclier Beitrag zum Weizenproblem. (Mit Tafel VIfl) . 163 Boshart. R. : Über die Frage der Anisophyllie 27 Bnrg'eff", H. : Über Sexualität, Variabilität und Vererbung bei Phijco- myces n/'tens. (Vorläufige Mitteilung) 679 Christ, H. : Die Ansichten des Silvio Boccone über künstliche Befruch- tung von Kulturpflanzen 1697. (Mit einer Abbildung im Text) 376 Deugier. A.: Eine neue Methode zum Nachweis der Spaltöffnungs- bewegungen bei den Coniferen. (Vorläufige Mitteilung aus dem Botanischen Institut der Foistakademie Eberswalde.) (Mit Tafel XEV und einer Textfigur) 452 Famincyn. A.: Beitrag zur Kenntnis von Bryopsis miiseosa Lam. (Mit Tafel XllI) 431 Die .Symbiose als Mittel der Synthese von Organismen 435 Fig'dor, W. : Zu den Untersuchungen über das Anisophyllie-Phaenomen 134 — — Die Beeinflussung der Keimung von Gesneriaceen-Samen durch das Licht 648 Fischer, Hiig-o: Zur Frage der Kolüensäureernährung der Pflanzen . . . 698 Gerresheim, Eduard: Über den anatomischen Bau und die damit zu- sammenhängende Wirkungsweise der Wasserbahnen in Fieder- blättern der Dicotyledonen 553 Graebner, P. : Rückschlagzüchtungen des Maises. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit Doppeltafel I) 4 Gruber, Eduard: Einige Beol)achtuugen über den Befruchtungsvorgang bei Zijgorijnchus Modleri Vuill. (Mit Tafel IV) 12 Hannig', F.: Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Drucks in der Pflanze in Hinsicht auf die Wasserleitung. (Vorläufige Mitteilung) 19i Harms, H.: Über eine bemerkenswerte Form von Vigna sinensis. (Mit einer Abbildung im Text) 420 Heilbronn, Alfred L. : Über Plasmaströmungen und deren Beziehung zur Bewegung umlagerungsfähiger Stärke. (Vorläufige Mitteilung) 142 Register. (165) Seite Hildebrand, Friedi'ich: Über einen Bastardapfel und eine Bastardbirne. (Mit Tafel XVII) 594 Hollendonner. F.: Über die lüstologische Unterscheidung des Holzes von Biota Orientalis Endl. und Thuja occidenfoJis L. (Mit Tafel VII) 159 Jaccard, P. : Über abnorme Rotholzbildung. (Mit 5 Abbildungen im Text) 670 Jesenko, F.: Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. (2. Mitteilung.) (Mit Tafel III) 81 — — Über das Austreiben im Sommer entblätterter Bäume und Sträucher. (Mit Tafel IX) 226 Knoll. F.: Über die Abscheidung von Flüssigkeit an und in den Frucht- körpern verschiedener Hymenomyceten. (Mit 6 Textfiguren) . (36) Kolkwitz. K.: Das Flankton des Rheinstroms, von seinen Quellen bis zur Mündung. (Mit einer xVbbildung im Text) 205 Plankton und Seston 334 Über die Schwefelbakterie Thioploca ingrica Wislouch 662 Lepesclikin. W. W.: Zur Kenntnis der Todesursache 528 — — Zur Kenntnis der Einwirkung supramaximaler Temperatur auf die Pflanze. (Mit 2 Textfiguren) 703 Lidforss. Beng-t: Über die Chemotaxis eines TlnospirUlnm 262 Lleske, Rudolf: Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender Schwefelbakterien (12) Loscli, Hermann: Über das Vorkommen eines zweiten Hüllquirles an den Eiknospen von Ohara foetida. (Mit 10 Textfiguren) .... 516 LudwijiS. K.: siehe Werth, E. 3Iag-nus, P. : Eine neue Urocijstis. (Mit 4 Textfiguren) 290 3Ias'nTis. W., und Schindler. B. : Über den Eiofluli der Nährsalze auf die Färbung der Oscillarien 314 Maximow. X. A. : Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. I. 52 — — Cliemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. II. Die Schutzwirkung von Salzlösungen 293 — — Chemische Schutzmittel der Pflanzen gegen Erfrieren. III. Über die Natur der Schutzwirkung 504 3Iöl)ius. 31.: Beiträge zur Blütenbiologie und zur Kenntnis der Blüten- farbstoffe 365 Molz, E.. und Mor^entlialer, 0. : Die .Sporo^r/cAwm-Kaospenfäule, eine für Deutschland neue Xelkenkrankheit. (Zugleich ein Fall von Symbiose.) (Mit Tafel XIX und einer Textfigur.) Aus der Versuchsstation für Pflanzenkrankheiten in Halle a. S 654 31iiller, Karl: Die Vegetation des Schwarzwaldes. (Vortrag, gehalten gelegentlich der Generalversammlung der Deutschen Botani- schen Gesellschaft in Freiburg i. Br. am 28. Mai 1912.) (Mit Tafel (I) und 7 Abbildungen im Text) (45) — — Über das biologische Verhalten von Rhytixma accrinum auf ver- schiedenen Ahornarten. (Vorläufige Mitteilung) ....... 385 3Iylins, G.: Das Polyderm 363 Xeger, F. W.: Eine abgekürzte Jodprobe ' 93 — — Spaltöffnungsschluß und künstliche Turgorsteigerung. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit 3 Abbildungen im Text) 179 (166) Register. Seite Nostler, A. : Die hautreizende Wirkung des Cocobololiolzcs 120 Cortma Mdfthioli L., eine stark hautreizende Pflanze. (Mit Tafel XII) 330 — — Ist Pastinak hautreizend? •">81 Nordliauscn. M.: Über Sonnen- und Schattenblätter. (2. Mitteilung) . . 483 >'jberg'h. Torsten: Studien über die Einwirkung der Tenijjeratur auf die tropistische Reizbarkeit etiolierter .4venö-Keimlinge. (Mit drei Textfiguren) 542 Palladin, W. : Über die Bedeutung der Atmungspigmente in den Oxy- dationsprozessen der Pflanzen. (Vorläufige Mitteilung) .... 1<)4 Pasclior, A.: Eine farblose, rhizopodialu L'lirjsomonade. (Mit Tafel VI) 152 Peklo, Jaroslav: Über symbiotische Bakterien der Aphiden. (Vorläufige Mitteilung) 416 Porodko, Theodor: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. I. Mitteilung 16 — — Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. IL Mitteilung. Thermotropismus der Pflanzenwurzeln. (Mit 2 Textfiguren) . . 305 Vergleichende Untersuchungen über die Trojjismen. III. Mitteilung. Das Wesen der traumatropen Erregung bei den Pflanzenwurzeln 630 Ronner, 0.: Zur Physik der Transpiration II 572 — — Versuche zur Mechanik der Wasserversorgung. 1. Der Druck in den Leitungsbahnen von Freilandpflanzen. (Vorläufige Mit- teilung) 576 — — Versuche zur Mechanik der Wasserversorgung. 2. Über Wurzel- tätigkeit. (Vorläufige Mitteilung) 642 Richter, A. v. : Farbe und Assimilation. (Vorläufige Mitteilung) .... 280 Roß, Hermann: Adventivblättchen auf Melastomaceenblättern, verursacht durch parasitisch lebende Älchen. (Mit 8 Abbildungen im Text) 346 Rudolph. Karl: Ohondriosomen und Chrom atophoren. (Beitrag zur Kritik der Chondriosomentheorien.) (Mit Tafel XVILE und einer Textfigur) 605 Ruhland, W. : Die Plasmahaut als Uitrafilter bei der Kolloidaufnahme. (Vorläufige Mitteilung) 139 Schellenberg-, H. C. : Über die Schädigung der Weinrebe durch Valsa Vitis (Schweinitz) Fuckel. (Mit Tafel XVI) 586 Schindler, B.: siehe Magnus, W. Schkorbatow, L. : Zur Morphologie und Farbstoff bildung bei einem neuen Hyphomyceten {(ipinmophoya purpurasvens nov. gen. et. spec). (Mit 8 Abbildungen im Text) 474 Schmid, Ciünther: Zur Ökologie der Blüte von Hiii/antofjlofisinii .... 463 Schulz, A.: Die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke Deutschlands und seiner Umgebung (mit Ausschluß der Alpen), 1 108 — — Die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen plianerogamen Flora und Pflanzendecke Deutschlands und seiner Umgebung (mit AusschluJ3 der Alpen), II 115 — — Die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke Deutschlands und seiner Umgebung (mit Ausschluß der Alpen), III 172 Register. (167) Seite Schnster, Julius: Die systematische Stellung von iJ/iiVoca^fton. (Mit einer Textabbildung) 10 Selk, H. : Coscinodiscus-Mikr osY)oren in der Elbe . . 669 Snell, K. : Der Transpirationsstrom der Wasserpflanzen 361 Sorauer, Paul.: Die Sclileimkrankheit von Cyathea tnedullaris. (Mit Tafel II) ■ . . . . 42 Stein. Emmy: Bemerkungen zu der Arbeit von Molisch: „Das Ol'fen- und Geschlossensein der Spaltöffnungen, veranschaulicht durch eine neue Methode" 66 Stomps, Theo J. : Die Entstehung von Oenotliera yitjas de Vries ., . . 406 Stoppel. R.: Über die Bewegungen der Blätter von Phaseolus bei Kon- stanz der Außenbedingungen. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit einer Abbildung im Text) (29) Tobler-Wolfl". Gertrud: Über Si/nchi/triu))i pyriforme Reinsch. (Mit Tafel V) 146 Tobler. Gertrud u. Friedrich: Untersuchungen über Natur und Auf- treten von Carotinen. (Mit 2 Textfiguren) 33 Treboux. ().: Die freilebende Alge und die Gonidie Cysiocotrus humicola in bezug auf die Flechtensymbiose 69 Tröndle. A.: Geotropische Reaktion und Sensibilität. (Vorläufige Mit- teilung.) (Mit 2 Figuren im Text) (23) Tnnmaun. 0.: Über Ferula Narthcr Boissier, insbesondere über die Sekretgänge dieser Pflanze. (Mit Tafel X) 245 Tiehoever, A.: Über den Nachweis von Chitin bei Bakterien 443 Vouk. \.: Über eigenartige Pneumathoden an dem Stamme von Begonia citifolia Schott. (Mit Tafel XI) 257 — — Ein verbesserter, neuer Wiesnerscher Insolator zur Bestimmung des Lichtgenusses. (Mit einer Textfigur) 391 Wehmer, C: Über Pigmentbildung bei Merulhis lacrymans Schum. (Mit 3 Abbildungen im Text) 321 Mcruh'us lacryiiians und 31. Silvester 601 Wehrhahn. Heinz-Rolf: Wurde die Zitrone im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung in Italien kultiviert? (Mit einer Abbildung im Text) 99 Werth, E., und Ludwigs, K.: Zur Sporenbildung bei Rost- und Brand- pilzen. {VstiJago antlieraruin Fries und Puccinia MalvaceariDii. Mont.) (Mit Tafel XV) 522 Wieler, A.: Die Acidität der Zellmembranen 394 AViesner, J. von: Heliotropismus und Strahlengang. (Mit 4 Textfiguren) 235 Wislouch, S. M.: Thioploca ingrka nov. sp. (Mit einer Abbildung im Text) .... 470 Wittmack. L. : Holz vom Porträtkopf der altägyptischen Königin Teje. (Mit 2 Abbil.lungen im Te.xt) 275 (168) Register. Verzeichnis der Tafeln. Tafel I zu P. (iraebnor, Erklärung auf Seite 10. Tafel n zu Paul Sorauer. Erklärung auf Seite 48. Tafel III zu F. Jcscnko. iM-kliirung auf Seite 93. Tafel IV zu L'duard (iruber, l'Jrklärung auf Seite 138. Tafel V i5U (Jertnid Tol)ler-Wolff, Erklärung auf Seite 150. Tafel VI zu A. rascher, Erklärung auf Seite 158. Tafel Vn zu F. Hollendonner. Erklärung auf Seite 162. Tafel VIII zu ^\. Ball.v, Erklärung auf Seite 171. Tafel IX zu F. Joseiiko, Erklärung auf Seite 232. Tafel X zu 0. Tiinmann, Erklärung auf Seite 256. Tafel XI zu V. Yonk, Erklärung auf Seite 262. Tafel XII zu A. Xestler, Erklärung auf Seite 334. Tafel XIII zu A. Fainincyn. Erklärung auf Seite 434. Tafel XIV zu A. Dcnjiler, Erklärung auf Seite 462. Tafel XV zu E. Wertli und K. Ludwigs. Erklärung auf Seite 527. Tafel XVI zu H. C. Scliellenborg, Erklärung auf Seite 694. Tafel XVII zu Friedrieb Ilildebrand, Erklärung auf Seite 597. Tafel XVIII zu Karl Rudolpb. Erklärung auf Seite 629. Tafel XIX zu F. Molz und (>. Morgcntbalei", Erklärung auf Seite 662. Tafel XX zu A. d'Ang-remond. Erklärung auf Seite 691. Tafel (I) zu Karl Müller, Erklärung auf Seite (60). Übersicht der Hefte. Heft 1 (S. 1—48), ausgegeben am 22. Februar 1912. Heft 2 (S. 49—96), ausgegeben am 28. März 1912. Heft 3 (S. 97—150), ausgegeben am 25. April 1932. Heft 4 (S. 151—232), ausgegeben am 22. Mai 1912. Heft 5 (S. 233—278), ausgegeben am 27. Juni 1912. Heft 6 (S. 279—362), ausgegeben am 25. Juli 1912. Heft 7 (S. 363—428), ausgegeben am 31. August 1912. Heft 8 (S. 429—558), ausgegeben am 28. November 1912. Heft 9 (S. 559—666), ausgegeben am 24. Dezember 1912. Heft 10 (S. 667—714), ausgegeben am 30. Januar 1913. 1. Generalversammlungsheft [S. (1) — (60)], ausgegeben am 23. August 1912. 2. Generalversammlungsheft (Schlußheft) [S. (61) — (169)], ausgegeben am 28. Februar 1913. Register. (169) Berichtigungen. S. 1-41, Anm. 2, Zeile 3 lies hoch kolloide statt hoch disperse. S. 284, Zeile 5 von uuten und S. 285, dritte Zeile lies coccineum statt cocerneum. S. 293, Zeile 14 lies Arten statt Arten Arten. S. 296, Zeile 17. lies — 1,8" statt 1,8 «. S. 329, Zeile 17 lies meist nicht statt nicht meist. S. 379, Zeile 7 lies zweihäusigen statt einhäusigen. S. 383, Zeile 9 lies Cameharius statt Speengel. S. 544 ist einzufügen: Bei der Bestimmung des phototropischen Schwellen- wertes der extremen Temperaturen ausgesetzt gewesenen Pflanzen waren zur Kontrolle ., normale" (d. h. bei Zimmertemperaturen anf- gezogene) Pflanzen in gleiche Entfernung von der Lichtquelle wie die betreffenden Versuchskulturen aufgestellt. Die fraglichen Ver- suchspflanzen wurden somit bei der phototropischen Schwelle direkt mit „normalen" Keimlingen verglichen, so daß die unbe- deutenden Fluktuationen der Lichtintensität nicht auf das Resultat eingewirkt haben. Diese Kontrollkulturen werden S. 549 besprochen. S. 549, Zeile 8 lies nur statt um, Zeile 18 lies nach statt von, Zeile 11 von unten lies genauesten statt genannten, S, 550, Zeile 21 lies WEIGERT statt Weigart. Berichte d. Deutschen Hot. Gesellschaft Bd. XXX. 3 4 Taf. T. ^SRhSHd ^K^!\^v^-;/ ^^ iiysKj 8 I Berichte dDeutschenBot. GesellschJ^dJCKX. Ta/:E m b-- ''■.Lütke.gtz EXauje-luh Berichte d. Deutschen Bot. Geaellsch Bd. XXX. Tafel III. Fig. 2. b Fig. 3. b Fig. 4. Berichte clDeiitsclien Bot. Gesellschßd.. LTU Tarn: r Crviergt '&Z. E-LoJjje.hi/'. ßeinchte (lDeuts(Jie7i BotGesellscJi ßdJCCK. TafV. GToblfTffez. Berichte dJ)eutschen Bot. GesellschJBdJODi^. TaTW. o E-—f:^^i 8 Pascher g&z ÄliOaieWi. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXX. Taf. VII. Del. F. Hollerdoimer. Bejichte d. Deutschen Bot. (kseüsch.BdJiXX. Ta/:[W. WBoLÜy gez. Slcaielith. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXX. Taf. IX. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Jesenko pliot. Big. 4. Berichte dDeutsdten Bot.GescUschBdMX TafX OTvanmanngez £ Laue- Jxth,. Beridiie dDaüscJien. ßot.Gesellsch £dJ(XX TaOI GüJdfiom V, VouJc gte Elcajbs.liXk Belichte dJJeulschen Bot.Gesellsch.Bd.XXX. Tarx/r. /?/4:^^ ^i'^ili^ß AJ^istler gtz EZaae.litk Berichte. dMeuischen Bot. GeseUsduBdJCiX. Tar.m:. SXaue^tk. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXX. Taf. XIV. A. Dengler phot. Berichte dDmtschenBot.GeseMschJidJOCi. Ta/:x\: S. Werthgex. SZacBAlUh.. Berichte dJJeatschen Bot. GeseUschJSdJiXX. TafXW. HC Schellm^a^^ gez. BScai£,^i. Berichte d.Deatschen Bot. GeseUschJBdJiXK. Ta/:xm r I ;^H?-* ^•-., TdDakücege £ LauRUih. Berichte dDeutschenßot. GeseUschMd.ÄXX. Taf.XlW. a- ■ff..:.. mm -Oc a 0- «^ 8a 8b Cs I-. I AjJioru. JedeüJca, aez. Ilcmzhih Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXX. Taf. XIX. \ ^^., iJL ä*^ W ik' Ji 1 >' ^ VV." ■..,» f',«t4 , •• t:«.. ■; ' ',■ 'i 1 ^^^^I^^H<>^^^^:^ '^ V7>i ' fL^ ' ' '■ %!''. J -- ,. ^ ,.,.'.* •-•'•;• ^,; ri ■'. ' ■ ".kj.:?^^)^. ■ ; r .„ i:,^:^^S^^&.^/a«J!lffl&^iHM V ■- '•^'^^^^t' > Pf^^"^--'pirYlv.^;;- ■.^*.^ ■■^•' ■;:^ ''%W^^i^'^-^^^^ ^ \ %■ ■'■v^^\:S'^y~^n^-':^ .^'■■X^.i^' f^ •- te/ ,« >,■ ..V"*% \v ' m s , ".^ ■ .i4- 'V ■''-/'/"■ ^'-"/.i^'T^; ■/ €-'1 \ •vTX'Y .■ V ■ #• i -,,!.■. V'W. ■<■'■'■•' ^1*^1 ■ ^ — - '•■^U-'' ■-2l'"it^. lifMi^ i .■■^^:^-#' >^^^^^^ r ■ — , ^■\^ 'A. ^t^V^^ -; '^^^^-^^^^^ t>- V.- -* ■ '.'-" .'■ ' ^■•„- ^fer^ Sr^-^^- ,^ ■■ = , .4 ii 1 Abb. 1. p/tot. K. Miillei: Abb. 2. \ New York Botanical Garden Library 3 5185 00259 1749 v:-<3k . . f. vi ^' -^m ^■'^:7^-^ ',»l^,liA>- ::" ^M>: xJxx^r "^:"* V*i^^-^ -"^^ "^"^*"