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ID, .
Xibrarp of the Hlusceum
OF
COMPARATIVE ZOÖLOGY,
AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS.
Hounded by private subscription, in 1861.
Deposited by ALEX. AGASSIZ.
nn No. // 7/8:
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BERICHTE
DER
NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT
ZU
FREIBURG 1 B.
ERSTER BAND (1886)
Mırt 8 HotLzscHNITtTtENn IM TEXT und 10 TAFELN
FREIBURG I. B. 1886. AKADEMISCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG YON J.C.B. MOHR (PAUL SIEBECK)
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NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT
ZU FREIBURG IL. BR.
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DRUCK VON FREIBURG I.B.
Inhalt des ersten Bandes.
Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen behält sich die Verlagsbuchhandlung für jede einzelne Abhandlung vor.
Eine Bestimmung des Ohm. Von Dr. F. HmstEept, Professor an der Uriversität Freiburg. Mit 2 Holzschnitten im Text und 4 Holz- schnitten am Schluss der Abhendlung ER
Beiträge zur Kenntniss der Physiologie und Biologie des EN Von Dr. A. GRUBER, Professor an der Universität Freiburg. Mit Tafel I
Tafel-Erklärung nach Seite 56.
Das Respirations-System der Chamaeleoniden. Von Dr. R. WIEDEBSHEIN,
Professor an der Universität Freiburg. Mit Tafel II, III Tafel-Erklärung nach Seite 72.
Beiträge zur Kenntniss des Carpus und Tarsus der Amphibien, Reptilien
und Säuger. Von G. KEHRER in Freiburg i. B. Mit Tafel IV Tafel-Erklärung: Seite 88.
Zur Annahme einer Continuität des Keimplasma’s.. Von Dr. A. Weıs- MANN, Professor in Freiburg 49 er 5 ;
Die Reifung des Arthropodeneies nach Beobachtungen an een, So nen, Myriapoden und Peripatus. Von Dr. F. STUHLMAnv in Ham- burg. Mit 2 Holzschnitten im Text und Tafel V—-X.
Tafel-Erklärung: Seite 220
Seite
89
101
Berichtigung.
Auf Seite 23 ist nach der letzten Zeile von unten einzuschalten:
Die Versuche, deren Nummern den Index a tragen, sind mit Schliessungs-, die mit dem Index b mit Oeffnungs-Inductions-Strömen ausgeführt.
Eine Bestimmung des Ohm
F. Himstedt *).
Die nachfolgende Untersuchung wurde ausgeführt mit den Mitteln, welche die Grossherzoglich Badische Regierung auf Anregung des internationalen Eleetriker-Üongresses zu Paris für eine absolute Wider- standsmessung bewilligt hat.
1. Die Methode *”).
Es sei ein primärer Stromkreis gebildet aus der indueirenden Rolle A, zwei parallel geschalteten Widerständen r und w,, einer Stromquelle E und eimem Stromunterbrecher D, (Fig. 1). Der secundäre Stromkreis bestehe aus der Inductionsrolle B, dem Galvano- meter G, dem Unterbrecher D, und einem Widerstande r, = r. Der gesammte Widerstand des secundären Kreises w, sei gleich r, + w, und es sei w, gleich dem oben genannten w,. Wird der primäre Strom i durch den Unterbrecher D, in der Secunde n Mal geschlossen und unterbrochen und durch passende Regulirung von D, dafür ge- sorgt, dass entweder nur die Schliessungs- oder nur die Oeffnungs Induetionsströme das Galvanometer durchfliessen, so ist
eerer ee rated er
W, (+ der Reductionsfactor des Galvanometers, a, die beobachtete Ab- lenkung, V das Potential der Rollen auf einander. Wird anderer- seits der Hauptstrom dauernd geschlossen und w, ersetzt durch w;
*) Im Auszuge der Kel. preuss. Akad. d. Wissensch. zu Berlin vorgelegt am 23. Juli 1885.
**) Vergel. F. Hımstenpr, Ueber eine Methode zur Bestimmung des Ohm. Wied. Ann. XXII. pg. 281. 1884.
Berichte. 1986. Heft 1.
9 HIMSTEDT: [2
(die Leitung des seeundären Kreises, nachdem aus dieser r, ausge- schaltet ist) so dass also die Rolle B und das Galvanometer sicb im Nebenschluss zu r befinden, so besteht für die jetzt beob- achtete Galvanometerablenkung #, die Gleichung
ee Dre Ne een
Ten: METER IE HTUNE
Nimmt man für die mducirende Rolle A ein Solenoid gegen dessen Länge der Radius desselben sowie die Dimensionen der mdueirten Rolle nur klein sind und das mit nur einer Drahtlage umwickelt ist, so wird
Mar R2kb (1 + 2a).. 2er ee = AmR’kbn (1-4 2a) — ee S 9ı
Hierin bezeichnet R den Radius des Solenoids,. k die Anzahl der Drahtwmdungen auf der Längenemheit desselben, b die Gesammtzahl der Windungen auf der Inductionsrolle B und 2a em später zu ent- wickelndes Correctionsglied. Der Werth dieses letzteren war bei allen Versuchen klemer als 0.03, so dass für die Bestimmung von r nur die genaue Messung der Grössen Rk b n und te %,/tg a, ım Frage kam.
Die Vortheile”*) dieser Versuchsanordnung bestehen darin, dass die Zahl der zu messenden Grössen eine verhältnissmässig sehr kleine ist und dass hierbei alle die Grössen in Wegfall kommen, bei deren Bestimmung die erforderliche Genauigkeit anerkannter Maassen nur schwer zu erreichen ist. Ich rechne hierher die Constanten resp. Variationen des Erdmagnetismus und des Stabmagnetismus, den In- duetionscoefficienten resp. die Windungsflächen von Drahtspulen mit vielen Lagen über einander, den Reductionsfactor eines Galvano- meters, Trägheitsmoment und logarithmisches Decrement schwingen- der Magnete und besonders auch die genaue Bestimmung des Wider- standes von Kupferdrähten, die oft nicht em Mal in demselben
*) Die Anordnung der Stromkreise, welche auf Gleichung I geführt hat, wird im Folgenden als „Schaltung I“, die der Gleichung I entsprechende als „Schaltung 11“ bezeichnet werden,
**) Vergl. hierüber Rorrtı, Determinazione della resistenza elettrica di un filo in misura assoluta Nuov. cim. Ser. 3 Vol. XV,
3] EinE BESTIMMUNG DES OHM. 3
Zımmer sich befinden und deren Temperatur immer nur angenähert l g aus der der umgebenden Luft gefunden werden kann*).
2. Ableitung des Correctionsgliedes 2a der Formel V.
Wir setzen voraus, dass die Mittelpunkte und die Axen des Solenoids und der Induetionsrolle zusammenfallen. Dann lässt sich das Potential derselben auf emander m die Form bringen:
NEN RrVerEr2V..
Hierin bezeichnet V, das Potential des Solenoids. dasselbe als unendlich lang angesehen. 2 V, stellt das Potential der Endflächen des Solenoids auf B dar, wenn man diese der Art mit nord- resp. südmagnetischer Masse belegt denkt, dass diese Massen das Solenoid
*) Herr G. WIEDEMANN hat in seinem Werke Electrieität Bd. IV. Abthg. 2 eine „Vergleichung der Methoden“ zur Bestimmung des Ohm gegeben und schreibt $ 1340 pg. 969:
„Die Methode der Indnetion zweier Drahtkreise auf einander und Messung des Induetionsstromes an einem Galvanometer bedingt zunächst die Ausmessung dreier Drahtrollen, des Inductors, des indueirten Kreises und des Galvanometers, resp. noch des um letzteres gelegten Gewindes zur Messung des inducirenden DErOmes; sn...
„Ist P das Potential der Spiralen auf einander, % die Ablenkung der Gal- vanometernadel durch den Induetionsstrom, # dieselbe durch den indueirenden Strom, h das Verhältniss der Drehungsmomente der verwendeten Gewinde des Galvanometers, T die Zeitdauer der Schwingung der Nadel desselben, so ist, wiederum absesehen von Nebenumständen
Di Tesnys h
„Aus den Formeln für P ergiebt sich, dass ein Fehler in der Messung des mittleren Abstandes der Spiralen linear und dass der Fehler in der Bestimmung des mittleren Radius quadratisch im Endresultate auftritt. Bei geringeren Ab- ständen der indueirenden Rollen ist der Abstand also sehr genau zu messen resp. dureh Aenderung desselben eine grössere Genauigkeit zu erzielen.“
„Achnliche Betrachtungen gelten für die Methode von Rorrt.“
Es könnte hiernach den Anschein haben, als ob alle die vorstehend wieder- gegebenen Betrachtungen. resp. ihnen ähnliche, auf die Methode von Rorrtt, welche der von mir benutzten gleich ist, Anwendung fänden und ich glaube desshalb darauf aufmerksam machen zu müssen, dass nur der Passus: „dass der Eehler in der Bestimmung des mittleren Radius quadratisch im Endresultate auftritt“, für diese Methode Giltigkeit hat, denn der Methode ist die Anwendung eines unenid- lich langen Solenoids eigenthümlich und da durch die Versuchsanordnung auch die Galvanometereonstanten eliminirt werden, so sind nicht drei Drahtvollen aus- zumessen, sondern nnr der Durchmesser einer einzigen Drahtlage. ebensowenig
muss der Abstand der indueirenden Rollen „sehr genau“ gemessen werden, denn derselbe tritt nur in einem Correetionsgliede auf (vergl. pg. 2) und endlich fällt auch die Bestimmung der Grössen h und T in obiger Formel fort.
*
4 HIMSTEDT: [4
in seiner eleetromagnetischen Wirkung nach aussen ersetzen können.
Wenn wir, wie oben, den Radius des Solenoids mit R, die Anzahl
der Windungen auf der Längenemheit mit k bezeichnen und an-
nehmen, dass die Inductionsrolle B aus b Windnngen besteht, so ist VL. Menke eb:
Um Vı abzuleiten, sei HJ K (Fig. 2) eine der Windungen der Rolle B, durchflossen vom Strome 1; ihr Abstand von der Endfläche N, die Länge OÖ J, sei gleich z. Wir ersetzen HJ K durch eine magnetische Doppelfläche und nehmen hierzu das Stück HUK der Oberfläche einer um O als Mittelpunkt beschriebenen Kugel. Be- zeichnen wir mit do ein Oberflächenelement derselben, mit v das Potential der Endfläche N des Solenoids auf eimen magnetischen Punkt 1 m do, so ist
das Potential von N auf HJK. Die Integration ist hierbei über das durch den Kreis HK begrenzte Stück HCK der Kugelober- fläche zu erstrecken.
Nach MaxweErL II pag. 302 ist
ERS LA SRE ' Ar (e0sd) —57 „+ (CI) ae p- (cos%).. Ei
und wir finden
2 16 r N (7 z? 10 TE .) 198° r° ER ” r
Hierin ist r = Vz?+p: und p der Radius der Windung HK. Bezeichnet man den mittleren Radius der ganzen Inductionsrolle mit p und setzt p—=p-+Ö, bezeichnet ferner die halbe Länge des Solenoids mit Z und setzt z= 2 + £ so erhält man für das Potential der End- fläche N auf alle len der Rolle B, also für die oben mit Vi
bezeichnete Grösse je P+ "je d Nun d een, Ö — tg
Ice —!Jjd wo c die Breite, d die Höhe des Querschnitts der Wimdungen von B bezeichnet % resp. a die Zahl der Windungen auf der Längen-
*) MAaxwErL II. pg. 281.
5] EınE BESTIMMUNG DES OHM. 5
einheit von e resp. d, so dass die Gesammtzahl der auf B vorhan-
“c1.d. Entwickeln wir P m die Reihe En N ) (75) Br Side Bella Feet so erhalten wır
ee V-4rR'kb|S +57 @ Se Doku
wobei zur Abkürzung gesetzt ist
denen Windungen b =
—
l 3 Ip?’ 5 7.293 — 4 Sl ye ı) R: Sr I r(z Te ee! 5 - ‚ Ip’ [ 5 AT: 35 bp! — — 20 1° p? + 81° Sy en 2 - 2 4 —— — - —— — BR; — = fr o> | I 8 = 64 63 3 Berl lenG 3.5 2E = Fr 12 Del din T- N = ar 23 #55 \ £ I >= } 5° MR 395 200 8 2 64 > — VEtR
Aus den Formeln IV bis VIII findet man das gesuchte Cor- rectionsglied
Ira 2 IS, u „ (€ Beide Soyr 1
Weitere Glieder von 2a sa 25 hier aufgeführten zu berücksichtigen war bei den benutzten Apparaten nicht nöthig, denn das nächst- folgende Glied hatte angenährt den Werth Sı . 10°.
Fällt der Mittelpunkt der Induetionsrolle B nicht mehr in den Mittelpunkt des Solenoids, sondern besitzt von diesem in der Richtung der Axe den Abstand e, so erhält man mit genügender Annäherung
z Kl ] 1 R 2 _| 2 { 2cC i INN 2a 218. + ala2e+ CEST es, | Be: .
3. Die Grundmaasse.
Alle Längenmessungen sind bezogen auf einen Maassstab aus Glas mit Millimetertheilung, welcher in der Normal-Aichungs-Com- mission in Berlin ınit dem Normalmeter verglichen ist. Eine Aus- nahme hiervon macht nur eine später zu erwähnende Messung, der ein eylindrischer Glasstab zu Grunde liegt, dessen Länge ich nicht selbst bestimmen konnte und der desshalb ebenfalls in der Normal- Aichungs-Commission ausgemessen wurde. Für beide Messungen bin ich dem Director Herrn Geh. Regierungsrath FÖRSTER zu Dank ver-
pflichtet.
6 HIMSTEDT: [6
Zu den Zeitmessungen diente ein Marine-Chronometer von Bröcking m Hamburg, das halbe Secunden schlug. Der Gang des- selben wurde durch Zeitbestimmungen controlirt.
4. Das Solenoid.
Das Solenoid ist auf eme vielfach verleimte hohle Walze aus Holz gewickelt, wie solche in den Orchestrions verwendet werden. Dieselbe ist im Jahre 1868 angefertigt und im Mai 1884 für den vorliegenden Zweck nochmals abgeschliften und auf der Drehbank pohrt. Der Durchmesser derselben wurde auf drei verschiedene Arten *) bestimmt, die so gewählt waren, dass sie zugleich ein Ur- theil ermöglichten darüber, ob der Querschnitt der Walze mit ge- nügender Annäherung ein Kreis und ob ebenso die ganze Walze ein Cylinder war.
1. Messung: Mittelst einer Mikrometerschraube wurden an 13 über die Länge der Walze gleichmässig vertheilten Punkten je 6 Durch- messer desselben Querschnitts verglichen mit der Länge eines Glasstabes.
Fig. 3 stellt die benutzte Eimrichtung dar. Eine mit 3 Fuss- schrauben versehene 3 cm dicke Eisenplatte E trägt auf drei Messing- säulen M eine in der Mitte durchbrochene Metallplatte S, in welche die Gewinde eingeschnitten sind für drei Schrauben mit flachabgedreh- ten Köpfen K. Auf diesen ruhen die Füsse eines Sphärometers von Breithaupt und werden in ihrer Stellung durch die Klemmen F ge- sichert. In der Mitte der Platte E sind zwei Glasstücke G so aufge- kittet”®), dass sie im reflectirten Lichte die Nzwron’schen Ringe zeigen und dass diese ihre Lage ändern, sobald man die oberste Glasplatte resp. den kleinen auf derselben befestigten Knopf B berührt. Die Ringe werden mit einem Mikroskop beobachtet. Der ganze Apparat ruht auf einer in die Wand emgegypsten Steinplatte. Der zur Ver-
*) Ich habe auch versucht den Durchmesser durch Kathetometermessungen zu bestimmen, aber keine brauchbaren Werthe erhalten. Die Einstellungen auf denselben Punkt einer Seitenkante der Cylinderfläche differirten um mehr als 0.1 mm je nachdem ich die Kante von der hinteren oder der vorderen Seite beleuchtete, je nachdem ich das Licht direet auffallen liess oder durch mattgeschliffene Glas- platten gehen liess ete. Achnliche Beobachtungen hat auch Herr WıLp gemacht, doch ist es ihm bei seinen Apparaten gelungen, eine Einrichtung zu treffen, die übereinstimmende Resultate lieferte. „Bestimmung des Werthes der S. E. in ab- solutem Maasse“. Mem. de l’Acad. de St. Petersbourgh. VII Ser. T. XXX. No. 2, pg. 81.
**) Vergl. K. R. Koch. Ueber eine Methode zur genauen Dickenmessung mit dem Sphärometer. Wied. Ann. III. pg. 611, 1878,
7] EıE BESTIMMUNG DES OHM. 7
gleichung benutzte Glasstab T war eylindrisch, ec. 2cm diek und wie Fig. 4 zeigt in eine mit Stellschrauben versehene Messingplatte P eingekittet. In der Mitte jeder der beiden senkrecht zur Längsaxe angeschliffenen Endtlächen des Stabes war ein Kreisring eingeätzt von nicht ganz 3 mm Durchmesser. Der Abstand dieser so markirten Kreistlächen ist in der Normal-Aichungs-Commission zu Berlin be- stimmt zu 23.3264cm bei 18.5°C. mit einer wahrschemlichen Un- sicherheit von 0.0002—0.0003 cm. Um mit diesem Abstande die Durchmesser der Walze zu vergleichen, wurde zunächst die Platte E (Fig. 3) mit Hülfe einer Libelle horizontal gestellt und an den Schrau- ben K so lange gedreht bis die Axe der Sphärometerschraube X senkrecht stand über dem Knopfe B, dann der Dreifuss (Fig. 4) mit dem Glasstabe zwischen den Knopf B und das Ende der Mikro- meterschraube gestellt, an den Fussschrauben des Dreifusses gedreht, bis die untere Kreisfläche des Glasstabes mit dem Knopfe B in Be- rührung kam, die Sphärometerschraube bis zur Berührung mit der oberen Kreisfläche gedreht und ihre Stellung an der Theilung ab- gelesen. Der Eintritt der Berührung wurde hierbei immer ım Mikroskop an der beginnenden Bewegung der Newton’schen Ringe erkannt. Hierauf wurde der Glasstab entfernt und die Stellung der Sphärometerschraube für einen Durchmesser der Walze bestimmt. Die letztere ruhte hierbei auf einem resp. zwei passend gepolsterten Schlitten, welche durch Schrauben in drei zu einander senkrechten Richtungen bewegt werden konnten. Um sicher zu sein, dass der tiefste resp. höchste Punkt eines Querschnitts der Walze mit dem Knopfe B resp. dem Ende der Sphärometerschraube in Berührung war, also nicht etwa eine Sehne statt des Durchmessers gemessen ward, wurde die Walze senkrecht zu ihrer Längsaxe erst ın der einen, dann in der entgegengesetzten Richtung verschoben und für alle Stellungen, S—10 im Ganzen, die Eimstellung der Sphärometer- schraube abgelesen. Der grösste hierbei gefundene Werth war dann der des Durchmessers. Dieses Hin- und Herbewegen wurde 4 Mal wiederholt, so dass für jeden Durchmesser drei Ablesungen gewonnen wurden. Dieselben differirten nie um mehr als 0.005 mm.
Die Temperatur der Räume in welchen die Messungen aus- geführt wurden und in welchen die Walze bis nach Beendigung aller Beobachtungen stehen blieb, lag stets (Nacht und Tag) zwischen 13° u. 16°C. Um auch diese Unterschiede in den Temperaturen in Rechnung ziehen zu können, habe ich vor Beginn der eigentlichen Messungen versucht, mit dem eben beschriebenen Apparate den Aus-
8 HınmsTEDT: [8
dehnungscoefficienten der Walze wenigstens angenähert zu bestimmen und zwischen 9° und 22°C. für ‚denselben gefunden: 0.00005. Mit Zugrundelegung dieses Werthes sind dann alle Messungen auf 14°C. redueirt. Mit demselben Apparate habe ich auch untersucht ob der Feuchtigkeitsgehalt der Luft einen messbaren Einfluss ausübte. Die Feuchtigkeit der Zimmerluft wurde mit einem Ausvsr’schen Psychrometer bestimmt. Für Schwankungen der relativen Feuchtig- keit von 60°/o bis nahezu 90°/ konnte nicht die geringste Aende- rung in dem Durchmesser der Walze gefunden werden. Die defini- tiven Messungen haben ergeben:
der kleinste Werth der grösste Werth im Mittel 1a; © 323.3198 23.3289 23.3252 Ib 23.3187 23.3293 23.3244
Die Messung Ia wurde ausgeführt in den Tagen vom 23. bis 27. October 1884, die Messung Ib vom 2. bis 8. Januar 1885.
2. Messung: Durch umgelegte Papierstreifen wurden an 13 Stellen die Umfänge der Walze gemessen.
Die Streifen waren aus Pauspapier geschnitten wie beistehende Fig. zeigt, 4cm breit, die Strecke AB war um wenige Millimeter
D A IR c SE BET mu
kürzer als der zu messende Umfang. Bei dem Umlegen des Streifens wurde BÜ durch die Oeffnung bei A gezogen, an © und D.wurden je 250 Gramm angehängt und der Streifen, von dem tiefsten Punkte des Umfanges anfangend, mit beiden Händen elatt gestrichen. Nach- dem durch einen Stich mit einer feinen Nadel zwei überemander liegende Punkte des Streifens markirt waren, wurde derselbe so über den horizontal gelegten Glasstab gelegt, dass die Enden mit den Gewichten frei herunterhingen, dann wurden auf die Nadelstiche zwei Mikroskope mit Okularmikrometern eingestellt und abgelesen, der Papierstreifen entfernt, der Maassstab durch Fussschrauben um die Papierdicke gehoben, so dass die Mikroskope jetzt auf die Theilung des Maassstabes scharf eingestellt waren und dann an diesen ihre Entfernung von einander abgelesen. ‚Jeder Umfang wurde zwei Mal gemessen. Aus der so gefundenen Länge 7 und der Dicke des benutzten Papiers ö wurde der Durchmesser berechnet:
D=-2,
ö betrug 0.07 mm.
9] EınE BESTIMMUNG DES OHM. 9 Für den Durchmesser wurde gefunden:
‚ler kleinste Werth der grösste Werth im Mittel
d. 10. Jan. IIa 23.3186 23.3256 23.3227
d+12.:Jan. [Ib 23.3186 23.3249 23.323
3. Messune: Der Durchmesser wurde berechnet aus der Länge des aufgewickelten Drahtes.
Um die Länge desselben zu bestimmen waren 5 Messlatten mit Stellschrauben versehen und so aneinder gesetzt, dass sie einen etwa 13m langen Tisch bildeten, dieser wurde mit einer Schicht Paraftın übergossen damit die Umspinnung des darüberhin schleifenden Drahtes keine Beschädigung erlitte. An den Enden dieser Bahn war je eine mit Millimetertheilung versehene Spiegelglasscala auf- gekittet und wurde die Enfernung entsprechender Theilstriche der beiden Scalen nach Art der Basismessungen ermittelt, indem ein Maassstab unter Mikroskopen verschoben wurde. Die Richtung, nm welcher der Maassstab verschoben werden musste, wurde durch einen straff gespannten Draht markirt und mit einem Theodolithen con- trolirt. Bei der Wickelung wurde der Draht von einer Spule ab- gewickelt die nahezu gleichen Radius hatte wie das zu wickelnde Solenoid. Dieselbe lief in Spitzen und war an der Axe durch passende Gewichte gebremst. Der Draht wurde zunächst über meh- rere leicht laufende Rollen und dann über die Messbahn zur Walze geführt, die ihrerseits durch Schrauben an der Axe so stark ge- bremst war, dass sie in jeder beliebigen Stellung sicher fest stand. Die Spannung des Drahtes hing im wesentlichen nur ab von der Grösse der bremsenden Gewichte und darf desshalb als constant an- gesehen werden. Ueber der ersten Glasscala der Bahn wurden mit einer feinen Nadel, deren Spitze in Asphaltlack getaucht wurde, zuf den Draht drei feine Marken gemacht und diese, nachdem sie die Bahn durchlaufen hatten, über der zweiten Glasscala wieder abgelesen.
Während der Wickelung wurde gleichzeitig durch Mikroskop mit Okularmikrometer an 332 Stellen die Dicke des Drahtes be- stimmt und im Mittel gefunden d = 0.047 cm. Für den Durch- messer der Walze ohne Draht hat diese Messung ergeben
TEL ,2923.3242,cm2)): Nach beendeter Wickelung wurde der Durchmesser der Walze
*) Im Ber. d. Akad. d. Wissensch., Berlin 23. Juli 1885, ist durch ein Ver-
PT;
sehen 23.3262 gedruckt.
10 HımsTtepr: [10
mit Draht wieder in der oben angegebenen Weise durch umge- legte Papierstreifen gemessen.
Mit Berücksichtigung der Drahtdicke ergiebt sich aus dieser Messung der Durchmesser ohne Draht d. 12. Febr. Va arm
Dieselbe Messung ausgeführt nach Beendigung der ganzen Arbeit ergab d. 9. Juli 1Vp 7233192 em.
Endlich habe ich diese Messung auch noch ansgeführt mit einem Stahlbandmaass, welches den Papierstreifen durchaus ähnlich ge- schnitten war. Die Dicke desselben war 8 = 0.17mm. ‚Jeder Umfang wurde drei Mal gemessen. Im Mittel ergab sich für den Durchmesser:
d..- 10. Jul V 23.3204 em.
Die Uebereinstimmung in den Resultaten der Messungen II, IV und V lässt erkennen, dass die Walze während der Dauer der Ver- suche keine merklichen Veränderungen erlitten hat. Ueberhaupt hat es wohl keine Bedenken Rollen von Holz überall dort zu verwenden, wo man, wie in dem vorliegenden Falle, die Dimensionen stets con- troliren kann. |
Herr G. WIEDEMANN sagt in seiner Arbeit: „Ueber die Be- stimmung des Ohm“ *). „Papierstreifen eignen sich für ganz exacte Messungen dieser Art nicht gut, da sie durch Spannung und Be- lastung gedehnt werden. So verlängerte sich nach Kathetometer- beobachtungen ein durch 266 gr belasteter Streifen von Zeichen- papier von 47mm Breite bei weiterer Belastung mit 1073 gr von 604.66 bis 605.02 mm.“ Ich habe diese Versuche nachgemacht und wie zu erwarten war, durchaus ähnliche Resultate erhalten, die Papierstreifen mit einem Schlitz, wie ich sie bei den obigen Mes- sungen benützt habe, sind sogar bei einer Belastung von 1200 gr meistens gerissen. Trotzdem aber glaube ich behaupten zu dürfen, (lass unter den Verhältnissen und Bedingungen, unter welchen ich die Papierstreifen verwendet habe (Belastung von 250 gr und Aus- spannen über einen horizontalen Maassstab), man sehr genaue Messungen damit ausführen kann. Es erhellt dies, glaube ich, zur Genüge aus der ausserordentlich guten Uebereinstimmung, welche die zahlreichen, mit Papierstreifen ausgeführten Messungen sowohl
*) Abhdlgn. d. Kgl. Akad. d. W. Berlin 27. Nov. 1884, pg. 24.
11] EınE BESTIMMUNG DES OHM. 141
unter einander als auch mit den im ganz anderer Weise ausgeführten übrigen Messungen zeigen.
Für die Berechnung des Radius R der Formel V wurden be- nutzt: das Mittel aus Ia und Ib D = 23.3248 cm, das Mittel aus Ia und IIb D — 23.3229 cm, ferner III D = 23.3242 cm, das Mittel aus IVa und IVb D = 23.3192 em-und V D = 23.3204 cm. Mit Berücksichtigung der Drahtdicke findet sich
R = 11.6846 cm. Die Drahtwindungen bedeckten die Walze auf einer Länge 2 2 = 135.125 cm.
Diese Länge wurde in folgender Weise bestimmt. Es wurden drei Mikroskope mit Okularmikrometer eingestellt auf den Anfang, auf einen Punkt nahe der Mitte und auf das Ende des Solenoids, dann dieses entfernt und der Glasmaassstab zuerst unter die beiden ersten dann unter das zweite und dritte Mikroskop gebracht. Diese Mes- sungen wurden an 6 verschiedenen Stellen ausgeführt, indem das Solenoid um je 60° um seine Längsaxe gedreht wurde. ‚Jede Messung ist drei Mal wiederholt.
Die Zahl der Windungen, durch ein Uhrwerk bei der Wicke- lung bestimmt und durch directes Zählen controlirt, war 2864. Mit- hin ist die Anzahl der Windungen auf der Längeneinheit
2864 135.125
Der Kupferdraht war doppelt mit weisser Seide übersponnen
ge
und durch eine Lösung von Paraftın in Terpentinöl gezogen. Proben desselben waren chemich auf ihren Eisengehalt untersucht. Qualitativ konnten Spuren desselben nachgewiesen werden, doch waren die- selben zu gering um quantitativ bestimmt werden zu können. Ein astatisches Nadelpaar wurde durch eine Rolle des Drahtes nicht merklich abgelenkt.
So unwahrschemlich es an und für sich war, dass bei nur einer Lage von doppelt umsponnenem und mit Paraftin überzogenem Drahte, dessen Windungen ohne jede Gewalt neben einander gelegt waren, zwei derselben in metallische Berührung getreten sein sollten, so wünschte ich doch eine Controle für die Isolation bringen zu können und ich habe dieselbe desshalb mit eimer Husnzs’schen Inductions- waage in Ähnlicher Weise zu prüfen gesucht, wie dies von RAYLEIGH *)
motive force of Clark cells Proc. Roy. Soc. London 1334,
2
y
12 Hiınmsteprt: [1
beschrieben ist. Es wurde hierzu die später zu beschreibende Inductionsrolle B benutzt. Die Wickelung derselben bestand aus 15 Abtheilungen; 7 derselben wurden mit einer Drahtspule © zu einem primären Kreise verbunden, in welchen der durch einen Unter- brecher intermittirend gemachte Strom geschickt wurde. Die übrigen 5 Abtheilungen der Rolle B bildeten zusammen mit einer Spule D den secundären Kreis, in welchen ein Telephon eingeschaltet war. Durch Verschieben von Ü gegen D konnte der Ton im Telephon zwar nicht absolut zum Verschwinden gebracht werden, aber doch so geschwächt werden, dass er nur noch bei äusserster Aufmerk- samkeit und vollkommener Stille der Umgebung wahrgenommen werden konnte. Wurde jetzt B über das Solenoid geschoben so trat eine geringe Verstärkung des Tones ein, um welche Stelle des Solenoids die Rolle auch gelegt wurde, und die Intensität dieses Tones konnte durch Verschieben von Ü gegen D nicht verringert werden. RAYLEIGH hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass der Ton wahrscheinlich Folge der Condensatorwirkung der zu prüfenden Rolle ist. Wurde das Solenoid in sich geschlossen, so trat eine Verstärkung des Tones ein. Wurden ferner zwei feine Näh- nadeln, die durch einen Draht von etwa 2 S. E. Widerstand ver- bunden waren, mit ihren Spitzen auf zwei Drahtwindungen des Sole- noids in der Nähe der umgelesten Rolle B aufgedrückt, so dass hierdurch jene beiden Windungen metallisch im sich geschlossen waren, so trat eine bedeutende Verstärkung des Tones auf. Hier- aus darf man schliessen, dass an jener Stelle ohne die Nähnadeln eine metallische Berührung zweier Windungen nicht stattgefunden hat. Diese Prüfung wurde über die ganze Länge des Solenoids ausgeführt, indem die Inductionsrolle stets um nahezu das Doppelte ihrer Breite verschoben wurde. Ein Isolationsfehler wurde nicht gefunden.
5. Die Inductionsrolle B.
Der Rahmen derselben war aus Holz. Der Kupferdraht , wie der des Solenoids mit weisser Seide doppelt umsponnen und durch Paraffıin gezogen, bildete 3848 Windungen m 15 Abtheilungen, die beliebig combinirt werden konnten. Die Dicke des Dralhtes war nicht bei allen Abtheilungen dieselbe. Alle zur Verwendung ge- kommenen Drahtsorten waren vorher chemisch auf Eisengehalt unter- sucht, bei keiner konnte eine quantitive Bestimmung ausgeführt wer- den. Die Breite der Spule betrug 4.01 cm. Der mittlere Radius
13] EInE BESTIMMUNG DES OHM. K5
jeder Abtheilung wurde berechnet aus den mit Papierstreifen ge- messenen Umfängen der einzelnen Lagen.
Da die Dimensionen der Spule nur in das Correctionsghied 2 a eingehen, so ist die Genauigkeit dieser Bestimmung mehr als aus- reichend. Dagegen erschien es wichtig, die Zahl der Wimdungen b zu eontroliren, denn diese tritt m dem Ausdrucke für den Wider- stand r (pag. 2) direct als Factor auf. Diese Zahl war bei der Wickelung durch ein Uhrwerk bestimmt und waren ausserdem die Windungen jeder Lage direct gezählt, ehe eme neue Lage darüber gewickelt war. Es konnte hier aber ein Fehler dadurch entstehen, dass zwei Windungen in Folge mangelhafter Isolation in metallische Berührung getreten waren. Es wurden deshalb die mittleren Radien der einzelnen Abtheilungen nach der Methode von BosscHA”) mit einander verglichen. Zu dem Zwecke wurde die Spule als Tan- gentenbussole eingerichtet mit einem kleinen Magnet für Spiegel- ablesung, der Strom von zwei DANIELL’schen Elementen in zwei auf emander folgende Abtheilungen verzweigt und in die Leitung der einen von beiden so viel Widerstand zugeschaltet bis der Magnet nicht mehr abgelenkt wurde. Es besteht dann die Beziehung:
d., ß,\2 a
Ii+!% (*) ul er eat) ( )
W Pi REN Pr IENBL W Ps N, jl + 1a
Se) ar (*) u 2, ee BD» . \Pe P2 } w der Gesammtwiderstand einer Leitung, £ der mittlere Radius einer Abtheilung, n die Zahl ihrer Windungon, % die halbe Breite, 8 die halbe Höhe des rechteckigen Querschnitts der Windungenu, % die halbe Länge des Maenets.
Die äussersten Abtheilungen der Rolle, nämlich No. 15, 14 und 13 bestanden je aus einer Lage von Draht, der mit einer dieken Kautschuckhülle umgeben war, so dass bei diesen ein Isolationsfehler nicht zu fürchten war. Die Vergleichung geschah deshalb m der Reihenfolge, dass No. 15. mit 14, No. 14 mit 13, No. 13 mit 12 u. Ss. w. je zwei auf einander folgende Abtheilungen. Die nach- folgende Tabelle enthält m der 1. Columne die Nummer der Ab- theilung, in der 2. die Zahl ihrer Windungen, in der 3. den mittleren Radius gemessen mit Papierstreifen, in der 4. das Verhältniss
Px-ı
*) G@. WIEDEMANN, Electricität Bd. IIT. pg. 213.
14 Himsteor:
[14
berechnet aus den Werthen der Columne 3. und in der 5. dasselbe
Verhältniss, abgeleitet aus den eben beschriebenen Beobachtungen.
el Pr/Pr-ı Pr/Px- No. 5-1 i ber. | beob. 152 17.104 er Br 14 12 16.800 1.0181 1.0191 13 12 16.498 1.0183 1.0180 12 205 16.230 1.0165 1.0172 11 414 15.842 1.0245 1.0249 10 | 561 15.147 1.0459 1.0454 9 154 14.620 1.0360 1.0353 3 258 149334 1.0200 1.0202 7 257 13.2885 1.0247 1.0243 6 257 13.635 1.0263 1.0261 b .ı 947 13.284 1.0264 1.0337) 4 249 12.930 1.0274 1.0195 3 88 12.7165 1.0168 1.0170 2 432 12.584 1.0105 1.0108 En 7690 et 1.0219 140245
der Columnen 4 und 5 rühren zum Theil von Beobachtungsfehlern her, zum Theil daher,
Die kleinen Unterschiede ın den Zahlen
dass der mittlere Radius von Drahtwindungen erfahrungsgemäss durch Hier ist aber ein Mal (Columne 4) das Verhältniss-p,/p.., aus den Messungon bei der Wickelung bestimmt, das andere Mal (Uolumne 5) nach beendigter
Umwickelung neuer Lagen geändert wird.
Wickelung, eine vollständige Ueberemstimmung war deshalb von vorn- herein nicht zu erwarten. Im Uebrigen zeigen die Zahlen deutlich, Isolationsfehler nicht vorhanden. macht nur Abtheilung No. 5.
rechneten Werthe nieht mit den beobachteten überein, dagegen findet
dass ein Eine Ausnahme hiervon
Für p,/£, und p,/p, stimmen die be-
man für p,/p, wieder Uebereinstimmung, nämlich ber.: 1.0545, beoh.: 1.0539. wurde diese deshalb bei den Versuchen nicht benutzt.
Der Fehler muss also m der 5. Abtheilung stecken und
6. Der Disjunctor.
Der Disjunetor Dı und D> der Fig. 1 wurde durch das phonische Rad getrieben”). Zur brechungen in der Sekunde war mit der Rotationsaxe em Zählwerk
Bestimmung von n der Anzahl der Unter-
*, F. Hımstept, Zwei verschiedene Formen eines selbstthätigen Disjunctors. Wied. Ann. 22. 276. 1884.
15] EınE BESTIMMUNG DES OHM. 15
verbunden, das direct '/so Umdrehung abzulesen gestattete. Grezählt wurden bei jedem Versuche mindestens 900—1000 ganze Umdreh- ungen, so dass die erforderliche Genauigkeit leicht zu erreichen war. Der Apparat arbeitete sehr gleichmässig, so dass die Ablenkungen am Galvanometer durchaus constant waren. Es scheint mir dies em wesentlicher Vorzug dieses Disjunctors gegenüber dem von Herrn Rorrı benutzten zu sein und ich glaube, dass die Abweichungen, welche die einzelnen Beobachtungen des Herrn Rorrı von einander gezeigt haben, gewiss zum grössten Theile, wenn nicht ganz ihre Er- klärung finden in dem unregelmässigen Gange des von ihm benutzten Scauipr'schen Wassermotors. Eine andere Erklärung für dieselben vermag ich wenigstens nicht in der sehr sorgfältigen Untersuchung
zu finden.
7. Der Widerstand r.
Der in absolutem Maasse zu bestimmende Widerstand betrug 1 S.E oder !/s S.E oder 28.E und wurde gebildet aus zwei Ein- heiten von SIEMENS & HALSKE, die entweder einzeln oder neben oder hinter einander geschaltet zur Verwendung kamen. Dieselben hatten nicht die gewöhnliche Form der sogenannten Dosenemheiten, sondern waren mit Metallbüchsen umgeben, die mit Kaiseröl an- gefüllt wurden, so dass der Drahtwiderstand direct m dieser Flüssigkeit lag, mithin die Temperaturbestimmung eine durchaus sichere war. Ausserdem standen die Büchsen im einem grossen Flüssiekeitsbade und dieses in eimer mit Watte ausgefüllten Kiste, in Folge hiervon blieb die Temperatur während der Dauer einer Beobachtung vollständig constant.
Da alle Reproduetionen der Quecksilbereinheit übereinstimmend gezeigt haben, dass die von SIEMENS & HALSKE ausgegebenen Etalons mit genügender Annährung den angegebenen Widerstand wirklich besitzen, so habe ich mich darauf beschränkt, die beiden Emheiten sowohl unter sich als mit einer Doseneinheit vor und nach den Ver- suchen zu vergleichen. Die Dosenemheit war ın der Zwischenzeit unbenutzt geblieben. Die Vergleichung geschah mittelst eines Diffe- rentialgealvanometers WIEDEMANN scher Construction. dessen Rollen aus 2 mm diekem Kupferdraht emen Widerstand von !/; S.E. hatten. In den einen Zweig wurde einer der zu vergleichenden Widerstände vı eingeschaltet. in den anderen ein ‚Jacogr' scher Rheostat und eine S. E., zu welcher em Widerstandskasten von 1—-5000 parallel ge- schaltet war. In diesem Kasten wurde Stöpsel 1000 gezogen und
16 HımsTEDT: [16
am Rheostat geändert bis am Galvanometer kem Ausschlag mehr erfolgte. Dann r, in dem ersten Zweige vertauscht mit r, (r, und Y, waren die zu vergleichenden Widerstände) und am Kasten ge- stöpselt bis wieder das Galvanometer auf Null. Selbstverständlich blieb hierbei jetzt der Rheostat vollständig ungeändert. Die Methode ist sehr bequem. Man verfügt über sehr kleme Bruchtheile der S.E und findet die Differenz der zu vergleichenden Widerstände direet in Bruchtheilen der S.E.
Die beiden oben erwähnten S.E und die Dosenemheit tragen die Bemerkungen:
No. richtig bei 0. Y 3618 a 6 0.000537 \ SE Ak: “a Nıy: ) März’1885 L> 3619 230.97: 0.000536 ) d 3194 18.22 C. 0.000533 April 1584
Es müssen also bei 18.2° C. sem r,:2,2d = 0.998779 : 0.999028 : 1.—
Es wurde gefunden am 26/4. 1885 reducirt auf 18.2° C
te :.A,.0.998827 202999097 7 —
Hierbei wurden die Temperaturen von r, r, und d abgelesen zu 14.96. 14.95° O. und 14.83° ©. Die Widerstände hatten 24 Stunden in derselben Kiste gestanden, die beiden ersteren im Flüssigkeits- bade, d in der Luft. Nimmt man an, dass alle Widerstände die- selbe Temperatur hatten und die von d fehlerhaft bestimmt war, so wird die Uebereinstimmung mit den Angaben von SIEMENS & HALSKE noch grösser.
Die Vergleichung am 12. Juli ergab reducirt auf 18.2° C.
rt ud = 0.398843:50,93I06 2
Die abgelesenen Temperaturen sind
18.80 18.80 und 18.78° C.
Die Empfindlichkeit des Galvanometers war der Art, dass bei Anwendung eines Bunsex’schen Elementes für 1.10°°8.E ein Aus- schlag von 58 Sealentheilen erfolgte. Der Scalenabstand betrug 4.5 m.
Für die folgenden Bestimmungen sind die Angaben von SIEMENS & HatsKE als richtig angenommen.
7. Die Thermometer.
Die Thermometer waren in "/o Grade eingetheilt. Zwei Theil- striche hatten eine Entfernung von e. 1 mm, so dass "/ioo Grade sicher geschätzt werden konnten. Die Thermometer wurden drei Mal sehr sorefältig mit dem Normal-Thermometer des hiesigen physikalischen Instituts verglichen.
17] EınE BESTIMMUNG DES OHM. 57
9, Das Galvanometer.
Der Draht, doppelt mit weisser Seide umsponnen und durch Paraffin gezogen, war auf eimen Rahmen von Holz m zwei Ab- "theilungen gewickelt. Der Rahmen war nicht durchbrochen, die Magnete deshalb an emem Bügel aus Aluminium aufgehängt ähnlich dem bei dem MEISSNER-MEYERSTEIN schen Galvanometer”). Es wurde ein System von drei Magneten benutzt, von denen einer in der Mitte der Windungen und je einer über resp. unter denselben schwingt. Dieselben waren von einander und von dem Bügel isolirt. Zwei der- selben bildeten ein astatisches Paar, der dritte war bedeutend schwächer. Es wurde durch diese Anordnung eine grosse Empfind- lichkeit bei sicherer Nullpunktslage erreicht und überflüssige Gewichte vermieden, die sonst zur Erzielung emer grossen Schwimgungsdauer nöthig gewesen wären. Eine Dämpfung war nicht angebracht, die Ablenkungen wurden durch Beobachtung der Umkehrpunkte bestimmt. Bei etwa 4m Scalenabstand betrugen die doppelten Ablenkungen ca. SOO mm. Die Ablenkungen bei der Messung der Inductions- ströme und bei der des econstanten Stromes waren stets bis auf wenige Scalentheile einander gleich, so dass es nicht nöthig war, für die Reduction auf Bogen den Scalenabstand mit der äussersten Genauig- keit zu messen. Die Theilungsfehler der Fernrohrscala waren bekannt,
10. Aufstellung der Apparate.
Das Solenoid stand vertical '/) m über dem Fussboden, Im entfernt von der Zimmerwand auf einem Brett mit Fussschrauben. Die Inductionsrolle war darüber geschoben und ruhte mit drei Stell- schrauben auf zwei in der Wand befestigten Balken. Da der innere Durchmesser der Holzrolle nur 0.5 em grösser war als der äussere Durchmesser des Solenoids. so war es leicht, die Axen der beiden
zur Comeidenz zu bringen. Uebrigens hat ein Fehler von 2—3 mm
in der Einstellung auf das schliessliche Resultat keinen messbaren Einfluss. Ebenso hat es keine Schwierigkeiten, die Mittelpunkte bis auf 0.lcm genau zum Zusammenfall zu bringen. Eine solche Ge- nauigkeit ist aber auch hierbei gar nicht erforderlich, denn em Fehler von lem bei dieser Einstellung giebt im Endresultate erst eine Ab- weichung von höchstens 0.002°/.. In dem Zimmer war ausser den Thür- und Fensterbeschlägen kein Metall. Alle anderen Apparate standen in einem anstossenden Zimmer und hatten in Luftlinie min- *) G. WIEDEMANN, Bleetrieität, III. 299. Berichte. 1886. Heft 1. 2
18 Hinstepr: [18
destens eine Entfernung von 13 m von dem Solenoid. Alle Ver- bindungsdrähte waren mit Kautschuck überzogen und leicht zusammen- gedreht, alle Stromwender ete. aus Paraffın und Siegellack angefertigt. Trotzdem diese letzteren, wenn nicht benutzt, sorgfältig durch über- sestülpte Kasten geschützt wurden, sammelte sich auf denselben doch stets etwas Staub an. Derselbe wurde vor jedem Versuche mit einem Haarpinsel entfernt, dann aber noch alle diese Apparate mit der Flamme des Bunsen’schen Brenners überfahren. Bei Beobachtung dieser Vorsichtsmaassregeln habe ich nie Störungen in der Isolation bemerkt. Die Schneiden des Disjunetors wurden vor jedem Versuche neu verkupfert und amalgamirt, das Quecksilber in den Rinnen sehr sorgfältig geremigt durch Waschen und Filtriren, so dass es blanke gute Kuppen bildete.
Von grosser Wichtigkeit war, dass bei der Messung des con- stanten Stromes die Ableitung genau an den Enden des Widerstandes v (Fig. 1) stattfand. Die Electroden dieses bestanden aus amal- samirten Kupferstangen von 6mm Durchmesser. An diese wurden die Zu- resp. Ableitungsdrähte, ebenfalls amalgamirt, angelegt und (durch umgewickelten Kupferdraht festgeschnürt, das Ganze dann m (uecksilbernäpfe getaucht. Bei anderen Versuchen tauchten die Enden von r in die mit Quecksilber gefüllten Bohrungen von Messing- klötzen, an welehe die Zu- und Ableitungsdrähte angelöthet waren.
Die Methode setzt voraus, dass der Widerstand des secundären Kreises r, + w, bei der Messung der Induetionsströme (Schaltung T)*) eleich ist dem Widerstande r + w, bei der Messung des constanten Stromes (Schaltung II). Die Schaltung I konnte durch eine einzige Drehung eines passenden Commutators übergeführt werden im Schaltung II, indem dabei die Unterbrecher D, und D, ausge- schaltet und durch ihnen gleiche Drahtwiderstände ersetzt wurden und indem w, ersetzt wurde durch die Leitung des secundären Kreises nachdem aus dieser r, weggelassen war. Vor resp. nach jedem Ver- suche wurden nun die betreffenden Widerstände abgeglichen resp. ihre Gleichheit controlirt, indem zuerst die Leitimg des secundären Kreises (Schaltung I) in den emen Zweig eines Differentialealvano- meters eingeschaltet wurde, dessen anderer Zweig einen Widerstands- kasten und einen Jacopr'schen Rheostaten enthielt. Erfolgte kem Ausschlag mehr am Galvanometer, so wurde Schaltung I durch Um- legen des oben erwähnten Commutators in Schaltung II übergeführt
*\ r a ) Vergl. pe. 2.
19] EINE BESTIMMUNG DES OHM. 19
und der Widerstand dieser so lange geändert, bis das Galvanometer wieder auf Null stand. Die Grösse der hierbei zur Vergleichung kommenden Widerstände betrug bei den einzelnen Versuchen zwischen 300 und 500 S.E. Eine Ungleichheit von 0.018. E gab am Gal- vanometer bei Anwendung eines DaniELn'schen Elementes einen Doppelausschlag von 3—6 Scalentheilen. Da der Widerstand von Schaltung I wie aus Fig. 1 ersichtlich bis auf etwa 0.3°/ sich genau aus denselben Theilen zusammensetzte, wie der von Schaltung II und da die ausgewechselten Stücke durchaus gleichartig waren, nämlich zwei S. E, so trat während der Versuche nie eine messbare Störung der Gleichheit em.
11. Die Versuche.
Im Ganzen wurden 67 Versuche ausgeführt. Bei der Anord- nung derselben wurde Bedacht darauf genommen, alle darın vor- kommenden Grössen m möglichst weiten Gränzen zu varııren. Am wenigsten war dies möglich bei dem Solenoid. Dieses wurde bei allen Versuchen benutzt und hier konnte nur die Abänderung ge- troffen werden, dass die Inductionsrolle statt um die Mitte desselben, um einen Punkt gelest wurde, der 1D cm mehr nach dem oberen oder unteren Ende des Solenoids lag.
Von der Inductionsrolle wurden eimzelne Abtheilungen oder Com- binationen derselben von zwei bis fünf angewendet, so dass die Zahl der benutzten Windungen 359 bis 2020 betrug.
Die Zahl der Stromunterbrechungen per Secunde betrug 5 bis nahe 13. Mehr wurden nie benutzt um sicher zu sem, dass die In- duetionsströme Zeit hatten, vollständig abzulaufen. Ob resp. dass dies der Fall war, wurde vor jedem Versuche mit neuer Unter- brechungszahl in folgender Weise untersucht. Es wurde dem Dis- junctor die für den Versuch bestimmte Rotationsgeschwindigkeit er- theilt und die Induetionsströme durch die Ablenkung am Galvano- meter gemessen. Darauf wurden die Schneiden des Disjunetors ein wenig verstellt in dem Sinne, dass jetzt die Induetionsströme weniger Zeit zu ihrer Ausbildung hatten und wieder die Ablenkung am Gal- vanometer gemessen... War diese dieselbe geblieben, so war damit bewiesen. dass die Induetionsströme zu voller Ausbildung gelangt waren, war sie kleiner geworden oder zeigten sich kleine Schwankungen In den Ablesungen am Galvanometer, so wurde natürlich jene Rota- tionsgeschwindiekeit nicht benutzt.
Der in absolutem Maasse zu bestimmende Widerstand betrug
I%*
=
0 HImsTEDT: [20
wie schon erwähnt "a S.E oder 1 S.E oder 2 S.E. Damit der Ausschlag am Galvanometer eme passende Grösse hatte, wurde ent- weder die Stärke des inducirenden Stromes geändert indem der Widerstand des primären Kreises vergrössert oder verkleinert wurde, oder die Stärke des inducirten Stromes im entsprechender Weise resulirt oder die Empfindlichkeit des Galvanometers geändert, indem eine oder beide Drahtwickelungen benutzt wurden oder aber der dritte Magnet des Systems schwächer oder stärker genommen wurde. Die Schwingungsdauer des Galvanometers betrug 15 bis 33 Sec.
Da mit dem Galvanometer eine Reihe schnell auf einander fol- gender Induetionströme gemessen werden sollte, so war es denkbar, dass die Dicke der Maenete von Einfluss gewesen wäre. Es wurden desshalb zu einer Anzahl von Versuchen Magnete von 6 mm Durch- messer, zu den übrigen Versuchen solche von nicht ganz Imm Durch- messer benutzt. Die erhaltenen Resultate weichen nicht von einander ab.
Die Stärke des inducirenden Stromes betrug 0.0008 bis 0.01 Ampere. Die Versuche wurden ausgeführt mit Schliessungs- und mit Oeffnungs-Inductions-Strömen. Die Versuchsanordnung setzt voraus, dass die electromotorische Kraft des benutzten Elementes während der Dauer eines Versuchs stets dieselbe ist, unabhängig davon, ob das Element periodisch, wie bei der Beobachtung der Induetionsströme, oder dauernd, wie bei der Messung des constan- ten Stromes, in Anspruch genommen wird. Es liegt desshalb der Einwand sehr nahe, dass die Polarisation ın der Kette zu Fehlern Veranlassung geben kann. Um diesem Eimwande zu begegnen wurden benutzt:
1) Ein bis vier Danterv'sche Elemente, die direct den Strom in das Solenoid schickten.
2) Vier bis sechs Bunsen’sche Elemente, die durch einen Draht- widerstand geschlossen waren. Von zwei passend gewählten Punkten dieses Widerstandes wurde der für diese Versuche nöthige Strom abgezweist. Hierbei sind also die Elemente stets geschlossen, durch den Unterbrecher D, wird nur der Widerstand des Stromkreises geändert.
3) Eine 'Thermosäule.
Alle Stromquellen lieferten übereinstimmende Resultate.
Die Thermosäule bestand aus 130 Eisen- und Neusilberdrähten, die so auf em "am langes Brett gewickelt waren, dass die Löth- stellen an den beiden entgegengesetzten Enden desselben lagen. Die eine Reihe der Löthstellen befand sich in einem Glasgefässe mit
21] Eınw BESTIMMUNG DES OHM. 2]
Kaiseröl, das in einem grossen Wasserbade stand, durch welches beständig das Wasser der Wasserleitung floss. Durch Einpacken in Eis habe ich eine constante Temperatur für längere Zeit nicht erzielen können. Es dauerte dabei gewöhnlich 20 Mi. bis die Löth- stellen ihre tiefste Temperatur angenommen hatten, diese hielt sich 15—20 Min. constant, begann aber dann wieder langsam zu steigen. Die zweite Reihe der Löthstellen befand sich in emem Luftbade von etwa 260°C. Dasselbe besteht nach DARSONVAL aus einem doppelwan- digen Gefässe von Kupferblech, das bei Zimmertemperatur etwa 7 Ltr. Oel fasst. Die Figur stellt einen Schnitt dar. Beim Anheizen istder Hahn H,geschlossen, während H, dem sich ausdehnenden Oele freien Austritt gestattet. Ist die gewünschte Temperatur erreicht, so wird H, geschlossen und H, geöftnet. Das Ende von H, ist mit einem sehr femen @ummihäutchen verschlossen, bis b mit Quecksilber gefüllt undmittelst Stopfen luftdicht m das Glasrohr (+ eingesetzt. In dieses mündet, ebenfalls luftdicht eingesetzt, das Gas- zuleitungsrohr L. Das Rohr B führt zum Brenner, C verhütet das vollständige Auslöschen der Flamme. Die Löthstellen der Thermo- säule befinden sich etwa in der Mitte von A. Das ganze Kupfer- gefäss steht auf einem passenden Dreifuss im Innern einer grossen Holzkiste und ist aller freie Raum in derselben mit Holzasche aus- gefüllt. Die Einrichtung bewährte sich ausgezeichnet, die Thhermo- säule war sehr constant.
Nachdem eine Anzahl von Versuchen (43) ausgeführt war, wurden alle Zuleitungsdrähte durch neue ersetzt, alle Stromwender sowie der Disjuncetor neu aus Paraffin und Siegellack angefertigt. Die Resul- tate der nachfolgenden Versuche stimmten mit den früheren durch-
aus überein.
Die Dauer emes Versuches betrug je nach der benutzten Schwingungsdauer des Galvanometers 30 bis 70 Minuten.
Zuerst wurden mittelst des Ditterentialealvanometers die Wider- stände von Schaltung I und Schaltung II abgeglichen, die Tempe- ratur des Widerstandes r abgelesen, der Disjuncetor in Thätigkeit gesetzt und bei einem bestimmten Schlage des Chronometers das Zählwerk an demselben eingeschaltet. Nun wurde #, beobachtet, indem
99 HiInmstept: [22
zuerst bei einer bestimmten Stromesrichtung 5 Umkehrpuncte der Galvanometernadel abgelesen wurden, dann wurde der inducirende Strom commutirt und abgelesen, hierauf der inducirte, wieder der indu- eirende und zum Schluss nochmals der indueirte. Nachdem mittelst des Hauptecommutators Schaltung I übergeführt m Il, wurde ebenso %., bestimmt, und diese Beobachtungen abwechselnd jede mindestens 3 resp. 2 Mal wiederholt. ‚Jetzt wurde bei einem bestimmten Seceunden- schlage das Zählwerk des Disjunetors ausgeschaltet und dieser ange- halten, die Gleichheit der Widerstände von Schaltung I und II con- trolirt und wieder die Temperatur des Widerstandes r abgelesen.
Im Nachfolgenden theile ich die Beobachtungen des 1. Ver- suches ausführlich mit.
Den 27. 4. 1885 Temperatur beim Solenoid T = 14.4°C.
r=1S8.E. No. 3619 t = 14.18°C. u. 14.19C.
Stärke des inducirenden Stromes 1 = 0.0008 Ampere.
Von der Induetionsspule B benutzt die Abtheilungen No. 1. 12 und 13 mit im Ganzen 907 Windungen. Mithin das Potential Yy — 101691.10°°e, 8.28.
Schwingungsdauer der Galvanometernadel: 15.7 Sec. Die am Galvanometer beobachteten Doppelausschläge 2s, bei Schaltung I (Induetionsströme) und 25, bei Schaltung II (constanter Strom) waren: 28,1 814.06 813.35 813.30 813.23 812.75 A 808.83 808.40 808.32 807.80
Scalenabstand 365,52 cm.
Hieraus berechnet tg ae/tg rı
0.99404 0.99421 0.99398 0.99396 0.99396 0.99368 0.399366 Mittel: 0.99393.
Uhr Zählwerk am Disjunctor 9h 47m. ) 0 t0h 37m. 2328 47
Da der zweite Zeiger des Zählwerks die 1/60 Umdrehungen anzeigt, so haben wir 2328.78 Umdrehungen in 3000 Sec. Jede Umdrehung giebt 12 Unterbrechungen, mithin
Da ek NZ — .12 = 9.3151
Mit Berücksichtigung des Temperaturcoefticienten der benutzten
S.E. ergiebt sich 1 S.E. = 0.94379 Ohm.
23] EinE BESTIMMUNG DES OHM. 23
Bei den für tg %,/tg %, mitgetheilten Zahlen beträgt die grösste Abweichung vom Mittel nahezu 0.0003 des Gesammtwerthes. Ich muss bemerken, dass ausser diesem 1. Versuche nur noch zwei an- dere Beobachtungen (No. 10b und 17a der folgenden Tabelle) also im Ganzen 3 unter 66 eine ähnliche Ditterenz ergeben haben, bei allen anderen ist die ÜUeberemstimmung eine noch wesentlich bessere. Als Beispiel theile ich noch die Werthe des 2. Versuches Ib mit
en 178.23 718.11 178.25 118.17 ne. 198:60 198.28 798.42 198.25 ig a,/tg 0, \
1.02583 1.02569 1.02586 1.02586 1.023568 1.02564 Mittel: 1.02576
Die grösste Abweichung vom Mittel beträgt nur 0.0001.
Die folgende Tabelle enthält in der 1. Verticalreihe die Nummern der Versuche, in der 2. die Bezeichnung der bei dem betr. Versuche benutzten Abtheilungen der Inductionsrolle, in der 3. die Zahl der darın enthaltenen Windungen. V giebt das Potential des Solenoids auf die in Frage kommenden Windungen der Induetionsspule, T die Zimmertemperatur in der Nähe des Solenoids. In der Columne E bedeutet D Danıeut'sches, B Bunsex’sches, © Thermo -Element. Die Stromstärke im indueirenden Kreise 1, ausgedrückt m Ampöre, ist angenähert berechnet aus der electromotorischen Kraft der be- nutzten Elemente und dem Widerstande des Kreises. Unter r findet sich der Widerstand, welcher in absolutem Maasse gemessen werden sollte. Wenn nur 1.8. E. benutzt wurde, war dies stets No. 3619, richtig bei 20.9° 0. 2 —= 0.00036. Die Temperatur dieses Wider- standes, zu Anfang und zu Ende des Versuches abgelesen, findet sich unter t. Weiter bedeutet n die Anzahl der Unterbrechungen in der Secunde, 7 die Schwingungsdauer des Galvanometers in Secun- den, und tga,/tg%, das Verhältniss der reducirten Galvanometer- ablenkungen bei Schaltung I und II (efr. pe. 2). Endlich enthält die letzte Nummer den Werth der S. E. im absolutem Maasse aus- gedrückt d. h. im Bruchtheilen des Ohm.
Zu der nachstehenden Tabelle muss ich noch die folgenden Be- merkungen machen.
Bei den Versuchen No. la bis 13b hestand das Magnetsystem des Gralvanometers aus Magneten von 6 mm Durchmesser, bei allen übrigen Versuchen betrug der Durchmesser der Magnete noch nicht ganz lmm (cfr. pg. 20).
[24
HiMsTEDT:
24
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Eıns BESTIMMUNG DES OHM. 25
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29] EINE BESTIMMUNG DES ÖHM. 99
Nach Beendigung des Versuches No. 21b wurden alle Verbin- dungsdrähte durch neue ersetzt und alle Stromwender sowie der Dis- junctor aus reinem Paraffın und Siegellack neu hergestellt.
Bei den Versuchen 25a und 25b war der Mittelpunkt des Sole- ' noids in Richtung der Axe um 10.05 cm nach der einen Seite, bei den Versuchen No. 26a bis 27b um 10.20 cm nach der anderen Seite entfernt. Das Potential ist nach Formel IXa pg. 5 berechnet.
Bei den Versuchen No. 28a und 28b waren 5 Buxsen’sche Elemente geschlossen durch einen Draht von 5260 S.E. Von zwei Punkten, zwischen denen der Widerstand nahezu 500 S.E. betrug. wurde abgezweigt zum Solenoid. Bei 29a und 295b waren ent- sprechend 6 Bunsen geschlossen durch 3000 S.E und abgezweist von den Enden von 400 S.E. E
Bei den Beobachtungen mit der Thermosäule habe ich versäumt. die eleetromotorische Kraft der Säule mit der eines DANIELL zu vergleichen und kann die Stromintensität deshalb nicht berechnen.
In der letzten Columne weicht ein Werth, der von No. 19 in Klammer nicht unbedeutend von allen übrigen ab. Ich vermag den (Grund hierfür nicht anzugeben. No. 19a ist unter genau denselben Verhältnissen ausgeführt wie No. 19, es ist zwischen den beiden Ver- suchen nur das Quecksilber des Disjunetors neu eingefüllt, wie dies stets vor emem neuen Versuche geschehen ist, im Uebrigen alles ungeändert gebheben
Da der Werth von No. 19 durchaus vereinzelt dasteht, so glaube ich, dass irgend ein Versehen im den Ablesungen vorliegt und ich habe den Versuch deshalb bei der Berechnung des Mittels ausge- schlossen. Würde er mit berücksichtigt. so wäre im Endresultat die 5. Decimale um 2 Einheiten zu erhöhen.
Das Mittel aus den 66 übrigen Versuchen ergiebt:
I S.E = 0.943556 Ohm oder em Ohm entspricht dem Widerstande eimer Quecksilbersäule von l qmm Querschnitt und 105.95 mm Länge bei 0° ©. Von den erhaltenen Werthen war der klemste 1 S.E. = 0.94323 Ohm, der gröste 1 S.E. = 0.94380 Ohm.
Physik. Inst. Freiburg i/B.
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Zu HIMSTEDT, eine Bestimmung des Ohms.
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Verlag von J. ©. B. MÖHR in Freiburg i. B.
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Beiträge zur Kenntniss
der Physiologie und Biologie der Protozoön
Dr. August Gruber.
Binleitung.
ka beabsichtige in Nachstehendem eme Reihe von Versuchen und Beobachtungen zu publiciren, welche einen Beitrag zur Kenntniss der Physiologie der Protozoen liefern sollen. Die Arbeit ist kein abgerundetes Ganze und vor allen Dingen keine erschöpfende Unter- suchung, sie soll nur dazu beitragen Materialien für einen Bau zu liefern, der wohl noch viele Jahre auf seine Vollendung warten muss. Einen Theil der darin niedergelegten Thatsachen habe ich schon in vorläufigen Mittheilungen zur Publikation gebracht *) und wieder- hole dieselben hier in etwas erweiterter Form, begleitet von er- läuternden Abbildungen, andere Versuche dagegen sind bisher noch nicht veröffentlicht und vielleicht überhaupt noch nie angestellt worden. Mögen sich die einen wie die andern in wissenschaftlichen Kreisen einiges Interesse erwerben.
Ueber künstliche Theilbarkeit und Regeneration bei den Protozoen.
Schon im früheren Jahren sind bei niedersten Organismen Ver- suche über künstliche Theilbarkeit angestellt worden, z. B. im vorigen ‚Jahrhundert an dem grossen Sonnenthierchen Aectinosphärium Eichhornii durch den Entdecker desselben, EıcHHoRN selbst:
') GrUBER, Ueber künstliche Theilung bei Infusorien I. und II. Biologe. Centralbl. IV. Bd. Nr. 23, pg. 717—722 und V. Bd. Nr. 5, pg. 137—141.
3erichte. 1886. Heft 2. 5 1#(3)
2) A. GRUBER: [34
später, nämlich im ‚Jahre 1862, an demselben Objekte durch HÄcker ; (G&REEFF hat die von ihm beschriebene Pelomyzxa . pulustris im ‚Jahr 1867 künstlich getheilt*) und HÄCKEL wiederum machte die- selben Versuche mit seinem Myzastrum radians””). Nie alle waren im Stande durch die künstliche Zerlegung dieser Protozoen lebens- fähige Theilstücke zu erzielen. Ebenso sind von PBotanikern bei Pflanzenzellen und zwar, worauf wir später noch zurückkommen werden, bei vielkernigen Zellen Stücke abgetrennt und dadurch kleine, lebensfähige Individuen erzeugt worden.
Bei ciliaten Infusorien, also bei complieirt gebauten Einzelligen wurden diese Versuche zum ersten Male in allerneuester Zeit an- gestellt und zwar gleichzeitig von M. NussBAuM und von mir. NussBAuM, dessen Beobachtungen vor den meinigen publieirt worden sind *”*), operirte mit O.rytricha und wies nach, dass wenn ein solches Infusor durch einen scharfen Schnitt der Länge oder der Quere nach in zwei Theile zerlegt wurde, letztere schon nach kurzer Zeit, meist am folgenden Tage, sich wieder zu vollkommenen Thieren zu regeneriren im Stande sind, mdem jede Hälfte die fehlende andere, indem das Vorderende das verlorene Hinterende wieder ersetzt und umgekehrt; auch kleinere Stücke waren im Stande, sich wieder zu vervollkommnen.
Ich selbst habe mich bei meinen Versuchen eines anderen Ob- jektes bedient, nämlich des grossen Stentor cöruleus, der zwar nicht so resistenzfähig ist, wie Oxytricha und sich auch nicht leicht so lange isolirt am Leben erhalten lässt, andererseits aber durch seinen bedeutenderen Umfang und die überaus charakteristische Art seiner Bewimperung den Gang der Regeneration leichter und deutlicher übersehen lässt T).
Was zunächst kleinere Verletzungen betrifft, so heilen dieselben sehr rasch, indem sich die Rindenschicht sofort über der Wunde wieder zusammenschliesst, bei weitergehenden Verstümmelungen .da- gegen nehmen die Stentoren oft eine verkrüppelte Gestalt an, die entweder gar nicht, oder, wie ich das mehrmals beobachtete, erst ganz allmälig sich wieder verliert. So brauchte ein Stentor, der
*) Ueber Actin. Eichhornü ete. Arch. für mikr. Anat. Bd. III. **) Monogr. der Moneren. Jen. Zeitschr. für Naturwiss. Bd. IV. 1868. *=**) Sitzungsber. der niederrh. Gesellsch. für Natur- und Heilkunde zu Bonn. Sitzg. der med. Sect. 15. Dez. 1884. 7) Wie gesagt, habe ich das Folgende zum grössten Theil schon im kür- zeren Mittheilungen bekannt gegeben (s. o. Einleitung).
35] Zur PHYSIOLOGIE UND BIOLOGIE DER PROTOZOEN. 3
durch einen Schnitt auf einer Seite krüppelhaft ausgewachsen war und ganz in der Nähe des Peristoms sich zu einem abnormen Hinter- ende ausgezogen hatte, acht Tage, bis er wieder ganz normal ge- worden war.
Stentor cöruleus eignet sich nun wegen der breiten, blauen Körperstreifen der Rinde besonders gut dazu, um zu beobachten, in welcher Weise äusserliche Verletzungen des Thieres wieder ver- heilen. Führt man nämlich mit dem Skalpell emen kurzen, scharfen Schnitt in die Rinde aus, ohne dass der Körper zertheilt wird, so zuckt das Thier natürlich zusammen und die Wunde schliesst sich gleich wieder, dabei sind aber an der betreftenden Stelle die Körper- streifen und die Muskelfasern noch durch den Schnitt getrennt und können erst allmälig wieder zusammenwachsen. Nach einigen Stunden ist dies auch geschehen, aber meist in der Weise, dass eine Verrückung stattgefunden hat, dass die entsprechenden Enden sich nicht aufgefunden haben und nun Gabelungen und Knickungen in den Streifen entstanden sind, welche die Schnittstelle immer ver- rathen. Die Beweglichkeit des Infusoriums wird aber dadurch in keiner Weise alterirt, zumal ja auch am normalen Thiere nach dem Vorderende zu sehr häufig Gabelungen der Körperstreifen und der Muskelfasern vorkommen. Die Art und Weise, wie die Enden der durchschnittenen Muskelfasern einander aufzusuchen streben und schliesslich wieder miteinander verwachsen, entspricht wohl im Kleinen den Vorgängen, die wir uns bei den Wundheilungsprocessen der Muskeln höherer Thiere zu denken haben.
Was nun die völlige Zerlegung der Stentoren in zwei oder mehrere Theile betrifit, so habe ich schon bemerkt, dass dieselbe meist zur Entstehung eben so vieler vollkommenen Infusorien führt, als Theilstücke gemacht wurden, wenn auch mit einer Einschränkung, wie weiter unten noch gezeigt werden soll. Das Durchschneiden selbst gelingt bei einiger Uebung leicht, wenn man sich emes halb- wegs scharfen, kleinen Scalpells bedient; schwierig ist nur manchmal die richtige Wassermenge herauszufinden, denn ist der Tropfen auf dem Objektträger zu gross, so schwimmt das Infusorium unter dem Messer weg, ist er dagegen zu klein, so plattet sich der Stentor zu stark ab und zerfliesst rasch, nachdem der Schnitt geführt worden ist. Ich erwähne hier gleich, dass man das Zerfliessen noch auf- halten kann, wenn man rasch Wasser zufügt, und dass Stentoren, welche schon bedeutenden Substanzverlust erlitten haben, sich wieder erholen und vollkommen regeneriren können.
1*13”)
4 A. GRUBER: [36
Ist der Schnitt scharf geführt und die Wassermenge richtig abgemessen worden, so schliessen sich die beiden Wundflächen sofort wieder und die beiden Theilhälften schwimmen munter umher; man kann sie mit der Pipette herausfangen und isoliren, was am Besten in kleinen Uhrschälchen geschieht, und wird dann nach Verlauf von 12—24 Stunden an jedem der Stücke die verloren gegangenen Theile wieder vollkommen ersetzt finden. Wendet man eine Lupe oder schwache Mikroskop-Vergrösserung an, so lassen sich die Schnitte auch in jeder vorher bestimmten Richtung führen und es stellt sich heraus, dass die Regeneration am raschesten und vollkommensten eintritt, wenn der Schnitt quer gegangen ist, Fig. 1, während bei Spaltungen in der Längslinie die beiden Hälften, die natürlich lang und schmal sind, sich gewöhnlich zusammenrollen und die rege- nerirten Theilstücke Anfangs oft krüppelhaft erschemen, was sich aber wie schon bemerkt, meistens wieder verliert. Man kann also auch bei Stentor, wie bei Oxytricha sagen, dass das Vorder- ende das verlorene Hinterende, die rechte Seite die ver- lorene linke wieder ersetzt und umgekehrt. Es frägt sich nun, in welcher Weise diese Regeneration vor sich geht und zur Beantwortung gerade dieser Frage eignet sich der Stentor wohl am Besten von allen Infusorien. Betrachten wir zunächst em durch einen Querschnitt abgetrenntes Vorderende eines Stentors, so ist dasselbe Anfangs an der Schnittfläche breit abgestutzt (Fig. 1), all- mälig aber zieht sich der Körper nach hinten in die Länge, die Körperstreifen verjüngen sich und es entwickelt sich auf diese Weise wieder das bekannte dünn zulaufende Hinterende, an welchem das Körperparenchym als Haftapparat hervortritt. Es hat bei dieser Art der Regeneration fast den Anschein, als träte keine Neubildung von Theilen ein, sondern als fände vielmehr nur eine Umlagerung der noch vorhandenen statt. Viel complieirter ist natürlich der Vorgang der Regeneration an solchen Stücken, von welchen das Vorderende quer weggeschnitten worden ist. Auch da haben wir zunächst eme gerade Linie oder Fläche an der Schnittstelle; mit der Zeit aber rundet sich der Körper des Theilstücks am Vorder- ende ab, bis er wieder eine kolbenförmige Gestalt erreicht hat; noch fehlen ihm aber jegliche grossen Wimpern, da ja das ganze Peristom- feld mit dem Mund und der Wimperspirale abgetragen worden ist. Die Neuanlage dieser verloren gegangenen Organula geht nun merkwürdiger Weise ganz in derselben Art vor sich, wie bei der spontanen Theilung. Bekanntlich beginnt letzterer
”-
37] Zur PHYSIOLOGIE UND BIOLOGIE DER PROTOZOEN. 5
Process damit, dass sich im der Mittellinie des sich vermehrenden Stentors vertikal verlaufend ein Streifen von grossen Peristomwimpern, Membranellen, anlegt; dann beginnt die Einschnürung am Körper bemerklich zu werden, und je weiter dieselbe geht, um so mehr wächst der Wimperstreifen, der allmälig sich bogenförmig zu biegen beginnt, bis er sich schliesslich zu einem Wimperkreis zusammenlegt, der das sogenannte Peristomfeld vom übrigen Körper abschnürt: zugleich senkt sich das eine, rechte, Ende des Streifen in spiraliger Windung in die Tiefe und bildet auf diese Weise den Mund und den Schlundtrichter. Beim „dekapitirten* Stentor nun, zeigten sich ebenfalls die neuentstehenden Peristomwimpern seitlich in einer ver- ticalen Linie angeordnet, Fig. 2, die sich dann auch während des Wachsthums um das Vorderende herumlegt und das Peristomfeld sammt dem Munde entstehen lässt. Wir stehen somit vor der in- teressanten Thhatsache, dass die Regeneration der Organula bei den Infusorien denselben Weg einschlägt, wie die Neubildung derselben bei der spontanen Vermehrung. Der uns unbekannte Impuls, welcher die Thiere zur Theilung ver- anlasst und der Reiz, welcher durch die gewaltsame Entfernung eines Körpertheils hervorgerufen wird, sind in ihrer Wirkung identisch. Bei der Regeneration verloren gegangener (rewebstheile und Organe höherer Thiere haben wir im wesentlichen dieselbe Erschemung, nur mit dem Unterschied, dass hier die Zellen leisten, was bei den Infusorien die Elementartheilchen, Micellen, oder wie wir sie nennen wollen. Schreiben wir die Regeneration bei den Metazoen der Leistung embryonal gebauter Zellen zu, so dürfen wir hier primitiv angelegten Micellen dieRolle der Neubildner zuerkennen, welche, wie wir später sehen werden, unter «dem richtenden Einfluss des Kerns stehen.
“ Ich glaube, um dies noch einmal hervorzuheben, am Stentor zeigen zu können, dass der Gang der Regeneration ein gesetzmässiger und dem bekannten Process der Neubildung bei spontaner Theilung homologer ist. Man könnte sich nun vorstellen, dass m jedem In- fusorium zu einer gewissen Zeit das Material zu den Organen eines neuen Thiers sich innerlich anlegt und aufspeichert und im gegebenen Moment sich zu gruppiren beginnt; bei der künstlichen Theilung eines in diesem Stadium befindlichen, also der spontanen Vermehrung nahen Infusionsthieres, würde uns ein Process als Regeneration er- scheinen, der so wie so in diesem Zeitpunkte als der spontanen Vermehrung vorausgehende Neubildung eingetreten wäre. Dem ist
6 A. GRUBER: [38
aber nicht so; denn erstens ist es sehr unwahrscheinlich, dass alle die zu den Versuchen verwandten Stentoren gerade in diesem Ent- wickelungsstadium gestanden haben und zweitens habe ich auch öfters solche geschnitten, welche soeben aus der spontanen Theilung her- vorgegangen oder noch in derselben begriffen waren, und dieselben haben sich ebenfalls regenerirt, was bei der oben aufgestellten Hypo- these nicht möglich gewesen, da ja das Reservematerial bei ihnen soeben aufgebraucht worden wäre. Die Regeneration kann also nur in einer auf äusseren Reiz rasch erfolgenden Umprägung vorhandener Elementartheile zu suchen sein.
Was nun den Grad der Regenerationsfähigkeit betrifft, so ist derselbe bei Stentor ein sehr hoher und es scheint keine bestimmte Partie des Körpers besonders dazu dis- ponirt, sondern es reagiren alle Körpertheile in derselben Weise. Dies erhellt aus den folgenden Versuchen:
Schneidet man von einem Stentor das Ende weit hinter der Körpermitte ab, so hat dasselbe dieselbe Regenerationsfähigkeit, wie ein solches, dessen Schnittfläche nahe dem Vorderende gelegen hat; oder weiter theilt man einen Stentor zunächst durch einen Längs- schnitt in eine linke und rechte Hälfte und diese beiden Stücke wieder je in ein vorderes und ein hinteres, oder, was noch besser gelingt, man führt zuerst einen Quer- und dann die Längsschnitte aus, Fig. 3, so sind alle vier Abschnitte, obgleich sie von ganz ver- schiedenen Körperstellen herrühren, gleichmässig begabt, sich wieder zu vollkommenen Thieren auszubilden. Ein Unterschied in der Art der Regeneration solcher verschiedener Stücke existirt übrigens doch und zwar desshalb, weil bei denjenigen Quadranten, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf, welche ein Stück des peristomalen Wimperkranzes mitbekommen haben, das Fehlende sich durch ein- faches Auswachsen wieder ersetzen kann, während bei den Theilen, die gar keine Peristomwimpern mehr zeigen, sich dieselben m der oben beschriebenen Weise neu anlegen müssen. Es gelingt auch ohne grössere Schwierigkeiten einen Stentor derart in drei Stücke zu zerlegen, dass man das Vorder- und das Hinterende, sowie einen mittleren Abschnitt isolirt erhält, Fig. 4; auch dieser ist im Stande sich in derselben Zeit, wie andere Theilstücke, vollkommen zu rege- neriren, obgleich er sowohl das vordere, wie das hintere Ende neu- bilden muss.
Wenn schon diese Versuche die hohe Regenerationsfähigkeit der Stentoren deutlich beweisen, so thut dies der folgende noch
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39] Zur PHYSIOLOGIE UND BIOLOGIE DER PROTOZOEN. 7
mehr: Ein Stentor cöruleus, den ich mit dem Buchstaben A be- zeichnen will, wurde quer in zwei Hälften zerlegt: am folgenden Tage waren diese wieder zu zwei vollkommenen Thieren, B und B‘ ausgewachsen; von B wurde nun das Vorderende abgetrennt und B‘ wieder quer getheilt, wobei sich wieder nach 24 Stunden heraus- stellte, dass B sich wieder regererirt hatte und die beiden Hälften von B‘ zu zwei vollkommenen Infusorien C© und C‘ sich ausgebildet hatten. B wurde wieder getheilt, aber ohne Erfolg, da es am an- deren Tage zerfallen war, während von den zwei 'Theilpaaren in welche ich © und Ü’ noch einmal zerlegt hatte, nur das eine von C abstammende zerfallen war, während die zwei Hälften von C‘ sich abermals zu zwei kleinen Stentoren D und D’ regenerirt hatten und schliesslich gelang es mir auch noch aus D und D eine Generation E auf künstliche Weise zu erzielen; diese Individuen waren aber jetzt so klein geworden, dass sie ihre Lebensfähigkeit eingebüsst hatten und bald darauf zerfielen. Es war also gelungen, fünf Tage hintereinander künstliche Theilung an denselben Objekten auszu- führen, wobei fünfmal Regeneration der verloren gegangenen Theile erfolgte. -
Schon NussBAum hat nachgewiesen, dass künstlich vermehrte Infusorien unter günstigen Bedingungen sich nachher auch weiter spontan zu theilen im Stande smd und dasselbe beobachtete ich bei meinen Versuchen. So hatte ich z. B. am 10. December 9 Sten- toren quer getheilt und nur die hinteren Enden isolirt, am folgenden Tage hatten alle 9 neue, vollkommene Peristomfelder mit Wimper- kranz und Mund entwickelt, am 13. December zeigte eines dieser regenerirten Thiere den Beginn spontaner Theilung und am 15. waren aus den 9 Stück deren 15 entstanden, welche ich bis Ende des Monats am Leben erhielt.
Ein anderer Versuch ist folgender: ein Stentor wurde am 28. April quer in zwei Hälften zerlegt, die sich beide am folgenden Tage regenerirt hatten; am 30. hatten sich die beiden künstlich er- zeugten Tochterindividuen fast gleichzeitig spontan wieder getheilt. Auch bei zwei anderen künstlich abgetrennten Theilstücken, von denen das eine Anfangs krüppelhaft gewesen war, trat die natürliche Vermehrung gleichzeitig em, ebenso bei einem dritten Expermmente. Wir lernen also sicher aus dem Beobachteten die interessante Thatsache kennen, dass zwei künstlich erzeugte Theilhälften im Stande sind, sich ganz zu gleicher Zeit spontan zu ver- mehren, obgleich sie nach der Zerschneidung scheinbar ungleich-
8 f A. GRUBER: [40
werthig waren und das vordere Stück, welches den complicirtesten Theil des Körpers, das Peristomfeld mit Mund und Schlund noch besass, eigentlich nur einen Wundheilungsprocess durchzumachen hatte, während der hintere Abschnitt, alle jene Organe neu erzeugen musste. Trotzdem konnte es auf den zur Zweitheilung führenden Anstoss gerade so rasch reagiren, wie das andere. Auch dies ist ein Beweis dafür, dass das Material zu Neubildungen bei den Infusorien nicht als solches prädisponirt aufgespeichert liegt, sondern dass eben die oben als primitiv bezeichneten Elementartheile im Protoplasma jederzeit umprägbar sind. Dass der Anstoss zur Theilung, den wir, wie nachher auszu- führen sein wird, im Kern suchen müssen, gleichzeitig im den beiden getrennten Stücken erfolgte, kann uns nicht wundern, wenn wir bedenken, dass die im denselben befindlichen Kernbestandtheile ja kurz vorher noch zusammenhiengen, also auch noch im ihrer Con- stitution und m ihrer Wirkung auf das Protoplasma übereinstimmen mussten.
Ich erwähne schliesslich noch, dass man auch Regeneration bei Theilen hervorrufen kann, die gar nicht vollständig von einander getrennt worden waren, so dass etwa Stentoren mit zwei Vorder- oder zwei Hinterenden entstehen. So hatte ich z. B. einen Stentor durch einen Längsschnitt derart gespalten, dass die eme der beiden unten noch zusammenhängenden Hälften beinahe das ganze Peristom, die andere nur einen kleinen Theil davon miterhielt, Fig. 5: die erstere vervollkommnete sich sogleich wieder, bei der zweiten Hälfte dagegen giengen emige Tage darüber hin, bis auch bei ihr wieder ein vollkommenes Peristom mit Mund sich entwickelt hatte, Fig. 6. Es waren also zwei vollkommene, nur an der Basis zusammengewachsene Stentoren entstanden, die überdies eine zusammenhängende Kette von Kerngliedern enthielten. Leider konnte ich den Zwilling nicht lange am Leben erhalten, da das Wasser, in dem ich ihn isolirt hatte, schlecht geworden war. Ebenso gelmgt es durch unvollstän- dige Längsschnitte Thiere zu erzeugen, die zwei Himterende an einem gemeinsamen vorderen Theile aufweisen. Nicht immer bleiben übrigens derart getrennte Hälften im Zusammenhange, - sondern ge- wöhnlich reissen sie sich unter drehenden Bewegungen von em- ander los.
Ich habe seither ausschliesslich von der Regenerationsfähigkeit des Stentor cöruleus gesprochen und es fragt sich nun, wie weit die- selbe auch bei anderen Infusorien vorhanden ist: Ich erwähnte schon
41] Zur PhHysioLociE UND BIOLOGIE DER PROTOZOEN. 9
oben die Versuche von NUSSBAUM, die beweisen, dass Oxytrich«a sich ebenso verhält: ich selbst operirte noch mit Stentor polymorphus und mit Olymacostomum virens, bei welchen beiden sich die entfernten Theile auch schon nach 24 Stunden wieder ersetzten: ebenso gelang es mir bei Paramdeium das Vorderende zu entfernen; das Hinter- ende zu isoliren und dasselbe bis zum folgenden Tage regenerirt zu finden. Dagegen giebt es andere Infusorien, welche dem Experimente Schwierigkeiten in den Weg setzen, die manchmal unüberwindlich sind. So hat NussBaum künstlich getheilte Opalinen nicht am Leben erhalten können, da keine Vernarbung der Wundflächen emtrat; ein bis zwei Stunden sei die Wimperung erhalten geblieben, dann seien aber die Theilstücke zu Grunde gegangen. Ebensowenig wollen künstliche Theilungsversuche mit Lo.xrodes rostrum gelingen: gewöhnlich zerfliessen diese Infusorien unmittelbar, nachdem der Schnitt geführt worden ist, oder wenn es auch gelingt, Theilstücke zu erhalten und zu isoliren, so gehen sie doch zu Grunde, ehe eine Regeneration eingetreten ist.
Es ist merkwürdig, dass gerade Opalina und Loxodes sich so wenig regenerationsfähig zeigen, da sie doch beide vielkernig sind und wie ich Eingangs bemerkte, zuerst an vielkernigen Protozoen, Myxastrum *), Pelomyxa und Actinosphärium, künstliche Vermeh- rungsversuche mit Erfolg gemacht worden sind.
Auch das grosse holotriche Infusorium Uyrtostomum leucas habe ich zu Versuchen verwandt und dabei beobachtet, dass auch hier die Regeneration nicht so rasch verläuft, wie bei den oben- genannten heterotrichen, Stentor und Clymacostomum:; wenn sich auch ein Mund und Schlund neubildet, so behält der Körper doch lange Zeit eine Deformation bei. Ja auch die heterotrichen ver- halten sich in diesem Punkte nicht alle gleich, denn es gelang mir z. B. nie, das Spirostonmm künstlich zu vermehren, da es sich über- haupt in kleinen Wassermengen isolirt schlecht hält und auch ohne Beschädigung bald zu Grunde geht. Höchst wahrschemlich be- ruhen diese Verschiedenheiten im Regenerationsvermögen der Infusorien nur auf der grösseren oder geringeren Fähigkeit, unter nicht ganz natürlichen Bedingungen zu
*) Myxastrum ist von HäckEr als kernlos zu den Moneren gestellt worden, sehr wahrscheinlich sind ihm aber die Kerne nur entgangen, denn bei Anwen- dung unserer jetzigen Methoden lassen sie sich bei Myxastrum ligurieum leicht darstellen (s. GRUBER, Die Protozoen des Hafens von Genua. Nov. Acta Leop. Carol. ete. Bd. 46. 4, pe. 505.)
10 A. GRUBER: [42
existiren, und die Kraft, verloren gegangene Theile wieder zu ersetzen, ist trotz der oben angeführten negativen Re- sultate, meiner Ansicht nach, allen Protozoen eigen.
Fragen wir uns aber, warum die Infusorien ein so hohes Re- generationsvermögen besitzen, wie wir es z. B. bei Stentor nachge- wiesen haben, so ist dies nicht so leicht zu beantworten, denn im freien Leben werden sie wohl selten starke Verletzungen zu erleiden haben, jedenfalls keine solchen, wie wir sie ihnen künstlich mit dem Scalpell beibringen können. Bei vielzelligen Thieren ist dies ganz anders, da wissen wir, dass sie sehr oft Theile ihres Körpers durch gewaltsame Eingriffe emzubüssen haben, und da wundert es uns nicht, dass viele mit einem sehr ausgebildeten Regenerationsvermögen ausgerüstet sind, das eime wichtige Rolle bei der Erhaltung der Art zu spielen hat; aber wie bei den Protozoen? Ich habe schon in meiner vorläufigen Mittheilung die Ansicht ausgesprochen, dass vielleicht die Erwerbung der Regenerationsfähigkeit bei den Infusorien — und überhaupt bei den Protozoen — darauf beruhen mag, dass dieselben häufig spontan in unregelmässige Stücke zerfallen, und dass dann viele dieser Stücke im Stande sind, wieder zu normalen Thieren aus- zuwachsen.
Dieser spontane Zerfall ist eine Erscheinung, die im Leben der Infusorien leicht zu beobachten ist und die ich schon bei einer Reihe von Arten gesehen habe; besonders auffallend war sie mir bei einer Oxytrichacolonie und dort fand ich auch unter den Trümmern, die im Wasser umherkreisten viele, die zwar viel kleiner als normale Thiere, aber doch mehr oder weniger regulär gebaut waren, so dass man annehmen kann, es habe hier eine Regeneration stattgefunden. Einen sicheren Schluss erlaube ich mir nicht zu ziehen, weil ich da- mals anderes im Auge hatte und nicht scharf genug auf diesen Punkt eingegangen bin. Bei anderen Infusorien ist übrigens der Zerfall des Körpers in kleine Stücke und das nachherige Heran- wachsen derselben zu normalen Thieren eine regelmässige Erschei- nung und die gewöhnliche Art der Vermehrung, nämlich bei den Opalinen. Sonderbarer Weise sind aber gerade dies diejenigen In- fusorien, welche, wie schon erwähnt, nicht künstlich vermehrt werden konnten; es scheint mir dies jedoch nicht unerklärlich, da die Opa- linen bekanntlich Entozoen sind und die natürlichen Existenzbedin- sungen ihnen beim Experiment nur schwer oder gar nicht geboten werden können.
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Nehmen wir die Fähigkeit der Infusorien, spontan zu zerfallen und aus den Trümmern wieder neu zu erstehen als möglich an, so ergeben sich für dieselben ganz analoge Verhältnisse wie bei den Metazoen, wie ein schon a. a. OÖ. von mir erwähntes Beispiel lehren mag: Ein Wurm (z. B. eine Nais) kann sich spontan in zwei gleich- werthige Individuen theilen, ebenso ein Infusorium; ein Wurm (z. B. Otenodrilus monostylos)*) kann spontan in unregelmässige Stücke zer- fallen, die sich dann allmälig wieder zu vollkommenen Thieren regeneriren; dasselbe finden wir bei Infusorien (Opalina); endlich kann ein Wurm (z. B. Nais) künstlich in Stücke zerschnitten werden, welche die verlorenen Theile zu ersetzen im Stande sind und die- selbe Fähigkeit besitzen, wie bisher gezeigt wurde, die Infusorien. Der Unterschied ist eben nur der, dass bei der Regeneration der Metazoen für uns wahrnehmbar die Zellen leisten, was bei den Pro- tozoen die Aufgabe der Elementartheile ist.
Die Bedeutung des Kerns bei der Regeneration.
Nachdem einmal die allgemeine Thatsache der Regenerations- fähigkeit festgestellt war, musste es sich darum handeln, das Ver- halten des Kerns bei der Regeneration und seinen etwaigen Ein- tluss auf dieselbe festzustellen. Bei den oben erwähnten Versuchen der Botaniker an den vielkernigen Vaucheria-Zellen war schon ziemlich sicher nachgewiesen worden, dass bei künstlicher Theilung grössere kernhaltige Stücke lebensfähig bleiben, während kleine, kern- lose zerfallen; doch könnte man da immer noch einwenden, dass auch der geringe Umfang des Theilstücks die Lebensunfähigkeit bedingen möchte. Beweisender für die Unentbehrlichkeit des Kerns bei der Regeneration ist folgender Versuch NussBauMm’s: „In einem Falle war eine Oxytrichme der Länge nach zerlegt worden. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand sich, dass alle vier Kerne aus den Schnittflächen ausgetreten waren. Die Stücke waren kernlos. Das kleinere derselben bewegte sich, wie alle ähnlichen, bei Er- haltung der Wimperthätigkeit noch drei Stunden lang. Das grössere Stück lebte noch bis zum folgenden Tag; hatte aber die Oxytrichinen- form nicht wieder erlangt, wie es in allen anderen zahlreichen Ver- suchen bei kernhaltigen Stücken sich ereignet hatte. Es tummelte sich in Form einer kurz geschwänzten Kugel in der Flüssigkeit.
*) s». M. Graf Zerpeums, Ueber Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos, Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. 39, Heft 4. 1883.
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Am zweiten Tage nach der künstlichen Theilung war auch dieses Stück zu Grunde gegangen“. „Es scheint somit“, sagt NUSSBAUM, „als ob zur Erhaltung der formgestaltenden Energie einer Zelle der Kern unentbehrlich sei“. Wenn NussBAuM diesen Satz nicht mit voller Sicherheit aussprechen wollte, so war es wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass er sich erst auf einen einzigen Versuch stützen konnte, bei dem ja vielleicht auch unberechenbare Zufälligkeiten mit in’s Spiel hätten kommen können, und so versuchte ich denn, ob sich vielleicht mit Stentor weitere Stützen der genannten Ansicht würden erreichen lassen. Ich war selbst nicht von vornherein überzeugt davon, denn ich hatte selbst öfters Grelegenheit gehabt, «das scheinbar unalterirte Weiterleben bei Protozoen zu beobachten, die ihren Kern eingebüsst haben; meine eigenen und emige fremde Beobachtungen über diesen Punkt habe ich seimerzeit unter dem Titel: „Ueber die Eintlusslosigkeit des Kerns auf die Bewegung, die Ernährung und das Wachsthum einzelliger Thiere* im biologischen Centralblatt (Bd. Ill. Nr. 19 pe. 580) beschrieben und am Schlusse des Artikels den Satz aufgestellt: „dass der Kern keine Bedeutung für diejenigen Funktionen des Zellkörpers hat, welche nicht direkt in Beziehung zur Fortpflanzung stehen“.
Ich sagte ausdrücklich, alle Funktionen, welche nicht mit der Fortptlanzung in Beziehung stehen und wie sich nachher zeigen wird, hatte ich darm ganz richtig geschlossen; ein Weitervegetiren und sogar eine Zunahme an Umfang ist auch ohne Kern unter Umständen möglich, aber eine Fortpflanzung oder Regeneration d.h. ein Neuschaffen von Körpertheilen kann ohne Vermittlung des Kerns nicht eintreten.
Den Versuchen mit Stentor lagen zunächst ziemliche Schwierig- keiten im Wege, da ja der rosenkranzförmige Kern den ganzen Körper durchzieht und es desshalb schwer ist, ein Stück so abzu- tragen, dass es keinen Antheil des Kernes mitbekam. Ich ver- suchte es zuerst, kleine Theile von der vorderen Körperpartie ab- zuschneiden und da gelang es mir denn auch manchmal, eme Mitverletzung des Kerns zu vermeiden, Fig. 8. Solche klemere Stücke fand ich nun, nachdem ich sie isolirt hatte, am folgenden Tage in ziemlich vollkommener Gestalt wieder; ich färbte sie mit Pierocarmin, wobei sich herausstellte, dass wirklich kein Kernbestand- theil in ihnen enthalten war und glaubte jetzt daraus schliessen zu können, dass eine Regeneration auch ohne das Vorhandensem eines Kerns einzutreten vermöge. Zu demselben Schlusse veranlasste mich
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Anfangs auch noch eim anderer Versuch: Von der Thatsache aus- gehend, dass der rosenkranzförmige Kern der Stentoren bei der Theilung zu einer bohnenförmigen Masse verschmilzt, wählte ich mir Individuen aus, die eben den Begmn der Theilung verriethen, d. h. bei welchen m der Mitte des Körpers sich eben das neue Peristom anzulegen anfıenge, Fig. 9: bei einem solchen gelang es mir denn auch einen (uerschnitt gerade vor der Peristomanlage vorbei so zu führen, dass dabei der grösste Theil der Kernmasse zum Aus- tritt gebracht wurde. Die beiden Stücke wurden isolirt und waren beide am folgenden Tage wieder zu ganz vollkommenen Thieren geworden. Bei der Färbung auf dem Objektträger*) stellte sich nun heraus, dass der eme der beiden Stentoren in der hat keine Spur eines Kernes und der andere nur noch ein kleines Restchen eines solchen enthielt. Also auch hier war scheinbar Regeneration ohne Einfluss des Kerns eingetreten. Bei genauerer Untersuchung und Ueberlesung waren aber sowohl der vorige, als dieser Versuch doch anders zu deuten: Bei den kleinen vom Vorderende abge- trennten Stücken beruhte das vollkommene Aussehen am folgenden Tage nicht auf Regeneration, sondern auf einfacher Wundheilung, wobei sich das mitabgetrennte Stück des Peristomkranzes kreisförmig zusammengeschlossen hatte und so das Bild eines vollkommenen Infusoriums vorgetäuscht wurde, ein neuer Mund, wo der ursprüng- liehe durch den Schnitt nicht mit abgelöst worden war, hatte sich aber nicht gebildet, kurz was verloren gegangen, war nicht durch Neues ersetzt worden, Fig. 8 b. Im zweiten Fall handelt es sich ebenfalls nicht um eme Regeneration, denn es war ja an der mitt- leren Körperpartie des betreffenden Stentor ein neues Peristomfeld mit adoraler Wimperzone schon in Bildung begriffen und der Schnitt, welcher hart vor dieser Anlage durchgegangen war, hatte ja den Stentor nur in zwei Hälften zerlegt, die sich kurze Zeit darauf auch spontan von einander gelöst hätten. Bei dem Stücke, welches das ursprüngliche Vorderende mitbekommen hatte, brauchte sich die Wunde nur zu schliessen und der Körper sich wieder zum Hinter- ende zu verjüngen, bei dem andern dagegen schloss sich die Wunde ebenfalls und die mitabgetrennte Neuanlage gieng einfach ihren Ent-
*) Stentoren lassen sich sehr leicht auf dem Objektträger färben, da sie mit absolutem Alcohol übereossen, gewöhnlich am Glase fest kleben bleiben. Der Kern nimmt gerade bei diesen Infusorien ausserordentlich begierie das Pikrokarmin auf und ist immer schon dunkelroth, ehe noch das Uytoplasma sich zu färben beeinnt.
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wickelungsgang weiter bis zur Bildung des vollkommenen Peristom- felds und der Mundspirale. Es geht also aus diesen Beobachtungen nur hervor, dass ein Wundheilungsprocess bei Infusorien auch ohne Gegenwart des Kernes eintreten kann und dass ein Neubildungsprocess, wenn er einmal in Gang gesetzt ist, ebenfalls ohne Zuthun des Kerns ungestört weitergehen kann; der Anstoss dazu ist, wie wir nachher sehen werden, zwar vom Kerne ausgegangen, ist dieser aber einmal gegeben, so kann man das anstossgebende Moment entfernen, ohne die Be- wegung damit aufzuheben. Ich glaube wenigstens, dass man den zweiten Versuch, den ich nachher öfter in ähnlicher Weise wieder- holt, nicht anders deuten kann, als dass wir in der Neuanlage von Körpertheilen bei Infusorien eine Bewegung sehen müssen, die unaufhaltsam ihrem Ziele zustrebt, wenn sie einmal in Fluss gebracht worden ist. Auftreten kann aber eine solche Bewegung nicht, d. h. neuent- stehen können „Organulla“ nicht, wenn der Kern ver- loren gegangen ist; dies lehren die Versuche, die ich jetzt beschreiben will, mit voller Sicherheit: Ich schnitt von einem Stentor ein kleines Stück so ab, dass kem Antheil des Peristomkranzes mit abgetrennt wurde, weil dies nachher zu Täuschungen hätte führen können und isolirte dasselbe, Fig. 10; es regenerirte sich nicht und bei der nachherigen Präparation stellte sich heraus, dass kein Kern- bestandtheil darin enthalten war. Ich wiederholte den Versuch und trennte von emem anderen Individuum abermals einen kleinen Schnitt ab, an welchem ebenfalls keine Spur von Peristomwimpern mehr waren, Fig. 11; dieses Stück aber hatte sich am folgenden Tage regenerirt und erwies sich bei Anwendung von Reagentien als kern- haltig. Ferner schnitt ich einen Stentor in der oben angeführten Weise in vier Stücke, Fig. 3; Tags darauf hatten sich drei dieser Stücke (A, B, ©) vollkommen regenerirt, eines dagegen (D) gar nicht und dieses letztere erwies sich beim Färben als kernlos, während die drei anderen Antheile des Kernes mitbekommen hatten. Das kernlose, nicht regenerationsfähige Stück war nicht etwa klemer als die andern und wegen geringeren Umfangs nicht so lebensfähig, sondern alle vier Theile hatten etwa dieselbe Grösse und das kern- lose war sogar viel umfangreicher, als manche bei anderen Versuchen abgetrennte Theile, die sich ganz gut regenerirt hatten *).
*) Ich erwähne, dass ich diesen und den folgenden Versuch mehrmals wiederholt habe, um vor etwaigen Zufälligkeiten sicher zu sein.
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Noch beweisender für die Bedeutung des Kerns bei der Rege- neration ist folgendes Experiment: Schneidet man bei einer grösseren Anzahl von Stentoren das hintere Ende ab und isolirt diese ab- getrennten Theile, welche also keine Bestandtheile des Peristoms miterhalten haben, so findet man dieselben am folgenden Tage in verschiedenen Zuständen vor: Ein Theil davon ist zu vollkommenen Stentoren mit neuem Peristom, Mund und Schlund regenerirt. bei einem anderen ist die Regeneration im Gange, aber noch nicht voll- kommen abgeschlossen und bei einem dritten Theile endlich hat sich nur die Schnittwunde geschlossen, die Thiere schwimmen umher wie die übrigen, es zeigt sich aber keine Spur von Regeneration. Bei der Färbung auf dem Objektträger stellt sich nun heraus, dass die ganz regenerirten Theilstücke einen normalen, rosenkranzförmigen Kern enthalten, die in ihrer Wiederherstellung verspäteten nur ein kleines Bruchstück eines solchen mitbekommen haben und die, welche sich als regenerationsunfähig erweisen, vollkommen kermlos sind. Ich habe derartige kernlose Stücke oft mehrere Tage am Leben erhalten, sie zerfielen aber immer, ohne dass irgendwelche Neu- bildungen aufgetreten wären.
Aehnliche Versuche habe ich auch bei einigen anderen Infu- sorien vorgenommen, aber ohne weiteren Erfolg, da sie alle weniger geeignet dazu waren, wie Stentor. Dagegen gelang es mir bei Amöba proteus ganz gute Resultate zu erzielen: Bekanntlich hat Amöba proteus nur einen, ziemlich grossen Kern *) und lässt sich aus diesem Grunde nicht schwer in eine kernhaltige und eime kern- lose Hälfte zerlegen, Fig. 12. Gelingt der Schnitt und isolirt man die beiden Stücke, so sieht man, dass das eine davon ungestört fortfährt seine Pseudopodien zu treiben und eimzuziehen (A), kurz dass es in seinem Habitus keine Veränderung erfahren hat, bei dem anderen Stücke (B) dagegen verschwinden die Pseudopodien, wenn auch eine schwache Protoplasmaströmung Anfangs noch sichtbar ist, und mit der Zeit stirbt das Stück ganz ab. Ich hatte z. B. eine solche Amöbe am 14. April künstlich halbirt; am 16. war die eine Hälfte noch so beweglich wie Anfangs, die andere aber war kuglig geworden und im Absterben begriften; bei der Färbung erwies sich erstere als die kernhaltige, letztere als die kernlose Hälfte und dasselbe Resultat ergaben alle anderen Versuche auch”*). Hier führt
*) s, GRUBER, Studien über Amöben. Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. 41.
**) WarLıch hat zweimal bei seiner Amöba villosa eine spontane Theilung
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also die Entfernung des Kerns sofort auch eine Alte- rirung der Bewegungsfähigkeit herbei, was bei den Infu- sorien und überhaupt wohl bei den meisten Protozoen nicht der Fall.sein wird, wenigstens habe ich auch bei Heliozoen kernlose Theilstücke sich ebenso lebhaft bewegen sehen, wie kern- haltige. Was aber bei allen Protisten und bei jeder Zelle überhaupt durch den Mangel des Kerns herbeigeführt wird, das ist die Unfähigkeit, verloren gegangene Theile zu ersetzen, Neubildungen zu erzeugen. Zur „Erhaltung der formgestaltenden Energie eimer Zelle“, wie NussBAuMm sich ausdrückt, ist also m der That der Kern unentbehrlich und mit WEISMANN *) können wir sagen, dass „nur unter dem Einfluss des Kerns die umzubildende Zellsubstanz wieder den vollen Arttypus annımmt*“. Auf rein empirischem Wege werden wir hier vor die unum- stössliche Thatsache gestellt, dass der Kern der wich- tigeste, dass er der arterhaltende Bestandtheil der Zelle ist und dass man ihm mit Recht die höchste Bedeutung bei den Vorgängen der Befruchtung und der Vererbung zuschreibt, wie dies von zahlreichen Forschern in neuester Zeit gethan worden ist.
Da der richtende Einfluss bei der Vermehrung der Zelle vom Kerne ausgeht, so erscheint es wundersam, dass oft die Kernsub- stanz in mehr oder weniger zahlreichen Stücken im Protoplasma vertheilt liegt, also gewissermassen statt emes Alleinherrschers eine Vielherrschaft in der Zelle vorhanden ist, von welcher man annehmen möchte, dass sie leicht eine Verwirrung in die Entwickelung bringen könnte. Vielleicht um dem vorzubeugen und auch, um 'eme gleich- mässige Vertheilung der Kernsubstanz auf die Tochterindividuen zu ermöglichen, sehen wir bei den meisten mehrkernigen Infusorien eine vorherige Vereinigung der zahlreichen Kerne zu einem vor sich gehen. Wo diese Verschmelzung bei der Vermehrung etwa nicht stattfindet **), muss man sich eben alle Kerne eines Zellindividuums
ohne Betheiligung des Kerns beobachtet, wobei sich die beiden Tochterindividuen gerade so verhielten, wie die künstlich erzeugten; ob das kernlose Stück später zu Grunde ging, ist nicht erwähnt (s. Warrıch. Amöba villosa etc. Annals and Magaz. of nat. Hist. Vol. XI. 3 ser. 1863 pg. 444).
*) WeEısmann, Die Continuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung. Jena 1885. S. 29.
**) Bekanntlich sollen nach BürschLi bei Loxodes rostrum die Kerne bei der Theilung nicht verschmelzen. Auch ich habe bei diesem Infusorium Indi-
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als unter sich vollkommen congruent in Bau und Leistung vorstellen. In der Struktur erscheinen übrigens bei den meisten mehrkernigen Protozoen die Kerne dem Beobachter ohne Weiteres congruent; denn es bieten sich meist keine Anhaltspunkte, um etwaige Ab- weichungen zu constatiren. Desshalb war es mir interessant, an den beiden Kernen der Amöba binueleata ein Objekt zu finden, welches man auf diesen Punkt hin untersuchen kann. Wie ich in der Be- schreibung dieser merkwürdigen Amöbe hervorhob *) sind die im der Zweizahl vorhandenen Kerne sehr gross und zeichnen sich durch eine sehr wechselnde Gestaltung und Anordnung der chromatischen Substanz aus und es zeigt sich nun, dass die beiden Kerne einer und derselben Amöbe darin immer harmoniren Fig. 13. Ist z. B. das Chromatin in grösseren und kleineren Brocken im Kermsaft ver- theilt, so ist das bei beiden Kernen der Fall (a), ist es im eine feinkörnige Masse aufgelöst (b), findet sich ein centraler muleolus- artiger Klumpen im Kerm (c) oder ist die chromatische Substanz einseitig abgelagert (d), immer harmoniren die beiden Kerne mit einander. Wir können also hier die Congruenz der Kerne bestimmt nachweisen und ich glaube, es liegt darin zu- gleich ein Beweis dafür, dass das Chromatin im Kern in der That ein wichtiger Faktor ist, dass auf die Art seiner Substanz etwas ankommt, und wir es nicht mit einer blossen Anhäufung von Nährmaterial zu thun haben.
Es bliebe mir nun noch übrig etwas über die Rolle zu sagen, welche der Nebenkern bei den Regenerationsvorgängen zu spielen hat, aber ich bin leider nicht im Stande, etwas Positives darüber anzugeben.
Bei Stentor ist bis vor Kurzem von Nebenkernen nichts be- kannt gewesen und erst MAaupas**) hat darüber Angaben gemacht, worin er die Nebenkerne als einzige Körnchen beschreibt, die unregel- mässig vertheilt zu einem oder mehreren in der Nähe jedes Kerngliedes liegen. BALBIANT ist es nicht gelungen, Mauvpas’ Beobachtung zu
viduen, die eben in Theilung begriffen waren, immer vielkernig gefunden. Immerhin könnte die Verschmelzung und nachherige Wiederauflösung in zahlreiche Kerne schon stattgefunden haben, ehe die beginnende Theilung am Körper des Infu- soriums deutlich sichtbar wird, wie ich dies bei Oxytricha seutellum beschrieben habe. (GRUBER, Ueber Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. 40).
*) Studien über Amöben ete.
**) Das Nähere darüber s. Maupas, Contribut. ä l’etude morphol. et anat. des Infusories eilies. Arch. de Zool. exp. et gener. 2. Serie. Vol. I. pe. 652 u. f.
Berichte. 1386. Heft 2. n
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bestätigen, dagegen habe ich mich selbst zu öfteren Malen von der Richtigkeit derselben überzeugen können. Nicht jedesmal aber doch sehr häufig zeigten sich auf meinen Präparaten die mit Carmin sich roth färbenden Körperchen, welche den von MaupaAs beschriebenen entsprachen, wie ich aus den Skizzen ersehen konnte, welche dieser Forscher so freundlich war, mir zu übersenden. Trotz des geringen Umfangs und der oft sehr unregelmässigen Vertheilung dieser Ge- bilde schent es mir auch sehr wahrschemlich, dass man sie als Nebenkerne ansprechen muss. Mit voller Sicherheit lässt sich dies aber erst sagen, wenn es einmal gelingt, ihr Verhalten bei der Thei- lung und der Conjugation der Stentoren zu verfolgen. Was nun die Regeneration betriftt, so habe ich keinerlei Einfluss entdecken können, den sie etwa auf diese Vorgänge auszuüben im Stande wären.
Beobachtungen über die spontane Theilung der Infusorien.
Es sind meines Wissens bisher noch keine Versuche angestellt worden, um zu ermitteln, ob bei der Vermehrung der Protozoen durch Theilung bezüglich der Zeit, im welcher die Theilungen auf einander folgen, eine Gesetzmässigkeit bestehe, ob etwa eime bestimmte Anzahl von Theilungen zwischen zwei Conjugationsperioden liege, ob der Eimtritt der Theilung bedingt werde durch starke Ernährung und damit verbundenem Wachsthum, oder im Gegentheil durch ungünstige äussere Lage, oder ob sie überhaupt nicht auf äusseren Anstoss erfolge, sondern von inneren Ursachen beherrscht und her- vorgerufen werde. Diese und noch manche andere Fragen harren noch der Beantwortung und auch die Versuche, die ich zu ihrer Lösung unternommen, haben vor der Hand erst einen schwachen Anfang darin gemacht, können also gar keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit erheben, bis sich nicht die Gelegenheit geboten haben wird, sie durch vollkommenere zu ergänzen. Als Hauptversuchs- objekt diente mir wieder Stentor cöruleus, der mir in Menge zur Verfügung stand und der sich wegen seines bedeutenden Umfangs leicht isoliven und controliren liess.
Eine Reihe von Versuchen bestand darin, Stentoren und zwar womöglich solche, welche eben im Begriffe waren sich zu theilen, zu isoliren; war die Theilung erfolgt, so wurden die Tochterindividuen getrennt und für sich beobachtet, um zu sehen wie und wann die Theilung derselben in Enkel erfolge. Dabei stellte sich heraus, dass dies in den meisten Fällen bei den Tochterindividuen
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gleichzeitig geschieht, obgleich sie in verschiedenen Gläsern getrennt gehalten wurden. Unter gleichzeitig verstehe ich aber nicht, dass die Zweitheilung bei beiden Infusorien in demselben Moment erfolge, sondern etwa in derselben Stunde oder im Verlauf “von mehreren Stunden jedenfalls an demselben Beobachtungstage, den ich von Vormittags 9 bis Nachmittags 4 Uhr rechnen will. Sehr häufig theilten sich die isolirten Individuen auch während der Nacht und ich fand Morgens beide Töchter im je zwei Enkel zerfallen. Die kleinen Zeitdifferenzen, welche bei der Theilung der Tochterindivi- duen bestehen, steigern sich selbstverständlich bei den folgenden (renerationen, so dass man bei Enkeln und Urenkeln eines gemein- samen Stammindividuums nicht mehr von gleichzeitiger Theilung sprechen kann; es treten da Unterschiede von vielen Stunden und auch Tagen ein. Da auf die zwei congruenten Hälften, in welche das Infusorium bei der Vermehrung zerfällt, derselbe Antheil an Kernsubstanz entfällt und zwar wie wir annehmen je eine der mor- phologisch und physiologisch gleichwerthigen Hälften des ursprüng- lichen Kerns, so sollten wir annehmen, dass bei gleichen äusseren Bedingungen also z. B. dem gemeinsamen Aufenthalt in einem sehr geringen Wasserquantum die Tochterkerne in der Aeusserung ihrer Herrschaft über das Plasma also ihrer Beeinflussung der Theilung absolut gleich sein müssten, die Vermehrung also bei den Tochter- individuen in demselben Momente erfolgen werde. Warum doch kleine Differenzen bestehen, kann ich vorderhand nicht mit Bestimmtheit aussprechen, ich glaube aber, dass darin eine Andeutung zu sehen ist, dass die morphologische und physiologische Congruenz der durch Zweitheilung entstandenen Tochterindividuen doch keine ganz absolute ist.
lch bemerke noch, dass ich auch bei anderen Infusorien, wie z. B. bei CUlymacostomum, bei Stylonychia und Paramäcium die — beinahe — gleichzeitige Vermehrung der Töchter eines Stamm- infusoriums constatiren konnte.
Was die Zeit betrifft, welche zwischen den einzelnen Thei lungen liegt, so kann ich darüber nur in Bezug auf Stentor etwas Bestimmteres sagen, weil dies bis jetzt das einzige Infusorium ist, bei welchem mir eine grössere Anzahl von Beobachtungen auf diesen Punkt hin gelungen sind. Merkwürdiger Weise stellte sich heraus, dass die Theilung in den allermeisten Fällen von zwei zu zwei Tagen erfolgte, d. h. dass Tochterindividuen am zweiten Tage nach ihrer Abtrennung sich zu Enkel, dass Enkel sich am über-
2* (4%)
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nächsten Tage zu Urenkeln vermehren etc. Unter 56 Fällen fand bei 42 eine Theilung immer am zweiten Tag nach der vorausgegangenen statt, 6 theilten sich schon am folgenden, 5 erst am dritten und 3 nach 4, 5 oder mehr Tagen. Man kann es also bei Stentor cöruleus bemahe als die Regel bezeichnen, dass der genannte Zeitintervall zwischen zwei Theilungen eingehalten wird. Es frägt sich nun aber, ob diese Erschemung auch eine normale ist, oder ob sie durch unnatürliche Existenzbedingungen hervorgerufen wurde. Es ist dies schwer zu entscheiden, da eben diese Unter- suchungen nur an isolirten und daher in kleineren Wassermengen lebenden Thieren gemacht werden können. Nimmt man aber auch an, das geringe Wasserquantum habe die Neigung zur raschen Thei- lung hervorgerufen, so würde dies nur vermuthen lassen, dass diese Neigung wohl auch im der Natur emtritt, wenn durch irgend welche Umstände der betreffende Teich, Bach oder dergl. dem Austrocknen nahe wäre; die Regelmässigkeit, mit welcher die Theilungen sich zeitlich folgen ist damit noch nicht erklärt und diese kann doch wohl nur die Aeusserung eines constant wirkenden in- neren (Gesetzes sein.
Das Fehlen oder Vorhandensein von Nährmaterial für die Stentoren, war bei all’ diesen Versuchen ohne Einfluss auf das Tempo der Theilung. Ich hatte Thiere in Uhrgläschen isolirt, in welchen fast reines Wasser war und andere, in denen es von Paramäcien, einer Hauptnahrung der Stentoren, und von anderen Infusorien wimmelte, aber bei beiden gieng die Vermehrung in gleicher Weise vor sich und zwar immer so, dass die Thiere zwischen zwei Theilungen nicht mehr wuchsen, also von Theilung zu Theilung an Volumen verloren. Ich habe zu öfteren Malen Messungen vorgenommen in der Weise, dass ich die betref- fenden Individuen vor der Isolirung mass und zwar während des Umherschwimmens, wobei sie einen mittleren Ausdehnungszustand aufweisen; dann wurden die Töchter, die Enkel etc. auch gemessen und es stellte sich heraus, dass das Volumen ungefähr auf die Hälfte, dann auf ein Viertel u. s. w. herab gieng. Ich sage ungefähr, denn etwas grösser schienen die durch Theilung entstandenen Thiere doch zu sein, als die entsprechenden Bruchtheile, was wohl auf erfolgter Wasseraufnahme beruhen mag. Die Stentoren, die ich isolirte, hatten meist so ziemlich dieselbe Grösse und theilten sich immer nur bis zum Urenkel, so dass auch die letzte Greneration bei diesen Ver- suchen immer annähernd gleichen Umfang hatte.
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Isohrte ich kleinere Thiere, so theilten sie sich nur bis zu Enkeln, die auch wieder das kleinste Mass zeigten.
Ich glaube, es ist kein Zweifel, dass in diesen Erscheinungen sich eine Gresetzmässigkeit ausspricht, dass wir es nicht mit Produkten des Zufalls zu thun haben. Auch in den Aquarien, in welchen die Stentorcolonien unter natürlichen Existenzbedingungen leben, findet man öfter die Infusorien von durchschnittlich sehr geringem Umfang und es kann sehr wohl sein, dass dieselben eben einer raschen Folge von Theilungen unterworfen gewesen waren. Ich glaube, dass man zwei Arten von spontaner Theilung bei den Infusorien unterscheiden kann, eine solche, welche eintritt, wenn das Individuum durch Wachsthum eine gewisse nicht über- schreitbare Grösse erreicht hat; das ist die Vermehrung, die man als das Wachsthum des Individuums über das vorgeschriebene Mass hinaus bezeichnet hat. Eine zweite Art der Vermehrung ist die durch rasch und in bestimmten Zeitintervallen auf einander folgende Theilungen, ohne dazwischenliegendes Wachsthum, also verbunden mit stetiger Abnahme des Körperumfangs bis zu einem bestimmten kleinsten Mass. Diese letztere Vermehrungsart, für deren Existenz ich oben den Beweis gegeben, würde eintreten, wenn die Infusorien unter ungün- stigen Bedingungen sich befinden und es für die Erhaltung der Art wünschenswerth erscheint, rasch eme grosse Anzahl von Individuen hervorzubringen. Am Ende dieser beschleunigten Theilungen würde dann eine Periode der Conjugation eintreten, die ja bekanntlich immer bei sehr kleinen Individuen beobachtet wurde. Würde die letztgenannte Vermehrungsweise die einzige sein, so müsste man auch bei jeder Infusoriencolonie immerwährend eine mit der Vermehrung der Individuenzahl verbundene Verkleinerung derselben und ein ebenso regelmässig cyklisch erscheinendes Auftreten der Conjugationsperiode eintreten sehen. Aber dass dies nicht der Fall ist, weiss jeder, der sich länger mit Infusorien beschäftigt hat, und besonders wissen es diejenigen, die in individuenreichen sich stets vermehrenden Colonien grosse Zeiträume hindurch vergeblich nach Conjugationszuständen ge- sucht haben, die andere Male in grosser Zahl vorhanden gewesen waren.
Ich möchte aber diese Gedanken nicht weiter ausspinnen, denn, wie schon bemerkt, stehen die empirischen Thatsachen, aus welchen sie hervorgegangen, doch noch auf zu schwachen Füssen und ich will lieber abwarten, dass mir Zeit und Zufall geeignetes Material an die Hand geben, um daran weiter zu arbeiten.
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Ueber das Nervensystem der Infusorien.
Bei meinen Versuchen mit Stentoren bin ich auf eine Frage aufmerksam geworden, die ich hier noch kurz berühren möchte, nämlich, wie es sich mit den nervösen Elementen im Zellenleib der Infusorien verhalte. Aufschluss darüber giebt uns das Verhalten der Infusorien während der Conjugation und der spontanen Theilung, wie ich dies schon früher m meiner oben genannten vorläufigen Mit- theilung ausgeführt habe. Betrachtet man nämlich em Pärchen in Copula oder aber ein in Vermehrung begriffenes Infusorium, bei welchem sich die beiden Hälften noch nicht vollständig getrennt haben, so fällt einem auf, dass sich diese Thiere gerade wie ein Individuum bewegen, dass sie beide vollkommen übereinstim- mende Bewegungen machen, so lange sie noch durch eine Protoplasmabrücke miteinander verbunden sind. Ich habe dies bei verschiedenen Arten von Infusorien zu öfteren Malen ver- folgt, ganz besonders geeignet aber sind auch hier wieder die Sten- toren; da an den grossen Peristomwimpern die Bewegungen so deutlich unter dem Mikroskope wahrzunehmen sind. So lange die zwei Tochterindividuen auch nur durch den dünnsten Faden von Protoplasma verbunden sind, Fig. 14, verhalten sie sich ganz und gar wie ein Individuum; schlagen die Peristomwimpern der vorderen Hälfte nach vorne, so thun es auch die der hinteren, im selben Moment, wo die ersteren auf irgend eine Veranlassung hin ihre Be- wegungsrichtung ändern, thun es auch die letzteren. Das Schwimmen ist also ein vollkommen gleichmässiges und die beiden Thiere gleiten ruhig durch Sandkörnchen, Algenfäden etc. hindurch hintereinander her. Stösst das vordere aber auf ein Hinderniss, hält an, oder schwimmt rückwärts, so thut dies zu gleicher Zeit auch das hintere Infusorium Es ist also nicht so, als ob das zweite Individuum dem ersten einfach folge und wenn das erste nicht mehr weiterkann, jenes noch eine Zeit lang versuchen würde voranzuschwimmen, bis es zu- rückgehalten wird. Zuckt die eine der Hälften in Folge einer unlieb- samen Berührung zusammen, so thut es in demselben Augenblick auch die andere, kurz alle Bewegungen sind vollständig synchronische, bis das letzte verbindende Fädchen zwischen den beiden Individuen (durchreisst, welche dann, jedes nach emer anderen Richtung davon- schwimmen. Dasselbe Resultat erhält man, wenn es gelingt, bei eimem Stentor einen Querschnitt so zu führen, dass zwei Hälften entstehen, welche wie bei der spontanen Theilung noch durch eine
55] Zur PHYsIoLosIE UND BIOLOGIE DER PROTOZOEN, 23
schmale Protoplasmabrücke miteinander verbunden sind, Fig. 15. Auch dann bewegen sich diese beiden lose zusammenhängenden Stücke ganz gleichmässig und es macht nicht etwa das eine den Versuch rückwärts zu schwimmen, während das andere vorwärts steuert. Da in diesem Falle die hintere Hälfte des Peristoms entbehrt, werden die gleichzeitigen Bewegungen durch die Körpercilien ausgeführt werden. Wenn nun, wie diese Beobachtungen lehren, eine beliebig schmale, ja sogar fadendünne Brücke von Protoplasma genügt, damit die lose zusammenhängenden Stücke sich wie ein physioliges Indi- viduum verhalten, so beweist dies, dass die nervösen Leistungen im Infusorienkörper nicht an bestimmte Bahnen gebunden sind, dass die Willensäusserung jedes Protoplasmaelement gleichmässig beherrscht. Es kann somit kein umschriebenes Centralorgan vorhanden sein, sondern jedes Plasmatheilchen ist Centralorgan und Leitungsbahn in einer Person, d.h. die nervöse Potenz der Zelle ist eine diffuse. Es hindert dies nicht, dass nebenbei auch Fasern nervöser Natur sich finden können, wenn es sich z. B. um Innervirung von Wimpern handelt, welche in ungleichem Tempo zu schlagen haben, wie dies ENGELMANN bei Stylonychia gesehen zu haben glaubt”).
Diese Annahme erklärt uns auch, wie es möglich ist, dass schwimmende Colonien von Protozoen zweckentsprechende Bewe- sungen auszuführen im Stande sind. Betrachtet man z. B. eine Volvoxkugel, die aus vielen hunderten von Individuen bestehen kann, so sehen wir dieselbe sich in ihrer Bewegung nicht anders verhalten, als ein holotriches Infusorium, die Kugel schwimmt vor- und rück- wärts, dreht sich im Kreise, hält still je nach Bedürfniss, je nach- dem ihr ein Hinderniss im Wege steht, oder die Bahn frei ist. Da nun die Individuen an der Oberfläche einer Kugel stehen, können nicht alle mit ihren Geisseln in derselben Richtung schlagen, sondern deren Bewegungen müssen sich compensiren und bei einer in ge- rader Richtung schwimmenden Colonie sieht man die auf der linken Seite befindlichen nach links, die andern nach rechts schlagen, so dass eine Strömung links, eine rechts an der Kugel entlang gleitet (Fig. 16) wie dies schon EHRENBERG auf einer seiner Abbildungen durch Pfeile angedeutet hat**). Es werden also alle Individuen der Colonie von emem gemeinsamen Willen beherrscht, der diffus an
*) ENGELMANN, Zur Anatomie und Physiologie der Flimmerzellen. PFLÜGER's Arch. für Physiol. XXII. 1880. S. 505. ”*) Die Imfusionsth. als vollk. Org. Leipzig 1838. Atlas.
24 A. GRUBER: PRroTozoßn. [56
das Protoplasma gebunden ist und der nur desshalb in dieser Weise alle Glieder der Colonie umfassen kann, weil dieselben durch Protoplasmastränge unter sich verbunden sind. Ich bin überzeugt, dass diese Brücken zur Herstellung einer nervösen Einheit viel mehr dienen, als etwa zur wechselseitigen Ernährung der Ein- zelthiere.
Bei den höheren Protozoen, also bei den Infusorien scheint es mir wahrscheinlich, dass der Sitz der diffus vertheilten nervösen Potenz hauptsächlich in der Rinde zu suchen ist. Einer feinen Empfindung z. B. ist gewiss nur diese und nicht das Parenchym fähig, sonst müsste das oft zu beobachtende Auf- nehmen übermässig grosser Nahrungskörper doch mit schmerzhaften Empfindungen verbunden sein. Eben dieses Schlucken von Körpern, welche den Leib der Infusorien ausdehnen und verzerren, lehrt uns zugleich, dass wir im Parenchym kemerlei Difterenzirung zu beson- deren Organula, Faserzügen etc. zu erwarten haben. Eine sehr lehr- reiche Beobachtung in dieser Richtung machte ich einst an eimem ÜUlymacostomum virens. Dieses Infusorium hatte ein einziges Räder- thier verschluckt, das nun wie toll im Parenchym umherfuhr, alles durchemanderrührend und die Rindenzone bald vordrängend, bald vermittelst seines Strudelorgans eimziehend. Das CUlymacostomum schien aber durch diesen unruhigen Gast in seinem Inneren gar nicht weiter berührt zu werden, denn es schwamm ganz ruhig und gleich- mässig ım Wasser umher. Während nun andere Beutethiere, wie kleine holotriche Infusorien, die von demselben Individuum häufig
verschluckt wurden, schon nach kurzer Zeit — etwa einer Viertel- stunde — verdaut waren, war das Rotatorium nach vierundzwanzig
Stunden noch am Leben, es lag zwar still, aber das Räderorgan war noch in Bewegung. Es müsste natürlich in dieser langen Zeit arge Verwüstungen im Körper des Infusoriums angerichtet haben; wenn irgendwelche complicirte Strukturen dort vorhanden wären. Das einzige was man aber an dem sehr lebensfrischen Olymacostomum bemerkte, war dass am Hinterende, wo das Räderthier lag, der Körper etwas eingebuchtet war, was sich aber am folgenden Tage wieder verwischt hatte, als das Rotator abgestorben und verdaut war.
Möge Niemand, der sich mit Protozoen beschäftigt, versäumen, derartige zufällige Beobachtungen festzuhalten, da wir durch sie am ehesten zum Verständniss darüber gelangen können, wo und wie die Lebensäusserungen in dem so einfachen und doch noch so räthsel- haften Protoplasmaleib der „Einzelligen“ sich abspielen.
Tafel-Erklärung.
Tafel I.
GRUBER, Protozo£en.
Sämmtliche Figuren sind halbschematisch gezeichnet. Fig. 1—11 beziehen
sich auf künstliche Theilungen bei Stentor cöruleus.
Fig. 1. Ein quer durchschnittenes Exemplar. Fie. 2. In Regeneration begriffener hinterer Abschnitt. Fie. 3. Viertheilung, zuerst in der Quere, dann in der Länge. Fig. 4. Isolirung eines mittleren Abschnitts. 5. Ein unvollständiger Längsschnitt, der linke Theil hat nur wenig vom Peristom miterhalten.
Fie. 6. Dasselbe Individuum; der linke Theil hat sich regenerirt.
Fig. 7. Stentor mit zwei Hinterenden, durch unvollkommenen Längs- schnitt entstanden.
Fig. 8. Abtrennung kleiner Stücke am Vorderende. 8” Ein solches nach der Ablösung, ohne Kernantheil.
Fig. 9. Querschnitt durch einen Stentor mit beeinnender spontaner Theilung.
Fig. 10. Abtrennung eines kleinen Stückes, x, ohne Kernantheil.
Fie. 11. Dasselbe, mit Kernantheil.
Fig. 12. Halbirung einer Amöba proteus; A kernhaltige, B kernlose Hälfte.
Fig. 13. Verschiedene Kernformen von Amöba binucleata; je zwei und zwei aus demselben Individuum; a. mit verschiedenartigen Chromatinbrocken; b. mit feiner Granulation; ec. mit centralem nucleolus; d. mit einseitig abge- lagertem Ohromatin.
Fig. 14. Stentor cöruleus in Theilung; die Tochterindividuen hängen nur noch durch einen dünnen Faden zusammen.
Fig. 15. Unvollständiger Querschnitt durch Stentor; der vordere und hintere Abschnitt nur noch durch eine schmale Brücke verbunden.
Fig. 16. Idealer Querschnitt durch eine Volvoxcolonie; die Pfeile deuten die Richtung an, in welcher die Cilien schlagen.
n J. C. B. MOHR (Paul Siebeck) in Freiburg i. B.
Verlag der Akademischen Verlagsbuchhandlung vo:
n. Berichte 1886. Heft 2.
Zu GRUBER, Protozoe
Das
Respirations-System der Chamäleoniden
R. Wiedersheim,
Professor in Freiburg i. BD.
Eine srosse Anzahl wohl conservirter Chamäleoniden, die ich der Freundlichkeit des kürzlich verstorbenen Dr. RıEBECK verdanke, gab die Veranlassung zu einer genaueren Untersuchung des Respirations-Traetus der obengenannten Reptilien. Es standen mir zwei verschiedene Species, nemlich Ch. monachus und Ch. vul-
garıs zur Verfügung, theils ausgewachsene starke Exemplare, theils
Jüngere Thiere von 5—6 Üentimeter Rumpflänge. Alle stammen aus Syrien und waren lebend in guten Alkohol gesetzt worden.
Ich bemerke mm Voraus, dass sich beide Species bezüglich der Structurverhältnisse ihrer Athmungsorgane sehr nahe kommen, ja dass sie in der, Hauptsache mit eimander überemstimmen, so dass sich die nachfolgende Schilderung, falls ıch nicht ausdrücklich die eme Species besonders namhaft mache, auf beide bezieht.
Herr stud. med. F. Ders hat mich bei Anfertigung der Präparate in freundlicher Weise unterstüzt, was ich hiemit dankend erwähne.
Was die einschlägige Litteratur betrifft, so ist sie Ausserst spärlich. Es wird wohl von Stannıus (Zootomie), ©. K. HOFFMANN (Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs) und OwEn (Ana- tomy of Vertebrates) auf die eigenthümlichen Verhältnisse der Chamäleon- Lunge aufmerksam gemacht, allein von einer genaueren Berücksichti- eung derselben ist keine Rede. Dasselbe gilt auch von GEGENBAUR,
Berichte. 1886. Heft 2. 1-.(5)
D) R. WIEDERSHEIM : |58
der übrigens in seinen Grundzügen der vergleichenden Anatomie auf gewisse verwandtschaftliche Beziehungen zur Vogellunge hinweist. Mehr in's Detail geht F. E. SCHULZE in semen Beiträgen zu STRICKER’S Handbuch «der Lehre von den Keweben, worauf ich später noch einmal zurückkomme. Ich selbst war seiner Zeit bei Abfassung meines Lehrbuchs der vergleichenden Anatomie bestrebt, diese und jene Lücken auszufüllen, allem es war dies in dem mir gezogenen Rahmen nur zum Theile möglich und ich sehe mich genöthiget, in dem vor- liegenden Aufsatze ergänzend und verbessernd einzugreifen.
1. Der Kehlkopf.
a) Das Knorpelgerüste und der Kehlsack.
Der Kehlkopfeingang liegt auf emer hinter der Zunge be- tindlichen, wulstig vorspringenden Prominenz der Mundschleimhant, auf welcher die über den ganzen Mundhöhlenboden sich erstrecken- den Längsfalten eine besonders diehte Anordnung erfahren. Der Eingang selbst stellt emen schmalen, von wulstigen Iappen umsäumten Längsschlitz dar, an dessen vorderem Umfang eine kleme Knorpelzunge durch die Schleimhaut hindurch sichtbar wird. Dieselbe gehört zu lem später genauer zu berücksichtigenden Ringknorpel (Fig. 3—9, P). Die wulstigen Lappen werden durch die unterliegenden Arvytaenoid- knorpel erzeugt (Fig. 3—8. ar).
Die Schleimhaut haftet der Unterlage nicht fest an und nach Entfernung derselben geräth man direkt auf die Muskulatur und das Knorpelgerüste des Kehlkopfes.
Was zunächst das letztere betrifft, so weicht es prineipiell von demjenigen der übrigen Saurier nicht ab, im Einzelnen aber zeigt es eine Reihe von Eigenthümlichkeiten, welche eine genauere Be- sprechung wohl gerechtfertigt erscheinen lassen.
In seinen allgemeinen Umrissen stellt es eme hyalinknorpelige Blase dar, welche im Wesentlichen auf der Configuration der Car- tilago ericoidea beruht. Nach vorne zu ist sie ampullenartig aufgetrieben, während sie nach hmten eine starke Einschnürung erfährt (Fig. 3. 5. 7, 8, 9, er.). Nie besteht aus einem einzigen Stück und zeigt sich ventralwärts etwas abgeplattet,. dorsalwärts stark sewölbt. An letzterer Stelle erschemt sie bis weit nach vorne zu (durch eine lanzettförmige, von einer fibrösen Membran verschlossenen Spalte (Fig. 6, *) in zwei Hälften getheilt. Nach hinten steht jene Membran mit der in der dorsalen Mittellinie der Trachea verlaufen-
59] Das RESPIRATIONS-SYSTEM DER ÜHAMÄLEONIDEN. 3)
len Bindegewebsmasse, welche als Schlussstück für die an jener Stelle offen bleibenden. knorpeligen Ringe dient, in unmittelbarer Verbin- dung (Fig. 6 T).
Der vordere Rand der dorsalen Cireumferenz des Uricoid- knorpels ist m der Mittellmie tief ausgeschnitten, während die Seitenpartieen bis zum ventralen Umfang hinab, stark gewulstet und gegen die Lichtung des Kehlkopfs herein umgebogen sind. Fig. 9, er welcher em Präparat zu Grunde legt, an dem die ganze dariake Partie des Rineknorpels abgetragen und die Seitenwände ausgebreitet sind, lässt dies deutlich erkennen und zugleich sieht man, wie sich an die umgebogenen Ränder nach himten die Stimmbänder (SB) anschliessen. Die eimgezeichneten Pfeile zeigen die tiefe Ausbuchtung unter den Ligamenta vocalia, welche dadureh m ihrer freien Schwingung gesichert sind. Zugleich erkennt man auch aus jener Abbildung, wie die beiden bogig geschwungenen Knorpelränder in der ventralen Mittelinie des Uricoidknorpels in eine starke, nach rück- wärts sich zuspitzende Knorpelleiste (L) auslaufen. Durch letztere zerfällt das Kehlkopf-Innere in zwei seitliche Buchten, welche an die Ventrieuli Morgageni des Säugethierkehlkopfes erinnern.
Was die ventrale Seite des Ringknorpels betrifit, so ist sie von viel grösserer Ausdehnung als die dorsale. Dies beruht darauf, dass sie sich nach hinten und zugleich nach abwärts in eine schlanke Knorpelzunge (Fig. 3, 5, 7. 8. 9. vvf) auszieht. die mit einem wul- stigen Rande endet (Fig. 3, vvf). Seitlich besitzt diese eime häutige Fontanelle (Fig. 3, 7, H), welche oben und vorne von einem Aus- schnitt der Hauptmasse des Ringknorpels,. nach hmten zu aber von einer elegant geschwungenen Knorpelspange begrenzt wird, welche von dem Seitenrand jenes zungenförmigen Fortsatzes entspringt und, sich dorsalwärts wendend, die Luftröhre umegreift (Fig. 3, 6, Ter'). Sie stellt gewissermassen den ersten Trachealrmg dar und ist als soleher m der dorsalen Mittellinie mit seinem Gegenstück ebenso. wie ich dies von den übrigen Knorpelrmgen bereits erwähnt habe, nur durch Bindegewebe vereinigt.
Nach hinten von dem zungenförmigen Fortsatz und fast parallel mit ihm nach hinten und abwärts ziehend, liegt ein zweiter, wesentlich schlanker geformter Knorpelstab, der sich bei genauerer Untersuchung als ein ventraler Auswuchs des ersten, eigentlichen Tracheal- knorpels herausstellt (Fig. 3, 5. 7, 8, hvf und tr!). Bei Cha- maeleo monachus überragt dieser hintere Fortsatz den vorderen um ein beträchtliches Stück (Fig. 3, 7. hvf), bei Chamaeleo
I= (597
4 R. WIEDERSHEIN: |60
vulgaris dagegen sind beide so ziemlich von gleicher Länge und zeigen auch etwas andere Krümmungsverhältnisse (Fig. 5, 8). Hier wie dort formiren sie zusammen eine knorpelige Röhre, die nur seitlich geöffnet ist und in die man von der ventralen Seite des Kehl- kopfraumes hineingelangt (Fig. 9, 7). Auf der Fig. 9 bezeichnen die Buchstaben tr !—tr? die ventralen Segmente der Trachealringe, wovon zufällig der zweite ın zwei Portionen zerfällt. Die weisslichen, bindegewebigen Septa zwischen den Knorpeln springen weit in's TLumen herein.
‚Jene Oeflnung an der ventralen Seite des Kehlkopfes führt nun in einen weiten Sack (Fig. 5, 6, 8, S) hinein, der am Uebergangs- gebiet zwischen Larynx und Trachea festgewachsen ist und ın den die eben geschilderten Knorpelfortsätze hnemragen (Fig. 5, 8). Sie hängen aber m demselben nicht frei herab, sondern erhalten einen Schleimhautüberzug, der sich als eine Art von Mesenterrum zur vorderen und hinteren Sackwand hinüberspannt und der dabei nach unten bogig ausgeschnitten ist (Fig. 5. 8, ms, ms').
Die Wand des Sackes ist von weisslicher Farbe, reich vascu- larisirt und besteht aus dicht vertilzten Bindegewebsfasern und auch aus elastischen Elementen: glatte oder quergestreifte Muskelelemente waren nicht nachweisbar. Das auskleidende Epithel besteht aus zarten, schlanken Cylinderzellen, deren freies Ende da und dort den Eindruck von Flimmerhaaren erweckt, allein es gelang mir nicht, (dieses sicher zu ermitteln.
Wird der Sack mit Luft gefüllt, so werden die beiden Knorpel- fortsätze in rein passiver Weise von den sich spannenden Wänden nach vorne und hinten gezogen, wodurch sich der Verbmdungsgang mit dem Kehlkopf, beziehungsweise mit der Trachea erweitert. Beim Entweichen der Luft legen sie sich wieder durch ihre eigene, federnde Kraft aneinander und bringen so einen Abschluss des Sack-Lumens zu Stande. Dass die Luft mit grosser Kraft und plötzlich heraus- getrieben werden kann, dafür bürgen die Lagebeziehungen des Kehl- sackes zu der Halsmuskulatur.
Oeffnet man nämlich ein Exemplar an der ventralen Seite des Halses, so fällt vor Allem auf, dass sich die Haut, ähnlich wie die- jenige der anuren Batrachier, ungemein leicht abheben lässt, indem zwischen ihr und der Muskulatur weite Buchten liegen, die vielleicht die Bedeutung von Lymphräumen haben. Sicherlich aber liegt ihre Hauptbedeutung «darin. dem Thier eine Aufblähung zu erlauben, wovon unten noch weiter die Rede sein wird.
61] Das RESPIRATIONS-SYSTEM DER CHAMÄLEONIDEN, 5
Die erste Längsmuskelschicht am Hals wird durch den mächtigen M. sterno-hyoideus dargestellt, der sich im Laufe nach vorwärts immer weiter ventralwärts herabsenkt. bis er schliesslich den Zungen- beinapparat erreicht. Durch diese Art seines Laufes hebt er sich von einer tieferen zweiten Muskelschicht, die einen rein horizontalen Lauf vom Sterum zum Zungenbeinapparat verfolgt, ab und so ent- steht zwischen beiden Muskelschiehten ein Hohlraum, der lateral- wärts nur durch fibrilläres Bindegewebe verschlossen wird. In den- selben senkt sich der Kehlsack (Fig. 1, S) herab und kann hier unbehindert eme sehr starke Ausdehnung erreichen: er liest sofort frei zu Tage, wenn man die Mm. sterno-hyoidei durchschneidet und nach vorne umklappt. Zugleich sieht man auch in der Tiefe die Trachea mit der reichlich vaseularisirten Schilddrüse (Fig. 1. T, Th. Vergl. auch Fig. 14. Th.). Rechts und links ziehen die Carotiden nach vorne, bis sie unter dem M. retractor linguae verschwinden (Fig. 1. Ca, Mr.). Letzterer stellt eine glatte, wie ge- lappt aussehende Masse dar und kann so leicht auf den ersten An- blick für eine Drüse gehalten werden; sowie man aber die Zunge aus ihrer Scheide hervorzieht. entfaltet er sich und streckt sich zu einem langen, bandartigen Körper aus.
Die oben erwähnte, unter dem Sterno-hyoideus liegende Muskelschieht (M) entspringt breit fächerartig rechts und links vom Sternum und inserirt sich unter allmäliger Verjüngung am Himter- ende des ersten Kiemenbogens (B'). Indem die Ursprungspartieen tief, die Seitenränder des Muskels aber höher liegen (das Thier in der Rückenlage gedacht) wird eme Nische tormirt, welche durch rasche Contraction ihrer Seitenwände den mit Luft gefüllten Kehlsack zusammenzupressen im Stande ist. Dieses kann noch durch gleich- zeitige Contraction der Mm. sterno-hyoidei wesentlich gesteigert werden.
Es mag hier eine Beobachtung von Jon. von FiIscHEr*) Be- achtung finden, die derselbe an lebenden Chamäleoniden gemacht hat. FiscHer sagt! „In der höchsten Erregung des Zornes sperren sie das Maul weit auf, und dem Feinde die Breitseite bietend, zischen sie laut vernehmbar und pressen die angesam- melte Luft mit Vehemenz zur engen Stimmritze heraus. So verweilen sie in der Defensive, bis sich das gefürchtete Thier
=), Jch verdanke «ie Hefte des „Zoolog. Gartens“ (Jahre. 1582), worin (der betreffende Aufsatz J. v. FıscHher's zu finden ist, (der Liebenswürtdiekeit des Herrn Prof. Nous in Frankfurt.
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genähert hat. Ist dieses geschehen und sie haben nicht vorgezogen, sich durch Flucht der Gefahr zu entziehen, so gehen sie in die Offen- sive über. Sie erheben sich auf drei Beine, indem sie sich von hinten nach vorne mehrmals wiegen, gleichsam um ihren Körper in Schwung zum Stoss zu bringen, bis sie mit dem Kopf, der sehr hart ist und drei Leisten trägt, die mit starken, sägeförmig gestellten Schuppen versehen sind, auf den Eindringling losfahren und diesen zuletzt unter Zischen mit den Kiefern angreifen etc. „Zu gewissen Zeiten lassen die Chamäleone einen knurrenden Ton erschallen, der aber sehr leise ist und wohl daher noch von keinem Herpetologen erwähnt wurde. Er ist auch sehr leicht zu über- hören, wohl aber zu fühlen.
- Nimmt man nemlich ein solch knurrendes Chamäleon in die Hand, so hört man diesen Ton sehr leicht, schon wenn man etwas fester drückt; streicht man mit dem Finger auf dem Rücken des Thieres die feinen, sägeartig gestellten Rückenschuppen herunter, so kann man den Ton wiederholen lassen. Auch fühlt man das Oscilliren des ganzen Körpers. Dieser Laut, der bei festgeschlos- senem Maul hervorgebracht wird und ein reiner Kehllaut ist, wobei der Kopf an seiner Querachse im Nacken von oben nach unten und umgekehrt mehrmals bewegt wird, was man am leichtesten an der Bewegung des Helmes sieht, wiederholt sich zur Paarungszeit oft und wird dann wohl der Paarungsruf sein. Ich habe ihn bisher nur bei weiblichen Exemplaren gehört“. „Der Kehlsack, richtiger Zungensack (? WIEDERSHEIM), wird durch das Anstemmen der - Zumgenspitze an die Mitte des Unterkiefers angeschwellt, und indem sie dem (Gegner ihre Breitseite bieten, welche derselbe nicht fassen kann, versetzen sie dem Andringling mit den scharfen Kopfleisten Stösse, zu denen sie durch Vor- und Rückwärtsoseilliren Anlauf nehmen. Das Maul wird halb geöftnet, und weil die Luft aus der Lunge herausgestossen und wieder eingeathmet wird, so ertönt das Zischen sowohl beim Einziehen, als auch beim Aus- stossen der Luft“.
Ich werde auf den FiscHer’schen Aufsatz bei der Beschreibung der Lunge noch einmal zurückkommen und will hier nur noch auf die von allen übrigen Reptilien abweichende Winkelstellung des Kehlkopfes zur Trachea aufmerksam machen (Fig. 5, 7, 8). Diese wird nemlich sicherlich durch das von Fiscner erwähnte Senken des Kopfes ausge- glichen und indem so die Stimmlade im die Achsenverlängerung der Tuftröhre geräth, kann die Lungenluft mit viel grösserer Gewalt
63] Das REsPpIRATIONs-SYSTEM DER ÜHAMÄLEONIDEN. 7
ausgetrieben und der Stimmband- Apparat in Schwingung versetzt werden.
Was den von Fischer beobachteten, knurrenden Ton betrifft, so erkläre ich mir seime Entstehung dadurch, dass die aus dem auf- geblähten Kehlsack ausströmende Luft rasch an den Mesenterial- falten und den einragenden Knorpelzungen vorbeistreicht und sich dann in der trommelartigen Höhle der Stimmlade fängt. Zischend entweicht sie dann zusammt der Lungenluft durch die enge Stimmritze.
Nach dieser Abschweifung kehre ich noch einmal zur Schilderung des Ringknorpels zurück, an dessen vorderem Umfang noch ein zungenförmiger Fortsatz (Fig. 3—9, P) zu erwähnen ist. Derselbe erinnert seiner Lage nach an die Epiglottis des Säugethier-Kehl- kopfes, ist aber selbstverständlich derselben nicht als homolog zu erachten. In formeller Beziehung unterliegt er zahlreichen indivi- (uellen Schwankungen, auch zeigen sich Unterschiede nach den ver- schiedenen Species der Chamäleoniden.
Was schliesslich die Giessbeckenknorpel betriftt, so sind sie von kegelförmiger Gestalt, mit vorderer, freier Spitze und hinterer, concav ausgeschnittener Basis. Mit dieser sitzen sie dem vorderen. wulstig vorspringenden Rand des Ringknorpels auf und sind mit ihm durch Bindegewebe beweglich verbunden (Fig. 3—8, ar). Ihre Seitenflächen sind abgeflacht, allem am Anssenrand ragt eine starke Leiste (Fig. 3, 4, ML) hervor, welche zum Ansatze des Musculus dilatator laryngis dient.
b) Die Museulatur.
Wie bei allen Reptilien, so finden sich auch bei den Chamä- leoniden am Kehlkopf zwei Muskelpaare: 1) em Dilatator und 2) ein Constrictor (Fig. 5, 6, 8, di, co).
Was den ersteren betrifft, so entspringt er jederseits von der ganzen Neitenfläche der Jartılago ericoidea mit Ausnahme des hintersten Abschnittes derselben ; dabei greift er aber auch noch auf die dorsale und ventrale Fläche des Ringknorpels über, so dass er also von drei Seiten sichtbar ist.
In der Mitte seines Laufes ist er am breitesten und verjüngt sich gegen sein Ursprungs- und Ansatzende zu. Letzteres liegt, wie oben schon erwähnt, am lateralen Rand der Giessbeckenknorpel. Diese können dadurch seitwärts und zugleich nach abwärts gezogen werden, wodurch eine Erweiterung der Stimmritze emtritt.
Der zweite Muskel, der Constrietor, entspringt als ein plattes
8 R. WIEDERSHEIN: [64
und schmales Muskelband jederseits nach hinten von der Ineisur, welche sich, wie oben erwähnt, am vorderen Rand der Dorsaltläche des Ringknorpels befindet (Fig. 6 co, 7). Er umgreift darauf die Seitentläche dieses Knorpels, wobei er unter dem M. dilatator hindurch- schlüpft, und erscheint darauf wieder auf der Ventraltläche, um hier mit seinem Gegenstück im der Medianlinie in eme starke Aponeu- rose auszustrahlen. Diese umspannt den dort befindlichen, zungen- förmigen Fortsatz (Fig. 3
8, P) auf's Engste, ohne jedoch damit gänzlich zu verwachsen. So spannen sich z. B. bei Ch. monachus nur spärliche Bindegewebsfasern zwischen ihr und der knorpeligen Unterlage aus.
Auf der eben beschriebenen Ringtour verwächst der M. con- strietor mit dem Basalstück der Aryknorpel, so dass diese unter seinem Einfluss stehen und so die Stimmritze verengern.
2. Die Trachea.
Die Luftröhre, auf deren skeletogene Grundlage ich oben schon hingewiesen habe, ist bei den grössten mir vorliegenden Exemplaren 17—20 Mill. lang, von dem Ursprung des Kehlsackes bis zur Thei- lungsstelle gerechnet. Die Innenwand ist von glatter Schleimhaut überzogen, allein die zwischen den Knorpelringen befindlichen fibrösen Bänder springen stark in’s Innere vor. Die beiden Bronchen sind äusserst kurz, nur wenige Millimeter lang und senken sich nahe dem vorderen Lungenende in die mediale Wand desselben ein. Sowie dies geschehen ist, verlieren die knorpeligen Einlagen ihre regel- mässige Form und beginnen sich, dem Lauf der grossen Blut- bahnen folgend, noch eine kleine Strecke weit unregelmässig zu verästeln, so dass zuweilen geweihähnliche Bildungen entstehen (Fig. 10, 7 Y)- Auch Absplitterungen einzelner Knorpeltheilchen kommen vor, doch lässt sich hierüber keme Regel aufstellen, da nicht nur individuelle, sondern auch Verschiedenheiten zwischen Rechts und Links in einem und demselben Individuum zu verzeichnen sind.
3. Lunge.
An der Stelle, wo der Bronchus aufhört, gelangt man durch drei grosse, runde Oeffnungen in das eigentliche Lungengewebe hinein (Fig. 13, A! B!C)). Sie führen in drei grosse, parallel miteinander in der Längsachse des Organs liegende Hohlräume (Fig. 13. 14, A B OÖ), welche in ihrem vorderen Abschnitt durch solide Scheidewände von einander abgekammert sind. Nach
65] Das REsSPIRATIONS-SYSTEM DER ÜCHAMÄLEONIDEN. 8)
kurzem Verlauf aber zeigen sich diese, anfangs von kleinen und spärlichen, weiter uach hinten jedoch von grösseren Oeflnungen durchbrochen, so dass also Verbindungen der Hohlräume unter ein- ander zu Stande kommen. Noch weiter nach rückwärts schwindet vollends jede Spur der Scheidewände, so dass schliesslich eine ein- heitliche Lungenhöhle zu Stande kommt und das sackförmige Organ den Charakter einer Amphibien- oder Eidechsenlunge annimmt.
‚Jene Septalbildungen sind nicht etwa zufällig, und m ihrer An- ordnung wechselnd wie F. E. ScHuLzE (l. e.) anzunehmen scheint. sondern es handelt sich um eine ganz typische Anordnung derselben, deren letzte Ursache in den Gefässverhältnissen zu suchen ist. Letztere grundiren gewissermassen die gesammte Lungenarchitectur in ihren Hauptzügen vor, d. h. sie sind das bestimmende Moment für die Anlage des bei Chamäleo- niden zum erstenmal in die Erscheinung tretenden intra- pulmonalen |bronchialen] Röhrensystems, welches dann in der aufsteigenden Thierreihe bekanntlich eine so hohe Ausbildung erfährt. Das Primäre sind also die Blutbahnen, zu welchen dann, wie dies aus dem oben beschriebenen Verhalten des letzten Bronchus-Endes erhellt, stützende Knorpelelemente erst secundär hinzutreten.
Um diese Thatsache in ihrer vollen Bedeutung würdigen zu können, muss man zu Injectionspräparaten greifen und das System der Arteria und Vena pulmonalis in seinen Hauptbahnen verfolgen. Ich verweise dabei auf die Fig. 14 und bemerke dazu, dass der ur- sprünglich ventralwärts schauende, vordere Lungenrand VR, VR auf dem Präparat lateralwärts umgelegt worden ist, so dass jeder- seits die mediale Lungenwand dem Beschauer entgegensieht.
In der ventralen Mittellmie ist vorne bei S noch der Kehlsack zu erkennen und dahinter liegt die Schilddrüse (Th). Weiter rück- wärts folgt der von dem Herz abgeschnittene Truncus arteriosus (T. ar), aus welchem die Arteria carotis (Ca) die beiden A or- tenwurzeln (Ao) und als hinterstes Paar die Lungenarterien (A p) entspringen. Letztere ziehen parallel mit dem N. vagus (N. vag) neben der Trachea (T) nach rückwärts, schieben sich dann zwischen diese und die mediale Lungenwand ein und zerfallen endlich an der vorderen (ireumferenz des Bronchus jeder- seits in zwei grosse Gefässstämme, welche jenen ventral- und dorsalwärts gabelig umgreifen. Der ventrale Längsstamm (A p!) ver- läuft anfangs ganz oberflächlich am medialen Iangenrand, durehsetzt
10 R. WIEDERSHEIM: [66
aber bald, nemlich von dem mit 7 bezeichneten Punkte an, das eine der obengenannten NSepta und gelangt dadurch auf die äussere Lungenfläche, wo er sich noch eine grosse Strecke nach rückwärts verfolgen lässt (T Y)-
Der dorsal am Bronchus vorbeiziehende Ast (A p?) wendet sich so- fort zum hinteren (dorsalen) Lungenrand und zieht in Gemeinschaft mit dem N. vagus an diesem weit nach hinten. Schon hoch oben, dieht hinter dem Bronchus, giebt er einige starke Zweige ab, welche sich der Lungenspitze zuwenden. Sie sind, um die Verhältnisse nicht noch mehr zu complieiren, auf der Fig. 14 nicht eingezeichnet.
Was nun die Vena pulmonalis (V p) anbelangt, so entsteht sie im jeder Lunge mit zwei grossen Längsstämmen, welche in ihrer Ausdehnung und Anordnung mit den oben beschriebenen Haupt- bahnen der Arteria pulmonalis vollkommen übereinstimmen. Dem an der äusseren Lungentläche hinabziehenden Aste der letztgenannten Arterie entspricht ein auf der medialen Lungentläche hinaufziehen- der Stamm der Lungenvene (V p?) und ebenso wird der mit Ap? bezeichnete Ast der Arteria pulmonalis von einem grossen Längs- stamm der Vena pulmonalis (V p*) in seinem Laufe repetirt. Für (die einzelnen Verhältnisse des letzteren gilt genau das, was ich oben von dem praebronchialen Aste der Lungenarterie erwähnt habe d.h. er liegt anfangs auf der medialen Lungenfläche, wenn auch sehr weit (lorsalwärts gerückt, durchsetzt dann von dem Punkte * an eben- falls eines der Lungensepta und zieht endlich bei * auf der dorsalen Lungentläche nahe dem dorsalen Rande des Organs nach hinten.
Beide Hauptstämme der Lungenvene vereinigen sich jederseits an der Eintrittsstelle des Bronchus, d.h. an der medialen Lungen- wand, zu einem gemeinsamen Stamme, welcher nach Aufnahme eines (ritten, aus dem vorderen Bezirke des Organs stammenden Aste (V p?), auf der ventralen Seite des Bronchus aufwärts und zugleich mecdianwärts zieht, bis er endlich mit seinem Gregenstück (V p!) genau am Theilungswinkel der Trachea zusammentrifft. Der so ent- standene mächtige Getässstamm (V p) steigt unter Abgabe von zwei Paaren transverseller Zweige (1, 2) empor zum linken Vorhofe des Herzens.
So handelt es sich also sowohl bei der Lungenarterie, als bei der Lungenvene um zwei grosse, in der Längsachse des Organs verlaufende, nach allen Seiten hin Zweige abgebende Bahnen und diese erzeugen, wie früher schon angedeutet, eben jene im's Lungencavum eimspringenden Scheidewände. Jeder arterielle Längs-
I,
7 Das RESPIRATIONS-SYSTEM DER ÜHAMÄLEONIDEN. {
stamm stellt dabei mit seinem venösen Gegenstück gewissermaassen den Rahmen vor, von dem in querer Anordnung die Septalmaschen. wie em feines Filigranwerk, abgehen und letzteres selbst stellt nichts anderes dar, als die Summe zahlreicher Queranastomosen zwischen beiden (refässsystemen. Dass jene hinten ungleich weitere Maschen erzeugen, als im vorderen Lungenbezirk, habe ich oben schon er- wähnt, und ein Blick auf die Figur 11. 12 und 14 beweist sofort, dass das dichte, schwammige vordere Drittel oder Viertel der Lunge durch überreiche Vaseularisation in physiologischer Beziehung eme ungleich grössere Rolle zu spielen berufen ist, als die weiter rück- wärts liegenden Partieen, auf welchen die Grefässmaschen immer mehr verzogen und weiter erscheinen. Zugleich wird das Volum der Blutbahnen immer geringer, allein die letzten Spuren lassen sich bis in die später zu beschreibenden Blindsäcke hinein verfolgen. Dass auf den Figuren 11 und 12 nur ein unregelmässiges Gefässnetz und nicht jene Längsstämme sichtbar sind, beruht darauf, dass letztere, wie oben bemerkt, auf der medialen, dorsalen, und lateralen Lungenfläche angeordnet und diese auf den vorliegenden Präpa- raten, welche die Organe in ihrer natürlichen Lage zeigen. nicht sichtbar sind.
Was endlich die äussere Configuration der Lunge betriftt. so zeigt sie, worauf ja auch schon frühere Autoren hingewiesen haben, insofern ein eigenthümliches Verhalten, als man eme Hauptmasse und eine grössere Anzahl von Neben- oder Anhangsgebilden unterscheiden kann.
Letztere erscheinen als wurst- oder auch als glockenförnige Schläuche. beziehungsweise Blasen, welche übrigens nur vom ven- tralen und hinteren (d. h. caudalwärts gerichteten) Lungenrand ausgehen und sich ganz so, wie die Luftsäcke der Vögel, in die zwischen den übrigen Eingeweiden des Coeloms betindlichen Inter- stitien einbohren (Fig. 11). Sie beginnen dementsprechend im der Regel am ventralen Lungenrand erst etwa vor, seltener hinter der Mitte der Hauptmasse des Organs: während die pralle Ausfüllung (des vorderen Brustraumes von Seiten der Leber, des Herzens und Vorderdarmes ihrer Entwicklung an jener Stelle eme natürliche (renze setzt. Nach Form, Grösse und Zahl unterliegen sie den allermannigfachsten Schwankungen und es lässt sich hierüber kem bestimmtes Gesetz aufstellen. Dies gilt sowohl für verschiedene In- dividuen, als auch für Reehts ynd Links in einem und demselben Exemplar. Nur Eines lässt sich darüber mit Sicherheit aussagen,
12 R. WIEDERSHEI : [68
nämlich das, dass sie am ventralen Lungenrand, wo sie oft ganze Serien von fransenartigen Anhängen darstellen, nie zu so starker Entwicklung gelangen, wie am Hinterrand, wo eine grössere Ausbhrei- tungsmöglichkeit vorhanden ist und wo die gesammte Hauptmasse der Lunge in der Regel in zwei bis drei grosse, an ihrem Ende häufig zipfelartig sich spaltende Beutel zerschlissen erscheimt. Diese er- strecken sich nach hmten in's äusserste Ende der Bauchhöhle bis zur Cloake, d. h. sogar noch bis in die Schwanzwurzel hinein. Hier sind sie durch zarte fibröse Fäden an die Körperwand fixirt und dies gilt auch für die meisten der übrigen Blindsäcke. Durch diese Anheftungen an die innere Bauchwand, welche bei jugend- lichen Exemplaren von 4—5 ÜOentimeter Rumpflänge noch nicht existiren, werden sie in ihrer Lage gesichert, was beim Inspirations- act sowie bei der Aufblähung des Körpers, wovon gleich weiter die Rede sein wird, in Anbetracht der wechselnden Volumsverhält- nisse des Tractus intestinalis, von nicht zu unterschätzender Be- deutung ist.
Was die praeparatorische Darstellung der Lungenblindsäcke betrifft, so empfiehlt es sich, dieselben, bevor man Messer und Pin- cette zur Hand nimmt, von der Stimmritze aus aufzublasen und dann den Hals mit emem Bindfaden zu umschnüren. Dann öffne man vorsichtig den Leibesraum von der ventralen Mittellinie aus, ver- zichte weiterhin aber auf jegliche Anwendung eines Messers, weil eine solche so gut wie identisch wäre mit einer Verletzung der ausser- ordentlich zarten Sackwände. Aus demselben Grunde gelangt man auch nie durch Injection erstarrender Masse zum Ziele, auch wenn man vom Spritzendruck ganz absieht und den Farbstoff nur durch einen in die Trachea eingebundene Canüle emlaufen lässt. Stets kommt es zur Ruptur und man sieht sich deshalb ganz auf «die oben erwähnte Methode der Luftfüllung angewiesen. Ist «diese vollständig geglückt, so drängen sich die Blindsäcke nach Eröffnung des Bauch- raumes allerorts hervor und liegen als weisse, silberglänzende Schlangen und Blasen zwischen den schwarz und dunkelbraun pigmentirten Darmschlingen zerstreut.
Zur Lösung ihrer Verbindungen mit der Leibeswand und — was ich nachträglich noch bemerke — auch mit diesen und jenen Bauch-
eingeweiden, wie z. B. mit dem Mastdarm und den Nieren, bedient man sich am besten eines stumpfen Instrumentes, wie z. B. eines schmalen Skalpellstieles, denn nur so ist man gegen eine Eröffnung (les Sacklumens geschützt.
69] Das RESPIR ATIONS-SYSTEM DER ÜHAMÄTLEONIDEN. 13
Am Uebergang des dorsalen Randes in die seitliche und mediale Wand sind die Lungen durch die Pleura, von der sie m ihrer eanzen Ausdehnung überzogen werden, neben der Wirbelsäule, be- ziehungsweise neben der Aorta, befestigt und erhalten an eben dieser Stelle. ähnlich wie die Vogellunge, Eindrücke von den Rippen. Nicht minder fest adhärıren die ventralen Lungenränder an dem Herz- beutel, der Vena cava inferior und dem seitlichen Leberrand. Die mediale Lungenfläche ist ausserordentlich fest mit dem Schlund und dem Magen verwachsen.
In der ventralen Mittellme der Leber und weiter nach hinten entlang der grossen Abdommalvene (Fig. 11. Ven). welche an der Innentläche «der vorderen Bauchwand emporzieht, entspringt eine sagittal angeordnete Bauchfellduplieatur, die den ganzen ventralen 3ezirk des Coeloms in zwei grosse Abtheilungen, eine rechte und eine linke zerfällt. Dadurch wird es der Lunge jeder Seite, auch wenn sie noch so sehr aufgebläht sein sollte. unmögheh, mit ihren Blindsäcken die Mittellinie zu überschreiten.
Was die histologische Grundlage des ganzen Lungenge- webes betrifft, so handelt es sich. wie F. E. SCHULZE (]. e.) richtig bemerkt, bei den Chamäleoniden wie bei allen übrigen Sauriern, sowie bei Amphibien und Schildkröten. um ein von feinen, elastischen Kasernetzen durchzogenes tihrilläres Bindegewehe, das ım Innern einen Belag von polygonalen Plattenepithehien besitzt.
Was die Entwicklung jener sonderbaren, blindsackartigen Aus- wüchse der Lunge betrifft, so ist, memes Wissens. hierüber bis jetzt nichts bekannt und auch mir fehlte leider das nöthige Material, um jene Frage mit genügender Sicherheit beantworten zu können. Grleich- wohl aber will ich nicht unerwähnt lassen, dass jene Auswüchse um so schwieriger aufzublasen waren, in einem Je Jüngerem Altersstadium das betreffende Individuum sich gerade befand; ja ich kann mit Sicherheit behaupten. dass bei Exemplaren von 3-—4+ Centim. Rumpf- länge die hintersten Lungenblindsäcke noch vollkommen sold und somit überhaupt nicht aufblasbar waren. Demnach wäre also anzu- nehmen, dass es sich dabei erst um eine secundäre Aushöhlung der- selben handelt; allem zur endeiltigen Lösung des mteressanten Pro- blems sind ungleich jüngere Entwieklungsstadien erforderlich, als sie inir zu (rebote standen.
Was endlich die physiologische Bedeutung jener Blindsäcke anbelangt. so kann es meiner Meinung nach nicht dem geringsten Zweifel
unterliegen. dass sie zu einer grösseren Volumsentfaltung der ganzen
14 R. WIEDERSHEM: [70
Lunge dienen und zwar zum Zwecke einer in dorso-ventraler Riehtung erfolgenden Vergrösserung des Rumpfes. In der Möglichkeit, den Körper in genannter Weise aufzublähen, liegt ein Schreekmittel, wie dies aus den früher schon nam- haft gemachten Beobachtungen ‚JoH. vox FiIscHEr's zur Genüge hervorgeht.
So liest man z. B. auf pag. 41 seines Aufatzes: „Wird es (se. das Chamäleon) dagegen gereizt, sei es durch em anderes teptil, z. B. durch einen m seine Nähe kommenden Gongylus. Plestiodon etc., so bläht es sıch stark auf, indem es m (segensatz zu anderen Thieren in die Höhe an Dimensionen zu- nimmt, und von beiden Seiten abgeplattet erscheint und nicht ddieker, als ein Messerrücken wird. Es kann sich so aufblähen, dass (lie Lungengegend im Körper als ein durchschemender Fleck sicht- bar wird.“
Interessant ist, dass dieses Schreekmittel noch wesentlich da- dureh verstärkt wird, dass im Moment des Affektes stets auch eine Veränderung der Färbung eimtritt und dass, wie bereits früher erwähnt, auch ein Zischen. beziehungsweise em knurrender Ton ausgestossen wird.
Ich bin weit entfernt, damit eine Erklärung für die erste Ent- stehung jener Blindsäcke und für die eigenartige Lungenstructur der ('hamäleoniden überhaupt geben zu wollen. ‚Jene erscheint viel- mehr noch ganz dunkel und man muss sich vorerst mit der That- sache begnügen, dass die Lunge gewisser Reptilien (auch gewisse Chelonier und Ascalaboten gehören hieher) die Fähig- keit besitzt, Auswüchse zu erzeugen und dass sich jene Fähigkeit vom Reptilienstamm aus auf die Vögel nicht nur vererbt, sondern dass sie sich hier in ganz bestimmter Richtung weiter entwickelt hat.
Wenn es sich nun auch hier seitens der Luftsäcke wesentlich um andere physiologische Gesichtspunkte handelt, so ist doch nicht | zu vergessen, dass mittelst derselben auch bei Vögeln eine Auf- blähung des Körpers, beziehungsweise der Haut vorkommt. Nach STRASSER wäre dies, auf Grundlage der anatomischen Verhältnisse, denkbar bei Sula und nach VERREAUX soll eine Aufblähung im Zorn beim Pelikan thatsächlich beobachtet worden sein, allein man muss diese Nachrichten doch mit Vorsicht aufnehmen, da es sich leicht um Täuschungen handeln kann. Ich erinnere nur z. B. an den Truthahn, wo es sich, nach einer mündlichen Mittheilung S’rrAssEr's
71] Das RESPIRATIONS-SYSTEM DER ÜHAMÄLEONIDEN. 15
stets nur um eine excessive Wirkung der Arrectores pili handelt, während eine Theilnahme seitens des Luftsacksystems gänzlich aus- zuschliessen ist. Ganz anders verhält es sich mit dem Hirtenvogel, Chauna chavarıa (Paraguay), welcher mittelst der zwischen die Museulatur und unter die Haut dringenden Luftsäcke sich so schreck- haft aufzublähen im Stande ist, dass er als Schutzmittel für das (setlügel gegen Raubvögel m Hühnerhöfen gehalten wird”).
Darin läge also eine vollständige Parallele mit den Chamä- leoniden und ich zweifle nicht, dass sich bei genauerer Unter- suchung noch weitere derartige Beispiele in der Reihe der Vögel tinden liessen.
Freiburg. im November 1885.
*) Ich verdanke diese Notiz ebenfalls meinem Collegsen STRASSER.
16 | [72
Zur Notiz.
Schon vor längerer Zeit hat Herr Dr. A. ZiesLer in Freibure i. B. eine Serie vonWachsmodellen über die Entwicklung des menschlichen Herzens hergestellt. Denselben lagen die in den Ecxer'schen „Erläuterunestafeln zum Studium der Physiologie und Entwicklungsgeschichte* abgebildeten Präparate zu (runde, z. Th. auch fussten sie auf den BiscHorr’'schen Arbeiten über die Ent- wicklung des Hundes und Kaninchens.
Alle diese Modelle erwiesen sich als recht brauchbar und hatten sich dem- oemäss der alleemeinsten Anerkennung zu erfreuen, allein es existirten doch da und dort gewisse Lücken und nicht überall entsprachen sie den wirklichen Ver- hältnissen.
Diese Mängel beruhten auf der zur damaligen Zeit noch viel unvollkomm- neren Technik in der Herstellung anatomischer und embryologischer Präparate, wie namentlich in der Unmöglichkeit, durch Combination von Schnittserien ein körperliches Präparat zu construiren. Dies ist nun bekanntlich im letzten De- cenium anders geworden und die kürzlich in III. Lieferung erschienene Arbeit von Prof. Hıs über die „Anatomie menschlicher Embryonen* erfüllt alle Ansprüche, wie sie an eme erschöpfende Darstellung der verwiekelten Kreislaufs- verhältnisse, wie vor allem an diejenige des Centralapparates, gestellt werden
Herr Dr. A. ZiestER hat nun im Anschluss an das Hıs’sche Werk und genau nach den von Hıs selbst angefertigten Originalmodellen eine neue, aus 12 Nummern bestehende Serie von Wachspraeparaten über die Entwicklungsverhältnisse des menschlichen Herzens hergestellt und dadurch aufs Nene seine unerreichte Meisterschaft auf technischem Gebiete bewiesen. — Ich stehe daher nieht an, die Zirsver'schen Modelle den Fachgenossen aufs Wärniste zu empfehlen und ihnen die Verbreitung zu wünschen, die sie wirklich verdienen.
Freibure i. B., im November 1885.
R. Wiedersheim.
Tafel-Erklärung.
Tafel II. III.
WIEDERSHEIM, Chamaeleoniden.
Allgemeine Bestimmungen. T Trachea. tr'— tr? Erster bis dritter Trachealring. Bro Bronchus. S Kehlsack. Th. Glandula thyreoidea. er Cartilago cricoidea. '! Vom Ringknorpel ausgehende, die Luftröhre nach Art eines Tracheal- knorpels umspannende Spange. H Häutige Fontanelle zwischen letzterer und der übrigen Masse des Ring- knorpels.
Gr
P Processus anterior des Ringknorpels. vvf Ventraler Fortsatz des Ringknorpels. ms Mesenterialfalte desselben innerhalb des Kehlsackes. hvf Ventral gerichteterFortsatz des ersten Trachealknorpels tr!. ms! Mesenterialfalte des letzteren. ar Cartilago arytaenoidea. ML Muskelleiste derselben. dı Musculus dilatator. co \ constrictor. B! Erster Bronchialbogen. BH Basihyale.
Tafel 1.
Fig. 1. Hals von Chamaeleo monachus, von der Ventralseite her präparirt. SR Schnittrand der Haut, St Mm. sternohyoidei durchgeschnitten und nach vorne umgeschlagen, M zweite Muskelschicht, Mr M. retraetor linguae in contrahirtem Zustande, BH Basihyale, welches nach Ent- fernung der Ringmuskelschicht Rm sichtbar geworden ist, Ca A. carotis
Fig. 2. Visceralskelet, Hy Hyoid.
8. 3. Kehlkopf von der Ventralseite nach Entfernung des Kehlsackes.
ig. 4. Die Giessbeckenknorpel von der Dorsalseite.
ie. 6. Kehlkopf, Kehlsack und Trachea (vorderer Abschnitt) von der rechten
Seite. Der Kehlsack ist durchsichtig dargestellt.
|
10.
1:
12.
13.
14.
TAFEL-ERKLÄRUNG.
. Dasselbe Präparat von der Dorsalseite.
+ Ursprungspunct des M. constrictor.
* Häutige Fontanelle in der dorsalen Mittellinie des Ringknorpels. Kehlkopfgerüste und der vordere Abschnitt der Trachea von der linken Seite, nach Entfernung des Kehlsackes und der Muskulatur.
Der Kehlsack von der Seite her geöffnet. ** Schnittränder desselben. Im Innern erscheinen die Knorpel an ihren Mesenterien befestist.
. Stimmlade nach Abtragung ihrer dorsalen Wand. ** Schnittrand des
Ringknorpels und der Trachealwand. Die beiden Seitentheile mit den durch die Pfeile angedeuteten Buchten und den Stimmbändern SB sind auseinander gebogen.
+ Eingang in den Kehlsack. L von der ventralen Seite des Rine- knorpels einspringende Leiste, welche sich nach vorne in’ den Fort- satz P verlängert.
Ende des Bronchialskeletes. tr letzter eigentlicher Trachealrine, 77 geweihartig sich verästelnder Knorpel.
Situs viscerum von Chamaeleo vulgaris von der Ventralseite. H Herz Ve die aus der Leber L emporsteigende Vena cava inferior, GB Gallen- blase, Lg Lunge, M Magen, Mt Mitteldarm, E Enddarm, Ven Ab- dominalvene, in der Nähe des Pankreas abgeschnitten.
Die beiden Lungen von Chamaeleo monachus in natürlicher Lage und mässig stark mit Luft gefüllt, so dass die Blindsäcke nicht prall gefüllt sind.
Die beiden Lungen von Chamaeleo vulgaris in ihren Umrissen skizzirt. Das Getässnetz ist nicht eingezeichnet. A,B,C die drei durch zwei Scheidewände 8, S! erzeugten, intrapulmonalen Räume. At, B\, C! Zugänge zu denselben.
Tafel III.
Die Gefässe des Lungenkreislaufes in ihren Hauptbahnen injieirt. T.ar Truncus arteriosus. Ao Arcus (Radix-) Aortae. Ca A. carotis. Ap A. pulmonalıs. Ap!, Ap? Die Hauptäste derselben. Stelle, wo Ap! auf die laterale Lungenfläche übertritt. Weiterer Verlauf dieses Gefässes. Vp V. pulmonalis communis. Vp! V. pulmonalis dextra und sinistra. Vp?® Der querziehende Ast der V. pulmonalis dextra und sinistra. Vp°, Vp* Die zwei Hauptstämme der V. pulmonalis dextra und sinistra. Stelle, wo Vp* auf die dorsale und laterale Seite der Lunge übertritt. ** Weiterer Verlauf dieses Gerässes. 1, 2 Queräste der Vena pulmonalis communis. VR, VR Ventraler Lungenrand nach aussen umgeschlagen. A, B, C Die drei abgekammerten Räume im vorderen Lungenabschnitt
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Zu Wiedersheim. Chamäleoniden. Berichte 1836. Heft 3.
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Zu Wiedersheum. Chamaleonıden. Berichte 1886. Heft 3. Verl rJC.B.Mohr; Freiburg ’B.
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2
Beiträge zur Kenntniss
Garpns und Tarsıs der Amphibien, Reptilien und Sänger‘)
Gustav Kehrer in Freiburg ji. B.
Ü. GEGENBAUR (9) gebührt das grosse Verdienst, durch seine im Jahre 1864 publicierten Untersuchungen über das Hand- und Fusswurzelskelet der Vertebraten nicht nur das bis dahin vor- handene wissenschaftliche Material zum ersten Male in übersichtlicher Weise zusammengestellt, sondern auch den Weg zu dessen Ver- ständniss in klarer Weise vorgezeichnet zu haben.
Dazu waren, trotz der bedeutenden Vorarbeiten CUVIER’S, OWEN’S, Duvezs’, MECKEL’s und Anderer zahlreiche neue Untersuchungen nöthig, und vor allem mussten, was von den Vorgängern fasst ganz ausser Acht gelassen worden war, auch embryonale Verhältnisse in Berücksichtigung gezogen werden.
Die daraus sich ergebenden Resultate wurden dann in Parallele sestellt mit der Stammesgeschichte und so, von niederen zu höheren Formen aufsteigend, en Ausgangspunkt geschaffen für eine wissen- schaftliche Beurtheilung der Frage, ob die bei höheren Wirbelthieren gegebenen Verhältnisse aus niederen Formen ableitbar wären.
Es galt also, die dem Hand- und Fusswurzelskelet aller Verte- braten zu Grunde liegende emheitliche Idee festzustellen und die zahlreichen, bei den einzelnen Abtheilungen sich ergebenden Modi- fieationen zu beleuchten und in ihrem Zustandekommen zu erklären.
*) Die in den Text eingefügten Zahlen beziehen sich auf die am Schlusse dieses Aufsatzes in übersichtlicher Weise zusammengestellten Litteraturquellen. Berichte 1886. Heft 4. 1 (6)
9 KEHRER: [74
Dieses hat GEGENBAUR in bewundernswerther Weise erreicht und auf's Ueberzeugendste nachgewiesen, dass bei einer Beurtheilung der in Frage stehenden Skeletabschnitte der ganzen Wirbelthierreihe von den primitiven Verhältnissen der geschwänzten Amphibien aus- gegangen werden müsse.
Entsprechend den zwischen Hand und Fuss von jeher ange- nommenen homologen Beziehungen gelang es für den Aufbau des Carpus und des Tarsus eine und dieselbe Grundform nach- zuweisen.
Hier wie dort stossen an die beiden Vorderarm-, beziehungsweise Unterschenkelknochen je drei Knochen-, beziehungsweise Knorpel- elemente, welche die erste Carpus- (und Tarsus-) Reihe bilden, und als radiale (tibiale), intermedium (intermedium) und ulnare (fibu lare) bezeichnet werden.
In der distalen Carpal-(Tarsal-)Reihe begegnen wir einer den anstossenden Mittelhand-(Mittelfuss-)Knochen im Allgemeinen ent- sprechenden Zahl von vier, beziehungsweise von fünf Elementen, die GEGENBAUR mit dem Namen der carpalia (tarsalia) sensu strietori belegte.
Beide Reihen zusammen formieren in vielen Fällen eine Art von Kranzform und das Centrum derselben wird eingenommen von emem Skeletstück, welches GEGENBAUR als centrale bezeichnet.
Da und dort finden sich in dem GEGENBAuURr’schen Werke noch Andeutungen weiterer Carpal- und Tarsalstücke, die am innern, beziehungsweise äussern Rande gelegen, auch schon von ÜUVIER gesehen und als „Os hors de rang“ bezeichnet worden waren.
GEGENBAUR lässt sich darüber folgendermassen vernehmen: „Da der Knochen den Amphibien abgeht, erst bei den Reptilien und zwar in inconstanter Lagerung auftritt und weder zum Vorderarm noch zu den Knochen des Metacarpus, wie zu denen des Carpus bestimmte Beziehungen besitzt, möchte ich ihn nicht bloss als „ausser- halb der Reihe“ liegend, sondern als ein dem Carpus fremdes Stück ansehen, welches allerdings dem Pisiforme der Säugetiere entspricht. Durch letzteren Umstand wird aber das os accessorium carpi der Schildkröten noch lange nicht zu einem typischen Oarpusstücke, viel- mehr ist umgekehrt daraus zu schliessen, dass eben das Pisiforme der Säugetiere (und natürlich auch des Menschen) kein dem Carpus angehöriger Knochen ist, wozu ihm die traditionelle Anatomie ge- stempelt. Dass man ihn an der menschlichen Hand als em der Sehne des Flexor carpi ulnaris eingefügtes Sesambein auffassen
75] CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. 3
kann, ist bekannt und bestätigt nur die aus der Vergleichung ge- wonnene Anschauung.
Ich habe obige Bemerkungen GEGENBAUR’s desshalb in extenso wieder geben zu müssen geglaubt, weil die darin behandelten „ausser der Reihe“ stehenden Hand- und Fusswurzelstücke im Laufe der Zeit und zwar zum grossen Theile von GEGENBAUR selbst, eine wesent- lich andere Auffassung erfuhren, und weil auch gerade die vorliegende Arbeit den Zweck verfolgt, einige Beiträge zu ihrer nähern Kennt- niss zu liefern. Ich werde jedoch erst später darauf eingehen können, nachdem ich zuvor die auf die GEGENBAUR'schen Untersuchungen folgenden Arbeiten der letzten zwanzig Jahre einer kurzen Betrach- tung unterzogen haben werde.
I. Amphibien.
Was zunächst das Os centrale betrifft, welches GEGENBAUR damals noch für ein einheitliches Skeletelement erklärte, so wurde dessen ursprüngliche Doppelnatur zuerst von J. Hyrrt (13) bei Cryptobranchus japonicus und bei Menopoma dar- gethan und dieser Befund fand dann von Seiten G. BorN’s (7) und R. WIEDERSHEIM’sS (15 u. 16) Bestätigung. Während nun aber der erstgenannte Autor die doppelte Anlage des betreffenden Knochens (Knorpels) als eine constante auffassen zu müssen glaubte, wiesen WIEDERSHEIM und BORN auf dessen unbeständiges Vorkommen hin und BorN fügte noch die Bemerkung bei, dass hier in einem ein- zıgen Individuum der Vorgang illustriert werde, der in der Phylo- genese des ganzen Stammes vorgegangen sei, nämlich die Ver- schmelzung zweier centralia zu einem.
Da WIEDERSHEIM seine Untersuchungen an einem ausgewachsenen, 75 cm langen Riesensalamander angestellt hat, so musste es von In- teresse sein, seine Resultate an jugendlichen Stadien des genannten Thieres nachzuprüfen. Ich hatte zu dem Ende Gelegenheit, ein, von E. Birz, Professor an der Universität Tokio, stammendes, wohl- erhaltenes Exemplar von 25 cm Kopf-Schwanzlänge zu untersuchen und bin dabei zu folgenden Resultaten gelangt. Carpus und Tar- sus sind rein knorpelig und beide unterscheiden sich von der auf Grund der GEGENBAUR' schen Untersuchungen früher aufgestellten Urform in nichts Wesentlichem, denn hier wie dort handelt es sich, rechts wie links um ein einziges, grosses centrale (Fig. 1, 2, c.). Wie die Hand sämmtlicher Urodelen, so besitzt auch die des Urypto- branchus nur vier Finger, während der Fuss mit fünf Zehen aus-
1* (6*)
4 KEHRER: [ 76
gestattet ist. Was aber sehr bemerkenswert ist und später noch eine genauere Berücksichtigung finden wird, das ist ein kleines, am innern (radialen) Hand- und innern (tibialen) Fussrand gelegenes Knorpelstückchen (Fig. 1,2, 7, Y)-
Der Befund eines jederseits nur einfachen centrale giebt somit eimen weiteren Beweis dafür ab, dass die Doppelnatur des- selben bei Uryptobranchus bereits im Schwinden begriffen ist.
Um so merkwürdiger erscheint deshalb die von R. WIEDERS- HEIM (15) festgestellte T'hatsache, dass sich bei einer Reihe asia- tischer (ostsibirischer) Salamandrinen em doppeltes centrale nicht allein im Tarsus, sondern auch im Carpus dauernd erhalten hat.
Ich hatte Gelegenheit, die von WIEDERSHEIM gemachten Be- funde an jüngern Altersstadien derselben Salamandrinen nachzu- prüfen und lasse deren Schilderung biemit folgen.
Im Gegensatz zu den von WIEDERSHEIM untersuchten Exem- plaren von Ranodon sibiricus waren im vorliegenden Falle sämmt- liche Carpal- und Tarsalelemente noch vollkommen knorpelig. Im Carpus liegen acht Stücke, während WIEDERSHEIM deren neun ab- bildet. Wie aus Fig. 3 zu ersehen ist, beruht die Minderzahl im vorliegenden Falle auf eimer theilweisen Verwachsung des radiale und
carpale! (r, 1). Diese beiden Elemente liegen — und dies gilt, wie aus den übrigen Figuren zu ersehen ist, auch für das Hand- und Fussskelet aller übrigen Urodelen — in der direkten Axen-
verlängerung des Radius einer- und des I. Metacarpus andererseits; alle vier zusammen bilden somit im GEGENBAUR’schen Sinne einen einzigen, ununterbrochenen „Strahl“.
Während nun dieser Strahl aus einer einfachen Kette hinter- einander liegender Elemente besteht, theilt sich die Ulnaraxe bei
allen Urodelen — und dies tritt besonders typisch auch bei den Spelerpesarten hervor — in einen Doppelstrohl, wovon der eine,
radialwärts, liegende, durch das intermedium, centrale, centrale!, carpale? und den Il. Metacarpus, der zweite ulnarwärts liegende durch das uinare, carpale*, carpale® und den Ill. Metacarpus dar- gestellt wird. \
Am fibularen Rand des Tarsus beschrieb WIEDERSHEIM zwei, bis dahin neue Elemente, wovon das eine im Bereich der proxi- malen, das zweite in dem der distalen Tarsalreihe angeordnet war. Das letzgenannte habe auch ich wieder aufgefunden, während ich des ersteren trotz aller darauf verwandten Mühe nicht ansichtig werden konnte. Es scheint somit, dass es sich auch hier um in-
77] CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. 5
‚constante Verhältnisse handelt, welche daravf hinweisen, dass das betreffende Stück bei Ranodon sibiricus bereits auf den Aus- sterbeetat gesetzt erscheint.
Von etwa auf der innern Hand- und Fusswurzelreihe auftreten- den, „ausser der Reihe“ liegenden Knorpelstückchen (vergl. Crypto- branchus) vermochte ich bei dem in Frage stehenden Urodelen nichts nachzuweisen, und damit stimmen auch die WIEDERSHEIM’schen Untersuchungen vollkommen üherein.
Aus emer Vergleichung der WIEDERSHEIM’'schen und meiner Bilder ergiebt sich, dass das distale Ende von Radius und Ulma im Laufe der späteren Entwickelung eine starke Formänderung erfährt, und dass es sich speciell beim Radius um eine Verbreiterung und um das Auswachsen eines mächtigen Kammes handelt, der wohl als Muskelleiste zu deuten ist. (Vergl. WIEDERSHEIM (15) Tafel XXIX, Fig. 2.)
Was die Verhältnisse im Carpus und Tarsus von Isodacty- lium Schrenckii betrifft (Fig. 5 u. 6), so ist die Verknöcherung in dem von der Ulna und der Fibula ausgehenden Doppelstrahl schon bedeutend vorgeschritten, während der einfache radiale (tibiale) Strahl noch rein hyalin knorpelig ist. Dies beweist wieder die von (GEGENBAUR vor Jahren schon betonte Praevalenz des ulnaren Strahles gegenüber dem radialen. Offenbar handelt es sich beim Zustande- kommen eines ulnarwärts (fibularwärts) Platz greifenden Ossifications- processes um mechanische Einfliisse, wobei äussere Bedingungen höchst wahrschemlich eine grosse Rolle zu spielen berufen sind. Ich will damit sagen, dass bei der Art und Weise der Fortbewegung, d. h. also bei der Abhebelung des Körpers von der Unterlage, die Druck- und Stützverhältnisse sich auf der ulnaren (fibularen) Seite ungleich früher bemerkbar machen werden, als auf der entgegengesetzten.
Wie der Name schon sagt, zeichnet sich Isodactylium — und dahin gehört bekanntlich noch eine ganze Reihe anderer Urodelen — (durch den Besitz einer gleichen Finger- und Zehenzahl aus, inso- fern an der Hand wie am Fuss je nur vier Strahlen zu bemerken sind.
WIEDERSHEIM hat auf Grund semer Studien den Satz aussprechen zu können geglaubt, dass es bei allen dahin gehörenden Urodelen- formen nicht sowohl die erste (GEGENBAUR), sondern die fünfte Zehe sei, welche im Lauf der Stammesentwickelung verloren ge- gangen sein müsse.
Ein Blick auf die Fig. 6 dieses Aufsatzes bestätigt dies nicht nur, sondern beweist auch, dass bei Isodactylium Schrenckii
6 . KEHRER: [78
am innern (tibialen) Tarsalrand noch zwei weitere Elemente auf- treten (Fig. 67,7), welche später noch genauere Berücksichtigung finden sollen.
Für jetzt sei nur soviel darüber bemerkt, dass sie den Meta- tarsus I, der sonst überall mit dem zugehörigen tarsale ! (Fig. 6, 2,1) in Gelenkverbindung zu stehen pflegt, davon abdrängen, wodurch dann tarsale? zum Träger des I. und II. Metatarsus wird. Metatarsus III steht, wie überall, in Berührung mit dem tarsale?® und dasselbe gilt für Metatarsus IV bezüglich seiner Verbindung mit dem tarsale *.
Bemerkenswerth ist, dass der im tarsale * liegende Össifications- punkt distalwärts eine nierenförmige Einbuchtung zeigt, was auf einen secundären Zerfall des betreffenden Tarsalelementes in zwei Abschnitte hinweist.
_ Fibularwärts davon liegt im Winkel zwischen ihm und dem an- stossenden fibulare ein Knorpel, der auf der Fig. 6 mit * bezeichnet ist; er entspricht offenbar dem verloren gegangenen fünften (beziehungs- weise sechsten) Finger.
Bezüglich des constanten Vorkommens dieses doppelten centrale im Carpus und Tarsus der oben betrachteten ostsibirischen Molche habe ich den WIEDERSHEIM’schen Untersuchungen nichts beizufügen. Wohl aber möchte ich hier an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass es WIEDERSHEIM (17) vor einer Reihe von Jahren schon gelungen ist, auch bei Siredon pisciformis ein, wenn auch nicht constantes, so doch häufig vorkommendes doppeltes centrale im Carpus wie im Tarsus nachzuweisen. Dass dies in seltenen Fällen auch bei andern Urodelen zur Beobachtung kommt, hat derselbe Autor (18) an Salamandrina perspicillata und an Tritonen, wo hie und da sogar ein dreifaches centrale auftritt, dargethan. So fand er, dass die unter normalen Verhältnissen in der Siebenzahl vorhandenen carpalia des Brillensalamanders in einem .Falle beiderseitig auf zehn erhöht waren.
Eigene darauf gerichtete Untersuchungen an Menobranchus lateralis (junges Exemplar, 20 cm. Länge), Siren lacertina, Proteus, Amphiuma, Spelerpes fuscus, Salamandrina macu- lata und atra, sowie endlich bei Amblystoma punctatum, führten insofern zu einem negativen Resultate, als stets beiderseits nur ein einfaches centrale nachzuweisen war. Von dem letztge- nannten Molche sei aber noch erwähnt, dass ich hier am fibularen Rande des Tarsus ein zwischen tarsale® und das daran stossende fiulare eingeklemmtes, „ausser der Reihe“ liegendes Knorpelelement
79] CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. 7
zu entdecken vermochte. Hievon findet sich bei allen den übrigen genannten (dahin gehört auch der Axolotl) keine Spur, und ebenso- wenig handelt es sich am tibialen, beziehungsweise radialen Rande um ähnliche Gebilde.
Was schliesslich die von GÖöTTE (10) veröffentlichten Unter- suchungen über das Hand- und Fussskelet der Urodelen betrifft, so finden sich hierin bezüglich des os centrale und der „ausser der Reihe“ liegenden Hand- und Fusswurzelgelenke keine wesentlichen Ergän- zungen der übrigen Autoren. Dasselbe gilt auch für die Arbeiten von ©. K. HOFFMANN (12).
II. Reptilien.
Von dieser Abtheilung habe ich eine Reihe von Sauriern untersucht, nämlich Acanthodactylus Cansorei, Calotes versi- color, Ptyodactylus Hasselquisti, Euneces pavimentatus, Diplodactylus Riebeckii und Pristurus insignis.
Bei allen diesen ergaben sich den bekannten Verhältnissen von Lacerta gegenüber entweder gar keine, oder doch nur so un- bedeutende Abweichungen, dass dieselben nur insoweit vielleicht Erwähnung verdienen, als es mir bei einigen derselben, wie z. B. bei Acanthodactylus Cansorei und Calotes versicolor ge- lungen ist, ein allerdings mmimales os intermedium nachzuweisen. Ueberall fand sich aber am ulnaren Rande ein kleines „ausserhalb der Reihe“ stehendes Stück, und das möchte ich besonders für die Ascalaboten, von welchen ich auch noch andere Species unter- sucht habe, betonen, weil hierüber meines Wissens in der Litteratur bis jetzt nur einmal [|WIEDERSHEIM (19)] die Rede war.
Von besonderem Interesse war mir die Untersuchung von Hat- teria punctata, wovon mir zwei wohlerhaltene, junge Exemplare von 30—34 cm. Kopf-Schwanzlänge zur Untersuchung vorlagen. Ich hatte so Gelegenheit, die früheren Befunde von A. GÜNTHER (11), F. Bayer (6) und G. Baur (2) nachzuprüfen, und bin im Stande, in emzelnen Punkten verbessernd und ergänzend einzugreifen.
Der Carpus setzt sich im Ganzen aus elf Stücken zusammen, wobei ich ein auf der ulnaren Seite liegendes Element mitzähle. Dasselbe entspricht jenen Gebilden, die ich bis daher als „ausser der Reihe“ liegende bezeichnet habe, ein Ausdruck, der nirgends weniger am Platze wäre, als hier, da dieses Stück nicht nur mit der Ulna, sondern auch mit dem Metacarpus V in direkter Gelenk- verbindung steht (Fig. 7, *). Ausser diesem Stück artikulieren noch
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zwei weitere stattliche Knochen mit dem distalen Ende der Ulna, welches dadurch wie von einem knöchernen Halbring umschlossen ist (Fig. 7, u, i), diese sind ein ulnare und ein intermedium. Die betreffende Schilderung BAYyEr’s, BAur’s und GÜNTHER’S ist in diesem Punkte vollkommen zutreffend, dagegen muss ich GÜNTHER widersprechen, wenn er den Radius mit zwei Kuochen in Gelenkverbindung treten lässt, er artikuliert vielmehr stets nur mit dem im vorliegenden Falle knorpelig gebliebenen, scheibenförmigen radiale (Fig. 7, r). In der zweiten Reihe liegen fünf kleine, mit dien entsprechenden Metacarpen gelenkig verbundene carpalia (8. Fig. 7, 1—5); das erste und das fünfte wurden im vorliegenden Falle allein noch knorpelig getroffen. Letzteres war übrigens all- seitig frei und nicht mit dem zugehörigen fünften Metacarpus ver- schmolzen, wie dies BAYER beschreibt. Zwischen beide Carpalreihen eingesprengt liegen zwei Knochen von sehr verschiedener Grösse, Der eine davon, der weitaus kleinere (Fig. 7,c) stösst an das inter- medium, das ulnare und das carpale*; nach der radialen Seite zu folgt der zweite, weitaus grössere Knochen. Dieser stellt eine breite, mit seiner Längsaxe quer zum Carpus liegende Platte dar (Fig. 7, ce!) und wird vom radiale, carpale'”® und dem vorher schon genannten, mit c bezeichneten Stück ringartig umschlossen. Dass diese beiden Stücke e u. c! einem doppelten centrale im Sinne der Urodelen entsprechen, hat BAYER vollkommen richtig erkannt und daraus auch bezüglich der phylogenetischen Stellung dieses hochinteressanten Carpus die richtigen Schlüsse gezogen. Wie so Vieles in der Organisation dieses erst durch A. GÜNTHER näher be- kannt gewordenen uralten Sauriers an die anatomischen Verhältnisse untergegangener Reptiliengeschlechter einer-, sowie an die Verhältnisse der Urodelen andererseits erinnert, so gilt dies auch ganz besonders für den Carpus. Dahin gehört nicht allen die Doppelnatur der centralia, sondern auch das für Saurier ungewöhnlich gross entwickelte intermedium, sowie das Articulationsverhältniss des sogenannten os pisiforme. Unerklärlich ist mir in den Ab- bildungen BAyEr’s der am ulnaren Carpal- und fibularen Tarsal- rand liegende tiefe Einschnitt geblieben, da ich hievon bei den vor- liegenden Präparaten keine Spur zu entdecken vermochte. Ich kann mir das Zustandekommen desselben nicht anders erklären, als dass BAyEr die Mittelhand, beziehungsweise den Mittelfuss bei der Ab- bildung stark auf die Seite gebogen hat. Die Beschreibung Baur’s stimmt mit derjenigen BAYER’s, die jenem aber offenbar unbekannt
si] CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. 9
geblieben ist, im wesentlichen überein, dagegen kann ich ihm nicht beipflichten, wenn er ce! mit Metacarpus I in Gelenkverbindung treten lässt; es wird vielmehr, wie oben schon angedeutet, durch das car- pale ! davon ausgeschlossen. Ob Baur junge oder alte Exemplare zur Untersuchung vorgelegen haben, ist aus seiner Schilderung nicht zu entnehmen, jedenfalls aber gehören die BayEr’schen Thiere jünge- ren Altersstufen an, als die meinigen, da der gesammte Carpus mit Ausnahme des intermedium, ulnare und carpale‘ noch als ganz knorpelig geschildert wird.
Die Zahl und Anordnung der Fingerglieder ist von BAYER ganz richtig angegeben, und das gilt auch, was ich im voraus schon bemerken w", für den Fuss, so dass ich von einer Beschreibung füglich absehen kann.
Was nun den Tarsus anbelangt, so besteht er nach der Schilde- rung GÜNTHER’s, BAyER’s und Baur’s 1 der ersten Reihe aus zwei starken Knochen, dem sogenannten Calcaneus und Astragalus; beide waren bei den Bayer’schen Präparaten durch eine enge Naht von einander getrennt. Bei dem mir vorliegenden Präparat war die Verschmelzung bereits eine vollkommene, so dass es sich also nur, wie dies bei den Savriern die a''gemeine Regel b’ldet, um ein einziges grosses, provimales Tarsalstück handelt (Fig. 8, i, c, t, f).
Spuren einer früheren Trennung liessen sich noch deutlich er- kennen, und es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass es sich dabei um die Verschmelzung eines intermediums, centrale, fibulare und tibiale handelt. Die beiden letztgenannten waren überdies noch durch starke Knorpelapophysen am fibularen und tibialen Tarsalrand angedeutet. In der zweiten Tarsalreihe liegen vier wohlgetrennte einzelne Stücke und keineswegs nur zwei, wie GÜNTHER und BAYER angeben, oder drei, wie Baur behauptet. Nur emes davon und zugleich das grösste und stärkste Stück ist ossificiert (Fig. 8, 4 7 5), und dieses kann, da es mit Metatarsus IV und V in Gelenkverbin- dung steht, nur dem os cuboides des Säugethiertarsus entsprechen, ist also phylogenetisch aus einer Verschmelzung zweier ursprüng- lich getrennter Stücke hervorgeganen (vergl. den Tarsus der Urodelen).
Metatarsus III und II stehen je mit einem, im vorliegenden Falle knorpelig gebliebenen tarsale?’"* in Verbindung, und dies gilt auch für Metatarsus I, allein dieses Stück, welches von allen drei oben genannten Autoren übersehen worden zu sein scheint, besitzt eine ganz eigenthümliche Configuration, wie sie mir sonst nirgends im Tarsus der von mir untersuchten Wirbelthiere begegnet ist.
10 KEHRER: [82
Es handelt sich nämlich um eine halbringförmige Knorpelspange, welche mit ihrer emen Hälfte plantar-, mit ihrer andern aber dorsal- wärts zu liegen kommt. Dieser Halbring umgreift somit, und zwar zu einer ausserordentlich schlanken Spange ausgezogen, den tibialen Tarsalrand, was zur Folge hat, dass die kegelförmige Basis des Metatarsus I proximalwärts wie von einem Knorpelgürtel umschlossen erscheint (Fig. 8, 1).
Tarsale »*“® sind durch ausserordentlich starke, fächerartig angeordnete Bandmassen an der distalen Fläche des in der ersten Tarsalreihe liegenden Knocheneomplexes angeheftet, wie dies auch bei andern Sauriern (z. B. Iguana) beobachtet wird. Ob in dem eben genannten Knochencomplexe der ersten Tarsalreihe ein oder vielleicht auch noch ein zweites centrale mitenthalten ist, liess sich an den vorliegenden Präparaten nicht feststellen.
Was nun die Chelonier betrifft, so hat hier Hand- und Fuss- wurzelskelet von Seiten GEGENBAUR’s, HOFFMANN’s und WIEDERS- HEIM’s eine so genaue Beschreibung erfahren, dass ich nichts wesent- liches hinzuzufügen habe. Gleichwohl aber will ich nicht unterlassen, noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass sich in dem, im All- gemeinen an die Urodelen sich anschliessenden Carpus der verschie- densten Chelonier*) sowohl am ulnaren, als radialen Rand „ausser der Reihe“ liegende Gebilde nachweisen lassen (Fig. 9 u. 10, 7, *). Ich werde später noch darauf zurückkommen.
III. Säugetiere,
Was die Säugetiere betrifft, so habe ich hier nur den Car- pus eines mit Placenta versehenen Affenembryos von 12 cm. Kopf- Steisslänge untersucht, dessen nähere Bestimmung aber zweifelhaft geblieben ist. Er war im Kataloge als Orangembryo (?) bezeichnet.
Der Bau des noch ganz knorpeligen Carpus stimmt im Allge- meinen mit dem des Menschen überein, allein das centrale, wel- ches sich in dorso-volarer Richtung um den Kopf des carpale ? (os capitatum) herumbiegt (Fig. 11, c), ist viel stärker entwickelt, als dies je in einer Foetalperiode des Menschen beobachtet wird.
Das „ausser der Reihe* am ulnaren Rand liegende Stück (Fig. 11, *) ist gut entwickelt. Es artikuliert mit der volarwärts abgeschrägten distalen Apophyse der Ulna, beziehungsweise mit
*) G. Baur’s Behauptung, dass unter allen bis jetzt bekannten Schild-
kröten nur bei Chelonia der Rest eines „tibialen Fingers“ sich fände, beruht, wie mich meine Untersuchungen lehrten, auf einem Irrtum,
83] CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. 11
ihrem Processus styloideus und steht andererseits mit*dem ulnare in Gelenkverbindung. Alles dies lässt sich viel besser übersehen, wenn man den Carpus im Profil, von der ulnaren Seite her be- trachtet (Fig. 12, U, *, u). Man wird dabei sofort gewahr, dass das mit * bezeichnete Stück, fast wie ein Meniscus, keilartig zwi- schen Ulna und ulnare eingeschlossen ist.
Am radialen Carpalrande finden sich zwei „ausser der Reihe“ liegende, kleine Knorpelchen, ein proximales und ein distales (Fig. 11, 7, TT)- Beide sind eingebettet in einen Bindegewebsstrang, der sie zugleich auch an den radialen Carpalrand befestigt.
Das proximale Stückchen (7) liegt einwärts vom radiale, das distale einwärts vom carpale!; jenes gehört also in den Bereich der ersten, dieses in denjenigen der zweiten Handwurzelreihe.
Dieser Befund veranlasst mich, zum Schlusse noch auf alle die- jenigen Stücke des Carpus und Tarsus der von mir untersuchten Wirbelthiere im Allgemeinen, die ich bisher stets nur mit dem von CuviEr entlehnten Namen „Os hors de rang“, d. h. als ausser der Reihe liegend, bezeichnet habe, näher einzugehen.
Es ist dies um so mehr angezeigt, als neuerdings von BARDE- LEBEN (1) und Baur (2) die Behauptung aufgestellt worden ist, dass sowohl die Hand als der Fuss der Säugethiere auf ihrer Innen- seite, d. h. also am radialen, beziehungsweise tibialen Rand ursprünglich einen weiteren „Strahl“, einen „Praepollex“ und einen „Praehallux“ besessen habe.
‚Jene Behauptung stützt sich auf die Untersuchungsresultate an einer sehr grossen, fast auf alle Hauptgruppen der Säuger sich erstreckenden Zahl von Thieren, und auch ich vermochte, wie ich soeben gezeigt habe, an einem Affenembryo für jene Befunde einen weitern Beitrag zu liefern.
Es musste nun aber von grösstem Interesse sein, zu unter- suchen, ob sich auch bei unterhalb der Säugetiere stehen- den Vertebraten, wie vor Allem bei Amphibien und Repti- lien Spuren eines „Praepollex“ und „Praehallux“ würden nach- weisen lassen, oder ob dieselben etwa secundäre, erst in der Reihe der Mammalia gemachte Erwerbungen darstellen.
Dies festzustellen war das Hauptziel des vorliegenden Aufsatzes, und aus diesem Grunde hielt ich es auch für angezeigt, die von An- dern schon untersuchten, niedern Urodelen noch einmal einer Controlle zu unterwerfen. Es lag ja nahe, anzunehmen, dass den früher genannten Autoren besonders an der radialen und tibialen
12 KEHRER: [84
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Seite von Hand und Fuss jene kleinen Knorpelspuren entgangen waren.
Dies wäre auch um so mehr zu entschuldigen, da gerade m dieser (regend, nach dem damaligen Stand der Wissenschaft, Nie- mand etwas derartiges vermuthen konnte.
Hierauf musste also ein ganz besonderes Augenmerk gerichtet werden, und ich will nun meine eigenen Befunde in dieser Bezieh- ung noch einmal kurz zusammenfassen.
IV. Rückblick und Reflexionen.
Wir begegnen bei Uryptobranchus japonicus sowohl am radialen Carpal-, als am tibialen Tarsalrand einem kleinen Knorpel- chen. Während nun aber das betreffende Gebilde der Handwurzel einwärts von carpale ! zu liegen und sogar noch mit dem radiale in Berührung kommt, sehen wir es am Tarsus nach vorne vom tarsale ! gerückt, so dass es vielleicht hier dem Metatarsus eines „Praehallux“ gleich zu erachten ist (Fig. 1, 2, 7, J).
Spuren dieses verloren gegangenen „Praepollex“ und „Prae- hallux“* haben sich sogar auch noch äusserlich am Fusse, in Form eines gelblichen, horrigen Hauthöckers (Fig. 13 u. 14 Tub.) er- halten. Dasselbe gilt auch für die Ulnarseite des Fusses von Rano- don (Fig. 15 Tub.). Von besonderem Interesse ist in dieser Be- ziehung der Tarsus von Isodactylium Schrenckii, wo sich der Praehallux sogar in Form zweier am tibialen Rande gelegener Stückchen bemerklich macht, so dass er hier nicht schon so lange verloren gegangen zu sein scheint, wie bei UOryptobranchus (Pie N6, 7, 1):
Dies sind die mir allein bekannt gewordenen Spuren eines Praehallux, bezw. Praepollex bei geschwänzten Am- phibien, und sie werden hier zum ersten Male beschrieben.
Was die Anuren betrifft, so zeigen sie nach den Untersuchun- gen von &. BORN (8) in der Erhaltung eines Praehallux viel deut- lichere Spuren, als die Urodelen. Denn es kommt bei einer ganzen Reihe derselben (Bufo variabilis und calamita, Rana escu- lenta undtemporaria, Hyla arborea, Bombinator igneus, Pelobates fuscus und Phryne vulgaris) nicht etwa nur zur Anlage eines einzigen Elementes im Praepollex, sondern letzterer besteht bei all den genannten mindestens aus drei, ja sogar häufig aus vier, und sogar aus fünf Stücken; d. h. es handelt sich dabei nicht allein um die betreffenden Tarsalstücke, sondern auch um den
85] CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. 13
zugehörigen Metatarsus und die Phalangen. Es weist dieses Ver- halten darauf hin, dass wir die Anuren von einer ungleich älteren Gruppe der Urodelen abzuleiten haben, als sie durch die heutigen Vertreter des Molchgeschlechtes repräsentiert wird. Leider sind hievon von palaeontologischer Seite bis jetzt keine Spuren nach- gewiesen, denn die ältesten Formen der geschwänzten Amphibien aus der Kohle und der Dyas sind im Bau ihres Hand- und Fussskeletes nach dem fünfstrahligen Typus entwickelt. So bleibt nichts anderes übrig, als auf die Enaliosaurier zurückzugreifen und eme Aus- gangsform zu substituiren, die mit dem vielstrahligen Flossenskelet von Ichtyosaurus in Uebereinstimmung gestanden haben muss.
Was die Reptilien anbelangt, so sind bis jetzt (vergl. Fig. 9 u. 10 7, 7) Spuren eines „Praepollex* hier nur bei Cheloniern, jedoch in ziemlicher Verbreitung nach den verschiedenen Gruppen nachgewiesen, eine Thatsache, die ebenfalls auf das hohe Alter dieses Reptiliengeschlechtes hinweist, und die von GEGENBAUR schon vor mehr als zwanzig Jahren betonte Uebereinstimmung des Handskelets der Schildkröten mit dem der geschwänzten Amphibien als vollkommen berechtigt erscheinen lässt.
Dass auch die Säugetiere sowohl am Hand- wie am Fussskelet deutliche Spuren jener Gebilde bewahrt haben, ja dass dieselben hier, sei es nur in embryonaler Zeit, oder das ganze Leben hindurch (abgesehen von den Anuren), sogar deutlicher ausgeprägt sind, als bei niedern Wirbelthierformen, muss unsere Verwunderung erregen.
Zur Erklärung dieses Verhaltens muss man annehmen, .dass das Gliedmassenskelett der Mammalia, wie dies BARDELEBEN mit Recht hervorhebt, an noch niederere Formen angeschlossen werden muss, als an das der heutigen Urodelen. Diese Forderung müsste als eine um so berechtigtere anerkannt werden, wenn es sich auf (rund von neuen Untersuchungen, herausstellen sollte, dass der von BARDELEBEN kürzlich beschriebene Zerfall der Carpal- und Tarsal elemente beim menschlichen Embryo in fünfzehn bis siebenzehn Stücke als ein ursprünglicher zu betrachten ist; mit andern Worten, wenn wir in der Ontogenese auch hierin eine Wiederholung der Stammesgeschichte erblicken dürfen.
Bei einer Beurtheilung eines derartigen Zerfalles ist aber, wie die WIEDERSHEIM’schen Untersuchungen über den Axolotl gezeigt haben, die grösste Vorsicht geboten, da man immer im Auge be- halten muss, dass secundäre Vorgänge hiebei eine grosse Rolle zu spielen im Stande sind.
14 _KEHRER: CARPUS UND TARSUS DER AMPHIBIEN, REPTILIEN UND SÄUGER. [86
Was schliesslich noch die durch die ganze Wirbelthierreihe hin- durch verbreiteten Spuren eines, am ulnaren Hand- und tibialen Fussrande’ sich findenden Strahles betrifft, so sind dieselben schon längst in diesem Sinne gedeutet, und auch die vorliegenden Unter- suchungen stützen, wie ich annehmen zu dürfen glaube, diese Aus- legungen in nicht unbedeutendem Grade.
So hätten wir also bei der Beurtheilung des Hand- und Fuss- skeletes der Wirbeltiere künftighin nicht mehr von einer penta- dacetylen, sondern von einer heptadactylen Urform auszugehen, und von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, werden auch fürder- hin die „überzähligen“* Finger und Zehen, sofern sie am äussern oder innern Fuss- oder Handrand auftreten, nicht mehr ohne Wei- teres als solche, sondern als atavistische Bildungen angesehen werden dürfen.
Zum Schlusse sei es mir gestattet, Herrn Professor Dr. W1EDERS- HEIM für die freundliche Ueberlassung des im vorstehenden Aufsatze zur Verwendung gekommenen, zum Theil sehr werthvollen Thier- materials, sowie für die gütige Unterstützung, die er mir bei Ab- fassung meiner Arbeit zu Theil werden liess, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen.
Litteraturverzeichniss.
K. BARDELEBEN: Ueber neue Bestandtheile der Hand- und Fusswurzel der Säugetiere, sowie die normale Anlage von Rudimenten „überzähliger“ Finger und Zehen beim Menschen. Jena’sche Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. XIX. N. F. XII. (Vergl. auch die frühern, in ders. Zeitschrift publi- cirten und auf das gleiche Thema sich erstreckenden Arbeiten des Verfassers.) G. Baur: Zur Morphologie des Carpus und Tarsus der Reptilien. Zool. Anz. Nr. 208. 1885.
Derselbe: Das Trapezium der Cameliden. Morphol. Jahrbuch. Bd. XI. 1885 Derselbe: Ueber das centrale carpi der Säugethiere. Morphol. Jahrbuch. Bd. X. 1885.
Derselbe: Zur Morphologie des Tarsus der Säugethiere. Ebendaselbst. F. BayEr: Ueber dis Extremitäten einer jungen Hatteria. Sitz.-Ber. d. K. Acad. der Wissensch. (Wien.) Bd. XC. I. Abtheil. Oktob.-Heft 1884. G. Borx: Berichte der Naturforscher-Versammlunge zu Graz 1875. Derselbe: Die sechste Zehe der Anuren. Morphol. Jahrbuch. Bd. VI. 1876. Ü©. GEGENBAUR: Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Wirbeltiere. I. Heft. Carpus und Tarsus. Leipzig 1864.
A. GoETTE: Ueber Entwickelung und Regeneration des Gliedmassenskeletes der Molche. Leipzig 1879.
A. GÜNTHER: Contribution to the anatomy of Hatteria. Philos. Transact. of the Royal Society of London. Vol. 157, 1868.
C. K. Horrmann: Beiträge zur vergl. Anatomie der Wirbelthiere. Niederländ. Archiv für Zoologie. Bd. IV. (Vergl. auch dessen Werk über Amphibien und Reptilien in Broxn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs.
J. HyRTL: Cryptobranchus jap., Schediasma anatomieum. Vindobonae 1865. H. LeBouca: Rech. sur la morphol. du carpe chez les mammiferes. Arch. de Biol. Tome V. 1884.
R. WIEDERSHEIM: Die ältesten Formen des Carpus u. Tarsus der heutigen Amphibien. Morph. Jahrb. Bd. II. 1876.
Derselbe: Nachträgl. Bemerkungen dazu. Ebendaselbst.
Derselbe: Ueber die Vermehrung des Os centrale im Carpus u. Tarsus des Axolotls. Morph. Jahrb. Bd. VI. 1880.
Derselbe: Salamandrina perspieillata u. Geotriton fuseus. Annali del Museo civico di storia naturale. Genova 1875.
Derselbe: Lehrbuch der vergl. Anatomie der Wirbelthiere. ‚Jena 1882—1883.
Tafel-Erklärung.
Allgemein giltige Bezeichnungen.
F Fibula, u ulnare, R Radius, 1—5 erstes bis fünftes Carpale bezieh- T 'Tibıa, ungsweise Tarsale, U Ulna, | I-VI erster bis siebenter Metacarpus ce centrale (e, e!erstes, zweitescentrale), beziehungsweise Metatarsus, f fibulare, ** Spuren eines ulnaren- (fibularen-), i intermedium, r Spuren eines radialen- (tibialen-) r radiale, Fingers („Praepollex* beziehungs- t tibiale, weise „Praehallux*). Fie. 1. Cryptobranchus japonicus, Rechter Carpus (dorsale Ansicht). Fig. 2. Cryptobranchus japonicus, Rechter Tarsus (dorsale Ansicht). Fig. 3. Ranodon sibirieus, Rechter Carpus (dorsale Ansicht). Carpale ! ist theilweise mit dem radiale verschmolzen. Fig. 4 Ranodon sibiricus, Linker Tarsus (volare Ansicht). Fig. 5. Isodactylium Schrenckii, Rechte Hand (volare Ansicht). Die schraffirten Partieen im Carpus bedeuten die Ossificationspunkte. Fig. 6. Isodactylium Schrenckii, Rechter Tarsus (dorsale Ansicht). Das vierte und fünfte carpale sind zu einer Masse verschmolzen. Fig. 7. Hatteria punetata, Rechte Hand (dorsale Ansicht). Fig. 8. Hatteria punctata, Rechter Tarsus (dorsale Ansicht). t, i, f, ce (centrale!?) zu einer Masse verschmolzen). Fig. 9. Emys europaea, Rechter Carpus (dorsale Ansicht). Fie. 10. Testudo elausa, Rechter Carpus (dorsale Ansicht). Fig. 11. Embryo eines anthropoiden (?) Affen, species? Rechter Car- pus (dorsale Ansicht). Viertes und fünftes Carpale sind zu einem Os uncinatum verschmolzen. Legt. Ligament zwischen Ulna und Radius. 7 Proximales-, 7 distales Stück eines „Praepollex“.- Fie. 12. Handskelet desselben Embryos, im Profil von der ulnaren Seite aus gesehen. Die hellen, nichtschraffirten Teile sind knorpelig. ph'—ph?®: erste bis dritte Phalange. Fig. 13. Cryptobranchus japonicus, Linke Land (volare Ansicht). Ra radialer-, Ul ulnarer Rand. Tub. Hauthöcker. Fig. 14. Cryptobranchus japonicus, Linker Fuss (volare Ansicht). Fi fibularer-, Ti tibialer Rand. Tub. Hauthöcker. Fig. 15. Ranodon sibiricus, Rechter Fuss (volare Ansicht).
Fi fibularer-, Ti tibialer Rand. Tub. Hauthöcker.
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Zur Annahme einer Continuität des Keimplasma’s Dr. August Weismann,
Professor in Freiburg.
Selten nur ist em fruchtbarer Gedanke in der Wissenschaft auf- getaucht, ohne dass er nicht von einer Seite bekämpft, von andrer aber als bereits bekannt hingestellt worden wäre. Das Erstere ist gewiss vollkommen in der Ordnung, ja sogar nothwendig, denn erst aus dem Kampf der Meinungen kann die Wahrheit klar und be- stimmt hervorgehen, aber auch dem Zweiten ist nicht alle Berech- tigung abzusprechen, denn es geschieht wohl in der That nur selten, dass ein derartiger Gedanke ohne irgendwelche vor- oder neben- herlaufende ähnliche oder gleichgerichtete Bestrebungen zu Tage tritt, und es ist nur natürlich, dass die Urheber solcher Bestrebungen den Unterschied zwischen dem Streben nach dem Ziel und der Er- reichung desselben übersehen.
Wenn ich nicht irre, befinden wir uns im Augenblick wieder inmitten eines solchen Processes und zwar im Bezug auf die Theorie von der „Uontinuität des Keimplasma’s“, wie sie von mir in einer Reihe von Schriften im Laufe der letzten drei Jahre zu ent- wickeln versucht wurde. Von mehreren Seiten wird dieser (xedanke — besonders in seiner Uonsequenz, der Nichtvererbung erwor- bener Eigenschaften — heftig bekämpft, von andren aber wird geltend gemacht, dass er schon längst bekannt, ausgesprochen, ja fast selbstverständlich sei, indem es blos einer Zusammenstellung gewisser Thatsachen bedürfe, um ihn ohne jede weitere Auslegung von selbst hervortreten zu lassen.
Nicht blos aus egoistischen Gründen, d. h. um mem Eigen- thumsrecht zu wahren, sondern wesentlich auch deshalb, weil es zur
Berichte. 1886. Heft 4. 2 (7)
18 WEISMANN: [90
Klärung und zum Verständniss der ganzen Frage beitragen muss, will ich hier auf eimen Anspruch der letzteren Art eingehen, der vor Kurzem zu Tage getreten ist.
Professor v. Sacas in Würzburg hat kürzlich einen Aufsatz über „Continuität der embryonalen Substanz“ veröffentlicht ®), veranlasst durch ein Referat **) über meine 1885 erschienene Schrift „die Continuität des Keimplasma’s als Grundlage einer Theorie der Ver- erbung“; er meint, „es könne den Lesern des betr. Referates von einigem Interesse sein, auch die Bemerkungen kennen zu lernen,“ welche er „bereits drei Jahre früher in semem Buche: „Vorlesungen über Pflanzenphysiologie“ (Leipzig 1882) über die fundamentalen Erscheinungen der Fortpflanzung gemacht habe. In einem Buch von 991 Seiten würden solche Dinge leicht übersehen.“
Auch ich habe jene „Bemerkungen“ mit grossem Interesse ge- lesen; nicht jetzt erst, sondern schon vor mehreren Wochen, als mich das allmählige Durcharbeiten des vortrefflichen und für bo- tanische Laien besonders werthvollen Buches von v. Sacns bis zu dessen 43. Kapitel hingeführt hatte, in welchem jene „Bemerkun- gen“ enthalten sind. Leider war es damals um Vieles zu spät, um die v. Sacns’schen Bemerkungen für meine Theorie zu verwerthen, da auch meine letzte Schrift *"**) bereits in der Versendung be- griffen war.
Um so lieber benutze ich jetzt die Grelegenheit, die Bedeutung der von v. Sachs geltend gemachten Thatsachen für meme Theorie von der „Continuität des Keimplasma’s“ und damit zugleich das Verhältniss der v. Sacns’schen Vorstellungen zu den memigen klar zu legen. Der Grundgedanke ist auf beiden Seiten offenbar derselbe: das Gleichbleiben der Individuen in den aufeinander folgenden Gene- rationen soll verständlich gemacht werden durch die Annahme eines direkten Zusammenhangs, also einer Identität der Keimsubstanz der einen Generation mit der der folgenden. v. Sacns glaubt (iesen Zusammenhang direkt zu sehen, indem er die Substanz, aus welcher die Vegetationspunkte bestehen, für identisch hält mit der der befruchteten Eizelle. Da nun sämmtliche Vegetationspunkte einer Pflanze direkt auseinander hervorgehen und da andrerseits auch die Geschlechtszellen der Pflanze aus Vegetationspunkten hervor-
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*) „Naturwissenschaftliche Rundschau“, Nr. 5. **) Ehendaselbst, Nr. 1. *=*) Die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung für die Selektionstheorie®, Jena 1886.
91] CoNTINUlTÄT DES KEIMPLASMA’S. 19
gehen, so ist also der Zusammenhang zwischen den Fortpflanzungs- zellen der beiden Generationen hergestellt. So scheint es.
Ich bekenne, dass ich im ersten Moment nach dem Lesen der v. Sacus’schen Darlegungen unter dem Eindruck stand, als läge hier
eine der meinigen ganz ähnliche Vorstellung zu Grunde — schon der Name „Continuität des Keimplasma’s“ und „Contimuität der embryonalen Substanz“ klingt fast identisch — oder als wäre doch
wenigstens durch die von v. Sachs geltend gemachten Thatsachen der Uebertragung meiner eigenen theoretischen Anschauungen auf die Pflanzenwelt wesentlich Vorschub geleistet. (Genauere Ueber- legung zeigte aber bald, dass dies kaum der Fall ist; ja dass diese Hinweise nicht viel mehr bedeuten, als wenn man sagte: alle Zellen einer Pflanze stammen von der befruchteten Eizelle ab, auch die Fort- pflanzungszellen — folglich besteht Continuität der Keimsubstanz. Es fragt sich eben, ob die blosse Aehnlichkeit zwischen dem Aus- sehen der Eizelle und dem der Vegetationspunkte schon ausreicht, um eine Identität ihrer Substanz zu erweisen, d. h. derjenigen Substanz, von welcher die weitere Entwicklung einer Zelle abhängt. Ich glaube, es lässt sich zeigeu, dass es nicht ausreicht, ja noch mehr: dass diese vorausgesetzte Identität in Wirklich- keit nicht besteht.
Ich bin zwar keineswegs gesonnen, dem berühmten Botaniker auf botanischem Gebiete entgegenzutreten, aber es handelt sich hier um eine ganz allgemeine Frage, über die vom zoologischen Stand- punkt aus ebensogut geurtheilt werden kann und muss, als vom botanischen.
Wenn v. Sachs sagt: „Der erste Vegetationspunkt der Kem- pflanze sei „ein unmittelbarer Ueberrest von der Substanz der befruchteten Eizelle“, so fragt es sich nur, ob diese von ihm als „embryonal“ bezeichnete Substanz nicht inzwischen eine Veränderung durchgemacht hat. Sie sieht gleich aus — aber das beweist nichts; sie entsteht aus der Eizelle, allem dass der Embryo aus der befruchteten Eizelle hervorgegangen ist, beweist schwerlich die Identität seiner Substanz mit ihr. Der Embryo eines Huhns ist so wenig identisch, seiner Substanz nach, mit dem Ei, als das Hulın selbst, und mit dem Nachweis, dass diese drei Dinge nur Entwick- lungsstadien von einander sind, ist noch nicht im geringsten bewiesen, dass auch nur ein einziger Theil des Hühnerembryo’s gleich der Substanz des Eies ist. Grade darauf aber kommt es an, wenn eine Continuität der Keimsubstanz erschlossen werden soll.
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20 WEISMANN: 192
Es lässt sich aber, auch ohne Botaniker zu sein, leicht zeigen, dass die Substanz der Vegetationspunkte unmöglich identisch sein kann mit der der befruchteten Eizelle. Wäre sie in der That em Rest der Keimsubstanz, d.h. derjenigen Substanz, von deren Beschaffenheit es abhängt, dass die befruchtete Eizelle sich zu einem neuen Individuum entwickelt, so müssten alle Zellen des Vegetationspunktes Keimzellen sein, oder doch mindestens werden, sie müssten auch untereinander nicht blos gleich aussehen, sondern auch gleich sein; und das sind sie doch ebensowenig, denn aus der einen geht später ein Blatt, aus der andern ein Stengel, aus der dritten eine Blüthe hervor. Wenn also die Gleichheit der Keimsubstanz in den Keimzellen von Eltern und Kind auf Continuität beruht, dann muss dieselbe auf eine viel verborgenere Art zu Stande kommen, als durch die angenommene (Gleichheit der Substanz, die „man direkt sieht“; man wird dann bei der Pflanze so gut, als bei den Thieren meine Hypothese von der Beimengung minimaler Mengen von Keim- substanz zu der Substanz gewisser Körperzellen nicht entbehren können. Sobald man aber diese machen muss, ist es gleichgültig, ob die Zellen, welche Träger dieses unsichtbaren Keimplasma’s sind, der Eizelle gleichen oder nicht.
Wenn wir irgend Etwas in der Fortpflanzungslehre mit Sicherheit behaupten dürfen, so ist es dieses, dass die Keimsubstanz (in dem angegebenen Sinne) nur einen sehr kleinen Theil der Masse der befruchteten Eizelle ausmacht, und es ist in meinen Augen eines der grössten Verdienste NÄGELI's dies klargelegt zu haben, indem er darauf hinwies, dass die gleiche Stärke der Ver- erbungstendenzen der beiden Eltern sich bei der ungeheuren Grössen- differenz von Samen und Eizelle nur dadurch verstehen lässt, dass man annimmt, auch die weibliche Keimzelle enthalte nur ein Minimum von Keimsubstanz, von wirklichem „Keimplasma“, das andere aber sei Nährsubstanz oder „Nährplasma“ ®). PFLÜGER hat übrigens denselben Gedanken schon einige Jahre früher geäussert.
Daraus ergibt sich dann weiter der von mir gezogene Schluss, dass es sich bei der Befruchtung um eine Vermehrung der Keim- substanz handle, und weiter, dass die männliche und weibliche Keimsubstanz im Wesentlichen gleich sei. Die letztere Ansicht theilt auch STRASBURGER.
*) „Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre.*“ München und Leipzig 1884.
93] CONTINUITÄT DES KEIMPLASMA’S. 9]
v. Sachs deutet nun freilich in seinen „Vorlesungen“ die That- sachen der Befruchtung ganz anders. Aus der enormen Grössen- differenz zwischen Eizelle und Spermatozoid schliesst er, dass es hier jedenfalls nicht auf „eine blosse Vermehrung der Substanz der Fortpflanzungszelle* ankomme. „Schon die verschiedene Gestalt der beiden Sexualzellen: eines Zoosperms oder Pollenkorns gegenüber der Eizelle* scheint ihm „mit Bestimmtheit darauf hinzuweisen, dass beide von verschiedener materieller Beschaffenheit smd*. Das sind sie nun auch ganz gewiss; es fragt sich nur, ob diejenige „Substanz“, welche die Samenzelle der Eizelle zuführt und welche Letztere zu ihrer „Weiterentwicklung“ bedarf, nicht dennoch dasselbe, nur durch individuelle Merkmale verschiedene „Keimplasma“ ist, welches auch als minimale Substanz im Innern der Eizelle angenommen werden muss, Ich glaube gezeigt zu haben *), dass dem allerdings so sein muss, und nicht nur die gleiche Vererbungsstärke von väterlicher und mütterlicher Seite sprechen dafür, sondern vor Allem auch die Erscheinungen der Parthenogenese. Gewiss ist es richtig, wenn v. Sachs schliesst, dass den meisten Eizellen durch die Be- fruchtung etwas Substantielles „zugeführt werde, was ihr bis dahin fehlte und dessen sie zu ihrer Weiterentwicklung bedarf“. Aber es gibt eben auch Eizellen, die dessen nicht bedürfen und sich doch entwickeln, und es hilft uns nicht weiter, wenn v. SACHS diese par- thenogenetischen Eizellen dahin erläutert, dass sie Alles „m sich selbst haben, was zur Entwicklung nöthig ist“. Ohne Zweifel waren v. Sıcns jene Fälle von thierischer Parthenogenese nicht gegen- wärtig, in welchen ein und dasselbe Ei sich mit Befruchtung oder ohne solche entwickeln kann (Biene), und im ersteren Fall ein weibliches, im letzteren ein männliches Thier liefert. Hier liegt die Deutung nahe
besonders wenn man die übrigen Fälle von thierischer Parthenogenese hinzunimmt — dass die Substanz, welche der gewöhnlichen reifen Eizelle fehlt, um unbefruchtet in Entwicklung einzutreten, und welche normaler Weise von der Samenzelle geliefert wird, unter Umständen von der Eizelle selbst gebildet werden kann; mit andern Worten, dass eine Vermehrung der mütterlichen Keimsubstanz den Hinzutritt der väterlichen ersetzen kann. Es ist nicht meine Absicht, die andern Orts gegebene Beweisführung vollständig zu wiederholen; ich halte sie, wenn nicht für gradezu zwingend, so doch jedenfalls für nicht widerlegbar.
*) Siehe: „Continuität des Keimplasmas“ p. 88 u. f.
99 WEISMANN : 94
Angenommen ihre Richtigkeit, so führt sie wieder zurück auf den Näserrschen Satz, nach welchem die eigentliche Keimsubstanz der Eizelle nur ein ausserordentlich kleiner Theil von der Gesammt- masse der Eizelle sein kann, denn die ganze Samenzelle beträgt häufig nur den tausendsten Theil, oder noch viel weniger von der Eizelle, und v. Sachs betont selbst mit Recht, dass „jedenfalls nicht die ganze Masse eines Spermatozoids, noch viel weniger etwa die ganze Masse eines Pollenkorninhaltes den Titel der Befruch- tungssubstanz beanspruchen darf“. Wenn nun die Keimsubstanz in der Eizelle der in der Samenzelle enthaltenen an Werth gleich ist, so muss sie auch an Masse sehr klein sein.
Wenn dem nun aber so ist, wie sollten wir im Stande sein können, dieses Keimplasma „direkt zu sehen“ und in andern Zellen als gleich oder verschieden wiederzuerkennen ? Selbst wenn die auf den Entdeckungen von STRASBURGER, HERTWIG, VAN BE- NEDEN und Andern beruhende, auch von mir getheilte Ansicht richtig ist, nach welcher die Substanz des Kernfadens das „Keimplasma*“ enthält, so müssen wir doch die Hoffnung aufgeben, auf optischem Weg in seine Struktur einzudringen. Sobald aber die Keimzelle ihre speeifischen Eigenschaften, vor Allem also ihre ganz bestimmt gerichtete Entwicklungstendenz einer specifischen mimimalen Sub- stanz verdankt, dann müssen auch alle Descendenten derselben ihre specifische Natur emer solchen minimalen Menge eines „bestimmen- den“ Plasma’s verdanken, und zwar muss dieses verschieden sein von dem der Keimzelle, weil auch diese Zellen selbst ver- schieden sind in ihrer Leistungsfähigkeit von der Keimzelle. v. SAcHs spricht von meiner „Ablehnung des NäÄgELr'schen Idioplasma’s“. Hätte er meme Schrift selbst und nicht blos das Referat darüber gelesen, so würde er gefunden haben, dass ich den Begriff des NäÄGeLT' schen Idioplasma’s mit Freuden annehme, wenn auch in be- stimmter Weise modifieirt. Ich nehme ihn an m dem Sinne, in welchem ich selbst schon vor NÄGELI das Wort „Keimplasma“ gebraucht habe”), in dem Sinne, dass einer jeden Zelle eben jene der Masse nach geringe, der Bedeutung nach aber entschei- dende Substanz zu (Grunde liegt, durch deren Molekularstruktur die physische Beschaffenheit der betreffenden Zelle hauptsächlich und wesentlich bestimmt wird. Es ist aber, wie mir scheint, eine unvermeidliche Uonsequenz aus dieser Vorstellung, dass das Idio-
”) Siehe „Ueber die Vererbung“ Jena 1883.
0) 5] CONTINUITÄT DES KEIMPLASMA’'S. 93
plasma verschiedenartiger Zellen ebenfalls verschiedenartig sem muss, mag man sich diese Verschiedenartigkeit vorstellen wie man will und kann. Das Idioplasma der befruchteten Keimzelle muss verschieden sein von demjenigen der beiden ersten Embryonalzellen, und dieses wieder muss sich irgendwie unterscheiden von dem der folgenden Ziellengeneration. Auch wird es nicht allzu kühn sein, sich den Unter- schied der Idioplasmen um so grösser zu denken, je grösser die Unterschiede zwischen den betreffenden Zellen sind. Wonach be- urtheilen wir aber die Verschiedenheit von Zellen? Gewiss unter Anderm auch nach ihrem Aussehen, aber doch wahrlich nicht allein danach. Die zwei ersten Zellen des thierischen Embryo (die zwei ersten „Furchungskugeln“) sind nicht selten ganz gleich von Aus- sehen und lassen sich auch von der befruchteten Eizelle nicht durch irgend einen wesentlichen und bestimmten Charakter unterscheiden. Dennoch ist keine von ihnen im Stande, für sich allein den sanzen Embryo hervorzubringen und aus der einen von ihnen gehen ganz andre Theile des Embryo hervor, als aus der andern, aus der einen das Ektoderm, aus der andern das Entoderm. >Mie können also weder unter sich gleich sein, noch identisch mit der Eizelle.
Ich glaube andern Orts”) gezeigt zu haben, dass der Aufbau des Embryo’s mit einer stufenweisen Veränderung des Idio- plasma’s einhergehen muss, so zwar, dass schliesslich der fertige Embryo aus emer grossen Menge verschiedenartiger Zellengruppen besteht, deren Verschiedenartigkeit eben auf der Verschiedenartigkeit ihres Idioplasma’s beruht.
In vielen Fällen ist unter diesen Tausenden von Zellen nicht eine einzige, welche später zur Keimzelle wird, keine also, deren Idioplasma remes Keimplasma ist; die Keimzellen bilden sich viel- mehr. erst später, manchmal erst viel später. In solchen Fällen wird man also sicher nicht sagen können, die Substanz der Zellen, welche den Embryo bilden, sei gleich der Substanz der Keimzellen. Man kann es aber überhaupt in keinem Fall; die Zellen, welche den Körper, „das Soma“ des Embryo zusammensetzen, müssen stets ein Idioplasma enthalten, welches von dem der Keimzelle weit verschieden ist, entsprechend ihrer von der der Keimzellen weit verschiedenen Natur. Bereits im ‚Jahre 1881“) machte ich auf den fundamentalen Unterschied zwischen
*) „Continuität des Keimplasma’s“ p. 29 u. f., p. 45 u. f. **) Weber die Dauer des Lebens“. Ein Vortrae, «ehalten auf der ö >}
24 ’ WEISMANN: | 96
den vergänglichen Körperzellen und den unsterblichen Keimzellen aufmerksam, und zwei Jahre später, kurz vor dem Erscheinen des Niägerrschen Buchs”) wurde meme Schrift „über die Ver- erbung***) ausgegeben, m welcher der Gedanke von der Conti- nuität des Keimplasma’s auf Grund jenes ersten Gedankens, und gestützt auf die inzwischen an Hydroiden neu gewonnenen That- sachen entwickelt wurde. Dort bereits zeigte ich, dass nur in ganz wenigen Fällen zwar die von mir angenommene Continuität des Keimplasma’s direkt nachweisbar ist, nur dann nämlich, wenn die Keimzellen sich schon bei der ersten Theilung des be- fruchteten Eies von den somatischen Zellen absondern (Dipteren), dass aber in den meisten Fällen diese Trennung erst später geschieht, im Verlauf der Furchung, oder erst nach der Keimblätterbildung, oder noch später erst nach Anlage der Organe, oder erst m kommenden, auf ungeschlechtlichem Wege entstandenen (eschlechtern. Der Raum. fehlt mir, um hier die Gründe darzu- legen, welche mich bestimmten, trotz der in den meisten Fällen anscheinend unterbrochenen Contmuität des Keimplasma’s dennoch eine solehe anzunehmen, und zwar derart, dass in allen Fällen un- verändertes Keimplasma in minimaler Menge gewissen somatischen Ziellenfolgen beigemengt sei, um dann später, nachdem es sich durch Wachsthum vermehrt hat, gewissermassen zur Herrschaft ın den betreffenden Zellen zu gelangen und ihnen den Stempel von Keim- zellen dadurch aufzudrücken. So entstehen z. B. beim Säugethier die Keimzellen aus den Zellen einer Epithelfalte, die schon durch Hunderte von Zellgenerationen von der befruchteten Eizelle ent- fernt, die also durch eine lange Reihe von Zellenstufen hindurch- gegangen sind, deren herrschendes Idioplasma wesentlich verschieden von Keimplasma war. Aber es enthielt — so nehme ich an — ein Minimum von Keimplasma beigemengt und wenn dieses zur Herrschaft in der Zelle gelangt, wird die Zelle zur Keimzelle.
In meiner 1885 erschienenen Schrift, von welcher v. Sachs allein Kunde zu haben scheint, wenn auch keine direkte, sind diese An- sichten weiter entwickelt, schon früher aber hatte ich versucht, sie wenn auch nur zaghaft und vorsichtig (im Bewusstsem meiner un- zulänglichen‘ botanischen Kenntnisse) auch auf die pflanzlichen Deutschen Naturforscher-Versammlung zu Salzburg am 21. Sept. 1881. Verhandl. der 54. Naturforscherversammlung 1881, u. ‚Jena 1882.
*) „Mechanisch-physiologische Theorie der Ahstammungslehre*“,
**) „Ueber die Vererbung“.
n
97] CONTINUITÄT DES KEIMPLASMA'S. 95
Organismen anzuwenden *). Eine Durchführung meiner Vorstellungen erschien dort fast schwieriger, als bei den Thieren. Der Weg von der befruchteten Eizelle, durch das Samenkorn bis zu den Blüthen eines grossen Baumes ist ein gar weiter, freilich am Ende nicht weiter, als von der befruchteten Eizelle eines Polypen durch den daraus sich entwickelnden ersten Polypen, den Begründer der Kolonie, zu dem durch Knospung entstehenden zweiten, dritten, vierten, bis Hundertsten und Tausendsten, und schliesslich bis in die vom Polypenstöckchen hervorsprossenden Medusenknospen, in deren Ektoderm sich dann erst die Keimzellen differenziren. Und grade die Polypen sind mit die wichtigste Stütze für meine Ansicht von dem verborgenen Zusammenhang des Keimplasma’s der beiden auf- einanderfolgenden Generationen, wie Derjenige zugeben wird, der sich die Mühe gibt, das angezogene Selbstreferat im „biologischen Centralblatt* zu lesen, oder gar in die diesem zu Grunde liegende Monographie „über die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydro- medusen“ **) einzudringen und etwa deren allgemeinen Theil durchzu- lesen, eine Zumuthung, die freilich bei der Massenhaftigkeit der heutigen wissenschaftlichen Produktion fast unbescheiden aussehen kann. Dennoch ist es zu bedauern, wenn Solche, die sich diesen allgemeinen theoretischen Fragen ernstlich zuwenden, sich die Mög- lichkeit entgehen lassen, wichtige Thatsachen in ihrer ganzen Be- deutung auf sich einwirken zu lassen, wie es doch nur entweder durch eigne Arbeit oder durch das direkte Studium der Arbeit eines Andern geschehen kann. Dass indessen auch besseren Kennern des Pflanzenreichs, als ich es leider bin, dass auch hervorragenden Botanikern die Uebertragung meiner Continuitätstheorie auf das Pflanzenreich nicht so ganz selbstverständlich zu sein schien, wie sie es doch sein müsste, wenn die von v. Sachs geltend gemachten Thatsachen eine solche Continuität wirklich bewiesen, das zeigen am besten die Einwürfe, welche mir STRASBURGER ***) machte. Er wies auf die zahlreichen Fälle hin, in welchen aus Blättern oder Wurzeln unter gewissen Umständen ganze Pflanzen hervorwachsen, die blühen und Keimzellen produeiren; Blätter und Wurzeln lägen aber nicht
*) Siehe: „Biol. Centralblatt* Bd. IV, p. 12 „Die Entstehung der Sexual- zellen bei den Hydromedusen“, Selbstreferat 1885. **) Mit Atlas von 24 Tafeln, Jena bei Gustav Fischer. 1883. *##*) STRASBURGER „Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen als Grundlage einer Theorie der Zeugung*. Jena 1884, p- 130 u. f.
96 : WEISMANK: [98
auf dem normalen Weg von der elterlichen zur kindlichen Keimzelle, und man könne desshalb auch nicht einsehen, wieso Keimplasma irgendwelchen Zellen des Blattes oder der Wurzeln beigemengt sein sollte. Ich konnte darauf erwidern, dass doch bei Weitem nicht alle Blätter und alle Wurzeln diese Fähigkeit besässen, und dass somit der Annahme Nichts entgegenstünde, dass bei manchen Arten Blätter und Wurzeln speciell dem Zweck der Vermehrung ange- passt seien, dass sie also in der That minimale Mengen unverän- derten Keimplasma’s enthielten. Ob STRASBURGER die betreffende Stelle aus v. Sachs’ „Vorlesungen“ kannte, weiss ich nicht, jedenfalls kannte er die dort geltend gemachten Thatsachen, scheint sie aber so wenig als ich, für einen zureichenden Grund für die Annahme einer Continuität der Keimsubstanz gehalten zu haben.
Eine Erleichterung für die Uebertragung meiner Continuitäts- theorie auf das Pflanzenreich würde es immerhin sein, wenn in der That alle pflanzlichen Vegetationspunkte sich direkt von dem histo- logisch noch wenig oder nicht differenzirten Gewebe des Embryo’s herleiteten. Sollte v. Sacns bei seiner Darlegung aber an jene von STRASBURGER mir entgegengehaltenen Fälle gedacht haben? Liegen wirklich in den Begonienblättern z. B. Vegetationspunkte, die sich vom Gewebe des Embryo direkt herleiten, oder entstehen dieselben nicht vielmehr erst neu, wenn das Blatt abgebrochen und auf feuchte Erde gelegt wird? Besteht also auch hier die Continuität der „sichtbaren embryonalen* Substanz? Für meine Theorie ist dies nicht entscheidend, denn wenn es auch — wie ich andern Orts zu zeigen suchte — wahrscheinlich ist, dass das Keimplasma vorzüglich jungen, noch nicht histologisch differenzirten Zellen bei- gemengt ist, um seinen Weg von einer zur andern (reneration aus- zuführen, so sieht man doch auch kein theoretisches Hinderniss, warum es nicht unter Umständen auch Zellen von ausgeprägtem histologischem Charakter ja sogar allen Zellen der ganzen Pflanze beigemengt sein könnte. Das Letztere müsste z. B. für die Mar- chantieen (Lebermoose) angenommen werden, an welchen VÖCHTING kürzlich gezeigt hat“), „dass von jeder einzelnen vegetativen Zelle* eine Regeneration der ganzen Pflanze ausgehen kann.
Auch auf zoologischem Gebiete hat man die histologisch noch undifferenzirten Zellen im Körper der höchsten Thiere unter der Bezeichnung „embryonale“ Zellen für die Entstehung der Keimzellen
*) Siehe: H. VöcHrinG „Ueber die Regeneration der Marchantieen“. Prings- heim’s Jahrbücher f. wiss. Botanik, Bd. XVI, Heft 3, Berlin 1885.
99] CoNTINUITÄT DES KEIMPLASMA’S. 97
herbeiziehen wollen. So glaubte Varaorrrıs in emer an Beobach- tungen und Gedanken reichen Schrift die Entstehung der Keimzellen bei den Wirbelthieren auf „weisse Blutzellen“ zurückführen zu kön- nen. Aber ganz abgesehen davon, dass dieser und ähnliche Ver- suche mit den Thatsachen m Widerspruch treten, welche zeigen: dass dem nicht so ist, so würde doch auch unsere Emsicht in die Vererbung nicht im mindesten gefördert werden, wenn es sich wirk- lich so verhielte. Denn offenbar muss das Idioplasma solcher „em- bryonaler“ Zellen weit verschieden sein von dem der Keimzelle, jedenfalls sehr viel stärker verschieden, als das der beiden ersten Furchungszellen, das, wie oben erwähnt, bereits weit auseinander- gehende Entwicklungstendenzen enthält, folglich auch weit verschie- denes Idioplasma. Genau ebenso verhält es sich mit den Zellen der pflanzlichen Vegetationspunkte. Damit, dass man sie „embryo- nal“ nennt, werden sie noch nicht zu Keimzellen, enthalten sie noch kein Keimplasma; es sind einfach junge Zellen, äusserlich vielleicht unter sich gleich, innerlich aber grundverschieden.
Ich glaube gezeigt zu haben, dass die „embryonale Substanz“ von v. Sachs und mein „Keimplasma* nichts weniger als identisch sind, und damit ist wohl zugleich der Nachweis geführt, dass auch unsere Ansichten von einer Continuität dieser Substanz nicht dasselbe besagen können.
Deshalb soll aber nicht im Geringsten bestritten werden, dass v. Sachs’ Ausführungen in anziehender und formell vollendeter Weise den ununterbrochnen Fluss des organischen und zwar spe- ciell des pflanzlichen Lebens schildern, indem sie zeigen, von welchen Theilen der Pflanze die Neubildungen vorwiegend und immer wieder von Neuem ausgehen (a. a. O. p. 943).
Zur Lösung des Räthsels von der Vererbung scheint mir aber allerdings damit Nichts gewonnen zu sein, wie denn auch wohl Nie- mand in jener schönen und schwungvollen Stelle der v. Sachs’schen „Vorlesungen“ etwa eine Theorie der Vererbung erblicken wird. Sagt doch v. Sachs selbst, jene Stelle enthalte „keme Theorie, noch weniger eine Hypothese“, vielmehr nur „Thatsachen in mög- lichst einfacher Zusammenfassung“. Imwiefern sich nun aus diesen „Thatsachen“ allein, d. h. ohne Zuhülfenahme meiner Hypothese von der Continuität des Keimplasma’s ein besseres Verständniss der Vererbung ableiten liesse, das müsste erst gezeigt werden.
Freiburg ı. Br., 18. Februar 1886.
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Die Reifung des Arthropodeneies
nach Beobachtungen an Insekten, Spinnen, Myriapoden und Peripatus
von
Dr. Franz Stuhlmann.
I. Einleitung.
Das Interesse der Zoologen hat sich in den letzten Jahren mit grosser Vorliebe den allerersten Entwicklungserschemungen zu- gewandt, einerseits wohl, weil durch das genaue Studium dieser Vorgänge eme feste Basis gelegt wird, auf der man die weiteren Erschemungen der Entwickelung von thierischen und pflanzlichen Organismen aufbauen kann, andererseits aber auch besonders, weil sie von hohem theoretischen Werth sind. Die Fragen nach der Bedeutung des Eikerns, nach der Continuität des Lebens, ja endlich die Frage nach der Vererbung, alle sind auch mit den ersten Entwickelungsvorgängen der Organismen verknüpft.
Ein sehr hohes theoretisches Interesse nehmen nun auch die „Reifungserscheinungen“ des Eies in Anspruch, d. h. die Vorgänge in der Eizelle, welche unmittelbar der eigentlichen Befruchtung, der Conjugation des Eikerns mit dem Spermakern vorhergehen, oder anders gesagt, der Prozess, durch welchen das Keimbläschen des Eies in den „Eikern* verwandelt wird.
Es sei mir gestattet, zuerst eine kurze historische Uebersicht über die Entwicklung dieser Frage zu geben.
Ich darf wohl vorausschicken, dass man jetzt fast allgemein annimmt, dass das Ei den morphologischen Werth einer einfachen Zelle hat. Immer ist man sich aber durchaus nicht hierüber klar ge-
3erichte. 1886. Heft 5. 1 (8)
) STUHLMANN : [102
Er
wesen und noch neuerdings sind Ansichten aufgetaucht, welche die Zellennatur des Eies bestreiten; v. BiscHOFF [31.]*) in früherer Zeit, A. Vırror [164.| und ALex. BrAnpr |35.| in dem letzten Jahrzehnt haben noch mit Eifer die alte und längst widerlegte Ansicht verfochten, dass das Keimbläschen die eigentliche Zelle sei, deren Kern in dem Keim- fleck zu suchen wäre. Das eigentliche Ei wäre demnach ein secundäres (sebilde, bestehend aus einer primitiven Zelle, dem Keimbläschen und einer Menge darum gelagerten Protoplasmas, dem Eikörper.
Eine zweite Ansicht möchte ich hier noch erwähnen, die nämlich, dass das Ei geradezu als todte organische Substanz betrachtet wird. ALEXANDER GOETTE |63.]| und L. Wırn [179] sind die Vertreter dieser Anschauung, welche von Letzterem in folgenden Worten zu- sammengefasst wird: „Von dem reifen Ei als einer Zelle kann unter keinen Umständen geredet werden, .... das reife Ei aller Thiere ist das alle Bedingungen für die spätern Entwickelungen ein- schliessende Product der Thätigkeit einer oder mehrerer Zellen.“
Trotz dieser gegentheiligen Meinungen werden wohl die Mehr- zahl der Forscher an der Zellennatur des Eies festhalten.
Was wird nun aber aus dem Keimbläschen bei der beginnenden Entwickelung des Eies? Mehrere entgegengesetzte Ansichten machten sich hier im Laufe der Zeit geltend. Die Einen liessen das Keim- bläschen sich direkt in die beiden ersten Furchungskerne theilen. K. E. v. BAER |4.] behauptete dies für Echinus, Jon. MÜLLER [110.] für Entocoucha, R. LeuckArr [97.] für Melophagus, ebenso Leyvıe [103.] für Notommata, KÖLLiker [91] für Syphono- phora, Pteropoda, Heteropoda und Sagitta, HAEckEL [71.] für Syphonophora, PAGENSTECHER [125.| für Trichina, KOWALEWSKY für Holuthurien, Ascidien und Würmer u. s. w., sodass LEypıG den allgemeinen Satz aufstellte, dass durch die Teilung des Keimbläschens der Furchungsprozess eingeleitet wird.
Der letzte Forscher, der mit Eifer diese Anschauung verfocht, war E. v. BENEDEN in seinem Werk „über die Zusammensetzung und Bedeutung des Eies* [22]. Er stützt sich darin auf Beobach- tungen an Distoma cygnoides, Ascaris rigida, einigen Crusta- ceen und Säugethieren. Doch lassen sich die Schlüsse, durch die er auf seine Theorie kommt, sehr bestreiten, wie FoL |58] in seiner grossen Arbeit gezeigt hat. In späteren Arbeiten ist er denn auch bald von dieser Anschauung zurückgekommen.
*) Die in eckige Klammern gefassten Zahlen beziehen sich auf die Nummern des Literaturverzeichnisses.
103] Die REırunG DES ARTHROPODENEIES. 3
Diesem gegenüber steht die vollkommen andere Ansicht, dass das Keimbläschen aus dem Ei gänzlich verschwinde. Die Ver- treter derselben sind ausserordentlich zahlreich, so dass es zu weit führen würde, sie auch nur annähernd hier aufzuführen, be- sonders auch, da FoL |58] eine recht vollständige Uebersicht von ihnen giebt. Hier seien nur einige wenige erwähnt: PURKINJE |129| lässt bei den Vögeln das Keimbläschen sich vor der Be- fruchtung mit dem Dotter vermischen, Ruscoxt [137] behauptet dasselbe von den Batrachiern und K. E. v. BAER [5. 6] von Huhn, Eidechse, Frosch und von Fischen. Das Keimbläschen soll an die Oberfläche steigen und sein Inhalt sich hier zerstreuen. Ganz ähnliches berichtet auch ÖELLACHER [121 a. b.] für die Vögel und C. Voer [165], CRAMER [50] und Ecker [54] für die Amphibien.
Aber nicht nur für die meistens sehr dotterreichen Eier der Wirbel- thiere wurde das Verschwinden des Keimbläschens behauptet. Eine grosse Zahl von Forschern beschrieben dasselbe für Mollusken, Würmer und Coelenteraten, so dass LEUCKART im Jahre 1853 [98] und MınLnE-Epwarps 1863 |144] die Behauptung aufstellten, dass all- gemein das Keimbläschen vor der Befruchtung aus dem Ei schwände. Letzterer besonders formulirte seine Ansicht in folgenden Worten (p- 393): „la disparition de cette cellule primordiale (Keimbläschen) ne peut etre consideree que comme une consequence de sa mort naturelle; c’est le terme normal de lexistence d’un ätre vivant dont le röle biologique est termm& et en general ce phenomene semble caracteriser la p@riode de la maturitö& de l’oeuf.“
Auch E. HAECKEL, der früher die directe Theilung des Keim- bläschens behauptet hatte, schliesst sich in seiner „Gastraeatheorie* |72] dieser Meinung an. Das Schwinden des Eikernes bedeutet nach ihm ein Zurückgehen in der Ontogenie auf die kernlose Monere. HAECKEL schlägt desshalb den Namen „Monerula“ für das Ei auf diesem Entwicklungsstadium vor.
Was nun die Art und Weise anbetrifit, auf die das Keim- bläschen im Ei schwinden sollte, so sind die Autoren darin ver- schiedener Ansicht. Die einen Beobachter, denen die meroblastischen Eier der Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische als Untersuchungs- material gedient hatten, lassen fast alle das Keimbläschen an die Oberfläche des Eies steigen und dort nach dem Platzen seinen In- halt ausstossen.
Die meisten übrigen Forscher, denen andere Thiere zur Unter- suchung vorgelegen hatten, beschreiben ebenfalls, dass das Keimbläschen.
1282)
4 ’ STUHLMANN: [104
an die Oberfläche steigt und dort schwindet, dass aber in dem Moment, wo letzteres geschieht, em oder zwei kleine Kügelchen auf der Oberfläche des Eies erscheinen, die sie mit dem Namen „Rich- tungskörperchen“ oder „Polkörperchen“ bezeichnen.
Die Ersten, welche diese Kügelchen sahen, waren wohl J. P. v. BENEDEN und WINDISCHMANN [28|. Nach diesen wurden sie von emer sehr grossen Anzahl von Forschern beobachtet, welche aufzuzählen ausserhalb des Bereiches dieser Arbeit liest.
Es lag nun die Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung dieser „Richtungskörper“ sehr nahe. Zuerst brachte man sie natürlich direct mit dem Verschwinden des Keimbläschens in Ver- bindung. Einige Forscher, wie Dergeks [51] und v. Baer [4] beim Seeigel, !LeyDıG bei Piscicola |100] und BiscHorr [30] beim- Kaninchen, liessen das Keimbläschen als Richtungskörper aus- gestossen werden, während der Keimfleck im Ei zurückbleiben sollte, eine Ansicht die später eine Zeit lang auch von HERTwIG wieder aufgenommen wurde.
Lovex |105.] und andere meimten dagegen, dass der Keimfleck ausgestossen würde und das Keimbläschen im Ei bliebe. Wieder andere Beobachter hielten es für wahrschemlich, dass die Polkörper- chen gar nichts mit den Keimbläschen zu thun hätten. Es seien nur einfache Plasmatropfen, die aus dem Ei austreten. Unter ihnen ist Rarnke [130.] und Rosın |133.] zu nennen.
Indem ich nun eine Anzahl von Arbeiten übergehe, wende ich mich zu der von Bürschtı |43.|, durch die ein ganz neues Licht auf die Reifung des Eies geworfen wurde. Es waren nämlich in- zwischen durch AuErBACH |1.| und STRASBURGER |156.] gewisse Erscheinungen bekannt geworden, wie sie bei der Kerntheilung auf- traten. Zwei Sonnenfiguren stehen in Verbindung miteinander durch ein geschweiftes, spindelartiges Zwischenstück, das m der Mitte Verdichtungen zeigt. AUERBACH bezeichnete die Figuren als „Karyo- Iytische“. Ganz ähnliche beobachtete nun auch BürscnLı am Keimbläschen von Nephelis, Cucullanus, Limnaeus und Suec- cinea. Dasselbe nimmt die gestreifte Spindelform an, rückt so an die Oberfläche des Eies und wird dort ganz, vielleicht aber auch nur theilweise ausgestossen.
Zu einem Ähnlichen Resultat kam auch ©. Herrwie |77] in seiner ersten Arbeit über die „Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies.“ Er meint auf Grund seiner Untersuchungen an Toxopneustes lividus, dass das Keimbläschen an die Ober-
105] Die REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 5
fläche gelangt, dort seine Membran verliert und vom Dotter resorbirt wird, während der Keimfleck im Ei zurückbleibt und zum definitiven Eikern wird. — Das Persistiren des Keimflecks ward nachher durch viele Untersuchungen widerlegt und auch HERTwIG ist später zu anderen Ansichten gelangt. Sehr zur Aufklärung trugen nun die Untersuchungen von For [58] bei. Als Untersuchungsobjecte dienten ihm besonders Asterias glacialis und Astracanthion rubens, ausserdem aber noch Toxopneustes lividus, Ptero- trachea und Sagitta.
Nach diesen Forschern verliert das Keimbläschen, während es an die Oberfläche des Eies wandert, seme Membran und wird undeutlich, so dass es häufig nur noch durch Reagentien nachweis- bar ist. Es wandelt sich im eine Spindel um, deren in der Mitte verdickte Längsfasern senkrecht zur Eioberfläche stehen. Letztere wölbt sich erst etwas, dann immer stärker hervor bis es zur Ab- schnürung einer kleinen Kugel kommt. Dieser Prozess geht zwei Mal vor sich. Der im Ei zurückbleibende Rest verliert seine Spin- delform und wird zum „Eikern* Herrwiec’s, zum „Pronucleus femininus“ For’s und v. BENEDEN’s, der dann durch Oonjugation mit dem Spermakern zum „Furchungskern“ des Eies wird.
Inzwischen wurden nun auch die Vorgänge der Zelltheilung und besonders der Kerntheilung eingehend durch STRASBURGER, FLEMMING und PFITZxNER studirt. Das Gerüst des Kerns, seine „chromatische Substanz“, verändert sich vor der Kerntheilung stark, sie vermehrt sich bedeutend und nimmt die Gestalt eines vielfach ver- schlungenen Bandes an; dieses zerfällt bald in einzelne, gleich lange Stücke, die sich, winkelförmig gebogen, in bestimmter Weise an- ordnen. Es hat sich während dessen aus „achromatischer Substanz“ eine Spindel gebildet, an deren Polen die sonnenförmigen Strahlungen des Protoplasmas, die „Amphiaster“, zu sehen sind.
In der Mitte dieser Spindel ordnen sich die vorhin erwähnten „Kernschleifen“ zu einem Kranz oder Stern, der sogenannten Kern- platte an. Nach kurzer Zeit beginnt nun jede der Schleifen sich der Länge nach zu spalten, und die verschiedenen Theilstücke rücken nach verschiedenen Seiten der Spindel auseinander. Es bilden sich so 2 Tochtersterne, daraus 2 Tochterknäuel und aus diesen 2 Tochter- kerne. Die Substanz der Kernschleifen besteht aus sehr kleinen, mehr oder weniger runden, stark färbbaren Körnchen, den Mikro- somen, zwischen die eine nicht färbbare Substanz eingelegt ist. Man hat beobachtet, dass sogar diese Mikrosomen sich halbiren.
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Weil nun beim Auftreten der Richtungskörper ganz ähnliche Spindelfiguren mit Kernplatte auftraten, so lag natürlich der Ge- danke sehr nahe, dass es sich hier um eben solche indirekte Zell- theilung oder wenigstens indirekte Kerntheilung handelte. Viele Forscher nahmen denn auch an, dass das „Richtungskörperchen“ ein durch Theilung des Keimbläschens entstandener, aus dem Ei ausgestossener Kern sei. Dass wir es hier aber nicht nur mit einer Kernteilung, sondern mit einer wirklichen Zelltheilung zu thun haben, das zeigen besonders die schönen Untersuchungen von TRINCHESE an Ampho- rina coerulea [163]. Das Keimbläschen ist hier umgeben von hellgrünem Protoplasma, während das Plasma des übrigen Eies braun- roth ist. Das Keimbläschen steigt mit semem Plasmahof an die Oberfläche und verwandelt sich in eine Spindel. Das ausgestossene „Richtungskörperchen“ zeigt vollkommen die Bestandtheile einer Zelle, einen Kern mit einem hellgrünen Zellkörper. Zweimal geschieht die Abschnürung von solchen Zellen, ehe der Eikern reif ist sich mit dem Spermakern zu conjugiren. Sehr bemerkenswerth ist, dass jedes der „Richtungskörperchen“ sich gleich nach seiner Abschnürung von der Eizelle durch reguläre indirekte Kerntheilung in zwei theilt, so dass wir am Ei von Amphorma endlich 4 Richtungskörperchen sehen. Es ist dies gewiss ein Beweis für die Zellnatur derselben.
Sehr genau wurden neuerdings die Reifungserscheinungen am Ei von Ascaris megalocephala von Axt. SCHNEIDER [146] und besonders durch E. v. BENEDEN |23] studirt. Derselbe wies nach, dass sich durch Metamorphose des Keimbläschens zwei Kernschleifen von je vier Mikrosomen bilden. ‚Jedes dieser Mikrosomen wird nun halbirt, so dass wir zweimal zwei Schleifen bekommen. Zwei der- selben werden als erstes Richtungskörperchen aus dem Ei eliminitt, während die beiden übrigen denselben Prozess nochmals durchmachen, um ein zweites Richtungskörperchen zu bilden. Der jetzt gebliebene Rest des Keimbläschens ist der „Pronucleus femelle*, der sich mit den 2 Schleifen des Spermakerns conjugirt. Eine gewisse Abweichung ist hier nach v. BENEDEN allerdings von der gewöhnlichen indirekten Kerntheilung vorhanden, indem die Theilung nicht wie gewöhnlich senkrecht zur Axe der Spindel, sondern parallel derselben auftritt. Trotzdem können wir diesen Vorgang wohl als mdirekte Kerntheilung auffassen, zumal wir erst abwarten müssen, ob neue Untersuchungen diese Abweichungen bestätigen werden. Von Axt. SCHNEIDER existiren jetzt schon gegentheilige Behauptungen *).
=) Dasselbe sagt Nussgaum (Ueber die Theilbarkeit der lebendigen Materie I.
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Wir sehen also, dass bei den meisten Thieren das umgewandelte Keimbläschen zweimal halbirt wird und dass der Rest zum Eikern wird, dass aber in keinem Augenblick der Entwicklung der Kern aus dem Ei verschwindet.
Wenn wir uns nun im Thierreich umsehen, wo Richtungskörper- chen bekannt sind, so finden wir dieselben sehr verbreitet. Bei Öoelenteraten, Echinodermen, den meisten untersuchten Würmern, Mollusken, wo sie ja zuerst aufgefunden wurden, Tunicaten und Säugethieren sind sie bis jetzt constatirt. Bei den grossen, dotter- reichen Eiern der Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische sind sie nicht sicher gefunden; die meisten Beobachter berichten uns, dass das Keimbläschen bei ihnen schwindet. Auf diese Eier werde ich später, am Schluss der Arbeit, noch zurückkommen. Wie aber sind die Reifungserschemungen bei dem grossen Typus der Arthropoden ? Bei Peripatus, wenn wir dies Thier überhaupt zu den Arthropoden rechnen wollen, sind durch KenxeL [88] und Sep@wick |149] Rich- tungskörper bekannt. Ausserdem aber nur noch bei vier niedrig stehenden Urustaceen, die kleine dotterarme Eier haben. So fand (GROBBEN bei Moina |68] am animalen Pol des Eies, dessen Kern im Centrum lag, einen dunkel gefärbten Körper, den er als Richtungs- körperchen deutet. Derselbe tritt nicht aus dem Ei heraus, über seine Entstehung konnte er nicht ins Klare kommen. Ebenso fand derselbe Verfasser bei Öetochilus septentrionalis [69] zwei Richtungskörper, von denen sich einer vor und einer nach dem Auf- treten der Dotterhaut bildet, sodass nur der zweite innerhalb der Eihaut bleibt und nachher in die Furchungshöhle gelangt. Ferner glaubt Hock [80] bei Entomostraken ein Richtungskörperchen gefunden zu haben, doch sind seine Beobachtungen noch nicht vollkommen genügend. Endlich hat neuerdings WeEısmann |173]| uns die Mit- theilung gemacht, dass er bei Polyphemus ebenfalls unter der Dotter- haut unzweifelhafte Richtungskörperchen gefunden hat *).
Arch. f. mikr. Anat. Bd. 26). Es soll nach ihm die Richtungsspindel bei As- caris megalocephala nur gebogen sein, wodurch das veränderte Bild entsteht. Im Uebrigen herrscht auch hier reguläre indirekte Kerntheilung.
*) Zu bemerken ist hier noch, dass Leypie in seiner Naturgeschichte der Daphniden [101] bei der Zusammenziehung der Eier von Daphnia longi- spina „einige blasse Kügelchen an dem einen Pol ausserhalb der Eischale* auf- treten sah, „ganz vom Charakter jener unter dem Namen Richtungsbläschen be- schriebenen Gebilde“. Es ist aber wol sehr zweifelhaft, wie auch GROBBEN be- merkt, dass Leyvıe hier Richtungskörperchen vor sich gehabt hat.
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Nahezu alle übrigen Beobachter stimmen darin überein, dass weder im reifen Eierstocksei noch in dem abgelegten Ei ein Keim- bläschen oder ein Eikern vorhanden sei”). Auch nicht eine einzige Beobachtung ist mir sonst bekannt, wonach im Arthropodenei der Kern nicht schwinden sollte.
Die älteren Beobachter, wie KÖLLIkeEr [90], RArTHukE [131], ZaıppaAcH |183], HuxLey [84], Leuckarr [97] fanden im gelegten Ei der von ihnen untersuchten Insekten kein Keimbläschen; ebenso- wenig ÜLAPAREDE [47] am Spinnenei. Während aber die vorhin genannten Forscher die Keimhautzellen des in Entwickelung be- griftenen Eies für Neubildungen hielten, glaubte ULAPAREDE doch, dass dieselben vom Keimbläschen abstammten. Er sagt: „Je n’ose- rail cependant l’affırmer, sachant combien il est facile qu’une vesi- cule delicate se soustraie aux regards au sein d’une @emulsion.“.... „Peut &tre descendent elles (les cellules du blastoderme) d’un nucleus primitif unique ou m&me de la vesicule germinative par division spontande.* Bei den Dipteren fand WEISMANN [169] in der Regel kein Keimbläschen. Nur „in 2 Fällen fand sich mitten im Dotter ein grosses, kugliges Bläschen von 0,088”" Durchmesser, welches von deutlicher Membran umgeben war.“ Ob es sich hier aber um ein wirkliches Keimbläschen handelte ist sehr zweifelhaft; WEISMANN selbst legt ihnen auch keine grosse Bedeutung bei und hält die Kerne des „Keimhautbläschens“ für Neubildungen, nicht für Ab- kömmlinge des Keimbläschens, eine Ansicht, die er später bald wieder aufgegeben hat. Weısmann’s Beobachtungen wurden noch von einigen Forschern wie KUPFFER [94] und OÖ. v. Grmm [67] bei Chironomus bestätigt, ferner von GAnIn [61] bei Formica und Bombyx, von MELNIKOW |110] bei Donacia und von KowA- LEWSKY bei Apis. PBarsıanı [14] lässt freilich bei oviparen Aphiden die Blastodermkerne entstehen, während das Keimbläschen „plus ou moins altör6&e dans sa forme, mais n6anmoins parfaitement reconnaissable encore au centre de l’oeuf“ vorhanden sei, doch ist er im Allgemeinen der Ansicht, dass die Blastodermkerne Abkömmlinge des Keimbläschens seien.
Einige Jahre nach WEISMAnN’s grosser Arbeit erschienen die embryologischen Studien an Insekten von METSCHNIKOFF |113].
*) Ausgenommen sind die weiter unten zu erwähnenden viviparen Cecidomyia- larven und die viviparen Aphiden, vielleicht auch die kleinen Eier der Gall- wespen.
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Bei einigen der untersuchten Thiere konnte er das Keimbläschen im reifen Ei nicht auffinden; so bei Corixa. „Vom Keimbläschen ist an den abgelegten Eiern von Corixa, wie ich kaum zu bemerken brauche, absolut nichts zu finden.“ Bei Aspidiotus nerii schim- mert es noch an 0,2”" grossen Eiern durch. Auch in späteren Stadien, wo es eine periphere Lage hat, konnte er es noch beobachten: „Es erschien zu dieser Zeit von den Seiten etwas gedrückt, so dass es nicht mehr eine runde, sondern ovale Form zeigte.“ Er bildet es dort sogar an der Peripherie etwas eingedrückt ab, ganz ähnlich wie ich es bei so vielen Insekten gefunden habe. Das Keimhaut- blastem hüllt das Keimbläschen en. In emem Wulst des Blas- stems, der an der Stelle des Keimbläschens lag, konnte letzteres nicht mehr wahrgenommen werden. Erst nach dem Schwinden des Wulstes kamen die Blastemkerne zum Vorschein. — Bei den viviparen Aphiden verliert das Keimbläschen seinen Nucleolus und gelangt an die Peripherie. Später, nachdem der Dotter aufgetreten ist, theilt es sich in 2 Kerne, niemals wurde ein Ei ohne irgend einen Kern beobachtet. Ganz ebenso theilt sich bei den viviparen Cecidomyia- larven das Keimbläschen direkt in die beiden ersten Furchungs- kerne. METSCHNIKOFF hält auf Grund dieser Untersuchungen die ersten Keimzellen für keine Neubildungen, besonders da bei einigen (Ceeidomyia und Aphiden) der direkte Uebergang bewiesen ist. Auch die Analogie mit den übrigen Thieren spräche für den Uebergang der Keimbläschen in die Furchungskerne.
Die Persistenz eines Kerns im Ei der viviparen Aphiden wurde später noch von vielen Forschern bestätigt, so von Braxpr |37], Brass [41], Wırcaczin [180. 181] und Wir [177], so dass man wohl sicher annehmen kann, dass hier das Keimbläschen, resp. der Eikern, niemals schwindet.
GAnın [61] fand bei allen von ihm untersuchten Ichneumoniden, dass das Keimbläschen auf emer sehr frühen Stufe, meistens schon vor dem Ausschlüpfen des Imago, verschwunden ist. Bei Pla- tygaster, einer Ichneumonide mit sehr kleinen Eiern, fand er, dass die Grundsubstanz des Keimbläschens sich m eine feine molekulare Masse verwandelt, die sich im centralen Theil des reifen Eies vor- findet. Später ist ein grosser Kern im Centrum, den GAnIn aber für eine Neubildung hält. Bei Teleas schwindet das Keimbläschen ebenfalls, an seiner Stelle ist eine Wolke im Centrum des Eies. Es schemt also doch in diesen kleinen, dotterarmen Eiern der Eikern erhalten zu bleiben, das Keimbläschen schwindet zwar, aber anstatt
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dessen findet sich ein wolkenartiges Gebilde im Ei vor, das ich für einen amoeboid zerflossenen Eikern halten möchte.
Ganz ähnliches berichtet auch WEIsMAnN [171] über den Eikern des Gallwespeneies. Er war allerdings nicht im Stande, die genaue Metamorphose des Keimbläschens zu verfolgen, konnte aber im ziem- lich reifen Ovarialei ein deutliches Keimbläschen constatiren, wäh- rend im frisch gelegten Ei der Eikern sich wolkenartig amoeboid durch das ganze Ei zog und sich bald in die beiden ersten Embryonal- kerne theilte.
Bei allen grossen, dotterreichen Arthropodeneiern konnte im reifen Ovarialei und im abgelegten Ei weder ein Kern noch Keim- bläschen gefunden werden. Es würde viel zu weit führen, alle die Beispiele aufzuzählen, in denen ein Mangel des Eikerns constatirt wurde. Ausserdem kann man eigentlich hier nur auf die Arbeiten etwas geben, die vermittelst der Schnittmethoden angefertigt sind, denn bei der vollkommenen Undurchsichtigkeit der dotterreichen Eier genügt eine äussere Betrachtung natürlich nicht.
PAuL MAYER [107] fasst in seiner Arbeit über Ontogenie und Phylogenie der Insekten seine Ansicht über den Zusammenhang des Keimbläschens mit den Blastemkernen in folgenden Worten zusam- men: „So können wir ohne Weiteres bei den normalen Dipteren und mit einem Analogieschluss auch bei allen Insekten, deren Eier eine grosse Menge Dotter enthalten, voraussetzen, dass das Keim- bläschen vor der Bildung des Blastoderms schwindet und seine Elemente dann zur Bildung der einzelnen Kerne verwendet werden, in der Art, dass hier die sonst langsam verlaufenden wiederholten Theilungen des Keimbläschens auf einmal erfolgen. Eine solche Zusammenziehung der ersten Stufen in der Entwickelung harmonirt auch vortreftlich mit der überhaupt so enorm und abnorm gekürzten Ontogenese der Insekten.“
Die späteren Untersuchungen GRABER’s |64|, BROBRETZKY’S [34], Tıcmomirorr’s [159. 160], Brocnmann’s |33] und anderer haben es dann höchst wahrscheinlich gemacht, dass auch bei den dotterreichen Eiern die Furchungskerne durch Theilung des Eikerns entstehen. Sie fanden nämlich im Innern des Eies 2 resp. 4 Kerne, der ursprüngliche Furchungskern ist noch nicht bei dieser Art von Eiern gesehen worden. — Bei Musca konnte ich ein Gebilde finden, das ich für den Furchungskern halten muss, so dass also auch bei den dotterreichen Arthropodeneiern die Abstammung der Blastodermkerne von einem einzigen Furchungskern so gut wie sicher gestellt ist.
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Vor dem Auftreten der ersten Kerne ist aber im Ei das Keim- bläschen verschwunden, wie alle Beobachter angeben. Ueber die Art und Weise des Schwindens geben uns Ayrzs [3] und Wıuı |179] nähere Angaben. Nach beiden Forschern soll das Keim- bläschen des Eies, wenn letzteres ungefähr seine halbe Grösse er- reicht hat, aus dem Oentrum an die Oberfläche rücken. Dort ver- liert es, wie Ayres bei Oecanthus sah, seine Membran und seine ganze Kernsubstanz wird nun eine „finely granular homogenous cloud“, welche sich über den Dotter ausbreitet und sich so dem Blick entzieht. Nach Wırr, der Nepa untersuchte, sieht man an der Stelle des Keimbläschens, welches seine Membran verloren hat, „den hellen Inhalt des Keimbläschens in Gestalt rundlicher Tröpf- chen heraustreten, welche sich in dem Eiplasma einlagern und dem- selben in der Nähe des Keimbläschens oft ein netzartiges Aussehen verleihen.“ Wirt ist geneigt, dies Austreten mit der Dotterbildung in Zusammenhang zu bringen, besonders auch auf Untersuchungen an Käfern, Orthopteren und Fröschen gestützt. Wie weit dies be- rechtigt ist, müssen spätere Untersuchungen zeigen, mir selbst ist es sehr zweifelhaft geworden, wie denn ja auch die Entstehung von Follikelzellen und Nährzellen aus dem Eikern nach KorscHELT’s [93], WıerLowırsky’s [175] und meinen eigenen Untersuchungen sich als sehr zweifelhaft herausgestellt hat.
Zu erwähnen habe ich noch die Mittheilung BLocHmann’s [33], der kleine Kerne aus dem Keimbläschen von Camponotus und Vespa entstehen lässt, über deren Schicksal er sich nicht klar ist. Wie ich aber zeigen werde, handelt es sich hier nicht um wirkliche Kerne, sondern um Dotterkerne, welche am Keimbläschen gebildet werden.
Auf ähnliche Vorgänge werden vielleicht (?) die Beobachtungen von BaupIanı [13] an den Eiern von Geophilus zurückgeführt werden müssen.
Sonst ist mir aus der Literatur kein Beispiel bekannt, das auf den Austritt von irgend welchen Körpern aus dem Keimbläschen und Ei der Arthropoden hindeutete. Alle Beobachter (cf. Wir |177], Brass [41 J ]), haben sich vergebens bemüht, Richtungskörperchen oder etwas ähnliches hier zu constatiren, alle aber sind sich einig, dass das Keimbläschen an die Oberfläche steigt und dort Ver- änderungen durchmacht.
Man sieht also, dass es nicht uninteressant ist, das Keimbläs- chen der Arthropoden von seinem ersten Auftreten bis zu seinem
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E
Verschwinden, sowie das Erscheinen des ersten Furchungskernes in den Eiern dieser Thiere einmal genau zu verfolgen. Ich ging an die Beantwortung dieser Frage um so lieber, als mich die ganze Be- deutung der Reifungserscheinungen des Eies lebhaft interessirte und ich durch diese Untersuchung hoffte, vielleicht einen kleinen Theil zur Lösung dieser allgemeinen Frage beizutragen.
Es ist mir nun gelungen, an einer Reihe von Insekteneiern sicher einen Austritt von grossen Ballen aus dem Keimbläschen zu con- statiren, die sich nachher im Eiplasma auflösen. Später verschwindet das Keimbläschen vor unseren Blicken, bis wir endlich am oberen Eipol den Furchungskern wiederfinden.
Untersuchungsmethoden.
Wenn es möglich war, wurden die Objecte zuerst frisch in 3/4 %/ Kochsalzlösung untersucht und auch im frischen Zustand die Einwirkung von Reagentien verfolgt, besonders zum Hervortreten- lassen. des Kerngerüstes. Schwache Essigsäure und Methylgrün- essigsäure fanden hierbei Verwendung.
Bei den meisten Thieren, so fast bei allen Insekten ergab mir diese Untersuchung sehr wenig. Man kann eben nur die ganz jungen Eier untersuchen, da in den älteren zu viel Dotter abgeschieden ist. Hier giebt allein die Schnittmethode uns die gewünschten Auf- schlüsse, nur durch sie kann man in die feinen histologischen Details eindringen. A. SCHNEIDER [145 pg. 291] meint allerdings, dass man alles am frischen Präparat sehen könnte und dass das Schneiden völlig unnöthig wäre. Es liessen sich alle Verhältnisse an der lebenden Eiröhre beobachten. Diese Meinung können wir jedoch nicht theilen.
Es ist selbstverständlich, dass die Resultate niemals durch con- tinuirliche Beobachtung gewonnen werden konnten, denn einmal aus dem Mutterkörper herausgenommen, leben die Eier entweder gar nicht mehr oder doch nur eine äusserst beschränkte Zeit lang. Alle Resultate wurden also durch Schlüsse aus einzelnen Bildern erhalten, ein Bild musste immer auf das andere zurückgeführt wer- den, was für die Beurtheilung der Ergebnisse von Wichtigkeit sein dürfte.
Was nun die Behandlung der Eier und Ovarien anbelangt, so traten mir hier ziemlich viele Schwierigkeiten entgegen; die jungen Eier liessen sich leicht schneiden aber die älteren, dotterreichen, mit mehr oder weniger diekem Chorion versehenen, schrumpften stark
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und liessen sich schlecht durchtränken und schneiden. Bei allen Methoden stand mir mein Freund Herr Dr. J. van Rees mit Rath und That bei, wofür ich ihm meinen besten Dank nochmals aus- spreche.
Die Fixirung mit heissen Flüssigkeiten, wie Wasser, 33°/. Alko- hol, Sublimatlösung etc. ergab keine so guten Resultate, als man erwarten sollte. Der Dotter ward durch die Hitze etwas verändert, so dass er zu einer oft knochenharten Masse sich zusammenballte und sich nicht schneiden liess. Ich bin nach allen Versuchen immer wieder zu einer kalt concentrirten Sublimatlösung zurückgekommen. Die Länge der Sublimateinwirkung muss man herausprobiren, 5—10 Mimuten genügten völlig zur Fixirung. „Die Eier wurden dann aus- gewaschen, so dass alles Sublimat aus ihnen entfernt wurde, was sich noch beschleunigen lässt, wenn man dem Auswaschwasser einige Tropfen Jodtinetur hinzusetzt, bis letztere sich nicht mehr entfärbt. Die so fixirten Ovarien konnten nun sofort ohne Schaden in 70% Alkohol nach einiger Zeit m 95 %/ und endlich in absoluten Alkohol übertragen werden, in dem sie einige Tage verweilten. Wo es die (srösse der Eier irgend nur zuliess, habe ich die mit einem Chorion versehenen nach dieser Vorbehandlung mit einer äusserst feinen Präparirnadel angestochen, jedoch so, dass der obere Pol stets ver- schont blieb. Es erleichtert dies bedeutend das gute Eindringen der Flüssigkeiten. Von den schon abgelegten Eiern der Fliegen kann man leicht, wie dies WEISMANN [169] angiebt, sogar beim frischen Ei das COhorion abpräpariren. — Die Ovarien wurden nun auf mehrere Stunden in Chloroform gebracht (letzteres gab mir bessere Resultate als Benzin, Terpentin oder Toluol) und von dort aus in geschmolzenes Paraffin, in welchem ich sie je nach der Grösse 1—3 Tage lies. Durch einen Thermoregulator lässt sich das Pa- raffın in einem Oelbad leicht wochenlang auf der constanten Tem- peratur von ca. 55°0. erhalten. — Um das Paraffın nach dem Erkalten möglichst blasenfrei zu erhalten, muss man es so schnell als möglich m kaltem Wasser abkühlen.
Die Schnitte wurden mit einem .‚JunG’schen Mikrotom in der Stärke von „, — „; mm angefertigt (immer, wenn irgend möglich, voll- ständige Serien) und nach der Paun Mayer’schen Methode [108] mit Eiweissglycerm aufgeklebt. Letzteres muss man mösglichst dünn auftragen, damit die Eiweisschicht sich nicht mitfärbt. Wenn (die Eiweissmasse zu alt wird, so färbt sie sich leichter als in frischem Zustande.
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An Füärbemitteln ward fast alles Bekannte versucht, um, be- sonders in einigen Stadien, den Eikern sichtbar zu machen, doch ohne Erfolg. Er färbt sich eben nicht mit den gewöhnlichen Reagen- tien und ist deshalb, wenn er ganz amoeboid zerflossen ist, nicht nachzuweisen. Leider hat BLOCHMANN [33] seine „combinirte Färbungs- methode“, mit der ihm dies gelungen ist, noch nicht publieirt. Von den einfachen Farbstoffen gaben mir das GRENACHER’sche Boraxcarmin WEIGERT’s und Ranvier’s*) Pikrocarmm sowie die FLEMMInG’'sche Haematoxylinlösung (Heidelberger Recept)”") d’e besten Resultate.
Gradezu frappant wirkt oft eine Combination von Pikrocarmin und Haematoxylin. Man färbt schwach mit Pikrocarmin, wässert aus und behandelt nun die Schnitte mit Haematoxyln. Um den Farbstoff stärker hervortreten zu lassen, wird mit angesäuertem Alkohol ausgezogen bis die Präparate roth waren und dieselben darauf, bis die blaue Farbe wieder hervortrat, mn ammoniakalıischen Alkohol gebracht. Durch Entwässern in absolutem Alkohol und Ueberführen in Bergamottöl und Canadabalsam (in Xylol gelöst) wur- den die Präparate fertiggestellt. Die Haematoxylinfärbung ist bei dieser Behandlung an meinen Präparaten bis jetzt gut erhalten geblieben. — Die schönsten Resultate erhält man, wenn man ca. °/ı der Schnitte mit Pikrocarmin färbt, aber im Laufe der Färbung den Objectträger immer weiter aus der Farbe herauszieht, so dass man alle Abstufungen vom ungefärbten Schnitt bis zum ganz rothen bekommt. Mit dem Haematoxylin macht man es dann auf der anderen Seite des Object- trägers eben so. Man erhält so alle Nüancen zwischen roth und blau (v. Rees). Ueber die specielle Wirkung dieser Färbung siehe an den betreffenden Stellen; hier sei nur kurz erwähnt, dass sich das Keimbläschen in der Regel roth, das Plasma und die Follikel- zellen blau färben. Die Dotterkörner sind bisweilen noch etwas von der Pikrinsäure des Pikrincarmms gefärbt, so dass man sehr schöne differenzirte Bilder erhält (cf. Tafel X).
Von andern Üonservirungsmethoden ergab die FLEMMING’sche Chrom - essig- osmiumsäure mit nachfolgender Saffraninfärbung gute Resultate.
Die Fixirung durch 3 °/ige Salpetersäure, welche v. BENEDEN [23] empfiehlt, verändert hier den Dotter sehr; es treten grosse Vacuolen in ihm auf, so dass sie meistens nicht gut zu verwenden
*) Zu beziehen von Apotheker ‚JEHL in Strassbure. **) ef. Zeitschr. für wiss. Mikroskopie Bd. I.
115] Die ReirunG DES ARTHROPODENEIES. 15
ist. Die Substanz des Keimbläschens wird etwas grobkörniger bei dieser Behandlung, als bei Conservirung mit Sublimat.
Ich werde bei der folgenden Beschreibung der Reifung und Bildung der Eier in systematischer Reihenfolge vorgehen und mit den Insekten beginnen. Die Beobachtungen über Spinnen, Myriapoden und Peripatus sind etwas fragmentarisch, sie wurden mehr zum Vergleich herangezogen. Im folgenden Theil werde ich dann die Resultate zusammenfassen und Schlüsse aus ihnen ziehen.
II. Beobachtungen.
A. Insekten.
Die weiblichen Geschlechtsorgane und besonders die Ovarien der Insekten sind schon so häufig beschrieben, dass es für unsere Zwecke unnöthig erscheint, nochmals eine Schilderung derselben zu entwerfen. Genaue Angaben findet man in den Arbeiten von Jon. Mürrer [117], F. Stem [155], Franz Leyvie [102], Au. Branpr 35. 36. 38], Lupwıs [106], WALDEYER [167] und vielen anderen Forschern. Zur Orientirung sei hier nur daran erinnert, dass das Ovarium jederseits aus mehreren Eiröhren besteht, von welchen jede mit dem Endfach (Keimfach) beginnend, successive immer weiter ausgebildete Eier enthält. Die Eier sind stets von Follikelepithel umgeben und reihen sich entweder direkt aneinander (Orthopteren |Rhynchoten]) oder sind durch eine mehr oder weniger grosse An- zahl von Nährzellen von einander getrennt (Coleopteren, Lepidopteren, Neuropteren), welche allmählich zum Aufbau der Eier resorbirt werden. Die eigentlichen Eiröhren münden jeweils mit dem „Eierkelch“ in den „Eiergang“, welcher sich mit dem der anderen Seite zu dem „Eileiter“ (Oviduct) vereinigt (STEIN). In diesen münden gewöhnlich ein oder mehrere Receptacula seminis, häufig auch noch einige Kittdrüsen (Glandulae sebaceae) zur Befestigung der Eier.
Carabus nemoralis und auratus. Tafel V, Fig. 1—25. — Tafel X, Fig. 234—236.
Ich beginne mit der Schilderung der Eier in der unteren Hälfte des Endfaches, wo sie sich aus den Keimzellen oder Ooblasten |Wıruv] differenzirt haben. Während man im oberen Theil des End- faches nur gleichartige Kerne in eine gemeinsame Protoplasmamasse eingelagert findet, haben sich hier einige von diesen Kernen mit einem
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besonderen Plasmahof umgeben. Sie haben gewissermassen als Attrac- tionscentra gewirkt und das Plasma um sich bedeutend verdichtet; dies färbt sich durch Carmin und Haematoxylin bedeutend dunkler als das allgemeine Plasma des Syneitiums. Schon hieran lassen sich die zukünftigen Eier erkennen; aber auch ihr Kern hat Veränder- ungen erfahren. Bei den Keimzellen, oder besser Keimkernen färbt sich die Kerngrundsubstanz (PFITZxEr |127]) oder der Kernsaft be- deutend dunkler als das umgebende Plasma, die chromatische Sub- stanz ist in ganz charakteristischer Weise in ihnen vertheilt: an der Peripherie liegt ein ganzer Kranz von grossen Brocken und einer, der sich gewöhnlich etwas durch seime Grösse auszeichnet, befindet sich im Centrum.
(senau dieselbe Anordnung lässt sich nun auch im den jüngsten Eizellen constatiren |cf. Fig. 1, a], die Kerngrundsubstanz derselben aber ist bedeutend heller gefärbt als die der Keimkerne, sie ist so- gar gewöhnlich ganz farblos. Bei Doppelfärbung nimmt sie stets den rothen Farbstoff an, wodurch schon die jüngsten Eikerne zu er- kennen sind”). Auch noch durch seine Grösse zeichnet sich der Eikern aus. Es macht beinahe den Eindruck, als sei er gewachsen und habe so seinen Inhalt verdünnt, was natürlich in Wirklichkeit nicht der Fall ist.
Während die Keimkerne 4 w. gross sind, hat der jüngste be- obachtete Eikern eine Grösse von 6 1.
Der Eikern wächst nun offenbar sehr rasch, man findet zuerst immer noch den centralen und die peripheren Chromatinkörper, aber Letztere scheinen gar nicht mit zuzunehmen, relativ wenigstens nehmen dieselben ganz bedeutend ab. Die Grundsubstanz des Eikernes bleibt bis zum Verschwinden desselben immer hyalin, höchstens zeigt sie eine feine Körnung wie geronnenes Eiweiss, was besonders bei Salpetersäureconservirung hervortritt.
Die peripheren Ohromatinkörper scheinen immer mehr abzuneh- men oder sie ballen sich zusammen und rücken ins Centrum des Kernes, wenigstens findet man an grösseren Eiern, deren Kern 24 u. gross ist, gar keine färbbaren Partikel mehr an der Peripherie, wäh- rend im Innern, gewöhnlich excentrisch, sich ein Haufen derselben be- findet. Wenn das Ei sich soweit entwickelt hat, kann man eigent- lich erst von Keimbläschen reden, hier erst hat der Kern eine deut- liche Bläschenform angenommen. Eine doppelt contouirte Membran
*) Dies Verhalten wurde auch von KoRsCHELT eefunden.
117] DiıE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 17
lässt sich aber nie constatiren, das Eiplasma ist höchstens an der Peripherie des Keimbläschens etwas dichter.
Auf Tafel V, Fig. 1—5 sind diese Verhältnisse sichtbar. Die Praeparate sind mit Sublimat conservirt und zeigen einen vorzüg- lichen Erhaltungszustand des Gewebes, so dass es sich hier nicht um Kunstproducte handeln kann.
Ein Kerngerüst ist bei dieser Behandlung nicht zu sehen, doch zweifele ich nicht, dass em sehr femes Gerüst vorhanden ist, wie ich es weiter unten bei den Eiern von Periplaneta beschreiben werde. Im lebenden Zustand ist jedenfalls nichts davon zu sehen.
Zu gleicher Zeit mit den Eizellen differenziren sich die Epithel- zellen und Nährzellen aus den Keimkernen heraus, auf welchen Vor- gang ich nicht näher eingehen will. Ich möchte nur noch bemerken, dass die Nährzellen überall dort, wo sie auftreten, sich durch ihren Reichthum an Chromatin auszeichnen, das m unzähligen kleineren, durch schöne Gerüstfäden verbundenen Brocken auftritt. Die Kerne des Follikelepithels haben noch bei grossen Eiern sehr viel Aehnlich- keit mit den Keimkernen. Niemals habe ich, wie Wınn das bei Notonecta und Nepa [178, 179], Barsıası [13] bei Myriapoden und For [59, 60] bei Ascidien beobachtet haben wollen, den Aus- tritt von chromatischen Körnern aus Keimkernen oder Keimbläschen gesehen, ebenso wenig wie KorscHELt |93] dies bei vielen In- sekten nachweisen konnte.
In der weiteren Entwickelung bildet sich nun ein Keimfleck heraus. Es ist sehr schwer zu entscheiden, ob der Haufe von chro- matischen Körnern zu einem grossen Ballen zusammenschmilzt, oder ob sich eines, wohl das ursprünglich central gelegene, zum Nucleolus ausbildet oder endlich ob letzterer eine ganz neue Bildung ist. Die zweite Möglichkeit scheint mir die wahrscheinlichere, für sie spricht auch das Verhältniss, wie wir es in dem in Fig. 6 abgebildeten Keim- bläschen sehen. Doch kann man durch Deutung einzelner Bilder hier wohl keine sicheren Aufschlüsse erlangen, dazu wäre continuir- liche Beobachtung erforderlich. Die meisten Brocken verschwinden eben, bis nur ein grosser, der Keimfleck übrig bleibt. Diesen Vor- sang sehen wir in Fig. 6—9 dargestellt. (In Fig. s—10 ist der Ver- einfachung halber das Follikelepithel fortgelassen.)
Die Bildung der Eizelle bei Carabus auratus weicht von dem eben geschilderten Verhalten nur sehr wenig ab. Die Keimkerne sind denen von C. nemoralis ganz gleich gebildet, höchstens um ein klein wenig kleiner. Auf Tafel V, Fig. 15 sind einige der
Berichte 1886. Heft 5. 2 (9)
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jüngsten Eizellen abgebildet. Bei a haben wir noch periphere und centrale Chromatinkörner ım Kern, bei b sind erstere verschwunden, während sich ım Centrum eine ganze Anzahl von Körnern findet. In dem Eikern e endlich ist schon der Nucleolus fast völlig gebildet und die kleineren chromatischen Körper verschwunden. Das ın Figur 19 abgebildete Ei zeigt uns das normale Keimbläschen mit einem grossen Kernkörperchen.
Wir sehen also hieraus, dass bei C. auratus die Umwandlung des Keimkerns zum Keimbläschen bedeutend früher als bei C. ne- moralis vor sich geht. Während bei diesem der fertige Nucleolus erst gebildet ist, wenn das Ei ca. 0,3 mm lang ist (die Grösse schwankt etwas), hat derselbe bei jenem schon in Eiern von 0,055 mm Grösse seine definitive Form erreicht.
Ich kehre wieder zu CE. nemoralis zurück. Solange im Ei noch kein Dotter ausgeschieden ist, hat der Nucleolus seme runde Form beibehalten, oft gehen von ihm feine Fäden aus. In einem Falle (Fig. 9) hatte der Nucleolus durch diese Fäden eine sonnen- förmige Gestalt angenommen. Ob diese Fäden Rudimente eines Kernnetzes oder Kunstproducte sind, lässt sich schwer entscheiden.
Wenn aber schon Dotter ausgeschieden ist, hat der Nucleolus fast stets eine Form, die auf das Täuschendste emer Eichel gleicht. So findet man ihn sowol in Keimbläschen, welche noch im Eicentrum liegen, als auch im solchen, welche m der Wanderung nach der Peripherie begriffen smd (Fig. 11. 12).
Wir sehen an dem Nucleolus einen helleren, völlig homogenen Theil und einen dunkler gefärbten, welcher fein granulirt ist und wie mit eimer Menge von winzigen Vacuolen durchsetzt erschemt. Dieser dunklere Theil umgreift wie die Cupula einer Eichel den helleren Theil. Um die Formähnlichkeit ganz zu vollenden, sitzen häufig auf der Kuppe der homogenen Hälfte noch einige dunkle Körnchen, gewissermassen die scharfe Spitze der Eichelfrucht (Fig. 12). Auf einem Aequatorialschnitt (Fig. 10) sieht man nun, dass der dunklere Theil eine Zone um den helleren Theil bildet. Das Ganze macht den Eindruck, als sei ursprünglich ein hellerer Kern von einem dunkleren Mantel umgeben, letzterer an einer Stelle geplatzt, dann zurückgeschnellt und habe so an der Stelle, wo er zuerst auf- gerissen, noch einige Theile zurückgelassen. Aus Querschnitten habe ich mir nun auch den Längsschnitt durch einen solchen Nucleolus construirt (Fig. 13). — Das Keimbläschen zeichnet sich hier durch seine enorme (srösse aus, es ist mit blossem Auge ganz gut als
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heller Punkt im Schnitt zu erkennen (Keimbläschen ca. 195 »., Keimfleck 67,5 »). “@anz ähnliche Nucleoli beschreibt FLEMMING *) von Liamellibranchiateneiern; bei Kaninchen soll er bisweilen ähn- lich sein, ebenso hat O. Herrwiıc [77] dasselbe bei Helix, Tellina, Ascidia intestinalis, Sphaerechinus brevispinus und Astra- eanthion beobachtet. Eine solche Form des Keimfleckes scheint also im Thierreich ziemlich weit verbreitet zu sein.
Der Dotter beginnt jetzt mächtig im Ei sich auszuscheiden, zuerst in kleineren Kugeln, die nachher zu grösseren zusammen- fliessen. Das ganze Eı nimmt sehr an Grösse zu. Das Keimbläs- chen rückt nun allmählig gegen die Peripherie. Man findet es in einem 2,1mm grossen Ei schon ganz nahe derselben (Fig. 12. 14). Es hat noch seine völlig kugelrunde Gestalt beibehalten und liegt einer langen Seite des Eies an, dem obern Pol desselben genähert. Das Ei hat auf diesem Stadium schon eine feine Dotterhaut abgeschieden (Fig. 12. 15. d h.). In einem ziemlich viel grösseren Ei (Länge 3'/s mm, Fig. 16) finden wir das Keimbläschen relativ noch an der- selben Stelle liegen, aber es ist nach der Peripherie des Eies ab- geplattet. Grade an der Abplattungsstelle war die Dotterhaut des Eies etwas abgehoben und es fanden sich dort mehrere homogene Kugeln, die allerdings den Dotterballen ziemlich glichen. Wenn man aber in Betracht zieht, was ich weiter unten bei vielen anderen Insekten beschreiben werde, so kann man die Möglichkeit nicht aus- schliessen, dass dieselben aus dem Keimbläschen stammen. Einen Nucleolus konnte ich in diesem Kermbläschen ebenso wenig ent- decken wie m dem folgenden. Doch ist es nicht absolut aus- geschlossen, dass hier ein Schnitt ausgefallen ist. In emem noch etwas älteren Ei (Fig. 17) fand ich das Keimbläschen an der der Eiperipherie zugekehrten Seite völlig eingebuchtet und in der Bucht verwaschene, scheinbar in Auflösung begrittene Ballen liegen, die sich von den Dotterkugeln durch ihre ein wenig dunklere Färbung unterschieden. Wie schon erwähnt, war auch hier ein Nucleolus nicht vorhanden. Das Bläschen hatte nach dem Eimnern zu noch eine ziemlich scharfe Contour, doch war letztere an der Bucht sehr verwischt. Es machte den Eindruck, als wenn femme Plasmakörnchen des Eies im Begriff wären, in das Keimbläschen einzudringen. Man sieht also, dass man es hier nicht mehr mit einem regelrechten Keimbläschen zu thun hat, sondern dass dasselbe schon ziemlich
*) No. 56, pag. 149.
Ix (9*)
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stark verändert ist. In grösseren Eiern war es mir nicht möglich, auch nur eine Spur eines Keimbläschens oder Eikerns aufzufinden. Bei ©. auratus war es in einem um ein Geringeres grösseren Ei noch vorhanden.
Das Verschwinden des Keimfleckes lässt sich bei C. auratus besser verfolgen ; das Eichelstadium habe ich hier nicht beobachtet. Der Keimfleck erscheint uns stets als eine völlige Kugel, in der höchstens einige kleine Vacuolen zu sehen sind. Beim Heran- wachsen des Eies wächst auch das Keimbläschen und der Nucleolus bedeutend, wie aus den Figuren ersichtlich ist. Der Nucleolus legt sich an die Peripherie des Keimbläschens, und in seiner Nähe treten mehr oder weniger kleme Chromatinkugeln auf, während der Nu- cleolus selbst kleimer zu werden scheint. In Fig. 20—22 habe ich 3 Keimbläschen abgebildet, aus denen dies Verhalten hervorgeht.
Während m Fig. 20 und 21 noch der Nucleolus durch seine (Grösse kenntlich ist, ist er in dem Fig. 22 abgebildeten Keimbläs- chen gar nicht mehr zu unterscheiden. Was aber aus den kleinen Ballen wird, ist mir nicht klar geworden. Manchmal schien es (Fig. 21), als ob ein Kügelchen aus dem Keimbläschen auswandern wollte; bei genauerer Untersuchung zeigte sich aber stets, dass das- selbe durch das Schneiden von der Stelle gerückt war und ein klein wenig über der Ebene des andern lag. Thatsache ist jedenfalls, dass die kleinen Kugeln erst zu etwas grösseren zusammenfliessen und dass diese endlich aus dem Keimbläschen geschwunden sind. Das deutet jedoch noch immer nicht darauf hin, dass dieselben nun auch herauswandern und dort zu Epithelzellen, Dotterkernen oder dergleichen werden müssen. Sie können sich ebenso gut auflösen oder in ihrer chemischen Zusammensetzung verändern, so dass sie sich nicht mehr färben. — Immer scheint dieser Prozess nicht so früh vor sich zu gehen, denn ich habe ein grösseres Ei und peripherischer Keimbläschenlage beobachtet, in welchem noch ein deutlicher Nucleolus lag, während sonst der Zerfall schon im Eiern von 0,5 mm Länge beginnt. ‚Jedenfalls scheint mir bei beiden Arten von Carabus ein Stadium vorzukommen, wo im Keimbläs- chen absolut keine färbbare Substanz nachzuweisen ist. Ich werde auf diesen Punkt später noch einmal zurückkommen.
In dem fast völlig ausgebildeten Ei von ÜÖ. auratus (Fig. 23), das schon im Eiergang liegt und ein fertiges Chorion hat, findet man keine Spur eines Keimbläschens. Ich habe mehrere Eier in sehr sorgfältige Serien zerlegt und nichts auffinden können. Das
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ganze Ei ist mit grösseren und kleineren Dotterkugeln von 2—12 u. Grösse angefüllt, von denen die grösseren stark gekörnelt erscheinen. Oft macht es sogar den Eindruck, als ob kleine Vacuolen in ihnen enthalten wären (Taf. X, Fig. 236). Am oberen Pol des Eies findet man an der Peripherie gewöhnlich mehrere Flecke, die sich stark mit Carmin und Haematoxylin färben. Sie haben eine Grösse von 6—25 u. und liegen meistens der Dotterhaut hart an oder doch wenigstens in ihrer Nähe; bald sind sie abgeplattet, bald rund, bald auch ganz amoeboid zerflossen (Tafel X, Fig. 234). Die Dotter- körner selbst färben sich nur ganz schwach violett. Auf den ersten Blick scheint man es hier mit kernartigen Gebilden zu thun zu haben, nähere Betrachtung mit starken Oelimmersionen (Zeiss !/ıs) lehrt uns, dass dasselbe Anhäufungen von feinen färbbaren Partikeln sind, welche im Allgemeinen zwischen den Dotterballen der peri- pheren Schicht zerstreut liegen.
In Fig. 235 sehen wir, wie sich an einer Stelle die feinen blauen Körnchen, welche in der Peripherie stark, im Centrum des Eies weniger zahlreich zwischen der Dotterballen vertheilt liegen und welche wol als Eiplasma aufzufassen sind, angesammelt haben. In Fig. 236 hat solch em Fleck bedeutend an Ausdehnung gewonnen. Es hat den Anschein, als ob die Dotterkugeln in seiner Umgebung aufgelöst und theilweise mit in seine Substanz umgewandelt würden, wenigstens sieht man im Innern und an der Peripherie des Fleckes Vacuolen von der Grösse der Dotterkugeln. Etwas weiter von dem Fleck entfernt, finden sich noch ganz blasse Kugeln; es scheint sich hier um einen Auflösungsprozess zu handeln. Ich glaube, ich gehe nicht fehl, diesen Vorgang als das erste Auftreten des Keim- hautblastems (WEISMANN) zu bezeichnen, wenn ich das auch nicht beweisen kann. Um eine Kernsubstanz handelt es sich auf keinen Fall.
Wenn ich noch einmal kurz die Beobachtungen über Carabus zusammenfasse, so handelt es sich um Folgendes:
Aus den Keimkernen des Endfaches differenziren sich die Keim- bläschen heraus, imdem die chromatische Substanz bis auf einen Nucleolus, Keimfleck, schwindet.
Das Keimbläschen, das Anfangs central lag, rückt an die Peripherie des Eies, plattet sich dort ab, verliert seinen Nucleolus und scheidet vielleicht Ballen nach der Peripherie des Eies hin aus.
Im reifen Ei ist keine Spur vom Keimbläschen oder Eikerü mehr aufzufinden.
22 STUHLMANN: [122
Pterostichus elatus.
Von dieser Form habe ich nicht viel Neues zu berichten, da die Vorgänge am Keimbläschen denen bei Carabus sehr ähn- lich sind.
Das grosse Keimbläschen junger Eier sieht dem von Carabus ganz gleich; es hat einen grossen Nucleolus, der sich, wie bei Ö. auratus, schon früh bildet. In dem Ei, das in seinem ganzen Innern schon stark mit Dotter angefüllt ist, finden wir das Keim- bläschen zuerst excentrisch, später liegt es dann ganz der Wand des Eies an. Niemals ist auf diesem Stadium eine Spur von einem Nucleolus zu entdecken; in dem ganzen Keimbläschen färbt sich nichts. In völlig reifen Eiern ist von einem Keimbläschen nichts mehr nach- zuweisen.
Die ganze Umwandlung des Keimbläschens schliesst sich am meisten an die von Carabus auratus an.
Dytiscus marginalis.
Tafel V, Fig. 24—30.
Bei dieser Form habe ich zwei sich ziemlich stark von emander unterscheidende Keimbläschenmetamorphosen erhalten, von denen eine wohl auf künstliche Eimwirkungen der Reagentien zurückzu- führen ist. Eine Serie von Schnitten durch Dytiscus-Ovarien stellte mir Herr Dr. KORSCHELT zur Durchsicht zur Verfügung; bei diesen zeigten sich in allen Eiern die Keimbläschen mit äusserst stark gefärbter chromativer Substanz erfüllt. Bei meinen eigenen Schnitten aber war in den Keimbläschen so gut wie nichts von Chromatin zu entdecken. Wahrscheinlich ist hier dasselbe aufgelöst durch irgendwelche Reagentien, vielleicht hing es aber von der Natur der verschiedenen Individuen ab. Ich werde mich im Allgemeinen den Bildern anschliessen, wie sie Dr. KORSCHELT’s Praeparate mir zeigten.
In jungen Eiern von 0,l1lmm Länge ist das Keimbläschen ein 0,04 mm grosses Bläschen, das von einer sehr feinen Plasmamasse angefüllt ist. Im Innern befindet sich ein grosser Ballen chroma- tischer Substanz, welcher sich ausserordentlich intensiv färbt; der- selbe füllt das Keimbläschen bis auf eine Randzone aus (Fig. 24). Der Chromatinballen ist nicht homogen; er besteht aus einer Menge von grösseren oder kleineren Körnern, die, sehr dicht aneinander- liegend, zusammen die Form eines Ballens von unregelmässiger Con- tour annehmen.
123] DıE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 23
Das nächste Ei zeigt das Keimbläschen noch an derselben Stelle im Centrum liegen, doch hat es eine amoeboide Gestalt an- genommen, der Rand zeigt an einigen Stellen stumpfe breite Fort- sätze (Fig. 25). Der grosse Chromatinballen hat sich etwas ver- klemert, es haben sich mehrere Partikel von demselben abgelöst, welche nun daneben liegen. Dieser Prozess ist noch viel weiter fortgeschritten in dem Ei, das in Fig. 26 abgebildet ist. Das Keim- bläschen ist schon in die Länge gestreckt und in der Mitte etwas eingebogen, so dass es bisquitförmig geworden ist; es hat hier schon eine Länge von 0,125 mm. Die Chromatinmasse hat sich in eine grosse Anzahl einzelner, klemer Brocken aufgelöst, welche das ganze Centrum des Keimbläschens durchsetzen, während die peripherische Schicht desselben von ihnen frei bleibt. — Jetzt fängt das Chromatin an, allmählig zu schwinden und zwar zuerst am oberen Pol.
Figur 27 zeigt das obere Ende eines 0,796mm langen Kies,
welches bei «a einen grossen Plasmafortsatz zwischen die Nährzellen gestreckt hat. Ganz an diesem Pol, dicht unter dem Fortsatze des Eies liegt nun auch der obere Pol des enorm grossen Keimbläs- chens (0,29 mm lang). Dasselbe ist ganz m die Länge gezogen, so dass es den Eindruck macht, als ob es activ sich nach dem oberen Eipol ausgedehnt hätte, von wo dem Ei entschieden eine Menge von Nahrung zugeführt wird, oder als ob das Ei, indem es seinen Plasma- fortsatz zwischen die Nährzellen sandte, dasselbe comprimirt und so in die Länge gedehnt hätte. Am oberen Pol ist das Keimbläschen ganz scharf contourirt, am unteren dagegen ist es etwas wellig aus- gebuchtet. Das CUhromatin hat sehr abgenommen; es ist in kleine Brocken zerfallen, die am unteren Pol bedeutend zahlreicher liegen als am oberen. Figur 28 zeigt das Keimbläschen eines noch etwas älteren Eies bei derselben Vergrösserung. Es ist bedeutend gewachsen, das Ühromatin hat noch mehr abgenommen, so dass der obere Pol fast vollständig von demselben befreit ist. Das untere Ende des Keimbläschens, das schon im vorigen Stadium etwas un- regelmässig begrenzt war, zeigt hier eine Menge von ganz spitzen Fortsätzen. Wenn wir uns den Rand eines solchen Keimbläschens mit stärkerer Vergrösserung betrachten, so zeigt sich, dass die ganze Kernsubstanz feinkörnig erscheint, dass aber die äussersten Spitzen oder Fortsätze völlig hyalin sind (Fig. 29). Es findet also hierwohl das Ausstrecken der amoeboiden Fortsätze geradeso wie bei den wirklichen Amoeben statt, erst wird ein hyalmer Fortsatz ausgestreckt, in welchen dann die Körnchen nachströmen. Die
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grösseren Ohromatinkugeln enthalten kleine Vacuolen. Niemals habe ich ein Auswandern von Körnchen beobachten können, kein einziges Bild lässt darauf schliessen.
Bei allen bis jetzt beschriebenen Eiern ist noch kein Dotter im Eiplasma ausgeschieden.
Bei dem nächsten Ei, das in semer ganzen Ausdehnung schon feine Dottermolekel enthält, zeigt sich das Keimbläschen noch im Centrum gelegen. Aeltere Eier waren in dieser Serie nicht vor- handen, an welchem etwas zu sehen war.
An meinen eigenen Schnitten zeichnet sich das Keimbläschen, wie schon bemerkt, durch den Mangel an Chromatin aus, auch ist es stets ziemlich viel kleiner als bei Korschkrr’s Präparaten.
Die langgestreckte Form habe ich auch nicht beobachtet, es war stets mehr kreisrund, zeigte jedoch die spitzen zackigen Fort- sätze in ganz derselben Weise, wie ich oben beschrieben habe.
Hier habe ich auch noch bei einem Ei von 2,74mm Länge einen Kern beobachtet (Fig. 30). Derselbe lag an der Peripherie, ungefähr in halber Höhe des Eies, etwas mehr dem oberen Pol ge- nähert. Das Ei war völlig mit grossen Dotterballen angefüllt,, die sich leicht rosa färbten (Carminpräparat). Einige derselben, welche in der Nähe des Keimbläschens lagen, zeichneten sich durch bräun- liche Färbung und starke Granulirung aus (Fig. 30, «). Ueber ihre Entstehung weiss ich jedoch nichts Näheres anzugeben. Das Keim- bläschen ist als solches ganz verschwunden, es hat sich in einen amoeboiden Kern verwandelt, der einen kleinen Nucleolus besitzt und dessen Grundsubstanz ziemlich starkkörnig ist. In seiner grössten Ausdehnung ist der Kern 171 » lang.
Es folgt hieraus, dass zwischen dem vorigen und diesem Stadium das Keimbläschen grosse Umwandlungen erfahren haben muss. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese an der Peripherie des Eies vor sich gegangen, denn so lange das Keimbläschen im Eicentrum lag, hatte es stets noch Bläschenform, hier aber, an der Peripherie ge- legen, ist es völlig verändert, ist zum Eikern geworden.
In noch grösseren Eiern (das vorige hatte kaum seine halbe definitive Grösse erreicht) ist nichts mehr von einem Kern nach- zuweisen. Derselbe ist völlig zwischen den grossen Dotterballen ver- schwunden.
Dieser Vorgang scheint mir zu beweisen, dass die Reifung, d. h. die Umwandlung des Keimbläschens zum Eikern, mit dem Verschwinden desselben nichts zu thun hat. Ersteres geschieht viel
1 25] DıE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 95
früher an der Peripherie des Eies, wie sich fast bei allen Formen direkt nachweisen oder erschliessen lässt.
Silpha atrata und sinuata. Tafel V Fig. 31—35, Tafel X Fig. 237 und 238.
Bei der Gattung Silpha erleidet das Keimbläschen höchst seltsame Umwandlungen, welche in beiden Formen der Gattung gleich sind. Ich werde also bei der Beschreibung mich nicht an eine besondere Art halten.
(ranz frappant sind hier wie bei Necrophorus die Resultate, die man durch die oben beschriebene Doppelfärbung mit Pikrocarmin und Haematoxylin erhält. Man erzielt dadurch Bilder, wie sie auf Tafel X Fig. 237 und 238 dargestellt sind, wobei ich bemerken möchte, dass die Farben keineswegs übertrieben sind; oft sind die Unterschiede noch greller. Das Keimbläschen zeichnet sich von seinem ersten Auftreten an durch seine rothe Farbe aus, wogegen das Eiplasma dunkelblau erschemt. Wenn der Dotter auftritt, so ist der Unterschied nicht mehr so frappant, doch ist auch dann das homogene, amoeboid zerflossene Keimbläschen von dem sich etwas mehr violett färbenden Dotter gut zu unterscheiden.
In den jüngsten Eizellen, welche im unteren Theil des End- faches liegen, zeichnet sich das Keimbläschen schon bei ganz flüch- tiger Betrachtung durch seine rothe Farbe aus, während die Kem- zellen und Follikelzellen blau sind. In Fig. 31 Tafel V sind die jüngsten Eier abgebildet. Dieselben haben em gleichmässig fein- körniges Plasma, die Grundsubstanz des Keimbläschens ist völlig homogen, leicht rosa gefärbt und der Nucleolus, der sich hier sehr blass färbt, wurde stets nur in der Einzahl beobachtet. Bei a liegen die Eizellen noch m dem Syneitium des Keimfaches eingebettet, bei h hat sich aber um das Ei schon ein Follikelepithel ausgebildet, das sich durch seine langgestreckten Kerne auszeichnet. Diese längliche Form der Follikelkerne macht sich in älteren Eiern nicht mehr bemerkbar. (Der Schnitt durch dieses Ei ist etwas schief gefallen.) Das Keimbläschen, das sonst noch dieselben Eigenschaften wie in den ganz jungen Eiern hat, ist etwas amoeboid geworden, es sendet einige stumpfe Fortsätze aus; von einer Membran ist auch nicht die leiseste Spur wahrzunehmen.
(ranz ähnlich finden wir noc') das in Fig. 32 dargestellte Stadium. Das Ei ist bedeutend gewachsen und mit ihm das Keimbläschen,
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sowie der Keimfleck; die amoeboiden Bewegungen treten etwas stärker auf. Das Ei hat hier eine Grösse von 106 u, das Keimbläschen von 16 » und der Keimfleck von 4 u.
Das nächste Ei bietet uns nun schon einen ganz anderen An- blick dar. Das Keimbläschen ist bedeutend gewachsen und dem oberen Eipol genähert. Es ist derartig zerflossen, dass es den Ein- druck macht, als ob eine dünnere, rosa Flüssigkeit in eine zähe blaue hineingegossen wäre und dieselbe auseinander getheilt hätte. In Fig. 237 Tafel X ist das Ei bei schwächerer Vergrösserung abge- bildet, Fig. 238 zeigt das stärker vergrösserte Keimbläschen, wenn man es überhaupt als Bläschen bezeichnen darf.
Am oberen Pol des Eies, das ohne Follikelepithel 0,4mm lang ist, ist schon ein wenig Dotter ausgeschieden, wenigstens färbt sich das Eiplasma weniger intensiv blau; es ist aber auch möglich, dass wir es hier nur mit einer Vacuolenbildung zu thun haben, wodurch das Plasma gewissermassen eine netzige Structur annimmt. Der eigentliche Dotter scheidet sich nämlich später vom Follikelepithel aus, zuerst besonders an den langen Seiten des Eies.
Das Keimbläschen, das in seiner grössten Ausdehnung eine Länge von 105 » erreicht hat, ist gegen den oberen Eipol ab- geplattet, nach unten aber streckt es zwischen das Eiplasma einen langen Fortsatz aus, der seinerseits wieder ganz spitze Zacken zwischen das Plasma schickt (cf. Fig. 238). Wie sehr zerflossen es in allen Ebenen ist, kann man auch daran erkennen, dass bei a noch em Plasmatheil des Eies mit in den Schnitt gefallen ist, der hier schein- bar ganz isolirt liegt, aber natürlich in anderen Schnitten mit dem Eiplasma zusammenhängt.
Die Grundsubstanz des Keimbläschens ist äusserst fein granu- lirt, wie sehr feines, geronnenes Eiweiss. Ausser dem Nucleolus, der eme Grösse von 18 u hat und viele Vacuolen von verschiede- ner Grösse enthält, liegen im Kernplasma noch eine Anzahl kleiner, sich violett färbender Kugeln von 1—4 p. Durchmesser. Ob die- selben aus dem Nucleolus stammen oder ob sie als Paranucleolen des Kerngerüstes aufzufassen sind, weiss ich nicht. Bar»Bıanı be- schreibt bei Phalangium [11], dass der Nucleolus Vacuolen enthält, welche an die Oberfläche rücken, dort platzen und ihren Inhalt in das Keimbläschen übertreten lassen. Obgleich nun die Vacuolen hier bei Silpha eine ganz ähnliche Farbe wie diese kleinen Kugeln haben, so glaube ich doch nicht, dass letztere aus dem Inhalt der ersteren gebildet sind, doch lässt sich auch das Gegentheil nicht beweisen.
127] Die REiruUnG DES ARTHROPODENEIES. 27
Diese amoeboiden Bewegungen des Keimbläschens nehmen nun noch immer zu, so dass dasselbe sich von einem Eipol zum anderen erstreckt (Fig. 33). Am oberen Pol ist es bedeutend breiter als am unteren, von allen Stellen scheinen feine Fortsätze ausgehen zu können. Es erinnert diese colossale Beweglichkeit ganz an Weis- MANN’S Schilderung des Furchungskernes bei den Gallwespen [171]. Bis jetzt war im Ei noch nichts von Dotter zu sehen.
Die Dotterballen treten nun zuerst am unteren Pol und an den Längsseiten des Eies auf und rücken allmählich nach dem Centrum des Eies vor. So lange das Eiinnere in der Umgebung des Keim- bläschens noch frei von ihnen ist, zeigt das letztere noch seine fabelhaft amoeboiden Bewegungen, wie man in der Figur 34 (Taf. V) sehen kann.
Der Nucleolus liegt noch an derselben Stelle, wie vorhin, näm- lich am oberen Pol. Dort ist auch das Keimbläschen etwas weniger stark zerflossen als am entgegengesetzten Ende, wo es zum Theil geradezu zerfranst ist und den Eindruck macht, als ob seine Sub- stanz ganz zwischen die Dotterkörnchen hineintliessen wollte. Das untere Ende aber ist in dem Ei, das Fig. 34 abgebildet ist, noch beinahe ebenso breit wie das obere. ‚Je mehr Dotter nun im dem Ei ausgeschieden wird und je mehr derselbe dem Eicentrum näher- rückt, desto schmäler wird der untere Teil des Keimbläschens, gerade als ob der vorrückende Dotter in die Keimbläschensubstanz sich hinempresste. Am oberen Pol ist noch em ziemlich grosses Stück des Eikerns nebst Nucleolus gelegen, ganz dem Follikelepithel angeschmiegt. Nach unten ist aber auch dieser in ganz feine Fransen aufgelöst; mit diesem Theil geht entschieden derselbe Process vor sich, welcher den unteren Theil schon beinahe zum Verschwinden gebracht hat. Dieser letztere ist in Fig. 35 schon ganz von dem oberen losgelöst und besteht nur noch aus einem äusserst feinen Streifen homogener Substanz, welche sich wie das Keimbläschen ganz hell- roth färbt. Diese beiden Figuren 34 und 35 scheinen mir geradezu ein Beweis dafür zu sein, dass durch die allmähliche Anhäufung des Dotters das Keimbläschen zum Schwinden gebracht wird, d. h. seine Substanz zwischen die Dotterballen aufgenommen wird, wo dieselbe natürlich nicht mehr nachweisbar ist. Zugleich kann man aber auch hieran sehen, dass das amoeboide Zerfliessen, das mit dem endlichen Verschwinden endigt, mit der eigentlichen Reifung nichts zu thun hat; diese geschieht wohl erst, wenn das Keimbläschen an der Peripherie liegt. Die Dotterauscheidung beginnt hier vielleicht schon vordem die Reifungserschemungen begonnen haben. (7)
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In den Eiern, welche noch grösser waren (das zuletzt beschrie- bene war 0,95 mm lang) und in welchen der Dotter schon an allen Stellen ausgeschieden war, konnte ich vom Keimbläschen oder Eikern keine Spur mehr erblicken.
Necrophorus vespillo. Tafel V, Fig. 36—39.
Die Eier von Necrophorus schliessen sich, was das Keim- bläschen betrifft, ganz an die der Gattung Silpha an. Auch der Färbungsunterschied zwischen Keimbläschen einerseits und Eiplasma und Follikelzellen andererseits ist ebenso scharf wie bei Silpha.
Das jüngste beobachtete Ei, das gleich am Endfach lag und schon eine Grösse yon 50 : 77 1 hatte, zeigte ein sehr fein- körniges, blau gefärbtes Plasma. In seinem Centrum lag das ovale 18 : 37 » grosse Keimbläschen, welches, leicht rosa gefärbt, einen feinkörnigen Inhalt zeigte und mehrere Nucleolen enthielt. (Fig. 36, Tafel V).
In einem schon bedeutend herangewachsenen Ei, dessen Länge 0,9 mm betrug, in welchem aber noch nichts von Dotter zu sehen war, hatte das Keimbläschen eme ganz andere Form angenommen. Es war sehr stark amoeboid zerflossen; der Hauptsache nach sehr in die Länge gestreckt, (Länge 0,5 mm, Breite durchschnittlich 0,1mm) zeigte es überall an seinem Umfange verschieden lange, meistens spitze Fortsätze. Ein kleiner, schwach violett gefärbter Nucleolus lag in seinem Innern. Seine Lage war noch im Eicentrum, dem oberen Pol etwas mehr genähert.
In dem nächsten zu beschreibenden Stadium ist in dem Ei schon viel Dotter ausgeschieden, besonders am Rande und am oberen Pol; im Centrum in der Nähe des unteren Eiendes ist noch ein kleiner Theil frei von Dottermolekeln geblieben (Fig. 38, Taf. V). Das Keimbläschen ist an die Peripherie gerückt und zeigt eine noch bedeutend unregelmässigere Gestalt als im vorigen Ei. Es macht ganz den Eindruck, als ob sich die Keimbläschensubstanz allmählich zwischen die Dotterpartikel vertheilen wollte oder auch als ob letztere in das Keimbläschen hineingedrückt würden. Ein kleiner blasser Nucleolus ist noch nachzuweisen.
Fig. 39 zeigt uns nun ein Ei, bei dem der Schwund des Keim- bläschens noch weiter vor sich gegangen ist, Wir sehen, dass in
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dem 1,5 mm langen Ei der Dotter schon sehr stark ausgebildet ist; am oberen Pol und in der Peripherie sind die Körnchen grösser als am unteren Pol. Das Keimbläschen liegt noch an derselben Stelle wie im vorigen Ei. Es ist jedoch in der Grösse ausserordentlich zurückgegangen, indem seine grösste Länge nur noch 0,13 mm be- trägt. An einer Stelle, am oberen Ende, ist ein kleiner blasser Fleck zu sehen, der wohl als Rest des m Auflösung begriffenen Nucleolus aufzufassen ist.
Das Ei wächst nun noch ziemlich stark heran, während das Keimbläschen völlig schwindet, so dass nichts mehr von demselben nachzuweisen ist.
Die Eier von Necrophorus unterscheiden sich demnach nur darın von den Silpha-Eiern, dass bei diesen das Keimbläschen zuletzt am oberen Pol gelagert ist, während es bei jenen an emer Längsseite des Eies zu Grunde geht resp. verschwindet. Das ist wohl kein principieller Gegensatz.
Einen Austritt von Ballen aus dem Keimbläschen habe ich bei diesen Formen niemals beobachten können, deshalb ist aber durch- aus noch nicht ausgeschlossen, dass ein solcher nicht stattfindet.
(reotrupes und Üetonia. Tafel V, Fig. 40—44.
Bei diesen beiden Lamellicornengattungen konnte ich nicht viel Wichtiges constatiren. Die Eier schemen sich sehr rasch aus den Keimzellen heraus zu differenziren, so dass man im Endfach kaum junge Stadien findet. Bei jüngeren, 55 u langen Eiern findet man das 12 » im Durchmesser messende Keimbläschen im Eicentrum liegen; es hat eine kreisrunde oder ein klein wenig unregelmässig runde Form (Fig. 40, Taf. V). In seinem Innern liegen mehrere stark gefärbte Nucleolen.
Das Keimbläschen wächst nun mit dem Ei sehr stark heran, so dass es eine Grösse von 0,22 mm erreichen kann (Fig. 43). Es liest noch im Centrum des Eies als runde Blase, wenn sich an der Peripherie schon etwas Dotter ausgeschieden hat.
Betrachten wir zuerst Fig. 41. In die helle homogene Grund- substanz sind eine grosse Anzahl von Nucleolen von runder oder länglicher Gestalt eingelagert. Dieselben liegen im concentrischer Anordnung um einen homogenen Kern, der etwas dunkler als die Kerngrundsubstanz gefärbt ist. Ein Theil der Nucleolen liegt auch in dieser homogenen Masse.
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Ganz ebenso ist das Verhältniss bei Cetonia, nur dass in diesem Stadium das Keimbläschen schon an der Peripherie liegt. (Fig. 44, Taf. V.)
In etwas älteren Eiern von (@eotrupes als den vorhin be- schriebenen finden wir die Anzahl der sich färbenden Partikel im Keimbläschen bedeutend vermehrt, jedoch haben die einzelnen Kügelchen sehr an Grösse abgenommen (Fig. 42. 43, Taf. V). Die einzelnen Partikel (Mikrosomen?) sind schembar durch feine Fäden mit einander verbunden. Fig. 43 zeigt einen tieferen Schnitt, wo auch der homogene Kern, in dessen Centrum hier noch dunkle Körnchen gelagert sind, mitgetroffen ist. Von diesem Oentralkörper aus scheinen die femen Fäden ihren Ursprung zu nehmen, reichen aber nicht bis an die Peripherie des Keimbläschens. Ich schliesse hieraus, dass wir es mit einer Schrumpfung zu thun haben, wodurch das „Kerngerüst“ nicht ganz in semer Lage erhalten ist. Dass es sich hier um die Spuren eines Kernnetzes handelt, daran wird, wie ich denke, wohl kein Zweifel sein. In Fig. 42, Taf. V ist das- selbe Netz eines anderen Keimbläschens abgebildet, wo der Schnitt nicht durch das Centrum gefallen ist; es ist nur das Netzwerk ge- troffen, das hier noch etwas stärker im Keimbläschen ausgebreitet ist als im vorhin geschilderten Falle. Besonders reicht im oberen Theil en Zug von Fasern und Mikrosomen bis nahe an die Peri- pherie des Keimbläschens.
In diesem Zustand findet man das Keimbläschen wieder an der Eiperipherie. Bei Uetonia habe ich niemals das Fadenwerk, wohl aber die concentrische Anordnung der Nucleolen constatiren können (Fig. 44, Taf. V).
In ziemlich reifen Eiern ist von einem Keimbläschen oder Eikern nichts mehr nachzuweisen.
Lina populi. Tafel VI Fig. 45—49.
Bei den Eiern dieses Käfers habe ich ganz deutlich constatiren können, dass, während das Keimbläschen an der Eiperipherie liegt, grosse Ballen aus demselben austreten.
Beginnen wir die Betrachtung mit einem Jungen Ovarialei, dessen Keimbläschen noch im Eicentrum liegt (Fig. 45 Tafel VI). Das Ei hat eine Länge von 0,12mm, das Keimbläschen von 0,027mm. In dem homogenen Inhalt des letzteren sind em grösserer und ein kleinerer Nucleolus zu sehen und ausserdem Rudimente eines Kernnetzes.
131] Dir REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 31
In dem folgenden Stadium (Fig. 46 Tafel VI) hat das Ei schon eine sehr dünne Dotterhaut (dh), von Dotter ist noch keine Spur vorhanden. Das Keimbläschen ist auf 50 w herangewachsen und liest der Eiperipherie schon bedeutend näher. Der Nucleolus hatte sich in diesem Präparat nicht sehr stark gefärbt, war aber immer noch deutlich nachzuweisen. Ausser diesem und einigen feinen Fäden, die wohl als Reste eines Kerngerüstes aufzufassen sind, sind im ganzen Keimbläschen mit Ausnahme der Randzone ganz feine klare Bläschen vertheilt, welche ich jedoch als Kunstprodukte ansehen möchte.
In den jetzt weiter zu beschreibenden Eiern ist schon eine Menge von Dottermolekeln verschiedener Grösse abgeschieden. In Fig. 47 Tafel VI liegt das 0,081mm grosse Keimbläschen der Peripherie des Eies hart an. Sein Inhalt ıst fast homogen, an einer Stelle liegen eine Menge von winzigen Nucleolen eingestreut, zwischen denen die Grundsubstanz etwas granulirt erschemt. An der einen Seite ist der Umfang des Keimbläschens vollständig scharf begrenzt und gleichmässig abgerundet. An der anderen, der Eiperipherie zuge- kehrten Seite finden wir zwei grosse homogene Ballen liegen, die zum Theil noch in die Substanz des Keimbläschens eingebettet erscheinen. Diese Ballen unterscheiden sich bedeutend von den Dotterpartikeln sowohl dadurch, dass sie in ihrem Innern scheinbar eine Vacuole enthalten, (es macht mehr den Eindruck, als ob nur ein rundes Stück der Masse sich im Centrum von der anderen abge- schieden hätte), als auch besonders durch ihre Grösse. Während die grössten Dotterpartikel nur emen Durchmesser von 4 u. erreichen, sind diese Ballen 12 und 14 u, in einem Falle (Fig. 48) sogar 26 ı. gross.
In Fig. 48 sehen wir das Keimbläschen noch ungefähr an der- selben Stelle. Sein Rand ist ausgezackt, d. h. mit kleinen amoe- boiden Zipfeln versehen. An der einen Seite, ganz an derselben Stelle wie bei Fig. 47, liegt m einer Höhlung des Keimbläschens ein grosser homogener Ballen, der in seinem Centrum noch eine runde Concretion enthält von einer Substanz, die der des Ballens völlig gleich erscheint.
Dieser Ballen färbt sich fast vollkommen gleich wie das Keim- bläschen, i. e. ganz rosa, nur erscheint das letztere etwas fein gra- nulirt, während der Ballen homogen ist. Ein kleiner Keimfleck ist im Keimbläschen sichtbar.
Die dritte Figur (Fig. 44), welche ich noch von demselben
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Stadium wiedergegeben habe, zeigt uns den Rand des Keimbläschens zehr unregelmässig, aber stets scharf begrenzt. Beinahe überall kann man kleme Fortsätze und Ausbuchtungen bemerken. Im Innern liest ein grösserer, vacuolenreicher Nucleolus, sowie mehrere kleinere chromatische Körper; die Grundsubstanz ist fein granulirt. Neben dem Keimbläschen befindet sich ein etwas unregelmässiger Körper von 25 » Länge und 18 u Breite, welcher aus einer homogenen Substanz besteht, die aber im Innern mehrere Risse und andere Zerfallserscheinungen zeigt. Es ist wohl kein Zweifel, dass dieser Körper mit den eben geschilderten Ballen identisch ist, dass er sich nur losgelöst hat und nun vom Eiplasma allmählich resorbirt wird. Dass der Körper nicht ganz an derselben Stelle, d. h. der Eiperi- pherie zugewandt liegt, ist wohl ohne Bedeutung, da derselbe, ein- mal vom Keimbläschen losgelöst, leicht durch irgend welche Con- tractionen oder Wachsthumserscheinungen des Eies von seiner ur- sprünglichen Entstehungstelle verschoben werden kann.
Auf dem eben beschriebenen Stadium hat das Ei eine ziemlich runde Form bei einem Durchmesser von 0,369—0,386 mm. Eine dünne hyaline Dotterhaut ist hier abgeschieden.
Bei einem bedeutend grösseren Ei, das etwas länglich war, habe ich noch ein Keimbläschen in ungefähr ein Drittel Höhe des Eies an der Peripherie liegend gefunden; es lag dem oberen Pol mehr genähert als dem unteren. Leider war die Conservirung der Schnitte nicht so gut, dass ich genauere Bilder erhalten konnte.
Lycus aurora. Tafel VI, Fig. 50. 51. Tafel X, 239-242.
Das jüngste beobachtete Stadium (Fig. 50, Taf. VI) zeigt bei Doppelfärbung mit Pikrocarmin und Haematoxylin oder Dahlia das Keimbläschen rosa mit rothem Kerngerüst, während das Plasma blau ist. Ein Follikelepithel ist noch nicht fertig ausgebildet.
Wenn das Ei etwas heranwächst (Fig. 239, Taf. X), so macht sich der Farbenunterschied noch mehr geltend. Das Keimbläschen liest noch ganz im Oentrum oder wie bei dem abgebildeten Ei etwas excentrisch. Fig. 240 zeigt das Keimbläschen stärker vergrössert, um die beiden Nucleolen, von denen emer grösser als der andere und körnig ist, besonders aber um den schönen Kernfaden zu zeigen. Ein scharf markirtes rothes Band nimmt von dem grösseren Nucleolus seinen Ursprung und schlängelt sich in vielen Windungen im Keim-
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bläschen umher. An einigen Stellen ist der Faden unterbrochen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass er dort in eimen anderen Schnitt gefallen.
Das Eiplasma ist auch hier wieder dunkelblau gefärbt ; an seiner Peripherie bemerkt man eine Lage von runden homogenen und voll- kommen farblosen Ballen, die wohl als Dotterkörnchen aufzufassen sind, welche durch das Ei aus Nährstoffen gebildet sind, die ihm das Follikelepithel zugeführt hat. Die Kerne des letzteren zeichnen sich bei diesen jungen Eiern durch ihre langgestreckte Gestalt aus. Das Ei hat auf diesem Stadium einen Durchmesser von 0,13 mm, das Keimbläschen von 0,035 mm.
Während das Ei nun sehr stark anwächst und grosse Mengen von Dotter in sich aufspeichert, vergrössert sich das Keimbläschen nur sehr wenig. Es rückt an_die Peripherie des Eies, wo wir es auf Tafel X, Fig. 241 und 242 wiederfinden. Ein Nucleolus ist noch vorhanden, wogegen ich bei diesen beiden Eiern keinen Kern- faden nachweisen konnte. Das wird wohl nur an der Erhaltung und Färbung gelesen haben, denn bei einem anderen Keimbläschen m derselben Entwicklungsstufe konnte ich denselben sehr deutlich er- kennen.
Ich möchte hier noch einmal auf den Färbungsunterschied auf- merksam machen. Das Ei in Fig. 241 ist mit Pikrocarmin und Dahlia behandelt, das Keimbläschen hat sich röthlich-violett gefärbt und auch der Dotter ist ganz schwach violett. Das Fig. 242 ab- gebildete Ei ist nur von Dahlia-Färbung getroffen, welche das Fol- likelepithel sehr stark gefärbt hat; der Dotter aber und das Keim- bläschen sowie der Nucleohis sind völlig farblos geblieben und nur durch ihre verschiedene Lichtbrechung ganz schwach erkenntlich. Haematoxylin bewirkt ganz dasselbe.
Bisweilen findet man das Keimbläschen an der Eiperipherie em- oedrückt. Ein einziges Mal habe ich in solchen Eindrücken hyaline Ballen beobachtet. Ich habe dies Keimbläschen auf Taf. VI, Fig. 51 abgebildet. In zwei Vertiefungen desselben liegen homogene Ballen, welche allerdings den grösseren Dotterkugen an Licht- brechungsvermögen und Grösse völlig gleichen. Ich halte es aber durchaus nicht für ausgeschlossen, (dass diese Ballen sich aus der Substanz des Keimbläschens ausscheiden, sich nachher vom Keim- bläschen ablösen uud endlich aufgelöst werden. Die weiter unten beschriebenen Funde bei Lepidopteren, Dipteren und Hymenopteren lassen diese Vermuthung zu.
Berichte 1886. Heft 5, 3 (10)
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In dem ganz ausgewachsenen Ei von Lyeus aurora ist von einem Keimbläschen oder von einem Eikern nichts mehr zu finden.
Periplaneta orientalis. Tafel VI, Fig. 52—57.
Die Eiröhren von Periplaneta smd von BrAxpr [36] genauer beschrieben; wie bei allen Orthopteren reihen sich die Bier ohne dazwischen eingeschaltete Nährzellen aneinander. An dem frischen Object ist ın Bezug auf das Keimbläschen nicht viel zu sehen, in allen jüngeren Eiern ist letztere als wasserhelle, runde Blase deutlich erkennbar. In dem jüngsten Ei war noch kein Nucleolus zu sehen (Fig. 52, Taf. VI). Derselbe bildete sich erst allmählich heraus, bis er ungefähr im fünften Ei vom Keimstock aus seine volle Grösse erreicht hatte (Fig. 53). In den reiferen Eiern wird mit dem Zunehmen des Dotters das Keimbläschen undeutlich, bis endlich nichts mehr von ihm zu sehen ist.
Wenn man die Eiröhren mit Methylgrünessigsäure behandelt, so färbt sich, wie dies v. WIELOWJESKY [74] angegeben hat, der Nucleolus absolut nicht, während die Kerne des Follikelepithels sehr gut die Farbe annehmen.
Im Keimbläschen zeigt sich unter Einwirkung dieses Reagens, sowie bei einfachem Essigsäurezusatz eime feingestrichelte Structur, ein sehr engmaschiges Kernnetz (Fig. 52. 53). An conservirtem Material lassen sich davon nur noch Spuren nachweisen.
Bei ganz jungen Eiern färbt sich das Protoplasma etwas dunkler als das Keimbläschen. Letzteres stellt dann eine helle homogene Blase dar, in der im Centrum oder auch excentrisch ein, in seltenen Fällen auch 2 Nucleolen liegen (Fig. 54, Taf. VI. Wenn das Ei etwas heranwächst, so wechselt das Verhältniss insofern, als das Keimbläschen etwas dunkler als das Plasma erschemt. Ein solches 0,415mm langes Ei, in dem noch kein Dotter ausgeschieden ist, zeigt uns Fig. 55 (Carminpräparat). Das Keimbläschen liegt noch eanz im Öentrum des Eies. Fig. 56 zeigt ein anderes Keimbläschen desselben Stadiums bei stärkerer Vergrösserung. Wir sehen ausser dem etwas körnigen Nucleolus (n) eine Anzahl kleinerer stark färbbarer Kügelchen, die wohl als Bestandtheile des Kerngerüstes, als Paranucleolen aufzufassen sind. Die hier und dort in der Grund- substanz vertheilten feinen Körnchenanhäufungen (a) sind dort als die Reste des Gerüstes anzusehen, das durch diese Uonservirung zerstört worden ist.
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Reifere Eier, in denen viel Dotter abgelagert ist, lassen sich sehr schlecht schneiden. Dies ist bei allen Orthopteren der Fall, weshalb ich von dieser Ordnung nur wenige Formen bruchstückweise untersucht habe. Das Dotter bildet nämlich nicht wie bei anderen Formen runde Kugeln, sondern ganz unregelmässige, verschieden grosse Schollen, welche dem schneidenden Messer Widerstand ent- gegensetzen und den Schnitt zerreissen.
Nur einmal gelang es mir bei einem 0,73 mm langen Ei, das Keimbläschen an der Peripherie liegend zu finden. Es befand sich ungefähr im halber Höhe des Eies an einer langen Seite und war, wie Fig. 57 zeigt, an einer Seite, welche dem Follikelepithel zu- gekehrt war, völlig eimgebuchtet. In dieser grossen Bucht lag nun ein kugelrunder, dotterämnlicher Körper von 13 ıw Durchmesser. Durch seme Gestalt unterschied sich dieser, wie man aus Fig. 57, Taf. VI sehen kann, wesentlich von den Dotterelementen, welche alle ganz unregelmässige Schollen darstellten. Ich halte es nun für wahr- schemlich, dass dieser Ballen aus der Substanz des Keimbläschens seinen Ursprung genommen hat, von ihr abgeschnürt ist. Das Kem- bläschen selbst färbte sich allerdings bedeutend stärker, als er- wähnter Ballen, was jedoch nicht absolut im Widerspruch mit meiner Ansicht von der Entstehung des letzteren steht. Es können nach der Abschnürung sehr wohl bedeutende chemische Veränderungen in dem Ballen stattgefunden haben.
In dem Keimbläschen zeigten sich ausser zwei Keimflecken noch einige Paranucleolen.
Das Ei wächst nun noch ganz bedeutend; in Stadien, die älter als das oben beschriebene waren, gelang es mir niemals, emen Kern nachzuweisen.
(Gryllotalpa vulgaris. Tafel VI, Fig. 58—61.
Diese Form sowie Locusta sind ausser durch die eisenthüm- liche Dotterbeschaffenheit noch dadurch zur Untersuchung ungünstig, dass sich das Keimbläschen durch die Färbungen so sehr wenig differenzirt. Bei schwächeren Vergrösserungen ist es immer nur an einem Haufen von Chromatinkörnern erkennbar und erst bei Be- nutzung von starken Systemen sieht man, dass diese Körnchen in einer Substanz liegen, die sich vom Eiplasma etwas absetzt, die aber senau dieselbe Farbe wie letzteres hat.
3*r (10*)
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Ein ganz junges Ei, das oberste einer Eiröhre, sehen wir Fig. 58, Taf. VI abgebildet; das Keimbläschen liegt ziemlich central. Letz- teres zeigt Fig. 60 bei stärkerer Vergrösserung. Ein eigentlicher Keimfleck ist nicht vorhanden ; vielmehr liegen in der Kerngrund- substanz zerstreut Ohromatinpartikel von 4 . Durchmesser bis zu unmessbarer Feimheit. Diese Körnchen treten an emer Seite des Keimbläschens stärker auf als an der anderen. Die 3 grössten Körnchen zeichnen sich durch etwas hellere Färbung aus (a) und werden wohl als Nucleolen zu deuten sein, während ich die übrigen Partikel für Bestandtheile des Kerngerüstes halten möchte.
Bei etwas älteren Eiern, in denen das Keimbläschen noch im Centrum liegt, zeigt letzteres oft amoeboide Fortsätze (Fig. 60); die chromatischen Körper sind noch mehr als im vorigen Stadium an der einen Seite des Keimbläschens concentrirt.
Je mehr nun das Ei heranwächst, desto mehr rückt das Keim- bläschen an die Peripherie, bis es derselben hart anliegt. (Fig. 61 Taf. VI.) Seine Contouren sind hier kaum noch zu erkennen, höchstens dadurch, dass die Kerngrundsubstanz etwas homogener ist als das Eiplasma. Die Chromatinpartikel finden wir an dem emen Pol, und zwar an dem unteren. Es hat sich ein grosser Nu- cleolus wohl durch Verschmelzung mehrerer kleinerer herausgebildet. Von dem unteren Pol aus sieht man ein feines Netz ausgehen, das gegen den anderen Pol allmählig undeutlich wird und sich verläuft; die einzelnen Fäden, welche sich mit einander verbinden, bestehen aus sehr femen Körnchen (Mikrosomen?), zwischen denen eine nicht- färbbare Substanz liegt. Es ist wohl kein Zweifel, dass wir es hier mit einem regelrechten Kerngerüst zu thun haben.
In älteren Eiern, in denen schon Dotter abgeschieden war, konnte ich keine Spur eines Keimbläschens nachweisen.
Locusta viridissima. Tafel VI, Fig. 62—64.
Ein junges Ei von 0,13 mm. Länge, zeigt das Keimbläschen im Jentrum (Fig. 62 Taf. VI). Ein Nucleolus ist nicht zu bemerken; dagegen zeigen sich im ganzen Keimbläschen zahllose Uhromatin- brocken versteckt, welche ich für die optischen Querschnitte emes Kernfadens ansehen möchte. Das Keimbläschen macht auf diesem Stadium ganz den Eindruck des Kernes von einer Nährzelle, wo ja auch, wie oben erwähnt, die chromatische Substanz in ähnlicher Vertheilung erscheint.
137] Dis REIFUNG DES ÄRTHROPODENEIES. 37
In grösseren 0,5mm langen Eiern befindet sich das Keimbläschen noch in centraler Lage, bald mehr dem oberen, bald dem unteren Pole genähert (Fig. 63 Tafel VI). Ganz wie bei Gryllotalpa liegen auch hier die Chromatinballen an dem einen Pol des Keim- bläschens.
Später finden wir in noch dotterfreien Eiern das Keimbläschen an der Eiperipherie gelegen, wo es sich kaum vom Plasma abhebt (Fig. 64 Tafel VI). Durch Einwirkung der Reagentien ist es hier etwas geschrumpft, so dass sich im Schnitt eine Lücke zeigt.
Ein ziemlich grosser, aber sehr blass gefärbter Nucleolus ist auch hier, ebenso wie bei Gryllotalpa, vorhanden, von dem aus ein Kernnetz seinen Ursprung nimmt.
Sobald im Ei Dotter abgeschieden war, konnte ich kein Keim- bläschen mehr nachweisen.
Die reifen Eier haben ein anfangs gelbliches, später dunkel- braunes, lederartiges Chorion, das beim Schneiden grosse Schwierig- keiten bereitet.
Pieris brassicae. Tafel VI, Fig. 65—69.
Die Eiröhren der Lepidopteren eignen sich ganz besonders dazu, die verschiedenen Entwickelungsstadien der Keimbläschen zu studiren,’ da in jeder eine sehr grosse Anzahl von Eiern hintereinander liegt. Auf jeder Seite des Thieres liegen bekanntlich vier enorm lange Eiröhren.
Die Gattung Pieris habe ich nicht so genau untersucht wie die beiden folgenden.
Die jungen Eier liegen dem unteren Ende der Nährzellen flach angedrückt. Das Keimbläschen findet sich in den jüngsten unter- suchten Eiern nicht mehr in der Mitte, sondern schon an einer Seite liegend, meistens in den Winkel bineingedrückt, welchen die obere durch die Nährzellen platt gedrückte Fläche des Eies mit einer der Seitenflächen bildet. An dieser Stelle bleibt es während der ganzen Entwickelung des Eies.
Das Keimbläschen ist oval und besteht aus emer für unsere optischen Mittel völlig homogenen Substanz. In diese ıst ein grosser, stark gefärbter, homogener Nucleolus und ein Kernfaden eingelagert. Letzter ist auf den Figuren 65, 66 und 68 sichtbar. Das Keim- bläschen, welches hier einen grössten Durchmesser von 23—27 y. hat, wächst im Laufe der Entwickelung nur sehr wenig heran,
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Schon recht bald zeigt sich an der Seite des Keimbläschens, die dem Eiinnern zugewandt ist, eine stark lichtbrechende Masse, welche keine Farbstoffe annimmt (Fig. 65, Taf. VI). Dies ist das erste Auftreten des Dotters, welcher sich bei den Lepidopteren schon sehr früh zeigt. In Fig. 66 hat sich der Dotter schon mehr im Ei verbreitet, einzelne Theile haben sich von der grossen Masse abgelöst.
Es ist diese Entstehungsweise des Dotters wohl em Beweis dafür, dass derselbe hier unter dem Einflusse des Keimbläschens abgeschieden und wahrscheinlich überhaupt gebildet wird. Ob das überall der Fall ist, ist dadurch noch nicht gesagt, es könnten ebenso gut in den Zellen des Follikelepithels Dotterkörnchen gebildet und dann in das Ei hineinbefördert werden.
Später vertheilt sich der Dotter im Ei und fällt dann nicht mehr durch seine Farblosigkeit und sein starkes Lichtbrechungs- vermögen auf.
In Fig. 67 finden wir das Keimbläschen noch als ovalen Kör- per an derselben Stelle wie vorhin liegen. Es enthält noch einen Nucleolus und einen deutlichen Kernfaden. Der Nucleolus hat hier oft ganz winzige Vacuolen. Fig. 68a und b zeigen verschiedene Keimbläschen auf diesem Entwicklungszustand. Sie haben eine durchschnittliche Grösse von 26 w mit einem Nucleolus von 9—10 ». a
In einem etwas reiferen Ei war das Keimbläschen ein klein wenig herangewachsen (Fig. 69, Taf. VI). Es lag wieder ziemlich dicht an der Eiperipherie und zeigte an der Seite, die letzterer zu- gewandt war, eine ziemlich starke Eimbuchtung, welche wohl als ein Homologon der bei anderen Formen gefundenen Einbuchtungen anzusehen ist (cf. Carabus, Lina, Lycus, Periplaneta). Der Keimfleck hat sich in 3 kleinere Nucleolen zertheilt.
Zum Verständniss der Zeichnung sei noch hinzugefügt, dass der Schnitt hier das Ei etwas tangential getroffen hat, so dass wir das Keimbläschen auf der Zeichnung nicht in dem oben erwähnten Winkel liegen sehen, in dessen Nähe es jedoch thatsächlich sich befindet.
Aeltere Entwicklungsstadien besitze ich von den Eiern der (Gattung Pieris leider nicht. Doch wird diese Lücke wohl durch die beiden anderen untersuchten Lepidopteren ausgefüllt.
139] DiE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 39
Sphinx ligustri. Tafel VI, Fie. 70—80.
An den ganz jungen Eiern ist nichts zu bemerken, was sie von den soeben geschilderten Pieris-Eiern unterscheidet.
Ein schon ziemlich grosses Ei von 0,5mm Länge (ohne Nähr- zellen und Follikelepithel), in welchem schon eine grosse Menge von Dotter abgeschieden ist, findet sich Fig. 70, Taf. VI abgebildet. Die Dottermolekel finden sich am Rande und im der Mitte zahlreich, während am oberen Pol, m der Nähe der Nährzellen, noch das Eiplasma erhalten ist.
Das Keimbläschen liegt an der Peripherie, an der homologen Stelle wie bei Pieris. Es hat eine ovale Form und eine Grösse von 58:22 1. Bei Doppelfärbung färbt es sich mit Carmin und Haematoxylin absolut nicht, sein Inhalt besteht aus einer völlig hya- linen Masse, in die ganz feme Körnchen eingelagert sind. Ein Nucleolus von 17 u Durchmesser mit eimigen Vacuolen im Innern liegt excentrisch; ausser letzterem finden sich noch einige wenige Paranucleolen (Fig. 71, Taf. VI).
Wenn das Ei noch wenig herangewachsen ist bis auf eine Länge von 0,57 mm, so beginnt schon der Austritt von grossen Ballen aus demselben.
‘In Fig. 72 sehen wir ein Ei auf diesem Stadium bei schwächerer Vergrösserung. Die Beschaftenheit des Eiplasmas, des Dotters und die Lage des Keimbläschens ist noch ganz ebenso wie im vorigen Stadium. Letzteres hat aber die regelmässige ovale Form verloren und ist unregelmässig eingedrückt an seiner einen Seite, welche der Eiperipherie zugekehrt ist. In dieser Einbuchtung liegen stets kleinere oder grössere Ballen, die sich wesentlich vom Dotter unterscheiden (Fig. 73 zeigt ein Keimbläschen dieses Stadiums von einem anderen Ei). Die Structur des Keimbläschens sowie des Nucleolus bietet uns nichts Neues. An dem ziemlich unregelmässigen Rand findet sich häufig eme stumpfe Hervorragung (Fig. 73.r), welche mit der Kernsubstanz angefüllt ist. Es ist mir gar nicht unwahrscheinlich, dass eine solche Bildung der Anfang zu einem Ballen ist, wie man sie in der Mehrzahl am Keimbläschen findet; der grösste derselben (Fig. 73«) hatte 20 » im Durchmesser, wäh- rend die kleinsten nur von der Grösse der gewöhnlichen Dotter- körner waren. Von letzteren unterscheiden sie sich aber wesentlich durch ihre absolute Farblosigkeit. Auf den ersten Blick kann man
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jedes Mal sagen, welches ein solcher Ballen und welches ein Dotter- partikel ist. — Meistentheils sind sie vollkommen homogen, jedoch habe ich die Bemerkung gemacht, dass die Ballen, welche dem Keim- bläschen am nächsten liegen und demnach wohl zuletzt ausgetreten sein werden, noch eine ganz feine Granulirung wie das Kernplasma zeigen. — Bisweilen findet man auch, dass ein solcher Ballen von seiner ursprünglichen Stelle sich entfernt hat und nun im Dotter liegt, wo er wahrscheinlich resorbirt wird (Fig. 73).
Dass diese ganzen Erscheinungen keine zufälligen Bildungen sind, geht daraus hervor, dass ich dieselben bei einer grossen Anzahl Eier im jeder Eiröhre fand und ausserdem, dass ich dieselben bei den meisten untersuchten Formen constatiren konnte.
Der Austritt dieser Ballen dauert ziemlich lange; man findet ihn in jedem Ei der Eiröhren von der eben beschriebenen Grösse an bis zu einer Länge von 0,9 mm (Fig. 74).
Das Keimbläschen dieses letzten Eies, bei dem ich noch sicher den Austritt nachweisen konnte, habe ich bei starker Vergrösserung auf Fig. 75 abgebildet. Der Nucleolus ist ausserordentlich blass geworden, er färbt sich absolut nicht mehr mit den gewöhnlichen Kernfärbemitteln, so dass man ihn nur noch an seiner Lichtbrechung, welche sich etwas von der der Kerngrundsubstanz unterscheidet, er- kennen kann. Man kann von hier an in allen folgenden Stadien gar nicht mehr von einer chromatischen Substanz des Eikerns sprechen, weil sich eben nichts in demselben färbt. Es scheint mir dies geradezu ein Beweis dafür zu sein, dass mit dem Ausdruck Chromatin nicht das Wesen der hauptsächlichen Kernsubstanz bezeichnet ist, oder dass das Chromatin, das ja allerdings in den meisten Kernen vorkommt, nicht der wesentlichste Bestandtheil derselben ist. Keineswegs will ich aber damit das Chromatin als aufgespeicherte Nahrung oder dergl. bezeichnen, wie Brass [42] es thut.
Um nun wieder auf das Keimbläschen Fig. 75 zurückzukommen, so erwähne ich, dass hier auch die oben erwähnten stumpfen Fort- sätze vorkommen (x), Ja dass es an einer Stelle (y) sogar den An- schein hat, als ob kleine Ballen in der Abschnürung begriffen wären.
Wenn man die Masse der in Fig. 75 am Keimbläschen hegen- den Ballen sich mit letzterem vereinigt denkt, so resultirt daraus ein Körper von ungefähr der Grösse, als wenn das Keimbläschen nicht eingebuchtet wäre, sondern seine ovale Gestalt behalten hätte.
141] DıE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 41
Ueber die Anschauung, dass die hier austretenden Ballen zur Bildung des Dotters oder gar des Follikelepithels dienten, brauche ich wohl nicht viel zu reden. Der Dotter, ist eben, ebenso wie die Follikelzellen, schon lange vor dem Austritt der Ballen vorhanden.
Unter allmählichem Schwund der Nährzellen wächst nun das Ei heran. Das Keimbläschen rundet sich wieder ab, so dass end- lich von der Ausbuchtung keine Spur mehr zu sehen ist. Fig. 76 zeigt uns ein Keimbläschen, in welchem die Bucht noch angedeutet ist und an dem man noch einige Ballen liegen sehen kann. Der Inhalt des Keimbläschens ist etwas verändert. Wir sahen im vorigen Stadium schon, dass der Nucleolus blass war und sich kaum vom Kernplasma unterscheiden liess. Hier ist offenbar derselbe Prozess weiter fortgeschritten, denn er ist völlig geschwunden. Das Kernplasma ist bedeutend körniger geworden; in ihm eingelagert finden sich einige wenige, äusserst stark lichtbrechende Körnchen, welche sich nun fortwährend vermehren.
In Fig. 77, Taf. VI sehen wir ein noch älteres Keimbläschen, welches völlig abgerundet ist und in dem sich eine grosse Anzahl der lichtbrechenden Körnchen befinden.
Bis jetzt war an dem Ei noch keine Spur eines Chorions zu bemerken. Wenn die erste Anlage desselben auftritt, so sehen wir das Ei schon völlig mit den kugelrunden Dotterelementen ausgefüllt. Im Schnitt werden dieselben häufig derartig getroffen, dass die- selben dachziegelartig übereinander zu liegen schemen (Fig. 78. 79. 80). Eine periphere Zone des Eies ist schon in diesem Stadium ziemlich dotterfrei, der Anfang des „Keimhautblastems*“ (Fig. 78, Taf VD).
Das Keimbläschen ist hier vollkommen kreisrund. An seiner einen Seite bei a, der Eiperipherie zugewandt, liegen noch die Reste der früher ausgetretenen Ballen, welche hier jedoch nicht mehr scharf begrenzt sind und sich m Auflösung zu befinden schemen.
Das Keimbläschen ist zwar noch scharf gegen den Dotter ab- gegrenzt, doch ist von einer Membran nichts zu sehen. Die stark lichtbrechenden Körnchen haben bedeutend wieder abgenommen. Das Kernplasma, die Kerngrundsubstanz des Keimbläschens zeigt sich aus ganz winzigen Körnchen oder Tröpfchen zusammengesetzt, sie hat entschieden ihre Structur völlig verändert. Ich kann sie Jetzt am besten als „dotterähnlich“ bezeichen, wenn ich mich auch entschieden dagegen verwahren muss, sie als zu Dotter geworden an-
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zusehen. Das Kernplasma bleibt stets Kernplasma, kann aber seine morphologische Structur verändern.
In dem ganzen Keimbläschen ist keine Spur von färbbarer Substanz vorhanden, während in jüngeren, ganz auf dieselbe Weise behandelten Keimbläschen ein stark gefärbter Nucleolus und einige Paranucleolen nachzuweisen sind.
Bis zum neunten Ei vom Ende der Eiröhre konnte ich das Keim- bläschen so auffinden. Bei dem folgenden schon ist nichts mehr von ihm zu sehen; ebenso wenig zeigt sich in den auf dieses folgenden Eiern etwas Bemerkenswerthes; das Ei wächst noch etwas heran und das Chorion sowie eine äusserst dünne Dotterhaut werden ab- geschieden; ebenso bildet sich das Keimhautblastem weiter aus. In dem dritten Ei vom Ende einer Eiröhre zeigte sich an der Mikro- pyle im Keimhautblastem ein sehr stark gefärbter Fleck, der von dem übrigen Blastem scharf durch eine feine Zone ungefärbter Sub- stanz geschieden war. Dieser Fleck liest unter der Mikropyle (Fig. 80,m) dem oberen Pol des Eies als eine flache Scheibe auf und wird von der Dotterhaut überzogen. Wir sehen diese Bil- dung in Fig. 79 und 80 auf Taf. VI abgebildet (x).
Als eimen Theil des Eikerns möchte ich diese Bildung nicht ansehen, weil sich in drei Eiern ausser derselben im Blastem noch eine grosse Anzahl von Kernen befanden, auf welche ich weiter unten noch zu sprechen kommen werde. — Aus ihrer Lage ganz dicht unter der Mikropyle möchte ich sie in Beziehung zur Befruch- tung stellen. Ich sehe diese Substanz als eine Differen- zirung aus dem Eiplasma oder als ein Secret desselben an, welches bestimmt ist, das Spermatozoon anzulocken, damit letzteres seinen Weg durch einen der sehr engen Mikropylkanäle findet.
Nachdem durch PFEFFER’s Untersuchungen [126] bekannt ge- worden ist, dass die Spermatozoen der Farne durch bestimmte Stoffe, z. B. Apfelsäure, stark angelockt werden und nachdem man auch bei Pllanzen in den Synergiden ein Anlockungsorgan für den Pollen- schlauch gefunden hat“), ist es wohl nicht so sehr wunderbar, dass ein ähnlicher Vorgang auch bei den thierischen Eiern vorkommen kann. Grerade hier bei den Sphingiden scheint mir wegen des sehr dieken Chorions und der engen Mikropylkanäle eime solche Bildung besonders erklärlich.
*) STRASSBURGER, Der Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen. Halle 1884,
143] DIE REIFUNG DES ÄARTHROPODENEIES. 43
In den Eiern von Sphinx ligustri sah ich nun meistens keine weiteren wichtigeren Veränderungen vor sich gehen; das Follikel- epithel löst sich vom Chorion ab und seine Reste findet man als „Corpora lutea* zwischen den Eiern im Eiergang, bis sie resor- birt werden. Von dem Auftreten des ersten Furchungskernes konnte ich leider niemals etwas entdecken.
Bei drei Eiern fanden sich in der unteren Schicht des Keim- hautblastems eine grosse Anzahl dunkel gefärbter Körper, welche ich nur als Kerne ansehen kann (Fig. 80, Taf. VI). Eine Befruch- tung war hier absolut ausgeschlossen, erstens weil das Follikelepithel das Ei noch rings umgab, zweitens aber weil das Thier, von dem die untersuchten Eier stammten, ein soeben ausgeschlüpftes Weib- chen war, das noch niemals ein Männchen gesehen hatte. Ich kann also nicht umhin, diese Bildungen für parthenogenetische Furchungs- kerne zu halten. Der Eikern muss sich hier also in einem ziemlich frühen Stadium gefurcht haben. Wenn wir das annehmen, und es scheint mir nichts dagegen zu sprechen, so muss man natürlich daraus folgern, dass der erste Furchungskern auch schon sehr früh aufgetreten ist.
Er muss also schon bei allen Eiern so früh als solcher vor- handen sein und sich nur nicht nachweisen lassen, oder er muss bei einigen Eiern, welche vielleicht unter ganz besonderen Ernährungs- bedingungen standen, viel früher als gewöhnlich aufgetreten sein und hier die Fähigkeit gehabt haben, sich ohne vorherige Conjugation mit einem Spermakern zu theilen. Diese letzte Ansicht würde etwa Weısmann’s Theorie über die Parthenogenese |178] entsprechen.
Noch einen wichtigen Umstand kann man aus dieser Beebach- tung erschliessen, natürlich immer vorausgesetzt, dass wir es hier mit Parthenogenese zu thun haben. Alle Eier, sowohl die gewöhn- lichen als auch die parthenogenetisch gefurchten, haben offenbar dieselben Reifungserscheinungen durchgemacht. Das lässt sich zwar nicht mit absoluter Bestimmtheit behaupten, aber es wäre doch äusserst sonderbar, wenn gerade bei drei Eiern einer Eiröhre der Ballenaustritt unterbliebe, während er bei sämmtlichen anderen Eiern stattfindet. Durch die Untersuchungen von (+ROBBEN bei Moina [68] und Cetochilus [69] und Weısmann bei Polyphe- mus [173] ist es ja auch erwiesen, dass bei anderen parthenogene- tischen Eiern die Reifung in der gleichen Weise wie bei den Eiern erfolgt, welche zur Entwickelung der Befruchtung bedürfen.
Die Thatsache, dass sich einige wenige Eier von Thieren, die
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sonst der Befruchtung bedürfen, bisweilen wenigstens bis zu einer gewissen Stufe parthenogenetisch entwickeln können, ist schon durch manche anderen Arbeiten bekannt geworden. Ich erinnere an die Beobachtungen von LEUCKART am Froschei [98], OELLACHER am Hühnerei [121|, Hrusmann bei Säugethieren [76], JourDAn am Ei von Bombyx mori |86], Ossorxe am Ei von Gastrophysa raphani [122] und so weiter.
Zygaena filipendulae. Tafel VI, Fig. 81—88.
Die Wachsthums- und Reifungserscheinungen bei Zygaena schliessen sich sehr eng an die bei Sphinx an.
In den ganz jungen Eiern liegt das Keimbläschen an der für die Liepidopteren charakteristischen Stelle, ausserhalb der Längsaxe der Eiröhre dem Follikelepithel an. Später rückt es mehr axial, der späteren Mikropyle etwas näher. Figur 81 (Tafel VII) zeigt uns ein solches junges Ei. In der Nähe des Keimbläschens haben sich einige Dotterkörner gebildet, ganz ähnlich, wie wir es oben bei Pieris sahen. Die Grundsubstanz des Keimbläschens war fast homogen, bei Doppelfärbung leicht rosa mit emem Stich ins Violette gefärbt. Einen Nucleolus habe ich hier nicht gefunden, dagegen eine Menge von dunkelblauen Streifen, welche als Kerngerüst zu deuten sind. — Das Eiplasma war fein granulirt und dunkelblau gefärbt.
Das hier abgebildete Ei hat erst eine Länge von 46 u und eine Breite von 80 u, während das ovale Keimbläschen schon einen grössten Durchmesser von 28 » hat. Letzteres wächst im Verhältniss zum Ei nur wenig mehr, das grösste Keimbläschen, das ich fand, hatte ca. einen grössten Durchmesser von 40 x, während das Ei auf ca. 0,5mm Durchmesser heranwächst.
In einem etwas älteren Ei, in welchem dasselbe eine Länge von 0,22mm hat, beginnt schon mächtig der „Ballenaustritt*. Figur 82, Tafel VII zeigt ein solches Keimbläschen. Das ganze Ei ist gleich- mässig mit Dotterballen erfüllt, nur an der Peripherie zeigt sich ein sehr schmaler Saum, der aus dotterfreiem, körnigem Protoplasma besteht.
Das Keimbläschen ist an der einen Seite, welche dem Eicentrum zugekehrt ist, vollkommen scharf gegen den Dotter abgegränzt. An der entgegengesetzten Seite jedoch fehlt diese scharfe Contour, es ist eingebuchtet und in der Bucht liegen eine Menge verschieden grosser Ballen, welche absolut dieselbe Farbe haben, wie die
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Substanz des Keimbläschens. Es macht sogar ganz den Eindruck, als ob die Ballen noch im Keimbläschen lägen und nur m die Substanz des letzteren feine Züge von einer femkörnigen bräunlichen Masse eingedrungen wären. ‚Jedenfalls kann man zwischen dem Keimbläschen und der Ballenmasse keine ganz scharfe Begrenzung nachweisen. Das eine mit Meyer’s alkoholischem Carmin gefärbte Präparat könnte allein schon beweisend sein für den Austritt der Ballen aus dem Keimbläschen. Ein schwach gefärbter Nucleolus ist hier sichtbar.
Figur 83 Tafel VII zeigt ein Keimbläschen auf ungefähr dem- selben Entwickelungszustande wie das soeben beschriebene. Das eingebuchtete Keimbläschen mit seinem fein granulirten Inhalt und seinem schwachen Nucleolus, ist hier völlig scharf nach allen Seiten begrenzt. An einer Stelle bei « scheint sich noch em Ballen ab- schnüren zu wollen. Die Ballen, welche oberhalb des Keimbläschens liegen, haben noch ganz dieselbe Farbe, wie das letztere, nämlich hellroth; unterhalb findet man jedoch auch noch eine Anzahl von Baller, welche offenbar denselben Ursprung wie jene haben, welche aber bedeutend blasser sind und je mehr sie vom Keimbläschen entfernt liegen, desto mehr ihre scharfe Begrenzung verlieren. Ich kann dies Bild nicht anders deuten, als dass diese Ballen sich all- mählich auflösen und vom Ei resorbirt werden; bei. sieht man noch ihre letzten schwachen Reste. Die helle Stelle im Präparat unter- halb des Keimbläschens ist ein künstlicher Riss, der durch das Schneiden entstanden ist.
In diesem Stadium des Ballenaustritts scheint das Ei längere Zeit zu bleiben. Bei einem Ei von 0,46mm Länge und 0,35 mm Breite fand ich das Keimbläschen noch sanft eingebuchtet und in der Bucht lagen noch die in Auflösung begriffenen letzten Ballen (Figur 84 Tafel VII). Sonst war an diesem Ei nichts auffallendes zu bemer- ken; die Nährzellen waren schon fast resorbirt, an ihrer Stelle fand sich nur noch etwas Zelldetritus, das das Ansehen einer fettigen Degeneration hatte.
Von jetzt an erfolgt während des Verschwindens des Keim- bläschens, das ich Schritt für Schritt verfolgen konnte, auch eine Veränderung im Einhalt. Ursprünglich ging der Dotter gleichmässig bis auf eine sehr feine Schicht peripheren Plasmas bis an das Follikel- epithel heran. Allmählich treten nun emige Randzonen auf. Die äusserste Schicht ist eine völlig hyaline, etwas rosa gefärbte Masse, welche oft eine etwas streifige Schichtung zeigte (Fig. 85—88, h).
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Ich bin sehr geneigt, diese Schicht für em Kunstprodukt zu halten, welches durch die Einwirkung des kalten Sublimats auf das Ei ent- standen ist. Der Eiinhalt hat sich stark contrahirt und eine Flüssig- keit aus sich herausgepresst, welche nun auf der Oberfläche des Dotters geronnen ist. Es wäre ja auch noch möglich, dass diese Schicht eine sehr stark gequollene Dotterhaut darstellt; doch ist hieran wohl kaum zu denken. Ich glaube aber nicht, dass der Austritt dieser Masse die Bilder so beeinträchtigt hat, dass man sie nicht mehr zu sicheren Deutungen benützen könnte. Sonst sehen die Bier nämlich, abgesehen von einigen Schrumpfungserscheinungen, ganz normal aus.
Auf diese hyaline Schicht folgt eine Zone, welche auf den Präparaten, welche mit Pikrocarmin-Haematoxylin gefärbt sind, eine gelblich-braune Farbe und eine körnige Structur zeigt. Im der (Gegend, wo später die Mikropyle des Eies auftritt, ist die hyaline Schicht (A) nicht vorhanden, die braune reicht unmittelbar an das Follikelepithel heran. Das Keimbläschen liegt hart an der braunen Schicht, etwas gegen dieselbe abgeplattet. Wir haben diese braune Schicht als Keimhautblastem anzusehen. Sie ist deshalb in den Fig. 85—88 mit bl bezeichnet.
(sehen wir jetzt zu den Veränderungen des Keimbläschens über. Fig. 85, Taf. VII zeigt uns dasselbe völlig scharf begrenzt. (Gegen die Eiperipherie ist es weniger convex als gegen das Centrum des Eies. Sein Inhalt ist fein granulirt und zeigt noch dieselbe Fär- bung wie in den jüngeren Stadien. Ausser dem Keimfleck, in welchem sich zwei Vacuolen finden, ist noch ein kleinerer Nucleolus vorhan- den, der sich wohl von dem grossen abgelöst zu haben scheint.
Das nächste Ei, dessen Keimbläschen in Fig. 86, Taf. VII ab- gebildet ist, zeigt schon bedeutende Veränderungen. Das Plasma ist noch dasselbe geblieben, der Nucleolus aber ist in eine Menge von winzigen Körnchen zerfallen, welche an einer Stelle ungefähr im Centrum des Keimbläschens liegen. Die Begrenzung des letzteren ist gegen das Eicentrum noch vollkommen scharf, während sie gegen die Peripherie schon sehr undeutlich geworden ist. Zwar lässt sie sich noch erkennen, aber es macht den Eindruck, als ob das Kern- plasma dort allmählich körniger würde oder als ob Körnchen aus dem Eiplasma in dasselbe hineindrängen.
Dieser Prozess ist nun in Fig. 87 noch weiter fortgeschritten. Von den Resten des Nucleolus ist nichts mehr vorhanden, sie haben sich aufgelöst. Die untere Begrenzung des Keimbläschens ist noch
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scharf, es sind nur einige Dottermolekel durch das Schneiden über die Grenze gerissen worden. Am oberen Rande aber ist schon em weit grösseres Stück des Keimbläschens körnig geworden.
Der letzte „Rest“ des Keimbläschens, den ich auffinden konnte, ist endlich in Fig. 88, Taf. VII dargestellt. Bei diesem Ei fand sich zuerst der Anfang einer Chorionbildung (ch). An derselben Stelle des Eies, wo ich die früheren Stadien des Keimbläschens gefunden hatte, war ein etwas hellerer unregelmässig ovaler Fleck zu sehen. Derselbe war um ziemlich viel kleiner als die früher beobachteten Keimbläschen, seine Contour war ganz verschwommen und der In- halt bestand aus sehr feinen Körnchen, ganz ebenso wie ich das weiter oben für das letzte beobachtete Stadium von Sphinx be- schrieben habe. Hier bei Zygaena ist aber der Vorgang noch bedeutend weiter gegangen, indem an der Peripherie des Keimbläs- chens Dotterkörnchen zwischen die Kernsubstanz und auch vielleicht letztere zwischen die Dottermasse gedrungen ist. Wenigstens kann ich mir so den geringeren Umfang des Gebildes bei der grossen Ver- schwommenheit der Contour am besten erklären.
Es liegt ziemlich nahe, den Schwund des Keimbläschens mit dem Auftreten des Chorions in Verbindung zu bringen. Sobald durch Bildung des letzteren der Nahrungszufluss zum Ei aufhört, muss das Keimbläschen sich amoeboid oder sonst irgendwie im Dotter vertheilen.
Im nächsten Ei liess sich schon keine Spur eines Kernes mehr nachweisen. Es ist ja auch klar, dass man die ungefärbten Par- tikel der Kernsubstanz zwischen den Dotterkugeln nicht auf- finden kann.
Das Wiederentstehen des unsichtbar gewordenen Kernes konnte ich leider nicht beobachten.
Wenn ich nun noch eimmal die Vorgänge bei den Lepido- pteren zusammenfassen darf, so sind dieselben kurz die Folgenden:
1. Bei ganz jungen Eiern liest das Keimbläschen schon an der Peripherie, an der Stelle, wo die obere Follikelwand mit der seitlichen zusammenstösst. Später rückt es etwas mehr gegen die Stelle der Mikropyle.
2. Die Dotterabscheidung geschieht schon sehr früh und zwar stets zuerst in der unmittelbaren Nähe des Keimbläschens.
3. Das Keimbläschen buchtet sich an der peripheren Seite ein und scheidet eine Anzahl von Ballen aus, welche vom Ei resorbirt werden.
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4. Nach dem Ballenaustritt rundet es sich wieder ab. Sein Nucleolus schwindet. Das Kernplasma wird „körnig“.
5. Die Contour des Keimbläschens schwindet, wenigstens bei Zygaena, zuerst an der peripheren Seite. Allmählich wird das ganze Keimbläschen undeutlich und lässt sich endlich nicht mehr nachweisen.
Musca vomitorin. Tafel VII. Fig. 89—112.
Die Entwickelung der Eier von Musca habe ich am genauesten von allen Formen untersucht, theils weil das Material leicht in Menge zu bekommen ist, theils weil sich mit ihnen gut experimentiren lässt. Dadurch, dass sich in jeder Eiröhre nur ein ziemlich entwickeltes und 1—2 ganz unentwickelte Eier befinden, ist das Material aller- dings weniger als anderes geeignet, doch lässt sich das Stadium, mit welchem man es gerade zu thun hat, desto besser studiren, weil alle Eier desselben Individuums nahezu auf derselben Entwickelungs- stufe stehen, man erhält dann stets eine Menge Schnitte durch das- selbe Stadium und kann so sicherer gehen, das Keimbläschen nicht zu übersehen. Ein Fehler ist freilich noch, dass man eben enorm viel schneiden muss, da man den Eiern von aussen gewöhnlich nicht ansehen kann, auf welcher Entwickelungsstufe sie sich befinden. So kam es denn, dass ich durch Fliegeneier mehrere Tausend Schnitte machen musste, um eine zusammenhängende Reihe von Stadien zu erhalten.
Wenn eine ältere Fliege alle fertig entwickelten Eier abgelegt hat, so sind die Ovarien auf ein Minimum zusammengeschrumpft, jede Eiröhre besteht dann aus einer grösseren und einer kleineren Kugel, an welche sich der Endfaden schliesst. In jeder dieser Kugeln liegen einige Nährzellen und am unteren Pol eine Zelle, die sich durch ihren völlig hyalinen Kern und ihren einzigen Nucleolus als junge Eizelle dokumentirt. Umgeben wird dies ganze Fach von einer vollkommenen gleichmässigen Lage von Follikelepithel. Die Kerne der Nährzellen zeichnen sich wie überall so auch hier durch ihr deutliches Kernnetz und ihre vielen kleinen Nucleolen aus.
Die Eizelle zeigt uns ein vollkommen homogenes Plasma, welches sich mit Haematoxylin färbt. Das scharf begränzte, nahezu kugelrunde, 12 u grosse Keimbläschen nimmt mit Haematoxylin keine Farbe an, wird dagegen durch Pikrocarmin und andere Carmine blassrosa gefärbt. Spuren eines Kerngerüstes lassen sich gut er-
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kennen. Ein runder, blau gefärbter Nucleolus ist excentrisch gelagert. Eine solche ganz junge Eizelle ist m Figur 89, Tafel VII abgebildet.
Figur 90 zeigt uns nun bei schwacher Vergrösserung ein etwas weiter fortgeschrittenes Ei. Das Keimbläschen, welches im vorigen Stadium noch im Centrum der Eizelle lag, ist hier an die Peripherie gerückt und liegt an derselben Stelle, wo wir es bei den Lepidop- teren immer beobachtet haben. Hier bleibt es auch lange Zeit liegen, um später wieder etwas an der Seitenwand des Eies herunter- zurücken, wie wir es in Figur 96 sehen. In diesem Ei ist schon ziemlich viel Dotter abgeschieden.
Wenn das Ei nun noch um Weniges gewachsen ist, so begmnt am Keimbläschen derselbe Ballenaustritt, wie wir ihn schon von manchen Formen kennen. Hier auf diesem Stadium, das bei schwacher Ver- grösserung Figur 91 abgebildet ist, ist auch die Masse der Nähr- zellen bedeutend herangewachsen. Das Follikelepithel, welches die- selbe ursprünglich gleichmässig wie das Ei bedeckte, ist jetzt hier sehr dünn geworden und hat sich ausserdem noch zwischen Eizelle und Nährzellen geschoben. Ungefähr von diesem Stadium an beginnen die Nährzellen allmählich etwas zu schwinden. In der nächsten Zeit scheinen sie emen sehr bedeutenden Antheil am Aufbau des Eies zu nehmen. Wenn man die ganze Masse von Eizelle und Nähr- zellen in Figur 91 mit derselben Masse in Figur 96 vergleicht, so kommt man auf die Vermuthung, dass in dieser Zeit durch das Follikelepithel wahrscheinlich nicht viel Nahrung dem Ei zugeführt ist. — Das Ei ist hier schon bis auf einen kleinen Plasmazapfen in der Nähe der Nährzellen von Dotterpartikeln angefüllt.
Das Keimbläschen ist an semer einen Seite abgeplattet oder eingedrückt und zeigt dort eine Anzahl von homogenen Ballen. Die Figuren 92 und 93 auf Tafel VII smd nach Präparaten gezeichnet, welche in 3 '/oiger Salpetersäure conservirt sind. Das Keimbläschen erhält sich dabei vorzüglich und zeigt eine etwas stärker granulirte Grundsubstanz als bei Sublimatbehandlung. Im diese Grundsubstanz sind eine Anzahl von Paranucleolen und em Nucleolus eingelagert, von welchen letzterer aus einem Häufchen von kleinen, stark gefärbten Kügelchen besteht. (Fig. 92, 93.) In Figur 92 hat das Keim- bläschen an einer Stelle bei a eine Ausbuchtung, welche man wohl als beginnende Abschnürung eines Ballens deuten könnte.
Die Ballen färben sich bei dieser Uonservirung mit Haematoxylin ziemlich intensiv, doch ist wohl kein Zweifel möglich, dass sie mit den früher beschriebenen identisch sind. — Das Plasma des Eies
Berichte 1886. Heft 5. 4 (11)
u: STUHLMANN: 1 50
sowie das der Nährzellen wird durch die Salpetersäure oft etwas verändert, indem sich grosse Lücken und Blasen in demselben bilden.
Der Austritt dieser Ballen dauert eine Zeit lang fort, ich habe sie noch bei 0,48mm langen Eiern aufgefunden. Doch findet man bei dieser Grösse auch schon Eier, bei welchen die Ballen ver- schwunden sind und das Keimbläschen wieder seine runde Gestalt angenommen hat. Ein solches Keimbläschen durch Sublimatbehand- lung zeigt uns Figur 94. Wir können den aus Körnchen bestehenden Nucleolus, sowie die Paranucleolen ebenso wie bei dem vorigen Stadium constatiren. Es ist aber wieder kugelrund geworden und liegt nicht mehr ganz hart der Eiperipherie an. Eine Dotterhaut ist hier schon gebildet, welche sich mit Garmin intensiv färbt.
Wenn man die Ovarien nicht vorsichtig herauspräparirt, sondern etwas drückt, so gleiten leicht die Nährzellkerne mit einem Theil ihres Plasmas in das Ei hinein, so dass es auf Querschnitten (Figur 95 Tafel VII) fast aussieht, als hätte man es hier mit zwei Kernen im Ei zu thun. WeEISMANN hat dasselbe schon früher bei Musca ebenfalls beobachtet.
Wirkliche zwei Keimbläschen habe ich auf meinen sehr zahl- reichen Schnitten niemals gefunden.
Nachdem die Ballen ausgetreten und das Keimbläschen wieder seine runde (Gestalt angenommen hat, fängt dasselbe an, an der Seitenwand des Eies herabzuwandern, bis es etwa ein Sechstel der Eilänge durchmessen hat (Fig. 96, Taf. VII). Die Nährzellen sind hier bis auf einen kleinen Detritusrest resorbirt. An der ganzen Peripherie des Eies hat sich schon auf diesem Stadium eme dotter- freie Schicht ausgebildet, das „Keimhautblastem“. Die dunkel ge- färbte Dotterhaut ist auch hier wieder deutlich zu erkennen (Fig. 97, dh.). Das Follikelepithel ist stark abgeplattet, seine Zell- grenzen sind ziemlich verschwommen.
Das Keimbläschen, welches in Fig. 97, Taf. VII stark vergrössert ist, ist ringsum vollständig scharf contourirt. Es liegt hart der Dotterhaut an und ist gegen dieselbe etwas abgeplattet. Diese Abh- plattung hat aber mit der früher geschilderten, welche bei dem Aus- tritt der Ballen stattfindet, absolut nichts zu thun, denn bei Eiern dieser Grösse sieht man niemals auch nur eine Spur von Ballen oder deren Resten. Die Grundsubstanz des Keimbläschens erscheimt bei Sublimatbehandlung vollkommen homogen, bei Conservirung mit Salpetersäure ist sie etwas granulirt. Der Nucleolus ist noch vorhanden, wenn auch schwach gefärbt, während von den Para- nucleolen nichts mehr zu sehen ist.
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Das Ei nimmt nun allmählich an Grösse zu. Das Kembläs- chen habe ich stets an derselben Stelle in dem oben beschriebenen Zustand liegen sehen oder ich habe es überhaupt nicht mehr auf- finden können. In letzteren Fällen war stets schon der Anfang eines Chorions gebildet. Nur m einem Ei fand ich das Keimbläschen in derselben Höhe wie früher, aber etwas gegen das Innere des Eies gerückt (Fig. 98, Taf. VII). Auch hier zeigte sich die erste Spur eines Chorions.
Fig. 99 zeigt dieses Keimbläschen bei stärkerer Vergrösserung. Von einer Membran oder einer scharfen Begrenzung ist nichts mehr zu sehen. Man sieht zwar noch deutlich, wie das Kernplasma gegen das Plasma des „Keimhautblastems* und gegen den Dotter deutlich geschieden ist, aber von einer Contour ist nicht mehr die Rede. Man glaubt deutlich zu bemerken, wie das Kernplasma vom Rande aus seine Structur verändert. Die ganze periphere Schicht des „Eikerns“ ist nämlich dunkler als der centrale Theil, der seine ur- sprüngliche Structur noch beibehalten hat, und lässt sich nur durch seine feinere Granulirung vom Eiplasma unterscheiden. Der Nu- cleolus ist im Centrum des Kerns noch vorhanden.
Man kann sich ganz gut vorstellen, wie der Kern so allmählich undeutlich wird, und wie dann die Dotterkörner in denselben hinein- dringen können, besonders wenn man die Verhältnisse in Betracht ‚zieht, wie ich sie weiter oben bei Sphinx und Zygaena geschildert habe. Dass man den so unsichtbar gewordenen Kern nicht in den Eiern älterer Stadien nachweisen kann, ist wohl selbstverständlich, denn der Nucleolus wird sich, wie ich fast bestimmt voraussagen möchte, auch noch sehr bald auflösen.
Eine geraume Zeit lang bleibt jetzt das Ei in dem geschilderten Zustand, d. h. kernlos oder wenigstens ohne jeden nachweisbaren Kern. Es wächst dabei noch etwas heran, besonders in die Länge, wie man durch Vergleich der Fig. 98 und 100 sehen kann. Das Chorion verstärkt sich und tritt auch allmählich am oberen Pol auf, wo das Ei sich zuletzt schliesst. Zuerst ist es eine homogene (u- ticula, auf welcher aber bald die spezifische Structur zu sehen ist, nämlich von der Fläche feine Punkte und im Durchschnitt eine zarte Strichelung. Die Mikropyle bildet sich ziemlich zuletzt.
Die Membrana vitellina umgiebt das ganze Ei, dieselbe färbt sich mit Carmin sehr intensiv, wie oben schon erwähnt wurde, ebenso nimmt sie sehr stark Saflraninfärbung an (Fig. 103), während sie durch Haematoxylin völlig ungefärbt bleibt.
4* (11%)
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Um diese Zeit tritt an der späteren Mikropyle eine eigenartige Bildung auf. Es bildet sich dort, hart der Dotterhaut anliegend, ein halbkugelförmiger Fleck, der sich stets scharf von der Dotter- haut absetzt. Man könnte leicht auf den Gedanken kommen, dass man es hier mit dem wiedererschemenden Eikern zu thun hätte. Bei genauerer Prüfung zeigt sich aber, dass es sich hier offenbar um ein Gebilde handelt, was mit der Dotterhaut eine gewisse Aehn- lichkeit hat. Es färbt sich nämlich fast stets genau wie diese, wie die Fig. 101-—103 zeigen. Dass es aber doch zu der Dotterhaut nicht in unmittelbarer Beziehung steht, beweist erstens, dass es stets scharf gegen dieselbe abgesetzt ist, und zweitens, dass es mit Carmin sich etwas heller als die Dotterhaut färbt. Ich glaube, dass es sich hier um ein Secret des Eiplasmas oder um Veränderung eines Thheils desselben handelt und dass dies Gebilde dieselbe Funktion hat, wie die Substanz an der Mikropyle von Sphinx ligustri, d. h. dass sie das Spermatozoon anlocken soll.
Das Blastem ist hier schon vollständig ausgebildet, es ist eine ungefähr 8S—10 1». breite Zone von völlig dotterfreiem Plasma. Die- selbe färbt sich mit Haematoxylin bedeutend stärker als mit Carmin (cf. Fig. 101 und 102).
In diesem Stadium fand ich bei fast allen Eiern eines ein- zıgen Individuums am oberen Pol zwei oder mehrere helle ver- schwommene Flecken, die ich nur als Kerne deuten kann. In Fig. 104 und 105 habe ich zwei Schnitte durch den oberen Pol solcher Eier abgebildet. Die (Gebilde gleichen auffallend dem im Verschwinden begriffenen Eikern in Fig. 99, nur sind sie halb so gross oder noch etwas kleiner. Die Anzahl der so aufgefundenen Kerne schwankt zwischen 2 und 4. Es scheint mir höchst wahr- scheinlich, dass es sich hier um die ersten Furchungskerne handelt. Befruchtung ist ganz ausgeschlossen, weil die ganzen Eier noch vom Follikelepithel dicht umgeben waren und ja ausserdem die Mikro- pyle, welche noch nicht einmal gebildet war, am oberen Eipol, also dem Receptaculum seminis abgewendet liest. Diese Kerne liegen in der obersten Schicht des Dotters, an der Grenze des Keimhaut- blastems, ganz ähnlich wie wir später auch die ersten Furchungs- kerne des abgelegten Eies finden werden. — Ich zweifle nun nicht, dass wir hier wieder eine parthenogenetische Furchung vor uns haben, die, ebenso wie bei Sphinx ligustri, schon auf einem ziemlich jungen Entwicklungsstadiam des Eies auftritt. Wie weit sich diese parthenogenetische Entwickelung fortgesetzt hätte, lässt
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sich natürlich nicht behaupten. Sehr merkwürdig ist gewiss, dass ich, trotzdem ich gerade aus diesem Stadium ausserordentlich viele Eier untersucht habe, nur bei diesem einzigen Individuum solche Kerne gefunden habe.
Es lässt sich daraus wohl vermuthen, dass das Auftreten dieser Parthenogenese von der Constitution des betreffenden Individuums abhängt.
Die Parthenogenese ist, wie WEISMANN in seinen Daphniden- Arbeiten [170] und erst neuerdings wieder in seiner „Continuität des Keimplasmas“ [173] nachgewiesen hat, nichts ursprüngliches, es ist vielmehr eine Einrichtung, wie sie für gewisse Thiere in gewissen Zeiten vortheilhaft ist.
Man kann nun an diesem Beispiel sehen, wie bei einzelnen In- dividuen einer Art, die sich geschlechtlich fortpflanzt, Partheno- genese auftreten kann. Wenn diese nun für die Art günstig. ist, so kann man sich denken, dass die parthenogenetisch sich fort- pflanzenden Individuen im Kampf ums Dasein ganz allmählich den Sieg davon trugen und so durch Naturzüchtung die Parthenogenese bei der ganzen Art auftrat.
Um nun den Furchungskern zu bekommen, liess ich die Fliegen ihre Eier auf Fleisch ablegen und tödtete letztere sogleich durch heissen Alkohol von 30° oder durch FLEMMmING@’sche Lösung (Chrom- Essig-Osmiumsäure). Aber stets fanden sich beim Schneiden schon eine grosse Anzahl von Furchungskernen. Ja bisweilen waren fast vollkommen entwickelte Thiere in den Eiern enthalten; einmal platzte sogar gleich nach der Ablage eine Eihülle und es kroch eine kleine Larve heraus, die vollkommen ausgebildet war. Es ist gewiss sehr merkwürdig, dass der Instmkt die Thiere abhält, die fertigen Eier abzulegen, wenn sie kein Fleisch haben. Die Thiere wissen es ja natürlich nicht, dass ihre Larven ohne Fleisch nicht fortkommen können; wir müssen eben annehmen, dass die Eiablage nur geschieht, wenn das Thier von aussen einen Reiz durch den Anblick oder den (seruch des faulen Fleisches bekommt“). Diese Thatsache ist übrigens schon vielfach beobachtet.
Wie schnell die Bildung der ersten Embryonal-Kerne vor sich gehen muss, davon konnte ich mich einmal überzeugen. Ich liess eine Fliege eine grosse Anzahl von Eiern ablegen, bis ich meinte, dass nun alle entwickelten aus dem Thiere entfernt sein müssten.
*) ef. Weismann: Uontinuität des Keimplasmas pag. 101, wo er über den
Instinkt der Bienenkönigin bei der Eiablage spricht,
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Das Thier ward nun möglichst schnell getödtet und geöffnet. In dem einen Ovarıum fanden sich gar keine Eier mehr, in dem anderen waren noch vier vorhanden. Aber sämmtliche von diesen vier letzten Eiern hatten schon eine grosse Anzahl von Embryonal-Kernen, trotz- dem sie vor ganz kurzer Zeit noch in der Eiröhre gesessen haben mussten. Zwei der Eier waren erst in den Oviduct gelangt und zwei waren noch im Eierkelch.
Unter sehr vielen frisch abgelegten Eiern fand ich nun zwei, welche auf Schnitten am oberen Eipol nicht weit von der Mikropyle ent- fernt, ein Gebilde zeigten, das ich als den wiederaufgetretenen Eikern oder den Furchungskern betrachten muss. Figur 106 lässt uns die Lage dieses Gebildes (%) im Ei sehen. Wenn man diese Figur mit Figur 98 vergleicht, wo ich zum letzten Mal den Kern beobachtet habe, so kann man sich leicht vorstellen, dass während der ganzen Zeit, welche zwischen beiden Entwickelungsstadien liegt, der Kern diesen Weg zurückgelegt hat, besonders, weil er m Figur 98 schon ein klein wenig von der Dotterhaut, an der er früher eng anlag, fortgerückt ist. Ein weiterer Grund, diesen hellen Fleck für den Eikern zu halten, ist der, dass, wie wir weiter unten sehen werden, die ersten Furchungskerne in derselben Zone des Eies liegen (cf. Fig. 109).
(sehen wir jetzt zur genaueren Betrachung der beiden beobach- teten (Grebilde über. Figur 107 zeigt das obere Ende des einen Eies im Schnitt. Wir sehen daran das Chorion (d), die Dotterhaut (dh), die Mikropyle (m) und das Keimhautblastem (bl). Mitten in der Dottermasse findet sich ein dotterfreier Fleck (k), derselbe ist in seinem Öentrum bedeutend heller als an der Peripherie. Von dem umgebenden Eiplasma und den Dotterkugeln ist der Fleck nicht deutlich abgesetzt, er scheint allmählich in die Eisubstanz überzu- gehen. — Fast in der Medianebene des Eies unterhalb der Mi- kropyle (m) geht von dem Keimhautblastem ein Zapfen (#) im den Dotter hinein, welcher gänzlich von Dotterkörnern frei ist. Sein Plasma scheint mit dem des Blastems, der Farbenreaction nach zu urtheilen, völlig übereimzustimmen. Ein färbbares Gebilde konnte ich leider in diesem Zapfen nicht nachweisen, bin jedoch der Lage desselben wegen geneigt, ihn als den Plasmahof zu halten, in welchem ein Spermakern zum Eikern zu wandern im Begriff war. (Leider ist mir durch eme Unvorsichtigkeit dies Präparat nachträglich verunglückt).
In dem anderen Ei (Figur 108, Tafel VII) war ein Plasmafort- satz, wie der eben beschriebene nicht vorhanden. An einer ganz
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homologen Stelle wie im vorigen Ei, nur ein klein wenig mehr an der Oberfläche, fand sich ebenfalls ein heller, dotterloser Fleck. Derselbe war in seinem oberen Theile von eben solcher Struetur wie der des anderen Eies. Durch seine Grösse unterschied er sich jedoch von jenem, indem er fast doppelt so gross war. Man könnte sogar meinen, dass er aus zwei zusammen fliessenden Gebilden be- stände, doch ist eine solche Deutung wohl etwas zu gewagt. Von diesem hellen verschwommenen Fleck aus zieht sich schräge gegen das Centrum des Eies ein scharf begränzter Streifen (B), welcher mit einer keulenförmigen Anschwellung endet. Derselbe besteht aus hellem, fein granulirtem Plasma. das mit dem hellen Plasma des Fleckes (k) identisch zu sein scheint. Begränzt ist der Streifen mit seiner Anschwellung von feinen punktförmigen, dunkelgefärbten Körnchen. Die Dotterkörner reichen meistens nicht ganz an dies (sebilde heran, es ist von Eiplasma umgeben. — Dass es sich hier nicht um ein Kunstproduct handelt, davon habe ich mich mit stärkster Oelimmersion überzeugt, alles liegt im selben Niveau und nirgends ist eine Lücke, etwa durch Ausfallen einiger Dotterkörner vor- handen. Zu erwähnen ist noch, dass hier von der Bildung an der Mikropyle nichts mehr zu sehen ist.
Man könnte nun einwerfen, dass wir es hier mit keinen Kernen zu thun haben, weil sich nichts in ihnen färbt. Mit dem Begriff eines Kernes verbindet man unwillkürlich den des Chromatins. Aber färbt sich denn etwa ım dem Keimbläschen, wie wir es zuletzt mit verwaschener Contour gesehen haben, etwas ausser dem ganz winzigen Nucleolus? Dass letzterer kein integrirender Bestandtheil des Keim- bläschens oder Eikerns ist, habe ich schon weiter oben bei mehreren Formen gezeigt. Ich glaube, dass dieser Einwurf nicht stichhaltig ist. — Wie ich oben gezeigt, macht auch die Lage dieses (rebildes die Deutung desselben als Eikern oder Furchungskern wahrscheinlich.
Der Eikern, der ja für einige Zeit unsern Blicken entzogen war, tritt also hier in ganz ähnlicher Form wieder auf, wie er ver- schwand.
Wenn wir diesen Umstand und ausserdem die Thatsache, dass bei einem Individuum schon bedeutend früher auf parthenogeneti- schem Wege Kerne auftraten, welche natürlich durch Theilung des Eikerns entstanden waren, in Betracht ziehen, so dürfen wir wohl mit Recht annehmen, dass eine Continuität zwischen dem Keim- bläschen und dem Eikern, respective den ersten Embryonalkernen, besteht. Der Kern wird nur auf eine gewisse Zeit für uns nicht
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nachweisbar, weil er seine Structur verändert, so dass wahrscheinlich Dotterelemente in ihn eindringen können, oder weil er sehr stark amoehboid zerfliesst. Was von beiden Möglichkeiten der Fall ist, kann man natürlich schwer nachweisen, im Grunde genommen laufen aber beide auf dasselbe hinaus.
Ich möchte hier noch einige Beobachtungen über die ersten Embryonalkerne anschliessen. Wie ich schon weiter oben andeutete, müssen die ersten Theilungen ausserordentlich rasch vor sich gehen. Man findet stets schon eine ganze Anzahl von Kernen in der ober- tlächlichen Schicht des Dotters, unter dem Blastoderm liegen. Die- selben sind immer nur in dieser Schicht, niemals im Innern des Dotters vorhanden”). Bei schwächerer Vergrösserung machen sie den Eindruck von hellen Flecken, wie in Figur 109 zu sehen ist. Am vorderen Eipol treten die Kerne zuerst auf und verbreiten sich von dort aus in emer Schicht über das ganze Ei.
Am vorderen Pol fand ich ungefähr in der Eiaxe einen sehr grossen Kern, auf diesen folgten vier etwas kleinere und an diese schlossen sich immer kleinere, wie dies Figur 109 zeigt. Der vordere grosse Kern ist vielleicht mit dem „vorderen Polkern,*“ wie WEISMANN ihn bei den Gallwespen fand [171], zu identificiren (?). Wenn man diese Embryonalkerne bei stärkerer Vergrösserung ansieht (Fig. 110) so findet man, dass sie scharf begränzt smd und aus einer hellen Kerngrundsubstanz mit zahlreichen, eingestreuten chromatischen Partikeln bestehen. Diese Uhromatintheile sind aber keine scharf begränzte Körnchen, Schleifen oder Fäden sondern mehr wolken- artige Gebilde, in welchen oft ein noch dunkler, aber auch nicht scharf begränzter Fleck liegt.
Ausserordentlich bemerkenswerth scheint mir, dass ich hier trotz der rapiden Vermehrung, niemals karyokinetische Figuren sah, auch nicht bei Behandlung mit Fremmin@’scher Lösung und Naffranin- färbung. Man findet, wie Figur 110 (Tafel VIII) zeigt, alle Ueber- sänge zwischen einem einfachen, grossen und zwei, dicht an ein- ander liegenden kleineren Kernen, aber niemals eine Andeutung von Kernschleifen oder dergleichen. Einen solchen in Theilung begriffenen Kern habe ich nochmals bei stärkster Oelimmersion möglichst genau in Figur 111 gezeichnet um zu zeigen, dass hier von regelmässigen
*) KowALEVSKY (Zur embryonalen Entwickelung der Musciden. Biol. Centralbl. VI 1886, p. 49.) sah am oberen Pol die beiden ersten Furchungskerne, an der Stelle wo ich den Eikern fand. Er behauptet aber, dass sich später zuerst im Innern des Eies die Kerne vermehren und dann an die Oberfläche rücken,
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Schleifen durchaus nicht die Rede ist. Es macht ganz den Ein- druck, als ob der Kern sich hier amoeboid auseinanderzöge und sich auf diese Weise theilt, ohne vorher eine solche complieirte Anord- nung seiner Bestandtheile vorzunehmen, wie wir es bei der Karyo- kinese kennen.
Weısmann beobachtete bei den Gallwespen [171] auch am lebenden Ei, dass ein Kern sich sehr stark amoeboid bewegte und sich und BRASS [41] konnten in den ersten Embryonalkernen von Aphiden ebenfalls keine Kernfiguren beobachten. Bürschtı [43] dagegen zeichnet eine
allmälich in zwei neue Kerne auseinanderzog. Wırn [177
Art von karyokinetischer Figur. Richtige Karyokinese ist überhaupt, soviel ich in der Literatur finden konnte, bei Insekten noch sehr wenig beobachtet. Bauıant| 10] beschreibt Kerntheilungen bei frischen Kernen im Ovarialepithel von Stenobothrus pratorum. Ebenso theilen uns Bürscenuı [43 pg. 38. 49] und Mavyzen [109] Beobachtungen über indirecte Kerntheilungen bei Insekten mit. Ferner giebt KORSCHELT [93] an, dass er im Endfach verschiedener Insektenovarien deutliche Kerntheilungsfiguren gefunden habe und endlich spricht BLOCHMANN [33] in einer Mittheilung von einer Kernspindel am oberen Pol von Ameiseneiern. Da letztere Mittheilung aber schon im Mai 1884 veröffentlicht wurde und bis jetzt noch keine weitere Arbeit BLoOcH- MANN’s über diesen Gegenstand erschienen ist, so weiss ich nicht, ob die Beobachtung so ganz sicher ist. — Hier, bei den ersten Embryonalkernen der Fliege konnte ich jedenfalls auch bei Behand- lung mit Fremnine’s Lösung keine Karyokinese nachweisen. Sollte das wohl mit der rapiden Vermehrung in Beziehung stehen ? Meinen sehr lückenhaften Beobachtungen über die ersten Em- bryonalkerne möchte ich gerne noch eine hinzufügen, die sich auf das Emporsteigen der eben beschriebenen Kerne in das Blastem bezieht. Fig. 112 zeigt uns einen Schnitt vom Rande der hintern Eihälfte. Man sieht dort deutlich, wie sich die Kerne, in welchen sich das Chromatin schon etwas vermehrt hat, amoeboid in die Länge gestreckt haben und offenbar auf der Wanderung nach dem Keimhautblastem begriffen sind. Sie nehmen dabei oft ganz bizarre unregelmässige Formen an, sind aber stets scharf von dem umgeben- den Eiplasma abgegrenzt. Einige der Kerne (Fig. 112,«a) scheinen schon etwas wieder zur Ruhe gekommen sein, sie liegen mehr an der Oberfläche als die anderen und haben nicht mehr die lang- gestreckte Gestalt, sondern sind mehr zusammengezogen, wenn auch immer noch amoeboid. Das Uhromatin, welches bei den langen
58 STUHLMANN: 1 58
Kernen mehr in grossen Brocken vorkommt, zeigt sich uns hier in viel kleineren Partikeln.
Ausser den eben beschriebenen Kernen sind in den Schnitt Fig. 112 noch eine grössere Anzahl kleinerer sichtbar ($), welche scharf begrenzt sind und aus einer hellen Kernsubstanz mit cen- tralem Chromatinkörper bestehen. Ueber den Ursprung und das Schicksal weiss ich nichts anzugeben.
Während alle diese Kerne schon im Ei, gewissermassen als „inneres Blastoderm* vorhanden sind, habe ich von den „Polzellen“ noch nichts wahrnehmen können. Es ist dies vielleicht wichtig für die Beurtheilung der Bedeutung derselben. Man hat sie vielfach als ganz früh sich aus den ersten Embryonalkernen abspaltend be- trachtet und deshalb gemeint, dass die Substanz derselben noch ziemlich der des Eikerns ähnlich sein müsste (Weısmann [172a] und Bar»rant [8. 9]). Mir scheint nun aber, dass vor dem Austritt der Polzellen schon eine ausserordentlich grosse Anzahl von Kernen im Ei vorhanden ist, so dass man den Polzellen nicht einen so srossen Werth für die Vererbung beilegen ‚kann. Doch lege ich auf diese Beobachtungen selbst kem so grosses Gewicht. Ich habe diese Entwickelung lange nicht genau genug untersucht, um behaupten zu können, dass die Polzellen nicht doch von besonderen früh ab- gesonderten Kernen abstammen.
Zum Schlusse möchte ich nun noch emmal die Erscheinungen bei Musca zusammenfassen.
1. Das Keimbläschen rückt in ziemlich jungen Eiern an die Peripherie und zwar ganz an den oberen Eipol, ausserhalb der Eiaxe.
2. Hier werden eine Zeit hindurch „Ballen“ aus dem Keim- bläschen ausgestossen.
3. Das Keimhautblastem bildet sich sehr früh.
4. Das Keimbläschen rundet sich wieder ab und steigt ungefähr ein Sechstel der Eilänge an der Peripherie des Eies hinab, wo es längere Zeit liegen bleibt.
5. Hier verschwindet es, nachdem es ein klein wenig ins Eiimnere gewandert ist und dort seine Contour verloren hat.
6. Der Eikern resp. Furchungskern tritt (während der Eiablage ?) am oberen Eipol in der Nähe der Mikropyle als heller Fleck wie- der auf.
7. Die ersten Furchungskerne liegen zuerst am vorderen Pol, in einer Schicht im Dotter.
159] DiE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 59
Anabolia. Taf. VII, Fig. 113 und 114.
Von Neuropteren habe ich nur diese eine Form untersucht und leider auch diese sehr unvollkommen.
Die Form der Eier schliesst sich sehr an die der Lepidopteren an, das Ei mit den Nährzellen zusammen bildet immer ein Fach der Eiröhre. Dadurch ist die Oberfläche des Eies an einer Seite halbkugelförmig, gegen die Nährzellen hin aber abgeplattet. Letztere unterscheiden sich von denen der Liepidopteren dadurch, dass sie hier grosse runde Kerne haben, während dieselben bei den Liepido- pteren ganz bizarr amoeboid zerflossen sind.
In dem jungen Ei (Fig. 113, Taf. VII) liegt das Keimbläschen ziemlich central. Es färbt sich bei Doppelfärbung roth, während das Eiplasma blau wird. Im Keimbläschen ist ein grösserer Nu- cleolus (n) und einige Granulationen (g) sichtbar, welche wohl als Reste des Kerngerüstes anzusehen sind. In dem Ei haben sich schon einige wenige Dotterpartikel abgeschieden.
Fig. 114 (Taf. VII) stellt ein bedeutend älteres Ei dar, das schon ganz mit Dotter erfüllt ist. In einer Ecke, bei k, liegt ein eingedrücktes, homogenes (rebnde, welches sich blau färbt. Durch seine (restalt und stärkere Färbung unterscheidet es sich von den Dotterpartikelchen, so dass ich nicht umhin kann, es als Kern in Anspruch zu nehmen, besonders da es an der Stelle liegt, wo ich das Keimbläschen vermuthen musste. Durch den Schnitt war es hier offenbar etwas herabgedrückt, weil oberhalb von ihm eine Lücke zu bemerken war. Leider gestattete die Conservirung des Eies nicht, die Structur dieses Gebildes näher zu studiren.
Das Ei hatte hier eine grösste Breite von 163 1; es wächst nur noch unter beständiger Abnahme der Nährzellen heran. Das grösste Ei, das ich auf meinen Schnitten finden kann, hatte 356 fe im Durchmesser. Einen Kern habe ich nicht wieder be- obachtet.
Aus diesen lückenhaften Beobachtungen kann man wenigstens schliessen, dass sich hier dieV org änge eng an die bei den Lepidopteren anschliessen und dass auch hier, wo wir das eingebuchtete Keim- bläschen sehen, höchst wahrscheinlich, der Austritt der Ballen statt- findet.
60 STUHLMANN: 1 60
Vespa germanica und media. Taf. VII, Fig. 115122.
Die Hymenopteren bilden eimen der interessantesten Theile der Arbeit, weil ausser den gewöhnlichen Reifungserscheinungen, welche, wie ich gleich bemerken will, ebenso wie bei den übrigen Ordnungen ablaufen, noch die Bildung des Dotterkerns in sehr vielen Fällen vor sich geht. Die Metamorphose des Keimbläschens bei Vespa und Camponotus ist bereits von BLOCHMANN [33] in eimer kurzen Mittheilung beschrieben, doch weiche ich m der Deutung der Bilder von ihm bedeutend ab. Die Körper, welche am Keimbläschen auf- treten, hielt BLOCHMANN für Kerne, während ich sie als Dotterkerne deute. Doch gehen wir erst die Eibildung bei Vespa an der Hand von Zeichnungen durch. Zwischen beiden Arten der Gattung konnte ich keinen Unterschied wahrnehmen und beziehe mich desshalb in der Darstellung nicht auf eme specielle Art.
Die Endfächer sind sehr lang und gehen ganz allmählich in den Theil der Eiröhre über, wo Eier und Nährzellen abwechselnd auf einander folgen. Zuerst liegen noch Eier und Nährzellen durch emander (Fig. 115 und 116, Taf. VIII), später aber ordnen sich die- selben so an, dass die vom Follikelephitel umgebene Eizelle unter- halb eines Haufens von Nährzellen legt (Fig. 118 und 119, Taf. VIII).
In den jüngsten Eiern (Fig. 115, «) liegt das Keimbläschen ziemlich central. Dasselbe hat einen stark granulirten Inhalt und eine Stelle, welche sich mtensiv färbt und wohl als Nucleolus zu deuten ist. Schon auf diesem jungen Stadium sieht man an der Peripherie des Keimbläschens zwei kleine rundliche Kugeln liegen, welche sich nicht färben. Sie scheinen in ihrem Inneren eine dunkle Stelle zu enthalten, welche man für Ohromatin halten könnte. Ich bin jedoch mehr geneigt, sie für irgend eine sonstige Concretion zu halten, welche nun besondere Lichtbrechungsverhältnisse bewirkt. Um über die Entstehung dieser Gebilde ins Klare zu kommen, habe ich eine noch jüngere Eizelle als die auf Figur 115 abgebildete mit einer SEIBERT’schen homogenen Immersion untersucht. (Fig. 116.) Wir sehen da, dass das helle Keimbläschen ringsum vollständig scharf begränzt ist und dass an seiner Peripherie verschieden grosse helle Kügelchen auftreten. Die kleineren derselben sind nicht von gewöhn- lichen Dotterkugeln zu unterscheiden, wie wir sie überall in den Eiern antreffen sehen. Zwischen diesen aber und den oben beschriebenen grösseren mit „dunklem Körper“ im Inneren finden sich alle Ueber-
161] Die REIFUNG DES ARTHROPODENRIES. 61
gänge. Ich bin desshalb überzeugt, dass die kleineren Kügelchen zusammenschmelzen und so die grösseren liefern. In dem Keim- bläschen ist immer ein feines Gerüst zu constatiren, welches aber nichts Besonderes bietet. Zwar sieht man bisweilen an der Peripherie ein Chromatinbröckehen, doch konnte ich nie finden, dass ein solches sich vergrösserte, loslöste und zu einem Kern anwächst, wie BLOCH- MANN das behauptet. Ich wiederhole also noch einmal, dass ich diese Kerne nur für „Dotterconcretionen* halte.
Diese Gebilde vermehren sich nun sehr stark. In Figur 115 bei 5 sind schon bedeutend mehr als bei « und in Figur 116 vor- handen. Eine noch weitere Zunahme bemerkt man in den Eiern, welche Figur 117 und 118 abgebildet sind. Diese Ballen nehmen so sehr überhand, dass sie das Keimbläschen fast ganz verdecken (Fig. 118) oder auch dasselbe bisweilen wie eine Art von Epithel völlig umgeben (Fig. 119). Während dieser starken Vermehrung der „Dotterkerne“ rückt das Keimbläschen zusammen mit dem Haufen der Dotterkerne allmählich an die Peripherie (Fig. 118, 119). In dem Keimbläschen sind keine besonderen Veränderungen vor sich gegangen, man kann immer noch die femen Ueberreste des (serüstes und im Centrum eine dunklere Concretion sehen, welche bald aus einzelnen Körnern besteht, bald etwas compacter ist und als eine Art von Nucleolus erscheint. Letzteres findet sich auf späteren Stadien noch mehr ausgeprägt.
In Figur 120, die den oberen Pol eines Eies darstellt, sehen wir das Keimbläschen schon ziemlich nahe der Peripherie. Es hat hier eine etwas unregelmässig gezackte Gestalt angenommen, gleichsam als ob es durch die angelagerten „Dotterkerne* eingedrückt wäre. Diese Einbuchtungen sind aber durchaus nicht mit den früher bei anderen Formen beschriebenen zu verwechseln, da dieselben hier an allen Seiten auftreten können, während sie sich in jenem Falle, wo es sich um den Austritt der „Ballen“ handelt, nur an der Seite des Keim- bläschens, welche der Eiperipherie zugewandt ist, und nur einfach bildet.
Wenn das Keimbläschen die Peripherie erreicht hat, legt es sich flach an dieselbe (Fig. 121). Eine Einbuchtung zum Ballen- austritt habe ich nicht beobachtet, doch glaube ich mit Bestimmt- heit sagen zu können, dass der Austritt in diesem Stadium statt- finden muss. — Die Dotterkerne lösen sich nun vom Keimbläschen los und verbreiten sich am oberen Eipol, wo sie allmählich aufgelöst werden (Fig. 121, 122). Der eigentliche Dotter bildet sich, wie auch BLOCHMANN angibt, zuerst am unteren Pol und an der Peripherie,
E
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während am oberen Pol noch eine Plasmamasse bleibt, welche mit dem Nährfach durch einen Plasmazapfen in Verbindung steht (Fig. 122). Das Keimbläschen macht hier, wo ich es zuletzt beobachtete, schon einen etwas anderen Eindruck als früher; es ist bedeutend kleiner seworden, was ich aber nicht mit der Bildung der Dotterkerne in Verbindung setzen möchte, da die hauptsächliche Verkleinerung erst stattfindet, wenn sich die Dotterkerne von ihm abgelöst haben (cf. Fig. 120 bis 122). Ferner färbt es sich hier bedeutend stärker als früher und hat einen deutlichen Nucleolus, welcher einem besonders beim Aufsuchen desselben als Kennzeichen dient. Seine Lage hat es auch etwas verändert, indem es von dem Follikelepithel weg, wieder ein wenig in das Innere des Eies gerückt ist, was mir ein Anzeichen ist, dass es an der Eiperipherie seine Function, d. h. die Aus- stossung der Ballen, vollendet hat.
In älteren Eiern war es mir nicht mehr möglich, den Eikern aufzufinden. Leider standen mir ganz reife Eier nicht zu Gebote, so dass ich über das Wiedererschemen des Kernes nichts aussagen kann. Letzteres habe ich nur bei Musca beobachtet. Ich glaube aber, dass wir erst BLOCHMANN’s ausführlichere Arbeit und seine Zeichnungen abwarten müssen, um über die Kernspindel, den Sper- makern etc. nähere Aufschlüsse zu erhalten.
Bombus terrestris.
Taf: VIII, Fig. 123—128. Wir haben hier ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei Vespa, nur findet das Auftreten der „Dotterkerne“ bedeutend später statt. In Fig. 123 ist bei a ein ganz junges Ei zu sehen. Sein Keim- bläschen liest im Centrum. In der hellen Kerngrundsubstanz sieht man ein feines Gerüst, dass sich an mehreren Stellen etwas ver- dichtet. Von einem Nucleolus ist nichts zu sehen. Die ferneren Stadien fehlen mir leider, meine Beobachtungen setzen erst wieder ein, wenn das Keimbläschen an der Eiperipherie liegt und einen deut- lichen Nucleolus hat (Fig. 124). Von dem Kerngerüst sind noch Spuren nachweisbar. Hier sieht man auch, dass an einer Stelle des Keimbläschens sich ausserhalb desselben ganz winzige Kugeln bilden und dass diese allmählich auf ihrem Weg zur Eiperipherie an- wachsen (x). (Granz ebensolche, herangewachsene Gebilde liegen an der ganzen Peripherie des Eies zerstreut. Alle diese Kugeln haben nun sehr täuschend das Ansehen von wirklichen Kernen, sie sind scharf begrenzt und scheinen ein Uhromatingerüst in emem hellen
163] DIE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 63
Kernplasma zu enthalten. Trotzdem kann ich nicht umhin, die- selben für Homologa der bei Vespa oben beschriebenen Gebilde zu halten. Aehnliches habe ich auch bei fast allen Ichneumoniden beob- achtet. Das Keimbläschen ist hier überall vollständig scharf be- grenzt, wir finden keine Ausbuchtungen, welche auf eine Abschnü- rung deuteten. Eine Entstehung neuer Kerne durch Sprossung ist ja allerdings manchmal behauptet, sowohl am Keimbläschen ver- schiedener Thiere durch Fon |59. 60], Bausıanı [13], BLocHMmanN [33], Wırn [178. 179] u. s. w. als auch besonders bei der Spermato- genese. Die Verhältnisse müssen aber noch viel genauer studirt werden, ehe man diesen Vermehrungsmodus als ganz feststehend an- nehmen kann. Man könnte ja auch an freie Kernbildung denken, aber diese ist doch wohl so unwahrschemlich, dass wir sie nicht an- nehmen können, wenn wir nicht absolut dazu gezwungen sind. — Was sollen denn hier diese Kerne eigentlich, da sie sich ja doch nachher wieder im Dotter des Eies auflösen ?
Dazu kommt nun noch, dass in anderen Präparaten (Fig. 123 bis 126 sind nach Präparaten von Herrn Dr. KORSCHELT gezeichnet) die Kugeln nicht so sehr echten Kernen ähnlich sehen, sie machen dort bedeutend mehr emen homogenen „dotterähnlichen* Eindruck (Fig. 127. 128). Ich kann desshalb nicht umhin, auch diese Gebilde als „Dotterkerne“* zu bezeichnen. Sie sind einfache Dotterconcre- tionen, wohl eine besondere Art von Dotter, der in irgend einer Entwickelungsperiode des Eies aufgelöst wird. Ich komme später noch einmal auf diese Verhältnisse zurück.
Man könnte diese „Kerne“ nun auch noch für eingewanderte Kerne halten, die dem Ei zur Nahrung dienen, wie dies von Hıs |79] für die Lachseier und von Braxpr [36] für die Periplaneta behauptet ist. Ich muss gestehen, dass mich dieser Gedanke auch sehr viel beschäftigte und dass ich auch einzelne Bilder bekam, die dafür zu sprechen schienen. Fig. 125 (Taf. VIII) stellt ein Stück vom oberen Pol eines Kies dar, wo am Keimbläschen ebenfalls solch ein Dotterkern liegt. Bei .r aber liegen 3 Kerne, welche einen Uebergang zwischen den Kernen des Follikelepithels an den Dotter- kernen zu bilden scheinen. Ich will es desshalb nicht ganz be- streiten, dass bisweilen einmal Zellen von Aussen in das Ei gelangen und dort verarbeitet werden, aber die Bildung dieser „Dotterkerne*“ schemt mir doch im Allgemeinen so vorzugehen, wie ich oben an- genommen habe.
Die Dotterkerne vermehren sich sehr stark, so dass sie, wenn
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das Ei eine Länge von ca. 0,15 mm hat, eine völlige Schicht unter dem Follikelepithel bilden, ganz in der Art, wie die Testazellen der Tunicaten, nur dass diese sich stark färben, während die „Kerne“ bei Bombus äusserst blass sind. Figur 126 zeigt einen kleinen Theil der Peripherie eines solchen Eies mit dem Keimbläschen. Am obern Pol sind die Dotterkerne deutlich, während sie am unteren sich auflösen. Ich muss aus alle dem schliessen, dass sie am oberen Pol und zwar am Keimbläschen gebildet werden und von da aus sich über die Peripherie des Eies ausbreiten. Allmählich verfallen sie dann der Auflösung und zwar zuerst da, wo sie am ältesten sind, nämlich am unteren Pol.
Bis jetzt war im Ei noch kein wirklicher Dotter vorhanden. Derselbe tritt zuerst unten und an der Peripherie auf, während die Umgebung des Keimbläschens fürs erste noch frei davon bleibt. In seiner Nähe liegen noch eine ziemliche Anzahl der Dotterkerne (Fig. 127), welche hier einen etwas gequollenen, homogenen Eindruck machen. An diesem Ei, das eine Länge von 1,85 mm hatte, war vom Follikelepithel die erste Anlage des Chorions in Grestalt einer ganz dünnen Lamelle abgeschieden; eine Dotterhaut war noch nicht ge- bildet.
In dem Ei, das ich Figur 128 abgebildet habe, sind die Dotter- kerne bereits sehr stark im Auflösung begriffen. Das Keimbläschen hat an einer Seite, der Eiperipherie zugekehrt, eine leichte Aus- buchtung, in welcher kleine stark glänzende, homogene Ballen liegen, welche ich für die Homologa der Ballen halten muss, wie ich sie oben bei anderen Formen beschrieben habe. Ein Nucleolus ist hier noch vorhanden, was mir als Beweis gilt, dass der Ballenaustritt durchaus nichts mit dem Verschwinden des Nucleolus zu thun hat.
Aeltere Stadien des Keimbläschens habe ich nicht auffinden können, in allen reiferen Eiern konnte ich nichts mehr von dem- selben entdecken. Es wird also wohl bald nach dem Austritt der Ballen verschwinden.
Trogus lutorius. Tafel VIII, Fig. 129—131.
Im jungen Ei liegt das Keimbläschen im Centrum, seine Kern- erundsubstanz ist hell, fast ganz farblos, in sie eingelagert ist aber ein feines Gerüst, dass sich an einer Stelle, ganz wie bei Vespa und Bombus, verdichtet (Fig. 129, Taf. VIII). In diesem Ei liegen schon im Plasma zwei kleine homogene Kügelchen. Ob diese aber mit
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den später massenhaft auftretenden Dotterkernen in Verbindung zu setzen sind, ist mir etwas zweifelhaft.
Ich will nun nur noch zwei Eier beschreiben, welche ca. 0,7 mm lang sind. In Fig. 130 liegt das Keimbläschen an der Peripherie, es smd im ihm ausser Spuren eines Gerüstes ein grosser und zwei kleine Nucleolen erkennbar. Sowohl in der Nähe des Keimbläschens als auch an der entgegengesetzten Seite des oberen Poles sind eine Menge von „Dotterkernen* zu sehen. Sie gleichen sehr denen von Bombus, so dass ich nichts besonderes über sie zu sagen hätte.
An der linken Seite der Zeichnung scheinen sie schon stark in Auflösung begriffen zu sein. In dem Ei ist eine Menge von Dotter ausgeschieden; am oberen Pol, in der Nähe des Endfaches, aber ist noch ein Stück frei von den kleinen Dotterkörnern ge- blieben. Um das Ei ist eine feine homogene Membran abgeschieden, welche ich als Membrana vitellma deuten möchte, da sie dem Ei und nicht dem Follikelepithel immer dicht anliegt.
Das Ei, welches in Fig. 131 abgebildet ist, ist schon etwas weiter in der Entwickelung fortgeschritten. Es ist ganz mit Dotter- partikeln erfüllt. Das Keimbläschen ist im grossen Ganzen noch so wie in Fig. 130, nur hat sich der Nucleolus aufgelöst. An semer Stelle sehen wir eme Anzahl von kleinen Körnchen, die wenig ge- färbt sind. Ausser den feinen Dotterkörnern liegen am oberen Eipol eme Menge von grösseren runden Gebilden, die ich für die in Auflösung begriffenen Dotterkerne halte.
Einen Ballenaustritt habe ich nicht beobachtet, derselbe wird wahrscheinlich auf diesem oder einem sehr bald folgenden Stadium vor sich gehen.
Banchus fulvipes. Tafel VIII, Fie. 132—137.
In einem jungen Ei, wie solches auf Taf. VIII, Fig. 132 abge- bildet ist, liegt das Keimbläschen central; es hat eine länglich ovale Gestalt und ist wohl amoeboid beweglich, wenigstens ist an seinem oberen Ende die Contour etwas unregelmässig. Von einem (serüst war in diesem Präparat nichts zu sehen, in der hellen homo- genen Kerngrundsubstanz ist im Centrum nur eine Ansammlung feiner CUhromatinkörnchen zu sehen.
In dem sonst homogenen Zellplasma sind schon einige winzige Dotterpartikel abgesondert.
Borichte. 1886. Heft 5. 5 (12)
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Indem das Ei nun heranwächst und zuerst am unteren Pol und an der Peripherie feinkörnigen Dotter ausscheidet, reicht das Keim- bläschen an die Oberfläche, in die Nähe des oberen Eipols (Fig. 133). Während der Zeit hat sich auch ein grosser, stark färbbarer Nucleo- lus gebildet. Ueber die Art seiner Bildung weiss ich nichts näheres anzugeben.
Das Keimbläschen buchtet sich hier nun bald an der Seite ein, mit welcher es der Eiperipherie anliegt, und in dieser Bucht finden wir stark liehthrechende homogene Kugeln, die denen entsprechen, welche wir schon bei anderen Formen kennen gelernt haben (Fig. 134, 135). Auf diesem Stadium finden wir entweder einen oder mehrere Nucleolen im Keimbläschen. Ich halte es für sehr wahrscheimlich, dass der Keimfleck sich zu dieser Zeit wieder auflöst, wenigstens finden wir später keinen mehr.
Das Ei wächst nun weiter heran und scheidet eine feine Mem- brana vitellina um sich aus. Wir sehen jetzt in semem Innern massenhaft Dotterkerne auftreten. Es sind dies grössere oder klei- nere helle Concretionen, die eine unregelmässige Gestalt haben und sich nicht färben. In ihrem Innern treten oft emige feine Granu- lationen auf. Sie können eine Grösse von 20 w im Durchmesser erreichen. Vom Keimbläschen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie nie so scharf begrenzt sind wie jenes. Ausserdem sind in jenem stets mehr oder weniger Chromatinpartikel vorhanden. Fig. 136 und 137 zeigen die oberen Pole von zwei solchen Eiern.
Wo und wie diese Dotterkerne entstehen, kann ich nicht genau angeben. Aber aus dem Umstand, dass man häufig einen am Keim- bläschen liegen findet (Fig. 137) und dass sie am oberen Eipol viel zahlreicher als am entgegengesetzten sind, lässt sich wohl schliessen, dass sie ebenso wie bei Vespa, Bombus etc. ihren Entstehungs- ort an der Peripherie oder doch im unmittelbarer Nähe des Keim- bläschens haben.
Sehr von Bedeutung scheint mir noch der Umstand, dass das Keimbläschen hier schon seme Lage an der Peripherie des Eies verlassen hat und wieder etwas in das Eimnere hineingewandert ist. Es hat dort eben seine Function in der Ausstossung der Ballen ver- richtet.
In einem Ei von 0,4 mm Länge und 0,12 mm Breite sind noch eine grosse Anzahl von Dotterkernen vorhanden. Dieselben schwin- den aber, während das Ei hauptsächlich in die Länge wächst, so dass bei einem 1,05mm langen und 0,15mm breiten Ei nichts mehr
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von ihnen zu entdecken ist. Das Keimbläschen liegt hier am oberen Pol im Eiinnern wie im vorigen Stadium. In älteren Eiern konnte ich nichts mehr von demselben auffinden.
Die Reifungsgeschichte der Eier von Banchus hat uns aber die interessante Thatsache ergeben, dass das Auftreten der Dotter- kerne unabhängig von dem Austritt der „Ballen“ ist, da letzterer Vorgang ersterem hier vorangeht. Das sind entschieden von einander ganz unabhängige Bildungen.
Wenn wir nun ferner annehmen, wozu wir memer Meinung nach gezwungen sind, dass die Dotterkerne unter dem Einfluss des Keim- bläschens entstehen, so sehen wir auch, dass en Keimbläschen, aus welchem schon die „Ballen“ ausgetreten sind, noch im Stande ist, die Dotterkerne zu bilden. Letzterer Umstand ist mir von grosser theoretischer Bedeutung, ich werde auf denselben weiter unten noch zurückkommen.
Pimpla sp. Tatel VIII, Fie. 138—140.
Ueber diese Form kann ich leider nicht viel berichten.
In dem jungen Ei liegt das helle Keimbläschen mit centraler Chromatinanhäufung im Innern des Eies (Fig. 138). Es ist hier noch keine Spur von Dotterkörnchen zu bemerken.
Das Keimbläschen rückt nun bald an die Peripherie des Eies, während sich sehr feinkörniger Dotter ausscheidet. In einem Ei von 0,4mm Länge finden wir es dem Follikelepithel des oberen Poles anliegend. In seinem Innern ist eine grosse Anzahl von stark sefärbten Nucleolen sichtbar. Die äusserste Schicht des Eies besteht hier schon aus einer feinen Lage von dotterlosem Plasma, dem ersten Anfang des Keimhautblastems (Fig. 139).
Das Keimbläschen bleibt an dieser Stelle liegen, während das Ei sehr in die Länge wächst. Figur 140 zeigt dasselbe von einem 1,lmm langen Ei. Anstatt der zahlreichen Nucleolen liegen jetzt in seinem Centrum feine Körnchen von chromatischer Substanz. In der Nähe des Keimbläschens finden wir auch hier eine grosse An- zahl von „Dotterkernen,“ ganz von dem Typus der bei Bombus und Trogus beschriebenen. Eine Dotterhaut ist hier noch nicht gebildet.
Wann bei dieser Form der Austritt der Ballen aus dem Keim- bläschen stattfindet, konnte ich leider nicht constatiren. Ob der- selbe vor der Bildung der Dotterkerne, wie bei Banchus oder nach
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derselben wie bei Bombus geschieht, kann ich nicht mit Bestimmt- heit sagen. Die ganze Aehnlichkeit der Eier von Pimpla mit denen von Bombus lässt uns vermuthen, dass der Ballenaustritt nach der Dotterkernbildung wie bei letzterem geschieht.
Anomalon eircumflexum. Tafel VIII, Figur 141—151.
Wir kommen jetzt zu einer Reihe von Ichneumoniden, bei denen em „eigentlicher Dotterkern“ auftritt. Die bei den voran- segangenen Arten beschriebenen kleineren Dotterkerne verschmelzen zu einem grossen sich stark färbenden Ballen, welcher stets am hinteren Eipol liegt. Wir haben es hier offenbar mit einem weiter vorgeschrittenen Stadium der phyletischen Entwickelung zu thun. Ich möchte dies jetzt näher zu beschreibende Gebilde als „eigent- lichen Dotterkern“ bezeichnen und im Gegensatz dazu die kleinen zerstreuten Dotterconcretionen, wie wir sie bei Vespa, Bombus, Banchus etc. finden als „diffusen Dotterkern“, weil hier das- selbe Material, das bei anderen Arten den eigentlichen Dotterkern bildet, in kleinen Partikeln m einem grossen Theil des Eies ver- breitet ist.
Doch gehen wir jetzt zur Betrachtung der Verhältnisse bei Anomalon über, wo ich die Entstehung des Dotterkernes am ge- nauesten verfolgen konnte.
In einem ganz jungen Ei (Fig. 141 Tafel VIII) findet man schon hart an dem amöboiden Keimbläschen verhältnissmässig grosse, unregelmässige, ebenso wie das Keimbläschen ungefärbte, Ballen liegen. Man könnte leicht auf den Gedanken kommen, dass die- selben aus demselben ausgetreten wären, doch konnte ich mich nie- mals davon überzeugen. Immer konnte ich das Keimbläschen scharf begränzt sehen, niemals hingen die Ballen mit dem Inhalt der letz- teren zusammen. In den Ballen sind zwar einzelne Granulationen sichtbar, welche man für ein COhromatingerüst halten könnte, doch glaube ich, dass es sich hier um ganz dieselben Bildungen handelt, wie wir sie schon am Keimbläschen anderer Hymenopteren ent- stehen sehen.
In dem Keimbläschen ist ein Gerüst vorhanden, nicht aber ein Nucleolus. Derselbe tritt erst später auf, wahrscheinlich durch Ver- schmelzen kleiner Nucleolen. (cf. Fig. 146—147.)
Es treten nun mehrere von diesen Ballen auf, die dann im Eiplasma zerstreut liegen. Sie sind anfangs an keme besondere
169] Die REIFUNG PES ARTHROPODENEIES. 69
Stelle gebunden. In der Fig. 142 liegen zwei oberhalb und einer unterhalb des Keimbläschens und in der Figur 143 ist das Ver- hältniss umgekehrt. Mehr als drei oder vier solcher Ballen scheinen nicht gebildet zu werden, wenigstens habe ich nie mehr beobachten können. Dieselben begeben sich nun an den unteren Eipol (Fig. 144) wo sie mit einander verschmelzen. (Fig. 145.) Schon jetzt sehen wir in ihnen einzelne Stellen auftreten, welche sich stark färben, doch möchte ich noch besonders darauf aufmerksam machen, dass diese färbbare Substanz mit dem Chromatin der Kerne wohl nichts zu thun hat. Wenn zwei Substanzen gegen ein Reagens, wie es unsere Farbstoffe darstellen, sich gleich verhalten, so brauchen sie doch noch lange nicht gleich zu sein.
In einem schon bedeutend älteren Ei (Fig. 146) hat sich nun dieser Dotterballen wolkenartig aufgelöst. Wir finden am hinteren Pol, an derselben Stelle, wo früher die Ballen lagen, einen ver- schwommenen, hellen, nebelartigen Flecken wieder, in welchem ein- zelne unregelmässige Brocken stark gefärbter Substanz liegen. Das Keimbläschen liegt hier an der Peripherie des Eies und zeigt in seinem Innern eine grosse Anzahl von Chromatinkörnern, durch deren Vereinigung wahrscheinlich der Keimfleck entsteht. Dass weder die Ausbildung des Keimflecks noch die des Dotterkernes mit der Lage des Keimbläschens direkt in ursächlichem Zusammen- hang steht, beweisen uns die Eier, welche in den Figuren 146 und 147 abgebildet sind. In dem einen (Fig. 146) liegt das Keimbläs- chen ohne Nucleolus an der Peripherie, während in dem anderen dasselbe mit ausgebildetem Nucleolus noch im Eiinnern sich be- findet.
In dem Dotterkern hat sich die gefärbte Substanz in Figur 147 bedeutend vermehrt, während der helle Hof sehr an Ausdehnung abgenommen hat. Der gefärbte Theil ist manchmal rundlich, ge- wöhnlich streckt er jedoch in der Eiaxe einen Fortsatz in das Innere des Eies hinein, wie wir es in der Figur 147 sehen.
Bis jetzt war in dem Ei noch nichts von Dotter zu sehen, derselbe tritt nun von der Peripherie aus auf, indem er zuerst emen T'heil des Eies im Centrum freilässt (Fig. 148). Das Keimbläschen liegt noch wie im vorigen Stadium an der Peripherie. Einmal habe ich in einem Ei von ungefähr dieser Grösse ein Keimbläschen mit der charakteristischen Einbuchtung gefunden, in welcher kleine homogene Kügelchen lagen, die sich durch ihre vollständige Farb- losigkeit von den Dotterkörnern unterschieden. Wir haben es hier
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ganz sicher mit dem Ballenaustritt zu thun (Fig. 149). Der Nu- cleolus besteht hier schon mehr aus einzelnen, dicht zusammenliegen- den Ballen.
Der Dotterkern ist auf diesem Stadium vollständig fertig ge- bildet. Er liegt als mehr oder weniger rundliches Gebilde am hinteren Eipol. Bisweilen findet man, wie ich Fig. 148 abgebildet habe, noch einen kleineren Dotterkern neben dem grossen liegen, was mir em sicherer Beweis dafür ist, dass wir es hier mit keinem wirklichen Kern, sondern nur mit einer Concretion von ganz besonderer Dotter- substanz zu thun haben.
Das Ei streckt sich nun bedeutend in die Länge und sein hinterer Pol wächst zu einem schmalen Fortsatz aus, dem Eistiel, den wir bei manchen Ichneumoniden antreffen. Er wird hier stets am hinteren Pol gebildet, während er bei den Oynipiden am vorderen Pol auftritt”).
Das Ei, an dem schon eine Membrana vitellma und die erste Spur eines Chorions sichtbar ist, hat ein deutliches Blastem gebildet. Das Keimbläschen ist etwas von der Oberfläche des Eies in das Innere hineingetreten und hat eine Menge von amoeboiden Fortsätzen ausgestreckt. Es ist bedeutend kleiner als im vorigen Stadium und macht überhaupt den Eindruck, als wenn es nächstens unsichtbar werden würde. Ein etwas verschwommener Nucleolus ist noch vor- handen. Den Dotterkern sehen wir noch am hinteren Pol des Eies (den Stiel abgerechnet) liegen, er ist aber offenbar in Auflösung begriffen. Seime sonst scharfen Contouren sind gänzlich ver- schwommen.
In einem reifen Ei (Fig. 151) ist vom Keimbläschen keine Spur mehr zu finden. Die Stelle, wo früher der Dotterkern lag, ist uns durch eine dotterfreie Plasmastelle im Ei angedeutet, welche jedoch auch wohl selbst bald verschwinden kann. Das Blastem um- giebt das ganze Ei mit Ausnahme des Stiels, wo es sehr dünn ist, in einer ziemlich starken Lage.
Zu beachten sind die höchst eigenthümlichen Chorion-Bildungen am oberen Eipol. Wir sehen dort einen aussen mit einer tiefen Rille versehenen Ring (Fig. 151 a) und innerhalb desselben eine Anzahl Chitinzapfen (d). Die Entstehung derselben habe ich nicht verfolgt. Was ihre Bedeutung anbetrifft, so glaube ich, dass sie zur Befestigung des Eies in den Geweben oder in der Haut des
*) Vergl. u. a. ApLer [1] Weısmann [171] etc.
171] Die REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 71
Wirthes dienen. Wenigstens scheint mir dies die Function des Ringes zu sein. Die Zapfen spielen vielleicht (?) bei der Befruch- tung eine Rolle.
Lampronota (?). Tafel VIII, Fig. 152—155. Tafel IX, Fig. 156—161.
Die Bestimmung dieser Form ist nicht ganz sicher, es handelt sich um eine sehr kleine Ichneumonide, welche aus den Puppen des Kiefernwicklers, Tortix (Retinia) buolinana, ausgeschlüpft war. Die Ovarien wurden herauspräparirt und frisch in physiologischer Kochsalzlösung untersucht. Die Eiröhren selbst sowie die Eileiter machten sehr starke peristaltische Bewegungen, die unter dem Deck- glas ca. 15—20 Minuten andauerten.
Besonders zeichnete sich der Eileiter dadurch aus, seine Be- wegungen wurden so energisch, dass drei reife Eier bald in seinem unteren Theile lagen, bald wieder in den Eierkelch zurückgedrängt wurden. Ich konnte also überzeugt sein, dass ich es hier mit un- verändertem, lebendem Material zu thun hatte. Einige Ovarien habe ich auch conservirt und später geschnitten.
Die Endfäden der Eiröhren waren sehr lang, es liess sich an ihnen lebend nicht viel sehen.
In den jüngeren Eiern, welche noch von einem starken Follikel- epithel umgeben waren, konnte ich ein scharf umgrenztes, wasser- helles, rundes Keimbläschen sehen. Es enthielt einen stark licht- brechenden Nucleolus. In dem sonst ziemlich durchsichtigen, fein- körnigen Eiplasma waren einige lichtbrechende Körnchen, der erste Dotter, zu sehen (Fig. 152, Taf. VILI).
Das Ei wächst nun stark heran und mit ihm das Keimbläschen. Die Dotterkörner nehmen zu, sind aber im Verhältniss zu anderen Eiern wenig zahlreich und sehr fem, so dass selbst bei ganz aus- gebildeten Eiern das Keimbläschen, wenn es überhaupt vorhanden ist, deutlich zu erkennen ist.
Das Auftreten von Chorion und Membrana vitellina habe ich nicht weiter verfolgt, ich gehe gleich zur Beschreibung eines Kies über, bei dem beide Häute schon fertig gebildet sind. Zu bemerken ist, dass bei dem lebenden Ei der ganze Dotter mit der Dotterhaut sich sehr stark contrahirt hat, so dass zwischen ihm und dem Cho- rion ein weiter flüssigkeitführender Raum entstanden ist. Nur an der Mikropyle hängen Dotterhaut und Chorion durch eine schlauch- förmige Membran zusammen (cf. Fig. 155). Zu bemerken ist, dass
72 | STUHLMANN: [172
bei der Conservirung das Chorion offenbar zusammenschnurrt, denn wir fmden es auf den Schnitten dem Eikörper dicht angelagert.
Das Keimbläschen ist bei einem solchen Ei (Fig. 153) eine grosse Blase im Innern des Eies. Es liegt näher dem oberen Pol als dem unteren (ca. :7). Es verändert hier häufig amoeboid seine Gestalt, bleibt jedoch stets ganz scharf begrenzt. Ein Nucleolus ist hier wie auf allen andern beobachteten Stadien vorhanden.
Das Plasma des Eies ist von kemer besonderen Farbe, einfach weisslich und mit den feinen Dotterpartikeln erfüllt.
Im oberen Drittel des Eies zeigen sich an der Oberfläche eigen- thümliche, sehr stark lichtbrechende Körper von ungefähr der Grösse des Nucleolus. Man könnte sie auf den ersten Blick für Furchungskerne halten. Zuerst treten sie nur in der Zone des Keimbläschens auf (Fig. 153), verbreiten sich aber allmählich über die ganze Eioberfläche (Fig. 154. 155).
Diese Kugeln liegen stets an der Oberfläche, hart unter der Dotterhaut. Einmal nur sah ich, wie eins derselben an der Peri- pherie des Keimbläschens lag (Fig. 154, «). Ich glaube nun fest an- nehmen zu dürfen, dass diese Gebilde nichts weiter sind als die schon mehrfach weiter oben beschriebenen Dotterkerne, zu welchem Schluss uns ihr erstes Auftreten m der Region des Keimbläschens und die Lagerung eines derselben am Keimbläschen berechtigt. Fig. 155 zeigt uns ein Ei, wo die Bildung des „diffusen Dotter- kerns“ sein Maximum erreicht hat.
In einem späteren Stadium sind nun diese stark lichtbrechenden Dotterkerne sämmtlich verschwunden, das vorhin weisse Eiplasma hat eime schwach gelbliche Farbe angenommen und enthält wie früher winzige Dotterkörnchen, die aber an der Peripherie eme dünne Plasmaschicht freilassen. Das Keimbläschen ist von seiner Stelle verschwunden.
Nun sieht man aber m der Nähe des unteren Poles einen un- regelmässigen etwas verwaschenen Fleck, der sich durch seinen gänz- lichen Mangel an Dotterpartikeln von seiner Umgebung auszeichnet (Fig. 156,2). In einem späteren Stadium findet man den Fleck, welcher nun scharf begrenzt ist und ein quer liegendes Oval auf dem optischen Schnitt bildet, ganz am untern Pol liegen (Fig. 157), wo er nur durch eine dünne Schicht hyalinen Plasmas von der Dotter- haut getrennt war. Der Fleck ist zwar nicht durch eine Membran oder dergl. begrenzt, wohl aber sieht man, wie die Dotterpartikel
173] Die REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 73
in einer scharfen Linie an ihn hinanreichen. In dem sonst hyalinen Innern des Fleckes findet man einige stark lichtbrechende Körn- chen, welche für gewöhnlich eine kleine Ansammlung im Centrum bilden (Fig. 157).
Es liegt nun ungeheuer nahe, diesen Kern für den Furchungs- kern zu halten, besonders da Weısmann bei den Gallwespen [171] auch annimmt, dass der Furchungskern am hinteren Eipol liegt. Doch hat sich diese Vermuthung als irrig erwiesen; an Schnitten lässt sich nachweisen, dass es sich hier nicht um einen Furchungs- kern, sondern um einen „Dotterkern*, ganz wie bei Anomalon handelt. Den Kern, welchen WEISMANnN auf Taf. I, Fig. 3 am hin- teren Pol von einem Rhodites-Ei abbildet, dürfte wahrscheinlich auch auf einen derartigen Dotterkern zurückzuführen sein.
Zuerst kam ich auf die Vermuthung, dass es sich hier um den Dotterkern handelte, durch den Umstand, dass ich bei einem Ei beobachtete, dass der „Kern“ aus zwei von einander getrennten Theilen bestand, die sich ziemlich gleich waren. Ich dachte da gleich an den Fig. 148, Taf. Taf. VIII abgebildeten Dotterkern von Anomalon. Doch konnte es sich hier ja möglicherweise um eine Furchungserscheinung handeln.
Wenn man nun aber einen Schnitt durch em reifes Ei betrachtet (Fig. 160), so gewinnt man sofort die Ueberzeugung, dass wir einen Dotterkern vor uns haben, der im Innern einige Granulationen hat. Es ist wie alle anderen Dotterkerne ein homogenes, stark färbbares (rebilde, das sich von einem Kern leicht unterscheiden lässt. Bis- weilen hat der Dotterkern in seinem Innern eine grosse Vacuole (Fig. 161) *).
In den Figuren 158 und 159 bilde ich noch zwei Schnitte durch Junge Eier von Lampronota ab. Fig. 158 zeigt das Keimbläschen mit: Nucleolus im Centrum des Eies, während es in dem etwas älteren Ei, das Fig. 149 abgebildet ist, an der Peripherie liest. Weil wir es nun bei grösseren Eiern wieder im Eicentrum angetroffen haben, so müssen wir wohl annehmen, dass es schon auf diesem Stadium seine „Ballen“ ausstösst. Beobachtet habe ich zwar keine Bilder, welche darauf schliessen liessen, aber es lässt sich das mit gewisser Wahrschemlichkeit vermuthen.
Bei dieser Art rückt also das Keimbläschen wahrscheinlich schon
*) Weil der Schnitt das Ei etwas tangential getroffen hat, erscheint das Ri so schmal in der Figur,
74 STUHLMANN: [174
sehr früh an die Oberfläche, um seine Ballen abzugeben. Darauf tritt es wieder in das Oentrum des Eies und lässt später in seiner unmittel- baren Nähe die „diffusen Dotterkerne* entstehen, welche erst an die Oberfläche rücken, sich aber später wahrscheinlich, während das Keimbläschen schwindet, zu einem Dotterkern vereinigen.
Ophion ventricosum und luteum. Tafel IX, Fig. 162168.
In dem Ei von Ophion ventricosum rückt das Keimbläschen, das einen runden Nucleolus besitzt, schon sehr bald an die Peri- pherie und plattet sich dort ab (Fig. 162). Höchst wahrschemlich ge- schieht schon auf diesem Stadium der Austritt der „Ballen“. Wir sehen ja auch hier (Fig. 162) das Keimbläschen an der peripheren Seite etwas eingedrückt. Am hinteren Eipol kann man schon die ersten Dotterkörnchen beobachten.
Während nun das Ei bedeutend wächst und an seiner Peripherie Dotter abscheidet, sehen wir das etwas unregelmässige, amoeboide Keimbläschen wieder in das Innere des Eies hineingerückt (Fig. 163).
Meine Beobachtungen sind nun leider sehr unvollständig. In dem ziemlich reifen Ei, im welchem das Keimbläschen nicht mehr zu sehen ist, befindet sich am hintern Eipol ein grosser Dotterkern (Fig. 164), der auch im völlig reifen Oviductei, welches zur Ablage bereit ist, noch in seiner ganzen Grösse vorhanden ist (Fig. 165).
Wir sind also nach Analogie mit den oben beschriebenen For- men gezwungen, anzunehmen, dass der Bildung des eigentlichen Dotterkerns die eines „diffusen Dotterkerns* voraufgeht. Dieser Process wird in einem Stadium vor sich gehen, das dem Fig. 163 abgebildeten sehr bald folgt.
Bei Ophion luteum hab ich im ganzen Ei das Keimbläschen, welches ein deutliches Gerüst aber keinen Nucleolus zeigt, im Öen- trum des Eies beobachtet (Fig. 167). Das Ei hatte hier erst einen Durchmesser von 34 p.
In einem schon bedeutend grösseren Ei, das eine Länge von 291 1 hatte, lag das Keimbläschen an der Peripherie des oberen Poles und zeigte die charakteristische Einbuchtung (Fig. 167). Im dieser Bucht lagen eine Anzahl von Ballen, welche wohl sicher den früher beschriebenen entsprechen. Ein Nucleolus ist hier nicht zu sehen. In dem feinkörnigen Eiplasma sind schon einige Dotterkörner zu bemerken.
In einem älteren Ei, das eine Länge von 471 x erlangt hat und in dem schon bedeutend mehr Dotter ausgeschieden ist,
175] Die REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 75
hat sich das Keimbläschen wieder abgerundet und ist etwas in das Innere des Eies hineingerückt (Fig. 168), ganz so wie wir es oben schon bei mehreren Formen gesehen haben.
Weiter konnte ich hier die Geschichte des Keimbläschens nicht verfolgen, da ich in älteren Eiern keines entdecken honnte. Ebenso wenig fand ich einen Dotterkern, doch lege ich darauf nicht so grossen Werth, da ich bei der geringen Menge des untersuchten Materials denselben möglicherweise übersehen haben könnte.
Ephialtes liturater und sp. Tafel IX, Fig. 169175.
Ein junges Ei, wie es in Fig. 169, Taf. IX abgebildet ist, zeigt das Keimbläschen noch im Eiinnern, doch schon sehr der Peripherie genähert. Es hat keimen ausgebildeten Nucleolus, sondern eine grössere Anzahl von chromatischen Körpern. Am hinteren Ende des Eies ist schon eine geringe Menge von Dotterkörnern aus- geschieden.
In einem älteren 17 w langen Ei, welches gänzlich mit Dotter- körnern erfüllt ist, liegt das ovale Keimbläschen der Peripherie an. Es hat jetzt einen grossen runden Kemfleck.
Hier scheint es ziemlich lange unverändert zu liegen, denn erst bei einem Ei, das eine Länge von 260 ı hatte, konnte ich deutlich den Ballenaustritt beobachten. In der Ausbuchtung des Kembläs- chens lagen stark lichtbrechende Massen. Fig. 171 zeigt ein solches Keimbläschen bei Zeiss hom. Im. —. Man sieht die hier unregel- mässigen Ballen der Peripherie des Keimbläschens dicht anliegen. An einer Stelle (Fig. 171,«) glaubte ich sogar emen Zusammenhang zwischen der Kernsubstanz und der der „Ballen“ zu bemerken. Doch lässt sich das bei der grossen Kleinheit der fraglichen Objecte äusserst schwer entscheiden. Das Keimbläschen hatte hier an einem oberen Ende (b) zwei amoeboide Fortsätze, ganz ähnlich, wie wir oben bei Sphinx und Zygaena gesehen haben. Die Kerngrund- substanz bestand aus einem hellen, fein granulirten Plasma; der Nucleolus hatte seine scharf begrenzte Form verloren und bestand aus einer grossen Menge von dunkel gefärbten Chromatinkörnchen, welche in eine etwas hellere Masse eingelagert waren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies ein durch die Conservirung hervorgerufenes Kunstproduct ist. Das Ei hatte hier eine homogene Membrana vitellma ausgeschieden.
76 STUHLMANN: 1 76
In dem reifen Ei konnte ich bei dieser Art einen Dotterkern nicht sicher constatiren.
Bei einer andern, nicht genau bestimmten Art von Ephialtes verhalten sich die jüngsten Eier (Fig. 172) so wie bei E. liturater.
In einem 53 » langem Ei liegt das Keimbläschen an der Peri- pherie in der Nähe des oberen Pols und zeigt die auf den Ballen- austritt deutende Einbuchtung (Fig. 173). Das Ei ist ganz mit Dotterkörnchen erfüllt; an seinem hinteren Ende (x) sieht man eine Stelle, welche frei von Dotter ist und in ihrem Innern eine Ver- dichtung zeigt, welche sich stärker als die Dotterpartikel färbt. Dies ist offenbar dieselbe Bildung, welche ich in Fig. 146 bei Anomalon circumflexum abgebildet habe, d. h. die Bildung des eigentlichen Dotterkerns. Letzterer ist denn auch deutlich an den reifen Oviduct- eiern am hinteren Pol zu sehen (Fig. 176).
Nachdem das Keimbläschen die Ballen abgegeben hat, rückt es wieder etwas in das Eiinnere hinein (Fig. 174). Es ist dort von sehr unregelmässiger Form, streckt mehrere amoeboide, stumpfe Fortsätze aus und macht überhaupt den Eindruck, als ob es näch- stens unsichtbar werden würde. In den reifen Eiern findet man es denn auch nicht mehr.
Wenn es sich bei erneuter Untersuchung bestätigen sollte, dass eine Art von Ephialtes einen Dotterkern hat und eine andere nicht, ebenso wie bei den Ophion-Arten, so wäre das geradezu ein Beweis, dass wir in dem Dotterkern nichts Wesentliches vor uns haben, das bei der Entwickelung des Eies eine grosse Rolle spielt.
Besonders könnte nicht die Theorie von Bausrant [11] und Jarra [85] aufrecht erhalten werden, nach welchem der Dotterkern das Keimbläschen zur Befruchtung vorbereiten sollte; es müsste da doch bei zwei so nahe verwandten Formen derselbe physiologische Vorgang stattfinden.
Ambyteles castigator. Tafel IX, Fig. 176—181.
In dem jungen Ei (Fig. 176, Taf. IX) liegt das helle, etwas amoeboide Keimbläschen schon ziemlich peripher in der Nähe des oberen Eipoles. Es hat einen grossen Nucleolus. Am unteren Eipol finden wir eine Anzahl von ziemlich grossen Dotterconcretionen, die ich als Vorläufer des Dotterkerns ansehe.
In einem 55 p langen Ei (Fig. 177) finden wir das Keim-
177] Dis REIFUNG DES ARTHROPODENKEIES. Tr
bläschen ganz an der Peripherie liegen und schon etwas abgeplattet, von Ballen ist noch nichts zu bemerken. Der früher eimheitliche Nucleolus hat sich in mehrere kleinere aufgelöst. Am hinteren Pol sind noch die „Dotterkerne* zu sehen, welche sich aber schon etwas aufgelöst haben (wie bei Anomalon und Ephialtes). Der eigentliche Dotter ist noch nicht aufgetreten.
Letzteren finden wir bei einem 0,14mm langen Ei nun in Menge an der Peripherie ausgeschieden, das Centrum noch freilassend. Das eingebuchtete Keimbläschen zeigt in seiner Bucht eine Anzahl von stark lichtbrechenden Ballen. Sehr bald schon, wenn das Ei nur auf 0,2 mm angewachsen ist, finden wir, dass das Keimbläschen seine Lage an der Peripherie verlassen hat und etwas in das Eiinnere hineingerückt ist (Fig. 179). Es ist hier entschieden amoeboid be- weglich, worauf seine unregelmässige Contour deutet.
An dieser Stelle kann man das Keimbläschen noch ziemlich lange sehen. Figur 180 und 181 zeigen den oberen und unteren Pol eines 0,48mm langen Eies. Das Keimbläschen zeigt hier noch drei sehr stark gefärbte Nucleolen, von denen einer an die Peripherie angedrückt ist. Am hinteren Pol (Fig. 181) sieht man einen deut- lichen Dotterkern, ganz homogen, wie wir ihn schon bei manchen Formen kennen gelernt haben.
Bei den untersuchten Hymenopteren kann also der Austritt der „Ballen“ zu sehr verschiedenen Zeiten stattfinden, entweder bei ganz jungen Eiern oder bei ziemlich viel älteren. Stets aber konnten wir sehen, dass das Keimbläschen an die Oberfläche des Eies rückt und dort die Ballen abgiebt; wenn dies geschehen war, so liess sich in den meisten Fällen constatiren, dass es wieder in das Innere des Eies hinein wandert. Im reifen Ei war nie ein Keimbläschen oder Eikern zu finden. Bei der Bildung des Dotterkerns konnten wir zwei Stadien unterscheiden: Zuerst werden kleinere Ballen in der Nähe des Keimbläschens gebildet, welche dann später zu einem am hinteren Eipol liegenden Dotterkern verschmelzen. Phyletisch sind die beiden Stadien auch ausgeprägt, indem eme grosse Anzahl von Hymenopteren nur die erste Art der Dotterkerne erreicht, es findet keine Verschmelzung der einzelnen Concretionen statt, sondern die- selben lösen sich auf. Ich schlage hierfür den Namen „diffuser Dotterkern“ vor.
In den meisten Fällen löst sich der eigentliche Dotterkern, der diffuse Dotterkern immer, vor der völligen Ausbildung des Eies auf.
78 STUHLMANN: [1 78
Aphrophora spumaria. Tafel IX, Fig. 182-185,
Von Rhychoten habe ich nur die Schaumeicade untersucht und auch diese nur soweit, als es sich um Constatirung des Ballen- austrittes handelt.
In einem Ei, das schon eine Länge von 0,12 mm hat, sehen wir das Keimbläschen noch central gelegen (Fig. 182 Tafel IX). In dem Keimhläschen sind viele klemere Nucleolen vorhanden. Das Plasma des Eies ist völlig homogen ohne Dotter. Die Kerne der Follikel- zellen sind in diesen jungen Eiern sehr langgestreckt, während sie sich später abrunden.
In einem nur wenig grösseren Ei liest das Keimbläschen schon an der Peripherie und ist an emer Seite eingebuchtet. In der Bucht liegen drei grosse ungefärbte Kugeln. Im Centrum des Keimbläschens liegt eine Anhäufung punctförmiger Substanz, welche wohl dem Nucleolus entspricht (Fig. 183). Im Ei ist schon etwas Dotter abgelagert und zwar ist derselbe an der Peripherie ganz feinkörnig, während wir etwas im Innern des Eies grössere Kugeln wahrnehmen. Ob letztere aus den ersteren entstanden sind oder ob sie dem diffusen Dotterkern der Hymenopteren entsprechen, muss noch eruirt werden.
In der Fig. 183 liegt das Keimbläschen ziemlich nahe dem oberen Eipol, es kann aber auch (Fig. 184) in der Mitte der Längs- seite oder sogar etwas dem hinteren Pol genähert liegen. Wahr- scheinlich rückt es dann aber noch gegen den oberen Pol. Fig. 185 zeigt endlich auch noch ein Keimbläschen in einem bedeutend älteren, schon sehr dotterreichen Ei. Auch hier sieht man noch „Ballen“ am Keimbläschen liegen, wenn auch keine vollständige Einbuchtung mehr vorhanden ist.
Sehr deutlich ist hier schon eine periphere Plasmaschicht, das „Blastem“, zu erkennen.
Später habe ich in Eiern kein Keimbläschen gefunden.
B. Spinnen,
Die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane der Spinnen ist durch die Untersuchungen von Röser [134], Treviranus | 161. 162], Branpr [39], Wırricn [182] u. s. w. bekannt geworden. Sie bestehen aus zwei Ovarien, an die sich zwei Eileiter ansetzen, welche in einer gemeinsamen Vagina nach aussen münden. Die Bier ent-
179] Die REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 79
stehen, wie Wırrich [182], Stesoun [150], V. Carus [46], LeYDIG [99], PLAtEAu [128], BERTKAU [29], ScHmkewrrsch [144] u. A. sezeigt haben, aus dem inneren Epithel dieser Ovarialsäcke und springen allmählich durch ihr Wachsthum immer mehr nach aussen vor, so dass das Ovarıum endlich em traubenförmiges Aussehen be- kommt.
Die so vorspringenden Eier sind von keinem Follikel umgeben, sie treiben nur die dünne Tunica propria des Ovarıums vor sich her. Die eigentliche Eihaut ist also die vom Ei selbst gebildete Membrana vitellina, welche aber oft noch verstärkt wird durch secundäre Anlagerung eines Secrets, welches die Ovarien oder Ovi- duete ausscheiden.
Näher auf die einschlägige Literatur einzugehen ist überflüssig, weil dieselbe bei LupwıG [106] und SCHIMKEWITSCH [144] eine aus- führliche Berücksichtigung gefunden hat. Ueber das Vorhandensein des Keimbläschens im veifen Ei vergleiche die Einleitung.
Ein Dotterkern wurde bei vielen Spinnen beobachtet.
Die Eibildung bei Scorpionen ist nach METSCHNIKOFF [111] ganz Ähnlich, nur dass hier die Eier von einem Follikelepithel em- gehüllt sind, Chelifer [112] hat dagegen keinen Follikel. Ganz ebenso entstehen die Eier der Milben [123. 124. 120. 74. 72], Pen- tastomiden [96. 27] und Tardigraden [66. 87].
Meine eigenen Beobachtungen sind ziemlich lückenhaft und grösstentheils an frischem Material gemacht. Auf Schnitten suchte ich dann noch die Histogenese der Eizelle festzustellen.
Epeira diademata. Tafel IX, Fig, 186—194.
Leider kann ich nur Bilder von ziemlich jungen Eiern geben, da ich versäumte, ältere zur rechten Zeit frisch zu untersuchen und sich mem conservirtes Material als unbrauchbar erwies..
Die jüngsten Eier (Fig. 186, Taf. IX) zeigen ein helles, sehr fein sranulirtes Plasma, in dessen Centrum das wasserhelle runde Keim- bläschen liegt. Der Nucleolus ist vollständig rund. In etwas älteren Eiern (Fig. 187), die schon bedeutend an Volumen zugenommen haben, ist auch das Keimbläschen mit seinem Keimfleck sehr ge- wachsen. Letzterer zeigt hier eine unregelmässige, höckerige Ober- fläche; wenn man etwas tiefer einstellt, so bemerkt man in seinem Innern eine Anzahl von Vacuolen, welche oft wie die Sectoren eines Kreises angeordnet sein können (Fig. 188 a).
80 h STUHLMANN : [1 s0
Es können sogar diese Vacuolen zu einer einzigen grossen zu- sammenfliessen, so dass dann der Nucleolus eine Hohlkugel bildet (Fig. 188 b). Aehnliche Vacuolen wurden von LeyDiıG bei Mikro- phantes, von Bausıası bei Phalangium und von SCHIMKEWITSCH bei Epeira beobachtet. Nach Barsranı sollen sie an die Ober- fläche des Nucleolus rücken und dort platzen.
In seltenen Fällen kann man einen Zerfall des Nucleolus in mehrere kleinere sehen (Fig. 189), was jedoch wohl eine pathologische Erscheinung sein dürfte.
Wenn man die Eier mit Methylgrünessigsäure behandelt, so tritt im Keimbläschen ein sehr schönes Kernnetz hervor, wie ich es in Fig. 190 abgebildet habe. Das Keimbläschen erscheint dann von einer doppelt contourirten Membran umgeben.
Von dem jüngsten Stadium an kann man die Eier emgeschlossen sehen von einer dünnen homogenen Membran, der ausgestülpten Tunica propria des Eierstockes. Ausserdem beobachtet man an Eiern, welche sich durch die Conservirung contrahirt hatten, noch eine sehr dünne Membrana vitellina (Fig. 194).
Bei Einwirkung von Methylgrünessigsäure zeigen sich m dem Stiel des Eies und in seinem an den Stiel angrenzenden Theil deutliche Kerne, in letzterem sogar Zellgrenzen. Diese Zellen (Fig. 191 u. 194, Taf. IX) haben auf den ersten Blick eine grosse Aehnlichkeit mit den Nährzellen von Apus, wie v. SIEBOLD sie abbildet [151]. Leypıs und BErTKAU sahen sie ebenfalls an den Follikelstielen, letzterer nennt sie „Dotterbildungszellen“. SCHIM- KEWITSCH hat sie bei Epeira nicht gesehen, wohl aber bei Pholcus phalangoides; über ihre Funktion sagt er: „c'est cette couche, qui forme probablement les granules vitellins.“
In Wirklichkeit resorbirt zu werden scheinen mir die Zellen nicht (nach der Art der Nährzellen anderer Thiere). Bei conser- virten Eiern sieht man deutlich, dass es nur die Zellen der Stiele sind (Fig. 194), welche hier, im Gegensatz zum Ovarialepithel Zell- grenzen aufweisen. Die Nahrung für die Eier, welche von dem Inneren des Ovarıums kommt, muss diese Zellen natürlich passiren, weshalb sie in gewisser Beziehung als rudimentärer Follikel zu be- trachten sind. Ebenso gut wird das Ei mit seiner ganzen Ober- fläche Nahrung aus dem Blute aufnehmen. Einen wirklichen Fol- likel sah ich nie; derselbe ist zwar von Wırricn beschrieben wor- den, doch sahen sämmtliche späteren Beobachter höchstens diese Zellen des Stieles. HexkınG [75] gibt an, dass bei Trombidium
181] Die REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. sl
fuligeinosum die Eier auf kurze Zeit vom Follikel umgeben seien, das aber nicht die Eihülle abscheidet. Aehnlich sagt SCHIMKEWITSCH [144], dass sich bisweilen bei Pholcus eine „Zellschicht* auf der Innenseite des Follikels befindet. Beim Scorpion ist sicher ein Follikel die Regel.
Den bei so vielen Spinnen beobachteten Dotterkern habe ich, wie ich früheren Beobachtern bestätigen kann, niemals bei Epeira gesehen. SABATIER [138] will ihn bei dieser Gattung em emziges Mal beobachtet haben. Er schemt also, wenn auch sehr selten, vor- kommen zu können, ein Zeichen, dass wir es mit keiner fundamen- talen Bildung zu thun haben. Bei einer Lycoside konnte ich eimen Dotterkern neben dem Keimbläschen beobachten (Fig. 195). In seinem Oentrum zeigte er feme Granulationen, während die äussere sehr dicke Rinde homogen war.
An Schnitten durch das Ovarıum von Epeira konnte ich ganz junge Eier beobachten. Das Figur 192 abgebildete Ei zeigt noch keinen Kern von Bläschenform ausgebildet. Wir finden im ihm einen centralen und mehrere periphere, stark gefärbte Nucleolen. Man kann deutlich sehen, wie das Ei die Tunica propria des Ovarıums gedehnt und ausgestülpt hat, ohne den Belag von Peritonialzellen, der das Ovarıum von Aussen umgibt, mitzunehmen.
In Figur 193 ist das Ei schon etwas herangewachsen, der centrale Chromatinkörper hat sich vergrössert, während die peripheren entschieden im Schwinden begriffen sind. Noch mehr ist dies in Figur 194 der Fall, wo wir ausser dem einen grossen Nucleolus nur noch einige ganz winzige Paranucleolen beobachten. Von dem Kerngerüst ist durch die Conservirung nicht viel zu sehen. Diese Art der Entstehung des Keimbläschens erinnert ganz an die, wie wir es bei Carabus gesehen haben. Hier wie dort blieb von allen Chromatinkörpern der Keimzelle nur eimer übrig, der zum Nucleolus ward. ° Von einem Auswandern der verschwundenen Chromatinkörner war aber nie etwas zu sehen. Wenn auch dieselben die gleiche Grösse wie die Kerne des Eistiels haben, so wäre es doch eine äusserst sewagte Annahme, letztere aus ihnen herzuleiten. Sie sind natürlich nichts anderes als die Kerne des Ovarialepithels. Ausserdem kann man ja auch das allmähliche Kleinerwerden der Chromatinbrocken verfolgen.
Die eigentliche Reifungsgeschichte des Eies konnte ich leider nicht verfolgen.
3orichte 1836. Heft 5 Ö (13)
82 | STUHLMANN: [182
Phalangium sp. Tafel IX, Fig. 196—201.
Die Eier von Phalangium sind von Bausıant |[8. 11.]| Rösster [135], Loman [104] und H. Braxc [12] untersucht worden. Die Entstehung der Eier aus den Ovarialepithel ist ganz ebenso wie bei den echten Spinnen. Hier wie dort wird die Tunica propria mit herausgestülpt und bildet so die erste dünne Haut, welche das Ei umschliesst. Erst später kommt eine Membrana vitellina hinzu.
Das junge Ei, wie solches nach dem frischen Präparat in Figur 196 abgebildet ist, zeigt ein hyalines Plasma, in das ganz feine Körncken, welche wohl als Dotter zu deuten sind, eingestreut sind. An der Peripherie finden sich stets weniger Dotterkörnchen als gegen das Uentrum. Das Keimbläschen ist im Leben wasserhell und stets völlig scharf begrenzt. Bei der Einwirkung von Reagentien zeigt sich ein sehr schönes Kernnetz (Fig. 196). Es findet sich hier ein grosser Nucleolus, der, wie auch BALBIANI angibt, mehrere Vacuolen enthält. Mehrere Nucleolen, die nach RössLEer in den ganz jungen Eiern vorkommen sollen, habe ich nicht gesehen. Es wird aber wohl ähnlich sein, wie ich oben bei den ganz jungen Eiern von Epeira beschrieben habe (cf. Fig. 192).
Das Plasma des Eies beginnt nun zu dunkeln, indem sich immer mehr Dotterpartikel im demselben ablagern. Es nimmt dabei eine leicht bräunliche Färbung an. Der äusserste Rand hat weniger von diesen feinen Dotterpartikeln, dieselben sind mehr um das Keim- bläschen gelagert. Dadurch wird letzteres etwas undeutlich, doch ist der Nucleolus immer noch scharf zu erkennen, nur die äussere Umgrenzung des Keimbläschens ist uns durch den Dotter etwas ver- deckt (Fig. 189).
Das früher ganz im Oentrum gelegene Keimbläschen kann man im nächsten Stadium bisweilen schon etwas excentrisch gelagert fin- den. Doch ist der wichtigste Vorgang auf dieser Stufe die Ver- änderung des Dotters. Derselbe besteht nun nicht mehr aus kleinen Körnchen, sondern zum grössten Theil aus ansehnlichen Kugeln, in welchen man sogar bisweilen kleine Vacuolen bemerken kann. Wie diese Kugeln entstehen, weiss ich nicht anzugeben. Das Ei hat nun eine, bei auffallendem Licht weisse und bei durchfallendem fast schwarze Farbe angenommen. Es ist also opak-weiss.
Das Keimbläschen ist dann nur noch als ein heller Fleck sicht- ' bar, der frei von Dotterkörnern erscheint (Fig. 199). Auch die
183] DiıE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 83
Einwirkung von Essigsäure zeigt ihn uns nicht deutlicher. Erst beim Zerdrücken des Eies kann man in den meisten Fällen noch einen Nucleolus sehen, der eme enorm grosse Vacuole zeigt, so dass er das Aussehen einer Hohlkugel mit ziemlich dünner Wandung hat.
Während nun das Ei bedeutend wächst, wandert das Keim- bläschen immer mehr der Peripherie zu (Fig. 200), bis es schliess- lich hart an derselben liegt (Fig. 201). Das Ei hat hier einen Durchmesser von ca. Imm erreicht. Seine Membran ist bedeutend verdickt, so dass man wohl annehmen kann, dass es eme Membrana vitellina gebildet hat.
Später ist von dem Keimbläschen am frischen Ei keine Spur mehr aufzufinden. Auch beim Zerdrücken zeigt sich uns nichts. Am reifen Ei hat sich der Dotter oft an einigen Stellen von der Eihaut retrahirt; letztere ist schwach gelblich gefärbt und tem punktirt.
Die eigentliche dieke Eihaut „Chorion* soll nach Loman durch ein Secret des Oviducts vor der Befruchtung gebildet werden.
Soviel liess sich hier wenigstens am frischen Material consta- tiren, dass das Keimbläschen an die Peripherie rückt und dort offenbar grosse Umwandlungen durchmacht, so dass wir es später nicht mehr auffinden können. Welcher Art diese Umwandlungen sind, kann ich leider nicht angeben, das liesse sich nur auf Schnitten constatiren und letztere sind mir nicht gelungen. Mit der bei In- | sekten angewandten Methode wird der Dotter stark verändert, so dass sich an den Eiern nichts sehen liess. Es lässt sich aber wohl vermuthen, dass die Reifungsvorgänge denen der Insekten ähn- lich sind.
In dem reifen abgelegten Ei von Spinnen fand ULAPAREDE [47] keinen Kern, glaubt aber doch, dass die Blastodermzellen vom Keim- bläschen abstammen (siehe Einleitung). Letzteres werden wir auch annehmen müssen.
C. Myriopoda.
Die weiblichen Geschlechtsorgane der Myriopoden bestehen, wie uns die Untersuchungen von Jon. MÜLLER [118], M. Branvr [40 |, F. Steım [154], Duvernoy [53] und Fagke [55] gezeigt haben aus einem langen unpaaren schlauchförmigen Ovarium, das aber oft paarige Ausführungsgänge hat. Letztere sind mit accessorischen Drüsen, oft auch mit paarigen Receptacula verbunden.
Bei den Chilognathen münden die paarigen Ausführungs-
6* (13%)
84 STUHLMANN: [184
öffnungen am Hüftgliede des zweiten Bempaares oder hinter dem- selben, während die unpaare Oeffnung der Öhilopoden am hinteren Körperende liegt. Die Eier entstehen aus dem inneren Zellbelag der Ovarien, aber nur an lokalisirten Stellen, welche FABrE als „strome ovuligene* oder als „placentaire* bezeichnet. Diese bilden Längsleisten, welche die ganzen Ovarien durchziehen; bei den Chilo- poden finden sich zwei, bei den Chilognathen jedoch nur eine derselben. Die Genese der Eier wird uns von STEIN [154], Lup- wie [106] und SoGRAF [152] beschrieben.
Aus den anfangs gleichartigen Kernen des inneren Ovarial- epithels difterenziren sich die Kerne der Eizellen heraus und um- geben sich mit Plasma. Ein Follikelepithel ist stets vorhanden und sondert wahrscheinlich das Chorion ab.
Die Dotterhaut soll nach SoGrAF [152] sehr früh mit dem Chorion verschmelzen. Ein oder mehrere Dotterkerne wurden bei vielen Arten (Lithobius, (eophilus, Glomeris, Julus, Poly- desmus etc.) beobachtet. Die Dotterelemente smd uns als Körn- chen und Tröpfehen von LEUCKART [98] beschrieben. In dem ab- gelegten Ei konnte SOGRAF keinen Kern auffinden. Der Zusammen- hang der ersten Embryonalkerne mit dem Keimbläschen blieb dunkel.
Ich habe nun Julus und Glomeris untersucht und zwar theils auf Schnitte, theils frisch (Julus).
Von Interesse ist noch eine Notiz von SCHIMKEWITSCH [144], der angiebt, dass sich abnormer Weise Eifollikel bei Myriapoden auch nach aussen, wie bei den Spinnen bilden können.
Julus sp. Tafel IX, Fig. 203—212.
Die untersuchte Art habe ich leider nicht genau bestimmt, ich glaube aber nicht, dass es sich um J. terrestris handelte, da ich niemals einen Dotterkern fand, der von Lupwie [106] für diese Art beschrieben wird.
Betrachten wir erst einmal, was am frischen, in physiologischer Kochsalzlösung untersuchten Material zu sehen ist.
Wenn die Eier schon einen Durchmesser von 80 u» erreicht haben (Fig. 202) liegt das hyaline, wasserhelle Keimbläschen ganz central, es hat einen grossen Nucleolus, in welchem sich eme Va- cuole befindet. Das Eiplasma ist homogen, zeigt aber schon einige winzige Dotterkörnchen. Das ganze Ei ist von einem Follikel umgeben.
185] Die REIFUNG DES ÄRTHROPODENEIES. s5
Beim Wachsthum des Eies nehmen die Dotterkörnchen an An- zahl bedeutend zu. Fig. 203 zeigt uns schon ziemlich viele im Centrum des Eies, während die Peripherie von ihnen frei bleibt. In dem Keimfleck sind hier mehrere Vacuolen zu sehen. Wenn man das Keimbläschen eines solchen Eies mit Methylgrünessigsäure behandelt, so tritt ein schönes Kernnetz hervor (Fig. 204).
Die weitere Entwickelung ist nun ganz ähnlich, wie ich es oben für Phalangium beschrieben habe. Die Körnchen nehmen, beson- ders im Centrum, stark zu, so dass das Keimbläschen undeutlich wird (Fig. 205, bei schwacher Vergrösserung); das Ei hat einen Durchmesser von 0,23 mm.
Später sehen wir nun anstatt des feinkörnigen Dotters grössere Kugeln, welche das ganze Ei erfüllen (Fig. 206). Das Keimbläschen ist dann nur noch als heller Fleck erkennbar, den wir auf seiner Wanderung an die Peripherie verfolgen können, bis er endlich hart dem nun schon gebildeten Chorion anliegt (Fig. 207). In grösseren Eiern ist kein Kern mehr zu sehen.
Die Entstehung der Eizellen aus den Kernen des Ovarialepithels lässt sich auf Schnitten sehr schön nachweisen. Fig. 208 zeigt zwei der jüngsten Eizellen, welche ich auffinden konnte. Jedesmal können wir schon deutlich das Keimbläschen von den Epithelkernen unter- scheiden. Während die Grundsubstanz dieser sich ziemlich stark blau färbt, wird bei Doppelfärbung der junge Eikern hellroth ge- färbt. Das Keimbläschen des jüngsten Eies (a) hat, wie wir das auch bei andern jungen Eizellen sahen, einen centralen und. eine Anzahl peripherer Chromatinkörper. Die andere Eizelle (b) zeigt uns, dass sich die letzteren schon m ihrer Anzahl vermindert haben. Niemals habe ich Bilder beobachtet, welche auf das Auswandern dieser Chromatinkörper hindeuteten.
Die Eizelle entsteht immer in der unteren Schicht des Ovarial- epithels, so dass sie noch von einer dünnen Lage von Zellsubstanz, welche zum Epithel gehört, bedeckt ist. Mehrere Kerne des letzteren haben sich schon hier (Fig. 208, b) an die Eizelle angelegt. Sie werden zum Follikelepithel. So erklärt sich die Entstehung des Follikels doch viel einfacher als dadurch, dass Chromatinkörper aus dem Keimbläschen auswandern, welche nun zu Follikel-Kernen heran- wachsen sollen. Diese Art und Weise der Auswanderung von Theilen ddes Keimbläschens scheint allmählich immer mehr an Unwahrschem- lichkeit zu gewinnen.
Figur 209 zeigt das Ei schon ziemlich gewachsen. In dem
36 STUHLMANN: [186
Keimbläschen ist nur noch ein vacuolenhaltiger Nucleolus, nichts aber von peripheren Chromatinkörnern zu sehen. Der Follikel ent- hält eine Anzahl Kerne, welche mit denen des Ovarialepithels identisch zu sein scheinen, höchstens sind sie etwas kleiner.
Ein Ei, in dem das Plasma schon bedeutend körnig geworden ist, resp. eine Menge von feinen Dotterkörnchen enthält, ist auf Figur 210 abgebildet. Es ist bereits eine feine Membrana vitellina sichtbar. Der Follikel ist mittlerweile sehr stark geworden.
Während sich nun der grosskörnige Dotter ausbildet, bleibt das Keimbläschen fürs erste noch vollkommen central gelegen. Figur 211 zeigt ein solches Ei von 0,22 mm Durchmesser. Das Follikelepithel hat ein ziemlich dickes Chorion abgeschieden, welches aber durch- lässig sein muss, da das Ei noch bedeutend heranwächst. Später (Fig. 212) fmden wir das Keimbläschen von unregelmässiger Form ganz in der Nähe der Eiperipherie gelegen. Sein Nucleolus ist noch erhalten, aber das Ganze macht den Eindruck, als wenn es in starker Metamorphose begriffen wäre. Das Ei hat hier einen Durch- messer von ca. 0,35 mm. Von einer Dotterhaut ist nichts mehr zu sehen, sie scheint resorbirt, oder wie SOGRAF angibt, mit dem Chorion verschmolzen zu sein.
In älteren Eiern konnte ich keinen Kern mehr auffinden.
Glomeris marginata. fe) Tafel X, Fig. 213—223.
Bei der Gattung Glomeris lässt sich sehr schön die Ent- stehung der Eier aus dem Ovarialepithel verfolgen. Figur 213 zeigt uns einen Schnitt durch ein solches Feld des Ovariums, an dem die Eier entstehen (Placenta, Raphe). Wir sehen, dass die Wand des Ovariums aus einem äusseren Peritonealepithel (p) mit Musecularis (m) und aus dem inneren „Keimepithel“ (ep) besteht. Letzteres zeigt keine Zellgrenzen, es sind Kerne in eine fein granulirte Plasma- schicht eingelagert. Diese Kerne nehmen bei Doppelfärbung mit Pikrocarmin und Haematoxylin eine violette Farbe an. Hier und da zeichnet sich em Kern durch seine Grösse, seine rothe Kern- srundsubstanz und besonders durch seinen tiefblauen Nucleolus aus (Fig. 213. x). Dies sind die jungen Keimbläschen, die schon eimen Plasmahof um sich gesammelt haben. An der Figur 213, die bei schwächerer Vergrösserung gezeichnet ist, lässt sich auch noch sehr schön das Wachsthum der Eier verfolgen und wie dieselben den
187] Die REIFUNG DES ÄRTHROPODENEIES. 87
Follikel nach sich ziehen, der immer mit dem Ovarialepithel con- tinuirlich zusammenhängt.
(sehen wir jetzt zur Betrachtung der einzelnen Stadien über. In Figur 214—216 sind drei der ganz jungen Eizellen, wie sie noch im Ovarialepithel liegen, bei stärkster Vergrösserung abgebildet. Die Keimbläschen färben sich ziemlich stark roth, während der Nucleolus tief blau wird. Ausser letzterem finden sich noch eine ganze Anzahl von kleinen, peripheren, blauen Chromatinkörnern. Das Plasma des Eies ist feinkörnig und scharf vom Ovarialepithel abgegrenzt. Ein Follikel ist in Figur 214 und 215 noch nicht zu constatiren, dagegen kann man in Figur 216 sehen, wie sich eme Follikelzelle mit platt- gedrücktem Kern an das Ei dicht anlegt (f). Man muss nun aller- dings zugeben, dass gerade im diesem Ei, wo zuerst ein Follikel sichtbar ist, die peripheren Chromatinkörner an Zahl abgenommen haben. Doch ist das noch kein Grund, um eine Entstehung der Follikelkerne aus den Chromatinkörnern des Keimbläschens anzu- nehmen. Erstens müsste man doch irgend einmal einen solchen Kern auf dem Wege zur Eiperipherie antreffen, das ist aber nie der Fall und dann müsste doch gerade an der Seite, wo der neu- entstandene Follikelkern liegt, die Chromatinkörner des Keimbläschens fehlen, während sie dort gerade noch vorhanden sind und an den andern Seiten, wo keme Follikelkerne liegen, fehlen. Ich habe mich nie von einer derartigen Auswanderung nach der Art von Win [178. 179], Roure [135 a], For [59. 60] und Barsıası [13] über- zeugen können.
Schliesslich sind alle peripheren Chromatinkörner verschwunden und nur noch der grosse, blaue Nucleolus zurückgeblieben. Bald aber sieht man im der Kerngrundsubstanz ganz winzig kleine Chro- matinkörnchen m grosser Anzahl (Fig. 217. 220). Das Ei wächst bedeutend heran und ist nun ganz in seinen Follikel eingeschlossen.
In diesem Stadium (Fig. 217) beginnt nun die Bildung der Dotterkerne. Man sieht gewöhnlich in der Nähe des Keimbläschens einen oder mehrere grosse Ballen, die aus einzelnen Kugeln bestehen. Diese färben sich mit Pikrocarmin, wenn man die Pikroinsäure nicht ganz extrahirt, bedeutend mehr gelbroth, als das Eiplasma. Solcher Coneretionen sind in jedem Ei dieses Stadiums 1—3 vorhanden (vgl. Fig. 213). Das Ei hat hier eine durchschnittliche Grösse von 80:60 n.
Im Laufe des Wachsthums verschwinden diese Dotterconcre- mente, ohne eine Spur zu hinterlassen, so dass man in einem Ei
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von 210 : 100 # (Fig. 218) nichts mehr von ihnen wahrnehmen kann. Sie scheinen sich einfach aufgelöst zu haben, denn das Plasma des Eies hat noch dieselbe Beschaffenheit wie vorhin. In dem Keim- bläschen ist ausser dem einen grossen Nucleolus gewöhnlich noch ein kleinerer vorhanden (Fig. 220). Höchst wahrschemlich stammt dieser von dem grossen Nucleolus ab, wenigstens deuten mir einige Bilder darauf hin. In Fig. 219 und 221 sind zwei Keim- bläschen abgebildet, deren Nucleolus kleme Protuberanzen hat, die sich bedeutend weniger färben als der Nucleolus selbst. Neben dem grossen liegt m Fig. 219 ein ganz kleiner blasser Nucleolus, der wohl höchst wahrscheinlich so aus dem grossen an der Stelle hinausgedrungen ist, die durch die Protuberanzen noch markirt ist. In Fig. 221 ist der kleinere schon ebenso dunkel wie der grosse. Diese Protuberanzen erinnern an die Bilder, die Bar- BIANI [13] vom Keimfleck von Geophilus giebt. Am Keimbläs- chen habe ich aber niemals einen rothen „Trichter“ bemerken können. — In späteren Stadien ist der kleine Nucleolus verschwun- den. Es spricht nichts dafür, dass er wirklich aus dem Keimbläschen ausgewandert ist, er kaun sich ebenso gut aufgelöst haben. Man müsste sonst doch einmal einen solchen Nucleolus ausserhalb des Keimbläschens beobachten.
In dem Ei beginnt nun eime Abscheidung von zwei ganz ver- schiedenen Dotterarten; die eine, welche sich durch die Pikrimsäure des Pikrocarmins gelbroth färbt, bildete am Rande des Eies ganz kleine, im Centrum dagegen grössere Kugeln. Letztere sind offen- bar aus ersteren entstanden, denn man findet alle Uebergänge zwischen ihnen. Die zweite Dotterart färbt sich bei der Doppelfärbung blau mit einem Schimmer ins Violette, sie bildet gewöhnlich Ansamm- lungen in der Nähe der Eiperipherie (Fig. 222) und kann sogar eine ganze Schicht um das Ei herum bilden. — Das Keimbläschen liegt noch central mit seinem grossen Nucleolus und den kleinen Chro- matinkörnchen.
In einem noch weiter vorgeschrittenen Ei (Fig. 223) liegt das Keimbläschen, in welchem die kleinen Chromatinkörnchen bedeutend abgenommen haben, an der Peripherie des Eies und ist an der einen Seite abgeplattet, ja sogar etwas eingedrückt, ganz ähnlich wie wir es bei so vielen Insekten beobachtet haben.
Ich glaube deshalb, dass es ein nicht zu kühner Schluss ist» wenn ich dies hier für ein ähnliches Stadium halte, wie das bei den Insekten, wo die Ballen austraten. Ich glaube, dass man
189] Dir REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 89
dreist behaupten kann, dass die Reifungserscheinungen, wenn auch es nicht ebenso, so doch sehr ähnlich wie bei den Insekten vor sich gehen.
Der „geibe* Dotter hat sich stark vermehrt, von dem „blauen“ ist noch eine dünne periphere Schicht übrig; ausserdem findet man aber stets einen grossen Ballen von unregelmässiger Form, der aus blauem Dotter besteht. Ich glaube, dass dieser durch Zusammen- ballen der peripheren Schicht entstanden ist, besonders weıl man ihn häufig im Contact mit derselben findet. Seme Substanz scheint dann unmittelbar in die der peripheren Lage überzugehen.
Das Ei hat schon eine Membran erhalten, ob letztere aber als Dotterhaut oder Chorion zu deuten ist, vermag ich nicht zu ent- scheiden.
Das hier vorliegende Ei hat einen Durchmesser von 0,6 mm; in grösseren gelang es mir niemals, einen Eikern aufzufinden.
D. Peripatus Edwarsii.
Tafel X, Fig. 224—233.
Die Geschlechtsorgane von Peripatus sind von GRUBE |70|, Hurrox [83], Moserey [116], BaLrour [17] und neuerdings von Kenser [88] so ausführlich beschrieben worden, dass es überflüssig wäre, nochmals die Schilderungen der Autoren zu recapituliren. Das äusserlich unpaare Ovarium besteht aus zwei der Länge nach ver- wachsenen Schläuchen. Auf die Histologie derselben sind KENNEL [88], besonders aber GrAFFON [65] näher eingegangen. Die Wand des Ovariums besteht aus einem inneren Keimepithel, emer Tunica propria, einer Muscularis und einer äusseren Hülle von Peritoneal- epithel.
Aeusserlich gleichen demnach die Ovarien sehr denen der Myrio- poden, nur dass hier an der ganzen Innenfläche die Eier entstehen, während sie dort auf bestimmte Leisten beschränkt sind.
Durch die Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. v. KEnNErL, der mir seine gesammten Schnittserien durch die Ovarien und die Re- ceptacula ovorum zur Verfügung stellte, war ich nun in der Lage, die Entstehung der Eier aus den Kernen des Keimepithels und einige spätere Veränderungen der Eier verfolgen zu können.
Fig. 224 stellt ein Stück der Ovarialwand mit einigen der jüng- sten Eizellen dar.
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In dem inneren Keimepithel (ep) sind keine Zellgrenzen zu be- merken, es sind Kerne, die im eine ziemlich homogene wenig ge- färbte Plasmamasse eingelagert sind. Die einzelnen Kerne sind scharf begrenzt, ihre Kerngrundsubstanz färbt sich mit Boraxcarmin ziemlich stark und ist völlig homogen. In diese sind eine Anzahl Chromatinkörper eingelagert, welche für gewöhnlich eine Anhäufung im Centrum bilden.
Wenn nun aus einem solchen Kern ein Eikern werden soll, so vergrössert er sich beträchtlich und vermehrt die Chromatinkörner ; letztere sind dann in der ganzen Kerngrundsubstanz vertheilt (Fig. 224, e). Hier ist schon der Eikern mit einem Plasmahof um- geben.
In dem nächst älteren Ei ist das Plasma sehr vermehrt, der Kern hat noch dieselbe Beschaffenheit wie im vorigen Stadium, nur ist er zufällig etwas kleiner. Etwas fällt uns aber bei genauerer Betrachtung daran auf, und das ist das Auftreten eines runden ganz intensiv gefärbten Uhromatinkörpers, des späteren Nucleolus. Derselbe ist hier noch sehr klein, bei dem nächsten Ei (es) hat er aber schon an Grösse zugenommen. Zugleich haben sich hier einige Kerne an das Ei angelegt und sind dort abgeplattet, die Follikel- kerne. Es ist wohl nichts selbstverständlicher, als dass dieselben aus den Kernen des „Keimepithels* herzuleiten sind.
In der Fig. 225 haben sich die Fo'likelkerne noch vermehrt, hier kann man schon von emem Follikelepithel sprechen, denn wir haben es nun mit einer vollkommenen Zellschicht zu thun, welche sich aus dem Keimepithel herausdifterenzirt hat. Der Eikern ist ein klein wenig heller geworden, als er es in Fig. 224 (es) war; die Chromatinkörper haben sich etwas vermindert. Im Eiplasma ist eine radiäre Anordnung zu bemerken, die wahrscheinlich am frischen Object noch viel deutlicher sein wird.
In dem Fig. 226 abgebildeten Ei sehen wir eine grosse Ver- änderung des Keimbläschens. Die Anzahl der Chromatinkörper hat sich bedeutend vermindert, die einzelnen sind aber dafür etwas grösser geworden. Der grosse Nucleolus unterscheidet sich deutlich von den übrigen. Im Eiplasma zeigt sich am Keimbläschen eine Ver- dichtung, die aber nicht überall anzutreffen ist. Sie kann sich später loslösen und als eine Art von Dotterkern im Eikörper liegen (ef. Fig. 230). Ich schreibe diesem Gebilde, da es nicht constant auftritt, keine wesentliche Bedeutung zu; vielleicht haben wir es sogar mit einem Artefact zu thun.
191] Dis REIFUNG DES ÄRTHROPODENEIES. 91
Die Chromatinkörper im Keimbläschen verändern sich noch etwas, indem sie noch weniger und grösser werden; sie bilden dann vollständige stark gefärbte Kugeln, die aber immer noch kleiner sind als der eigentliche Nucleolus, der hier eine Vacuole aufweist (Fig. 227).
Auf diesem Stadium findet man die grössten Ovarialeier, die dann einen ungefähren Durchmesser von 4—5 y. haben.
Eben solche Eier findet man nun auch in dem Gebilde wieder, welches KENNEL zuerst als „zipfelförmigen Anhang“, später als
„Receptaculum ovorum“ beschrieben hat. Grarron [65] meint
diese Zellen, welche im Receptaculum lägen, hätten freilich grosse Aehnlichkeit mit Eiern, er hält sie aber für „vergrösserte Peritoneal- und Bindegewebszellen*“.
Wenn man jedoch die Zellen ansieht, die ich weiter unten aus dem Receptaculum beschreiben werde, so sieht man gleich, dass von „Fettkörperzellen“ keine Rede sein kann. Wir haben es thatsäch- lich mit echten Eiern zu thun, die bier im Receptaculum ovorum reifen und wahrscheinlich befruchtet werden. Ich kann also KEnxEn's Deutung des „zipfelförmigen Anhangs“ vollständig bestätigen.
Wenn wir nun die Eier des Receptaculums näher betrachten, so finden wir viele derselben auf dem Stadium, wie es im Fig. 227 abgebildet ist, nur ein klein wenig grösser: das runde, scharf begrenzte Keimbläschen enthält einen grösseren Nucleolus, welcher meistens eine Vacuole aufweist und ausserdem eine Anzahl von kleineren Chromatinkugeln. Die grösste Zahl der Eier zeigt aber, wie KENnNEL sagt, „in ihrem Kern und Kernkörperchen Structurverhält- nisse, wie sie vielfach von Eiern bekannt geworden sind, die sich zur Aufnahme von Spermatozoen vorbereiten.“
Es zeigt sich nun, dass die Eier von Peripatus so deut- liche und klare Bilder von Kerntheilung und wahrscheinlich auch von Befruchtung liefern, wie sie bis jetzt nur an den Eiern von Ascaris megalocephala bekannt geworden sind. Besonders die Mikrosomen der einzelnen Kernschleifen sind von einer erstaunlichen Grösse. Allerdings würde ein sehr umfangreiches Material dazu gehören, um den ganzen Entwicklungsgang verfolgen zu können, und das stand mir leider nicht zur Verfügung. Es macht grosse Schwierig- keiten, die bezüglichen Bilder zu deuten, so dass mir dies oft nicht gelungen ist. Ausserdem sind natürlich die Eier im Schnitt nicht immer günstig getroffen und auch häufig die Mikrosomen aus ihrer Lage gerückt. Wenn ich dennoch einige der erhaltenen Bilder
99 STUHLMANN: [192
wiedergebe, so geschieht es erstens um zu zeigen, dass wir es hier mit regelmässiger, indirekter Kerntheilung zu thun haben, die in der That auf die Bildung von Richtungskörpern schliessen lässt, dann aber auch um überhaupt auf diese interessanten Verhältnisse hinzu- weisen. Vielleicht ist ein anderer so glücklich, dieselben näher studiren zu können.
Die Eier liegen alle durcheinander, so dass man aus ihrer Lage keine Schlüsse auf die Folge der Erschemungen machen kann.
Ich muss mich darauf beschränken, einige Bilder herauszu- greifen.
In Fig. 228 sehen wir eine deutliche Kerntheilungsfigur, die wahrscheinlich durch Umwandlung des Keimbläschens entstanden ist. Es haben sich zwei Kernschleifen von je sechs Mikrosomen gebildet. In der Figur sind die Mikrosomen der einen Schleife, weil weiter zurückliegend, heller gezeichnet als die der andern. Von der achromatischen Strahlenfigur sieht man in Natur nicht ganz so viel, wie ich gezeichnet habe, die beiden Strahlencentren sind aber mit Sicherheit zu erkennen. Die ganze Umgebung des Kerns ist vom Eiplasma gut zu unterscheiden; letzteres ist netz- förmig, radiär angeordnet, während die Substanz des Kerns (Achro- matin) hier, wie bei allen Figuren, durch die Reagentien eine sehr feinkörnige Structur angenommen hat.
Fig. 229 zeigt dasselbe Bild, nur ist hier der Schnitt senkrecht zu dem vorigen gefallen, so dass er gerade die „Kernplatte* im Aequator getroffen hat. Man kann wieder zwei Kernschleifen von je sechs Mikrosomen erkennen, die jedoch hier etwas aus ihrer Lage geschoben sind.
Es fragt sich nun, sind diese Kerntheilungen auf die Ausstossung ' eines Richtungskörpers oder auf die erste Furchung zurückzuführen. Das lässt sich natürlich äusserst schwer entscheiden, aber wenn man bedenkt, dass KEnNEL die Eier mit 2 und 4 Furchungskernen als mit einer feinen Dotterhaut umgeben schildert, während dieselben hier vollkommen nackt sind, so ist wohl wahrschemlich, dass wir es hier mit der „Richtungsspindel“ zu thun haben. Nach KeEnneEL werden höchst wahrscheinlich 2 Richtungskörper gebildet, die unter der Membrana vitellina liegen und später resorbirt werden.
Ich gebe jetzt noch eime Anzahl von Bildern, die mir auf Be- fruchtung hinzudeuten scheinen, deren specielle Deutung ich aber nicht wage, da besonders eins, Fig. 234, von den andern sehr ab- weichend ist. Im allgemeinen lässt sich sagen, dass der Eikern
193] DıE REIFUNG DES ÄRTHROPODENEIES. 93
wieder 2 Kernschleifen zu 6 Mikrosomen bildet. Der Spermakern zerfällt ebenfalls in 2 Schleifen, deren Mikrosomenanzahl ich aber nicht feststellen konnte, bald schienen es mir 3, bald aber auch mehr zu sein.
Figur 230 zeigt den Eikern (ek) und Spermakern (sp) noch ziemlich entfernt. Die beiden Schleifen der Spermakerne liegen nahe aneinander.
In Figur 231 haben sich die beiden Eikernschleifen (ek) (an der hinteren ist ein Mikrosom nicht in den Schnitt gefallen) um 90° “ gedreht. Die Schleifen des Spermakerns sind auseinander gerückt, und haben sich dem Eikern genähert. Figur 232 zeigt die Sperma- kernschleifen denen des Eikerns noch mehr genähert, sie scheinen im Begriff zu sein, sich zu conjugiren. In der Figur 233 endlich scheint es sich um eine Halbirung aller Mikrosomen zu handeln. Es sind auch hier wieder Andeutungen der achromatischen Figur vorhanden. Was aber die 3 Mikrosomen an jedem Pol der „Spin- del“ zu bedeuten haben, vermag ich nicht zu sagen.
Soviel ist also wenigstens sicher gestellt, dass wir es bei Peri- patus Edwarsii mit einer regulären indirekten Kerntheilung und mit der Bildung von Richtungskörpern zu thun haben im Gegensatz zu den andern von mir untersuchten Arthropoden.
Nach SEpGwIcK sollen auch die Eier von Peripatus capen- sis, die 4mm lang sind, Richtungskörper bilden. Wenigstens hält SEDGWICK in seiner vorläufigen Mittheilung [149] kleinere Kügelchen, welche in einer Einbuchtung des Dotters an der Mitte einer langen Eiseite auftreten, für solche. Wir müssen aber erst eine genauere Untersuchung abwarten, ehe wir entscheiden können, ob es sich hier um wirkliche Richtungskörper, die durch indirekte Kerntheilung entstehenden sind, handelt *).
Anhang zum beschreibenden Theil.
Die Genese des Tunicateneies,
Weil mich durch die vorliegende Arbeit die Geschichte des Keimbläschens, insbesondere auch in Betreff der Follikelzellenbildung interessirte, so benützte ich einen Ferienaufenthalt in Helgoland ım August 1885 dazu, diese Frage auch bei den Tunicaten in Angrift
*) Die neuere Arbeit von Sepawick (Quarterly Journal Bd. 26 n. s. 1886) lässt wohl keinen Zweifel mehr aufkommen, dass Per. capensis Richtungskörperchen bildet.
94 STUHLMANN: [194
zu nehmen. Ich stellte an Ort und Stelle einige Beobachtungen am frischen Material an und versorgte mich mit conservirten Exemplaren *). Leider reichte das Material nicht aus, um zu einer definitiven Lösung der Frage zu gelangen, so dass ich die weitere Verfolgung aufgeben musste. Ich wollte jedoch nicht unterlassen, die gewonnenen Resul- tate zur Kenntniss zu bringen; wenn dieselben auch lückenhaft sind, so können sie vielleicht doch etwas zur Aufklärung beitragen. Leider bin ich nicht im Stande, die angefertigten Zeichnungen mit zu ver- öffentlichen, ich muss mich mit zwei etwas schematisirten Holz- schnitten begnügen. Jedoch stelle ich Jedem meine Präparate und Zeichnungen zur Verfügung.
Bekanntlich stehen sich in der Frage nach der Entstehung von Follikel- und Testazellen der Tunicaten zwei ganz differente Ansichten scharf gegenüber, die einen meist älteren Autoren, wie KOWALEWSKY””), (HIRARD””*), SEELIGERT), leiten dieselben von ausserhalb der Keim- zelien liegenden Zellen ab, während die andern, RouULE, FOL, sowie Barsıanı und Wir (bei Arthropoden), behaupten, dieselben ent- ständen, indem COhromatimpartikel des Keimbläschens auswanderten und zu neuen Kernen heranwüchsen.
Einen Mittelweg schlägt SABATIER f7) ein, indem er wie KuPFFerRTTT) für die freie Bildung der fraglichen Kerne eintritt.
Was nun meine Resultate anbetrifft, so ist mir die Entstehung der Follikel- und Testazellen aus dem Keimbläschen im höchsten (rade unwahrschemlich geworden; wenn ich auch nicht positiv beweisen kann, dass dieselben nicht daraus abstammen, so ist doch die andere Erklärung durch Einwanderung von aussen die bei weiten wahrscheimlichere.
Als Untersuchungsmaterial dienten mir Clavelina lepadı- formis und Amaroecium rubicundum. Die Untersuchung des
*, Bei der Beschaffung des Materials leistete mir der bekannte Helgo- länder Fischer Herr Hırmar Lünrs höchst bereitwillig die besten Dienste. **) A. KowaLEwSKY. Weitere Studien über die Entwickelung der einfachen Ascidien, in: Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. VII. 1871. ***) A, GrRrAaRD. Sur l’embryogenie des Ascidiens du genre Lithonepheria, in: Compt. rend. I. 92. 1881. +) O. SEELIGER. Zur Entwickelung der Ascidien, in: Wiener Sitzunes- berichte. Bd. 85. p. 361—413. ++) A. SaBATıER. Sur les cellules du Follieule ete. chez les Tuniciers, in: Reeueil. zool. suisse. Tom I. 1884. +++) ©. KuUPFFER. Die Stammverwandtschaft zwischen Ascidien und Wirbel- thieren, in: Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. IV. 1870.
195] DiıE REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 95
frischen Materiales ergab sehr wenig, so dass ich auf dieselbe nicht weiter eingehen werde.
Die ganzen Thiere wurden mit Fremumng’scher Lösung oder mit heissem Sublimat gehärtet und später die Schnitte mit Saffranin resp. Boraxcarmin oder Haematoxylin gefärbt.
l. Amaroecıum rubieundum.
Die jüngsten Eianlagen sind kaum von den Kernen des Kem- lagers zu unterscheiden. Die letzteren haben, ganz ähnlich wie ich es von Uarabus, Myriopoden und Spinnen be- schrieben habe, in ihrem Centrum ein oder meh- rere Chromatinpartikel; ebenso ist ihre Peripherie mit Chromatinkörnchen besetzt (Fig. 1. %). Die Kerne liegen in einem Syneitium. Einige der- selben bilden sich nun zu den jungen Eiern aus, sie umgeben sich mit einer allmählig grösser werdenden Plasmaschicht und wachsen selbst an. Während dessen wird ihre Kerngrundsubstanz bei Haematoxylinfärbung heller (Fig. 1. «.) Der innere Chromatinballen wächst nun bedeutend und wird wahrscheinlich zum Nucleolus, die peri- pheren Körner aber rücken beim Wachsthum des Kernes immer weiter von einander; (Fig. 1.5) Holzschnitt Fig. 1. werden mit der Zeit kleiner (Fig. 1. ec) und N schwinden endlich gänzlich (Fig. 1. d). In keinem roecium rubicun- einzigen Falle aber erhielt ich ein Bild, das mir aan Does für das Auswandern dieser Partikel oder für aus mehreren Schnit- den Zerfall eines solchen Kermes in mehrere ten- eibert homog. kleinere sprach. Ein Kernnetz ist hier schon deutlich zu sehen. Es färbt sich mit Haematoxylin ziemlich scharf. Ebenso färbt sich der Nucleolus mit Haematoxylin recht stark,
Immers. Oeul. O.
mit Boraxcarmin dagegen bleibt er nahezu ungefärbt. Bei b in Fig. 1 sieht man schon, wie sich einige Kerne, die absolut nicht von den ursprünglichen Kernen (%k) zu unterscheiden sind, an das junge Ei anlegen. Diese werden zu den Follikelzellen. Bei dem folgenden Ei (ec) ist dies nun noch mehr der Fall, sie haben hier schon einen völligen Follikel (f) gebildet. In dem Zellplasma des Eies selbst ist aber hier noch keine Spur von Kernen zu sehen, obgleich die peripheren Chromatinpartikel, die doch nach For, RouLE ete. zu
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den Kernen anwachsen sollten, hier schon auf das äusserste redueirt und fast geschwunden sind. Man sollte doch vermuthen, dass, wenn die Bildung der Follikel- und Testazellen vom Keimbläschen aus- ginge, man in diesen jungen Stadien einmal einen Kern im Eiplasma auf der Wanderung nach der Peripherie anträfe. Das habe ich aber trotz eifrigstem Suchen niemals finden können.
In dem nächsten abgebildeten Ei (Fig. 1. d) liegen an der Peripherie des Eies schon eine grosse Menge von Kernen, die sogen. „Testazellen“; die Follikelzellen haben sich zu eimem vollständigen Follikelepithel zusammengefügt. Hier, m dem Keimbläschen dieses Eies, smd die peripheren Chromatinpartikel vollständig geschwunden, doch habe ich auch manche Eier mit Testazellen gesehen, bei denen sie noch vorhanden waren.
Die Testazellen liegen gewöhnlich in emer Schicht dicht unter dem Follikelepithel, doch kann man ebenso häufig Eier beobachten, bei denen einige solcher Teestakerne auch weiter im Innern des Eies liegen, zuweilen sogar dicht am Keimbläschen. Doch ist letzteres Verhalten mir durchaus noch kein Beweis dafür, dass die Testa- kerne wirklich aus dem Keimbläschen stammen.
Dass die Follikelkerne von aussen sich an das Ei angelagert haben, scheint mir ganz sicher zu stehen, die Testakerne sind aber, was Färbung und Grösse anbetrifft, absolut nicht von den Follikel- kernen und somit auch von den „Keimkernen*“ zu unterscheiden, wenigstens nicht bei diesen jungen Eiern. Ich halte es deshalb für höchst wahrscheinlich, dass die Follikel- und die Testazellen von aussen an das Ei gelangen.
2. Clavelina lepadiformis.
Die Ausbildung der „Keimkerne“ zu den jungen Eizellen geht hier ganz ebenso wie bei Amaroecium vor sich. Hier wie dort liegen in einem Syneitium die Keimkerne mit ihren centralen und peripheren Ohromatinkörnern neben den nur um weniges grösseren Eizellen, die ausser ihrer etwas helleren Färbung, dieselbe Structur wie jene haben. Diese jüngsten Eier haben schon eine Plasmazone um sich gebildet. Beim Heranwachsen vergrössert sich das Keim- bläschen bedeutend unter dem Schwinden der peripheren Chromatin- brocken, während sich der Nucleolus (wahrscheinlich aus dem cen- tralen Chromatinkörper) herausbildet.
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Sehr bald nun sieht man, wie einige Kerne, die sich in gar nichts von den „Keimkernen“ unterscheiden, sich an das junge Eı anlegen und hier durch den Druck oft etwas abgeplattet werden. Wenn ich an der Eiperipherie einzelne Chromatinbrocken liegen sah, so konnte ich dieselben stets für Theile von nicht ganz in den Sehnitt gefallenen Kernen erkennen. Diese Follikelkerne werden mit der Grössenzunahme immer zahlreicher, man findet sie jedoch bis zu einer ziemlichen Grösse des Eies (0,013—0,015mm) nur ausser- halb desselben liegen.
3ei einem bedeutend grösseren Ei sieht man nun auch inner- halb des Eikörpers, dieht an seiner Peripherie Kerne liegen, die sich in gar nichts von den aussen befindlichen unterscheiden.
Bei Färbung mit Haematoxylin ist die Vertheilung der Chromatin- körner in ihnen genau so wie bei den äusseren Follikelzellen, bei Behandlung mit Fremmine’s Lösung und Saffraninfärbung werden beide Kernarten fast gar nicht gefärbt. Man sieht in ihnen nur im Innern eine Chromatinmasse deutlich hervortreten (Fig. 2). In dem im Holzschnitt Figur 2 abgebildeten Ei schien es mir ganz deutlich, als ob die Kerne von einer Seite der ziemlich stark gefärbten Dotterhaut, durch dieselbe hindurch, auf die andere Seite wanderten. Ich konnte «-- häufig Kerne sehen, welche die Dotterhaut nach dem
Innern des Eies hin vorgebaucht und etwas verdünnt hatten, grade als ob sie auf der Wanderung von ba aussen nach innen begriffen wären (Fig. 2,a). An- Suter ns fangs sind, wie erwähnt, beide Kerne nicht von ana Oi eimander zu unterscheiden ; bald aber wachsen die lina. FLem- \ MING sLösuno', inneren, die „Testakerne“, bedeutend heran und _ Saffranin. färben sich endlich mit Saffranın ziemlich ‚stark, wäh- SEE: Bon rend die Follikelkerne nach wie vor ungefärbt bleiben. Ge Auch bei der Behandlung mit Sublimat und Haematoxylin zeigt jetzt ein verschiedenes Verhalten: die früher regelmässige Anord- nung der Chromatinpartikel hat aufgehört, dieselben liegen hier unregelmässig durcheinander in dem ziemlich stark angewachsenen Kern. — In diesem Stadium tritt noch kein eigentlicher Dotter im Ei auf. Letzteren sieht man zuerst als helle Zone (bei Sublimat- Haematoxylin - Behandlung) um das Keimbläschen. Sehr häufig findet man diesen Hof nicht rings um das ganze Keimbläschen herumgehen, er bildet dann eine halbmondförmige Zone, die dem letzteren anliegt. Es erinnert dies etwas an die Bilder, welche Berichte 1836. Heft 5. 7 (14)
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SABATIER”") giebt. Dass man es hier aber mit Dotterbildung und nicht mit der Entstehung eines Follikelkerns am Keimbläschen zu thun hat, ist ganz sicher.
Bei der Färbung mit Saffranin findet man bisweilen am Keim- bläschen oder im Zellkörper des Eies eimen stark roth gefärbten Körper, den ich jedoch für einen auftretenden Dotterpartikel halte, zumal in älteren Stadien das ganze Ei mit gleichen Körpern angefüllt ist.
Es ist mir also auch hier bedeutend wahrscheinlicher, dass Fol- likel- und Testazellen von aussen an das Ei gelangen und nicht aus semem Keimbläschen entstehen.
Auser Amaroecium und Olavelina habe ich auch noch eine Art von Phallusia, die bei Helgoland häufig vor- kommt, untersucht (wahrscheinlich Ph. pedunculata). Leider war jedoch das Material nicht derart gut conservirt, dass sich in dieser schwierigen Frage sichere Schlüsse ziehen liessen. So weit ich sehen konnte, ist die Entstehung des Keimbläschens aus den „Keimkernen“ ganz Ähnlich wie bei den andern beiden Formen. In späteren Stadien kann man allerdings bei Haemato- xylinfärbung an der Peripherie des Keimbläschens eine Menge von dunkel gefärbten Partikeln liegen sehen, die zur Vermuthung ver- anlassen könnten, dass aus ihnen die Epithelzellen würden. Mit Boraxcarmim treten diese Partikel nicht hervor, wogegen sich hier der mit Haematoxylin blass bleibende Nucleolus stark roth färbt. Ich habe diese Art nicht genau genug untersuchen können, um hier eine positive Behauptnng aufstellen zu können, doch schemt es mir unwahrscheinlich, dass bei Phallusia die Entstehung der Follikel- und Testazellen anders vor sich gehen sollte, als bei Amaroecium und Clavelina.
Wenn ich also noch einmal zusammenfasse, so kann ich zwar nicht positiv beweisen, dass die Follikel- und Testazellen nicht aus dem Keimbläschen stammen, doch halte ich die andere Erklärung, derzufolge sie von aussen an das Ei gelangen, für die bei weitem einfachere und wahrscheinlichere. Ebenso wie ich bei diesen Asci- dien konnte O. SEELIGER **) auch bei Salpen niemals den Austritt von Zellen aus dem Keimbläschen sehen.
Was nun die Bedeutung der Testazellen anbetrifft, so glaube ich in Uebereinstimmung mit den meisten Autoren, dass dieselben
*) A. SABATIER. Sur les cellules du Follieule etc. chez les Tuniciers in Rec. zool. suisse. T. I. 1884. **, OÖ. SEELIGER. Die Knospung der Salpen. Jenaische Zeitschr.
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einfach die Rolle von Nährzellen spielen. Dass sie mit dem Ei und Embryo nichts Näheres zu thun haben, zeigt sich auch wohl schon aus dem Umstand, dass sie nach der Befruchtung des Eies, wenn letzteres sich contrahirt, aus demselben heraustreten. Dass sie an der Bildung des Mantels sich nicht betheiligen, ist ja schon lange gezeigt.
(eradeso wie bei Trematoden Eizelle und Nährzellen in einer gemeinsamen Haut liegen, so auch hier. — Vielleicht könnte man diese Kerne noch mit den weissen Blutkörperchen vergleichen, die in die degenerirenden Eier eindringen, nur dass hier die Blutkörper- chen die Oberhand gewinnen, während bei den Tunicaten das Ei die Wanderzellen verzehrt.
NB. Diese Beobachtungen über Tunicaten wurden nachträglich einge- schoben; sie sind deshalb im allgemeinen Theil der Arbeit nicht berücksichtigt.
III. Zusammenfassung der Resultate.
In Vorhergehendem habe ich nun meine Beobachtungen an den verschiedenen Arthropodenformen zusammengestellt. Wir wollen nun sehen, was gemeinsam an ihnen ist und welche Schlüsse sich aus ihnen ziehen lassen. Es wird am besten sem, wenn wir. die einzel- nen Punkte der Uebersicht halber gesondert betrachten.
1. Die Entstehung des Eies aus den Keimzellen.
Auf die Entstehung der Eier aus den Keimzellen habe ich meistens nicht specieller geachtet. Nur bei eimigen Formen habe ich sie einer eingehenderen Untersuchung unterzogen, so bei Cara- bus, Epeira, Julus, @lomeris und Peripatus.
Bei allen diesen Thieren konnte nachgewiesen werden, was ja über- haupt schon lange bekannt war, dass das Keimbläschen durch einfache Umwandlung eines Kernes der Keimzellen entsteht. An den letz- teren konnte ich niemals Zellgrenzen unterscheiden, es handelte sich jedesmal um Kerne, welche in einer Plasmamasse lagen und welche entweder compact als ein regelrechtes Syneytium (Insekten) oder in einer epithelialen Fläche auftraten (Spinnen, Myriopoden). Um den Kern, der zum Eikern werden soll, bildete sich eine Plasmazone, ein eigener Zellkörper. Schon die jüngsten Eikerne zeichnen sich bei Doppelfärbung mit Pikrocarmin und Haematoxylin dadurch aus, dass sie rotlı werden, während die anderen Kerne die blaue Farbe annehmen.
7* (14*)
I}
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Die Keimkerne der untersuchten Arthropoden zeigten ganz, wie das auch WiıLL von seinen „Ooblasten“ bei Nepa angiebt, eine sehr charakteristische Struktur (nur Peripatus machte davon eine Ausnahme). In die ziemlich stark gefärbte Kerngrundsubstanz war im Centrum ein Ohromatinkörper eingebettet, ausserdem war an der ganzen Peripherie des Kerms ein Kranz derartiger stark ge- färbter Brocken vorhanden. Der junge Eikern nun, der schon etwas durch seine Grösse gegen die übrigen Kerne abstach, unterschied sich von ihnen stets durch seime bedeutend heller gefärbte Kern- erundsubstanz; letztere nahm, wie oben erwähnt, bei der Doppel- färbung mit Pikrocarmin und Haematoxyln eine rötbliche Farbe an, während die Kerne des Keimepithels bei dieser Behandlung stets blau wurden. Die peripheren Ohromatinpartikel verschwinden jetzt all- mählich, und im Oentrum bildet sich der Nucleolus aus. Ob letzterer von dem centralen Chromatinkörper abstammt oder eine Neubildung ist, konnte ich nicht entscheiden. Niemals aber war nur die Andeutung davon zu constatiren, dass irgend welche Chromatinkörper aus dem Eikern auswanderten, um Follikelkerne oder Dotter zu bilden. Erstere liessen sich stets mit grösster Wahrschemlickeit als aus den Kernen des Keimepithels enstanden nachweisen, was besonders klar bei Spinnen, Myriopoden und Peripatus war.
Die Bildung des Keimbläschens von Peripatus weicht em klein wenig von der bei den anderen untersuchten Formen ab; ich will aber hier nicht noch einmal seine Entstehungsgeschichte wiederholen.
2. Die Reifungserscheinungen.
Bei allen näher untersuchten Eiern konnte ich in jungen Stadien das Keimbläschen im Centrum bemerken.
In einer gewissen Zeit aber, oft schon sehr früh, beginnt es an die Peripherie zu wandern, wo es längere Zeit verweilt und ganz eigenthümliche Veränderungen erleidet. Der Ort an der Peripherie, wo es während dieser Zeit liegt, kann verschieden sein; es kann in der Mitte einer Längsseite, sogar noch etwas gegen den unteren Pol liegen (cf. Aphrophora); meistens finden wir es aber ganz ın der Nähe des oberen Pols (cf. Lepidopteren, Musca, Anabolia, die meisten Hymenopteren etc.).
Hier liegt es hart am Follikelepithel an, plattet sich sogar meistens gegen dasselbe etwas ab. Oft schon vorher (Carabus), oft aber erst hier (Sphinx), manchmal auch erst später (Silpha),
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verliert das Keimbläschen seinen Nucleolus. Die Art und Weise, wie derselbe schwindet, ist verschieden, er kann in kleinere Stücke zerfallen (Carabus auratus, Dytiscus); er kann aber auch all- mählich immer blasser und blasser werden, bis man ihn endlich nicht mehr unterscheiden kann (Sphinx ligustri). Aus allem schien mir hervorzugehen,, dass das Schwinden des Nucleolus nicht zum Wesen der Eireifung gehört, besonders aber weil ich ihn bisweilen (so bei Silpha) so lange verfolgen konnte, als noch ein Rest des Keimbläschens im Ei sichtbar war.
Bei sehr vielen der untersuchten Formen konnte ich nun be- merken, dass das Keimbläschen an der Seite, welche der Eiperipherie anlag, eingebuchtet war und dass in dieser Bucht grössere oder kleinere Ballen lagen, welche sich durch ihre Färbung und ihr Lichtbrechungsvermögen von den Dotterpartikeln unterschieden. Besonders schön waren sie bei Lina populi, bei Sphinx und Zygaena und bei Musca; dieser ganze Vorgang konnte bei 15 von 25 untersuchten Insektenformen constatirt werden und zwar bei Vertretern aller Ordnungen. Wir sind deshalb wohl berechtigt, ihn als allgememe Erscheinung anzusehen.
Es konnte nun gezeigt werden, dass diese Ballen höchst wahr- scheinlich aus dem Keimbläschen abstammen. Bei den Lepidop- teren und bei Musca hatte das Keimblächen kleine stumpfe Fort- sätze, welche sich voraussichtlich abschnürten und so die Ballen lieferten. Bei Lina waren nur ein oder zwei sehr grosse Ballen vorhanden, die gradezu im Keimbläschen vergraben waren. Später konnten wir dieselben von letzterem getrennt wiederfinden.
Einmal bei Zygaena (cf. Fig. 82, Taf. VII) machte es den Ein- druck, als wenn die einzelnen runden Ballen noch im Keimbläschen drin lagen, als wenn die periphere Hälfte desselben durch Eindringen einer feinen Punktsubstanz in einzelne Partien zerfallen war. Die Ballen hatten hier bis m alle Details dieselben Eigenschaften wie die Substanz des Keimbläschens selbst. Stets aber lagen sie an der Seite des Keimbläschens, welche dem Follikelepithel zugewendet war, sie wurden also stets nach aussen abgeschieden.
Ich will hier nicht alle beobachteten Fälle und ihre Einzelheiten nochmals aufzählen, ich glaube nur sagen zu können, dass wohl kein Zweifel aufkommen kann, dass diese Ballen thatsächlich aus der Substanz des Keimbläschens stammen.
Wir haben uns nun zu fragen, als welchen morphologischen Vorgang wir diesen Ballenaustritt aufzufassen haben. Dabei können
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wir von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen; wir können zuerst daran denken, dass die Ballen einzeln aus dem Keimbläschen heraus- treten, alsdann hätten wir eine Art von Kernknospung vor uns: aus einem grossen Kern entstehen eine Anzahl kleinere. Ob wir aber diese Annahme machen dürfen ist mir sehr zweifelhaft, sie stimmt doch sehr wenig mit unseren heutigen Ansichten über die normale Kernvermehrung überein. Ausserdem kann man auch nicht einsehen, warum denn nur auf der einen und nicht auf allen Seiten des Kernes eine derartige Knospung stattfindet, wenn doch einmal eine Menge von kleinen Kernen gebildet werden, warum denn nicht an allen Seiten des grossen. Allerdings könnte man das einseitige Auftreten mit der Lage des Kernes in Verbindung bringen. Man könnte sagen: der Umstand, dass der Eikern an einer Seite von der grossen Masse des Eies, an der andern Seite aber von nahezu gar keiner Plasmamasse begrenzt ist, bewirkt es, dass die kleinen Kerne nur nach aussen abgeschieden werden. Doch kann man sich dabei nichts denken. — Ich glaube, dass wir eine viel natürlichere Auffassung der Verhältnisse bekommen, wenn wir an die 1—2 grossen Ballen anknüpfen, die ich oben bei Lina populi beschrieben habe. Wir haben hier einen (oder zwei) grosse Ballen, (die beiden Ballen treten wahrscheinlich nachemender aus) deren Radius ungefähr ein Viertel oder ein Drittel des Keimbläschenradius beträgt. Das ist allerdings schon ein ziemlich bedeutender Unterschied, aber ich finde da nichts im Wege liegend, hier an eine einfache direkte Theilung des Kerns zu denken, bei der ein Tochterkern bedeutend grösser als der andere ist. Solche verschiedene Grössen der Tochterkerne kommen doch auch bei der indirekten Kerntheilung vor, ich erinnere nur an die Richtungskörperchen der meisten Thiere, z. B. der See- sterne, wo der im Ei bleibende Kern bedeutend den ausgestossenen an Grösse übertrifft.
Auf diesen Gedanken bin ich besonders auch durch das vor- hin erwähnte Bild von Zygaena geführt (Fig. 82, Tafel VII). Dort machte es in der That den Eindruck, als ob die eine Hälfte des Keimbläschens durch eine Punktsubstanz von der andern abgegrenzt sei und ausserdem selbst durch diese Punktsubstanz in einzelne Theile zerfällt wäre. Wir hätten also hier eine direkte Kern- theilung, bei der eins der Theilprodukte sofort, gewissermassen in statu nascendi, in klemere Theile sich auflöste.
Aber einerlei ob man den ersten Modus der successiven Ent- stehung der „Ballen“ oder den zweiten der gleichzeitigen Entstehung
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annimmt, im Grunde genommen kommt beides doch auf dasselbe heraus, beides ist eine Modifikation der direkten Kerntheilung.
Dass es sich hier um eine direkte und nicht um die gewöhn- liche, aber doch gewiss umständlichere indirekte Theilung handelt, kann uns wohl nicht so sehr wundern, wenn wir bedenken, wie enorm abgekürzt überhaupt die ganze Ontogenese der Insekten ist. Ausser- dem zeigte sich ja oben, dass höchst wahrschemlich bei den ersten Embryonalkernen von Musca die direkte Theilung vorkommt. Wenigstens liessen sich mit unseren jetzigen Mitteln keine karyo- kinetischen Figuren constatiren.
So scheinen denn doch bei näherer Betrachtung die Reifungs- vorgänge der Insekten nicht so enorm von denen der anderen Thiere verschieden.
Für diese hier auftretenden Ballen möchte ich den Namen „Reifungsballen“ vorschlagen.
Wie die Reifung bei den Spinnen und Myriopoden vor sich geht, konnte ich nicht genauer verfolgen. Jedenfalls rückt auch hier das Keimbläschen an die Oberfläche und wird dort so modifi- cirt, dass es sich unseren Blicken entzieht (Phalangium, Julus, (Glomeris). i
Bei @lomeris komnte ich sogar em an der, der Peripherie zu- gekehrten Seite eingebuchtetes Keimbläschen auffinden, so dass man wenigstens hier den Reifungsvorgang als dem der Insekten gleich vermuthen kann. Die näheren Verhältnisse, besonders auch noch die der Urustaceen, bieten noch ein weites Feld der Forschung.
Bei Peripatus Edwarsii spielt sich wie bei den meisten Thieren die Reifung durch Ausstossen zweier Richtungskörperchen ab, die durch indirekte Theilung des Keimbläschens entstehen. Ebenso konnten GROBBEN und WEISMANN bei niederen Üru- staceen mit kleimen Eiern wirkliche Richtungskörperchen beobachten.
Es führt uns dies auf die Vermuthung, dass wursprüng- lich, wie bei allen anderen Thieren, auch bei den Vorfahren der Arthropoden die Eireifung durch indirekte Theilung vor sich ging. Dies ist uns noch bei Peripatus und einigen niederen Uru- staceen erhalten. Später aber, wohl wahrschemlich durch den grösser werdenden Dotterreichthum der Eier, wird die Reifung modifieirt, so dass wir sie jetzt in der heutigen Gestalt vor uns haben. Es ist deshalb sehr gut möglich, dass noch bei anderen niederen Arthropoden, besonders wenn dieselben dotterarme Eier haben, wirkliche Richtungskörper aufgefunden werden. Bei den
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viviparen Aphiden wird es ja allerdings von den Beobachtern be- stritten. So viel aber ist wahrscheinlich, dass bei den dotterreichen Eiern keine wirklichen Richtungskörper vorkommen *). Als Beispiel mögen gerade die Daphniden dienen. Moina sowie Polyphemus, wo Richtungskörper vorkommen, haben beide sehr kleine Eier, weil die sich entwickelnden Eier durch die vom „Nährboden“ abgesonderte Flüssigkeit der Brutkammer ernährt werden. Bei den dotterreichen Eiern anderer Daphniden sind aber bis jetzt noch keine Richtungs- körper constatirt worden.
Zum Schlusse möchte ich noch auf einen Punkt zu sprechen kommen, nämlich auf die Zeit der Reifungserscheinungen. Bei den meisten Thieren treten dieselben erst am vollständig ausgebildeten Ei auf, zuweilen sogar erst nach dem Eindringen des Spermatozoons in das Eiplasma. Hier aber geschieht der Austritt der „Reifungs- ballen*“ in einem sehr frühen Stadium, während das Ei noch nicht im Entferntesten seine halbe Grösse erreicht hat. Dies ist gewiss sehr merkwürdig und man könnte deshalb bezweifeln, dass es sich hier um die wirkliche Reifung des Eies handelt. Ich glaube aber, dass dies wiederum mit dem Dotterreichthum der Eier zusammen- hängt. Von grossen Wirbelthiereiern wissen wir ja auch, dass schon zu sehr früher Zeit jdas Keimbläschen an die Oberfläche des Eies steigt und dort grosse Veränderungen erleidet.
Bei den wenigen von mir untersuchten Insekten konnte man schon eine grosse Verschiedenheit in dem Zeitpunkt bemerken, wo die Ballen austraten. Ich habe mich vergebens bemüht, hier eine gewisse Reihenfolge auffinden zu können, um irgendwie eine „phy- letische Verschiebung“ constatiren zu können, habe jedoch den Ver- such bald wieder aufgegeben, da hiezu die Anzahl der untersuchten Formen nicht im entferntesten ausreichte. Hoffentlich wird dies späteren Arbeiten gelingen.
Man könnte auch annehmen, dass der Austritt der Ballen und somit die Reifung des Eies gar keine Rückwärtsverschiebung in der Ontogenie erlitten hätte, sondern dass der Dotter dem Ei secundär durch die Zellen des Follikelepithels aufgepfropft sei, dass
*) Wirt hat in seiner neuen Arbeit (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 43, Heft 2. 1886) die Angabe, dass er bei Dytiscus ein Richtungskörperchen beobachtet hätte und dass hier der Eikern niemals völlig schwindet (p- 353). Wenn sich dies letztere bestätigen sollte, was erst die ausführliche Arbeit zeigen wird, so wäre ja die von mir vermuthete Continuität des Eikerns bewiesen. Das Richtungs- körperchen möchte ich vor der Hand noch nicht als feststehend annehmen.
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er eine Art von „Parablast* wäre. Ich muss sagen, dass ich per- sönlich gar nicht geneigt bin, das Ei als eine Art Zwitterwesen aufzufassen, als eine Zelle, in welche durch andere Zellen grosse Mengen Eiweiss hinemgelagert sind. Das Ei ist meimer Meinung nach eine Zelle, die ausser anderen Aufgaben die Function hat, grosse Mengen von Eiweiss zu assimiliren und als Nahrungsmaterial in sich aufzuspeichern, sei es nun, dass diese Nahrung einfach in Blutflüssigkeit besteht, sei es, dass das Ei andere Zellen, wie Nähr- zellen oder auch Leukocyten auffrisst.
3. Das Schwinden des Keimbläschens.
Wie ich oben gezeigt habe, verschwindet das Keimbläschen, nachdem es die „Reifungsballen* abgegeben hat, in den untersuchten Fällen spurlos aus dem Ei. Die Art und Weise, wie dies geschieht, ist nun verschieden, lässt sich jedoch auf zwei Grundformen zurück- führen. .Jedesmal verliert es entweder sofort oder doch sehr bald nach Austritt der Ballen seine Membran.
Es kann nun erstens ganz amoeboid zerfliessen, wie wir es am schönsten bei Silpha und Necrophorus, dann aber auch bei Dy- tiscus gesehen haben.
(serade das Beispiel von Silpha ist mir, wie ich oben gezeigt habe, geradezu ein Beweis dafür, dass durch das Auftreten des Dotters das Keimbläschen immer mehr schwindet. Ich will hier meme Beschreibung nicht noch einmal wiederholen und verweise deshalb auf meine obige Darstellung.
Zweitens kann das Keimbläschen aber auch schwinden, indem sich seine Structur vollständig ändert (Sphinx, Zygaena, Musca). Nachdem die Membran geschwunden ist, wird die sonst homogene Kernsubstanz femkörnig, sie schemt aus einer grossen Menge kleiner Bläschen zusammengesetzt zu sein. Die Contouren des Keimbläs- chens werden nun undeutlich, entweder zuerst nur auf einer Seite (Zygaena) oder an der ganzen Peripherie zugleich (Musca), und es macht den Eindruck, als wenn Dotterkörnchen zwischen die Sub- stanz des Keimbläschens oder letztere zwischen den Dotter sich hineindrängten. Endlich ist vom Keimbläschen nichts mehr zu sehen, es lässt sich durch unsere jetzigen Reagentien nicht mehr nach- weisen.
‚Jemand könnte nun behaupten, dass das Schwinden des Keim- bläschens das Wesen der Reifung sei, doch lässt sich dieser Ein-
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wurf einfach durch die Thatsache widerlegen, dass bei einigen In- sekten (Aphiden, Cecidomyia) das Keimbläschen eben nicht schwindet, dass aber doch em so fundamentaler Vorgang wie die Reifung bei allen Insekten der gleiche oder wenigstens kein voll- ständig verschiedener sein wird. Gerade der Umstand, dass bei den viviparen Aphiden und den viviparen Üecidomyialarven das Keimbläschen nicht schwindet, führt uns wieder auf den Ge- danken, dass der Dotter das Schwinden bewirkt.
Ich glaube, dass ich meine Ansicht so formuliren kann: Ur- sprünglich blieb der Eikern, wie bei den meisten übrigen Thieren, sichtbar. Bei den kleinen dotterlosen Eiern der Aphiden und Cecidomyialarven konnte dieser Zustand bestehen bleiben. Bei den schon bedeutend dotterreicheren Eiern der Gallwespen (WEIs- MANN) und wahrscheinlich auch einiger Ichneumoniden (GANIN) zer- floss der Eikern sehr stark amoeboid, so dass man ihn nur noch als Wolke im Ei wahrnehmen konnte. Dieser Process geht bei den andern Insekten noch weiter, so dass hier die Kernsubstanz im Ei derartig vertheilt ist, dass wir dieselbe überhaupt nicht mehr nach- weisen können, besonders, da dieselbe auch meistentheils vollständig jedes Ohromatin entbehrt.
Hier ist also ein ganz ähnliches Verhältniss zwischen dem Dottergehalt des Eies und der Modification der Kernverhältnisse zu erkennen, wie vorhin bei der Reifung.
Das Auftreten des ersten Furchungskernes, über das ich nur zwei Beobachtungen bei Musca habe, wolle man an dem betreffen- den Orte nachsehen.
Ich möchte hier noch kurz die Frage berühren, ob wir den Zustand des Insekteneies, in welchem wir keinen Kern entdecken können, wirklich als einen Rückschlag zur Monere im Sinne HAECKEL’S auffassen können. Ich glaube: nein! Erstens schwindet ja der Kern bei den meisten Thieren und auch bei einer Anzahl von In- sekten überhaupt gar nicht, dann aber können wir, wenn wir das Ei als einfache Zelle auffassen, hier überhaupt nicht von einem Rück- schlag reden, weil auf die einzelligen Wesen wie WEISMANN [172] ge- zeigt hat, das „biogenetische Grundgesetz“ überhaupt keine Anwendung findet. Einzellige Wesen, und als solche müssen wir doch die Eier betrachten, haben in der That gar keine ontogenetische Wieder- holung ihrer Vorfahren. Die Knospe einer Acinete, die ja vom Mutterthier stark abweicht, repräsentirt uns keineswegs eme, wenn auch noch so coenogenetisch veränderte Vorfahrenform der Acineten,
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Wir haben in ihr nur eine besondere Anpassung: das Mutterthier sitzt fest, während die „Knospe“ frei schwimmt, um sich irgendwo anders niederzulassen. — Ebenso ist auch das Insektenei, in dem wir keinen Kern sehen, nicht ein Rückschlag zur „Monerula“, son- dern nur eine besondere Anpassung an den Dotterreichthum des Eies. Inwiefern allerdings das Unsichtbarwerden des Kernes und das massenhafte Auftreten des Dotters physiologisch zusammenhängen, darüber kann man bis jetzt keine Vermuthungen aufstellen.
Eher als mit einer Monere könnte man ein solches Ei mit einem Infusor vergleichen, dessen Kern zu gewissen Zeiten in ein- zelne Stücke zerfällt, wie bei emer Opalina. Mehr neige ich jedoch zu der Ansicht, dass die Kernsubstanz sich nicht zerstreut, sondern nur sehr amoeboid zerfliesst, so dass sie bei ihrer Farblosigkeit zwischen dem Dotter nicht wahrgenommen werden kann; die Ver- hältnisse bei den Gallwespen berechtigen wohl zu dieser Annahme.
Ich glaube, dass noch etwas aus diesen Betrachtungen folgt, dass nämlich auch hier wie bei anderen Thieren eine Continuität des Eikerns besteht.
4. Vergleich mit den Wirbelthieren.
Es liegt nun sehr nahe, die Reifungsvorgänge der Insekteneier mit denen in anderen dotterreichen Eiern zu vergleichen, nämlich mit denen der Wirbelthiere. Weit entfernt, eine vollständige Auf- zählung der Beobachtungen über die Reifung der Vertebrateneier geben zu wollen, will ich aus den einzelnen Klassen nur Beispiele herausgreifen.
Bei Amphioxus ist nach HarscHeek [75] bei frischgelegten Eiern das Keimbläschen geschwunden, ein Richtungskörper liegt am animalen Pol. Vor dem Beginn der Furchung ward wieder ein Kern gesehen.
Bei Petromyzon bilden sich nach den Berichten von KUPFFER und BENECKE [95] und Scorr [148] zwei Polkörper und zwar einer vor der Befruchtung und einer im Zusammenhang mit einem Plasma- zapfen des Eies nach der Befruchtung. Ein Theil des Keimbläs- chens bleibt als Eikern im Ei zurück.
An dem Ei von Merlucius soll nach Kınsstey und ÜONN [89] ein kleines Richtungskörperchen durch die Mikropyle austreten. Vorher sah man den Eikern als Sonne unter der Mikropyle. Die Beobachtungen scheinen mir aber noch nicht zu genügen, um hier
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mit Sicherheit die Bildung eines Richtungskörperchens annehmen zu können. Ferner beschreibt HOFFMANN [81] noch bei Knochenfischen (Scorpaena, ‚Julis) echte Richtungskörper. Das Keimbläschen soll an die Peripherie steigen und sich dort zum grössten Theil mit dem Eiinhalt vermischen. Aus dem klemeren Theil soll sich an der Mikropyle eine Kernspindel bilden, von deren peripherem Pol sich ein Richtungskörper abschnürt, während der Rest zum Eikern wird.
Alle anderen Beobachter haben kein Richtungskörperchen ge- sehen. Nach BALrour [16] soll bei Selachiern nur die Membran des Keimbläschens ausgestossen werden, während der Inhalt im Dotter zurückbleibt, um resorbirt zu werden. Das Keimbläschen des Störeies ist nach SALEnskJ [142] '/« Stunde nach der Ablage verschwunden und an seiner Stelle findet man „une quantite de petits ilots, formdes d’une substance pareille A celle de la vesicule et noy6es dans la substance du germe.“ Er schliesst, dass das Keimbläschen sich im Dotter auflöst. Der Eikern soll von einem jener „ilots* herrühren, die durch Schwinden des Keimbläschen ent- standen sind.
Nach dem Verlassen des Follikels soll das Keimbläschen der Forelle nach OELLACHER *) aus dem Ei entfernt werden, seme Membran soll dann dem Dotter als kleines Schleierchen aufliegen, auf welchem der Inhalt in Gestalt von 1—2 feinkörnigen Kugeln liegen soll, Er hält es für das Wahrscheinlichste, dass sich das Keimbläschen später auflöst. Das abgelegte Ei der Forelle fand WALDNER [168] kernlos, erst nach 7 Stunden trat ein Kern auf.
Bei den Amphibien stimmen die verschiedenen Beobachter darin überein, dass sich das Keimbläschen auflöst. Ruscoxt [136] lässt es sich an der Oberfläche ausbreiten. v. BAMBECKE konnte keinen Eikern feststellen und nach O. Herrwig **) löst sich das Keimbläschen vor der Befruchtung auf und mischt sich dem Dotter bei. Ein feiner Schleier gelblicher Substanz am Keimpol wird als unbrauchbarer Körper gedeutet, der aus dem Dotter ausgetrieben wird, nachdem sich die Substanz des Keimbläschens mit dem Eikörper gemischt hat.
Im Ei der Reptilien schwindet das Keimbläschen ebenfalls ziemlich früh. Nach v. Baer rückt es an die Peripherie, durchbohrt
*) Zeitschr. f. w. Zoologie. Bd. 22. 1872.
**) Morphol. Jahrbuch Bd. III.
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die Dotterhaut und löst sich noch im Ovarium auf. OLArK [49] betrachtet das Keimbläschen der Schildkröten nur als an der Peri- pherie gelegene Concentration von Eiweissubstanz, die, ohne Be- deutung für das Ei zu haben, resorbirt werden kann. Nach EimEr soll das Reptilienei erst nach dem Verlust des Keimbläschens den Haupttheil seines Wachsthums durchmachen. HOFFMANN |82] sah, dass es sich der Zona radıata anlegte und vermuthet aus Analogie mit den Knochenfischen, dass es sich dort in die Richtungsspindel verwandelt. Nach Sarasın [143] rückt das Keimbläschen der Ei- dechse an die Oberfläche und breitet sich dort als eme dünne Schicht aus. Aehnliches sah er beim Wellensittich. Ein direkter Uebergang vom morphologischen Elemente des Keimbläschens in die Furchungskerne ist nicht zu sehen. „Theile desselben werden in den Dotter aufgenommen, aus diesen gehen vielleicht die Kerne hervor. Keim morphologisches Stück derselben bleibt als Eikern zurück“ (p. 190).
Bei den Vögeln haben wir ebenfalls ein Schwinden des Keim- bläschens zu verzeichnen. R. WAGNER [166] vermuthet, dass es sich abplattet und mit dem „stratum germimativum“ verschmilzt. ALLEN Trromson |158] beschreibt es in reifen Eierstockseiern als weiches plattes Gebilde; es ergiesst seine Substanz m die Oberfläche der Keimschicht und mischt ıhr ein wichtiges Material bei. Nach KÖLLIKER verschwindet es im oberen Theil des Oviducts spur- los. Im Ovarialei sieht man es noch als flaches Gebilde der Dotter- haut anliegen.
Bei den Säugethieren schwindet das Keimbläschen nach BiscnorFr schon im Ovarıum. Die neueren Untersuchungen durch v. BENEDEN |21. 25] und Rein [132] haben aber ergeben, dass hier Richtungskörperchen gebildet werden. Beide Untersucher lassen das Keimbläschen im Ei selbst schwinden. Ob es sich dort nicht doch noch wird constatiren lassen, müssen erneute Untersuchungen zeigen.
Ich sehe von einer Kritik der verschiedenen Beobachtungen und Deutungen. gänzlich ab, mir kommt es hier nur darauf an, zu zeigen, dass bei den kleinen Eiern der Säugethiere, sowie bei einigen Fischen, die doch verhältnissmässig niedrig stehen, Richtungskörper vorkommen, dass aber bei den grossen dotterreichen Eiern der anderen Verte- braten die Reifung auf irgend eine andere Weise stattfinden muss, auf welche ist allerdings schwer zu entscheiden. Zugleich ist auch hier, wie bei den dottereichen Insekteneiern, das Schwmden des Keimbläschens zu constatiren.
110 STUHLMANN: [210
Diese Homologie zwischen den Arthropoden- und Vertebraten- eiern scheint mir ein neuer Beweis dafür zu sem, dass es in der That nur der Dotterreichthum ist, welcher die Modification der Reifungserscheinung und das Verschwinden des Keimbläschens be- wirkt hat.
5. Der Dotterkern.
Wenn auch die Bildung der Dotterkerne nicht eigentlich m mein Thema fällt, so möchte ich doch noch hier mit einigen Worten darauf zurückkommen, besonders da dieselbe doch immer noch emen streitigen Punkt bildet.
Ueber die specielle Entstehungsgeschichte der Dotterkerne bei den Hymenopteren will ich hier nicht noch einmal mich auslassen; ich muss da auf die betreffenden Stellen im beschreibenden Theil meiner Arbeit verweisen, ebenso was die Gründe betrifft, die mich bewogen, diese Gebilde nicht als echte Kerne, wie BLOCHMANN [33], sondern als Dotterkerne anzusehen. Ihre Entstehung an der Peri- pherie des Keimbläschens, ihre spätere Auflösung, besonders aber die Vergleichung der verschiedenen untersuchten Arten brachten mich zu diesem Schlusse. Ich will hier nur noch einmal kurz re- :apituliren.
Die ursprüngliche Entstehung aller Dotterkerne der Hymeno- pteren liess sich auf einen Typus zurückführen. Es bildeten sich stets ganz kleine Concretionen dicht an der Peripherie des Keim- bläschens oder doch wenigstens m seiner unmittelbaren Nähe. Diese wanderten nun vom Keimbläschen weg und legten sich in einer voll- ständigen Schicht an die ganze Eiperipherie (Bombus) oder sie blieben mehr am oberen Eipol angesammelt (Vespa, Trogus, Pimpla) oder endlich sie konnten sich zu einer Anzahl etwas grösserer, im ganzen Ei vertheilter Klumpen vereinigen (Banchus). Ich bezeichnete dies mit dem Namen „diffuser Dotterkern*“ *).
Es können nun auch die einzelnen kleinen Dotterconcretionen sich zu einer einzelnen grossen gefärbten Masse vereinigen, die stets am hinteren Eipol lag. Dies Gebilde nannte ich den „eigent- lichen Dotterkern* (Anomalon, Ophion, Lampronota, Ephialtes, Ambyteles). Man kann also wohl den diffusen Dotter- kern als eine ontogenetische und phylogenetische Vorstufe des eigent-
*) Aehnliche Gebilde, die auch auf dieselbe Weise entstanden, hat Herr Dr. KrarpELın bei Süsswasserbryozoen gefunden.
a]1] Dir REIFUNG DES ARTHROPODENEIES. 11
lichen Dotterkerns betrachten, wenigstens bei den Hymenopteren. Niemals aber konnte ich eine Entstehung aus dem Keimbläschen constatiren, wie Barsrani [13] dies für Geophilus und Wir [178. 179] für den Frosch angiebt.
Bei den Spinnen habe ich die Entstehung des Dotterkerns nicht näher verfolgt, sehr merkwürdig sind aber die Verhältnisse bei Glomeris. Hier bilden sich erst m der Nähe des Kem- bläschens eine oder mehrere Concretionen, die sich aber mit dem Wachsthum des Eies bald wieder auflösen. Später treten im Ei zwei verschiedene Dotterarten auf, von denen sich eme gelbroth, die andere blau bei der Doppelfärbung färbt. Die letztere ballt sich zu einer grossen Masse zusammen. Hier sind also offenbar zwei vollkommen verschiedene Arten von Dotterkernen vorhanden, denn als Dotterkern bezeichnen wir doch ein Gebilde, das von dem übri- gen normalen Dotter abweicht.
Was nun meine Meinung über die Bedeutung des Dotterkerns betrifft, so schliesse ich mich der von Schütz |146| ete. an. Der Dotterkern stellt eine Coneretion von besonderem, von dem gewöhn- lichen Dotter verschiedenem Nahrungsmaterial dar, das zu irgend einer Zeit vom Ei resorbirt wird. Er kann schon sehr früh gelöst werden oder aber noch im abgelegten Ei vorhanden sein.
BAuBıanI [11], SABATIER [138] und JarrA [85] sehen im Dotter- kern bekanntlich ein für die Entwickelung des Eies wichtiges Ge- bilde. Es soll sogar theils die Function der Samenzelle haben und durch seine Conjugation mit dem Keimbläschen die Entwickelung einleiten. Ich vermag nicht, mich dieser Hypothese BALBIANTs an- zuschliessen. Daraus, dass der Dotterkern oft am Keimbläschen lag, schloss man, dass derselbe sich mit ihm conjugirte. — Welche specielle physiologische Function der Dotterkern für das Ei hat, ist allerdings bis jetzt noch nicht zu sagen, er kann ja auch sehr gut zu verschiedenen Zwecken während der Entwickelung auf- gebraucht werden, keinenfalls aber dient er zur Befruchtung des Keimbläschens.
Eine Zusammenstellung der Thiere, bei denen bis jetzt em Dotterkern aufgefunden ist, findet man bei Scnürz |146], es ist aber z. B. noch Astracanthion hinzuzufügen, wo JarrA [85] einen „diffusen Dotterkern* fand, ebenso Comatula nach Di GAsPARIS
[52] u. A.
Freiburg i. B., Dezember 1885.
112 ’ STUHLMANN: [212 Resume,
1. Bei den untersuchten Arten entsteht das Keimbläschen durch Difterenzirung aus den Kernen des Keimepithels ; eine Auswanderung von Chromatinkörnern zur Bildung von Epithelzellen oder dergl. findet nicht statt.
2. In ziemlich frühen Stadien wandert das Keimbläschen an die Eiperipherie, gewöhnlich in die Nähe des oberen Poles.
3. Hier giebt es grosse Ballen nach aussen ab, welche sich später auflösen. Dieser Prozess ist als eme Art von direkter Kern- theilung aufzufassen.
4. Es rückt nun in den meisten Fällen wieder von der Peri- pherie weg ins Innere hinein und „löst sich dort auf“.
5. Das Unsichtbarwerden des Keimbläschens kann auf zwei Weisen geschehen, erstens durch amoeboides Zerfliessen, zweitens durch Veränderung seiner Structur.
6. Das Ei ist eme Zeit lang scheinbar kernlos.
7. Der erste Embryonalkern tritt m der Nähe des oberen Eipoles auf.
8. Die abnormen Reifungsvorgänge bei den Arthropoden sind wie bei den Wirbelthieren durch den Dotterreichthum des Eies her- vorgerufen ; bei dotterarmen Eiern ist eine Continuität des Eikerns nachgewiesen, desshalb muss sie auch bei den dotterreichen stattfinden.
9. Der Dotterkern der Hymenopteren etc. bildet sich in der Nähe des Keimbläschens, unter dem Einflusse desselben, aber nicht aus ihm. Der aus einzelnen Stücken bestehende „diffuse Dotterkern* ist ein ontogenetischer und phylogenetischer Vorläufer des „eigent- lichen Dotterkerns, wenigstens bei den Hymenopteren.
Vorlieeende Arbeit wurde im zoologischen Institut der Universität Frei- bure i. B. im Sommer und Herbst 1885 angefertigt und die Resultate schon im November und Dezember niedergeschrieben. Ich fühle mich veranlasst, hier nochmals meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrath Prof. Weismann für seinen anregenden Unterricht und seine grosse Liebenswürdigkeit, mit der er meine Beobachtungen verfolgte und controllirte, meinen Dank auszusprechen. Ausserdem bin ich noch den Herren Prof. Gruber, Dr. Kraepelin, Dr. J. van Rees, Dr. Korschelt, sowie auch noch besonders Herrn Prof. v. Kennel zu Dank verpflichtet. Letzterer hat mir mit grösster Liebenswürdigkeit seine Präparate von Peripatus zur Verfügung gestellt.
Freiburg i.B., Ende Mai 1886. 2)
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120 LITERATURVERZEICHNISS. — TAFELERKLÄRUNGEN. [220
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Tafelerklärungen.
Die Figuren sind sämmtlich mit einer Zeiss’schen Camera lu- cida entworfen in der Höhe des Tisches. Stets wurden SEIBERT’sche Oculare, meistens auch Objective von dieser Firma angewandt. Leider konnte ich bei der Zusammenstellung der Tafeln nicht die genaue Reihenfolge der Nummern innehalten, besonders mussten die farbigen Figuren, die sich auf Coleopteren beziehen, auf Tafel X unter- gebracht werden.
Allgemeine Bezeichnungen.
f = Follikelepithel. kf = Keimfleck.
p = Peritonealhülle. n —= Nucleolus.
ng — Nährzellen. ’dh = Dotterhaut.
tp == Tunica propria. ch == Chorion.
kbl — Keimbläschen. m — Mikropyle. Tafel V.
Fig. 1—17. Carabus nemoralis.
Fig. 1-5. Junge Eier aus dem unteren Theile des Endfaches von Carabus ne- moralis. Sublimat. Haematoxylin. SEıBert V. Ocul. 0. Verer. 365.
Fig. 6—8. Junge Eier von C. nemoralis, in denen sich der Nucleolus heraus- bildet. Sublimat. Haematoxylin. SEIBErRT ILI. Oecul. 0. Vergr. 126.
Fig. 9. Ei von C. nemoralis mit sonnenförmigem Nucleolus. Sublimat. Lithion- carmin. SEIBERT Ill. Oc. o. Vergr. 126.
Fig. 10. Ein etwas älteres Ei mit eichelförmigem Nucleolus, welcher aequatorial durchschnitten ist. Sublimat. Lithioncarmin. SEIBERT III. Ocul. o. Vergr. 126.
Fig. 11. Keimbläschen mit eichelförmigem Nucleolus. kbl. — Keimbläschen. kf = Keimfleck. Sublimat. Lithioncarmin. SEIBERT III. Ocul 0. Vergr. 126.
Fig. 12. Ein eben solches Keimbläschen, das aber schon an die Peripherie ge- rückt ist. Sublimat. Haematoxylin. Seisert III, Oe. o,
22 1] TAFELERKLÄRUNGEN. 121
Fig. 13. Schematischer Längsschnitt durch einen eichelförmigen Nucleolus.
Fig. 14. Ei von C. nemoralis. Keimbläschen in der Nähe der Peripherie mit eichelförmigem Nucleolus. Dotterhaut schon gebildet. Vergr. 10.
Fig. 15. Keimbläschen ohne Nucleolus an der Dotterhaut, abgeflacht. Sublimat. Haematoxylin. Eilänge 3'!/a mm. SEIBERT III. Ocul. 0. Vergr. 126.
Fig. 16. Dasselbe Ei bei schwacher Vergrösserung. Vergr. 10.
Fig. 17. Keimbläschen ohne Nucleolus, an einer Seite eingedrückt und vielleicht in Auflösung begriffen. Ballenaustritt (?) SEIBERT 111. Oc. o. Vergr. 126.
Fig. 18—23. Carabus auratus.
Fig. 18. Junge Eizellen von C. auratus. Sublimat. Haematoxylin a. b. ce. ver- schiedene Entwicklungsstadien des Keimbläschens. SEIBERT V. Ocul. o. Vergr. 365.
Fig. 19. Junges Ei von C. auratus. Sublimat. Haematoxylin. SEIBErT. V. Oc. o.
Fig. 20—22. Drei Entwickelungsstadien des Keimbläschens. Zerfall des Nu- cleolus. SEIBERT III. Oc. o. Vergr. 126.
Fig. 23. Reifes Ei von C. auratus. Keimbläschen verschwunden, chromatische Flecken am vorderen Pol. Carmin. Verer. 10.
Fig. 24—20. Dytiscus marginalis.
Fig. 24—28. Entwickelung des Eies von Dytiscus marginalis. Allmählicher Schwund der chromatischen Substanz. Sublimat. Boraxcarmin (nach Dr. Korscheurt’s Praeparaten). SEIBERT III. Oc. 0. Verer. 126.
Fig. 29. Rand des Keimbläschens von Fig. 28, um die amoeboiden Fortsätze zu zeigen. SEIBERT V. Oc. o. Verer. 365.
Fig. 30. Eikern von Dytiscus, amoeboid zerflossen. a — Dotterballen, welche sich bräunlich färben. Sublimat. Boraxcarmin. SEIBERT III. Oc. o.
Fig. 31—35. Silpha.
Fig. 31. Drei junge Eier am unteren Ende des Endfaches von Silpha. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oc. o.
Fig. 32. Ein etwas älteres Ei von Silpha. SEIBERT V. Oe. o.
Fig. 33-35. Eier von Silpha mit stark amoeboidem Keimbläschen. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT I. Oc. 0. Vergr. 55.
Fig. 36—39. Morophorus vespillo.
Fig. 36. Junges Ei von Necrophorus vespillo. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT Ver0e.:o0:
Fig. 37. Ein etwas älteres Ei von Neerophorus. Keimbläschen schon stark amoe- boid. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oe. o.
Fig. 38. 39. Eier von Necrophorus Schwund des Keimbläschens. Sublimat. Doppelfärbung. SEIERT I. Oc. 0.
Fig. 40—43. Geotrupes.
Fig. 40. Junges Ei von Geotrupes. Heisser Alkohol. Lithioncarmin. SEIBERT 06.0.
Fig. 41-43. Keimbläschen von Geotrupes, um das Gerüst und die Nucleolen zu zeigen. Fig. 42 hoher Schnitt. Fig. 43 tiefer Schnitt. Heisser Alkohol. Lithioncarmin. SEiert III. Oc. 0. Verer. 180.
Fig. 4. Cetonia aurata.
Fig. 44. Keimbläschen von Cetonia aurata. Heisser Alkohol. Lithioncarmin,
SEIBERT ILI. Oc. 0. Auf die Hälfte redueirt. Vergr. 90,
122 f TAFELERKLÄRUNGEN. | [222
Tafel VI. Fig. 45-49. Lina populi. Fig. 45. Junges Ei, in dem das Keimbläschen central liegt. SEIBERT V. Oec. o. (bei allen Figuren.) Fig. 46. Ein Stück eines etwas älteren Eies, das Keimbläschen wandert an die Peripherie. Fig. 47. Von dem Keimbläschen lösen sich 2 Ballen ab. Fig. 48. Ablösung eines Ballens. Fig. 49. Ein schon etwas zerfallener Ballen liegt abseits vom Ei. Fig. 50 und 51. Lycus aurora. Fig. 50. Junges Ei des Endfaches, Doppeltärbung. SEIBERT V. Oec. o. Fig. 51. Aelteres dotterreiches Ei, das Keimbläschen liegt peripher und hat wahrscheinlich (?) 2 Ballen gebildet. Färbung und Vergr. wie in Fig. 50. Fig. 52—57. Periplaneta orientalis. Pig. 52 u. 53. Zwei junge Periplaneta-Eier, frisch mit Methylgrünessigsäure be- handelt. SEIBERT V. Oc. o. Fig. 54. Keimbläschen eines älteren Eies. Sublimat. Haematoxylin. SEIBERT V.Oc.o. Fig. 54. Ein dotterreiches Ei, das das Keimbläschen central zeigt. Sublimat. Carmin. SEIBERT III. Oc. o. Fig. 56. Centrales Keimbläschen bei Doppelfärbung. SEIBERT V. Oc. o. Fig. 57. Peripheres eingebuchtetes Keimbläschen mit einem grossen Ballen. Heisser Alhohol. Carmin. SEIBERT V. Oc. o. Fig. 58—61. Gryllotalpa europaea. Fig. 58. Junges Ei mit Endfaden. SEIBERT III. Oec. o. Fig. 59. Keimbläschen desselben Eies. « = Nucleolen. SEIBERT V. Oc. 0. Fig. 60. Das undeutliche Keimbläschen liegt noch central. SEIBERT V. Oe. e. Fig. 61. Keimbläschen peripher, sehr undeutliche Nucleolen und Kernnetz. SEIBERT V. Oc. 0. Fig. 62—65. Locusta viridissima. Fig. 62. Junges Ei. Carminfärbung. SEIBERT III. Oe. o. Fig. 63. Etwas älteres Ei. Carmin. SEIBERT Ill. Oc. o. Fig. 64. Undeutliches Keimbläschen mit Nucleolus und Gerüst liegt peripher. Fig. 65-69. Pieris brassicae. Fig. 65 u. 66. Zwei junge Eier mit Dotterbildung. Sublimat. Haematoxylin. SEr- BERT V. Öc. o. , 67. Ein etwas älteres Ei. Lithioncarmin. SEweErT Ill Oec. o. Fig. 68. Zwei Keimbläschen desselben Stadiums und Kernfaden. Lithioncarmin. SEIBERT V. Öc. 0. Fig. 69. Stück eines älteren dotterreichen Eies mit eingebuchtetem Keimbläs- chen. Lithionearmin. SEIBERT V. Oec. o. Fig. 70—80. Sphinx ligustri. Pig. 70. Jüngeres Ei. Keimbl. peripher. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT 1. Oc. 0. Vergr. 55. . 71. Keimbläschen desselben Eies. SEIBERT V. Oc. 0. Fig. 72. Ein Ei, dessen Keimbläschen schon die „Ballen“ abgiebt. Doppel- färbung. SEIBERT I. Oec. o. Fig. 73. Keimbläschen mit Ballenaustritt. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT V.Oco,
223] TAFELERKLÄRUNGEN, 123
Fig. 74. Ei, an dem noch Ballenaustritt stattfindet. Doppelfärbung. SEIBERTI. Oe. 0.
Fig. 75. Keimbläschen desselben Eies vergrössert. SEIBERT V. Oc. 0.
Fig. 76. Keimbläschen mit Resten von Ballen. Einige glänzende Kugeln haben sich in seinem Innern gebildet. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oe. 0.
Fie. 77. Ein noch etwas weiter vorgeschrittenes Keimbläschen. Doppelfärbung. SEIBERT V. oc. 0.
Fig. 78. Letztes beobachtetes Keimbläschen, körnige Structur desselben. Bei a Reste der Ballen in Auflösung begriffen. SEIBERT V. Oe. o.
Fig. 79. Ziemlich reifes Ei mit Chorion und Dotterhaut, etwas geschrumpft.
m — Mikropyle. x = Plasmadifferenzirung zur Anlockung des Spermato- zoons. bl —= Keimhautblastem. SEIERT I. Oc. o.
Fig. 80. Oberer Pol eines fast reifen Eies mit parthenogenetischen Kernen (?). m — Mikropyle. SEIBERT V. Oc. o.
Tafel VM.
Fig. 81—88. Zygaena filipendulae.
Fig. 81. Junges Ei. Keimbläschen mit Gerüst. Dotterbildung. Sublimat. Doppel- färbung. SEIBERT V. Oc. o.
Fig. 82. Keimbläschen an einer Seite in Ballen zerfallen, die beinahe noch darin zu liegen scheinen. Mayer’s Carmin. SEIBERT V. Oc. o.
Fig. 83. Ballenaustritt. Die Ballen lösen sich weiter unten wieder auf (bei x). Im Schnitt ist ein Riss. MayeErs Carmin. SEIBERT V. Oc. 0.
Fig. 84. Der Ballenaustritt hat aufgehört, man sieht noch die Reste der Ballen, die sich auflösen. MayEr’s Carmin. SEIBERT V. Oc. o.
Fig. 85 - 88. Allmähliches Verschwinden des Keimbläschens. h — helle Plasma- schicht, die wahrscheinlich Kunstproduct ist. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oc. 0.
5 Fig. 89-112. Musca vomitoria.
Fig. 89. Ganz junges Ei. Osmium-Essigsäure nach Herrwic. Boraxcarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 90. Etwas älteres Ei mit Nährzellen. SEIBERT I. o.
Fig. 91. Ei mit Nährzellen. Aus dem Keimbläschen treten hier schon Ballen aus. SEIBERT 1. 0.
Fig. 92u.93. Keimbläschenmit Ballen. Salpetersäure. Haematoxylin. SEIBERT V. o.
Fig. 94. Keimbläschen hat sich wieder abgerundet. Anfang der Blastembildung. dh — Dotterhaut. Boraxcarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 95. Querschnitt durch den oberen Pol eines Eies auf demselben Stadium. Dotterhaut. Ein Nährzellenkern (nz) ist durch Druck ins Ei gedrungen. Eig. 96. Das Keimbläschen ist vom oberen Pol etwas hinabgestiegen. Nähr-
zellen fast verbraucht. SEIBERT ]. o.
Fig. 97. Keimbläschen desselben Eies stärker vergrössert. SEIBERT V. 0.
Fig. 98. Keimbläschen in Auflösung. SEIBERT I]. 0.
Fig. 99. Keimbläschen desselben Eies vergrössert; es hat seine Membran ver- loren und wird von der Peripherie aus körnig. Boraxcarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 100. Ei ohne Keimbläschen, an der Mykropyle ein heller Fleck. Carmin. SEIBERT 1. 0.
Fig. 101—103. Der Fleck an der Mikropyle bei verschiedener Färbung. 101, Pikrocarınin. 102. Haematoxylin und 103. Saffranin. SEIBERT V, 0,
124 ; TAFELERKLÄRUNGEN. [224
Fig. 104 u. 105. Parthenogenetische Kerne (?) am oberen Pol. Boraxcarmin SEIBERT V. 0.
Fig. 106. Frisch gelegtes Ei. k — Eikern. SEIBERT V. o.
Fig. 107. Auftretender Eikern (k). « — Blastemzapfer, der wahrscheinlich den Spermakern enthielt. Boraxcarmin. SEIBERT V. o.
Fig. 108. Oberer Pol eines frischgelesten Eies. k —= Eikern oder Furchungs-
kern. Boraxcarmin. SEIBERT V. o.
Fig. 109. Ei mit den ersten Embryonalkernen. SEIBERT. 1. o.
Fig. 110. Ein Stück vom oberen Pol desselben Eies. Heisser Alkohol. Pikro- carmin. SEIBERT hom. Immers. -. De. 0.
Fig. 111. Ein sich theilender Embryonalkern vom oberen Pol (ef. Fig. 110). Heisser Alkohol. Pikrocarmin. Zeıss hom. Immers -. SEIBERT. Oc. 0. Fig. 112. Ein Stück vom unteren Pol eines etwas älteren Eies. Heisser Alkohol.
Pikrocarmin. SEIBERT hom. Immers — De. 0.
Fig. 113 u. 114. Anabolia. Fig. 113. Junges Ei von Anabolia. g = Reste des Kerngerüstes. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBERT V. 0. Fig. 114. Aelteres dotterreiches Ei, Keimbläschen eingedrückt, durch den Schnitt etwas aus seiner Lage gekommen. Doppelfärbung. SEIBERT III. o.
Tafel VIII. Fig. 115—122. Vespa.
Fig. 115. Stück von einem Endfachlängsschnitt mit 2 jungen Eiern (a. u. b). Sublimat. Haematoxylin. SEIBERT V. o.
Fie. 116. Junges Ei aus dem Ende des Endfadens. Heisser Alkohol. Lithion- carmin. SEIBERT hom. Immrs. - 92
Fig. 117 u. 118. Zwei junge Eier, um die sich schon Follikelepithel gebildet hat. Sublimat. Haematoxylin. SEIBERT V. 0.
Fig. 119. Stück von einem Ei mit Keimbläschen, das von Dotterkernen um- geben ist. Heisser Alkohol. Lithioncarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 120. 121. 122. Obere Pole von drei verschieden alten Eiern. Verschwinden
der Dotterkerne. Auftreten des gewöhnlichen Dotters. Heisser Alkohol.
Lithioncarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 123—128. Bombus terrestris.
123. Stück des Endfadens mit einem jungen Ei (a). Sublimat. Boraxcarmin.
SEIBERT V. 0.
Fig. 124—126. Stücke vom oberen Pol des Eies. Keimbläschen und Dotter- kern (x). Sublimat. Boraxcarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 127. Oberer Eipol mit Keimbläschen und Dotterkernen. Heisser Alkohol. Doppelfärbung. SEIBERT V. 0.
Fig. 128. Dasselbe von einem etwas älteren Ei, an dem schon der Anfang des Chorion vorhanden war. Heisser Alkohol. Doppelfärbung. SEIBERT V. 0.
Fig. 129—131. Trogus lutorius.
Fig. 129. Junges Ei vom Ende des Endfaches. Sublimat. Boraxcarmin. Ser- BERT V. 0.
Fig. 130 u. 131. Die oberen Pole von zwei älteren dotterreichen Eiern mit diffusem Dotterkern. Sublimat. Boraxcarmin, SEIBERT V. 0,
Fie
D'
225] TAFELERKLÄRUNGEN. 125
Fig. 132—137. Banchus fulvipes.
Fig. 132. Junges Ei mit centralem Keimbläschen. Heisser Alkohol. Doppel- färbung. SEIBERT V. 0.
Fig. 133. Grösseres Ei mit peripherem Keimbläschen. Dotterbildung. Doppel- färbung. SEIBERT V. o.
Fig. 134 u. 135. Zwei Keimbläschen mit Ballenaustritt. Eilänge 0,2—0,25 mm. Doppelfärbung. SEIBERT V. o.
Fig. 136 u. 137. Obere Pole von grösseren Eiern mit diffusem Dotterkern. Eilänge ca. 0,4mm. Doppelfärbung. SEIBERT V. o.
Fig. 138. Pimpla.
Fie. 138. Junges Ei von P. varicornis mit centralem Keimbläschen. Doppel- färbung. SEIBERT V. 0.
Fig. 139. Keimbläschen von P. sp. Noch kein Dotterkern. Heisser Alkohol. Pikrocarmin. SEIBERT V. 0.
Fie. 140. Es hat sich ein diffuser Dotterkern gebildet. Pikrocarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 141—151. Anomalon eireumflexum.
Eig. 141. Erstes Auftreten des „diffusen Dotterkerns“. Heisser Alkohol. Pikro-
carmin. SEIBERT VI. o.
Fig. 142—145. Der „diffuse Dotterkern concentrirt sich am unteren Eipol. Keim- bläschen noch central. Heisser Alkohol. Pikrocarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 146. Das Keimbläschen ist an die Peripherie gerückt. Die Dottereonere- tionen am hinteren Pol haben sich wolkenartig aufgelöst. Pikrocarmin. SEIBERT V. 0.
Fig. 147. Ei auf ungefähr dem gleichen Stadium wie Fig. 146. Das Keimbläs- chen ist aber noch nicht an die Peripherie gelangt, wogegen der Dotter- kern schon weiter fortgebildet ist. Pikrocarmin. SEIBERT V. o.
Fig. 148. Der gewöhnliche Dotter aufgetreten. Dotterkern! Combinirte Figur. Pikrocarmin. SEIBERT V. o.
Fig. 149. Keimbläschen mit Ballenaustritt. SEIBERT V. o.
Fie. 150. Keimbläschen und Dotterhaut ist schon gebildet. bl — Keimbläschen.
dk — der Rest des sich lösenden Dotterkerns. SEIBERT V. o. Fig. 151. Ei mit Chorion, ohne Keimbläschen, mit noch einer Spur des Dotter- kernes. Am oberen Pol merkwürdige Chitinbildungen. a — rineförmiger
Wulst. b = Zapfen. Vergr. 120. Fig. 152—161. Lampronota (). Fig. 152. Junges Ei frisch untersucht. SEIBERT VI. o. Fig. 153—155. Aeltere Eier mit Chorion. Auftreten der diffusen Dotterkerne. In Fig. 153 und 154 ist das Chorion fortgelassen. Lebend untersucht. Verer. 450.
Tafel IX.
Lampronota.
Fig. 156 u. 157. Eier von Lampronota mit Dotterkern (x), lebend. SEmErRT V. Oe. 0.
Fig. 158 u. 159. Zwei Schnitte durch jüngere Eier von Lampronota, welche das Keimbläschen central (158) und peripher (159) zeigen. Sublimat. Haema- toxylin. SEIBERT V. Oe. 0.
Fig. 160. Schnitt durch ein Ei, das sein Keimbläschen schon verloren hat. Am unteren Pol der Dotterkern. Sublimat. Haematoxylin. SEIBERT V. Oe. o.
126 TAFELERKLÄRUNGEN. [226
_
Fig. 161. Hinterer Pol von einem solchen Ei, der Dotterkern hat eine grosse Vacuole.
Fig. 162—168. Ophion ventriecosum und luteum.
Fig. 162. Längsschnitt durch ein jüngeres Ei von Oph. ventricosum. Keim- bläschen schon peripher gelaeert. Heisser Alkohol. Doppelfärbunge. Ser- BERT V. Oc. 0.
Fie. 163. Oberer Pol eimes etwas älteren Eies. Das Keimbläschen ist wieder mehr central gerückt. Dotterbildune. Heisser Alkohol. Doppelfärbune. SEIBERT V. Oc. 0.
Fig. 164. Hinterer Pol eines fast reifen Eies mit grossem Dotterkern. SEIBERT Veedeeo:
Fie. 165. Querschnitt durch den hinteren Pol eines völlig reifen Oviducteies. SEIBERT V Oe. o.
Fig. 166. Junges Ei mit centralem Keimbläschen von Oph. luteum. SEIBERT
V.40e.70.
167. Oberer Pol eines älteren Eies. Peripheres Keimbläschen mit Ballen-
austritt. Anfang der Dotterbildung. Eilänge 29 y. SEIBERT V. Oc. 0.
Fig. 168. Oberer Pol eines noch älteren Eies. Keimbläschen wieder etwas central oewandert. Eilänge 471. Keimbl. 20,4 u. SEIBERT V. Oe. o.
Fig. 169- 175. Ephialtes.
Fig. 169. Junges Ei von Eph. liturater. Heisser Alkohol. Doppelfärbung. Ser BERT V. Oc. 0.
Fig. 170. Stück eines älteren Eies mit peripherem Keimbläschen. SEIBERT
Y. .Oe.r0.
171. Keimbläschen mit Ballenaustritt. Bei a war vielleicht (?) ein Zu-
sammenhane zwischen Keimbläschen und Ballen. Heisser Alkohol. Doppel-
färbung. Zeiss hom. Immers. De. 0.
172. Junges Ei von Eph. sp. Sublimat. Boraxcarmin. SEIBERT V. Ode. 0.
eo. 173. Ei mit peripherem Keimbläschen. dk — Dotterkern.
Fie. 174. Keimbläschen ganz amoeboid, es ist wieder etwas central gewandert.
Fie. 175. Optischer Schnitt durch das Hinterende eines ganz reifen Bies. Dotterkern. Eosin. SEIBERT V. Oc. 0.
Fig. 176—181. Ambyteles castigator.
Fie. 176. ‚Junges Ei, am hinteren Pol wahrscheinlich (2) „diffuser Dotterkern* als Vorstadium zur Bildung der eigentlichen Dotterkerne. Heisser Alkohol. Haematoxylin. SEIBERT V. Oc. 0.
Fie. 177. Aelteres Ei mit peripherem Keimbläschen. SEIBERT V. Oc. 0.
178. Keimbläschen mit Ballenaustritt. SEIBERT V. Oec. 0.
Fig. 179. Oberer Pol eines erösseren Eies. Keimbläschen wieder etwas central gerückt. ’
Fig. 180 u. 181. Oberer und unterer Pol eines Eies. Keimbläschen und .)otter- kern zu eleicher Zeit. Heisser Alkohol. Haematoxylin. SEIBERT V. Oe. c.
Fig. 182—185. Aphrophora spumaria.
Fie. 182. Ei mit centralem Keimbläschen. Der Schnitt ist nach oben etwas tangential gefallen. Heisser Alkohol. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oc. 0.
Fie. 183. Ei mit peripherem Keimbläschen. Ballenaustritt. Dotterbildung. SEBERT V. Oc. c.
227] TAFELERKLÄRUNGEN. 127
Fig. 184. Stück eines Eies mit peripherem Keimbläschen, das den Ballenaustritt zeigt. SEIBERT V. Oc. 0.
Fig. 185. Das Keimbläschen hat sich schon wieder etwas abgerundet, aber die
Ballen sind noch zu sehen. Keimhautblastem. SEBERT V. Oec. c. Fig. 186—194. Epeira diademata. 186, 187,189. Drei jüngere Eier, frisch in °/4°o Kochsalzlösung. SEIBERT V.Oc.o. 188 a. u. b. Zwei Nucleolen mit ihren Vacuolen. SEIBERT V. Oc. o. 191. Keimbläschen nach Behandlung mit Methylgrünessigsäure. SEIBERT. 191. Ei nach Behandlung mit Methylerünessigsäure. 192. Junges Ei am Ovarialepithel. Sublimat. Boraxcarmin. SEIRERT V.Oe.o. 193. Ein etwas älteres Ei. Das Chromatin im Keimbläschen hat sich ver- mindert. SEIBERT V. Oc. 0. 194. Noch grösseres Ei, etwas geschrumpft. Stielzellen. SEIBERT V. Oe. o. Fig. 195. Lycoside.
195. Junges Ei einer unbestimmten Lycoside mit Dotterkern. Sublimat. Haematoxylin V. Oe. o.
Fig. 191—201. Phalangium sp. 196. Ganz junges Ei, frisch in Kochsalzlösung. SEIBERT V. Oc. 0. 197. Keimbläschen desselben Eies nach Methylegrünessigsäure-Behandlung SEIBERT V. Oc. 0. 198 u. 199. Zwei etwas reifere Eier. Auftreten des Dotters. Keimbläschen noch central. SEIBERT I. Oec. 0.
, 200 u. 201. Zwei ziemlich reife Eier mit excentrischem Keimbläschen.
Bei Fig. 201 liegt letzteres ganz an der Peripherie. SEIBERT I. Oe. o. Fig. 202-212. Julus sp.
202 u. 203. Zwei junge Eier hyalin mit wenie Dotter, frisch untersucht.
SEIBERT V. Oc. 0.
ig. 204. Keimbläschen eines solchen Eies nach Methylgrünessigsäure-Behandlune.
SEIBERT V. Oc. 0. 205. Ei, dessen Keimbläschen beeinnt undeutlich zu werden. SEIBERT I Oc. o.
. 206-207. Zwei ältere Eier nach etwas leichtem Druck auf das Deck-
glas. Keimbläschen excentrisch, schwer nachweisbar. SEIBERT TI. Oe. 0.
ig. 208. Stück der Ovarialwand mit 2 jungen Eizellen. Sublimat. Doppel-
färbung. Keimbläschen roth. SEIBERT V. oc. 0.
e. 209. Stück der Ovarialwand mit eimem etwas grösseren Ei. Sublimat.
Doppelfärbung. SEIBERT V. Ocul. 0. 210. Ein noch älteres Ei an seinem Stiel. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oe. ce.
ig. 211. Ei, in dem schon viel Dotter vorhanden ist. Sublimat. Pikrocarmin.
SEIBERT III. Oc. 0. Durchmesser 0,22 mm. 212. Stück eines noch älteren Eies mit Keimbläschen. Pikrocarmin. SEr- BERT V. Oc. 0. Durchmesser 0,35 mm.
Tafel X. Fig. 213—223. Glomeris mareinata. 213. Längsschnitt durch ein Stück der Ovarialwand. x — jüngste Eizellen. kbl = Keimbläschen. n — Nucleolus. dk Dotterkern. f Follikel- epithel. p —= Peritonealhülle. t durchgeschnittene Trachee. Sublimat. Doppelfärbung. SEIBErT Ill. Ocul. 0.
128 j TAFELERKLÄRUNGEN. [228
Fig. 214—216. Drei jüngste Eizellen. f — Follikelzelle. k — Keimepithel. m — mus- eularis. p = Peritonealhülle. Doppelfärbung. Zrıss hom, Immers. ——. Ser-
18
BERT Oe. 0.
Fie. 217. Ei mit Dotterkern. Doppelfärbung. SEIBERT V. Oc. o.
Fig. 218. Ein etwas älteres Ei, dessen Dotterkern sich wieder gelöst hat. Doppelfärbung. SEIBERT 11T. Oec. o.
Fig. 219—221. Drei Keimbläschen dieses Stadiums. Protuberanzen des grossen Nucleolus. Ausserdem ein kleiner Nucleolus. Sublimat. Fig 221 Haema- toxylin, sonst Doppelfärbung. SEIBERT V. Oe. o.
Fig. 222. Ei mit ziemlich viel Dotter. Keimbläschen noch central. Der blau- gefärbte Dotter an der Peripherie. Doppelfärbung. SEIBERT III. Oe. o. Fig. 223. Grösseres Ei mit peripherem, eingedrücktem Keimbläschen „Blauer
Dotterkern“. Doppelfärbung. SEIBERT III. Oec. o. Fig. 224—233. Peripatus Edwarsii. (Nach Praeparaten von Herrn Prof. v. KEnnEL, Würzbure.)
Fie. 224-227. Längsschnitt durch die Ovarialwand mit jungen Eiern. cı ee es — Eier. f = Follikelzellen. ep = Keimepithel. m — Musecularis. p -= Peritoneal- epithel. Sublimat. Boraxcarınin. SEIBERT hom. Immers. _. Oe. 0.
Fig. 228—233. Eier aus dem Receptaeulum ovorum. Sublimat. Boraxcarmin
Zrıss hom. Immers. . SEIBERT Oec. 0.
io. 228 u. 229. Eier mit Richtungsspindel (2). Durchmesser 25.84 u. 27,70 ».
Fie. 230 - 232. Befruchtungsvorgang (?). Ekı u. Ele — die beiden Schleifen des Eikerns Spı u. Spa —= die beiden Spermakernschleifen (2).
Fig. 233. Theilung der Mikrosomen (??).
Fig. 234 - 236. Carabus auratus.
Fig. 234. Stück vom oberen Pol eines fast reifen Eies. Längsschnitt mit zwei Plas- mahöfen. SEIBERT V. Oc. 0.
Fie. 235. u. 236. Zwei derartige Höfe vergrössert. Zeiss hom. Immers. — SEI- BERT Oc. 0.
Fig. 237—238. Silpha.
Fie. 237. Ei mit amoeboidem Keimbläschen bei Doppelfärbune. SEIBERT IM. De. 0.
Fio, 238. Keimbläschen desselben Eies vergrössert. Bei a ist em Plasmazapfen des Eies getroffen. SEIBERT V. Oec. 0.
Fig. 239—242. Lycus aurora.
Fig. 239. Junges Ei bei Doppelfärbung mit Pikrocarmin und Dahlia. Dotter-
elemente an der Peripherie. SEweErT III. Öe. o.
240. Keimbläschen desselben Eies vergrössert. Kernfaden. SEIBERT IIT. Oc.o.
Fig. 241. Ei mit ziemlich viel Dotter und peripherem Keimbläschen. Dieselbe Doppelfärbung wie Fig. 239. Semwert III Oc. 0.
Fig. 242. Ein Ei auf demselben ‚Stadium, aber mit Dahlia allein gefärbt.
SEBERT III. Oec. o.
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