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Darauf erhält Herr Prof. Pfaundler das Wort zu seinem angekündigten Vortrag über Rechenmaschinen: Nach einem kurzen Ueberblicke über ältere derartige Apparate beschreibt er einige Bestandtheile der neuern Rechen- maschine von Thomas und erläutert ihre Anwendung bei der Ausführung der 4 Rechenspecies. Hierauf berichtet derselbe über eine Reihe von Wärme- capacitätsbestimmungen des Wassers unter 0, welche Herr Hugo Platter im physikalischen Laboratorium ausgeführt hat. Zu diesem Zwecke wurden Glaskugeln mit dünnen Ansatz- röhren mit Wasser gefüllt zugeschmolzen, in einem Kälte- gemische von Wasser und salpetersaurem Ammoniak auf einige Grade unter 0 abgekühlt und nachdem die Temperatur daselbst konstant geworden, was man an der konstanten Höhe des Wassers in der engen Röhre erkannt, in ein mit Naturw.-med. Verein. 1 If Wasser höherer Temperatur gefülltes Calorimeter getaucht. Die aus den bezüglichen Temperaturbeobachtungen abgelei- teten Resultate würden ein Ansteigen der Capacitaét von 0° bis — 3° C. ergeben. Die erhaltenen Zahlen sind aber nicht sicher genug, um jetzt schon veröffentlicht werden zu können. Mischungsversuche dieser Art scheinen nemlich eine Fehlerquelle in sich zu schliessen, welche auch bei früher mitgetheilten Capacititsbestimmungen des Wassers über 0° die Abweichungen zu gross ergaben, wovon sich der Vor- tragende durch Bestimmungen mittelst des elektrischen Stro- mes überzeugt hat. Schliesslich wird das Resultat der in dieser Sitzung statutenmässig vorgenommenen Wahl der Geschäftsführer für das laufende Jahr mitgetheilt und erscheinen als gewählt: Herr Prof. Heller zum ersten, Herr Prof. Heine zum zweiten Vorsteher, Herr Prof. Dantscher zum Kassier und Herr Dr. Fizia zum Schriftführer. Schluss der Sitzung 8 Uhr. If. Sitzung, den 30. März 1870. Nach Lesung des Protokolls der letzten Sitzung stellte der 1. Vorsteher Herr Prof. Heller bezüglich der Heraus- gabe der Vereins-Zeitschrift den Antrag: Ein Comite aus 4 Mitgliedern zu wählen, welches in der nächsten Sitzung die Vorschläge hiezu zu machen habe und schlägt die Herren Professoren: Barth, Heine, Mauthner und Pfaundler vor, womit sich die Anwesenden für einverstanden erklären. Hierauf wurde über einen Antrag der Herren Profes- soren: Barth, Dantscher, Heine, Hofmann, Maly, Mauthner, Rembold die Latrinenfrage Innsbrucks betreffend debattirt, gegen welchen Herr Prof. Pfaundler sprach, indem er meinte, dass es Sache des Vereines wäre diese Angelegenheit bloss theoretisch zu behandeln und erst dann mit practischen Vor- schlägen vorzutreten, wenn der Verein um Rathschläge an- Il gegangen wird und beruft sich dabei auf die Resolution, die bei der vorjährigen hiesigen Naturforscher-Versammlung be- schlossen wurde. Er selbst, der die Cloakengeschichte Mün- chen’s studirte, stellte darüber in den Sitzungen des hiesigen landwirthschaftl. Vereins verschiedene Anträge, welche aber resultatlos blieben. Gegen den Vorredner sprach zunächst Herr Prof. Heine, welcher die Nützlichkeit des Vereines für diese Stadt her- vorhebt, wenn derselbe sich auch mit praktischen Fragen beschäftigt und sieht die Angelegenheiten, die die Naturfor- scher-Versammlung vertreten hat, als verschieden von denen an, die dieser Verein vertritt, der sich an locale Verhält- nisse hält und glaubt, indem er sich auf die in Heidelberg erzielten Erfolge beruft, dass die Rathschläge dieses Vereins nicht unberücksichtigt bleiben werden. Herr Prof. Barth billigt das vom Vorredner Gesagte und meint, dass es Sache des Vereins sei, in dieser Angele- genheit besonders die sanitäre Seite zu berücksichtigen. Nachdem noch Herr Prof. Rembold die Nützlichkeit des Studiums dieser Frage besprach und sich auf England berief, wo ein eigener Sanitätsrath besteht, der sich unter Anderem auch mit ähnlichen Fragen beschäftigt, wurde zur Abstimmung geschritten und der Antrag mit Majorität an- genommen. Hierauf hielt Herr Prof. Kerner einen Vortrag über die Sexualität der Pflanzen. Er erläuterte den Vorgang bei der Befruchtung der s. g. Zwitterblüthen und wies an einer Reihe von Beispielen nach, dass die noch vor kurzem all- gemein vorausgesetzte Selbstbestäubung bei der weitaus grössten Mehrzahl der Pflanzen durch besondere oft sehr complizirte Vorrichtungen in den Blüten unmöglich gemacht werde. Nebst einigen durch Sprengel und Hildebrand bereits bekannt ge- machten diessfälligen Erscheinungen wurden besonders die von Prof. Kerner im verflossenen Sommer beobachteten Vor- gänge bei der Befruchtung der Phyteuma Halleri, Berberis vulgaris, Impatiens nolitangere und Salvia glutinosa einge- 1* IV hender behandelt. Die Besprechung der Bedeutung des Ge- setzes der vermiedenen und unvortheilhaften stetigen Selbst- befruchtung im Pflanzenreiche wurde einer späteren Versamm- lung des Vereines vorbehalten. Zum Schlusse schlägt der 1. Vorsteher Herr Prof. Heller ein Comite von 6 Mitgliedern, nemlich die Herren Prof. Barth, Heine, Hofmann, Rembold, Dr. Berreiter und Dr. Glatz vor, welche sich mit dem besagten Cumulativ-An- trage, die Latrinenfrage Innsbruck’s betreffend, näher be- schäftigen sollen, und welche auch einstimmig gewählt wurden. | Schluss der Sitzung 8%, Uhr. III. Sitzung, den 2. Mai 1870. Nach Lesung des Protokolls der letzten Sitzung wurden zur Aufnahme in den hiesigen naturwissensch.-medic. Verein vom 1. Vorsteher Herrn Prof. Heller auf ihr Ansuchen die Herren A. Ausserer, J. Hinterwaldner, Dr. v. Trenti- naglia, Dr. Putz, Dr. Heinisch, Wawra und Prof. v. Vintsch- gau vorgeschlagen und einstimmig angenommen. Nachdem noch Herr Prof. Heine dem Vereine ein von Dr. W. ©. Bausch verfasstes Werk: „Uebersicht der Flech- ten des Grossherzogthums Baden“ als Geschenk übermittelte und eine Zuschrift vom ärztlichen Vereine zu Salzburg wegen Anbahnung freundschaftlicher Beziehungen mit unserem Ver- eine vorgelesen wurde, schritt man zur Tagesordnung, auf welcher die Lesung des Vorschlages des Comite’s, welches bezüglich der Herausgabe der Vereins-Zeitschrift verhandelte, stand. Derselbe wurde mit wenigen Aenderungen einstimmig angenommen. Zum Schlusse hielt Herr Prof. Pfaundler einen Vor- trag über eine Modification der Dampfdichtebestimmung. (Der ausführliche Vortrag erscheint weiter unten.) In der Vereins- Sitzung vom 2. Mai wurde bezüglich Vv der Herausgabe der Vereins - Zeitschrift folgender Beschluss gefasst: 1. Die Vereinszeitschrift führt den Namen: „Berichte des Os naturwissenschaftlich - medicinischen Vereines in Inns- bruck “. . Sie erscheint in zwanglosen Heften, von denen minde- stens zwei im Jahre erscheinen miissen. . Den Inhalt der Zeitschrift bilden Gegenstände der Ta- gesordnung in den einzelnen Sitzungen, die abgehal- tenen Vorträge vollständig oder im Auszuge, vorge- legte wissenschaftliche Abhandlungen , Berichte aus den wissenschaftlichen Instituten und Cliniken, me- teorologische Beobachtungen, Correspondenzen und No- tizen. . Die Zeitschrift erscheint in Format, Druck und Aus- stattung wie die Zeitschrift des Ferdinandeums. . Der Druck wird von der Wagner’schen Buchdruckerei um einen festgesetzten Preis besorgt. Im Falle beson- dere Anforderungen an den Druck gestellt werden, wie die Anfertigung von Tabellen, Zeichnungen, mathe- matischer Formeln u. s. w., welche die Kosten der Herstellung bedeutend erhöhen, ist früher eine Ver- einbarung des Verfassers mit der Vereinsleitung zu treffen. . Von jeder Abhandlung erhalten die Verfasser auf ihren Wunsch 25 Separatabdrücke unentgeltlich. Werden mehr Separatabdrücke verlangt, so sind diese vom Verfasser besonders zu zahlen und zwar für 25 Ab- drücke per Bogen 50 kr. ö. W. Dieser Preis gilt jedoch nur für den Fall, wenn für die Separatab- drücke keine eigene Paginirung gefordert wird. Im letzteren Falle würde sich der Preis per Bogen um 1 fi. erhöhen. . Jedes Mitglied erhält die einzelnen Hefte der Zeitschrift unmittelbar nach ihrem Erscheinen zugesandt. 8. Auch Nichtmitglieder können bei der Vereinsleitung oder bei der Wagner’schen Buchhandlung auf die Zeit- schrift abonniren. Schluss der Sitzung 81/2 Uhr. IV. Sitzung, den 18. Mai 1870. Nach Mittheilung des Protokolls der letzten Sitzung wurde Herr Dr. Stolz zur Aufnahme als Mitglied in den Verein vorgeschlagen und alsdann vom 1. Vorsteher eine Zuschrift des Central-Ausschusses der hiesigen landwirth- schaftlichen Gesellschaft behufs der Anfrage eines gemein- samen Vorgehens mit diesem Vereine in Sachen der Latrinen- frage verlesen und dieselbe dem Comite in diesen Sachen übergeben. Hierauf hielt Herr Prof. Mauthner einen Vortrag über das Glaucom. Zum Schlusse zeigte Herr Prof. Tschurtschenthaler Präparate von s. g. solidificirten Leberthran, eine Mischung von 6 Th. Leberthran und 1 Th. Wallrath, wodurch der unangenehme Geschmack des Leberthrans paralysirt wer- den soll. Schluss der Sitzung 8%, Uhr. Y. Sitzung, den 1. Juni 1870. In Abwesenheit des 1. Vorstehers übernahm Herr Prof. Heine den Vorsitz. Es wurde zur Tagesordnung geschritten und die Auf- nahme des in der letzten Sitzung in diesem Vereine vorge- schlagenen Dr. Stolz einstimmig angenommen. Hierauf wurde die Abstimmung über die Aufnahme des Herrn Dr. Winter als ordentliches Mitglied in diesen Verein auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt. Der Antrag des Herrn Prof. Heine, einen Vereins- Vil diener zu gewinnen, wurde einstimmig angenommen und hie- zu der Diener der hiesigen med. Klinik vorgeschlagen und ihm eine Remuneration von jährlichen 30 fl. votirt. Zum Schlusse hielt Herr Prof. Maly einen Vortrag über die Gallenfarbstoffe. Schluss der Sitzung 8%/, Uhr. VI. Sitzung, den 15. Juni 1870. Nach Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung wurde zur Tagesordnung übergegangen. Herr Dr. Winter, k. k. Kreisarzt m Brixen, wurde einstimmig zum Mitgliede des Vereins gewählt. Herr J. Elsler, Gemeindearzt in Silz, hat mittelst Zuschrift um die Aufnahme angesucht, die von dem Vor- sitzenden empfohlen wurde. Herr Dr. Fizia stellte alsdann 2Kranke von der hie- sigen Augenklinik vor. Bei dem einen war am untern Lide ein Epithelialkrebs mittelst Messers entfernt und der Sub- stanzverlust durch Transplantation aus den benachbarten Theilen ersetzt worden. Die Wunde war im Laufe von 3 Tagen so vollständig geheilt, dass man das operirte Lid von -dem gesunden schwer unterscheiden konnte. Der zweite Fall betraf ein Melanoma corneae bei einer 50jahrigen Frau. Das- selbe stellte sich als eine rundliche Geschwulst auf der linken Hornhaut von der Grösse einer Flintenkugel dar. In der obern Hälfte war sie fest mit der Hornhaut verbunden, nach unten ragte sie frei über die Bindehaut herab und liess sich mit einer Sonde leicht in die Höhe heben. Der obere Theil der Geschwulst zeigte eine ungleichmässig graulich bräunliche, an 2 Stellen schwärzliche Färbung, während der untere Theil fast ganz schwarz war und auf der Oberfläche, besonders bei Zuhilfenahme einer Linsenvergrösserung kleine Gefässchen sichtbar werden liess; bei seitlicher Beleuchtung bekam die ganze Geschwulst einen röthlichen Schimmer. Dr. Fizia VIII machte auf die Seltenheit dieses Falles aufmerksam, da in der ganzen Literatur bisher nur 2 Fälle bekannt sind. — Zum Schlusse hielt Herr Prof. v. Vintschgau einen Vortrag über die Magenverdauung und die dabei vor sich gehenden Temperaturveränderungen beim Hunde. Der angekündigte Vortrag des Herrn Dr. Oellacher musste wegen vorgerückter Zeit auf die nächste Sitzung ver- schoben werden. Schluss der Sitzung 8%, Uhr Abends. VII. Sitzung, den 6. Juli 1870. Nach Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung wird über die Aufnahme des in der frühern Sitzung angemeldeten Herrn Gemeindearztes J. Elsler in Silz abgestimmt, und derselbe einstimmig als Mitglied gewählt. Hierauf wird vom Vereinsmitgliede Herrn Professor v. Vintschgau mitgetheilt, dass Herr Dr. Hausmann praktischer Arzt in Meran dem Vereine beizutreten wünscht und die Aufnahme befürwortet. Herr Dr. Oellacher erhält nun das Wort zu seinem angekündigten Vortrage über die erste Entwicklung des Herzens und derPericardialhöhle beiBatrachiern. — Nach seinen Untersuchungen entsteht das Herz bei Bufo einereus in jenem Stadium der Entwicklung des Embryo, in welchem der Schwanz so eben hervorzuwachsen beginnt. Das Herz stellt um diese Zeit eine hohle von einer Zellmasse er- füllte Ausstülpung der Darmfaserplatte dar, welche am un- tern Umfange des Vorderdarms über den bekannten Haut- lappen am Kopfbruststück liegt. Später schnürt sich das- selbe vom Darme in der Weise ab, dass es wie durch eine Art Mesocardium mit der Darmfaserwand verbunden erscheint. Die Entwicklung des Herzens bei den Batrachiern ist also der beim Hühnchen völlig analog. Diess geht noch mehr aus einem spätern Stadium hervor, wo das Herz eine zellige IX Auskleidung zeigt, die sich offenbar aus dem Zellhaufen, der das Herz erfüllte, gebildet hat; der Rest derselben wird von Oellacher als Blut angesprochen. — Die Ausstülpung der Darmfaserwand, die das Herz darstellt, hängt in eine Höhle hinein, die nach aussen von der Hautmuskelplatte, nach in- nen von der Darmfaserplatte begränzt ist. Die Höhle ist als Pericardialhöhle aufzufassen und sie verdankt ihren Ur- sprung der Spaltung des mittleren Keimblattes. — Demselben Processe verdanken auch ihr Entstehen die Pleurahöhlen und ist demnach die Entstehung der Pericardialhöhle jener der Pleurahöhle, oder wenn man will, jener der Pleuroperitoneal- höhle analog. Auch die Pericardialhöhle erscheint von Zellen theilweise erfüllt, deren Bedeutung nicht näher ermittelt werden konnte. Die aufgestellten Sätze bewies der Vortragende dürch De- monstration an entsprechenden microscopischen Durchschnitten. Herr Prof. L. v. Barth hielt hierauf einen Vortrag über neue Umwandlungen des Phenols. Durch schmelzendes Kali wird reines Phenol zum Theil angegriffen und es ent- stehen daraus zwei isomere Säuren, Salicylsäure und Oxy- benzöesäure, daneben ein schwerflüchtiger Körper von der Formel des Diphenols, von welchem sich verschiedene Deri- vate ableiten lassen. Die Untersuchung wird noch fortgesetzt. Am Schlusse referirte Herr Professor v. Barth als Obmann des von dem Vereine gewählten Comite’s in der Cloakenfrage über die in dieser Beziehung gepflogenen Bera- thungen, legte einen umfangreichen, von Herrn Prof. Hofmann ausgearbeiteten Bericht über die Regelung der Cloakenfrage in Innsbruck vor, und empfahl dem Vereine die aus der Berathung des Comité’s hervorgegangenen näheren Vorschläge zur Annahme. Der Verein fasste den Beschluss, den Bericht des Herrn Prof. Hofmann in Druck zu legen und die Debatte auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Schluss der Sitzung 9 Uhr. VIII. Sitzung, den 20. Juli 1870. Nach Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung wurde der zur Aufnahme bereits vorgeschlagene Herr Dr. Hausmann mit Stimmeneinhelligkeit als Mitglied des Vereines aufge- nommen. Herr Dr. Victor v. Ebner suchte um die Aufnahme als Mitglied in den Verein an, die Abstimmung darüber wurde auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt. Da Herr Prof. Heine plötzlich abreisen musste, so wurde der angekündigte Vortrag desselben auf die nächste Tagesordnung verschoben und zur Debatte über die Regelung der Cloakenfrage in Innsbruck übergegangen. Nachdem Herr Prof. v. Barth die Vorschläge des Comite’s in dieser An- gelegenheit vorgelesen hatte und sich Niemand zur General- debatte meldete, wurde zur Spezialdebatte geschritten, wobei die einzelnen Punkte mit einigen wenigen Abänderungen an- genommen wurden. Hierauf wurde beschlossen, die ange- nommenen Vorschläge nebst dem Comitebericht der hiesigen Stadtvertretung vorzulegen, dessgleichen dieselben dem Cen- tral-Ausschuss der k. k. landwirthschaftlichen Gesellschaft mitzutheilen. Dieselben lauten: 1. Das bestehende Abtrittgruben-System ist, wenigstens mit der Zeit vollständig aufzugeben und dafür ein solches einzuführen, welches vor Allem den sauitären Anforderungen entspricht, gleichzeitig jedoch auch den landwirthschaftlichen Interessen Rechnung trägt. — Das Tonnen-System und das System Liernur sind gegenwärtig diejenigen, welche den ge- nannten Anforderungen in Innsbruck noch am besten ent- sprechen. Da über das System Liernur noch keine voll- kommen ausreichenden Erfahrungen vorliegen, das Tonnen- System aber sich bereits an vielen Orten bewährt hat, so wäre vor der Hand mit der Einführung dieses Systems in- soferne zu beginnen, dass dasselbe in neu zu bauenden Häu- sern in Anwendung zu bringen wäre. Das eben aufgeführte XI Spitalgebäude bietet dazu die beste Gelegenheit, das Tonnen- System und dessen Vortheile praktisch zu prüfen. 2. Es ist Vorsorge zu treffen, dass die vielen sanitäts- widrigen Seiten des gegenwärtig bestehenden Gruben-Systems thunlichst behoben werden. Zu diesem Behufe sind Vorkehrungen anzuordnen: a) Dass für möglichste Undurchlässigkeit der beste- henden und etwa noch zu errichtenden Gruben ge- sorgt werde; b) Dass jede Grube durch eine längs der Küchenka- mine zu leitendes entsprechendes Rohr, welches über das Dach hinauszuführen ist, ventilirt werde; c) Dass in angemessenen Zeitabschnitten eine Desin- fection der-iGruben vorgenommen werde. 3. Der bis :ietzt üblichen, in hohem Grade belästigen- den, ekelhaften und höchst sanitätswidrigen Methode der Ausleerung der Gruben ist baldigst und ein für allemal ein Ende zu machen. Diess ist vorläufig der wichtigste und dringendste Punkt der Innsbrucker Cloakenfrage. In dieser Beziehung wird vor- geschlagen: a) Die Ausleerung der Gruben durch anerkannt zweck- mässige Apparate besorgen zu lassen. Pneumatische Apparate sind am besten zu empfehlen. b) Die Räumung der Gruben nicht mehr den einzelnen Abnehmern zu überlassen, sondern dieselbe, wie überhaupt die Ueberwachung des Cloakenwesens in eine Hand zu legen, sei es nun die Gemeinde selbst oder eine zu diesem Zwecke sich etwa bildende Ge- sellschaft, welche dann durch Organe der Sanitäts- polizei zu controliren wäre. Auf diese Weise könnte die Angelegenheit sowohl für die Bewohner der Stadt in gesundheitlicher als auch für den Landmann in pekuniärer Beziehung am vortheilhaftesten durchgeführt werden. Hierauf stellte Herr Statthaltereirath Ritter von Barth Comitébericht über die Cloakenfrage in Innsbruck, ausgearbeitet von Prof. Dr. Eduard Hofmann. Die Regelung des Cloakenwesens ist gegenwärtig eine brennende Frage. Sie wurde es, nachdem man durch eine Reihe von erschreckenden Erfahrungen die Ueberzeugung ge- wann, dass die Ö oakenstoffe, die wir innerhalb des Bereiches unserer Wohnungen der fauligen Gährung überlassen, nicht bloss unsere Nase durch Gestank belästigen, sondern auch, indem sie die Luft vergiften, die wir athmen, das Wasser, das wir trinken und den Boden, auf dem wir wohnen, un- sere Gesundheit und unser Leben bedrohen. Es ist hier nicht der Ort, die ungemein zahlreichen Erfahrungen speziell anzuführen, welche den eben ausgesprochenen Satz zur un- wiederleglichen Thatsache machten, und wir verweisen in die- ser Beziehung auf die sehr reiche Literatur des Gegenstandes. So viel sei nur bemerkt, dass, wenn bei einer Epidemie, wie dieses bei der Cholera geschah, zweifellos sicher gestellt wird, dass von den Einwohnern einer Stadt vorzugsweise nur jene Personen erkrankten, welche einen gewissen Brunnen benützt hatten, dessen Wasser durch eine nahe Senkgrube verunreinigt war, wenn erwiesen ist, dass die Erkrankungen sogleich aufhörten, sobald dieser Brunnen geschlossen wurde; wenn weiter konstatirt ist, dass die Seuche vorzugsweise und sogar ausschliesslich nur in solchen Häusern grassirte, deren | #% DET) ae Cloaken sich in verwahrlosten Zustande befanden und im weiten Umfange den Boden und die Grundmauern des Hauses mit Jauche durchtränkt hatten, wenn ferner, wie bei der letzten Choleraepidemie in Prag, sich ergibt, dass die Haupt- masse der Erkrankungen bestimmten Cloakenziigen folgte, und dass in solchen Häuserkomplexen, die hoch gelegen und wo der Kanalinhalt sich staute, die meisten Cholerafälle vor- kamen; (Die Prager Choleraepidemie des Jahres 1866 von Dr. A. Pribram und Dr. J. Robitschek. Prager Viertel- jahrschrift XXV. Jahrgang 1868) — die Logik wohl sehr einfach ist. Was von der Cholera erwiesen, das gilt eben- falls vom Typhus. So sagt eine ausgezeichnete Autorität Liebermeister: „Alles drängt dazu anzunehmen, dass in Ab- tritten, Düngerhaufen u. dgl., dann aber auch in dem von organischen und der Zersetzung fähigen Substanzen durch- tränkten Untergrunde bewohnter Plätze die Entwicklung des Typhusgiftes stattfinde“; und es ist ihm gelungen den Aus- bruch des Typhus in der Kaserne zu Zürich (1865); die Epidemie zu Soloturn (1865); sowie jene in Basel (Schoren- fabrik 1867) unwiderleglich auf diese ätiologischen Momente zurückzuführen (Deutsches Archiv für klin. Medizin 7. Bd. 2. Heft). Auch in Bezug auf Scharlach, Masern, Cronp, Diphtherie existiren ähnliche Beobachtungen, ebenso in Be- treff der Tuberculose. Ferner ist es nicht unwahrscheinlich, dass gewisse Epi- zootien (z. B. Milzbrand) in Vergiftung des Organismus un- serer Hausthiere dureh Aufnahme faulender Stoffe ihren näch- sten Grund haben '). 1) So sagt Delafond bei der Besprechung der Milzbrandbakterien, welche für die Ursache des Milzbrandes gehalten werden: „Wahrschein- lich sind die Bakterien in faulenden vegetabilischen und thierischen Stoffen enthalten, welche mit dem Getränke in den Körper gelangen. (Klob, Studien über das Wesen des Choleraprozesses p. 56). Beobachtungen welche den krankmachenden Einfluss faulenden Stoffe auf die Hausthiere beweisen, finden sich bei Eulenberg (die Lehre von den giftigen Gasen p. 316). DEREN RAN wa Von ungemeiner Wichtigkeit ist in den genannten Be- ziehungen der Nachweis, dass in solchen Städten, die ein geregeltes Cloakenwesen besitzen, seit der Einführung des- selben die Mortalität sich ganz auffallend vermindert hat. So ersehen wir z. B. aus Dr. Buchanan’s Berichten (Ninth Report of the Medical Officier of the Privy Conneil 1867), dass in 24 englischen Städten von 160,000 bis 4000 Ein- wohnern die Sterblichkeit an typhösen Fiebern, welche früher 13.4 auf 10,000 Seelen betragen hatte, nach Regelung des Cloakenwesens, Einführung zwekmässiger Wasserwerke etc. auf 7.4 sank. Aehnliche erfreuliche Erfahrungen stehen uns für Graz zu Gebote. Die durch unreine Luft und unreines Wasser in erster Linie entstehenden Krankheiten, wie Wechselfieber, Ruhr, Typhus sind dort seit Einführung des Tonnensystems (1830) selten. Bei einer Bevölkerung von 80,000 Einwoh- nern, kommen im Jahre 4—5 Fälle von Unterleibstyphus im allgemeinen Krankenhause zur Aufname, so dass Prof. Körner versichert, er sei wegen Seltenheit der Typhusfälle in Graz in Verlegenheit, seinen Zuhörern diese Krankheits- form genügend zu demonstriren (Die Reinigung und Ent- wässerung der Stadt Heidelberg. Denkschrift 1870 p. 69). Die natürliche Folge der grossen Summen solcher und ähnlicher Erfahrungen, deren Beweiskraft jede Skeptik weichen musste, war die Cloakenfrage, die wir als eine brennende Tagesfrage bezeichnet haben; und es kann nicht verwundern, wenn es gegenwärtig kaum eine grössere Stadt in Deutsch- land giebt, wo die übelriechende Cloakenfrage nicht ventilirt werden möchte. Auch an Innsbruck tritt diese Nothwendigkeit heran, umsomehr, als die gegenwärtige Einrichtung des Cloaken- wesens in dieser Stadt nicht einmal den einfachsten Anfor- derungen der Hygieine entspricht, vielmehr mit Uebelständen verbunden ist, deren endliche Abschaffung im Interesse des allgemeinen Wohles, besonders aber der öffentlichen Gesund- heit dringend geboten erscheint. ea yl Rae Das System, welches hier besteht, ist das der Abtritt- gruben. Die Excremente werden in viereckig ausgemauerten und cementirten Gruben gesammelt, in welche sämmtliche Fallröhren des betreffenden Hauses einmünden. Zweimal des Jahres, im Frühjahr und im Herbst; werden diese Gruben ausgeleert; der Inhalt wird ausgeschöpft in Kastenwägen ge- gossen und auf die Felder verführt. Es sei uns gestattet auf die Details dieses Systems einzugehen und dessen sanitäre Nachtheile hervorzuheben. Wir haben schon oben erwähnt, dass die Cloakenstoffe vorzugsweise dadurch unsere Gesundheit bedrohen, dass sie die Luft, den Boden und das Grundwasser verderben. Die _ Bedingungen hiezu sind bei keinem System in so begünsti- gender Weise gegeben als bei dem der Abtrittsgruben. Diese Thatsache ist so zweifellos, dass heutzutage kein einziger Schriftsteller über Städtereinigung dieses System mehr ver- theidigt, vielmehr alle übereinstimmend für Auflassung dieser sanitätswidrigen Einrichtung plädieren. Aus demselben Grunde hat sich die hygicinische Sektion der Naturforscherversamm- lung in Dresden entschieden für das Verbot der Abtritts- gruben, selbst der bestcementirten, ausgesprochen. Was zunächst die Verderbniss der Luft anbelangt, so macht sie sich vorzugsweise durch den Gestank kenntlich, der aus den Abtrittgruben aufsteigt und in unsere Woh- nungen dringt. In welcher Weise sich dieser Gestank in den Häusern Innsbruck’s bemerkbar macht, ist bekannt; der- selbe ist in der Regel, namentlich aber bei feuchtem Wetter, das erste, was sich beim Betreten der Häuser uns in unan- genehmster Weise präsentirt. Dass dem so ist, kann nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass in den Gruben die Excremente ein halbes Jahr lang gesammelt und der fauligen Zersetzung überlassen werden, ohne dass auch im Geringsten für Ableitung der sich beständig bildenden übelriechenden Zer- setzungsgase Vorsorge getroffen worden ware. Ventilations- rohre und ähnliche Vorrichtungen, wie sie anderswo im Ge- brauche sind, sucht man nemlich in Innsbruck vergebens und BE da die Einsteigöffnung der Grube mehr weniger dicht ver- schlossen ist; so bleibt den Abtrittsgasen nur ein Ausweg — das Fallrohr offen, durch welches sie natürlichen Gesetzen folgend, einfach aufsteigen und die Luft innerhalb unserer Wohnungen verpesten. Die Belästigung unserer Geruchsor- gane ist aber nicht der‘ wichtigste Nachtheil, der von den aus den Abtritten aufgestiegenen Fäulnissgasen ausgeht, bei weitem wichtiger ist die Gefahr, welche aus dem Einathmen einer derartig verdorbenen Luft für unsere Gesundheit resul- tirt. Schon Griessinger behauptet (Virchov, Handbuch der spez. Path. und Ther. Bd. II, Abth. II, p. 121) es sei sehr wahrscheinlich, dass schon längere Inhalition von Fäkalaus- dünstungen überhaupt zur Ursache eines Ileotyphus werden kann. Gegenwärtig ist dieses nicht mehr zu bezweifeln. Ausserdem sind auch andere Krankheiten nach dem Aus- spruche Carpenters (Med. Times 12. Juni 1869) mehr we- niger bestimmt von derselben Ursache abzuleiten z. B. Un- verdaulichkeiten, Herzklopfen, Asthma, nervöse Symptome, besonders bei Frauen und Kindern; ebenso anhaltende und periodische Kopfschmerzen. Besonders wichtig ist aber hier der Umstand, dass ge- sundheitsschädliche Ausdünstungen aus den Cloaken ganz wohl in unsere Wohnungen eingedrungen sein konnten und auch häufig eindringen, ohne sich durch Gestank auffallend zu machen. Wir eitiren hier eine treffende Bemerkung Car- penter’s von Croydon (l. e.): „Ein guter, ehrlicher, unver- schämter Gestank, ein solcher, der euere Nase ohne Kom- plimente atakiert, ist wie ein offener Feind. Er warnet euch, und ihr öffnet euere Fenster und lasst ihn heraus, wie eine Horniss. Aber das tückische, kaum wahrnehmbare Miasma ist das Gefährliche; und es ist da zu bemerken, dass viele Miasmen an und für sich gar nicht stinken, sondern erst wenn sie ozonisirt und zersetzt werden, zu dem Veranlassung geben, was unsere Nase beleidigt“. Ihren Höhepunkt erreicht die Verpestung der Luft durch | Cloakengase zur Zeit der halbjährigen Ansleerung der Ab- Naturw.-med. Verein. 2 Ba ie trittsgruben. Diese wird auf ungemein primitive Weise vor- genommen. Zu dieser Zeit kommt durch volle 6 Wochen allabendlich von allen Richtungen her eine Reihe von sarg- formig gestalteten Kastenwagen gegen die Stadt angefahren und nimmt bald nach einbrechender Dunkelheit, ja nicht selten noch am Tage unmittelbar vor den letzten Häusern Innsbruck’s Posto. Dieses geschieht, weil eine gesetzliche Verordnung den betreffenden Fuhrwerken verbietet, vor 11 Uhr die Stadt zu betreten und die Räumung der Gruben vorzu- nehmen. Wie wenig eine solche Beschränkung ausgibt, hat Jeder Gelegenheit zu beobachten, der von einem Spazier- gange etc. in die Stadt heimkehrend gezwungen ist ein sol- ches Quee von duftenden Kothwägen zu passieren. Um 11 Uhr beginnt das übelriechende Werk und von diesem Momente an. sind ganze Strecken Innsbrucks in ‚ein Meer von Gestank gehüllt, einem Gestank, der Jedem, der einmal das Unglück hatte in sein Bereich zu kommen ewig unver- gesslich bleiben wird. Unaufhaltsam dringt derselbe in die Wohnungen, weckt die Schlafenden aus ihrer Ruhe, verur- sacht Kopfschmerzen, Ekel, Ueblichkeiten, Erbrechen ete. und sie können froh sein, wenn keine bedenklicheren Folgen ein- treten *). 1) Dass solche sich in der That einstellen können, geht aus fol- genden Beobachtungen hervor (Eulenberg, 1. ce. b. 300 und 340). „Nach Guérard starb ein kräjtiges neugeborues Kind in Folge der Abtrittsrei- nigung. Die Personen, welche auf derselben Stube wohnten, litten wäh- rend der Nacht, in welcher die Reinigung stattfand, sehr vom Gestank. Das Kind hatte die ganze Nacht hindurch geschrien und konnte durch nichts beruhigt werden. Gegen Morgen wurde seine Stimme schwächer und bald nachher starb es. Morgens 8 Uhr sah es im ganzen Gesicht blau aus. Bei der Section strotzte das Gehiın, die Lunge und das Herz von schwarzem Blute. Guérard und seine Familie hatten ebenfalls in Folge solcher Einwirkungen an Brustbeklemmung gelitten“. — „Als der Inhalt einer grossen Abtrittsgrube entleert und über eine Gartenfläche geschüttet worden war, welche in der Nähe des Spielplatzes einer Pen- sionsschule lag, wurden nach der Mittheilung von Christison 22 Pensionäre binnen 3—4 Stunden von heftigen Symptomen einer Magen- und Darm- reizung, Zuckungen und äusserster Muskelschwäche befallen“. anc In der That wird aber bei dem gegenwärtig üblichen Modus der Räumung der Abtrittsgruben das Möglichste ge- leistet, um die flüchtigen Stoffe, welche sich aus dem fau- lenden Grubeninhalte entwickeln, recht flott und bemerkbar zu machen. Da nemlich die Jauche mit auf Stangen befe- stigten Schöpfgefässen in grössere Eimer geschöpft, in diesen zu den vor dem Hause stehenden Kastenwägen getragen und in letztere ausgegossen wird, welche Prozedur sich unzäh- ligemale wiederholt, so wird die übelriechende Masse in einer solchen Weise zerwühlt und aufgerührt und mit einer so grossen Fläche mit der Luft in Contakt gebracht, dass den Milliarden in der Masse eingeschlossenen Bläschen von Zer- setzungsgasen und anderen flüchtigen Produkten die günstigste Gelegenheit geboten wird, die Luft im weiten Unkreise zu verderben und ihre belästigenden und schädlichen Wirkungen zu äussern. — Bedenkt man dazu, dass die Ausleerung der Grube eines grösseren Hauses meist 2—3 Nächte erfordert; dass die Belästigung nicht bloss die Bewohner des Hauses, in welchem gerade die Ausleerung vorgenommen wird, son- dern meist sämmtliche Parteien einer Strasse trifft, und dass sich diese ekelhafte Prozedur innerhalb der sechswöchentlichen Frist so oft wiederholt als die Strasse Häuser zählt, so kann man sich einen Begriff von der Belästigung machen, welche aus dieser primitiven Räumungsmethode für die Ein- wohner Innsbruck’s erwächst, und wie gross die Macht der Gewohnheit sein mnsss, wenn dieselbe durch so viele Jahre geduldig ertragen werden konnte. Ein weiterer, noch gefährlicherer, weil weniger auffallen- der Uebelstand des gegenwärtigen Systems ist die unaus- weichliche Durchjauchung des Erdbodens, namentlich des Untergrundes der Häuser. Wenn man diesen anerkannt ge- sundheitsschädlichen Uebelstand nur den vormals gebräuch- lichen berüchtigten Senk- und Schwindgruben zuschreibt und durch Ausmauerung und Cementirung der Abtrittsgruben demselben vorgebeugt zu haben glaubt, so ist man in einem gefährlichen Irrthum befangen. Dass Mauerwerk, mag es 9% als GN eli aus was immer fiir Material bestehen, der unausgesetzt auf dasselbe wirkenden Cloakenjauche nicht lange wird wider- stehen können, lässt sich a priori erwarten. Die Jauche zerfrisst den Kalk, dringt langsam aber sicher zwischen die Fugen des Mauerwerkes ein, imprägnirt die Mauersteine, die mit der Zeit zerbröckeln, bahnt sich schliesslich einen un- gehinderten Weg in das umgebende Erdreich und durchdringt dasselbe, indem sie sich meist mit dem Grundwasser ver- mischt, auf weite Strecken. Dass die Cementirung der Grube das Eindringen der Jauche in den umgebenden Grund auf die Dauer wird verhüten können, ist nicht anzunehmen. Hirsch fand schon ein halbes Jahr nach der Anlegung einer gemauerten, cementirten Grube das Wasser eines 30’ entfernten Brunnens in enormer Weise mit Faulstoffen ver- nnreinigt. Dr. Lommer, der diese Beobachtung anführt (Abführung der Abfälle. Horn’s Vierteljahrsschr. für ger. und öffent. Med. St. f. 7. Bd. p. 8) sagt über diesen Ge- genstand: „Es ist zweifelhaft, ob eine Cementirung auf die Dauer den Behälter wasserdicht lässt, indem sie wahrschein- lich der Einwirkung des Urins etc. nicht widersteht. Kali und Natron und das besonders aus faulendem Harn entste- hende Ammoniak gehen nemlich mit der Kieselsäure des Cementes lösliche Verbindungen ein und machen diesen porös. Auch der beste Cement wird ferner allmälich durch die Sal- petersäure, welche sich aus dem Ammoniak bildet, zerstört“. Hennicke (Erbkam’s Zeitschrift für Bauwesen, VII. Jahrgang, p. 138) hat freilich angegeben, dass echter Port- landeement nach 3 Wochen vom Urin noch nicht angegriffen war. Dem gegenüber bemerkt L. Pappenheim (Sanitäts- polizei, 2. Aufl., 1. Bd., p, 76) ganz richtig, dass es sich in den Cloaken um Mischungen von überaus starker che- mischer Angriffskraft und um eine Berührungsdauer von manchmal mehreren Menschenaltern handle. Virchov (Gutachten über die Kanalisation an Berlin 1868) fand bei der Begehung der eben in Bau begriffenen Kanäle Frankfurts a. M., dass der Cement nicht einmal das SUR Yale Eindringen des Grundwassers aufzuhalten im Stande war“ „Das Grundwasser drang so mächtig durch das Men dass sich auf der Kanalsohle ein kleiner Bach gebildet hatte. Allerdings drang ein Theil des Wassers, wie es schien durch die Steine selbst, indess war dieses offenbar der geringste. Die Hauptmasse kam durch die Fugen, obgleich dieselben t „gutem“ Cement verkittet waren“. Die sogenannten wasserdichten Gruben sind daher in der Regel nichts weniger als solche, sie unterscheiden sich nicht viel von den gewöhnlichen Schlinggruben. Sie ver- jauchen den Grund langsamer — aber zugleich heim- tückischer, da man sich eben sorglos auf ihre Undurchlässig- keit verlässt. Die ausgetretene Jauche verbreitet sich selbst im ganz trockenen Erdreich auf weite Strecken; noch mehr wird aber dessen Verbreitung durch das Grundwasser vermittelt, welches die faulenden Stoffe und die ihnen anhaftenden deletären Keime mit sich fortreisst, so dass die schädlichen Wirkungen oft erst in weiter Entfernung von der betreffenden Abtritts- grube zum Vorschein kommen. — Die Bedeutung solcher Durchjauchungen des Bodens für die Entstehung und Verbrei- tung epidemischer Krankheiten hat wie bekannt Pettenkofer besonders hervorgehoben und darauf seine „Grundwasser- theorie“ basirt. Es drängt jedoch alles zu der Annahme, dass auch eine Menge sporadischer Erkrankungen in derar- tiger Bodenverjauchung ihren nächsten Grund haben. Die letztere hat übrigens noch eine andere gefährliche Seite, ausser der Verunreinigung des Trinkwassers, die, wie wir sogleich hervorheben werden, lokaler Verhältnisse wegen in Innsbruck fast ganz entfällt. Die mit dem Grundwasser ver- mischte Jauche dringt nemlich in die Fundamente der Häuser, welche sie beschädigt, indem sie durch kapillare Thätigkeit das Mauerwerk und die Grundbalken imprägnirt. Dadurch wird nicht bloss die Sicherheit des Gebäudes, sondern auch. die Salubrität desselben in hohem Grade gefährdet, indem das Mauerwerk solcher Häuser feucht und von fauligen eG | (ees Stoffen und massenhaften mikroskopischen Organismen durch- setzt wird. Unter die gefährlichsten Folgen der Bodendurchjauchung gehört schliesslich die Verunreinigung des Trinkwassers durch Faulstoffe. Zahlreiche Beobachtungen haben zweifellos er- geben, dass bei epidemischen Erkrankungen die Infeetion vorzugsweise von derartig vergifteten Trinkwasser ausgeht '). Wir verweisen in dieser Beziehung auf die neueste Arbeit Liebermeister’s (Archiv für klin. Med. 7. Bd., II. Heft) so- wie auf den Bericht über die Nervenfieber-Epidemie in Born- heim von Dr. Ripps (zur Frage über die Beseitigung der Exkremente aus Schulgebäuden von Dr. G. Passavant, Frank- furt a. M. 1870 p. 34). Begreiflicher Weise sind es fast ausschliesslich gegrabene Brunnen (Zieh- und Pumpbrunnen) deren Wasser durch Ein- siekerung von Jauche aus nahen Abtrittsgruben, Düngerhaufen ete. vergiftet werden kann. Innsbruck besitzt aber solche Brunnen nicht?), sondern hat das beneidenswerthe Glück, stets ein ausgezeichnetes Quellwasser als Trink- und Koch- wasser benützen zu können, welches von den Bergen herab der Stadt zugeleitet wird, und aus den überall aufgestellten Säulenbrunnen beständig abfliesst. Da die Leitung des Was- sers innerhalb der Stadt grösstentheils durch eiserne Röhren geschieht, die wenige Schuhe unter der Erde verlaufen, so ist ein Gelangen von aus Abtrittsgruben stammenden fauligen Stoffen in das Trinkwasser innerhalb der Stadt nicht leicht möglich, doch ist dasselbe bei Schadhaftwerden der 1) Wir wissen. dass .„vergiftete“ Brunnen schon bei unseren Vor- fahrea als Ursache der Epidemien eine grosse Rolle spielten, und dass man Juden und andere missliebige Personen beschuldigte, die Brunnen vergiftet zn haben. Die letzteren waren ohne Zweifel wirklich vergiftet, nur nicht durch die Juden, sondern durch die Cloaken, in deren Nähe man sorgloser Weise die Brunnen angelegt hatte. 2) Mit einziger Ausnahme der Bahnwächterhäuschen, welche meist in der Nähe des Inn oder der Sill gelegen, das von diesen herrührende Grundwasser benützen. Leitungsröhren, namentlich an ihren Verbindungstellen, be- sonders aber in jenen»'Stadttheilen, wo noch hölzerne Lei- tungsröhren bestehen, keineswegs ganz ausgeschlossen. Da- gegen müssen wir bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass ausserhalb der Stadt eine Aufnahme putrider Stoffe ganz wohl erfolgen kann. Ausserhalb der Stadt sind nemlich die von den Bergen herabkommenden Leitungsröhren von Holz, und sind mit Hilfe von Röhrenansätzen von Blech einfach in einander gefügt. Diese Röhrenstränge, welche dem Eindringen von Jauche etc. gewiss auf die Dauer kein wesent- liehes Hinderniss bieten können, laufen, bevor sie die Stadt betreten, durch die anstossenden Dörfer (Hötting, Mühlau) häufig unmittelbar neben zahlreichen Düngerhaufen ete., ja man kann sogar an einzelnen Orten, z. B. in Büchsenhausen, beobachten, dass die Leitungsröhren unmittelbar unter den Abzugsrinnen solcher Düngerhaufen verlaufen, und dass hie und da mitten aus einer solchen Jauchenrinne das Quellwasser aus der beschädigten Wasserröhre hervorsprudelt. Dass auf diese Weise das Trinkwasser Jauche aufnehmen und in Folge dessen krankmachende Wirkungen zeigen kann ist nicht zu bezweifeln und wir halten tins umsomehr für verpflichtet auf diesen Uebelstand aufmerksam zu machen als nach zuver- lässigen Berichten (v. Ninth Report of the med. Officer p- 295) das Trinkwasser noch bei unglaublich geringer Bei- mengung von fauligen Zersetzungsprodukten sich als schädlich erwiesen hat. Fassen wir nun das bisher Gesagte zusammen, so glauben wir ‚erwiesen zu haben, dass das bisher in Innsbruck zur Anwendung gekommene Cloakensystem, wenigstens in der Art und Weise, wie es bisher gehandhabt wird, die Salu- brität der Stadt in hohem Grade bedroht. Es sei uns nun gestattet zu untersuchen, wie sich diesen sanitären Uebel- ständen gegenüber die Gesundheit der Stadt und ihrer Be- wohner thatsächlich verhält. Innsbruck wird den neuesten statistischen Zusammen- stellungen zufolge zu den gesündesten Städten des Kaiser- SE | sm staates gerechnet. Wer aus dieser Thatsache etwa den Schluss ziehen wollte, dass es aus diesem Grunde mit der oben hervorgehobenen hygieinischen Schädlichkeiten denn doch nicht so arg sein müsse, der würde in einer grossen Täu- schung sich befinden. Zuvörderst möge hier bedacht werden, dass die erwähnte Thatsache nur den österreichichen Städten gegenüber gilt, in denen bekanntlich überall mit Ausnahme von Graz das Cloakenwesen in einem trostlosen Zustande sich befindet; wesshalb es eben nicht allzuhoch angeschlagen werden darf unter diesen in den bedeutsamsten hygieinischen Anforderungen vernachlässigten Städten die gesündeste zu sein. Vergleichen wir die sanitären Verhältnisse Innsbruck’s mit jenen ausseröstereichischer Städte, die ein gut oder ziem- ~ lich gut geregeltes Kloakenwesen besitzen, so erhalten wir ganz andere Resultate. - ‘Nach den uns übergebenen Mortalitätslisten betrug die Sterblichkeit in Innsbruck in den 7jährigen Perioden von 1849—1855 . 21°8 pro mille » 1856—1862)). 217.0, „ 1863—1869 . 247 4, Dagegen betrug die Sterblichkeit in Leipzig, einer Stadt mit 90.000 Einwohnern im Jahre 1867 bloss 24.2 pro mille (Kanalisation und Abfuhr mit besonderer Beziehung auf Leip- zig. Leipzig 1869, p. 6). Noch überraschender gestaltet sich die Innsbrucker Mortasitätsziffer gegen jener englischer Städte. So beträgt z. B. in dem riesigen London (3 Mill. Einwohner) die Sterblichkeitszahl nur 24 von Tausend. Nach dem wiederholt erwähnten Ninth Report of the Medic. Off. hat Croydon mit 30.229 Einw. eine Sterblichkeit von 19:0 pro mille New port „ 24.756 , DIN i QIET MD, demnach mit Rücksicht auf die bedeutend grössere Einwoh- nerzahl durchwegs eine günstigere Mortalitätsziffer als in un- serer Stadt '). Wenn wir nun ferner lesen, dass in Eng- 1) Zum Vergleiche fügen wir noch folgende statistische Daten land nach Parlamentsbeschluss jede Stadt, welche im Durch- schnitte von 7 Jahren eine Mortalität von mehr als 23 pro mille zeigt, für eine ungesunde Stadt erklärt und gezwungen wird, sich einer durch eine Gesundheitskommission auszu- führenden Untersuchung und den Anordnungen derselben zu unterwerfen; so finden wir zu unserm Erstaunen, dass Inns- bruck, eine der gesundesten Städte Oesterreichs, in England unter die ungesunden gerechnet werden möchte, und wir sind um eine Illusion ärmer. Untersuchen wir nun weiter, wie sich speziell jene Krank- heiten in Innsbruck verhalten, die vorzugsweise auf Infektion durch Cloakenstoffe zurückgeführt werden können, Unter diesen kommt in erster Reihe der Typhus in Betracht. In Bezug auf diesen verdanken wir einem der renommirtesten hiesigen praktischen ‚Aerzte Herrn Dr. Bereiter folgende interessante Daten: Bis zum Jahre 1848 war der Typhns in Innsbruck eine Seltenheit. In diesem Jahre wurde er durch die aus Italien heimkehrenden Truppen zunächst nach Sistrans, einem 1/, Stunden von der Stadt entfernten Dorfe eingeschleppt. Von da aus verbreitete sich derselbe langs des Baches bis zum ehemaligen Amraser See und dann über Pradl herunter bis nach Innsbruck. Seit dieser Zeit kommen jährlich zahlreiche wenn auch in der Regel mild ver- laufende Typhuserkrankungen vor und Dr. Bereiter zählt allein zwischen 14—40 Erkrankungen des Jahres. Im hiesigen allgemeinen Krankenhause kommen nach Mittheilung von Prof. Rembold jährlich 15 - 18 Typhusfälle zur Aufnahme; und es stellt sich schon darnach die Zahl der in ganz Innsbruck sich jährlich ereignenden Typhuserkrankungen auf 25—58; also 14'7—54:1 pro 10,000 Einwohner; während die oben erwähnten englischen Städte seit Regelung ihres Cloaken- wesens bloss 74 Erkrankungen an typhösen Fiebern auf hinzu: In Wien beträgt die Sterblichkeit pro mille 47, in Petersburg 42-4, in Paris 28, in Berlin 25. — Wien wird in seiner Sterblichkeit nur von Kazan in Russland übertroffen, wo 52:3 von 1000 sterben. ee 10,000 Seelen aufweisen. Diess sind in der That ganz un- sünstige Zahlen. Wenn wir die gesunde Lage Innsbrucks bedenken, sowie den Umstand, dass daselbst der Pauperis- mus nicht in den erschreckenden Formen, wie in anderen Städten sich präsentirt und dass auch andere die Entstehung typhöser Erkrankungen fördernde Umstände, z. B. Ueber- füllung der Wohnungen, zahlreiche Fabriken etc. nur wenig hervortreten, so dürfte es mit Rücksicht auf die oben ge- machten Ausführungen gar nicht gewagt sein, wenn wir die schlechten Cloakenverhältnisse, resp. die massenhafte An- häufung faulender Faekalstoffe innerhalb der Wohnungen als nächste Ursache der unverhältnissmässig häufigen Typhus- erkrankungen bezeichnen. Sorgfältige Recherchen dürften einen solchen Zusammenhang zweifellos sicherstellen. *) Von andern einschlägigen Krankheiten erwähnen wir die Masern und den Croup. Beide Krankheiten kommen in Innsbruck häufig vor und wir haben soeben eine stärkere Masernepidemie durchgemacht, welche eine nicht geringe An- zahl von Kindern dahinraffte. Auch diese Krankheiten war- den wie bereits erwähnt, mit putrider Infektion in Verbin- dung gebracht und es ist in dieser Beziehung gewiss nicht zu übersehen, dass die grösste Zahl solcher Erkrankungen in unserer Stadt fast stets mit der halbjährigen Ausleerung der Abtrittsgruben zusammenfällt. Indem wir uns auf diese Angaben beschränken, sind wir überzeugt, dass die sanitären Nachtheile des gegenwärti- gen Abtrittgrubensystems in noch krasserer Weise hervor- treten möchten, wenn dieselben hierorts nicht durch zwei Momente wesentlich abgeschwächt würden und zwar zunächst durch den bereits hervorgehobenen Umstand, dass eine Ver- giftung des Trinkwassers durch Cloakenjauche nicht leicht 1) Herr Dr. Bereiter theilt uns mit, dass im Dorfe Arzel, welches durch die Menge uuf der Strasse liegender Misthaufen sich auszeichnet, der Typhus besonders häufig sich zeigt; ein Umstand, der zur Unter- stützung unserer Ansicht gewiss beiträgt. a A a erfolgen kann und zweitens durch die hier häufig herrschen- den Winde (Sirocco), die, indem sie die Luft reinigen, die Gefahr mildern, welcher Innsbruck sonst ausgesetzt wäre. !) Nachdem wir nun die Uebelstände und Nachtheile des bisher üblichen Modus des Sammelns und der Abfuhr der Exkremente, wie wir glauben, in überzeugender Weise dar- gelegt haben, wenden wir uns zu der Frage: Wie und wo- durch diesen Schadlichkeiten abgeholfen werden könnte? Der einzige rationelle Rath, den wir in dieser Beziehung geben können, ist — gänzliche Auflassung des gegenwärtigen Systems und Ersetzung des- selben durch ein anderes anerkannt zweckmäs- siges. Nur auf solche Weise ist eine radikale Ab- hülfe möglich. Wir werden zwar nicht unterlassen, am Schlusse dieses Promemorias jener Einrichtungen Erwähnung zu thun, die im Falle der Beibehaltung des Abtrittsgruben- systems gegen die aus demselben entspringenden sanitären Uebelstände in Anwendung gezogen werden können; müssen jedoch sogleich bemerken, dass dieselben wohl im Stande sind, jene Uebelstände zu mildern, keineswegs aber vollstän- dig unschädlich zu machen; wesshalb nicht zu bezweifeln ist, dass selbst, wenn man sich vorläufig bloss mit der Akzep- tirung solcher Einrichtungen begnügen sollte, doch die Zeit kommen wird, wo man zu einer vollständigen Auflassung der Abtrittsgruben wird schreiten müssen. Die Systeme, welche mit Rücksicht auf den heutigen Stand der Cloakenfrage einer Discussion unterzogen werden können, sind 1. das System der Schwemmkanäle, 2. das Tonnensystem und seine Modifikationen und 3. die pneumatische Kanalisation nach Liernur. Wir wollen nun diese Systeme einzeln sowohl vom all- 1) Die meisten Erkrankungen kommen erwiesener Massen bei an- haliend ruhigem Wetter vor. Bei herrschendem Winde vermindert sich die Zahl der Erkrankungen sichtlich. ha gaia gemeinen Standpunkte aus als besonders mit Rücksicht aut die lokalen Verhältnisse Innsbrucks einer Würdigung unter- ziehen. Ad 1. Das System der Schwemmkanäle, welches wir auch das Kanalisationssystem nennen wollen, !) ist vorzugs- weise in England durchgeführt, hat aber auch in Deutsch- land warme Verehrer gefunden, besonders unter den Tech- nikern. Es ist auch in der That nicht zu läugnen, dass von Seite der Technik in dieser Beziehung Grossartiges geleistet wurde. Wir verweisen hier nur auf das eben in Ausführung begriffene grossartige Wiebe’sche und Latham’sche Kanalisa- tionsprojekt der Stadt Danzig (Vierteljahresschrift f. öffentl. Gesundheitspflege 1. Band 2. Heft); welches sammt Wasser- leitung der Stadt 1,200,000 Thaler kosten wird. Was Innsbruck anbelangt, so würden sich von techni- scher Seite der Einführung der Kanalisation keine wesent- lichen Schwierigkeiten entgegenstellen; da das Terrain günstig und namentlich das Haupterforderniss guter Schwemmkanäle, — eine ausgiebige Spülung, verhältnissmässig leicht zu erzielen wäre. Die Stadt besitzt nämlich bereits ein Schwemmkanal- system, das für das Ablaufwasser der Häuser und der Strassen bestimmt ist. Diese Schwemmkanäle (sogenannte Ritschen) haben ein bedeutendes Gefälle und werden durch die Durchleitung eines Theiles der Sill und des Inns, sowie durch das aus den zahlreichen Brunnen beständig abfliessende Wasser von einer solchen Wassermasse durchspült, wie sie kaum das beste englische Schwemmkanalsystem aufzuweisen im Stande sein dürfte. Würde man die Fallröhren der Häuser in diese Ritschen einleiten und gleichzeitig für die obligatorische Einführung von Watterclosetten, die freilich wieder Zuleitung des nöthigen Wassers in die einzelnen Stock- 1) Selbstverständlich meinen wir hier nur die Kanalisation mit gleichzeitiger ausreichender Spülung. Die alte Kanalisation, wie sie leider noch so häufig besteht, bei welcher man die Exkremente sich selbst überliess, ohne für Spülung zu sorgen, wird wohl heutzutage Nie- mand mehr vertheidigen. a a es werke der Hauser erfordern wiirden, Sorge tragen, so ware ein modernes Kanalisationssystem bald hergestellt. Bequem ware ein solches System allerdings; eine andere Frage ist aber die, ob dasselbe auch den sanitären und anderen mehr lokalen Anforderungen entsprechen möchte. — Die meisten Erwartungen hat man bei der Kanalisation auf die rasche und gründliche Fortspülung der Exkremente sogleich nach ihrer Deposition gesetzt, welche denselben nicht gestatten sollte, innerhalb der betreffenden Stadt sich anzusammeln und in Fäulniss überzugehen. Diese theoretischen Erwartun- gen werden leider in der Praxis nicht bestätiget. Selbst im strömenden Wasser sinken die Faeces allmälig zu Boden und lagern sich an den Sohlen der betreffenden Kanäle ab, um daselbst mit der Zeit eine starke faulende Schichte zu bilden, die beständig Fäulnissgase ausstösst und den verschiedensten kleinern und grössern Organismen zur Brutstätte dient. An Stellen, wo das Terrain und andere Verhältnisse ein stärkeres Strömen des Wassers nicht zulassen, erfolgen solche Ab- lagerungen viel schneller und in grösserer Menge. In den kleinen Hauskanälen, wo die Spülung nicht kontinuirlich ist, sondern nur bei Benützung des Abortes periodisch erfolgt, können sich die spezifisch schwereren Stoffe der Exkremente besonders leicht absetzen. Ausserdem wird sich stets eine Menge von Hindernissen im Laufe der Kanäle ergeben, an denen sich der Inhalt staut und zu Niederschlägen Gelegen- heit bietet Wie es unter solchen Umständen mit der a priori erwarteten Geruchlosigkeit der Schwemmkanäle und den da- mit in Verbindung stehenden sanitären Anforderungen in der Regel bestellt ist, beweisen namentlich die so gelobten eng- lischen Schwemmkanäle, über deren Ausdünstungen eine Menge Klagen und Beschwerden in den englischen Blättern niedergelegt sind. Wie es sich z. B. in dieser Beziehung mit den von den Anhängern der Kanalisation als musterhaft hervorgehobenen neuen Schwemmkanälen in Croydon verhält, ist aus der oben citirten Rede Carpenters zu ersehen (7. Juni 1869), aus welcher hervorgeht, dass sich in den neuen A DES Kanälen eben so gut schädliche Cloakengase bilden (sewer air), wie in den alten. Carpenter empfiehlt als vorzüglich- stes Remedium gegen dieselben ausgiebige Lüftung der Kanäle. ie Medic. Times and Gazette vom 12. Juli 1869 findet dieses Mittel sehr zweckmässig und empfehlenswerth, fügt aber die für das englische Cloakenwesen bezeichnenden Worte hinzu: „Nichts desto weniger ist es ein betrübender Ge- danke, dass nach 40jährigem Wortemachen und 40jähriger Arbeit in Sachen der Gesundheitspflege, man zufrieden sein müsse, die schädlichen Cloakendiinste in unsern Strassen ent- weichen zu lassen. Dass auch bei Schwemmkanälen ein Austritt des Kanal- inhaltes in das umgebende Erdreich erfolgen kann und selbst bei den besten Kanälen im Laufe der Zeit in der That er- folgt, ist nicht zu bezweifeln. Man hat allerdings behauptet, dass bei gehöriger Tieflage der Kanäle der Druck des Grund- wassers ein Austreten des Kanalinhalts nicht gestatten wird, vergass aber hiebei, dass der Stand des Grundwassers häu- figem Wechsel unterworfen ist und dass es nicht überall möglich sein wird, die Kanäle unter das niedrigste Niveau des Grundwassers zu legen. Trotz den bisher hervorgehobe- nen Mängeln des Schwemmkanalsystems lässt sich nicht läugnen, dass die fortschreitende Technik im Stande sein wird, durch zweckmässige, freilich aber ungemein kostspielige Einrichtungen denselben zu begegnen, wenigstens sie bedeutend abzuschwächen. Dagegen ist es die finale Unterbringung des Kanalwassers, welche die schwächste Seite des Schwemm- kanalsystems bildet und namentlich in Innsbruck mit den grössten Schwierigkeiten und Uebelständen verbunden wäre. Ein einfaches Einleiten der Massen in den Inn unter- halb der Stadt wird wohl Niemand anrathen. Die Meinung, als finde bei Vermischung von gährendem und gährungs- fähigem Cloakenwasser mit viel Flusswasser eine totale Oxy- dation und Metamorphose der organischen Masse rasch statt, ist längst als irrig nachgewiesen, namentlich durch Frank- land (Bericht über Wasserversorgung, Vierteljahresschrift für pda ea öffentl. Gesundheitspflege I. 1. pag. 109.). Pappenheim be- merkt ganz richtig, dass selbst die stärkste Wasserverdün- nung organische Keime, die vielleicht das schädlichste Agens im Cloakeninhalte sind, kaum zu vernichten und unschädlich zu machen im Stande sein wird. Zudem ist der Inn ein verhältnissmässig seichter Fluss mit sehr wechselndem Wasser- stand und man kann ihm trotz seiner bedeutenden Strömung eine gleichmässige und kontinuirliche Wegschwemmung des zugeführten Cloakeninhaltes nicht zumuthen, um so weniger als die Erfahrung lehrt, dass mächtige Ströme und selbst das Meer diess nicht immer vollständig auszuführen vermögen Verschlammung des Flusses durch die Cloakensinkstoffe wäre unausweichlich.. Das aus grobem Gerölle: bestehende Fluss- bett würde das Zustandekommen von Ablagerungen besonders begünstigen. Würden dann beim Fallen des Flusses die flachen verschlammten Ufer blosgelegt, so müssten die Aus- dünstungen des der Luft und Sonne ausgesetzten Schlammes für die Gesundheit der Stadt und ihrer Umgebung die ge- fährlichsten Folgen haben. Zu diesen sanitären Bedenken gesellt sich der nicht zu verantwortende Verlust der Dungstoffe für die Landwirth- schaft. Die letztere würde gewiss nicht ermangeln, gegen ein derartiges Vorgehen sich mit aller Entschiedenheit zu verwahren, um so weniger als die herrlichen dreischurigen Wiesengründe wie die üppigen niemals brach liegenden Mais- und Getreidefelder der Umgebung Innsbrucks den sprechend- sten Beweis liefern, welchen Werth die Cloakenstoffe, mit welchen jene Ländereien zweimal im Jahre gedüngt werden, für den Landbau besitzen, Um der Verunremigung der Flüsse, die besonders in solchen Gegenden, wo das Flusswasser als Trink- und Koch- wasser fleissig benützt wird, mit den grössten sanitären Nach- theilen verbunden ist, vorzubeugen und zugleich die im Cloaken- wasser enthaltenen Dungstoffe zu gewinnen, hat man aller- dings verschiedene Mittel empfohlen und angewendet, um das Cloakenwasser vor dem Ablassen in den Fluss zu reinigen, — 20 — beziehungsweise die schädlichen Beimengungen auszufällen. Sämmtliche diese Methoden, z.B. Absitzenlassen in Bassins, Desinfektion mittelst der in Asnieres bei Paris gebräuch- lichen Alaunmutterlauge, haben sich nicht bewährt, da eine vollständige Reinigung des Cloakenwassers durch sie nicht möglich ist und überdiess die ausgefällten Stoffe nur einen geringen Dungwerth besitzen. In welcher Weise die neuerdings gerühmte Süvern’sche Methode (Chlormagnesium, Kalkhydrat mit etwas Carbol- säure) diese Aufgabe zu lösen im Stande sein wird, lässt sich gegenwärtig nicht bestimmen. Wenigstens haben die in Berlin unter der Leitung Virchow’s gemachten Versuche noch zu keinem endgültigen Resultate geführt. (Vorläufigen Be- richt über diese Versuche siehe 48. Bd. von Virchow’s Ar- chiv und Vierteljahresschrift f. öffentl. Gesundheitspfl. I. 1. p- 96.) Ferner hat man versucht und empfohlen, die Massen, sobald sie die Kanäle verlassen, zur Bewässerung und gleich- zeitigen Düngung von Landflächen, besonders von Wiesen- grund zu verwenden, — das sogenannte Berieselungs- System. Dieses System wird von England aus besonders empfohlen. Schon durch längere Zeit ist dasselbe in An- wendung in Croydon (Norwood), in Rugby und Edinburgh. Neuestens wird ein kleiner Theil des Londoner Sielwassers zur Berieselung von Lodge-Farm bei Barking, zwei Meilen unterhalb London verwendet; ebenso das Kanalwasser des Lagers von Alderschott bei London zur Berieselung einer 100 Acres messenden sterilen unebenen Sandfläche. (Viertel- jahresschrift für öffentl. Gesundheitspfl. I. 2. p. 213.) Bei der Durchführung der Berliner und Danziger Kanalisations- projekte ist die gleichzeitige Berieselung grosser steriler Landflächen in Aussicht genommen. Die englischen Berichte lauten in Bezug auf die land- wirthschaftlichen Resultate derartiger Berieselungen sehr günstig; wobei aber zu erwähnen ist, dass es sich hier fast ausnahmslos um sehr durchlässige, grösstentheils sandige ee Landflächen handelt. Für die wasserreichen Wiesen- und Ackergründe des Innthals, die einer beständigen Drainage bedürfen, wäre eine kontinuirliche Berieselung gewiss nicht anwendbar. Bedenkt man zudem, dass im Winter die Be- rieselung ausgesetzt werden müsste, wie diess sogar auch im milden England geschehen muss, so dass dann das Kanal- wasser doch in den Fluss geleitet werden müsste; bedenkt man ferner die durch den Gestank des frei sich verbreiten- den Cloakenwassers entstehende Verunreinigung der Luft, so kann man wohl von der Anempfehlung des Berieselungs- systems für Innsbruck absehen und wenn wir das oben Ge- sagte zusammenfassen, auch von jener des Schwemmkanal- systems überhaupt, das bei bedeutenden Kosten der Stadt, ausser vielleicht der Bequemlichkeit, keine weiteren Vortheile, sondern nur eine Reihe neuer Nachtheile zu bringen im Stande wäre, die sich möglicher Weise mit der Zeit noch belästigender erweisen möchten, als die gegenwärtigen. Es erübrigt noch eines wichtigen Umstandes Erwähnung zu thun, welcher zu Gunsten der Kanalisation vorzugsweise ins Feld geführt wird, nämlich die durch gehörige Tieflegung der Kanäle gleichzeitig zu erzielende Drainage des Unter- grundes der Häuser und Verminderung der Bodenfeuchtig- keit. Sorgfältige statistische Zusammenstellungen haben er- geben, dass gewisse Krankheiten, vorzugsweise aber die Tuberculose an solchen Orten in grösserer Häufigkeit vor- kommen, wo für gehörige Ableitung der Bodenfeuchtigkeit nicht gesorgt ist (vide: Ueber den Einfluss der Bodenfeuch- tigkeit auf die Häufigkeit der Lungenschwindsucht nach Dr. Buchanan. Vierteljahresschrift f. öffentl. Gesundheitspfl. 2. p. 232). Die gegenwärtig bestehenden Ritschen dürften allerdings ihrer seichten Lage wegen, wenig zur Entwässerung des Bodens beitragen. Doch wäre diess mit der Zeit durch Tieferlegen der Ritschen und Wahl eines durchlässigen Mauer- werkes für die Seitenwände derselben in genügender Weise zu erreichen, namentlich wenn gleichzeitig dafür gesorgt Naturw.-med. Verein. 3 EN lo) würde, dass die, in den einzelnen Häusern für die Einleitung des Regenwassers noch bestehenden Senkgruben, sowie jene, die in den Vorstädten (Wiltau) zur Aufnahme des, aus den Brunnen ablaufenden Wassers bestimmt sind, aufgelassen und alles überflüssige Wasser einzig und allein in die Kanäle geleitet werden möchte. Das Tonnensystem besteht im Wesentlichen darin, dass man die Exkremente in transpotablen Gefässen, soge- nannten Tonnen, auffängt, welche man im Souterrain unter den Fallröhren der Abtritte aufstellt. Die Tonnen werden, so bald sie nahezu voll sind, was in der Regel in wenigen Tagen geschieht, weggenommen, wohl verschlossen abgeführt und gleichzeitig durch neue ersetzt. Die hygienischen Vor- theile dieses Systems sind sehr schätzenswerth. Die Durch- jauchung des Bodens und die Verunreinigung des Grund- wassers wird bei demselben gänzlich vermieden; ebenso bei zweckmässiger Einrichtung die Verderbniss der Luft und die aus der längeren Anhäufung der Exkremente im Bereiche der Wohnungen entspringenden Nachtheile, wozu überdiess der Vortheil sich hinzugesellt, dass die Cloakenstoffe für die Landwirthschaft nicht verloren gehen. Das Tonnensystem ist in Graz, ferner theilweise in Leipzig, Paris, Dresden, Kiel und neuerlich in Zürich ein- geführt. In Graz, wo das Tonnensystem noch in seiner ursprüng- lichen Form zur Anwendung kommt, bestehen folgende Ein- richtungen: Im Souterrain eines jeden Hauses ist in einem eigens dazu hergerichteten leicht zugänglichen Raume die Tonne aufgestellt unter dem gemeinschaftlichen Abfallrohre sämmtlicher Abtritte des betreffenden Hauses. Die Tonnen, welche auf 2 bis 5 Eimer Inhalt berechnet sind, sind aus Eichenholz gefügt, haben eiserne Reife und sind mit Oelfarbe iiberstrichen. In die Oefinung des Deckels ist ein hölzerner Trichter eingepasst, der zum Behufe des Nachsehens gehoben werden kann, und in diesen mündet das Fallrohr. Ist die Tonne nahezu voll, so wird die Oeffnung derselben mit einem genau schliessenden Deckel verschlossen und mit einem Keil befestigt und abgeführt, nachdem man sie durch eine frische Tonne ersetzt. Die Abfuhr und das Auswechseln der Tonne geschieht durch mehrere Unternehmungen, deren Organe zu- gleich die Pflicht haben, zur rechten Zeit nachzusehen. Die Abfuhr selbst geschieht am Tage mittelst eigener Wägen und zwar, da für guten Verschluss der Tonnen gesorgt wird, ohne die geringste Belästigung der Einwohner. Hiefür bezahlen die Hauseigenthümer 40—50 kr. 6. W. jährlich für jede im Hause wohnende Person, in Fällen aber, wo z. B. wegen gleichzeitig angebrachter Wasserklosetten die Tonnen häufiger gewechselt werden müssen, werden eigene Verträge mit der Unternehmung abgeschlossen, die dann die ihr zukommende Entschädigung nach der Anzahl der abzuholenden Tonnen berechnet. Das Tonnensystem, das bereits seit 1830 in den meisten Häusern von Graz bestand, ist seit 1867 obligato- risch eingeführt, der beste Beweis, dass es sich die allge- meine Zufriedenheit der Einwohner erworben. Welchen gün- stigen Einfluss seine Einführung auf die Gesundheitsverhält- nisse der Stadt hatte, haben wir bereits oben erwähnt. Ganz ähnlich wird das Tonnensystem in Leipzig ge- handhabt; nur mit dem Unterschiede, dass der Verschluss der ebenfalls hölzernen Tonnen durch einen mit einer Quer- leiste versehenen und durch Flügelschrauben angezogenen Spund geschieht. Das Abholen und Auswechseln der Tonnen wird durch dieselbe Firma (Teuthorn) ausgeführt, welche zu- gleich die atmosphärische Räumung der in vielen Häusern Leipzigs noch bestehenden Abtrittsgruben besorgt und sämmt- liche Cloakenstoffe der Stadt zu Poudrette verarbeitet. Auch hier giebt man dem Tonnensystem den Vorzug und es kommt, wenigstens in den neueren Häusern, fast durchwegs zur Aus- führung. Aehnliche günstige Berichte verlauten aus Paris, Han- nover, Stettin etc. In Zürich wurde das Tonnensystem in letzter Zeit eingeführt und für Heidelberg hat der dortige ärztliche Verein die Einführung desselben in Vorschlag gebracht. 3% BIN 305) aap Auch wir stehen nicht an, das Tonneusystem der Stadt Innsbruck zur Annahme zu empfehlen, da dieses System unter allen gegenwärtigen am meisten den hygienischen Anforde- rungsn entspricht, da es ferner den hiesigen Verhältnissen am leichtesten angepasst werden kann und da schliesslich die dem Tonnensystem zugeschriebenen schwachen Seiten ge- rade in Innsbruck weniger hervortreten können, als diess vielleicht an anderen Orten der Fall sein möchte. So wird z.B. dem Tonnensystem der Vorwurf gemacht, dass, um das allzuhäufige Vollwerden und leichte Ueber- laufen der Tonnen zu verhüten, das Eingiessen der Haus- wässer und das Hineinwerfen der Küchenabfälle ete. prohibirt werden muss, was nicht leicht vollständig möglich ist. In Innsbruck würde dieser Umstand keine Schwierigkeiten machen. Die Leute sind hier seit jeher gewöhnt, die Hauswässer in die Ritschen zu giessen, da das Eingiessen derselben in die Abtritte von Seite der Hausherren nicht geduldet wird. Die Küchenabfälle aber werden überhaupt gar nicht weggeworfen, sondern in den Haushaltungen gesammelt, von den Land- leuten jede Woche abgeholt und verfüttert. Dass Watterclosetts ganz gut auch beim Tonnensystem bestehen können, beweist Graz, wo dieselben ziemlich zahl- reich sind. Eine häufigere Auswechslung der Tonnen wird dann allerdings nothwendig, doch werden dadurch, wie man in Graz sieht, die Kosten nicht bedeutend vermehrt und die- selben überdiess durch die Reinlichkeit und Eleganz der Abortsitze reichlich wieder eingebracht. Die sogenannten Diviseurs, d. h. Tonnen, in denen durch ein senkrecht oder horizontal aufgestellte durchlöcherte Scheide- wand die flüssigen Theile von den festen getrennt werden, haben unter Anderem den Zweck, ein allzubaldiges Voll- werden der Tonnen zu verhüten und indem sie zugleich den am schnellsten faulenden Harn von den Faces sondern, ein längeres Behalten der Tonnen im Hause zu gestatten. Die ablaufende Flüssigkeit wird entweder in einer zweiten unter- gestellten Tonne aufgefangen oder sie wird einfach in die LED Or | Kanäle oder den Fluss abgelassen (Zürich) oder sie wird vorerst einem Desinfections-Verfahren unterzogen und dann dem Flnsse übergeben — Eine vollständige Abscheidung der flüssigen Theile findet in diesen Diviseur’s nie statt, wess- halb sie ihren Zweck immer nur theilweise erfüllen, abgesehen von den leichten Verstopfungen der kleinen Oeffnungen der Scheidewand. Ein längeres Stehenlassen der Tonnen wäre demnach auch hier nicht rathsam. Noch weniger ist das einfache Ableiten der Flüssigkeiten in die Sielen oder in den Fluss zu billigen; da dadurch die sanitären Vortheile des Tonnensystems mehr weniger illu- sorisch werden möchten. Was von einer vorhergeschickten Desinfection zu erwarten wäre, lehrt die Erfahrung. Alle in dieser Beziehung gestellten Erwartungen scheitern einfach an der Thatsache, dass eine allgemeine und ausreichende Durch- führung dieser Massregel in einer Stadt von den Einzelnen nicht zu erwarten, und obligatorisch wegen Unmöglichkeit der Controlle nicht durchführbar ist. Die finale Unterbringung der Abtrittsstoffe resp. die Ver- werthung derselben für landwirthschaftliche Zwecke, der wunde Fleck aller Cloakensysteme hat auch beim Tonnensysteme ihre Schwierigkeiten. Doch auch dieser gegenüber finden wir in Innsbruck günstigere Verhältnisse. Während in vielen Städten wegen nicht rationellen Betrieb des Landbaues die Cloakenstoffe nur zum Theil zur Düngung verwerthet werden, können wir für Innsbruck die erfreuliche Thatsache konsta- tiren, dass die Landwirthschaft der Umgebung der Stadt den von Letzterer produzirten Cloakendünger nicht nur voll- ständig verbraucht, sondern auch gut bezahlt (15-20 fl. für den jährlichen Cloakeninhalt eines grösseren Hauses) N. 1) In welcher Weise die Landwirthe der Umgebung Innsbruck’s den Stadtdünger zu schätzen wissen, geht aus dem Umstande hervor, dass sie sich die Erwerbung desselbon auch sonst noch ein schweres Geld kosten lassen. Ieder Landwirth muss nemlich das nöthige Per- sonal sehr gut bezahlen, die oberwähnten Kastenwägen selbst beschaffen ete.; so dass die Auslagen für die Düngung derFelder jährlich ein hüb- sches Sümmchen betragen. A ee Es steht also zu erwarten, dass auch nach Einführung des Tonnensystems die Abtrittsmassen ihre vollständige Verwer- thung und demnach auch die Unternehmer der Abfuhr ihre Rechnung finden werden. Im Frühjahr und Herbst und theil- weise im Winter würde die Verführung des Tonneninhaltes auf die Felder ohne alle Vorbereitung erfolgen können. In der übrigen Zeit würde die einstweilige Unterbringung der Massen allerdings einige Schwierigkeiten machen. Dass diese gerade nicht unüberwindlich sind, beweisen die an anderen Orten in dieser Beziehung bestehenden Einrichtungen. So sei z.B. die in Leipzig eingeführte verhältnissmassig einfache und billige Prozedur beschrieben. Die Abfuhr sämmtlicher Excremente der Stadt besorgt hier die Firma Tenthorn, welche 1/2 Stunde von der Stadt entfernt auf flachem Felde eine Fabrick besitzt, die die Cloakenmassen zu Poudrette verar- beitet. Die Massen werden, sobald sie anlangen in rechteckige lange und breite, doch bloss 11/2 Schuh tiefe Gruben ge- gossen und in derselben durch 14 Tage der Einwirkung der Luft ausgesetzt. Hierauf werden sie behufs Neutralisation des Ammoniak mit Schwefelsäure behandelt und weitere 14 Tage an der Luft getrocknet. Dann wird die Masse mittelst lei- terartiger Formen in Ziegelgestalt gebracht und die Ziegel unter Holzdächern auf Lattengestellen getrocknet. Die ge- trockneten Ziegel werden nun zerschlagen und als grobes Pulver in Fässern zum Verkaufe aufbewahrt. Die Fabrick, welche bereits 16 Jahre besteht, verkauft den Zentner dieses Düngers zu ‘4 Thaler. In Bondy bei Paris verarbeitet man die Excremente letzterer Stadt ebenfalls einfach durch Trocknen an der Luft, nachdem man sie in flachen Gruben hatte absitzen lassen. Die Fabrik arbeitet auf Rechnung der Gemeinde von Paris und liefert einen jährlichen Ertrag von 340.000 Franks. Auch für Innsbruck würde sich ein abgelegener Ort finden lassen, wo die Cloakenstoffe während der Zeit, wo sie nicht direkt auf die Felder verführt werden können, abge= FOB i a lagert, beziehungsweise zu Poudrette verarbeitet werden könnten. Auf je einfachere Weise diess geschehen würde, desto grösser wäre die Hoffnung auf Gewinn. Neuerdings will F. Thon (die Lösung der Latrinenfrage. Cassel und Göttingen 1869) ein Verfahren erfunden haben, um die Excremente innerhalb wenigen Tagen in sehr prak- tische Poudrette zu verwandeln und zwar auf so billige Weise, dass mit Rücksicht auf den zu erzielenden Gewinn der Fa- brick die Abfuhr der Kloakenstoffe aus der Stadt ganz um- sonst geschehen kann. Die Bestätigung dieser Angaben ist abzuwarten. Diejenigen Methoden, welche die Exkremente sogleich nach ihrer Absetzung desinfiziren und zu künstlichen Dünger verwandeln sollen (System Mosselmann, Müller-Schürr, Mou- le’sche Erdklosette) sind in soferne zweckmässig, als sie den Feind angreifen, so lange er noch klein und daher leichter zu bewältigen ist. Für einzelne grössere Gebäude, z. B. Fa- briken, Schulen, Landhäuser wäre die Durchführung dieser Methoden nicht sehr schwierig, so z.B. jene der Moule’schen „dry-earth closets“, welche durch eine selbstwirkende Streu- vorrichtung die Excremente sogleich nach ihrer Deposition mit trockener Erde bedecken. Die allgemeine Einführung solcher Einrichtungen in grösseren Städten würde auch ab- gesehen von der Kostspieligkeit auf eine Menge Schwierig- keiten stossen. In mehreren nordischen Städten (Gothenburg, Norrkö- ping, Christiania) ist nach Alex. Müller (die Reinhaltung der Wohnungen, Dresden 1869) folgendes System eingeführt: Harn und Faces werden schon im Abtrittstrichter durch eine sinnreiche Vorrichtung (sog. Luftclosettes von Marino) ge- trennt. Der Harn läuft dürch eine mit sauren Salzen, Car- bolsäure und ähnlichen Stoffen getränktes Torffilter und wird solchergestalt desinfizirt in die Sielen abgelassen. Die Fäces fallen in ein Mischgefäss (Holzkasten) auf dessen Grunde etwas Erde, Asche u. dgl. ausgebreitet ist. Hier werden sie täglich mit gebranntem, ungelöschtem Kalk in groben u ss Stiicken (etwa 100 Gramme pro Kopf und Tag) gemischt, so dass sie bei schliesslicher Abfuhr als ziemlich trockene und brauchbare Kalkpoudrette verwerthbar sind. — Ob eine solche Methode für Innsbruck anwendbar wäre, müssten die Bodenverhältnisse der hiesigen Ländereien entscheiden. Abgesehen von den zuletzt erwähnten Modificationen glauben wir den Nachweis geliefert zu haben, dass eine all- gemeine Einführung des einfachen Tonnensystems in Inns- bruck keine besonderen Schwierigkeiten finden würde. In die Details der Durchführung desselben wollen wir uns vorläufig nicht einlassen; soviel sei nur bemerkt, dass es unumgänglich nöthig sein wird, die Sache nicht dem Be- lieben des Einzelnen zu iiberlassen}, sordern auf legislativen Wege durchzuführen. Ebenso wird es sich als nothwendig herausstellen, dass, wie dies anderswo der Fall ist die ge- sammte Handhabung des Cloakenwesens in eine Hand ge- legt wird; indem dieselbe entweder von der Gemeinde über- nommen oder einer Unternehmung übertragen wird. Es erübrigt nun noch des Systems des Capitän Liernur Erwähnung zu thun, welches neuerlich viel von sich sprechen machte. Das pneumatische Städtereinigungs-Sy- stem Liernur’s (auch pneumatische Canalisation genannt) ist im Wesentlichen ein Abfuhrsystem, das sich aber von an- deren Abfuhrsystemen dadurch unterscheidet, dass nicht Haus für Haus die Ausleerung des Abtrittinhaltes vorgenommen, sondern, dass zu diesem Behufe immer eine Gruppe von Häusern vereinigt wird. Die Fallröhren der zu dieser Gruppe gehörigen Häuser gehen unmittelbar in eiserne oder glasirte thönerne Röhren über, die mit einem mitten durch die Strasse unterirdisch verlaufenden Hauptrohre verbunden sind. Dieses letztere mündet allein oder zugleich mit 2—3 aus anderen Strassen kommenden Hauptrohren in ein gemeinschaftliches Reservoir, d. h. einen eisernen, an den Kreuzungsstellen der Strassen in die Erde eingelassenen Kessel, welcher luftdicht durch einen angeschraubten Deckel geschlossen werden kann. Die Hauptröhren sind für gewöhnlich an der Einmündungs- "RM Lin og, a stelle in den Kessel durch Hähne luftdicht verschlossen. Soll die Reinigung vorgenommen werden, was nach Liernur täg- lich zu geschehen hat, so stellt sich eine Dampfmaschiene über den Kessel und pumpt denselben luftleer. Hierauf werden die Hähne der einmündenden Rohre geöffnet und nun schiesst der Luftdruck den Inhalt der letzteren in den Kessel hinein. Dann werden die Hähne wieder geschlossen und der Inhalt des Reservoirs in einen mittelst der Dampfmaschinen luftleer gemachten Kesselwagen gesaugt, auf das Feld ver- führt und sogleich tief untergepflügt oder einstweilen in Com- posthaufen untergebracht. Im Grossen, d. h. für ganze Städte und Strassen ist dieses System noch nirgends durchgeführt, wohl aber im kleinen Massstabe und versuchsweise in der Ferdinandska- serne zu Prag, in welcher 3 grosse Aborte auf diese Weise täglich gereinigt werden. Der Bericht der zur Prüfung dieses Systems bestellten Militär- Kommission lautet günstig. Ob es sich auch im Grossen bewährt, wird jedenfalls die Zeit lehren, da dieses System in einigen Städten Deutschlands und Belgiens in der That zur Ausführung kommen soll. Von theoretisoher Seite stellen sich der Durchführbarkeit des Lier- nur’schen Systems keine Bedenken entgegen. Von hygienischer Seite wäre die Realisirung desselben nur wünschenswerth; da auf diese Weise die Entfernung sämmtlicher Excremente einer Stadt täglich und ohne die geringste Belästigung der Einwohner erfolgen könnte. Vom landwirthschaftlichen Standpunkte bietet das Sy- stem den Vortheil, dass die exerementellen Stoffe noch frisch, also mit ihrem vollen Dungwerth zur Verwendung kommen. Da ferner Capitän Liernur sich erbietet, die gesammten Anlage- und Betriebskosten selbst zu übernehmen, wenn ihm dagegen die Fäkalstoffe für die Dauer von 15 Jahren unent- geldlich überlassen werden, und sonach die Einführung des Systems von finanzieller Seite keine Schwierigkeiten bieten würde, so erscheint es angemessen, die Vertretung der Stadt a ee Innsbruck auf die pneumatische Kanalisation aufmerksam zu machen, mit dem Ersuchen, die gegenwärtig im Grossen be- - vorstehenden Versuche ') mit diesem System im Auge zu be- haiten, um, falls diese sich wie zu erwarten steht bewähren sollten, die Einführung des Systems vielleicht auch für Inns- bruck vorzubereiten. Schliesslich erlauben wir uns für den Fall als eine ra- dikale Aenderung des Cloakenwesens aus irgendwelchen in loco massgebenden Gründen in weiter Ferne stehen und dess- halb für die Bewohner Innsbruck’s die wenig tröstliche Aus- sicht sich ergeben möchte, die odiosen Abtrittsgruben noch länger zu behalten, den Vätern der Stadt die Abschaffung wenigstens der schreiendsten Uebelstände des gegenwärtigen Systems dringend ans Herz zu legen. Hieher gehört zunächst die Verunreinigung der Luft in den Wohnungen durch die aus den Abtritten aufsteigenden, übelriechenden Ausdünstungen. Dass diesem Uebelstande wenigstens einigermassen entgegengetreten werden kann, un- terliegt keinem Zweifel, ebensowenig als die Thatsache, dass in dieser Richtung bis jetzt in Innsbruck nicht einmal die einfachsten Vorkehrungen getroffen worden sind. — Ausgie- bige Ventilation der Abtrittsgruben ist gegen den erwähnten Uebelstand das zweckmässigste Mittel. In den meisten Städten, welche noch Abtrittsgruben besitzen, besteht die ausdrückliche Verordnung, dass jede Abtrittgrube durch ein senkrecht auf- steigendes, hinreichend weites und über das Dach hinausge- leitetes Rohr ventilirt sein müsse. In Innsbruck finden wir nichts Derartiges und dieses ist der Hauptgrund, warum die Innsbrucker Abtritte einen so penetranten Geruch verbreiten. Wir empfehlen demnach anzuordnen, dass in jedem in Bau 1) Nach einer Mittheilung von Reclam (Vierteljahresschrift für öffentl. Gesundheigspfl. II. 1. p. 99) steht ein grösserer Versuch mit dem Liernur’schen System in nächster Zeit in Köln a. Rh. bevor. Ea BT ye begriffenen Hause ausnahmslos, in den älteren sobald diess nur thunlich, eine solche Ventilationsröhre über das Dach geleitet werde, wobei es zweckmässig sein wird, das Rohr, um die Ventilation von äusseren Temperaturverhältnissen ‚möglichst unabhängig zu machen, längs der Küchenkamine anzubringen. Die Abtrittsgase würden dann, natürlichen Gesetzen folgend, ihren Weg in’s Freie über dem Dache finden, statt wie bisher, durch das Fallrohr in das Innere der Häuser einzudringen. Von anderen Vorrichtungen ist nicht viel zu erwarten. Deckel, Klappen und ähnliche Vorrichtungen am Abtritts- sitz, die das Aufsteigen der schädlichen Gase verhindern sollten, haben sich, wie zu erwarten war, nicht bewährt. Am zweckmässigsten sind noch die sogenannten Wasserverschlüsse (Siphons), die jedoch den Uebelstand haben, dass sie im Winter leicht einfrieren und durch absichtlich oder zufällig in das Abtrittsrohr geworfene Gegenstände leicht sich verstopfen. Die Durchlässigkeit der Abtrittsgruben ist, wie oben er- wähnt, eine der gefährlichsten Seiten der letzteren, es ist daher vorzugsweise in dieser Richtung, so weit diess über- haupt thunlich ist, eine Ueberwachung nothwendig. Bloss ge- mauerte, nicht cementirte Gruben sind absolut zu verbieten. Da die Cementauskleidung wenigstens für einige Zeit gegen den Austritt der Jauche schützt, so ist jeder Hauseigenthü- mer zu verhalten, seiner Grube eine solche Auskleidung zu geben und dass diess geschah, bei jedem Hause behördlich zu konstatiren. Ferner ist, aus den oben angeführten Grün- den, die zeitweise Erneuerung der Cementauskleidung obliga- torisch zu machen, bei welcher Bestimmung natürlich die durch Erfahrung oder experimentell sichergestellte Dauer- haftigkeit des betreffenden Cementes massgebend sein müsste, — Zur Herstellung einer wirklich wasserdichten gemauerten Abtrittsgrube gibt es nach Thorwirth (Lohmer 1. ce. p. 8) nur ein Mittel, nämlich die Errichtung einer doppelten Mauer aus Backsteinen, deren ein Fuss breiter Zwischenraum mit plastischem Thon ausgestampft wird. a Ta) en Eine derartige Einrichtung der Abtrittsgruben ist in neuester Zeit fiir die ganze Provinz Schleswig-Holstein durch eine Verfügung des Polizeipräsidiums obligatorisch gemacht worden. Die Gruben miissen nach aussen mit einer fuss- dicken festgestampften fetten Thonschicht umgeben werden. Nach der gütigen Mittheilung eines Sachverständigen muss die Thonschichte, welche zur wasserdichten Herstellung von Abtrittsgruben anzuwenden wäre, nicht von Backsteinen eingeschlossen sein, sondern es ist auch anderes Mauerwerk, theilweise selbst anderes Material zulässig. Eine weitere gesundheitsgefährliche und zugleich die be- lästigendste Seite des gegenwärtig bestehenden Cloakensystems ist die wahrhaft entsetzliche Art der Räumung der Abtritts- gruben, welche wir oben vielleicht mit zu schwachen Farben geschildert haben. Die unverantwortliche Belästigung, welcher die Bewohner Innsbrucks in Folge jener weniger als primi- tiven Ausleerungsmethode jährlich durch 12 Wochen aus- gesetzt sind, war es, welche zunächst den Anstoss gab, dass man an den so eben gegründeten naturhistorisch-medizini- schen Verein dae Ersuchen stellte, sich der gequälten Be- völkerung der Stadt anzunehmen und betreffenden Ortes Vor- stellungen in dieser Richtung zu machen. Die allgemeine Zustimmung, welche sich kundgab, als der Verein sich ent- schloss, in der That diese Aufgabe zu übernehmen, ist der beste Beweis, wie sehr die Bevölkerung sich sehnt, endlich einmal von jener eckelhaften Belästigung befreit zu werden. Wir brauchen nicht von unserm Standpunkte, mit Rück- sicht auf das oben Ausgeführte nicht weiter zu betonen, dass die endliche Abschaffung des bisherigen Modus der Gruben- reinigung im Interesse der Salubrität der Stadt dringend ge- boten erscheint, und wir geben uns der Hoffnung hin, eine löbl. Stadtvertretung werde diesem sanitätswidrigen Gebahren um so eher baldigst ein Ende machen, als gerade dieser Seite des Cloakenwesens noch am leichtesten beizukommen ist, da es eine Menge Apparate und Vorrichtungen giebt, welche die Räumung der Gruben mit keiner oder nur ge- Seo ees ringer Belästigung bewerkstelligen und welche ohne grosse Kosten angeschafft werden können. In den meisten grösseren Städten, wo noch Abtritts- gruben bestehen, hat man in der That schon lange die ur- wüchsige Methode der Grubenräumung durch einfaches Aus- schöpfen aufgelassen und hat entweder die Räumung durch Pumpapparate oder die pneumatische Räumung eingeführt. Was die erstere Methode anbelangt, so bedient man sich dazu an einzelnen Orten, z. B. in München (theilweise) und in Lyon gewöhnlicher zweistiefliger Pumpen. Sind diese gut gearbeitet, so erfüllen sie ihren Zweck ausreichend, wie z. B. aus dem Umstande zu ersehen ist, dass in Lyon die Räumung auf solche Weise am Tage vorgenommen wird und auch nur am Tage vorgenommen werden darf. In Antwerpen, Ostende, Strassburg, Metz wird die von Schmidt zuerst angegebene und nach Mesdagh modifizirte Blasebalgpumpe (pompe aspirante et foulante) benützt. Es ist eine nach dem Prinzipe der Blasebälge construirte Saug- druckpumpe, welche den Unrath in einen Kesselwagen von Eisenblech treibt mittelst sogenannter Spiralschläuche. Das Saugrohr wird bis fast auf den Grund der Grube eingesenkt und ist zur Vermeidung von Verstopfung mit einem Seiher oder Drahtkorb am Ende versehen. Die bekannte von Sal- viatti geleitete Berliner Commission wohnte in Ostende einer solchen Räumung bei. Die Röhre von der dicht an die Grube gestellten Pumpe, durch die Hausflur bis zu dem auf der Strasse stehenden Wagen gehend, war 78 Fuss lang. Die ganze Operation, durch welche 61 Kubikfuss geräumt wurden, dauerte mit Montirung des Apparats, Wasserspülen, Demontiren, Wiederaufladen der Schläuche und Pumpe 40 Minuten. Nur auf der Strasse machte sich einiger Geruch bemerkbar, weil das Mannloch der Tonne 3—4 Mal grösser war als der Durchmesser des Rohres. Nach Schluss des Deckels verschwand derselbe vollständig. (Lommer |. e., pag. 32.) Grosse Anerkennung hat sich die Schiettinger’sche (auch New-Yorker) Pumpe erworben, welche in Basel, Bonn, Cöln, Düsseldorf, Luxemburg, Mühlhausen, München ete. im Ge- brauche ist. „Diese Pumpe sieht einer Dampfmaschiene mit liegendem doppeltwirkenden Cylinder sehr ähnlich. Statt der Ventille sind jedoch Schiebersteuerungen mit Stahlmessern angebracht, welche im Stande sind, etwaiges Verstopfen durch Zer- schneiden der hemmenden Gegenstände zu beseitigen. Zwei grosse Sehwungräden, von 2 Mann gedreht, setzen 2 Kur- beln in Bewegung, an welchen die Kolben der Schieber- steuerung befestigt sind. Von der auf 4 kleinen Rädern ruhenden Maschiene geht ein starkes Gummirohr in die Cloake. Dasselbe kann bis zu 200 Fuss verlängert und 20 Fuss tief hinuntergelassen werden, so dass man eine am Ende eines langen Hofes gelegene Cloake noch von der Strasse aus leer pumpen kann, Die Flüssigkeit wird mittelst dieser Pumpe in ein Wagenfass gedrückt. Auf der oberen Seite hat jedes Fass ausser der Einlassöffnung ein Sicherheitsventil und eine Gasrohröffnung. In dem hinteren Boden befindet sich oben eine 12 Zoll lange und 11/2 Zoll breite Wasser- standsglasplatte und unten ein gusseiserner Ablasshahn. Der ganze Apparat ist in 20 Minuten bequem aufgestellt und kann ein Fass von 50 Kubikfuss in 8—10 Minuten voll- gepumpt werden. — Sowie die Flüssigkeit das Fass füllt, muss die darin befindliche Luft entweichen und mit ihr auch die übelriechenden Gase der Unrathstoffe. Diese nehmen hren Weg durch ein an die Fassöffnung angeschraubtes Kautschukrohr, das unterhalb dem Roste eines kleinen trans- portablen Ofens derart mündet, dass die Gase durch die da- rin befindlichen glühenden Holzkohlen streichen müssen“. (Die Cloakenfrage R. Hofmann, Prag 1868, p. 18. Die Maschiene arbeitet, wie wir uns zu überzeugen Gele- genheit hatten, präcis; und es ist bei sorgfältiger Manipulation mit derselben fast gar kein auffallender Geruch zu bemerken. Eine sehr saubere Methode der Ausleerung von Ab- trittsgruben ist die sog. athmosphärische oder pneumatische Bean gc Räumung. Diese wird bewerkstelligt durch luftleer gemachte Kesselwagen. Dieselben werden durch sog. Spiralschläuche mit der Cloake in Verbindung gesetzt, so dass nun nach Oeffnung eines Hahnes der Kloakeninhalt durch atmosphärischen Druck in den Kesselwagen hineingetrieben wird. Das Luftleermachen des Kessels wird entweder durch mittelst Dampf getriebenen Luftpumpen oder durch die sog. hydropneumatische Methode bewerkstelligt. Das erstere geschieht in New-York. Die Unternehmer Richer & Comp. stellen den luftleeren Raum in 5—6 Minuten in 5 Tonnenwagen zugleich her, mittelst Luftpumpen die durch eine Dampfmaschiene von 12 Pferde- kraft bewegt werden. Die Räumung erfolgt in so sauberer Weise, dass nicht einmal die in der Hausflur liegenden Tep- piche während der Arbeit weggenommen werden. In Leipzig wird der Kesselwagen durch Wasserdampf luftleer gemacht. Der Letztere wird in den Kessel eingeleitet, und dann nach Verschluss sämmtlicher Oeffnungen durch Ab- kühlung des Kessels verdichtet. Die Räumung wird am Tage vorgenommen. Die hydropneumatische Methode im engeren Sinne wird vorzugsweise in Italien angewendet. In Turin bedient man sich zu diesem Behufe eines sog. barometrischen Brunnens. Der mit Wasser gefüllte Kessel- wird nemlich durch eine luftdichte Verschraubung mit einem 32 Fuss langen Rohre in Verbindung gesetzt, welches in einen Schacht lothrecht herabhängt. Das untere gebogene Ende ist durch ein Ventil geschlossen. Sobald das letztere mittelst eines Hebels geöffnet wird und alle Oeffnungen des Wagenkessels bis auf die Rohröffnung geschlossen sind, läuft das Wasser durch das Rohr aus dem Kessel so lange ab bis im Rohre nur noch eine Wassersäule von 32 Fuss Höhe stehen bleibt. Der Kessel ist alsdann luftleer. Da die Lokalitäten nicht überall die Anlage eines mehr als 32 Fuss tiefen Schachtes gestatten, hat man in Mai- land eine Einrichtung getroffen, die überall ausführbar ist. Man hat dort ein Reservoir angelegt, welches 20 Cub. M. Wasser fasst. Aus diesem wird durch eine lothrechte Röhre ein darunter befindlicher luftdichter Kessel von 16 Cub. M. Inhalt gefüllt und dann durch ein Ventil der weitere Zufluss abgehalten. Das im Kessel befindliche Wasser pumpt man durch ein anderes an der entgegengesetzten Seite des Kes- sels angebrachtes Rohr mittelst eines durch ein Göppelwerk in Bewegung gesetzten Saug- und Druckwerkes aus dem Kessel und macht ihn auf diese Weise luftleer. Soll nun der vorher mit Wasser gefüllte Tonnenwagen luftleer ge- macht werden, so verbindet man die Tonne durch ein Rohr mit dem Kessel und lässt das Wasser aus demselben in jenen ablaufen. Da jeder Tonnenwagen 2 Cub. Meter ent- hält, so kann man mittelst des einen luftleeren Kessels 8 Wagen, in Zeit von 10 Stunden 60 Wagen herrichten und mit diesen 120 Cub. Meter Unrath räumen. (Lommer I @ m oD). Das Liernur’sche System ist wie man sieht nur eine Modification der schon lange bekannten pneumatischen Räu- mung. — Aus dem Gesagten folgt, dass es der Methoden genug gibt, mittelst welcher die Ausleerung der Abtrittsgruben auf bequeme und wenig oder gar nicht belästigende Weise aus- geführt werden kann. Die sauberste und daher am meisten zu empfehlende Methode wäre unstreitig die atmosphärische Räumung. Al- lerdings ist sie auch die kostspieligste der dazu nothwendigen Apparate wegen. Was das Luftleermachen der Wagenkessel anbelangt, so würde dasselbe keinen besonderen Schwierig- keiten unterliegen, da die Evacuation auch ohne kostspielige Pumpapparate bewirkt werden kann. Sehr gut könnte z.B. die in Turin gebräuchliche Methode zur Anwendung kommen, ohne dass die Anlegung barometrischer Brunnen resp. über 32 Schuh tiefer Schächte nothwendig wäre, da hiezu z.B. ein- fach der am linken Innufer gleich neben der Kettenbrücke von einer mehr als 30 Schuh betragender Höhe fast senkrecht herabstürzender kleine Bach, dessen Wasser nie oder nur au al Aes höchst selten ausgehen soll, und der noch dazu unmittelbar an der Landstrasse in den Inn sich ergiesst, benützt werden könnte. Die in Leipzig übliche Methode, die Wagenkessel mit- telst Wasserdampf luftleer zu machen, würde sich ebenfalls ihrer verhältnissmässigen Billigkeit wegen empfehlen. — Billig und ebenfalls dem Zwecke entsprechend wäre eine gute Pumpvorrichtung, wie z. B. die Schietinger’sche Pumpe, die sich an vielen Orten bewährt hat und über deren Preis und sonstige Details aus der Nachbarstadt München leicht Auskunft erhalten werden könnte. Selbstverständlich müssten nach Einführung eines Pump- apparates die bisher gebräuchlichen Kastenwägen, die wie ein Jeder sehen und riechen kann, nichts weniger als ihrem Zwecke entsprechen, abgeschafft, und durch luftdicht ver- schliessbare Tonnen- oder Kesselwägen ersetzt werden. Naturw.-med. Verein. 4 00T =: vuung 69 OOT: JuumS __OOT sewumg & 9°e 710 x 00€ yoy 3 GV ‘10 x OTT : “01S "n -pueg — ur a = ee oe) S 626 :009 “ yo 2 fay | = =G6> =: 08N zZ 02 Son 3 a a EEE LE aquaoolg IT IT :0 1% 7 2:08 a}UB00Ig aepuas[oy uegIofq ueur eye en FI :OeN uasozesqe ovanesuapyoy ap par | OJyoy] pun pureg uoa snzqy yoeN aqUed0Ig ZS OE qedia esdjeuy aaneyjuenb ar "uouuomad %,96'G Ua}UeD0Ig UI osfe eyOSW wWurely ye, snerep pun Weyosesule ‘AeA UOSUIEM -98 SIOUK) [NV YOIOATISQAOPSIN UI Ule}sUENG 129 ayopoMm ‘ozueyq uejouyoores Jap yIO'T GT uopına Sa ‘O12 M U woa wınsoamnanms wintu9Älo(T UOA VUISY Jop asdTeu nay [ V dep jeuy Analyse der Asche von Taxus baccata Rudolf Kélle. Zur Bestimmung wurden die Zweige sammt den Nadeln von Taxus baccata, angeblich auf kalkfreiem Boden gewachsen, verwendet. Die quantitative Analyse ergab in 10 Theilen: Kohlensäure... 2... 24.41 Kieselsaure; cc) op 0.....0:.00528 Schwetelsaunen. sa. ae 2531.92 Bhosphorsäure.. 2.2... 72,. 4413 Chlorau av 220 Sr ee 20.07 IMapwesiar ie. ERDE Kalle er ar ne an 5) 0) 0 | isenoxydin.. 0.0... Ve ee e500) Kal een ea 5008 27.00 Natron. 2210 Thonerde und Mangan . . Spuren Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf die reine Asche. Sand und unverbrannte Kohlen wurden dabei in Abrechnung gebracht. Im chem. Laboratorium der Universität wurden im Jahre 1869/70 ausser den angeführten Analysen und einigen andern noch in der Ausarbeitung begriffenen analytischen Arbeiten noch folgende Untersuchungen theils vollendet, theils begonnen : Ueber isomere Kresole, über Umwandlungen des Phenols (s. oben), über Bromphenolsulfosäuren, über Derivate der Ellagsäure, über Pratokatechusäure, über Thymol, über Gum- milack, über Gummigutt und Isuvitinsäure, über Phenoldi- sulfosäure. Vorliufige Notiz über eine Modification der Dampfdichte - Bestimmung, von Prof. Dr. L. Pfaundler. Die Anwendung eines dem Regnault’schen Luftthermo- meters ähnlichen Apparates zur Bestimmung der mit der Temperatur steigenden Expansivkrafte von Dämpfen mittelst Messung der zur Erhaltung eines konstanten Volumens nö- thigen Drucksäulen ist durch zwei Umstände erschwert oder unausführbar gemacht. Erstens darf bei Dämpfen wegen eintretender Condensation kein Theil der den Dampfraum mit dem Manometer verbindenden Räume einer tiefern Tempe- ratur ausgesetzt werden, als im Dampfraum selbst herrscht, wodurch dann wieder eine Miterhitzung des Quecksilbers mit allen ihren erschwerenden Konsequenzen nöthig wird. Zwei- tens ist diese Methode völlig unanwendbar für solche Sub- stanzen, welche in Berührung mit dem Quecksilber zersetzt werden. Hiedurch werden gerade eine Reihe solcher Ver- bindungen ausgeschlossen, welche Chlor, Brom oder Jod ent- halten, z. B. Brom- und Jodwasserstoff- Amylen, Phosphor- chlorid, ferner Schwefelsäuredampf u. s. w. lauter Verbin- dungen, für welche gerade jetzt wegen ihrer Dissociation ge- naue Bestimmungen in grösserer Anzahl erwünscht wären. Indem ich mir die Aufgabe stellte, die erwähnte Methode Ahle auch für solche Substanzen anwendbar zu machen, kam mir der Gedanke, dies auf folgende Weise zu versuchen. Da nach Regnault’s Bestimmungen die Spannkräfte der Dämpfe im leeren Raum und im lufthältigen sehr nahe gleich sind, so ist es gestattet, den Dampf durch eine Luftsäule vom Quecksilber abzutrennen. Die völlige Vermischung derselben mit dem Dampfe kann auf folgende Weise auf längere Zeit genügend verhindert werden. Als Dampfraum dient ein aus mehreren übereinanderstehenden mit Kapillarröhren verbun- denen Räumen gebildetes Glasgefäss.. Die zu verdampfende Substanz kommt in den untersten derselben, dessen Grösse so berechnet ist, dass der Dampf auch bei der höchsten Temperatur ihn nicht ganz erfüllt. Trotzdem wird beim Er- hitzen die ausgetriebene Luft und die Diffusion einen Theil des Dampfes in den 2, Raum überführen, von diesem gelangt bereits ein kleinerer Bruchtheil in den dritten Raum, weil das übertretende Luftquantum ein geringeres sein muss. Es wird nämlich während des Erhitzens durch künstliches Er- höhen des Druckes das Gesammtvolum von Dampf und Luft konstant erhalten, wodurch es unmöglich wird, dass aus dem obersten Raume eine merkliche Luftmenge entweiche. Es ist leicht einzusehen, dass auf diese Weise bei genügender Anzahl getrennter Räume, besonders bei grossem spez. Ge- wichte des Dampfes und sehr regelmässiger Temperaturstei- gerung, die Ueberführung merklicher Mengen von Dampf- theilchen in die Kapillarröhre, welche ausser dem Erhitzungs- raume zum Manometer führt, auf lange Zeit verhindert wer- den kann. Bevor endlich durch fortwährende Diffussion die- selben merklich würden, ist man längst mit einer Beobach- tungsreihe fertig und überzeugt sich durch Uebereinstimmen der auf rückwärtigem Wege erhaltenen Resultate mit den früher gefundenen, von der Richtigkeit der gemachten Annahme. Dem beschriebenen Apparate können noch einige Uebel- stände nachgesagt werden. Abgesehen davon, dass die Em- pfindlichkeit der Methode durch grössere beigegebene Luft- massen verringert wird, dass durch ungleich rasches Erhitzen im Daa aM Tia Se DAS Re NAD as Innern der Räume Strömungen entstehen können, welche den- noch vor der Zeit Vermischung herbeiführen würden, ist vor Allem als wesentlicher Emwand der zu berücksichtigen, dass im Falle einer Dissociation auf dem Wege der Diffusion die Bestandtheile in ungleicher Menge in die Räume vertheilt werden können, wodurch , wie ich seinerzeit gezeigt habe, die Dissociation beeinflusst und daher auch ein anderer (hö- herer) Dampfdruck herbeigeführt werden kann, als bei der herrschenden Temperatur in einem ganz vom Dampfe er- füllten Raume eintreten würde. Um dies zu vermeiden ver- suchte ich, statt des zweiten, dritten etc. Raumes eine lange, irgendwie gewundene Kapillarröhre in Anwendung zu bringen. Man sieht ein, dass es lange dauern muss, bis die in dieser Röhre enthaltene Luft bis an ihr Ende durch Diffu- sion mit Dampftheilen erfüllt ist: Durch einen besonderen Kunstgriff kann man dies überdies bis nahe zum Zeitpunkte des Beginns der Beobachtungen, also während man bis nahe zur Beobachtungstemperatur erhitzt, vollständig verhindern, indem man zu Anfang noch etwas Luft in der anliegenden Manometerröhre über dem Quecksilber zurück behält, d. h. also dessen Niveau unter der Marke einstellt und dann diese Luft während der Zeit des Erhitzens allmälig durch entsprechende Druckerhöhung im andern Schenkel in den Dampfraum zurückpresst. Ich habe bis jetzt noch keine quantitativen Versuche nach der beschriebenen Methode angestellt, wohl aber auf qualitative Weise bei Anwendung von Jod-, Schwefel- und Bromamylen-Dämpfen mich überzeugt, dass die nach der Er- hitzung abgeschnittenen Röhrentheile auf hinreichend grosse Strecken frei von diesen Substanzen geblieben waren. Ueber die Anwendbarkeit der Methode müssen also erst noch Ver- suche entscheiden, welche anzustellen ich im Begriffe stehe. Tabellen zur Berechnung des Verlaufs der Dissociation nebst leichtfasslicher Anleitung zum praktischen Gebrauch derselben. Von Prof. Dr. L. Pfaundler. Einleitende Bemerkungen. Als ich vor drei Jahren die Grundzüge einer Theorie der Dissociation veröffentlichte 4), enthielt ich mich jeder Hy- pothese über den quantitativen Verlauf derselben. Inzwischen sind von Alex. Naumann?) und von Horstmann 3) hierüber zwei verschiedene Annahmen vorgeschlagen worden. Die von Naumann herrührende Annahme ist durch die Gleichung N V p pr ausgedrückt, und setzt die absolute Zersetzungs-Temperatur gleich der mittl. geometr. Proportionale zwischen den abso- luten Temperaturen der beginnenden (eben merklichen) und der vollendeten Zersetzung. Die zweite, hievon wesentlich verschiedene und einge- hendere Hypothese von Horstmann findet ihren Ausdruck durch die Gleichung 1) Poggend. Ann. Bd. 131 S. 60. 2) Ann. Ch. Pharm. V. Suppl. Bd. 341, ferner Grundriss der Ther- mochem. von Naumann $. 60 Anm. 3) Berichte d. deutsch. chem, Ges. Bd. I S. 210. eS ed ey ice h(t-To) —h*(t-To)? Aiden Weal 2e i = \ d [h(T-To)] ve worin bedeuten: A die theoretische Dichte D die beobachtete Dichte bei der Temperatur T, (Mit- teltemperatur der Moleküle) T die variable Temperatur, t die Zersetzungs - Tempe- ratur, e und 77 die bekannten Zahlen, h eine für die näm- liche Substanz konstante Grösse. Aus dieser Gleichung, welche den Zusammenhang zwi- schen Temperatur und Dampfdichte gibt, leitet sich unter Berücksichtigung der Relationen A DIE Mr Ad py ———_——— 1+y die Gleichung für die Abhängigkeit von Temperatur und Zersetzungsgrad ab. x und y bedeuten nämlich die Bruchtheile der noch unzersetzten und der schon der Zersetzung anheimgefallenen Moleküle, deren Summe — 1 gesetzt wird. Die „Procente der Zersetzung“ oder der „Zersetzungs- grad“ wird also durch 100 y ausgedrückt. Bezeichnet man ferner mit 0 dieGrösse t—T, d. i. den Temperaturab- stand der beobachteten Temperatur von der Zersetzungstemperatur in Graden Cels., so hat man für den Zersetzungsgrad nach der Hypothese von Horstmann hd —h?0? ‘ 2e 1 \ d|h(T—To = na re — 100.49) > 100y—100 an wenn zur Abkürzung g (hd) statt des Integrales gesetzt wird. Aehnlich findet man 100 = 100 = 100 y = 100 Er 8) Für ein negatives 0 ist also y ebenso gross, wie x für ein positives 0. Das heisst bei Temperaturen, die gleichweit unterhalb und oberhalb der Zersetzungstemperatur liegen, ist die Menge der unzersetzten Moleküle einerseits gleich der Menge derjenigen, die zersetzt wurden ') andererseits. Diese Symetrie bildet den Hauptunterschied zwischen den Hypo- thesen von Horstmann und der von Naumann. Konstruirt man also eine Curve, deren Abseissen gleich den Tempe- raturabständen d, deren Ordinaten gleich den Procenten der Zersetzung also == 100 y sind, so hat dieselbe die in Fig. I. gezeichnete Form. Die beiden Hälften sind kongruent. Man benöthigt da- her nur die Hälfte der ganzen Curve und erspart %/, des Raumes, wenn man die 2. Hälfte weglässt und statt der Ordinaten dieser Hälfte die Ergänzungen der Ordinaten der 1. Hälfte zu 100 nimmt. Man braucht also nur die Zeich- nung zu stürzen, und die Koordinaten an den verkehrt ge- schriebenen Zifferreihen abzulesen ?). Unter Figur Il. sind mehrere solcher Curvenhälften mit Genauigkeit gezeichnet, es sind diejenigen, welche den Werthen br 20:0152.0:025 0.032 7 bis 0210 entsprechen. Die nahe Uebereinstimmung der Beobachtungsresultate insbesondere der von Deville und Troost, dann von R. Müller 1) Man darf der Deutlichkeit wegen nicht sagen „zersetzten“, denn die Anzahl der „zersetzten“ ist doppelt so gross als die Anzahl derjenigen, die zersetzt wurden. 2) Man darf die hier besprochene Curve nicht verwechseln mit der von Horstmann gezeichneten; denn sie stehen zu einander in dem Verhältnisse einer ursprünglichen Funktion zur abgeleiteten. Die be- sprochene Curve liefert also durch ihre Ordinaten die Flächenräume der Curve von Horstmann. MET: angestellten Dampfdichtemessungen der Untersalpetersäure mit den von Horstmann berechneten Dichten lässt erwarten, dass seine Hypothese das wirkliche Gesetz darstelle, oder doch diesem sich sehr annähere. Dadurch entsteht das Bedürfniss einer raschen und be- quemen Ausmittlung der wichtigen Grössen t und h aus den Dampfdichten und umgekehrt der Berechnung der Dampf- dichten für gegebene Werthe von t und h. Bisher war diese Rechnung, wenn auch von keiner Schwierigkeit, doch unbe- quem, weil sie die Benützung von grösstentheils nur in astro- nomischen Werken enthaltenen Tafeln erforderte. Ausserdem wäre sie sicher der Mehrzahl der Chemiker nicht geläufig, obwohl gerade für diese das Bedürfniss darnach sich ein- stellen wird. Ich glaube daher Manchen einen Dienst zu erweisen, indem ich die ursprünglich nur zum eigenen Ge- brauche berechneten Tabellen veröffentliche und eine ganz populäre Anleitung zu ihrer praktischen Verwendung vor- ausschicke. Binrüchtung und Gebriauch der Dis SoCiat?rons tape! lem. Der Verlauf der Dissociation irgend einer Substanz ist dann vollständig bestimmt, wenn man die Werthe von t und h kennt. t bestimmt die mittlere Temperaturhöhe, h den Temperaturumfang der Zersetzungsperiode. Diese Werthe sind also zur Charakteristik einer Substanz ebenso wichtig, wie etwa Schmelzpunkt, Siedepunkt, Dichte, Wärme- capacität u. s. w. Bei den bis jetzt untersuchten Substanzen liegt h zwischen 0.010 und 0.021. Je langsamer zersetzlich ein Körper ist, desto kleiner ist sein h. Die Tabelle enthält nun in 4 Abtheilungen die Disso- ciationskurven für folgende 63 Werthe von h. hb ==) O:010 0.011 0.012 0.013 0.014 0.015 0.016 0.017 0.018 0.019 0.020 0.021 0.022 0.023 0.024 0.025 0.026 0.027 0.028 0.029 0.030 0.031 0.032 0.033 0.034 0.035 0.036 47 hos 0.040 0.045 0.050 0.055 0.060 0.065 0.070 0.075 0.080 0.085 0.090 0.095 0.100 0.100 0.110 0.120 0.130 - 0.140 0.150 0.160 0.170 0.180 0.190 0.200 0.200 0.220 0.240 0.260 0.280 0.300 0.320 0.340 0.360 0.380 0.400 Muse Diese Werthe von h finden sich in den horizontalen Aufschriften der Tabelle. Am linken Vertikalrande derselben sind in ganzen Graden fortschreitend die Temperaturabstände T—t — 0 an- geschrieben. T ist irgend eine beobachtete oder angenom- mene Temperatur, für welche der Dissociationsgrad bestimmt werden soll, t die Zersetzungstemperatur d. h. die Tempe- ratur der eben halb vollendeten Zersetzung und zugleich jene, bei welcher die Dampfdichte — ?, der theoretischen ist. Ist also z. B. die Zersetzungstemperatur des Phosphor- chlorids 198° Cels., so entspricht dieser ein d — 198° — 198° — 0°, der Temperatur 100° Cels. entspricht d — 100—198 — —98°, der Temperatur 0° entspricht d = 0--198 = —198°. Man versetzt also einfach den Nullpunkt der Tempe- raturscala in den Zersetzungspunkt. Dort nun, wo die vertikalen und horizontalen Reihen zusammentreffen, findet sich der Zersetzungsgrad (100 y) in Procenten bis auf Hundertel angegeben, der diesem h und d entspricht. Die 63 Verticalcolumnen bilden also ebensoviele Muster, nach welchen die Zersetzung (bis zur Mitte) verlaufen kann. Trifft sie nicht mit diesen Mustern zusammen, so fällt sie in ihrem ganzen Verlaufe zwischen zwei derselben hinein, wo man dann durch Interpolation die genauen Werthe be- rechnen oder schätzen kann. Der Umfang der Tabelle dürfte für die meisten Fälle jetzt schon genügen. Streng genommen ist jede Dissociations- curve unbegrenzt. Nimmt man aber für den merklichen Beginn der Zersetzung eine solche von 1/4% und ebensoviel Gehalt an unzersetzter Substanz für das Ende derselben, so reicht die Tabelle von einem Dissociationsumfang von 400° der dem h — 0.010 entspricht, bis herab zu einem Umfang von 10°, dem ein h — 0.400 zugehört !). 1) Ohne Festsetzung einer bestimmten Procentzahl als „merklichen“ Be oa Wie man sich in jenen Fallen zu behelfen habe, welche die Grenzen der Tabelle überschreiten, soll unten näher an- gegeben werden. Aufgaben und Beispiele Aufgabe I. Es sei gegeben: die theoretische Dampfdichte 4 die beobachtete ie D Es soll der Zersetzungsgrad p berechnet werden. Diese Aufgabe geht, wie die folgende, der Beniitzung der Tabelle voraus. Man hat 4 p= 10 y = 10 (5 -1)) Beispiel. Bei 90° Cels. wurde beobachtet die Dampfdichte der Untersalpetersäure, N,0,, D — 1.72 92 ai rbot fee ea eee Die theoretische Dichte beträgt 98.94 3.179 es ist also p = 100 — 1) — 84.825 % Aufgabe IL. Es sind gegeben: die theoretische Dampfdichte 4 die beobachteten Dampfdichten D’ und D” welche bei den Temperaturen T’ und T” herrschen. Beginn resp. Ende der Dissociation ist es nicht möglich von Dissociations- umfang zu sprechen, weil sich dieser im Verhältniss zur Procentzahl ausserordentlich rasch ändert. So z. B. ändert sich bei der Curve h — 0.010 der Umfang um 36 Grade, wenn man statt der merklichen Zer- setzung = '/,°/, eine solche = 1/,%/, annimmt. 1) Naumann Ann. Chem. Pharm. Suppl. V. 344. gy Sc ae Es soll die Zersetzungstemperatur t berechnet werden. Man berechnet zuerst aus 7, D’ und D” nach Auf- gabe I. die Werthe p’ und p”. Liegen diese nicht allzuweit oberhalb und unterhalb von 50%, so kann man die Aenderung von p proportional der Aenderung der Temperatur setzen und so t durch geradlinige Interpolation bestimmen. Es ıst also 50-—p’ t ca „ ’ Cry T) T’ PP 7 oder auch p’—b0 ee (T’—T’) ETI Aehnlich, aber mit geringerer Genauigkeit, wird man t erhalten, wenn p’ und p” auf derselben Seite von 50°, liegen. Die Berechtigung dieser Rechnungsweise ergibt sich beim Anblicke der Dissociationscurven von selbst. Man sieht, wie dieselben schon von 30", an fast geradlinig verlaufen. Beispiel: Für Untersalpetersäure wurde gefunden: Ber, 052.02 072.23 Bei a’ — 60.210 — 2:08 Man berechnet pe = 42°56 Pi 92,84 pep == 1028 Dur. 820 97 50: — 2:84 woraus sich ergibt ton Sind die beobachteten Temperaturen zu weit von der Zersetzungstemperatur, also p’ und p” zu weit von 50°, entfernt, insbesondere wenn sie auf derselben Seite liegen, so befolgt man statt des eben beschriebenen Verfahrens das spater unter Aufgabe V angefiihrte, welches ganz allgemein anwendbar ist. Aufgabe IL. Es sei gegeben: die theoretische Dampfdichte 4 die beobachtete Dampfdichte D bei der Temperatur T die Zersetzungstemperatur t. Man soll das zugehörige h bestimmen. Man rechnet zuerst aus D und 4 den Zersetzungsgrad p nach Aufgabe I. Dann sucht man d — T—t. Es sind nun 2 Fälle möglich; entweder ist p < 50 wo dann auch Ö negativ ausfallen muss, oder es ist p >50 und d positiv. a. p < 50, d ist negativ. Man sucht d in der Rand- spalte auf und schaut horizontal nach rechts fortschreitend, - in welcher Vertikalspalte man dem Werthe p begegnet. Das h welches am Kopfe dieser Vertikalspalte steht, ist die ge- suchte Zahl. Passt keine Vertikalspalte genau, so interpo- lirt man, falls man mehr als 3 Decimalen für h haben will. ß. Es sei p > 50 also d positiv. In diesem Falle rechnet man 100-—p und verfährt mit dieser Zahl wie frü- her mit p. Beispiel zu @. Für Bromwasserstoff- Amylen fand Wurtz bei 165°. D5 — 5414. Die theoretische Dichte 74 ist gleich 5.22, t = 245°. Man berechnet p — 1.56, d — —80. Geht man mit letzterer Zahl in die Tabelle ein, so findet man die Zahl 1.58 als nächste zu 1.56 unter einem h — 0.019. Die Interpolation gäbe 0.01905. Sie ist aber überflüssig, weil diese Decimalstellen doch unsicher sind. | Beispiel zu ß. Für Phosphorchlorid fand Cahours bei 274° D = 3.84 Ast 12248 198 Man berechnet p — 88.54, 100 — p = 11.46 d = -+ 76. Mit dieser Zahl geht man in die Tabelle und findet in der Vertikalspalte h = 0.011 den nächsten Werth an 11.46. Aufgabe IV. Es sei bekannt: die theoretische Dampfdichte 7 die Zersetzungstemperatur t die Konstante h. Es soll fiir beliebige Temperaturen z. B. T die Prozent- zahl p und die Dampfdichte D berechnet werden. Man berechnet zuerst T—t — 0, wird es negativ, so findet man unmittelbar in der Vertikalreihe h und der Ho- rizontalreihe d die gesuchte Procentzahl p. Ist d positiv, so verfährt man ebenso, zieht dann aber p von 100 ab. Der Rest ist die gesuchte Procentzahl (Zer- setzungrad). Die Dampfdichte folgt dann aus der Gleichung 4 100 Beispiel. Für Untersalpetersäuredampf sei bekannt 4 = 3.179, tr 51.900 10.0238. Es sei für die Temperaturen 40° und 60° der Zer- setzungsgrad und die Dampfdichte zu berechnen. 40 — 57.9 — — 17.9, man findet aus der Tabelle durch Interpolation zwischen 29.65 und 30.68 die Zahl 29.75. 60 — 57.9 — + 2.1 man findet auf analoge Weise 4755 was von 100 abgezogen 52.47 gibt. Setzt man diese Werthe in die Gleichung für D so erhält man fir, 409° D == 2/45 für 002, Di — 2109: Aufgabe V. Hs sei gegeben die theoretische Dichte 4 die gemessenen Dampfdichten D’ und D” für die Temperaturen T’ und T’ Sc el Die beiden Beobachtungen sollen so liegen, dass eine unmittelbare Rechnung von t nach Aufgabe II. unthunlich ist. Es soll also zuerst h, dann t und weiter der ganze Verlauf der Dissociation bestimmt werden. Man berechnet zuerst die Procente p’ und p” nach Auf- gabe I. Es sind dann drei Fälle möglich a, p’ und p” sind beide kleiner als 50 Baupund pw. ss...) orössen als 50 y. p’ ist kleiner, p” grösser als 50. a. Man sucht p’ und p” und zwar beide in Einer der Vertikalreihen und berechnet die Differenz der zugehörigen 0. Diese Differenz muss gleich gross werden, wie T’ — T. Man findet nach einigem Probiren nach rechts und links leicht jene Vertikalreihe, welche dieser Bedingung am nächsten genügt). Das am Kopf dieser Reihe stehende h ist das gesuchte. Die Zersetzungstemperatur ist dann ee DY + A oder wm. un 3” ß. Sind p’ und p” grösser als 50, so rechnet man 100 — p’ und 100 — p” und verfährt dann wie vorhin. Für t hat man dann a 0” oder (o’ und d” absolut genommen) A NU Ms 5 y. Ist p’ kleiner, p” grösser als 50, so rechnet man 100 — p” und sucht nun wieder jene Vertikalspalte in *) Recht bequem bedient man sich hiebei eines Zirkels, den man an der Vertikalspalte der d auf die Differenz T'' — T’ öffnet, worauf man jene Vertikalreihe sucht, in welcher p' und p'' gleichzeitig unter die beiden Spitzen zu liegen kommen. Dies geht aber nicht beim Falle y. Es würde auch dort angehen und überhaupt alle diese Regeln sich vereinfachen, wenn man die 2. Hälfte der Tabelle hinzufügen wollte. Ihre Berechnung hätte keine Schwierigkeit, da einfach die Ergänzungen zu 100 zu rechnen wären. Naturw.-med. Verein. 5 0) he man die unter 3 stehenden Zahlen zu “aan un f N a man so h gefunden, so ist diesmal a = T + 0 = T” — 0” (0" absolut an, Für Untersalpetersäure wurde gefunden: Ire ARC — anal) De — 289 Eon. 04196) 02 — 22. a Aus # = 3.179 und D’ und D” ergibt sich zunächst — — 125.65 | Br a p’ = 40.04 Diese ae findet man in der Vertikalspalte | Wier 0.010 abstehend um 46°—18°—28°, da nun T” — T= 49.6 — 35.4 — 14.2° ist, so suchen wir weiter gegen rechts und finden der Reihe nach | in der Spalte h = 0.011 den Abstand 42 — 16 — 26 i 5 0.012 a 39 — 15 = 24 5 EN 0.013 5 36 — 14 = 22 i hy 0.014 N, 33 — 13 = 20 er 5 0.015 5, st ul) 5 “3 0.016 a 29 — 11 = 18 5 hs 0.017 = 27 — 11 = 16 a i 0.018 s 26 — 10° Hoss N 1. 0.019 5 24 — 9 = 15 > 220.020 s 23 HZ 14 4 0.021 N 225 — 8&,—13, | Wir bleiben also bei h — 0.020 stehen, weil der Ab- stand 14 am besten passt. (Horstmann nimmt h = 0.0209 an, welcheZahl auch mit der Mehrzahl der Messungen besser passt). | Für t haben wir sodann: t = 49.6 9 = 58.6 a ‘ oder ti 354 1 23 583.4 Elan Beispiel zu £. Für Untersalpetersäure wurde gefunden : Kine LIND Lee A, 3 Bung (100d Di — 1.68, Man berechnet zuerst p = 72.17 = 100 — 27.23 pl) == 189.231 =— LOO 7 LOT (. Man geht nun mit 27.13 und 10.77 in die Tabelle, und sucht jene Vertikalspalte, wo sie einen Abstand von 100.1 — 79.0 = 21.1° zeigen. Dies ist der Fall in der Spalte h — 0.021, denn man findet daselbst diesen Abstand — AIG —4) 21.5, =) 21.2% Fir t hat man t = 100.1 — 42.6 — 57.5 oder t = 79.0 — 1204 = 586. Beispiel zu y. Für Untersalpetersäure wurde beobachtet Kuna — 1496.02 = 224.4 — 2300 Bor 7), — 121.5, .D” — 1,62 Man berechnet: p’ = 40.04 DL ——..96.28, — 100 — B77. Man geht mit den Zahlen 40.04 und 3.77 in die Ta- belle und sucht, da T’ — T’ — 71.9 ist, jene Vertikal- spalte, für welche die mit 40.04 und 3.77 auf gleicher Höhe befindlichen d zusammengezählt 71.9 geben. Diese Be- dingnng erfüllt am nächsten die Vertikalspalte für h — 0.020 den daselbst entsprechen den Procentzahlen 40.04 und 3.77 die Werthe 9 und 63 deren Summe 72 ist. (Die Nach- barreihe zur Linken gäbe 9 und 67, deren Summe 76 zu gross, die zur Rechten 8 und 60, deren Summe 68 zu klein wäre). ; Schliesslich findet man Me. 49:6) + 9, == 58.6 oder ti 1. 0. — 1215 03 539 5% RN Si Mahl Aufgabe VI. Es sei eine ganze Reihe von Dampfdichten bestimmt, ferner die theoretische Dampfdichte bekannt. Man soll den wahrscheinlichsten Werth von h berechnen. Diese Aufgabe in aller Strenge zu lösen wäre von der grössten Schwierigkeit und würde sich kaum verlohnen. Es sollen also nur einige Winke hier gegeben werden, wie sie mit genügender Annäherung gelöst werden kann. Es könnte scheinen, dass es am vortheilhaftesten sei, diejenigen Werthe von D mit einander zu kombiniren, welche am allerweitesten von einander abstehen. Dem ist aber nicht so. Ein Blick auf die Curven zeigt, dass die Ordinaten zweier Nachbarcurven nicht dort am verschiedensten sind, wo sie sich den Enden der Dissociation nähern, sondern in der Nähe von 25% der Zersetzung weichen die Curven am weitesten auseinander. Es muss daher auch vortheilhafter sein, jene Dampfdichte-Bestimmungen zu benützen, welche solchen Procenten der Zersetzung entsprechen. Kombinirt man diese aus der untern Hälfte mit jenen aus der obern (einer Zersetzung nahe um 75%. entsprechenden, so erhält man nach Aufgabe V. eine Reihe von Bestimmungen des h aus denen das Mittel einen sehr wahrscheinlichen Werth er- geben muss, den man dann noch durch Berechnung der üb- rigen gemessenen Dichten kontrolliren kann. Aufgabe VIL. Es sei von einer Substanz weder die theoretische Dichte (also auch nicht das Molekulargewicht) noch die Zersetzungs- temperatur bekannt; man kenne nur 3 Dampfdichten D’, D” und D’’ für die Temperaturen T’, T’ und T’”’, von denen man nur weiss, dass sie innerhalb der Dissociationsperiode liegen. Es soll hieraus. die theoretische Dichte 4, die Zer- setzungstemperatur t, die Konstante h, also auch das Mole- kulargewicht und der ganze Dissociationsverlauf berechnet werden. EN hee Diese Aufgabe, welche allerdings von theoretischem In- teresse, aber vielleicht weniger von praktischer Bedeutung ist, könnte man zunächst in der Weise durch Probiren zu lösen versuchen, dass man verschiedene 4 annimmt, die drei p daraus rechnet und zusieht, ob sich diese in dem durch die Temperaturen T’, T’ und T’’ verlangten Abständen in der Tabelle finden. Diese Methode wäre ausführbar aber sehr mühsam. Vortheilhafter ist es, auf die ursprüngliche Gleichung von Horstmann zurückzugehen: ad ia © ee welche wir folgendermassen umstellen: 3—24 ht — T) =f [=] Durch Substitution der drei Versuchsresultate erhalt man also folgende Gleichungen: || ae Z Oh mda! 6m] — N Indem man subtrahirt und dividirt erhält man ee I ete, ee Se Zur Berechnung von fi, f,, f, hat man jene Tafeln nöthig, aus denen die unsrige hervorgegangeu ist, welche den Werth des Eingangs erwähnten Integrals aufzuschlagen ge- statten N). Man sucht nun durch systematisches Probiren jenen 1) Die von mir benützte Tafel ist dem Werke: „Die Anwendung der Wahrscheinlichkeits-Theorie von Prof. Dr. A. Sawitsch, deutsch von C. G. Lais“ entnommen. ni! Dr en Ein Beispiel wird dies erläutern. Es sei gegeben für Untersalpetersäure: ie du BOSS D’ Ditty) ==8 12.28 pa i120 5 iy | D" Diff, — 48.1, 34 TOOL? Bo DD. ay Shae NZ 4 AMAS: hy: a | lO Ons Die unbekannte 4‘ muss en 2.46 und 2 x 1.68 = — 3,36 enthalten sein. Wir versuchen daher zuerst mit der ganzen Zahl 3 und setzen probeweise = NA ah © A = 3 Eat af tect Ad N dann wird : et _ Hiezu aus der Tafel. 4 2 a a 2.4390 3 — 2.4390 = 0.5619 | 0.55 8 D 46 „ = sas — 2.6906 3 — 2.6906 = 0.3094 0.28 i D 2.23 : a — — 5.5715 3 — 3.5715 = 0.5715 | — 0.56 | 84: 27T ST statt Sloane ui mal ae Nun setzen wir probeweise 4 — 3.2 en : | | Hiezu aus der Tafel. A R 2 ne a = aa DE 0.37 a D 246 \ x get, 62 2 oso ons | nn ‘ Dean 223 i Ree m) TAA om I — 10809 —— 0.925 ae ei 1.63 1.040): 0.255 — 1.08 statt, 3, 94, eT Oy Wir sind also schon sehr nahe am richtigen Werthe für 4, doch. ist der Werth 3.2 noch etwas zu gross. Indem wir innerhalb dieser engen Grenzen die Aende- rung von ee proportional der Aenderung von 7 setzen, erhalten wir durch Interpolation sogleich emen nähern Werth: 4.08 —3.94—0.14 4.08—3.11—0.97 3.2-—3.0=0.2 0.25 40:90 1x2: 0.14 x = (0.03 ist also die Verbesserung, welche von 3.2 ‚abzuziehen ist. 3.2 — 0.05 — 3.17 wäre also der Werth von 4, der richtige Werth ist 3.179. Nachdem 74 ermittelt, ergibt sich h, t etc. nach dem Frühern mit Leichtigkeit. Diese Methode setzt sehr genaue Dichtebestimmungen voraus, ausserdem ist ihre Genauigkeit natürlich sehr von einer günstigen Lage der Versuchsergebnisse bedingt. Aufgabe VII. Es soll eine ausserhalb die Tabelle fallende Grösse p berechnet werden. Handelt es sich um eine Erweiterung der Tabelle nach oben, so ist diese nur mit Hilfe der ursprünglichen Integral- tafel ausführbar, und zwar muss dieselbe den Werth von hd über 2 hinaus enthalten !), Eine Erweiterung nach rechts oder links, d. h. für noch srössere oder noch kleinere h hat dagegen keine Schwierigkeit. Da nämlich p gleich gross bleibt, wenn hd gleich bleibt, so kann man für ein doppeltes, dreifaches, n faches h das zu p gehörige d ermitteln, indem man durch 2, 3, n divi- dirt. Aehnlich erhält man durch Multiplieiren die d zu den kleinern h. Beispiel. Es sei h — 0.009, d = 100, wie gross ist p? 1) Die Tafel im erwähnten Werke von Sawitsch reicht nur bis [>] 2, man findet aber deren, welche bis 3 reichen. OR Da 0.009 nicht mehr in der Tabelle enthalten ist, so multipliciren wir mit 2 und erhalten 0.018, welches sich vorfindet, dafür halbiren wir d und finden also in der Ver- tikalspalte 0.018 bei d — 50 die Zahl p — 10.16. Diese Aufgaben und Beispiele werden genügen, um den Gebrauch der Tabelle zu erläutern. Viele dieser Aufgaben liessen sich noch schneller an der grafischen Konstruktion lösen, insbesondere bei Aufgabe VI würde es vortheilhaft sein, gleich alle Werthe von p grafisch aufzutragen, um zu sehen, welche Curve am besten entspricht. Schneller wür- den ferner die Bestimmungen auszuführen sein, wenn man un- mittelbar die Tabelle für die Dichten statt für die Procente einrichten würde. In diesem Falle müssen aber beide Hälften gerechnet werden, da sie nicht symetrisch sind. GL ILUPES S196 SLI6S ET ]SZ FLE6 FI L9 OSS IL 98 TLS SLIFI SLiI8' St $9°6 |9T’OL|OSOL 'g |8z'6 |16°6 9F'8 120'6 OL'L \68°8 66:9 199° €9'ST\SE OT IG PLES ST Fr SLO. FL SV'GLIFL El ZPTLILT SL IgOLISZIL OL LT L6°ST 06 FL LEEL 06°%L L611 IL IL 96 OL 98° LT|G9'8 PL OLIESL L9°ST\9F'9 PO PISS 99 SLIPT FT GL GLIOG € €8' LL097 86 OT ST ST-O1IE6'0 "9200.12 011420 8%) 671 jez 9°01 \0F0'0! 07672262 +07 og|es'08 118% 0297 23H ‚LE GENTS [eL0e 2200 69ST FGI TeZUL6 21 10'9TIL9'91 aT ser s#21 FF E01 26 698 632 er 989 jeg0 oserzUHL casi § Sot toe IL 16201/2801 86 ors BIL 739 erg BES 06 Ler Gas FPS FOE 397 96 90% ites LET 6ET £0 680 320 go 929 Eid 170 at) 0s°0 +0 820 a) 80 70 6£0:0/8£0:0|280:01980°0 eo: CRERREERTERRENTE Eee erator ly OP SL LF OE LF SHLES ESTEIFOZEIFSZEIIO ER] #862, 6E°08]E60E1SF IE 0282| 22'8298'62/#6 67 109°92,08 1208 1214487 70:27 89°°2]6€9212697 er Ed 60's 94°63 °F 80 SU Fs. (69:05 SEITE 6072 1800 Fe'6I S0'0e LL 0G)0S 1c, SO'ST 9 ST GF 6G 0G IS 9 ES LULTSLE0'61 £91 SEIT OVAL IST IISFLETSTILBST/FLIT |FFELIITFLOGFELIST SEZLFTELLE' EL EVEL Erz 0621 99'E1 So Il L611 GL aL ae ‚6 E28 208 EL 839 se 28's ices ae Bea SAN 115 82s Sade 920 |ee'0 | 670 20 680 670 <0 ££0'0/Fe0'0\e£0'0zE0'0 67 9e|c6 97/69 Le) 3grajosea]se9z 1861/0902 leg'gI|9F GI ec LI|ce'St ‘oF 91 FF #192 SL} LUST ogsiltert aur loszılırenear LU Issonlartleezt [grorlesonertr] 1€0°0/0¢0'0 pronaqueny wy ezaxonspTANM SNOVTARD VAL GL ee 86 08) ze Iz 330% SU6LS LUG SL ee TOL LT zılseer SU OL 860 ers |9c'01) [088 |L¢°6 ars |16'8 9c’ \63'8. 669 OLL 98.9 |crz 96s |299 6ES ET9 co's 895 Sor 68€ lace eae 196° 022 Sts Kerikeh est I 18% [eo ISL |Fe'L ici L 0500 — 080°0 = U 1620:01820:0) FE'ZE|CET eh 0g € rt 91s 861 10'01960'0! \er’sglggselst'ge Bares 78) uses] 9° 18|6e 66°S1/68°6T|I8'0c AGL SB81|IS'6L 66°91 06 LUFT ST #091 S691 06-21 [SVS F091 66°91 SS FL OUST LOL TEELIEFL IE 092108 EL FFFL 199: 6OUL L6 1/061 SE OL SS TL LVL 9° 01/8F IL 08° 66 D SI ei; 08 Og" $60°0) 100:05100°02]00:08] OL'S¥ OL BF|c8'SF| TELE Zo LF|89 LES 26°CF LT OF 80 9F/SF 9Fic 2B FF|S0°SF Le SF Fegr ce Chloe 9a°3F|09'F 8678, 00 1EISELHLLTF FLeglLL’or LgoF< Es 19'0F| 0868] i $F7e 91 88 gene EC 08/8718 F0rze|08 8 7|9& Go| FLOE 86 08|S2 1S) 2\08'32]20:62 #8°6789.08 g0‘22|16'22 22.822967 legszlesgz arraleg se Scherer 7,6990 6927] 2\08'Sa| EL Fz 89'S 7990 Gl91 a2] 1180 69 FG 8987 ex rele LL 08 18°61) SSL 12621 Over Swot jerst ELFOFL 28 81L FUEL ErZ1 SL IZ|9L Gs 08 ES 18:02,88 14 68°GG, 68°61|£6'0c 00's 66 81\S0 0c EL IG: GUSL81 61 8606 SG LISS STL EL SF OT|SSATS9'St ST 982 SLOLLT <1) FE IT 5 i u zT; E\ Ni j N 7 ERATE re eee II tea u N BERICHTE des naturwissenschaftlich- medizinischen VEREINES in INNSBRUCK. —————— — I. Jahrgang. 2. Heft. hessen 166 INNSBRUCK. Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. 80h | | | | | | | | | | | J 7 J L | | | | | | | XII IX. Sitzung, den 19. Oktober 1870. Der Vorsitzende theilte der Versammlung mit, dass die in der letzten Sitzung angenommenen Vorschläge über die Regelung der Kloakenfrage in Innsbruck der hiesigen Stadt- vertretung vorgelegt und auch dem Central - Ausschusse der k. k. landwirthschaftlichen Gesellschaft zur Kenntniss ge- bracht wurden, sowie dass die 1. Hälfte der Vereins - Zeit- schrift bereits ausgegeben wurde. Das Vereinsmitglied Herr Dr. Hausmann in Meran legte eine wissenschaftliche Mittheilung vor mit dem Ersuchen, dass dieselbe in die Vereinszeitschrift aufgenommen werde. Wurde Herrn Prof. Rembold zur Begutachtung übergeben. Der in der letzten Sitzung zur Aufnahme vorgeschlagene Herr Docent Dr. V. v. Ebner wurde einstimmig als Ver- einsmitglied aufgenommen und vom Vorsitzenden der Beitritt des Herrn A. Schumacher, Chefs der hiesigen Universitäts- Buchhandlung, angemeldet. Hierauf hielt Herr Prof. Mauthner einen Vortrag über die Behandlung des Glaucoms. Schluss der Sitzung 84, Uhr. X. Sitzung, den 2. November 1870. Der in der letzten Sitzung zum Beitritt angemeldete Herr A. Schumacher wurde mit Stimmeneinhelligkeit als Mitglied aufgenommen. — Die vom Herrn Dr. Hausmann eingesendete Mittheilung wurde zum Abdruck in der Vereins- schrift bestimmt. Herr Dr. Oellacher trägt vor über die organischen Veränderungen, welche der Keim des „unbefruchteten“ Hüh- nereies durchmacht, sowohl während er den Eileiter passirt bis zum Legen, als auch während Bebrütungsversuchen. — (Vorläufige Mittheilung.) Die Frage, ob der Keim des Hühnereies, wenn er dem Einflusse der Befruchtung entzogen bleibt, nachdem das Ei Naturw.-med. Verein. 6 XIV den Follikel verlassen hat, überhaupt noch nachweisbare or- ganische Veränderungen durchmacht, oder ob er nicht viel- mehr sofort, oder doch nach einer gewissen Zeit, direkt dem destructiven Prozesse, der Desorganisation anheimfällt, löste der Vortragende am frischgelegten unbefruchteten Hühnereie. Ein Stück der äussern erhärteten Schichte der Dotter- kugel, dem gelben Flecke entsprechend, bietet bei schwacher Vergrösserung folgendes Bild. Der gelbe Fleck zeigt an seiner Oberfläche: 1. eine äussere, homogene, 2. eine innere, gefleckte ringförmige Zone, 3. einen centralen rundlichen und wieder homogenen Fleck. Auf Durchschnitten senkrecht zur Oberfläche der Cica- tricula sieht man, dass die äussere Zone einem Stücke der weissen Dotterrinde, entspricht, wo diese in den kegel- förmigen centralen Dotterfortsatz übergeht. Die Elemente des weissen Dotters sind hier stärker angehäuft als in den übrigen Parthien der Rinde. Die innereZone entspricht einer ungleichmässig breiten Schichte feinkörniger Substanz, die nach aussen und gegen das Eicentrum hin continuirlich in die grobkörnige Masse des weissen Dotters übergeht. Die Flecke an der Oberfläche in dieser Zone rühren von Vacuolen her, die allenthalben in derselben liegen. Der centrale Fleck der Cicatricula endlich entspricht — einer biconvexen Masse von feingranulirten Formelementen, die häufig einen oder zwei zellkernartige Inhaltskörper enthalten und gegenseitig durch Druck abgeplattet erscheinen. Unter- halb dieser Masse von Formelementen zieht sich, zwischen dieser und der Masse des weissen Dotters, die feingranulirte vactiolenhältige Substanz der inneren Zone durch. Diese letztere trägt auch hier, aber bloss kleinere, Vacuolen. — Frisch untersucht liessen die Formelemente, aus der Mitte des gelben Flecks, auf dem gewöhnlichen und dem erwärm- baren Objectträger Contractionsphänomene beobachten, sowie der Vortragende einmal auch unzweideutig zwei Theilungsor- gänge unter den bekannten Erscheinungen, wie sie andere XV Zellen so z. B. bei der Furchung zeigen, durch das Mikroskop verfolgen konnte. Durch diese Erscheinungen wird die Zellennatur der in Rede stehenden Formelemente unbestreitbar nachgewiesen und sind dieselben daher als Zellen und ihre kernartigen Inhaltskörper als Zellkerne zu deuten. Sowohl die Aehnlichkeit dieser Zellen mit den Furchungselementen eines befruchteten Eileiter- eies, als auch der Kerne der ersteren mit den Kernen der letzteren ist eine auffallende. Die Zellen entsprechen auch ihrer Lage nach den Furchungselementen des befruchteten Keimes. Diese wie jene liegen im Eie an der Stelle, die früher der ungetheilte Keim einnahm; und kann nach alle- dem für den Ursprung der Formelemente im unbefruchteten Eie nichts anderes angenommen werden, als dass sie, wie jene, Theilprodukte des Keimes sind. Die eben geschilderten Formelemente sind nach dem Gesagten als das Produkt eines Vorganges aufzufassen, der so weit dem der Furchung analog ist, als hier wie dort der Keim in Stücke zerfällt, die den Werth von Zellen haben. Die Analogie zwischen dem Zerklüftungs - Prozesse des befruchteten und des nnbefruchteten Keimes wird aber um so augenfälliger, als auch der Modus der Zellengenese bei beiden Vorgängen ein überraschend ähnlicher ist. Soweit dem Vortragenden bisher aus seinen Untersu- chungen bekannt, sind die Flächenbilder, die der unbefruch- tete Keim des Eileitereies darbietet, den von Coste beschrie- benen und abgebildeten am befruchteten Eileitereie durchaus ähnlich. Ebenso wie Coste konnte auch der Vortragende beispiels- weise ein Stadium der Dotterzerklüftung auffinden, in dem die Mitte des gelben Fleckes eine Mosaique polygonaler, durch Furchen getheilter Felder einnimmt, von denen in radiärer Richtung einzelne längere oder kürzere Furchen gegen die Peripherie der Ci- eatricula verlaufen. Die Felder des Flächenbildes sind, wie senkrechte Durchschnitte beweisen, der Ausdruck ringsum abgegränzter Formelemente, ganz ähnlich denen aus einem analogen Furchungsstadium des befruchteten Eies. 6* XVI Demnach darf es wohl als statthaft erscheinen auch im unbefruchteten Hühnerei von Furchung zu reden, in einem wenigstens ganz ähnlichen Sinne wie wir es vom befruchteten Eie gewohnt sind. Der Process der ,Furchung“ scheint demnach ein in der Organisation des Keimes allein schon begriindeter Vor- gang zu sein; der Hühnerkeim wenigstens hat in sich selbst auch ohne die Befruchtung die Fähigkeit, sich ähnlich dem befruchteten Keime zu „furchen“, allgemein gesprochen: neue Elementarorganismen aus sich zu erzeugen, ein Vorgang der bis lang nur in der Parthenogenese ein Analogon hatte. Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass zwischen der blossen Furchung eines unbefruchteten Keimes und der Parthogenese, zwischen der „aspermatischen* Zeugung eines neuen, dem Mutterthiere gleichen Tochterthieres und einer ähnlichen spon- tanen Zeugung eines Zellenhaufens, der, so weit die Beob- achtungen bisher ergaben, nicht einmal in eine Bildung von Organen eingeht, wie wir sie schon im Beginne der Bebrü- tung, ja schon am Ende der intrametrolen Periode im be- fruchteten Eie zu finden gewohnt sind — es ist nicht zu läugnen, dass zwischen diesen beiden Vorgängen eine grosse Kluft liegt; so dass ein direkter Vergleich des einen Vor- ganges mit dem anderen von vorneherein vielleicht als zu kühn erscheinen möchte. Allein es liegen aus der jüngsten Zeit eben ähnliche und wie es scheint unverfängliche Beob- achtungen vor, welche den Fall einer weiteren Entwicklungs- fähigkeit unbefruchteter Eier einerseits nicht mehr als ver- einzelntes Faktum erscheinen lassen, andrerseits aber mit, der vorliegenden Beobachtung im Hühnereie als Glieder einer aufsteigenden Reihe physiologischer Erscheinungen aufgefasst werden können, welche von der durch Pflüger beobachteten einfachen Theilung von Primordialeiern der Katze bis zur voll- kommenen Parthogenese leiten. Hensen veröffentlichte (Centralblatt 1869 Nr. 26) einen Fall von Weiterentwicklung, in einer abgeschniirten Tube zuriickgehaltener, unbefruchteter Kanincheneier zu mehr- XVII kernigen Protoplasmamassen, sowie zu verzweigten kernhal- tigen Fasern. An diesen Fall würde sich die Furchung im unbefruch- teten Hühnereie anschliessen. Ein drittes Glied in der angedeuteten Reihe scheint dem Vortragenden die von Kupffer (Max Schultze’s Archiv für mikroskopische Anatomie 1870, 3. Heft) beobachtete Er- scheinung zu sein, dass regelrecht aus dem Protoplasma des unbefruchteten Eierstockseies der Ascidia canina unter der vom Follikelepithel abgeschiedenen Zona pellucida sich ein Epithel bildet, das nach der Befruchtung des Eies in die Organisation des Embryo einbezogen wird und die äussere Bekleidung des zukünftigen Thieres, die sogenannte Testaschichte liefert. — Als letztes Glied dieser Reihe von Vorgängen von Zellproduktion aus dem unbefruchteten Eie erscheint endlich das, was man unter Parthenogenese bisher allein verstand, nämlich den Fall, in welchem aus den ohne Befruchtung im Eie erzeugten Zellen ein dem Mutter- thiere gleiches neues Thier selbst entsteht. Der Vortragende glaubt die ganze Reihe dieser Erschei- nungen unter dem Namen der „parthenogenetischen* zusam- menfassen zu dürfen. Bebrütungsversuche ergaben, zunächst was die Bildung einer als Anlage von Organen deutbaren Veränderung des Keimes anlangt, ein vollkommen negatives Resultat. Was die an unbefruchteten Eiern zu beobachtenden Ver- änderungen anlangt so lassen sich darüber nur im Allge- meinen Aussagen machen. Vor Allem ist im Auge zu be- halten, dass die unbefruchteten Eier wie die befruchteten nicht immer in demselben Stadium der Entwicklung des Kei- mes gelegt werden; die Unterschiede sind allerdings meist nur geringe, allein der Vortragende glaubt hervorheben zu müssen, dass er einmal auch ein frischgelegtes unbefruch- XVII tetes Ei ohne Zeichen von Formelementen oder Furchen be- obachtete. — Eine kurze Bebrütung von 8 Stunden liess eine Ver- kleinerung und Vermehrung der Zellen der obersten Schichten wahrnehmen; die der untersten waren, gegeniiber denen am frischgelegten Eie, bedeutend vergrössert und mit gröberen Dotterelementen ganz erfüllt. Am auffälligsten war die Ver- mehrung der Randzellen und erschienen die oberen Schichten des Keimes nach beiden Seiten verlängert, wie ausgezogen. Nach 2—5 Tagen der Bebrütung machte sich neben fortwährender Zellenvermehrung (immer besonders am Rande) — eine zunehmende Auflösung von Zellen bemerkbar. Die Zellen wurden undeutlich und hie und da waren bloss mehr einzelne Kerne in einer formlosen granulirten Masse vorhan- den. Die neugebildeten Zellen lagen zerstreut wie in einer körnigen Grundsubstanz besonders in der Peripherie der Ci- catricula und boten meist das Aussehen derer, die man im befruchteten Eie auf dem Boden der Keimhöhle findet. Allmäh- lig wurde die Gränze zwischen weissem Dotter und Keim in der Mitte undeutlich, während sie dort wo die grösste Zell- vermehrung stattfand, am Rande, noch scharf und deutlich ausgeprägt war. Endlich am 5. Tage nahm eine feinkrümmlige, wie ge- ronnene Masse die Stelle des Keimes ein, die fast gänzlich der Zellen baar erschien. Solche fanden sich nur noch ver- einzelnt an der Peripherie des gelben Fleckes und im cen- tralen weissen Dotterfortsatze. — Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass die Le- bensfähigkeit des gefurchten unbefruchteten Keimes!, bezie- hungsweise seiner einzelnen Elemente nach dem Legen bei Bebriitungsversuchen noch eine Zeit lang dauert und erst nach und nach die Auflösung von Zellen über die Neubildung die Ueberhand gewinnt. — Ein weiteres Ausdehnen der Bebrütungsversuche schien demnach ohne besonderes Interesse und glaubte der Vor- ratgende daher ohne der Vollständidkeit seiner Untersuchungen + ae Ye J XIX einen wesentlichen Abbruch zu thun, dieselben unterlassen zu können. Eine ausführlichere Schilderung dieser Beobachtungen mit Beigabe von Abbildungen behält sich der Vortragende nach Vervollkommnung seiner Untersuchungen vor. XI. Sitzung, den 17. November 1870. Herr Prof.Heine hält einen Vortragüber dieLeistun- gen desSanitätswesensim gegenwärtigen deutsch- französischen Kriege nach eigenen Erfahrungen. Wir heben die Grundzüge desselben in kurzer Schil- derung hervor: Redner stellt sich die Aufgabe, die amtliche und mili- tärische Hilfeleistung sowohl wie die Privatbeihilfe für Ver- wundete und Kranke im Lager der beiden kriegführenden Nationen während des gegenwärtigen Krieges, so wie er sie während eines zweimonatlichen Aufenthaltes auf dem Kriegs- schauplatze kennen lernte, in Kürze zu skizziren. Er schil- dert vorzugsweise das Sanitätswesen der deutschen Armeen und die freiwillige Hilfe in Deutschland, ohne jedoch die Be- theiligung der übrigen europäischen Nationen an dem inter- nationalen Friedenswerke und die Leistungen Frankreichs auf diesem Gebiete ganz zu übergehen. Redner spricht mit Be- zug auf letztere die Ansicht aus, dass nach seiner Beobach- tung die Grundsätze der Genfer Convention in Frankreich noch nicht in dem Maase in Fleisch und Blut des Volkes übergegangen sind wie in Deutschland. Die französische Regierung hat zur praktischen Durch- führung derselben so gut wie nichts gethan, und den inter- nationalen Hilfsmannschaften, die auf ihrer Seite Hilfe zu _ leisten kamen, geradezu Schwierigkeiten in den Weg gelegt. Dem französischen Soldaten fehlt das Verständniss für die aus der Convention für ihn entspringenden Wohlthaten; ihm war nicht einmal die Achtung vor dem rothen Kreuz zum Gesetz gemacht und desshalb schonte er vielfach die XX Träger desselben nicht. Selbst das aus den gebildeten Krei- sen hervorgehende Vereinswesen zu pecuniärer und materieller Unterstützung der Verwundeten zeigte sich in einem geradezu noch embryonalen Entwicklungs-Stadium. Ganz anders war die Auffassung und Lösung dieser grossen Aufgabe der Humanität in Deutschland. Wir müssen hier der Uebersicht halber drei Phasen unterscheiden: | 1. Die Thätigkeit der Sanitätsvereine in der Heimat. 2. Die amtliche und freiwillige Hilfeleistung auf dem Kriegsschauplatze. 3. Diejenige auf dem Schlachtfelde. Die Fürsorge für das Wohl der Verwundeten und Kran- ken in den heimatlichen Vereinen erstreckte sich in der um- fassendsten Weise auf alle Bedürfnisse derselben. Die Or- ganisation und Gliederung der Vereine, die Unterordnung derselben unter gewisse Central-Vereine, ihre Cooperation im Norden und Süden Deutschlands muss mit Bewunderung er- füllen. Die Dienste der Männer und der Frauen, der Kna- ben wie der Mädchen, wurden für die Zwecke der Vereine nutzbar gemacht. Zu speziellen Leistungen wurden spezielle Vereine in den Rahmen des grassen und ganzen Vereins- wesens eingefügt. Den Frauen fiel naturgemäss die Haupt- thätigkeit zu. Sie verfertigten die Verbandgegenstände und sonstigen Lazareth-Requisiten, das Leib- und Bettweisszeug, sonderten das Gefertigte und Zugesandte, registrirten und legten die Vorräthe an. Sie widmeten sich aber auch den Reservespitälern und den Sanitätsstationen auf den Bahuhöfen, führten hier die Oekonomie und pflegten die Verwundeten in Verbindung mit den barmherzigen Schwestern und Dia- konissinen. Die Männer übernahmen die Spedition der Verbandge- genstände, die Buchführung, die Obhut über das grosse De- pöt der Erfrischungsgegenstände, die Heilapparate und In- strumente. Sie vermittelten die Speisung passirender Ver- wundeter auf den Bahnhöfen, übernahmen Aus- und Ein- XXI ladung derselben, ja selbst den Transport von den Bahnhöfen nach den Spitälern der betreffenden Städte in der Funktion einfacher Kranken-Träger. Die Knaben dienten als Führer, Boten und Begleitungs- mannschaft. Hoch und nieder, arm und reich nahm in glei- cher Weise Antheil an dem grossartigen Werke der Barm- herzigkeit, das gerade im Schoosse der Heimat seine herr- lichsten Blüten trieb. Schwieriger schon gestaltete sich die Aufgabe auf dem Kriegsschauplatze selbst. Schon die Verbindung zwi- schen den heimatlichen Depöts mit dem Orte des Bedürf- nisses, die Abführung der zu Hause aufgestappelten Vor- räthe nach den Lazarethen des Kriegsschauplatzes hatte mit Hindernissen aller Art zu kämpfen. Hiefür, aber noch viel mehr zur Unterstützung der viel zu schwachen militärischen Sanitäts - Compagnien in ihrem mühevollen Berufe auf dem Schlachtfelde, wie zum Dienste in den Feldlazarethen, an den Sanitäts-Etappen-Stationen, zur Begleitung der Verwundeten- Züge und zum Depöt- Dienste bedurfte es freiwilliger Hilfsmannschaften, welche in diesem Feldzuge zum erstenmale in grossartigstem Maasstabe zur Verwendung ka- men. Diese rekrutirten sich aus Studenten, Turnern, Schützen, Technikern, Forstleuten, Beamten, ja selbst Gymnasisten. Junge Leute von 16—17 Jahren und bejahrte Männer im Alter von 40-50 Jahren standen in ihren Reihen. Sie vereinigten sich zu Kolonnen unter bestimmten Namen, mit einfacher Adjustirung und bestimmten Abzeichen, zum Theil unter selbst gewählten Führern, in der Mehrzahl aber unter der Führung von Johanniter- oder Malteser-Rittern, welche auch in diesem Feldzuge wieder an der Spitze der freiwilligen Hilfeleistung standen. Man hat diesen Ordens-Rittern in Hinblick auf die Art der Ausführung ihres hohen Berufes, schwere Vorwürfe gemacht. Hochmuth, mangelndes Ver- ständniss für die Krankenpflege, Rücksicht für die eigene Bequemlichkeit und Liebe zum Wohlleben, inmitten der Ent- behrungen der kämpfenden Armeen, wurde ihnen zur Last XXII gelegt. Solche Beschuldigungen mögen Einzelne treffen, gegen die ganze Genossenschaft geschleudert sind sie eine grosse Ungerechtigkeit. Der Orden als Ganzes hat in Bezug auf Organisation der freiwilligen Krankenpflege im Rücken der drei Armeen, von welchen jede ihren besonderen freiwilligen Sanitätsdienst besass, alles geleistet, was in einem über Nacht hereingebrochenen Kriege von solchen Dimensionen geleistet werden konnte. Durch ihre Beziehungen zu den leitenden Kreisen waren sie die geeignetsten Vertrauenspersonen, welche die so wichtige Vermittlung zwischen der freiwilligen Kran- kenpflege und den militärischen Behörden durchführen konn- ten. Die Einrichtung und ökonomische Verwaltung der La- zarethe, die Anlegung und Erneuerung der Depöts, die Für- sorge für die Verwundeten auf dem Transport, alle diese Obliegenheiten wurden überall, wo sie in ihre Hände gelegt waren, mit bestem Erfolge und grösster Schonung für die feindliche Bevölkerung von ihnen erfüllt. Eine andere Frage ist, ob einer einzelnen Körperschaft im Staate, auch für zu- künftige Kriege eine solche privilegirte Stellung eingeräumt werden soll. Hierauf sieht Redner sich genöthigt, eine ver- neinende Antwort zu ertheilen, weil in der Ausübung eines so grossen Werkes der Humanität Standesunterschiede nicht gemacht werden sollten und die freiwillige Krankenpflege im Felde nach seinen Erfahrungen in eine noch viel nähere Be- ziehung zu den militärischen Behörden wie bisher gebracht, strammer, militärischer organisirt, besser disciplinirt, und unter eigene verantwortliche Sanitatsoffiziere mit militärischer Autorität, unter welchen immerhin jene Ritter ihre Verwen- dung finden mögen, gestellt werden sollten. Es wird die Berechtigung dieser Forderung begründet durch einzelne Missstände im Gefolge der Freiwilligenhilfe, welche bei aller Anerkennung der aufopfernden Leistungen der freiwilligen Sanitätsmannschaften nicht ganz verschwiegen werden können. Einmal häuften sich dieselben an verschie- denen Hauptetappenplätzen (wie z. B. inNancy) in zu grosser Zahl an und belästigten dadurch die Armee und die feind- ie Pee | is liche Einwohnerschaft, welche zur Verpflegung der nicht im- mer rücksichtsvoll verfahrenden Mannschaften herangezogen, einen besondern Hass gegen dieselben und eine geringe Ach- tung vor der Neutralitätsbinde an den Tag legten. Anderer- seits befanden sich blutjunge Biirschchen unter den freiwil- ligen Kolonnen, welche den Strapatzen des Feldzuges in kei- ner Weise gewachsen waren und daher allenthalben zur Last fielen. Endlich schlichen sich unter dem Schutze des rothen Kreuzes einzelne suspecte Persönlichkeiten ein; der Feind bediente sich desselben zur Spionage wie zur Flucht, so dass eine strenge Ueberwachung von Seite der militärischen Behörden nothwendig wurde, die bis zur Zurücksendung ein- zelner momentan unbeschäftigten Sanitätsabtheilungen führte. Nicht selten zeigte sich auch unter den Freiwilligen Unlust zu gewissen Obliegenheiten. Es kam vor, dass übertragene Posten beliebig aufgegeben, und der Rückweg nach Hause von Missvergnügten nach Gutdünken angetreten wurde. Dem muss in der Zukunft gesteuert werden. Die freiwilligen Sa- nitätsmannschaften müssen für Kriegsdauer verpflichtet, mit militärischen Abzeichen versehen, einer bestimmten Disciplin unterworfen, in grösserer Zahl auf dem Schlachtfelde ver- wendet und nach militärischen Gesetzen ausrangirt und er- gänzt werden können. Was den Verwundeten - Transport betrifft, so ist der Transport vom Schlachtfelde zum Verbandplatze und ersten Aufnahmslazarethe zu unterscheiden von dem Transport nach den weiter rückwärts gelegenen Reservlazarethen und den Lazarethen in der Heimat. Im Allgemeinen ist zu bemerken, dass der weitere unmittelbare Transport in die Heimat in viel ausgedehnterem Massstabe zur Anwendung kam, als die Zerstreuung in die nächst rückwärts gelegenen stehenden La- zarethe auf feindlichem Boden. Der Grund davon war ein- mal die zu Anfang strengstens durchgeführte Sonderung der Krankenpflege der drei aufgestellten Armeen mit ihren be- sonderen Etappenstrassen und Evakuationslinien, der Wunsch der Verwundeten, die Heimat wieder zu-sehen, gepaart mit XXIV der Furcht vor der feindseligen Bevölkerung, der Drang der heimatlichen Lazareth - Comité’s, und Lazareth - Vorstände, viele und besonders schwer Verwundete zu beherbergen, end- lich vielleicht auch zu einem gewissen Bruchtheil der Man- gel eines gut organisirten Evakuationsplanes und der durch- greifenden Handhabung desselben durch eine genügende Zahl mit der Leitung derselben betrauten ambulirenden Militär- Aerzte. So kam es, dass eine Unzahl Schwerverwundeter an trefflich eingerichteten stehenden Lazarethen vorbei, ohne genügende Transportverbände, unter unsäglichen Beschwerden nach der Heimat gebracht wurden, um dort in Folge des ausgestandenen Transportes nur eben noch ihren letzten Athem- zug auszuhauchen. Der Vortragende suchte als Chef eines grossen Kriegs- lazarethes von 300 Betten in Nancy, in welchem er an der Spitze von 12 freiwilligen Aerzten stand, diesem Missgriff, so weit er in seine Sphäre reichte, die Spitze abzubrechen und organisirte von seinem Lazarethe aus einen regelmäs- sigen ärztlichen Revisionsdienst der durch Nancy passirenden Verwundeten-Züge, aus welchen er prinzipiell die von dem Transporte übermässig Angegriffenen, vor Allen Verwundete mit penetrirenden Brust-, Bauch- und Kopfschüssen, Schuss- fracturen des Ober und Unterschenkels, Hüft-, Knie- und Schultergelenks-Schüssen ohne provisorische Verbände, aus- laden und entgegen ihrer ursprünglichen Bestimmung in Nancy zurückhalten liess, wodurch mancher einer verderblichen Com- plication seiner Verletzung entging. Die Art des Transportes der Verwundeten in den Ei- senbahnwaggons war eine sehr verschiedene, von der ein- fachen Lagerung auf dem mit Stroh bedeckten Boden der Güterwägen oder der Lagerung auf Strohsäcken, Matratzen und Bahren, die in dieselben gelegt wurden, bis zu der Un- terbringung in einem nach amerikanischem Systeme zum Ver- wundeten- und Kranken - Transport eingerichteten Personen- Wagen, der ein Glied eines mit Küchenwagen, Proviant und Verbandmaterial für eine Reihe von Tagen, mit Aerzten und 7 XXV Wartpersonal ausgeriisteten Sanitätszugs repräsentirte. Die best ausgestatteten Sanitätszüge dieser Art waren die wür- tembergischen, welche in jedem der heizbaren amerikanischen Waggons 16, beiderseits in 2 Reihen an Kautschukringen aufgehängte Bahren enthielten. Ein Uebelstand derselben war nur, dass die Bahre ein gar zu schmales und nur auf einer Seite zugängiges Krankenlager darstellte, auf welchem nur die nothdürftige Erneuerung der Verbände möglich und so- mit auch nur ein kürzerer Transport ausführbar war. Redner hat bei der Evakuation seines durch 21, Monate geleiteten Lazarethes in 24 Stunden einen Sanitätszug für 70 Verwun- dete, 6 Aerzte, 6 Krankenpfleger und eine der Küche vorste- hende Dame aus Güterwägen improvisirt, in welchem er, nach gründlicher Desinfection, eiserne Bettstellen mitsammt den Betten auf Fusspolster stellen und mit Gurten fixiren liess. Jeder Wagen war ein kleiner Krankensaal von 4-—9 Betten mit allem nöthigen Material, und einer eigenen barm- herzigen Schwester versehen; auf seiner aussen angebrachten Tafel standen die Namen der verwundeten Insassen, ihre Verletzung, sowie der Name des Abtheilungsarztes. Daneben wehte die weise Fahne mit rothem Kreuz. Der Zug enthielt einen eigenen Offizierswagen und einen Isolirwagen für einen Hospitalbrandkranken. Der Küchenwagen war zugleich Re- staurations- und Absteigequartier des begleitenden Personals. Der Krankendienst und die Verpflegung erfolgten ganz wie im Lazarethe. Es fanden regelmässige Visiten der Aerzte statt, die Verbände wurden kunstgerecht erneuert, die Ver- wundeten mit warmer Küche versehen. Der Zug, der 2 Tage von Nancy nach Karlsruhe unterwegs war, verdiente in Wahr- heit den Namen eines fahrenden Eisenbahnspitales. Ueber die Installirung und Einrichtung der Lazarethe des Kriegsschauplatzes ist nur wenig Bemerkenswerthes her- vorzuheben. Je näher sie dem Orte der Schlacht gelegen waren, desto primitiver waren sie und desto weniger war die Wahl zweckmässiger Lokalitäten möglich. Französischerseits in vorsorglicher Weise angelegte La- XXVI zarethe fanden sich nur vereinzelt vor. Meist mussten die Lazarethe erst deutscherseits durch Organe der freiwilligen Krankenpflege in Schlössern, Schulen, Fabriksgebäuden ete. angelegt und durch Vermittlung der Johanniter und anderer Delegirter, aus den vorgeschobenen Depöts mit dem nöthigen Material ausgestattet werden. Je weiter von den Eisenbahnlinien entfernt, desto un- vollkommener war diess möglich, und während schon im er- sten Abschnitt des Krieges in Nancy fast luxuriös eingerich- tete Lazarethe existirten, waren in den Dörfern in der Um- gebung von Metz die vielen in Bauernhäusern, Rathhäusern Schulen und Kirchen etablirten Lazarethe viele Wochen hin- durch auf Strohsäcke, die man auf die Erde legte, beschränkt. Redner war durch die Hilfe der Johanniter, die Leistungen der Sanitätsvereine und andere mildthätige Spenden in den Stand gesetzt, sein in einer grossen Tabaksfabrik einge- richtetes Lazareth auf eine höhere Stufe des Comforts zu bringen als es in Civil-Spitälern im Frieden der Fall zu sein pflest. Aborte wurden nach dem Tonnensystem improvisirt ; die Ventilation der Krankenräume war eine ganz ausserge- wöhnlich gute. An vielen Orten der Heimat und des Kriegs- schauplatzes bis in die nächste Nähe der Schlachtfelder wur- den Barraken errichtet, deren Construktion gleichfalls mit Zunahme der Entfernung abnehmende Vollkommenheit zeigte. Sollen dieselben da, wo sie am meisten nöthig sind, unmit- telbar nach einer Schlacht und in der Nähe des Schlacht- feldes von Nutzen sein, so müssen sie leicht zerlegbar kon- struirt und in grösserer Zahl zur rechtzeitigen Spedition an den Ort des Bedarfes bereit gehalten werden. Indem der Vortragende schliesslich der Leistungen des Sanitätswesens, u. zw. des hier in erster Linie stehenden militärischen auf dem Schlachfelde, des Transportes aus der Gefechtslinie auf den Verbandplatz, der ärztlichen Thätigkeit auf diesem und in den Aufnahmslazarethen nach der Schlacht gedenkt, bekennt er nach zuverlässigen Berichten, auf diesem Gebiete keine von den traurigen Erfahrungen früherer XXVII Feldzüge wesentlich abweichende Schilderungen machen zu können. Unzureichende Hilfskräfte, langsame Bewältigung der gestellten Aufgabe und in Folge davon nicht wieder gut zu machende Versäumnisse, schädliche Anhäufung der Ver- wundeten, mangelhafte Unterkunft und wenigstens zu Anfang dürftige Verpflegung derselben, bilden hier die stehenden Faktoren. Nach der Ueberzeugung des Vortragenden, wurde trotz- dem auch hier mit Rücksicht auf die Grösse der Anforderun- gen das Möglichste auf deutscher Seite geleistet. Die Fran- zosen liessen vielfach ihre Verwundeten ganz im Stiche, oder vermochten sie, mit dem nöthigsten Material sehr mangelhaft versehen, nur dem grössten Elende zu überantworten. Es erübrigt zum Schlusse, einen Blick auf den Wir- kungskreis zu werfen, welcher den freiwilligen Aerzten in diesem Feldzuge eröffnet war. Es soll hier nicht die Rede sein von der freiwilligen Uebernahme der Behandlung verwundeter und kranker, nach der Heimat zurückgesandter Soldaten in den dortigen Laza- rethen von Seite der ortsansässigen Civil-Aerzte. Hier gab es keine Ausnahme in dem Wetteifer Aller, ihre Dienste nutzbar zu machen und desshalb auch keinen Mangel an ärzt- licher Hilfe. Redner spricht von den in’s Feld gerückten freiwilligen Civilärzten, welche sich die Aufgabe stellten, die ungenügenden: Kräfte der Militärärzte zu unterstützen und ihren gefahrvollen Beruf zu theilen, ohne dafür immer die freundlichste Aufnahme bei ihren militärischen Collegen zu finden. So wenig hier geläugnet werden kann, dass das Be- dürfniss nach solchen freiwilligen Hilfsärzten in den entschei- denden Momenten sowohl als Behufs des Ersatzes der weiter vorrückenden Feldlazarethe in Kriegen von grossen Dimen- sionen ein ganz ausserordentliches ist, so gewiss ist, dass die freiwilligen Aerzte da, wo sie am dringendsten nöthig gewesen, bisher auch stets am spärlichsten vertreten waren. Das ist nicht ihre Schuld, sondern wiederum die Schuld der XX VIII mangelnden Organisation. Solange eine solche fehlt, vermag der einzelne auf eigene Faust sich vorwärts dirigirende Arzt nur wenig zu leisten und daher kam es auch, dass in die- sem Feldzuge, während auf der einen Seite Hilferufe nach Aerzten erschollen, auf der andern unzählige unbeschäftigt herumlaufende von Thüre zu Thüre abgewiesen wurden, und endlich sich veranlasst sahen, ohne etwas geleistet zu haben in die Heimat zurückzukehren. In Erwartung einer zukünftigen, von der obersten mi- litärischen Behörde ausgehenden einheitlichen Gliederung der sich meldenden freiwilligen Aerzte zu freiwilligen Feldlaza- rethen, leistet der Einzelne mehr für das Wohl der Verwun- deten, wenn er auf Kriegsdauer geradezu in militärische Dienste tritt, oder einem mobilen Feldlazarethe sich als Freiwilliger zutheilen lässt. Jedenfalls sollten die freiwilligen Aerzte, wenn sie auf Verwendung ihrer Kräfte reflektiren, auf Kriegs- dauer oder doch bis zur Auflösung ihres Lazarethes ihre Dienste zur Verfügung stellen und nicht wie es auch diess- mal wieder vielfältig vorkam, von einem übertragenen Posten weglaufen können, sobald die Lust zum Dienste sie verlassen, oder ihre Privat-Verhältnisse sie angeblich nach Hause zu- rückrufen. Concessionen können dabei Einzelnen gegenüber in ausgedehnter Weise gemacht werden. Sollte es aber bleiben wie bisher, so können freiwillige Civilärzte nur dann etwas Grösseres leisten, wenn sie sich selbst zur Formirung eines Lazarethes, unter einem von ihnen gewählten Chef, der Ope- rateur von Fach sein sollte, zusammenschaaren, und mit dem erforderlichen Verbandmaterial, Instrumenten und Apparaten, wie den nöthigsten Erfrischungen für Verwundete ausrüsten, oder von den Sanitätsvereinen ausrüsten lassen. So für alle Eventualitäten vorgesehen können sie selbst- ständig überall da eingreifen, wo Hilfe am dringendsten Noth thut und jeden militärischerseits ihnen gewordenen Auf- trag mit Erfolg ausführen. Diesen Weg schlug der Vortragende auf Grund seiner Erfahrungen aus den Jahren 1864 und 1866 in diesem XXIX Feldzuge ein und hatte dadurch vor vielen Andern das Glück, in vollkommen unabhängiger Weise eine sehr ausgedehnte und fruchtbringende ärztlich-operative Thätigkeit entfalten zu können. Mit der Schilderung der einzelnen Details seiner an Er- lebnissen reichen Expedition, deren Ziel Nancy wurde, und die darüber hinaus bis Metz und Toul sich erstreckte, been- digt Redner seinen Vortrag und es soll von dieser Schilde- rung nur noch kurz hervorgehoben werden, dass der Vortra- ‚gende in Carlsruhe unterstützt von dem dortigen so überaus thätigen Frauenverein und dessen unermüdlicher Protektorin der Frau Grossherzogin von Baden, seine Expedition aus- rüstete, 6 Aerzte und 6 Krankenpfleger (meist junge ange- sehene Beamte) nebst 1 Krankenpflegerin um sich sammelte, und mit 10 Kisten voll der wichtigsten Lazarethgegenstände versehen am 15. August an der Spitze seines freiwilligen Lazarethes auf Bauernwägen nach Weissenburg sich dirigirte, von dort in Güterwägen per Bahn nach Wendenheim und Zabern und mit dem ersten Zug, der die unsicheren Vogesen- tunnels passirte, nach Nancy vorrückte, wo ihm durch den Chef der Johanniter für die dritte Armee und die komman- dirende Militärbehörde die Leitung des eben installirten grossen Verwundeten - Spitales in der dortigen Tabaksfabrik und die Funktion eines konsultirenden Chirurgen für alle Spitäler in Nancy übertragen wurde. Der Vortragende leitete jenes Lazareth mit 12 freiwil- ligen Aerzten, welche sich nach und nach unter seine Direk- tion gestellt hatten, mit gutem Erfolge bis zum 4. Oktober, wo der Wiederbeginn seiner Lehrthätigkeit an hiesiger Hoch- schule und das inzwischen weiter in das Herz Frankreichs sich vorziehende Kriegsgewitter ihn veranlassten, das Laza- reth zum grössten Theil zu evakuiren und seine transportabeln Verwundeten in dem erwähnten eigenen Sanitätszuge nach Carlsruhe in die Pflege und Behandlung bewährter Collegen in trefflich equipirte Barakenspitäler zu überführen. Damit endete die Feldzugs - Episode, aus welcher Naturw.-med. Verein. 7 XXX Redner seine im Vorstehenden wiedergegebenen Erfahrungen schöpfte. Schluss der Sitzung 8°/, Uhr. XII. Sitzung, den 1. Dezember. Herr Prof. Heine stellt einen Kranken seiner Klinik vor, bei welchem er kurz zuvor die Exstirpation eines sarkomatösen Polypen der linken Nasenhöhle nach osteoplastischer Resektion des linken Na- senbeines und Nasenfortsatzes des linken Ober- kiefers mit schönstem Erfolge gemacht hatte. Die radi- kale Beseitigung der malignen Geschwulst, welche allein gegen ein Recidiv zu schützen vermag, konnte weder durch die Extraktion, noch durch die Ligatur, noch durch Ecrase- ment oder Galvanokaustik ermöglicht werden, da der Tumor nicht einfach gestielt war, sondern über die 3 Muscheln sich erstreckend, sowohl an der Innenfläche des Nasenfortsatzes des Oberkiefers als an der Siebbeinplatte und an der link- seitigen Wand des septum narium breitbasig adhärirte und in verästelten Auswüchsen die ganze Nasenhöhle erfüllte. Es musste daher ein freier Zugang zur Geschwulst von Aussen eröffnet werden, behufs gründlicher Abtragung derselben mit Messer, Scheere und Raspatorium. Den Weg dazu bildete die osteoplastische Resektion der linken Seitenhälfte des knö- chernen Nasengeriistes. Diese Operation gehört jenen durch B. v. Langenbeck in der neuesten Zeit in die Chirurgie ein- geführten Klasse von Resektionen an, bei welchen die Aus- sägung eines Knochenstückes im Zusammenhang mit den be- deckenden Weichtheilen und den Weichtheilen der Umgebung nur als Mittel zum Zweck vorgenommen wird, nach dessen Erreichung das Knochenstück wieder eingepflanzt wird und in seine alte Position wieder einzuheilen pflegt. Der Vor- tragende schlägt daher vor, diese Resektionen statt osteo- plastische, oder wie man sie auch genannt hat, kombinirte XXXI oder temporäre , korrekter ,Reinplantativ - Resek- tionen“ zu nennen. Im vorliegenden Falle war diese Operationsweise um so mehr geboten, als ein früher von einem Arzte unternommener Extraktionsversuch ein ganz unvollständiges Resultat ergeben hatte. Der vorgestellte Kranke, A.O. v.St., war 52 Jahre alt und hatte seit circa 9 Monaten eine zunehmende Ver- stopfung seiner linken Nasenhöhle mit zeitweiligem Nasen- bluten, seit 6 Monaten eine Auftreibung seiner linken Nasen- hälfte, die seit /, Jahr besonders zunahm und zu Thränen- träufeln führte, beobachtet. Bei der Aufnahme des Kranken erschien die Nase breit sattelförmig, der linke innere Augen- winkel wulstig vorgetrieben, das Nasenbein und der Nasen- fortsatz emporgehoben, die Consistenz der Geschwulst elastisch, die Hautbedeckung der Nase normal. Die Nasenscheidewand war nach rechts verdrängt. Von vorn konnte man durch das linke Nasenloch die von injicirter Schleimhaut überklei- dete, weiche Geschwulst mit unebener Oberfläche, im engen Raum zusammengedrückt erblicken; neben ihr liess sich keine Sonde mehr durchführen, von hinten fühlte man die betref- fende Choane von der weichen, lappigen, leicht blutenden Neubildung ausgefüllt. Bei der am 7. November 1870 vor- genommenen Operation wurde die Nase in ihrer Mittellinie linkerseits vom septum bis zur Nasenwurzel gespalten, das linke Nasenbein und der proc. nasalis emporgehebelt und die ganze linke Seitenwand der Nase nach Aussen umgeklappt. Die dadurch offen zu Tag gelegte Geschwulst wurde sodann von ihrer knöchernen Basis sorgfältig abgelösst, die Oberfläche der Siebbeinplatte mit dem Raspatorium abgeschabt und die Anheftung der Geschwulst am sept. nar. mit einem Stück des letzteren ausgeschnitten, dann die Blutung gestillt (eine stärker blutende Stelle an der Innenfläche des Nasenbeines musste durch 2 von Aussen und Innen aufgelegte und durch darüber geknüpfte Kreuzfäden angedrückte Schwämmchen komprimirt werden), die Seitenwand der Nase reponirt und die Nase durch 12 Knopfnähte geschlossen. 7* XXXII Der Verlauf der Wundheilung war ein sehr giinstiger. Es trat in der ganzen Ausdehnung der Wunde prima intentio ein. Die Schwämmchen konnten am 2. Tage entfernt wer- den, die von ihnen komprimirte Weichtheilparthie erholte sich schnell vom Druck, ein drohendes Erisipel wurde kou- pirt und am 11. Tage schon konnte der Kranke als voll- kommen geheilt betrachtet werden. Das knöcherne Gerüste der Nase zeigte sich bei seinem Austritte aus der Klinik am 26. Nov. fest, die äussere Narbe war kaum sichtbar, die Deformität der Nase ausgeglichen, der Luftdurchtritt voll- kommen frei. Patient fühlte sich jetzt so gesund wie lange zuvor nicht. Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst erwies dieselbe, der Diagnose entsprechend als ein Sarkom mit partieller myxomatöser Umwandlung. Hierauf hielt Herr Prof. Kerner einen Vortrag über die Alpenflora des Himalaja und die Beziehungen derselben zu der alpinen Flora der mittel- und südeuropäischen Hoch- gebirge. Es wurde von ihm insbesonders hervorgehoben, dass zwar die Zahl der vollständig identischen Arten der alpinen Region des Himalaja und unserer Alpen ein sehr kleiner ist, dass aber in beiden Gebieten eine grosse Zahl homologer einander sehr ähnlichen, wenn auch specifisch ver- schiedenen Arten existire, welche aus einer und derselben untergegangenen Stammart hervorgegangen gedacht werden müssen. Der Vortragende knüpft hieran die Bemerkung, dass nicht wenige unserer Alpenpflanzen einstens aus dem central- asiatischen Hochlande eingewandert, anderseits wohl auch manche wieder aus den südeuropäischen Hochgebirgen nach Osten hin übersiedelt zu sein scheinen und dass bei Gele- genheit dieser Wanderungen beziehungsweise bei der Aus- dehnung der Areale mehrere jetzt untergegangene Stammarten in den verschiedenen Hochgebirgen sich in homologe Arten differenzirten. — Der Vortrag wurde durch Vorweisung meh- rerer Tableaus von homologen Arten aus dem Himalaja, den Alpen und dem arktischen Norden, so wie durch Zusammen- stellungen der besonders charakteristischen Typen von Pflan- XXXII zen aus verschiedenen alpinen Regionen des Himalaja, zumal eine Gruppe von Phanerogamen (Allardia, Saussurea etc.) aus dem Höhengürtel von 17.000—18.000’ Seehöhe er- läutert. Die Beschreibungen mehrerer vorgelegten neuen alpinen Arten aus dem Himalaja werden in den Vereinsschriften publieirt werden. Schluss der Sitzung 8, Uhr. XII. Sitzung, den 14. Dezember 1870. Herr Graf Franz Thun, k. k. Generalmajor wurde vom Vorsitzenden zum Beitritte in den Verein als Mitglied angemeldet. : Herr Prof. Heller machte einige Mittheilungen über neue oder wenig bekannte Thierformen, die von ihm im Laufe des letzten Jahres in Tirol beobachtet wurden und zeigte mehrere Arten derselben vor. Aus der Klasse der Vögel wurde im Oktober eine Raubmöve (Lestris parasitica), eine sonst nordische Art, bei Kreith nächst Innsbruck noch lebend gefangen, wo sie von langem Fluge ermüdet, auf einem Felde sich niederliess. Von Raubvögeln wurde ein Schlangenbus- sard (Circaetus gallicus) bei Bozen, ein Fischadler (Pandion haliaetus) am Inn, ferner ein besonders grosses Exemplar von Steinadler (Aquila chrysaetos) am Hechenberge geschossen. Aus der Klasse der Krebsthiere zeigte derselbe den erst in neuerer Zeit vom Gymnasial-Professor P. Mohr bei Brixen entdeckten Apus cancriformis vor. Eine eingehendere Schil- derung der von ihm in Tirol beobachteten Copepoden und _ Ostracoden, unter denen auch 3 neue Arten sich vorfinden, wird in den Verhandlungen folgen. Herr Prof. Pfaundler zeigte einige Experimente aus dem Gebiete der neueren Akustik vor, welche auf der An- wendung vibrirender Flammen beruhen. Er analysirte zuerst eine tönende Flamme einer soge- XXXIV nannten chemischen Harmonika mittelst eines bewegten Spie- gels, dann unter Zuhilfenahme einer stroboskopischen Scheibe, deren Umdrehungsgeschwindigkeit durch Benützung der Sy- rene regulirt wurde. Hierauf zeigte er verschiedene Orgelpfeifen vor, welche mittelst Membranen mit Leuchtgaskapseln in Verbindung standen und so die König’schen Flammenzeiger in Bewegung setzten. Die vibrirende Bewegung dieser Flammenzeiger, die Interferenz derselben, das gleichzeitige Erscheinen zweier Flammenbilder bei Kombinirung zweier Pfeifen etc. wurde ebenfalls im bewegten Spiegel sodann objectiv durch Projek- tion auf einen Schirm zur Anschauung gebracht. Schluss der Sitzung 81, Uhr. Beitrag zur Casuistik der subcutanen Injectionen. Von Dr. R. Hausmann in Meran. (Vorgelegt in der Sitzung vom 19. Nov. 1870). Fraulein X, Schauspielerin, 17 Jahre alt, leidet seit 2 Jahren an einem rechtsseitigen, in jüngster Zeit an Grösse zunehmenden subperitonäalen Tumor, welcher von verschiedenen Seiten als carcinomatös verdächtig aufgefasst wurde. Die Menstruation, seit 4 Jahren bestehend, ist un- regelmässig und stets von bedeutenden Schmerzen vorher an- gekündigt. Im April 1869 wurde ich zu der Patientin gerufen, weil sie bereits mehrere Tage von starken Schmerzen in der Lum- balgegend und der Innenseite des Oberschenkels der linken Seite befallen und so schwach war, dass sie, die noch einige Tage vorher eine grössere Rolle kräftig durchgeführt hatte, jetzt auffallend heruntergekommen dalag. Im Tumor fühlte sie bisweilen „blitzähnlich durchschlagende Schmerzen“. Warme Umschläge, Tinct. sedat. Magendie 10 Tropfen brachten auf einige Stunden Ruhe, so dass Patientin bis gegen Morgen des andern Tages schlief, beim Erwachen jedoch empfand sie wieder Schmerz in dem Tumor und am Kreuz. Mittags als sich die Patientin vor Schmerz im Bette wälzte, ging See ich zur subcutanen Injection über. Ich verwendete hiezu die im Hause der Patientin von gestern noch vorhandene Tinct. sed. Mag. und zwar nahm ich davon 4 Tropfen, wovon ich einen Theil noch ausspritzte, um das Instrument, welches ebenso wie die Kanüle nach jeder Injection sorgfältig gereinigt wird, von Luft zu befreien. Kaum war das Medikament, in der Gegend der Lenden- wirbel links, injieirt, als die Patientin laut aufschrie: „Was ist mit mir, mein Gesicht wird verstochen“. Sie wurde dar- auf feuerroth im Gesicht, der Unferkiefer wurde krampfhaft weit nach vorne gezogen, der Ausdruck erschien ungemein geängstigt, der Puls ging hämmernd mit einer Geschwindig- keit von mindestens 130, darauf entstand Asthma, klonische Krämpfe an beiden Extremitäten — das Bewusstsein aber war vollkommen erhalten. Dieser Zustand dauerte im Ganzen kaum 5 Minuten. Zuerst liessen die Convulsionen nach, dann nahm das Ge- sicht die frühere Form an und der Puls kehrte zur früheren Anzahl zurück. Endlich brach ein Schweiss aus, welcher so stark war, dass die Matratze durchfeuchtet wurde, es folgte ein mehrstündiger tiefer Schlaf, aus welchem die Kranke schmerzfrei erwachte. In den folgenden Tagen traten noch © in der Nähe des Tumors Schmerzen auf, welche jedoch warmen Ueberschlägen bald wichen. Menstruation erschien nicht. Auffallend schnell raffte sich die Kranke so weit auf, um nach einigen Tagen ihre Aufgaben wieder übernehmen zu können. Es erinnert dieser Fall an die 3 von Prof. Nussbaum an sich beobachteten, im Aerzt. Intelligenzblatt 1856, Nr. 56 veröffentlichten. — Auch dort wird ein Brennen resp. Stechen vom Scheitel, allerdings bis zur Sohle fortlaufend und bald nach der Injection erscheinend, erwähnt, in beiden Fällen wurde das Gesicht intensiv geröthet, in beiden trat ein un- gemein rascher Puls auf, Bewusstsein in beiden ungetrübt. In meinem Falle traten Convulsionen der Unterkiefer und der Extremitäten ein, ausserdem Schweiss, wovon N. nichts er- Ba ae wähnt, dagegen fehlte der essigsaure Geschmack auf der Zunge, den N. bald Anfangs verspürte. Aehnlich den N.’schen Fällen und dem meinigen sind die von Dr. Anton Mühe in München (Nr. 49 des Aerztl. Intell.-Blattes 1863) veröffentlichten 5, bei welchen zunächst ebenfalls Stechen und Brennen im Gesichte, in dreien ausser- dem beschleunigter Puls aufgetreten war. Im fünften Fall trat noch Asthma pector., Bewusstlosigkeit, Reflexbewegung der obern Extremitäten, Erbrechen und Unvermögen bis zum 3. Tage zu sprechen ein. Schweiss und essigsaurer Ge- schmack ist nicht erwähnt. — Dat erste Mal, als M. nur die Gesichtserscheinungen beobachtete, hatte er ‘4 Gr. Morph. acet. eingespritzt, in den nächsten 3 Fällen war je 1 Gr. injic. worden und Stechen im Gesicht und beschleunigter Herzschlag, im 5. Falle bei 2 Gr. Morphiumlösung Stechen, Pulsbeschleunigung und dazu noch die übrigen Erscheinungen beobachtet worden. Da die Nussbaum’schen und Mühe’schen Fälle stets solche waren, bei welchen sehr viele Einspritzungen, wie z.B. bei der einen Patientin dreimal täglich vorgenommen wur- den, so traten anatomische Veränderungen der Haut ein. M. fand an den beständig gereizten Stellen chronische Entzün- dung — es entstand seröse Infiltration der Cutis, Zellenneu- bildung, Bindegewebe; die subcutanen Venen gingen demnach durch verdichtetes Gewebe, welches von weicheren Partieen durchzogen war und erweiterten sich oder wurden varicös. Die Annahme, dass die subcutane Injection bei derartig degenerirter Cutis leichter direkt als unter normalen Verhält- nissen in die Venen vorgenommen werde, war nach Alledem plausibel, um so mehr das starke Bluten der Stichöffnung gerade bei den unglücklichen Fällen beobachtet wurde. Die mit starker Blutung verbundenen, aber glücklich ablaufenden Fälle erklärt Nussbaum sowohl als Mühe dadurch, dass die Venenwände durchstochen wurden, ohne dass das Medikament in das Lumen selbst gebracht worden war. Eulenburg (die hypodermatische Injection der Arznei- a ete mittel) stellt gegen diese Theorie die Vermuthung auf, dass es sich weniger um die Verletzung der Gefiisse, als die der Nerven handle, ausserdem legt er besondern Werth auf die Resorptionsgeschwindigkeit der einzelnen Körpergegenden, so zwar, dass die Wangen und Schläfengegend die schnellste, Rücken-, Kreuz-, Lumbalgegend die trägste Aufsaugung dar- bieten, in Folge dessen es passiren könne, dass das eine Mal 1/, Gr. Morph. injieirt, die heftigsten Erscheinungen, 2 Gr. dagegen ein ander Mal nichts Abnormes bemerken liessen, je nach der Stelle also, an welcher die Injectionen vorgenommen wurden. „Fassen wir noch einmal die Momente zusammen, welche für die Einspritzung in die Vene sprechen, so fin- den wir von den Vertheidigern dieser Ansicht als Beleg angeführt: 1) In allen Fällen war die Haut so degenerirt, dass die subeutanen Venen, resp. Capillaren erweitert oder varicös waren, 2) Trat stets abnorm starke Blutung ein, 3) Stellten sich Symptome ein, welche eine di- rekte Ueberführung des Medikaments ins Blut bedingen konnten. Ohne wesentliche Widerlegung wurde andere Erklärung gesucht a) in Resorptionsgeschwindigkeit, b) Verletzung von Nerven. Wenn wir nun erwägen, dass die Symptomenreihe der 3N.’schen ihn selbst betreffenden, der 5 anderen Mühe’schen Fälle und der meinigen in der Hauptsache sich gleichblieben, dass alle diese subcutanen Injectionen mit essigsaurem Morph. vorgenommen wurden, so dürfte vielleicht anzunehmen sein, dass gerade dieses Medicament ins Blut gebracht, diese mit Stechen im Gesicht beginnende, Pulsbe- schleunigung etc. einschliessende Symptomen- gruppe hervorbringe. Dabei scheint die eingespritzte Quantität nicht ganz gleichgiltig zu sein, denn '/, Gr., einem an Narcotica gewöhnten Manne eingespritzt, brachte wie oben SE ER erwähnt ein Stechen hervor und mit zunehmender Quantität nahmen auch die Symptome zu. Unbedingt aber hängt die Wirkung von der Quan- tität nicht ab, wie aus meinem Falle erhellt, denn hier wur- den kaum 4 Tropfen injieirt; Patientin war also ungleich mehr empfänglich als Andre für das direkt in das Blut in- jieirte Morphium. Ebensowenig muss eine degenerirte Cutis vorhanden sein. Dass auch keine äussere Venenblutung in meinem Falle vorhanden war, schliesst eine Blutung überhaupt nicht aus, konnte sie doch gehindert sein, indem durch den nach der Injectcon einige Zeit ausgeübten Fingerdruck die Blutung gestillt sein dürfte. Gegen die Resorptionstheorie kann hier die eigene An- gabe Eulenburg’s sprechen. da die Injection in der Lenden- wirbelgegend, der nach E. am trägsten verzeichneten Stelle vorgenommen, die Symptome jedoch direkt nach der Injec- tion wahrgenommen wurden und zu den fürchterlichsten ge- hörten. Die Annahme der Verletzung von Nerven scheint in den vorliegenden Fällen mit der genauen Reihenfolge ihrer Symptome nicht erklärlich. Idiosynkrasie, als Erklärung der betreffenden Erschei- nungsreihe, ist unstatthaft, weil nicht einzusehen, wesshalb die Patienten 999 mal keine Idiosynkrasie zeigten und das 1000ste Mal sie erkennen liessen. Ebensowenig lässt sich mit Hysterie Etwas anfangen, Da nun die subeutanen Injectionen in mancherlei Fällen un- umgänglich nothwendig geworden sind, die unglücklichen Fälle jedoch selbst bei durch Injectionen entarteter Cutis sehr selten sind, und als Contraindication nur jene Fällen ange- sehen werden können, bei welchen nach Traube in Folge eines organischen Herzfehlers die Prädisposition zu dem Cheyne-Stokes’schen Respirationsmodus besteht, die Mor- phiuminjection dies Phänomen hervorrufen oder zu stärkerer Ausprägung gelangen lassen könne (Berl. Klin. Wochenschr. SE IRR ae 1867 No. 17, Frantzel), so wird Niemand im Uebrigen von deren Anwendung abstehen. Bemerkt sei hier nur noch, dass sich, wie ich erfahren, bei derlei unglücklichen Fällen eine subcutane Injection an einer anderen als der eben angewandten Stelle vorgenommen, die Symptome abkürzend und sehr schmerzstillend erwiesen haben soll, was gewiss zu versuchen wäre. Untersuchungen über die Crustaceen Tirols. Von C. Heller. I. (Mit 2 Tafeln.) Unter den Gliederthieren Tirols fanden bisher nur die Insekten, Myriapoden und Arachniden eine eingehendere Be- rücksichtigung. Zahlreiche grössere und kleinere Arbeiten liegen vor, die uns über Vorkommen und Verbreitung dieser Thiergruppen Aufschluss geben‘), Nur über die Klasse der Crustaceen schweigt die Geschichte. Doch darf man daraus sicherlich nicht den Schluss ziehen, dass diese Klasse bei uns nicht vertreten sei. Im Gegentheile werde ich darthun können, dass die Krebsthiere auch in unserm Lande eine reichliche Vertretung besitzen, dass sich zahlreiche Arten vorfinden, welche theils mit bekannten europäischen Species übereinstimmen, theils als neue unserm Lande eigenthümliche Formen sich erweisen. Aus der Ordnung der Decapoden kennen wir nur drei Arten von Krebsen in Tirol, nämlich Astacus fluviatilis F., A. saxatilis K. und Palaemonetes varians Leach?). Die 1) Gredler, Tirols zoologische Literatur in der Zeitschrift des Fer- dinandeum. Jahrgang 1869 S. 207. 2) Heller, zur nähern Kenntniss der in den süssen Gewässern des südlichen Europa vorkommenden Meerescrustaceen. Zeitschrift für wis- senschaftliche Zoologie. XIX. Bd. I. Heft S. 157. BE. AKC Bu erstere Art findet sich in Nordtirol, die zweite Art in den Gewässern Südtirols, die dritte Art nur im Gardasee. Von Amphipoden konnte bisher nur eine Art beobachtet werden, nämlich Gammarus pulex, welcher in Quellen und Bächen bis zu 5000’ Höhe in der Umgebung von Innsbruck vorkommt. Die Isopoden sind in Nordtirol durch folgende Arten vertreten: Asellus aquaticus L., Ligidium Persoonii Bdt, Trichoniscus riparius Kch., T. Mengii Zdd., Philoseia mus- corum Lt., Oniscus murarius Lt., Porcellio scaber Lt., P. pietus Bdt., P. trivittatus Lb., P. nemorensis Kch., P. ar- madilloides Lt., P. frontalis Lb., Platyarthrus Hoffmanns- eggii Bdt., Armadillidium vulgare M. Edw., während über die Verbreitung dieser Thiere im südlichen Theile des Lan- - des noch keine ausreichenden Beobachtungen vorliegen. Aus der Gruppe der Branchiopoden wurde erst in neuester Zeit Apus cancriformis in Tirol vorgefunden. Herr Professor P. Heinrich Mohr entdeckte denselben in einer Lache bei Brixen, welche einen grossen Theil des Jahres ganz trocken liegt und nur zeitweise mit Wasser sich füllt. Was die Ostracoden und Copepoden betrifft, so zeigen dieselben in Tirol einen bedeutenden Formenreichthum. Wie ich in der nachfolgenden Abhandlung nachweisen werde, kom- men aus der Ordnung der Copepoden 12 und aus der Ord- nung der Ostracoden 11 verschiedene Arten vor, wovon drei als ganz neu erscheinen. Hiebei muss jedoch hervorgehoben werden, dass eigentlich nur die unmittelbare Umgebung Inns- brucks in dieser Beziehung näher durchforscht wurde, wäh- rend aus Südtirol bisher nur wenige Beobachtungen vorliegen. Eine eingehendere Untersuchung des Landes wird noch man- chen werthvollen Zuwachs auch aus diesen beiden Thier- gruppen liefern und erst dann wird es auch möglich sein, über die horizontale und verticale Verbreitung derselben ein bestimmtes Urtheil zu fällen. ragen I. Copepoda. Uebersicht der Gattunsen A. Zwei Eiersäckchen bei dem Weibchen. Hintere An- tennen einfach ohne Nebenast, viergliedrig. Das 5. Fuss- paar cylindrisch. Cyclops ©. F. Müll. B. Ein Eiersäckchen bei dem Weibchen. Hintere An- tennen mit einem Nebenast versehen. Das 5. Fusspaar blatt- formig. Vorder- und Hinterleib linear, fast gleich breit. Vor- dere Antennen 8 gliedrig, kurz, Kein Herz. Canthocamptus Westw. Vorderleib viel breiter wie der Hinterleib. Vordere An- tennen lang, 25gliedrig. Ein deutliches Herz. Diaptomus Westw. Gattung: Cyclops 0. F. Müller. Uebersicht der Arten: A. Vordere Antennen 17—18 gliedrig. Antennen aus 18 Gliedern zusammengesetzt. C. elongatus Cls. Antennen aus 17 Gliedern zusammengetzt. Abdominalsegmente an ihren Verbindungsrändern glatt, Das 2. Glied des rudimentären (5.) Fusspaars am Ende mit 3 Borsten besetzt; die Antennen bis gegen die Basis des Abdomen reichend. Das Endglied der vordern Antennen mit sägeförmig ge- zähnter Firste versehen, das 8—14. Glied mit einem Kranze zahnförmiger Spitzen am obern Verbindungsrande, die Eier- säckchen schwarz, gerade ausgestreckt. C. coronatus Cls Das Endglied der vordern Antennen mit einfacher, un- bezahnter Längsfirste, die vorhergehenden Glieder ohne Stachel- kranz. Eiersäckchen licht, schief gestellt. C. tenuicornis (ls. Re Das 2. Glied des rudimentären Füsschens am Ende mit 2 Borsten besetzt. Antennen bis gegen das Ende des 3. Thoracalsegments reichend. C. bicuspidatus Cls. Das 2. Glied des rudimentären Fusspaares am Ende mit einer einzigen Borste besetzt. Antennen bis gegen das Ende des 3. Thoraxsegments reichend. C. brevicaudatus (ls. Die Abdominalsegmente an ihren Verbindungsrändern bezahnt. Antennen kurz. Rudimentiires Fusspaar mit ein- facher Borste am Ende des 2. Gliedes. C. brevicornis Cls. B. Vordere Antennen 8—12gliedrig. Antennen aus 12 Gliedern zusammengesetzt. Die Schwimm- füsse mit 3gliederigen Aesten. Das rudimentäre Fusspaar 1gliedrig, mit 3 Borsten am Ende. C. serrulatus Cls. Antennen aus 11 Gliedern zusammengesetzt. Die Schwimm- füsse mit 2 gliedrigen Aesten. Die Abdominalsegmeote an ihren Rändern glatt. C. minutus Cls. Die Abdominalsegmente an ihren Rändern bezahnt. C. Clausii Hr. Antennen aus 8 Gliedern zusammengesetzt. C. Gredleri Hr. 1. Cyclops elongatus. Claus, die frei lebenden Copepoden S. 97, Taf. XI Fig. 1, 2. Ein langgestreckter Körper von graulicher Farbe mit weissen Eiersäckchen, 18gliedrige bis an das Ende des 1. Segments des Vorderleibes reichende Antennen, ein rudimen- täres aus 2 Gliedern zusammengesetztes Füsschen, wovon das 1. Glied schmal, das 2. mit 2 Endborsten besetzt ist, glatte Verbindungsränder der Abdominalsegmente charak- terisiren diese Art. — In einem Falle fand ich die vordern Antennen aus 19 Gliedern zusammengesetzt, indem das 5. Glied in 2 Theile gespalten war. Länge 2 Mm, Fundort: Igels. Bask Oe a 2. Cyclops coronatus. Claus, das Genus Cyclops im Archiv fiir Naturgeschichte. 1857. Taf. Il, fig. 1—11. — Idem, frei lebende Copepoden S. 97, taf. II, fig. 16, taf. &, io. I: Ist ziemlich verbreitet in Tirol. Ich fand die Art in Lans, Seefeld, St. Ulrich, Sterzing und Doblino. 3. Cyclops tenwicornis. Claus, das Genus Cyclops Taf. III, fig. 1—11; idem, die Copepoden S. 99, taf. I, fig. 3; taf. II, fig. 17; taf. 4, fig. 5. Fundort: Innsbruck, St. Ullrich, Sterzing; ziemlich häufig. 4, Cyclops brevicaudatus. Claus, das Genus Cyclops, Taf. I, fig. 12. Wurde nur ein einziges Mal im Giessen bei Innsbruck vorgefunden. 5. Cyclops brevicornis. Claus, das Genus Cyclops Taf. II, fig. 12—-17; idem, die Copepoden S. 99, Taf. IV, Fig. 11. Eine der häufigsten Arten im Lanser Moor, besonders im Frühjahr schön grün, im Sommer und Herbste aber mehr grau gefärbt. Die vordern Antennen reichen kaum über das 1. Thoracalsegment hinaus, Das rudimentäre Füsschen be- steht aus einem breiten Basalgliede, dessen äussere Ecke mit einer langen Borste besetzt ist und einem schmalen kur- zen Gliede, welches sich am Innenrande des vorigen einlenkt und auch eine lange Borste trägt. An der Innenseite des 2. kurzen Gliedes bemerkt man noch einen kleinen abste- henden Stachel. Die Verbindungsränder der Abdominalseg- mente sind gezähnt. Länge 3—3.5 Mm. 6. Cyclops bicuspidatus. Claus, Archiv fir Naturgeschichte. 1857. Taf. II, fig. 6—7. Diese Art unterscheidet sich von den beiden vorher= Naturw.-med. Verein. 8 en as gehenden hauptsächlich dadurch, dass das 1. Glied des ru- dimentären Füsschens ziemlich schmal, das 2. lang und dünn und mit 2 Endborsten am Ende versehen ist. Farbe röth- lichgelb. Länge 1.5 Mm. Wurde nur ein einziges Mal im Giessen vorgefunden. 7. Cyclops serrulatus. Fischer, Beiträge zur Kenntniss der Cyclopiden, Taf. X, fig. 22 und 23. — Claus, das Genus Cyclops, Taf. I, fig. 1—3. Diese kleine, kaum 1.5 Mm. lange Art ist ausge- zeichnet durch lange, aus 12 Gliedern bestehende, bis ans Hinterende des Thorax reichende Antennen. Das rudimen- täre Füsschen ist eingliedrig und trägt am Ende drei Bor- sten, davon die innerste ziemlich breit, lanzettlich, am Rande bewimpert, die beiden äussern dagegen dünn, einfach, Fär- bung bräunlichgrün, der 2. Thoraxring oft graulichweiss, die Basis des Hinterleibes braunroth, die Eiersäckchen grün. Die häufigste Art bei uns in Tirol, im Norden und Sü- den des Landes beobachtet. Von besondern Fundorten kön- nen aufgeführt werden: Weiherburg bei Innsbruck, Lans, Seefeld, Achenthal, Sterzing, Meran. 8. Cyclops minutus. Claus, Copepoden S. 102, Taf. X, fig. 6—8. Von der Körpergrösse der vorigen Art, aber von ihr verschieden durch den Besitz von 11 gliedrigen, das Ende des 1. Thoraxringes kaum erreichenden Antennen; die Fuss- paare zeigen nur 2 gliedrige Ruderäste, das rudimentäre Füss- chen ist kurz, stummelförmig, mit einzelnen Börstchen an der Spitze besetzt, die Verbindungsränder der einzelnen Ab- dominalsegmente sind glatt. Farbe graulich, Eiersäckchen weiss. Fundort: Igels, Natters bei Innsbruck. 9. Cyclops Olausii nov. sp. (Gate I; Rig. 1,2.) Im Lanser Moor bei Innsbruck fand ich im April und Mai des Jahres 1869 sehr häufig eine Cyclopsart, welche mit dem von Claus beschriebenen ©. minutus insoferne über- einstimmte, dass die vordern Antennen aus 11 Gliedern zu- sammengesetzt waren und auch an den Ruderfüssen sich nur 2 deutliche Glieder wahrnehmen liessen. Bei näherer Unter- suchung ergaben sich jedoch einige wesentliche Abweichun- gen. Die einzelnen Segmente des Abdomen waren nämlich deutlich bei den vorliegenden Exemplaren mit spitzen Zähnen besetzt, während bei C. minutus die Verbindungsränder der betreffenden Segmente immer glatt sind. Auch besass das rudimentäre Füsschen eine ganz abweichende Gestalt. Aus diesem Grunde glaubte ich diese Form von C. minutus als besondere Art abtrennen zu müssen. Die vordern Antennen sind ziemlich kurz, denn sie er- reichen nicht einmal das Hinterende des 1. Leibessegmentes vollständig, doch kräftig, aus 11 Gliedern zusammengesetzt, die 3 letzten Glieder von mässiger Länge. Die Oberlippe in der Mitte fein kerbzähnig, nach aussen 2 grössere Zähne. Die Mandibel an der Basis mit 2 langen nach hinten ge- richteten Borsten besetzt, eine dritte kürzere ist nach vorne gewendet. An den Maxillen erscheint der Palpartheil gut entwickelt, an der Spitze mit 2 nach innen gerichteten Hacken. Die Kaufüsse kräftig. Das 1. Leibessegment ist ziemlich lang, der Hinterrand dieses und des folgenden Segments glatt, an den 3 folgen- den schmälern Segmenten jedoch fein gezähnelt. Die Ruder- äste der Füsse zeigen nur 2 deutliche Glieder, indem eine Trennung zwischen dem 2. und 3. Gliede wenig oder gar nicht angedeutet ist. Das letzte (4.) Fusspaar ragt ausge- streckt bis an’s Ende des Hinterleibes; sein Basalstück ist am hintern Rande mit einer Reihe spitzer Zähnchen besetzt, dessgleichen ist das 1. Glied am Ende gezähnelt. Das ru- dimentäre Füsschen stimmt in seiner Form mit jenem von 8 *. C. brevicornis überein, es besteht aus 2 Gliedern, wovon das 1. sehr breit und an der äussern Ecke mit einer lan- gen Borste besetzt ist, das 2. jedoch sehr kurz, an der In- nenecke des vorigen entspringt und am Innenrande ein kur- zes Zähnchen und an der Spitze eine lange Borste trägt. Bei ©. minutus besteht das rudimentäre Füsschen nach Claus aus einem kurzen, borstentragenden Stummel und einer Borste, welche getrennt von den erstern unmittelbar am Körper ent- springt. Der Hinterleib erscheint ziemlich gedrungen und breit, das 1. Segment fast so lang wie die zwei folgenden zusam- men, jedoch breiter wie lang, alle Segmente am Hinterrande nach oben fein gezähnt, an der Unterseite dagegen bloss die 3 letzten Segmente mit Zähnen besetzt (Fig. 2). Die Furca etwa so lang wie die zwei letzten Abdominalsegmente, die Schwanzborsten lang. Die Eiersäckchen schief nach aussen gerichtet. Körper licht, nach vorn gelblichgrün, das Auge braunroth. Länge 2.5 Mm. 10. Cyclops Gredleri nov. sp. (Taf. I Fig. 3, 4.) Diese kleine, kaum 1 Mm. lange zierliche Art ist aus- gezeichnet durch den Besitz von 8 gliedrigen Antennen. Sie schliesst sich hiedurch unmittelbar an C. magniceps, eine von Liljeborg !), in der Ostsee beobachtete Art an. Der Cephalothorax erscheint ziemlich breit und gewölbt, etwas breiter wie lang, der Hinterrand gerade, die folgenden Tho- raxsegmente allmählig verschmälert mit stumpfen nach hinten etwas vorragenden Seitenecken, das 3. und 4. Segment am Hinterrande, namentlich gegen die Seiten hin feingezähnelt. Die vordern Antennen sind ziemlich kräftig und ragen etwas über die Mitte des vordern Leibessegments nach rück- 1) W. Liljeborg, de Crustaceis ex ordinibus tribus: Cladocera, Ostracoda et Copepoda in Scania occurrentibus. Lund 1853 p. 204, tab. XXII fig. 1. I eT ee warts. Sie sind nur aus 8 Gliedern zusammengesetzt, hievon ist das 1. Glied stark, dreieckig, das 2. und 3.Glied kurz, ringförmig, das 4. Glied länger wie die 2 vorhergehenden zusammengenommen, aber dünner, die 2 folgenden Glieder wieder sehr verkürzt, die 2 Endglieder dagegen länger, alle Glieder am obern Rande und gegen das Ende hin mit Börst- chen besetzt. — Die Ruderäste der 4 vordern Fusspaare 3gliedrig, das 5. Fusspaar stummelförmig, mit 3 Börstchen am Ende. Der Hinterleib von mässiger Länge, die einzelnen Seg- mente fast gleich breit, von vorn nach hinten nur wenig ver- schmälert, ihr Hinterrand glatt und unbewehrt, bloss an der Basis der Furcula mit einer Reihe feiner Börstchen versehen. Die beiden Aeste der Furcula beträchtlich länger wie die 2 letzten Abdominalsegmente zusammen und beiläufig die Mitte des drittletzten Segments erreichend, die innere Schwanzborste fast von der Länge des Abdomen. — Die Eiersäckchen rund- lich, weiss, abstehend, mit einer geringen Anzahl von Eiern gefüllt. Die Körperfarbe licht, grau, durchscheinend. — Das bedeutend kleinere Mänchen (Fig. 4) zeigt die vordern An- tennen gegen das Ende hin stark verdickt. Wurde in mehreren Exemplaren oberhalb der Arzler Alpe in einer Höhe von 5000’ in einem Wassertroge vor- gefunden. Gattung: Canthocamptus Westwood. Canthocamptus minutus. Cyclops minutus O. F. Müller, Entomostraca p. 101, tab. XVII figs 1—7. — Monoculus staphylinus Iurine, Histoire del Monocles p. 74. tab. VII fig. 1—19. — Canthocamptus staphylinus Claus, Copepo- den p. 121, taf. XII fig. 4—14; taf, XII fig. 1, 3, 4. Körper linear, cylindrisch, Vorder- und Hinterleib deut- lich gegliedert, ersterer nur wenig breiter wie letzterer. Kopf mit dem 1. Thoraxringe verwachsen. Die vordern Antennen 8 gliedrig, kurz, bis gegen das Ende des vorderen Leibes- segments reichend. Hintere Antennen 2 gliedrig mit kurzem AN of Sige eingliedrigen Palpus an der Basis. Die Füsse mit 2 Ruder- ästen, an den 3 vordern Fusspaaren beide 3gliedrig, am 4. beide 2gliedrig, das 5. Fusspaar stellt 2 mit Borsten besetzte Platten dar. Die Gabeläste des Schwanzes kurz und ge- drungen. Das Weibchen bloss mit einem Eiersacke ver- sehen, beim Männchen der innere Ast des 3. Fusspaares scheerenförmig. Farbe graulichweiss. Länge 14,—1 Mm. Ueberall häufig in Bächen und Lachen. Besondere Fund- orte: Lans, Seefeld, Kufstein, Sterzing, Meran. Gattung: Diaptomus Westwood. Diaptomus Castor. Monoculus castor, Jurine, Hist. des Monocl. p. 50, tab. IV fig. 1—6. — Diaptomus Castor, Liljeborg, de Crustaceis p. 134, tab. XIII fig, 1—10. Vorderkörper länglich eiförmig, breiter wie das Abdo- men, der Kopf vom 1. Thoraxringe getrennt. Die vordern Antennen fast so lang wie der Körper, 25 gliedrig, in beiden Geschlechtern ungleichartig. Am 1. Paar der Schwimmfüsse ist der innere Ast 2gliedrig, am 2.—4. Paare dreigliedrig; am 5. Fusspaare ist der innere Ast schmal, 2gliedrig, der äussere am Ende mit einer Zange versehen. — Körperfarbe röthlich. Länge 3—4 Mm. Wurde von mir nur einmal, jedoch in grosser Menge in einer Lache bei Seefeld vorgefunden. II. Ostracoda. Die Bestimmung der einzelnen zu dieser Gruppe gehö- rigen Formen ist noch immer mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Die Undurchsichtigkeit des Körpers, die wech- selnde Form der Schalen in den verschiedenen Altersstufen, die Veränderlichkeit der Farbe und Behaarung bieten ebenso viele Hindernisse in der Bestimmung der specifischen Form. Namentlich waren es die Schalen, welche von den früheren Forschern fast allein beriicksichtigt wurden und nach deren Form man die einzelnen Arten unterschieden hat. Nun weiss man aber, dass die Gestalt der Schalen besonders nach dem Alter wechselt. Ein junges Thier ist vorn immer höher als hinten, während bei ausgewachsenen Individuen gerade der Hintertheil höher und breiter erscheint. Auf diese Weise geschah es, dass oft eine einzige Art in eine ganze Reihe von verschiedenen Arten aufgelöst wurde, je nachdem die dazu gehörigen Thiere in einem mehr oder weniger entwickel- ten Stadium beobachtet worden waren. In neuerer Zeit ging man etwas gründlicher vor, indem man auch auf den innern Bau der Thiere eine grössere Rücksicht nahm und dadurch verlässlichere Merkmale zur Trennung der Arten gewann. Besonders sind es die Arbeiten von S. Fischer !), Liljeborg 2) und Zenker 3), durch welche unsere Kenntnisse in dieser Be- ziehung wesentlich gefördert wurden. — Nach den Unter- suchungen des letztern sind es hauptsächlich das 3. Kiefer- paar des Männchens und die Schleimdrüse des männlichen Geschlechtsapparates, welche sehr brauchbare Merkmale zur Unterscheidung der einzelnen Arten liefern. Nur tritt der. bedauerliche Umstand ein, dass von vielen Arten nur Weib- chen bekannt sind, dass auch bei den Arten, wo Männchen vorkommen, diese stets seltener sind. Es würde demnach in vielen Fällen die sichere Bestimmung der Art gar nicht möglich sein. Nun lassen sich jedoch in der That auch bei weiblichen Thieren hinreichende Merkmale auffinden, welche eine scharfe Trennung der Arten bewerkstelligen lassen. Nur müssen die Exemplare, welche zur Untersuchung dienen, voll- kommen geschlechtsreif sein. Insbesondere ist dann zu be- rücksichtigen die Form des 2. Antennenpaars, die Anwesen- 1) Sebast. Fischer, Abhandlung über das Genus Cypris. In den Memoires des Savants étrangers. T. VII. Petersburg 1851. 2) W. Liljeborg, de Crustaceis ex ordinibus tribus: Cladocera, Ostracoda et Copepoda in Scania occurrentibus. Lund 1853. p. 92. 3) W. Zenker, Studien über die Krebsthiere im Archiv für Natur- geschichte. 20. Jahrgang. Berlin 1854. era heit oder Abwesenheit des Branchialanhanges am 2. Kiefer- paare, die Gestalt der Schwanzanhänge, der Leber und der Eierstockschläuche, die Form des Auges und der Schale. Uebersicht der Gattungen: Mit zwei deutlich getrennten Augen. Notodromas Liljeb. Mit einem einzigen Auge. Das dritte Glied der untern Antennen mit Ruderborsten an der innern Seite, das 2. Maxillenpaar mit einem Bran- chialanhang. Cypris Müll. Das dritte Glied der untern Antennen ohne Ruderborsten an der innern Seite, das 2. Maxillenpaar ohne Branchialan- hang. Candona Baird. Gattung: Notodromas Liljebore. Notodromas monachus. Cypris monacha, 0. F. Müller Entomostraca p. 60, tab. V fig. 6-8. — Monoculus monachus, Jurine Hist. d. Mon. p. 173, tab. XVIII, fig. 13—14. — Notodromas monachus Liljeborg, de Crustaceis p. 95 tab. VIII fig. 1—15. Die Schale dieser Gattung ist hoch und breit, fast wiir- felförmig gebaut. Von der Seite angesehen ist der untere Rand fast gerade, nur da, wo er in den Vorderrand über- geht, ist ein rundlicher Vorsprung vorhanden. Am Ueber- gange in den hintern Rand sind 1 oder 2 nach hinten ge- richtete Zähne zu bemerken, die aber beim Männchen fehlen. Vorder- und Hinterrand sind abgerundet und der Rücken besonders in der hintern Hälfte gewölbt. Von oben ange- sehen erscheint die Schale fast eiförmig, nach vorn hin mehr verschmälert wie hinten, die Ränder zugeschärft, vorn und rückwärts kielartig vorragend. Bei der Ansicht von unten ist in der Mitte eine leichte Ausbuchtung bemerkbar und sind hier die Schalenränder zugleich stark ausgeschweift. Die Oberfläche bedeutend vorgewölbt, glatt, glänzend, an beiden Enden, sowie an der Unterseite mit einigen Härchen besetzt, sonst fast nackt. — Die Farbe ist veränderlich. Die Grund- farbe ist weisslich oder weisslichgelb mit grössern oder klei- nern dunkelschwarzen oder auch olivengrünen Flecken. Am häufigsten zieht sich vor dem Auge eine breitere oder schmä- lere schwarze oder dunkelgrüne Binde längs des ganzen vor- dern und untern Randes bis zum Hinterrande hin. Von oben angesehen findet sich fast immer in der Mitte ein ziem- lich grosser schwarzer oder dunkelgrüner Fleck vor, bisweilen ein grösserer dunkler Fleck auch am Hintertheile, der sich nach vorn mit der Randbinde in Verbindung setzt. Die Männchen besitzen immer eine dunklere Färbung. Vorder- und Hinterrand stets klar und durchsichtig, besonders der Vorderrand mit breitem, glashellem Saume versehen. Die obern Antennen sind ziemlich schmächtig, aus 7 Gliedern zusammengesetzt; das 1. Glied dick und stark, gegen das Ende hin verschmächtigt, mit einer Borste am Vor- derrande nach oben; das 2. Glied kurz, ebenfalls mit einer Borste am obern Rande; das 3. Glied verlängert, eylindrisch, am Vorderende mit einer längern Borste nach oben und einer kürzern Borste nach unten; die 3 folgenden Glieder kurz, zusammen fast so lang wie das 3., das 4. und 5. am Vor- derende oben mit 2 langen Borsten, unten je mit einem dün- nen Borstchen, das 6. Glied mit 4 langen Borsten besetzt; das letzte Glied schmal, etwas länger wie das vorhergehende, am konisch verschmälerten Ende mit 3 Borsten, davon 2 länger als die dritte. Die untern Antennen sind etwas kürzer aber stärker wie die obern, nach unten gerichtet und aus 6 Gliedern zu- sammengesetzt, die gegen das Ende hin an Dicke abnehmen. Ihr 1. Glied kurz und dick, das 2. etwas längere am Vor- derende des untern Randes mit einer langen Borste besetzt, eine kleine dünnere Borste am Vorderende des obern Ran- des; das 3. Glied ebenfalls ziemlich stark, etwas länger wie das vorhergehende, in der Mitte des untern Randes mit einer ziemlich starken, am Ende abgerundeten, fast. griffelförmigen Borste, eine andere lange spitze Borste findet sich am Vor- derende dieses Randes, an der Basis von 2 kleinen Borst- chen umgeben. An der Innenseite dieses Gliedes entspringen am Vorderende ober der schon erwähnten Borste noch 5 lange gegen das Ende hin gefiederte Borsten und ragen bis zum Ende der Klauen des letzten Gliedes. Die folgenden Glieder sind beträchtlich schmäler. Das 4. Glied ist kürzer als das 3. und 5., nach vorn hin schief abgestutzt und hier mit 2 Börstchen sowohl an der obern als untern Seite be- setzt, das untere etwas länger. Das 5. Glied trägt am Ende des obern Randes 2 lange, klauenförmige und 2 kurze ein- fache Borsten, ebenso findet sich am Ende des verlängerten letzten Gliedes eine längere und eine kürzere etwas ge- krümmte Klaue, beide an der concaven Seite gegen die Spitze hin feingezähnt, überdiess an der Basis 3 kleinere einfache Börstchen. Die Oberlippe erscheint in der Mitte ausgebuchtet und an den seitlichen abgerundeten Läppchen fein bewimpert. Die Mandibel fast dreieckig, nach oben zugespitzt, nach unten verbreitert und am Kaurande mit 4—5 spitzen Zähnchen besetzt; der Palpus Agliedrig, das 1. Glied von mässiger Länge, an der Vorderseite mit 2 Fiederborsten, an der Hin- terseite mit einem vierlappigen Kiemenanhang; das 2. Glied kurz, an der Vorderseite mit 4 an der Basis etwas verdick- ten Fiederborsten, an der Hinterseite mit 2 einfachen langen Borsten; das 3. grössere Glied am Ende vorn mit einer grössern Borste, hinten mit 3 beisammenstehenden Borsten versehen, das 4. Glied schmal, konisch, am Ende mit 4 Ha- ckenborsten. Das 1. Paar der Maxillen ist in beiden Geschlechtern ganz gleich geformt, nach unten hin mit 4 am Rande mit kurzen, leicht gefiederten Hackenborsten besetzten Läppchen, wovon das letzte 2gliedrig ist. Die Läppchen nehmen von vorne nach hinten an Länge zu, an der Basis des 1. Läpp- chens stehen 2 lange Borsten, nach rückwärts ragt ein drei- eckiger, fiederlappiger Branchialanhang nach oben. — Am 2. Maxillenpaar mangelt ein Branchialanhang und ist die Ge- el N iia stalt je nach dem Geschlechte verschieden. Beim Weibchen erscheint der Kieferast 2 gliedrig, nach unten hin verbreitert und am abgerundeten Rande des 2. Gliedes mit kurzen star- ken Hackenborsten besetzt, der nach hinten gerichtete Papal- anhang ist keulförmig, nach rückwärts zugespitzt, undeutlich gegliedert, an der Spitze mit 2 Börstchen versehen. Beim Männchen ist die Maxille der rechten Seite gewöhnlich grösser wie der linken. Sie ist aus 3 Gliedern zusammengesetzt, das 1. Glied kurz, das 2. länger und am Ende mit einer Reihe kurzer steifer Hackenbörstchen bewaffnet; das 3. Glied nach hinten gerichtet. Letzteres ist auf der rechten Seite länger und schmächtiger als auf der linken Seite, beiderseits mit einer spitzen Endklaue versehen, die gegen den untern Rand des vorhergehenden Gliedes eingeschlagen werden kann, wo sich auch gewöhnlich ein zahnartiger Vorsprung vorfindet. Die Endklaue der linken Maxille ist mehr gekrümmt wie jene der rechten Maxille. Von diesen 3 Gliedern dienen beim Männchen bloss die 2 ersten zum Kaugeschäft, während das Endglied mit der Klaue als Greiforgan zum Festhalten des Weibchens bei der Begattung benützt wird. Das 1. Fusspaar besteht aus 5 Gliedern, das letzte kurze Glied mit einer Klaue und zwei Borsten versehen, am vordern Rande vom 2. und 3. Gliede je 1 Borste. Beim Weibchen erscheint dieses Fusspaar gewöhnlich schmächtiger, die Endklaue kürzer als beim Männchen. — Das 2. Fuss- paar, in beiden Geschlechtern fast gleich gebildet, ist 4 gliedrig, das 2. und 3. Glied mit einer Borste am Ende, das 4. Glied mit einer Borste in der Mitte des untern Randes und 3 Bor- sten am Ende. — Die beiden Schwanzhälften erscheinen von der Seite angesehen von der Basis gegen die Spitze hin all- mählig verschmälert, gegen die Mitte hin nach hinten etwas vorgewölbt, an der Spitze mit 3 Borsten besetzt, wovon die hinterste die kleinste ist. Sie liegen gewöhnlich dicht neben einander, hängen ziemlich fest zusammen, sind jedoch nicht verwachsen, sondern lassen sich bei einigem Druck von ein- ander trennen. — Opie _Kérperlinge 1 Mm. Findet sich bei uns überall verbreitet, besonders in tiefern stehenden Gewässern, wo sie ziemlich lebhaft ge- wöhnlich mit dem Rücken nach unten gekehrt herumschwimmt. Sie wurde von mir beobachtet im Lanser Moor, in Seefeld, im Achensee bei Buchau, in Sterzing, Meran, Doblinosee. Gattung: Cypris, O. F. Müller. Uebersicht der Arten: A. Die Ruderborsten am Ende des 3. Gliedes der un- tern Antennen so lang wie die Endklauen oder länger. a) Die beiden Hälften des Schwanzes wohl entwickelt, verlängert, mit 4 Endborsten, wovon die beiden mittlern die längsten, stachelartig. cc) Die Schalen am Vorderende mit Zähnchen oder Höcker- chen bewehrt. Die Zähnchen an beiden Schalen sowohl am Vorder- als am Hinterrande vorhanden C. pubera Müll. Die Zähnchen oder Höckerchen bloss am Vorderrande der rechten Schale sichtbar C. fuscata Jur. ß) Die Schalen am Vorderende glatt. Die Schalen mit schmalem durchsichtigen Vordersaum versehen (braun, eiförmig) C. ovum Jur. Die Schalen mit breitem, durchsichtigen Vordersaum versehen. Schalen am Hinterende bloss in der untern Hälfte mit durchsichtigem Saum C punctata Jur. Schalen längs des ganzen Hinterrandes mit durchsich- tigen Saume Schale viel länger wie hoch, grün. C. fasciata Müll. Schale wenig länger, wie hoch, bräunlich. C. scutigera Fisch. b) Die beiden Hälften des Schwanzes dünn, kurz, mit einfacher gerader Endborste versehen. C. vidua Müll. B. Die Ruderborsten am Ende des 3. Gliedes der un- tern Antennen kurz, kaum die Mitte des 4. Gliedes er- reichend. C. ornata Müll. 1. Cypris pubera. Cypris pubera, O. F. Müller: Entomostraca p. 56 tab. V fig. 1—5. — S. Fischer: Ueber das Genus Cypris p. 154, tab. VIII fig. 1—8; Liljeborg: de Crustaceis p, 108 tab. X fig. 1—5. — Monoculus ovatus, Jurine: Monocl. p. 170 tab. XVII fig. 5—6. Die Schale rundlich eiförmig, an der ganzen Oberfläche dicht behaart, am Vorder- und Hin- terrande mit Stachelzähnen besetzt, Bauchrand der Schale fast gerade, Vorder- und Hinterrand abgerundet, Rücken convex, die Seiten stark vorgewölbt. Die Schwanzhälften schlank, ge- rade, die beiden Endstachel schwach gesägt, der längere von halber Länge des Basalgliedes. Farbe grün oder bräunlichgrün. Länge 2), Mm. Von der Seite betrachtet erscheint die Schale eiförmig, bei ältern Individuen fast dreieckig, indem die stark gewölbte Rückenseite in der Mitte beinahe einen Winkel bildet, wäh- rend die untere Seite fast gerade erscheint. Vorder- und Hinterrand sind gleichmässig abgerundet, mit spitzen Zähnen besetzt. Am Vorderrande sind sie gewöhnlich zahlreicher, 6—7, am Hinterrande nur 3—4, wovon die 2 untersten stärker-und länger. Auf diese eigenthümliche Bewaffnung des Schalenrandes wurde zuerst von Fischer aufmerksam ge- macht und durch sie lässt sich die Art ganz leicht von allen andern unterscheiden. Von oben angesehen erscheint die Schale oval, in der Mitte stark vorgewölbt, nach den Enden hin gleichmässig verschmiilert. An der Unterseite ist sie breit, gegen die Mitte hin concav vertieft, die Schalenränder einwärts gekrümmt. Die ganze Oberfläche der Schale ist mit zahlreichen langen Haaren bedeckt, die besonders am Rande stark vorragen. Die Farbe des Thieres variirt vom Hellgriinen bis zum Dunkelolivengrünen, ja fast Schwarzen, eu SA was von der eben oder kurz vorher stattgefundenen Häutung, vom Alter oder von anklebenden fremden Stoffen herrührt. Meistens kann man an der Seite der Schale 2 schräg von vorn nach hinten und von oben nach unten hinziehende Streifen unterscheiden, indem die darunter liegenden Eier- stöcke durchscheinen, daher jene Streifen zur Zeit der Reife auch meist eine röthliche Farbe annehmen. Das Auge ist schwarz, rundlich. Bei jüngern Individuen ist die Schale immer mehr läng- lich, lichter, zeigt häufig concentrisch verlaufende Zuwachs- streifen, oder bei beginnender Verdickung ein maschiges Netz- werk. Nach dieser verschiedenen Form der Schalen hat man eine ganze Reihe von Arten aufgestellt, die aber nichts an- deres sind als Entwicklungsformen von C. pubera. Als solche sind anzusehen: Monoculus striatus Iur., Cypris reticulata Zdd., ©. tessellata Fisch., Mon. unifasciatus Iur., C. strigata Müll., C. insignis Zdd., C. Westwoodii Bd., C. gibbosa Bd. Die obern Antennen sind 7 gliedrig, das 1. Glied dick, mit einer Borste am Ende des untern Randes und einer zweiten in der Mitte des obern Randes versehen; das 2. Glied kurz mit einer Borste am Ende des obern Randes, das 3. Glied das längste mit einer Borste am Vorderende des obern und untern Randes; die 4 folgenden Glieder neh- men allmählig an Länge ab, das 4., 5. und 6.Glied je mit 4 Borsten am Vorderende, davon jene des obern Randes länger wie die am untern Rande stehenden, das letzte Glied ebenfalls mit einem Borstenbüschel an der Spitze, der eben- falls aus 2 längern und 2 kürzern Borsten besteht. Die untern Antennen sind 5 gliedrig, die einzelnen Glie- der stimmen in Form und Bewaffnung mit der vorhergehen- den Art im Wesentlichen überein, nur ist das letzte Glied bedeutend kürzer. Vom Ende des 4. und 5. Gliedes . ent- springen 2 längere, gegen die Spitze hin feingezähnte klauen- artige Borsten, dessgleichen vom Ende des 3. Gliedes 5 lange Ruderborsten, die bis ans Ende der genannten Klauen reichen. eile), een Die Mundtheile besitzen einen ähnlichen Bau wie bei N. monachus, nur findet sich auch am 2. Maxillenpaar ein deutlicher 5lappiger Kiemenanhang. Das 1. Fusspaar ist 5gliedrig; das 1. Glied ziemlich stark und dick, unbewehrt; das 2. Glied verlängert, am Ende des untern Randes mit einer Borste, das 3. Glied wieder kürzer wie das vorige und ebenfalls mit einer Borste am Vorderende, das 4. Glied fast von gleicher Länge wie das 3., am Ende mit einer Borste, das letzte Glied sehr kurz mit 2 Stachelborsten an der Spitze, zwischen ihnen entspringt eine lange, stark gekrümmte, am concaven Rande fein ge- zähnelte Klaue. — Das 2. Fusspaar zeigt 4 Glieder, von denen das 3. am längsten erscheint, das 2. und 3. mit einer Borste am Ende, das 4. Glied mit einer Borste in der Mitte und 2 Borsten an der stumpfen Spitze. Die beiden Schwanzanhänge sind lang, schmal und fast gerade, am hintern Ende mit 2 spitzen gekrümmten End- klauen und 2 Börstchen, eines an der Basis der längern Endklaue, das andere vor der kürzern Endklaue am Rande. Ich fand diese Art bisher nur in Seefeld und Meran. 2. Oypris fuscata. Monoculus fuscatus, Jurine: Monocl. p. 174, tab. XIX fig. 1—2. — Cypris fusca, Strauss, Memoir. du Mus. tom. VII pl. 1 f. 4—16 Fischer: Das Genus Cypris p. 156, tab. VIII fig. I—-8. — C. in- congruens, Liljeborg: de Crustaceis p. 119, tab. IX fig. 6—7, tab, XI fig. 1—4, tab. XI fig. 6. — Monoculus conchaceus, Jurine: Monocl. p. 171, tab. XVII fig. 7—8. Körper von der Seite nierenförmig, Vorder- und Hinterrand abgerundet, der Rücken ziemlich convex, der Bauchrand in der Mitte sanft nach oben ausgeschweift. Die rechte Schale be- trächtlich kürzer wie die linke, erstere am Vor- derrande mit rundlichen höckerartigen Erhaben- heiten besetzt, letztere mit einfachem breiten glashellen Saum versehen. Rand und Oberfläche behaart. Die Schwanzhälften schlank, gerade, u RONAN ziemlich lang. Farbe gelblich, gelblichroth, braun oder grünlich. Länge 1.5 Mm. Zu dieser Art dürften als jüngere Entwicklungszustände auch gerechnet werden: Monoculus ruber, M. aurantius, M. bistrigatus und M. ophthalmicus Jur. — Sie charakterisirt sich hauptsächlich durch die ungleiche Länge der Schalen und durch die Anwesenheit von körnerartigen oder höcker- artigen Erhabenheiten am Vorderrande der kürzern rechten Schale. Uebrigens zeigen sich ähnliche kleinere Erhabenheiten auch bisweilen am hintern Rande der Schale zwischen dem Ursprunge der Haare. DBei ausgewachsenen Exemplaren erscheint die Schale von der Seite vorn immer niederer wie hinten, ihre Höhe beträgt *4 ihrer Länge. Von oben betrachtet ist sie eiförmig, nach vorn ziemlich verschmälert, hinten breiter. An der untern Seite sind die Schalenränder gegen die Mitte hin ziemlich einwärts gekrümmt. Die Farbe der Schale ist veränderlich, bei jiingern Thieren meist lichter, bei ältern dünkler. Am häufigsten ist die Färbung braun mit Uebergängen in’s Gelbliche oder Rothe. Auf dem Rücken hinter dem Auge findet sich gewöhnlich ein dunklerer Fleck, von welchem an der Seite ein röthlicher Streifen nach hinten und unten zieht. Die obern Antennen verhalten sich ganz wie bei der vorigen Art. An den untern Antennen sind die 5 Ruder- borsten am Ende des 3. Gliedes deutlich gefiedert und rei- chen bis an’s Ende der Klauen. Das 1. Fusspaar ist mit einer langen, gegen die Spitze hin stark gekrümmten, am concaven Rande fein stachelzähnigen Klaue am Ende ver- sehen. Die Endklaue des letzten Fusspaars ist kurz. Die Schwanzanhänge sind schlank, gerade, an der Spitze mit einer längern stachelartigen und einer kürzern Borste, und 2 andern Borsten am Ende des hintern Bandes be- wafinet. Ist die gemeinste Art bei uns in Tirol, findet sich so- wohl in fliessendem klaren Wasser als auch in Tümpeln, er Lachen mit stehendem Wasser, wo faulende Pflanzenstoffe vorhanden sind. Wurde an verschiedenen Orten in Nord- und Südtirol, im Thal und im Gebirg, bis zu 6000’ Höhe (z. B. in Kühthei) beobachtet. 3. Cypris scutigera. Fischer: das Genus Cypris p. 163, tab. XI fig. 3—5. Körper in seitlicher Lage eiförmig, Vorder- und Hinterrand abgeruudet, der Rücken convex, der Bauchrand fast gerade, breit. Die rechte Schale ist etwas kürzer wie die linke, ohne Hö- ckerbesatz am Rande Rand und Oberfläche ziemlich behaart. Die Schwanzanhänge dünn, lang. Die Farbe gelblichbraun, oft gefleckt. Länge 1.4 Mm. Zenker hält diese Art identisch mit C. Joanna Baird !) doch ist es bei der kurzen Beschreibung und unvollkommenen Abbildung des letzteren wohl nicht möglich sich darüber ein sicheres Urtheil zu bilden. Sie hat einige Aehnlichkeit mit C. fuscata, doch unterscheidet sie sich von ihr leicht durch die seitlich mehr gewölbte Schale, durch die glatte Beschaf- fenheit des Randes, durch die breite Unterseite. Wegen der starken Wölbung der Seiten lässt sich das Thier nur schwer in eine seitliche Lage bringen. Der Vordertheil ist etwas niederer als der Hintertheil der Schale, die grösste Höhe fällt beiläufig in die Mitte der Schale und beträgt fast die Hälfte der Länge. Von oben angesehen ist das Thier eben- falls eiförmig, nach vorne zugespitzt, die Seiten stark convex, besonders nach hinten, der Hinterrand abgerundet. Von unten betrachtet erscheint die Schale breit, die Ränder stark einwärts gekrümmt, in der Mitte lappig vorspringend. Die rechte Schale ist nach vorne hin etwas kürzer wie die linke. Die Farbe der Schale ist weisslich oder grünlichgelb oder bräunlich mit unregelmässigen weisslichen oder weislichgrauen 1) Baird, British Entomostraca p. 155 tab XVIII fig. 5. Naturw.-med. Verein. 9 He gene} Ce Bi wolkigen Flecken versehen, übrigens ziemlich durchsichtig. Das Auge ist schwarz, viereckig. Die Schalenoberfläche ist glatt und glänzend, jedoch mit langen Haaren, die auf kleinen rundlichen Höckern entspringen, besetzt; die Haare sind be- sonders am Vorder- und Hinterrande verlängert, am Bauch- rande aber kürzer. Am Rande der linken Schale findet sich vorn und hinten ein ziemlich breiter heller Saum, an der rechten ist er schmäler. Die Muskeleindrücke sind länglich. Die beiden Schwanzhälften lang und dünn, leicht ge- krümmt, mit 2 Endkrallen, die gegen die Spitze hin gezäh- nelt sind, eine kleine Borste au der Basis derselben nach vorn, eine andere kleine etwas abgerückt am hintern Rande. Einzeln im Giesseu bei Innsbruck und in Gräben bei Innsbruck gefunden. 4. Cypris punctata. Monoculus punctatus, Jurine: Monoel. p. 175, pl. XIX f. 3—4. — Cypris punctata, Zenker: Krebsthiere 8. 77 Taf. IIT A. — C. com- pressa, Baird: Brit. Entom. p. 154, tab. XIX fig. 14. — C. ele- gantula, Fischer: das Genus Cypris S. 161, Taf. X fig, 12—14. Schalen von der Seite eiförmig, vorne nie- driger wie hinten, Vorder- und Hinterrand ab- gerundet, unterer Rand fast gerade. Die linke Schale vorn mit breitem glashellem Saume, hin- ten nur in der untern Hälfte des Randes mit schmalem Saume vorragend. Behaarung mässig. Die beiden Schwanzhälften dünn, ziemlich ge- rade. Färbung gelblichgrün mit dunklernFlecken. Länge 0.6—0.8 Mm. - Ein hervorragendes Merkmal dieser Art ist, dass die etwas längere linke Schale in der untern Hälfte des Hinter- randes mit schmalem Saume vorspringt. Bei der Ansicht von oben erscheint die Schale länglich eiförmig, nach vorne hin stark verschmälert, seitlich mässig vorgewölbt, nach hin- ten abgerundet. Die Oberfläche ist ziemlich glatt, mit kurzen ge Börstchen sparsam besetzt, nur an dea Rändern finden sich etwas längere Börstchen vor. Die Farbe ist gelblichgrün oder bräunlich mit dunklern braunen Flecken besäet. Das Auge ist schwarz, ziemlich breit. Die Gliedmassen sind schlank und beweglich, die Ruderborsten an beiden Antennen - von grosser Länge, die Thiere können sehr fertig schwimmen und auch hurtig am Boden laufen. Von der vorhergehenden Art lässt sie sich leicht unter- scheiden dnrch geringere Körpergrösse, durch schmälere Un- terseite nnd weniger gewölbte Seitenflächen. Fundort: Lanser Moor. 5. Cypris ovum. Monoculus ovum, Jurine: Monocl. p. 179 tab. XIX fig. 18—19. — Cypris ovum, Liljeborg: de Crust. p. 143 tab. X fig. 13—15; Zenker: Krebsthiere S. 79 Taf. II B. — C. vulgaris, Zaddach, Synopsis Crust. p. 35. — C. minuta, Baird: Brit. Entom. p. 155 tab. XVII fig. 7—8. — C. pantherina, Fischer: Das Gen. Cypris, p. 163, tab. XI fig. 6—8. Schale seitlich stark vorgewölbt, vorn et- was niedriger als rückwärts, der obere Rand gleichmässig gekrümmt, von oben angesehen vollkommen eirund, vorn etwas schmäler wie hinten, die Ränder der Schalen mit schmalem lichten Saume versehen, Oberfläche ziemlich behaart. Die beiden Schwanzhälften dünn, ge- rade. Farbe braun. Länge 0.6 Mm. Die grösste Höhe und Breite der Schale fällt beiläufig in die Mitte, die Unterseite erscheint ebenfalls ziemlich breit, indem die Ränder stark einwärts gekrümmt sind. Das Auge ist gross viereckig, schwarz. Die Gliedmassen sind kurz, aber kräftig und langbehaart. Die Oberfläche ist hellbräun- lich oder röthlichbraun und oft mit einer Menge dunkler, rundlicher Flecken besäet. Sehr häufig in stehenden Gewässern, wo sie sich munter herumtreibt. Von mir beobachtet in Lans, Giessen, Seefeld, Achensee, Sterzing, Meran. 9% Zone 6. Cypris vidua. O. F. Müller: Entomostraca p. 55 tab. IV fig. 7—9; Jurine: Monocl. p- 175 tab. XIX fig. 5—6; Fischer: Das G. Cypris p. 162 tab. XI fig. 1—2; Liljeborg: de Crust. p. 111 tab. X fig. 1O—12. — C. hirsuta, Fischer 1. c. p. 159 tab. X fig. 6—8. — C. affinis, idem l. c. p. 160 tab. X fig. 9—11. Schale von oben angesehen eiförmig, beider- seits stark vorgewölbt, vorn mässig verschmä- lert, hinten breit abgerundet, Bauchrand ziem- lich gerade und flach, am Vorderrande der rech- ten Schale zwischen dem Ursprunge der Borsten mit kleinen körnerartigen Erhabenheiten, Ober- fläche und Ränder stark behaart. Die beiden Schwanzhälften dünn, kurz, mit einfacher ge- rader Endborste. Farbe grünlich mit dunklen Querbinden. Länge 0.3 Mm. Diese kleine Art ist der vorigen sehr verwandt, lässt sich jedoch durch mehrere wesentliche Merkmale leicht von ihr unterscheiden. Von den beiden nach Aussen stark vor- gewölbten Schalen ist die rechte nach vorn hin etwas kürzer wie die linke, letztere mit einfachem glashellem Saume am Vorderrande, erstere mit kleinen körnerartigen Erhabenheiten zwischen dem Ursprunge der Borsten daselbst versehen. An der Bauchseite ist die Schale ziemlich breit, indem die Rän- der stark einwärts gekrümmt sind. Die ganze Oberfläche ist mit kurzen steifen Börstchen dicht besetzt , die an den Rändern eine grössere Länge erreichen, übrigens häufig punc- tirt oder netzförmig. Das Auge ist gross, viereckig, schwarz. Die Färbung ist sehr verschieden, selten ganz einfärbig, grünlich oder grünlichgelb, meist mit einer oder mehreren dunklen Querbinden versehen. Die beiden Schwanzhälften sind im Vergleiche mit andern Arten sehr rudimentär ent- wickelt, kurz, gerade, gegen das Ende hin verjüngt, mit einem kleinen Börstchen vor der Spitze und einer geraden Endborste, die fast eben so lang ist wie das Basalglied. Nicht selten in stehenden Gewässern zwischen Wasser- AOI. ee pflanzen. Ich fand sie im Lanser Moor, in Seefeld und Sterzing. 7: Cypris fasciata. C. fasciata, Müller: Entom. p. 53 tab. IV fig. 1—3; Fischer: Das G. Cypris p. 151 tab. V fig. 9-19. — C. clavata, Brit. Entom. p. 157 tab. XVIII fig. 4; Liljeborg: De Crustaceis p. 121 tab. XI fig. 5—7. — C. tristriata, Baird 1. c. p. 152 tab. XVIII fig. 1—3. — C. drcemedarius, S. Fischer 1. c. p. 153 tab. VII fig. 5—9. Körper von der Seite angesehen viel länger wie hoch, einem Gerstenkorn Ähnlich, vorne und hinten abgerundet, oben wenig gekrümmt, unten fast gerade. Die Schalen auf der Oberfläche mit einzelnen, am Rande mit zahlreichern Haaren besetzt, der Vordersaum glashell, durchsichtig Die beiden Schwanzhälften schmal, lang, gerade. Die Färbung grün. Länge 2 Mm. Diese Art ist dadurch ausgezeichnet, dass ihre Schale viel länger und niedriger erscheint wie bei den übrigen Arten, so dass die Höhe höchstens nur ein Drittel des Länge be- trägt. Vorder- und Hintertheil sind fast gleich hoch, der Vorderrand stumpfer wie der hintere, der Rücken ist wenig gewölbt, der untere Rand fast gerade, nur in seinem vordern Drittheil etwas nach oben ausgeschweift, die grösste Höhe fällt etwas hinter das Auge. Von oben angesehen ist die Schale länglichoval, ziemlich compress, vorn und hinten ver- schmälert. Die linke Schale etwas kürzer wie die rechte. Die Farbe der Schale ist lichtgrün, gewöhnlich mit 2 dunk- lern divergirenden Flecken, einem vor- und einem hinter der Mitte. Hinter und etwas unter dem Auge findet sich auch manchmal ein gelblicher oder röthlicher Fleck. — Die Ru- derborsten an den untern Antennen reichen bis ans Ende der Klauen. Die beiden Schwanzhälften sind nur an ihrer Basis etwas angeschwollen, sonst in ihrer ganzen Ausdehnung ziemlich schlank und gerade, am Ende mit 2 starken, etwas gekrümmten Krallen, die vordere fast noch einmal so lang wie die hintere, beide am concaven Rande mit spitzen Zähn- chen besetzt, überdiess eine kürzere Borste an der Basis der längeen und kürzern Endkralle. Ziemlich häufig im Lanser Moor. Cypris ornata. C. ornata, Müller: Entom. p. 51, tab. II fig. 4—6; Jurine: Monocl. p- 170 tab. XVII fig. 1—4. — €. Jurinei, Zaddach: Synops. Crust. pruss. p. 36; S. Fischer: G. Cypris p. 152, tab. VI fig. 3—9; tab. VII fig. 1—4; Liljeborg: De Crust. p. 125 tab. XI fig. 2426. — C, reptans, Baird: Brit. Entom. p. 160 tab. XIX fig. 3. — C. tristriata, Baird 1. c. p. 152 tab. XVIII fig. 1—3. — Monoculus virens, Jurine l. c. p. 174 tab. XVIII fig. 15. 16. — M. villosus Jurine 1. c. p. 178 tab: 19 fig. 14. 15. Schale in der Seitenlage nierenförmig, vorn und hinten gleich hoch, breit abgerundet, oberer Rand wenig gewölbt, unterer Rand etwas vor der Mitte ausgebuchtet, die Ränder mit längern Haaren besetzt, die Oberfläche mehr glatt. Die Ruderborsten am 2. Antennenpaar sehr kurz. Die beiden Schwanzhälften lang, gerade, am hintern Rande von der Mitte an feingezähnt. Farbe grün oder .gelblichgrün mit dunklern Binden. Länge 1,5 Mm. Diese ziemlich grosse und meist schön gefärbte Art unterscheidet sich von allen übrigen durch die Form der Ru- derborsten am 2. Antennnenpaar, welche äusserst verkürzt sind, so dass sie nicht einmal die Mitte des 4. Gliedes er- reichen. Diese Kürze der Ruderborsten verursacht auch die Unfähigkeit zum Schwimmen, sie kann sich nur kriechend vorwärtsbewegen. Die grösste Länge des Körpers beträgt 1.3 Mm., die grösste Höhe 0.8 Mm. Bei der Ansicht von oben erscheint der Körper länglich oval, seitlich ziemlich compress, nach vorn hin etwas mehr verschmälert wie rück- wärts. Das Auge ist schwarz, ziemlich breit. Die Oberfläche der Schale glatt, äusserst sparsam behaart. Die Endklaue Ns BECP Ye ti des 1. Fusspaares ist lang, dünn, gebogen, an der Innenseite bis gegen die Spitze hin feingezähnelt. Die dünnen, langen - Schwanzanhänge charakterisiren sich dadurch, dass sie am hintern Rande von der Mitte bis gegen die Spitze mit spitzen Zähnchen besetzt sind. An ihrem Ende tragen sie 2 ge- krümmte Klauen und 2 Börstchen; die hintere Klaue fast um die Hälfte kürzer wie die vordere, beide am concaven Rande mit Stachelzähnchen bewehrt. Die Färbung variirt bedeutend; bald ist sie lichtgrün mit dunklern grünen Binden am obern Rande und längs den Seiten (Monoculus virens Iur.) oder gelblichgrün mit dunkel- grünen oder röthlichen Zeichnungen hinter dem Auge (M. or- natus Iur.), die sich vom Rücken gegen die Seiten hinziehen. Eine Verschiedenheit zwischen C. ornata Müll. und M. ornatus Tur. kann ich nicht zugeben, dagegen scheint die von Fischer (l. c. p. 157 tab. IX fig. 7—10) unter diesem Na- men beschriebene Form nicht hieher zu gehören, die vielleicht eher, nach der Beschaffenheit des Vorderrandes der Schale zu urtheilen, eine Entwicklungsform von C. pubera bildet, wiewohl die glatte Oberfläche derselben wieder nicht dafür spricht. Ich fand die Art ziemlich häufig in Gräben und Lachen bei Meran. Gattung: Candona, Baird. Uebersicht der Arten: Schale grün, Schwanzanhänge kurz, mit einfacher langer Endborste. C. brachyura Hr. Schale weiss, Schwanzanhänge verlängert, mit 2 klauen- förmigen Endborsten. C. candida Müll, Candona brachyura nov. sp. Taf. I, Fig. 1—8. Körper von der Seite nierenförmig, noch ein- mal so lang als hoch, Vorder- und Hinterrand Bes Qe eee abgerundet, Oberseite gewölbt, Bauchrand ge- rade, in der Mitte leicht ausgeschweift. Rand und Oberfläche der Schale mit Börstchen be- setzt. Das 2. Antennenpaar ohne Ruderborsten. Die beiden Schwanzhälften kurz, dünn, mit ein- facher langer Endborste Farbe grün. Länge 0.7 Mm. Die Schale dieser Art erscheint bei der Betrachtung von oben ziemlich compress, nach vorn und hinten ver- schmächtigt, die rechte Sahale etwas kürzer wie die linke, in der seitlichen Lage nach vorn hin etwas stumpfer wie rückwärts, die grösste Höhe unmittelbar hinter dem Auge. Vorder- und Hinterrand mit lichtem breiten Saume versehen. Die obern Antennen von mässiger Länge, 7 gliedrig, die 3 letzten Glieder mit langen Borsten besetzt. Die untern Antennen ziemlich stark, fussförmig, im Allgemeinen wie bei übrigen Cyprisarten gebaut, nur mangeln gänzlich die 5 Ru- derborsten am Ende des 3. Gliedes. — Das 2. Maxillenpaar ohne Branchialanhang. Das letzte Glied am 1. Fusspaar lang, gekrümmt, klauenformig, am innern Rande feingezähnt. Die Schwanzanhänge zeigen wie bei C. vidua eine geringe Entwicklung. Sie bestehen aus einem kurzen mit einem klei- nen Börstchen am Rande besetzten Basalgliede, welchem ein langes, gerades, nur gegen die Spitze hin leicht gekrümmtes stachelförmiges Endglied folgt. Färbung grün mit dunkler vom Auge schief abwärts ziehender Binde. In kleinen Tümpeln mit schlammigem Grunde oberhalb der Arzler Alpe bei Innsbruck in einer Höhe von 4500’ ge- funden. Candona candida. Cypris candida, Müller: Entom. p. 62 tab. VI fig. 7—9; Jurino: Mo- nocl. p. 176 tab. XIX fig. 7—8. — Candona candida, Liljeborg, de Crust. p. 127 tab. XI fig. 18, 20. — Candona lucens, Baird: Brit. Ent. p. 160 tab. XIX fig. 1. — Cypris detecta, Müller 1. c. p. 49 tab. II fig. 1—3. — C. compressa Koch, Deutschlands Crustaceen h. 21 tab. 17. — C. fabaeformis, Fischer: G. Cypris p. 148 tab. Bade Ober III fig. 6—16. —.C. pellucida, idem 1. c. p. 149 tab. V fig. 1— 4. — C. acuminata, idem 1. c. p. 148 tab. IV fig. 12—16; Zen- ker: Krebsthiere p. 74 tab. II D. — C. pigra, Fischer 1. c. p. 158 tab, IX fig. 11—16.) Schale von der Seite länglich, nierenförmig, der Vordertheil etwas niedriger als der Hinter- theil, am Rücken wenig gewölbt, der untereRand ziemlich stark nach oben ausgeschweift, der vor- dere und hintere abgerundet, letzterer auch bis- weilen nach unten eckig vorspringend. Ober- fläche fast glatt, an den Rändern mit längeren Haaren besetzt. Vorder- und Hinterrand der linken Schale mit hellem Saume. Dieuntern An- tennen ohne Ruderborsten. Die beiden Schwanz- hälften gerade oder leicht gekrümmt, mit 2 End- klauen und einem etwas abgerückten Börstchen am hintern Rande. Farbe weiss, oft perlmutter- glänzend. Länge 1—1.5 Mm. | Diese Art zeigt mannigfache Abänderungen in ihrer äussern Form, die oft ziemlich auffallend sind. Wie schon Zenker nachgewiesen hat, hängen diese zum Theil mit dem Geschlechte zusammen. So ist bei den Weibchen der Hin- terrand der Schale gewöhnlich nach unten in einen stumpfen eckigen Fortsatz ausgezogen, während bei den Männchen der Hinterrand mehr abgerundet erscheint. Von oben angesehen erscheint die Schale ziemlich compress und namentlich nach vorn hin stark verschmälert, die linke Schale gewöhnlich länger wie die rechte, erstere vorn und hinten mit hellem Saume versehen. Die Oberfläche der Schale ist mit wenigen Haaren bedeckt, am Vorder- und Hinterrande sind sie zahl- reicher. Die obern Antennen sind schlank und dünn, die letzten 3 Glieder nach vorn und unten mit langen Borsten besetzt. Die untern kräftigen aus 5 Gliedern zusammengesetzten An- tennen besitzen keine Ruderborsten am 3. Gliede, daher die Thiere auch nicht schwimmen kénnen, sondern langsam her- umkriechen. Die Mundtheile sind von gewöhnlicher Form, nur man- gelt an dem 2. Maxillenpaare ein Branchialanhang. Am Hinterleibe bemerkt man oft, besonders beim Weib- chen beiderseits einen dreieckigen nach hinten und unten vor- springenden Fortsatz, zwischen welchen dann gewöhnlich der Schwanz nach unten eingeschlagen wird. Manchmal ist die- ser Fortsatz mehr abgerundet, kurz, kann aber auch ganz fehlen. Auch die beiden Schwanzhälften verhalten sich ver- schieden, sie sind entweder nach ihrer Länge leicht gekrümmt oder mehr gerade, am Ende stets mit 2 stachelartigen Klauen, die an ihrem concaven Rande fein gezahnt sind und etwas entfernt von ihnen am Hinterrande noch ein kleines Börstchen. Findet sich ziemlich häufig im Schlamme stehender oder langsam fliessender Gewässer, wo sie zwischen abgestorbenen Blättern und Zweigen herumkriecht. Fundort: Im Giessen bei Innsbruck, in Seefeld, in Ster- zing, Meran. Erklärung der Abbildungen. Tafel 1. Fig. 1. Cyclops Clausii, Weibchen von der Rückenseite. 2 5 > Hinterleib von der Unterseite. NICH „ Gredleri, Weibchen von der Rückenseite. SUN en mR Vordertheil des Männchen. Tafel IT. Fig. 1. Candona brachyura, von der Seite. „AZ: is von oben gesehen. ler 5 N vorderer Schalenrand. coy ofa N cn obere Antennen. ay tis és 3 untere % 10° A, ” 1. Fuss. Le eu x Schwanzanhinge von der Seite. 8. ° ” „ ” » Fläche. Nove plantarum species in Himalaje montibus a cl. Jeschke collecte. Auctore A. Kerner. 1. Primula Jeschkeana foliis vernatione revolutivis tenuibus laevigatis, subtus fa- riniferis, oblongis vel oblongo-ovatis, obtusiusculis, mar- gine repando-crenulatis, versus basin membranaceam va- ginantem sensim sensimque attenuatis, scapo elato, foliis duplo triplove longiore infra umbellam farinaceo, bracteis exauriculatis, ex ovata basi longe attenuatis acutis , pedi- cellis farinaceis bracteis duplo longioribus, floribus 5—1 2, speciosis umbellatis erectis viv nutantibus, inodoris, calyce fere ad basin usque quinquepartito, segmentis lineari-lan- ceolatis acutis, intus farinaceis, corollae tubum dimidium wx superantibus, corollae hypocraterimorphae saturate vio- laceo-purpureae limbo empanso, segmentis orbiculato-ovatis integris. U.. Habitat in montibus Himalajae in ditione Lahul, locis soli non expositis praecipue in declivitatibus septentrionalibus alt. 13,000 ped. s. m. solo schistoso. Ex sectione Aleuritia. — Distinctissima. — Corollae lacinüs integris cum nostra supra descripta specie ew sec- SMM ooh tione Aleuritia Schott*) solum P. nivalis Pall., P. pur- purea Royle, P. Stuartii Wall. et P. fimbriata Wall. conveniunt. Differt autem P. nivalis Pall. foliis argute et conferte denticulatis, calyce ad medium usque fisso et floribus minoribus; P. purpurea Royle foliis lanceolatis et calycis campanulato-tubulosi via 5-fidi dentibus obtusis ; P. Stuarti Wall. foliis late lanceolatis acutis argute ser- ratis, caule bipedali et floribus luteis; P. fimbriata Wall. foliis lineari-lanceolatis acutis crenatis et calyce non ultra medium fisso. — Structura foliorum P. Jaeschkeana maxime cum P. longiflora All. et affinibus convenit. Dif- ferunt autem: P. longiflora All., P. farinosa L., P. sco- tica Hook., P. lepida Duby, P. stricta Hornem., P. ca- pitellata Boiss., P. altaica Lehm., P. davurica Spreng., P. algida Adams, P. auriculata Lam. et P. pycnorhiza Ledeb. bracteis basi auriculatis, calyce non ultra medium ‚fisso et corollae laciniis obcordatis emarginato-bifidis. — P. borealis Duby et affines foliis spathulatis vel cuneifor- mibus carnosulis et corollae lacinüs bifidis discrepant. — P. elliptica Royle, P. involucrata Wall. et P. sibirica Jacq. habitu longe alieno, foliorum lamina elliptica vel suborbiculata, longe petiolata, bracteis basi apendiculatis et corollae laciniis emarginato -bifidis diversissimae. — P. denticulata Sm. et affines primo intuitu foliis rugulosis distinctae. Wurzelstock abgebissen, 1.5 Centim. dick, sehr kurz, mit dicken weisslichen, fleischigen, gebiischelten Fasern be- setzt. Blatter grundständig, sich mit ihrer Basis scheidig deckend, alle aufrecht oder aus anfrechter Basis abstehend; die zwei oder drei äussersten verkürzt, fast ganz häutig, sei- dig-glänzend, weisslich oder schmutzig-röthlich überlaufen, an der Spitze in ein krautiges längliches oder eiförmiges blatt- artiges Anhängsel übergehend. Die folgenden Blätter gegen *) Sectio naturalis Aleuritia Schott comprehendit Primulas ex sec- tione Alleuritia Duby et sect. Arthritica Duby in DC. Prod. VIII. 38. 2,990 das Centrum des Blattbüschels an Länge allmählich rasch zunehmend, 8—18 Centim. lang und 1.5—2.5 Centim. breit, die mittleren länglich-verkehrteiförmig, die innersten länglich, sehr allmählig gegen die breite häutige scheidig umschlies- sende Basis verschmälert; die Blattspreite dünn, weich, glatt, oberseits grün, unterseits mit weisslichem oder gelblich-weis- sen im Alter manchmal mehr weniger schwindenden mehl- artigem Staube bekleidet und von einem kräftigen vorsprin- genden Mittelnerv durchzogen; der Rand der krautigen Blatt- spreite in der Jugend zurückgerollt, geschweift-gekerbt oder geschweift-stumpfgezähnt. Schaft aufrecht, 20—23 Centim. hoch, beiläufig 3mm. dick, stielrund, durch eine ansehnliche 5—12blütige Dolde abgeschlossen, unterhalb der Dolde et- was mehlig bestäubt. Die Deckblätter 8—12mm. lang, sitzend, aus eiförmiger 2—3mm. breiten Basis lineal—lanzett- lich vorgezogen, lang zugespitzt, grün oder trübviolett über- laufen, am Rande äusserst fein gewimpert, an der Basis ohne Aussackung, Oehrchen oder Anhängsel. Blüthenstiele aufrecht- abstehend, kaum nickend, 12— 24mm. Jang, doppelt so lang als die Deckblätter, mehr weniger dicht mehlig bestäubt, manchmal von dem mehligen Ueberzuge ganz weiss. Der Kelch beiläufig 1 Centim. lang, 0.5 Centim. breit, fast bis zur Basis in 5 aufrechte länglich-lanzettliche spitze, an den Comissuren und an der Innenfläche dicht mehlige, an der Aussenfläche grüne oder trübviolett überlaufene, @—8mm. lange und 2— 35mm. breite Abschnitte getheilt. Krone ge- ruchlos, einfarbig, gesättigt purpurn-violett, präsentirtellerför- mig; die Röhre 1/,—2 mal so lang als der Kelch, in der Mittelhöhe 5mm. weit, jene der gynodynamischen Blüthen 12— 14mm. lang, fast gleichweit, jene der androdynamischen Blüthen 14— 15mm. lang, unter dem Ansatze der Antheren etwas verengert und dann plötzlich trichterförmig erweitert. Der Saum 19—22mm. im Durchmesser; die Zipfel des Sau- mes rundlich - eiförmig, ungetheilt, manchmal etwas gestutzt oder mit einer sehr seichten geschweiften kleinen Ausrandung, jene der gynodynamischen Blüthen 6—7mm., jene der andro- — 100 — dynamischen Blüthen 8mm. breit. Fruchtknoten kugelig-ei- formig, 4—5mm. Jang und breit, meist mehlig bestäubt. Griffel der gynodynamischen Blüthen 10mm., jener der an- drodynamischen Blüthen 4—5mm. Jang. Die Antheren der gynodynamischen Blüthen in der Mitte der Kelchröhre in der Höhe der Kelchspitzen eingefügt, 2mm. lang, jene der andro- dynamischen Blüthen oberhalb der Vereinigung der Kronröhre dicht unter dem Saum eingefügt, 3mm. lang. 2. Swertia lahulensis caule erecto, multifloro, folits imis oblongis, obtusis, basin versus sensim attenuatis, caulinis oppositis oblongis, obtu- siusculis, sessilibus, basi non connatis, floribus erectis, pen- tameris, in cymam racemiformem terminalem digestis, ca- lycts segmentis corolla duplo brevioribus, lineari-lanceolatis, acuminatis, corollae impunctatae lacteo-lilacinae (pallide flavicantis cum tinctw coerulescenti) segmentis oblongis, ob- tusis, truncatis vel emarginatis, apice eroso-denticulatis, fo- veis binis orbiculatis, distantibus, margine longissime fim- briatis, stigmatis bilobi lobis orbiculatis. ¢.. In septentrionalibus montium lateribus Himalajae. Lahul; in monte Kardangensi versus cacumen, 14—15,000 ped. sup. mare, solo schistoso. Ex afjinibus Sw. perennis L. folüs inferioribus el- lipticis in petiolum contractis, corollae laciniis lanceolatis acutiusculis triste violaceis et atro-violaceo-punctatis et fim- brits fovearum brevioribus; Sw. punctata Baumg. et Sw. stigmantha C. Koch folits inferioribus ellipticis vel oblongis in petiolum paene aequilongum subito contractis, corollae laciniis violaceo-pnnetatis et foveis oblongis; Sw. connata Fisch. et. Mey. foliis caulinis omnibus basi longe connatis corollae segmentis punctatis et stigmate tenut; Sw. petio- lata Royle foliis petiolatis spathulato - oblongis, caulinis connato-vaginantibus; Sw. coerulea Royle caule flexuoso, — 101 — foliis caulinis lanceolatis acutis, basi connatis, corollae seg- mentis elliptico-lanceolatis acutiusculis et foveis linearibus ; Sw. Hugelii Griseb. et Sw. cuneata Wall. calycis segmentis obtusis et foveis oblongo-linearibus; Sw. longifolia Boiss. folits lineari-spathulatis, corollae segmentis elliptico - lan- ceolatis acutis, foveis in unicam rotundato-cordatam coalitis et stigmate tenw; Sw. persica Griseb. (Sw. Aucheri Boiss.) et Sw. lactea Bunge floribus tetrameris et foveis solitarits ; Sw. alternifolia Royle foliis acutiusculis, caulinis ampleai- cauli-vaginantibus, floribus cernuis et foveis contiguis dif- Jerunt. Rhizom dick, schief aufsteigend. Stengel steif, aufrecht, 20—25 Centim. hoch, schwach vierkantig, an der Basis von 4—6 grundständigen Blättern umgeben, in der Mittelhöhe nackt oder mit einem Blattpaare besetzt, oben durch eine traubenförmige cymatische Inflorescenz abgeschlossen. Die grundständigen Blätter, sowie die ganze Pflanze kahl, läng- lich, stumpf oder stumpflich, ganz allmählig gegen die Basis verschmälert, von Din gleichen Abständen verlaufenden Längs- nerven durchzogen, 8—13 Centim. lang, in der Mitte und im obern Drittel 15—20mm., an der schmalen Basis 3—5mm. breit. Stengelständige Blätter 4—6 Centim. lang, 6— 10mm. breit, gegenständig, länglich, gegen die Basis etwas verschmä- lert. Blüthenstand 7—12 Centim. lang, aus traubenförmig | angeordneten 3—OD blüthigen aufrechten Cymen zusammenge- setzt; die unteren Cymen lang- die obern kurz-gestielt, die Stiele beiläufig so lang als die sie stützenden Deckblät- ter. Die Blüthen gestielt, aufrecht. Kelch 5theilig. Ab- schnitte desselben ”— Sum. lang, 2mm. breit, lineal-lanzett- lich, zugespitzt, dreinervig, grün, mit einem blassen weiss- lichen fast häutigen schmalen Rande eingesäumt. Blumen- krone fünftheilig, unpunktirt, weisslich, an der Aussenseite stahlblau überlaufen, im getrockneten Zustande seidenartig glänzend, strohgelb oder gelblichweiss mit bläulichem Anflug. Die Abschnitte der Blumenkrone von 5—7 zarten Längs- nerven durchzogen, 14—-15mm. lang, 4—5mm. breit, läng- — 102 — lich oder länglich-lineal, fast gleichbreit, an dem gerundet- stumpfen abgestutzten oder ausgerandeten Ende mehr we- niger ausgebissen gezähnelt. Honiggruben ober der Basis jedes Kronabschnittes zwei, getrennt, von den seitlichen Rän- dern und der Mittellinie des Kronabschnittes gleichweit ent- fernt, kreisrund, nahezu 1™m. im Durchmesser mit weissen bis zu 2mm. Jangen Fransen ringsum besetzt. Staubfäden fünf, blass grünlich-gelb, lineal, 9mm. lang. Antheren blau- schwarz 3—Qmm. breit. Fruchtknoten zur Zeit der vollen Blüthe 7mm. Jang. 3. Ophelia Wilfordii caule erecto, tetragono, glabro, dense foliato, supra medium ramoso, ramulis erectis, brevibus, 3—5 floris, folüs oppo- sitis, glabris, infimis obovatis rotundato-obtusis, in petiolum contractis, mediis et superioribus ovato-lanceolatis, acutius- culis, sessilibus, 5 nerviis, nervis duabus lateralibus ab- breviatis, bracteis late lanceolatis, acutis, cymis in racemum oblongum vel ovatum congestis, floribus tetrameris, calycis segmentis lanceolatis, acutis, corolla subduplo brevioribus, corollae rototae segmentis ovato-oblongis, obtusiusculis, ma- culis sordide coerulescentibus sparsis, foveis solitarüs ob- longo-linearibus, versus basin dilatatis, fimbriarum brevium crista marginatis, filamentis distinctis, distantibus, linearibus, basin versus vie dilatatis, germinibus oblongo-lanceolatis, stigmate sessili bilobo. Ad oras Mandschuriae, lat. 44—45° coll. C. Wilford anno 1859. Caule palmari dense foliato, corollae laciniis obtu- siusculis maculatis, foveis solitariis oblongo-linearibus fim- briarum brevium crista marginatis ab affinibus facile di- stinguenda. Einjährig (vielleicht zweijährig?). Stengel 100—150 Centim. hoch, steif aufrecht, vierkantig, kahl, dicht beblättert, — 103 — von der Mitte an kurzästig. Die untersten, zur Zeit der Blüthe schon verdorrten oder verfärbten Blätter verkehrtei- förmig, vorne abgerundet-stumpf, gegen die Basis spathelig verschmälert, 15— 20mm. lang, 5—10mm. breit, die mitt- leren und oberen Blätter 20— 30mm. lang, 8—15™m. breit, eilanzettlich, spitz oder spitzlich, an der Basis plötzlich zu- sammengezogen, sitzend, kahl, dünn, aufrecht-abstehend, 5- nervig; die drei mittleren Nerven bis zur Spitze verlaufend, die randständigen Nerven schon im unteren Drittel der Blatt- spreite sich verlierend. Die Deckblätter den obersten Sten- gelblättern gleichgestaltet. Die aus den Achseln der mitt- leren und oberen Blätter entspringenden 1—2 Centim. langen durch eine 8—5bliitige Cyme abgeschlossenen traubig ange- ordneten und nach oben hin etwas mehr gedrängt stehenden Aeste bilden einen länglichen 5—8 Centim. langen, 3—4 Centim. breiten Blüthenstand. Die Blüthen sind lang gestielt, 12—14mm. im Durchmesser, die vier Zipfel des Kelches kahl, lanzettlich spitz, 5mm. Jang, 1mm. breit. Die vier Zipfel der radförmig ausgebreiteten Krone sind 7—8m™m. lang, 3 —4mm. breit, länglich-eiförmig, stumpf, mit verwaschenen trübblauen kleinen Flecken bestreut, jeder Zipfel unter der Mitte mit einer einzigen schmalen länglich-linealen, beider- seits von einem kammförmig kurz gefransten Rande besäumten gegen die Basis etwas erweiterten 3mm. Jangen Grube ver- sehen. Staubgefässe 4, an der Basis getrennt, lineal, gegen den Grund zu kaum merklich verbreitert, 4—5mm. lang. Antheren nahezu 2mm. Jang und 1™™. breit. Fruchtknoten 4— hmm. Jang, 1.5mm. breit, lanzettlich, nach oben und unten etwas verschmälert. Narbe klein, zweilappig mit aufrecht- abstehenden rundlichen sammtigen Läppchen. Diese aus der Mandschurei stammende ausgezeichnete neue Art fand ich bei Gelegenheit der Bestimmung und Ver- gleichung der von Jäschke im Himalaja gesammelten Ophe- lien in der mir von Herrn Direktor Fenzl zur Ansicht gü- tigst mitgetheilten reichen Ophelien- Sammlung des Wiener Naturw.-med. Verein. 10 — 104 — botanischen Hofkabinetes und theile hier ihre Beschreibung unter einem mit den neuen Arten aus dem Himalaja mit. 4. Pleurogyne spathulata caule inferne ramoso, ramis adscendentibus elongatis, uni- Jloris, infra medium foliatis, supra nudis, foliis omnibus spathulatis versus basin angustatis, obtusis, calycis seg- mentis oblongis obtusiusculis, corolla duplo brevioribus, co- rollae rotatae profunde 5 partitae segmentis expansis, lan- ceolatis, obscure 3—S5nerviis, ex albido coerulescentibus et basin versus flavescentibus, antheris pallide luteis, ovario oblongo corollae segmentis sub anthesi eximie breviore, stamina vie excedente ©. In reg. alp. Himalajae; in superiore valle Tschandrae ad locum Tsomtschigma prope jugum Kutzum c. 10000 ped. s. m. Pl. rotata (L.) caule stricto, ramis strictis erectis, folis caulinis oblongo - linearibus, calycis segmentis line- aribus corollam aequantibus vel superantibus, corollae seg- mentis lineis tenuissimis pulchre aurantiacis furcatis et superne ansatis percursis et ovario longiore stamina duplo superante; Pl. carinthiaca (Wulf.) et Pl. Stelleriana (Cham. et Schlecht.) ramis nudis vel 2—4 phyllis, foliis caulinis ovatis vel ellipticis, calycis segmentis ovatis vel ovato-lanceolatis, corollae segmentis latioribus 7—9 ner- vits, antheris obscure cyaneis et ovarto crasstore, ovato, sta~ mina subduplo superante differunt. Einjährig, 8—15 Centim. hoch; in allen Theilen kahl. Stengel zart, dünn, theilweise röthlich überlaufen, an der Basis ästig; die Aeste bogig aufsteigend, verlängert, unter der Mitte in gleichen Abständen mit 6—8 gegenständigen Blättchen besetzt, oberhalb der Mitte nackt. Grundständige Blätter spathelförmig, stumpf, gegen die sehr schmale Basis — 10 — allmählich verschmälert, beiläufig 1 Centim. lang und vorne 3mm. breit. Die Stengelblätter den grundständigen Blättern gleichgestaltet, nur kleiner und kürzer, 3—8™™. lang, 1—3mm. breit. Kelchzipfel 4—7mm. lang, 1.5—2.5mm. breit, grün, länglich, stumpflich, aufrecht. Die geöffnete Krone 1.5 Cen- tim. im Durchmesser; die Zipfel 8—10mm. lang, 3—4mm. breit, lanzettlich, undeutlich und verschwommen 3—5 nervig, weisslich, mit bläulichem Anhauche, gegen den Grund zu gelblich und die Aussenseite meistens zur Hälfte trüb grün- blau oder stahlblau überlaufen. Staubfäden 4—4.5mm. lang, weiss, gleichbreit, fädlich. Antheren Imm. lang, weisslich- gelb. Fruchtknoten 6™m. lang, 2mm. dick, länglich, über die Antheren kaum hinausragend. 5. Paracaryum heliocarpum oaule erecto, ramoso, pilis albis mollibus retroversis et ad- pressis camescente, foliis trinervüs, radicalibus oblongo- lanceolatis acutis, in petiolum attenuatis, caulinis sessilibus lineari-lanceolatis, acutis, pilis albis mollibus tenuissimis adpressis vel subadpressis utrinque camescentibus, ramis inflorescentiae inferioribus ex awillis foliorum superiorum emergentibus, superioribus nudis, cymulis ramos terminan- tubus simplicibus vel furcatis secundifloris ebracteatis, primo circinatis deinde elongatis rectis et erectis, pedicellis calycem subaequantibus, patulis, calycis lobis oblongis, obtusissimis pilis albis mollibus canescentibus, corollae tubum aequan- tibus, corollae cyaneae limbo erecto-patente, lobis semior- biculatis, squamulis fauci insertis membranaceis, erectis, oblongis, lingulatis, apice trilobatis, stylo exserto corollue limbum superante (saltem in floribus gynodynamicis) ; nuculis 4, orbiculatis depressis, membrana plana vel pa- rum resupinata, margine callosa in dentes aculeiformes glochidiatos radiantes soluta, cinctis, superne in disco plano, papillis et aculeolis glochidiatis erectis sparsis munitis, in- 10* — UG ferne convewiusculis, aculeis glochidiatis horizontaliter pa- tentibus echinatis. Lahul, in regione mont. Himalajae, 7—10,000 ped., frequens. Zweijährig? Stengel aufrecht, 50—60 Centim. hoch, unten bis zu 6mm. dick, von den an den Blattansätzen ent- springenden Linien etwas kantig-längsstreifig, grau, von sehr dünnen weissen, rückwärtsgerichteten und knapp anliegenden parallelen Haaren gestrichelt, unten beblättert, von der Mitte an ästig; die Aeste aufrecht-abstehend, traubenförmig ange- ordnet, einfach oder gegabelt, die untern und mittlern aus den Achseln der Stengelblätter entspringend und am Grunde mit einigen Blättchen bekleidet, die obersten nackt, alle ver- längert und mit 8—10 deckblattlosen einseitswendigen Blü- then, beziehungsweise Früchten besetzt. Die grundständigen und untern stengelständigen Blätter circa 15— 25 Centim. lang, 3—4 Centim. breit, länglich-lanzettlich, zugespitzt, in den Blattstiel allmählich verschmälert, die mittleren und oberen stengelständigen Blätter an Grösse allmählich abneh- mend, von 15 zu 3 Centim. lang und von 20 zu 4mm. breit, sitzend, lineal-lanzettlich, zugespitzt und gegen die Basis et- was zusammengezogen, alle Blätter weich anzufühlen, von drei besonders in die Augen fallenden kräftigeren Nerven (einem Mittelnerv und zwei an der Basis oder im untern Drittel der Blattspreite aus dem Mittelnerv sich ablösenden und dann mit dem Mittelnerv fast parallel gegen die Blatt- spitze verlaufenden Seitennerven) durchzogen, welche durch einige wenige schiefe Anastomosen verbunden sind, gleichför- mig grau, von anliegenden unterseits und an der Basis der obern Blattseite rückwärts-, am vordern Theile der oberen Blattseite aber vorwärts-gerichteien parallelen und dann et- was seidig schimmernden oder auch unregelmässig gestellten und dann glanzlosen sehr dünnen weissen Härchen dicht be- kleidet. Die deckblattlosen Wickel in traubiger Anordnung zu einem länglichen Blüthenstande verbunden, nach oben zu genähert und dort manchmal fast ebensträussig. Die Blü- : ee on thenstiele einseitswendig, zur Zeit der vollen Bliithe etwas kürzer, später etwas länger als der fünftheilige Kelch, zur Zeit der Fruchtreife fast rechtwinklig abstehend oder auch etwas nickend. Die Kelchzipfel gleichgross, 5mm. Jang, 2mm. breit, länglich-Iineal, vorne gerundet stumpf, so wie die Blätter grau, mit sehr dünnen weissen Härchen bekleidet. Krone ansehnlich, 12mm. Jang, himmelblau, röhrig-trichterig, die Röhre so lang als die Kelchzipfel, 5mm. lang, 3mm. weit; der Saum nur wenig abstehend, fast aufrecht, glockig, 7mm. lang, die obere Apertur desselben 10mm. im Querdurchmesser, die Zipfel des Saumes halbkreisförmig. Schlundklappen auf- recht, an der Grenze der Röhre und des Saumes entsprin- gend, 3mm. lang, 1mm. breit, häutig, länglich - zungenförmig, an der Basis am breitesten, am oberen Ende gerundet stumpf und mit zwei seitlichen halbkreisförmigen Läppchen versehen, so dass das Ende der Klappen dreilappig erscheint. Die Staubgefässe etwas unter der Basis der Schlundklappen ein- gefügt, die Antheren lineal-länglich 2.5mm. lang, kürzer als die Schlundklappen. Der Griffel lang, aus der Röhre weit hervorragend, und sogar die obere Apertur des Kronensaumes etwas überragend. Nüsschen 4, von oben her zusammenge- drückt, rundlich-scheibenförmig, 8—10mm. im Querdurch- messer, dem Anthodium einer Synantheree nicht unähnlich ; die obere Seite derselben zeigt ein flaches kreisrundes etwas glänzendes Mittelfeld von 4—5mm. im Durchmesser, welches mit kleinen stumpfen Warzen und Papillen und 15-—20 auf- rechten an der Spitze widerhackigen kurzen Stachelchen be- setzt und von einem starren, pergamentartigen, ausgebreiteten oder etwas aufgestülpten, in radialer Richtung sehr schwach wellig verbogenen, grob gezahnten und mit einer schmalen callösen in beiläufig 20 wiederhackige Stachelchen ausstrah- lenden Verdickung berandeten flügelartigen Saume umgeben ist; die untere Seite der Nüsschen ist etwas convex und ringsum mit horizontal abstehenden unregelmässig mehrrei- higen an der Basis zusammengedrückten an der Spitze wider- hackigen Stachelchen besetzt. Die Zahl der glashellen Wider- EOS häckchen, welche die Weichstachelchen der Früchte abschlies- sen, beträgt vier. Die hier beschriebene Art wurde mir unter dem Namen Cynoglossum anchusoides Lindl. mitgetheilt. — Cyn. an- chusotdes Lindl. weicht aber nach Abbildung und Beschrei- bung von dem vorliegenden Paracaryum so wesentlich ab, dass ich dasselbe für eine andere Pflanze halten muss. Cyn. anchusoides Lindl. wird nämlich mit kurzer abstehender Be- haarung und mit Kelchzipfeln, welche um die Hälfte kürzer sind als die Kronröhre beschrieben; auch sollen, was kaum glaublich ist, die Deckklappen in der Mitte der Kronröhre aufsitzen und in diese eingeschlossen sein. Zudem ist die vorliegende Pflanze zu Folge der Form ihrer Nüsschen ein Paracaryum und kein Cynoglossum. Auf den letzteren Umstand darf freilich kein besonderes Gewicht gelegt wer- den, da das Genus Paracaryum erst nachträglich aufge- stellt und aus Arten, welche frühere Autoren in die Gat- tungen Omphalodes, Mattia und Cynoglossum gereiht hat- ten, gebildet wurde. Die Beschreibung der Früchte des Cyn. anchusoides Lindl. lässt auch immerhin die Muthmassung zu, dass diese Pflanze richtiger jenem später aufgestellten sich zwischen Cynoglossum und Omphalodes einschiebenden aber weder von Cynoglossum noch von Omphalodes und Mattia scharf abgegrenzten, durch die scheibenförmigen von oben her zusammen- gedrückten und mit einem die ebene obere Seite der Scheibe umge- benden flachen oder etwas aufgestülpten pergamentartigen Rande versehenen Früchtchen charakterisirten Genus Paracaryum zu- gezählt werden müsse. Sollte dies der Fall sein und sollte sich herausstellen, dass auch die oben erwähnten dem Cyn. anchusoides Lindl. zugeschriebenen Merkmale der von Lind- ley gemeinten Pflanze, von der ich Originalexemplare einzu- sehen nicht in der Lage bin, in Wirklichkeit nicht zukom- men, so wäre es immerhin möglich, dass das von mir be- schriebene Paracaruum heliocarpum mit dem Lindley’schen Oynoglossum anchusoides identisch ist. bi. a ir — 109 — 6. Cynoglossum (Paracaryum) microcarpum caule erecto ramosissimo, pilis albidis tenuibus rigidulis tuberculo insidentibus, inferne patentibus, superne erectis et subadpressis munito, folüs viridibus uninerviis, radicalibus oblongo-obovatis, in petiolum attenuatis, caulinis sessilibus, oblongo-lanceolatis, acutis, pilis patentibus, tuberculo insi- dentibus hispidulis, ramis ex awillis foliorum superiorum in ramulos elongatos, ebracteatos, secundifloros, paniculam amplam constituentes divisis, pedicellis calyce brevioribus, deflexis, calycis lobis oblongis, obtusiusculis, hispidulis, corollae tubum aequantibus, corollae cyaneae infundibulifor- mis lobis rotundato-ovatis, patentibus, nuculis orbiculatis, depressis, membrana parum resupinata in dentes aculei- feros et glochidiatos soluta cinctis, superne in disco plano aculeis paucis erectis glochidiatis instructis, inferne conve- xiusculis, papillis et aculeis glochidiatis, compressis squa- mulatis. In regione montana sup. Himalaje. Lahul. det. Jäschke 1869. Structura nucularum Paracaryo cristato (Lam.) et Paracaryo heliocarpo proxima. — Paracaryum cri- statum (Lam.) (Mattia cristata Don) caule subsimpliei foltis lineari-lanceolatis, limbo corollae erecto-patente, nu- culis multo majoribus ala asperata cinctis; P. heliocarpum habitu robustiore longe alieno, foliis trinerviis mollibus subsericeo-incanis , limbo corollae erecto, stylo longe ea- serto et floribus nuculisque multoties majoribus differunt. Zweijährig? — Wurzel 4—5mm. dick, senkrecht ab- steigend, wenig verästelt und mit spärlichen Fasern besetzt. Stengel aufrecht, 20—70 Centim. hoch, unten von schwachen an den Blattansätzen entspringenden Linien etwas kantig- längsstreifig und von abstehenden dünnen weisslichen einem kleinen Knötchen aufsitzenden Haaren rauh, oben gleich den Verzweigungen fast stielrund, von mehr aufrecht-abstehenden oder auch anliegenden Härchen gestriegelt, reichästig; die Aeste — ‚110° — traubenförmig angeordnet, aus den Achseln der mittleren und oberen Blätter entspringend, einmal oder wiederholt gegabelt; die Zweiglein verlängert, blattlos, mit 15—30 einseitswen- digen Blüthen beziehungsweise Friichtchen besetzt. Die grund- ständigen Blätter zur Zeit der Blüthe ganz oder theilweise vertrocknet, länglich-verkehrteiförmig, in den Blattstiel ver- schmälert; die stengelständigen Blätter sitzend, länglich-lan- zettlich, gegen die Spitze und Basis fast gleichmässig ver- schmälert, die grössten derselben bei 5 Cent. Länge 15mm. breit und allmälich an Grösse abnehmend, so dass die ober- sten Blätter aus deren Achseln die Zweiglein entspringen nur mehr eine Länge von 12mm. und eine Breite von 5™m. be- sitzen. Alle Blätter verhältnissmässig dünn, nur von einem in die Augen fallenden Mittelnerv durchzogen, beiderseits grün und von abstehenden, auf kleinen scheibenförmigen Knötchen sitzenden dünnen Haaren rauh. Die reichblütigen blattlosen Wickel zu einer traubig-rispigen weitschweifigen Inflorescenz verbunden. Die Blüthenstiele einseitswendig, so lang oder etwas kürzer als der 5-theilige Kelch, nach dem Verblühen nach abwärts gekrümmt. Die Kelchzipfel gleich- gross, 3mm. Jang, 1mm. breit, länglich, stumpflich, grün, so wie die Blüthenstiele von aufrecht abstehenden dünnen weiss- lichen Haaren borstlich. Krone 5mm. im Durchmesser, tief- blau, trichterig, mit kurzer die Kelchzipfel nicht überragender Röhre und abstehenden rundlich - eiförmigen Zipfeln. Die Deckklappen am Schlunde halbkreisförmig, häutig. Antheren jmm. lang, länglich, stumpf, über die Deckklappen des Schlundes nicht vorragend. Griffel 2mm. lang, über den Schlund nicht vorragend, Nüsschen 4, von oben her nieder- gedrückt, rundlich-scheibenförmig, 3™™. im Durchmesser ; die obere Seite derselben zeigt ein flaches mit einigen (meist 5) aufrechten an der Spitze widerhackigen Stachelehen besetztes im übrigen glattes und etwas glänzendes Mittelfeld, welches von einem tief gezähnten etwas aufgebogenen oder aufge- stülpten Saume umgeben ist. Die Zähne dieser Einfassung (beiläufig 20 im ganzen Umkreise) sind glatt, von oben her — Hl — zusammengedrückt, laufen in widerhackige Spitzen oder Sta- chelchen aus und fliessen an der Basis zu einer das Mittel- feld kreisförmig umgebenden Berandung zusammen. Die un- tere Seite der scheibenförmigen Nüsschen ist etwas convex und mit Papillen und kleinen an der Basis zusammenge- drückten Stachelchen fast schuppenartig besetzt. Die Zahl der Wiederhäckchen, welche die Weichstachelehen der Früchte abschliesen, beträgt bald 3 bald 4. Wie schon bei der Beschreibung der vorhergehenden Art erwähnt wurde, ist die Gattung Paracaryum weder von Mattia noch von Cynoglossum scharf geschieden, und es gibt Arten, bei deren Untersuchung man zweifelhaft ist, ob man selbe zu Cynoglossum, zu Paracaryum oder zu Mattia stellen soll. Die Früchtchen sind nämlich in allen Abstvfungen bald mehr bald weniger von oben her scheibenförmig zusammen- gedrückt und die am Rande der Scheibe stehenden Stachel- chen der Früchtchen fliessen an der Basis, bald mehr bald weniger zu einer pergamentartigen starren Membran zusam- men. Es schiene mir aus diesem Grunde auch zweckmäs- siger Paracaryum als Gattung einzuziehen und der Gattung Cynoglossum als Section unterzuordnen. 7. Orobanche Hansii scapo striato, crasso, bast turgido, squamis latis ovatis acutis munito, leviter glandipilo- furfuraceo, spica densi- Jlora, bracteis tubo corollae brevioribus, ovatis vel ovato- lanceolatis, acuminatis, striatis, glandipilis, sepalis liberis, tubo corollae duplo brevioribus, plurinervüs, parce glan- dipilis, bifidis, lobis aequalibus, lineari-lanceolatis, in acu- men tenue productis, corollae externe parce et brevissime glanduloso-pilosae, interne glabrae, solumodo ad basin labi inferioris pilis paucis munttae, saturate violaceo-coeruleae tubo erecto-patente, levissime incurvo, ad faucem modice ampliato, labio superiore profunde bilobo, lobis erectis vel — 112 — reflewis, oblique truncatis, denticulatis, labio inferiore tri- lobo, plicato, lobis subaequalibus, dilatatis, subtruncatis, eroso- vel repando-denticulatis, staminibus ad medium tubi insertis, filamentis in basi unilateraliter parce pilosis, su- perne perpaucis glandulis stipitatis munitis, antheris bi- cuspidatis, niveis, parce pilosulis, stigmate retuso. Parasita in radicibus Artemisiarum in Himalajae valle Bhagae juxta fluvium et in montium lateribus, passim. 10,000—11,000 ped. sup. mare. Species affınes corollae limbo violaceo - coeruleo colo- rato: O. amethystea Thuill. bracteis flores excedentibus, se- palis corollam aequantibus, corollae tubo paulo supra ba- sin in genu flexo, staminibus infra medium tubi insertés ; O. Boissieri Rehb. fil. sepalis 1—3 nerviis, tubo valde incurvo, corollae labio superiore subintegro, porrecto, sta- minibus infra medium insertis; O cernua Löfl. et O. cu- mana Wall. tubo corollae valde incurvo, medio constricto, labie inferioris lacinüs ovatis, acutis; O. coerulescens Steph. spica lanato-villosa, bracteis flores ewcedentibus, sepalis tubo corollae longioribus et tubo corollae magis curvato; O. ammophila ©. A. Meyer spica albo-lanata, bracteis jlores aequantibus, sepalis paucinerviis, tubo corollae in- curvo-cernuo, staminibus infra medium tubt insertis et stigmate subbipartito-divaricato; O. amoena C. A. Meyer scapo basi viv incrassato, corolla longiori et speciostori, limbi lobis obovato-ellipticis et staminibus infra medium tube insertis differunt. — O. coerulea Vill., O. arenaria Borkh. et aliae species sect. Phelypaea Tournef. bracteis tribus et calyce monosepalo circum circa clauso munitae multo magis recedunt. Schaft aufrecht, längsstreifig, 18—28 Cent. hoch, 6— 12mm. dick, unten knotig angeschwollen, so wie die ihn be- setzenden an der Basis 4—8mm. breiten dreieckig-eiförmigen, spitzen, streifigen Schuppen mit sehr kurzen Drüsenhärchen — 113 — _ leicht bekleidet und dadurch von etwas mehligem Ansehen. Blüthen in einer gedrängten 5—12 Centim. langen, 3—3.5 Centim. breiten Aehre. Jede Blüthe nur von einem einzigen eiförmigen oder eilanzettlichen zugespitzten 6—12mm.Jangen, 3— 5mm. breiten Deckblatte gestützt. Kelchblätter zwei, ge- trennt, 8—10nervig, 6— 10mm. lang, an der Basis 2.5— 4mm. breit, in zwei fast gleich lange, lanzettlich-lineale, fast pfriemlich zugespitzte, violett überlaufene Zipfel getheilt, so wie die Deckblätter mit sehr kurzen drüsentragenden Flaum- haaren bestreut. Blumenkrone 18-—20mm. lang, aussen mit sehr spärlichen und sehr kurzen Drüsenhaaren bestreut, innen kahl und nur an der Grenze von Saum und Röhre an der Unterlippe mit einigen Härchen besetzt; Röhre fast gerade, gegen den Saum hin nur schwach gekrümmt und nur sehr wenig erweitert, aufrecht-abstehend, 5mm. weit, violett über- laufen, an der von den Kelchblättern zugedeckten Basis weiss; Saum tief violettblau, zweilippig , gefaltet; Oberlippe zweilappig, mit aufrechten oder leicht zurückgeschlagenen schief abgestutzten und ausgebissen-gezähnelten Lappen; Un- terlippe dreilappig; die Lappen breit, rundlich-viereckig oder queroval, abgestutzt, am Rande ausgebissen- oder wellig ge- zähnelt. Staubgefässe 7—8mm. Jang, in der Mitte der Kron- röhre eingefügt, an der unteren Seite ober der Einfügungs- stelle spärlich behaart, sonst kahl oder gegen die Antheren zu so wie der Griffel mit einzelnen kurzgestielten Drüsen besetzt. Antheren weiss, oben abgerundet, unten zweispitzig, mit spär- lichen weissen Wimperhärchen besetzt. Narbe queroval, seicht ausgerandet. In dankbarer Erinnerung an meinen verehrten Freund Hans in Herrnhut, dessen gütiger Vermittlung ich eine um- fangreiche Collection von Pflanzen aus dem Himalaja ver- danke, habe ich diese ausgezeichnete schöne Art Orobanche Hansii benannt. — 114 — 8. Inula obtusifolia caule folioso, molliter cano-pubescenti, e basi adscendente, subtereti erecto, superne subangulato, ramoso, ramis diva- ricatis, sursum curvatis, monocephalis, subcorymbosis, fo- liis patentibus, opacis, cano-viridibus, elliptico - oblongis, sessilibus, obtusis, tntegris, pilis teneribus, flewuosis, mol- libus et glandulis minutissimis superne sparse, inferne den- sius pubescentibus, nervis in pagina inferiore prominulis, reticulum laxwm constituentibus; ramulis foliolis 1—3 ob- longis, obtusis, integris fultis, involucri pluriserialis squa- mis laxe incumbentibus, inaequalibus, eaterioribus oblongo- linearibus, viridibus, foliaceis, obtusis, cano-pubescentibus, medüs oblongo-lanceolatis, basi albidis, scariosts, glabris, apice viridulis, acutiusculis, pubescentibus, intimis line- aribus, scariosis, in acumen tenue, fimbriato-ciliatum, stria dorsali viridi vel fucescents percursum productis, floribus disct hermaphroditis, tubulosis, floribus radit femineis 1- serialibus, ligulatis, ligulis disco duplo longioribus, ache- nis hirtis, pappo conformi, I-seriali, setis capillaribus scabris. In montibus altioribus Himalajae in ditione Lahul, 13,000—14,000 ped. sup. mare. Ex affmitate Inulae montanae. Caule superne diva- yicato-ramoso, ad ramos usque subaequaliter foliato, fo- lits latis, elliptico-oblongis, obtusis, integris facile digno- scenda. Ausdauernd. Stengel aus aufsteigendem Grunde auf- recht, beiläufig 30—40 Centim. hoch, oben in 2—6 aufrecht- abstehende oder bogig-aufsteigende einköpfige, 1.5—4 Cen- tim. lange Aeste getheilt, der ganzen Länge nach dicht be- blättert, von sehr dünnen weichen, verbogenen, theils ab- stehenden, theils etwas anliegenden Haaren grauflaumig, nach oben hin von vorspringenden in die Mitteluerven der Blätter auslaufenden Linien etwas kantig. Blätter 3-—7.5 Centim. el lang, 1.5—3.5 Centim. breit, abstehend, gegen die Blüthen- köpfchen zu nur wenig an Grösse abnehmend, länglich-ellip- tisch, mit 3mm. breiter Basis sitzend, ganzrandig, manchmal am Rande etwas wellig, vorne gerundet-stumpf, trübgrün, glanzlos, von dünnen, weichen, verbogenen Haaren und sitzen- den sehr kleinen Drüsen. oberseits spärlicher, unterseits reich- licher flaumig. Der gerade Mittelnerv und die schlänglichen Fiedernerven, so wie die sie verbindenden Anastomosen an der untern Seite der Blätter etwas vorspringend, ein ziemlich weitmaschiges Netz bildend. Die einköpfigen Aeste fast eben- sträussig, mit 1—3 länglichen, stumpfen, 1—2 Centim. lan- gen, 5—8mm. breiten Blättchen besetzt. Die Köpfchen mit Inbegriff des Strahles 2.5—3 Centim., das Anthodium 10— 18mm. im Durchmesser; der Blüthenboden nackt; die Hüll- schuppen locker dachig, ungleich, die äussersten 5—7mm. lang, 2mm. breit, blattartig, grün, länglich-lineal, stumpf, grauflaumig; die mittleren länglich-lanzettlich, spitz, etwas länger und schmäler als die äussersten, an der Basis weiss- lich, mit einer am Rücken und am Rande behaarten, grünen Spitze; die innersten S— 10mm. lang, Imm. breit, lineal, in eine sehr dünne, fast fädliche, von einem grünen oder bräun- lichen Rückennerven durchzogene, wimperhaarige Spitze aus- gezogen. Blüthen gelb; die Zungenblüthen des Strahles 12mm. lang, Imm. breit; die Röhrenblüthen der Scheibe Dumm. lang. Haare des Pappus einreihig, rauh, nicht sehr zahlreich (circa 20). Fruchtknoten 3mm. lang, stielrund, behaart. 9. Bupleurum imaicolum perenne, caudice lignescente, pluricipiti, ramoso, humifuso, caulibus erectis vel ex decubitu subito adscendentibus, gla- berrimis , striatis, foliosis, superne ramosis, basi foliorum emortuorum residuis tunicatis; folüs erectis glabris, prut- noso-glaucescentibus, planis, margine scarioso, albido, an- gustissimo, non incrassato cinclis, infimis oblongis, sub- — 116 — spathulatis, subito subulato-acuminatis, basin versus sen- sim attenuatis, 5-nerviis; caulinis mediis elongatis, line- aribus, in mucronem subulatum subito acuminatis, basin versus vie angustatis, 5—T nervüs; caulinis superioribus imminuta longitudine acerescendo latioribus, simulque l- neari-lanceolatis, lanceolatis, et ovato-lanceolatis, subulato- acuminatis, J—13 nerviis; supremis bractealibus brevibus, lanceolatis vel ovato-lanceolatis, attenuato-acuminatis, 7— 9—11 nerviis; umbellis 5—12radiatis, radiis tenuibus inaequalibus, umbellulis 5—15 floris; involueri monophylli et involucellorum 4—5 phyllorum foliolis minutis, lanceo- latis, acutis, squamaeformibus; radiolis duplo longioribus, jugis filiformibus, subtilibus, ochroleucis costatis, valleculis laevigatis, 3 vittatis. Himalaja; in ditione Lahul, in aridis montium lateribus, 10— 14,000 ped. s. mare; copiose. Ex affinitate B. diversifolii Rochel et Bupl. exal- tati M. B. — Differt autem B. diversifolium Rochel in- volucellorum foliolis majoribus, elongato - lanceolatis, um- bellulas sub anthesi excedentibus, foliis acutis (nec subu- lato-mucronatis), basilaribus longissime petiolatis et meri- carpiorum jugis subalatis; B. ewaltatum M. B. foltis caulinis sursum sensim angustioribus, supremis linearibus, 3—5nervüs, B. cernuum Tenore (B. exaltatum Koch Syn., non M. B.)*) foliis ut in praecedente et radice biennt; 1) Bupleurum gramineum Vill. (1787) certe non est syn. Bupleuri cernui Tenore [= B. baldensi M. et K. (non Host), B. exaltati Koch Syn. (non M. B.). B. rigidi Freyer (non L.), B. neglecti Cesati] ut in- dicant Gren. Godr. et Reichb. fil. — Diagnosis et descriptio Villarsii in Fl. Dauph. II. 575 (,,foliis supremis lanceolatis“ ... „les feuilles su- perieures sont elargies“ . . . „linvolucre partielle est de cing feuilles oblongues et pointues“ . . „Vivace“) optime cum B. caricifolio Willd. (= B. canalense Wulf. = B. baldense Host) quadrat, at contra minime cum B. cernuo Ten. (= B. exaltato Koch Syn.); preterea Villarsius 1. c. Buplenrum ranunculoidem valde similem Bupleuro gramineo dicit ieee — 17 — B. gramineum Vill. (= B. caricifolium Willd., B. ca- nalense Wulf., B. baldense Host) et B. ranunculoides L. involucellorum foliolis triplo latioribus obovatis vel obovato- lanceolatis, Snerviis et foliis acutiusculis (nec subulato- mucronatis); BD. falcatum L. foliis caulinis versus basin attenuatis, spathulatis, longe petiolatis, mericarpiorum ju- gis argutis subalatis; B. scorzonerifolium Turcz. caulibus basi fibrarum coma vestitis, involucellorum foliolis 6—7, umbellulas sub anthesi superantibus; BD. marginatum Wall. involucri foliolis 3—5 et foliorum nervis lateralibus mar- ginalibus, hinc foliis in margine incrassatis. Ausdauernd. Der holzige 3—Tmm. dicke Wurzelstock in knorrige theilweise überirdische niederliegende oder auf- strebende Aeste getheilt. Stengel aufrecht oder aus aufstei- gender Basis aufrecht, 30—70 Centim. hoch, längsstreifig, kahl, an der Basis von den verdorrten abbrechenden (nicht in schopfige Fasern aufgelösten)Resten alter Blätter beschei- det, in aufrechte oder aufrecht-abstehende, 3—10 Centim. lange, nicht sehr zahlreiche Aeste meist erst über der Mit- telhöhe, manchmal aber auch schon vom untern Drittel an- gefangen getheilt. Die Blätter kahl, bläulich bereift, flach, mit einem äusserst schmalen weisslichen durchscheinenden (un- ter der Loupe besehen: etwas gezähnelten) nicht verdickten Rande besäumt, langsnervig. Die Nerven sehr zart, etwas vorspringend, über der Basis etwas divergirend, so dass die seitlichen Nervenpaare allmählich gegen den Rand verlaufen und sich dort verlieren, die mittleren einander mehr genäher- ten Längsnerven fast parallel und mehr weniger deutlich bis zur Spitze hinziehen und der mittelste Nerv in die pfriemen- förmige Spitze des Blattes auslauft. Querlaufende, die Längs- nerven verbindende Anastomosen fehlen. Die grundständigen und untersten stengelständigen Blätter 3—9 Centim. lang, 3— 10mm. breit, fünfnervig, länglich-spathelig, über der Mitte [,elle (B. ranunculoides) ressemble beaucoup a la precedente (B. gra- mineum), elle en est peut-ötre une variété plus petite]. — 118 — am breitesten, vorne in eine Imm. Jange pfriemenförmige Spitze plötzlich zusammengezogen, gegen die Basis allmählich ver- schmälert; die folgenden stengelständigen Blätter verlängert, 5— 12 Centim. lang, 4—7mm. breit, 5— nervig, lineal, gleich- breit, vorne in eine pfriemenförmige Spitze zusammengezogen, mit halbstengelumfassender kaum verschmälerter Basis sitzend ; die oberen stengelständigen Blätter kürzer und etwas breiter, 4—9 Centim. lang, 6—9mm. breit, 9—13 nervig, lineal-lan- zettlich, lanzettlich oder eilanzettlich, unterhalb der Mitte am breitesten, vorne in eine pfriemenförmige Spitze zusammen- gezogen mit halbstengelumfassender etwas verschmälerter Ba- sis sitzend. Die Stützblätter der doldentragenden Aeste den eben geschilderten obersten stengelständigen Blättern 'gleich- gestaltet, nur noch kleiner und relativ kürzer, so dass die obersten lanzettlichen oder eilanzettlichen Stützblätter gewöhn- lich nur mehr Y, oder 1 Centim. lang und 2—3mm. breit sind. Die unteren Dolden länger-, die oberen kürzer gestielt, die obersten 2—3 Dolden meist ebensträussig. Die arm- blüthigen unteren Dolden 5—8-, die reichblüthigeren ober- sten Dolden 7—12strahlig. Gemeinschaftliche Hülle mit- unter ganz fehlend, gewöhnlich aber einblätterig und das sie bildende Blattchen dann sehr klein schuppenformig, lanzett- lich, 1—2mm. Jang. Die Strahlen der Dolde ungleich lang, dünn, 4—20mm. lang, bei der Fruchtreife einzelne bis zu 35mm. verlängert. Die Döldchen 5—15bliithig. Das Hüll- chen derselben aus 4—5 kleinen schuppenförmigen lanzett- lichen spitzen, mit den Rändern sich nicht berührenden Imm. langen und 0.5mm. breiten, die Blüthenstiele nicht überragen- den Blättchen gebildet. Die Blüthenstiele 1—2mm. lang. Die Blüthen goldgelb, Imm. im Durchmesser. Früchte 4mm. lang, 2mm. breit, eiförmig-länglich, braun, bläulich bereift; Halb- früchtehen von fünf fädlichen kaum vorspringenden (nicht geflügelten) gelben Riefen kantig; Thälchen glatt, dreistriemig. a 1198 — 10. Aconitum oliganthemum tuberibus fusiformibus, caule erecto, pro more infra me- dium flexuoso, foliis paucis munito, racemo paucifloro ter- minato, pilis curvatis, subadpressis puberulo, folits ba- silaribus sub anthesi adhuc vegetis, longe petiolatis, petiolo glaberrimo, infimam caulis partem vagina membranacea amplectente, lamina glaberrima, circuitu rotundata, 5—7- fida, luciniis obovato-cuneatis, trifidis, lacinulis foliorum majorum bi-trifidis, minorum integris, segmentis omnibus porrectis, vic divaricatis, oblongo-linearibus, puncto calloso terminatis, foliis caulinis 1—4, remotis , inferioribus lon- ge-, superioribus breve petiolatis, 5—7-partitis, partitio- nibus 2—3 fidis, laciniis linearibus subdivaricatis, pilis sparsis, curvatis munitis, bracteis inferioribus foliis cau- linis similibus, summis trifidis vel simplicibus, linearibus, jloribus pedicellatis, in racemum pauciflorum congestis, pedicellis bracteolis 1—2, linearibus ornatis, superne vil- losulis, erectis, inferioribus longissimis, bracteis et floribus longioribus, sepalis intense coeruleis, ciliatis et externe pi- lis curvatis adspersis, casside adscendente, naviculari, se- palis lateralibus maximis, rotundato-ellipticis, sepalis in- ferioribus oblongo-ovatis, cucullis ew ungue arcuato hori- zontaliter cernuis, calcare recurvato, obtusissimo, sacco ovato, filamentis infra medium membranaceis, glabris, uni- nervüs, supra medium subulatis, valde et longissime pi- losis, folliculis 4—5, sericeo-villosis. In montibus Kardangensibus Himalajae; alt. 13,000 ped. supra mare. Ex sectione Napellus. — Foliis radicalibus sub an- thesi adhuc vegetis, longe pedicellatis, caule paucifolio, in- florescentia pauciflora, floribus longe pedicellatis, casside naviculari, filamentorum parte membranacea basilari supra medium contracta (non bicuspidata), parte anteriori valde pilosa et folliculis sericeo-villosis ab affınibus dignoscenda. Naturw.-med. Verein. 11 — 120 — Wurzelstock aus 1—3 rübenförmigen, 1.5—2 Centim. langen, 5—8mm. dicken, mit Fasern besetzten Knollen ge- bildet. Stengel aufrecht, 15—-30 Centim. hoch, schlank, von kurzen, gekrümmten, weissen, drüsenlosen Härchen etwas flaumig, unterhalb der Mitte häufig verbogen nnd gewöhnlich etwas stahlblau überlaufen, an der Basis von den grundstän- digen Blättern bescheidet, in der Mittelhöhe nur 1—4 blättrig, manchmahl fast nackt, oben durch eine armblütige, traubige, fast ebensträussige Inflorescenz abgeschlossen. Grundständige Blätter meist 3, zur Zeit der Blüthe noch grün, kahl, lang gestielt; die Stiele 4—15 Centim. lang, (2—3mal länger als der Längendurchmesser der Blattspreite und meist 14 so lang als der Stengel), am Grunde in hautige weissliche den Stengel umschliessende Scheiden verbreitert. Die Blatt- spreite oberseits dunkler, unterseits blasser grün, 2.5—4 Cent. lang, 3—4.5 Cent. breit, im Umrisse rundlich-nierenförmig, mit spitzwinkeligen basilärem Ausschnitte, 5—7 spaltig, die Lappen keilig-verkehrt-eiförmig, 2—3 spaltig, die Läppchen ungetheilt oder 2—3spaltig, mit langlich—linealen, gerade vorgestreckten, 2—3mm. breiten, durch ein kallöses Spitz- chen abgeschlossenen Zipfelchen. Stengelblätter 1—4, von einander entfernt; die Blattstiele der unteren länger, jene der oberen kürzer als die Blattspreite; die Blattspreite mit spärlichen sehr kurzen, gekrümmten, weissen Härchen be- streut, im Umrisse rundlich-nierenförmig, 5—‘ theilig, mit 2—Btheiligen, linealen, spitzen, etwas spreizenden Zipfeln. Die unteren Deckblätter den Stengelblättern fast gleichge- staltet, nur weniger getheilt; das oberste Deckblatt meist einfach, ungetheilt, lineal. Inflorescenz 2—5 bliitig, die Blü- thenstiele steif aufrecht, dem Stengel nahezu parallel, mit 1—2 kleinen linealen Blättchen besetzt, von kurzen, anlie- genden, gekrümmten und längeren abstehenden, geraden, drüsenlosen Haaren flaumig -zottig, dicht unter der Blüthe keilig verdickt, die unteren länger, die oberen beiläufig so lang als die Blüthen und die Blüthen daher fast ebensträus- sig gestellt. Blüthen 2—3 Centim. im Längen- und 1.5 — 121 — Centim. im Querdurchmesser, dunkelblau, aussen mit ge- krümmten weissen Härchen bestreut und am Rande gewim- pert. Der Helm kahnförmig, aufsteigend, jenem des A. hi- ans Rchb. und A. rotundifolium Karel. et Kiril. ähnlich, (die Aushöhlung desselben beiläufig 1/, Centim. tief); die seit- lichen Kelchblättcheu auffallend gross, queroval oder rundlich, 1.5—2 Centim. im Durchmesser, die zwei unteren Kelch- blättchen länglich-eiförmig, 10— 12mm. lang, 5—7mm. breit. Nagel der zwei oberen Blumenblätter 12— 18mm. lang, dunkel- blau, oben fast halbkreisformig vorwärtsgebogen, mit wag- rechter, breiter, elliptischer 4mm. langer Kaputze und kopf- förmigem, gerundetem, etwas zurückgekrümmtem Sporne. Staub- gefässe 6mm. lang, zur unteren Hälfte häutig, durchscheinend, weiss oder theilweise bläulich überlaufen, einnervig, kahl, in der Mitte plötzlich in einen dunkelblauen, von langen Wim- perhaaren zottigen, pfrimlichen Faden zusammengezogen. An- theren rundlich, schwarz, kahl. Bälge 4—5, dicht seidig- zottig. Griffel 2mm. lang, kahl. 11% Mittheilungen aus den Kliniken und Instituten der Universitit zu Innsbruck. Statistische Notizen und Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik in Innsbrnek von Prof. Dr. Heine. A. Statistischer Bericht über den Stand und die Leistungen der chirurgischen Klinik und Abtheilung im verflossenen Jahre seit Uebernahme der- selben durch den derzeitigen Vorstand, vom 12. Dezember 1869 bis incl. 31. Dezember 1870. Die Gesammtzahl der innerhalb des oben angegebenen Zeitraumes — von welchen 10 Monate auf das Schuljahr fallen — auf der Klinik und Abtheilung für chirurgische und Geschlechts-Kranke behandelten stationären Kranken beträgt 429. Von diesen wurden geheilt . . . . 288 gebessert’) 2) \.. jan "Al ungeheilt entlassen 16 transferiert...» 2 starbenen 2020 1229 Die Mortalität berechnet sich hiernach auf die für eine chirurgische Klinik sehr niedrige Ziffer von 5.38%. EN — 123 — Es verblieben am 31. Dez, 1870 in Behandlung 57 Kranke. Der höchste Tagesstand auf Klinik und Abtheilung im Jahrgange 1870 belief sich auf 65 Kranke. — Eine grössere Zahl konnte nicht aufgenommen werden, weil es an den er- forderlichen Räumlichkeiten zur Unterbringung derselben fehlte. Neben der stationären Klinik wurde von dem der- zeitigen klinischen Vorstande, gleichfalls zu Unterrichtszwecken eine ambulatorische Klinik errichtet, in welcher leichtere chirurgische Kranke der Stadt Innsbruck und ihrer nächsten Umgebung ab- und zugehend behandelt wurden. Die Gesammtzahl der im Jahre 1870 auf der Klinik ambulatorisch behandelten Kranken betrug 407. Die 429 stationären Kranken boten folgende hauptsäch- lichsten chirurgischen Krankheiten der Beobachtung dar: Verletzungen der Weichthele . . . 55 Geschwüre Nun ee on oD Abszese . . i ses Frakturen — frische u ie 98 Laxationen . . May) Knochen- und Gel eokheiten 188 Orthopädische Affectionen . . . . 10 Geschwülste . . . 42 Spezielle (unter Forschen Ribriken nicht enthaltene) chirurgische Krankheiten des Kopfes 28 5 ” des Halses 7 > as der Brust u. desBauches 8 5 5 desBeckens 23 a A der äussern Bedeckungen 44 Syphilitische Affektionen . . . . 82 Zusammen . . . 429 — 124 — Auf diese 429 Fälle kamen zusammen 110 Opera- tionen u. Zw.: 11 Resectionen: 2 des Oberkiefers: 1 wegen Sarcom und 1 wegen Zot- tenkrebs des Antr. Highmeri; 2 des Unterkiefers: 1 wegen Carics und 1 wegen Kie- ferklemme nach Noma (Esmarch); 2 des Ellbogengelenkes: 1 wegen Carics und 1 wegen käsiger Ostitis der Gelenksenden; 2 des Handgelenkes: beide wegen Carics. 2 des Kniegelenkes: beide wegen Carics 1 eines nach schlechtgeheiltem Bruche vorstehenden oberen Bruchendes der Tibia. 2 Amputationen: beide des Unterschenkels wegen Carics im Sprungge- lenke, A Exarticulationen: 2 aller Zehen wegen Frostbrand ; 1 der zweiten Zehe wegen Zermalmung. 1 des Zeigefingers wegen Lupus. Anderweitige Knochenoperationen: 2 Devidement des Fersenbeines wegen Caries und Ne- crose. 3 Necrotomien: 2 des Radius und 1 des Femur. 1 Osteotomie des humerus nach schlechtgeheiltem Bruche in der Nähe des Ellbogens. 2 Osteopalinklasis (Wiederabbrechen des Knochens) bei 2 schlechtgeheilten Fracturen des Unterschenkels. 1 Geradebrechen eines rhachitisch-verkrümmten Unter- schenkels. 5 Brisementsforces: 1 des Ellbogengelenkes, 2 des Hüftgelenkes, 2 des Knie- gelenkes; 5 Repositionen von Luxationen des Schultergelenkes davon 4 frische und 1, 12 Wochen alte, nach Prof. Heine’s Methode. — 125 — 1 Durchtrennung der Plantaraponeurose ; 1 Tenotomie der Achillessehne; 1 Operation von Hygroma proliferum — Aus- _ léffelung ; 5 Punctionen: 1 Hydrops antri Highmori, 1 Cystenkropf, 1 Hydroova- rium, 2 Hydrokelen. . 39 Geschwulstexstirpationen: 1 Cyste in der Gesäss-Gegend, 2 Atherome der Schädeldecken, 1 Lipon im Nacken, 5 Lymphome: 4 der Halsgegend, 1 der Unterkiefer- gegend, 4 Condylome (spitze), 1 hypertrophirte Haut des Rückens, 1 Lupusknoten (Kali causticum) 10 Sarkome, theilweise combinirt mit Fibrom, Myxom, Enchondrom und Osteom: 1 der Schädeldecken, 1 der Nasenhöhle durch osteoplast. 1 der Nasenrachenhöhle en 2 der Supraclaviculardrüsen, 1 der Achseldrüsen, 1 des Thorax, 2 der Hand, 1 des Oberschenkels. 11 Carcinome: 2 an den Schädeldecken, 1 an der Schläfe — Plastik, 4 an der Unterlippe, 3mal mit Plastik, 1 an der Mamma, 2 im Rectum, 1 an der Mittelhand ; 3 Ulcera rodentia: 2 der Wange, 1 der Nasenspitze, jedesmal mit nach- folgender Plastik ; — 126 — Weitere plastische Operationen: 1 des Augenwinkels, 1 der Lippe und Wange nach Noma, 1 des weichen Gaumens nach Syphilis. Unter den bisherigen Rubriken noch nicht auf- geführte Operationen am Kopfe: 2 Hasenscharten-Operationen, 1 Rhinoplastik aus der Stirne; Operation am Halse: 1 Tracheotomie Polyp der 1 Laryngotomia thyreoidea Stimmritze. beide wegen carcinoma- töser Strietur desOesopha- gus 1 Myotomia des musc. thyreopharyngeus 1 Cartilaginotomie des Schildknorpels Operationen an der Brust: 1 Amputatio Mamme wegen Krebs; Operationen am Becken: 2 Operationen einer Blasenscheidenfistel, 1 Operation der Anterversio uteri (Anfrischung und Nath) ; Operationen an den äussern Geschlechts- theilen: 2 äussere Urethrotomien, 1 Operation einer Harnröhrenfistel, 2 forcirte Dilatationen (Thompson) hochgradiger Strik- turen der Harnröhre, 5 Phimosenoperationen, 1 Castration wegen einer Dermoideyste des Hodens. Ausser diesen wurde an amhulatorischen Kranken noch eine Anzahl kleinerer operativer Eingriffe vorgenommen. So — B. Klinische Mittheilungen. Das im Vorstehenden übersichtlich klassifizirte Beob- achtungsmaterial der Klinik in dem ersten Jahre ihrer Neu- gestaltung, bot des Interessanten und Erwähnungswerthen so Mancherlei, dass eine Schilderung aller vorgekommenen merk- würdigeren Fälle an diesem Orte unmöglich ist. Ich be- schränke mich daher darauf, nur eine kleine Zahl solcher Beobachtungen ausführlicher mitzutheilen, welche für den uns am nächsten stehenden Leserkreis unserer Zeitschrift, die praktischen Aerzte des Landes ein unmittelbareres Interesse besitzen dürften. Die folgenden kasuistischen Selekta’s wer- den daher weniger Fälle betreffen, welche durch ihr seltenes Vorkommen oder durch aussergewöhnliche Komplikationen bemerkenswerth sind, als vielmehr solche, die in den Bereich der Thätigkeit jedes Praktikers fallend den Erfolg einer auf genaue Diagnose und richtige Indicationen basirten operativen Behandlung auch unter schwierigen Verhältnissen und ohne Zuhilfenahme eines besonderen Instrumentenapparates und ohne grosse technische Fertigkeit demonstriren. Ich unterlasse es aus diesem Grund aus der obigen Zu- sammenstellung Fälle herauszuheben, welche durch die erst- malige Anwendung neuer Operationen und Operationsmetho- den, neuer chirurgischer Apparate oder durch seltene patho- logisch-anatomische Beobachtungen besondere Beachtung be- anspruchen können. Ich erwähne dieselben nachstehend in der Kürze nur um ein annähernd getreues Bild von den Rah- men unserer klinischen Thätigkeit zu geben und von unserer Bemühung dem Geiste des Fortschrittes auf unserem Gebiete Rechnung zu tragen, Zeugniss abzulegen. Zu diesen Fällen gehören: eine osteoplastische Resektion des Oberkiefers behufs Exstirpation eines fibromatésen Nasenrachenpolypen nach einer, von den bisher üblichen abweichenden Methode, zwei Resek- tionen des Kniegelenkes mittelst seitlicher, die Längsachse des Beines rechtwinkelig schneidender Querschnitte und Ab- — 128 — sigung der Knochenenden in vier Segmenten mittelst Drill- borer und Stichsäge (ein Verfahren, das mir den Eiterabfluss besser zu sichern und den Gelenkverband zwischen Femur und Tibia weniger zu lockern schien als die bisherigen Re- sektionsmethoden) ; eine Resektion des Ellenbogengelenkes mit Nachbehandlung in einer neuen Resektionsschiene nach meiner Angabe; ein Fall von carcinomatöser Striktur des Oesophagus, bemerkenswerth durch die bei demselben zuerst von mir ausgeführten Operationen der subkutanen Myoto- mie des M. thyreopharyngeus und der Cartilaginotomia thy- reoidea; ein Fall eines carcinomatösen Larynxpolypen, der mittelst der Laryngotomia thyreoidea, nach vorausgegangener Tracheotomie excidirt wurde, ein Fall von angeborener Der- moideyste des Hodens bei einem 11%, jährigen Kinde in wel- chem ich die Castration mit Erfolg ausführte und die mi- kroskopische Untersuchung die werthvollsten Aufschlüsse über diese Geschwulstform bot; eine Beobachtung eines kolossalen Fibroms der seitlichen Thoraxwand, das operativ entfernt wurde und, wie sich bei der Autopsie ergab, mit Fibrosar- komen in der Muskulatur der Wade und metastatischen}Fibro- men der Lunge kombinirt war; zwei Fälle von gleichfalls über mannskopfgrossen Sarkomen des Oberschenkels, von welchen das eine unter den grössten Schwierigkeiten exstir- pirt wurde; ein Fall von veralteter Luxation des Schulter- gelenks, deren Reposition nach eigener Methode überraschend leicht gelang (vgl. Wiener med. Wochenschrift J. 1870 Nr. 25 und 26) und endlich verschiedene Fälle von Hüftgelenk- streckungen und Oberschenkelfrakturen, in welchen zum Zweck der Anlegung meines Gypshosenverbandes ein von mir an- gegebener, leicht transportabler Stützapparat (den ich auch in den Feldlazarethen auf dem französischen Kriegsschauplatz mit bestem Erfolge benützte) erstmals zur Verwendung kam und in welchen ich in weiterem Verlaufe die Extension mit- telst eigener, in der Gegend des Sprunggelenkes in den Ver- band eingegypster Extensionsschienen in vortheilhaftester Weise mit dem Gypsverbande vereinigte. — UE) Die Mehrzahl dieser Fälle sieht ihrer anderweitigen Ver- öffentlichung entgegen: Die folgenden Mittheilungen, welche mit Ausnahme der ersten von den beiden klinischen Assistenten abgefasst wur- den, betreffen: 1. Einiges über Sehnenscheidenentzündun- gen und deren Behandlung. 2. Mittheilung wegen eines Falles von sehr hoch reichendem Carcinom des Mastdarms. Ope- ration, grosser Blutverlust. Heilung. 3. Uleus rodens der Nasenspitze. Abtragung mit dem Messer. Rhinoplastik. Gutes Resultat. 4. Grosser Defekt der Wange und des Mun- des in Folge von Noma. Meloplastik und Cheiloplastik. Narbige Kieferklamme. Esmarch’sche Operation (Anlegung eines falschen Kiefergelenks.) Schöner Erfolg. 5. Schlecht geheilte Fraktur des untern Hu- merusendes mit Beschränkung der Flexion des Ellebogen- gelenkes. Subcutane Osteotomie der Frakturstelle und Geraderichtung (operirt von Dr. Lang.) Voll- ständiger Erfolg. 6. HochgradigeCaries des Handgelenkes und der Handwurzel. Resektion. Persistenz des cariösen Processes an zurückgebliebenen Handwurzelknochen. 7. Impermeable Striktur der Harnröhre, die in Folge von Harnretention zur Punktion der Blase geführt hatte. Urethrotomia externa. Heilung. 1. Einiges über Sehnenscheidenentzündungen und deren Behandlung. In die Lehre von den entzündlichen Affektionen der Sehnenscheiden, die gerade in Tirol ein nicht unbedeutendes Contingent zu den chirurgischen Krankheiten zu stellen sehei- nen, ist in der neueren Zeit durch sorgfältigere pathologisch- — 130 — anatomische Untersuchungen grössere Klarheit gekommen. Seitdem die Sehnenscheidenentzündungen auf Grund ihrer ana- tomischen Charaktere und ihrer Verlaufsweise in Parallele gestellt wurdeu zu den Gelenkentzündungen und diese Gegen- überstellung auch in der Nomenklatur ihren Ausdruck ge- funden, wird der Praktiker in der Differential-Diagnose der verschiedenen Entzündungsformen der Sehnenscheiden gerin- gere Schwierigkeiten finden. Wir unterscheiden einerseits eine akute seröse Tenosynitis als Analogon der akuten serösen Gelenkentztindung, hervorgerufen durch Contusionen, Distorsionen, rheumatische Einflüsse ete. und anderseits eine chronische seröse Tenosynitis, die als Hygrom der Sehnenscheiden dem chronischen Hydarthros gegenüber steht und bald diffus über eine grössere Strecke einer Sehnen- scheide, oder deren ganzen Verlauf sich erstreckt, bald nur in einer herniösen, gelegentlich zu Cystenbildung führen- den Ausstülpung derselben besteht, die manchmal kaum noch genetisch als Adnex der Sehnenscheide aufzufassen ist; auch für diese sog. „Sehnenscheidenganglien“ gibt es an den Gelenken ein Analogon in den hygromatös gewordenen An- hängen der Synovialsäcke, die zuweilen zu ganz oder fast ganz in sich geschlossenen Schleimbeutelhygromen werden wie das Hygrom der bursa suprapatellaris, oder die hierorts ein- mal zu meiner Beobachtung gekommenen Hygrome der bursa poplitaca und der bursa muc. capitis interni gastrocnemii, die meistens mit dem Kniegelenke zusammenhängen, zuweilen aber auch davon getrennte Hohlräume darstellen. In den Säcken der hygromatös entarteten Sehnenschei- den kann es bei längerer Dauer und grösserer Ausdehnung derselben zur Bildung kleiner theils freier, theils adhärenter „Sehnenscheidenkörper“ kommen, welche ein Seiten- stück zu.den Gelenkkörpern bilden. Diese unter dem Na- men „corpuscula oryzoidea“ belegten Gebilde sind, wie bekannt, kleine glattovale Reiskörnern oder Melonenkernen ähnliche, weisse oder gelblichweisse, schlüpfrige Körperchen, deren Entstehung noch nicht ausser allen Zweifel gestellt ist. Laan ee Ss Wahrend von den Altern Ansichten ganz abgesehen heutzu- tage die Einen sie als Faserstoffgerinnsel betrachten, welche bald die Ueberreste kleiner Blutergüsse (Velpean), bald freie Gerinnungen des serösen Inhaltes des Hygroms (Virchow ä. Ans., Heineke u. A.) darstellen sollten, deuten sie Andere (Virchow, Hyrtl etc.) wohl richtiger als zottenartige Excres- cenzen der Serosa (bez. des subserösen Bindegewebes), welche ursprünglich gestielt aufsitzend, nachträglich successive durch Bewegungen der Sehnen und andere mechanisch - irritirende Einwirkungen abgerissen werden. Wir hatten Gelegenheit auf der Klinik einen exquisiten Fall von solchem „Hygroma proliferum“ wie es Virchow nannte, zu beobachten; dieser Fall, der für uns, neben einigen andern, die Veranlassung zu dieser Mittheilung wurde und dessen Details ich weiter unten folgen lasse, forderte uns zum Studium der Genese jener Körperchen auf. Die äusseren Formverhältnisse derselben fanden wir so wie sie die Mehrzahl der Beobachter schildern; nur nicht ganz so gleichmässig, wie zwei neuere Autoren über diesen Gegenstand, Heinecke und v. Mosengeil, hervorheben. Einige waren grösser, andere kleiner als Gurkenkerne, nicht alle glattoval, manche mehr rundlich, kolbig oder birnförmig, an- dere annähernd dreieckig, Formverschiedenheiten, wie sie Vir- chow in seinem Buch über die Geschwülste abzeichnet. Eine grössere Anzahl derselben zeigte ganz deutlich an dem einen Ende einen kurzen zarten Stiel; durch einen solchen hin- gen gelegentlich zwei Körperchen zusammen und bildeten so ein Zwillingspaar. Der Umstand, dass wir gestielte Körper- chen in gewisser Menge zu sehen bekamen, beruht vielleicht auf der eingeschlagenen Behandlungsmethode, die wir weiter unten angeben werden. Heinecke und Mosengeil wollen das Vorkommen von Stielen an den Körperchen nicht zugeben; beide lassen dieselben frei in der Sehnenscheide als Gerin- nungsprodukt aus dem serösen Inhalte entstehen. Heineke weiss die Ursachen der Gerinnung nicht anzugeben; um ein kleinstes Gerinsel, das sich im Centrum verflüssigt, lässt er — 132 — neue Fibrinniederschläge in concentrischer Schichtung erfol- gen; ihre konstante Form erhalten die Körperchen nach sei- ner Ansicht dadurch, dass sie von der auf- und abgleitenden Sehne hin- und hergerollt werden. Wie diess bei der An- wesenheit so vieler Körperchen in verhältnissmässig engem Raum möglich sein soll, ist schwer einzusehen; dieselben sind auch in ihrer Mehrzahl nicht walzenförmig, sondern plattoval in Folge gegenseitigen Drucks. Ihre gleichmässige Grösse würde für eine so ziemlich gleichzeitig erfolgende, flockige Gerinnung mit beschränkter weiterer Entwicklung des einzel- nen Gerinnsels sprechen, eine Vorstellung, die etwas durch- aus gezwungenes an sich hat. Die Homogenität der Schich- ten des Körperchens erscheint Heineke als Hauptkriterium seines Charakters als Gerinnungsprodukt. Mosengeil lässt die Fibrinbildung im füssigen Sehnenscheideninhalt durch ex- travasirte Blutkörperchen, oder um abgeschlossene Epithel- zellen oder eingewanderte Bindegewebskörperchen herum in concentrisch-lamellöser Schichtung erfolgen. Seine histologi- schen Untersuchungen, die er an in Müller’scher Flüssigkeit gehärteten, dann mehrere Tage in Glycerin-Gummi gelegten, mit Alkohol ausgezogenen und schliesslich in Wasser aus- gelaugten Präparaten vornahm, ergab ihm Abwesenheit jed- weder organischen Struktur, keine Andeutung von zelligen Elementen, feinschaligen Bau mit unregelmässigen Zerklüf- tungen. Die unzweckmäzsige Behandlung der Präparate vor- züglich das Liegenlassen in Glycerin und der nachherige Zu- satz von Wasser, tragen nach meiner Ansicht die Schuld an diesem negativen Untersuchungsresultat. Wir haben unsere Corpuscula oryzoidea längere Zeit in eine schwache Chromsäurelösung gelegt, dann in eine Mischung von Mandelöl und Wachs eingebettet, hierauf Schnitte ange- fertigt, diese mit Carmin tingirt, in schwach angesäuertem Wasser gewaschen, mitabsolutem Alcohol entwässert und nachBehandlung mit Terpentinöl in Canadabalzam eingeschlossen. Ganze Quer- schnitte wie zerzupfte Präparate wurden der mikroskopischen Un- tersuchung bei 3—400facher Vergrösserung unterworfen und — 133. — zeigten durchweg in concentrischer Anordnung ein fein reti- kuläres Bindegewebe, das in eng verstrickter maschenartiger Verflechtung kleine Zellen mit Zellkernen trug. In den äus- sersten (jüngsten) Schichten waren die Zellen grösser, blass, feinkörnig, einige mit 2 Kernen versehen von Spindelform oder sternförmig mit feinen Fortsätzen versehen, die sie mit anliegenden Zellen verbanden. Im Centrum fand sich eine kleine Höhle in Folge schleimiger Erweichung. An der Peri- pherie sassen da und dort vereinzelte grössere Zellen von zweifellos epithelialem Typus auf, welche die Ueberbleibsel einer kontinuirlichen epithelialen Umhüllung darzustellen schie- nen. Auf grössere Strecken hin lagerte an der äusseren Contour der organisirten Bindegewebsschichten eine schmälere Zone von feinkörnigem, strukturlosem Fibrin an, welches sich offenbar auf die Oberfläche des Körperchens niedergeschlagen, und die epitheliale Hülle an den betreffenden Stellen zerstört hatte. Dem entsprechend gaben einzelne Körperchen schon makroskopisch eine rauhe, filzige Oberfläche zu erkennen, während die Mehrzahl eine glatte, glänzende Aussenfläche zeigte. In den bindegewebigen Strata’s der Reiskörperchen sahen wir da und dort feine, gewundene, gablig sich theilende Kanäle mit einfach kontrurirten Wandungen, welche wir als Capillaren deuten zu dürfen glaubten. Die auffälligste und bisher noch nicht erwähnte Erscheinung des mikroskopischen Bildes war aber eine disseminirt über die bindegewebige Grundsubstanz sich vertheilende Anhäufung von scharf kon- turirten, grobkörnigen, runden, etwas geschrumpften Zellen, mit ein oder mehreren Kernen, welche frei im Gewebe lie- gend, ihrer Form und Grösse nach nichts anderes sein konn- ten, als Eiterkörperchen; Eiterkörperchen, welche das Pro- dukt der Entzündung bildeten, die wir zum Zwecke der Hei- lung in der Sehnenscheide erzeugt hatten. Da solche Eiter- körperchen sich in allen von uns untersuchten corpuscula oryzoidea fanden, auch in jenen, welchen jede Andeutung eines Stieles fehlte, die also jedenfalls zur Zeit der Erregung der Eiterung schon ihre Verbindung mit der Sehnenscheiden- — 134 — wand verloren hatten, so sind wir berechtigt, eine Einwan- derung derselben aus dem flüssigen Inhalt der Sehnenscheide anzunehmen und können in dieser Beobachtung eine klinische Illustration zu dem bekannten Experimente v. Recklinghau- sen’s erblicken, welcher diese Einwanderung von Eiterkörper- chen an ausgeschnittenen Hornhäuten, die er einem lobenden Thiere in Körperhöhlen mit entzündeter Auskleidungsmem- bran eingelegt hatte, zuerst nachwies. Wir sehen somit, in Uebereinstimmung mit Virchow’s neuerer Ansicht, die Reiskörperchen als bindegewebige Aus- wüchse der Serosa und des subserösen Bindegewebes der Sehnenscheide an, welche mit der Zeit, zum Theil wenigstens durch die Bewegungen der Sehne oder durch die massenhaften Nachschübe benachbarter Körperchen von ihrem Mutterboden losgerissen werden. Die Analogie mit einer gewissen Gat- tung von Gelenkkörper wird hiedurch eine vollständige und wie diese, so kann auch bei jenen der centrale Kern des Neugebildes sich schleimig verflüssigen oder knorpelig wer- den, wovon einige unserer Sehnenscheidenkörper erste Spu- ren wahrnehmen liessen. Denkbar ist dabei immerhin, dass gelegentlich eine kleine Exerescenz von einer an Mächtigkeit sie weit übertreffenden Fibrinhülle nach und nach umschlos- sen wird, in welcher nur aufmerksame Untersuchung den bindegewebigen Grundstock noch entdecken wird. Da nicht in allen Fällen von chronisch-seröser Tenosy- nitis corpora oryzoidea gefunden werden und da, wo diese vorkommen, meist nur wenig oder gar kein flüssiger Inhalt in der Sehnenscheide sich befindet, so dürfte es sich wohl empfehlen, von einer besondern chronischen „Tenosynitis proliferans“ zu sprechen, welche eine höhere Entwick- lungsstufe der chronischen serösen Tenosynitis darstellt, so wie die Arthritis deformans, welche zur Bildung freier Ge- lenkkörper führt, aus dem chronischen Hydarthros oder der chronischen (serösen) rheumatischen Gelenkentzüdung sich ent- wickelt. — So wie die serösen Entzündungsformen der Sehnen- — 15 — scheiden haben auch die eitrigen ihr Vorbild unter den Ge- lenkentzündungen. Wir unterscheiden eine akute eitrige Tenosy- nitis und eine chronische eitrige Tenosynitis. Erstere, auf traumatischem Wege durch Stich-, Schnitt- und Quetschwunden am häufigsten entstanden, führt zu Phleg- monen der Umgebung, weithin dissecirenden Eiterungen und schliesslichem Aufbruch nach Aussen ganz wie die Arthro- meningitis purulenta acuta. Sie kann wie dise kroupös werden und selbst diphtheritischen Charakter annehmen, entsprechend den kroupösen und diphtheritischen Entzündungs- formen der Gelenke. Die chronische eitrige Tenosynitis geht über in die fungöse Sehnenscheidenentzündung welche das vollkommenste Analogon der fungösen Gelenk- entzündung darstellt, mit ihren schlaffen, schwammigen, eitrig infiltrirten, leicht blutenden Granulationen, von denen die Sehnenscheide erfüllt ist, ihrer dünnen, schlechten Eiterse- kretion, der Unterminirung der bedeckenden, an der Entzün- dung participirenden Haut und dem schliesslichen mehrfachen Durchbruch derselben. Ja selbst in der Nekrose der Sehne, wie sie nicht selten den Ausgang der fungösen Tenosynitis bildet, können wir ein Gegenstück zu der nekrotischen Ab- stossung der Knorpelüberzüge der Gelenke in Folge ihrer Unterwühlung durch die fungösen Granulationen der Syno- vialmembran und des Knochens erblicken. In diesen fun- gösen Massen lassen sich, innerhalb der Sehnenscheiden wie innerhalb der Gelenke, zuweilen bei der histologischen Unter- suchung miliare, der Verkäsung anheimfallende Herde nach- weisen, welche als Tuberkelknötchen angesprochen wer- den müssen und bei massenhaftem Auftreten eine wahre Mi- liartuberkulose derSehnenscheiden konstituiren wie sie durch R. Volkmann und Andere an den Synovialhäuten der Gelenke konstatirt wurde und in seltenen Fällen bei scrophu- lösen und tuberkulösen Individuen an Sehnenscheiden und Syno- vialhäuten nebeneinander vorkommen. Ich habe solche fungösen Sehnenscheidenentzündungen wiederholt beobachtet und gegen- Naturw.-med. Verein. 12 — 136 — wärtig wieder eine solchen Fall von mehrwöchentlichem Ver- lauf bei einem Knaben in Folge einer heftigen Distorsion der Sehne des Flexor pollicis longus auf der Klinik. Die erfor- derliche operative Behandlung kann sich in der Regel nicht auf die Incision der Sehnenscheide beschrenken, die auch nur wenig dünnen Eiter liefert unter Hervorquellen der Granu- lationen aus der Schnittwunde. Die letzteren müssen zer- stört werden und an ihrer Stelle frische kräftige Granulations- bildung, wo möglich mit Erhaltung der Sehne angeregt wer- den. Die Zerstörung geschieht mit dem Aetzkalistift oder mit reiner krystallisirter Carbelsäure, die in Stangenform gegossen wurde, oder mit dem Glüheisen, oder die Granulationen wer- den mit. der Hohlscheere abgetragen. Stark adstringirende oder irritirende Verbandmittel wirken gewöhnlich nicht ener- gisch genug. Empfohlen wird auch das Auskratzen oder Abschaben der schwammigen Massen von ihrer Unterlage mit einem Raspatorium oder schneidenden Knochenlöffel, ein Verfahren, das scheinbar ein rohes, doch als radikalster Ein- griff gerade in den hartnäckigsten Fällen noch zum Ziel füh- ren kann, wovon ich mich selbst überzeugte. Die chronische eitrige Tenosynitis kann end- lich auch metastatisch auftreten, als Theilerscheinung der Pyämie, ein Seitenstück zu den metastatischen Gelenk- entzündungen; vorzüglich chronische Pyämie bietet dazu Veranlassung. Ein Aufbruch nach Aussen bildet hier nicht den nothwendigen Ausgang, sondern man wird bei günstigem Verlauf der Allgemeinkrankheit hoffen dürfen, die Resorption (unter Anwendung resorptionsbefördernder Mittel, wie Jod- bepinselungen) in der Mehrzahl der Fälle erfolgen zu sehen. Es erübrigt einer letzten Entzündungsform der Sehnen- scheiden zu gedenken, welche, der Mittelstellung entsprechend, die diese letzteren in anatomischer Beziehung zwischen den Synovialhäuten der Gelenke und den serösen Häuten der grossen Körperhöhlen einnehmen, ihre Analogie in gewissen Entzündungen der einen wie der andern findet. Ich meine die sowohl akut als chronisch auftretende Tenosynitis — 137 — crepitans. Diese, charakterisirt durch ein knisterndes Ge- räusch, welches bei mässiger schmerzhafter Schwellung der Sehnen entsteht, besteht in nichts anderem als in einer der adhäsiven, trockenen Pleuritis oder Pericarditis ähnlichen Ent- zündung, welche bei sehr geringer Exsudation zu Anflügen von Bindegewebswucherungen auf der Innenfläche der Sehnen- scheide geführt hat. Diese organisirte (nicht fibrinöse) Auf- lagerung mit ihrer rauhen Oberfläche erzeugt beim Vorüber- streifen der Sehne für das Gefühl ein Reibegeräusch, das dem Knarren des Leders oder eines festgefrorenen Schnees am meisten entspricht, und um so deutlicher wird, je mehr Flächenausdehnung die Bindegewebsneubildung besitzt, je spärlicher das flüssige Contentum der Sehnenscheide ist und je stärker die Weichtheile mit dem zufühlenden Finger gegen die unterliegende Sehne angedrückt werden. Fibrinöse Ge- rinnungen der Sehnenscheidenflüssigkeit scheinen dabei keine oder nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Das crepitirende Geräusch verliert sich, wenn die Ent- zündung zurückgeht, durch Abschleifung der rauhen Excres- cenzen und Glättung der Sehnenscheidewand. Zu einer Ver- wachsung derselben mit der Sehne, welche einen Verlust der Beweglichkeit der letzteren nach sich zöge, kommt es nicht. Der Unterschied von der adhäsiven Pleuritis, der sich hierin ausspricht, ist ein leicht erklärlicher. Am häufigsten stellt sich diese T. crepitans an den Sehnen des Abductor und des Extensor pollicis longus ein, erkenntlich an einer dem Ver- laufe dieser Sehnen im untern Drittel das Vorderarms fol- genden, spiralig um den radius sich ziehenden Schwellung. Vorzugsweise davon befallen werden Wäscherinnen, welche beim Auswinden der Wäsche jene Muskeln übermässig an- strengen. Aber anch Flexoren und Extensoren der Finger bei Clavierspielern tendiren dazu und gestatten der Entzün- dung einen chronischen Charakter anzunehmen, wenn die schädliche Ursache nicht längere Zeit hindurch bei Seite ge- schoben wird. Ruhe (Gypsverband), Jodtinkturbepinselung Umschläge führen, zeitig genug angewandt, rasche Heilung herbei. 12 * = HOON aa An den Gelenken erinnern gewisse, seltene Entzündungs- formen mit kaum nennenswerther Exsudation und aller Wahr- scheinlichkeit nach vascularisirten Bindegewebsauflagerungen auf die Synovialhaut, welche ihrer trockenen Beschaffenheit wegen Crepitation bei den Bewegungen des Gelenks erzeugen und zu adhäsiven Verklebungen und Verödungen der taschen- förmigen Synovialhautausstülpungen führen, wenn nicht recht- zeitige Rückbildung eintritt, an das entworfene Bild der Te- nosynitis crepitans. Von den im Vorstehenden übersichtlich und vergleichend zusammengestellten Sehnenscheidenentzündungen, welche sich übrigens nicht so scharf gegen einander abgrenzen, dass nicht Uebergänge von der einen zur andern möglich wären, kamen während meines erst so kurzen Aufenthaltes an hiesigem Orte schon so viele zu meiner Beobachtung, dass es nicht müssig ist, die Frage nach der Ursache der Häufigkeit dieser Er- krankungen hierorts aufzuwerfen. Wir können freilich dar- über wenig mehr als Vermuthungen aussprechen. Angesichts der Erfahrung, dass die rheumatischen Affektionen zu den verbreitetsten Leiden der hiesigen Bevölkerung gehören und der Thatsache, dass unter den beobachteten Fällen von Seh- nenscheidenentzündungen ebenso viele den wohlhabenderen als den ärmeren, arbeitenden (und allerdings sehr hart ar- beitenden) Classen der hiesigen Bevölkerung angehören, ist man geneigt, in den klimatischen Verhältnissen hiesiger Ge- gend mehr als in zufälligen mechanischen Irritationen die Schuld zu suchen. Die so oft wiederkehrende jähe Tempe- ratursteigerung, die durch den Ausbruch des Sirocco bedingt wird und an einem und demselben Tage Temperaturdifferenzen von 16—18° R. herbeizuführen im Stande ist, vermag seine schädliche Wirkung an den exponirten, oberflächlich liegen- den Bewegungsorganen vor Allem geltend zu machen und hier, wie überhaupt, Congestivzustände hervorzurufen. An- dererseits haben die Jahre lang fortgesetzte meteorologische Unter- suchungen eine ungewöhnliche Trockenheit der atmosphärischen Luft hierorts ergeben, für die es nicht schwer fiele, die man- — 139 — nigfaltigsten Belege aus dem täglichen Leben beizubringen. Plötzliche weitere Herabsetzung des an und für sich ge- ringen Feuchtigkeitsgehaltes der Luft bewirkt gleichfalls der warme Südwind bei seinem Einbrechen in unsere tieferen Luftschichten. Auch in dieser Beziehung ist die Annahme nahe gelegt, dass der unvermittelte rasche Uebergang in sei- ner Wirkung auf die physiologisch auf einen gewissen Grad der Durchfeuchtung angewiesenen aktiven Bewegungsorgane den schädlichen Krankheitserreger bildet. Wie sehr die ex- ponirte Lage der Sehnenscheiden hiebei mit in’s Spiel kommt, beweist sich nicht blos aus der häufigeren Erkrankung ge- rade der oberflächlichsten und durch die Kleidung am we- nigsten geschützten derselben, sondern auch aus der von mir gemachten Beobachtung, dass die Erkrankten vorwiegend In- dividuen mit fettarmem Unterhautzellgewebe, zarter Haut und schmächtigen Sehnen und Muskeln waren. Indem wir uns auf diese wenigen allgemeinen Andeu- tungen beschränken, fügen wir, unter Uebergehung der eitrigen und krepitirenden Sehnenscheidenentzündungen, von denen wir mehrere Fälle beobachtet, über die wir nur Bekanntes zu wiederholen wüssten, noch einige Details über unsere Er- fahrungen hinsichtlich der Behandlung der chronischen serösen und proliferirenden Tenosynitis hinzu, die einigen Anspruch auf Neuheit für den Praktiker erheben dürften. Vier Fälle von einfachem Sehnenscheidenhy- grom des Flexor digitorum comm. subl. und prof. und ein Fall von Hygroma proliferum derselben Sehnenscheide boten uns die Gelegenheit dazu. Eine sechste Kranke mit Hygrom (das wahrscheinlich auch ein proliferirendes war) stellte sich nur einmal vor und unterzog sich keiner Behand- lung. In drei von jenen 5 Fallen war nur der oberhalb des lig. carpi volare gelegene Abschnitt der Sehnenscheide hyger- matös entartet, in den zwei anderen participirte auch der in der vola manus gelegene Theil an der Erkrankung und das gen. Band theilte den hygromatösen Hohlraum quersackähn- lich in 2 Abtheilungen. Ey eee Die Anwesenheit der corpuscula oryzoidea liess sich in dem Falle von Tenosynitis proliferans aus dem Gefühl von Knarren beim abwechselnden Niederdrücken auf den oberen und untern Theil der elastischen Geschwulst feststellen. Von den 4 einfachen Sehnenscheidenhygromen kamen 3 bei jüngern Männern, eines bei einer ältern Frau vor; drei derselben waren etwa hühnereigross, eines hatte die Grösse eines Gänseeies; die Erscheinungen, die sie im Ueb- rigen darboten, waren die bekannten. Alle 4 hatten schon eine längere Zeit hindurch bestanden und waren unter Be- einträchtigung der freien Bewegung der Finger langsam ge- wachsen. Die Mittel, welche zur Beseitigung derselben an- gewandt wurden, waren: Immobilisirung im Gypsverbande oder Schienenverbande, Einpinselung von Jodtinktur, hydro- pathische Einwicklungen, Compression, Punktion mit subku- taner Discission der Hygrom-Wandung. Weitere in Frage kommende operative Eingriffe, von welchen einzelne in dem Falle von Hygroma proliferum Anwendung fanden, und unter welchen die für Ganglien speziell bestimmten unerwähnt blei- ben, sind: Einfache Punktion mit dem Troisquart, Punktion, mit Injection von Jodtinctur, subkutane Incision, kleiner freier Einschnitt, Drainage, Spaltung des Sacks nach seiner ganzen Länge. Dazu kommt in neuerer Zeit die elektrolytische Me- thode, welche indessen, soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, wegen grösserer Unzuverlässlichkeit und grösserer Gefährlichkeit der ihr am nächsten stehenden Punktion mit Jodtinkturinjektion nachgesetzt werden muss. Als das wirksamste unter den schonenderen Verfahren kann ich die methodisch angewandte Compression besonders in ihrer Verbindung mit dem Gypsverbande und der jewei- ligen Jodtinkturbepinselung empfehlen. Ich verfuhr behufs Applikation dieses kombinirten Verfahrens in einem der obigen Fälle in folgender Weise: Ich legte bei geringer Dorsalflexion der Hand einen Gypsverband von den Finger-Knöcheln bis zum Ellbogenge- lenke an, versah denselben gegenüber dem Hygrom mit einem — 141 — länglich-ovalen Fenster, welches dasselbe genau einrahmte, bedeckte die Oberfläche des Hygnom’s mit einem befetteten Leinwandstück und legte auf dieses ein eigens zugeschnittenes, handhohes Stück trockenen, noch nie benütztenBad- schwamms, das mit seiner schmalen Schnittfläche genau das Fenster des Gypsverbandes ausfüllte. Dieses Schwamm- stück wurde dann mittelst sorgfältiger Bindeneinwicklung sehr fest gegen seine Unterlage, bez. die Rückenseite des Gyps- verbandes angedrückt und dabei mindestens auf den zehnten Theil seiner Höhe zusammengepresst. Dieser Compressions- verband blieb mehrere Tage liegen, dann wurde er entfernt, den komprimirten Parthien eine kurze Erholung gegönnt und darauf der Verband so oft wieder erneuert, bis die vollstän- dige Resorption des serösen Sehnenscheideninhalts eingetreten war. In den Intervallen liess ich täglich im Bereiche des Fensters Jodtinktur einpinseln. Diese Compressionsmethode _ hat den grossen Vorzug vor allen früheren im höchsten Grade elastisch zu sein und kann desshalb ohne Decubitus her- vorzurufen, eine beliebig lange Zeit hindurch in Wirkung bleiben (und dazu unter Umständen mittelst Gypsbinden aus- geführt werden), ohne dass die Haut andere Spuren als die des reliefartigen Abdrucks der Schwammoberfläche davon- triige. Der Druck ist kein circulärer, ruft desshalb auch keine Stauungserscheinungen an der Hand hervor. Es ver- hält sich diese Compressionsart zu der noch neuerdings von Heinecke empfohlenen mit Wattenbausch und Cirkelbinden- touren um den blossen Vorderarm wie die Wirkung der sog. Compressorien bei Arterienkompression zu derjenigen des Tour- niquets. Die Benützung eines aufgerollten Bindenkopfs statt des Badeschwamms als Druckmittel, wie ich sie gleichfalls versuchte, ist weniger vortheilhaft wegen der geringeren Ela- sticitat. - In zweien nnserer obigen Fälle führte dieses kombinirte ° Verfahren in 4—5 Wochen die vollständige Resorption des wässerigen Inhalts des Hygroms herbei. Mit diesem Erfolge darf man sich aber nicht begnügen. Die Behandlung muss — 12 — tiber diese Zeit fortgesetzt und die Sehne von dem Kranken noch längere Zeit geschont werden, wenn nicht bald wieder ein Recidiv eintreten soll, wozu der Verlust der Elasticitat der fibrösen Sehnenscheide noch lange prädisponirt. Die Ver- nachlässigung dieser wichtigen Vorschrift hat in einem un- serer Fälle nach einiger Zeit wieder ein stärkeres Anlaufen der Sehnenscheide nach sich gezogen. Gegen diese Möglichkeit eines Rückfalles schützt auch die Mehrzahl der andern operativen Behandlungsmethoden, wie die Entleerung des Hygrominhalts durch Punktion, die Punktion mit Skarifikation, die subkutane Incision nnd Dis- cission nicht. Ich habe diese letztere in einem dritten unserer Fälle mittelst eines kleinen konvexen Tenotoms aus- geführt und den Inhalt des Hygroms theils durch die Ein- stichsöffnung nach Aussen, theils durch die inneren Einschnitte seiner Wandung in das umgebende Zollgewebe entleert. Darauf applicirte ich einen Druckverband mittelst einer Dorsalschiene Charpieballen und Rollbindeneinwicklung. Dieser musste je- doch wegen venöser Hyperämie der Finger bald wieder ent- fernt werden. Jodtinkturbepinselung, hydropathische Um- schläge mit mässiger Compression verhüteten die wiederan- füllung der Sehnenscheide. Einige Wochen vergiengen und das Resultat schien gesichert, als der Kranke meiner War- nung ungeachtet, seine Hand durch tagelanges Schleppen von Aktenstössen wieder übermässig anstrengte und dadurch eine erneuerte, wenn auch auf einem geringeren Grade beschränkte Exsudation in seine Sehnen sich zuzog, gegen welche aus äusseren Gründen bislang eine weitere Behandlung nicht ein- geleitet wurde. Etwas grössere Sicherheit gegen ein Recidiv gewährt die Punktion mit Injektion von Jodtinktur, besonders in jenen Fällen, in welchen die erregte Entzündung eine gewisse In- tensität erreicht. Hiebei kann es selbst zu Eiterungen kom- men. In diesem Falle wird die Punktionsöffnung ein klein wenig mit dem Bistouri erweitert und ein Carbolölläppchen eingelegt, bei erschwertem Eiterausfluss auch eine Gegenöff- — 143 — nung gemacht und drainirt. Die Heilung erfolgt dann auf dem Wege der Granulationsbildung, doch ohne Exfoliation der Sehne. Die Spaltung des Hygroms seiner Länge nach (das Analogon der Radikaloperation der Hydrocele) bringt in dieser Beziehung grössere Gefahr mit sich und kann unter Umständen zu einer diffusen eitrigen Zellgewebsentzündung Veranlassung geben, sollte also nur in Ausnahmsfällen zu Hülfe gezogen werden. Von einer Exeision kann natürlich nur beim Ganglion, nicht beim Hygrom, wie wir es definirt, die Rede sein. Ganz besondere Anforderungen an die Therapie stellt das Hygroma proliferum. Hier handelt es sich neben der Entleerung des flüssigen Inhalts, der zuweilen ein ver- schwindend geringer ist, um die Entfernung der Reiskörper- chen. Sowohl in jenen Fällen, in welchen dieselben zufällig entdeckt wurden, bei der Punktion, als in andern, in welchen die Therapie auf eine richtige Diagnose basirt wurde, hat man sich bisher stets begnügt, so viele Körperchen aus der Stichöffnung auszupressen, als sich durch Druck zu Tage fördern liessen. Hunderte, ja in dem Falle von Mosengeil angeblich sogar Tausende konnten auf diese Art entleert werden. Kamen auf wiederholten Druck keine weiteren mehr zum Vorschein, so liess man die kleine Stichwunde sich schliessen und die „momentane“ Heilung war mehr weniger vollständig erzielt. Aber die Dauer derselben war eine kurze. Neue Schwellung, neues Conzitiren, neue Punktion mit Ent- leerung von mehr Serum und weniger Körperchen und wie- der keine definitive Heilung. Das ist auch leicht erklärlich. Wurden doch immer nur die freien, nicht adhärirenden Reiskörperchen, die man freilich auf Grund genetischer Hy- pothesen als die einzigen vorhandenen ansah, durch die be- schriebene Procedur entfernt. Die noch festsitzenden gestiel- ten blieben zurück und wurden die Veranlassung zu einer neuen Exsudation. Um auch diese sicher zu entfernen, ohne die gewagte Spaltung des Hygroms vornehmen zu müssen, versuchte ich in dem zum Schlusse noch kurz mitgetheilten — 144 — Falle ein neues Operationsverfahren, das mir nach vergeblicher Anwendung der bisher üblichen, zu einem vollkommenen und bleibenden Erfolge verhalf. Dasselbe besteht in der „Aus- löffelung der Sehnenscheidenkérper®* durch eine kleine Ineisionsöffnung mittelst eines gewöhnlichen Ohrlöf- tels nach Abfluss des flüssigen Sekretes. Die Ausführung ist sehr einfach und bedarf keiner besonderen Beschreibung. Sie scheint nach unserer Erfahrung ein harmloser Eingriff zu sein und bringt radicale Hülfe auf dem Wege mässiger Ei- terung und Schrumpfung der Sehnenscheide ohne Gefährdung der Sehne und mit Erhaltung von deren freier Beweglichkeit. Der Fall, in welchemich dieselbe anwandte, ist kurz be- schrieben, folgender: R. H., ein schmächtig entwickeltes Bauernmädchen von 20 Jahren, hatte vor 3 Jahren einen kleinen Unfall beim Holztragen. An der Holzkraxe, die sie auf dem Rücken trug, ging ihr nämlich beim Aufstützen das rechte Achsel- band los, die Kraxe drohte zu stürzen, die Kranke hielt sie mit ihrer linken Hand am andern Achselband noch fest, so dass die ganze Last mit ihrem schwerem Gewichte an die- ser Hand für einige Augenblicke hieng. Die Zerrung der Flexorensehnen in der überstreckten Stellung war eine erhebliche. Es trat sofort entzündliche Schwellung ein, die, da die Kranke sich nicht schonte, nie wieder ganz zurückgieng. Im Gegentheil, die Geschwulst vergrösserte sich unter zeitweiligen Schmerzen in Folge stär- kerer Anstrengung zusehends, und hatte, -als die Kranke sich in der Klinik vorstellte, nahezu die Grösse eines Ganseeies. Sie sass zur Hälfte in der palma der linken Hand, zur Hälfte oberhalb des lig. carpi volare, das sie in zwei Kammern theilte. Sie war prall - elastisch fluktuirend, von normaler Haut bedeckt. Beim Eindrücken des Fingers konnte man ein leises Knarren verspüren. Das Schliesen der Hand, so- wie die völlige Streckung der Finger waren unmöglich. Die Diagnose wurde auf Tenosynitis proliferans gestellt. Die Behandlung begann mit Einpinselungen von Jodtinktur — 145 — und Applikation eines Druckverbandes mit genässten Binden gegen eine Dorsalschiene. Der Erfolg war gering. Es wurde daher zur Punktion der Geschwulst in der Hohlhand mittelst des Troisquarts geschritten und als diese kaum einen Tropfen Flüssigkeit zum Vorschein brachte, eine Injektion von einer geringen Quantität Jodtinktur mit 1% Alkohol ver- setzt, damit verbunden. Die Reaktion war gering, eine ganz unbedeutende Eiterung erfolgte, derentwegen die Punktions- öffnung ein klein wenig mit dem Knopfbistouri erweitert wurde Da die Eiterung den Zerfall und die Elimination der Reiskörper nicht zur Folge hatte, entschloss ich mich, die- selben direkt zu entfernen. Ich dilatirte zu diesem Behufe. die kleine Wunde noch etwas weiter und vermochte nun durch Druck auf die Hohlhand zunächst etwas gelbbraune, viscide Flüssigkeit und dann eine grosse Zahl der Sehnen- scheidenkörper selbst auszupressen. Als auf wiederholtes Drücken keine neuen Körperchen mehr zum Vor- schein kamen, während die Geschwulst doch kaum erst um die Hälfte abgenommen hatte und sich immer noch ela- stisch und krepitirend anfühlte, ging ich mit einem Ohr- löffel mit ziemlich scharfem Rand in den Sack desHygroms ein und löffelte noch eine mindestens gleich grosse Menge der Körperchen, die der Mehrzahl nach kleine zarte Stiele zeigten, durch Radiren der Wandungen aus. Durch diese Proceduren wurden im Ganzen 112 corpuscula oryzoidea von der Grösse eines Hanfkorns bis zu der einer Linse herausbefördert. Dann wurde Charpie eingeführt und ein Eisbeutel auf die Hand applicirt. Den folgenden Tag liessen sich durch Druck weitere 16 Körperchen ausdrücken. Darnach stellte sich eine mässige entzündliche Schwellung ein mit Röthung der Haut; diese erstreckte sich von der Hohlhand auf den Vorderarm: An dem hier befindlichen Theil des Hygroms wurde eine Gegenöffnung gemacht und drainirt. Einige Tage hindurch hielt die fleckige Röthe am Vorderarm an bei gelinder Fiebertemperatur, dann .ging sie zurück auf Applikation von Jodtinktur und hydropathische — 146 — Umschläge. Die Eiterung aus beiden Oeffnungen blieb stets eine geringe und währte nur 10 Tage, während welcher Zeit die entzündliche wie die frühere hygromatöse Schwellung bis auf ein Minimum zurückgingen. Nach Ablauf von 14 Tagen schlossen sich die Wunden. Die Kranke war in Stand ge- setzt, ihre Finger wieder vollständig zu beugen und zu stre- cken. Die Heilung konnte bei ihrer kurz darauf erfolgten Entlassung als eine radikale bezeichnet werden. Einige Wo- chen später stellte sie sich wieder auf der Klinik vor. Die Geschwulst und die mit derselben verbundenen Beschwerden waren und blieben verschwunden. Die folgenden klinischen Beobachtungen sind, die ersten 4 von dem 1. Assistenten der Klinik, Herrn Dr. Lang, die letzten 2 von dem zweiten klinischen Assistnnten, Herrn Dr. Schlemmer auf Grund unserer ausführlichen Journal- aufzeichnung im Auszuge mitgetheilt : 2. Krebs des Mastdarms, hoch hinauf reichend, vollständige Exstirpation, gefährliche Blutung, Heilung. Grosses Interesse gewinnt folgender Fall einestheils durch die grosse Ausdehnung des der Operation noch unterworfenen Carcinom des Rectum’s, anderntheils durch den Umstand, dass die Patientin durch den bei der Operation erlittenen enormen Blutverlust (und die Einwirkung der Chloroform- narkose?) länger als 48 Stunden in einem sehr Besorgniss erregenden Erschöpfungszustande verharrte, und die Heilung nichtsdestoweniger so vollständig erfolgte, dass, nach einge- laufener Nachricht, nach Ablauf eines halben Jahres ein Re- cidiv noch nicht in Aussicht stand. P. Marie, 58 Jahre alt, erzählt, dass im 20. Lebens- jahre ihre Menses zum ersten Male auftraten, welche sich mit Ausnahme der Schwangerschaftszeit ziemlich regelmässig nn — 147 — wiederholten. Im 28. Lebensjahre stellte sich bei ihr eine durch drei Jahre nicht zu stillende Diarrhoe, ohne Darmblu- tungen ein, während dieser Zeit war sie mit einem steten Magenschmerz behaftet. Im 29. Lebensjahre war sie das 1. Mal entbunden worden. Bis vor 13 Jahren gebar sie 9 reife Kinder, von denen 4 am Leben und gesund sind und abortirte inzwischen 7mal. Nach jeder Entbindung war sie durch wenige Wochen, vor 17 Jahren, nach einem Abortus, durch %/, Jahre krank. Vor 7 Jahren will sie eine Bauch- fellentzündung überstanden haben und seit damals nicht mehr menstruirt worden sein. Vor 3 Jahren ist sie durch 4 Mo- nate an einem sehr schmerzhaften Gelenksrheumatismus krank darniedergelegen. Vor 7 Jahren (nach früher erwähnter Bauchfellentzün- dung) hat die Kranke von einer Stange einen Stoss in der Dammgegend erlitten. Schon früher bemerkte sie Austreten von Mastdarmknoten beim Stuhl, die wieder von selbst zu- rückgingen; seit der Verletzung aber sollen die Knoten, na- mentlich bei harten Stühlen, auch bedeutend geblutet haben. Erst im vorigen Jahre wurde die Patientin, durch grosse Schmerzen im After, sich bewusst, dass sie im Mastdarm ein Gewächs habe. Es soll zu dieser Zeit nussgross gewe- sen sein. Die Schmerzen, namentlich beim Gehen, wurden immer lästiger und steigerten sich mit der Zeit so sehr, dass ihr seit 3 Monaten auch das Sitzen unmöglich geworden. St. praes.: Der Recto-vaginalraum ist von einer har- ten, höckerigen, drittelfaustgrossen, bis an die Rectalschleim- haut reichenden, diese aber nicht durchbrechenden, von der Vaginalschleimhaut eben bedeckten, bald oberhalb des Peri- naeums beginnenden Geschwulst ausgefüllt. Dieselbe lässt sich sowohl vom iteetum, als auch der Vagina aus mit dem Finger begrenzen. Die hintere Afterperipherie, sowie die Schleimhaut am hintern Umfange des Rectumendes sind von einigen Varicositäten durchsetzt. Nächstgelegene Lymphdrü- sen indact. Abgesehen von den durch die Geschwulst ver- ursachten Schmerzen, befindet sich die magere Patientin ganz — 148 — leidlich, ist bei gutem Humor und erfreut sich einer vollkom- men guten Verdauung. Am 14. Juli 1870 schritt Herr Prof. Heine zur Ent- fernung des Neugebildes in der ohne Zwischenfälle erfolgten Chloroformnarcose. Um einer später sich bildenden Cloake vorzubeugen, wird die hintere Vaginalwand, soweit sie die Geschwulst deckt, longitudinal gespalten und ebenso der Damm in der Mitteflinie getrennt, Schleimhaut und äussere Decke werden vom Neugebilde lospräpirt und dieses theilweise her- ausgehoben. Die Blutung trat bei erneuertem Vordringen so mächtig auf, dass, obwohl die Gefäse während der Opera- tion unterbunden wurden, der Rest der Geschwulst mit dem Ecraseur abgequetscht werden musste. 20 Gefässlumina wa- ren ligirt und noch immer war eine so bedeutende parenchy- matöse Blutung vorhanden, dass Eiswasserirrigation sich als vergeblich erwies und eine ausgedehnte Anwendung des Glüh- eisens Platz greifen musste. Durchleitung einer starken Schlinge durch den obern vordern Rectumtheil, um bei etwa auftre- tender Nachblutung das Operationsplanum hervorziehen zu können. Vereinigung der Vaginalschleimhaut und des Dam- mes durch die Knopfnaht. Die Kranke sieht nach der Operation sehr erschöpft aus; sie wird sogleich in ein warmes Bett gebracht und mit warmer Weinsuppe gelabt. Der Erschöpfungszustand steigert sich immer mehr, ein Ohnmachtsanfall folgt dem andern, Brechneigung, Schluchzen; der Puls klein und beschleunigt. Weinsuppe, Eier, Milch und Pot. Riveri. Abendtemperatur 379 ©. Während der ganzen Nacht und den nächstfolgen- den Tag waren Arzt und Wartpersonale mit der Kranken beschäftigt, und nur der aufmerksamsten Pflege ist es zuzu- schreiben, dass die Patientin am 3. Tage nach der Opera- tion sich so weit erholte, dass man gerechtfertigte Hoffnung für ihre Erhaltung fassen konnte. Am 3. Krankheitstage zeigten sich die Vaginalschleim- hautlappen gangränös. In Carbolöl getränkte Bourdonnets — 149 — werden in’s Rectum und in die Vagina eingeführt. Allge- gemeinbefinden gehoben, beginnende Supuration. Am 4. Tage mussten die Dammnähte wegen Eiterung der Stichkanäle entfernt werden; auch der Damm blieb nicht vereinigt. Erster Abgang von 5 Ligaturen, theilweise Ab- stossung der grangränosen Partien. Heftpflastervereinigung des Dammes. Derselbe Verband. Nährende Diät. Der Un- terleib ist ein wenig empfindlich, nicht aufgetrieben; Kata- plasmen über denselben. ' Am 5. und 6. Krankheitstage profuse Abendschweisse. Normale Eiterung. Nach reichem Abgange von Winden wich die Empfindlichkeit des Unterleibes. Abends werden 2 drei- granige Chininpulver verabreicht. Das Fieber war im gan- zen gering (Die höchste Temperatr 38.4° C.) und hörte mit dem 6. Tage vollkommen auf. Der weitere Verlauf blieb ein normaler. Am 20. Tage konnte die Patientin bereits das Bett und am 46. Tage die Anstalt als geheilt verlassen. Leider ist durch die Gangräneszenz der Schleimhautlappen und die nicht erfolgte Vereinignng der Dammtheile eine theil- weise Cloake zurückgeblieben, die operativ beheben zu lassen, die Kranke nicht zugeben wollte. Erst in jüngster Zeit ha- ben wir von der Kranken wieder Nachricht erhalten: Ein Recidiv ist nicht aufgetreten; die Kranke schafft im Hause so munter, wie je. Die Geschwulst wird auch bei der mi- _ kroskopischen Untersuohung als Careinom erkannt. 3. Ulcus rodens der Nasenspitze. Abtragung mit dem Messer. Rhinoplastik. Gutes Resultat. In den letzten Tagen des Oktober 1870 wurde uns von einem Herren Kollegen eine Kranke vorgestellt, die mit einem jeder äussern Medikation trotzenden Geschwüre der Nasen- spitze behaftet war. Die 64 jährige, ihrem Alter entsprechend senile Frau erzählte, es sei ihr. vor 15 Jahren ein Stein auf’s Gesicht gefallen und habe die Nase gekritzt. Von der — 150 — Zeit soll diese Stelle immer von einer Kruste bedeckt ge- blieben sein. Vor zwei Jahren will sie die Kruste verloren, und seit damals die Nasenspitze geschwürig behalten haben. Mehr weniger starke Aetzmittel wurden vergeblich angewendet. Status der Aufnahme: An der Nasenspitze ist ein klein- fingerspitzgrosses, unebenes, buchtiges, von einem zwei Linien breiten, harten Walle umgebenes, rein aussehendes und se- cretarmes Geschwür, das sich mehr gegen den rechten Na- senflügel hinzieht und denselben am Rande gegen das Sep- tum zu durch Zerstörung eingekerbt hatte; gegen den linken Nasenflügel ist nur der infiltrirte, harte Wall verbreitert. Keine Limphdrüseninfiltration. Es lag somit eine Geschwulst- form vor, welche gemeiniglich der gutartigsten Form des Epithelialkrebses zugereiht und als Ulcus rodens bezeichnet wird. Es war also Heilung nur von einer totalen Exstirpa- tion zu erwarten. Am 4. November 1870 trug Prof. Heine beide Na- senflügel zur Hälfte und das Septum in gleicher Höhe bis knapp am knöchernen Gerüste sammt Haut und Knorpel ab. Den Defekt deckte er durch einen Lappen, der seinen Stiel über dem linken Nasenbeine hatte und dessen beweg- licher Theil vom Nasenrücken, rechter Nasenhälfte und der hier angrenzenden Wange genommen wurde. Die freie Spitze des Lappens wurde zweimal mit der Scheere 4’” weit ein- geschnitten, die hiedurch entstandene mittlere Zunge, sowie die seitlichen Hälften wurden nach innen geschlagen und er- stere für die Nasenspitze, letztere für die defekten Flügel- theile verwendet. Nachdem die dem Septum zugekehrte Epi- dermisschichte der künstlichen Nasenspitze mit dem Rasir- messer abgeschält worden, wurde diese mit jenem durch drei Knopfnähte vereinigt. Je eine Zapfennaht sicherte die blei- bende Einkrempung der Nasenflügeltheile und Knopfnähte die Vereinigung mit den Resten. Die nicht unbedeutende Blu- tung wird theils durch Ligaturen, theils durch Eiswasserir- rigation gestillt. Charpie rapee auf die Wunde, ein nass- kaltes Leinwandläppchen auf den transplantirten Lappen. — 151 — 2. Krankheitstag. Der rechte Winkel des Lappens ist ungemein cyanotisch; er wird mehrere Male scarificirt und durch längere Zeit entblutet, scheinbare Erholung; zu seiner Entspannung werden die Zapfennaht und Knopfnähte rechts entfernt. Abends hat die Cyanose derselben Stelle zuge- nommen; Scarificationen werden wiederholt; Eiswasser auf den in seinen übrigen Theilen geschwollenen Lappen. 4. Tag: Zunahme der Lappenschwellung, Oedem beider Lider. Der rechte Lappenwinkel hat sich nicht mehr er- holt, es droht vielmehr auch ein kleiner Theil des linken Winkels abzusterben. Entfernung der linken Zapfennaht und der Nasenspitznihte. Charpie rapée wird durch einen Car- bolverband ersetzt. 5. Tag. Der für den rechten Nasenflügel bestimmte Lappenhentheil hat sich fingerspitzgross, der fiir den linken linsengross abgestossen. Der linke Nasenfliigel wird durch Empl. angl. und Collod. in der Nähe des Lappens er- halten. Am 9. Tage. Lappenschwellung abgenommen, Lider- ödem geschwunden, Abfall der letzten Ligaturen, die durch den Lappen gesetzte Wunde schönst granulirend. Die Na- senspitze ist der Intention entsprechend; links von ihr eine kleine Einkerbung. 17. Tag. Seit 3 Tagen kein Fieber; es war im Gan- zen mässig (höchste Temp. 38.3° C.). Die durch den Lap- pen gesetzte Wunde ist nur noch neukreuzergross, sie geht nach unten in den nur noch spaltförmigen Flügeldefekt über, der mit Epithel eingesäumt zu werden beginnt. Der stehen- gebliebene rechte Nasenflügeltheil ist durch die Narbenbildung über ihm in die Höhe gezogen. Die kleine Einkerbung links von der Nasenspitze hat sich schön verzogen und ist epi- thelbedekt. Die Kranke beginnt das Bett zu verlassen. Am 5. Jänner 1871 vollkommene Uebernarbung. 9. Jänner. Correction: Der rechte Nasenflügeltheil wird im horizontalen Theile seiner Furche durchtrennt, etwas nach unten gedreht und mit dem häutigen Nasenrücken, nachdem Naturw.-med. Verein. 13 ee die sich correspondirenden Stellen angefrischt wurden, durch Knopfnähte vereinigt. Einschieben von Charpie rapée nach Art eines Keils in die durch’s Herabziehen des Nasenfliigels entstandene Lücke, damit derselbe sich nicht wieder nach oben retrahire. 16. Jänner. Die dem horizontalen Theile der rechten Nasenflügelfurche entsprechende Wundlücke ist kaum erbsen- tief. Die Kranke wird mit einem zierlichen Stumpfnäschen und mit der Weisung, in Carbolwasser getauchte Charpie rapee in die Lücke aus erwähntem Grunde einzulegen, auf ihren Wunsch aus der Behandlung entlassen. Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst musste hier, um so sorgfältiger gemacht werden, als von anderer Seite der Verdacht auf Lupus ausgesprochen worden war, mit welchem das Geschwür in der That auch manche Aehn- lichkeit hatte. Der Befund ergab in dem ganzen Bereich des Geschwürgrundes und dem umgebenden Wall theils runde Nester, theils zapfenähnliche und kolbige oder schlauchartige Formgebilde, welche ausschliesslich aus kleinen ein- und mehrkernigen Zellen von epithelialem Charakter bestanden und ihrerseits in das Stroma eines in Wucherung begriffenen Bindegewebes mit ziemlich entwickelten spindelförmigen Zellen eingebettet waren. Damit rechtfertigt sich die Annahme einer carcinomatösen Neubildung von jener Spezies, welche als fla- cher Hauptscirhus oder mit dem weniger treffenden Namen des Ulcus rodens bezeichnet wird. 4. Grosser Defekt der Wange und des Mundes nach Noma. Plastische Wangen- und Lippen- bildung. Narbige Kieferklamme. Esmarch’sche Operation der Anlegung eines falschen Kiefer- gelenks. Schöner Erfolg. Am 8. Mai wurde der Klinik ein 8jähriger Findling in sehr heruntergekommenem Zustande mit einem nach Noma , entstandenen. über thalergrossen Defekte der rechten Wange zur Heilung übergeben. Der den Defekt begrenzende Rand begann zwischen dem mittlern und rechten Drittel der Ober- lippe, lief nach aussen und oben, bog am vordern Rande des rechten Kaumuskels um, entblösste sowie die obern auch die untern Backen- und Schneidezähne und mündete zwischen dem mittleren und linken Drittel der Unterlippe aus. Der Nar- bensaum hatte nicht nur beide Lippenreste an ihre Kiefer fixirt, sondern auch diese selbst so sehr einander genähert, dass zwischen den untern und obern Schneidezähnen kaum ein Zwischenraum von 2 Linien geschafft werden konnte. Abgesehen von der Entstellung war schon dieser Umstand, der das Kind nur auf flüssige Nahrung anwies, zwingend genug, sofort zu einer operativen Behandlung zu schreiten. Der Ernährungszustand der kleinen Patientin war aber ein so elender, dass man derselben, ohne sie zuvor gestärkt zu haben, einen einigermassen grösseren chirurgischen Eingriff nicht zumuthen konnte. Am 24. Juni war dasKind soweit gekräftigt, dass man zur Operation schritt: Die den Unter- an den Oberkiefer fesselnden Narben wurden durchtrennt, der Defect durch einen Lappen von der Jochbein- und einen von der Inframaxillar- gegend gedeckt, auf diese Weise die Wange, der Mundwin- kel und die angrenzenden Lippentheile gebildet und der freie Wundrand mit einem aus der ganzen Dicke der Oberlippe genommenen Schleimhautlappen umsäumt. Leider war die Lebensenergie der Gewebe auch jetzt noch eine solch geringe, dass der Schleimhautlappen in toto necrosirte. Der Defekt blieb wohl bis auf den Mundwinkel und die anstossenden Lippentheile plastisch ersetzt, doch konnte trotz sorgfältigster Nachbehandlung bei den individuellen Verhältnissen des Kin- des (die Dehnung des Gewebes durch Einschieben von Holz- keile zwischen die Zahnreihe musste, in Folge des in seinen Fächern nur lose eingefügten Gebisses, die nachtheiligste Ein- schränkung erfahren) durch die nachfolgende Schrumpfung der der Mundhöhle zugekehrten narbig gewordenen Fläche 135 * — 154 — der plastischen Wange, das Eintreten der früheren Kiefer- klemme nicht verhindert werden. Es blieb nun nichts übrig, als das für solche Fälle von Esmarch angegebene Verfahren in Anwendung zu bringen. Es besteht darin, dass man vor der ankylosirenden Narbe ein genügend grosses Stück des Unter- kiefers resecirt und zwischen den Sägeflächen eine Pseudar- throse sich etabliren lässt; hiedurch wird der freie Kiefer- theil von dem durch die Narbe betroffenen emanzipirt. In unserm Falle executirte Prof. Heine am 12. Dez. 1870 die Operation in folgender Weise: Er führte in einer von der ersten Wangenplastik herrührenden Narbe vom rechten Mundwinkel einen Schnitt in einem nach hinten winkeligen Bogen gegen den untern Unterkieferrand, daselbst trennte er, nach- dem die Wunde durch stumpfe Hacken erweitert wurde, das Periost in einer Länge von %/, Zoll, hob es mit einem Lan- genbeck’schen Raspatorium an der der Mundhöhle zugekehr- ten Fläche von dem Knochen sorgfältigst ab und resecirte vom rechten Eckzahn nach hinten ein %, Zoll langes Stück des Unterkiefers; hierauf Vereinigung der Hautwunde. Der Erfolg war ein sofort in die Augen springender: die Zahn- reihen konnten sich auf reichlich , Zoll von einander ent- fernen, die Kaubewegungen wurden ausgiebig und ungehin- dert. 8 Tage nach der Operation war das Kind bereits fieberfrei. Es geniesst was ihm früher nicht vergönnt war, compacte Nahrung. Auch das Gebiss ist ungemein fester geworden, was wohl vornehmlich durch die gehobene Ernährung und die möglich gewordene Reinhaltung der Mundhöhle zu begründen ist. Die Spielweite des Unterkiefers konnte hiedurch mittelst der täglich 2mal eingeschobenen Holzkeile bis jetzt %, Zoll erreichen. Eine kleine Nachplastik des rechten Mundwinkels und der angrenzenden Lippentheile wird bei dem jetzt auffallend besser ernährten Kinde demnächst vorgenommen. Auch ohne diese lässt nach den bisherigen Operationen schon das Aus- — 155 — sehen des Kindes kaum mehr eine Erinnerung an die frühere Entstellung aufkommen. 5. Schlecht geheilte Fraktur des untern Hu- merusendes mit Beschränkung der Flexion des Ellnbogengelenks. Subcutane Osteotomie der Bruchstelle und Geraderichtung des Ober- armes, Dieser Fall betrifft zwar ein männliches Individuum und gehört somit meiner Abtheilung nicht an, doch wurde mir derselbe zur Veröffentlichung überlassen, weil der wichtigste Theil seiner Krankengeschichte in die Monate der grossen Sommerferien fällt, während welcher mir die alleinige Leitung der chir. Klinik anvertraut war. Am 22. Juli 1870 gelangte ein 7jähriger Knabe zur Aufnahme, der vor 2 Jahren von einer Gartenmauer herun- terstürzte und auf den rechten Arm (wie? war nicht zu er- mitteln) fill. Er trug ihn durch einige Wochen in der Schlinge, nach welcher Zeit der Arm insofern als unbrauchbar sich herausstellte, als er mit der rechten Hand weder bis zum Gesichte und Kopfe, noch bis zum Halse gelangen konnte. Bei seinem Eintritte fand ich am rechten Oberarmknochen, nahe seinem untern Ende, an der Beugefläche eine winkelige Hervorragung, von der angefangen die Axe des Oberarmkno- chens gegen die Streckseite zu geknickt war; hiedurch be- dingte Hyperextension auf den obern Theil der Oberarmaxe bezogen; Beugung in derselben Relation kaum auf 100° aus- führbar; Supination und Pronation unbehindert. Es ist so- mit klar, dass hier eine schlechtgeheilte Oberarmfraktur, die die erwähnte Funktionsstörung verursachte, vorlag, Um das Individum erwerbsfähig — also dessen Arm wieder brauch- bar — zu machen, blieb keine andere Wahl, als den Kno- chen wieder zu brechen und ihn in verbesserter Stellung zu — 156 — heilen. Wegen des zu kurzen untern Hebelarmes musste ich von der subcutanen Infraction — als des mindest ein- greifenden Verfahrens — Umgang nehmen. Ich schritt da- her am 25. Juli 1870 unter gütiger Assistenz des Herrn Dr. Gasser, der mir in den Ferien bei allen schwierigen Operationen in der collegialsten Weise bei Seite stand, wo- für ich ihm hier noch einmal meinen innigsten Dank aus- spreche, zur subperiostalen Osteotomie. Ich ging im untern Theile des sulcus bicipit. ext. präparando bis auf den Kno- chen ein, hob das Periost nach aussen und innen vom Kno- chen ab, schützte hiedurch die hinter dem Lig. intermuscul. ext. liegenden Gebilde (Art. collater. rad. und Nerv. rad.), trennte dann den alten Callus in seiner äussern Peripherie mit dem Meissel, brach hierauf den Knochen quer ein und legte in der richtigen Stellung einen gefensterten Gypsver- band an. Der Blutverlust belief sich nur auf einige Tropfen. Acht Tage nach der Operation war das Fieber, das sich nur einmal am 2. Krankheitstage auf 39° gehoben hatte, voll- kommen gewichen und nach weiteren 10 Tagen konnte der kleine Patient bereits das Bett verlassen. Am 22. Tage erlitt das Wohlbefinden des Kranken durch plötzliches Ansteigen der Fiebercurve eine bedrohliche Unterbrechung (39.89 C.): Die Operationswunde war mit einem knorpelharten, diphtheritischen Belege behaftet. Nach Entfernung des Gypsverbandes fand man einen erbsengrossen Decubitus knapp oberhalb der Ellenbeuge und bedeutende Röthung des Vorder- und Oberarmes. Am 25. Tage er- langte das Fieber 40°; in der Nähe des Cond. internus fühlte man in der Tiefe deutliche Fluctuation; Incision, Entleerung von 2 Unzen eines dicken, blutigen Eiters, der in den fol- genden Tagen, namentlich bei Druck auf den Ellenbug reich- lich abfloss. Ich stiess zwar mit der Sonde auf keinen rau- hen Knochen, doch konnte ich mich der Befürchtung, dass das Ellbogengelenk die Eiterquelle abgebe, nicht erwähren, umsomehr, als enorme Schmerzhaftigkeit und rapider Verfall des Kranken auftraten; glücklicher Weise erwies sich die- — lO i selbe im weiteren Verlaufe als unbegründet. Vorläufig legte ich den Arm auf eine gut gepolsterte winkelige Schiene. Am 33. Krankheitstage, also 8 Tage nach der Incision haben sich die stiirmischen Erscheinungen gelegt; der Arm wird wieder in einen Gypsverband, mit einem Fenster der rein gewordenen Operations- und Decubituswunde, und einem der jetzt nur wenig eiternden Incisionsöffnung entsprechend, der an der Streckseite durch eine Pappschiene verstärkt wurde, gebracht. Am 15. Sept. (53. Tage) wurde bei dem bis nun sich wieder auf’s Beste erholten Patienten der Gypsverband ent- fernt und durch einen leichten Wasserglasverband ersetzt. Obwohl der Callus auf seine Festigkeit nicht geprüft wurde, so konnte dieselbe aus den ungenirten Armhaltungen doch erschlossen werden. Oberflächliche und geringe Eiterung aller 3 Wunden. Der Kranke bringt den ganzen Tag ausser dem Bette zu. Am 28. Sept. ist die Incisionsöffnung, am 4. Oktober der Decubitus geheilt; am 31. Oktober Entfernung des Was- serglasverbandes. Am 4. Nov. wird ein papierdünnes, kaum kleinfinger- nagelgrosses, zackiges rauhes Knochenstückchen durch eine hinter der Operationswunde angelegte Oeffnung, und am nächsten Tage auf demselben Wege ein kaum erbsengrosser Sequester entfernt. Am 13. Nov. werden wegen beschränkter Beugung und Streckung, durch die Ruhe in den starren Verbänden be- dingt, passive Bewegungen des Ellbogengelenkes eingeleitet. Am 30. Nov. Vernarbung der Operationswunde und der hinter ihr angelegten Oeffnung (zur Sequesterestraction). Am 28. Dez. 1870 wurde der Kranke geheilt entlas- sen. Die Notiz dieses Tages im Krankenjournal lautet: Die passiven Uebungen führten dahin, dass der Arm nahezu auf 180° gestreckt und bis auf circa 60° gebeugt werden konnte. Innerhalb dieser Grenzen werden auch die activen Bewegun- gen vollkommen frei und prompt ausgeführt. An der Stelle —' 158 — der Operationswunde eine eingezogene Narbe. Die Fraktur- (Osteotomie-) stelle ist verdickt und leicht nach hinten vor- springend. Dr. Ed. Lang, I. Assistent der chirurgischen Klinik. 6. Fall von Caries der Handwurzelknochen. Re- sektion und Nachresektion. Heilung in Aus- sicht. K. G. 44 Jahre alt, Zimmermann aus Lanersbach gab bei seiner Aufnahme am 5. August 1870 an, dass er im Jahre 1868, nachdem er längere Zeit bei Wasserbauten be- schäftigt gewesen, eine Schwellung der ersten Phalanx des Goldfingers der linken Hand bemerkt habe, welche sich in- nerhalb zweier Wochen über den Ballen des kleinen Fingers gegen die Handwurzel hinzog. Während die Schwellung des Fingers und Ballens unmerklich abnahm, wuchs die des Hand- gelenkes stetig und gesellten sich neben Steifigkeit auch bald Schmerzen hinzu. Trotz dieser auch spontan oft sehr hef- tigen Schmerzen verrichtete Patient damals — so wie bis in die letzte Zeit — mit der kranken Hand noch leichtere Ar- beiten und benützte sogar den linken Vorderarm zum Heben schwerer Lasten. Im Frühlinge des Jahres 1869 machte ein Arzt an der Radialseite des Handgelenkes einen Einstich durch welchen sich eine fleischwasser - ähnliche mit wenig Eiter gemischte Flüssigkeit entleerte. Die Wunde (in welche nach dem Ein- stiche ein Lapisstift tief eingesenkt worden war) heilte nach einiger Zeit zu, brach aber dann gleich wie eine im Früh- jahre 1870 am Handrücken spontan entstandene zu wieder- holten Malen auf. Im Uebrigen waren die Gesundheitsverhältnisse des Kran- ken sehr günstig. Bei der Aufnahme war das linke Handgelenk im gan- zen Umfange mässig geschwollen, teigig anzufühlen, die Haut — 159 — geröthet und in der Gegend des processus styloideus radii, sowie am Handriicken entsprechend dem Carpo-metacarpal- gelenke des Ringfingers durchbrochen. Aus den erbsengros- sen, schlaff granulirenden, blaurothen Geschwürsflächen ent- leerte sich bei Druck auf das Handgelenk wenig dünner Eiter. An der Ulnarseite war ein kastaniengrosser Abscess, welcher sich durch Druck auf dem Wege der vorhandenen Oeffnungen nicht entleeren liess. Drang man mit einer Sonde durch die schlaffen Granulationen in die Tiefe, so fühlte man die rau- hen und morschen Knochen des Carporadialgelenkes. Die Hand hing in einem stumpfen Winkel am Vorderarme herab und konnte sowohl dorsal und volar als auch radial und ul- narwärts passiv leicht und unter deutlichem Reiben bewegt werden. Aktive Bewegungen wurden im Handgelenke kaum - mehr, und in den Fingern nur unter Schmerzempfindungen in beschränktem Masse ausgeführt. Bei vollkommener Ruhe hatte der Kranke nur hie und da, aber dann ziemlich hef- tige, stechende Schmerzen. Sonst war der Patient gesund, kräftig und gut ge- nährt. | Die Caries im Carporadialgelenke, mit welcher wir hier zu thun hatten, konnte, da für eine Allgemeinkrankheit als Ursache aller Anhalt fehlte, dagegen die Beschäftigung des Kranken hinreichende Gelegenheit zu Traumen bot mit grösster Wahrscheinlichkeit durch eine Resection geheilt und die Hand erhalten werden. Die Operation wurde am 10. August in der Narcose auf folgende Art von HerrnProf. Heine vorgenommen: An der Ulnarseite des Handgelenkes wurde ein Schnitt auf den Abscess, an der Radialseite einer durch die Fistel geführt, dann nach oben und unten das Periost von den erkrankten Knochen abgehoben und endlich mit der Stichsäge von der 1. Handwurzelreihe ein circa 4 Linien, von den Vorderarm- knochen ein halb Zoll breites Stück abgesetzt. Die Blutung war mässig und machte nur 4 Ligaturen nöthig. Nach Ein- führung einer Charpiemesche wurde ein Gypsverband mit vo- — 160 — larer Verstärkungsschiene angelegt. Die Schnittflächen der entfernten Knochensegmente waren gesund. Trotz einer über den Gipsverband aufgelegten grossen Eisblase filtrirte einige Stunden nach der Operation Blut durch denselben, es wurden daher sogleich Fenster angebracht. Die Blutung stand auf Irigation mit Eiswasser. Die Reaktion war gering. Temp.: am ersten und zwei- ten Abende nur 38.4, am 3. zwar 39,4, allein wahrschein- lich bedingt durch mehrtägige Stuhlverhaltung; wenig- stens schwand diese Steigerung, nachdem auf eine Dosis Oleum Ricini mehrere Stühle gefolgt waren. Die Wunde reinigte sich schnell, der Patient schlief und ass gut und war am 17. (7. Tage), an welchem die letzte Ligatur abge- stossen wurde, schon fieberfrei. Täglich wurde zweimal mit Carbolwasser 1:100 abgespült und 2mal eine in Carbolöl 1:8 getränkte Mesche eingeführt. Am 22. stellten sich Schmerzen am Handrücken ein, die Temperatur stieg auf 37.6, hielt sich am Morgen des 23. auf 37.3 und gleichzeitig ergoss sich eine grössere Eiter- menge. In der Voraussetzung, dass in dem am Handrücken befindlichen Hohlraume eine Eiterverhaltung stattfinden könnte, wurde nun der Gipsverband entfernt. Es zeigte sich, dass nicht nur die Fistel, deren Heilung bei nach unten freiem Abzuge erwartet werden konnte, nicht geheilt, sondern noch eine neue entstanden war. Diese befand sich genau über der Mitte des Mittelhandknochens des Ringfingers und führte in eine buchtige Höhle, in welcher die Sonde hie und da einen rauhen Knochen fühlte. Der ganze Handrücken war durch den unter dem Verbande verhalten gewesenen Eiter macerirt. Die Meschen wurden — da der tägliche Wechsel zu sehr reizen konnte — durch ein Drainagerohr, das Carbolöl durch Carbolwasser (2 Drachmen auf 1 Pf.) ersetzt, und am 26. ein neuer Gipsverband (mit einem Fenster auch für den Handrücken) angelegt. — In der Zeit vom 26. August bis 15. Sept. verkleinerten sich sowohl die durch die Operation — 161 — gesetzten Wunden, als auch beide Fisteln und die Schwel- lung nahm so ab, dass der Gipsverband nicht mehr fest ge- nug anlag. Am 15. wurde er daher durch einen gefensterten Wasserglasverband und die brüchige Drainageröhre durch eine dünne Mesche ersetzt. Am 29. Sept. (bis wohin alles gut gewesen) traten ohne Veranlassung und mit einem Male heftige Schmerzen in der Hand auf. Sie schwoll, wurde blauroth und bei gleichzei- tiger Steigerung der Temperatur auf 39.7 versiegte die Ei- terung in den Wunden fast ganz. Ein Eiterherd , welcher sich in der Tiefe gebildet hatte, wurde nächsten Tage auf leichten Druck durch eine der vorhandenen Wunden entleert und bei absoluter Ruhe und Bleiwasserumschlägen wichen die stürmischen Erscheinungen innerhalb dreier Tage. Die Schweliung ging nicht völlig zurück und die Fistel- gänge (besonders die vorderen) schlossen sich trotz adstrin- girender Umschläge und zeitweiliger Touchirung mit Arg. nitr. nicht nur nicht, sondern wurden allmälig sogar etwas weiter. Die ganze Handgelenksgeschwulst fühlte sich wie früher teigig an, entleerte wieder dünnen Eiter und wider- stand den Versuchen von Compression — welche nach Ab- nahme des Wasserglasverbandes — auf einer gepolsterten Schiene vorgenommen wurden, hartnäckig. Mit der Sonde fühlte man, besonders von oben her hie und da neue Rauhigkeiten; es wurde daher die Wiederholung der Resection und Ausléfflung der necrotischen Partien be- schlossen, eventuell aber auch die Amputation in’s Auge gefasst. | I. Operation. Am 11. Nov. wurden in der Narkose durch einen Schnitt am Handrücken beide Fistelgänge bis auf die rauhen Knochen verbunden, ausserdem die von der ersten Operation herrührenden granulirenden Wunden (an der Radial- und Ulnarseite) erweitert. Die bei der ersten Ope- ration stehen gebliebenen Knochen und Knochenreste der zweiten Handwurzelreihe, sowie die Resektionsflächen der Vorderarmknochen wurden grösstentheils mit dem schneiden- ce Ge ae den Knochenlöffel abgetragen, die schlaffen Granulationen der von der 1. Operation herrührenden Höhle mit der Hohl- scheere entfernt und nach Anlegung dreier Ligaturen mit Carbolöl (1:8) getränkte Meschen eingeführt. Endlich wurde der Arm auf einer gut gepolsterten, flachen Hohlschiene fixirt. Eine leichte Nachblutung stand auf Compression durch trockene Charpietampons. Die Hisbeutel wurden um die Re- aktion nicht zu sehr herabzustimmen, nach 24 Stunden be- seitigt. Das Fieber war sehr gering, die höchsten Temperaturen zeigten sich am 2. Morgen und Abend und betrugen 37.7 und 38.6; der Patient behielt seinen Appetit und schlief ruhig. — Schon am =2.Nov. waren die Temperatur und der Puls nahezu normal (37.1 und 68). Der Arm lag immer auf der Schiene — selbst im Bade das jeden Morgen gegeben wurde (Wasser mit etwas Soda) und während des täglich zweimal vorzunehmenden Verbin- dens mit Carbolöl von der bekannten Concentration. Am 24. und 30. Nov. wurde der bis jetzt normale Verlauf durch eine leichte Temperatursteigerung auf 38.6 unterbrochen, welche aber nach Eröffnung eines kleinen Ab- scesses einen Querfinger über der Wunde am Handrücken schnell schwand. Vom 4. Dez. ab war die Temperatur wieder normal, das Befinden des Kranken vortrefflich und die durch die Operation gesetzte Höhle so weit verengt, dass die Meschen beseitigt werden konnten. DieWundflächen granulirten sehr frisch, bluteten aber einige Male bei der geringsten Berührung, da- her wurde der Carbolölverband durch einen mit Zincum sul- furicum (gr. 5 ad aq. dest. unc. 1) und 8 Tage später durch einen Carbolwasserverband (1: 100) ersetzt. Seit 20. Dez. ist die Höhle geschlossen, die Wunde an der Ulnar- und Radialseite des Handgelenkes vernarbt, die Eiterung am Handrücken nur oberflächlich und auch hier — 18 — die Ueberhäutung im besten Gange. Sie wird durch Tou- chirung mit Nitr. arg. beschleunigt. Die Schwellung des Gelenkes, welche bis in die letzte Zeit nur wenig zurückging, verliert sich seit 24. Dez. unter Anwendung methodischer Compression durch Rollbinden, welche über die mit Watte eingewickelte Hand gelegt wer- den. Die Hand, sowie die Finger können innerhalb natür- lich noch enger Grenzen gebeugt und gestreckt werden und in der Folge zu leichteren Arbeiten brauchbar sein. Als interessant ist zu erwähnen, dass sich in der Gegend des Mondbeines aus dem erhaltenen Perioste ein ungefähr kreuzergrosses un- regelmässiges Knochenstück neugebildet hat, welches man am Handrücken deutlich fühlen kann. 7. Aeusserer Harnröhrenschnitt (operation de la boutonniere) wegen Harnverhaltung in Folge einer traumatischen impermeabeln Striktur, die zu Punktion der Blase geführt hatte. Heilung. W. A., 49. Jahre alt, Eisenbahnarbeiter aus Innsbruck gerieth im J. 1861 zwischen eine Maschiene und eine Mauer und erlitt dabei neben mehrereren anderen Verletzungen einen Bruch des Beckens (?) mit umfänglicher Quetschung der Weichtheile, besonders des Mittelfleisches. In Folge dieser Verletzung entstand Harnträufeln, welches sich endlich soweit besserte, dass der Kranke wenigstens bei Tage den Urin auf sehr kurze Zeit halten konnte. Der Urin ging aber nur schwer undin einem dünnem Strahle ab. Dieser Zustand dauerte bis Januar 1870, wo zuerst eine vollkommene Harnverhal- tung eintrat, die aber durch Cataplasmen und Bäder bald behoben wurden. Anfangs Mai stellte sich, nachdem der Patient eine längere Eisenbahnreise gemacht hatte, abermals Harnverhaltung ein. Alle dagegen angewandten Mittel fruch- teten nichts, die Beschwerden steigerten sich, und als end- lich am 5. Tage Bewusstlosigkeit eintrat, entschloss sich ein — 164 — Arzt, den hohen Blasenstich zu machen. Nach Entleerung von 3 grossen Schüsseln voll Urins erholte sich der Kranke allmälig und konnte — sonst gesund — schon am 3. Tage das Bett verlassen. Da durch die Harnröhre nur wenige Tropfen abgingen, so musste die Canüle liegen bleiben und kam daher der Kranke am 16. Mai 1870 mit dieser auf die Klinik. Von den vor Jahren erlittenen schweren Verletzungen war nur wenig mehr zu sehen. Es wurde mit den dünnsten Bouagien und Darmseiten versucht, durch die schon von aussen fühlbare Striktur, welche fast die ganze Pars membranacea einnahm , durchzudringen, allein alles war vergeblich, somit nur durch den Harnröhren- schnitt nach Syme Heilung möglich. Die nun zu beschreibende Operation bot nicht blos in Folge der path. Veränderungen, sondern besonders in Folge des Umstandes, dass der Patient — ein Gewohnheitstrinker — kaum zu narcotisiren war, ungeheure Schwierigkeiten. Es wurde eine Metallsonde (Striktursonde) bis zur Strik- tur eingeführt, auf sie in der Raphe eingeschnitten und die Harnröhre geöffnet. Die Schnittränder wurden mit spitzen Häckchen weit abgezogen und nach Stillung der übrigens ge- ringen Blutung die Fortsetzung der Harnröhre aufgesucht. Nur mit Mühe sah man eine feine Oeffnung, durch welche eine haarfeine silberne Sonde bis in die Blase eingeführt werden konnte. Dieser folgend wurde nun die verengte Harn- röhre in der Länge von circa 1 Zoll mit dem Spitz- und Knopfbistouri gespalten, bis wieder ein Lumen von normaler Weite zum Vorschein kam. Nach Beendigung der Operation wurde von der Wunde aus ein elastischer Katheter in die Blase eingelegt und da aller Harn durch diesen abfloss die Kanüle entfernt. Die Reaction war mässig und die Wunde bald in bester Granulation. Nach 8 Tagen wurde der Katheter entfernt und dafür ein neuer vom orificium urethrae her eingeführt. Die Wunde verkleinerte sich schnell, so dass nach Entfer- ka i — 16 — nung auch dieses Katheters der Harn nicht nur am Mittel- fleische sondern auch schon durch die übrige Harnröhre ab- floss. Jeden 3. Tag wurde nun fir einige Stunden der Ka- theter eingelegt und allmälig in den Nummern von 7 auf- wärts gegangen. Mitte Juni kamen durch die circa erbsen- grosse gut granulirende Wundfläche nur wenige Tropfen Urin und nahm der grösste Theil seinen normalen Weg. Die Urethra war für Bougien von Nr. 10 durchgängig und der Patient konnte, da er darauf drang, entlassen werden. Er wurde verhalten sich noch Metallkatheter von Nr. 9 einzuführen und in einiger Zeit wiederzukommen. Als er sich am 11. Juli wieder vorstellte, floss aller Harn durch die Urethra und war die Operationswunde bis auf die Spur vernarbt. Dr. J. Schlemmer, 2. klin. Assistent. Bericht über die k. k. Augenklinik für das Jahr 1870. Vorstand Prof. L. Mauthner. Im Laufe des Jahres 1870 wurden auf der k. k. Augen- klinik der hiesigen Universität 919 Kranke ambulatorisch behandelt und 219 auf der Klinik verpflegt. Der grösste Theil der klinischen Kranken hat sich hierbei aus dem Am- bulatorium recrutirt. Unter den 919 ambulatorisch behandelten Kranken be- fanden sich 445 Männer und 474 Weiber; von den 219 auf der Klinik aufgenommenen, waren 120 Männer und 99 Weiber. Von den letztern wurden entlassen: geheilt . 2... (SNe, 006 ww. tiere eebessert Gi 21 ME ad Wino Omen ungeheile 17 MeN 8 we. 200002 plötzlich gest. — M., We = ie Zusammen . 116 M., 92 W. = 208 Pers. Zu Ende des Jahres 1870 verblieben in weiterer Behandlung 4M. 7 W.= 11 Pers. Zusammen . 120 M., 99 W. —= 219 Pers. = ew Die grösste Anzahl der ambulatorisch behandelten Kran- ken fällt auf die Monate Mai und Juni, nämlich 162 auf jeden Monat; die kleinste Anzahl auf den Monat Jänner, nämlich 27. In absteigender Reihe gliedern sich die Monate folgender Massen; Mai 162, Juni 162, Juli 114, April 94, Oktober 86, März 62, August 58, November 46, Septem- ber 41, Februar 35, Dezember 32, Jänner 27. Die grösste Anzahl der auf die Klinik aufgenommenen Kranken fällt auf den Oktober 42, der geringste auf den Jänner 6. An den 919 ambulatorisch-behandelten Kranken kamen folgende Krankheitsformen zur Beobachtung: 1. Krankheiten der Lider: M. W Abscessus a 2 Blepharadenitis ciliaris — 6 Ectropium A RRM UM AL Sica Entropum... Veen an ale eee Trichiasis . — 4 Chalazion . De Hordeolum HN Symblepharon Sed Neoplasma & a Mulnusoscissum 6.) 67.0% 2 Pix oe lI — 2. Krankheiten der Conjunctiva. Conjunctivitis catarrhalis . . . . . 90 103 granulosa servi: . 4 4 2 a phlyctenulosa . . . . 36 50 ‘ eouposamn a LR . aa 5 diphtheritica . . . . — 1 h trachomatosa . here 5 blennorrhoica. . . . 2 1 3. Krankheiten der Selera: Scleritis a0 una u 2s cir ee gh ac a Pe Naturw.-med. Verein. 14 1 GS) Staphyloma sclerae M. 1 W. 1 4, Krankheiten der Cornea und Iris: a) der Cornea: Keratitis „ traumatica » ulcerosa > punctata » Phlyctenulosa . >» parenchymatosa . Maculae et cicatrices Staphyloma corn. tot. et part. . Keratoconus . Phthisis corneae Neoplasma Corpora aliena . Iritis » specifica Occlusio pupillae Coloboma iridis . c) der Cornea und Iris: Kerato-iritis . 5. Krankheiten der Chorioidea: Chorioiditis traumatica a exsudativa N serosa . BON AL a cum opacitat corp. vitrei . Exsudatum in macul. lut, Iridochorioiditis . b) der Trig : 2 4 6 1 2 6. Krankheiten der Retina: Retinitis idiopathica » apoplectica = pt pA CO De m > for) = bb — 169 — » pigmentosa M. W. vetinitis) specilicay yok ee alt fee Amotio retinae 2 4 7. Krankheiten des Sehnerven: NGOS (75 (5) 2.00.00 AN eee ay MNeurorelinitise . 2... Pues Excavatio glaucomat. . . . . .. 10 4 Mecoloration: 2... A. 13 trophian fs oc ae SEHE. ZEN 8. Krankheiten der Linse: Luxatio 2) EINER, In 1 Cataracta ineipiens; ny.) A es) OO iB mat. dur. ed nondum mat.. 13 10 5 mollis . AS anne BANDES 5 perinuclearis eo = secundaria I 4 5 = cum complication.. . . . 14 6 9. Krankheiten des Glaskörpers: Opacitatesı ih me. 20.2. ma old 10. Krankheiten des Gesammtbulbus: Anophthalmusı we... is a at ik Buphthalmus 2 u... N ew Panophthalmitis aa... 2 0.2000 Sl. Ehthisist 12H E00 EA IB ER OSs LONENS 11. Störungen des lichtempfindenden Apparates: Amblyopia LADE Lu ARE a potatorum, © 2 00. enorm Hemeralopia . LERNT — 110 — 12. Refractionsfehler: Myopia u u ee RE SAN Asthenopia ex hypermetropia . . . 7 19 Presbyopla . . 0. m 2... NEUERE 13. Motilitaetsstörungen: Strabismus convergens ..... 6 18 N divergens .) >... .unoeaaune Paralysis n. oculomotor . . . . . — 1 5. m. trochlearis 00...) ., ileal Paresis) n. abducent. . . .». . 2 . woran » accommodations . ....— 2 Baralysis m. facalıs! 7%!) ee 5 plur. musc. oculi Lasst 14. Krankheiten der Thränenorgane: Blennorrhoea sacc. larym. . . .. 6 10 15, Verletzungen: Trauma... 0... ORNs). on Causoma . 6 16. Neuralgien; Nenralgia frontalis ........... 2.000 it CHARIS!) nun ma ALLEN DEE at Morbus Basedowi . . . . .. An den 219 auf der Klinik behandelten Kranken wur- den folgende Krankheitsformen beobachtet: . W. 1. Krankheiten der Lider: Neoplasma Dr vulnus scissum 1 — Chalazion . 1 — Trichiasis . | ike iMmotionretinae. 2 ee ne M. W. 2. Krankheiten der Conjunctiva: Conjunctivitis catarrhalis. . . . . 3 3 i pustulosa BH 5 traumatican u 0. SlnlBieE 5 granulosa 3 — 3. Krankheiten der Sclera: Seleritis Weise kon 19 WAGED 2110 MICE LO rn 4. Krankheiten der Cornea: Keratitis 4 12.703 5 traumatica — 1 a punctata . 1.098 Fs ulcerosa MU a a phlyctenulosa | Phthisis corneae ey Maculae et cicatrices 13 083 Staphyloma tot. corn. . 20,02 Neoplasma — dl 5. Krankheiten der Iris: Iritis . 5. ama Ne IN 5 a) Krankheiten det Cornea und Iris: Keeratoraritis a, 0. 0. un ana. OR 6. Krankheiten der Chorioidea: Chorioiditis exsudativa ..... 6 5 a traumatiea, 2.0 mal. a Tridochoriciditis: + 54 DRM an. SHE SEND Ex sudatum in mac, lutea . . . . — 1 7. Krankheiten der Retina. Retinitis) idiopathica, 2... 120202. 272100 „2. SPECIE Cae. A a >» apoplectica 1 Bl M. W. 8. Krankheiten des Sehnerven: Neuritis Se — 1 Excavatio glaucomatosa By Decoloratio — 1 9. Krankheiten der Linse: Luxatio lentis SOHN N Ta yo 221 Cataracta dura matura et nondum matura 12 13 N mollis . Zu i perinuclearis on & secundaria DUO 2 cum complicatione . | 10. Krankheiten des Gesammtkulbus: Banophthalmitis‘. nn u can te re | Phthisis bulba oe Aa. 0.0 ce lo 11. Motilitaetsstörungen: Strabismus convergens ..... 12 Giversens ie 2. 002.220 00 Paralysis n. oculomotor. . . . ..— 1 =) plurs muse. ocuı u... ut 12. Verletzungen: Qausoma ir Ki Er Ba Bonn era A pe 13. Krankheiten der Thränenorgane: Blenorrh. sace. lacrymalis . ...- 2 14. Neuralgien: Neuralgialın. frontalis u. nd Morb. Basedowi . . 2.0.00 naa ee — 173 — Operations - Ausweis. Staaroperationen: Extractionen mit peripherem Linearschnitt (Gräfe) 28 5 » Lappenschnitt nach oben und Iridectomie 11 > 5 5 » unten u. c 6 Excochleation 5 2 : 5 ß \ : 1 Discissionen . 5 5 : : ; 6 j 2 48 Andere Operationen am bulbus: Iridectomien : : . . : : | 81 Iridencleisis 5 : : N : ; : 1 Synechien Lösungen . N : ; : 10 Enucleatinen . 5 . . 7 Sabtylora Operationen Hash. Critchett 5 ; oe 3 Entfernung eines melanoma corneae . . . 1 103 Operationen an den Lidern und Muskeln: Trichiasis Operationen nach Flarer 2 - “5 „ Gräfe 5 if Ptosis Operation : 5 h . é ; 1 Chalazion Exstirpationen 3 Plastik des unteren Lides nach Arlt (modif. 1 Myotomien . 9 5 : ö : 34 Vornähungen der innern 1 Augeniniiskein 9 5 2 Gräfe’sche Fadenoperation . } : ; : 1 45 Summa aller Operationen . . : 196 Dr. B. Fizia, Assistent an der k. k. Augenklinik. Personalstand des Vereines am Ende des Jahres 1870. Vereinsleitung: Vorstand: Herr Dr. Camil Heller. Vorstand-Stellvertreter: Herr Dr. Carl Heine. Kassier: Herr Dr. Carl Dantscher. Schriftführer: Herr Dr. Bernhard Fizia. Mitglieder: Herr Ausserer Anton, Gymnasialprofessor in Feldkirch. „ Barth Franz, Ritter v., k. k. Statthaltereirath in Inns- bruck. „ Barth Ludwig, Ritter v., Dr. phil., k. k. Univ.-Prof. in Innsbruck. „ Baumgarten Anton, Dr. phil., k. k. Univ. - Prof. in Innsbruck. „ Belrupt Karl Graf v., in Innsbruck. „ Bentzel-Sternau Albert Graf v., k. k. Rittmeister in Innsbruck. „ Berreitter Georg, Dr. med., prakt. Arzt und Sanitäts- rath in Innsbruck. „ Buckeisen Friedrich, Dr. phil., k. k. Oberrealschul- Prof. in Innsbruck. „ Bundsmann Anton, Dr. med., k. k. Oberarzt in Inns- bruck. „ Campostrini Josef, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in bruck. — 15 — Herr Daimer Josef, Dr. med., Assistent bei der Lehrkanzel der pathol. Anatomie in Innsbruck. Dantscher Karl, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Ebner Johann Ritter v., k. k. Hofrath in Innsbruck. Ebner Viktor Ritter v., Dr. med., Docent an der Uni- versität in Innsbruck. Elsler Franz, Mag. Chir., Gemeindearzt in Silz. Enzenberg Hugo Graf v., in Innsbruck. Fizia Bernhard, Dr. med., Assistend bei der Augen- klinik in Innsbruck. Gasser Vincenz, Dr. med., Assistent bei der geburts- hilflichen Klinik in Innsbruck. Gassner Theodor, k. k. Gymnasialdirektor in Inns- bruck. Glatz Josef, Dr. med., Armen- und Polizeiarzt in Inns- bruck. Gillhuber Josef, Dr. med., prakt. Arzt und Sanitäts- rath in Innsbruck. Hausmann Rudolf, Dr. med., prakt. Arzt in Meran. Heine Karl, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Innsbruck. Heinisch Anton, Dr. med., k. k. Bezirksarzt in Bozen. Heller Camil, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Hinterwaldner Johann, k. k. Prof. an der Lehrerbil- dungs-Anstalt in Innsbruck. Hofmann Eduard, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. und Sa- nitätsrath in Innsbruck. Kerner Anton, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Kiechl Franz, Assistent bei der Lehrkanzel der a in Innsbruck. Krischek Eduard, Dr. phil.,- k. k. Landesschulinspektor in Innsbruck. Lang Eduard, Dr. med., Assistent bei der chirurg. Klinik in Innsbruck. SI REN Herr Lantschner Ludwig, Dr. med., prakt. Arzt in Inns- bruck. Lechleitner Christian, Dr. phil., k. k. Gymn.-Prof. in Innsbruck. Leithe Friedrich, Dr. phil., k. k. Univ.-Bibliothekar in Innsbruck. Malfertheiner Anton, Dr. med., prakt. Arzt in Inns- bruck. Maly Richard, Dr. med., k. k. Univ. - Prof. in Inns- bruck. Maresch Josef, k. k. Oberrealschul-Prof. in Innsbruck. Mauthner Ludwig, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Mayerhofen Virgil Ritter v., Dr. med., k. k. Univ.- Prof. und Sanitätsrath in Innsbruck. Melzer Karl, Dr. med., k. k. Marinearzt in Triest. Messmer Alois, k. k. Oberrralschul- Prof. in Inns- bruck. Mörz Isidor, Dr. med., prakt. Arzt und Sanitätsrath in Innsbruck. Oellacher Josef, Chemiker und Hausbesitzer in Inns- bruck. Oellacher Josef, Dr. med., Docent an der Universität in Innsbruck. Paulweber Michael, k. k. Gymn.-Prof. in Innsbruck. Peche Ferdinand, Dr. phil,, k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Pfaundler Leopold, Dr. phil., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Pichler Adolf, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Plaseller Josef, Dr. med., k. k. Kreisarzt und Sani- tätsrath in Innsbruck. Platter Hugo, Dr. phil., Prof. an der Bürgerschule in Innsbruck. Pleplar Ludwig, Dr. med.,k.k. Regimentsarzt in Innsbruck. — 1 — Herr Pusch Karl, Dr. med., prakt. Arzt in Innsbruck. N ” Putz Gottlieb, Dr. med., Bürgermeister in Meran. Rembold Otto, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Rhomberg Rudolf, Fabriksdirektor in Innsbruck. Schlemmer Josef, Dr. med., klinischer Assistent in Innsbruck. Schmidt Josef v. Wellenburg, Dr., k. k. Rechnungs- rath in Innsbruck. Schönach Anton, Dr. med., prakt. Arzt in Innsbruck. Schott Ferdinand, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. Schumacher Anton, Chef der Wagner’schen Univ.-Buch- handlung in Innsbruck. Seeger Rudolf, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in Inns- bruck. Senhofer Karl, Dr. pharm., Assistent der Chemie an der Universität in Innsbruck. Setari Franz, Dr. med., prakt. Arzt in Meran. Stolz Josef, Dr. med., Direktor der Landesirrenanstalt in Hall und Sanitätsrath. Strasser Josef, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in Inns= bruck. Strasnitzky Johann, Dr. med., k. k. Stabsarzt in Inns- bruck. Stumreich Josef, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in Innsbruck. Teffer Wenzel, Dr. med., k. k. Oberstabsarzt in Olmiitz. Thun-Hohenstein Franz Graf v., k. k. Generalmajor in Innsbruck. Toggenburg Georg Ritter v., k. k. geheimer Rath in Bozen. Trentinaglia Josef v., k. k. Gerichtsadjunkt in Inns- bruck. Tschurtschenthaler Anton, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. und Sanitätsrath in Innsbruck. qo WS) — Herr Vintschgau Maximilian Ritter v., Dr. med., k. k. Univ.- Prof. in Innsbruck. » Wawra Johann, k. k. Oberbaurath in Innsbruck. „ Weiler Josef, k. k. Oberrealschul-Prof. in Innsbruck. , Wildner Franz, Dr. med., k. k. Univ.-Prof. in Inns- bruck. » Winter Josef, Dr. med., k. k. Kreisarzt in Brixen. » Wocher Franz v., Dr. med., Stadtphysikus in Inns- bruck, Druckfehler-Verzeichniss. Seite 98 Zeile 7 von unten statt anfrechter lies aufrechter » > Bs ge a » Alleuritia ,, Aleuritia » 100 is 7 ,, oben statt Vereinigung lies Verengerung » in » 11 ,, unten nach Ex affinibus : 102 Ms 9 ,, oben statt 3—9mm. breit lies 3mm. lang, 0.9mm. breit. 15102 a 1 „ unten statt Centim. liesmm. ml ey © Inhalt des I. Jahrganges. 1. Heft. Sats Sitzungsberichte 5 o N I-XIH Comitebericht über die Gloakentrace in Temeunnck naspantheitet von Prof. Dr. Eduard Hofmann. i : 1 Analyse der Asche von Dorycnium suffruticosum von R. K ölle 38 Analyse der Asche von Taxus baccata von R. Kölle. 39 Vorläufige Notiz über eine Modification der Dawmpfliehtebe un mung von Prof. Dr. L. Pfaundler : F 40 Tabellen zur Berechnung der Dissociation nebst Teichtfarelchen An- leitung zum practischen Gebrauch derselben von Prof. Dr. L. Pfaundler . 43 2. Heft. Sutzungisblerichte Same aie foun 200000 ee og) 5 MOND O;O07 Beitrag zur Casuistik der subcutanen Injectionen von Dr. R. Haus- mannin Meran ani ARE Aa 4 61 Untersuchungen iiber die Crustaceen Tirols von C. Heller (hiezu die Tafel) BR EN REG oN VA a Mae 67 Novae plantarum species in Himalajae montibus a cl. ge eis col- lectae. Auctore A. Kerner . Bu : Ä 97 Mittheilungen aus den Kliniken a in cee der Universitat zu Innsbruck: Statistische Notizen und Mittheilungen aus der a Klinik in Innsbruck von Prof. Dr. Heine 122 Bericht über die k. k. Augenklinik für das Jahr 1870 von Prof. Mauthner. : 5 163 Personalstand des Vereines am Ende des a 1870 174 BERICHTE des | naturwissenschaftlich-medizinischen EREINES INNSBRUCK. > I. Jahrgang. I „ - as Den EZ HR IR OT 1. Heft. N Auußikir INSF: ~ a ie ®) a an Pa St Be ~ - 5 5 N De an Pan 17 hc + Dre OT attire oe INNSBRUCK. Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. Leet BERICHTE naturwissenschaftlich- medizinischen VEREINES INNSBRUCK. II. Jahrsane. l. Heft. INNSBRUCK, Druck und Verlag der Wagner’ schen Universitäts-Buchhandlung. bey alle Sitzungsberichte des‘ naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines. I. Sitzung, den 11. Jänner 1871. Der in der letzten Sitzung zum Beitritte angemeldete Herr Graf Franz Thun-Hohenstein wurde mit Stimmen- einhelligkeit als Mitglied gewählt; ferner wurden zur Aufnahme vorgeschlagen die Herren Dr. Franz Settari, Dr. E. Lang und Dr. J. Schlemmer. Herr Dr. v. Ebner hält hierauf einen Vortrag über Drüsenstruktur und Sekretion. In einer längern Einleitung bespricht derselbe, wie man zu den bisher giltigen Vorstellungen über die Struktur der Drüsen und die Beziehungen derselben zur Sekretion gekom- men ist. Die neuern Untersuchungen der sog. acinösen Drüsen, die vorzüglich durch die Entdeckungen ©. Ludwigs über die Beziehungen der Nerven zur Sekretion der Speicheldrüsen angeregt wurden, hätten gezeigt, dass das Schema, welches man sich bisher vom Baue der Drüsen gemacht hat, viel zu einfach ist, doch sei noch nicht ausgemacht, wie man die alten nicht mehr ausreichenden Vorstellungen umzuändern habe. Einer eingehendern Besprechung unterzieht Vortragender die Wege, auf welchen das Sekret fortgeschafft wird. Durch neuere Untersuchungen habe sich zunächst für die Bauch- speicheldrüse des Kaninchens und des Hundes herausgestellt, dass von dem centralen Hohlraume der Alveolen feine Ka- nälchen abgehen, welche ein zierliches, mit seinen Maschen die einzelnen Drüsenzellen umfassendes Netz bilden, das zum Naturw.-med. Verein. 1871. I. Hft. 1 II Theile zwischen tunica propria und den Drüsenzellen liegt. Vortragender hat im physiologischen Institute zu Graz eben- falls Untersuchungen über dieses fragliche Strukturverhältniss angestellt und es ist ihm gelungen, am Pankreas des Ka- ninchens dieselben Netze zu injiziren, wie sie von Saviotti beschrieben und abgebildet wurden. Er spricht die Ueberzeugung aus, dass es sich an dem genannten Objekte nicht um Kunstprodukte handle, sondern dass die injizirten Netze wirklich die Anfänge der Aus- führungsgänge, wahre „Speichelcapillaren* darstellen, Viel schwieriger sei die Injektion der Mundspeicheldrüsen, von denen der Vortragende vorzüglich die Unterkieferdrüse des Hundes und des Kaninchens untersuchte. Die Injektion regel- mässiger Netze sei ihm niemals gelungen, doch habe er häufig Theile eines Speichelalveolus gefunden, an welchen die Zellen von äusserst feinen Kanälchen umsponnen waren, die nicht selten unter der tunica propria, entsprechend den Kernen der von Boll beschriebenen Zellen des sog. Drüsen- korbes, Anschwellungen zeigten. Wahrscheinlich sei das von Boll beschriebene intraalveolare Bindegewebsgerüste nichts Anderes, als das Speichelcapillarnetz; doch müsse zugegeben werden, dass die Injektionsresultate noch eine andere Deutung zulassen. Möglicherweise hat sich das als Injektionsmasse benützte lösliche Berlinerblau auf der Oberfläche der von Boll angenommenen Fächerchen verbreitet und niedergeschla- gen. Bei der Feinheit der hier in Frage stehenden Gebilde sei es schwer zu sagen, ob die Masse im Innern oder nur auf der Oberfläche sich befinde, doch spreche die scharfe Begränzung der blauen Bälkchen für das erstere. Als einer besonderen Merkwürdigkeit wird des Um- standes gedacht, dass an allen injizirten Unterkieferdrüsen des Hundes, bei welchen die Masse überhaupt in die Alveolen eindrang, zahlreiche Speichelzellen injizirt waren. Man könne sich überzeugen, dass die stark blau gefärbten und ganz scharf abgegränzten Zellen in ihrem Innern Berlinerblau ent- halten. Die Frage, ob die Injektionsmasse durch eine natür- Ill liche Oeffnung oder durch einen Riss eindrang, bleibt offen, doch wird bezüglich der Möglichkeit der ersteren Annahme an das Vorkommen einzelliger Drüsen erinnert. Schluss der Sitzung 8, Uhr. II. Sitzung, den 25. Jänner 1871. Die in der letzten Sitzung zur Aufnahme vorgeschla- genen Herren Dr. Franz Settari, Dr. Ed. Lang und Dr. J. Schlemmer wurden einstimmig als Mitglieder gewählt und weiters Herr Fabriksdirektor R. Rhomberg zur Auf- nahme vorgeschlagen. Hierauf hielt Herr Prof. Wildner einen Vortrag über die Hundswuth. Schluss der Sitzung 8 Uhr. III. Sitzung, den 8. Februar 1871. Herr Fabriksdirektor R. Rhomberg wurde mit Stim- meneinhelligkeit zum Mitgliede gewählt. Von Druckschriften wurden vorgelegt mit der Einladung zum Schriftentausch : 1) die Zeitschrift des Ferdinandeums. Jahrgang 1870, 2) die medizinisch - chirurgische Rundschau. Jahrgang 1871. 1. Heft Herr Prof. Heine besprach hierauf einige operative Fälle und Herr Dr. E. Läng hielt einen Vortrag über die sogenannten Dermoidcysten im Allgemeinen und einen von ihm beobachteten Fall insbesondere. Der Vortragende macht aufmerksam, dass man durch Heschl (Prag. Vjschft. 1860) und Virchow (Arch. 1866) nur über die Genese der Dermoideysten des Kopfes, Halses und der Extremitäten belehrt wurde. Ueber die Entstehungs- ursache von Dermoiden im Genitalapparate bestehen nur Vermuthungen; so Pelikan (Schmidt’s Jahrb. 1862) und 1* IV Axel Key (ebendas. 1865). Waldeyer (Arch. f. Gynaekol. 1870) will die Dermoideysten der Ovarien auch nur ver- muthungsweise auf eine parthenogetische Entwicke- Jungsfähigkeit einer zur Eizelle gewordenen Epithelzelle des Ovariums zurückführen, eine Ansicht, die durch neuere Beobachtungen einige Berechtigung hat. Für die Erklärung des Vorkommens von Dermoiden im Hoden gibt Waldeyer’s Werk „Eierstock und Ei“ durch den Nachweis des Hermaphroditismus oder wenigstens der her- maphroditischen Anlage in der ganzen Thierreihe nicht zu übersehende Anhaltspunkte. Bei alledem ist es aber immer höchst sonderbar, dass bis jetzt in den in Rede stehenden Tumoren das Darmdrüsenblatt durch kein Organ vertreten gefunden wurde. Der Vortragende geht nun auf seine Beobachtung über. Durch die Güte des Herrn Prof. Heine wurde er in die Lage versetzt, ein hühnereigrosses Teratom vom Hoden eines 1 /, jährigen Kindes — Privatpatienten Prof. Heine’s — nach allen Richtungen hin genau zu durchforschen. Die Geschwulst ergab sich als Cystoid mit eingesprengten Knochen- und Knorpelstückchen. Die Auskleidung der Cysten wurde von verschiedenen Arten Epithelien gebildet. Manche Cysten trugen vollkommen ausgebildete Cutisinseln mit Haaren, Talg- und Schweissdrüsen; viele aber waren mit einer Schleimhaut und den normalen in Nichts nachstehenden Schleimdrüsen versehen. Ausserdem fand er auch in einem Theile der Geschwulst Nervenzellen und Nervenfasern in ganz dichten Gruppen. Weiters erwähnt er an der Geschwulst einer kleinen Erhabenheit, die sich als Hodenparenchym herausstellte. Aus dem Bestehen von normalem Hodenpa- renchym neben Dermoidcystenentartung; aus dem Mangel eines jeden Nachweises, dass das Hoden- gewebe sich am Aufbau des Gewächses betheiligt hätte; aus dem sichern Nachweis von vollkommen entwickelten Schleimdrüsen glaubt der Vortragende die Annahme nahegelegt, dass der Eierstocktheil des Hodens Vv es war, der zum Teratom geworden, und den parthenogene- tischen Ursprung der Geschwulst, wenn auch nicht bewiesen, so doch in hohem Masse gestiitzt. Schluss der Sitzung 8, Uhr. IV. Sitzung, den 1. Marz 1871. (Jahresversammlung. ) Der Vorsitzende bringt eine Zuschrift des ärztlichen Vereins in Salzburg zur Kenntniss, in welcher derselbe mit- theilt, dass er wegen unbilligem Vorgange des Ministeriums bei der Gehaltsregulirung der älteren Bezirksärzte eine Petition an den Reichsrath gerichtet habe und in welcher er zu einem gleichen Vorgange einladet. Die Zuschrift wird dem Sanitätsrath Herrn Dr. Gill- — huber übergeben, damit er nach Besprechung mit seinen ärztlichen Collegen in einer der nächsten Sitzungen einen Antrag stelle. Herr Dr. Ferdinand Ritter v. Reinisch, k.k. Adjunkt, wird zum Beitritte als Mitglied angemeldet. Die Gesellschaft für Natur und Heilkunde in Dresden sendet ein Heft ihrer Sitzungsberichte ein. Der Schriftführer erstattet hierauf nachfolgenden Bericht über die Thätigkeit des Vereins im abgelaufenen Jahre. Bericht über die Thätigkeit des naturwissenschaftlich - medizinischen Vereins in Innsbruck während des Jahres 1870. Der Verein hat sich bei seiner Constituirung die Auf- gabe gestellt, wissenschaftliche Forschung auf dem Gesammt- gebiete der Naturwissenschaften und Medizin anzuregen und zu fördern und deren Resultate zu verbreiten. Zur Erreichung dieses Zweckes sollten regelmässige Sitzungen dienen, in welchen Vorträge der Mitglieder über eigene Untersuchungen und Beobachtungen aus den verschiedensten Zweigen der genannten Wissenschaften gehalten, Mittheilungen über neue VI fremde Beobachtungen gemacht, sowie interessante wissen- schaftliche Objecte demonstrirt werden. Auch wurde die Herausgabe einer Zeitschrift beschlossen, in welcher die Ver- handlungen des Vereins veröffentlicht werden. Es kann heute am Schlusse des ersten Vereinsjahres mit Befriedigung hervorgehoben werden, dass der Verein seinem vorgesteckten Ziele mit grösstem Eifer und bestem Erfolge nachgekommen ist. Die Vereinssitzungen wurden regelmässig alle 14 Tage (mit Ausnahme der Universitäts- ferien) des Mittwochs, im Winter um 7 Uhr, im Sommer um 7%, Uhr Abends in einem Hörsaale der k. k. Universität abgehalten und von den Mitgliedern auch meist fleissig besucht. Durch zahlreiche wissenschaftliche Vorträge, durch Mit- theilung neuer Entdeckungen auf den verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaft und Medizin, durch Ausführung in- structiver Experimente, durch Vorzeigung und Erklärung neuer oder seltener naturhistorischer Objecte, durch Vor- führung wichtiger Krankheitsfälle wurde das Interesse der Mitglieder stets rege erhalten. Jedoch beschränkte sich der Verein nicht bloss auf das rein wissenschaftliche Gebiet, sondern wendete sich auch practischen Fragen zu. So wurde schon in der zweiten Sitzung die Regelung der Kloakenfrage der Stadt Innsbruck in An- regung gebracht und ein Comite eingesetzt, welches sich mit dieser Angelegenheit auf das eifrigste beschäftigte und einen ausführlichen Bericht in der 8. Sitzung vorlegte, auf Grund dessen die Versammlung sich über bestimmte Vorschläge einigte und den Beschluss fasste, dieselben der hiesigen Stadt- vertretung vorzulegen. Letztere ist auch bereits mit der Einleitung der nöthigen Vorarbeiten beschäftigt, um auf Grund der gemachten Vorschläge die Angelegenheit einer entspre- chenden Lösung zuzuführen. Von der Vereinszeitschrift ist bisher das 1. Heft erschie- nen, ein zweites befindet sich unter der Presse. Jenes enthält die Sitzungsberichte vom März bis Juli, den Comitebericht über die Regelung der Kloakenfrage in Innsbruck von Prof. eo sti es nl Au VI Hofmann, sowie einige physikalische Abhandlungen von Prof. Pfaundler, das letztere wird die Sitzungsberichte des zweiten Halbjahres, sowie naturwissenschaftliche Abhand- lungen von den Professoren Kerner, Heller und Dr. Oellacher, ferner klinische Berichte von den Professoren Heine und Mauthner enthalten. Die Zahl der Mitglieder, welche bei der ersten Consti- tuirung des Vereins bloss 56 betrug, hat sich im Laufe des Jahres auf 78 gesteigert. Es gehören ihm an die medizi- nischen und naturwissenschaftlichen Professoren der Univer- sität, die Professoren der naturwissenschaftlichen Fächer an den beiden Mittelschulen, die meisten praktischen Aerzte des Militär- und Civilstandes, sowie viele Freunde der Natur- forschung hiesiger Stadt, dessgleichen einige auswärtige Mit- glieder. Als Vorsteher des Vereins fungirten die Professoren Heller und Heine, als Kassier Prof. Dantscher, als Schriftführer Assistent Dr. Fizia. — Der Vereinskassier legt die Rechnung über die Ein- nahmen und Ausgaben des Vereins vor und wird dieselbe dem Herrn Statthaltereirath Ritter v. Barth und Herrn Rechnungsrath v. Schmidt zur Prüfung übergeben. Die Einnahmen des Vereines beliefen sich demnach im Verwal- tungsjahre 1870 auf 417 fl., die Auslagen auf 212 fl. 22 kr., es verblieb somit ein Kassarest von 205 fl. 73 kr. — Bei der hierauf vorgenommenen Neuwahl der Vereins- leitung wurden 32 Stimmzettel abgegeben. Beim Scrutinium erschienen mit absoluter Majorität gewählt: Herr Prof. Ritter v. Vintschgau als Vorstand mit 28 Stimmen » » » Vv. Barth als Stellvertreter mit 20 , oe Cs Dantscher als Kassier mit ı 28 = Dr. Oellacher als Schriftführer mit . 26 , Am Schlusse hielt Herr Prof. Pfaundler noch einen Vortrag über Leuchtsteine und zeigte einige Experimente mit solchen, die er mit elektrischem Lichte beleuchtete; ferner by) VII macht derselbe Experimente mit dem Phosphoroscope von Becquerel und mit dem Elektromotor von Kravogel, dessen Construction er durch Vorführung älterer Motoren erläuterte. Schluss der Sitzung 8%, Uhr. V. Sitzung, den 15. März 1871. 1) Herr Prof. Ritter v. Vintschgau dankt in einer Ansprache den Mitgliedern für die anihn ergangene Wahl zum Vereinsvorstand und gibt im Namen der neuen Vereins- leitung die Versicherung, dass dieselbe fortwährend bemüht sein wird, dahin zu trachten, dass der Verein, der schon im ersten Jahre seines Besteheus eine nicht geahnte Ent- wicklung erreichte, sich nicht bloss in dem gegenwärtigen blühenden Zustande erhalte, sondern auch noch tiefere Wurzeln fasse. Er fordert auf, durch zahlreiche Betheiligung an den Vorträgen und den daran sich knüpfenden Discussionen das Interesse für den Verein zu kräftigen und wo möglich zu steigern. N Ferner bezeichnet er in allgemeinen Zügen den Stand- punkt, von welchem aus allein eine erspriessliche Erforschung der Naturerscheinungen möglich sei. Zum Schlusse spricht er der abgetretenen Vereinsleitung des vorigen Jahres im Namen aller Mitglieder den Dank für die umsichtige und unermüdliche Thätigkeit aus, worauf sämmtliche Mitglieder ihre Zustimmung durch Erheben von den Sitzen ausdrücken. 2) Herr Dr. Fd. v. Reinisch wird hierauf einstimmig als Mitglied aufgenommen. 3) Herr Dr. Loebisch, Assistent an der Lehrkanzel der physiologischen Chemie hier meldet seinen Beitritt an. Die Abstimmung erfolgt in der nächsten Sitzung. 4) Herr Statthaltereirath v. Barth und Herr Rech- nungsrath v. Schmidt legen die revidirte Vereinsrechnung des IX vergangenen Jahres vor und erklären dieselbe für richtig. Da Niemand dagegen einen Einwand erhebt, so wird dieselbe der Vereinsleitung übergeben. 5) Herr Prof. Dr. Maly macht eine Mittheilung über das von A. Gfall in Innsbruck erzeugte Malzextrakt. Das- selbe enthält nach Maly’s Analyse 36.6%, Malzzucker, 27.9%, Dextrin, 1.6% Asche, 3.2%, Eiweiss und das Uebrige Wasser und Extractivstoffe. Ferner wurde die sinnreiche Abdampfmethode erwähnt, welche bei niedriger Temperatur durch Tropfenvertheilung stattfindet, und einer möglichen Veränderung der organischen Malzsubstanzen vorbeugt. 6) Herr Dr. J. Oellacher trägt vor über das Ver- schwinden des Keimbläschen aus dem Eie. Der Vortragende hat diesen Vorgang zunächst am Forellenei genau verfolgt. Durch eingehende Studien, welche derselbe an den Eiern einer Forelle, die am 10. November besaamt worden waren, vom ersten Momente der Besaamung an anstellte, wurde derselbe zunächst auf ein kleines rundes, schleierartiges Ge- bilde auf manchen Keimen aufmerksam, welches sich an Durchschnitten als ein dem Keime aufgelagerter, wie von Porenkanälen durchzogener Saum ausnahm. In Verfolgung dieses merkwürdigen Gebildes kam der Vortragende auf ver- schiedene Stadien der Entwickelung desselben, theils an Eiern, welche kurz nach der Besaamung, theils vor derselben er- härtet worden waren. Ein Ei zeigte auf der Oberfläche ein winziges Loch, das von einem Saume umgeben war. Auf einem Durchschnitte zeigte es sich, dass dasselbe der enge Eingang zu einer kleinen Höhle war, die von einer porösen Membran ausgekleidet erschien. Diese letztere nahm sich aus wie ein wenig geöffneter Zugbeutel, dessen Saum auf die Keimoberfläche ausgeschlagen ist; in demselben befand sich ein kugeliger Körper mit faltiger Oberfläche, der den Beutel jedoch nicht ganz erfüllte Ein zweites Ei zeigte einen in einen Hügel erhobenen Keim; auf der Spitze jenes Hügels mündete eine kleine Höhle, in der man deutlich einen kugeligen Inhaltskörper erkennen konnte. Ein Durchschnitt x bot ein ähnliches Bild wie das vorige, nur dass der Beutel, der die poröse Membran bildete, weiter aufgezogen erschien und den Inhaltskörper weniger innig umschloss. Ein drittes Ei zeigte eine seichte Höhle mit weitem Eingang, in der man jedoch deutlich zwei kleinere kugelige Inhaltskörper erblickte. Im Durchschnitt erschien die von einer porösen Membran ausgekleidete Höhle wie eine in den Keim eingesenkte Schaale, in der auf zwei Durchschnitten je ein kleiner kugeliger Körper lag. Ein viertes Ei trug an der Oberfläche eine noch seich- tere Schaale, wieder von jener porösen Membran ausgeklei- det; der einfache kugelige Inhaltskörper ragte über den Rand der Schaale heraus. Es ist kein Zweifel, dass die geschil- derten Bilder beweisen dass im Forelleneie zu einer gewissen Zeit an der Oberfläche des Keimes eine beutelförmige Membran mündet, welche sich mehr und mehr öffnet, und deren Höhle sich somit nach und nach ausgleicht. Dadurch wird der einfache oder doppelte Inhaltskörper derselben mehr und mehr aus ihr und mithin auch aus dem Keime herausgeho- ben, endlich wird die Membran bis zu einem gewissen Grade sogar umgestülpt und auf der nun durchaus convexen Ober- fläche des Keimes ausgebreitet, der Inhalt derselben aber aus dem Keime eliminirt. Dass dieser Vorgang auf Con- tractionen des Keimes beruhe, ist selbstredend. Ein Vergleich dieser der Reife nahen Eier mit Eier- stockeiern ergab, dass jener kugelige, von einer porösen Membran umschlossene Körper das Keimbläschen ist, indem auch in den kleinen Eiern des Eierstocks, wie sie sich nach dem Laichen noch im Mutterthiere finden, das Keimbläschen ein runder, von einer dicken und ebenfalls porösen Membran umschlossener Körper ist und ebenfalls an der Oberfläche des Keimes liegt. Das Keimbläschen des Forelleneies öffnet sich somit an der Oberfläche des Keimes, und der letztere treibt den Inhalt desselben aus. Der Vortragende vergleicht diese Beobachtung am Forellenei zunächst mit einer ähnlichen v. Baer’s am Ba- trachiereie, welche bisher von allen Forschern auffallender XI Weise vollkommen ignorirt wurde. v. Baer beschrieb und bildete ab, wie am Batrachiereie das Keimbläschen das von ihm so genannte stratum nigrum durchbohre und so zwischen Inhalt und Membran des Eies gelange, also auch aus der Proto- plasmamasse des letzteren eliminirt werde. Ferner vergleicht der Vortragende diesen Vorgang mit der von Purkinjeund v. Baer am Hühnereie beschriebenen Elimination des Keimbläschens aus dem Keime. Dieselbe vollzieht sich nach den eigenen Be- obachtungen des Vortragenden in der Weise, dass das Keim- bläschen ringsum von den Seiten und von unten her einge- drückt und an die Dotterhaut angepresst werde, wobei es vorläufig im Durchschnitte eine trapezförmige Figur annimmt, endlich aber durch fortgesetzten Druck abgeplattet wird und vollkommen der Dotterhaut anliegt. Gleichzeitig wird es fast homogen. Aehnliches behauptete v. Baer auch vom Keimblaeschen des Reptilieneies. Was das Säugethierei an- langt, erinnert der Vortragende an den einfachen oder dop- pelten kleinen Körper, der nach den Beobachtungen Bischofts, Coste’s und E. van Beneden’s aus dem Eie kurz vor der Be- fruchtung ausgepresst wird. Er vergleicht diesen Körper ebenfalls mit dem aus dem Forellenkeime austretenden, der ja auch einmal doppelt — i. e. getheilt in der Schaale der Keimbläschen-Membran ge- getroffen wurde. Ausserdem erinnert der Vortragende, dass ja auch im Säugethiereie das Keimbläschen unter die Oberfläche wandere, wo es von den Forschern immer gesehen und als solches erkannt worden sei. Demnach hält es der Vortragende für sicher, dass das Keimbläschen in den Eiern aller Wirbel- thiere durch Contractionen des Keimes ausgestossen werde und der Ausdruck: „das Keimbläschen verschwindet,“ in diesem Sinne volle Berechtigung habe. Van Beneden habe überdiess während das ausgestossene und getheilte Keimbläschen noch innerhalb der Zona sichtbar war, einen oder zwei neue Kerne im Eie gesehen, und hält der Vor- tragende daher die weitere Verwendung des Keimbläschens$ XI zur Bildung von Kernen der Furchungskugeln um so sicherer fiir nicht annehmbar. od Zum Schlusse macht der Vortragende auf die zahl- reichen Beobachtungen von v. Baer, Pouchet, P. v. Beneden, Frd. Müller, Loven und Köllicker an Molluskeneiern auf- merksam, welche gleichfalls das Austreten eines oder zweier Körperchen vor der Befruchtung darthun, und welche unter andern Deutungen, die sie erfuhren, — von Pouchet für Ab- kömmlinge des Keimbläschens gehalten wurden. Mindestens für alle jene Eier, auch der Wirbellosen, in denen eine Wanderung des Keimbläschens vom Centrum des Eies an die Peripherie beobachtet werden könne, hält der Vortragende trotz aller gegentheiligen Behauptungen vieler Forscher die Elimination des Keimbläschens vor der Befruchtung immer noch für das Wahrscheinlichste und schliesst ‘sich derselbe daher den Beobachtungen v. Baer’s (De ovi animalium et hominis genesi) vollkommen an. Schluss der Sitzung halb 9 Uhr. Vi. Sitzung, den 3. Mai 1871. 1) Herr Dr. W. Loebisch wurde als Mitglied auf- genommen. 2) Die Herren Graf Anton Arz, k. k. Statthalterei- rath; Dr. Ignaz Laschan, k. k. Statthaltereirath, Wil- helm Fedrigotti, k. k. Landesgerichtsrath, und Ernst Grabmeier, k. k. Landesgerichtsadjunkt in Innsbruck mel- den ihren Beitritt zum Vereine an. Abstimmung in der nächsten Sitzung. 3) Herr Prof. Dr. Heine stellte eine Kranke vor, welche ihm mit einem schlechtgeheilten Kniescheibenbruche überbracht worden war. Die Bruchstücke der Kniescheibe standen damals zwei Zoll von einander ab und konnte die Kranke kaum gehen. Es wurde an derselben desshalb eine von ihm zum erstenmale ausgeführte osteoplastische Operation XI vorgenommen, durch welche die Knochenfragmente bis auf 1'4,—2 Linien genähert wurden, und wodurch die Kranke nun wieder in den Stand gesetzt wurde, gut zu gehen. Im Anschlusse hieran stellte Herr Prof. Heine einen anderen Kranken vor mit dem Endresultate einer zweimaligen Resection im Handgelenke. Dasselbe schlottert weder noch ist es unbeweglich und ist die Hand somit wieder für leich- tere Arbeit brauchbar. 4) Hierauf hielt Prof. Dr. Mauthner einen Vortrag über das Leuchten der Augen; er spricht zunächst über den gebräuchlichen Ausdruck, dass das Auge im Affecte strahle und definirt dieses Leuchten und Strahlen als gesteigerten Glanz der Oberfläche des Auges. Davon zu unterscheiden ist das wirkliche Leuchten der unter gewöhnlichen Verhält- nissen schwarzen Pupille. Der Vortragende entwickelt die Ansichten, die über dieses Phaenomen zu verschiedenen Zeiten aufgestellt wurden, bespricht dann den wahren Grund des Augenleuchtens, welches auf Zurückstrahlung einfallenden Lichtes beruht und endiget mit der Beschreibung des Augen- spiegels, durch dessen Hilfe man den Grund eines jeden Auges leuchtend machen kann, welches durchsichtige Medien besitzt, so dass man alle Details des Augengrundes wahr- nehmen kann. Schluss der Sitzung 9 Uhr. VIE. Sitzung, den 17. Mai 1871. 1) Die Herren Graf Anton Arz, Dr. Ignaz Laschan, Graf Wilhelm Fedrigotti und Ernst Grabmeier werden als Mitglieder aufgenommen. 2) Herr Dr. Pircher meldet seinen Beitritt an. 3) Herr Prof. Dr. Maly besprach die Gesetze der Spectralerscheinungen in ihrer Anwendung auf die Astronomie. Er setzte den Unterschied der Spectra leuchtender fester und leuchtender gasförmiger Körper auseinander und stellte hierauf XIV die Theorie der Frauenhofer’schen Linien dar. Hieran reihte er die Aufzählung derjenigen Metalle, welche durch das Spectroscop sowohl in den Planeten, als auch in den Fix- sternen, besonders in der Sonne, und ferner in Cometen und Nebelflecken gefunden wurden Den Schluss des Vortrages bildete ein sehr sinnreiches Experiment, in welchem die Ver- dunkelung einer kleineren gelben Natronflamme durch eine zweite grössere Natronflamme hervorgebracht wurde, und womit der experimentelle Nachweis der Absorptionserscheinungen geliefert und der thatsächliche Beweis für die Richtigkeit der Theorie über die Frauenhofer’schen Linien gegeben war. Schluss der Sitzung 9 Uhr. VIII. Sitzung, den 7. Juni 1871. 1) Herr Dr. Pircher wird einstimmig als Mitglied aufgenommen. 2) Herr Prof. Hofmann hält einen Vortrag über „die gerichtsärztliche Untersuchung von Haaren.“ Nachdem der Vortragende die Wichtigkeit und Bedeu- tung solcher Untersuchungen auseinandergesetzt und durch einzelne praktische Fälle illustrirt, übergeht derselbe zunächst zu den Unterschieden zwischen Menschen- und Thierhaaren. Gegenüber den bekannten Eigenschaften des Menschenhaares zeigen die Thierhaare ein ganz anderes Verhalten, so dass sie in der Regel sogleich als solche zu erkennen sind. Schon die Cuticula präsentirt sich bei den meisten Thierhaaren in anderer Weise als beim Haare des Menschen. Die Zellen derselben sind im Allgemeinen grösser, bei einzelnen Thieren sogar ungewöhnlich gross (Schaf), und verleihen dem Haare, indem sie mit ihren feinen Spitzen vom Schafte abstehen, stark markirte zähnige und sägeförmige Conturen, die mit- unter, wie z. B. bei der Fledermaus, dem Haare ein so zu sagen gefiedertes Aussehen geben können. Vor allem aber unterscheiden sich die Thierhaare durch XV die auffallende Prävalenz der Marksubstanz und durch den ausgesprochen in der Regel schon ohne weitere Behandlung des Haares sichtbaren zelligen Bau der Letzteren. Der Vortragende beschreibt die verschiedenen Bilder, welche die Haare der einzelnen Thiere je nach der Grösse und Form der Markzellen geben, und demonstrirt eine Reihe solcher Haare unter dem Mikroscope. Fortsetzend bespricht der Vortragende die Unterschiede, welche die Menschenhaare je nach der Körperstelle, von welcher sie stammen, darbieten. Ausser den Differenzen in der Länge, Stärke und in den Wurzeln der einzelnen Haare werden vorzugsweise die Verschiedenheiten in der Form des Haarschaftes sowohl als besonders der freien Enden der Haare erörtert, wie sie theils durch kontinuirliche Bildung, theils durch Einwirkung des Schweisses, theils durch beide diese Momente in sekundärer Weise bewirkt werden. Abschleifung der Haarenden, Auf- lockerung der Zellen des Haarschaftes, Zerfaserung des letzte- ren und ganz besonders des freien Endes sind die wichtigsten diessbezüglichen Veränderungen, die je nach der Prävalenz des einen oder des anderen Insultes in verschiedener Weise hervortreten. Der Vortragende demonstrirt solche Haare und schliesst mit der Bemerkung, dass aus dem mikroskopischen Befunde allein wohl im Allgemeinen die Stelle bezeichnet werden kann, von welcher die betreffenden Haare herstammen, dass aber eine präzisirte Bestimmung derselben in so ferne Schwie- rigkeiten bietet, als das Verhalten der einzelnen Haare durch- aus nicht immer so konstant und charakteristisch ist, als diess z. B. Pfaff behauptet, sondern dass eine Menge Um- stände, namentlich individueller und lokaler Natur modifizi- rend einwirken. Schluss der Sitzung 8%, Uhr. XVI IX. Sitzung, den 14. Juni 1871. 1) Herr Prof. Dr. v. Vintschgau legt eine chemische Arbeit von Herrn Dietl vor, welche in den Schriften des Vereines gedruckt werden soll, und beantragt, dieselbe dem Herrn Prof. Dr. Maly zum Begutachten zu übergeben. Der Antrag wird angenommen. 2) Herr Prof. Dr. M. v. Vintschgau trägt vor über einige Methoden zur Zählung der Herzschläge bei Thieren, deren Pulsfrequenz so gross ist, dass sie ohne taugliche Apparate das Zählen höchst schwierig und unsicher macht. Der Inhalt des Vortrages wird im nächsten Hefte aus- führlich erscheinen. Schluss der Sitzung 9 Uhr. X. Sitzung, den 28. Juni 1871. 1) Der Vorsitzende Herr Prof. M. v. Vintschgau meldet, dass die von Herrn Dietl eingereichte chemische Arbeit von Herrn Prof. Maly geprüft und druckwürdig be- funden wurde; worauf beschlossen wird, dieselbe in die Zeit- schrift des Vereins aufzunehmen. 2) Theilt der Vorsitzende den Einlauf des 4. Heftes der med. chirurg. Rundschau mit. 3) Befragt Herr Prof. v. Vintschgau, ob die An- wesenden gewillt seien, die von Prof. Winkler in München durch Prof. Heller eingereichte palaeontologische Arbeit in die Zeitschrift des Vereines aufzunehmen. Er stellt die Bilanz zwischen dem Barfonde des Vereines einerseits und den Kosten des 3. Heftes der Zeitschrift ohne und mit der Aufnahme der Arbeit des Herrn Prof. Winkler. Prof. Barth stellt hierauf den Antrag, erst das Referat über die Arbeit von Herrn Prof. Heller abzuwarten und dann erst, natürlich mit Berücksichtigung des finanziellen Standpunktes, über die Auf- nahme zu entscheiden. Herr Oellacher, Apotheker, stellt N XVü den Antrag, die Arbeit direct zurückzuweisen und bei dem geringen Fonde des Vereins mehr die Arbeiten von Inländern zu berücksichtigen. Herr Prof. Pfaundler unterstützt den Antrag Barth’s, der denn auch angenommen wird. 4) Hierauf hielt Herr Prof. v. Barth einen Vortrag über einige Derivate der Benzo@säure. Er berichtet zunächst über eine von ihm in Gemeinschaft mit Dr. Senhofer aus- geführte Untersuchung der Disulfobenzoesäure, eines neuen bisher unbekannten Abkömmlings der Benzoéséiure und über eine ebenfalls neue daraus entstehende Dioxysäure, und knüpfte hieran eingehende Bemerkungen über die in neuerer Zeit so grosses Interesse erregende Bestimmung des chemischen Ortes in der aromatischen Reihe. Schluss der Sitzung 9 Uhr. XI. Sitzung, den 5. Juli 1871. 1) Herr Prof. Heller referirt über die Arbeit des Herrn Prof. Winkler in München, deren Drucklegung er jedoch in Rücksicht der zu bedeutenden Auslagen nicht em- pfiehlt. Es wird hierauf der Antrag Hellers, diese Arbeit zurückzusenden, einstimmig angenommen, 2) Herr Dr. Oellacher meldet die Beitrittserklärung des Herrn Dr. Edvard v. An der Lan, k. k. Landwehr- hauptmanns an. Die Abstimmung wird für die nächste Sitzung vorbehalten. 3) Herr Prof. Pfaundler hält hierauf einen Vortrag über die Dampftemperatur siedender Salzlösungen. Derselbe hält die Frage über die Ursache der niedrigeren Temperatur der Dämpfe gegenüber der der Lösung durch die bisherigen Arbeiten keineswegs für gelöst. Er führt eine Reihe von Versuchen an, welche es ihm wahrscheinlich machen, dass der Dampf einer siedenden Salzlösung auch ohne äussere Ab- kihlung eine niedrigere Temperatur zeigen müsse als die Lö- Naturw.-med, Verein, 1871. I. Hit, 2 XViil sung. Die früher von Regnault vorgeschlagene Erklärung der Abkühlung erwähnend, versucht er eine neue, die sich auf die neuen Vorstellungen über die Bewegung der Moleciile und die Bedeutung der Mitteltemperatur des Dampfes grün- det. Zum Schlüsse zeigt er ein Experiment vor, welches die schon längst von Gay-Lussac mitgetheilte, aber in Vergessen- heit gerathene Thatsache, dass durch Einleiten eines Dampf- stromes von 100° in eine Salzlösung letztere weit über 100° erhitzt werden könne, zur Anschauung bringt, und theilt über- dies mit, dass diese Erscheinung auch bei solchen Salzen eintritt, bei welchen beim Zusammenbringen mit Wasser von 100° eine Temperaturerniedrigung eintrete. 4) E. v. Job referirt über Versuche, die er unternom- men, um den Kühleffeet der Kältemischung aus Wasser und salpetersaurem Ammoniak zu bestimmen. Sie umfassen theils Löslichkeitsbestimmungen dieses Salzes für verschiedene Tem- peraturen, theils Messungen der latenten Lösungswärme der- selben. Letztere wurde ungefähr so gross wie von Favre und Silbermann gefunden, jedoch wechselnd mit der gelösten Menge. Die erhaltenen Zahlen werden bei anderer Gele- genheit mitgetheilt werden. Schluss der Sitzung 9, Uhr. Xir. Sitzung, den 21. Juli 1871. 1) Herr Prof. Dr.M. v. Vintchsgau legt das Juliheft der medizinisch-chirurgischen Rundschau vor, welches im Tausch- wege eingegangen. 2) Herr Hauptmann Dr. v. An der Lan wird ein- stimmig als Mitglied aufgenommen. 3) Herr Dr. Loebisch hält einen Vortrag über das Verhalten aromatischer Körper im thierischen Körper. Schluss der Sitzung 8%, Uhr. Ser eee eer erchterersemed Bea SiN . i EN Die Waldquelle zu Marienbad. Eine Studie aus der Balneotechnik und Balneochemie von M. J. Dietl. Nordwärts von Marienbad entspringt in geringer Ent- fernung vom Kurorte in einer ungemein anmuthigen, rings von Hochwald umschlossenen Thalau ein kräftiger alkalisch- salinischer Sauerbrunn, der unter dem Namen Waldquelle bereits allgemein bekannt ist. Diese Quelle, früher auch Aeolsbrunn 1) genannt, wurde 1827 zum erstenmale gefasst und erscheint von da an mit unter dem Heilschatze des Kurorts. Anfangs durch einen einfachen hölzernen, mit Rinde überkleideten Tempel geschützt, wie er so recht der damals noch wildromantischen Umgebung entsprach, erhielt der Brunnen später einen kräftigen auf starken Säulen ruhen- den Oberbau, wie auch seine Umgebung durch das Eingreifen kunstsinniger Hände nach und nach jenen landschaftlichen Reiz erreichte, der nun jeden Besucher dieses freundlichen Platzes mit wohlthuender Befriedigung erfüllt. Der erwähnte Säulenbau zeigte in den letzten Jahren bedeutende Mängel, die seine Abtragung und eine neue Ueber- 1) Der Name Aeolsbrunn ist als ein gelungener Euphemismus für den ehemals im Volksmunde gebräuchlichen Namen Windbrunn zu be- trachten. Diese Bezeichnung aber hatte die Quelle dem Vertrauen zu verdanken, das sie bei Laien als wirksames Mittel gegen ungemüthliche Blähungen genoss. ay bauung nothwendig erscheinen liessen. Zugleich war auch eine Neufassung der Quelle ein um so mehr gerecht- fertigtes pium desiderium, als in der letzten Zeit der Abfluss der Quelle sich immer mehr verringerte, was auf einen schlechten Zustand der alten Fassung schliessen liess und als die letzte im Jahre 1864 von Ragsky ausgeführte Ana- lyse eine bedeutende Verminderung des früher so reichlich vorhandenen kohlensaueren Gases zu erkennen gab. Wenn nun auch in einer damals erschienenen Bade- schrift anlässlich der Mittheilung der erwähnten Analyse dieser Verlust insofern sehr günstig aufgenommen wurde, als dadurch die Waidquelle mit einer in Bezug auf chemische Zusammensetzung analogen bekannten Quelle — dem Ober- brunn in Salzbrunn — nur eine desto grössere Aehnlichkeit erlange, so waren doch andere Männer der Wissenschaft freimüthig genug, zu gestehen, dass es denn doch besser wäre, wenn der frühere Status wiederhergestellt werden könnte, dass ja möglicherweise die Waldquelle einen selbstständigen Werth in sich trage, der es ihr ermögliche, auf eigenen Füssen zu stehen und sich um die Aehnlichkeit oder Ver- schiedenheit in Bezug auf andere Mineralwässer nicht in der Art zu kümmern. Es wurde also Dank der uneigenniitzigen und aner- kannten Bestrebungen von Seiten des Stiftsconvents zu Tepl vor allem eine neue Fassung und trotz einiger auftauchenden krämerlichen Bedenken von anderer unberechtigter Seite die Ausführung einer grösseren dauerhafteren Ueberbauung be- schlossen, die bei ungünstigem Wetter dem Publikum Schutz bieten soll. Mit beiden Arbeiten wurde der Baumeister Herr F. Zickler betraut. Die Ausführung der Neufassung gab den Anstoss zu der vorliegenden Arbeit, zur Beschreibung der Fassung und ganz besonders zu der durch die gründlichen und eingreifen- den Operationen, welche dabei vorgenommen werden mussten, insofern nothwendig gewordenen Analyse, dass dieselbe einen Massstab abzugeben im Stande sei für die wesentlichen an N Veränderungen, welche die Quelle unter den angegebenen Verhältnissen möglicherweise erfahren hat. Den diessbezüglichen Mittheilungen mögen einige ge- schichtlich - medizinische Notizen über das in Rede stehende Mineralwasser vorangehen. Das Verdienst, zuerst auf die Waldquelle und ihre Heil- kräfte in weiteren Kreisen aufmerksam gemacht zu haben, gebührt nach den Nachforschungen, die ich darüber in der Marienbader Brunnenliteratur anstellte, dem rühmlichst be- kannten Doctor Fidelis Scheu, der in seiner 1830 erschienenen Schrift ,,die Heilkräfte Marienbads etc.“ !) an- knüpfend an eine Krankengeschichte, die im Jahre 1828 von Prof. Steinmann vorgenommene erste Analyse mittheilt und diese Angaben mit seinen eigenen und des genannten Analytikers Bemerkungen begleitet, die vielfach in spätere Badeschriften, oft sogar ziemlich wortgetreu übergingen. Durch die erwähnte Krankengeschichte stellt er auch die vorzüglichste noch immer mit Recht geltende Indication und ausserdem noch eine Reihe anderer für diese Quelle auf. Diesen Prioritätszuspruch finde ich auch bestätigt durch eine 1837 erschienene Monographie über die Waldquelle von C. v. Heidler?), der zuerst auf Grundlage seiner und Scheu’s Erfahrungen systematische Indicationen vorlegt; von da ab erscheint die Waldquelle in der Literatur theils als selbst- ständiges Heilmittel gegen specielle Krankheitsformen, theils als substituirend oder auch unterstützend für die andere Brunnenkur. Im Jahre 1844 unternahm Kersten eine Analyse des Ferdinandsbrunnen und der Waldquelle Um einen Vergleich der letzteren mit den Steinmann’schen Angaben zu erleich- tern, berechne ich diese ebenfalls für das Civilpfund oder 7680 Grane. 1) Dr. F. Scheu, die Heilkräfte des Marienbads in den verschie- denartigen chronischen Krankheiten, durch eine Reihe von Krankenge- schichten dargestellt; Eger 1830; 29. Abschnitt, 25. Krankengeschichte. 2) Heidler, die Waldquelle zu Marieubad; Prag 1837, pag. 5. BL ga Steinmann Kersten 1828 1844 Natronsulphat en ea. aloe 7.371 Kalisulphate sts 12 ga 21004! 1.995 Chlornatnum un. 02 20809949 2.815 Natronearbonat . . . . 6.013 4.823 Eithionearbenat (iy 2. 0.00..2.0:073 0.007 Kalkcarbonatı iis: now moo Oe 2.611 Magnesiacarbonat . . . . 2.901 1.889 Bisencarbonat 2.2022, 0:13 0.214 Thonerdephosphat | und Extractivstoffe[ shah 0.019 0.015 Kieselsäure". sn... 12.0.202200,648 0.676 Summe der festen Bestandtheile . 22.131 22.416 Freie und halbgebundeneKohlensäure 18.883 22.387 Die beiden Analysen zeigen also, das sich in dem Zeit- intervall, der zwischen ihnen liegt, das Wasser nicht wesent- lich geändert habe: kleine Differenzen betreffen nur die Com- bination der Natronsalze und den Gehalt an Kohlensäure. Ueber die weiteren Verhältnisse der Quelle geben uns einige Notizen Aufschluss, die ich aus den Abdampfungs- resultaten für die verschiedenen Quellen entnehme, wie sie alljährlich vom Herrn Apotheker Brem vorgenommen wurden. Die auf die Waldquelle bezüglichen Daten reihen sich folgendermassen : Das Mineralwasser enthielt in 16 Unzen (= 7680 Gran) an festen Bestandtheilen am 16. November 1859 . . . 27.428 Gran am la: Mai 1860, 00.00.20. 02.020256 pz) am 3]. Mai 1861... .., tans Wee 5728 am 13. Mai 1862. . . ... 24.9505 am 15..,Maiu 1863. ©... Vo.) an 20:0520% am 17. Marl S64 2 en 2a ee In dieses Jahr fällt die Analyse von Ragsky, die Bey a ich unten einschalte '); sie weist 27.185 Gran feste Bestand- theile nach. CMa Gnn tinh, (iii 25.508 4G ran et MAUS OOr BOT. 101252099 % MOMMA LO VAC Fut SDA OR Onan N, 26. September 1868 . . 25.275 , Im Jahre 1869 wurde aus den obenerwähnten Gründen der Oberbau gegen Ende September abgetragen und die neue Fassung am 4. Oktober durch die Ausgrabung der den alten Ständer umgebenden Erd- und Lettenschichte begonnen. ?) Der dadurch blosgelegte alte sechsseitige Ständer be- stand aus zwei Zoll starken Brettern von weichem Holze, war zwei Fuss im Lichten breit, hatte 20 Zoll Wasserhöhe, fasste daher nur 41%, Kubikfuss Mineralwasser, was der Menge von circa 630 Bechern gleichkommt. Er ruhte ohne jede Verbindung auf einem sechsseitigen, aus siebenzölligen 1) Analyse von Ragsky 1864: 16 Unzen Mineralwasser enthalten „ . . Grane Schwefelsaures, Natron... 7. 0 en et Solas Schwetelsaures™ Kali 2p 2 Mae Lg Chlornatrium@l .uurann. On ABEND. Re IB Kohlensaures)Natrong. sen. Re or, -Kohlensaures Lithion Sega A DE a LE Keohlensaurer/Kalkı 2 2. 0 a le 0290 iKohlensaurer Sirontian © 0. 2 2 22 ee) Spuren KohlensanreyLalkerdeyy, A. En ge Kohlensaures; Bisenoxydul 7... 2.2.2228 8704137 Kohlensaures Manganoxydul . . . . . . . Spuren Basisch phosphorsaurer Kalk . . . . . . . 0.074 IKueselsaure a U by Meni nuts ud MA TTS Humusartige organ. Materie sammt Verlust . . 0.073 Summe der festen Bestandtheile . . . 27.185 Freie und halbgebundene Kohlensäure . 12.941 2) Der folgenden Beschreibung ist ausser eigenen Beobachtungen ganz besonders der von Seiten des hiesigen Stadtphysikus Herrn Dr. Ant. Schneider ausgearbeitete amtliche Bericht zu Grunde gelegt. oe weichen Holze konstruirten Grundschwellenroste. Nach Be- seitigung des Ständers fand sich hinter dem Roste beinahe gar keine Verstampfung vor, dagegen war der Raum unter- und ausserhalb des Ständers beinahe vollkommen mit lose zusammengeworfenen Bachsteinen ausgefüllt, zwischen welchen sich massenhaft Sinterocker angesammelt hatte. Den oberen Theil der Fassung bildeten sechs 15 Zoll hohe, auf den Ständer aufgesetzte Steinplatten, die ihrerseits wieder einen Kranz von Serpentin trugen. Das Ganze war durch eine oberflächliche Verstampfung zusammengehalten. Die Mangelhaftigkeit der früheren Fassung bezieht sich also : 1) auf die im Laufe der Zeit zerrütteten Zustände der Fassug selbst, 2) auf die dem jetzigen Bedarf nicht mehr genügenden räumlichen Verhältnisse, umsomehr als nach den entsprechenden Angaben die Quelle in der Stunde nur 2664 Kubikzoll Wasser lieferte, und 2 3) auf die Schwierigkeit, unter dem oben beschriebenen Sachverhalte eine griindliche Reinigung der Quelle bewerkstelligen zu können. So wurde denn, nachdem die Höhe der früheren Ab- laufsöffnung genau fixirt war, an die Bloslegung des Quellen- bodens geschritten und zugleich dem Wasser durch einen in der Richtung des früheren Abflusses gezogenen Graben der Ablauf in den nahe vorbeifliessenden Bach ermöglicht und schliesslich der blosgelegte Quellenboden einer genauen Be- sichtigung unterzogen. Es fanden sich vor allem an der Stelle unterhalb des alten Schwellenrostes mehrere mächtige Gasquellen in der Richtung von West nach Ost, ausserdem drei Wasserquellen; zwei davon, eine westliche und eine östliche lagen ausser- halb des früheren Schwellenrostes, und es war ihrem Wasser der Eintritt in die Fassung durch Einschnitte in die Schwellen gestattet; die dritte Quelle war in die ursprüngliche Fassung gar nicht mit einbezogen, sondern quoll ausserhalb derselben RN U: zwischen Steingerölle hervor. Da sie ziemlich mächtig war und nach einer vom Herrn Apotheker Brem vorgenommenen Abdampfung 25 Gran fester Bestandtheile im Civilpfund ent- hielt, so wurde ihr Ursprung in der Absicht verfolgt, sie kunstgemäss für die neue Fassung zu aquiriren. Im Verlaufe der diesen Zweck fördernden Arbeiten, die mit grossen Schwierigkeiten verknüpft waren, da man grössere Steinmassen sprengen musste und durch fünf Tage bemüht war, die sich immer mehrenden Hindernisse zu beseitigen, machte man jedoch die Wahrnehmung, dass die Quelle je mehr sie sich gegen den Bach hinzog, desto gehaltloser wurde, so dass sie bei einer neuerlichen Prüfung blos 12 Gran fester Bestandtheile zeigte, Grund genug, um von einer weiteren Verfolgung abzustehen. Mittlerweile war auch der Quellenboden in der Richtung - der anderen Quellen erweitert; während nun jeder derselben ein besonderer Abfluss bereitet und dabei die Vertiefung in der Mitte durch Ausschöpfen trocken gelegt wurde, brach daselbst plötzlich eine kräftige Quelle hervor. Sie wurde - alsbald nebst den anderen isolirten Quellen einer genaueren Prüfung auf ihren Gehalt unterzogen, die folgende Resultate lieferte: die letzterwähnte mittlere Quelle erwies sich als die reichste, 32 Gran in 16 Unzen, darauf folgte die östliche mit 26 und die westliche mit 24 Gran. Auf Grund dessen wurde beschlossen, die erwähnten drei Quellen in die Fassung aufzunehmen, die südliche gehalt- lose dagegen auszuschliessen. Das am Quellenboden vorgefundene mit Sand und Lehm gemengte Gerölle konnte a priori wohl nicht als günstige Basis für die neue Fassung angesprochen werden. Man ver- suchte daher die Quellen bis zu einem etwaigen Ursprung aus festem Gestein zu verfolgen, ein Versuch, der jedoch bald aufgegeben werden musste, da sich die westliche und östliche Quelle immer mehr zurückzogen und die Befürchtung der Nothwendigkeit einer zu langen Einschlauchung das Ueber- gewicht bekam. RU GRC Ra Desgleichen wurde an einer Stelle, an der sich weder Gas- noch Wasserquellen zeigten, durch weitere Ausgrabungen in die Tiefe und schliesslich durch Anwendung des Erdbohrers selbst in einer Tiefe von 81% Fuss vom Quellenboden aus vergeblich auf Felsen reagirt; der durch die Versuche zu Tage geförderte schotterige Letten zeigte sich in Zwischen- räumen von je 12 bis 18 Zoll immer von 5 bis 8 Zoll mächtigen eisenhaltigen ziemlich festen Sandschichten durch- zogen, welche den Charakter eines im Zersetzungsprozess begriffenen Granits an sich trugen. So wurden denn, nachdem sich weder in der ausgeho- benen noch in der ausgebohrten Oeffnung irgendwelche Gas- ausströmungen gezeigt hatten, beide wieder sorgfältig mit fetter Lette verstampft und unverweilt den vorliegenden Ver- hältnissen gemäss die Dimensionen der neuen Fassung fest- gesetzt. In Betreff dessen war es geboten, darauf Rücksicht zu nehmen, dass für den künftigen Gebrauch der Quelle eine für alle Fälle ausreichende Wassermenge zu Gebote stehe, welcher Anforderung der Rauminhalt eines wenigstens 14 bis 18 Cubikfuss fassenden Behälters entspricht. Man war zu der Vornahme einer solchen Vergrösserung um so mehr be- rechtigt, als schon der Augenschein ergab, dass die Quelle jedenfalls das frühere Quantum Wasser, wahrscheinlich aber noch mehr liefere, so dass sich ein Behältniss von 16 bis 18 Cubikfuss Inhalt in längstens 3 Stunden füllen könne, Nachdem nun mittlerweile eine entsprechende Menge eines guten und zähen Lettens vorbereitet und der neue Ständer vollkommen hergerichtet war, wurde der Quellen- boden geebnet und gereinigt, wobei sich ergab, dass die en‘ferntesten Quellen 15 Schuh auseinanderlagen. Darauf wurde ein achtseitiger aus 9zölligem weichen Holze con- struirter Schwellenrost in der Art eingelegt, dass er mit seinem längeren Durchmesser von 13 Fuss von West nach Ost, mit seinem kürzeren Durchmesser von 11 Fuss von Nord nach Süd zu liegen kam, wodurch sowohl sämmtliche DV, eile Gasquellen, als auch die mittlere und östliche Wasserquelle in das Rayon des Schwellenrostes fielen. Die westliche Quelle wurde mittelst eines Holzschlauches in Cementmauerung hereingeleitet. Zur grösseren Sicherheit gegen das Eindringen von Tagwässern und zur Verhütung einer Unterspülung des Rostes wurde derselbe innerhalb mit Ziegeln in Cement auf 6 Zoll Stärke vermauert. Als Lager des achtseitigen aus ‘/ zölligem Holze ge- arbeiteten eigentlichen Rostes dienten vier Quadern aus weissem feinkörnigen Granit von 1 Quadrat-Schuh Fläche und 9 Zoll Höhe. In einen Falz dieses Rostes ist das untere Ende des neuen Ständers eingepasst. Als Material für denselben wurde Eichenholz gewählt, einerseits weil bei der oben geschilderten Beschaffenheit des vorliegenden Quellengrundes eine Stein- fassung nicht anwendbar schien und weil anderseits in dem Falle Holzfassungen keinerlei Nachtheile oder Uebelstände involviren, wie es die anderen sämmtlich in Holz gefassten Marienbader Heilquellen erweisen. Der Holzgeschmack, den das Wasser anzunehmen pflegt, verliert sich binnen wenigen Wochen ebenso wie die zersetzenden Eigenschaften, die das gerbstoffhaltige Eichenholz möglicherweise auf das Eisencar- bonat ausüben könnte, um so mehr als ausser Lösung ge- tretene Quellensalze die Holzoberfläche in kurzer Zeit incru- stiren, und was die Entwicklung von Schwefelwasserstoff durch Zersetzung der schwefelsaueren Salze betrifft, so ist dieselbe mehr eine theoretische Befürchtung, die unter den vorliegenden Verhältnissen jeder praktischen Begründung ent- behrt, indem die Bedingungen zur Bildung eines Schwefel- metalls, als des nothwendigen Zwischengliedes, vollständig mangeln. Der neue Ständer hat die Form eines regelmässigen Achtecks; seine Wände werden durch zwei Zoll starke, innen 15 Zoll breite eichene Bretter gebildet. Der Radius des eingeschriebenen Kreises beträgt 18 Zoll, der Flächeninhalt des Achtecks also 7), Quadrat-Fuss. Die Wände des 0 Ständers sind an den zusammenstossenden Randflächen mit entsprechenden Falzen versehen, in die eichene Federn ein- gepasst sind; ausserdem ist er mit drei eisernen Reifen um- spannt, wodurch ihm ein allseitiger fester Halt gesichert ist, Behufs des Abflusses, dessen Höhe auf 30 Zoll bestimmt wurde, erhielt der Ständer in derselben Richtung wie früher eine 11, Zoll weite Oeffnung. Zur Ermöglichung einer bequemen Reinigung ruht auf einem an dem untern Ende des Ständers angebrachten 2 Zoll starken Kranze ein der Form des Ständers entsprechendes Gitter aus Eichenholz, das leicht herauszuheben ist und jedes- mal bei der Reinigung mit Scherben von Thonkrügen bedeckt wird, an denen sich der Sinter absetzt. Ausserdem liegt zu unterst am Quellengrunde eine mit einer Aushöhlung ver- sehene Granitplatte, so dass durch eine Pumpe die Quelle gänzlich geleert und alsdann gereinigt werden kann. Nach Aufstellung des 5 Fuss 9 Zoll hohen Ständers wurde von ihm rings gegen den Schwellerrost zu (gegen den er excentrisch steht) eine Schalung aus dreizölligen Pfosten hergestellt, deren Stossfugen mit Leisten gedeckt und darauf zur Verlettung geschritten. Dieselbe wurde derart vorgenommen, dass die ange- feuchteten Lettenstücke in höchstens 3 Zoll hohen Lagen auf die zu schützenden Stellen gestemmt und mit gewichtigen hölzernen Stempeln festgestampft wurden, welches Verfahren bis zur Erreichung der gewünschten Höhe consequent fortge- setzt wurde. Das während dieser Arbeit sich ansammelnde Wasser wurde ununterbrochen durch eine in den Ständer eingelegte Pumpe entleert. So wurde der ganze Raum zwei Schuh hinter dem Schwellenroste und rings um den Ständer bis 9 Zoll über den Ablauf mit der compacten Lettenmasse ausgefüllt und der Zutritt jedes fremden Elements gründlich verhindert. Zur Beschwerung der Verstampfung diente eine 12 bis 15 Zoll hohe Schotterschicht. Ausserdem wurden an jenen Stellen, wo ein Gasverlust zu befürchten war, Cement- vermauerungen eingefügt. Wie dasselbe durch die beschrie- 2 bene Manipulation der Quelle zugedrängt wurde, bezeugt der Umstand, dass es selbst durch die äusserst feinen Interstitien zwischen den Federn und Falzen aus einer Stossfuge des Ständers, natürlich in sehr geringer Menge ausströmte, was durch Benetzen der betreffenden Stelle constatirt werden konnte. Nach Vollendung der Verstampfung wurde die Pumpe beseitigt und man liess die Quelle ansteigen. Nach sechs Stunden hatte das Wasser den ganzen Raum unter der Schalung und den des Ständers bis zur Ausflussöffnung gefüllt. Eine nach 12 Stunden beim Abflussrohre vorgenommene Messung ergab, dass sich ein Gefäss von 1 Kubikfuss Raum- inhalt binnen 10 Minuten fülle. Spätere Messungen, worunter auch die commissionelle vom 1. November ergaben ein noch günstigeres und zugleich constantes Resultat, gemäss dessen sich 1 Kubikfuss in 9 Minuten füllt, die Quelle also in der Stunde 6%, Kubikfuss Wasser liefert. Später wurde die Fassung mit einem Kranze aus Mar- mor.geziert, der etwas über den Boden des neuen im Re- naissangestyle erbauten Porticus emporragt. Die nun folgenden Untersuchungen sind der Erforschun g jener Veränderungen gewidmet, welche das Mineralwasser durch die beschriebenen technischen Eingriffe erfahren hat; sie sollen vor allem ergeben, ob und wie dabei auch die therapeutische Verwerthung beeinflusst wurde; auf Grund dessen wurden auch rein wissenschaftliche Subtilitäten nicht mit in deren Bereich gezogen. Die physicalischen Eigenschaften des Wassers haben sich wenig geändert: im Glase erscheint es leise opalisirend, indem durch die gewaltsam und reichlich emporsprudelnden Gasblasen immer etwas Sinter mitgewirbelt wird. Es ist vollkommen geruchlos, schmeckt sehr angenehm säuerlich, stark prickelnd, wirkt durch den ausgezeichneten Reichthum an Kohlensäure erfrischend und labend. Selbst in offenen Gefässen stehend, hält es dieselbe noch lange, setzt dann reichlich Gasblasen an den Wänden ab und bildet endlich weissgelbe aus zersetzten Eisen- und Erdsalzen stam- mende Beschläge. Das in gut verschlossenen Flaschen auf- bewahrte Wasser zeichnet sich besonders durch die vorzüg- liche Conservirung des kohlensaueren Gases aus, was unten bei Zuhülfenahme der analytischen Belege eines weiteren erér- tert! ist. Die Temperatur ist zwar nicht so niedrig wie die älteren Angaben aussagen, nichtsdestoweniger bleibt die Wald- quelle die kalteste der Marienbader Quellen, indem als Mittel mehrerer wenig differirender Messungen 6.6° R. re- sultirt. Das specifische Gewicht wurde auf die gewöhn- liche Weise in einem leichten Glasfliischchen mit eingerie- benen Stöpsel bestimmt; dasselbe fasste bei 14° R. 100.324 grm, reines destillirtes Wasser und 100.762 grm. (Mittel aus meh- reren Versuchen) Mineralwasser, woraus sich das specifische Gewicht zu 1.0042 berechnet, die älteren Angaben lauten auf 1.0039. Was die Wassermenge oder die Ergiebigkeit der Quelle anbelangt, so wurde derselben bereits im Früheren Erwähnung gethan. Mit den dortigen Aufzeichnungen (6° Kubikfuss per Stunde) stimmen meine Messungen überein; eine 2375 CC. fassende Flasche wurde nämlich am Ablaufe, nachdem aus der Quelle durch lange Zeit nicht geschöpft war und dieselbe vollkommen gleichmässig abfloss, in 47 Se- kunden gefüllt; mehrere Versuche ergaben ein constantes Ergebniss; die Quelle liefert also in der Minute 3676 CC oder in der Stunde 220.56 litres, welche Grösse mit der im Kubikmass angegebenen ziemlich übereinstimmt. Chemische Eigenschaften. Die qualitative Analyse wurde durch die Reihe der früheren genauen Analyse überflüssig. Auch gestattete es die Zeit nicht, die quantitative Bestimmung der in sehr ge- ringer Menge vorhandenen Lithion und Strontiansalze auszu- führen, ien Mangel, den der praktische Arzt hoffentlich nicht fühlen wird und der auch die Erreichung des oben ange- . deuteten vorzüglichen Zweckes der Arbeit nicht wohl beein- trächtigt. Die quantitative Analyse wurde zum grössten Theile im zoochemischen Institute zu Prag unter der Aufsicht meines sehr verehrten Lehrers des Herrn Prof. Lerch, theilweise, besonders die an der Quelle vorzunehmenden Arbeiten in meinem Privatlaboratorium zu Marienbad ausgeführt und bei denselben die bewährten Methoden von Fresenius und Rose befolgt. I. Bestimmung der Gesammtmenge der festen Bestandtheile 201.524 grm. Mineralwasser gaben in einem Platinschälchen zur Trockene verdunstet und bei 120° C getrocknet einen Rückstand von . . 0.7025 grm. Daraus berechnet sich der Cesammtgehalt an festen Bestandtheilen für 10000 Th. Wasser zu 34.8107 grm. Der geglühte Rückstand hatte sich kaum gebräunt, woraus sich auf minimale Spuren von organischer Substanz schliessen liess. Ii. Bestimmung des Chlor». Das mit reiner Salpetersäure übersäuerte Wasser wurde unter gelindem Erwärmen mit salpetersauerem Silberoxyd versetzt und das gefällte Chlorsilber gewogen. a) 652.73 grm. Wasser lieferten an Chlorsilber 0.6275 grm, entsprechend Chlor in 10000 Theilen . 2.3768 grm. b) 652.73 grm. Wasser gaben an Chlorsilber 0.628 grm. entsprechend Chlor in 10000 Theilen . 2.3817 grm. Im Mittel 2.3762 grm. Chlor in 10000 Theilen. II. Bestimmung der Schwefelsäure. Das mit Salzsäure angesäuerte Wasser wurde erwärmt und mit Chlorbaryum gefällt. a) 652.73 grm. Wasser gaben an schwefel- saueremg Bauyt.,... 2 ua Dan. on. seßnsomne entsprechend Schwefelsäure . . . . 0.476 grm. d. i, Schwefelsäure in 10000 Theilen . 7.2932 grm, Kal N b) 652.73 grm. Wasser lieferten an schwe- felsauerem Baryt .... vn... re. Lo One entsprechend Schwefelsäure u. onl O.dlopenn d. i. Schwefelsäure in 10000 Theilen . 7.3116 grm. Mittel: 7.3024 grm. Schwefelsäure in 10000 Theilen. IV. Bestimmung der Kieselsäure. Eine grössere Portion des Mineralwassers wurde unter Zusatz von Salzsäure in einer Platinschale abgedampft, der getrocknete Rückstand mit Salzsäure befeuchtet und mit Wasser behandelt. a) 2610.92 grm. Wasser lieferten an Kieselsäure 0.981 grm. daher ın 10000 Theilen rn vun. m 2a53>r um: b) 1958.2 grm. Wasser lieferten an Kieselsäure 0.7675 grm. daher in 10000) Thellen man... 2 2.772203: 9102Neum: Mittel: 3.8318 grm. Kieselsäure in 10000 Theilen. V. Bestimmung des Eisens. Das durch die Abscheidung der Kieselsäure erhaltene salzsaure Filtrat wurde mit einigen Tropfen Salpetersäure versetzt, erwärmt und mit Aetzammoniak gefällt, der Nieder- schlag sogleich abfiltrirt, wenig gewaschen, durch Salzsäure gelöst und durch Ammon neuerdings gefällt, durch dasselbe Filter filtrirt und nun vollständig ausgewaschen, endlich in Salzsäure gelöst, die Lösung mit Weinsteinsäure und darauf mit Ammon versetzt und durch Schwefelammonium gefällt, das abfiltrirte Schwefeleisen mit Salzsäure gelöst und durch Ammon in Eisenoxyd umgewandelt und als solches gewogen. a) 3916.4 grm. Wasser gaben an Eisenoxyd 0.0415 grm. entsprechend 0.10305 grm. Eisenoxydul in 10000 Theilen. b) 3916.4 grm. Wasser gaben Eisenoxyd . 0.046 grm. entsprechend 0.10575 grm. Eisenoxydul in 10000 Theilen. Mittel: 0.10445 grm. Eisenoxydul, welches in Verbin- dung mit Kohlensäure 0.1682 grm. kohlensaures Eisenoxydul in 10000 Theilen entspricht. Darin 0.0638 grm. Kohlen- säure, RS pis Ns ea cles (Das nach der Fällung mit Weinsteinsäure erhaltene Filtrat zeigte auf Phosphorsäure geprüft davon Spuren der- selben.) VI. Bestimmung des Mangans. Filtrat und Waschwasser der ersten beiden Fällungen von V. wurden in einem geeigneten Kolben mit Schwefel- ammonium versetzt, 48 Stunden der Ruhe überlassen, der sehr geringe Niederschlag filtrirt getrocknet, sammt Filter geglüht und als Manganoxydoxydul berechnet a) 2610.92 grm. Wasser eee Mangan- osydoxydul ye ge 500.2. 2.0.0028,Erm, entsprechend 0.0068 grm. Mansan in 10000 Theilen. b) 391.64 grm. Wasser gaben Manganoxyd- ea De ne 0.0045, nm: entsprechend 0.007 9 Ban in 10000 Thelen, Mittel: 0.0074 Mangan — 0.0096 Manganoxydul — 0.0155 kohlensaures Manganoxydul in 10000 Theilen. Darin 0.0059 Kohlensäure. VII. Bestimmung des Kalks. Die vom Schwefelmangan abfiltrirte Flüssigkeit wurde unter vorherigem Zusatz von Ammon und Chlorammonium durch oxalsaures Ammon gefällt, der oxalsaure Kalk in kohlensauren umgewandelt und als solcher gewogen. a) 3916,4 grm. Wasser lieferten kohlensauren Kalk,» WA nn. mE. 9.0.9639 gLım. d. i. 2.4589 grm. in 10000 Theilen. b) :3916.4 grm. Wasser lieferten kohlensauren Kalle at we. 20949 orım oder 2.4997 grm. in 10000 Theilen. Mittel: 2.4763 grm. kohlensaurer Kalk in 10000 Th, Darin 1.0895 grm. Kohlensäure. VII. Bestimmung der Magnesia. Das Filtrat vom oxalsaueren Kalk wurde durch phosphor- saures Natron gefallt, der Niederschlag als pyro-phosphor- saure Magnesia gewogen. Naturw.-med, Verein, 1871. I, Hft, 3 NER (aaa a) 1958.2 gim. Wasser lieferten an pyro- phosphorsaurer Magnesia . . . 0.760 grm. d. i. 1.4496 Magnesia in 10000 Theilen. b) 3916.4 grm. Wasser lieferten an pyro- phosphorsaurer Magnesia . . . . . 1.5855 grm. d. i 1.4588 grm. Magnesia in 10000 Theilen. Mittel: 1.4542 grm. Magnesia — 3.0538 kohlensaure Magnesia in 10000 Theilen. Darin 1.5996 grm. Kohlensäure. IX. Bestimmung der Gesammtmenge der Alkalien als Chloralkalien. Eingeengtes Mineralwasser wurde mit Aetzbaryt gekocht, im Filtrate der Mischung der überschüssige Baryt durch kohlensaueres Ammon entfernt, das Filtrat davon in der Platinschale abgedampft, die Kieselsäure durch Salzsäure entfernt und zugleich die Carbonate in Chloride umgewandelt, das Chlormagnesium durch geschlemmtes Quecksilberoxyd zersetzt, in der zur Trockene abgedampften Flüssigkeit die Quecksilberverbindungen durch Glühen, die Magnesia durch Filtration der wässerigen Lösung entfernt und endlich die zurückgebliebenen reinen Chloralkalien durch Abdampfen und Glühen erhalten. a) 652.73 grm. Wasser lieferten an Chloral- Kaliem) cay. <6 este 2A kerma: == 23.3481 grm. in 10000 ‘Theilen, b) 652.73 grm. lieferten an Chloralkalien . 1.5235 grm. — 23.3404 grm. in 10000 Theilen. Mittel: 23.3442 grm. Chloralkalien in 10000 Theilen. X. Bestimmung des Kali’s. 1.5235 grm. Chloralkalien, entsprechend 652.73 grm. Wasser wurden in 100 CC. destillirtem Wasser gelöst, da- von genau 25 CC. herausgenommen, mit Platinchlorid versetzt, beinahe zur Trockene abgedampft, mit absolutem Alkohol behandelt, das abgeschiedene Platinchlorid auf einem kleinen Filter mit Tarafilter gesammelt und als solches gewogen; eshbetrug un. ae oe OL DAG DEP BEN SG) an den gesammten Chloralkalien also das vierfache Gewicht u . . . Hk Geer ete AOKI Kokoy (TB 00, Kaliumplatinchlorid , rralehes an Kali enthalt 0.0358 grm. oder in 10000 Theilen 0.5492 grm. Kali — 0.8693 grm. Chlorkalium. XI. Bestimmung des schwefelsauren Kali’s. Kal ist vorhanden, nach X. .u..0....00.2.2..2.05492 diess fordert Schwefelsäure . . . . 0.4663 und giebt schwefelsaures Kali in 10000 coeeten 0, 1.0155 XII. Bestimmung des Chlornatriums. An Chloralkalien sind vorhanden nach IX, . . . 23.3442 Darin Chlorkalium nach X. . . . 9... .... 0.8693 bleibt Chlornatrium Baar Oy Faby erie Sia eal Gah DATA entsprechend Natrium . . . har les 18.8408 An Chlor ist vorhanden nach IL Se a 2 ayer welches bindet Natrium . . BEER ALS OR OR LI zu Chlornatrium in 10000 Theilen Kr SAGE Es bleibt demnach noch an Chloralkalien und zwar als Chlornataumı 2 ...0.0020.20.:02, 180069 orm: entsprechend (Natron . .» 2... ........ 9.8990 cum. XII. Bestimmung des schwefelsauren Natrons. Schwefelsäure ist vorhanden nach IL... . . 7.3024 grm. davon an Kali gebunden nach XI... . . . 0.4672 grm. bleibtadahen, 7) 1. nk meet 08342 Neem. welche bindet Natron . . 5.2965 grm. zu 12.1307 grm. schwerklsähten: Nation‘ in 10000 Theilen. XIV. Bestimmung des kohlensaueren Natrons. An Natron war geblieben . 2 2 2 . >.» » . 9.8390 davon ist an Schwefelsäure gebunden . . . . 5.2965 bleibt Natron . . . u Bauakh, OAL. un 204.5425 welches bindet Kohlensäure esas en 22am zu 7.7662 grm. kohlensauren Natron; in 10000 Theilen. 3% ae XV. Bestimmung der Gesammtmenge der Kohlensäure. Die Flaschen, welche zur Aufnahme des Mineralwassers bestimmt waren, hatten einen doppelt durchbohrten Kork, in den ein längeres und kürzeres Glasröhrchen so eingefügt war, dass von den in der Flasche befindlichen Mündungen die des längeren Röhrchens höher stand als die des kürzeren. Das Volumen, das die Flaschen bei Anwendung des so ausge- rüsteten Korkes fassten, wurde vorher bestimmt. — An der Quelle kamen in die leeren Flaschen je 100 CC. einer filtrirten Mischung von Chlorbaryum und Ammon, worauf sie durch Gewichte derart in die Quelle gesenkt wurden, dass durch die kürzere Röhre das Mineralwasser eindrang, während die Luft durch das lange Röhrchen entweichen konnte. Die sorgfältig verkorkten Flaschen wurden alsdann durch 4 bis 6 Stunden in ein Gefäss mit heissem Wasser gestellt und überhaupt bei der weiteren Bestimmung die nothwendigen Cautelen befolgt. a) 295 CC. Mineralwasser lieferten an gelinde geglühtem Gesammtniederschlag '. ... 4. 07,0 orm by) 200 00s lieferten X 2... 20. 2200 20cagenn Gesammtniederschlag. Die Bestimmung der Kohlensäure geschah durch genau titrirte Flüssigkeiten von Normalsalpetersäure und Normal- natronlauge, welche beide vorher auf ihre Richtigkeit durch geglühtes kohlensaueres Natron geprüft waren. a) Vom Niederschlage a) enthielten . . 1.628 grm. an Kohlensäure . . ea KSOTL Sn. daher im Ent erschlage a). 0.0, ORO Zgenme oder in 10000 Theilen Wasser . . . 34.5502 grm b) Vom Niederschlage b) gaben . . . . 1.408 grm. an Kohlensäure . . . uskala oy O82 Got daher im Gesdmitedenchlage b) . . 0.8805 grm. oder in 10000 Theilen Wasser . . . 35.2202 grm. Mittel: 34.8852 grm. Gesammtkohlensäure in 10000 Theilen, eg | XVI. Bestimmung der freien und halbgebundenen Kohlensäure (die kohlensaueren Salze als einfache Carbonate betrachtet.) Im Mineralwasser ist die Kohlensäure an folgende Basen gebunden: an Natron zu... Een. 225 en. aneMaenesia zu... . kon are SEO OOO annkalk. zu, „u. ua. cl, an Bisenoxydul, .... i ee 20006038 > an Mansanoxydul . ... es OCOD Sia. In Summa zu . 5.9825 grm. Die Gesammtmenge der Kohlensäure be- rast mach OVE i 000 see Sa ae bleibt daher für die freie und halbge- bundener an. iene ee cy vr ae 028 in 10000 Theilen. XVII. Bestimmung der wirklich freien Kohlensäure. (Die kohlensaueren Salze als Bicarbonate berechnet.) Die doppelte Menge der an die einfachen Carbonate gebun- denen Kohlensäure beträgt . . . . 11.9650 grm. bleibt daher an freier Kohlensäure . . . . 22.9202 grm- in 10000 Theilen. Auf Volumina berechnet entsprechen 22.9202 grm. freier Kohlensäure bei0°C. und 760 mm. Barometerstand 11654 CC., und da 10000 Theile 9996 CC. Wasser reprasentiren, so ergibt sich der Voluminhalt des Wassers an wirklich freier Kohlensäure bei 760 mm. B. zu 11659 CC. Kohlensäure, oder 45.04 Kub.-Zoll im Civilpfund. OUD Gay eae Zusammenstellung der Resultate. Die kohlensaueren Salze als einfache Carbonate berechnet. Die Waldquelle enthält in 10000 Theilen: a) fixe Bestandtheile. Schwefelsaures Kali Schwefelsaures Natron Chlornatrium \ Kohlensaures Natron . Kohlensauren Kalk Kohlensaure Magnesia Kohlensaures Eisenoxydul Kohlensaures Manganoxydul Kieselsäure . Organische Materie 1.0155 12.1307 3.9174 1.1662 2.4763 3.0538 0.1682 0.0155 3.8318 Spuren Summe der festen Bestandtheile . b) gasförmige Bestandtheile. Freie und halbgebundene Kohlensäure wirklich freie Kohlensäure Summe aller Bestandtheile 34.3754 28.9027 22.9202 63.2781 Die Waldquelle enthält in einem Civilpfund = 7680Gran. a) an festen Bestandtheilen. Schwefelsaures Kali Schwefelsaures Natron Chlornatrium = Kohlensaures Natron . Kohlensauren Kalk Kohlensaure Magnesia Kohlensaures Eisenoxydul Kohlensaures Manganoxydul Kieselsäure . Organische Materie Summe der festen Bestandtheile Grane 0.8870 10.0075 3.0085 5.9644 1.9018 2.3453 0.1292 0.0081 2.9423 Spuren 27.1941 MS Oe b) Gasformige Bestandtheile. Grane Freie und halbgebundene Kohlensäure . . 22.1973 wirklich freie Kohlensäure . . . . . . 17.6027 Summe sämmtlicher Bestandtheile . 49.3914 Betrachten wir nun die Resultate dieser neuen Analyse vorerst in Relation auf die neue Fassung, so finden wir folgende Ergebnisse. 1. Die Summe der festen Bestandtheile ist in ihrem vollkommenen Umfange erhalten, sie erreicht, ja übertrifft um weniges auch die hohe Zahl, wie sie in der letzten Analyse von Ragsky (zu 27.185 Gran) angegeben ist. 2. Ausserdem entspricht die neuerdings durch die che- mische Zerlegung gefundene Zahl dem Mittel aus den drei Abdampfungsresultaten, welche Herr Brem seinerzeit während der Fassung für die drei in dieselben einbezogenen Quellen erhielt. Er fand a) für die mittlere Quelle, als Mittel aus 3 übereinstimmenden Versuchen . . 32.004 Gran b)iusidiesöstlichermiiu oii alone. (eon Boies c) fiir die westliche ens IRINA imeMittelmalsows. ollaor.un.. Tanne sm 2 UkA One eine Uebereinstimmung, die gewiss der beste Lobredner fiir die gelungene Ausführung und Vollendung der Fassung ist. 3. Bezüglich der Kohlensäure wurde in der That der frühere günstige Status, wie er in der Analyse von Kersten zu finden, wieder hergestellt; der genannte Forscher be- stimmte die freie und halbgebundene Kohlensäure zu 23.387 Gran — die neueste Untersuchung weist 22.197 Gran nach. Wir wollen hoffen, dass diese Reichhaltigkeit der Quelle — sie kann sich in dieser Hinsicht mit den kohlensäurereichsten Wassern Deutschlands messen — nicht insoferne zum Nach- theile gereiche, als sie sich nun wieder etwas vom Obersalz- brunn entfernt: vermindern lässt sich der Gehalt jederzeit, vermehren nicht so leicht. OD sae In Beziehung auf die anderen Analysen weicht die letztere nicht wesentlich ab; nur erscheint das schwefelsaure Natron um geringes vermehrt, die Salze der alkalischen Erden und des Eisens um etwas vermindert: wollte man subtil sein, so kénute man behaupten, dass der Brunnen dadurch noch mehr ein alkalisch - salinischer geworden sei. Auffallend ist nur die grosse Quantität der Kieselsäure, die sich jedoch in jedem Versuche deutlich manifestirte. (Cementvermauerung?) Es scheint mir hier der geeignete Ort, einige Bemerkungen über die Beschaffenheit des versendeten Wassers einzuschalten. Ich erhielt das Mineralwasser zur Untersuchung in dunkel- grünen wohlverkorkten Flaschen, die zum bessern Verschluss noch verpicht und mit einer Zinnkapsel überzogen waren, was ihnen zugleich ein schmuckes Aussehen verlieh. Man kann das Wasser bei ruhiger Behandlung der Flaschen bis auf einen kleinen Rest, der durch zersetzte Eisen- und Erdsalze etwas getrübt ist (was nebenbei bemerkt, der medizinischen Wirkung aus leicht begreiflichen Gründen keinen Eintrag thun kann) vollkommen klar in das Glas giessen. Dabei entstehen unter Schäumen massenhaft Gas- bläschen, die sich allerorts an das Glas ansetzen. Es war mir ferner aufgefallen, dass beim Schütteln der gefüllten Flasche, wie es behufs gleichmässiger Mischung für die Analyse geschehen musste, das Wasser, wenn man den schliessenden Daumen nur wenig lüftete, mit ausserordent- licher Heftigkeit oft klafterweit spritzte. Diess bewog mich, das Wasser in den Flaschen, wie sie zur Versendung be- stimmt sind, auf ihren Gasgehalt zu untersuchen, und ich kam dabei auf folgende Ergebnisse. Zwei Flaschen, im Juni gefüllt, wurden ohne besondere Vorsichtsmassregeln Ende August entkorkt, aus jeder 100 CC. Wasser mit einer Pipette herausgehoben und dieselben in eine Chlorbaryum-Ammon-Mischung gebracht. a) 100 CC. lieferten 1.733 grm. Gesammtniederschlag. b) 100 CC. lieferten 1.728 grm. Gesammtniederschlag. Von a) erforderten 1.351 grm. 12.05 CC. Normal- salpetersäure, entsprechend 0.2651 grm. Kohlensäure, daher für den Gesammtniederschlag oder für 100 CC. Wasser 0.34005 grm. Kohlensäure resultiren. Von b) erforderten 1.140 grm. Niederschlag 10.4 CC. Normalsalpetersäure, entsprechend 0.2288 Kohlensäure, daher für 100 CC. Wasser 0.3485 grm. Kohlensäure; Mittel: 34.428 erm. Gesammtkohlensäure für 10000 Theile. Hält man dieses Resultat mit jenem zusammen, das sich im Verlaufe der Analyse ergeben, und sich auf Wasser bezieht, welches mit den nöthigen Cautelen direkt der Quelle entnommen ist (34.8852 grm.), so ist es wohl nicht noth- wendig, weiter zu erweisen, dass jener Stoff, welcher gewiss an der Heilwirkung der Quelle einen besonderen Antheil hat, auch im versendeten Wasser auf die beste Weise erhalten ist, ein Vorzug, welcher gewiss geeignet erscheint, der Wald- quelle auch ausserhalb des Kurorts eine noch grössere Auf- merksamkeit zu Theil werden zu lassen, als es bisher der Fall war. Der vorliegenden Arbeit noch einige praktisch - medi- zinische Notizen beizufügen, halte ich mich nicht für befugt, da bei Erörterungen auf diesem Gebiete die ärztliche Erfah- rung, die mir nicht zu Gebote steht, das grösste Wort mit- zusprechen hat. Dagegen lassen sich aus der chemischen Zusammensetzung der Waldquelle a priori einige therapeu- tische Reflexionen ableiten, die auch den rothen Faden bilden, welcher sich durch die Reihe der Indicationen für dieses Mineralwasser, wie sie bisher bestanden, durchzieht und für dieselben im Grossen und Ganzen eine wissenschaftliche Grund- lage bilden. Ich meine hier vor allem den Reichthum an Kohlen- säure, der diesem Mineralwasser in ausgezeichnetem Masse zukommt und es daher in demselben Sinne anwenden lässt, wie alle ähnlichen natürlichen oder künstlichen Wasser, vorzugsweise bei chronischen catarrhalischen Affectionen der Verdauungs- und Respirationsorgane. Ba) Das Wie und Wodurch des heilkräftigen Wirkens scheint noch nicht klar zu sein; aus der Fülle der differirenden An- sichten, wie man sie z. B. in dem Lersch’schen Sammel- werke der Balneologie mit besonderem Fleisse zusammenge- tragen findet, lässt sich fürwahr schwer ein berechtigter Schluss ziehen. Was die erste Wirkung der Kohlensäure auf die Körper- oberfläche anbelangt, so kann sich jeder bei den Versuchen mit kohlensäurereichen Bädern die Ueberzeugung holen, dass ihr die Bedeutung eines eigenthümlichen flüchtigen Reizes zuzuschreiben sei, der sich subjectiv durch eine Reihe ganz besonderer oft intensiver Empfindungen, objectiv durch die Röthung der Haut und was von Basch und mir‘) zuerst experimentell gezeigt wurde, durch eine Erhöhung der Sensi- bilität deutlich manifestirt. Das zweite Moment ist in dem Verhältnisse der Natron- salze zu den übrigen Quellenbestandtheilen gelegen, da sie wegen ihres mässigen Ueberwiegens dem Wasser, eine, um einen beliebten Ausdruck zu gebrauchen, „sanft lösende* Wirkung verleihen, und das eben bei Individuen von so zarter Con- stitution, dass die Anwendung kräftiger Glaubersalzquellen durch ihr zu energisches Eingreifen Nachtheile bringen möch- ten. In diesem Sinne wurde die Waldquelle zum erstenmale von Scheu und nach ihm von vielen andern mit sehr gün- stigem Erfolge angewandt. Auch hier ist es interessant, in den balneologischen Schriften die Beschreibung feinsinniger Forscher zu studiren, wie sie die geheime Thätigkeit der einzelnen Quellenbestand- theile im Organismus Schritt für Schritt belauschten, das eine Salz ins Lympph- und Drüsensystem verfolgten, das andre Salz in nächster Beziehung zur Schleim- und Gallen- absonderung stehen sahen, bald qualitativ, bald quantitativ verändernd, hier leise mildernd und dort sanft erregend. Solche alles erklärende und aufhellende Nachrichten lassen sich wohl bewundern, in den wenigsten Fällen aber 1) Med. Jahrb. IV. H. Jahrg. 1870. me Ope mee glauben, weil ihnen ein experimenteller Beweis mangelt; — wenn einmal eine Experimentalbalneologie noch mehr reife Friichte gesammelt hat und die wurmstichigen bei Seite legen kann, werden auch viele jetzt scheinbar erklärte und doch nicht erklarte Fragen zu einer Beantwortung geeig- net werden. Wer es iibrigens weiss, wie manchmal Beobachtungen und Studien auf dem Gebiete der Balneologie angestellt wer- den und wie oft Mittheilungen zu Stande kommen, die bei oberflächlicher Betrachtung den Charakter wissenschaftlicher Forschung an sich tragen, der wird sich die massenhafte Ansammlung der widersprechendsten Erfahrungen erklären können, wie man sie in balneologischen Sammelwerken ver- zeichnet findet. Analyse der Therme am Brenner (Brennerbad) von L. Barth, K. Senhofer und R. Kölle, Temperatur des Wassers 22.9° Cels. oder 18.39 Reaum. Temperatur der Luft 11.5° Cels. oder 9.2 Reaum. Beide Beobachtungen gemacht am 17. September 10™ Vormittags. Reaction des Wassers etwas alkalisch. Aus dem Boden des Quellenbassins steigen von Zeit zu Zeit Gasblasen auf, diese bestehen in 100 Volumtheilen aus Sauerstoff 19.2 und Stickstoff 80.8. Im Litre sind gelöst 46.1 Cub. Cent. Gas und zwar bei einem Barometerstande von 655.6™™- und der Quellen- temperatur, davon sind: Stiekstoliii. a. a 8A, OKOr SAUEHSGORE AUS EN. A ar Kohlensäure)... Wn 20.00% Das specifische Gewicht des Wassers wurde gefunden zu 1.00048. in 10.000 Theilen Wasser sind enthalten: 4.4190 Theile festen Rückstandes, davon sind 0.1180 Theile organische Substanz. Durch die Analyse wurde ferner direkt in der oben angeführten Wassermenge gefunden: Chlore.: len. 04106376 Schwefelsäure . . . 1.090395 Phosphorsäure . . . 0.001599 Kieselsäuvre . . . . 0.093330 Kohlensäure . . . . 1.880000 Kalle. 00 na 0.090033 Natron Meee nar Ot LGN 36 Macmesiaien . . ..1.02,02374838 Kia a. 20. 000014090320 Eisenoxydul . . . 3 0021600 Ihonerden..) 4... 0.005000 Ferner Spuren von: Sälpeteraen? Ammoniak, Lithium, In dem durch Kochen erhaltenen Niederschlage waren enthalten : Kalk 227.2 10983000) Theile Magnesia) . . 0.016216 „ und sämmtliches Eisenoxydul. Werden diese mitgetheilten direkt gewonnenen Resultate nach den gewöhnlich massgebenden Prineipien zusammenge- stellt, (Fresenius Anleitung zur quant. Analyse) so erhält man folgende Zusammensetzung des feuerbeständigen Rück- standes: {ee schwetelsaur. Walt ©. 0. 2 .2...2..0.1024:89 22 schwefelsaur. Natron . . ... 0.143662 Se Chlornatnum sa. Wa) 2002.2.00101922 4. Chlormagnesium „9... 727) 9: O059b 4 5. schwefelsaur. Kalk . . . . . 1.585085 6kohlensaur: Kalk nn. 279 2.2.5120506496 7. kohlensaur. Magnesia . . . . 0.446781 8. kohlensaur. Eisenoxydul . . . 0.034800 9. phosphors. Thonerde . . . . 0.002754 102 kiesels.uthonerde 1 ..,..202:,.2..0000221 la treie Kıeselsäure 955 Voi 2089954 Spuren von Salpetersäure, Ammoniak, Lithium 2). Summe der fixen Bestandtheile . 4.396041 direkt gefunden . . . . 4.3010 freie u. halbgebundene Kohleneägie 0.838314 1) Die Hauptmenge der kohlensauren Magnesia bleibt gelöst. 2) Rubidium und Cäsium waren im Rückstande von 5 Litern nicht nachzuweisen, UN N Oder ein Pfund Wasser — 7680 gran enthält: Schwefelsaures Kali . . . . . . 0.128862 gran Schwefelsaures Natron... . . . 011033277 Chlomatrıum . 2... 20. 1. 0078270 Chlormasnesium . . 22. ......0.045058 = Schwefelsaur, Kalk * ©... alas Kohlensaur; Kalk . . yas.) 1.348989 75 Kohlensaur. Magnesia . . . . . 0.343128 „ Kohlensaur. Eisenoxydul . . . . 0.026726 „ Phosphorsaure Thonerde . . . . 0.002115 „ Kieselsaure Thonerde . . . . . 0.005546 „ Freie Kieselsäure . . . . 2 ..0.069085 „ Summe . 3.376159 gran DOO a0 Analyse der Ranigler Quelle (bei Bozen) von Denselben. Temperatur des Wassers 9.7° Cels. oder 7.67° Reaum. Temperatur der Luft 13.30 Cels. oder 10.649 Reaum, Beide Beobachtungen gemacht am 16. September 1870 81/,™ früh. Reaction etwas alkalisch. Im Litre sind gelöst 23.54 C.C. Gas und zwar bei einem Barometerstande von 709.9==- und der Quellentemperatur, davon sind: Stickstoll sn) fo 0. DMO nes Sauerstoff vs 0. a ible Veale Kohlensäure 9 2... 2.078 Py] Das specifische Gewicht des Wassers wurde gefunden bei 16.2° Reaum. zu: 1.0001. In 10.000 Theilen Wasser sind enthalten: 0.9560 Theile festen Riickstandes, davon sind 0.1650 Theile organische Substanz. Durch die Analyse wurde ferner direkt in der oben angeführten Wassermenge gefunden: Chlor oir. Niu. 0.0095, Rheile Schwefelsäure . . 0.0206 , Kieselsäure . . . 0.0897 „ Kohlensäure . . 0.6315 „ Kal. 2. 0.0233492 Natron 2.12... 0.0360437 Kalk a... 2 0.206422 Magnesia. . . . 0.0363964 Eisenoxydul . . . 0.0018000 Thonerde .,,. .. . 010018125 Ferner Spuren von Phosphorsäure, Salpetersäure, Am- moniak, Rubidium, Lithium. ag ae In dem durch Kochen enthaltenen Niederschlage waren enthalten: Kalkını 2. eae (001652007) Magnesia ~~.) . 2). 00207387 und sämmtliches Eisenoxydul. Werden diese mitgetheilten Resultate der direkten Ana- lyse wie im früheren Falle zusammengestellt, so erhält man folgende Zusammensetzung des Wassers: Chiorkaliumi)! gays ae 292001992 kohlensaur. Kaliiy 7/5. Shes 100 ae 110.01989 kohlensaur. Natron) ().) ..%. 2.2102 2215 006162, schwefels¥ Kalk) a... £07.40003902 Kohlens Kalk." a1... u. 0052203 kohlens} (Magnesia . . . . . 4.) 210107643 kohlens. Eisenoxydul . . . . . . 0.00290 kiesels. Thonerde . . . . Bi ee 10.000340 freie, Kieselsäure,\. sh) J). .......0.08812 Summe . 0.82589 direkt gefunden . 0.7910 freie und halbgebundene Kohlensäure 0.3168 Oder ein Pfund Wasser — 7680 gran enthält: Chlorkalume ey zer 20 0:01550yeran kohlens Kalt Sm a a SLOT kohlens» Natron nen. 004732078 schweielsuRalkea. in 3007. 0:02089 kohlens. (Kalk Veeco 2 020 °0.10138 kohlens. Magnesia . . . . . 0.05870 kohlens. Eisenoxydul : . . . 0.00223 kieselsaure Thonerde . . . . 0.00261 freie Kieselsiure . . . . . 0.06768 Summe . 0.63428 gran SERSEESERSEE SEES 1) Für diese Bestimmungen gilt das an derselben Stelle der fol- genden Analyse gesagte. Analyse der Pirchabrucker Quellen (Eggenthal bei Bozen) von Denselben. Temperatur des Wassers 8°.1 Cels. oder 6%.48 Reaum. Temperatur der Luft 14°3 Cels. oder 11°44 Reaum. Beide Beobachtungen gemacht am 15. September 1870 10 Uhr Morgers. Reaction etwas alkalisch. Im Litre sind gelöst und zwar bei einem Barometer- stande von 656.14” und der Quellentemperatur 27 Cub. Cent. Gas, davon: Stickstoff . — U5) (CHO) Sauerstoff =U sees Kohlensäure . a a A Das specifische Gewicht des Wassers wurde gefunden bei 16.5° Cels. oder 13.29 Reaum. zu 1.00021 In 10.000 Theilen Wasser sind enthalten 1.9770 Theile festen Rückstandes und von diesen sind 0.1680 Theile organische Substanz. Durch die Analyse wurde feraer direkt in oben ange- führter Wassermenge gefunden: Naturw.-med. Verein, 1871. I. Hit. 4. Chior: 3.5 a 0:1 202° Theile Schwefelsäure . . 0.25436 Kieselsäure . . . 0.06400 ” >y) Kohlensäure . . 1.16300 , Kali eRe 2.0989 .0:05 125i are Natron). oe ene eran ONO!S) 20) ya Kalk u ate Sale O6 30 00M Maonesia .. .....010604, Eisenoxydul . . 0.00438 „ Mhonerde; == 43%.) 0:00340) Ferner Spuren von Phosphorsäure, Salpetersäure, Am- moniak, Rubidium '), Lithium, Mangan. In dem durch Kochen erhaltenen Niederschlage waren enthalten : Kalkın 202 20. 080232 meneite Macnesiay ... 002800, und sämmtliches Eisenoxydul ?). Werden die im Vorstehenden mitgetheilten Resultate der direkten Analyse so zusammengestellt, dass die Säuren und Basen nach den gewöhnlichen Principien also nach Mass- gabe ihrer Affinität und der Unlöslichkeit oder Schwerlös- lichkeit der entstehenden Verbindungen, zu Salzen vereinigt werden, so erhält man nachfolgende Zusammensetzung des Wassers: 10.000 Theile enthalten : 1) Caesium konnte weder in diesem, noch im Ranigler-Wasser nachgewiesen werden. 2) In der folgenden Zusammenstellung sind mehr kohlensaurer Kalk und koblensaure Magnesia angerührt, als den hier angegebenen Zahlen entspricht. Es ist bei-dem Mangel an anderen Säuren nur die Annahme zulässig, dass auch nach dem Kochen noch etwas kohlensaurer Kalk und die grösste Menge kohlensaurer Magnesia in Lösung bleibt, eine Thatsache, die bei der relativ so geringen Menge dieser Salze und bei der durchaus nicht absoluten Unlöslichkeit derselben im Wasser, wohl begreiflich scheint. Schwetels alls pare oe i OOD MGS Schwerelse Natron =. 20.002 2222700997 Chlornatrrum a ee NOIR schwefels0 Kalkı own 2.2 029614 kohlens (Kalk 0 0) ea 1 090025 kohlens. Magnesia. . . . . . . 0.26468 kiesclemmViacnesia (20). 2). we OOOO) kresels bhonende . . ...0.2,22,....0000638 kohlens. "Bisenoxydul >, 2...22.:.000205 KGeselsiure 2.0 „u mal. OO a OZ Phosphorsäure Salpetersäure . . Ammoniak Rubidium ... Pithiumn.. 2... Mangan ..... ) Spuren. Summe . 1.75529 direkt gefunden mr . .. 1.830900 freie und halbgebundene Kohlensäure 0.61149 oder ein Pfund Wasser — 7680 gran enthält: schwefelsaures Kali . . . . 0.04438 gran schwefels, Natron... a) is) .: 0.079509 Chlornatrum ze 20 2.220222720:01520 3 sehwetels" Kalk) vun. 0122744105 kohlens Kalk 2.0. a, 72 OG OOK ms Kohlenss Maonesia,.. (2 .. 2.020520, 7, kiesels. Magnesia . . . . . 0.053876 , kiesels-“Thonerde 40) 15 .. .22.0.03900%, kohlens: Eisenoxydul . : . . 0.005417, Kieselsäure m. 4.2.0... 081032.0.023820W, Salpetersäure . } Phosphorsäure . | Ammoniak euren Rubidium .... { "P Iiithium 2000. | Mansan ,.... J Summe . 1.39215 gran 4% pen hi il Nimmt man aber der der Analogie wegen, welche dieses Wasser mit dem vorigen (Ranigler) unzweifelhaft zeigt, darin ebenfalls kohlensaure Alkalien an, so kénnte die nachfolgende Zusammenstellung einen leichten Vergleich beider Wasser gestatten : Chlorkalium . kohlens. Kali kohlens. Natron schwefels. Kalk kohlens. Kalk kohlens. Magnesia kohlens. Eisenoxydul . kiesels. Thonerde . freie Kieselsäure Phosphorsäure . \ Salpetersäure . . | Ammoniak ( Rubidium San ie da | Mangan... .... ) Summe ireie und halbgebundene Kohlensäure 0.02527 0.02245 0.08899 0.43244 0.80705 0.34867 0.00705 0.00638 0.06102 1.79932 0.57853 oder ein Piund Wasser — 7680 gran enthält: Chlorkalium kohlens. Kali . kohlens. Natron schwefels. Kalk . „ kohlens. Kalk kohlens. Magnesia kohlens. Eisenoxydul kiesels. Thonerde Kieselsäure Summe MT nn 0.01941 gran 0.01724 , 0.06834 „ OS. 0.61981 , 0.26708)" 0.00541 , 0.00490 , 0.04686 , 1.38186 gran Se She (naa Im chemischen Laboratorium der Universität wurden ausser den hier mitgetheilten Wasseranalysen und mehreren anderen analytischen Arbeiten im Jahre 1870-71 noch fol- gende wissenschaftliche Untersuchungen theils ausgefuhrt, theils in Angriff genommen. Ueber Disulfobenzoösäure und Dioxybenzoösäure (siehe S. XVII); über die Bildungund Constitution der Protokatechu- säure; über Bimethyl- und Biäthylprotokatechusäure; über eine isomere Phenoldisulfosäure; über eine neue aus Para- oxybenzoésaure entstehende Säure. L. Barth. Resultate der meteorologischen Beobachtungen zu Innsbruck im Jahre 1870. Zusammengestellt von Carl Wilhelm v. Dalla Torre, Stud. phil. Das hohe Interesse der Meteorologie an und fiir sich, sowie besonders die höchst wichtigen Resultate beim Ver- gleiche von meteorologischen Beobachtungen an verschiedenen Stationen geben diesen Zeilen den Ursprung. Ganz abgesehen von der wissenschaftlichen Bedeutung, welche solche Studien für Thier- und Pflanzenverbreitung, Zoo- und Phylophäno- logie u. s. w. haben, dürfen dieselben auch bei einer nur einigermassen razionell betriebenen Landwirtschaft nie ausser Acht gelassen werden, und es wäre höchst wünschenswerth, wenn eine Vermehrung der Beobachtungsorte in unserem an Naturerscheinungen so reichen und in jeder naturwissen- schaftlichen Beziehung so interessanten Lande Tirol eintreten würde. Beobachtet man nämlich die Anzahl der Beobachtungs- stationen in unseren Nachbarländern, der Schweiz und Kärn- then (im letzten Jahre traf es in Letzterem 1 Station auf 7, in Tirol auf 4] Quadratmeilen), so macht sich Anbetrachts des grossen praktischen Nutzens das Bedürfniss nach einer Vermehrung höchst fühlbar, und es dürfte hier am Platze sein, die Herren Beamten, Aerzte, Seelsorger und Apotheker, De, an. N die sich für dieselben interessiren, aufmerksam zu machen, dass die Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus in Wien sowohl die nöthigen Instrumente, als auch die dies- bezüglichen Anleitungen den Herren Beobachtern abtritt, und einer Verstärkung der Zahl der Stationen in unserem Vater- lande mit Freude entgegensieht. Was die Beobachtungen in Innsbruck selbst betrifft, so wurden dieselben, wie in den letzten Jahren überhaupt, täg- lich dreimal, und zwar um 6 Uhr Morgens, 2 Uhr Nach- mittags und 10 Uhr Abends angestellt, und es waren die Thermometer, der Regenmesser und die Windfahne im bota- nischen Universitätsgarten angebracht. I. Luftdruck (Tab. I und ID). a) Mittel. Das höchste Mittel fiel auf den Sommer mit 315.96 par. Lin., das tiefste auf den Winter mit 314.30 par. Lin.; den Monaten nach das höchste Mittel auf den April mit 317.20 par. Lin., das tiefste auf den Dezember mit 312.91 par. Lin. Die Differenz des Sommer- und Wintermittels beträgt also 1.66 par. Lin., jene zu dem höchsten und tiefsten Mittel 4.29 par. Lin. In Bezug auf die einzelnen Beobachtungsstunden zeigt sich dasselbe am konstantesten im Jänner, wo es für 6 Uhr 316.74, für 2 Uhr 316.69, für 10 Uhr 316.06 par. Lin. zeigt; am schwankendsten im Mai und Juli. Im ersteren Monate beträgt dasselbe für 6 Uhr früh 317.07, für 2 Uhr 315.55, für 10 Uhr 316.47 par. Lin.; im letzteren dagegen für 6 Uhr früh 319.31, für 2 Uhr Mittags 315.44, für 10 Uhr Abends 315.91 par. Lin. b) Extreme. Das Maximum war im Oktober mit 321.12 par. Lin., das Minimum im November mit 306.18 par. Lin., die Jahresvariation daher 314.94 par. Lin. Nach den Monaten war die grösste Variation im Oktober mit 313.36 par. Lin. (und Februar mif 312.70 par. Lin.), die kleinste im August mit 306.35 par. Lin. (Juli mit 306.50 und Juni mit ON san 306.69 par. Lin.). In Bezug auf die Stunde entfällt das Ma- ximum mit Ausnahme des Jänner, Februar und November auf die Morgenablesung, — bei den andern auf den Abend; das Minimum, mit Ausnahme der meteorologischen Winter- monate auf die Nachmittagablesung; in diesen auf die abend- lichen. II. Temperatvr. a) Mittel, Das höchste Mittel fiel natürlich auf den Sommer mit 13.330 R., das tiefste auf den Winter mit — 2.90°, während sich Frühling und Herbst mit den Mitteln sehr nahe stehen (6.49 und 6.20° R.). Die Undulation des höchsten Mittels der Jahreszeiten (Sommermittel 2 Uhr mit 16.78) und des tiefsten Mittels der Jahreszeiten (Wintermittel 6 Uhr mit — 5.57) beträgt 22.352 Be In Bezug auf die Monate fiel das höchste Mittel auf den Juli mit 15.21"R., das tiefste auf den Jänner mit —4.54°R., die Undulation betragi also 19.75° R. In Bezug auf die einzelnen Beobachtungsstunden änderte sich dasselbe am meisten *m April und Mai, indem dasselbe im ersteren Monate Morgen: noch 2.57° R., um Mittags 10.91 R. und Abends 4.81° R., also ein Steigen von 8.34 und hierauf ein Fallen von 6.10° R. zeigt, während im letz- teren Monate der Morgen 7.83" R., der Mittag 17.42" R. und der Abend 10.37° R. im Mittel gibt, was eine Differenz von 9.59° R. und 7.05° R. ergibt. b) Extreme. Das Maximum fiel auf den Juli mit 26.49 R., das Minimum auf den Dezember mit — 15.30R., woraus sich eine Jahresvariation von 41.7° R. ergibt. Nach den Monaten war die grösste Variation im Februar mit 24.29 R. (und Mai 23.1°R.), die kleinste im April mit 13.6° R. (Oktober mit 14.8 und November mit 15 0° R.). In Bezug auf die Stunde entfallen sämmtliche Maxima auf die Nachmittags-, die Minima, mit Ausnahme des Marz, auf die Morgenstunden; nur in diesem auf den Abend. — 39 ec) Die 5tagigen Mittel ergeben für das Jahr 1870 folgende Werthe: | 1.25. Jänner = — 2.5 6.-10. „ —_ 0.4 ld. — 2.4 16.-20. , — 2.4 21225... — 10.9 26.-30. „ — 8.4 31.-4. Februar — 6.6 DEI. — 6.9 10.-14. „ — 3.4 15.19... — 0.2 20.-24. „ — 0.4 25.-1. März + 2.8 Dh, 4.7 (alkene Le 122.16. , 1.9 ea ı- Dal: 22-26. , — 0.1 DU.-3l., , 0.4 - 1.-5. April 3.0 6.-10. , 6.6 RI. es 5.7 ION. 6.0 2-25, > 9.4 2030... 6.5 1.-5. Mai 6.8 6.-10. , 9.5 ales Pawan 12.6 16.-20. „ 14.8 21-25. , 15.5 26.-30. „ 12.3 31.-4. Juni 12.4 5.-9. » 13.4 10.-14. „ 14.0 15.-19. 15.5 9» { 202245 Juni — PAD 29 ics 30.-4. Juli DR 10.-14. „ 15.19. , 20.-24. , 29-2090, 30.-3. August Aa 9-13. 1%, 14.-18. , 19 = 234 03 24.28.) 5 29.-2. September 3-7. 5 Sea es TS. sie LSP? Wiis 23.20. ies 28.-2. Oktober 3.-7. & 8.124 |, 13. ee 18-22. 5 DD, 28.-1. November 2.-6. 5 eels si 12.210. ey Ina... 222.20. ih os 27.-1. Dezember 2.-6. 16.0 12.6 17 17.5 17.4 14.3 15.3 15.2 19.7 16.1 13.3 1249 10.4 3.9 12.3 11.4 10.0 8.1 6.7 5.7 6.6 6.9 7.6 8.2 Dee 6.7 4.1 2.5 2.9 2.3 6.9 1.3 2.1 BER LO 22.-26. Dezember =- 7.4 27.-31. A — 6.6 7.-11. Dezember — — 4.4 lo een + 2.4 10.21... +28 | d) Frosttage (d. h. Tage, an denen die Temperatur einmal unter O stand) entfielen auf das Jahr 1870 im Ganzen 115 (im Jahre 1869 114), und sie vertheilen sich für Jänner 1870 zu 30, dagegen für Jänner 1869 zu 28, Februar 24, Februar 122 März 21% März 24, April 5, April 1% Oktober ay Oktober 9) November 8), November ily. Dezember 23. Dezember 23. Man ersieht hieraus, dass der Februar des vorigen Jahres milder, dagegen der November strenger war, ein Re- sultat, das sich auch beim Vergleiche der monatlichen Tem- peraturmittel ergibt. Es trifft nämlich als Monatsmittel der Temperatur für Februar 1870 — 2500 Re für Februar 1869 — 3.42° R. fiir November 1870 . — 4,329 R. für November 1869 . aan IR: Die Gränze der Frosttage entfällt für das Jahr 1870 zwischen 1. Jänner und 13. April (mit —0.2° R.) und 12. Oktober (mit 0.6° R.) und 31. Dezember; für das Jahr 1869 ebenfalls zwischen 1. Jänner und 7. April (mit — 1.4°R.) und 23. Oktober (mit — 1.4° R.) und 31. Dezember, woraus ein längeres Anhalten der Kälte als im Vorjabre sich ergibt. e) Die Zahl der Sommertage (d. h. Tage, an denen die Temperatur zu einer Tageszeit über 20° R. steigt) betrug im Jahre 1870: 40 (1869 nur 26), und entfallen auf Mai 1870: 10, dagegen Mai 1869 nur 3, June. 12% “4 Juni as Julian lo: ul en ee 31240 August ,, 35 >| Ausust, Ts womit sich zeigt, dass der Sommer des vorigen Jahres viel ee e ärmer an heissen Tagen war, als jener des Jahres 1870. Nichtsdestoweniger aber war der Sommer des Jahres 1869 im Mittel sogar wärmer, als jener von 1870, indem es für ersteren 13.43° R., für letzteren dagegen 13.33° R. trifft, also die freilich nur kleine Differenz von 0.1° R. sich ergibt. Der erste Sommertag im Jahre 1870 war am 14. Mai (mit 20.2° R.), der letzte am 5. August (mit 20.2° R.); 1869 dagegen der erste am 21. Mai (mit 20.0° R.), der letzte schon am 31. Juli (mit 24.0° R.), woraus sich auch in dieser Hinsicht ein kürzerer Sommer ergibt. Ich habe, da die Momente: Frost und Sommertag etwas neueren Ursprungs sind, zum Behufe einer Vergleichung mit andern Gegenden diesen Punkt etwas weitläufiger behandelt, und auch die Daten des Vorjahres in die Arbeit mit einbe- zogen — das Interessante der Temperatursverhältnisse wird die Inkonsequenz entschuldigen. III. Dunstdruck (Tab. V und VI) und IV. Feuchtigkeit (Tab. VII und VII) wurden nach den in Kreil’s Anleitung zu meteorologischen Beobachtungen gegebenen Tafeln berechnet, und nachdem die- selben auf die Differenz des trockenen und feuchten Thermo- meters basirt sind, mangeln uns mit den leider an 4 April- tagen verabsäumten Psychrometer-Ablesungen auch jegliche Anhaltspunkte zu einem Vergleiche. Aus den (mit Umgehung dieser Tage berechneten) Mitteln lässt sich ersehen, dass der Dunstdruck im Sommer (mit 4.81 par. Lin.), die Feuchtigkeit im Winter (mit 83%,) am grössten war; dass dagegen ersterer im Winter (mit 1.29 par. Lin.), letzterer im Frühling (mit 69%,) den kleinsten Mittelwerth zeigt. Nach den Monaten erscheint das grösste Mittel des Dunstdrucks im Juli (mit 5.29 par. Lin.), also mit der höchsten Temperatur, das zweitgrösste dagegen im August (mit 4.73 par. Lin.), während die zweithöchste Temperatur auf den Juni fiel (12.65° R.); das kleinste Mittel des Dunst- drucks zeigt der Jänner (mit 1.21 par. Lin.) zugleich mit dem kleinsten Monatsmittel der Temperatur; ihm folgt dann ebenfal's im Verhältnisse zur Temperatur der. Dezember (mit 1.29 par. Lin. Ddr. und — 2.92° R. Temp.M.) und der Februar (mit 1.39 par. Lin. Ddr. und — 2.36° R. Temp.M.). — Es ergibt sich also hieraus eine grösste Undulation von 4.08 par. Lin. Nach den Monatsmitteln erscheint als der feuchteste Monat der Dezember (mit 85%, ), ihm folgt Jänner und August (mit je 84%) und September (mit 82%,); die kleinsten Monatsmittel der relativen Feuchtigkeit der Atmosphäre zeigen der Mai (mit 63%,) und Juni (mit 67%,). — Es ergibt sich also hieraus eine grösste Undulation von 22%. Vergleicht man diese mit der Undulation der Temperatur und des Dunstdrucks, so erscheint sie verhältnissmässig zu klein, und es entspräche dieselbe einer kleinern Dunstdrack- Undulation (zw. 2.10 und 2.03) oder einer grössern Tempe- ratur-Undulation (zw. 26 und 27° R.). V. Bewölkung (Tab. IX und XI). (0—10.) Der Himmel war das ganze Jahr zu allen Stunden etwas mehr als zur Hälfte mit Wolken bedeckt; nach den Jahres- zeiten etwas mehr im Sommer und Winter (M = 6.2), we- niger im Frübling und Herbst (M — 5.3 und 5.0). Am grössten ist die durchschnittliche Bewölkung am Morgen der Wintermonate (M — 7.1), am kleinsten zu allen Stunden im Herbste. Den Monaten nach entfällt das grösste Mittel der Be- wölkung auf den August mit 7.1 (und März mit 7.0); das kleinste auf den September und Mai mit 4.1 (und April mit 5.0). Der Zahl nach besitzt der Frühling die am meisten A heitern Tage (23), der Sommer am wenigsten (8), Winter und Herbst gleich viele (21). Die grösste Anzahl trüber, ganz bewölkter Tage fallt auf den Winter (35), die kleinste auf den Sommer (29), während Frühling und Herbst gleich viele besitzen (33). Die Zah! der ganz heitern (B — 0) und weniger be- wölkten Tage (B = 1~ 4) war kleiner, als jene der mehr bewölkten (B— 5—9) cder ganz trüben (B= 10), und zwar nur 108 gegen 257. Nach den Monaten war der heiterste der April mit 11, und der Februar mit 9 wolkenlosen Tagen; der trübste der März mit 18, und der August mit 13 ganz bewölkten Tagen. Am wenigsten schöne Tage hatte der August (nur 1) und der Juni (nur 2); am wenigsten ganz trübe der Mai (nur 6) und der September (nur 8). Nach den Stunden zeigen sich am Morgen im April 10, im August 0 ganz reine, wolkenlose Tage; im März dagegen 20 und im April, Juli, September und November 11 ganz bewölkte Tage. Zu Mittag waren am meisten wolkenlose Tage im Fe- bruar (9), am wenigsten im Juni und August (0); ganz be- wölkt war's im März 15ma!, Mai und Juni nur 4mal. Lie Abendbeobachtung ergibt als den heitersten Monat den April mit 14, dagegen Juni nur mit 2 wolkenlosen Tagen; der trübste war der März mit 19 ganz bewölkten Abenden, während der Mai nur 8 hatte. Im Allgemeinen trifft der heiterste Himmel im Herbst auf den Abend und Morgen, die übrigen Jahreszeiten auf den Abend a'lein; am seltensten ist er Mittags ganz wolkenlos. Ganz bedeckt war er im Winter und Sommer am Morgen, im Frühling und Sommer am Abende am öftesten; am Mittag war er meist mehr weniger bewölkt, selten ganz wolkenlos. Vi. Windrichtung und Stärke (Tab. X und XI). Was die Resultate anbelangt, so sind sie zwar für Inns- bruck richtig und genau verzeichnet, allein für eine allgemeine TR IM NE meteorologische Anwendung von nicht hohem Werthe, da gerade in unserem rings von Gebirgen umschlossenen und nur in 3 Richtungen von Thälern durchbrochenen Kessel fast nur abgeleitete Winde kommen, die entweder abgeprallt die ent- gegengesetzte oder an Gebirgszüge angelehnt nur eingeleitete Zwischenrichtungen verfolgen. Vorherrschend war der Nordwind (584mal) und der Südwind (Sirocco) (241mal). Diesen zunächst kommen Nord- ost und Nordwest (68 und 65mal), am seltensten erschien der Südostwind (14mal). In Bezug auf die Jahreszeiten wehte Nord am 6ftesten im Frühling (180mal), ebenso Süd (76mal); am seltensten im Herbst (113mal), dagegen Süd im Winter (18mal). Nordwest und Nordost wehten besonders im Winter (34 und 22mal) neben dem ziemlich häufigen Nordwind (143mal). Im Frühlinge fehlte Ostwind ganz, im Sommer wehte er einmal, war dagegen vorherrschend im Herbst. In Bezug auf die Monate wehte Nord am häufigsten im Jänner (81mal), am seltensten im Dezember (10mal) und November (14mal); dafür herrschte im erstern Monate der Nordost (29mal), im zweiten der Südwind (28mal) vor. Aehnliches wie für die Windrichtung gilt auch in Bezug auf die unsichere Bestimmung der Windstärke. — Theils durch Anprall, theils durch plötzliches Oeffnen des Thales gemil- dert, können in dieser Hinsicht Eigenthümlichkeiten vorkom- men, die nur durch die topographische Lage Innsbrucks be- dingt werden. Am meisten stärkere Winde (St — 4-9) verspürte man im Februar und September (je 6). Im letzteren Monate wird er als Türkenwind alljährlich erwartet und freudig begrüsst, da er das Abreifen des Mais sehr begünstigt. Dagegen wehte er nie merklich im Jänner und März. Am öftesten wehte er im Winter (10mal) und Herbst (Smal) merklich, weniger oft im Frühling und Sommer (5mal). In Hinsicht auf die Stunden war es am Morgen stets do windstill; der Wind erhob sich Vormittags, wehte dann um Mittag ziemlich oft (16mal), liess gegen Sonnenuntergang nach, und leste sich oft dabei ganz (4mal) oder hielt wohl auch über die Abendbeobachtung an und legte sich dann vor Sonnenaufgang (12 mal). VII. Niederschlag (Tab. XI und XI). Der Niederschlag wurde in einem von der Zentralanstalt überlassenen Regenmesser über je 24 Stunden gemessen. a) Mittel. Das grösste Mittel fällt auf den Herbst (mit 9.22 par. Zoll) und Sommer (mit 8.62”), das kleinste auf den Winter (mit 3.16”). Nach den Monaten entfällt das grösste Mittel auf den November (mit 4.65”) und den Juli (mit 4.66”), das kleinste auf den Februar (mit 0.44”) und Juni (1.07”). b) Extreme. Die grössten innerhalb 24 Stunden ge- fallenen Niederschlagsmengen entfallen auf den (17.) Juli (mit 19.84”), (1.) November (mit 17.15”) und (15.) Oktober (mit 13.44”), so dass auch in dieser Hinsicht Herbst und Sommer den Vorrang besitzen, freilich diesmal letzterer er- steren überflügelte. Die kleinsten absoluten Maxima entfallen auf den (21.) Februar (mit 2.48”) und den (4.) Juni (mit 2.68”), den Jahreszeiten nach also das kleinste Maximum auf den Winter. c) Die Anzahl der Tage mit Niederschlägen (hier wie immer werden eben nur messbare verstanden) be- trägt für's ganze Jahr 133, wovon 2, auf den Regen, 14 auf Schneetage entfällt. Am meisten Tage mit Niederschlag entfallen natürlich auf den Sommer (44), am wenigsten auf den Winter (21); der Herbst (mit 35) hatte um 2 mehr als der Frühling (mit 33 Tagen). Davon sind natürlich im Sommer nur Regentage, im Winter 15 Schnee- und 6 Regentage; der Herbst hatte 27 Regen- und 8 Schneetage, der Frühling nur Y/, Tag mit Schnee. men gee al Nach den einzelnen Monaten entfallen die meisten Tage mit Niederschlagen auf den August (20.) und Oktober (17.), die wenigsten auf den Februar (4.) und Jänner (7). April, Mai, September und Dezember hatten gleichviel, nämlich je '/, der Monatstage mit Niederschlägen. d) Gränze der Schneetage. Der letzte Schneetag war im Mai, der erste im Herbst am 1. Nov. in einzelnen Flocken, am 11. zum ersten Male sich anlegend. Vill. Gewiiter. Diese so wichtige Erscheinung für die Meteorologie, welche im Eimzelnen und im Zusammenhalt mit den andern zur Gel- tung kommenden Veränderungen des Luftdruckes, der Tem- peratur, des Windes u. s. w. von grösstem Interesse wäre, wurde leider gerade in diesem Jahre etwas stiefmütterlich behandelt. Aus den wenigen spärlichen Notizen, welche wir uns machten, allein, vermögen wir nachstehende Resultate zu- sammenzustellen: \ Das Jahr 1870 war ziemlich arm an Gewittern; öfters zeigten sich nach heissen Tagen gewitterdrohende Wolken, in diesen selbst sah man Blitze; allein gewöhnlich löste sich die ganze feuerdrohende Wucht in einen Regen auf, kühlte ab und zog so wenigstens für Innsbruck schadlos vorüber. Wetterleuchten war im Sommer fast allabendlich, meist in der Richtung Nordost. Die Gewitter setzten sich gewöhnlich im Thale Sellrain zusammen, und zogen dann im Süden Innsbrucks den Bergen nach, wobei sie im Mittelgebirge einige Male durch Hagel mehr oder weniger Schaden anrichteten; andere zogen vom Solstein aus der nörd!ichen Kette nach, waren nie schädlich und fielen erst am Haller Salzberg in’s Thal herab. Ein paar Mal zeigten sich an verschiedenen Stellen der Umge- bung (einmal an 7) Gewitter, die Innsbruck von allen Seiten bedrohend in die Mitte nahmen, aber nie Schaden thaten. Das erste Gewitter war am 22. Mai Abends mit vielen ATs Blitzen und starkem Sturmwinde; es dauerte eine halbe Stunde und endigte mit heftigem Regen; es war dies eines der stärksten des Jahres. Das zweite Gewitter war am 8. Juni, das dritte stärkere am 24. Juni am Abend; dabei schlug es im Blitzableiter des Pulverthurmes und an mehreren andern Stellen — auch im Innfluss — ein, ohne irgendwo zu zünden oder sonst be- trächtlich zu schaden. Fernere Gewitter waren am 1. und 6. Juli und endlich das letzte am 9. Ohtober zwischen 2 und 2 Uhr Nachmit- tags, wo ein paar starke Blitze fielen, denen heftige Donner folgten; ein Schlag traf in die Sill unweit des Bahnhofes. Darauf folgten zwei Tage mit Regen. IX. Ausserordentliche Erscheinungen. Von ausserordentlichen Erscheinungen, von denen eben- falls keine Aufzeichnungen vorliegen, fand ich zwei Notizen vor: im Jänner 4 Uhr früh ein leichtes Erdbeben in der Richtung Südost gegen Nordost, mehr wiegend als stossend; und am 24. Oktober Abends 4,8—8 Uhr schönes helles Nordlicht bei halbbedecktem Himmel, dem Spiegelbilde eines fernen Brandes ähnlich. Es dehnte sich zwischen der Frau Hütt und dem Ruhmer Joche bei Hall aus und dauerte circa 1 Stunde. — 30. Okt. Abends ein viel schwächeres. X. Die Schneegränze. *) Es ist für Bewohner von Gebirgsländern äusserst in- teressant, die Schneegränze der Umgebung in den verschie- denen Jahreszeiten und Monaten kennen zu lernen. Wir wollen in Kurzem hier eine Anleitung geben, wie man sich dieselbe am einfachsten und belehrendsten notiren kann, und hierauf die Hauptmomente in dieser Beziehung vom Vorjahre anführen. Man nehme einen ziemlich eng quadrirten Gitterbogen — *) Nach Mittheilung des Herrn Universitäts-Professors Dr. A. Kerner: Naturw.-med. Verein. 1872. I, Hit. 5 » »Tupfbogen* — wie man ihn zum Nachzeichnen von Stick- mustern in allen Kunsthandlungen bekommt; hierauf theilt man sich denselben längs der grösseren Seite (abseisse) in 360 Theile, was aber meist schon geschehen ist, wodurch nichts mehr zu thun übrig bleibt, als Tag und Namen der Monate der Reihe nach hinzuschreiben. Der Höhe des Bogens (ordinate) nach, also vertikal auf die vorige oder Basislinie notirt man sich die Höhen von der absoluten des Beobach- tungsortes an bis zur absolut höchsten einer in der Umge- bung liegenden Spitze. Man nimmt hiezu am bequemsten je zwei solcher kleiner Theilstriche — 100’ und schreibt sich die Höhen von 500 zu 500’ nebenan. Hat man diese Vor- bereitungen getroffen, so wird man nun bei einigem Augen- masse leicht im Staude sein, die Höhe, bis zu welcher z. B. der erste Schneefall herabreicht, zu schätzen, und indem man nun an der betreffenden Höhenhorizontale herüberfährt, kommt man endlich auf ein Quadrat, welches genau vertikal über dem Datum jenes Tages liegt, an welchem sich der betreffende Schneefall ereignete. Dieses merkt man mit einem Punkte an, und indem man täglich beobachtend so verfährt, erhält man durch die schliessliche Verbindung all’ dieser Punkte eine Curve, welche die Schneegränze des betreffenden Berges angibt. Bei einiger Uebung und Aufmerksamkeit kann man sich wohl auch Bergketten, ja selbst gegenüberliegende Berg- ketten in dieser Hinsicht abzeichnen. — Auf diese Weise gelangten wir zum folgenden Resultate: Der Schnee legte sich im Dezember 1869 im Thale an und blieb liegen bis 16. Februar 1870. Von diesem Tage an schmolz er und es zog sich die Gränze allmälig, aber unter häufigen und manch- mal tiefen Rückfällen in’s Gebirge zurück und erreichte den höchsten am 17. August 1870, worauf das Vorgehen schnell und höchst unregelmässig vor sich ging. Am 9. Sept. stieg er wieder bis zur Höhe von 8800’, fiel aber schnell, um am 9. Okt, zum dritten und letzten Male aufzusteigen, ehe er sich im Thale anlegte. Die Gränze fiel in eine Höhe von 8000’, Am 11. Nov. waren Fluren und Wälder der Thal- BS WAG He sohle zum ersten Male mit Schnee bedeckt. Darauf folgte der „alte Weibersommer*. Der Schnee wich auf der süd- lichen Abdachung bis 5200’, auf der nördlichen bis 4000’ in die Höhe; Mücken tanzten in den Lüften, Spinnen schau- kelten an den Seilen, Aesculus Hippocastanum, die Ross- kastanie, blühte zum zweiten Male im Jahre. Die Natur erwachte scheinbar wieder auf’s Neue, bis der 2. Dezember dem schönen Traume ein Ende machte — und der Träumer beim Erwachen am Morgen Berg und Thal weiss sah. Zwar zog sich der Schnee später wieder etwas rückwärts, allein der Winter war einmal gekommen, und — so ruhte man nolens volens in’s Jahr 1871 hinüber. Aus dem Vergleiche der Schnee-Curven aus’ mehreren Jahren ergibt sich im Allgemeinen: Es findet ein Vor- und ein Nachsommer jedes Jahr statt; alljährlich ist das Aufsteigen des Schnee’s im Früh- linge und Sommer regelmässig und mit weniger Rückfällen verbunden als das Abfallen der Schneegränze am Ende des Sommers und im Herbste, und so verhielt sich’s auch im Jahre 1870. 5% — 50 I. Tabelle. 300 + Jänner Februar März | April Mai | Juni 771529 19:092719313. 12 14.71 1713508 19:03 2, 34.00) | 12:67. | 15.292 17.05 11.96 719:05 3 | 14:97 | 15.68 | 12.55 1 1822 | 14.57 | 1660 4 | 16.52 | 15.54 | 11.09 | 18.55 | 16.48 | 17.37 571 1653 115,54 12.93 119511 10292171888 6 | 16.54 | 15.81 | 14.44 | 18.24 | 16.44 | 16.57 7 | 14.37 | 15.53 | 12.49 | 16.47 | 16.49 | 15.32 8 | 14.12 | 13.24 | 13.73 | 14.12 | 16.29 | 14.40 9%) 13.6351 11.34 | 13.52) 13.31 | 9858 [1444 10 | 12.84 | 12.54 | 12.15 | 14.08 | 13.61 | 13.06 Pt) 18.24) 15.422 10.24 1916.92 1320) 1.1979 12 | 14.99 | 14.14 | 10.09 | 17.45 | 14.43 | 16.06 13. 15.022 13.06%| 11.11) 17:80 16. D7 lee 14%°19:89,1° 12.0871 Tat 16.72 Mesa 1049 15 | 15.64 | 13.26 | 13.66 | 16.76 | 16.69 | 17.89 16 | 12.56 | 13.39 | 16.83 | 18.91 | 15.84 |) 17.19 17 | 12.69 | 15.502) 13.81°| 1842| 718.847, 1795 18 | 14.09 | 12.74 | 14.19 | 17.94 | 19.17 | 17.72 19) 16.62 | 12.09. 16.25. 17.21 | 18.9800. 2062 20 | 15.78 | 12.66 | 17.84 | 17.58 | 19.09 | 17.95 21 | 16.60 9.127 | 17.34 | 18.11.17. 9801177272 22 | 16.87 9.33 | 14.40 | 18.69. | 19.2317 12.92 23 | 15.89 | 12.85 | 11.70 | 18.19 | 16.75 | 16.20 24 | 16.59 1.12.35 | 12.81 | 18.55 | 17.09 || 14.22 25 | 16.90 | 12.02 | 12.69 |. 19.29 | 16.73 | 14.74 26 | 15.57 | 12.24 | 12.09 | 17.66. | 16.95 | 16.72 27 | 16.04 | 13.65 | 14.62 | 14.83 | 17.26 | 14.89 28 | 17.54 | 15.42 | 12.36 | 14.24 | 17.08 | 15.24 29 | 17.94 — 14.54 | 12.51 | 16.57 | 15.62 30 | 18.88 — 13.13 | 13.79 | 15.82 | 16.52 31 | 19.12 — 13.81 — 14.79 _ Juli August | September} Oktober | November | Dezember i75315.64 | 1582| 15.75 12082 122.92771731 2 | 15.26 lesen la ne ae lie 15.40 | 14.82 | 18.27 | 16.59 | 17.37 3 | 15.58 | 14.33 | 17.88 | 16.47 | 17.68 | 14.93 4 | 16.11 | 15.50 | 16.03 | 16.63 | 18.12 | 15.93 5 | 17.68 | 14.39 | 16.72 | 18.73 | 18.78 | 17.05 6 | 17.04 | 14.82 | 14.75 | 16.83 | 16.71 | 13.02 7 | 16.80 | 14.89 | 15.21 | 15.08 | 15.68 9.66 8 | 16.41 | 13.68 | 15.03 | 16.69 | 15.92 8.34 9 | 15.55 | 13.22 | 15.84 | 11.17 | 14.36 | 12.79 10 | 16.55 | 13.44 | 15.38 | 10.63 | 12.69 | 14.81 11 | 14.39 | 13.77 | 17.26 | 13.79 7.09 | 14.30 12 | 12.98 | 14.91 | 16.86 | 14.55 | 10.38 | 13.91 13.1,.1449 | 15.91 | 1623 \ 12.76 |. 11.49 | 14213 14 | 16.47 | 15.31 | 14.23 | 14.23 | 10.46 | 14.33 15 | 16.16 | 14.35 | 16.09 | 14.66 | 10.77 | 15.18 16 | 15.54 | 13.95 | 18.65 | 13.87 | 10.00 | 14.64 17 | 15.79 | 14.14 | 19.20 | 13.35 | 11.92 | 15.05 18 | 16.84 | 16.47 | 17.88 | 16.38 | 13.83 | 15.28 19 | 17.66 | 11.63 | 18.03 | 15.78 | 11.81 | 13.88 ZOMG TSS 1 1854 14019 | 13414 9.78 21 | 17.67 | 15.88 | 17.81 | 13.58 | 13.46 8.80 22 | 15.99 | 16.17 | 17.73 | 16.00 | 14.32 9.37 23 | 16.65 | 14.81 | 19.25 | 11.39 | 13.33 | 10.28 24 | 16.99 | 14.31 | 20.03 9.11 | 15.89 | 11.21 25 | 15.71 | 13.75 | 19.56 | 12.20 | 15.64 9.26 26 | 15.39 | 12.70 | 17.66 | 11.11 | 15.76 9.19 27 | 14.93 | 13.48 | 17.70 | 13.74 | 16.37 9.58 28 | 14.63 | 13.92 | 18.55 | 12.68 | 18.01 | 10.19 29 | 14.46 | 12.67 | 18.39 | 15.81 | 17.09 | 10.61 30 | 14.39 | 15.02 | 19.49 | 14.47 | 16.67 | 13.05 31 | 14.39 | 17.02 — 13.68 — 13.65 Jänner Februar März April Mai Juni Juli August 6 hora | 16.14| 14.05] 14.20 | 17.67) 17.07] 16.84] 19.31 | 14.54 2 hora | 16.69 | 13.54] 13.33 | 17.06| 15.69] 15.55 | 15.44 | 14.54 10 hora | 16.06 | 13.58] 13.71] 16.88 | 16.45] 16.47 | 15.91 | 14.99 Mittel | 16.10) 13.73] 13.75 | 17.20) 16.39] 16.30] 16.89} 14.69 Monats-Mittel 6 hora | 15.88] 19.12] 18.45 | 20.26 | 19.86] 18.93 18.99] 17.67 am | 30. I. 2, 18.1 1212| 22. ae ile 2 hora | 18.74 18.90] 17.50| 19.19 | 18.50 | 17.56 | 17.99 | 16.40 am | 30. 1: 15.025. 1.18 | 20, 102 aay lee 10 hora |19.03| 19.35] 18.26 | 20.22 | 19,39 | 18.49 | 17.76 | 17.00 am | 30. 1. 20. 100A. 17.1 42.920.031. Mittel |18.88| 19.12] 18.07 19.89 | 19.25 18.33 18.25 17.02) Absolutes Maximum 6 hora | 14.00! 7.40 | 10.26 | 12.79 | 12.14|13.14| 13.55 | 11.89 am ı 4. | 21. 1 12.0129. 2. 1010 120 98 2 hora |14.79| 9.8 | 9.66|12.03/11.8 |12.24|12.49|11.32 amıı 310: 421. Cl. 2 | 29. 2.31 LOSS Mee 53198 10 hora |11.75| 6.55 | 9.59] 12.59 | 12.66] 13.48 | 12.92] 11.69 am | 26.1121. 1 14.) 129. 2.11 2a 2k 1019. Mittel | 12.85 7.68 | I 12.50] 11.83 12.82) 12.99 11.63 Absolutes Minimum 1.77 | 5.29 | 5.44 | 5.78 7.42 | 5.32 | 5.50 | 5.08 6.75 | 5.01 | 4.84 | 5.31 1.29 | 5.37 | 5.26 | 5.39 | 6 hora | 4.88 111.72] 8.19 | 7.47 2 hora | 5.95 | 9.12] 8.4 | 7.06 10 hora | 7.28 | 12.70] 8.67 | 7.63 Mittel | 5.70 | 11.41] 8.40 | 7.38 Variation In | | | Dezember 13.04 12.63 13.03 12.91 9.03 9.20 | 10.14 9.46 iol © ~~ a = 14.41 14.28 14.22 14.30 12.60 11.89 I ——— Frühling Oca 15.36 15.68 15.78 20.26 54. seats) 25.4, 20.22 4.4. are 10.26 12.3. 9.46 11.3. 9.59 11.3 3 11.00 9.75 10.63 10.12 18.99 11. ae u; | 16.89 15.19 19.109 > 96 27.1. 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Tabelle Jänner Februar März April Mai Juni ur 89, E33 az ge 2) +12| —60| +43 3.3 7.9 11.9 3 | —03| —40} +61 215 6.9 12.9 4) —22| —52| +53 3.9 5.4 11.0 5 | —35| —39| +45 3.3 5.3 12,0 61 —31| —67| +19 5.2 6.7 9.4 7 | —06| —84| +09 Hall 8.7 10.7 87 2053| 89) 712) 66 | 100 Silke 9); —01| —69| +23 8.0 10.7 13.3 10| +13] —77| +16 8.0 10.9 11.8 11 | +12| —80| +25 6.1 10.5 12.9 12} —26; —62| +04 5.7 11.6 13.7 13 | —35; +3.8| — 20 5.7 12.1 15.7 14 | —53 +20| —1.0 2.0 13.6 16.0 15 | —19| —14| —23 4.0 15.1 16.2 16 | —03| —14| —14 4.1 15.1 13.6 17 00 | —03| +17 4.5 13.5 16.0 18} —16| +12) +21 8.9 14.6 16.0 19 | —33| +11] +36 2.1 15.5 15.8 20; —70| +17, +22 8.4 15.5 16.3 21 | —96| —03| +0.7 8.8 16.4 15.8 22 |—106| —24| +19) 12.0 15.6 16.0 23 |— 15.1} —14| +02 9.3 14.7 15.8 24} —99| +10] —15 8.6 14.5 16.2 25 | —96| +25] —1.8 8.3 11.9 11.0 96 2841) ee eo 100 9.8 13.0 27 | —61| +18] +05 8.3 12.1 11.6 98] 78| +49) "01| 60 | 138 | Ja 29 |— 10.0 — + 0.6 2.7 14.0 13.2 304 Tom 6! | SEOs HALS 16.2 31 | —9.0 — +23); — 13.8 — a Juli August | September | Oktober | Nevember | Dezember nA To | om 1 20 ung Ara 162. 12:5 6.7 29 | —48 9.6 | 184 | 13.3 6.7 26 5:8 13.0 \ 13.41 125 6.7 Oe al 162 | 115.5 | 9.0 6.9 26 | —64 TE 13:00 6.7 1A | aA 1350| 146, DA 71.4 1 Sa 180 1538, 30,102 ,204 20 So TE) NEO) 10.6 9,5, 27.0.9, | 7 io 175, 1334 12.5 1.3 Bee oo ln | 29.8 5.1 AS) 3 104 9170|: 162 93 5.9 0.0039 ROMS 3 126 93 109 Bal 216 144 |, 127, 103 9.7 27 | 154 I, 3148| 108 68 7.9 3.9 | 44 te} 159 | 127 6.6 5.9 2.9, 2205 yet. 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Tabelle. Jänner Februar März April | Mai | Juni 0.91 0.76 1.92 1.89 1.83 4.35 1:69 1.01 1.85 1.82 1.77 4.17 1.80 1.24 2.05 1.43 2.38 3.17 1.36 145 2.35 2.58 2.28 5.81 1.40 1.39 2.30 1.95 2.30 1 43:50 1.39 0.75 1.88 3.17 2.08 3.62 1.78 0.79 1.81 2.90 2.48 4.06 1.84 0.79 1.66 2.75 3.22 3.47 1.39 0.88 1.65 2.48 3.11 4.08 1299 0.67 1.92 =) 2.80 4.53 1.63 0.83 1.43 —_ 3.04 4.57 1.40 1.03 1.58 = 3.24 4.31 0.72 1.62 1.47 — 3.87 4.99 1.09 1.86 1.50 2.37 3.96 5.31 1.58 1.67 160 12209 4.34 5.42 1.99 1.49 1.67 1.98 4.06 473 | 1.85 1.59 2.08 2.50 3.67 4.66 1.62 1.75 2.04 2.32 4.48 5.31 1.07 1.80 1.82 1.95 4.98 5.58 0.87 1.99 1.78 2.22 3.82 5.22 0.62 1.68 1.79 2.46 4.66 5.40 22 | 0.60 1.49 2.00 2.40 5.42 5.41 0.51 1.73 1.81 3.38 5.39 5.22 0.54 1.61 1.52 3.09 3.67 5.08 0.55 2.05 1.68 2.15 3.01 4.95 26 | 0.78 1.81 1.68 2.60 2.97 3.09 en ee a eS a Oe OMAHA PWD HOO MW ASD OP OF DOH DD AS) bBo DD Ou B® oo 2701.02 1.69 1.96 2.87 3.22 4.17 28 | 027 1.56 1.29 2.23 4.30 4.00 29 Nt Orde — 1.75 2.23 3.98 3.58 30 | 0.88 — 1.71 1. 31.69 4.43 3.83 on 0.20 — 1.84 A ier 5.39 = *) Leider fehlen uns die Ablesungen des feuchten Thermometers vom 10.—13. April, ein Faktor, der/die Berechnung des Dunstdruckes und der Feuchtigkeit unmöglich macht. Lg) (ee m | Juli August | September] Oktober | November | Dezember i > =] a] co CO > ja! Oo D [0,9] >) ber We) aut ES (op) S ho > Pr (of) Ne) HP &) BE D CO Ne) = S ne D w (sb) © ih bo 25 525 3.95 3.08 2.38 199 0.81 26 | 5.54 3.46 3.34 3.07 2.18 1.05 ZU RU 3.97 341 1.76 2.56 1.05 28| 5.53 3.84 3.71 2.35 209 0.92 29 | 5.48 4.25 3.44 2.43 2.03 0.85 30 | 5.41 Do 3.39 2.68 1.66 0.91 Oo er Or co de) > [e>) = | I) on (op) | 2 ie) > Jänner 0.93 6 hora = Ss Ss - 2 oD je 2.10 März Ol 2. Mai Juni Juli 4.34 4.28 3 oe 4.84 a: 2 hora | 1.51, 1.64 | 2.02 | 2.65 | 3.62 | 4.62 | 5.18 | 5.09 = 10 hora | 1.13 | 1.39 | 1.78 | 2.13 | 3.81 | 4.62 | 5.47 | 4.83 a Mittel | 1.21 | 1.39 | fee cece 3.64 | 453 2 6 hora a | 18 | 137 oa) 3G | eto | 188 | 187| 213] — | 536] 568 | 630] 600 6.00 5 am (ag |) 1a | asalı | ton | ea E 2 hora | 2.20 | 245 | 268) — | 6.39 | 5.72 | 6.90 | 7.80 = | am) 2 (25. | Bl) nie. 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Station Ss La ue B a in Beobachter Stunden 8 ange | Breite | Toisen TOTER | . | ae | Oo Bregenz |M. ress sa30 198°9} Dr. Hummel 1 21,9 Dornbirn |D, 27025’ 147024’ | 2370| Dr. G. Waibl {19} 1/10 Bludenz |B1.|27029’ 47010’ 298-0] Br. O. Sternbachj18)} 2/10 Innsbruck | I. 128059’ 147016’ | 294-6] Dr. A. Kerner |18) 2/10 Vent v.128039 |4799’ | 966-2} Fr. Senn 120) 2] 9 74 — I. Vergleichungs-Tabelle| Luftdruck auf 0° red. Temperatur nach Reaumur | | 1% 2. 3. | M, 1. | 2. 3. M. | | | | Br. 3221052279 B2271922.74 2309 | 159) 18 5 | D. [319.59/319.52'319.911319.81| --29|+0.3 20 |—16| = | Bl. 315.17/315.00315.26/315.14] —3.4|-10.6 |—23 |—1.7| S | 1 [816.14/316.69 316.06/316.10] —6.7/—1.67\—5.2 |—4.5 | ee ES an a i 267.49 4 wots || Br. 1320 45132037 320.41/320.41 —8.16 —0.45 —2.06 Ba. = | D. 1317.801317.55317.77|317.84| 35 -10.16 0231| —1.94 3 | BL )313.11/312.83/313.13/313.02|—3.2 41.8 |—1.69) —1.04 © | 1. [814.05/313.54/313.58/313.73| 5.57/+-1.37|—2.89| —2.3¢ oe ee 2 Br. 1320.78 320.81/320.81/320.80|-+0.2 |+-3.06|-1.37| 1.50 x | D. [318.22/318.09)318.35/318.23110.1 13.6 |4+1.0 | 11.54 | Bl. [313.58/313.40/313.69/31356|—0.19'+4.5 1.0.22) 11.73 = I. 1314.20313.331313.71/313 751—0.56/+-4.94/+-0.29] 41.53 Roe — = — |266.43) — — — |—3.7 Br. 1321.18 321.10/320.80/321.06] 3.94 | 8.95 | 637 | 64 — | D. |320.76320.491320.73320.67| 46 97 |52 | 64 E | Bl. [316.16315.19/316.15 316.04] 3.18 | 11.10 493 | 6.4 <“ | 1. [317.67317.061316.88 317.201 2.57 | 10.91) 481 | 6.08 won | | 2090 =] |) | = Br. 1322.04/321.90/321.75/321.90| 9.35] 14.3 | 11.3 | 11.6 D. 1320.21 319.861320.221320.10| 10.7 | 15.9 | 10.6 | 12.38 @ | Bl. [315.67,315.13)315.62)315.47| 7.9 | 169 | 9.95] 11.6 1. |317.07/315.69/316.45/316.39] 7.83| 17.42] 10.37) 11.8 oa ae | 50 Br. 1321.98/321.84/321.86/321.89] 11.6 | 15.51] 13.16| 13.3 | D. [820.27/319.94/320.33/320.18] 1264| 1693| 12.06| 13.90 = | BL. 1315.87/315.39/315.58/315.611 9.65! 17.12! 11.43) 12.7 = 1 1 1316.841315.59/316.471316.30| 10.47| 14.83| 12.30] 12.53 Vi) eee Se 75 der monatlichen Mittel. Feuchtigkeit 9/o Dunstdruck in par, Lin. 76 ee aoe I. Vergleichungs-Tabelle Luftdruck auf 0° red. Temperatur nach Reaumur 1. | 2. 3. M. 1. 2. 3 | M | Br. 1321.23/321.09/321.07/321.13] 13.6 | 18.3 | 15.8 | 15.9 Ei D. (319.57/319.35)319.46/319.43) 14.6 | 19.4 | 142 | 16.1 = Bl. (315.11 314.74)305.09 314.98) 11.9 ‚19.7 | 140 | 152 | 1. 1319.31 315.44/315.91316.89) 11.94 19.85, 13.85} 15.21 Iv| —) - — 2926 — | — | — — Br. 1320.60 320.261320.25 310.27] 10.8 | 14.38) 11.95 1237 re D. 1318.43 318.151318.53 318.36) 11.4;| 15.2. | 108 125 so | Bl. |814.03|313.72314.151313.97| 9.6 | 15.3 | 10.5 | 11.8 a I. 1314.541314.54 314.991314.69| 9.97] 15.67) 11.13] 12.25 mo a 9a a nn BS AT a Br. 1322.621322.431322.38322.48| 77 | 1231 99 | 99 = D. /320.971320.711320.66 320.831 7.6 | 132 | 8.7 | 97 5 Bl. j316.461316.01/316.41/316 29] 65 | 141 | 8.7) 98 = I. 1317.36316.55/317.12/317.01] 5.52) 12.17) 895| 8.87 v2 yo a cal au 270.04 a an = oh Br. 1320.67 320.46 320.33 320.49] 5.7 | 86| 66| 66 & D. [318.69|317.88317.95318.20| 50 | 89] 611 65 © Bl. [314.26/313.78/313.931313.99] 3.7 | 96| 61| 67 S I. 1315.47/314.03/314.59/314.69) 3.22} 9.81] 3.63] 5.41 Veni ee | bs 26 — Bun a 12 N Br. 1520.081320.001320.071320.051 2.31) 4.38) 3.09) 3.26 2 D. 1317.901317.79[318.00317.89| 21| 44) 215 31 = Bl. [313.37/313.23/313.53/313.38] 2.58; 636 3.41; 4.11 Ss I. 1314.92/313.891314.21|314.34| 2.31] 6.42) 4.32| 4,32 A | Voie ee 968 4a 2) Se en hi Br. 1319.36/319.41/319.42/319.40]—3.4 |—1.9 |—3.1 |—2.88 = D. 1317.00/316.88|317.09'316.98|—3.7 |—1.7 |—3.5 |—2.95 3 Bl. |312.39312.19)312.411312.33[—4.6 |—1.5 :—3.6 |—3.1 2 iL 213.04,312.63 313.03|312.91)—4.21—1.41:—3.33|— 2.92 Veni bate | oe 267.16) — ae an ENG an der monatlichen Mittel. Feuchtigkeit 0/o EY Dunstdruck in par, Lin. ae aaah Il. Vergleichungs-Tabellen Luftdruck Temperatur Dunstdruck Feuchtigkeit l | | Tag | Tag | Tag | Tag Br. 325.45) am47.ı 17.2 vam, | — 1 eae = D. 1322.65 am17.! 6.0 |am8. ]2.56 am$ 100} am 4 2 Bl. {317.74)am 17.) 9.2 jam2. | — | — [| — |. — m I. 1319.03) am 30. | 3.2 jams. |2.20] am2 100 am 7 V. 1270.44 am a 2.8 am — — — — Br. |525.28|ami. !+5.8 Jjam18.| — — | —| — = D. 1322.80 | am 1. 7.5 |am 27.12.59 am 25.| 100] am 24. 5 Bl old: Slava Eyl Oe ami 2 Sete 7 u un es 1. 1319.25) am 1. 10.2 |am13.| 2.45) am 25.| 100) am 24. V. 1270.69| am —, 3.4 lam—.| — — — — Br. {314.09} am 20.]|-+-8.2 |am1. | — | — | —| — S D. /521.98)am20.| 9.1 |am3. ]3.14am3. | 100 am3. rs Bl. |317.07/ am 20.1 13.8 |am2 — — — — = 11. [318.45\am21.| 124 |am3. |2.70.am4. | 98|am23. V. 1269.62)am—.| 5.8 |am — | — — a = Br. [325.32|am4. | 15.6 am 21.) — — a a D. 1323.58) am 25.) 16.8 | am 21.|3.88| am 24.| 93 |am 27. ae 1 Bl (B18. 74am 25). 182 tam 21.1, =) |e ren = 11. 1820.26) am5. || 16.0 |jam20.1 | _ | V. aan 2 am —— — —_ — Br. 1324.36 am18.| 23.2 |am21.] — ee oh D. [322.95|am18.] 22.6 |am 21.16.78] am 22.| 95 |am31. = Bl. !318.56/am 18.1 244 Jam21.1 — — —_—ı — I. |319.86|)am18.| 23.7 | am 22.}6.39]} am 19.| 98 | am 22. V. 1271.70|am —.! 16.0 Jam —.| — oe — — I TN Ts IREPRRERBEN RE IRENUE BIN HB Br. 1325.85 am 13.1 22.2 |am24. 1, vo — = AR D. j3522.69| am 12.| 25.8 |am 24. 6.57| am 14.1 97 |am8 S| Bl. [318.02 amı13.| 227. Jam23.1 | 0 ee ” 1 318.93/am21.] 24.0 | am 24.15.96 am 15.| 98 |am4 af 272.16|am—.i 14.8 Jam —.| — 19 der absoluten Maximalwerthe. Luftdruck Temperatur Dunstdruck Feuchtigkeit Tag | Tag | Tag Tag Br. |323.49|am5. | 26.8 |am1l.] — —_ _— pe D. |322.14|am5. | 28.0 jam11.|7.48| am 97 |am 28 E Bl. |317.55]am 20.]| 26.4 jamil.| — — — I. 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N ——— FREE we > = ae: ce SE Ei Vorne nm nt INNSBRUCK, Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. 18702 BERICHTE des naturwissenschaftlich -medizinischen VEREINES INNSBRUCK. M Jahrsang. 2. u. 8. Heft. mn li u eer OI So INNSBRUCK. Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. 1872. Sitzungsberichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines. XIII. Sitzung, den 25. Oktober 1871. Beginn der Sitzung 7Y, Uhr Abends. I. Der Vorstand Prof. Dr. M. v. Vintschgau legt der Versammlung die während der Zeit der Herbstferien, also seit der letzten Vereinssitzung vom 21. Juli 1871 eingelau- fenen Druckschriften vor: 1. Med. chirurg. Rundschau, August-, September- und Oktober-Heft 1871. 2. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Jahr- gang 1870 nebst Nr. 1 und 2 vom Jahrgang 1871. 3. Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, Jahrgang 1870, Nr. 1—10, 12 und 13 vom Jahrgang 1871. 4. Sitzungsberichte der mathem.-physik. Klasse der kön. baierischen Akademie der Wissenschaften in München., 1871 Heft 1. 5. Sitzungsberichte der physikal..-mediz. Gesellschaft in Würzburg für die Jahre 1868, 1869, 1870. 6. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, 29: 105 11.122 und. 13, Bericht: 7. Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heil- kunde in Dresden, Oktober 1870— April 1871. g# XxX 8. Bullettino della societa entomologica italiana in Firenze, anno III. trimestre II. 9. Leopoldina, Amtl. Organ der k. Leopoldino-Caro- linischen deutschen Akademie der Naturforscher, Heft 7. Nr. 1, 2, 3, 4. 10. Dr. Alfred Przibram und Dr. Jos. Robitschek, Studien über Febris recurrens etc. Prag 1869. 11. Filippo Pacini, Sull’ ultimo stadio del colera asia- tico etc. Firenze 1871. II. Verliest derselbe die Zuschriften der k. naturf. Ge- sellsch. in Moskau und der k. Gesellsch. der Wissensch. in Göttingen, welche sich zum Tausche der Zeitschriften in der nächsten Zeit bereit erklären. Ill. Herr Prof. v. Vintschgau referirt über eine neue Methode von Prof. Pacini zur Einleitung der künstlichen Athmung bei Asphyktischen. Prof. Phil. Pacini hat dem Vortragenden während seines Aufenthaltes in Florenz einen Separat- Abdruck einer kleinen Abhandlung gegeben, die er in der medizinischen Zeitschrift »L’ Imparziale* veröffentlicht hat. Obwohl die Abhandlung selbst nicht mehr als sechs Druckseiten umfasst, veranlasst den Vortragenden doch die Wichtigkeit des in derselben behandelten Gegenstandes den geehrten Herrn Collegen den Inhalt derselben mitzutheilen. Es handelt sich nämlich um eine neue Methode, die künstliche Athmung bei asphyktischen Individuen einzuleiten, und glaubt der Vortragende, es sei angezeigt, dass die Aerzte und alle jene Personen, welche berufen sind Asphyktischen die erste Hülfe zu leisten, von dieser Methode Kenntniss er- halten, damit sie auch von der praktischen Seite, die doch die wichtigste ist, geprüft werde, Nachdem Pacini nachzuweisen getrachtet hat, dass so- wohl die Insuflationsmethode, als auch jene Methode der künstlichen Athmung, welche von Leroy d’Etiolles und von Marshall Hall angegeben wurden, eher von Nachtheil als Nutzen sind, beschreibt er seine eigene Methode der künst- XXI lichen Athmung, die der Vortragende im Folgenden wortge- treu mittheilt. Das asphyktische Individuum wird auf eine leicht ge- neigte Ebene gelagert, der Mund geöffnet und alle fremden Substanzen, die derselbe etwa enthält, werden enfernt, der Brustkorb und der Bauch von engschliessenden Kleidern befreit. Indem der Kopf in der gewöhnlichen Richtung mit dem Rumpfe gelassen wird, stellt man sich hinter denselben, erfasst fest den oberen Theil der beiden Arme in der Nähe der Schultern, und zwar so, dass der Daumen nach vorne auf den Hals des Oberarmknochens, die übrigen vier Finger dagegen nach hinten zu stehen kommen. Nun trachtet man, durch Anziehen an sich selbst und bei gleichzeitigem Heben der Schultern, die Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Brustbein zu benützen, um den letzteren Knochen und mit ihm die entsprechenden Rippen zu heben. Es ist leicht ersichtlich, dass durch diese Bewegung die drei Durchmesser des Brustkorbes vergrössert werden, obwohl das Diaphragma nur passiv dazu beiträgt. In der That hört man alsbald, wie die Luft mit einem Geräusch durch den Kehlkopf in die Lunge eindringt, wo- durch die Einathmung zu Stande kommt; nun setzt man die inspiratorische Thätigkeit aus und gestattet der Elastizität der Rippen die Ausathmung, auszuführen, wie diess ohnehin im normalen Zustande der Fall ist. Diese Bewegungen werden entweder mit dem gewöhn- lichen Rythmus der Respiration oder auch, wenn man es als nothwendig erachtet, mit einem rascheren , wechselweise wiederholt. Bei diesem Vorgehen hört man das Individuum ganz wie ein lebendiges athmen, so dass es scheint, als ob dasselbe zum Leben erwacht wäre, obwohl es todt sein kann; es ist daher unmöglich, dass es nicht zum Leben zu- rückkehre, wenn ihm nur noch eine geringe Lebensfähig- keit innewohnt. Diese Methode von Pacini hat Aehnlichkeit mit jener, welche von H. Silvester beschrieben wurde; derselbe hebt XXII die Arme des asphyktischen Individuums gegen den Kopf, und übt auf diese Weise einen Zug auf die Brustmuskeln. Dr. W. B. Bain hat die Pacini’sche Methode abgeän- dert, indem er die Hände an die vordere Seite der Schulter setzt, mit den Fingern in der Achselhöhle. Der Vortragende theilt schliesslich mit, dass in London eine Commission zusammengestellt wurde, um die drei eben erwähnten Methoden zu prüfen, und dass aus den an Leichen vorgenommenen Versuchen hervorging, dass, wenn der Zug an den Schultern ausgeübt wird, eine grössere Menge Luft in die Lungen eindringt, als wenn man den Zug an den Armen oder Vorderarmen ausübt. Prof. Heine erwähnt hierauf die Methode von Marshal Hall, welche er für die beste hält. Sie besteht darin, dass man die gestreckten Arme nach oben und dann gleichzeitig nach aussen und hinten führt. Prof. Hofmann erwähnt die Methode von Silvester, welche darin besteht, dsss man die Arme am Ellbogen auf- und über den Kopf hebt, er hält diese für die vorzüglich- ste, dagegen die von Bain: Vor- und Rückwärtsbewegung der Schultern und die von Marshall Hall, welche aber nach ihm in der Umwälzung des Körpers von der Rückenlage in die Brustlage bestehen soll, für schlechter, jedenfalls die Pacinische für besser. IV. Herr Karl von Dalla Torre hält einen Vor- trag über die klimatischen Verhältnisse Innsbrucks mit be- sonderer Rücksicht auf das Jahr 1870. Im Eingang seines Vortrages erwähnt Herr Dalla Torre, ‘dass meteorologische Beobachtungen schon seit 100 Jahren in Innsbruck angestellt werden. Die Beobachtungen wurden im Jahre 1777 von Franz v. Zallinger zum Thurm, Priester und öffentlichem Lehrer der Mathematik in Innsbruck begonnen und bis zum Jahre 1829 fortgesetzt. Die täglich um 6 Uhr Früh und 6 Uhr Abends angestellten Beobachtungen wurden mittelst eines Reisebaro- meters von Brander und eines Universalthermometers ange- XXII stellt. Die Biographie dieses Mannes nebst seinen 52jährigen Beobachtungen wurden vom Ausschusse des Ferdinandeum’s in Innsbruck herausgegeben. Vom Jahre 1829 an veröffent- lichte erst Prof. Suppan täglich meteorologische Beobachtungen im Tirolerbothen. Hierauf folgte eine Zeit, in der Beob- achter und leider auch Beobachtungsstunden rasch und oft wechselten. Seit dem Jahre 1860 leitet die Beobachtungen Prof. Kerner, und ausserdem befindet sich seit 1834 im Kloster Wilten bei Innsbruck eine Beobachtungsstation. Der Vortragende führte zunächst eine Tabelle der Tem- peratur-Curve für das Jahr 1870 nach 5taégigen Mitteln vor. Aus derselben geht ein rasches, entschiedenes Steigen bis zum Maximum, ein verzögertes, langsames Sinken bis zum O-Punkt, und ein wärmerer Frühling als Herbst hervor. Frosttage waren im Jahre 1870 115 (1869—114.), Sommertage im Jahre 1870 40 (1869—26.) Der Sommer 1869 war also viel reicher an Sommertagen, als der von 1870. Trotzdem war ersterer im Mittel wärmer. Der Vortragende macht ferner aufmerksam, dass es für die Vegetation besonders wichtig ist, welche Summe von Warmegraden bis zu einer gewissen Zeit erreicht ist. Addirt man die über 0° stehenden Tagesmittel der verschiedenen Monate zusammen, so ergibt sich Folgendes: Die Wärmesumme betrug im Dezember 1869--2581°.2 R. im Jahre 1870 —+2510°.0 R. Ende März betrug sie im Jahre 1869-++159°.7, 1870-+-80°.2. Dem entsprechend blühte Pyrus communis 1869 am 1. April, 1870 am 16. April! Eine zweite Tabelle, die der Vortragende vorzeigte, ver- glich die Barometerstände, die Bewölkungs- und Nieder- _ schlagsverhaltnisse mit den Mondesphasen im Jahre 1870. Das Barometer stieg nach dem Vollmonde immer mit Aus- nahme der Wintermonate, wo es nach demselben fällt. Mit dem Vollmond oder doch bald nach demselben kamen meist stärkere Niederschläge, allein fast %/, derselben fielen auf andere Phasen ohne Auswahl. Im Frühling, Sommer und Herbst folgten meist trübe Tage, im Winter heitere. XXIV Es lässt sich daher, soweit aus diesen Beobachtungen zu ent- nehmen, keine Regel über das Zusammenfallen von Barometer- und Witterungsveränderungen mit Mondesphasen ersehen, wie sie im Volke angenommen wird. Auf einer dritten Tabelle führte der Vortragende den Schneestand vor. Auf der Abscisse wurden die Tage und Monate verzeichnet, auf der Ordinate die absoluten Höhen von 100 zu 100 Fuss. Mittelst solcher Tabellen hatte der Vortragende die Schneegränze durch eine Curve verzeichnet. Der Schnee legte sich im Thale im Dez. 1869 an und blieb bis 11. Febr. 1870. Von da an zog sich die Gränze allmählig und unter häufigen Schwankungen zurück, und er- reichte den höchsten Punkt am 17. Aug. 1870, worauf das Vorschreiten desselben wieder schnell und höchst unregel- mässig vor sich ging. Am 11. Nov. waren Fluren und Wälder schneebedeckt. Hierauf folgte ein Nachsommer , der Schnee wich auf den südlichen Abhängen bis 5200’, auf den nörd- lichen bis 4000’ in die Höhe; Mücken summten, Spinnen woben und Aesculus Hypocastanum blühte zum zweitenmale. Am 2. Dez. war der Schnee mit einem Male wieder im Thal. Im Vergleiche mit früheren Jahren ergibt sich aus diesen Sehneecurven für jedes Jahr in Innsbruck ein Vorfrühling und Nachsommer. Schluss der Sitzung halb 9 Uhr Abends. XIV. Sitzung, den 8. November 1871. Beginn der Sitzung 7'/, Uhr Abends. I. Der Vorsitzende Prof. M. v. Vintschgau macht bekannt, dass Herr Realschulprofessor Maresch seinen Aus- tritt aus dem Vereine erklärt hat. II. Eine von Herrn Dalla Torre überreichte Abhand- lung wurde vom Herrn Prof. Dr. Pfaundler begutachtet und für die Aufnahme in die Zeitschrift empfohlen. XXV IM. Herr Prof. Hofmann meldet dem Verein den Bei-: tritt des Herrn Ritter von Schwind, k. k. Ministerialrathes in Pension. | IV. Herr Prof. Dr. M. v. Vintschgau führt ein neues Experiment vor, wodurch die Art und Weise des Schlusses der Atrioventricularklappen demonstrirt wird. Er zeigte zu- erst den Schluss der Aortenklappen durch eine in die ab- geschnittene Aorta eingefügte und mit Wasser gefüllte Glas- röhre, ferner die Art und Weise, wie Valentin den Schluss der Atrioventricularklappen demonstrirte, indem er einen der Vorhöfe öffnete und in das entsprechende arte- rielle Gefäss ein Rohr band, während der Ventrikel mit Wasser angefüllt wird. Ahmt man nun mit der Hand die Ventrikelcontractionen nach, so sieht man die Atrioventricu- Jarklappen sich schliesen, und dass Wasser in der Röhre steigen. Prof. Vintschgau hat diesen Versuch so abgeändert, dass er nach Abtragung der beiden Vorhöfe und Unterbindung der Co- ronar-Arterien die beiderseitigen Semilunarklappen zerstörte, je ein Glasrohr in die arteriellen Gefässe band, und den durch eine Wassersäule bewirkten Schluss der Mitralis und Tricu- spidalis frei zur Anschauung brachte. V. Herr Prof. Dr. Heine trägt vor über die nenesten Behandlungsmethoden der: Gelenkskrankheiten in ihrer phy- siologischen Bedeutung. Derselbe hebt Eingangs seines Vor- trages hervor, dass man die Erfolge, die man heute bei der Behandlung der Gelenkskrankheiten erzielt, nicht der rohen Empirie verdanke, sondern hauptsächlich wissenschaftlichen Studien über die Gelenke unter abnormen Verhältnissen, den pathologisch-anatomischen, histologischen Untersuchungen, und endlich dem Experimente. Der Vortragende will nicht von allen Gelenkskrankheiten sprechen, sondern vorzüglich von der Ent-ündung, und der aus ihr hervorgegangenen Anchy- lose, da die Gesichtspunkte für die Therapie derselben bei den meisten übrigen Gelenkskrankheiten mehr oder weniger, ebenfalls in Rechnung kommen können. Von jeher war das Hüftgelenk, als eines der freiesten und das schwerstzugängliche XXVI von allen, der Prüfstein der Methoden der Behandlung. Was diese nun anbelangt, so kann man nicht eben sagen, dass man in der neueren Zeit bloss neue Methoden erfunden habe, sondern im Gegentheil, dass man häufig zu den alten zu- rückkehrte, um sie in verbesserter Form wieder zu ver- wenden. Im Beginne dieses Jahrhunderts wurde die Gelenksent- zündung bloss mit dem antiphlogistischen Apparat behandelt, und eine Hauptrolle spielte dabei das Glüheisen. Da jedoch die Winkelstellungen desshalb nicht ausblieben, wandte man die ruhige Lagerung zur Behandlung der Entzündung an, und strebte Beseitigung der Winkelstellung durch Extension an. Man wollte durch Extension am Fusse und Contraex- tension am Damme die Schiefstellung des Beckens beseitigen. Diesem Verfahren kam man zu Hülfe durch die Durch- schneidung der verkürzten Muskeln und Fascien. Nach der Einführung der Chloroformnarkose wagte man sich daran, dieselbe Procedur durch Reissen subeutan mit einer gewissen Gewalt vorzunehmen, es entstand das brise- ment force oder redressement brusque. Damit suchte man die fehlerhafte Stellung zu beseitigen. Es galt nun die fol- gende Entzündung zu bekämpfen, und diess suchte man durch die absoluteste Ruhe, nämlich durch die unbewegliche Lage- rung im Gypsverband zu erreichen. Allein gerade am Hüft- gelenk hatte diess seine besondere Schwierigkeiten, die durch keinen der bisher zur Immobilisirung dieses Gelenks ange- wandten Gypsverbände mit einfachem Beckengürtel vollständig überwunden wurden. Der Vortragende versuchte zuerst im Jahre 1865 einen Verband anzulegen, der ausser dem ganzen Becken auch das obere Drittel des gesunden Ober-Schenkels um- fasste, wodurch die Unbeweglichkeit vollkommen erreicht wurde. Diese Behandlung machte einen eigenen Appa- rat nothwendig, auf dem der Kranke gelagert und durch den sein Gelenk in der durch die Operation erzielten Stel- lung erhalten werden konnte. Unter den verschiedenen Ap- XXVII paraten, die angegeben wurden, leisten die wenigsten das Gewiinschte. Der Apparat, den Vortragender in Heidelberg konstruirte und durch geraume Zeit anwandte, ist im Felde und im Frieden an den schwersten Fallen erprobt. Der Apparat besteht aus drei an Verbindungsstangen gegenein- ander verschiebbaren Stativen, mit Fixationsplatten fir das Kreuz, die Kniekehle und die Ferse, an welchen diese Theile durch Tücher festgebunden werden. Ist eine Ein- oder Aus- wärtsstellung des Beines erforderlich, so kann der ganze Apparat in die derselben entsprechende Richtung gebracht werden, indem man ihn um den Fixirungspunkt der Ver- bindungsstange am Stativ der Beckenplatte dreht, und durch seitlich gerichteten Zug eines um den Vorfuss geschlungenen Tuches kann auch eine fehlerhafte Drehung des kranken Beins korrigirt werden. Dieser Apparat hat noch den Vorzug, dass er die Hilfe von Assistenten entbehrlich macht, und sich auch für andere Zwecke anwenden lässt. Zur Extension und Contraextension bei Lagerung auf dem Apparat, verwendet der Vortragende Heftpflasterstreifen. Andere bedeutende Chirurgen wollen nun die Erfahrung gemacht haben, dass das brisement force und der Gypsverband ihre Schuldigkeit nicht thun, und sie kehrten daher zur älteren Methode der Extension zurück, welche mit neuen Modificationen von Volkmann wieder: eingeführt wurde. Volkmann wurde zu dieser Umkehr noch weiter veranlasst durch die Beobachtung von Druckerscheinungen an den knöchernen Bestandtheilen entzündeter Gelenke. Bei einer Betheiligung der Gelenkenden an der Entzündung findet man nämlich in Folge von Muskelkontraktion, von Schrumpfung des mitentzündeten periartikulären Bindegewebes und der Ge- lenkkapsel, an Stellen, wo die Gelenkenden gegeneinander- gedrückt wurden einen Decubitus, von dem man jetzt den Schmerz im Gelenke ableitet. Es galt nun diesen Druck zu beseitigen, und dazu dient am besten dit Extensionsme- thode, welche dabei im Gewande einer Distractionsme- thode erscheint; durch diese soll auch immobilisirt und eine XXVIII vorhandene Beckenschiefstellung beseitigt werden. Volkmann lässt die Extension, wie die Contraextension durch Gewichte ausüben, wobei jedoch, die richtige Vertheilung der beiden in einem gegebenen Falle vorausgesetzt, immer nur die Eleva- tion oder die Senkung des Beckens, d. i. die Adduktions- oder Abductionsstellung des Oberschenkels ausgeglichen werden kann. Um den Zug zu seiner vollen Wirkung zu entfalten, soll dem Beine eine Unterlage gegeben werden, auf der es leicht gleitet, und der Druck des zur Extension verwandten Verbandstiicks, durch Vermehrung der Angriffspunkte mög- lichst vermindert werden. Das erreicht Volkmann durch seinen Schlitten-Apparat. Er gibt indessen selbst zu, dass eine Immobilisirung durch diese vervollkommnete Distraktions- methode nicht vollständig erreicht werde. Er glaubt auch, dass die Erhaltung eines gewissen Grades von Bewegung bei der Behandlung der Gelenkanchylosen geradezu wünschens- werth sei, indem man bei absoluter Ruhe an ganz gesunden Gelenken, leichte Entzündungserscheinungen, als Folge der Immobilisirung, auftreten sah. Der Vortragende will die Ex- tension durch Gewichte keineswegs verdammen, nur will er nicht gelten lassen, dass sie den Gypsverband überflüssig mache, und ebensowenig zugeben, dass diese Methode die Beckenschiefstellung zu beseitigen vermöge. Die Bewegungen des Hüftgelenkes erfolgen um 5 Axen, alle drei Bewegungsrichtungen kommen bei der pathognomo- nischen Stellung des Beines in Betracht; neben der Eleva- tion des Beckens, wie sie durch abnorme Adduktionsstellung bedingt wird, kann es sich um einen fehlerhaften Drehungs- und Beugungswinkel handeln, denen ebenfalls Rechnung zu tragen ist, was bisher nicht geschah. Volkmann mass die Beckenschiefstellung bloss durch einen T-förmigen Stab, dessen horizontaler Theil an beide spinae ilii ant. sup. angelegt wurde, wobei der senkrechte Theil jenes Stabes durch seine Abweichung von der Medianlinie den Grad der Schiefstellung angeben sollte. Dadurch lässt sich natürlich die fehlerhafte Beckenstellung nicht in allen Componenten messen. XXIX Vortragender konstruirte daher einen Massstab (Coxan- kylometer), der sich in einem Universalgelenke bewegt, das einem Kugelgelenk nachgebildet ist, und an welchem sich an dreierlei Bögen, die in den verschiedenen Axen vor- genommenen Bewegungen, durch Zeiger ablesen lassen. Eine Verbesserung wurde erst kürzlich an diesem Coxankylometer angebracht, indem statt der Halbbögen, bloss Viertelbögen verwendet wurden, die es möglich machen, dass das Instru- ment sich völlig an den Trochanter anlegt, Sobald der fehlerhafte Winkel gemessen ist, wird das brisement force angewandt, wieder gemessen um zu sehen, was erreicht wurde, und nun der Gypsverband angelegt. Dieser fixirt nun zwar in der oben angegebenen Ausführung das bei dem brisement force gewonnene Resultat, aber er distrahirt nicht. Man findet freilich den Decubitus nicht an allen erkrankten Ge- lenken, und daher kann man sich die Frage vorlegen, ob in Fällen, wo der Knochen nicht selbst von der Entzündung ergriffen ist, eine Distraction nöthig sei. Es lässt sich nem- lich nicht gut einsehen, warum der Druck den die Knochen bei Verkürzung der Muskeln oder Schrumpfung des Binde- gewebes aufeinander ausüben, so schädlich sein soll. In Fällen, wo die Gelenkshöhle und der Knochen nicht selbst affizirt sind, ist die Distraction daher gewiss unnöthig. Um Distraction undImmobilisirung zu verbinden, konstruirt der Vortragende einen Gypsverband, der über den Knöcheln oder oberhalb des Knie’s circular durchtrennt wird, so dass er aus einem oberen und unteren Stücke besteht, die durch eingegypste, eiserne Extensionsschienchen vermittelst Schrauben voneinander entfernt werden können, so dass die Gelenkenden des kranken Gelenkes distrahirt werden. Auf diese Art ist das Gelenk fixirt und distrahirt zugleich. Die Extension kann auf über zwei Zoll ausgedehnt werden. Die Immobilisirung hat in den kranken Gelenken bei langer Dauer gewisse Veränderungen zur Folge, als Schwel- lung der Synovialhaut, Auflockerung des Knorpels und Bei- mengung von Eiterzellen zur Synovia. Man findet in Folge XXX davon nach Abnahme langliegender Verbände, die Gelenke in einem gewissen Reizzustande. Menzel fand schon nach 12 Tagen bis zu einigen Wochen der Immobilisation diese Veränderungen auch an gesunden Ge- lenken von Hunden, nicht aber von Kaninchen. Man war geneigt diese Veränderungen von der zu grossen Reizung des Gelenkes bei den ersten Bewegungen abzuleiten. Fröhlich meinte die Synovia ändere ihre Zusammen- setzung und wirke reizend. Der Vortragende glaubt, dass diese Veränderungen nur durch eine Art Entzündung her- vorgerufen werden können, die eben wieder erklärt werden müsse. Er glaubt, dass das plötzliche Aufhören des Druckes nach Entfernung des Verbandes eine fluxionäre Hyperaemie der Synovialhaut setze, in Folge deren jene entzündlichen Ver- änderungen entstehen. Was leichte Anchylosirungen anbelangt die im Gyps- verband entstehen, so sind dieselben wie Menzel zeigte, stets ' nur von Schrumpfungen der Weichtheile herrührend, denn nach Durchtrennung derselben sind die Gelenke vollkommen beweglich. Dieser Anchylosirungen wegen, lässt auch der Vortragende vor der definitiven Abnahme den Gypsverband in der Gelenksgegend circulär durchtrennen, und in ver- schiedenen Winkelstellungen fixirbare Schienchen eingypsen. Durch passive Bewegungen werden die geschrumpften Weich- theile an der Extensions- und der Flexionsseite gedehnt, und die Schienchen in den extremen Stellungen fixirt. Durch diesen Stellungswechsel mit folgender Fixation der Gelenke wird jede weitere entzündliche Reizung vermieden. Schluss der Sitzung 8°, Uhr. XV. Sitzung, den 22. November 1871. Beginn der Sitzung 7, Uhr Abends. I. Herr Ministerialrath Ritter v. Schwind wird ein- stimmig als Mitglied aufgenommen. II. Der Vorsitzende theilt mehrere Tausch-Einlaufe mit: XXXI 1) Med. chirurg. Rundschau, IV. Bds. 2. Heft. 2) Bullettino della societa entomologica Italiana anno III. trimestre I. e I. 3) Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, Jahr- gang 1871, Bd. XXI. Nr. 3. Ill. Herr Josef v. Trentinaglia trägt vor über den Gang der Temperatur in den ostrhatischen Alpen. Das Gebiet, welches der Vortragende durchforschte, war bisher fast gänz- lich in dieser Richtung noch unbeachtet; dasselbe erstreckt sich von Landeck im Oberinnthale westlich durch das Patz- naun, Rossanna- und Stanzerthal, bis zum Arlberg; und zieht sich südlich bis zum Piz Albuin, der Granzspitze zwischen der Schweiz, Tirol und Vorarlberg. Gemessen wurden die Temperaturen von Luft und Wasser von 2000 bis über 10.000 Fuss. — Nach den Gebrüdern Schlagintweit fällt die Temperatur bei einer Erhöhung von 166 M. — 500! um 1° C. Dieses Mittel wurde in den Tauern, Oetzthaler- und einem Theil der Schweizeralpen gefunden; es sinkt jedoch in der Nähe gewaltiger Schnee- und Eismassen in einer Höhe von 8000’ an. Eine Reihe von Messungen an ver- schiedenen Spitzen ausgeführt zeigte dem Vortragenden, dass in den Ostalpen das Mittel der Erhebung, bei der sich eine Temperatursabnahme um 1° ©. bemerkbar macht, in einer Höhe von 6000’ um 50’ (—-190’) geringer ist, als in den Westalpen. In einer Höhe von 8—9000’ treten in den Mitteln Oscillationen ein, deren Ursache dem Vortragenden unbe- kannt sind. Ein zweiter Gegenstand der Beobachtung waren Mes- sungen der Lufttemperatur auf und in der Nähe von Schnee- und Eisfeldern. Bezüglich der Temperatur in geringen Höhen über dem Schnee, bestätigte der Vortragende im Allgemeinen die Resultate der Gebrüder Schlagintweit von der Pasterze, der Unterschied derTemperatur betrug '/,’ über demSchnee und 6’ über demselben, um 8 Uhr Morgens am Jamthalergletscher 10.25 und um 1 Uhr Mittags 2%.2, am Vermunder-Gletscher 30.3 und 3°.6. Diese Temperatursunterschiede traten nur bei XXXII schénem Wetter auf, bei regnerischem konnte nie ein Tempe- ratursunterschied beobachtet werden. Die mittlere Tempe- ratur des Gletscherwindes stellte sich nach diesen Messungen des Vortragenden um 2".3 höher heraus, als die von den Gebriidern Schlagintweit angegebene. In einer Entfernung von 100 Schritten vom Gletscher oder Schneefelde, zeigte sich ebenfalls ein Temperatursunter- schied, es wurde an drei Orten ein Unterschied im Mittel von 1°.96 gefunden, über 100 Schritte hinaus verwischt sich dieser Einfluss bald. Bei Gletschern war die Temperaturs- erniedrigung innerhalb 100 Schritte jedoch bedeutender, als bei Schneefeldern, und zwar um 1°.6 C. Diess macht sich auch durch das Zurücktreten der Alpenflora bemerkbar. — Ein drittes Objekt von Messungen waren die Temperaturen von Quellen, Flüssen und Bächen. An dem kältesten Bache des Fimberthales, mass der Vortragende die Temperatur an der Quelle in einer Höhe von 5533’ zu verschiedenen Tages- zeiten, und fand sie im Maximum 19.9 C. Messungen von 10 zu 10 Schritten, und später von 100 zu 100 ergaben eine unregelmässige Wärmezunahme, für die keine genügende Erklärung gefunden werden konnte, da der Boden durchaus gleichartig war, und die Lufttemperatur nur um 0%.1—1°.0 schwankte. Mit Ausnahme einer einzigen Quelle über 8000’ fand der Vortragende bei einer mittleren Elevation von 5400’ das Mittel aus den Temperaturen der Quellen des ganzen Gebietes 50.72C., also um 0°.47 geringer als in den Tauern, während für die nördlichen Kalkalpen bei einer Höhe von 3—6000', die mittlere Quellentemperatur 5°.3 und für die nördlichen Schweizeralpen 4° beträgt, woraus sich als Mittel für die Centralalpen 50.22 ergibt. Im Mittel sinkt die Tem- peratur der Quellen um 1° bei 1000’ Erhöhung. Auf die Temperatur der Flüsse und Bäche übergehend, bemerkt der Vortragende, dass an jenen Bächen, die ihren Ursprung Gletschern verdanken, wie Inn, Trisanna , die Temperatur in der Mitte des Baches um 0°.4 niedriger ist, als an den Rändern. XXXII Die Temperatur der grössern Bäche erhöht sich nicht nur durch die Insolation, sondern auch während der Nacht durch den Contact mit der Luft, aber im geringeren Grade, wie aus gleichzeitigen Messungen an der Ill, der Trisanna u, dgl. m., bewiesen wurde. Je grösser der Bach ist, und je weniger er Gletscher- wasser mit sich führt, desto langsamer ist seine Erwärmung im weiteren Verlauf, während Gletscherwasser schon nach wenigen Stunden eine bedeutende Zunahme zeigen. So zeigte der Klosterthalbach am Ursprung vom Gletscher 1° C., und nach 6stündigem Laufe 30.7, also 1°.7 Zunahme, der Inn von Tarasp bis Kufstein in einer Länge von 45 Stunden eine Erwärmung von 30.55, also 00.47 auf 6 Stunden. Von Seen sind im ganzen Gebiete nur drei kleine vor- handen, die der Erwähnung werth sind; der grosse Vermundsee hat eine Mitteltemperatur von 90,51, der kleine von 7°, beide sind von einem Gletscherbache durchströmt. Der Scheid- see, welcher von keinem Gletscher gespeist wird, hat 10°. Die mittlere Temperatur dieser drei Seen beträgt also 90.8, und zwar um 2°.8 mehr als die derer aus den Centralalpen. — Im Ganzen geht aus allen diesen Messungen hervor, dass die Temperatur der Gewässer eine viel höhere ist in den Westalpen, als in den Ostalpen, allein das Sommermaximum ist in den Westalpen viel tiefer. Schluss der Sitzung 8%, Uhr Abends. XVI. Sitzung, den 6. Dezember 1871. Beginn der Sitzung 7, Uhr Abends. I. Der Vorsitzende legt die eingelaufenen Druckschrif- ten vor: 1) Leopoldina, Amtliches Organ der k. Leopoldino- carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher. Heft VII Nr. 5, 6; Naturw.-med. Verein, 1871. II. Hit. 9 XXXIV II. Prof. Pfaundler wird vom Vorsitzenden Prof. v. Vintschgau ersucht seinen Vortrag: „Ueber neue Appa- rate zur Herstellung sehr intensiver Lichtquellen“, halten zu wollen. Prof. Pfaundler erörterte zunächst das steigende Be- dürfniss nach intensiven Lichtquellen, welches durch die Ent- deckung des elektrischen Lichtes, desshalb nicht befriedigt worden ist, weil dasselbe zu theuer kommt, als dass es all- gemein angewendet werden könnte. Er besprach sodann die Entdeckung des Knallgaskalklichtes durch den engl. Marine- offizier Drumond und die mannigfachen Versuche, dasselbe als Strassenbeleuchtung einzuführen, sowie die Schwierigkei- ten, welche sich. dabei entgegenstellten. Hierauf beschrieb er das Licht von Tessie du Motay, welches darauf beruht, dass in die Flamme eines mit kohlen- stoffreichen Dämpfen beladenen Leuchtgases ein Strahl Sauer- stoffgas eingeführt wird. Die Vor- und Nachtheile dieses Verfahrens wurden ebenfalls dargelegt, und durch Experimente illustrirt. Dieser Gegenstand führte dann zur Besprechung der interessanten Erscheinung der sogenannten reciproken 'Flam- men, welche darauf beruht, dass Brennstoffe und Sauerstoff ihre Stelle wechseln, indem z. B. die Flamme selbst von letzterem gebildet wird, während die Umgebung aus Wasser- stoff oder Leuchtgas besteht. Der Vortragende zeigte eine solche Flamme vor. Als nächstes Beleuchtungssystem kam nun die Carbo- xygenlampe von Dr. D. Philipps zur Besprechung und Vorzeigung. Ihre Lichtstärke wurde mittelst eines Bunsen’schen Photometers mit der einer Stearinkerze verglichen, und circa 90mal so stark als die der letzteren gefunden. Den Schluss des Vortrages ‚bildete die Beschreibung des Mallet’schen Verfahrens zur fabrikmässigen Darstellung -sauerstoffreicher Luft. Die zu dem Vortrage gehörenden Zeichnungen und Ta- bellen wurden mittelst einer Duboscy’schen Laterne, und XXXV mittelst Drumond’schen Lichtes auf eine weisse Wand projicirt, wodurch zugleich die Verwendung dieses Lichtes zu Demon- strationen ersichtlich gemacht wurde. XVII. Sitzung, den 20. Dezember 1871. Beginn der Sitzung 7'/, Uhr Abends. I. Der Vorsitzende H. Prof. M. v. Vintschgau theilt folgende Einläufe mit: 1) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern aus den Jahren 1860, 61, 64, 65, 66, 67, 68, 69 und 70. 2) Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft bei ihren Versammlungen aus den Jahren 1860 bis 1869. 3. Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften, herausge- geben vom naturhistor. Vereine „Lotos* in Prag, 20. Jahr- gang 1870. 4) Medizinisch-chirurg. Rundschau, Dezemberheft 1871. 5) Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, Jahrgang 1870, Nr. 15. II. Der Vorsitzende legt das I. Heft des II. Jahrganges der Berichte des naturwissenschaftlich - medizinischen Ver- eins vor. Il. Der Vorsitzende verliest eine Zuschrift der Senken- bergischen naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a/M., welche den Empfang der zum Tausche eingesandten Hefte der Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins meldet, und sich bereit erklärt, ihren Bericht pro 1870/71 zu senden. IV. Die Herren Dr. Peplar und Dr. Elsler melden ihren Austritt aus dem Vereine. V. Der Vorsitzende verliest eine Zuschrift vom Vereine der prakt. Aerzte Oberösterreichs, in welcher dem hiesigen Vereine mitgetheilt wird, dass ersterer in der General-Ver- 9 4 XXXVI sammlung am 9. Sept. 1871 beschlossen habe, eine Petition an den hohen Landtag zu richten, dahin lautend, dass bei Verhand- lungsfragen über Sanitäts- Angelegenheiten das Gutachten der ärztlichen Vereine eingeholt werde, ferner beim hohen Reichs- tage zu petitioniren, dass die ärztlichen Vereine, ähnlich wie die Handelskammern, durch Delegirte, die die Vereine aus ihrer Mitte wählen, bei dem Landtage und dem Reichsrathe vertreten werden. Herr Statthaltereirath v. Barth stellt den Antrag, dass diese Zuschrift des Vereines der Aerzte Oberösterreichs per circulandum den in Innsbruck wohnenden Mitgliedern bekannt gegeben werde. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. VI. Prof. M. v. Vintschgau macht eine kurze Mit- theilung über die eiweissstoffführenden Zellen der Gerstenkör- ner, und zeigt die betreffenden Präparate vor. Der Vortrag wird im Berichte des Vereines erscheinen. VII. Prof. A. Kerner legt dem Vereine mehrere neue Arten Brombeeren vor, deren Diagnosen und Beschreibungen in diesen Blättern erscheinen werden. Hierauf hält derselbe den nach- folgenden unter dem Titel: „Unter Schnee und Eis“ angekün- digten, von Herrn A. Zimmeter stenographirten Vortrag: „Ich knüpfe an einen Vortrag an, den ich hier im verflossenen Jahre über die Flora des Himalaja im Ver- gleiche zu der unserer Hochgebirge, und des arktischen Nor- dens gehalten habe. Ich habe damals nachgewiesen, dass die in botanischen Werken so sehr verbreitete Anschauung, dass die arktische Flora mit unserer Hochalpen-Flora, als nahezu identisch angesehen werden könne, ganz und gar unrichtig ist; es bestehen gewisse Analogien, aber es ist gewiss unberechtigt, diese Floren miteinander zu identificiren. In ähnlicher Weise ist auch die Angabe, die man so sehr verbreitet findet, dass die klimatischen Verhältnisse des hohen Nordens mit denen unserer Hochgebirge die grösste Aehnlichkeit besitzen, als unrichtig zu bezeichnen. Man kennt die klimatischen Verhältnisse des hohen Nor- XXXVI dens, wenigstens was den Sommer anbelangt, ziemlich lange, man weiss, dass sich der arktische Sommer dadurch aus- zeichnet, dass er niemals von Frösten und Schneefällen unter- brochen wird; in unsern Hochgebirgen aber sind bekanntlich Schneefälle und Fröste in den Sommermonaten eine gewöhn- liche Erscheinung. Im Sommer ist die Witterung bei uns sehr unbeständig, im arktischen Norden, wo die Sonne im Sommer nie untergeht, kommt es niemals mehr zu Frösten, wenn einmal die Mitteltemperatur des Tages über 0° ge- stiegen ist. Die Erwärmung erfolgt dann verhältnissmässig sehr rasch und in 8 Tagen ist gewöhnlich, nachdem einmal die Mittel- temperatur über 0° gestiegen ist, der Boden schneefrei; ge- waltige Giessbäche stürzen über den noch gefrorenen Boden hin, und erwärmen so die oberflächlichsten Schichten; es sprosst in kürzester Zeit eine üppige Vegetation hervor, und man zählt nicht weniger als 124 Arten von Blüthen-Pflanzen. Im kurzbemessenen Sommer kommen dann die Eskimo’s mit ihren Rennthierheerden in die nördlicheren Gebiete, und mit ihnen jene Mückenschwärme, die alle arktischen Reisenden als so ausserordentlich lästig schildern. Ueber diesen Sommer baben wir schon lange ziemlich genaue Aufschlüsse, weniger wusste man bisher über den Winter des arktischen Nordens. Wir haben über diesen Winter zuerst Aufschlüsse bekommen durch die Expedition von Kane, deren Mitglieder allerdings unfreiwillig 2 Winterim hohenNorden zubringen mussten, dasie bekanntlich bei der Expedition zur Aufsuchung Franklins eingefroren waren. Wenn wir schon die Ausdauer bewundern müssen, mit welcher diese im hohen Norden eingefrorenen Männer trotz der ge- ringen Aussicht jemals wieder in ihre Heimath zurückzu- kommen, dennoch wissenschaftliche Beobachtungen machten, so müssen wir jedenfalls eine noch weit grössere Bewunderung einem Manne zollen, dessen Reise weniger im Publikum be- kannt geworden ist; ich meine v. Middendorf, der schon vor 2 Dezennien von Wissensdurst getrieben eine Expedition in den hohen Norden allein ausführte, um dort meteorologische XXXVI und andere naturwissenschaftliche Studien auszuführen. Er schiffte den Taymur-Fluss entlang, und gelangte über den 76. Grad nördl. Breite hinaus, und blieb dann unter dem 75.9 fast den ganzen Winter im Schnee vergraben. Aus den Beobachtungen dieses Mannes nun entnehme ich folgende Daten über den arktischen Winter. Am 20. Aug. stand die Tagestemperatur zum ersten Male unter 0,0 Sie erhob sich von da an nicht mehr über den Gefrierpunkt bis zum 8. Juni des folgenden Jahres; schon im September zeigte sich eine Kälte von 19° R. (bei allen Thermometerangaben sind Grade nach Reaumur gemeint.). In der arktischen Winter- nacht fiel das Thermometer bis auf — 40°, Kane beobach- tete sogar — 43°.5 und Mac Clure — 47°. Diese Daten geben ein recht anschauliches Bild über die enormen Kältegrade, die im hohen Norden im Winter beobachtet werden. Die Menge des Schnee’s ist dabei ver- hältnissmässig gering. Kane beobachtete 8 Schuh Schnee- höhe und Middendorf erzählt, dass weite Strecken ganz schneefrei geblieben seien, allerdings Strecken, von welchen der Wind den Staubschnee in muldenförmige Vertiefungen hinweggepeitscht hatte. Vergleichen wir nun mit diesen klimatischen Verhält- nissen des Nordens, die klimatischen Verhältnisse unserer Alpenregion! Ich erwähnte schon früher, dass der Sommer in der Alpenregion eine äusserst unbeständige Witterung zeige, dass in jedem Monate Schneefälle vorkommen, Fröste eintreten, dass also der alpine Sommer im Vergleiche zum arktischen Sommer ein ungünstiger genannt werden muss. Man möchte nun denken, wenn schon der Sommer sich so ungünstig im Verhältniss zum hohen Norden zeigt, wie mag es sich erst im Winter ausnehmen; welche enormen Kältegrade mögen auf den höchsten Kuppen unserer Alpen im Winter herrschen? Um diese Frage aufzuhellen, unter- nahm es der bekannte Schweizer Gletscherforscher Dollfuss ein kleines Steinhäuschen auf dem Matterhorn zu einer me- teorologischen Station einzurichten. Es liegt dieses Häus- XXXIX chen 10564 Wiener Fuss iiber dem Meere, also 309, Fuss höher, als die Spitze unseres Habicht; Dollfuss bewog drei Männer, nämlich Melchior und Jakob Blattner aus Meyringen und Gorret aus Val Tournanche, ein ganzes Jahr über in dem Steinhäuschen zu verbleiben und meteorologische Be- obachtungen auszuführen. Es wurde dort täglich 11mal ab- gelesen und wurden die Verhältnisse des Luftdruckes, der Feuchtigkeit, Wärme u. s. f. auf das genaueste bestimmt. Was den Sommer anbelangt, so ergab sich das Resul- tat, dass er, wie vorauszusetzen war, eine sehr geringe Mittel- temperatur zeigt. Der wärmste Monat war der Juli und hatte eine Mitteltemperatur von + 0°.8. Ich habe mir auch die Temperatur desselben Monates aus arktischen Stationen notirt und führe dieselbe des Vergleiches wegen hier an. Dieselbe stellt sich in Nowaia Semlja, unter 731, Grad nördlicher Breite auf 4°.7 und im Renslaer Hafen in Grön- land unter dem 78. Grad nördlicher Breite auf + 30,9, ist also im arktischen Gebiete bedeutend höher, als auf dem Matterhorn. Wie sieht es nun im Winter am Matterhorn aus? Die Antwort hierauf geben einige Notizen, die ich aus dem me- teorologischen Journal der früher genannten Matterhorn- Beobachter entnommen habe. Sie schrieben anfangs Dezember: „Während eines starken Windes erwärmt die Sonne die Luft kaum fühlbar. Zur Zeit völliger Windstille sind die Sonnenstrahlen aber sehr kräftige, wärmer als in der Ebene. Wenn die Lufttemperatur im Schatten niedrig war, sassen wir im vollen Sonnenschein vor der Hütte und rauchten wie die Türken.* — Am 18. Dezember: „Man kann sagen, es ist ein wahrer Sommertag gewesen; wir haben die Röcke ausge- zogen, und neben uns ist der Schnee geschmolzen.” Am 21. Dezember : „Bei einem so schönen Wintertage wird man hier oben ganz jung“! So geht es fort: die Beobachter werden nicht müde, ihr Erstaunen und Bewundern über die klimatischen Ver- hältnisse in dieser Höhe auszudrücken, XL Einige andere Daten, die von Interesse sein dürften, sind folgende: die Temperatur sank nur an wenigen Tagen auf 16° Kälte. Die tiefste im ganzen Winter beobachtete Temperatur war — 17°, wobei zu bemerken ist, dass diese kälteste Zeit erst im März eintrat, dass sich da also ein alter Er- fahrungssatz unserer Bauern bestätigte, dass die grösste Kälte vor dem Februar in den Tiefen, nach dem Februar aber in den Höhen sich einstellt. Uebrigens überrascht uns im allgemeinen diese verhältnissmässig so geringe Kälte von — 17°. Wir finden ja z. B. iu Genf als Minimum, das im Jahre 1828 beobachtet wurde — 20°; dasselbe Minimum in Wien im 50Oger Jahre; in Klagenfurt — 24°.5, und in Innsbruck am 30. Dezember 1788 — 25°. — Es wäre kühn zu behaupten, dass die Temperaturen, welche die Mat- terhorn-Beobachter notirten, als die allein massgebenden an- zusehen seien, und dass man von jenen einem Winter, einen Schluss ziehen dürfe auf alle folgenden; jedenfalls aber geht aus ihnen hervor, dass die Wintertemperatur in unseren Hochalpen weit geringer ist, als die, welche im arktischen Norden angetroffen wird. Es wird diess auch theilweise be- stätiget durch einige Daten, welche von den Mitgliedern des Alpine-Club gewonnen wurden, die in verschiedenen Höhen an geschützten Stellen Minimum - Thermometer ausgestellt hatten. Auch diese Thermometer zeigten nämlich, dass in der Regel in den Höhen von 10.000 Fuss das Minimum sich auf — 16° stellt, nur an einigen Punkten auf — 21°, Die tiefste Temperatur, die man am Stilfserjoch innerhalb 4 Jahren beobachtete, beträgt auch nur — 23°. Wie mässig sind aber alle diese Kältegrade unseres Hochalpenwinters im Vergleiche zu jenen furchtbaren Kälte- graden, die im arktischen Norden auftreten, unter deren Einfluss die Hunde Kane’s närrisch geworden sind! Unsere Matterhorn-Beobachter erzählen, dass sie aller- dings manchmal meinten, es sei der jüngste Tag gekommen, besonders dann, wenn es anfıng den Hochschnee über die Hütte zu wirbeln. Sie waren manchmal vollständig einge- XLI schneit, dann kamen aber wieder heftige Windstösse, die den lockern Schnee wegfegten. Der Schnee in jenen höheren Regionen ist von dem Schnee, der in den Tiefen vorkommt, wesentlich verschieden; er ist nämlich staubartig; im Winter fällt dort niemals flockiger Schnee. Es ist auch schwierig an diesen hochgelegenen Punkten die Schneemenge zu messen. Man weiss nicht, was von oben und was von unten kommt, und man kommt mit den In- strumenten nicht mehr zurecht. Die Schneetiefe ist darum auch ausserordentlich ungleich; in den muldenförmigen Ver- tiefungen speichert sich der Schnee mässig auf, auf gewölbten Höhen bleibt er nur in geringer Menge liegen. Vor der Hütte lag im Durchschnitt 8 Schuh tief Schnee. Das ist verhältnissmässig eine geringe Schneehöhe, namentlich gering, wenn man die Angaben vergleicht, die wir über die Höhe des Schnee’s auf den Alpenpässen der Schweiz haben, z. B. Bernhard, Gotthard, Simplon u. s. w., wo der Schnee 5—6 Klafter hoch sich aufschichtet. Ich muss es dahingestellt sein lassen, ob diese geringe Schneehöhe bei 10.000 Fuss auf Rechnung des Umstandes kommt, dass die Dunstmenge in der Atmosphäre im Winter dort eine geringe ist. Es ist nämlich nachgewiesen eben aus diesen Beobachtungen am Matterhorn, dass dort die Dunst- menge allerdings eine. ausserordentlich geringe ist. Es wäre also denkbar, dass die Matterhorn - Station in einer Region liegt, wo die Niederschlagsmenge schon abnimmt; soviel aber ist gewiss, dass in der Höhenregion von 8—9000 Fuss die Schneemenge eine ausserordentliche ist, nicht bloss in der Schweiz, sondern auch in den Gebirgen um Innsbruck. Der Pächter von Kühtei, eines bekannten Hofes, der am Ueber- gange zwischen Sellrain und Oetzthal liegt, erzählte mir, dass alljährlich der Schnee um das Haus herum wenig- stens 3 Klafter hoch liege. Um zu ebener Erde Licht zu bekommen, müssen die Leute Schneefänge ausschaufeln, und um in den etwa 20 Sehritte vom Hause entfernten Stall zu XLII kommen, graben sie sich durch den Schnee einen Tunell, der dann erst im März zusammenbricht. Es ist gerade übermorgen 10 Jahre, dass ich selbst eine Winter-Exkursion auf die hohe Salve ausführte, in Be- gleitung des hiesigen botanischen Gärtners Herrn Zimmeter und zweier Bauern von Brixen. Nachdem wir die Holzgränze überschritten hatten, war die“ Schneemenge wenigstens um das 3fache grösser, als sie sich im Thale gezeigt hatte. Wir kamen bei einer Sennhütte vorbei, und von ihr ragte nur der Giebel aus dem Schnee hervor. Ein Stall, der neben ihr sich befand, erschien uns nur als schwache Wöl- bung, die im Schnee kaum angedeutet war. Es wäre, wegen der Tiefe des Schnees, die ich dort beiläufig auf 3 Klafter schäzte, kaum möglich gewesen, weiter zu kommen, wenn nicht ein eigenthümlicher Umstand uns zu Statten gekommen wäre. Nach jedem Schneefalle wirkt nämlich die Insolation an hellen Wintertagen ausserordentlich kräftig und veran- lasst bald eine Krustenbildung über den Schneeschichten. Wenn die Insolation wochenlang anhält, so wird die Kruste so dick, dass sie einen ganz gut trägt. Die obersten Schich- ten waren nun allerdings nicht mit dieser Kruste überzogen, aber in einer Tiefe von anderthalb Fuss war eine bedeutende Kruste, in die wir nicht mehr einbrachen und in die wir nur mittels des Bergstockes tiefer einzudringen vermochten. Auf der Kuppe des Berges angekommen glaubte ich fast die Excursion gescheitert; wir sahen nämlich das Häuschen, das auf der Kuppe sich befindet, nicht. Es war ein kolossaler Schneehaufe davor und erst als wir auf diesen hinaufge- klettert waren, sahen wir, dass das Häuschen nicht ganz im Schnee vergraben, und dass glücklicherweise gerade der Platz vor der Thüre schneefrei war. Diese Schneeschichte mochte allerdings durch Anwehung vermehrt gewesen sein; sie be- trug über 4 Klafter. Daraus geht also hervor, dass in der Höhen-Region zwischen der Baumgrenze und 7—8000 Fuss die Schnee- masse ausserordentlich ist. XL Eine Frage, die jeden Botaniker und Zoologen gewiss sehr interessirt, ist die, wie sich wohl die Wärmeverhält- nisse, welche für die Biologie der Thiere und Pflanzen von grösster Wichtigkeit sind, unter diesen Schneemassen ge- stalten. Ueber diese Wärmeverhältnisse ist uns nun, was den arktischen Norden anlangt, durch Untersuchungen v. Midden- dorf’s und Kane’s eine ganze Reihe von interessanten Daten bekannt geworden. — Eine der wichtigsten Erscheinungen im hohen Norden ist jedenfalls die, dass sich von den Küsten des weissen Meeres bis zum ochotzkischen Meere der Boden bis in bedeutende Tiefen fest gefroren zeigt; es ist diess das sogenannte Grundeis oder unterirdische, sibirische Eis. An der Mündung der Petschora beträgt die Tiefe des unterirdi- schen Eises 50, am Ob 400 Fuss und an der Lena wurde sie sogar durch Bohrversuche mit 670 Fuss bestimmt. Dass in einem solchen Boden keine Quellen vorkommen, versteht sich von selbst; wenn im Frühlinge der Schnee schmilzt, fliesst das Wasser oberflächlich ab, aber Quellen entspringen dori nie. Es ist nun höchst interessant zu wissen, wie sich dieses Grundeis im Sommer verhält, ob es im Sommer aufschmilzt oder nicht. Trotz der verhältnissmässig nicht unbedeutenden Wärme, die den arktischen Sommer auszeichnet, ist die Tiefe bis zu der das Eis aufschmilzt eine verhältnissmässig sehr geringe. Middendorf fand, dass im Taymur-Lande, speziell am Taymursee an den günstigsten Stellen Anfangs August der Boden nur bis zu 14” aufgethaut war, an schattigen Stellen nur bis zu 2”; und in dieser aufgethauten Schichte wuchs doch eine üppige Vegetation! Die Wurzeln reichten genau so weit, als das Eis im Sommer aufthaute, und das Eis vergleicht v. Midderdorf mit einem Felsen, den die Wur- zeln nicht weiter durchdringen können. Von einem solchen Grundeise wissen wir in unsern Alpen nichts. Wir kennen Quellen noch bis zu 9000 Fuss; ob sie alle das ganze Jahr über fliessen, vermag ich nicht zu XLIV entscheiden, wenigsteus nicht, was die héchstgelegenen Quellen zwischen 8000 und 9000 Fuss anlangt; soviel aber ist ge- wiss, dass bei 7000 Fuss auch im Winter die Quellen noch lustig hervorsprudeln. Ich will die Parallele weiter ziehen und fragen, wie sich im Vergleiche zum arktischen Gebiete die Temperaturs- verhaltnisse des Bodens in unsern Hochgebirgen verhalten. Dariiber liegt bisher so gut wie gar nichts vor. Sonder- barer Weise wurde es auch am Matterhorn versäumt, darüber Beobachtungen anzustellen. Da nun aber gerade diese Verkällnisse für die orga- nische unter dem Winterschnee begrabene Welt von grösster Wichtigkeit sind, so habe ich es selbst unternommen, einige dahin abzielende Fragen zu lösen. Ich versuchte diese Lö- sung dadurch anzubahnen, dass einige Quellen in unsern Hochgebirgen um Innsbruck monatlich gemessen wurden; ebenso habe ich von 1000 zu 1000 Fuss Minimum-Thermo- meter eingegraben. Was die Quellen anlangt, so wurden besonders 2 auf’s Korn genommen, eine an der Nordseite des Hafele-Kar bei 7300 Fuss und eine zweite an der west- lichen Abdachung des Patscherkofels über 6000 Fuss. Was erstere anlangt, die durch ihre Kälte berühmte Quelle am Hafelekar, so stellte sich bald heraus, dass sie nicht weiter zu Untersuchungen zu verwenden war. Im Oktober hörte sie nämlich auf zu fliessen. Sie hat im Sommer nur 09.5 und der Umstand, dass sich in nächster Nähe Schneelager bis in den Hochsommer hinaus erhalten, liess mich annehmen, dass sie durch Schuttland abfliessendes Schneewasser sei. Sie musste aufgegeben werden. Ich muss hier einschalten, dass ich bei diesen Unter- suchungen mich der Beihülfe eines der Lehramtskandidaten: Peter Kammerer erfreute, der sich die Sache sehr angelegen sein liess und diese mühsamen Untersuchungen mit durch- führen half. Es war nun vorzüglich auf die Quelle am Patscher- kofel abgesehen und wurde nun die Temperatur dieser Quelle auch im Winter monatlich gemessen. Es stellte sich da XLV heraus, dass der Gang der Temperatur dieser Quelle von dem Gange den die Temperaturen der Thalquellen beobachten lassen, wesentlich abweicht. Die Quellen in den Thälern zeigen die tiefste Temperatur fast alle im März, während die höchste Temperatur regelmässig im September eintritt. Sowohl Maximum, wie Minimum waren aber beider Patscherkofelquelle verschoben; das Minimum trat erst nach dem Schneeschmelzen in der zweiten Hälfte Mai ein, und das Maximum stellte sich im Oktober ein. Es ist also das Maximum und Minimum auch nicht gleichmässig verschoben. Während bei den Thal- quellen die Temperatur vom März an durch 6 Monate steigt und eine gleiche Zeit hindurch fällt, stellt sich hier heraus, dass die Temperatur 5 Monate lang im Steigen und 7 Mo- nate im Abnehmen begriffen ist. Das Minimum in der 2. Hälfte Mai war 2°.4, das Maximum 3°.6. Durch Berechnung der Angaben, welche die von 1000 zu 1000 Fuss eingegrabenen Maximum- und Minimum-Thermo- meter lieferten, stellte sich auch heraus, dass die mittlere jährliche Bodentemperatur mit zunehmender Seehöhe in ganz anderem Verhältnisse abnimmt, als die mittlere jährliche Luft- temperatur. Ich habe die betreffenden Zahlen zusammengestellt und es ergab sich, dass bei einer Höhe von 3000’, für welche ich die Lufttemperatur mit 6°.2 bestimmte, die Bodentemperatur um 10.5 höher war. Bei 4000’ war die Bodentemperatur 4°.8 und um 1°.6 höher als die Lufttemperatur derselben Höhe. Bei 5000’ war die mittlere Bodentemperatur 4°.1 und um 2°.4 höher als die Lufttemperatur. Bei 6000’ war sie 30.50 und 3° höher, bei 7000 Fuss 2°.6 und 3°.6 höher als die Luft- temperatur der gleichen Höhe. Es stellte sich also heraus, dass mit zunehmender Höhe die Bodentemperatur verhält- nissmässig weit höher ist als die Lufttemperatur. — Die Minimum-Thermometer gaben auch darüber Aufschluss: wie tief der Boden in der Hochalpen-Region gefriert. Es stellte sich heraus, dass in der Seehöhe von 6—7000 Fuss der- selbe nicht tiefer als 60 Centimeter, also nahezu 2 Fuss einfriert. In der Tiefe von 1 Fuss zeigte das Minimum- XLVI Thermometer in der Höhe von 7000 Fuss — 59.3; in der Tiefe von 65 Centimeter, also circa 2 Fuss zeigte dort das- selbe dagegen 0°.1 Hier war also der Boden nicht mehr gefroren und man kann also im Mittel etwa 60 Centi- meter als die Tiefe aunehmen, in welcher in einer Höhe von 7000 Fuss bei uns der Boden einfriert. Für die Pflanzenwelt ist das von grosser Wichtigkeit. Ich habe Bestimmungen vorgenommen über die Länge der Wurzeln unserer Alpenpflanzen; die tiefstgehenden Wurzeln zeigen einige Alsineen, deren Länge ich = '% Meter, d. i. also 114 Fuss fand. Daraus ergibt sich, wenn wir diess zu- sammenhalten mit der Tiefe, bis zu welcher der Boden einfriert, dass unsere Alpenpflanzen „von der Wurzel bis zum Gipfel“ im Verlaufe des Winters vollständig gefrieren müssen. Es gibt mir das auch Veranlassung über das Gefrieren der Pflanzen einige Bemerkungen zu machen. Man hat in früheren Zeiten gemeint, dass die Pflanzen eine gewisse Eigenwärme haben, mit deren Hilfe sie dem Einflusse der Kälte zu widerstehen im Stande seien. Diese Idee ist längst aufgegeben worden. Man hat gefunden, dass in der That die Pflanzen, wenn sie einer gewissen Temperatur unter 0° ausgesetzt sind, vollständig gefrieren. Es fragt sich also, ob sie dabei auch erfrieren, d. h. ob sie durch das Ge- frieren getödtet werden. Die ersten Untersuchungen, die darüber angestellt wurden, verdanken wir einem Franzosen Senebier. Er sagte, es friere der Zellsaft gerade so, wie das Wasser in einer Glasflasche, er dehne sich dann ent- sprechend dem bekannten Verhältnisse bei dem Gefrieren aus und es werde dadurch die Zellhaut gerade so gesprengt, wie die Glasflasche. Dadurch würde die Pflanze nicht mehr im Stande sein, weiter zu vegetiren. — Das wurde durch eine geraume Zeit von Jahren fest geglaubt; es fiel keinem ein, weitere Untersuchungen zu machen. Erst in den Drei- siger Jahren wurden von Göppert einschlägige Untersuehungen wieder in Angriff! genommen. Géppert wies nach, dass von einem solchen Zerreissen XLVI nichts zu sehen sei, dass die Zellhaut nicht zerrissen werde. Er fand, dass gewisse Pflanzen allerdings vernichtet werden, andere dagegen nicht. Damals spuckten aber noch die natur- philosophischen Ideen in den Köpfen der Naturforscher und Göppert erklärte sich dieses „Getödtet werden“ der Pflanzen so, dass er sagte, es werde die „Lebenskraft* zuerst ge- tödtet und in Folge dieser Vernichtung der Lebenskraft tre- ten dann die chemischen Prozesse der Verwesung in ihre Rechte. Im Jahre 1857 erschien eine fleisige Arbeit des Giessner Professors Hoffmann über dasselbe Thema; auch er wies nach, dass ein Zerreissen der Zellhäute nicht stattfinde, er- klärte aber die ganze Erscheinung in der Weise, dass er annahm, die Zellhaut habe eine gewisse Elastizität, die für jede Pflanzenart eine bestimmte sei. Diese Elastizität könne nun überschritten werden, die Zellen können über ein ge- wisses Maass ausgedehnt werden und dann höre die Elastizität auf, ähnlich so wie an einem Kautschuk, den man über ein gewisses Maass hinaus zerrt und der dann in dieser Lage verbleibt. In neuester Zeit nun hat man die Frage neuerlich in Angriff genommen; besonders war es Professor Sachs, der das Gefrieren auf das sorgfältigste studierte. Ich will nicht zu weitschweifig werden und beschränke mich darauf hervor- zuheben, dass es nach seinen Untersuchungen Störungen der Molekular-Verhältnisse der Pflanzen-Zellen sind, die da mass- gebend werden. Die einzelnen Moleküle müssen wir uns mit Wasser- hüllen umgeben denken und dieses Wasser wird durch das Gefrieren affizirt, es gefriert, es wird von den festen Theilen getrennt, und es frägt sich, ob das Aufthauen langsam oder rasch erfolgt. Erfolgt es langsam, dann kann das Wasser ebenso langsam, wie es früher auskristallisirte, sich wieder mit den festen Theilen verbinden; wenn das Aufthauen aber sehr rasch geschieht, so fliesst Wasser in die Intercellular- räume ab, es können sich dann die normalen Imbibitions- XLVI verhältnisse und Spannungsverhältnisse nicht wieder her- stellen und die Pflanze geht zu Grunde. Dadurch erklärt sich, dass es gelingt, Pflanzen, die langsam aufthauen, zu retten, während rasch aufthauende zu Grunde gehen. Es kommt nun noch die Frage in Betracht, wie sich die Thiere bei dieser Temperatur im der Alpenregion verhalten mögen. Ich habe vor einigen Jahren Untersuchungen über eine Alge angestellt, nämlich über Haematococcus pluvialis, der sich besonders häufig in den kleinen Marmorbecken der Denkmäler auf unseren Friedhöfen findet. In diesen Marmor- becken sammelt sich Wasser, das im Herbste bis auf den Grund gefriert. Ich nahm solches Eis mit nach Hause, liess es aufthauen und die Algen hatten nicht gelitten. Neben diesen Algen fanden sich aber auch kleine Räderthierchen , beson- ders eines, das bei uns häufig vorkommt, Roseola alpina. Dieses Räderthierchen liess, kaum aufgethaut, seine Räder wieder lustig spielen, hatte also durch das Einfrieren nicht gelitten. Ebensowenig leiden Schnecken durch’s Gefrieren. Herr Gremblich, ein anwesendes Mitglied unseres Vereines hat Schnecken aus dem gefrorenen Boden ausgegraben und die Temperatur an dieser Stelle, wo sie sich durch lange Zeit befunden hatten, gemessen, welche 4—5° unter 0 be- trug, er hat sie dann erwärmt, und sie deckelten sich in kürzester Zeit ab, und zeigten sich alle lebend. Nicht weniger als 23 Arten wurden untersucht und nachgewiesen, dass sie alle sofort lebten. — Im verflossenen Sommer besuchte ich einen der Gipfel der Stubaiergruppe, den Feuerstein, der mitten aus dem Stubaier-Eismeer empor- ragt. Dort fand ich mehrere Spinnen, die jedenfalls im Winter die Reise in die Tiefe nicht antreten können, die also oben gewiss überwintern, die auch nicht die Fähigkeit haben in bedeutende Tiefen sich einzugraben, also gewiss den langen Winter über gefroren bleiben, und dennoch nicht zu Grunde gehen. Ein anderer Beobachter O. F. Müller erzählt, dass er einige Käfer: Ditiscus-Arten gefrieren liess; nach dem Aufthauen schwammen sie lustig im Wasser wieder umher, XLIX Dass Fische gefrieren können, wird von zahlreichen Beob- achtern behauptet: ich erwähne davon Rudolphi, Pallas, Otto, Fabricius. Sie behaupten, dass Fische wochenlang gefroren sein kénnen, ohne desswegen zu Grunde zu gehen. Amschel liess 40 Frösche gefrieren und sie dann langsam aufthauen, und 38 waren am Leben geblieben. — Dass warm- blütige Thiere durch Gefrieren zu Grunde gehen, ist eine be- kannte Sache. Die Murmelthiere in unserer Hochalpenregion halten einen Winterschlaf, aber in einer Tiefe, in welcher es nie mehr einfriert. Die Tiefe der Kammern, wo sie über- wintern, beträgt 4—5 Schuh und die Temperatur ist dort jedenfalls über 0°. Ich möchte zum Schlusse nur noch die Frage auf- werfen: wie es sich mit den Pflanzen und Thieren verhalten möge, die durch lange Zeit, nicht bloss durch 1 Jahr, son- dern durch mehrere Jahre unter Schnee und Eis vergraben bleiben. — Dass der Frost ihnen nicht schade, dass sie vollständig gefrieren können, und dann wieder aufthauen und weiter leben, unterliegt keinem Zweifel. Es frägt sich aber, wie es sich mit Pflanzen und Thieren verhalte, die mehrere Jahre unter der Schneedecke begraben liegen. Ich erwähne hier zunächst einer einschlägigen ganz merkwürdigen Mittheilung Demidoffs. Er erzählt, dass er eine Partie von Pflanzen nach Russland geschickt erhielt und darunter auch einen Pack von Obstbäumen, die durch Zufall in einen Eiskeller geriethen, und dort durch 21 Monate vergessen worden waren. Man glaubte natür- lich, dass sie zu Grunde gegangen seien. Demidoff aber, der selbe von A. Thouin erhielt, bemerkt, dass sie aussahen, als wens sie erst kürzlich aus dem Boden ausgegraben wor- den wären, und er liess sie daher auch einsetzen, und siehe da, sie wuchsen alle kräftig an! Ich schalte noch eine Beobachtung ein, die ich selbst machte. Vor 2 Jahren besuchte ich die Tarnthaler Köpfe im Hintergrunde des Navisthales im Osten des Brenner. Es war verhältnissmässig ein sehr warmer Sommer und der Naturw.-med. Verein. 10 L Führer drückte seine Verwunderung darüber aus, dass der Schnee in einer Mulde in einer gewissen Höhe vollständig weggeschmolzen war, nachdem er dort, wie er sagte, 3 Jahre lang gelegen hatte. In diesem Sommer war er aber abge- schmolzen und hier fand ich nun eine Anzahl lebender Pflan- zen, nämlich Polytrichum sexangulare, Weissia crispula, Dicranum Starkii, mehrere Bryum- Arten, Peltigera crocea, | Sibbaldia procumbens, Soldanella pusilla und Salix herbacea, letztere in schönster Blüthe. Sie waren also durch 3 Jahre unter Schnee und Eis vergraben gewesen und hatten nicht aufgehört zu leben! Es taucht uns da unwillkürlich die Frage auf, wie es denn sein möchte, wenn sie noch längere Zeit unter Schnee und Eis vergraben blieben. Im erstarrten Zustande sind sie vor der Verwesung geschützt und wenn sie 3 Jahre unter Schnee und Eis vergraben, die Fähigkeit zu vegetiren erhiel- ten, so ist ebensogut anzunehmen, dass sie auch durch: De- zennien sich lebend erhalten können. — Es wäre sehr interes- sant Untersuchungen hierüber anzustellen. Vielleicht liesse sich in unserer Gletscherregion ein derartiger Versuch aus- führen und experimentell ermitteln: wie lange Pflanzen unter Schnee und Eis begraben sein können, ohne dadurch zu Grunde zu gehen.“ Ueber die Zählung der Herzschläge bei physiologischen Versuchen über den Vagus und den Sympathicus von G. P. Vlacovich, und M. Vintschgau, Prof. der Anatomie an der Univer- Prof. derPhysiologie an der Univer- sität zu Padua sität zu Innsbruck aus der italienischen Abhandlung im Auszuge mitgetheilt von M. Vintschgau. In den folgenden Zeilen will ich einen kurzen Auszug einer Arbeit wiedergeben, welche gemeinschaftlich mit meinem ehemaligen Collegen G. P. Vlacovich in Padua unternommen wurde. Die Originalarbeit ist in italienischer Sprache unter dem Titel: Della numerazione dei battiti cardiaci nelle ricerche fisiologiche sul vago e sul simpatico per G. P. Vlacovich, Prof. di Anatomia nell’ Universita di Padova e M. Vintschgau, Prof. di Fisiologia nell Universita d’ Innsbruck in den Atti del r. Istituto veneto di scienze lettere ed arti erschienen. Obwohl vor mehreren Jahren begonnen, konnten die Untersuchungen doch, in Folge von Umständen aller Art, insonderheit aber in Folge der Entfernung, die uns seit dem Jahre 1866 trennt, erst vor Kurzem zur Veröffentlichung ge- 10% u ON) seh langen; sie sind eigentlich als Vorstudien einer längeren Unter- suchung über die Wirkung des Vagus und des Sympathicus auf die Herzbewegungen anzusehen. Der Inhalt derselben bildet aber fiir sich ein abgeschlossenes Ganzes, wenn auch hie und da sich noch einige Liicken finden, die wir in Folge des erwähnten Umstandes auszufüllen nicht in der Lage waren. Wir waren bestrebt, fiir jene Versuche, bei welchen man die Wirkung des Vagus und des Sympathicus auf die Fre- quenz der Herzschläge ermitteln will, eine Methode ausfindig zu machen, welche gestattet ihre Zahl auch bei jenen Thieren, denen ein sehr häufiger Pulsschlag eigen ist, am Ende einer jeden beliebigen Zeiteinheit auf eine genaue, einfache, leichte, rasche Weise und ohne nennenswerthe Beeinträchtigung der physiologischen Functionen des der Untersuchung unterworfenen Thieres zu erfahren. Dass die Zählungsmethode die zuletzt erwähnte Eigen- schaft haben müsse, ist selbstverständlich, wie auch, dass dieselbe sich einer strengen Genauigkeit zu erfreuen habe, dagegen wird es nicht überflüssig sein, über die übrigen eben angeführten Eigenschaften eine kurze Erörterung zu geben. Von einer einfachen Methode fordern wir, dass sie ohne sehr komplizirte Vorrichtungen anwendbar sei, so dass nicht bloss die Erlernung ihrer Gebrauchsweise sich einfach ge- stalte, sondern dass auch zugleich dadurch das Eintreten jener Störungen in der Thätigkeit der angewendeten Apparate ver- mindert werde, welche den Gang des Versuches verzögern können. Wir nennen sie eine leichte, wenn bei der Zählung die Sinnesorgane und die Aufmerksamkeit nicht fortwährend an- gestrengt werden, indem in solchem Falle entweder die Er- müdung zu Fehlern Veranlassung gibt, oder wenn man. die erforderlichen Erholungsperioden einschaltet, die Dauer des Versuches bedeutend verlängert werden müsste, und letzterer Umstand allein im Stande ist, die Frequenz der Herzschläge zu beeinträchtigen. ee QQ ae Unter Raschheit verstehen wir die Möglichkeit, dass der Beobachter am Ende jeder Zeiteinheit schnell die Zahl der. Pulsschläge erfabre, um eben den erwähnten Uebelstand zu vermeiden, wie es auch, was besonders zu betonen ist, zur Erreichung einer Vermehrung der Herzschläge durch schwache Reizung des Vagus, nach den Angaben Schiff’s und Moleschott’s, nothwendig ist die Stromstärke nicht bloss nach der Thiergattung und nach der Individualität des Thieres zu reguliren, sondern sie auch bei zwei sich folgenden Reizungen im Verlaufe eines Versuches abzuändern. Alle Methoden, die man zur Ermittelung der Pulsfre- quenz anwenden kann, lassen sich, sobald man von der be- sonderen Art der vorzunehmenden Versuche absieht, in zwei grosse Abtheilungen unterbringen; die erste enthält alle jene Methoden, bei weichen irgend ein Instrument, oder irgend ein mechanisches Hilfsmittel zur Anwendung kommt; die zweite dagegen jene, bei welchen weder ein Instrument, noch ein mechanisches Hilfsmittel angewendet wird. In die erste Abtheilung sind einzureihen: 1) Die Auscultation der Herzschläge mittelst des Sthe- toskops. 2) Die Beobachtung der Bewegungen einer in das Herz eingestochenen Nadel. Diese Methode nennen wir kurzweg die Methode der Herznadel. 3) Die graphische Methode. 4) Jene, welche von uns die Methode der mechanischen Zählung genannt wurde, und die darin besteht, dass die Herznadel mit einer die Bewegung der Nadel notirenden mechanischen Vorrichtung verbunden wird. Zur zweiten Abtheilung dagegen gehören folgende Me- thoden: | 5) Die Zählung der Pulsschläge einer oberflächlich lie- genden Arterie. . 6) Die Zählung der Herzschläge, welche durch die auf die Herzgegend aufgelegte Hand wahrgenommen werden. a WOO ee 7) Die Zählung der Pulsschläge des blossgelegten Her- zens, oder einer blossgelegten Arterie. In den vorliegenden Untersuchungen wurden alle Zäh- lungsmethoden der Herzschläge einer näheren Prüfung oder wenigstens einer eingehenden Betrachtung unterworfen. Nach unserem Ermessen ist die Methode der mechani- schen Zählung die genaueste und darum fiel auf sie die Wahl, um mit ihr alle anderen zu vergleichen und zu prüfen. Zu ihrer Würdigung wollen wir vor Allem die von uns in An- wendung gezogene mechanische Vorrichtung beschreiben. !) In einen elektrischen Kreis sind folgende Theile einge- schaltet : 1) Ein metallischer Hebel; ein Ende desselben steht durch einen Seidenfaden mit einer in das Herz eingestochenen Nadel in Verbindung, das andere nach abwärts umgebogene Ende kann in ein mit Quecksilber gefülltes Näpfchen tauchen. Dieses umgebogene Ende nennen wir kurzweg Schnabel. Der Hebel folgt den Bewegungen der Nadel und schliesst oder öffnet den elektrischen Kreis je nachdem der Schnabel in das Quecksilber taucht oder nicht. 2) Ein Apparat, der die Nadelbewegungen registrirt; als solchen kann man den Morse’chen Schreibapparat, oder ein elektrisches Zählerwerk anwenden. 3) Eine Pendeluhr, welche automatisch mit Beginn der für die Zählung der Herzschläge bestimmten Zeiteinheit den elektrischen Kreis schliesst, und ihn am Ende derselben Zeit- einheit ebenso unterbricht. Hinsichtlich der genauen Details der einzelnen Apparate, müssen wir auf unsere italienische Schrift verweisen: wir geben hier daraus das Wichtigste wieder. 1) Das Kaninchen wird auf die gewöhnliche Weise auf 1) Eine kurze Beschreiking des Apparates wurde von uns vor mehreren Jahren veröffentlicht. $S. Sitzungsberichte der k. Akad. in Wien Bd. L. 8. 418--427. An he +0 ge ein Brett befestigt. (Der von Czermak angegebene Kaninchen- Kopfhalter, der uns ausgezeichnete Dienste geleistet hätte, war zur Zeit als wir unsere Versuche vornahmen, nicht bekannt.) 2) Die Herznadel hat eine Länge von 70 Mm. und ein Gewicht von 30.6 Ctgr.; es leisteten uns aber auch leichtere und kürzere Nadeln denselben Dienst. — Die Nadel wird durch den dritten Intercostalraum nicht weit vom Brustbein, ohne dass vorher die Haut gespalten wird, in das Herz einge- stochen. Man trifft für gewöhnlich einen Punkt näher der Basis als der Spitze des Herzens. Die Nadelschwingungen müssen eine Amplitude von wenigstens 3—4 Mm. haben, wenn der Hebel regelmässig funktioniren soll; ferner muss man dafür sorgen, dass die Gleichförmigkeit der .Nadelschwingungen durch die Respi- rationsbewegungen nicht beträchtlich gestört werde. Diese Störungen kommen bei Kaninchen nicht sehr häufig vor, wohl aber bei anderen Thieren, so dass für die letzteren unsere Hebelvorrichtung nicht anwendbar ist. !) Es sei hier bemerkt, dass wenn auch in vielen Fällen die Schwingungen der Nadel in einer vertikalen Ebene statt- finden, es doch nicht selten geschieht, dass dieselben eine mehr oder weniger elliptische Bahn beschreiben; diese rota- torischen Bewegungen der Nadel üben jedoch keinen Einfluss auf jene des Hebels, da dieser nur in einer senkrechten Ebene schwingen kann. Während der Dauer eines Herzschlages macht die in das Herz eingestochene Nadel zwei einander entgegengesetzte Schwingungen, die eine nennen wir systolisch oder cephalisch, die andere dagegen diastolisch oder abdominal. 3) Der Hebel besteht aus dünnem Kupferdraht, (Durch- messer ungefähr '/, Mm.), besitzt ein Gewicht von 27 Ctgr. 1) In diesen Fällen lässt sich mit Erfolg der elektrische Doppel- hebel von Czermak, über welchen erst jüngst von seinem Erfinder eine ge- naue Beschreibung gegeben wurde, anwenden. Note von M. Vintschgau. en VG) me und eine Länge von 13 Ctm. (ohne den Sehnabel.). Das Verhältniss zwischen beiden Hebelarmen ist wie 1: 3-4. Der kürzere Hebelarm steht, wie schon oben erwähnt wurde, durch einen Seidenfaden in Verbindung mit der Herz- nadel, der längere dagegen kann mit dem Schnabel in das Queck- silbernäpfchen eintauchen. Nun ist der Hebel einerseits und das Quebksilbernäpfchen anderseits mit den Leitungsdrähten verbunden, während deren Träger die Feststellung der Vor- richtungen in jeder beliebigen Richtung im Raume erlauben, so dass es leicht möglich ist, jene Lage des Hebels zu fin- den, in welcher derselbe genau den Bewegungen der Nadel folgt. Zu jeder Nadelschwingung gesellt sich eines der beiden Bewegungsstadien des Hebels nämlich bei der Cephalbewegung der Nadel das aufsteigende, bei der abdominalen dagegen das absteigende Stadium. Bei beiaen Bewegungsstadien des Hebels lassen sich zwei Abschnitte unterscheiden, nämlich jener des Ein- und jener des Austauchens aus dem Quecksilbernäpfchen. Der Hebel funktionirt ganz gut, wenn er mit dem Horizont einen Winkel von ungefähr 15°—20° bildet, so zwar, dass der freie längere Arm tiefer steht; wenn ferner der Seidenfaden sowohl mit der Nadel, als auch mit dem Hebel einen nach dem Abdomen des Thieres offenen stumpfen Winkel bildet, und wenn endlich Nadel, Faden und Hebel sc gut als möglich sich in einer Ebene befinden. Die Bewegungen des Hebels sollen ziemlich ausgiebig und so geregelt sein, dass sie nicht bloss ein treues Bild der Nadelbewegungen seien, sondern es muss jede Hebel- schwingung ganz deutlich beide Phasen des Ein- und des Austauchens durchmachen: da aber die letzteren nicht alle eine vollkommen gleiche Amplitude haben, so ist es, um diesen kleinen Ungleichmässigkeiten wenigstens theilweise vor- zubeugen, zweckmässig, dass der Hebelschnabel den Boden des Quecksilbernäpfchens erreiche, noch bevor die Nadel ihre Abdominalschwingung vollendet hat; wobei man noch den gg os Vortheil hat, dass die Nadel sowohl am Ende der Abdo- minal- als auch im Beginne der Cephal-Schwingung etwas entlastet wird. | Diese wenigen Ardeutungen über die Einrichtungen, welche in der Original-Arbeit eine ausführliche Schilderung erfuhren, sind hinreichend, um dem bis jetzt beschriebenen Theile des Apparates die zweckentsprechende Lage zu geben; und wir wollen nur noch schliesslich erwähnen, dass unsere Vorrichtung sich auch bei Kaninchen anwenden lässt, die sich in ihrer gewöhnlichen Stellung befinden. Zu diesem Zwecke genügt es, wenn das Brettchen, auf dem das Kanin- chen aufruht, eine hinreichend grosse Oeffnung besitzt, durch welche die Nadel hindurchgeht und ihre Schwingungen leicht ausführt. Die Abänderungen in der Lagerung der übrigen Theile des Apparates ergeben sich von selbst. 4) Um die Zahl der Herzschläge zu registriren oder was dasselbe ist, um die Zahl der durch die Hebelbewe- gungen verursachten Stromunterbrechungen zu notiren, be- dienten wir uns anfangs des Schreibapparates von Morse. Da aber die Zählung der auf dem Papier verzeichneten Punkte zu viel Zeit in Anspruch nahm, bedienten wir uns später eines elektrischen Zählerwerkes, durch dessen Einrichtung wir sofort am Ende jeder Zeiteinheit über die Zahl der Puls- schläge genaue Auskunft erhalten konnten. Eine Beschreibung der Einrichtung des Zählerwerkes ist nicht nöthig, da ähnliche Vorrichtungen zu verschiedenen phy- sikalischen Zwecken in Verwendung sind; es genüge die Bemerkung, dass ein Assistent die Aufgabe hat die Zahl zu notiren, von welcher der Zeiger bei Beginn der Zeitein- heit ausgeht, und bei der er am Ende derselben stehen bleibt, um dann bei Berücksichtigung der Zahl der vollendeten ganzen Umdrehungen, durch kurze Berechnung die Anzahl der inner- halb der Zeiteinheit stattgefundenen Unterbrechungen zu finden. Zu den Notirungen reicht die Zeit einer Sekunde zu, so dass zwischen zwei Beobachtungen eine Unterbrechungszeit von wenigstens einer Sekunde einzuschalten ist. BER TC ER Da die Angabe des Beginnes und des Endes der Zeit- einheit mittelst eines verabredeten Zeichens durch einen As- sistenten, der eine gewöhnliche Sekundenuhr beobachtet, häufig nicht ganz richtig ist, und die Möglichkeit vorliegt, bei zwei unmittelbar sich. folgenden Beobachtungen einen Fehler von einer Sekunde zu begehen, selbst dann, wenn der Maximal- werth der einzelnen Zeichenfehler 1/, S. nicht übersteigen sollte, so haben wir eine Sekundenpendeluhr in den elek- trischen Kreis eingeschaltet, welche die eben bezeichnete Auf- gabe automatisch löst, und dadurch einen zu diesem Zwecke verwendeten Assistenten entbehrlich macht. Das Sekundenpendel, welches durch Gewichte in Schwingung erhalten wird, bewegt ein gezähntes Rad mit 31 (statt mit 30) Zähnen, so dass das Rad eine volle Um- drehung in dem Zeitraume von 62 Sekunden vollendet. Die Axe des Rades steht mit einem Ende des elektrischen Kreises in leitender Verbindung. Dieselbe Axe trägt einen niedrigen metallischen Cylinder, welcher, weil er mit der ersteren fest verbunden ist, eine volle Umdrehung ebenfalls in 62 Sekunden vollendet. 1) Die Mantelfläche dieses niedrigen Cylinders ist in zwei mit einander parallele und gleich grosse Zonen getheilt, eine vor- dere und eine ‘hintere. — Denkt man sich nun jede Zone in 62 gleiche Theile eingetheilt, so entspricht selbstverständlich jeder Theil genau einer Sekunde. — An jenen zwei Theilen der vorderen Zone, welche der 61. und 62. Sekunden ent- sprechen, ist nun eine nicht leitende Substanz eingeschaltet, wodurch der Strom durch volle 2 Sekunden unterbrochen bleibt, diese Unterbrechung beginnt genau in dem Moment, 1) In der italienischen Abhandlung S. 24 des Separatabdruckes (S. 1572 Atti del r. Istituto veneto di scienze lettere ed arti Bd. XVI. Serie III) findet sich durch Versehen angegeben, dass das gezähnte Rad 62 Zähne statt 60 besitzt. Es soll dagegen heissen, dass das ge- zähnte Rad 31 statt 30 Zähne besitzt. Eine gleiche Correctur muss auch S. 28 des Separatabdruckes (8.1576 Atti etc.) vorgenommen werden. RR EN in welchem das Pendel 60 Schwingungen eben vollendet hat, dauert durch die zwei nächstfolgenden Schwingungen fort, und hört in dem Moment auf, in welchem das Pendel die 63. Schwingung beginnt, nämlich jene Schwingung, welche der ersten Sekunde der nächstfolgenden Zeiteinheit entspricht. — In der hintern Zone ist die nichtleitende Substanz anders vertheilt, es findet nämlich in der dem 31. Theile entspre- chenden Stelle die erste, in der dem 62. entsprechenden die zweite Unterbrechung statt, so dass bei der Anwendung dieser zweiten Zone die Zeiteinheit einer Beobachtung bloss 30 Se- kunden, das Intervall zweier Beobachtungen eine Sekunde, dagegen bei Anwendung der vordern Zone die. Zeiteinheit einer Beobachtung 60 Sekunden und das Intervall 2 Sekunden beträgt. Man begreift nun leicht, warum das gezähnte Rad 31 Zähne haben musste, und warum auch das Zifferblatt in 62 gleiche Theile eingetheilt wurde. Es bliebe nun weiter zu beschreiben wie der Conductor beschaffen sein soll, welcher die Aufgabe hat, den zweiten Leitungsdraht mit der Mantelfläche des Cylinders in Berührung zu bringen, und zugleich auch dem Experimentator es még- lich macht, die Verbindung auf der vorderen oder auf der hinteren Zone zu vermitteln. “Es lässt sich diess natürlich auf sehr verschiedene Weise bewerkstelligen, und wir müssen für die von uns angewendete Art auf unsere italienische Ab- handlung verweisen, da eine gedrängte Beschreibung unver- ständlich ausfallen würde. Folgende Bemerkung können wir hier nicht: übergehen. Die Einschaltung der Pendeluhr in den elektrischen Kreis, in welchem sich auch der Hebel befindet, ‘bedingt eine be- sondere Unzukömmlichkeit; sobald nämlich durch Bewegungen des Kaninchens oder durch eine andere Ursache eine Unter- brechung in einer Beobachtung eintritt, so geht diese natür- lich verloren, und ausserdem muss man mit dem Beginne der nächstfolgenden so lange warten, bis die Pendeluhr den Anfang der Zeiteinheit anzeigt; es wäre vielleicht möglich, diesen Uebelstand zu beseitigen, da jedoch die Nothwendigkeit ek ROB. ee nicht vorlag, so haben wir uns in dieser Richtung keine weitere Mühe gegeben. Sobald man die eben beschriebenen Vorrichtungen während der Reizung des Vagus oder des Sympathicus bei Kaninchen anwendet, so ist neben dem Experimentator bloss ein Assistent "nothwendig. Der Experimentator kann die Reizung der Nerven reguliren und die Hebelbewegungen überwachen, der Assistent beobachtet dagegen die Bewegungen des Zählers. Wir haben nicht unterlassen, die eben beschriebene mechanische Methode einer strengen Prüfung zu unterwerfen, und wollen in Kürze deren hauptsächlichsten Resultate mit- theilen. Zuvor ist es jedoch nöthig die Gründe anzuführen, warum wir dem elektrischen Zählerwerk den Vorzug vor dem Morse’schen Schreibapparat gegeben haben. Da das Prinzip, nach dem dieselben functioniren, das gleiche ist, so ist es auch von vornherein verständlich, dass bei einer tadellosen Konstruktion die Exaktheit der Zählung bei beiden dieselbe sein muss; in der That zeigte sich auch, dass die mit beiden Apparaten gleichzeitig vorgenommenen Zählungen ‚vollkommen übereinstimmende Resultate lieferten. Die strenge Beurtheilung der von beiden Instrumenten dargebotenen Unterschiede hat uns veranlasst, dem elektri- schen Zählerwerke den Vorzug zu geben; denn in der That lässt sich ja bei Anwendung des Morse’schen Schreibappa- rates die Zahl der Herzschläge am Ende der Zeiteinheit nur mit bedeutendem Zeitaufwande erfahren, was dagegen mit höchst geringer Mühe, und sehr schnell bei dem elektrischen Zählerwerke geschieht. — DerMorse’sche Schreibapparat bietet allerdings den Vortheil dar, dass man stabile Zeichen der Herzbewegungen erhält, so dass zu jeder Zeit eine Kontrolle möglich ist, bei dem Zählerwerk ist diess nicht thunlich; und dazu kann es vorkommen, dass der Assistent bei der Ab- lesung einen Fehler begeht. Die Erfahrung hat uns jedoch gezeigt, dass das Begehen eines solchen Fehlers eine grosse Seltenheit ist; wesshalb wir es auch nicht für nothwendig erachteten, zur Erkennung einer höchst seltenen Irrung von Seite des Assistenten unsere mechanische Vorrichtung durch die gleichzeitige Einschaltung des Morse’schen sschreibappaz rates zu kompliziren. Aus dem Mitgetheilten ersieht man. wohl deutlich, dass unsere Vorrichtung, die durch die Bewegungen der Nadel verursachten Unterbrechungen des elektrischen Kreises mit Leichtigkeit, mit Geschwindigkeit und mit Exaktheit zu er- kennen gestattet. Es liesse sich jedoch einwenden, dass die mechanische Methode in Vergleich zu jener der Herznadel nicht einfach ist; bei einer näheren Betrachtung wird man aber leicht einsehen, dass die wichtigste Komplizirtheit der mechanischen Methode in Vergleich zu jener der Herznadel, nur in der Anwendung des elektrischen Stromes besteht, da das Zählerwerk und die Uhr, die gleichzeitig als: Rheotom und Zeitanzeiger dient, (beide ziemlich einfache Instrumente, welche lange Zeit in brauchbarem Zustande erhalten werden können), die Methode durchaus nicht kompliziren. | Um über die Exaktheit unserer mechanischen Vorrich- tung ein sicheres Urtheil fällen zu können, war es unum- gänglich nothwendig, unsere Aufmerksamkeit noch auf zwei andere Punkte zu richten; wir mussten uns nämlich Gewiss- heit verschaffen, ob die Schwingungen der Nadel den Be- wegungen des Herzens auch vollständig und genau entsprechen, und ob der Hebel den Nadelbewegungen genau folgt, so dass wirklich bei jeder Herzbewegung bloss eine Unterbrechung des elektrischen Kreises erfolgt. Zwei Ursachen kann es geben, welche die Ueberein- stimmung zwischen den Bewegungen des Herzens und jenen der Nadel stören, nämlich: 1) der Widerstand des Hebels, 2) der Einfluss der Respirationsbewegungen. Da aber der Hebel sehr leicht und sehr beweglich kon- struirt ist, so kann auch sein Widerstand die Nadelbewe- gungen nicht beinträchtigen, worüber wir in der Folge auch einige experimentelle Beweise anführen werden. Leichter kann es geschehen, dass die Respirationsbe- ees Rh wegung auf die Uebereinstimmung zwischen Herz- und Nadel- bewegung störend einwirke; und schon Küthe hat der Methode von Moleschott diese Einwendung gemacht. Wir theilen jedoch: die Meinung Moleschott’s, dass die Respirationsbewegungen die eben genannte Uebereinstimmung nicht ändern können, müssen aber hinzufügen, dass dieselbe nur so lange andauert, als a) die Respirationsbewegungen innerhalb der gewöhnlichen Grenzen der Frequenz und Stärke gegenüber jenen des Herzens sich halten, und b) die Nadel in der für den bestimmten Zweck geeigneten Stelle eingeführt wurde. Wir haben in unserer italienischen Abhandlung einige theoretische Gründe erwähnt, welche geeignet sind, zu zeigen, dass insolange die zwei zuletzt angeführten Bedingun- gen erfüllt sind, die Uebereinstimmung zwischen Herz- und Nadelbewegung durch die Respirationsbewegungen nicht ge- stört werden kann. An diesem Orte beschränken wir uns darauf zu erwähnen, dass wenn die Respirationsbewegungen wirklich im Stande wären, in irgend einer Weise für die ebengenannte Uebereinstimmung hinderlich zu werden, in diesem Falle die Unregelmässigkeiten in dem Rythmus der Nadelbewegung dem Beobachter durchaus nicht entgehen können, solang die Pulsschläge die Zahl von 3—6 in der Sekunde nicht übersteigt. Nun aber konnten wir in hundert und aber hundert Beobachtungen, die wir vornahmen, bevor wir noch das elektrische Zählerwerk anwendeten, niemals eine Rythmusunregelmässigkeit der Nadelbewegung wahrneh- men. Es wurde endlich die volle Uebereinstimmung zwischen Herz- und Nadelbewegung aus den vergleichenden gleichzei- tigen Zählungen mit der Auscultation und mit der graphischen Methode ganz deutlich nachgewiesen, wie diess noch später weitläufiger erörtert werden soll. Wenn nun auch nach dem Angeführten die Ueberein- stimmung zwischen den Bewegungen des Herzens und jenen der Nadel bewiesen ist, läge doch noch die Möglichkeit vor, dass die Bewegungen des Hebels mit jenen der Nadel nicht übereinstimmen und zwar aus verschiedenen Gründen: in Folge 2 Og) 3 1) des Widerstandes des Hebels gegenüber den Be- wegungen der Nadel; 2) der sekundären Schwingungen des Hebels, unabhängig von den Nadelbewegungen ; 3) einer zu grossen Ungleichheit in den Schwingungen der Nadel, bedingt durch die Respirationsbewegungen ; 4) der Bewegungen des Thieres. Der Widerstand des Hebels ist, wie später näher ge- zeigt werden wird, zu klein um die erwähnte Uebereinstimmung zu stören; in jenen Fällen aber, in welchen die Nadelschwin- gungen zu klein sind und in Folge dessen auch jene des Hebels, wodurch wiederum der Schnabel desselben aus dem Quecksilber nicht herauszutreten vermag, können natürlich einige Herzschläge nicht notirt werden; nachdem aber die Erkennung der Ursache dieser letzten Störung leicht ist, so ist es auch deren Beseitigung. Die sekundären Schwingungen des Hebels könnten ent- weder durch dessen Elastizität oder durch ein Zurückprallen beim Anstossen auf dem Boden des Quecksilbernäpfchens er- zeugt werden; unsere Erfahrung hat uns aber gezeigt, dass solche sekundäre Schwingungen des Hebels nicht vorkommen. In Hinsicht der ungleichen Nadelschwingungen in Folge der Respirationsbewegungen haben wir zu bemerken, dass bei Kaninchen, bei welchen die Respiration vorzugsweise den Abdominaltypus besitzt, solche Unregelmässigkeiten höchst selten störend einwirken, dieselben dagegen bei jenen Thieren vorkommen, bei welchen die Bewegungen des Brustkorbes stark sind; bei solchen Thieren lässt sich auch unsere Vorrichtung nicht anwenden. Damit unsere Vorrichtung regelmässig arbeite, ist es auch bei Kaninchen nöthig, dass a) die Herzbewegungen kräftig seien ; b) der Ort, in welchem die Nadel durch die Thoraxwand eingeführt wird, richtig gewählt sei, c) die Nadel tief genug in das Herz eingestochen werde, und endlich — 100. = d) der Hebel eine richtige Stellung habe, sowohl in Bezug auf die Nadel, als auch in Bezug auf das Quecksil- bernäpfchen. Ueber die Art und Weise die drei letzten Bedingungen zu erfüllen, wurde schon früher gesprochen. Wir wollen aber hier erwähnen, dass wir uns auch ex- perimentell überzeugten, dass eine volle Uebereinstimmung zwischen den Bewegungen des Herzens und jener des Hebels bestehe. — Diese Ueberzeugung erhielten wir dadurch, dass wir in einem Experiment die Herzschläge durch den Morse’schen Schreibapparat, die Pulsschläge dagegen durch ein in die Carotis eingeführtes Quecksilbermanometer auf die Trommel des Ludwig’schen Kymographion notiren liessen; ausserdem wurden in vielen anderen Versuchen die Herzschläge gleichzei- tig durch unsere Vorrichtung notirt und durch die Auscultation gezählt. Die Uebereinstimmung war so gross, dass der Unter- schied nur 1 oder 2 Einheiten betrug. Dieser kleine Unter- schied ist sehr gering, und kann höchst wahrscheinlich von verschiedenen Umständen abhängen, die bei einer anderen Gelegenheit zur Erwähnung kommen werden. Man hat noch ein weiteres Mittel sich zu überzeugen, dass wirklich die Respiration bei den Kaninchen keinen störenden Einfluss auf die Bewegungen des Hebels ausübt; und dieses Mittel ist die Wahrnehmung jener kleinen Ge- räusche, welche beim Oeffnen und Schliessen des elektrischen Kreises entstehen, und welche sobald der Hebel regelmässig funktionirt einen gleichmässigen Rythmus besitzen, der mit enem der Herz- und Nadelbewegungen übereinstimmt. Diess gilt aber nur so lange, als die Respirationsbewegungen der Kaninchen jene Form beibehalten, welche für gewöhnlich beob- achtet wird und so lange ihre Frequenz und ihre Kraft inner- halb der gewöhnlichen Gränzen bezüglich jener des Herzens eingeschlossen bleiben. Um uns noch weiter von der Wahrheit dieser Erfah- rung zu überzeugen, haben wir einige Versuche mit dem Sphygmographion von Marey vorgenommen, welches zu diesem — 10) — Zwecke folgende kleine Abänderungen erfahren musste. Es wurde nämlich die kleine Feder entfernt, welche die schrei- bende Vorrichtung niederdrückt, und letztere an ihrem hin- teren Theil etwas ver.ängert, wodurch dieselbe zu einem zwei- armigen Hebel umgestaltet erscheint, dessen zwei Arme ähn- lich unserem Hebel das Verhältniss 1:4 darbieten; der hintere Theil der schreibenden Vorrichtung konnte dann durch einen -Faden mit der Herznadel verbunden werden. — Bezüglich dieser weiteren bestätigenden Versuche verweisen wir auf die ita- lienische Abhandlung, da ein Auszug der erhaltenen Resul- tate nicht leicht möglich ist. Die Unruhe des Thieres wird selbstverständlich die Schwingungen des Hebels stören, es ist aber klar, dass sie auch den gleichmässigen Fortgang aller übrigen Zählungs- methoden ebenfalls mehr oder weniger beeinträchtiget, wir fügen jedoch hinzu, dass schwache Bewegungen des Thieres die Zählung der Herzschläge mittelst der Auscultation oder mit der Methode der Herznadel fortzusetzen gestatten, wäh- rend dagegen bei Anwendung der mechanischen Methode die Zählung wenigstens für eine Zeiteinheit verloren geht. Wir haben weiter die Verletzungen berücksichtigt, welche die Nadel verursachen kann. Solaug die Nadel in die Herzventrikeln eingestochen wird, hat man keine nachtheiligen Folgen zu fürchten, da in dem Falle die Kaninchen sehr viele Verletzungen ohne jeglichen Nachtheil ertragen; sobald dagegen die Vorhöfe oder die in der Nähe des Herzens liegenden grossen Gefässe verletzt werden, tritt die Möglichkeit einer Haemorrhagie ein; wir beobach- teten eine solche jedoch nur in seltenen Fällen, in denen man manchmal schon während des Versuches die Zeichen des eingetretenen Blutergusses wahrnehmen konnte. Es lässt sich ausserdem nicht in Abrede stellen, dass auch eine Ver- letzung der Lungen möglich ist, und somit auch die nach- theiligen Folgen derselben eintreten können. Dagegen ist zu bemerken, dass wir bei zehn Kaninchen, die wir darauf untersuchten, kein Zeichen einer Lungenverletzung wahrnehmen Naturw.-med. Verein. 11 ae I konnten, woraus zu schliessen ist, dass entweder die Lunge wirklich unversehrt blieb, oder wenn auch eine Verletzung derselben stattfand, diese von keiner Bedeutung war und keinen Pneumothorax zur Folge hatte. Es ist hier weiter zu erwähnen, dass sowohl die Ver- letzung selbst, als auch das Liegenbleiben der Nadel einen Einfluss auf die Herzbewegungen haben könnte. Theore- tisch müssen wir diesen Einfluss zugeben, ohne jedoch uns mit Bestimmtheit aussprechen zu können, worin derselbe eigentlich besteht, obwohl wir in unserer italienischen Ab- handlung einige Möglichkeiten in’s Auge gefasst haben. Wenn man aber bedenkt, dass die Nadel sowohl während der Reizung als auch während der Ruhe im Herzen eingestochen bleibt, so dass die experimentellen Bedingungen in beiden Fällen unverändert bleiben, wenn man noch weiter bedenkt, dass wir uns die Aufgabe gestellt hatten, die Lehre Schiff’s und Moleschott’s bezüglich des Einflusses der Reizung des Vagus und des Sympathicus auf die Herzbewegungen zu prüfen, und bei den Versuchen der genannten Physiologen ebenfalls eine Nadel in’s Herz eingeführt wurde, so wird man es begreiflich finden, dass für unsere diessbezüglichen Ver- suche die Ermittelung des Einflusses der Nadel auf die Herz- bewegungen nicht unumgänglich nothwendig war, und dass wir uns desshalb der Verpflichtung enthoben glaubten, zwei Versuche, die zu dem ebenerwähnten Zweck vorgenommen wurden, und nebenbei gesagt nur ein widersprechendes Re- sultat gaben, zu wiederholen. Dagegen aber schien es uns, nachdem bei unseren Ver- suchen das Herz den Widerstand der Nadel und des Hebels zu überwinden hatte, vielmehr nothwendig, zu ermitteln, ob dieser Widerstand von Bedeutung war und ob Grund genug vorhanden sei, demselben einen Einfluss auf die Resultate der Versuche zuzuschreiben. Wir suchten den Widerstand des Hebels dadurch zu bestimmen, dass wir jenes Gewicht zu ermitteln trachteten, welches nothwendig war, damit der Hebel von einer Neigung — 103 —. von 20° bis in die Horizontallage emporgehoben werde. In der geneigten Stellung ruhte der Schnabel des Hebels auf dem Grunde des mit Quecksilber gefüllten Napfchens. Um das eben bezeichnete Resultat zu erhalten, waren im Mittel 40 Ctg. nothwendig, — Nachdem durch Messung des kürzeren Hebelarmes sich für denselben die Länge von 3 Ctm. ergab, so waren wir im Besitze von allen den nöthigen Ele- menten, um die Arbeit zu berechnen, die das Herz machen muss, damit der Hebel die bezeichnete Bewegung ausführen könne. Wir fanden, dass diese Arbeit ungefähr bloss 0.000004 eines Kilogrammeters beträgt, also eine ziemlich geringe Grösse, die in Wirklichkeit noch kleiner ist, da, wenn die Nadel ihre cephalische Bewegung beginnt, der Hebel noch auf den Grund des Quecksilbernäpfchens aufruht, wodurch natürlich das Herz etwas entlastet ist. Sobald die Nadel die Abdominalbewegung ausführt, hat das Herz keine Arbeit zu verrichten um den Hebel zu bewegen, da er durch sein eigenes Gewicht nach abwärts strebt; es wäre eher möglich, dass in diesem Falle der Hebel eine Zerrung auf die Nadel und dadurch auch auf das Herz ausübe, das geringe Gewicht des Hebels aber und der Umstand, dass er den Grund des Quecksilbernäpfchens früher erreicht, als die Nadel ihre Ab- dominalschwingung vollendet hat, schliesst die Möglichkeit einer Zerrung aus. Da das Herz in den Versuchen von Schiff und Mole- schott bloss die Nadel zu bewegen hatte, so versuchten wir, ob es wenigstens approximativ möglich wäre, eine verglei- chende Bestimmung in dieser Richtung vorzunehmen, und ermittelten zu diesem Zweck das Gewicht, welches nöthig ist, damit unsere Nadel, die in die Thoraxwand eines todten und ausgeweideten Kaninchens an dem gewöhnlichen Ort ein- gestochen war, eine Schwingung von 9° 15’, die grösste die sie überhaupt macht, vollführe. Das dazu nöthige Gewicht betrug im Mittel 24 Ctgr., die Länge des innerhalb der Thorax- wand liegenden Nadelstückes war 12 Ctm. Nach Analogie 11* thane 104 ae der Berechnung fiir den Hebel, erhalten wir fir die Nadel 0.000002 Kilogrammeters. Das Herz bewegt aber die Nadel gegen den Kopf und gegen die Fiisse; desshalb ist die zur Bewegung der Nadel nothwendige Herzarbeit 0,000004 Kilo- grammeters; und wenn man dazu noch jene Arbeit addirt, die das Herz ausführen muss, um den Hebel zu bewegen, so resultirt fiir die Gesammtarbeit zur Bewegung des Hebels und der Nadel 0.000008 Kilogrammeters. Wir brachten dann eine Nadel in Anwendung, die mit jener von Moleschott vollständig übereinstimmte, und wieder- holten die Versuche genau nach der eben erwähnten Art. Es zeigte sich, dass, damit diese Nadel eine Schwingung von 90 15’ ausführe, ein Gewicht von 67 Ctg. nothwendig war, woraus sich die Arbeit von 0.000004 Kilogrammeters be- rechnete, also für beide Excursionen der Nadel eine Ge- sammtarbeit von 0.000008 Kilogrammeters, dieselbe Grösse, wie sie für den Hebel und unsere Nadel erforderlich war. Nach einer ungefähren Berechnung der Arbeit, welche der linke Ventrikel eines Kaninchens bei jeder Systole aus- führen muss, um das Blut in Bewegung zu setzen, fanden —— wir, dass das Verhältniss zwischen der Arbeit des linken ~ Ventrikels, und jener, welche fiir die Bewegung der Nadel und des Hebels erforderlich ist, wie 680 zu 1 steht. Zur Bewegung der Nadel und des Hebels, ist also nur ein ge- ringer Bruchtheil der Arbeit des linken Ventrikels nöthig, ein Bruchtheil, der in Wahrheit noch geringer wird, wenn man zur Arbeit des linken Ventrikels auch jene der rechten und der beiden Vorhöfe hinzurechnen würde. Hieraus wird ersichtlich, dass die vom Herzen bei der Nadel und Hebelbewegung verrichtete Arbeit sich höchst ge- ring stellt im Vergleich zu jener, welche für die Blutbewe- gung nothwendig ist; da aber doch ein Plus von Arbeit er- fordert wird, so kann man nicht läugnen, dass dadurch die Freiheit der Herzbewegung etwas beeinträchtigt werde, und diess vorzugsweise, weil der Hebel beim Aufsteigen die Nadel- bewegung etwas hemmt, beim Niedersinken dagegen die Nadel = 105 2 wahrscheinlich zu einer rascheren und ausgiebigeren Schwingung zwingen könnte, wodurch eine grössere Verletzung oder wenig- stens eine grössere Reizung des Herzfleisches, als wenn die Nadel für sich allein bewegt wird, entstehen, und auf diese Weise eine Aenderung in der Zahl der Herzschläge erzeugt werden könnte. Um die eben angeregte Frage zu erledigen, nahmen wir wohl zwei vergleichende Versuche vor, deren Resultat im Allgemeinen das war, dass sich kein nennenswerther Unter- schied weder in der Frequenz der Pulsschläge noch im Blut- drucke zeigte, sei es, dass das Herz bloss die Nadel allein, oder die Nadel und den Hebe! bewegte. Es ist wohl wahr, dass zwei Versuche allein unzureichend sind, um die Frage endgiltig zu entscheiden, und wir hätten dieselben wieder- holt, wenn sich im weiteren Verlaufe unserer Studien deren Nothwendigkeit herausgestellt haben würde. Wir müssen hier noch hinzufügen, dass der Hebelwider- stand sehr klein ist im Vergleiche zu jenem, welchen das Herz überwinden muss, um das Blut in Bewegung zu er- halten; und dass auch für den Widerstand des Hebels das- jenige gilt, was wir oben für die Nadel angeführt haben, dass nämlich bei den Versuchen, um die Wirkung der Vagus- und Sympathicusreizung auf die Herzbewegungen zu ermitteln, der Hebelwiderstand sowohl während der Reizung als auch während der Ruhe vorhanden ist. Man kann, wenn man glaubt, dass das Gewicht der Nadel oder des Hebels zu gross sei, dasselbe vermindern, indem man den Hebel aus Magnesiumdraht anfertigt, und eine Nadel anwendet, die nur 5 Ctm. lang und 17 Ctgr. schwer ist, wie wir es auch probeweise, und zwar mit gutem Erfolge versucht haben. Sowohl beim Arbeiten des Schreibapparates von Morse, als auch des elektrischen Zählerwerkes wird durch die Be- wegungen des Ankers ein Geräusch erzeugt, in Folge dessen die Kaninchen erschrecken könnten; somit wäre auch eine Veränderung in der Frequenz der Herzschläge möglich, wo- — 106 — durch die Wirkung der Reizung eine Aenderung erfahren kann. Wir sahen jedoch, dass die Kaninchen nur im Beginne einer Versuchsreihe manchmal durch leichte Bewegungen des Kopfes oder der Ohren, selten des ganzen Körpers ein Zeichen der Aufregung geben, und dass sie sich bald an das Geräusch gewöhnen. Wäre es nothwendig, so kann man das Geräusch vollständig beseitigen, indem man das Zählerwerk in einem Nebenzimmer aufstellt. Das Geräusch kann abgeschwächt werden, indem man den Apparat, wie wir es gethan haben, auf nicht resonirende Unterlagen aufruhen lässt, und man ihn gleichzeitig in einen Glaskasten einschliesst. Nachdem wir die mechanische Methode als Grundlage zur Vergleichung aller übrigen Zählungsmethoden anwenden wollten, so war es unsere Pflicht, genau zu untersuchen, ob wirklich mit derselben kein Fehler möglich sei. Sobald alle Theile des Apparates regelrecht funktioniren, ist nur im Beginne und am Ende einer Zeiteinheit ein Fehler möglich. Derselbe hängt einerseits von den besonderen Be- ziehungen ab, welche zwischen den Bewegungen der Uhr, des Hebels und des elektrischen Zählerwerkes bestehen, an- dererseits von dem Umstande, dass das Zählerwerk nur einen sehr flüchtigen Augenblick eines Herzschlages notirt. Die über die erwähnten Verhältnisse von uns angestellten Beobachtungen, die sich im Auszuge nicht wohl wiedergeben lassen, haben uns die Gewissheit verschafft, dass der mögliche Fehler niemals 1%, Pulsschläge für jede beliebige Zeiteinheit übersteigen kann, ja dass in vielen Fällen dieser Fehler gleich O wird. Er ist so gering, dass man ihn ohne Bedenken voll- ständig vernachlässigen kann. Nur der graphischen Methode würde der angegebene Fehler nicht anhaften, und sie müsste in der That allen anderen Zählungsmethoden vorgezogen werden, wenn überhaupt ihre Anwendungsweise eine leichte und unserem Zwecke entsprechende wäre. Da bei allen Zählungsmethoden, mit Ausnahme der graphischen, nur eine verschwindend kleine Periode einer einzelnen Herzbewegung in’s Auge gefasst werden kann, — 107 — sind bei ihnen ähnliche Fehler, wie bei der mechanischen Methode, möglich; wesshalb wir bei den von uns unternom- menen vergleichenden Versuchen die Unterschiede von ein oder zwei Pulsschlägen in der Zeiteinheit vollständig vernach- lässigten. Wir gehen nun auf die Besprechung einer anderen Zäh- lungsmethode, nämlich der Auscultation über und werden die Resultate mittheilen, welche wir in Bezug auf ihre Genauig- keit bei Vergleichung derselben mit der mechanischen Methode erhalten haben. Bezold war der erste, welcher für die in Rede stehenden Versuche sich der Auscultation bediente; obwohl man seiner Methode, sowohl der Art der Zählung als auch der Zeit- Beobachtung einige Einwendungen machen könnte, wollen wir uns doch bloss mit unseren vergleichenden Versuchen beschäftigen. Die Anwendung eines gewöhnlichen Sthetoskopes hat bei ähnlichen Versuchen den Nachtheil, dass der Beob- achter leicht ermüdet, und dadurch mit dem Kopfe auf den Brustkorb des Thieres einen Druck ausübt, welcher besonders bei dünnwandigem Brustkorb einen Einfluss auf die Frequenz der Herzschläge haben kann. Um diese Uebelstände zu be- seitigen, befestigten wir das gewöhnliche Sthetoskop an ein eisernes Stativ und applieirten es leise auf den Thorax des Thieres; mit dem Sthetoskope wurde ein Kautschukschlauch verbunden, so dass die Auscultation auch bei der gewöhn- lichen Kopfstellung vorgenommen werden konnte. Um den Uebelstand zu vermeiden, dass der Beobachter selbst die Sekundenuhr beobachte, oder dass ein Assistent Anfang und Ende der Zeiteinheit angebe, haben wir die früher beschriebene Pendeluhr mit einer Vorrichtung verbun- den, welche dieses automatisch ausführt. Diese Vorrichtung ist nichts anderes als eine elektrische Glocke, welche so eingerichtet werden musste, dass sie so- wohl beim Schliessen als auch beim Oeffnen des elektrischen Kreises durch die Uhr einen einfachen deutlichen aber dumpfen — 108 — und nicht nachklingenden Ton gab; wir nannten diese Vor- richtung, den elektrischen Anzeiger. Er unterscheidet sich von allen ähnlichen Apparaten durch das Vorhandensein zweier Glocken und durch das Fehlen jener Vorrichtung, durch welche die Glocken so lange läuten, als der elektrische Kreis geschlossen bleibt. Unsere Untersuchungen waren ziemlich vorgeschritten, als wir daran dachten, den elektrischen Anzeiger gleichzeitig sowohl mit der Pendeluhr als auch mit dem Zählerwerk zu verbinden, und zwar in der Art, dass der elektrische Anzeiger nur zu Beginne und am Ende der Zeiteinheit ein Zeichen gebe. Zu diesem Zweck genügt es nämlich, den elektrischen Anzeiger in einem Nebenkreis der Art einzuschalten, dass durch die Bewegungen des Hebels der Nebenkreis nicht unter- brochen wird, wohl aber durch die Uhr sowohl der Haupt- kreis, in welchem sich Hebel und Zählerwerk befinden, als auch der Nebenkreis, in welchen bloss der elektrische Anzeiger eingeschaltet ist. Der Beobachter zählte immer bloss von eins bis zehn, die Zehner wurden sowohl vom Beobachter selbst, als auch von einem nebenstehenden Assistenten notirt, so dass in dieser Richtung keine Irrung möglich war. Die Methode der Auscultation ist gewiss von Allen die einfachste und auch diejenige, bei welcher das Herz frei von jeder Reizung und von jeder Belastung bleibt, hat aber den Nachtheil, dass der Beobachter sehr leicht ermüdet, wodurch häufig Erholungspausen eintreten müssen, wenn man nicht einen zweiten Assistenten zur Verfügung hat. Bei Kaninchen ist übrigens die Anwendung eines Sthetoskopes mit Kaut- schukrohr unerlässlich, da man sonst einen Druck auf den Brustkorb ausübt, wodurch, wie wir uns überzeugten und worüber wir bei einer anderen Gelegenheit die betreffenden Mittheilungen machen werden, die Frequenz der Herzschläge geändert wird. Bei Kaninchen muss ferner die Vorsicht gebraucht werden, dass das Sthetoskop fortwährend mit dem Brustkorbe in Berührung bleibe, da wir die Beobachtung ge- — 109 — macht haben, dass bei einer jeden neuen Application des Instrumentes nicht selten eine Aenderung der Frequenz der Herzschläge eintrat. Sobald die Auscultation in der von uns angegebenen Weise angewendet wird, kann man sicher sein, dass sie, wenn die Pulsfrequenz 300 Schläge in der Minute nicht übersteigt, ganz genaue Resultate gibt, wie wir durch ver- gleichende Versuche ermittelten. Ob jedoch, wenn die Fre- quenz 300 Schläge in der Minute übersteigt, noch richtige Resultate mittelst der Auscultation zu erzielen sind, können wir nicht angeben, da zufälliger Weise im Laufe dieser Ver- suche kein Kaninchen zur Beobachtung kam, das eine so hohe Frequenz zeigte. In unserer italienischen Abhandlung findet man die eingehenden Belege für die eben mitgetheilte Behauptung, wogegen wir uns hier bloss auf folgende An- gaben beschränken müssen. In 189 einzelnen Beobachtungen, bei welchen gleichzeitig zwei Beobachter mit zwei verschiedenen Sthetoskopen aus- eultirten, betrug der Unterschied nur in 13 Beobachtungen, also in 6.7%, mehr als 1 Schlag in der Zeiteinheit. Der grösste Unterschied, 7 Pulsationen, kam nur ein einziges Mal vor. !) In 337 einzelnen Beobachtungen, in welchen gleichzeitig die mechanische Methode und die Auscultation angewendet wurde, betrug der Unterschied nur in 25 Beobachtungen, also in 7.4%, mehr als 2 Schläge in der Zeiteinheit. Der grösste Unterschied war 10 Pulsationen und kam nur ein 1) In der italienischen Abhandlung Seite 89 des Separatabdruckes (Pag. 1637 Att. del r. Istituto veneto di scienze etc. Tomo XVI Serie III) wurden aus Versehen zwei Zahlen unrichtig geschrieben. An der er- wähnten Stelle soll es nämlich heissen: Wenn man jene Versuche, in welchen ein Unterschied von 1 oder 2 Pulsschlägen in der Zeiteinheit erhalten wurde, mit jenen zusammenaddirt, bei welchen eine vollstän- dige Gleichheit vorhanden war, so erhält man die Summe von 176, eine Zahl, welche zur Gesammtzahl der Versuche, 189, das Verhältniss von 93%, gibt. — 110 — einziges -Mal vor. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in diesem Falle ein Ablesungsfehler am Zahlerwerk stattgefun- den habe. Wir haben mit beiden Methoden zusammen nicht weniger als 526 gleichzeitige Beobachtungen gemacht, und fanden darunter bloss 19 Mal einen Unterschied von 4 Pulsschlägen oder darüber, also im Ganzen 3.6%. Aus diesen Resultaten der vergleichenden Versuche er- hellt, dass unser Ausspruch, die Methode der Auscultation sei bezüglich der Genauigkeit der Zählung eine sehr gute, vollkommen berechtigt ist, wir ziehen jedoch derselben die mechanische Methode vor, weil letztere noch genauer und leichter anwendbar ist, d. h. weniger ermüdet. Die mechanische Methode bietet ferner den Vortheil der objektiven Sicherheit über die Genauigkeit der Zählung, was bei der Auscultation und ebensowenig, — wir wollen es schon jetzt bemerken, — bei der einfachen Herznadel- methode der Fall ist. Sobald also die Herzfrequenz eine ziemlich hohe ist, wird man immer die mechanische Methode den beiden letzterwähnten vorziehen und sollten die Respi- rationsbewegungen ihrer zweckmässigen Anwendung hinderlich sein, so könnte man dem abhelfen durch den elektrischen Doppelhebel von Czermak, welcher gewiss gute Dienste leisten wird. Wir gehen nun auf die Betrachtung der Methode der Herznadel über. In den ersten Versuchen sind wir genau nach den Angaben von Moleschott (Untersuchungen zur Na- turlehre ete. Bd. VII. S. 407) verfahren. Wir sahen jedoch recht bald ein, dass man einen Assistenten entbehren kann, ohne dass die zwei anderen mehr ermiiden und desshalb führten wir in der Methode von Moleschott einige Modifica- tionen ein. Die zwei Assistenten alternirten ebenfalls in der Zäh- lung der Nadelschwingungen (der Herzschläge), die Substi- tution der Assistenten fand immer in jenem Moment statt, — 11 — in welchem der zählende Assistent bis inclusive zehn gezählt hatte, der austretende Assistent machte auf ein Papier ein Zeichen. Am Ende der Zeiteinheit war es nun ziemlich leicht aus der Zahl der Zeichen, welehe beide Assistenten notirt hatten, die Zahl der Zehner zu erkennen, und durch Zugabe der bis zum Ende der Zeiteinheit noch über die Zehner gezählten Schläge ziemlich rasch deren Gesammtsumme zu erfahren. Um aber diese an und für sich sehr leichte Berechnung zu vereinfachen und alle möglichen Fehler in der Notirung - der Zehner zu vermeiden, oder um wenigstens ihre Zahl rasch zu erkennen, waren die Papierbögen in vertikale Colonnen eingetheilt; am Kopfe der Colonnen schrieben wir | die fort- laufenden Zahlen in der Art, dass auf dem Papierbogen, welcher dem 1. Assistenten übergeben wurde, die ungeraden Zahlen, auf jenem, welcher dem 2. Assistenten anvertraut wurde, die geraden geschrieben standen. Es ist selbstver- ständlich, dass beim Beginne jeder Zeiteinheit der 1. Assi- stent mit der Zählung beginnen musste, und dass 16 Colonnen auf jedem Bogen mehr als genügend sind. Diese Methode nannten wir die modifizirte Moleschott’sche Methode; sie ge- stattet jeden Fehler in der Notirung der Zehner allsogleich zu erkennen, Wenn man auch der Moleschott’schen Methode, und der von uns modifizirten nachrühmen kann, dass dieselben einfach sind und am Ende der Zeiteinheit die Pulsschläge rasch zu erfahren gestatten, ohne den Versuch bedeutend zu verlängern, bleibt es doch fraglich, ob die Zählung ganz exakt ist. Es wurde daher diese Methode in der genannten Rich- tung von uns geprüft. Aus theoretischen Gründen lässt sich sagen, dass die Zählung eine fehlerhafte werde, entweder weil keine Ueber- einstimmung zwischen den Bewegungen der Nadel und jenen des Herzens stattfindet, oder weil das Auge des Beobachters, sowohl während der Zählung, so wie auch, in dem Augenblicke, in welchem ein Assistent den anderen substituirt, den Nadel- — 12 — bewegungen nicht genau folgen kann. Es ist jedoch nicht zu läugnen, dass bei jenen Thieren, bei welchen der Brustkorb stark bewegt wird, der Fall vorkommen kann, dass die Nadel fortwährend ihre Oscilaticnsamplitude ändert, wodurch ihren Bewegungen nicht so leicht zu folgen ist; davon über- zeugten wir uns bei Lämmern, bei welchen die Zählung der Nadelschwingungen sehr schwer wird, obwohl die Herzfrequenz eine sehr geringe ist. Bei Kaninchen dagegen, bei welchen die gewöhnliche Athmungsart eine andere ist, geschieht diess selten und nur ausnahmsweise. Die hauptsächlichsten Fehler bei der Methode von Mole- schott, und bei der von uns modifizirten hängen nicht so sehr von der Athmung als vielmehr von anderen Um- ständen ab. Die nähere Betrachtung der Fehlerquellen er- laubt uns folgende Schlüsse: 1) So lang die Herzfrequenz die Zahl von 230 bis 240 Pulsschläge in der Minute nicht übersteigt, lässt sich die Zählung der Nadelschwingungen sowohl nach der Mole- schott’chen als auch nach der von uns modifizirten Methode ziemlich genau vornehmen. Unter 12 vergleichenden Versuchen, die wir vornahmen, betrug in keiner der Unterschied mehr als 2 Schläge in der Zeiteinheit, und auch dieser Unterschied kam nur zweimal vor. 2) Wenn die Herzfrequenz die obenbezeichnete Gränze von 230—240 Pulsschläge in der Minute übersteigt, dann kann die Exaktheit der Zählung im Verhältniss mit der stei- genden Herzfrequenz abnehmen und der Fehler ziemlich gross werden. In 30 Doppel-Zählungen mit der mechanischen und mit der modifizirten Moleschott’schen Methode, bei welchen die durch das Zählen erhaltene Frequenz zwischen 249 und 292 Schlägen in der Minute schwankte, betrug nur in 5 Ver- suchen der Unterschied nicht mehr als 2 Pulsschläge in der Zeiteinheit, in den übrigen 25 Zählungen war derselbe be- deutend grösser. Er überstieg in, einigen Fällen (4) zwanzig, in anderen (5) sogar dreissig Pulsschläge in der Minute. — 113 — Der grösste Unterschied betrug 39 Pulsschläge in der Minute. Bei diesen Versuchen zählten wir. die Schwingungen der Nadel, die mit dem Hebel in Verbindung stand, so dass man einwenden könnte, der Hebel habe die Nadelschwingungen in der Art behindert, dass man denselben mit dem Auge nicht gut folgen konnte. Wir änderten desshalb die Ver- suche, so dass die Schwingungen einer zweiten in das Herz eingestochenen Nadel gezählt wurden; erhielten jedoch in drei vorgenommenen Zählungen ebenfalls bedeutende Unterschiede. 3) Ein Theil der Fehler, die man bei der Zählung der Nadelschwingungen begeht, sobald die Herzfrequenz gross ist, rührt vom Wechsel der Assistenten bei der Zählung der Zehner, und es ist wahrscheinlich, dass der Fehler in dem Augenblick vorkomme, in welchem ein Assistent den An- dern ersetzt. Um uns davon zu überzeugen, haben wir nicht die Nadelschwingungen, sondern die Funken gezählt, welche ent- stehen, wenn der Hebel das Quecksilber verlässt. Wir liessen nun diese Funken in einer Reihe von Versuchen bloss von einem Assistenten, in einer zweiten dagegen von zwei Assi- stenten, also nach der modifizirten Moleschott’schen Methode zählen ; gleichzeitig wurden die Herzschläge mit dem Zähler- werk notirt. In sechs Zählungen mit einem Assistenten allein war die Uebereinstimmung eine sehr zufriedenstellende, da nur ein einziges Mal der Unterschied zwei Pulsschläge in der Mi- nute erreichte, und zweiMal gleiche Zahlen erhalten wurden. In der zweiten Versuchsreihe dagegen, in welcher zwei Assistenten die Zählung vornahmen, wurde in keiner der 6 Beobachtungen die volle Uebereinstimmung erreicht, und der Fehler stieg bis auf 6 Pulschläge in der Zeiteinheit (60”). Da nun ein elektrischer Funke sich leichter fixiren lässt, als die Schwingungen der Nadel, und da in den obener- wähnten Versuchen der Fehler so gering ausfiel, so: gewinnt folgende Behauptung sehr an Wahrscheinlichkeit. — 114 — 4) Sobald die Herzfrequenz eine sehr hohe ist, dann werden die Zählungsfehler nicht bloss von dem Wechsel der Assistenten bedungen, sondern sie rühren auch theilweise von der grösseren Schwierigkeit her, mit der das Auge den Nadelschwingungen folgt. Unsere Versuche, welche die Exaktheit der Zählungen mittelst der Moleschott’schen Methode zu prüfen hatten, sind nicht genügend, um dieselbe definitiv zu verwerfen, sie be- weisen bloss, dass man sich dieser Methode nicht bedienen darf, sobald die Frequenz grösser ist als 230—240 Schläge in der Minute, Es ist aber hier zu bemerken, dass es un- statthaft wäre, auf Grund der Fehler, die man nach dieser Methode der Zählung begeht, den Werth der von Moleschott erhaltenen Resultate in Zweifel zu ziehen, da die Kaninchen, deren sich Moleschott zu seinen Versuchen bediente, für gewöhnlich eine niedrige Herzfrequenz zeigten, so zwar, dass dieselbe sehr häufig 200 Schläge in der Minute nicht überstieg. Schliesslich seiauch bemerkt, dass die Nadel mit der Fahne des Muskeltelegraphes von Dubois- Reymond verbunden wer« den kann, wie diess seit mehreren Jahren durch einen von uns (Vintschgau) bei Vorlesungsversuchen geschieht, wie es auch leicht möglich ist, die Einrichtung nach dem Vorschlage Wagner’s so zu treffen, dass die Nadel auf ein leeres Glas an- schlage. Man erzielt jedoch durch diese beiden Einrichtungen für die in Rede stehenden Versuche keinen nennenswerthen Vortheil. Wir wollen nun eine andere Zählungsmethode näher betrachten, nämlich die graphische. Die graphische Methode lässt sich in der Weise an- wenden, dass : 1) Die Pulsschläge einer Arterie auf ein Sphygmogra- phion übertragen werden, oder dass 2) man eine Arterie mit dem Manometer eines Kymo- graphions, oder endlich = My — 3) die Herznadel mit einer schreibenden Vorrichtung in Verbindung bringt. Wir haben bloss die letztere Methode einer theoreti- schen Untersuchung unterworfen, da Brondgeest dieselbe zur Wiederholung der Versuche von Moleschott anwenden wollte; während die zwei anderen Methoden bis jetzt zu dem in Rede stehenden Zwecke keine Anwendung fanden, und auch eine solche schwerlich finden werden, indem das Sphygmogra- phion sich nur bei solchen Thieren anwenden lässt, die irgend eine oberflächliche Arterie von ziemlicher Dicke besitzen; bei diesen Thieren lässt sich jedoch die Pulsfrequenz ohne be- sondere mechanische Vorrichtungen bestimmen. Die Anwen- dung des Manometers ist bei den oft erwähnten Versuchen, wie ersichtlich, nicht leicht zulässig. Die graphische Methode, sei ihre Anwendungsweise jede beliebige, hat unstreitig den grossen Vortheil, dass sogar ein Bruchtheil einer Schwingung notirt wird, und beim Gebrauche des Manometers können selbst die Respirationsbewegungen keinen Einfluss auf die Zahl der zu notirenden Herzschläge geltend machen; dieser Vortheil gilt jedoch für die Methode von Brondgeest nur unter jenen Voraussetzungen, die wir bei Besprechung der Methode der Herznadel näher erörtert haben, Bei der graphischen Methode hat man den weiteren Vortheil das Autogramm der vorgenommenen Versuche zu besitzen, einen Vortheil, den man auch bei der mechanischen haben könnte, wenn in den elektrischen Kreis gleichzeitig mit dem Zählerwerk auch der Schreibapparat von Morse einge- schaltet würde. Der graphischen Methode kann man dagegen weder Ein- fachheit noch Leichtigkeit der Anwendungsweise nachrüh- men; ausserdem hat sie noch den grossen Nachtheil, dass die Zählung der gezeichneten Curven eine höchst zeitraubende und beschwerliche Arbeit ist und dass man am Ende der Zeiteinheit die Zahl der Pulsschläge niemals rasch erfahren kann, was eben bei den in Rede stehenden Versuchen un- umgänglich nothwendig ist. — 116 — Die von Brondgeest vorgeschlagene graphische Methode hat nicht bloss, in physiologischer Beziehung alle Nachtheile, welche der Methode der Herznadel und der mechanischen zukommen; sie lässt dieselben noch stärker hervortreten durch den Umstand, dass der Hebel wie er in der Vorrichtung von Brondgeest angebracht ist, die Bewegung der Nadel noch weit mehr beeinträchtigt, als diess in der mechanischen Methode der Fall ist. Brondgeest hat seiner graphischen Methode überdiess ganz eigene Vortheile zugeschrieben, als da sind: es sei möglich, jede Aenderung der Pulsfrequenz zu erkennen, welche innerhalb des kurzen Zeitraumes von zwei Sekunden statt- fand; man könne weiter die Dauer der einzelnen Herzschläge bestimmen, und endlich sei es möglich, die einzelnen Herz- schläge in Hinsicht ihrer relativen Kraft zu vergleichen. Der erste Vortheil kann nicht bestritten werden, hat jedoch keinen Werth in den Versuchen, die bestimmt sind, den Einfluss des Vagus und des Sympathicus auf die Herzschläge zu er- forschen. Was die angegebenen Vortheile des Apparates von Brondgeestin den zwei anderen Richtungen anbelangt, so können sie nach unserem Dafürhalten nicht richtig sein, weil auf die Nadelbewegungen nicht bloss die Herzbewegungen, sondern auch die respiratorischen einen Einfluss ausüben; weil weiters die Schwingungen der Nadel nicht bloss abhängig sind von der Kraft, mit welcher die Locomotion jenes Theiles des Herzens geschieht, in den die Nadel eingestochen wurde, sondern auch von der Grösse dieser Locomotion, und letztere auch unter normalen Verhältnissen verschieden sein kann. Anlangend die drei Methoden der Zählung der Herz- schläge, welche wir in die zweite Abtheilung aufgenommen haben, nämlich die Zählung der Pulsschläge einer Arterie, oder des blossgelegten Herzens, oder endlich die Zählung der Herzschläge mittelst der auf den Brustkorb aufgelegten Hand, beschränken wir uns auf folgende Bemerkungen. Die erste Methode wurde von uns nur in wenigen vor- — 1171 — läufigen Versuchen angewendet, musste aber bald verlassen werden, da besonders bei den Kaninchen keine oberflächliche Arterie vorhanden ist, welche einen deutlichen Puls zeigt. Die dritte Methode kann nur bei Thieren mit ziemlich resi- stentem Brustkorb in Anwendung kommen, so dass eine Com- pression desselben nicht leicht möglich ist. Die Blosslegung des Herzens endlich lässt sich bei den uns beschäftigenden Versuchen wohl bei den Amphibien und Reptilien, nicht aber bei den Säugethieren anwenden. Einer von uns (Vlacovich) hat zwei Operationsmetho- den angegeben, welche bei Hühnern das Herz blosszulegen gestatten, ohne beträchtliche Störung der physiologischen Funktionen. Die erste Methode, welche von Vlacovich schon im Jahre 1859 angewendet wurde, hat den wichtigen Vortheil, dass sie die Herzbasis und die grossen Blutgefässe, die von ihr abgehen, direkt zu beobachten erlaubt, ohne dass eine sehr eingreifende Operation vorgenommen werden muss. — Zu diesem Zweck wird zuerst der Kropf (Ingluvies) geöffnet, entleert und etwas bei Seite geschoben; darauf wird bloss jene fibröse Haut entfernt, welche die obere Brustapertur verschliesst. Die zweite Verfahrungsweise erlaubt dagegen die Herz- nadel, und somit auch die mechanische Vorrichtung anzu- wenden, ohne dass die Respirationsbewegungen störend ein- wirken, und da diese Art der Blosslegung des Herzens bei Vögeln vielleicht sich noch zu anderen Versuchen eignet, so wollen wir dieselbe hier beschreiben. Das Thier wird am besten auf das Vivisectionsbrett so fixirt, dass die linke Seite nach oben zu stehen kommt, und dass der entsprechende Flügel den Brustkorb nicht bedecke. Es werden nun einige Federn ausgerupft und mit den Fingern der mittlere Rand der grossen Incisur des Brustbeins auf- gesucht, jener nämlich, welcher zwischen dem Brustbeinkör- per und der langen Abdominal- Apophyse desselben Knochens sich befindet. Die Brustmuskeln werden schichtenweise ein- Naturw.-med. Verein. 12 ee, geschnitten, bis man auf jene Membran stösst, die die ge- nannte Incisur verschliesst. Der Schnitt muss bei Hühnern ungefähr in der Gegend des concaven Randes des Brust- beinkammes beginnen; es genügt für denselben eine Länge von 3 bis 4 Ctm. Es wird bei dieser Operation nur die Unterbindung jener zwei oder drei Gefässe nothwendig, welche vorzugsweise in den tieferen Schichten der Muskeln ver- laufen; da die Blutung aus den kleineren Gefässen sehr bald von selbst aufhört, oder die Blutstillung mit einem Schwamm bewerkstelligt werden kann, welcher in eine Eisenchloridlösung eingetaucht wurde. Damit die Bewegungen der Nadel kein Hinderniss finden, trägt man zweckmässig am inneren Rande des Schnittes einen kleinen Theil der Muskeln ab. Es wird dann die obengenannte Faserhaut eingeschnitten und ein Theil derselben entfernt, indem man sie von den Bändern der Incisur ablöst; letztere wird etwas vergrössert, indem man mit einer Zange einen kleinen Theil des Brust- beines an der oberen und inneren Seite entfernt. Man sieht hiernach das Pericardium, welches von der Leber theilweise bedeckt wird, und durch dasselbe die Herzbe- wegungen. Man könnte schon jetzt die Nadel einstechen; da aber besonders durch wiederholte Einstiche leicht Hämorrhagien stattfinden, und das geronnene Blut die Herzbewegungen der Art beeinträchtigt, dass die Herzfrequenz sich sehr verlang- samt, so ist es rathsam das Pericardium zu Öffnen, um die Blutcoagula rasch entfernen zu können. Damit aber nach Eröffnung des Pericardiums die Nadel einen festen Punkt habe, ist es angezeigt, dieselbe durch einen Lappen des ersteren durchzustechen, jedoch mit Ver- meidung jeder Zerrung, damit die Nadel in ihrer Bewegung in keiner Weise beeinträchtigt werde. Durch diese Verfahrungsweise unterliegt die Nadel wohl den Respirationsbewegungen, aber nur in so weit, als die- selben auch eine Locomotion des ganzen Herzens bedingen ; dagegen kann die Bewegung der Thoraxwand bei der Re- Sa JOS) spiration keinen Einfluss auf die Schwingungen der Nadel haben, wodurch der Unterschied in der Amplitude der Nadel- schwingungen bedeutend abgeschwächt wird, und somit werden auch die Hebelschwingungen weniger ungleichförmig. Die mit dem Marey’schen Sphygmographion, und mit der mechanischen Methode vorgenommenen Versuche haben den Beweis geliefert, dass die angegebene Operationsweise zu dem Zwecke der Zählung der Pulsschläge mittelst der mechanischen Methode geeignet ist. Dass die Respiration ziemlich regelmässig vor sich geht, ist selbstverständlich. Die Operation lässt sicht auch gleichzeitig auf beiden Seiten vornehmen. Man schneidet nämlich das Brustbein ungefähr in der Mitte der Quere nach durch, dasselbe ge- . schieht etwas oberhalb des oberen Randes seines Kammes; der zwischen beiden Schnitten eingeschlossene Knochentheil wird entfernt. Man hat somit Gelegenheit, die Herzbewe- gungen durch mehrere Stunden zu beobachen, ohne die künst- liche Athmung einleiten zu müssen. Wird gleichzeitig der Vagus am Halse blossgelegt und gereizt, so hat man ausserdem Gelegenheit, die Wirkung der Vagusreizung auf das Herz eines warmblütigen Thieres direct zu demonstriren. Innsbruck im November 1871. 12% Kleine Mittheilungen über dic eiweissstoffführenden Zellen der Gerste. Von M. v. Vintschgau. (Mit einer Tafel.) Es ist eine längst bekannte Thatsache, dass beim Weizen (Triticum vulgare) unmittelbar unter den Hüllen eine Reihe von Zellen vorkommt, welche mit sehr kleinen Körn- chen von Albuminsubstanzen erfüllt sind. Diese Zellen nennt man Kleberzellen. Es wird für gewöhnlich angeführt, dass bei allen Cere- alien nur eine Reihe solcher Kleberzellen vorkomme, wess- wegen ich nicht wenig überrascht war, bei der Untersuchung der gemeinen Gerste (Hordeum vulgare), konstant mehrere Reihen ähnlicher Zellen zu finden. Da es mir unwahrscheinlich schien, dass diese Thatsache unbekannt sei, so stellte ich Nachforschungen in der botanischen Literatur an; es war mir aber nicht möglich, darüber irgend eine Angabe zu finden. — Ich habe auch die Herren Prof. Kostelecky in Prag und Kerner in Innsbruek mündlich darüber befragt und Herr Tempsky in Prag war so gütig, bei Herrn Prof. Sachs Erkundigungen einzuziehen. Die Antworten lauteten immer dahin, dass die Anzahl der _Z ik US Lic td ud rat. del. Mela Ian Na = = N) RR WY N fa) eae y — 121 — hier in Rede stehenden Zellenschichten noch nicht bekannt ist, wesshalb ich mich entschloss, alle jene Gerstenarten, deren ich habhaft werden konnte, in der genannten Richtung zu untersuchen. Herr Prof. Kostelecky in Prag hatte die Freundlich- keit, mir mehrere Gerstenarten zu übergeben, andere erhielt ich von der k. patriotisch-ökonom. Gesellschaft in Prag und von der landwirthschaftlichen Schule in Hohenheim. Folgende sind die Gerstenarten, die ich in meine Unter- suchungen einbezog: Hordeum vulgare, zeocriton, nigrum, distichon, coeleste, nudum, polystichum, hexastichum, hy- malaiense. In allen diesen neun Arten, ist die Anzahl der eiweiss- stoffführenden Zellen !) niemals geringer, als zwei, ja sie kann auf 3, 4, hie und da sogar auf 5 steigen. In der beigefügten von H. M. Dietl, Assistenten am physiol. Institute, ausgeführten Zeichnungen zeigt Fig. 1 einen Durchschnitt der Gerste, und zwar a) die Hüllen der Gerste, b) die eiweissstoffführenden Zellen, ce) einige der grossen Ei- weissstoff und Amylumkörner enthaltenden Zellen. Die eiweissstoffhaltigen Zellen haben im Allgemeinen eine polyedrische Gestalt, und wie man alle möglichen Formen findet, so ist auch ihre Grösse sehr verschieden. — Ich habe wohl bei allen obengenannten Gerstenarten die Zellen ge- ‚messen, und zwar immer in zwei aufeinander senkrechten Richtungen, aber so verschiedenartige Zahlen erhalten, dass es keine Bedeutung hätte, auch nur einige Mittelwerthe an- zuführen. 1) Nach den übereinstimmenden Angaben von Bibra, Payen und Meissner findet man in der Gerste keinen Kleber, wie im Weizen, es kommen wohl im Wasser un!ösliche Eiweissstoffe vor, dieselben be- sitzen aber durchaus nicht die eigenthümlichen und allgemein bekannten Eigenschaften des Weizen-Klebers; aus diesem Grund vermied ich das Wort kleberführende Zellen, und zog dagegen die unverfänglichen Ausdrücke eiweissstoffiührende oder Eiweissstoff enthaltende Zellen in An- wendung. — 122 — Die Dicke der Zellenwand, welche gemeinschaftlich meh- reren Zellen angehört, schwankt bei allen Gerstenarten mit Inbegriff einiger wildwachsenden, die ich später namentlich anführen werde, zwischen 2.1 und 6.3 u., jedoch kommen diese beiden Extreme selten vor, und die meisten Zellen- wände besitzen eine Dicke von 4.0 u.; es muss aber er- wähnt werden, dass eine Zellenwand nicht überall die gleiche Dicke aufweist, sondern dass sie an den Ecken, wo mehrere Zellen zusammenstossen dicker ist, wie diess auch an Fig. 1 ersichtlich ist. In der grossen Längsfurche der Gerste findet man diese Zellen nicht bloss kleiner werden, sondern auch die Anzahl der Schichten sich immer mehr verringern, so dass sie bald auf eine einzige reducirt erscheinen, und selbst in dieser sind die Zellen nicht allein klein, sondern auch spärlich, und hören endlich in der Tiefe der Furche auf. — Beim Weizen da- gegen sieht man bekanntlich die Kleberzellen in der Tiefe der Furche eine continuirliche Reihe bilden. Wenn man einen Schnitt anfertigt parallel mit der Oberfläche des Gerstenkornes, und man bloss die eiweiss- stoffführenden Zellen trifft, so stellt sich, wie nicht anders zu erwarten, eine schöne Mosaik dar. Durch besondere Maschinen wird die Gerste von den Spelzen befreiet, und die so bereitete Gerste führt die Namen Gerstengraupe, Perlengerste, gerollte Gerste, Ulmergerste. Ich habe sechs Arten von Gerstengraupe untersucht, die sich voneinander durch ihre Grösse unterschieden. Schon mit blossem Auge lässt sich wahrnehmen, dass die kleinste Sorte, welche in der Kunstmühle von H. Schweig- hofer zu Hall bei Innsbruck, mit Nr. 1 bezeichnet wird, an ihrer Oberfläche nur eine geringe Menge von eiweissstoff- haltigen Zellen enthält, je gröber dagegen, nämlich je dicker und grösser die gerollte Gerste ist, ein desto grösserer Theil ihrer Oberfläche ist mit jenen Zellen bedeckt. Mit Zuhülfe- nahme des Mikroskopes überzeugt man sich leicht, dass die gröberen Sorten von gerollter Gerste, die mit Nr. 6 bezeich- — 123 — net werden, nicht bloss an den meisten Stellen der Ober- fläche fast alle eiweissstoffführenden Zellen en'halten, son- dern dass sehr häufig noch Reste der Samenhüllen an den- selben haften geblieben sind. Durch die Güte des Herrn Prof. Kerner in Innsbruck wurde mir die Möglichkeit geboten, drei wildwachsende Arten von Gerste zu untersuchen, nämlich Hordeum murinum, se- calinum und maritinum; bei diesen fand ich bloss eine Reihe von den oftgenannten Zellen, so dass diese wildwach- sende Gerstenarten in dieser Beziehung sich von den übrigen Cerealien durchaus nicht unterscheiden. Schliesslich will ich die Botaniker noch auf eine andere Thatsache aufmerksam machen. — In der Mitte jeder ei- weissstoffführenden Zelle, findet man einen bald runden, bald ovalen Körper, welcher einem Kern nicht unähnlich sieht. Bei vier Getreide-Arten (Triticum vulgare, Hordeum vulgare, Secale cereale Avena sativa), die ich untersuchte, liess sich dieser Körper nachweisen, sobald man die Durch- schnitte trocken anfertigte und mit Nelkenöl behandelte. Beim Hafer lässt sich dieser Körper am leichtesten und sichersten nachweisen, sobald man in der angegebenen Weise verfährt. (Fig. 2.) Seine Grösse beträgt im Mittel 7.0 u. Ob man es hier mit einem wirklichen Kern oder mit einem anderen Gebilde zu thun hat, kann ich nicht ent- scheiden. — Dieser Körper scheint vom Wasser stark ange- griffen, ja vielleicht aufgelöst zu werden, da mir seine Ge- genwart nur dann mit Sicherheit darzuthun gelungen ist, wenn ich das Befeuchten der Präparate mit Wasser vermied. Innsbruck im Dezember 1871. Novee plantarum species. Auctore A. Kerner. 1. Rubus przecox turionibus arcuato-deflexis, obtusangulis, pilis fasct- culatis spersis et aculeis conformibus validis munitis, folüs quinatis, petiolis et petiolulis teretibus, pilis horizontaliter patentibus villosis, foliolis radiatim dispositis, omnibus petiolulatis, ovatis, longe acuminatis, tenuibus, utringue viri- dibus et pilosis, ramulis florigeris abbreviatis, inflores- centia pseudo-racemosa, laxa, pedunculis elongatis, paten- tibus viridibus tenuibus, superioribus approximatis corym- bosis, floribus magnis, sepalis in dorso viridibus pilosis, albido-marginatis, post anihesin et in fructu patulis, staminibus stylos aequantibus, germinibus glabris. In locis umbrosis humidiuseulis ad silvarum oras in vallibus transal- pinis, circa Goritziam solo arenoso et argillaceo. Schössling und Stamm bogenförmig zur Erde gekrümmt, 0.5—1 Centim. im Durchmesser, rundlich - stumpfkantig mit gestreiften Seiten, in der Jugend ziemlich reichlich mit abstehenden 1—2""%: langen gebüschelten Haaren bestreut, die auch auf die Stacheln übergehen, aber im Alter sich mehr und mehr verlieren; zwischen je zwei Blättern mit 5—10 gleichgrossen nahezu 1 Centim. langen Stacheln besetzt, welche sich aus einer länglich-linealen, schmalen 1 Centim. — 12 — langen Ansatzfläche und einer stark zusammengedrückten, drei- eckigen Basis in eine schwachgeneigte und etwas gekrümmte Spitze verschmalern. Die ganze Pflanze ohne Stieldrüsen. Die Blätter der Schösslinge lang gestielt, fünfzählig, selten durch Verschmelzung der seitlichen Blättehen vierzählig und dreizählig; der gemeinschaftliche Blattstiel, so wie die Stiele der Theilblättchen stielrund, von wagrecht abstehenden 1— 2" langen, weichen Haaren zottig, (ähnlich wie bei Fragaria elatior) und mit nicht sehr zahlreichen aber kräftigen aus breiter zusammengedrückter Basis in eine zurückgekrümmte Spitze vorgezogenen Stacheln bewehrt; die Theilblättchen ra- dial gestellt, gross, dünn und weich, oberseits dunkler grün und glanzlos, unterseits blassgrün und etwas glänzend, an beiden Flächen von mehr weniger abstehenden schimmernden Haaren bekleidet, und längs dem Mittelnerv an der unteren Fläche mit gekrümmten Stachelchen bewehrt, am Rande von breiteiförmigen kurzen plötzlich in ein lineal-pfriemliches 0.5—1™™ langes abstehendes Spitzchen zusammengezogenen wimperhaarigen Zähnen gesägt. Das endständige Theilblatt- chen aüs zugerundeter Basis eiförmig, lang zugespitzt, 10 bis 14 Ctm. lang, 6—7 Centim. breit, an einem 4—6 Ctm. langen Stielchen, also mehr als doppelt so lang als dieses Stiel- chen; die beiden seitenständigen mittleren Blättchen verkehrtei- förmig, lang zugespitzt, 9—13 Centim. lang, 4—6 Centim. breit, an einem 1.5—3 Centim. langen Stielchen; die bei- den unteren Blättchen länglich — Jlanzettlich oder länglich — verkehrteiförmig, 7—8 Centim. lang, 3 Centim. breit, an 0.5 Centim. langen Stielchen. Wenn die beiden seitlichen Blättchen einer Seite zu einem verschmolzen sind, so er- scheint das durch diese Verschmelzung entstandene Blättchen tief zweilappig. Die Nebenblätter sehr schmal lineal, 1.5 Ctm. lang, langhaarig gewimpert. — Die blüthentragenden Zweige nur 20—35 Centim. lang, also wenig länger als die Schöss- lingsblätter, kantig, grün, abstehend behaart und mit zurück- gekrümmten Stacheln bewehrt. Die Blätter der blüthen- tragenden Zweige in Farbe und Bekleidung mit den Blättern — 126 — der Schösslinge übereinstimmend, aber dreizählig, die Theil- blättchen verhältnissmässig breiter, nicht so lang zugespitzt, unregelmässiger und gröber gesägt, das mittlere an einem 1~2 Centim. langen Stielchen, die beiden seitlichen an sehr kurzen Stielchen oder fast sitzend; die Nebenblätter etwas breiter als jene der Schösslinge. Der Blüthenstand präsentirt sich als eine lockere 5—15 blüthige unten sehr gestreckte, oben sehr verkürzte, gestutzte Scheintraube !) deren oberste langgestielte 2—4 Blüthen die gipfelständige zuerst sich ent- faltende ‘Bliithe überragen oder mit ihr in gleicher Höhe stehen und fast doldenartig gruppirt sind. Die 2—-4 unter- sten entfernt stehenden Blüthen von laubartigen einfachen oder dreizähligen Blättern gestüzt, die im Zuschnitt so wie in der Berandung und Bekleidung mit den tieferstehenden stengelständigen Laubblättern übereinstimmen; die folgenden oberen Blüthen von Bracteen gestützt, welche in ihrer Form den Nebenblättern ähneln, im Umriss lanzettlich erscheinen und gewöhnlich in drei lineale haarige Zipfel gespalten sind. Die Blüthenstiele sind abstehend, etwas spreizend, 2-4 Ctm. lang, dünn, grün, abstehend behaart, wehrlos oder mit 1-3 sehr kleinen gekrümmten Stachelchen besetzt. Die Blüthen zeigen einen Durchmesser von 2.5—3 Centim. Die Kelch- zipfel sind 7—9™™: lang, eiförmig, lang zugespitzt, mit grüner abstehend behaarter weissberandeter Aussenfläche und weiss- lichfilziger Innenfläche; sie sind zur Zeit der Blüthe abstehend oder nur halb zurückgeschlagen, nach dem Abblühen gewöhn- lich sternförmig ausgebreitet und erst zur Zeit der Frucht- reife wieder etwas mehr zurückgeschlagen. Die Kronenblätter sind 8””- breit und 12™- lang, also kaum zweimal so lang als die Kelchzipfel, sie sind weiss, ausgebreitet, breit ellip- tisch oder verkehrteiförmig, plötzlich in den sehr kurzen 1) Ich schlage für die aus einfach-traubenförmig angeordneten Blü- then gebildete cymatische Inflorescenz, welche für Rubus fruticosus, Rubus fastigiatus und einige verwandte Arten so charakteristisch ist, den Na- men Scheintraube, racemus spurius vor, analog der Bezeichnung: Scheinähre, spica spuria. —ı 20. — Nagel zusammengezogen, aussen spärlich behaart. Die Staub- fäden sind 6—7™™"- lang, ausgebreitet, und überragen in dieser Stellung nicht die Griffe. Die ‘Fruchtknoten sind orün, kahl; die Griffel grünlich, die reifen Früchte glänzend schwarz. Diese Brombeerenart blüht verhältnissmässig sehr zeit- lich uud öffnet ihre Blüthen bei Görz schon Mitte oder Ende Mai; auch die Früchte reifen früher als jene der meisten andern Rubus-Arten, bei Görz gewöhnlich schon im Juli. Der hier beschriebene Rubus ist R. fastigiatus Krasan in Verh. d. zool.-bot. Ges. XV., 330, aber nicht R. fasti- giatus W. u. N.!) — R. fastigiatus W. u. N. besitzt näm- 1) Ueber R. fastigiatus W. & N. herrschen bei den Autoren zweier- lei Ansichten. O. Kuntze hält R. fastigiatus W. & N. für identisch mit R. suberectus Anderson, und auch Focke gibt an, dass er Weihe’sche Originalexemplare als „R. fastigiatus“ bestimmt besitze, die nichts an- ders sind, als R. suberectus Anders. Die von W. & N. gegebene Ab- bildung stellt aber eine andere mit R. fruticosus L. = R. plicatus W. & N. näher verwandte Pflanze dar und Wirtgen, so wie Bayer be- ziehen daher auch R. fastigiatus W. & N. nicht auf R. suberectus Anders., sondern anf jene an R, fruticosus L. = R. plicatus W. & N. sich näher anschliessende Rubus-Art. Das wahrscheinlichste ist, dass Weihe & Nees beide hier erwähnte Formen nicht geschieden, sondern beide unter dem Namen R. fastigiatus verstanden haben. Das zweck- mässigste scheint mir darum auch zu sein, den durch seine runden nur oberhalb der Mitte schwach fünfkantigen, mit kleinen, kegelförmigen, geraden Stacheln bewehrten Schössling, durch die fast kahlen Blätter und die kurzen Stiele der mittleren Seitenblättchen ausgezeichneten Rubus suberectus Anders. mit diesem seinem ältesten Namen zu benennen, da gegen jenen zweiten durch fünfkantigen nach oben zu mit sehr kräfti- gen grossen Stacheln bewehrten und durch langgestielte mittlere Seiten- blättehen ausgezeichneten, dem R. fruticosus L. zunächst stehenden aber von diesem doch wieder durch die lang zugespitzten ebenen Theilblätt- chen, die grösseren Blüten die längeren den Griffeln gleichhohen oder diese etwas überragenden Staubgefässe leicht zu unterscheidenden Rubus mit dem Namen Rubus fastigiatus W. & N. zu bezeichnen, wie es auch Wirtgen und Bayer gethan haben. Will man dann dem Namen R. fasti- giatus W. & N. allenfalls noch ein „ex parte“ beisetzen, so kann man das immerhin thun. Mag man übrigens der einen oder anderen Auffassung huldigen, sa lich oberseits deutlich vertiefte eingedrückte oder rinnige Blatt- und Blättchenstiele, derbes Laub mit schwacher wenig ab- stehender Behaarung und entweder ganz kahle oder nur an den obersten Interfoliartheilen mit zerstreuten einfachen Haa- ren in der Jugend bekleidete Schösslinge und unterscheidet sich sonach sehr wesentlich von dem oben beschriebenen Rubus. Insbesonders dürfte auf das zuletzt angeführte Unter- scheidungsmerkmal hier einiges Gewicht zu legen sein, nach- dem durch O. Kuntze nachgewiesen wurde, dass die Schöss- linge des R. fruticosus und der mit diesem zunächst ver- wandten Arten mit einfachen im Alter schwindenden Haaren, dagegen die Schösslinge des R. silvaticus, R. vul- garis und der an diese sich anschliessenden Arten mit ge- büschelten bleibenden Haaren mehr weniger reichlich be- setzt sind. Die Schösslinge des oben beschriebenen R. prae- cox tragen nun deutliche, wenn auch spärliche Büschelhaare und hiedurch würde sich also dieser Rubus in die letztere Gruppe reihen. Ueberblickt man aber die anderen Merk- male dieses Rubus: die grüne weissberandete Aussenfläche der abstehenden Kelchzipfel, die über die Griffel nicht hin- ausragenden Staubgefässe, die eigenthümliche oben geschil- derte Inflorescenz und die kurzen blüthentragenden Zweige, und berücksichtiget man die ganze Tracht desselben, so lässt sich nicht in Abrede stellen, dass er dem R. fastigiatus W. u. N. und R. fruticosus L. weit näher verwandt ist, und es ist auch sehr begreiflich, wie er von Krasan für Rubus fastigiatus genommen werden konnte. — Aus diesen Bemer- kungen ergibt sich freilich auch das Resultat, dass das Vor- handensein der einfachen oder gebüschelten Haare an den Schösslingen als Merkmal zur Eintheilung der Homoacanthi in untergeordnete Gruppen füglich nicht verwendet werden kann und dass eine nur auf dieses Merkmal gegründete viel ist gewiss, dass weder dieser zuletzt erwähnte R. fastigiatus W. &N. ex parte, noch R. suberectus Anders. mit den in dem südöstlichen Ge- lände der Alpen bei Görz vorkommenden von Krasan für R. fastigiatus gehaltenen Rubus übereinstimmt. — 129 — Gruppirung eine ganz kiinstliche sein wiirde. — Viel uatiir- licher scheint es mir dagegen, ein anderes biologisches, an getrockneten Exemplaren freilich nicht mehr zu erkennendes Merkmal zur Gruppeneintheilung der hier in Rede stehenden Rubus-Arten zu verwenden, das ist die Bliithezeit. R. fru- ticosus L., R. suberectus Anders., R. fastigiatus W. u. N. stehen nämlich zu einer Zeit bereits in voller Bliithe, in welcher unter ganz gleichen äusseren Verhältnissen R. sil- vaticus W. u. N., R. vulgaris W. u. N. und die mit diesen verwandten Arten ihre Blüthenknospen noch gar nicht geöff- net haben und man könnte die ersteren füglich unter dem Namen der Praecoces zusammenfassen. — In diese Gruppe der frühblühenden Homoacanthi, welche in Europa den nördlicheren Landstrichen angehört, während sie auf den südlichen Halbinseln unseres Continentes durch keine einzige Art vertreten ist, gehört nun auch der oben beschriebene Rubus praecox und ich glaube denselben als den südlichsten Vorposten dieser Gruppe ansehen zu können. 2. Rubus gorizianus turionibus et truncis arcuato-deflexis, 5-angularibus, glab- rescentibus , parce aculeatis: aculeis conformibus, validis subreclinatis, glabratis; foliis quinatis, foliolis magnis, radiatim dispositis, omnibi:s petiolulatis, tenuibus, ellipticis, brevissime acuminatis, erregulariter serratis, discoloribus, supra viridibus siriqulosis, subtus albidis tenuissime ad- presse tomentosis, inflorescentia pauciflora, ovata, e cymulis 1—3-floris composita, inferne foliata, superne nuda, pe- dunculis tenuibus tomentosis et parce aculeolatis, sepalis sub anthesi et in fructu reflexis, cano-tomentosis, inermi- bus, petalis albis late ellipticis, sepala viv duplo superan- tibus, staminibus stylos superantibus, germinibus viridibus pilis elongatis ewignis obsitis. In dumetis et ad silvarum oras prope Goriziam. Schössling bogig zur Erde geneigt, 4—6™™ dick, fünf- — 130 — kantig im frischen Zustande mit flachen glatten, im getrock- neten Zustande mit etwas vertieften Seiten, in der Jngend mit spärlichen Büschelhaaren bestreut, im Alter kahl, zwi- schen je zwei Blättern mit 3—8 gleichgrossen 6-—8™™: lan- gen kahlen Stacheln besetzt, welche sich aus einer linealen ‚ nahezu 1 Centim. langen Ansatzfläche und zusammenge- drückten dreieckigen Basis in eine gerade wagrecht abste- hende oder etwas rückwärts geneigte Spitze verschmälern. Die ganze Pflanze ohne Stieldrüsen. Die Blätter der Schöss- linge gross, dünn und weich, lang gestielt, fünfzählig, die Theilblättchen radial gestellt, alle gestielt; das endständige Blättchen breit elliptisch, kurz zugespitzt, an der Basis etwas herzförmig ausgerandet, 6—15 Centim. lang, 4—10 Ctm. breit, an einem 2--4 Centim. langen Stielchen, also bei- läufig 3—4 mal so lang als dieses Stielchen; die mittleren seitenständigen Blättchen etwas schmäler, elliptisch, zum Theile auch verkehrteiförmig, sehr kurz zugespitzt, 6-12 Ctm. lang, 3—7 Centim. breit, an Stielchen, welche 1—1.5 Ctm. Ausmaass zeigen; die unteren seitlichen Blättchen 5—9 Ctm. lang, 2—4 Centim. breit, an ,2—-3™™. langen Stielchen; alle Blättchen unregelmässig grob gesägt mit breit eiförmigen kurz bespitzten, nach Vorne und Auswärts gerichteten Säge- zähnen, oberseits dunkelgrün, glanzlos, mit schimmernden anliegenden Strichelhaaren bestreut, unterseits von dicht ver- wobenem aber sehr kurzem dünn aufgetragenem und eng ‚anliegendem Filze weisslich oder weisslich-graugrün, längs dem Mittelnerv so wie an dem flaumhaarigen Blattstiele mit einigen kurzen zurückgekrümmten Stachelchen besetzt. Die Nebenblätter 1 Centim. lang, 1%. breit, lineal, wimper- haarig. Die blüthentragenden Zweige 25—50 Centim. lang, kantig, grün, flaumhaarig, die Blätter der blüthentragenden Zweige mit jenen der Schösslinge im Zuschnitt, in der Be- randung und Bekleidung übereinstimmend; der Blüthenstand armblüthig, im Umrisse eiförmig, aus 1—2 blüthigen seltener 3 blüthigen locker gestellten abstehenden, traubig angeord- neten Cymen gebildet. Die 4—5 unteren Aeste der Inflores- — 131 — cenz von laubartigen dreizähligen oder einfachen im Zuschnitt so wie in der Berandung und Bekleidung mit den tiefer stehenden Stengelblättern übereinstimmenden Blättchen ge- stützt, die obersten Cymen von häutigen flaumhaarigen lineal- lanzettlichen ungetheilten oder in drei lineale vorgestreckte Zipfel getheilten Bracteen gestützt. Die Blüthenstiele dünn, von sehr kurzen Härchen filzig, graugrün, zugleich von län- geren abstehenden Haaren flaumig und von spärlichen 2— 4m. Jangen, mit der Spitze etwas zurückgeneigten Stachel- chen bewehrt. Die Blüthen sind mittelgross, 2.5 Centim. im Durchmesser. Die Kelchzipfel sind 6—7™: lang, 3—3.5™- breit, eiförmig, zugespitzt, die Spitze manchmal in ein kleines grünes Anhängsel auslaufend, gleichmässig graufilzig, unbe- wehrt, zur Blüthe- und Fruchtzeit zurückgeschlagen. Die Kronenblätter weiss, an der Aussenfläche mit zarten Härchen bestreut, rundlich-elliptisch, 8" breit und 10": lang, also nicht ganz doppelt so lang als die Kelchzipfel, gegen die Basis in einen 1"”- breiten sehr kurzen Nagel zusammen- gezogen. Die Staubfäden kahl, weiss, 6—7"" lang, deut- lich über die Griffel hinausragend. Die Fruchtknoten grün, mit vereinzelten langen Haaren bestreut, die Griffel grünlich. Der hier beschriebene Rubus nähert sich einigermassen dem R. silvaticus W. u. N. und R. pubescens W. u. N. — Ersterer unterscheidet sich aber durch den büschelhaarigen reichstacheligen Stamm, die unterseits grünen Blätter, die bis zur Spitze beblätterte Inflorescenz, die reich und lang- nadeligen Blüthenstiele und die langhaarig-zottigen Kelch- | zipfel; letzterer durch den anch im Alter noch büschel- haarigen Stamm, die behaarten Stacheln, die derben Blätter, die reichblüthige Inflorescenz nd die dichtbehaarten Frucht- knoten. Die zuletzt angeführten Unterscheidungsmerkmale sind freilich nur relativ und vielleicht ist daher R. gorizia- nus nichts anders, als eine durch den schattigen Standort bedingte Form des R. pubescens. Habituell weicht derselbe von R. pubescens allerdings sehr ab. Krasan, der den hier beschriebenen Rubns bei Görz Map gesammelt, muthmasst in demselben einen der Combination: fastigiatus X amoenus entsprechenden Bastart. Da aber der bei Görz vorkommende Rubus, welchen Krasan für R. fastigiatus hielt, nicht die gleichnamige Pflanze von Weihe und Nees, sondern der im Früheren beschriebene R. prae- cox ist und da auch der echte R. amoenus Portenschlag bei Görz schwerlich vorkommt, vielmehr der von Krasan für „R. amoenus“ genommene Rubus mit R. rusticanus Merc. zu identifiziren sein dürfte !), so würde wohl der R. gorizianus 1) Der Name Rubus amoenus Portenschlag wird mit Unrecht von Focke und anderen neueren Rubologen mit R. rusticanus Merc. indenti- fizirt. Ich selbst hielt diese beiden Rubus früher für identisch und habe den in Südtirol sehr verbreiteten R rusticanus Merc. unter dem Namen R. amoenus vielfach versendet. Bei der Untersuchung einiger in Dal- matien und Istrien gesammelten Rubus wurde ich aber darauf aufmerk- sam, dass dort zwei Arten vorkommen, welche sich zwar sehr ähnlich sehen, die aber doch sicherlich auseinander zu halten sind. — Die vio- letten Stämme und Zweige des einen sind kahl oder nur mit spärlichen sehr kurzen Büschelhaaren bestreut, aber mit einer dünnen weissen brüchigen sich stellenweise fast schülferig oder kleienartig von der Epi- dermis abhebenden Schichte überzogen, welche abgeschabt und auf einem Gläschen erwärmt rasch zerschmilzt und sich unzweifelhaft als Wachs- überzug zu erkennen gibt; die Zweige des zweiten sind von dichtem eng anliegenden glanzlosen grauen sammtigen Filze bekleidet. — Der Rubus mit dem Wachsüberzuge ist nun R. rusticanus Merc. und ist zu Folge der von mir eingesehenen Exemplare im Wiener botan. Hofkabi- nete so wie mach meinen eigenen Beobachtungen in Portugal und Granada, Südfrankreich, Südschweiz, Südtirol, Görz, Fiume, Italien und Sizilien, Griechenland und Macedonien und auch im nördlichen Afrika (Algier) verbreitet. Der Rubus mit den filzigen Zweigen ist dagegen R. amoenus Portenschlag. Durch die Güte Prof. Fenzl’s wurde ich in die Lage gesetzt, die Pflanze Portenschlags selbst einzusehen und mich zu überzeugen, dass die Beschreibung welche Visiani in der Fl. dalm. III, 248, wo von R. fruticosns var. amoenus = R. amoenus Portensch. herb.! gesagt wird „caulibus velutino-pubescentibus“ in der That ganz richtig ist. — Ob dieser echte R. amoenus Port. eine eben so grosse Verbreitung im südlichen Europa besitzt, wie R. rusticanus Merc. muss ich vorläufig dahingestellt sein lassen. Bei Pola in Istrien sammelte ich ihn selbst; im Herb. des Wiener bot. Hofkabinetes sah ich denselben aus Dalmatien und Griechenland. too wenn derselbe überhaupt einer hybriden Befruchtung sein Dasein verdankt, richtiger als ein der Kreuzung: praecox X rusticanus entsprechender Bastart zu deuten sein. Dass es hybride Rubus geben könne, unterliegt wohl keinem Zweifel, ja es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass die Zahl derselben, so wie bei den verwandten Gattungen Geum, Potentilla und Rosa eine sehr grosse ist, und dass die Schwierigkeiten, welche diese Gattung der Phytographie dar-- bietet, zum guten Theile gerade von dieser grossen Zahl hybrider Arten herrühren. Ich sage hier ausdrücklich: hy- bride Arten; denn ich bin der festen Ueberzeugung, dass sich durch Bastartirung auch Arten bilden können. Wie ich an anderer Stelle!) gezeigt habe, ist nämlich nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse nicht mehr daran zu zweifeln, dass zwar unzählige in der freien Natur ge- bildete und sich fort und fort bildende Bastarte wieder zu Grunde gehen, ohne die Ausgangspunkte neuer Arten zu werden, dass aber unter dem Zusammentreffen günstiger Be- dingungen die einmal erzeugten Bastarte sich auch erhalten und vermehren, konkurrenzfähig werden, sich ausbreiten und sich einen Verbreitungsbezirk schaffen, das heisst also zu Arten werden; denn wie anders sollen wir Pflanzen nennen, welche in unzählbaren Individuen sich über ein bestimmtes Areal verbreitet haben, sich dort dureh Früchte erneuern und vermehren, und sich auf dem gebildeten Areale durch Generationen mit ihren Merkmalen gleichförmig erhalten! Wenn ich mich aber auch für das Vorhandensein zahlreicher Bastarte in der Gattung Rubus erkläre, so glaube ich doch anderseits wieder, dass wir von dem Ziele: die einzelnen Rubusarten in Betreff ihrer Entstehungsgeschichte jetzt schon richtig zu deuten, noch sehr weit entfernt sind. Wir wissen gegenwärtig nicht einmal annähernd, welche Arten als die Stammarten, und welche als Bastarte aufzufassen sind. Da sich leider verhältnissmässig nur wenig Phytographen mit *) Oesterr. bot. Zeitschrift XXI Nro. 21. Naturw.-med. Verein. 13 — 134 — Rubus eingehender beschäftiget haben, so liegt über diese Verhältnisse in der Literatur überhaupt nur wenig vor. Das wenige aber, was vorliegt, zeigt, dass die Ansichten über die Frage, ob dieser oder jener Rubus als ein Bastart zu deuten sei, und welche Arten etwa als seine Stammarten zu bezeichnen wären, sich oft schnurstraks entgegenstehen. Von den Einen wird R. suberectus Anders. als ein „unzweifel- hafter* Bastart aus R. Idaeus L. und R. fruticosus L. an- gesehen, während Andere diesen hybriden Ursprung mit eben so grosser Entschiedenheit in Abrede stellen und wider Andere diese Pflanze für einen der Combination corylifolius >< Idaeus entsprechenden Bastart erklärten. Die Arten der Gruppe: Corylifolii werden von mehreren Autoren für Bastarte aus R. caesius L. mit Arten der verschiedensten Gruppen ange- sehen, während andere Autoren in dem massenhaften Vor- kommen und in der normalen Entwicklung reifer Früchte einen Gegenbeweis gegen die hybride Natur der Corylifolii finden zu können glauben. — Darin liegt aber gerade eine der grössten Schwierigkeiten, dass alle jene Anzeichen, welche man bei anderen Pflanzengattungen zur Deutung der hybriden oder nichthybriden Natur mit Erfolg benützt, bei der Gattung Rubus im Stiche lassen. Ob ein Strauch reife Früchte zur Entwicklung bringt, oder ob seine Fruchtanlagen abortiren, hat beispielsweise bei der Beurtheilung der hybriden Natur eines Rubus nur einen sehr untergeordneten Werth. Ich beobachtete einige reichlichst blühende Sträucher des R. can- dicans Weihe (R. thyrsoideus Wimmer), also einer Art, welche von allen Autoren als nicht hybrid angesehen wird, und die in der Regel anderwärts reichlich fructifizirt, durch eine Reihe von Jahren ganz steril bleiben, während an derselben Stelle R. dumetorum, den die meisten Rubologen für einen Bastart halten, alljährlich normale vollzählige Früchte entwickelte. Dieser letztere von den meisten Autoren für hybrid erklärte Rubus gehört zu den verbreitetsten Arten, und findet sich in zahlreichen Individuen in Gegenden, wo die eine seiner gemuthmassten Stammeltern vollständig fehlt. Ich erwähne — 15 — dieser Dinge nur, um damit zu zeigen, wie misslich es ist, bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse über Rubus die einzelnen Arten in Betreff ihres Ursprunges zu erklären und a prior; zu sagen, ob ein gegebener Rubus ein Bastart sei oder nicht. Aber auch a posteriori wird sich in vielen Fällen der Beweis der hybriden Abstammung einer wildge- wachsenen Pflanze nur schwer herstellen lassen. Bei solchen Formen, welche in ihren Merkmalen zwischen zwei nahe .ver- wandten Arten derselben Gruppe die Mitte halten, wird es wenigstens immer zweifelhaft bleiben, ob nicht die fragliche Pflanze, welche sich als Mittelform präsentirt, ein Ueber- bleibsel der Stammpflanze ist, aus welcher sich eben jene zwei nahe verwandten Arten im Laufe der Zeit entwickelt haben. Dass die Stammpflanze zweier Tochterarten dem Ba- starte eben dieser Tochterarten ganz gleichsehen muss, liegt auf der Hand. Ich erwarte mir darum auch von künstlich eingeleiteten Bastartirungen und Culturversuchen zur Ent- scheidung der hier in Rede stehenden Fragen kein besonders befriedigendes Resultat und glaube, dass diese Versuche in vielen Fällen unsere Zweifel darüber, ob eine gegebene in der freien Natur aufgefundene Mittelform hybriden oder nicht hybriden Ursprungs ist, nicht zu lösen im Stande sein werden. Damit soll natürlich der Werth, welchen derartige künst- lich eingeleitete Bastartirungen und Culturversuche in mehr- facher ‘Beziehung haben, nicht in Abrede gestellt werden, ja ich halte es auch durchaus nicht für überflüssig in jedem speziellen Falle auch ohne Culturversuche die Frage zu er- örtern, von welchen anderen Arten ein gegebener wildwach- send gefundener Rubus abstammen könnte; denn es wird eine solche Erörterung jedenfalls wesentlich dazu beitragen, die systematische Stellung der betreffenden Pflanze, so wie die Verwandtschaftsverhältnisse derselben klar zu machen. Was ich aber für ganz unzweckmässig und verwirrend halte, ist der Versuch, die Nomenklatur der Rubusarten ent- sprechend den ganz unsicheren Muthmassungen über kybride oder nichthybride Natur einzurichten und die einzelnen Arten, Lon — 136 — welche man fiir hybrid halt, auf diese Muthmassung hin mit einem nach der Schiede’schen Methode formulirten Doppel- namen zu bezeichnen. Wenn ich auch nicht zu denjenigen gehöre, welche ein umfangreiches Synonymenregister in einer Pflanzengattung für ein Unglück halten, vielmehr ein solches weitläufiges Register bei jeder reichgegliederten Pflanzen- gruppe als etwas Selbstverständliches, als einen durch den Entwicklungsgang unserer Kenntnisse nothwendig bedingten lehrreichen Appendix ansehe, so wird mir doch vor den endlosen Synonymen-Reihen bange, welche durch die Ein- führung der Schiede’schen Formeln in ganz überflüssiger Weise provocirt werden. Da die Autoren, welche dieser Nomen- klatur huldigen, darüber, was als nichthybride Stammart an- zusehen sei, durchaus nicht übereinstimmen, da der eine den Formenkreis einer Art enger, der andere weiter zieht, da überdiess auch über die Benennung jener Arten, über welche die meisten Autoren in Betreff der Umgränzung einig sind, und welche alle einstimmig für nichthybride Stammarten halten, die Akten noch lange nicht geschlossen sind, so ist es erklärlich, dass fast jeder der Autoren, dem von ihm ge- muthmassten hybriden Rubus andere nach der Schiede’schen Methode formulirte Namen gibt, so wie es anderseits unver- meidlich wird, dass jedesmal, sobald sich bei Erweiterung unserer Kenntnisse die Aenderung des Namens einer Stamm- art als nothwendig herausstellt, auch die Namen aller jener gemuthmassten hybriden Rubus geändert werden müssen, an welchen die Autoren jene Stammart betheiligt halten. Um nur ein paar Beispiele anzuführen, sei hier erwähnt, dass Krasan den Rubus corylifolius Sm. als R. caesius X dis- color, ©. Kuntze als R. caesius X fruticosus, Focke als R. caesius X amoenus erklärt, und dass R. dumetorum von Fischer-Ooster als R. caesius X glandulosus von Focke als R. fruticosus X caesius, von Krasan als R. caesius X dis- color bezeichnet wird. — O. Kuntze nennt den R. macro- phyllus W. u. N.: R. fruticosus X sanctus; den R. macroa- ~ canthus W, u. N.: R. candicans X sanctus; den R. Sprengelii — 137 — Weihe: R. caesius X sanctus; den R. pycnostachys J. P. Müller: R. sanctus :tomentosus und den R. vestitus Weihe: R. radula X sanctus. Es ist aber jetzt nachgewiesen, dass R. sanctus Schreb. eine von allen Arten die O. Kuntze unter seinem „R. sanctus“ zusammenfasst, ganz verschiedene im Oriente heimische Pflanze ist, welche an keinem der oben aufgezählten von O. Kuntze gemuthmassten Bastarten be- theiliget sein kann, und es müssten daher jetzt dem ent- sprechend alle diese Kuntze’schen Namen wieder geändert werden. — Es genügt wohl dieser wenigen Beispiele — denen ich leider noch eine grosse Zahl an die Seite stellen könnte — um zu zeigen, welcher ebenso endlose als überflüssige Synonymenwust durch diese ungeschickte Nomenklatur in einer Pflanzengruppe herbeigeführt werden muss, in welcher man weder darüber, was als Stammart gelten soll, noch über die Abgränzung, noch über die Benennung dieser Stamm- arten zu einem nur einigermassen befriedigenden Abschlusse gekommen ist. Diesen etwas ausführlicheren Exkurs glaubte ich hier ein- schalten zu müssen, um damit mein Verfahren bei der Be- handlung der im Nachfolgenden beschriebenen Rubus zu be- gründen und zu rechtfertigen. Manche der hier von mir beschriebenen Rubus mögen vielleicht hybriden Ursprunges sein, manche sind es wahrscheinlich nicht. Die Gründe, welche für und gegen eine solche Muthmassung sprechen, werde ich in den einzelnen Fällen stets angeben, es aber vermeiden, zur Bezeichnung der beschriebenen Arten Namen zu wählen, welche eben nur auf einer Muthmassung beruhen und daher vielleicht schon in kürzester Zeit wieder geändert werden müssten, 3. Rubus persicinus turtonibus et truncis validis, obtusangulis, erectis, superne arcuatis, pilis sparsis fasciculatis et aculeis validis con- formibus rectis munitis, foliis quinatis, foliolis radiatim — 138 — dispositis, omnibus petiolatis, obovatis, acuminatis, inae- qualiter serratis, supra glabris, pianis, subtus griseo- velutino- pubescentibus, inflorescentia oblonga, densiuscula, e cymulis erecto-patentibus composita, pedunculis cano- tomentosis, aculeolis brevibus paucis munitis, floribus spe- ciosis, sepalis reflexis ‚ovatis, brevissime apiculatis, utrinque aequaliter cano-tomentosis, petalis late ellipticis, laete per- sicinis vel roseis, sepala plus duplo superantibus, germini- bus viridibus, pilis longis sparsis obsitis, stylis in bast roseis, staminibus pallide roseis superatis. In regione montana Tiroliae septentrionalis , solo calcareo. Mächtiger bis zu 2 Meter hoher Strauch, mit hoch- bogigen Stämmen. Schösslinge aufrecht, sehr kräftig, 1 bis 1.5 Centim. dick, unten fast stielrund, oben stumpfkantig mit flachen gestreiften Seiten, mit Büschelhaaren spärlich bestreut, an der Lichtseite gewöhnlich roth-braun überlaufen, zwischen je zwei Blättern mit 4—8 gleichgestalteten 1 Centim. langen Stacheln besetzt, welche sich aus einer 1 Centim. langen länglich-linealen Ansatzfläche und stark zusammen- gedrückten, dreieckigen, rothbraunen, kahlen oder mit einigen gebüschelten Haaren bestreuten Basis in eine kräftige gerade oder sehr schwach gekrümmte gelbe Spitze verschmälern. Die ganze Pflanze ohne Stieldrüsen. Die Blätter der Schöss- linge lang gestielt, fünfzählig; der gemeinschaftliche Blatt- stiel so wie die Stielchen der Theilblattchen stielrund, flaum- haarig und mit gekrümmten Stachelchen (6—12 am gemein- schaftlichen Blattstiele) bewehrt; die Theilblättchen radial gestellt, oberseits dunkelgrün, in der Jugend längs dem Mittelnerv mit spärlichen Striegelhaaren besetzt, später kahl, glatt und eben, mit sehr schwachen fettigem Glanze, unter- seits grau-grün, sammtig-weichhaarig, an dem kräftig vor- springenden Mittelnerv mit gekrümmten Stachelchen besetzt, am Rande von eiförmig-dreieckigen mit den Spitzen nach Vorne und Auswärts gerichteten Zähnen unregelmässig dop- pelt gesägt. Das endständige Theilblättchen aus zugerun- deter oder schwach herzförmiger Basis rundlich-verkehrt- — 4139. — eiförmig, zugespitzt, 8-11 Centim. lang, 5—8 Centim. breit, an einem 3—5 Centim. langen Stielchen, also beiläufig dop- pelt so lang als dieses Stielchen; die beiden seitenständigen mittleren Blättchen elliptisch-verkehrteiförmig, zugespitzt, 8 — 10 Centim. lang, 4—6 Centim. breit, an Stielchen, welche 1.8—2.8. Centim. in der Länge messen, also nur um die Hälfte kürzer sind als das Stielchen des endständigen Blätt- chens; die beiden seitlichen unteren Blättchen länglich ver- kehrteiförmig, 6—-9 Centim. lang und 3—4.5 Centim. breit, an 4—6™™- langen Stielchen. Die Nebenblätter sind sehr schmal lineal, 1.5—2 Centim. lang, und langhaarig gewim- pert. Die blüthentragenden Zweige sind 20—40 Centim. lang, also beiläufig doppelt so lang als die Blätter, aus deren Achseln sie hervorgegangen, unten stielrund, oben stumpf- kantig, grün oder rothbraun überlaufen, von abstehenden weichen zarten Haaren dicht flaumig und mit sehr spär- lichen zurückgekrümmten 2—6""- langen Stacheln bewehrt. Die Blätter der blüthentragenden Zweige fünfzählig und drei- zählig; die Theilblättchen kürzer gestielt, schmäler und weniger zugespitzt, als jene der Schösslingsblätter, in der Berandung, Bekleidung und Färbung aber mit diesen übereinstimmend. Der Blüthenstand im Umrisse länglich, aus traubnförmig angeordneten dreiblüthigen und untermischten einblüthigen nahezu gleichlangen Cymen zusammengesetzt, bei einer Breite von 3.5—7 Centim., 6—20 Centim. lang, verhältnissmässig schmal und gedrängt, was davon herrührt, dass die kurz- gestielten Cymen aufrecht abstehen und nicht ausgesperrt sind. Die 2—3 untersten Cymen von laubartigen dreizähli- gen Blättern gestützt, die in Zuschnitt, Bekleidung und Be- randung mit den tiefer stehenden Laubblätter übereinstim- men; die folgenden oberen Cymen von grauhaarigen läng- lichen, gewöhnlich in 2—3 vorgestreckte lineale Zipfel gespal- tenen Bracteen gestützt. Die Spindel des Blüthenstandes gerade, grauhaarig, wehrlos oder mit vereinzelten zurück- gekrümmten Stachelchen besetzt; die Blüthenstiele grauhaarig- filzig mit wenigen 1—3™™- Jangen strohgelben Stachelchen — 140 — besetzt, manchmal auc ganz wehrlos. Die Blüthen ansehn- lich, 3 Centim. im Durchmesser. Die Kelchzipfel sind zur Blüthe- und Fruchtzeit zurückgeschlagen, 5—6™™: lang, 4™™- breit, eiförmig, sehr kurz bespitzt, beiderseits gleichmässig kurz-haarig grau-filzig, unbewehrt. Die Kronenblätter sind schön pfirsichblüthroth oder rosenroth und verblassen etwas gegen das Ende der Blüthezeit; sie sind breit elliptisch, 8—9™»- breit und 12—13""- lang, also mehr als doppelt so lang als die Kelchzipfel; gegen die Basis zu in einen 1™™ breiten Nagel zusammengezogen und oberhalb dieses Nagels beiderseits mit kurzen Härchen bestreut. Die Staubfäden sind schön rosenroth, 6—7"” lang, und überragen deutlich die Griffel. Die Fruchtknoten sind grün mit vereinzelten langen Haaren besetzt; die Griffel an der Basis rosenroth gegen die Spitze grünlich. Die Früchte glänzend schwarz, reichlich entwickelt. Der hier beschriebene Rubus, den ich seiner lebhaft an die Blüthen des Pfirsichbaumes erinnernden grossen rothen Blumen wegen R. persicinus genannt habe, ist eine Zierde der unteren Waldregion unserer nördlichen Kalkalpen, und findet sich insbesonders gerne an Waldblössen und in Holz- schlägen an sonnigen warmen Lehnen; um Innsbruck ins- besonders am Fusse der Solsteinkette an den Abhängen des Mittelgebirges in dem Höhengürtel von 600—1000 Meter. Allem Anscheine nach ist derselbe durch das Gelände der Kalkalpen weit verbreitet. Er gehört in die Gruppe der Homoacanthi und reiht sich an R. vulgaris W. u.N. an, unter- scheidet sich aber von diesem so wie von den mit ihm zu- nächst verwandten Arten durch den mächtigen aufrechten oben hochbogigem Stamm mit oberseits kahlen Blättern, durch die gedrängte nicht ausgesperrte Inflorescenz mit gerader nicht schlängelig hin- und hergebogener Spindel, durch die sehr kurzbespitzten Kelchzipfel, die grossen die Kelchzipfel um mehr als das doppelte überragenden Kronenblätter und die mit langen Haaren besetzten Fruchtknoten. — Von R. fruticosus L. und den mit diesem zunächst verwandten durch — 141 — die hochbogigen Stämme mit R. persicinus übereinstimmenden Arten unterscheidet sich derselbe durch mit den zerstreuten gebüschelten Haaren besetzten Schössling, die stielrunden Blattstiele, die unterseits grausammtigen Blätter, die aus kurzgestielten Cymen zusammengesetzte Inflorescenz, die an der Aussenfläche einfärbig grauen, gleichmässig dichtfilzigen Kelchzipfel, die rothen Blumenblätter und Griffel, die über die Griffel deutlich hinausragenden rothen Staubfäden und die mit langen Haaren besetzten Fruchtknoten. — Von R. candicans Weihe (R. thyrsoideus Wimmer) und den an diesen sich anreihenden Arten, mit welchen R. persicinus durch die schmale aus Cymen zusammengesetzte Inflorescenz, und die sehr kurz bespitzten, gleichmässig graufilzigen Kelchzipfel über- einstimmt, unterscheidet sich derselbe durch den büschel- haarigen aufrechten Schössling, die verhältnissmässig kurzen blüthentragenden Zweige, die unterseits grausammtigen etwas schimmernden (nicht anliegend dicht weissfilzigen, glanzlosen) Blätter, grössere, rothe Blüthen und langhaarige Fruchtknoten. 4. Rubus centronotus turionibus arcuato-deflexis, subteretibus, pilis fasciculatis sparsis evanescentibus et aculeis copiosis conformibus vali- dis rectis munitis, folits quinatis, foliolis pedatim dispositis, omnibus petiolulatis, subtus canescenti-velutinis, injlores- centia compvsita, cymulis erecto-patentibus, pedunculis cano-tomentosis , aculeolis rectis horizontaliter patentibus copiosis armatis, floribus mediocribus, sepalis sub anthesi reflexis, cano-tomentosis , in dorso pilosis, glandulis stepi- tatis parvis exiguis et aculeolis stramineis rectis obsessis, staminibus stylos virescentes vin aequantibus, germinibus longe pilosis. In dumetis et silvis caeduis in Tirolia septentrionali; ad Oenipontem selo calcareo alt. 600—1000 Met. Schössling und Stamm bogenförmig zur Erde gekrümmt, 0.5—1 Centim. im Durchmesser, stielrund, nur oben schwach- — 1 SS kantig, unbereift, in der Jugend mit spärlichen Biischel- haaren besetzt, die sich aber bis zum zweiten Jahre voll- ständig verlieren, sehr reichstachelig, aber ohne Stieldrüsen. Die Stacheln gleich gross, 6—8™™- lang, aus einer 4—6™™. langen, länglichen Ansatzfläche und einer zusammengedrückten dreieckigen Basis in eine horizontal abstehende oder sehr schwachgeneigte gerade Spitze verschmälert, gewöhnlich 20 bis 30 zwischen je zwei Blättern, meistens gruppenweise ge- stellt, d. h. nicht gleichmiéssig über den Interfoliartheil ver- theilt, sondern zu 2, 3 oder 4 zusammengerückt. Die Blätter der Schösslinge lang gestielt, fünfzählig, die gipfelständigen durch Verschmelzung der seitlichen Blättchen auch vierzäh- lig und dreizählig; der gemeinschaftliche Blattstiel, so wie die Stiele der Theilblättchen oberseits etwas eingedrückt, mit kurzen Büschelhaaren bestreut und von sehr zahlreichen, kräftigen, etwas geneigten und gekriimmten 5—6™" Stacheln bewehrt; die Theilblättchen fussförmig gestellt, d. h. die basilären Blättchen von den Stielen der mittleren seiten- ständigen Blattchen entspringend, oberseits hellgrün, glanzlos, in der Jugend mit sehr kurzen schimmernden Striegelhaaren spärlich bestreut, im Alter kahl, unterseits graugrün, sammtig -— weichhaarig, schimmernd und längs dem Mittelnerv mit kurzen gekrümmten Stachelehen bewehrt, am Rande von breit- eiförmigen plötzlich in ein lineal-pfriemliches nach Vorne und Auswärts abstehendes Spitzchen zusammengezogenen Zähnen unregelmässig gesägt. Das endständige Theilblättchen aus herzförmig-zugerundeter Basis breit-eiförmig, spitz oder kurz zugespitzt, 7—9 Centim. lang, 5—6.5 Centim. breit, an einem 2.5 --3.5 langem Stielchen, die beiden seitlichen Blätt- chen verkehrteiförmig, spitz oder kurz zugespitzt, 6—8 Centim. lang, 3.5—4.5 Cent. breit, an kurzen nur 0.5-—1 Cent. langen Stielchen ; die beiden seitlichen unteren, von den Stielchen der mittleren entspringenden Blattchen länglich, 4—4.5 Cent. lang, 2—2.5 Centim breit, an sehr kurzen 2™™- langen Stielchen oder auch sitzend und an den gipfelständigen Blättern manch- mal mit den benachbarten Blättehen verschmolzen, und dieses — 143 — durch die Verschmelzung entstandene Blattchen dann tief zwei- lappig. Die Nebenblatter sehr schmal lineal, etwas tiber 1 Cent. lang, wimperhaarig. Die blüthentragenden Zweige 40-—50 Centim. lang, etwas hin- und hergebogen, schwachkantig mit horizontal abstehenden oder etwas geneigten, 0.5 Cent. langen und einigen eingestreuten kurzen, nur 1™™: langen Stacheln reichlich besetzt, unten grün oder braunroth überlaufen und mit kurzen Büschelhaaren bestreut, nach obenhin dichter bekleidet, die Blätter der blüthentragenden Zweige langge- stielt, dreizählig; die Theilblättchen der unteren Blätter kurz und breit, fast ruudlich oder rundlich-rhombisch, von eiför- migen, spitzen grossen Zähnen, tief gesägt, unterseits grün, von schimmernden Haaren sammtig-weichhaarig, jene der oberen Blätter in der Berandung mit den Blättern des Schösslings übereinstimmend, unterseits grau, sammtig-filzig, schwach- schimmernd, das mittlere rundlich-eiförmig, spitz oder kurz zugespitzt, an einem 2—3 Centim. langen Stielchen; die beiden seitlichen schief-eiförmig oder auch zweilappig an einem 3—p™ Jangen Stielchen. Der Blüthenstand im Umriss läng- lich-eiförmig, nach oben verschmälert, aus traubenförmig an- geordneten 8—5bliithigen Cymen zusammengesetzt. Die 2—3 untersten entferntstehenden Cymen von laubartigen dreizäh- ligen Blättern gestützt, die im Zuschnitt, so wie in der Be- randung und Bekleidung mit den tieferstehenden , stengel- ständigen Laubblättern übereinstimmen; die folgenden oberen Cymen genähert, von Bracteen gestützt, welche tief dreispaltig sind, und deren linealer verlängerter grauhaariger Mittel- zipfel über die Blüthenknospen hinausragt. Die Blüthen- stiele aufrecht-abstehend, so wie die Spindel des Blüthen- standes graufilzig und reichlich mit 1—3™™: langen horizontal abstehenden oder etwas rückwärts geneigten, geraden, nadel- formigen, strohgelben Stacheln bewehrt. Die Blüthen mittel- mässig gross, 2 Centim. im Durchmesser. Die Kelchzipfel zur Zeit der Blüthe zurückgeschlagen, eiförmig, zugespitzt, 6-—7™™ lang, 4™- breit, graufilzig, an der äusseren Fläche von längeren den Filz überragenden abstehenden Haaren, so — 144 — wie von spärlichen, den Filz kaum überragenden Stieldrüsen bekleidet und überdiess mit nadelförmigen, strohgelben, ge- raden Stachelchen besetzt. Die Kronenblätter ausgebreitet, weiss, rundlich, in einen sehr schmalen Nagel zugeschweift, 1 Centim. lang, 8™™" breit, kaum doppelt so lang als die Kelchzipfel, beiderseits flaumhaarig, die Staubfäden nur 3— Hum. Jang, aufrechtabstehend, den Griffeln gleichhoch oder von den Griffeln deutlich überragt. Die Fruchtknoten grün, langhaarig, die reifen Früchte glänzend schwarz. Der hier beschriebene Rubus gehört in die Abtheilung der Homoacanthi und zwar in die Gruppe der spätblühenden Arten mit büschelförmig behaarten Schösslingen, langen blüthentragenden Zweigen und gleichmässig grau-filzigen am Rücken nicht grüngefärbten Kelchzipfeln. — Durch die fast stielrunden sehr reichbestachelten Stämme, die fussférmig ge- stellten Theilblättchen, die mit nadelförmigen kleinen Stachel- chen reichlich bewehrten Kelchzipfel und die kurzen, die Griffel nicht überragenden Staubfäden unterscheidet er sich aber von allen Arten dieser Gruppe. Er erinnert durch mehrere dieser zuletzt hervorgehobenen Merkmale, an einige Arten aus der Abtheilung der Corylifolii, unterscheidet sich aber von allen Arten dieser Gruppe wieder durch die deutlich- gestielten unteren seitlichen Theilblättchen, den viel kräfti- geren mit grossen Stacheln bewehrten Stamm und die in der Jugend mit Büschelhaaren bestreuten Schösslinge. Muthmass- lich ein Bastart zweier Arten, von denen die eine der Gruppe: Homoacanthi die andere der Gruppe Corylifolii angehört. 5. Rubus baldensis turionibus arcuato-dejlexis, angulatis, pilis dispersis exiquis brevibus stellatis munitis, serius glabratis, aculeis confor- mibus validis rectis, foliis quinatis, foliolis radiatim dispo- sitis petiolulatis, obovatis, acuminatis, subtus albo-tomen- tosis supra canescentibus, pilis parvis stellatis copiosissimis et pilis longioribus simplicibus micantibus vestitis, foliis — 145 — ramulorum florigerorum quinatis, inflorescentia nuda, ecymu- lis subtrifloris patentibus composita, pedunculis cano-tomen- tosis aculeolatis, eglandulos:s, floribus minoribus, sepalis sub anthesi et in fructu reflexis cano-tomentosis, eglandu- losis, petalis obovatis, roseis, staminibus stylos superan- tibus, germinibus glabris. In collibus apricis ad vinnearum margines, in dumetis et fruticetis in ditione transalpina; in Tirolia australi et in Venetia in regione in- feriore montis Baldi solo calcareo et argillaceo. Schösslinge und Stämme bogenförmig zur Erde gekrümmt, 3—6™™" im Durchmesser, fünfkantig, mit vertieften gestreif- ten Seiten, gewöhnlich rothbraun oder violettbraun über- laufen und stellenweise von anliegenden weisslichen, glanz- losen aus Wachs gebildeten dünnen Häutchen etwas schülferig, in der Jugend sehr spärlich mit kurzen meist sternförmig ausgebreiteten Büschelhaaren bestreut, im Alter kahl, zwischen je zwei Blättern mit 5—10 gleichgrosen 5—7"" langen Stacheln besetzt, welche sich aus einer linealen 5—7™™- langen Ansatzfläche und einer stark zusammengedrückten, dreieckigen manchmal mit sehr kurzen Büschelhaaren be- streuten Basis in eine strohgelbe, an den dicksten Theile der Schösslinge gerade, wagrecht abstehende, an den peitschen- formigen, dünnen Ende der Schösslinge schwach rückwärts- gekrümmte Spitze verschmälern. Die ganze Pflanze ohne Stieldriisen. Die Blätter der Schösslinge lang gestielt, alle fünfzählig, der gemeinschaftliche Blattstiel, so wie die Stiele der Theilblättchen oberseits eingedrückt — rinnig, mit kurzen meist sternförmig ausgebreiteten Büschelhaaren bestreut und mit kräftigen ziemlich zahlreichen (”—15 an dem gemein- schaftlichen Blattstiele) stark zurückgekrümmten Stacheln be- wehrt; die Theilblättchen radial gestellt, oberseits grau- grün, mit einem sehr feinen aus unzähligen, dichtgedrängten, kleinen Sternhärchen und dazwischenstehenden 4—5mal länge- ren, einfachen etwas schimmernden Striegelhaaren gebildeten sammtigweich anzufühlenden Ueberzuge bekleidet, unterseits mit sehr dichtgewobenem, weissen oder etwas in’s Gelblich- ae MBS Se grüne ziehenden glanzlosen Filze und gleichmässig verstreuten über den Filz sich erhebenden, schimmernden Büschelhaaren bedeckt. Die gelblichen vorspringenden Nerven heben sich deutlich von dem Filze ab und der Mittelnerv ist mit einigen gekrümmten Stachelchen bewehrt. Der Rand der Blättchen ist an der unteren Hälfte von entfernten verhältnissmässig grossen Zähnen einfach gesägt, ober der Mitte von mehr gedrängten, breiteiförmigen in ein pfriemliches Spitzchen ver- schmälerten, wimperhaarigen Zähnen unregelmässig doppelt gesägt. Das endständige Theilblättchen aus herzförmiger Basis verkehrteiförmig, zugespitzt, 4—7 Centim. lang, 2—4 Centim. breit, an einem 1—2 Centim. langen Stielchen; die beiden seitenständigen mittleren Blättchen länglich-verkehrt- eiförmig, zugespitzt, an der Basis asymetrisch, schief zuge- rundet oder schief herzförmig, 3.5—6 Centim. lang, 1.5 —5 Centim. breit, an einem 2—7™™". langen Stielchen; die beiden seitlichen unteren Blättchen länglich, spitz, 2.5—D Cent. lang, 1—2.5 Centim. breit, an 1—2™™- langen Stielchen. Die Nebenblätter schmal lineal, 1—1.5 Centim. lang, büschel- haarig. Die blüthentragenden Zweige 15—40 Centim. lang, kantig, violettbraun überlaufen, mit sternförmig ausgebreiteten kurzen Büschelhaaren bestreut und mit zurückgekrümmten derben Stacheln bewehrt. Die Blätter der blüthentragenden Zweige fünfzählig und durch Verschmelzung der seitlichen Blätt- chen theilweise auch dreizählig; die Theilblättchen. weniger zugespitzt, übrigens im Zuschnitt in der Berandung, Beklei- dung und Farbe mit den Blättern der Schösslinge überein- stimmend. Der Blüthenstand im Umrisse länglich, schmal, aus traubig angeordneten kurzgestielten fast wagrecht ab- stehenden meist dreiblüthigen, seltener durch Verkümmerung auch 2- und 1bliithigen Cymen zusammengesetzt. Alle Aeste der Inflorescenz von grauhaarigen 0.5—1 Centim. langen Bracteen gestützt, welche in drei lineale vorgestreckte Zipfel gespalten sind. Die Spindel des Blüthenstandes gerade, graufilzig, mit zahlreichen 2—3™" langen starkzurückge- kriimmten Stacheln bewehrt. Die Blüthenstiele graufilzig, mit eh zekrümmten nadelförmigen 1—2™™ langenStachelchen besetzt, abstehend, spreizend. Die Blüthen zeigen einen Durchmesser von 1.5—1.8 Centim. Die Kelchzipfel sind zur Zeit der Blüthe zurückgeschlagen, 5—6™™ lang, an der Basis 3™™- breit, eiförmig, in ein kurzes, pfriemliches Spitzchen zusam- mengezogen, unbewehrt und drüsenlos, beiderseits mit ein- färbigem, lichtgrauen dichten Filze bekleidet. Die Kronen- blätter ausgebreitet, rosenroth, 5™™ breit und 7—8™™: lang, also kaum 1%,mal so lang als die Kelchzipfel, verkehrt- eiförmig, in den Nagel allmählis zusammengezogen, an der Aussenfläche mit sehr spärlichen kurzen Härchen bestreut oder ganz kahl. Die Staubfäden 4—6™™ lang, weiss, die Griffel tiberragend. Die Fruchtknoten sind grün, kahl; die Griffel grünlich. — Die Früchte zum grösseren Theile abor- tirt, die zur vollen Reife gelangten glänzend schwarz. Der hier beschriebene Rubus gehört einer im südlichen Europa und im Oriente heimischen, im mittleren Europa nur durch R. tomentosus vertretenen Gruppe an, welche ins- besonders durch das gemeinsame Merkmal der auf der oberen Blattflache vorkommenden, bald die ausschliessliche Beklei- dung bildenden, bald mit schimmernden Striegelhaaren ge- mengten, bald ungemein zahlreichen und zu dichtem Filze verwobenen, bald nur sehr spärlichen und zerstreuten kleinen sternförmigen Härchen charakterisirt ist, und die vielleicht am zweckmässigsten mit dem Namen Stelligeri bezeichnet werden dürfte. Von R. baldensis unterscheiden sich die Arten dieser Gruppe in folgender Weise: R. sanctus Schreb. ') 1) Der Name „R. sanctus Schreber* wurde in neuerer Zeit von 0. Kuntze in Ref. d. deutschen Brombeeren S. 17 für eine Gruppe von Arten in Anwendung gebracht, mit welcher die Schreber’sche Pflanze so gut wie gar keine Verwandtschaft hat. O. Kuntze sucht dieses Vorgehen a. a. O. S. 21 und 23 des Näheren zu begriinden und dort insbesonders die Angabe Sprengel’s: die Schreber’sche Pflanze gehöre zu R. tomentosus, zu wiederlegen. Er behauptet bei dieser Gelegenheit, dass R. sanctus Schreb. an der oberen Blattflöche nur striegelige Be- haarung zeige und dass diesem Rubus der sternhaarige Ueberzug an der — 148 — durch Schösslinge und Zweige, welche mit einem aus kleinen Sternhaaren gewobenen, zusammenhängenden aschgrauen Filze dicht überzogen sind, durch kleinere gekrümmte bis fast zur Spitze mit demselben aschgrauen Filze überkleidete Stacheln, fussförmig gestellte Theilblättchen, eiförmigen Zuschnitt des Endblättchens, sehr kurze Stielchen der mittleren seitlichen Theilblättchen, verlängerte Aeste der Inflorescenz und haarige Fruchtknoten; R. collinus DC. durch die fussförmig ge- stellten Blättchen der Schösslinge, die fast kreisrunden kurz zugespitzten endständigen Theilblättchen, die nicht nur filzigen, sondern auch abstehend zottig behaarten, blüthentragenden Zweige, Blüthenstiele und Kelchzipfel, weisse fast kreisrunde Blumenblätter und haarige Fruchtknoten; R. Ripartii G. Genev. durch die gekrümmten Stacheln, die fussförmig ge- stellten Theilblättchen der Schösslingsblätter, die dreizähligen Blätter der blüthentragenden Zweige, die nicht nur filzigen, sondern auch abstehend zottig behaarten, blüthentragenden oberen Bettfläche abgehe. Wie O. Kuntze zu dieser Behauptung kom- men konnte, ist geradezu unerklarlich. Thatsächlich sind nämlich alle Exemplare des R. sanctus Schreb. (ich untersuchte Exemplare von Sie- ber, Zuccarini, Heldreich, Kotschy ete., darunter auch Schösslinge von Kotschy bei Teheran gesammelt) an der oberen Blattfläche nicht nur mit striegeligen Haaren bestreut, sondern mit kleinen sternförmigen Härchen wie übersäet, was auch schon von W. O. Focke in der Oester. bot. Zeitschr. XX,, 100 hervorgehoben wurde. Wenn Schreber von R. sanctus sagt „foliola supra viridia pilosa, subtus tomentosa“ so ist da- mit nur ausgedrückt, dass die Blatter zweifarbig: oberseits schwächer behaart und daher griinlich, unterseits dagegen dicht filzig weisslich erscheinen. — Ueber die Gestalt der Haare äussert sich Schreber nicht näher, wie denn überhaupt in der Zeit, in welcher Schreber den Rubus sanctus beschrieb, die minutiösen Unterschiede in der Behaarung zur Charakterisirung der Brombeeren noch nicht herbeige- zogen wurden. Dass die Gestalt der Haare als ein vortreffliches Merk- mal bei der Feststellung und Unterscheidung der Brombeeren benützt werden könne, wurde erst in der neuesten Zeit entsprechend gewürdiget, und gerade O. Kuntze hat sich in dieser Beziehung — abgesehen von dem oben erwähnten speziellen Falle, wo er offenbar im Irrthum ist — wesentliche Verdienste erworben. — 149 — Zweige, Bliithenstiele und Kelchzipfel und die haarigen Frucht- knoten; R. pellitus Rip. durch die gekriimmten Stacheln, die dreizähligen Blätter der blüthentragenden Zweige, die nicht nur filzigen sondern auch abstehend zottig behaarten bliithen- tragenden Zweige, Bliithenstiele und Kelchzipfel und die kur- zen von den Griffeln überragten Staubfaden; R. amictifolius Rip. durch die fast kreisrunden endständigen Theilblättchen und die kurzen von den Griffeln überragten Staubfäden ; R. tomentellus Rip. durch die gekrümmten Stacheln, die fast kreisrunden Theilblättchen, die dreizähligen Blätter der blüthen- tragenden Zweige und die haarigen Fruchtknoten; R. tomen- tosus Willdenow durch die liegenden mit viel kleineren Stacheln besetzten Schösslinge, die vorherrschend dreizähligen Blätter der Schösslinge und blüthentragenden Zweige, die niemals zugespitzten Theilblättchen der Schösslingsblätter, das Fehlen der über den Sternhaarfilz sich erhebenden schim- mernden Striegelhaare an der obern Blattfläche, die gelblich- weissen schmäleren Blumenblätter und die über die Griffel nicht hinausragenden Staubfäden. !) Durch die Form der Schösslinge und Stacheln, durch den stellenweise in Gestalt weisslicher Schülfern an der Rinde der Schösslinge, Stämme und Zweige sich abscheidenden Wachsiiberzug, durch die Form der Inflorescenz und die rothe Farbe der Kronenblätter erinnert R. baldensis einiger- massen an R. rusticanus Merc., der sich aber wieder durch die rundlich-eiförmigen, oberseits kahlen (nicht sternhaarigen und auch nicht striegelhaarigen) Schösslingsblätter, die län- geren Stielchen der mittleren seitlichen Theilblättchen, die grösseren Blüthen und die haarigen Fruchtknoten unterscheidet. Ich halte es nicht für unmöglich dass R. baldensis einer hybriden Vereinigung des im Nachfolgenden beschriebenen R. australis mit R. rusticanus sein Dasein verdankt, demnach als ein der Combination: australis X rusticanus entspre- 1) Die Unterschiede der beiden gleichfalls in die Gruppe der Stelligeri gehörigen im Nachfolgenden beschriebenen Rubus megatham- nus und Rubus australis sind bei diesen angegeben. Naturw.-med. Verein. 14 oO a chender Bastart aufzufassen wäre. In seinen Merkmalen hält er in der That zwischen diesen beiden genannten Arten die Mitte, und in den Gegenden, wo ich R. baldensis beob- achtete, finden sich beide muthmassliche Stammarten in grosser Individuenzahl verbreitet. R. baldensis ist übrigens dort nicht vereinzelt, sondern gleichfalls in grosser Menge anzutreffen. 6. Rubus megathamnus turionibus validis ex arcu magno decumbentibus, auctumno apice radicantibus, 5- angularibus, pilis dispersis exiguis brevibus fasciculatis et stellatim expansis munitis, serius glabratis, aculeis conformibus validis, foliis quinatis ; petiolis et petiolulis subglabris, supra depressis vel subcanaliculatis, foliolis pedatim dispositis, omnibus petiolulatis, subrotundo- ovatis, acutis, discoloribus, supra obscure viridibus molli- bus, tomentoso-velutinis, submicantibus, subtus albo-tomen- tosis, opacis; inflorescentia oblongo-pyramidata, multiflora decomposita, rachi jflecuosa, cano-pilosa, glandulis stipi- tatis exiguis et aculeis longis compressis reclinatis armata, pedunculis cano-pilosis, glandulis stipitatis sparsis et aciculis copiosis rectis patenlissimis instructis, sepalis sub anthesi refleais, utringue cano-tomentosis, pilosis et glandulis stipitatis ewiguis praeditis, petalis suborbiculatis, albis, subtus pilosulis; staminibus stylos superantibus, germini- bus pilosis. In dumetis ad margines silvarum et in silvis caeduis in Austria inferiori; ad latera montium supra Rossatz in valle Danubii. Sehr reich astiger umfangreicher, fast undurchdringliche Hecken bildender Strauch mit bogenförmig zur Erde ge- krümmten mit den Spitzen in der Erde wurzelschlagenden Schésslingen. Schösslinge und Stämme von sehr wechseln- der Dicke, 3—12"%- im Durchmesser, fünfkantig, mit spär- lichen sehr kurzen meist sternförmig ausgebreiteten Büschel- haaren bestreut, im Alter kahl und an der Lichtseite gewöhn- — 151 — jich violettbraun überlaufen, zwischen je zwei Blättern mit 7—12 gleichgestalteten 5—8™™- langen Stacheln besetzt, welche sich aus einer 5—7™™- langen lineal-länglichen An- satzfläche und zusammengedrückten, dreieckigen Basis in eine lange, kräftige, rückwärtsgeneigte und am oberen Ende der Schösslinge auch zurückgekrümmte, strohgelbe Spitze ver- schmälern. Die Schösslinge, Stämme und Zweige ohne Stiel- drüsen. Die Blätter der Schösslinge lang gestielt, fünfzählig, die gipfelständigen durch Verschmelzung der seitlichen Blätt- chen auch vierzählig und dreizählig, der gemeinschaftliche Blattstiel, so wie die Stiele der Theilblättchen oberseits ein- gedrückt — rinnig, kahl oder mit spärlichen kleinen, meist sternförmig ausgebreiteten Büschelhaaren bestreut und mit kräftigen ziemlich zahlreichen (6—12 am gemeinschaftlichen Blattstiele), stark zurückgekrümmten Stacheln bewehrt; die Theilblattchen fussförmig gestellt, oberseits grün, mit einem sehr feinen aus zahlreichen kurzen und sehr kurzen, ein- fachen und dazwischen eingestreuten, sehr spärlichen, stern- formigen Härchen gebildeten, sammtig - weichen, stellenweise schwachschimmernden Ueberzuge bedeckt, unterseits mit sehr dichtanliegendem weissen, glanzlosen Filze bekleidet, aus welchem sich die gelblichen, vorspringenden Nerven scharf abheben; längs dem Mittelnerv an der unteren Fläche mit gekrümmten Stachelchen bewehrt, am Rande von breit-eiför- migen, plötzlich in ein pfriemliches Spitzchen zusammenge- zogenen, wimperhaarigen Zähnen unregelmässig doppeltge- sägt. Das endständige Theilblättchen aus herzförmiger Basis rundlich-eiförmig, spitz, 5—12 Centim. lang, 4—10 Centim. breit, an einem 2—5.5 Centim. langen Stielchen; die beiden seitenständigen mittleren Blättchen, rundlich-verkehrteiförmig, spitz, an der Basis immer etwas asymetrisch, schief zugerun- det oder schief herzförmig, 4—12 Centim. lang, 3—9 Centim. breit, an einem 0.5—3 Centim. langen Stielchen; die beiden seitlichen untern Blättchen schief-eiförmig oder elliptisch, spitz, 3.5—9 Centim. lang, 2—6.5 Centim. breit, an 3-—-6™™: langem, stets an den Stielen der mittleren Blättchen ent- 14 * ee springenden Stielchen. Wenn die beiden seitlichen Blattchen — einer Seite zu einem verschmolzen sind, was an den 10—12 obersten Blättern der sehr langen Schösslinge und Schöss- lingsäste gewöhnlich der Fall ist, so erscheint das durch Verschmelzung entstandene Blättchen tief zweilappig. Die Nebenblätter sind sehr schmal lineal, 1—1.5 Centim. lang, haarig und manchmal mit einigen Stieldrüsen besetzt. Die blüthentragenden Zweige 35—70 Centim. lang, kantig, grün oder violettbraun überlaufen, mit sehr kurzen, gebüschelten meist sternförmig ausgebreiteten Härchen bestreut, und mit wiederhackig herabgekrümmten Stacheln bewehrt. Die Blätter der blüthentragenden Zweige dreizählig, in Zuschnitt, Beran- dung, Farbe und Bekleidung mit den Blättern der Schöss- linge übereinstimmend. Der Blüthenstand im Umrisse länglich- pyramidenförmig, reichblüthig, aus doppelt-dreifach zusammen- gesetzten, traubenförmig angeordneten Cymen gebildet. Die 4—8 unteren Aeste der Inflorescenz von laubartigen, drei- zähligen oder einfachen Blättern gestützt, die in Zuschnitt, Berandung und Bekleidung mit den tieferstehenden Laub- blättern übereinstimmen; die folgenden oberen Aeste von 1—2 Centim. langen Bracteen gestützt, welche in drei lineale, grauhaarige mit spärlichen Stieldrüsen besetzte, vorgestreckte Zipfel gespalten sind. Die Spindel des Blüthenstandes, schlänge- lig hin- und hergebogen, grauhaarig, mit vereinzelten Stiel- drüsen und zahlreichen nach rückwärts abstehenden grossen 0.5—1 Centim. langen zusammengedrückten Stacheln be- wehrt. Die Blüthenstiele aufrecht-abstehend, grauhaarig, mit zerstreuten, kurzen Stieldrüsen und sehr zahlreichen, gedräng- ten, fast wagrecht abstehenden 1—3”"- langen, nadelförmigen Stachelchen besetzt. Die Blüthen zeigen einen Durchmesser von 2.5 Centim. Die Kelchzipfel zur Zeit der Blüthe zu- rückgeschlagen, 5—6""”- lang, an der Basis 3—4””- breit, eiförmig, in ein pfriemliches Spitzchen zusammengezogen, un- bewehrt, beiderseits mit einfärbigem, lichtgrauen Filze bekleidet und an der Aussenfläche überdiess mit spärlichen Büschel- haaren und einzelnen Stieldrüsen bestreut. Die Kronenblätter ina 1 Centim. breit und etwas über 1 Centim. lang, also doppelt so lang als die Kelchzipfel, ausgebreitet, weiss, rundlich, in einen sehr kurzen Nagel plötzlich zugeschweift, aussen mit kurzen Härchen besetzt. Die Staubfäden sind 6—7"”- lang und überragen die Griffel. Die Fruchtknoten sind grün, mit spärlichen, langen, gebüschelten Haaren besetzt; die Griffel grünlich. — Die Früchte waren stets abortirt. Von dem hier beschriebenen Rubus unterscheidet sich der im Vorhergehenden beschriebene R. baldensis durch die hand- förmig (nicht fussförmig) gestellten, zugespitzten, schmäleren ' im Verhältnisse zur Blattlänge kürzer gestielten Theilblätt- chen, den aus dichtgestellten, sternförmigen Härchen gebil- deten Ueberzug der oberen Blattfläche, den Mangel der Stiel- drüsen an den Bracteen, Blüthenstielen und Kelchen, die kurzen, zurückgekrümmten Stacheln an der Spindel der In- florescenz, die rothen verkehrteiförmigen, allmählig in den Nagel zusammengezogenen Kronenblätter und die haarlosen Fruchtknoten; R. macroacanthus W. u. N. durch viel zahl- reichere Stacheln der Schösslinge (20—30 an einem Inter- foliartheile), durch anders bekleidete, langzugespitzte Theil- blättchen, den Mangel der Sternhaare an der oberen Blatt- fläche und den Mangel der Stieldrüsen an den Kelchen und Blüthenstielen; R. bifrons Vest durch die oberseits schon in der Jugend kahlen (nicht feinsammtigen, weichanzufühlenden) Blätter, den Mangel der Sternhaare und den Mangel der Stieldrüsen an der Spindel und den Verzweigungen des Blüthenstandes, so wie an der Aussenseite der Kelchzipfel. — Jedenfalls steht aber R. megathamnus dem R. bifrons Vest am nächsten und stimmt mit demselben, insbesonders in der Form der Schösslinge und Stacheln, im Zuschnitte und in der fussförmigen Stellung der Blättchen, so wie in der Form der Blumenblätter ganz überein. An keinem der zahlreichen Blüthenstände des R. me- gathamnus sah ich bis jetzt eine reife Frucht sich entwickeln. — Dieser Umstand, sowie das mehr vereinzelte Vorkommen liessen die Muthmassung aufkommen, das R. megathamnus — 154 — vielleicht einer hybriden Befruchtung seine Entstehung ver- dankt, und als Bastart aufzufassen ist. Für diesen Fall müsste dann jedenfalls R. bifrons als die eine Stammart angesehen werden. Als zweite Stammart könnte allenfalls R. tomentosus in Betracht kommen. Die in den sammt- artigen Filz der oberen Blattseite eingestreuten Sternhaare deuten wenigstens auf diese Art hin. Auch die spärlichen Stieldrüsen an der Spindel und den Verzweigungen des Blüthen- standes, sowie an der Rückseite der Kelchzipfel sprechen nicht dagegen, da diese Theile auch an R. tomentosus häufig mit Stieldrüsen besetzt vorkommen. Nur ist nicht recht zu be- greifen, dass sich weder der charakteristische Zuschnitt der Blätter, noch die so charakteristische, länglich-verkehrteiför- mige Form der Blumenblätter des R. tomentosus an R. me- gathamnus ausspricht, ja nicht einmal angedeutet erscheint. Die Kronenblätter des R. megathamnus sind nämlich fast kreisrund, geradeso wie bei R. bifrons; auch ist bemerkens- werth, dass die Schösslinge und Aeste nicht schmächtiger, und die Stacheln nicht kleiner sind, als jene des R. bifrons, sondern diese an Umfang fast übertreffen, also durchaus nicht an die schmächtigen mit vielen Stacheln bewehrten Schöss- linge des R. tomentosus erinnern. Dennoch wüsste ich keinen anderen Rubus zu bezeichnen, welchen man etwa als die zweite Stammart ansehen könnte, und ich möchte trotz der eben ausgesprochenen Bedenken die Möglichkeit, dass R. megathamnus ein der Combination: bifrons >< tomentosus entsprechender Bastart ist, nicht ganz ausschliessen. — Die Verhältnisse des Vorkommens würden nicht gegen diese Möglichkeit sprechen; ‘denn sowohl R. bifrons, als auch R. tomentosus finden sich auf den Bergen bei Rossatz in Nie- derösterreich, wo ich R. megathamnus auffand, in grosser Menge. la 7. Rubus australis turionibus arcuato-deflewis, procumbentibus , angulatis, pilis brevissimis stellatis, pilis longioribus fasciculatis patenti- bus, aculeis inaequalibus et aciculis glanduliferis varie modo munitis, foliis ternatis (rarius quinatis), foliolis rhomboideis, acutis, in margine dense ciliatis, grosse ser- ratis et supra medium lobulatis, discoloribus, supra canes- centibus, pilis parvis stellatis copiosissimis et pilis lon- gioribus simplieibus micantibus vestitis, infra tomento albo, velutino , molli, in nervis nitidulo vestitis, inflorescentia oblonga, angusta, e cymulis subtrifloris, erectis composita, pedunculis aculeolatis, cano-tomentosis et villosiusculis floribus minoribus, sepalis oblongo-ovatis, sub anthesi et in frnctu reflewis, cano-tomentosis et in dorso villosius- culis, petalis obovato-oblongis, albis, staminibus stylos parum superantibus, germinibus glabris. Ad latera montium calcareorum, ad silvarum oras et in silvis caeduis in Dalmatia, Carnia, Venetia, Tirolia et Gallia australi. Schösslinge und Stamm in niederem Bogen zur Erde geneigt, liegend und mit den Spitzen anwurzelnd, 3—5™™ im Durchmesser, stumpf, fünfkantig, mit flachen oder auch etwas hohlkehligen Seiten, olivengrün oder schmutzig roth- braun überlaufen, in der manigfachsten Weise mit Stacheln, Stieldrüsen und Haaren besetzt, gewöhnlich mit kleinen Stern- haaren bestreut und zugleich von vielmal längeren, die Stern- haare weit überragenden, abstehenden, gebüschelten Haaren dicht zottig, seltener nur mit zerstreuten abstehenden Büschel- haaren besetzt; die Stacheln bald ziemlich gleichgross 4—6™”- lang und nur 6—15 an einem Interfoliartheile, oder un- gleich gross, in allen Längen von 1 bis zu 6™- und bis zu 25 an einem Interfoliartheile vorhanden; alle Stacheln aus einer sehr schmalen, linealen Ansatzfläche rasch in eine ge- rade oder etwas zurückgekrümmte, strohgelbe Spitze ver- schmälert und nahe der Ansatzfläche mehr weniger mit Büschel- haaren bestreut; die Stieldrüsen kürzer als die Büschelhaare — 156 — und nur 0.5—1™™: lang, bald reichlich, bald nur spärlich vorhanden, manchmal an einzelnen Schösslingen auch ganz fehlend. Die Blätter der Schösslinge lang gestielt; der ge- meinschaftliche Blattstiel, so wie die Stielchen der Theil- blättchen oberseits rinnig, abstehend behaart und mit zurück- gekrümmten Stacheln, welche jenen der Schösslinge an Grösse fast gleichkommen, besetzt. Die Theilblättchen vorherrschend dreizählig, seltener fünfzählig, und dann immer fussförmig gestellt, oberseits graugrün mit einem sehr kurzen, aus dicht- gedrängten kleinen Sternhaaren und dazwischenstehenden 4 bis 5mal längeren, einfachen, etwas schimmernden Striegel- haaren gebildeten, sammtig anzufühlenden Ueberzuge bekleidet, unterseits weiss, mit eimem sammtig anzufühlenden, sehr weichen, längs den Nerven schimmerndem Filze überzogen, und längs dem Mittelnerv auch mit kleinen, strohgelben ge- krümmten Stachelchen bewehrt. Der Rand der Blättchen von abstehenden, dichtgestellten Haaren gewimpert. Das end- ständige Theilblättchen 5— 8 Ctm. lang, 3—7 Ctm. breit, an einem 1 - 2Ctm. langen Stielchen, im Umrisse rhombisch oder eiförmig- rhombisch, spitz, an der Basis zugerundet oder etwas herzförmig, im unteren Drittel grobgesägt, von der Mitte an gelappt, und zwar an jeder Seite mit 4—6 Läppchen, die von wenigen eiförmig-dreieckigen, sehr kurzbespitzten Zähnen grobgesägt erscheinen. Die seitenständigen Blättchen 3.5—7.5 Centim. lang, 2.5—5 Centim. breit, an einem 2—3”"m. langen Stiel- chen, rhomboidisch, spitz, an der Basis zugerundet, am Aussen- rande gewöhnlich zweilappig oder zweispaltig, im unteren Drittel grobgesägt, ober der Mitte klein gelappt und die Läppchen grobgesägt. Selten sind die Blätter fünfzählig, und dann erscheinen die mittleren, seitlichen Blättchen rhom- bisch-eiförmig oder länglich-eiförmig und die unteren seiten- ständigen Blättehen länglich-eiförmig. Die Nebenblätter 1— 1.5 Centim. lang, schmal, lineal oder lineal-lanzettlich, lang zugespitzt, von gebüschelten, langen Haaren zottig und manch- mal auch mit Stieldrüsen besetzt. Die blüthentragenden Zweige gewöhnlich 20—50 Centim., an kümmernden Exem- — 17 — plaren manchmal auch nur 10 Centim. lang, stumpfkantig, grün, mit kurzen Sternhärchen, langen Biischelhaaren, zer- streuten Stieldrüsen und kleinen strohgelben 1- 3™™: langen, schwach zurückgekrümmten Stachelchen mehr weniger dicht bekleidet. Die Blätter der blüthentragenden Zweige in der Berandung, Farbe und Bekleidung mit den Blättchen der Schösslinge übereinstimmend, alle dreizählig, das endständige Theilblättchen an einem 0.5—1 Centim. langen Stielchen, rundlich-rhombisch oder verkehrteiförmig-rhombisch, meist abgestumpft, seltener spitz; die seitenständigen Blättchen an einem sehr kurzen, fast unmerklichen Stielchen oder sitzend, schief rhombisch, manchmal zweilappig, so wie das endstän- dige Blättchen an der Basis zugerundet, ganzrandig und ober der Mitte grob doppelt gesägt, oder kleingelappt mit grob- gesägten Läppchen. Der Blüthenstand schmal, im Umrisse länglich, 3—10 Centim. lang, 2.5—5 Centim. breit, aus 1—3blüthigen, traubig angeordneten, fast gleichlangen auf- rechten Cymen zusammengesetzt; die 2—4 unteren Aeste der Inflorescenz gewöhnlich von laubartigen, dreizähligen Blättern gestüzt, die mit den tiefer stehenden Laubblättern im Zu- schnitt und in der Berandung übereinstimmen, die folgenden oberen Aeste von grauzottigen Bracteen gestützt, welche so lang, oder fast so lang als die Blüthenstiele sind und in 3—5 lineale vorgestreckte Zipfel gespalten sind. Die Spindel des Blüthen- standes fast gerade oder gegen die Spitze zu etwas schlängelig, sowie die Blüthenstiele graufilzig und kurzzottig, mit ungleichen, kurzen, dünnen Stachelchen und manchmal auch mit vereinzelten, kleinen Stieldrüsen besetzt. Die Blüthen zeigen einen Durch- messer von 1.5— 1.8 Centim. Die Kelchzipfel sind zur Zeit der Blüthe und auch zur Zeit der Fruchtreife zurückgeschlagen, länglich-eiförmig, kurzbespitzt, 4—b”""- lang, an der Basis mm. breit, unbewehrt und drüsenlos, beiderseits mit einfär- big-grauem Filze bekleidet und an der Rückseite auch noch mit längeren Büschelhaaren besetzt. Die Kronenblätter aus- gebreitet, weiss, mit einem schwachen Stich in’s Gelbliche, der insbesonders an getrockneten Exemplaren deutlicher her- a len vortritt, 7—10™ lang, 4—6™™. breit, also doppelt so lang als die Kelchzipfel, länglich, verkehrteiförmig, in den Nagel allmählig zusammengezogen, an der Aussenfläche mit winzigen anliegenden Härchen bestreut. Die Staubfäden 4—6™™: lang, weiss, die Griffel ein wenig tiberragend. Der Fruchtboden langhaarig, so dass die Haare desselben zwischen den ein- zelnen Fruchtknoten gewöhnlich sichtbar werden, die Carpelle - selbst aber kahl. Die Griffel grünlich. Die Früchte glänzend schwarz, süss. Die Fruchtsteinchen elliptisch, 4”®- lang, 2mm. breit; der Querdurchschnitt derselben rundlich. Der hier beschriebene Rubus gehört in die Abtheilung der Stelligeri. — Diese Abtheilung lässt sich naturgemäss nach der Form der Kronenblätter in zwei Gruppen theilen, nämlich in eine Gruppe, als deren Repräsentant R. collinus DC. angesehen werden kann, und deren Arten sich durch rundliche Kronenblätter auszeichnen, und in eine zweite Gruppe, als deren bekanntester Repräsentant R. tomentosus Willd. !) zu betrachten ist und deren Arten länglich-verkehrt- 1) Fischer-Ooster hat in Rubi bernenses p. 28 und 38 darauf auf- merksam gemacht, dass R. tomentosus Borkhausen in Römers Neues Mag. d. Bot. I., 2 (1794) und R. tomentosus Willd. in Spec. pl. I. 1083 (1799) schwerlich eine und dieselbe Pflanzenart bedeuten. In der That passt Borkhausen’s Beschreibung schlecht auf jene Pflanze, welche von den neueren deutschen Floristen für R. tomentosus genommen wird. Focke suchte zwar in der Oest. bot. Zeitschr. XX., 102 die Auffassung Fischer-Ooster’s -zu widerlegen, und “meint Borkhausen sei von dem Vorurtheile befangen gewesen, der von ihm a. a. O. behandelte Rubus müsse mit R. oceidentalis L. identisch sein. „Dieser Wahn,“ schreibt Focke, „verführte Borkhausen nach Merkmalen zu suchen, welche Linné von dem Rubus occidentalis angibt. So glaubte er einen leicht ver- schwindenden Reif zu bemerken, welcher vielleicht in einem Staubüber- zuge bestanden haben mag, ferner gibt er an, der Strauch sei rund, eine Unrichtigkeit, welche mit einer inkorrekten Ausdrucksweise verbunden ist“. — Ich gestehe aber, dass ich diese Ansicht Focke’s nicht theilen kann. Nimmt man an, dass frühere Autoren in ihre Beschreibungen auch Merkmale aufgenommen haben, welche die beschriebenen Pflanzen that- sächlich nicht besitzen, so ist damit der Willkühr in der Deutung der von unseren Vorgängern aufgestellten Arten Thür und Thor geöffnet. le eiformige, beim Trocknen gelblichwerdende Kronenblätter be- sitzen. Die beiden im Vorhergehenden, beschriebenen Arten der Abtheilung Stelligeri, nämlich R. baldensis und R. me- gathamnus gehören in die erstere Gruppe, der hier beschrie- bene R. australis gehört dagegen in die letztere Gruppe und schliesst sich unmittelbar an R. tomentosus Willd. an, als dessen südliche Paralleiart ich ihn auch auffasse. Der Wortlaut der Beschreibung lässt sich nicut wegdisputiren und ist darum immer auch von grösserem Werthe als sog. Originalexemplare aus der Hand des Autors, weil bei diesen letzteren die Möglichkeit einer- Verwechslung doch nie ganz ausgeschlossen werden kann. Ich glaube darum, dass auch in diesem Falle Borkhausen’s Beschreibung mehr zu berücksichtigen ist, als das von Focke im Roth’schen Herbar gesehene Borkhausen’sche Originalesemplar, welches Focke mit dem R. tomentosus der neueren deutschen Floristen für identisch erklärt. Ich zweifle durchaus nicht an der Richtigkeit dieser Angabe Focke’s und will derselben sogar beifügen, dass auch der in der Wetterau’schen Flora exsiccata unter Nr. 652 ausgegebene „R. tomentosus Borkh.“ mit dem R. tomentosus Willd. und der neueren deutschen Floristen identisch ist. Damit sind aber doch die Zweifel über den R. tomentosus Borkh. in Röm. Neuem Mag. d. Bot. p. 2 noch nicht behoben; denn die An- gaben Borkhausen’s: dass sein R. tomentosus einen stielrunden mit abwischbaren Reif bedeckten Stengel besitze , lasst sich, wie schon ge- ; sagt, nicht wegdisputiren. Es sind nur zwei Fälle denkbar. Entweder hat Borkhausen, wie Fischer-Ooster muthmasst, eine andere Pflanze ge- meint, als den R. tomentosus Willd. und der neueren deutschen Floristen, oder er hat unrichtige Angaben gemacht, gewisse Merkmale erdichtet und somit die Beschreibung einer gar nicht existirenden Pflanze gege- ben. Sollte das letztere der Fall sein, so hätte seine Beschreibung und seine ganze Arbeit überhaupt keinen Werth und verdiente dann auch ‚nicht weiter berücksichtiget zu werden. Mit demselben Rechte, mit welchem Focke voraussetzt, Borkhausen habe die Angaben über die Form und den Reif der Blätter erdichtet, könnte ja ein auderer wieder be- haupten, Borkhausen habe in seiner Beschreibung die Form und Be- kleidung der Blätter unrichtig dargestellt. — Zum wenigsten ist daher der R. tomentosus Borkhausen eine zweifelhafte Pflanze, und man thut daher gut, R. tomentosus Willd. zu schreiben, da die von Willd. in Sp. pl. II, 1083 (1799) gegebene Beschreibung keinerlei Zweifel aufkommen lassen kann. — 160 — Ich habe Gelegenheit gehabt den R. tomentosus Willd. am Rhein, an der oberen Donau bei Regensburg, im nieder- österreichischen Donauthale, im Gebiete der Wiener Flora und im mittelungarischen Berglande an zahlreichen Standorten lebend zu beobachten, und habe getrocknete Exemplare dieser Pflanze aus den verschiedensten Gegenden des mittleren und südlichen Deutschlands, Böhmens, Mährens, Ungarns, u. Sieben- bürgens vorliegen. Allen Exemplaren aus dieser von den Rheingegenden durch die Wetterau über Baiern, Böhmen, Mähren, Niederösterreich und Ungarn nach Siebenbürgen sich erstreckenden Zone, fehlen die abstehenden Büschelhaare an den Schösslingen, und die einfachen in den matten Stern- haarfilz der oberen Blattfläche eingesprengten schimmernden einfachen Striegelhaare, die Theilblättchen derselben sind un- gewimpert, verkehrteiförmig, gegen die Basis keilig ver- schmälert, stets mehr als 1/,mal so lang als breit, und die Staubfäden überragen nicht die Griffel. — Diese Merkmale unterscheiden nun eben den R. tomentosus Willd. von den habituell sehr ähnlichen R. australis, dessen Verbreitungs- bezirk sich südwärts an jenen des R. tomentosus anschliesst und sich vom südlichen Frankreich (Montpellier) durch das Gelände der Alpen und zwar vorzüglich die südlichen Alpen- thäler (Südschweiz, Tirol, Görz) nach Oberitalien und Dal- matien erstreckt. Aus dieser südlichen Zone ist mir R. tomentosus Willd. bisher nur aus der höheren Bergregion Dalmatiens bekannt geworden; im niederen Hügellande, Küsten- gebiete und Flachlande ist dagegen in dieser Zone R. australis sehr verbreitet und ersetzt dort gewissermasen den R. to- mentosus Willd. Ich glaube darum auch den R. triphyllus Bell. (nicht Thunb.), sowie den R. tomentosus Nocca et Balbis und der anderen italienischen Autoren mit R. australis identifiziren zu können. — 161 — 8. Rubus dasyclados turionibus elongatis, ew arcu magno decurvo procumbentibus, 5-angularibus, pilis copiosis simplicibus et binatis, elon- gatis, patentibus, pilisque occultatis parvis stellatim expan- sis et glandulis stipitatis inaequalibus vestitis, aculeisque conformibus rectis horizontaliter patentibus armatis; folio- lis subcoriaceis, pedatim dispositis, omnibus petiolulatis, ovatis, acuminatis, discoloribus, supra glaberrimis, obscure viridibus, infra tomento denso, albo, adpresso et pilis sparsis tenuibus tomentum superantibus obductis; inflores- centia pyramidata, e cymulis multifloris composita; sepa- lis sub anthesi et in fructu reflexis, in dorso canescentibus, villoso-tomentosis, glandulis stipitatis et aculeolis rectis munitis; petalis albis, obovatis; staminibus stylos vires- centes superantibus ; germinibus glabris. Ad silvarum oras et in silvis caeduis in regione montana Tiroliae; ad Oenipontem in declivitatibus montium vallem Oeni septentrionem ver- sus cingentium, solo calcareo. Umfangreicher Strauch von 1—1.5 Meter Höhe mit sehr langen Schösslingen und Stämmen, welche bogenförmig zur Erde gekrümmt und gewöhnlich zu undurchdringlichen Dickichten verschlungen sind. Schösslinge 4—8™" im Durch- messer, fünfkantig, mit flachen, gestreiften Seiten, schmutzig olivengrün, an der Lichtseite gewöhnlich dunkelbraun über- laufen, mit kleinen ausgebreiteten Sternhärchen, 3—5mal längeren, abstehenden Büschelhaaren !) wagrecht abstehenden ungleich langen zarten Stieldrüsen und wagrecht abstehenden conformen 4—-6™™ langen Stacheln, welche sich aus einer 4—5mm. Jangen, schmalen, linealen Ansatzfläche und stark zusammengedriickten, dreieckigen, rothbraunen, mit langen 1) Die „Büschelhaare“ bestehen bei dieser so wie überhaupt bei den meisten Rubus gewöhnlich aus paarweise vereinigten, verlängerten Haaren, seltener findet sich ein aus 3 oder 4 Haaren gebildetes Büschel zwischen diese paarweise vereinten Haare eingesprengt, oder es ist in Folge Verkümmerung das Büschel nur durch ein einziges Haar re- präsentirt. — 162 — Haaren bestreuten Basis allmählig in eine gerade strohgelbe Spitze verschmälern, besetzt. Jeder Interfoliartheil trägt ‚10—25 Stacheln. Die Stieldrüsen und langen Büschelhaare, welche eine dichte Bekleidung des Schösslings bilden, ver- lieren sich zum Theile über Winter, so dass die Stämme zur Zeit der Blüthe immer weniger dicht bekleidet sind, als die Schésslinge. Die Blätter der Schösslinge langgestielt, vor- herrschend fünfzählig, gegen den Gipfel der Schösslinge zu durch Verschmelzung der seitlichen Blättchen auch vierzählig und dre'zählig; der gemeinschaftliche Blattstiel, sowie die Stielchen der Theilblattchen oberseits schwach eingedrückt, mit kurzenausgebreiteten Sternhärchen u. wagrecht abstehenden Stieldrüsen bedeckt, gleichzeitig von abstehenden, nahezu 1””- langen Büschelhaaren dicht zottig und mit schwachgekrümmten 3——4™. Jangen Stacheln bewehrt; die Theilblättchen fuss- förmig gestellt, derb, im Herbste fast lederig, oberseits dunkel- grün, glanzlos, schon in der Jugend vollständig kahl, unter- seits mit gelblichweissem, dichtanliegenden Filze bedeckt und gleichzeitig von schimmerden über den Filz aufragenden ein- fachen und büscheligen Haaren flaumig-zottig. Das Nerven- netz sehr markirt; die Nerven oberseits durch sehr fein- vertiefte Linien angedeutet, unterseits scharf vorspringend, von weisslichgelber, die stärkeren Nerven manchmal auch von röthlicher Farbe; der Mittelnerv mit kleinen, schwach- gekrümmten Stachelchen besetzt. Der Rand der Blätter von eiförmig-dreieckigen in ein kleines, kallöses Spitzchen aus- laufenden, gewimperten Zähnen, unterhalb der Mitte einfach —, oberhalb der Mitte unregelmässig, doppeltgesägt. Das end- ständige Theilblättchen rundlich-eiförmig, lang zugespitzt, an der Basis zugerundet oder etwas herzförmig, 7—12 Centim. lang, 3.5—9 Centim. breit, an einem 1.5—2.3 Centim. langen Stielchen, die beiden mittleren, seitenständigen Blätt- chen verkehrteiförmig oder schief elliptisch, zugespitzt, 6 bis 11 Centim. lang, 2.8—6 Centim. breit, an einem nur 6— 12mm. langen Stielchen, die beiden unteren seitlichen Blättchen länglich, lanzettlich, spitz 4—8 Centim. lang, 1.5—4 Centim. — 18 — breit, an einem sehr kurzen 1—3”"- langen Stielchen. Wenn die beiden seitlichen Blättchen einer Seite zu einem ver- schmolzen sind, so erscheint der Aussenrand des durch Ver- schmelzung entstandenen Blattchers mit einem kleinen Lappen oder einer vorspringenden Ecke versehen. Die Nebenblätter 1.5—2 Centim. lang, schmal, lineal, grün, mit kurzen Stiel- drüsen und langen Wimperhaaren besetzt. Die blüthentragen- den Zweige 20—60 Centim. lang, kantig, grün, von kurzen, ausgebreiteten Sternhärchen, drei bis viermal längeren ab- stehenden Büschelhaaren, kurzen wagrecht abstehenden Stiel- drüsen und rückwärts geneigten, ungleichen, 3—6""- langen Stacheln bekleidet. Die Blätter der blüthentragenden Zweige dreizählig, die Theilblättchen der unteren Blätter dieser Zweige oberseits mit schimmernden, anliegenden, einfachen Striegel- haaren bestreut, unterseits graugrün, sammtig-weichhaarig, am Rande grobgesägt, im Umrisse rundlich-verkehrteiförmig, stumpf, die Theilblättchen der oberen Blätter der blüthen- tragenden Zweige in der Berandung und Bekleidung mit den Theilblättchen der Schösslingsblätter übereinstimmend, auch in der Grösse und im Umrisse diesen sehr ähulich, und nur dadurch abweichend, dass sie verhältnissmässig breiter und kürzer zugespitzt erscheinen. Der Blüthenstand pyramiden- förmig oder eiförmig, reichblüthig, aus 3 — vielblüthigen, -traubenformig angeordneten, nach obenhin gedrängt stehenden Cymen zusammengesetzt. Die 2—8 unteren Aeste des Blüthen- standes von laubartigen, einfachen oder dreizähligen Blättern gestützt, welche im Zuschnitt, sowie in der Berandung, Farbe und Bekleidung mit den tieferstehenden, stengelständigen Laubblättern übereinstimmen; die folgenden, kürzergestielten Cymen von lineal-lanzettlichen, ungetheilten oder dreispaltigen grünen mit Stieldrüsen und Wimperhaaren besetzten Bracteen gestüzt. Die Blüthenstiele, sowie die Spindel des Blüthen- standes von anliegendem Sternhaarfilze, langen abstehenden Büschelhaaren, zahlreichen Stieldrüsen und spärlichen, stroh- gelben, nadelförmigen, geraden, ungleichlangen Stachelchen besetzt. Die Blüthen zeigen einen Durchmesser von 1,8 bis — 164 — 2 Centim. Die Kelchzipfel sind zur Zeit der Blüthe und Fruchtreife zurückgeschlagen, 6—7™™" lang, an der Basis 3—3.5™™ breit, eiförmig, zugespitzt, die Spitze an sehr üppigen Exemplaren manchmal in ein grünes, lanzettliches, laubartiges Anhängsel verlängert; die obere Fläche der Kelch- zipfel ist mit einfärbigem, weisslichen Filze bekleidet, die äussere untere Fläche mit graugrünem Filze bedeckt, in welchem zahlreiche, strohgelbe Nädelchen und kurze Stiel- drüsen eingestreut sind. Die Kronenblätter sind 8—10""- lang, 5—6""”- breit, ausgebreitet, weiss, verkehrteiförmig oder länglich-verkehrteiförmig, allmählig in den 1””: breiten Nagel verschmälert, mit sehr kurzen Härchen bestreut. Die Staub- fäden sind weiss oder theilweise röthlich überlaufen, 6™™ lang, deutlich die grünlichen Griffel überragend. Die Frucht- knoten sind kahl und das Köpfchen der Fruchtknoten ist von dem Kreise der Staubblätter durch einen breiten, nackten Hof getrennt. Die Früchte glänzend schwarz. Der hier beschriebene Rubus gehört in die Abtheilung der Glandulosi und zwar in die Gruppe Vestiti. Diese zu- erst von Bayer im Botan. Excursionsb. pag. 297 aufgestellte Gruppe der Glandnlosen, deren bekanntester Repräsentant R. vestitus W. u. N. ist, zeichnet sich durch die gleich- grossen kräftigen Stacheln der Schösslinge, und insbesonders dadurch aus, dass sich unter den langen abstehenden Büschel- haaren, welche dem Schössling ein zottiges oder rauhhaariges Ansehen geben, regelmässig auch kurze, sternförmig, ausge- breitete Härchen finden. — Von allen Arten dieser Gruppe unterscheidet sich nun R. dasyclados durch die zahlreichen Stieldrüsen des Schösslings und die oberseits vollständig kahlen, unterseits mit dichtanliegendem, gelblich-weissen Filze bekleideten Blätter. R. dasyclados gehört zu den selteneren Rubus-Arten und scheint auf das alpine Gelände beschränkt. In der Um- gebung von Innsbruck, wo R. vestitus W. u. N. fehlt, ist R. dasyclados der einzige Repräsentant der Gruppe: Vestiti. Se PGR = Er findet sich daselbst insbesonders an warmen Lehnen am Fusse der Kalkberge in; dem Höhengürtel von 600—1000 Meter. " 9. Rubus reticulatus turionibus procumbentibus, flagelliformibus, apice radican- tibus, teretibus, sparsim pilosis, glandulis stipitatis et aculeis inaequalibus parvis tenuibus rectis munitis; foliis ternatis, foliolis ex cordata basi ovatis, acuminatis, dis- coloribus, supra obscure viridibus et strigulosis, infra tomento albe arcte adpresso vestitis et eleganter reticulato- venosis, lateralibus brevissime pedicellatis; inflorescentia parva, pyramidata vel ovata e cymulis paucifloris compo- sita, sepalis sub anthesi reflewis, in dorso cano-tomentosis et glandulis stipitatis avuleolisque rectis aciculiformibus obsitis, petalis albis, erectis, oblongo-obovatis, staminibus erectis, stylos virescentes vix superantibus. In silvis montanis Tiroliae septentrionalis ad Onipontem. Schösslinge peitschenförmig, auf den Boden hingestreckt, liegend, an den Spitzen anwurzelnd, 70—130 Centim. lang, an den dicksten Stellen 3™™-, gewöhnlich aber nur 2”. im Durchmesser, fast stielrund, grün, an der Lichtseite dunkel violettbraun oder rothbraun überlaufen und an beschränkten Stellen in der Umgebung der Stacheln manchmal mit einem schülferig sich abhebenden, weisslichen Wachsüberzuge ver- sehen, mit spärlichen, zerstreuten Büschelhaaren, zahlreichen 0.5— 1”=- langen Stieldrüsen und ungleichlangen, kleinen Stacheln deren kräftigste nicht über 3”"”- lang sind, und sich aus einer 2.5™™: langen, linealen Ansatzfläche und kurz dreieckigen, zusammengedrückten Basis plötzlich in eine nach rückwärts geneigte Spitze verschmälern, bekleidet. Die Blätter der Schösslinge, langgestielt, vorherrschend dreizählig, sehr selten einige auch vierzählig und fünfzählig; der gemein- schaftliche Blattstiel, so wie die Stielchen der Theilblättchen Naturw.-med. Verein, 15 — 166 — oberseits etwas rinnig eingedriickt, in derselben Weise wie des Stamm des Schösslings bekleidet, nur etwas dichter be- haart als dieser. Die Theilblättchen zweifarbig, oberseits dunkelgrün mit schimmernden, den Sekundärnerven parallel aufliegenden Striegelhaaren bestreut, unterseits mit weissem, kurzen, dichtanliegenden Filze bekleidet. Die Nerven an der unteren Blattfläche gelblich-weiss, sowohl der Primärnerv als auch die Secundärnerven, und die rechtwinkelig zu ein- ander gestellten anastomosirenden Nerven dritter und vierter Ordnung, deutlich vorspringend und zu einem äusserst zier- lichen Netze verbunden, das einigermassen an das Nerven- netz der Salix reticulata erinnert. Der Rand der Theil- blättchen von kurzen, breiteiförmigen in ein kleines Spitzchen plötzlich zusammengezogenen, gewimperten Zähnen unregel- mässig gesägt; das endständige Theilblättchen eiförmig, zuge- spitzt, an der Basis herzförmig, 4—-7 Cent. lang, 2-—4.5 Cent. breit, an einem 1—2 Centim. langen Stielchen, die beiden seitenständigen Blättchen 3.5—6.5 Cent. lang, 2—4 Cent. breit, fast sitzend, an einem nur 1—3™™"- langen Stielchen, schief eiförmig oder rhomboidisch, spitz oder etwas zugespitzt, an der Basis herzförmig, am Aussenrande gewöhnlich mit einer vorspringenden Ecke oder einem abstehenden Lappen versehen. Ist das Blatt fünfzählig, so sind die Theilblätt- chen fussförmig gestellt, und die an den kurzen Stielchen der mittleren Blättchen sitzenden seitlichen unteren Blättchen sind elliptisch oder eiförmig, spitz, 2.5—3.5 Centim. lang und 1.5—2 Centim. breit. Die Nebenblätter 4—5™™ lang, sehr schmal, lineal, fast fädlich, mit kurzen Stieldrüsen und Wimperhaaren bestreut. Die blüthentragenden Zweige 5 bis 25 Centim. lang, aufrecht, unten stielrund, nach obenhin stumpfkantig, zickzackformig hin- und hergebogen, grün, violettbraun überlaufen und von reichlichen, verfilzten Büschel- haaren, zahlreichen, ungleichlangen Stieldrüsen und geraden, ungleichlangen, horizontalabstehenden , nadelförmigen, bis zu 2m. Jangen Stachelchen dicht bekleidet. Die oberen Blätter der blüthentragenden Zweige den Blättern der Schösslinge a, LOR ee gleichgestaltet, die unteren dagegen im Vergleiche zu den Schösslingsblättern weniger zugespitzt, mitunter sogar abge- stumpft, kürzer und verhältnissmässig breiter, gröber gesägt, unterseits nur mit sehr dünnem Filze bekleidet und daher gewöhnlich weisslich-grün. Der Blüthenstand nur 5—4 Centim. lang, von den obersten Blättern der Blüthenzweige überragt, im Umrisse pyramidenförmig, aus trauhig angeordneten Cymen gebildet, von welchen die untersten meist 3—Dbliithig und von laubartigen, einfachen oder dreizähligen Blättern gestützt, die oberen sehr genäherten meist nur zwei- und einblüthig und von dreispaltigen Bracteen gestützt erscheinen. Die Blüthenstiele, sowie die Spindel des Blüthenstandes sind von verwobenen Haaren graufilzig und mit ungleichlangen, roth- braunen Stieldriisen und geraden, horizontal abstehenden, strohgelben, nadelförmigen, bis zu 3™™ langen Dörnchen reichlich besetzt. Die Blüthen zeigen einen Durchmesser von 1.2—1.5 Centim. Die Kelchzipfel sind zur Zeit der Blüthe zurückgeschlagen, eiförmig, langzugespitzt, 4—6”"- lang, an der Basis 2.5—3"%": breit, an der Innenfläche mit einfär- bigem, weisslichen Filze bekleidet, an der Aussenfläche grau- fllzig und mit zahlreichen, rothbraunen Stieldrüsen und nadel- förmigen, strohgelben Dörnchen besetzt. Die Kronenblätter weiss, aufrecht abstehend, 6—8™™: lang, 3— 4”: breit, läng- lich-verkehrteiförmig, allmählig in den Nagel verschmälert. Die Staubfäden aufrecht, weiss, 5™- lang, die grünlichen Griffel kaum überragend. Die Fruchtknoten kahl. Die Früchte an keinem der beobachteten Exemplare zur Entwickelung gelangt. R. reticulatus wurde bisher nur im Gebiete der Inns- brucker- Flora und auch da nur selten und vereinzelt be- obachtet. — Er gehört in die Abtheilung der Glandulos; und reiht sich in die Gruppe des R. hirtus W. K. — Von allen Arten dieser Gruppe unterscheidet er sich aber auf den ersten Blick durch den dichtanliegenden weissen Filz und das sehr markirte, kleinmaschige Adernetz der unteren Blatt- fläche, in welchem die Nerven vierter und fünfter Ordnung 15% me noch deutlich vorspringen und durch ihre Anastomosen un- zählige kleine, quadratische Felderchen im Durchmesser von beiläufig 1”: bilden. | Das verhältnissmässig seltene Vorkommen und der Um- stand, dass an keinem der beobachteten Exemplare dieses Rubus reife Früchte zur Entwickelung gelangten, lässt die Muthmassung aufkommen, dass derselbe einer hybriden Be- fruchtung sein Dasein verdankt. — In diesem Falle würde nun jedenfalls R. hirtus W. K. als die eine Stammart an- zusehen sein, da dieser, wie schon bemerkt, durch zahlreiche Merkmale mit R. reticulatus übereinkommt. Da dem R. hirtus W. K. der weissfilzige Ueberzug, und das scharfvor- springende, kleinmaschige Nervennetz der unteren Blattfläche fehlt, würde man eine unserer Rubus-Arten mit zweifarbigem unterseits weissfilzigen Laube als zweite Stammart muth- massen können. Von solchen finden sich in dem Gebiete, wo R. reticulatus wächst, R. australis, R. candicans Weihe — thyrsoideus Wimmer), R. bifrons Vest und R. dasyclados. Aus der Reihe dieser Arten ist zunächst R. australis aus- zuschliessen, weil kein einziges der Merkmale, welche diesen Rubus besonders charakterisiren an R. reticulatus ausge- sprochen ist. Würden die durch ihre hohen kräftigen Schöss- linge und Stämme ausgezeichneten Arten: R. candicans Weihe und R. bifrons Vest betheiliget sein, so müsste R. reticu- latus jedenfalls dickere Schösslinge und höheren Wuchs zeigen, als er sie in Wirklichkeit besitzt. In der That sind aber sowohl die peitschenförmigen auf den Boden liegenden Schöss- linge, so wie die aufrechten blühenden Zweige des R. reti- culatus nicht kräftiger, sondern vielmehr noch zarter und schmächtiger, als jene des R. hirtus W. K. Auch ist nicht abzusehen, von welcher dieser beiden in Frage stehenden Arten R. reticulatus das eigenthümliche Nervennetz entlehnt haben sollte. Am ehesten könnte daher nach R. dasyclados in Betracht kommen, da bei dieser Art die Schösslinge ge- wöhnlich nur einen Durchmesser von 5—6™™ zeigen, sehr verlängert sind, und mit ihren Enden auf den Boden hinge- Be ee eg worfen erscheinen; auch ist das Nervennetz an der unteren weissfilzigen Blattfläche des R. dasyclados sehr markirt, wenn auch lange nicht so scharf abgehoben, wie an R. reticulatus. Anderseits spricht aber gegen die Annahme, dass R. reti- culatus ein der Combination: dasyclados X hirtus entsprechen- der Bastart sei, der Umstand, dass die Schösslinge des R. reticulatus nicht dichter, sondern vielmehr spärlicher behaart sind, als jene des R. hirtus W. K., während doch das erstere an einem der Combination: dasyclados X hirtus entsprechen-: den Bastarte vorausgesetzt werden müsste, ebenso spricht der Umstand dagegen, dass die Blättchen des R. reticulatus weniger zugespitzt und mit kürzeren, breiteren, zahlreicheren Zähnen berandet erscheinen, als es die Blättchen beider fraglichen Stammarten sind. 10. Rubus Ebneri turionibus procumbentibus teretibus leviter pruinosus, junio- ribus parce pilosis, adultis glabratis, glandulis stipitatis brevibus copiosis aculeisque copiosis rectis parvis strami- neis subconformibus munitis, foliis quinatis, foliolis pedatim dispositis, omnibus petiolulatis, utrinque viridibus, planis, pilis micantibus sparsis vestitis, terminali ex cordata basi ovato-rhombeis, breviter acuminatis, lateralibus oblique ovatis vel obovatis, acutis, ramulorum florigerorum folüs ternatis: terminali longe pedicellato sub-rotundo, acuto, lateralibus pedicellatis oblique ovatis; inflorescentia com- posita flexuosa, ovata vel pyramidata, folia superiora via excedentia, pedunculis erecto-patulis pilosis, glandulis sti- pitatis brevibus et aculeolis rectis aciculiformibus stra- mineis obsitis; floribus mediocribus; sepalis sub unthesi reflexis, in fructu arrectis, in dorso sublomentosis, canes- centi-viridibus glandulis stipitatis minimis et aculeolis aciculiformibus minutis adspersis; petalis patulis, albis, oblongo-obovatis, in unguem sensim sensimque contractis, staminibus albis, erectis, stylos virescentes superantibus. — 10 — In silvis umbrosis montanis Tiroliae septentrionalis; ad latera mon- tium vallem Oeni ad Oenipontem septentrionem versus eingentium. Niederer 30—50 Cent. hoher Strauch, dessen auf dem Boden hingeworfene Schösslinge an der Spitze einwurzeln und der im unbehinderten Wuchse mit seinen zahlreichen Stämmen, Zweigen und Schösslingen, Strecken von einem Quadratmeter und selbst darüber in dichtem Schlusse über- deckt. Die Schösslinge 3—5™™- im Durchmesser, stielrund, längsstreifig, grün, an der Lichtseite häufig braunroth oder braunviolett überlaufen, von einem sehr zarten, diffusen Wachs- überzuge hechtblau bereift, mit zahlreichen, horizontal-ab- stehenden kleinen nur 0.5™™ langen Stieldrüsen und an jedem Interfoliartheile mit 20—35 ziemlich gleichgestalteten, 3 bis Hmm. Jangen, strohgelben Stachelchen. besetzt, welche sich aus einer langlich-linealen 2—4""®- langen Ansatzfläche und drei- eckigen, zusammengedrückten manchmal violettüberlaufenen Basis, sehr allmälig in eine dünne, gerade, etwas rückwärts- geneigte Spitze verschmalern, in der Jugend auch mit sehr spärlichen vereinzelten, kurzen Büschelhaaren bestreut, welche aber alsbald schwinden, so dass dann der Schössling nur mit Stieldrüsen und Stacheln bekleidet ist. Die Blätter der Schösslinge lang gestielt, fünfzählig, nur am untersten Theile der Schösslinge auch dreizählig; der gemeinschaftliche Blatt- stiel, so wie die Stielchen der Theilblättchen oberseits etwas eingedrückt-rinnig, mit spärlichen Büschelhaaren, Stieldrüsen und zahlreichen, strohgelben Stachelchen besetzt, welche mit jenen des Stengels in Form, Farbe und Grösse überein- stimmen; die Theilblättchen fussförmig gestellt, oberseits dunkelgrün mit schimmernden Striegelhaaren bekleidet, unter- seits blasser grün, mit einem aus schimmernden, unregel- mässiggestellten, ziemlich zahlreichen, aber die Blattfläche nicht ganz verhüllenden Haaren gebildeten Ueberzuge bedeckt. Die Nerven zart, gelblich, der Mittelnerv mit zahlreichen 1—3™™ langen, geraden Stachelchen bewehrt. Der Rand der Blättchen ist von kleinen, kurzen, breiteiförmigen, plötzlich in ein kleines Spitzchen zusammengezogenen Zähnen einfach gesägt. Das — 11 — endständige Theilblättchen aus herzförmiger Basis eiförmig oder eiförmig rhombisch, spitz oder kurz zugespitzt, 6—9 Ctm. lang, 4—6 Cent. breit, an einem 2—3 Cent. langen Stiel- chen, die beiden seitenständigen, mittleren Blättchen ver- kehrteiförmig, spitz oder kurz zugespitzt, an der Basis asy- metrisch, zugerundet, 5—8 Cent. lang, 3—5 Cent. breit, an 1—1.5 Cent. langen Stielchen, die beiden seitenständigen unteren Blättchen elliptisch, schief-eiförmig oder rhomboidisch, spitz oder stumpflich, 3.5—5.5 Cent. lang, 1.8—3 Cent. breit, an einem 2-—4™- langen Stielchen. Wenn die beiden seitlichen Blättchen einer Seite zu einem verschmolzen sind, so erscheint das durch diese Verschmelzung entstandene Blättchen im unteren Drittel des äusseren Randes mit einem stumpfen Lappen versehen. Die Nebenblätter schmal, lineal, 1 Centim. lang, mit Stieldrüsen und Wimperhaaren besetzt. Die hlüthentragenden Zweige 20—45 Cent. lang, aufrecht, zickzackförmig hin- und hergebogen, unten stielrund, nach oben- hin kantig, grün, mit abstehenden Büschelhaaren, kurzen Stieldrüsen und zahlreichen, strohgelben, rükwärtsgeneigten, ungleichen in der Länge zwischen 2 und 4™ schwankenden Stacheln bekleidet. Die Blätter der blüthentragenden Zweige dreizählig; die Theilblättchen derselben in der Färbung, Be- kleidung und Berandung mit den Theilblättchen der Schöss- lingsblätter übereinstimmend; das endständige Theilblättchen rundlich-rhombisch , spitz, 6—9 Cent. lang, 4—6.5 Cent. breit, an einem 1—2.5 Cent. langen Stielchen; die beiden seitenständigen schief eiförmig oder rundlich-rhombisch, spitz oder stumpflich, 5—8 Cent. lang, 3—5 Cent. breit, an einem 2—6™™" langen Stielehen, im unteren Drittel des äusseren Randes manchmal mit einem stumpfen Lappen oder einer vorspringenden Ecke versehen. Der Blüthenstand im Umrisse eiförmig oder pyramidenförmig, über die obersten Laubblätter wenig oder gar nicht emporragend, aus traubig angeordneten Cymen gebildet, von welchen die untersten und obersten meist nur 1—2blüthig, die mittleren 3—5bliithig erscheinen. Die untersten 2-—3 ziemlich entferntstehenden Cymen in den 2a Achseln grosser sie weitüberragender Laubblätter, welche mit den tieferstehenden Laubblättern in Farbe, Zuschnitt, Bekleidung und Berandung übereinstimmen, die oberen sehr genäherten Cymen von grünen, haarigen und mit zahlreichen kurzen Stieldrüsen besetzten, dreispaltigen Bracteen gestützt. Die Spindel des Blüthenstardes schlängelig hin- und herge- bogen, so wie die aufrecht-abstehenden Blüthenstiele, grau- flaumig, mit zahlreichen sehr zarten, kleinen Stieldrüsen und zahlreichen 1—3™™: langen, horizontalabstehenden oder etwas rückwärtsgeneigten, nadelförmigen , strohgelben Stachelchen besetzt. Die Blüthen zeigen einen Durchmesser von 2 Cent. Die Kelchzipfel sind zur Zeit der Blüthe zurückgeschlagen, zur Zeit der Fruchtreife aufgerichtet, 5™™ lang, an der Basis zum. breit, dreieckig-eiförmig, in ein lineales 1—2™™: Janges, grünes, pfriemliches Spitzchen plötzlich zusammengezogen, an der inneren Fläche mit einfärbigem, weisslichen Filze be- kleidet, an der äusseren Fläche filzig, graugrün, mit hellerem Rande, mit zahlreichen, kurzen Stieldrüsen und kurzen, stroh- gelben, nadelférmigen Stachelchen bestreut. Die Kronen- blätter ausgebreitet, weiss, 9—11™™. lang, 5™™- breit, läng- lich, verkehrteiförmig, allmälig in den 1”®- breiten Nagel zusammengezogen, doppelt so lang als die Kelchzipfel, an der Aussenfläche mit sehr spärlichen, winzigen Härchen be- streut. Die Staubfäden 5—6™™ lang, weiss, aufrecht, über die grünlichen Griffel deutlich emporragend. Die Frucht- knoten mit sehr kurzen, gebüschelten , zarten Härchen be- streut. Die Früchte zum Theile abortiert; die ausgereiften schwarz. Der hier beschriebene Rubus, welchen ich in angenehmer Erinnerung an die zahlreichen, mit meinem Schwager, dem Histologen Dr. V. v. Ebner ausgeführten, botanischen Exkur- sionen R. Ebneri benannt habe, mahnt durch seine stiel- runden, bereiften, mit kleinen, geraden, strohgelben Stacheln besetzten Schösslinge auf das lebhafteste an R. dumetorum W.u. N. und macht auch in seiner ganzen Tracht den Ein- druck einer in die Abtheilung der Corylifolii gehörigen Art, — 13! — unterscheidet sich aber von allen Arten dieser Abtheilung durch die deutlichgestielten, seitlichen unteren Theilblättchen der fünfzähligen Schösslingsblätter, durch die deutlichgestielten seitlichen Blättchen der dreizähligen Blätter der blüthen- tragenden Zweige, und durch die Kronenblätter, welche doppelt so lang als breit und im Umrisse länglich-verkehrteiförmig erscheinen. — Diese Form der Kronenblatter, so wie die zahlreichen kleinen Stieldrüsen des Schösslings mahnen an die Arten der Gruppe Glandulosi, und es wäre nicht un- möglich, dass R. Ebneri der hybriden Verbindung zweier Arten sein Dasein verdankt, von welchen die eine der Gruppe: Glandulosi die andere der Gruppe: Corylifolii angehört. — Aus diesen beiden Gruppen finden sich in den Wäldern, in welchen ich R. Ebneri auffand, besonders häufig der R. du- metorum W. u. N. und R. hirtus W. K. und vielleicht ist derselbe daher als ein der Combination : dumetorum X hirtus entsprechender Bastart aufzufassen. Analyse einer Ovarialcystenflissigkeit von Professor Richard Maly. Von der gynäkologischen Klinik der hiesigen Universität erhielt ich die Punktionsflüssigkeit einer grossen Ovarial- cyste einer zum zweiten male punktirten Frau. Die Flüssigkeit betrug etwa 25 Pfunde, war schwach alkalisch, braun, trübe, dick, lange Fäden ziehend, und liess sich nur schwer schöpfen, da sie wieder theilweise zurückfiel. Die grosse Flüssigkeitsmenge, und die zähe viscide Beschaffenheit, welche man seit Scherer!) einem eigen- thümlichen (seltneren) Eiweisskörper zuzuschreiben pflegt, veranlassten mich eine nähere Untersuchung vorzunehmen. Die ersten Coagulationsversuche zeigten schon die von Scherer betonte Eigenthümlichkeit des Paralbumins sich beim Kochen schlecht in Flocken auszuscheiden, und auch nach Zuspritzen von etwas Essigsäure eine milchigtrübe unfiltrirbare Flüssigkeit zu geben. Mucin war nicht nachweisbar, ja die ursprüngliche etwas verdünnte Flüssigkeit wurde durch Essigsäure eher aufge- hellt als getrübt. Auch das Suchen auf Paraglobulin gab kein reines Resultat, es wurde wohl nach starkem Ver- dünnen, Zusatz einer Spur Essigsäure und Einleiten von 1) Annalen der Chemie.. Bd. 82. — 15 — Kohlensäure eine trübe Flüssigkeit erhalten, aber es setzten sich keine deutlichen Flocken ab. Es war hingegen leicht die Eiweisskörper von den übri- gen Substanzen auf folgende Weise zu trennen. Eine Quan- tität von circa 10 Pfund der zähen Flüssigkeit wurde mit fast dem doppelten Volum Weingeist gefüllt und tüchtig geschüttelt. Die dicke Fällung, welche beinahe die ganze Flüssigkeit breiig machte, hatte das faserig zähe und fädige Aussehen von Fibrin und war von Blutfarbestoff schwach röthlich gefärbt. In der Flüssigkeit blieben keine merklichen Mengen der Eiweisssubstanzen zurück. Beides, die gefällten Eiweisskörper und die Flüssigkeit wurden nacheinander untersucht. Ein Klumpen der fasrigen Fällung wurde, nachdem er zwölf Stunden unter Weingeist gestanden war, abgepresst, noch einmal mit Weingeist durchgeschüttelt und zwischen Papier stark ausgepresst, und war nun eine filzige fädige Masse die sich leicht zerpflücken liess. Dieser Presskuchen von Eiweisskörpern liess sich durch Wasser gut in zwei Theile, einen löslichen A und einen unlöslichen B trennen. Mit Wasser übergossen quoll er stark auf, die Fasern wur- den zu schleimigen Flocken, die sich wenn gleich langsam durch ein Filter trennen liessen. A. Die Lösung. Die Löslichkeit eines durch Wein- geist coagulirten Eiweissstoffes im Wasser bestätigte das Vor- handensein des sog. Paralbumins, das ja nach Scherer’s Charakteristik eben dadurch ausgezeichnet ist, und sich durch diese Eigenschaft vom Serum- und Eieralbumin unterscheidet. Die wässerige Lösung wurde neuerdings von Alkohol weiss gefällt, oder getrübt, und die Trübung verschwand auf Zu- satz von viel Wasser wieder, selbst noch, wenn der Nieder- schlag 24 Stunden unter Alkohol gestanden hat. Gegen- versuche mit einer verdünnten Eieralbuminlösung überzeugten mich, dass schon nach wenigen Minuten bei diesem die Weingeistfällung im Wasser unlöslich ist. Die anderen Reactionen dieses Paralbumins wurden alle mehrfach vorge- — 176 — nommen und finden sich auch darunter noch solche die mit dem gewöhnlichen Albumin nicht übereinstimmen. 1. Kochen allein fällt nicht, obwohl die Reaction weni- ger alkalisch war, als eine verdünnte Eieralbuminlösung (eines Parallelversuches) die ohne Säurezusatz gerann. Hin- gegen fällt Kochen und eine Spur Essigsäure milchig; etwas mehr Essigsäure löst wieder, und die Fällung erscheint zum zweiten Male nach Zusatz von Kochsalzlösung. (Dieselben Reactionen, und die folgenden zeigte auch die ursprüngliche verdünnte Cystenflüssigkeit. Da aber diese nicht klar war, so könnten schwache Trübungen darin übersehen worden sein. Doch da sie im verdünnten Zustande beim Erhitzen nicht gerann und nicht mehr trübe wurde, so scheint: kein Serum albumin darin enthalten gewesen zu sein.) 2. Kochsalzlösung und Kochen fällen, ebenso Kochsalz- lösung und verdünnte Essig- oder Salzsäure. Der Nieder- schlag ist in viel Wasser löslich. 3. Salpetersäure fällt, auch im Ueberschuss. 4. Salzsäure allein fällt nicht, weder verdünnt noch concentrirt. 5. Schwefelsäure fällt nicht. 6. Kupfervitriol fällt, der Niederschlag ist im Ueber- schusse des Fällungsmittels löslich. 7. Bleizucker fällt nicht, und trübt nicht. 8. Sublimat gibt einen weissen Niederschlag. 9. Ferrocyankalium fällt einen reichlichen Niederschlag sowohl in der mit Salzsäure, als in der mit Essigsäure an- gesäuerten Flüssigkeit. 10. Essigsäure allein fällt nicht. Diese Reactionen stimmen mit denen Scherers, so- weit sie von beiden Seiten gemacht wurden überein, nämlich 1, 3, 4 8 9 und 10. Zu der Differenzialdiagnose von Scherer, welche letzterer wiederholt neuerdings 1) betonte, nämlich der Löslichkeit des weingeistig gefällten Paralbumins 1) Virchow, Jahresbericht ete. 1866. u in Wasser, wäre noch nach obigem hinzuzufügen: die Nicht- fällbarkeit durch conc. Salzsäure und die Nichtfällung durch Bleizucker. Hingegen hätte ich als Unterschied zwischen Scherer’s und meinem Paralbumin zu erwähnen, dass S. die Weingeistfällung in körnigen Flocken erhielt, ich aus der ursprünglichen Cystenfliissigkeit in Fäden etc., aus der Lösung A. als milchige Trübung. Diese äussere Form der Ausscheidung mag wohl durch die Gegenwart anderer Sub- stanzen bedingt werden, die wir dermalen nicht kennen. Ich habe die Details der Reactionen hier umsomehr mit- getheilt, als in der praktischen Beziehung, das Vorkommen und daher auch die Eigenschaften des Paralbumins eine grosse Bedeutung für die Differenzialdiagnose von Ovarialkystomen und ascitischen Flüssigkeit gewinnt. In diesem Sinne be- spricht Waldeyer !) das Vorkommen des Paralbumins. Waldeyer hat auf Grund der zwei Reactionen: Fällbar- keit durch Kohlensäure, und Löslichkeit des Alkoholpräci- pitates in zahlreichen Fällen von Ovarialkystomen das Paral- bumin nie vermisst, in ascitischen Flüssigkeiten hingegen nie gefunden. Dies soll vom chemischen Standpunkte aus hier noch- mals desshalb betont werden, weil sich seit Scherer’s ersten Mittheilung über Paralbumin die Angaben darüber durch alle Hand- und Lehrbücher so hinziehen, als ob diese Ei- weissmodification ein seltenes Vorkommniss in gewissen Ova- rialeysten sei, während es dort doch als Regel, vielleicht immer auftritt. Dieses constante Auftreten in so kysto- matös entarteten Eierstöcken gewinnt ein hohes Interesse, ' da Waldeyer ?) nachgewiesen hat, dass die Flüssigkeit des Graaf’schen Follikel „eine fast reine Paralbuminlösung“ ist. B. Ein anderer Theil der Weingeistfällung aus der ur- sprünglichen Cystenflüssigkeit, war wie schon bemerkt in Wasser unlöslich. Ich habe mich überzeugt, dass eine ein- 1) Archiv für Gynaekologie I. Band, pag. 252, Berlin, Hirschwald. 2) Waldeyer, Eierstock und Ei. Leipzig 1870, Te mal mit Wasser ausgelaugte Partie des nun flockig gelati- nös gewordenen Niederschlags an Wasser auch bei längerem Stehen fast nichts mehr abgab. Wohl aber war auch dieser Theil noch ein Eiweisskörper. Um ihn in Lösung zu bringen, wurden verdünnte Al- kalien und verdünnte Säuren angewendet. Von letzteren war besonders Salzsäure geeignet; sie löste langsam in kaltem Zustande, aber sehr rasch, wenn sie zu den mit Wasser erhitzten Flocken gesetzt wurde, es zeigt sich dann Auf- hellung, und bald ist alles gelöst. Dies sprach gegen Syn- tonin, von dem Hoppe-Seyler angibt, dass es gerade beim Kochen unlöslich in sehr verdünnter Salzsäure wird. Auch entstand aus dieser Lösung beim Neutralisiren kein Niederschlag, somit ist Syntonin ausgeschlossen. Es blieb noch zu unterscheiden, ob dieser Theil der Eiweisskörper ein Albuminat: (albuminsaures Kali nach Kraut: Gmelin 7. Bd. 3. Abtheilung) oder durch den Weingeist coagulirtes Albu- min ist. Für Ersteres und gegen letzteres sprachen die Löslich- keit in verdünnter Salzsäure, und die ebenfalls sehr leicht zu Stande gekommene Lösung durch ein paar Tropfen ver- dünnten Aetzkalis, während verdünnte Essigsäure weniger lösend wirkt, als Salzsäure. Endlich spricht gegen coagu- lirtes Albumin, dass die ursprüngliche verdünnte Lösung beim Erhitzen ohne Essigsäurezusatz nicht genau. Die Lösung in mit ein paar Tröpfchen Kali versetztem Wasser, gab folgende Reactionen, die mit dem eines Alkali- albuminats: (oder Casein) übereinstimmen. 1. Eine Spur Essigsäure fällt dicke, weisse Wolken, die im Ueberschuss der Essigsäure löslich sind. 2. Nach Zusatz von einigen Tropfen phosphorsauren Natrons fällt Essigsäure nicht mehr, auch wenn sie bis zur starksauren Reaction hinzugefügt wird. 3. Salpetersäure erzeugt in der kleinsten Menge einen in mehr Salpetersäure löslichen Niederschlag, der auf Zusatz von cone. Salpetersäure wieder erscheint. — 719 — 4. Kohlensäure eingeleitet, erzeugt Fällung, die von ver- dünnter Essigsäure gelöst wird. 5. Kochsalzlösung und Kochen fällen, ebenso Salmiak. 6. Alkohol erzeugt zarte Flocken, die sich beim Er- wärmen zum Theil lösen. Eintragen von kristallisirtem Bittersalz, fällt in Zimmer- temperatur. Diese Reactionen sind die eines Alkalialbuminates. In der Asche war neben etwas Schwefelsäure viel Natron, aber kein Kali nachweisbar. Es ergeben sich daher für die Kystom- flüssigkeit zwei Eiweisskörper, nämlich: Paralbumin und Na- tronalbuminat, und es sind beide, wie diese Versuche zeigen, nach der Fällung mit Alkohol durch Behandlung des Nieder- schlags mit Wasser trennbar. Die obenbezeichnete weingeisthältige Flüssigkeit, welche von den coagulirten Albuminstoffen abfiltrirt war, wurde ab- destillirt, von einigen Flocken befreit und im Wasserbade zur Trockne gebracht.. Aus dem gebliebenen bräunlichen, zerreiblichen Rückstand wurden 4 Auszüge gemacht, 1. ein ätherischer, 2. ein alkoholischer, 3. ein ätherischer nach Säurezusatz und 4. ein wässeriger. 1. Der ätherische liess nach dem Abdunsten einen geringen, meist kristallinischen. Rückstand von frappantem Honiggeruch. Durch Wasser, liess sich eine fettig-kristalli- nische Substanz trennen, die dabei zurückblieb, und nach dem Umkristallisiren aus heissem Alkohol alle Eigenschaften des Cholesterins zeigte. Die davon getrennte, wässerige Flüssig- keit war sauer, und gab nach dem Kochen mit Zinkoxyd eine sehr kleine Menge eines Zinksalzes, das den mikroskopi- schen Formen des Zinklactats ähnlich war. 2. Der alkoholische Auszug wurde durch Schütteln mit 4mal erneutem, absoluten Alkohol erhalten. Der beim Abdampfen gebliebene, schwachgelbe, syrupdicke Rückstand hatte wieder den Honiggeruch, war sauer und von mikroskopi- schen Kriställchen getrübt. Letztere erwiesen sich noch als — 180 — Cholesterin, dem auch einige ölige, leicht Myelinformen lie- fernde Trépfchen beigemengt waren. Zucker, Leucin, Gallen- ' Substanzen waren nicht vorhanden. Die Natur des syrup- förmigen Hauptbestandtheils dieser Auszüge konnte nicht eruirt werden. 3. Nach dem Auslaugen mit Alkohol wurde der Rück- ~ stand mit etwas Salzsäure vermischt und wieder mit Aether geschüttelt. Dieses hinterliess einen braunen, sauren Syrup, der fast nur aus Milchsäure bestand. Das damit dargestellte Zinksalz war zweimal umkristallisirt, und dann weiss geworden. 0.3496 grm, im Exicator (ohne Vacuum) getrocknete Substanz verlor bei 100° 0.0448 grm. Wasser und hinter- liess 0.1020 grm. Zinkoxyd. Diess stimmt in Kristallwasser und Zinkgehalt genau mit flleischmilchsaurem Zink überein. Gefunden proc. Berechnet proc. Wasser 12.81 12.90 Zinkoxyd 29.17 29.04 Auch die Löslichkeit des Salzes war um vieles grösser, als die des gewöhnlichen Zinklactates. Ein Vorkommen von Fleischmilchsäure in solcher nicht unbeträchtlicher Menge in Transudaten, ist noch nicht konstatirt, wohl aber einmal das Vorkommen einer Milchsäure überhaupt in Transudaten nach- gewiesen worden (Gmelin, Zoochemie pag. 243) bei manchen Formen von Puerperalfiebern. 4. Endlich wurde ein wässeriger Auszug gemacht, wobei sich fast Alles des noch vorhandenen Rückstands löste. Die Lösung gab abgedampft, mächtige Kristallisationen von Koch- salz (und etwas schwefelsaurem Salz) und eine etwas ge- färbte, syrupöse Mutterlauge, die durch Alkohol in dicken, weissen, kompakten und kleberigen Flocken gefällt wurde. Die Fällung, welche am Platinblech die Eigenschaften eines verkohlenden Eiweissstoffes zeigte, wurde noch zweimal in Wasser gelöst und wieder mit Alkohol gefällt. Sie war nun fast weiss, und ihre wässerige, schwache, opolescirende Lösung verhielt sich wie folgt. Verdünnte Säuren fällen nichts, klären die Lösung nur — 151 — vollständig auf. Ebensowenig fällen concentrirte Säuren; Essigsäure plus Kochsalz; Ferrocyankalium in saurer Lösung; Kupfervitriol oder Sublimat. Alkohol fällt in neutraler, saurer und alkalischer Lösung. Bleizucker bewirkt Trübung, Blei- essig Fallung. Die Xantoproteinreaction ist schwach; das Millon’sche Reagens gibt in verdünnter Lösung nichts. Al- kalische Kupferlösung wird nicht reduzirt, aber nach vorher- gehendem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure wurde unter 3 Versuchen 2mal Reduction erhalten. Endlich wnrde ein Diffusionsversuch mit vegetabilischem Pergament angestellt mit nach wenigen Stunden positivem Resultate, was durch die Fällbarkeit mit Alkohol konstatirt wurde. Diese Substanz ist demnach nicht mehr als eigentlicher Eiweisskörper zu betrachten, da die meisten Eiweissreagentien, die Säuren, Metallsalze, Fenocyankalium fehlschlagen. Sie könnte eher zu jenen albuminoiden Substanzen zu rechnen sein, die Scherer !) als Colloidkörper bezeichnet, anderseits aber muss die Eigenschaft durch Pergament zu diffundiren, als Differenzialmoment zu Gunsten der Peptone betont werden. Man kann sich in der That nicht wundern, über das reich- liche Vorkommen eines Peptons in einer Cyste von den Dimensionen der in Rede stehenden, die bei ihrer Grösse vielfach vom Verdauungsschlauch berührt, eine bedeutende Diffusionsfläche den so leicht diffusiblen Peptonen darbot. Die grösste Aehnlichkeit von den verschiedenen sog. Peptonen zeigte der Körper noch mit dem Schleimpepton von Eichwald ?), obwohl es auch mit diesem noch Diffe- renzen aufweist, so z. B. wurde aus Eichwald’s Schleim- pepton mit Säuren kein reduzirender Körper erhalten. Sub- stanzen wie diese sind gegenwärtig eben nicht genauer prä- 1) Sitzungsberichte physikal. ‘pmed. Gesellschaft in Würzburg. März 1865. 2) Canstatt, Jahresbericht über die Fortschritte d. gesammt. Me- dizin I. Bnd. pag. 105. Naturw.-med. Verein. 16 Sa Bot cisirbar, als dass sie die generellen Figenschaften der Peptone theilen, und die einzelnen Differenzen genügen nicht, ver- schiedene scharfgekennzeichnete Species auseinanderzuhalten. Aschenbestandtheile, der Kystomflissigkeit. Herr Prof. Dr. Ed. Hofmann hat einige Aschenbe- stimmungen der im vorhergehenden beschriebenen Flüssigkeit in meinem Laboratorium ausgeführt, und mir folgende Re- sultate übergeben. 11.201 grm. Flüssigkeit gaben 0.911 grm. Trockensub- stanz oder 8.13 proc. 12.334 grm. Trockensubstanz wurde im Platintiegel ver- kohlt, mit heissem Wasser ausgezogen, dann weiterhin die Kohle verbrannt, nocheinmal ausgekocht, und dann der Rest der Kohle eingeäschert. Die beiden wässrigen Auszüge gaben zusammen 1.160 grm Rückstand (lösliche Asche.) Die im unlösliche betrug 0.065 grm. oder: Trockengewicht 100 Organisches 90.08 lösliche 9.40 | unlösliche 0.52 Die lösliche Asche war der überwiegenden Menge nach Kochsalz. Auf 100 Theile herechnet wurden erhalten: Kochsalz 82.85 Chlorkalium 4.10 Kohlens. Natron 8.39 Pyrophors. Natron 1.18 Schwefelsaure \ g Salze (aries Die unlösliche Asche war sehr gering, locker gelb, und enthielt phosphorsaures Eisen, phosphorsauren Kalk und Mag- nesia und Schwefelsäure. Innsbruck Jänner 1871. !) 1) Diese Mittheilung wurde der Vereinsleitung erst im Jänner 1872 übergeben. za Bericht über die im physiol.-chem. Laboratorium vom Oktober 1870 bis heute ausgeführten Arbeiten. Ausser obiger Mitthtilung über die Ovarialflüssigkeit sind folgende Abhandlungen publicirt worden: 1. Ueber die Trommer’sche Zuckerreaction im Harn; 2. einfache Darstellung von salzsaurem Krea- tinin aus Harn; beide von R. Maly in den Sitzungsberichten der Wiener-Akademie Bnd. 63 Märzheft 1871. Letztere Ab- handlung auch in den Annalen der Chemie und Pharmazie Bnd. 160. 3. Bemerkungen über einen schwefelhaltigen Körperim Harn von Dr. W. Löbisch. Wiener-Sitzungs- berichte Bnd. 63. 4. Ueber die sogenannte Kryptophansäure J. L. W. Thudichum’s von Dr. J. Pircher. Centralblatt für die medizinischen Wissenschaften in Berlin. 1871. Nr. 21. 5, Künstliche Umwandlung von Bilirubin in Harnfarbstoff von R. Maly. Centralblatt für die medi- zinischen Wissenschaften in Berlin. 1871. Nr. 54. 6. Schlussuntersuchungen über die Abietin- säure von R. Maly. Annalen der Chemie und Pharm. von Liebig etc. Bnd. 161 pag. 115. Ausser diesen bereits publicirten Arbeiten ist eine Unter- suchung durchgeführt worden, über die Umwandlung der Oxy- benzoesäure und Paroxybenzoesäure in der Blutbahn an der sich theilweise Dr. Löbisch betheiliget hat, und endlich in Gemeinschaft mit Prof. Hofmann, und Herrn J. Donath eine Arbeit, die unter dem Titel Beiträge zur Chemie des phosphorsauren Kalk’s und des Leim’s in einiger Zeit ver- öffentlicht werden wird. Innsbruck im Jänner 1872. Prof. R. Maly. Io“ Ophthalmologische Mittheilungen Prof. Ludwig Mauthner. 1. Drei Fille von erworbener Hypermetropie. Als Formen erworbener Hypermetropie kennt man 1. die Hypermetropie in Folge von Aphakie, und 2. jene, die, wenn auch nur in geringem Grade, im höhern Alter sich bemerkbar macht. Ferner sieht man H auftreten: 3. bei Glaucom, 4. bei Verfärbung und Atrophie des Sehnerven, und 5. nach Angina diphtherica. Die Ursachen der H, welche unter den drei letztgenannten Verhältnissen sich zeigt, sind entweder schwer oder gar nicht zu begreifen. So ist für jene Abnahme des Brechzustandes, welcher, wie Jacobson sah, nach diphtheri- tischer Angina sich entwickelt und später wieder vollständig verschwindet, absolut kein halbwegs verständlicher Grund aufzufinden. Als Curiosum wird weiters, also 6. angeführt jene H, die durch Compression des Bulbus von rückwärts und die dadurch erzeugte Verkürzung der Augenaxe und 7. jene, die durch Vortreibung der Macula lutea durch retro- retinale feste Exsudate oder Neubildungen, und jene, die durch centrale Netzhautablösung zu Stande kommt. Die beiden letz- teren Formen sind Curiosa, weil allerdings die physikalische Existenz der H evident ist, aber leider weder der Arzt noch der Patient in der angenehmen Lage sich befinden, dieser pbysikalischen H irgend welche Aufmerksamkeit zu schenken. — 18 — Endlich und 8. kann erworbene Hypermetropie durch Ver- änderungen in der Cornea bewirkt werden. Hören wir einige Stimmen in Betreff dieses letzteren Punktes. Donders!): „Ich habe zuweilen bei centralen Hornhaut- geschwüren einen hohen Grad von Hypermetropie beobachtet, an deren Stelle Emmetropie oder gar Myopie, verbunden mit unregelmässigem Astigmatismus, trat, sobald bei arteficieller Mydriasis auch die seitlichen Theile der Hornhaut beim direk- ten Sehen mit ins Spiel kamen.“ Nagel?): „Erworben scheinen höhere Grade von Hyperopie, abgesehen von Linsen- verlust, nicht vorzukommen. — Weniger hohe Grade von Hyperopie können dagegen erworben werden 1. durch Ab- flachung der Cornea, der ganzen oder des mittleren Theiles in Folge ulceröser Erkrankungen.* v. Stellwag*): „Es wer- den Convexitätsverminderungen einzelner Trennungsflächen des dioptrischen Apparates mitunter auch erworben. Indem dann aber die Krümmung wohl immer eine sehr unregelmässige ist, wird nicht sowohl Hypermetropie, als vielmehr irregulärer Astigmatismus mit Uebersichtigkeit als Grundlage das Resultat sein. Hierher gehören die Verflachungen der Hornhaut als Folge schrumpfender Narben u. s. w.“ Schweigger *): „Bei Abflachung der Cornea durch centrale Facetten können hohe Grade von Hypermetropie gleichzeitig mit unregelmässigem Astigmatismus auftreten. “ Die angeführten Citate mögen genügen, um zu zeigen, dass man wohl zur Zeit des Vorhandenseins eines centralen Hornhautgeschwiirs die Existenz hochgradiger Hypermetropie bisweilen nachweisen konnte, ohne dass aber ein solcher Nach- weis begreiflicher Weise irgend welche praktische Bedeutung 1) Die Anomalien der Refraction und Accommodation. Ueber- setzung pag. 205. 2) Die Refractions- und Accommodationsanomalien des Auges, pag. 65. 3) Augenheilkunde, 4. Auflaze, pag. 806. 4) Handbuch der spec. Augenheilkunde, pag. 51. — eo hätte; dass hingegen von Anderen Fälle nicht beobachtet zu sein scheinen, in welchen eine durch einen geschwürigen Process gesetzte und nach erfolgter Heilung zurückgebliebene centrale Hornhautabflachung eine solche Durchsichtigkeit und dabei — wenn auch irregulärer Astigmatismus nicht gänzlich aus- geschlossen erscheint — eine so regelmässige Krüm- mung bewahrt hätte, dass hochgradige, durch Convex- gläser corrigirbare Hypermetropie zurückgeblieben wäre, dass also nicht der irreguläre Astigmatismus die Correction unmöglich und den Nachweis der vorhandenen H ohne Nutzen für das Auge gemacht hätte. Ich habe bisher auch nur zwei solche Fälle gesehen, von denen ich den einen bereits in meiner Ophthalmoscopie pag. 159 erwähnte. Ich will denselben hier nochmals vor- führen und den zweiten beifügen. Der erste Fall betraf einen 18jährigen jungen Mann, Namens Samuel Braun, welcher 4 Jahre vor der Zeit, zu welcher er sich vorstellte, seiner Angabe nach eine heftige Entzündung des rechten Auges durchgemacht hatte, und nun anfrug, ob denn die seitdem so sehr herabgesetzte Sehkraft dieses Auges nicht doch wieder gehoben werden könnte. Ich will ausdrücklich erwähnen, dass, so sehr auch nach der An- gabe des Kranken die Aufmerksamkeit sofort auf die Unter- suchung der Cornea gelenkt werden musste, um so mehr, als die Iris und Pupille sich normal erwiesen, doch weder im Tageslichte, noch bei seitlicher Beleuchtung zunächst eine Trübung oder sonstige Anomalie der Hornhaut ohne Weiteres auffiel. Den gewöhnlichen rohen Spiegelungsversuch erinnere ich mich nicht gemacht zu haben. Bei der Untersuchung im durchfallenden Lichte bot sich mir jedoch ein höchst merk- würdiges, noch nie gesehenes Bild dar. Durch die Pupille ging ein dunkler Streifen und in dem Felde unterhalb des- selben erschienen mir, ohne dass ich mein myopisches Auge (M '/,) durch ein Glas corrigirt hätte, die Objecte des Augen- grundes so hinlänglich scharf und deutlich und dabei in jener geringen Vergrösserung, wie ich sie im staaroperirten Auge — 187 — zu sehen gewohnt bin. Die Diagnose einer H '/, konnte, da ich beim Abstand von 3” zwischen dem Knotenpunkte meines Auges und jenem des untersuchten den Augengrund eben noch deutlich sah, sofort gestellt werden. Wenn ich mich dem Auge möglichst annäherte, so konnte ich gewahren, wie im Gesichtsfelde nach oben die Netzhautgefässe scharf abge- schnitten abbrachen und verschwanden, in diesem Theile des Gesichtsfeldes eben nichts als die gleichmässige, gelbrothe Färbung des Augengrundes zu sehen war. Wenn ich mein Auge corrigirte, so erschien mir nunmehr der übrige Augen- grund in der dem emmetropischen Auge entsprechenden star- ken Vergrösserung, während gleichzeitig das Miniaturbild der mehr central gelegenen Netzhautpartie noch immer wenn auch undeutlich sichtbar blieb. Auf die Erscheinung der Verdopp- lung der Objecte des Augengrundes will ich hier nicht ein- gehen. Es war gerade so, als wäre ein Loch durch die Linse hindurchgeschlagen. Da diese Annahme gerade nicht sehr plausibel war und andererseits die allseitige An- wesenheit der Linsenreflexe sofort die Hoffnung auf einen derartigen Fund raubte, so musste man die Ursache in der Hornhaut suchen. Liess man das Spiegelbild einer Kerzen- flamme über die Hornhaut gleiten, so hatte man das schöne Schauspiel, wie plötzlich an einer bestimmten Stelle das Bild wie mit einem Sprunge grösser wurde, ohne gleichzeitig merklich verzerrt zu werden, eine Strecke weit die gleiche Grösse bewahrte, um dann wieder in seine beschei- deneren Dimensionen ebenso ohne Uebergang zurückzufallen. Auf diese Weise konnte man leicht die Peripherie der Ab- flachung, welche sich vom Centrum der Hornhaut nach unten und aussen erstreckte, feststellen, und nun erst gelang es, die betreffende Partie auch direct zu sehen und von ihrer Umgebung mit dem Gesichtssinne abzugrenzen. Die Untersuchung mit Gläsern und Sehproben ergab: Das gesunde linke Auge emmetropisch, dessen Sehschärfe 2%, ,. Das rechte Auge konnte auf 20’ Abstand das grosse A (Snellen) nicht erkennen, auf 10’ Abstand wurde das A un- ee oe deutlich gesehen, mehr errathen, S also kaum 1% 09: In de Nähe konnte das rechte Auge nur Schrift Nr. 14 J., und diese auf keine grössere Entfernung als auf 4” lesen. Das Auge wurde durch Convex 3Y,, Y,” vor die Cornea gestellt, corrigirt, hatte mit diesem Glase S 294, und las damit Nr. 3 Jäger auf 8”. Stellte man das uncorrigirte Auge auf 2’ von Snellen’s Tafel, so wurden nur die Buchstaben XL zögernd genannt; hielt man nun ein Prisma von 16° mit der Kante nach abwärts vor das Auge, so dass das Glas also durch Deduction (Abwärtswendung) des Auges überwunden werden musste und die Lichtstrahlen daher durch eine zwar periphere, aber normal gekrümmte (obere) Hornhautpartie einfielen, so wurden sofort die Lettern XX fliessend gelesen. Leider konnte die ophthalmometrische Messung der Cornea nicht vorgenommen werden. Fragen wir uns, welcher Werth für den Krümmungsradius in der abgeflachten Stelle durch die Rechnung gewonnen werden kann, so lautet die Antwort: Nehmen wir den Krümmungsradius der Hornhaut (nach Don- ders) mit 7:7 Mm. und legen wir der Linse einen solchen Einfluss auf die Brechkraft des Auges bei, dass ihre Ent- fernung aus dem Pupillargebiete eines emmetropischen Auges H '/, erzeugen würde, dann ergibt sich, dass, falls dieser Grad von H in einem emmetropischen Auge nicht durch Aphakie, sondern durch Hornhautabflachung entstehen soll, der Radius der Cornea seinen Werth von 7:7 Mm. in jenen von 9:63 Mm. ändern müsse. Es ist klar, dass in unserem Falle die ganze Hyper- metropia acquisita manifest war, denn das linke emmetro- pische Auge hatte ja die Führung. Es ist aber andererseits a priori wahrscheinlich, dass, falls bei solcher erworbener Hypermetropie das betreffende Auge die Rolle des allein sehenden übernehmen müsste, ein solches Auge in Betreff des latenten und manifesten Theils seiner H ein ähnliches Ver- halten zeigen würde, wie das mit typischer Hypermetropie behaftete. Ein Beispiel dafür liefert der zweite Fall. Eduard Appeller, 22 Jahre alt, stellte — 189 — sich mir am 12. Mai 1870 vor. Das linke Auge war phthi- sisch in Folge einer vor vielen Jahren erfolgten Verletzung durch einen eingedrungenen fremden Körper. Am rechten Auge war eine centrale Triibung und Abflachung der Hornhaut er- kennbar, von solcher Beschaffenheit, dass die Trübung gegen den Mittelpunkt zu sich nahezu verlor. Bei der ophthal- moscopischen Beleuchtung sah ich durch jene centrale Stelle ohne Correctionsglas die Objecte des Augengrundes noch bei einem Abstande der Augen van 1,” (also dem der beider- seitigen Knotenpunkte von 2”) möglichst deutlich. Das Bild trug nämlich das Gepräge einer durch irregulären Astigma- tismus erzeugten, jedoch nicht bedeutenden Verzerrung. Es bestand also H '/,. Das uncorrigirte Auge zeigt S '%/), Hm ist Y,,, mit Convex 16 ist S— !Y,,, auch werden ein- zelne Buchstaben von XX. noch gelesen. Patient liest ohne Glas unter sehr starker Verengerung der Augenlidspalte Nr. 1 Jäger auf 514, Nr. 3 noch auf 7”, aber zégerud; mit Con- vex 16 (leichter, als mit Convex 12, aber doch noch auch mit diesem letzteren Glase) Nr. 1 auf 7, Nr. 3 auf 91%”. Es wird ihm zum Sehen in die Nähe Convex 16 verordnet. Wir haben in den zwei angeführten Fällen das erste Mal H Y,, das zweite Mal H '/,. Die Sehschärfe des corri- girten Auges ist im ersteren Falle 1/41/,, im zweiten 1%. Trotzdem also die Sehschärfe der beiden Augen nicht viel differirt, hat das erste Auge ohne Glas kaum eine Seh- schärfe 1%, 90, das letztere dagegen S !Y,,. Brauche ich zu sagen, dass nicht sowohl der Unterschied im Grade der Hy- permetropie (es handelt sich um eine Differenz von Y,, die bei so hohen Graden von H für die Prüfung der Sehschärfe des unbewaffneten Auges auf 10° sehr wenig in Betracht kommt) die Ursache dieser Erscheinung ist, als vielmehr der Umstand, dass im erstern Falle die Hypermetropie gar nicht, im letztern hingegen zum grössten Theile durch die Accom- modation gedeckt wurde? Ich füge nun einen dritten Fall von erworbener Horn- hautabflachung bei, der uns eine neue Ursache für diese Art I ee der erworbenen Hypermetropie kennen lehrt. Die 50jährige Taglöhnerin Ursula Tripp wurde am 9. Juni 1870 auf meine Klinik aufgenommen. Es handelte sich um eine melanotische Geschwulst am linken Auge, welche vom Limbus conjunctivae ausgehend auf die Hornhaut gewuchert war, ihre mächtigste Entwicklung nach unten, eine weniger mächtige nach aussen, eine Andeutung ihres Entstehens nach oben zeigte und nur den innern Hornhautrand intact liess. Der dem Pupillargebiete gegenüber liegende Theil der Hornhaut war von Geschwulst- bildung frei; doch liess sich bei seitlicher Beleuchtung in dieser Partie eine feine punktförmige oberflächliche Trübung erkennen. Das rechte gesunde Auge war emmetropisch, dessen Sehschärfe 2%,, nahezu. Das linke Auge zeigte Hyper- metropie, und zwar betrug die Hm Y,,; nach Atropinein- träuflung wurde Convex 10 als das corrigirende Glas ge- funden, die Sehschärfe (mit dem corrigirenden Glase) betrug 20/.,. Der Augenspiegel zeigte ausser der Hypermetropie die (von der Trübung der Hornhaut herrührenden) Erschei- nungen eines gewissen Grades von irregulärem Astigmatismus. Als die Patientin nach Entfernung der Geschwulst geheilt entlassen wurde, war die Hypermetropie — verschwunden. Es war dieses Phänomen besonders bei der Untersuchung mit dem Augenspiegel äusserst überraschend. Das Auge war emmetropisch, verwarf selbst Convex 80 entschieden und hatte Sehschärfe 2%, ,. Die centrale Hornhautpartie war dabei fast zur Norm zurückgekehrt, die ophthalmoscopischen Er- scheinungen des irregulären Astigmatismus waren grössten- theils verschwunden. Offenbar hatte der am untern Drittheil der Hornhaut haftende mächtige Geschwulstlappen die Ab- flachung derselben bewirkt. Unter den früher gesetzten Be- dingungen hätte dabei der Hornhauthalbmesser um 0.38 Mm. zunehmen müssen, so dass er nunmehr (statt 7.7 Mm.) 8:08 Mm. betrug. 22190, © 2. Ein Fall von Chorioideremie. Ortner Andreas, ein 32jähriger Müller aus Innichen im Pusterthale, stellte sich am 1. Juni 1871 im Ambulatorium meiner Klinik vor. Auf die entsprechenden Fragen gab er folgenden Bescheid: „Seitdem ich mich erinnere, weiss ich, dass ich immer schlecht gesehen habe. Ich sehe zwar die Gegenstände, die in gerader Richtung vor mir sich befinden, sehe aber dabei nicht, was rechts und links, oben und unten von ihnen liegt. Ich habe immer bei Tage besser als gegen Abend gesehen, und ist einmal die volle Dämmerung da, so sehe ich eigentlich so gut, wie Nichts, Ich habe auch die Bemerkung gemacht, dass es mit dem Sehen im Sommer besser als im Winter geht. Seit ich vor 15 Jahren den Typhus überstand, ist mein Sehvermögen entschieden schlechter geworden. Ich habe sieben Geschwister, von denen ein Bruder, der 26 Jahre alt ist, genau dieselbe Art der Schlechtsichtig- keit darbietet, wie ich sie selbst darbiete. Meine Eltern sehen zwar gut, aber ein Bruder meines Vaters sah auch schlecht, und meine Grossmutter von väterlicher Seite wurde in ihrem 70. Lebensjahre vollkommen blind.“ Aeusserlich war an den Augen des Patienten nichts Krankhaftes wahrzunehmen. Spannung und Beweglichkeit der Bulbi normal, Cornea normal, die Irides von blaugrüner Farbe, die Pupillen im Tageslichte vollkommen schwarz und frei be- weglich. Ich benützte diesen Fall, um meinen Hörern zu demonstriren, wie man bei Krankheitsprocessen, die nur mit Hilfe des Augenspiegels erkennbar sind, doch gar oft aus den sich markirenden Symptomen die Diagnose mit mehr oder weniger Sicherheit noch vor der Spiegelprüfung machen könne, und wies darauf hin, dass wir bei unserem Kranken fast mit Bestimmtheit darauf rechnen könnten, eine typische Pigment- entartung der Netzhaut zu finden. Doch wie gross war mein Erstaunen, als ich nur einen Blick in das eine oder andere der Augen mit dem Spiegel warf. Allein, ehe wir auf die Resultate der ophthalmosco- = 1927) — pischen Prüfung eingehen, sei zunächst Folgendes über Brech- kraft, centrale und periphere Sehschärfe der Augen erwähnt. Das rechte Auge zeigte blos Sc— %99, es wurde auf 5’ nur das grosse A deutlich erkannt, wenn man auch die mit dem Spiegel bestimmte Myopie durch — '/,, corrigirte. Das Sehfeld reichte vom Fixationspunkte 10° horizontal nach innen (gegen die Nase zu), fehlte gänzlich gerade nach aussen (gegen die Schläfe), erreichte gerade nach oben 15°, gerade nach unten 5°, in der Diagonale (im Meridiane von 45°) nach oben innen 15°, nach oben aussen 5°; nach unten innen 15°, nach unten aussen 0°. Das linke Auge zeigte M '/,, mit — \/, war die cen- trale Sehschärfe 1%, ,; Nr. 3 Jäger wurde auf 5” gelesen. Das Gesichtsfeld war nieren- oder bohnenförmig. Die Con- vexität der Bohne war gerade nach oben, die Concavität gerade nach unten gerichtet. Dabei stand die Fixationsstelle im Nabel der Bohne, so dass also das Sehfeld gerade nach abwärts vollkommen fehlte, in der Diagonale nach unten innen und unten aussen aber vorhanden war, und zwar sich in er- sterer Richtung bis zu 15°, in letzterer bis zu 10° erstreckte. Nach oben, und zwar gerade nach oben, sowie in den beiden Diagonalen ergab sich eine Ausdehnung von je 5°. Der grösste, der Querdurchmesser des Sehfeldes zeigte 34°, und zwar 15° gegen die Nase, 19° gegen die Schläfe. Bei der Beleuchtung mit dem Augenspiegel auf einige Zolle Abstand sah man, wo man auch hinblicken mochte, Nichts von dem gewöhnlichen gelbröthlichen, sondern nur einen grellen weisslichgrünen Reflex. In diesem Momente wurde mir klar, dass falls die Opticusfasern der Retina ihr Mark am Rande des Sehnervenquerschnitts sämmtlich wieder ange- nommen und in ihrem ganzen Netzhautverlaufe (mit Ausnahme der Stelle der Macula lutea) beibehalten hätten, dann nicht blos dieser eigenthümliche Reflex des Augengrundes, sondern auch die von Geburt an bestehende concentrische Einengung des Sehfeldes, ebenso die centrale Amblyopie (die bei grosser Ausdehnung der sogenannten Opticusausbreitung [Jäger] schon — 193 — öfter beobachtet wurde [Schweigger]) erklärt, und auch das Vorkommen des gleichen Uebels bei einem Bruder des Pa- tienten nicht merkwürdig sein würde, da es ja doch nicht das erste Mal wäre, dass ich markhaltige Fasern der Retina bei zwei Geschwistern sah (s. Ophthalmoscopie pag. 264). Aber auch diese diagnostische Vermuthung erwies sich als un- richtig. Die genaue Untersuchung zeigte vielmehr: Rechtes Auge. Die brechenden Medien rein, Myopie Aa. Der Sehnerv zeigt im Ganzen eine rundliche Gestalt, ist gleichmässig geröthet, seine Grenzen jedoch allseitig voll- kommen verwaschen. Der Ursprung und Verlauf der Netz- hautgefässe ist normal, das Caliber der Arterien verringert. Der Sehnerv ist ringsum bis zu den äussersten Grenzen des Augenspiegel-Sehfeldes von einer weissgrünlich glänzenden, bei der Prüfung im aufrechten Bilde eine deutliche Streifung, aber nicht die geringsten Niveaudifferenzen dar- bietenden Fläche umgeben. Jedoch lassen sich auf dieser letztern (abgesehen von der Verästlung der Netzhautgefässe) einzelne, wenn auch wenige Details unterscheiden. Zunächst sieht man in der Nähe des inneren Randes des Sehnerven (im Abstande eines 1/, Pupillendurchmessers) ein Gefäss aus der Sclerotica hervorkommen, welches bogenférmig um den obern Sehnervenrand herumgeht, und ein zweites ähnliches am untern Rande des Opticus auftauchen, das, im Gegen- satze zu dem mehr gestreckten innern obern Gefässe, eine starke Schlängelung zeigt und gleichfalls nach aussen ver- läuft. Diese beiden Gefässe anastomosiren nicht sichtbar mit einander und schicken ebensowenig irgend welche Aeste ab, die noch bei 15maliger Vergrösserung erkennbar wären; denn sonst müsste man dieselben auf der weissen Unterlage trefi- lich sehen. Die Gefässe zeigen auch keine Theilung, ver- dünnen sich und entziehen sich bald der Beobachtung. Ich will hier gleich beifügen, dass am linken Auge nur Ein derartiges Gefäss, welches genau dem innern obern des rechten Auges entspricht, vorkommt. Es ist klar, dass die genannten Gefässe Analoga des von Ed. v. Jäger der Ver- — 194 — gessenheit entrissenen arteriellen Scleroticalgefässkranzes sind, wiewohl sie nicht innerhalb, sondern auf der innern Fläche der Sclera liegen, und wiewohl in dem Auge, in welchem zwei solche Gefässe vorkommen, das eine statt am äussern am untern Rande der Papille emportaucht. Ausser den eben ge- nannten Stämmchen sieht man auf der weissen Fläche nur noch sparsame Reste vollkommen anomal gestalteter Chorioi- dealgefässe, ganz ähnlich denen, wie sie beim Colo- boma chorioideae zu beobachten sind, und ferner vereinzelte schwarze Pigmentformationen, die sich aber durch- aus nicht auf die Peripherie des Augengrundes beschränken, von punktförmiger, dreieckiger, vielstrahliger und schollen- artiger Form (aber immer deutlich eine Zusammensetzung aus kleineren Pigmentpunkten zeigend), Pigmentbildungen, wie sie gleichfalls auf colobomatösen Partien der Aderhaut sich finden. Nur an der Stelle der Macula lutea ist etwas mehr von der Aderhaut zu sehen. Es findet sich da ein deutlich entwickeltes, wenn auch wenig dichtes Chorioidealgefässnetz, an einzelnen Stellen des Umkreises stehen schwarze und rostbraune Pig- mentflecken. Aber auch an der Macula zeigt sich keine Spur des normalen Stroma- oder Epithelialpigments. Am linken Auge gestaltet sich das Bild etwas anders. Im hintern Linsenpole eine kleine dreieckige, die Spitze nach abwärts kehrende durchscheinende Trübung. Im Glaskörper, und zwar in dessen hinterm Abschnitte flottirende, punkt- und fadenförmige Opacitäten. Der Sehnerv, die Netzhaut- gefässe, sowie die vom Sehnerven nach oben, innen und unten gelegenen Partien des Augengrundes zeigen dasselbe Verhal- ten, wie im rechten Auge, nicht so die Macula lutea und der von ihr nach aussen gelegene Theil der Aderhaut. Die Macula lutea erscheint als ein scharfbegrenzter, rothbrauner, rhombischer, die Ecken nach oben und unten, innen und aussen kehrender Fleck, dessen Diagonale dem Pupillendurch- messer an Grösse gleicht und an welchem das wohl ent- wickelte und gut pigmentirte Aderhautepithel die Beobachtung tiefer liegender Details nicht gestattet. Von der äusseren 0195 0 Peripherie des gelben Flecks sieht man deutlich entwickelte, ein Netz bildende Chorioidealgefässe auf dem weissen Grunde nach aussen ziehen; je weiter nach aussen, desto enger wer- den die Maschen des Netzes, und in der äussersten Peripherie, die der Untersuchung zugänglich ist, sieht man auch noch das pigmentirte Epithel auftreten. Wir brauchen in unserem Falle keine Differentialdiagnose zu machen. Ich glaube nicht, dass Jemand den beschriebenen Befund anders deuten wollte, als er zu deuten ist. Es handelt sich um den Mangel der Aderhaut in beiden Augen, und zwar fehlt die Chorioidea am linken Auge vollstän- dig, und nur das einigermassen reguläre Gefässnetz an der Macula lutea erinnert an die abhanden gekommene Membran. Im rechten Auge ist zum Glücke für den Besitzer der Augen das Pigmentepithel an der Stelle des gelben Flecks in seiner Entwicklung wenigstens nicht erheblich gestört wor- den, auch ist im äussern Abschnitte des Auges ein deutliches Rudiment der Aderhaut wahrzunehmen. Man kann natürlich nicht mit Bestimmtheit angeben, in welcher Weise durch Hemmungen in der embryonalen Ent- wicklung das Stroma, sowie das Pigmentepithel der Chorioidea sammt der Stäbchen- und Zapfenschichte grossentheils ver- loren ging; aber es lässt sich die Sache ganz gut so vor- stellen, dass zunächst jenes Gewebe, welches, das äussere Blatt der primären Augenblase umgebend, zum Stroma und zum Blutgefässsystem der Aderhaut werden soll, in seiner Entwicklung gestört, zu Grunde gerichtet wurde, und dass unter dieser Störung auch das äussere Blatt der primären Augenblase, das sonst zum Pigmentepithel sich umstaltet, litt. Da die Stäbchen und Zapfen aus dem innern Blatte der primären Augenblase in die Epithelzellen des äussern Blattes hineinwachsen (wobei die letzteren die Pigmentscheiden für die ersteren bilden), so konnten sie dort mit zu Grunde gehen, wo das Epithel schwand, oder sie fanden, falls sie zur Zeit des Epithelschwundes noch nicht sntwickelt waren, keine Stütze vor und konnten sich nicht oder wenigstens — 190 nicht gehörig entwickeln. Dabei ist in der Ausbildung der ınneren Netzhautschichten, nach dem Augenspiegelbefunde zu urtheilen, ebenso wenig eine Störung vorgekommen, als in jener der Sclerotica. Am linken Auge, im welchem das centrale Pigmentepithel erhalten ist, besteht auch noch eine respectable centrale Seh- schärfe: Y,; im rechten hingegen, wo von diesem Epithel Nichts zu sehen ist, ist die centrale S höchst mangelhaft: Yo: In der nächsten Umgebung des gelben Flecks functioniren auch noch Stäbe und Zapfen in beiden Augen so weit, dass die Lichtempfindung vermittelt wird. In der äussersten Grenze des äussern Feldes des linken Auges, in welchem wir auch normales Epithel sehen, ist keine Lichtempfindung, weil diese Stelle auch im normalen Auge nicht mehr pereipirt. Der grösste Theil der Netzhaut ist jedoch in beiden Augen, entspre- chend dem gänzlichen Verluste der Stabschichte, unempfindlich. Dieser in der Literatur einzig dastehende Fall hat noch das Interessante an sich, dass bei dem amblyopischen Bruder des Aderhautlosen sich aller Wahrscheinlichkeit nach derselbe Befund ergeben dürfte. Ich werde in jeder Weise trachten, dieses Individuums ansichtig zu werden; vielleicht dass sich dadurch noch weitere Aufschlüsse über Chorioideremie ge- winnen lassen. Zum Schlusse noch folgende Bemerkungen. Wir sagten bereits, dass die Irides von blaugrüner, die Pupillen von schwarzer Farbe waren. Die Iris liess sich auch auf keine Weise durchleuchten; in ihr und wahrscheinlich auch im Ciliarkérper war es zur vollkommenen Entwicklung der ein- zelnen Schichten, also auch des pigmentirten Stratums ge- kommen. Dagegen gelang es sehr leicht, durch seitliche Be- leuchtung der Sclerotica das Augeninnere zu erleuchten. Der Umstand, dass die Pupillen für gewöhnlich schwarz waren, trotzdem fast der ganze Augengrund alles einfallende Licht reflectirte, ist ein klarer Beweis für die Richtigkeit der Er- klärung, welche Helmholtz für das Augenleuchten gab, — falls es noch einer neuen Stütze hiefür bedürfte. = 19. —: Wir sehen im linken Auge, und zwar im hintern Theile des Glaskörpers flottirende Trübungen. Ich überlasse es meinen Lesern, ob sie daraus den Schluss ziehen wollen, dass diese Trübungen aus der Aderhaut stammen oder nicht. Für die Verfechter der erstern Ansicht könnte der Umstand sprechen, dass in jenem Auge, in welchem wenigstens einige Rudimente der Aderhaut vorhanden sind, sich Trübungen finden, während sie in dem ganz aderhautlosen Auge fehlen. Ebenso will ich nicht entscheiden, ob das verringerte Caliber der Netzhautarterien, das ich früher erwähnte, eine pathologische Bedeutung habe oder nicht. 3. Eine sonderbare Verletzung. Der 48jahrige Knecht Parnter Pankraz, welcher sich mir am 8. Februar 1870 vorstellte, ist ein wahrer Unglücks- mensch. Vor 11 Jahren hatte ihn eine Kuh mit dem Horne ins linke Auge gestossen, in Folge dessen er auf demselben im Verlaufe von 14 Tagen gänzlich erblindete, und vor zwei Jahren flog ihm ein Holzsplitter in das rechte Auge und machte auch auf diesem, unter gleichzeitiger Setzung von Cataracta, dem Sehvermögen ein Ende. Das linke Auge ist dasjenige, welches uns interessirt. Dasselbe zeigt nur nach innen und nach aussen vom gelben Flecke an sehr begrenzten Stellen quantitative Lichtempfin- dung, und auch diese war einige Wochen später (was übri- gens bei der langen Dauer des Uebels auffallend ist) vollständig geschwunden. Patient gibt an, es wäre der Stoss von der Nasenseite her erfolgt. Es lässt sich aber weder in dieser Gegend, noch an irgend einer anderen Stelle der Ueberrest einer Scleralwunde und ebenso wenig an irgend einem Punkte der Hornhaut eine Trübung entdecken. Die Cornea erscheint überhaupt, sowie die Sclerotica in jeder Beziehung normal, Naturw.-med. Verein. 17 " a die Iris dagegen fehlt vollkommen (von Ciliarfortsätzen ist trotzdem Nichts zu sehen), und die Linse ist vollständig ver- schwunden. Von der obern Ciliarkörpergegend ziehen eigen- thümliche grauliche, bei Bewegungen des Auges erzitternde Fäden nach ab- und rückwärts in den Glaskörper, der aber sonst vollkommen durchsichtig erscheint. Der Sehnerv ist sehr deutlich sichtbar, in seiner Farbe nicht merklich alterirt; die Netzhaut fast allseitig abgelöst, besonders die untere Hälfte derselben weit vorn im Glaskörper flottirend, dabei ausserordentlich diaphan, das hinter ihr liegende Fluidum wasserklar, daher das Tanzen der Netzhautgefässe bei Be- wegungen des Auges besonders schön sich darstellend. Vom Sehnerven gegen die Macula lutea gehend sieht man hinter der abgelösten Netzhaut einen glänzenden Chorioidealriss, der in der Gegend des gelben Flecks in eine grosse Anzahl glänzender gelbweisser Striche sich auflöst. Bei dem Umstande, dass es nicht möglich ist, eine Rissstelle in der Leder- oder Hornhaut nachzuweisen, muss man sich fragen, ob die Annahme einer Berstung der Bulbus- kapsel in unserem Falle eine nothgedrungene sei. Es fehlt Linse und Iris. Die erstere hätte, durch das Trauma aus ihren Verbindungen gelöst und nach Zerreissung der Kapsel, . sich im Laufe der 11 Jahre resorbiren können; aber wo bliebe dann die Iris? Darin liegt eben das Merkwürdige des ganzen Falles. Die Iris ist allerdings noch im Innern des Auges, aber wo? Man sieht im unteren Augenraume eine von der unteren Irisinsertion nach rückwärts streichende dunkle compacte, nur in der Gegend des hinteren Augenpols Lücken zeigende, wie zusammengerollte Masse, die offenbar nichts Anderes als die abgelöste Iris ist. Aber vor dieser abgelösten Iris liegt die abgelöste Netzhaut, so dass die Netzhautgefässe über die in der Tiefe des Auges versenkte Regenbogenhaut streichen. Dieses curiose Unicum muss man sich so zu Stande gekommen denken, dass im Momente des Anpralls des Kuh- horus (ohne dass die Bulbuskapsel barst) totale Ablösung led a der Iris (so dass die Membran nur noch an ihrer tiefsten Stelle haften blieb), und ebenso Netzhautablésung mit peripherem untern Risse der letztern Membran erfolgte, und nun der abgelöste Irisklumpen durch das Netzhautloch hinter die ab- gelöste Retina schlüpfte. Innsbruck, den 5. Februar 1872. 17* Bade-Versuche. Von Prof. O. Rembold. Ich habe im Jahre 1871 einige calorimetrische Bade- Untersuchungen an mir selbst vornehmen lassen, um zu con- statiren, ob Morphin- und Chininsalze und einige andere Stoffe am Gesunden eine wesentliche Beeinflussung der Wärmeab- gabe hervorzurufen im Stande sind. Um die Versuche zum Vergleiche des Zustandes eines fieberhaft Kranken besser ein- zurichten, wurden Controlversuche bei längerem Fasten an- gestellt. In der hierauf folgenden Zeit, der Convalescenz ent- sprechend, wurden abermals Messungen vorgenommen. Die Veisuche ergaben, dass die Wärmeabgabe beim Gesunden durch Chinin wenig beeinflusst wird, dass Morphin die Wärmeabgabe vermehrt, dass Wein im höheren Grade diess zu bewirken im Stande ist, dass gewisse Salze, z. B. Chlornatrium, dem Badewasser beigesetzt, keinen wesentlichen Effect hervorbringen, dass endlich während des Fastens die Temperatur des Körpers in der Ruhe und die Wärmeabgabe im Bade nahezu dieselbe wie bei gewöhnlicher Kost ist, hiebei aber bei gleicher Wärmeabgabe die Temperatur des Körpers während des Bades bedeutend herabgesetzt wird. Diese Herabsetzung der Körpertemperatur hielt noch durch Wochen über die Zeit des Fastens hinaus an, und verschwand vor Erreichung des früheren Körpergewichtes. a Die therapeutische Wichtigkeit derartiger nur als Vor- versuche zu betrachtender Untersuchungen läge darin, Medi- kamente zu finden, welche einen für fieberhafte Kranke gül- tigen antipyretischen Werth besässen. Diess dürfte allerdings noch lange nicht erreicht werden, und einstweilen genüge es, gefunden zu haben, dass gewisse Medikamente, z. B. Mor- phium, die Wärmeabgabe nicht vermindern und somit in dieser Hinsicht bei Fieberhaften unbedenklich verabreicht werden können. Was die Messung selbst betrifft, so verhielt sich die Abkühlungsgeschwindigkeit der Badewanne zur Controlswanne wie 0-932: 1. Angewendet wurden 179°5 Kilogramme Wasser. Die Temperatur des Wassers wurde 2° ‘niederer genommen, als die Mastdarmtemperatur des Badenden war, und das Bad so lange genommen, bis die Temperatur des Wassers um 2° niederer geworden war. Die Berechnung der Wärmeabgabe erfolgte aus der Differenz der Abkühlungszeit beider Wannen.*) Das Wasser in beiden Wannen wird durch Schaufel- räder fortwährend bewegt, der Badende schwebt oberhalb der Schaufel, in der Controlswanne ist durch eingelegte lufthältige Cylinder das. Wasser auf dasselbe Niveau wie in der Bade- wanne erhöht, die Ablesung an den Thermometern erfolgt unter Anklopfen an den Thermometern mittelst Convexbrille. Die Messungen ergeben, wie folgt: ~ *) Die Abkühlungszeit der Badewanne A = P,, der zweiten Wanne: 0:932 = P,, das Gewicht des Wassers = 179-5 gesetzt, ergibt sich für obige Versuche an Wärmeabgabe in Calorien per Minute 2. (P, — P,) 179-5 Pie Bo : welche Berechnung nur einen approximativen Werth hat. di — 202 — I. Periode. Gemischte Kost. s 5 Dauer = 3 A S| des Bades in| 5 & 3 aA Minuten = a | Luft d Anmerkung 3 & 8 |(Zeit a.m. und) 4 3 aoe) PO les > i=] 8./5.| 37°83 | 61:5 p. m. | 376 1149 |1°8 9./5.|37°6 | 59'42a.m. [376 |145 | 1°59 10./5. | 37-9 a. m. — |13°8 | 2°08 | Vor dem Bade starke Bewegung. — 1376 p- m. — [151 |1'55 17./5.|37°2 | 65 a. m. — 1140 [2°02 | '/, gr. Morphium mur. 11/, St. vor dem Bade. 19./5. | 38°0 a. m. — [140 |1'575| 12 gr. Chininum bisulfur 11/, St. vor dem Bade. 20,/5. 376 a. m. — |15°0 | 1°85 | 24 gr. Chinin. 22./5.| 37°6 as — | — |1°78 | ', gr. Morphin. 23./5.|37°6 — — | — |17 |% gr Morphin. 24./5.| 37:8 — — | — [167 | Ohne Medikament. 26,/5. 378 = a — [154 | Y,, gr. Morphin subeutan !/, St. vorher. 27./5.|37°5 u — | — |1°80 | 1, gr. Morph. sub- cutan. Es ergab sich somit ohne Medikamente in der Ruhe — 1°65, nach Bewegung d — 2:08 für Morphin d = 1:77 fir Chinn d == 1'712, somit Werthe, deren geringe Differenz erst in der zweiten Periode eine grössere wird. — 203 — I. Periode. Fastenzeit. Dreimal täglich leere Suppe, 1 Schale schwar- zen Kaffee, 1 Schoppen Bier. Abnahme an Körpergewicht in 12 Tagen von 145 auf 1351/2 Pfd. Der Beginn des Fastens war am 30. Mai, somit der 1. Juni der dritte Tag des Fastens. 2 a Dauer =| S = 3 | des Bades in | 2 © 3 e | Minuten ® 8 | Luft d Anmerkung 2 = (Zeit a.m. und] & re as pm) |) |e 8 3 a 1,/6.| 38°2 | 80°55 a.m.| — |18°9 | 1°93 | Vorher starke Be- wegung. 3./6.137°5 | 61:0 a.m. | — {15°99 [164 5./6.|37°4 |69°45 a.m.| — |16°6 | 1°64 7,/6.|375 | 66-05 a.m. |37.04| 156 |2-0 | % gr. Morphin. 8./6. 377 | 66°4 a. m. 1372 |16°2 | 1°62 | %, gr. Morph. Un- wohlsein. — 1382 p- m. BUT 1162 |2'02 | '/, gr. Morph. sub- 976/376 | 657 am. (372 lied Iıa | — 1379 |66'33 p. m. 1374 |16°6 | 1°54 10,/6.1379 | 668 {37-4 [162 |1-67 |2&gr. Chinin 14, Stunde vor dem Bade. In der zweiten Hälfte dieser Zeit ergab sich, dass das Bad die Körpertemperatur um 0:5 durchschnittlich herab- setzte, während sonst die Einwirkung nur 0:1 betragen hatte. Ohne Medikament ergab sich d — 1°57, nach Bewegung 1°93, für Morphin d == 1°87 für Chinn 4d — I-67. Für Morphin trat somit die Wirksamkeit deutlicher hervor. — 204 — Ill. Periode. Ohne Fasten. MS Sar TTT MEM pT DUM ea TE 4 > 2 . Dauer = = \ | & 5 =| des Bades in = a Ee = Minuten 2 a | Luft |) d Anmerkung = © 8 (Zeit a.m. und 3 7 = go m.) aS 8 ne 2 23./6.| 37°8 res a.m. |37°3 !18'4 | 1°66 | Das Badwasser enthielt 2°/, Koch- salz. 24./6.'38°0 | 91:4 a. m. | 36°85] 19°0 | 2°27 | Wein vor und zu 374 Beginn des Bades. 27./6.|37.6 16710 a.m.|37°5 |17°6 | 1°63 | 3 Schalen kalten starken Kaffee vor dem Bade. 29,/6.|37°6 | 68°47 a.m.|36°9 |16°6 | 1°15 |% Flasche Cognac vor dem Bade. Be- deutendes Unwohl- sein, Frostempfin- dung. Nachmittag | | Mehrere darauffolgende Versuche ohne Medikament er- geben wieder d—1'65, die Temperatur nach dem Bade nur um Y,,° niederer. Es war somit beiläufig 14 Tage nach der Fastenperiode noch die Wärmeabgabe im Bade mit Ernied- rigung der Körpertemperatur um 0°5 vergesellschaftet. Con- valescenten wird eine starke Abkühlung daher leichter schäd- lich werden können. Wein hat die stärkste Wärmeabgabe bei gleichzeitiger Temperaturherabsetzung hervorgebracht, während ein übel- schmeckender Cognac eine Art Collapsus hervorrief, dem nach dem Bade ein Schüttelfrost folgte. Es ergibt sich somit aus dem Ganzen, dass Wein und Morphin eine Vermehrung der Wärmeabgabe bewirken. Ob bei Wein diess mit einem höheren Blutdrucke zusammen- hängt, bleibe dahingestellt. Für alle Narcotica ist a priori anzunehmen, dass das — 205 — Warme-Empfindungs-Centrum abgestumpft und die Wärme- abgabe weniger empfunden wird und somit mehr Wärme ab- gegeben werden kann, ohne dass die gewöhnliche Regulirung hiefür eintritt. Wegen Unwohlsein konnte ich die Versuche an mir selbst nicht länger fortsetzen. Dem Dr. Kölle, welcher die viel Zeit in Anspruch nehmenden Ablesungen vornahm, erstatte ich hiemit. meinen Dank. Mittheilungen aus den Kliniken und Instituten der Universitit zu Innsbruck. Bericht über die in der pathologisch-anatomischen Anstalt in Innsbruck vom October 1870 bis October 1871 vollführten Obductionen von Prof. Schott. In dem oberwähnten Zeitraume wurden 137 Obductionen vorgenommen, deren Ergebnisse in Allgemeinen in folgen- der Uebersicht vorliegen. Von den 137 Obductionen entfallen 84 auf die medici- nische Klinik, Abtheilung und Beobachtungszimmer, 22 auf die chirurgische Klinik und Abtheilung, 2 auf die Augenklinik, 29 auf die Gebär-Abtheilung und Findelanstalt. Die Obducirten vertheilen sich dem Geschlechte nach in 74 Männer und 63 Weiber. Berücksichtiget man die einzelnen Monate, in Hinsicht der Anzahl der Obductionen, sowie das Alter der Obducirten, so ergeben sich zunächst für die einzelnen Monate folgende Daten: — 207 — Im October 1870 wurden 10 Sectionen unternommen 8 M. 2 W. „ November „ > 10 = x 6G. Avs „ December „ 19 5 4 18,0, „Jänner 1871 „ 8 + x 4,14, „ Februar „ “18 „ # 8 „10, „ März ol 5 9,, 12, „ April a Sl n i An las » Mai ” ” 10 ” » 4 9 6 7) » Juni ” ». 16 » » 9, 1, „ Juli » pee LO ” ” 6,4, » August , » 4 » ” 3, 1, » September ,, Divers ” » Bee) Zn.) 137 74 Py) 63 >) Es lässt sich hieraus entnehmen, dass in den Monaten März, December, Februar, Juni, und zwar vorzüglich im Monate März, die meisten Sterbefälle vorkamen. Für die Monate December und Juni ist die höhere Ziffer begründet in den überwiegenden Fällen von Lungenkrank- heiten, für Februar und März durch den Puerperalprocess. Die Berücksichtigung des Alters liefert folgende Zahlen: Ye. Jahr alt 20098 nur Wall 5 ” by) en 1 D zwischen. 10 und 20. 5 5° -..: .. 6 Fälle i 20.15.80... 50 Hy oe RO ” 30 AQ: 5 RYO: AZO Hey by) ” 40 » 50 ” » GER is 22, ” 4.50, 4 60 eoglund) und als, B80) 5.20: iy Tics ONE GS 00,80 nel, Fa BO 90K , a. ae, 137. Hieraus wird ersichtlich, dass die meisten Sterbefälle der Altersklasse zwischen 20—30 Jahren zukommen. Es ist diess für das Jahr 1870-71 ausnahmsweise begründet in dem Auftreten des Puerperalprocesses, indem nach den im vorher- gehenden Jahre geschöpften Erfahrungen die höheren Alters- klassen eine grössere Sterblichkeit ergaben. — 208 — Die Todesfälle nach den Erkrankungen der Organe ge- orduet, mit Rücksicht der den Tod zunächst | cn Ursache, giebt folgende Uebersicht: Bluterguss zwischen die Hirnhäute. Apoplexia inter- MEDIO: Se ite A ck cate el Goumchand: Atrophia cotebri Gehirnblutung. Haemorrhagia cerebri. Gehirnhöhlenwassersucht. Hydroceph. chron. Rückenmarksentzündung. Myelitis. Rippenfellentzündung. Pleuritis : Luftansammlung im Brustraume. Pronmethene (f Luftröhrenentzündung. Bronchitis . Nervensystem SSS ST \omn. Luftrohrenerweiterung. _Bronchiectasie Höhlenbildung in der Lunge. Phthisis pulmonum 2 Lungenerweiterung. Emphysema pulmonum . Lungenentzündung. Pneumonie' . .'. . 1 | Lungenbrand. Gangraena pulmonum,. Respirationsorgane Bay [ Herzbeutelentzündung. Pericarditis is 3 & ER Herzentzündung. Myocarditis > = . ligseppancntztndone, Endocarditis . a Bauchfellentzündung 5 Typhus. . N Dysenterie. Ruhr . Fromm ßBr-ümNHr Hmm Oe Nierenentzündung. Nephritis Kindbettfieber. Process. puerperalis 30, Säuferwahnsinn. Delirium tremens . Tas Blutzersetzung. Septicaemie . Ge Syphilis . eis Krebs. Carcinoma 3% Tuberculose . 10, Sarcoma. . atl. Hes Knochenvereiterung. «Caries .QG-- 05 „iiodsanes . sean iaveliaagy Muskelvereiterung».iowanulsnanu ) YUN! Beet gl dees Erschöpfung der Kräfte. Marasmus . 1... 2 5 Summe 137. Es erschienen demnach die meisten Sterbefälle bedingt —_ fe = durch Krankheiten der Respirationsorgane (46), und durch Kindbettfieber (30). Ich habe im Vorhergehenden durch die statistische Zu- sammenstellung zunächst in kurzen Umrissen einen allgemeinen Ueberblick des der pathologisch-anatomischen Anstalt zu Ge- bote stehenden Materiales geliefert. Die Resultate der Leichen- untersuchungen lassen es mir jedoch auch wünschenswerth erscheinen, die so mannigfaltigen pathologischen Befunde der einzelnen . Organe und Systeme, sowie die Complicationen und Folgezustände derselben, wenngleich in gedrängter Kürze, noch in Betracht zu ziehen. A. Nervensystem. I. Hirnhäute. 1. Harte Hirnhaut. a) Pachymeningitis. externa. Die äussere Fläche der Dura‘ mater zeigte sich bei Entwicklung des puerperalen Osteophyt (30 Fälle) mit einer zarten gallertigen oder vascu- larisirten Bindegewebsschichte bekleidet, und inniger der inne- ren Schädeltafel adhaerent. b) Pachymeningitis interna. Die Entzündung der Innenfläche der harten Hirnhaut liess sich in 9 Fällen ermitteln, und zwar bei Delirium tremens, Lungenphthise, Emphysem, Herzbeutelentzündung, Speiseröhrenkrebs und Pneumothorax. Die Innenfläche der verdickten Dura mater war ‚entweder in ihrer ganzen Ausdehnung oder bloss über der rechten oder linken Grosshirnhemisphäre mit einer bald zarteren, bald derberen, vascularisirten, bisweilen rostbraun pigmentirten und von kleinen Haemörrhagien durchsetzten Pseudomembran bedeckt. c) Partielle Verdickung der Dura mater und Ver- wachsung derselben mit Narben der Kopfhaut konnte in einem Falle von syphilitischer Knochenzerstörung am Schädel. bei einer 59jährigen Frauensperson nachgewiesen werden. d) Knochenneubildung in der Falx cerebri fand sich bei einem 69jährigen, an Pneumonie verstorbenen Manne — 210° — vor; es stellte dieselbe ein 4 Cm. langes biconvexes, 1/2 Cm. dickes, mit scharfen schneidigen Randern versehenes Knochen- sttick dar. e) Neubildungen. Sarcoma. In zwei Fällen ent- wickelten sich von der Innenfläche der Dura mater erbsen- bis kirschengrosse Geschwiilste, wovon die eine weich, ober- flächlich feinhöckerig, blassröthlich gefärbt, die andere derber mit glatter Oberfläche versehen war und am Durchschnitte deutliche weissliche netzförmige Züge erkennen liess. Ihr Sitz war die linke Schläfegrube, sowie die rechte hintere Schädel- grube zunächst des Hinterhauptsloches. 2. Arachnoidea. Dieselbe erwies sich in der Mehrzahl der untersuchten Fälle in bald grösserer, bald geringerer Ausdehnung, in der Höhe des Scheitels, zunächst der Falx cerebri, verdickt, milchig getrübt und mit zahlreichen pacchionischen Granula- tionen versehen; von Letzteren konnte manchmal ein Durch- bruch der Dura mater, sowie ein Hereinwuchern in den Sinus longitudinalis superior ermittelt werden. Erweiterung der Subarachnoidealräume durch reichliche Ansammlung seröser Flüssigkeit, so dass dieselben bisweilen beutelartig vorgewölbt erschienen, ergab sich als Folge von Gehirnschwund, und Oedem desselben. 3. Pia mater. Die Veränderungen, welche sich an der Pia mater er- kennen liessen, betrafen zunächst den veränderten Blutge- halt derselben, indem dieselbe entweder blutleer war, oder es zeigten sich deren Gefässe, insbesondere dem Hinterlappen des Gehirns entsprechend reichlich mit Blut gefüllt (Hypo- stase). Bei Herzkrankheiten, Peribronchitis, Geisteskranken mit Gehirnschwund waren die Gefässe oft auffällig erweitert und stark geschlängelt. Bei den genannten Erkrankungen, sowie namentlich im vorgerückten Alter erschienen die Arterien des Gehirns in ihren Wandungen ungleichmässig verdickt. Eine mehrfache Zerreissung der Pia mater erfolgte in einem Falle von Zertrümmerung der Schädelbasis. — 211 — Eine Infiltration des Gewebes der Pia mater mit einem gelblichen, wie gallertigen Ergusse fand an der Gehirnbasis bei Tuberculose statt, in welchem Falle dasselbe auch von zahlreichen hirsekorngrossen, weissgelblichen Knöt- chen meist zunächst den Gefässen durchsetzt war. Bisweilen waren die Plexus chorioidei laterales zu Cysten entartet. Intermeningeale Hämorrhagie war der Befund bei einem 60jährigen Manne, dessen Schädelbasis in Folge eines Sturzes zertrümmert wurde. Zwischen der Dura mater und Arachnoidea, sowie unterhalb der zerrissenen Pia mater, namentlich zwischen ersteren, lagerte ein die ganze rechte Grosshirnhemisphäre bedeckender und deren Windungen ab- plattender, gegen 3’” dicker Bluterguss. il. Gehirn. a) Die Erweiterung der Gehirnhöhlen erschien in zwei Formen, entweder als acut sich entwickelnde oder als chronische. Der Hydrocephalus acutus war stets der Begleiter der Meningitis tuberculosa; der chronische hingegen als Be- fund bei Geisteskranken und alten Leuten, oder bei Endo- carditis nachweisbar. Als Todesursache ist derselbe für zwei Fälle zu verzeichnen. b) Obwohl die Gehirnatrophie als senile nicht so selten zur Beobachtung kam, ausgezeichnet durch einen mehr gleichmässigen Schwund der Gehirnwindungen, Vertiefung der Furchen, Erweiterung der Subarachnoidealräume und der Ge- hirnhöhlen, so ist nur 1 Fall, betreffend einen auf der Irren- abtheilung Verstorbenen, zu erwähnen, in welchem sich der Schwund besonders an den Stirnlappen, durch Verkleinerung der Windungen daselbst, sowie durch bedeutende Derbheit des Gehirns, dessen Höhlen gleichzeitig erweitert waren, kennzeichnete. c) Die Gehirnhämorrhagie erschien in folgender Weise: a) entweder als capillare, #) in Form grösserer apoplectischer Herde oder y) als apoplectische Cyste. Der Sitz der Blutergiisse waren die Gehirnwindungen, der Seh- und Streifenhiigel, das Kleinhirn und Centrum semi- ovale. Als Ursache derselben ergab sich: ftir die capillare Apoplexie eine die Meningitis tuberculosa begleitende fluxio- näre Hyperämie; für die grösseren Blutergüsse: eine Throm- bose der Hirnarterien bei Herzerkrankungen, oder der Nach- weis von mit reichlicher Gefässentwicklung versehenen Gliomen, bei einem mit Syphilis behafteten Manne. d) Die Gehirnarterien, besonders die Arteria basi- laris, fossae Sylvii etc., liessen in mehr als der Hälfte der Fälle eine Erweiterung, starke Schlängelung und Verdickung ihrer Wandung erkennen. e) Von Parasiten fand sich 1mal Cysticercus cellu- losae zwischen den Gehirnwindungen, an der Basis des linken Hinterlappens, eingebettet vor. — 22 — Il. Rückenmark. Entzündung und Erweichung des Halstheiles des Rückenmarkes war bei einem 17jährigen Mädchen zu er- mitteln, deren oberste Halswirbel sowie der bändrige Apparat durch Entzündung zerstört waren, so dass schliesslich der luxirte Epistropheus das Rtickenmark comprimirte. B. Respirationsorgane. 1. Schilddrüse. Eine Vergrösserung derselben ergab sich in 50 Fällen. Dieselbe war veranlasst: 23mal durch Drüsenneubildung, 13mal durch Cystenbildung, wobei die Grösse der Cysten selbst Faustgrösse erreichte, 10mal durch gallertige Infiltra- tion, und 4mal durch Verkalkung. Sie betraf entweder beide Hälften gleichmässig, oder kam an der einen oder anderen Hälfte stärker zur Entwicklung. Je nach dem Grade und der Art der Vergrösserung war die Luftröhre entweder von beiden oder nur einer Seite comprimirt. In einzelnen Fällen reichte der Mittellappen zungenförnig verlängert bis zur Kehlkopfs- höhe oder dem Zungenbeine. Einmal liess sich an der Seite — 213 — des rechten Schildknorpels ein haselnussgrosser, aus Schild- drüsenparenchym bestehender Knoten nachweisen, welcher von einem Zweige der Arteria thyreoidea superior versorgt wurde, und von dessen unterem Ende sich ein 1” 5” langer, 1” dicker, aus Drüsensubstanz bestehender Fortsatz zum ver- grösserten Mittellappen verfolgen liess. b) Careinom der Schilddrüse in Form kleiner, hanfkorn- bis erbsengrosser weisslicher Knoten ergab sich Imal bei Oesophaguskrebs. 2. Kehlkopf. a) Eine Verknöcherung seiner Knorpel ist erwäh- nenswerth als nicht seltener Befund bei alten Leuten. b) Oedem der Kehlkopfschleimhaut, welches zur bedeutenden Verengerung des Kehlkopfeinganges führte, war lımal bei Syphilis nachweisbar. Es zeigte sich hiebei der Kehldeckel verdickt, seine Schleimhaut, sowie jene der Kehl- kopfshöhle stark geröthet und mit zarten kleinen rundlichen Wucherungen reichlich bedeckt, zwischen welchen bald tiefere, bald seichtere rundliche oder unregelmässige, wie benagte, an der Basis mit diphtheritischem Belege versehene Substanzver- luste sich eingelagert befanden; ein ähnliches Verhalten zeigte das rechte Stimmband. c) Geschwürsbildung ergab sich ausser dem ober- wähnten Falle noch in 3 Fällen von Tuberculose, woselbst die Substanzverluste an der hinteren Kehlkopfswand, über dem Musculus transversus, an der Basis des rechten Giess- beckenknorpels und eingreifend in die rechte morgagnische Tasche, ihren Sitz hatten. Dieselben variirten von Hanfkorn- bis Linsengrösse; die umgebende Schleimhaut war mit einer reichlichen Epithelwucherung versehen. 3. Trachea. a) Verknöcherung der Luftröhrenknorpel war das Ergebniss der Befunde alter Leute, und meist combinirt mit gleichzeitiger Verknöcherung der Kehlkopfs- und Rippenknorpel. b) Compression der Luftröhre, und zwar seitliche, erfolgte wie erwähnt in den Fällen von beträchtlicher Ver- Naturw.-med. Verein. 18 — 21a — grösserung der Schilddrüse. Einmal jedoch war dieselbe be- dingt durch Vergrösserung der Lymphdrüsen am Halse, welche krebsig entartet waren; hiebei war der untere Antheil der Trachea, sowie namentlich der linke Bronchus, von einer derben, weissen, schwieligen Aftermasse umfasst, welche sich längs den Bronchialverzweigungen innerhalb der Lunge wei- terhin verfolgen liess; die geröthete Bronchialschleimhaut war besonders linkerseits von länglichen, striemenförnigen, weiss- lichen Aftermassen durchwuchert, welche in den Bronchien dritter Ordnung schliesslich in Form kleiner rundlicher Knoten auftraten. Hiedurch wurde die Lichtung der Bronchien wesent- lich verengt. In einem anderen Falle wurde die seitliche Compression veranlasst durch einen vom Ringknorpel bis zur zweiten linken Rippe herabreichenden Eiterherd. c) Hyperämie der Luftröhrenschleimhaut war der Befund bei intensiven Bronchialcatarrhe, Pneumonie, Herz- erkrankungen und bei Puerperalprocess. d) Ecchymosirung der Trachealschleimhaut fand sich bei einzelnen Herzerkrankungen, und e) Tuberculose der Trachealschleimhaut 1mal bei ausgebreiteter Tuberculose vor. f) Den Inhalt der Luftröhre bildete zäher eitriger oder bräunlich gefärbter Schleim bei Phthisis und Pneumonie, trübe bräunliche oder gallig gefärbte Flüssigkeit beim Puer- peralprocesse. 4. Pleura. Die pathologischen Veränderungen, welche sich an der Pleura vorfanden, lassen sich in Folgendem resumiren: a) Ecchymosen fanden sich als erwähnenswerth in 2 Fällen bei Herzerkrankungen vor. b) Entzündung. Dieselbe erschien in acuter Form als selbstständige Erkrankung oder als Begleiterin von Pneu- monie, Puerperalprocess, Herzkrankheiten, Phthisis, Septi- caemie. Der Befund war hiebei je nach der Intensität und Dauer des Processes verschieden, insoferne sich die Pleura Sy nur mit einer zarten faserstoffigen Exsudatschichte bedeckt zeigte, der Erguss nur ein sparsamer war, oder es steigerte sich Letzterer bis zur Menge von mehreren Pfunden. Hiebei liess sich diess häufiger linkerseits constatiren. Anderemale war die Pleura von einer zarten, feinfilzigen, zottigen oder in Form eines Maschenwerkes auftretenden Pseudomembran bedeckt. Residuen vorangegangener Pleuresien liessen sich in 83 Fällen ermitteln, und zwar war 35mal eine totale Ver- wachsung der Lunge mit dem Rippenfell, Zwerchfelle und Herzbeutel, 50mal nur eine partielle Verwachsung nachweis- bar, wobei sich das Verhältniss zwischen rechter und linker Seite als gleichwerthig darstellte. Die, die Verwachsung ver- mittelnden Psendomembranen erschienen meist in Form dünner, gefässhaltiger, bindegewebiger Lamellen, und nur in wenigen Fällen erreichten dieselben die Mächtigkeit einer mehrere Millimeter dicken Schwarte. e) Neubildungen. Von denselben sind ausser den erwähnten bindegewebigen einerseits der Tuberkel, anderer- seits das Carcinom bemerkenswerth. Der Tuberkel erschien in Form kleiner miliarer grau- gelblicher Knötchen in 3 Fällen bei allgemeiner Tuberculose. Das Carcinom kam 4mal zur Beobachtung; 2mal im Gefolge von Oesophaguskrebs, 1mal bei Carcinom der Lymph- drüsen am Halse und der Bronchien, und 1mal bei Krebs der Sexualorgane eines Weibes. Die Pleura zeigte sich in einem Falle von zahlreichen, verschieden grossen und geformten, weissen derben, gleichsam wie aufgetropften, am Durchschnitte einen trüben weisslichen Saft entleerenden Aftermassen be- deckt; in einem anderen mit hanfkorn- bis über erbsengros- sen, im Centrum deutlich nabelförmig vertieften weissen After- massen überwuchert. Die zu jenen Knoten zuführenden Gefässe waren stark erweitert, geschlängelt und lebhaft injieirt. d) Abnormer Inhalt der Pleurahöhle. Derselbe bestand entweder in der Ansammlung von seröser Flüssig- keit (Transudat) bis zu der Menge von 4 Pfund, bedingt 18* — 216 — durch Herzerkrankungen, hydrämische Beschaffenheit des Blutes, oder, wie schon erwähnt, in eitrigem Exsudate oder, wenngleich in selteneren Fällen, in dem Ergusse beigemeng- tem Blute. Einmal stellte sich derselbe als anormale An- sammlung von Gas dar. Bei einem 13jahrigen Mädchen war der rechte Brust- raum durch das nach Abwärtswölben des Zwerchfelles, das Hinüberdrängen des Herzens nach links und das Vorwölben der Intercostalräume erweitert, und in demselben nebst einem Pfunde seröser Flüssigkeit eine beträchtliche Menge Gas ent- halten, welches bei Eröffnung der Thoraxhälfte mit zischen- dem Greräusche entwich. Die an die Wirbelsäule gedrängte rechte Lunge zeigte in dem hinteren Antheile des Oberlappens einen umschriebenen brandigen Zerfall der Lungensubstanz mit Verschorfung der sie bedeckenden Pleura. 5. Lunge. a) Bronchitis. Abgesehen von dem häufigen Vor- kommen derselben bei Herzerkrankungen, Phthisis, Tubercu- lose, Emphysem und Pneumonie ist ein Fall von Bronchitis crouposa bei einem im December 1870 verstorbenen 24 Jahre alten Manne erwähnuenswerth, in welchem die Schleimhaut der feineren Bronchien mit einer croupösen Exsudatschichte be- kleidet, das umgebende Lungenparenchym dunkel geröthet, ‚ blutreich, luftleer oder selbst pneumonisch infiltrirt war. b) Peribronchitis. Dieselbe erschien häufig in Be- gleitung von Phthisis und Tuberculose der Lungen, wesshalb wir den Befund derselben unter einem mit letztgenannten Ver- änderungen schildern wollen. Die Mehrzahl der beobachteten Fälle betraf Männer im Alter zwischen 20 und 30 oder 40 und 50 Jahren. Die Lungenbefunde stellten sich in folgender Weise dar. Die Lungen waren bald mehr, bald weniger vollständig mit der Brustwand verwachsen, am intensivsten an den Spitzen, woselbst sich narbige Einziehungen der Lungenoberfläche vor- fanden. Unterhalb derselben, in deren Bereiche die Lungen- substanz in grösserer oder geringerer Ausdehnung verödet — 217 — und reichlich schwarz pigmentirt erschien, waren in manchen Fällen nur eine, in anderen mehrere Höhlen nachweisbar, welche von der Grösse einer Haselnuss bis zu jener eines kleinen Apfels wechselten, ja bisweilen sogar den ganzen Lungenflügel einnahmen. Dieselben waren entweder leer, nur wenig oder reichlich mit zähem puriformem Schleime, Eiter oder Blute erfüllt; sie erschienen glattwandig, mehr weniger ausgebuchtet, zumeist mit grösseren Bronchien in Verbindung, oder es communicirten die Höhlen untereinander. Ihre Innen- fläche war bekleidet mit einem gelblichen, leicht abstreifbaren Belege. Grössere Höhlen zeigten sich durchsetzt von rund- lichen, entweder gerötheten oder hlassgrau gefärbten Balken, welche entweder solid waren, durch obliterirte Gefässe und Bronchien gebildet wurden, oder es verlief inmitten derselben ein in seiner Lichtung verengter oder thrombirter Gefässast. Anderemale zeigten solche Balken an einer ihrer Seite flach- rundliche Erhebungen, die sich als aneurysmatische Erweite- rung des im Balken verlaufenden Gefässes darstellten, wobei die Gefässwand daselbst mit einer spaltförmigen oder un- regelmässigen Lücke eröffnet war, deren Rändern theilweise noch coagulirtes Blut anhaftete. Das zunächst gelegene Lun- genparenchym war über verschieden grosse Strecken verödet, luftleer. In weiterer Entfernung zeigte dasselbe, bald nur auf die Oberlappen beschränkt, oder, wenngleich in geringerem Masse, auch in den Unterlappen, die feineren Bronchialver- ästigungen in ihren Wandungen beträchtlich verdickt, ihre Lich- tung hochgradig verengt, vollständig aufgehoben oder dieselbe von einer gelbkäsigen Masse verstopft, so dass der Lungen- durchschnitt das Bild von in Gruppen beisammenstehenden, hirsekorngrossen, gelblichen, querdurchschnittenen Knötchen ergab, bei deren genauer Besichtigung man jedoch central eine feine Oeffnung (die verengte Lichtung des Bronchus) oder den querdurchschnittenen in seiner Wandung verdickten und durch käsige Masse verstopften Bronchus erkennen komnte. Das zwischenliegende Lungenparenchym erwies sich entweder lufthältig, blutarm, oder in der Umgebung selbst erweiterter = 218. == Bronchien, deren Schleimhaut geröthet war, entspechend einzelnen Lobulis, dicht luftleer, grauröthlich hepatisirt, oder verkäst, wobei ihre Schnittfläche fein granulirt oder homogen erschien und jene Lungenantheile sich mehr vorwölbten. Die Unterlappen boten namentlich in ihren hinteren Parthien das Bild der Hypostase, oder es waren daselbst Bronchialerwei- terung, Peribronchitis und verkäsende Herde gleichfalls mehr oder weniger ersichtlich. Als Complicationen ergaben sich: I. im Circulationsapparate. 1. Vergrösserung des Herzens durch active Dilatation des rechten Ventrikels, sowie Erweiterung des Pulmonalarterien-Conus und mässige Erweiterung der Iugular- venen, in jenen Fällen, wo sich bei geringer Gefässneubil- dung in den, die Verwachsung vermittelnden Pseudomembra- nen, kein Collateralkreislauf entwickelt hatte. 2. Fettmetamorphose des Herzfleisches mit Er- schlaffung und leichter Zerreisslichkeit. 3. Thrombusbildung entweder in den Herzhöhlen oder den Pulmonalarterienverzweigungen. 4. Aneurysmatische Erweiterung der die Ca- venen durchziehenden Gefässstämme mit Anätzung derselben und tédtlicher Blutung, oder einmal, aneurysmatische Er- weiterung der Gehirngefässe. 5. Infarete in der Milz. Il. Im Verdauungsapparate: 1. Geschwüre im Dickdarme oder Dünndarme. In ersterem dieselben der Querachse des Darmes entsprechend gelagert, mit aufgeworfenen callösen Rändern versehen, in letzterem die Follikel entweder hyperplastisch, verkäsend, oder durch ferneren Zerfall rundliche, sowie unregelmässige Sub- stanzverluste gebildet. Hiebei am Peritoneum keine Ver- änderung. 2. Dysenterie. III. Als fernere Complicationen sind erwähnenswerth: zog Tubereulosis. Zunächst in Form kleiner, rundlicher Kuötchen. a) in der Bronchialschleimhaut, b) in der Lungensub- stanz, c) der Pleura d) in den Meningen, e. Leber, Milz, Niere, f) dem Peritoneum und zwar in jenem Antheile, welcher vorhandenen Darmgeschwüren entspricht, g) dem Larynx und h) der Uterusschleimhaut. IV. Amyloide Degeneration der Leber, Milz und Niere. V. Morbus Brightii. c) Compression der Lungen, erfolgte in all’ jenen Fällen, wo eine reichliche Ansammlung von Transudat oder Exudat, die betreffende Pleurahöhle erfüllte; meist waren hiebei nur die Unterlappen bis zur Luftleere comprimirt; einmal war die Compression der ganzen rechten Lunge ver- anlasst durch Ansammlung von Gas bei Lungengangrän. d) Emphysema pulmonum war als umschriebenes, auf kleinere Antheile beschränktes, ein nicht seltener Befund bei Schwielenbildung oder theilweiser Verödung der Lungen- substanz. Die ganze Lunge betreffend war dasselbe einmal bei einem 33 Jahre alten Manne nachweisbar, und hiebei dem entsprechend das rechte Herz vergrössert. e) Die Entzündung der Lunge erschien in zwei Formen. a) sie betraf! entweder einen ganzen Lappen oder doch den ‚grössten Theil desselben oder b) sie war auf einzelne Läppchen beschränkt. Ersteres in 9 Fällen, letzteres, die Fälle der Peribron- chitis und Phthisis abgerechnet, iu 3 Fällen. Das Contingent hiefür lieferten ‚meist Männer zwischen 40 und 50 Jahren. f) Lungenbrand. Gangräna pulmonum kam dreimal zur Beobachtung. In dem einen Falle war rechterseits die Interlobularspalte zum Theile verwachsen, und so zwischen den Lungenlappen eine wallnussgrosse Höhle gebildet, welche durch eine spaltförmige Oeffnung mit der Brusthöhle com- municirte, und mit einer übelriechenden, schmutzig gelbbraunen Masse erfüllt war. Das der Höhle zunächstgelegene Lungen- a parenchym war bis zu 2 Cm. in die Tiefe in eine schwarz- braune, zerfallende, übelriechende, pulpöse Masse verwandelt; der zweite Fall both Interesse, da er gleichzeitig zur Ent- stehung eines Pneumothorax Anlass gab, der dritte endlich insoferne als durch den brandigen Zerfall der Lungensubstanz ein grösserer Ast der Pulmonalarterie angeäzt, und hiedurch rasch der Tod durch Blutsturz veranlasst wurde. g) Carcinoma. Hievon sind vier Fälle zu verzeichnen. Sie betreffen zwei Männer und zwei Weiber im Alter zwischen 50 und 60 Jahren. In zwei Fällen (Männer) war der pri- märe Krebs in der Speiseröhre, und secundäre weissliche, derbe Krebsknoten von Bohnen- bis zu Taubeneigrösse in die Lungensubstanz eingelagert. Von den beiden anderen Fällen (Weiber) war der eine in Begleitung mit Krebs der Lymph- drüsen am Halse, und krebsigen Degeneration der Bronchien, der andere combinirt mit krebsiger Entartung der Retrope- ritonealen Lymphdrüsen. C. Circulationsorgane. 1. Herzbeutel. a) Eine Ausdehnung desselben erfolgte durch reich- liche Ansammlung von Serum, bei Herzkranken, oder bei Hydraemie, einmal durch eitriges Exudat. b) Umschriebene Verdickungen des visceralen Pericardialblattes in Form von Sehnenflecken war in neun Fällen über dem rechten Ventrikel, dem Herzohre oder dem linken Ventrikel nachzuweisen. c) Die Entzündung des Pericardiums erschien zweimal in acuter Form; einmal war das Pericardium be- deckt, mit einer weichen, gelblichen, zottigen und feinareo- lirten, serös eitrig durchtränkten Exudatschichte, hiebei in der Pericardialhöhle, eitrige Flüssigkeit angesammelt, das zweitemal war dasselbe von einer zarten, feinfilzigen Pseu- domembran bedeckt. In beiden Fällen erschien das Herz erschlafft, fahlgelblich, mürbe. — 21 — d) Eine totale Verwachsung des Herzens mit dem Herzbeutel kam einmal zur Beobachtung. 2. Herz. a) Eine Verkleinerung desselben, mit auffälligem Schwunde der normalen Fettanhäufung, und seröser Durch- tränkung des subserösen Bindegewebes an der Herzspitze; stärkerer Schlängelung der, in ihren Wandungen verdickten Gefässe, war in einzelnen Fällen hohen Alters, als senile Atrophie zu ermitteln, und hiebei das Herzfleisch von dunkel- brauner Färbung. b) Eine Vergrösserung des Herzens ergab sich in 22 Fällen. Hievon entfällt mehr als die Hälfte für Er- krankungen des Herzens, der übrige Theil auf consecutive Vergrösserungen, bedingt durch Erkrankung der Lungen, Miss- staltungen des Thorax, Erkrankungen der Aorta. Die Ver- grösserung des Herzens war meist bedingt durch active Dila- tation des rechten Ventrikels, in zwei Fällen (Pericarditis) jedoch in passiver Erweiterung beider Ventrikel begründet. c) Entzündung der Muskelsubstanz des Herzens Myocarditis. Dieselbe stellte sich einmal der- art dar, dass an einer, der Herzspitze des linken Ventrikels entsprechenden Stelle, das Herzfleisch erweicht und entfärbt war, das Endocardium daselbst sich geschwellt und ge- röthet zeigte, und demselben geschichtete und theilweise er- weichte Fibrinmassen anhafteten. Die Thrombusmasse des Ventrikels gab Veranlassung zur Embolie in der linken Ar- teria fossae Silvii. In anderen Fällen war das Resultat der Muskelentzündung — Schwielenbildung in den Papillarmuskeln oder der Ventrikelscheidewand. Einmal fand sich Schwielen- bildung in der Wand des linken Ventrickels vor, in der Nähe der Herzspitze, und war der schwielig degenerirte jedoch verdünnte Antheil sackig nach aussen vorgewölbt. (Aneurysma cordis chronicum partiale.) d) Die Entzündung der Klappen führte in zwei Fällen zur Bildung von Vegetationen an der Bicuspidalis, sonst zur Verdickung und Verkürzung der Klappenzipfel, zur — 222 — ’ Verwachsung derselben untereinander, zur Verengerung des Ostiums, Verkürzung und Verdickung der Sehnenfäden. Diese Veränderungen betraffen die zweizipflige Klappe allein, oder in Combination mit ähnlichen Veränderungen der Aortaklappen. e) Fettmetamorphose und moleculärer Zerfall der Muskelsubstanz war häufiger Befund bei Pericarditis, Endo- arteritis chronica und acuten Entzündungsprozessen. f) Pigmentbildunng fand sich in atrophischen Her- zen vor. 3. Gefässe. a) Arterien. Die Endoarteriitis chronica deformans liess sich in mehr als 60 Fällen in verschiedenem Grade und Ausdehnung an der Aorta ermitteln; sie führte am häufig- sten zur Verdickung der Intima, seltener zu deren Verkal- kung; sie war am intensivsten an der erweiterten Aorta- wurzel demnächst dem Brust- oder Bauchtheile derselben. Häufig waren ähnliche Veränderungen an den Gehirnarterien nachweisbar, oder an der Arteria lienalis. Einmal waren bei einem 24jährigen Arbeiter die Arterien der oberen wie unteren Extremitäten beträchtlich verdickt und verkalkt, "während in der Aorta keine derartige Veränderung nachweis- bar war. b) Erweiterungen fanden sich im arteriellen Systeme als spindelförmige oder cylindrische vor, an der Aortenwurzel, der Bauch-Aorta und den Gehirngefässen. c) Thrombosen waren nachweissbar in der Pulmonal- arterie, bei Phthisis, Pneumonie, bei Herzkrankheiten (sechs) und einmal in den Gehirngefässen. Venen. a) Erweiterung derselben ergab sich in der Pia mater bei Geisteskranken, ferner in den unteren Extremi- täten an den Hautvenen zweimal in ausgedehntem Masse, so dass dieselben nicht bloss cylindrisch, sondern auch viel- fach gewunden, sackförmig erweitert waren. b) Thrombosis der Venen kam zweimal zur Beob- achtung. Beidemale bei Tuberculosis. In dem einen Falle war die linke Vena cruralis und iliaca, sowie sämmtliche Muskeläste durch eine Gerinnung verstopft, welche eine gelb- lichröthliche Farbe hatte und das Gefäss vollständig obturirte, wobei deren centrales Ende in Erweichung begriffen war. Die Venenwand, welcher der Thrombus innig adhaerirte erschien verdickt die betreffende Extremität oedematös ge- schwellt. Im zweiten Falle war die Gerinnung in der rechten Cruralvene eine wandständige und reichte sich verschmäch- tigend in die Vena cava inferior herein. Entzündungen und Thrombosen der Lymph- gefässe wurden nur in den Seitenwandungen des Uterus beim Puerperalprozesse beobachtet. D. Krankheiten der Verdauungsorgane. Peritoneum. a) EineErweiterung der Bauchhöhle durch starke Auftreibung der Gedärme, Ansammlung von Flüssigkeit, war in 30 Fällen zu konstatiren, bei Puerperalprocess, Herzer- krankungen und Geschwülsten im Unterleibe. b) Entzündung des Bauchfelles erschien in a. acuter Form in 15 Fällen des Puerperalprozesses, einmal bei Prostatahypertrophie und in zwei Fällen von Ova- riencysten. Das Peritoneum war mässig geröthet, über dem Zwerchfelle, Leber, den ausgedehnten Darmschlingen, mit einer faserstoffigen Exudatschichte bedeckt, durch welche die Darmwindungen untereinander vielfach verklebt waren. In der Bauchhöhle war eine grössere oder geringere Menge flockigen Eiters angesammelt. 8. Die chronishe Form erschien achtmal in nach- stehender Weise: entweder war das Peritoneum stellweise verdickt, schiefergrau gefärbt, mit Pseudomembranen ver- sehen, durch welche WVerwachsungen veranlasst wurden, z. B. Ovariencisten; oder es betraf die Verdickung nur das Mesenterium des Dünndarms, das Omentum. In einem Falle war die Verdickuug des ganzen Peritoneums so be- trächtlich, dass dasselbe in eine, 1 Cm. dicke 'Schwarte — 224 — verwandelt war, mit welcher die gleichfalls schwielig degene- rirten Bauchmuskeln verwachsen waren. Die Leber war von einer derben Kapsel umhüllt, das grosse Netz verdickt, geschrumpft, desgleichen das Mesenterium des Dünndarmes. In der Bauchhöhle war ein reichlicher Erguss gelblicher ei- weisshältiger Flüssigkeit. c) Von Neubildungen kam 2mal Tuberculose des Peritoneums, im Vereine mit Tubereulose der Lungen, Leber, Milz, Nieren und Pleura zur Beobachtung, sowie 2mal Car- cinom; in diesen Fällen war der primäre Krebs im Oeso- phagus und Magen. | Oesophagus. Carcinoma. Hievon sind 3 Fälle zu verzeichnen, welche sich bei Männern zwischen 50 und 60 Jahren vor- fanden. In dem einen Falle erschien die Schleimhaut des Oesophagus geröthet, mitunter gelockert und geschwellt. Einen Centimeter oberhalb der Bifurcation der Trachea befand sich in der Speiseröhre, mehr der linken Seite angehörig, ein un- regelmässig rundlicher, die Schleimhaut strahlenförmig an sich heranziehender und mit derselben innig verwachsener, derber, weisslicher Knoten, unterhalb welchem zunächst mehrere klei- nere, etwa erbsengrosse, weissliche, verschiebbare gelagert waren, die endlich an der Cardia unter einander verschmolzen und eine beträchtliche Verengerung derselben bedingten. Alle erwähnten Knoten sind von einem Gefässkranze umgeben. Die Oesophaguswand ist beträchtlich verdickt durch eine derbe weissliche besonders in submucösen Bindegewebe entwickelte Aftermasse. Hiebei fand sich gleichzeitig Carcinom des Ma- gens, der Leber, Lunge, Pleura, Peritoneums und der Mesen- terialdrüsen vor. Der zweite Fall ist erwähnenswerth wegen seiner Com- plication mit Lungenphthise. Es wucherte ebenfalls entspre- chend der Theilungsstelle der Trachea, den Oesophagus ring- förmig umgreifend in der Längsausdehnung von 2” eine die Wand desselben vollständig substituirende, weisse, warzig- blättrige oder hahnenkammähnliche, unregelmässig zerklüftete Aftermasse, welche in ihrer Mitte zerfällt und deren Ränder wallartig aufgeworfen sind. Dieselbe durchbricht an der vor- deren Wand den mit ihr innig verwachsenen Bronchialstamm und veranlasst durch ihren theilweisen Zerfall eine Communi- cation zwischen beiden mittelst mehrereu kleinen Lücken; an der betreffenden Stelle sind die Knorpeln usurirt. Magen. Eine Lageveränderun g desselben ergab sich 1mal in Folge des Angewachsenseins des Colon transversum an die vordere Bauchwand; es wurde hiedurch der Magen mehr senkrecht gestellt. ‘ Erweiterung der Magenhöhle zeigte sich haupt- sächlich bei Bauchtellentzündung. Verengerung Imal bei Carcinom desselben. Die Magenschleimhaut war in 2 Fällen stark hy- perämisch, lmal mit Ecchymosen und Imal mit kleinen run- den hämorrhagischen Errosioneu versehen. 1lmal erschien dieselbe schiefergrau piginentirt. Erweichung des Magengrundes ergab sich in 6 Fällen; bei Meningitis tuberculosa, Pneumonie, Puerperal- process und Peritonitis im Gefolge einer Ovariencyste. Carcinom des Magens wurde bei einem 57jährigen Manne beobachtet. Der Krebs, welcher sich von der Cardia aus auf die hintere Magenwand erstreckte, führte an ersterer zu einer bedeutenden Verengerung derselben, so dass sie kaum für eine Federspule durchgängig war, an letzterer hingegen zur Bildung eines unregelmässig ausgebuchteten, mit aufge- worfenen Rändern und kraterförmig vertiefter Basis versehenen Geschwiires. Das Peritoneum, Pleura, Leber, Lymphdrüsen und Schilddrüse sind von Krebsmassen durchsetzt. Darm. Diverticulum. 3 Schuh von der Coecalklappe ent- fernt erhob sich von der untersten Ileumsschlinge ein 1” langes und 1/2” breites, mit abgerundetem Ende versehenes Divertikel. Eine übermässige Ausdehnung des Dickdarms — 226: — bis zu Armdicke erfolgte einmal auf Grundlage einer Knickung des Colon transversum durch Anwachsung des grossen Netzes an das Colon ascendens. Knickung des Colon transversum wurde ein andermal veranlasst durch Anwachsung desselben an die vor- dere Bauchwand. Vorlagerung von Diinndarmschlingen in einem Leistenbruchsacke wurde zweimal beobachtet. Verwachsung einzelner Ileumschlingen zu einem faustgrossen Convolute, vermittelt durch pigmentirte Pseudomembranen, fand sich 1mal, ausgedehntere Verwach- sungen durch tuberculisirende Pseudomembranen 2mal vor. Strietur des Colon ascendens war veranlasst durch ausgebreitete vernarbende Geschwüre. Pigmentirung der Dünndarmschleimhaut erschien 2mal als ausgebreitete schiefergraue, lmal nur beschränkt auf. die Umgebung der solitären Follikel, Imal im Umkreise ver- narbter typhöser Geschwüre. Schwellung der solitären Follikel des Dünndarms er- gab sich bei Myocarditis, Tuberculose, Parasiten im Darm- kanal und Puerperalprocesse. Croupöse Entzündung der Dünndarmschleimhaut war imal bei einer Puerpera nachweisbar. Ileotyphus erschien 1mal im Stadium der Geschwürs- bildung, 1mal mit vernarbenden Geschwüren. Im ersteren Falle war gleichzeitig hämorrhagischer Erguss in die Ellbogen und Kniegelenke, im letzteren Pneumonie zugegen. Geschwüre im Dünndarm waren in 13 Fällen zu constatiren. Dieselben erschienen entweder als rundliche, den solitären Follikeln oder Peyerischen plaques entsprechende, durch Verkäsung der hyperplastischen Drüsen bedingt, oder als unregelmässige mit aufgeworfenen Rändern versehene. 5mal waren dieselben combinirt mit gleichzeitiger Geschwürs- bildung im Dickdarme, 4mal mit secundärer Tuberkelentwick- lung, an den Rändern der Geschwüre, dem Peritoneum oder ae gage der Pleura. Bei allen beobachteten Fallen war Phthisis der Lungen und peribronchitische Processe zugegen. Geschwiirsbildung im Dickdarme konnte 11mal ermittelt werden; 5mal, wie oben erwähnt, im Vereine mit Diinndarmgeschwiiren, 2mal mit secundärer Tuberkelbildung ; auch hiebei war regelmässig Phthisis der Lungen, Peribron- chitis oder verkäsende Pneumonie zugegen. Follicularvereiterung oder Erweichung der mit einem kleien-ähnlichen Belege versehenen Schleimhaut ergab sich in 6 Fällen, in Combination mit Phthisis pulmonum, Endocarditis, Gangraena pulmonum und Pericarditis. Als abnormer Darminhalt ist erwähnenswerth theerähnlich eingedicktes Blut bei einem verjauchenden Ma- genkrebs, ferner als häufiger Befund zahlreiche Ascaris lum- bricoides und Trichocephali. E. Krankheiten der Leber. Eine Lageveränderung derselben war zu beobachten entweder als nach Aufwärtsgedrängtsein oder als Herabrücken derselben. Ersteres wurde bedingt durch starke Ausdehnung der Gedärme, in Folge von Paralyse ihrer Wandungen bei Peritonitis puerperalis, letzteres veranlasst durch abnorme Ausdehnung des rechten Brustraumes, bedingt durch Pleuritis, Pneumothorax. Ihre Gestalt erschien verändert durch Eindruck der falschen Rippen an der Oberfläche des rechten Lappens, wo- durch sich verschiedene tiefgreifende Furchen entwickelten, welchen entsprechend das Peritoneum sich verdickt zeigte. Anderemale war die Gestaltveränderung veranlasst (in zwei Fällen) durch abnorme Lappung bei Syphilis oder (8mal) durch Verkleinerung mit uneben höckriger Oberfläche (granu- lirte Leber). Verwachsung mit dem Zwerchfelle durch Pseudo- membranen war abgesehen von den Adhäsionen bei granu- lirter Leber 2mal nachweisbar, und hiebei imal in den Pseudomembranen kreidige Concretionen eingebettet, — 228 — Eine Verkleinerung war bei granulirter Leber, seniler Atrophie und vorzüglich in dem einen Falle von abnormer Lappung nachweisbar, in welchem die Leber sich nicht viel grösser als eine mässig geschwellte Milz erwies. Consistenzveränderungen ergaben sich als be- deutende Zunahme derselben: bei der granulirten (8) und gelappten (2) Leber, ferner bei deren amyloider Degenera- tion (2); als Verminderung, unter dem Bilde der Erschlaffung insbesonders beim Puerperalprocesse oder auch in Fällen von überwiegendem Fettgehalte. (5 Fälle mit Phthisis.) Muskatnussleber war in exquisitem Grade zu er- mitteln bei Endocarditis, Fettentartung des Herzfleisches, Bronchitis crouposa, Peribronchitis, Phthisis pulmonum. Extravasate fanden sich nur lmal im Gefolge von Pyaemie vor. Als die gewichtigsten Erkrankungen sind hervorzuheben granulirte Leber — 8 Fälle, gelappte Leber — 2 Fälle, amyloide Degeneration — 2 Fälle, bei Syphilis und Dysenterie. Von Neubildungen waren 4mal Tumor cavernosus, bis zu Erbsengrösse, 4mal miliare Tuberkel, und 6mal Carei- nome, im Vereine mit Krebs des Magens oder der Speise- röhre, der retroperitonealen Lymphdriisen und der Harnblase aufzufinden. Die Gallenblase enthielt in 5 Fällen cholesterin- hältige Gallensteine. F. Krankheiten der Milz. Als Veränderungen der Milz ergaben sich: Abnorme Lappung derselben (1 Fall), beträcht- liche Verdickung der Kapsel (7 Fälle), diess beson- ders bei endocarditischen Processen; Verwachsung mit der Umgebung (2 Fälle), Vergrösserung derselben in 22 Fällen, und zwar als acute Schwellung bei Peribronchitis, Bronchitis, Pneumonie, Typhus, Pyaemie, acuter Tuberculose, Puerperalprocess, oder als chronische bei Herzerkrankungen, granulirter Leber; in einem Falle von Nierenphthisis war — 229 — dieselbe über 9” lang. Verkleinerung erfolgte 3mal in hohem Alter, Imal bei Syphilis. Im Parenchym derselben fanden sich Imal kreidige Concretionen, 3mal ver- fettende Infarcte, bei Endometritis und Phthisis pulmo- num vor. Amyloide Degeneration ergab sich in zwei Fällen von Syphilis und Dysenterie, Tuberkelbildung amal im Vereine mit acuter Tuberculose. G. Krankheiten des Urogenital-Systems. Niere. Von Krankheiten der Niere sind bemerkenswerth: a) Eine tiefe Lagerung der rechten Niere, welche über der Synchondrosis sacro-iliaca aufzufinden war. b) Verkleinerung der Nieren, welche hiebei eine unebene höckerige Oberfläche, narbige Einziehungen, sowie Verwachsung der verdickten Kapsel mit der Rindenoberfläche darboten und meist reichlich mit Fett umhüllt waren. Diese Befunde, welche sich in 17 Fällen ergaben, waren anzutreffen im vorgerückten Alter, bei Endocarditis, Verfettung des Herz- fleisches, oder als Ausgang der Brightschen Erkrankung. Einmal war die Atrophie nur auf die linke Niere beschränkt. ec) Eine Vergrösserung der Nieren war zumeist nur als Schwellung derselben, auf Grundlage vermehrten Blut- gehaltes oder häufiger wegen parenchymatöser Entzündung zu ermitteln, so bei allen fieberhaften Erkrankungen, vorzüglich bei Peribronchitis, Phthisis pulmonum, Herzkrankheiten, Puer- peralprocess. In einem Falle betraf die Vergrösserung nur die rechte Niere, da die linke atrophirt war, in einem anderen war die Vergrösserung der rechten Niere so beträchtlich, dass dieselbe die Länge von 6” und die Breite von 4” erreichte. Die Vergrösserung war dadurch bedingt, dass die Niere in eine mehrfächerige Höhle verwandelt war, deren einzelne Fächer mit einer gelbkäsigen Masse erfüllt waren. d) Verfettende Infarete in der Rindensubstanz liessen sich 1mal im Gefolge von Lungenphthisis nachweisen. e) Amyloide Degeneration war in 2 Fällen von Naturw.-med. Verein. == 19 7.250 Syphilis, nebst gleichzeitiger ähnlicher Degeneration der Leber und Milz vorhanden. f) Von Neubildungen fanden sich vor: &) Cysten- bildungen 7mal; dieselben erreichten die Grösse eines Hanfkornes, Erbse oder Haselnuss; ihr Inhalt war klare gelbliche oder eine bräunliche, zähe, colloide Flüssigkeit. ß) Fibrome 3mal; dieselben waren hanfkorngross entweder in der Corticalis oder Pyramidensubstanz eingelagert. y) Tu- berkel 3mal, in der Form blassgelblicher, stecknadelkopf- grosser Knötchen bei secundärer miliarer Tuberculose. g) Eine Entzündung der Schleimhaut des Nie- renbeckens mit Ansammlung schleimig eitriger Flüssigkeit da- selbst liess sich in 7 Fällen des Puerperalprocesses ermitteln. Harnblase. Abgesehen jene Fälle wo eine Ausdehnung der Harn- blase abhängig war von einer reichlichen Ansammlung von Harn, liess sich dieselbe fünfmal begründen durch eine Hy- pertrophie der Prostata; hiebei waren die Blasenwandunge.ı verdickt, hypertrophirt. An der Blasenschleimhaut fand sich: Injection zweimal beim Puerperalprocess, Ec chymosirung derselben einmal bei Syphilis und einmal bei passiver Herzerweiterung, Oedem bei Endocarditis vor. Von Neubildungen konnte einmal Carcinom nach- gewiesen werden, welches seinen Sitz an der hinteren Blasen- wand, und zwar oberhalb der Einmündung der Uretheren in die Harnblase hatte, und bis zum Scheitel der Blase nach aufwärts reichte. Die Vergrösserung der Prostata betraf Männer im Alter zwischen 60 und 70 Jahren. In den fünf zur Untersuchung vorliegenden Fällen erwies sich die Prostata entweder gleichmässig vergrössert oder es betraf die Ver- grösserung vorzüglich den mittleren Antheil, welcher in Form einer Uvula in die Blasenhöhle hereinragte. In einem Falle (bei einem 66jährigen Manne, welcher an Ischias litt) war die Prostata zu einen Orangegrossen Tumor umgewandelt der ae mässig weich war, an seiner Oberfläche etwas feinhöckrig er- schien, und am Durchschnitte einen trüben, milchigen Saft entleerte. Derselbe drängte das Rectum nach rechts, griff dasselbe umhüllend, einerseits auf das Kreuzbein über, und wucherte anderseits durch das linke Foramen ischiadicum nach aussen, hiebei einen Druck auf den Nervus ischiadicus ausübend, dessen Scheide geröthet erschien und dessen Um- gebung ödematös war. Von pathologischen Zuständen des Hodens konnte nachgewiesen werden einmal a) Ansammlung seröser Flüssigkeit in der Scheidenhaut des Hodens, deren Wan- dungen, sowie Oberfläche durch Bindegewebswucherungen ver- diekt waren, b)hochgradige Atrophie des Hodens bei einem 74jährigen Manne, und endlich c) Schwielenbil- dung im Corpus Highmori. Uterus. Als Abweichungen vom Normalzustande sind zu ver- zeichnen: a) Eine Lageveränderung desselben; sie erschien entweder: als @) seitliche Abweichung von der Me- dianlinie, wegen angeborner Kürze des betreffenden Ligamen- tum latum in sechs Fällen; zweimal nach links, viermal nach rechts. $) als Retroflexion sechsmal, y) als Ante- flexion einmal, und endlich d) als Elevation achtmal, im Gefolge von Ovariencysten. b) Veränderungen der Grösse. Eine Verkleine- rung des Uterus in auffälliger Weise liess sich in vier Fällen erkennen, als das Ergebniss des Altersschwundes, einmal jedoch war die Kleinheit des Uterus in mangelhafter Ent- wicklung begründet. Die Vergrösserung war in der Mehr- zahl durch vorangegangene Schwangerschaft bedingt und ist nur zweimal als Hypertophie mit Dickenzunahme der hinteren Wand nachgewiesen worden. c) Eine Entzündung des Peritonealüberzuges des Uterus erschien als acute bei den später zu erwähnenden Fällen des Puerperalprocesses, als chronishe zweimal, mit Jig) = 2e2 == Entwicklung von Pseudomembranen, welche nebst Uterus, Tuben und Ovarien umhüllten. d) Entztindung der Uterussubstanz, sowie seiner Schleimhaut war nur beim Puerperalprocesse nachweisbar e) Eine ‘Verengerung der inneren wie äusseren Oeffnung des Cervicalkanales fand sich einmal vor, und hatte hiedurch der Uterus, eine Sanduhrform acquirirt. f) In zwei Fällen waren die Venen des Plexus uterinus beträchtlich erweitert. g) Von Neubildungen konnten sechsmal Fibrome, zweimal Myome bis zur Haselnussgrösse, bald in der hinteren oder vordereren Wand sitzend, ferner zweimal Blasen- polypen und zweimal Tuberkel der Uterusschleimhaut, sowie zweimal kleine Cysten im Cervicalkanale ermittelt werden. Ovarien. a) Kine betrachtliche Schrumpfung derselben war in neun Fällen, als Ergebniss hohen Alters zu constatiren. b) Eine Vergrösserung in allen Fällen des Puer- peralprocesses, hiebei zeigte sich c) Eechymosirung der Oberfläche der Ovarien zweimal. d) Bluterguss in die Grafschen Follikel einmal. e) Der Entzündung der Ovarien wird bei Abhand- lung des Puerperalprocesses gedacht werden. f) Von Neubildungen fand sich einmal ein erbsen- grosses Fibrom im rechten Ovarium, siebenmal Cystenbil- dung vor; hievon waren in zwei Fällen die im linken Ova- rium befindlichen Cysten bis Hühnereigross. Von den übrigen sind folgende erwähnenswerth: a) Im rechten Ovarium eine apfelgrosse, mit Fett und Haaren gemengte Dermoidcyste, bei einer Puerpera. b) Eine Cystenentartung des linken Ovarium mit Tor- sion seines Ligamentes; das betreffende Ovarium war zu einen über 8” im: Längendurchmesser betragenden, länglichrund- lichen Sacke verwandelt, dessen Oberfläche sich glatt er- — 233 — wies. Dasselbe war nach rechts hintibergelagert und in der rechten Rippenweiche, sowie dem unteren Abschnitte der rechten vorderen Bauchwandhälfte durch zahlreiche, aber kurze, derbere oder zartere Pseudomembranen fixirt; an seine hintere Fläche ist ein Theil des grossen Netzes angewachsen. Die vordere untere Hälfte des degenerirten Ovariums erweist sich in der Ausdehnung von 4” durch eine flachrundliche Geschwulst verdickt, welche aus verschiedenen, grossen Hohl- räumen besteht, die eine gallertige, bräunliche Flüssigkeit, oder eine, von zahlreichen, glattwandigen Lücken durchsetzte, weissliche Bindegewebsmasse enthalten. An der linken Seite der Geschwulst lagert mit nach aufwärtsgerichtetem Fransen- ende, die bei 6” lange in ihren Wandungen verdickte Tuba, und zunächst derselben ein schwielig degenerirter Antheil des Ovariums. Die Wand der Cyste ist ziemlich dick, nach Innen glatt; den Inhalt bildete eine bräunliche Flüssigkeit. Die Gefässe in der Cystenwand sind erweitert. Der Stiel, der nach rechts hinübergelagerten Cyste zeigt, dass das Ova- rium von hinten nach vorne einmal um sein Ligamentum und die Tuba herumgedreht wurde. Die linke Uterushälfte höher stehend. c) Das linke Ovarium ist zu einem 9” langen und 7” breiten, elliptischen, an seinem inneren Ende schmäleren, am äusseren breiteren Tumor verwandelt, dessen Oberfläche ge- lappt, uneben höckerig erscheint. Seine Consistenz ist mit Ausnahme kleiner, oberflächlich gelagerter Cysten überall derb. Am Durchschnitte erscheint dasselbe an der Peripherie weisslich oder gelbröthlich, faserig oder homogen, hie und da von kleinen hanfkorn bis haselnussgrossen, glattwandigen Höhlen durchsetzt. Central ist eine eiförmige, ein und einen halben Zoll lange, und einen Zoll breite, durch einspringende, halbmondförmige Leisten getheilte, glattwandige Höhle ein- gelagert, unterhalb welcher (gegen den Hilus des Ovariums) der Tumor weicher wird, und die Schnittfläche mehr den Anblick eines von grösseren und kleineren Hohlräumen durch- setzten Maschenwerkes acquirirt; die Tuba ist verlängert. — 234 -— Das rechte Ovarium hiebei in eine 7” lange und 3” breite, gelappte ähnliche Geschwulst verwandelt, welche in der Excavatio recto-uterina lagernd mit dem degenerirten, linken Ovarium verwachsen ist. Der Uterus verlängert, seine Höhle verengt, sein Fundus nach vorne geneigt. d) Das rechte Ovarium ist zu einer colossalen einkäm- merigen Cyste verwandelt, welche die Gedärme nach links und rückwärts, das Zwerchfell mit Verengerung der Brust- räume bedeutend nach aufwärts drängte, und überdiess in seiner ganzen Ausdehnung mit der Bauchwand verwachsen war; die rechte Hälfte des vergrösserten und dichwandigeren Uterus höherstehend. Tuba. Ausser der vorerwähnten Verlängerungen der Tuben im Gefolge von cystoider Entartung der Eierstöcke, sind noch erwähnenswerth Cystenbildungen, welche sich entweder zunächst des Fransenendes, oder 1 bis 11,” von demselben entfernt, vorfanden. Dieselben waren höchstens bohnengross, und mit einem dünnen, fadenförmigen */,” langen Stiele ver- sehen. Einmal waren die Tuben in Pseudomembranen ein- gebettet, und einmal Cysten nachweisbar, ausgehend vom Parovarium. H. Knochensystem. 1. Schüdel. Als erwähnenswerthe Anomalien am Schädel sind fol- sende hervorzuheben. a) Dolichocephalus, mit Verknöcherung der Pfeil- naht, welcher entsprechend eine wulstige Hervorragung sich vorfindet. b) Asymetrie des Schädels durch in die Lambda- naht eingelagerte Schaltknochen. c) Persistenz der Stirnnaht. Zweimal. d) Usurder inneren Schädeltafel, in Form ver- schieden grosser, meist rundlicher, bis an die äussere Tafel reichender, grubiger Vertiefungen, welchen entsprechend der — 235 — Knochen durchscheinend wurde, oder als Vertiefung und Ver- breiterung der Furche fiir die Arteria meningea media der- art, dass selbst die äussere Schädeltafel stellweise mehr ge- wölbt, und auffällig verdünnt erschien. e) Fractura cranii. Bei einem 60jährigen Tag- löhner zeigte die Untersuchung einen Bruch des Schädels, welcher sich vom rechten oberen Augenhöhlenrande nach ein- wärts durch die obere Orbitalwand bis zum linken Processus clinoideus posticus erstreckte, nach aus- und aufwärts sich theilend bis zur Stirne und Schläfe reichte. Der rechte Ober- kieferkörper mehrfach gebrochen, wobei ein Sprung durch die Fossa canina, das Foramen infraorbitale, und die untere Augenhöhlenwand sich fortsetzt. Der Jochbogen an seinem vorderen und hinteren Ende abgebrochen. f) Puerperales Osteophyt. In allen Fällen des Puerperalprocesses zeigte sich die innere Schädeltafel beson- ders der Stirn- und Seitenwandbeine mit einer zarten, leicht abhebbaren, fein porösen Knochenneubildung bedeckt. g) Osteome kamen zweimal zur Beobachtung, einmal bei Phthisis, einmal bei Endocarditis. Dieselben erreichten bis Erbsengrösse, waren deutlich an ihrer Basis halsähnlich eingeschnürt, und von auffälliger Derbheit. h) Syphilis eranii. Einen Zoll von der Kranznaht entfernt, befindet sich entsprechend der Vereinigung beider Stirnhälften ein bohnengrosser, trichterförmig gestalteter Sub- stanzverlust im Knochen, dessen Umgebung etwas sclerosirt erscheint. — Der Substanzverlust im Knochen war ausge- füllt durch eine von der Dura mater und der Beinhaut her- vorwuchernde gelbkäsige Masse. Bei einem zweiten Falle war der Befund folgender: Der Gehirnschädel oval. Stirnnaht vorhanden. Die Oberfläche des Schädeldaches ist uneben, höckrig, besonders über dem rechten Stirn- und linken Sei- tenwand-Beine woselbst sich zahlreiche grössere und kleinere, unregelmässige, mit glatter Oberfläche versehene Vertie- fungen oder unregelmässig verästigte sternförmige Ausgra- bungen vorfinden, in deren Umgebung die Knochensubstanz ag oe verdickt ist. Unterhalb des rechten Stirnhöckers ist ein dreieckiger, nicht ganz einen Centimeter langer, mit schar- fen Rändern versehener, und entsprechend dem unteren vorderen Winkel des linken Seitenwandbeines, ein rundlicher 1, Cm. langer Substanzverlust im Knochen, welche beide nur durch die Dura mater und Narben der weichen Schädel- decken verschlossen sind. In der nächsten Umgebung dieser Substanzverluste ist der Knochen verdünnt, weiterhin ge- winnt derselbe jedoch an Dicke, welche die Norm weit über- trifft. Die Gesichtsknochen liefern trotz des Alters des Individuums (59 Jahre) den Befund einer hochgradigen Atro- phie, wie sie sich erst im hohen Alter ergibt; sie sind nämlich sämmtlich verschmächtiget, verdünnt, besonders Ober- und Unterkiefer geschwunden, die Alveolarfortsätze fehlen, das Kinn weit vorstehend. Die Gelenksverbindung zwischen Atlas und Hinterhaupt ist vollständig anchylosirt. i) Von Neubildungen wurde einmal eine hasel- nussgrosse Epulis beobachtet, welche sich vom Zahnfleische der linken Unterkieferhälfte erhob und durch seine bräunliche Färbung auszeichnete. 2. Wirbelsäule. a) Luxation des Epistropheus bei einem siebzehn- jährigen Mädchen nach Zerstörung des bändrigen Apparates mit Compression des Rückenmarkes. b) Anchylosis zwischen Atlas und Hinterhaupt. c) Verkrümmung der Wirbelsäule erschien als bogenförmige nach rückwärts, mässigen Grades, im hohen Alter; hingegen waren seitliche Verkrümmungen häufiger zu constatiren, obgleich dieselben keinen besonders: hohen Grad erreichten; in der Mehrzahl waren dieselben beim weiblichen Geschlechte nachweisbar, und entweder durch asymetrische Beckenformen oder Rachitis bedingt. Hochgradige seitliche Verkrümmung combinirt gleichzeitig mit Krümmung der Wir- belsäule nach rückwärts ergab sich in zwei Fällen in welch beiden, namentlich dem einen, eine bedeutende Verengerung des Beckens sich vorfand. Die beiden erwähnten Fälle be- — 237 — treffen Gebärende und musste bei einer derselben wegen Beckenenge die Sectio caesarea vorgenommen werden. 3. Brustkorb. Als bemerkenswerthe Veränderungen sind einerseits die Misstaltungen desselben bei den hochgradigen Verkrümmungen der Wirbelsäule, ferner die langen schmalen Thoraces der Phthisiker anzuführen. Besonderes Interesse bot der Befund eines bejahrten Mannes, dessen Brustbein sich, seinem Kör- per entsprechend, beträchtlich verdickt, und schwach S-förmig verkrümmt zeigte. 4. Becken. Die meisten der anzuführenden Anomalien gehören dem weiblichen Geschlechte an, und sind Gebärenden entnommen. a) Niedriges Becken mit weitem Schambogen; Becken- eingang kartenherzförmig, starkes Hereinragen des Promon- torinms, der rechte Kreuzbeinflügel ist mehr vorgeschoben ; die Symphysis ossium pubis um 1” aus der Mittellinie nach links verschoben. Die Durchmesser am Beck eneingange sind verkürzt. Die Conjugata misst 3Y,”, der Querdurch- messer 4!/”, der rechte schräge Durchmesser 4Y,”, der linke 41/,”. — Im Beckencavum beträgt der gerade Durch- messer 4” 1”’, dem Beckenausgange 4” 4’”, der Querdurch- messer nicht ganz 4”, b) Schiefes Becken. Verkrümmung der Lenden- wirbelsäule nach rechts. Linke Beckenhälfte höher stehend. Torsion des Kreuzbeins nach vorne rechts. Starkes Herein- ragen des Promontorium, die linke Beckenhälfte weniger in- clinirt. Der rechte Kreuzbeinflügel 1” 2”, der linke 1” 7”. Durchmesser am Beckeneingange: Conjugata 31%”, Querdurchmesser 4°%,”, die schrägen 4%,”. Im Beckencavum der gerade Durchmesser 4” 8”. Am Beckenausgang 4” 3”, Querdurchmesser 4” 1’’”. Der Kanal des Kreuzbeines wegen Mangel der Wirbelbogen nach hinten offen. c) Schiefes weites Becken. Lordotische Krüm- mung der Lendenwirbelsäule. Die rechte Beckenhälfte höher stehend; weiter Schambogen, Symphysis ossium pubis aus — 238 — der Mittellinie nach links verschoben, Beckeneingang querel- liptisch. Der rechte Kreuzbeinfliigel 11/,”, der linke 2”. Synchondrosis sacro iliaca knorpelig. Durchmesser am Becken- eingange: Conjugata 3°%/,”, Querdurchmesser 5’ i1’”’, der rechte schräge 5” 7’, der linke 5” 3”. In der Becken- höhle. der gerade Durchmesser 4” 7’’, Beckenausgang 4” 4", d) Symetrisches Becken. Beckeneingang ent- sprechend der Conjugata elliptisch. Durchmesser im Becken- eingang: Conjugata 41,” Querdurchmesser 4”, die schrägen A” 3”. In der Beckenhöhle gerader Durchmesser 4” 9”. Beckenausgang 4” 4”. (Querdurchmesser im Beckenraum 4” 1", Beckenausgang 3°%,”. Es sind die geraden Durch- messer alle verlängert, die queren hingegen verkürzt. e) Niedriges Becken. Eingang kartenherzförmig, die queren und schrägen Durchmesser verkürzt. Conjugata am Beckeneingange 4”. Querdurchmesser 4” 9”’, der rechte schräge 4” 9”, der linke 4” 6”. Im Beckencavum der ge- rade Durchmesser 4” 3/”, der Querdurchmesser 4” 7”, Beckenausgang und gerader Durchmesser 4” 1’””, der quere Aft SR | f) Niedriges Becken. Sämmtliche Durchmesser ver- grössert. Beckeneingang Conjugata 4” 6”’, Querdurchmesser 51”, der rechte schräge 5” 2’, der linke 5” 3”, Im Beckencavum der gerade Durchmesser 4’ 9”, der quere 5” 4”, Beckenansgang gerader Durchmesser 4” 9’, der quere 41/,”. g) Schiefes Becken. Die linke kleinere Hälfte steht höher, die Symphysis ossium pubis ist nach rechts verscho- ben, der Beckeneingang. erscheint querelliptisch; aie rechte Hälfte ist mehr inclinirt. Beckeneingang: die Conjugata 3” 1°, Querdurchmesser 5“ 3’, rechter schräger 4‘ 11°, linker 5‘ 3°. Der Abstand der linken Pfanne vom Pro- montorium 3° 3°, jener, der rechten Pfanne 3° 8°; der gerade Durchmesser in der Beckenhöhle 4' 4‘, am Becken- ausgang 3//,‘’,, der Querdurchmesser in Beckencavum 5‘ 2‘, am Ausgang 4° 4°. Es ist also die Conjugata und u a der rechte schräge Durchmesser verkürzt, der Querdurchi- messer, linke schräge und rechte 'Stenochorde verlängert; hiebei der rechte Oberschenkelknochen 3‘ unterhalb des grossen Trochanters verdiekt und nach vorne und aussen gebogen, um 3 Mm. verkürzt. h) Schiefes und enges Becken. Eingang nieren- förmig, linke Beckenhälfte höher stehend, rechtes Darmbein weiter nach aussen gerichtet, grösser; der linke Sitzknorren mehr herausgezerrt. Flacher Schambogen. Krümmung der Lendenwirbelsäule nach vorne und links. Im Beckeneingange Conjugata 2° 2°, Querdurchmesser 4‘ 2’, rechter schräger 4‘, linker 4° 2°. Abstand der Pfanne vom Promontorium links 1° 8’, rechts 2’ 2“. Im Beckencavum gerader Durchmesser 3° 3’, am Ausgang 4’ starkes Zurückweichen des Kreuzbeinendes. @Querdurchmesser in der Beckenhöhle 4 2%, Ausgang 4’ 1°, der linke Kreuzbeinflügel i‘ breit, der rechte 1’ 4‘ (Sectio caesarea.) i) Geheilter Bruch der rechten Beckenhälfte. Von der rechten Beckenhälfte ist ein, die Spina anterior superior et inferior, den oberen Pfannentheil, und ein Stück des horizontalen Schambeinastes enthaltender 4/,‘ langer, dem Darmbeine entsprechend 2° breiter, an Letzterem. win- kelig geformter Knochenantheil abgebrochen ; derselbe : ist nach ein- und aufwärts gerückt, mehr horizontal‘ gestellt, und mit seinem, dem Darmbeine entsprechenden Antheile, über die innere Fläche des hinteren Darmbeinantheiles. hin- übergeschoben und daselbst, sowie das vordere Ende mit dem horizontalen Schambeinaste durch compacte Knochenmasse vereinigt. Nur das’obere Pfannenstück bleibt von dem unte- ren, durch eine 2" lange und 1'/,‘‘ breite klaffende ‚Lücke getrennt, welche durch derbe, schwielige Bindegewebsmasse verschlossei ist. Die von der Pfanne gebildeten Begränzungs- ränder der erwähnten Lücke sind üunregelmässig zackig. Durch die oberwähnte Dislocation des abgebrochenen Kno- chenstückes erscheint die innere Fläche des rechten Darm- beines, in ihrem ‘vorderen Antheile der Concavitaet verlustig, — 240 — vielmehr mit einem flach-convexen nach hinten etwas spitz auslaufenden Knochenwulste bedeckt, dessen Oberfläche glatt, und nur an den Rändern stellenweise porös erscheint. Der gegen die Beckenhöhle gewendete freie Rand desselben, wel- cher die Linea arcuata vertritt, und von der Synchondrosis sacro iliaca dextra in ziemlich gerader Richtuug zum Tuber- culum pubicum dextrum zieht, ist theilweise abgerundet, theil- weise mit stumpf konischen, vorspringenden Knochenzacken versehen. Die äussere Darmbeinfläche zeigt deutlich in ihrem vorderen unteren Abschnitte das nach Aufwärtsgedrängt- sein des abgebrochenen Knochenstückes, sowie eine Ver- dickung und theilweise Abrundung oder zackige Knochen- bildung der einstigen Bruchfläche. Der Rest der Gelenks- pfanne erscheint vergrössert, um ‘/,‘’ nach einwärts gedrängt, und durch Verknöcherung des Limbus cartilagineus und Wucherung des Pfannenrandes bedeutend vertieft. Durch die erwähnten Veränderungen erfahren der Beckeneingang, sowie die Beckendurchmesser wesentliche Abweichungen. Ersterer zeigt, wegen Hereinragen des verschobenen Knochenstückes eine asymetrische Form, da die gekrümmte Linie dieser Seite durch eine gerade verlaufende ersetzt wird; bezüglich der Durchmesser ergibt sich eine Verkürzung des queren am Beckeneingange um %/,‘’, in der Beckenhöhle um !/,‘', ebenso ist der linke schräge Durchmesser verkürzt. k) Osteomalacisches Becken mit schnabelförmig vorspringender Symphysis ossium pubis, Einbiegung der hori- zontalen Schambeinäste, Näherung der Pfannen, mehr senk- rechter Stellung der Darmbeinkämme, deren innere Lamelle geknickt erscheint. Die Knochen sind auffällig weich und biegsam. (45 Jahre alte Pfründnerin, gestorben an Lungen- und Darm-Phthise. ) 3. Extremitäten. Von den Abweichungen, die sich an den Extremitäten vorfanden, sind erwähnenswerth: a) Verkrümmungen. Hieher sind zu beziehen: der SO sub 4. g) erwähnte Fall der Verkrümmung der oberen Hälfte des rechten Oberschenkels; ferner nachstehender Befund: Die Oberschenkelknochen sind bedeutend verkürzt; der rechte 81/2”, der linke 9” lang; sie sind plump, der rechte mehr gleichmässig rund, der linke gekrümmt. Die beiden Schenkelköpfe stehen unterhalb des Niveau des grossen Tro- chanters, ihr Hals ist kurz und unter einem rechten Winkel mit dem Trochanter vereinigt. Die Condylen sind. auffällig niedrig, aber verbreitert, beide fast gleich hoch, die Fossa der Patella demgemäss gleichfalls sehr niedrig; die Fossa poplitea ist enge und tief. Das untere Gelenksende beider Oberschenkelknochen hat noch insoferne eine abnorme Stellung, als der äussere Condylus nach hinten, der innere nach vorne, die Fossa der Patella nach aussen, die Fossa poplitea nach innen gewendet ist, oder bei normaler Stellung der Condylen, der grosse Trochanter nach vorne, der Gelenkskopf nach rückwärts gekehrt erscheint; hiebei macht sich am Mittel- stücke des Knochens durchaus keine Drehung desselben be- merkbar; nur ist eben die Linea aspera femoris bei normaler Stellung der Gelenksköpfe zur Pfanne nicht an der Rückseite des Knochens aufzufinden, sondern ist dieselbe nach einwärts gerückt. Die Tuberositas Condyli interni ist beiderseits stark entwickelt. Ein Halbirungsschnitt des Knochens zeigt die Rindenschichte an der Vorderseite des Knochens, im Mittel- stücke 4 Mm., an der Rückseite 7 Mm. dick sclerosirt. Die betreffenden Unterschenkelknochen sind seitlich, schwach S-för- mig gekrümmt, die rechten 25”, die linken 251/2” lang. Die Füsse sind klein, wegen veränderter Stellung der Kniegelenke (nach aussen) stark auswärts gerichtet. Es ergibt sich hieraus ein bedeutendes Missverhältniss zwischen Ober- und Unter- schenkelknochen (8—9” zu 25”); ferner findet auch durch die veränderte Richtung der Kniegelenke der eigenthümlich watschelnde Gang seine Erklärung, zu welchem wohl auch die Kleinheit und geringe Vertiefung der Hüftgelenkspfanne beigetragen haben mag. Zu berücksichtigen ist endlich auch noch die geringe Körperentwicklung. Die betreffende Person — 242 — (Magd, 22 Jahre) mass nur 46”. Das Becken zeigte sich beträchtlich verengt (siehe 4. h) und musste desshalb wie erwähnt die Sectio caesarea vorgenommen werden. b) Von Fracturen sind zu bemerken: ein complicirter Bruch des rechten Oberschenkelknochens, sowie ein geheilter ‚Bruch der rechten Tibia. c) Hyperostosis liess sich ermitteln zweimal an der Tibia, welche durch Knochenauflagerungen beträchtlich ver- dickt, abgerundet, plump mit rauher Oberfläche versehen er- schien; 1mal fand sich ein ähnlicher Befund an den oberen Ex- tremitätknochen vor. Bedingt waren jene Veränderungen durch Syphilis. 6. Gelenke. Die Gelenkserkrankungen bestanden in: a) Hygroma cysticum praepatellare. Es wurden zwei derartige Fälle beobachtet, in welchen über dem rechten Kniegelenke eine flachrundliche, von verdickter Haut bedeckte, über wallnussgrosse Geschwulst sich vorfand, die sich als Cystendegeneration des praepatellaren Schleimbeutels erwies. Die Wandungen der Cyste erschienen bei 5 Mm. dick, ihre Innenfläche mit zottigen Wucherungen versehen, deren ein- zelne mit ziemlich langen, dünnen Stielen versehen waren. Den Inhalt bildete eine wasserhelle, fadenziehende, in einem Falle mit freien Körpern gemengte Flüssigkeit. b) Luxation. Hievon kamen zwei Fälle zur Unter- suchung. Der eine betraf einen 7ljährigen Mann, der: an Pneumonie starb und an dessen linkem Schultergelenke sich die Erscheinungen früher bestandener Luxation vorfanden; die Gelenkskapsel zeigte nach vorne und unten eine über 1” lange, mehr spaltförmige, mit verdickten Rändern versehene Oeffnung, einstiger Riss der Kapselwand, durch welche man in eine kleine Höhle gelangte, deren Wandungen glatt, an einer Stelle Knochenneubildungen einschlossen. Der zweite Fall war eine Subluxation der grossen Zehe. Dieselbe war in schräger Richtung über die zweite und dritte Zehe herüber- gelagert; die erste Phalanx derselben war über den inneren Se Rand des Capitulums des betreffenden Metatarsusknochens nach einwärts verschoben, und ihre Gelenksfläche der schiefen Stellung entsprechend abgeschliffen. Die innere Seite des Gelenksendes des Metatarsusknochens der grossen Zehe war durch eine Knochenneubildung, entsprechend dem hervorra- gendsten Punkte, unförmlich verdickt. c) Resection der Gelenksenden des Ellbogenge- lenkes kam Imal zur Beobachtung. d) Acute Gelenksentzündung fand sich Imal im Gefolge des Typhus vor und hatte dieselbe Ellbogen und Kniegelenke ergriffen. e) Chronische Entzündung der Gelenke. Die- selbe betraf die verschiedeusten Gelenke; so wurden in einem Falle fast sämmtliche Gelenke, selbst jene der Fingerglieder mit den Erscheinungen der chronischen Entzündung behaftet angetroffen; die Gelenkskapsel war verdickt, desgleichen die Synovialmembran, welche namentlich an den kleineren Ge- lenken sich schiefergrau gefärbt zeigte; hie und da war es zu membranösen Verbindungen der Gelenksenden gekommen. Häufiger waren die Befunde der Arthritis chronica deformans im Knie-, besonders Hüftgelenke. Hiebei waren wesentliche Missstaltungen des Gelenkkopfes durch Abplattung und Kno- chenwucherung, Usur des Knorpels, zottige Wucherung der Synovialmembran oft in sehr beträchtlicher Menge, sowie’ freie Körper von über Taubeneigrösse nachweisbar. I. Muskelsystem. Als pathologische Zustände im Muskelsystem kamen nur Entzündungsprocesse zum Nachweise, und zwar als acute 6mal. 5 hievon entfallen auf Puerperalprocesse, der sechste betraf einen 15jährigen Fleischerjungen, welcher nach erfalg- tem Sturze an Lungenentzündung starb. Bei demselben zeigte sich der linke Psoasmuskel in seiner ganzen Ausdehnung ge- schwellt, erbleicht und seine Muskelbündel durch Eiter aus- einandergedrängt, welcher selbst stellenweise in unregelmässig begrenzten Hohlräumen eingeschlossen erschien. — 244 — Zu den chronischen Entzündungsformen ist jener Fall hinzuzurechnen, bei welchem nächst der Verdickung des Pe- ritoneums ausgedehnte Schwielenbildung in der Bauchmusku-- latur nachweisbar. / KX. Puerperalprocess. Von puerperalen Erkrankungen sind 30 Falle zu ver- zeichnen, welche am häufigsten in den Monaten Februar und März zur Beobachtung kamen, und Frauenspersonen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren betrafen. Bei Allen liessen sich an der inneren Schädeltafel der Stirn und Seitenwandbeine zarte, leicht ablösbare, bald mehr, bald weniger blutreiche, blassviolette, fein poröse oder schwam- mige Osteophyten nachweisen, und erschien dem entsprechead die äussere Fläche der Dura mater mit einer zarten vascu- larisirten oder gallertigen Bindgewebsschichte bekleidet. Das Gehirn und seine Häute erwiesen sich in mässigem Grade hyperämisch. Die Brusträume waren meist; durch hohen Zwerchfells- stand, wegen Ausdehnung der Bauchhöhle, von unten her verengt, in 10 Fällen eitriges Exsudat daselbst angesammelt; hiebei war das Rippen- und Lungenfell mit einer fibrinösen Exsudatschichte bekleidet. Die; Menge des Exsudates ge- wöhnlich keine sehr beträchtliche. Die hinteren Antheile der unteren Lungenlappen boten das Bild der hypostatischen Hy- perämie; nur imal war Pneumonie zugegen. Das Herzfleisch erschien regelmässig erschlafft, von fahler bräunlicher Farbe. die Ventrikel mit dunklem flüssigen oder gestockten Blute erfüllt. Einmal liess sich Insufficienz der zweizipflichen und Aorten-Klappen mit Stenose der Ostien ermitteln. Die Entzündung des Bauchfelles mit eitrigem Ex- sudate, welche sich in 22 Fällen constatiren liess, verbreitete sich entweder über das ganze Bauchfell oder war beschränkt auf die Umgebung, des Uterus. Das Peritoneum erschien hiebei blassroth injicirt, die ausgedehnten Dünndarmschlingen durch Exsudat mit einander verklebt. — 245 — Die Leber zeigte sich regelmässig erschlafft, von ocker- gelber Farbe und enthielt Imal einen kleinen Tumor caver- nosus. Die Milz war geschwellt, blutreich, 1mal mit einem gelbröthlichen keilförmigen Infarcte versehen. In den meist ausgedehnten und mit gallig gefärbter Flüssigkeit oder Schleim erfüllten Magen war 1mal Erwei- chung seines Grundes, imal hämorrhagische Errosionen zu- gegen, und bildete in diesen Fällen eine schwarzbräunliche Flüssigkeit oder bräunlich gestriemter Schleim den Magen- inhalt. Die Schleimhaut der Gedärme, welche sich zumeist etwas geschwellt, aber bleich zeigte, war in einem Falle mit crou- pösem Exsudate im Dünndarme, 1mal mit diphtheritischen Schorfen im Dickdarme versehen. Fast in jeder Puerpera-Leiche waren im Dünndarme, oft bis zu 12, Ascaris lumbricoides, im Dickdarme zahlreiche Trichocephali aufzufinden. Die Nieren waren vergrössert durch Schwellung der Rinde, welche schlaffer und bleicher erschien, beim Durch- schneiden einen trüben Saft entleerte und oberflächlich deut- lich die erweiterten Harnkanälchen als weissgelbliche netz- förmige Zeichnungen erkennen liess. In einem Falle war die Rinde hyperämisch und von kleinen Eiterherden durch- setzt; Imal enthielt dieselbe ein kleines Fibrom. In 7 Fällen erschien die Schleimhaut des Nierenbeckens geröthet und ge- schwellt, letzteres mit trüb eitriger Flüssigkeit erfüllt. Die Harnblasenschleimhaut war in vier Fällen catarrhalisch ge- schwellt und geröthet. In allen untersuchten Fällen war der Uterus nahezu kindskopfgross; seine Wandungen bei %,” dick, meist schlaf, blassröthlich gefärbt, von erweiterten Gefässen durchzogen. Seine Innenfläche zeigte sich missfärbig, mit zerfallenden De- ciduaresten bekleidet, in Form eines Breies leicht abstreifbar. Die angrenzende Muskelsubstanz blutig imbibirt oder blass. In 3 Fällen konnten in der Uterussubstanz Eiterherde nach- gewiesen werden. Naturw.-med. Verein. 20 — 246 — Die Placentarinsertionsstelle war in 3 Fallen an der vorderen Uteruswand, imal hatte dieselbe einen tieferen Sitz an der hinteren Wand. Entzündung und Thrombose der Lymphgefässe des Uterus vervollständigte m 20 Fällen den puerperalen Befund. Diphtheritis der Vaginalportion des Uterus, sowie der Vaginalschleimhaut fand sich 1mal vor; ebenso wurde 1mal ein puerperales Geschwür am Scheideneingange nachgewiesen. Von Neubildungen wurden 3mal Fibrome bis zu Nuss- grösse aufgefunden, welche sich etwas geröthet und succu- lenter als gewöhnlich zeigten. Die Ovarien waren stets vergrössert, ihre Oberfläche geröthet, ihr Parenchym saftiger, in der Nähe des Hilus oft von Eiterherden durchsetzt; das betreffende Schwangerschafts- Corpus luteum war überwiegend im rechten Ovarium anzu- treffen. In einem Falle waren im linken Ovarium mehrere kleine rundliche, mit klarem Serum erfüllte Cysten. Ein andermal war das rechte Ovarium vergrössert, eine kleinapfel- grosse rundliche Cyste enthaltend, welche mit einem gelb- lichen, starren, von feinen hellbraunen Haaren durchsetzten Fette erfüllt war. Die Cystenwandungen zeigten verschieden grosse Inseln von Hautneubildungen (Dermoideyste). Ver- eiterung der Lymphdrüsen längs der Lendenwirbelsäule wurde 3mal, Abscesse in den Muskeln 5mal beobachtet, und zwar: a) in den Muskeln unterhalb des rechten Kniegelenkes, b) in beiden oberen Extremitäten (den Pronatoren), c) in der Beckenmuskulatur und den oberen Extremitäten, d) in den Muskeln des rechten Oberschenkels, e) an verschiedenen Körperstellen. Decubitus fand sich vor: 1mal über den Trochanteren und Kreuzbein, imal nebstdem noch über den Dornfortsätzen der Wirbel und über den Schultern. Von besonderem Interesse waren die Abweichungen, welche sich am Becken ermitteln liessen. Fast in allen unter- suchten Fällen war eine Abweichung vom Normalzustande, in bald grösserem, bald geringerem Grade erkennbar. Ent- — 241 — L) weder waren die Beckendurchmesser alle verkürzt oder ver- längert, oder es machte sich diess Verhältniss, und zwar überwiegend, nur für einzelne derselben geltend. Es erschienen demnach die Beckenformen symmetrisch oder asymmetrisch. Der Beckeneingang war entweder herzförmig oder im Längs- oder Querdurchmesser elliptisch. Die Beckenformen näherten sich umsomehr den rhachitischen, als dieselben überdiess in vielen Fällen auffällig niedrig, mit erweitertem Schambogen versehen waren. Sehr häufig zeigte sich die Symphysis ossium pubis aus der Mittellinie nach links abweichend; der rechte Kreuzbeinflügel oft um 4” kürzer als der linke, ohne dass eine Verknöcherung der Synchondrosis sacro-iliaca vorhanden war. Das Promontorium sprang in vielen Fällen stark vor, und zeigte. die Wirbelsäule oft eine schwache, seitliche Verkrümmung. In einzelnen Fällen wurden auffällig breite Lendenwirbel beobachtet. Eine bedeutende seitliche Ver- krümmung der Wirbelsäule, ist nur für zwei Fälle zu ver- zeichnen, ebenso ist bemerkenswerth ein Fall mit ausgezeichnet schiefen Becken, bei welchem eine Verkürzung des rechten Oberschenkelknochens constatirt werden konnte, die durch eine Krümmung des oberen Antheiles desselben (geheilte In- fraction) bedingt war, während alle übrigen Knochen das normale Verhalten zeigten, ferner ein Fall mit bedeutender Beckenenge. Eine übersichtliche Zusammenstellung der verschiedenen Abweichungen der Beckendurchmesser ergibt Folgendes: Conjungata Querdurchmesser rechter schräger linker schräger D. ag u Au Duss Du On 4" Dans 3" Bi 4 1109 4“ (De 4“ (1000 3" dou Alt afc 4" add A 4 ae a {Ua ye 6“ AS Qi 5M IL 94 Ae 10° As Au Add nu 3 gil 4" 91 4“ eee un Qua 3h 10° Bi 3 4 109° 5M 109 4“ 54 sin 5M 1 ak 4'' 6 Aug 2 54 nu 5M Bid 1 20 * SOAR a= Conjugata Querdurchmesser rechter schräger linker schräger D. 4" Bild 4“ Ze Au yee A nu 4" Bil 4” 10° 4" 6 4" 9144 4. uud Id OU 54 1 Arch 11‘ 4“ 6‘ 54 11000 5 4° 94 4'' gu 59 4" git 4“ gis Erwähnenswerth ist noch der Befund einer 22jährigen Magd, bei welcher wegen bedeutender Beckenenge die Sectio caesarea vorgenommen werden musste. Die ganze Körper- länge derselben mass 46°. Die Oberschenkel waren auffäl- lig verkürzt, die Knie nach aussen gerichtet. Beckendurch- messer: Conjugata 2’ 2‘, Querdurchmesser 4‘ 2°, rechter schräger 3° 9‘, linker 4‘ 2“. Die Veränderungen an den Oberschenkel- und Unterschenkel-Knochen, sind im Kapitel Knochen sub a erwähnt. L. Septicaemie. Die Fälle von Septicaemie ergaben nachstehende Ver- änderungen: Icterische Färbung der Haut, Blasenbildung der Epidermis (bei einem complicirten Knochenbruche) oder Blut- austritt in das Unterhautzellgewebe, einmal eitrige Pleuritis ferner Ansammlung misfärbigen, röthlichen Serums in den Brust- räumen. Die Lungen zeigten Hypostasen in den hinteren Antheilen der Unterlappen, einmal Infarctbildung. Das Herz enthielt dunkelrothes, meist flüssiges fibrinarmes Blut; einmal erschien dasselbe theerähnlich eingedickt. Entzündung des Bauchfelles ergab sich einmal im Verein mit gleichzeitiger Pleuritis. Die Milz war jedesmal geschwellt und auffällig weich. Vereiterung der Lymphdrüsen konnte einmal con- statirt werden. M. Syphilis. An der allgemeinen Decke fanden sich entweder Narben vor, oder es zeigte, wie in emem Falle, am Halse und den oberen Extremitäten, die Haut sich braunroth, diffus oder um- — 249 — schrieben gefleckt, mit bräunlichen Borcken bedeckt, zwischen welchen die Epidermis sich kleienähnlich abschilferte. Am Vorderarme war inmitte der so veränderten Hautstellen, noch normale Haut eingeschlossen, die Ränder der bräunlichgefärbten nnd mit Borcken bedeckten Parthien in weissliche Narben übergehend. Die Schleimhäute ergaben zunächst an den Genitalien Narbenbildung, einmal einen Defect des weichen Gaumens, und einmal Geschwürsbildung am Kehldeckel und den Stimmbändern. In Betreff des Knochensystems war in zwei Fällen Zerstörung der Schädelknochen nachweisbar, in welchen der vorhandene Defect durch die verdickte Dura mater und Beinhaut verschlossen wurde. Einmal fanden sich ähnliche Zerstörungen an der Clavicula und den beiden Schulterblättern vor. Meist waren die langen Röhrenknochen, besonders die Tibia durch Knochenneubildung verdickt, un- förmlich plump geworden. Einmal jedoch war das Brustbein in ähnlicher Weise verändert. Veränderungen in den Ge- lenken liess sich nur in einem Falle nachweisen, in welchen fast sämmtliche Gelenke Entzündungserscheinungen, Usur des Knorpels darbothen. In den inneren Organen konnte einmal der Befund von Gliomen im Gehirn ermittel werden, welche zur Haemorrhagie, und sofort zum Tode führten, ferner einmal abnorme Lappung der Leber, endlich amyloide Degeneration der Leber, Milz und Nieren. Eiu Fall war besonders ausgezeichnet durch die Entwicklung eines vor- zeitigen Marasmus, Als Complicationen ergaben sich Lungen- phthise, Pneumonie, Verdickung der Herzklappen, sowie der In- nenhaut der Aorta, Uterusfibrom und tiefe Lage der Nieren. N. Carcinoma. Von den 8 untersuchten Fällen von Carcinom betreffen 3 die Speiseröhre, je 1 den Magen, Leber, Trachea. Harn- blase und die Sexualorgane. Der Speiseröhrenkrebs führte Imal zum Durchbruch in den linken Bronchus und war lmal combinirt mit Magenkrebs, ferner mit Carcinom — 250 — der Leber, Lunge, Pleura, Peritoneum und Mesenterialdriisen. Der Krebs der Trachea, welcher ebenfalls auf den Bronchus übergriff, bedingte hiedurch eine Verengerung des- selben; der Harnblasenkrebs ist bemerkenswerth wegen seines Sitzes an der hintern Blasenwand; der Krebs der Leber war ausser den vorerwähnten Fallen Imal als se- cundärer zu beobachten nach Amputation einer krebsig ent- arteten Brustdrüse; als Krebs der Sexualorgane ist zu erwähnen eine krebsige Entartung des Uterus, welche denselben jedoch nicht, wie gewöhnlich, nur an der Vaginal- portion befallen hatte, sondern den ganzen Uterus gleichmässig betraf. Wie schon früher bei den einzelnen Organen erwähnt, waren nebst diesen primären Erkrankungsherden noch secun- dare nachweisbar, und konnte demgemäss Carcinom noch nachgewiesen werden in der Schilddrüse, Pleura, Lunge, Peritoneum und den Lymphdrüsen. 0. Sarcom. Hievon sind 3 Eälle zu verzeichnen. a) Osteosarcoma centralis des Oberkiefers. Beide Gesichtshälften,, besonders die linke, sind beträchtlich verdickt und hiedurch eine Verzerrung des linken, gleich- zeitig nach vorne gedrängten Nasenflügels veranlasst; rechter- seits hingegen findet sich ausser der Anschwellung der Wange noch eine zwischen dem inneren Augenwinkel und Nasen- wurzel: gelegene, bis zum Nasenflügel dieser Seite herabrei- chende- flache, Anschwellung vor, durch welche der rechte, scheinbar tiefer stehende Bulbus nach aussen gedrängt wird. Die beiden Wangen fühlen sich derb an, und ist über den- selben die äusserlich unveränderte’Haut innig fixirt. In der rechten Parotisgegegend zeigt, sich, eine 35°” lange, 2™™ breite Schnittwunde, ‚von welcher aus man bei 5™™.in\ die Tiefe gelangt. Die. Anschwellung des Gesichtes ist bedingt, durch, eine in der Flügelgaumengrube Jagernde,: linkerseits ; Orange: grosse, derbe, weissliche, nach aussen ‚deutlich begrenzte und — 251 — von einer bindegewebigen Hiille umfasste Neubildung, welche auf der Schnittfläche deutlich fasrig oder feinlückig erscheint, und sich von feinen kleinen Knochenantheilen durchsetzt zeigt. Die erwähnte Aftermasse greift nach vorne in den Ober- kieferkörper über, denselben vollständig substituirend, und schliesst dem entsprechend auch den letzten Backenzahn ein; nach einwärts dringt dieselbe in den unteren Nasengang ein und verengert denselben theils durch Wulstung der degene- rirten Schleimhaut, theils durch Entwicklung eines etwa kirsch- grossen rundlichen Tumors, dessen Oberfläche feinhöckerig ist. An der unteren Fläche des Keilbeinkörpers vereinigt sich die Geschwulstmasse mit jener der anderen Seite, welche weniger entwickelt ist, jedoch gleichfalls in ähnlicher Form in den unteren Nasengang hereindrängt, nach aufwärts das Siebbein durchbricht und zur rechten Seite der Crista galli unterhalb der Dura mater in Form kleiner weicher Tumoren zu Tage tritt; von hier aus dringt sie in die Augenhöhle, den Bulbus, wie erwähnt, nach aussen drängend, und wuchert andererseits an der rechten Seite des Keilbeinkörpers mit kleinen, hanfkorngrossen, rundlichen, weichen Tumoren in die rechte mittlere Schädelgrube die Dura mater durchbrechend, welche daselbst, sowie in der vorderen Grube mit einer rost- braun pigmentirten Pseudomembran bedeckt ist. b) Epulis an der linken Unterkieferhälfte. (H, i,) c) Lymphosarcoma in der rechten Achselgegend. Bei einem 71jahrigen Taglöhner, welcher an Pneumonie ver- starb, fand sich eine von der rechten Achselhöhle bis zur Tten Rippe herabreichende, uneben höckrige, von unverän- derter Haut bedeckte, mässig weiche, weissliche, beim Durch- schneiden einen milchigen Saft entleerende Aftermasse vor. P. Tuberculosis. Die mit Tuberculose Behafteten gehörten dem jüngeren oder mittleren Lebensalter an; in allen Fällen war dieselbe als secundäre zu betrachten, indem sie sich zu bestehenden — 22 — käsigen Herden hinzugesellte; als solche ergaben sich am häufigsten verkäsende pneumonische Herde, oder Verkäsung des Bronchialinhaltes, der Bronchialdrüsen, der Drüsen des Darmkanales und Mesenteriums. Die miliaren Knötchen wur- den nachgewiesen in den Meningen, Larynx, Trachea, Pleura. Lunge, Peritoneum, Leber, Milz, Nieren und Uterus- schleimhaut. Bericht über die medicinische Klinik in Innsbruck im Solar- Jahre 1871 von Dr. Th. Kölle, klinischem Assistenten. — Ich erstatte hiemit einen kurzen Bericht über die an der Klinik im Laufe des Jahres 1871 entlassenen Kranken, hauptsächlich um einen Einblick in die sanitären Verhältnisse Innsbrucks zu eröffnen, soweit sich derselbe aus der Ueber- sicht einer kleineren Krankenanstalt überhaupt entnehmen lässt. Innsbruck ist unter den Landeshauptstädten Oesterreichs im letzten Decennium mit der geringsten Sterblichkeitsziffer bezeichnet, und es ist meines Wissens über das Vorkommen epidemischer Krankheiten hierorts noch keine öffentliche Mit- theilung erfolgt. Eigenthümlich ist unter den klimatischen Verhältnissen vor Allem das Vorkommen des Föhn, ohne dass demselben hervorragende Einwirkungen zuzuschreiben wären. Die Grundwasserschwankungen sind leider nicht be- kannt, da die Stadt ihr Trinkwasser durch Leitungen aus dem Gebirge bezieht. Canalisation existirt für das Spül- — 254 — wasser, während die für die Excremente bestimmten Senk- gruben nur wenige Male des Jahres entleert werden. Behandelt wurden an der medieinischen Klinik im Jahre 1871 595 Personen mit einem Mortalitätspercent von 13:5. Typhus liefert im Vergleich mit ähnlich grossen Alpen- städten nur wenig Material. Im Jahre 1868 waren nur 15 Fälle, kein Todesfall; 1869 18 Fälle, 1 Todesfall; 1870 13, 1 Todesfall; 1871 11, 1 Todesfall, somit in den letzten 4 Jahren nur 57 Fälle mit dem Mortalitätspercent 53, und darunter war der im Jahre 1871 tödlich verlaufene Fall ein in der dritten Krankheitswoche mit Darmblutungen über- brachter Engländer, der auf der Reise, muthmasslich in Basel, inficirt worden war; der im Jahre 1870 verstorbene Fall be- traf eine seit Jahren im Spitale liegende, durch Poly-Arthritis äusserst herabgekommene Patientin. Wir könnten daher un- sere Mortalitätsziffer selbst noch weiter herabschrauben. Auch in den früheren Jahrgängen unserer Protokolle finden wir sehr wenig Typhen verzeichnet, nur während der Zeit des Baues der Brennerbahn finden sich höhere Zahlen, so z. B. 1866: 29 Typhen mit hoher Mortalität (31%). Es waren grösstentheils Eisenbahnarbeiter, von denen die meisten bei schon länger bestehender Krankheit mehrere Stunden weit, darunter 3 mit schon erfolgter Darmperforation überbracht wurde. Der Typhusherd war die erste, südlich gelegene Eisenbahnstation Patsch. Die hier verbreitete Meinung, dass Typhus in Innsbruck selten vorkomme, ist daher begründet. Die auffällig geringe Mortalitatsziffer wagen wir einstweilen nicht der Behandlung mit kühlen Bädern allein zuzuschreiben, die nach dem Vor- gange von Liebermeister u. A. an der Klinik eingeführt wurde. Bei dem Umstande, dass in den nahe gelegenen Ort- schaften längs der Brennerbahn wiederholt heftige Typhus- Epidemien vorgekommen sind, ist es jedenfalls auffällig, dass Innsbruck so mässig von dieser Krankheit heimgesucht wird. Die Häuser, aus denen in den letzten 20 Jahren die meisten Fälle zur Behandlung kamen, liegen ferner über- — 255 — wiegend in dem luftiger und besser gebauten neuen Stadt- theile; es ist jedoch auch jede andere Strasse vertreten. Eine förmliche Hausepidemie ist uns nur von zwei Häusern am linken Inn-Ufer bekannt geworden. Alle Fälle waren bisher Ileo-Typhen; erst im Jänner 1872 kam ein lethal verlaufener Fall von T. exanthematicus an einem Eingebornen zur Beobachtung, und somit ist auch für hier das Vorkommen beider Formen constatirt. An den Deo-Typhen ist die Roseola nur sehr selten zur Beobachtung gelangt. Soweit unsere Kenntniss von Nordtirol reicht, sind bisher nur Epidemien von leo-Typhus vorgekommen, neben dem Wippthale an der Brennerbahn auch in anderen hochgelegenen Thälern (Dux, Oetzthal, Tilliach, Sexten, auch in Fassa in Südtirol ete.). Wichtiger noch als Typhus scheint für die österreichi- schen Alpenländer in diesem Jahrhunderte die Dysenterie ge- wesen zu sein. Bis zu den letzten Jahren findet sich in unseren Protokollen die Diagnose häufiger, und die Sections- befunde an anderweitigen Krankheiten verstorbener Bewohner Innsbrucks ergaben häufig Reste von Dysenterie und Enteritis follicularis. Mit voller Bestimmtheit konnte hiebei ein Viertel, und zwar das nördlich gelegene, mehr von .ärmeren Leuten bewohnte Stadtviertel (S. Nikolaus und Hötting), als Herd bezeichnet werden. Im Jahre 1871 kamen nur mehr zwei schwerere acute Fälle vor, und ebenso hatten sich die Sec- tionsbefunde der älteren Fälle vermindnrt. Im Vergleich mit Norddeutschland (S. Heubner, Wagner’s Archiv 1871) ist die Dysenterie in den Alpenländern jeden- falls eine weit häufiger auftretende Krankheit. Cholera ist nur im Jahre 1854 in Innsbruck mit einer geringen Anzahl von Krankheitsfällen aufgetreten. Die Fälle ‚betrafen grösstentheils Eisenbahnarbeiter; doch entwickelte sich damals im Spitale selbst eine Hausepidemie. Als voll- ständig Cholera-immun kann, da auch einzelne Fälle ausser- halb. des Spitals vorkamen, Innsbruck nicht bezeichnet werden, - 256 — Von den acuten Exanthemen kamen im Jahre 1871 nur wenige Fälle zur Beobachtung, nachdem in den vorhergehen- den Jahren stärkere Epidemien von Morbilli und Variola ge- herrscht hatten. Intermittens kam grösstentheils an Italienern zur Be- obachtung. In den letzten 10 Jahren wurden nur drei in oder um Innsbruck entstandene autochthone Fälle verzeichnet, und es ist diese Krankheit in Nordtirol nur an einem Punkte in der Nähe von Brixlegg einheimisch, während das Etschthal mehrere Herde aufweist. Ebenso finden sich öfter Fälle ver- zeichnet, welche mit Intermittens von Ungarn in längerer Fusswanderung bis hieher gelangen, reisende Handwerksbur- schen u. dgl., so dass also ein mehrmonatliches Verweilen in Alpenländern vor Recidiven nicht vollkommen schützt. Croup und Diphtheritis, an Kindern in einzelnen Jah- ren hier häufiger als in den östlichen Ländern Oester- reiehs auftretend, kommt auch an Erwachsenen alljährlich, wenn auch in vereinzelten Fällen, im Spitale zur Beobach- tung. Im Jahre 1871 kam ein Fall von exquisitem Larynx- croup mit glücklichem Ausgange (Behandlung: Kälte) an einem 30jährigen Frauenzimmer zur Behandlung, nachdem kurz vorher aus demselben Quartiere ein tödtlich verlaufener Fall von Bronchitis crouposa aufgenommen worden war. Skorbut ist in den letzten Jahren nahezu erloschen, im Jahre 1871 kam ein Fall mit den heftigsten wiederkehren- den Anfällen von Epistaxis aus einer Strafanstalt in Tirol hieher, in früheren Jahren waren Fälle aus Häusern nahe dem Sillkanale zur Aufnahme gelangt. Diabetes mellitus boten zwei Fälle dar, einer aus Süd- tirol mässigen Grades, der andere aus der Gegend von Innsbruck mit 6—10 Perzent Zucker. Opium mit Fleisch- diät verminderte bei beiden den Zuckergehalt, von anderen versuchten Medikamenten erwähne ich Phenol ohne jedweden Erfolg. Der schwere Fall war wiederholt auf Wärmeabgabe calorimetrisch (1 Jahr ante mortem) im Bade gemessen / a worden. Er gab trotz der grossen Nahrungszufuhr nicht mehr Wärme ab als wie gesunde Leute seiner Constitution und diess bei dem colossalen Stoffwechsel scheinbar auffällige Faktum lässt sich wohl zur Genüge aus der mangelhaften Oxydation, der Abfuhr des zur Erzeugung von Wärme nicht verwendeten Zuckers erklären. Der Patient war nie fett- leibig gewesen und hatte nie an cephalischen Symptome gelitten. | Leukämie, lienale, war ım letzten Jahre in keinem neuen Falle zugewachsen, in den letzten 4 Jahren waren drei hochgradige Leukämische in Behandlung gewesen, was bei circa 3000 Kranken als nicht mehr besonders seltenes Vor- kommen bezeichnet werden muss. Ebenso ist Maliamus verschwunden, der nur im Kriegsjahre 1366 zur Beobachtung gelangt war. Von den Erkrankungen einzelner Organe hebe ich unter den Erkrankungen des Nervensystems die Haemorrhagia cerebri nur desswegen hervor, weil die Meinung existirt, dass der in Innsbruck zeitweise herrschende Föhn letzte Veran- lassung für das Eintreten derselben sei. Die Spitalslisten sprechen nicht dafür, wenn auch zugegeben werden muss, dass manche Menschen durch den Föhn verstimmt werden und an Hyperästhesien leiden. Bei einem angeblich exquisit daran leidenden Manne wurden Temperaturmessungen und calorimetrische Messungen vorgenommen, um zu ersehen, ob eine Störung in der Wärmeregulirung dem Zustande voran- gehe; es wurde aber kein positives Resultat erzielt. Ein mit schweren Störungen im Gebiete des Nerven- systems ausgezeichneter, durch vorübergehenden therapeuti- schen Erfolg trügerischer Fall blieb auch nach der Autopsie räthselhaft. Es betraf dies einen 26 jährigen Metzgergesellen, welcher nach länger dauernder beiderseitiger Abducens-Läh- mung an allgemeiner Parese erkrankte, wobei bald Pharynx- lähmung sowie Lähmung des Zwerchfells und der äusseren Respirationsmuskel deutlicher hervortrat. Der Kranke wurde durch Tage mittelst künstlicher Respiration und Fütterung — 258 — mittelst Schlundröhre am Leben erhalten, wobei die Erstickungs- noth in Folge des in den Larynx hinabgeflossenen Mund- schleimes durch mechanische Entfernung des Schleimes aus dem Larynx sowie durch die mittelst Schlundröhre beige- brachten Brechmittel in den gefährlichsten Momenten gehoben worden war. Es trat eine nahezu vollständige Besserung ein, der Kranke ward übermüthig und verliess wider unsere Anordnung das Zimmer. Auf der Treppe fiel er erschöpft zusammen; im Laufe der nächsten Tage kehrten die früheren Lähmungserscheinungen zurück, und er konnte trotz künst- licher Respiration nicht erhalten werden. Diphtheritis war nicht vorausgegangen, Trichinosis nicht anzunehmen. Es fand sich neben Hyperämie des Gehirnes, Röthung des Facialis- Kernes, im Halsantheile des Rückenmarkes eine sehr geringe Hämorrhagie im Centralkanale, und Austritt von weissen Blutkörperchen in die perivasculären Lymphriiume: Erschei- nungen, welche znm grösseren Theile von der Asphyxie ab- geleitet werden könnten. In den Respirationsmuskeln waren nur einzelne zerstreute verfettete Fasern aufzufinden. Die künstliche Ernährung mittelst Schlundröhre wurde mit noch besserem Erfolge bei einem andern schweren Ner- venleiden — abgesehen von Irrsinnigen — angewendet. Eine seit einem Jahre und zwar plötzlich bei der Feldarbeit hemi- plegisch gewordene Arbeiterin zeigte durch längere Zeit im gelähmten Beine vollständige Anästhesie selbst gegen die stärksten Ströme einer Stöhrer’schen Batterie mit 32 Ele- menten. Diese Anästhesie schwand, kehrte wieder und schwand abermals. Nach einer Reihe hysterischer Symptome trat später Erbrechen und mehrwöchentlicher Trismus mit Obnu- bilation, Unempfindlichkeit der Nasenschleimhaut gegen Aetzam- moniak ein. Die Patientin wurde durch Wochen mit der Schlundröhre gefüttert und konnte schliesslich das Bett und das Spital verlassen. Von den unter Anwendung des constanten Stromes ge- besserten Neurosen hebe ich nur einen Fall von Facialis- Lähmung hervor, welcher nach mehrmonatlichem Bestande — 29 — in unsere Behandlung kam. Durch weitere zwei Monate schien trotz Anwendung der Elektrieität kein Erfolg erzielt zu werden, im 3. Monate schwand allmälig die Lähmung bis auf eine mässige Spur. Unter den Erkrankungen der Respirations-Organe ist croupöse Pneumonie häufig, ihr Culminationspunct fällt gegen das Ende des Februar. Die alpinen Winter-Beschäftigungen, das Herabschaffen von Holz und Heu aus dem Hochgebirge liefern neben den andern gewöhnlicheren Ursachen hinlänglich viele Fälle. Interessanter erschien uus das Auftreten von Phthisis an den Bewohnern der verschiedenen nachbarlichen Hoch- thäler, darunter an Individuen — Sennern — welche nie vorher ihre Heimat verlassen hatten. Die bis vor kurzem noch brennende Frage des Einflusses des Höhenklima auf Phthisis lässt sich zwar nur durch umfängliche genaue Er- hebungen lösen; der hiesigen Klinik wuchsen Phthisiker aus Höhen über 1000 Meter nicht selten zu. Anderseits hat man Gelegenheit bei den chronischen Fällen Individuen zu treffen, die durch Verweilen auf alpinen Höhen während des Sommers sich vortrefflich erholen, und es wird insbesonders in der ländlicher Praxis diesem Gebrauche bei allen mög- lichen Krankheiten gehuldigt. Die chronischen Katarrhe ver- schlimmern sich hiebei in kälteren Jahren oft genug, umso- mehr, als in den primitiven Alpenhütten für Comfort nicht gesorgt ist. — In Innsbruck selbst ist Phthisis nicht so häufig wie in Grossstädten, jedoch nicht etwa als selten zu bezeichnen. Lungenbrand und putride Bronchitis scheint jedenfalls seltener als wie im Norden z. B. Königsberg (nach Leyden) vorzukommen; die in den letzten Jahren zur Behandlung gekommenen wenigen Fälle waren alle schon in nahezu despe- ratem Zustande überbracht und die verschiedensten Inhala- tionen (Phenol, Thymol etc.) erwiesen sich hiebei als un- wirksam. Herzerkrankungen der verschiedensten Art kommen wie — 260° — anderwärts häufig zur Aufnahme; das Tragen sehwerer Lasten im Gebirge dürfte immerhin für die Entstehung und Zu- nahme von Volumszunahme des Herzens nicht ohne Bedeu- tung sein. Bei den Erkrankungen der Digestionsorgane ist nach den Protokollen auffällig, dass das Carcinoma oesophagi ebenso häufig vorkommt wie care. ventriculi. Einer der im vorigen Jahre abgelaufenen Fälle von care. oesoph. war wegen Athembeschwerden eingetreten, ohne De- glutitionsbeschwerden zu erwähnen. Die Untersuchung ergab über der linken Lunge bei vollem Percussionsschalle Mangel jedes Respirationsgeräusches. Die aus den übrigen Symptomen bewiesene Stenose des oesophagus, liess vermuthen, dass das Carcinom in den linken Hauptbronchus, denselben vollständig verschliessend, hineinwuchere. Die Autopsie bestätigte den Umstand, in der betreffenden Lunge war schliesslich totale Pneumonie aufgetreten. — Unter den Krankheiten, welche durch Nahrungsmittel hervorgerufen sein können, suchten wir bis jetzt vergebens nach Pellagra. Da in der Umgegend von Innsbruck fast nur Mais gebaut wird, wäre die Annahme der Existenz dieser Krankheit nach den herrschenden Anschauungen berechtiget. Eine Patientin mit progressiver Muskelatrophie, beschuldigte dieses Nahrungsmittel als vermeintliche Ursache ihres Leidens. Von den Vergiftungen ist im Jahre 1871 ein Fall mit Aetzammoniak beobachtet worden. Ein kräftiger Büchsen- macher trank, um die Folgen eines intensiven Alkoholismus zu paralysiren, angeblich eine halbe Unze Aetzammoniak. 1/, Stunde später überbracht, wurde er mittelst Magenpumpe seines Mageninhaltes entledigt, und Essig durch den Magen gepumpt. In den ersten acht Stunden der Anwesenheit schwankte die Temperatur zwischen 36.5 und 37.0. Erst in der neunten Stunde stieg die Temperatur auf 38.4, um während der nächsten fünf Tage zwischen 39—39.4 zu schwanken. Ausser der Anätzung der Mundschleimhaut war bei gleichzeitiger Heiserkeit eine intensive Röthe der Schleim- — 261 — haut der Stimmbänder, ohne deutliches croupöses Exsudat, zu bemerken. Nach Wochen war eine Stenose des oesophagus nicht zurückgeblieben. Unter den Fällen von Icterus war ein älteres Weib mit Hyperplasie des Pankreaskopfes und retrograder Schwellung sämmtlicher Lymphdrüsen abwärts dieser Stelle. Sie war aus demselben Quartiere, aus welchem einige Zeit vorher ein exquisiter Fall von sogenannter Pseudoleucaemia lymphatica zugewachsen war. Auch der letztgenannte litt an Icterus, Schwellung der Lymphdrüsen um den ductus choledochus. Bei Beiden war Jodkali umsonst gegeben worden, der Tod erfolgte nach Eintritt von Lungenhypostase. Bei chronischer Albuminurie wurde wiederholt Milchkur und Verweilen in alpinen Höhen während der Sommer-Ferien versucht. Einen erheblichen Erfolg kann ich bisher nicht verzeichnen. Von den auf der Klinik behandelten Hautkranken kann ich das Vorkommen von Psoriasis, Favus, Herpes tonsurans in mässiger Anzahl erwähnen. Die Favus-Fälle der letzten zehn Jahre waren mit Ausnahme eines einzigen Südtirolers aus andern Ländern zugewachsen, besonders aus Nord-Venetien und Krain, so dass diese Krankheit glücklicherweise zu den in Tirol selteneren zu gehören scheint. Von hartnäckigen Ekzemen des Jahres 1871 erwähne ich einen Knaben aus einem abgelegenen Seitenthale Nordtirols, der seit 4 Jahren an einem Ekzem bettlägerig gewesen war, den Schulbe- such versäumt hatte, und unter Anwendung von Theerpräpa- raten in wenigen Monaten geheilt wurde. Um durch weiteres Aufzählen gewöhnlicher Beobach- tungen nicht zu ermüden, schliesse ich diesen Bericht, um zunächst nur das minder zahlreiche Vorkommen einzelner . epidemischer Krankheiten und das Auftretun einzelner seltener Krankheitsformen in Tirol, speciell in Innsbruck , constatirt zu haben. Naturw.-med. Verein, Dal Statistischer Bericht und casuistische Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik in Innsbruck von Prof. Dr. C. Heine, unter Mitwirkung der Assistenten Privat-Docent Dr. Lang und Dr. Schlemmer. A. Statistischer Bericht. Am 31. Dez. 1870 waren in Behandlung verblieben 57 Kranke im Jahre 1871 wurden neu aufgenommen . . 442 „ Die Gesammtsumme der in Behandlung ge- standenen Kranken beträgt somit . . 499 Von den 442 neu aufgenommenen Kranken entfallen 387 für die chirurgische Klinik und Abtheilung; darunter waren 291 Männer und 96 Weiber mit Einschluss der Kinder unter 6 Jahren. Die Zahl von 55 Geschlechtskranken vertheilt sich auf 26 Männer, 28 Weiber und 1 Kind. Von den 499 stationären Kranken wurden geheilt entlassen . . "2. ee aan gebessert entlassen . . Mm... ort ungeheilt entlassen .. are. ee el transferintt . 2.0.00. Rd a Me starben... u 0 N ea Der Gesammtabgang beziffert sich also anf . . . 439 und bleiben mit 31. Dezember 1871 in Behandlung 60 Die Zahl von 24 Todten auf 499 Kranke ergibt eine Mortalität von nur 4.8%. . ER Oye) es Der höchste Tagesstand fällt auf den Monat Dezember mit 42 Mannern und 25 Weibern, zusammen 67 Kranken. Da der normale Belagraum der chirurgischen Männer- Klinik und Abtheilung nur 30 Betten — mit Einschluss der Reservebetten — enthält, so mussten aushilfsweise 5 Noth- betten errichtet werden. Auf der chirurg. Weiberklinik und Abtheilung wurden 21 Normalbetten, 1 Reservebett und 2 Nothbetten belegt. Die Abtheilung für geschlechtskranke Männer enthält 7, die für geschlechtskranke Weiber 6 Betten. Die 387 stationäre chirurgischen Kranken vertheilen sich auf folgende Krankheitsformen: Einfache Verletzungen der äusseren Bedeckungen und Weichthele . . . 71 Complizirte Verletzungen ( acne facies nad Sehnen) 15 Frakturen I LAN fia gell Fi Aenea Luxationen . . il enllelos: rende Entzündung der äusseren Weichtheile AR ER NEN 0 OO) Verschwärung der äusseren Weichtheile . , . . . 26 Entzündung der Beinhaut und Knochen; Nekrose . . 25 Verschwärung der Beinhaut und Knochen; Caries . . 6 Entzündung der Gelenke . . . , a Entzündung der Muskeln, Sehnen und Sahleinbentel „u. 10 Geschwülste der äusseren Weichtheile und der von ihnen eingeschlossenen ‚Organe, ; has ese) =D Geschwülste des Skelets . . . . a eve ee oe net Geschwiilste der Körperhöhlen und innern Organe . . 11 Angeborene Defekte (Deformitäten) der Weichtheile, Knochen und Gelenke . . 7 Erworbene Defekte der Weichtheile, en u. deut 11 Krankheiten der Blut- und Pr on 8 Nervenkrankheiten . . . 3 Verletzungen und Frlcrankuncen ae Schädelhöhle, 1... aus. ee Ohrhöhle san issih’ 2.4 eerste a ee 21” — 264 — me CO Ol BD & Augenhöhle . Nasen-, Stirn- und Bighmorshöhle Mundhöhle : ; Kehlkopfs, Trachea, Schilddrüse Ä Brusthöhle kr oe ea Bauchhöhle. . 02.3... aka deidaneke ve männlichen Hammorgane . . ik A 2020028 männlichen Geschlechtsorgane . . . . . 10 weiblichen Geschlechtsorgane . . . .. O Mastdarms: 03) u.a 2 aa La ae in Beobachtung waren... bs Wace) = a eh Ce Zusammen . 387 Unter den 55 Geschlechtskranken litten an Blenorrhoen (d. Urethra oder Vagina) . . 13 verschiedenen syphilitischen Affektionen . 42 Auf die oben angeführten 387 an stationären Kranken beobachteten chirurgischen Erkrankungen kamen 139 Ope- rationen, welchen noch 17 an ambulanten Patienten ausge- führte beizuzählen sind. Die Gesammtsumme von 156 Operationen erwächst aus: 4 Arterienligaturen in der Continuität u. zw: 1 der Carotis communis als Vorakt zur Verhinderung einer lebensgefährlichen Blutung bei der Exstirpa- tion eines Sarkoms der Tonsille. 1 Ligatur der art. femoralis in trigono wegen Nach- blutung nach der transkondylären Amputation des Oberschenkels. 1 Ligatur der art. Iliaca externa. Unterbindung sämmtlicher Aeste der art. femoral. in trigono (sämmtliche 3 bei ein und demselben Kranken). 4 Amputationen 3 des Oberschenkels und zwar 1 transkondylär nach Prof. Heine wegen eines comminutivenBruches beider Unterschenkelknochen mit weitgehender Zerquetschung der Weichtheile, m 1 — 265 — 2 in der Mitte des Oberschenkels nach Langenbeck ; wegen progredienter Phlegmone und Septichaemie nach einer complicirten Luxation des Fussgelen- kes +, und eine wegen eines dritten Recidivs eines Sarcoms ; des Vorderarmes im unteren Drittheil wegen Wundstarrkrampf nach einer Schussverletzung der Hand 7. 20 Operationen am Knochensysteme und zwar 7 10 ar Resectionen 3 in der Continuität — der beiden Bruchenden eines mit Bildung einer Pseudarthrose geheilten Oberschenkels ; einer ersten Rippe wegen Necrose; eines Oberkiefers wegen Carcinom im Antrum Highmori, 3 von Gelenken: eines Handgelenkes wegen Caries der Handwurzelknochen, eines Ellbogen- gelenkes wegen Caries und fungöser Gelenks- entzündung +, eines Mittelfussknochens und Keil- beines wegen Caries; 1 osteoplastische Resektion des Unterkie- fers behufs Exstirpation eines Sarcoms der Tonsille. Nekrotomien: 3 des Fumur, 3 der Tibia, 1 des os Tali, 2 des Humerus, 1 der ersten Rippe. Operationen zur Heilung der Pseudarthrose: Ein- treiben von Elfenbeinstiften am Humerus, 1 peri- osteoplastische Vereinigung beider Fragmente der Patella. Osteopalinklasis bei einem schlechtgeheilten Bruche des Unterschenkels. 8 Operationen an Gelenken: 4 Repositionen von Luxationen: einer frischen des Humerus, 1 veralteten des Humerus (nach Prof. Heine’s Methode). 1 Spontanluxation des Femur und 1 veralteten des Femur; (Siehe die casuist. Mittheilungen.) — 266 — 3 Brisements forces: 2 des Hüftgelenkes, 1 des Knie- gelenkes. 1 Exstirpation eines Gelenkkörpers durch direkte In- cision unter Verschiebung der Haut. (Casuistische Mittheilung.) ö Tenotomien: 2 der Achilles-Sehne, 1 der Apo- neurosis plantaris bei Klumpfüssen. 2 Operationen des Ganglion, 1 subcutane Discission, 1 durch Zerdrücken. (Beide im Ambulatorium.) 63 Operationen zur Entfernung von Ge- schwülsten: 57 Exstirpationen von: 1 5 5 4 bo Ot OD = (=P) Dermoidcyste in der seitlichen Halsgegend. Atheromen, 3 des Gesichts und 2 der Schädel- decken. Lymphomen, 3 am Halse, 2 am Unterkiefer (1 am Halse, 1 am Unterkiefer ambulatorisch). Lipomen, 1 über dem Schulterblatte, 1 über der Hinterbacke, 1 im Nacken, 1 tiber dem rechten Scheitelbeine (Fibro-Lipom [ambulato- risch]). Exostose am Oberschenkel (Abmeisselung). Melanomen — der Wange — im Ambulatorium, Keloiden: 2 am Ohrläppchen, 3 im Nacken. Myxomen der Nasenhöhle (durch Abdrehen 1, Abschneiden mit der Scheere 1). Sarkomen, theils einfachen Formen, theils Com- binationen mit Fibrom, Myxom, Chondrom, Osteom und Adenom. 1 der Tonsille (mit osteoplast. Resect. des Unterkiefers und Ligatur der Carotis). + 1 des Oberkiefers (Epulis sarcomatosa) am- bulatorisch. 1 von der Nasenwurzel und aus der Nasen- höhle — später Plastik. 2 am Oberschenkel, das erstemal unter Ab- 2 — 247 — meisselung des verknöcherten Stieles die primäre Geschwalst, das zweitemal mit dem Ekraseur von Maisonneuve das Rezidiv. 1 der Leistengend +. 25 Carcinomen: 7 der Lippe (bei einigen folgte Plastik). 1 der Zunge. 1 der Nase und Wangengegend (Plastik). 7 der Submaxillardrüsen nach Exstirpation der obenaufgeführten Carc. der Wange und Lippe. 7 der Brust- und Achseldrüsen (1 Todesfall). 2 der Leistendrüsen (Carc. des Penis, siehe die Amput. des Penis). Caustische Zerstörungen von Geschwülsten: 1 von Papillomen im Nasenrachenraume mit dem Porcellanbrenner ; 1 von einem recidivirenden Carcinom in den Unter- kieferlymphdriisen durch Cauterisation a fléches. + 4 Parenchymatöse Injectionen in Geschwiilste: in 9 10 2 Lymphome von Jodtinctur; 2 Struma parenchymatosa von Jodtinctur ; 1 Carcinom der Brustdriise von Chlorzinklésung und Chlorwasserstoffsiure (1%, und 0°1%). Punctionen: einfache: 1 Ovariencyste +; 1 Hydrokele (ambulatorisch) ; mit nachfolgender Jod-Injection: 1 Cyste der Schamlippe; 4 Hydrokelen (eine davon doppelt); 2 Struma cystica (eine Struma mixta). Operationen der Hasenscharte (ein Operirter starb). Plastische Operationen, und zwar: 3 Cheiloplastiken nach Exstirpationen von Lippen- Carcinomen. f= = ee — 268 — Uranoplastik nach der Exstirp. des Oberkiefers wegen Care. Antr. Highmori. Uranoplastik und Staphylorhaphie bei einem Pala- tum fissum. partielle Rhinoplastik aus der Stirnhaut, nach der Exstirpation eines Adenosarkoms der Nasenhöhle und Nasenwurzel. partielle Rhino- und Meloplastik nach der Exstir- pation eines Carcinoms der Nase und Wange. partielle Meloplastik nach einer im Jahre 1870 wegen Carc. des Antr. Highmori ausgeführten Re- sect. des Oberkiefers. Versetzung und Höherstellung des Nasenflügels als Nachoperation zu einer früher ausgeführten Hasen- schartenoperation. Bildung von Nasenléchern bei erworbenem Ver- schlusse derselben. 7 Tonsillotomien (5 davon im Ambulatorium). 1 Explorativ-Incision bei einer vermutheten Ova- riencyste. + 2 Operationen bei Hernien: 1 1 Radicaloperation der freien Leistenhernie nach Wood. Herniotomie ohne Eröffnung des Bruchsackes bei einem Leistenbruche. (S. cas. Mittheilungen.) 3 Operationen an Vagina und Uterus: 1 Vordere Uterus-Scheidennaht wegen einer Ante- und Lateralversion des Uterus (Anfrischung und Naht der Scheide und Vaginalportion). Seitliche Uterus-Scheidennaht (bei derselben Pa- tientin) zur Behebung der nach der Heilung der Anteversion noch bestehenden seitlichen Abweichung des Uterus. Kolpokleisis — Querverschluss der Scheide bei einer wiederholt ohne Erfolg operirten Blasenscheiden- fistel. — 269 — 2 Operationen an der Harnröhre: 1 Urethrotomia externa wegen eines in der Harnröhre eingekeilten kleinen Blasensteins. (Siehe casuist. Mittheilungen.) 1 foreirte Dilatation nach Thompson bei Striktur der Urethra. 3 Steinschnitte: 2 Seitensteinschnitte ; 1 hoher Steinschnitt. (Siehe casuist. Mittheilungen.) + 2 Amputationen des Penis wegen Carcinom (die später nachgeschickte Exstirpation der Leistendrüsen ist oben aufgeführt). 2 Phimosenoperationen. Radicalschnitte bei ebensoviel Hydrokelen. 3 Operationen am Rectum: 1 Spaltung der Mastdarmfistel ; 1 Cauterisation des Vorfalles der Mastdarmschleimhaut mit rauchender Salpetersäure; 2 Abbrennen von Hämorrhoidalknoten nach Langen- beck. 1 + Im Ambulatorium wurden im Laufe des Jahres 1871 533 Kranke behandelt; ausser Operationen im Gebiete der kleinen Chirurgie wurde eine Anzahl von Gipsverbänden theils wegen Frakturen, theils wegen Gelenkentzündungen an den oberen Extremitäten gemacht. = Von dem in vorstehender Uebersicht enthaltenen Beob- achtungsmateriale folgen im Anschlusse einige der interessan- testen Fälle in ausführlicherer Mittheilung, sowie diess schon im letztjährigen Berichte geschehen. Es soll dabei auch in Zukunft so verfahren werden, dass bei der Auswahl der zur Veröffentlichung bestimmten Falle auf möglichst grosse — 210 — Mannigfaltigkeit Rücksicht genommen wird, damit der ärzt- liche Leserkreis unserer Vereinschrift mit der Zeit eine Auslese der sämmtlichen wichtigeren, in der Klinik vertre- tenen, chirurgischen Krankheiten in die Hand bekomme, und damit, einen Ueberblick über die von dem derzeitigen Vor- stande derselben vertretenen Grundsätze, was deren Auf- fassung und Behandlung betrifft, gewinne. B. Casuistische Mittheilungen. I. Fractur des Hüftbeins. — Gypsverband. — Heilung. Der Fall verdient aus mehreren Griinden einem weitern Leserkreise zugeführt zu werden. Einmal war die Verletzung durch eine verhältnissmässig geringe Schädlichkeit hervorge- rufen; weiters fehlten die mit der Fraktur der Darmbein- schaufel sonst einhergehenden schweren Complicationen, und schliesslich verlief die Heilung schnell und ohne Zwischen- fälle, was wohl ausschliesslich der in ähnlichen Fällen sonst nicht üblichen Immobilisirung zu verdanken ist. Livia Antonio, Maurer, 51 Jahre alt, stolperte am 29. Nov. 1871 um 6 Uhr Morgens am Eingange des grossen Tunels hinter Patsch bei einem Wechsel, fiel auf die linke Seite und konnte nicht wieder aufstehen. Nach einer kurze Zeit andauernder Bewusstlosigkeit rief er um Hilfe, wurde /, Stunde später von herbeigeeilten Arbeitern aufgelöst, und um 4 Uhr N. M. zu uns gebracht. Der Kranke lag mit nach links geneigtem Stamme, das linke Bein war leicht gebeugt und abducirt. Die linke Gluteen- gegend angeschwollen und blutunterlaufen; die linke Darmbein- schaufel unter Crepitation beweglich; die Bruchlinie begann unter dem linken obern Stachel, zog nach aussen, und rückwärts und ee OUTING aaa verlor sich hinter der Gesässmuskulatur, sie umgränzte so- mit wenigstens die obere Hälfte der Schaufel. Bei passi- ven Bewegungsversuchen mit dem linken Beine äusserte der Patient namenlosen Schmerz an der Bruchstelle und warf es zum Schrecken aller Anwesenden mit Blitzesschnelle in starke Beugung. Keine nachweisbare Verletzung des Hüftgelenkes, keine per anum et urethram. Um das Fragment wenigstens von Seite der Extremi- täten zu immobilisiren, wurde am 30. Nov. ein das Becken und beide Beine in toto umfassender Gypsver- band angelegt, und die Erschlaffung der Gesässmuskulatur durch Abduction und Auswärtsrollung in beiden Hüftgelenken erzielt. Während der kaum 1/, Stnnde dauernden Procedur be- fand sich derKranke mit dem Becken und dem linken Beine auf dem Heine’schen Fixationsapparate, das rechte wurde von einem Assistenten gehalten. Hierauf Lagerung auf einer mehrtheiligen Matratze mit Fugenbildung, so dass Leibschüs- sel etc. ohne den Kranken heben zu müssen, untergeschoben werden konnten. Der nahezu den halben Körper einhüllende Verband hatte nicht nur keinen Nachtheil für den Kranken, sondern übte auf denselben sichtlich einen sehr wohlthätigen Ein- fluss, ja man glaubte sogar die Ueberzeugung schöpfen zu sollen, dass mit Beckenfrakturen Behaftete in einen solchen Gypsverbande leicht transportabel würden. Der weitere Verlauf gestattete sich zu einem sehr günsti- gen: Nur einmal war die Temperatur auf 38.2 C. gestiegen. Am 23. Dez. konnte der Verband entfernt werden, und ein massiger fester Callus verrieth die Bruchstelle. Am 4. Jänner 1872 erster Gehversuch; zwei Wochen später verlies Patient geheilt die Klinik. I. Blasenstein — Coxankylose links — Spermato- cele rechts — Sectio lateralis dextra et alta — Sepsis — Tod 7 Tage nach der Operation. M. J. 71 Jahre alt, Bauer aus Gries gelangte am — 22 — 1. August 1871 zur Aufnahme. Er erzählte, dass er schon von seiner Jugend an, öfter als andere Leute* habe Harn lassen müssen. Schmerzen in der Blase bestanden erst seit 2 Jahren, von welcher Zeit angefangen der Harn trübe und nach anstrengenden Touren roth gewesen sein soll. Die Coxankylose entwickelte sich aus einer schleichenden seit 21 Jahren bestehenden Coxitis. Die Sondirung der Blase durch die nur fürNr. 9—10 durch- gängige Urethra constatirte die Anwesenheit eines ziemlich glat- ten, keinen hellen Ton gebenden Steines in der sehr contrahirten und vulnerabeln Blase, der eben wegen des stets andauern- den Blasenkrampfes nicht genau gemessen werden konnte. Der Harn war trübe, oft blutig, aber noch nicht alkalisch. Das linke Bein liess sich im Hüftgelenke kaum auf 100° beugen, und ebenso mangelhaft abduciren, wodurch eine aus- giebige Entfaltung der linken Mittelfleischgegend unmöglich wurde. Ausserdem bestand eine rechtseitige, mittelgrosse Hydrocele. Im Uebrigen sah Patient für sein Alter gut und kräf- tig aus. Am 7. August wurde als Vorakt die Punction der Hydrocele, welche sich durch die in der entleerten Flüssig- keit nachgewiesenen, zahlreichen Spermatozoen als Sperma- tocele herausstellte, vorausgeschickt. Operation am 12. August. Da es nicht gelang das ankylotische, tinke Hiiftgelenk in der Narkose zu beugen, so musste der Seitensteinschnitt rechts angelegt werden. Derselbe wurde, abgesehen von einigen Schwierigkeiten, welche durch das Ausgleiten des Itinera- riums nach Eröffnung der Urethra hervorgerufen wurden, und den Gang der Operation aufhielten in der gewöhnlichen Weise zu Ende geführt. Der deutlich gefühlte Stein jedoch stellte sich als sehr gross heraus, und es erwies sich seine Extrac- tion durch die gesetzte Wunde trotz langer Bemühung als unausführbar. Eine Vertiefung der Wunde zur Erreichung dieses Zweckes, hätte über die Grenzen der Prostata hin- — 213 — ausgeführt und ein Bilateral- oder Quadrilateralschnitt wäre wegen der linksseitigen Coxankylose schlecht ausführbar ge- wesen — hätte auch noch immer nicht genug Raum für den Stein gegeben. Man schritt somit zum Blasenschnitt ober- halb der Symphyse, wobei die starke Spannung der Recti die quere Trennung ihrer Ansätze nöthig machte, und die stark contrahirte Blase das Emporziehen und die Eröffnung derselben ohne Verletzung des Peritoneums sehr erschwerte. Es wurde ein voluminöser Stein herausbefördert, und danach durch die Exploration noch ein zweiter entdeckt, der nach der Extraction als ebenso voluminös sich heraus- stellte. Beide lagen in einem auf der linken Seite befind- lichen Divertrikel der Blase. Vereinigung der Blasenwunde durch 10 Conjunctivalnähte, Einlegen des Rudtorffer’schen Katheters durch die Mittelfleischwunde, locale antiseptische Behandlung und innerliche Darreichung von Opiumtinctur. In den ersten 2 Tagen befand sich der Kranke ziemlich wohl, das Fieber schwankte um 38° und 39° C. Am 14. nahm der Eiter der oberen Wunde einen jau- chigen Charakter an, am 16. stellten sich bereits Symptome zweifelloser allgemeiner Sepsis ein, der der Kranke trotz sorgfältiger Behandlung erlag. Beide Steine sind gleich gross, plattrund, hart und ge- schichtet, je 41/, Cm. lang und 3%, Cm. breit, und bestehen zum grössten Theile aus Harnsäure mit nur einer Spur von phosphorsauren Kalk. Ill. Blasenstein. — Blasenlähmung. — Seitenstein- schnitt. — Heilung auch der Blasenlähmung. H. Chr., 48 J., Berghutmann aus Klausen, schreibt den im J. 1867 aufgetretenen lästigen Harndrang wiederholten Erkühlungen zu. Im Oktober 1868 stellte sich Harnver- haltung und später eine fieberhafte Krankheit ein. Zu wie- derholten Malen wurde nun die Applikation des Katheters nöthig, bis der Patient ganz und gar auf die instrumentale — 214 — Entleerung der Blase in ein- bis zweistündlichen Pausen an- gewiesen blieb und sich desshalb den Selbstkatheterismus einübte. Bei der klinischen Untersuchung wurde sofort in der Blase ein Stein entdeckt, dessen ein Durchmesser auf 2, der andere schwankend auf 21,—3 Cm. sich bestimmen lies. Der Harn war von reichlichem Schleim-, Eiter- und Blutzusatze getrübt, roch intensiv nach Ammon. und reagirte alkalisch. Am 7. November 1871 wurde der Stein, der sonder- barer Weise trotz der seit Jahren von Aerzten und dem Patienten in Anwendung gebrachten Metallkatheter bisher nicht gefühlt wurde, durch die Sectio lateralis in der ge- wöhnlichen Weise mit der Steinzange herausbefördert. Aus dem weitern sehr günstigen Verlaufe ist als charakteristisch hervorzuheben, dass der Harn nicht wie gewöhnlich durch die Wunde continuirlich absickerte, sondern sich innerhalb der gelähmten und starrwandigen Blase ansammelte und bei- läufig zweistündlich entweder durch die Wunde oder Urethra mit dem Katheter herausgeschafft werden musste. Doch nahm auch dies durch die Localbehandlung der Blase, welche in Wasser- und später in Tanininjectionen (1 Gr. auf 1 Unze) von 20° C. bestand, alsbald eine bessere Wendung. So konnte am 15. November der Harn schon durch 8 Stunden gehalten werden; am 23. urinirte Patient schon theilweise per urethram; am 28. November legte er den Katheter ganz bei Seite; und vom 11. Jänner 1872 angefangen floss auch durch die inzwischen oberflächlich gewordene Mittelfleisch- wunde kein Tropfen Harnes mehr ab. In demselben Masse nahm auch der Urin zusehends ein besseres Aussehen an und erhielt sich constant in saurer Reaction. Der Stein hat Grösse und Form einer Pflaume, ist in der Rinde porös, im Kern hart. Erstere besteht vorwaltend aus kohlensaurer Magnesia und Kalk mit Spuren von phos- phorsaurem Kalk und Ammoniak-Magnesia, letzterer umge- — 275 — kehrt vorwaltend aus phosphorsaurem Kalk und Ammoniak- Magnesia mit Spuren von kohlensaurer Magnesia nnd Kalk. IV. In der Urethra eingekeilter Blasenstein von 1.3 Cm. Länge und 1 Cm. Dicke. — Aeusserer Harn- röhrenschnitt. — Heilung. Seit 3—4 Jahren pflegte der 20 Jahre alte J. J. an plötzlicher Unterbrechung des Harnstrahles zu leiden, die gewöhnlich nach leichten kolikartigen Schmerzen sich von selbst hob. In den ersten Junitagen 1871 artete die sonst nur momentane Strahlunterbrechung in eine dauernde Harn- verhaltung aus und zwang ihn die chir. Klinik aufzusuchen. Die Blase war bis nahezu zum Nabel hinan ausgedehnt, ihre Gegend sehr empfindlich. Die Pars membranacea urethrae barg einen von der Perinealgegend aus deutlich gefühltem fest eingezwängtem harten Körper, anf den die per urethram eingeführte Metailsonde mit hellem Klange aufschlug. Nur int Mühe gelang es den dünnsten Katheter neben dem Steine in die zu entleerende, enorm ausgedehnte Blase zu leiten. — Nach vergeblichen Versuchen mit dem Leroy’schen Löffel die Extraction des Steines vorzunehmen, wurde der äussere Harnröhrenschnitt über dem Steine am 7. Juni ausgeführt, sodann 2 Ligaturen, 3 Harnröhrennähte angelegt, Der weitere Verlauf gestaltete sich zu einem nahezu reactionslosen. Ein Theil der Harnröhre heilte per primam, der übrige per secundam, da sich Patient 2 Nähte herausriss. Am 20. Juni konnte der Kranke vollkommen geheilt entlassen werden. Der sehr harte, geschichtete, lichtbraune, leicht höckerige Stein bestand seiner Hauptmasse nach aus oxalsaurem Kalk. (Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im Beginne des heurigen Jahres bei einem Privatpatienten des Hrn. Prof. Heine auch die Sectio mediana wegen eines mit hochgradiger Strictur und Prostatahypertrophie complicirten Blasensteines mit bestem Erfolge ausgeführt wurde.) raue V. Offene Sprunggelenkswunde mit Fractur des äussern Knöchels complicirt. — Conservative Behandlung. — Heilung mit freier Beweglichkeit des verletzten Gelenkes. Am 18. August 1871 wurde uns ein dreijähriges Kind übergeben, das am vorhergehenden Tage mit dem rechten Fusse unter das Rad eines leeren Steinwagens gerieth und bei der Aufnahme folgende Verletzung darbot: Die äussere Hälfte der Beugeseite des rechten Sprunggelenkes war durch eine vierkreuzerstiickgrosse mit Koth, Sand und: sonstigem Schmutz verunreinigte Wunde blosgelegt, und der äussere Knöchel quer gebrochen; keine Luxationsstellung. Die ge- nannte Wunde setzte sich gegen den Unterschenkel sowohl, wie gegen den Fussrücken hin, je 2, Querfinger breit in eine oberflächliche Abschilferung fort. Die Behandlung bestand in einem das Gelenk immobili- sirenden gefensterten Gypsverband, der mit der Ris-Bill- roth’schen Schiene derart verbunden wurde, dass der Unter- schenkel fusswärts sanft anstieg, und in Carbolwasser- und Eisüberschlägen. Das Fieber hielt sich lange Zeit hindurch auf über 39 und steigerte sich in der 2. Septemberwoche, in Folge einer längs des innern Knöchels nach aufwärts ziehenden Phleg- mone auf über. 40° C. Inzwischen war die Gelenkswunde allenthalben mit Granulationen ausgefüllt, der Gypsverband konnte entfernt werden und ausgiebige Incisionen der phleg- monösen Stellen brachten auch diese bald zur Heilung. Am 10. October war allenthalben feste Vernarbung — das Sprunggelenk in seinen Bewegungen gar nicht behindert. Eduard Lang, klin. Assistent. VI. Freier Gelenkskörper und Hydrarthros im linken Kniegelenke. — Entfernung des Gelenk- körpers durch direkten Einschnitt. — Heilung. M. M., 68 |Jahre alt, Taglöhner aus Arzl erzählte bei seiner Aufnahme auf die chirurg. klin. am 6. Mai 1871, dass — 277 — er vor ungefähr 30 Jahren beim Fällen eines Baumes von einem unter dem Hiebe seines Gefährten abspringenden Stücke Holz heftig am linken Knie getroffen worden sei. Durch einige Tage nach diesem Trauma soll das Knie ge- schwollen und schmerzhaft gewesen sein, allein er ging da- mals sowie in der Folge seiner anstrengenden Beschäftigung nach. Auf besondere Strapazen folgte immer ein Gefühl von Spannen mit geringer Empfindlichkeit des Knies; ob letzteres aber gleichzeitig auch angeschwollen sei, konnte der Kranke nicht angeben. Seine Aufmerksamkeit blieb immer auf dasselbe gerich- tet und liess ihn 2 Jahre nach dem Unfalle die Entdeckung machen, „dass sich etwas ober dem Knie herumschiebe.* Kurze Zeit darauf klemmte sich der bewegliche Körper unter Erregung eines heftigen Schmerzes zum ersten Male und später so oft ein, dass der Kranke die Bedingungen hiezu ausfindig machte und sich gewöhnte mit möglichst starr ge- strecktem Knie zu gehen, Sonst war der Patient durch einige Wochen (April und Mai 1871) auf der intern. Klinik wegen einer Insufficienz der Bicuspidalklappe (deren Zusammenhang mit einem vor- ausgegangenem Gelenksrheumatismus nicht festgestellt wer- den konnte) behandelt worden. Der Patient ist ein knochiger, muskelstarker Mann von gesundem Aussehen trotz eines Emphysems und einer hoch- gradigen Insufficienz der Bicuspidalklappe, Beim Anblicke seiner Kniee fiel deren massige Ent- wickelung auf, welche bedingt wird durch eine beide inneren Knorren des Schienbeines nahe der Gelenkslinie umgebende stark vorspringende, etwa daumendicke, etwas höckerige Knochenleiste. Das rechte Knie erschien eckig, mit wohlausgeprägten Patellargruben, am linken jedoch sind diese verstrichen und bemerkte man eine beträchtlich stärkere Füllung des unter dem Extens. cruris quadriceps liegenden Antheils der Ge- lenkskapsel. Naturw.-med. Verein. 2? — 208 Das linke Knie mass über der Mitte der Patella um 2 Cm. mehr im Umfange als das rechte; 2 Querfinger über dem oberen Rande der Kniescheibe aber nur 39 Cm. wie das gesunde. Diese Gleichheit auf der gesunden und kran- ken Seite fand ihre Erklärung in dem Umstande, dass die Muskulatur des linken Oberschenkels hinter jener des rech- ten um ein beträchtliches an Masse zurückstand. Die linke Kniescheibe ballotirte bei einfachem Anschlag nur wenig, ganz deutlich und stark aber, wenn die obere prall gefüllte Gelenkstasche gleichzeitig mit der Hand com- primirt und deren Inhalt in den unteren Gelenksabschnitt entleert wurde. Beim Abtasten des Gelenkes findet man in der unter dem Quadriceps liegenden Ausstülpung desselben einen viel- höckerigen knochenharten Körper von der Grösse einer zah- men Kastanie, welcher sich nach jeder Richtung frei herum- schieben liess und glatt unter den Fingern gleitete. Weitere freie Körper liessen sich nicht eruiren, eben- sowenig waren grössere Gelenkzotten vorhanden, denn man fühlte ausser einer beträchtlichen Verdickung der Kapsel allenthalben glatte Wandungen. Da eine radikale Heilung ohne Entfernung des Gelenks- körpers nicht denkbar war, so wurde dem Kranken ein dies- fälliger Vorschlag gemacht. Obschon ihm die Möglichkeit einer eiterigen Kniegelenksentzündung mit dem Ausgange in eine Anchylose nicht verschwiegen worden, entschloss sich derselbe zur Operation. Der Patient musste zwei der Operation vorausgehende Tage absolut ruhig im Bette zubringen, um jeden Reizungs- zustand des Gelenkes zu beseitigen. Am 9. Juni machte Herr Prof. Heine die Operation in folgender Weise: Der Gelenkskörper wurde in der Gelenkstasche soweit als möglich nach oben und aussen gebracht und hier unter Verschiebung der Haut von den vier Fingern eines Assi- stenten fixirt. Ueber ihn wurden nun die Weichtheile in der — 219 — Länge von circa 1'/, Zoll in langsamen Zügen vorsichtig durchtrennt bis die Kapsel zum Vorschein kam. Der Schnitt in letztere wurde unter gleichzeitigem Hineindrängen des Gelenkskörpers in die Wunde nur soweit gemacht, dass der- selbe nicht im ganzen Umfange bloslag, so die Communi- cation der Gelenkshöhle mit der äusseren Luft völlig ab- schloss und die Kapsel mit den Weichtheilen mehr über ihn herabgestreift werden musste. Unter der Nachhilfe eines hinter ihn gebrachten kleinen Häckchens schlüpfte der Ge- lenkskörper durch die enge Oeffnung, welche hinter ihm von den nachrückenden Fingern des Assistenten luftdicht geschlos- sen wurde. Synovia war nicht ausgetreten. Fünf Knopfnähte schlossen die kleine Wunde, ein die ganze Extremität bis zum Hüftgelenke umfassender starker Gypsverband sicherte die absolute Ruhe des eröffnet gewe- senen Kniegelenkes. Der Patient war nicht narkotisirt gewesen, hatte aber nicht über besondere Schmerzhaftigkeit der kurzen Operation zu klagen. In der zweiten auf die Operation folgenden Nacht tra- ten sehr heftige reissende Schmerzen im Knie auf und der Patient bekam die Empfindung, dass der Verband mit jeder Minute enger werde. Ein Fenster wurde noch in derselben Nacht ausgeschnitten, und 2 Eisbeutel auf das leicht bedeckte Knie gelegt; am Morgen waren die Schmerzen nahezu völlig geschwunden. Die Schwellung welche sich vorfand, machte bei der geringen Temperatursteigerung keine weitern Bedenken. Vom 13. Juni an war der Kranke fieber- und schmerzenfrei; am 20. wurde das Gypsfenster wieder mit Gypsbinden geschlos- sen. Die Nähte waren am 10. und 11. entfernt worden; die Wunde war ohne dass es zur Bildung auch nur eines Tropfens von Eiter gekommen wäre, geheilt. Am 10. Juli wurde der Gipsverband abgenommen. Das Gelenk war frei beweglich , nicht schmerzhaft, aber der Hydrarthros noch nicht verschwunden. Nach Anlegung eines 22* — 280 — neuen, starken, gefensterten Gipsverbandes wurde daher eine Compression des Gelenkes unter Zuhilfenahme von Bade- schwämmen nach der von Prof. Heine angegebenen Methode vorgenommen. Am 26. Juli konnte eine Kniekappe auf das nun auch von seinem serösen Ergusse befreite Gelenk angelegt werden und der Kranke seine ersten Gehversuche machen. Der Kranke hatte die chir. Klinik inzwischen so ange- nehm gefunden, dass er die Krücken lange nicht lassen wollte und darum erst am 16. Oktober mit vollkommen her- gestelltem Knie entlassen werden konnte. Der Gelenkskörper war, wie nach der Schätzung erwar- tet wurde, etwas über 2 Cm. lang 1'7 Cm. breit und nahezu 1 Cm. dick, seine Oberfläche war grobhöckerig, gleich einer Maulbeere, seine Consistenz stand zwischen Knochen - und Knorpelharte. Die mikroskopische Untersuchung, welche erst nach vor- gingiger Behandlung mit verdünnter Chromsäure (der etwas Chlorwasserstoffsäure zugesetzt worden war) vorgenommen werden konnte, ergab einen geschichteten Bau, bedingt durch verschieden breite Lagen von hyalinem Knorpel mit unregel- mässig vertheilten, meist grossen Nestern schöner Knorpel- zellen und Lagen von echtem Knochengewebe mit dicht stehenden Knochenkörperchen. Die oberflächliche Schichte bestand in ungleicher Dicke aus verkalktem Knorpel mit sehr dichten kleinen Knorpelzellen, welche meist in radıären Strei- fen angeordnet waren. Dünne Streifen ähnlicher verkalkter Parthien zogen sich im Inneren des Gelenkkörpers parallel zur Oberfläche hin. Bemerkenswerth ist an diesem Falle, dass der chron. Hydrarthros trotz seines gewiss sehr langen Bestandes und der Lebensweise des Kranken, welche tiefere Gewebsstörungen der Serosa des Kniegelenks begünstigte in verhältnissmässig kurzer Zeit völlig geheilt wurde. Ferner liefert der Verlauf der durch die Operation gesetzten Gelenkswunde einen Be- leg für die Wichtigkeit einer schnell bewirkten, absoluten und a) — 281 — dauernden Immobilisirung bei penetrirenden Verletzungen grösserer Gelenke. VII. Veraltete Luxation des rechten Oberschen- kels. Reposition. Wiederherstellung der Brauch- barkeit der Extremität. Der im Foigenden mitgetheilte Fall verdient wegen der langen Dauer der Luxation und der Schwierigkeiten, mit welchen die Wiederherstellung normaler Verhältnisse zu kämpfen hatte, sowie vielleicht nicht minder wegen seiner Aetiologie einige Berücksichtigung. Am 31. Mai 1871 wurde L. Th, eine 31jährige kräf- tige und gesunde Dienstmagd aus Faggen mit den Erschei- nungen einer Luxatio femor. iliaca dextra auf die chirurg. Klinik aufgenommen. Die Pat. kam auf zwei Krücken. Ihre rechte untere Extremität war beträchtlich verkürzt, im Hüft- und Kniegelenke leicht gebeugt und einwärts gerollt. Die Spitzen der Zehen berührten den Boden, die Ferse stand hoch über demselben nach aussen und hinten, und konnte auf keine Weise bis auf denselben herabgesenkt werden. Beim Gehen wurde die rechte Extremität unter äusserst ge- ringer Flexion am Hüftgelenke (mehr durch Rotation des ganzen Beckens im gesunden linken Hüftgelenke) nachge- schleppt. Bei der Untersuchung des Gelenkes fand man die Pfannengegend leer, dagegen auf dem rechten Darmbeine einen rundlichen harten Körper, welcher die Bewegungen des Oberschenkels mitmachte. Beugung und Streckung, sowie Ad- und Abduction des rechten Oberschenkels waren nur in ganz beschränktem Umfange ausführbar. Die Luxation, um welche es sich hier handelte, war 10 Wochen alt und entstanden, als die Patientin einen schwe- ren Bund Waldstreu, unter den sie hingekniet war, aufheben wollte. Im Augenblicke als sie den Ruck machte, um ihre gebeugten Knie- und Hiiftgelenke zu strecken, wurde sie von der Last des Bündels nach rechts und vorne niedergerissen, Sie empfand in demselben Augenblicke in der rechten — 282 — Hiifte einen heftigen Schmerz, ihr rechter Oberschenkel war starr gebeugt und an den linken angelegt, die Patientin ausser Stande ihn zu regen und sich vom Boden zu erheben. Trotz eines Repositionsversuches, welcher noch an dem- selben Tage vorgenommen worden war, konnte die Kranke ihre Extr. nicht mehr gebrauchen. Am 1. Juni wurde an der tief narkotisirten Patientin der erste Repositionsversuch gemacht. Durch Beugung, Ab- duction und Auswärtsrotation wurde mehrere Male versucht, den Schenkelkopf an seinen alten Platz zuriickzufiihren, allein es wurde nicht mehr als eine freiere Beweglichkeit erzielt. Es folgte darauf keine Temperatursteigerung und nur sehr geringe Schmerzhaftigkeit der Hiifte. Am 19. Juni wurde nach abermaliger tiefer Narcose die Patientin auf eine Matraze am Boden gelagert und die Re- position durch Ausfiihrung der oben angegebenen Bewegungen unter Zuhilfenahme kräftiger Traktionen bei den letzten zwei Akten (Abduction und Auswärtsrollung) endlich zu Stande gebracht. Bei gleichgestellten Darmbeinstacheln standen beide Tro- chanteren gleich hoch, der Gelenkskopf war nicht mehr auf dem Darmbeine zu fühlen, die rechte Extremität lag ohne Flexions-, Adductions- und Rotationswinkel, die Luxation schien also reponirt. Der rechte Trochanter sprang aber noch etwas stirker vor und legte den Gedanken nahe, dass entweder schon eine theilweise Ausfüllung, resp. Verengerung der Pfanne eingetreten sei, oder der Kopf trotz gleicher Länge beider Extremitäten nicht völlig in der noch normalen Pfanne, sondern an deren oberem hinteren Rande stehe. Die Repositionsversuche hatten lange gedauert, die Nar- kose war tief gewesen und begann sich zu verflachen, es wurde daher mit Rücksicht auf die Patientin von Versuchen, diesen Rest von Deformität vollends zu beseitigen, abgestan- den und ein Gypsverband in der von Herrn Prof. Heine empfohlenen Weise über die ganze kranke Extremität, das Becken und die obere Hälfte der gesunden angelegt. Exten- — 283 — sionsschienchen (angegeben von Herrn Prof. Heine) sollten den nächsten Tag angebracht werden und die völlige Herein- führung des Kopfes in die Pfanne beendigen. Am 19. Juli wurden nach Abnahme des Gypsverbandes die vorbeschriebenen Verhältnisse noch vorgefunden. In den nächstfolgenden Tagen aber rückte der Oberschenkelkopf wie- der etwas höher hinauf. Am 4. August (bis wohin wegen eines Decubitus am Kreuzbeine, welcher die Anlegnng eines neuen Gypsverbandes erschwert hätte, die Wiederholung der Repositionsversuche verschoben werden musste) gelang es unter Anwendung der erstangeführten Methode und sehr energischer Traction den Kopf ganz in die Pfanne zu bringen. Ein deutliches Krachen, welches im Augenblicke als der Kopf herabtrat, hörbar wurde, erweckte den Verdacht auf eine Fraktur des Schenkelhalses. Umsomehr musste, da nun die Extremitäten völlig gleich lang waren, ein neuer Gypsverband über das Becken und beide Extremitäten angelegt werden, Darauf folgenden Tages wurden abermals Extensions- schienchen angebracht. Nach acht Wochen wurde dieser zweite Gypsverband entfernt. Die rechte Extremität war so lang wie die linke, die Einrichtung also dieses Mal gelungen. In der zweiten Woche des November durfte die Kranke die ersten Gehversuche mit Hilfe zweier Krücken machen. In der Folge setzte sie dieselben fort und kam Mitte Dezembers so weit, dass sie mit Hilfe eines Stockes gehen konnte. Bei ihrer Entlassung am 13. Januar 1872 betrug die - Entfernung des rechten Trochanters von einem in der Fort- setzung des ganz gestreckten Oberschenkels liegenden Punkte der Crista ossis ilei um 4 Linien mehr als links, die Extre- mität war activ im nahezu normalen Umfange beweglich die Patientin also völlig geheilt. SD oy ees VII. Spontanluxation des rechten Oberschenkels. Reposition. Heilung. Wegen der hohen Wichtigkeit, welche der im folgenden anzuführende Fall für die Fragen über Spontanluxation hat, sieht derselbe einer ausführlichen Veröffentlichung entgegen, und kann darum an diesem Orte nur ein kurzer Abriss desselben gegeben werden. Am 17. Dezember 1870 wurde J. J., ein sonst ge- sundes und gut entwickeltes Mädchen von 13 Jahren, von ihrer Mutter auf die chir. Klinik gebracht. Das Kind hatte iu der ersten Woche des August plötz- lich heftige Schmerzen in der rechten Hüfte bekommen, welche sie zwangen, zu Bett zu liegen. Bald war Fieber hinzugetreten und wurden die Schmerzen unausstehlich, besonders wenn das Kiud sein rechtes Bein bewegen sollte. Es gewöhnte sich daher, mit angezogenen Beinen, wobei das rechte durch das linke getragen wurde, still zu liegen, und konnte (was die Mutter erst bei dem im Anfange November erfolgenden Nachlass der Schmerzen be- merkte) ihr Bein im Hüftgelenke nicht mehr strecken. Man fand bei der Aufnahme den rechten Trochanter stärker vorspringend und um 3, Cm. dem Darmbeinkamme näher als den linken. Das Bein war adducirt, einwärts ro- tirt, stark gebeugt und kaum beweglich. Der Gelenks- kopf war am Darmbeine deutlich zu fühlen und machte hier die geringen Bewegungen , welche überhaupt mit dem Ober- schenkel ausgeführt werden konnten, mit Von Narben in der Umgebung des Hüftgelenkes oder anderwärts war nichts zu sehen. Die Mobilisirung und Re- position der luxirten und an falscher Stelle fixirten Extre- mität wurde auf dieselbe Weise wie im vorigen Falle be- werkstelliget und der Erfolg durch einen im Schneider-Me- nel’schen Apparate wie oben angelegten Gypsverband ge- sichert. 5 Wochen später fand sich. nach Abnahme des Gyps- verbandes, dass die rechte Extremität weniger frei beweglich — 285 — und um 1 Cm. kürzer sei als die linke und dass der Tro- chanter rechts weiter vorstehe als links, letzteres wahrschein- lich in Folge von Verflachung und Verkleinerung der Pfanne. Die Patientin wurde nun 6 Wochen mit suspendirter Extremität in Extension gelegt; dann aber wurde, da Be- weglichkeit und Längenverhältniss hiedurch nicht wesentlich verbessert zu werden schienen, in der Narcose ein zweiter Versuch gemacht, den letzten Rest von Abnormität durch foreirte Flexion, Adduction, Auswärtsrotation und Traction noch völlig zu beseitigen. Abermals Gypsverband auf die Dauer von 10 Wochen. Mitte Juni war zwar noch die Verkürzung des Beines um 1 Cm. und das stärkere Vortreten des rechten Trochan- ters vorhanden, aber der Oberschenkel im Hüftgelenke so weit beweglich, dass er bis zu einem Winkel von 40° ge- beugt, im normalen Umfange abducirt, addueirt, rotirt und nahezu völlig gestreckt werden konnte. Ende August ging die Patientin auf Krücken herum, die sie dann Anfangs Oktober mit zwei Stöcken vertauschte. Ihr Gang war zwar noch etwas unsicher, und bei grösseren Schritten bewegte sich auch das Becken mit, allein alles dies besserte sich in der Folge so beträchtlich, dass die Kranke am 15. Jänner mit beinahe normalfunktionirenden Gelenken entlassen werden konnte. Damals — also 4 Monate, nachdem sie das Bett ver- lassen und täglich immer länger dauernde Gehversuche ge- macht hatte — betrug die Verkürzung der krankgewesenen Extremität nicht mehr als 1 Cm., wie nach der 1 Reposi- tion, und wurde der Flexionswinkel, auf dessen Rechnung diese kleine Verkürzung zu setzen ist, mit 7° (mit Hülfe des Coxanchylometers von Herrn Prof. Heine) festgestellt. IX. Luxatio humeri sin. subeoracoidea inveterata. Reposition nach der Methode von Herrn Prof. Heine. i; Im Jahre 1867 empahl Herr Prof. Heine auf der Natur- — 286 — forscherversammlung zu Frankfurt fiir veraltete Schulterge- lenksluxationen nach vorne eine neue Repositionsmethode, welche sich in der Folge so bewährte, dass er im Jahre 1870 schon 4 von ihm selbst durch dieselbe geheilte Fälle ver- öffentlichen konnte. (S. Nr. 25 und 26 der „Wiener Med. Wochenschrift “.) Seit jener Zeit sind auf der chirurg. Klinik nach dieser neuen Methode zwei weitere Luxationen reponirt worden, die im Folgenden mitgetheilte jedoch übertraf alle bisherigen durch die Dauer ihres Bestandes. — Ein 55jahriger Taglöhner war im Juni des Jahres 1870 unter der Last eines schweren Brettes so nach hinten übergefallen, dass er zuerst mit dem linken Ellbogen auf demBoden aufstiess, und sich dabei den humerus luxirte. Repositionsversuche, welche bald dar- auf von unkundigen Händen, und dritthalb Monate später von einem Arzte angestellt worden waren, hatten keinen Er- folg gehabt. Oft auftretende heftige Schmerzen und Schwel- lung der Schultergegend erregten die Vermuthung, dass auch entzündliche Vorgänge in den Gebilden des luxirten Gelenkes abgelaufen seien. Bei der Aufnahme des Kranken am 12. Febr. 1871 — also nahezu 8 Monate nach dem Unfalle — fanden sich die Symptome einer Luxatio subcoracoidea. Die activen Be- wegungen, waren auf ein höchst geringes Mass beschränkt, so zwar, dass der Patient mit dem abducirten Daumen, nur dann an den Mund reichen konnte, wenn er das Schulter- blatt stark mitbewegte, und gleichzeitig den Kopf tief herab- senkte. Die Elevation, Rückwärtsbewegung und Rotation des Armes war fast ganz unmöglich. Nicht viel weiter waren die Grenzen der passiv ausführbaren Bewegungen. Am 17. Februar wurde der Patient so tief narkotisirt, als es die bedenklich flache Respiration, in welche er bald verfallen war, erlaubte. Ehe noch die Muskeln völlig er- schlafft waren, musste die Reposition versucht werden. Ein Polster des Operationstisches wurde, so weit unter 7 284. den Riicken des Kranken gebracht, dass die linke Schulter frei lag, der Kopf wurde von einem Assistenten nach der rechten Seite geneigt, frei gehalten. Zuerst wurde der Arm in seiner Luxationsstellung durch ausgiebige Rotations- Ab- und Adductionsbewegung möglichst frei gemacht; dann bei rechtwinklig gebeugtem Vorderarm so stark elevirt, bis der Oberarmkopf in der Achselhöhle er- schien. — An diesen stemmte nun ein Assistent seine. bei- den Daumen mit aller Kraft an, um das Zurückgleiten an die die ebenverlassene Stelle während der nun folgenden Her- abführung des Armes vor dem Gesichte zur Brust (Circum- duction und Senkung) zu verhindern. Erst nach dem dritten Versuche stand der luxirtgewesen Oberarmkopf an seinem normalen Platze. Man konnte seinen Rand von der Achselhöhle her so deutlich befühlen, dass über das Gelungensein der Reposition kein Zweifel aufkom- men konnte. Dies war von um so grösserer Wichtigkeit, weil die Wölbung der Schulter nun auf dieser Seite merk- lich stärker ausgesprochen war, als rechts (d.i. auf der ge- sunden Seite). Wahrscheinlich hatte die Schulter-Pfanne im Verlaufe der nach der Luxation verflossenen 8 Monate sich schon so verändert, dass der Kopf sich ihrem Grunde nicht ganz anschmiegen konnte. Dieser Gedanke bekam auch durch die in der Anamnese angeführten Symptome einer Ent- zündung in der verletzt gewesenen Schulter festere Gestalt. Trotz der angeführten, geringen Abnormität, konnten nun alle Bewegungen der Schulter in ziemlich grossem Umfange ausgeführt werden. — Dem Kranken wurde darauf bei an den Stamm (über ein Achselkissen) angezogenem Arme ein Gypsverband angelegt. Bei der Entfernung des Gypsverbandes am 25. März stand der Kopf gut, war aber die Beweglichkeit desselben etwas beschränkt; er wurde desshalb in der Chloroformnar- kose ausgiebig mobilisirt, dann aber der Arm für kurze Zeit wieder in einem leichten Gypsverbande fixirt. Warme Bäder und p: ssive Bewegungen, welche mit der äussersten Conse- — 2388 — quenz ausgeführt wurden, vergrösserten in der Folge die Brauchbarkeit des Armes so weit, dass ihn der Kranke bei seiner Entlassung bis zur Horizontalen erheben, gut rotiren ab- und adduciren konnte. Dr. J. Schlemmer, 2. klin. Assistent. Vier Beobachtungen von Brucheinklemmung und Herniotomie. Von den imFolgenden mitgetheilten Beobachtungen von eingeklemmten Hernien ist nur der erste Fall, als der einzige klinische des abgefaufenen Jahres, in der obigen Stati- stik enthalten. Von den drei übrigen gehören zwei der kon- sultativen Privatpraxis des Unterzeichneten an, wahrend der dritte allerdings auch in klinischer Behandlung stand, aber bereits in das laufende Jahr fällt, da er am 1. Jänner d. J. auf der Klinik Aufnahme fand. Ich stelle dieselben nichts destoweniger hier zusammen, weil sie sämmtlich in dem kurzen Zeitraume von 5 Monaten zur Beobachtung gelangten, und indem sie mancherlei Anlass zur Vergleichung bieten, alle (jeder in seiner Art) das Interesse des ärztlichen Leser- kreises dieser Zeitschrift für sich in Anspruch zu nehmen berechtigt sind. Von den vier eingeklemmten Brüche, waren zwei Leistenbrüche (beide bei klinischen Kranken männ- lichen Geschlechtes beobachtet), der dritte ein Schenkel- bruch und der vierte ein Nabelbruch (die beiden letzte- ren bei Frauen in der Privatpraxis zur Beobachtung ge- kommen). Dreimal fand sich eine Enteroepiplocele, das vierte Mal (bei dem Schenkelbruch) eine einfache Ente- rocele vor. In den drei erstgenannten Fällen hatte der Bruchschnitt die Heilung zur Folge, in dem letzten, am spätesten zur Operation gelangten, trat der letale Ausgang ein. Einmal wurde die Herniotomie ohne, dreimal mit Er- öffnung des Bruchsack’s ausgeführt, darunter einmal freilich entgegen der ursprünglich bestandenen Absicht. — 289 — 1. Rechtseitige eingeklemmte äussere Leisten- hernie, Herniotomie ohne Eröffnung des Bruch- sack’s, Heilung per primam intentionem. Ein 45jahriger Arbeiter, A. D., litt seit 23 Jahren an einem cca. henneneigrossen r. Leistenbruch, welcher nach seiner Angabe nach Heben einer schweren Last plötzlich hervor- getreten sein soll. Seit einem Jahr erst trug der Kranke wegen Schmerzhaftigkeit der Bruchgeschwulst beim Arbeiten ein ihm verordnetes Bruchband, unter dem aber der Bruch stets hervorschliipfte. Den 17. Nov. 1871 Nachm. 4 Uhr, bemerkte Patient bei der Arbeit eine Volumszunahme des Bruches, die ihn nach einer Stunde veranlasste sich zu Bett zu begeben. Ein Versuch, den bis dahin immer reponirbaren Bruch zurückzubringen misslang. Patient legte das Bruch- band über die Bruchgeschwulst an, doch unter demselben vergrösserte sich der Bruch, so dass der Riemen des Bruch- band’s entzweiriss. Es stellte sich heftiges Bauchgrimmen und im Laufe der Nacht zweimaliges Erbrechen von Speise- bestandtheilen ein. Um 6 Uhr Abends hatte Patient noch eine Stuhlentleerung gehabt. Am folgenden Morgen liess er sich auf den Rath eines Collegen, der keinen Repositions- versuch machte, auf die Klinik aufnehmen. Man gewahrte in der obern Hodensackhälfte eine kindskopfgrosse pralle, - tympanitischklingende Geschwulst, die mit einem dicken Stiele in den Leistenkanal hineinreichte, Ein schonend ausgeführter Taxisversuch ergab als wahrscheinlichen Sitz der Einschnü- rung den äussern Leistenring. Die Geschwulst war bei Be- rührung empfindlich, der Gesichtsausdruck des Kranken ver- rieth grosse Aengstlichkeit. Um 10 Uhr Vormittags wurde zur Chloroformnarkose geschritten und nun in planmässiger Weise Repositionsver- suche mittelst concentrischen Drucks vom Grunde der Ge- schwulst her und trichterförmiger Einengung des Geschwulst- stiels mittelst Traktion, sowie mittelst allseitiger Compression des Bruchs gemacht, unter gleichzeitigem Niederdrücken der — 290 — Bauchdecke mit einer andern flachen Hand oberhalb der Bauchgeschwulst in der r. reg. hypogastrica. Alles verge- bens; der Bruch blieb so gespannt wie zuvor. Darauf wurde mehrere Stunden hindurch Eis applicirt, und Nachmittags 41/2 Uhr nach erneuter Narkotisirung und nochmaligen frucht- losen Taxisversuchen die Herniotomie gemacht in der ausgesprochenen Absicht, dem äusseren Leistenring durch eine möglichst kleine Wunde direkt zu Leib zu gehen und den Bruchsack ‚uneröffnet zu lassen. Ich führte einen 11/2” langen schräg nach Aussen aufwärts verlaufenden Schnitt gerade über dem Leistenring, vertiefte ihn successive bis zur Blos- legung des letzteren, überzeugte mich, dass wirklich durch diesen die Einklemmung bedingt wurde, kerbte denselben mit dem konkaven Herniotom nach Oben ein und vermochte so- dann ohne Mühe den Bruchinhalt in die Bauchhöhle zurück- zuschieben. Die Incarceration war behoben. Die kleine Haut- wunde wurde durch 5 Knopfnähte vereinigt und Patient in das Bett zurückgebracht. Derselbe fühlte sich durch die Operation sehr erleichtert. Es stellte sich in der folgenden Nacht Stuhl ein. Am folgenden Tage wurden 3 Nähte, am zweiten die zwei übrigen entfernt. Fieber trat nicht ein. Die prima intentio war vollkommen gelungen. Ein taubeneigrosses, kolbiges Netzstück lag noch im Bruchsack vor und war. offen- bar mit demselben leicht verklebt, so dass es sich ohne stärkeren Druck nicht reponiren liess. Aus Schonung für die junge Narbe wurde desshalb die Reposition desselben erst am achten Tage nach der Operation mit Erfolg vorgenommen. Der Kranke wurde einige Tage später entlassen, nachdem er vorher mit einem passenden Bruchband versehen worden war, — Die richtige Diagnose der Einklemmung durch die Bruchpforte, der unbedeutende Eingriff durch die darauf ba- sirte, 24 Stunden nach eingetretener Incarceration ausgeführte Operation, die Wundnaht und primäre Vereinigung, sowie das Ausbleiben aller Reaktionserscheinungen bilden die bemerkens- werthen Punkte dieser Beobachtung. — 291 — 2. Rechtseitige incarcerirte Scrotalhernie, Her- niotomie mit Eröffnung des Bruchsackhalses, Peritonäalnaht, Heilung. Der Bruch dieses 22 J. alten Kranken, F. St., besteht angeblich erst seit drei Jahren. Damals soll er unmittelbar in Folge Herabrutschens über drei Treppen als kleine Ge- schwulst entstanden sein, die sich später nach einem Brech- anfalle gegen das Scrotum herab ausdehnte. Zugleich stellten sich heftige Schmerzen im Unterleibe ein, die seine Aufnahme in’s Spital veranlassten. Man nahm die Reposition der Hernie vor und legte dem Patienten ein Bruchband an, das er seit jener Zeit ununterbrochen bei Tag und bei Nacht trug. Am 1. Januar ds. Js. Nachmittags 4 Uhr schlüpfte der Bruch unversehens unter der Pelotte des schadhaft gewordenen Bruchbandes hervor; es gesellten sich sofort Schmerzen im Unterleibe hinzu, 1/2 Stunde später erfolgte Erbrechen, das sich wiederholte. Um 7 Uhr Abends wurde von einem Col- legen ein erfolgloser Taxisversuch gemacht, und um 111/2 Uhr Nachts der Kranke der Klinik übergeben. Er hatte verfallene Gesichtszüge und klagte über öftern Frostschauer. Bei der örtlichen Untersuchung fand sich eine strausseneigrosse r. Scrotalhernie, deren ‘untere Parthie sich mässig weich an- fühlte, während die obere prall gespannt war, und die an ihrem Halse besonders in der Tiefe gegen den inneren Lei- stenring zu sich stark eingeschnürt und sehr empfindlich zeigte. Sofortige von dem ersten Assistenten Herrn Dr. Lang sowohl ohne als in der Narkose vorgenommene Repo- sitionsversuche waren vergeblich. Es wurde desshalb ein Eisbeutel auf die Bruchgeschwulst gelegt und innerlich Eis- pillen verabreicht, da der Kranke wiederholt gallig-schleimige Massen erbrach und von anhaltendem Aufstossen gequält wurde. Den folgenden Morgen um 10 Uhr sah ich den Kranken in diesem Zustande und entschloss mich ohne Säumen zur Vornahme der Herniotomie (18 Stunden nach erfolgter — 292 — Incarceration). Der hohe Grad der Einschnürung und die Beweglichkeit des Einklemmungsringes bewogen mich von jedem weiteren Taxisversuch abzusehen. Ich beabsichtigte, wie in dem vorigen Falle wo möglich ohne Eröffnung des Bruchsacks die Einklemmung zu heben, jedenfalls aber durch eine kleine Incisionswunde in der Gegend des Leistenkanals, dessen innere Oeffnung als Sitz der Einschnürung angenommen wurde, die Operation ihrem Endziele zuzuführen. Ich machte zu diesem Zweck in der Chloroformnarkose einen 1” langen Schräg- schnitt an der genannten Stelle, drang durch denselben schichtenweise spaltend zum äusseren Leistenring vor und überzeugte mich, dass dieser, obgleich ziemlich eng, doch nicht die Ursache der Incarceration sein konnte. Ich kerbte ihn nichtsdestoweniger nach Aussen aufwärts ein, um dem Finger einen Zugang zum inneren Leistenring längs des Bruch- sackhalses zu bahnen. In der Höhe des letzteren fühlte ich am Bruchsackhalse dicht anliegend mehrere über denselben straff herübergespannte fibröse Stränge, welche zweifellos die Einklemmung bedingten. Sie schienen mir dem inneren Lei- stenring anzugehören, waren aber in die Aussenfläche des Bruchsacks so tief eingebettet, dass ich Mühe hatte, unter Führung des linken Zeigfingernagels einige derselben mit einem schmalen spitzen Bistouri zu durchschneiden. Unter die ober- sten suchte ich eine dünne Hohlsonde unterzuschieben; doch bei diesem Versuche riss die brüchige Wand des Bruchsack- halses ein, und ich erweiterte nun rasch die kleine Risswunde durch die noch ungetrennten Stränge hindurch mit dem Her- niotom. Beim Einreissen schon stürzte eine reichliche Menge klarer seröser Flüssigkeit hervor und dieser folgte zuletzt ein circa wallnussgrosser Knollen blutig infiltrirten Netzes. Das- selbe liess sich ebenso wie der übrige Bruchinhalt, der aus Darmschlingen bestand, durch Compression der Bruchgeschwulst vom Grunde her leicht in die Bauchhöhle reponiren, ohne dass etwas Weiteres in der Wunde zum Vorschein kam. Die Wunde am Bruchsackhalse wurde nun mit spitzen Häkchen vorgezogen, gereinigt, ihre Ränder mit der Scheere egalisirt — 293 — und sodann durch 13 Knopfnähte mit karbolisirten Seiden- fäden (Schliemann’sche Seide Nro. O0) vereinigt. Während dieser Zeit wurde von Seiten des Assistenten das Eindringen von Luft in die Bauchhöhle wirksam verhindert. Die Fäden wurden zur äusseren Hautwunde herausgeleitet, nebst zwei angelegten Ligaturfäden, die Wunde mit Carbolnebel bestäubt, offen gelassen und mit karbolisirter Watte, Guttaperchapapier und einer Spica coxae verbunden. Das subjektive Befinden des Kranken nach der Operation war ein ganz befriedigendes. Da ich in Erfahrung gebracht hatte, dass derselbe schon längere Zeit an einer Intermittens tertiana leide und seinen Anfall am Tage der Operation erwarte, so ordnete ich sofort die Verabreichung von 10 gr. Chinin. sulf. mit 1 gr. Opium an und liess diese Dosis 8 Tage hindurch täglich nehmen. Am Nachmittag nach der Operation stellte sich der Fieber- anfall auch wirklich ein mit einer Temperatur von 40° C. In der Umgebung der Wunde traten keinerlei Reaktionser- scheinungen auf. Am zweiten Tage nach der Operation war Patient fieberfrei und konnten 4 Nähte, die durchgeschnitten hatten, entfernt werden. Am dritten Tage wurde eine weitere Sutur nebst den zwei Ligaturfäden und an den folgenden vier Tagen die übrigen Nähte, nachdem sie durchgeschnitten hatten, herausgenommen. Patient, dessen Wunde in schön- ster Heilung begriffen war, hatte bis zu dieser Zeit (dem 7. Tage nach der Einklemmung) noch keinen Stuhl gehabt. Chinin und Opium wurden nun ausgesetzt und ein Clystier gegeben. Darauf folgten zwei Entleerungen vereinzelter knol- liger Fäces. Da das ganze Rectum mit einer Menge solcher fester, trockener Scybala ausgefüllt war, wurde die Auslöffe- lung derselben vorgenommen. Der weitere Verlauf bietet nichts Bemerkenswerthes mehr. Unter fortgesetzter antiseptischer Behandlung gelangte die Operationswunde am 24. Tage zur vollkommenen Heilung. Das Wechselfieber blieb aus und der Kranke wurde am 28. Tage mit einem gutschliessenden Bruchbande entlassen. Die Grundsätze, nach welchen ich bei und nach der Naturw.-med. Verein, 23, — 294 — Herniotomie frisch eingeklemmter Leistenhernien verfahre und die durch vorstehende Fälle ihre Illustration erhalten, lassen sich kurz dahin resumiren, dass ich: 1. trachte, wo immer möglich eine kleine Wunde dem muthmasslichen Sitze der Einklem- mung gegenüber anzulegen; 2. stets, wo nicht die Einklemmung durch den Bruchsack selbst oder innerhalb desselben von vornherein feststeht, in erster Linie darauf ausgehe, die Incarceration unter Schonung des Bruchsacks (nach Petit) zu beheben; 3. sofern nicht besondere Gründe dagegen sprechen, die Vereinigung der äusseren Wunde, und wenn der Bruchsack eröffnet werden musste, der Bruchsackwunde allein oder neben der äusseren Wunde durch die Naht vornehme behufs Er- zielung einer prima intentio; A. (und das gilt für alle eingeklemmten Hernien gleich- mässig) die Nachbehandlung mit Opium leite und den spon- tanen Eintritt der Stuhlentleerungen abwarte. 3. Linkseitiger eingeklemmter Schenkelbruch, Herniotomie, Heilung. Am 19. August vorigen Jahrs wurde ich von Herrn Dr. Theuille zu einer Frau A. H. in T. gerufen, welche seit Abends vorher Einklemmungserscheinungen an ihrer kleinen l. Schenkelhernie darbot, die gerade ein Jahr zuvor von demselben Collegen wie es scheint, im Zustande einer leich- ten Kothanschoppung zuerst wahrgenommen worden war. Die Kranke hatte bis dahin den „Knopf“ nicht bemerkt gehabt. Die Colikerscheinungen vor 1 Jahr giengen nach einigen Stunden vorüber, obgleich die von dem gen. Collegen versuchte Reposition der Hernie nicht gelang. Auch in späterer Zeit mehrmals vorgenommenen Repositionsversuche, welche die Anlegung eines Bruchbandes zum Zweck hatten, blieben erfolglos, so das die Annahme einer H. accreta nahe gelegt wurde, — 295 — Am 18. August 1871 Abends stellten sich nun neuer- dings Symptome von Incarceration ein, die aber diesmal wäh- rend der Nacht und am folgenden Morgen an Intensität zunahmen, zu wiederholtem Erbrechen und schmerzhafter Spannung der kleinen Bruchgeschwulst führten und daher den oben erwähnten Herrn Collegen veranlassten, telegraphisch meine Hülfe nachzusuchen. Ich traf mit Herrn Dr. Lang den 19. gegen 4 Uhr in T. ein, fand die Kranke mit ängst- lichem Gesichtsausdruck, kleinem schnellen Puls und leichtem Meteorismus. Die unterhalb des Poupart’schen Bandes im Schenkelbug befindliche Bruchgeschwulst hatte den Um- fang einer grossen Pflaume, war sehr gespannt, schmerzhaft und im Schenkelring fest eingeschnürt, die Bruchdecken nur leicht geschwellt. Da ein sofort ausgeübter Taxisversuch (der erste nach erfolgter Einklemmung) die Erfolglosig- keit, die Incarceration auf diesem Wege zu beheben, fast zur Gewissheit machte, überredete ich die gegen die Operation sich sträubende Patientin zur Einwilligung in dieselbe und nahm sie ohne Säumen in der Chloroform- narkose nach einem nochmaligen vergeblichen Versuche der Reposition vor. Ein circa 2 Zoll langer Längsschnitt, zwi- schen zwei Pincetten vorsichtig vertieft, legte den Bruchsack bloss; derselbe wurde ebenfalls mittelst zweier Pincetten etwas emporgehoben und da ich eine Verwachsung desselben mit dem Bruchinhalte vermuthete, mit grosser Vorsicht eingeschnitten. Darauf kam die matt geröthete Aussen- fläche einer kleinen Darmschlinge, die durch kurzes straffes Zellgewebe im ganzen Umfang des Bruchsacks angewachsen war, und nur mit geübtem Auge sich erkennen lies, zum Vorschein. Der Bruchsack wurde der Länge nach gespalten, der linke Zeigfinger ia denselben gegen den Schenkelring geführt und auf dem Nagel desselben der überaus enge Ring mit dem Herniotom nach Oben eingekerbt, darauf die kleine stark hyperämische Darmschlinge grösstentheils mit dem Skalpellstiele rings aus dem Bruchsack ausgelöst und ohne 23° —/ 296: — Schwierigkeit reponirt. Die Wunde wurde zur Hälfte durch Knopfnähte geschlossen. in den untern Winkel eine Charpie- Möche eingelegt und ein Spica-Verband darüber gemacht Die Operation gieng sehr rasch und ohne Schmerz. für die Kranke von statten, die sich durch dieselbe sehr’ erleichtert fühlte. Die von Herrn Dr. Theuille geleitete Nachbehandlung stiess auf keine unangenehmen Zufälle mehr. Der vereinigte Theil der Wunde heilte per primam, der übrige auf dem Wege der Eiterung fast ohne Fieber und ohne alle perito- nitischen Erscheinungen innerhalb 4 bis 5 Wochen. Am 21. September gieng die Kranke schon wieder ihren gewohn- ten Beschäftigungen nach. Der erste Stuhl hatte sich erst 8 Tage nach der Herniotomie auf ein Clysma eingefunden. Die Genesene trägt jetzt ein Bruchband, das ihren Bruch reponirt hält. Ich habe sie seit der Operation nicht mehr gesehen. Herr Dr. Theuille, dem ich die bezüglichen obigen No- tizen verdanke, theilt mir mit, dass die kleine Hernie, wenn sie sich gelegentlich wieder hervordrange, sehr leicht re-| ponirbar sei. & 4. Eingeklemmter grosser Nabelbruch bei einer Erwachsenen, späte Herniotomie, Tod durch Septicämie. Ein älteres Fräulein von ziemlicher Corpulenz, welches schon seit einer Reihe von Jahren an einem reponiblen Nabel- bruch litt, wegen dessen sie ein Bruchband trug, verspürte, während ihres Aufenthaltes am Achensee am 20. August'v. J. Morgens 10 Uhr in Folge heftigen Lachens, plötzlich unter intensivem Schmerz ein Hervortreten ihres Bruches von mehr als gewönlichem Umfang. Sie wurde von: Uebelsein befallen und musste sich legen. Zwei zufällig anwesende. Collegen‘, wurden nach mehrfachen von ihr selbst angestellten, vergeb- lichen Repositionsmanövern, nach Ablauf einer Stunde hin- — 297 — zugerufen, konstatirten eine Brucheinklemmung, und nahmen ohne Verzug sowohl ohne als mit Chloroform wiederholte Taxisversuche vor. Als auch diese nicht zum erwünschten Ziele führten, veranlassten sie die Kranke sich nach Inns- bruck transportiren zu lassen und meine Hülfe anzusuchen. Der Transport musste circa 2 Stunden per Wagen auf holpe- rigen Wegen und 1 Stunde per Bahn ausgeführt werden und griff die Kranke sehr an. Abends traf sie hier ein, den andern Morgen 10 Uhr wurde ich hinzugezogen, nachdem am Abend zuvor von Herrn Collegen Lantschner erneute Versuche zur Reposition, aber wie die früheren ohne Erfolg gemacht worden waren. Als ich die Kranke sah, machte sie mir gleich einen sehr ungünstigen Eindruck. Sie hatte die Nacht über öfters gebrochen, und litt an beständigem Aufstossen. Ihr Gesicht war sehr geröthet, der Ausdruck desselben hatte etwas Aengstliches und der Puls war ‘klein und fliegend, der Unterleib in Folge von Moteoris- mus ausgedehnt und mässig gespannt. Die Nabelbruchge- schwulst trug auf ihrer Höhe die verstrichene Nabelnarbe und hatte die Grösse eines Kindskopfs. Sie war von fettreichen, stark ödematösen und entzündlich infiltrirten, leicht gerötheten Bauchdecken bedeckt, sehr gespannt und schmerzhaft, und sass mit breiter Basis der vorderen Bauch- wand auf. Ihr Inhalt fühlte sich ziemlich derb an, soweit sich neben der nicht unbeträchtlichen Quantität Bruchwassers erkennen liess. Es wurde der Kranken ohne Verzug die Narkotisirung behufs erneuter Vornahme der Taxis und even- tuellen, sofortigen Uebergang zur Herniotomie vorgeschla- gen, über deren Gefahren im Hinblick auf die verflossene Zeit seit der Einklemmung, den unzuträglichen Transport und die Fettleibigkeit der Kranken ich deren Angehörige nicht im Zweifel liess. Es kam zur Operation, die ich mit Hülfe der Herren DDr. Lantschner und Läng ausführte. In der Medianlinie der Bruchgeschwulst wurde ein Längsschnitt in der Länge ihrer zwei unteren Drittel durch die Haut ge- führt, dann die Zellgewebs-Schichten successive zwischen — 298° — zwei Pinzetten getrennt und der sehr dünne Bruchsack blosgelegt. Eine Einkerbung des die Incarceration bewir- kenden Nabelrings ausserhalb des Bruchsackes erschien un- thunlich. Letzterer wurde daher in der Ausdehnung des Hautschnittes gespalten, worauf nach Abfluss einer ziem- lichen Menge bräunlichen Bruchwassers eine röthlichgefärbte Masse fettreichen Netzes zum Vorschein kam. Dieses wurde behutsam auseinandergelegt, und gegen den Nabelring hin verfolgt, wo ich sehr bald eine von dem Netz rings umhüllte kleine, blauröthliche Dünndarmschlinge entdeckte, die mit dem Netz im Nabelring eingeklemmt war. Letzterer wurde auf der Hohlsonde nach mehreren Richtungen eingekerbt, bis sich die Darmschlinge, an der noch kein Zeichen von Brand wahrgenommen wurde, reponiren liess, und das gleichfalls gut erhaltene Netz ohne Schwierigkeit zurückge- bracht werden konnte. Die Operationswunde wurde darauf sorgfältig antiseptisch gereinigt, und die äussere Wunde bis auf den unteren Winkel, zur Verhütung eines Vorfalls durch die Naht geschlossen, Die Kranke, die von der Operation nichts gefühlt, befand sich nach derselben ganz wohl. Den Tag über dauerte nur das lästige Aufstossen fort, Erbrechen kam nicht wieder, das Fieber hielt in mässigem Grade an. Die Nacht war etwas unruhig, am Morgen fand sich etwas Wundsekret im Bruchsack angesamuelt, es wurde daher der grösste Theil der Nähte entfernt, és entleerte sich wie bei der Operation viel braunröthliches, wässeriges Sekret, das auch aus der Bauchhöhle noch in einiger Menge nachfloss. Antiseptischer Verband, Eis, Chinin. Am folgenden Tage zeigte sich eine circumskripte Peritonitis links vom Nabel, und wiederum Abfluss einer nun etwas übelriechenden, iait feinen Gasbläschen gemischten Flüssigkeit. In den Bruch- decken entwickelte sich eine septische Phlegmone. Das Sen- sorium der Kranken war nicht mehr ganz frei, sie sprach viel, war heiter, verstand unsere Fragen, antwortete jedoch hastig und unzusammenhangend. Ihre Züge waren etwas dekomponirt und hohes Fieber vorhanden. Chinindosis ver- — 299 — stärkt. Bis Abend bildete sich die sehr akut entstandene Septicaemie vollends aus, in der Nacht delirirte die Kranke, am folgende Tage und in der folgenden Nacht verfiel sie in Sopor, und verschied am 4. Tage nach der Operation Morgens 11 Uhr. Die Sektion konnte leider wegen äuserst rapider Fäulniss nicht gemacht werden. Heine. Personalstand des Vereines im Jahre 1871. Vereinsleitung. Vorstand: Herr Prof. Dr. Max Ritter v. Vintschgau. Vorstand-Stellvertreter: Herr Prof. Dr. Ludwig Ritter v. Barth. Kassier: Herr Prof. Dr. Carl Dantscher. Schriftführer: Herr Dr. Josef Oellacher. Mitglieder. Herr An-der-Lan Eduard Dr. v., k. k. Hauptmann in Innsbruck. Ausserer Anton, Gymnasialprofessor in Feldkirch. Arz Anton Graf v., k. k. Statthaltereirath in Innsbruck. Barth Franz Ritter v., k. k. Statthaltereirath in Inns- bruck. Barth Ludwig Ritter v., Dr. phil., k. k. Universitäts- professor in Innsbruck. Baumgarten Anton, Dr. phil., k. k. Universitätspro- fessor in Innsbruck. Belrupt Karl Graf v., in Innsbruck. Bentzel-Sternau Albert Graf v., k. k. Rittmeister in Innsbruck. Berreitter Georg, Dr. med., prakt. Arzt und Sanitäts- rath in Innsbruck. — all ae Herr Buckeisen Friedrich, Dr. phil., k. k. Oberrealschul- professor in Innsbruck. Daimer Josef, Dr. med., Assistent bei der Lehrkanzel der path. Anatomie in Innsbruck. Dantscher Carl, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Ebner Johann Ritter v., k. k. Hofrath in Innsbruck. Ebner Viktor Ritter v., Dr. med., Docent an der Uni- versität in Innsbruck. Elsler Franz, Mag. Chir., Gemeindearzt in Silz. Enzenberg Hugo Graf v., in Innsbruck. Fedrigotti Wilhelm v., k. k. Oberlandesgerichtsrath in Innsbruck. Fizia Bernhard, Dr. med., Bezirksarzt in Reutte. Gasser Vinzenz, Dr. med., Assistent bei der geburts- hilflichen Klinik in Innsbruck. Gassner Theodor, k. k. Gymnasialdirektor und Schul- rath in Innsbruck. Glatz Josef, Dr. med., Armen- und Polizeiarzt in Innsbruck. Gillhuber Josef, Dr. med., prakt. Arzt und Sanitäts- rath in Innsbruck. Grabmayer Ernst v., k. k. Landesgerichtsadjunkt in Innsbruck. Hausmann Raphael, Dr. med., prakt. Arzt in Meran. Heine Carl, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. | Heinisch Anton, Dr. med., k. k. Bezirksarzt in Bozen. Heller Camil, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Hinterwaldner Johann, k. k. Professor an der Lehrer- bildungsanstalt in Innsbruck. Hofmann Eduard, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor und Sanitätsrath in Innsbruck. Kerner Anton, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. — 3802 — Herr Kiechl Franz Dr., Assistent bei der Lehrkanzel der Physik in Innsbruck. Krischek, Eduard, Dr. Pil K..kı Be in Innsbruck. Lang Eduard, Dr. med., I. Assistent bei ar ehr. Klinik in Innsbruck. Lantschner Ludwig, Dr. med., prakt. Arzt in Innsbruck. Laschan Ignaz, Dr. med., k. k. Statthaltereirath in Innsbruck. Lechleitner Christian, Dr. phil. k. k. ee in Innsbruck. " Leithe Friedrich, Dr. phil., k. k. Universitäts-Biblio- thekar in Innsbruck. Löbisch Dr. Wilhelm. Malfertheiner Josef, Dr. med., prakt. Arzt in Innsbruck. Maly Richard, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor ~ in Innsbruck. Maresch Josef, k. k. Landeschulinspektor in Innsbruck. Mauthner Ludwig, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Mayrhofen Virgil, Ritter v., Dr. med., k. k. Univer- sitätsprofessor und Sanitätsrath in Innsbruck. Messmer Alois, k. k. Oberrealschulprof. in Innsbruck. Mörz Isidor, Dr. med., prakt. Arzt und Sanitätsrath in Innsbruck. Oellacher Josef, Chemiker u. Hausbesitzer in Innsbruck. Oellacher Josef, Dr. med., Docent an der. Universität in Innsbruck. Paulweber Michael, k. k. Gymn.-Prof. in Innsbruck. Peche Ferdinand, Dr. phil., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Pfaundler Leopold, Dr. phil., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Plaseller Josef, Dr. med., k.k. Berickaarde und Sani- tätsrath in Innsbruck. — 303 — Herr Platter Hugo, Dr. phil., Professor an der Biirgerschule 3433 3 in. Innsbruck. Pircher Johann, Dr. med., k. k. Statthalterei-Concipist in Innsbruck. Peplar Ludwig, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in Innsbruck. , Pusch Karl, Dr. med., prakt. Arzt in Innsbruck. Putz Gottlieb, Dr. med. in Meran. Reinisch Ferdinand Ritter von in Innsbruck. Rembold Otto, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Romberg Rudolf, Fabriksdirektor in Innsbruck. Schlemmer Josef, Dr. med., Il. Assist. bei der chirurg. Klinik in Innsbruck. Schmidt Josef v. Wellenburg, Dr. k. k. Rechnungs- rath in Innsbruck. Schott Ferdinand, Dr. med., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Schönach Anton, Dr. med., prakt. Arzt in Innsbruck. Schumacher Anton, Chef der Wagner’schen Universitäts- Buchhandlung in Innsbruck. Sennhofer Carl, Dr. chem., Assistent bei der Lehr- kanzel der Chemie in Innsbruck. Settari Franz, Dr. med., prakt. Arzt in Meran. Strasser Josef, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in Innsbruck. Strasnitzky Johann, Dr. med., k. k. Stabsarzt in Innsbruck. Stumreich Josef, Dr. med., k. k. Regimentsarzt in Innsbruck. Schwind Franz, Ritter v., k. k. Hofrath in Pension in Innsbruck. Thun-Hohenstein Franz Graf v., k. k. Generalmajor in Wien. Toggenburg Georg Ritter v., k. k. geheimer Rath in Bozen. BE ISOs Herr Trentinaglia Josef v., k. k. Gerichtsadjunkt in Innsbruck. N Tschurtschenthaler Anton, Dr. med., k. k. Universitäts- professor und Sanitätsrath in Innsbruck. Vintschgau Max Ritter v., Dr. med., k. k. Duyzız professor in Innsbruck. i Wawra Johann, k. k. Oberbaurath in Innsbruck. Weiler Josef, k. k. Oberrealschulprofessor in Innsbruck. Wildner Franz, Dr. med., k. k. TRIBIE SE 1 olon0n in Innsbruck. Winter Josef, Dr. med., k. k. Bezirksarzt in Brixen. Wocher Franz v.. Dr. med., Stadtphysikus. 2 $- Inhalt des II. Jahrganges. 1. Heft. Sein Satzungsberichte . . . Sedans NEOAII0DE Die Waldquelle zu Marienbad, eine Siatie aus Hae Balneotechnik und Balneochemie von M. J. Dietl . . ..... =. 1 Analyse der Therme am Brenner (Brennerbad) von L. Barth, Kewoe nin bh ofe ry und) R Kölle, cn |... sb 26 Analyse der Raniglerquelle (bei Bozen) von denselben . , 29 Analyse der Pirchabrucker Quellen (Eggenthal bei Bozen) von diemsiellben.. . .- AN HU in aus 31 Resultate der iusteorologivelion Bechucheunpen zu eee im Jahre 1870. Zusammengestellt von Carl Wilhelm von Diana vorrei studephıl tic) i u ee 36 Py und >, Hieft. Surzumesberichte ‘. . , - Sct cree ne NOL Nos Ueber die Zählung der Herzschläge bei nleielosischen Versuchen über den Vagus und den Sympathicus von G. P. Vlacovich, Prof. der Anatomie an der Universität zu Padua, und M. Vintschgau, Prof. der Physiologie an der Universität zu Innsbruck, aus der italienischen Abhandlung im Auszuge mit- getheilt von M. Vintschgau. . . RES NER 87 Kleine Mittheilungen über die eiweisssto führenden Zellen der Gerste (mit einer Tafel) von M. v. Vintschgau „ 120 Novae Plantarum species. Auctore A. Kerner. . . 124 Analyse einer Ovarialeystenflüssigkeit von Prof. ehr Ma 174 Bericht über die im physiol.-chem. Laboratorium vom October 1870 bis Jänner 1872 ausgeführten Arbeiten. . . . 183 Ophthalmologische Mittheilungen von Prof. Ludwig Mautner . 184 Bade Versuche voniibrot,O; Rembold.,. . 9) e200) Mittheilungenaus den Kliniken und Instituten der Universitat zu Innsbruck: Bericht über die in der pathologisch-anatomischen Anstalt in Innsbruck vom October 1870 bis October 1871 voll- führten Obductionen von Prof. Schott SER Bericht über die medicinische Klinik in Innsbruck im Solar- Jahre 1871 von Dr. Th. Kölle, klinischem Assistenten Statistischer Bericht und casuistische Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik in Innsbruck von Prof. Dr. ©. Heine, unter Mitwirkung der Assistenten Privat-Docent Dr. Lang und Dr. Schlemmer. N Personalstand des Vereines im Jahre. 1871 Seite N 206 253 262 300 Ar NARA ASA ANNAN. AAN \AAAMAAAAA.. \ NR Vien \ N) | \ a A a A) \ AR, y y Aaaaaan \ y rao A A, N) N ‘a NA, as PA To a | R ann Ar AAA AAAAAR Ar a AR A, = Nero NAP AR AA AA Pah | Poke Pe | | | Zus | Alal_Y EN EN A! NR NR: NAAAA AANA AR AAA ALARA p Vara Alalala|. A PN GAR ry VNe ER 2 TYY AR ART, AARAAAARA NW ROMRAAAN AAR A AA AARAR AR RN a AAA ARAAAAAAAAR 2 ANWIRAARFT LU ARAERL a fa ZN A) AA an RAY AAA? age BAA ER ARARAA AA AAA Tr > al AAA YA N Ana... y a Zi — IAI AI ATA — os sno aps ’ af 7 RANZERRA AN NN \a\@ NARAYAN ap <9 AR Ne BEER AAAAMAANOT AR \ AA, RER 2 | AY NAAN; AARARRARARARRRRRAARARAARON AAAAAL AAR AAR AAAAAAAAAA? 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