. + dh Ant ea weten Fesger. rerun eh: regan ics teteieieey steer Em keiner epee A ee ret were fee bore Dee nee 4 etogeheroter | ate) eben reine . h 7 % Dione BERICHTE des ın INNSBRUCK. _ XXII. Jahrgang 1896/97. ry INNSBRUCK. : Wag ner’schen Universitäts-Buchhandlung. 1897. ci Nai =! Mass N: Sa ee , Is A. Vereinsnachrichten. I. Bericht Uber die im Jahre 1896/97 vom Vereine abgehaltenen Sitzungen. 1. Sitzung am 20. Oktober 1896. Der Vorstand Prof. Dr. L. Kerschner ertheilt nach einer Begrüssungs-Ansprache dem Schriftführer Prof. J. Zehenter das Wort zum Berichte über die am 21. April 1896 abgehaltene Jahresversammlung, ferner über die Ausschussitzung vom 3. Juni 1896. Hierauf wird dem Kassier Prof. Dr. v. Dalla Torre bezüglich der Kassegebarung für das Jahr 1895/96 das Absolutorium ausgesprochen. Dem Ansuchen des Unterstützungs - Vereines der k. Leopold.-Carolin. d. Akademie der Naturforscher in Halle a. S. wird durch den Beschluss entsprochen, im naturw.-medicin. Vereine freiwillige Spenden zu sammeln und den jeweiligen Vorstand mit der Einsendung der- selben zu betrauen. | _ Es wird beschlossen, mit der Accademia di Agricul- tura, Arti e Commercio di Verona, ferner mit dem Vereine für naturwissenschaftliches Sammelwesen in Krefeld und 1* IV mit dem naturwissenschaftlichen Club in Fiume in Tausch- verkehr zu treten. Aufgenommen wird in den Verein Herr Univ.-Prof. Dr. Ferd. Hochstetter. Hierauf hilt Prof. Dr. v. Dalla Torre seinen von zahlreichen Demonstrationen begleiteten Vortrag „Ueber die Schlangen Tirols“, Der Vortragende erläuterte hiebei, namentlich auf Grund des in Folge der Prämiirung der Giftschlangen durch den Landesausschuss ihm zugesandten Materials (etwa 1600 Köpfe), die geographische Verbreitung der neun in Tirol vorkommenden Schlangenarten. Darnach ergibt sich: Cornella austriaca (Zornnatter, Österreichische Natter) ist ubiquistisch über das ganze Gebiet verbreitet und wurde in ungefähr 800 Köpfen eingesendet; ihr Vorkommen schliesst jenes der Kreuzotter keineswegs aus, im Gegentheile waren wiederholt mit derselben Sen- dung beide Arten mitsammen gesendet worden. Cornella Ricciolii wurde in beiläufig 40 Exemplaren von 21 Fund- orten eingesendet; sie gehört dem äussersten Süden des Landes an, der nördlichste Fundort ist Vattaro bei Levico; im Allgemeinen scheint sie ein Begleitthier der Oelbaum- region zu sein. Coluber flavescens (Aesculapschlange) und Zamenis viridi flavus (grünliche Natter) bewohnen nur den Südabhang der Centralalpen. Tropidonotus natrix (Ringel- oder Wassernatter) ist eine ubiquistische überall häufige Art. Trobidonotus tessellatus (Würfelnatter) ge- hört nur dem südlichen Landestheile an; der-nördlichste Punkt ist Vintl. Sie dürfte wenigstens in Tirol die Ver- breitung der Weinrebe theilen. Pelias Berus (gemeine Kreuzotter) ist weit verbreitet und greift gegen Süden vielfach in das Gebiet der Vipera aspis (Schildviper) über, die am Südabhange der Centralalpen unbedingt vorherrscht und wenn auch hoch vertical aufsteigend hauptsächlich die Thalsohle bewohnt; sie ist von einzelnen Punkten, Vv z. B. von Borgo, vom Val Arsa sehr zahlreich eingesandt worden. Vipera ammodytes (Sandviper) wurde nun auch von Auer eingesandt. Als Abnormitäten werden erwähnt: Reservezähne und Ausbildung von Schildern statt Schuppen bei der Kreuzotter. Ein Exemplar der Schildviper trug eine Blindschleiche als Beutethier im Rachen. Zum Schlusse des interessanten und anregenden Abends besprach Prof. Dr. Dimmer die Diagnose bei Fremdkörpern aus Eisen im Auge mittels des in neuester Zeit von Asmus angegebenen Sideroskops, einer in ent- sprechender Weise adjustirten Magnetnadel. Hierauf wurde der ältere, kleinere Elektromagnet von Hirschberg und der vor kurzem für die hiesige Augenklinik angeschaffte starke Elektromagnet von Schloesser demonstrirt. Der Letztere wurde bereits in einem Falle mit Erfolg ver- wendet und stellt einen wesentlichen Fortschritt gegen- über den älteren Instrumenten dar. 2. Sitzung am 3. November 1896. Als Mitglied wird aufgenommen Herr Universitäts- Professor Dr. Franz Hillebrand. In Erledigung einer Zuschrift der British Association for the Advancement of Science wird beschlossen, den vorgeschlagenen Massnahmen zur Regelung zoologischer Publikationen zuzustimmen bis auf den Punkt, welcher eine gleichzeitige Versendung der Sonderabdrücke und der betreffenden Bände der bezüglichen Zeitschriften festsetzt. Diese Bestimmung wird unter Hinweis auf die in dieser Hinsicht bei den Veröffentlichungen der Akademie der Wissenschaften und anderer Unternehmungen bestehenden Einführungen abgelehnt. Hierauf hielt Prof. Dr. Klemen¢éié einen von in- structiven und schönen Experimenten begleiteten Vortrag: VI „Ueber die Recalescenz des Eisens.* Nach einleitenden Bemerkungen und Versuchen, welche hauptsächlich das Verhalten verschiedener Metalle gegenüber dem Magneten, den Unterschied zwischen weichem Eisen und Stahl in Bezug auf ihre Magnetisir- barkeit zum Gegenstande hatten, besprach der Vortragende zunächst die Magnetisirbarkeit des Eisens bei Temperatur- veränderungen; bei der Rothgluth hört sie ganz auf und das Eisen verliert da nahezu plötzlich die Fähigkeit, Magnetismus anzunehmen. Es geschieht dies etwa bei einer Temperatur von 780°. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass bei dieser Temperatur, welche “von ~ einigen Forschern als kritische Temperatur des Eisens bezeichnet wird, auch andere physikalische Eigenschaften desselben, wie die Ausdehnung, das thermoelektrische Verhalten, die spezifische Wärme u. s. w., eine sprung- weise Aenderung erfahren. Auf der plötzlichen Aende- rung der spezifischen Wärme des Eisens bei der kriti- schen Temperatur beruht auch die von Barett im Jahre 1873 entdeckte Erscheinung der Recalescenz, Wird näm- lich ein Stück Eisen oder Stahl bis zur hellen Rothgluth erhitzt und dann sich selbst überlassen, so kühlt es sich zunächst ab, es leuchtet immer schwächer bis zu dem Moment, wo es die kritische Temperatur erreicht. In diesem Augenblicke leuchtet es wieder auf, es geräth von einer dunklen wieder in eine helle Rothgluth; von da erst kühlt es sich regelmässig ab. Dieses- Wiederauf- leuchten des in der Abkühlung begriffenen Eisens wird als Recalescenz desselben bezeichnet. Auch Nickel besitzt eine solche kritische Temperatur, welche jedoch viel tiefer als die des Eisens liegt. Vu 3. Sitzung am 17. November 1896. Es werden in den Verein als Mitglieder aufgenommen die Herren: Landesgerichtspräsident Freiherr v. Czörnig, ‚Universitäts - Professor Dr. Ferdinand Kaltenbrunner und Ferdinand Wagner, Assistent an der Lehrkanzel für Chemie. Weiters wird der Austausch der Vereinsschriften mit dem nord-oberfränkischen Verein für Natur-, Ge- ‘ schichts- und Landeskunde zu Hof in Bayern beschlossen. Prof. Dr. Kerschner hält einen Vortrag: „Ueber sensible Nervenendigungen des Bewe- sungs-Apparates.“ In demselben wurde ein kurzer Ueberblick über die Theorien des Muskelsinnes, über die Nervenendigungen im Allgemeinen und über verschiedene Arten von sen- _siblen Nervenendigungen des Bewegungsapparates, welche als Sinneswerkzeuge des Muskelsinnes anzusehen sind, ge- geben. Der Letztere ist sonach ein sehr zusammenge- setzter Complex von Empfindungen, an dessen Zustande- kommen, entgegen den herrschenden Ansichten, auch im Muskelfleische selbst gelegene eigenartige Endigungen, die Muskelspindeln, in hervorragender Weise betheiligt sind. Die andern sensiblen Endigungen des Bewegungs- apparates gleichen jeneu der Haut und dürften ebenso wie die Muskelspindeln mit der Körperfühlsphäre zusam- menhängen, Der Vortrag war von zahlreichen Demon- strationen mikroskopischer Präparate begleitet. Hierauf referirte Prof. Dr. K. Heider über die Be- obachtungen von Max Verworn: „Ueber den Elektrotropismus“ der Urthiere (Protozoen) und über die Studien von Bla- sius und Schweizer über das Verhalten von höheren . Thieren (besonders Fischen) im constanten elektrischen Strome und führte sodann die einschägigen. Experimente Vill an Infusorien (Paramecium) und Fischen (Goldfisch und Ellritze) vor. Die Infusorien nehmen in dem Momente, in welchem der Strom geschlossen wird, eine ‘bestimmte © Richtung gegen denselben an und sammeln sich an der negativen Elektrode. In ähnlicher Weise verhalten sich die Fische, welche sich mit dem Kopfende gegen die Anode einstellen. 4. Sitzung am 1. Dezember 18%. Der Vorstand Prof. Dr. Kerschner erstattet Be- richt über das Ergebnis der Sammlung für den Unter- stützungsverein der leopoldinischen Akademie und for- derte zugleich zu reger Antheilnahme an diesem Unter- nehmen auf, das den Zweck hat, der Noth der Angehö- rigen solcher Männer zu steuern, durch welche die Wis- senschaft gefördert wurde. Hierauf sprach Prof. Dr. Heinricher „Ueber seltenere insectivore oder insecten- fressende Pflanzen“ unter Vorweisung von lebenden Exemplaren und Alkohol- präparaten. Dieselben sind mit merkwürdigen Vorrich- tungen ausgestattet, die den Zweck haben, theils als Lockmittel für die zu fangenden Thiere, theils als Mittel zum Festhalten und Tödten derselben zu dienen, Neueste Untersuchungen haben nun ergeben, dass man die in- sectentressenden Pflanzen in zwei Gruppen theilen kann.. Die erste Gruppe umfasst jene, welche kein Verdauungs- ferment abscheiden und nur von den Zersetzungsproducten der getödteten Thiere leben. Dahin gehören von den besprochenen Pflanzen Darlingtonia californica, die Sar- racenia-Arten, welche an die eigentlichen Kannenträger erinnern, und Cephalotus folliculatus. Zur zweiten Gruppe rechnet man Individuen, bei welchen eine Ausscheidung von verdauenden, eiweisslösenden Fermenten stattfindet, die IX also eine eigentliche Verdauung besitzen. Genauer be- sprochen und vorgezeigt wurde von dieser Gruppe Dro- sophillum’ lusitanicum, welches auf den Blättern eine Fangvorrichtung besitzt, die fast auf einem ähnlichen Principe beruht, wie die Leimruthe zum Vogelfang. Ausserdem gehören hieher die Nepenthes- oder Kannen- trägerarten, die bei uns vorkommenden Drosera- (Sonnen- thau)-Arten und wahrscheinlich auch Pinguicula vulgaris und alpina, 5. Sitzung am 12. Jänner 189%. Nach Verlesung einer Einladung zur Theilnahme an einer Rosminifeier in Roveredo, veranstaltet von der dor- tigen Accademia di Scienze, Lettere ed Arti degli Agiati, ferner einer Zuschrift des österreischen Bundes der Vogel- freunde wird über Antrag des Prof. Dr. v. Dalla-Torre beschlossen, den Herrn Bibliotheksdirector Dr. v. Hör- mann zu ersuchen, den I. Band von Sars-Crustacea of Norway für die Universitätsbibliothek anzukaufen, nach- dem die Fortsetzungen des Werkes im Tauschwege durch den Verein geliefert werden. Es folgt hierauf ein mit zahlreichen Experimenten verbundener Vortrag des Prof. Jos. Zehenter: „Ueber umgekehrte Verbrennung und über Flammenspaltung“ Nach einigen einleitenden Bemerkungen, in denen das Wesen der Flamme zur Besprechung kam, wurde im ersten Theile durch Versuche, die zuerst Heumann an- stellte, nachgewiesen, dass die übliche Auffassung, nach welcher Wasserstoff, Leuchtgas u. s. w. im Sauerstoffe, beziehungsweise in der Luft brennen, ohne Aenderung der Verbrennungstheorie eine Umkehrung zulässt und man auch Sauerstoff oder Luft in Wasserstoff oder Leucht- gas zum brennen bringen kann. Derartige Erscheinungen X werden als umgekehrte Verbrennungen bezeichnet, — Im zweiten Theile zeigte der Vortragende, wie eine leuch- tende Kohlenwasserstofflamme durch Luftzufuhr allmälig entleuchtet und schliesslich unter geeigneten Umständen in drei Flammen gespalten wird. Am häufigsten, wenn auch nicht in auffallender Weise, ist das an der Flamme des als Heizvorrichtung vielfach in Verwendung stehenden Bunsenbrenners wahrzunehmen, deutlicher an der Flamme des Heumann’schen Explosionsapparates, besonders schön aber an dem von Teclu construirten Flammenspalter. Das nähere Studium dieser Erscheinungen hat zu einer ge-. naueren Kenntnis der Vorgänge in der Flamme‘ des © Bunsenbrenners und zur Erzeugung eines neuen Brenners, ; mit dem sich grössere Heizwirkungen erzielen lassen, geführt. 6. Sitzung am 26. Jänner 1897. Herr Telegraphen-Director a. D. Philipp Sarlay wird als Mitglied in den Verein aufgenommen. | Prof. Dr. E, Heinricher demonstrirt zwei zusam- mengehörige Spaltstücke eines Baumstammes. Es handelte sich darum, eine Inschrift-Ueberwallung zu erhalten, daher 1890 verschiedene Zeichen in einen Baum eingeschnitten wurden. Derselbe blieb bis zum Herbste 1396 stehen. ~ An den Spaltflächen im Holzkörper, parallel einem Jahresring, erschien nun die Inschrift sehr ‚deutlich aus- geprägt; auch an der Rinde war sie erhalten, hier den Ueberwallungs- Vorgängen entsprechend verzerrt. An-. schliessend wurde auch das Mycelium eines baumzerstö- renden Pilzes, Ochroporus contiguus, vorgezeigt. Hierauf hielt Prof. Dr. Klemen&it einen mit hübschen und lehrreichen Demonstrationen verbundenen Vortrag: XI „Ueber das Photographiren fliegender Pro- jectile*, Nachdem die Wichtigkeit solcher Versuche besprochen worden war, kam die Art und Weise zur Erörterung, wie es gelingt, ein scharfes Bild eines in einer ausserordentlich schnellen Bewegung befindlichen Geschosses auf der Platte zu fixiren. Dann erläuterte der Vortragende die Möglich- keit, die in der Umgebung des Geschosses vor sich ge- henden Verdichtungen und Verdünnungen der Luft nach- zuweisen, wozu eine ähnliche Vorrichtung dient, wie sie auch zum Nachweise von Schlieren. in flüssigen und festen Körpern Anwendung findet. Zum Schlusse wurden einige Aufnahmen von fliegenden Projectilen vorgezeigt. 4. Sitzung am 9. Februar 1897. Es wird über Antrag des Ausschusses beschlossen, denı Vereine für schlesische Insectenkunde in Breslau an- ‚lässlich seines fünfzigjährigen Bestehens ein Glückwunsch- schreiben zu senden. Das Anerbieten, mit der. Zeitschrift Inseetenbörse den Schriftenaustausch einzugehen, wird abgelehnt. Hierauf berichtete Prof. Dr. Heider nach einer ein- leitenden Uebersicht: „Ueber den Bau der Zelle und die Vorgänge der Zelltheilung bei den vielzelligen Wesen (Metazoen), über die neueren Untersuchungen von Schaudinn an Protozoen (Heliozoen und Amoeben), so- wie von Lauterborn an Diatomeen und anderen ein- zelligen pflanzlichen Organismen, welche für eine neue einheitliche Auffassung der Kerntheilungsvorgänge und der Bedeutung der Centralkérperchen der Zelle von Wich- tigkeit geworden sind. Hieraus ergibt sich die Möglich- keit, zu einer Theorie der Centralkörperchen vorzuschreiten. Xi Zum Schlusse der sehr interessanten Auseinandersetzungen wurden die etwas abweichenden Verhältnisse der eiliaten Infusorien zum Vergleiche herangezogen. 8. Sitzung am 9. März 1897. Der Vorsitzende Prof. Dr. Z. Kerschner theilt die an den Verein gerichtete Einladung zum XII. internationalen medicinischen Congress in Moskau mit und spricht die Aufnahme des Herrn Juweliers Bernhard Höfel als Vereinsmitglied aus, Hofrath Prof. Dr. M. v. Vintschgau hält den an- gekündeten Vortrag: „Ueber Versuche,“ die er gemeinschaftlich mit seinem Assistenten A. Durig vornahm, „um zu ermitteln, welches Zeitintervall vorhanden sein müsse, um zwei hinterein- ander auf die Haut einwirkende elektrische Reize noch sicher als zeitlich getrennt wahr- zunehmen.“ \ In der Einleitung seines Vortrages bespricht Redner zuerst die Entdeckung der persönlichen Gleichung von Seite der Astronomen, wie auch die Versuche der Physio- logen über die „Reactionszeit‘‘ und über die „kleinste Differenz“ (S. Exner); letztere bezieht sich auf die Zeit- empfindung (den Zeitsinn), . Nachher führt er die Versuche an, welche die Phy- siologen von Valentin angefangen bis zu Bloch und Serji. über die Persistenzzeit einer Hauterregung vornahmen und bemerkt, dass die Anzahl Reize, welche innerhalb einer Secunde auf die Haut einwirken müssen, bis die getrennten Empfindungen in eine continuirliche Empfindung zusam- menfliessen, von den Forschern sehr verschieden ange- geben wird. XII Es werden die Ursachen angedeutet, welche die sehr verschiedenen Resultate bewirken können, und der Vor- tragende formuliert nun die Frage, die er gemeinschaftlich mit seinem Assistenten sich vorlegte, folgendermassen: Wie rasch können zwei auf die Haut applicirte elek- trische Reize sich folgen, damit dieselben vom Sensorium sicher noch als zeitlich getrennt wahrgenommen werden. Es lassen sich drei Fälle unterscheiden, je nachdem die zwei zeitlich getrennten elektrische Reize 1) genau dieselbe Hautstelle, 2) zwei benachbarte, 3) zwei sehr weit von einander entfernte Hautstellen treffen. Um die gestellte Frage zu beantworten ist es noth- wendig, dass a) die zwei elektrischen Reize in veränderlichen, aber genau messbaren Zeitintervallen sich folgen ; b) dem Untersuchten unbekannt sei, wie der Experi- mentator diese Zeitintervalle ändert. Der Vortragende beschreibt nun ausführlich die von ihm gemeinschaftlich mit seinem Assistenten A. Durig umgeänderten und neu construirten Apparate, Das vom Vortragenden und M. Dietl vor mehreren Jahren construirte Cylinder-Feder-Myographion wurde mit einer Unterbrechungsscheibe versehen, welche gestattete, zwei Contacte für die primären Ströme zweier Inducto- rien in ‚beliebigen Zeitintervallen zu unterbrechen und die entstehenden Oeffnungsinductionsschläge zur Reizung der Haut zu verwenden. Eine chronoskopische Stimmgabel, welche ihre Schwin- gungen auf den mit berusstem Papier überzogenen Cy- linder schrieb, diente, um die angewendeten Zeitintervalle zu ermitteln. Der Vortragende beschreibt hierauf die vier angewen- deten Elektrodenhalter. XIV Ein Elektrodenhalter ‚hatte. nur zwei Polschrauben, | eine davon für die Anoden, die andere für die Kathoden _ (es wurden Oeffnungsschlige allein gebraucht) der zwei secundären Rollen der Induktionsapparate. Es wird nun erörtert, wie es möglich ist, bei dieser Anordnung durch zwei Inductionsströme die gleiche Haut- stelle, sowohl gleichzeitig, wie auch hintereinander zu reizen. Die drei anderen Elektrodenhalter trugen zwei Paare: Polschrauben, die Entfernung aber zwischen je einem Paar Blekttoden betrug 7°5, 15 und 30 mm. Es war hiemit möglich zwei Hautstellen zu reizen, welche dem Abstande der Elektrodenpaare entsprachen. Die Entfernung der beiden Pole war überall dieselbe und betrug 45 mm von Mitte zu Mitte der beiden 35 mm im Durchmesser messenden Elektrodenplättchen. Um bei Anwendung von jeder der drei zuletzt er- wähnten Elektrodenarten die Aufeinanderfolge der ge- reizten Hautstellen umzukehren, ohne eine Aenderung in der Stellung der Stifte der Unterbrechungsscheibe vor-- zunehmen, wurde ein besonderer, in den Leitungen der sekundären Rollen einzuschaltender Comutator gebaut, dessen Construction vom Vortragenden näher beschrieben und durch einen Versuch an zwei Froschschenkelpräpa- raten erläutert wird. Nach einer Schilderung, wie die einzelnen Apparate aufgestellt und mit einander in Verbindung gebracht wurden, erwähnt der Vortragende, wie sorgfältig vor jeder Versuchsreihe für jeden Beobachteten und für jede Hautstelle die geeignete Reizstärke ausgesucht werden musste. Der Untersuchte befand sich in einem vom Experi- mentirzimmer entfernten Raume, wodurch ihm unmöglich war zu erfahren, welche Aenderung der Experimentator an den Apparaten vornahm oder aus der Schallempfindung durch Auslösen der Unterbrechung Schlüsse zu ziehen. oT oS Oe hn te ee Ba a s . ‘ ae . XV Es wird schliesslich angeführt, dass der Experimen- tator und der Beobachtete mittelst verabredeter elek- trischer Glockensignale sich mit einander in Verkehr setzen konnten, dass beide über die einzelnen Beobach- tungen Protokolle führten, und dass die Reize auf die anderen Sinnesorgane des Untersuchten abgehalten oder wo womöglich vermindert wurden. _Vortragender theilt nun mit, dass von ihm und A. Durig bis jetzt nur dieselbe Hautstelle und zwei be- nachbarte Hautstellen untersucht wurden und zwar an sich selbst und an den Herren K. Durig und st. med. ‘ R. Zuchristian, und beide Experimentatoren behalten sich vor, ihre gegenwärtigen Beobachtungen noch durch die Versuche an zwei sehr weit von einander entfernten Haut- ‚stellen zu ergänzen. Bei den vier Herren wurden die Versuche an der Mitte der Stirne und an der Dorsalseite des linken Vorder- -armes etwas oberhalb des Handgelenkes vorgenommen. Der Grenzwerth des Zeitintervalles, bei welchen man _ in wenigstens 80 °/, der Beobachtungen constante Ergeb- nisse erhält, ist von der Entfernung der beiden Elek- trodenpaare im Allgemeinen unabhängig, aber indivi- duellen Verschiedenheiten unterworfen. Für die Mitte der Stirne wurde mit den vier Arten der Elektroden als Grenzwerth an Herrn A. Durig -0:022—0:023 S., an Herrn. K. Durig und an Herrn R. Zuchristian 0'033 —0'034 S., und endlich an Vortragendem 0-055—0:056 8. erhalten. Für die Dorsalseite des Vorderarmes ergab sich als Grenzwerth für A. Durig 0:033—0:034 5. für R. Zu- christian 0:044—0-045 S., für K. Durig 0:044—0:056 8. und für den Vortragenden 0:055—0:056 8. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass, wenn | die zwei aufeinander sich folgenden elektrischen Reize . die Mitte der Stirne treffen, im Allgemeinen ein kürzeres Zeitintervall nothwendig ist, um dieselben als zeitlich ge- 4 XVI trennt zu erkennen, als wenn dieselben auf die Dorsal- seite des Unterarmes angewendet. werden. Eine Ausnahme zeigte blos V., bei welchem für beide Körperstellen das gleiche Zeitintervall ermittelt wurde, 9. Sitzung am 23. März 1897. Der zweite Vorsitzende des Vereines, Prof. Dr. J. Pernter, hielt dem einige Tage zuvor verstorbenen Vereinsmitgliede Prof. Dr. Eduard Freiherrn v. Haerdtl einen die Verdienste desselben um die Wissenschaft wür- digenden Nachruf, welcher in den Abhandlungen dieses Jahrganges an erster Stelle zum Abdruck gelangt. Die Versammelten gaben durch Erheben von den Sitzen ihre Trauer um den Verstorbenen kund. Der Vorsitzende ertheilte hierauf Herrn Dr. Hopf- gartner das Wort zu einem Vortrage „Ueber neuere Methoden zur Bestimmung des Moleculargewichtes.“ Dieselben beruhen auf einem genaueren Studium der Eigenschaften der Lösungen. Unter Betonung der Wich- tigkeit einer genauen Ermittlung des Moleculargewichtes einer Substanz erörterte der Vortragende die Art und Weise der Berechnung desselben: 1. aus der Gefrierpunkts- erniederung, 2. aus der Verminderung des Dampfdruckes und 3. aus der Siedepunkterhéhung ihrer Lösungen. Diese Methoden, zu denen die nöthigen Apparate beson- ders von Raoult und Beckmann ausgebildet wurden, haben heute in den chemischen Laboratorien allgemein Eingang gefunden und sind vorzüglich in solchen Fällen nöthig, wo das Moleculargewicht von Substanzen ermittelt werden soll, bei denen die Ausführung einer Dampfdichtebestim- mung nicht zulässig ist. TR VER 10. Sitzung am %. Mai 1897. (Jahresversammlung.) Der erste Vorsitzende Prof. Dr. L. Kerschner er- öffnete die Sitzung- mit der Mittheilung, dass dem Vereine in letzter Zeit durch den Tod das Vereinsmitglied Herr Professor Heinrich Offer entrissen worden sei, und for- derte die Versammlung auf, ihre Trauer um den Verstor- benen und ihre Wertschätzung für denselben durch Er- heben von den Sitzen kundzugeben. Geschieht. Hierauf verlas der Vorsitzende einen Erlass der hohen k. k. Statthalterei für Tirol und Vorarlberg vom 17. April 1897 (Nr. 13135), in welchem dem Vereine eröffnet wird, dass demselben laut des Erlasses des hohen k. k. Mini- steriums für Cultus und Unterricht vom 31. März 1897 (Z. 3495) für das Jahr 1898 zur Förderung der Heraus- gabe der Vereismittheilungen eine Subvention von 300 fl. 6. W. in Aussicht gestellt werde. Ueber Antrag des Vorsitzenden wird der Ausschuss ermächtigt, für diese Bewilligung dem hohen Ministerium den Dank des Vereines schriftlich auszudrücken. Weiters gibt der Vorsitzende bekannt, dass anlässlich der Rosminifeier in Roveredo ein Begrüssungstelegramm an das Festcomite abgesendet wurde. Endlich dankt der Vorsitzende im Namen des Vereins dem Vorstande des physikalischen Institutes Herrn Prof. Dr. J. Klemenéié für die freundliche Ueberlassung des Instituts-Hörsaales zur Abhaltung der Vereinssitzungen, Hierauf erstattete der I. Schriftführer Prof. Dr. G. Pommer den Jahresbericht, in welchem zunächst ein Ueberblick über die in den Sitzungen des abgelaufenen Vereinsjahres gehaltenen Vorträge und Demonstrationen gegeben wurde. Im Anschlusse daran sprach der Schriftführer allen Herren, welche Vorträge und Demonstrationen. gehalten, Naturw.-med, Verein 1897, 2 XVII sowie auch den Redactionen der Innsbrucker Tagesblätter für die Veröffentlichung der Berichte über die Vereins- versammlungen im Namen des Vereines den gebürenden Dank aus. Derselbe berichtete ferner, dass die Anzahl der Vereinsmitglieder in diesem Vereinsjahre nur eine geringe Vergrösserung erfahren hat. Die Anzahl der ordentlichen Vereinsmitglieder beträgt zur Zeit der Jahresversamm- lung 79; ausserdem zählt der Verein dermalen 4 Ehren- mitglieder. Mit Genugthuung hebt der Berichterstatter hervor, dass Herr Prof. Dr. C. Heider die an ihn ergangene Berufung an die Universität Prag ablehnte und dadurch der Innsbrucker Universität und dem Verein erhalten blieb. Was endlich den Tauschverkehr des Vereins anlangt, so steht derselbe zu Ende des Vereinsjahres mit 133 Aka- demien bezw. Gesellschaften, Vereinen und Redactionen in Tauschverbindung. | Im Namen des Ausschusses empfiehlt der Schrift- führer den Antrag zur Annahme, es werde der neuzu- wählende Ausschuss beauftragt, zu Beginn 1898 nicht nur im Sinne des mitgetheilten Ministerial-Erlasses die Flüssigmachung der zugesagten Subvention von 300 fl. zu erwirken, sondern zugleich auch das Ansuchen um Bewilligung einer entsprechenden Jahressubvention für die folgenden Jahre dem hohen Unterrichts-Ministerium zu unterbreiten. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen und ebenso auch der, dem Diener des physikalischen Institutes aus den Vereinsmitteln eine Remuneration von 10 fl. zu bewilligen. Hierauf trug der Kassier Prof. Dr. C. v. Dalla Torre den Kassenbericht vor, welcher ergibt, dass im abgelaufenen Vereinsjahre die Einnahmen 549 fl. 81 kr., oe ent XIX die Ausgaben 510 fl. 39 kr. betrugen und demnach ein Kassenrest von 39 fl. 42 kr. zur Verfügung bleibt. Zu Rechnungsrevisoren wurden gewählt die Herren Prof. Dr. F. v. Wieser und Prof. Dr. J. Klemeneie. Die Neuwahl des Vereinsausschusses ergab als ersten Vorsitzenden Prof. Dr. C. Heider, zweiten er Prof. Dr. L. Kerschner, ersten Schriftführer Prof. Dr. G. Pommer, zweiten hr Prof. Jos. Zehenter, Kassier Prof. Dr. C. v. Dalla Torre. Am Schlusse der Jahresversammlung : hielt Prof. Dr. Heinricher einen mit Vorzeigung zahlreicher Präparate verbundenen Vortrag „Ueber einige Ergebnisse experimenteller Untersuchungen über unsere grünen parasiti- schen Samenpflanzen“. Der Vortragende bezeichnet als ein Hauptergebnis seiner Versuche die Feststellung einer stufenweisen Ver- schiedenheit in den Ansprüchen auf parasitisch erwor- benen Nahrungszuschuss bei den grünen parasitischen Rachenblütlern. Odontites verna (Zahntrost) konnte noch, als Einzelindividuum gezogen, zum Blühen gebracht werden; gewisse Augentrostarten, wie Euphrasia stricta, brirgen, wenn keine andersartigen Wirtspflanzen zugesetzt werden, hingegen dichte Aussaat stattfindet, einzelne zwergige Individuen unter parasitischer Ausnützung der Mitgenossen bis zur Blütenbildung; Odontites verna ge- langt unter denselben Bedingungen viel leichter zur kräf- tigen Entwicklung. Es gelang auch, die Euphrasia mi- nima unserer Alpen unter Verhältnissen zum Blühen zu bringen, welche einen parasitisch erworbenen Nahrungs- zuschuss nahezu ausschliessen, Die Pfläuzchen blühen unter solchen Verhältnissen als Zwerge von kaum 1 cm Höhe im Besitze von 3 Paaren kleiner Blattchen. Ferner Ir II. Verzeichnis der Akademien, Gesellschaften, Institute und Redactionen, mit denen der naturwissenschaftlich-medicinische Verein in Tauschverbindung steht, sowie der letzterhaltenen Publi- kationen derselben. . Augsburg: Naturwissenschaftl. Verein für Schwaben und Neuburg. Berichte Jahrg. 32. Basel: Naturforschende Gesellschaft. Verhandlungen Bd. XI. Heft 2. Bergen: Museum. Museums-Berieht 1896. Berlin: König]. preussische Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte 1896 und 1897, 1—25. — Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg. Verhandlungen Bd. XXXVII u. XXXVII. — Medicinische Gesellschaft. Verhandlungen Bd. XXVI u. XXVIl. — Gesellschaft naturforschender Freunde. Sitzungs- berichte 1895. — Redaction der „Deutsche Medieinal-Zeitung“. Wochen- schrift 1896. — Naturae Novitates. Bd. 17. bern: Naturforschende Gesellschaft. Mittheilungen 1894. Bistriz (Siebenbürgen): Gewerbeschule. Jahresbericht 1895 u. 1896. Bonn: Naturhistorischer Verein der preuss. Rheinlande und Westphalens. Verhandlungen Bd. LIT'u. LIIT, 1. XXII Bordeaux: Société des sciences physiques et naturelles, Mémoires Bd. V et Observ. 1893—95. Braunschweig: Verein fiir Naturwissensshaft. Jahres- bericht VII. Bremen: Naturwissenschaftlicher Verein, Abhandlungen 1896. ; Breslau: Verein für schlesische Insectenkunde. Zeit- schrift für Entomologie, Neue Folge XXI. — Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur, Jahresbericht LXXIL. Brünn: Naturforschender Verein, Verhandlungen XXXIV. Brüssel: Société entomologique de Belgique XXXIX. — Société malocologique de Belgique. Proces verbaux des seances 1892—95. Budapest: Ungarisches Nationalmuseum: Redaction der „Naturhistor. Hefte“ (Termeszetrayzi Fücetek). Natur- historische Hefte Jahrgang XIX n. XX, 1, 2, 3. — Königl. ungarische naturwissenschaftl. Gesellschaft. Berichte Bd. XI und diverse Publicationen. Cassel: Verein für Naturkunde. Bericht XLI. Chapel-Hill: Journal of the Elisha Mitchell Scientific Society XIII, 1, 2. Chemnitz: Naturwissenschaftl. Gesellschaft. Bericht XIII. Chur: Naturforschende Gesellschaft Graubiindens. Jahres- bericht XXXIX. Cordoba (Republica Argentina): Academia nacional des sciencias. Boletin XV, I. Crefeld: Verein für naturwissenschaftliches Sammelwesen. Jahresb. 1895 —96. Danzig: Naturforschende Gesellschaft. Schriften, Neue Folge. Bd. IX, 1. Darmstadt: Verein für Erdkunde. Notizblatt 1896. Dorpat: Naturforscher-Gesellschaft. Sitzungsbericht XI, Heft 1.u. 2. Dresden: Naturwissenschaftl. Gesellschaft Isis. Sitzungs- berichte 1896, Heft 1. XXIII Dresden: Gesellschaft fiir Natur- und Heilkunde. Jahres- bericht 1895—96. Dublin: Royal Society. Proc. V. VII. P.3 u. 4; Trans. Ve A Les iat. — Royal Irish Academy. Proc. V. IV. T. 1; Trans. Vol. XXX. P. 18—20. Edinburg: Geological Society. Trans. Vol. VII. P. 1 u. 2. Elberfeld: Naturwissenschaftl. Verein. VIII. Bericht, Erlangen: Physikalisch-medieinische Gesellschaft. Sitzungs- berichte Bd. XXVII u. XXVIII. Fiume: Naturwissenschaftlicher Club, 1896. Florenz: Societa entomologiea italiano. Bulletino Vol. XXVII u. XXVIII. Frankfurt a/M.: Senkenberg’sche naturforschende Gesell- schaft. Bericht 1896. — Physikal. Verein. Jahresbericht 1894/95. Frankfurt a/0 : Naturwissenschaftlicher Verein. Monat- liche Mittheilungen XIII. Societatum litterae. Bd. IX. Freiburg i/Br.: Naturforschende Gesellschaft. Berichte IX. Freiburg (Schweiz): Société Frybourgoise des sciences naturelles, Compt. rend. 1895. Giessen: Oberhessische Gesellschaft fiir Natur- und Heil- kunde. Bericht XXXI. Görlitz: Naturforschende Gesellschaft. Abhandlungen XXI, Göttingen: Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften. Nach- richten 1896. Graz: Verein der Aerzte in Steiermark. Mittheilungen XXXI. — Naturwissenschaftlicher Verein fiir Steiermark. Mit- theilungen XXXII. Greifswald: Naturwissenschaftlicher Verein fiir Neuvor- pommern und Rügen. Mittheilungen XXVIII. — Geographische Gesellschaft. Jahresbericht VI. Halle a./S.: K. Leopold.-Carolinische deutsche Akademie der Naturforscher. Leopoldina 1896. — Verein für Erdkunde. Mittheilungen 1896. XXIV Halle a./S.: Naturforschende Gesellschaft. Bericht 1895. (XIX). Hamburg: Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung Verhandlungen IX. Heidelberg: Naturhistorisch - medieinischer Verein. Ver- handlungen, neue Folge. Bd. V. Helsingfors: Societas pro Fauna et Flora Fennica. Acta XI. Medd, XXL. Hof i./B.: nord - oberfränkischer Verein fiir Natur-, Ge- schichts- und Landeskunde, I. Bericht. Innsbruck: Ferdinandeum, Zeitschrift. III. Folge XL. Jena: Geographische Gesellschaft für Thüringen. Mitth. XV. Karlsruhe: Naturwissenschaftlicher Verein. Bd. XL Kiel: Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Hol- stein. Schriften, Bd, X, Heft 2. Klagenfurt: Naturhistorisches Landesmuseum in Kärnten. Jahrbuch XXIII. Klausenburg: Medicinisch - naturwissenschaftliche Section des Siebenbiirgischen Landesmuseums. Mitth. XXI. u. XXII. Königsberg: Kgl. physikalisch-ökonomische Gesellschaft. Schriften XXXVI u. XXXVL. Kopenhagen: Mediciniske Selskals 1893/94. Laibach: Krainischer Museal- Verein. Mittheilungen Vil u. VIII. Landshut: Botanischer Verein. Bericht Bd. XIV. Lausanne: Société Vaudoise des sciences naturelles. Bul- letin 2me Série Nr. 119— 123. Leipzig: Naturforschende Gesellschaft. Sitsungsbericht IE Linz: Verein für Naturkunde in Oesterreich ob der- Enns, Jahresbericht 25. | London: Royal Society, Proceedings Nr, 367. Lüneburg: Naturwissenschaftlicher Verein für das Fürsten- thum Lüneburg. Jahreshefte XXIII. Lüttich: Société royal des sciences. Memoires II. T. XIX. XXV Luxemburg: Institut royal Grandducal, section des scien- ces naturelles. Publications XXIV. '— Fauna, Verein Luxemburger Naturfreunde. Mit- theilungen 1894. Lyon: Société Linnéenne. Annales, nouvelle Serie XLII. Marburg (Preussen): Gesellschaft zur Beférderung der gesammten Naturwissenschaften. Sitzungsber. 1895. Mailand: Societa italiana di scienze naturali. Atti XXXVI. Milwankee: Public Museum. Report XIV, 1895/96. Minneapolis: Minnesota Academy of Natural Sciences. . Bulletin IV. Nr. 1. Moskau: Société imp. des naturalistes. Bulletin 1896. München: Kel. baier. Akademie der Wissenschaften ; Ma- them.-phys. Classe, Sitzungsberichte 1897. 1. — Gesellschaft für Morphologie und Physiologie. Sitzungberichte 1895. — Aerztlicher Verein. Sitzungsberichte 1895. — Baierische botan. Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora, Berichte 1896. Münster: Westphälischer Provincialverein für Wissenschaft und Kunst. Jahresbericht XXIV. Nürnberg: Naturhistorische Gesellschaft. Jahresbericht 1891; Abhandl. X. Heft 4. New-York: State Museum Report XLVII. Offenbach: Verein für Naturkunde. Bericht 33—36. Osnabrück: Naturwissenschaftl. Verein. Jahresbericht XI. Padua: Societa Veneto-Trentina di scienze naturali. Atti Vol. IH. Fase. 1 Bull. Vol. VI. Nr. 2. Palermo: Circolo matematico. Rendiconti XI. Paris: Société zoologique de la France, Bulletin XX. Perugia: Academio medico - chirurgica. Atti e Rendi- conti IX. 1. Petersburg: Physikalisches Central-Observatorium, Reper- ‘ torium für Meteorologie Bd. XVII; Annal. 1895... . Philadelphia: Wagner Free Institute of Science of Phila- delphia, Transactions IV. XXVI Prag: Königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften, Jahresberichte 1896. Sitzungsberichte 1896, I. II. — Naturhistorischer Verein „Lotos“. Jahrbuch, Neue Folge XV. — Spolek chmikny teskych (Verein bohm, Chemiker) Listy chemicke XX. Regensburg: Vgl. bair. botanische Gesellschaft VI. Reichenberg: Verein der Naturfreunde. Mittheilungen XXVIII. Rio de Janeiro: Museo national. Archivos VIII. Rom: Reale Academio dei Lincei. Atti IV. — Universitit. Zoologicae res 1894, Nr. 1 u. 2, — Societa Romana per gli studi zoologici, Bulletino VI. Rovereto: Academia degli Agiati. Atti 1896. 1—3. Sanntiago: Deutsch-wissenschaftlicher Verein. Verhand- lungen III. Nr. 3 u. 4. Schweizerische naturforschende Gesellschaft. Verhand- lungen LXXVII. Sion (Wallis): Société Murithienne. Bulletin des travaux XXI— XXII. Stavanger: Museum, Aarsberetning 1895. Stockholm: Entmologiska Foreningen, Entmologik Tids- krift XVII. Stuttgart: Verein fiir vaterlindische Naturkunde in Wart: temberg, Jahreshefte LII. Thorn: Copernicus - Verein für Wissenschaft und Kunst. Mittheilungen XI, Trenesin: Naturwissenschaftlicher Verein des Trenesiner Comitates. Jahreshefte XVII — XVII. Troppau: Naturwissensch.-medicinischer Verein, Nr, 1—5. Tufts College (Massachusetts): Studies IV. Upsala: Societas Regia scientiarum. Nova Acta Ser. LI. Vol. XVII. Verona: Aceademica d’ Agricoltora, Arti e Commercio. Washington: Smithsonian Institution. Report annual. 1894. XXVII United States Departement of Agriculture, Bul- letin 12. Wernigerode: Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes. Schriften XI. Weimar: Thüringer botan. Verein. Mittheilungen VIII. Wien: k. k. zoologisch-botanische Gesellschaft. Verhand- lungen 46. k. k. geologische Reichsanstalt. Verhandlungen 1895. k. k. naturhistorisches Hofmuseum, Annalen XII. Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kennt- nisse. Schriften XXX VI. " Section für Naturkunde des österr. Touristenclub, Mittheilungen VII. Allg. österr. Apotheker-Verein. Zeitschrift L. Redaction der „Theraphie der Gegenwart“ II. Wiesbaden: Nassauischer Verein für Naturkunde. Jahr- bücher XLIX. Wisconsin: Natural History Society X. Würzburg: Physikalisch-medicin. Gesellschaft. Sitzungs- berichte 1896. Zürich: Naturforschende Gesellschaft. Vierteljahrschrift XV. Zwickau: Verein für Naturkunde. Jahresbericht 1894. NER a J Ka “M Ill. Personalstand des Vereines, —— Vereinsleitung im Jahre 18971898. Vorstand: Dr. K. Heider, k. k. Univ.-Professor. Vorstand - Stellvertreter: Dr. L. Kerschner, k. k. Univ.-Professor. Secretäre: Dr.G. Pommer, k.k. Univ.-Professor und J. Zehenter, k. k. Oberrealschul-Professor, Cassier: Dr. K. W.v. Dalla-Torre, k.k. Univ.-Protessor. Mitglieder am Schlusse des Vereinsjahres 1896|97*). A. Ehrenmitglieder: Pfaundler Leopold Dr., k. k. Univ.-Professor in Graz. Vintschgau Max Ritter v. Dr., k. k. Hofrath und Univ.- Professor. Gredler P. Vinzenz Maria, Gymnasial-Direktor in Bozen. Tappeiner Franz Dr., prakt. Arzt in Meran. B. Ordentliche Mitglieder: Akademischer Verein der Mediciner, Baumann Michael, k. u. k. Oberstabsarzt. Blaas Josef Dr., k. k. Univ.-Professor. Czichna Carl, Kunsthändier Czörnig Ferdinand, Freiherr v.,.k. k. Landeagenthie Pe sident, *) Diejenigen P. T. Mitglieder, bei denen der Wohnort nicht angegeben ist, wohnen in Innsbruck. XXIX -Dalla Torre Carl v. Dr., k. k. Univ.-Professor, Dannhauser Wilhelm, Fabrikant und Hausbesitzer, Dantscher Victor Ritter v. Kollesberg Dr., k. k. Univ.- ' Professor in Graz. Dimmer Friedrich Dr., k. k. Univ.-Prof. Edlinger Anton, Verlagsbuchhändler. Ehrendorfer Emil Dr., k. k. Univ.-Professor u. Sanitätsrath. Enzenberg Graf Hugo. Exner Carl Dr., k. k. Univ.-Professor. Falk Heinrich Dr., Sparkasse-Direktor und Altbürger- meister. Greil Wilhelm, Kaufmann und Bürgermeister. Gremblich Julius P., Gymnasial-Professor in Hall. Hacker Victor Ritter v. Dr., k. k. Univ.-Professor. Härdtl Eduard Frhr. v. Dr., k. k. Univ.-Professor +. Hammerl Hernann Dr., k. k. Oberrealschul-Professor und Privatdocent. Hauser Josef, Hausbesitzer. Heider Karl Dr,, Univ.-Professor. Heinricher Emil Dr., k. k. Univ.-Professor. Heller Camill Dr., k. k. Univ.-Professor. Hibler Emanuel v. Dr., I. Assistent am pathol.-anat. Institut. Hillebrand Franz Dr., k. k. Univ.-Professor. Hochstetter Ferd. Dr., k. k, Univ.-Professor. Höfel Bernhard, Juwelier. Hopfgartner Carl Dr., Assistent am chemischen Labora- torium. Hueber Adolf, k. k. Oberrealschul-Professor. Ipsen Carl Dr., k. k, Univ.-Professor. Juffinger Georg Dr., k, k. Univ.-Professor. Kaltenbrunner Ferd, Dr., k. k. Univ.-Professor. Kerschner Ludwig Dr., k. k. Univ.-Professor. ‘Klementié Ignaz Dr., k. k. Univ.-Professor. Knoflach Carl Dr., pra: Arzt. Lantschner ee Dr., k. k. Universitäts - Professor An Sanitatsrath. XXX Linser Johann, k. k. Hofrath. ‘ Loebisch Wilhelm Dr., k, k. Univ.-Professor u. Sanititsrath. Loewit Moritz Dr., k. k. Univ.-Professor. Loos Johann Dr., k. k. Univ.-Professor. Lukasiewitz Wladimir Ritter v. Lada Dr., k. k. Univ.-Prof. Mader Hermann Dr., prakt, Arzt. Malfatti Hans Dr., Een für angew. medie. Chemie und Privatdocent. Mayer Karl Dr., k. k, Univ.-Professor. Neumayr Emanuel P., Gymnasial-Professor in Bozen. Nevinny Josef Dr., k. k. Univ.-Professor. Oellacher Guido, patie und Gemeinderath, Oellacher Hermann Dr., k. k. Bezirksrichter i, R. Oellacher Oswald Dr,, prakt. Arzt. Offer Heinrich, k. k. Gymnasial-Professor, + Papsch Anton Dr., Zahnarzt. Pechlaner Ernst, Professor an der Handels-Akademie. Pernter J. M. Dr., k. k. Univ.-Professor. Pesendorfer Hermann Dr., Advokat., Pommer Gustav Dr, k. k. Univ.-Professor. Preu Karl v. Dr., k. k. Finanz-Prokuratursadjunkt, Rokitansky Prokop Frhr. v. Dr., k, k. Univ.-Professor, Sarlay Philipp, k. k. Telegraphendirector i. R. Sauter Ferdinand Dr., k. k. Statthaltereirath und Sanitätsrath. Schiffuer Ludwig Dr., k. k. Univ.-Professor, Schober Karl, k. k. Ohenteniachale Professor und i au der Universität. Schumacher Anton, Univ.-Buchhändler. Senhofer Karl Dr., k. k. Univ.-Professor. Stanger Gustav, k. k. Landesschul-Inspector, Steiner Karl Dr., Gemeindearzt in Wattens bei Schwaz. Stolz Otto Dr., k. k. Univ.-Professor. Swoboda Kal, mag. pharm. Torggler Franz Dr., k. k. Professor in Klagenfurt, Tschurtschenthaler Anton v. Dr., k. k. Hofrath und Univ.- Professor i, P. XXXI Wagner Adolt Dr. Wagner Ferdinand, Assistent am chem. Laboratorium. ' Waldner Franz Dr., prakt. Arzt und Sanitätsrath. Weichs-Glon Friedrich Frhr. v., Dr. phil., k. k. Staatsbahn- Inspector. Wenin Hans Dr., Rechtsanwalt. Werner Franz Dr., Magistratsrath i. P. Wieser Franz Ritter v. Dr., k. k. Uniy.-Professor, Wirtinger Wilhelm Dr., k. k. Univ.-Professor. Zehenter Josef, k. k. Oberrealschul-Professor. Zimmeter Albert, k. k. Oberrealschul-Professor. ur nS eee hr 1 VER * eae B. Abhandlungen. Naturw.-med. Verein 1897. oe Nachruf an Prof. v. Hardt. Gehalten von J. M. Pernter. Wir haben gestern ein hochgeehrtes Mitglied unseres Vereines, die Meisten von uns einen geliebten Collegen, ich meinen nächsten Fachgenossen an der Universität, zu Grabe begleitet. Es fällt mir sowohl aus letzterem Grunde als auch als Vorsitzendem der heutigen Versamm- lung die Aufgabe zu, dem Dahingegangenen in unserem Vereine ein Abschiedswort zu widmen. Ist diese Aufgabe auch nur zu erfüllen in der Bitterkeit des Herzens und der Trauer des Gemüthes über den verewigten theueren Freund, so thut es mir wohl, Gelegenheit zu haben, durch meine Worte sein Andenken zu ehren und in unserem Vereine für immer zu sichern. Härdtl war erst 36 Jahre alt, da er uns entrissen ward; aber trotz der wenigen Jahre seines Lebens hat er seinem Namen in den Annalen der Astronomie ein Denkmal gesetzt, das ihm den Ruhm des Gelehrten und den eines tüchtigen und hochgeschätzten theorethischen Astronomen für immer sichert. Härdtl war Schüler unseres grossen Astronomen Oppolzer. Gleich von Anfang an widmete er schon als Student seine ganze Zeit der Mathematik und rechnenden Astronomie, und Oppolzer lud ihn schon damals ein, an seinem grossen Werke, dem „Canon der Finsternisse“ mitzuarbeiten. Hieraus ent- oe wickelte sich seine erste grosse Arbeit: „Astronomische Beiträge zur assyrischen Chronologie“, die nach fach- männischem Urtheile als „der bedeutendste Dienst, wel- cher der assyrischen Chronologie von streng wissenschaft- licher Seite erwiesen worden ist“, erklärt wurde. Seine zweite grosse, ja Riesenarbeit galt der Bahnbestimmung des Kometen Winnecke, In diese Arbeit verflocht Härdtl die Entscheidung über die damals im Vordergrund des astronomischen Interesses gelegene Frage, ob der Welt- äther den Bewegungen der Himmelskörper einen Wider- stand entgegensetze und entschied dieselbe gegen das Vorhandensein eines solchen Widerstandes. Gleichzeitig bestimmte er aus seinen Resultaten die Masse des Jupiters und Merkurs in genauerer Weise. Mit dieser Arbeit con- currirte er um den Petersburger Preis für die beste theoretisch-astronomische Arbeit, um welchen sich gleich- zeitig zwei der grössten theoretischen Astronomen der Gegenwart Gylden und Tisserand bewarben. Den Preis erhielt Gylden, das Urtheil der Commission aber lautete, dass neben den Arbeiten Gylden’s und Tisserand’s haupt- sächlich Härdtl’s Arbeit der Berücksichtigung würdig sei. „Es ist“, sagt das Urtheil weiter, „eine in ihrer Art musterhafte Arbeit, gewiss eine der schönsten unter den- jenigen, welche sich auf den schwierigen Gegenstand der periodischen Kometen beziehen, mit Rücksicht auf die hochwichtigen Resultate von grosser Bedeutung und bezeichnet einen entschiedenen Erfolg in der Theorie der periodischen Kometen“. Bei dieser Gelegenheit trat Härdtl als eben habilitirter ganz junger Privatdocent das erste- mal mit Gylden und Tisserand in näheren Zusammen- hang; er hat in der Folge mit diesen beiden Männern innigsten wissenschaftlichen und persönlichen Contact genommen und schätzte dieselben auf das höchste, nannte sie auch stets die zwei grössten theoretischen Astronomen der Gegenwart. (Ein tragisches Schicksal hat diese drei Männer Gyldén, Tisserand und Hardt] innerhalb kurzer EISEN Zeit in den letzten Monaten dahingerafft und sie im Tode wieder vereint.) Diese Arbeit Härdtl’s fand laute Aner- kennung in den astronomischen Kreisen, und der be- rühmte Astronome Faye ging so weit, dieselbe in der Pariser Akademie in offener Sitzung ausführlich zu be- sprechen und ihre grosse Bedeutung hervorzuheben. Ich übergehe andere — alles bedeutende Arbeiteu Härdtl’s — um vor allem die grosse Arbeit über einen speciellen Fall des Dreikörper-Problems hervorzuheben, welche ihm die goldene Preismedaille der dänischen Akademie der Wissen- schaften einbrachte. Hardtl besass nicht nur die Eigenschaft, stets die wichtigsten und höchsten Probleme der theorethischen Astronomie in Angriff zu nehmen und mit grossem Er- folge zu behandeln, er verfügte nicht nur über staunens- werthe mathematische Mittel, er war auch ein äusserst fleissiger und ausdauernder Arbeiter. Welche Arbeitszeit er verwendeie, mag man daraus entnehmen, dass er oft viele Monate hindurch täglich 9 — 11 Stunden ange- strengtester Arbeit leistete und vielleicht ermessen Sie die verblüffende Ausdauer noch besser aus der Thatsache, dass er für eine einzige seiner vielen und grossen Ab- handlungen über drei Millionen Ziffern niederschreiben musste, ' Lassen sie mich von den weiteren Arbeiten die zwei bedeutendsten erwähnen, welche zeigen, dass er stets die schwierigsten und wichtigsten Probleme sich auswählte und soweit möglich der Lösung zuführte. Es ist bekannt, dass die Mondbahn sich der Rechnung nicht ganz fügen will. Die Disharmonie zwischen den theoretisch berech- neten und beobachteten Mondörtern ist das Schmerzens- kind der Astronomie. Diese zu beheben war das vorzüg- lichste Streben unseres Härdtl, dieses schwierige Prob- lem der Astronomie zu lösen sein Herzenswunsch und ihm widmete er Talent und Arbeit in erstaunlicher Fülle. Wenn es ihm nicht gelang, die Disharmorie ganz zu be- Bit OL pee SEN NER heben, so hat er doch wieder einen Schritt für die Theorie der Mondbahn weitergethan; leider hat der unbarmherzige Tod ihn verhindert seinem Ziele weiter nachzustreben. Eine ähnliche Ungeberdigkeit gegen die Theorie zeigt die Bahn des Mercur. Hier ist es Härdtl gelungen nachzuweisen, dass unter der Annahme eines Mercurtrabanten von be- stimmter Masse und Entfernung vom Planeten selbst, die Annomalien der Mereurbahn ihre Erklärung finden, Es ist dies wohl höchst wahrscheinlich nur ein theoretisch interessantes Resultat und war sich Härdtl dessen voll | bewusst; die Arbeit hat aber an sich einen bedeutenden Werth. Meine Herren, die Wissenschaft, in erster Linie die theoretische Astronomie, beklagt einen grossen Verlust, | wir trauen um einen hervorragenden österreichischen Ge- lehrten und viele von uns stehen mit thränenfeuchtem Auge am Grabe eines guten, lieben -Freundes. Wir be- zeugen unsere Trauer, indem wir sein Andenken ehrend uns von den Sitzen erheben. Zwei Bemerkungen zu Airy’s Theorie des Regensbogens. Von W. Wirtinger in Innsbruck. Jie Im Verkehr mit Collegen Pernter, der in einer seither publicirten Abhandlung (Sitzungsber. d. Wiener Akad. 106. Ila. 1897) den Regenbogen nach Airy’s Theorie ein- gehend bearbeitet hat, fand ich Anlass zu den folgenden beiden Bemerkungen, von denen sich die eine auf die Wellenfläche, die andere auf das Intensitätsintegral be- zieht. Ich veröffentliche sie auf Wunsch des Collegen Pernter, da eine gewisse Vereinfachung der Darstellung dadurch erreicht wird. Wegen ausführlicher Literatur- angaben verweise ich auf Pernter’s Abhandlung und auf Mascart’s Traité d’Optique I (1889). Das wesentliche von Airy’s Theorie des Regenbogens besteht darin, dass er die Wellenfliche der nach mehr- maligen Reflexionen im Innern des Tropfens austretenden Strahlen bestimmt. Diese zeigt in der Nähe des Mini- ‘ mums der Deviation einen Wendepunkt, dessen Umgebung nun in Fresnel’scher Weise als Ursprung einer Beugungs- erscheinung behandelt wird. Die Ableitung der Gleichung ‘ der Wellenfläche geschieht meist unter Zuhilfenahme der Brennflächen. Ich gebe eine directe Ableitung. * Euer Sei r der Radius einer Kugel, welche von einer Substanz mit dem Brechungsexponenten n erfüllt ist, sei W die Wellenfläche des einfallenden Lichtes, seien c, und c, die Fortpflanzungs-Geschwindigkeiten im ersten und zweiten Medium, s, der Weg, den ein Strahl von W aus im ersten Medium zurücklegt, s, der Weg des Strahles innerhalb der Kugelfläche, und s, der Weg nach dem Austritt aus der Kugel bis zur neuen Wellenflache W,, so ist bekanntlich 8 s s ae Ae rs = const. also s, — const, c,; —s, — D8). Ist ferner » der Einfallswinkel, } der Brechungs- winkel, so ist S,; =I —Ir COS 9, 85 = 2 (x + 1) reosh ’ wenn der Strahl x Reflexionen zu erleiden hat. Damit wird bei geeigneter Wahl der Constanten 3 —=TrT0089 — 2(x-++ 1)nrcosd. Als Deviation D bezeichnen wir den Winkel, um welchen &. Pit gh et der einfallende Strahl durch Reflexion und Brechung im positiven Sinn gedreht wird. Es ist dann D—=20—2(%+1)b+x2 Ferner bildet der Radius des Eintrittspunktes mit dem des Austrittspunktes den Winkel 2(x-+-1)¢% und daher der letztere mit der positiven X Achse den Winkel D+2—g, weil D ja der mit der negativen X Richtung im positiven Sinne genommene Winkel ist. Damit ergeben sich nun die Coordinaten eines Punktes von W, durch Projection des aus OF und s, bestehenden Linienzuges auf die Xund Y Axe. F bezeichnet dabei den Austrittspunkt des Strahles. Man erhält so x—reos(D+2—y)-+ 8, cos(D-+ zx) y=rsin(D+2—g)-+38, sin(D-+ 7) Bringen wir durch Drehung des Coordinatensystem die positive YAxe in die der Richtung des mit dem Maximum der Deviation austretenden Strahles entgegengesetzte Rich- tung, so ist der Drehungswinkel D, ++ und wir erhalten, wenn D, das Maximum der Deviation bezeichnet I. x’=——rsin(D— D, —p) —s, sm(D —D,) y' = — reos (D— D, —p) —3; cos (D —D,) Diese Gleichungen geben zusammen mit der früheren Formel für D, s, und der Brechungsgleichung sin ¢ = nsin o die exacte Gleichung des Meridians der neuen Wellen- fläche. Es mag beiläufig erwähnt werden, dass diese Curve vom Geschlechte 1 ist und durch elliptische Func- tionen mit dem Modul n-! dargestellt werden kann. Diese Curve ist nun für D nahe an D, zu unter- suchen. Seien nun g, und +, die zu D, gehörigen Winkel ound d, so entwickeln wir zu diesem Zwecke die Gleich- ungen I nach Potenzen von »—g, a, wobei wir aber nur ein Glied über das constante hinausgehen. Da D—D, mit Gliedern zweiter Ordnung beginnen muss, so be- kommen wir für x’ einfach x’ —=r(sinp, 4 0c0sp,). BENS (yor Bei Y’ jedoch müssen wir bis zu Gliedern dritter Ordnung gehen. Wir schreiben Y’ = —rcos(D—D,)cos$—rsin(D—D,)sing —s, cos (D — D,) “i Da D—D, von der zweiten Ordnung ist, so ist cos (D—D,) bis auf Glieder vierter Ordnung gleich 1 und sin(D—D,) bis auf Glieder sechster Ordnung gleich D—D,. Es genügt daher, um Glieder dritter Ordnung zu erkiilken wenn wir setzen Y' = —r (2 coso—2n(x-+ 1) cosy + (D—D,) sing) Hier sind cos ¢,, cosd,, D —D, bis einschliesslich Glieder dritter Ordnung, sing bis einschliesslich Glieder erster — Ordnung zu entwickeln. Setzt man noch —=4%, +8, so erhält man zur Berechnung dieser Entwicklungen nach - der Taylor’schen Formel: Ferner ist wegen des Maximums dß 1 a Di — 2 5 = %+ ig Der angehiingte Index O bei den Differentialquotianten bedeutet, dass nach der Differentiation « — o zu setzen ist. Man erhält aus sinpP—nsinb dB cos —=ncosd _— da doambi. 0... AR sing dB dt =— — sin db Peni = aid d?cos} § cosy dß sin d?’ß pe Ss n.. dat. inadeos d'cosp sinpdß 2cosp d?8 sinp dB d «3 n da n da? n das Suet pn gy aaa Bildet man damit die angegebenen Reihen und setzt in die Formel fiir y’ em, so heben sich die Glieder zweiter und erster Ordnung und man erhält: y—=2x(r+2)reosp — 4/5 (x + 10059, ( $8 ) 3 Durch zweimalige Differentiation der Brechungsgleichung findet man da2Jo x+1 (1-++ x)? Setzt man noch x-+ 1 —p und beachtet, dass cos 9, = a : sin ON Be pies Ay reas Lear 4. Pl verlegt man ferner den Anfang der Coordinaten in den a — 0 entsprechenden Punkt, so erhält man, wenn man noch « aus den so erhaltenen Gleichungen eliminirt 1. Sa BRD: De Al 3x? p?(n?— 1) at in genauer Uebereinstimmung mit Maseart 1. c. und Boitel. &3 II. Durch physikalische Ueberlegungen, deren mathema- tische Rechtfertigung noch aussteht, gelangt man nun von der obigen Gleichung aus dazu, die Intensitätsver- theilung durch das Quadrat des Integrales a, 1) Wom) —\\ cos." (w — mw)dw darzustellen. Airy hat das Integral in eine Potenzreihe entwickelt und tabellirt, Stokes später für grosse Werte . von m semiconvergente Entwicklungen angegeben. Die . Entwicklungen beider gehen aus der Theorie der Bessel- ‘schen Functionen hervor, wie nun gezeigt werden soll. ta one Das Integral ist der reelle Theil yon ee) “ i ( 3— m Ne: 2) U (m) |, e 1(w w Ti und nach den Principien der complexen Integration von Cauchy sieht man leicht ein, dass man statt längs der’ reellen Axe zu integriren auch längs einer vom Nullpunkt unter dem Winkel von 30° mit der reellen Axe ins Unendliche gehenden Geraden integriren darf, Setzt man 1 also w==pe 6, so erhält man DPD 3) Um) |, 10 time!) wo nun unter dem Integral nach m beliebig oft differen- tiert werden darf. Man erhält so 4) or) 5 U’ (m) = —i(F i \, les +impe ae und daraus 3 U’ (m) + (7)? mU=— ee . —iG) N pie mene Re u): T 2 -. Da W der reelle Theil von U ist, so folgt daraus die von Stokes benützte Differentialgleichung 5) W” (m) +(3)’2 W(m)=0 Ve re Aus den Formeln 3) und 4) findet man noch für m —0 mit Hilfe der Substitution — Dt x a \ Ae re Dali 2 W(o)—e0s 7 |e dp aye Ve I (th) 6) ri bi 3 Tes eT, Paar a WS RTfoyN\ Wo)=7 8 Se pe dp=zyr\: T (2%) Da die Differentialgleichung 5) eine Riccatische ist und nach bekannten Formeln (s. z. B. Lommel, Bessel’sche Functionen 1868 p. 111 ff.) durch Bessel’sche Functionen integrirbar ist, so erhält man den Ansatz ) W(m)=ais \/? | Ady, ee = 2) +BJ el wo die Constanten A und B aus den Formeln 6) zu be- stimmen sind. Benützt man die Formeln Se #4, (va))=— na * Faia) © (a7 J, (Va) =the © Jy (V2) für z— 3° x2m so findet man leicht AES ee Th ame) a) 8) W’ (m) hrtım|AI_.,(R) BI, (el Da man allgemein io 2) 72P PO) eT wD,” Fplo+)..0 LP) so findet man, wenn man bei der Ausrechnung die Relation T DT P43) (7/3) = ca Ca berücksichtigt A—B— 1, 7/3 Man erhält also a: Ve tm dp ame Wn) en Vi [a ‘ls (Sie aV3 "4 ph ( a) | 10) 3 7 W' (m) == m he 2/ ee) —Is, (22) Wenn man die Bessel’schen Functionen durch die Potenz- reihen unter 9) ausdrückt, so erhält man die Airy’sche . Reihe. Nimmt man aber die von Jacobi herrührenden und neuerdings von Weber!) genauer untersuchten halb- - convergenten Entwicklungen, so erhält man die Formeln von Stokes. Bezeichnet man nämlich das Produkt (2.— 1)? — 4v? Il 2u—1 = ar mit ¢,,, so gilt die folgende senriconvergente Entwick- lung I ()=\/E| dea (82) * +04, (82) *...) cos (z—+—yz) +(e (82) Ze (a sin .—3—3)| Bezeichnet man die beiden hier auftretenden Reihen mit R, und §,, so folgt J,(2) +3 _,(2)=2008*Z\/% | R, cos (a—4) +8, sin (2— “)| J_,(2)—J, (2) =28in ZV) | R, cos (2+ 3) +8, sin(a 2) | ‘) Mathem. Annalen 37. — 15 — Diese Formeln liefern ausgerechnet und in 10 eingesetzt W (m) = Du? (Bry ae Ay [Ry cos (z — a) a S,, sin (2 nn =)] 11) W’ (m) = 95/23 — Hm" [ Rs, cos (2 4- =) — Se, sin (z ote *)| Dabei ist z—3— 22m), Das sind aber gerade die Formeln von Stokes). 1) Mathem. and phys. Papers II. p. 343, 347. Verschiedene kleine Nachlesen zu früheren zoologischen Publicationen von P. Vincenz Gredler. — „Asmus omnia sua secum portans“. Wandsbecker Bote. Ohne Absicht, weil ohne Aussicht etwas grösseres, etwas erkleckliches in meinen alten Tagen, in meiner Berufsstellung noch unternehmen zu können; anderer- seits ohne so viele Resignation, nachmalige Beobachtungen von einigem Belange für faunistische Studien oder Thier- leben mit ins Grab zu tragen, rafit der Verfasser im fol- genden noch einiges Material — auch Gassenkehricht, Kram und Krämpel — auf, um, mit Mathias Claudius zu reden, seine Botenkraxe einigermassen zu füllen. I. Berichterstatter verkroch sich Ende der fünfziger Jahre auch in die Labyrinthe der Ameisen und bear- beitete diese faunistisch im VIII. Gymnasialprogramme von Bozen 1858 („Die Ameisen Tirols“), Was damals von den 58 Arten übersehen war, ward im Jahre 1863 im Pro- gramme „Vierzehn Tage im Bad Ratzes“, S. 25 und 26 nachgetragen. Dies sowohl, wie der Umstand, dass ich im Jahre 1877 in den Verhandlungen der zool.-botan. Gesell- schaft in Wien auch einen Beitrag von mehreren hundert Naturw.-med. Verein 1897, 4 MSs Fo pee Arten „Zur Käfer-Fauna Central-Afrika’s“ gegeben, be- rechtigt mich auch, ein paar exotische Ameisen und an- dere Hymenopteren, soweit mir letztere zuversichtlich bekannt, zu verzeichnen, welche mir vor geraumer Zeit durch unsere Missionäre aus Chartum im Sudan über- mittelt wurden. Die mitgetheilten Ameisen sind folgende: Camponotus foraminosus For., Camponotus maculatus 4 et Q in grosser Anzahl, Myrmecocystus viaticus L., Aphaenogaster barbarus, gleichfalls zahlreich, Tetramorium sericeiventre; in Einzelnexemplaren: Pheidole sp. u. Mo- nomorium sp. Von andern Hymenopteren-Familien (soweit ich sie kenne): Mutilla leucopyga Klug; Odynerus trun- catus 4; Rhynchium niloticum 4 und Rh. cyanopterum Sauss. 4 et ©; Eumenes tinctor Christ. wie das später aufgeführte Stilbum auch bei Tahta in Oberegypten, Eu- menes esuriens Fabr.; Enodia (Sphex) nigropectinata Tasch. ; Pelopaeus spirifex; Trielis aliena Klug fa) , Dielis thora- cica Fabr. © var. coelebs; Stilbum amethystinum ; ferner Xylocopa aestuans und X. caffra L., Podalirius nubicus, Nomia latipes, Megachile xanthopyga, Apis mellifica u. a, m. II. Ein Nachtrag zu den Käfern in Tirol kann trotz ihrer Unerschöpflichkeit nur mehr dürftig ausfallen, da ich denselben vor bereits 20 Jahren Lebewohl gesagt, mehrere Nachlesen schon gehalten und zumal in der VI. (mit Hilte Ludy’s) die verborgensten Bestien und Minutien reichlich zu Tage gefördert habe. Somit folgen nachstehend nur wenige für Tirol neue (mit Fettdruck) oder seltenere Arten fundörtlich verzeichnet. Nur Hr. Daniel in München wird uns mit mancher, erst in neuerer Zeit unterschie- denen oder alpinen Art noch bekannt machen. Cyehrus eylindrieollis Pini im Val di Ledro von Getschmann, C. italicus von mir in Val Sella gesammelt: es SE age Procrustes coriaceus L. im Folgariathale. Diachromus germanus L. bei Fennhals. Pterostichus (Tanythrix) marginepunctatus Dej. auf der Bucca di Val (Val Vestino). Pogonus gilvipes Dej. am Pragser See von Ska- liztky gesammelt, Bembidium inustum Duv., B. Biasiolii Gredl. findet sich mit dem verwandten B. Doderoi Gglbr. auch am Talferufer bei Bozen (Daniel). Necrophorus ruspator Er. Bad Weisslahn in Tiers, Sterzing. Agyrtes eastaneus Fabr. in Mehrzahl von Sterzing eingesendet; bisher aus Tirol nicht bekannt. Seaphidium 4 maculatum. Oliv. Bei Schloss Boimont Meligethes haemorrhoidalis Först. Bei Kufstein hart an der bairischen Grenze (Schilsky). Cathartus advena Waltl Von Baron Tiesenhausen bei Meran im Flug gefangen. Byrrhus gigas F, Dajano bei Rovereto. Acmaeodera flavofasciata Pill. (taeniata F.) lebt in Buchenstöcken, z. B, am Cislon. Coraebus bifasciatus Oliv. Förster Gobanz schnitt ihn einigemale aus Quercus Ilex. Damit ist der eigentliche Aufenthalt dieses seltenen Prachtkäfers erwiesen. Agrilus subauratus Gebl. In meiner Sammlung ohne Fundortsangabe. Agr. pannonicus Piller, biguttatus F. an einer Fels- wand gegen Seit bei Bozen, im Juli. Liotrichus montivagus Rsh. Mit Corymbites aulicus in Val Sella. Athous melanoderes Muls. 5 et © unausgefärt (rost- farben) auf der Uebergangshöhe der Bucca di Val in Val Vestino, Limonius parvulus Panz. Im Moritzinger Wäldchen (nächst Gries), Ende Mai häufig. 4* Drilus flavescens F. An der Pausa bei Truden. Dasytes niger var. montanus (Ullr.) Gredl. Herr Schilsky glaubt das Q von niger daran zu erkennen. „Man habe bisher unterlassen, die Geschlechter zu unter- scheiden“. (Mündl. Mittheil.) Danacaea ambigua Muls. Mit Ausnahme von 1 Exem- plar (pallipes) erwiesen sich sämmtliche von Herrn Ludy bei Bozen gesammelten Stücke als D. ambigua, die ehe- dem (z. B. zur Zeit der Abfassung meiner „Käfer im Tirol“) noch nicht unterschieden war (Schilsky i. lit.). D. dentieollis Baudi will Herr von Oertzen bei Bozen gesammelt haben (Schilsky). Niptus hololeucus Faldermann. Zufällig in den Klöstern von Telfs und Reutte, seltener zu Bozen ge- troffen. Soll seit einiger Zeit in München als furchtbarer Schädling auftreten, — muthmasslieh mit Pelzen rus- sischer Universitätshörer verschleppt. Cistela Luperus Hbst, C. fulvipes F. Diese auswärtig häufige, in Tirol seltene Art sammelte der Vfr. in Val Sella in 2 Exemplaren. C. hypoerita Muls. bei Buchholz. Scraptia dubia Oliv., Se. fusca Latr. bei Villa Leitha über Buchholz. Melandria caraboides L. Zwischen Buchholz und Gfrill an Brunnenröhren. Anaspis palpalis Gerhardt, auf Dolden und Distel- blüten am Wege nach Runkelstein (Schilsky). Die von mir in den „Käfern von Tirol“ (S. 288) aufgeführte Var. der An. flava „mit gelber Brust oder ganz gelber Unter- seite‘ muss subtestacea Steph. heissen. Rhynchites Bachus L. fand sich anfangs April 1896 bei Terlan auf Aepfelbäumen in schädlicher Menge ein. Dichotrachelus vulpinus Gredl. wird nun allseitig als Art anerkannt, da auch die Tarsenglieder schmäler sind, als bei D. Stierlini Gredl. EIER ee Otiorhynchus globulus und QO. teter Gredl., die ich arspriinglich auf der Spitze des Helm gesammelt, wurden nachgerade an mehreren distanten Localitäten (auch ausser- halb Tirols) aufgefunden. Tropideres eurtirostris Muls. will Hr. Kossmann in Liegnitz bei Vahrn von einem dürren Kastanienaste geklopft haben (i. lit.). Magdalis exarata Bris. ward (fide Habelmann) von Hrn. Ludy bei Bozen gesammelt. Sphenophorus mutilatus Laich. 'Dajano bei Rovereto am Fuss des Stivo. Bruchus pauper Boh. bei Fontane fredde auf der Fleimser-Strasse. Br. pusillus Germ. bei Bozen gesammelt. Phloeosinus Aubei Pers. Von Rud. Hoch bei Meran im Juli und August in Cupressus Lawsoniana constatiert (Allgem. Forst- und Jagd-Zeitung 1888, April-Heft). Purpuricenus Köhleri var. Ueber Buchholz bei 3000 m, auf Blüthen. Clytus lama Muls. Bozen auf Triftholz aus dem Sarnthale. Oberea pupillata var. pedemontana Chevr., O. melanura Gredl. — Baron von Tiesenhausen fieng bei Moritzing „auf einem Strauch mit grünlichen Blüten‘ (Rhamnus ca- thartica?) Ende Mai einige 20 Stücke. Zeugophora flavicollis Marsh. Innichen auf den Blät- tern der Balsampappeln im Aug. | Cryptocephalus turcicus Suffr. Nach Weise (pag. 216) im südlichen Tirol. Unter den von mir an Weise mit- getheilten Exemplaren des nahe verwandten Cr. flavipes F. befand er sich nicht. Cr. exiguus Schneid var. Wasastiernae. Als diese Art bestimmte Weise unsern fraglichen Cr. digrammus Suffr. (vgl. „Käfer von Tirol“, S. 417, Anmerkung). Timarcha metallica F. findet sich auch bei Kaltern nächst Bozen. Prasocuris (Helodes) violacea Fabr. in Sterzing auf Veronica Beccabunga. Nach und gemäss der abermaligen Bearbeitung !) der alpinen kritischen Untergattung Oreina durch Weise finden sich nachstehende zu diesem Zwecke von uns eingesandte Arten Tirols an folgenden Fundorten: Oreina gloriosa F. var. venusta Suffr. Am Zamserberg, Schlern und Latemar; — — var. aleyonea Suffr. auf der Jagdhausalpe am Kreuzjoche in Sarnthal und Timbl; — — var. vittigera Suffr., einfarbige Form, auf dem Schlern; _ — — var. superba Oliv. bei Schlanders; — — var. aenescens Suffr. auf der Jagdhausalpe und den Kreuzjoche. Or. viridis Dft. nivalis Suffr. Am Zamserberg, auf dem Kalser - Thörl und der Jagdhausalpe, im Thale Sexten. — — var. splendens Suffr. (unsere ignita Küst.) im Passeier. Or. speciosissima Scop. Im Thal der Riss, bei Reutte, am Timbl, St. Michael bei Kastelruth sehr gross, Fennberg ; — — var. Schummeli—tristis Oliv. am Latemar und auf Joch Grim; mit Uebergiingen zu tristis F. in Sexten; — — var. elongata Suffr. auf dem Campo grosso im Hintergrunde von Vallarsa. Or. cacaliae Schrank. Ausser den in den „Käfern von Tirol angeführten Fundstellen: am Zamser Berg und in Pfitsch; Uebergänge zu var. tristis F. am Fennberg und zu St. Felix auf dem Nonsberge; Hispa atra L. bei Mühlau. Scheint diesseits der Central- kette zu fehlen. 1) M. vgl. unsere Fussnote zu dieser Gattung in den „Käfern von Tirol“ S. 424. EPO En Adalia alpina Villa var. tirolensis W. und Coccinella distincta Fald., C. magnifica Redl. bei Bad Weisslahn in Tiers, IN. In den letzteren Jahren verlegte sich der Verfasser auf das Studium der ostasiatischen Conchylien und gab wiederholtermalen Verzeichnisse der continentalen chine- sischen Land- und Süsswasser-Mollusken. sowie Beschrei- bungen oder auch Abbildungen von Novitäten in 18 Bei- trägen heraus. Im 16. „Stück“ (Nachr. Bl. der deutschen malak, Gesellschaft in Frankfurt 1890, Nr. 9 und 10) veröffentlichte er ein „Alphabetisches Register“ der in verschiedenen Fachzeitschriften (1. c. S. 146) unter dem Titel „Zur Conchylien—Fauna von China“ von ihm aufgestellten Arten und (benannten) Varietäten, was behufs schneller Orientierung beifällig aufgenommen wurde. Nun gelangte zwar in den letzten sechs Jahren wenig und noch weniger neues Material mehr anher; jedoch mögen nachstehende Novitäten zur Ergänzung be- sagten Registers hier verzeichnet stehen: 1. Buliminopsis (rectius Secusana m.) cerasinus XVII. St; - Gymn.-Programm von Bozen 1892/3, pag. 6. — Abbild. im XVII. Stück; Annalen der k. k. naturhistor. Hofmuseums in Wien 1894, pag.421. . Clausilia Oscarina XVII. St. 1. c. pag. 7. . — Hupeana XVII. St. |. c pag. 8. — Abbild. im XVII. St. l.c. pag. 423. . — bulimina XVD. St. l. ce. pag. 9. — presbyteralis XVII. St. 1. c. pag. 10. — lea XVII. St. 1. c pag. 10. — Filippina var. socia XVII. St. 1. c. pag. 12. — celsa XVII. St. 1. e. pag. 12. — frater minor XVII. St. 1. c. pag. 13. 10. — Kiangshiensis XVII. St. 1. ec. pag. 14. DD CHAR oF a 11. — recens XVIII. St. 1. c. pag. 422. Abbild. pag. 423, fig. 7—10. Desgleichen wurden von den ältern kritischen Arten des Verfassers: Clausilia Hupecola (XII. St. Jahrb. der deutschen malak. Gesellschaft 1887, pag. 359) und Cl. coelicola (XV. St. Nachrichts-Blatt 1890) im XVIII. St. l. ec. pag. 427 Abbildungen gefertigt. 12. Cyelophorus cicatricosus XVIII St. ]. c. pag. 424 mit 3 Fig. Abbild. 13. Helix (Acusta Alb.) Secusana XVII. St.1. c. 1893, pag. 3. 14. — reformata XVII. St. 1. ec. pag. 4. 15. — Franciscanorum var. purpurea XVII. St. 1. ce. pag. 5. 16. — Vagoina var. Aloysii XVII. St. 1. c. pag. 4. 17. — adaequata XVII. St. 1. c. pag. 422. 18. Limnaea subperegra XVIII. St. pag. 423. 19. Paludina auriculata var. Ibex XVIII. St. mit Abbild. (Fig. 20, 21) pag. 425, 426. 20. Patula atoma, XVII. St. 1. ce. pag. 2. 21. Ptychopoma humillimum, XVIII. St. pag. 435. 22. — juvenile, XVID. St. mit Abbild. (Fig. 18, 19) pag. 425. 23. Stenogyra nutans var. macra XVII. St. 1. c. Bas (0 24. Tricula Utaiensis XVII. St. 1. c. pag. 15. Anhang. Synonymische Bemerkungen zur Conchylienfauna von China, 1. Es unterliegt keinem Zweifel, dass Unio pa- schalis Heude, 8. Heft, Taf. LVIII. fig. 110, 1883, identisch ist mit Un. Leai Gray, var. cinnamomeus Gredl. 1881 (Jahrb. der deutschen malak. Gesellschaft). wie ein Vergleich der beiderseits gegebenen Abbildungen darthut. P. Heude, Franzose, nahm (oder erhielt?) selten Notiz von früheren Publicationen. Ich erlaube mir daher die Priorität zu vindicieren. 2. Desgleichen ist Clausilia Tetsui Böttg. und Schmack. (New chinese Clausilie, in: Proceedings ofthe Ma- at FRR abi lacolog. “Society, Vol. I. p. 3, pag. 102, Pl. VII, £. 6) 1894, mit meiner Cl. Filippina var. socia, Wien 1892, zugestandenermassen (Böttger i. lit.) synonym. 3. Helix Hupeana m. identificiert der Paetel’sche Katalog mit Hupensis m. — Das ist ganz und gar irrig und wohl nur aus der Aehnlichkeit beider Namen entstanden. Grösse und Peripherie-Kante, wodurch letztere an die Gruppe Plectotropis herantritt, lassen beide Arten sehr leicht unterscheiden. IV. Herpetologisches. Da der „Fauna der Kriechthiere und Lurche Tirols (XXII. Gymnasialprogramm von Bozen 1872), welche eben- falls schon ,,Zimmerbeobachtungen* enthielt, der Verfasser „Herpetologische Beobachtungen‘ im Corresp.-Blatt von Regensburg 1882 nachgesandt, anderes in den Vortrag „Naturgeschichte in der Zelle“ (Jahrb. der Leo-Gesell- schaft 1893) eingeflochten; so erübrigt mir, weniges nach- zutragen, und dies wenige ist von so geringem Belange, dass nur die nicht übermässig grosse Kenntnis von der Lebenweise dieser Thiere die Publication nachstehender Notizen einigermassen rechtfertigt. A. Reptilien (Kriechthiere). Tropidonotus natrix Wagl. var. Bulsanensis Gredl. (m. vgl. Herpetologische Beobachtungen, Regensb. Corresp.-Blatt 1882) besitzt auch Cav. de Betta in Verona in seiner Sammlung in einem völlig egalen Individuum; ward ferner am 12. September 1885 bei Terlan und 1893 bei Leifers von Wenin gefangen. Mein Stück scheint demnach so ganz individuell nicht dazustehen und die Aufstellung einer Varietät gerechtfertigt. Indes beim Terlaner Explr. die lichten, zerstreuten Schuppen dunkler, nämlich licht-aschgrau und nur gegen die Unterseite A ITO oo ai el Be weisslich, waren sie beim Exemplar von Leifers spärlicher und grösser, und die Unterseite ganz schieferschwarz. Auch die ganz schwarze Varietät (v. minax) ward 1884 zwischen St, Jacob und Leifers erbeutet. | Vipera aspis L. var. nigra Bonap. Ein Nigrino vom Ranigler über Campen bei Bozen befindet sich im hierortigen Gymn.-Cabinet. Der Amphibien -Händler A. Mulser will auch andere Exemplare gesehen haben, bzw. besitzen, die sämmtlich von Campen stammten, woraus der Schluss gezogen werden könute, dass Melanismus gleich dem Albinismus) erblich; und da bei Greifenstein (und Völlan) fast nur röthliche Individuen gefunden werden, sowie Tschudi den schweizer Exemplaren einen „stets fleischfarbigen Bauch“ attribuiert, so liesse sich beinahe vermuthen, dass es auch von dieser Viper, wie von berus, „Höllennattern“ und „Kupfernattern“ gebe. Uebrigens will Mulser beobachtet haben, dass dunkle, bei- nahe schwarze Individuen dieser Art bei der nächsten Häu- tung sich lichter färbten (?). Nun frisch gehäutete Schlangen erscheinen im neuen Anzuge meist in hellerer Grundfarbe. Gar viele, mir notierte Fundorte übergehe ich (wurden gegen Prämien letztes Jahr sicher genug eingesendet), Wie reichlich gesegnet aber gerade das Kalkgebirge vom Gampen bis an den Mt. Baldo anı rechten Etschufer sei, da- für mag als Beispiel dienen, dass in Daiano über Villa La- garina währeno meiner Anwesenheit daselbst die Heuer in einem Tage vor der Villa des Grafen Marzani 3 Stücke erlegten, die sich unter den Heuschobern verborgen ge- halten. Dasselbe wiederholte sich nach meinem Abgehen. Ein am Wege erschlagen getroffenes Exemplar hatte eine Blindschleiche zur Hälfte verschluckt. Ein anderes Stück meiner Sammlung hat eine Ratte bis an die Hinterbeine im Schlunde Noch verdient eine V. aspis ob der sel- tenen Grösse erwähnt zu werden. Sie ward voriges Jahr bei Baselga im Gebiete von Vezzano erschlagen und hatte se i ae (nach Bericht der Bozner Ztg.) folgende Masse: Liinge 1 m. 10, Dicke 12 cm., der Kopf 4 cm. Breite, Sämmtliche Individuen, die ich aus Calabrien (durch Bar. Zwierlein) erhielt, sind var. ocellata Bonap., die mn in Tirol nie zu Gesichte kamen. Eine schwarze Var. der Vipera berus mit weissen Punktflecken (ähnlich der Tropidonotus natrix var. Bul- sanensis m.) fieng Dr. Lartschneider am Brenner (Gymn.- Cabin. Bozen). B. Amphibien (Lurche). 1. (Froschlurche). Hyla cyanea Daud. angeblich aus Neuseeland (?) von mehr als doppelter Grösse unserer Hyla arborea, mit weissen Flecken hinter dem Trommel- felle und an den Seiten des Bauches, am Oberschenkel der Vorderbeine und zerstreuten kleineren vor den Hin- terbeinen, hat gegenwärtig etwa 9 Jahre in meinem Aquarium ausgehalten. Dieser Laubfrosch ist ein Tag- und Siebenschläfer (vom Herbste bis tief in den Frühling hinein). Im Winter 1893/4 hatte er sich unter Moos in eine unter Wasser gesetzte Höhlung bis 3. März zurück- gezogen unb hielt erst an diesem Tage (um zu athmen wohl!) die Schnauze wie sonst wieder über Wasser. Mittlerweile hatte er mich völlig vergessen (wie auch Nattern nach monatlicher Abwesenheit verwildern) und zog sich bei meiner Annäherung eiligst in seine Höhle zurück, so gerne er sonst auf der warmen Hand verweilt. In der Regel (von der Hand zum Munde) mit Leber, die er mit Hast ergreift, gefüttert, verschmähte er aber selbst nach längerm Hungern hartnäckig Fischleber. Dass ein kränkelnder Molch (Molge alpestris) plötzlich aus dem Aquarium verschwunden, konnte ich nur seiner Fresslust zuschreiben. Eine grosse Cetonia aenea (Goldkäfer), die er mit Stiefel und Sporn verschluckt hatte, spie er nach einigen Tagen unverletzt wieder aus. — Sein Ruf beginnt leise, steigert sich allmälig und endet mit lautem schnar- BE ee renden, knarrenden Kehllaute. Er lässt ihn hören beim Schlag der Thurmuhr, Glockengeläute, oder wenn Jemand | sehr laut spricht. Das hatte ihm auch ein junger Was- serfrosch abgelernt. Im Jahre 1895 liess er sein Quacken erst am 2. Juni (Pfingstfeste), 1896 am 29. März (Palm- sonntage) zum ersten Male hören, das zweite Mal am 20. Mai, ein paar Stunden, bevor Regen eintrat. Bei Uebelbehagen und im Winterschlafe ändert sich sein Apfelgrün in ein Oelgrün, bei starken Aufregungen und Furcht in dunkles Pistaziengrün um. Bombinator. In neuerer Zeit werden 2 Arten dieser Gattung unterschieden: die rothbauchige Unke B. bombinus L. (igneus Laur.) mit schwarzen, und die gelb- bauchige mit gelben Zehenspitzen, B. pachypus Bonap. — _ Höchst wahrscheinlich finden sich beide Arten in Tirol; wenigstens tragen Exemplare aus Bozen im Hofmuseum zu Wien die Etiquette bombinus, indes jene im Gymn.- Cabinete von Bozen (auch aus der Umgebung) auf B. pa- chypus stimmen. — Auch traf ich Unken später (als die Ausgabe meiner Fauna) im Isel- und Drauthale und am Tristachersee, bei Nicolsdorf u. s. w. Pelobates fuseus. Endlich gelang es mir im Jahre 1894, anfangs März, auch das Vorkommen der Knoblauchskröte (des Krötenfrosches) constatieren zu können, und zwar in grösserer Gesellschaft in Paarung, in der charakteristischen Umschlingung an den Hüften begriffen. Sie fand sich in dem grossen Abzugsgraben, welcher von der Schwefelquelle an der Meraner Strasse zwischen ‘ Moritzing und Siebenaich nach Sigmungskron hinabzieht (vulgo Mondscheingraben, alte Etsch), oberhalb des Moosbauern-Gehöftes, wo der Graben mit Myriophyl- lum und anderu Wasserpflanzen bis über den Wasser- spiegel gefüllt war. Hier jagten sie unter glucksenden Tönen und in weiten Sprüngen einander die Weibchen ab. 2. (Schwanzlurche). Salamandra maculosa Laur, Ein am 20. April eingefangenes trächtiges © gebar an 5 Mogi im 20 Junge. Ein im März eingesetztes © gebar am 21. April. Diese Zeit scheint demnach in dieser Gegend die normale Gebärzeit zu sein. Die marmoriert fleckigen, mit einem goldenen (Flanken-) und silbernen (Bauch-) Längsstreifen aus einzelnen Augenflecken gezierten Jungen massen 35 mm. Ein anderer Salamander verschlang einen mehr als halberwachsenen Laubfrosch, nachdem er schon einige Tage lang sein Auge darauf gerichtet hatte und machte auch auf einen erwachsenen fortwährend Jagd. Triton (Molge) eristatus Laur. Von dieser Art, die in Tirol erst wenige Fundorte aufweist, konnte letzt- hin sein Vorkommen bei Feldkirch, Marling an der Etsch und bei Lavant constatirt werden. Von den Feldkircher Exemplaren kränkelte eines 1], Jahr vor seinen Tode, wobei seine Haut ganz glatt und glänzend wurde und einige lichte Flecke erhielt. Umgekehrt war das Lavanter Exemplar fein gekörnelt und erhielt erst im Laufe meh- rerer Jahre die warzige Haut; ein Q, war es lange Jahre mit einem schwefelgelben Liingsstreifen über den Rücken geziert, der mälig verschwand; von den weissen Papillen an den Flanken sowie vom Perlmutterbande des Schwanzes fehlte auch im hochzeitlichen Kleide jede Spur; die Bauch- seite schwarz und nur mit unregelmässigen dunkel orangerothen Streifen spärlich durchzogen. Interessant scheint deshalb die Analogie mit den beiden Bombinator- Arten; sie deutet auf ein allgemeines Gesetz. Schliesslich mass dieser Triton 19 em. und scheint an einem allzu grossen Brocken erstickt zu sein; indess die meisten Molche an einer Art Wassersucht crepirten, oder jegliche Nah- rung verweigernd abmagerten und nach einigen Monaten starben. Triton (Molge) vulgaris (taeniatus Schneid.), gleichfalls sporadisch, theilte mir P. Basilius Ruedl in mehreren Stücken von Lavant an der Grenze von Kärn- ten mit. REN eee Triton (Molge) alpestris Laur. In meinem Am- phibiarium befand sich seiner Zeit auch ein (erinnerlich von Innichen stammender) Alpenmolch, dessen hochrothe Bauchfarbe, kaum aber die Kloackenpapillen, ihn als & erscheinen liessen; der Rückenkamm war am Nacker und Schweife, nicht aber über den eigentlichen Rücken (freilich auch keine Rinne des ©) vorhanden. Hermaphrodit ? Jedenfalls, wenn kein geschlechtlicher Dimorphismus, eine Anomalie. Es erübrigt mir nur mehr von ein paar nichttiro- lischen Molehen zu berichten, was ich ihnen in der Ge- fangenschaft abgelauscht. Triton Waltli, der Rippenmolch, ein stets wild gebliebener Bursche, der am liebsten im Finstern hauset, ist fast immer, namentlich im Herbste bei gutem Appetit. Dass mehrere kleinere Incolinen (Geotriton, eine jugend- liche Salamandra maculosa, Bufo viridis) von demselben aufgefressen wurden, unterliegt kaum einem Zweifel: sie waren allmälig bei Putz und Stumpf verschwunden, ohne dass em Entkommen möglich gewesen wäre. Besonders war das der Fall, wenn ein Lurch leidend geworden. Er hielt wohl über ein Jahrzehend bei mir aus, Triton (Molge) marmoratus, einer der farben- prächtigsten Molche, versteht noch weniger lange zu fasten, nimmt jedesmal Futter an, soferne er nur eines bekommt; ob auch eine raschere Verdauung, nie zeigte er sich voll- gepfropft wie andere Molche oder wie namentlich der Rippenmolch. Die abgestreifte Haut sah ich auch am öftesten von diesem Triton auffressen. Triton marmo- ratus verlässt das Wasser öfter als andere Wassermolche,’ — wenigstens hielten sich meine beiden Exemplare immer, wenn Land geboten war, auf. dem Trockenen auf; erst im Frühjahre zog sich eines ins Wasser zurück. Geotriton (Spelerpes) fuseus, dessen ich wohl über 1 Dutzend von Prof. Giglioli aus Florenz bezog, verweigerte lange jede Art von Speise, kaum dass mir I lite gee eimer nach Monaten eine Fliege abnahm, weshalb die meisten lieber Hungers starben. Fliegen scheinen bei allen Lurchen die Leibspeise auszumachen, zumal die Stubenfliege, weniger die Brummfliege, obgleich diese em fetterer Brocken. Unbekannt mit der Organisation des Geotriton, da die Literatur von ihm wenig Notiz nimmt, war ich überrascht zu beobachten, dass eine gequetschte, etwa 2 em. entfernt liegende Fliege von ihm hereinge- nommen wurde, und zwar wie ich später wiederholt sehen konnte, so schnell, dass es den Anschein hatte, als wäre die Fliege durch Einschlürfung in den Mund gefahren. Dies Räthsel löste sich mir, da ein zufällig zertretenes Stück die Zunge, ähnlich jener eines Chamaeleon, weit aus dem Munde herausstreekte. — Die Zunge ist nämlich bei Geotriton nur in der Mitte des Mundes an einem ausdehnbaren Stiele befestigt. Ueber die reizend schöne Salamandrina perspi- cillata (Brillensalamander), die ich in Mehrzahl aus (tenua erhalten, konnte ich leider keine Beobachtungen machen, da sie vor jedem noch so kleinen Regenwürm- chen, sobald sie im Moose auf ein solches stiessen, zurückschreckten und darum bald verhungerten. Ueber das Experiment in den physikalischen Studien der Griechen. Von Prof. Dr. J. Müller. (Vorgetragen in der Sitzung vom 9. Nov. 1897). Ueber die Naturkunde der Griechen, ihre Beobachtung der Erscheinungen und deren Erklärung, ob jene ge- nau oder oberflächlich, diese verständig oder verkehrt gewesen, urtheilt man heute, da die Naturwissenschaften in beiden Richtungen so viel weiter vorgeschritten sind, sehr verschieden, und ebenso schwankt darum auch die Werthschätzung der von den Griechen erzielten Natur- erkenntnisse. Aber darin stimmen alle überein, dass die Methode der Forschung eine unzulängliche gewesen, un- -gulinglich nicht blos, insoweit sie von äusseren Hilfs- mitteln abhängt, die ja höchst dürftig und unvollkommen waren, sondern unzulänglich vor allem insoferne, als sie - das Experiment ausgeschlossen habe, das heute die Natur- forschung beherrscht und als der sicherste Weg anerkannt ist, zu exakter Erkeuntnis zu gelangen. Wo immer auf das Verhältnis der Naturforschung der Neuzeit und des Alterthums zu einander die Rede kommt, wird dieser Unterschied der Methode als der bedeutsamste und durch- greifendste mit allem Nachdruck in den Vordergrund ge- stellt. Bei Naturforscherversammlungen und in den Ge- schichtsbüchern der Naturwissenschaften wird den Alten „Mangel an Sinn für den Versuch“ vorgeworfen. „Das . Naturw.-med. Verein 1897. o Er DAR Re Alterthum kenne“, so heisst es, „kein Experimentiren im physikalischen Sinne, kein planmässiges Befragen der Natur.“ (Dr. H. I. Klein in einem an die Naturforscher- versammlung zu Köln 1888 gerichteten Begrüssungs- Aufsatz der Kölnischen Zeitung vom 17. September des genannten Jahres.) Und August Heller urtheilt: . „Die Alten rathen, schätzen und behaupten auf Grund vager Analogien, aber sie messen nie und versuchen nie eine Erscheinung auf künstlichem Wege, d, h. experimentiren nie.“ (Geschichte der Physik von Aristoteles bis auf die neueste Zeit. Stuttgart 1882, S. 69. Genau ebenso Poggen- dorf, Geschichte der Physik, Leipzig 1879, 8. 9 £.: „Den Alten ist das Experiment so gut wie gänzlich un- bekannt.“) Solchen Urtheilen entgegen zu treten und sie zu berichtigen ist Zweck dieses Vortrags. Ich werde zwar nicht erweisen können, dass das Experiment in der Na- turforschung der Griechen die gleiche oder auch nur eine annähernd ähnliche Bedeutung gehabt habe, wie sie ihm der heutige naturwissenschaftliche Betrieb einräumt. Man darf von den ersten Anfängen einer Sache nicht erwarten, was sie auf der Höhe ihrer Entwicklung leistet; darf nicht, was aus derarmseligen von allen Hilfsmitteln ent- blössten Arbeitsstube des griechischen Gelehrten hervor- ging, messen wollen an dem, was der heutige Forscher in seiner reichlich mit den feinsten Instrumenten und Behelfen aller Art ausgestatteten Werkstätte erzielt. Ausser- dem aber ist es für das Urtheil in der angeregten Frage von der grössteu Wichtigkeit, dass wir von keinem der älteren griechischen Forscher die Originalwerke besitzen, sondern fast durchwegs auf dürftige Auszüge oder kurze, sehr oft missverstandene uud entstellte Notizen späterer Antiquare und Literarhistoriker angewiesen sind. Da ist oft, wie überhaupt auf vielen Gebieten der Alter- thumswissenschaft, eine unscheinbare Einzelheit berichtet, die aus einem umfassenden Zusammenhang herausgerissen ee, ge ist und nur noch ahnen lässt, von welch’ weittragender Bedeutung die Untersuchungen und Lehren gewesen, aus denen sie entnommen ist. Mit diesem Vorbehalte und dieser Entschuldigung gehe ich daran den Herren das Wichtigste aus den Ex- perimenten der griechischen Naturforscher vorzulegen. Ich beginne mit den akustischen Untersuchungen des Pythagoras. Nikomachos, Harmonic. enchir. Cap. 6. p. 10 (und nach ihm Jamblichos im 26. Cap. seiner Lebensbeschreibung des Pythagoras) formulirt das Problem, welches Pytha- goras sich gestellt habe, dahin, dass jenen Philosophen der Versuch beschäftigt habe, fürs Ohr ein Richtmass zu finden, wie es am Zirkel und dem Lineal oder der Dioptra das Auge habe und der Tastsinn an der Wage und dem Massstab. Führen wir diese etwas grosssprecherische Ver- heissung (Vgl. Billroth „Wer ist musikalisch“ S. 109) auf das richtige Mass zurück, so dürfen wir sie nach den Ergebnissen dieser Versuche so präcisiren: Pythagoras wollte die Tonintervalle der Consonanzen messen und in Zahlen bestimmen. Das gelang ihm, indem er ein In- strument erfand, das er Monochord nannte. Es bestand aus einem Resonanzboden mit einer einzigen darüberge- spannten Saite. Die Saite wurde aufs genaueste auf ihre durch- gängige vollkommene Gleichmässigkeit geprüft, indem mit- tels eingesetzter Stege, dieum ein geringes höher waren als die beiden festen Stege an den Enden des Instruments, gleich lange Abschnitte der Saite angeschlagen wurden, um die Gleichheit ihres Klanges zu erproben. Auf dem Resonanzboden unter der Saite war ein Kanonion, d. i. ein Massstab angebracht. Mittels eines verschiebbaren Steges nun konnte Pythagoras die Saite theilen und beliebige Abschnitte derselben anschlagen. Die consonirenden Töne der Oktave erklangen, wenn er die Saite so theilte, dass der eine Abschnitt */, der Saite, der andere Y, betrug, also die beiden Abschnitte der 5* — 386 Fe Saite im Verhältnis von 2:1 standen. Der längere Ab- schnitt der Saite gab den Grundton, der kürzere gab die Oktave. Theilte er die Saite so, dass der längere Ab- schnitt 3/,, der andere 2/, betrug, sie also im Verhältnis von 3:2 standen, gaben dieselben die Quinte und ebenso im Verhältnis von 4: 3 die Quarte. Dies die Darstellung des Ptolemaios, Harmonie. I. C. 8, die Porphyrios noch näher ausgeführt hat in seinem Commentar zu den Harmonica des Ptolemaios p. 294 f. (Johannis Wallis operum mathe- maticorum Volumen III]. Oxoniae MDCXCIX.) Das Experiment erscheint hier offenbar in seiner reifsten und zweckmässigsten Ausgestaltung. Dass weniger verlässliche und exacte Versuche vorangegangen, dürften wir anneh- men, auch wenn uns nicht noch andere Berichte vorlägen, welche die Annahme bestätigen. Am nächsten der Dar- stellung des Ptolemaios kommt die Beschreibung, welche Gaudentios von dem Monochord und seiner Handhabung gibt, Harmonica isagoge p. 14 f. Hiernach war am Re- sonanzboden unter der Saite ein Massstab mit 12 gleichen Abtheilungen angebracht. Zu dem Grundton der ganzen Saite gaben die Hälfte d. 1.6 Theile derselben die Octave, 3/, d.i. 9 Theile die Quarte, 2/, d.i, 8 Theile die Quinte. Das so einge- richtete und behandelte Monochord stand gegen jenes erste von Ptolemaios beschriebene insoferne zurück, als es nicht gestattete, die consonirenden Töne in unmittel- barer und rascher Folge oder zusammen erklingen zu lassen. Aber die angegebenen Zahlenverhältnisse waren wohl durch diese Einrichtung des Monochords bereits gefun- den, als ihre genauere Prüfung zu der Verbesserung des In- struments führte, wie es Ptolemaios beschreibt, an dessen Massstab nach der Angabe des Porphyrios a.a. O. jene Längen- verhältnisse 2:1, 3:2 und 4:3 angemerkt waren. So weit ist der Gang der Untersuchung über die Tonabstände der Consonanzen ziemlich durchsichtig und, wie mir scheint, einem Zweifel nicht unterworfen. Be OR Was aber von weiteren diesen vorangegangenen Ver- suchen und der zufälligen Anregung zu denselben be- richtet ist, wurde seit Galilei bis heute allgemein als Fa- belei bezeichnet, ebenso in der Geschichte der Musik (Ambros I. 8, 271 u. S. 353 A. 1), wie der Physik (Heller S. 153), nach meiner Meinung nicht ganz mit Recht. Zwar die Erzählung von den Schmiedehämmern gebe ich gerne preis. Pythagoras sei, erzählen Nikomachos und Gaudentios a. a. O. als er zufällig an einer Schmiedewerk- stätte vorübergehend die Hämmer in dissonirenden und eonsonirenden Tönen klingen hörte, eingetreten, habe der Ursache dieses Unterschiedes nachgeforscht und dieselbe in dem verschiedenen Gewichte der Hämmer gefunden. Denn die Hämmer, deren Gewicht sich wie 4: 3 verhielt, hätten die Quart hören lassen, im Verhältnisvon 3:2 die Quinte und von 2:1 die Oktave. Dann habe er diese Erkenntnis auf eine andere Weise erprobt. Er habe 2 Saiten der gleichen Art und von gleicher Länge und Stärke an einem Pflock neben einander befestigt und beide mit Gewichten im Verhält- nis von 3:4 belastet, dann im Verhältnis von 2:3 und von 1:2. Die Saiten hätten ebenso die Quarte, Quinte und Octave ergeben. Diese Erzählung leidet an grosser Un- wahrscheinlichkeit. Pythagoras kann unmöglich in dem Tönen des Ambos unter den Schlägen der Hämmer eine Analogie gefunden haben mit der Tonerzeugung durch Saiten. Aber die Beschwerung gleicher Saiten mit ver- schiedenen Gewichten kann sehr wohl ein Versuchsstadium gewesen sein. Pythagoras wollte ja den Abstand gewisser Tonstufen von einander messen und in Zahlen bestimmen, Und da die Tonstufen der schwingenden Saite von ihrer Spannung abhängen, konnte er versuchen, die Spannung der Saite durch Gewichte zu messen. Der Versuch war unvollkommen und es war leicht zu zeigen, wenn es auch erst spät, durch Galilei zuerst, geschehen ist, dass auch das Belastungsverhältnis der Saiten von den Bericht- erstattern irrig angegeben ist. Aber dariu liegt kein BE. Beweis, dass das Experiment von Pythagoras überhaupt nicht gemacht worden sei. Allerdings, wer das Experi- ment wirklich ausführte, musste ja sofort auf die ungenügende Belastung der einen oder die Ueberbelastung der andern Saite aufmerksam werden. Aber der Fehler findet auf andere Weise seine Erklärung. Er ist wahrscheinlich dadurch in die Tradition ge- kommen, dass das Zahlenverhältnis, welches in der Folge das Monochord ergeben hat, ohne Prüfung auf jenen Versuch mit Gewichten übertragen wurde, Für diese Erklärung des Fehlers bietet die Ueberlieferung noch einen besonderen Anhalt. Ich erwähnte die unvollkom- mene Einrichtung des Monochords nach der Beschreibung des Gaudentios mit einem Massstab von 12 gleichen Ab- theilungen. Nun weiss der Bericht des Nikomachos über den Versuch mit Spannungsgewichten zu berichten, dass Pythagoras 4 Saiten beschwert habe und hier stimmt die Zahl der Gewichtseinheiten mit der Zahl der Mass- stabsabtheilungen an dem Monochord nach der Be- schreibung des Gaudentios überein. Das weist sehr deut- lich darauf hin, dass die Zahlenverhältnisse, welche der Versuch mit dem Monochord ergeben hatte, auf den Ver- such mit den Gewichten ohne Prüfung übertragen wor- den sind. Aus dem Fehler also in der Angabe über das Be- lastungsverhältnis der Saiten darf nicht geschlossen wer- den, dass dieser Versuch ebenso eine Erfindung sei, wie die Erzählung von den Schmiedehämmern. Jedenfalls besteht Analogie zwischen der Tonerzeugung mit belaste- ten Saiten und der andern auf dem Monochord und nur die Messungsart der Töne ist verschieden, dort durch das Spannungsgewicht, hier durch das Längenmass der Saiten. Es kann also ganz wohl jener unvollkommene Versuch zu diesem vollkommeneren hinübergeführt haben. Das ist auch angedeutet in dem Berichte des Nikomachos p. 13, der eine Entwicklungsstufe dieses Versuches ent- hält, die zeigt, dass man sich an dem Ergebnis desselben nicht sofort begniigte. Pythagoras habe, berichtet Niko- machos, den Versuch mit den durch Gewichte gespannten Saiten auf einen Resonanzboden übertragen. So gaben die Saiten wohl besseren Klang, aber auch das musste sich bald als schwerfällige und unsichere Vorrichtung erweisen- Und eben darum ist es gewiss viel wahrscheinlicher, dass man von diesem mangelhaften Experiment zu einem ge- eigneteren fortschritt, als dass man auf jene Methode noch verfallen sei, nachdem bereits das Monochord sich bewährt hatte. Jedenfalls aber darf jene erstere Methode nicht als reine Erfindung der späteren Berichterstatter hingestellt werden, da auch Ptolemaios sie kennt, nur näher auf sie einzugehen verschmäht, eben weil sie so viel umständlicher war und so sehr von Zufälligkeiten abhieng, dass ein vollkommen exaktes Ergebnis nicht er- wartet werden konnte. Auch bei Porphyrios p. 293 und Aristeides III, p. 112 ist die Wägungsmethode aufgeführt. So viel über die Versuche des Pythagoras auf demMo- nochord, Denn auf die weitere Ausgestaltung und Aus- beutung jener grundlegenden Versuche in der Schule der Pythagoreer brauchen wir nicht einzugehen. Es genügt für unsern Gesichtspunkt, gezeigt zu haben, wie Pytha- goras, von einem weniger zweckmässigen Versuche aus- gehend, sein Ziel fest im Auge, zunächst die erfundene Vorrichtung verbessernd, dann, nicht befriedigt von dem Erfolg, die Methode ändernd und wieder von einer mangel- hafteren Vorrichtung zu einer entsprechenderen fort- schreitend ein physikalisches Problem mit aller Exaktheit seiner Lösung zugeführt hat. Ebenso zufällig wie nach der Ueberlieferung in der eben erörterten Untersuchung dem Pythagoras das zu lösende Problem sich aufdrängte, soll dem Archimedes die Aufgabe gestellt worden sein, das specifische Gewicht des Silbers und des Goldes zu bestimmen und er fand die Lösung auf dem Wege des Experimentes und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach gleichfalls stufenweise durch zwei Ae in Methode und Exaktheit verschiedeneVersuche. Er hatte, wie die bekannte Erzählung bei Vitruv 9,3 lautet, einen golde- nen Kranz des Königs Hiero auf seinen Goldgehalt zu prüfen, weil der Verdacht bestand, dass der Goldarbeiter einen Theil des ihm übergebenen Goldes unterschlagen und dafür Silber beigemischt habe. Seiesnun, dass dieser Auftrag wirklich den Anstoss gab zu Experimenten, um das specifische Gewicht dichter Körper zu bestimmen, sei es, was viel wahrscheinlicher ist, dass dem Archimedes der Auftrag ward, weil man ihn mit dieser physikalischen Frage be- schäftigt wusste, Archimedes nahm 2 Klumpen von dem- selben Gewicht, wie es der Kranz hatte, den einen von Gold, den anderen von Silber und senkte diese wie den Kranz selber nach einander in ein bis zum Rande ge- fülltes, beziehungsweise nachgefülltes Gefäss mit Wasser- Jndem er auf diese Weise durch möglichst genaue Messung des jedesmal nachgefüllten Wassers fand, wie viel Wasser jedes der 3 Objecte verdriingte, berechnete er aus der Differenz der abgeflossenen Wassermenge, wie viel Silber dem Golde des Kranzes beigemischt war. Es ist klar und längst bemerkt, dass dieser Versuch unmöglich mit jener Exaktheit ausgeführt werden konnte, die eine vollkommen zutreffende Berechnung verbürgt hätte und es ist jedenfalls nicht zu bezweifeln, dass dieser Versuch nur der Vorläufer war jenes zweiten, der in dem la- teinischen Gedichte de ponderibus V. 124 ff. beschrieben ist (Vgl. Archim. de iis, quae in humido vehuntur VII. p. 369, Heiberg) und der darin bestand, dass die drei Objecte, der Gold- und Silberklumpen und der Kranz, einer doppelten Abwägung unterzogen wurden, einmal in der freien Luft und dann im Wasser, So fand Archimedes, dass die 3 Objecte im Wasser gewogen im Verhältnis ihres Volumens an Gewicht verloren und aus der Differenz des Gewichtsverlustes berechnete er, wie bei dem ersten Ver- fahren, die Menge des Silbers, das dem Golde des Kranzes beigemischt worden. — 41 —- Weiter begegnen wir wenigsteus experimentellen Iustrationen in dem Widerstreit der Meinungen über Dasein oder Nichtdasein leeren Raumes. Anaxagoras er- wies die Luft als ein Etwas durch einen aufgeblähten Schlauch, der jedem Druck Widerstand leiste (Aristot. Phys. 4, 6 p. 2138 25; Senec. N. q. 2, 6, 3), und dass die Luft Schwere habe, zeigte man durch Wägen eines aufgeblähten und leeren Schlauches. (Aristot. de coelo 4, 4 p. 311 b. 9.) Wie das ausgeführt worden, bleibt un- aufgeklärt. Andere meinten das Gegentheil zu demon- striren durch ein mit Asche gefülltes Gefäss, das ebenso- viel Wasser aufnehme — so drückten sie sich ungenau aus — wie das leere Gefäss (Aristot. Phys. 4, 6 p. 213° 21.) Empedokles zeigte, wie ein Gefäss, dessen Oeffnung mit dem Finger geschlossen ins Wasser getaucht wird, auch wenn der Finger weggezogen ist, sich nicht mit Wasser füllt, weil die im Gefäss eingeschlossene Luft Gegendruck übt. (Vgl. Gomperz, Griechische Denker IS. 191 und 8. 447.) | Sehr zahlreichen Experimenten der einfachsten Art bis zu recht complieirten Vorrichtungen begegnen wir auf dem Gebiete der Optik und hier vor Allem zur Erklärung der Lichtreflexion und Refraction. Eingangs der unter dem Namen des Eukleides gehenden Optik wird der Satz ausgeführt, dass die Lichtstrahlen ihren Weg in geraden Linien nehmen und zum Beweise der Versuch gemacht mit einer kleinen Platte, in die ein Loch gebohrt ist, durch welches das Licht einer Lampe horizontal auf ein zweites dahintergehaltenes Plättchen fällt. Ob man auch schon eine Methode kannte, die Ge- schwindigkeit des Lichtes zu messen, muss dahingestellt bleiben. Aber dass das Licht eine gewisse Zeit zu seiner Fortpflanzung braucht, wie der Schall, nur weniger, steht dem Verfasser der Schrift de mundo theoretisch fest (Cap. 4, 395° 16). Und lange vor ihm hat Empedokles gelehrt, dass das Sonnenlicht in den Zwischenraum früher ge- BER 1 RER lange als zu unserem Auge oder zur Erde (Aristoteles de sens. cap. 6, 446° 26 ff.) Jetzt nimmt man, wie ich aus Humboldts Kosmos 3 S. 90 und S. 125 ersehe, in Fach- kreisen, wahrscheinlich allgemein, an, dass sich diese An- sicht zuerst bei Bacon von Verulam finde. Es erklärt sich das, wie Anderes der Art, daraus, dass eben die bessere Einsicht nicht in weitere Kreise drang. Zeigt sich doch auch bei Seneca von ihr nicht die geringste Spur, der vielmehr die Ansicht, wie sie der Augenschein an die Hand gibt, ganz zuversichtlich vorträgt: Lumen non pau- latim prorepit, sed semel universis rebus infunditur, sagt er Nj sqE 2605-45 Mehrere die Reflexion und Refraction des Lichtes de- monstrirende Versuche finden sich zusammen getragen bei Seneca N. q. I. So Cap. 6 § 5: Füllt man einen Becher mit Wasser und wirft einen Ring hinein oder ein Geldstiick, so sieht man Ring und Geldstiick, obwohl sie auf dem Boden liegen, an der Oberfläche des Wassers, Oder wenn man, wie einer der ersten Sätze in der Katoptrik des Eukleides demonstrirt, am Boden eines Gefässes einen Gegenstand niederlegt, dann so weit zurücktritt, dass der- selbe dem Auge hinter der Wand des Gefässes verschwin- det, so wird der Gegenstand wieder sichtbar, wenn in das Gefüss Wasser gegossen wird. Der Grund der Er- scheinung blieb dem Seneca allerdings verborgen, wie der Zusammenhang an jener Stelle und 1, 3, 9 zeigt, (vgl jedoch $ 7) aber griechische Gelehrte kannten ihn. Den Regenbogen zu erklären hatten die Walker die Anleitung gegeben, indem sie Tuch mit Wasser bespritzten — und das ähnliche Farbenspiel, welches das durch die Schaufeln der Ruder zerstäubte Wasser darbietet (Seneca N. q. I, 3, 2; 5, 6; 7, 1; Aristot. Meteor. 3, 4). Aber man versuchte auch das Phaenomen hervorzurufen, indem man aus gesprungenen Röhren Wasser herausdrängen liess, der Sonne ‚entgegen. Oder. man fertigte, wie das alate Cr Seneca N.q. 1, 7, 1 beschreibt, keulenähnliche Glasstäb- chen mit Riefen und Kanten, also Glasprismen, und hielt sie gegen die Sonne. Sie zeigten die Farben des Regen- bogens. Schneider, Hclogae physicae II p. 254 hat ver- muthet, dass man zur Anfertigung solcher Prismen durch die langen, sechseckigen Berylle und den Iris genannten Edelstein angeregt worden, von denen Plinius berichtet N. H. 37, 76 und 136. Dieselben oder ganz ähnliche, jedenfalls nicht lehr- reichere Versuche erneuerte Roger Bacon, warf aber den Alten vor, dass sie das Phaenomen desshalb nicht richtig erklärt hätten, weil sie dasselbe nicht durch Experimente darzustellen versucht hätten. So beachtenswert die angeführten optischen Versuche sind, so ist es doch erst dem auch auf anderen Gebieten bahn- brechenden Ptolemaios gelungen, durch ein sinnreich einge- richtetes Instrument die Lichtbrechung in Luft und Wasser ex- perimentell zu demonstriren und ihre Gesetze zu bestimmen. Seine Vorrichtung, die wir nicht aus dem Originalwerk des Ptolemaios, sondern aus einer lateinischen Ueber- setzung kennen, ist vielfach in neueren Werken genau beschrieben und ich brauche auf dieselbe nicht näher einzugehen. Sehr einfach ist einzur Wärmelehre gehöriges Experi- ment des Demokritos, das Seneca N. q. 4, 9 seiner me- teorologischen Verwerthung halber anführt. Demokrit will den Satz demonstriren, je dichter ein Körper sei, desto schneller nehme er die Wärme auf und behalte sie umso länger. Stelle man ein ehernes Gefäss und ein gläsernes und ein silbernes in die Sonne, so werde das eherne am schnell- sten warm und bleibe am längsten warm. Seneca oder sein Gewährsmann wendet das an zur Erklärung des Phaenomens, dass es auf den Gipfeln hoher Berge, ob- wohl sie der Sonne viel näher seien, kälter ist als in der Ebene. Je höher die Luft ist, meint er, und je weiter ae AEE vom Dunstkreis der Erde entfernt, desto feiner und reiner ist sie, Daher hält sie die Sonnenstrahlen nicht fest, sondern lässt sie wie durch leeren Raum hindurchgehen, Plinius N. H. 36, 199 erwähnt Experimente mit Glaskugeln, die mit Wasser gefüllt und in die Sonne ge- stellt, so heiss geworden seien, dass sie Kleider durch- brannten. Das führte zur Anfertigung von Kristallkugeln, deren sich die Aerzte bedienten, weun es bei ihren Patienten etwas zu brennen gab, wie derselbe Plinius 37, 28 berichtet. Offenbar war Plinius vollkommen im Unklaren über den eigentlichen Grund jenes von ihm beschriebenen Vorganges, doch ist daraus nicht zu schliessen, dass es sein wahrscheinlich griechischer Gewährsmann, der das Experi- ment ausführte, ebenso gewesen sei. Seine natürliche Anziehungskraft übte der Magnet auch insoferne, als er zu mannigfaltigen Experimenten reizte, um eben die auffälligen Erscheinungen der An- ziehung und Abstossung zu demonstriren. Lucretius VI., 910 ff. bewundert an ihm, dass eine Kette von Ringen, an ihm herabhänge, 5 und mehr, vom Hauche der Luft hin- und hergeweht. Interessanter noch war dem Lucretius an Experimenten zu sehen, dass der Magnet auch durch andere Körper, z. B. durch eherne Schalen hindurch auf Ringe und Eisenspähne wirkte: aufhüpfen sogar sah ich samothrakische Ringe und Eisenspähne toben in ehernen Schalen, wann der Magnetstein untergelegt ward. (VI, 1042 ff.) Zum Schlusse will ich das Experiment erwähnen, auf welches Simplicius den Aristoteles und diejenigen verwies, welche sich zu dessen Satz von der zunehmenden Ge- schwindigkeit fallender Körper bekannten. Sie fielen um so geschwinder, hatte Aristoteles de coelo I, 8, p. 277 a 27 gelehrt, je näher sie der Mitte, d. i. dem Mittelpunkt des Kosmos oder der Erdmitte kämen, Dann müsste, meint Simplicius, da die Geschwindigkeit von der Schwere eg BS Toe bedingt sei, ein Körper auf einem hohen Thurme oder Baume oder auf einer jah abfallenden Bergspitze frei schwebend gewogen leichter sein, als am Boden. (Simplicii in Aristotelis de coelo commentaria, ed. Heiberg p. 267). Ich bin zu Ende. Meine Zusammenstellung kann keinen Anspruch auf erschöpfende Ausbeute der uns er- haltenen Schriften und Fragmente erheben und hält man sich die enormen Verluste an Originalwerken gegenwärtig, die wir, wie ich erwähnte, erlitten haben, so muss man annehmen, was ich vorgeführt habe, könne nur einen Bruchtheil jener experimentellen Untersuchungen aus- machen, aus welchen die physikalischen Lehren der Griechen hervorgegangen sind, die man lediglich als Ge- dankenarbeit, als geniale Ahnungen, als Erzeugnis von Inductions- und Analogieschlüssen anzusehen gewohnt ist, Es fehlt ja an solchen in den physikalischen Studien der Griechen keineswegs, sie sind sogar ohne Zweifel eine Hauptquelle ihrer Lehrsätze und andererseits sind ihre Experimente, zum Theil wenigstens, aus naheliegenden und von selbst sich aufdrängenden alltäglichen Vorgängen her- genommen, oder sind oft nichts anderes, als blosse Illu- strationen aufgestellter Lehrmeinungen. Aber das ist doch nur eine Folge ihrer Nothlage, in welche sie durch die Unvollkommenheit ihrer Versuchsapparate versetzt waren. Dass sie die Methode des Versuchs im Sinne der modernen Wissenschaft nicht verschmähten, wo immer ihre Hilfsmittel sie gestatteten, glaube ich durch Belege aus allen Epochen erwiesen zu haben. Und selbst die späteren Compilatoren und Encyclopaedisten verdienen kaum in so schroffen Gegensatz gestellt zu werden zu ihren modernen Collegen, wie das gewöhnlich geschieht. Wenn z. B. der Eingangs dieses Vortrages genannte Klein a. a. QO. seiner Verwunderung lebhaften Ausdruck darüber gibt, dass Plinius oft Dinge erzählt, von deren Unrichtig- keit er sich leicht durch Nachprüfung hätte überzeugen können, so ist das vollkommen zutreffend, aber es wird Se Aes nicht schwer fallen, dem Plinius Genossen aus der neuesten Zeit an die Seite zu stellen. Indess es gehört nicht zum Gegenstand meines Vor- trags, die alten Compilatoren und’ Eneyelopaedisten in Schutz zu nehmen, auch ist ja Genossen zu haben eine Entschuldigung von zweifelhaftem Werth. Zur Theorie der Innervationsgefühle. ') Von L. Kerschner. Da die Morphologie die anatomischen Substrate phy- sischer und psychischer Vorgänge zu erforschen hat, so wird ihr auch in einer physiologischen oder psycholo- _ gischen Streitfrage über das Vorhandensein eines Vor- gangs ein gewichtiges, vielleicht ein entscheidendes Ur- theil zukommen, In der Frage nach der Existenz von „Innervations- gefühlen“‘ oder „Innervationsempfindungen“, welche auch heute noch von der einen Seite gefordert, von der anderen geläugnet werden, sind wohl die anatomischen Befunde schon mehrfach zu Rathe gezogen worden: So ist der vermeintliche Mangel sensibler Nervenendigungen im Muskel für Bernstein?) geradezu der Grund zur An- nahme von Innervationsempfindungen, zu deren Ablehnung hingegen Rollett3) den seither erbrachten Nachweis ver- schiedener sensibler Endigungen im Muskel mit heranzieht. Die entscheidende Frage aber: Kennen wir anatomische ı) Nach einem Vortrage, gehalten in der wıssenschaftlichen Aerztegesellschaft in Innsbruck am 6. November 1897. 2) Untersuchungen über den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsysteme, 1871, S. 239. ®) Eulenburg’s Realencyclopaedie, B. 13, 1888, S. 581. ee Verhältnisse, welche uns das Zustandekommen von In- nervationsempfindungen als möglich erscheinen lassen? ist wohl gelegentlich berührt, jedoch für sich, unabhängig von der Frage nach der Quelle der kinaesthetischen Em- pfindungen, noch nicht erörtert worden. Dies ist aber nothwendig, da durch den Nachweis jener Organe, von welchen die letztgenannten Eindrücke ausgehen, der Annahme daneben bestehender Innervations- empfindungen der Boden nicht entzogen ist. In der That lassen ja die meisten Verfechter der letzteren auch die Muskelgefühle gelten. Der erste Schritt zur Auffindung anatomischer Sub- strate für die fraglichen Empfindungen wird wohl der genauen Definition der letzteren gelten müssen. Schon hier stossen wir auf Schwierigkeiten. Nach J. Müller, welcher gewöhnlich als Begründer der Theorie der Innervationsempfindungen angeführt wird, und dessen Ansicht!) mit jener älterer Autoren, besonders der englischen Psychologen im Wesentlichen übereinstimmt (vgl. v. Volk- mann?), wären sie ein vielleicht neben dem Gefühl im Muskel vorhandenes „Wissen von dem Mass der vom Gehirn incitirten Nervenwirkung‘‘. Harless’ „Bewegungsbilder‘‘3) sind durch schwache Erregung eines motorischen „Centralelements‘: entstandene, dem Sensorium auf einer innerhalb des Centralorganes ver- laufenden Bahn zugeleitete Eindrücke. Nach v. Helmholtz sind die Innervationsempfindun- gen Wahrnehmungen der „Intensität unserer Willensanstren- gung, durch welche wir die Muskeln in Wirksamkeit zu setzen suchen“; „wir fühlen . . . den Grad der Innervation, die wir 1) Handbuch der Physiolgie, B. 2, 1840, 8. 500. >) Lehrbuch der Psychologie, B. 1, 1875, 8. 296 u. fs >) Fichtes’ Zeitschrift f. Philosophie N. F, B, 38, S. 66, PEL, Tp Sea den Augenmuskelnerven zufliessen lassen‘ 1); „wir fühlen also, dass und wann wir Impulse geben, wir unterscheiden gleiche und ungleiche Impulse.‘ 2) Bastian?) dachte ursprünglich an die Möglichkeit, dass entsprechend molecularen Veränderungen, die in Folge eines Willensimpulses in gewissen motorischen Zellen des Rückenmarkes entstehen, Eindrücke durch Fasern, welche in den motorischen Zellen entspringen, in den hinteren Rückenmarkssträngen hirmwärts geleitet werden. Meynert’s‘) Innervationsgefühle, die von Wer- nicke5) und H. Sachs) ausdrücklich anerkannt wer- den, sind „aus dem Reflexcentrum, höheren Centren und der Rinde zugeleitete Empfindungen von dem Be- wegungsvorgang“: ähnlich fasst sie auch Exner’) auf. v. Volkmann®) „gilt die Muskelempfindung als Innervationsempfindung‘“‘, wobei er es als gleichgiltig an- sieht, „ob der Impuls physischen oder reflectorischen Ur- sprunges ist, ... seinen Effect erreicht oder bloss au- strebt‘‘, es erschiene „am gerathensten, den Namen Muskel- ‘) Physiol. Optik, 2. Aufl. 1896, 3. 742, 947, (ebenso schon in der 1. Aufl.) 2) Die Thatsachen in der Wahrnehmung, 1878, 8. 15. ; 3) Das Gebirn als Organ des Geistes, 1882, S. 381. (Brit. med. journ. April 1869). | 4) Das Zusammenwirken der Gehirntheile (Verh. d. 10. inter- nat. med. Congr.) 1890, S. A. S. 7, ähnlich in früheren Mitthei- lungen, so: Arch. f. Psych. B. 4, S. 422. 5) Das aphasische Symptomencomplex, 1874 in: Gesammelte Aufsätze, 1893, 8.6; Grundriss der Psychiatrie, 1894, S. 50. 6) Vorträge über Bau und Thätigkeit des Grosshirns, 1893, 8.122, ?) Entwurf zu einer physiologischen Erklärung der psychischen Erscheinungen, 1894, S. 170, 192; s. w. u. 8) Lehrbuch der Psychologie, B. 1, 1875, S. 290, 295. 6 palin) diate empfindung definitiv gegen den der Innervationsempfin- dung umzutauschen.“ H. Munk‘) definirt die Innervationsgefühle als die „Wahrnehmungen der Bewegungsanregung bei der activen Bewegung der Körpertheile“; die Organe, deren Thätig- keit als Innervationsgefühl wahrgenommen wird, sind die unterhalb der Grosshirnrinde im Hirn und Rückenmark befindlichen Centren. Nach Lotze fühlen wir den Impuls, welchen wir den motorischen Nerven ertheilen, nicht in dem Augenblicke, wo er von den Centralorganen ausgeht, sondern wir nehmen nur die näheren oder eutfernteren Folgen seiner Wirkung auf die Muskeln durch eine centripetale Erregung wahr, die von dort zu dem Gehirn zurückkehrt 2); die Innervationsempfindung ist die Empfindung nicht der beabsichtigten, sondern einer bereits vollzogenen Aen- derung im Muskel, und zwar der ohne sichtbaren Erfolg gebliebenen Contraction. 3) Wundt, welcher ursprünglich #) gleich Lewes°) mit Arnold®) die Anschauung vertrat, „dass die Muskel- empfindungen in den Muskeln selber ihren Sitz haben‘ und dass die motorischen Fasern diese Empfindungen leiten, wird vielfach mit Unrecht als entschiedener Vertreter eines rein centralen Ursprungs der Innervationsempfin- dungen angesehen. Wiewohl dieser Autor jedoch später ’) 1) Ueber die Functionen der Grosshirnrinde (3, Mitt. 1878) 1881, S. 43, 52. >») Medicinische Psychologie, 1852, 8. 305. 8) Kleine Schriften III, 8.389 (Sur la formation de la notion d' espace. 1877.) ‘) Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung, 1862, 8. 409. 5) Physiologie des täglichen Lebens, 1860, B. & & 195, u ®) Ueber die Verrichtung der Wurzeln der Rückenmarks- nerven 1844, S. 112 u. f. 7) Grundzüge der physiolog. Psychologie, 3.A. 1. B. 1887,83. 404. diese Empfindungen „als blosse central ausgelöste Repro- ductionen von Kraft- und Bewegungsempfindungen“ be- trachtet, in neuerer Zeit!) auch die Bezeichnung „In- nervationsempfindungen“ fallen lässt und es als wenig wahrscheinlich erklärt, dass die nämlichen Elemente der Grosshirnrinde, von denen die centrifugale Innervation ausgeht, auch die Träger von Bewegungsempfindungen seien, so lässt er dennoch eine centrale Componente der Bewegungsempfindungen gelten; er neigt zur Annahme, dass die „centromotorischen Elemente mit centrosensorischen in Verbindung stehen, welche letztere daher ebensowohl durch die peripherischen Reize der die Bewegung begleitenden Vor- gänge, wie durch den centralen Reiz der motorischen Inner- vation erregt werden können.“ Auf diese Weise soll es sich zugleich erklären, dass die „Innervationsempfindung‘‘ psychologisch das Erinnerungsbild einer wirklichen Be- wegungsempfindung ist. Nach Münsterberg?) u. a. A. ist jedoch „das Im- pulsgefiihl nichts anderes als die „Innervationsempfindung der ersten auszuführenden Bewegung“, die Innervations- empfindung selbst die Erinnerungsvorstellung einer früher ausgeführten Bewegung. Es ist klar, dass diese Auffassung, welche sich be- reits in älteren von Lotze und Harless bekämpften Willenstheorien findet, eine gänzliche Läugnung wirklicher, recenter Empfindungen bedeutet, ohne jedoch den Stand- punkt von Trendelenburg?) und George‘) zu ver- treten, dass wir von allen unseren eigenen Bewegungen 1) Dasselbe Werk, 4. Aufl, 1. B., 1892, S. 431, 434 Anm. vergl. Vorlesungen über die Menschen und Thiersee, 2. Aufl., 1892, S. 145. 2) Beiträge zur experimentellen Psychologie, Heft 1., 1889, S. 22. 3) Logische Untersuchungen, 1840, 2) B.4 ee 196; 4) Lehrbuch der Psychologie, 1854, 8. 2 31. 6% ein unmittelbares Bewusstsem haben und dazu gar keiner sinnlichen Empfindung bedürfen. Bezüglich der zum Theil stichhaltigen Gründe, welche gegen die Annahme jedweder Innervationsempfindung vorgebracht wurden, verweise ich auf Hering!) Fun- ke2), Rolett3), G. E. Müller und Schumann), De- labarre?°). Schon die angeführten Beispiele genügen, die Ver- worrenheit der zuletzt aufgeworfenen Frage nach einer Definition der Innervationsempfindungen darzuthun; denn sind auch oben die Antworten, welche wir in der Lite- ratur finden, der Zahl nach nicht erschöpft worden, so scheinen sie doch kaum weiter auseinander gehen zu können als die mitgetheilten. Wenn wir Wundt’s neuere Auffassung mit einbe- ziehen, so haben die Innervationsempfindungen in diesen Definitionen nichts anderes gemein, als das Wesen eines Bewusstseinsinhalts; aber selbst dieses schwindet, da offen- bar auch die „höchst wichtige Gruppe“ von unempfun- denen kinaesthetischen Eindrücken Bastian’s®) hieher gehört, „welche die motorische Thätigkeit des Gehirns leiten, indem sie es unbewusst in Beziehung zu den verschiedenen Graden der Contraction aller Muskel bringen, welche sich im Zustande der Thätigkeit befinden“. Lassen wir die Frage der Apperception und somit die letztgenannte Auffassung bei Seite und schalten wir, ohne damit die scharfe Trennung von Empfindung und Erin- nerungsbild vertreten zu wollen, auch jene Hypothesen !) Hermann’s Handb. der Physiologie, 3. Band, I, 8. 548. 2) ebd. 3. B. 2, S. 368. 8) a. a. O. S. 581. 4) Pflüger’s Archiv 45, 8. 80-90. 5) Ueber Bewegungsempfindungen, Freiburg, 1891, 8. 10—31. 6) a. a. 0.8. 216. ~ aus, welche blos reproducirte Empfindungen gelten lassen oder solche zu Hilfe nehmen, so unterscheiden sich die zurückbleibenden vorzüglich dadurch, dass sie die Ent- stehung der Empfindung an verschiedene Orte verlegen. Da hiezu schon der ganze Bell’sche Kreis, fast jedes ein- zelne Glied der Kette von der motorischen Rindenzelle durch die motorische Wurzelzelle zum Muskel und von da zurück durch die sensible Leitung zur Rinde heran- gezogen worden ist, so müssen wir im Gegensatze zu den oben ausgeschiedenen reproducirten „peripheren“ Innervationsempfindungen (Münsterberg, z. T. Wundt) noch recente periphere (Lotze, v. Volkmann) un- terscheiden und diesen „centrale“ gegenüberstellen ; unter den letzteren wiederum finden wir recente corticale (J. Müller, v. Helmholtz), subcorticale und davon et- wa noch abzutrennende spinale Innervationsempfindungen (Meynert, Munk) vertreten. Ich muss mir versagen, an dieser Stelle die Gründe anzuführen, welche bei jeder einzeln Annahme für und wider angeführt worden sind und oder werden könnten, und beschränke mich darauf, die Zulässigkeit beider Hauptgruppen kurz, und soweit dies möglich, nur vom Standpunkte der Morphologie zu erörtern. So betrachtet könnten heute die recenten peripheren Innervationsempfindungen, also Muskelempfindungen im Sinne von Lotze und v. Volkmann nicht mehr bezweifelt werden, nachdem uns für solche ausser an- deren sensiblen Endigungen (s. Rollett!) auch noch die Muskelspindeln zur Verfügung stehen, deren sensible Natur, von mir aus dem Baue und beweisenden patho- logischen Fällen erschlossen 2), durch Onanoff) ra.r.0. 02184581: 2) Anat. Anz. 1888, S. 132, 8. 294 u. f., 1892, 8. 85 u. f. 1893, S. 455 uf. 3) C. r. Société de biologie, 1890, S. 432, 433. und Sherrington') experimentell erwiesen ist; doch dürfen diese Sensationen die Bezeichnung von Innerva- tionsempfindungen nicht beanspruchen, solange ein wesent- licher Unterschied zwischen ihnen und sonstigen kin- aesthetischen Eindrücken nicht dargethan ist. Bis dahin gilt auch für sie der Eimwand, welchen E. Hering?) gegen die Verwertbarkeit von Muskelempfindungen zur Erklärung der Raumgefühle, oder Schiff gegen eine ähnliche Erklärung des „Bewusstseins der Kraftschätzung“ vorbringt: „Dieses Gefühl kann allerdings nicht in auf die Umgebung ausgeübten Folgen der Muskelcontraetion begründet sein, denn es besteht schon, ehe diese her- vorgetreten, es ist aber auch nicht Gefühl der Verän- derung des Muskels selbst, denn es geht auch dem An- fange der Zusammenziehung vorher‘ 3) Was nun die centralen Innervationsempfindungen an- langt, welche von einigen Autoren als „Empfindungen von der Zellthätigkeit‘‘ näher bestimmt werden (Wer- nicke+*), Gowers®), so ist deren Annahme, wie Gruen- hagen®) bemerkt, nicht von vorneherein abzuweisen, und es „würde diese Ansicht so auszusprechen sein, dass vielleicht in der Wurzelzelle einer motorischen Faser im Gehiru oder Rückenmark derselbe unbekannte Process, welcher durch einen Ausläufer eine motorische Faser in Erregung versetzt, durch einen anderen einer sensiblen Ganglienzelle sich mittheile*. Wollte man auch diese Leitungsfähigkeit, auf Grund der mannigfach gestützteu Annahme, dass die Dendriten der Ganglienzellen nur cel- ') Journal of Physiolgy, B. 17, S. 211. ?) Beiträge zur Physiologie, 1861—1864 z. B. 8. 344. ’) Lehrbuch der Physiologie des Menschen, 1858, S. 157. *) Grundriss der Psychologie, 1894, S. 50. 5) Handbuch der Nervenkrankheiten, iibersetzt von Grube, B. 1, 1892, S. 13. ‘) Lehrbuch der Physiologie, 1886, B. 2,. S. 198. lulipetal leiten, letzteren Fortsätzen absprechen, so könnte man sie immerhin noch den aufsteigenden Collateraten der Neuriten zuschreiben. Dieser Vorstellung entsprechen auch die zur Rinde leitenden Fasern (C) in Exner’st) Schema eines Centrums der optischen Bewegungsem- pfindungen. Es scheint jedoch näher liegend, die auf- steigenden Collateralen motorischer Rindenzellen mit der reciproken und in anderer Art abhängigen Innervation (vgl. H.E. Hering und Sherrington?) in Zusammen- hang zu bringen. Auch sonst vermag ich keine anatomische Thatsache aufzufinden, welche die oben angedeutete oder eine an- dere Entstehungsart centraler Innervationsempfindungen wahrscheinlich machen und den mannigfachen Bedenken gegen die letzteren wenigstens das Gleichgewicht halten könnte. Ich glaube daher, dass die fraglichen centralen Empfin- dungen so lange abzulehnen sind, als einerseits für sie ein geeignetes anatomisches Substrat, an welches ja beim heu- tigen Stande unserer anatomischen und physiologischen Kenntnisse von vornherein leidlich präcise Forderungen gestellt werden können, mangelt, andererseits die Unmög- lichkeit, die Innervationsempfindung gleich allen übri- gen auf die Reizung eines sensiblen Neuron I. 0. zurück- zuführen, nicht erwiesen ist. Dieser Nachweis fehlt: denn erstens besteht der Mangel sensibler Muskelnerven, derz. B. für Bernstein bestimmend war, (8.0.), in Wirklichkeit nicht; zweitens können Schlüsse, wie die oben angeführten Schiff’ s wohl die Unmöglichkeit darthun, die Innervationsempfindungen aus Contractions-, Druck- und Spannungsempfindungen zu erklären, ver- mögen jedoch nicht, die Unzulässigkeit der Annahme jeg- licher peripherer Innervationsempfindung zu beweisen. Dies 1) a. a. O. S. 193, Fig. 53. 2) Pflüger’s Arch. B. 68, S. 221. 2 vermöchten sie erst dann, wenn ihre unerwiesene Voraus- setzung, dass die sensiblen Muskelnerven nur durch die Contraction, die Spannung oder die Folgen dieser Zu- stände gereizt werden, berechtigt wäre. Die Frage nach der Existenz von Innervationsem- pfindungen ist somit auch durch die Ablehnung der centralen nicht abgethan, Nehmen wir also diese Frage bei wörtlicher Auf- fassung der Bezeichnung ,,Innervationsempfindung wieder auf, so haben wir vorerst zu entscheiden, ob wir Endi- gungen sensibler Neuronen I, OÖ. kennen, welche durch den Erregungszustand peripherer Abschnitte motorischer Neuronen I. QO. gereizt werden können; und falls solche sensible Elemente bestehen, ferner noch, ob wir eine Fort- setzung ihrer Bahn zur Rinde anzunehmen berechtist sind. Wenn wir der ersten Theilfrage nähertreten, so ver- weist uns sowohl der negative Befund längs des Neu- riten, als auch das Wesen des motorischen Neurons, die enge Verbindung seiner Enden mit der Muskelfaser, auf das Gebiet der letzteren als den einzigen Ort, wo eine innigere Beziehung eines motorischen zu einem sensiblen Neuron I. 0. möglich wäre. Da jedoch sensible Endigungen innerhalb der mo- torischer Endplatten nicht sicher gestellt sind, übri- gens auch schon im Bereiche der sensiblen Muskel- nerven lägen, so können wir nur mehr die letzteren als die einzige noch erübrigende Quelle etwaiger durch das motorische Neuron veranlasster Innervationsempfindungen in Betracht ziehen; wir dürfen dies, weil die dem Mus- kel vom Nerven zugeleitete Erregung wahrscheinlich ,,in bei- den Organen den selben Gesetzen unterliegt“ (Bernstein 4), Wiewohl uns nun das eigentliche Wesen des Er- regungsvorganges verborgen ist, sind wir dennoch im Stande, unsere Frage weiter zu verfolgen, wenn man be- % 1) a.a. O. S. 139. rechtigt ist, „daran festzuhalten, dass die negative Schwankung des Nervenstromes ganz ebenso wie die des Muskels als galvanischer Ausdruck der Erregung der lebenden Nerven eine vitale physiologische Erscheinung ist“ (Biedermann 4), Unsere Frage spitzt sich somit dahin zu, ob Schwan- kungen des Muskelstroms die Endigungen sensibler Mus- kelnerven zu erregen vermögen. „Da es keinem Zweifel unterworfen sein kann, dass die secundäre Wirkung eines Muskels auf den anliegen- den Nerven durch die electrischen Schwankungswellen zu Stande kommt“ (Biedermann); da ferner, wie Kühne bemerkt, schon Matteucci „darauf hinwies, wie der Einfluss des Muskels auf den Nerven auch sensible Er- regungen bedingen könne“, und Kühne selbst Empfin- dungen anführt, bei denen an „myoelectrische Erregung sensibler Fasern, die dem Muskel entweder selbst ange- hören oder in seiner Wirkungssphäre verlaufen, zu denken ist‘ 3), so wird diese Frage von den Physiologen bejaht. Der Morphologie fällt also, da sensible Nervenendi- gungen an Muskelfasern, und zwar in wirksamer Anord- nung, nachgewiesen sind, nur mehr die Aufgabe zu, an der Beantwortung der jetzt noch auftauchenden Frage mit- zuarbeiten, ob „der Schutz natürlich verlaufender Nerven- fasern vor dem Muskelschlage“, welcher nach Kühne !) von der Natur in vielfacher Weise erreicht wird, sich auch auf die sensiblen Endigungen des Muskels erstrecken kann. Bei den mir genauer bekannten sensiblen Endi- gungen der Muskelspindeln, konnte ich, zumal bei den 1) Elektrophysıologie, 1895, S. 657. Eh ES ORNSh Bi 8) Unters. a. d. physiol. Inst. d. Univers. Heidelberg, 3. B., S. 71, 82. 4)" ara. OF N 82: Se en gi einfaserigen, kein anatomisches Verhältnis auffinden, welches in diesem Sinne gedeutet werden müsste. Wohl könnte man geneigt sein, aus der Lage dieser Gebilde deren se- cundäre Unwirksamkeit zu folgern, da die nächste Nach- barschaft stärkerer Nerven einen ihrer Lieblingssitze bildet, was bereits den ersten Beobachtern der neuro- muskulären Stämmchen auffiel und was Mays) für die thierischen Muskelspindeln näher ausführte, die Nerven aber in ihrer natürlichen Lage sich des erwähnten Schutzes erfreuen. Es lässt sich jedoch dieser Befund auch auf Grund meiner Hypothese erklären: die Muskelspindeln müssen, vom Sparsamkeitsgesetze ganz abgesehen, die geschützte Lage des Nerven theilen oder bei Verlagerung in die peripheren Abschnitte des Muskels, ja in das Sehnen- gewebe (Forster), sich eines ähnlichen Schutzes er- freuen, um vor nicht adäquaten Reizen, zu welchen auch die Actionsströme fremder, mit den eigenenen Fasern nicht zusammenhängender motorischer Innervationsgebiete gehören, gesichert zu sein; der nachbarliche Nervenstamm aber ist vor der Wirkung der dünnen Weismann’schen Fasern, welche bei Reptilien mitunter kaum stärker sind, als ihr dicker sensibler Nerv, durch den letzteren und dessen gut leitendes, mächtiges markloses Geäste genügend geschützt. Eine Interferenz von Schwankungswellen nachlaufen- der oder entgegenlaufender Bewegungsrichtung werden wir an den Weismann’'schen Fasern wohl annehmen müssen, wo wir die häufig zu beobachtende, vielleicht schon durch die Eigenart der Muskelfaser geforderte Theilung der motorischen Endplatten, Mehrzahl der letzteren und deren Vertheilung auf den distalen und proximalen Ab- schnitt der einzelnen Faser oder der Gesammtspindel 1) Zeitschr. f. Biol., B. 20, S. 450. 2) Virchow’s Archiv, B. 137, 8. 132. A rcpt antreffen; es müsste jedoch erst nachgewiesen werden, dass diese Verschiebung der Schwankungswellen secun- däre Unwirksamkeit bedingen könne, Soferne in dieser schwierigen Frage schon eine Vermuthung gestattet ist, glaube ich, dass das Ver- hältnis der kleinen Entfernungen benachbarter moto- rischen Endplatten zu der angenommenen Länge der Reiz- welle eher gegen die letzterwähnte Annahme spricht, eben- so die ungefähr gleiche Höhenlage der Sascoplasmaan- häufung in den einzelnen Fasern mehrfaseriger Spindeln und die von mir mehrfach beobachtete annähernd gleiche Entfernung ihrer proximalen und distalen motorischen Endplatten von der Spindelmitte. Zieht man noch die grosse Ausdehnung der dichten sensiblen Nervenverzweigung an den in ihrer weiten Hülle wie in einem Reizkästchen lagernden Weismann’schen Fasern, ferner die Form und Anordnung der marklosen Nervenäste in Betracht, welche die Muskelfasern bei man- chen Säugern streckenweise gleich einem Multiplicator- gewinde umkreisen, wobei sie, ebenso wie die Endfasern, durch starke Verbreiterung eine grosse Contaktfliche herstellen, oder, bei Amphibien, den Muskelfasern als dichte Büschel in wirksamster Anordnung, der Länge nach aufliegen, dann wird man wohl nicht umhin können, die Annahme secundäre Unwirksamkeit der Weismann’- schen Fasern für wenig wahrscheinlich zu erklären. Die gegentheilige Annahme scheint mir schon des- halb nöthig, weil sie die nächstliegende, einfachste und die mit unserer dermaligen Kenntnis der Muskelspindeln am leichtesten vereinbare ist. Gerade für die sensiblen Muskelnerven kommen ja alle bekannten Nervenreize in Betracht; für die freien Endigungen, an den gewöhnlichen Muskelfasern haben nur wenige Autoren, so Müller und Schumann)}), 1) a. a. O. S. 65. Os" Gi welche die Bedeutung des chemischen Reizes betonen, eine andere Art der Reizung erwogen, als die mechanische, und die gleiche nehmen auch fiir die Muskelspindeln die Forscherin und sämmtliche Forscher an, welche sich über diese Frage geäussert haben: Clara Forster), Sher- rington?), Sihler*), Langhans‘). Wiewohl ich nun für freie Endigungen im Perimysium internum, so dessen Endbüsche, einen mechanischen Empfindungsreiz annehmen möchte, vermag ich die Bedingungen für den letztern (vgl. v. Uexküll5) bei den Muskelspindeln nicht nachzuweisen und vermisse diesen Nachweis auch in den eben erwähnten Arbeiten; auch für die Annahme eines chemischen oder thermischen Reizes finde ich keinen An- haltspunkt. Da also die Möglichkeit einer wenn auch nur mittel- baren Reizung eines sensiblen Neuron I. O. durch den Erregungszustand eines motorischen Neuron vorläufig nicht in Abrede gestellt werden kann, dürfen wir auch noch die zweite Bedingung für das Zustandekommen von Innervationsempfindungen erwägen, die Möglichkeit der Fortleitung der Erregung zur Rinde, Man wird an dieser Forderung umsomehr festhalten müssen, als ja die Muskelspindeln schon bei niederen, „vor- wiegend spinal organisirten“ Wirbelthieren vorhanden sind und hier über die sonstigen sensiblen Endigungen des Bewegungsapparates zu überwiegen scheinen, wodurch der Gedanke nahegelegt wird, dass sie nur unbewusste Eindrücke vermitteln. Dass jedoch die peripheren Fortsätze der sensiblen Neuronen I. O. auch zu höheren Centren als jenen des Rückenmarkes, selbst zur Grosshirnrinde leiten, 2) a.»a. O. S. 152. 2) a. a, O. S. 248. 3) Archiv fir mikr. Anat. B. 46, 8. 715. 4) Virchow’s Archiv, B. 137, 8. 182. 5) Zeitschr. f. Biol. B. 31, S. 148. Se GaN könnte wohl schon daraus geschlossen werden, dass die Mus- kelspindeln, welche in der aufsteigenden Thierreihe offen- kundige Merkmale einer progressiven Entwickelung auf- weisen, beim Menschen durch ihr massenhaftes Auftreten in der Handmuskulatur deutlich genug Beziehungen zum .Tastsinn verrathen. Es stehen uns jedoch auch andere anatomische Thatsachen zur Verfügung, welche sich mit der von Hitzig!) und Munk?) geforderten Locali- sation der Innervationsgefühle sowohl, wie der kinaesthe- tischen Eindrücke ganz wohl vereinbaren lassen. Es sind dies in Einklang stehende Befunde über die Entwicklung der Weismann’schen Fasern, ihrer sensiblen Nerven und gewisser Bahnen der Fühlsphäre. Die bereits von mir selbst?) festgestellte, von Felix), Siemerling 6), Christomanos und Strössner®) u. A. eingehender erörterte frühe Entwicklung der Weismann’schen Fasern, welche eine frühzeitige Wirksamkeit des functio- nellen Reizes verräth, liess von vornherein ein analoges Verhalten ihrer Nerven erwarten. Dieses wurde denn auch von Weiss und Dutil?) nachgewiesen; in Ueber- einstimmung hiemit und mit den Forderungen, welche sich aus der zweckmässigen Reihenfolge der Bahnenentwick- lung (vgl. Flechsig®) Anton), aus der Möglichkeit fö- taler Bewegungsempfindungen (E. Darwin?!°), Kuss- I) Arch. f. Anat. u. Physiol., 1873, 8. 397; Untersuchungen über das Grosshirn, 1874; Neurol, Centralbl. 1888, 8. 291. ein Bis A Oye ts Cat 8) Anat. Anz.. 1888, 8. 128. 4) Zeitschr. für wiss. Zool., B. 48, S. 224. 5) Charité-Annalen, 1889, 8. 453. ®) 8. B. d. Wiener Acad., B. 100, 3. A., 8. 417. 7) Arch. de physiol. norm. et pathol., S. 5, B. 8, 8. 368. 8) Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark des Menschen 1886, 8. 224. 9) Zeitschr. für Heilk., B. 14. 8. 313. 10) Zoonomie oder Gesetze des organischen Lebens, übersetzt von’ Brandis, 1801, B. 1, S. 219: =i) x wee maul‘) und den Instinktbewegungen ergeben, sind von Flechsig?) als die ersten markhaltigen Faser- züge, welche die Grosshirnrinde mit der Körperperipherie in Verbindung setzen, in den Centralwindungen endigende Bahnen nachgewiesen worden, welche mit der als Muskel- sinnbahn zu deutenden Rindenschleife zusammenfallen (vergl. Höse] 3). Die Möglichkeit peripher bedingter lunervationsem- pfindungen muss daher zugestanden werden, wenn die Action:ströme des Muskels dessen sensible Nerven zu er- regen vermögen. Dieses Ergebnis wird vielleicht weniger befremden, wenn ich an Duchenne’s electromusculire Sensibilität +) und daran erinnere, dass Brown-Sequard5) der sensorischen Wirksamkeit der musculären Actionsströme eine grosse Rolle bei den Erscheinungen des Muskelsinns zuzuschreiben geneigt ist, und endlich auf die schon von Kühne‘) angedeuteten Beziehungen der Muskelspindeln zu electrischen Organen, welche von quergestreifter Mus- culatur abstammen( Babuchin ’), hinweise, Die unver- kennbare Aehnlichkeit der Struktur der Weismann’schen Fasern und der Plattenbilder Babuchin’s, welche, wäre sie selbst eine blosse Convergenzerscheinung, eine der von Du Bois-Reymond®) vermissten phylogenetischen !) Untersuchungen über das Seelenleben des neugeborenen Menschen, 3. Aufl., 1896, S. 41. ?) Gehirn und Seele, 1896, 8. 62; die Localisation der geistigen Vorgänge u. s. w., 1896, S. 16, 27, 62. 3) Neurolog. Centralbl.. 1890, 8. 417; Arch. für Psych., ° B. 24, S. 452. : 4) De l’electrisation localisée, 3. Aufl. 1872, S. 40. 5) Arch. de physiol. norm. et pathol., 1892, 8. 174. 8) Virchow’s Arch., B, 30, S. 206. ‘) Centralbl. f. med. Wiss., 1872, S. 545; 1875, 8. 129, 145, 161. 8) Reden, B. 1, 1886, S. 225. EN Vorstufen electrischer Organe ahnen lässt, und das Ver- hältnis zwischen der negativen Schwankung des Muskel- stromes und dem Plattenschlag, die sich nach Schön- lein!) beide an demselben „Substrat“ vollziehen, macht eine analoge Wirksamkeit beider Gebilde auf sensible Nerven, somit meine Annahme wahrscheinlich, dass die Actionsströme den Empfindungsreiz für die Muskelspindeln abgeben. Näher vermag ich auf diese und andere Stützen meiner Annahme im Rahmen dieser Mittheilung nicht ein- zugehen, da ich wenigstens in Kürze noch die Stellung meiner Innervationsempfindungen zu den früher ange- nommenen und die Frage zu erörtern habe, ob erstere allen Anforderungen zu genügen vermögen, welche nıan an sie besonders bezüglich ihres zeitlichen Verhältnisses . zu den kinaesthetischen und anderen Eindrücken zu stellen berechtigt ist. Die folgende Erwägung vermag diese Er- örteruugen zu vereinfachen. Dem Physiologen steht bei Erforschung der Vorgänge im Nerven ausser einer Reihe künstlicher Apparate auch eın organischer Stromprüfer zur Verfügung; er erhält durch das physiologische Rheoskop bei secundärer Erregung von Muskel zu Nerv zunächst Kunde von der Erregung des secundären Nerven durch die Contractionswelle vermittels der Zuckung, aber erst auf dem Umwege der optischen Be- wegungsempfindungen, welche bei Ausschluss des Gesichtes durch Tastempfindungen, etwa durch einen Schreibhebel vermittelt, ersetzt werden könnten. In dem gleichen Ver- hältnisse wie die letztgenannten Empfindungen stehen zur Innervation im lebenden Organismus die Contractions- und Spannungsempfindung und der gesammte kinaesthetische Empfindungscomplex. Der secundäre Muskel zeigt jedoch durch seine Zuckung auch die Erregung im primären Nerven 1) Zeitschr. f. Biol., B. 31, 501. SE Ae al und Muskel an und vermag dies auch dann, wenn der letztere unbeweglich ausgespannt ist, oder früher als eine Contraction des primären Muskels erfolgt, so bei der secun- dären Zuckung vom Herzen aus. Wir nehmen also wohl „den der Untersuchung zu- gänglichen, peripherischen Erfolg der Nervenreizung, die Muskelzuckung auch zum Maass der innern Vorgänge im Nerven“ (Wundt!), können jedoch von ihnen schon früher durch die voraneilende Erregungswelle Kenntnis erhalten. : Wenn der intacte Organismus von einer Fähigkeit, die er noch im zerstückelten Zustande aufweist und in den Dienst des Menschen stellt, wie von vorneherein wahrscheinlich, Gebrauch macht, also einen nach dem Princip des einzigen organischen Strompriifers eingerich- teten Apparat besitzt, dann stehen ihm schon zwei Wege: zur Verfügung, um im Bedarfsfalle — welch letzterer schon durch die nöthige Kenntnis des Innervationsfactors bei rascher und sicherer Bemessung der Spannung ge- geben ist (vergl. Fick?) — den Nachrichtendienst abzu- kürzen. Er kann dies durch Benutzung erstens der Er- regungswelle, zweitens der verschiedenen Erregbarkeit func- tionell verschiedener Muskelfasern. Das erste Mittel ist bei den Muskelspindeln ange- wandt, wenn meine Ansicht über deren Empfindungsreiz berechtigt ist, und wir können diese Organe einem physio- logischen Rheoskop vergleichen, dessen Nerv, in unserm Falle der sensible Spindelnerv, einem sarcoplasmareichen primären Muskel aufliegt. Die Innervationsempfindung könnte sonach hinsicht- lich der Bedingungen und der Zeit ihres Entstehens zur Contractionsempfindung und auch zu anderen Elementen ') Grundzüge der physiol. Psychologie. B. 1, 241, 242. 2) Medicinische Physik, 3. Aufl., 1885, S. 81. oh = des kinaesthetischen Complexes in dem gleichen Verhält- nisse stehen, wie die Erregungswelle zur Contractions- welle. Mit dem Verzichte aut das spätere Signal der Zuckung ist zugleich der oben erwähnte Umweg über ein fremdes Sinnesorgan vermieden, dennoch aber das gleiche Prin- cip der Ablesung beibehalten, wenn die optischen Be- wegungsempfindungen, wie Exner meint, mit den In- nervationsempfindungen der Augenmuskel enge verwandt sind und ebenso mit den „optischen Empfindungen von Veränderungen“, welche dieser Forscher auf Aenderungen des Tonus der Augenmuskel zurückführt.!) Ob auch das zweite Mittel zur Beschleunigung einer Nachricht von der Erregung, nämlich dieVerwendung leichter erregbaren Materiales, bei den Muskelspindeln ausgeniitzt ist, lässt sich noch nicht entscheiden, da wir über die physiologi- schen Eigschaften den W eiss mann’schen Fasern, zumalim Vergleich zu den sie beherbergenden gewöhnlichen, keinerlei Erfahrung besitzen. Ich mussjedoch betonen, dass unsere der- malige Kenntnis ihrer Structur und ihres Verhaltens bei pa- thologischen Zuständen, so ihre Resistenz Degenerationspro- gegenüber (vgl.bes. Bloeq und Marinesco?), Batten *), welche sie an die Seite der triigen Muskel verweisen wiirde, nicht geniigt, diese Frage zu verneinen; denn es käme ja hier der Zeitpunkt des Auftretens wirksamer Erregung in Betracht, nicht der zeitliche Verlauf der Con- traction, und hierin könnten sie gleich den nahe ver- wandten electrischen Organen, geradezu die günstigsten Be- dingungen darbieten, ohne auf die Vorzüge der sarcoplasma- reichen Muskelfasern verzichten zu müssen. Da die Erregungswelle auch unter anderen Bedin- gungen als bei Dehnung des Muskels unabhängig von der 1) Entwurf, 8. 195, 291, 2) C. r. Sociéte de biologie, 1890, S. 398. 3) Brain, B. 20, 8. 138. Naturw.-med Verein 1897. te Contractionswelle auftreten kann, (vgl. z. B. Kitthne 4), Biedermann), und ihre Wirkung im Tonus auch früher zu äussern vermag, so dürfen wir für sie selbst eine im Vergleich zu jener der Contractionswelle tiefer gelegene Reizschwelleannehmen, desgleichen für jenen Reiz, welcher ihre Anwesenheit signalisiren soll. Mögen auch die Reflexcollateralen dem Uebergang einer Erregung, wie sie zum Zustandekommen einerZuckung nöthig ist, zweckmässigerweise einen grösseren Widerstand entgegensetzen, als die Stammfaser (vgl. Exner), Ro- senthal und Mendelssohn !), so beweist eben der Mus- keltonus als Ausdruck der zur Peripherie abfliessenden Ner- venerregung (Exner), oder als der „nach aussen proji- cirte Erregungszustand, in welchem sich im gegebenen Mo- ment die Vorderhornzellen befinden“ (Van Gehuchten 6) den Uebergang einer, von der obigen wohl nur graduell verschiedenen Erregung auf die motorischen Wurzelzellen, und diese könnte eine dem früher erwähnten Tonusgefühl der Augenmuskel entsprechende Innervationsempfindung verursachen. Eine Aenderung dieser letzteren vermöchte also in Fällen, wo nicht sofort ausreichende Reize auf- treten, so vielleicht bei corticalen Vorgäugen, einen ge- nügenden Vorsprung vor der Contractionsempfindung zu gewinnen, um das Impulsgefühl zu erklären. Aber selbst der Innervationsempfindung bei maxima- len Zuckungen müssen wir im Hinblick auf Form und Zeit- werth zusammengehöriger Schwankungs- und Zuckungs- curven einen beträchtlichen, fast das ganze Latenzstadium 1) ag, Gi oa 2) a a O., S. 384. dea Os, 8.254, Anme Neurolog. Centralbl., 1897, S. 984. 6) a. ae OD *) Le mécanisme des mouvements réflexes, 12. internat. med. Congr. Moskau, Neurol. Centralbl. 1897, 8. 919. 3 4 ) ) ) — 6 — und einen grossen Theil des Stadiums der steigenden Ener- gie umfassenden Vorsprung zuerkennen. Ob sich ein solcher schon bei der Entstehung der Er- regung gewonnener Vorsprung erhält, ob er sich sogar noch vergrössert, das wird von den weiteren Schicksalen der Erregung bis zur Apperception der Empfindung, zu- nächst von deren Fortleitung abhängen. Für die Geschwindigkeit der letzteren kämen die Länge der Bahnen und die Widerstände in Betracht; was die erstere anlangt, so dürfte wohl nur die Peripherie in Frage kommen und hier wäre thatsächlich eine im Ver- gleich zu den Befunden an gewöhnlichen Muskelfasern beträchtliche Kürze der motorischen und sensiblen Leitung der Muskelspindeln zu beachten, welche durch die Lager- ung vieler der Organe nahe der Eintrittsstelle der Muskel- nerven und durch die geringe Ausdehnung der Weis- mann’schen Fasern selbst bedingt ist. Was den Wider- stand anlangt, so dürfte die ungewöhnliche Dicke der sen- siblen Spindelnerven, die Bahnung durch den Tonus und wohl auch die Eigenart des electrischen Reizes, dessen Fortpflanzungsgeschwindigkeit für dieselbe Strecke zumeist grösser gefunden wurde, als die eines andersartigen, der Innervationsempfindung gleichfalls einen Vorsprung sichern. Die letztere findet also im Vergleich zur Contractions- empfindung wahrscheinlich auch kürzere und besser ge- bahnte Wege vor und könnte deshalb ihren Vorsprung zum mindesten beibehalten. Nicht so einfach liegen die Verhältnisse bei jenen Innervationsempfindungen, welche nicht selbstständig auf- treten, sondern sich, etwa als Localzeichen, anderen Ein- drücken anschliessen sollen. Die Möglichkeit solcher Em- pfindungen muss ja heutzutage bei dem nunmehr er- kannten Reichthum des Muskels an sensiblen Nerven- enden, auch unabhängig von der Frage nach dem Em- pfindungsreiz der letzteren, neuerdings erwogen werden. x ‘ ao a ARE Durch. die Reflexcollateraten ist eine Uebertragung der Erregung von jedem sensiblen Neuron I. O. auf eine motorische Wurzelzelle und hiedurch eine Muskelempfin- dung ermöglicht, welche man, sowohl der Analogie mit der secundären Zuckung wie der Nomenclatur Exner's 1) Rechnung tragend, als secundäre Empfindung bezeich- nen muss, Selbst wenn man die Muskelempfindung im Sinne Münsterbergs?) auffassen und darunter jede durch Muskelthätigkeit hervorgerufene Sensation verstehen wollte, könnte man dennoch, ohne Kenntnis des zeitlichen Verhältnisses der Auffassung von primärer und secundärer Empfindung, eine Verschmelzung beider zu einem Be- wusstseininhalt nicht für alle Fälle rundweg abweisen. Ein Theil der Bedenken jedoch, welche sich gegen diese Vorstellung erheben, bleibt selbst für meine In- nervationsempfindungen bestehen: Die secundäre Erreg- ung müsste ja, während die primäre den Weg von der Abgangsstelle der innervirten Reflexcollaterale zur Gross- hirnrinde zurücklegt, ausser einem vielleicht parallelen Wege im Centralorgan noch den Umweg über einen durch die Weismann’sche Faser geschlossenen Reflexbogen nehmen. Dass die so versäumte Zeit auf dem Wege vom Reflexcentrum zur Rinde wieder eingebracht werden könnte, mag unwahrscheinlich sein, muss aber trotzdem in Er- wägung gezogen werden. Vielleicht deutet schon der directe Verlauf eines Theiles der Rindenschleife, an welchem Flech- sig festhält?), auf eine raschere Fortleitung der secun- dären Erregung auf der letzten Strecke hin; doch könnte das Missverhältnis der Bahnen beider Empfindungen zum Theile schon tiefer dadurch aufgewogen werden, dass die secundäre Erregung die früher erwähnten Vortheile aus- 1) a. a: O., S. 180, 2) &-2.’0..H. 3,78 Sigel. 743 4S 2280. *) Neurolog. Centralbl., 1896, S. 447, — 69 — nützend, schon während der Summation der die primäre Empfindung erzeugenden Reizreihe wirksam wird. Da das Verhältnis zwischen primärer und secundärer Empfindung und auch jenes zwischen Innervationsempfin- dung und kinaesthetischem Eindruck unter den Gesichts- punct der kleinsten Differenzen zwischen ungleichen Sinnesorganen (Exner?) und der Complication von Vor- stellungen (Wundt2) fällt, so könnten auch die dort ge- sammelten Erfahrungen über die Zeitverschiebung für unsere Frage verwertet werden. Mangels eigener Versuche dieser Art an Muskelem- pfindungen müssen wir uns allerdings mit anderweitigen Be- obachtungen begnügen, welche einen verwerthbaren Rück- ‚schluss gestatten: Exner) stellt den Satz auf: „wenn gleichzeitig auf Auge und Ohr je ein Sinneseindruck wirkt, so wird der Gehörseindruck früher empfunden als der Gesichtseindruck“. Hält man diesen Satz mit der Beob- achtung Mach’s*) zusammen, welcher berichtet, dass er in die Arbeit vertieftsitzend, während in einem Nebenzimmer Versuche über Explosionen angestellt wurden, regelmässig „zuerst erschreckt zusammenzuckte und nachher erst den Knall hörte,‘ also die motorische Wirkung des letzteren durch Innervationsempfindungen, oder sogar durch die späteren kinaesthetischen Eindrücke zum mindesten wahr- nehmen konnte, so wird man auch die Möglichkeit eines ähnlichen zeitlichen Verhältnisses zwischen der In- nervationsempfindung und der trägeren Gesichtsempfin- dung zugeben müssen; letzteres lässt sich auch aus der kleinsten Differenz zwischen Tastnerven und Auge, ferner ein ähnliches Verhältnis für den Tastsinn selbst aus der 1) Pflüger’s Arch., B. 11, 8S. 422, 2) Grundzüge der physiol. Psychologie, B. 2, 8. 448. 3) a. l. a. O. S. 424. 4) Beiträge zur Analyse der Empfindungen 1886, 3. 107. SS aR ee kleinsten Differenz zwischen Tastnerven und Ohr er- schliessen. Mag auch die beträchtliche Zeitverschiebung in den zuerst angeführten Beispielen grossentheils auf Rech- nung des Schreckens zu setzen sein, welcher nach Ex- ner!) mit auffälliger Verkürzung der Reactionszeiten einhergeht, so ist immerhin die Möglichkeit sogar eines Vorsprungs der Innervationsempfindung vor anderen Sinneseindrücken unter günstigen Bedingungen, welch letztere ja noch durch andere Mitte] erreicht werden könn- ten, nicht abzuweisen. Einen Weg, diese Mögichkeit darzuthun, scheint auch die folgende, durch Exner’s Versuche über die optische Bewegungsempfindung nahegelegte Erwägung zu weisen: Wenn es gelänge, zwei Reize zeitlich und räumlich so anzuordnen, dass für die entsprechenden primären Empfin- dungen alle Bedingungen einer gesonderten Apperception eben gegeben wären, ausser der nöthigen Grösse des Zeit- intervalls, wenn dieses aber auch zur Entstehung der dem späteren Reize zugehörigen secundären Empfindung ausreichte, dann müsste sich die letztere, falls sie nicht selbstständig werden kann, ebenfalls der dem ersten Reize entsprechenden primären Empfindung anschliessen und als Veränderung dieser zum Bewusstsein gelangen. Bei Gesichtseindrücken müsste sich unter diesen Be- dingungen die secundäre Empfindung, welche dem späteren Reize zugehört, der aus beiden primären Erregungen ent- stehenden, verschmolzenen Lichtempfindung anschliessen und einen ähnlichen Eindruck erzeugen wie ein einzelner, bei obiger Anordnung auf beide Stellen sucecessive ein- wirkender Reiz. Dieser Eindruck muss nach dem Ge- setze der Correspondenz von Apperception und Fixation (Wundt:) eine Bewegungsempfindung sein, falls schon der ı) Pflüger’s Archiv, B. 7, 8. 618. 2) Psychologie, B. 2, S. 122. Pea Re Tonus der Augenmuskel und dessen Aenderung zum Be- wusstsein gelangen kann, da eine Veriinderung der rela- tiven Lage der gereizten Stelle zu dem gegebenen Be- zugssysteme (Lange!) vorliegt, da ferner die Beding- ung für das Zustandekommen einer Bewegungsvorstellung, „dass zwei aufeinanderfolgende Phasen der Bewegung in kürzerer Zeit Bilder auf die Netzhaut werfen, als das Nachbild der ersten Phase dauert“ (0. Fischer?) er- füllt ist. Diesen Folgerungen entsprechen Exner’s Ergebnisse: „Fixirt man eine Stelle, an welcher schnell hintereinander zwei electrische Funken überspringen, deren Bilder auf der Netzhaut 0,011 mm. von einander entfernt sind... so erkennt man noch, welcher Funke früher überspringt, wenn ihre Differenz 0.044 Sec. beträgt‘, wenn jedoch ,,der Beobachter nicht zwei helle Punkte aufflackern sieht und entscheiden soll, welcher der erste war, sondern eine Bewegung zwischen diesen Punkten sieht und entscheiden soll, wel- che Richtung dieselbe hatte‘, dann ist die kleinste Differenz wesentlich kleiner, nämlich 14—15 o.°) Wiewohl Exner bei einer Versuchsanordnung noch zwei Funken sieht und den Eindruck hat, „als würde der eine Funken zu dem anderen hinüberspringen,“ so hat doch bei einer anderen Versuchsanordnung „der Beob- achter den Eindruck eines wandernden hellen Fleckens‘; die Verringerung der Differenz tritt, der Forderung be- züglich der Nachbilder entsprechend, hier bei Ueberein- andergreifen der Zerstreuungskreise auf. Besteht also die Möglichkeit, die optische Bewegungs- empfindung als Innervationsempfindung zu deuten, dann 1) Philosoph. Studien, B. 3, S. 678. 2) Philosoph. Studien, B. 3, S. 145. 3) Hermann’s Handbuch der Physiologie, B. 2, 2. T., S, 257; vergl. Pflüger’s Archiv, B. 11, 8. 407; 8. B. ds Wiener Acad., B72, 3A. 8161. dürfen auch die Zeitmessungen in diesen und ähnlichen Versuchen zur Enscheidung über die Zulässigkeit meiner Annahme herangezogen werden. Ganz gut vereinbar mit den Folgerungen, die sich schon aus den Versuchen Exner’s ergeben, ist der Wert für die „Unterscheidungszeit im einfachsten Falle der Rich- tungslocalisation“, welcher durch v.KriesundAuerbach!) auf 11—17 s bestimmt worden ist. In dieser Zeit, welche die genannten Forscher allerdings noch als zu hoch ansehen, müsste also die secundäre Erregung auch den Umweg über das Reflexcentrum und die motorischen und sen- siblen Augenmuskelnerven zurückgelegt haben; da dieser kaum mehr Zeit in Anspruch nehmen dürfte, als die Wege des Blinzelreflexes, bei welchem Exner?) für die einfache Leitung 10,7 s berechnet, ist dies bei der Kürze des La- tenzstadiums der photoelectrischen Schwankung immerhin denkbar. Selbst wenn wir trotz Exner’s*) Beobachtung, dass die negative Schwankung im Spinalganglion keine Ver- zögerung erleidet, hier eine solche annehmen müssten, so wäresie in Anbetracht des Unterschiedes der Reactions- zeiten bei electrischer Reizung des Bulbus und bei Reizung durch das Netzhautbild eines electrischen Funkens (v. Wittich*) Exner) jedenfalls geringer anzusetzen, als jene der primären Erregung. Auch auf dem Gebiete des Tastsinnes, wo wir die Forderung, die zur Tastlocalisation nöthige Zeit müsse nach genügender Uebung der zur Gesichtswahrnehmung ausreichenden Zeit ungefähr gleichkommen, wirklich erfüllt 1) Arch. f. Physiol., 1877, S. 345. *) Pflüger’s Arch., B. 8, S. 530; Entwurf S. 46, 8) Monatsber, d. Berliner Acad., 1877, S. 729; Archiv für Physiologie, 1877, 8. 567. 4) Zeitschr. f. rat. Med., 3. S, B. 31, S. 120. 5) Hermann’s Handbuch, B. 2, 2. A. 8, 264. — 3 — sehen, wenn wir die von v. Kries und Auerbach!) und etwa dievon Catell?) berechneten Zeiten vergleichen, finde ich vorläufig kein Hindernis für meine Annahme; durch sie scheinen vielmehr einzelne von den erstgenannten Autoren ermittelte Thatsachen einer Erklärung zugäng- licher zu werden, so deren Hauptresultat, dass die Beur- theilung der Intensität eines Tastreizes unsicherer geschieht und längere Zeit erfordert als dessen Localisation, dass erner die reducirte Reactionszeit für die Tastreize weit- aus die kürzeste ist und diese wiederum für die Finger (vergl. auch v. Kries uud Hall?) besonders kurz aus- fällt. Aehnliches gilt auch für die Impulsgetiihle bei der willkürlichen Bewegung. Vermöchten also meine Innervationsempfindungen hinsichtlich des Zeitpunctes ihrer Auffassung den Anfor- derungen zu genügen, welche man an die centralen In- nervationsempfindungen gestellt hat, so gilt dies auch bezüglich der Leistungen, welche man diesen zuge- schrieben, und der Centren, in welchen man deren Quelle gesucht hat. Wiewohl ich eine periphere Reizung der sensiblen Spindelnerven und der ihnen gleichwerthigen Muskelnerven annehme, so verlege ich ja doch die Quelle des Reizes . gleichfalls in das Centralorgan und schon deshalb kann meine Ansicht auch den letztgenannten Forderungen im Allgemeinen genügen; sie vermag dies jedoch auch im Besonderen, da sie im Erregungszustand der motorischen Wurzelzellen wohl die ständige, aber nicht für alle Fälle die alleinige Quelle des Empfindungsreizes sieht, vielmehr die Möglichkeit einer Aenderung der spinalen Innervation 1) a. a. O. 8. 314, 320, 356, 358. ?) Philosoph. Studien, B. 3, 8. 321; s. auch. 8. 94. 3) Arch. f. Physiol., 1879, Suppl.-B. S. 9. a ae und Innervationsgefühle, ihrer Stärke sowohl als ihrer Ausbreitung nach, durch Einfluss höherer Centren zu- gesteht. Auch meine Hypothese muss daher die im geschicht- lichen Ueberblick unterschiedenen und der Kürze sowie der Analogie wegen als spinale, subcorticale und corticale bezeichneten Innervationsempfindungen, allerdings neben- einander, gelten lassen; da eine scharfe Abgrenzung der spinalen und subcorticalen aus mehrfachen Gründen mit-' unter undurchführbar und überflüssig ist, dürfte es vor- läufig genügen, nur zwei Hauptgruppen zu unterscheiden Um jedoch wenigstens Beispiele von Innervationsempfin- dungen zu nennen, welche auf die Reaction höherer sub- corticaler Centren als der spinalen oder der den letzteren gleichwerthigen cerebralen zurückzuführen wären, erinnere ich an die Mitwirkung von Muskelempfindungen bei der Bildung von Gefühlen (vergl. Exner!) und daran, dass Wundt?) die letzteren „als die Reactionsweise der Ap- perception auf die sinnliche Erregung‘‘ betrachtet. Mannigfaltig sind, wie schon der einleitende Ueber- blick zeigte, die Leistungen, welche man den centralen Innervationsempfindungen zugeschrieben hat. Sie wurden herangezogen: zur Erklärung des Impulsgefühls (J.Müller, v. Helmholtz), verschiedener Wahrnehmungen des Muskel- sinnes, z. B. jener der activen Bewegung (Gowers), der Bewegungsvorstellung (Meynert), der Bewegungsanreg- ung (Harless, H. Munk), der Localisation im Allge- meinen (Mach), der Localisationsstörungen und Schein- bewegungen bei Augenmuskellälhmungen (Wundt) 1) Entwurf, S. 202 u. f. ?2) Psychologie, B. 1, S. 588. 3) alsa. 0.08.0278 *) Beiträge, 8. 413. 5) Psychologie, B. 1, 8. 424, B. 2, S. 130, A. Graefet), verschiedener Bewegungstäuschungen bei Gesunden sowohl (Sternberg?) Mach?) u. A.) wie nach Amputation (Weir-Mitchell®) oder Lähmung von Gliedmassen (Wundt?). Die Möglichkeit einer Betheiligung der secundären Empfindungen an der Localisation ist nach einer Richtung hin bereits erwogen worden und es ergibt sich schon aus dem dort Gesagten, dass ich als das Wesen der letzteren die Verschmelzung einer primären mit einer secundären Empfindung ansehe. Die letztere ist das Bewusstwerden jenes Innervationszustandes, welcher die im Dienste eines sensiblen Nerven stehenden Muskel auf den die primäre Empfindung erzeugenden Reiz einstellt. Der Vorgang, welcher diese Einstellung besorgt, wäre gewissermassen ein rudimentärer Reflex, bei welchem die mechanische Reizwirkung unterdrückt ist und nur der sensorische Effect der Innervation zur Geltung kommt. Die der primären Erregung zugeordnete Innervations- empfindung könnte den Ort des Reizes unserem Be- wusstsein in ähnlicher Weise anzeigen wie er unserem Auge durch die „Localisationsbewegungen“ (Henri®), vrgl. Lotze’) oder „Anzeigebewegungen“ (H. E. Hering 8) des Frosches verrathen wird. Die physiologischen Bedingungen für eine Ver- schmelzung beider Empfindungen könnten durch die Ver- 1) Graefe und Saemisch, Handbuch der Augenheilkunde, BG ES, 18,87. 2)-Pfiuger's, Arch., B:'37, 8. 2. 3) a. a.°0. 8. 65, 68. 4) Injuries to Nerves, Philadelphia, 1872, S. 359, cit. bei Ferrier, Functionen des Gehirns, iibers. v. Obersteiner, 1879, S. 249. 5) Psychologie, B. 1, 8. 423. 8) Ueber die Raumwahrnehmungen des Tastsinnes, 1898, S. 142. N 7) Wagner’s Handwörterbuch der Physiologie, B. 2, S. 195. 8) Arch. f. exp. Pathol. u, Pharmakol., B. 38, 8. 282. sic RP eee bindung der Elemente, an welche beide gebunden sind, leicht ertüllt werden. Meine Auffassung, welche die bewusste Localisation von jener unbewussten der Localisationsbewegungen ab- zuleiten vermöchte, ohne besondere neue Einrichtungen an- anzunehmen und so der Phylogenie, ferner auch der Forder- ung nach einer einheitlichen Erklärung des Raumsinnes bei Auge und Haut Rechnung trägt, schliesst eine „lo- cale Färbung‘ der primären Empfindungen, wie sie Lotze beim Tastsinne annimmt), und eine auf dieser beruhende Verfeinerung des Ortssinnes durch Uebung und Erfahrung nicht aus; sie entspricht der Vorstellung dieses Forschers, dass bei Localisation der Gesichtseindrücke, jeder gereizte Punkt eine ihm allein zukommende Combination von Be- wegungstendenzen in den Muskeln des Auges bedinge und dass durch diese Nebenwirkung „der Punkt sich gewissermassen selbst die Coordinaten seines Ortes be- stimmt*?). Sie genügt den meisten sonstigen Forderungen von Lotze und vermag auch den Widerspruch, in welchen dieser Forscher mit sich selbst geräth, indem er einerseits centrale Innervationsempfindungen leugnet, andererseits behauptet, dass „die Localzeichen in der Erweckung moto- rischer Tendenzen bestehen 3), zu lösen; sie entspricht ferner Wundt’s extensiver Verschmelzung, der „Verbin- dung einerseits durch äussere Reize, andererseits durch centrale Innervation der Bewegungsorgane entstehender Empfindungen“ und kann mit dessen Ansicht, „dass unsere Raumvorstellung aus der Verbindung einer qualitativen Mannigfaltigkeit peripherischer Sinnesempfindungen mit den qualitativ einfachen Bewegungsempfindungen hervor- gehen‘“#), in Einklang gebracht werden, wenn wir die letzt- 1) z. B. Kleine Schriften. B. 3, 8. 378. 2) Wagner’s Handwörterbuch, B. 3, 8. 78. 3) Medicin Psychol.. 8. 340. 4) Psychologie, B. 2, 8. 38, 223. es ee a genannten Empfindungen durch Innervationsempfindungen ersetzen. In ähnlicher Weise ist sie auch mit Hering’s !) Theorie der Raumgefühle und mit dem oben (8. 55) er- wähnten Schema Exner’s vereinbar. Sie widerspricht auch keiner der Thatsachen, welche in neuerer Zeit für eine andere Erklärung der Loca- lisation massgebend waren und diese trotz der älteren Einwände Lotze’s?) und Funke’s?) allein auf die Anord- nung der die primäre Erregung leitenden Neuren in der Pe- ripherie (Bethet), v. Frey) oder im Centrum (Munk6®); oder auf Erinnerungsbilder von Bewegungsempfindungen (z. B. Ziehen ?), auf eine specifische Energie der einzelnen Nervenfasern (v. Kries und Auerbach’), auf eigene „Organempfindungen“ (W ernicke ®) zurückzuführen ver- suchen. Meine Auffassung ist sonach mit der Theorie der Localzeichen nicht nur vereinbar, sondern vermöchte diese sogar zu stützen ; da unsere dermalige Kenntnis des Reflex- bogens und der sensiblen Endigungen des Muskels die Möglichkeit, und falls meine Annahme bezüglich des Reizes der genannten Endigungen berechtigt ist, auch die Nothwendigkeit secundärer Empfindungen in meinem Sinne erschliessen lassen, müsste die Lotze’sche Lehre selbst dann neuerdings erwogen werden, weun der Nach- weis erbracht wäre, dass sie, vom erkenntnistheoretischen Standpunkte aus betrachtet, überflüssig ist (Stumpf !°), 1) Beiträge, 8. 324 u. f. 2) Medizin. Psychol. S. 339, 357, 361. 3) Hermann’s Handbuch d. Physiol, B. 3, 2, 8. 403 u. f. 4) Arch. f. mikr. Anat., B. 44, S. 199. 5) Abh. der math.-phys. Cl. d. sächs. Ges. d. Wiss., B. 23, S. 256. °) 8. B. d. Berliner Acad., 1896, 8. 1134. 7) Leitf. d. physiol, Psychol. 3. A., 1896, 8.58, 94. 8) a. a. O.. 8. 352. 9) Grundriss, S. 45. 10%) Abhandl. d. bayr. Acad., I. Cl. B. 19, 489, a ER NEL Wiewohl oben die Innervationsempfindungen bereits eine Scheinbewegung zu erklären vermochten, scheinen sie gerade zur Erklärung jener Bewegungstäuschungen, welche die Hauptstütze der Annahme centraler Impuls- gefühle bilden, nicht auszureichen, In Fällen, wo die Bewegung in Folge von Amputation oder Lähmung un- möglich ist, fehlt ja scheinbar auch das Substrat für unserere Empfindungen. In dem ersten der genannten Fälle könnte wohl, abgesehen von Erinnerungsbildern, die Erklärung Ferriers!), dass die Quelle der Anstrengungs- gefühle in der unwillkürlichen Mitbewegung ungelähmter Theile zu suchen sei, herangezogen werden; auch werden hier Empfindungen in den Muskelstümpfen entstehen können (vgl.Dellabarre2). In dem zweiten Falle jedoch scheint eine ähnliche Erklärung nicht möglich zu sein, wenigstens können, wie Wundt?) Jamest) gegenüber bemerkt, die Localisationsstörungen nicht auf die Bewegungen des Auges der gesunden Seite zurückgeführt werden, da sich die Doppelbilder beider Augen getrennt von einander be- obachten lassen und hierbei allein das dem gelähmten Auge angehörige Bild falsch localisirt wird; es wurden denn auch aus der willkürlichen oder automatischen In- nervation stammende Gefühle zur Erklärung dieser und analoger, schon Purkinje5) und Langenhaun®) be- kannter Täuschungen bei Gesunden beibehalten (Mach), Hillebrand®), M. Sachs’). 1) Functionen d. Gehirns, 8. 246. 2) FaneeiemOrnsanl as 3) Psychologie, B. 1, S. 424. 4) Mem. of the Boston Society, 1880. 5) Medic. Jahrbiicher, B. 6, 2, S. 97. 6) Diss. Berlin, 1858, ref. in Meissner’s Jahresber. für 1859, S. 611. 7) a, tee OF are 8) Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorgane, B. 7, S. 147. ®) Arch. f. Augenheilk., B. 33, S. 116. eT Ree ee Dennoch diirfte meine Auffassung auch hier aus- reichen; denn selbst im Falle einer vollständigen Lähmung des Rectus externus z. B. können ja immer noch Elemente jenes Empfindungscomplexes, welcher im normalen Zu- stande den der Täuschung entsprechenden Eindruck her- vorbringt, fortbestehen und nunmehr allein die an ihre Entstehung geknüpfte geläufige Vorstellung auslösen, da bei jeder Augenbewegung wahrscheinlich alle Muskel be- theiligt sind. Beim Impulse zu starker Seitwärtswendung des Auges käme überdies noch die abducirende Componente der Obliqui in Betracht, welche ja bei extremer Anstrengung des Rectus externus zur Geltung gelangen, und somit für das Bewusstsein die gleiche Bedeutung gewinnen kann, wie die Thätigkeit des letztgenannten Muskels selbst. So lange bei sensiblen Neuronen I. O., welche an den Muskelfasern enden, eine vom Schema der Spinalganglien- zelle abweichende Anordnung und Verbindung der cen- tralen Fortsätze nicht nachgewiesen ist, muss ihnen ferner auch die Fähigkeit zuerkannt werden, schon im Rückenmark auf die Bewegung Einfluss zu nehmen, diese auch anzu- regen, da sie die Erregung gleich jedem anderen sensiblen Neuron durch die Reflexcollateralen, vielleicht unter Ver- mittlung von Schaltzellen, auf die motorischen Wurzelzellen übertragen müssen. 4 Eine der hier in Betracht kommenden Moglichkeiten, dass nämlich die Reflexcollateralen des sensiblen Neuron der Muskelspindeln auch mit den die letzteren versorgen - den motorischen Wurzelzellen in Verbindung stehen, dürfte besonders beachtenswerth. sein. Allerdings könnte schon die Erwägung, dass der Bell’sche Kreis, falls er schon hier vollkommen geschlossen wäre, ein Perpetuum mobile darstellen würde, diese Vor- stellung unannehmbar erscheinen lassen; sie wird jedoch auch durch die ausserordentliche Resistenz der Weismann’- schen Fasern bei Degeneration der gewöhnlichen, welche zur Annahme eigenthümlicher trophischer Einflüsse bei ersteren ap ET — 80 — zwinet, nahe gelegt, und entspricht auch verschiedenen Postulaten der Physiologie. So ist sie z. B. mit Exner’s 4) Vorstellung über das Zustandekommen der tenanischen Reflexaction, welches merkwürdigerweise trotz seiner Un- verständlichkeit bei Einwirkung von Einzelreizen, so wenig Beachtung fand, vereinbar; nur würden die Impulse der a-Zellen in Exner’s Schema den motorischen Wurzel- zellen nicht direct, sondern vermittels der Muskelspindeln zurückgegeben. Zur Erklärung der nöthigen Hemmungen dürfte wohl das Verhalten der secundären Erregung beim vitalen Tetanus, die antagonistische Innervation und die Verbindung der übrigen Endigungen des Muskels, so beson- ders der Sehnenspindeln mit dem Reflexcentrum heran- gezogen werden. Eine solche Schliessung des Bell’schen Kreises würde den Vergleich mit einer Brücke in einer verzweigten Strom- leitung, welch’ letztere in unserem Falle an der Abgangs- stelle der Reflexcollaterale von der sensiblen Spindelfaser beginnt und in der Rinde endet, nahelegen und könnte eine im Dienste der Apperception stehende zweckmässige Ein- richtung darstellen, welche einem Reiz den Weg zum Bewusstseins nicht früher freigibt, ehe nicht sein Raum- wert und seine Wirksamkeit bemessen, sein Einfluss auf den Organismus geprüft, und die Mittel ihn festzuhalten oder abzuwehren erkannt sind, und könnte besonders für die gleichzeitige Apperception der primären und secundären Empfindung von Bedeutung sein. Wie immer die Verbindung der Collateralen mit dem Reflexcentrum und deren anregende oder hemmende Wirkung auf das leztere zustande kommen ınag, jedenfalls kann die mögliche Einflussnahme der sensiblen Muskel- nerven auf die Cordinationscentren: die Beziehungen des Muskelsinns zum „statischen Sinne“, ferner Duchenne’s conscience museculaire oder ,,instinctives Bewusstsein 1) Entwurf, 8. 93 u. f. ZI RU ER der Muskeleombinationen‘“ '), welches Sternberg?) mit Recht den Innervationsgefühlen zuzählt, die „Rückenmark- seele“ (s. Pflüger), Talmat), Bastian’s obenerwihnte „unbewusste Eindrücke“ auf dem Gebiete des Muskelsinnes und die Präformation von Bewegungsmechanismen (vergl. Schroeder van der Kolk5), Gad®), Freusberg’), Luchsinger®), Singer?) unserem Verständnis näher rücken. ; Ein Vortheil der Innervationsempfindungen den Muskelgefühlen im alten Sinne gegenüber wird besonders bei den Bewegungssuccessionen zur Geltung kommen können, bei welchen die Auslösung der späteren Phasen nicht gut durch die kinaesthetischen Empfindungen be- sorgt werden kann, da ja in diesem Falle die Continuität der Bewegnng nicht erklärlich wäre, vielmehr die Ueber- tragung der sensorischen Wirkungen der ersten Phase auf das Centrum eher eine Pause zwischen letzterer und der nächsten Phase erwarten liesse. Als zum Bewusstsein gelangende, von den sensorischen Effecten der centrifugalen Affection anderer Innervations- gebiete, z. B. des Gefässsystems, begleitete Innervations- gefühle, welche durch die Erregung höherer subcorticaler Centren bedingt sind und auch auf corticale Bewegungs- mechanismen anregend wirken können, werden wir wohl 1) Physiologie d. Bewegungen, übers. v. Wericke, 1895, S. 607, 615. 4) a, as -O. 8.2. 3) Die sensorischen Functionen des Riickenmarks u. s. w., 1853, 8. XII. 4) Pflüsers Arch. B. 37, -8:. 622: 5) Bau und Functionen der Medulla spinalis u. s. w., übers. v. Theile, 1859, 8. 59: 6) Verh. d. physik.-med. Ges. zu Würzburg, B. 18, 8. 129. 7) Pfliiger’s Arch., B. 9, 8. 377 u. f. 8) Pfliiger’s Arch., B. 22, 8. 179. 9) §. B. d. Wiener Acad., B. 89, 3. A., 8. 167. Naturw.-med, Verein 1897. = OG ae die Gefühle und Triebe betrachten müssen (vgl. Exner‘), da nach Flechsig’ 2) in der Fühlsphäre „auch die sinn- lichen Triebe, wenigstens soweit zum Bewusstsein kommen, als sie durch besondere sensible Nerven repräsentirt werden“, und da der Thalamamus z. B. als eine „centripetal ge- richtete Erreguugsquelle für die Rinde der Centralwin- dungen“ angesehen werden darf (v. Monakoff#). Diese Auffassung der Triebe vermag die Vorstellung Lotze’s*) zu ergänzen: dieselbe Erregung, welche im Rückenmark eine zweckmässige Reaction auf einen Reiz veranlasst, könne fortfahren, sich im Rückenmark auf die motorischen Nerven zu reflectiren und es könne „diese ihre seitliche Wirkung, als neuer Reiz dem Gehirn zugeführt, zugleich im Bewusstsein sich als Draug zu einer bestimmten Be- wegung geltend machen.“ Munk’s Forderungen bezüglich der Bewegungsanregung?) genügt schon eine Verbindung der Rinde mit den sub- corticalen Centren; der Ursprung der Bahn aber, welche diese Verbindung herstellt, kann gemäss meiner Deutung der Innervationsempfindungen auch in der Peripherie ge- sucht werden, und gerade für diese Möglichkeit sprechen die Beziehungen der Rindenschleife zum Sehhügel, sowie die Aehnlichkeit der Bewegungsstörungen nach Rinden- abtragung und nach centripetaler Lähmung der Glied- massen (vgl. Mott und Sherrington), Die Anforderung, welche an ein Impulsgefühl gestellt werden können, ergeben sich aus den wenigen schlichten aber inhaltsreichen Worten J. Miiller’s’): „Wir haben — [u 1) Entwurf, 202 u. f., S. 332 u. t. 2) Gehirn und Seele, S. 67, 8) Arch. f. Psychiatrie, B. 27, S. 469. 5) Kleine Schriften, B. 3, 1, S. 149. Sha. a. 0,82% 6) Proceedings of the Royal Society, 1845, S. 481. 7) a. a. O. 8, 500. eine sehr sichere Vorstellung und Vorausbestimmung von dem Maasse der vom Gehirn ausgehendeu Nervenwirkung, welche nöthig ist, um einen gewissen Grad der Bewegung hervorzubringen‘‘ und den oben (S. 48, 49) mitgetheilten Worten v. Helmholtz’. Die Impulsgefühle müssten ihren corticalen Ursprung erkennen und sich von den subcorticalen unterscheiden lassen ; sie müssten unsere Einflussnahme auf ihr Zustande- kommen verrathen, da wir nicht bloss die Entstehung der Impulse wahrnehmen, sondern auch fühlen, dass wir die Impulse geben; sie müssten qualitative und quantitative Unterschiede aufweisen können; um die Vorausbestimmung und Bemessung des Impulses und dessen Beziehungen zur Zweck- und Bewegungsvorstellung zu ermöglichen, müsste ferner die Entstehung der Impulsgefühle durch einem Causalnexus auch mit der Auslösung der Bewegung oder Muskelthätigkeit verbunden sein, und sie selbst müssten zu der letzteren sowie zu den aus ihr resultirenden Empfindungen in einem constanten Verhältnisse stehen. Was nun den ersten Punct, die Forderung J. Miiller’s, dass wir den Ursprung der vom Gehirne ausgehenden Er- regung erkennen, anlangt, so vermöchten ihr unsere Empfin- dungen darum zu genügen, weil der centrifugalen Erregung von der Rinde ab bis an die motorischen Wurzelzellen eine eigene Bahn zur Verfügung steht, und die Nachricht von einer Erregung dieser Leitung eindeutig auf einen aus der Rinde stammenden Impuls bezogen werden könnte, selbst wenn den centripetalen Muskelnerven, auch von den subcorticalen Centren ab, nur eine Bahn zur Verfügung stünde, Diese Selbständigkeit der Willkürbahn könnte es dem Bewusstseins ermöglichen, die im Gefolge von Vorstellun- gen auftretenden, also durch corticale Erregung bedingten und veränderlichen Innervationszustände von jenen, welche aus den subcorticalen Centren stammen, und sich im unmoti- virbaren Drange oder Triebe äussern, zu unterscheiden. R* mk RE Dieser ununterbrochenen und durch die subcorticalen Centren direct nicht beeinflussbaren Leitung entspricht vielleicht auch eine spärlicher unterbrochene eigene centri- petale Bahn. Der Eindruck, dass die Impulse durch unsere eigene Thätigkeit herbeigeführt werden, könnte bei unserer An- nahme, jedes Innervationsgefühl an sich sei schon ein Thätigkeitsgefühl, ohne weiteres erklärlich erscheinen; es ist jedoch klar, dass dieses Gefühl mit dem Thätigkeits- gefühl, welches wir „bei jeder Art von Willensthätig- keit in uns finden“ (Wundtt), nicht zusammenfallen kann, da die Impulse erst als Folge uuserer Thätigkeit aufgefasst werden. Diese Auffassung wird dadurch ermög- icht, dass bei den entwickelteren Willenshandlungen der endgiltige Impuls die Resultirende mannigfacher hemmen- der und fördernder Innervationszustände ist, welche durch die vorausgehenden Empfindungen, Vorstellungen und Strebungen angeregt werden; da auch diese centrifugalen Erregungen nach unseren früheren Erörterungen und ent- sprechend der Ansicht Exner’s, dass die Innervationsge- fühle auch dann auftreten können, „wenn die centrifugale Erregung nicht gross genug ist, eine bemerkbare Muskel- bewegung auszulösen, oder wenn diese gehemmt wird,‘*2) zum Bewusstsein gelangen können und das Gefühl einer vielseitigen Muskelthätigkeit erzeugen müssen, und da ferner das Impulsgefühl diesen Thätigkeitsgefühlen nach- folgt, so wird auch der Impuls als Folge dieser Thätigkeit erscheinen. Da uns die Innervationsempfindungen. auch die Wahr- nehmung einer mit Thätigkeitsgefühlen einhergehenden _ und als von subjectiven Zuständen abhängig erkannten Hemmung oder Förderung eines Willensantriebes, bei An- wesenheit mehrerer, ermöglichen könnten, so dürften sie 1) Psychologie, B. 2, 8. 66. 2). Entwurf, 8. 205. | os) Or | auch dazu beitragen, das Freiheitsbewusstsein zu er- klären. Die anscheinend unvereinbaren Forderungen, dass die Impulsgefühle einerseits die erst incitirte, vom Gehirne eben ausgehende Erı egung zum Bewusstsein bringen, an- dererseits aber deren Effect vorausbestimmen, also uns sozusagen gleichzeitig von Ursache und Wirkung benach- richtigen, könnten die Innervationsempfindungen in meinem Sinne erfiillen, da sie durch jenen Vorgang hervorgerufen werden, welcher einerseits der Ausdruck der ursächlich- lichen Erregung ist, andererseits unmittelbar und noth- wendig von der Contraction gefolgt ist, falls der Muskel an der Verkürzung nicht gehindert wird, Ebenso wie die electrische Welle als Ausdruck der Contraction selbst an- gesehen werden kann (vergl. Biedermann), da eine Contraetion ohne Erregung nicht möglich ist, könnte auch die Innervationsempfindung als Zeichen nicht blos der angeregten, sondern auch der ausgeführten Bewegung oder Muskelthätigkeit genommen werden. Thatsächlich sind wir, wie dies schon öfter betont wurde, vergl. z. B. Sternberg?) gewohnt, „mit dem Willensimpuls sofort die Bewegung für ausgeführt zu halten.“ Eine solche Vorausbestimmung ist umso eher denk- bar, als kein Grund für die Annahme vorliegt, dass Em- pfindungen, welche aus verschiedenen Innervationsgebieten stammen, der qualitativen Unterschiede entbehren, und auch die Folgerung zulässig ist, dass uns die Impulsge- fühle, den Forderungen von J. Müller und v. Helm- holtz entsprechend, auch über die Intensität der bis zum Muskel vorgedrungenen Erregung unterrichten. Da der Einfluss der Intensität, Form und des zeit- lichen Verlaufes der electrischen Schwankungswelle auf die secundäre Erregung von Muskel zu Nerv zweifellos 1) Electrophysiologie, 8. 322. a) ae. 8..0. Sy 43 BRAD 2 an ist (Biedermann), werden alle diese Momente auch in der secundären Empfindung zum Ausdruck gelangen können. Ziehen wir, von den somit gleichfalls denkbaren „Tlemporal“- und ,,Intensitiitszeichen jeder primären Em- pfindung absehend, hier nur das corticale Innervations- gefühl in Betracht, so ist die Möglichkeit nicht abzu- weisen, dass dieses auch als Maass der Erregung und weiterhin bei dem Verhältnis, welches. zwischen der Er- regung einerseits, der Contraction und Spaunung anderer- seits besteht, innerhalb gewisser Grenzen auch als Maass der Muskelthätigkeit verwerthet werde. Dass dieses Maass jedoch kein absolutes sein kann, zeigt schon das Men- genverhiltnis der sensiblen Endigungen verschiedener Muskelgruppen, so besonders die im Vergleich zur Quer- schnittsgrösse der Lumbricales enorme Menge ihrer Muskel- spindeln. Soll uns das Impulsgefühl die Nachricht bringen, die Erregung der motorischen Wurzelzellen sei soweit ge- diehen, dass ihr, falls sie ungehemmt ihren Lauf nähme, alsbald eine Muskelaction folgen muss, dann müsste auch bei unseren corticalen Innervationsgefühlen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen deren Entstehung und der Erregung der centrifugalen Bahn deukbar sein. Die einfachste Einrichtung, welche dieser Anfor- derung genügen könnte, wäre wohl die, dass eben dieselbe Strecke der Leitung, deren Erregung die In- nervationsempfindung erzeugt, oberhalb der subeortica- len Centren auch eine Verbindung mit der motorischen Bahn herstellt. Diese Verbindung würde auch unseren früheren Folgerungen über die Beziehungen der centri- petalen und centrifugalen Bahnen des Muskels in nie- deren Centren, sowie der Vorstellung Wundt’s?) ent- sprechen, dass der Vorgang, der sich unserer Selbstbeob- 1) Electrophysiologie, 8. 358. *) Psychologie, B, 2, S. 398. Er achtung als Anwachsen des Willensimpulses zr erkennen gibt, gleichzeitig eine centrale motorische Reizung sei. Das Vorhandensein einer solchen Verbindungsbahn wird nun durch die älteren, von Pinelest) bestätigten Beobachtungen Bell’s?) u. a, betreffend die lähmungs- artigen Erscheinungen nach Durchschneidung sensibler Nerven, und die neueren Experimente von Mott und Sherrington (s. o.), H. E. Hering,?) und Korni- loff*) wahrscheinlich gemacht. Wenn auch Mott und Sherrington, im Gegen- satze zu Korniloff, den Antheil, welchen der Verlust der Muskelsensibilität an dem Zustandekommen der centri- petalen Lähmung nimmt, nicht hoch anschlagen, so sind doch die Gründe, welche sie für diese Meinung anführen, nicht unanfechtbar, auch lassen sie sich mit einzelnen Beob- achtungen H. E. Hering’s, so z. B. den Erscheinungen nach alleiniger Durchschneidung des 8, Cervicalnerven nicht in Einklang zu bringen, während die letzteren mit meiner Annahme ganz gut verträglich sind. Nachdem durch die erwähnten Versuche bewiesen ist, dass trotz Intactheit der motorischen Centren und Bahnen die Bewegungsvorstellung allein zur Auslösung der will- kürlichen Bewegung nicht genügt, und damit den gang- baren Willenstheorien (vgl. z. B. o. Miinsterberg) die Grundlage entzogen ist, dürfte meine Annahme die ein- fachste Erklärung für die nöthige Verbindung der sen- siblen und der motorischen Sphäre ermöglichen. Diese Annahme hätte den Vorzug, dass die besagte Verbindung inniger und zuverlässiger wäre, als die durch ein Erin- nerungsbild hergestellte, weil die Innervationsempfindung 1) Centralbl. f. Physiologie, B. 4, 8. 714. 2) Physiol. u. path. Untersuch. d. Nervensystemes, übersetzt v. Romberg, 1832, S. 59. 8) Neurolog. Centralbl. 1897, S. A. 8. 8. 4) Verh. d. 12. internat. med. Congr. zu Moskau; ret. Neu rolog. Centralbl., 1897, S. 924. aot = Var. nicht bloss ein verblasstes Abbild einer früheren, doch nur ähnlichen Bewegung, sondern einen dem jeweiligen Falle entsprechenden Entwurf herstellen könnte, und weil die Auslösung der Bewegung nicht früher erfolgen würde, ehe nicht die Nachricht von der Erregung auch die sichere Kunde sowohl von der Wegsamkeit der Bahnen als auch von der Leistungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Muskel mitbrächte; dies, sowie die Ab- hängigkeit der corticalen Impulse von der Reaction der höheren subcorticalen Centren könnte wohl auch die be- zeichnende Zuversicht der willkürlichen Handlung er- klären. Es hiesse ja die gesunde Willenskraft und die Zweckmässigkeit des Organismus herabsetzen, wollte man der ersteren ein müssiges oder gar der Arterhaltung ab- trägliches Streben zumuthen. Ich glaube daher, dass die von mir angenommenen Empfindungen auch im Stande wären, die Aufgabe der Impulsgefühle zu übernehmen. Die Frage, ob unsere Innervationsempfindungen auch _ zur Bildung von Bewegungsvorstellungen dienen könn- ten, ist durch die letzten Erwägungen gleichfalls beant- wortet. | Es erübrigt also von den obenerwähnten, den cen- tralen Innervationsempfindungen zugemutheten Leistungen nur mehr die Betheiligung an den Empfindungen des Muskelsinns. Die Bedeutung der Innervationsempfindung für den Muskelsinn werde ich an anderer Stelle ausführlich er- örtern; hier will ich nur die Consequenz hervorheben, welche sich aus der reichlichen Versorgung der Muskel mit sensiblen Nervenendigungen ergibt: dass nämlich die letz- teren an allen Empfindungen mitbetheiligt sein müssen, welche durch irgend eine Muskelthätigkeit zustande kommen. Diese Folgerung scheint den Ansichten von Duchenne‘) ı) Physiologie der Bewegungen, 8. 612. ramet a) Ss Ta Goldscheider‘), Müllerund Schumann ?) über die Bedeutung der Muskelsensibilität unversöhnlich gegenüber zu stehen. Aber auch hier könnte meine Ansicht über die Function der Muskelspindeln und verwandter sensibler Endigungen vermittelnd eingreifen, da sie die Berechti- gung mancher Einwände gegen die Bedeutung der Mus- kelempfindungen zugeben kann, wenn darunter, wie zu- meist, Contractions- und Spannungsempfindungen verstan- den werden, ohne daraus eine geringe Bedeutung oder gar die Entbehrlichkeit der Muskelsensibilität folgern zu müssen. Durch die letzten kurzen Erörterungen, welche dem mit der einschlägigen Literatur einigermassen Vertrauten nicht allzu gedrängt erscheinen werden, glaube ich gezeigt haben, dass die von mir angenommenen Empfindungen auch allen Leistungen, welche man den centralen Inner- vationsempfindungen zugeschrieben hat, zum Mindesten gleich gut gewachsen wären, so dass die Zulässigkeit meiner Ansicht über den Empfindungsreiz der Muskel- spindeln auch nach dieser Richtung dargethan sein dürfte 1) Zeitschr. f. Klin. Med., B. 15, S. 111; Archiv f. Physiol. 1889, 8. 497. 1) a... QO. S. 64, 65. Uber den inneren Widerstand Clark’scher Normalelemente. Von Ignaz Klemen@Gié. (Aus dem physikalischen Institute der k. k. Universität Innsbruck.) Bisher ist bei den sogenannten Normaelementen von Weston und Clark die ganze Aufmerksamkeit der Physiker naturgemäss auf die Erforschung jener Bedingungen ge- richtet gewesen, durch welche die electromotorische Kraft beeinflusst wird. Beim Clark’schen Element war es schon nach den Angaben Lord Rayleigh’s möglich, bei verschie- denen Zellen eine Uebereinstimmung der electromotorischen Kraft auf 0:1 %, zu erreichen. | Diese Grenze ist durch Untersuchungen in der physi- kalisch-technischen Reichsanstalt zu Charlottenburg bei Berlin noch weiter herabgedrückt worden und es ist nun möglich, bei der Zusammenstellung solcher Elemente nahe- zu eine Uebereinstimmung auf 0:01 °/, zu erzielen, Wir haben in diesen Elementen thatsächlich ein Standard der electromotorisehen Kraft, dessen Genauigkeit an jene der Normalwiderstände grenzt. Nun ist durch electromotori- sche Kraft und Widerstand die Stromstärke bestimmt und wir haben auf diese Weise ein bequemes Mittel um Ströme von genau bestimmbarer Stärke zu erzeugen und damit — 91 — verschiedene Instrumente zu aichen; ein Mittel, von welchem Ja bekanntlich in neuerer Zeit immer mehr Gebrauch ge- macht wird. Den inneren Widerstand der Normalelemente hat man bisher weniger beachtet, da es ja bei ihnen in erster Linie doch nur auf eine gewisse, stets gleiche und genau angebbare electromotorische Kraft ankommt. Der innere Widerstand ist aber doch nicht ganz ohne Einfluss auf die Verwendbarkeit des Elements. Es ist ganz sicher, dass Elemente mit kleinem inneren Widerstande viel öfters und viel besser verwendet werden können, als solche mit grossem. Zunächst muss man sich nur vor Augen halten, dass bei der Vergleichung der electromotorischen Kraft irgend eines Elements mit einem Normalelement, das Electrometer nur selten verwendet wird. Bei diesem In- strument kommt es ja bekanntlich auf den Widerstand nicht an. Abgesehen von anderen Umständen, wird man dort, wo die grösste Genauigkeit angestreht wird, am liebsten zum Galvanometer greifen. Bedient man sich nun des Galvanometers, dann spielt der innere Widerstand immer eine, manchmal sogar recht bedeutende Rolle; ja selbst bei Compensationsmethoden wird zum mindesten die Empfindlichkeit des Verfahrens vom Widerstand ab- hängen. Von besonderer Bedeutung ist aber ein geringer innerer Widerstand des Normalelements bei der Aichung von Galvanometern mit dick- oder mitteldrahtigen Rollen, wie sie etwa zur Messung von thermoelectrischen Strömen, von Selbstinductionscoefficienten u. s. w. benützt werden Wenn man bei der Aichung eines solchen Galvanometers nicht viel mehr als eine Genauigkeit von 01 °/, anstrebt, so thut man am besten, das Galvanometer direct mit einem grossen Widerstand und einem Normalelement in einen Kreis zu schliessen, wobei man durch Regulirung des Widerstands einen passenden Ausschlag zu erhalten trachtet Be ae Beim Clark’schen Element braucht man in dieser Beziehung nicht zu ängstlich zu sein und kann ganz gut bis zu Widerständen von 20000 ja selbst 10000 Ohm heruntergehen. Kennt man den Widerstand des Elements ungefähr und ist er nicht zu gross, so kann man ihn bei der Berechnung der Stromstärke entweder ganz vernach- lässigen, oder soweit berücksichtigen, dass man bei der Aichung die angestrebte Genauigkeit erreicht. Es ist also sicher von Vortheil, den Widerstand der Elements möglichst niedrig zu halten und dann die Grösse desselben ungefähr zu kennen. Die Bestimmung des Wider- stands eines einzelnen, speciell Clark’schen Elements ist nun keine leichte Sache; ja sie ist überhaupt erst in letz- terer Zeit durch eine von Nernst!) angegebene Methode gut ausführbar geworden. Bei zwei Zellen lässt sich der Widerstand leichter bestimmen, indem man sie gegen einander schaltet; man ist bisher auch meistentheils in dieser Weise vorgegangen. Nachfolgend sollen nun einige Methoden beschrieben werden, die in manchen Fällen bei der Bestimmung des inneren Widerstandes von Normalelementen gute Dienste leisten dürften. Anknüpfend an die Beschreibung dieser Methoden sollen sodann einige Messungen über die Ab- hängigkeit des inneren Widerstandes einiger Clarkzellen von der Temperatur mitgetheilt werden. Beschreibung der Methoden. Methode A. Bekanntlich besteht eine Methode der Bestimmung des inneren Widerstands eines Elements darin, dass man einmal die electromotorische Kraft, sodann aber die 1 Nernst und Haagn, Zeitschrift für Electrochemie /1896) Nr. 23; auch: Haagn „Ueber den inneren Widerstand galvanischer Zellen‘, Inauguraldissertation, Göttingen 1897. a Klemmenspannung das Elements in einem Schliessungs- kreise von bekanntem Widerstande misst. Dabei wird vorausgesetzt, dass die electromotorische Kraft des strom- liefernden Elements nicht anders ist die des offenen ; ferner soll der Widerstand des äusseren Schliessungskreises un- gefähr von der Grösse des inneren Widerstandes sein, da sie ja mit einander verglichen werden sollen. Wenn aber diese letztere Bedingung bei der Bestimmung des inneren Widerstandes eines Clark’schen Elements zutreffen würde, dann wäre die erste Bedingung in den wenigsten Fällen erfüllt und es ist nach diesem Verfahren keine Messung auszuführen, wenn man bemüssigt ist, das Element durch längere Zeit" zu schliessen. Im Sommer dieses Jahres bat nun Herr Wulf!) im hiesigen Institute Messungen nach dieser Methode ausgeführt, wobei er aber das Hle- ment nur eine sehr kurze Zeit durch einen entsprechen- den Widerstand schloss. Um dabei die Klemmenspannung mit Sicherheit zu messen, wurde an die Klemmen ein Glimmercondensator (Capacitiit 2:2 Mf.) angelegt, der sich in der kurzen Zeit der Schliessung auf die Spannung der Klemmen lud. Vor der Unterbrechung des Stromkreises wurde der Condensator von den Klemmen abgetrennt. Das Element blieb also immer uur eine sehr kurze Zeit ge- schlossen, in welcher muthmasslich keine Aenderung der elek- tromotorischen Kraft des Elements auftreten konnte. In der That zeigten Messungen mit verschiedenen Widerstän- den im äusseren Stromkreise, so wie bei verschiedener Dauer der Schliessung wenig abweichende Werthe, so dass sich dieses Verfahren für die Bestimmnng des inneren Widerstands eines Elements als ganz brauchbar erwies. Zur Herstellung der kurzen Schliessungszeit, so wie der für die Messung nothwendigen Schliessungen und Oeffnungen bediente sich Herr Wulf eines Hiecke’schen 1) Sitzber. Wiener Akademie Bd. 106, Juli 1897, p. 562. — 94 — Fallapparats. Die Manipulation mit dem Apparat ist jedoch in diesem speciellen Falle etwas umständlich, auch ist er nicht überall zu haben; ich habe daher für solche Messungen einen eigenen Contactschliisse] construirt, der sich für die Bestimmung des Widerstands nach dieser Methode als sehr brauchbar erwiesen hat!). Der Contactionsschlüssel besteht aus einem prisma- tischen Hebel (Fig. 1) H H aus Hartgummi, welcher um 1) Solche Schlüssel sind übrigens schon in verschiedenartigen Abänderungen construirt worden, und es dürfte vielleicht in dem Falle nur die Verwendung des Contactschlüssels zu dem hier be- schriebenen Zwecke neu sein. eam Gitta eine Axe O drehbar ist. Der Träger der Axe ruht auf einer isolirenden Unterlage, auf welcher überdies, gegen die Enden des Hebels zu, zwei abgestutzte Metallkegel mit Klemmschrauben und eine Feder F angebracht sind Die Metallkegel bilden mit zwei ähnlichen Kegeln, welche am Hebel befestigt sind, bei k, und k, Contacte. Die Feder f, drückt das eine Ende des Hebels nach aufwärts, so dass der Contact k, in der Ruhestellung geschlossen bleibt, Die oberen Kegel der Contacte k, und k, sind durch einen Draht, der längs des Hebels geführt ist, leitend verbunden. An diesen Draht ist auch die Klemme m, angeschlossen. Auf dem rechten Theile des Hebels sitzt überdies eine Klemme m,; von dieser führt eine Metall- feder f, zum oberen Kegel des Contacts k,; der untere Kegel dieses Contacts sitzt direct auf dem Hartgummi nahe am Ende des’Hebels und ist mit einer Klemmschraube versehen. Contact k, ist für gewöhnlich offen; nur in dem Falle, wenn aufden Hartgummiknopf P gedrückt wird schliesst sich der Contact und stellt eine leitende Verbin- dung her zwischen m, und dem unteren Kegel von k,. Die Feder f, ist vielschwächer als f,, so dass beim Niederdriicken des Knopfes P zuerst der Contact k, geschlossen und dann erst der Hebel in Bewegung gesetzt und der Contact k, geöffnet wird. Zur Bestimmung des innern Widerstands eines Elements wird nun folgende Schaltung gemacht. Von dem zu untersuchenden Elemente E wird ein Pol mit dem unteren Kegel des Contacts k, verbunden. Vom zweiten Pol führt eine Leitung zum Quecksilbernapf b, der auch an die untere Klemme von k, angeschlossen ist. Vom Queck- silbernapf a führt eine Leitung zunächst zum Galvano- meter G und von da zum untern Kegel des Contacts k, und auf der anderen Seite zu der einen Belegung des Condensators und von da weiter zur Klemme m,. Die zweite Belegung des Condensators ist mit der Klemme m,, da- her mit den oberen Kegeln der Contacte k, und k, ver- EN ERE See bunden, Die beiden Quecksilbernäpfe a und b können durch einen Widerstand w überbrückt werden. Die Handhabung des Schlüssels bei der Bestimmung des inneren Widerstands eines Elements ist folgende: Sind die beiden Näpfe a und b durch den Widerstand w überbrückt, so ist in der Ruhestellung des Schliissels das Element offen und die beiden Condensatorbele- gungen sind durch den Widerstand w miteinander verbunden. Drückt man auf den Knopf P, so kommt ein Moment, in dem k, geschlossen, k, aber noch nicht geöffnet ist. Während dieser Zeit ist das Element durch den Widerstand w geschlossen und die Condensator- belegungen erscheinen an die Klemmen des Elements angelegt. Drückt man noch stärker, so wird k, geöff- net und k, geschlossen: dabei wird der Condensator von den Polklemmen abgetrennt und durch das Galvano- meter entladen.” Der Galvanometerausschlag bildet ein Maass für die Klemmenspannung. Oeffnet man die Ver- bindung zwischen den Näpfen a und b, d. h. macht man w—oo und verfährt so wie früher, so bekommt man am Galvanometer einen Ausschlag, welcher derelectromotorischen Kraftdes Elements proportional ist. Die Dauer der Schliessung des Elements kann mittels dieses Schlüssels sehr kurz ge- macht werden, Versuche, welche ich nach der Pouillet’- schen Methode zur Bestimmung dieser Dauer machte, lehrten, dass man beim raschen Niederdrücken die Schliessungsdauer auf 0'001 Sec. und noch mebr herabdrücken kann. Man darf jedoch in dieser Beziehung nicht zu weit gehen da sich sonst der Condensator in der kurzen Zeit nicht bis zum richtigen Potential laden würde. Für die eigentlichen Messungen wurde das Niederdrücken des Knopfes in der _ Weise geübt, dass daraus eine Schliessungsdauer zwischen 0°01 und 0'001 See, resultirte. Die Widerstände w waren selbstverständlich inductionsfrei gewickelt. Es sei noch erwähnt, dass die Verbindungsdräthe so dimensionirt waren, dass man deren Widerstand gegen w und den BERN RE inneren Widerstand des Elements vernachlässigen konnte. Ist nun a der Galvanometerausschlag, welcher der electro- motorischen Kraft, ß jener, welcber der Klemmenspannung beim Widerstand w entspricht, so ist der innere Wider- stand dss Elements Diese Formel gilt, wie erwähnt, nur wenn sich die electromotorische Kraft des Elements während der Strom- lieferung nicht ändert. Hinsichtlich der Frage, inwieweit diese Annahme hier thatsächlich zutrifft, habe ich schon auf die Messungen Wulf’s (1. c.) hingewiesen ; ich werde übrigens noch am Schlusse auf diesen Punkt zurück- | kommen. Methode B. Diese Methode besteht darin, dass man das Element im Nebenschluss vor einem Galvanometer anbringt. Mittels dieser Methode kann man das Element sozusagen im offenen Zustande untersuchen, was sonst nur mit der Nernst’schen Methode möglich ist. Dieses Verfahren wurde in zweifacher Weise angewendet. a. Hatman zwei Elemente, deren elektromotorische Kraft sehr nahe gleich ist, so bringt man dieselben entgegen- gesetzt geschaltet in den Nebenschluss vor das Galvano- meter. Ueberdies schliesst man in den Kreis noch irgend ein anderes Element und einen Widerstand ein. Bezeich- nen wir den inneren Widerstand der beiden Elemente im Nebenschluss mit 2 r, den Widerstand des Galvanometers mit p, die Stromstärke in diesem Zweige mit j; den Widerstand im Hauptzweige mit W und die darin befind- liche electromotorische Kraft mit E, so ist bekanntlich | > E2r—:W wenn man voraussetzt, dass W und p gegen 2 r sehr gross sind. ¢ ist die Differenz der electromotorischen Kräfte der beiden im Nebenschluss befindlichen Elemente. Naturw.-med Verein 1897. : 9 Durch Commutiren von E bekommt man übrigens leicht den von E herrührenden Galvanometerausschlag. Entfernt man sodann aus dem Nebenschluss die beiden Elemente und bringt dafür einen bekannten Widerstand w (von der Grössenordnung wie 2r) an, so ist jetzt Er J We Sind a u. a die, der Commutirung von E entsprechen- den Stellungsunterschiede der Galvanometernadel, so ist a 2.0 WV 2 Die beiden Elemente im Nebenschluss sind entgegen- geschaltet und liefern beinahe gar keinen Strom; sie werden nur vom einem Strom durchflossen, dessen Stärke von E und W abhängt. Bei einem halbwegs empfind- lichen Galvanometer mit feindrahtigen Rollen bekommt man für einen Nebenschlusswiderstand von 50—100 ® gut messbare Ausschlige, wenn man fiir W Werthe von 30000—100000 ® und für E 1 bis 2 Volt nimmt. Nach diesem Verfahren bekommt man die Summe der Wider- stände der beiden Elemente und man kann den Wider- stand eines einzelnen Elements erst dann bestimmen, wenn man noch ein drittes Element zu Hilfe nimmt und sie dann paarweise combinirt. b. Eine kleine Abänderung dieses Verfahrens gestattet uns den Widerstand eines einzelnen Elements direct zu. bestimmen. Wir legen jetzt nur ein Element in den Nebenschluss, das zweite aber in die Galvanometerleitung, wie diesaus der Fig. 2 zu ersehen. Bezeichnen wir jetzt die electromotorische Kraft im Galvanometerzweige mit n (Fig. 2) die im Nebenschluss mit e, die im Hauptzweige mit E und die Widerstände resp. mit p, r und W, so ist die Stromstärke im Galvanometerzweige aise NN. ae Ti 2 Dabei ist wieder vorausgesetzt, 7 dass r sehr klein ist gegen W und 7. Für e— 7 ist 7 _ @+pr = W p Commutirt man wieder E, so be- kommt man leicht den der electro- motorischen Kraft E entsprechenden Ausschlag. Zur Bestimmung des Wider- N stands macht man dann wieder eine Beobachtung mit einem bekanuten Widerstand w im Nebenschluss, wobei man selbstverständlich 4 ausschaltet. Hat man nicht zwei Elemente von gleicher electromotorischer Kraft W zur Verfügung, so kann man in den Galvanometerkreis leicht einen Bruch- theil einer grösseren electromotorischen KraftinbekannterWeiseeinschaltenund auf diese Weise e vollkommen abcom- & peusiren. In dieser Form ist. sodann die Methode bei jedem Element anzuwenden. Man könnte ferner in ähnlicher Weise wie Haagn (1. c.) das Element durch verschiedene Widerstände schliessen und den Wiederstand desselben untersuchen, wobei natürlich die compensirende electro- motorische Kraft entsprechend abzuändern wäre. Vor- läufig habe ich die Methode jedoch nur auf Clark’sche Elemente angewendet. Die untersuchten Normalelemente. Die Beobachtungen waren hauptsächlich auf die Er- probung der hier beschriebenen Methoden und auf die Abhängigkeit des Widerstands einiger Clark’scher Ele- mente von der Temperatur gerichtet. Hinsichtlich des letzten Punkts hat schon Herr Wulf (l. ec.) einige Beob- 9* — 7 1005 achtungen gemacht und dabei einen ausserordentlich grossen _ Temperatureinfluss constatirt. Nach diesen Beobachtungen hat es den Anschein, als wenn die Abhängigkeit des Wider- stands von der Temperatur beim Clark’schen Element grösser wäre als bei einer reinen Zinkvitriollösung. Die Elemente, die Herr Wulf untersuchte, hatten die Eprou- vettenform; dabei wichen sie insofern von den gewöhn- lichen Normalelementen ab, als der Zinkstab nicht in die Quecksilbersulfatpaste tauchte. Dieser Umstand hat zwar auf die electromotorische Kraft des Elements keinen Ein- fluss, doch könnte er immerhin für die Abhängigkeit des Widerstands von der Temperatur von Belang sein.!) Ich verfertigte mir daher zwei weitere Elemente, bei denen der Zinkstab in die Paste eintauchte. Die Untersuchung wurde also auf folgende Elemente erstreckt: a) Zwei Clark’sche Elemente, bezeichnet mit C und E, verfertigt im Juni 1897. Diese Elemente untersuchte bereits Herr Wulf. 8) Zwei Clark’sche Elemente mit den Zeichen P und Q; verfertigt am 27. October 1897. Dabei war die Zink- vitriollösung von P bei einer Temperatur von 135 °, die von Q bei 32° concentrirt. Um die Temperatur der Ele- mente besser bestimmen zu können, war jedes Element mit einem in (1° getheilten Thermometer versehen, dessen Quecksilbergefäss knapp am Zinkstabe zum Theile in der Zinkvitriollösung zum Theile in der Paste steckte. Q war nur mit einem Kork verschlossen. Ueber den Korkver- schluss von P War noch etwas Paraffin gegossen. | y. Zwei Clark’sche Normalelemente von Fuess Nr. 159 und 160, mit Prüfungsschein von der deutschen physika- lisch-technischen Reichsanstalt. 1) Es könnte da die Ablagerung von Zinkvitriolkrystallen ober der Paste auf den Widerstand von Einfluss sein. Soe IHG Was die electromotorische Kraft dieser Elemente an- belangt, so hat zum Theile schon Herr Wulf (1. c.) einige Angaben darüber gemacht; ich habe diese Seite nicht weiter verfolgt; nur soviel konnte ich constatiren, ‘das ein wiederholtes Schliessen der Elemente mittels des Con- tactschlüssels durch Widerstände von 40—100 Ohm für die Dauer von 0:01 Sec. und weniger keine merklich anhaltende Veränderung der electromotorischen Kraft des Elementes hervorbrachte. Die Beobachtungsresultate. 1. Zunächst soll ein Beispiel für die Beobachtuug nach der Methode A angeführt werden. Es wurde der Wider- stand der beiden Elemente P und Q bestimmt und als Vergleichswiderstand w—=42'1 @ benützt. Als Conden- sator diente stets ein Glimmercondensator von 1:1 Mikro- farad Capacität. Zugleich wurde der Widerstand nach Methode B b gemessen. Mit Hilfe von Quecksilbernäpfen konnte sehr rasch von der einen Anordnung in die andere umgeschaltet werden. Es wurden folgende Beobachtungen gemacht, wobei unter « der Galvanometerausschlag bei der Condensatorentladung eingetragen ist. Element Q, Temp. 19°0° Element P, Temp. 194° N a LO PL w=421 590, 607 1221, Tat Dar.fgt.r— 400, 3770 24.5, 245 Q Mittel r— 388 „ r—245 „. Jeder der angeführten Werthe ist ein Mittelwerth aus 4 Beobachtungen. P und Q hatten soweit gleiche electromotorische Kraft, dass fiir w—©, a bei beiden gleich angenommen wurde. Die Messung des Werthes nach der Methode Bb er- gab fir, re 4420: für P, r— 23:08: Dabei war W= 40000 8 und E= 2°9 Volt (2 Clark’sche Elemente.) — 102 — Eine weitere Messung lieferte die Werthe Element Q, Temp. 19°09 Element P, Temp. 192° Methode A r= 389 Q r== 25:1 Q Methode Bb r— 449 ,, r= 286 -,; Aus den angefiihrten Daten kann man ersehen, dass mit der Methode A immerhin eine Genauigkeit von 1 bis 2°), zu erreichen ist. Es wäre vielleicht an und für sich eine grössere Genauigkeit zu erreichen, aber der innere Widerstand des Clark’schen Elements scheint doch nicht soweit constant zu sein, dass er bei derselben Temperatur auch immer denselben Werth hätte. Erschütterungen und vorausgegangene Temperaturschwankungen spielen dajeden- falls eine Rolle. Ferner ist aus den mitgetheilten Zahlen ersichtlich, dass die Methode Bb grössere Werthe liefert als A und zwar differiren sie ungefähr um 10—15°,. Diese Thatsache ist wiederholt constatirt worden und ich werde am Schlusse noch auf sie zurückkommen. 2. Mit den beiden Elementen C und E habe ich mehrere Beobachtungen des inneren Widerstands bei ver- schiedenen Temperaturen gemacht. Die Elemente waren dabei zum Theile in einen grösseren mit Wasser gefüllten Trog eingesenkt und die Temperatur wurde an einem in das Wasser getauchten in 0'1° getheilten Thermometer abgelesen. Um bei den höheren Temperaturen eine grössere Constanz zu erhalten, wurde das Zimmer recht tüchtig geheizt und bei den niederen Temperaturen die Fenster geöffnet. Ich habe zunächst sowohl nach der Methode A als auch nach der Methode Ba beobachtet. In letzterem Falle bekam ich die Summe der Widerstände. Dabei war im Hauptzweige ein Widerstand von 80000 @ und eine electromotorische Kraft von 2:9 Volt eingeschaltet. Als Vergleichswiderstand diente bei Methode A w—=792 2 bei Methode Bb w— 1961 ®. In der Tab. I sind unter T die Temperaturen, unter r die Widerstände in Ohm und unter /\ die Differenz — 103 — der nach beiden Methoden erhaltenen Summenwerthe des Widerstandes (in Procenten des niedrigeren) eingetragen. Tab: | r, Met. A er oS Dat.| T I — — N, | C | E |IC+BE/C+E 8.12.1159 | 871] 923 1794 [201-7 | 12.4 9.12.| 10:9 11173/1170 234312582] 10°0 —— es | 9.12.| 65 |165.4/151:2 |816°6 3492| 103. 10.12.) 142 11239 11123 12362 1265°7 | 12°5 — —___ 10.12.1267 | 81:0, 767 11577 1744| 106 10.12.) 234 | 82:9 | 798 |162°7 |186°3 | 14°5 Aus dieser Tabelle folgt wieder die Thatsache, dass die Ergebnisse der beiden Methoden constant in einem gewissen Sinne differiren und zwar liefert auch diesmal Methode B etwa um 10—15 %/, grössere Werthe als A. Es sei noch erwähnt, dass bei den Beobachtungen immer eine Messung nach B von je einer Messung nach A ein- geschlossen wurde. Der Widerstand bei diesen zwei Elementen erwies sich auch, abgesehen von den Temperaturschwankungen, gar nicht recht constant, Um daher ein besseres Bild über die Abhängigkeit des Widerstands von der Tempe- ratur zu bekommen, wurde eine weitere Serie von Beob- achtungen nur nach der Methode B gemacht und dabei mit hohen Tenıperaturen angefangen und von diesen nach und nach zu immer tieferen geschritten. Es wäre nämlich möglich, dass bei steigender Temperatur der Lösungsvor- gang nicht so rasch folgt wie der Temperaturanstieg; viel eher wird man umgekehrt zum richtigen Resultat ge- =. ALA ay Oe langen. Bei dieser zweiten Messungsreihe wurden die in Tab, Il verzeichneten Resultate erhalten. Tab: II: | T r, (C+E) | ry 96:3. |. 019318) 179231 LEE TE 237 | 1846 | 246 210 | 1965 | 262 155 | 2264 . | 302 113. | 2723 | 368 65 | 3492 | 466 53 | 3688 | 49.2 Um diese Daten mit jenen fiir die Elemente P und Q besser vergleichen zu können, habe ich die Werthe für C-+-E auf den Werth von P bei 5'3° reducirt, d. h. ich = habe angenommen, dass C+E und P bei 5'3° denselben Werth 49-2 haben und habe dann in diesem Verhältnisse die anderen Werthe reducirt; die so reducirten Werthe sind in der Tabelle unter r, eingetragen. In der Curvenfigur wird der Verlauf von r, durch die punktirte Curve dar- gestellt. 3. Die Elemente P und Q wurden nach der Methode Ba untersucht. Die Elemente waren wieder zum Theile in einen grossen mit Wasser gefüllten Trog eingesenkt. Bei diesen Messungen war der Widerstand im Haupt- zweige 40000 © und die electromotorische Kraft 2°9 Volt. Die Galvanometerrollen waren diesmal parallel geschaltet und hatten also einen Widerstand von 8000 &. Tabelle III enthält die Resultate; die Messungen wurden in der Reihenfolge gemacht, wie sie eingetragen sind. Die unter T angegebenen Temperaturen sind an den ins Element eingesenkten Thermometern abgelesen worden. Die Werthe von Q sind in gleicher Weise, wie früher bei C und E, auf den Werth von P für T—3:9° reducirt und unter r, eingetragen worden. Die Curvenfigur gibt die auf Q bezüglichen Werthe r, gestrichelt, die Werthe von r für P jedoch ausgezogen. Tab. Hl. 298) 209] 298] 312 209 Seller 248| 247! 24:8] 349| 234 2271| 260 226 387| 259 189 302| 188| 431| 289 EEE — 106 — Tab. III (Fortsetzung). T | Piaf) ae r | ri 125} 371| 12°4| 56:0) 377 8:2| 43:9) 82| 671] 450 DE A iad ued 3:9) 532) 39] 79-4] 532 105, 415) 105) 618 1641 327| 164] 491) Nachdem die Reobachtung bei 39° gemacht war, lies ich die Temperatur langsam ansteigen und beobachtete die in der Tabelle zum Schlusse angeführten zwei Werthe welche sich in den Verlauf der früheren Werthe sehr gut einfügen. Diese zwei Elemente verhalten sich hinsichtlich des Widerstands viel regelmässiger als C und E; dies ist höchst wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass hier der Zinkstab in die Paste eintaucht, was bei den früheren Elementen nicht der Fall ist. Bei C und E liegt zwischen dem Ende des Zinkstabs und der Oberfläche der Paste eine dicke Schichte von Zinkvitriolkrystallen, 4. Schliesslich untersuchte ich noch zwei Clark’sche Normalelemente von Fuess, welche im Jahre 1895 für das hiesige physikalische Institut angeschafft wurden. Die Klemente haben die Nummern 159 und 160 und sind im Jahre 1894 verfertigt. Schon gelegentlich früherer Ver- suche ist mir aufgefallen, dass die beiden Elemente zwar eine nahezu gleiche electromotorische Kraft, jedoch sehr verschiedene Widerstände aufwiesen. Die electromotorische wurde diesmal nicht weiter untersucht; bei der Prüfung des Widerstandes stellte sich jedoch heraus, dass Element 160 einen schlechten, unsicheren Contact hat, infolge dessen = 00. — eine genaue Bestimmung des Widerstandes unmöglich ist. Für alle mit dem Gaivanometer vorzunehmenden Beob- achtungen ist dieses Element ganz unbrauchbar. Der Widerstand des Elements 159 wurde nun nach Methode A bestimmt. Methode B liess sich wegen der Höhe des Widerstands nicht anwenden. Um aber doch die Messung auch nach einer anderen Methode auszuführen, habe ich die gewöhnliche Ohm’sche Methode angewendet, indem ich das Element einmal durch 10000 und dann durch 20000 2 schloss. Die Versuche machte ich bei zwei verschiedenen Temperaturen, um wenigstens einen kleinen Aufschluss über den Einfluss der Temperatur zu gewinnen. Nachfolgend ist das Resultat verzeichnet. Clark’s Normalelement Nr. 159 von Fuess, Temp. r Methode A Ohm’s Methode 20°8° 8620 2 8350 2 11°0 30790 ,, 29290 ;, Dieses Element hat also einen sehr hohen inneren Widerstand und eine auffallend grosse Abhängıgkeit von der Temperatur. Sollten alle Fuess’schen Normalelemente so hohe Werthe des Widerstandes und ein ähnliches Ver- halten desselben gegen Temperaturänderungen aufweisen, dann wäre hiedurch ihre Brauchbarkeit sehr beeinträchtigt, In diesem Falle stimmen die nach beiden Methoden erhaltenen Werthe viel besser überein als früher; der Grund der nicht vollkommenen Uebereinstimmung dürfte übrigens hauptsächlich in der Ungenauigkeit der Messungen nach der Ohm’schen Methode zu suchen sein. 5. Ueber den Widerstand der hier untersuchten Ele- mente bei verschiedenen Temperaturen folgt aus diesen Beob- achtungen Nachstehendes. Für C und H ergaben die Messun- gen eine etwas geringere Abhängigkeit von der Temperatur als sie Herr Wulf für das Element C gefunden hat. Aller- dings ist in diesen Beobachtungen nur die Summe der — 108 — Widerstände beider Elemente verzeichnet; allein einzelne Bestimmungen des Widerstands von C und E, die in Com- bination mit einem dritten Element F nach der Methode Ba gemacht wurden, lehrten, dass sowohl C wie E so ziemlich den gleichen Einfluss der Temperatur aufweisen, Die Curve für C und E liegt, mit Ausnahme der Endpunkte, ein wenig unter den Curven für P und Q; eine That- sache, die vielleicht doch in dem Umstande ihren Grund hat, dass bei diesen beiden Elementen auch die Ablagerung der Zinkvitriolkrystalle zwischen dem Zinkstab und der Paste auf den Widerstand von Einfluss ist. Die Curven für P und Q weichen so wenig von einander ab, dass man diese Abweichungen ganz gut Beobachtungsfehlern zuschreiben kann. Obwohl sich die Curven ungefähr bei derselben Tem- peratur schneiden (13°), für welche die Zinkvitriollösung von P concentrirt war, so kann doch diesem Umstande kaum eine grössere Bedeutung beigelegt werden. Im allge- meinen folgt aus diesen Beobachtungen, dass die Ab- hängigkeit des inneren Widerstands von der Temperatur bei P und Q und zum weitaus grössten Theile bei C und E durch die Aenderung der Leitfähigkeit der Zinkvitriol- lösung erklärt werden kann. Ganz anders verhält sich die Sache beim Fuess’chen Normalelement Nr. 159. Hier ist eine solche Erklärung nicht möglich, denn der Wider- stand ist ja bei 11° beinahe 4mal so gross als bei 20°. Dieses sonderbare Verhalten müsste vorerst wohl noch an anderen Elementen constatirt werden, bevor man daran ginge, die Erklärung für dasselbe zu suchen. 6. Schliesslich musste noch der eigenthümliche Um- stand aufgeklärt werden, dass die Methode A immer kleinere Werthe (10—15 °/,) lieferte, als B. Zunächst suchte‘ ich den Grund in der Methode A. Um zu prüfen ob der Fehler nicht etwa in der Schaltung liegt, habe ich an Stelle des Clark’schen Elements einen Accumulator und einen bekannten Widerstand (57 2) eingeschaltet: Die — 109 — Beobachtung ergab sodann den richtigen Werth des Widerstands; der Widerstand des Accumulators ist ja zu vernachlässigen. Weil die Widerstände nach A kleiner ausfielen als nach B, so war es auch nicht möglich den Grund der Abweichung in einer Polarisation zu suchen die sich etwa in der sehr kurzen Zeit der Schliessung ent- wickeln würde. Man könnte auch auf den Gedanken verfallen, dass die kurze Zeit der Schliessung für eine richtige Ladung des Condensators nicht ausreicht. Bei näherer Ueberlegung findet man sehr bald, dass von dieser Seite kein Fehler in die Beobachtung kommen kann, was übrigens auch durch den Versuch mit dem Widerstand von 57 @ be- wiesen wird. Ich wandte mich sodann der Methode B zu und prüfte diese nach verschiedenen Richtungen. Zunächst untersuchte ich den Einfluss der electromo- torischen Kraft im Hauptzweige. Es wurde ein kleiner Doppelaccumulator und ein Bruchtheil desselben verwendet Das Resultat gibt Tab. IV. | Tab. IV. | p | Q E Volt | W.Q2 |— : 2 To | de NR; be | 0:36 | 10000 | 141] 324| 148) 47-4 40 | 10000 | 141] 332] 148) 489 Obwohl die electromotorische Kraft in einem Falle elfmal so gross war wie im andern, sind die Werthe des Widerstands doch nur um 2, resp. 3 Procent verschieden. Sodann habe ich bei demselben E von 4 Volt den Wider- stand im Hauptzweige W verschieden gewählt. Dieses Re- sultat ist in Tab. V enthalten. Die Werthe sind um 11° resp. 7°) verschieden und zwar ergab das grössere W auch einen grösseren Widerstand. Eine weitere Beobachtung mit Q ergab bei W — 80000 r= 450 und bei W—2000; r—40°4, also eine noch grössere Abweichung zwischen den beiden Werthen Schliesslich wechselte ich das Galvanometer und machte einige weitere Messungen mit einem Galvanometer nach Rubens-du Bois. Für E=1'1 Volt, p=-28000 Q und T—15'3° wurde gefunden beim Element P bei W= 80000 2 r=365 Q . » 10000. 4,4: 32°3 also auch hier eine Differenz von ungefähr 12 °/, im glei- chen Sinne wie früher. Bei diesen Beobachtungen muss man berücksichtigen, dass das im Nebenschluss befindliche Clark’sche Element thatsächlich einen Strom liefert, und zwar durch den im Hauptzweige angebrachten Widerstand W. Darnach blieb also nichts anderes übrig, als anzunehmen, dass der Wider- stand des Schliessungskreises auf den inneren Wider- stand des Elementes von Einfluss ist und dass das Element beim kleineren äusseren Widerstande von 1000 Ohm auch einen um 10—15 %, kleineren inneren Wi- derstand hat als bei 80000 @. Ist nun das der Fall, so muss das Element auch den kleineren Werth des Wi- derstands zeigen, wenn man W — 80000 nimmt, dafür aber das im Nebenschluss befindliche Element durch einen Widerstand von 10000 Ohm schliesst. Dies wurde aus- geführt und folgendes Resultat bei der Temperatur 14°4° erhalten. P im Nebenschluss, ungeschlossen r= 376 Q 9 ” 9 Q im Nebenschluss, ungeschlossen r—=547 „ <5 er geschlossen durch 8400 2 r—=501 ,, "Bei P beträgt die Differenz 18°), bei Q 9%). Wäre der Widerstand von P und Q constant, dann hätte durch die Schliessung des Elements nur eine Wider- standsveränderung von etwa 0:5 °|, beobachtet werden müssen, wie dies auch der Fall war, als ich statt des Clark’schen Elements einen Drahtwiderstand in den Neben- schluss gab. Aus diesen Daten folgt also, dass der innere Wider- stand des Clark’schen Elements im geschlossenen Zustande kleiner ist als im offenen, eine Thatsache, welche übrigens auch schon an anderen Elementen beobachtet wurde. Dies erklärt zur Genüge die nach den Methoden A und B er- haltenen Differenzen. Wenn auch des Umstand, dass nach Wulf’s Beobachtungen die Methode A bei verschiedenen Vergleichswiderständen nahezu gleiche Werthe liefert, da- für spricht, dass sich der Widerstand des stromliefernden Elements nur bis zu einer gewissen Grenze ändert und dass die nach diesem Verfahren bestimmten Werthe sehr nahe richtig sein dürften, so muss doch erst eine spätere Untersuchung entscheiden, wie weit dies thatsächlich zu- trifft. Die Untersuchung des Widerstands nach den hier beschriebenen Methoden soll auch auf andere Elemente ausgedehnt werden. 99 Inhalt. A, Vereinsnachrichten. Seite I, Bericht über die im en ahr 1896/97 abgehaltenen Sitzungen e MI Prof. Dr. v. Dalla- T orre: aber die Schlangen Tirols IV Prof. Dr. Klemen&i6: Ueber die Recalescenz des Eisens VI Prof. Dr.Kerschner: Ueber sensible en des Bewegungsapparates . sh VEL Prof. Dr. Heider: Ueber den IE ee AN! Prof. Dr. Heinricher: Ueber seltenere insectivore oder insectenfressende Pflanzen . 8 = VIELE Prof, J. Zehenter; Ueber umgekehrte merbreunans und über Flammenspaltung : ; IX Prof. Dr. Heinricher: Domershationei einer haften. Ueberwallung . : A ; . : ; : x Prof. Dr. Klemenéié: Ueber das Photographieren fliegender Projectile. ; 2 ; XI Prof. Dr. Heider: Ueber den oa 65 Zelle : 5 XI Hofrath Prof. Dr. v. Vintschgau: Ueber zeitmessende Versuche zur ee ee zweier elektrischer Haut- EEIZE son 4 4 5 A SEHE Assistent Dr, H op f gar t ner: Ueber neuere Methoden zur Bestimmung des Moleculargewichtes . ? .. VE Prof. Dr. Heinricher: Ueber einige Ergebnisse expe- rimenteller Untersuchungen über unsere para- sitischen Samenpflanzen . . XIX II. Verzeichnis der Akademien, Gesellschaften u. 8. w., mit denen der Verein im Tauschverkehr steht : o AL MII. Personalstand des Vereines . ; ; y 6 XXVIII z B. en, | Prof. Dr. Pernter: Nachruf an Prof. v. Härdtl- a Prof Dr. Wirtinger: Zwei Bemerkungen zu Ai! 7 rie des Regenbogens : P. Vincenz Gredler: Wan eine Nachlesen © es früheren poclonibanes Publikationen NER liemeh haar der Griechen . h ie ee oe Prof. Dr. Kerschner: Zur Theorie der Inner vationsgefühl Prof. Dr. Klemenéié: Ueber den innern Widerstand Clark’- scher Normalelemente . . . . a ek I di de os obs oe ols os af re a Bt hoy BERICHTE : 44V 11V 1 & ) Ye de ca des pr “ey | las “a et a : ER . . ° . We “|| naturwissenschaftlich - medizinischen A as | | gr “| VEREINES ee * a =<) A de BER: ph A N Se i INNSBRUCK if a) | ? - | 2 & —— Be +s or +f 2 oe pst ac XXHI. Jahrgang 1896/97. | | | | Se u“ yor | ji AR E: or 4g Ree OMe 5 3 = 13H ex Br “8 Be . Be - INNSBRUCK. a 2 Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. N “6 1898. Bt as / I = | - = = - — ee | gr ee a ee on eT ee eS ‘Verein in n a Nady Tacuneerie zu RT: ng * f an nn aber ae Br te nenne sr regen ee Eee Er EZ wein vos ef N ‘ > ans x 4 ee oy Oe) er een oje lob ova oem torebeteb en ogee wheter minsopepevanelcherstecereates el emeıe|