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ÜBER DIE
MITTHEILUNGEN
VON
FREUNDEN DER NATURWISSENSCHAFTEN in Wien; gesammelt und herausgegeben
von s# WILHELM HAIDINGER.
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I. Band. Nr. 1—6. Mai, Juni, Juli, August, September, October 1846.
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ÜBER DIE
MITTHEILUNGEN
VON
FREUNDEN DER NAEURWISSENSCHAFTEN
in Wiens
gesammelt und herausgegeben von
WILHELM HAIDINGER-
"I. Band. Nr. 1—6. Mai, Juni, Juli, August, September, October 1846.
GOOD WIEN 1847.
In Conimission bei Braumüller und Seidel.
Nie ermüdet stille steh’n. Schiller.
Vorwort.
Wie hier gesammelt erscheinenden „Berichte“ geben den Inhalt einer Reihe von Versammlungen, wie sie sich nach und nach bei mir ausbildeten. Sie wurden von einer derselben, der vom 27. April 1846 angefangen durch meine Vermittelung der k. k. priv. Wiener Zei- tung zugesandt, und erregten darin so viele Theilnahme, dass ihre Aufsammlung nun nach einem halben Jahre einer günstigen Aufnahme entgegensehen darf. Den Berichten wurden noch einige andere mit denselben in Verbindung stehende naturwissenschaftliche Aufsätze beigefügt. |
Eine ausführlichere Nachricht über die Versamm- lungen wäre hier noch nicht am rechten Orte. Ueber die Berichte selbst darf jedoch erwähnt werden, dass ihnen grösstentheils die eigenen Noten der Herren zum Grunde liegen, die sie über ihre Vorträge mittheilten. Es blieb daher wenig redaktorische Arbeit zu machen übrig.
Die „Berichte“ werden den hochverehrlichen Theilnehmern an der Subscription für die unter der Presse befindlichen „Naturwissenschaftlichen Abhand- lungen“ als ein Theil der durch die Mittel derselben geleisteten Unternehmungen zugesandt, eben so denje- nigen Herren, welche auch ohne Subscribenten zu seyn, in dem Bande durch ihre werthvollen Mittheilun- gen zur Reichhaltigkeit des Ganzen beigetragen haben,
IV
Für einen weiteren Kreis von Freunden der Ent- wickelung naturwissenschaftlicher Studien und Arbeiten ist der Preis möglichst mässig gestellt, um durch all- gemeine Verbreitung die Theilnahme an denselben auch für die Zukunft vorzubereiten, da bereits für fernere Bekanntmachung in monatlichen Heften die gesetzli- che Bewilligung vorliegt.
Wien, den 24. November 1846,
W, Haidinger.
Inhalt.
l. Versammlungs - Berichte,
1. Versammlung,
am 27. April.
. Fr. Simony. Skizzen aus den Alpen des Salzkammerguts
Fr, Ritter. v. Hauer. Zusammengewachsener Orthoceratit und Ammonit . 2 R 3 “ n ” Dr. S Reissek. .Befruchtung des Pflanzenkeims .
2. Versammlung, am 4. May.
W, Haidinger. Merkwürdige Farbenvertheilung am Cyan-
“ platinmagnesium . = . . . . Fr. Simony. Vorgeschichtliche I im Salz- ‘ kammergut . » . Bw . n 2 . W. Haidinger, Brandisit eine neue Mile Neue Species von Breithaupt . ; - a ha er A. Patera. Analyse des Korallenerzes von Idria - ; ; W, Haidinger. Periklin als Varietät des Albits - ; :
3. Versammlung, am 11. May.
Er, Simony. Gletscher auf dem Dachsteingebirge J. Czjzek. Geologische Karte der Umgegend von Wien
4. Versammlung, am 18. May.
A. Löwe. Analyse der Kupfererze und Tazzoni von Agordo
Dr. S. Reissek, Eigenthümliche Blüthenbildung von Cytisus 5 » Abbildungen kranker Kartoffeln . ;
Fr. Simony. Tiefen -, Durchschnitts- und en des Hallstätter Sees . .- iret-
Dr. L. K. Schmarda. Einfluss des Lichts De irskbien BR Dr R. Botzenhart. Natürliche Farben der Körper
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7. Hr. J, K. Hocheder. Vorkommen der Diamanten in Brasilien nach
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Virgil v. Helmreichen . 3 . E . 5 5
5. Versammlung, am 25. May.
V. Streflleur , k. k. Hauptmann. Reliefs des Wiener - Wald- Gebirges . . Se . > - . . en
Dr. L. K. Schmarda. Hülsen des Müller'schen Trompeten- Thierchens B E . - : - 2 > . -
Dr. L. K. Schmarda, Neue Formen von Infusorien . =
Fr. R. v. Hauer. Anwendung des Wasserglases um fossilen Resten grössere Festigkeit zu geben .
W. Haidinger. Dichroskopische Loupe . . Eee. ©
5 Polarisationszustand des farbigen Lichts na-
türlicher opaker Körper. Dichrophan Eee De
Fr. Simony. Regeuflecke anf den Gebirgsseen . . .
W, Haidinger, Naturwissenschaftliche Abhandlungen, durch Subseription . . A FERIEN. - 5 ae
6. Versammlung am 2. Juni.
A v, Morlot. Schichtenfolge von Teisendorf R
F. R. v. Hauer. Petrefacten des Anninger Berges bei Mödling
Dr, €. E. Hammerschmidt. Apparat für Mikroskopzeichnungen
Dr. S. Reissek. Algensporen »- . ...2.. Rs
W. Haidinger, Metamorphose von Brauneisenstein zn Roth- eisenstein u. S. w. . - - R . s -
7. Versammlune, am S. Juni.
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Dr. €, E. Hammerschmidt. Hydrophane Conchylien-Zeichnungen =) 9 Neuer Käfer in Bernstein - . 2” = Neue Eidechse aus Ungarn
A. v. Morlot. Latente Metamorphose . . ; .
Dr, L. K, Schmarda. Wirbellose Thiere in den venetianischen Lagunen und der Umgegend von Triest . . . .
W. Haidinger, Pleochroismus des Amethysts BRERs
8. Versammlung, am 15. Juni.
Dr. Moriz Hörnes, Fossile Säugethiere des Wiener Beckens
Prof. Leydolt Schriftgeanit DE 2.27 89
Fr, Simony. Kalkhöhlenbildung - - LER 5 3L.:
Dr. K. Langer Strukturverhältnisse der Knochen . . .
Fr. R v. Hauer. Cephalopoden von Hallstatt aus der Sunm- lung des Fürsten von Metternich - . e . .
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9. Versammlung, am 22. Juni.
. General - Münz - Probirer A. Löwe, Analysen von Jamesonit und Berthierit . B s R ; z P ‘
Dr. Richard Comfort. Menschen-Racen - ‘ - - ß
Dr. Hammerschmidt. Pflanzen - Zellenleben { S s .
Dr. S. Reissek. Samenthierchen der Pflanzen . ‘ W. Haidinger. Prof. Zipser. Brand von Neusohl ” 5 Versammlungen nie Aerzte und Naturforscher . . » Warrington W. Smyth. EN Geo- logische Karten der Landesaufnahme von Grossbritannien und Irland & » : E R x A n; 2
10. Versammlung, am 30. Juni.
V. Streffleur. Feuerbildungen auf der Erdoberfläche . .
Dr. Hammerschmidt. Hartingers Farbendruck . . = es 55 Paradisus Vindobonensis . PR Eingeweidewürmer « « . s = Prof. A, Schrötter, Molecularzustände. Bohnenerz Arsenige Säure . - F
H , . Dr. & Botzenhart. Polarisationsbüschel am Quarz, RL: 29
11. Versammlung , am 6. Juli.
Dr. R, Comfort. Familie der Equide . . 020%
Dr. S. Reissek. Zellnatur der Amylumkörner . . .
Joh. Kudernatsch, Urweltliche Seen in Steiermark .- .
Dr, v. Ferstl. Coralrag in Oesterreich . - >
A, Löwe, Hrn, Bergrath Haidingers Bericht über den Hagel- sturm in Gratz vom 7, Uli . 2 2 0070208
12. Versammlung, am 13. Juli.
Joh, Czjzek, Bituminöses Holz des Wiener Beckens » . V, Streffleur. Ursachen der Fluss- und Meeresdurchbrüche Dr. M. Hörnes,. Struvit . = c - En Dr. R, Botzenhart. Grundgestalt des Rises Te Kr
Dr, R. Comfort, Pferderacen EHE. er»
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13. Versammlung am 20. Juli.
. Joh. Kudernatsch, Bestimmung des Kohlengehaltes im
Roheisen » . e - s ; s Fa 5 - Dr. R. Comfort. Eintheilung der Wissenschaften . 5 R V, Streffleur, Meeresströme und Salzgehalt des Meerwassers
14. Versammlung, am 3. August.
Dr. S. Reissek, Bau und Entwickelung des Getreidebrandes V, Streffleur. Veränderungen des Meeresniveaus + . Prof. F, Leydolt, Zwillinge des Ankerits °» . Dr. R. Comfort, System der. Wirbelthiere . . P
15. Versammlung, am 10. August.
Otto Freiherr v. Ilingenau, Geognostische Wahrnehmungen bei Tulleschitz - . . . er Er . I eo Dr. S. Reissek, Flora von Wien, von A, Neilreich . °
16. Versammlung, am 10. August.
Dr..M. Hörnes. Mineraliensammlung der Frau Johanna, Edlen von Henikstein . . & Eine e “ h E
Dr. H, M, Schmidt- Göbel, Dr. Helfer’s Sammlungen aus Vorder- und Hinter-Indien ON 5
Dr. Hammerschmidt, C, Hellers Pflanzen-Sendung aus Mexico
C. Rumler. Duenbostels Oehlpumpe -
17. Versammlung, am 24. August.
V, Streffleur. Theorien der Umbildung der Erdoberfläche Dr, Hammerschmidt. Ueber zwei wenig bekannte Thiere
aus Mexico, das Coendu, und Manavier - . A . F. Ritter v. Hauer. Gebirgsschichten von Guttaring. und Alt- hofen 5 & A 5 »
Prof. J. v, Pettko, Antike der eirektätien Eireiichaftent in die Mineralogie - a - 2 > 2
18. Versammlung, am 31. August.
Prof RB, Kner, Sepienschulpe aus dem Grauwackengebirge Prof, J, v, Pettko., Uebergänge trachytischer Gesteine .
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Prof, J. v. Pettko. Basalt bei Kremnitz Fr Parallelepipedische Grundgestalten” .
19. Versammlung, am 7. September.
Dr. Moriz Hörnes, Tertiäre a bei Matters- dorf u. Ss. w . . . -
K, Rumler. Rittingers Babohnpe ne Kolben
F. R.v. Hauer. Caprinen der Gosauformation in Öbätkereich
20. Versammlung, am 14. September.
F. R. v. Hauer. J, R. v. Hauer und eig Die Forami- niferen des Wiener Beckens . . - A Dr. S. Reissek, Missbildung: des Maises > Zell- und Krystallbildung » Fr. Ritter v. Hauer. Naturwissenschaftliche Abhandlungen von W. Haidinger
21. Versammlung, am 21. September.
A. Edler v. Würth. Geognostische Verhältnisse von Parschlug Dr. R. Kner. Geognostlisches _aus Ost- Galizien . . - A,Patera. Reinhold Freih. v. Reichenbach. Ammoniakbildung F. R. v. Hauer. Monotis in den österreichischen Alpen Dr, Richard Comfort, Mineralsysteme N RR
22. Versammlung, am 28. September.
J. Barrande. Geologie und Paläontologie des mittleren Böhmens A Martin. Photographie auf Papier 4 s : 2 Dr. M.! Hörnes, Grauwackenversteinerungen von Rittberg
in Mähren . . . . . . ; 2 . R Dr. Hammersclimidt, Zehnte Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe in Gratz . ; . 5 : e £
Dr. Reissek. Kartoffelfälle . .» R h> Der 21, Band der Aübandliden Feng kais.
Leop.- Carol, Akademie, der Naturforscher
23. Versammlung , am 5. October.
Graf A. A. v. Keyserling. Aussia and the Ural Moun- tains etc. » = ® . . 2 e . . . i Dr, Hammerschmidt, Photographie, Daguerreotypie, Galva- noplastik - . b
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Fr. Ritter v. Hauer, Cephalopoden aus dem Bleiberger Mu- —_ schelmarmor . 174° 24. Versammlung, am 15. October. Dr. S. Reissek, Die zwei neuen Kartoffelarten aus Neu- fundland 3 E . B 4 5 . 176 <; Kleine Beiträge zur REN der In- fusions - Thierchen von Dr. Ludwig K. Schmarda . 0 Dr. Hammerschmidt. Photographisches Bild . z R een 4 Neperische Rechenstäbe . B ea RR Dr. 5 Schmarda. Adriatische Infusorien - Fauna . . »0.— Dr. F. Rossi.. Neue Arachniden - . 2 . 180 J4 Se A, Patera und F. Markus, Explodirende Bach. wolle -- . ; ar . . ; : ; . . 182 25. Versammlung, am 22. October. J. Czjzek. Neue Kundorte der fossilen Fauna im ungari- schen Becken - . - z A: Dr. M. Heider. Besondere ern Br Zahlen . . 186 Dr. Hammerschmidt. Farbendruck . b R i ; AR = Typographie i h i : ; „18%
26. Versammlung, am 29. October.
Fr. Ritter v. Hauer, Versteinerungen von Dienten in Salzburg — Dr, S. Reissek. Entwickelungsgeschichte der Flachsfaser . 189 Fr, Ritter v. Hauer, Reinhold Freiherr v. Reichenbach über
den Ursprung der Ammoniaks -: 2.2.0... 190 Prof. Schrötter. Kalkspathanalyse von Hrn. v, Siemianowsky 193 Dr. Hammerschmidt, Oxyuris - Arten . ; Ä > 3 4194
Il. Specielle Mittheilungen.
Dr. S. Reissek, Ueber die Natur des kürzlich in Klein-Asien vom Himmel gefallenen Manna - . . 495 ss Ueber den Mannaregen. (Nachtrag.) i -.200 Franz Ritter v. Hauer. Ueber die bei der Bohrung des arte- sischen Brunnens im Bahnhofe der Wien-Raaber Eisen- bahn in Wien durchfahrenen Tertiär - Schichten . . 201 Fr. Ritter v. Hauer. Ueber einen neuen Fundort tertiärer Fischreste bei Poresesd in Siebenbürgen - : - 206
5. Hr. W, Haidinger, Ueber Hen, Friedrich Simony’s naturwissen- schaftliche Aufnahmen und Untersuchungen in den Al-
6.
7.
pen des Salzkammergutes . .
» Friedrich Simony, Ueber die Spuren der vorgecihietitilene
Eiszeit im Salzkammergute I. Das todte Gebirge . U. Die Abrundung der Göbirgntheiie. Ill. Karrenfelder . & - - 2 IV. Erratische Trümmer. Moränen . V. Gletscherschlie . - ... VI. Schluss . + e .
» A. A. Graf v, Keyserling. ee Aber das Werk:
Fussia and Ihe Ural Mountains
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XI
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‘ In « Druckfehler. Seite Zeile Statt Lies 3 5 Pt6Mg5 Pı5Mg6 I. le FOR, : Th
I. Versammlungs - Berichte,
1. Versammlung, am 27. April 1846.
Wiener Zeitung vom 6, Mai 1846.
H.. Fr. Simony zeigte einer Anzahl von Freunden der Naturwissenschaften seine geistvollen Skizzen aus den Alpendes Salzkammergutes, deren Gegenstand in der Wiener Zeitung vom 24. April angedeutet wurde, und für welche hier die Aufmerksamkeit der verehrten Leser in Anspruch genommen werden soll. (Siehe Specielle Mitthei- lungen # 5.)
Hr. Franz Ritter v. Hauer zeigte ein paläontologi- sches Schaustück aus dem k. k. Hof- Mineralien - Cabinette vor, — ein echantillon celebre, — welches schon in frü- heren Jahren vielfach die Aufmerksamkeit der Geognosten beschäftigt hatte, nähmlich die in dem rothen Marmor aus der Gegend von Hallstatt in einem Stücke zusammen vorkommenden zwey Versteinerungen, eines sechs Zoll lan- gen Orthoceratiten und eines vier und einen halben Zoll im Durchmesser haltenden Ammoniten, die man früher als bezeichnend für im Alter sehr weit von einander abstehende Gebirgsbildungen zu betrachten gewohnt war. L. v. Buch und Zippe, die bey ihrer Anwesenseit in Wien im Jahre 1832 diese eigenthümliche Zusammenstellung sahen, glaub- ten daran eine künstliche Zusammenfügung zu erkennen. (v. Leonh. und Bronn. Jahrb. 1833 p. 188.) Letzterer hatte nähmlich den Mastixkitt an dem Stücke aufgefunden. Man beruhigte sich um desto leichter bey dieser Ansicht, als es dadurch möglich schien, einen in der Paläontologie durch lange Zeit als Axiom betrachteten Satz auch fernerhin auf- recht zu halten. Aber Hr. v. Hauer untersuchte das Stück kürzlich genauer, und da ergab es sich, dass zwar aller- dings der untere Theil des Orthoceratiten in Folge eines zufälligen Bruches mit Mastix angekittet war, und daher
auch beym Erwärmen sich ablöste, der obere aber noch fest Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I, 1
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damit verbunden blieb, und dass der Ammonit selbst mit dem Orthoceratiten unstreitig in einer und derselben Gebirgs- schiehte begraben, und beym alimähligen Festwerden des einst weichen Kalkschlammes nur auf natürlichem Wege zusammengefügt wurde. Grauer Marmor ist an dem Stücke nirgends zu sehen. Der Ammonit gehört nach v. Hauer einer noch unbeschriebenen Art aus der Familie der Arietes v. Buch an, einer Abtheilung, die man bisher nur im un- teren Lias fand. Der Orthoceratit ist als neue Species von Quenstedt beschrieben, und O. alveolaris benannt worden. Das erwähnte Stück liefert demnach immer noch . den vollgültigsten Beweis für das in der neueren Zeit auch von Bou&, Quenstedt u. a. bereits anerkannte Zusam- menvorkommen der genannten zwey Geschlechte in einer und derselben Gebirgsschichte.
Herr Dr. S. Reissek erläuterte seine Beobachtungen und Versuche über den physiologischen Vorgang hey der Befruchtung des Pfianzenkeimes, die von ihm in der Abhandlung der Leopoldinisch - Carolinischen Akademie Bd. XXI. 2. 468. 1846 mitgetheilt wurden. Er begann mit dem schon von Herodot miigetheilten Verfahren der künstlichen Befruchtung der Dattelpalmen, der Befruchtung eines weiblichen Individuums einer Fächerpalme in Berlin durch ein männliches, das sich in Heidelberg befand, der Ansichten Linne’s, endlich der neuern Forschungen und Ansichten von A, Brown, Schleiden, Wydler, End- licher u. A. über die Verlängerung des in die Narbe ge- fallenen Blüthenstaubes, und die endliche Versetzung der Zelle. Dr. Reissek’s Versuche bezweckten eine künst- liche Versetzung der Pflanzenzellen, analog dem natürli- chen Vorgange. Samenstaub wurde in Blatisubstanz, in enizwey geschnittene Knollen gebracht, und überall ge- schah die dem Vorgange bey der Befruchtung entsprechende Zellenverlängerung, selbst bis zur Bildung neuer Zellen, wie sich diess durch das Erscheinen einer grünlichen Fär- bung am Ende der Verlängerung beurkundete. Der Vor- gang bietet im Ganzen allerdings 'keine genaue Analogie mit den Erfahrungen im Thierreiche dar.
W. Haidinger.
2, Versammlung, am 4. May. Wiener Zeitung von 12, Mai 1846,
Hr. Bergrath Haidinger zeigte die merkwürdige Farbenvertheilung an den Krystallen des Cyanplatinmag- nesiums Pt6 Mg5 Cy1l, die ihm Herr Prof. Redten- bacher in Prag mitgetheilt hatte. Hr Quadrat hatte den Winter über in Redtenbacher's Laboratorio diese und mehrere ähnliche Verbindungen chemisch untersucht. Die zarten, rothen Krystalle, zwei Linien lang und '/; Linie dick oder noch kleiner, sind in Rosen gruppirt, die in ge- wissen Richtungen einen prachtvollen, metallähnlichen Glanz besitzen. Es sind quadratische Prismen, in der ‚Richtung der Axe karminroth, senkrecht darauf blutroth durchsich- tig. Die Farben sind im polarisirten Lichte der dichrosko- pischen Lonpe leicht zu trennen. Die Seitenflächen des Prismas zeigen durch Reflex ein prachtvolles grünes Metall- bronce, die Endfläche ein eben so prachtvolles, dunkles Lasurblau. Bey der Stellung der Krystallaxe und der dichroskopischen Loupe in einer Ebene geht alles mit Glas- glanz zurückgeworfene Licht durch das ordinäre, alles mit Metallglanz zurückgeworfene durch das extraordinäre Bild der Letztern. Es ist also alles zurückgeworfene Licht ge- radlinig aber entgegengesetzt polarisirt. Mehr in das Ein- zelne gehende Angaben sind einer ausführlicheren Akhand- lung vorbehalten.
Nach der von Hrn. Professor Gottlieb bei seiner Durchreise erhaltenen Mittheilung ist die Auflösung des ro- then, grünlich goldglänzeuden Salzes in Wasser farblos, Diess ist wohl eine Collectivwirkung der kleinsten Theil- chen von Roth und Grün. Auf einer vollkommen glatten Spiegelfläche mit einem glatten Messer zerdrückt, erhält man ein karminrothes Pulver, spiegelglatt aufgestrichen. Die glatte Fläche gibt in der dichroskopischen Loupe das Lasurblaue im untern Bilde, kein Grün. Mit etwas Wasser befeuchtet, verschwindet jede Farbe alsobald. Nach der Verdunstung hat sich eine glänzend metallischgrüne Schichte gebildet, dıe beim durchfallenden Lichte karminroth ist. Im
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Dichroskop ist das obere Bild geblichgrün, das untere blau- lichgrün metallisch glänzend.
Dieses Vorkommen der metallischen und der nicht me- tallischen Farben, durch die Untersuchung im polarisirten Lichte nach senkrecht auf einander stehenden Richtungen orientirt, bildet eine ganz neue Classe von optischen Er- scheinungen; es ist ein wahrer Dichroismus der Ober- fläche durch Reflexion, ähnlich den Erscheinungen, welche man bisher am durchgelassenen Lichte beobachtet hat.
Hr. Friedr. Simony hielt einen Vortrag über die Spuren der vorgeschichtlichen Gleischerausdehnung im Salzkammergute, in welchem er zuerst aus {den verschie- denen Abrundungen der Oberfläche des Dachstein-, Priel- und Höllengebirges, die innerhalb ziemlich scharfer Grän- zen des Terrains bis zu einem gewissen Höhen-Niveau auf- wärts und bis zu einer bestimmten ‚Erstreckung abwärts verfolgt werden können; dann aus den Karrenfeldern, bei deren näheren Beschreibung er nachwies, dass sie nicht durch Regen oder durch die Schmelzwässer des Winter- schnees, sondern bloss durch die mit Moränenschntt, als einem starken Reibungs - und Schliffmaterial gemengten Schmelzwässer mächtig aufgelagerter Gletscher gebildet worden sein konnten; und endlich aus den erratischen Geschie- ben und deutlichen Moränen, welche zerstreut in dem ganzen Gebirge vorkommen, den Beweis stellt, dass die genannten Gebirge sämmtlich von grossen Gletschern überdeckt waren, welche sich mindestens bis in die angrenzenden Hanuptthäler erstreckt hatten. Alle erwähnten Erscheinungen wurden von Simony zugleich durch eine gauze Reihe sehr genauer von ihm selbst an Ort und Stelle aufgenommenen Handzeich- nungen anschaulich nachgewiesen. Die Publication des gan- zen von ihm gehaltenen Vortrages erfolgt gegenwärtig in den Blättern dieser Zeitung. (Siehe Specielle Mittheilungen J%6.)
Brandisit, eine neue Mineralspecies. Herr Bau-Directions-Adjunet Liebener, in Innsbruck , hatte ein glimmerähnliches Mineral vom Monzoniberge im Fassa- thal, wo es mit Pieonast zusammen vorkommt, an Hrn. Bergrath Haidinger mit dem Bemerken eingeschickt, dass es sich ungeachtet dieser Aehnlichkeit von dem Glimmer
_ En wesentlich unterscheide. Eingeladen, da er doch die speci- fische Selbstständigkeit erkannt, auch einen Nahmen vor- zuschlagen, gab Liebener den Nahmen Brandisit, Sr. Exc. dem vielverdienten Herrn Landes - Gouverneur von Tyrol, Clemens Grafen von Brandis zu Ehren, Während der Zeit hatte der Mineralienhändler Augustin ähnliche Stücke nach Freiberg gebracht, und Hr. Prof. Breithaupt gab der Species den Nahmen Disterrit von unbekann- ter Etymologie. Auf eine Anfrage antwortete dieser Hrn. Haidinger mit dem Wunsche der Beibehaltung des letz- teren Nahmens, weil er längst den Personennahmen abhold sei. Nur die Nahen nach verstorbenen Männern der Wis- senschaft sollten als Denkmahle gelten. Doch bleibt Herr Prof. Breithaupt bei dieser Ansicht ziemlich allein, und alle übrigen Mineralogen stimmen in der Praxis überein, durch die Nahmen die Zeit des Fortschrittes der Wissen- schaft zu bezeichnen. Das Denkmahl ehrt den, dem es ge- setzt wird, aber auch den der es setzt. Die Wahl des Nahmens kann also nicht zweifelhaft bleiben, und Bergrath Haidin- ger glaubt, dass man diese interessante Tyroler Mineral- species gerne mit Liebeners Nahmen Brandisit in die Systeme einführen wird.
Die Formen des Brandisites sind regelmässige sechssei- tige Prismen, des rhomboedrischen Krystallsystems. Theil- barkeit nach der Endfläche. Perlmutterglanz und Glasglanz, auf den End- und den Seitenflächen; Farbe lauchgrün, bis ins röthlichgraue. Optisch einaxig. Dichromatisch, Basis lauch- grün, Axe leberbraun. Härte = 45, zwischen Fluss und Apatit. Gewicht = 3.015 ... 3.062 v. Hauer. Dünne Blätt- chen nicht biegsam, nicht elastisch.
Vor dem Löthrehre Reaction auf Kieselsäure, Thonerde, Eisen.
Herr General - Landes - und Haupt - Münzprobirer, A. Löwe, ist mit einer Analyse des Brandisits beschäftiget.
Herr Prof. Breithaupt ist im Begriffe ehestens fol- gende neue Mineralspecies bekannt zu machen: 1) Plinian, ein Arsenikkies von Ehrenfriedersdorf in Sachsen; 2) Spi- nellus superius, eine Eisen-und Zinkspinellart vos Boden- mais in Baiern; 3) Zygadit, von Andreasberg am Harz,
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mit dem Stilbit vorkommend, und dem Heulandit ähnlich, aber härter; 4) Konichalzit, ein vanadinhältiger Ku- pfer- und Kalk - Malachit aus Spanien ; 5) und 6) Kastor und Follux von Elba. Wasserhell wie Quarz, und dem- . selben auch in der Form ähnlich, obwohl sie augitisch ist. Sie enthalten Kieselerde und mehr oder weniger Thonerde und Lithion. 7) Siderodot, ein kalkhaltiger Spatheisen- stein, Gewicht =3.41 von Radstadt in Salzburg.
Hr. Adolph Patera theilte vorläufig die Resultate einer chemischen Untersuchung des Korallenerzes von Idria mit, die er im Laboratorio des k.k. General-Land- und Haupt- Münz - Probiramtes machte. Bekanntlich betrachten einige Mineralogen die Varietäten desselben als blosse Concretio- nen oder concentrisch-schalige Absonderungen, wie Reuss, Haüy, der jedoch auch die entgegengesetzte Meinung an- führt , ohne sie zu bestreiten, Blumenbach und Haus- mann, Mohs dagegen, Brochant, Haidinger, be- trachten sie als Anhäufungen von Conchylienresten. Letz- terer hatte den Namen Hipponyx auf die patellenähnlichen Schalen bezogen, in dem „Berichte über die Mineralien- sammlung der k. k. Hofkammer im Münz - und Bergwesen.“ Patera führte zweierlei Formen von Schalen an, die sich jedoch durch ihre Dicke von allen verwandten Gasteropoden generisch unterscheiden, auch Bivalvenreste. Es kommen indessen auch, neben den fossilen Resten noch wirkliche Coneretionen vor, Bein ausgeschiedene Schalen erlitten ei- nige 30 pCt. Glühverlust. Die weissgehrannten Schalen aber gaben in einer qualitativen Analyse Kieselsäure, Thonerde, Phosphorsäure , Kalkerde und Fluor. Die Ermittelung des quantitativen Verhältnisses dieser Bestandtheile, soll Gegen- stand einer späteren Mittheilung werden.
Die grosse Menge der in den Schalen enthaltenen Phos- phorsäure ist höchst merkwürdig. Berthier führt bereits eine Analyse mit folgenden Verhältnissen an: Fluophosphat von Kalk 40.0, kohlensaurer Kalk 7.0, kohlensaure Magnesia 5:5, Thon 38.5, Kohle 2.0, Wasser und Bitumen 7.0. Sie bezog sich aber nicht auf die Schalen, sondern auf ganze Stücke des Korallenerzes.
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Herr Bergrath Haidinger theilte einige Bemerkungen über denPeriklin mit, denerals Varietätdes Albits bezeichnet. Er hatte ihn mitMohs zuerst von demselben und den Feldspathen überhaupt unterschieden. Breithanpt gab ihm den Nahmen. Gustav Rose betrachtete ihn immer als Albit. Haidinger zeigte mehrere Albite, die mit Adu- larkrystallen besetzt waren, eben so Feldspathkrystalle von geringern Durchsichtigkeitsgraden, mit Albit besetzt, Alles in möglichst paralleler Steilung. Erstere waren von Pfitsch in Ty go; letztere vom Cavalierberg bei Hirschberg in Schle- sien. Er nimmt an, dass in der Bildung dieser Kıystalle ZU- erst eine Verbindung von Natron - und Kalifeldspath krystal- lisirte , die beyde auf die Form Einfluss nahmen, dass aber später, indem die Gesteine selbst in verändertem Verhält- nisse sich befanden, auch der mindere Antheil der Mischung sich aus den Krystallen herauszog, und öfters an der Ober- fläche sich wieder ansetzte. Nach Thaulow enthält der Periklin vom St Gotthard bloss Natron, gar kein Kali. In dem Fortgange der Metamorphose bleibt in den Graniten Kalifeldspath noch zuletzt mit zweiaxigem Kaliglimmer und Quarz übrig. Albit oder Natronfeldspath kommt nach G u- stav Rose ausschliesslich auf Gängen vor. Eine ausführ- lichere Abhandlung über diesen Gegenstand wird in Po«- gendorff's Annalen erscheinen. (Bd. LXVIH. p. 471.)
3. Versammlung, am 11. Mai. Wiener Zeitung vom 16, Mai 1846,
Hr. Friedrich Simony reihte an seinen am 4. Mai abgehaltenen Vertrag über die Spuren ‘der vorge- Behrentisehen Eiszeit im Salzkammergute einen zweiten über die Verhältnisse der gegenwär- tigen Gletscher auf dem Dachsteinzebirge an. Zuerst gab er eine gedrängte Verse der Gestaltung” und Ausdehnune des Terrains der drei Gletscherpartien, des grossen Dre® Eisfeldes, des todten Schnees und des Gosau-Gletschers, de- ren Gesammtllächenraum er auf nahe 3000 Joch bestimmt.
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Die Entstehung und Fortbildung der Dachstein- Gletscher leitet er von den grossen Flächen ab, welche um die höchsten Zinnen des Gebirges in und über der ewigen Schneegränze liegen, vorzüglich hebt er als für die Glet- scherbildung besonders günstig die an der Ostseite des ho- hen Dachsteins gelegenen, von diesem terassenförmig ab- steigenden, weitausgedehnten Stufen des Gebirgsplateaus, wovon die höchste in einem Niveau von 8100‘ über dem Mee- re allein über 400 Joch Flächenraum fasst, heraus. Hierauf beschrieb er die verschiedenen Aggregatstufen der Gletschermassen, den Hochschnee,, Firn, das Halbeis und endlich das compacte Gletschereis, und erwähnte den Prozess, durch welchen die erste der Aggregatformen all- mählig bis in die letzte übergeht. Die deutlich unterscheid- baren, verschieden mächtigen, mit der Oberfläche paralle- len Schichten des Firns, die alljährigen Ueberbleibsel des niedergefallenen und unvollständig abgeschmolzenen Schnees, das Nichtabschmelzen der Firnmassen an ihrer un- tern Fläche und das Verharren oder doch nur verhältniss- mässig geringe Anwachsen der Mächtigkeit der Firnmassen geben ihm den Beweis, dass alle Firnfelder,. ihre Un- terlage möge eine noch so geringe Neiguug haben, entwe- der durch Eigenschwere, oder Seitendruck fortwährend (d. h. Sommer und Winter) nach abwärts gedrängt werden, weil sonst, wenn diess nicht der Fall wäre, die Firnfelder in einem Jahrhundert um mehrere hundert Fuss in senkrechter Mächtigkeit zunehmen müssten. Von der ver- schiedenen Höhen-, Breiten- und Längenausdehnung, so wie von dem durch die grössere oder geringere Neigung der Unterlage bedingten schnelleren oder langsameren Abwärts- rücken der Firn- und Hochschneemassen, und endlich von der Gestaltung des unter derFirnlinie (durchschnittlich 7500° über dem Meere) gelegenen Terrains leitet Simony das Vorhanden- oder Nichtvorhandenseyn des eigentlichen Glet- schereises, die verschiedenen Verhältnisse seiner Ausdeh- nung, seiner Erstreckung in verschiedene Niveaus, seines jährlichen Vorrückens oder Zurückziehens und seines all- mähligen Anwachsens oder Abnehmens ab. Hierauf be- sprach er die verschiedenen Formen der Zerklüftung
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und Trümmerung im Firn und Eis, und gab den Un- terschied zwischen Firn- und Eisschründen vorzüglich da- hin an, dass die Ersteren parallele, die Letzieren keil- förmig zusammenstossende Wände zeigen, was auf ganz verschiedene Ursachen der Entstehung hindeutet. Als ein beinahe allgemeines Gesetz stellte er auf, dass sowohl Firn- als Eisklüfte die Abdachungslipie ihrer Massen quer durchschneiden, dass, wo ein Gletscher- oder Firnstrom ohne seitliche Hindernisse oder Einwirkungen gerade ab- wärts zu rücken vermag, er nach der Stärke der Abda- chung seiner Unterlage in grösseren oder kleineren Zwi- schenräumen parallel zerklüftet, wo dagegen jene Statt finden , die Zerklüftung unregelmässig und verworren wird, oft ganz in Trümmerung übergeht. Als eine auffallende Er- scheinung erwähnte er die kraterförmigen oft 100 Fuss im Durchmesser haltenden Schlünde und Kessel mit- ten in den Firn-Ebenen, die das Merkwürdige an sich haben, dass sie alljährlich auf denselben Stellen verharren, und für die es noch keine genügende Erklärung gibt; fer- ner beschrieb er die auf dem Carls-Eisfelde und dem tod- ten Schnee sich vorfindenden Katarakten, in der Masse des Gletschers, welche die Bildung von Karrenbrun- nen veranlassen und die durch das Zusammentreffen einer obern und untern Kluft entstehen. In Beziehung auf die Bewegung der Gletscher legt er auf die Theorie Saussure’s, nach welcher sich die Firn - und Eismassen bloss nach dem Gesetze der Schwere abwärts be- wegen, mehr Gewicht als auf die neuere Annahme eines innern Wachsens und Ausdehnens der Firn - und Eismas- sen. Dann gab er die von alten Aelplern seit 50 Jahren so wie seine eigenen seit vier Jahren gemachten Beobach- tungen über das Wachsen der Dachsteingletscher an, nach welchen vorzüglich die unterste Terasse des Carls-Eisfeldes unausgesetzt alljährig um einige Fuss vor- rückt und auch in ihrer Höhe immer mehr anschwillt.
Nach Simony’s Meinung dürfte der Hallstätter Glet- scher sobald er den etwa 10 Klafter hohen Felswall, der ihn an seinem Abschwung umschliesst, und an dem er jetzt schon langsam aufwärts rückt, erstiegen hat, höchstens
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nur noch einige Decennien brauchen, um wieder das drei viertel Stunden entfernte Taubenkar, welches die deut- lichsten Spuren eines schon früher vorhandenen Gletschers zeigt, zu erreichen und nach und nach mit seinen Eislasten auszufüllen. Schliesslich führte er noch die Sage von der „verwunschenen Alm“ an, nach welcher da, wo jetzt der Hallstätter Gletscher seine mächtigen Eisströme ausbreitet, eine üppige Alpe gelegen haben soll, und er- wähnte zugleich der gleichlautenden Sagen die von dem Folgefonden und Snöhettan in Norwegen, von dem ewigen Schneeberg im Salzburgischen und von mehreren Gletschern der Schweiz und Tirols, welche Sagen als die Nachklänge einer Tradition aus fernen, doch historischen Zeiten erschei- nen, in welchen die Gletscher Europas (ob an allen Orten gleichzeitig?) eine weit geringere Ausdehnung hatten, als gegenwärtig. Diese Tradition wird dadurch wichtig, dass sie zwischen der Periode der nun aus vieien bereits beob- achteten Thatsachen nachweislichen grossen Gletscheraus- dehnung und der jetzigen des gemässigten Klimas in unsern Ländern eine wärmere Epoche, und somit schon einen dreifachen Wechsel der Temperatur-Verhält- nisse in unserem Welttheilnur seit jener Zeit, wo das Festland Europas seine jüngste, seine segenwärtige Gestalt bereits vollständig an- genommen hatte, vermuthen lässt.
Hr. J. C2jäZek zeigte eine topographische Karte der nächsten Umgebung von Wien, nach seinen eige- nen Beobachtungen und Untersuchungen geognostisch illuminirt. Bekanntlich haben wir bisher noch keine Karte die- ser Art, indem die von Partsch, in Wien, bei Heubner 1845 erschienene, nicht so viel Detail der einzelnen Schichten ent- hält. Hr. C2jZek hatte damit begonnen, für das k. k. Oberst- Jägermeisteramt die Schichten der Kalk- und Sandsteine, sammt den sie umgebenden neuern Ablagerungen in den östlichen Ausläufern der Alpen auf das Genaueste zn stu- diren. Herr Bergrath Haidinger veranlasste ihn , das Gemälde der ganzen Umgegend Wiens, mit einem Radius von drei bis vier Meilen, durch eine eben so ins Einzelne gehende Uutersuchung zu ergänzen. Die mitgetheilte Karte
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ist nun das Resultat seiner Arbeit, ein langjähriges Deside- rat für die Umgebungen unserer Residenz, zu einer Zeit, wo längst andere Städte dergleichen Nachweise nicht mehr entbehren. Wenn auch noch erst Manusecript, lässt sich nicht zweifeln, dass bei der von dem Verfasser beabsich- tigten Subscriptien zur Herausgabe der Karte sich auch eine angemessene Theilnahme des Publicums ergeben wird. Herr CzäjzZek fand durchgängig die Schichten des Wiener-Sand- steines unter die Kalksteine einfallend. Von den Tertiär- und neueren Schichten sind folgende durch eigene Farben unter- schieden: 1) Tegel. 2) Sandstein und Cerithienkalk. 3) Sand mit Tegellagen und Schotter. 4) Leithakalk. 5) Conglomerat. 6) Quarz- und Urfelsgeröll mit Sandlagen. 7) Süsswasser- kalk. 8) Löss 9) Oberer Schotter von Wiener-Sandsteinge- schieben. 10) Die Fluss-Alluvionen. Dazu kommen noch die erratischen Blöcke in der Nachbarschaft von Sieghartskir- chen und Königstetten, die Kalktuffe, so wie die Vorkom- men oder Spuren von Braunkohlen und Alpenkohlen, die letztern unter dem Kalksteine und über dem Wiener Sand- steine. Diese detaillirte Ausführung gibt der Karte einen bke- sondern Werth durch die innige Beziehung des thonigen, sandigen, schotterigen u. a. Untergrundes zn einer land- wirthschaftlichen Benützung,
4. Versammlung , am 18. Mai, Wiener Zeitung vom 23. Mai 1846,
Herr A. Löwe, k. k. General-Land- und Hauptmünz- Probirer , theilte die Resultate einer chemisch - analyti- schen Untersuchung des Kupfererzes von Agordo im Venetianischen, und einiger davon abhängigen Hütten- ‚ praducte , insbesondere der sogenannten Tazzoni, mit, welche im vorigen Jahre der k. k. Bergpractikant , Hr. Marcus Lipold, gegenwärtig in Bleiberg in Kärnthen, im Laboratorium des k. k. General-Land- und Hauptmünz- Probiramtes unter Löwe's Leitung angestellt hatte. Das Erz selbst wurde aus nahe 2 Atomen Kupferkies mit 3 Ato-
5 > ’ Uli Ai men Schwefelkies, di. 2(Cu + Fe) +3Fe zusammenge-
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setzt gefunden. Wird dasselbe im Verlaufe des Hütten- prozesses geröstet, so bildet sich im Innern der Erzstücke ein Kern (Tazzone) von Schwefelmetallen und die äusere Hülle, welche den Schwefel verloren hat, wird oxydirt. Die damit angestellten Analysen zeigten, dass die Schale der Hauptsache nach Eisenoxyd ist, worin sich noch et- was Schwefelkupfer nebst schwefe!lsaurem Kupferoxyd und schwefelsaurem Eisenoxydul vorfindet; wesshalb auch die Schale von dem gerösteten Erze abgeschlagen und im Wasser ausgelaugt wird, theils um das darin befindliche Kupfer durch hineingelegtes Eisen als Cementkupfer zu fäl- len, theils um Eisenvitriol zu erzeugen. Der Kern muss in ei- nem erweichten Zustande sich in die Mitte der umgeben- den Schale zusammengezogen haben und zeigt nun eine dem Buntkupfererze ähnliche Beschaffenheit. Die Analyse lieferte indessen etwas abweichende Zahlenresultate, nah- mentlich mehr Schwefel und Eisen, die Berechnung führte zu der Formel 2 Cu +3 fe, die eine Verbindung von 2 Ato- men Schwefelkupfer mit 3 Atomen Einfachschwefeleisen darstellt
Herr Dr. Reissek gab über eine eigenthümliche Pflanzenbildung Nachricht, welche in diesem Augen- blicke im k. k. botanischen Garten zu Wien von Jeder- mann beobachtet werden kann. Seit mehreren Jahren be- findet sich daselbst ein Strauch des gemeinen Goldregens (Cytisus Laburnim), einer Pflanze, welche jetzt überall in Gärten und Parkanlagen blüht, und goldgelbe Blüthen in langen herabhängenden Trauben besitzt. Der in Sprache stehende Strauch trug bisher immer gelbe Blüthen. Heuer zeigten sich plötzlich auf einigen Aesten gelbe, auf an- dern rothe Blüthen, und sogar auf demselben Aste in der Tiefe gelbe, höher rothe Blüthen, so wie in einer und derselben Traube hie und da gelbe und rothe Blüthen. Die rothblühenden Aeste waren vollkommen gleich mit der rothblühenden Varietät des Goldregens (C. Adami). Die- ses Verhältniss an und für sich schon höchst auffallend, wurde jedoch an Merkwürdigkeit weit übertroffen von einem andern. Es zeigte sich nähmlich an einem gelbbtü- thigen Aste des Strauches ein Zweig ganz übereinstim-
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mend mit Cylisus purpureus, einer schr abweichend ge- bildeten Pflanze, welche nur fusshoch ist und einzeln ste- hende rothe Blüthen zwischen kleinen Blättern trägt. Dr. Reissek bezeichnete diese Erscheinung als eine der lehr- reichsten und seltensten, wovon dıe Wissenschaft bis jetzt kein ähnliches Beispiel kennt. Zugleich wurden lebende Exemplare vorgezeigt.
Herr Dr. Reissek zeigte hierauf Abbildungen kranker Kartoffeln aus den verschiedenen Stadien vor, und erläutete dieselben mit Hinweisung auf seine frü- heren ausführlichen, über dieselbe Krankheit zum Theil in der Wiener Zeitung gegebenen Mittheilungen. Das Resultat seiner mehr als halbjährigen Untersuchungen über diesen Gegen- stand ist: Dass die Kartoffelkrankheit eine einfache Fäule sei, welche in ihren organischen Metamorphosen wesent- lich mit der Fäule bei Aepfeln, Rüben, Kohl, Artischoken, überhaupt mit jeder Pilanzenfäule übereinstimmt. Von einem eontagiösen und seuchenartigen Charakter des Uebels kann keine Rede sein. Die Fäule war vorübergehend, sie wird sich in gewissen Jahren bei eintretenden gleich ungünsti- gen atmosphärischen Einflüssen, ‚wie die des vorigen Jah- res, wiederhohlen, eine Fortpflanzung des Uebels aber durch Ansteckung und eine allgemeine Degeneration der Kartoffel sei nicht zu befürchten. So weit seine jetzigen Beobachtungen und Versuche reichen, entstehen aus kranken Kartoffeln unter günstigen Verhältnissen ‚doch wieder ge- sunde, so ungefähr, wie sich aus einem, wenn gleich an- gefaulten Kohlkopfe Samen entwickeln, welche gesunde Pflanzen erzeugen. Schliesslich versprach derselbe die zahl- reichen über den Gegenstand von ihm entworfenen mikros- kopischen Analysen und Zeichnungen nach ihrer Vollendung vorzuzeigen und zu erläutern.
Herr Friedrich Simony legte seine Tiefen-, Durehschnitts- und Perspeetiv-Karten Se HR stätter See cin Oberösterreich) vor und erläuterte diesel- ben durch eine Darlegung aller interessanten Ergebnisse seiner auf demselben vorgenommenen zahlreichen Messun- gen und Sondirungen. Hier folgt im Auszuge das Wesent- lichste seiner Mittheilungen : Der Hallstätter-See, zwei
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Stunden südlich von Ischl gelegen , hat eine Länge von 4370 W. Kl.;, seine grösste Breite (rechtwinklig durch die gewundene Längenlinie gemessen) beträgt 770 Kl.; seine mittlere Breite, aus dem Flächenraume und der Länge berechnet, 552,5 Kl. (die in den topogr. Werken an- gebene grösste Breite von 1120 W. Kl. ist nicht als wahre Breite zu betrachten , da sie die natürliche Windung des Beckens in einer Diagonale schneidet); der Flächenraum bei mittlerem Wasserstand beträgt 1509 Joch oder 2.414.400 Quadrat Kl.; seine grösste Tiefe 66 Kl. (nicht 105 Kl. wie häufig angegeben wurde.)
Das Verhältniss der grössten Tiefe zur Länge ist 1:662.
Das Verhältniss der grössten Tiefe zur mittleren Breite 1:8,37.
In Uebereinstimmung mit den steilen Ufern und Abfäl- len der Gebirge, die den See umschliessen, zeigen sich auch die Seiten des Beckens fast durchgängig steil niedergehend, nicht selten seukrechte Wände von 20 bis 50 Klaftern Höhe bildend.
Dagegen ist der eigentliche Boden desselben kei- neswegs, wie man sich gewöhnlich vorstellte, ein unregel- mässiges Chaos von Gräben, Dümpfeln, Hügeln und Trüm- mer-Haufwerk , sondern eine beinahe ‚regelmässige Ebene, welche in der Gegend der grössten Tiefe (zwi- schen dem sogenannten „Pfaffengfäll“und Weergra- ben) nach einer Ausdehnung von 300 Kl. Länge und bei- nahe eben so viel Breite vollkommen horizontal ist , von da in der Längenerstreckung nach Süden, gegen die Ein- mündung der Traun zu Anfangs kaum merklich, dann aber allmählig stärker ansteigt bis zu dem Punkte, der nur noch 49 Kl. tief unter dem Wasserspiegel und 200 Kl. einwärts vom Anfange des Sees liegt, von welchem aus sich dann das Schuttgehänge der Traun plötzlich steil — in einem Winkel von 30° gegen die Mündung des Flusses erhebt. In dem nördlichen Längenverlauf steigt diese Ebene von der tiefsten Stelle aus etwas rascher und in einer viel kür- zeren Strecke zu der durch die Schuttablagerung der Gosau hervorgebrachten Verengerung des Beckens bis zu 16 Kl.
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unter dem Wasserspiegel, fällt dann, aber nur langsam, in der untern Hälfte des Sees nach dessen Mitte bis zu 24 Kl. ohne jedoch nochmahls jene wagrechte Flächung zu erreichen und steigt endlich, in eine unregelmässig gerun- dete Beckenform sich zusammen ziehend nach dem untern See-Ende zur Ausmündung der Traun rasch auf.
Folgende Tabelle der in der gekrümmten Längenlinie des Sces nach Abständen von 200 Kl. von Simony un- ternommenen Sondirungen versinnlicht ziemlich deutlich die Form des Längendurchschnittes des ganzen Was- serbeckens.
Entfernung von der Ein- Senkrechte Tiefendifferenz mündung der Traun ab- Tiefe der Horizontal- wärts, abstände. a A en es WO Kl. . . » Bazla., 5'/, Kl. 600 Kl., eechen den Shlinen- je amt und dem Grubkreuz. . 57° „ | 2'/, Kl
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1000 Kl., zwischen dem Mühl- bach im Markte und Grub. 62 ,„
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Zwischen 2500 und 3000 Kl. nächst der Gosaumühle, liegt die grösste Verengerung des Sees, in welcher der Letztere nur eine Tiefe von 16 Kl. behält.
Entfernung von der Ein- Senkrechte Tiefendifferenz
mündung der Traun ab- Tiefe. der Horizontal- wärts. abstände.
SBOBERFa era 7eih m 119 U | Kl
3200 Kl. 23 r
A UTRSER. a Zwischen 3200 und 2400 K]. fällt die tiefste Stelle des
untern Sees = 24KIl.
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SEE ah irn 5 Mi. Zwischen 3600 und 3800 Kl. ist noch eine Vertiefung
von 20'/, Kl.
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21 8: ee 16 Kl.
Die weitere Länge bis zu 4370 Kl., d. h. bis zum Aus- lauf der Traun, ist bloss durch die Klausbauten unter Was- ser gesetztes Wiesenland, dessen Fläche kaum einige Fuss unter dem Wasserspiegel liegt. Nur die Traun durchschnei- det die Untiefe in Form eines 2 Klafter tiefen Grabens.
Als besonders beachtenswerth hebt Simony die in das Becken vortretenden, zuerst in einen Winkel von 30—35° abfallenden, dann aber sich allmählig immer mehr verflä- chenden Schuttablagerungen der Traun, des Waldbachs, des Mühlbachs, der Gosau und des Zlianbaches hervor, welche das Becken des Sees fort- während verkleinern, und in dem Verlaufe von einigen tausend Jahren vollständig ausfüllen werden, und zwar mit dem Schutte der verschiedenen Formationen des Ausseer, Hallstätter und Gosauer Bezirkes. Eben diese Schuttablagerungen weisen nach, wie sich in einem ver- hältnissmässig kleinen Raum, wie dem des Haillstätter Sees, Schichten verschiedener Verflächung , verschiedener For-. mation, und auch mit sehr verschiedenem Korn der Men- gungsbestandtheile durch ruhige Ablagerung allmählig bil- den können.
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Hr. Simony beabsichtigt eine ähnliche Aufnahme aller Seen des Salzkammergutes, und auf die Grundlage der zu erhaltenden Resultate, eine specielle Darlegung der verschiedenen Verhältnisse der gegenwärtigen Ablage- rungen in den Alpenseebecken, so wie eine Parallelisirung derselben mit analogen Gebilden der älteren Formationen der Alpen.
Herr Dr. Ludwig K. Schmarda theilte mehrere neue Beobachtungen über den Einfluss des Lichtes auf die Infusionsthierchen mit. Mehrere derselben machte er in den medicinisechen Jahrbüchern des Oesterrei- chischen Kaiserstaates, 1845, Heft XII, bekannt. Er gab zuerst eine gedrängte Uebersicht der älteren Beobachtun- gen von Priestley, Ingenhouss, ®. Fr. Müller, Treviranus, Du Fray, Gruithuisen, Schweigger, Lorent; erwähnte hierauf die vonMorren, Dutrochet, Kützing, Carus, Ehrenberg, Pechy und Tell- kampf, so wie derjenigen, welche er selbst in den medi- einischen Jahrbüchern des Oesterreichischen Kaiserstaates (1845, Heft XI1.) bekannt gemacht hatte. Die Resultate seiner neuen Beobachtungen derselben sind im Folgenden enthalten:
1) Viele Infusorien leben und entstehen auch an licht- losen Orten: 2) kräftiger entwickelt sich das Leben der mikroskopischen Thierwelt im Lichte; 3) die grünen Thier- chen der sogenannten Priestley’schen Materie entste- hen nur im Lichte.
Darauf folgte eine Reihe von Thatsachen über die Lichtempfindung der Irfusionsthierchen; die Schluss- folgerungen aus denselben sind:
1) Mehrere Infusorien zeigen eine deutliche Lichtem- pfindung; 2) einige fliehen das Licht, wie Volvox globator und die von Treviranus beobachteten unbestimmten Formen; andere suchen es, wie Monas vinosa, M. sulfu- rosa und M. Dunali , Pandorina morum, Chlamidomonas pulvisculus, Euglena viridis, E. deses, E. triquetra und Stentor niger; 3) als Empfindungsorgan scheint bei Vol- vox, den Chlamidomonaden und Euglenen der rothe Pig-
mentfleck zu dienen, dessen Natur als Auge Ehrenberg Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I. 2
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schon 1831 festgestellt und J. Müller bestätigt hat, bey den übrigen scheint die ganze Leibesmasse wie bei den augenloser und doch für das Licht empfänglichen Polypen der Sitz der Lichtwahrnehmung zu sein.
Hr. Dr. R. Botzenhart theilte eine Beobachtung in Betreff der natürlichen Farben der Körper mit, und erläuterte sie durch das Vorzeigen von geglätteten farbigen Papieren. Wird das von farbigen Körpern zurückgesendete Licht mit- telst der diehroskopischen Loupe analysirt, ‚so erscheint, wenn der Hauptschnitt des Kalkspath-Rhomboeders der Re- flexionsebene parallel oder darauf senkrecht ist, bei einer gewissen Schiefe der Incidenz, dem Polarisationswinkel, das Eine der beiden Bilder beinahe weiss, während das An- dere die Farbe des betrachteten Körpers zeigt. Das Licht des weissen Bildes ist in der Einfallsebene , das des farbigen senkrecht auf die Einfallsebene polarisirt: Dr. Botzenhart schliesst aus dieser Beobachtung, dass ein Theil des auf far- bige Körper auffallenden Lichtes an ihrer Oberfläche in Be- zug auf Farbe unverändert zurückgeworfen wird, und dass der farbige Antheil des zurückgesendeten Lichtes nach vor- ausgegangener Brechung durch innere Reflexion, also aus dem Innern der farbigen Körper zu uns gelangt.
Da diese Erscheinung an allen bisher untersuchten Kör- pern beobachtet wurde, so gilt sie als ein fernerer Beleg für die bis in eine gewisse Tiefe gehende Durchsichtigkeit aller Körper. j
Schon Newton erklärte die natürlichen Farben der Körper aus innern Reflexionen, und diese Erklärung ist auch bisher gewöhnlich angenommen worden. Nach Dr. Botzen- hart liefert die mitgetheilte leicht zu wiederholende Beobh- achtung einen experimentellen Beweis für die Rich- tigkeit dieser Ansicht.
Hr. J. K. Hocheder, Secretär bei der k. k. Central- Bergbau-Direction , theilte den Inhalt einer Nachricht mit, welche der gegenwärtig mit Staatsunterstützung in Brasi- lien reisende k. k. Berg-Controllor, Virgilv. Helmrei- chen, über dass Vorkommen der Diamanten und ihre Gewinnungsmethode auf der Serra do Grao-Mogor in der Provinz Minas - Geraes in Brasilien eingesandt hatte.
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Man findet die Diamanten in zwei verschiedenen Arten von Gebirgsgesteinen, nähmlich entweder in dem festen Itako- lumit, oder in dem sogenannten Cascalho theils lose, theils in den zusammengebackenen Geschieben fest eingewachsen. v. Helmreichen besuchte die Gegend, wo man auf die ersteren gearbeitet hatte im Jahre 1541 , auch die Diaman- ten-Waschungen der Serra do Grao- Mogör (16° bis 17° südl. Breite uud 46° bis 47° westl. Länge von Paris) sind vor ihm von keinem Europäischen Reisenden besucht wor- den. Bekanntlich hatte man die Diamauten früher nur in dem Sande der Anschwemmungen angetroffen. Die unterste Lage derselben, gewöhnlich voll grober Geschiebe, ist oft- mahls der Gegenstand der Bearbeitung auf Gold und Edel- steine. Der Cascalho des Corrego- da Ulinga im Lande der Botocuden ist wegen seiner Topase bekannt, so wie der Corrego de Sa. Anna Gold und Chrysoberylle ent- hält. Die Diamanten auf der Serra do Grao-Mogör werden gewöhnlich aus den Ablagerungen, dem Gurgulho-Cascalho des oberflächlich zerstörten Itacolumitgebirges gewonnen, in einer Längenerstreckung von ungefähr 3 Legoas (18 auf einen Grad) von Patieiro bis Taquara, bei einer Breite von 1 bis 2 Legoas. In dem festen Itacolumite, eiuem fast rei- nen Quarzgestein, sind sie seltener. Auch befolgen sie darin ein eigenthümliches Gesetz des Vorkommens. Der Itacolumit ist nähmlich zum Theile deutlich geschichtet, zum Theile durch und durch gleichförmig und massig. Diese letztern Massen sind in mehr rundlichen oder länglich sphä- roidischen Partien in dem erstern eingewachsen. So kann man an dem steil ansteigenden schroffen, zerrissenen, linken Gehänge des Corrego dos Bois acht verschiedene, theils abgesonderte, theils zusammenhängende solche massige Itacolumitkörper, aus denen Diamanten gewonnen worden sind, die eine Grösse von ungefähr 15 Klafter Länge und 3 bis 4 Klafter Breite haben, unterscheiden. Die Diaman- ten führenden Körper sind von weisslicher, licht gelb- licher oder röthlicher Farbe mit einer einige Zoll dicken grauen oder schmutzig weissen Rinde. Sie haben oft ein conglomeratartiges Ansehen von rundlichen oder verschieden-
artigen, neben einander liegenden, abgerundeten Quarzmas- 9x
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sen, die sie enthalten, und die von den Arbeitern Tauben- eyer (ovos de Pomba) genannt werden; viele der Quarz- eyer sind mit einer Glimmer- oder Talkhaut überzogen. Es kommen auch platte Stücke von schiefrigem Gefüge darun- ter vor, oder glasiger Quarz, der scharf von der umgeben- den Masse abschneidet. Sie sind vielleicht also selbst rege- nerirte Gebilde, wenn auch unzweifelhaft aus der Ursprungs- periode des Itacolumites selbst.
Ein Negersclave, Crioulo Joao Paulo, fand im Jahre 1827 den ersten in festem Itacolumit eingewachsenen Diamant in einem Felsenstück , das sein Herr, Constan- tinho Figueiredo, zur Gewinnung der Zerstörungs-Ab- lagerungen zwischen den Gesteinschichten, hatte abspren- sen lassen. Er arbeitete sodann dort heimlich auf seme eigene Rechnung an Sonn-und Feiertagen, brach den Ita- columit mit Brechstangen. pulverte ihn mit dem Fäustel und wusch den Sand mit der hölzernen Waschschüssel oder Batca aus.
Im Jahre 1830 entdeckte Lorenzo Gomes da Silva ebenfalls einen Diamant von etwa 2 Grän im Gestein, und stach ihn mit dem Messer heraus, ohne weiter nachzusu- chen. Erst im Jahre 1836 fing Lino Jose de Mello auf Paulo’s Mittheilung zu arbeiten an, und seitdem wurde Mehreres gewonnen, unter andern ein Diamant von 7'/, Ka- rat; doch zerschlug man die meisten FHtacolumite , um die Diamanten herauszulesen. Von den unversehrt erhaltenen Stücken erwähnt v. Helmreichen, dass drei sich in Brasilien befinden, und zwar in dem Besitze des Dr. Jose Agostinho Vieira de Mattos in der Cidade Diaman- tina, des Dr Joaquim Jose Rodriguez Torres, kai- serlich Brasilianischen Marine - Ministers in Rio Janeiro, und im National - Museo zu Rio de Janeiro. Ihr Ge- wicht ist etwa auf 2 Grän, 2 Grän und °/, Grän zu schät- zen. Das Stück des kaiserlich Russischen Gesandten am Brasilianischen Hofe, Staatsraths v. Lomonosoff, aus festem, weissem, körnigem, quarzigem Itacolumit, mit grünlichen Glimmerblättehen und röthlichen Glimmerlagen bestehend, enthält zwei eingewachsene Diamanten, von welchen keiner das Gewicht von '/, Grän erreichen dürfte.
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Nach der Angabe der Arbeiter war die Rinde der dia- mantenführenden Körper weicher als das Innere. Aber schon gegen das Ende des Jahres 1535 wurde die Arbeit, als nicht hinlänglich ergiebig, eingestellt, wogegen die Ar- beit in den weichen Schichten der Sande noch immer (1843) schwunghaft betrieben wurde, indem die Bevölkerung der Serra do Grao Mogor zwischen 7000 und 8000 Köpfe be- trug, die jährlich viele tausend Karate Diamanten erbeute- ten. Die Art des Vorkommens in den Werken ist sehr deutlich in lithographirten Tafeln dargestellt, so wie auch das eigentliche der Ausbeutung unterliegende Vorkommen des Schuttlandes, in Canälen (canues), Schichtungsspalten (frinchas),, unterirdischen Aushöhlungen (corrumes), auf den Ufergehängen (copiaras, taboleiros), in den Becken (leitos) der Bäche, und in Flüssen (vargems, corregos , ri- beirios und rios). Noch viele andere interessante und neue Mittheilungen, wissenschaftlicher, technischer und statisti- scher Natur, enthält die von Hrn. Hocheder besorgte Her- ausgabe der Mittheilung. ‘(Wien 1846, bei Braumüller und Seidel).
Hr. Bergrath Haidinger zeigte an, dass der be- rühmte Mineraloge und Geognost, Herr Professor Carl Naumann von Leipzig, in Kurzem nach Wien kommen würde, um die hiesigen Sammlungen zu besichtigen, und sodann eine geognostische Reise längs der Alpen zu unter- nehmer, die er später bis nach Sicilien ausdehnen wird. Wir dürfen von dem Scharfblicke des Bearbeiters der schönen geognostischen Karte von Sachsen auch in unsern Gegenden manchen lehrreichen Beytrag, erwarten.
5. Versammlung, am 25. Mai.
Wiener Zeitung vom 3830. Mai 1846.
Hr. V, Streffleur, k. k. Hauptmann, zeigte drei von ihm verfertigte Reliefs von Detail - Gebirgsbildungen im Wienerwald - Gebirge vor: eines den Wienerwald darstellend, von Altenmarkt bis über den Donaudurchbruch
am Bisamberge, und zwei andere, in vielfach grösse- rem Masstabe, die Gegenden von Sittendorf und Maier- ling, an der Zusammenstoss-Linie der Kalk- und Sand- stein- Formation. Er knüpfte daran einige Betrachtungen über die Entstehung des Wienerwald-Gebir- ges, und über die Ursachen der in demselben vorkommen- den Höhen - und Schichtungsverhältnisse ungefähr in fol- gender Weise:
„Wenn es wirklich allgemeine Gesetze gibt, nach wel- chen die verschiedenen Gesteinarten auf der Erdoberfläche verbreitet vorkommen, so können auch die Gesteinslage- rungen im Wienerwalde nicht als ein isolirtes Phänomen betrachtet werden, sondern es ist zu deren Erklärung auf die Ursachen der Verbreitung des Karpathen- und Wiener- Sandsteines, so wie des Kalkes überhaupt zurück zu ge- hen. Wie aber sind solche Gesetze zu finden? Bei einer Untersuchung der emporhebenden feurigen Einwirkungen nicht, da wir hier gar keinen Masstab und Anhaltspunet über die Vertheilung der Gesteine im Raume haben, indem bei den hebenden Kräften weder die Intensität, noch die Zeit, noch der Ort des Vorkommens irgend einer Be- rechnung unterliegt. Bei der Annahme von Niederschlägen aus ruhigen Meeresbeeken eben so wenig, da man nicht wissen kann, warum sich solche Wasserbecken dort oder da gebildet haben, und wie die jüngeren Gesteine auf die Gipfel der höheren Berge gekommen sind ; — wohl aber gelangt mau zu bestimmten Gesetzen über die Anhäufun- gen und die Vertheilung der Gesteine im Raume, wenn man die Einwirkung der Rotation der Erde mit in Be- rücksichtigung zieht. Die Erdoberfläche ist mit einer nahe berechenbaren Wassermenge bedeckt, die Rotation ist das wirkende Agens; durch sie wird das Wasser in bestimm- ten Richtungen in Bewegung gesetzt; es bilden sich Ströme; die festen Materien werden an bestimmten Ot- ten zusammengetragen, und erhärten zu Gesteinsmassen ; in den bewegten Tiefen der Strömungen sind die Nieder- schläge und Ansätze gehindert , das jüngere Gestein wächst zwischen den Strömungen auf den älteren Seedämmen auf, und lagert sich, scheinbar aufgerichtet, an die Seitenwän-
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de dieser Dämme. Sperrt eine Binne sich ab, wonach Ruhe in derselben eintritt, so lagern sich die Gesteme in die Tiefe; es entsteht dadurch die sogenannte abweichende La- gerung, nicht durch Hebung, sondern durch den Wech- selvon Bewegung und Ruhe an den einzelnen Punc- ten der Erdoberfläche u. s. w.“
Nach diesen allgemeinen Erörterungen zeigte Hr. Streff- leur, auf eigens hierzu eingerichteten Karten, die Strom- richtungen und Dammbildungen (späteren Gebirge) auf den Hemisphären,, dann in Europa, und ging so aus dem Gros- sen in das Kleine auf die Verhältnisse im Wienerwald-Ge- birge über. Eine Haupt-Rotations-Strömung zog einst zwi- schen den Alpen und dem Böhmischen Urgebirgsstocke ge- gen Südwesten, durch Baiern und die niedere Schweiz. In dieser Rinne, die in der Gegend von Wien eine concave Form bildete, lag der Stromstrich den Alpen näher; von ihm links setzte sich der Kalk an den Alpendamm, der Sandstein aber lagerte sich mehr in der Tiefe rechts des Stromstriches im eingehenden Winkel, so wie man Sand- ablagerungen an solchen Stellen in jedem Bache findet, und zwar bildete sich der Wiener Sandstein, theils die nie-
deren Reste eines zerstörten Urdammes (vom Tatra zu den
Alpen) bedeckend, theils ansteigend zu dem Böhmischen Urgebirgsstocke, so dass man ihn jetzt gegen die Alpen einfallend und vom Kalke überlagert findet. Später, bei allmähliger Senkung der Meeresoberfläche hatte das Strombett in der Rotations-Rinne sich verengt, das Wasser senkie sich ausfurchend zwischen den Böhmischen Urge- birgstock und das Ausgehende des Wiener Sandsteines, in der Ausdehnung des heutigen hohen Randes des Donautha- les, und nachdem das Meer diese Gegend ganz verlassen hatte, sieht man nunmehr die Schichtenköpfe des Wiener Sandsteines widersinnig gegen die Donau gekehrt.‘
„Den Einfluss , welchen die Rotation auf die Bildung der Erdoberfläche nehmen soll, hat Hr. Streffleur ausführlich in einem grösseren Werke besprochen, das in einigen Wo- chen die Presse verlassen und den Titel führen wird:
„Die Entstehung der Continente und Gebirge, und die Veränderungen im Niveau der Meere unter dem Einflusse der
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Rotation, nebst einer Uebersicht der Geschichte des Euro- päischen Bodens in geognostisch-orographischer Beziehung.“ Mit einem Atlasse, enthaltend sechs kleine Weltkarten, die verschiedenen Bildungs-Epochen der Erdoberfläche darstel- lend, zwei geognostischen Karten von Europa und zwei Figurentafeln. Wien, Beck’sche Buchhandlung.
Herr Dr. Ludwig K. Schmarda gab eine Notiz über die Hülsen des Müller'schen Trompeten-Thier- chens Stenilor Milleri Ehr.
Dieses Thierchen wurde zuerst von Trembley in den Philosophical Transactions 1746 beschrieben; Rösel nannte es schalmeiähnlicher Afterpolyp, Linne Hydra sienlorea, 0. Fr. Müller Vorticella stentorea, Schrank Linzu sienlorea. Ehrenberg nannte es dem Begründer der Na- turgeschichte der Infusionsthierchen zu Ehren S/entor Mül- leri. — Ausserdem wurde der Müller’'sche Stentor von Ledermüller, Götze, Eichhorn, Bory de St. Vin- cent, Focke, Czermak u. m. A. beobachtet.
In der Nähe von Wien findet er sich in den Lachen zwischen Lainz und Ober St. Veit, im botanischen Garten der Universität und im Prater zu allen Jahreszeiten auch im Winter unter dem Eise.
Schon Müller hatte einmahl drei 'Trompetenthierchen in einer durchsichtigen schleimigen Hülle gefunden, in die sie sich zurückzogen, und aus der sie nach Willkühr wieder hervorgingen. (Animalcula Infusoria 1756. p. 303.) Schrank stellte sie unter seine Röhrenthierchen, und scheint sie nur in üieser Hülle beobachtet zu haben. Er nennt sie posaunen- artigen Laichkrautwurm (Linza sienlorea), und sagt, ihre Hülle bestände aus einer schleimartigen Gallerte von becher- förmiger Gestalt (Fauna boica B. III. Abtheilung 2. S. 313). — Ehrenberg erwähnt bloss, dass sie beim Absterben einen Schleim absondern. — Ich fand schon im Winter 18+®/,, braune Kapseln im Wasser, in welchem Sientoren sich be- fanden; im letzten Winter fand ich sie jedoch sehr zahlreich in braunen Hülsen sitzen, aus welcheu sie sich hervorstreck- ten und willkührlich wieder zurückzogen. Besonders zahl- reich zeigten sie sich an der Oberfläche des Wassers mit dem hinteren Ende nach aufwärts gekehrt, und an den
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Wänden der Gläser. — Die Hülsen sind eylindrische und conische Röhren von ’/, — /, Linie Länge von brauner Farbe: aussen sind sie rauh ; dasGewebe ist körnig, ziem- lieh dicht mit stellenweise dunkler gefärbten Flecken. — Wenn man das entfaltete und wirbelnde Thier beunruhi- get, so zieht es sich ganz in die Kapsel. Wenn sie die Kapsel verlassen oder man dieselbe mit einer Nadel zer- reisst, so schwimmen die Thierchen frey umher, wie die Stentoren in den gewöhnlichen Verhältnissen.
Ausgetrocknet nimmt die Hülse eine hornartige Beschaf- fenheit an, und behält ziemlich unverändert ihre Form. Nach einer vorgenommenen freilich nur nothdürftigen che- mischen Untersuchung scheint sie eher ein leim- als ein schleimartiges Product zu seyn.
Die Thierchen wurden in der Abbildung im contrahir- ten und expandirten Zustand in ihren Gehäusen vorge- zeiget.
Nebstdem zeigte Hr. Dr. Schmarda die Abbildungen von neun neuenFormenvon polygastrischen In- fusorien und einem neuen Räderthiere vor.
Cryptomonas urceolaris , Gyges niger, Aslasia marga: ritifera, Euglena oxyuris, Euglena chlorophoenicea, Eu- glena ovum, Peridinium adriaticum, Peridinium tabula- tum, Bursaria tesselata, Listrion rosirum.
Hr. Franz Ritter v. Hauer berichtete über eine neue Anwendung des von Hofrath Fuchs in München entdeck- ten Wasserglases zum Festmachen von organi- schen Ueberresten. Muschelschalen, Knochen u. s. w., wenn sie in gewissen Gebirgsschichten begraben waren, und dann durch längere Zeit der Einwirkung der Atmo- sphärilien ausgesetzt sind, verlieren alle Consistenz, und gehen in einen weichen pulverigen Zustand über. Noch in den Sammlungen zerfallen dann häufig die ausgezeichnet- sten Exemplare, selbst wenn es gelingt , sie mit grosser Be- hutsamkeitan den Fundorter unverletzt zu erhalten. AufBerg- rath Haidingers Vorschlag versuchte nun Hr. v. Hauer durch Tränkung mit Wasserglas diesem Uebelstande vorzu- beugen. Diese Substanz, welche gegenwärtig in Weissgrün in Böhmen fabriksmässig erzeugt und in Wien in Bat-
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kas Waarenlager (Engel-Apotheke am Hof) käuflich zu haben ist, wurde mit gleichen Theilen warmen Wassers verdünnt, und auf die zu festigenden Gegenstände mittelst eines Pinsels behutsam aufgestrichen. Die poröse Kalk- masse saugt die Flüssigkeit leicht ein, und ist das Ganze getrocknet, so werden die so behandelten organischen Reste so fest, dass ein weiteres leichtes Zerbrechen nicht mehr zu befürchten steht. Die grosse Festigkeit, welche sie dabei erlangen, erklärt sich vorzüglich durch die Bildung wirklicher Doppelsalze von kieselsaurem Kali mit kiesel- saurer Kalkerde, welche hier, so wie bei der Anwendung von hydraulischen Mörteln Statt findet.
Herr Bergrath Haidinger zeigte die vor acht Tagen von Hın. Dr. R. Botzenbart bei den Untersuchungen über den Zustand des von gefärbten Körpern reflectirten weissen und farbigen Lichtes erwähnte diehroskopische Loupe und ihre Einrichtung. Sie besteht aus einem aus Isländischem Doppelspath durch Theilbarkeit erhaltenen läng- lichen rhombischen Prisma mit schiefer Basis. An die Enden werden Glasprismen von 18° angeklebt, um die Schiefe zn corrigiren. Man sieht nun der Länge nach hindyrch; ein kleines Quadrat, auf einer Seite in einer Blendung ausge- schnitten, erblickt man doppelt. Dieser Apparat wird nun noch mit einer Linse, oder besser mit einer aplanatischen Loupe combinirt, und zweckmässig; in eine Röhre gefasst. Man erhält dadurch einen kleinen, tragbaren Polarisatiens- Apparat, der besonders für die Untersuchung kleiner Kry- stalle im polarisirten Lichte anwendbar, und wegen der vollkommenen Farblosigkeit der Bilder höchst empfindlich gegen die Farben ist. Die zwei Bilder sind nach dem Ge- setze der krystallinischen Körper überhaupt in senkrechten Richtungen gegen einander polarisirt, der ordinäre Strahl in der Richtung beider Bilder, der extraordinäre senkrecht darauf. Man unterscheidet sie ebenfalls an den contrastiren- den gelben Büscheln. Geht nun das gewöhnliche Licht durch einen zweifarbigen, dichromatischen,, Körper so hindurch , dass die zwei senkrecht auf einander stehenden Lichtbüschel verschiedene Farben haben, so wird durch ‚die dichroskopi- sche (von ?txp00s zweifarbig und x0reo schen) Loupe die
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Farbe getrennt und im möglichsten Contraste gegen einander zur Vergleichung gebracht. Mit einem Glimmerblättchen, oder einer Bergkrystallplatte combinirt, kann sie in vielen Fällen ähnlich Arago’s polariscope a lunules als Polariskop gebraucht werden. Mehrere Exemplare wurden vorgezeigt, die von Herrn Mechanikus Eckling in Wien gefertigt waren, T
Herr Bergrath Haidinger machte einige Bemerkun- gen zu der vor acht Tagen erhaltenen, höchst interessan- ten Mittheilung des Herrn Dr. Botzenhart über den Pola- risationszustand desfarbigenreflectirtenLich- tes. Die zwei Bilder der dichroskopischen Loupe zeigen allerdings, und zwar das ordinäre das weisse von der Ober- fläche zurückgeworfene Licht , das untere, extraordinäre, dieFarbe desKörpers. Man könnte vielleicht daraus schlies- sen, dass überhaupt das farbige Licht extraordinär oder senkrecht auf die Einfallsebene polarisirt wäre. Diess ist aber nicht der Fall; es ist gewöhnliches Licht: Wenn man nämlich mattfarbiges Papier beobachtet, oder andere far- bige Körper mit glanzloser Oberfläche, wie etwa die so verschiedenartig gefärbten Blumenblätter, so sind beide Bil- der ganz gleichfarbig, das gewöhnliche Licht des Körpers farbig, wie es aus dem Innern desselben kommt, wird in zwei gleichfarbige, senkrecht auf einander polarisirte Strah- len zerlegt. Mattes weisses Papier gibt beide Bilder gleich, wenn es durch gefärbtes Glas von der Sonne beschienen wird. Glänzendes Beinglas gibt zwei gleichgefärbte Bil- der, wenn man durch das reflectirteBild des gefärbten Gla- ses hindurchsieht, sonst bleibt das obere von der Reflexion weiss. Durch gefärbtes Glas von der Sonne beschienenes schwarzes Glas, zeigt das obere Bild gefärbt, das untere schwarz; derselbe Zustand des Lichtes folgt ‚aus der Be- trachtung durchsichtiger Körper, deren Oberfläche man nach Belieben spiegeln läst, oder in Schatten stellt. Zur Erläu- terung zeigte Bergrath Haidinger eine eigenthümliche Vorrichtung, welche er Diehrophan (are erscheinen) nennt, um das zweifarbig gemischte Licht anzudeuten, wel- ches man durch Transmission beobachtet. Von einem ge- wöhnlichen Spiegel unter dem Polarisationswinkel reflectir-
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tes Licht wird von einer farbigen Glasplatte unter demsel- ben Winkel in das Auge geworfen. Man färbt den ersten Strahl beliebig durch farbige Glasplatten. Sieht man nun mit der dichroskopischen Loupe bloss durch die erste far- bige Glasplatte, so sind beide Bilder gleichfarbig, oder fast ganz so; denn eine einzige Platte polarisirt das Licht noch sehr wenig. Lässt man die Beleuchtung des Spiegels wir- ken, so modifieirt der Reflex des polarisirten Lichtes die Erscheinung dergestalt, dass man die Farbe am Ende bloss im untern Bilde übrig behält. Der gleichzeitige, stärkere Eindruck desselben polarisirten Lichtes überwältigt den der schwächern Farbe. Man kann die Beobachtung der Farben im Dichrophan entweder durch schickliche Combination hel- lerer und dunklerer Farbentöne, oder durch beigelegte matt- seschliffene Glasplatten stimmen.
Hr. FriedriehSimony beschrieb das Phänomen der sogenannten Regenflecke auf den Gebirgsseen, welches er vorzugsweise auf dem Hallstätter See durch mehrere Jahre hindurch, zu allen Monaten und Tagzeiten, so wie unter allen Temperatur-Verhältnissen (nur strenge Winterkälte ausgenommen), häufig beobachtet nat. Nach seinen Angaben zeigt sich dasselbe fast jedesmahl kurz vor eintretendem mehrtägigen Regenwetter oder auch im Ver- laufe desselben, und zwar am vollständigsten ausgebildet unmittelbar während eines Regens bei Windstille. Da ent- stehen auf der schimmernden Oberfläche des Sees (nur sel- ten zeigt dieser einen vollständig ruhigen Spiegel, sondern befindet sich fast immer in einer, wenn auch dem Auge im Einzelnen nicht erkennbaren Osecillation, durch welche der Spiegelglanz des Wassers und dessen natürliche schwarz- srüne Farbe immer mehr oder weniger gebrochen erscheint), oft plötzlich, oft wieder nur allmählig stellenweise schwarz- grüne, beinahe fettglänzende Flecke von verschiedenen Dimensionen und Formumrissen , die inmitten der schim- mernden farblosen Fläche gerade wie zerflossene Massen ausgegossenen Oehles aussehen. Die Formen der Flecke sind sehr verschieden, mehr und minder rund , oder länglich, oft buchtig, oft bilden sie lange gerade oder gewundene Streifen, die bald dem Längenverlaufe des Sees folgen,
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bald denselben quer oder in Diagonalen durchziehen. Die Dimensionen wechseln von einigen Fuss bis zu mehreren hundert Klaftern Länge und Breite. Dem Vorkommnissorte nach sind die Flecke nicht fixirt, sie zeigen sich bei jedes- maliger Bildung auf andern Stellen und in veränderten Um- rissen, bald mehr, bald minder häufig, bald ganz vereinzelt, bald in verschiedene Gruppen zusammengereiht, bald wieder regellos zerstreut. Besonders auffallend erscheint ihr manch- mal stundenlanges Verharren an einer Stelle und die zeit- weise Stetigkeit ihrer Gestalt. Werden sie von einem fah- renden Kahne durchschnitten, so fliessen ihre scharf von der schimmernden Hauptfläche abgegränzten Ränder, die durch den Ruderschlag und das durchfahrende Schiff partiell zer- stört wurden, sehr schnell und meist wieder genau in der vorigen Form zusammen. Unter solchen Umständen vermag oft nur ein aufmerksames Auge die langsame Umstaltung der Flecke, ihre allmählige Grössenabnahme, ihr Verschwin- den uud Wiedererscheinen zu beobachten. Sobald eine fühl- bare gleichmässige Luftströmung über der Seefläche eintritt, sebald das Wetter sich ändert, oder selbst, wenn nur für kurze Zeit die Sonne durch die Regenwolken bricht und den See beleuchtet , hört das wechselvolle Spiel dieser son- derbaren Erscheinung auf; oft genug verschwindet die letz- tere aber auch ohne alle äussere sichtbare Veranlassung, und der See erscheint plötzlich wieder spiegelglänzend oder durchgängig schimmernd, wie vorher.
Es würde schwer fallen, bei einer bloss vereinzelten Be- obachtuug für dieses Phänomen eine selbst nur annähernde Erklärung zu finden, wenn man nicht daneben ähnliche Er- scheinungen in Betracht ziehen könnte, bei denen Ursache und Wirkung augenfälliger sind. Simony führte eine Reihe von solchen ebenfalls von ihm auf dem Hallstätter See beob- achteten Erscheinungen auf, die sich in Beziehung auf äus- sere Form mehr oder minder an die beschriebenen Regen- flecke anreihen lassen, und die unwiderlegbar ihre Entste- hung bloss der Wirkung der Luftströmungen zu danken ha- ben, welche letztere vorzüglich in solchen engen, von hohen Gebirgen eingeschlossenen Thälern, wie das Becken von Hallstatt, fortwährenden Aenderungen unterworfen sind und
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oft auf ganz kleinen Erstreckungen, sowohl in Beziehung auf Richtung und Schnelligkeit der Bewegung, als auch in Beziehung auf Teemperatursverhältnisse eine solche Mannig- faltigkeit und so schnellen Wechsel zeigen, wie man nie im Flachlande zu beobachten Gelegenheit hat, und wie sie sich auch nur auf so leicht beweglichen Flächen, wie Seen, auf denen sich jede auch noch so leise Luftbewegung nach ihrer Stärke, Richtung, so wie nach ihrem Umfange kenn- bar macht, wahrnehmen lassen.
Wenn aber auch aus solehen Aehnlichkeiten geschlossen werden kann, dass die Regenflecke ihr Entstehen den Wirkungen der Luftströmung zu danken ha- ben, so sind sie damit noch nicht vollständig erklärt. Hierzu gehören mehrfache physikalische Beobachtungen und Unter- suchungen, die Simony bisher aus Mangel an den nöthi- gen Apparaten nicht unternehmen konnte, die er jedoch im Laufe dieses Sommers machen zu können hofft. Schliesslich sprach er noch die Vermuthung aus, dass die Entstehung der Regenflecke auf Seeflächen und die Bildung der verein- zelnten Cumulus-Gruppen in bestimmten Luftebenen auf gleichen, oder doch verwandten Ursachen beruhen dürfte.
Herr Bergrath Haidinger erwähnte den in der Ent- wicklung der Literatur - Verhältnisse in Wien schon längst fühlbaren Mangel, dass es kein Organ gab, in welchem naturwissenschaftliche Abhandlungen eingereiht und auf an- gemessene Art der Oeffentlichkeit übergeben werden konn- ten, die nicht mit Vortheil einzeln für sich als selbstständige Werke in den Buchhandel gebracht werden können. In Folge mehrerer Besprechungen mit verschiedenen Personen, ob es nicht wünschenswerth wäre, zu diesem Zwecke den Weg einer Subscription zu versuchen, etwa zu20 fl, C. M. jähr- lich, hatten sich vorläufig so viele Beitrittserklärungen er- geben, dass Herr Bergrath Haidinger vorschlug, durch die ehrenwerthe Buchhandlung der Herren Braumüller und Seidel in dem gewöhnlichen Wege die Subscription einzuleiten, woselbst die Subscriptionsbogen alsogleich auf- gelegt werden sollen. BergrathHaidinger würde ehestens den ausführlicheren Plan des Unternehmens durch die Buch- handlung und die Wiener Zeitung darlegen und zu Beiträgen
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einladen. Das Werk selbst würde den Titel erhalten. „Na- turwissenschaftliche Abhandlungen, gesam- melt und durch Subscription herausgegeben von W. Haidinger.“
6. Versammlung, am 2. Juni.
Wiener Zeitung vom 6, Juni 1846.
Herr A. v. Morlot aus Bern hatte kürzlich die in der Geschichte der Alpengeognosie so wichtige Gegend von Teissendorf besucht. Er zeigte zwei Profile der Schichtenfolgen derselben in der Gränzregion von Nummuliten-, Sand- und Kalkstein uud dem Fukoidensand- stein und Mergel, und erläuterte dieselben.
Das erste Profil durchschneidet den Teissenberg über dem Eisenhüttenwerke Achthal, das zweite durchschneidet dasselbe Gebirg eine halbe Stunde weiter westlich über Neukirch und erstreckt sich bis Traunstein.
Was die Lagerungsverhältnisse betrifft, so fallen die Schichten bei den Formationen der Nummuliten und Fukoi- den mit 30—40° nach Süden, und da, von Süden nach Nor- den gehend, der Nummulitensandstein auf den Fukoiden- sandstein folgt, so muss der erstere unter den letzteren einschiessen und auch älter sein, wenn wenigstens die ganze Schichtenmasse nicht übergekippt ist, wie es auch die Herren Boue, Lillv.Lilienbach undMurchison angenommen haben, die alle den Nummulitensandstein über den Fukoidensandstein setzen. In der Schweiz, wo beide Formationen charakteristisch auftreten, sieht Professor Stu- der den Fukoidensandstein für das eberste Glied aller alpi- nischen Gebilde an. — Diesen widerstreitenden Ansichten gegenüber möchte man den Entscheid der Frage späteren Forschungen überlassen, die uns wohl mit ausgesprochene- ren Ueberlagerungen bekannt machen werden.
Das kleine Wasser, die Ach, bildet die Gränze zwi- schen beiden Formationen, die Fukoidenmergelschiefer, de- ren Schichtenköpfe das rechte oder südliche Thalgehänge
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bilden, sieht man noch bis ins Flussbett anstehend und es ist auch natürlich , dass sich das Wasser in diesen leicht zerstörbaren Schichten tiefer eingefressen habe. Der Hü- gelrücken, der das linke oder nördliche 'Thalgehänge bil- det, besteht aus der Nummulitenformation: Gelbe Sand- steine, gelbe und rothe Kalke und 'Thoneisensteinlager. Die bisher beschriebenen allgemeinen Lagerungsverhältnisse sind von Lill v. Lilienbach in seinem ersten Profil der Salz- burgergebirge (Leonh. und Bronns Jahrbuch 1830) ganz richtig angegeben worden.
An dem nördlichen Thalgehänge, also auf dem Num- mulitensandstein, mehr in der Tiefe des Thales und nicht weit hinauf reichend, liegt ein nicht sehr dichtes, ganz schichtungsloses Conglomerat. Es sind Geschiebe von der Nummulitenformation und hauptsächlich von allen Varitäten von Alpengesteinen, vom Alpenkalke bis zum Granit, der nahmentlich ia Blöcken bis zu ein Paar Kubikschuh Grösse vorkommt. Es ist aber, wohlgemerkt, Alpengranit. Das Conglomerat ist mehr oder weniger lose, mit vielen Poren oder Zwischenräumen , muss jedoch zuweilen im neuen Erbstollen, der eine gute Strecke darin getrieben wird, frei- lich fast ganz in der Richtung des Streichens , geschossen werden, und liefert anderswo Mühlsteine. Im Ganzen scheint es dem längs den Salzburgeralpen so vielverbreiteten Con- slomerat des Diluviums zu entsprechen. Als man im Thal- weg die Ausgrabungen anstellte zu der Fundamentlegung des Eisenhüttenwerkes Achthal, da fand man neben aller- hand Schutt und Geröll, grosse, bis zu 200 Zentner ge- schätzte Blöcke eines Gesteins, das man nicht anders als Granit zu nennen wesste. In der grobkörnigen, schön kry- stallinischen Masse erkannte man grünen und weissen Feld- spath, mit Quarz und keinem Glimmer. Andere Varietäten sind roth und haben Glimmer, diese kann man schon Gra- nit nennen, die ersteren dürften eher Porphyre heissen. Es ist überhaupt ein fremdartiges Gestein, das in den Alpen nicht bekannt ist.
Diese Erscheinung ist an und für sich auffallend, wird es aber noch viel mehr, wenn wir sie mit einer ganz ähnli- chen in der Schweiz zusammenstellen. Im Thale von Hab-
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kern, ebenfalls in der Gränzregion der Nummuliten- und Fu- koidenformation finden sich ebenfalls in der Thalsohle eine Menge, mitunter sehr grosse Blöcke (bis 110° Länge und 200.000 Kubikschuh Inhalt) eines schönen, rothen, grobkör- nigen Granits, der den Alpen durchaus fremd ist. Eine grüne Varietät, sehr ähnlich der von Achthal, ist auch gefunden worden. Leopold von Buch und Professor Studer suchten vergebens nach der anstehenden Gesteinmasse, die diese Blöcke geliefert haben sollte. Es waren immer nur lose Blöcke zu sehen, aber in so grosser Menge, dass man vermuthen musste, der Granit sei an Ort und Stelle von unten hinaufgeschoben worden. Endlich machte Hr. Carl Brunner, Sohn des bekannten Chemikers, die merkwür- dige Entdeckung eines schönen Granitblocks, der in den ge- wundenen Schichten der Fukoidenschiefer steckte und allem Anscheine nach förmlich davon eingeschlossen war. Dieses Vorkommen ist von Prof. Studer in den Verhandlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft unter der Bezeichnung „erratische Blöcke aus der Secundär-Epo- che‘‘ beschrieben worden. — Aehnliches soll immer im glei- chen Striche, in der nähmlichen Region der Alpen in Italien vorkommen. Endlich nach den bekannten Beschreibungen des Granits vom Bolgen im Thale von Sonthofen scheinen ° dort ähnliche Verhältnisse obzuwalten, dort kommt auch, wie in Italien, Trapp vor, der wohl nicht ohne Bedeutung ist.
Diese Angaben werden hier aufgestellt, weniger um eine zu frühzeitige theoretische Erklärung hervorzurufen , als um die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf einen so interessanten Gegenstand zu lenken, wodurch vielleicht noch mehr ähnliche Phänomene zu Tage gefördert werden können.
Das zweite Profil stellt wesentlich dieselben Lagerungs- Verhältnisse der Nummuliten- und Fukoidenformation vor, nur fehlen hier auf dem Plateau von Neukirchen das Conglo- merat und die fremden Granitblöcke. Hingegen lässt sich das Profil gegen Norden ergänzen, wenn ınan wenigstens die Beobachtungen auf der Landstrasse von Siegsdorf nach Traunstein damit verbindet. Den Weg gehend, kommt man zuerst an die sogenannte Blaue Wand, eine gute Enthlös-
Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I, 3
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sung von bedeutenden Mergelschichten, die etwa 30° gegen Norden einfallen. Als untergeordnet bemerkt man Lagen und Körner eines Sandsteines, wahre, charakteristische Molasse , auch bedeutende Zwischenlager eines klein- körnigen, dichten Conglomerats, das man wohl Nagelfluh (Molasse-Nagelfluh) nennen kann. Aus diesen Mergeln im Dollberger Graben hat der Salinen-Cassier Mainhold in Traunstein sich schöne Fossilien gesammelt, die keinen Zweifel übrig lassen, dass man es hier mit der eigentlichen Tertiärformation zu thun hat. Endlich weiter gegen Traun- stein verschwindet die Molasse, und man sieht nichts mehr, als das mächtige, grobgeschichtete, horizontal gelagerte Conglomerat des Diluviums.
Herr Franz Ritter von Hauer zeigte Petrefacten aus dem Alpenkalk vor, von einem bisher nicht ge- kannten Fundorte unweit Mödling, den er in Gesellschaft der Herren Dr. v. Ferstl und Adolph Patera vor we- nigen Tagen auffand. Derselbe befindet sich nicht weit vom Wege, der von Mödling über eine Einsattlung zwischen den letzten Gehängen des Anninger-Berges und dem sogenannten Eichkogel nach Gumpoldskirchen führt. Ver- lässt man, von Mödling kommend, auf dem höchsten Puncte dieses Sattels, der durch ein Kreuz bezeichnet ist, den er- wähnten Weg und wendet sich rechts gegen den Gebirgs- stock des Anninger selbst, so sieht man gleich Anfangs zahlreiche Steinbrüche, die aber durchgehends in: Cerithien- kalk und Sandsteine betrieben werden. Weiterhin, noch nördlich von einem verfallenen Meierhofe, der auf den Karten mit dem Nahmen Schuberthaus bezeichnet ist, lie- gen viele Steinhaufen von Alpenkalkstein umher, in wel- chem man zahlreiche Fossilien findet. Es zeigten sich dar- unter Korallenstöcke denı Geschlechte Lilhodendron oder Caryophyllia angehörig, Krinoidenstielgireder, eine grosse glatte Terebratula, ganz ähnlich der 7. perovalis, meh- rere Lima-Arten, eine Os/rea und manche andere weniger vollständig erhaltene Stücke. Im allgemeinen deuten diese Fossilien unzweifelhaft auf Jura-Bildungen. Auch Horn- steinknollen kommen häufig in diesem Kalksteine vor. Uebri- gens fanden sich alle Fossilien nur im Schutte und Gerölle.
der Ort, wo sie anstehend im festen Gestein vorkommen , dürfte näher dem Hauptstocke des Anninger selbst aufzusu- chen sein.
Herr Dr. Hammerschmidt sprach über den Nutzen der Mikroskope als Bildungsmittel, und zeigte eine von ihm erfundene Vorrichtung zur bildlichen Darstellung mi- kroskopischer Gegenstände. Obschon Sonnen- und Gasmi- kroskope für die Demonstration grosse Vortheile vor den gewöhnlichen Mikroskopen gewähren, so sind erstere doch, mancher Umständlichkeit wegen, einer ausgebreiteten An- wendung zum Unterrichte in der Naturgeschichte nicht fähig. Der vorgezeigte Apparat ist sehr einfach, nicht kostspielig und auf jedes gewöhnliche Mikroskop anwend- bar, dabei leicht und ohne grosse Vorbereitung zu hand- haben, während zur Beleuchtung eine argandische Lampe genügt. Derselbe Apparat kann einer Seits zur Demon- stration bei Vorträgen über mikroskopische Gegenstände , anderer Seits zum Nachzeichnen, ja selbst zum Daguerreo- typiren mikroskopischer Gegenstände verwendet werden, in welch letzterem Falle jedoch die Anwendung von Son- nenlicht nöthig ist. Die ausführliche Beschreibung des Ap- parates wird in der vonHerrn Dr. Hammerschmidt her- ausgegebenen „Allgemeinen Oesterreichischen Zeitschrift“ für den Landwirth ete. Nr. 23 vom 9. Juni 1846, und in einem der nächsten Hefte des Dingler’schen polyt. Journales mitgetheilt.
Herr Dr. S Reissek gab eine Uebersicht der Anato- mie, Physiologie und Systematik der Algen. Es wurden aus derMenge bekannter Thatsachen besonders die interes- santen physiologischen und anatomischen Verhältnisse der Algensporen, die zumeist erst durch die Entdeckungen der letzten Jahre aufgeklärt worden sind, erörtert. Wir verdanken selbe den Untersuchungen von Unger, Thu- ret, Kützing, Nägeli, Flotow, Decaisne, Are- scheug. Dr. Reissek erklärte insbesondere die Bil- dung, das Austreten, thierähnliche Fertbestehen und endli- che Keimen der Sporen bei Vaucheria, Achlya, Conferva, Ulothrix und anologe Erscheinungen bei Oseillaloria,, No- sloc, Fucus, Sphaerococecus, zum Theile nach eigenen
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Beobachtungen. Eben so wurde die Bildung des rothen Schnees in den Alpen und Polargegenden, seine Metamor- phose und Verwandtschaft mit der Färbung der Gewässer erläutert. Die Gränze zwischen Thier und Pflanze stellt sich aus dem Complexe der bisher beobachteten Erschei- nungen auch bei jeder Zurückweisung einer primitiven Ent- stehung Beider in den niedrigsten Classen als kaum vorhan- den dar. Namentlich geht diess aus der chemischen Zu- sammensetzung hervor. Die geographische Verbreitung der Algen, interessante Verhältnisse ihres Vorkommens, ihr Gebrauch wurde besprochen, und die Typen derselben durch trockene Exemplare und Zeichnungen an der Tafel ver- sinnlicht.
Hr. Bergrath Haidinger zeigte eine Anzahl von Ei- sensteinstufen, um als Belege für den Vorgang der Ver- änderung, der Metamorph-.ose von Brauneisenstein zu Rotheisenstein zu dienen, insbesondere den von braunem zu rothem Glaskopf, aber auch von aufeinander fol- senden Bildungen der Eisensteine überhaupt. Man kennt vollständige Geoden,, um und um von braunem Glaskopf be- gränzt, Niemand hat rothen Glaskopf anders als in Fragmen- ten, in Quarz und dichten Rotheisensteinen oder Glaskopf- splittern eingewachsen gesehen. Vor einiger Zeit war von Krantz in Berlin an das k. k. Hofmineralien-Cabinet ein Mineral eingesendet worden, das die Form des Nadeleisen- erzes zeigte, aber aus reinem Eisenoxyd ohne Wasser be- stand. Die Frage lag nun nahe, was denn aus dem brau- nen Glaskopf, der auch Eisenoxydhydrat ist, werde, wenn er sein Wasser verliert; nichts anders als rother Glas- kopf. Mancherlei Stücke wurden nun als Belege vorgezeigt, eines das zum Theile aus rothem, zum Theile aus braunem Glaskopf besteht, mehrere der Gangbreccien aus rothem Glaskopf und Quarz, und an einem andern Stücke konnte die Bildung der bekannten Flusshexaeder, mit Quarz erfüllt, und der Absatz von Glaskopf auf einander bezogen werden. Ferner die schönen schuppigen Glasköpfe von Tilkerode am Harz, welche die Form des Giaskopfs beibehalten haben, aber nicht mehr dessen faserige Structur, indem die Indi- viduen ven Eisenglanz in denselben schon schuppig zu kıy-
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stallisiren beginnen. An einigen Stellen war sogar schon wieder Spatheisenstein, oder kohlensaures Eisenoxydul, an der Stelle des Eisenglanzes, ohne Veränderung der Form neu gebildet worden. Bei einigen Stücken war augenschein- lich Quarzmaterie an die Stelle des rothen Glaskopfes ge- treten, und zeigte sich nun pseudomorph in hämatitischen Gestalten, obwohl der Quarz selbst als Chalzedon eben- falls eigenthümliche Gestalten dieser Art anzunehmen fähig ist. Die schönen braunen Glasköpfe von Antonio Pereira in Brasilien brechen gangartig in einem Brauneisenstein, der in seiner Structur ganz an die körnigen Magneteisen- steinvorkommen erinnert. Er wird von Klüften in der Rich- tung der Gangspalten selbst durchsetzt, von welcher aus er in rothen Glaskopf verwandelt ist. Auch die Grundmasse ist entsprechend zum Theil Rotheisenstein geworden. An- gereiht an die vorhergehenden Stücke wurde eine Pseudo- morphose von körnig zusammengesetzten Kalkspath nach krystallisirtem, der ursprünglich mit Schwefelkies über- deckt war, welcher nun selbst als dichter Rotheisenstein erscheint.
Aus diesen und mehreren andern zum Theil bekannten, zum Theil neu beobachteten 'Thatsachen wurde gefolgert. dass die Veränderung von braunem Glaskopf zu rothem un- zweifelhaft sei, dass aber auch in der auf einander folgen- den Bildung der fünf wichtigsten eisenhaltigen Species in der Natur wichtige Verschiedenheiten des elektrochemischen Zustandes Statt finden. Nur Eisenoxydhydrat wird gleich- zeitig mit dem Bestehen organischen Lebens gebildet, selbst von diesem nur pulveriges, dichtes, oder verbunden mit organischen Säuren oder etwa Phosphorsäure. Kohlen- 'saures Eisenoxydul oder Spatheisenstein ist reduetive kato- gene Bildung, erst in Thon. u. s: w.; in grossen Krystallin- dividuen erst in älteren Schichten. Schwefelkies, eben- falls reductiv, schon in Torf und Thon und in allen ältern ‚Schichten. Eisenoxydul oder Magneteisenstein bildet Körner und Krystalle inıBasalt, in Syeniten ist. er meist derb, wäh- rend die Umgebung krystallinisch wird. Der Hämatit, Ei- senoxyd, bleibt zuletzt übrig. Er verlangt eine verhältniss- mässig zum Druck mehr erhöhte Temperatur. In wahren
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Graniten erscheint nur mehr Eisenglanz und Schwefelkies. Nur im Oligoklasgranit ist noch Magneteisenstein.
Die mannigfaltigsten Pseudomorphosen erscheinen von den Eisensteinen unter einander. Noch wurde ein wichti- ges Stück vorgezeigt, grosse tafelartige Eisenglanzkrystalle von Neuberg, in Spatheisenstein eingewachsen, so dass die Individuen des letztern sichtlich zu beiden Seiten der Tafeln zusammengehören. Eis schiesst gerade so in Lehm- brey an. Aber der Druck dauert während der fortgesetzten Eisenglanzbildung fort, der Spatheisenstein verschwindet ,. die Blätter werden krummgedrückt , es bleiben statt Spath- eisensteinlagern in Thonschiefer , Eisenglimmer, etwa noch mit Schwefelkies im Gneiss übrig.
Die Erzniederlagen von Brauneisenstein, Spatheisen- stein, Magneteisenstein, Eisenglanz erscheinen nach allen Vergleichungen in ähnlicher metamorphischer und zwar ka- togener Reihenfolge wie die aufeinanderfolgenden Zustände von ursprüuglich vegetabilischen Producten: Torf, Treibholz, Humus, als Anfangspunet , und die Reihe der Braunkohle, Alpenkohle, Schwarzkohle, des Anthrazits und Graphits, Eine weitere Ausführung dieses Gegenstandes wird in dem nächsten Bande der Abhandlungen der königl. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften erscheinen.
7. Versammlung am 8 Juni,
Wiener Zeitung vom 20. Juni 1846.
Herr Dr. Hammerschmidt machte auf die Eigen- schaften einiger Conehylien aufmerksam, die Farben im Wasser zu verändern, und zeigte diessfalls eine durch den bekannten Reisenden Cumming auf den Phi- lippinischen Inseln entdeckte Schnecke: Bulimus fulgelrum , deren weise Zikzak-Streifen auf gelblicher Grundfarbe im Wasser verschwinden, und nur wenn die Schale wieder trocken ist, sichtbar werden. Diese Erscheinung wurde durch die grössere Porosität und die grössere Wassereinsaugungs-
= ww Fähigkeit der bemerkten Streifen erklärt, wodurch sie durch- sichtig, und sohin mit dem durchscheinenden Untergrund gleichfärbig werden , ähnlich den Erscheinungen am Hydro- phan, Herr Dr. Hammerschmidt erhielt dieses Exemplar von Hrn. Cumming selbst, von dem auch mehrere Stücke dem k. k. Hof-Naturalien-Cabinette mitgetheilt wurden.
Herr Dr. Hammerschmidt zeigte ferner einen in Bernstein eingeschlossenen Käfer aus der Ord- nung der Heteromeren, Unterabtheilung der Vesicantien, von der Grösse der Lylla vesicaloria (Spanische Fliege): Nach der Ansicht der Herren Dr. Kollar und Dr. Red- tenbacher dürfte dieses neue höchst interessante Inseet eine neue Gattung bilden. Nähere Untersuchungen werden ihm seinen Platz im Systeme geben.
Endlich wies Herr Dr. Hammerschmidt den Anwe- senden eine neue von ihm in Ungarn, in der Gegend von Pesth, entdeckte Eidechse, von ausgezeichneter Art vür. Dieselbe hat in Grösse und Form Aehnlichkeit mit der bei uns in der Gegend von Mödling vorkommenden grossen Lacerla viridis, unterscheidet sich jedoch von derselben durch rosenrothe, ins Rothbraune schattirte, über den Kör- per zerstreute grössere Flecken von 2 — 3 Linien Durch- messer auf grasgrünem Grunde, auch zieht sich über den Rücken ein olivengrüner Streifen. Das 'Thier ist über einen Schuh lang. Das von dem Entdecker dem k. k. Natura- lien-Cabinitte zugemittelte Exemplar wurde als eine bis- her unbekannte Varietät der Lacerta viridis bestimmt. Da Herr Dr. Hammerschmidt nur drei Weibchen und kein Männchen fand, so beabsichtigt er, die Aufstellung 'einer neuen selbstständigen Art bis nach dem Resultate einer eben eingeleiteten Aufsammlung von mehreren neuen Individuen zu verschieben.
Hr. A. v. Morlot theilte einige Betrachtungen mit. über die im jetzigen Sprachgebrauche als plutonisch oder besser als eruptiv bezeichneten Massengesteine.
Die Wernerische Geologie hatte diese Gesteine den geschichteten Gebirgs-Formationen eingereiht und betrach- tete sie als darin eingelagert, folglich auch als gleichen Alters mit den Schichten, in denen sie auftreten. Es ist
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auch ganz richtig, dass besonders oft in Sachsen, dem Geburtslande jener Theorie, der Grünstein der Grauwacke so eingelagert, so eng damit verbunden ist, dass man ihn gar nicht davon trennen kann, und eigentlich kein Recht hat, ihn anders zu betrachten, als es die Schule der Nep- tunisten that.
Allein diese erste einfache Ansicht reichte bald nicht mehr aus, es war in der Natur noch mehr und anderes da, als Einlagerung, und Hutton in Schottland machte gros- ses Aufsehen, als er Granitgänge in Gneiss nachwies,, un- „ter Umständen;, die deutlich zeigten, dass der Granit als eine flüssige Mndse in den schon bestehenden Gneiss ein- gedrungen war. Die erste nothwendige Folgerung war, dass jener Granit jünger sei als der Gneiss, den er durch- ‚setzte, und dass also der Granit überhaupt kein Urgebirge sei. Aehnliche Thatsachen wurden bald mehr aufgestellt, man sah die verschiedenen Arten der Massengesteine gang- förmig auftreten , folgerte natürlich für alle, dass sie flüs- sig gewesen sein müssten, und da man durch die Basalte als Mittelglied jene Erscheinungen sehr schnell mit den brennenden Vulkanen und ihren Laven verband, so gelangte man bald dazu, alle Massengesteine als feurig- flüssig aus dem Erdinnern emporgestiegen und in die geschichteten Ge- birge eingedrungen, zu betrachten. — Als nun noch La- place gerade zu der Zeit auf ganz anderem Wege darthat,
die Erde sei früher in flüssigem Zustande gewesen, so war es kein Wunder, wenn die Ansicht als Lehrsatz aufge- stellt wurde, der im Wesentlichen folgender Massen lau- tete: Die Erde ist früher in feurig-flüssigem Zustande ge- wesen, und hat sich seither stetig abgekühlt; die grösste Masse ihres Innern ist aber noch feurig-füssig geblieben, und ihre zeitweisen Ausbrüche in die feste Rinde und bis an die Oberfläche haben alle Arten von Massengesteinen, von Granit bis zur Lava, geliefert.—Die geschichteten kry- stallinischen Gebirgsmassen, wie Gneiss und Glimmerschie- fer, sollten das Product der ursprünglichen Erstarrung der erst feurig-flüssigen Erdoberfläche sein. — So sprachen die Plutonisten.
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Aber auch diese Ansicht, so schön und grossartig sie war, konnte bald nicht mehr Alles erklären. Man beobach- tete geschichtete Gebirgsmassen, mit allen Andeutungen sedimentärer Entsehung , sogar mit eingeschlossenen orga- nischen Resten, die aber in der Nähe der sie durch- brechenden plutonischen Gesteine einen viel krystallinische- ren Charakter annehmen; die organischen Spuren ver- schwinden, und man gelangt durch solehe Uebergänge zu dem, was man für ein ursprüngliches Erstarrungs- Product der flüssigen Erdoberfläche hielt. — Man modificirte daher die Theorie, die geschichteten Urgebirge verschwanden nan auch, und man sagte, sie wären früher Sediment-For- mationen gewesen, die aber durch den Contact der plutoni- schen Massen und die Einwirkung grosser Hitze umgewan- delt worden wären. — Das ist die Lehre des Metamor- phismus, wie sie in ihrem gegenwärtigen ersten Stadium von Leopold v. Buch begründet, und von Lyell ver- fochten wird, und was mit Recht Contactmetamorphis- mus genannt werden kann.
Aber auch mit diesem reicht man nicht mehr aus. Keilhau in Schweden und Studer in der Schweiz zei- gen, dass viele eminent metamorphische Gebirgsmassen in keinem siehtlichen Zusammenhange und Contact mit wirk- lichen plutonischen Massen stehen, deren Contactwirkung , im Kleinen oft aber gar nicht zu bemerken, gewiss über- trieben worden ist. — Es scheint, als ob der Prozess der Metamorphose im Innern der Gebirgsmasse selbst, ohne äusseren Einfluss vor sich gegangen sei, und es schwebt ein noch sehr dunkler, schwankender Begriff vor, zu des- sen bestimmterer Entwickelung ein passender Nahme als Erkennungs-Symbol das Seinige beitragen kann. Es wird daher vorgeschlagen, im Gegensatze zum erläuterten Con- tact - Metamorphismus, diesen entstehenden Begriff als La- iente Metamorphose zu bezeichnen.
In der Entwickelungsgeschichte der Geologie zeigt sich das Verdienst der theoretischen Speculationen "umfassender Geister. — Dem grossen Werner verdanken wir den er- sten ordnenden ‚Begriff der sedimentären, geschichteten , regelmässigen Structur der Erdrinde überhaupt. — Hutton
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und die Plntonisten haben uns mit den nicht geschichteten, mit den Massengesteinen bekannt gemacht. — Leopold v. Buch, als Repräsentant des Contact -Metamorphismus hat die grosse Wahrheit der Umwandlung der Gebirgsmassen zur Anerkennung gebracht. — Was die latente Metamor- phose bringen wird, ob sie den innern, tiefern Zusammen- hang der sedimentären, der metamorphischen und der erup-
tiven Massen aufdecken wird — das wird die Zeit, die alles reift und alles richtet, und alles umwandelt — zeigen.
Um aber wieder auf die Massengesteine zu kommen, so betrachte man sie in Beziehung auf ihre geologisch-geo- graphische Verbreitung. Es fällt sogleich auf, dass ihr Auf- treten an gewisse Gesteinsregionen geknüpft ist. Der charak- teristische Grauwackengrünstein ist nieht nur innig verbun- den (nach Werner eingelagert) mit der Grauwacke , son- dern er tritt fast ausschliesslich nur in der Region der Grau- wacke auf. Wo man Grauwacke auf den geologischen Kar- ten verzeichnet findet, da findet man gewöhnlich Lager, Stöcke, Gänge von Grünstein, oft sehr zahlreich in der Ge- gend zerstreut; aber so wie wir die Gränze des Grau- wackengebirges überschreiten und auf Thonschiefer oder Kohlenformation treten, so verschwinden alle Spuren des Grünsteines und wir stossen entweder auf Melaphyr im Kohlengebirge oder auf Eurite im 'Thonschiefergebiet. — Noch auffallender und schon lange erkannt ist der Verband zwischen Rothliegendem und roihem Quarzporphyr. Nichts häufiger im Gebiet des Rothliegenden als die Eruptionen des Porphyrs , während man ihn selien anderswo antrifft. — Die schöne geologische Karte von Sachsen zeigt uns die grosse Granulit-Insel von Mitweyda und Waldheim voller Serpentinkuppen und Züge, aber über die Gränze des Gra- nulits hinaus, im älter sein sollenden Glimmerschiefer und Thonschiefer, der die Insel rings umgibt, keine Spur mehr davon.
Dass, in Sachsen wenigstens, der Granit bloss im soge- nannten Urschiefergebirg vorkommt, im Gneiss und Glim- merschiefer, wäre nicht so auffallend, denn, wenn der Gra- nit zu den ältesten Eruptionen gehört, die vor der Ablage-
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rung der Grauwacke und folgenden Schichtenmassen Statt fanden, so ist es natürlich, dass er diese nicht durchbre- chen konnte. Anders ist es aber z. B. mit dem Grünstein. Wenn er in die Grauwacke von unten eingedrungen ist, so konnte es erst nach Bildung desselben geschehen, also zur Zeit, wo Thonschiefer, Glinimerschiefer und Gneiss schon da waren. — Warum ist aber der Grünstein nicht auch in diese gedrungen, warum der Serpentin nur in den Granulit, der rothe Prophyr fast ausschliesslich nur in den rothen Sand- stein? — Wenn diese Eruptivgebilde aus dem feurig - flüssi- gen Erdkern kommen, so hätten sie ziemlich gleichgiltig an verschiedenen Orten die feste Erdrinde durchbrechen sollen. Wie ungenügend ist hier die plutonische Lehre — wie soll es die Contact - Metamorphose deuten! — — Man könnte wohl sagen, dass, so wie die Eruptivgebilde die geschich- teten Massen umgewandelt hätten, so hätten auch umge- kehrt , nach dem Prineip von Wirkung und Gegenwirkung, die verschiedenartigen geschichteten Massen, die sie durch- brechenden feurigen Gebilde modificirt, so dass aus einer und derselben feurig-flüssigen Grundmasse , je nachdem sie in Gneiss, Granulit, Grauwacke oder Sandstein (um bei diesen zu bleiben), eindrang — Granit, Serpentin, Grün- stein oder Porphyr wurde.
So führt das System der Contact- Metamorphose noth- wendig auf ein entsprechendes: die inverse Metamor- phose. — Allein die gleichen Einwürfe , die gegen die er- stere gelten, treffen auf diese im vollen Masse.
Eine andere Vermuthung lässt sich noch aufstellen. Legt man alle früheren Systeme bei Seite, erwägt man gewisse Vebergänge von metamorphischen Gesteinen in eigentlich massige oder eruptive und hedenkt, dass diese Erscheinung von selbst darauf hinleitet, beiden den gleichen Ursprung zuzuschreiben, beide als das Resultat einer gleichen nur zu verschiedener Intensität gesteigerten Ursache zu erken- nen ,,— so wird man auf den Gedanken gebracht, die Erup- tivgebilde seien nichts anders als die in grösserer Tiefe bis zum höchsten Grade der Umwandlung, dem Flüssigwerden gebrachten Sedimentbildungen.
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Dieser Umstand, den Mohs besonders lebhaft gefühlt und tief erwogen zu haben scheint, — mag ihn auf den so sonderbar klingenden Begriff der gleichzeitigen Ent- stehung gebracht haben. Allein es ist klar, dass dieser Begriff eigentlich in demjenigen der latenten Metamor- phose enthalten ist. Es wäre allerdings z. B. der Gra- nit mit dem Gneiss, in den er gangförmig aufsetzt , streng genommen —- gleichzeitiger Entstehung, — denn er ist aus der gleichen sedimentären Masse, — aus der gleich- zeitig der Gneiss durch dieselbe Ursache hervorging — ent- standen.
So aufgefasst , hatte Mohs vollkommen Recht.
Die erwähnten Eruptivgebilde brachen nur in dem Ge- biete der sie liefernden Sedimentmassen hervor, deren petrographischen Charakter sie auch mehr eder weniger tra- gen, — daher in den Regionen, wo sie hervorbrechen,, die Sedimentmassen auch oft bis an die Oberfläche Spuren von mehr oder weniger weit gediehener Umwandlung zei- ‘gen. — Die Eruptivmassen wären sonach die Folge, das Product, die Wirkung der Metamorphose und nicht, wie bisher angenommen wurde, die Ursache derselben. — Das "Wie und Warum dieses Prozesses zu erklären, ist vorläu- fig nicht möglich, man sieht aber, dass die ganze Ideen- verbindung wieder auf neuem Wege direct zum Begriff der latenten Metamorphose führt.
Vom Trachyt ist nicht gesprochen worden, weil er im Ganzen weniger bekannt ist. Jedoch scheint er im Allge- meinen mehr am Rande der grossen tertiären Becken auf- zutreten und ist, in Ungarn und Siebenbürgen wenigstens, auf eine merkwürdige Weise mil der " Tertiärformation ver- bunden, es walten da ganz andere Umstände vor als im mittleren Frankreich.
Der Basalt hingegen bildet eine grosse vollständige ‘Ausnahme von den Regeln, die das Auftreten der älteren Massengesteine bedingen. Er durchbricht gleichgültig alle Formationen und alle Gesteine, vom Granit und Gneiss bis zum Trachyt und den jüngsten Tertiärschichten inbegrif- fen, — und bleibt dabei doch beständig gleich in seinem mineralogischen Charakter. — Es mag aber auch voreilig
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gewesen sein, wenn man ohne weiters den Basalt mit den ältern plutonischen Massen verbunden hat, er schliesst sich eng an die neuern Laven an und ist oft selbst ausgezeich- net vulkanisch. Was aber die eigentlichen vulkanischen Bildungen anbelangt, so ist es eiustweilen gar nicht nö- thig, sie durch latente Metamorphose zu erklären, beson- ders da sie so wenig tiefer erforscht sind; auch ist es gar nicht gesagt, dass die eine Theorie alles erklären solle, es passt ja nicht alles auf den gleichen Leisten.
Hier dürfte erwähnt werden, dass Bergrath Haidin- &er auf rein mineralogischem Wege, durch tieferes Stu- dium der Pseudomorphosen auf den nähmlichen Begriff der latenten Metamorphose gebracht wird. Seine systemati- schen Erklärungen der Umwandlungsprozesse reichen schon weit, können und müssen freilieh noch bestritten werden; aber die Thatsache steht fest, dass im Innern der Gebirgs- massen die sie zusammensetzenden Mineralkörper vielfache nnd mitunter regelmässig geordnete vollständige Umwand- lungen erleiden. _
Herr vonM ooriot fügte noch folgenden wörtlichen Aus- zug aus Felix de Boucheporn, „Eludes sur Chistoire de la lerre etc. Paris 1844,* Seite 265, bei, um zu zei- gen, dass auch Andere und schon früher auf die ähnlichen Folgerungen gekommen sind: „„Betrachtet man im weiteren geologischen Sinne die plutonischen Gebirgsmassen, . so kann man nicht umhin , zu bemerken, dass bei mehreren ein gewisser Verband zwischen ihnen und den Sediment- massen, mit welchen sie gewöhnlich auftreten, obwaltet. Die Verbindung der Serpentine und der Talkschiefer , der Por- phyre mit den Sandsteinen, der Eurite mit den Thonschie- fern, der Grünsteine mit den Kalksteinen, ist eben so be- kannt, wie diejenige der Gneisse mit den Graniten.“
„Dieser Umstand war den tiefen Mineralogen Deutsch- lands nicht entgangen, und sie hatten diese Felsarten in die Gebirgsformationen eingereiht. Der Einfluss der Ideen Huttons, die dahin gingen, alle plutonischen Gebilde als aus dem Erdinnern heraufgedrungen zu betrachten, verdun- kelte den Begriff dieses merkwürdigen Verbandes. — Aber die Theorie des Metamorphismus durch den Contaet feuri-
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ger Massen, eire moderne Ableitung aus den Hutton i- schen Ideen scheint. wieder auf jenen Weg zurückzufüh- ren. Nur scheint es, als ob diese 'Theorie, einer Seits übertrieben, anderer Seits zu beschränkt worden ist, nähmlich in Bezug auf die plutonischen Massen, welche gewisse Sedimentformationen stets beg'eiten. — Oder bes- ser gesagt, die Rolle des Metamorphismus ist ganz umge- kehrt worden; es war verkehrt, die plutonischeu Massen als die Ursache der Metamorphose anzusehen, — es sind vielmehr die plutonischen Massen die Wirkung der Meta- morphose.‘“*
Herr Dr. Ludwig K. Schmarda theilte einige Be- merkungen mit: Ueber die Verbreitung der wirbel- losen Thiere an mehreren Puncten der nördlichen Kü- sten des adriatischen Meeres mit besonderer Berücksichti- gung der Meeres- Fauna der venetianischen Lagu- nen und der Umgebung von Triest.
Zwerst erwähnte er die Arbeiter der ältern Forscher: V. Donati, @ OlJivi, B. Zendrini, dann die von St. Renieri, die Fauna venela von G. v. Martens in dessen Reise nach Venedig. In neuester Zeit haben sich D. Nardo, Gravenhorst, Grube, Will, durch die Beschreibung neuer Thiere um die nähere Kenntniss ver- dient gemacht. In Triest befindet sich Hr. Koch, ein äus- serst fleissiger Sammler und Beobachter, der im Besitze einer Menge Notizen über das Vorkommen der Thiere ist, eine sehr belehrende Sammlung von Seethieren angelegt hat und in jeder Beziehung die Aufmerksamkeit der reisen- den Naturforscher verdient.
Die venetianischen Lagunen liegen beinahe in der Mitte der mit dem Meere communicirenden Seen und Sümpfe, die in eınem Bogen von Grado bis Comacchio die venetianische Ebene begränzen; sie verdanken ihren Ursprung den Flüs- sen, die von den Alpen in das adriatische Meer strömen und durch ihre Niederschläge die Bildung der Inseln und Dü- nen bedingten. Die Länge der venetianischen Lagunen be- trägt 30 ıtalienische Meilen, die Breite A—8; die Oberfläche bei 180 italienische Geviertmeilen. Durch fortlaufende Dämme sind sie gegen die Landseite vor der Verschlammung
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durch die süssen Gewässer geschützt, gegen die Seeseite durch die Lidi.
Die Lidi sind lange schmale Inseln, die, obwohl be- baut, noch jetzt ihren Charakter als Dünen zeigen, und schützen die Lagunen vor Stürmen. Durch die grössere Ruhe des Meeres in den Lagunen, durch den weichen schlammigen, nur in den tiefen Wasserrinnen thonigen Grund und die geringe Tiefe wird der Fauna ein eigen- thümlicher Charakter gegeben.
Man unterscheidet die todte und die lebendige Lagune.
Die todte Lagune ist grössten Theils trocken und: theil- weise mit Vegetation bedeckt; nur zur Zeit hoher Fluthen wird sie unter Wasser gesetzt. Sie ist von einer unzähl- baren Menge Wasserrinnen der verschiedenartigsien Grösse durchfurcht und wird dadurch in Bänke getheilt, zwischen denen sich oft grosse Wasserbebälter (Salzseen) befinden. Die Gräben wimmeln von Nereiden und trägen Crustaceen, auch viele Muscheln finden sich, sehr häufig Cardium. Die Seen sind von wirbellosen Thieren und Fischen bevölkert und dienen grossen Schwärmen von Seevögeln zum Auf- enthalte.
Die lebendige Lagune ist vom Wasser überfluthet,, das zur Zeit der Ebbe durch die Gräben und Kanäle grossen Theils abfliesst und der Lagune dann das Aussehen eines Morastes ertheilt. Männer, Knaben und Weiber durchwa- ten dann den Schlammgrund, um zwischen den Seege- wächsen Muscheln und Krabben zu sammeln. Hier finden sich am zahlreichsten Cancer Moenas » Cardium rusticum und Solen cultellus , von Würmern, die Nachts im bläuli- chen Lichte glänzende Polynoe fulgurans.
In den tieferen Theilen bleibt jedoch das Wasser auch zur Zeit der Ebbe; hier bilden Ulven und Conferven einen in der Fluth leicht beweglichen üppigen Rasen, auf dem Ophiuren und kleine Asterien langsam kriechen; hier sitzen Seeanemonen und die träge Bulla hydalis, Muscheln und Crustaceen verbergen sich unter dem wallenden grünen Teppich. Dort, wo der Grund einen Zusatz von Sand hat, findet sich die Zostera , unter deren Wurzeln der nest-
bauende Gobius niger seine Wohnung für die Laichzeit anlegt, die er bis zum Ausschlüpfen der Jungen beschützt.
Die Lidi bieten an ihrer der hohen See zugewendeten Seite dem Forscher einen grossen Reichthum zweischaliger Mollusken, die im Sande stecken und deren Schalen den Strand besonders nach Stürmen in bedeutender Zahl be- decken, Am häufigsten finden sich mehrere Arten von So- len, Tellina , Mactra und Donax. Die Schalen der im Sande der Dünen lebenden Muscheln sind im Ganzen schöner, glänzender und glatter als die der Lagunen aber auch brü- chiger. Von Crustaceen kommt Cancer depuratus sehr häufig vor, der sich beinahe blitzschnell im Sande vergräbt, sobald er eine Gefahr bemerkt. Von Anneliden findet sich Arenicola zahlreich im Sande. — Im Muschelsande finden sich auch kleine Serpula- und Dentalium- Arten und nach Martens mehrere kleine Nautilus und Nummulites radialus.
Der Lido von Palestrina ist durch einen kolossalen Marmordamm (die Murazzi) gegen den Andrang des Mee- res geschützt und an seinen vom Wasser bespülten Thei- len von Seethieren anderer Art bevölkert. Ausser ganzen Colonien von Miesmuscheln, welche die Steine umspinnen, finden sich Balanus, Trochus, Patella, Cancer marmoralus und C. poressa am öftesten. Es ist eine Aehnlichkeit sicht- bar mit der Fauna der östlichen Meeresufer.
Die Ufer an der gegenüberliegenden Küste sind stei- ler, das Meer selbst in geringeren Entfernungen vom Ufer tiefer, die Meeresströmmung stärker und schneller, der Grund nicht schlammig, sondern selbst am Strande sandig oder felsig. Hier finden sich Pholas, Haliotis, Patella, Chiton, Fissurella, Rostellaria, Murex. Die Gasteropoden herrschen vor, während an der venetiani- schen Küste die Bivalven überwiegen , welche sich mit ihren schwächeren Bewegungswerkzeugen in dem lockern Boden leicht eingraben können. Von Crustaceen finden sich ausser den bei den Murazzi genannten eine grosse Zahl von Isopoden, die sich unter den Steinen verbergen.
Herr Bergrath Haidinger zeigte die eigenthümliche Vertheilung der Farben im Amethyste. Seit län-
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gerer Zeit mit der Aufsuchung der Gesetze beschäftigt, ge- lang esihm erst kürzlich, sie deutlich zu orientiren. Der Ame- thyst ist ein trichromatischer Körper, oder zeigt drei ver- schiedene Fundamental-Farbentöne in verschiedenen Rich- tungen, obwohl die Krystalle in das rhomboedrische Sy- stem gehören. Haidinger beobachtete die genauere Son- derung nach den Krystallflächen zuerst an einer Platte in dem physikalischen Kabinett der k. k. Universität, die ihm von Herrn Regierungsraih von Ettingshausen mitge- theilt wurde. Seitdem liess er mehrere Krystalle, aus dem k. k. Hofmineralien-Kabineite von Hrn. Kustos Partsch erhalten, in den geeigneten Richtungen schleifen, und diese wurden, nebst mehreren anderen Amethysten vorgezeigt. Die Austheilung der Farbe ist nun so: Schon im gewöhn- lichen Lichte ist die violblaue Farbe des Amethystsam meisten röthlich, wenn man senkrecht auf die abwechselnden brei- ten Flächen der Quarzoide oder sechsseitigen Pyramiden hinsieht. In demselben optischen Hauptschnitte, also die Axe weder rechts noch links geneigt, aber in der Rich- tung jener Fläche (P der Krystallographen) ist die Farbe mehr blaulich violett. Eine dritte Richtung, senkrecht auf beiden vorhergehenden gibt ein mittleres Violett. Nennt man die Farbe in der genannten Folge 1, 2 und 3, so zerlegt sich durch die dichroskopische Loupe 1 in ein obe- res schönes Violblau und ein unteres Rosenroth, 2 in ein oberes eben solches, schönes Violblau, und ein unteres Blassblau oder Blaulichweiss. Die dritte Farbe wird nicht nach den beiden vorhergehenden orientirt, oder senkrecht darauf zerlegt, sondern gibt nach der Richtung der rhom- boedrischen Hauptaxe der sechsseitigen prismatischen und pyramidenförmigen Krystalle ein oberes röthliches und ein unteres blauliches Vioiblau. Der Amethyst unterscheidet sich also von allen anderen pleochromatischen Körpern durch diese Farbenzertheilung, die gewiss mit der Circularpolari- sation des Quarzes zusammenhängt.
Bergrath Haidinger bemerkte noch, dass man schon . durch eine senkrecht auf die Axe geschnittene Amethyst- platte gegen linearpolarisirtes Licht gesehen, die röthlichen
Farbentöne nach Kreuzen und den begleitenden Räumen Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I, 4
orientirt wahrnehmen kann, eıne Erscheinung, welche durch eine linearpolarisirende Platte," eiwa von Turmalin zum vollständigen Kreuze mit den farbigen Ringen der ein- axigen Krystalle gesteigert wird.
Der Amethyst zeigt nähmlich_als aus Schichten rech- ter und linker Quarz - Individuen zusammengesetzt , diese Erscheinung vollständig.
8. Versammlung, am 15. Juni.
Wiener Zeitung vom 2. Juli 1846,
Am 15. Juni gab Herr Dr. Morız Hörnes einen LVeberblick der fossilen Säugethiere des Wiener Beckens. Er wies nach, wie höchst interessant das Stu- dium derselben sei, indem wir nicht nur dadurch neue merkwürdige Thierformen kennen lernen, welche oft Lüc- ken in den Systemen der lebenden Thiere ausfüllen, son- dern auch in geognostischer Beziehung Aufschluss über die Stellung der Schichten, in welchen sie begraben sind, er- halten. Bis jetzt wurden im Wiener Becken Reste von 20 Arten fossiler Säugethiere aufgefunden und zwar: Aus der Familie Ursina, Bären, Ursus spelaeus, Blumenbach, Höhlenbär. Der Schädel des Höhlenbären war etwa um ı/, länger als der des braunen und schwarzen, übrigens war diese Art eiwas schlanker und grösser als unsere jet- zigen Bären. Aufgelunden wurden hiervon 2 lose Eck- zähne und 4 Backenzähne aus dem Tuffsteinbruch zu Neu- stift bei Scheibbs V. ©. W. W., ferner ein ganzer Schä- del in der Gegend von Kremsmünster. — Aus der Familie Cunina, Hunde, Hyuena spelaeu, Goldfuss, Höhlenhyäne. Die Hyänen, welche bekanntlich gegenwärtig nur Afrika und das südliche Asien bewohnen, erscheinen in Europa bei Beginn der Tertiär-Epoche nnd waren in der Diluvial- zeit häufig in Deutschland, Frankreich und Belgien zu fin- den. In ihrer Zahnbildung ist diese Hyäne der noch leben- den sehr ähnlich, übertraf dieselbe jedech ar Grösse. Auf-
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gefunden wurden 2 Eckzähne, der eine am Kalvarienberg bei Baden, der andere zu Dorf Mauer bei Wien. — Aus der Familie der Mäuse, Murina, Cricelus vulgaris Kaup, Hamster. Im verflossenen Jahre wurden 2 schöne, wohler- haltene Schädel von diesem Thiere in Pötzleinsdorf aus einer Tiefe von anderthalb Klaftern ausgegraben. — Aus der Fa- milie der Proboscidea , Rüsselthiere, Zlephas primigenius ; Blumenbach. Der vorweltliche Elephant oder Mammuth war wenig grösser als der noch lebende asiatische Elephant; welchem er auch am nächsten verwandt war. Ausgegraben wurden: mehrere Backenzähne in der Gegend von Krems und in Tuln, ein 8 Schuh langer, 4 Zoll dicker, sehr stark gekrümmter Stosszahn, Schulterblatt- und Fusswurzelkno- chen in Rabensburg in Unterösterreich, eine schuhlange, drei- eckige Spitze eines Stosszahnes zu Rakowetz bei Pawlowitz in Mähren («bei Gelegenheit der Anlage der Eisenbahn), ein Bruchstück eines Stosszahnes im Seitenstetter-Hof in Wien. — Aus derselben Familie, dem vorweltlichen Elephanten am nächsten steht Mastodon anguslidexs, Cuvier. In seiner Bildung zeigt dieses Thier auffallende Aehnlichkeit mit der des Elephanten, unterscheidet sich jedoch durch die Construe- etion der Mahlzähne, welche beim Elephanten aus einer ge- wissen Anzahl senkrecht geschichteter Blätter gebildet sind, eine sehr flache Krone haben und nur wenig über das Zahn- fleisch erhaben sind. Die Mahlzähne des Mastodons hingegen bestehen nicht aus vertikal geschichteten Blättern, ihre Kro- nen sind mit Hökern und Zacken besetzt, welche am lebenden Thiere hoch über das Zahnfleisch hinausragen mussten. Am 31. Juli 1827 wurden im nordöstlichen Theile der grossen Sand- grube am Rennwege nächst dem Belvedere in einer Tiefe von ungefähr S Wiener Klafter 2 vollkommen erhaltene rechte und linke Unterkieferhälften, jede mit 2 Mahlzähnen, dann mehrere lose Zähne und ein von der Spitze bis an die Wurzel 7 Schuh langer, am Grunde 5 Zoll dicker Stosszahn ausgegraken — ausserdem wurde noch eine wohlerhaltene rechte Unterkieferhälfte mit 2 Mahlzähnen von dem k. k. Herrn Hofrathe Grafen A. Breunner bei Grafenegg nächst Krems und ein Kieferfragment mit mehreren losen Zähnen im Leithakalk beiBruck an der Leitha aufgefunden.
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— Aus derselben Familie haben wir noch anzuführen das Dino- I!herium , von öswog fürchterlich, und Onpıo» wildes Thier; diese von Klipstein im tertiären Sande von Eppelsheim ent- deckte Gattung weicht durch ihre zwei grossen abwärts und rückwärts gebogenen Stosszähne im Unterkiefer, so sehr von den bekannten 'Thierformen ab, dass die Ansichten, ob das Dinotherium ein Land - oder Wasserthier war , noch im- mer getheilt sind. Vom Dinolherium kommen im Wiener Becken 3 Arten vor: Dinolherium giganleum Kaup;, medium Kaup, und Cuvieri Kaup. Von der ersten Art wurden 2 vollständige rechte und linke Kieferhälften, jede mit 5 Zähnen, ın Eisgrub in Mähren, mehrere Backen- zähne in Wilfersdorf, Bruck an der Leitha und in der Sand- srube nächst dem Belvedere aufgefunden. Von der zwei- ien Art kennt man einen Zahn von Enzersdorf bei Mödling ‚und die dritte Art wird durch mehrere Zähne von Neu- dörfel bei Schlosshof repräsentirt. Aus der Familie der Pachydermala, Dickhäuter, Rhinoceros lichorhinus Cu- vier. Ein von dem gegenwärtig lebenden Rhinoce- ros wenig verschiedenes Thier. Nur Asien und Afrika beherbergt die noch lebenden Arten. In der jüngern Ter- tiär- und der Diluvialzeit hingegen spielten die nun fossi- len Rhinocerosarten auch in Europa eine mächtige Rolle, und hatten so ziemlich dieselbe Verbreitung wie der Mam- muth. Aufgefunden wurden von dieser Art nur 2 Mahl- zähne am Kalvarienberg bei Baden. Desto häufiger kom- men im Wiener Becken Reste von einer zweiten Art vor, welche aber Kaup, da diese Thiere kein Horn haben, als eigene Gattung trennte, und Acerolherien chornlose Thiere) nannte. — Von dieser Gattung ist es insbesonders das Acerotlherium ineisivum Kaup, von welchem man meh- rere Theile des Skeletes in den verschiedensten Schich- ten auffand, denn es wurden nicht nur ein ganzer wohl- erhaltener Oberkiefer mit 14 Zähnen, sondern auch Unter- kieferhälften aus einer Tiefe von 7 Klaftern in der Ziegelei zu Inzersdorf am Wienerberg zu Tage gefördert; auch wohlerhaltene .Unterkiefer aus dem Leithakalk zu Loretto und zu Goyss am Neusiedlersee,, endlich sogar ein Kiefer- fragment aus der Braunkohle des Braunkohlenwerkes des
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Herrn A. Miesbach in Gloggnitz ausgegraben. — Mehrere lose Zähne wurden in Bruck an der Leitha, Eisgrub , Kal- varienberg in Baden und in Hohenwarth bei Mühlbach nächst Krems aufgefunden. — Aus derselben Familie ist noch zu erwähnen Palaeotherium aurelianense Cuvier. (raAacos alt) dem Tapir ähnliche Thiere mit bewegli- chem Rüssel an einem dicken Kopf. Aufgefunden wurden 2 lose Zähne im Leithakalk bei Bruck an der Leitha. Aus der Familie der Seligera, Borstenthiere, Anthracolherium Cuvier, Kohlenthier (av$pa& Kohle, da zwei der zu- erst bekannt gewordenen Arten derselben in Steinkohlenla- gern gefunden wurden), ein Thier, welches die nächste Verwandschaft mit der Gattung der Bisamschweine, Dico- iyles Cuvier, hat. Von dieser Gattung kommen im Wiener Becken 2 Arten vor: Anthracolherium vindobo- nense Partsch, ein Kieferfragment mit 6 Mahlzähnen und einem Eckzahn aus der Sandgrube nächst dem Belvedere; Anthracolherium neosladense Partsch, eine vortreif- lich erhaltene Kinnlade mit 6 Zähnen in Braurkohle ein- geschlossen, aus dem Braunkohlen-Bergwerke von Schauer- leiten bei Wiener Neustadt. — Aus der Familie der Solid- ungula, Pferde, Eguus fossilis v. Meyer; dieses Thier- war dem lebenden Pferde höchst ähnlich und hatte etwa die Grösse des Zebras. -- Von seinen Ueberresten ist das Diluvium von Europa und Asien, wo es grössten Theils mit dem Nashorn und Mammuth lebte, oft ganz erfüllt. Es wur- den mehrere Backenzähne zu Gurhof bei Melk, zu Oeden- burg und in der Sulz bei Kaltenleutgeben aufgefunden. Von diesem Genus trennte Kaup 2 Thierformen, welche sich bei aller Aehnlichkeit mit'den Pferden durch ihre Ba- ckenzähne, deren Schmelzschicht viel zahlreichere zickzack- artige Falten bildet, von denselben ;unterscheiden, und nannte sie Hippolherium, Pferdethier (inzos Pferd). Von diesem Hippotherium kommen im Wiener Becken 2 Spe- cies ver: Hippolherium gracile Kaup, welches dem Maulthiere an Grösse glich. — In den Ziegeleien bei Laa am Wienerberge wurde ein. ganzer wohlerhaltener Oberkie- fer mit allen Backen- und Schneidezähnen ausgegraben , auch zu Inzersdorf wurden mehrere Zähne zefunden.
Hippotherium nanum K a up, von der Grösse eines klei- nen Esels. Aufgefunden wurden hiervon eine wohlerhal- tene rechte Kinnlade mit 7 Backern- und 6 Schneide- zähnen, dann ein Schienbein mit den Fusswurzelknochen und dem Hufe in dem Braunkohlenwerke von- Glogg- nitz, dann mehrere Backenzähne und ein Kieferfrag- ment, nebst vielen Röhrenknochen, aus der Ziegelei am Wienerberge bei Laa. Aus der Familie der Tylopoda , Kamehle, Palaeomeryx Kaupii v. Meyer; von den Hirschen durch Mangel eines Geweihes und durch hervortre- tende Eckzähne verschieden. — Aufgefunden wurden hier- von 5 lose Backenzähne in dem Leithakalk bei Manners- dorf. Aus der Familie Cervina, Hirsche, Cervus me- gaceros Hart., der Riesenhirsch oder vielmehr das Rie- sen-Elenn war nicht grösser als das gemeine Rennthier, hatte aber ungeheure Geweihe , die nicht selten 6 Fuss lang und deıen oberste Enden 12 bis 13 Fuss von einander ent- fernt waren. Man kennt davon ein Kieferfragment mit 2 wohlerhaltenen Backenzähnen vom Kalvarienberg bei Ba- den. Aus der Familie der Phocina, Robben, Phoca vi- ulina Lin., der gemeine Seehund; das Gebiss dieser Thiere ist dem der Raubthiere ähnlich. Im Pesther Uni- versitäts- Museum befindet sich der ganze wohlerhaltene Hinterfuss mit den Fusswurzelknochen von Holitsch in Un- gSarn. Endlich aus der Familie der Sirenae, oder Seekühe, Halitherium Cristolü Fitzinger, ein dem Dugong sehr verwandtes Thier. Im April 1839 wurde aus den nächsten Sandgruben bei Linz ein wohlerhaltener Unter- kiefer ausgegraben, welcher gegenwärtig eine Zierde des Museums Francisco -Carolinum daselbst ist, auch wurde ein Backenzahn zu Wallsee V. ©. W. W. aufgefunden. — Der grösste Theil dieser zwanzig Arten fossiler Säuge- thiere kommt im Diluvium vor, eine bedeutende Anzahl ist im Leithakalk vergraben und nur wenige finden sich in den Sandieisten, welche Lagen im Tegel bilden. Herr Dr. Hör- nes erwähnte noch, dass alle angeführten Reste, mit Aus- nahme der zwei zuletzt genannten, im k. k. Hof-Minera- lien- Kabinett aufbewahrt werden, auch erläuterte derselbe
seine Mittheilung durch Vorzeigen einer grossen Anzahl höchst genauer und schöner Zeichnungen.
Herr Professor Leydolt erläuterte durch mehrere vor- gezeigte Schaustufen die besondere und merkwürdige Bil- dung des Schriftgranites. Er zeigte, dass dieses Ge- birgsgestein aus sehr grossen mehr oder weniger regelmäs- sigen Individuen von Feldspath zusammengesetzt ist, in welchen oft eine sehr grosse Anzahl, von Quarz -Individuen und einzelne hlattförmige Kıystalle von Glimmer einge- wachsen sind. — Da der Feldspath innerhalb gewisser Grenzen immer einem und demselben Individuum angehört, so ist dadurch die am Schriftgranite schon längst beobach- tete eigenthümliche Theilbarkeit hinlänglich erklärt. Beson- ders merkwürdig ist, dass die in einem Iodividuo einge- wachsenen Krystalle ven Quarz, oft viele Hunderte an Zahl, sich alle in paralleler Stellung befinden, also alle nach einem gleichen Gesetze gebildet wurden. Wo zwei von solchen Feldspath - Individuen zusammenstossen , stö- ren sie sich gegenseitig in der Bildung, und sie werden daher nicht von Krystall- sondern von Zusammensetzungs- flächen begränzt, und es zeigen sich also auch beim Zer- schlagen eines grossen Stückes von Schriftgranit dreierlei Flächen, nähmlich Zusammensetzungs-, 'Theilungs- und Bruchflächen. Wenn man bedenkt, welche grosse Wich- tigkeit die Zusammensetzungs- Flächen in der Geognosie haben, wie schwer sie oft zu erkennen sind, und wie sel- ten sie richtig erkannt werden, so wird man leicht den Nutzen einsehen, den das genaue Studium dieser Flächen am Schriftgranite gewährt.
Wenn im Schriftgranite Drusenräume sich befinden, so bilden sich in diesen grosse Feldspath-Kırystalle, aus wel- chen dann viele Krystalle von Quarz in paralleler Lage hervorragen; im Innern eines solchen Feldspath - Krystalles sind beide Species zu Schriftgranit vereiniget.
Herr Professor Leydolt hob vorzüglich die unzwei- felhafte Gleichzeitigkeit der Bildung der beiden Species, des Quarzes und des Feldspaths hervor.
Hr. Friedr. Simony sprach über die Höhlenbil- dungenin den geschichteten Kalken,sowie über
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gewisse, ausgedehnteren Alpenkalkstöcken eigenthümliche, mit dem Nahmen „Karstbildung‘“ bezeichnete Ge- staltungen der Gebirgsoberfläche, welche mit den Höhlenbildungen in innigem Zusammenhange stehen. Nach der Art des Entstehens unterscheidet er primitive und sekundäre Höhlen.
Unter den erstern begreift er alle jene Hohlräume im Innern der Gebirgsmassen, die während der langen Epo- ehe des Ueberganges der im Meere oder in Binnenwässern abgelagerten Straten aus weichem, zähem Meergrund in starren Fels, durch plutonische oder überhaupt in- nere Einwirkung gebildet wurden und zwar entweder durch von gesteigerter Wärmeistark expandirte Wasser- dämpfe oder durch bei ‘chemischen Processen aus ver- schiedenen Erdtiefen entbundene Gase, die beide, ‚durch die noch weichen sedimentären Straten Ausgang nach der Erdoberfläche suchend, häufig den grossen Druck der mäch- tigen Auflagerungen nicht überwinden, sie nicht durchbre- chen konnten und so in und zwischen den Absatzschichten mehr oder minder regelmässige, blasen- oder schlauchför- mige Auftreibungen von sehr wechselnden, oft sehr grossen Dimensionen bilden mussten.
Auch durch die, während des Austrocknens der sedi- mentären Bildungen ungleich Statt findende Zusammen- ziehung, durch locale Abrutschungen und Ver- werfungen der Straten konnten in derselben Epoche häu- fig ähnliche Höhlenformen entstanden sein. Diese primitiven Gebilde sind, da sie fast immer den grösseru Tiefen der For- mationen angehören, wenn auch höchst wahrscheinlich in grosser Menge vorhanden, doch nur selten dem Menschen zugänglich und nur eine verhältnissmässig geringe Anzahl derselben ist entweder durch Bergbaue geöffnet oder steht durch erweiterte Klüfte, Spalten oder Wassercanäle mit der Aussenfläche der Erde in Verbindung. Ist eine derarlige Höhle zugänglich, so lässt sich schon in der metamorphi- schen Beschaffenheit ihrer Wandmassen, in ihrer Ausklei- dung mit heterogenen krystallinischen Sioffen, auch in der Abweichung der Stellung der sie umschliessenden Fels-
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schichten von den allgemeinen Lagerungsverhältnissen des Gebirges die primitive Entstehung erkennen.
Unter den Begriff secundärer Höhlenbildung fasst Hr. Simony alle jene, die Gebirgsschichten in den verschie- densten Tiefen durchsetzenden, doch meist mehr der Ober- fläche nahe liegenden Hohlräume zusammen, welche erst nach der Epoche der vollständigen Erhärtung der sedimen- tären Massen durch äussern Einfluss deratmosphä- rischen Agentien langsam gebildet wurden und noch fortgebildet werden. Durch eine grosse Reihe aus der Natur entlehnter Beispiele, — von den feinsten Gebirgsadern, deren Ausmündung zu Tage sich in Felsflächen oft nur durch eine kaum bemerkbare winzige Oeffaung, in lich- ten Kalkwänden oft nur durch einen senkrechten aus einem Punct plötzlich herabsteigenden schwärzlichen Strei- fen erkennen lässt, bis zu den zahlreich vorkommen- den, besonders in steilen Felsmauern leicht zu beobach- tenden eyförmigen oder länglichen Ausflusslöchern, von den schlot- oder canalförmigen,, mäandrisch durch Bergmas- sen sich windenden , sehr langen Wasserläufen bis zu den mächtigsten Felslabyrinthen — wies er nach, dass die mei- sten Höhlen ihre erste Entstehung den, durch die vorzüg- lich in. Kalk - Formationen häufig vorkommenden Zerklüf- tungen und Schichtungsabsonderungen im Innern des Ge- birges eingedrungen und sich wieder Ausgang suchenden Regen-, Schnee-und Gletscherwassern, ihre Erweiterung aber vorzüglich der durch den vermehrten Zutritt bald feuchter, bald trockener, bald wärmerer, bald kälterer Luft eingeleiteten Verwitterung und Auskröcklung des oh- nehin oft schon von seinem ersten Erhärten an leicht theil- baren Gesteins zu danken haben. Als einen Beweis, wel- chen Einfluss der Zutritt der Luft überhaupt und ins- besondere der Wechsel des Feuchtigkeits- und Temperaturzustandes derselben bei der Höhlenbil- dung vorzüglich in gewissen Schichten übt, sind manche grosse gewölbe - oder kellerähnliche in hohen Gebirgspar- tien oft mitten in Wänden vorkommende Höhlungen, in welche die Ausmündungen ganz unscheinbarer unterirdischer Wasseradern sich plötzlich erweitern , zu nehmen. Ist nur
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einmal eine kleine Oeffnung nach Aussen von dem Wasser ausgenagt, so beginnt um diese herum die Ausbröckelung des Gesteins, und zwar immer im grösseren Verhältniss über der Wasserader, bis sich im Laufe der Zeit durch fortgesetztes Abbrechen und Ablösen kleinerer und grös- serer locker gewordener Steintheile ein „Palfen‘ oder „Ofen,“ ein Gewölbe gebildet hat, das sich nach rück- wärts nischenartig schliesst, und bloss im Hintergrunde des steigenden oder fallenden Bodens eine kleine, oft kaum merkbare Spalte oder Oeffnung zeigt, durch welche mehr oder weniger Wasser temporär oder permanent hervor- quillt, das meist etwas Zersetzungs-Materiale,, feinern oder gröbern Sand aus dem Innern mit sich führt und im Grunde des Gewölbes ablagert; oder welches Gewölbe bei fort- dauernder Erweiterung endlich eine ganze Gebirgspartie tunnelartig durchsetzt oder ein Felslabyrinth mit mehrfachen Ausmündungen bildet. Als ein Beispiel der grossartigsten Art einer nachweislich auf diese Weise entstandenen , tunnelartigen Höhlenbildung zeigte Hr Si- mony zwei Zeichnungen von dem „Almberger Loche“ aus dem Grundelseer Gebirge bei Aussee in Steiermark vor.
Nachdem er noch Beispiele jener in den Gebirgen des Salzkammergutes zahlreich vorkommenden, unmittelbar un- ter der Oberfläche des Bodens befindlichen, auf ähnliche Art entstandenen Höhlen, durch deren Einsturz sich ver- schiedene offene Kessel bilden, in Zeichnungen vorgelegt hatte, ging er auf den Einfluss über, welchen eine häufige Höhlenbildung auf die Gestaltung des Terrains mancher Ge- birge ausübt. Jene wellige Beschaffenheit und Zerrissen- heit der Oberfläche des Dachstein- und Prielge- birges, welche den Typus der Karstbildung be- zeichnet, die unzähligen Kessel, kraterartigen Mulden und tief eingeschrittenen Schluchten, welche die Hochplateaux der beiden genannten Alpenstöcke nach allen Richtungen dicht überdecken, sind grössten Theils als Resultate unzähliger Einstürze srösserer und kleinerer runder oder langer Höhlen, die näher oder tiefer der Oberfläche lagen, anzusehen. Selbst mauche grosse und weite Schluchten, beträchtliche Kessel und Sackthäler
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haben ihr erstes Entstehen dem Einsturze ausgedehnter primitiver oder secundärer Höhlen zu danken. Zur Begrün- dung dieser Ansicht führte er zahlreiche Thatsachen und Beispiele auf. So bezeichnete er das oben erwähnte Alm- berger Loch als eine Höhle, deren endlicher Einsturz ersı eine tiefe Scharte, dann durch weitere Abbrüche der Sei- tenwände eine steile Schlucht und endlich einen gerundeten Einschnitt eines Gebirgsgehänges bilden wird; ferner das Thiergartenloch auf dem Dachsteingebirge, ein jetzt noch unzugänglicher kreisrunder Schlund , bereits das Ergebniss eines Höhlensturzes, muss sich einst in eine weite Gebirgs- mulde verwandeln, die Mazocha bei Brünn wird nach einer langen Reihe von Jahrtausenden zu einem in das Punqua- thal einmündenden Sackthal umstaltet werden.
Herr Dr. Carl Langer betrachtete die Structur- Verhältnisse der Knochen, namentlich in Bezug auf dıe Möglichkeit, Knochen verschiedener Thiere mikrosko- pisch von einander zu unterscheiden; er bemerkte, dass der Typus der Knochenstructur bei allen 'Thieren wesentlich derselbe sei, dass sich Knochen der Säugethiere in keiner Weise von Knochen der Vögel mikroskopisch unterscheiden lassen, dass aber für die compacte Substanz der langen Knochen von Amphibien ein Vorwalten primärer (der Peri- pherie gleichlaufenden) Lamellen bezeichnend sei, so bei Monitor, Python, Emys, Rana; dass sich ferner bei Am- phibien eine interessante Reihe in Bezug auf die Grössen- verhältnisse der Knochenkörperchen ergebe, die mit der der Blutkörperchen ziemlich gleichen Schritt halte. Herr Dr. Langer fand die grössten Knochenkörperchen bei den Pe- rennibranchiaten, Siren, Proteus, kleinere bei Salamandra, Rana, und die kleinsten bei den Amphibien ohne Meta- morphose. Fernere Details über die Knochen der Fische versprach er folgen zu lassen. x
Herr Franz Ritter von Hauer zeigte eine Reihe von Versteinerungen aus den Marmorschichten der Um- gebung von Hallstatt vor. Die erste Veranlassung sich mit der Untersuchung derselben zu beschäftigen erhielt Herr v. Hauer durch die reichen Sammlungen, welche Herr F. Simony als Ausbeute seiner mehrjährigen For-
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schungen in den dortigen Gebirgen im vorigen Sommer nach Wien brachte. Se. Durchlaucht der Herr Fürst von Metternich war Besitzer derselben. Durch die gross- müthige Unterstützung desselben wurde es möglich, die vielen neuen und interessanten Gegenstände, die sie ent- halten , abbilden zu lassen und ihre Publication vorzuberei- ten. Das zu untersuchende Material wurde späterhin noch durch Mittheilungen von verschiedenen Seiten vervollstän- digt; so sendete Herr Bergmeister Ramsauer in Hall- statt auf die Bitte des Herrn Bergrathes W. Haidinger die merkwürdigsten Stücke seiner reichen Sammlung zur Untersuchung nach Wien; der Kustos des k. k. Hof-Mine- ralien -Cabinets, Hr. Paul Partsch, theilte mit grösster Liberalität eine Reihe ungemein interressanter Gegenstände aus den ihm unterstehenden Sammlungen zur Untersuchung mit. Sehr Vieles endlich fand sich in dem k. k. montani- stischen Museo und in der Sammlung Sr. Exec. des k.k. Herrn Hofkammer - Vice- Präsidenten, Ritters v. Hauer.
Am wichtigsten unter allen auf diese Weise mitgetheil- ten Fossilien schienen die Cephalopoden. Ihre Untersuchung ist nun vollendet, und bildete den Gegenstand von Herrn v. Hauer’s Mittheilung. Es liessen sich darunter über 24 Arten, die 6 verschiedenen Geschlechtern angehören, unterscheiden , und zwar:
1) Ammonites, 16 Arten, mitunter von sehr an- sehnlicher Grösse (über 2 Schuh Durchmesser). Die Mehrzahl derselben ist so weit von allen schon bekannten Arten verschieden, dass sie nicht einmal in eine der von v. Buch und d’Orbigny gebildeten Familien einzureihen sind. So z. B. A. Metternichü v. Hau., eine prachtvolle Art, die insbesondere durch die grosse Anzahl von Loben und Sätteln, deren man an jeder Seite des Umganges 18-19 zählt, charakterisirt ist. Ein sehr schönes, ganz freies Exemplar dieser Art, dem Herrn Fürsten v. Meit- ternich gehörig, wurde vorgezeigt. Ein anderes, von 24 Zoll Durchmesser, von Herrn Bergmeister Ramsauer aufgefunden, befindet sich im k. k, montanistischen Museo. Es sitzt auf einer grossen Marmorplatte auf, an welcher man noch überdiess” zahllose andere Fossilien; Ammoniten,
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Orthoceren, Belemniten u. s. w. erkennt. Ammonites ga- lealus v. Hau. und A. Ramsaueri Quenstedt sind insbe- sondere durch die grossen Verschiedenheiten, welche die Schale bei jüngeren und älteren Individuen zeigt, bemer- kenswerth. A. tornalus Brenn mit sehr schön längsge- streifter Schale u.a. m. Einige Arten schliessen sich näher schon bekannten Familien an, so z. B. A. neojurensis Quen- stedt und A. debilis v. Hau. der Familie der Heterophyllen d’Orb.; A. salinarius v. Hau. der Familie der Arieten v. Buch; A. bicrenatus v. Hau. der Familie der Ornaten v. Buch u. s. w. Zwei Arten endlich sind identisch mit schon an anderen Fundorten bekannten Ammoniten. Sie sind: A. Johannis Austriae v. Klipstein, der zu St. Cassian in Süd- tirol und A. discoides v. Ziethen, der in den Juraschichten in Württemberg, Frankreich u. s. w. gefunden wurde.
2) Goniatites, eine neue Art. Sie erhielt den Na- men @. decoralus v. Hau.
3) Clymenia? Das Exemplar ist nicht vollständig genug erhalten, um die Art mit Sicherheit zu bestimmen.
4) Nautilus, drei Arten. Eine davon N, mesodicus Quenstedt stimmt sehr nahe überein mit N. gäganteus D’Orbigny aus der französischen Juraformation.
5) Orthoceras, 5—6 Arten. Einige davon suchte Herr Prof. Quenstedt mit Arten aus dem Uebergangs- gebirge zu vereinigen. Bei genauer Untersuchung jedoch ergaben sich Verschiedenheiten, wichtig genug, um die Aufstellung neuer Arten zu rechtfertigen.
6) Belemnites. Die Arten nicht näher zu unter- scheiden.
Man hat die Marmorschichten der Gegend von Hallstatt den verschiedenartigsten Gebirgsbildungen einzureihen ver- sucht, und in der That lassen sich aus den angeführten Fossilien mit gleichem Rechte Gründe für jede dieser Pa- rallelisirungen ableiten. So sprechen die Orthoceren, die Ciymenia und der Goniatit für Uebergangskalk. Ein Theil der Ammoniten, der Nautilus- Arten und die Belemniten für Lias oder Oolith, andere Ammoniten für Neocomien oder untere Kreide. Es scheint sich demnach hier abermals zu bestätigen, dass die Gesetze der Vertheilung organi-
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scher Reste, die man insbesondere im nordwestlichen Europa mit nun schon so grosser Schärfe nachzuweisen vermochte, auf das Alpengebiet nicht anwendbar sind. Daraus folgt aber noch nicht, dass das Studium der organischen Reste für die geognostische Kenntniss dieses Gebietes überhaupt keinen Werth habe. Es lässt sich vielmehr mit der gröss- ten Wahrscheinlichkeit voraussetzen, und theilweise auch durch bereits gemachte Beobachtungen nachweisen, dass die Vertheilung organischer Reste hier so wie dort an feste Gesetze gebunden sei, deren Erforschung und Entwicklung in der nächsten Zukunft zu erwarten steht. Hat man erst einmal die Aufeinanderfolge der einzelnen Alpengesteine ermittelt, kennt man die jedem derselben eigenthümlichen Fossilien, so werden sich wohl Parallelisirungen im Gros- sen mit Leichtigkeit von selbst ergeben, während alle der- artigen Versuche mit einzelnen Schichten zu wenig befrie- digenden Resultaten geführt haben.
Eine ausführliche Mittheilung über die hier angedeute- ten Thatsachen wird in kurzer Zeit dem Publikum vorgelegt werden. Sämmtliche Abbildungen der neuen Arten, ge- zeichnet und lithographirt von dem k. k. Bergwesens-Prak- tikanten Hrn. Eduard Pöschl, sind bereits vollendet. Sie sind mit einer gewissenhaften Genauigkeit ausgeführt, die man nur zu oft bei Abbildungen vermisst , deren Anfer- tigung nicht den Händen eines mit den wissenschaftlichen Anforderungen vertrauten, und mit begeisterter Liebe der Sache selbst ergebenen Zeichners anvertraut ist.
9, Versammlung, am 22. Juni.
Wiener Zeitung vom 7. Juli 1846.
Herr A. Löwe, k. k. General-Land- und Haupt- münz - Probirer ,„ berichtete über die Analysen der beiden Mineralien Jamesonit und Berthierit von einem neuen Vorkommen zu Arany-Idka in Ober-Ungarn, nach Exemplaren aus dem k k. montanischen Museo, welche ausser der interessanten naturwissenschaftlichen Beziehung
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auch noch eine technische Wichtigkeit besitzen, in so ferne diese, an Antimon reichen Mineralien, bisher insbesondere in Frankreich, als Material für die Antimongewinnung die- nen. Die chemische Zusammensetzung des Jamesonits bot in so ferne eine Abweichung von den bisher untersuchten Stücken dar, als derselbe eine bedeutende Menge Silber enthielt, das selbst goldhältig befunden wurde; der Zent- ner Erz gab auf dozimastischem Wege ermittelt 45%, Loth Silber oder 2 Mark 13 Loth 3 Quintel. Der Berthierit zeigte dieselbe Zusammensetzung wie der von Anglar in Frank- reich. Die Formel für den Jamesonit ergab Sich nach Ab- zug der fremdartigen Bestandtheile übereinstimmend mit den früheren Analysen als 2 Pb Sb--Phb.
In 100 Theilen besteht dieser Jamesonit nach Löw e's Analyse aus
Schwefel . . 18.069 Antimon . . 32,168 Blei“ 5.4: 53668 Kupfer _.. ., ....1,729 Silber ... .. 1,440 Eisen ..ı.... 2,909 ZUDK... . ns . 0.339 Wismuth . . 0,214 Gold. . . .. Spur Gangart . . 2,815
99,351.
Die übrigen Eigenschaften desselbeu wichen von den bereits bekannten nicht ab; das specifische Gewicht wurde zu 5,601 gefunden; Farbe und Glanz metallisch stahlgrau ; vor dem Löthrohre auf Kohle leicht schmelzbar, und die- selbe mit Blei so wie mit Antimondämpfen beschlagend.
Der Berthierit wurde von Hrn. Johann v. Pettko, gegenwärtig supplirenden Professor der Mineralogie und Geognosie zu Schemnitz, in dem Laboratorium des k. k. General-Probiramtes untersucht, nnd gab dieselbe Zusam- menseizung wie der Berthierit von Anglar ‚ nämlich von der
Formel Fesb. v. Pettko’s Analyse gab auf 100 Theile berechnet:
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Eisen . . . 12,848
Antimon . . 57,882
Schwefel. . 29,270 Auch die übrigen Eigenschaften stimmten überein, z.B. das specifische Gewicht —= 4,043, und das charakteristische Verhalten des Berthierits in Salzsäure, mit Entwickelung von Schwefel - Wasserstoffgas, ohne Abscheidung von Schwefel, sich vollständig aufzulösen. '
Hr. A. Löwe verband mit dieser, schon in mineralogi- scher Beziehung interessanten Mittheilung , die Verglei- chung des Vorkommens der beiden erwähnten Mineralien, mit einem von Berthier angegebenen , zu Carcassone in den Kleinen Pyrenäen und zu Pont - Vieux im Departement des Puy de Dome, welche dort brechende Erze Berthier untersucht, und die Gewinnung des Antimons, so wie des Silbers und Goldes in den Annales des Mines beschrie- ben hat; denn es ist auffallend, welche Uebereinstimmung in den Verhältnissen des Vorkommens und der Zusam- mensetzung der Erze von Arany-Idka in Ober - Ungarn und der Localitäten von Carcassone und Pont-Vieux in Frankreich besteht. Hier wie dort ist der Jamesonit silber- und goldhaltig gefunden worden , und insbesondere sind es auch die ärmeren kiesigen Erze, welche reich an Gold sind. Der k. k. Werksverwalter J. Tutschnag in Arany-Idka hat auch diese Verhältnisse zuerst erkannt, und auf die An- timongewinnung aufmerksam gemacht.
Nachdem Jamesonit und Berthierit zusammen vorkom- men, so läge der Vorschlag sehr nahe, sie wie in Frank- reich für sich zu verhütten, und diese Versuche sollen auf Grundlage der Erfahrungen Berthier’s, welcher in seinem Laboratorium an der Ecole des Mines über diesen Gegen- stand gründliche Untersuchungen angestellt hat, in dem La- boratorium des k. k. General-Land- und Hauptmünzprobir- amtes mit den zu Arany-Idka einbrechenden Erzen wieder- holt werden, in der Absicht, auf die technische Wichtig- keit dieser Mineralien, deren naturhistorische Beschaffen- heit jetzt erst näher bestimmt wurde, unter der Vorausset- zung, dass deren allgemeineres Vorkommen sich bestäti- gen sollte, aufmerksam gemacht zu haben.
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Herr Dr. Richard Comfort gab eine systematische Eintheilung der Menschen-Racen nach einem neuen Prin- cipe. Unter Race, abgeleitet von dem lateinischen Worte radix, versteht man die Vereinigung wesentlicher Merk- male, die sich in mehreren Generationen forterben. Die Eintheilung beruht auf Skelet-Bildung, der Schädel- und der Gesichtsform. Die Hautfarbe gilt als zweites Merk- mal, welches mehr Ergebniss klimatischer Einflüsse, also erworben, so wie ersteres Moment wesentlicher und mehr angeboren erscheint.
Die Hautfarbe wäre also mehr Form ; die Knochenbil- dung Wesen. Viele Gelehrte würdigten bereits diesen Ge- genstand ihrer Aufmerksamkeit; sie theilten die Menschen in #4, 5, 20, wohl noch mehr Racen; keines dieser Systeme ist ganz befriedigend, es fehlt ihnen, nach Dr. Comfort’s Ausdruck, der philososhische Stämpel der Natur. Bereits vor zehn Jahren stellte er sein natürliches System der Menschen-Racen auf, durch welches viele der bisher noch nicht gelösten Schwierigkeiten beseitigt werden.
Als Vorfrage wurde der bis jetzt noch nicht überall als vollkommen geschlichtet angenommene Streit, ob das Geschlecht der Erdbewohner von einem oder mehreren Paaren abstammen, erwähnt. Als die von der weissen Race abspringendsten, sowohl in Hinsicht auf Knochen- bildung als Hautfarbe stellen sich die Neger; die Gegner der Genesis behaupteten, Europäer, z. B. Portugiesen, welche durch 0 Jahre ununterbrochen in Afrika lebten, wären wohl schwarz wie Neger geworden, ihre Knochen- bildung sei aber dieselbe geblieben; die Neger - Physio- gnomie und der Neger-Typus sei zu den Zeiten der Römer nicht verschieden von dem der Gegenwart; Neger, in käl- tere Zonen gebracht, bleichen sich nur unmerklich; der Ne- ger- Typus durch Vermischung mit Weissen verliere sich erst nach Jahrhunderten; ferner gibt es wieder viele wilde Völker in Afrika, die den Neger-Typus nicht besitzen, so wie viele andere in Ausser-Afrikanischen Ländern, welche zwar unter dem Aequator lebend, doch davon frei sind;
lauter Gründe, dass es auch ein schwarzes Urpaar gege- ben haben sollte.
Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I, 5
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Hierauf lässt sich erwiedern, dass die Bibel, diese äl- teste Urkunde der Menschheit, uns genügenden Aufschluss bietet; denn Moses zählt das neue Menschenge- schlecht der Noachidenstämme von Sem, Ham und Japhet. Es stammt also wirklich von drei Familien ab. Nehmen wir nun an, die Abkömmlinge Ham’s, die sich in der That nach Afrıka wandten, wären von ihrem Stamm- vater mit einem leichten Neger-Typus begabt worden, so lässt sich leicht einsehen, wie bei einem, diesen Typus be- günstigenden Klima, sich der jetzige Neger - Typus heraus- bilden konnte.
Zu jeder Bildung wie Verbildung sind aber zwei Mo- mente erforderlich: die Disposition und die einwirkende Ursache. ?
Herr Dr. Comfort nimmt nun in seinem Combina- tions-Systeme drei Stammracen an, welche sich zuerst zu neun, ferner aber vielfältiger combiniren.
Combination der Menschenracen dem We- sen oder nach der Skeletbildung und der Form nach, oder nach der Hautfarbe.
1. Weisse Reihe, mit ovaler Gesichtsbildung oder vorherrschendem Längendurchmesser. 1) Kaukasier, weiss mit Inkarnat. 2) Hindus, hellbraun; Combination mit der zweiten Reihe. 3) Araber, schwärzlich; Combination mit der dritten Reihe.
1. Braune Reihe, mit breiter Gesichtsbildung. 4) In- dianer, kupferroth. 5) Malayen, braun; mittlerer Combina- tionspunct. 6) Mongolen (gelbe Neger),
iM. Schwarze Reihe, Schädel und Gesichtsbildung mit vorherrschender Tiefebildung. 7) Polarbewohner, schmu- tzigweiss; Combination mit weisser Reihe. S) Eihiopier (Kaffern, Kopten) olivenfärbig. 9) Neger, glänzend schwarz.
Hr. Dr. Comfort bemerkte noch zum Schlusse:
1) Gäbe es keine Combination bedingt durch klimatische Einflüsse, so müsste man ein erstes Menschenpaar mit blonden Haaren und blauen Augen, und ein anderes mit schwarzen Haaren und schwarzen Augen annehmen.
2) Die Mythen der Indianer erwähnen, dass das erste Menschenpaar roth war (Adam, im Hebräischen rothe Erde) und dass daraus die verschiedensten Farben und Nuaneirungen sich gebildet hätten. Bei dieser Annahme würde sich die weisse Reihe durch Hinaufsteigen, und die schwarze durch Herabbilden entwickelt haben.
3) Wie kömmt es, dass die Polarbewohner schwarze Haare und Augen haben, da doch der Norden alles bleicht, wenn nicht hier die Ur-Combination über klimatische Ein- flüsse gesiegt hätte.
4) Dagegen sahen wir den grossen klimatischen Ein- fluss an den Engländern, die in Austral-Asien (Neu-Hol- land) geboren werden. Sie haben blonde Haare und braune Augen.
5) Der Neger - Typus tilgt sich vollkommen durch Ver- mischung; mit Weissen in der sechsten Generation.
6) Der Typus der Indianer, Hindus, Araber, in der dritten; der der Malayen in der vierten; der Mongolen- Typus noch später; über die zwei anderen fehlen uns Er- fahrungen.
7) Viel kömmt darauf an, ob die Mutter eine Negerin und der Vater ein Weisser war, oder umgekehrt, auf die Skeletbildung scheint die Mutter mehr Einfluss zu haben; auf die Farbe der Vater.
8) Leichter gelingt es einem Weissen in der heissen Zone schwarz zu werden, als den dort Geschwärzten in der temperirten zur ursprünglichen Weisse zurück zu gelan- gen; wan brennt sich an einem heisssen Sommertage sehr leicht ab, und bleicht sich erst in acht Tagen.
9) Caffusos sind eine natürliche Combination vom Ne- ger und Indianer und haben ganz die Malayenbildung.
Herr Dr. Hammerschmidt ‚gab einige Andeu- tungen über das Pflanzen-Zellenleben. Für die Pflanzen - Physiologie wird mikroskopisch nachgewiesen , wie aus der Erstlings - Zelle (Primitiv- Zelle) heraus sich die Lebensäusserungen der Pflanze entwickeln, wie aus ihr als Anfangspunct einer organischen Thätigkeit, die Abla- gerungen einer secundären Zellhaut, endlich neue Zellen, aus ihrer Verbindung Organe sich bilden , die mannigfalti-
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sen Formen der Pflanze selbst nur aus der verschiedenar- tigen Verbindung und Anordnung der Zellen entsthehen, dass also der einzelnen Zelle schon ein selbstständiges Leben zukomme, und die Summe dieser Einzelwesen und ihr Ver- hältniss zu einander den Gesammtausdruck der Lebenser- scheinung eines bestimmten Pflanzen -Individuums bildet. Wenn gleich die Ansicht, dass schon der einzelnen Zelie ihr selbsständiges Leben zukomme, nach den bisherigen Beobachtungen keinem Zweifel mehr unterliegen kann, so ist es doch schwer hiervon auch dem weniger Eingeweih- ten eine überzeugende Darstellung zu verschaffen. Die Erscheiaungen , welche wir aber an der Magnolia annonae- folia, beobachten können, dürften eine geeignete Thatsache diessfalls abgeben.
Es ist bekannt, dass die Magnolia annonaefolia die Ei- genschaft hat, Morgens zwischen 10—11 Uhr ihre Blüthen- knospen zur offenen Blüthe zu entfalten und in diesem Zu- stande bis Abends 8 Uhr , wo sie sich wieder schliesst , einen angenehmen apfelartigen Geruch auszuhauchen. . Diese Er- scheinungen wiederholen sich bei dieser und vielen andern Pflanzen regelmässig und zur bestimmten Zeit durch meh- rere Tage, bis sie endlich abblüht.
Durch den Umstand, dass die Aushauchung eines riech- baren Stoffes mit dem Offensein der Blume in Verbindung steht, angeregt versuchte HerrDr. Hammerschmidt, ob auch die einzelnen Blumenblätter, vom Organismus getrennt. demselben Lebensgesetze folgen. Durch die Güte unseres rühmlich bekannien Blumenfreundes Hrn. Klier, erhielt er einige Blüthen der Magnolia annonaefolia — Abends, nach. dem sich aller Geruch verloren hatte, wurden die Blüthen entblättert , die einzelnen Blumenblätter in kleine Theilchen zerschnitien, und in reines Papier verwahrt. Diese Blü- thentheilchen blieben geruchlos bis nächsten Morgen halb 11 Uhr. Zu dieser Stunde entwickelte sich plötzlich der eigenthümliche Geruch der Blüthe, den sie bıs Abends 8 Uhr aushauchten, zu welcher Zeit die fernere Entwicklung der riechbaren Stoffe wieder bis zum nächsten Tage stille stand. Noch am zweiten Tage, nachdem die getrennten zerrissenen Blatitheilchen
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schon ganz. ausgetrocknet waren, entwickelte sich wieder, obschon schwächer zur besimmten Stunde gexen halb 11 Uhr die Absonderung des riechbaren Stoffes.
Diese Thatsache,, von deren Richtigkeit sich Jedermann leicht überzeugen kann, erscheint als ein sprechender Be- weis für die selbsständigen Lebensercheinungen einzelner Pflanzentheile, und verdient weiter verfolgt zu werden. Wenn die Blüthe sieb zu bestimmter Zeit öffnet und schliesst, und so die schönen Erscheinungen einer Blumenuhr in der freien Natur vorführt, wenn damit andere Lebenser- scheinungen wie z. B. die Absonderung von riechbaren Stof- fen, auftreten, so findet man das ganz natürlich, und er- klärt sich diese Lebenserscheinungen aus dem Gesammtor- ganismus. Wenn aber auch einzelne, von dem Gesamnt- organismus abgetrennte Theilchen, wenn einzelne aus ihrem Verbande herausgerissene Zellen auch noch Erscheinungen von sich geben, welche die ganze Biume von sich gibt, so findet man in dieser Thatsache wohl einen unumstösslichen Beweis für das selbstständige Leben einzelner Organe, ja für das se!bstständige Leben einzelner Zellen.
Die Pflanze wird durch den Einfluss der Wärme, des Lichtes, der E'ektricität, durch physische und chemische Einwirkungen in ihren Thätigkeiten bestimmt. Was wir von der Pflanze zu sagen gewohnt sind, gilt aber von ih- ren kleinsten Bestandtheilchen , von ihren einzelnen Zellen; diese sind es, welche dem Gesetze des Pflanzenlebens ent- sprechend, durch das Zusammenwirken den Gesammtaus- druck des pflanzlichen Lebens zur Erscheinung bringen; diese sind es, welche die Ernährung und Athmung der Pflanzen vermitteln, und insbesondere durch Licht, Wärme oder sonstige Einflüsse angeregt, Sauerstoff aushauchen. Man kann annehmen, dass mit diesem Aushauchen des Sauerstoffes, Theilchen der in den Oehlbehältern sich be- findenden ätherischen Stoffe frei werden, oder dass Ge- ruchstheile derselben sich dem entströmenden Pflanzengase beigesellen.
Das Schliessen der Blumenblätter, was man unter dem Namen des Pflanzenschlafes bezeichnet , ist bekannt- lich kein Zustand der Erschlafung, sondern vielmehr durch
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eine eigenthümliche Zusammenziehungskraft des pilanzli- chen Zellstoffes hervorgerufen. Ob nun in diesem Zustande des Pflanzenschlafes nicht vielleicht selbst theilweise die Endosmose und Exosmose, und sohin auch die Aus- hauchung der riechbaren Stoffe gleichsam auf theils mecha- nische theils dynamische Weise unterbrochen wird, wollen wir hier nur andeuten. Auch wäre es für die Chemie eine würdige Aufgabe, zu ermitteln, ob während des sogenann- ten Pflanzenschlafes bei ähnlichen Pflanzen die riechbaren Stoffe nur gebunden sind , und auf chemischem Wege frei gemacht werden können, oder ob eine Absonderung des riechbaren Stoffes oder dieser selbst, während jenes Zu- standes in der Blüthe etwa, gar nicht vorhanden ist.
Herr Dr. S. Reissek machte einige Mitiheilungen über den Bau und die Bedeutung der Samenthierchen bei Pflanzen. Es wurde zuvörderst des Baues der Samen- thierchen im ' Thierreiche gedacht, welche, obgleich die neueste Physiologie ihnen die thierische Natur abspricht, und selbe gerade nur als belebte Moleküle des Leibes an- derer Thiere ansieht, dennoch durch den bei den entwickelt- sten Formen nachweisbaren Bau sich als wirkliche, selbst- ständige, den Helminthen zunächst verwandte Thiere nach- weisen lassen. Mit diesen stimmen sowohl dem Baue als den Lebenserscheinungen nach, die in verschiedenen tiefer ste- henden Pfianzenfamilien vorfindlichen Samenthierchen we- sentlich überein. Es sind Thierchen, welche normal- und gesetzmässig in bestimmten Organen der Pflanze sich ent- wickeln und leben. Herr Dr. Reissek hatte im Einklange mit dieser Erscheinung seit längerer Zeit vermuthet, dass es, wie die angeführten Samenthierchen, vielleicht auch selbstständige Pfänzchen gebe, welche gleich jenen in be- stimmten Theilen des Pflanzenkörpers sıch normal- und ge- setzmässig entwickeln. Vor einem Jahre gelang es ihm, diess als gesetzmässige Erscheinung im Pflanzenreiche wirklich aufzufinden. Es kommen in den Wurzeln der Mono- und Dicotyledonen in, ihrer Anzahl und Lage nach, genau bestimmten Zeilenlagen gesetzmässig Fadenpilze vor, wel- che die Zellen dicht erfüllen, und von Aussen völlig ab- geschlossen sind. Sie gehören zur Lebenseigenthümlichkeit
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der Pflanze und sind immer vorhanden, doch auf verschie- dener Ausbildungsstufe in den verschiedenen Familien. {Bei Orchideen sind sie am ausgezeichnetsten und häufigsten, bei den meisten Dicotyledonen sind sie unausgebildet und nur bei umfassender, comparativer Untersuchung in ihrem We- sen erkennbar. Ihre Entstehung erfolgt aus den feinen Körnern,, woraus die Zellkerne zusammengesetzt sind.
Diese Thatsachen in Verbindung mit den Erfahrungen über die Samenthierchen bestimmen uns zu dem Ausspruche: dass in den Zellen höherer Pflanzen sich normal- und ge- setzmässig niedere Pflänzchen und Thiere entwickeln, wel- che zur Lebenseigenthümlichkeit der betreffenden Pflanzen gehören. Diese in den Zellen eingeschlossenen oder en- dogenenu Pilänzchen sind Pilze, die Thierchen die soge- nannten Samenthiere.
Herr Bergrath Haidinger theilte folgende von Herrn Professor Zipser in Neusohl, dem langverdienien Samm- ler der interessanten ungarischen Mineral-Vorkommen, die er schon vor dreissig Jahren beschrieben ,„ und vielfältig versendet, zu dem Zwecke eingesandte Nachricht mit:
„Nachdem bei dem grossen Brande vom 18. Mai 1. J. nebst meinen zwei Häusern auch meine Sammlungen und reichen Mineralien-Vorräthe zu Grunde gegangen sind , so stelle ich an jene Cabinete, wissenschaftliche Anstalten und Freunde, denen ich aus Liebe für Förderung des mine- ralogischen Studiums die Vorkommnisse meines Vaterlandes Ungarn bis jetzt zukommen liess, die gehorsamste Bitte, auf die Fortsetzung meiner Gaben längere Zeit verzichten zu wollen, da mir weder Zeit noch die Mittel zu Gebote stehen dürften, meine jährlichen Reisen zu unternehmen, und die Resultate derselben benannten wissenschaftlichen Anstalten in gewohnter freiwilliger und uneigennütziger Weise zuzu- führen. Neusohl, am 24. Mai 1846. Dr. Zipser, Professor.
Herr Professor Zipser hatte, ebenfalls durch Herrn Bergrath Haidinger, sein eben vollendetes Werk: „Die Versammlungen ungarischer Aerzie und Na- turforscher‘, mit besonderer Beziehung auf die am 4. August zu Neusohl abgehaltene dritte Versammlung (Neu- sohl 1846). zur Vorlage eingesendet. Bekanntlich haben
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diese im Jahre 1841 begonnen; und zwei Mal in diesem Jahre, im Mai und September, in Pesth, dann in Neusohl, hierauf in 'Temeswar, Klausenburg, endlich im vorigen Jahre in-Fünfkirchen Statt gefunden, und werden dieses Jahr in Kaschau und Eperies fortgesetzt. Ueber die zweite Versammlung in Pesth wurde ein Bericht von den Herrn Dr. Paul Bugät und Dr. Kor herausgegeben. Die Ver- sammlung in Neusohl zählt als die Dritte. Herrn Professor Zipser verdanken wir ın der vorliegenden Publication eine interessante Uebersicht des durch diese zeitgemässen und wissenschaftlich anregenden Zusammenkünfte, in dem Schwesterlande — würde man in England sagen — Gelei- steten. Möge sie auch ferner fortgesetzt werden, denn es ist für viele Abtheilungen, nahmentlich aber für die geo- graphisch-geognostische Landeskenntniss, Werthvolles dar- innen gegeben, was uns sonst unzugänglich geblieben wäre. Bergrath Haidinger erwähnte noch, nebst den mancher- lei Mittheilungen von Zipser, Franz v. Kubinyi, den Doctoren Czilchert, Nendtwich, Wagner und An- deren, namentlich der von dem bketzteren zusammengestell- ten Tabellen der bis jetzt analysirten warmen und kalten Mineralwasser Ungarns, die interessante Vergleichungs- puncte darbieten, von den vornämlich gyps- und bittersalz- haltigen Quellen von Szliacs (17°—25°), Glashütte (19 — 45°), Eisenbach (32°) , Stuben (29° — 35°), Trentschin (25° — 33°), bis zu den an Chlorverbindungen reichern von Mehadia (18° — 44°), und den eigentlichen Säuerlingen, deren salzige Basis von Torosiewicz, Wehrle, Sad- ler, Meissner, Mittermayer, Wagner, Sigmund, älterer Analysen nicht zu gedenken, ebenfalls bedeutend abweichend gefunden wurde.
Herr Bergrath Haidinger zeigte ein Manuscript, Mu- sterblatt der geologischen Aufnahme eines Gebirgspro- fils, wie sie in England bei der unter der Leitung des be- rühmten Geologen, Sir Henry de la Beche seit einigen Jahren bestehenden geologischen Landesaufnahme, Govern- ment geological survey, angewendet werden. Die Blätter sind in kleine Quadrate getheilt; jedes derselben von etwa ’/, Linie Grösse stellt zwei Fuss Länge und Höhe vor, so
dass die Beobachtung jeder Zeit leicht in dem wirklichen Verhältnisse der Längenerstreckung und der Meereshöhe eingetragen werden kann. Das Profil stellt eine Eisenbahn- Abgrabung zwischen Manchester und Sheflleld-vor, die in den ältern Schichten der Steinkohlen-Formation, mit un- bedeutenden, höchstens zwei Fuss mächtigen Steinkohlen- lagen eingeschnitten ist. Es wurde von Herrn Warring- ton W. Smyth aufgenommen und an Herrn Bergrath Haidinger eingesandt. Dieser junge Geognost, gegen- wärtig dem obengenannten Sir Henry de la Beche zuge- theilt, bewahrt noch immer die freundlichen Erinnerungen seines frühern Aufenthaltes in unsern Ländern. Nach einer erst vor wenigen Tagen von demselben erhaltenen Mit- theilung sind von dem k. Amte der geologischen Landesaufnahme in London, die bisher vollendeten und herausgegebenen Karten und Durchschnitte an unser k. k. wontanistisches Museum abgesendet worden. Herr Bergrath Haidinger versprach selbe baldmöglichst nach ihrer Ankunft vorzuzeigen.
10. Versammlung, am 30. Juni. Wiener Zeitung vom 12, Juli 1846.
Herr V. Streffleur, k. k. Hauptmann, entwickelte seine Ansichten über die Feuerbildungen auf der Erdober- fläche, und über die Ursachen ihrer gegenwärtigen Ver- breitung:
Nur die Vulkane mit ihrer ausgeworfenen Lava, die Erdbeben etc. sind wirkliche und nnverkennbare Anzeichen von Feuerbildungen. Alle übrigen für plutonisch gehaltene Erscheinungen aber, wie die Basaltbildung, die Metamor- phose der geschichteten Gesteine, der Feuerfluss des Erd- kerns etc. sind noch zweifelhaft, da selbst die ausgezeich- netsten Naturforscher der gegenwärtigen Zeit hierüber viel- fach abweichende Ansichten aufstellen.
v. Humboldt nimmt an, dass 5 geographische Meilen unter der Erdoberfläche noch alles im Feuerflusse schwimmt,
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und dass die jetzigen Vulkane nur die übrig gebliebenen Löcher in der erkalteten Rinde seien. Lyell läugnet den Feuerflass des Erdinnern, und lässt die Continente langsam sich heben und senken. Boue, Hoffmann etc. glauben zwar an das plutenische Entstehen des Granites, halten aber schon den Gneiss für umgewandelt aus dem Thon- 'schiefer. Die Pseudomorphisten behaupten im Gegen- satze zu den Plutonisten, dass nicht die plutonisch aufstei- genden Gesteine an den Contaetpuikten mit den Sediment- bildungen einer Metamorphose hervorgebracht haben, son- dern dass die geschichteten Gesteine in gewisser Tiefe, unter erhöhter Temperatur und Pressung, sich selbst bis zum Flüssigwerden umwandeln. Kühn ist der Ansicht, dass sich der Granit , überhaupt alle Urgesteine , durch einen Kırystallisationsprozess im Wasser gebildet haben. Mohs sprach diese Meinung schon früher aus, und rech- net auch den Basalt zu den Bildungen aus dem Meere. Die Münchner Gelehrten, Fuchs, Wagner, Schafhäutl, schrieben eben so entschieden gegen die Emporhebungs- theorie. Zippe zählt unter die vulkanischen Gesteine ebenfalls nur die Erzeugnisse wirklich unverkennbarer Vul- kane. Die Arbeiten der Chemiker, besonders Ebelmen’s, weisen darauf hin, dass die plutonischen und geschichteten Gebirgsgesteine die nämlichen Elemente, nur in verschie- dener Art zusammengesetzt, enthalten. Neuere Versuche zeigen uns, dass sich unter elektro-magnetischen Einwir- kungen sogar Metalle aus dem Flüssigen niederschlagen, ohne dass dabei eine Glühhitze nöthig wäre. Agassiz lässt die Erdoberfläche in früherer Zeit mit Eis bedeckt sein u. s. w. Es herrschen also gegenwärtig noch die he- terogensten Ansichten, und alle Temperatursgrade von der Schmelzhitze der Plutonisten bis zur Eiskälte der Gletscher, spielen dabei ihre Rolle.
Nach Streffleur’s Ansicht ist es für jetzt wohl un- möglich, die Ursachen des innern Getriebes eines Vulkans aufzufinden; doch aber könnte man es dahin bringen, dem Zusammenhange der vulkanischen Erscheinungen und den Bedingnissen auf die Spur zu kommen, unter welchen Vul- kane überhaupt auftreten und wieder erlöschen,
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v. Buch hat den Begriff von Reihen- und Central-Vul- kanen aufgestellt. Hiermit ist aber für die Wissenschaft nichts gewonnen, da diese Unterscheidung wohl die Auffassung über die Art des Vorkommens der Vulkane erleichtert, kei- neswegs aber auf Ursachen hinweist, warum die Vulkane in Linien sich reihen oder centralliegen. Ueberhaupt dürfte es den Anhängern der Emporhebungstheorie schwer werden, Verbreitungsgeseize für den Vulkanismus aufzufinden, da sie bei der maass-, zeit- und ortlos angenommenen Emporhe- bung und bei der Voraussetzung, dass es, wie v. Hum- boldt sagt, von geringfügigen Zufälligkeiten abhängt, ob die feuerflüssigen Massen an diesem oder jenem Orte hervorbrechen, oder ob die Spalten diese oder jene Rich- tung annehmen, von selbst auf jedes allgemeine Gesetz verzichten. Wohl aber zeigt sich auch hier die Möglichkeit zur Begründung solcher Gesetze, wenn man den Einfluss der Rotation auf die Bildung der Erdoberfläche in Berück- sichtigung zieht.
Streffleur berichtete hierauf über seine diessfalls angestellten Untersuchungen. Er machte durch eine Berech- nung aufmerksam, wie unbedeutend die Ausdehnung des Vulkanismus gegen die Grösse der gesammten Erdober- fläche überhaupt sei, und legte einige Karten vor (aus sei- nem Werke: ‚‚Die Entstehung der Continente und Gebirge unter dem Einflusse der Rotation‘), um die Art des Vor- kommens der vulkanischen Gesteine auf der Erdoberfläche überhaupt und in Europa speciell nachzuweisen. Drei kleine Weltkarten zeigen die Wasserbildungen. Die Rotation zieht das Wasser in Strömen gegen den Aequator. Zwischen den Strömen bauen Seedämme (spätere Gebirge) sich auf; durch Ueberlagerungen, nieht aber durch Hebungen. In der ersten Weltkarte sieht man die Urgebirgsdämme zwi- schen den primären Stromlinien. In der zweiten Karte zeigen sich die sekundären Gebirge genau in UVebereinstim- mung mit der veränderten Richtung der sekundären Strö- mungen, In der dritten Karte erscheinen die heutigen schon absperrenden Continente mit den gegenwärtigen rücklau- fenden Strömungen. Eine vierte Karte zeigt die Verbrei- tung des Vulkanismus auf der Erdoberfläche. Vergleicht
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man nım die Karte der Feuerbildungen mit jener der Mee- resströme der sekundären Epoche, so lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
1) Die sogenannten vulkanischen Gesteine haben sich stets in, oder an den Rändern der Rotations-Stromrinnen gebildet, aber nicht an allen Puncten dieser Bildungen: ist der Vulkanismus zum Ausbruche gekommen. Wir finden daher wohl Stromrinnen mit vulkanischen Gesteinen ohne vulkanische Ausbrüche, nie aber den wirklichen Vulkanis- mus ausserhalb der Stromrinnen.
2) Die vulkanischen Erscheinungen auf den Continenten zeigen sich hauptsächlich an den Westküsten, weil in Folge der Rotations-Wasserbewegungen an der Ostseite der Con- tinente stets’ eine normale, westlich aber eine gestörte Bil- dung der secundären Gesteine vor sich gegangen ist.
3) Die Vulkane sitzen stets an den Rändern Jer Rota- tions- Stromrinnen, und sie erlöschen in der Regel, wenn die Rinne austrocknet. Der Begriff von Central- Vulkanen ist somit ganz unstatthaft. Die von den Geologen dafür gehaltenen sind ebenfalls Randvulkane, wie z. B. jene auf den Sandwichinseln, auf Island ete., da sie an den Randlinien von Seehochländern liegen.
4) Das Vorkommen der Vulkane steht am meisten in Uebereinstimmung mit dem Zuge der Rotationsströme der secundären Epoche. Der Vulkanismus beschränkt sich dem- nach am Festlande auf eine Aequatorialzone, welche den 45° der Breite nicht viel überschreitet, und es zeigt sich der Hauptsitz der Vulkane an solchen Stellen, wo die pri- mären Dämme, in Folge der veränderten Stromrichtung, durchbrochen wurden.
5) Der Vulkanismus dürfte nach diesen Wahrnehmun- gen erst nach der Bildung der Urgebirgsdämme zum Aus- bruche gekommen sein.
Ausführliche Nachweisungen dieser Sätze finden sich in dem oben angezeigten Werke: „Die Entstehung der Continente und Gehirge unter dem Einflusse der Rotation.“
Hr. Dr. Hammerschmidt machte in eigenen Worten auf die Wichtigkeit und Anwendbarkeit des Farbendru- ckes bei naturwissenschaftlichen Abbildungen und auf die
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diessfalls von Hrn. Anton Hartinger, Corrector und Kunstmitglied der kaiserl. Akademie der bildenden Künste in Wien, erzielten, höchst gelungenen Versuche aufmerk- sam. Als Probe des in diesem Fache Geleisten , legte Hr. Dr. Hammerschmidt ein von Hartinger durch litho- graphischen Farbendruck mittelst 10 verschiedenen Steinen erzeugtes, 18 Zoll hohes, 15 Zoll breites Bild vor, darstel- lend einen zierlichen in einem Rubinglase stehenden Blu- menstrauss, bestehend. aus einigen Knospen und Blumen einer rothen Camellia multiflora, einer weissen Cumellia ochroleuca, einer Primula und Vestea licioides, der Viola tricolor maxima, Epacris grundiflora und Solya hetero- phylla. Obschon die Bescheidenheit des Künstlers dieses Kunststück nur als einen Versuch im Farbendruck bezeich- net, und das Bild durch kräftigere Haltung der Mittel- töne wesentlich noch gewinnen dürfte, so ist doch schon in dem Vorliegenden nicht zu verkennen,, dass dieses Verfahren das mühsame und kostspielige Koloriren der Abbildungen, wobei fast eine vollkommene Gleichheit mit dem Original- Gemälde hergestellt wird, ersetzen könne. Dr. Hammerschmidt macht bemerkbar , wie schön die Farbeniöne in dem vorliegenden Bilde in einander übergehen, wie vollkommen die Farben sich mit einander verbinden und mischen, und wie nahe dadurch dieser Far- bendruck der wirklichen Malerei stehe, so dass an manchen Stellen ein Nachhelfen mit dem Pinsel vermuthet werden sollte; es könne daher kein Zweifel sein, dass in dieser Weise die Anwendung des Farbendruckes auf naturwissen- schaftliche Werke von hoher Wichtigkeit sei, weil dadurch nicht nur grössere Aehnlichkeit mit dem Originalgemälde, sondern auch eine bedeutendere Wohlfeilheit erzielt werde. Dr. Hammerschmidt glaubt daher, dass das durch Hrn. Hartinger (Gumpendorf, Hirschengasse Nr. 381) beab- sichtigte Unternehmen: Arbeiten in Farbendruck zu über- nehmen, auch bei der von Herrn Bergrath Haidinger beabsichtigten Herausgase der „„‚Naturwissenschaftli- chen Abhandlungen,“ in so ferne darin kolorirte Ab- bildungen nöthig sein würden, eine Beachtung verdienen dürfte.
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Hr. Dr. Hammerschmidt legte ferner von dem durch Herrn Corrector Anton Hartinger herausgegebenen botanischen Prachtwerke: „Paradisus Vindobonen- sis, eine Auswahl seltener und schön blühender Pflanzen der Wiener Gärten“ die bisher erschiene- nen dreizehn Lieferungen, welche über fünfzig verschiedene Prachtblumen enthalten, und wovon die Lieferung zu vier Grossfolio - Blättern sammt Text S fl. C. M. kostet, vor. — Das Werk hat den Zweck, die neuesten Erscheinungen in der Blumenwelt, die ihrer Schönheit, Fremdartigkeit oder besonderen Eigenthümlichkeit wegen, ein ausgezeichnetes Interesse gewähren, so naturgetreu als möglich, darzustel- len. Der wissenschaftliche Werth des Werkes wird durch den Umstand verbürgt, dass unser gefeierter Botaniker Herr Prof. Endlicher, den Text und die Analysen selte- ner Pflanzen dazu liefert. Se. Majestät haben die Wid- mung dieses Werkes anzunehmen, und dem Herausgeber die grosse goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft dafür zu ertheilen geruhet. Die gefällige Gruppirung, die naturgemässe Darstellung, die sorgsame Kolorirung lassen Nichts zu wünschen übrig, und mit vaterländischem Stolze kann man diess Prachtwerk den ausgezeichnetsten Wer- ken des Auslandes an die Seite stellen. Herr Dr. Ham- merschmidt vertheilte das Pogramm dieses Werkes mit Hinweisang auf die in der allgemeinen österreichischen Zeitschrift für den Landwirth , Forstmann und Gärtners Nr. 27 vorkommende ausführlichere Bekanntmachung.
Derselbe hielt ferner einen Vortrag über einige von ihm entdeckte Eingeweidewürmer, deren thierische Natur von Creplin in Erichson’s Archiv 1846, Il. Heft, Seite 157 in Zweifel gezogen wird, Creplin liefert im gedachten Archiv ein Verzeichuiss jener Thiere, in denen sich Ein- geweidewürmer befinden und führt darin mehrere von Dr. Hammerschmidt im J. 1835 endeckte und von seinem unvergesslichen Freunde Dr, Leuckart aus Freyburg in der Isis (Jahrg. 1838, Seite 351, Taf. IV) bekannt ge- machte Entozoen an, bemerkt jedoch, dass nach seiner (Creplin’s) Ansicht die gregarina-artigen Entozoen dem Thierreiche nicht angehören. Wenn auch bei manchen mi-
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kroskopischen Organismen, welche an der Grenze zwischen Pflanzen- und Thierleben stehen, oder die so klein sind, dass ihre Beobachtung besonders erschwert wird, eine be- stimmte Entscheidung schwierig ist, so dürfte doch diess hier nicht der Fall sein, weil die vorliegenden Thiere '3—/, Wr. Linie lang sind. Dr. Hammerschmidt legte die Abbildungen der als zweifelhaft von Creplin vorge- stellten Clepsidrina polymorpha (aus Tenebrio molitor), Clepsidrina conoidea (aus Forficula auricularia), Clep- sidrina ovala (aus Amora cuprea), Clepsidrina lenuis (aus Allecula moris), Rhizinia curvala (aus Calonia aurata)), Rhizinia oblongata (aus Opatrum sabulosum), Pyxinia rubecula (aus Dermestes vulpinus) , Bullulina tipulae (aus Tipula), vor, und machte auf die Bewegungen unter dem Mikroskope aufmerksam, welche der lebenden Clep- sidrina polymorpha, so lange sie sich noch in den mit Darmsaft gefüllten Eingeweiden des Tenebrio molitor be- findet, eigen sind. Wer nun einmal diese langsamen schlangenförmig sich hin- und herziehenden, mit Abschnü- rungen des Körpers verbundenen Bewegungen des Thieres, die von den Strömungen der es umgebenden Flüssigkeiten ganz unabhängig sind, genau beobachtet hat, wer auf die Bewegungen dieser Thiere, wenn sie in verschiedenen Richtungen neben und übereinander vorüber ziehen, Rück- sicht nimmt, wenn man erwägt, dass dieses Wesen immer in der Richtung der, als Kopftheil sieh darstellenden kleinen Abschnürung sich bewegt, wenn man die eigenthümliche Bewegung im Innern der zwei grösseren Körperabschnitte beobachtet, wo in einem Canale eine Masse der feinsten Theilchen wie Sand in einer Sanduhr mit gleichzeitigen Ab- schnürungen der Haut auf- und abwärts rieselt, wenn man endlich die regelmässigen Abschnitte, aus denen der Körper besteht, und in denen sich zwei weisse Flecke, wie sie in vielen Systemen als Saugmündungen vorkommen, auf- und abwärts bewegen beobachtet, so dürfte wohl über die Aehn-
‚lichkeit mit andern thierischen Organismen und über die
thierische Natur dieser Gebilde kaum ein Zweifel sein. Dr. Hammerschmidt hält dafür, dass die von ihm aufge- stellte Gattung Bullulina und Rhizinia, so wie die von
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Leon Dufour aufgestellte Gattung @regarina, noch un- vollständige Thiere; und nur die niederern Entwickelungs- stufen der Clepsidrina , letzteres aber der vollkommene Eingeweidewurm sei, daher auf Beibehaltung des letzteren Namens um so mehr angetragen werden könne, als der- selbe für die eigenthümliche Bewegung im Innern ähnlich einer Sanduhr bezeichnender erscheint, als jener bloss von dem zufälligen gedrängten Zusammenleben der fast bewe- gungslosen Gregarina. Die Ursache, dass man diese We- sen bewegungslos findet, liegt darin, dass die Beobachter derlei mikroskopische Gegenstände bei der Untersuchung meistens mit Wasser benetzen, worin diese Thiere, so wie manche Spermatozoen fast augenblicklich sterben. Nur dann, wenn man den Darm aus dem Thiere herauspräparirt , und so die Darmhaut selbst der Untersuchung unterzieht , kann man diese Thiere, wie es im vorliegenden Falle von den Anwesenden beobachtet werden konnte, lebend und in Bewegung sehen, ein Umstand, auf den bereits in der Isis a. a. O. aufmerksam gemacht erlei
Hr Professor Schrötter theilte einige Beobachtungen mit, die er als Beiträge zur Kenntniss der verschiedenen Molecularzustände der Materie betrachtet zu wissen wünscht. Die eine derselben bezieht sich auf das Chromoxyd, welches man bisher nur in der unlöslichen Modification in der Natur gefunden hat, nähmlich im Chromeisenstein FeO, Cr,O,. Bei Untersuchung eines Bohnenerzes aus der Gegend von St. Stephan in Steiermark, fand Hr. Prof. Schrötter, dass dasselbe ausser 64,23 pCt. Eisenoxyd, 13,60 pCt. Kiesel- erde, 13,65 pCt. Wasser, 4,00 pCt. Thonerde ‚und etwas Phosphorsäure, Manganoxyd und schwefelsaure Kalkerde , 4,24 pCt. Chromoxyd enthält, welche sich vollständig lösten als das Mineral mit Salzsäure behandelt wurde. So wenig Interesse an sich ein solches Vorkommen zweier verschie- denen Modificationen eines Körpers hat, so scheint das- selbe doch in geologischer Hinsicht einige Aufmerksamkeit zu verdienen, weil gerade durch ein aufmerksames Studium dieser feineren Beziehungen, einige Aufklärung über die in der Natur Statt findenden Metamorhposen der unorga- ‚nischen Naturproduete Aufschluss erwartet werden darf.
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Hr. Prof., Schrötter knüpfte hieran einige Bemerkungen über die Trennung des Eisens vom Chrom, welche der Aehnlichkeit beider Substanzen wegen mit einiger Schwie- rigkeit verbunden ist. Das Verfahren, welches derselbe angibt, ist sehr einfach und gibt ganz genaue Resultate. Chromoxyd und Eisenoxyd werden nämlich zusammen mit Ammoniak gefällt, und nach dem Auswaschen in Salpeter- säure gelöst. Die salpetersaure Lösung wird in einer Pla- tinschale zur Trockenheit abgedampft, und dann unter Zu- satz von Salpeter bei schr geringer Wärme geschmolzen. Es findet hierbei wie bei dem gewöhnlichen Aufschliessen des Chromeisensteines mit Kali und Salpeter, die Bildung von chromsauren Kali Statt, nur mit dem Unterschiede, dass hier das Eisenoxyd rein und vollständig zurückbleibt, wäh- rend es in letzteren: Falle immer noch viel Chromoxyd zu- rückbehält.
Die zweite Mittheilung des Hrn. Prof. Schrötter betraf die arsenige Säure, welche wie bekannt amorph als glasige, durchsichtige Masse, und im krystallirsirten Zustande er- scheint, wo sie weisse, undurchsichtige dem. Tessularsy- steme angehörige Krystalle bildet. Es ist auch bekannt, dass die amorphe Modification durch längeres Liegen in die krystallisirte übergeht. In den chemischen Werken fin- det sich durchaus die Angabe, dass dieser Uebergang nicht Statt findet, oder doch wenigstens sehr verzögert wird, wenn man die Säure unter Wasser aufbewahrt. Hr. Prof. Schrötter machte indessen die Beobachtung, dass diese Angabe auf einer Täuschung beruhet, indem die Säure in diesem Falle zwar durchsichtig bleibt, aber dennoch witk- lich in den krystallisirten Zustand übergeht. Die Stücke, von welchen ein sehr ausgezeichnetes gezeigt wurde, sind oberflächlich mit einer dünnen, weissen Kruste bedeckt, und bestehen im Innern aus den schönsten octaedrischen, jedoch durchsichtigen Krystallen.
Zuletzt fügte Hr. Prof. Schrötter noch einige Be- trachtungen über die verschiedenen Zustände der Materie 5 und über die wahrscheinliche Ursache der obigen Erschei- nung bei.
Freunde der Naturwissenschaften in Wien. I. 6
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Hr.Dr.Botzenharttheilte die Beobachtung einer neuen Modification, der von Bergrati Haidinger entdeckten Erscheinung farbiger Lichtbüschel im polarisirten Lichte mit.
Lässt man linear polarisirtes Licht, durch senkrecht auf die Axe geschliffene Quarzplatten gehen, so werden die Lichtbüschel nicht bloss aus ihrer ursprünglichen Lage ab- gelenkt; sondern man sieht sie auch je nach der Dicke der Quarzplatte von den verschiedenen Farben des Spectrums.
Eine :/, W. Zoll dicke Platte zeigt gleichzeitig rothe, gelbe, grüne und blaue Büchsel, die in einem Puncte sich schneiden und mit der ursprünglichen Polarisationsrichtung verschiedene Winkel bilden. Bei diekern Platten, etwas über '/, W. Zoll, zeigten sich nur die rothen und grünen Büschel.
Nimmt man zwei gleich dieke Platten von :/, W. Zoll, wovon die eine rechts und die andere links drehend ist, und lässt man durch beide linear polarisirtes Licht gehen, so zeigen sich wieder die gelben und violeten Lichtbüschel in der ursprünglichen Polarisationsrichtung.
Diese Erscheinungen beobachtet man am besten mit- telst der dichroskopischen Loupe, wenn man zwischen die- selbe und das Auge die Quarzplatte hält, gegen eine weisse nicht spiegelnde stark beleuchtete Fläche hinsieht, und die beiden Bilder der Loupe abwechselnd fixirt.
Die Erklärung ohiger Erscheinungen ergibt sich aus der Einwirkung der Quarzplatten auf linear polarisirtes Licht, indem sie die Polarisationsebene drehen und zwar für die verschieden farbigen Strahlen des weissen Lichtes, um einen andern Winkel. Ist daher linear polarisirtes weisses Licht durch eine Quarzplatte gegangen, so tritt es als weisses Licht aus, dessen farbige Bestandtheile verschie- dene Polarisationsrichtungen haben, und das Auge ist im Stande, diese verschiedenen Polarisationsrichtungen geson- dert zu empfinden.
11. Versammlung, am 6. Juli.
Wiener Zeitung vom 1, August 1846.
Herr Dr. Richard Comfort versuchte nachfolgende systematische Vergleichung der Familie der Equidae:
Bekanntlich gehört die Familie der Hufer in die Classe der Säuger, in die Ordnung Pecus; diese haben folgende Unter- Abtheilungen: «) Wiederkäuer, a) mit Hörnern , b) mit Geweihen, ß) nicht wiederkäuend, c) die Hufer Das G@nu macht den Uebergang von a zu c.
Nach Hrn. Dr. Comfort's Combinations- System grup- piren sich die Equidae folgender Massen:
1) Das Pferd, 2) das mausfarbige wilde Pferd der Ta- tarei, 3) das Maulthier, 4) das Zebra, 5) das Kanree (das Pferd vom Himalaya), 6) das Quagga, 7) der Maulesel, 8) der Dsigettai (oder der wilde Esel Palästinas), 9) der Esel.
Hieran knüpfte Hr. Dr. Comfort nachfolgende Bemer- kungen:
1) Es fragt sich, sind die angeführten Gruppen Spe- cies oder Varietäten? dann welche ist die Urspecies, aus der sich die andern durch Combination und klimatische Ein- flüsse entwickelt haben ?
Aus eigener Anschauung des Kanree im Jardin des plantes zu Paris ist ihm wahrscheinlich, dass das Pferd, das Kanree und der Dsigettai die Urspecies sind, aus de- nen sich die übrigen Varietäten entwickelten ; wohl könnte vielleicht. das antidiluvianische Pferd (man fand das Ske- let nahe bei Quito) vielleicht die Urspecies sein; weitere Forschungen in den noch nicht bekannten Gegenden unse- res Planeten werden zeigen, welche die wahre Hypo- these sei.
Noch verdient bemerkt zu werden, dass die Pferde- köpfe (die Thessalier waren berühmte Pferdezüchter) aus der Blüthe griechischer Plastik hervorgegangen, an Schön- heit und Adel bei Weitem das arabische Pferd übertreffen.
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2) Das wilde Pferd verhält sich zum domestieirten, wie der Wolf zum Hunde. (Man sehe Cooper’s scharfsinnige Vergleichung des Wolfes, Hundes, des Schakals und Fuch- ses in seiner Preisschrift.)
3) Durch Domestieirung hat das Pferd gewonnen, der Esel verloren.
4) Als wesentlichen Eintheilungsgrund hatte Hr. Dr. Co m- fort auch hier Skeletbildung und als Form, die Haut- und Haarfarbe angenommen, und hofft in einer künftigen Forschung, über Pferderacen diese Grundsätze weiter auszu- führen.
5) Das Pferd (von der persichen Wurzel para, pera, fera , frei, Pferd) ist die vollkommenste dieser Varietäten.
Zur Vergleichung diene die beredte Schilderung dieses nützlichen Thieres im Buche Job. Es verbindet die Schnelligkeit des Zebras mit der Zugfähigkeit des Quagga, mit der Tragfähigkeit der Hemionen: es ist also zum Rei- ten, Tragen und Ziehen ganz geeignet und es ist ausge- zeichnet vor den andern Varietäten durch Muth, Kraft, Schnelligkeit, Grösse, Schönheit, Intelligenz und Willig- keit; sein Gebrauch aber, wo es von keiner der genannten Varietäten je übertroffen werden wird , oder von einem an- dern Genus selbst, ist der Cavallerie - Dienst.
6) Durch Kreuzung des Pferdes mit den andern Varie- täten werden die letzteren veredelt; jedoch auch hier zeigt sich der grössere Einfluss des Mutterthieres, wie es sich am Maulthiere ausweiset.
Am Cap der guten Hoffnung kreuzt man Zebras mit Quaggas; Capitän Smith machte Versuche mit Quaggas; die in Schotiland mit Pferden gekreuzt wurden, und diese Versuche fielen sehr befriedigend aus; das Kanree scheint eine natürliche Combination von Zebra und Quagga.
7) Es ist eine irrige Meinung, dass die Blendlinge der Hufer unfruchtbar seien, in der Tatarei befinden sich Her- den von Hemionen, die sich fortpflanzen.
Hr, Dr. S. Reissek sprach über die Zellnatur der Amylumkörner. Bekanntlich hat man dieselben bisher all- gemein als mehr oder weniger feste, hüllenlose Körperchen angesehen. Eine genauere Untersuchung des normalen Kornes
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und der Metamorphosen, welche dasselbe bei eintretender Pflanzen - Fäulniss so wie überhaupt nach längerem Liegen im Wasser darbietet, zeigen auf das Entschiedenste, dass man das Amylumkorn als eine besondere, wenig ausgebil- dete Zelle betrachten müsse. Die meisten Amylumkörner werden nämlich in Foge dieser Metamorphose durch Auflö- sung und Exosmose ihrer inneren und festeren Substanz hohl; die Höhlung füllt sich mit Wasser, und vergrössert sich zuletzt so bedeutend, dass vom ganzen Amylum- korne nur die äusserste Substanzschichte zurückbleibt. In- dem diese Schichte zugleich weicher und biegsamer wird, erhält das so veränderte Korn das Ansehen eines geschlos- senen Säckchens und stellt ia diesem Zustande eine deut- liche Zelle dar. Es finden sich übrigens bei gewissen Pflan- zen auch schon im Normalzustande Amylumkörner, welche sich als unzweifelhafte Zellen erkennen lassen. So in den Knollen der Orchideen. Hier differenzirt sich die äusserste Schichte des Kornes zur Membran, und das Innere wird gallerartig und bildet die Füllungsmasse.
Unter gewissen Verhältnissen, wo solch eine Amylum- zelle im Wasser durch längere Zeit liegt, kann man beob- achten, dass sich selbe um ein Mehr - oder Vielfaches ihres ursprünglichen Volumens vergrössere,
Als Resultat lässt sich demnach aussprechen, dass die Amylumkörner wenig ausgebildete Zellen sind, welche un- ter gewissen Verhältnissen in Folge einer besonderen Me- tamorphose ,„ die Zellnatur deutlich offenbaren. Betrachtet man die ganze Formreihe der uns bekannt gewordenen Amylumkörner der verschiedenen Pflanzen, so lassen sich vom einfachen, in seiner Substanz homogenen dichten Korne, bis zu jenem dessen äussere Substanz sich bereits zur Membram differenzirt, und so eine entschiedene Zelle gebildet worden ist, die Uebergangs-Formen nachweisen.
Herr Joh. Kudernatsch hielt einen Vortrag über das ehemalige, urweltliche Vorkommen von Seen in Ober- Steiermark , als Resultat seiner im J. 1843 hierüber sngestellten Forschungen. Nach ihm nahm der grossartigste dieser urweltlichen Seen, dessen ehemalige Existenz durch die geognostischen Verhältnisse über allen
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Zweifel erhoben wird, jenen noch jetzt auffallend becken- artig geformten Theil des obern Murthales ein, wo sich heut zu Tage die Städte Judenburg und Knittelfeld befin- den, und er glaubt den endlichen Abfluss dieses Sees einer gewaltsamen Katastrophe zuschreiben zu müssen. Der Grund des ganzen Beckens ist Granit mit allen jenen metamor- phischen Felsarten, die mit ihm gewöhnlich in Verbin- dung zu stehen pflegen, als: Gneiss, Glimmerschiefer und auch Hornblendeschiefer ; untergeordnet erscheint noch ein Kalkstein von zweifelhafter Formation. Alle diese Felsar- ten treten jedoch in dem Becken selbst nirgends auf, und dieses wird ganz von einer Braunkohlen-Formation ausge- füllt, welche Kudernatsch mit grösster Bestimmtheit in die mittlere Tertiär- Epoche setzen zu dürfen glaubt. Der Schieferthon enthält nämlich unmittelbar über den Kohlen Congerien und Paludinen, und namentlich die ersten bis- weilen in solcher Menge, dass sie dann einen aus lauter Muschelfragmenten bestehenden Kalk bilden; diess ist ins- besondre der Fall an der Einmündung der Ingering in das Becken und bei Fohnsdorf, An einigen Puncten fehlen die Mollusken, so bei Dietersdorf, aber dafür treten dort Ueber- reste aus dem Pflanzenreiche auf, unter denen Dicotyledo- nen vorherrschen; hin und wieder finden sich Coniferen- Reste, von Farren gar keine, von Sumpfpflanzen nur we- nig Spuren. Reste von Fischen sind selten, doch konnte Kudernatsch mehrere wohlerhaltene Wirbel derselben und einzelne Gräten sammeln. Die Kohle selbst zeigt bis- weilen ausgezeichnet die Holzstructur, und es deuten über- haupt alle Erscheinungen darauf hin, dass die Materialien zur Bildung des Kohlenflötzes herbeigeschwemmt wurden. Dass die ganze Bildung eine Süsswasserbildung sei, un- terliegt nicht dem mindesten Zweifel; dass die Ablagerung ruhig, ohne Störungen vor sich gegangen, ist eben so klar. So ist ja der Schieferthon selbst nichts anderes als ein ver- härteter, äusserst zarter Schlamm, der durch seinen Glim- merreidhihem hinlänglich seinen Udpramk aus den oberu Gebirgsgegenden beurkundet und in welchem man keine Spur von Geröllen oder sonstigen Merkmalen heftigerer Fluthen-wahrnimmt. Die Begrenzung des Sees findet er nun
aus der Verbreitung der erwähnten Ablagerungen und aus ‚der Oberflächen - Beschaffenheit dieses Theils des Murthales, da dasselbe seit jener Zeit keine wesentlichen Veränderun- gen erlitten hat. Der Damm, welcher die ungeheure Was- sermasse sperrte und jene Ablagerungen möglich machte, befand sich unterhalb St. Lorenzen, dort, wo die Mur in eine enge, beiderseits steile Schlucht eintritt; dort setzt nämlich ein schmaler Serpentinzug quer durch das Murthal, die beiderseitigen Uferfelsen sind eine und dieselbe , mine- ralogisch gar nicht zu unterscheidende, Felsart, und ihr Zusammenheng scheint nur durch die Mur unterbrochen. Das obere Ende des Sees ist bei Judenburg und bei Aller- heiligen an der Pöls zu suchen, so dass derselbe eine Länge von mehr als 6 Stunden und an seiner breitesten Stelle eine Breite von 2 Stunden besessen haben muss. Grös- sere Buchten befanden sich an der Ingering aufwärts und dann gegenüber von St. Lorenzen gegen Seckau zu. Wäre nun der Damm dieses Sees nicht durchbrochen worden , so hätte der letztere bis zur Höhe des Dammes ausgefüllt und so trocken gelegt werden müssen. Dass der Damm gewaltsam durchbrochen worden, folgert Kudernatsch aus dem Auftreten von Serpentinblöcken und Geröllen unterhalb des- selben, die, als die Trümmer jenes Dammes, das "Thal bis St. Stephan und weiter hinab ausfüllen , und er glaubt je- nes Ereigniss einer Spaltenbildung in Folge heftiger Erd- erschütterungen zuschreiben zu müssen, indem sich nicht läugnen lasse, dass auch Steiermark einst, in der Urzeit, heftigen Erderschütterungen ausgesetzt gewesen; dafür spricht das häufige Auftreten entschieden vulkanischerBildun- gen südlich und südöstlich von Gratz. Die Spuren dieses See- durchbruches finden sich auch in den gewaltigen Geröllablage- rungen abwärts bis Brück. Noch grossartiger jedoch als diese ist die Geröllablagerung des erwähnten Seebeckens selbst, welche die Braunkohlenformation bedeckt und in der Nähe von Judenburg eine Mächtigkeit von mindestens 60° hat. Die Gerölle sind da ohne alle Ordnung wild durcheinander ge- worfen, und beide Ströme, Mur und Pöls. haben sich tiefe Betten in diese Geröllmassen eingewühlt. Ihre Ablagerung musste zu einer Zeit erfolgen, wo die Mur sich noch unge-
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hindert ausbreiten konnte, wo also ihr Bett noch sehr seicht, oder gar der See noch nicht vorhanden war, und es fällt also die Periode dieser Anschwemmungen in die Nähe jener des Seedurchbruches, das ist, gegen Ende der Tertiär- Epoche. An diese Betrachtungen knüpft Kuder- natsch die Folgerung, dass diese so grossartige Geröllab- lagerung theils die Folge von ähnlichen Seedurchbrüchen , wie der oben geschilderte, sei, indem er die Spuren ehemali- ger Seen von St. Peter bis Unzmarkt und im Becken der Stadt Pöls findet; theils schreibt er sie Aufstauungen und verheerenden Durchbrüchen jener zwei Ströme in Folge grosser Felsenstürze an engen Thalstellen, ein nicht un- sewöhnliches Ereigniss in Gegenden, wo Erderschütterun- gen häufig sind, oder in Folge von Erdschlüpfen zu. Die zahlreichen Trümmerhalden in den obern Stromgebiethen der Mur und Pöls bestätigen diess, und aus der mineralogischen Beschaffenheit derselben erkennt man sogleich, dass man sich hier an der Quelle jener Geröllfluthen befinde. Kudernatsch machte hierauf aufmerksam , wie das Feeberger Thal bei Judenburg, welches dem obern Murthale fast direct entgegenläuft, vermög dieser Lage sehr: bald durch die Mur ausgefüllt werden musste, indem sich die herabgeschwemmten Materialien dort rubig ablagern konnten: daher finden wir auch dort ein Kohlenflötz , wel- ches eine Mulde ausfüllt, abgelagert. Nach der ausführli- cheren Schilderung dieser Erscheinung ging er zur Betrach- iung anderer urweltlichen Seen über, deren einstiges Da- sein durch ganz analoge Thatsachen bestätiget wird: Das Ennsthal, von Krumau unterhalb Admont an, bis weit auf- wärts war ein langer See; noch jetzt ist der Boden des- selben ein Torflager und zahlreiche Sümpfe bilden die Reste des alten Sees. Ein zweiter See befand sich in dem Seitenthale des „‚Palten Baches‘ von Rottenmann an bis Gaishorn, wo wir den „Gaishern See‘ als letztes Merkmal der alten Wassermasse antreffen. Weiter abwärts im Enns- thale findet man die unzweifelhaftesten Spuren eines urwelt- lichen Sees im sogenannten „‚Landl‘ unterhalb Hieflau; wir finden dieselben endlich auch im Mürzthale. von Wartberg
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bis oberhalb Krieglach, und im „‚Seebach Thale‘ bei Thur- nau in der Nähe von Afflenz.
Nachdem Kudernatsch endlich auch darauf hinge- wiesen, wie viele noch vorhandene Seen ehedem weit aus- gedehnter gewesen und nun ihrer endlichen Ausfüllung ent- gegenschreiten, z. B. der Leopoldsteiner See bei Eisenerz , der Neusiedlersee etc. , schloss er mit der Betrachtung, dass wohl ein grosser Theil aller Gebirgsthäler anfänglich aus einer Reihe von Becken bestanden habe und dass erst durch die Ausfüllung der dadurch entstandenen Seen, das heutige mit successiver Niveauveränderung fortlaufende Thal gebildet worden sei.
Hr. Dr. v. Ferstl berichtete über das Vorkommen des Coral rag in Oesterreich. Derselbe bildet eine oft unterbro- chene Hügelreihe, welche bei Ernstbrunn beginnend sich bis in die Gegend von Przemisl in Galizien ausdehnt. Sein Gestein bildet ein graulich gelber Kalk von bald dichtem, bald oolithischem, bald sandigem oft auch breceinartigem Gefüge; häufig erhält er auch durch die Theilungsflächen der eingeschlossenen Krinoidenstielglieder ein krystallini- sches Ansehen. Tragos Patella Goldf.; Lithodendron sp.®; Apiocrinites mespilifornis Goldf.; Cidariles glanduliferus Goldf.; Terebratula lacunosa Bronn; T. alata Brongn.; T. perovalis Brongn.; Diceras arielina Lmk. Pterocera Oceuni Brongn. und verschiedene Nerineen bilden seine wichtigsten Versteinerungen.
Hr. General-Probirer, A. Löwe, theilte ein Schreiben des k. k. Bergraths Haidinger aus Gratz vom 3. Juli d. J. mit, worin derselbe die Beobachtungen während des ver- heerenden Hagelsturwes am 1. Juli beschreibt, der sich über Gratz und seine nächste Umgebung verbreitet hatte.
„Kaum waren wir vorgestern am 1. Juli in Gratz einge- troffen, und beiunserem ersten Besuche bei Hrn. Prof. Unger, als sich ein bedeutender Hagelsturm zwischen */, und °®/, auf 5Uhr über die üppigen Gründe der nächsten Umgegend ergoss. ‘Abgesehen von dem vielfachen Schaden, den er anrichtete ‚zu bedauerlich, um nicht hier erwähnt zu wer- den, bot er doch Einiges, in wissenschaftlicher Beziehung Bemerkenswerthes, das ich hier alsogleich mittheilen zu
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müssen glaube. Zuerst dieForm und Grösse der Hagelkörner. Ich massmehrere, die zwei Zoll im Durchmesser hatten. Herr Prof. Unger wog zwölf der grösseren, die zusammen ein Gewicht von 11 Loth hatten. Viele waren etwas flach und mit zapfenförmigen Erhabenheiten bedeckt, ähnlich den Zeichnungen in einem früheren Hefte Poggendorffs, nach v. Humboldt, Nöggerrath u. A. Einige, die Hr. v. Hauer aufsammelte, waren aber darunter voll- kommen kugelrund. Die oberste Schicht war an allen klares Eis, besonders bei den kugelförmigen deutlich im Querschnitte aus einzelnen fest aneinanderschliessenden Eisprismen bestehend. Im Innern erhielten fast alle eine weisse Ku gel mit undurchsichtiger Oberfläche, einige zwei oder drei solche undurchsichtige concentrische Streifen, wenn man sie flach niederschliff. Mit der dichroskopischen Loupe gegen spiegelnde Fenstertafeln,, im polarisirten Lichte untersucht, zeigten die abwechselnd grünen und rothen Far- ben der Ringe sehr schön die strahlige Zusammensetzung von Individuen, die auf der Oberfläche senkrecht standen. Offenbar ist die klare Eisrinde durch Niederschlag an der Oberfläche der sehr kalten inneren Kugel gebildet, diese aber selbst durch schnelle Erkaltung in einem trockenen Raume erstarrt, so dass sich Krystallspitzen bildeten. Die Zustände der Bildung haben also allerdings abgewech- selt, so wie es die bekannte Volta’sche Theorie erfor- dern würde. Aber es scheint nach der Schnelligkeit des Vorgangs, und insbesondere der gleichzeitigen gewaltthäti-- gen Entwickelung des Sturmes, der in wirbelnden Rich- tungen eintritt, wenn er auch einen Hanptstrich verfolgt, vielleicht ganz der Natur entsprechend, anzunehmen, dass der Hagel durch eine Art Wind- oder Wasserhose hervorgebracht werde, die von den tiefen Wolken, selbst noch tiefer ausgehend, eine solche Höhe erreicht, dass die hinaufgerissenen Tropfen und Wassertheile durch ihre nie- drige Temperatur augenblicklich nicht nur zu Eis frieren, sondern dass dieses Eis so sehr erkaltet wird, dass es sich in den tiefen feuchten Wolken schnell mit einer neuen, und zwar durchsichtigen Eiskruste zu überziehen vermag. Man- che Tropfen und Körner mögen öfters wieder in den auf-
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wärts gerichteten Wirbel fallen und dadurch vergrössert , aus abwechseinden, mehr oder weniger durchsichtigen Schichten bestehen. Die Art des Herabfallens stimmt gut mit diesem Vorgang. Erst waren vorgestern einige Schlos- sen herabgestreut. Etwa eine Minute verging ohne Schlos- sen, dann kam der Hauptschauer. Man sah vorher einige Blitze und hörte entfernten Donner. Während des Schauers und nachdem er vorübergezogen, dauerte ein beständiges Dröhnen, ähnlich dem Gerassel eines Eisenbahnzuges fort. Der Sturm hatte Bäume zerspalten oder eniwurzelt, Dächer abgedeckt u. s. w., besonders fiel es auf, dass die zahlrei- chen Gewitterableiter an mehreren Häusern stark gelitten hatten, herausgerissen, oder geneigt worden waren. Be- sonders verfolgte der Sturm und Schauer die linke Seite des Thales , Mariatrost, St. Peter; die Gegend von Eggenberg litt nicht. In der Gegend von Feistritz und Peggau, nörd- lich von Gratz war Sturm aber kein Hagel. Herr Prof. Göth hat es unternommen, die Ausdehnung und Intensität der Wirkung durch eigens vorzunehmende Nachforschungen genau sicher zu stellen.‘
12. Versammlung, am 13. Juli.
Wiener Zeitung vom 26. Juli 1846.
Herr J. C2jzek besprach die Ablagerungen des bit u- minösen Holzes im südlichen Theile des Wiener Beckens.
Es ist bekannt, dass zwischen Wien, Gloggnitz und Bruck an der Leitha eine Vertiefung, ein mit tertiären Ge- bilden ausgefülltes Becken ist, welches sekundäre und me- tamorphische Gesteine an der Ost- und Westseite ein- schliessen, und den Grund desselben bilden. In diesem Theile des Wiener Beckens wird zweierlei Braunkohle gefunden.
Die ältere oder eigentliche Braunkohle, an welcher eine Holz - Textur zuweilen gar nicht wahrnehmbar ist, hat eine dunkelbraune fast schwarze Farbe, einen dunkelhrau- nen Strich und oft starken Pechglanz.
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Man fand. sie bisker nur in den Seitenthälern dieses Beckens, und meist auf höheren Puncten in wenig ausge- breiteten Flötzen entweder unmittelbar auf dem Grundge- steine, einen etwas talkhältigen Glimmerschiefer, oder doch nicht entfernt darüber abgelagert, so dass das Liegende in letzterem Falle augenscheinlich nur ein aus diesem Grund- gesteine selbst entstandener und mit wenigen ganz schwa- chen Thonlagen abwechselnder Sand ist. Ueber der Kohle findet sich dann Sand, Geröllschichten, die theilweise fest zusammengebacken sind, und darüber blauer Tegel abge- lagert. Diese Verhältnisse sieht man in Schauerleithen, Klingenfurth, Leiding, Thomasberg, etc.
Jünger ist die Ablagerung der Lignite. Herr J. Czjzek zeigte eine Karte des südlichen Theiles des Wiener Beckens von Wien südlich bis Gloggnitz und östlich bis über den Neusiedler See, worauf mit schwarzer Farbe die Ablagerungen der Lignitflötze ersichtlich gemacht waren.
Diese Lignite haben vollständige Holz - Textur, braune bis lichtgelbe Farbe mit einem glänzenden Striche. Sie fin- den sich in sehr verschiedener Mächtigkeit, von einigen Zollen bis zu 4 und 5 Klafter Höhe abgelagert. Wo aber die Mächtigkeit gross ist, da bilden die Lagen dieser Kohle gleichsam mehrere Flötze übereinander, welche durch schwache Thonlagen getrennt sind. — Schwefelkiese und Gyps in einzelnen Krystallen und in rosenähnlichen Anhäu- fungen, sind fast durchgehends die Begleiter dieser Koh- lenflötze, was bei der älteren Kohle weniger der Fall ist.
Die Ablagerung dieser Kohle ist nicht fortlaufend, son- dern sie bildet nur abgerissene, nicht zusammenhängende Partien in den Buchten und in den vor Strömungen mehr gesicherten Orten des alten Wasserbeckens. Nur in den Niederungen , welche sich zwischen dem Leitha- und Ro- saliengebirge hinziehen , bildet sie eine Reihe fast zusam- menhängender Flötze.
Diese Lignitflötze liegen durchaus über der mächtigen Tegellage des Wiener Beckens, und selbst der Sand, der bekanntlich über dem Tegel liegt, findet sich häufig darun- ter. Die Lignitflötze sind demnach jüngere Gebilde, als
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der eigentliche Tegel. Da aber, wo ein blauer Thon über den Lignitflötzen liegt, ist er eine neuere Bildung aus der Zerstörung der tieferen und älteren Tertiärgebilde, aus den Miocen-Schichten des Wiener Beckens.
Man wird also im eigentlichen blauen Tegel hier nie Lignitflötze finden, wo sie doch so oft vergebens gesucht werden.
Die Muschel Dreissena oder Congeria subglobosa , welche bekanntlich in den oberen Lagen unseres Tesgels vorkommt, ist nur unter den Lignitflötzen in diesem "Theile des Beckens gefunden worden.
Das von allen Seiten durch Höhen abgeschlossene Drei- eck zwischen Wien, Bruck und Gloggnitz musste vor dem Durchbruche des Leithaflusses bei Bruck, der Fischa bei Fischamend, und der Schwechat bei Schwechat, einen Ab- fluss gegen den Neusiedler See gehabt haben, und in die Zeit vor den Durchbruch muss wohl die Ablagerung dieser Lignitflötze gesetzt werden.
Der Boden dieses Dreieckes hebt sich aus der Neu- städter Ebene allmälig fast unmerklich bei 200 Fuss zu je- ner Linie, welche vom Rosaliengebirge gegen das Leitha- gebirge zuläuft, und hier die Wasserscheide bildet. Von dieser Höhe an zeigen sich starke Einfurchungen gegen den Neusiedler See, wohin auch alle Wässer von dieser Linie östlich ablaufen.
Diese Einfurchungen sind unzweifelhaft durch die da- hin ablaufenden und tiefer abfallenden Wässer aus dem Wiener Becken entstanden; es musste daher auch der Zug
(der Wässer dahin gehen, und die aus den umliegenden Ge-
birgen herabgeschwemmten Treibhölzer mussten ebenfalls dem Zuge der Wässer folgen. Allmälig senkten sich aber die vom Wasser durchdrungenen Hölzer und fielen iu den ruhigeren, von der Strömung nicht erfassten Puncten zu Boden.
Auf kurze Perioden von grösserer Ruhe, in welcher sich die Trübe der Wässer als Schlamm , nun als eine Thon- Zwischenlage der Flötze absetzte, folgten wieder neuere heftigere Strömungen, die neue Treibhölzer brachten, auf dieselben ruhigeren Puncte wie früher ablagerten, und so
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theilweise mächtige Flötze erzeugten, bis eine andere Reihe der Ueberlagerungen folgte, welche unsere gegenwärtige Oberfläche bildeten, und meist aus Sand, Gerölle und Löss bestehen. — Der stark aufgeweichte Zustand der Hölzer, der sich wohl schon der Auflösung genähert haben möchte, ist aus der Lage der sehr zusammengedrückten Jahrringe leicht wahrzunehmen.
Nirgends hat man Anzeichen , dass an denselben Orten, wo man nun die Lignitflötze findet, auch diese Hölzer ge- wachsen sind. Es sind daher keine niedergelegten Wälder. Die leicht erkennbaren Wurzelstöcke, welche gewöhnlich mehr Harz enthalten, als die Stämme, sind abgerundet, und es scheint die Zerstörung, welche die Hölzer von ihrem Standorte losriss auf grössere Flächen gewirkt zu haben, denn fast jedes der mächtigeren Lignitflötze hat einzelne, meist höhere Lagen, worin diese Wurzelstöcke vorzüglich häufig zu finden sind.
Die Blätterabdrücke, welche man meistens an der Ober- fläche der Flötze findet, deuten auf harte Hölzer (Dicolyle- donen). Nach näherer Bestimmung der Arten dieser Hölzer wird das Weitere hierüber berichtet werden.
Hr. V.Streffleur, k.k. Hauptmann, nahm Gelegen- heit, seine Ansichten über die Ursachen der sogenannten Fluss - und Meeresdurchbrüche mitzutheilen. Bis jetzt wurde meist die Erklärung gegeben, dass vulkanische Er- schütterungen und Berstungen der Dämme, den Durchbruch der urweltlichen Seen und Meere veranlasst haben. Streff- leur stellt zwar die Möglichkeit solcher Ereignisse nicht in Abrede, glaubt aber doch aus seinen Untersuchungen schlies- sen zu müssen, dass alle von den Geologen geglaubten grossen Durchbrüche, z. B. jener der Aluta, die an den Meerengen von Gibraltar, Constantinopel, Calais ete. durch- aus nicht gewaltsam geschehen seien. Bei jedem Phä- nomen sind zwei Umstände zu berücksichtigen: 1) Wie kann die Erscheinung, local an und für sich erklärt wer- den? 2) Welchen Zusammenhang zeigen entfernte ähnli- che Erscheinungen?
Um local einen Durchbruch zu erklären , lassen sich ausser den vulkanischen Wirkungen noch mehrfache andere
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Entstehungsweisen angeben. Ein Meeresstrom z. B. dringt durch die Meerenge von Otranto aufwärts in das adriatische Meer. Ueber der Verengung breitet er sich aus und bil- det in einer gewissen Entfernung eine Ablagerung, wo- durch auf dem Meeresgrunde nördlich der Meerenge eine Art Becken entsteht. Senkt sich nun das adriatische Meer bis an den Rand dieser Ablagerung, so würde der Mee- resstrom zwar noch durch die Strasse von Otranto eindrin- gen, an der Ablagerung abgewiesen aber wieder rück- kehren. Nach gäuzlicher Trockenlegung endlich würde sich aus dem ganzen Becken ein Flussgebiet formiren, der Fluss würde rücklaufend (wie die Aluta durch den Rothenthurm- pass) durch die Meerenge dem sich senkenden Meere nach- ziehen, und das Süsswasser, an niedern Hügeln entsprin- gend, würde scheinbar eine mächtige hohe Gebirgsspalte durchbrechen, die sich weder durch den Süsswasserfluss noch durch vulkanische Berstungen gebildet hat. Streff- leur führte ausser dieser Erklärung beispielsweise noch vier andere an. — Vergleicht man ferner die Lage der Hauptdurchbrüche auf den Continenten, so wird wohl kein Plutonist mit dem maass-, zeit- und ortlos angenommenen vulkanischenKräften im Stande sein, die Ursachen des Zu- sammenhanges dieser Erscheinungen nachzuweisen; doch aber lassen sich Ursachen hierauf auffinden, wenn man den Einfluss der Rotation bei der Bildung der Erdoberfläche be- rücksiehtiget. Die Rotation hat das Seewasser stets nach bestimmten Richtungen in Ströme gezogen, und wurden ir- gendwo, in Folge veränderter Stromrichtungen, ältere See- dämme allmälig durchnagt, so müssen sich diese Durch- bruchssteilen in linearen Richtungen zeigen , es muss nach den alten Dammlinien immer ein Gebirgsstock mit einem Wasserdurchbruche wechseln; in der Richtung der neuen Stromlinien hingegen muss nach jedem Gebirgsdurehbruche eine beckenartige Erweiterung liegen u. s. w., lauter Er- scheinungen, die, wie Streffleur sie auf denKarten ge- zeichnet nachwies, wirklich mit dem Relief der Erdoberflä- che übereintreffen.
Hr. Dr. Moriz Hörnes zeigte mehrere schöne Kry- stalle des Struvit vor, welche das k. k. Hof- Mineralien-
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Cabinet kürzlich erhalten hatte. Die Krystalle gehören nach Marx Untersuchungen in das orthotype Kıystallsystem. Die vorgewiesenen Krystalle bestanden aus folgenden Ge- stalten: einer horizontalen Endfläche, einem horizontalen Prisma, einem verticalen Prisma, und einem horizontalen Prisma von unendlich grosser Axe zur grössern Diagonale gehörig. Die Theilbarkeit ist parallel der Endfläche, wenig vollkommen. Die Oberfläche der horizontalen und vertica- len Prismen glatt und glänzend; die der übrigen Flächen rauh, löcherig und zerfressen. Die Farbe ist gelblich.
Wenn die färbenden Theile unregelmässig in den Kry- stallen vertheilt sind, dann sehen sie grau, graulichbraun und braun aus, von mehr oder minder fleckigem Ansehen, und sind dann gewöhnlich auch undurchsichtig. Härte 2.0, eigenthümliches Gewicht 1.75. Die Krystalle bestehen nach Ulex aus phosphorsaurer Ammoniak-Talkerde und kamen in einem sogenannten Hasenmoore vor, einer offenen Kloake, die aber im Jahre 1827 mit dem Bauschutt einiger abgetra- genen Bastionen Hamburgs verschüttet wurde. Im verflos- senen Herbste wurden diese Krystalle zu Tage gefördert, bei Gelegenheit der Austiefung des Grundes, auf dem die Nicolaikirche stehen soll, denn da wurde eine moderartlige Erde ausgegraben, die beim auffallenden Sonnenscheine glänzende Stellen zeigte, welche die Arbeiter für Glasstück- chen hielten. Ein glücklicher Zufall führte die Herren Doc- toren Rothenburg und Steetz auf den Bauplatz, wel- che die vermeintlichen Glasscherben als Krystalle erkann- ten, und sie Herrn G. L. Ulex,- Apotheker in HABE zur Untersuchung übergaben.
Dieser analysirte dieselben, erklärte sie für eine neue Mineral-Species, und nannte sie zu Ehren Sr. Excellenz des russisch-kaiserl. Ministers Hrn. von Struve, der sich in na- turwissenschaftlicher Beziehung um Hamburg so grosse Ver- dienste erworben hat, Struvit. Bald nachdem Hr. Ulex eine vorläufige Anzeige von diesen Krystallen in dem Hambur- ger Correspondenten gemacht hatte, welche fast in alle Zeitungen überging, entstand eine heftige Controverse: indem mehrere Mineralogen uod Chemiker nachwiesen, dass erstens dieses Salz den Chemikern, ja selbst krystal-
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lisirt, längst bekannt, daher nicht neu sei, ferner dass dieses Salz sich in den Excrementen der Menschen gebil- det vorfände, und daher kein Mineral zu nennen sei. Da an dieser Controverse mehrere der ersten Autoritäten in der Mineralogie und Chemie als: Weiss, Rose, Haus- mann, Berzelius, Liebig, Wöhler, Theil nahmen, so erregten die Krystalle in der mineralogischen Welt ein allgemeines Interesse. Die Mineralogen theilten sich nun in zwei Parteien, von denen die eine, an deren Spitze Weiss undHausmann stehen, behauptet, dass der Struvit als Mi- neral in das System aufgenommen werden müsse, wäh- rend die andere, welche Gustav Rose vertritt, dieses Salz mit den übrigen sogenannten künstlichen Salzen der Chemie zuweist.
Hr. Dr. Hörnes führte nun mehrere Stellen aus der Na- turgeschichte des Mineralreiches von Mohs an, aus wel- chen deutlich hervorgeht, dass diese Naturproducte als an- organische Naturproducte erklärt werden müssen und daher auch Gegenstände derMineralogie (.d. i. der Naturgeschichte der anorganischen Naturproducte) seien; dass aber, im Falle dieses Salz in das Mineral- System aufgenommen wird, auch alle übrigen sogenannten künstlichen Salze in das System aufgenommen werden müssen.
Schliesslich deutete derselbe. auf die fruchtbaren Re- sultate hin, die aus den genauen krystallographischen und optischen Untersuchungen, der sogenannten künstlichen Kry- stalle, welche zum Behufe der Aufnahme in das System an- gestellt werden müssen, in Betreff der Frage, in welcher Beziehung die Form zur Materie stehen kann, welchen Ein- fluss die Imponderabilien auf die Krystallbildung haben dürf- ten, hervorgehen werden.
Hr. Dr. Botzenhart suchte aus den bisherigen Beob- achtungen der Eiskrystallisation, dieGrundgestalt der Krystallreihe des Eises abzuleiten.
Die Beobachtungen von Smithson, Hericart de Thury, Clarke, Breithaupt, Hessel und Anderer lehren, dass das Krystall-System des Eises das rhomboe-
drische sei. Hiermit stimmt auch Brewster’s optische Un- Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I, 7
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tersuchung überein, nach welcher das Eis nur eine Axe doppelter Strahlenbrechung besitzt.
Ueber das Krystall-System hinaus, geben uns die Be- obachtungen der einzelnen vorkommenden Gestalten keine vollkommen sichere Basis zur Bestimmung der Grundge- stalt. So beobachtete Smithson eine gleichkantige sechs- seitige Pyramide, deren Kante an der Basis = 80° ist, ohne anzugeben, wie dieser Winkel gemessen wurde; Hr. Clarke beobachtete ein Rhomboeder, dessen Axenkante = 120° mittelst des Anlegegoniometers gefunden wurde. - Diese zwei Winkelangaben lassen sich nicht gut in eine Krystallreihe vereinigen, und sind wahrscheinlich etwas fehlerhaft.
Unter diesen Umständen müssen wir uns zur Ausmit- telung der Abmessungen der Grundgestalt um andere Daten umsehen, welche die regelmässigen Zusammensetzungen, die wir am Schnee beobachten, liefern können. Nehmen wir von diesen Zusammensetzungen die einfachsten und am häufigsten vorkommenden, nämlich die sechsstrahligen Sterne, so können wir sie als Drillinge ansehen, deren Zusammensetzungsfläche die Fläche einer gleichkantigen sechsseitigen Pyramide ist, deren Winkel an der Basis = 120° sein muss. Geht man von dieser Gestalt aus, und be- trachtet man sie als P + 2, so ergibt die Rechnung für P + 1 den Winkel an der Basis = 81° 47° und für R den Winkel der Axenkante = 117° 23' 13”, welche Winkel den obigen beobachteten ziemlich nahe kommen.
Es folgt daher aus dieser Annahme in naher Ueberein- stimmung, mit der bisherigen Erfahrung für die Abmessungen der Grundgestalt: R = 117° 23° 13” und a = V1.2656.
Hr. Dr. Richard Comfort sprach über Pferderacen. Will man sich über diesen Gegenstand belehren, und durch- blättert man die Veterinärbücher, so wird es klar, dass die Philosophie dort noch nicht aufgeräumt hat, so verworren und widersprechend sind die Beschreibungen.
Hr. Dr. Comfort unterscheidet die Racen des Alter- thums von jenen der neuern Zeit, und versuchte sie nach sei- nem Combinations-Systeme folgender Massen einzutheilen:
Unter die Pferderacen des Alterthums gehören:
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I. 1) Das gothische Pferd. Auch in Deutschland z0g man das grosse, starke Pferd, welches anologe Verhältnisse zu denen der alten Germanen, dem schönsten und grössten Men- schenschlage, ausweiset; als Abart kann das neuere nor- wegische kleine Pferd gelten, welches wie das Hochwild Hecken durchbricht. 2) Das celtische Pferd, und zwar das hispanische, das gallische, das römische (die Römer, sonst tüchtige Ackerbauer, betrieben mit nicht besonderem Glücke Pferdezucht); endlich das britannische , welches ‚ wenn nicht Original, aus Spanien herüberkam. 3) Das hisäische Pferd. In Medien und Persien waren die grössten Gestüte des Alterthums, und viel spricht dafür, dass Iran das ge- meinschaftliche ursprüngliche Vaterland des Menschen und des Pferdes war.
II. 4) Das numidische Pferd. 5) Das arabische, nach der Sage aus dem Marstalle Salomon’s, des Augustus Israels. 6) Das ägyptische, vorzüglich vor den Kriegs- wagen im Gebrauch.
111. 7) Das thessalische Pferd. Statuen von Pferden, aus der Blüthe der griechischen Kunstperiode, lassen Alles weit zurück, was wir von Schönheit und Adel des Pferdes kennen. 8) Das thraeische Pferd. Thracien war das erste Land, welches die asiatischen Pelasger auf ihrem Zuge berührten. 9) Das scythische Pferd.
Zu den Pferderacen der neuern Zeit rechnet Hr. Dr. Comfort:
I. Das grosse Pferd. 1) Das flandrische mit seinen Unter- Abtheilungen: das normanische, holländische, dä- nische, nord- und süddeutsche 2) Das englische (car- riage horse, racer, hunler). Das nord-amerikanische ist kleiner, hat schönere Formen und ist der beste Traber (Kentucky). — In England allein kann man sagen, dass das Pferd verbessert und veredelt wurde; unter Wilhelm dem Eroberer durch spanische Hengste; unter den Kreuz- zügen durch Orientalen; unter Elisabeth durch echte Ara- ber; Pflege, Klima, Einrichtungen (Wettrennen), oft Ge- setze, z. B. dasjenige: schlechte Pferde zu tödten. trugen in diesem Lande dazu bei um einen guten originalen Pferd-
schlag zu der Höhe des englischen Vollblutpferdes zu brin- 7; +
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gen. 3) Das persische (das kleinasiatische , türkische ge- hört hierher).
11. Das edle Pferd. 4) Das spanische, als Uebergangs- Combination zum Grossen; hierber das neapolitanische, süd- amerikanische, portugiesische, der Limousiner, das Sieben- bürger. 5) Der Araber mit seinen drei Unterabtheilungen ; die Charakteristik wäre folgende: Grösse zwischen 15 und 16 Faust; Knochen krystallinisch, elfenbeinartig; specifisch schwer; Haut und Haare fein, nicht schwitzend; blutiger Kopf; vollendete Proportion; willig, intelligent, dem Men- schen befreundet; für die Wüste besonders brauchbar (stahl- harter Huf) man könnte es auch das schöne Pferd heissen. 6) Der Barbe (hierzu das Nubische , Aegyptische.)
II. Das halbwilde Pferd. 7) Das tserkesische. Da der eigentliche Gebrauch des Pferdes der Cavalleriedienst ist (denn jeder andern Anforderung kann durch die andern Varietäten entsprochen werden), so ist ehne Zweifel in An- betracht der unglaublichen Leistungen dieser Race vor jeder andern der Vorzug zu geben und es als das vollkommenste zu erklären. S) Das russische mit seinen Unterracen, als: das ukrainische, das polnische, ungarische (in Schottland verbesserte man einst die Pferdezucht durch ungarische Hengste) , der Moldauer, Wallachische. 9) Das tatarische mit seinen Unterracen.
Hieran knüpfte Hr. Dr. Comfort nachfolgende Bemer- kungen:
1) Es scheint dass anstatt der gepriesenen Pferdevered- lung vielmehr ein Rückschritt eingetreten sei; Ursache da- von dürfte der Hufbeschlag, veränderte klimatische Ver- hältnisse,, irrationale Pferdezucht und Kreuzung sein,
2) Die Basis der Pferdeveredlung ist Pferdeverbesserung.
3) Die klimatischen Verhältnisse, Nahrung, Wartung, Pflege wirken oft besser ein, als die sinnreichsten Kreu- zungen.
4) Die Grösse des deutschen Pferdes ist eben so noth- wendig, als der Adel des Orientalen zur Vervollkommnung der Nachkommenschaft.
5) Die halb wilden Pferde haben aber den Vortheil, dass sie nicht zärtlich und Krankheiten weniger unterworfen sind.
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6) Mit dem Pferde sind die grössten Eroberungen ge- macht worden (Tataren, Araber, Ungarn), daher wird es begreiflich warum der Orientale, selbst durch den Koran ermuntert, solch hohen Werth auf dasselbe legt.
7) Das Pferd lebt in der gemässigten Zone; im hohen Norden, wie am Aequator verkümmert es (das shetländi- sche, chinesische und jenes von Guinea), und dieses her- abgekommene Pferd kann eben so wenig eine Race ma- chen, als andere Monstrositäter dazu gezählt werden können.
8) Wenn von dem fossilen bei Quito aufgefundenen Pferd-Skelete ein Schluss erlaubt ist, so wäre zu folgern, dass das antideluvianische Pferd ein bei weitem vollkomme- neres Thier gewesen ist, als das des Alierthums und der neuern Zeit.
9) Das mausfarbene wilde Pferd der Tatarei ist in seinem Exterieur so abspringend vom eigentlichen Pferd- Typus, dass wir es nur als Varietät gelten lassen müssen-
Als Nachtrag zu seinem Vortrage über Menschenracen am 22. Juni fügte Hr. Dr. Comfort noch folgende Bemer- kungen hinzu:
1) In der Plastik und Architektonik der Schädelform , wo von Länge, Breite und Tiefe gesprochen wird, dient zur Versinnlichung der Verhältnisse unter diesen drei Di- mensionen ein Dreieck, dessen Eine Seite vom Stirnbein zum Kinn, die andere Seite von der Stirn zur Scheitelhöhe, und die dritte vom Kinn zur Scheitelhöhe gezogen ist.
2) Tritt in die Combination der weissen und schwarzen Race der Indianer ein, so wird die Vervollkommnung des Mulaten zum Weissen schon in der vierten oder fünften Generation bewirkt.
3) Den erstaunlichen Einfluss des Klimas sehen wir an den Colchiern, von denen Herodot behauptet, dass sie einst schwarz waren und durch das kalte Klima in einigen hundert Jahren weiss wurden.
4) Die Kraft der Combination zeigt sich an den Chine- sen, die zur Zeit der Araber eine schöne Nation waren, und durch Vermischung von Mongolen die heutige Ge-
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sichts - und Schädelbildung erhielten. Hingegen haben aber tatarısche Völker in andern Ländern sich wieder ver- bessert. s
13. Versammlung , am 20. Juli. Wiener Zeilung vom 12. August 1846.
Herr Johann Kudernatsch hielt einen Vortrag über die Bestimmung des Kohlengehaltes im Roheisen. Um die von Regnault angegebene, von Bromeis sehr empfohlene Methode, mittelst eines Ge- menges von chromsaurem Bleyoxyd und chlorsaurem Kali den Kohlengehalt des Eisens zu bestimmen, zu prüfen, unternahm er in Gemeinschaft mit Herrn Hummel im Laboratorium des Herrn A. Löwe die Untersuchung meh- rerer Kärthnerischer Roheisensorten. Sie suchten dabei den Kohlengehalt nach verschiedenen Methoden zu bestimmen. Insbesondere wurden sie hierzu noch veranlasst, durch einen in Erdmann’s und Marchand’s Journ. f. p. Ch. 31. Bd. S. 274 u. f. 1844 enthaltenen Artikel, in welchem die Verfasser unter Anderem auf den Umstand aufmerksam machen, dass beim Glühen von chromsaurem Bleyoxyd mit chlorsaurem Kali nebst dem Sauerstoff auch Chlor sich ent- wickle und so die Kohlensäurebestimmung, unrichtig mache. Sie versuchten es demnach bei einem tank demselben Rohei- sen, diese Bestimmung einmal nach Regnault, dann mit chromsaurem Bleyoxyd allein, und endlich mit Kupferoxyd zu machen. Das Roheisen war von der Lölling in Kärthen und so hart, dass die besten Englichen Feilen gar nicht angriffen. Sie erhielten jedoch, indem sie die Roheisen- stücke zuerst auf einem Ambos zu einem mässig feinen Korne zerschlugen, was leicht und schnell geschah, und diese Körner dann in einem Englischen Stahlmörser wei- ter behandelten, das feinste Pulver, das allenfalls noch durchgesiebt würde. Auf diese Art wurden in 2 Stunden % Grammen leicht auf das feinste pulverisirt, worauf bei der schwierigen Verbrennung des Eisens sehr viel an-
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kommt, und man hat das Pulver nicht im miodesten durch Staub oder organische Theilchen, die hier besonders zu
_ vermeiden sind, verunreinigt. Ein solcher Stahlmörser in
grössern Dimensionen ausgeführt würde noch ungleich schneller zum Ziele führen. Der Mörser zeigt dabei, selbst nach längerm Gebrauch, keine Abnützung. Kudernatsch nahm bei Regnault’s Methode beiläufig 3 Grammen (3.002) Roheisen, mengte es mit ungefähr 44 Grammen chroms. Bleyoxydes auf das innigste und %, hiervon mit 6 Grammen chlors. Kali, wie es Berzelius und Regnault angegeben. (Bromeis erwähnt dessen nicht, dass näm- lich bloss ®/, des Gemenges von Ur Pb und Fe mit chlors. Kali vermischt werden und :/, des Gemenges kein chlors- Kali enthält.) Dann machte er ein Gemenge von dem Volum nach gleichen 'Fheilen chroms. Blei und ehlors. Kalı und füllte damit die Verbrennungsröhre 1'/,” hoch von un- ten an, darauf kamen die >, der Mischung, dann das '/, derselben, und obenauf Spülicht nebst reinem Cr Pb in einer Schicht = mindestens 1'/,’. Der Kali-Apparat wog vor der Operation 31.926 Grammen. Die Operation selbst geht wohl rasch und ist in Zeit von ®/, Stunden beendet, allein man muss mit dem Weiterrücken des Feuers ausserordent- lich vorsichtlich sein, indem eine zu rasche Gasentwick- lung erfolgt, wodurch entweder ein Theil der Lauge hinausgeschleudert werden kann, oder selbst ein Theil der Kohlensäure durch den Apparat dahin getrieben werden könnte, ohne aufgenommen zu werden. Auch wird bei so schneller Gasentwicklung auch die Kalilauge zu stark er- wärmt, wodurch wieder ein Verlust durch das Verdampfen des Wassers im Apparate herbeigeführt wird, der überhaupt schwer zu vermeiden ist. Der Kali - Apparat selbst hatte nach Beendigung der Operation um 3852 Miligrammen an Ge- wicht zugenommen, und diess, als reine Kohlensäure in Rechuung gebracht, gab bei diesem Roheisen 3,5176 pCt. an Kohle. Um nun die schon erwähnte Angabe einer durch Entwickelung von Chlorgas verursachten fehlerhaften Be- stimmung des Kohlenstoffes auf ihre Richtigkeit zu prüfen, untersuchte Kudernatsch nach der Operation die Lauge, und unterwarf dasselbe Roheisen einer Analyse mit-
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telst Kupferoxyd. Wiewohl das angewendete Kali nicht ganz frei von Chlorkalium sich zeigte, so war doch der Nie- derschlag von Chlorsilber nach der Operation bedeutender, als er hätte sein müssen, wenn kein Chlor übergegangen wäre, Die vollkommenste Ueberzeugung jedoch hinsichtlich des zu begehenden Fehlers verschaffte die Analyse durch Kupferoxyd. Diese, mit aller Sorgfallt angestellt, gab 3,506 pCt. Kohlengehalt, also um 0,011 weniger, als die oben angeführte, eine allerdings unbedeutende Differenz, welche die von Bromeis so empfohlene Methode wohl nicht verdächtigen könnte. Noch übereinstimmender zeigte sich das Resultat der durch Hrn. Hummel mit demselben Rohei- sen gleichfalls nach Regnault ausgeführten Analyse. Diese gab nämlich 3,5009 pCt. Kohlenstoff. Die Resultate dieser drei Analysen waren also sehr befriedigend ausge- fallen, und ihre Uebereinstimmung ist zu gross, als dass man nicht denselben vollen Glauben schenken könnte. In- dessen führt die Methode mit chroms. Bleyoxyd und chlors. Kali zwar schneller, als jene mit Kupferoxyd zum Ziele, ist aber bei weitem nicht so sicher. Sie erfordert zu viele Vorsicht, als dass sie zum practischen Gebrauche den Eisen- hüttenmännern besonders anzurathen wäre. Bei Anwendung von Kupferoxyd muss natürlich die Röhre zum Luftdurch- saugen in eine Spitze ausgezogen sein. Zu unterst in die Röhre kann eine 1” hohe Schicht von Kupferoxyd, hierauf die Mischung des Cu mit dem Eisen, dann Spülicht und reines Cu 1’/,” bis 2” hoch. Die angewendete Menge des Eisens betrug 3.546 Grammen, diese Menge Fe hätte zur Umwandlung in Eisenoxyd 7.767 Grammen Cu erfordert. Man nahm daher zur vollkommenen Sicherheit beinahe die dreifache Menge Kupferoxyd, d. i. eirca 23 Grammen zur Mi- schung. Diess ist nothwendig, denn die Verbrennung des Fe geht langsam und fordert eine ziemlich hohe Temperatur , eine stärkere Hitze als die andere Methode, daher man öfter, zumahl gegen das Ende der Operation, wenn die ganze Röhre glüht, die Gluth durch Fächeln verstärken muss. Im Uebrigen je- doch geht die Operation ohne alle Anstände ruhig und gleichför- mie vorsich. Die Entwickelung der Kohlensäure ist im besten
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Gange, wenn der ganze Theil der Röhre, welcher die Mi- schung enthält, glüht; dann sieht man auch, ungeachtet sich die in Kalilauge aufgenommenen Gasblasen ziemlich rasch folgen , doch keine einzige durch die kleinere Kugel aussteigen, zum Beweise, dass bloss Kohlensäure sich ent- wickle, die vom Kali vollständig absorbirt wird. Die Mi- schung des Cu mit dem Fe ist nach der Operation, wenn die Verbrennung vollkommen war, durchaus gleichförmig roth. Das Ausziehen mit dem Magnete dürfte wohl nicht zur Probe der vollkommenen oder unvollkommenen Verbrennung die- nen, indem auch Eisenoxyd-Oxydul magnetisch ist.
Der Versuch, mit chromsaurem Blei allein den Kohlenge- halt des Eisens zu bestimmen, misslang, indem ungeachtet der sehr gesteigerten Temperatur bei weitem nicht das ganze Eisen verbrannt werden konnte, wie denn auch bereits Regnault die unvollkommene Verbrennung des Eisens als Ursache der Nichtanwendbarkeit dieses Verbrennungsmittels angibt, weil das chromsaure Blei mit dem Verlust von Sau- erstoff auch weniger schmelzbar wird.
Die Zerlegung des Roheisens durch Kupferoxyd dürfte also wohl die reinste und sicherste sein, und man kann da- bei des Gelingens der Analyse sicher sein, wenn man an- ders die gehörige Temperatur anwendet. Sie erfordert aber bei zwei Stunden Zeit. Die Analysen mit Cu gelingen immer, die mit chromsaurem Blei und chlorsaurem Kali nicht immer.
Ein anderes durch Kupferoxyd analysirtes Roheisen von demselben Orte, sogenannte Spiegelflossen, enthielt 4,3466 pCt. Kohlenstoff.
Herr Dr. Richard Comfort sprach über eine Einthei- lung der verschiedenen Zweige der Wissenschaft. Nach- dem der Spanier Huarte, der berühmte Whewell und andere Gelehrte diesen Gegenstand mit mehr oder weniger Glück behandelten, scheine es überflüssig, diess nochmals zu versuchen; jedoch überzeugt, dass nur durch vielseitige Untersuchung die Wahrheit zu Tage gefördert werden könne, habe er versucht die verschiedenen Zweige der Wissen- schaft nach einem Combinations - Systeme zu sichten. Vor allen erkläre er aber, dass es nur eine Wissenschaft gebe so wie nur eine Wahrheit, deren Abdruck sie ist.
In
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I Der naturwissenschaftliche Theil, 1) Naturgeschichte, als Mineralogie (das naturhistorische System Werner's, das chemische Haüy’s, das mathematische von Mohs, das naturphilosophische von Oken), Botanik (das Corol- len-System Tournefort’s, das Sexual-System Linne's, das natürliche’von Jussieu und Decandolle). Zoolo- gie (Aristoteles, Buffon, Cuvier, Schweigger). Ferner die Nebenfächer: 2) Chemie (die Araber, Mayow, Lavoisier, Davy). 3) Anthropologie (Anatomie, Phy- siologie, vergleichende Anatomie...... )
II. Der mathematische Theil. 4) Physik (Volta....) mit den dazu gehörenden Fächern, als Astronomie (Chaldäer , Asypter, Hindus, Tataren, Griechen, Kepler, New- ton, La Place...), physische Geographie, Geologie. ... 5) Die Mathematik (Napier, Newton....) 6) Logik, oder mathematische Philosophie , der Form nach Philoso- phie, dem Wesen nach Mathematik.
III. Der philasophische Theil. 7) Psychologie. 8) Gram- matik , Sprachforschung (die geflügelten Worte Horne Tooks), geschichtliche Forschung ( Herder....). 9) Phi- losophie (Metaphysik . . . .).
Bemerkungen.
1) Diese drei Theile der Wissenschaft verhalten sich wie Peripherie, Radius und Centrum; man könnte sie auch bezeichnen als die realen, formalen und idealen Zweige, jedoch bestehen sie nie für sich allein, sondern sind im wechselseitigen Verhältnisse zu einander, so z. B. kann keine Geologie ohne Philosophie bestehen und sie hinwie- derum gibt Beweise für die Unsterblichkeit an die Philoso- phie ab, abgesehen, dass sie als kolossale Weltuhr schwe- sterlich den andern Theilen aufhilft.
2) Der durch Speculation aufgefundene Satz bedarf des Prüfsteins der Erfahrung, so wie das durch Empirie Ge- sammelte, durch den denkenden, ordnenden, schliessenden Geist zu sichten ist, und nur da, wo beyde zusammentreffen, können wir überzeugt sein, dass die genial aufgefundene Thatsache auch Wahrheit sei (Kepler und die vier neuen Planeten) (Priestley und Lavoisier).
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3) Die Wissenschaft liesse sich definiren „als philosophi- scher Einblick in die Natur, basirt auf Mathematik.“
4) Das Object der Wissenschaft ist die Natur, Zweck die Wahrheit, Mittel, Verstand und Phantasie; Zweck der Kunst ist Schönheit, Mittel, Phantasie und Verstand: von den Gewerben unterscheidet sie sich, da hier der Zweck die Nützlichkeit ist, und den practischen Fächern dient sie als Basis; nicht kann man aber ‚der Wissenshaft den Vorwurf der Sterilität machen, indem eine rein wis- senschaftliche Wahrheit, die durch Jahrhunderte brach gelegen, plötzlich auf alle Gewerbe befruchtend, ja als Staats - und Menschenglück fördernd wirken kann (die Lehre vom Dampf; der Einfluss der neuern Chemie auf die Medicin; die Lehre von der Elektrieität).
5) Ein Combinations - System läst sich leicht durch ein mathematisches Diagram versinnlichen, oder durch ein Farbenschema, z.B.
1. Blaue Reihe. 1) Blau. 2) Violett (/, blau + ,, roth). 3) Dunkelgrün (°/, blau + "/, gelb).
II. Rothe Reihe. 4) Karmoisin. 5) Roth. 6) Scharlach.
III. Gelbe Reihe. 7) Lichtgrün (/, gelb + ’/, blau). 8,0range (?/, gelb ++ /, Roth). 9) Gelh.
Unterscheidet man noch hoch (gesättigt) und licht, ferner blass (viel weiss) und dunkel ‚„ und nimmt man zur fürbigen Combination noch Schwarz, wo man alle Schat- tirungen von Braun erhält (Schwarz mit Weiss allein gibt jene von Grau), so hat man in fernern Combinationen das vollkommenste Farben- Schema, das sich denken lässt.
Schliesslich machte er noch auf mikroskopische Unter- suchungen der Farben aufmerksam , welche äusserst inter- essante Resultate über deren Zusammensetzung zu Tage fördern.
Hr. V. Streffleur, k.k. Hauptmann, hielt einen Vor- trag über die Meeresströme und über den Salz ge- halt des Seewassers: ‚Die Physiker waren von lan- ger Zeit her gewohnt, manche Erscheinungen auf der Erd- oberfläche unter symmetrischeo Verhältnissen vorauszusetzen. Man erklärt z. B. die Meeresströme durch die Temperatur- Verschiedenheit des Seewassers. Das warme Wasser am
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Aequator steigt auf, das kalte am Pol senkt sich in die Tiefe, und es erfolgt nun eine Ausgleichung in der Art, dass das Polarwasser unten gegen den Aequator, das warme aber oben gegen die Pole zieht. Ein vom Pole längs eines Meridians abwärts schreitendes Wasseratom gelangt allmä- lig in Parallelkreise mit stets vermehrter Rotationsgechwin- digkeit, und bleibt immer mehr zurück , da ihm diese Schnel- ligkeit noch nicht eigen ist. Daher die Westströmung. Ein angehängter viele Seiten langer Caleül mit Zuhilfnahme der Integralrechnung (wie z. B. in Schmidt’s Lehrbuch der physikalischen Geographie 1830) beweist nun, dass das polare Wasseratom wirklich diesen Weg gehen muss, und der Zuhörer oder Leser muss sich von der Richtigkeit die- ses Beweises überzeugt halten, da die Thatsache durch die höhere Mathematik bestätigt wird. — Nebst den theoretischen Physikern hat es aber, besonders unter den Seehandel trei- ° benden Nationen , stets auch Männer gegeben, welche sich bemühten, Thatsachen zu sammeln. Man hat auf den Seereisen im weiten Meere, an Küsten, Inseln u. s w. den wirklichen Zug der Meeresströme. beobachtet, die Beobach- tungen gesammelt, und in Seekarten eingetragen. Die wirklichen Verhältnisse liegen somit zur Anschauung vor. Vergleicht man aber solche die Natur treu darstellen- den Seekarten mit den Suppositionen der theoretischen Physiker, so überzeugt man sich, dass die Meeresströme, ungeachtet des höhern Calcüls, ganz andere Richtungen einhalten, als die theoretisch vorausgesetzten. Im weiten stillen Ocean z. B. geht gar keine Strömung vom Aequator zum Südpol. Die kalten Wasseratome des Südpoles , statt in ihrem Zuge gegen den Aequator nach Westen zurück zu bleiben, eilen vielmehr bei zunehmender Rotationsge- schwindigkeit den Wassertheilen der niederen Breitengrade vor nach Osten. Im atlantischen Ocean aufwärts am 80° nördl. Br. strömt das warme Meerwasser in der Tiefe, das kalte oben. Das baltische Meer und der atlantische Ocean gleichen sich derart aus, dass am Sunde das Ostseewasser oben hinaus und das Wasser der Nordsee unten herein fliesst. Zwischen dem mittelländischen und atlantischen
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Meere geschieht der Ausgleichungsprozess umgekehrt. u. dgl. m.“
„Will man physikalische Erscheinungen erklären, so handelt es sich vor Allem darum, die Thatsachen naturge- treu zur Anschauung vorzulegen; mit Suppositionen reicht man keineswegs aus. So lange es aber Continental-Haupt- städte gibt, deren öffentliche Bibliotheken insgesammt keine Seekarten aufzuweisen haben, so lange muss man auch annehmen, dass man sich um die wahren Thatsachen wenig bekümmert, und sich vielmehr mit theoretischen Spe- eulationen begnügt hat, und es ist daher nicht zu wundern, wenn Erklärungen, die anf wahren aber ungekannten That- sachen beruhen, nur schwer Eingang finden.“
„Mein Streben ging dahin, mir aus guten Quellen die wirklich natürlichen Verhältnisse zur Kenntniss zu bringen , und ich glaube gefunden zu haben, dass von den vielfachen Factoren, welche auf das Entstehen und den Gang der Meeresströme Einfluss nehmen, der Einwirkung der Rota- tion und dem Niveau- Ausgleichungsprozesse verschieden hoher Meere der erste Rang zukommt, während dem Ein- flusse der Wärme nur untergeordnete Einwirkungen zuzu- schreiben sind. So wie im Sonnensysteme die Planeten immer langsamer in ihrer Bahn gehen, je weiter sie vom Centralkörper abstehen, ähnlich dem bewegen sich die ver- schiedenen Hülien auf unserer Erdoberfläche. Der feste Erdkern, die darauf ruhende Wasserhülle und die noch hö- her stehende Lufthülle rotiren insgesammt nach Osten; nur bleibt das dünnere und entferntere Mittel immer mehr hinter dem Schwunge zurück. Der Erdkern schiebt sich unter der Wasserhülle weg, und zieht sich so selbst seine Fur- chen (Strombette auf dem Meeresgrunde), in welche das Wasser sich senkt. Hierdurch entstehen Seedämme; in den heftig bewegten Strombetten geschehen keine Ablagerun- gen, wohl aber an den Seiten und zwischen den Strömen auf den Höhen der Dämme. Das jüngere Gestein kommt somit auf die Rückenlinie des ältern (aber nicht durch plu- tonische Hebung). Schliesst sich ein Strembett, wodurch Ruhe in demseiben eintritt, so können sich nunmehr hori- zontale Bodensätze bilden (abweichende Lagerungen). Die
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durch die Wasserbedeckung streichenden Seehochländer häu- fen durch die Rotation vor sich alle Bestandtheile auf, und die Molekularanziehung wirkt hier freier, während sie an der Westseite durch das nachsinkende Oberwasser gestört ist. Wir finden daher an der Ostseite, der Rotations- Stromrichtung zugekehrt, weite flache Länder, mächtige Anhäufungen jüngerer Gesteine, flache Küsten und einen seichten Meeresgrund, westlich aber ein hohes steiles Ge- birge und Steilküsten bis in die grösste Tiefe. So in ganz Amerika, Skandinavien, England, Indien ete. Aber nicht nur das geognostische Verhalten und die Oberflächengestal- tung der Continente stimmen mit den Wirkungen der ehe- maligen Rotationsströme überein, sondern auch in den heu- tigen Meeren findet man die schwereren Theile des See- wassers gegen die Ostseite der Continente sich rücklehnen. Ich habe nahe an 300 Messungen des spezifischen Gewich- tes des Seewassers auf eine Weltkarte eingetragen, und es zeigt sich constant das Gesetz , dass das Seewasser an den Ostseiten der Continente specifisch schwerer als west- lich ist,“
„Ausser der Rotation wirken zwar noch mehrere Ursa- chen auf Bewegungen des Meeres, so dass sich ausser der Wellenbewegung und der Ebbe und Fluth zehn Arten der Meeresströme nachweisen lassen; die Rotation ist aber im- mer als die Hauptursache der Meeresbewegungen zu betrach- ten. Selbst auf den jetzt trockenen Continenten lassen sich parallele Tieflinien (ehemalige Rotationsfurchen) , und zwischen ihnen Dämme gleichartiger Gesteine nachweisen , und für Jemanden, der die geognostischen Verhältnisse eben so gut, als das Relief der gesammten Erdoberfläche kennt, ist es nicht schwer, einen begründeten Zusammen- hang der Einzelnerscheinungen aufzufinden, was den An- hängern der Emporhebungstheorie wohl nie möglich werden dürfte. Die Piutonisten haben durch die Annahme, dass die emporhebende Kraft zufällig an diesen oder jenem Orte wirke, von selbst auf die Möglichkeit verzichtet, ein allgemeines Gesetz über den Zusammenhang der Einzelner- scheinungen zu finden, so wie sie durch die Behauptung, dass alle geneigten Schichten ursprünglich sich horizontal ab=-
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gelagert hatten, offenbar darthun, über die veränderten Ablagerungs-Verhältnisse im strömenden und ruhigen Wasser gar nie nachgedacht zu haben ;— und wenn gleich der berühmte Naturforscher A. v. Humboldt es ist, der in seinem Kosmos 1. Bd. S. 264 sagt: „Wenn die Se- dimentbildungen nicht durch die plutonischen Gesteine em- porgehoben worden wären, so würde die Oberfläche unse- res Planeten aus gleichförmig horizontal übereinander ge- lagerten Schichten bestehen, und die Continente von Pol zu Pol würden unter allen Himmelsstrichen das traurig ein- förmige Bild süd- amerikanischen Llanos oder der nord -asi- atischen Steppen darbieten,‘“ so kann eine solche Ansicht mir doch nicht zur Ueberzeugung werden, und ich glaube vielmehr, dass derlei Vorstellungen noch in jene Zeiten zurück gehören, wo man noch die ganze Erde sammt ih- rem Meere im Zustande der Ruhe, und die Sonne um sie bewegend sich dachte.“
14, Versammlung, am 3. August.
Wiener Zeitung vom 20, August 1846.
Herr Dr. S. Reissek zeigte durch das Mikroskop den Bau und die Entwickelung des Getreidebrandes (Uredo segelum L’). Bekanntlich ist der Brand ein kleiner mikroskopischer Pilz, der äusserlich als schwarzer Staub erscheint, die Getreideähren überzieht und die Stelle der Körner einnimmt. Die Entstehungsweise desselben war bisher nicht genügend erforscht. Sıe ist die folgende: An gewissen Aehren, über deren Disposition zu der krankhaf- ten Entartung uns die näheren Erfahrungen zur Zeit noch mangeln, bildet sich das Samenkorn nicht in der normalen Weise aus, so dass sich die Zellen mit Amylum erfül- len. Es tritt im Gegentheile früher schon ein feinkörniger Inhalt in diesen Zellen auf, dessen Körner sich später ver- grössern, bräunen und endlich hohl werden. Ist die Höh- lung gebildet, so vergrössert sich dieselbe unter gleichzei- tigem Anwachsen des Kormnes so sehr, dass zuletzt nur
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mehr ein dünner, schalenartiger Ueberrest der Substanz zu- rückbleibt. In diesem Zustande stellt sich das Korn als Zelle dar, und solche Zellen haufenweise an einander ge- lagert, bilden den Brand. Früher oder später werden die Membranen der umhüllenden Mutterzellen aufgelöst, die Brandmasse wird auf diese Art frei und nimmt zwischen den Spelzen den Raum ein, den das normal entwickelte Samen- korn inne hat. Im ausgebildeten Zustande, wo der Brand als schwärzliches oder braunschwarzes Pulver erscheint, besteht er aus den oben bezeichneten, sphärischen, durch Hohlwerden der Körner des Inhaltes entstandenen Zellchen.
Hr. Dr. Reissek theilte hierauf einige Bemerkungen über den Körper mit, welcher unter dem Namen der Steinnüsse auch des vegetabilischen Elfenbei- nes im Handel vorkommt, und zu kleinen Drechslerarbeiten gebraucht wird, so namentlieh zu Spazierstockknöpfen. Dieser Körper, obwohl den Botanikern längst bekannt, ist doch dem Publicum hinsichtlich seiner Abstammung und Natur fast ganz unbekannt geblieben, so dass man die son- derbarsten Ansichten darüber mitunter antrifft. Derselbe ist das Eiweiss der Samen verschiedener Palmenarten, insbe- sondere aus der Gattung Phylelephas, welches in so be- deutendem Grade erhärtet, dass es horn- oder beinartig wird. Dass Eiweiss bleibt hierbei entweder durchweg so- lide oder isi im Innern hohl. Es wurden instructive Exem- plare der Früchte der Dompalme (Hyphuene ihebaica) vorgezeigt, an welchen sich diese Eigenthümlichkeit des Eiweisses sehr ausgeprägt zeigt.
Hr. V. Streffleur, k. k. Hauptmann, sprach über die Veränderungen des Meeres-Niveau’s im Laufe der Zeiten. Ueber keinen Punct sind die Ansichten der neuesten Naturforscher so verschieden, als über diesen. Die Einen halten dafür, dass das Niveau des Meeres unverändert bleibt, und dass die Continente über das Meer emporsteigen; die Zweiten glauben, dass das Niveau des Meeres schwankt, indem es periodenweise von einem Pole zum anderen überläuft; die Dritten lassen das Meer stei- gen, da sich der Grund desselben dureh die von den Flüs- sen eingeführten Materien fortwährend erhöht und die Vier-
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ten nehmen ein Sinken des Meeresspiegels durch die Ver- minderung der Wassermenge an.
Dass das Niveau des Meeres gegen das Festland sich ändert, ist eine der ältesten Beobachtungen. Schon der Araber Omar schrieb im zehnten Jahrhundert über das Sinken des Meeresspiegels. Bis zum Jahre 1750 blieb. die Erscheinung einfach; man hatte nur die Alternative: zu glauben, dass das gesammte Meer sich senkt, oder dass ge- sammte Länder und Berge sich heben. Neuere Beobachtun- gen machten jedoch die Verhältnisse verwickelter, und wur- den von den Anhängern der Emporhebungs-Theorie lebhaft aufgegriffen, um den Streit zu ihren Gunsten zu entschei- den. Man gewahrte nämlich auch ein Steigen des Meeres, und insbesondere, dass es selbst in der nämlichen Zeit an der einen Küste sich hebt, während es an einer anderen fällt. Nun glaubte man, könne das Meer nicht mehr die Ursache dieser Erscheinungen sein. Man hielt fest an dem Grundsaize, dass das allgemein zusammenhängende Welt- meer, wenn es an einem Puncte fällt, gleichmässig an allen Puncten fallen, und eben so, wenn es irgendwo steigt, gleichmässig an allen Puncten sich heben müsse. Ergibt sich durch Beobachtungen ein wirkliches Steigen und Fallen des Meeres an verschiedenen Küsten, so kann nur das Fest- land gestiegen oder gesunken sein. So z. B. glaubt Hr. Lyell, dass Scandinavien auf einem hohlen Raume sitzt , in welchem es mit der Südspitze hinab sinkt, während es nördlich und östlich sich erhebt; die Küsten von Chili, von West-Italien ete. heben und senken sich wiederholt u. dgl. m.
Herr Hauptmann Streffleur greift nun den eben ausgesprochenen Grundsatz an, und behauptet, dass die theoretisch gedachte gleichmässige Oberfläche des allgemei- ‚nen Weltmeeres unmöglich angenommen werden kann, wenn man die Rotation der Erde gelten lassen will, und dass im Meere durch Veränderungen in den Strömungen und in der Configuration des Meeresgrundes manche Niveau- Veränderungen des Meeres eintreten müssen, die an gewis- sen Orten und für gewisse Zeiten ein gleichzeitiges Steigen und Sinken des Meeresspiegels hervorrufen, ohne dass das
Festland im Geringsten von seiner Höhenlage abweicht. Freunde der Naturwissenschaften in Wien. I, Ss
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Wie in Flüssen so im Meere. Die Stadt Wien z. B. liegt am rechten Ufer der Donau, und ein schmaler Arm trennt die Insel Leopoldstadt von der eigentlichen Stadt. Würde man die grosse Donau durch einen vorgebauten Sporn zum grossen Theil abschneiden, und die Hauptwassermassen in den schmalen Canal leiten, so müsste hier das Niveau des Wassers steigen. Ein Durchbruch im Damme oder Sporn würde das Wasser wieder in die grosse Donau zurückfüh- ren, und auf der Insel Leopoldstadt würde am Ufer des schmalen Canals, gegen die Stadt, ein Sınken, am auswär- ticen Ufer aber ein Steigen des Niveaus bemerkbar werden. Jedermann würde die Ursache hiervon im Dammdurchbruche erkennen, und Niemand könnte es sich einfallen lassen , die Erklärung zu geben, dass die Leopoldstadt auf einem hoh- len Raume sitzt, in welchen sie sich links hinab senkt, rechts aber heraushebt. Eben solche Ablenkungen der Siröme kommen nach Streffleur auch im Meere vor. Er bemerkte, dass er in seinem Werke: „Die Entstehung der Continente und Gebirge unter dem Einflusse der Rotation‘ in einem eigenen Abschnitte die Hebungen und Senkungen der Continente und des Meeresgrundes, insbesondere jene von Schweden, Chili, Italien, Grönland etc. alle durch locale Einwirkungen veränderter Meeresströmungen er- klärt habe.
Im Weitern ging Herr V. Streffleur auf die Frage ein, ob nicht auch eine Erklärung für das allgemeine und allmälige Sinken des Meeres gefunden werden könnte, ohne eine Verminderung der Wassermenge oder ein Em- porsteigen der Continente anzunehmen. Eine Verminderung der Wassermenge durch chemische Einwirkungen ist wohl möglich und sogar wahrscheinlich, doch aber lässt sich auch eine mechanische Ursache denken, in Folge welcher der Meeresspiegel, selbst bei gleichbleibender Wasser- menge, allmälig sinken muss. Die Rotation nämlich zieht alle Stromfurchen auf dem Meeresgrunde; in der Tiefe der Rinnen geschehen Ausfurchungen. Zwischen zwei Strö- men bilden sich Seedämme. Die in der Tiefe der Strom- bette durch das Einschneiden des Wassers aufgelösten Erdtheile lagern sich zwischen den Strömen auf den Damm,
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und dieser wächst so bis zur Meeresoberfläche heran, wäh- rend das Strombett sich immer vertieft. Bis jetzt konnte sich die Meeresoberfläche noch nicht senken. Nun aber führt die täglich zweimalige Fluth feste Materien über dasMee- res- Niveau auf die Höhe der Seedämme, diese verbreitern sich, und das Meer findet Raum, sich in jene Theile hinab zu senken , aus welchen die Materien durch die Strömun- gen aufgehoben und weggeführt wurden. Die Ebbe führt das nicht mehr zurück, was an festen Materien durch die Fluth über das Meeres- Niveau gehoben wurde, und so geschieht es, dass die Meere, welche die Erdoberfläche ehemal seiehter und in weiter Ausdehnung bedeckten, sich in Folge der Rotation immer mehr eiischneiden, wodurch sich im Laufe der Zeit immer aus&edehntere und höhere Continente, dafür aber engere und tiefere Meere bilden. Hr. Streffleur gab hierauf specielle Nachweisungen, dass der Zuwachs und die Verbreiterung der Continente dureh die Einwirkung der Fluthwellen, namentlich an den weit längern und golfreicheren Ostküsten, wirklich mit Grund angenommen werden könne.
Herr Professor Leydolt hielt einen Vortrag über die
sehr merkwürdige zwillingsartige Zusammense-
tzung des Ankerits.
Dieses Mineral findet sich auf Lagern im Glimmerschie- fer im Salzburgischen, mit Spatheisenstein in Steiermark: Es ist unter dem Namen Rohwand bekannt, und wird we- gen seines Gehaltes von 32 pCt. an kohlensaurem Eisenoxy- dul mit Vortheil als Zuschlag beim Eisenschmelzen verwen- det. Es erscheint gewöhnlich in theilbaren Varietäten, welche bei näherer Betrachtung eine höchst interessante Zusammensetzung zeigen. Die Theilungsgestalten, welche man beim Zerschlagen nach den Theilungsrichtungen er- hält, sind keine wirklichen Rhomboeder , sondern rhomboe= derähnliche Gestalten, welche vier glatte einem Rhomboe- der entsprechende Flächen besitzen, während zwei Flächen, welche beinahe senkrecht auf jenen stehen, mit parallelen Streifen versehen sind. Diese Streifen entstehen durch eine regelmässige Zusammensetzung, und zwar rühren sie von einer wiederholten Zwillingsbildung her, so dass der Kör-
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per aus eben so vielen Zwillingen besteht, als Streifen wahrzunehmen sind. Die Zusammenseizungsfläche ist die Fläche des flachen Rhomboeders R—1, die Umdrehungsaxe senkrecht darauf. Die Zusammensetzung ist aber noch viel wunderbarer, wenn man grössere Massen betrachtet, wie sie in der Natur vorkommen; man findet nämlich, dass die- selben aus solchen Verbindungen von Zwillingen und zwar ebenfalls auf eine regelmässige Weise zu Vierlingen verwachsen sind. Die Zusammensetzungsfläche ist auch hier wieder die Fläche R—1, und die Massen zerfallen häu- fig beim Zerschlagen in die einzelnen Theile der zweiten Zusammensetzung. Dieses Verhältniss wurde bei allen un- tersuchten Massen gefunden.
Herr Professor Leydolt bemerkte, dass der mensch- liche Scharfsinn die Gesetze der regelmässigen Zusammen- setzungen der unorganischen Natur so genau aufgefunden habe , dass man im Stande ist, jede regelmässige Zusam- anseirang der Natur in Modellen nachzuahmen , während das Wie der Bildung selbst immer unerklärbar ist. Er wies auf die Wichtigkeit der Betrachtung solcher Zusammense- tzungen in der Geognosie, weil sie einen richtigen Schluss auf die Zeit der Bildung erlaube, in welcher die vereinig- ten Massen entstanden sind.
Hr. Dr. R. Comfort erläuterte die Grundzüge eines von ihm nach einer Combinations- Theorie vorgeschlagenen Systems der Wirbelthiere,
Bekanntlich theilen die Zovlogen die Thiere in höhere, Wirbelthiere; mittlere und ee ein, welche sie dann weiter nach verschiedenen Grundsätzen sichten.
Aristoteles, der Vater der Zoologie, durch seines königlichen Zöglings Grossmuth in den Stand gesetzt, die merkwürdigsten Thiere aller damals bekannten Zonen in seinem kolossalen Thiergarten zu vereinen, konnte leicht dadurch bei seinem eminenten Genie eine solche systemati- sche Zusammenstellung liefern, die bis in die neueste Zeit, was das Wesentliche betrifft, die Basis jedes zoologischen Systemes geblieben ist.
Auf dieses baute Buffon sein anatomisches , welches von Cuvier in dem physiologischen vervollkommnet und
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endlich durch Schweigger’s fernere naturphilosophische Aufstellung entwickelt wurde.
Die Systeme der übrigen Zoologen bieten Hrn. Dr. Co m- fort nicht viel Neues von denen der Genannten, mit Aus- nahme des naturphilosophischen von Ocken, welches ob- gleich genial, zu viel Lücken hat; das von Linne ist nach Dr. Comfort einseitig und erscheint als grandioser Irr- thnm mit aller Consequenz eines tüchtigen Geistes durchge- führt; nicht das wesentliche Moment wird zum Eintheilungs- grunde, gleichwohl geht die Natur in ihrer wunderbaren Architektur mit grosser Folgerichtigkeit vor, so dass auch im kleinsten Organe das Ganze sich wiederspiegelt, im Men- schen die Welt; ein immerwährendes Auf- und Absteigen, bis endlich das Vollkommenste erreicht wird: Allheit, Viel- heit, Einheit. Hr. Dr. Comfort bemerkt, dass dieses Ver- hältniss vielleicht nicht auf Erden-Geschöpfe allein be- schränkt ist, sondern vielleicht viele Lücken sich durch aus- serirdische Geschöpfe füllen dürften (eine unendliche Varia- tion über dasselbe Grundthema)) , so wie es sich theilweise durch ante-diluvianische, fossile Thiere und die neuesten Entdeckungen in fremden Gegenden herausstellt; denn wenn auch die Geschichte des vermeintlichen Drachenko- pfes lächerlich klingt, den Cuvier für einen fossilen Eber- kopf erklärte , so ist doch ersichtlich, dass unter den fossi- len Resten einer uutergegangenen Schöpfung 'Thiere vor- kommen, die ziemlich stark abspringend von den jetzt exi- stirenden sind.
Hr. Dr. Comfort stellt nun folgendes System auf:
I. Kopfthiere. 1) Säuger (eigentliche). 2) Flatterer. 3) Cetaceen.
II. Brustthiere. 4) Ornilhorhynchus puradoxus. 5) Vö- gel. 6) Sumpf - und Wasservögel.
III. Bauchthiere. 7) Reptile. 8) Plerodaclyle, Cuvier (fliegende Fische). 9) Fische.
Bemerkungen:
1) Der Biber macht den Uebergang zu den Cetaceen; die Opossums und Känguruhs zum Vogelschnabel; die Ar-
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madille zu den Amphibien ; die Strandläufer zur Giraffe ; die Aale zu den Ophidiern....
2) Das Auf-und Abspringen der Natur lässt sich durch eine Wellenlinie versinnlichen, wobei zu bemerken ist, dass das vollkommenste Geschöpf einer höheren Ordnung wohl harmonisch allseitiger gebildet erscheint, als die der tiefer stehenden Reihe , hingegen manche Geschöpfe dieser Reihe die einer höheren in manchen Beziehungen übertreffen, 7. B. die Mollusken, wenn sie mit den Fischen in Bezug auf Zeugung verglichen werden,
15. Versammlung, am 10, Angust, Wiener Zeitung vom 26. August 1846,
Hr Otto Freiherr von Hingenau, k. k. Berg- Practikant, berichtete über einige geognostische Wahrneh- mungen in der Gegend von 'Tulleschitz im Znaimer Kreise in Mähren, in welcher zwischen dem Serpentine bei Hrub- schitz, der das Oslawan - Rossitzer Kohlenrevier im Westen begränzt und dem dei Mährisch - Kromau vorkommenden Weissstein — eine sehr bedeutende Mannigfaltigkeit von Uebergangs-Modificationen des Massengebirges mit feldspa- thiger Basis Aufmerksamkeit verdienen. Das Studium der VUehergangsphänomene jener Gegend im Kleinen dürfte mehr oder minder zu Ansichten berechtigen, wie sie in einer früheren Versammlung von Freunden der Naturwissen- schaften von Hrn. v. Morlot mit dem Nahmen latenter Metamorphose bezeichnet wurden, welche Nahmen je- doch das Charakteristische dieser Erscheinung — nähmlich das Ausscheiden gleichartiger oder verwandter Mineralstoffe und deren gleichzeitige Aneinanderhäufnng — nieht ganz deutlich zu machen vermögen und sich derM o hs’schen geog- nostischen Theorie nähert. Einige vorgewiesene Handstücke aus jener Gegend wurden in dieser Beziehung ausgewählt, weil sie den allmäligen Uebergang von Syenit oder wenn man will: Hornblendegranit—zum Granit und selbst Weiss- stein auf einem Eexmplare zeigen und hinzudeuten schei-
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nen, dass man es hier nicht mit charakteristisch auftreten- den Gängen oder systematischen Uebergängen zu ihun habe, sondern vielmehr mit sich in Unzahl wiederholenden, die ganze Masse durchdringenden ähnlichen Wechseln, die kaum anders als mit Mohs durch gleichzeitige Entste- hung erklärt werden dürfen. Gerade in dieser Beziehung verdient jene wenig bekannte Gegend ein detaillirtes Stu- dium, abgesehen davon, dass sich dasselbe auch durch eine reiche Ausbeute von Mineralien lohnen würde, von denen in der Privatsammlung des Landschafts - Einnehmers in Zmaim schöne Exemplare zu finden sind. Die vorherrschende Erscheinung dieses Gebirges ist krystallinisch - schiefriger Structur: doch nicht ohne zahlreiche körnige Abwechslun- gen, so dass Freiherr von Hingenau Bedenken trägt, von Granit - oder Syenitgängen in Gneiss zu sprechen, sondern das Ganze als ein und dasselbe gleichzei- tige Gebilde anzusehen versucht ist.
Herr Dr. S. Reissek widmete der vor Kurzem er- schienenen „Flora von Wien von A. Neilreich“, die wegen ihrer Trefflichkeit bald in aller Botaniker und Natur- freunde Händen sein wird, eine kurze Besprechung, wobei er vornämlich den reichen In- und Gehalt hervorhob. Schliess- lich gab er eine Uebersicht der gesammten Literatur über die Unter - Oesterreichische und namentlich Wiener Flora von Clusius Zeiten bis auf unsere Tage, mit kritischen Bemerkungen hierüber.
Es möge hier , da von oben bemerkter Flora noch keine Beurtheilung in unseren Tageblättern erschieneu, eine kurze Anzeige des Inhaltes Platz finden:
Der Verfasser bezeichnet zuvörderst die Gränzen des Gebiethes, welches einen Radius von 4 Meilen ungefähr besitzt. Hierauf folgt ein geognostisches Bild der Gegend, grössten Theils nach Partsch’s „Karte des Beckens von Wien‘, sofort die hydrographischen und klimatischen Ver- hältnisse. Bei Letzteren benützte der Verfasser die Tage- bücher der k. k. Sternwarte, welche indess zu seinem Be- dauern in manchem wichtigen meteorologischen Verhältnisse nicht die gewünschte Auskunft boten, so namentlich in Betreff der wichtigen ombrometrischen Verhältnisse, wo Da-
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ten aus einer Reihe von Jahren wünschenswerth gewesen wären. Nach Abhandlung dieser Verhältnisse gelangt der Verfasser zur pflanzengeographischen Schilderung des Ge- bietes, welche als ausgezeichnet zu nennen ist. Hierauf folgt als Haupttheil des Werkes der systematische Theil mit der Beschreibung der Pflanzen, kritischen Bemerkun- gen über den Werth und die Verwandtschaften der Arten, wobei man des Verfassers reiche Erfahrung und richtige Beurtheilung auf jeder Seite kennen zu lernen Gelegenheit hat. Hieran schliesst sich denn auch die mit diplomatischer Genauigkeit überall revidirte Synonymie, die Angabe der Standorte, Fundorte , der Dauer und sonstige Bemerkun- gen. Was vornämlich auch den Werth des Werkes für den minder gewandten und unterrichteten Botaniker erhöht, ist die Beigabe von analytischen Schemen bei allen grösse- ren und schwierigeren Gattungen Behufs der leichteren Bestimmung der Arten. Diese analytischen Tabellen erfül- len vollkommen ihren Zweck. Der systematischen Anord- nung sind im Ganzen Endlichers „Genera plantarum“ zu Grunde gelegt.
So erfüllt das Werk die Anforderungen, welche die vorgerückte Wissenschaft in dreifacher Beziehung an eine gute Flora stellen muss, vollständig. Es steht auf der Höhe der Wissenschaft und hält mit ihren Fortschritte glei- chen Schritt; es gibt dem unterrichteten Botaniker ein rich- tiges Vegetationsbild der Gegend im Eiuzelnen, so wie im Ganzen; es bietet endlich dem Laien sich als verlässli- cher Leitfaden zur Bestimmung und Auffindung der Pflan- zen dar.
16. Versammlung am 17. August. Wiener Zeitung vom 4. September 1846.
Herr Dr. Moriz Hörnes theilte eine Beschreibung der in wissenschäftlicher Beziehung interessantesten Stücke der Mineralien- Sammlung der Frau Johanna Ed- len v. Henikstein mit. Derselbe erwähnte, dass er im
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verflossenen Jahre den erwünschten Auftrag erhalten habe, diese prachtvolle Sammlung, welche er in wissenschaftli- cher Beziehung, nämlich in Rücksicht der Vollkommenheit der Krystalle und der Vollständigkeit im Allgemeinen als die erste Privatsammlung in Deutschland darstellte, zu be- schreiben. Da er nun diese Beschreibung streng nach der wissenschaftlichen Methode des verewigten Herrn Bergraths Mohs ausgeführt habe, welche Arbeit in drei starken Folio - Bänden vorliegt und die Besitzerinn die Drucklegung des Catalogs wegen der noch immer zuströ- menden neuen Acquisitionen verschoben wissen will, so theilte derselbe vorläufig einige Notizen über die merk- würdigsten Stücke mit. Die Sammlung besteht gegenwär- tig aus 5030 Stücken in 2- bis 3zölligem Formate und ist nach dem Mohs’schen Systeme vom Jahre 1839 geordnet. — Als besonders ausgezeichnet wurden hervorgehoben die Kry- stalle von Muriazit, Wavellit, Schwerstein, arseniksaurem Blei, Dioptas, Uranglimmer, Serpentin, Wagnerit, Eudialyt» Saphir, Diamant, Topas, Euklas, Phenakit, Smaragd, Chrysolith, Zirkon, Zinnstein, Columbit, gediegenem Sil- ber, gediegenem Golde, Kupferkies, Antimonkupferglanz , Glaserz, Steinmannit, Sterabergit, Schrifterz und Schilf- glaserz, Eine detaillirte Beschreibung dieser Stücke wird in Kurzem in Leonhards Jahrbuch für Mineralogie er- scheinen.
Hr. Dr. H. M. Schmidt- Göbel aus Prag legte die erste Lieferung eines umfangreichen Werkes vor, welches er auf Kosten des Böhmischen Nationalmuseums unter Mit- wirkung mehrerer anderer Naturforscher bearbeitet und her- ausgibt. Es enthält dasselbe unter dem Titel: Dr. J. W. Helfers hinterlasseneSammlungenaus Vorder- und Hinter-Indien. Nach seinem Tode unter Mitwirkung Mehrerer bearbeitet und heraus- gegeben von Dr. H. M. Schmidt-Göbel, die Be- schreibung der reichhaltigen Sammlungen, welche der un- ternehmende Helfer in Vorder - und Hinter- Indien zusam- men brachte und wo er einen vorzeitigen Tod auf den An- damaninseln fand, ein zu frühes Opfer seiner regen Be- strebungen , unter den Pfeilschüssen der tückischen und
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‘grausamen Endamenen. Der Bearbeiter trug hierbei einige zoogeographische Bemerkungen vor, und bemerkte, dass trotz der leichten Zugänglichkeit Vorder - Indiens dasselbe noch in Bezug auf die niederen Thiere und Pflanzen nur strichweise und da ungenügend bekannt, Hinter-Indien aber zoologisch und zum 'T'heil auch botanisch eine wahre Terra incognila sei. Aus den ehemals Burmesischen Provinzen, der Halbinsel Malacca, aus Martaban, Tenasserim und Mergui und dem nahe liegenden Mergui-Archipel stammt der grösste Theil der in diesem Werke bearbeiteten Samminngen, ein kleinerer nur aus Cossipoor in der Nähe von Caleutta und von den Hoogly- Mündurgen. Den Glanzpunect der Sammlungen bildet die entomologische Partie, und hiervon sind wieder die Coleoptern am reich- sten; doch sind auch die übrigen Inseeten und von andern Classen die Vögel zahlreich und interessant vertreten. Nicht minder sind 400—450 Arten Pflanzen vorhanden, die man- ches Anziehende enthalten. Es mögen im Ganzen etwa 3000 Arten von Thieren da sein, von denen reichlich drei Viertheile, wenn nicht vier Fünftheile völlig neu und unbe- kannt sind. Es wird dieses Werk somit nicht nur die Zahl der bisher bekannten Thiere und Pflanzen bedeutend ver- mehren , sondern es wird, was noch wichtiger ist, ein 200- logisches, namentlich ein entomologisches Bild der Halbinsel Malacca und viele wichtige z00- und phytogeographische Daten liefern. Die Fauna hat sich, so weit die Sammlungen bis jetzt untersucht sind, als ein Bindeglied zwischen der Halbinsel Deccan und den grossen Inseln des Indischen Archipels Sumatra und Java herausgestellt, wobei sich selbst Anklänge an die ührigens so wenig gekannte Fauna von China und an die Philippinen finden, indem ent- weder die identischen oder sehr ähnliche Formen auftreten. Das Auffallendste ist wohl das Erscheinen Europäischer und selbst sehr nördlicher Arten und der vielfach Europäische Typus. Vom Himalaya ist diess längst bekannt und leicht erklärlich , aber für die echt tropischen Gegenden von Mer- gui und Martaban, die bei einem heftigen und höchst be- ständigen Monsoon, einen fast auf dessen Dauer allein be- schränkten Regenfall von 240 Zoll Engl. und eine hohe Mittel-
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temperatur besitzen, also bei klimatischen Verhältnissen, welche von den uasrigen in jeder Beziehung verschieden sind, muss es doch einiger Massen in Verwunderung setzen, wenn wir z. B. nicht nur das Süd - Europäische Zuphium olens, sondern sogar den Deutschen Dromius obscurogulla- tus Dft., den Dr. plagialtus Dft., den Eunecles griseus, die Limenitis Aceris u. a. m. dort wiederfinden. Von Ver- schleppung oder Wanderung kann hier gar nicht die Rede sein, aber es scheinen manche Thiere eine solche Schmieg- samkeit in die gegebenen Zustände zu besitzen und so we- nig strenge in den Bedingungen für ihre specifische Existenz zu sein, dass sie an den verschiedensten Puncten der Erde ohne Verschleppung oder Wanderung ursprünglich auftreten und sich in ihren Eigenthümlichkeiten behaupten können. Der Europäische Typus spricht sich vorzüglich durch die Häufigkeit hiesiger, bisher von dort nieht bekannter Genera aus, wovon beiläufig nur Cymindis, Dromius, Dyschirius, Omophron, Anchomenus, Trechus, Bembidiun, fast alle Hydrocuntharen - Gattungen, viele Siaphylinen - Genera, wie Sienus, Myrmedonia, Homalotlu ete., Xylelima, Dor- catoma, Anobium; Plinus, Anthrenus, Scydmaenus , Bryaris, Euphlecius, Strongylus , Cryptophagus, Allage- nus, Trinodes, Georyssus, Hydraena, Macronychus, An- tisoloma, Anthicus, Anaspis, Myclerus, Cis, RBhizopha- gus, Dendrophagus etc. angeführt werden sollen. Eben so kehren in den Hemipleren und Lepidopleren Europäische Arten und häufig Europäischer Typus wieder. Ausserdem zeigt sich, dass, wie zu erwarten, die Ostküste von Afrika und Madagascar das Bindeglied zwischen Ame- rika und Ostindien bilden, indem Genera, die einmal von Amerika bis dorthin verdringen , auch in Ostindien erschei- nen; so z. B. @alerita, die hisher aus Asien noch nicht be- kannt war. Von Dipteren und Hymenopteren ist wenig und meist Bekanntes vorhanden , nur mehrere Amei- sen dürften neu sein. Von Arachniden und Scorpioniden, Suliden sind mehrere ausgezeichnete Formen da. Conchy- lien sind wenige und in schlechten Exemplaren und nichts Neues. Was die Vögel betrifft, so erklärt ihre meist be- deutende Locomotionsfähigheit leicht eine grosse Verbrei-
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tung, die sich auch hier nach einer flüchtigen Durchsicht zeigt, und über die Herr Dr. Schmidt-Göbel keine De- tails gab, da. er diese Abtheilung, so wie die Pflanzen; nicht selbst bearbeitet. Letztere weichen fast weniger von denen der Ostküste von Deccan ab, als man erwarten könnte; der Grund davon ist wohl, dass ein grosser Theil derselben an den Küsten gesammelt ist, wo sich denn diese Aehnlichkeit der Flora von selbst erklärt. Doch ist immer manches Neue und Interessante darunter. Gramineen, Cyperaceen, Laurineen, Myriaceen, Piperuceen , schei- nen am stärksten vertreten , wohl auch mit desshalb, weil sie sich noch am besten einlegen und erhalten lassen. Eine bedeutende mineralogische und geognostische Sammlung blieb der grossen Transportkosten halber in Mergui liegen.
Hr. Dr. Hammerschmidt erstattete einen gedräng- ten Bericht über die letzte Sendung des seit November v. J. in Mexico befindlichen Pflanzen-Sammlers, Herrn Carl Heller. Derselbe hat nun, wie bereits öffentliche Blätter auzeigten, mehrere Transporte mit den seltensten lebenden Pflanzen an die Gartenbau -Gesellschaft und an die ihn be- züglich seiner Reise unterstützenden Gönner übermittelt; die letzte vor Kurzem hier eingetroffene Sendung , aus 13 Ki- sten bestehend, kömmt aus der Gegend von Hoatusco ; sie ging am 5. Juni auf der Barke ‚„.‚Echo“ von Vera-Cruz ab, und langte direet über Hamburg am 14. August in Wien an. Leider ist der fleissige und umsichtige Sammler durch die zwischen Mexico und Nord - Amerika eingetretene Feindse- ligkeit und durch die Blockade der mexicanischen Seehäfen in den nächsten Sendungen gehindert. Er gedenkt bezüglich sei- ner weitern Reise folgenden Plan zu verfolgen : Ende Juni will er von Huatusco abreisen und die Haupistadt Mexico be- suchen, sich hier einen Monat aufhalten, um die Sammlun- gen zu benützen, Anfangs August den Bezirk von To- luca bereisen, im September bis November die Landstrecke von Toluca bis Tasco durchziehen, und im Dezember einen Haupt-Transport absenden. Im Januar 1847 will er Pas- quaro und den Vulkan Jorullo besuchen, und im Februar und März über Valladolid bis zum Vulkan Taneitaro und Colima vordringen, von hier soll ein weiterer Transport ab-
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gehen, und dann die Rückreise über Mexico und Vera-Cruz erfolgen. wo er Anfangs Mai einzutreffen gedenkt. Ob und in wie weit dieser Reiseplan eine Abänderung erleidet, hängt von den nächsten Kriegsereignissen ab. Es beginnt nun für unsern thätigen Sammler der zweite und zwar gefährli- chere Theil seiner Reise, und wir rufen ihm daher ein freundliches „Glück auf** in die Urwälder von Mexico nach. In der gegenwärtigen Sendung findet sich wieder eine reiche Ausbeute, von Seltenheiten und Novitäten: eine Agave nov. spec. mit dunkelblauen Stacheln, mehrere Pracht- Exemplare von Yucca longifolia von ausserordent- licher Grösse, 2 Arten vou Furcroya, wahrscheinlich neu, von Macleania insignis mit scharlachrothen Blüthen, viele grosse, knollige Wurzelstücke von Maratlia, baumartige Farren, Knollen von Echiles- Arten, durch ihre grossen Blumen ausgezeichnet; sehr grosse Exemplare von Rox- burghia - Arten, zwei neue Bromelien - Arten, einige hun- dert Arten Orchideen, worunter ganz neue Epidendron, Muxillarien, Marmodes, Oncidien, Loelien, Perislerien, Odontoglossum, Uyenochen Cyrtochilen sich befinden.
Ausser diesen lebendigen Pflanzen, die alle in sehr gu- tem Zustande ankamen, sandte Heller viele neue Säme- reien,, eine Kiste mit sehr gut erhaltenen Coniferen-Samen der verschiedensten Arten, ausgezeichnete getrocknete Pflanzen, einiges an Inseceten und ein Paar Mammalien, wovon eines aus der Familie der Nager sein dürfte. In der oben bemerkten neuen Agave fanden sich fünf rothe, 1—1:/, Zoll lauge Larven eingefressen, wovon Dr. Ham- merschmidt ein Exemplar der Versammlung vorwies; derselbe wird versuchen, diese Larven aufzuziehen, und über die Verwandlung dieses mexicanischen Insekts seiner Zeit die Beschreibung liefern.
Hr. Rumler, Custos-Adjunkt am k. k. Hof-Minera- lien-Cabinete, zeigte eine kleine, von dem Mechaniker Duenbostel verfertigte Oehlpumpe vor, welche durch_ die Rotation eines elektromagnetischen Ankers in Bewegung gesetzt wird. Diese Pumpe nahm die Aufmerksamkeit der Anwesenden wegen ihrer genauen und reinen Ausführung in hohem Grade in Anspruch. Hr. Rumler erklärte in
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einem kurzen Vortrage das Prineip, auf welchem die Bewe- gungskraft des ganzen Apparates beruhet, und beschrieb sodann die einzelnen Bestandtheile desselben.
17. Versammlung, am 24, August. Wiener Zeitung vom 15. September 1846.
Hr. V. Streffleur, k.k. Hauptmann, gab eine allge-= meine Uebersicht der Theorien, welche der k. k. Herr Oberst von Hauslab und derjenigen, welche er selbst zur Erklärung der Ursachen für die Umbil- dungen der Erdoberfläche aufgestellt hat, als deren Folge oder Wirkung die einzelnen That- sachen sich ergeben, die nicht isolirt dastehen, sondern im ;begründeten ununterbrochenen Zusammenhange, sowohl dem Raume als der Zeit nach erscheinen sollen. Er bezog sich dabei auf die bereits gewonnene bedeutende Ausdehnung positiver geo- graphischer und geologischer Kenntniss, nach den Arbeiten Ritter’s, Boue's u. s, w.
Hr. v. Hauslab, dieser eifrige Forscher in den Na- turwissenschaften,, bedient sich einer eigenthümlichen gra- phischen Methode. Er brachte alle physikalischen Er- scheinungen auf der Erdoberfläche und in der Atmosphäre im Zusammenhange in übersichtliche Bilder, und zwar in einer Art, dass sie von Jedem schnell verstanden werden können. Während Berghaus in seinem physikalischen Atlas die Richtung der Wind- und Meeresströme z. B. nur mit vereinzelnten Pfeilen andeutet, wählte Hr. v. Haus- lab eine Bezeichnungsart,, welche auf den ersten Blick den ununterbrochenen Zusammenhang der Erscheinungen zu er- kennen gibt. Besonders interessant unter vielen andern Karten ist Eine, worin er, mit Berücksichtigung des jetzi- gen Reliefs der Erde, den ehemaligen Zug der Meeres- ströme über die Continente nachweist. Am ausführlichsten beschäftigte er sich mit der Untersuchung der Terrainfor- men. So wie Mohs an den Mineralien deren Gestalt,
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Härte, Gewicht ete., kurz alle naturhistorischen Eigen- schaften beobachtete , sie in Species, Genera, Ordnungen und Classen theilte, und die Mittel angab, sie zu erken- nen und zu unterscheiden, eben so untersuchte Herr von Hauslab die Terrainformen auf der gesammten Erdober- fläche, theilte sie in Arten, Geschlechter, Ordnungen und Classen, zeichnete und modellirte alle diese Formen sowohl im Einzelnen, als auch’ nach ihrer Verbindung und nach ih- rem Vorkommen auf der Erdoberfläche, und schloss zuletzt auf die Art ihres Entstehens, je nachdem sie die Spuren der Feuer- oder Wasserbildung an sich tragen. Im Jahre 1843 sendete Hr. v. Hauslab mehrere dieser ganz eigenthüm- lich gezeichneten Karten an die geologische Gesel}schaft von Frankreich, deren Mitglied er ist, welcher Arbeit im Bülletin 1844, pag. 569 Erwähnung geschieht. Sie bestehen aus einer Weltkarte, und Blättern von Europa, Spanien und der Türkei, nebst mehreren Seekarten, alle mit Hori- zontalschichten und der Art colorirt, dass jede höhere Schichte im Gebirge und jede tiefere Schichte im Meere immer einen um einen Grad dunkleren Ton erhielt. Das Relief tritt dadurch ungemein deutlich hervor. Durch diese Karten suchte Hr. v. Hauslab nachzuweisen, welche auf- fallende Aehnlichkeit zwischen den Formen am Grunde des Meeres und auf den Continenten besteht, und wie an bei- den Orten die Beckenform vorherrseht. Also auch die jetzi- gen Hochländer und Gebirge bildeten einst die Ränder von Meeresbecken. Ferner gab Hr. v. Hauslab strenge Un- terscheidungs- Merkmale an, für orographische , hydrogra- phische und geognostische Becken, und zeigte, dass auf der ganzen Erdoberfläche, mit Hinweglassung der subor- dinirten Becken, eigentlich nur fünf grosse, geognostische Becken vorkommen, wovon das nord-atlandische die Rei- henfolge eller Formationen in grosser Ausdehnung und Ent- wickelung, das süd-atlandische und indische Spuren der- selben im geringen Masse zeigen, in den beiden oceani- schen aber die Mittelglieder fehlen, und die tertiäre unmit- telbar auf die krystallinische, sogenannte Urformation folgt. Auf diese Art — also nur durch die Hilfe der Zeich- nung und des Zusammenfassens gleichartiger Erscheinun-
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gen — ist es Hrn. von Hauslab möglich geworden, eine bestimmte Ansicht von der Anordnung der Vertheilung der Mineralien im Raume aufzustellen.
Eine andere Theorie, den Zusammenhang der Erschei- nungen zu begründen, stellte Herr Hauptmann Streff- leur auf.
Er hatte Gelegenheit gehabt, die Arbeiten von Haus- lab’s und dessen Untersuchungen der Terrainformen genau kennen zu lernen, und war dadurch zur Ueberzeugung ge- kommen, dass eine richtige Zeichnung der Raumverhältnisse, in welchen die einzelnen 'Thatsachen zu einander stehen, das Urtheilen und Anffinden von Ursachen des allgemeinen Zusammenhanges ungemein erleichtern. Er fing sonach selbstständig zu zeichnen und zu combiniren an, und be- mühte sich nebst der Gebirgsentstebung auch andere zur Geschichte der Erdoberflächenbildung gehörige Erscheinun- gen zu erklären, z. B. die Ursachen der Temperatur - Ver- änderung auf der Erdoberfläche, die Ursachen des Niveau- Unterschiedes der Meere, die Nivcau-Veränderungen des Meeres bezüglich des Festlandes, namentlich das Sinken oder Steigen des Meeres, die Hebung Schwedens, Chilis, Italiens, etc., ferner den Ursprung und die Verbreitung der grossen Fluthen, das Vorkommen der Mammuthe in Sibi- rien, die Ursachen des specifischen Gewichtes des Seewas- sers, die Verbreitung der erratischen Blöcke u. s. w. — lauter 'Thatsachen, die durchaus nicht ausser dem Zusanm- menhange mit der Gebirgsentstehung gelassen werden kön- nen, und die Hr. Streffleur alle aus einer allgemeinen Ursache, nämlich aus der Einwirkung der Rotation auf das Flüssige,, abzuleiten sucht. Hr. Streffleur benützte da- bei Hrn. v. Hauslab’s Methode der graphischen Darstel- lung, doch machte er auf den eigenthümlichen Weg auf- ınerksam, den er bei seinen Forschungen befolgte, und der ihn zu Resultaten führte, die dann Haupigegensätze zu dem bilden, was, wie er angibt, jetzt in der Geologie all- gemein für richtig gehalten wırd, und zwar gibt er an:
1) Die Continente zeigen unläugbare Spuren einer ehe- maligen Wasserbedeekung. Die Geschichte jedes Conti-
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nentaltheiles als solcher beginnt nun mit dem Augenblicke; als er sich der Meeresbedeckung entzieht, und zur Bede= ekung mit Land-Gewächsen und Thieren fähig wird: Theilt man das jetzige Relief der Erde nach seinen absoluten Hö= hen über dem Meere nach aufwärts durch horizontale Schnitte in Schichten, und nimmt man für die urweltlichen Zeiten den Stand des Wassers die höchsten Schichten be- deckend an, so glaubt man allgemein, —es möge das Was- ser langsam sinken, oder die Continente langsam über das Meer emporsteigen, — dass die obersten Schichten, näm- lich die Bergspitzen, zuerst, und die untersten Schichten über die Flachländer zuletzt trocken wurden.
Herr Hauptmann Streffleur im Gegentheile geht von der Ansicht aus, dass die Wassserbedeckung einer rotiren= den Kugel (wie es sich durch Experimente nachweisen lässt), von den Polen sich abzieht und am Aequator sich aufhäuft; wodurch bedeutende Höhen in der Nähe des Aequators noch lange. unter Wasser bleiben, während die Flachländer zu= nächst den Polen schon trocken liegen, demnach als Conti- nente älter sein müssen, als äquatoriale Hochländer. Die geognostischen Untersuchungen auf der Erdoberfläche be- stätigen diesen Satz, indem man tertiäre Bildungen unter der Meeresbedeckung auf den hohen Puncten des asiati- schen Hochlandes, in Amerika und in den Alpen findet; während solche in den flachen Polarländern gar nicht anzu= treffen sind, was sicher beweist, dass die hohen Gegenden näher dem Aequator noch unter Wasser standen, während die flachen Polarländer schon trocken lagen. Aus diesem Satze folge ferner der alimälige Uebergang des Klimas aus dem allgemein feuchtwarmen, winterlosen, in immer grössere Gegensätze, das Vorkommen der einheimischen Palmen und Mammuthe in Sibirien, die Art der Verbreitung der Pflanzen und Thiere auf der Erdoberfläche und die all- gemeine Verbreitungsart der Mineralien.
2) In allen Geologien und physikalischen Lehrbüchern kommt folgender Satz vor: ‚‚Es ist allgemein für richtig anerkanntes hydrostatisches Gesetz, dass; wenn der Was- serspiegel der unter sich zusammeuhängenden Meere an
einem Örte erhöht oder erniedrigt wird, zum Gleichgewichte Freunde der Naturwissenschaften in Wien I; 9
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der Flüssigkeit, eine eben so grosse Erhöhung oder Ernie- drisung über der ganzen Wasserfläche verbreitet werden muss, und da nun in der Gegenwart gleichzeitig örtliche Erhöhungen und Erniedrigungen des Meeres - Niveaus an verschiedenen Küsten wahrgenommen werden, so schliessen die Geolegen, dass das Festland sich örtlich heben und sen- ken müsse.“
Nach Hrn. Hauptmann Streffleur stehen die Conti- nente fest, und das durch die Rotation bewegte Meer ist es, welches in Folge der Veränderungen des Meeresgrun- des, und durch zeitweises Zu- und Ablenken der Meeres- ströme gegen und von den Continenten, an gewissen Kü- sten ein zeitliches Steigen oder Fallen des Wasserspiegels hervorruft. Aus diesem Satze erklärt Streffleur die Ursachen des Nivean - Unterschiedes der heutigen Meere, so wie alle angenommenen Hebungen und Senkungen der Continente, nur als Folge veränderter Localverhältnisse und eben so das allgemeine Sinken des Meeres - Nivean’s durch die Veränderung der Configuration des Seegrundes.
3) Nehmen nach Herrn Hauptmann Streffleur alle Geologen an, sie mögen der plutonischen, neptunischen oder der Kıystallisations - Theorie angehören, dass iu einem Raume auf der Erdoberfläche, in. welchem sich Sediment- gesteine gebildet haben, die tiefen Stellen sich mit diesem Gesteine mächtiger als die seichten ausfüllten oder über- deckten, so dass man die Ablagerungen horizontal oder nach der Unterlage geneigt, doch aber in den Tiefen immer mächtiger, als an den Rändern annehmen müsse.
Herr Hauptmann V. Streffleur selbst bezieht alles auf das Maass der Bewegung oder die Ruhe des Wassers, ‚und behauptet, dass die Niederschläge aus dem Wasser, sie seien mechanischer oder krystallinischer Natur, im beweg- ien Wasser auf und an den Grundhöhen und nicht in der Tiefe, im ruhigen Wasser aber in den Grundtiefen sich bil- den. Aus diesem Satze endlich, in Verbindung mit dem ersten, folgt auf der ganzen Erdoberfläche local begründet, die Lagerungsart der Gebirgsgesteine, je nachdem sie auf den Höhen oder die Tiefen ausfüllend zu finden sind, und
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insbesondere die Geschichte des scheinbar so verworrenen europäischen Bodens.
Herr Hauptmann V. Streffleur legte endlich das von ihm so eben herausgegebene Werk vor: „Die Ent- stehung der Continente und Gebirge unter dem Einflusse der Rotation“, und empfahl vorzüglich die von Herrn Obersten v. Hauslab vorgeschlagene graphi- sche Methode bei der Beurtheilung der Resultate geologi- scher Untersuchungen:
Herr Dr. Hammerschmidt zeigte der Versammlung ein den Naturforschern noch wenig bekanntes Thier aus der Familie der Nagethiere. Dasselbe wurde von dem gegenwärtigtin Mexico befindliehen Pflanzensammler Hrn. Carl Heller mit der letzten Sendung übermittelt , und dürfte das in Wiegmanns Archiv, 10, Jahrgang. Pag: 240, von Reichardt und in Schinz Synopsis mam= malium, unter dem Nahmen: Cercolabes Liebmanni (Lieb- manns-Cuiy), beschriebene Thier sein. Dasselbe gehört zur Abtheilung der Stachelschweine (Hystrix),; welche Thiere in der Landessprache in Mexico: Coendu heissen: Das Thier misst von der Schnauze bis zum Schwanzende 2—2'/; Schuh und ist von schwärzlich brauner Farbe. An der Schnauze hat es kurze Borsten, die einzelnen Haare des Schnurrbartes sind 4—6 Zeil lang, schwarz, an der Spitze bräunlich : der Kopf ist mit festen in eine sehr feine Spitze auslaufenden '/,—1 Zoll langen Stacheln dicht be- setzt; die einzelnen Stacheln sind glänzend lichtgelb, glatt, an der Spitze etwas rauh und schwarz; der Rücken, die Brust und die Seiten des Körpers sind ebenfalls mit ähnlichen Stacheln, aber nicht so dicht besetzt als derKopf; die Sta- cheln selbst unter den 2—3 Zoll langen sehr dichten schwarz- braunen Pelzhaaren verborgen; die längsten Stacheln bis 2 Zoll lang befinden sich am Rücken und an den Seiten; die Farbe des dichten Pelzes wird von den Seiten an gegen den Bauch zu lichter, die Haare selbst an letzterer Stelle wolli- ger; der Schwanz 6—8 Zoll lang, ist bis über die Mitte mit dünnen Stacheln und schwarzen Borsten bedeckt, gegen die Spitze zu aber fast kahl und mit Schuppen versehen; die Klauen sind scharf, die Füsse kurz, In der zoologischen
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Sammlung des hiesigen k. k. Hof-Naturalien-Cabinetes fin- det sich das angezeigte Thier nicht vor. — Ausser dem eben beschriebenen Cercolabes Liebmanni übermittelte Hr. H el- ler auch noch zwei Exemplare von Cercoleples caudivol- vulus (Viverra caudivolvula), Männchen und Weibchen; ein ebenfalls in den zoologischen Sammlungen nicht häufig vorkommendes Thier, welches auf den Antillen, in Suri- nam und in Mexico vorkömmt, und zur Familie der Bären gehört. Alexander v. Humboldt hat dieses Thierchen in Südamerika am Rio negro angetroffen, wo es Manavier heisst ; dann in den Urwäldern von Maranham und in Neu- Granada. Seinem Betragen nach ist es ein Gemisch von Bären, Hund, Affe und Zibeththier, der Leib ist marderför- mig gestreckt, der Kopf fuchsartig, der Pelz sehr weich, hellbraun, 'gegen den Bauch zu lichtgelb und go!dschim- mernd; der Schwanz so lang als der Leib, ist dicht kurz behaart und dient dem Thier, so wie jener der Wickel- Affen um sich an den Zweigen fest zu halten, um auf Bäume zu klettern und Gegenstände damit zuznziehen. Nach Owen fehlen diesem Thiere die Schlüsselbeine, wie andern zu dieser Familie gehörigen Thieren. Das von Hrn, Dr. Hammerschmidt vorgezeigte 'Thier misst von der Schnauze bis zum Schwanz 18 Zoll, der Schwanz selbst ebenfalls 18 Zoll.
Herr Franz Ritter v. Hauer machte eine Mittheilung über die braunkohlenführenden Gebirgsschichten der Gegend von Guttaring und Althofen in Kärn- then, welche, ungefähr 4 Meilen nordöstlich von Klagen- furt gelegenen Orte, er im Laufe des diessjährigen Som- mers in Gesellschaft des Herrn A. v. Morlot besucht hatte. Die obersten Schichten der im Ganzen nur wenig ausgedehnten Ablagerung bestehen aus einem mit zahllosen Nummuliten ganz erfüllten Kalksteine; darunter liegen theils gelblich, theils grau gefärbter Mergel mit verschiedenen organischen Resten. Den tieferen 'Theilen dieser Mergel- schichten ist ein Braunkohlenflölz eingelagert, welches be- reits seit längerer Zeit im Abbau steht. Die ganze Bildung voht auf älterem Schiefergebirge.
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Es war bisher noch nicht mit voller Sicherheit ermit- telt worden, welcher Formation die Schichten von Gutta- ring zuzurechnen seien. Keferstein, in seiner geogno- stischen Darstellung von Deutschland, VI. pag. 197, ob- schon die Aehnlichkeit der daselbst gefundenen Fossilien, mit denen der Tertiärepoche anerkennend, rechnet sie den Flysch oder Gosaubildungen zu; eine Ansicht, der man in neuerer Zeit ziemlich allgemein beizustimmen scheint. Auf der geognostischen Karte von Deutschland, herausgegeben beiSchropp in Berlin, sind sie als miozen angenomen. Boue in seinem Apercu sur la conslilution geologique des Provinces Illyriennes in den Memoires de la societe geolo- gique de France II. p. 84 hebt die Aehnlichkeit einiger Guttaringer Fossilien mit denen des Pariser Backen hervor, und vermuthet, sie seien eozen.
Durch eine grössere Anzahl von te Resten, die Hr. v. Hauer von Guttaring für das k. k. montanisti- sche Museum mitbrachte und den Anwesenden vorzeigte, wird diese Vermuthung aufs Vollständigste bestätigt. Es finden sieh darunter:
Myliobales goniopleures Ag.
Crustaceen.
Natica intermedia J,am. In den Sammlungen gewöhn- lich als Ampullaria, und von Keferstein als A. nobilis bezeichnet.
Turritella am ähnlichsten der 7. imbricalaria Lam.
Fusus scalaris Desh.
Cerithium combuslum Brongn.
5 lamellosum Desh. jr mutabile Lam, oder funalum Sow.
Serpula nummularia u. a.
Alle diese Fossilien gelten ais bezeichnend für Eozen- Bildungen, Corbula crassa allein erinnert an Miozen- Schichten; aber keine einzige Art der Gosauformation wurde angetroffen.
Die Uebereinstimmung der erwähnten kleinen Ablage- rung mitten im Zentralstocke der östlichen Alpen mit der älteren Tertiärformation der Umgebungen von Paris und Lon- don erscheint um so auffallender, wenn man bedenkt, dass
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alle genauer bekannten Molasse-Ablagerungen in den östli- chen Theilen der Oesterreichischen Monarchie, im südlichen Steiermark, in Ungarn und Siebenbürgen, in Galizien u. s w., so wie das Becken von Wien selbst, der mitteltertiären Epoche angehören, ja dass die genannte Formation, mit Ausnahme des Val die Ronca im Vizentinischen, noch nir- gends in unserem Kaiserstaate mit Sicherheit nachgewie- sen wurde.
Schliesslich zeigte Hr. v. Hauer einen Fusus scalaris, den das k. k. montanistische Museum von Hrn. Al. v. Schwab aus den Braunkohlenwerken bei Gran in Ungarn erhalten hatte, und der auf das Vorhandensein von Eozen- schichten auch in dieser Gegend hinzudeuten scheint.
Hr. Professor Johann v. Pettko von Schemnitz setzte die Gründe auseinander, welche die Aufnahme der che- mischen Eigenschaften derMineralien in die Mi- neralogie, die vorzugsweise Mohs aus derselben gänzlich ausgeschlossen wissen wollte, nicht nur zulässig, "sondern auch nothwendig machen. Nach seiner Ansicht macht die Chemie selbst einen wesentlichen Theil der allgemeinen Na- turgeschichte aus, und ihre Resultate können und müssen daher in der Mineralogie mit demselben Rechte und Noth- wendigkeit benützt werden, mit welchem die Resultate der letzteren in der Geologie in Anwendung kommen.
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18. Versammlung, am 31. August. Wiener Zeitnng vom 22. September 1846.
Herr Professor R. Kner aus Lemberg zeigte einer Versammlung von Freunden der Naturwissenschaften eine fossile Sepienschulpe aus dem.Grauwackenge- hirge des östlichen Galizien. Er bezeichnete als vorzüg- lich günstig für das Studium der neptunischen Formatieneh die Länderstrecke, welche zwischen dem Dniester und dem Höhenzuge gelegen ist, welcher bei Zloczow und Tarnopol die Wasserscheide zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meere bildet, Vom Stromthale des Dniesters aufwärts längs
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eines der Nebenflüsse, z B. der Niezlowa oder des Sered bis gegen Tarnopol durchwandert man so zu sagen alle Jahrtausende, die zur Ablagerung neptunischer Bildungen von ihrem ersten Beginn bis zur jüngsten Vergangenheit er- forderlich waren. Vom halbmondaugigen längst verschwun- denen Trilobiten durch die artenreiche Kreide der Secundär-. zeit bis zu den bekannten Muschelformen der Tertiärbil- dungen zieht sich die lange Reihe verschieden geformter Organismen, die wohl alle fast auf demselben Raume aber in sehr entfernten Zeiten lebten und die nun alle im nahen Vereine, in Einem Zeitraume zu überblicken und zu erforschen dem Beobachter gegönnt ist. Hr. Prof. Kner durchforscht seit einigen Jahren die reichen Fundgruben jener Ablagerungen und beabsichtigt, das viele Neue, wel- ches 'er’ schon gefunden hat, nach und nach bekannt zu machen. Eine vorläufige Mittheilung schien besonders der heute vorgezeigte paläozoische Ueberrest zu verdienen.
In der, im weiten Umfange des Dniester - Gebiethes ausgedehnten Grauwacken-Formation, über welche Pusch in seinem verdienstvollen Werke leider nur kurze Andeu- tungen geben konnte, fand Prof. Kner schon bei einer früheren Excursion im Jahre 1844 Bruchstücke einer Schale oder eines Gehäuses von eigenthümlicher Struktur, von denen sich weiter nichts bestimmen liess, als dass es kei- ner Muschei oder Schnecke angehöre.
Bei einer diessjährigen im Julius unternommenen Excur- sion war derselbe so glücklich, in Zaleszezyk ein voll- ständiges Exemplar dieser vermeintlichen Schale zu erhal- ten, deren Totalform für den ersten Anblick allerdings an einen Myacit erinnerte! Bei genauerer Betrachtung ver- schwand jedoch diese scheinbare Aehnlichkeit. Die eigen- thümliche zweifache Structur liess erkennen, dass sie, wie schon Prof. Bronn nach einigen, demselben mitgetheil- ten Bruchstücken vermuthete, einem Sepienähnlicheu Thiere angehören könnten. Das von Hrn. Prof. Kner aufgefun- dene Exemplar, das erste und bisher einzige von solcher Grösse und Vollständigkeit, bestätigt auf das bestimmteste
‚diese Vermuihung. Es hat in seiner äusseren Form die
grösste Aehnlichkeit mit der sogenannten Schulpe des ge-
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meinen Tintenfisches (Sepia officinalis) , ist so wie diese oval gestaltet und aus zweierlei Schichten zusammenge- setzt, aber etwas kleiner, 2 Zoll breit und ungefähr 4 Zoll lang. Es sitzt mit der äusseren Fläche auf einem grauen Kalksteine auf, so dass diese nicht sichtbar ist. Die Innen- fläche der äusseren Lage ist an einigen Stellen, wo die innere Schichte weggebrochen ist, hlake gelegt, und zeigt hier concentrische Linien; wie die gemeine Sepia, die je- doch ausserordentlich fein, und nur durch die Loupe sicht- bar sind. Viel wesentlicher noch weicht die innere Schichte ab. Bei der gemeinen Sepia besteht diese bekanntlich aus zahlreichen übereinanderliegenden Blättchen, die durch fa- serige Kalkmasse von einander getrennt sind, ‘und in so grosser Anzahl übereinder liegen; dass sie noch über die Innenfläche der äusseren Schichte hervorragen, so zwar, dass hier die Aussen- und Innenfläche convex erscheinen. Bei dem vorgezeigten Fossile dagegen hesteht sie aus kur- Zen, soliden , meist sechsseitigen ‚Säulehren, die senkrecht auf die Innenfläche der äusseren Schichte gestellt sind, und diese wie ein Pflaster bedecken. Sie sind in der Mitte kleiner, an den Rändern grösser, und gegen Innen noch von einer dünnen, glatten, bläulichweissen Kalkschichte bedeckt. Die Innenfläche der ganzen Schulpe ist hier noch tief concav.
Es wurde noch besonders darauf hingewiesen, dass die Schichten, in welchen diese Schulpe gefunden wurde, ent- schieden der Grauwackengruppe und aller Wahrscheinlich- keit nach dem silurischen Systeme angehören; während die wenigen bisher gefundenen Fossilreste aus der Familie der Sepiadae auf die Tertiär- und Jura - Epoche beschränkt sind; ja von der ganzen Gruppe der Cephalopoda acetabu- üifera kannte man bisher keine Ueherreste in Schichten älter als der Lias.
Hr, Prof. Joh. v. Pettko aus Schemnitz hatte im vorigen Jahre bei einer ausführlichern geologischen Unter- suchung der Umgegend von Kremnitz auch die mannigfal- tigen Uebergänge der trachytischen und andern vulkanischen Gesteine aufmerksam verfolgt. Er zeigte mehrere derselben in zu dem Zwecke gesammelten Reihen
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von Exemplaren vor. Der Peristein geht durch den Sphärulitfels in den Feldsteinporphyr über. Dieser zeigt sich in der Umgegend von Kremnitz in der That als ein durchaus dichter Sphärulitfels. Auch der Mühlsteinpor- phyr schliesst sich denselben an. Anderer Seits geht der Perlstein in den Bimsteinporphyr über, und zwar kann man als Zwischenglieder die bimsteinähnlichea Perlsteinschiefer betrachten. Endlich hat Herr Prof. v. Pettko durch seine Untersuchungen nachgewiesen, dass die Porzellanerde, welche bei der Kremnitzer Geschirrfabrik verwendet wird, eine verwitterte Porphyr- breccie sei.
Eine andere Mittheilung von Herrn Prof. v. Pettko betraf ein interessantes Vorkommen von Basalt aus der Gegend von Kremnitz, welches durch einen Durch- schnitt erläutert wurde. Dieser Basalt erhebt sich in dem Bassin von Jasztraba aus einem braunkohlenführenden Sand- steine zu dem steilen Kegel Ostra Hora, und sendet von da einen etwa zwei Stunden langen, und stellenweise meh- rere hundert Schritte breiten Strom von gleicher Beschaf- fenheit in südwestlicher Richtung aus. Dieser letztere liegt ganz auf Conglomeraten und Sandsteinen auf, und reicht . ununterbrochen bis an das Kremnitzer Thal. Dort wird er unterbroehen, und erscheint auf der andern Seite an dem Berge Smolnik, nordöstlich von H. Kreuz als ein Basalt- Plateau. Diesen letztern hat bereits Beudant beschrie- ben , aber das Lagerungsverhältniss erschien immer räth- selhaft, bis es gelang, ihn mit dem am jenseitigen Gehänge anstehenden in Zusammenhang zu bringen, wodurch das Kremnitzer Thal, wenigstens in seiner untern Hälfte, als Auswaschungsthal erscheint.
Endlich legte Herr Prof. v. Pettko als Basis einer neuen Betrachtungsart der Krystallsysteme die consequente Annahme von parallelepipedischen Grundgestal- ten vor.
Bekanntlich sind in zweien ‚der Krystallsysteme, wie sie nun allgemein angenommen sind, die Grundgestalten bei Mohs, das Hexaeder für das tessularische , und das Rhomboeder für das rhomboedrische System: Die Grund-
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gestalten für die übrigen Systeme sind die Pyramide für das pyramidale ; das Orthotyp für das prismatische System. Für das augitische und anorthische System sind die Grundgestalten das Augitoid und Anorthoid, die beiden letztern Namen von Haäidinger statt der M ohs- schen Hemiorthotyp und Anorthotyp eingeführt.
Die letztern Vier haben sämmtlich dem Oktaeder ana- loge Gestalten und sind von Dreyecken umschlossen. An ihrer Statt substituirt Hr. Prof. v. Pettko parallelepipe- dische Formen, welche in den Combinationen, eine dem Hexaeder entsprechende Stelle einnehmen. Er leitet sie durch Verlängerung einer oder zweyer der Axen aus den zwei ersten der oben erwähnten Grundgestalten ab. Das Hexaeder gibt durch Verlängerung der Hauptaxe ein quadratisches, durch ungleiche Verlängerung zweier Axen ein rechteckiges Prisma. Auf ähnliche Art er- hält man aus dem Rhomboeder ein schiefes rhombi- sches und ein schiefes rhomboidisches Prisma. Er gab folgende Uebersicht der Krystall- Systeme nach ihren Axen.
Die drei Axen der Grundgestalt:
rechtwinklig, schiefwinklig,, alle gleich: tesseral, rhomboedrisch, zwei gleich: pyramidal, augitisch,
alle ungleich; prismatisch, anorthisch, und die krystallographischen Zeichen dieser Grundge- stalten : H, R, Du... 0, 0. A, 0..=D. «DD, 0... »H. . «HH.
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19. Versammlung, am 7. September.
Wiener Zeitung vom 11. October 1846.
Herr Dr. Moriz Hörnes erstattete Bericht über eine Excursion, welche er kürzlich längs der eben im Bau begriffenen Eisenbahn von Neustadt nach Oeden- burg unternommen hatte, um die bei diesem höchst merk- würdigen Bau bloss gelegten Gebirgsschichten zu stu- diren, und die allenfalls vorkommenden fossilen organischen Reste zu sammeln. Der 11 Klafter tiefe Einschnitt vor Mat- tersdorf bot hierzu die beste Gelegenheit. Es zeigte sich in den oberen Schichten ein graulich gelber, sandiger Thon (Lehm) unter welchem der blaulichgraue Thon (Tegel) folgte, der bis an den Grurd des Einschnittes fortdauert. In einer geringen Entfernung von dem Einschnitte, gegen Neustadt zu, befinden sich mächtige Sandablagerungen , welche unmittelbar auf dem Tegel zu liegen scheinen; die- selben zeichnen sich durch ihren ungemein Petrefactenreich- thum aus, es sind zwar nur wenige Species, dieselben aber in ungeheurer Anzahl vorbanden. Diese sind Buccinum baccalum. Bast. Murex sublavatus. Bast. Pleurotoma rustica. Broce. Cerithium pietum. Bast. , inconslans. Bast., plicalum. Lam. Trochus Bouei. Parisch, conifor- mis. Eichw., Poppelackü. Partsch. Solen vagina. Lin. Mactra inflata. Bronn. Crassatella dissita Eichw. Donax Brocchü. Defr. Venus gregaria. Partsch. Cardium plica- tum. Eichw., vindobonense. Parisch. und eine Modiolat. Hr. Dr. Hörnes zeigte Exemplare davon vor. Ganz ge- nau dieselbe Species, und auch nur diese kommen unter ganz gleichen Verhältnissen zu Billowitz in Mähren, zu Höflein, Hauskirchen, Pullendorf, Nexing, Gaunersdorf, Pirawart, Traufeld, Azelsdorf, Ebersdorf im V. U. M. B. ferner zu Mauer und Helles im V. U. W. W. und zu Oedenburg in Ungarn vor, während an den so artenreichen Fundörtern zu Baden, Möllersdorf, Gainfahrn, Enzesfeld, Pötzleinsdorf, Grinzing, Steinabrunn keine Spur dieser
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Versteinerungen zu finden ist, oder dieselben nur als eine grosse Seltenheit vorkommen.
Hr. Dr. Hörnes erwähnte zugleich, dass er die An- gabe der drei ersten höchst interessanten Fundorte, einer freundlichen Mittheilung des Herrn Joseph Poppelack, fürstlich Liechtensteinischen Architekten zu Feldsberg, eines eifrigen Sammlers verdanke. — Herr Custos Partsch hat bereits diese Sandschichten in den erläutern- den Bemerkungen zu seiner vortreffliehen geognostischen Karte des Beckens von Wien, als ein den Tegel bedecken- des Glied der tertiären Ablagerungen nachgewiesen, und nannte insbesondere die in diesen Sandlagern häufig vor- kommenden horizontalen Bänke eines sandigen Kalkes mit zahllosen Einschlüssen dieser Conchylien: Grobkalk. Auch Herr Franz Ritter von Hauer, Assistent des monta- nistischen Museums hat in seinem Aufsatze: „„Ueber die bei der Bohrung eines artesischen Brunnens am Bahnhofe der Wien-Raaber Eisenbahn durchfahrenen Gebirgsschichten“ (Wiener Zeitung vom 14. April 1546) nachgewiesen, dass dieselben Versteinerungen , ebenfalls vereint, in einer Tiefe von 77 Klafter sich vorfanden. Auch machte derselbe da- mals schon aufmerksam, dass die Vertheilung der Fossilien im Allgemeinen und die Sonderung der ganzen Formation in einzelne Gruppen, Gegenstand vielfältiger Untersuchun- gen sein dürfte. — Erwägt man, dass bis jetzt die fos- silen Reste von nahe 700 Species im Tertiärbecken von Wien aufgefunden wurden, so ist dieses locale Auftreten einiger weniger Species in so ungeheurer Anzahl immer höchst merkwürdig und dürfte in der Folge einen wichtigen Stützpunct zur Enthüllung der Geschichte des Wiener Beckens abgeben.
Am südwestlichen Ende des Ortes Mattersdorf findet man ein Sandlager mit groben Geröllschichten, in welchen sehr gebrechliche Conchylien-Fragmente von Conus Mercati Brocc. , Conus fusco-cingulatus Bronn., Trochus palulus Broce., Lucina divaricata Lam., Uyprina islandicoides Lam., Venericardia Jouanneti. Bast., intermedia. Broce. Isocardia cor. Lam., Chama gryphina Lam; ferner die bis jetzt anderwärts im Wiener Becken noch nicht aufge-
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fundenen Korallen: Porites Deshayesiana. Mich., Astraea polygonalis. Mich., awvertiaca. Mich. , hirlolamellata Mich., Gwueltardi Mich., microstella Mich. vorkommen , und welche daher mit den Ablagerungen von Pötzleinsdorf sich parallelisiren lassen und nach Partsch als unterstes Glied jener Sandschichten angenommen werden müssen.
In einem Einschnitte bei Rohrbach endlich kamen in einem gelblich grauen Tegel jene Conchylien vor, welche den tiefsten Schichten anzugehören scheinen, und welche in zahlreichen Arten in den Ziegelöfen zwischen Baden und Vöslau und zu Möllersdorf vorkommen. Als besonders cha- rakteristisch wurden hervorgehoben: : Pleuroloma dubia Lam. Trochus Schreibersianus Partsch., Dentalium elephanti- num Broce., Bouei Desh. Turbinolia duodecim - costata Goldf., cuneata Goldf. und mullispina. Mich. Schliesslich sprach Hr. Dr. Hörnes noch den lebhaften Wunsch aus, es möchten diese Andeutungen ein allgemeineres Interesse an der Geschichte der Bildung unseres Bodens erregen, denn nur vereinten Kräften bleibt es vorbehalten die Frage: „Wie hat sich der Boden, den wir bewohnen, gebildet ?“ genü- gend zu beantworten.
Herr Rumler, Custos-Adjunet am k. k. Hof-Minera- lien-Cabinete, lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf eine von Herrn Peter Rittinger, k. k. prov. Poch- werks - Inspector in Schemnitz angegebene, auf dem Prin- cipe des Bader’schen Gebläses beruhende Saugpumpe ohne Kolben. Es wird nämlich bei ihr der luftverdünnte Raum und das Emporheben des Wassers dadurch bewirkt, dass ein eisernes, mit einem Stengel-Ventil und einem Aus- guss versehenes Rohr (das Saugrohr), indem es mit seinem unteren Ende in Quecksilber taucht, senkrecht auf - und ab- wärts bewegt wird.
Das Quecksilber befindet sich in einem Raume, welchervon einem gleichfalls eisernen, an seinem oberen Ende durch ein Stengel-Ventil geschlossenen Rohre (dem Steigrohre), und von einem dieses umgebenden , etwas kürzeren, nach Oben sich erweiternden, nach Unten aber durch einen Boden mit dem- selben verbundenen Cylinder gebildet wird. Das Saugrohr ist über das Steigrohr so geschoben, dass mit seinem unteren Ende
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in das zwischen diesem und den dasselbe umschliessenden Cylinder enthaltene Quecksilber reicht.
Hr. Rumler zeigte auch ein sehr gut gearbeitetes Modell dieser Pumpe vor und beschrieb es in allen seinen Theilen. Unter den Vortheilen , welche eine solche Pumpe gewähren möchte, hob derselbe vorzügllich den heraus, dass sich mittelst derselben trübes Wasser, selbst dann, wenn es scharfen Sand mit sich führen sollte, ohne den geringsten Anstand heben lasse, indem hier die bei den Pumpen mit Kolben so schnell eintretende Abnützung des letzteren nicht eintreten könne, wie sich dieses an einer ähnlichen Pumpe , welche schon seit längerer Zeit in Schem- nitz zum Heben der Pochtrübe angewendet wird, hinlänglich bewährt haben dürfte.
Hr. Franz Ritter v. Hauer theilte einige Nachrichten mit über das Vorkommen der Caprinen in den Gosau- bildungen der österreiehischen Alpeu.
Eine sehr schöne Art dieses wenig bekannten Ge- schlechtes findet sich zu Adrigang, nördlich ven Grünbach am Fusse der Wand. Sedgwick und Murchison in ihrer Abhandlung On the structure of Ihe easlern alps etc. elc. gelesen in der geologischen Gesellschaft in England im Jahre 1829, machten zuerst von einer an diesem Orte vor- findlichen , aufgewachsenen Muschel Erwähnung, ohne je- doch über ihre Bestimmung, etwas weiteres bekannt zu ge= ben. Von demselben Fundorte brachte Herr Bergrath W. Haidinger im Sommer 1842 eine schöne Suite von Fossilien in das k. k. montanistische Museum und eben da- hin kam eine reiche Anzahl von Stücken, welche späterhin Hr. v. Hauer in Gesellschaft der Herren Dr. v. Ferstl und Adolph Patera gesammelt hatte.
Diese reichen Vorräthe erlaubten eine genaue Untersu- chung dieser Anfangs für Diceras gehaltenen Bivalve, wel- che herausstellte, dass sie dem Geschlechte Caprina d’O r= bigny (Vater) angehöre. Die merkwürdige Structur der Deckelklappe, durch welche sich Caprina so auffallend von allen bisher bekanuten Muschel= Geschlechtern unterschei- det, ist an den Stücken, die den Anwesenden. vorgezeigt wurden , vollkommen deutlich zu erkennen. Es zeigen sich
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zwei gesonderte Schichten: eine sehr feine, mit concentri- schen Zuwachsstreifen versehene, braun gefärbte Epider- mis, und eine innere dicke Lage von weissem Kalkspathe, die aus zahlreichen, verticalen, von Innen nach Aussen an Zahl zunehmenden Lamellen besteht. Ist die Epidermis zerstört, so erscheinen diese Lamellen als feine Radialstrei- fen. Die kegelförmig aufgewachsene, mit einer sehr dicken Schale versehene Unterklappe lässt nichts von dieser La- mellenstructur wahrnehmen.
Das Schloss von Caprina ist bisher noch nirgends voll- ständig beschrieben oder abgebildet. Es zeigt sehr grosse Aehnlichkeit mit dem von Chama oder Diceras. An der Unterklappe findet sich ein sehr starker Zahn, an der Deckeiklappe sind zwei kleinere vorhanden. In jeder Klappe
‘findet sich eine Längsleiste, welehe das Innere der Muschel
unvollständig in zwei ungleiche Höhlungen theilt. Unter den bisher bekannten Caprina - Arten mag die
-hier erwähnte Art am meisten Aehnlichkeit haben mit Cu-
prina Anguilloni D’Orb., unterscheidet sich aber von ihr durch eine sehr verlängerte Unterklappe. Herr v. Hauer schlägt für sie den Namen €. Partschi vor. Sie findet sich auch in der Gosaäu selbst, jedoch, wie es scheint, sel- tener. Ein sehr schönes Exemplar von dieser Localität aus dem k. k. Hof- Mineralien - Cabinete wurde ebenfalls vor- gezeigt. 3
Schliesslich erörterte Herr. v. Hauer noch die syste- matische Stellung des Geschlechtes Caprina. D’Orbigny betrachtet sie als den Hippuriten zunächst verwandt, und
- vereinigt sie mit diesen den Brachiopoden. Deshayes
zählt sie den Acephalen zu und stellt sie zunächst der Fa- milie der Chamidae, Nach den Stücken von Adrigang zu urtheilen hat die letztere Ansieht mehr Gründe für sich. Nieht nur hat das Schloss von Diceras mit dem von C. Partschi die grösste Aehnlichkeit, sondern auch die
‚oben erwähnte Längsleiste im Innern der Schale findet sich
an den Steinkernen von Diceras arielina aus Ernstbrunn als vertiefte Furche wieder.
Eine ausführlichere Mittheilung über diese Gegenstände wird in den ‚„naturwissenschaftlichen Abhandlungen, gesam-
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melt und durch Subseription herausgegeben von W. Hai- dinger,“ erscheinen. Die dazu gehörigen Abbildungen , theils von dem k. k. Berg-Practikanten Herın Paskal Ritter v. Ferro, theils von Herrn Sandler angefertigt, wurden gleichfalls vorgezeigt.
20, Versammlung , am 14. September.
Wiener Zeitung vom 25. October 1846,
Herr Franz Ritter v. Hauer legte ein so eben in Paris in deutscher und französischer Sprache erschienenes Werk zur Ansicht vor, welches den Titel führt:
„Die fossilen Foraminiferen des tertiären Beckens von Wien, entdecktvon Sr. Exec. Rit- ter Joseph v. Hauer und beschrieben von Alcide d’Orbigny. Veröffentlicht unter den Auspicien Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich,“ und erstattete Bericht über den wesentlichen Inhalt dieses Buches.
Die Foraminiferen sind bekanntlich mikroskopisch-kleine Thierchen, äusserlich mit einer kalkigen Hülle bedeckt wie viele Mollusken, jedoch weit weniger hoch organisirt als diese. Ihr Körper besteht bisweilen aus einem, weit häufi- ger jedoch aus mehreren Lappen oder Segmenten von glu- tinöser Beschaffenheit, die in verschiedener Richtung an einander gereihet sind; die Schale schliesst sich genau die- sen Segmenten an und umhüllt sie gänzlich; sie hat häufig die grösste Aehnlichkeit mit der Schale gekammerter Cepha- lapoden, z. B. des Nautilus, ist jedoch ganz geschlossen ; nur die letzte Kammer zeigt eine oder mehrere sehr kleine Oeffnnngen , durch welche das 'Thier äusserst feine biswei- len verästelte Fäden (Füsse) hervorstreckt, die zur Orts- bewegung dienen. Auch die Ernährung muss durch diese Fäden bewirkt werden, da das Thier im Innern der Schale nur durch sie mit der Aussenwelt in Verbindung steht, doch fehlen hierüber bis jetzt directe Beobachtungen. Im Em- bryozustande bestehen alle Foraminiferen nur aus einem ein- zigen Lappen, beim Fortwachsen kommen immer neue Seg-
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mente zu den schon vorhandenen hinzu, und nach der Rich- tung, in welcher sie sich ansetzen, hat d’Orbigny die Foraminiferen in sechs Ordnungen getheilt; so z.B. liegen bei den Stichostegiern alle Segmente in einer geraden oder we- nig gebogenen Linie, bei den Helicostegiern in einer Spi- rale u. s.w. Die Foraminiferen sind, wie aus dem Gesagten erhellt, viel einfacher organisirt als die Echinodermen, die übrigens ähnliche Bewegungsorgane besitzen. Der Um- stand, dass sie Einzelwesen sind, stellt sie über die Poly- pen. D’Orbigny bildet daher aus ihnen eine eigene Thierklasse , die er zwischen die Stellata und Zoo- phyta stellt.
Die Foraminiferen leben häufig im Sande an den See- küsten. Fossil hat man einzelne ihrer Schalen in der Koh- lenformation und im Jura, weit mehrere in der Kreide und in der Tertiärepoche gefunden.
Der Hr. geheime Rath v. Hauer entdeckte vor etwa zehn Jahren in derNähe von Nussdorf bei Wien zufällig die Schalen einer solchen Foraminiferen- Art; er ward dadurch zu weiteren Forschungen veranlasst, welche nach und nach in beinahe allen Schichten des Wiener Beckens die verschie- densten Formen dieser Thierclasse erkennen liessen. Von den untersten Schichten des 96 Klafter tiefen artesischen Brunnens am Getreidemarkt in Wien, bis hinauf zu den höchsten Stellen, an welche die Tertiärablagerungen des Wiener Beckens an den dasselbe begrenzenden Höhen rei- chen, findet man sie in zahlloser Menge und Mannigfaltig- keit, so dass es zweifelhaft bleibt, soll man mehr die wun- derbaren Verschiedenheiten ihrer zierlichen Gestalten, oder mehr die unermessliche Zahl, in welcher sie sich vorfinden, bewundern. Am häufigsten sind sie in den zwischen und unter dem Leithakalk liegenden Mergelschichten beim so- genannten grünen Kreuze westlich von Nussdorf. An einer wenige Quadratklafter grossen Stelle findet man daselbst an 100 verschiedene Arten. Nicht wenigere finden sich im Tegel der Ziegelöfen bei Möllersdorf und Baden. Um sie darin zu entdecken, muss man den Tegel, in welchem man mit freiem Auge oft keine Spur von organischen Wesen
erblickt, schlemmen. Es gehen dabei alle feinen Thonpar- Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I. 10
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tikelchen weg, und zuletzt bleibt ein sandiges Residuum zurück , welches sich unter der Loupe als eine Anhäufung der schönsten und mannigfaltigsten Foraminiferen-Formen zu erkennen gibt.
Durch diese glänzenden Entdeckungen angespornt, ver- suchte nun der Herr geheime Rath v. Hauer, diese Thier- schalen zu sondern und zu bestimmen, und als sich in der Literatur die hierzu nöthigen Hilfsmittel nicht vorfanden, so wendete er sichfan Hrn. Alcide d’Orbigny in Paris, der sich schon seit einer langen Reihe von Jahren mit ähn- lichen Arbeiten beschäftigt hatte und nun mit der uneigen- nützigsten Bereitwilligkeit die mühevolle Untersuchung der Wiener Foraminiferen unternahm. Er erkannte sehr bald, dass die grosse Mehrzahl derselben ganz neu sei und dass eine Abbildung und Beschreibung derselben für die Wissen- schaft höchst wünschenswerth erscheine.
Der Herr geheime Rath v. Hauer, nicht in der Lage, die bedeutenden Kosten, die die Herausgabe eines derarti- gen Werkes theils für das Lithographiren der kleinen Scha- len die alle unter dem Mikroskope gezeichnet werden müs- sen, theils für die Drucklegung der nöthigen Beschreibungen fordert, aus eigenen Mitteln aufzubringen, und besorgend die Früchte langjähriger mühevoller Forschungen wieder verloren gehen zu sehen, wendete sich nun an Se. Ma- jestät den Kaiser mit der Bitte um eine Unterstützung zu diesem Zwecke. Seine Hoffnungen wurden nicht ge- täuscht. Se. Majestät geruhten nicht nur in Berück- sichtigung des hohen Interesses , welches eine in der Re- sidenz selbst und ihrer nächsten Umgebung neu aufge- schlossene Welt von mikroskopischen Thierchen für die Wissenschaft bietet, die zur Herausgabe eines- solchen Werkes nöthigen Geldmittel aus dem Staatsschatze zu be- willigen, sondern nahmen dasselbe‘ unter ihren besonderen Schutz , indem Sie auf den Titel desselben „veröffentlicht unter den Auspicien Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich‘* zu setzen erlaubten, und überdiess die Ver- theilung von 100 Exemplaren, die von der Gesammt - Auf- lage für das hohe Aerar vorbehalten waren, an alle bedeu-
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tendere in- und ausländische wissenschaftliche Corporatio- nen, so wie an namhafte Privatgelehrte gestatteten.
Hr. Alcide d’Orbigny übernahm die Redaction, und brachte nach zwei Jahren unausgesetzter mühevoller Arbeit ein Werk zu Stande, welches sicher Epoche in der Wis- senschaft machen wird. Er erkannte unter den Foramini- feren des Wiener Beckens 228 verschiedene Arten in 47 Geschlechtern, eine Anzahl, wie er sie bisher noch an keiner Stelle der Erde weder lebend noch fossil vereinigt angetroffen hatte. So enthält z. B. die Fauna des adriati- schen Meeres 140, die der Antillen 118 Arten. Von diesen 225 Arten finden sich 33 oder ungefähr 14 pCt. auch in der Subappenninen-Formation der Umgebung von Siena, und 27 oder ungefähr 12 pCt. leben noch heute im adria- tischen! Meere. D’Orbigny schliesst daraus, dass die Schichten des Wiener Beckens, nicht wie Bronn und alle neueren Forscher nach der Untersuchung der grösseren Mollusken angenommen haben, miozen seien, sondern dass sie so wie die Subappenninen - Schichten den Pliozenbil- dungen zugerechnet werden müssen; eine Folgerung, die jedoch sehr problematisch erscheint, und zu ihrer Begrün- dung insbesondere noch eine Sonderung der einzelnen For- men nach ihrem Vorkommen in den Tegel- und Sandschich- ten, so wie in den verschiedenen Localitäten, erfordern würde.
Alle diese 228 Arten sind auf21 Tafeln mit einer Schön- heit und Treue abgebildet, welche den hohen Standpunet erkennen! lassen, den die Lithographie in Paris in artisti- scher und technischer Hinsicht erreicht hat,
Hr. Dr. S. Reissek zeigte einige auffallende, durch den Brand verursachte Missbildungen des Maises vor, und erläuterte die Entstehung des Brandes beim Maise. Dieselbe kommt im Wesen mit jener bei den übrigen Ce- realien überein, worüber er bereits bei einem früheren An- lasse das Wichtigste auseinandergesetzt hatte,
Hierauf hielt Hr, Dr. Reissek einen Vortrag über die Analogien, Verwandtschaften und Uebergänge, welche zwischen der Zell- und Krystallbildung Statt finden. Der Gegenstand, einer der wichtigsten, welchen die physio-
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logische Forschung zu beleuchten und zu erledigen hat, fand in den letzten Jahren eifrige Bearbeiter, ohne dass dieselben jedoch zu grösseren Resultaten gekommen wären. Herr Schwann hat zuerst eine Parallele zwischen Krystall- und Zellbildung zu ziehen gesucht in seinem berühmtenWerke über die Zellbildung und Zusammensetzung des Thier- und Pflan- zenkörpers aus Zellen. Das, was aus seinen Untersuchun- gen als Thatsache resultirte, besteht darin, dass Zelle und Krystall in ihren ersten Anfängen, wo sie sich in Form eines feinen Kornes aus der Mutterlauge differenziren, grosse Uebereinstimmung besitzen, doch freilich nur in ihren ersten Anfängen, später prägt sich einer Seits der Krystall in seiner mathematisch bestimmten Form als homogener, einen chemischen Stoffwechsel während seines Bestehens aus- schliessender Körper aus, anderer Seits die Zelle als ent- wieklungsfähige, einen chemischen Stoffwechsel bedingende und durch denselben lebende und wachsende Form. Nach Schwann hat Harting eine Zurückführung der Zellbil- dung auf die anorganische versucht, ‚Untersuchungen mit mineralischen Präeipitaten angestellt, und sich dahin aus- gesprochen, dass die Zellbildung nach denselben Gesetzen wie anorganische Niederschläge sich bilden , und die Zellen anfangs aus anorganischer Substanz bestehen. Es kann hier näher auf diesen Punct nicht eingegangen werden, so viel aber hat sich nach der Uebereinstimmung aller Physio- logen herausgestellt, dass man nicht wohl zu so gewag- ten Schlüssen aus den bezüglichen Untersuchungen berech- tigt sei.
Wenn gleich die gegenwärtige Physiologie das Problem nicht gelöst, und die Zell- und Krystallbildung auf ein ge- meinschaftliches Urphänomen, dessen weitere Manifestation entweder nach der einen oder andern Richtung erfolgen kann, bisher nicht zurückgeführt und thatsächlich begrün- det hat, so hat sie doch bei comparativer Untersuchung des Pflanzen- und Thierkörpers rücksichtlich seiner Ele- mentartheile eine Reihe dieselben zusammensetzender fester Bestandtheile endeckt, welche nach ihrer Bildung, Ent- wicklung und Metamorphose in der Art aneinandergereiht werden müssen, dass das Endglied einer Seits der Kry-
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stall, anderer Seits die Zelle ist. Diese Elementartheile sind: 1)Krystalle, überhaupt sogenannte anorganische Be- standtheile; 2) Elementarkörner (z.B. Fettkörner, Pig- mentkörner, Eiweisskörner, Amylum u. s. f.); 3) Bläs- chen ohne Entwicklung und Wachsthum (z. B. Milchkügel- chen): 4) Zellen mit Wachsthum und Vermehrung. Von diesen Körpern, die, wie bemerkt, so aneinander gereiht werden müssen, dass Krystall und Zelle die End-, die übrigen die Mittelglieder bilden, sind die Elementarkörner diejenigen, an welchen die Verwandtschaft und der Ueber- gang von Zelle zum Krystall vornämlich zu untersuchen sein wird.
Hr. Dr. Reissek ging im Verlaufe auf seine eigenen Entdeckungen über den näheren Zusammenhang beider Ge- bilde über, welche wohl von der Art sein mögen, dass sie einen tiefern Einblick, als man bisher hatte, in diess schwie- rige Verhältniss gewähren, und die Frage, wenn auch nicht vollstäüdig lösen, doch der Lösung sehr nahe bringen, und was das Wichtigste, genauer als man es bisher wusste und bestimmen konnte, den Weg bezeichnen , um zu ihrer voll- ständigen Lösung zu gelangen. Wirft man einen Blick auf gewisse organische Stoffe, wieZucker und Amylum, so muss es höchlich auffallen, dass hier ein Stoff von derselben che- mischen Zusammensetzung unter Umständen einen Krystall bilde (Zucker) , unter andern ein solides homogenes Korn (Amylumkorn), unter noch andern eine Zelle (Amylum- zelle*). Es zeigt dieses Verhalten, dass man vorzugsweise bei diesem Stoffe eine nähere Kenntniss über den fraglichen Punct zu erlangen hoffen dürfe. Bei der vorgenommenen Untersuchung des Amylums während der Fäule verschiede- ner Vegetabilien ergab sich Folgendes: Das Amylumkorn wird bei der Fäule nach und nach aufgelöst. Hierbei zer- fällt das Korn häufig, nachdem es früher stellenweise rissig geworden, in mehrere Stücke,
*) Die Natur des Amylumkornes als Zelle unter bestimmten Verhält- nissen und bei gewissen Pflanzen hat Hr. Dr, Reissek schon früher entwickelt,
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Bei den gelegten Kartoffeln, welche während des Aus- treibens von innen nach aussen faulen, und endlich ganz zerstört werden, kann man diess sehr schön sehen, Hier bei den Kartoffeln geschieht es nın, dass, während solche Fragmente des Amylumkornes entweder später sich auflö- sen, oder verschiedentlich umändern, einige, und zwar in manchen Zellen sehr viele, allmälig eine bestimmtere eckige Gestalt annehmen und zuletzt tetraedrisch werden. Unter Umständen nimmt ein anderer Theil der Fragmente eine zu- gerundete Gestalt an, höhlt sich und wird zur Zelle. Wir sehen also hier denselben Körper nach einer Richtung zur Zelle, nach der andern zum Krystalle sich umändern, ohne dass derselbe früher aufgelöst wird. Es lässt sich eine ganze Reihe von Formen construiren und muss auch zur genaueren Einsicht construirt werden, deren End- glied einer Seits der Krystall, anderer Seits’ die Zelle ist.
Eine zweite Beobachtung, die hier Bezug hat, be- steht in Folgendem: in den späteren Stadien der Kar- toffelfäule, welche während des Austreibens des Knol- lens eintritt, zeigen sich innerhalb und ausserhalb der Zel- len des faulenden Gewebes Fadenpilze. Diese enthalten wie überhaupt solche Gebilde, im Innern Fett - Tropfen. Wenn die Pilze, was später erfolgt, aufgelöst werden, so gelangen diese Fetit-Tropfen nach aussen , verfliessen, hier wo sie dichter sind, häufig in grössere Massen, erstarren nach und nach und gehen in einen festen wachsartigen Zustand über. Nachdem sie einige Zeit gelegen, runden sich hie und da einzelne dieser erhärteten Fettklümpchen ab, höhlen sich, die Höhlung vergrössert sich, zuletzt wird eine Zelle gebildet. Andere solcher Klümpchen run- den sich ebenfalls ab, werden später allmälig kantig und eckig, endlich ausgesprochen sechseckig, länglich und bil- den einen tafelförmigen Krystall. Hier geht also gleichfalls derselbe organische Körper einer Seits in die Krystall- anderer Seits in die Zellform direct über, und es kömmt bei der Zusammenfassung der Formen unter einen gemein- schaftlichen Gesichtspunct, wie ihn die comparative phy- siologische Forschung bestimmt , eine Reihe zu construiren ,
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deren Endglied einer Seits die Zelle, anderer Seits der Kıystall ist. — Die weiteren Consequenzen, die aus diesen Thatsachen fliessen, können hier nicht aufgenommen wer- den. Es wird diess an einem andern Orte geschehen kön- nen, nämlich: in Haidinger’s „Naturwissenschaftlichen Abhandlungen,‘ wo ein Aufsatz hierüber, durch Abbildun- gen erläutert, erscheinen wird. Wiener Zeitung vom 12. November 1846.
Herr Franz Ritter v. Hauer vertheilte an die an- wesenden Subscribenten den Probedruck der „Naturwis- senschaftlichen Abhandlungen, gesammelt, und durch Subscription herausgegeben von W. Haidinger‘“ In Commission bei Braumüller und Seidel; enthaltend eine Abhandlung über den Pleo- chroismus des Amethysts vom Herausgeber. Herr v.Hauer erinnerte, dass diese bereits früher besprochene Subserip- tion in einer der vorhergehenden Versammlungen von Freunden der Naturwissenschaften am 22. Mai (Wiener- Zeitung vom 30. Mai 1846) angezeigt worden war. Später wurde den Theilnehmern ein Programm vertheilt, und nun enthält die diesen ersten Blättern beigegebene Liste bereits 67 Subsceribenten, an deren Spitze wir Seine kaiserl. Hoheit den durchlauchtigsten Erzherzog Johann verehren. Diess Resultat ist um so erfreulicher, wenn man bedenkt, dass während der für derlei Unternehmungen un- günstigen Sommersaison, eine grosse Anzahl von Freun- den der Naturwissenschaften, deren Betheiligung dabeı mit Sicherheit erwartet werden darf, bisher noch nicht zur Theilnahme eingeladen werden konnte. Dieses ‚Unter- nehmen wurde durch die nunmehr seit beinahe einem Jahre in Wien Statt findenden wöchentlichen Zusammenkünfte von Freunden der Naturwissenschaften veranlasst. Auch ohne bisher feste gesellschaftliche Formen angenommen zu haben, wurde auf diese Art durch sie wieder einer der Zwecke von naturwissenschaftlichen Gesellschaften über- haupt erreicht. Bereits gaben sie Gelegenheit, neue Ent- deckungen im Gebiete der Naturwissenschaften durch mündliche Mittheilungen bekannt zu machen. Die Aufnahme von Auszügen der in denselben vorgetragenen Mittheilun-
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gen in die k. k. priv. Wiener Zeitung seit dem 27. April ersetzt die sonst gewöhnlichen Sitzungsberichte. Sepa- ratabdrücke dieser Auszüge werden bereits bei jeder Zusam- menkunft unter die Anwesenden vertheilt. Die Herausgabe. der naturwissenschaftlichen Abhandlungen endlich gibt ein Mittel an die Hand, umfassendere wissenschaftliche Arbei- ten ins Publicum zu bringen und entspricht in dieser Hin- sicht den von eigentlichen Gesellschaften veröffentlichen A b- handlungen oder Memoiren. Sie sind den gesammten Fächern der Naturwissenschaften eröffnet, und zwar nach dem Programme, den Wissenschaften der Massen: Astro- nomie, Meteorologie, Geographie, Geologie, den Wissenschaften der Individuen , aus welchen jene zu- sammengesetzt sind: Mineralogie, Botanik, Zoo- logie, dazu Anatomie, Physiologie in ihrer gröss- ten Ausdehnung; den Wissenschaften der Materie: Phy- sik und Chemie, endlich der Wissenschaft des Raumes, innerhalb dessen alles Materielle beobachtet wird: der M a- thematik.
21. Versammlung, am 21. September. -
Wiener Zeitung vom 16. October 1846.
Herr Anton Edler vv. Würth machte eine Mittheilung über die geognostischen Verhältnisse von Par- schlug in Steiermark , in einem Seitenthale der Mürz, das sich von der nördlichen Seite her zwischen Kindberg und Kapfenberg einmündet.
Die dortige Braunkohlen - Formation ist muldenförmig eingelagert. Nördlich steht Glimmerschiefer, südlich Kalk mit etwas Glimmerschiefer an.
Die Schichten der Kohlenformation selbst von oben nach unten sind folgende:
1) Gerölle von Kalk und Glimmerschiefer.
2) Lehm, der in Schieferthon übergeht, in dessen Schichten die vielen Pflanzenabdrücke vorkommen, die be- reits von Herrn Professor Unger bestimmt und beschrie-
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3) Eine dünne Schichte weisser Thon, der bei meh- reren Schmelzwerken als feuerfestes Material benützt wird.
4) Braunkohle, die ohne Zweifel der mittleren Tertiär- Formation angehört, und endlich
5) Sandstein, der selten fest, sondern mehr dem Schie- ferthon ähnlich, leicht zerreiblich ist, und daher eher san- diger Thon genannt werden könnte.
Das am südlichen Gehänge der Mulde in Abbau ste- hende Kohlenflötz streicht gegen Nord und verflächt östlich unter etwa 40°. In der Tiefe zeigen die Kohlen immer ein mehr schwebendes Verflächen.
Die Mächtigkeit des Kohlenflötzes wechselt von 2 bis 4 Fuss mit. häufig vorkommenden sehr bedeutenden Ver- drückungen, die den Abbau sehr beschwerlich und kost- spielig machen. Auch ıst die Kohle sehr unrein, mit zahl- reichen Schichten von festem Schieferthon unterbrochen.
Bei einem zu Parschlug geschlagenen Bohrloche wur- den, nachdem man das Kohlenflötz mit einer schwachen Lage von Sandstein durchsunken hatte, noch folgende Schichten unter einander angetroffen:
1) Kalkgeschiebe, worauf nach einigen Fussen,
2) wieder fester Schieferthon erbohrt wurde, nach dessen Durchsinkung man
3) wieder auf Kalkgeschiebe kam.
Hr. Prof. Dr. Kner aus Lemberg theilte hierauf einige Resultate seiner diessjährigen geognostischen Ex- eursion in die östlichen Kreise Galiziens mit, die ihn vornämlich in das interessante Gebiet der Grauwacken- formation führte. Er bemerkte zuerst, dass dieser Forma- tion jenes Landes bisher noch zu wenig Aufmerksamkeit ge- widmet worden ist, indem seit den Untersuchungen des ver- dienstvollen Hrn. v. Lill (nach dessen Tode von Hrn. Bo ue in den Verhandlungen der französischen geologischen Ge- sellschaft veröffentlicht und auch von Hrn. Pusch in des- sen Werke: „Geognosie und Palaeontologie von Polen“ benützt) keine neueren und ausführlicheren bekannt gewor-
Be,
den seien. Und selbst Hr. v. Lill habe diese Formation zu flüchtig behandelt und weder ihre Ausdehnung noch ihren Reichthum an Palaeozoen-Resten näher gekannt. Schon im Jahre 1844 gelangte Hr. Dr. Kner auf dem Rückwege von einer grösseren Reise , die ihn durch die Karpa- then bis Siebenbürgen führte, in die Gegend dieser Grau- wackenformation, ohne sich jedoch damals länger daselbst aufhalten zu können. Eine kleine Sendung von Petrefacten, welche er noch in jenem Jahre an Hrn. Prof. Bronn nach Heidelberg machte, überzeugte ihn jedoch schon, dass aus jenen Gegenden für die Wissenschaft noch manche Berei- cherung zu hoffen sei. Hierdurch angeregt, unternahm er im Juli dieses Jahres abermals eine Reise dahin. — Der Aus- gangspunct der diessjährigen Excursion war die Kreisstadt Zaleszczyk am Dniester gelegen. Was zuerst die Lage von Zaleszezyk betrifft, so schilderte er sie als eben so überraschend für Jeden, wie besonders interessant für den Geognosten. Man mag sich von Nord oder Süd der Stadt nähern, so kömmt man über eine Hochebene, die nicht ahnen lässt, dass das Bett des Dniesters so tief unter ihr liege. Ihr Abfall ist besonders von der Bukowiner Seite sehr steil und bildet stellenweise fast senkrechte Wände von 40—50 Klafter Höhe. Von der Thalsohle des Dniesters glaubt man daher, derselbe fliesse zwischen Bergen eng eingeschlossen, welche sich jedoch beiderseits nur als Hoch- ebene fortsetzen. Beide Ufer verändern aber ihr Ansehen abwechselnd bedeutend. So liegt z. B. eine halbe Stunde siromaufwärts von Zaleszezyk die steile Uferwand links, währehd das rechte Ufer ziemlich flach ist, unmittelbar vor der Stadt setzen hingegen die steilen Wände auf das rechte Ufer über, während sich das linke Ufer verflacht, und so wechseln beide Ufer bis zur russischen Gränze, so weit der Lauf des Dniesters verfolgt wurde, immerfort ab, nur selten fliesst der Strom beiderseits’ zwischen steilen Wänden eingeengt. — Die Uferwände bei Zaleszezyk zei- gen ihrer ganzen Höhe und Ausdehnung nach ausgezeich- nete horizontale Schichtung und liefern deutlich den Beweis, dass sie sich während einer Periode andauernder Ruhe ge- bildet haben. Die mineralogische Beschaffenheit derselben
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wurde schon nachHrn. v. Lill’s Beobachtungen vonPusch ausführlich beschrieben. Stets wechseln !Schichten von fe- stem Glimmer- und kalkhältigen Sandstein mit graulichen Kalksteinschichten ab, zwischen denen mehr oder minder dicke Lagen von blätterweise sich lösenden, leicht zer- bröckelnden, bläulichgrauen oder grünlichen Thonschiefern sich befinden. Diese, Grauwackeschichten werden stel- lenweise bald von korallenführendem Kalke überlagert , bald von dicken Schichten festen röthlichen Sandstei- nes, und über diesen liegt häufig krystallinischer Gyps in dicken Platten, so z. B. namentlich am rechten Ufer, der Stadt gegenüber, um das Dorf Krisczyatek und weiter östlich gegen Toutri, eben so um Bieleze, im Thale des Sered, woselbst die bekannte ausgedehnte Grotten- und Höhlenbildung im Selenite vorkommt, der hier unmittelbar zu Tage liegt. Nicht selten wird aber die Grauwacke von keinem dieser jüngern Gesteine überlagert, sondern reicht bis zum Gipfel und ist nur von Dammerde, oder selbst von dieser nicht bedeckt. Die Grauwackeschichten schliessen zahlreiche Petrefacte ein, jedoch ist die Zahl der bis jetzt aufgefundenen Gattungen und Arten um Zaleszcezyk selbst und längs des Dniesters bis Grodek ziemlich beschränkt, die Zahl der Individuen hingegen sehr gross. Die meisten und besterhaltenen Versteinerungen führen die kalkigen Schichten, auf den Thonschieferblättern finden sich nur häufige Abdrücke oder zwischen denselben leicht herausfal- lende Orthoceratiten. Letztere kammen überhaupt in über- wiegender Menge in dieser Dniestergegend vor, meist bei- läufig 1 Zoll im Durchmesser und mehrere Zoll lang, öfters aber auch 2—3 Zoll in der Dicke. Bisher wurden daselbst aufgefunden. Aus der Familie der Nautiliden: Orthoceras, zum Theil mit so wohlerhaltener Schale, dass selbe noch Perlmutterglanz und schönes Farbenspiel zeigt , Cyrio- ceras : ferners mehrere Bivalven, zahlreiche Terebruteln , Orthis, Spirifer, Tentaculites, Fungiten, Corallinen und endlich zahlreiche Fragmente jener Sepienschulpen, von welchen bei einer früheren Versammlung ein vollständiges Exemplar vorgezeigt wurde. — Von Zaleszezyk wurde der Weg zu Land eingeschlagen über Grodek , Kasperowce,
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Szuparka in das Thal der Niezlawa. Die Hochebene ist daselbst überall durch tiefeingeschnittene Nebenflüsse und Bäche des Dniesters zerrissen und zeigt an allen Entblös- sungen und tiefern Einschvitten Grauwacke. Vor Filipkowee öffnet sich das Thal der Niezlawa, dem des Sered ziem- lich parallel laufend und ebenfalls sehr tief eingeschnitten und zerrissen. Hier stiess Hr. Dr. Kner unverhofft auf zahlreiche Trilobitenreste, die zwischeu zahllosen Terebra- teln, Orthis u. s. w. abgelagert sind. Wenn auch die Tri- lobitenreste, die er fand, kleinen Individuen angehörten und meist unvollständig waren, so ist doch das Auffinden dieses Lagers von grossem Interesse, da die Trilobiten-For- mation in Galizien bisher noch nirgends so bestimmt und in solcher Reichaltigkeit nachgewiesen war, und da sich hier- durch die Grauwacke dieser Gegend als ein Glied der Si- lurischen Periode herausstellt. Schon Hr. v. Lill gab zwar an, dass Trilobiten vorkommen, ohne jedoch den Ort noch die Gattungen näher zu bezeichnen; jeden Falls scheint er aber in dieses Thal nicht gelangt zu sein, da er diess sonst sicher angeführt hätte, er und mit ihm dann Pusch übergeht aber das ganze Niezlawathal mit Stillschweigen und zeichnete auch auf seiner Karte nicht das. Vorkommen der Grauwacke daselbst ein. Gleichwohl scheint diese For- mation im Niezlawa-'Thale ziemlich weit ausgebreitet zu sein, alle Berglehnen zeigen die gleichen unbedeckten Grau- wackeschichten bis zur Thalsohle. Die Ausbreitung und Begränzung dieser Trilobiten - Formation ist daher nun der nähern Untersuchung vorzüglich anzuempfehlen, der Reich- thum an Palaeozoen, die sich gleich bei der Entdeckung auf kleinem Raume und binnen wenigen Stunden darboten, berechtigt zur Hoffnung, hier eine üppige Quelle interes- santer Funde aufgeschlossen zu haben, die wohl selbst vereinten Bemühungen lange Zeit eine solche bleiben wird. — Bei Uscie Biskupie, wo die Niezlawa in den Dniester mündet, fängt die Formation des letztern wieder an, und nirgends fanden sich mehr Spuren von Trilobiten, Der Rückweg nach Zaleszezyk wurde über Samoszyn und Toutri auf der Bukowiner Seite genommen, und daselbst überall tertiäre Auflagerungen von Kalk und Gyps beobach-
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tet. Von Zaleszezyk ging sodann die Excursion längs des Sered über Jagielnica und Czortkow. Auch hier dehnt sich die Grauwacke noch fort, wird aber im stark zerrissenen Thale von Czortkow von mächtigen Tertiärbildungen über- lagert, in denen sich auch Mammuthreste vorfinden. Von Czortkow bis Budzanow wurde noch überall Grauwacke beobachtet , nur verschwinden die Orthoceratiten allmählig, und neue Arten von Terebratula, Orthis u. s w. treten auf. — Vor Trembowla verschwindet endlich die Grauwacke, und es beginnt jener berühmte Sandstein, der in Platten gebrochen wird , von denen jährlich bei 400.000 nach Russ- land und angeblich bis China besonders zu Schleifsteinen verführt werden. Er erscheint offenbar jünger als Grau- wacke und älter als Kreide, und liegt auch als verbinden- des Glied an der Gränze zwischen beiden; Hr. v. Lill zählt ihn dem (alten) rothen Sandsteine bei; nie fanden sich bisher in selbem Petrefacte oder Abdrücke. — Um Miku- lince ist ein ausgezeichnetes (von Lill noch nicht gekann- tes) Lager jüngerer Kreide mit zahlreichen, schönen Pe- trefacten, erst unlängst aufgedeckt, das von nun an gleich- falls einer sorgfältigen Untersuchung unterworfen wird. — Bei Tarnopol beginnt die Tertiärformation, die gegen die russische Gränze besonders reich an Petrefacten wird, die denen des Wienerbeckens sehr ähnlich und eben so voll- kommen erhalten sind. Daselbst befindet sich auch ein mächtiges Lager von Foraminiferen, die, da sie ein zusam- mengebackenes Gestein bilden, seit lange zu Bausteinen verwendet werden. — Bei Zloczow herrschen ebenfalls tertiäre Bildungen. Interessant ist daselbst ein kleines Braunkohlenlager,, gerade auf dem Rücken des Höhenzu- ges, der die Wasserscheide zwischen der Ostsee und dem schwarzen Meere bildet.
Schliesslich bemerkte Hr. Dr. Kner, dass nach seinen so eben mitgetheilten Erfahrungen einige Ergänzungen in der geognostischen Karte von Galizien vorzunehmen seien, deutete diese zugleich auf einer solchen an, und legte zu- letzt einige Proben der von ihm aufgefundenen Petrefacte vor, und zwar aus der Grauwacke: Oyrioceras, Avi- cula n. sp., mehrere Arten von Produclus, Terebratula,
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Orthis, Spirifer, Tentaculites, 3—h Species erst näher zu untersuchender Trilobiten der Gattungen Calymeneund Asa- phus, eine grosse Cypris-Art und ‚mehrere Zoophyten; aus der Kreide bei Mikulince Arten der Gattungen: Ammoni- tes, Turrilites, Terebratula, Gryphaea, Pecten, nebst wohlerhaltenen Haifischzähnen, und endlich ein Probestück des Foraminiferen-Lagers bei Tarnopol. Für Freunde der Paläontologie fügte er noch die Bemerkung hinzu, dass eine bedeutend grössere Anzahl von Species und Exem- plaren, als die hier vorgezeigten, von ihm dem k. k. Hof- Mineralien-Cabinete eingesendet worden sei.
Herr Adolph Patera theilte eine von Herrn Rein- hold Freiherrn v. Reichenbach übergebene Arbeit mit; über die Frage: „Ob der Stickstoff der atmosphäri- schen Luftinirgend einem Fall zur Bildungvon Ammoniak beitrage.“
Man hat schon mehrfältig die Beobachtung gemacht, dass beim Glühen von stickstoff-freien Substanzen, Holz- faser, Zucker, reiner Kohle mit Alkalien, Ammoniak entwi- ckelt werde, und es wurde zunächst die Meinung aufge- stellt, der Stickstoff der Luft verbinde sich mit dem bei dieser Gelegenheit frei werdenden Wasserstoff direct zu Ammoniak. |
Indess blieb diese Ansicht sehr wenig begründet und ganz unwahrscheinlich desshalb, weil unter solchen Um- ständen der frei gewordene Wasserstoff der organischen Substanz sich immer viel eher mit dem Sauerstoff der Luft verbunden haben würde, als nit ihrem Stickstoff, zu wel- chem sie eine weit geringere Affinität besitzt. Auch war diese Erklärung für den Fall gar nicht anwendbar, wo reine Kohle mit Alcalien an der Luft geglüht, ebenfalls Ammoniak - Entwicklung wahrnehmen lässt, obwol hier aller Wasserstoff fehlt, der frei werden und mit Stickstoff Ver- bindung, eingehen konnte.
Um alle Zweifel über diesen Gegenstand zu entfernen, wurden von Faraday eine Reihe von bezüglichen Ver- suchen angestellt, von welchen die wichtigsten mitgetheilt sind in Liebig’s Agricultur-Chemie 6te Auflage, in dem Abschnitte, der über die Quellen des Ammoniaks handelt;
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Als das End -Resultat der Untersuchung wird dort ange- geben, dass fast alle geprüften Substanzen beim Glühen Ammoniak entwickelt hätten, jedoch nur kurze Zeit, indem bei fortgesetztem Glühen die Entwicklung von Ammoniak bald nachgelassen und aufgehört habe. Es sei daher in allen diesen Fällen, wo Ammoniak durch Glühen entwickelt werde, nirgends das Ammoniak erst aus seinen Elementen gebildet worden, sondern dasselbe sei nur in den Poren der geglühten organischen Substanzen, oder Alcalien conden- sirt, also bereits fertig vorhanden gewesen.
Es gibt jedoch einen Fall der Ammoniak-Entwicklung, für welchen auch diese Erklärung keineswegs auszureichen scheint und der hier näher erörtert werden mag.
Wenn in einem eisernen Rohr reine Holzkohle bei Zu- tritt von Luft möglichst stark geglüht wird, bemerkt man bei längerer Fortdauer des Glühens entweder keine Ent- wicklung von Ammoniak, oder doch nnr zweifelhafte Spu- ren davon. Ebenso hört bald alle Spur von freiwerdendem Ammoniak auf, wenn kohlensaures Kali durch längere Zeit fortgeglüht wird. Anders ist aber der Erfolg, "wenn das kohlensaure Kali mit der Kohle zusammengebracht und beide gemengt bei Luftzutritt geglüht werden. So lange in diesem Fall auch das Glühen dauern mag, eben so lange ist auch de Ammoniak- Entwicklung am Ende des Rohres auf das unzweideutigste wahrzunehmen und wird endlich die zutretende Luft durch Zuleitung von etwas Wasserdampf möglichst feucht gemacht, so gewinnt dieses Auftreten von freiem Ammoniak noch auffallend an Intensität, welche es unverändert beibehält, so lange Kohle, Kali und Luft zugegen sind und in höchster Glühhitze er- halten werden.
Diese Beobachtungen müssen nun zu der Ansicht füh- ren, dass man es hier nicht wohl mit schon fertigem Am- moniak zu thun haben könne, welches nur durch Hitze aus- getrieben werde, sondern dass hier irgend ein chemischer Prozess vor sich gehen müsse, der das beständige Wieder- erscheinen des Ammoniaks veranlasst.
Da alle stickstofffreien organischen Substanzen in der angeführten Temperatur in kurzer Zeit zu Kohle werden,
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so hat man hier eigentlich nur das Verhalten der letzteren beim Glühen mit Kali zu betrachten; und es ist bekannt, dass unter diesen Umständen zunächst Kalium gebildet werden muss. Ebenso ist in neuererZeit vielfach nachgewiesen worden, dass Kalium und Kohle bei Gegenwart von Stickstoffgas in der Rothglühhitze zu Cyankalium zusammentreten, zu dessen Bildung also im fraglichen Falle alle Bedingungen gegeben sind. Allein das momentan und stellenweise so entstandene Cyankalium wird sich doch nirgends lange be- haupten können, da auch die Bedingung seiner Wiederzer- störung nahe ist. Solbald es in der Gluth mit einer Luft- schicht in Berührung kömmt, deren Sauerstoff nicht aller durch Kohle absorbirt ist, unterliegt es der Einwirkung dieses freien Sauerstoffes und verwandelt sich in cyansau- res Kali, Cyka; kommt Cyankalium aber unter denselben Umständen mit Wasserdampf in unmittelbare Berührung , so erfolgt Wasserzersetzung unter Bildung von kohlen- saurem Kali und NH Ammoniak, und dieses scheint also der Umweg zu seyn, auf welchem beim Zusammenglühen von Kali und organischen, stickstofffreien Substanzen der Stickstoff der atmosphärischen Luft wirklich unmittelbar zur Bildung von Ammoniak beitragen dürfte, wenn auch das Dasein von Ammoniak in der Luft aus einer solchen Entstehungsweise als Quelle nicht hergeleitet werden kann. Obige Ansicht wird aber noch wesentlich unterstützt durch das Verhalten des kohlensauren Kalı’s, das auf diese Weise längere Zeit mit Kohle geglüht worden ist, nach seiner Wiederauflösung im Wasser. So lange nämlich diese Lösung abgedunstet wird, entwickelt sich aus ihr ein pene- tranter Ammoniakgeruch , der seine Ursache nur in einer Zersetzung von gegenwärtigem cyansauren Kali haben kann.
Hr. Franz Ritter v. Hauer sprach über das Vorkom- men des bekannten Muschelgeschlechtes Monolis in den österreichischen Alpen. Zwei bis drei Arten dieses am nächsten mit Avicula verwandten Geschlechtes hatte zuerst Herr Prof. Bronn in Heidelberg näher untersucht und be- schrieben, während man sie früher nach dem Vorgange von v. Schlotheim unter dem Namen Pecten salinarius
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in eine Art zusammengefasst hatte. Die Veranlassung zu dieser Benennung hatte das ungemein häufige Vorkommen dieser Bivalve in der unmittelbaren Nähe der Salzbildungen in den Alpen gezeben. Man findet sie daselbst in wenig mächtigen , bald weiss, bald röthlich gefärbten Kalkstein- schichten in so ausserordentlicherMenge, dass die erwähn- ten Schichten an vielen Stellen beinahe bloss aus ihren Schalen zusammengesetzt erscheinen. Unter solchen Ver- hältnissen trifft man sie beiHall in Tirol, bei Hallein, Hall- statt, Aussee; ja v. Lill sagt: „sie fehle keinem der Salzgebilde in den Alpen.‘
Durch eine Reihe von neueren Entdeckungen lässt sich aber gegenwärtig das Auftreten der merkwürdigen durch diese Muschel charakterisirten Schichten bis Jin die Nähe von Wien verfolgen. So findet man sie von Aussee gegen Osten vorschreitend zunächst bei Spital am Pyhrn, von wel- eher Localität Hr. v. Hauer einige Stücke weissen Kalk- steines ganz aus Bruchstücken ihrer Schale bestehend, in der Stiftssammlung in Kremsmünster antraf.
In Neuberg wurden durch die gewaltigen Regengüsse, welche im Verlaufe des diessjährigen Sommers so vieles Unheil in den österreichischen Alpen anrichteten, grosse Blöcke eines grauen Kalksteines in das Thal herabgeführt, der sich bei näherer Betrachtung aus Schalen von Monotis zusammengesetzt zeigte. Die erste Nachricht darüber theilte Hr. von Morlot mit, dem ein Stück von Sr. k. k. Hoheit dem durchlauchtigsten Erzherzog Johann eingehändigt worden war. Herr Bergrath Hampe, dessen reger Wis- senschaftsliebe das k. k. montanistische Museum schon die schätzenswerthesten Beiträge verdankt, sendete auch hier- von sogleich Probestücke eın.
Der am weitesten gegen Wien gelegene Punct endlich, an welchem die erwähnte Muschel bisher angetroffen wurde, ist Hörnstein bei Piesting. Ein Pracht-Exemplar von Mo- notiskalkstein, welcher am Felsen unmittelbar hinter dem Schlosse Hörnstein vorkömmt, verdankt das k. k. montani- stische Museum Sr. k. k. Hoheit dem durchlauchtigsten
Erzherzog Rainer, Sohne Sr. k. k. Hoheit des durch? Freunde der Ratöchishenschaflen in Wien, I. 11
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Jauchtigsten Erzherzogs Vice-König, dessen Eigen- ihum jene Herrschaft ist.
Herr Dr. Richard Comfort machte verschiedene Bemerkungen in Hinsicht auf Systeme, deren Gegenstand die Mineralogie ist, die nach seinen Angaben noch nicht so weit ausgebildet sind, als die Systeme der Zoolo- gie und Botanik.
Die Systeme von Haüy, Werner, Muhs, Berze- lius, Fuchs, Oken wurden erwähnt, der Ansichten und Arbeiten von Aristoteles, Newton, Davy, Klap- voth und Andern gedacht, und endlich als Resultat ge- fordert, man solle alle Systeme vereinen, ‚und philoso- phisch coordiniren, und dass ein solches Verfahren allein zum Ziele führen könne.
22, Versammlung, am 28. September.
Wiener Zeitung vom 1, November 1846.
Herr J. Barrande aus Prag machte eine Mittheilung in Bezug auf seine geologischen und paläontologi- schen Forschungen im mittlern Theile von Böhmen.
Die allerältesten Flötzformationen in Böhmen nehmen einen beträchtlichen Raum von ovaler Form ein, deren Hauptaxe, in der Richtung von Auwal nach Klattau, bei- nahe von Nord-Osten gegen Süd-Westen läuft.
Diese Formationen liegen in einer sehr regelmässigen Reihe auf einander, so dass sie mehrere concentrische Becken bilden, die sich leicht erkennen lassen.
Wenn man die Natur der Felsarten und die organi- schen Ueberreste, welche die meisten von ihnen führen, betrachtet, so zerfallen alle früher unter dem Namen Grau- wacke bekannten Bildungen in drei Abtheilungen, nämlich eine untere, eine mittlere und eine obere.
Die untere Abtheilung besteht aus petrefactenleeren Gebilden , nämlich aus halbkrystallinischen Gebirgsarten , auf welchen mächtige Ablagerungen von Thonschiefer und
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Grauwacke ruhen. Die wichtigsten Bergsiädte: Przibram und Mies liegen auf den einander entgegengesetzten Rän- dern dieser Formationen , welche reiche metallische Gänge führen. |
Diese untere Abtheilung entspricht dem Azoic Sy- siem des Hrn. Professors Sedgwick, und bildet eine Art Uebergang zwischen Granit und Gneiss, auf welchen sie liegt, und den paläozoischen Formationen, von welchen sie überlagert wird.
Die mittlere Abtheilung zerfälit in zwei Unterabtheilun- gen oder Etagen, welche sich von einander sowohl durch ihre mineralogischen, als durch die paläontographischen Charaktere leicht unterscheiden lassen.
Die untere Etage C besteht aus thonartigen Schiefern von dunkler Farbe und sehr feinkörniger Structur, welche bei Ginetz und Skrey am Tage liegen, und zahlreiche Trilo- biten-Abdrücke liefern, unter welchen 23 Species schon er- kannt worden sind, die mit ein Paar Or/his - Arten die ganze Fauna dieser Unterabtheiläng ausmachen.
Die obere Etage D zeichnet sich durch seine ungemein mächtigen kieselartigen Gebirgsarten aus, welche an der Ba- sis in der-Form von kieselarligen Conglomeraten; in den obe- ren’Theilen aber, als Quarziten und Grauwacken-Schiefer er- scheinen. Die letzten Formationen sind an Petrefacten reich, und haben schon ungefähr 30 Arten von Trilobiten geliefert, ganz verschieden von denen, welche dem unteren Stocke C eigenthümlich sind. Mit diesen Crustaceen kommen einige Cephalopoden und Brachiopoden vor.
Die zwei Etagen Ü und D mineralogisch und paläonto- logisch betrachtet, entsprechen vollkommen den englischen Unterabtheilungen von Murchison, Liandeiloflags , und Caradoc Sandstone genannt, welche als ein Ganzes ge- nommen, das untere silurische System zusammen bilden. Die Uebereinstimmung dieser Formationen in England und Böhmen ist so auffallend, dass sie von jedem Geologen sehr leicht zu erkennen ist.
Merkwürdiger Weise blieb das kalkiıge Element bei- nahe von der untern und mittlern Abtheilung des böhmischen
paläozoischen Terrains ausgeschlossen, indem dasselbe im IE:
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Gegentheile beinahe ‚ausschliesslich die ganze Masse der obern Abtheilung bildet.
Diese Kalksteinmasse erscheint im Centrum von Böh- men in der Form einer länglichen Ellipse, welche von Prag bis gegen Zditz sich erstreckt, und wie eine Insel rund um, von den Quarziten und Grauwacken-Schiefern umge- ben wird. Beim ersten Anblick würde man leicht diese un- unterbrochene Kalkmasse als eine einzige Formation be- trachten. Wenn man aber die zahlreichen Fossilien, welche sie darbietet näher untersucht, so erkennt man unvermeid- lich, dass sie drei Unterabtheilungen oder Etagen enthält, weiche eben so vielen Zeitperioden der Seethier-Schöpfung entsprechen.
Die unterste Etage E zeichnet sich aus durch 40 verschiedene Arten von Trilobiten und durch eine verhält- nissmässig noch zahlreichere Menge von Polypen, von ein- schaligen und zweischaligen Mollusken, worunter die Ce- phalopoden die allermerkwürdigsten sind. Die Genera Or- Ihoceras, Phragmoceras, Cyrlocerus, Gyroceras, Cryplo- ceras, Lituites, Nautilus und Gomphoceras sind zusammen von mehr ais 125 Arten vertreten.
Die mittlere Etage des Kalksteines F entsprieht mehr der Entwicklungs - Periode des Brachiopoden, und liefert sehr zahlreiche Arten von Teerebratula, Spirifer, Leptaena Orthis, Lingula elc., — mit welchen 27 Arten von Trilo- biten und verschiedene Cephalopoden, Polypen etc. gelebt haben.
Es scheint, dass die meisten dieser Familien schon aus- gestorben waren zur Zeit, wo die Kalksteine der obern Etage G sich abgesetzt haben. In diesen findet man nur an 16 Trilobiten-Arten, nebst einigen ein- und zwei- schaligen Mollusken.
Im Ganzen betrachtet, entspricht die böhmische Kalk- steinmasse dem obern silurischen Systeme von England. Ob- wohl einige Unterschiede in der Entwicklungsreihe der ver- schiedenen Thier-Familien in beiden Gegenden sich bemerken lassen, so ist die Uebereinstimmung doch für die Wissen- schaft ungemein befriedigend.
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Der Reichthum der :paläozoischen Formationen in Böh- men ist grösser als in den übrigen bisher beschriebenen Ge- genden derselben Bildungs-Periode. Die Privat-Sammlung des Hrn. Barrande enthält sehon mehr als 600 Arten, wovon mehr als zwei Drittel Böhmen eigenthümlich sind, und von ihm in einem besonderen Werke beschrieben wer- den sollen.
Eine gedrängte Uebersicht davon enthält die unlängst erschienene Broschüre: Notice preliminaire sur le Sy- steme Silurien et les trilobites de Boheme par J. Bar- rande. Leipzig 1846, bei Hirschfeld.
Hr. A. Martin, Custos an der Bibliothek des k. k. po- Iytechnischen Institutes, beschäftigte sich in neuerer Zeit mit photographischen Versuchen auf Papier. Er sprach im Allgemeinen über die Vortheile und Schwierigkeiten dieser schönen Kunst. Um das Papier für den Lichteindruck em- pfindlich zu machen, bedient er sich einer vereinfachten Methode des Talbot’schen Kalotyp-Prozesses. Hr. Talbot überstreicht das Papier mit einer Lösung von salpetersau- rem Silberoxyd und legt es dann in eine ziemlich starke Jodkaliumlösung, lässt es trocknen und kurz vor dem Ge- brauche überstreicht er es mit Silbergallonitrat. Allein ge- rade die Gallussäure macht das Papier unempfindlich, und ein mit Jodsilber allein überzogenes Papier ist bei weitem empfindlicher, wenn Jodkalium und Silber nur im richtigen Verhältnisse angewendet werden, so zwar, dass nicht so wie bei Talbot Jodkalium im Ueberschuss vorhanden ist. Die Gallussäure dient dann bloss zum Hervorrufen des Bil- des. Für die positiven Copien hat er eine noch nirgends beschriebene Methode aufgefunden. Er bestreicht das Pa- pier bloss mit Silbergallonitrat oder auch salpetersaurem Silberoxyd und entwickelt das Bild wieder durch Ueber- streichen mit Silbergallonitrat. Seine Erfahrungen sind be- reits gedruckt und werden in den ersten Tagen des Mo- nats October bei Gerold unter dem Titel: ,„Reperto- rium der Photographie‘ veröffentlicht erscheinen. Er zeigte den Anwesenden einige von ihm angefertigte Bilder vor, welche bei allgemeinerer Verbreitung dieser Kunst wirklich zu den schönsten Hoffnungen berechtigen. Für
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Aufname architektonischer Gegenstände leistet diese Pho- tographie Ausserordentliches, auch die Portraite haben ei- nen eigenen Reiz. Nur muss, wenn man sie vollendet nen- nen will, ein Maler Einzelheiten nachbessern. Die vorge- legten Portraits waren von Gaupmann nachgezeichnet und entsprachen allen Anforderungen.
Hr. Dr. Moriz Hörnes zeigte Versteinerungen aus dem Grauwackenkalke der Gegend von Rittberg 2 Meilen südwestlich von Olmütz vor. Dieselben stammen aus dem Nachlasse des k. k. General-Majors der Artillerie Hrn. Michael Keck von Keck, und wurden von dem k- k. Hof-Mineralien- Cabinet acquirirt. Hr. General von Keck, der während seines Aufenthaltes in Olmütz sich viel mit Geognosie beschäftigte, hatte diese Versteinerun- gen zuerst aufgefunden. Hr. Professor Glocker in Breslau machte in seiner Abhandlung über den Jurakalk von Kuro- witz in Mähren zuerst Erwähnung von dem Vorkommen dieses Grauwackenkalksteines und beschreibt ihn als herr- schend schwärzlich grau, bei Rittberg zum Theil auch schwarz, grau und roth gefleckt, beim Zerschlagen von auffallend ammonikalischem Geruche (als wahren Stink- stein). Die vorgewiesenen Stücke waren: Bellerophon cu- rinalus Murchison. B. striatus Goldf. Cyrloceratiles de- pressus Goldf. Euomphalus. Pleurolomaria. Murchisonia. Lueina proava Goldf. Terebratula pugnus Mart, Spirifer heteroclita. Leptaena depressa Sow. Trilobites (Phacops Enmrich oder Proetus Stein). Calamopora alveolaris Goldf. C. polymorpha Gold. C. spongites Goldf. Relepora. Astraea porosa Goldf. Cyalhophyllum Turbinatum Goldf.
Da bis jetzt keine der charakteristischen Versteine- rungen aufgefunden wurde, so ist die Beurtheilung dieses Grauwackenkalksteines allerdings schwierig; und es wäre daher höchst wünschenswerth, wenn durch fleissiges Sam- meln der Umwohnenden und genaues Studium des Gesam- melten, ein Resultat in dieser Beziehung erlangt würde. Das Studium dieser Thiere gewährt jedech ein um so hö- heres Interesse, da dieselben nach den gesammelten Er- fahrungen als die ersten Bewohner unseres Erdballs ange-
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sehen werden müssen und gegenwärtig gänzlich ausge- storben sind.
Hr. Dr. Hammerschmidt erstattete einen gedräng- ten Bericht über die X. Versammlung Deutscher Land- und Forstwirthe, welche am 14 — 20 Sep- tember d. J. zu Gratz Statt fand. Derselbe bemerkt, wie diese Versammlung eine wahre Jubelfeier ihres zehnjähri- gen Bestandes zu nennen sei, wie aus allen Gauen Deutschiands Vorbilder Deutschen Wissens und thatkräf- tiger Wirksamkeit um einen erhabenen Hort sich sammel- ten, einen hell leuchtenden Sternenkranz bildend um_ jene fürstliche Sonne, deren milde Strahlen aller Herzen er- wärmen und zum Guten begeistern. Der erhabene Vorstand, der allgeliebte Erzherzog Johann, eröffnete die allge- meine Sitzung am 14. September mit einer ergreifenden Rede, worin Er besonders die Wichtigkeit heraushob , die- se Versammlung zum Centralpuncte der Mittheilung zwi- schen den einzelnen Deutscheu Landwirthschafts - Gesell- schaften zu erheben, um so den Zweck und das Wohl des gemeinsamen Dentschen Vaterlandes zu fördern und die Bande fester zu knüpfen, die Nord und Süd, Ost und West brüderlich verbinden sollen. Unter den in den allge- meinen Sitzungen besprochenen Gegenständen gewährte ferners ein hohes Interesse die Verhandlung über die Fol- gen der Korn - Gesetz- Aufhebung in England in Bezug auf Deutschland, in welcher Beziehung die Aufforderung für Deutschland die eigenen inneren Kräfte durch Vereini- gung der Industrie mit der- Landwirthschaft gebührend zu nützen hervorgehoben wurde; aus der zweiten allgemeinen Sitzung war der Vortrag über die Wichtigkeit der Spar- cassen und Credits-Anstalten zu Hebung der Landwirth- schaft besonders anziehend. Als nächster Versammlungsort wurde Kiel bestimmt und Ernst Graf von Reventlow aus Farve in Holstein zum ersten dann der k. Dänische Forst- und Jägermeister Hr. Ritter von Varnstedt zum zweiten Vorstand erwählt, für das Jahr 1848 aber Mainz als Versammlungsort in Vorschlag gebracht.
In den gebildeten sechs Sectionen: a) Ackerbau, b) Viehzucht, e) Gewerbskunde, d) Forstwirthschaft, e) Obst-
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und Weinbau, f) Naturwissenschaften, an denen zusammen 1505 Mitglieder Antheil nahmen, waren die evörterten Ge- genstände von so grosser Mannigfaltigkeit, dass eine Auf- zählung der wichtigeren Verhandlungen unsere Zeit über die Gebühr in Anspruch nehmen würde, und da ohnehin eine allgemeine Angabe der wichtigsten Verhandlungen so wie die Beschreibung der Statt gehabten Feierlichkeit zum Theil in öffentlichen Blättern Platz fand, so verwies Hr. Dr. Hammerscehmidt auf eine umständliche Erörterung in seinem Berichte in der Allgemeinen Oesterreichischen Zeit- schrift für den Landwirth Nr. 35 und die folgenden Blätter, und theilte den Anwesenden nur über die Leistungen der naturwissenschaftlichen Section als für sie von nächstem Interesse , die wichtigsten Ergebnisse mit. In dieser Abthei- lung wurden zu Präsidenten die Herren Dr. und Prof. Un- ger aus Gratz, dann Dr. und Prof. Carl Fraas aus Schleiss- heim; und zu Secretären die HH. Dr. Carl Hammer- schmidt aus Wien und Dr. und Prof. Gintl aus Gratz er- wählt, die Sitzungen, an denen über -achtzig Mitglieder Theil nahmen, wurden täglich von 9 — 1! Uhr in der Real- schule abgehalten.
Unter den wichtigeren Vorträgen und Erörterungen kom- men folgende zu bezeichnen: 1) Die Frage über die Kartoffelkrankheit. Es wurden in dieser Beziehung die Krankheitserscheinungen, die äussern und innern Verän- dernngen , die chemischen Umwandlungen , das Auftre- ten von drei verschiedenen Pilzarten und die geographische Verhreitung der Krankheit zu erheben gesucht, in welcher Beziehung die HH. Unger, Fraas, Zippe, Hammer- schmidt, v. Pittoni, Schmidt, v. Thielau, Walz, Duschek, Kopetzky, Hruschauer, Steer, Pless, Weitlof, Rainer, Gassner Mittheilungen machten, woraus sich als Endresultat ergibt, dass die Witterungs- verhältnisse im Allgemeinen, insbesonders aber ein beson- derer Genius epidemicus , die Extreme in den Witterungs- verhältnissen und schneller Wechsel von Hitze und Kälte als die Hauptursachen der Krankheit zu bezeichnen, das Auftreten der Pilze aber nur als secundäre Bildung zu be- trachten seien. 2, Hr. Prof. Ginti hielt einen Vortrag über
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die Errichtung von Meteorologischen Obser- vatorien, welcher Gegenstand zur Begutachtung von der allgemeinen Versammlung dieser Section zugewiesen wurde, und worüber die betreffenden Anträge von dem gewählten Ausschusse entworfen und der allgemeinen Ver- sammlung in einem besonderen Aufsatze vorgelegt wurden. 3. Hr. Dr. Hamerschmidt zeigte die Herausgabe eines populären Werkes: „Anleitung zur Kennt- niss der essbaren und schädlichen Schwämme Oesterreichs“ an, und legte die bereits durch Hrn. Hartinger vorbereiteten XIV Tafeln Abbildungen vor, welche in Farbendruck ausgeführt werden sollen. 4 Der- selbe hielt einen Vortrag über einige neue Ausser- Europäische Seidenraupen und die Wichtigkeit ihrer Einführung in Europa zur Hebung der Seiden-Cultur. 5. und 6. Hr. Dr. Fraas aus Schleiss- heim und Hr. Dr. Hirschfeld aus Holstein hielten Vor- träge über chemische Präparate, welche in neuester Zeit als Düngungsmittel angewendet wurden. Ersterer über den Liebig'schen Pateutdünger u. a. Letzterer über die Düngung mit Salpeter. 7. Hr. Prof. Fraas sprach über die Frage, ob das Gypsen des Klees auf die Wolle der Schafe einen Einfluss habe? S. Hr. Dr. Hammerschmidt legte der Section das Programm über die von Hrn. Bergrath Haidinger beab-
- sichtigte Herausgabe von naturwissenschaft-
lichen Abhandlungen vor und forderte zur Theilnahme auf. 9. Ueber die Frage: Wie das Vorkommen von Phosphor in Pflanzen und Thieren zu erklären sei, ungeachtet das Mineralreich nur wenige phosphorhaltige Steine enthalte: sprachen die Hrn. Dr. Unger, Fras, Zippe und Hirschfeld. Hr.Dr.Hammerschmidt ging nun in eine nähere Erör- terung der hier angedeuteten Vorträge ein und legte zum Schlusse das als Festgabe unter die Mitglieder der X. Ver- sammlung vertheilte Werk des Hrrn. Prof. Hlubek: „Die Landwirthschaft des Herzogthums Steier- mark‘, die von den Ständen Steiermarks zur Feyer der Versammlung geprägte, durch den Hrn. Münzgraveur Lange
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in Wien ausgeführte Medaille, dann das Tagblatt der Versammlung, den Bericht über die IX. Versammlung und endlich die von Hern. Hartinger für das vom Berichter- statter vorbereitete Werk: Anleitung zur Kenntniss der Schwämme Oesterreichs angefertisten XIV. Tafeln Abbildungen zur Einsicht vor. (Wir beschränken uns hier auf diese gedrängte Uebersicht, da ohnehin ein umständlicher Rericht über die Leistungen der naturhistori- schen Section von Hrn. Dr. Hammerschmidt ehestens veröffentlicht werden wird.)
Herr Dr. S. Reissek gab , aus Anlass des von Herrn Dr. Hammerschmidt erstatteten Berichtes in Betreff der Kartoffelkrankheit, einige Bemerkungen über denselben Ge- genstand, welche im Wesen auf das in früheren Versamm- lungen Vorgetragene sich gründen und für die Ansicht spra- chen, dass die Krankheit eine anomale, der Vegetations- fäule des gelegten Knollens verwandte und von derselben nicht specifisch verschiedene Fäule sei.
Bei dem mehrfach ausgesprochenen Wunsche, von den naturwissenschaftlichen Erscheinungen im Gebiete der Li- teratur Kenntniss im grösseren Kreise zu nehmen, gab der- selbe eine Uebersicht des Inhaltes des kürzlich erschienenen 2isten Bandes derAbhandlungen der kaiserlich Leo- poldinisch-Carolinischen Akademie der Natur- forscher. Inhalt und Ausstattung dieser Schriften reihen sich an das Beste, was wir in der naturhistorischen Literatur be- sitzen, würdig an. Herr Dr. Reissek bemerkte, dass wir, nachdem die Allerhöchste Gnade Sr. Majestät der Wis- senschaft und dem Staate eine Akademie zuschenken geru- het, nun auch in Wien Gelegenheit haben werden, Schrif- ten in ähnlicher und noch würdigerer Ausstattung erschei- nen zu sehen. Dieselben werden dann den hohen Einfluss, welchen man zu erwarten berechtigt ist, im vollen Masse ausüben, und anregend und fördernd auf die wissenschaft- liche Erforschung unseres theuren Vaterlandes einwirken. Es wäre nur zu wünschen, dass viele, besonders jüngere Kräfte sich der vaterländischen Erforschung zuwendeten, ein erhöheter geistiger und materieller Nutzen könnte dann nicht ausbleiben. Es wäre namentlich zu wünschen, dass
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jüngere Leute, welche in Wien ihre Studien machen, durch Aneignung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, durch Anleitung zur Erforschung von Seite erfahrener Männer, so wie durch gegenseitige Bekanntschaft und gegenseiti- gen Austausch des Erworbenen sich so weit heranzubilden im Stande seien; dass, wenn sie ihre Bestimmung in die Provinz ruft, sie dort mehr abgeschieden , dennoch die Wissenschaft und Erforschung des Vaterlandes mit gutem Erfolge zu pflegen vermöchten. Diesem Zwecke könnte nur ein naturwissenschaftlicher Verein Genüge leisten, wie wir auch dergleichen als wahres Bedürfniss an vielen Orten, wo Akademien bestehen, antreffen, man darf nur an die philomathische Gesellschaft zu Paris und an die natur- forschende Gesellschaft zu Berlin erinnern. Ein solcher Verein , dessen Hauptzweck es ist, gegenseitige Mitthei- lungen aus dem Gebiete der Wissenschaft, Vorträge, auch etwa Herausgabe von Denkschriften zu vermitteln, deren Tendenz hauptsächlich eine patriotische wäre, kann für wissenschaftliche Anregung, Belehrung und Forschung sowohl für jüngere Kräfte, als überhaupt für Alle, welche die naturwissenschaftlichen Studien nicht als Männer vom Fache betreiben, sich aber dennoch sehr für dieselben in- teressiren, nicht anders als höchst erspriesslich sein.
23. Versammlung, am. 5. October.
Wiener Zeitung vom 7. November 1846.
Herr Graf v. Keyserling, kaıs. Russischer Kaumer- junker, legte das Werk:
„Russia and Ihe Ural Mountains by R.J. Murchison, de Verneuil and Count Keyserling‘‘ und dessen Ergänzung:
„Beobachtungen aufeiner Reise d urch das Petschora-Land von GrafKeyserling“
zur Ansicht vor und gab in einem eben so lehrreichen als ansprechenden Vortrage Nachricht von den wichtigsten
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Resultaten, welche die geologischen Forschungen in Russ- land für die Kenntniss der Zusammensetzung der Erdrinde bisher ge’iefert haben.
Sein Bericht, obschon so gedrängt, als es die ausser- ordentliche Menge von Thatsachen, die darin berührt wer- den mussten, zuliess, zu ausgedehnt für den Raum der Wiener Zeitung istin Schmid!'s Literatur-Zeitung ausführlich abgedruckt worden.
Drei der ersten Gelehrten ihres Faches, der Engländer, Hr. Roderick Impey Murchison, der Franzose, Hr, de Verneuil, und der Deutsch-Russe, Herr Graf K ey- serling, theilen sich in der Ehre der Ausführung; die er- steren Beiden schon seit einer langen Reihe von Jahren durch ihre umfassenden geognostischen Arbeiten in ande- ren Ländern berühmt; der Letztere durch ausgebreitete theoretische Studien, so wie durch einen längeren Aufent- halt in England zur Untersuchung des- Vaterlandes vorbe- reitet. Durch fünf Jahre bereisten sie, theils gemeinschaft- lich, theils einzeln das Europäische Russland, um die nöthi- gen Daten zusammenzutragen, und ein übersichtliches Bild der bis dahin so gut wie unbekannten geognostischen Ver- hältnisse dieses Landes zu gewinnen.
Allein selbst Männern von ihrer Erfahrung und ihren Kenntnissen wäre diese gigantische Aufgabe zu lösen nie möglich geworden, hätte nicht die kaiserlich Russische Regierung, im wohlverstandenen Interesse der materiellen Bedürfnisse des Landes, ıhr Unternehmen auf eine der Aus- dehnung und Kraft des Reiches entsprechende Weise ge- fördert. Wohl einsehend, dass die bergmännischen Unter- suchungsarbeiten, insbesondere bezüglich der so wichtigen Steinkohlen, um die es sich zunächst handelte, so lange einer rationellen Basis ermangeln, und unnütz die grössten Summen verschlingen, so lange die rein wissenschaftliche Kenntniss der geognostischen Verhältnisse fehlt, erleich- terte sie ihre Untersuchungen auf alle Weise. In den ent- legensten, unwirthbarsten Theilen des Reiches fanden die Reisenden stets alle Vorbereitungen getroffen, um unver- weilt ihre Untersuchungen beginnen zu können; überall waren Arbeitskräfte nach Bedürfniss zu ihrer Verfügung
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gestellt, und für Communicationsmittel gesorgt, die ihr schnelles Fortkommen sicherten.
So gelang es, in der im Verhältnisse zur untersuchen- den Länderstrecke gewiss sehr kurzen Zeit von fünf Jahren eine allgemeine Uebersicht zu gewinnen, die nun in den oben genannten Werken, die auf Kosten der russischen Regierung in London und Paris auf das Prachtvollste ausge- stattet erschienen sind, dem Publicum vorliegt. An diese allgemeine Uebersicht können sich nun Detail-Untersuchun- gen aller Art anschliessen , von welchen unmittelbarer Ge- winn in Beziehung auf das Auffinden nutzbarer Fossilien zu erwarten steht. Schon jetzt kann man weite Länder- strecken bezeichnen, in welchen das Vorkommen der Stein- kohlen nicht erwartet werden darf, in denen demnach Schürfungen gänzlich zwecklos wären; andere dagegen, in denen das Vorkommen von Steinkohlen führenden Ge- birgsarten nachgewiesen wurde, können einer näheren Un- tersuchung anempfohlen werden.
Hr. Dr. Hammerschmidt, machte mit Bezug auf die von Hrn. Custos A. Martin, am 23. September mitge- theilten photographischen Leistungen die Bemerkung , dass sowohl die Photographie, als auch die Daguerreo- typie, mehr zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden sollte und könnte, da hierdurch dem Naturforscher, welcher nicht selbst zeichnen kann, ein einfaches Mittel gegeben ist, von Naturgegenständen sich Abbildungen zu verschaffen und selbe zu vervielfältigen, anderer Seits aber selbst dem Zeichner durch Richtigstellung der Con- turen und eine genaue Darstellung der Grössen - Verhält- nisse einzelner Theile zu einander seine Arbeit sehr erleich- tert werde. Dass die Anwendung der Daguerreotypie und Photographie zur Erreichung von Abbildungen naturwissen- schaftlicher Gegenstände möglich und gegeben sei, erläu- terte derselbe durch die Vorlage einiger diessfälliger Ver- suche. Er legte den Anwesenden eine von ihm bei Re- genwetter durch Daguerreotypie erzeugte Abbildung eines Farrenkraut- Abdruckes , eines Ammonites Melternichit v. Hauer , und eines Blattabdruckes von Ulmus bi- cornis Unger , dann eine mit Hülfe des Mikroskopes
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mittelst seines bereits früher beschriebenen Apparates er- haltene Abbildung eines Dicotyledonen - Stängel - Durch- schnittes vor, endlich zeigte derselbe ein durch Hrn. Martin nach der von ihm am 28. September hier beschriebenen Me- thode erzeugtes negatives, photographisches Bild, nämlich eine Abbildung von Ammonites Melternichii und A. debilis, von Ulmus bicornis und einem Farrenkraut-Abdrucke.
Hr. Dr. Hammerschmidt zeigte eine von ihm auf dem Wege der Galvanoplastik, von einem Daguerreo- typ erhaltene Platte, worauf das Daguerreotyp-Bild auf der, der Kupferplatte zugewendeten Fläche als Zeichnung, auf der Rückseite aber als Relief erkennbar ist, indem sich auf den mit Quecksilber bedeckten Stellen schneller und mehr Kupfer niederschlug, als an den andern Stellen.
Hr. Franz Ritter v. Hauer zeigte eine Reihe von Versteinerungen aus dem opalisirenden Muschelmar- mor der Gegend von Bleiberg vor. Dieses Gestein ist seines prachtvollen Farbenspieles wegen seit langer Zeit ein Gegenstand der besonderen Aufmerksamkeit der Mine- ralien-Sammler. Er verdankt seinen Glanz zahlreichen Am- monitenschalen, die darin mit vielen anderen organischen Ueberresten zu einer Breccie vereinigt sind. Es hält sehr schwer einiger Maassen vollständige Exemplare aus diesem Trümmergesteine loszulösen, und diesem Umstande ist es wohl zuzuschreiben, dass seit Wulfen, der im Jahre 1793 eine eigene „Abhandlung über den kärnthnerischen pfauen- schweifigen Helmintolith‘‘ schrieb, sich Niemand mit einer genaueren Untersuchung dieser Fossilien beschäftigte.
Hr. v. Hauer hatte Gelegenheit, bei seiner Anwesen- heit in Bleiberg im Laufe des diessjährigen Sommers eine grosse Anzahl derselben für das k. k. montanistische Mu- seum zu sammeln, noch mehrere aber aus den dortigen Sammlungen zur Vergleichung auszuleihen. So wurden ihm in Klagenfurt alle Stücke aus der höchst interessanten geo- gnostischen Sammlung des Hrn. Franz v. Rosthorn, so wie ans der Sammlung des k. k. Oberbergamtes zur Untersuchung mitgetheilt; und in Bleiberg erhielt er die werthvollsten Beiträge von den Gewerken Hrn. Reichsritter von Jacomini, Mühlbacher und Sorger, dann ins-
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besondere von den Herren k. k. Bergverwalter Berger, Pochwerks-, Hütten- und Zeugschaffer Sauper und Prak- tikanten Lipold.
Nach der Untersuchung dieses reichhaltigen Materiales ergab sich, dass verhältnissmässig nur sehr wenige Arten von Cephalopoden zur Bildung des Bleiberger Muschel- marmors beitragen. Es fanden sich:
Zwei Ammonitenarten und zwar:
A. floridus, besonders merkwürdig durch die mannig- faltigen Formänderungen, welche die verschiedenen Alters- stufen dieser Art darbieten, und welche Wulfen veran- lassten, sie in vier Species zu sondern, die er Nautilus floridus, N. bisulcatus, N. nodulosus und N. redivivus nannte. Hierher gehört ohne Zweifel auch der von Phil- lips in einer sehr fleissigen uud verdienstvollen Arbeit über die Lagerungsverhältnisse in Bleiberg in dem Annales des mines 1845 p. 248 angeführte A. opalinus ;
A. Johannis Austriae v. Klipstein, der sich auch zu St. Cassian in Tyrol und Aussce in Steiermark findet;
Ein Nautilus. Er ist noch nicht beschrieben und er- hielt den Nahmen N. Sauperi v. Hauer, zur Erinnerung an Hın. Sauper, der seit einer langen Reihe von Jahren mit unermündlichem Eifer die geognostischen Verhältnisse von Bleiberg studiert hat;
Zwei Arten von Orihoceras und ein Belemnit,, alle drei noch nicht vollständig genug, um die Arten sicher fest- zustellen.
Aus der Untersuchung dieser Fossilien ergibt sich, dass der Bleiberger Muschelmarmor derselben Bildung an- gehöre, wie die Cephalopoden- Schichten der Gegend von Hallstatt, Aussee, Hallein (am Dürrenberg, nicht aber bei Adneth) an der Nordseite der Alpen u. s. w.; ein Resultat, welches auch durch die übrigen Lagerungsverhältnisse an beiden Orten vollkommen bestätigt wird. Eine ausführlichere Abhandlung über die hier angedeuteten Gegenstände mit den nöthigen Abbildungen wird in den „„Naturwissenschaft- lichen Abhandlungen, gesammelt und durch Subscription herausgegeben von W. Haidinger,‘“ erscheinen.
24, Versammlung am 15. October.
Wiener Zeitung vom 42. November 1846.
Herr Dr. S. Reissek, Custos-Adjunet am k. k. Hof- Naturalien-Cabinete , machte einige Bemerkungen über die vor Kurzem in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung‘ be- richtete Entdeckung des Deutschen NaturforschersGesner, über zwei neue Kartoffelarten, welche derselbe in Neufundland wildwachsend angetroffen, und von denen er glaubt, dass sie die gemeine Kartoffel vollständig ersetzen und zugleich weniger der Ausartung und Fäule ausgesetzt sein dürften , als die letztere. Ans der kurzen beigefügten Beschrei- bung geht hervor, dass die erstere mit kleineren Knollen ver- sehene Art gar keine Kartoffel, sondern vielleicht eine Claylo- nia, eine in die Familie der Portulaceen gehörige krautige Pflanze, sei. Die zweite Art scheint der Beschreibung zu Folge wirklich die gemeine Kartoffel zu sein, ohne Zweifel ist sie jedoch in diesem Falle in Neufundland nur verwildert, wie überhaupt die Verwilderung und Erhaltung dieser Pflan- ze in einem Inselklima viel leichter erfolgt. Ist wirklich diese Pflanze unsere gemeine Kartoffel, so dürfte nach Herrn Dr. Reissek die Entdeckung derselben und der Anbau der davon entnommenen Knollen zur Regenerirung der Kartoffel im Allgemeinen und zur Verhütung der Wie- derkehr solcher Erscheinungen , wie die vorjährige und heu- rige Kartoffelfäule, sich kaum als unbedingtes Hülfsmittel bewähren.
Hierauf wurden einem vor Kurzem in Wien erschie- nenen naturwissenschaftlichen Werke unter dem Titel: „Kleine Beiträge zur Naturgeschichte der In- fusions-Thierchen vonHrn.Dr. Ludwig Schmarda,“ von Herrn Dr. Reissek einige anerkennende Worte ge- widmet.
Herr Dr. Hammerschmidt zeigte ein von Herrn Cusios Martin erzeugtes negatives und ein davon abge- nommenes positives photographisches Bild auf Papier eines versteinerten Fisches: Lichia prisca. Ag. vom Monte
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Bolca, woran mit der Loupe die zartesten Detailzeichnun- gen erkennbar sind, daher sich zweifellos herausstellt , dass auf diese Weise nach der von Herrn Custos Martin ver- öffentlichten Methode, die Photographie mit Erfolg zur Darstellung naturwissenschaftlicher Gegenstände benützt werden könne.
Herr Dr. Hammerschmidt legte ferner mit Bezug auf die von Herrn Schönbichler in der Wiener Zeitung Nr. 234 bekannt gemachte Rechnungsmaschine: ‚„‚Nepe- rische Rechnungsstäbe“ vor, welche durch ihre Ein- fachheit und durch den Umstand, dass sich Jedermann diese Vorrichtung leicht aus Streifen von Kartenpapier selbst machen kann, auszeichnen. Da man in der neueren Zeit den Rechnungsschiebern grössere Aufmerksamkeit schenkt, so dürften diese weniger beachteten Neperischen Rech- nungsstäbe bei sehr grossen Multiplicationen durch ihre Einfachheit vor manchen zusammengesetzteren Vorrichtun- gen sich anempfehlen,
Herr Dr. Ludwig Schmarda sprach über die Adriatische Infusorien-Fauna. Ein in den Mona- ten Julius, August und September 1844 an die nördliche Küste des Adriatischen Meeres unternommener und 1846 zur selben Jahreszeit wiederholter Ausflug machte ihn mit der Infusorien-Fauna mehrerer Küstenpuncte und einiger Stellen von Ober-Italien und Istrien bekannt.
Im Jahre 1844 untersuchte Herr Dr. Schmarda die Umgebung von Triest und Capo d’Istria, die von Venedig und die Lagunen bis Chioggia und Brondolo. Die Gesammt- zahl der damals beobachteten Formen belief sich auf 113 Gattungen, von denen 102 in 60 Geschlechtern zu den polygastrischen Infusorien, 11 Gattungen in neun Ge- schlechtern zu den Räderthieren gehören.
Die meisten der damals beobachteten Thiere gehörten dem Seewasser an, die süssen Gewässer lieferten eine ge- ringe Ausbeute. Von den Erstern sind jedoch verhältniss- mässig nur wenige ausschliesslich dem Meere eigen, die meisten traten sowohl im süssen, als im salzigen Was- ser auf.
Das Meer bot besonders reiche Fundorte au mehre-
Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I. 12
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ren Stellen des Hafens von Triest, in den Salinen von Capo d’Istria, den aufgelassenen Salinen bei Zaule, im Hafen und den Lagunen von Venedig und den Lagunen- gräben zwischen Chioggia und Brondolo.
Von süssem Wasser wurden damals untersucht: Meh- rere kleine , zeitweise ganz vertrocknende und eine grös- sere Lache in dem an solchen Wasserbehältern sonst ar- men Karstgebirge ober St. Bortolo, eine Stunde von Triest, die Regenpfützen im Boschetto bei Triest und die bei Muja, das Wasser ın den botanischen Gärten zu Venedig und Padua, die Gräben zwischen Padua und Monte -Ortone, einige stehende Wässer am Fusse der Euganeen und der Badschlamm der heissen Quellen von Abano und Monte- Ortone.
Im Sommer 1846 wurden die Untersuchungen an der östlichen Küste des Adriatischen Meeres wiederholt und erweitert. Es ergab sich -auch hier das interessante Re- sultat, zu dem Dr. Schmarda schon bei seinen Beobach- tungen in Wien gelangt war, dass gewisse Infusorien zu bestimmten Jahreszeiten an demselben Orte sich wieder- finden, dass es mithin für die Thierchen eben so Stand- orte gebe, wie für andere Thierclassen.
Zum ersten Male untersucht wurden: Die Salinen von Pırano, die Lachen bei Rovigno, die Umgebung von Pola, Calisano, im Ungarischen Küstenlande das Wasser in den Pfützen des Grobniger Feldes bei Finme,, das von Dreno- va, Porto-Re u. dgl., auf den Quarnerischen Inseln die Süsswasserlachen zwischen Castel muschio und Veglia und das Wasser des Hafens von Cherso.
Ausser auf den Inseln und an den Küsten wurden auch im Innern Istriens Beobachtungen angestellt. Dieses inter- essante und in vielen, ja in den meisten und grössten Be- ziehungen noch wenig bekannte Land ist für den Natur- forscher sehr wichtig. Mehr als Einer könnte hier Beschäfti- gung und reiches Materiale zu neuen Arbeiten finden. Das Land besteht fast durchgängig aus Berg- und Hügelland mit kümmerlicher Baumvegetation. Diess ist einer der Haupt- gründe seiner drückendea Wasserarmuth. Es gibt nur we- nige Küstenflüsse und kleine Bäche, welche im Sommer
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fast ganz versiegen; Quellen gehen höchst selten zu Tage aus; denn in dem vielfach mit Höhlen durchzogenen und zerklüfteten Kalkstein sickern die Gewässer durch. — An vielen Orten, besonders in den armen slavischen Dörfern , wo nicht einmal Cisternen sind, bilden Regenpfützen von bald grösserem, bald kleinerem Umfange die einzigen Was- serbehälter. Sie entstehen in den muldenförmigen Vertiefun- gen und diese Vertiefungen finden sich in ganz Istrien, in ihnen ist die Dammerde durch Wind und Regen angehäuft, welche die Trägerin einer üppigen Vegetation ist, die einen erfreulichen Gegensatz zu der armen und oft ganz nack- ten Umgebung liefert. Diess gilt besonders vom Karste, wo diese Vertiefungen (Dollinen) oft die einzigen cul- turfähigen Stellen in dem unfruchtbaren Steinmeere sind. Sind solche mulden- oder trichterförmige Vertiefungen mit einer Lehmschichte bedeckt, dass das Wasser nicht durch- sickert, so sammelt es sich nach Regengüssen darin an und auf diese Art entstehen eine Menge Pfützen, von denen zwar viele im Sommer vertrocknen, diejenigen jedoch, in welchen ein grösserer Umkreis seine Abdachung hat, so dass die Zuflüsse an Regenwasser bedeutend sind, auch in der heissesten Jahreszeit nie ganz leer werden.
Diese Pfützen liefern an vielen Orten für die Einwohner nicht nur das Wasser zum Reinigen der Wäsche und zum Bereiten der Speisen, sondern es wird auch zum Trinken verwendet und desshalb oft stundenweit herbeigeholt; die Noth zwingt dazu; deon in den Dörferu gibt es nirgends Brunnen und nicht einmal überall Cisternen.
Dieses Wasch- und Trinkwasser ist aber nichts weni- ger als rein und zum Genusse einladend,, Polumogelon, Ra- nunculus aqualilis, Charen und Algen vegetiren sehr üp-
-pig und ganze Heere von Fröschen, Tritonen, Anneliden,
von mikroscopischen Crustaceen Di ungeheure Schwärme von Infusorien bevölkern dasselbe. Die letzteren besonders überwiegen oft in der Art, dass ihre Milliarden das Wasser in seinen Eigenschaften ändern und eigenthümliche Trübungen und Färbungen desselben bedingen. Am häufigsten wurde von Herrn Dr. Schmarda die grüne Färbung beobachtet; so im Julius bei Liprzza und Bosowizze, im August bei Pola, Ca- e*
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lisano, Chacole im Grobniger Feld, Porto-Re, Veglia, im September bei Valle, Rovigno, Gimino, Pisino u. m. a. ©.
In den meisten Fällen rührte die grüne Färbung von dem grünen Augenthierchen (Euglena viridis) her, einem Thierchen, das in ungeheurer Verbreitung und massenweise gefunden wird, und das eine bedeutende, aber noch immer nicht genug gewürdigte Stelle im Haushalte der Natur ein- nimmt. Die von diesem Thierchen bedingte Färbung cha- rakterisirt sich durch ein gesättigtes Grün, das Wasser färbt Leinwand und Papier grün, und ist oft mit einer grünen Haut bedeckt, die eine passive Bewegung hat (unter dem Einfiusse der Wärme sich hebt und senkt) und aus abge- storbenen Individuen besteht. Wenn sie das Wasser dicht erfüllen, theilen sie ihm einen moderigen Geruch mit und ändern sogar seine Consistenz, die dann mehr der des Oeh- les gleicht.
Ausser dem grünen Augenthierchen ist auch noch das grüne Hüllenthierchen massenweise gefunden worden , doch seltener.
Erwähnenswerth sind uoch die rasenartigen Bildungen von Bacillarien, die Herr Dr. Schmarda bei Pirano und Cherso beobachtete. Die von Pirano waren gelbgrau und schwammen als Inseln von 2 bis 18 Zoll in den Gräben, welche die Salinen umgeben. Die im Hafen von Cherso be- obachteten waren schwärzlichgrün.
Die Zahl der im letzten Sommer beobachteten Formen beträgt 72 Gattungen Polygastrica in 48 Geschlechtern und 22 Gattungen Räderthierchen in 15 Geschlechtern.
Hr. Dr. F. Rossi überreichte eine von ihm verfasste Schrift „über neue Arten 'Spinnenthiere (Arach- nida) des k. k. Museums‘‘ und knüpfte hieran einige Be- merkungen, bezüglich der systematischen Eintheilung die- ser Thier - Classe. Vor Allem erklärte er sich gegen jene auch anderwärts übliche Methode, welche Gattungen und Arten nur nach den Merkmalen eines Geschlechtes (des männlichen gewöhnlich) charakterisirt, und sprach seine auf mehrfache Untersuchungen basirte Ansicht dahin aus, dass bei weitem in den meisten Fällen, in welchen zur Aufstellung systematischer Einheiten nur derlei Charaktere
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angewendet worden sind, ein sorgfältiges Studium des hin-
.tangesetzten Geschlechtes auch an diesem Merkmale
entdeckt, welche zur Bezeichnung der betreffenden Gruppe tauglich gewesen wären. Er wünschte das gerügte Verfah- ren um so mehr beseitigt zu sehen, als die systematische Bestimmung weiblicher Thiere dadurch unmöglich, und so- mit der Physiologie, welche gerade an diesen Individuen die reichsten Beobachtungen macht, das Mittel zur Fixation ihrer Erfahrungen benommen wird. Weiterhin machte er auf den Einfluss aufmerksam, welchen die Entdeckungen von Leon Dufour, Duges und insbesondere jene von Monge in Danzig hinsichtlich des Athmungs- Systemes vieler echter Spinnen (Aruneida) auf die Systemisirung ihrer Classe nehmen müssen. Indem nämlich die genann- ten Forscher bei mehreren echten Spinnen-Gattungen aus- ser den längst bekannten Lungensäcken auch Tracheen aufgefunden haben, wird die bisherige Haupteintheilung der Spinnen-Thiere in Pulmonaria und Trachearia ganz unhaltbar, ja es dürfte sogar gerathen sein, diesen rein anatomischen Eintheilungsgrund , abgesehen von allen an- dern Unzukömmlichkeiten einer anatomischen Ulassifica- tion des Lebendigen, desshalb fallen zu lassen, weil die respiratorische Function jener sogenannten Lungensäcke eben durch neue Beobachtungen problematisch geworden ist. So werfen z. B., wie Herr Dr. Rossi selbst beobach- tet hat, die echten Spinnen ihre Lungensäcke bei jeder Häutung vollständig ab, und es erzeugen sich völlig neue von gleichem Baue, ein bei Respirations - Organen un- erhörter Fall, und taucht man solche Thiere unter Wasser, so treten aus den Mündungen dieser Säcke (den Stigmen) niemahls Luftblasen, was doch unter gleichen Umstän- den bei jedem anderen Luftathmungs- Organe Statt fiudet. Auch handelt es sich hier um Thiere, welche beständig in einem und demselben Medium — der Luft nämlich — ver- harren, und alle Fälle von zweierlei Athmung des Indivi- duums, welche das Thierreich aufweist, finden sich nur bei Formen, die der Luft und dem Wasser beinahe gleichmässig angehören: Eine direete Doppelathmung der Luft, wie sie nach der älteren Ansicht hier Statt haben müsste,
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stellt sich von Seite der Theorie unnütz, von Seite der Er- fahrung ohne alle Analogie dar.
Hr. Dr. Rossi zeigte der Versammlung einen ziemlich grossen afrikanischen Skorpion vor, welchen er gegen drei Mo- nate lebend beobachtet, deraber während dieser langen Zeit alles dargereichte Futter (Spinnen, Fliegen, Mehlwürmer u. 8. f.) verschmäht hatte; letzteres wahrscheinlich dess- halb, weil ihm die Spitze des Giftstachels im Kampfe mit fünf Individuen seiner Art abgekneipt, und er somit zur Tödtung der Beute in der Art, wie sie Thiere sei- ne r Gattin ausführen, unfähig geworden war. Die- ser Skorpion gehört übrigens jener minder giftigen Art an, welche der Araber wegen ihrer Vorliebe für salzhaltigen Boden Agrab el melch, d. . Salz-Skorpion nennt, und die in Ehrenb ers Reisen als Bewohnerin der liby- schen Wüste unter der Bezeichnung : ‚„‚Androctonus liby- cus“ erscheint. ee
Schliesslich’ zeigten die Herren Joseph Natterer, Adolph Patera und Franz Markus explodirende Baumwolle, die sie nach der in den öffentlichen Blättern an- gegebenen Methode bereitet hatten, vor. Die Verpuffung bei Berührung mit einem glimmenden Holzspan oder durch den Schlag mit einem Hammer gelang vollkommen.
25. Versammlung , am 22. Vetober.
Wiener Zeitung vom 20. November 1846.
Herr J. Czjzek gab neue Fundorte der fossi- len Fauna im ungarischen Becken an, die er bei seinen Begehungen im diessjährigen Sommer auffand, wo- bei er jedoch die Bemerkung machte, es mögen diese vor- läufigen Notizen einige Forscher veranlassen, die angege- benen Localitäten gründlich zu untersuchen und die Lage- rungsverhältnisse zu bestimmen, da er grössten Theils nicht in der Lage war, bei diesen Fundorten lange genug zu verweilen, um eine vollständige Ausbeute machen zu können. |
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Von der östlichen Fortsetzung des Rosalien - Gebirgs- zuges, dessen Grundgestein aus Glimmerschiefer besteht, fliesst der Klein-Angerbach gegen das Dorf Loipersbach an der Oedenburger Eisenbahn. Ungefähr eine halbe Stunde westlich von Loipersbach brechen in diesem Thale jene Sand-, Sandstein- und Geröllschichten zu Tage, welche die ältere Braunkohle bedeken. Man sieht hier deutlich die von dem Urgebirge abfallenden nördlich verflächenden Sand- steinschichten in abwechselnder Lagerung mit Sand- und mächtigen Geröllschichten.
In den Ersteren zeigen sich häufig Kohlentrümmer, und darunter konnte Hr. C2jzek einen ganz in Kohle verwan- delten Coniferen-Zapfen unterscheiden.
Aehnliche Geröllschichten, in das Wiener Becken ab- fallend, fand er auch bei dem Kohlenbaue Schauerleiten, und da die ältere Braunkohle grössten Theils selbst auf dem Urgesteine, d. i. auf dem Glimmerschiefer dieses Gebirgs- zuges liegt, so dürften wohl diese meist aus Quarz- geschieben bestehenden losen Gerölle und die mit vielem Glimmer untermengten Sandschichten unter den Tegel fort- setzen und somit die untersten. Lagen des Wiener und we- nigstens eines Theils des ungarischen Tertiärbeckens ein- nehmen.
Wenn man aus dem vorerwähnten 'Thale, worin der Klein-Angerbach fliesst, nördlich über die Höhe gegen Rohrbach schreitet, zeigen sich bald tiefe Einrisse, in de- nen bereits Tegel ansteht, der ebenfalls nördlich verflächt. In diesem etwas sandigen Tegel fand Hr. C2jZ2ek mehrere die Badner Tegelschichten charakterisirenden Versteinerun- sen, als: Nafica excimia Eichwald , Conus antediluvianus Deshayes, Milra elegans Partsch, Pleurofoma bracteata Brocchi , Pleurotoma rolata Brocchi, Pleurofloma dubia Jan‘, Buccinum badense Partsch, Fusus unbestimmt.
In diesem Tegel fand er jedoch keine Foraminiferen. Schreitet man aber noch weiter nördlich vor bis zur Kirche von Rehrbach, so zeigen sich bereits in dem daselbst an- stehenden nordwestlich abfallenden Tegel Foraminiferen. Herr Czjzek fand darin Dentalina elegans d’Orbigny, Denlalina inornala d’Orbigny, Denlalina Adolphina
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d’Orbigny, Robulina calcar d’Orbigny , Cristellaria cassis Lamarck, Bulimina und Robulina, neue Arten; ferner Ci- dariten-Stacheln und Murexdeckeln, wie in Baden, nicht aber wie in Nussdorf.
Noch weiter nördlich an der Eisenbahn nächst Marz fand Hr. C2jzek den Tegel ebenfalls mit nordwestlichem Verflächen, hier aber so mit Foraminiferen angefüllt, dass das Stück , welches er hiervon zur Untersuchung mitnahm, fast den zehnten Theil seines Inhaltes an dieser mikrosko- pischen Fauna lieferte; er fand darin: Orbulina universa aOrbigny, Glandulina? Globulina? Globigerina bulloides, Nonionina Boueuna, und noch eine andere, Robulina cal- car, Uvigerina, drei Arten, darunter U. pygmea. Buli- mina, drei Arten, darunter B. ovala, Texlularia carinalta, deperdila, Triloculina consobrina, Quingueloculina® Den- talina Adolphina, Dentalina?, Cidariten-Stacheln.
Noch weiter nördlich bei Mattersdorf im Durchschnitte der Eisenbahn, wo die Lagerungsverhältnisse des Tegels bereits undeutlich sind, kam eine dünne Tegellage vor, angefüllt mit kleinen Individuen von Crassatella dissila Eichwald, Donax longa Bronn, Trochus coniformis Eich- wald, Cardium. Darüber liegt Löss mit Helix und Suc- cinea.
Weiter im Durchschnitte enthielt der blaue Tegel Car- dium, Mylilus,, darüber konnte man eine schwache Lage von bituminosem Holz und ober demselben Geröll und Sand- schichten mit Östreen bemerken.
Südwestlich von Mattersdorf an den letzten Häusern dieses ausgedehnten Dorfes sind zwei Sandgruben eröffnet. Der Sand, durch ein kalkıges Cement theilweise verbunden, liefert einige Sandsteine zum Bauen, die höheren Schichten dieses Sandes sind mit Gerölle sehr urtermischt, was in der oberen kleineren Sandgrube sehr deutlich hervortritt. Diese obere ist reichhaltiger an Versteinerungen, obwohl diesel- ben grössten Theils nur in Bruchstücken zu finden sind. Herr Cz2jzek sammelte darin Turrilella aculangula Brocechi, T. Archimedis Brongniart, Nalica eximia Eich- wald, Trochus palulus Brocchi, Turbo rugosus Linne, Pleuroloma tlubercuwlosa Basterol, Buceinum reliculatum
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Linne, Cerilhium, unbestimmt, Corbula nucleus Lamarck, Cytherea chione Lamarck, Venericardia Jouanelli Bast., Peclunculus oblusalus Partsch, Peclen, Ostrea unbestimmt.
In der unteren Sandgrube sind selbst die Bruchstücke sehr gebrechlich; doch war deutlich zu erkennen Ancillaria obsolela Parisch, Peclunculus obtusalus Parlsch, Lueina, eine neue Art.
Obschon dieser Fundort nur groben Sand und Gerölle enthält, so können doch die genannten Arten am füglich- sten mit den Badner Schichten parallelisirt werden; wie- wohl der angeführte Zrochus, Peclunculus, und die häufig vorkommende Cylherea auf jüngere Schichten deuten.
Auch die Gegend von Forchtenau und Wiesen ist in paläontologischer Hinsicht interessant. Wenn von Forch- tenau der sogenannte obere Fahrweg gegen Wiesen, also nördlich , verfolgt wird, so gelangt man hinter dem Forst- hause bald auf Sandschichten, die mit Tegellagen abwech- seln und ein nördliches Verflächen zeigen. Daraus sam- melte Hr. Cz2jzek:
Natica millepunctata Lamarck, Conus fuscocingu- latus Brocchi, anltediluvianus Deshayes, Pleurotama dubia Jan, Cerithium minulum Serres, Anomia, Aslraea, Am- phistegina. -
Diese Schichten scheinen dem oberen Sande anzuge- hören, indem sie sich zwischen die Pötzleinsdorfer und Sieveringer Schichten stellen.
Wenn der vorgenannte Weg bis in das Thal und wei- ter gegen Wiesen verfolgt wird, so gelangt man in einen Hohlweg, in welchem die Tegelschichten in Betreff der Versteinerungen eine auffallende Aehnlichkeit mit der Bad- nerFauna zeigen, es fand sich darin: Natica eximia Eich- wald, Ancillaria obsolela Partsch, Conus, Milra cupres- sina Brocchi, Pleurotoma calafracta Brocchi, lurricula Brocchi, Cassidaria echinophora Lamarck, Cancellaria conlorla Basierot, Cerithium Bronnü Partsch, Corbulu nucleus Lamarck, Venus rugosa Lamarck, Venericardia lumida Parisch, Pecten Macovü Dubois, Osirea unbe- stimmt, Zurbinolia duodecimcostala Goldfuss.
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Von Wiesen nordöstlich am Wieserbache fand Herr Cijzek in dünnen Schichten Cerithium inconsltans Ba- sterot , piclum Basterol , Nerilina in sehr gebrechli- chen Exemplaren, weiter abwärts aber am Bache sind die nördlich verflächenden Sandschichten mächtiger und reich an den eben genannten Cerithien- Arten. Unmittelbar darüber, aber scharf getrennt, liegt eine Sandschichte ganz angefüllt mit Schalen von Trochus Bouei Partsch, coniformis Eichwald, Buccinum baccalum Basterot, Muc- ira podolica Eichwald , Crassatella dissila Kichwald, Donux longa Bronn, Solen vagina Linne, Venus gre- garia Partsch, Cardium vindobonense Partsch, Cardium plicatum Eichwald, Mylilus Brardi.
Diese den Nexinger Schichten sich anreihende Sand- schichte ist interessant wegen der scharfen Trennung von der darunter liegenden Cerithien Schicht.
Herr Dr. Moriz Heider sprach über eine besondere Eigenschaft der Zahlen.
Wenn man eine beliebige Reihe von Ziffern nieder- schreibt, dann durch irgend eine Permutation derselben Ziffern eine andere Zahl bildet und die Differenz beider Zah- len sucht, so ist sie stets durch 9theilbar. Hr Dr. Heider wies nach, dass diese im ersten Augenblicke überra- schende Thatsache durch die Natur des dekadischen Zah- len-Sytems wesentlich begründet ist, und führte im Allgemei- nen den Beweis, dass in jedem Zahlen-Systeme die Diffe- renz zweier durch verschiedene Anordnung derselben Ziffern gebildeten Zahlen durch die höchste Ziffer des Systemes theilbar sein müsse. So im Fünfer Systeme deren Ziffern 0, 1, 2,3, A, sind durch # u. s. f.
Hr. Dr. Hammerschmidt machte äuf die neuesten Leistungen in Farbendruck des Herrn A. Hartinger aufmerksam, die in der neuesten Zeit in der k. k. Hof- undStaatsdruckerei ausgeführt würden, und zeigte den Anwesenden ein Bild vor, welches an demselben Tage bei Gelegenheit eines Besuches, womit Se.Exc. derk.k. Hr. Hof- kammer-Präsident Freiherr von Kübeck diese Anstalt beehrte, demselben gewidmet, und zum Beweise der neue- sten selungenen Leistungen in diesem Fache vorgelegt
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wurde. Dasselbe stellt einen Blumenstrauss von Eriken und einigen Spielarten der grossen Viola Iricolor maxima vor, woran die anwesenden Botaniker vom Fache der na- turgetreuen Darstellung und lebendigen Farbenwahl volle Anerkennung gaben, während anderer Seits selbst Kunst- verständige den Farbendruck nicht erkannten, sondern das Bild für übermalt bielten, oder doch wenigstens eine Nach- hilfe voraussetzten.
Hr. Dr. Hammerschmidt bemerkte, dass bei der Vorlage so gelungener Proben nach der von Hartinger angewendeten Methode die Anwendbarkeit des Farben- druckes für naturgeschichtliche Werke sohin ausser Zweifel gestellt sei, und legte am Schlusse noch eine Probe einer ausgezeichneten typographischen Leistung vor, welche aus der k. k. Staatsdruck erei am 22. October bei Gelegenheit des oben erwähnten Besuches herverging. Es ist diess ein Gross-Folioblatt, worauf in einem Gedichte mit Leitern gedruckt, die der Guttenberg-Bibel nachgeahmt sind, Empfindungen der innigsten Verehrung ausgedrückt sind, und der Wunsch, das Denkmal, welches hier errich- tet, sei so dauernd als der Himmel, eine T'ypenschau der 33 bestehenden Sprachen gewährt.
26. Versammlung, am 29. October.
Wiener Zeitung vom 24. November 1846:
Herr Franz Ritter v. Hauer zeigte Versteiner- ungen vor aus der Gegend von Dienten, südwest- lich von Werfen im Salzburgischen. Dieser Ort liegt äusserst romantisch am Fusse der steilen Wände des ewigen Schneeberges; dessen Gipfel von einem Gletscher gekrönt ist. Eisenstein-Bergbau macht ihn wichtig für die montanistische Welt. Der ewige Schneeberg und die an- deren höheren Gebirge gehören dem Alpenkalke an. Im Thale findet man Thonschiefer und Grauwacke, die am Nordabhange der Alpen als eine weit und mächtig entwi- ckelte Formation sich zunächst an die Urgebirge der Zen-
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tralkette anreihen. Nirgends hatte man bisher in diesem Gebilde Versteinerungen aufgefunden, die eine sichere Be- stimmung zuliessen, und daher war keine Vergleichung mit den Uebergangsschichten anderer Länder möglich gewesen.
Vor etwa zwei Jahren entdeckte der k. k. Hr. Bergverwalter J. v. Erlach in Dienten kleine Orthozerati- ten und Bivalven in diesen Schichten. Er sammelte sie sorgfältigst und theilte Herra v. Hauer, als dieser zur Untersuchung der Verhältnisse ihres Vorkommens im .diess- jährigen Sommer in die dortige Gegend kam, die interes- santesten zur Bestimmung mit. Sie finden sich am häufig- sten in der sogenannten Nagelschmidt-Grube, in einer durchschnittlich fünf bis sechs Zoll mächtigen Schichte eines schwarzen beinahe graphitähnlichen Thhonschiefers, der zwischen Spatheisenstein gelagert ist. Der Spatheisen- stein selbst bildet unregelmässige, gewöhnlich wenig aus- gedehnte Stöcke im Grauwackenschiefer und geht stellen- weise in diesen über. Unter ähnlichen Verhältnissen, aber seltener, sind sie in der Sommerhalsgrube anzutreffen.
Die Untersuchung dieser Fossilien, die alle in Schwe- felkies verwandelt sind, ergab folgende Arten: Orlhoceras gregarium Murch., siyloideum Barrandi, siriatum Sow. Alle drei Arten des unvollkommenen Zustandes der Schale wegen nur sehr unsicher bestimmt. Cardiola interrupla Broderip. (Curdium cornucopiae Goldfuss.) Cardium gra- cile Münster, Cardium n. sp. Endlich eine vielleicht neue Bivalven-Gattung etwa mit Inoceramus verwandt. So gering auch die Zahl der Arten dieser Fossilien ist, so gestatten sie doch durch das Auftreten der so charakteristischen, mit voller Sicherheit bestimmten Cardiaceen interessante Vergleichun- gen. Dieselben Arten finden sich nämlich nach Murchison (Silurian System p. 617) in England in den unteren Abthei- lungen der sogenannten Ludlow-Schichten, die dem oberen silurischen Systeme angehören, nach Gf. Münster in der oberen Etage des Uebergangskalkes des Fichtelgebirges bei Elbersreuth, der nach den Untersuchungen dieses berühm- ten Paläontologen (Beiträge zur Petrefactenkunde IV. p. 33) wohl auch dem silurischen Systeme angehört; endlich nach Barrande (Notice preliminaire sur le Systeme Silu-
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rien el les Trilobites de Boheme)) in den unteren Schichten der obersten Abtheilung der Böhmischen Uebergangs - Ge- bilde, die von diesem Autor ebenfalls den oberen silurischen Schichten parallelisirt werden.
Aus diesen Betrachtungen scheint hervorzugehen, dass wenigstens ein Theil der sogenannten Grauwäcke. Schich- ten der nördlichen Alpen, In zwar wahrscheinlich alle spatheisensteinführenden Lager derselben, dem oberen silu- rischen System angehören. Ein anderer Theil gehört wahr- scheinlich dem devonischen Systeme an. In Dienten selbst findet man näher gegen die Kalkwände des ewigen Schnee- berges rothgefärbte Schiefer und Sandsteine, und ein Glei- ches beobachtet man in der Seeau am Leopoldsteiner - See bei Eisenerz, wo in den rothen Schiefern undeutliche Bival- ven, darunter Avicula , vorkommen.
Herr Dr. S. Reissek machte eine Mittheilung über die Entwickelungsgeschichte der Flachsfaser und ihre Verwandtschaft zu anderen Fasergeweben,, deren man sich zur Bereitung verschiedener Zeuge bedient, insbe- sondere der Hanf- und Baumwollenfaser. Die Flachs- faser ist bekarntlich das Bastgewebe des gemeinen Leines. Sie etwickelt sich in folgender Weise: Im sehr jungen Zu- stande des Stängels, wo sich die Zwischenknoten erst zu bilden beginnen , und die Blätter in der Entfaltung eben be- griffen sind, besteht der ganze Stängel aus ziemlich gleich- förmigen, mit Chlorophyll angefüllten Zellen, und die vier eharakteristischen und abweichend gebauten Schichten des ausgebildeten Stängels sind hier noch nicht von einander geschieden. Nach und nach tritt diese Scheidung und Aus- prägung der Schichten ein, es bildet sich Rinde, Bast, Holz und Mark. Der Bast besteht aus einer bis drei Laer sehr lang gestreckter röhrenförmiger der Stammrichtung parallel im Gewebe verlaufender Zellen, Diese sind anfangs dünnwandig und chlorophylihaltıg, nach und nach löst Sich das Chlorophyll auf, aus dem fhiseigen Inhalte schlägt sich eine feste secundäre Ablagerung an die Innenwand der Zelle nieder ,„ sofort eine zweite, dritte und vierte, so dass dadurch tdie Höhlung der Zelle fortwährend verkleinert wird, und zuletst nur mehr ein geringer, zur ursprünglichen Höh-
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lung im Verhältnisse wie 1:10 stehender Raum zurückbleibt. In diesem Zustande ist die Bastzelle und mit ihr das ganze Bastgewebe des Stängels ausgebildet. Die Veränderungen, welche dasselbe bei der Röste und der darauf folgenden Trennung von den umgebenden Schichten des Holzes und der Rinde erleidet, so wie bei der Bereitung vonLinnen und Papier sind nur mechanische.
Auf gleiche Weise, wie die Flachsfaser, entwickelt sich auch die Hanffaser. Auf eine wesentlich gleiche Weise wie dieselbe bildet sich auch, was die secundären Ablager- ungen an der Innenwand betrifft, die Baumwollenfaser aus. Diese ist bekanntlich ein Samenhaar der Baumwollsträucher. Die Unterscheidung zwischen Flachs - und Baumwollfaser ist durch das Mikroskop bei einiger Uebung nicht sehr schwierig. Die Flachsfaser hat einen gleichförmigeren Durch- messer, durch Reagentien leicht deutlich zu machende mehrfache secundäre Ablagerungen an der Innenwand der Bastzellen, und ein sehr geringes oft verschwindendes Lu- men zwischen diesen Ablagerungen. Die Baumwollfaser im Gegentheile zeigt eine einfache Ablagerung an der Innen- wand der Zelle und ein weiteres Lumen derselben.
Herr Franz Ritter v. Hauer legte den Anwesen- den eine Mittheilung von Herrn Reinhold Freiherrn v. Reichenbach vor über den Ursprung des Ammo- niaks.
Nothwendiger Weise müssen eher als alle Vegetation, überhaupt eher als alles organische Leben auf der Erdober- fläche die materiellen Bestendtheile vorhanden gewesen sein, welche als die räumlichen Träger dieses Lebens erscheinen, wozu bekanntlieh verschiedene Mineralsubstanzen gerechnet werden, ferner Kohlensäure, Wasser, endlich auch Ammoniak.
Was nun das Ammoniak betrifft, so scheint es zwar noch nicht völlig ausgemacht, ob es unmittelbar und allein dazu dient, der Vegetation den erforderlichen Stickstoff zu liefern, oder ob es zuvor theilweise oder ganz in Salpeter- säure übergehen muss, um jene Function zu übernehmen. Wenigstens ist das letztere nieht gerade unwahrscheinlich , wenn man die so günstige Einwirkung betrachtet, welche der freie Zutritt von Sauerstoff zu den Gemengtheilen des
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Bodens auf alles Wachsthum äussert. Hier aber genügt es vorläufig zu bemerken, dass der Pflanzenwelt ihr Stickstoff in vielen, vielleicht allen Fällen durch salpetersaure. Ver- bindungen eben sowohl zugeführt werden kann, als durch Ammoniaksalze.
Man kennt kein natürliches Mineral an der äusseren Erdschicht , welches Ammmoniak enthält, es wäre denn der Salmiak, der aus einigen Vulkanen sublimirt wird. Allein von diesem ist wohl sehr zu bezweifeln, dass er ein ur- sprüglicher Bestandtheil der Erdrinde sei, da er mit Grund als ein neueres Product der vulkanischen Processe selbst in Anspruch genommen werden darf. Denn die Hitze der aus der Tiefe aufsteigenden Dämpfe, welche in Folge von Zersetzung des eingedrungenen Meerwassers bei Berüh- rung mit glühend flüssigen kieselhaltigen Mineralien immer salzsaure Gase mit sich führen werden, entwickelt noth- wendig auch etwas Ammoniak aus Kalkschichten, an wel- chen sie ihr Weg vorüberführt, und welchen organische Reste selten fehlen. So erklärt sich die Salmiakbildung auch in diesem Falle, ohne der Behauptung zu widerspre- chen, dass das Ammoniak nirgends als anorganischer, d.h. ursprünglicher Bestandtheil der festen Erdrinde angetroffen werde, sondern überall erst als Product der Zerstörung or- ganischer Wesen erscheine, dass das organische Leben selbst also seine eigentliche und einzige Quelle sei.
Gehen wir nämlich zurück auf die frühesten Zustände der Erdoberfläche , so ergibt sich das Entstehen und Beste- hen des Ammoniaks in denselben überhaupt und durchaus als eine Unmöglichkeit, wenigstens in dem Falle, als man die Ansicht zulässt, welche wohl immer die entscheidendsten Gründe auf ihrer Seite behalten dürfte, dass die Erde, zu- mahl an ihrer Oberfläche, einst eine sehr hohe Temperatur besessen haben müsse, wovon die jetzigen Vulkane nur die letzten Ueberreste, jedoch sprechende Zeugen sein mögen. Bei einer solchen "Temperatur aber, welche den feurigen Fluss der schwerschmelzbarsten Mineralien bewirkt hat, konnten Wasserstoff und Stickstoff, wenn auch gleich- zeitig vorhanden, niemals zu Ammoniak zusammentreten, vielmehr ‚hätte solches allen Kenntnissen zu Folge, die wir
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von seinen Eigenschaften besitzen, zuverlässig in diese seine Elemente wieder gänzlich zerfallen müssen, wäre es je vorher schon einmal gebildet vorhanden gewesen. Aber auch später während des nachfolgenden langsamen Abküh- lungs - Processes hatte es nie mehr Gelegenheit aus seinen Elementen unmittelbar sich zu bilden und erst in Folge des begonnenen organischen Lebens schen wir es auf- treten, obgleich für das letztere die Aufnahme von Stick- stoff eine Vorbedingung war, welcher die blosse Gegen- wart des freien athmosphärischen Stickstoffgases bekannt- lich nicht Genüge leisten kann.
Somit sieht man sich offenbar gezwungen, für die Ent- wicklung der ersten Vegetation auf der Erdoberfläche eine andere Quelle des Stickstoffes aufzusuchen, als das Ammo- niak, welches vor ihr selbst nicht zugegen sein konnte, und wir finden sie, wenn wir mit obiger Ansicht vom Ur- zustande der Erdrinde einige andere Erfahrungen in Ver- bindung setzen, welche die Wissenschaft geliefert hat.
Jene in der Urzeit muthmasslich sehr hohe Temperatur der Erdmasse und der obersten Schichten besonders muss eine Ursache gehabt haben, welche nicht wohl im Raume ausser ihr gelegen oder irgend mechanischer Art gewesen sein kann , sondern sie ist in ihrer eigenen inneren, d.h. chemischen, Thätigkeit zu suchen. Wir nehmen an, dass in Folge allmähliger Annäherung und Berührung heterogener Urelemente nach chemischen Gesetzen allgemeine Verbin- dungsprozesse eingeleitet wurden, welche die gegenwär- tige Zusammensetzung und Beschaffenheit der Erdoberfläche herbeigeführt haben. Unter den verschiedenen hier vorge- gangenen Bildungs-Thätigkeiten haben wir aber für das vorliegende Problem nur diejenige näher ins Auge zu fas- sen, welcher das Wasser seine Entstehung verdankt. In- dem nämlichen Wasserstoffgas und Sauerstoffgas, gemengt unter andern mit wenigem Stickstoffgas, unter grosser Wär- meentbindung zu Wasserdampf sich vereinigten, musste allen unsern Erfahrungen zu Folge eine zwar geringe, je- doch keineswegs verschwindende Menge von Salpeter- säure gleichzeitig mitgebildet werden, welche sofort spä- ter sammt dem Wasser niedergeschlagen, aber bald an
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vorhandene Erdbasen des Bodens Kalk, Kali etc. gebunden wurde.
In Folge dieses gesammten Hergangs musste also das Meerwasser der Urzeit zwar eine Spur kaum von salpeter- sauren Salzen gelöst enthalten, welche gleichwohl dazu gedient haben kann, einer beginnenden unterseeischen Thier- und Pflanzenwelt Jahrtausende lang allen zu ihrem Werden nöthigen Stickstoff zu liefern. Weil aber auf sol- che Weise die Entziehung der erwähnten Salze eben so lange ununterbrochen “fortdauerte, ohne dass irgend ein entsprechender Ersatz dafür geleistet worden wäre, so würde hieraus wohl begreiflich, wenn dem heutigen Meerwasser salpetersaure Verbindungen unter seinen lösli- chen Bestandtheilen gänzlich fehlen: denn die Wiederzer- setzung der gebildeten organischen Körper erzeugte im Wege von Fäulniss- und Verwesungs-Prozessen zunächst immer nur Ammoniak und seine Salze, denen somit ihr er- ster Ursprung gegeben ward, während deren Rückgang in Salpetersäure nur ausserhalb des Wassers in Berührung mit Erde und Luft vor sich gehen konnte. — Wenn nun sonst die Salpetersäure als letztes Product einer ünterge- gangenen Generation von Organismen sich darstellt, so erscheint sie hier zunächst dem Anfangspuncte einer neuen, im Einzelnen wie im grossen Ganzen;
Herr Professor Dr. Schrötter theilte die Resultate einer chemischen Analyse eines Kalkspathes vom Rathhausberg in Salzburg mit, die einer seiner Schüler, Hr. v. Siemianovsky, im Laboratorio des k. k. polytech- nisches Institutes ausgeführt hatte. Es wurden gefunden:
Kohlensaures Eisen-Oxydull Fe 0,C0, = 1. 10,
„ Mangan-Oxydul Mn®, CO, = 13. 36, PR Kalkerde Ca0, CO, = 8. 83.
Es ist dieselbe Varietät, welche in einer Art Granit eingewachsen, die deutlichen zwillingsartigen Zusammen- setzungen parallel den Flächen des nächstflacheren Rhom- boeders '/,R‘ der Kalkspathreihe zeigt, und eine grosse Aehnlichkeit mit dem steiermärkischen Ankerit besitzt.
Herr Professor Dr. Schrötter knüpfte an die Betrach-
tung dieser Zusammensetzung interessante Bemerkungen Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I. 13
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über die chemischen Verschiedenheiten, die innerhalb den Grenzen einer nach äusseren Merkmalen abgeschlossenen Species möglich sind.
Herr Dr. Hammerschmidt übergab eine Abhandlung: Beschreibung einiger Oxyuris-Arten, als Beitrag zu den von Herrn Bergrath Haidinger herauszugeben- den ‚‚naturwissenschaftlichen Abhandlungen.“
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II. Spezielle Mittheilungen.
1. Ueber die Natur des kürzlich in Klein - Asien vom Himmel gefallenen Manna.
Von Dı. S. Reissek.
Wiener Zeituiig vom 7. März 1846.
D.r Courier de Constanlinople vom 24, Jänner d. J. und nach ihm: die meisten Deutschen Zeitungen brachten die Nachricht von einem Mannaregen, welcher zu Anfang dieses Jahres in dem Distriete von Jenischehir in Klein- Asien, so wie in den benachbarten Bezirken , nachdem schon grosser Mangel an Lebensmitteln geherrscht hatte, niederfiel, Dieser Regen dauerte durch einige Tage, das Manna fiel in Stücken von der Grösse einer Haselnuss in bedeutender Menge. Es wurde vermahlen und zu Brot verbacken,, wel- ches dem Getreidebrote nichts nachgab. Nach dem Jour- nal de Constantlinople vom 26. Jänner, wurde dieses Phä- nomen auch im Frühjahre 1841 zu Wan unter gleichen Um- ständen beobachtet. Damals fiel die Substanz in einer stau- nenswerthen Menge, so dass der Boden 3bis4 Zoll hoch da- mit bedeckt wurde. Sie hatte die Grösse eines starken Ha- gelkornes, eine grauliche Farbe und ziemlich angenehmen Geschmack, Das daraus bereitete Mehl war sehr weiss, gab jedoch ein nur wenig schmackhaftes Brot.
Wir sind in der Lage genügende Aufklärung über diese merkwürdıge Erscheinung zu geben, und den Schleier des Wunderbaren , welcher sie deckt, zu lüften.
Dieser Mannafall ist nicht der erste und wird nicht der letzte sein, er wird sich, wie man mit Sicherheit schliessen darf, noch oft wiederholen. So weit bestimmte Nachrichten
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reichen , wurde derselbe 1824 in Persien unter gleichen Ver- hältnissen wie heuer beobachtet. Im Jahre 1828 wurde dem Minister der auswärtigen Angelegeaheiten zu Paris von dem französischen Consul in Persien eine Substanz zugeschickt, mit der Bemerkung, dass selbe zu Anfang des Jahres 1828 in Persien vom Himmel gefallen, und von den Eınwohnern für Manna oder Himmelsbrot gehalten worden sei. Diese Art Manna fand sich in so grosser Menge, dass der Boden eine grosse Strecke weit damit ganz bedeckt war. An eini- gen Orten lag sie 5—6 Zoll hoch. Die Herden, besonders die Schafe, haben sich reichlich ven diesem merk würdıgen Erzeugniss nähren können. Man hat Brot daraus bereitet, welches als Nahrung für die Menschen gebraucht werden konnte. Diese Substanz ist von Thenard der Akademie vorgelegt worden, und von Desfontaines für eine Art von Lichen erkannt worden. Man äusserte sich überein- stimmend, dass diese Flechte sich irgendwo in grossen Massen finden müsse, und wahrscheinlich vom Winde an den Ort geweht wurde, wo man ihr plötzliches Erscheinen bemerkte. (Froriep Notiz. 1828, no. 466, p. 55. — Vergl. auch Goeppert über Getreide- und Schwefelregen, p. 22.)
In demselben Jahre beobachtete Parrot auf seiner Reise in Persien einen solchen Mannaregen. Er brachte Exemplare der Mannaflechte nach Europa, und sie wurde von Göbel chemisch untersucht. (Schweigg. Journ. f. Chem. u. Phys. 1830. Bd. III. Hft. 4.) Derselbe äussert sich darüber p. 393 folgender Massen:
„Herr Collegienrath Parrot übergab mir diese Flech- ten zur Untersuchung mit der Bemerkung, er habe hier eine Substanz von seiner Reise zum Ararat mitgebracht, welche zum Anfange des Jahres 1825 in einigen Distrieten Persiens 5 — 6 Zoll hoch herabgeregnet, und von den dortigen Einwohnern gegessen worden sei, sie scheine ıhm organischen Ursprungs zu sein.‘
„Die Resultate der chemischen Untersuchung gaben mir die Ueberzeugung, dass ich entweder eine Flechte , oder sonst ein krankhaftes unvollkommenes Pflanzengebilde unter sucht hatte, welches vielleicht durch elektrische Winde seinem Standorte entführt, und an entfernten Orten wieder abge-
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setzt war, so wie Parrot berichtete, sie sei herabgereg- net. Um nun darüber mehr Aufschluss zu erhalten, legte ich sie Herrn Professor Ledebour vor. Dieser erkannte sie für Purmelia esculenta, und sagte mir zugleich, dass er diese Flechte auch auf seiner Reise in der Kirgisensteppe und überhaupt im mittleren Asien häufig auf einem todten leh- migen Boden und auf nackten Felsenriffen angetroffen habe.‘
„Mag sie nun auf die eine oder andere Weise in Per- sien plötzlich sichtbar geworden sein, so bleibt sie immer- hin wegen ihres grossen Gehaltes an oxalsaurem Kalke und wegen Abwesenheit aller übrigen, sonst in diesen Ge- wächsen vorkommenden salzigen und erdigen Bestandtheile merk würdig:**
Eben daselbst pag. 390 folgt die chemische Analyse dieser Flechte. „Die Purmelia esculenta enthält in 100 Theilen:
1,75 Chlorophyll haltendes Weichharz von kratzendem Ge- schmacke, 1,75 geruch- und geschmackloses Weichharz , 1,00 einer in Weingeist und Wasser löslichen,, bitter schmeckenden Substanz , 2,50 Inulin, 23,00 Gallerte,
3,25 Flechtensäure , 65,91 oxalsauren Kalk.
99,16
Diese Parmelia esculenta, wofür Ledebour das Manna erkannte, ist eine Flechte, welche wir zuerst durch die Reisen Pallas 1768 und 1769 unternommen, kennen lernten. Pallas fand sie in grosser Menge in den Tarta- rischen und Kirgisischen Steppen zwischen dem Caspi- schen und Aral - See. In Band III. pag. 760, Nr. 138 tab. J. Fig. 4, gab er eine Beschreibung und Abbildung derselben. Sie wird von den dortigen Bewohnern geges- sen, worauf auch der Russische Name ‚‚Semijenoi Chleb“ hinweist,
Später wurde diese Mannaflechte auf ihrem natürlichen Standorte von Ledebour, am genauesten aber von
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"Eversmann, Professor zu Kasan, beobachtet. Letzte- rer unterscheidet in einer Abhandlung über diese Flechte (Nov. Act. Acad. nat. curios. 1831. vol. XV. ‚‚In Liche- nem esculentum Pallasü el species consimiles adversaria“) drei Arten, welche alle in den Steppen an der Ostseite des Caspischen Sees und weiterhin in Central-Asien wach- sen, und sich bis in das nördliche Persien ziehen. Die Flechte hat die Grösse einer Bohne, Haselnuss oder Wall- nuss, ist aber meist von unregelmässiger Gestalt, von bleigrauer oder weisslichgrauer Farbe, auf der Oberfläche lederartig und warzig, im Innen dicht und mehlig. Sie hat oft das Ansehen einer Himbeere oder Maulbeere, und viel Aehnlichkeit mit einer, auch bei uns wachsenden Flechte, woraus gegenwärtig der meiste Lackmus gewonnen wird (Parmelia tartarea), nur sind die Stücke mehr abgerundet und compact.
Die Mannaflechie wächst auf trockenem, steinigem Boden, und hat die Eigenthümlichkeit, dass sie nicht wie andere Pflanzen an den Boden angeheftet ist, sondern ganz frei liegt, und mit ihrer Oberfläche die Nahrung aufsaugt. Sie wird desswegen vom Winde sehr leicht fortgeführt, und 'in den Niederungen streckenweise oft schuhhoch . angehäuft. - Da aber der Wind oder Sturm in den ebenen Steppenge- genden, wo er über die Fläche. widerstandlos fortweht, eine _ weit grössere Stärke erlangt, als in Hügel- und Bergge- genden, wird es erklärlich, wie grosse Mengen dieser Flech- ten meilenweit fortgeführt und an Orten abgesetzt werden, wo die Flechte sonst nicht vorkommt. So entstehen . die Mannaregen.. So weit unsere Nachrichter über den Manna- fall reichen, hat sieh derselbe immer zu Anfange des Jahres gezeigt, so 1824, 1828, 1841, 1846, also zu einer Zeit wo die Stürme in jenen Gegenden mit verstärkter Kraft thätig ‚sind, wo der Boden von "der Pflauzendecke entblöst ist, und daher die kleinen losen Flechten um desto leichter fortge- führt werden können. Ferner ist der Mannaregen nur in Klein-Asien und Persien bisher beobachtet worden , also in Landstrichen, welche jenen, we die Flechte wächst, zu- nächst liegen.
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Aus Allem, was wir über das Vorkommen der Manna- flechte und die Beschaffenheit der Landstriche wissen, ist zu schliessen, dass sich die Mannaregen noch oft wieder- holen werden. Ja es wäre höchst auffallend , wenn sie sich nicht wiederholten, da doch verwandte Erscheinungen in unseren Gegenden fast jährlich wiederkehren, wie z. B. Schwefelregen, die durch den fortgewehten und später nie- dergeschlagenen Blüthenustaub der Fichten und Kiefern ent- stehen.
Dass die Mannaflechte essbar und nahrhaft sei, kann nicht auffallen. Mehrere Fiechten, so z. B. das Isländische Moos (Kramperlthee) werden im Norden vermalen und 'zu Brot verbacken. Die Geniessbarkeit und Nahrhaftigkeit der Mannaflechte erklärt sich aus der vorstehenden chemi- schen Analyse. Sie enthält nämlich 23 pCt. Gallerte und 2'/, pCt. Inulin, also eine bemerkenswerthe Menge nahr- haften Stoffes. Was aber ihre Geniessbarkeit hauptsäch- lich bedingen mag, ist der geringe Gehalt an bitterem Ex- tractivstoff, 1 pCt., welcher Stoff sonst bei den Flechten reichlicher vorhanden, und die Hauptursache ihrer geringen „Anwendbarkeit zur Nahrung für den Menschen ist, indem die auf seine Entfernung verwendeten Kosten durch den Werth des rückbleibenden Nahrungsstoffes nicht gedeckt werden.
-Ob das Manna der Israeliten. die Männaflechte gewe- sen sei, oder nicht, ist nicht mit Bestimmtheit zu entschei- den. Leicht möglich, dass eine spätere Zeit und eine fort- geschrittene Wissenschaft diesen Punct aufklären. Unwar- scheinlich wenigstens ist es nicht, dass die Mannaflechte durch Stärme bis in jene Gegenden gebracht werde, wel- che die Israeliten durchwanderten. Möglich auch, dass sie viel näher als in-den angeführten Steppengegenden wachse. Nach den Untersuchungen von Ehrenberg soll das Manna der Israeliten der erhärtete Saft einer Tamariske ‚ (Tamarix gallica mannifera) sein, welcher durch den Stich eines Coccus aus den Aesten ausfliesst. Diess zu- gegeben, ist es jedoch mit der Beschreibung der Schrift, der zu Folge das Manna vom Boden, den es überdeckte, aufgelesen wurde, mit der Menge, in welcher selbes fiel,
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und mit der Nahrhaftigkeit die es hatte, schwer vereinbar, dass dieselbe eine auf diese Weise abgesonderte Materie ge- wesen. Dieser Punct würde sich durch die Mannaflechte und die bisher beobachtete Art des Falles derselben hinreichend erklären. Anderer Seits spricht auch die Art ..des heuri- gen Mannafalles, welcher durch mehrere Tage anhielt, dafür.
2, Ueber den Mannaregen. (Nachtrag) Von Dr. S. Reissek.
Wiener Zeitung vom 5. April 1846.
In der Wiener Zeitung vom 7. März wurde über die Natur des im Jänner d. J. in Klein-Asien gefallenen Manna, so wie über frühere historisch genauer hekannte Mannafälle Nachricht gegeben, und bemerkt, das Manna sei eine Flechte, welche in den caspischen und aral’schen Steppen wachse, und durch Stürme weithin fortgeführt und später niedergeschlag®n werde, was auch die Ursache ihres heuri- gen Falles in Klein-Asien sei. Zugleich wurde die Man- naflechte als eine längst bekannte Art, Parmelia esculenla, bezeichnet. Zur Zeit, als die Nachricht erschien, waren noch keine Proben des heuer gefallenen Manna nach Wien gelangt. Jetzt besitzen wir solche. Nach Vergleichung zahlreicher Stücke, welche ich durch Hrn. Prof. Endlicher erhielt, mit den vorhandenen Abbildungen und Beschrei- bungen der Purmelia esculenta, ist kein Zweifel mehr, dass das Manna wirklich diese Pflanze seı, und zwar eine Spielart mit mehr körniger Oberfläche, welche Hr. Evers- mann Lecanora affinis genannt, und 1831 in den Ab- handlungen der L. C. Akademie der Naturforscher vor- trefflich abgebildet hat.
So weit die Thatsache. Ich kann nicht umhin, hier die Ansicht, welche zum Theil auch schon ein ausgezeich- neter Naturforscher ausgesprochen und die vielleicht Man-
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chem gegründet schiene, zu berühren, dass nämlich die Mannaflechte innerhalb einer Nacht hervorschiessen könne, und dann des Morgens ausgebildet auf dem Tags zuvor nackten Boden zu treffen sei. Diese Ansicht ist durchaus falsch. Die Anatomie der Flechte gibt den klarsten Be- weis, dass sie wenigstens Monate zu ihrer Ausbildung be- dürfe.
Weder zu Constantinopel noch an andern, der Gegend des Falles näher liegenden Orten scheint Jemand die Natur des Manna erkannt zu haben. Diess beweisen wenigstens ‚wiederholte Correspondenzen. Es drängt sich bei dieser Wahrnehmung jedem Freunde der Wissenschaft und Bil- dung der Wunsch auf, es mögen, wenn schon nicht allge- ‚mein, doch wenigstens die Orientalisten dortiger Gegend ihr Augenmerk mehr der Natur und ihren Erscheinungen zu- wenden, als es bisher geschehen zu sein scheint. Der Mensch, sein Streben und Wirken wurzelt in der Umge- bung. Wenn schon beim civilisirten, um wie viel mehr beim Naturmenschen bietet diese den Schlüssel zu seiner Geschichte!
3. Ueber die bei der Bohrung des artesischen Brunnens im Bahnhofe der Wien-Raaber Eisenbahn in Wien durchfahrenen Tertiär-Schichten.
Von Franz Ritter v Hauer. Wiener Zeitung vom 11. April 1846,
Die geognostische Constitution des Wiener Beckens ist durch die umfassenden Arbeiten vieler Naturforscher in all- gemeinen Umrissen schon längst hekannt. So weiss man, dass die gesammten Thon-, Kalkstein - und Nandschichten, welche das Donauthal in unserer Gegend bis zu bedeutender Tiefe ausfüllen, und die auch bis zu einer ansehnlichen Höhe an den Abhängen der dasselbe begrenzenden Gebirge angetroffen werden, den Mittel-Tertiär, oder Miocen-Bil- dungen zugezählt werden müssen, und eben so ist eine be-
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trächtliche Anzahl der in diesem Becken so häufig vorfindli- chen organischen Reste mit grosser Genauigkeit untersucht und bestimmt. Die Vertheilung der Fossilien jedoch und im Allgemeinen die Sonderung der ganzen Formation in einzelne Gruppen wird noch Gegenstand vielfältiger Un- tersuchungen sein, die, da wohl die Gliederung jedes Ter- tiär-Beckens eigenihümliche Verhältnisse darbietet, auch ein vorzugsweise locales Interesse haben.
Die gegenwärtige Mittheilung hat die Resultate einer kleinen derartigen Untersuchung zum Gegenstand, die, wenn auch nur über einen Theil der gesammten Schichten- folge des gedachten Beckens ausgedehnt, doch vielleicht manche nicht unwichtige Beziehungen erkennen lässt.
Unter der Leitung der Herren Ingenieure v. Halber- stadt und Müller, wurde von der Direction der k. k. privil. Wien-Raaber Eisenbahn-Gesellschaft in dem Bahn- hofe zu Wien ein artesischer Brunnen bis zur Tiefe von 108 Klaftern niedergebracht, und dabei nicht nur ein ge- naues Bohr-Journal, welches die Mächtigkeit der einzel- nen durchfahrnen Gebirgsschichten ersichtlich macht ge- führt, sondern auch das aus den verschiedenen Tiefen em- pürgehiobene Bohrmehl sorgfältig aufbewahrt, nnd später- hin auf Ansuchen des k. k. Bergrathes W. Haidinger dem k. k. montanistischen Museo (samt allen bezüglichen Nachweisungen) zur‘ Untersuchung übergeben.
Die Ergebnisse derselben lassen sich in zwei Abthei- lungen bringen: erstlich in Beziehung auf. die Gesteinsbe- schaffenheit, zweitens in Beziehung anf die üingeselhene- nen organischen Reste.
Die ganze durchfahrene Schichtenfolge besteht aus ab- wechselnden Lagen von Thon (Tegel‘, Sand und Schotter, die in sehr ungleicher Mächtigkeit aufeinander folgen. Die grössten Massen bildet der Thon, er ist blau, bisweilen gelbgrau gefärbt und stets mit etwas Sand verunreinigt. Hauptsächlich von dieser Verunreinignng hängt es ab, ob er mehr oder weniger plastisch ist. Nicht selten finden sich in ihm Krystalle von Eisenkies eingewachsen. Be- sonders mächtig sind die Schichten sub Nr. 14 und 51 des Bohr-Journales, erstere beginnend in einer Tiefe von 26
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Klaftern mit 12° die andere in der 83sten Klafter begin- nend mit 13°.
In untergeordneten Lagen zwischen dem Tegel tritt Sand und Schotter auf. Ersterer besteht aus grössten- theils abgerundeten Quarzfragmenten von weisslich grauer Farbe, letzterer wird gebildet durch abgerundete Gerölle von Wiener-Sandstein; wenigstens bestehen alle mitge- theilten Stücke ohne Ausnahme aus diesem Gestein Auf diesem Wechsel von für Wasser undurchdringlichen Thon- ‚lagen mit den lockeren Sand- und Schotterschichten be- ruht bekanntlich die Möglichkeit emporqnellendes Wasser zu erreichen, und bis zur Tiefe von 105° kam man in der That mehrere Male auf solches. Zum ersten Male kam man ‚auf Wasser in der Tiefe von 26°, diess war jedoch blosses Seihewasser ohne Springkraft. Schon stark »ufsteizende Quellen wurden in 63° und 75° Tiefe erbohrt. In der Tiefe von 100 Klaftern endlich erreichte man eine Quelle, die bis zu Tage aufsteigendes Wasser lieferte. Zugleich mit dem Wasser entströmten dem Boden aus dieser Tiefe mit grosser Heftigkeit Gase, die an der Mündung des Bohrlo- ches angezündet, mit weisser an den Rändern blaulichter Flamme fortbrannten und nach Herrn Prof. Schrötter’s ‚Untersuchung im wesentlichen aus Kohlenwasserstoffver- bindungen und Kohlensäure bestanden. Ob Kohlenoxydgas, ‘auf welches die blane Färbung am Rande hinzudeuten schien, beigemengt war, konnte nicht mehr mit ebabeh ermittelt werden.
. Die unterste Schichte, bis zu welcher man vordrang, besteht aus Schotter von Wiener Sandstein mit Lignit- Trümmern. Auch diese Schichte gehört noch zur Wie- ner - Tegel- Formation, deren Mächtigkeit also auch durch die inBede stehende Bohrung noch nicht ganz aufgeschlos- sen ist.
Was nun die mit dem Bohrmehle eımporgebrachten Fos- silreste betrifft, so versteht sich wohl von selbst, dass bei der Bohrung nur die kleineren Gegenstände wohlerhalten bleiben konnten, alles grössere ist zerstört ‘und. daher oft nicht vollständig bestimmbar. Die Menge des zu untersu- chenden Materiales war bei den meisten Schichten schr
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geringe, daher kann auch die Fauna jeder derselben keineswegs als vollständig ermittelt betrachtet werden, doch finden sich bei einer derartigen Untersuchung jeden- falls die häufigsten und eben darum wichtigsten Gegen- stände vor.
Mit Ausnahme der Schotterschichten enthält beinahe jede der durchsunkenen Lagen organische Reste, jedoch in sehr ungleicher Menge, während einige wenig mäch- tige Schichten beinahe ganz davon angefüllt erscheinen, muss man bei anderen eine bedeutende Menge des Ma- teriales durchsuchen um auf ein einziges Individuum zu stossen.
Obsechon in petrographischer Beziehung überall den glei- chen Charakter darbietend, lässt sich doch die ganze Folge der Schichten nach den darin enthaltenen Fossilien in 3 bis 4 ziemlich scharf gesonderte Gruppen scheiden, deren jede ihre eigenthümlichen organischen Reste enthält.
Die erste dieser Abtheilungen reicht bis zu einer Tiefe von etwa 25°. Sowohl die genauere Angabe dieser Tiefe, als auch ihre Beziehungen zur zweiten, zunächst unter ihr gelegenen Gruppe, von welcher sie vielleicht nicht scharf getrennt ist, konnten wegen der geringen Anzahl der aus diesen oberen Tiefen mitgetheilten Proben nicht mit Ge- nauigkeit ermittelt werden. Als charakteristisch für diese Gruppe können gelten Melanopsis Marliniana, Fer. Con- geria (Dreissena) subglobosa Partsch; Cong. spalhu- lata Parlsch, dann Cardium apertum Münst. Zahlreich sind die Schalen von Citherinen. Eben dieselben Fossilien fin- den sich allenthalben in den oberen Tegellagen in der Um- sebung von Wien. So zum Beispiele in den Ziegeleyen am Schaumburger-Grunde, an der Strasse nach Baden in den Ziegeleyen bei Neuderf und Brunn, einem von meinem Vater zuerst entdeckten Fundorte, an welchem insbeson- dere die Congerien sehr häufig und wohlerhalten angetroffen werden, und an vielen anderen Orten. Alle gegenwärtig lebenden Arten des Geschlechtes Melanopsis halten sich im süssen Wasser auf. Congeria sowohl, als Cardium, gehören vorzugsweise den sogenannten brakischen Gewäs-
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sern an, d. i. jenen Stellen, wo wie z. B. an der Mündung von Flüssen süsses Wasser sich mit Meereswasser mischt.
Die zweite Abtheilung reicht bis zu einer Tiefe von etwa 60 Klaftern. Sie enthält verhältnissmässig am we- nigsten Fossilien; es sind darunter Cardien, wegen des unvollkommenen Zustandes der Erhaltung nicht näher be- stimmbar, dann wirkliche Foraminiferen Rolalia und Ro- salina, welche zwei Geschlechter, da sie in allen Schich- ten dieser Abtheilung angetroffen wurden, als besonders bezeichnend gelten können, dann auch wieder Citherinen. Diese Fossilien weisen auf eine Salzwasserbildung hin.
Die dritte Abtheilung reicht von 60° bis zu 80° Tiefe. Sie enthält die grösste Anzahl organischer Reste, insbe- sondere besteht eine wenig mächtige Schichte in der Tiefe von 77° 5° beinahe bloss aus Muschelfragmenten. Als be- sonders bezeichnend darunter hebe ich hervor: Cerilhium inconstans, Bast, Venus gregaria Partsch, Butlina Okeni Eiche. Prachtvol) erhalten ist die Farbenzeichnung einer kleinen Nerifina. Dieselben Arten, welche diese Schichte enthält, finden sich seltener an der Oberfläche des Wiener Beckens im Tegel, viel häufiger jedoch wohl schon auf se- eundärer Lagerstätte im Cerithienkalke, einem aus zusam- mengeschwemmten Conchylienschalen und Sand zusammen- gebackenem Gesteine, welches an mehreren Orten im Wie- ner-Becken Ablagerungen von bedeutender Mächtigkeit zu- sammengesetzt, wie z. B. bei Nexing und Gaunersdorf und an vielen anderen Orten.
Die vierte und tiefste Abtheilung endlich ist charakteri- sirt durch das häufige Auftreten sehr kleiner Gasteropoden , als Rissoa, Paludina u. a., mit welchen zugleich sich ver- schiedene Foraminiferen in beträchtlicher Anzahl finden. An der Oberfläche wurden die Fossilien dieser Abtheilung. wohl noch nirgends im Wiener Becken im Tegel angetroffen, auch die meisten Bohrungen reichen nicht bis zu dsn Schich- ten, in welchen -sie sich vorfinden. Nur bei der Bohrung des artesischen Brunnens, welche die Landwirthschafts- Gesellschaft vor einigen Jahren am Getreidemarkt veran- lasste, erreichte man ebenfalls die Schichten dieser vierten Abtheilung. Damals erhielt mein Vater durch die Vermitt-
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lung des verewigten Herrn Baron v. Jacquin denemporge- hobenen Sand zur Untersuchung , und entdeckte darin eben- falls zahlreiche Conchylien. Einer gefälligen Mittheilung des Herrn Dr. Hörnes verdanke ich eine grössere Menge dieses Sandes. Er wurde aus der Tiefe von 93° emporge- hoben, und enthält genau dieselben Arten wie die erwähnte vierte Gruppe.
Gewiss wäre es für die genauere Kenntniss der geog- nostischen Beschaffenheit des Wiener Beckens von hohem Interesse, zu erforschen , ob eine ähnliche, durch die Art der organischen Einschlüsse auszumittelnde, Gliederung, wie sie hier für eine einzelne Stelle nachgewiesen wurde, allenthalben in der so mächtigen Tegelablagerung Statt finde, und es muss in dieser Hinsicht sehr bedauert werden, dass die schon vor einem Jahre von dem Nieder - Oester- reichischen Gewerbs-Vereine erlassene Aufforderung, von den gelegentlich der Brunnengrabungen u. s. w. durch- sunkenen Schichten Proben zur wissenschaftlichen Unter- suchung einzusenden, wie aus eilem vor wenig Tagen von Herrn Dr..-Hörnes dieser Geselischaft abgestatteten Be- richte erhellt, so wenig Anklang fand.
4, Ueber einen neuen Fundort tertiärer Fischreste bei Poresesd in Siebenbürgen.
Von Franz Ritter v. Hauer. Wiener Zeilung vom 1413. April 1816.
Die letzte wissenschaftliche Arbeit, welche den ver- ewigten Grafen von Münster selbst noch auf seinem Kran- kenlager beschäftigte, war die Untersuchung und Bestim- mung; der tertiären Fischreste von Nieder-Oesterreich, ins- besondere der interessanten Vorkommnisse von -Neudörfel an der Oesterreichisch-Ungarischen Grenze.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen, im siebenten Hefte seiner Beiträge zur Petrefactenkunde , welches erst nach seinem Tode von Hrn. Wilhelm Dunker in Bai-
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reuth herausgegeben wurde, veröffentlicht, haben für die Kenntniss der 'Tertiärbildungen im Oesterreichischen Kai- serstaate ein um so höheres Interesse, als in der neuesten Zeit bei Porcsesd in Siebenbürgen ein ganz ähnliches Vor- kommen von tertiären Fischresten entdeckt wurde, an wel- chem Orte, wie schon die ersten Proben zeigen, bei ge- naueren Nachforschungen sicherlich eine eben so grosse Menge und Mannigfaltigkeit von organischen Resten zu Tage gefördert werden wird wie in Neudörfl.
Das Verdienst der Entdeckung dieses Fnndortes ge- bührt Hrn. Professor Neugeboren, Bibliothekar des Ba- ron v. Brukenthal’schen Museums in Hermannstadt. Eine Partie der dort aufgefundenen Fossilreste, so wie eine Notiz über die Art des Vorkommens daselbst erhielt das k. k. montanistische Museum in Wien von ihm durch die Güte des eifrigen und kenntnissreichen Samnlers, Hrn. Gabriel v. Blagoevich, königl. Siebenbürgischen Ober- Waldmeisters, dem das Museum auch aus früherer Zeit das Geripp einer Tatze des Ursus spelaeus und andere Knochen und Fossilien aus der Gegend von Eisenerz in Steiermark verdankt.
Porcsesd liegt 2'/, Meile südöstlich von Hermannstadt am linken Ufer des Altilusses, nahe an der Grenze zwischen dem Glimmerschiefer, uud den denselben unmittelbar über- lagernden Tertiär - Bildungen. Das Gestein, in welchem sich die Fossilien vorfinden, ist Hrn. Neugeboren’s Be- richt zu Folge ein Muschel-, oder Nummuliten- (Leitha) Kalkstein, bei dessen Verwitterung die organischen Reste herausfallen und leicht aufgesammelt werden können. Er findet sich am Fusse der Berge, die nahe bis an das Ufer des Altflusses hervorragen. Häufig finden sich Stellen, wo durch ein Kalkcement zusammengebackene Kalkgeschiebe die Stelle der Schalthiere vertreten. Der Altfluss trennt diese Bildungen von den gegenüber liegenden Nagelfluhe- Schichten bei Talmäcs, mit welchen sie einst im Zusammen- hange gestanden haben mochten. Einzelne Stücke dieser
Nagelfluhe von Hrn. Paul Partsch, k. k. Custos am Hof- Mineralien-Cabinete, zwischen Talmics und Sebes an der Alt gesammelt , finden sich im k. k. montanistischen Museo;
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sie bestehen aus kleinen, abgerundeten Fragmenten von Quarz, Glimmerschiefer ete., und grösseren Stücken von Kalkstein, der beinahe ganz aus Nummuliten zusammenge- setzt ist.
Unter den übersendeten organischen Resten wurden folgende Arten erkannt:
A. Fische,
Phylliodus Haueri? Münster.
Pycnodus loliapicus Ag.
Capitodus truncalus. Münst.
Corax? n. sp.?
Galeocerdo lalidens Ag.
Curcharodon lurgidus Ag.
19 helerodon? Ag.
Oxyrhina haslalis Ag.
sr xyphodon Ag: 5. leplodon Ag. = Desoriü Ag. ee n. sp.? Lamna elegans Ag:
Er cuspidala Ag.
„ dubia Ag.
Ei conlorlidens Ag.
Dann mehrere vielleicht zum Theile neue Lamna- und Oxyrhina-Arten.
B. Mollusken.
Nerita eonoideu Lam?
Helix.
'alica.
Cypraea.
Alles blosse Steinkerne und daher wohl kaum näher be- stimmbar.
Skizzirte Zeichnungen, welche der Sendung des Hrn. Neugeboren beiliegen, deuten fernerhin auf das Vor- kommen noch anderer grosser Carcharodon - Zähne, fer- ner auf eine Phyllodus-Art, die denen von der Insel Shep- pey an Grösse nichts nachgibt und verschiedener anderer Zähne, die ich nicht näher zu deuten vermag.
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Endlich finden sich der Mittheilung des Hrn. Neuge- boren zu Folge in Porcsesd noch: Nummuliten in zahllo- ser Menge von der Grösse einer Linse bis zu 1 Zoll Durch- messer, dann grosse Austern, Strombiten, Cerithien, und Tonabus- Arten, dann Eulermen und Korallen, end Zähne, Rippen und andere Knochen von grösseren Wir- belthieren.
Jedenfalls dürften die Schichten von Porcsesd den Leithakalk-Bildungen zuzurechnen, nnd so wie diese gleich- zeitig mit den Sandschichten von Neudörfel abgesetzt sein. Uebrigens ist es auffallend, dass im Wiener Becken in den Bildungen dieser Periode die Nummuliten gänzlich fehlen, während sie in den mehr östlich und südöstlich ge- ar Gegenden darin allerwärts ungemein häufig vor- kommen, so z. B. in Zirez im Bakonyer Walde im Veszpri- mer Comitate, in Porcsesd, in Galizien, am Berge Mokat- tam bei Cairo. in Kleinasien und an vielen anderen Orten.
5. Ueber Hrn. Friedrich Simony’s naturwissenschaftliche Aufnah- men und Untersuchungen in den Alpen des Salzkammerzutes.
Von W. Haidinger. Wiener Zeitung vom 24. April 1846.
Wer ;hat je unser Salzkammergut mit einem offenen Gefühle für Schönheit durchreist, und bewahrt nicht die angenehmsten Erinnerungen an jene grossen oder Jiebli- chen Bilder, die sich im steten Wechsel darbicten: wer wünschte nicht diese Bilder für immer in gleicher Frische zu erhalten.
Aber während das künstlerische Interesse den Touri- sten festhält, fessein den Naturforscher andere Gegen- stände, die Gestaltung der Oberfläche als geographisches Problem , die Zusammensetzung des Innern als gceognosti- sches, dazu das Studium der Individuen der drei Natur-
reiche. Hier liegen uns Bewohnern des Landes Aufgaben Freunde der Naturwissenschaften in Wien. I. 14
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vor, deren Lösung nur von der Entwicklung von Kenniniss und Kraft/erwärtet werden kann. Es ist noch gar nicht sehr lange her, dass man sich überhaupt mit solelen Dingen beschäftigt, auch,ist nichtübcrall in gleichem Verhältnisse ge- arbeitet worden. Ist zum Beispiele in geognostischer Bezie- hung die Kenntniss der Alpen überhaupt noch ein ungelö- sites Problem, während England, Frankreich, Nord-Deutsch- land genau untersucht wurden, so sind doch auch in den westlichen Alpen schon weit mehrere Puncte erörtert wor- den, als auf unserem östlichen Alpengebiet. Leopold v. Buch, Buckland, Murchison, Keferstein, Bou& haben uns das Meiste mitgetheilt, Ausländer, wern wir nicht etwa den Letzteren ausnehmen wollen , den wir gerne als Oesterreicher, wenn auch nicht der Geburt nach , recla- miren, da schoen Keferstein seine Werke .‚wenn sie auch meist Französisch geschrieben sind“, der Deutschen Litera- tur beigezählt hat. v. Lill und letzthin vorzüglich Partsch in seiner schönen Karte, dem Resultate langjähriger, gründ- licher Untersuehungen, haben uns viel dankenswerthes ge- liefert. Aber wie uns die Pflicht obliegt, eben so ist es auch Bedürfniss, selbst abgesehen von dem nicht immer unmit- telbar klingenden Nutzen, den Grund zu kennen, auf dem wir leben. Daher bildeten sich in der letzten Zeit die montanistischen Vereine, erst in Tyrol, von dem wir schon manche lobeuswerthe Arbeit haben, nun der in Inner- Oesterreich. Ich freue mich dureh denselben Hın. v. Mor- lot für die Beantwortung einer grossen Frage gewonnen zu sehen. Für den vorgeschlagenen Verein in Böhmen hat Zippe das Wichtigste bereits vorgearbeitet.
Im Salzkammergute hat seit einigen Jahren Herr Friedrich Simony mit jugendlicher 'Thatkraft das Stu- dium der Obertäche des Landes ın mancherlei Beziehun- gen unternommen, erst mit schmalen Mitteln, später von hochgestellten Gönnern von Jahr zu Jahr in seinen Unter- nehmungen gefördert. Eine Sammlung von Petrefacten , die er bildete, und die nun BEigenthum Seiner Durchlaucht des Fürsten von Metternich ist, gab Veranlassung zu einer Arbeit über die Cephalopoden des Salzkammergutes von Hın. Franz Ritter v. Hauer, die nun auf Kosten des
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wissenschafiliebenden Besitzers der Sammlung unter der Presse ist. Der darin beschriebene Ammonites Metterni- chi v. Hauer , ist bei seiner Grösse durch die wundervolle Lobenzeichnung wohl die schönste Ammonitenspecies. Auch das k. k. montanistische Museum hät durch Simony viel Schönes und Merkwürdiges erhalten.
Während er aber die Flora, die fossile Fauna nicht vernachlässigte, waren physikalische und künstlerische Studien der Oberfläche der eigentliche Gegenstand seiner Aufmerksamkeit. Er besitzt einen Atlas von mehr als zweihundert der mannigfaltigsten Darstellungen der Ge- birgsformen in den höheren und niedrigern Niveaux, vor- züglich aus den Umgebungen des Dachsteinstöcks, deren Bekanntmachung für künftige Forscher sehr wünschens- werth wäre, und der Zweck der gegenwärtigen Zeilen ist es, das Publikum schon vorläufig auf eine aus dem Vor- rathe ausgewählte Reihe von Lithographien aufmerksam zu machen, deren Veröffentlichung Simony beabsichtigt.
Einige der Blätter mögen hier in Kürze erwähnt wer- den. Ihre Aufzählung nach der von ıhm selbst gemachten Eintheilung in Sectionen wird den Geist ’und die Ansich- ten ausdrücken, welche er den Aufnahmen zu Grunde ge- legt hat.
I. Gletscher: Das Carls-Eisfeld auf dem Dachstein- gebirg in Oberösterreich im Jahre 1842. Eine Partie des Carls-Eisfeldes am hohen Gjaidstein. Dieses Blatt zeigt höchst interessante Structurverhältnisse des Gletschereises, dabei sonderbare, ungewöhnliche Eisschründe.
I. Spuren vorgeschichtlicher Gletscheraus- dehnung. Ein Karrenfeld in der Wies auf dem Dach- steingebirge. — Eine Partie des vorweltlichen Gletscher- terrains auf dem Dachsteingebirge, die Umgebung des jetzigen Carls-Eisfeldes von der Ochsenwieshöhe aus aufge- nommen. Ein höchst lehrreiches Tableau mit Schliff- und Streifungsflächen, die man so selten auf Kalkfelsen erhalten antrifft, mit: Riesentöpfen und Moränen. Die Moräne in der Wies auf dem Dachsteingebirge.
Ill Charakter der Hochgebirgsgipfel der seeundären Kalkformation. Die hohe Dachstein-
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spitze (9400°) mit der Aussicht nach dem Thorstein (9230‘) und Mitterspitz (9100°).
V. Eigenthümliche Oberflächenbildungen in den Hochgebirgen des secundären Kalkes. Umgegend des Schladminger Gletschers oder ,‚todten Schnees“ auf dem Dachsteingebirge. Eine Partie des todten Gebirges am hohen Priel, vom hohen Elm aus gezeichnet.
VI. Physiognomie der Mittelgebirge (Höhe 4500° — 70009) des seeundären Kalkes. Das Gosauer Steingebirge. Der Sarstein am Hallstädter See.
VII. Alpen-Paneramen. Das Dachstein- und Go- saugebirge von der Traunwand aus gezeichnet.
IX. Höhen - Tableaux. Höhen des Salzkammer- gutes und einiger Hochgebirge Salzburgs nach natürlichen Profilen der Gipfel entworfen. Hier sind alle namhaften Puncte des Salzkammergutes, nicht nur die Bergspitzen, sondern auch die sämmtlichen Ortschaften , Seen, Strassen und Wege nach ihrer Höhe über das dreifache Niveau des Mittelländischen Meeres, des Traunsees und des Traun- flusses, in natürlicher Anordnung zu einem schönen Gemälde zusammengefasst. Durch ein leichtes Colorit sind die Schnee- und Eisfelder, das kahle Gebirge, die Krummholz-Region, die Alpentriften, Wälder und Wiesen leicht erkenntlich ge- macht, so dass das Ganze mehr einem grossartigen Gebirgs- Panorama, als einer Höhenkarte gleicht.
X. Höhlen im Alpenkalke. Die ,‚G’schlössl- kirch’n‘“ am Gosaugletscher, mit einem kleinen Eisberg ın ihrem Innern. Das Almberger Loch im Grundelseer Gebirge Das Eingangsportal der Koppenbrüller Höhle bei Obertraun.
XII. Zerklüftungsformen der Kalkfels- schichten. Felspartie am Ochserkopf auf dem Dachstein- gebirge.
XIV. Steinsalzlager im Alpenkalk. Zwei An- sichten vom Hallstätter Salzberg.
XV. Thalformen. "Thal und Markt Ischl. Von die- ser höchst genauen malerischen Aufnahme ist eine gelungene Lithographie so eben vollendet worden. Sie wird den vielen Freunden dieses vıelbesuchten Kurortes eine willkommene Ga- be sein. Erscheint in Commission bei Bermann am Graben.
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XV1l.VorweltlicheSeebecken. Das Go- sauthal.
XV. Gebirgsseen. Die Gosauseen am Dachstein- gebirge. Zwei Ansichten des hinteren Gosausees. Die Lahngangseen 4600 hoch gelegen im Ausseer Gebirge. Der Brudersee im Ausseer Gebirge 5100’ hoch gelegen. Son- dirungskarte des Hallstätter Sees mit vierhundert Tiefen- puneten. Fünf und zwanzig Längen-und Querschnitte des Hallstätter Sees. Ansicht des Hallstätter Sees und seiner Umgebungen mit einer nach der Tiefenkarte entworfenen Zeichnung seines Beckens unter dem Wasserspiegel. Dieses Blatt gewährt in überraschender Weise die Ueber- sicht der landschaftlichen Umgebungen des Sees, und des Beckens, das ınan erblicken würde, wenn alles Wasser hin- weggenommen wäre.
XVIN. Unterirdische Wasserbecken. Der Kes- sel und Hirschbrunn bei Hallstatt.
XIX. Aushöhlungen der Felsmassen durch Wildwasser. Bett des Rettenbachs in der sogenannten Rettenbachwildniss bei Ischl.
XX. Alluvialformen. Die terrassenförmigen Schutt- gebilde im 'Traunthal zwischen Laufen und Goisern im Salzkammergut.
XXI. Vegetationsfor men. Aussterben des Baum- wuchses auf dem Plateau des Dachsteingebirges. Eine Gruppe von Zirbelkiefern un Krummholz zwischen dem niederen Gjaidstein und der Gjaidalpe. Standort 5500’.
Auch die topographischen Sevtionen enthalten viele interessante Gegenstände. Kirchliche Bauten, technische Bauten, aufgefündene und ausgegrabene Alterthüner, fer- ner Ortschaften, Alpenwirthschaften,, Ruinen u. dgl.
Die Ansichten sind mit bedeutendem künstlerischen Ta- lent entworfen, aber ich glaube hier den Gegensatz hervor- heben zu müssen, der sich so oft in den Stadien der Ent- wickelung der landschaftlichen Kunst bemerkbar macht, und den Goethe so treffend in den Erinnerungen an Phi- lipp Hackert darstellt. Es ist der entfernteste Punct von der Benützung landschaftlicher Studien zu einer künst- lerischen idealen Composition. Es ist die Anwendung
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der Kunst auf die Darstellung der Natur. Portraitähn- lichkeit wurde beabsichtigt und mıt günstigem Erfolge er- reicht, um naturwissenschaftlichen Forschungen als Belege zu dienen. Simony hat auch die Lithographie selbst über- nommen, damit er um so gewisser den Charakter des Ge- genstandes festhalten könne, und um nicht gerade die letzte Ausführung vielleicht der Ungunst der Manier zu überlassen.
Eine einzige Stimme genügt wohl nicht, um das Lo- benswerthe und Verdienstliche des Unternehmens heraus zu stellen. Wenn ich aber hier doch den geradesten Weg eingeschlagen habe, um zu jedem einzelnen Mitgliede eines theilnehmenden Publikums zu sprechen, so schien diess darum erforderlich, weil wir in Wien noch nicht die Vortheile besitzen, die ein Verein gewähren könnte, dessen Aufgabe es ist, die Erweiterung der Naturwis- senschaften ins Auge zu fassen. Diese kann nur in dem kleinsten Detail erfolgen, aber den einzelnen Beiträgen die Anerkennung zu geben, die sie verdienen, sie aufzu- muntern, zu unterstützen, sie mit dem Nachdrucke eines vollgültigen Urtheils ausgestattet dem Allgemeinen darzubie- ten, darauf kann nur ein wissenschaftlicher Verein Anspruch machen. In einer Lage indessen, wo sich die Wich- tigkeit genauer geognostisch- geographischer Forschuugen so leicht in den schon gewonnenen Rahmen des montanisti- schen Museums einreiht, mussten mir Simony’s Arbeiten das höchste Interesse erregen und den Wunsch, sie kräf- tig ausgedehnt zu sehen. Arbeit aber, gute gediegene Ar- beit ist es allein, die für ‚künftige Zeiten ihre Spur zu- rücklässt,
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6. Ueber die Spuren der vorzeschichtlichen Eiszeit im Salz- kammergute,
Von Friedrich Simony. Wiener Zeitung vom 3, Mai 1846,
Noch immer findet die Hypothese, dass einst Europa, oder doch ein grosser Theil desselben, vorzüglich das Al- penland, unter grossen Gletschermeeren begraben lag, trotz „der mannigfaltigsten 'Thatsache, auf welche bereits die Geologen-Charpentier, Venetz, Agassiz, Hugi, Forbes u. a. ihre Ansichten begründet ha- ben; zahlreiche Widersacher. Die Untersuchungen über diesen Gegenstand sind auch noch keineswegs als geschlos- sen zu betrachten, das Sammeln neuer specieller Thatsa- chen, die darauf Bezug haben, und ihre naturtreue Darle- gung durch Wort und "Zeichnung, erscheinen noch immer unerlässlich, um die endliche Lösung einer Frage herbei- zuführen, die gegenwärtig das Interesse des gesammten wissenschaftlichen Publicums in Anspruch nimmt. Bei meinen Wanderungen und vielseitigen Untersuchungen im Salzkammer gute, habe ich auch in jener Beziehung manche Erscheinungen beobachtet, die mir in ihrer Vereinzelung anfangs räthselhaft erschienen, nach ihrer Zusammenord- nung und Vergleichung aber immer klarer wurden, und mich endlich ebenfalls zu der nothwendigen Annahme einer einstigen, weitverzweigten und mächtigen Ausdehnung der Gletscher in unseren Alpenländern hinführten.
I. Das todte Gebirge.
Mit diesem Namen bezeichnet der Aelpler jene Stein- wüsten, welche in oft stundenweiter Ersireckung sich um die zahlreichern Hochzinnen der mächtigen Alpenkalkstöcke in der nördlichen norischen Kette ausbreiten, als da sind, das steinerne Meer, der ewige Schneeberg, das Tänrnen-, Dachstein-, Priel-Gebirge; und welche den höhern (zwischen 6500-9000’ gelegenen) Theilen der
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weitgedehnten Hochplateaux dieser Gebirge jenen eigen- thümlichen Charakter von Wildheit geben, den man verge- bens in den Urgebirgen suchen würde. Wenn uns Glet- scher das düster-grossartige Bild einer in Todesschlaf ver- sunkenen Natur darstellen, so zeigt uns das todte Ge- birge nichts, als ein schauerliches Golgotha, das blossge- legte, zerbröckelnde Riesenskelet eines abgelebten Erden- stückes. Versetzen wir uns einmal in die grosse Einöde des Ausseer todten Gebirges, zwischen dem Elm- und Hochpriel, dem Rabenstein und den Trageln;5 oder auf dem Dachsteingebirge in das wüste Felsge- woge zwischen dem Krippenstein. Hirschberg und Speikberg, zwischen den Hochroms und Koppen- karstein, welch’ ein Gemälde von Abgestorbenheit und Zerstörung bietet sich da unserem Auge dar! — Fällt der Blick aus einiger Entfernung in diese Trümmerwelt hinein, so müht er sich vergebens, nur irgend eine Spur organi- schen Lebens in ıhr zu entdecken, und selbst wenn der Fuss des Wanderers bereits den Boden der Steinwüsten betreten hat, so entdeckt höchstens nur noch der Späher- blick des Botanikers da und dort eine kleine, zwischen Felsenspalten sich bergende oder eingeklemmte Gruppe sel- tener Pflanzenarten.
Je mehr man, über die grauweissen, zerschründeten Felswogen hinschreitend, der Mitte dieser grauenvollen Einöden sich nähert, desto drückender wird das Gefühl der gänzlichen Abgeschiedenheit. Anfangs labt sich wohl noch das Auge im Zurückschauen an den dunklen Streifen Krumm- holzes, welches einzelne Steinköpfe überwuchert, oder es saugt Erquickung aus dem frischeren Grün eines grasbedeck- ten tiefen Kares,; (Kar heisst in den Alpen jede grössere Kessel — oder muldenfömige Vertiefung des höheren Ge- birgsterrains) welches zwischen den kahlen Wällen gleich einer Oase eingebettet ist.
Aber der monotone Schmuck der Zwergsträuche auf dem bleichen Gesteine wird mit jedem Vorschritte krüppel- hafter und spärlicher, die sammtfärbigen Matten im Grunde der Kare schrumpfen zu einzelnen bräunlichen Rasenflecken zusammen ; endlich tritt gar nur wüstes Steingetrümmer an
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der letztern Stelle, zwischen welchem noch vereinzelt der Alpenflora letzte Kinder entweder vor der Gluth der durch den weissen Steinboden verstärkten Sonnenstrahlen des Sommers oder vor dessen plötzlichen Schneestürmen einen dürftigen Schutz suchen. Die Hochzinnen des Gebirges tauchen nun als wachsende Kolosse immer höher aus dem welligen Terrain empor, und beengen den Horizont, wel- cher dem Auge schon nichts mehr bietet, als einzelne Gipfel ferner Bergzüge, die gleich steilen Inselgruppen da und dort aus dem Gewoge ides Felsenmeeres zu uns herüber- schauen und durch ihre reiehen duftigen Farbentöne mit der gespenstigen Farblosigkeit des Vordergrundes einen eigenthümlichen Gegensatz bilden. Nun klimmt der ermü- dende Fuss immer unsicherer, bald über fürchterliches Ge- klippe mit messerscharfen Graten, Spitzen , Zacken,, dunk- len Klüften und gezähnten Schlünden, die dem Alpenpilger grausig entgegenstarren, bald über gerundete und wieder huntertfach zerspaltene Felsenköpfe, die unordentlich über einander geschichteten, zerhackten Riesenschädeln glei- chen. Die Oberfläche alles Gesteins ist rauh und ausgefres- sen, als wären einst Säuren darauf herabgeregnet.
Endlich hat das Pflanzenleben auch seine letzte Grenze gefunden. Die Grasflecke in den tiefen Mulden sind ver- schwunden, und an ihre Stelle treten nun bald kleinere, bald grössere Schneeflecke, die sich hie und da zu Feldern ausdehnen; aus jeder Höhle, aus jedem Felsenschrund, de- ren es unzählige gibt, glotzt neuer oder alter, halb ver- eister Schnee hervor. Schnee liegt auf den ansteigenden Schuttbergen der emporstarrenden Wände, Schnee hängt in den tiefern Furchen der letztern; unvergängliche Laui- nenmasssn thürmen sich an ihrem Fusse zu mächtigen Schneepyramiden auf. Eine Riesenklippe steht jetzt nahe vor uns, sie schliesst die Aussicht ab ; wir wenden uns zur Rechten, zur Linken, wir schauen zurück , überall dräuen uns plötzlich schwindelnd hohe Felsgebilde, wıe aus ihren Gräbern erstandene Titanen entgegen — Wwır sind im Herzen des todten Gebirges. Nichts gewahrt nun mehr der suchende Blick von der bewohnten Erde, Ebene, Thäler, Städte, Dörfer, Felder, Wiesen, Wälder, Alpen,
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sie alle sind dem Aug’ entrückt, kein Glockenschall, nichts mahnt mehr an die fernen Sitze der Menschen. Vergebens lauscht das Ohr nach bekannten, wenn auch noch so lei- sen Tönen, die Fessel des Todes hält hier den Laut ge- fangen. Nur selten, wenn ein Rudel Gemsen vor dem rastlos sie verfolgenden Schützen bis in diese öde Wild- niss entflieht und auf unzugänglichen Felsenzacken die letzte Rettung sucht, mahnt das Prasseln abgebrochener Steine oder auch ein geilender Pfiff an das Dasein eines geängstigten Lebens; oder wenn ein in den Lüften kreisen- der Geier beutegierig sein Geschrei in die Hochwüste her- absendet, oder eine Schaar ziehender Raben plötzlich mit wildem Gekrächze auf eine vom Sturze oder tödtenden Blei verendende Gemse, oder auf ein verwesendes Aas niederschwirrt, bricht für Augenblicke das lastende Schwei- gen dieser erstarrten Natur.
Hier befinden wir uns in den erschlossenen, abgedeck- ten Katakomben untergegangener Schöpfungen. Wir ste- hen über berghoch gelagerten Resten zahllos ernenerter Thierwelten und hoch über uns hinaus ragen noch Felsen- mauern und Pyramiden, deren, Hunderte von Schichten eben so wie die ungeheuren Massen unter uns im Laufe von Aeonen in des Urmeers ‚tiefem Schoosse abgelagert wur- den, bis sie Plutos rastlos wirksame Gewalien dem Schooss Neptuns entrissen und allmählig zu mächtigen Erdhäuptern aufwölbten, von denen wir jeizt nur noch Trümmer und Ruinen erblicken, welche des Baues ursprüngliche Grösse kaum mehr ahnen lassen. Wie schrumpfen die wenigen Jahrtausende der Menschengeschichte hier zur Spanne Zeit zusammen vor den unermesslichen Epochen der Erdge- schichte, welche als die erhabenste Offenbarung der ewig schafenden Allmacht mit deutungsvollen Zügen auf diesen grossen Baustätten des Planeten, wo jetzt keine Spur ephe- meren organischen Lebens an die kurze Gegenwart zu mah- nen vermag, verzeichnet ist. Vergebens müht sich hier der Geist, Halt an den iha umringenden Gegenständen zu ge- winnen, um den Schwindel zu gewältigen, welcher ihn im Schauen der unter ihm geöffneten ungehenern Vergangen- heit erfasst; Alles reisst ihn wirbelnd nur immer tiefer in den
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bodenlosen Abgrund abgelaufener Zeiten. Welch’ eine Kette von Entstehungs-, Bildungs- und Umstaltungsphasen rollt vor ihm ab, wenn er sich die Geschichte der secundären Formation des Dachstein- oder Prielstockes von dem Zeit- raume der Ablagerung ihrer untersten Schichte im Meere bis zu der jüngsten Epoche ihrer jetzigen Oberflächengestal- tung denkt! Ja, welche Reihe von Jahrtausenden , welche Aenderung der klimatischen Verhältnisse ist der Forscher schon genöthigt anzunehmen, die nur zwischen der Periode, in welcher das todte Gebirge seine ihn jetzt so charakterisi- rende Verödung erfuhr, ‘und zwischeu der Gegenwart lie- gen! denn selbst dem Laien wird sich schon beim ersten Anblick des todten Gebirges der Gedanke aufdrängen, dass eine solche Verwüstung der Gebirgsoberlläche nicht als das langsame Ergebniss der gegenwärtig wirkenden äussern Einflüsse angesehen werden könne, da es viele andere Ge- birge derselben Formation und Höhenausdehnung gibt, die auch unter den gleichen klimatischen Verhälinissen stehen und dennoch keineswegs jene geschilderte Zerstörung der Oberfläche, jenen Mangel an Pflanzenleben wie das todte Gebirge zeigen, sondern dass diese so eigenthüm- liehe Verödung des genannten Terrains Ursa- ‚chen zugeschrieben werden müsse, die jetz auf demselben nicht mehr wirksam sind.
Die nähere Bestimmung dieser Ursachen, welche den Zweck dieses Aufsatzes bildet, wird aus der nachfolgenden speciellen Untersuchung jener Erscheinungen hervorgehen die entweder unmittelbar dem todten Gebirge angehören oder sich seinen so eigenthümlichen Gestaltungen anreihen. Die mögliche Zurückführung mancher dieser Erscheinan-
genauf analoge Wirkungen in der Natur, deren Ursachen der unmittelbaren Beobachtung nahe liegen, wird jene Be- stimmung erleichtern.
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ll. Die Abrundung der Gebirgstheile.
Wiener Zeitung vom 5. Mai 1846.
Eine eben so auffallende als interessante Erscheinung auf dem Dachsteingebirge, dem höchsten und zu- gleich mächtigsten Alpenkalkstocke Oesterreichs,, ist die Abrundung beinahe aller emporragenden Theile der Ober- fläche von den unbedeutendsten Felsköpfen, Wällen und Stufen bis zu den grossen Höhenmassen, die in oft impo- santen Formen aus dem welligen Hochplateau sich in zahl- reicher Menge erheben. Nur die höchsten Zinnen des Ge- birges und manche , schon ganz am Fusse desselben gele- gene, oder sehr grossen, steilen, nach der Aussenseite des Gebirges gekehrten Wänden angehörige Felspartien machen eine Ausnahme. In den tiefsten Theilen des Ge- birges ist die Abrundung der kleineren Erhöhungen ge- wöhnlich durch dichte Wälder verhüllt, an der obern Gränze der letztern tritt sie schon sichtbarer hervor, in der Region des Krummholzes und im todten Gebirge bis zur Höhe von 7000° ist sie am vollständigsten ausgeprägt. Die Abrundung der Gebirgsgipfel wird desto deutlicher kennbar , je höher der Standpunct ist, von welchem aus die letztern überse- hen werden können; von der Sohle des Thales aus, wo man nur selten die eigentlichen Kuppen der Berge zu se- hen vermag, wird die Abrundung durch die sich dem Auge vorschiebenden verschiedengestaltigen Abhänge viel- fach verdeckt.
Diese Erscheinungen der Abrundung sind auf dem Dachsteingebirge so allgemein verbreitet, dass sie schon bei der ersten Wanderung nach dessen Gletschern, noch mehr aber bei der Ersteigung seines höchsten Gipfels, des hohen Dachsteins, selbst dem Laien auffallen müssen. Wenn die Ersteigung dieses Bergkolosses von Hallstatt unternommen wird, so durchschreitet man zuerst das durch mächtige Schuttablagerungen geebnete, von ge- waltigen, wunderlich geschichteten Felsmauern eingeengte Echernthal. Den Hintergrund desselben bilden die ge- rundeten Höhenrücken der Mitterwand, der Hochau.
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\ des Langthalkogels, des Blankensteins, des Grün- und Gamskogels. Ist der tosende Waldbach überschritten, beginnt das Steigen im Dunkel dichter Ge- hölze. Nach dreistündiger Wanderung hat man den soge- nannten Thiergarten (4500) und mit ihm die obere Grenze der Waldregion erreicht. Die Bäume treten in kleine Gruppen , oder ganz vereinzelt auseinander, und zwischen diesen breiten sich in üppiger Entwickelung das Krumm- holz und dıe Alpenrosen aus. Hier werden die Abrundun- gen der verschiedenen Erhabenheiten des Felsbodens zum erstenmale deutlich sichtbar. Hat man die Herrengasse, eine vom Witz der Sennerinnen so bezeichnete, mit ewigem Koth ausgefüllte, holperige Felsklamme hinter sich, so be- gegnen dem Auge schon überall abgerundete Felsköpfe, oder Rundhöcker, welche im Sommer, wenn aus ihren zahlreichen Spalten die üppig wuchernden Alpenrosen ihre reichen Blüthentrauben hervordrängen, durch den Farbencon- trast ihres schimmernden , beinahe weissen Gesteins , und des dasselbe überschlingenden, im saftigen Blattgrün und glühenden Blumenpurpur prangenden Strauchgewindes einen eigenthümlich schönen Anblick gewähren. Auch am Wege von der Wies zur Ochsenwies und von da nach der Ochsen wieshöhe findet man die gleichen Abrundungen des Bodens. Die Ochsenwieshöhe (6200 W. F.), welche gewöhnliche Bergsteiger von Hallstatt aus in fünf Stunden erreichen, gıbt die erste freie Uebersicht eines ziemlichen Theiles des ganzen Dachsteingebirges. Der grossartige An- blick des Hallstätter Gletschers und der densel- ben umschliesenden prachtvollen Felsgebilde überrascht plötzlich den Wanderer. Die Pyramiden des hohen und niedern Dachsteins thronen in Südwest majestätisch wie ein Königspaar auf der höchsten Firnstufe des krystall- nen Gletscherreiches. Im Osten ragen über die Rücken des Dachsteinplateaus die hundert Gipfel des Prielgebirges, die Berge von Admont und der mächtige Grimming empor; gegen Mitternacht bilden die stattlichen Höhen des nördlichen Salzkammerguts den Hintergrund. Von der Ochsenwieshöhe aus hat man auch zum ersten Male Gelegen- heit, in grösserer Ausdehnung die Stätickeit der Abrundung
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an fast allen kleinen und grossen Erhabenheiten der vielfach ausgewühlten Oberfläche des Dachsteingebirges von dessen tiefsten Karen an bis zum Fusse seiner höchsten Zinnen zu beobachten. Wo das Auge nur immer in das weite Fels- Meer zu tauchen vermag, trifft es entweder auf weissgraue, runde Steinköpfe oder gerundete Wälle oder eigenthümlich abgeschliffene Stufen und Platten, zwischen welchen die höheren Massen wieder als gerundete Kuppen aufragen. Nur die pralligen Wände und zackigen Gipfel der Hauptzin- nen in Süd und Südwest zeichnen sich als auffallender Ge- gensatz der erstern in scharfeckigen Umrissen.
Ist die Ersteigung des hohen Dachsteingipfels (welche durch verschiedene von mir getroffene Vorkehrungen zwar jetzt minder gefährlich wie ehedem ist, aber immer noch sehr beschwerlich und für dem Schwindel unterworfene Personen beinahe unausführbar bleibt), das Ziel der Wanderung, so führt der weitere Weg bald über kahle Rundhöcker und ab- geschliffene Felsstufen, bald über scharf zerklüftetes Ge- stein und Schneeflächen, in etwa zwei Stunden zum Fusse des Schöberls, eines schon dicht am Gletscher stehen- den, ganz isolirten, ringsum abgerundeten, spitz auslaufen- den, 80 Klafter hohen Felskegels; von da aus in gleicher Zeit über die Eis- und Firnberge des grossen Hallstätter Gletschers, dessen unterer Theil das Carls - Eisfeld genannt wird, zum Fusse des hohen Dachsteines, welcher aus der steilen, von einer mächtigen Querkluft, dem soge- nannten Bergschrund, durchrissenen Firnlehne als bei- nahe senkrechte , Spitz auslaufende Wand noch etwa 500° hoch emporragt. Ueber den Bergschrund geiangt man mit Hilfe einer mitgenommenen Leiter, bei dem Ersteigen der Wand dient ein durch viele Eisenringe geschlungenes Seil zur fortwährenden Handhabe.
Der Zweck dieses Aufsatzes gestattet nicht, hier in eine ausgedehnte Darstellung des grossartigen Gemäldes einzugehen, welches den muthigen Ersteiger auf dieser er- habenen Firne umschliesst (darüber findet der Leser Schil- derungen in ‚dem Berichte über meine erste Bestei- gung des hohen Dachsteins, Wiener Zeitung, Jahr- gang 1842, Nr. 268. und in dem Aufsatze: „Zwei Sep-
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tembernächte auf der hohen Dachsteinspitze‘ in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur und Mode, Jahrgang 1844, Nr. 116 bis 125), nur die Formen der Ein- zelmassen des ganzen Dachsteinstockes, welchen man nun beinahe vollständig überblicken kann, sollen hier vorzugs- weise ins Auge gefasst werden.
Die Details der Gestaltungen jener zahllosen Kare, Wälle, Rücken, Spitzen, welche das meilenweite Hochpla- teau zusammensetzen, sind nun. zwar durch weitgedehnte Gletscherfelder, welche sich um den König des Gebirges wie ein Silbermantel schmiegen , dem Auge fern gehalten, dafür treten jetzt die allgemeinen Umrisse der grössern Er- höhungen viel deutlicher hervor. Jene Abrundung, die wir früher an allen kleinern Aufragungen der Felsmassen so con- stant gefunden hatten, sehen wir hier nun auch im grössern Massstabe an den zahlreichen Gipfeln des riesigen Gebirgs- stockes, jedech nur bis zu einem gewissen Niveau, sich wiederholen.
Wenn wir den 'Theil des Dachsteinplateaus zwischen Nordost und Südost überschauen, so haben wir Mühe, die 5800 bis 6500 Fuss hohen, ganz abgerundeten Kuppen des Hierlaiz, Zwölferkogels, Krippensteins, Koppens, Hirsch - und Speikbergs, die sich vom Hailstätter See aus in so verschiedenen Umrissen darstellen, von einander sowohl, als auch ven den andern im Innern des Plateaus gelegenen Hochrücken zu unterscheiden. Der zwischen dem Hallstätter- und Schladminger- Gletscher (die beide von einer gemeinsamen Firnebene auslaufen) sich einschiebende Gjaidstein zeigt an seinem 8650 Fuss hohen Gipfel, welcher die um ihn herum sich steil abstufenden Firn- und Gletscherflächen gegenwärtig 800 bis 1500 Fuss hoch überragt, die gleiche Abrundung. (Auch von Aussee und Ischl sieht man die Rundung seiner Kuppe.) Dagegen stehen in einem grellen Kontrast zu den bisher genannten abgerundeten Gipfeln die, das Nı- veau der Gjaidsteinkuppe noch überragenden, scharfgezackten Zinnen des niedernDach- steins, des hohen Kreuzes, der DiendIn und des
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hohen Koppenkarsteins und endlich der schmale Grat des hohen Dachsteins selbst.
Kehren wir uns nach Nordwest, so schauen wir in den tiefen Gebirgsausriss der Go sau, dessen oberster, die Doppelscharte zwischen dem hohen Dachstein, Mitterspitz und Thorstein bildende Theil von diesen drei höchsten Spitzen des ganzen Stockes, dann noch von der Schneebergwand, dem niedern Dachstein und dem Hochkreuz umlagert ist, und dem Gosaugletscher zum Betie dient. Unterhalb des letztern bildet die breite Schlucht eine steile, 2500 Fuss hoch abfallende Stufe, hin- ter welcher sich in verschiedenen Höhenabständen die G o- sauseen und endlich das Gosauthal (ein bereits durch Schuttablagerungen trocken gelegtes Seebecken)) aneinan- der reihen. Die diesen tiefen Gebirgsausriss begrenzenden Felsmanern, die sich am Gosaugletscher 1200 bis 1800 Fuss über dessen Oberfläche, an den Seen 2500 bis 3800° über deren Spiegel erheben, zeigen — vorzüglich der sogenannte Gosaustein (7700 bis 6100 Fuss hoch) — äusserst scharf gezackte Formen, die mit den runden Kuppen des östlichen Gebirges auffallend contrastiren. Aber die klippige Form bricht plötzlich zur Linken der Gebirgsschlucht, mit dem kleinen Donverkogel (6100), zur Rechten mit dem hohen Hosswandkogel (8000° zum Hochkreuz gehö- rend) ab, und die 5000 bis 4600 Fuss hohen, das Gösauthal 2700 bis 2300 Fuss überragenden Kuppen des Zwiesel- bergs, Hühnerkogels und Hornspitz (an den Gosau- stein sich anschliessend), so wie die zahlreichen vom Hoch- kreuz aus nach Norden sich absenkenden , 7500 bis 4500 Fuss hohen unmittelbar zum Dachsteingebirge gehörigen Rücken und Kuppen zeigen alle wieder die vielfach er- wähnte Abrundung.
Zwischen Südost und West ist das Gebirge unmittel- bar unter seinen höchsten Zinnen plötzlich abgerissen und bildet eine 2500 bis 4000 Fuss hohe, beinahe durchgängig senkrechte, Wand. An diese lehnen sich ungeheuere Schutt- gehänge, hinter welcher sich ein mehrfacher Wall zuerst von spärlich mit Bäumen besetzten Alpenrücken, dann von dicht bewaldeten Vorbergen ins Ensthal hinabsenkt.
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Wenn nun nach den Erscheinungen, welche von mir nicht nur an den hier benannten Puncten, sondern auch an vielen anderen Orten nach der ganzen Ausdehnung des Ge- birges aufgesucht und verfolgt wurden, die Grenzen der Abrundung bestimmt werden sollen, so ergeben sich im Allgemeinen folgende Thatsachen: 1) Dass die Abrun- dung der verschiedenen Unebenheiten der Fels-
oberfläche in der Region des Krummholzes sich schon allgemein verbreitet zeigt, von da stellenweise bis ins Thalhinabsteigt, eben so auch bis zum Fusse der höchsten Zune ob- wohl wieder im abnehmenden Verhältnisse sich verfolgen lässt; 2) dass die Abrundung der Felsmassen stetsin den vertieften Theilen des Gebirgsplateaus, in den sogenannten Ka- ren,stärkerist,alsauf den Höhen und an den Abhängen desselben, dass man sie häufigerin denabwärtsgehenden Schluchten, als auf den zwischenliegenden Rücken findet, ja dass sie auf den Letzteren, wenn sie sich hoch über die sie begrenzenden Schluchten heben, oft gänzlich fehlt; 3) dass die Abrundung der Ein- zelngipfel nur bis zu einer gewissen Höhe über das sie umgrenzende Plateau des Gebirges, oder über das vonihnen eingeschlossene Thal hinaufreicht, und dass Gipfel, welche jenes Ni- veau übersteigen, sich sogleich durch scharfe Umrisse kennbar machen.
Aehnliche Abrundungen findet man, und zwar unter denselben Begrenzungs-Verhältnissen, wenn auch nicht im- mer so deutlich ausgesprochen , wie auf dem Dachsteinge- birge, auch auf dem Prielstocke, und Spuren derselben auf allen Gebirgen des Salzkammergutes von grösserer Oberfläche, z. B. auf dem Höllengebirge.
Freunde der Naturwissenschaften in Wien. I. t5
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1ll. Karrenfefider.
Wiener Zeitung vom 9. Mai 1846.
Innerhalb derselben Grenzen wo sich die Abrundung der Gebirgsmassen beobachten lässt, begegnen wir noch einer zweiten eben so allgemeinen Erscheinung von glei- chem Interesse, die mit der Abrundung, wie sich später zeigen wird, in einem innigen Zusammerhange steht; es sind diess die in unzähligen Formen sich darstellenden Aushöhlungen in der Oberfläche der dichten Gesteinsmassien, durch welche vorzüglich das höhere Gebirgs-Terrain zum "Theile eben jenes wilde Ansehen er- hält, welches das todte Gebirge charakterisirt. Es ist un- möglich, durch das Wort all die bizarren Gestaltungen des Bodens in einem Bilde darzustellen , wie man sie so oft, besonders in jener Region des Priel- und Dachstein- gebirges, wo das reiche Pflanzenleben plötzlich vor einer unwirthbaren Felsenwüste Stillstand hält, mit einem Blicke überschauen kann. Die verschiedenen Furchen und Rippen, Kegel und Zacken, Schneiden und Kämme, Kessel, Brun- nen und Schründe, die von Dämonenhänden geformt, oder in. das Gestein gegraben zu sein scheinen, in der That aber das gemeinsame Product von Auswaschungen durch ein einziges aber lange wirkendes Element sind, bilden da ein wunderliches Chaos , welches das Auge des Neulings eben so überrascht, als es den Fuss des Wanderers ermüdet.
Wir werden hier nur die wesentlichsten dieser ver- schiedenen Aushöhlungsformen und zwar vorzugsweise sol- che betrachten , die vermöge ihres weit verbreiteten, und "häufigen Vorkommens auch mehrere und zugleich sichere Anhaltspuncte bei der Aufsuchung der Ursachen , die ihre Bildung veranlassten, bieten können.
. Hierher gehören vor allen die eigenthümlichen Riunen, - welche die Oberfläche des Gesteins und zwar in der glei- chen Ausdehnung des Gebirges, in welcher die oben be- schriebenen Abrundungen beobachtet werden, mehr oder weniger dicht durchfurchen. Herr Agassiz hat sie in
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seinem Werke über die Gletscher mit dem Namen Karren bezeichnet und die grösseren von ihnen überdeckten Fels- flächen Karrenfelder genannt.
In der einfachsten Form finden sich diese Karren (nicht zu verwechseln mit Karen, den Vertiefungen des oberen Gebirgsterrains) in steil abfallenden Felsflächen. Da bilden sie oft dicht neben einander liegende; unter sich ünd mit der Falllinie der Fläche parallele, halbrund ausgehöhlte Rinnen von 1 bis 6 Zoll Tiefe und Breite, welche durch wieder abgerundete oder auch schneidige oder gekammte Zwischenerhöhungen von einander getrennt sind. Auf dem Dachsteingebirge z. B. in der Wies, Ochsenwies, im Wildkar, an der Hosswand, am Ochsenkopf, im Seekar, in der Hirschau und vielen anderen Orten er- scheinen ganze grosse Partien steiler Abfälle und Wände aus der Ferne bei einer bestimmten Beleuchtung zanz re- gelmässig parallel senkrecht gestreift, in der Nähe oder mittelst eines Fernrohres erkennt man diesen Streifen mehr oder minder breite und tiefe Rinnen. Auf Flächen von 5° bis 20° Neigung wird die Gestalt der Karren schon zusam- mengesetzter, die Rinnen sind meist schon mehrfach ge- wunden und ihre Dimensionen nehmen, vorzüglich der Tiefe . nach zu. Je mehr die Neigung der gefurchten Flächen sich der wagrechten Ebene nähert, ‘desto mehr nimmt die Man- nigfältiekeit der Formen zu, desto mehr wächst Tiefe und Breite er Rinnen, wobei die erstere jedoch immer überwie- gender wird. Auf. wenig geneigten Felsebenen findet man nicht selten Rinnen von 3 bis 4 Fuss Tiefe und 1 bis 3 Fuss Breite. So sehr aber auch Form und Raumerstreckung der Karren wechseln mögen, darin bleiben sich die letztern stets gleich, dass sie in ihrem Grunde immer regelmässig ausgerundet sind: Die zwischen den Rinnen liegenden Er- höhungen — man könnte sie Karrenrippen nennen — deren ‚Breitedurchmesser eben so abnimmt, wie die Brei- tenerstreckung der Rinren ec zeigen sich dagegen ‘oben entweder gerundet oder keilig, oft schneidig auslau- fend, dann nicht selten auch nahe in die Quere durehlird- en und in abenteuerliche Formen zertheilt.
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Die Binnen nehmen nicht stets ihren Anfang im höch- sten Theile der von ihnen durchschnittenen Felsfläche, sie beginnen auf wenig geneigten Ebenen oft gleich tief sich einsenkend in der Mitte derselben, verzweigen sich in ihrem Verlaufe oft vielfach unter einander und münden dann entweder in eine Spalte oder einen Kessel, einen Karrenbrunnen , in einen Absturz, eine Mulde, oder Ebene aus, oder schliessen eben so plötzlich mitten im dichten Gestein sackförmig wie sie sich eingesenkt haben. Auch sieht man wieder in frei aus der Umgebung aufragenden ge- neigten Platten deren höchste Kante von den Rinnen tief kamm- oder kerbenartig durchschnitten.
Die Richtung der Binnen folgt in der Regel der Abda- chung desjenigen Felstheiles, welchen sie durchziehen. Oft bestimmte aber auch eine Zerklüftungsspalte, eine ur- sprünglich in. der Lagerungsfläche befindliche Vertiefung. oder in dem gemengten Gesteine enthaltene Flecken oder Streifen , Nester, Adern oder Gehänge leichter auflöslicher Massen den Verlauf der von der Falllinie abweichenden Furchen.
Es wurde bereits gesagt, dass die Karren im Allgemei- nen innerhalb derselben Grenzen der Gebirgsoberflächen sich vorfinden, wo die Abrundung der Felsmassen beobach- tet werden kann; nun bleibt nur noch Einiges über das spe- cielle Vorkommen derselben zu erwähnen übrig.
Am vollständigsten ausgebildet zeigen sich dieKarrenauf demDachstein- und Prielstocke in der Höhe zwisehen 5000 und 3000 Fuss über dem Meere, und da wieder vorzüglich in den grössern Vertiefungen, in den Karen und abwärtsführen- den thalförmigen Weitungen der Gebirgs- oberfläche. Hier sind besonders die weniger geneigten Felsebenen oft so enge von den gewundenen Rinnen durch- schnitten, dass der Flächenraum der sie trennenden Zwi- schenhöhungen übertrifft, wodurch die Karrenfelder ein höchst eigentbümliches Aussehen erhalten. Unter dem Niveau von 3000 lässt sich die gleiche Rinnenbildung stellenweise, vorzüglich in den absteigenden Gebirgseinschnitten bis ins Thal verfolgen, nur ist
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da ihr Auffinden dadurch erschwert , dass sie zum grössten Theile durch Schutt, Erde und Wald-Vegetation verdeckt ist. Solche tief herabgehende Karren sieht man z. B. in vordern Gosauthale dicht zur Rechten des Weges, im hin- tern Gosauthale beim Schmidt und in den Brunngräben ; ferner im Echernthale bei Hallstatt am rechten Ufer des Waldbaches, dann am Kessel und Hirschbrunn, in der Hirschau; am Altausseer See u. s. f. Ueber dem Niveau von 5000° nehmen die Karrenrinnen in den Di- mensions-Verhältnissen wieder ab, inder Höhe von 6500° sind sieauch schon seltener geworden und in der Höhe von 750 verschwinden sie fast gänzlich (wenn auch die geognostischen und die Ter- rain-Verhältnisse sich in allen diesen Höhen gleich geblie- ben sind). Noch muss erwähnt werden, dass die oft am vollständigsteu ausgebildeten Karren auch auffreistehenden, erhöhten, von dem angren- zenden Terrain ganz unabhängigen Steinflä- chen, Köpfen oder Rücken, wie sie in den Mulden und thalförmigen Vertiefungen der Gebirgsoberfläche häufig genug vorkommen, beobachtet werden können,
Wie sind nun diese Karren entstanden ?
Bei einer oberflächigen Betrachtung oder bloss verein- zelten Beobachtung derselben wird man wohl leicht zu der Annahme verleitet, dass alle diese vieigestaltigen Felsen- furche nichis als die sich immer erweiternden Rinnsäle der Schmelzwässer des Frühlings und Regenwässer des Son- mers seien, und dass auch ihre erste Entstehung bloss die- sen langsam aber fortdauernd wirkenden Elementen zuge- schrieben werden könne, aber bei sorgfältiger Prüfung aller Erscheinungen dieser in so grossartigen Verhältnis- sen vorkommenden Erosionen wird sich bald ergeben, dass für die letzteren eine solche Erklärung nicht ausreiche , dass diese in anderen Ursachen als den gegenwärtigen at- mosphärischen Niederschlägen, deren Antheil selbst bei der Fortbildung der Karren nur als untergeordnet erscheint, gesucht werden müsse.
Einmal schon, dass die Bildung der Karren überhaupt der vorgeschichtlichen Zeit angehört,
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lässt sich aus folgenden 'Thatsachen mit Sicherheit entneh- men: Inden untern Regionen des Gebirges siud die Kar- ren meist mit dichter Vegetation, oft mit uralten Bäumen, deren Wurzeln sich durch die mit reicher Humuserde ganz ausgefüllten Felsrinnen winden, hoch überdeckt. Die Kar- ren mussten also bereits vorhanden gewesen sein, als das Pflanzenleben in und’über denselben Fuss fassen konnte, und dass zur Anhäufung hohe Dammerdelagen inGebirgen vorzüg- lich auf Abhängen sehr lange Zeit erforderlich sei, ist eine bekannte Thatsache. Ferner sieht man inallen Regionen des Karren-Terrains in verschiedenen Gräben, Sehluchten und Mulden die an deren felsigen Seiten herablaufenden Rinnen noch tief unter den Schutt, welcher die Sohle der letztern meist überdeckt, und zwar in gleichen Dimensions-Verhält- nissen hinabreichen. Diese Erscheinung nöthigt zu der An- nahme, dass die Furchen bereits in Br ganzen Mächtigkeit gebildet waren, ehe deren theilweise Veberlagerung mit Schutt geschah. Da aber auch noch in den meisten Fällen die Lage und Beschaffenheit der erwähnten Schuttmassen wieder der Art ist, dass man die Herbeiführung der letztern solchen Ursachen zuschreiben muss, die jetzt nicht mehr vorhanden sind, die nachweisbar der Vorwelt angehören , so darf mit Sicherheit geschlossen werden, dass noch um so mehr die Bildung der Karren bereits in die vorhistori- schen Zeiten falle.
Noch eine andere Tlıatsache gibt uns einen nicht un- wichtigen Fingerzeig über das Alter der Karren. Im mittleren Gebirge, wo nicht selten noch perpetuirliche Quellen zu Tage treten, sieht man in einer Reihe von Kar- renfurchen eine oder die andere zur constanten Abfiussrinne des Quelwassers dienen, während alle übrigen trocken lie- gen. Trotz der fortwährenden Berührung des Gesteins mit stets neuem Auflösungsmittel in der zum Rinnsal dienen- den Furche und dem Trockenliegen der übrigen beobachtet man doch keinen wesentlichen Unterschied der Raumver- hältnisse zwischen der erstern und den letztern. Höchstens sieht man in den ausgerundeten Boden jener Karrenfurche, durch welche die Quelle abläuft, ein engeres, vertieftes Rinnsal eingeschnitten, dessen Dimensionen zu den Di- .
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mensionen der ganzen Karrenfurche in einem höchst unter- . geordneten Verhältnisse oft wie 1 zu 50 stehen. Lehrreiche Beispiele solcher Art fand ich im sogenannten Schnalz nächst der Wiesalpe, dann zwischen dem Taubenkar und Karlseisfeld, am Krippenstein, in den Brunn- gräben u.a. O. Wenn nun solche perpetuirliche Quell- wässer, deren Wasserquantum stets das Gesammtergebniss des jährlichen atmosphärischen Niederschlages auf einem mehr oder minder ausgedehnten Gebirgsterrain ist, auf welchem sich jener zur einzigen Quellader gesammelt hat, wenn nun solche perpetuirliche Quellwässer in dem dichten Gestein durch eine ganze Beihe von Jahrhunderten nur Rinnen aushöhlen konnten, die oft kaum ein Fünfzigtheil des Volums der Karrenrinnen enthalten, welche letztere überdiess oft noch in weiter Erstreckung so dicht neben einander liegen, dass ihre Wassersammlungsfläche nicht grösser ist, als sie selbst und die nächstliegenden Karren- rippen, welche Zeit durfte nun wohl {erforderlich gewesen sein, um diese Karrenrinnen auszunagen, vorausgesetzt, das Erosionsmittel sei bloss reines Regen- oder Schnee- wasser gewesen ?
Untersuchen wir nun aber genauer, welcher Ursache die Bildung der Karren zuzuschreiben sei, so ergibt sich schon einmal aus dem Umstande, dass dieselben immer nurinnerhalh gewisser Grenzen auf dem Terrain des Gebirges beobachtet werden, und keineswegs über die ganze Oberfläche desselben verbreitet sind, die Folgerung, dass weder Regenwasser noch die Schmelz- wässer des jährlichen Winterschnees sie hervorgebracht haben konnten, weil sonst dieselben Aushöhlungen bei glei- shem Gestein überall vorkommen müssten, wo Regen und Schnee in gleicher Menge niederfallen, was aber keineswegs der Fall ist, wie oben bereits ausführlich beschrieben wurde.
Durch Quell- und andere zusammenfliessende Sammel- wässer können wir uns eben so wenig die Karren entstan- den vorstellen, weil die Letzteren sehr oft gerade auf sol- chen erhöhten und isolirten Felsflächen am vollständigsten ausgebildet beobachtet werden, auf welche weder Quell- noch sonstige Sammelwässer je gelangen möchten.
Bei! Se
Auch die Annahme von grösseren fliessenden Gebirgs- wässern reicht zur Erklärung bei weitem nicht aus, weil die Karren nur allzuhäufig da gefunden werden, wo un- ter keinen Verhältnissen solche Wässer, z. B. Zu- flüsseoder Abzüge vonHochgebirgsseen, Was- serfälle, Wilbäche oder dgl. m. vorkommen konnten.
Durch stehende Wässer , durch Seen oder gar das Meer vermögen wir noch weniger die Answaschung der Karren zu erklären, denn dagegen spricht zu sehr wieder die Form und vorzugsweise die bestimmte Richtung der Rinnen, die stets der Abdachung her ausgewasche- nen Fläche folgt.
Beobachten wir aber einmal die Vorgänge, die bei dem jährlichen Abschmelzen der jetzigen Gletscher Statt finden, so werden wir bald auf Analogien zwischen jenen Wirkun- gen, die dieses Abschmelzen auf die Unterlage der EBis- massen hervorbringt und zwischen den Gebilden der Kar- renfelder stossen, die uns nach Erwägung aller Umstände und Thatsachen zu der Annahme hinführen, dass die Karren als das Resultat der Wirkung von Schmelzwässern einstmaliger weitausge- dehnter Gletscher zu betrachten seien.
Wenn wir zur Sommerszeit durch Eisgewölbe, wie solche manchmal an den Rändern der Gletscher zu treffen sind, unter die letztern gelangen können, so sehen wir, dass in den verschiedenen Höhlungen, die durch das Schmel- zen des Eises von der einwirkenden Erdwärme und zuströ- mender Luftwärme gebildet werden, sich mehr oder minder zahlreiche, entweder noch in der Masse des Eises sich aus- keilende oder schon bis an die Oberfläche des Gletschers rei- chende Klüfte befinden, durch welche bald grössere bald kleinere Strahlen Schmelzwassers auf den Felsboden her- abstürzen und denselben mit Hilfe des theils von ihnen mit- geführten, theils bereits unten befindlichen Schuttes mannig- faltig aushöhlen. Wir können ferner beobachten, dass die Schmelzwässer, welche aus dem höhern Gletscherterrain ankommen und unter dem Eise ihren weitern Verlauf suchen, eine Menge von kleinen Rollstücken, Sand und feinem
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Steinmehl mit sich führen , welche zusammen eif sehr wirk- sames Schleifmittel abgeben, die ersten Vertiefungen in dem Boden allmälig mehr und mehr zu erweitern und auszu- höhlen und zwar genau in solchen Formen, wie wir sie in den Karrenfeldern beobachten. Bedenken wir noch, dass vermöge der Gestaltung der Unterlage die Gletscher beinahe alljährlich über denselben Stellen und in gleicher Weise zerklüften, dass also die Schmelzwässer so ziemlich immer auf dieselben Punete wirken, und im Laufe einer längern Zeit also auch so grossartige Aushöhlungen, wie sie die Karrenfelder wirklich zeigen, hervorbringen können; so dürfen wir wohl auch mit Sicherheit annehmen, dass alle Karrenfelder ihre Entstehung der gleichen Ursache, den Schmelzwässern einstiger Gletscher, zu danken haben.
Entscheidend für die so eben dargelegte Theorie über die Bildung der Karren überhaupt, spricht noch insbesondere das Vorkommen der sogenannten Riesentöpfe und Kar- renbrunnen. Diess sind kreisrunde oder ovale, manch- mal auch unregelmässig gestaltete 1 bis 6 Fuss im Durch- messer haltende meist senkrechte, oft klaftertiefe Löcher in- mitten des festen Gesteins, dessen Schichten sie in ver- schiedenen Winkeln durchsetzen. Sie finden sich gewöhn- lich in den tiefern Theilen eines grösseren Hochgebirgskes- sels oder Hochthales, auch in einer Hochebene, selten aber auf einem Gebirgskopf. (Auf dem Dachsteingebirge habe ich sie. nicht über die Höhe von 6000’ beobachtet.) Gleich den Karrenrinneu kommen die Riesentöpfe und Karrenbrunnen — ich bezeichne mit dem letztern Namen die grössern Aushöhlungen, die nicht selten ganz regelmässigen runden Cisternen gleichen, z. B. der herrliche Karrenbrunnen in der Wies, von welchem später in meinem geologischen Atlasse eine genaue Zeichnung sich finden wird — oft an solchen Stellen vor, die ganz aus- ser dem Bereich eines grössern Wasserzuflus- ses, eines gewöhnlichen Wassersturzes u. dgl- liegen, wie z. B. der eben erwähnte Karrenbrunnen iu der Wiesalpe.
So räthselhaft dem Geologen diese letzterwähnten Arten von Aushöhlung in ihrer Vereinzelung erscheinen mögen, su
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wird er sich dieselben doch leicht und vollständig erklären können, wenn nur eine jener in grossen Eisfeldern gar nicht seltenen Gletscherkatarakten gesehen hat, bei welchen das obere Schmelzwasser durch 100 bis 300 Fuss tiefe, die ganze Gletschermasse durchsetzende Klüfte oder Schlünde mit grosser Gewalt auf die Felsunterlage niederstürzt und .die- selbe mit Hülfe des mitgerissenen und bereits unten befindli- chen Moränenschuttes verschieden aushöhlt. Wenn er dabei noch in einer Reihe von Jahren die Beobachtung machen kann, dass die abwärts rückenden Gletscher alljährlich, wie bereits erwähnt wurde, so ziemlich über denselben Stellen sich immer Katarakten bilden können, und wenn er nun nochmals die ganze Oertlichkeit, wo Karrenbrunnen oder Riesentöpfe vorkommen, genau überblickt , so wird er leicht zu dem Schluss gelangen, dass diese bei den Aus- höhlungsformen ebenfalls nur durch solche mächtige Schmelzwasserstürze einst das Kar- ren-Terrain hoch überlagernder Gletscher ge- bildet worden sein mussten.
Auch minder regelmässig gestaltete Schründe, Höhlen und Löcher tragen die Spuren einer ähnlichen Entstehung wie die Karrenbrunnen an sich, doch darf man nicht alle derselben von gleichen Ursprunge ableiten, da es auch viele oft sehr tiefe Höhlungen und Schlünde in den Kalkgebirgen gibt, die bloss durch Zerklüftung und Verwitterung des Gesteins und durch die langsame Einwirkung der Atmas- phärilien gebildet worden sind, auch noch gebildet werden. Hieher gehören z. B. die meisten sogenannten „Wind- löcher.* Ein geübtes Auge wird leicht die wirkenden oder einst wirksamen Ursachen dieser verschiedenen Formen auffinden und unterscheiden können.
IV. Erratische Trümmer, Moränen. Wiener Zeitung vom 1413. Mai 1846,
Wenn man das Dachsteingebirge von seinem Fusse an bis zu den höchsten Gipfeln, in welcher Richtung immer,
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durchwandert, so findet man dessen Oberfläche mehr oder weniger mit grössern und kleinern Bruchstücken der Gebirgs- masse bedeckt. Ein Theil derselben, in den Mengungs- und Mischungsverhältnissen gleichartig mit dem angrenzenden festen Gesteine; liegt noch auf der ursprüglichen Vorkomm- nissstätte oder nahe derselben, und zwar entweder zer- streut oder als ungeordnetes Trümmerwerk den Felsboden überlagernd oder endlich zu Gehängen an Gebirgswänden aufgehäuft. Schuttmassen solcher Art sind das Resultat der langsamen Zerstörung der Gebirgsoberfläche durch die Atmosphärilien. Man findet aber eben so häufig Trümmer, welche sich in ihren Bestandtheilen von allen sie zu- nächst umgebenden Gebirgsschichten unterscheiden, also fremdartigaufihrem gegenwärtigen secundä- renVorkommnissorteerscheinen, deren muthmass- liche, oft auch noch nachweisliche primäre Lagerstätte zwar dem Dachsteingebirge angehörig, doch so entfernt von der jetzigen Fundstelle liegt; dass das gegenwär- tige Vorkommen durch keines der verschie- denen derzeit wirksamen Transportmittel (Wind, Regen, Wolkenbrüche, oder das Gesetz der Eigen- schwere), sondern nur durch die Annahme viel gewaltigerer, in einer fernen vorgeschichtli- chen Epoche wirkender Ursachen erklärt wer- den kann. Man hat diesen fremdartigen Trünmergebil- den den Namen der erratischen oder Findlingsge- steine gegeben.
Die erratischen Gesteine finden sich, wie gesagt, über das ganze Dachsteingebirge verbreitet, und zwar unter Verhältnissen der Ablagerung, die uns wichtige Finger- zeige über das Transportmittel abgeben, welches die Find- lingsmassen einst über tiefe Kare und Schluchten, über hohe Rücken und Kämme tragen konnte. Schon in den Kesseln des todten Gebirges, welches die Dachsteinglet- scher umgrenzt, auf dessen Terrassen, Köpfen und Wäl- len, oft gerade auf den höchsten Theilen der beiden Letz- teren, gewahrt man bald einzelne, manchmal ganz wider- sinnig aufgestellte Blöcke (z. B. auf einem deutlich abge- rundeten, aus grauweissem Kalk bestehenden Walle in der
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Linie zwischen dem Taubenkar und dem Schöberl und etwa 500 Klafter vom seitlichen Rande des Carls- Eisfeldes entfernt, sieht man einen isolirten, mehr als eine Kubikklafter grossen, ganz scharfeckigen Block von dichter, roth, grau und gelblicher Marmorbreecie, der ge- rade auf seinen untern Flächen Spuren karrenänlicher Ero- sion zeigt), bald in grösserer oder geringerer Menge an- gehäufte Trümmermassen, die theilweise dem oft noch stundenweit entfernten und viel höheren Gipfel des Gebir- ges angehören. Gewöhnlich können hier die erratischen Gesteine von den localen Trümmermassen meist erst dnrch eine genauere Untersuchung der inneren Mengungs- und Mischungsverhältnisse unterschieden werden, in der äusse- ren Form beider zeigt sich noch kein wesentlicher Unter- schied, höchstens dass einige der Ersteren einzelne Spu- ren von Reibung und Abrundung zeigen Je tiefer man von dem todten Gebirge herabsteigt, dests mehr häufen sich die erratischen Massen, desto leichter wırd auch ein Theil derselben erkennbar durch die auffallende Abrundung der Oberfläche. Am Fusse des Gebirges mengen sie sich mit den Alluvialgebilden und ihre Massen sind dann wieder schwieriger von den Letzteren zu trennen.
Wer hat wohl je die Wanderung von Hallstatt nach dem Carls -Eisfeld gemacht, dem nicht die zahllosen, mehr oder minder abgerollten Blöcke und Geschiebe, welche auf dem ganzen Wege von dem Waldbachleithen an bis zum Rande des ewigen Eises hinauf überall hingestreut und stel- lenweise zu Wällen und Hügeln aufgehäuft sind, aufgefal- len wären (die fast noch häufigeren scharfeckigen Findlinge abgerechnet, die mehr nur dem Auge des Geologen erkenn- bar sind) und dem sich nicht die Frage aufgedrungen hätte, wie, wann und von wo diese Massen auf ihre jetzige Stelle gebracht wurden?
Wenn bei der alleinigen Betrachtung der erratischen Trümmer diese Frage nur noch ungenügend lösbar erscheint, so wird sie doch vollständig beantwortet werden kön- nen, sobald wir neben dem Vorkommen der erstern noch eine zweite, verwandte Erscheinung näher untersuchen und in Berücksichtigug ziehen, nämlich das gleichzeitige
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Vorkommender vielen moränenartigen, mit Damm erde und Vegetation mehr oder minder koch bedeckteu Schuttmassen, die vorzüglich in der Karrenregion in ganz eigenthümlichen, streng umgrenzten Formen gefunden werden. Manche dieser Formen sprechen unwiderlegbar gegen jede Annahme einer entweder langsamen Anhänfung ihrer Schuttmassen durch Verwitterung der Nachbartheile, oder einer Ablagerung oder Zusammenschwemmung an Was- ser, z. B. die merkwürdigen Schuttgebilde in der Wies- alpe und im Taubenkar. Da über die Art des Mediums, durch welches einst der Transport des unter den beschrie- benen und ähnlichen Verhältnissen vorkommenden errati- schen Schuttes Statt gefunden hatte, noch immer ein lebhaf- ter Streit geführt wird, so dürfte hier eine nähere Beschrei- bung der Schnttgebilde in den zwei letztgenannten Puncten des Dachsteingebirges nicht am unrechten Orte sein. (Zwei möglichst treue Zeichnungen in meinen geologischen Skiz- zen werden später den Gegenstand noch anschaulicher ma- chen.) in der Wiesalpe sieht man über der wellig ge- stalteten, grasüberdeckten Schuttebene des Kares und un- mittelbar an der Einmündung der ziemlich weiten Schlucht der Greitgrube, eine etwa 2500 Quadrat-Klafter grosse und 10 bis 15‘ hoke, bei ihrem Anfange an den Abfall der erwähnten Schlucht angelehnte, von da halbkreisförmig aus- gebreitete Schutt- Terrasse sich erheben, welche an ihrer äussern ziemlich scharfen Abgränzung fast durchgängig in _ einem Winkel von 35 bis 45° abfällt. Vom obern Rande dieses Abfalles an steigt die Terrassenfläche nur sehr gering gegen ihren Anfangspunct hinauf. Sie ist von mehreren tiefen Gräben, welche radienförmig von dem letztern aus- laufen, und in die sich wieder kleinere seitliche Gräben einmünden, durchschnitten. Die zwischen den Gräben be- findlichen Höhentheile sind ganz mit kleinen 2 bis 4 Fuss tiefen und % bis 6 Fuss im Durchmesser haltenden runden oder länglichen Mulden bedeckt, die dicht neben einander liegen und der Terrasse ein vollkommen welliges Aussehen geben. Grössere und kleinere, mehr oder minder abgerollte Findlingsmassen liegen auf dem üppigen Grasteppiche ent- blösst herum, welcher die ganze Terrasse dicht überzieht.
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Gräbt man an irgend einer Stelle in den Boden ein, so kommt man nach einer 3 bis 4 Zoll tiefen Schicht humusrei- cher Erde sogleich auf einen mit Geschieben verschiedener Dimensionen und auch eckigen Fragmenten gemengten fei- nen Schutt, welcher die vollendeteste Aehnlichkeit mit je- nem Schutt hat, den man unter den jetzigen Gletschern des Dachsteingebirges findet und der seine Entstehung dem Ab- wärtsrücken des Eises und dem dadurch hervorgebrach- ten Abreiben seiner Unterlage zu danken hat. Von glei- cher Beschaffenheit mit der Terrasse zeigen sich auch die Massen des sie unterlagernden Bodens der Alpe und der vor ihr liegenden, an die Herrengasse grenzenden tief wel- lig gestalteten Grastrift. Noch muss erwähnt werden , dass am Anfangspuncte der beschriebenen Terrasse gerade unter- halb der Einmündung der Greitgrube grosse scharfeckige Trümmermassen — Bruckstücke der zur Rechten liegenden Felswand in grosser Menge zerstreut umherliegen, welche an ihrer ganzen Oberfläche einen hohen Grad von Verwit- terung zeigen und sich auffallend in ihrem äussern Ansehen von den abgerundeten Findlingsmassen,, zwischen welchen sie ruhen, unterscheiden. Die Wand selbst trägt in einer grossartigen Aushöhlung, über welche jetzt höhere Stein- schichten dräuend hereinhängen‘, deutlich die. Spuren eines einst mächtig wirkenden Elementes an sich, welches erst in “ der Greitgrube zusammengedrängt, dann an ihrer Ausmün- dung in die Wies plötzlich breitere Bahn findend,. nun den untersten Theil der Wand gewalisam ausbrach.
Noch auffallender sind die Formen des erratischen _Schuttes in dem 5500’ über dem Meere gelegenen und etwa Dreiviertel-Stunden vom Carls-Eisfelde entfernte Tauben- kar. Dieses bildet einen tiefen Gebirgskessel , nach wel- chem sich von dem ihn östlich abgrenzenden Rü- cken, von dem untern Carls-Eisfeld, vom Wildkar und der Ochsenwieshöhe Gebirgseinschnitte als ver- schieden tiefe und breite Schluchten herabziehen. Von der Einmündung je einer solchen Schlucht sieht man ein abge- schlossenes System bald paralleler, bald fächerig auseinan- der laufender, wenn auch wieder mehrfach üherschüllewer Schuttwälle nach der Mitte des Kares zu so weit sich aus-
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breiten, dass die Endpuncte dieser verschiedenen Wälle bei- nahe alle ausser dem Bereiche der etwaigen Lavinen, die allerdings ähnliche Schuttbildungen veranlassen konnten, liegen. Fast in der Mitte zwischen den verschiedenen Wallfächern und zugleich im tiefsten Theile des Tauben- kars erhebt sich eine mächtige, unregelmässig kegelförmige, breit abgeplattete etwa 16 bis 20° hohe Schuttmasse mit 35 bis 45° steil abfallenden Seiten und mit einer wellig gestal- teten, fast horizontalen Oberfläche. So weit ich die Masse dieses Schuttplateaus untersuchen konnte, zeigte sie sich identisch mit den übrigen Schuttmassen des Kares und diese identisch mit den Randmoränen des Car!s-Eisfeldes.
Sollte man auch hier noch über den Ursprung der fäche- rigen Schuttwälle in Zweifel stehen, so muss der Anblick des mittleren Plateaus und eine nur oberflächliche Uebersicht der Umgebungen des Kares diesen Zweifel vollständig lösen, Vorläufig nur angenommen, dass grosse Gletschermassen das Terrain um das Taubenkar herum einst in unbestimmter Ausdehnung deckten, so mussten diese über dem grossen Kesselthale sich ebenfalls mehr oder minder zu einer gros- sen Gletschermulde zusammensenken, in deren tiefsten Stelle die sich begegnenden Gletscherströme durch wechselseitigen Druck einen entweder festsitzenden Eisstock, oder einen sich langsam bewegenden -Gletscherwirbel hervorbringen mussten. Die mitgeführten Moränen der verschiedenen, in das Kar sich mündenden Eisströme mussten daher auch sich in der tiefsten Stelle des grossen Gletscherkessels zu einer grossen Central-Moräne TR und der untere Reibungsschutt bis nach den tiefsten Stellen des Felskares geschoben werden. Sowohl die durch das Niederschmelzen durch die Eismasse endlich auf dem festen Boden angelangte obere Central-Moräne, als.auch der unten von allen Seiten zusammengeführte Heibungachuft mussten sich nothwendig- im Grunde des Kares zu einem mehr oder minder regelmäs- sigen Kegel aufhäufen, der durch den stets erneuerten Druck der immer wieder nachschiebenden und auflastenden Eismas-
sen abgeplattet wurde. Nun finden. wir auch in.der That jene Se Schutt- ablagerung ganz in der Form im Taubenkar, wie sie
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unter den angegebenen. Umständen nothwendig sich hätte bilden müssen , und wir können alse auch mit voller Sicher- heit diese mittlere Schutt-Terrasse und mit ihr die andern sie umgebenden analogen Gebilde als vvorweltliche Mo- ränen, als Gletscherschutt bezeichnen. Zahlreiche Beispiele ähnlicher Art liessen sich noch von dem Dachstein- gebirge aus den verschiedenen Niveaux aufzählen, da wie gesagt, vorzüglich eine grössere Vertiefung bis zu dessen Fuss und ins Hauptthal herab erratischen Schutt enthalten, doch werden die erwähnten zur Bekräftigung der ausge- sprochenen Theorie genügen.
Die Verbreitung des Gebirgsschuttes und seine oft moränenähnlichen Gestaltungen in den angrenzenden Haupt- thälern geben uns keine hinlänglichen Anhaltspuncte für die unteren Grenzen der einstigen Gletscher, da in den tieferen Niveaux den verschiedenen Diluvien ebenfalls eine grosse Rolle eingeräumt werden muss, und sich hier also die Wir- kungen des wandernden Eises und der vorgeschichtlichen Ueberschwemmungs-Epochen begegnen. Wir werden da- her erst im Schlusse aus der Verbindung aller bisher be- zeichneten Erscheinungen die Grenzen des vorweltlichen Gletschergebietes annähernd zu bestimmen suchen.
V. Gletscherschliffe.
Wiener Zeitung vom 17. Mai 1846.
Achnliche, bald glatte bald gestreifte Flächen von ver- schiedenen Dimensionen, wie sie von den Gletscherfor- schern in verschiedenen Niveaux über den gegenwärtigen Eis- und Firnfeldern, oft mehrere tausend Fuss hoch über der Sohle der Thäler, auf Felswänden und Gehängen der Alpen und anderer Gebirge beobachtet, und mit anderen Erscheinungen zugleich als Beweise einstiger Gletscheraus- dehnung benützt wurden, findet man im ganzen Salzkam- mergute auf der Oberfläche aller Gebirge und in allen Hö- hen derselben. Viele solcher Flächen wird der erste An-
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blick als Gletscherschliife oder als sonstige Wirkungen äus- serer gewaltsamer Ursachen anerkennen lassen, aber bei Senauerer Untersuchung werden die wenigsten davon äus- sern Einflüssen zugeschrieben werden können, sondern fast alle nur zuletzt als eine Eigenthümlichkeit der Formation erscheinen.
Die geschichteten Kalkmassen aller Alpen des Salz- kammergutes sind von bald glatten, bald welligen, bald gestreiften Lagerungs-, Zerklüftungs-, Verschie- bungs-, ja sogar von krystallähnlichen Abson- derungsflächen in vielfachen Richtungen durchschnit- ten, welche durch die allmählige partielle Zerstörung der Gebirgsoberfläche verschiedentlich zu Tage kommen, und durch ihre Entblössung dem Terrain dann oft das Ansehen geben, als hätte irgend ein gewaltsam wirkendes Element einst die Felsen stellenweise geebnet oder geschliffen. In manchen Partien, wo die Schichtung des Kalkes durch eine nicht selten bedeutende Mächtigkeit ganz für das Auge verschwindet, tritt auf einmal wieder eine und die andere Schichtungsfläche ganz deutlich sichtbar hervor, und zwar manchmal in solcher Gestalt und unter solchen Umständen, dass man sie für Schliff- oder Rutschfläche ansehen muss, wenn man nicht Gelegenheit hat, die Structur der ganzen Partie höchst genau zu untersuchen. Im Altausseer und Grundelseer Gebirge sind solche Erscheinungen nicht selten.
Wenn die Schichtungsflächen an und für sich schon mehr oder weniger eben und glatt sind, so werden sie es noch in höherem Grade, wenn bei einem starken Fall der Schichtung Abrutschungen höherer Straten über tiefere Statt finden; dadurch entstehen allerlei Schliffe, manchmal auch Streifungen , die den Gletscherschliffen vollkommen gleich sind. So fand ich im Ausseer Gebirge in der Ab- dachung eines grösseren Felsenwalles eine bedeutende Fels- fläche, stellenweise mit fest angeschlossenen Bruchstücken und auch ganzen Nieren von Hornstein bedeckt, welche eine dentliche von harten Körpern erzeugte, im Ganzen mit der Falllinie der Fläche parallele, nach unten zu aber von der letztern etwas abweichende Streifung erkennen liess. Alle localen Verhältnisse sprachen dafür, dass diese
Freunde der Naturwissenschaften in Wien. I. 16
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Streifung einem alten Gletscher zuzuschreiben sei , welcher einst über die Felsfläche niederging und sie mit seinem un- tern Moränenschutt ritzte, aber eine genaue Untersuchung des nächstliegenden tieferen Terrains belehrte mich bald, dass eben diese Streifung nur durch das Ablösen und Ab- rutschen einer mächtigen Felsmasse entstanden war, deren untere Berührungsfläche ebenfalls viele Hornsteine enthielt, die beim Abrutschen in der weicheren Kalkfäche der Un- terlage die ziemlich tiefe, jetzt noch deutlich erkennbare Ritzung hervorbrachten. Ich fand die Trümmer dieser ab- gerutschten Masse etwa 50 Klafter unterhalb der gestreif- ten Fläche.
Auch Zerklüftungs- und Absonderungsflächen haben oft das Ansehen von Schliffllächen. In einer Partie der Hoss- wand (auf dem Dachsteingebirge) sah ich eine sehr grosse, ganz glatte, die Schichtung in einem Winkel von etwa 75° sehneidende Fläche, die ich lange bereit war, als einen Gleischerschliff zu betrachten, bis ich endlich bei genauerer Untersuchung des mächtigen Felsstockes gewahrte, dass diese vermeintliche Schlifflläche vollkommen parallel mit einer zweiten, die Masse der Hosswand selbst durehsetzen- den Zerklüftungs- oder Gebirgskrystallisationsfläche (wenn man diesen Ausdruck gebrauchen darf) und also wohl auch als eine bloss durch Abbruch entblösste Fläche gleicher Be- schaffenheit zu betrachten sei.
Solcher Beispiele liessen sich noch viele aus den Alpen des Salzkammergutes anführen, doch die erwähnten dürften genügen, zu beweisen, welche Vorsicht bei der Erklärung einer Erscheinung zu beobachten sei, die man zur Begrün- dung einer Theorie benützt. Meine eigenen Erfahrungen haben mich gelehrt, auf das Vorkommen einzelner glatter oder auch gestreifter Flächen in den Kalkgebirgen als Be- weismittel für einst vorhandene Gletscher keinen grossen Werth zu legen. Nur die allgemeine Abglättung und Abrundung eines ganzen Terrains, wie die- selbe z. B. auf dem Dachsteingebirge innerhalb gewisser ziemlich scharf gezogener Grenzen sich beobachten lässt, kann man mit Sicherheit als die Wirkung von Gletscherschliffen erkennen.
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VI. Schluss.
Ueberschauen wir nun noch einmal alle bisher beschrie- benen 'TThatsachen und fassen wir die Erklärungen , die wir für sie bereits theilweise aufgesucht haben, zusammen, so ergibt sich, dass wir aus den verschiedenen Kar- rengebilden und aus dem erratischen Schutte, welche beide in bestimmter Ausdehnung vorzugsweise auf dem Dachsteinstocke, dann aber auch auf den übri- gen bedeuten deren Gebirgen des Salzkammer- gutes gefunden werden, mit Evidenz das einstige Vorhandensein weit ausgedehnter Gletscher, die sich, mindestens stellenweise, bisan den Fuss der genannten Alpen erstreckt hatten, nachweisen können. (Ob auch die Thäler einst ganz mit Eismassen ausgefüllt waren, ob die letztern sich viel- leicht, wie Charpentier, Agassiz und andere Natur- forscher bereits nachzuweisen bemüht waren, auch das Flachland überzogen, vermag ich nicht zu behaupten, da ich selbst noch keine ausreichenden Beweisgründe dafür aufgefunden habe.)
Die Karrenfelder, welche sich, wie gesagt wurde, in der Region zwischen 5000 und 3000° am vollständigsten entwickelt zeigen, nach abwärts mehr oder minder durch
‚alle tieferen Gebirgseinschnitte bis ins Thal verfolgen las- sen, nach aufwärts in einer Höhe von 6500° regelmässig aufhören, bezeichnen uns zugleich das einstige Terrain des eigentlichen Gletschereises; dürfen wir nun nicht viel- leicht die Grenzen der auf dem Dachsteingebirge so con- stanten Abrundung der Berggipfelund grössern Erhöhungen, so wie der kleinen Aufragungen des Felsbodens als die grossartigen Marken annehmen, bis zu welchen hınauf die wandernden, alles unter ihnen lie- sende Terrain abschleifenden und abgerundeten Eis- und Firnmeere reichten; dürfen wir endlich nicht auch die dü- stere Verödung des todten Gebirges als dıe nachhal- tige traurige Spur jenes tausendjährigen Gebirgswinters betrachten ?
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Welches Klima musste nun aber in unsern Gegenden geherrscht haben, dass die Gletscher die bezeichnete Aus- dehnung erlangen konnten ?
Wenn wir den Nordpol zu irgend einer Zeit unsern Ländern um 10 Grade (also beiläufig nur um zwei Drittheile der Abweichung des magnetischen von dem geographischen Pole) uns genähert denken, so musste damals, vorausge- setzt, dass die summarischen Temperaturs-Verhältnisse und deren Vertheilung nach Pol und Aequator auf unserem Pla- neten mit den jetzigen gleich waren, die Linie des soge- nannten ewigen Schnees in unsern Alpen um etwa 2500‘ tiefer als gegenwärtig, also in einer Meereshöhe zwischen 6000 und 5500’ liegen, mithin nicht nur alle Alpengipfel des Salzkammergutes von dieser Höhe, sondern vorzugs- weise die beiden Hochplatcaus des Priel- und Dachsteinge- birges nach ihrer ganzen Ausdehnung ,„ mit bleibendem Schnee bedeckt gewesen sein. Die Scheide'inie von Firn und Eis liegt gegenwärtig auf dem Dachsteingebirge in 7500, die tiefste Erstreckung des Carls-Eisfeldes in 6000'. In jener kälteren Periode wird also, der tiefern Lage der Schneelinie entsprechend, die oberste Grenze des Glet- schereises in etwa 5000’ die untere aurchschnittlich in 3500 bis 3000 gewesen sein. Wir wissen, dass in den Schwei- zer und Tiroler Gletschern, da wo Firn und Eis einen grös- sern Flächenraum einnehmen, die tiefsten Ausläufer der Gleischerströme bis zu 3500‘, also noch um 2500’ tiefer, als die jetzigen Dachsteingletscher , herabgedrängt werden. In jener Epoche der grössern Polnäherung hatten aber die Gletscher des Dachstein- und Prielgebirges eine bei weitem grössere Ausdehnung, als jetzt die mächtigsten Gletscher des Bernerlandes und Savoyens, da sie die ganzen unge- heuern Plateaux der beiden Gebirge inne haiten; sie waren also mächtig genug, durch ihr Anwachsen in den Höhen ansehnliche Gletscherströme nicht nur bis zu der bezeichne- ten Tiefe von 3500, sondern bis in das Niveau des Traun- thales hinabsenden zu können.
Welche Physiognomie mochte nun wohl in jener Zeit das Salzkammergnt gehabt haben? Wenn die Linie des permanenten Schnees in. einer Höhe zwischen 6000 bis 5500°
a RETTET WERTEN ZELDR
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lag, so mussten beinahe alle Kuppen mit Firn gekrönt ge- wesen sein, und dieser konnte in allen grössern Höhenter- rains, wie auch in allen tiefern Gebirgskesseln, z B. auf dem Höllengebirge, am Schafberg, auf der Schrott, an der Ziemnitz u. s. w. einzelne Gletschergruppen gebildet ha- ben, so dass wohl der grösste Theil der Gebirgsoherfläche, vielleicht auch der grössere Theil der Thaltiefen von den wandernden Eislasten überdeckt war, und somit das Salzkammergut beieinem Klima, wie dem Dä- nemwarks, etwa das Aussehen einer Hochge- birgslandschaft des äussersten Nordens hatte.
Sind wir aber auch berechtigt , eine solehe veränderte Lage des Nordpols, eine Näherung desselben um 10 Grade gegen unsere Länder anzunehmen? Die in einem Verlaufe von 2000 Jahren gemachten astronomischen Beobachtungen sprechen nicht dafür, durch die Abplattung unserer Erde scheinen für immer die Pole fixirt zu sein, nnd alle petre- faktologischen Entdeckungen sprechen höchstens nur für eine in der Vorzeit herrschende allgemein verbreitete hö- here Temperatur auf unserer Erdoberfläche, für ein tropi- sches Klima, aber keineswegs für eine Eiszeit!
Wenn wir das ganze Alter unserer Erde auf einige Jahrtausende beschränken, wenn wir das schöpferische Werde, das die losen Urstoffe im unbegränzten Raume zum Embryo eines neuen Weltkörpers sich gestalten liess, mit jenem Moment, wo der Geist des Alls mit seinem Odem den ersten Menschen auf dem vollendeten Planeten belebte, in die Spanne einiger Tage, Jahre oder Jahrtausende zu- sammenzwängen wollen, so wird allerdings die Annahme einer Veränderung in der Polstellung unserer Erde nicht zulässig sein, denn dann könnte nur ein gewaltsames Spiel des Zufalls an dem Planetensysteme gerüttelt, unsere Erde aus der ihr angewiesenen Stellung verrückt haben. In wel- chem Puncte des unbegrenzten Universums aber vermöchte der Zufall zu walten, wo eine höchste Weisheit dem un- sichtbaren Atom, wie dem grössten Himmelskörper, wie dem ganzen Weltensysteme ihre unveränderlichen Gesetze vorgezeichnet hat!
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Wenn wir uns die Erde als einen starren Klumpen, ihre Rinde als eine unverschiebbare Kruste denken , wer- den wir eine Verrückung der Pole nicht annehmen können, da diese durch die Abplattung schon für alle Zeiten fixirt erscheinen. Wenn das (hypothetisch) einst allgemein auf unserer Erde herrschende tropische Klıma nur eine Folge der früheren viel höheren Centralwärme des Planeten war, die nun fortwährend im Abnehmen ist, in welche Epoche hätte wohl da das Interregnum der Eiszeit fallen sollen, die nur erst nach der vollen Auskühlung unseres Erdkör- pers in seinem letzten Lebensstadium, wo auch die letzten kümmerlichen Menschenreste als stumpfsinnige Lappländer endlich den Tod der Erstarrung werden sterben müssen, eintreten kann ? Werfen wir aber noch einmahl den unbe- fangenen Blick hinein in die von der Wissenschaft immer mehr entrollten Blätter des grossen Buches der Natur, fas- sen wir die unermesslichen Zeiträume ins Auge, deren Zahlen die Allmacht zum Zeichen ihres ewigen Waltens, als unvertilgbare Offenbarung, für den denkenden Menschen ins eherne Kleid der Erde gewebt hat, so werden wir nicht mehr nach Jahrtausenden, wir werden nach Millionen Jah- ren rechnen, die an unserem Planeten vorüber gezogen sind und wahrscheinlich noch vorüberziehen werden. Wir werden uns daun eine Reihe, einen Wechsel von Epochen denken können, deren Annahme für kürzere Zeiträume sich nicht rechtfertigen liesse. Haben z. B. die astronomischen Beobachtungen der letzten 1000 Jahre keine Veränderung der Polstellung unserer Erde nachgewiesen, so würden diess die Beobachtungen von 10.000 Jahren wahrscheinlich, die Beobachtungen von 100.000 Jahren gewiss thun. Ist es nicht denkbar, dass in dem ganzen Verlauf der ungeheuren Zeit, die wir, durch wissenschaftliche Erfahrungen und Thatsachen genöthigt, nur für alle die Ablagerungen der unzähligen Schichten unserer Erdrinde und für die eben so zahllosen Gestaltungs - und Umstaltungsepochen der Erdoberfläche annehmen müssen, die Pole unserer Erde in einer fortwährenden unmerklichen, nach einer uns unbekannten Richtung Statt findenden Rücknng, welche durch ausser unserer
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Beobachtung liegende Einwirkungen der umgebenden Him- melskörper bestimmt wurde und noch fortwährend bestimmt wird, sich befanden und noch befinden? Ist es nicht denkbar, dass in dem Verlaufe von Millionen Jahren unsereErdgegendein-und vielleicht auch schon mehreremahl abwechselnd dem Nordpol und wieder dem Aequator näher stand als gegen- wärtig? Die Abplattung unseres Planeten kann einer sol- chen Annahme nicht hinderlich sein, denn die ganze Struc- tur der Erdrinde, die noch immer Statt findenden vulkanı- schen Hebungen, die Wellenbewegungen der Erdoberfläche bei jedem grösseren Erdbeben geben uns einen hinlängli- chen Beweis, dass die starre Hülle unseres Planeten noch Verschiebbarkeit genug besitzt und immer besitzen wird, um bei veränderlicher Axenstellung die damit bedingte Umstaltung eingehen zu können. Zahlreiche geologische Erscheinungen würden durch die Begründung dieser An- nahme erklärbar werden, die jetzt noch dem Gebiete der Hypothesen anheimfallen, wir würden uns dann ohne An- nahme von allmähliger Erdabkühlung, von gewaltsamen Verrückungen der Erdaxe und von vielen andern oft aben- teuerlichen Erklärungen recht leicht vorstellen können, dass in einer Epoche um einen Punet Europa’s das nördliche Po- larmeer kreisete, dass seine Fluthen Treibeis mit errati- schen Blöcken über alles Land unseres Erdtheils jagten, dass auf unsern Alpenländern arktisches Klima lag; dass in einem andern Zeitraum wieder tropische Regen unsere Länder befruchteten, Palmen und riesige Farren sich auf unsern Felsen wiegten, und unabsehbare Prairien mit klaf- terhohem Grase dem Mammuth zum Aufenthalte dienten, ja wir würden uns zuletzt solche Wechsel vielleicht bereits öfter wiederholt denken können.
Die grosse Bühne der menschlichen Entwickelung kann nicht vergehen, ehe das Menschengeschlecht nicht seine Bestimmung erreicht hat, aber die Erreichung der letztern liegt in einer unabsehbar fernen Zukunft. Die Natur, auf der wir leben, in der es kein Verharren geben kann, rollt unter unsern Füssen sich immer/neu gestaltend |fort, ohne dass wır es gewahren; wir durchreisen das Universum ohne
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es zu achten, unser Planet hat, che wir waren, vielleicht schon unermessliche Welträume durchwandert , unzählige Veränderungen, von denen wir keine Ahnung haben, er- fahren, er wird vielleicht eben so viele von uns nicht wahr- genommene Veränderungen erfahren müssen, bis er seinen Lauf beschlossen — bis der Mensch sein Ziel surückgelegt, der Erdenscholle nicht mehr bedarf!
7. Bemerkungen
über das Werk Russia and the Ural Mountains by R. I. Murchison, de Verneul and Count Keyserling
und dessen Ergänzung:
„Beobachtung auf einer Reise in das Petschora - Land.“ Mitgetheilt in einer Versammlung von Freunden der Natur- wissenschaften in Wien am 5. October 1846.
Oesterr. Blätter für Literatur und Kunst vom 20, October,
Von A. A. Grafen v. Keyserling,
kais. russ. Kammerjunker etc.
Werke von einem Umfange wie das vorliegende, ein Monstrum, wie das Quarlerly Review es nennt, sind in den Händen Weniger, und von diesen hat nur ein Theil die Musse, sich die Resultate durch Studium zu vergegen- wärtigen. Es kann daher nicht unnütz erscheinen, wenn die Autoren selbst in solchen Fällen gelegentlich die Summe
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aus ihren Beobachtungen mündlich mittheilen und in dieser Rücksicht würde ich mit Vergnügen den Aufforderungen dieser Gesellschaft nach Kräften zu entsprechen suchen. Würde sich aber diese Aufgabe in einer so kurzen Zeit, wie die gegenwärtige Gelegenheit sie verstattet, wirklich durchführen lassen, so wäre das eine zu schwere Anklage gegen die Korpulenz dieser Bände, als dass man sie einem der Autoren selbst zumuthen dürfte. Ich kann daher nur versuchen, durch einige Einzelheiten eine Vorstellung von der Tendenz des Werkes, von den Kräften, mit denen es ausgeführt ist, und von den Früchten solcher Arbeiten im Allgemeinen zu geben.
„Das europäische Russland und das Ural- Gebirge!“ sind denn das verschiedene Theile, könnten diejenigen fragen, die unsere Erde vom politischen Gesichtspunete zu betrachten gewohnt sind — und deren Verwunderung müsste steigen, wenn der Geognost erwiedert: „Ja, weil in der breiten und sehr langen Zone des Urals das westeuro- päische Gepräge der Gesteine wieder auftaucht, während es im europäischen Russland ganz abweichend erscheint. Im Ural sind die Schichten des älteren Uebergangsgebirges wie in Westeuropa, steil, aufgerichtet, verworfen, die Kalksteine hart, krystallinisch, dunkelfarbig, die Sand- steine dicht, meist Quarzite, die Schiefer in 'Thonschiefer übergehend. — Die letzteren führen zu jenen Kalk - und Glimmerschiefern über, aus denen der lange, ununterhro- chene Hauptkamm des Urals besteht, von dem man nach Westen eine Reihe immer jünger und niedriger werdender Falten von Sediment-Gesteinen sieht, während man nach Osten eine mit einzelnen Bergen besetzte Zone eruptiver Gesteine überblickt, in der nur inselartig abgerissene Frag- mente von Uebergangsschichten erscheinen. Die Ueber- gangsgesteine des flachen Russland bestehen dagegen aus plastischen Thonen , weichen Mergeln, körnigen,, zerreibli- chen Sandsteinen, hellfarbigen, mürben Kalken — alle scheinbar horizontal. Ja sogar die Versteinerungen des Urals stimmen oft mehr mit denen in der Eifel und in Eng- land überein, als die im europäischen Russland. Was kann aber die Ursuche einer so auffallenden Erscheinung sein ?
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Es muss eine Eigenthümlichkeit sein, die das europäische Russland eben so sehr vom Ural als vom übrigen Europa unterscheidet. Eine solche fällt nun auf der vorliegenden geognostischen Karte leicht in die Augen. Es ist der völ- lige Mangel an eruptiven Gesteinen im zentralen Russland, und darin liegt zugleich einer der stärksten Beweise, dass wirklich diese eruptiven oder plutonischen Gesteine es sind, mit denen die Erscheinungen des Metamorphismus und der Schichtenaufrichtung im Kausal - Zusammenhange stehen. Welcher Art dieser Kausal- Zusammenhang ist, darüber scheint uns die Erkenntniss wenigersicher, als einige geglaubt haben, und gerade unsere Untersuchungen, in Uebereinstim- mung mit anderen neueren Erfahrungen, besonders in den Alpen, zeigen die Unzulänglichkeit der bisherigen Ansichten. Kann man die Secundär-Schichten der Alpen für eine blosse Fortsetzung der Schichten nördlich vorliegender Länder halten, die durch Vorgänge lange nach ihrer Bildungszeit ein abweichendes Ansehen gewonnen hätten? Setzte man sich über alle Schwierigkeiten der mineralogischen Zusam- mensetzung durch Metamorphismus und lokale Strömungen während der Ablagerungszeit hinweg, die Verschiedenhei- ten der Versteinerungen lassen sich nicht auf 'metamorphi- schem Wege erklären. So ist es auch im Ural, z. B. in den steilen Schichten seines harten krystallinischen, dun- kelfarbigen Bergkalkes, finden sich nicht dieselben vorherr- schenden Versteinerungen, die den oft kreideähnlichen Bergkalk des flachen Russlands, ich möchte sagen, fasst auf jedem Schritte auszeichnen. Chaeleles radians Fisch., Lithostrotion floriforme Flem., Spirifer mosquensis Fisch., oder Productus giganteus Marl. Das sind 'That- sachen, die zu dem Eingeständniss nöthigen, dass in den Zonen der grossen Gebirge eigenthünliche Verhältnisse sich fanden, lange vor der Zeit, die man gewöhnlich ihrer Entstehung anweiset. Die Gedanken, zu denen diese Thatsa- chen drängen, und die Ansichten über Gebirgsbildung, die sie unterstützen, haben wir in diesem Wsrke nicht weiter verfolgt, weil es sich von allen zu weit abliegenden Spe- kulationen fern zu halten gesucht hat, und so müssen wir auch, hier der Versuchung widerstehen, die uns weiter
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lockt. Es sei genug, gezeigt zu haben, dass der Ural und das europäische Russland seit den ältesten Zeiten für den Geognosten ganz verschiedene Phänomene bieten.
Aber noch andere Erhebungszonen, abgesehen von der finnländischen krystallinischen Grenzregion, lassen sich im europäischen Russland nachweisen, deren hohes Alter da- durch bezeugt wird, dass sie als Barrieren schon auf die Sedimente der Paläozoischen Zeit eingewirkt haben. Diese sind: 1. das Timan-Gebirge, 2. der Devonische Zentralzug, 3. das Katharinoslawsche granitische Gebirge. Diese drei Zonen haben eine ziemlich parallele Richtung von N. W. nach S. ©. und zerfällen Russland in mehrere Becken. Zwischen den beiden ersten liegt das grosse russische Hauptbecken. Daneben liegt nördlich das kleine Petschora- Bassin, ausgezeichnet dadurch, dass die permischen Abla- gerungen nicht hineinreichen; es scheint schon den allge- meinen Typus der flachen. Küstenländer des sibirischen Eismeeres darzustellen. Auf der andern Seite, südlich vom Hauptbecken liegt das südrussische Bassin, ausgezeichnet durch die vorherrschenden Kreide - und Tertiär - Schichten. Um nicht von dem Stoffe unseres Vortrages so sehr über- wältigt zu werden, dass wir am Ende ein blosses Inhalts- verzeichniss zu geben gezwungen werden, lassen Sie uns diesmal besonders nur die Niederschlags - Formationen von den ältesten ab in dem Sinne durchgehen, dass wir einige der interessanteren Bemerkungen über jede einzelne an- deuten.
Es ist ein wichtiger Erfolg der langjährigen, ange- strengten Forschungen besonders Murchison’s, der zu- erst in diesem Werke zum Vorschein gekommen ist, dass man erkannt hat, wie in den untern silurischen Schichten wirklich die Reste der ersten Thiergesell- schaft, die unsern Planeten bewohnt hat, begraben lie- gen. Eine ältere Gesellschaft hatte man einige Zeit in der Cambrischen Gruppe vermuthet; andere Schriftstel- ler, besonders Lyell, hatten den Glauben an eine un- endliche Reihe. von organischen Schöpfungen ohne Anfang und ohne Ende ausgesprochen. Nachdem aber die Unter- suchungen über ganz Europa, über halb Amerika, über
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beträchtliche Regionen der andern Welttheile ausgedehnt worden sind und überall nur dasselbe Resultat gegeben haben, zu dem man in England gelangt war; nämlich dass die Reihe der Thiergesellschaften mit der unteren Siluri- schen abgeschlossen ist, so wird eine entgegenstehende Ansicht in das Gebiet der ganz unwahrscheinlichen Mög- lichkeit verwiesen. Ein zweiter, schlagender Beweis ge- gen die Uranfänglichkeit des organischen Lebens auf der Erde lässt sich durch die Paläontologie führen, und die Un- tersuchungen unseres 2. Bandes liefern dazu einen reichen Beitrag. Gehen wir nämlich von unserer gegenwärtigen Fauna zurück durch die lange Reihe von Schöpfangen, die uns die Geognosie enthüllt hat, so sehen wir selbst grosse Abtheilungen der Thierwelt mehr und mehr schwinden. Die letzten Reptilien finden sich in den permischen Schichten und mit den Fischen verlieren sich die letzten Wirbelthier- spuren, ehe man die unteren silurischen erreicht. So ent- faltet sich dem forschenden Blicke eine convergirende Reihe, die zur Null führen muss. Dieses Endglied der Reihe bilden ‚die Gneisse Skandinaviens, die ungleichförmig unter den ältesten silurischen Schichten gelagert sind und die von Murchison daher Azoisch genannt worden sind. Zu den azoischen Schichten gehören nach den gründlichen Unter- suchungen des Herrn Barrande in Böhmen (deren bal- dige Veröffentlichung jeder Freund der Wissenschaft sehn- lichst wünschen muss) gewisse Grauwacken und Thonschie- fer. In Russland könnte man nach den bisherigen Untersu- chungen eben dahin die plastischen Thone von undurchsun- kener Mächtigkeit rechnen, auf denen jene untern siluri- schen Schichten liegen, die das ganze südliche Küstenland längs dem finnischen Meerbusen bilden. Dieser Thon, ob- gleich er den Bildhauern zum Modelliren dient, ist jedenfails älter als viele der härtesten Thonschiefer der Alpen. Ueber dem Thon liegt ein Sandstein, der in gewissen Schichten von’ den Schalen einer einzigen kleinen Muschelgattung, aus der Klasse der Brachiopoden, Obolus Eichw., so angefüllt ist, dass er auf dem Querbruch wie von Glimmerlagen ge- streift erscheint. Dieselbe Gattung ist zwar anderweitig nicht bekannt, aber die verwandten Lingulen, mit ihren
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eben so hornglänzenden Schalen scheinen sie in den älte- sten Schichten Englands und Amerika’s zu vertreten.
Jedenfalls gehören die Brachiopoden zu den erstge- schaffenen Muschelthieren und stehen auch ihrer Organisa- tion nach an der unteren Grenze, da z. B. an den Tere- brateln nur mit Mühe die geringen Spuren des Nervensy- stems haben nachgewiesen werden können. — Erst in den höher gelegenen Kalksteinen tritt die untere silurische Fauna reicher auf mit den kugelformigen Cystideen, den zahlreichen Orthideen (darunter einfach gefaltete) und Tri- lobiten. — Darüber liegen noch dolomitische Kalksteine, in denen glatte Pentameren und mehr Korallen sich finden. Diese sind merkwürdig, weil sie sich mit identischen Cha- rakteren am fernen Eismeergestade des Timangebirges wie- derfinden. Sie beweisen, dass diese alten Ablagerungen über das ganze Hauptbassin hin ihren Charakter behaupten. Tritt man aber in den Ural, so entsprechen den unteren silurischen Kalksteinen Grauwacken und Thonschiefer, wie es die am Fluss Ilytsch gefundenen einfach gefalteten Or- this beweisen. Dagegen finden sich dort mächtige obere silurische Kalkmassen mit faltigen Pentameren, die im Hauptbassin fehlen. Denn im letzteren liegen devoni- sche Kalksteine und Mergel unmittelbar auf dem unteren silurischen scheinbar in gleichförmiger Lagerung trotz der Lücke in der Formationenfolge. —
In England hatten Murchison und Sedgwick ge- wisse Schichten mit Muschelversteinerungen für gleichzei- tig erklärt mit dem alten rothen Sandstein Schottlands, der nur Fischreste umschliesst und beide Gebilde als devo- nisches System zusammengefasst. Diese Verbindung war jedoch nicht so sicher zu beweisen, dass nicht Zweifel hätten aufkommen können, und Ferd. Römer hat sich 2.B. in seinem trefflichen Werke über das rheinische Ueber- gangsgebirge dagegen erklärt. Erst die Untersuchung der devonischen Schichten Russlands hat nun alle Zweifel be- seitigt. Sie umgeben unser Hauptbassin ven drei Seiten, bestehen besonders aus rothen Mergel-Thonen, Sandstein und Kalk, in denen fast überall neben charakteristischen Muscheln so viele Fischreste eingeschlossen sind, dass man
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hieher den Fischmarkt der Paläontologen verlegen könnte. — Ganz neu und interessant war es in Wien durch die Ver- sammlungen zu erfahren, dass der Hr. Prof. Kner aus Lem- berg in den oberen Dniester-Gegenden Galiziens Muscheln desselben Systems mit Cephalaspis Ag. *), vereinigt ge- funden und somit zum ersten Mal den Beweis geliefert hatte, dass auch dort eine Folge von silurischen zu devo- nischen Schichten zu erwarten steht. — Im Ural haben die devonischen Schichten noch keine Fischreste geliefert und erinnern durch ihre Versteinerungen z. B. Strigocephalus Burlini u. a. m. an die Eifelgegenden.
Neu ist, dass unter einer mächtigen Decke von devo- nischen Schichten im Timangebirge Goniatiten mit einfa- chem Dorsallobus und Cardiolen vorkommen, identisch mit Arten in Westphalen, ven denen man bisher geglaubt hat, dass sie über dem Devonischen lägen. Sie kommen in dem sogenannten Domanik-Schiefer vor, — ein sehr feiner und milder kalkhaltiger Kieselschiefer, von Bergöl durchdrun- gen, so elastisch und so leicht zu schneiden, dass er in vielen Fällen das Ebenholz ersetzen könnte. —
Während der Steinkohlenperiode bildeten sich in unse- rem Hauptbassin meist nur mächtige Kalksteinschichten. Diejenigen, die längs der devonischen Zentralaxe sich be- finden, sind dunkelfärbig und enthalten an der Basis einige Streifen wenig nutzbarer Kohlen; zugleich sind sie durch den Productus giganteus ausgezeichnet. Die andern sind bis auf die devonische Basis hinab kreideweiss, so dass aus ihnen Kreide für den Handel gewonnen wird, und füh- ren fast überall den Spirifer mosquensis. Zwischen beiden genannten Muscheln besteht ein so feindseliges Verhältniss, dass sie sich nie vereinigt gefunden haben. Diese Bemer- kung wurde zuerst in Russland gemacht, de Koninck fand sie in Belgien bestätigt und sie mag auch für andere Gegenden gelten. In den weissen Kalksteinen sind zum ersten Mal Foraminiferen (Fusalina Fisch.) der poläozoi- schen Zeit nachgewiesen worden. — Südlich von der de-
*) Auf S. 134 als einer Sepie angehörig erwähnt, A, d. H.
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vonischen Zentral-Axe sind die Ablagerungen der Kohlen- periode ganz anders zusammengesetzt; sie bieten eine Wechsellagerung von Quarziten , Schiefern , Bergkalk und Steinkohlen dar, genau wie in den Yorkdale series in Eng- land. Nur hier, in den Donetzgegenden, besitzt Russland bedeutendere Steinkohlenlager und besonders scheinen die Anthrazit- Schichten für die Industrie von Wichtigkeit. — Im Ural zeichnet sich die Kohlenformation auf der West- seite durch eine sehr bedeutende obere Sandsteinformation aus, die das Reich mit den besten Wetzsteinen versorgt und interessante Goniatiten mit sehr komplizirten Loben einschliesst.
Unser Hauptbassin wird vorzugsweise von der permi- schen Formation ausgefüllt, für die ein neuer Name in Aufnahme gekommen ist, weil die entsprechenden Schich- ten in anderen Ländern z. B. in Deutschland, Roth-Todilie- gendes, Weissliegendes, Kupferschiefer, Zechstein keinen anwendbaren Kollektiv- Namen führten.. Die ungeheuren Gypsmassen, die an der Basis dieser Formation längs ihrem Rande hinziehen, und ihre vielen Salzlager, von denen eines südlich von Orenburg als ein weit offner Steinsalz- bruch abgebaut wird, sind hier zu bemerken. Die letzteren haben in einigen Fällen nachweisbar die kaspische Steppe mit Salz geschwängert; und man kann es nicht mit Hom= maire de Hell für einen Rückstand des Zurükgetretenen so wenig gesalzenen kaspischen Sees halten. Obgleich die permische Formation nicht in das höhere Uralgebirge tritt, so schliesst sie doch in gleichförmiger Lagerung an dessen ältere Schichten und’da zeigen ihre Sandsteine und Kon- glomerate die vielen eingesprengten Körnchen von Kupfer- erzen. Die Fauna dieser Formation haben erst die Beobach- tungen in Russland in einem solchen Umfange kennen ge- lehrt, dass man ihr allgemeines Verhalten hat richtiger be- urtheilen können. In Folge dessen hat jetzt de Koninck die interessante Bemerkung gemacht, dass auch in Spitz- bergen permische Schichten vorkommen. Sie schliessen sich durch die vorwaltenden Brachiopoden, besonders Pro- dukten so wie durch die Pflanzengattungen so eng an die Kohlenformation. dass sie für das oberste oder jüngste
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Glied der paläozoeischen Reihe angesehen werden müssen. Die Greszen dieser Reihe sind daher jetzt viel vollständi- ger bekannt geworden.
Wie unerwartet es auch ist in ganz regelmässig auf einander liegenden Schichten ungeheuere Unterbrechungen in den Ablagerungen zu finden, alles Suchen nach Reprä- sentanten der Triasgebilde und des Lias sind in unserem Gebiete vergebens gewesen. Nur in dem Abfall nach dem kaspischen See hin kann man es noch für möglich halten, dass gewisse Schichten dem bunten Sandstein entsprechen , da die Versteinerungen in einem kleinen darüber liegenden Kalkflötz auf dem isolirten Bogdoberge der inneren Kirgi- sensteppe für Muschelkalk sprechen. Aeltere Gesteine bil- den meist entschieden die Unterlage der weitverbreiteten 'Thone mit oft schön irisirenden Ammoniten , die dem mittle- ren Jura oder den Oxfordschichten entsprechen. Dieses Glied des Jura ist überhaupt das verbreitetste. Weberra- scherd ist seine hochnordische Ausdehnung, z. B. bildet es den Untergrund im ganzen Flachlande des Petschora- beckens. Reste grosser Saurier sind darin jenseits des 61. Gr. Br. an dem Flusse Syssolla gefunden worden; wie anders muss also das Klima jener Regionen gewesen sein.
Am meisten bleibt noch zu thun in der Kreide- und Tertiärablagerung des südlicheren Russlands. Eine dünne Lage von Knollen phosphorsauren Kalkes an der Basis der weissen Kreide, die über 100 deutsche Meilen weit fort- setzt, wurde erst nach der Herausgabe unseres Werkes erkannt, weshalb ich diese merkwürdige Ersheinung hier nicht übergehen wollte. Die weisse Kreide am fernen Ural- flusse ist gerade so beschaffen wie in Frankreich, und be- weiset die wunderbare Konstanz und Verbreitung gewisser mineralogischer Vorgänge in bestimmten Perioden, die sich z. B. auch in der vorherrschend rothen Färbung der For- mationen unter und über den kohlenführenden Schichten zeigt. Dennoch kann der Zusammenhang entlegener For- mationen der Erdoberfläche nur durch die Versteinerungen mit Erfolg gesucht werden.
Die Tertiärschichten Russlands lassen sich den herge- brachten Abtheilungen gemäss vertheilen. Eocene Schichten
Br
sind am Dniepr und an der Wolga durch Versteinerungen nachgewiesen; die pliocenen sind mit ihren oberen oolithi- schen Schichten bei Taganrog u. s. w. nachgewiesen. Aber die darüber liegenden Steppenkalke und Sand bieten ein zu auffallendes Phänomen, um darüber hinzugleiten. An- statt mit ihren Resten den gegenwärtigen Meeresbewoh- nern sich mehr und mehr anzuschliessen,, umschliessen sie nicht eine einzige Art, die den jetzt im Meere lebenden Muscheln identisch oder analog wäre. Dagegen stimmen sie. durch Mytilusarten und besonders durch die Carditiden mit obsoleten Schlosszähnen überein mit den Bewohnern des Sees von Ackerman und des Kaspisees. Dadurch wird bestimmt nachgewiesen, dass in der Vorzeit ein unge- henerer Landsee mit wenig gesalzenem Wasser über den ganzen Südrand Russlands sich ausbreitete, in dem sogar ein wallfischartiges Thier, das Cefotherium Brandt, lebte.
Im Norden haben wir weit ins Land hinein an der Pet- schora und an der Dwina die jetzt im Eismeer lebenden Mu- scheln in Thonen gefunden, die am letzteren Orte über per- mische Schichten in vollkommen gleichförmiger Lagerung sich ausbreiten. Das sind auch die einzigen entschiedenen Meeresbildungen der jüngeren Zeit im nordischen Russland. Die Mammuthe sind dagegen meist in Thonen versunken, deren mariner Ursprung entweder ganz zweifelhaft oder vollkommen unwahrscheinlich ist. Durch genaue Untersu- chung ihres Zahnbaues hat Owen bewiesen, dass sie auf eine viel festere Nahrung als die Elephanten angewiesen waren. Junge Nadelbäume haben sie etwa mit demselben Vergnügen verspeisen können, als wir Spargel essen, und da sie einen buschigen Pelz trugen, so konnten sie nord- wärts bis an die Waldgrenze leben. Dann bedurfte es auch nur einer geringen Verschiedenheit vom gegenwärtigen Klima , um ihre Verbreitung bis an die Eismeerküste zu be- greifen, und wir sind der Anstrengungen ledig, mit denen man Theorien ersonnen hat, um entweder jene Länder aus tropischen Hitzen plötzlich in ewiges Polareis zu tauchen, oder um die Riesenthiere mit gewaltigen Fluthen aus heis- sen Zonen herzuschleppen, in denen jetzt nicht einmal ihre Reste sich finden.
Freunde der Naturwissenschaften in Wien, I. 17
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- Das erratische Phänomen ist in diesem Werke ebenfalls ausführlich behandelt, und dürfen wir auch nicht hoffen, die Meinungen darüber fixirt zu haben, so sind doch wich- tige Thatsachen für die Beurtheilung gewonnen worden. Erstens ist die Kenntniss der Grenzen des nordischen erra- tischen Phänomens, man könnte sagen des erratischen Bassins, eine Frucht der neueren Untersuchungen Russ- lands. Im Allgemeinen verlaufen diese Grenzen in weitem Bogen um Finnland, um die krystallinische Heimat der Findlinge , doch beschreiben sie weite Buchten, dıe, wie es scheint, den Depressionen im Relief Russlands entspre- chen. Eine zweite Thatsache ist, dass die Blöcke bis an den fernen Rand des erratischen Bassins so ziemlich in ge- raden von Finnland aus divergirenden Strahlen getragen worden sind. Eine dritte Thatsache ist endlich, dass dem Ural bis zum 60. Gr. hinauf mit dem erratischen Phänomen zugleich die Schrammen feblen, die in den finnischen Re- gionen auffallend sind.
Doch weiter dürfen wir unseren Gegenstand nicht ver- folgen und wir wollen schliesslich nur einige Resultate von allgemeinem wissenschaftlichen Werthe anführen, die wir in unseren bisherigen Bemerkungen zu berühren nicht Ge- legenheit fanden:
1. In der Zone des Urals haben während mehrerer sehr entfernter und weit auseinander liegender Perioden Faltun- gen und Aufrichtungen der Erdrinde in ziemlich meridianer Richtung statt gefunden.
2. Das flache Russland hat vielen mächtigen Oszillatio- nen unterlegen, ohne zu bersten und man hat oft die Wir- kung der hebeuden Kräfte zu sehr auf die Gebirge be- schränkt, weil man Schichtenaufrichtung und. Erhebung nicht scharf genug unterschied.
3. Die Schichtenaufrichtung bedingte nicht die Verän- derungen in der organischen Welt, die zwischen den hori- zontalen, ruhigen Ablagerungen Russlands eben so scharf wie anderwärts eintreten.
Diese Andeutungen nebst den vorliegenden Karten, Durchschnitten und Tafeln können von dem weiten Um- fange des besprochenen Werkes eine Vorstellung geben
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und doch beruht es fast durchgängig auf originellen Be- obachtungen. Damit will ich nicht den vielen Verdiensten unserer Vorgänger zu nahe treten, deren Würdigung hier nicht am Orte wäre. Nur will ich sagen, dass auch das bereits bekannte wieder frisch aus der Natur genommen wurde, wie es gewöhnlich nothwendig wird, sobald man ein har- monisches Ganze herzustellen sucht. Wie konnte man ein solches Unternehmen in kurzer Zeit vollbringen, wird man trotz der nachtlosen Sommernächte unseres Nordens mit Verwunderung fragen, besonders wenn man bedenkt, wie viel von dem geognostisch bemalten Lande eine unweg- same Wildniss ist. Welcher Eifer auch die Verfasser be- seelte, durch ikre Privatkräfte hätten sie das nimmer errei- chen können. Dazu bedurfte es der grossmüthigen Unterstüt- zung desKaisers von Russland, dessen Regierung aus den Annalen der Wissenschaft durch die kommenden Jahr- hunderte mit so vielen Unternehmungen der Intelligenz entgegenstrahlen wird. Die Gründung der Sternwarte zu Pulkowa, der magnetischen Observatorien im ganzen Reiche, die neuliche Errichtung einer reich fundirten geographischen Gesellschaft, der beginnende Aufbau eines grossartigen physikalischen Observatoriums, wie es noch nie vorhanden gewesen ist, überhaupt das neue Emporblühen der Akade- mie der Wissenschaften fallen uns dabei sogleich unter den vielen Gegenständen bei.
Aber wir haben nur von den Untersuchungen, die zum vorliegenden Werke führten, zu sprechen. Auf alle erdenk- liche Weise wurden sie durch die thätige Administration er- leichtert; in den Sandsteppen waren die Nomaden mit ihren Pferden längs den Wegen des Geognosten hinbestellt ,„ ın den einsamen Flüssen waren Böte zu seiner Aufnahme ge- fertigt, ja es entstand sogar einmal ihm zu Diensten ein Fluss, da wo keiner vorhanden war, durch das Ablassen eines Hüttenteiches. Die erste Reise wurde im Jahre 1840 von Murchison und Verneuil auf eigenen Antrieb un- ternommen und sogleich wurde ihnen der russische Berg- offizier Kokscharoff zur Erleichterung beigegeben. Zu- gleich machten A. v. Meyendorff begleitet von Prof. Blasius eine offizielle Reise zur Kenntniss des Landes
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und förderten gleichfalls Beobachtungen herbei, die in die- sem Werke aufgenommen sind. Diesen beiden Reisege- sellschaften hatte ich das Glück mich wechselweise anzu- schliessen. Darauf trat ich für geognostische Zwecke in russischen Staatsdienst und durchforschte 18541 in Gemeiu- schaft mit Murchison und Verneuil den Ural und das südliche Russland.
Im Jahre 18542 wurde fc nach Frankreich und England gesandt, um an der paläontologischen und geognostischen Bearbeituug dieses Werkes Theil zu nehmen; 1843 berei- sete ich mit Paul v. Krusenstern, der die geographi- schen Bestimmungen in der lerra incognita machen sollte, das Petschoraland, in das kein einziger Landweg führt. Auf der Tundra, der polaren Mooswüste, und auf den Hö- hen des arktischen Urals haben mitten im Sommer Renn- thier-bespannte Schlitten der Geognosie dienen müssen. Aber noch war eine für den Massstab der Gelehrten be- deutende Unterstützung nöthig, um die gewonnenen Resul- tate in gehöriger Form veröffentlichen zu können und -die ist den Verfassern wiederholt gewährt worden. Um in Werthen zu sprechen, denen die eindringlichste Beredsam- keit eigen ist: ich schlage die offiziellen Hilfsmittel für das besprochene Unternehmen in seinem ganzen Umfange mit S0,000 Franken gewiss zu gering an.
Sind denn aber die Vortheile, die den Staaten und Menschen aus solchen Arbeiten erwachsen, gross genug, um solche Anstrengungen der Individuen und Regierungen zu rechtfertigen? Wir wollen es uns nicht leicht machen, durch Vergleichung mit viel kostbareren und oft vergäng- licheren Ehrendenkmalen', wir können zuversichtlich auf die Abwägung des positiven Gewinnes eingehen. Wie viel‘ grössere Summer sind verloren gegangen durch das Suchen nach Steinkohlen, Metallen oder unvorsichtigen Erdarbei- ien, wo die geognostische Erforschung es hätte verhindern können. Wie leicht dergleichen auch in Russland hätte vorkommen können, ersehen wir z. B., wenn der grosse Pallas bei Gelegenheit der wenig nutzbaren Steinkohlen im Waldai nur tiefer zu graben räth , um Besseres zu er- langen, gemäss der natürlichen Disposition des Menschen
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zu glauben, was man so recht tief und mit saurem Schweisse herholt, müsste auch gut sein. Hier lehrt nun gerade die Geognosie mit Sicherheit: dass in der Tiefe nichts zu hoffen ist, als die Fischreste der devonischen Schich- ten. Eben so haben wiederholte Berichte zu vergeblichem Kohlenbau in den Juraschichten an der Wolga aufreizen wollen. Eine privilegirte Kompagnie wurde von einigen zur Exploitation des Petschora-Bassins projektirt und machte unter andern auf dortige Goldwäschen Hoffnung; nach ety- mologischen Gründen wurden auch dorthin die Höhlen ver- legt, in denen nach Herodot die Gryphen und Arimaspen Schätze bewachten, ein Mythus, den man auf Goldalluvi- onen bezogen hat. Dass die letzteren dort nicht zu finden wären, entschied eine leichte geognostische Rekognoszi- zung. — Aber ich mag nicht in diesem Sinne fortfahren, damit man nicht glaube, es sei die Wissenschaft nur von ei- nem untergeordneten Gesichtspuncte her gefördert worden. Ich meine jenen Gesichtspunet, von dem aus die Dinge für nützlich gelten, wenn sie die Sinne schützen , stärken oder ergötzen‘; aber für unütz, wenn sie dasselbe für die Seele leisten; von dem aus den Menschen die Entdeckung einer einzigen Bank lebender Austern ungleich wichtiger scheinen muss, als die Erkenntniss aller versteinerten Muschelbänke der Welt. Doch wie sollte man den Geist der Menschen be- achten, so lange sie ja selbst, ohne es zu wissen, ihren Geist für weniger beachtungswerth als ihre Geschmacks- werkzeuge erklären! Wie fern unsere Administration einer solchen Auffassung steht, beweiset z. B., dass ich mich er- innere, bei meiner Anstellung bestimmt erklärt zu haben, wie ich mich nicht anheischig machen könnte, irgend etwas sogenannt Nützliches zu leisten; worauf mir der dama- lige Chef des Bergkorps, General Tscheffkin, erwie- derte: der belebende, beeifernde und veredelnde Einfluss, den die wissenschaftliche -Erforchung auf praktische und technische Beamte hätte, sei schon ein hinreichender Gewinn derselben. Der moralische Gewinn der wissenschaftlichen Arbeiten muss dem Geiste immer bedeutend erscheinen. Ich will nicht Wahrheiten wiederholen, die von allgemeiner Geltung sind und bereits zu den Gemeinplätpen gehören.
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Nur einiger Früchte lassen Sie uns gedenken, die der in Rede stehenden Art von Forschungen insbesondere eigen- thümlich sind. — Andere Naturwissenschaften offenbaren uns durch die beständige und gesetzmässige Wiederkehr der Erscheinungen harmonische Kreise, deren Betrachtung den Menschen durch das Gefühl abgeschlossener Vollendung und ewiger Dauer erhebt; aber alle Bewegung erscheint darin nur als ein Schwanken um denselben Punct ohne all- gemeinen Fortschritt. Nur die Geognosie begründet durch die Aufeinanderfolge der Organismen , die sie enthüllt, das lebendige Bewusstsein von einem Fortschritte, unendlich lange Zeiten hindurch, zu immer höserer Vollkommenheit.— Bei dem Zurücktreten ganzer Gesellschaften eigenthümli- cher lebender Wesen in ein ewiges Nichts mag uns das Gefühl der Vergänglichkeit verwirren, erschüttern; aber dann müssen wir uns erinnern, dass es Arten von Wesen waren, die dem Fortschritte widerstanden, da sie nicht gleich den Menschen durch die historische Entwickelung einer unbegrenzten Vervollkommnung der Kräfte ihrer Gat- tung fähig waren. — Philosophen haben gemeint, dass die Naturwissenschaften zu der Ahnung führten, wie aus den einfachen Kräften der kleinsten Theilchen und Zellchen sich die Organismen und Welten durch einen so stetigen Pro- zess fortbildeten, dass nirgends mehr ein Platz für Gorr, das Bingreifen einer höheren Intelligenz und Kraft üb- rig bleibe. Dagegen zeigen keine Forschungen entschie- dener die unbegreifliche Gewalt des schöpferischen „W erde‘ als die unsrigen; — denn mehr als einmal hat Sie unseren Schauplatz mit Tausenden von neuen Arten bedeckt, die keine Naturkraft hervorznzaubern im Stande ist. — Endlich . müssen wir vor allen Dingen des edlen Bandes gedenken, das unsere Wissenschaft von Menschen zu Menschen spinnt, indem sie vor allen anderen Wissenschaften ihre Zöglinge zu ewigen Wanderern erzieht. Hier sehen Sie einen Eng- länder, einen Franzosen, einen Deutschen und Russen in innigster Verbindung durch die Welt ziehen und denselben Zweck von demselben Geiste beseelt 5 Jahre lang unaus- gesetzt verfolgen. Ein solches Band ist nicht zerrissen, wenn gegenwärtig Murchison in England und Ver-
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neuil in Amerika wirkt, während ich hier verweile; um so schneller nur tragen wir in die Welt hinaus und stärken die gewonnenen Gedanken, die uns gemeinsam geworden sind. Eben diesen verdanke ich es ja auch, wenn ich nicht als verlassener Fremder vor Ihnen stehe, sondern freudig um mich Männer erblicke, die mit meinen Bestrebungen ver- traut und befreundet sind und die mich herzlich wie einen der Ihrigen in ihre Mitte gerufen haben. —
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