Marine Biological Laboratory Library Woods Hole, Mass. Presented by il il il il il il il il Il Dr. R. P. Bigelow 22 Oct. 1954 % Se Pe Biologie, | | oder en .Tosophte der lebenden Natur er für Naturforscher und Aerzte. Von Gottfried Reinhold Treviranus. Vierter Band. a Göttingen, bey Johann Friedrich Röwer, ET EN 425% De + Br wi; IR, ER RB: sind neun Jahre seitdem der dritte Theil dieser Biologie erschien. Ich entwarf als Jüngling zu diesem Werke den Plan, weilıete demselben die schönsten Jahre mei- nes Lebens, und hoffie ohne Unterbrechung es zu beendigen. Aber Veränderungen mei- ner Lage, der Drang der Geschäfte, das ' Geräusch des Kriegs, und der Jammer mei- nes unterdrückten Vaterlands raubten mir Mufse und Ruhe. Doch blieb mir der Baum, den ich in glücklichen Jugendstunden ge- pflanzt hatte, über alles theuer. Ich habe seiner zu jeder Zeit‘ gepflegt, die ich mein nennen konnte, und bringe hier die Früchte, die unterdefs zwar langsam, aber vielleicht vollkommener, als bey mehr Eile der Fall gewesen seyn würde, an ihm gereift sind. “og Nach iv u — -._ Nach so langen Jahren haben sich mei- ne Ansichten in manchen Stücken geändert Vieles in den drey ersten Bänden dieses Werks würde, jetzt herausgegeben, eine sanz andere Gestalt haben. Allein in der Hauptsache ist meine Ueberzeugung dieselbe geblieben. Ich_habe auf dem Grund, den ich früher legte, fortbauen können, und hoffe darauf: diese Arbeit zu vollenden. Bey mehrern Abschnitten des gegenwär- tigen Bandes hatte ich an Hauuer’s Ele- menten der Physiologie eine Vorarbeit, auf - die ich bey ältern Erfahrungen in den mei-. sten Fällen verweisen konnte. Indem ich mich blos auf dieses Werk bezog, wo ich sonst sehr weitläuftig hätte seyn müssen, verschaffte ich mir Raum zur ausführlichen Darstellung der neuern Erfahrungen. Von den letztern glaube ’ich keine erhebliche übergangen zu haben, als einige von denen, die erst in den drey verflossenen, unglückli- chen Jahren, wo eine wahnsinnige Tyranney sogar jeden wissenschaftlichen Verkehr mit dem -Auslande zum. Verbrechen gemacht hatte, een y hatte, bekannt geworden sind. "Zu diesen ge- hören freylich manche wichtige, z. B, BER- ZELIUS’s neueste Arbeiten in der thieri- schen: Chemie. Aber es ist einmal das Schicksal eines jeden Werks über Gegen- stände der: Erfahrung, Vollständigkeit nie ganz erreichen zu können, und was zu je- der andern Zeit nicht zu entschuldigen ge- wesen wäre, kann in der verflossenen auf Entschuldigung einigen Anspruch machen. Der billige Leser wird übrigens Mängel dieser Schrift, die von der Beschaffenheit ‚des Gegenstandes derselben herrühren, nicht dem Verfasser zur' Last legen. Bey allem Philosophiren über die Nater als ein Gan- zes läfst sich das Allgemeine nicht ohne das »Besondere, und dieses nicht ohne jenes be- greifen. Beydes ist von keinem endlichen Wesen ganz zu ergründen. Wer blos mit der Untersuchung einzelner Gegenstände der "Natur sein Leben hindurch beschäftigt war, wird manches besser wissen müssen, als er es hier geschildert finden wird. Vielleicht aber wird er dafür manches Resultat hier s Hr antref- vı umsonst antreffen, auf welches die Betrachtung des Einzelnen allein nicht hätte führen können. Ich glaube indefs auch geihan zu haben, was in meinen Kräften stand, um allenthal- ben mit eigenen Augen zu sehen, und man- ‚ ches richtiger als meine Vorgänger beobach- {et zu haben. Bremen, im März 1814. Inhalts- . Inhaltsverzeichnifs, | u — Geschichte des physischen Lebens, _ Fünftes Buch. Die Ernährung. Erster Abschnitt. Einleitung. S.3. Zweyter Abschnitt, Die vegetabilische Ernäh- rung. 6.1. Ernährungsorgane der Vegetabilien. $.7. 6,2. Funktionen der äussern vegetabilischen Er- nährungsorgane. S.50. 6.5. Bewegung des Safts in den Pflanzen. S.46. 5.4. Chemische Nutritionsprocesse der Pflanzen. 5. 68. Dritter Abschnitt, Die animalische Ernäh- rung. Erstes Kapitel, Das Athemholen und die Haut- ausdünstung, $.1. Mechanismus des Athsmholens und der Haut- 7 ausdünstung. S.ı23. 4 6.2, vılI ’ meines} $.2. Chemische Erscheinungen des Athemholens und der Hautausdünstung. S. 171. 6,3. Einfluls des Nervensystems auf das Athemho- len. S.2ı5. Zweytes Kapitel. Der Blutumlauf. - a1. Beweise für den Blurumlauf. $.228. $.2.. Verschiedene Art des Blutumlaufs bey den verschiedenen Thierclassen. 8.232, 6.5. Mit dem Blutumlauf verbundene Erscheinun- gen, 9.253. $.4. Ursachen des Blutumlaufs, 5,260. $.5. Einflufs des Nervensystems auf den Blutum- lauf. S,266. WIEN Drittes Kapitel. Speise und Trank, Aufnahme, Verähnlichung und Aneignung derselben. $.1. Notliwendigkeit der Speise und des Tranks für den thierischen Körper. $. 279. $. 2. Nährende Beschaffenheit der verschiedenen Naturkörper. S$, 284. 6.3. Aufnahme der Nahrungsmittel. Stadien der Ernährung. $,288. \o $.4. Nahrungsmittel der verschiedenen Thiere, . 9. 295. 6.5. Mechanismus der Aufnahme und ZERRDUNE | der Speisen. $.3ıı, 5.6. Das Verschlucken der Speisen. Der Spei- chel. S.3ı9. $.7. Der Schlund und der Magen, $. 353. “ 58. Der Magensaft, S. 343. / 6 9 4 F 6. Q (. 10. $. ır. $. 12. $, 12. $. 14. NP IS. —_—— — IS Der Chymus. 8.563. Bewegungen des Magens, Beziehung der Bildung desselben auf die Beschaffenheit der Nahrungsmittel. $. 377. Ausleerung des Magens. S. 397. Uebergang der flüssigen Nalırungsmittel aus dem Magen in die Masse der Säfte, 5, goı. Der pankreatische Saft. S.407. Die Leber und die Galle. 5.412, Der Darmcanal und die daraus entspringen- den Gefälse, $.446. $, 16, $. 1% Bewegungen des Darmcanals, Uebergang der Speisen in Chylus, Darmausleerung. S. 464. Uebergang des Chylus in die Masse der Säfte, 5.487. $. 18. $. 19 6. 20, $. 2r, $. 22. $, 23. $. PR $. 25. Einsaugungsvermögen der Venen des Darm- canals. Das Netz und das Fett. S. 497. Funktion des Zellgewebes bey der Ernäh- rung. S. 512. Die Milz. S,525. Die Schilddrüse, die Thymus und die Ne- bennieren, S.531. Das Blut. 8.545. Uebergang des Bluts in feste und flüssige Theile. S. 571. Die Harnwerkzeuge und der Hain, S. 593. Chemische Processe der Eichen Ernäh- zung, S. 614, ON / \ Vierter # I =, Vierter Abschnitt. Grundzüge einer Theorie der Ernährung, S. 624. Zusätze. _I. Ueber das Eindringen der Luft in die Spuhlen der Federn beym Atlımen der Vögel. S.64r. | 15. Ueber die Entstehung von: Stickgas beym Athmen, S. 641. | III. Versuche über den Einfluls der Durchschneidung und Zerstörung des Rückenmarks und einzelner Ner- ven auf den Blutlauf. $. 644. IV. Beobachtungen über die freywilligen Bewegungen des Bluts. $. 654. V. Versuche über den Einflufs des Magensafts auf Glas, und über die Säure dieses Safıs. S. 659. - Geschichte Er 4 Geschichte des physischen Lebens. Fünftes Buch. ; een Fünftes Buch Die Ernährung BARPEZU PER TEE Erster Abschnitt. Einleitung. — ern Ha,10 Lebendigen ist ein beständiges Wirken und Gegenwirken der Reitze, von welchen jeder die Erregbarkeit in Beziehung auf sich herab- stimmt, indem er sie für andere erhöhet a). Die- se unaufhörlichen Veränderungen setzen einen Wechsel der Bestandtheile des lebenden Körpers ‚voraus, wobey die Fortdauer desselben in einer. ley Form des Lebens nicht statt finden könnte, wenn er sich bey den Einflüssen der materiellen ‘Welt blos leidend verhielte und nicht gegensei- tig . a) Biologie, Bd. 3. $. 591 Aa 4 m tig auf diese einwirkte, Ohne ein solches Ein- wirken würde auch kein Wachsthum und keine Fortpflanzung des Geschlechts möglich seyn b). Der lebende Körpsr muls sich ferner die Bedin- gungen seines Lebens bis auf einen gewissen Grad selber schaffen c), und auch dieses würde er nicht können, wenn er nicht die Aussenwelt | zu verändern im Stande. wäre. Alles Lebendige mufs also beständig formlose Materie aufnehmen, sich verähnlichen und aneignen. Diese Aufnah- me, Verähnlichung und Aneignung ist die Er- nährung im allgemeinern Sinn, die folglich” den dreyfachen Zweck hat: | ı) die Mischung des eben Organismus, die durch den Einfluls der äussern Welt bestän- dig verändert wird, zu feproduciren; s) den Stoff zum Wachsthum und zur Fort- pflanzung des Geschlechts zu bilden; und 5) die äussern Bedingungen des Lebens. so weit, als es die Beschränktheit des Lebens zulälst, hervorzubringen. In dem gegenwärtigen Buch, dessen Gegen- ‚stand die Ernährung ausmachen wird, werden wir also folgende Fragen zu beantworten haben? Welches sind die ia chi ya der äussern Welt b) Biologie. Bd.z. 59. zn 0) Ebendas, 5. 595. s m —, ig Welt auf den lebenden Körper? Welche mecha- nische und chemische Actionen setzt derselbe je- nen Einwirkungen entgegen? Wie entsteht bey diesen Wechselwirkungen dis Materie des Leben- digen? Wie und in welchem Grade bringt der ‚lebende Körper die Bedingungen seines Lebens sich selber hervor ? | Wir dürfen uns nicht schmeicheln, alle Räth- sel, worauf uns die Untersuchung dieser Fragen führen wird, lösen zu können, Was Urstoffe und. was zusammengesetzte Materien sind? Welche Rolle das Licht und die Elektricität-bey der Zer- setzung und Zusammensetzung der Körper spie- len? Diese und noch vi@le andere Dinge, die uns zu einer befriedigenden Beantwortung jener Fragen zu wissen nothwendig wären, wissen wir nicht, Es werden also nur Bruchstücke seyn, was wir liefern können, Bey unsern Un- tersuchungen werden wir übrigens ganz den Weg der Erfahrung gehen. Wir werden zuerst von der vegetabilischen und dann von der ani- malischen Ernährung handeln, Jede dieser Er- nährungsarten verdient besonders in Betrachtung gezogen zu werden. Bey der erstern werden die "aufgenommenen Stoffe in denselben Gefälsen, wo- von sie aufgenommen sind, verähnlicht; bey der ietztern durchgehen sie in verschiedenen Organen verschiedene Grade der Assimilation, Die vege- AS tabili- 6 ————— tabilische Ernährung ist den Pflanzen und Phyto- zoen, die animalische den Thieren und Zoophy- ten eigen, Bey jenen besteht jedes einzelne Or- gan aus einerley Grundtheilen; bey diesen giebt es mehrere, in ihrer Zusammensetzung sehr ver- schiedene Organe, oder organische Systeme, Zweyter Zweyter Abschnitt. ‚Die vegetabilische Ernährung. . 1 Ernährungsorgane der Vegetäbilien. D: Pflanze bildet aus den einfachsten Stoffen ‚sehr zusammengesetzte und höchst mannichfaltige Produkte. Wasser und Luft sind für viele zur Ernährung allein hinreichend, Ihr äusserer Bau zeigt dabey wenig verschiedenartige Theile, und im Innern dieser Organe findet das unbewaffnete Auge fast allenthalben einerley Textnr, Es gab eine Zeit, wo man die Hoffnung hegte, aus mechanischen 'Principien die Geheim- nisse des Pflanzenlebens erklären zu können, Der einfache Bau der Gewächse war dieser Hoffnung nicht günstig. Man überredete sich aber, dafs dieser nur scheinbar sey, und dafs das Vergröfse- zungsglas enihüllen würde, was das blofse Auge nicht ‘zu entdecken vermag, eine grolse Man- nichfaltigkeit der innern Theile bey der grölsten Feinheit derfelben. Man sahe, was man zu se- 'hen wünschte, beschrieb eine Menge verschie- Ä A: 6 dener $ — dener Pflanzengefälse, eignete diesen einen sehr zusammengesetzten Bau zu, und wies jeder Art eine eigene Funktion an, die meist von der Ana« logie thierischer Organe hergenommen war, Als ich vor zwölf Jahren den ersten Theil ‚meiner Biologie herausgab, war ich von dem Ungrund der meisten jener Lehren durch eigene Beobachtungen überzeugt. Indels reichten meine Untersuchungen nicht hin, jeden Irrthum meiner Vorgänger zu verbessern. Ich läugnete mit Recht das Vorhandenseyn der vielen, besonders von Hepwıs angegebenen Pflanzengefälse d); SprREN- GEL’S, Lınx’s, RuporLrnaı’s und meines Bruders Beobacktungen haben gezeigt, dafs hierin die Wahrheit auf meiner Seite war. Aber ich ging freylich zu weit, als ich alle Pilanzengefälse aus- ser den Spiralgefälsen verwarf, Ich nehme diese Behauptung jetzt zurück, und theile hier, als Grundlage zu den folgenden, die Ernährung der Pflanzen betreffenden Untersuchungen, die Resul- tate meiner neuern Beobachtungen über den in- nern Bau der Pflanzen so weit mit, als der Plan dieses Werks und der durch die Menge der ab- zuhandelnden Gegenstände beschränkte Raum ge- statten, De Ä Der Anfang jeder Pflanze und jedes neuen Theils derselben sind Bläschen, die unter einan. | de d) Biologie. Bd,ı. $. 427, ee a 9 der keine Verbindung haben, In dieser Lehre, die ich schon im 3zten Bande der Biologie (S. 233.) vorgetragen -habe, stimmen alle neuern Pflanzenphysiologen mit mir überein e), Aber nicht alle Pflanzentheile entstehen aus diesen Bläschen. Eine solche Bildung habe ich nie behauptet, Man hat mir sehr Unrecht ge- than, mir diese Lehre aufzubürden. Meine Mei- nung ist nur diese, dafs die Entstehung jener Bläschen der Bildung aller übrigen Theile vor- hergeht f). Jene ‘ €) Vergl. RK. Srrenser’s Anleitung zur Kenntnils der Gewächse. B. 1. 8.89. 9. — . L. €. Trevıranus vom inwendigen Bau der Gew. {.ı1. — Dessen Beyträge zur Pflanzenphysiologie. S.ı.. — Linx’s Nachträge zu den Grundlehren der Anat. ı. Phy« siologie der Pflauzen, S.3. f) Im 5ten Bande der Biologie ($. 233.) habe ich mich wegen des Satzes, dafs der erste Anfang aller Or- ganisation des Lebendigen ein Aggregat von Bläs- chen ist, die unter einander keine Verbindung ha- ben, auf C. F. Worrr’s Theoria generationis beru«= fen. Herr:J, J. P. MoLpesuAwenr tadelt mich des- halb in seinen Beyträgen zur Anatomie der Pflanzen (S.67.), und versichert: “in allen Stel- „len der Wolffschen Schrift wäre auch nicht ein » Wort, welches darauf leitete, dals alle organische „Elemente, alle Gefälso aus einzelnen, für sich be- A 3 v 7) stehen- 19 eur Trramerun = Jene Bläschen 'sind in der ersten Zeit ihres Entstehens immer rund und immer durch Zwi- schenräinme von einander getrennt. Bey ihrem Wachsthum rücken sie näher an einander, be- kommen eine cylindrische oder eckige Gestalt, und bilden nun das vegetabilische Zeilgewebe, Hierbey verdicken sich zugleich ihre Ränder, und erhalfen iias ÄAnsehn einer Faser, In diesem Zu- siand erscheinen sie als regelmälsige Körper, wo- von die Seitenflächen aus ‚durchsichtigen Häuten und die Seitänfinten aus einem undurchsichtigen Faden „stehenden Bläschen entständen, welche unter sich „gar keine Verbindung haben.” Aber man sche doch unter ‚andern die von mir angeführte g3ste Seite der zweyten Ausgabe des Werks von Worırr nach, und man wird hier‘ folgende WVorte finden: Partes constitutivae, ex quibus omnes corporis ani- malis partes in primis initiis componuntur, sunt globuli, mediocri microscopio cedentes semper. Dals sich Woırr die Entstehung der Pflanzen und Thiere nicht aus einem Aneinanderreihen dieser Bläschen dachte, hat allerdings seine Richtigkeit, Aber wo habe ich Worrr diese Behauptung, äufgebürdet ? Und wo habe ich selber eine solche Meinung ver- theidigt? Es sind zwey sehr verschiedene Dinge, zu sagen, dals die ersten, in formloser Materie sich erzeugenden Gestalten Bläschen sind, und zu be haupten,. dafs diese Bläschen sich an einander fü- gen, um Gefälse, Nerven u. s, w,' zu bilden, N u a . \, „ee REES | II Faden bestehen. J. J. P, MörnenHawer g) hat diese verdickten Ränder der Zellen für einen ei- genen Pflanzentheil angenommen, und ihn das Zellgewebe genannt, das aber, was wir unter Zellgewebe verstehen, mit dem Namen der zel- lichten Substanz belegt. Ich kann ihm hierin nicht beystimmen, Jene Seitenlinien der Zellen haben ganz die Beschaffenheit der Häute dieser Theile; sie sind starr, wo diese starr, und weich, wo diese weich sind, Das Letztere ist z, B. der Fall bey mehrern Agaven und andern fleischigen Gewächsen, wo sie wie schleimige Fäden er- scheinen, In allem jüngern Zeligewebe, dessen Bläs- chen noch nicht an einander gedrängt sind, giebt es Zwischenräume zwischen den Jletztern. In älterm Zellgewebe verlieren sich diese an man-' chen Stellen ganz; an andern bleiben sie übrig, und nehmen: zum Theil noch an Weite zu. Diese Zwischenräume sind die Intercellular- gänge, von welchen einige Pflanzenphysiologen angenommen haben, dals sie zusammenhängende, durch das Zellgewebe der ganzen Pflanze fort- gehende Canäle bilden, Das Letztere ist eine Meinung, womit Beobachtungen an frischen "Pflanzen nicht ganz übereinstimmen, An man- chen Stellen - BER die Zellen so dicht an ein- - ander, g) Beytr, zur Anat, der PA, $, 117, 4 12 aumrainerem ander, dals sich gar keine Zwischenräume wahr- nehmen lassen. Inzwischen ist es wahr, dafs die Zellen ein Vermögen besitzen, sich bald mehr zusammenzuziehen, bald mshr auszudehnen, und ‚ dafs im ‚zusammengezogenen Zustand derselben Intercellulargänge entstehen können, wo sonst keine vorhanden sind. Es findet unläugbar ein Uebergang aus den Zellen in die Intercellulargänge, und aus diesen in jene statt, da gefärbte Flüssigkeiten, die von abgeschnittenen Pflanzentheilen eingesogen sind, sich von Zelle zu Zelle verbreiten. Es giebt aber zuverlässig keine Oeffnungen in den Wänden der Zellen. Schon Ruporrar h) und Linz i) haben dies bemerkt, und meine Beobachtungen stimmen | mit den ihrigen ganz überein, MoLDENHAWER k) ; fand zwar an den Wänden der innern Zellen in Blattstielen der Cycas revoluta und im Mark des gemeinen Hollunders Stellen, die er für wahre Poren annehmen zu müssen glaubt. Aber. es ist bey mikroskopischen Untersuchungen nichts leichter, als sich in Betreff der Gegenwart von Poren zu täuschen, Ich fand an einem Stück Hollundermark an einigen, ‚neben einander lies genden 'h) Anatomie der Pflanzen. 8,55 ı) A.a0.H.2 58. k) A. a OÖ, S. ırı fl, __ 13 genden Zellen ovale Stellen, die das Ansehn von Oeffnoungen hatten, bey näherer Untersuchung aber blos Vertiefungen waren, 6 Beym Entsteben des Zellgewebes zeigt sich zugleich eine Oberhaäut, welche die ganze Masse der Bläschen einschliefst. Späterhin, nachdem die Bläschen schon eine bestimmte Form angenom- men haben, erscheinen zwischen -denselben Fa- sern und endlich grolse Gefälse. Die Oberhaut der Pflanzen ist eine eigene Membran, die sich durch gröfsere Dicke und stärkern Zusammenhang von den Häuten der in- nern Pfanzentheile unterscheidet, In derselben giebt es ein Netz von Gefälsen, die ich die Ge. fäfse der Oberhaut nennen werde, Sie sind enge, auf der untern Fläche der Epidermis her- vorragende, in gleicher Weite und ununterbro- chen fortgehende, häufige und regelmäfsige Ana- stomosen bildende Canäle. Henwıc ]) hat sie zu- erst als eigene Gefäfse beschrieben. In neuern Zeiten hat man sie verworfen, und sie für die Ränder der unmittelbar unter der Oberhaut lie- genden, mit dieser verwachsenen Zellen ange- nommen, Nach meinen Beobachtungen muls ich sie aber mit Henwısc für Gefälse halten. Die unmit- / ! ]) Samml. zerstreuier Abhandl. u. Beobachtungen, Th, 1, 5. 116, 14 unmittelbar unter der Epidermis liegenden Zel- len ‘sind immer ‚viel kleiner,. und haben eine ganz andere Gestalt als die Maschen. des Netz- werks der Epidermis. Ich habe auch nie eine Spur von abgerissenen Häuten an den netzför- migen Streifen der Oberhaut bemerken kön- nen, Ruporra: 'm), der behauptet, das unter der Oberhaut liegende Zellgewebe zeige immer dasselbe Netz, wie die Epidermis, hat wahr- scheinlich diese Meinung aus Beobachtungen an Aloen und andern fleischigen Gewächsen gezogen, bey welchen sehr leicht eine Täuschung möglich ist. Hier sind die Adern des Netzes der Epi- dermis sehr dick und fasrig, so dafs man mit einen feinen und scharfen Messer eine obere Lage davon wegnelimen kann, Auf dieser sieht man denn dieselben Maschen, wie auf der un-. tern. Aber man sieht dann auch, dafs nur eine. einfache Haut zwischen den Adern ausgespannt ist, und dals die darunter liegenden Zellen rund- lich, die Figuren des Netzwerks hingegen eckig und weit grölser sind. Dafs übrigens die Adern der Oberhaut wirkliche Canäle sind, habe ich un- ter andern sehr deutlich bey der Aloe verrucosa Aır, gesehen, Wenn ich ein Stück der Oberhaut dieser Pflanze, nachdem sie eine Zeitlang der Sonne ausgesetzt gewesen war, unter Wasser schabte, so drangen allenthalben am Rande des i Stücks m) A: a..0. S. 57. 4 m —.. 15 Stücks aus den. Oeffnungen jener Adern Luft blasen hervor. In den Zwischenräumen der Oberhaut grüner Pflanzentheile, besonders der Blätter, findet man bey den meisten Pflanzen kreisförmige, oder läng- lichrunde Stellen, in welchen die Gefäfse der berhaut häufig zusammenlaufen, und die in der Mitte eine, mit einer dunkeln Einfassung umge- bene Spalte zu haben scheinen, Dies sind die Spaltöffnungen oder Poren der Oberhant. MorvenHawer n) hat das Verdienst, die Struk- tur dieser Theile an einigen Pflanzen näher be- stimmt und manche ‘irrige Vorstellungen seiner Vorgänger in Betreff derselben berichtigt zu ha- ben, Nach seinen Beobachtungen werden die ‚ Spaltöfuungen von eignen Zellen gebildet, die sich durch die Beschaffenheit ihrer Haut, ihre Form und die Farbe des in ihnen befindlichen Safts von den übrigen Zellen unterscheiden und so zusammengefügt sind, dafs sie oben und un-. ten an einander schliessen, in der Mitte aber von einander abstehen Die zwischen ihnen befind- liche Oeffnung führt zu _ einer verhältnifsmäfsig 'grolsen Höhle, welche mit den Intercellulargän- ‘gen des Blatts Gemeinschaft hat, Meine Beobach- ‚tungen stimmen mit diesen in so fern überein, dals die Oeffnungen der Poren blos Zwischen- ‘ räume zwischen Zellen von einer eigenen Struk- ; tur 'n) A. As OÖ, S, 92 ff, 16 rn, tur sind, Doch scheinen mir bedeutende Abwei- chungen bey verschiedenen Pflanzen in der Bil- dung dieser Organe statt: zu finden. So ist bey der Hyacintbe die untere Fläche der Poren von einer gewölbten Haut bedeckt, woran ich keine Spur von einer Oeffnung bemerken kann, Auf dieser Haut liegen zu beyden Seiten zwey läng- liche, undurchsichtige Theile, die bald an einan- der schliessen, bald zwischen sich einen. Zwi» schenraum haben, der dann das Ansehn einer Spälte hat. Die beyden undurchsichtigen Theile sind von zwey grölsern, halbmondförmigen Zel- len eingeschlossen, die durchsichtig sind, und wie aus mehrern kleinern Zellen zusammenge- setzt aussehen. Bey der Aloe verrucosa Aır. fin- de ich in dem Nlittelpunkt jeder Masche des Ge- fälsnetzes der Oberhaut eine runde, durchsich. tige Vertiefung, die zuweilen in der Mitte eine Oeffnung zu haben scheint, Ausserdem aber giebt es auf der Oberhaut dieser Aloe hin und wieder. noch andere runde Vertiefungen, die mit einem bräunlichen, undurchsichtigen Kreise um« geben sind, und in der Mitte eine deutliche . Oeffnung haben, in welcher die. Adern des Netzes der Oberhaut zusammenlaufen, Ich ge stehe, dals mir noch vieles an diesen Organen räthselhaft ist. Einige andere Bemerkungen über dieselben werden unten, :wo von ihrer Funken die Rede “ wird, vorkommen, I In f m —— 17 In Pflanzentheilen, worin die Bläschen noch nicht an einander gereihet und ‘noch nicht von eckiger Form sind, zeigen sich zwischen diesen noch keine andere ungleichartige Organe. So- bald sich aber die Bläschen auf eine bestimmte Art mit einander verbunden haben, finden sich im Innern jener Pflanzentheille Fasern, die bündelweise neben einander liegen. Unter stär- kern Vergröflserungen erscheinen diese Theile als cylindrische, gewöhnlich an beyden Enden zu- gespitzte, bald längere, bald kürzere, durch- sichtige Canäle. Selten gehen sie in gerader Rich- tung fort; gewöhnlich sind sie unter einander verschlungen. Bey vielen Pflanzen haben sie in längern Zwischenräumen schiefe Queerstriche; bey andern, z. B. den Linden, findet man zu- . weilen auf den Wänden derselben undurchsich- tige Punkte, Diese Bildungen scheinen aber nichts Wesentliches zu seyn, Die Queerstriche ha- ben zwar das Ansehn von Scheidewänden. Allein bey mehrern Pflanzen, z. B. beym Pinus Larix und Spartium scoparium, sieht man keine Spur ‚derselben, Bey jenem erscheinen die Fasern als cylindrische, gerade, sehr lange, nirgends unter- brochene Canäle, die eben so weit wie die grofsen Gefäfse sind. Ich glaube daher, dafs man auch bey andern Gewächsen an den Stellen, wo die Fa- sern Queerstriche haben, keine Unterbrechung des Canals der Fasern anzunehmen berechtigt ist. -IV, Bd. | BB. Un- 18 —— Unläugbar führen diese Fasern Flüssigkeiten und verdienen den Namen von Gefälsen, Dafs sie inwendig hohl sind, kann man in den er- sten Monaten des Jahrs an jedem Zweig von Weiden, Pappeln, Linden, Hollunder un. e. w. se- hen. Man findet um diese Zeit im Innern der ‘Fasern, besonders derer, die in der Nähe des Marks liegen, Luftblasen, welche die_cylindri- sche Gestalt des Canals derselben haben o). In jüngern Pflanzenikeilen sind sie immer weich, feucht und schleimig. In älterm Holze verdicken sich ihre Wände, und ihre innere Höhlung wird immer enger, Ganz scheint sich‘ diese aber nicht zu verlieren, so lange die Vegetation in dem Holze fortdauert p). Ich glaube daher, dafs die Fasern saftführende Tiöhren. sind, und werde sie künftig Faserngefälse, oder auch, da sie im Bast vorzüglich ausgebildet. sind, Bastge- fäfse nennen, In einigen Pflanzen scheinen mir die Canäle derselben durch Anastomosen mit ein- ander Gemeinschaft zu haben. . Ich wage aber nicht zu behaupten, dals diese Struktur allge- mein ist, A Diese 0) Weidenfasern, die solche Luftblasen enthalten, ‚hat _ mein Bruder (L. C. Trevıranvs vom inw. Bau der Gew. T.I. fig. 7.) abgebildet. p) L. C. Trevıranus a. a. O. 5.20, J. J. P, Mor- °-DENHAWERIA A, O4 5, 15, 58. \ \ (ame 19 Diese Gefälse sind vom Zellgewebe ver- schieden. Sie entstehen nicht, wie sich einige Schriftsteller vorgestellt haben, aus langen und engen, cylindrischen Zellen. Man findet sie auch in den Lichenen, die doch kein eigentliches Zellgewebe besitzen. Doch sind sie bey einigen Pflanzen, z. B. bey der Cucurbita ovifera, (in deren Stamm die Zellen so lang und schmal sind, dals man zweifelhaft wird, ob man sie für Fa- sern, oder für Zellgewebe halten soll) mit dem Zellgewebe, so wie bey den Nadelhölzern mit den grolsen Gefäfsen, nahe verwandt, Die er- sten Anfänge der Fasern scheinen mir bey meh- rern Gewächsen Bündel von stabförmigen Kör- pern zu seyn, die in den Zwischenräumen des Zeilgewebes liegen. SPRENGEL und Link haben diese Körper, die sie prismatische Körper nennen, «ebenfalls schon bemerkt, sie aber für Crystallisationen gewisser Bestandtheile des Pflan- zensafts gehalten. Linz q) fand sie vorzüglich häufig in der Wurzel der Oenothera biennis, Ich glaube bey einigen Arten der Crasswila, wo sie zwischen dem Zellgewebe des Stamms in Bün- deln, zum Theil um die grolsen Getäfse lagen, einen deutlichen Uebergang derselben zu den Fa-' sergefälsen gesehen zu haben. ® Zwi- q) Grundlehren der Anat. u. Physiol, der Pflanzen, S. 97. Fig. 33. Ba "2Q9 mn Zwischen den Bündeln der Fasergefälse lie- gen in mehrern Pflanzentheilen, besonders im ‚Holze, die grolsen Gefälse, lange, cylin- drische, meist in gerader Richtung aufsteigende Canäle, die gewöhnlich weiter als die Faserge- fälse sind, und sich vorzüglich durch einen, oder mehrere, ihrer Haut eingewebte Dräthe auszeichnen, Diese Dräthe laufen entweder spi- ralförmig um 'dae Gefäls; oder sie bilden Ringe, die in kurzen Zwischenräumen parallel über einander liegen. Jene Struktur ist den Spiral- gefälsen, diese den Ringgefälsen eigen,, Von den letztern sind die Treppengänge eine blofse Modifikation, welche - daher rührt, dafs - jeder Ring mit dem nächstfolgenden an einigen Stellen-, verbunden ist r). Bey einer ‘ dritten Art von grolsen Gefälsen giebt es zarte Fäden, die in ziemlich. weiten Entfernungen der Queere nach und etwas schief in der Haut der Röhre liegen, und diese in Absätze \theilen; zu- gleich aber sind die Wände mit spiralförmigen Reihen undurchsichtiger Punkte besetzt. Dies sind die punktirten oder parösen Gefälse. Ueber die Beschaffenheit der Punkte dieser punktirten Gefälse ist viel gestritten worden. Man hat sie für Löcher, für Vertiefungen und k für Körner gehalten. - MoLDEenHAawer Ss) glaubt | gefun- r) Vergl. J. J. P. MoLDENHAWER 2 a. 05.8 254. 8») A, a,.0. 264 ff. A ” | I m 21 gefunden zu haben, dafs die punktirten Gefälse “ wirkliche, Spiralgefälse sind, deren punktirtes Ansehn daher rührt, dafs von einer Windung der Spirallinien zur andern längslaufende Fäden ‚gehen, wodurch Zwischenräume entstehen, die desto rundlicher erscheinen, je weniger stark die Vergröflserung ist, und sich zuletzt bey schwa- chen Vergrölserungen als Punkte darstellen. Ich kann hierin MoLDEnHAawer’n nicht geradezu wi- dersprechen, Doch ist es mir nicht wahrschein- lich, dals die von ihm angegebene Struktur, die \ vorzüglich von Beobachtungen an der Mayspflanze hergenommen ist, bey allen punktirten Gefäfsen statt findet t). Sie sind unter den grofsen Ge- / fälsen t) An einer andern Stelle seiner Beyträge (S. 279 fl.) nennt MoLDEnHAwer, noch eine zweyte Ursache, die den grolsen Gefülsen zuweilen das Ansehn porö- ser Röhren giebt. “Die Spiralgefälse der Linde”, sagt er, “zeigen sich da, wo sie an andern anlie- „gen, so weit sie dieselben berühren, als poröse „Röhren; da aber, wo sie von zellichter Substanz „umgeben sind, sind sie Treppengänge, Betrachtet 0 „man nehmlich ein Gefäls, welches an der einen „ Seite von einem andern Spiralgefäls, an der an- „dern von zellichten Schläuchen gedeckt war, und „zwar so, dafs es mit derjenigen Seite, welche als „ein Treppengang - gebildet ist, dem Beobachter „zugekehrt ist, so wird das netzförmige Gewebe B3 m „der 22 nn fäilsen am nächsten mit den Fasergefälsen ver- wandt, auf deren Wänden man auch zuweilen undurchsichtige Punkte wahrnimmt, die eine spiralförmige Stellung haben. Diese rühren aber gewils nicht von einer solchen Struktur her, wie MoLpenuawrr an den punktirten Gefälsen der Mayspflanze antraf, | Die groflsen Gefälse sind immer von Faser- ' gefälsen und cylindrischen, in longitudinale Rei- hen geordneten Zellen umgeben, und endigen sich zwischen diesen in kegelförmige Spitzen. Oeffnungen habe ich so wenig an ihnen, als an den Schläuchen des Zeilgewebes und den Faser- gefälsen, jemals gefunden, Sie sind nicht ästig, wohl aber anastomosiren sie in den Knoten der Gräser und überhaupt an solchen Stellen mit einander, wo die Vegetation eine andere Richtung anrimmt v). Sie verwandeln sich nicht in ein- ander, „der abgekehrten Seite durch die Spalten der zu- „gekehrten durchschimmern, und man wird die „Qurch feihe Fäden abgesonderten dunkeln ‘Punkte. „in den Spalten der obern, umgekehrten Wand der „Röhre dunkeln HKörnern ähnlich wahrzunehmen „glauben , kurz Kai wird ein punktirtes Gefäls „;haben.” Diese Täuschuug kann vielleicht statt fin- den. Aber ich glaube bey allem dem, dafs es punk- tirte Gefälse giebt, deren Punkte weder von dieser, ° noch von der obigen Ursache herrühren, | Ri v) Vergl. Ruporrnr's Anat. der Pfl, (. 156. Moıpen- HAWER A a, OÖ. 9,294 f, ei nn 23 “ander, sondern jede Art bleibt unverändert in ihrem ursprünglichen Zustande w). Wenn Lınx x) gefunden zu haben glaubt, dals die Spiral- und Ringgefälse diejenigen wären, die sich zuerst bildeten, und dafs sich nach ihnen erst Trep- pengänge und dann punktirte Gefälse zeigten, s0 läfst sich gegen diese Beobachtung erinnern, dals die punktirten Gefälse in ihren ersten Anfän- gen gar nicht, oder doch sehr schwer zu erken- nen sind, Ich glaube aber auch, in ganz jun- gen Pllanzen des Helianthus annuus Ringgefäfse und punktirte Gefälse gesehen zu haben, ‘ Die bisher erwähnten Theile sind allen voll- kommenen Pflanzen, mit Ausnahme einiger Na- 'jaden, eigen, Es giebt aber auch eigene Ge- fälse, die nur gewissen Pflanzen zukommen, Man’ hat diese geläugnet, und sie für blofse Höhlungen des Zellgewebes angenommen. Bey vielen Gewächsen ist allerdings blos in solchen Zwischenräumen ein eigener Saft enthalten, In einigen sind es auch senkrechte Reihen cylindr» scher Zellen, die eine besondere Flüssigkeit füh- ren. Dies ist z. B. der Fall bey der Tagetes erecta. An ganz jungen Pflanzen. dieses. Gewäch- EIER t w) MoıvEenHAwer a. a. O. 5.238. 242 x) Nachträge zu den Grundlehren der Anat. und Phy- siol, der Pf, H. 2. $. 2ı. 24 N nn ses, woran die ersten Blätter zwischen den Co- tyledonen erscheinen, giebt es in der Mitte jedes der Gefäfsbündel, welche rings um die Axe des Stengels liegen, ein eigenes Gefäls, das oft einen rothen Saft enthält, oft auch fırbenlos und nicht zu unterscheiden ist, und aus einer Reihe cylin- drischer Zellen besteht, Mehrere Gewächse be- sitzen aber auch eigene, röhrenförmige Behälter, worin ein ausgezeichneter Saft abgeschieden und aufbewahrt wird, Solche findet man z. B. im Rhus typhinum, Sie erscheinen, wenn man im Februar, wo der Saft noch dick und zähe ist, die grüne Rinde abgezogen hat, schon dem blofsen Auge als gerade, senkrechte, in regelmäfsigen Ent- ' fernungen zwischen den Bastfasern liegende, mit einem weissen Saft angefüllte Ganäle. Sie steigen ausserdem vertikal zwischen dem Marke herab, Der Saft, den sie führen, ist blos in ihnen, und nicht in den übrigen Pflanzentheilen enthalten, Er dringt, wenn man sie verwundet, mit Leb- haftigkeit aus ihnen hervor, Mit den umliegen- den Bastfasern hängen sie so locker zusammen, dals man sie leicht davon absondern kann, Ihre ‚Haut besteht aus sehr feinen, in vertikalen Rei hen liegenden Zellen y), und ist von den übrigen Meinbranen der Pflanze sehr verschieden, Erwägt P2 ’ man / y) Vergl, L, C, TrevırAnus Beytr, zur Pflanzenphy- siol. $, 50. Tab, IV, fig. 36. um men 2$ man diese. Umstände, so Sehe ich nicht ein, wie man läugnen kann, dals diese Gefälse eine eigene und sehr ausgezeichnete Classe ausmachen, Wahr ist es freylich, däfs sie fast bey jeder Pilanze, wo sie sich finden, auf eine besondere Art modifcirt sind, und dals sich schwerlich ein allgemeiner Obarakter derselben angeben lälst z). Aber bis die verschiedenen Arten derselben näher bestimmt sind, können wir immer den Namen der eigenen Gefälse für sie beybehalten, In einigen Pflanzen giebt es regelmälsige Höh- lungen, die blos mit Luft angefüllt sind. Ge wöhnlich sind diese Luftbehälter .cylindrische Ca- näle, die im Stamm von der Wurzel zum Gip- fel gerade heraufsteigen, und in den Gelenken der Pilanzen durch Scheidewände unterbrochen sind. Sie entstehen immer erst in einem gewis- sen Alter der Pflanze. Ob sie dann blos Folge des Wachsthums sind, oder ob die in ihnen enthaltene Luft mit der Ernährung des Gewäch- "ses in einer gewissen Beziehung steht, scheint ' mir noch zweifelhaft zu seyn. Doch glaube ich, dals bey vielen Pflanzen MorvenHuAawer’s Mei. nung z) Die Charaktere, die Lınz (Nachträge zu den Grundleliren der Anat, u, Physiol. der Pfl, H.2. S. 31.) von ihnen angiebt, passen schon nicht auf die eigenen Gefälse des Rhus typhinum, B5 26 womenune m nung a) richtig ist, nach welcher die Luftbehälter ursprünglich Zellgewebe enthalten, das nur bis zu einer gewissen Periode mit dem übrigen Or- ganismus in Wechselwirkung steht, nach dieser Periode aber verschwindet. In, der Art, wie das ‚Zellgewebe, die Fasern und die grolsen Gefälse im Pflanzenkörper ver- theilt und nnter einander verbunden sind, fin den bey mancher Gleichförmigkeit doch auch mehrere Verschiedenheiten in den verschiedenen Classen und Familien des Gewächsreiches statt, Gemeinschaftliche Charaktere der Pflauzen in Be- ireff jener Vertheilung sind: dafs unmittelbar unter der Oberhaut immer Zellgewebe liegt, und dals nach diesem erst Fasern und grolse Ge- fälse folgen; dafs die Bildung des Zellgewebes sich desto mehr der ursprünglichen, blasenför- migen nähert, je näher es der ÖOberhanut ist; ‚dafs die grolsen Gefäfse immer von.Fasern und einem cylindrischen,, in vertikalen Reihen ge- ordneten Zellgewebe umgeben sind, und .dafs sie mit diesen Theilen Bündel bilden, die in dem Stamm, der Wurzel und den Aesten der Länge nach herabsteigen, Eine Hauptverschie- denheit findet im innern Bau zwischen den Mo» nocotyledonen und Dicotyledonen statt, Bey je- nen laufen die Bündel von grolsen Gefälsen und. | | Fasern a) A. a. ©. $. 167. 170 nl 27 Fasern einzeln im Stamm zwischen dem Zellge. webe herab, und es giebt in der Mitte des _ Stamms kein safıleeres Zeilgewebe oder Niark; bey diesen liegen die Gefäfsbündel im Stamm an einander gedrängt, und bilden concentrische Kreise um einen Cylinder von Mark, Desror- Taınss war der Erste, der diesen Satz als allge- mein aufstellte b). Roporruı, Link und L. €. Trevıranus haben nach ihm gezeigt, dals, wie allenthalben in der Natur, so auch in Betreff jeuer Verschiedenheit UVebergänge und Ausnah- men gefunden werden, Im Allgemeinen findet indefs jener Unterschied allerdings statt. Bey den Dicotyledonen macht das unter der Oberhaut liegende Zellgewebe des Stamms und der Aeste die Rinde aus. Sie besteht immer aus mehrern Schichten, die bey einigen Pflan- zen stärker, bey andern schwächer unter einan- der zusammenbängen. Auf die Rinde folgt der Bast, eine Schicht von Fasergefälsen , die mit langen, in vertikalen Reihen geordneten Zellen durchflochten sind. Der Bast schliefst den Holz- körper ein, der aus äbnlichen, aber weniger saftreichen Fasern und Schläuchen, und aus gro» fsen Gefälsen besteht. Bey einem Queerdurch- schnitt zeigt dieser netzförmige , cuncentrische Schichten, die von aussen nach innen an Dich- % "tigkeit b) Vergl, Biologie, Bd. ı, S, 434. 28 Lnsntenmmstun tigkeit zunehmen, und mit den Jahren des Baweis an Zahl übereinkommen. Die äussern‘ Schichten enthalten vorzüglich punktirte Gefälse und Trep- pengänge; in der innersten findet man mehr Spi- ralgefälse. Die innerste Schicht schliefst das Mark ein, ein Gewebe, welches aus 'grolsen, eckigen Zellen besteht, welche in frühern Zei- ten Flüssigkeiten führen, in der Folge aber diese verlieren, doch niemals ganz austrocknen. Von diesem Mark gehen nach allen Seiten zwischen den Gefäflsbündeln bis zur Rinde . horizontale, strahlenförmige Fortsätze des Zellgewebes, von Grew Insertionen des Parenchyma der Rinde in den Holzkörper genannt, Sie sind wie das Mark nur in frühern Zeiten saftreich; hingegen mit dem Alter ziehen sie sich immer mehr zu- sammen, und erscheinen endlich, unter dem Ver- gröfserungsglase von der Seite angesehen, nur noch als dünne Queerlinien, Das Mark ist derjenige Theil des Pflanzen. körpers, der am frühesten die Gränze seines Wachsthums erreicht. In ganz jungen Pflanzen aber ist dasselbe noch nicht vorhanden, _ Unter- sucht man den Keim einer Sonnenblume (He- lianthus annuus), woran. sich die Cotyledonen noch nicht entfaltet haben, so findet man in der 'Axe des Keims einen, aus Fasergefälsen bestehen- den Cylinder, und zwischen diesem und der Rinde 29 Rinde vertikale Reihen länglicher Zellen. Unter- sucht man ihn später, wenn die ersten Blätter ‚zwischen den Cotyledonen sich zu zeigen anfan- gen, so findet man unter der Rinde die längli- chen Zellen wieder, unter. diesen. aber mehrere vertikale Bündel von grolsen Gefälsen und Bast- fasern, und zwischen diesen Bündeln in der Axe des Stamms ein grolszelliges Gewebe, welches mit einem farbenlosen Saft angefüllt, sonst aber dem Zellgewebe des künftigen Marks ganz ähn- lich ist, Der bey jüngern Pflanzen in der Mitte des Stamms liegende Cylinder von Fasern theilt sich also bey zunehmendem Wachsthum in meh-, rere Bündel; diese weichen aus einander; es er- zeugen sich in ihnen grolse Gefälse, und in dem Raum, den sie einschlielsen, bildet sich das Zell- gewebe, des Markkörpers, Bey jüngern Pflanzen geht aleo das Wachsthum nicht nur im Umfange, sondern auch in der Mitte des Stamms vor sich, Der Markcylinder scheint zwar, wenn er einmal ausgebildet ist, nicht weiter an Dicke zuzuneh- men. Aber zwischen ihm und dem Holzkörper dauert der Ansatz neuer Theile fort, Linden- zweige, im ersten Frühjahr untersucht, zeigen um das Mark eine Schicht von saftreichen Fa- sern und grünem Zellgewebe, die offenbar von neuer Entstehung ist, und sich ohne Zweifel nachher in Holz verwandelt, 39 ' | var, (..:@s _ Funktionen der äussern vegetabilischen Fishing Die bisherigen Bemerkungen werden als Ein- leitung zu den folgenden Untersuchungen hin- reichend seyn. Wir werden jetzt zuerst sehen, wie: die Nahrungsstoffe der Pflanzen auf das Aeussere derselben wirken, und wie dieses wie» der auf sie zurückwirkt, Folgende Sätze sind in Beziehung auf diese Punkte unmittelbare Re- sultate der Erfahrung, 4 ı. Die Hauptorgane der vegetabili. schen Ernährung sind die Wurzel und die Blätter. Beyde saugen Feuchtigkei- ten ein, und zwar die Blätter im Allge- meinen mit der untern Fläche, Die Ernährung der Pflanzen durch die Wur- zel bedarf keines Beweises. Die übrigen Punkte dieses Satzes ergeben sich aus den Versuchen Bonner’s, Dieser legte zwey gleich grolse Blät- ter von einerley Pilanze, das eine mit der obern, das andere mit der. untern Fläche auf Gläser voll Wasser, und beobachtete die Zeit ihres Ab- sterbens, ‘ Unter vierzehn Arten von. HKräulern lebten die Blätter von acht Arten ohngefähr gleich lange, sie mochten das Wasser durch die obere oder untere Seite einziehen. Von sechs andern Arten schien die obere Fläche geschickter zur Einsaugung als die untere zu seyn. Unter sechs- zehn ” ‚nenne ar - zehn Arten von Bäumen und Sträuchern waren nur zwey, deren Blätter mit der obern Seite eben so gut als mit der. untern die Nässe ein- sogen, Bey den übrigen Arten wurde die ebere Fläche von der untern in der Einsaugung merk- lich übertroffen, Blätter des weissen Maulbeer- baums, die das Wasser durch die untere Fläche aufnahmen, lebten fast ganze sechs Monate, in- dem andere, die. mit der obern Fläche auf dem Wasser lagen, schon am fünften Tage welk wurden c). Bey den Kräutern geschieht also die Einsaugung der Feuchtigkeit sowohl durch die obere, als durch die untere, bey den holzarti- ‚gen Gewächsen mehr durch die untere, Fläche der Blätter. Man sieht hieraus, warum die Blät- ter an den Pflanzen so vertheilt sind, .dafs je- des untere von dem nächst höhern nicht be- deckt wird d), 2. Der Einsaugung entspricht eine Ausdünstung, die vorzüglich durch die Blätter, und zwar zur Tageszeit ge- schieht, Nach c) Bonser’s Untersuchungen über den Nutzen der Blätter bey den Pflanzen, Uebers, von Arno», Abth. 1. $. 4—6. dd) Biologie, Bd. ı. S. 170 ff. 32 | wuruaner, Nach Versuchen von Hares e), Dunamer f) und Sr. Martın g) ist, diese Ausdünstung sehr beträchtlich. Hares fand, dafs binnen zwölf Ta- gesstunden eine viertehalb Fufs hohe Sonnenblu- me im Durchschnitt ı6 Unzen, ein mittelmäfsi- ger Kohlkopf 3 Unzen, ein Weinstock 5. Unzen 240 Gran, ein Apfelbaum 9 Unzen, und ein Ci- tronenbaum 6 Unzen ausdünstete,. ScHrAnKk h) hat zwar richtig bemerkt, dafs die meisten dieser Versuche die Menge der verdünsteten Materie zu grols angeben. Aber auch nach einem beträchtli- chen Abzug bleibt diese noch grols genug, Dafs die :Ausdünstung vorzüglich durch die Blätter, und zwar während des Tages, geschieht, ergiebt sich aus einem andern Versuch von. Ha- 155, wobey dieser einem von zwey Aesten eines -Apfel-, Birn-, Kirsch: und Aprikosenbaums, die 53 bis 6 Fuls lang waren, seine Blätter nahm, und dann beyde in Gläser mit einer abgewogenen Menge Wasser setzte, Die Aeste, denen die Blät- ter gelassen waren, zogen ı5 bis 50 Unzen Was ser % e) Statik der Gewächse. Erf, 1-5, l f) Physique des arbres. T.T. p. 135. g) Voicr’s Magazin f, d. Neueste aus d. Physik etc. 'B.7. St 2. 5.18. ' h) Briefe _naturhist. physikal. u. ökonom, Inhalts an Nav, $, 146. —,— 33 ser binnen ı2 Tagesstunden ein, und waren des Abends leichter als des Morgens, Die entblät- terten Aeste hingegen nahmen richt mehr als Eine Unze auf, und waren des Abends schwerer als des Morgens i). | Harezs beobachtete auch, dals eine Musa und eine Aloe von fünf Uhr Morgens bis Mittag mehr, als von Mittag bis Abends scchs Uhr ausdünste- ten, ‘und dals sie in der Nacht nicht nur viel weniger an Gewicht als am Tage verloren, son- dern zuweilen an Gewicht zunahmen k). Von dem Einflufs des Lichts auf die Aus- dünstung der Pflanzen überhaupt kann man sich _ auf &ine einfache Art überzeugen, wenn man von zwey mit Glasglocken bedeckten Topfpflanzen die eine in ein helles, die -andere in ein finsteres Zimmer setzt. Die Glocke des erstern Topfs wird man immer mit Wassertropfen bedeckt, die letztere hingegen trocken finden, Nach’ Anıcar’s Erfahrungen ist es vorzüg- -lich. die untere Fläche der Blätter, wodurch die Ausdünstung, wie nach Bonner’s Versuchen die Einsaugung, geschieht. Jener legte an Blättern ‚von verschiedenen Pflanzen bey einigen auf die | untere, 1) Hares a. 2.0. S. ı7. Erf, 7, Ä k) Ebendas, S. 15— 15, IV. Ba. EUR ? 34 ; — untere, bey andern auf die obere Fläche eine. Glasplatte. Die auf der untern Fläche liegende Platte war immer nach einiger Zeit mit Thau be- deckt; hingegen zeigte sich auf der, welche mit der obern Fläche in Berührung gewesen war, keine Feuchtigkeit 1). 7. Was die Pflanzen einsaugen und was sie ausdünsten, sind sowohl gas- förmige, als wässrige Materien. Luft wird vorzüglich durch die Blätter ein- gesogen und ausgehaucht. Die Aufnah- me derselben geschieht in der Dunkel- heit, die Ausleerung aber beym Einflufs des Sonnenlichts. Die Pflanze saugt Wasser durch die Wurzel‘ ein, wie die tägliche Erfahrung zeigt. Auch von ‚den Blättern wird Wasser sowohl aufgenommen, als ausgeleert, wie unter andern die obigen Er- fahrungen Bonxer’s und KxıcHT’s beweisen. Dafs die Blätter auch gasförmige Stoffe aufneh- men, sieht man, wenn man einen mit Blättern versehenen Zweig unter einen Hecipienten mit atmosphärischer Luft bringt. Während des Nachts vermindert sich dann das Volumen der einge- schlossenen Luft; hingegen des Tages, beym Einflufs des Sonnenlichts, nimmt dieses wieder g zu ]) Philos. Transact. 1805. P. 2. p. 277. Guseen | a zu m). Dieses Einsaugen 'gasförmiger Stoffe scheint aber bey manchen Pflanzen nur in feuch- ter Luft von statten zu gehen. -Lınk n) versi- chert gefunden zu haben, dafs gesunde Zweige von Maurandia semperflorens, Jasminum fruticans und Cactus curassavicns, in ein völlig trocknes, mit Quecksilber gesperrtes Glas gebogen, nicht die geringste Veränderung in dem Volumen der Luft, weder des Nachts, noch am Tage, her- vorbrachten. Ueberhaupt wird das Athmen der Pflanzen durch Feuchtigkeit befördert, Setzt man frische Pflanzenblätter unter Wasser dem Son«- nenlichte aus, so bedecken sich die Blätter au- genblicklich mit Luftblasen, und diese Einsau- gung wird gegen Abend geringer und hört mit Sonnenuntergang ganz auf, Einige Gewächse, 2. B. der Weinstock, die Linde und der Nufs- baum, geben viele, andere, z. B. der Epheu, nur wenig Luftblasen, Manche, z.B. die Rar- ‚toffelnblätter, fangen sehr früh des Morgens an auszuhauchen, und hören sehr spät des Abends mit dieser Ausleerung auf; andere, z. B. die Kirschlorbeerblätter , fangen sehr spät an und hören bald wieder auf. Die meisten Baumblätter t bilden m) Tu, vow Saussure’s chemische Untersuchungen über die Vegetation. Uebers. von Voıcr, S. 54. 66. 75 f. | a) Gxundlehren der Anat. u. Physiol, der Pfl, S, 285, Y Ca u —— bilden ihre Lufiblasen zuerst auf der untern, die " Kirschlorbeerblätter zuerst auf der obern Fläche; bey noch andern, z. B. den Malvenblättern, ent- stehen die Luftblasen auf beyden Seiten zu glei- cher Zeit 0). Vergleicht man diese Erfahrungen mit den obigen Resultaten der Versuche von Bon- net und Knıcar, so wird man finden, dafs sich die Blätter bey der Bildung der Luftblasen auf ähnliche Art wie bey der Einsaugung des Wassers | verhalten, und dafs ihre einsaugende und aus- dünstende Fläche zugleich diejenige ist, durch welche Luft ausgehaucht wird. Für die bisher vorgetragenen Lehren sprechen ‘ so viele und so wenig zweydeutige Erfahrun- gen, dafs sich keine erhebliche Zweifel dagegen vorbringen lassen. Mehr Schwierigkeiten hat die Beantwortung der Frage; Durch welche Theile der Oberfläche der Blätter und der Wurzel ie, Aufnahme und Ausleerung von Wasser und Luft eigentlich geschieht? Manche jener Schwierigkei- ten rühren indefs nur von unrichtigen. oder un- vollständigen Beobachtungen, oder von einer fal- schen Auslegung der Erfahrung her. | Die Oberfläche der Pflanzen hat keine andere Organe, die eine eigene Funktion haben könnten, als die Spaltöffnungen und Haare, Die. Spaltößf- nungen - 0) Iscenuouss’s Versuche mit Pllanzen. Uebers. von SCHERER, $, 25. 28. E- t — 37 nungen sind vorzüglich den Blättern eigen, Sie Baden sich nie an der Wurzel, selien än den -Geschlechtstheilen und Früchten, Sie kommen nicht bey den Tangen, Conferven, Pilzen, Flech- ten, Lebermoosen, Najaden und unter dem Was. ser lebenden Pflanzen vor p)- Unter den Laub. moosen giebt es nur einige Arten, welche Spait- öffnungen haben, und diese besitzen sie blos an den Fruchtkapseln q). Die Poren fehlen also im Allgemeinen solchen vegetabilischen Körpern und solchen Pfllanzentheilen, die blos im Wasser oder wenigstens in -einer feuchten Atmosphäre. wach- ‘sen. _ Hieraus folgt,‘ dals sie nicht zur Einsau- gung des Wassers dienen können. In dem Vor- ‚ kommen dieser Organe, an den beyden Flächen der Blätter ist aber, wie Ruborrnı T) gezeigt hat, eine grolse Uebereinstimmung mit den Re-- sultaten der obigen Bonnertschen Versuche über das Einsaugungsvermögen dieser Flächen nicht zu verkennen, Ferner ist, wie wir oben gesehen ha- ben, die einsaugende Blattfläche zugleich die aus- hauchende, und das Einsaugen wie das Aushauchen ‚erstreckt sich sowohl auf Luft, als auf Wasser. -Wir müssen also weiter schlielsen, dafs die | Spalt. p) Ruporrur’s Anat. der Pi, $. 62 £, g) L. C. TrevırnAanus’s Beyträge zur Pflanzenphysiol. S5.g9f, ») A a.0, S. 101. ET SR RE 38 \ Spaltöffnungen die Respirationsorgane der Pflanzen sind, Mit dieser Theorie stimmt auch der Bau der ‘Poren und die Art, wie die Luft in den Pflanzen befindlich ist, überein. ‘Die Poren zeigen sich, wo sich ihre Struktur deutlich wahrnehmen läfst, als Zwischenräume zwischen Zellen von eigenem Bau, die mit den Intercellulargängen und mit den Gefälsen der Oberhbaut Gemeinschaft haben s). Diese Gänge und’ Gefälse scheinen die eingeath- mete, oder zum Aushauchen bestimmte Luft zu enthalten, Sowohl aus den Gefälsen der Epider- mis mancher Aloen und ähnlicher fleischigen | Gewächse, als aus den Intercellulargängen meh- ' rerer Pflanzenblätter, z. B. der Saamenblätter des Helianthus annuus, sahe ich immer eine Menge -Lufiblasen hervordringen, so oft ich, nachdem das Gewächs der Sonne ausgeselzt gewesen war, ein Stuck der Oberhaut, oder des grünen Zellge- webes unter Wasser brachte und gelinde drückte, Schon Ruporraır t) hat ähnliche Beobachtungen gemacht, aber für eine seltene Erscheinung ge-. halten, was in der That bey allen Pflanzen, nur nicht bey allen in gleichem Grade statt findet, Hiermit übereinstimmend sind ferner die Resultate einiger Versuche, die Jurınz über die Wir. ö s) M. s. oben $. 1, dieses Abschn. ) A. a, 0. 5. 158 1; N ‘ u 39 Wirkung des luftverdünnten Raums auf Blätter von Geranium peltatum, Rumex sanguineus und ''Olea fragrans machte. Die Blätter der beyden erstern Pflanzen , die ihre Spaltöffnungen auf beyden Seiten haben, gaben, in Wasser unter den Recipienten der Luftpumpe gebracht, aus ‘beyden Flächen eine Menge kleiner Luftblasen von sich, ‚die sich in das Blatt zurückzogen, wenn die Luft in den Recipienten wieder ein- gelassen wurde. Hingegen bey den Blättern der Olea fragrans, deren Poren nur auf der untern Seite liegen,’ drangen nur aus dieser Fläche Luft« "blasen hervor v). Nicht so leicht scheinen einige, von Mor.- DENHAWER , SENNEBIER , Lınk und ScHRANK über die Funktion der Spaltöffnungen gemachte Beobachtungen mit. unserer obigen Theorie zu vereinigen zu seyn. Bey näherer Prüfung wird man aber finden, dals die Einwürfe, die sich von diesen hernehmen lassen, nicht von Ge- wicht sind. | | MoLDENHAwER w) will gefunden haben, dafs die Spalten an regenhaften Tagen und thauigen Nächten immer geschlossen, hingegen an einem ‚heitern Morgen, wenn die Blätter von der Sonne beschie- v) Journal de Physique. T. (XTIT.) 56. pı 185 w) Beytr. zur Anat, der Pf. S. 97. < Li 40 esarmanen beschienen wurden, immer ‚ofen waren. Er schlielst hieraus , dals die Funktion der Poren nicht Einsaugung, sondern "Aushauchung ist, und findet eine Bestätigung seiner Meinung in „dem erwähnten Versuche Jurıne’s. Die Ein- würfe, die sich gegen seine Meinung von den Bonnetschen Erfahrungen. hernehmen lassen, sucht er durch die Voraussetzungen zu ent- ‚kräften, dafs sich von dem, Verhalten kränkeln- der, vor dem Versuch immer etwas einschrum- pfender Blätter auf die Wirkungsart der gesunden nicht schlielsen läfst, und dafs die Oberhaut. beyder Blattflächen , besonders der untern, mit grolser Leichtigkeit wälsrige Materie durchläfst. Ich gestehe, dafs ich nicht begreife, wie sich des Nachts die Beschaffenheit der Spaltöffnungen an der mit dem Blatt verbundenen Oberhaut wahrnehmen läfst, und dafs ich deshalb wenig Gewicht auf diese Beobachtung legen kann, Viel- leicht hat MorpenHuawer die Oberhaut erst ab- gezogen, ehe er sie unter das Vergrölserungsglas brachte, Dafs aber nach .dieser Operation die Poren noch dieselbe Beschaffenheit haben soll- ten, wie vorher, wird man doch nicht glauben, Wäre indefs jene Beobachtung "auch richtig , 'so ""bewiese Bir doch nur, dafs an HORERLApeN und feuchten Nächten keine, oder nur eine geringe Absorbtion der atmosphärischen Luft durch die ; | Poren - were 4 Poren statt-findet, nicht aber, dafs diese über- haupt nicht einhauchen. Sollie MoL.pEnHAwer’s Erfahrung vollständig seyn, so. ,hätte die Be- ‚schaffenheit, der Poren auch an dunkeln, aber trocknen Tagen und trocknen Nächten - unter- ‚sucht, und ausgemacht werden müssen, ob sich ‘die Spalten an sonnigen Tagen eben so auf der untern, als auf, der obern Fläche der Blätter ver- halten. Wie MoLDENHAWER aus dem Jurineschen Versuch blos auf Aushauchung durch die Poren schlielsen kann, sehe ich ebenfalls nicht ein, Dafs die Luftblasen in Jie Poren zurücktraten, sobald -wieder Luft unter den Recipienten der Luftpumpe zugelassen wurde, lälst ja gerade anf Einhauchung schlielsen. Was endlich MoLDeEn- HAWER’S Einwürfe-gegen die Bornerschen Ver- suche betrifft, so ist dagegen zu bemerken, dafs an den abgeschnittenen Blättern, womit diese ge- macht wurden, die Funktionen zwar geschwächt, aber nicht in die entgegengesetzien verwandelt seyn konnten, £ Ein anderer Einwurf läfst sich von SENnNE-, BIER S Beobachtung hernehmen, nach welcher die Lufiblasen, die sich aus Blättern unter Wasser beym Einflufs des Sonnenlichts entwickeln, vor- _ züglich an den Rippen und Nerven derselben, - und micht so schr aus den Zwischenräumen der % Adern, welche doch allein die Spaltöffnungen be Kira | C5 B- ‚ sitzen, , 42 aus um, sitzen, aufsteigen x), Aber diese Beobachtung ist sehr unzuverlässig. Die entwickelten Luft- blasen sammeln sich nur an den Rippen und Nerven als an den rauhern Theilen an, ohne doch aus denselben zu entstehen, Wenn ferner Lınk y) sowohl das Einsaugen, als das Aushauchen durch die Spaltöffnungen läugnet, weil viele Pflanzen diese Poren nicht ha- ben, die doch einsaugen; weil die Blumen sie nicht besitzen ,„ die doch sehr stark ausdünsten; und weil Blätter, deren beyde Flächen gleich locker und zart sind, deren obere aber keine Spaltöffnungen hat, dennoch mit beyden gleich viel tropfbare Flüssigkeiten. einsaugen: so treffen diese Einwürfe nur die Hypothese, dals tropf- bare Flüssigkeiten durch die Spaltöffnuungen aufgenommen werden, und dafs blos durch sie das Einsaugen und Ausdünsten geschieht, nicht aber die Meinung, dafs Luft durch sie ein- und ausgeathmet wird, und dafs auch die Öberhaut das Vermögen besitzt, einzusaugen und auszu- dünsten. Es, verhält sich in Betreff des Athem- holens und der Ausdünstung mit den Pflanzen, wie. mit den Thieren, Diese "dünsten durch die ganze Oberfläche des Körpers aus, und hauchen ” | | ‚ zU- Re SENNEBIER Experiences sur l’action de la lumiere solaire sur la vegeiation. 2,77: y) Grundlehren der Anat, u. Ki der Pil, 5.113 £ Nachtrüge zu den Grundl. IL ı. 5.55 5 zugleich dadurch ein, obgleich dieselben Funklio- nen auch durch die Lungen, HKiemen und anllere eigene Organe geschehen. Wenn endlich Link 2) noch den Uinstand geltend macht, dafs die Poren oft durch 'einen stärkemehl - oder wachsartigen Ueberzug verschlossen sind ‚„ so’ heiflst dies be- haupten, dals eine Funktion im gesunden Zu- stand nicht statt findet, weil sie in Krankheiten gestört oder aufgehoben ist, Es ist überhaupt, um die Funktion der Spalt- Öffnungen richtig einzusehen, nöthig zu bemer- ken, dals einige Pflanzen mehr die Luft im gas- ‚förmigen Zustande , andere aber dieselbe mehr mit Wasser oder ‘Wasserdünsten vermischt ein- athmen a), und dafs nur die erstern deri,Spalt- öfnungen zur Respiration bedürfen, die letztern aber schon durch die blofse Oberhaut lufthaltiges Wasser einziehen und ausleeren. -Zur letztern Classe gehören die unter dem Wasser lebenden Pilanzen und die fleischigen Gewächse, Jene haben gar keine Spaltöffnungen.. Diese zielen "wenig Wasser durch. die Wurzeln, ‘aber ‘desto ‚mehr durch die Blätter ein b),. Manche derselben haben grolse Spaltöffnungen, Wenn ihnen aber SPRENGEL c) im. Allgemeinen grofse Poren zu- | schreibt, 2) Nachträge. H;ı. S. 55 a) Vergl. Biologie. Bd, 2. $. 474. 478. b) Biol. Bd. ı. $. 460. . e) Ueber dem Bau und die Natur der Gewächse, $, 191, S 1. _ 44 ee . schreibt, so kann ich hierin nicht mit ihm ein- stimmen. Bey mehrern Arten.der Aloe und Cras- sula habe ich nicht gröfsere Poren, als bey man- chen Gewächsen mit dünnern Blättern gefunden, und immer, traf ich bey Saftpflanzen, die, grolse Poren hatten, eine weit geringere Anzahl der letztern, als bey den meisten nicht saftigen Pflan- zen an. Auf der Rochea falcata, einem sehr saft- | reichen Gewächs, habe ich sogar nirgends Spalt- öffnungen entdecken können. Diejenigen Pflanzen, die keine Poren be- Q sitzen und sich vorzüglich von den Wasserdün- sten der Atmosphäre nähren, zeigen eine andere Eigenheit im Bau der Oberhaut ihrer Blätter, Bey’ der Rochea falcata, welcher die Poren feh- len, ist die Oberfläche der Blätter mit einem kurzen, aber sehr dichten, blaugrünen Filz be- ‚deckt. Einen ähnlichen Ueberzug fand Runor- pHur'd) bey mehrern andern Pflanzen, die keine ‘Spaltöffnungen haben, Dieser Ueberzug besteht aus Haaren, und die Haare sind Fortsätze der Oberhaut und der unter derselben liegenden Zellen. Sie entstehen auf der Oberfläche des Stamms, der Zweige, oder der Blätter bey Pflan- zen, die auf’ einem’trocknen Boden und in einer ı. feuchten Atmosphäre wachsen ; hingegen ver schwinden sie an jenen Theilen und treiben dafür d) Auat, der. Pf. 5.84. Br) ee 45 " dafür desto stärker an den Wurzeln hervor bey Pilanzen, die auf einem nassen Boden stehen. Der gemeine Quendel (Thymus serpyllum L.) hat auf feuchtem Grunde ganz glatte, auf dürrem Boden behaarte Blumenköpfe, Beständig rauh ist Myosotis arvensis, immer glatt aber Myosotis palusıris. Auf den Alpen, wo die Luft immer feucht ist, sind die meisten Pflanzen behaart; die Sumpf- und Wasserpflanzen hingegen haben immer glatte Stengel und Blätter, Die untere Blatifläche, die nach Bonner’s Versuchen ge- 'wöhnlich am stärksten einsaugt, und. nach KnıcHTr’s Erfahrungen auch am meisten aus- dünstet, ist bey den mehrsten Pflanzen zugleich die am stärksten behaarte e), Aus diesen Erfahrungen folgt, dafs, so wie die -Spaltöfnungen zum Ein- und Au«s- Kaurchen der Luft, so die Oberhaut über- haupt, besonders aber die als Haare sich zeigenden Fortsätze derselben, zum Einsaugen und Ausdünsten der atmos- phärischen Wasserdünste dienen, Inso- fern die Wasserdünste immer Luft enthalten, wird durch die Haare auch Luft mit eingesogen, Es k läfst e) SchrAnk’s Baiersche Reise, S.1ı5. — Du Haımer Physique des arbres. T. I. 185, — Vergl. Biol, Bd:2. S. 495, 494., wo aber auf der letztern Seite in der sten Zeile statt nassen Boden zu lesen ist: --,. trocknen Boden. 46 — läfst sich also "erklären, wie diese Theile die Stelle der Spaltöffnaungen einigermalsen ersetzen können. Wenn übrigens die Haare der Pflan- zen von. einigen Schriftstellern blos fir ein- sangende, von andern blos für aushauchende Or- gane angenomwen sind, so sind diese von unrichtigen Begriffen ausgegangen, haben Man- nichfaltigkeit finden wollen, wo Einfachheit ist, und ans einzelnen Erfahrnrgen zu, allgemeine Schlüsse gezogen, Im ganzen Thierreiche ge- schieht das Ein- und Ansathmen durch einerley Organe. Warum sollte der weit einfachere ve- getabilische Organismus zu beyden Funktionen verschiedene Organe besitzen? Dafs die Haare aushauchen, beweist das Cicer arietinum, an 'wel- chem diese Theile die Kichernsänre ausschwit- zen f). Wer aus dieser einzelnen Erfahrung blos auf Exkretiion durch jene Organe schlielst, übersieht, dals die Haare der Wurzeln, denen doch niemand die Funktion des Einsaugens ab- sprechen kann, ebenfalls zugleich wässrige oder schleimige Flüssigkeiten absondern 5). $. 3 Bewegung des Safts in den Pflanzen. Auf den untersten Stufen der Organisation, besonders bey den Conferven, sind die Grund theile £f) Dryeux Journ. de Pharmacie. T. I. No, 13. S. 151. g) K. Srrescer über den Bau u. die Natur der Gew. S. 404 fi x \ Er nn. \ 47 theile des Organismus blosjan einander gereihet, ohne durch andere heterogene Organe mit ein- _ ander -in Verbindung zu stehen, Bey diesen Körpern nährt sich daher jeder einzelne Theil für sich, ohne zur Erhaltung des Ganzen bey- zutragen. Bey allen wahren Pflanzen aber lebt jeder Theil für das Ganze und das Ganze für jeden Theil. Die Wurzel führt dem Stamm, den Aesten und jedem einzelnen Blatt Nahrung zu, und jedes einzelne Blatt saugt dagegen nicht nur für sich selber, sondern auch für, die ganze Pfianze ein. Bonner h) fand bey seinen !Ver- suchen über das Einsaugungsvermögen der Blät- ter, dals einige dieser Organe, die mit ihrer 'untern Fläche auf Wasser lagen, andere, die mit‘ihnen durch den abgeschnittenen Stengel zusammenhiengen, aber nicht das Wasser berühr- ten, mehrere Tage und selbst Wochen lang_er-. nährten. Eine ähnliche, sehr auffallende Beob- achtung von einem einzelnen Blatt des Sinapis arvensis, das die ganze übrige Pflanze drey Wo- chen hindurch lebend erhielt, hat Ruporrnı i) gemacht. Der Einfluls der Wurzel und der Blätter auf die Ernährung des ganzen vegetabilischen Orga- h) Untersuch. über den Nutzen der Blätter bey den Pfianzen, Abh.ı,. $.g. 5. 13. Bw. a. ‘O2. N. ne Organismus setzt eine Bewegung des Nahrungs- safte von den einsaugenden Organen zu den übri- gen Theilen voraus. In welchen Gefäfsen und nach welchen Gesetzen geschieht nun’ diese Be - wegung? Eine ziemlich allgemein angenommene Mei- nung ist, dafs die Rinde das Hauptorgan ist, worin sich der Saft der Gewächse bewegt, Al- lein diese Hypothese ist, so allgemein ausge- drückt, keinesweges richtig. Versteht man unter Rinde die unter der Oberhaut liegenden Schich- ten von Zellgewebe, so ist jener Satz ganz un- ' gegründet, Die Zellen sind allenthalben mehr Behälter der Säfte, als zuführen- de Organe. Es findet zwar ein Uebergang der Flüssigkeiten aus einer zur andern statt, Aber dieser geschieht zu langsam, als dafs jene Schläu- che zur Fortleitung der Säfte von der Wurzel zu den Blättern, und umgekehrt tauglich seyn könn- ten. An der'Rinde deutet alles‘ darauf hin, dafs in ihr eine langsame Einsaugung und AuslremBaE:, nicht aber eine schnelle Fortbewegung der Säfte statt. findet. In- der Mitte ihrer Zellen liegen. körnige Niederschläge, die nicht ihre Stelle ver- ändern, so lange nicht der Bau dieser Theile durch Maceration , oder durch mechanische Ge- walt zerstört wird, und die Zellen sind alle durch Scheidewände von einander abgesondert, durch | | welche er 49 welche nur ein langsamer Uebergang der Flüssig- keiten möglich ist, Eher noch könnte man den Intercellulargängen die Funktion der Bewegung des Pflanzensafts zuschreiben, wenn diese nicht im Ganzen zu eng wären, um eine erhebliche Menge Flüssigkeit fassen zu können. Die Beob- achtungen, woraus man die Bewegung des Safts durch. die Rinde darzuthun gesucht hat, lassen sich auch insgesammt auf andere Art erklären. Sie beziehen sich alle auf Versuche, wo die Rinde verletzt oder unterbunden war, An solchen Sitel- len entsteht aber von dem Einilufs der Luft, oder vom Druck der Ligatur ein Zuflufs des Safts aus allen Theilen der Planze, der im gesunden Zu- stande nicht statt findet, Zudem lassen sich jene Versuche nicht leicht machen, ohne den Bast zu verletzen, und dieser ist allerdings ein Haupt- organ der Bewegung des Pflanzensafts, Aber auch der Bast ist es keinesweges allein, worin die Bewegung der Säfte vorgeht. Beym Anbohren von Birken, Ahornen und andern thrä- ‘nenden Bänmen im Frübjahre findet man die "Rinde ganz trocken, Zwischen ihr und dem Bast aber ist Flüssigkeit enthalten, und diese dringt noch häufiger ans dem Holzkörper, besonders aus dem jiingern Holze, In dem Holz steigt der Saft immer höher auf, so dafs anfangs nur die un- tern und erst später auch die höhern Einschnitte IV. Bd. D thrä- } so thränen k). Diese Erfahrungen führen auf den. - Schluls, dafs der ganze Holzkörper Flüs- sigkeiten leitet, | Der Holzkörper besteht aus Fasern, grolsen Gefäfsen und den Insertionen des Parenchyma, Dafs die Fasern, besonders des Basts, Flüssig- keiten führen, ist schon oben ($. ı.) gezeigt wor- den. Indels besitzen sie bey den meisten Pflan- zen nicht die Länge und Weite, die zur schnel- lern Ueberbringung einer ‚grölsern Menge Saftse erforderlich ist. Dals die Zellen des Parenchyma hierzu ebenfalls nicht tauglich sind, .haben wir vorhin gesehen. Es müssen also die gro- [sen Gefälse seyn, wodurch die schnel- lere Leitung des Safts geschieht, Mehrere Pflanzenphysiologen haben zwar von. diesen Gefälsen geglaubt, dals sie blos Luft und nicht Saft führten, aber ohne hinreichende Be- weise. Der Hauptgrund, den man seit Mar- pıcaı's Zeit für diese Hypothese angeführt bat, ist die Aehnlichkeit der Spiralgefälse der Pflan- zen mit den Luftröhren der Insekten. Diese Analogie findet allerdings statt. Einige Schrift- steller haben sie geläugnet, weil jene Spiral- gefäfse sich nicht, wie die Tracheen der In- sekten, zerästeln, und weil man voraussetzte, dals k) WArrer Transact, of the Royal Soc, of Edinburgh, Vo... p5 es » ER, däls die Windungen der Spiraldräthe bey jenen nicht, wie bey diesen, durch eine Haut ver. - bunden wären I), Allein die Hauptähnlichkeit be. ruhet immer auf den spiralförmigen Dräthen, die beyde mit einander gemein haben. MoLDEnHA- -wer fand aber auch aufser diesen Spiralfäden an den 'grolsen Pflanzengefälseen eine ähnliche, den Canal des Gefälses einschlielsende Haut, wie es an den Luftröhren der Insekten giebt m). Mit srölserm Recht läfst sich die Richtigkeit der aus jener Analogie gezogenen Folgerung bezweifeln. Es giebt auch bey den Insekten Ge- fälse, die ebenfalls aus einem spiralförmigen Band bestehen, und doch nicht Luft, sondern Saft ent- halten, Von dieser Art sind die Spinngefälse mancher Raupen, z, B. der Weidenraupen n), und der Canal des Rüssels der Bienen und Wespen, Ausser jener Analogie hat man auch die Ab. wesenheit aller andern Organe, wodurch die ein- gesogene Luft im Pflanzenkörper verbreitet wer» den könnte, als einen Grund für die Meinung, dals, die grolsen Gefälse lufifübrende Behälter 2 sind, l) 4.40. $. 154. 155. m) MotpenuAawer Beytr. zur Anat. der Pill. $.205 ‘ n) Lvonsser Traite de la chenille du saule, p. 500. De 52 u. sind, angeführt, Aber dieser Grund beruhet auf der unrichtigen Voraussetzung, dals blofse Luft im Pflanzenkörper fortgeleitet wird. Nach mei. nen Beobachtungen enthält das Innere des Pflan- zenkörpers nicht anders Luft, als in den Luft- behältern, in Mark, in den Intercellulargängen des Zellgewebes der Rinde und in den Gefäfsen der Oberhaut. Das in den Luftbehältern und im Mark befindliche Gas rührt gewils nicht von. aussen her, sondern ist immer aus den Pian- zensäften entbunden. Im Mark findet man es vorzüglich während des Februars zur Zeit der . wieder beginnenden Vegetation. Gewöhnlich ent- halten dann auch die in der Nähe desselben lie- genden Fasern in ihren Canälen kin und wieder ı Luft. Aber selten giebt .es in den benachbarten grofsen Gefäfsen eine Luftblase. In den Intercel- lulargängen des Rindenzellgewebes und in den Gefälsen der Oberhant befindet sich die einge- athmete, oder zum Aushauchen bestimmte Luft, doch niemals als blofse Luft, sondern immer mit . dem Pflanzensafte vermischt. Zum Einsaugen und zur Entbindung von Luft bedürfen auch ‚die Pflanzen der grolsen Gefälse gewils nicht, da jene Funktionen eben so lebhaft bey den Con« ferven und Najaden, denen diese Gefälse fehlen, als’ bey den vollkommenern Pilanzen, von ‚stat- ten gehn, | ‘ — 53 Wenn. endlich Lınz o) daraus, dafs die gro- fsen Gefäfse immer trocken erscheinen, bewei- sen will, dafs sie luftführend sind, so ist dies ein Grund, der auf einer unrichtigen Beobach- tung beruhet. In vielen saftigen Pilanzen, z. B. in der Hyacinthe, sind die Spiralgefälse nichts weniger als trocken, sondern durch und durch feucht.. Dals sie im Holzkörper unter dem Ver- grölserungsglase trocken zu seyn scheinen, rührt von ihrer Sprödigkeit und davon her, dals sie meist eine dünne, wässrige Flüssigkeit führen, -. . So wenig haltbar diese Gründe sind, so er- hebliche Beweise giebt es dagegen für die Mei- nung, dafs die grolsen Gefälse tropfbare Flüssig- keiten, leiten. Zuerst ist es eine bekannte That- sache, dals die grolsen Gefäfse abgeschnittener und in eine farbige Flüssigkeit 'gesetzier Zweige diese einsaugen,, dafs hingegen die Zellen und Fasern niemals unmittelbar, sondern erst nach einiger Zeit durch Mittheilung aus den grofsen Gefäfsen gefärbt werden p), Aus H. D. Mor- DENHAWER’S Erfahrungen ergiebt sich anch „ dafs die von den grolsen Gefälsen eingesogene Flüs- | sigkeit Pr 0) Nachträge zu den Grundlehren. H. 2. S. 25. p) Die bisherigen Versuche über diesen Gegenstand hat Sprenser (Ueber den Bau u. die Natur der Gew. 5 155.) zusammengestellt. D3 4 sigkeit wirklich zur Ernährung der Pflanze dient, indem ein Zweig, an dessen unterm Ende man. alles Zellgewebe bis auf die Bündel der gro!sen Gefälse weggenommen hat, und wovon man blos diese in Wasser taucht, allein durch diese eine Zeitlang frisch erhalten wird q). Man hat die Resultate, die sich hieraus in Hinsicht anf die Funktion der grolsen Gefälse ziehen lassen, durch die Beobachtung umzusto- fsen gesucht, dals das Aufsteigen gefärbter Flüs- sigkeiten blos in den Spirälgefälsen abgeschnitte- ner Zweige statt findet, gauz unverletzte Wur- zeln‘ aber niemals Pigmente aufnehmen r). Al- Jein diese Beobachtung beweiset nur, was man auch schon vorher wissen konnte, dafs gröbere Färbestoffe nicht durch die Oberhaut eingeso- gen werden, Die grofsen Gefälse endigen sich in den mit Saft angefüllten Zwischenräumen des Zellgewebes. Es ist nicht einzusehen, warum sie in unverletzten Pflanzen diesen Saft nicht eben so wohl- aufnehmen sollten, als sie in ab- geschnittenen Zweigen die Flüssigkeit, worin diese | gestellt g) H. D. MorvenuAwer de vasis plantarum. p. 30. x) J. L. F. Maven’s Naturgerreue Darstellung der Entwickelung, Ausbildung und des Waelsıhümd der Pflanzen. &.ı7 — Lınx’s Grundl. der Anat. w Physiol. der Pfll S.72. — Dessen Nachträge zu den Grundi, H,a. &ı8. = SPRENGEL a. a. O. S,15% ‚gestellt sind, absorbiren. Wendet man ein, dals die grolsen Gefälse in unverleizten Gewächsen keine sichtbare Oeffnungen haben, wodurch die Absorbtion geschehen könnte, so macht man ei- nen Einwurf, der eben so wohl die Hypothese trifft, dafs jene Gefälse luftführende Canäle sind, Ueber die Gegenwart oder Abwesenheit von ein- saugenden Oeffnungen an zarten Gefälsen ist es aber überhaupt so schwer, etwas Gewisses zu bestimmen, dals sich davon kein Grund für oder wider eine Meinung hernehmen fs. LI). PB, MoLDEnHAawer s) hat indefs an dem Sphbagnum ‚ obtusifolium eine Entdeckung gemacht, woraus | sich nicht nur vermuthen Hlst, dafs die grofsen Gefäfse mit solchen Oeffnungen versehen sind, sondern die auch überhaupt über die Funktion der Spiralgefälse Licht verbreitet. Es giebt in der äussersten Schicht des Stengels und in den Blät- tern dieses Mooses Schläuche, die offenbar die erste Anlage zu den Spiralgefälsen der eigentli- chen Pflanzen sind. Diese zeigen deutliche runm- de Oeffnungen, und saugen durch dieselben Was- ser ein. Taucht man die Blätter der untern hän- genden Zweige, welche die Stelle der Wurzela vertreten, und deren Spiralgefälse vorzüglich viele Oeffnungen haben, in eine gefärbte Flüssigkeit, ohne dals der Stengel diese berührt, so färbe | | die» 8) Beytr, zur Anat, der Pfl. S. zo, u 5 D 7 - - 6 gmmusmmsen 1. dieselbe sehr bald die Spiralgefälse des Stengels, dringt aus diesen iu die Gefälse der übrigen, Blät- ter, und schwitzt so stark aus den runden. Ocfk- nungen derselben hervor, dals die ganze Ober- fläche der Blätter von dem Pigment bedeckt wird. ' - Zu diesen Gründen kömmt endlich noch, dafs sich die grofsen Gefälse abgeschnittener Pilan- zentheile beym Einsaugen gefärbter Flüssigkei- ten keinesweges nur als leblose Haarröhren ver- halten, sondern dafs ihre absorbirende Kraft mit der Vegetationskraft der ganzen Pflanze in Ver- - bindung steht. Ich habe oft Zweige von Wei- den, Pappelo, Linden, Hollunder und mehrern Stauden des Winters in eine Abkochung von Fer- nambukholz gesetzt, und drey bis vier Tage hindurch im geheitzten Zimmer stehen ‚lassen, ohne dafs die Flüssigkeit in den grolsen Gefälsen der Zweige aufgestiegen wäre, da doch die Ge- fäfse belaubter Zweige im Sommer sehr schnell von dem Pigment .durchdrungen werden. Eben so wenig steigen gefärbte »Decokte in verwelk- ten Pfllanzenth“ilen auf, und alle Zusätze zu sol chen Abkochungen, die dem vegetabilischen Le- ben nachtheilig sind, z. B. geistige Tinkturen, verhindern das Einsaugen, | a Nach allen diesen Gründen halte ich für wahrscheinlich, dals die grofsen Gefälse eben‘ ,so wie wie die Fasern saftführende, Canäle sind, dafs beyde ihre Flüssigkeiten aus den Intercellular- gängen erbalien, und‘ dafs durch jene alles schnellere Aufsteigen des Pilanzensafts ‚geschieht. Jedes grolse Gefäls kann! den Safı sowohl aufwärts, als abwärts leiten, wie die bekannte Erfahrung beweist, dals abge- schnittene Zweige mancher Bäume, mit dem obern Ende in die Erde gesteckt, Wurzeln schlagen. Indels zeigen KnıcHr’s Versuche, dafs das Wachsthum solcher umgekehrten Zweige doch 'weit langsamer ‘als die. Vegetation von Stecklingen, die mit dem untern Ende gepflanzt sind, von statten geht t). Die Umkehrung der Bewegung des Pflanzensafts muls also Schwie- rigkeiten haben, und es läfst sich daher schlie- - [sen, dafs diese Gefälse entweder zur Führung des Safıs nach oben, oder zur Leitung dessel- ben t) In sechs Zweigen der Salix Capraea, die mit den obern Enden gepHlanzt waren, nahm die Vegetation mit der Entiernung von dem untern Ende immer mehr ab, ‘und hörte gegen Ende des Sommers in einer Höhe von vier Fuls fast ganz auf. In sechs andern ähnlichen Zweigen hingegen, die mit den „ untern Enden in die Erde gestreckt waren, ging die Vegetation an den höchsten Punkten auf das kräfs tigste von statten, (Philos, Transact, 1804 P, ı. 385.) D5 sg nn} ben nach unten, oder theils zu dieser, theils zu, jener Funktion bestimmt sind. Welcher von die. sen möglichen Fällen wirklich statt findet, ‘dar- über werden die folgenden Bemerkungen Auf. schlufs geben. Es giebt in den Pflanzen keinen so regel. mälsigen Umlauf der Säfte, wie in den Thie- ren, sondern der Trieb der Pflanzensäfte ist immer nach denjenigen Theilen ge richtet, worauf äussere Potenzen am meisten wirken, Das Ausströhmen von-Luft- blasen aus den Blättern geschieht nur beym Ein- fluls des Sonnenlichts. Wirkt dieses in Verbin» dung mit Wärme auf den obern Theil einer Pflanze, z. B. eines in ein Treibhaus geleiteten Asts eines Weinstocks, so fängt derselbe schon an zu grünen, wenn, die Vegetation des untern T'heils noch weit zurück ist. Licht und Wärme sind überhaupt die vor- nehmsten unter den äussern Potenzen, wodurch die Bewegung der Pflanzensäfte bestimmt wird, Da der Einflufs derselben während der Jahres- und Tageszeiten regelmäfsig wächst und abnimmt, so mufs auch in dieser Bewegung eine regel- mälsige Veränderung statt finden. Die letziere bestehtin einem Auf- und Abflielsen des Safts. Bey den baumartigen Gewächsen unsers Himmelsstrichs tritt das Aufsteigen im Frühjahre, | das \r m | sg das Absteigen gegen das Ende des Sommers ein, Beym Aufsteigen hebt sich der Saft täglich nach der verschiedenen Temperatur der Luft bald mehr, bald weniger, doch so, dafs er, nach War. -kEr’s Versuchen v), bey der Birke fünf bis sechs Wochen braucht, um zwanzig Fuls hoch zu steigen. Nach dem Aufsteigen fangen die ver- schiedenen Lagen der Rinde und des Holzes an, sich von einander zu trennen w), und von die, ser Zeit an bis zur Mitte des Sommers treiben die Pflanzen vorzüglich ins Laub, nachher aber mehr in die Wurzeln. Aufserdem geht bey al. len Pflanzen, sobald sie Blätter haben, des Ta- ges die Bewegung des Safts mehr nach unten, des Nachts mehr nach oben, . Gewächse, die im Dunkeln aufwachsen, schielsen schnell in die _ Höhe, treiben aber wenig Wurzeln; umgekehrt verhält es sich mit Pflanzen, die dem Lichte aus- gesetzt sind. Diese hegeln sind indels nicht ohne Ausnahmen, und können es nicht seyn, da es ausser dem Einfluls des Lichts noch an- dere Ursachen giebt, wovon der Trieb der Säfte abhängt. So treibt jede Pflanze im Anfang ihres ‘ Entstehens vorzüglich nach unten, und bilder Wurzeln, ehe sie aus der Erde hervordringt, und eben so sieht man an jeder, im Wasser stehen- Rn = N | den v) Transact, ef the Roy, Soc. of Edinburgh. Vol, ı, pP. 3 w) WALKER a. a O. 6o urn verarerzun den Hyacinthenzwiebel, dafs ‚das Wachsthum der Wurzeln schneller als das der Blätter von statten geht, Die auf- und absteigende Bewegung des Safts ist auch nicht so streng an die Zeit .des Tages und. der Nacht gebunden, dals in der letztern Periode gar kein Wachsthum nach oben und in der letztern keines nach unten statt fände, Wir können jetzt auf unsere obige, die Funk- tion der grolsen Gefälse betreffende Frage zurück- kommen, und diese dahin beantworten, dafs die äufsern, der Rinde zunächst liegen. den Fasergefälse, oder der Bast, den Pflanzensaft abwärts, die um das Mark liegenden grolsen Gefälse, besonders die Spiralgefälse, aber denselben aufwärts führen. Folgende Gründe beweisen diesen Satz: 1. Wo blos eine, absteigende Bewegung des Pflanzensafts ist, finden sich nur Fasergefälse umgeben von Zellen. Dies ist der Fall mit den Flechten, den meisten Moosen und mehrern Na- jaden, die sich blos durch die Blätter ‚ernähren, ohne etwas von der Wurzel zu empfangen. Dies hat ferner bey den Blättern der meisten Dicoty- ledonen statt. Die Nerven derselben bestehen gröfstentheils aus Basıbündeln ohne zahlreiche Spiralgefäfse, und ihre übrige Substanz enthält blos Zeilen. Sie führen aber auch dem Stamm weit un 6r weit mehr zu, als sie von ihm empfangen. Früchte verwelken, wenn man dem Zweige, der sie trägt, die über ihnen sitzenden Blätter nimmt, und ein Stück Rinde, das durch Einschnitte von der übrigen Rinde getrennt ist, verdorret, wenn sich keine Knospen daran befinden, grünet aber fort, wenn es Knospen hat, deren Blätter ihm Nah- rung zuführen x). Ein Tropfen Salzsäure auf ‚ein Blatt gebracht, verursacht einen gelben Fleck, der sich wenig gegen die Spitze, desto mehr aber gegen die Basis des Blatts, und von dieser durch den. Blattstiel bis zum Stamm verbreitet, und blos durch die Nerven des Blatts fortgeht y), o 2. Eine blos absteigende Bewegung findet auch in dem ersten Keim der Pflanze statt, Die- ser erhält anfangs seine Nahrung blos aus den Saamenblättern, und das Erste, was sich an ihm bildet, ist die Wurzel. Indem diese entsteht; ‚geht der Trieb des Nahrungssafts aus den Co- tyledonen blos abwärts, und während dieser Zeit sieht man in dem Keim noch keine andere Ca- näle als Fasergefälse. Sobald aber der Anfang des Stamms hervorzubrechen und der Trieb .. der Säfte aufwärts zu gehen anfängt, zeigen sich in der Mitte des Pflänzchens Spiralgefälse, 3» x) Lısx’s Nachträge zu den Grundl. H, 1, $, 49 y) Lınx 4,20. S. 2. _ 62 ” nn M 35. Spiralgefälse giebt es .allenthalben, wo die Bewegung der Säfte aufwärts gerichtet ist, Bey den baum- und strauchartigen Dicotyledonen bildet sich jährlich im Herbst eine neue. Lage derselben um das Mark, die bey manchen Bäu- men, z.B. den Linden, im Frübjahre mit grü- nen ‚Zellen und saftreichen Fasern umgeben ist. Die grüne Farbe dieser, von der Oberhaut durch den ganzen Holzkörper getrennten und dem Lichte völlig unzugänglichen Theile, und ihre saftige Beschaffenheit beweisen, dals zwischen dem ‘Mark und dem Holz ein ähnlicher Procels, wie zwischen der Rinde und dem Holze, statt findet, Völlig gleich können aber beyde Processe nicht seyn, indem es zwischen der Rinde und dem Holz keine Spiralgefäfse, wie in der Nähe des Marks, giebt, und eine andere Verschiedenheit in den Funktionen beyder Theile ist nicht zu den- ken, als dals der Safı durch die einen auf-, durch die andern niedersteigt, In dem Mark und den dem Marke zunächst liegenden Fasergefälsen der Bäume und Sträucher findet man aber auch im Januar und Februar eine Menge Luftblasen. Mit der. Entbindung dieser Luft beginnt ‘ohne Zweifel die Vegetation. Nie trifft man sie um jene Zeit in dem Zellgewebe der Rinde und in den Bastfasern an, Der Anfang der Vegetation geschieht daher in der Mitte des Stamms, und wahrscheinlich tritt also auch die nächste Wir- ° | | kung 63 kung dieser innern Bewegung des Safıs, das Aufsteigen desselben, nicht ‘im. Umfange des Stamms, sondern in den um das Mark liegen- den grolsen Gefälsen ein. 4. Werden diese Gefälse m Frühjahr an einem Ast’ ausgeschnitten,, so treibt zwar der- selbe im folgenden Sommer aus den im Bast und der Rinde vorräthigen Säften noch Blätter; aber im‘ folgenden Jahre ist er abgestorben z). Nimmt man alles Holz weg, und läfst blos die Rinde übrig, so fängt der Zweig sogleich an zu welken und ist in kurzer Zeit völlig leblos. Hingegen kann man rings um einen blätterrei- chen Ast die Rinde und einen beträchtlichen Theil des Holzes wegschneiden; der Ast fährt doch fort in allen Theilen zu grünen, wenn nur eine Lage Holz um das Mark übriggeblieben ist, 5. Endlich geschieht, wie oben gezeigt ist, alle schnellere Bewegung des Pflanzensafts durch die grofsen Gefäfse, Nur von der Wurzel zu den Blättern findet aber eine schnelle Bewegung der eingesogenen Flüssigkeiten statt; hingegen was von den Blättern aufgenommen ist, gelangt nur langsam zur Wurzel. Durch das blofse Be- gielsen der Wurzel lälst sich eine Pflanze bey kräftigem Wachsthum erhalten, und sie richtet sich, z) J. L. F. MAven’s naturgetreue Darstellung der Ent- wickelung u. s, w. der Pil, S. 49. 64 Gunnar sich, wenn sie Mangel an Wasser leidet, schnell wieder auf, sobald ihre Wurzeln hinreichend getränkt sind; aber das blofse Begielsen: der Blätter unterhält nur dürftig die Vegetation, und eine: welke Pilanze wird nur langsam dadurch‘ gestärkt, Auch aus diesem Gesichtspunkt er- scheinen also die grofsen Gefälse als diejenigen, die den Salt aufwärts führen. Diese Meinung von der Bewegung des Pflan- zensafts hat zwar mehrere wichtige Authoritäten gegen sich. ‚Seitdem PrrrAavLT, MarıorTTE und ein Hamburgischer Arzt, Maror, zuerst bewie- sen, dafs es ein Auf. und Abiliefsen des Safts in den Gewächsen giebt, und dafs beyde in ver- schiedenen Theilen geschehen a), hat man fast allgemein für das Organ der absteigenden Bewe- sung die Rinde, und für die Theile, die den Saft aufwärts leiten, die Bastfasern ängenpmimen, Die letztere Funktion des Basts ‚hat besonders SPRENGEL zu beweisen gesucht, Doch glaubt die- ser, dafs das Aufsteigen auch im Holze, und das Absteigen zwischen dem Bast und dem Holze eifolgt b). | | 4 Für a) PerrAaurr Oeuvres de Physique et de Mechanique. Vol. ı. p.69. = Hist. de l’Acad. des sc. de Paris, A. 1709. Ed. 8. p. 56. b) Srrancer über den Bau u. die Natur der Gew. S. 451. 440. 465. Ya ur 6 Für die Hypothese von dem Abfliefsen des Safts durch die Rinde giebt es aber keinen erheb- lichen Grund, als die Erfahrung, dafs wenn rings um den Stamm’oder den Ast eines ‚Baums ein Streifen 'Rinde weggenommen ist, sich mehr Saft aus dem bbern, als aus dem untern Rande der Wunde ergielst, und der Baum über dem Schnitt anschwillt, unter demselben aber nicht zunimmt c). Gegen diesen Beweis gilt, was schon oben gegen die Meinung von der Bewegung des Safts dnrch die Rinde im Allgemeinen erin- nert : ist. Nach meinen Erfahrungen findet aber auch jener Erfolg keinesweges in allen Fällen statt, wenn man, statt die Rinde auszuschneiden, sie unterbindet, Ich liefs vor einigen Jahren um neu gepflanzte Obsıbäume meines Gartens Eisen- dräihe, woran Bleche mit den Namen der Bäume hingen, theils unter dem Anfang der Krone, theils an dem untern Ende eines Hauptaste legen. An sieben Stämmen, die aus Pflaumen, Kirschen, Aepfeln und Birnen bestanden, wurden die Drä- the beym Wachsen der Bäume nicht genug er- weitert, Im folgenden Jahr waren sie schon so ARTE weit c) Corrä’s Naturbeobachtungen über die Bewegung u. Funktion des Safıs in den Pflanzen. Weimar 1806, 8.14. — Lınk’s Grundiehren der Anat, u, Physio), der Pf. S.35. — Dessen Nachträge zu den ERRRR lehren. H. 1. 5. 2ı, IV. Bd, na E nn .65 en) weit in das Holz eingedrungen, 'dafs sie sich ohne ‚eine sehr gewaltsame Operation nicht’ wieder’ her- ausziehen lielsen, Jetzt sind zum Theil selbst die Bleche ganz verwachsen. Alle diese unterbunde- nen Stämme oder Aeste verlieren im Herbste weit früher als die übrigen ihre Blätter, schlagen aber auch im Frühling weit zeitiger wieder aus, blü- hen sehr voll, und tragen zum Theil viele, doch kleine, unschmackhafte Früchte, Bey allen fin- det sowohl unter, als über dem Bande eine An- schwellung statt, Da, wo das Band um den Stamm unter dem Anfang der Krone liegt, ist bey einigen, doch auch nicht bey allen, die An- schwellung oberhalb dem Bande stärker als unter. halb demselben. Bey den übrigen Bäumen hin- “gegen, an welchen blos .ein Ast unterbunden ist, finde ich keinen Unterschied zwischen der obern und untern Anschwellung. Nach Ligaturen tritt also wenigstens nicht immer eine stärkere Ver- dickung über dem Bande ein, und vielleicht ist auch nach kreisförmigen Ausschnitten der Rinde N diese Verdickung nicht allgemein. Fände sie aber auch ‚ohne Ausnahme statt, so würde doch noch \ erst zu beweisen seyn, was noch nicht bewiesen ist, dafs die Verdickung. ursprünglich von der Rinde, und'nicht von dem Bast oder Holz her- rührt, ehe man daraus auf ein Absteigen des Safts durch die Rinde schlielsen dürfte, Uebrigens weils, man ja auch, dafs manchen Bäumen die j | ganze | nr 67 2 t ganze Rinde, ihrem fortdauernden Wachsihum unbeschadet, abgeschält werden kann. Wie wäre dies möglich, wenn sie eine so wichtige Funktion hätte, wie sie bey jener Meinung haben müfste! Die zweyte Hypothese, dafs das Aufsteigen des Safts durch den Bast geschieht, hat man dar- aus beweisen wollen, weil es Bäume gäbe, in welchen das Mark mit dem Holze verfanlt, und blos der Bast nebst der Rinde noch gesund wären, und welche doch Jahre lang fortlebten, Aber diese Beobachtung halte ich für unrichtig, Nie ‘habe ich inwendig verfaulte Bäume gesehen, die noch vegetirt und nicht unter dem Bast noch ge- sundes Holz gehabt hätten d), Kein Baum, der dieses nicht besitzt, kann dem Winde widerste- Een Das übrig gebliebene Holz enthält aber noch so viele grolse Gefälse, als zur Unterhal- tung des immer nur sehr kümmerlichen Lebens solcher Bäume nöthig ist, Was endlich SprenGer’s Hypothese . betrifft, dafs das Absteigen des Safts zwischen dem Bast und dem Splint geschieht, so ist diese eine Folge seiner übrigen Meinungen, Dafls die Rinde zu jener Funktion nicht passend wäre, sahe er ein; den Bast und die Fasergefälse des Holzes nahm er d) Das Nehmliche erinnert Runorruı (Anat, der Pfl, S. 231.) AR 68 nn er für die Organe des Aufsteigens an; die grofsen Gefälse aber liefs er nicht für saftführend gelten. So blieb freylich kein anderer Ort zum Absteigen des Safts als der Zwischenraum zwischen dem Bast und dem Splint übrig. Dafs im Frühling zwischen dem Bast und der Rinde viele Flüssig- keit enthalten ist, hat freylich seine Richtigkeit, Allein diese ergielst sich dahin aus dem Holzkör-’ per. Schon WALkER e) sagt ausdrücklich in sei- nen Bemerkungen über die Bewegung des Safts in den Bäumen, dafs sich im Frühling der Saft zwar häufig zwischen dem Bast und der Rinde zeigt, dafs er aber erst beym Anbohren des Ho- zes in Menge hervordringt, Auch bemerkt WAL- BER, dafs sich der Bast von der Rinde erst nach dem Aufsteigen des Safts und nicht früher trennt. Der Saft mufs also schon im Holze aufgestiegen seyn, ehe er sich in den Zwischenraum zwischen. dem Bast und der Rinde ergielsen kann, ; (. % yR Chemische Nutritionsprocesse der Pflanzen. ‘Was wir bisher von "innern Bewegungen des Pflanzenkörpers aufgefunden haben, ist der blofse Mechanismus der ‘Vegetation , der erst durch die dabey zum Grunde liegenden ‚. oder daraus hervorgehenden chemischen Veränderun- gen eine höhere Bedeutung erhält, Wir kommen jetzt" e) Aa 0 x 69 ‘ jetzt auf diese ‘chemischen. Erscheinungen des Pflanzenlebens, und fangen unsere Untersuchun. gen mit der Beantwortung der Frage an: Wel- chen Einflufs das Athmen der Pflanzen auf die umgebende Luft äufsert ? ! Es war zuerst PriestLey,. und auf dessen Veranlassung ScHEELE, die über diesen Gegen- stand Versuche anstellten f). Beyde fanden, dafs ‚die Pflanzen in einigen Fällen Sauerstofgäs, in andern eine mephitische Luft aushauchten, Ueber die. Ursache des entgegengesetzten Erfolgs ihrer Versuche blieben beyde in Ungewilsheit, Diese wurde in der Folge von Insennouss g) und SEN- NEBIER h) entdeckt, Die letztern fanden, dafs grüne Pflanzentheile, besonders die Blätter, beym ‚Einflufs des Sonnenlichts ‚unter Wasser Sauerstoff. gas ausaihmen, dals aber dieselben Organe im, Dunkeln die atmosphärische Luft für Thiere irre- spira- 8) Paıesteer’s Versuche u. Beobacht. über verschie- dene Gegenstände der Luft. Th. 1. S.89. — Dessen = Vers. u, Beobacht. über versch, Theile der Natur- } lehre. Th.r. S, 229. g) Versuche mit Pflanzen. Uebers. von Scheren, — Dessen vermischte Schriften. _ Uebers, von Morıror, ate verm. Aull. bh) Ueber den Einilufs des Sonnenlichts auf alle dıey Reiche der Natur, | + 709 —____ spirabel machen, und dafs diesen Einflufs die | Wurzeln, Schoten, reifen Früchte, Saamenkörner ‚und andere nicht grüne Theile zu allen Zeiten, ‚doch mehr in der Nacht und im Schatten, als bey Tage, und am wenigsten im Sonnenlichte, auf die Atmosphäre äulsern, Diese Beobachtungen wurden durch ‚spätere Erfahrungen von STERNBERG 1), Succow k), SpaLLanzanı ]) und dem jüngern Saussure m) in der Hauptsache völlig bestätigt, Nur darin ha- ben die Resultate der Versuche von IngEnHouss und SENNEBIER einige Einschränkungen erlitten, ı) dafs die Menge Sauerstoffgas, welche die Blätter beym Einflufs des Tageslichts in der Luft erzeugen , weit geringer ist, als die, ‚welche sie unter Wasser liefern n); s) dafs die grüne Farbe nicht, wie InGEnHousS obne Einschränkung behauptete, ein wesent- . licher Charakter der Pfilanzentheile ist, welche PR | .Sauer- | \ or ‚\) Maver's Samml, physikal. Aufsätze von einer Ge- sellsch, Böhmischer Naturforscher. B. 2. 5549, k) Commentat, Acad, Theodor, Palatin, Vol.,V. phys. p. ı66, r ‘ 4 1y) Tl: de Phys. T.(V.) 48, p. 135. m) Chemische Untersuchungen über die Vegetation. ' ‘Uebers, von Voıcr. } \ mM) SPALLANZANI aa, Q, EL 7 ‚ Sauerstoffgas ausathmen, sondern’ dafs es ei- nige, obgleich nicht häufige Ausnahmen hier. von giebt 0); _ | 3) dals auch unreife Weintrauben den Sauer- stoffgehalt der atmosphärischen Luft an der Sonne vergrölsern p); | 4) dafs die Blätter bey der Entwickelung von Sauerstoffgas auch Stickgas entweichen las- sen q). Wie die Blätter der Pflanzen, so’ verhalten sich auch unter den Phytozoen die zur Familie der Wasserfäden gehörigen Arten „ die. eine grüne, Farbe haben, vorzüglich PaıestLey’s grüne Ma- terie, Alle diese Hörper entbinden eine sehr grolse Menge Sauerstoffgas, und zwar. die letztere nicht nur bey der Einwirkung des Lichts, son- dern 'auch im Dunkeln, ja selbst wenn sie ge- trocknet, zerrieben und wieder angefeuchter ist; die übrigen aber nur beym Einfiuls der Sonnen- strahlen r). Auch o) "SAUSSURE a. 24.0.9, 50.* ‘ p) $Saussure ebendas. S. 119. $. 10, g) Eböndes. S. 52 | | ») Inanhionis verm, Schriften. B. 2.:8.189. — J. A. Scuerer’s Beobacht. u. Vers. über das pflanzenähn- liche Wesen in dem warmen Carlsbader u, ‚Töplitzer E4 ia Wasser, EN I nur Auch die Blasen des Fucus vesiculosus ent- halten eine Gasart, die weit reicher an Sauerstoff als die atmosphärische Luft ist s). ’ “Die Schwämme hingegen hauchen nach vow Hunsoror’s Versuchen Tag und Nacht Wasser- stoffgas aus t). Auf eine andere Art wie die schon gebildete Pfilanze wirkt das keimende Saamenkorn anf die atmosphärische Luft, Während des Keimens- ver« mindert sich der Sauerstoffgehalt der letztern; es entsteht dagegen kohlensaures Gas, und zwar im Verhältnifs zu dem verschwundenen Sauerstof- gas v).- Befinden sich die $aamenkörner unter Reei- N Wasser. $. 15 ” — SennesiER, Jonrn, € de phys. m. (V.) 48. p- 357: 62, s) PriestLer’s Vers, u. Begbachı, über versch, Theile der Naturl. Th, ». S. 241. !) Vos Humsorpr's Aphorismen aus der ‚Sheu Phy- siologie der Pflanzen. S, 107. 122, v) Rorro, Annales de chimie, T. 25. p.37”. — SAvs- suns’s chem. Untersuch, über die Vegetat,. '$. 7. u Houzer u. Sennesıen über den Einflufs der Luft und einiger gasartigen Stöffe auf die Keimung, ver- 'schiedener Saamenkörner. Uebers. von Rızm,. 8.21. 22. — An Inquiry into the Changes, induced on atmospheric Air by the Germination of Seeds, the Vegetation of Plants and the Respiration. of Animals _ By D. Eıuıms. En 73 Recipienten, die mit reinem Stickgas oder Was- serstoffgas angefüllt sind, so keimen darin zwar - nicht alle, doch manche Arten von Körntrn, z.B. Erbsen, und ‚man findet dann auch in diesen Lüftarten kohlensaures Gas, zugleich aber auch blofsen Koblenstof , der sich von den Saamen- körnern. abgesondert , und jene‘ Gasarten in koh- lenhaltiges Stickgas oder Wasserstofgas verwan- - delt hat w). | IUNTENTAR. PRRRETN Kohlensaures Gas ist es auch, welches’ von den nehmlichen Pflanzentheilen,, die heym Ein- Alufs des Lichts Sauerstoffgas aushauchen , in der Dunkelheit. erzeugt. wird x). Sie, absorbiren da bey ebenfalls, wie die keimenden Saamenkörner, Sauerstofgas, doch die Blätter der fleischigen Gewächse weniger, als die der meisten übrigen Pflanzen y), die Sumpfgewächse weniger, als der ‚gröfste Theil der übrigen krautartigen Ge wächse, die Blätter der immergrünen Bäume we- ..niger, w) Huzer u. Sensepien a. a. OÖ. S. 11.35.50, 1359. 151. — Zwölf Erbsen hatten in Wasserstoffgas eine Quantität Kohlensarres Gas erzengt, die einer Mässe von 60 Unzen Wasser gleich war. Ebendas, $. 146. 3) Sparıanzanı a. a. OÖ. — Govucn, NicHozsow Journ. of nat. Philos. Vol.3, No,26, pp. — Sıvs- SURE 2.2, 0, 5. 60. y) SAussvae aa. 0. 5; 82. 74 — ; niger, als die der Bäume, die im Winter ihr Laub verlieren, und die Blätter solcher Pflanzen, welche auf einem magern Boden, oder in tief- liegenden und feuchten Gegenden wachsen, we 1 niger als diejenigen, die nur auf einem frucht- baren Boden unter freyem und reichlichem Zu- tritt der atmosphärischen Luft, gedeihen z). Viel- leicht aber findet in der Dunkelheit auch eine ge- ringe Aushauchung von Sauerstoffgas statt a). Ferner ist es kohlensaures Gas, welches von den Wurzeln, den holzigen, entblätterten, vom Stamm getrennten Zweigen, und den Blüthen der Pflanzen unter allen Umständen ausgehaucht wird, Die Wurzeln absorbiren blos das Sauer- stoffgas, nicht aber das Stickgas der atmosphä- rischen Luft b). Das Holz und die Biüthen ab- sorbiren ebenfalls Sauerstoffgas, und zwar die letztern mehr im Sonnenschein, als im Dunkeln, Auch erzeugen diese mit dem kohlensauren Gas zugleich Stickgas c). | Woher z) SAavssureE ebendas. S. 86, 87. a) Ebendas. S. 49. b) Ebendas. S. gg. c) Ebendas. $S. 104.114. — Nach einer von SAUSSURE (S. 117.) mitgetheilten Tabelle war in sechs Fällen von sieben die Menge des erzeugten Stickgas der des absorbirten Sauerstoffgas gleich. ’ \ \ { —— vo Woher und. wozu nun diese verschiedenen ‚Gasarten, die von der Pflanze ausgehaucht und eingesogen werden? Die Beantwartung dieser Frage ist der erste Schritt zur Enthüllung der Geheimnisse der Vegetation. Am wenigsten befriedigend. hat sie ohnstrei- tig Rumrorn beantwortet. Dieser behanptete, die unter Wasser gehaltenen Blätter befänden sich in ‚einem unnatürlichen Zustande, und man erhalte auch von andern Körpern, z. B. von-fein gespon- nenem .Glase, roher Seide, gemeiner Baumwolle und der Wolle des Pappelbauıns im Sonnenlicht ‚und unter Wasser Sauerstoffgas d). Allein: .die ‚erste dieser Behauptungen wird durch SPALLANZA- ni’s und Saussure’s Versuche widerlegt, nach welchen grüne Pflanzentheile auch in der Luft -dem Sonuenlichte ausgesetzt Sauerstoffgas ausath- men. Die Versuche, worauf sich die zweyte Be- hauptung gründet, lehren, dafs 40 Gran roher Seide nach 3 Tagen nicht mehr als 3% Cubikzoll Luft lieferten, und dafs zuweilen 4 Tage vergin« gen, ehe sich so viel sammelte, als zu einer eu- diometrischen Prüfung der Luft nöthig war. "Kann nicht diese unbedeutende Quantität Gas durch eine geringe, vielleicht kaum sichtbäre "Menge grüner Materie, die sich während des Ver- suchs im Wasser erzeugte, gebildet seyn? Aber | Woon- -d) Philosoph, Transact. Y. 1782. 76 ran. or Woopnouse’s Beobachtungen zeigen auch, dafs jene von leblosen Körpern im Wasser ‚hervorge- brachte Luft mit der von lebenden Blättern aus- , geathmeten so wenig der Qualität, als der Quan- tität nach verglichen werden kann, WoonuouseE serzte Asbestfäden, gesoitene Pferdehaare, gemei- ne Baumwolle, Wolle der Asclepias Syriaca, die Blüthenrispen des Ahkus Cotinus, die feinhaarigen Federn von Clematis crispa, die Aehren von Panicum glaucum und gepulverte Holzkohle in 40 Unzen Brunnenwaäiser einen Tag hindurch dem Sonnenlichte aus, Jeder von diesen, Körpern lieferte 2 bis 4 Drachmen unreines Sauerstoffgas, indem Blätter von irgend einer Pflanze, in dem nehmlichen Wasser der Sonne ausgesetzt, binnen wenig Stunden 8 bis ı9 Drachmen weit reinero ! Luft gaben e), Jetzt lälst sich die obige Frage bestimmter so stellen: Rührt das Sauerstofgas, das von den Pflanzenblättern beym Licht excernirt wird, und das kohlensaure Gas, das sie im Dunkeln aus hauchen, von der eingesogenen atmosphärischen Luft, oder von, dem aufgenommenen Wasser her? Denn nur aus diesen beyden Quellen können jene Gasarten entstehen. un ' Vorzüglich Woopnouse und. SAUSSURE sind es, welche diese Fragen durch Versuche zu be- antwor« e) Nıomorson Journ, of nat. Pll. Vol. 2. p. 150. were | 77 I “ antworten gesucht haben. Beyder Meinung ist, dals das kohlensaure ‘Gas der Atmosphäre und des Wassers die Quelle ist, aus welchem das Sauerstoffgas herrührt, das beym Sonnenlicht von den Pilänzen entbunden wird. Die Gewächse zie- - hen, ihnen zufolge, jenes kohlensaure Gas ein, zersetzen dasselbe, eignen sich dessen Tiohlenstoff nebst einem Theil des darin befindlichen Sauer- stofs an, ‚und hauchen den übrigen Sauerstoff aus. Die Ausscheidung des kohlensauren Gas im Dunkeln ist nach Woonnousz die Folge eines krankhaften Zustandes, indem sie, seinen Erfabh- rungen nach, nur. bey verwundeten Pianzen- theilen statt findet, Indels beweisen SAUSSURE’s Versuche, dafs allerdings auch unverletzte vege- tabilische Organe diese Gasart von sich geben, und zwar leitet sie SaussunE von einer Ver- bindung! des Kohlenstoffs der Pflanzen mit denı Sauerstoff der Atmosphäre her. Wir werden zuerst die einzelnen Gründe prüfen, worauf jene Schriftsteller ihre Meinung bauen, ehe wir über diese Hypothese im Allge- meinen ein Urtheil fällen, WoonnHouse f) beruft. sich auf folgende Er- fahrungen: ı) Die Blätter von vierzehn verschiedenen Pflanzen, die man in einem Recipienten von 2 u - ud) A. a, 0. - 40 Unzen mit Flufswasser umgeben hatte, er« zeugten etwa 10 Drachmen- Maafs Luft, deren Hauptbestandtheil Stickgas war hingegen lieferte - ' eine gleiche Qnantität eben solcher Blätter in dem nehmlichen Wasser, welches aber vorher mit Kohlensänre geschwängert worden war, 77 Drach- men- Maals sehr reinen Sauerstoffgas. \ 2) Eine Handvoll, Blätter von mehrern Pflan- zen wurden, jede besonders, in ı6 Unzenmaals atmosphärischer Luft, weiche mit & KH Unzenmaält aus Kreide und Schwefelsäure PT Gas vermischt waren, 7 Stunden lang dem Gore lichte ausgesetzt. "Die ‚ kohlensaure Luft ver- schwand bierbey, und die Reinbeit der atmo- sphärischen Luft hatte so zugenommen, dafs sie o Maafs Salpetergas verschluckte, So setzte auch Woonpnnuse eine Quantität Blätter der Mimosa virgata und Amygdalus persica, jede besonders, 40 Unzenmaalsen atmosphärischer Luft, worin er einen Schwamm hatte verfaulen lassen, 9 Stun- den lang dem Sonnenlichte aus. Das vom Schwamm entstandene kohlensaure Gas ver schwand, und die Reinheit der Luft stieg von 50 bis 80. Auf dem ersten dieser Gründe bauete auch vor 'WoonHovse schon SENNEBIER g) die Mei- 3 nung, g) Recherches sur Pinfluence de la lumitre solaire pour nenn 79 l nung, dafs die Pflanzen das kohlensanre Gas beym Sonnenlichte zersetzen, den Kohlenstoff des selben sich aneignen, und den Sauerstoff entwei- chen lassen. Aber ist es nicht richtiger, aus die- sem Grunde zu schliefsen, dafs die Kohlensäure zu den koskullen Bedingungen der Vegetation ge- hört, als jene Hypothese-daraus zu folgern? -Man weils, dafs die Pflanzen in den meisten Versu- chen, die bisher über den Einflufs der Kohlen- säure auf die Vegetation angestellt sind, nur ei- nen geringen Zusatz von kohlensaurem Gas zu dem Wasser, oder der Luft, Sa sie vege- tirten, ohne Nachtheil vertrugen b). Ein solcher Ein- pour metamorphoser l’air fixe en air pur par la ve- getation. Gentve 1783. *b) Biol. Bd.2. 8.477 ff. — Ich habe an dieser Stelle die Vermuthung geänfsert, dafs der entgegengesetzte Erfolg der, Versuche Prıestıey’s, Percıvar’s und Henry’s über den Einfluls des kohlensauren Gas anf die Vegetation vielleicht in dem verschiedenen Grade des Lichts, dem die Pflanzen dabey ausgesetzt waren, zu suchen sey. Spätere Versuche Savssure’s, nach welchen: die nehmliche Quantität Kohlensäure, die das Wachsthum der Pflanzen im Sonnenlichte begün- 'stigt, dieselben Gewächse im Dunkeln tödtet, und "Pflanzen, die ihre Vegetation in Stickgas unterhalten können, auch in der Sonne sterben, wenn man die- sem Gas eine Quantität Kohlensäure zumischt, die ihr Wachsthum in der atmosphärischen Luft beför- dern 80 Einflufs, ist wohl von den formelien, nicht aber « von "den materiellen Bedingungen des Lebens denkbar. Im Thierreiche. wenigstens giebt es kein Beyspiel von ‚einer Potenz der letztern Art, die ' jm Uebermaafs dem Leben so leicht gefährlich würde, v i ? Der zweyte Grund läfst sich zwar zu Gun: sten der Hypothese Woopnoevse’s denien. Aber ‚er reimt sich eben so wohl mit der unsrigen. Es ist von "Woopuouse nicht bemerkt worden, ob die Pflanzen dem Sonnenlicht unter Wasser, oder in der Luft‘ ausgesetzt waren. Fand das Erstere statt,'.so war das koblensaure Gas vom Wasser und nicht von den Pflanzen verschluckt vorden, Im letztern Fall konnte es zwar nur von den Vegetabilien aufgenommen seyn. Allein vermittelst der nehmlichen Schlufsfolge, deren sich Woopaousk bey diesem Beweise bedient, lielse eich darthun, dals auch das Wasserstoffgas, ja | sogar Be Nun, dern würde, haben diese Vermuthung völlig bestä- tigt. (Von Cneır's chemische Annalen, 1798. Bd. ı. 5. 25. Saussure’s Chem, Untersuch. über die Ve- -, getat, 8,25 (.2.) — ScHNURRER'S Versuche zeigeng | dafs auch die oxy ‚dirte Salzsäure dieselben Saamen im Dunkeln tödtet, deren Heimen: beym Einflufs. des ‚Lichts durch sie befördert wird. (RT, SCHNURRER observ. de. materiarum quarund. oxydat in germina- n tionem efhicientia etc. Tubing. 1805. Uebers. in:GEH- h Xen’s HAREIR £, d. Chemie u. PATER D.2. s 5). “N “ z— tr ‚sogar das Salpetergas, zu den Nahrungsmitteln der Pflanzen gehört, indem mehrere Pilanzen die- se Gasarten begierig verschlucken, und dafür Sauerstoffgas ausathmen ji), Zahl. i) In einem von Priestıer’s Versuchen verschluckte eine Pflanze des Epilobium hirsutum atmosphärische Luft, Wasserstoffgas und Salpeterluft (Priestrev's Vers. u, Beobacht, über versch. Theile der Naturl, Th, ı. S. 246ff.). Reines Wasserstoffgas, in welchem seine solche Pflanze vegetirt hatte, war in Knallluft verwandelt, ja in einigen Fällen sogar der entzünd- lichen Eigenschaft beraubt worden. (Priester a, a.0. Th.2. S.5 ff.). Salpeterluft, in welchem eine andere Pflanze jener Art einen Monat lang vegetirt hatte, und die bis auf den vierten Theil dadurch war vermindert worden, hatte sich so verändert, dafs einLicht in derselben mit einer ruhigen, lauen, sich ausbreitenden Flamme brannte, (Prizstıey a, a, O. S. ı2.). Ganz anders verhielt sich jene Pilanze in Sanerstoffgas. In diesem starb sie sehr bald ab, olıne die Luft merklich zu vermindern. (A. a. 0. 8. ı3.) Nach Prisstıer (A. a. O. 5.14.) kamen auch die Wallwurzel und das Geifsblatt in Wasserstolfgas sehr gut fort, und nach IscenHouss (Versuche mit Ptlan- zen. $8.335 ff,) hauchten Pfeffermünz-, Wallnufs- und Wasserpfefferblätter am Sonnenlicht unter Wasser, worüber Wasserstoffgas gesperrt war, eben so wohl als bey gleichen Umständen in der atmosphärischen Luft, Sauerstoffgas aus, und verwandelten die ent- zündbare Luft in Änallluft. Link bemerkte, dafs eine IV. Bd. S F | Pflanze 82 Burererenn Zahlreicher als Woonpnouse’s Erfahrungen sind die Versuche, worauf Saussure die obige Mei- nung gebauet hat. Saussure fand, dafs das Volu- men des beym Keimen der Saamen verzehrten Sauerstoffgas der Menge des in der nehmlichen Zeit sich erzeugenden kohlensauren Gas gleich ist, Da nun der Kohlenstoff bey seiner Verbren- nung mit dem Sauerstoff das Volumen des letztern nicht merklich verändert, .so schlielst SAussuRE: ı) dafs das atmosphärische Sauerstoffgas wäh- rend dem Keimen nicht von den Saamenkör- nern verschluckt, sondern lediglich zur Bil- dung des kohlensauren Gas mit dem Kohlen-. stoff der Saamen verwandt wird; - 2) dals der keimende Saamen, in Berührung mit der atmosphärischen Luft, das kohlen- saure Gas nicht ganz aus seiner eigenen Sub- stanz bildet, sondern nur einen Bestandtheil desselben, den Kohlenstoff, liefert k). Die nehmlichen Folgerungen hatte auch schon SENNEBIER aus seinen und Huser’s Erfahrungen gezogen. Diesen zufolge vermindert sich wäh- Pflanze des Sedum Telephium, die sich in Wasserstoff- gas befand, dieses bis auf „% verzehrte, und dals der Rückstand auslöschte und sich nicht entzündete, rend k (Usrerr’s neue Annalen der Botanik. St. 14.) . » k) Saussurt, Journ. de Phys. T. (VT.) 49. p. 92 — Dessen chem, Untersuch, über die Vegerar, 86,2. \ \ g - 83 rend dem Keimen das Sauerstoffgas, Geschieht das Keimen unter Recipienten, die mit Lebens. luft angefüllt und durch Kalkwasser gesperrt sind, so trübt sich dieses und es entsteht ein Nieder- schlag, von Kalkerde, iudesı ‘das Sauerstoflgas ab- nimmt |), Alle diese Versuche aber beweisen keineswe- ges, was sie beweisen sollen. Der Sauerstoff der Atmosphäre kann formelle Bedingung der Erzen- gung des kohlensauren Gas seyn, und die Ab- sorbtion desselben mit dieser in sehr genauem Verhältnifs stehen, ohne dafs er zur Bildung der Kohlensäure unmittelbar beyträgt. In der That fuhren Huser und Sennesıer auch einen Ver- such an, der- dieser Voraussetzung günstig ist, Erbsen keimten sehr gut sowohl in Stickgas, als in Wasserstoffgas, das aus Zink und Schwefel. säure gezogen war, und nach dem Keimen ent- hielten diese Luftarten viel kohlensaures Gas m)» Wie wäre dies möglich gewesen, wenn das Saa- 7 , | menkorn f l) Huzer’s u. Sensegier’s Bemerkungen über den Einfluls der Luft u, s,'w. auf die Keimung verschie- dener Saamenkörner, S, 2ı f m) Zwölf Erbsen hatten in Wasserstoflgas eine Menges kohlensauren Gas erzeugt, die einer Masse vön 60 Unzen Wasser gleich war, Hüsen u SEenneBiEn a. 2, O. $.151. $.ı9. $.50, $.9. 5159: 9.18. S.75 Fo 84 wur were “ menkorn beym Keimen "nicht einen beträchtli- chen Theil kohlensauren Gas ohne Hülfe des’ Sauerstoffgas , der Atmosphäre entbände? Frey- lich beobachteten Huser und SENNEBIER bey eben diesem Versuch auch eine Eischeinung, die es wahrscheinlich macht, dafs nicht alle Koblen- säure, welche beym Keimen entbunden wird, aus der Substanz des Saamenkorns herrührt, sondern dals ein Theil derselben aus der Verbindung des Kohlenstoffs des Saamenkorns mit dem Sauerstoff der Atmosphäre entsteht. Das zu wiederholten Keimungen gebrauchte Wasserstoffges nehmlich brannte blau, und zwar auch dann noch, wenn. es mit Kalkwasser gewaschen war. Wurde es mit reinem Sauerstoff im Vorra’schen Eudiome- ter verbrannt, so erzeugte sich eine grolse Menge Kalkerde. Indels frägt es sich, ob die Saamen, die in dem letztern Versuch blofsen Kohlenstoff aushauchten, nicht in einer Art von Fäulnifs waren? SAussuRE n) wenigstens versichert wahr- genommen zu haben, dals Saamen, die sich in reinem Stickgas unter Wasser befanden, zwar auch kohlenhaltiges Wasserstoffgas aushauchten, aber nur wenn sie zu faulen anflıngen. Ein zweyter Gegenstand der Untersuchungen Saussure’s war die Frage: Ob die Quantität des Sauerstoffgas, welches die Pflanzen beym Lichte ‚ aUS. - 2) A, 2.0. 8. 12. aushauchen, grölser, geringer, order‘ gleich der Quantität des Sauerstoffgas ist, welches in die ‚Zusammensetzung des von ihnen aus der Atmos- phäre geschöpften kohlensauren Gas eingeht? Um diese Frage zu beantworten ,„ brachte SaussurE von mehrern Pflanzenarten einige, deren Wurzeln sich in einem besondern Gefäls befanden, worin die Wassermenge so gering war, dafs sie keine merkliche Quantität kohlensauren Gas einsaugen konnte, unter einen Recipienten, welcher eine Mischung von atmosphärischer Luft und einer ab- gemessenen Menge kohlensauren Gas enthielt, an- dere unter eine Glasglocke, welche mit atmpsphä- rischer, ihres Kohlenstoffs beraubter Luft ange ‚ füllt war, Die unter dem erstern Recipienten be- findlichen Pflanzen brachten das kohlensaure Gas der Atmosphäre, worin sie eingeschlossen waren, zum Verschwinden, vergrölserten den Gehalt der letztern an Sauerstoffgas und Stuickgas, doch den Gehalt an Sauerstoffgas nicht in dem Maalse, wie der Fall gewesen seyn würde, wenn sie von je- nem absorbirten kohlensauren Gas alles in des- sen Zusammensetzung befindliche Sauerstoffgas "wieder ausgehaucht hätten, und enthielten nach dem Versuch mehr Kohlenstoff, wie vor dem- selben, In dem andern Recipienten hatte sich 1 ” “ . die Luft weder an Reinheit, noch an Volumen ‚geändert, und die Pflanzen, die darunter einge. schlossen gewesen waren, hatten vielmehr einen E23 | Ver- 3 wm Verlust, als einen Zuwachs an Kohlenstoff erlit- ten. Saussure schlielst hieraus, dafs die Pflan- zen ihren Kohlenstoff und einen Theil ihres Sauerstoffs aus der Atmosphäre schöpfen y indem sie das kohlensaure Gas derselben zersetzen, sich den Kohlenstoff und einen Theil des Sauersıoffs dieses Gas aneignen, und den übrigen Sauerstoff am Sonnenlichte von sich geben 0). Allein es findet ein wichtiger Umstand bey jenen Versü- chen statt, wodurch dieser Schlufs sehr unsicher gemacht wird, In dem letztern Recipienten hatte sich weder die Reinheit, noch das Volumen der Luft verändert, und doch hatten die eingeschlos- senen Pflanzen Kohlenstoff verloren. Wo war nun dieser geblieben? Er konnte nur von dem init einer dünnen Wasserschicht bedeckten Queck- silber, womit die Glocken gesperrt waren, aufge- nommen seyn, War aber in dem letztern Reci- pienten von dem nassen Quecksilber kohlensaures Gas absorbirt worden, so kann dieses auch in, dem erstern davon verschluckt seyn, und so läfst sich überhaupt aus diesen Versuchen nichts fol- gern. Ferner verfolgte Saussure die Erscheinungen, . welche Blätter und überhaupt grüne Pflanzen. theile äufsern, die im Dunkeln der atmosphäri« schen Luft ausgesetzt sind. Die Resultate, die er hier» 0) A200 5356 — 87 4 hierbey erhielt, sind von doppelter Art. Einige beweisen weder für, noch gegen seine Bypo- these; in den übrigen glaubt er Gründe für die letztern zu finden. Zu. jenen gehören folgende Beobachtungen: 1) Die Blätter der meisten Gewächse, die eine 4 Nacht in atmosphärischer Luft liegen, ver- mindern das Volumen dieser Luft, indem sie Sauerstoffgas absorbiren und freye Kohlen- säure bilden, welehe an Volumen geringer ist, als das verbrauchte Sauerstoffgas pP). | 2) Fleischige Gewächse vermindern das Volu- men ihrer Atmosphäre, indem sie Sanerstoff- gas einsangen, ohne jedoch merklich} kohlen- saures Gas auszuhaucher, wenn der Versuch nicht länger als eine Nacht dauert q). Sie thun dies aber nur bey unverletzter Struk- tur und Textur. Zerschnitten und zerquetscht nehmen sie keine bemerkbare Einathmungen vor r) 3) Eine Opuntie absorbirt im Dunkeln blos . Sauerstoffgas ohne Stickgas. Verlängert man ihren Aufenthalt im Dunkeln und in einer eingeschlossenen Atmosphäre, so fährt sie, | aber p) Bawsdas 2.2.0. 5. 54 g) Ebendas. S. 56. x) Ebendas. $. 66. se ‘ \ 83 — aber immer langsamer, fort, das Sauerstoff- gas zu absorbiren, bis sie davon ohngefähr ı} ihres eigenen Volumen erhalten hat. Dann findet keine Einsaugung weiter statt.. Sobald die Pflanze bis zu diesem Punkt gekommen ist, fängt sie’an, kohlensaures ‘Gas zu bil- den s). Wird sie aber von Zeit zu Zeit wieder ins Freye gebracht, so athmet sie immer von neuem eine der vorigen gleiche Quantität ein t). « 4) Das von der Opuntie aufgenommene Sauer- stofgas wird in derselben durch. eine so starke Anziehung zurückgehalten, dals es sich weder durch Wegnahme des Drucks der Atmosphäre unter dem Recipienten der Luft- pumpe, noch durch eine mäfsige Wärme ohne Licht davon trennen lälst v). Ch Aus allen diesen Thatsachen läfst sich we- der für, noch gegen SAaussure’s Hypothese etwas schlielsen. Anders aber ist es mit folgenden Beobachtungen E 1) ‘Die Blätter nehmen bey der Abwesenheit des Tageslichts in solchen luftförmigen Um- gebungen, ‚, welche kein freyes Sauerstoffgas enthalten, keine merkbare Einathmungen vor, | ‚Sie s) Ebendas. $. 59. 60. t) Ebendas. S. 6% u v) Ebendas. $. 6ı. — 89 Sie vergrölsern vielmehr ihre Atmosphäre, indem sie kohlensaures Gas aushauchen, doch desto weniger, je mehr Kraft und Leben die Pflanze hat w. — Diese Behauptung stimmt indels mit den oben erzählten Beob- achtungen PrıEstLey’s und Insennouss’s über das Einathmen des Wasserstoffgas und Salpe- tergas durch Sumpfpflanzen keinesweges über- ein. Das kohlensaure Gas aber, welches die Pflanze in einem solchen Medium aushaucht, es sey dessen so wenig als es wolle, muls doch aus ihrer eigenen Substanz kommen. Mithin beweiset diese Beobachtung mehr gegen als für Saussure’s Meinung, 2) Eine Opuntie athmei im Finstern das koh- lensaure Gas in dem ‚nehmlichen Verhältnifs ein, wie das Sauerstoffgas, wenn das er- stere dem letztern in einer kleinen Quanti- tät zugemischt ist x). — Aber andere Pflan- zen hauchen ja im Dunkeln kohlensaures Gas aus. Wie ist dies zu reimen? 3) Eine Opuntie leert des Tages fast die nehm- liche Quantität Sauerstoffgas wieder aus, die sie des Nachts eingesogen hat, - Sie ent- wickelt beym Sonnenlicht desto ‘mehr von | diesem w) Ebendas. S. 63. x) Ebendas. S. 64. F5 909 — men mn diesem Gas, je mehr sie im Finstern da von absorbirt hat, ‚und sie athmet desto we» niger aus, je geringer ihr Einathmen war. Die Ausathmung des Sauerstoffgas steht da« her mit der Einathmung desselben in ‚Verhält- nils y)» — Dieses Resultat steht aber in. offenbarem Widerspruch mit der obigen Be- obachtung, näch welcher die Quantität des ‚Sauerstoffgas, das die Pflanzen beym Lichte ausathmen, nicht derjenigen, die sie im Fin- stern eingesogen haben, sondern der, welche bey der Zerlegung des kohlensauren : Gas ihrer Atmosphäre entbunden wird, gleich seyn soll. Zwar ist die obige Beobachtung an nicht fleischigen Gewächsen gemacht, das letztere Resultat hingegen aus Versuchen, die mit der Öpuntie angestellt sind, abstrahirt, Allein wenn von dieser kein Schluls auf jene, und von jenen kein Schlufs auf diese gilt, so läfst sich überbaupt aus den obigen Beob- achtungen nichts Allgemeines schlielsen, Dies sind die Thatsachen, die man für die Meinung von der Ernährung der Pflanzen durch das kohlensaure Gas der Atmosphäre bisher vor- gebracht hat. Ich glaube hinreichend gezeigt zu haben, dafs jene Erfahrungen insgesammt eine A “ andere Deutung zulassen, und jetzt werde ich . ‚ auch y) Ebends. $.75 fl Br mm 91 auch beweisen, dafs diese Meinung überhaupt ganz unhalıbar ist. Ihr zufolge nimmt die Pilanze beym Sonnenlicht kohlensaures Gas auf, eignet sich den Hohlenstof ‚desselben an, und haucht den darin enthaltenen Sauerstoff wieder aus; zur Nachtzeit hingegen athmet sie Sauer- stoffgas ein, verbindet den Sauerstoff dieser Luft mit dem Kohlenstoff, den sie am Tage 'sich an« geeignet hat, und leert diese Verbindung als kohlensaures Gas aus. Wie ist nun hierbey ein Fortschreiten der Vegetation, wie eine Anhäufung des Kohlenstofs in der Pflanze möglich? Nach dem langsamen Verkohlen eines Gewächses bleibt ein Gerippe desselben zurück, welches gröfstentheils aus Kohlenstoff zu bestehen scheint. Woher bey jener Hypothese die grolse Menge. dieses Stofs? "Antwortet man, dafs vielleicht in der Periode des steigenden Lebens die Aufnahme des Koh- stoffs grölser ist, als die Entbindung desselben, ‘so widerspricht dieser Voraussetzung die be- trächtliche und anhaltende Ausleerung von koh- lensaurem Gas durch das keimende Saamenkorn, a z Aber es giebt auch Erfahrungen, die gerade- zu beweisen, dals der Kohlenstoff ein Produkt der Vegetation ist. Schon CnarraL, Hassen- FRATZ und SENNEBIER fanden einen grolsen Un- terschied in der Menge des Kohlenstoffs zwi- schen Pflanzen, die im Dunkeln aufgewachsen \ waren, 92 ———— waren, und solchen, auf welche das Licht Ein- fluls gehabt hatte z). Von Crerr verfolgte diese Erscheinung weiter. Er zog eine Sonnenblume. ( Helianthus annuus), zwey Hyacinthen, drey Pilanzen. der Calla palustris und ein Alisma Plantago in destillirttem Wasser auf, Der Saame der Sonnenblume gab eine ganz ausgebildete Pilanze, deren reifer Saame ebenfalls blos. in destillirtem Wasser wieder eine vollständige Pflan- ze lieferte. Die sämmtlichen Erzeugnisse beyder Pllanzen, in verschlossenen Gefälsen verkoblt, ga- ben g=2 Gran Kohle. Wenn man gleich, ‚sagt von ÖkeLt, hiervon allen den Kohlenstoff ab- zieht, den, nach einer sehr freygebigen Voraus. setzung, die Luft der Pflanze durch die Kohlen- säure zugeführt, haben konnte, so behält man doch einen bedeutenden Ueberschufls von neu er- zeugter hohle. — Noch deutlicher zeigte sich diese Erzeugung von KHoblenstoff ‘durch die Ve. getation bey Versuchen mit Hyacinıhenzwiebeln, die in destillirtem Wasser, worüber 50 Cubik- zoll atmosphärischer Luft eingeschlossen. waren, beym Zutritt des Lichts und der Wärme zum Wachsen gebracht, und nachber bey der chemi- schen Zerlegung mit andern Zwiebeln, die frisch gewogen und dann an der Luft ausgetrocknet waren, verglichen wurden. Die eine von jenen ’ Zwie- 2) Tmomson’s System der Chemie, Uebers. von Worrr. B.’4 5. 272 fl, 1 x ET 93 Zwiebeln lieferte 47 Gran, die andere ı5 Gran Kohle mehr , als sie ohne Vegetation gegeben haben würde, Ueberschüsse, zu welchen die ein- geschlossene Luft, worin sich nur ein halber Gran Kohlensäure befand, nichts beygetragen ha- ben konnte, — Aehnliche Versuche mit Calla palustris und Alisma Plantago bewiesen, dafs es das Licht ist, wodurch die Erzeugung des Koh- lenstoffs vermittelt wird, Eine im Dunkeln auf- gewachsene Calla hatte binnen einer sechszigtä- gigen Vegetation fast gar nicht an Kohlenstoff zugenommen, da drey andere Pflanzen dieser Art und ein Alisma Plantago, die beym Zutritt des Lichts aufgezogen waren, beträchtlich an Kohlenstoff gewonnen hatten a). Wir können also jetzt mit Wahrscheinlich- keit das Resultat aufstellen, dafs der Koh- lenstoff ein Produkt der Vegetation ist, und dafls die Bildung desselben durch den Einflufs des Sonnenlichts vermit- telt wird, | ‚Wie entsteht aber der Kohlenstoff der Ge- wächse? In welchen Theilen wird er zuerst gebildet? Entstehen aus ihm die übrigen un- zerlegbaren Sahstanzen, die wir in der Mischung der Pflanzen antrefen? Oder haben diese einen andern a) L. DE Crerr in Commentat. Soci&t. Reg. sc, Got- -ting, recent, \Vol. ı. Comm. phys, no. 5. I WE — andern Ursprung? Dies sind Fragen, die eine vollständige T'heorie der Vegetation genügend zu beantworten haben würde, Ich gestehe, dals ich diese nicht zu liefern vermag, Was ich geben kann, sind nur einzelne, aus Erfahrungen ge- folgerte Sätze, Es giebt einen ‚dreyfachen Erfahrungsweg zur Entdeckung des Bildungsprocesses der verschie-_ denen Pflanzentheile. Auf dem einen untersuchen wir zuerst die in dem Zellgewebe der Blätter und der grünen Rinde befindlichen Säfte, die den Stof zur Bildung aller übrigen Theile liefern; auf dem zweyten verfolgen wir die Veränderun- gen, welche die Bestandtheile der Saamen und Knollen beym Keimen erleiden; der dritte fängt mit der Zerlegung des im Frühjahre aufsteigen- ‚den rohen Pflanzensafts, dem ersten Produkt der erwachenden Vegetation, an. Wir wollen zuvör- derst den ersten dieser Wege einschlagen, In allen Pflanzentheilen, worauf das Echt Einflufs hat, enthalten die Zellen der Blätter und der jüngern Rinde grüne Körner, die in dem ausgeprelsten Saft mancher, besonders saftiger Gewächse zu Boden u so dafs man sie durch Filtriren von der übrigen Flüssigkeit ab- sondern kann. Diese Körner sind den Blutkü- gelchen der Thiere analog. Wie in den letztern die Farbe des« Bluts, so hat in ihnen die Farbe z % 2 dez — — 95 der Gewächse ihren Sitz, * Getrennt von dem übrigen Saft flielsen sie in der Wärme zu einer “käseärtigen Materie zusammen , werden beym Trocknen hornartig ‘und elastisch, und fangen unter Wasser im Sommer sehr bald an zu fau- len, wobey sich der Geruch von thierischen Ex- krementen entwickelt, und Schwefelwasserstoff nebst koblensaurem Ammonium entbunden wird, So lange sie feucht sind, lälst sich durch Alco- hol oder Aether aus ihnen eine grüne Materie ausziehen, welche die Eigenschaften eines Harzes oder Wachses hat, und derjenige Bestandtheil ist, worin die grüne Farbe der Gewächse ihren Sitz hat b). Eine ähnliche Materie bildet sich auch in der Gestalt von Flocken in ausgeprelsten Pflanzen- theilen, woraus sich kein Niederschlag von selber absetzt, wenn man sie in eine Wärme von ohngefähr 50P RR. bringt, oder ihnen Alcohol, Säuren, Schwe- felwasserstoffwasser » oder Ammonium zusetzt. Diese Materie hat alle Eigenschaften jener Kör- ner, nur dafs sie nicht grün ist, und dafs Al- -eohol ans ihr keine harzige Theile auszieht, Sie zeigt sich auch in der Gestalt von weissen Kör- nern in Pilanzentheilen, worauf das Licht nicht ‚gewirkt. [x 4 iR b) Provsr, Journal de phys. T. (XIII) 56, p.g7. — Eınnor in Gemten’s neuem allgem, Journal der Chemie. B. 6. 8.67. | F y 7 er 96 —— gewirkt hat. Das Licht verwandelt diese weisse Pflanzenmaterie in jene grüne, indem es einem Theil der erstern eine harzige Beschaffenheit giebt. Es scheint hierbey in dem Pflanzenkörper derselbe Procels statt zu finden, wie in Aufgüs- sen vegetabilischer und animalifcher Substanzen, worin sich bey dem Einfluls der blolsen Wärme farbenlose infusorische Organismen erzeugen, die keine Spur von harzigen Bestandtheile zeigen, ‚bey der Mitwirkung des Lichts aber PrIEsSTIEr- sche grüne Materie bildet, woraus Alcohol einen grünen Stoff aufnimmt, der, wie SENNERIER’E Versuche c) beweisen, mit dem harzigen Bestand» theil der grünen Pflanzenkörner übereinkömmt. Diese, von Proust mit dem Namen des Satzmehls (fecula) belegte Substanz ist der am allgemeinsten im Pflanzenreiche verbreitete Grundtheil, und derjenige, aus welchem die fe sten Theile der Gewächse vorzüglich gebildet werden, Der ungefärbte, nach der Absonderung | des harzigen Wesens zurückbleibende Theil des- selben ist der vegetabilische Eyweilsstof, oder der Kleber (gluten), dieselbe Substanz, die zurückbleibt, wenn Mehl durch Hneten und ‚Ausspülen mit Wasser: alles Stärkemehls be& yaubt wird; den andern harzigen ‚Bestandtheil kann: man den grünen Färbestoff der Ge- 4 wächse nennen, + Indem c) Journ. de Phys, T. (V.)48. p: 557. — 97 Indem ich jenen Theil den vegetabilischen Eyweilssiof nenne, und für einerley mit dem ' Kleber erkläre, bedarf ich einer Rechtfertigung, Jene Benennung setzt eine Aehnlichkeit oder Gieichheit der flockenartigen Substanz, die sich in ausgeprefsten Pilanzensäften niederschlägt, mit dem thierischen Eyweils voraus, _ Fourcror d) bemerkte jene Aehnlichkeit, und nannte die tlok- kenartige Substanz Pflanzeneyweils, Paoust e) widersprach ihm hierin, und zählte mehrere Ver- schiedenheiten zwischen dieser Materie, die er weisses Satzmehl nennt, und dem thierischen Eyweils auf, wovon die wichtigsten sind: dafs das letztere in einer niedrigern Temperatur als das erstere und auf eine andere Art gerinnt; dafs das thierische Eyweils ein freyes Alkali, das weisse Satzmehl hingegen eine freye Säure zeigt; dafs alle Säuren, Ammonium ,„ Schwefelwasser- stoffwasser, und alle im Wasser auflösliche Salze das weisse Satzmehl niederschlagen, hingegen in dem thierischen Eyweils keine Veränderung her- vorbringen, Ich kann Provsr’s Meinung nicht beytreten. Der thierische Eyweilsstoff und das weisse Satzmehl der Pflanzen sind eine und die- selbe Substanz ; nur ist jenes in einem Alkali, dieses in einer L’flanzensäure aufgelöst, und auf dieses d) Annales de chimie, T. 3. P 25% e) A. 2.0. IV. Ba. RN 58 - — Y dieses wirken zugleich ätherische Oele und an- dere Substanzen, die nicht im thierischen Körper vorhanden sind. Blos hiervon rühren die Ver- schiedenheiten beyder Materien her. Die folgen- den Versuche zeigen, dafs, wenn thierisches Ey- weifs in einer Säure aufgelöst ist, das Gerinnen auf andere Art erfolgt als in Eyweils, worauf keine Säure gewirkt hat; dafs “auf eine noch andere Art das Vermögen zu coaguliren durch Alkalien modifizirt wird; und dals Alkalien und . Erden, die sonst den Eyweifsstof auflösen, ihn niederschlagen, wenn er in Säuren aufgelöst ist. 1. Obngefähr eine Drachme einer Auflösung des Weissen ‚eines Hühnerey in concentrirtem Essig, die mit ı$ Unzen Wasser verdünnt war, gerann zwischen 60 und 70° R. zu ähnlichen, zer- theilt in der Flüssigkeit schwimmenden Flocken, wie das Pilanzeneyweils in ausgeprelsten und erhitzten vegetabilischen Säften; hingegen eine gleiche Menge reines Eyweils, ‘mit eben. so viel Wasser vermischt, gerann.bey jener Temperatur zu einer zusammenhängenden Masse. 2. Eine Auflösung einer Drachme Eyweils in 6 Drachmen einer gesättigten Lauge des ätzenden Natrum wurde mit einer Unze Wasser verdünnt, und zum Kochen gebracht. Das Eyweils ge-- rann , aber weder zu einer zusammenhängenden ' Masse, noch zu ‚Flocken, sondern zu einer Be 1:1: Substanz, welche das Ansehn von zerriebenem Käse hatte. | 3. Zu einer käseartigen Substanz wurde auch Eyweils, welches in einer Mischung von einer halben Drachme Salpetersäure und einer Unze Wasser aufgelöst war, durch kohlensauren Baryt niedergeschlagen. 4. Beym Zugiefsen von 3 Drachmen einer es- sigsauren Eyweilsauflösung zu 2 Unzen einer Lauge des ätzenden Natrum erfolgte ein Nieder- schlag von kleinen, weissen Häuten, deren Zahl sich mehrte, nachdem die Flüssigkeit bis zum Kochen erhitzt worden war. Nach dem Erkalten setzte sich ein flockenartiger Bodensatz ab, Ich könnte diesen Erfahrungen noch mehrere ähnliche hinzufügen. Die vorstehenden sind aber ‚schon hinreichend zum Beweise, dafs der Eyweils- stoff in Hinsicht auf die Form seiner Niederschlä- ge,.und auf die Ursachen, wodurch derselbe’ nie- dergeschlagen wird, mehrerer Abänderungen fähig ist, und dafs diese Verschiedenheiten nicht auf eine wesentliche Verschiedenheit der präcipitirten Substanz zu schlielsen berechtigen. Das weisse Satzmehl , oder das Pflanzen- -eyweils, ne ich für einerley mit dem KRleber ‚des grünen Satzmehls, Prousr f) hat diese & Gleich- WW | ) Keie) ren Gleichheit ebenfalls anerkannt. ZEınHor g) hin-. gegen hielt beyde Substanzen für verschieden, weil sich nicht ‚das vegetabilische Eyweils, wohl aber der Kleber in Alcohol .auflöst. Allein ich glaube, dafs die Auflöslichkeit des letziern im Weingeist blos von der mit ihm verbundenen harz- oder wachsartigen Materie herrührt, Schon Rovsree h) erinnert, dafs es schwer hält, den kleberartigen und den harzigen Bestandtheil des grünen Satzmehls ganz von einander abzuson- dern, und nach Macquer’s Bemerkung i) zieht der Weingeist auch aus dem Kleber des Mehls bey der Digestion eine geringe Quantität einer Substanz aus, welche die Kennzeichen eines har- zigen Oels besitzt. Eınnor k) bemerkt auch. selber, dafs der Alcohol, der mit: Kleber in Be- ziehung gestanden hatte, milchig geworden wäre: ein Beweis, dafs ein fremdartiger Bestandtheil darin enthalten war, In einigen Pflanzentheilen zeigt sich das Pflan- zeneyweils mit eiwas veränderten Eigenschaften als Stärkemehl (Amylum). Dieses setzt sich bekanntlich aus dem Spülwasser des Mehls von Weitzen, g) GEHLEN’s neues a Journal der Chemie. B. 5. S. 158. h) Journal de Medecine. T. 40. Juillet. p. 59. i) In dessen Chymischem Wörterbuch. Art. Mehl. k) A... 0. | | es IOI Weitzen, Kartoffeln, Orchiswurzeln und andern nährenden Früchten und Wurzeln zu Boden, Doch ist es auch in den grünen Blättern und Stengeln der krautartigen Pflanzen enthalten }). Man findet es, wie das Satzmehl, in dem Zell- gewebe als ein körniges Wesen m). Einerley mit demselben ist die vegetabilische Gallerte, z. B. des Isländischen Mooses n), Man hat dieses Stärkemehl bisher für ganz verschieden von dem ;‚Eyweilssto® gehalten, und in der That weicht es in mehrern Stücken von dem letztern ab, Es ist auflöslich in heissem Wasser; bey der Destillation desselben enibindet sich kein Ammonium, und in der Wärme geht - es in die saure Gährung über, Dies sind Eigen- schaften, die nicht der Eyweilsstoff besitzt, Al- lein von andern Seiten zeigt es Aehnlichkeiten mit diesem, worin sich eine Verwandtschaft bey- der Materien nicht verkennen lälst, Alcohol und Naphten schlagen jenes zwar nicht, wie den Ey« weilsstof, vollkommen nieder, bewirken aber doch eine Zusammenziehung desselben; Galläpfet- | aufgufs 1) Eınnor a. a. ©: B:6& $: n6. m) Lınz’s Grundl, der Anat, u, Physiol, der Pf, S: 32. | | en) Berzerivs in ScHwEıscern’s neuem, Journal für Chemie w Physik. B: 7; 5.3386 Mr G 3 N 102 1 aufgufs erhärtet beyde Substanzen, ohne sie, wie die thierische Gallerte, gänzlich zu fällen; Säuren lösen beyde zum Theil auf, und verwandeln ei- nen Theil derselben in Faserstof. In denen Stücken, worin das Stärkemehl von..dem Ey- weifsstoff verschieden ist, nähert es sich theils der tierischen Gallerte, theils dem Schleim, Die Gallerte entsteht, wie wir unten 0) sehen wer- den, aus dem Eyweilsstoff, wenn Säuren bis zu einem gewissen Grad auf diesen wirken, und in Schleim geht der Eyweilsstoff über, wenn er mit reinen Alkalien verbunden und das überschüs- 'sige Alkali ihm durch Säuren wieder entzogen wird, Bey der Zerlegung des Stärkemehls findet man darin wirklich auch Kali, und bey der Destillation liefert dasselbe brandige Schleimsäure, zum Beweise, dals es einen gewissen Grad von Säurung erlitten hat; auch enthält das Wasser, worin man die Stärke bey der Fabrikation der- selben gähren lälst, Phosphorsäure p), die zu- gleich, wie unten erhellen wird, eine Begleiterin der thierischen Gallerte ist, Ich glaube daher, dafs das Stärkemiehl in der Reihe der vegetabili- schen Grundtheile zunächst auf den Eyweilsstoff, folgt, und dafs es sich von diesem durch eirien Gehalt an Kali, und durch eine Säurung unter- scheidet, die nicht grols genug sind, um dasselbe in... 0) Abschn, 3. Kap. 3. 9.9. dieses Buchs. i p) Vauquerin, Annales de Chimie, T. 38. pı 248: — 103 in den Zustand der thierischen Gallerte oder des Schleims zu versetzen, Die nächste Bildungsstufe nach dem Stärke- mehl nimmt das Gummi ein. Nach BoviLlon- LAGRANGE q) wird jenes durch schwaches Rösten dem Mimosengummi ähnlich gemacht. Ich habe diesen Versuch angestellt und gefunden, dafs der Erfolg allerdings einigermaalsen so ist, wie jener Schriftsteller ihn angegeben hat, dafs jedoch das künstliche Gummi dem natürlichen an Autlöslich- keit in kaltem Wasser nicht ganz gleich kömmt, Solches geröstetes Stärkemehl in heissem Wasser aufgelöst und wieder abgekühlt, zog sich zu einer gallertartigen Masse zusammen , indem sich ein Theil des Wassers davon abschied. Auch von dieser Seite war also die ursprüngliche Natur der Stärke durch das Rösten nicht ganz aufgehoben ‘“ worden, Nach dem Abdampfen und Austrocknen des. Rückstandes erhielt ich eine Masse, die im Aeulsern mit dem Mimosengummi völlig überein- kam, aber ebenfalls nicht die Auflöslichkeit des- selben in Wasser besafs, Völlig gleich wurde also die Stärke dem Gummi in diesen Versuchen nicht. Es kömmt indels hierbey ohne Zweifel viel auf den Grad und die Gleichförmigkeit des Röstens an, die gehörig zu treffen schwer hält r), RER, | Von g) Bulletin de pharmacie. T. 3. p. 395. r) Aechnliche Bemerkungen hat Döszrerner (in | G4 SCHWEIG- IO4 ; —— 4 Von dem Gummi scheint mir der vegetabi- lische Schleim blos darin verschieden zu seyn, dals dieser etwas unzersetzten Eyweilsstoff ent« hält. Der letztere wird durch das essigsaure Bley zu bäutigen Flocken niedergeschlagen. Ich finde, dafs eben dies auch dem Alıhäenschleim wider- fährt, dafs hingegen eine wässrige Auflösung des Mimosengummi von jenem Bleyoxyd blos ge- trübt wird, Auf denselben Schlufs führen auch. Vaugqueuin’s Erfahrungen s), nach welchen das Gummi und der Pflanzenschleim nur darin ver- schieden sind, dafs dieser eine bedeutende Menge einer an Stickstoff reichen Materie enthält, die keine andere als Pflanzeneyweils seyn kann, Durch Kochen des Stärkemehls mit schwe- felsaurem Wasser und nachheriges Sättigen der Säure mit Alkali, nach Kırcanor’s bekanntem Verfahren, erhält man eine Materie, die theils aus Zucker, theils aus einer Substanz besteht, welche alle Eigenschaften des Gummi besitzt, aus- genommen die, mit Salpetersäure Schleimsäure zu bilden t). Der Zucker wird hierbey ohne Zweifel durch Oxydation des Stärkemehls gebildet, Die- 1 N EL 2: a SCHWEIGGER’S neuem Journ, für Chemie u, nr iger B. 8. 8.207.) gemacht. s) Ann. de Chimie. T. go. p. 316. $) Vocsr in ScHhweiccern’s neuem Journal für Chemie u. Phys. B. 5. S. 90 \ — Be... ses geschieht jedoch nicht auf Kosten der Schwe: felsäure v), sondern durch Aufnahme von Sauer- stoff entweder des Wassers, oder der Luft. Wel. ches von beyden der Fall ist, und ob der Zucker aus dem Stärkemehl unmittelbar entsteht, oder erst gebildet wird, nachdem dieses zuvor durch den Zustand des Gummi gegangen ist, darüber ‚geben die bisherigen Versuche mit Schwefelsäure keinen Aufschluls. CruiızsHanx’s Versuche über die Verwandlung des Stärkemehls und Schleims in Zucker beym Malzen des Getreides aber leh- ren, dals hierbey der Sauerstoff der Atmosphäre absorbirt wird, dafs der Zucker sich von. dem Gummi durch einen grölsern Gehalt an Sauerstoff unterscheidet, und dafs sich dieses in jenen durch Entziehung des Sauerstoffs vermittelst Phosphor- kalk und Schwefelalkalien verwandeln läfst w), Es ist hiernach wahrscheinlich , dafs auch bey dem Kochen des Stärkemehls mit schwefelsaurem ‚ Wasser der absorbirte Sauerstoff der Luft die - Stärke in Zucker umändert, und dafs sie erst zu Gummi wird, ehe sie in Zucker. übergeht. Ich glaube aber, dafs nicht blos die Schwefel- säure diesen Uebergang vermittelt, sondern dafs auch der Kalk, der nach dem Kochen zugesetzt wird, \ v) Vocrz 2.2.0. — Prarr ebendas. $,94. w) Nıcnorson Journ, of nat. Phil. Val. 2. p. 337. er, G5 \ 106 | I Or — wird, um die Säure zu neutralisiren, - auf die 'Zuckerbildung einen Einfluls hat, Eınnor fand, dafs bey der Behandlung des Pflanzenschleims mit Kalk ein zuckerartiger Saft entstand x), und ich glaube bey der Wiederholung der KırcHHor- schen Versuche bemerkt zu haben, dafs die ei- gentliche Zuckerbildung erst bey dem Zusatz des Kalks zu dem schwefelsauren Wasser, worin das Stärkemehl gekocht ist, eintritt, | Aus dem Stärkemehl entsteht ferner bey der Einwirkung von Säuren der vegetabilische Faserstoff. CuarTar ist der Erste, der beob- achtete, dafs die oxydirte Salzsäure in dem Saft der Euphorbien und mehrerer anderer Pflanzen einen häufigen weissen Niederschlag hervorbrachte, der in Wasser und Alkalien unauflöslich war, und theils die Beschaffenheit eines Harzes, theils die des vegetabilischen Faserstoffs hatte y). Nach ihm fand R. Jameson, dafs Stärkemehl .mit ver dünnter Salpetersäure langsam digerirt, zu einer gewissen Zeit einen Niederschlag giebt, welcher - die Form der Holzfaser annimmt, und nun nicht mehr in Alkalien auflöslich ist z), Nach meinen eigenen Erfahrungen bildet sich mit jeder nicht zu x) Genuten’s neues allgem. Journ. der Chemie. B.4, S. 473. | \ | y) Annales de Chimie. T. 21. p. 285. z) Biblioth. Brittann, Vol, 8. No. 60, p. 144 x 107 zu starken Säure, unter Mitwirkung der Luft und einer Temperatur von 60 bis 70° R,, auf der wässrigen Auflösung des Stärkenmiehls eine Haut, ‚die sich ganz wie Faserstoff verhält. Setzte ich Galläpfelaufguls zu einer Auflösung des Stärke- mehls in Wasser, so erzeugte sich auf ihr beym Erkalten eine farbige Haut, die sich immer er- neuerte, so eft ich, nach dem Abnehmen der vo- rigen, die Mischung von neuem aufkochen und erkalten liefs. Diese Haut verhielt sich ganz wie vegetabilisches Zellgewebe, z. B. des Hollunder- marks, Sie wurde von ätzenden Alkalien weder kalt, noch erwärmt, und in der Rälte auch nicht von der Salpetersäure aufgelöst. Mit dieser ge- kocht ging sie in eine gelbe, bittere Flüssigkeit, wie überhaupt aller Faserstof, über. — In die- sem Versuch war es die Gallussäure, die den Faserstof aus dem Stärkemehl abschied, Aber auch Salpeter- und Phosphorsäure lieferten mir ihn aus dieser Materie. Eine Auflösung des Stär- kemehls in 3 Unzen Wasser mit einer halben Drachme Salpetersäure überzog sich, als sie eine Viertelstunde bis ohngefähr zum 70° R, erhitzt gewesen war, mit einer weissen Haut, die das Ansehn der auf kochender Milch sich erzeugen- den Membran hatte, und gegen chemische Rea- gentien dasselbe Verhalten wie die mit dem Gall- äpfelaufguls gebildete Haut zeigte, Die 108 gms Die erwähnten vegetabilischen Grundtheile gehen bey fortdauernder Einwirkung von Säuren endlich in die verschiedenen Pflanzensäuren über, Das grüne Satzmehl liefert, nach Prousr, mit Salpetersäure behandelt, Benzoesäure und Sauerkleesäure, In Sauerkleesäure und zugleich in Aepfelsäure wird auch, nach Jameson, die Stärke durch Salpetersäure verwandelt. Mit Salz- säure geht der Schleim, nach TERRE NS in Ci- tronensäure über, PouLLETIER DE LA SALLE fand, dafs die con- cenitrirten, mineralischen Säuren aus dem KRleber eine Substanz abschieden, die den Geruch und die Consistenz solcher fetten Oele hatte, welche den Einflufs mineralischer Säuren erlitten ha- ben a). Diese Beobachtung giebt einige Aufklä- rung über die Entstehung der öligen und har- zigen Substanzen des Pflanzenreichs. Das Licht, welches in Theilen, worauf es unmittelbar wirkt, einen Theil des Klebers in den grünen Färbestoff, eine harzige Materie, umwandelt, scheint da, wo es nicht 'so anuitaelburen Einfluls hat, statt die- ser Substanz fette Oele zu bilden, Diese. finden sich auch nur in den Saamenkörnern, also in Organen, die nicht dem Lichte ausgesetzt sind, und sie lassen sich durch Behandlung mit Mine- ralsäuren in Harze verwandeln. Aus dem harzi- | gen a) MAacquen’s chymisches WVörterb, Art. Mehl, ’ \ ! nen, 109 gen Färbestoff des Klebers werden vielleicht die ätherischen Oele blos durch den Einfluls einer höhern Temperatur abgeschieden, Aus jedem Harz entwickelt sich, wenn es erhitzt wird, ein Oel, das bey wiederholter Destillation die Be- schaffenheit eines ätherischen Oels annimmt, Aus der Einwirkung , von. Säuren auf die ätherischen Oele entstehen ferner mehrere vegetabilische Sub- stanzen, unter andern der Campher. Das salz» . ‚saure Gas scheidet aus dem Terpenthinöl eine . Materie, die zwar nicht, wie der Entdecker der. selben, HKınnp, glaubte b), mit dem natürlichen ‘Campher ganz einerley c), doch demselben von vielen Seiten so ähnlich ist, dals man auch auf eine ähuliche Entstehungsart des natürlichen schlielsen darf, Zu denselben Schlufs berechtigt auch die, zwar nicht gleiche, doch immer sehr ähnliche Natur des von HATcHETT entdeckten künstlichen Gerbestoffs, den man durch Digestion „der Harze mit Salpeter- oder Schwefelsäure er- hält, und des natürlichen d). Wir sehen also, dafs alle allgemeinern Grund- theile der vegetabilischen Körper ihre Entstehung aus b) Traommsvorrr’s Journal der Pharmacie. B. 2. $, 132. c) Genen in dessen Journal für Chemie. B,6. 5, 458. — Tuesarp, Mem. de la Soc, d’Arcueil. T. 2. p. 27. d) HaArcaert, Philos, Transact, Y, 1805. 1806, u Vergl, Cnzrvaeuz, Ann, de Chimie, T, 72: 73: Iıo aus dem Eyweilsstoff haben. Aber wie der Ey- weifsstoff selber gebildet wird, darüber geben die bisherigen Untersuchungen keinen Anfschlufs. Diesen können wir nur auf den beyden übrigen der Wege, die zur Entdeckung der vegetabili- | schen Grundtheile führen, erhalten. Vergleichen wir zuerst-die Substanzen mit einander, die sich in den Saamen und Knollen vor und nach dem Keimen befinden, so zeigt sich hier erst ‚ein Uebergang des Schleims und Zuckers in Stärke- mehl, und dann wieder «eine rückzängiee Ver- wandlung des letztern in jene, Nicht völlig aus- gewachsene Knollen, z. B. der Kartoffeln, und die unreifen Saamen des Getreides und der Hül- senfrüchte enthalten mehr Schleim und Zucker als die reifen e). In den letztern giebt es da. gegen mehr Stärkemehl. Dieses wird wieder beym Keimen der Kartoffeln zersetzt. Man trifft keine, Spur desselben in den Wurzeln und dem Kraut an; dagegen enthalten jetzt die Knollen einen sülsen Schleim f). a} ; ) -Unter- e) Die Keimfeuchtigkeit der Erbsen besteht gröfsten- theils aus Syrup. (Eıswor in GEHLEN’s neuem all- gem, Journ, der Chemie, B.6. S. ı20.). f) Eınmor a a, ©. B. 4. S. ı99., und in Geuten’s s Journ, £, d. Chemie,. Physik w Minerl, B 5 S. 341 | SER er, Iyı Untersuchen wir den im Frühjahr aufsteigen- den‘ rohen Pflanzensaft g), so finden wir in die- sem Kohlenstoff, da zwar theils als Kohlen- säure, theils mit Sauerstoff und Wasserstoff ver- bunden ‘als essigte Säure, in beyden Fällen aber mit Kali und Natron vereinigt, und aufserdem noch Zuckerstoff nebst einer vegetabilischen Ma- terie, die Joun in dem Birkensaft für Schleim und Eyweifsstoff, Deyveux in dem Saft der Hain- buche und des Weinstocks für eine dem Kleber des Mehls ähnliche Substanz annimmt. Die es- sigte Säure scheint aber, nach Deyrux’s Beobach. tungen, nicht schon gebildet in dem Saft enthal- ten zu seyn, sondern erst beym Zutritt der Luft zu entstehen. VAUQUELIN’S Versuche. mit Ulmen- saft führten auf das merkwürdige Resultat, dafs darin die Quantität der. vegetabilischen Materie f mit zunehmender Vegetation zunahm, indem sich die des essigsauren Hali und der kohlensauren HKalkerde verminderte, So nimmt auch, nach AnicyTr’s g) Den Saft der Hainbuche (Carpinus Betulus L,) und des Weinstocks untersuchte Deveux (Journ, de Pharm. , T.I, p. 46.), den der Ulme (Ulmus campestris L.), der Buche (Fagus sylvestris L.), der Hainbuche, der weissen Birke (Betula alba L.) und des Kastahieh- baums VAvgourıın (Ann, de Chimie, T, 31. p. 20.), . und den der weissen Birke Jonw (Chemische Unter- such. mineral. vegetab. u. animalischer Substanzen, . ate Forts. $. 4#.). Te, - i12 pessseenug Knıcat’s Erfabrungen an Birken und Ahornen; der Saft dieser Bäume an specifiquer Schwere und an Sülsigkeit desto mehr zu, je höher er im Stamme aufsteigt h. Der rohe Pflanzensaft schreitet also zu den höhern Stufen der vegeta- bilischen Organisation fort, indem sich erst in ihm Kohlenstoff bildet, dann Zucker und Schleim, hierauf Stärke und Satzmebl. Aus den beyden letztern Substanzen entstehen auf dem entgegen- geseizten Wege die sömmtlichen festen und Zlüssi- gen Theile des Pflanzenkörpers. Nehmen wir jetzt alles zusammen, was wir bisher über die Ernährung der Pflanzen Wahr- scheinliches ansgemacht haben, so ergiebt sich folgende allgemeine Theorie der Vegetation ; Die aus der Luft und dem Boden aufgenommenen Nahrungsstoffe vereinigen sich ın den Gefälsen der Oberhaut zu einer wässrigen Flüssigkeit, de- ren Hauptbestandtheil Kohlensäure ist. Diese ge- langt in die grolsen Gefälse und bieraus in das . Zellgewebe, indem sich auf ihrem Wege immer mehr gummöse und zuckerartige Theile in ihr entwickeln. In dem Zellgewebe bildet, sich aus diesem Gummi und Schleim auf eine noch un- bekannte Art Stärkemehl, Eyweilsstoff und Satz-- mehl. Die letztern Substanzen sind aber, inso» fern sie zur Ernährung dienen, wicht als Nieder ; Rollen / h) Philos. Transaet, Y. 1805. P. 1. p. 88. gun | 113 schläge, sondern aufgelöst in den Zellen enthalten, Als körnige Niederschläge zeigen sie sich nur, wenn die auflösende Kraft der Flüssigkeit, worin sie befindlich sind , nicht hinreichend ist, sie auf- gelöst zu erhalten. Aus dem Zellgewebe werden sie von den Fasergefälsen aufgenommen, in wel- chen sie von neuem eine Umwandlung in Gummi, Zucker, Faserstoff, Oele, Pflanzensäuren u. s. w, erleiden. Diese neuen Produkte werden entweder als Faserstoff iu die Zwischenräume der festen ‚ Theile abgesetzt, und zum Frsatz, oder zur Ver- gröfserung der letztern verwandt; oder sie wer- den theils auf der Oberfläche der Pflanze excer- nirt, wie mit dem Reif und Firnils, der die Blät- ter und Früchte vieler Pflanzen überzieht, so wie mit der Kichernsäure der Fall ist; ıheils sammeln sie sich, wie bey den Nadelhölzern, den Askle- piadeen, Euphorbiaceen u. s. w. in eigenen Ge- fäfsen oder Zellenlagen an; theils durchdringen sie die ganze Substanz der Wurzel, des Stamms, der Blätter, oder der Früchte. — Eine Materie der letztern Art, welche mehr oder weniger durch alle Theile der Pilanuze ver. breitet ist, besitzt jedes Gewächs. Man kann sie das herrschende Princip (Principium' rector) der Pflanze nennen, Sie ist keinesweges immer ein Stoff von eigener Beschaffenheit i), Bey eini- | gen i) Fourcrorv, Ann. de Chimie. T.26. p. 232, IV. Bd. H n II& —— / gen Gewächsen ist sie ein ätherisches Oel, bey andern Campher, Gerbestoff u. s. w, Oft reagirt gegen sie nur der thierische Körper, und es ist keine völlige Trennung derselben von den übri- gen Bestandtheilen möglich, Immer modifizirt sie die Natur aller übrigen Materien der Pflanze, Daher rührt es, dals kein Pflanzenschleim, kein fettes oder ätherisches Oel, kein Harz ıw s. w., ‚dem andern ganz gleich ist k), und dafs es so schwer hält, reine Charaktere der vegetabilischen Grundtheile anzugeben, Bey vielen Pflanzen läfst sich das herrschende Pırincip durch Digestion mit Wasser oder Weingeist ausziehen. Die Be schaffenheit dieses Extrakts steht in manchen Fäl. len mit der Struktur der Pflanze in einer gewis- sen Beziehung. Doch giebt es auch viele Fälle, wo dies nicht statt findet, Die Familie der Sola- neen enthält unter den giftigsten Pflanzen auch das milde Verbascum, und zu den, meist so gif- tigen Nachtschattenarten gehört auch die "näh- rende Kartofel. Diese Unabhängigkeit der chemischen Eigen- schaften mancher Pflanzen von ihrer Struktur ver- dient die gröfste Aufmerksamkeit: Erwägt man, dafs die Form immer in unzertrennlicher Verbin- dung mit der Mischung stehen müfste, wenn es nichts k) Lınx’s kritische Bemerkungen zu Sprenger’s Werk über den Bau der Gew. 5, 2% euren, Is nichts Höheres gäbe, wovon beyde abbiengen, so ist kaum zu glauben, dafs sich aus der Struktur der Gewächse in Betreff ihrer Ernährung viel er- klären läfst, An dieser Unzulänglichkeit aller, blos von der Organisation hergenommenen Erklä- rungen des Ernährungsprocesses ist aber auch aus andern Gründen nicht zu zweifeln, Es bilden sich Infusionsthiere‘ in formlosen Flüssigkeiten beym Zutritt der blofsen Wärme, und diese erhal. ten bey der Einwirkung des Lichts das Vermö- gen, Sauerstoffgas zu entwickeln, In dem kei- menden Saamenkorn giebt es keine Spiralgefälse , so lange die Säfte noch blos zur Bildung der Wurzel verwandt werden, Erst mit der Bildung des Stamms fängt die Entstehung derselben an, Der Trieb der Säfte nimmt also schon eine an- dere Richtung an, ehe diese Gefälse vorhanden - sind; sie sind nicht Ursache der Entstehung des Stamms, sondern Mitwirkung derselben Ursache, worin diese begründet ist. So verhält es sich mit allen Tbeilen. Die Kraft ist früher vorhan- den, als das Organ; dieses ist nur der bleibende sichtbare Ausdruck derselben, Aber mit der Bildung des Organs treten al- lerdings Wirkungen ein, die vorher nicht statt fanden, Vorzüglich scheinen es Galvanische Actio- nen zu seyn, die im Innern des Pflanzenkörpers vorgehen, und mancherley Zersetzungen und Ver- = SE WERNE bindun- l 16 manner bindungen .hervorbringen. Solche Actionen müs- sen in den Säften jedes sich ‘berührenden Zellen. paars, zwar nur in geringem, doch immer in einigem Grade vorhanden seyn, Sie müssen an den in unmittelbarer Berührung stehenden Wän- den zweyer Zellen oder Gefälse statt finden, und. _ es muls hier eben so ein Uebergang der ent- bundenen Elementarstoffe durch, diese Wände ge- scheben, wie in der VorTtaischen Säule durch eine,Blase, wodurch zwey in der Hette befind- liche Wassermassen von einander getrennt sind. Dieser Durchgang der Grundstoffe durch häutige Scheidewände ist überhaupt in der ganzen lebenden Naturrdas Mittel, wodurch gänzliche Veränderungen der: Mischung von Flüssigkeiten bewirkt “ werden, Nie tritt eine solche Umwandlung ein, wo ein Gefäls sich unmitielbar in ein anderes öffnet, wenn nicht etwa, wie im Nahrungscanal, der Flüssigkeit des erstern andere verschieden- artige Säfte zugemischt werden. Ein mechani- sches Durchschwitzen bey jenem Uebergang 'an- \ \ zunehmen, ist ganz und gar unrichtig, . ‚. „Es mufs ferner in dem Pflanzenkörper, ein entgegengesetztes elektrisches Verhältnils zwischen dem Stamm und, der Wurzel statt: finden, und indem die grolsen Gefälse von den Zellen der 14 Wurzel, zu den Zellen des Stamms gehen, diesel- ben wu 117 ben mit 'einander verbinden und in Wechselwir- kung setzen, müssen dadurch wieder andere che- mische Processe eingeleitet werden, Dieser Hy- pothese gemäfs gehören auch Oxydationen und Desoxydationen zu den Hauptprocessen, wodurch der rohe Pflanzensaft in die verschiedenen vege- tabilischen Materien verwandelt wird, Doch glau- be ich nicht, dafs jene Processe die einzigen bey dieser Verwandlung sind, Metalle zersetzen bey einer hohen Temperatur das Ammonium, ohne diesem Gas einen wägbaren Stoff zu entziehen oder mitzutheilen )). Diese Thatsache beweist, dals es Actionen giebt, die den Galvanischen ähn- lich sind, wobey aber der Sauerstoff nicht mit wirksam ist, und die sich nicht auf die Grund- bedingung des Galvanısmus, Einfluls zweyer un- gleichartigen festen Körper auf einen flüssigen, ‚oder zweyer verschiedenen flüssigen auf einen fe- sten, zurückführen lassen. Vielleicht, sind diese Actionen in der ganzen Natur weit thätiger, als wir bisher ahneten, Auf alle Vegetationsprocesse hat ohne Zwei- fel das Licht den wichtigsten Einfluls. Dieses scheint hierbey, wie bey vielen che- mischen Zersetzungen und Verbindun- Ben J) TuesArn, Annaless de Chimie. Ann, 1815. Janv. p. 61. H3%_ - 118 \ unmmun, gen m), einer Hitze von ı00 bis 200° R. gleich zu wirken. Man begreift also, wie bey der Vegetation in einer sehr niedrigen Tem- peratur Produkte entstehen können, welche die Kunst nur vermittelst eines hohen Wärmegrades hervorzubringen vermag. Alle diese Kräfte sind und bleiben aber nur untergeordnete. Man täuscht sich, wenn man sich mit der Hoffnung schmeichelt, dafs mit der Erforschung derselben das Geheimnils der Vege- tation ganz wird enthüllet werden, Was sich bey dem jetzigen Zustand unserer Kenntnisse aus der Voraussetzung des Wirkens Galvanischer Actionen und anderer Kräfte der todten Natur, im vegetabilischen Organismus erklären lälst, ist auch nur der geringste Theil der zu erklärenden Erscheinungen. Nicht nur das Hauptproblem der Vegetation, die Erzeugung des Kohlenstoffs, bleibt bey diesen Hypothesen unaufgelöst, sondern auch die Entstehung vieler andern, in den Pflanzen vorkommenden Materien, besonders der Riesel-, Thon- und Bittererde, und des Eisens, lälst sich dabey nicht nachweisen. Dals diese, Substanzen eben so wenig als der Kohlenstoff immer von aussen aufgenommen sind, wird durch mehrere wichtige Erfahrungen wahrscheinlich gemacht. SCHRA- m) Gay-Lussac et TuemArD Recherches physico -chi- ‚mtiques. T. 2, p. 186. Ge 119 Scuraper fand in Roggen, der blos in kohlen- saurem Wasser aufgezogen war, nicht nur alle Bestandtheile, welche der auf dem Felde gewach- sene Roggen liefert, sondern auch in jenem fast dreymal so viel Kieselerde, als in dem letztern n), und Eınnor Ralkerde in Pflanzen, die auf einem Boden gewachsen waren, welcher keine Spur von dieser Erde zeigte 0). Braconnor, erhielt aus Senfkörnern, die er in reine Bleyglätte, in Schwefelblumen, in feine Schrotkörner und in feinen, weissen Sand, der vorher durch Sala- säure von allen Kalktheilen gereinigt war, ge- siert, mit destillirtem Wasser begossen, und mit Glaskasten oder Glocken bedeckt gehalten hatte, Pflanzen, die blühten, Saamen ansetzten, und bey der chemischen Zerlegung Kohle, Alkali, Ei. senoxyd, kohlen - und phosphorsauren Kalk, Bit- | ter-, Kiesel- und Thonerde lieferten Pp)« . Zwar könnte der beträchtliche Ueberschufs an Yieselerde in SchrADEr’s Versuchen von den por- cellanenen Gefälsen, worin der Roggen aufgezo- gen war, herrühren, Gläser mit Wasser, worin man n) Hermssrtänr’s. Archiv für Agriculturchemie. B. 1 S. 8- 0) Geuten’s neues allgem. Journal der Chemie. B. 5, 'S. 563. p) Genzen’s Journal der Chemie. B. 1X, 5,130. 14 120 rn ınan Pflanzen eine längere Zeit vegetiren läfst, verlieren immer an Durchsichtigkeit, Es ist also möglich, dals sich in Wasser, worin Pflanzen wachsen, eine Materie erzeugt, wodurch etwas Kieselerde aufgelöst wird. Man kann auch, wie Davr gethan hat, alle salzige, erdige und metal- lische Bestandtheile der Gewächse in ScHRADER’S und BrAconnor’s Versuchen von mineralischen Stof- fen ableiten, die in der Luft, im destillirten Wasser, im reinsten Sande, und überhaupt in jedem Medium, worin Pilanzen vegetiren können, aufgelöst bleiben, Aber man muls wenigstens Zu« geben, dafs diese Einwürfe auf Folgerungen füh-, ren, die unwahrscheinlicher als die bestrittene Meinung sind, Es giebt freylich einen Umstand bey solchen in blofsem Wasser wachsenden Pflanzen, der be- weiset, dafs der Boden nicht blos insofern er Wasser und Kohlensäure besitzt, die Vegetation unterhält. Die meisten jener Gewächse kommen nicht völlig zur Reife, und liefern selten reifen Saamen q). Hiermit übereinstimmend ist auch die Erfahrung, dafs die Pllanzen erst dann den Boden erschöpfen, wenn sie Blüthen und Früchte ansetzen, und dafs viele Gewächse einer eigenen Mischung des Bodens zu ihrem Fortkommen be- dürfen, g) Lınx’s kritische Bemerkungen zu Sprencer’s Werk über den Bau der Gew. S$. 56. dürfen. Allein man mufs immer zwischen fors mellen und materiellen Bedingungen der Vegeta- tion unterscheiden. Ein ‘Stoif kann von der Pflanze aufgenommen werden, um gewisse che- mische Processe zu vermitteln, ohne selber in die Produkte dieser Processe als wesentlicher Bestand- theil mit einzugehen, Wie ein geringer Zusatz von Kohlensäure zu dem Wasser, worin Gewächse vegetiren, das Wachsthum derselben befördert, und dadurch die Erzeugung von Kohlenstoff in den Pflanzen beym Einfluls des Lichts vernit- telt, so kann auch ein kalkhaltiger Boden bey manchen Gewächsen die Bildung von KRalkerde "befördern, ohne selber einen erheblichen Beytrag ‘ zu dem Ralkgehalt der Pflanze zu liefern, , Wie ist es sonst auch zu erklären, dals Saussur& r) in Gewächsen von einem Kalkboden, worin sich noch nicht 0,02 Theile Kalkerde befanden, fast eben so viel Kalkerde fand, als in Pflanzen, die auf einem Boden gewachsen waren, der über 0,24 Theile enthielt, und dafs in dem Boden, worin die Pflanzen vegetirt hatten, Erden be- findlich waren, die sich weder vorher in ihm, noch nachher in den Gewächsen entdecken lielsen ? Doch es ist Zeit, uns zur Untersuchung des Ernährungsprocesses der Thiere zu wenden, Ist R eine ‘-r) Journal de Physique, T. (VIIT.) 51. pP: 9% N5 122 nn eine Theorie der Ernährung bey dem jetzigen Zustand unserer Kenntnisse möglich, so läfst sich diese wenigstens nicht aus den Erscheinungen ei- nes einzelnen Naturreichs, sondern nur aus einer Zusammenstellung des Gemeinschaftlichen und Verschiedenen aller Reiche und Classen der leben+ den Körper ableiten, Dritter Abschnitt. Die animalische Ernährung. Erstes Kapitel, Das Athemholen und die Hautausdünstune. —— 6. 1. Mechanismus des Athemholens und der Hautausdünstung. D:. vornehmste materielle Bedingung des Pflan- zenlebens ist Wasser, Das Thier aber bedarf zu seiner Existenz, mehr noch als des Wassers, einer Luft, die Sauerstoff enthält, und welcher dieser Bestandtheil durch. einfache Verwandtschaft entzo- gen werden kann, und zwar steht das Bedürf- ‚nifs einer solchen Luft im geraden, das des Wassers aber im umgekehrten Verhältnifs mit der Stufe der Organisation, worauf sich : das Thier befindet. Diese Sätze sind Resultate der Unter- suchungen, die wir im zweyten Buche über die allgemeinen Bedingungen des Lebens angestellt haben s). Zuerst nun entsteht die Frage; Welche / Ver- s) Biologie. Bd, 2, 8.456 ff, - / 124 —n Veränderungen jene sanerstoffhaltige Luft erlei- det, die dem Thier nothwendiges Bedürfnifs ist? Bey den Säugthieren, den Vögeln, den aus- gewachsenen Amphibien und denjenigen Mollus- ken, welche Lungen besitzen , wird diese Luft von der Geburt an bis zum Tode abwechselnd aufgenommen und wieder ausgeleert, das heifst, es findet hier ein beständiger Wechsel von Ein- athmen und Ausathmen statt. Die Schnelligkeit dieses Wechsels ist ver- schieden sowohl bey den verschiedenen Tbier- classen, als bey ‘den verschiedenen, zu einerley Art gehörigen Individuen. Bey dem Menschen variirt die Zahl der Inspirationen in einer Mi. nute, nach Sesurn’s und Lavoısıer's Beobach- tungen t), von ıı bis zo. Ich fand im Decem- ber bey einer mälsigen Wärme vor dem Abend. essen die Zahl der Inspirationen in einer Minute bey mir selber 2o, und bey einer andern Person ı4 v). Bey dem Igel zählte man höchstens 7 w), bey einem Esel ı2, bey einem Pferde ı6, bey einer t) Bulletin des sciences par la Soc, philomath, A. 1797. Avril. p. $. Bla v) Ch. Harzer Elem. Phys. T.III. L.$& 5:4. $. 29. p- 289- w) Nat. Gesch. der in der Schweitz einheimischen Säugıh. von RÖMER u, $cHinz, $, 126. / — 125 einer jungen Katze 45, und bey Vögeln 25 bis 50 Athemzüge in einer Minnte x), Frösche ath- men 62 bis ıoomal während eines solchen Zeit- raums y). “a Zamafan Bann 19 Garen un her As bam . 0 (An 2.040] fe dam Mangan 4 Prnz y 14 8. Eben so verschieden ist die Menge der bey jedem Athemzug aufgenommenen Luft, Bey dem Menschen setzt BorELLI z) diese auf 20, GaoD- wyn a) auf ı4, Menzıes b) mit Jurın ec) auf , 40 Kubikzoll. Nach Securn’s und Lavoısıer’s Versuchen d) variirt sie von ı6 bis 130 Kubikzoll. ABıLGAaArRD e) fand sogar durch Versuche an sich selber, dessen Brust, wie er sagt, zu den klei- nen gehörte, dals er bey jedem Athemzug nicht mehr x) Haızer |. c. p. 290. y) Vos Humsoıpr über die gereitzte Muskel- und Nervenfaser. Th. 2. 8.279. — R. Townson observ, physiol. de amphibüs. P, 1. p.2ı. — Von der Rana arborea sagt Townson: Tam celeres sunt motus gulae, ut plane numerari non possint. 2) De motu animal. a) Eıfahrungsmälsige Untersuch, der Wirkungen des Ertrinkens, A.d, Engl. S. 32. 33. b) Tentam. physiolog. de respiratione. Edinb, 1791. _ ‘ ec) Dissertat. physico- mathem. Lond, 1732, d}..A: 20, } “e) PrAre’s u. ScHheer’s Nordisches Archiy f, Natar- und Arzneywissensch, B.ı. St. ı. $, 205. 126 u nıehr als 3 Rubikzoll Luft einathme, eine Quan- tität, die gerade nur zureicht, um die Luftröhre zu füllen. Davy f) konnte, wenn er die Lunge vorher durch gewaltsames Aushauchen möglichst ‘frey von Luft gemacht hatte,'-auf Einen Athem- zug, bey einer Temperatur von 61° F, ı4ı Ku- bikzoll Luft einathmen. DBeym natürlichen Re- spiriren athmete er im Mittel aus zwanzig Ver- suchen bey jedem Athemzug ı6 Kubikzoll Luft ein. Man sieht, dafs dieses Resultat ziemlich genau mit dem der Versuche von Secvın und Lavoısıer übereinstimmt, von Jurın’s und Mer- zıes’s Angabe aber bedeutend abweicht, Diese Abweichungen rühren zum Theil-gewils von der verschiedenen Capacität der Lungen bey. verschie- denen Individuen, noch mehr aber wohl von der Verschiedenbeit des zur Bestimmung der geath- meten Luftmenge angewandten Verfahrens her g), Der von Menzıes hierzu gewählte Apparat scheint indefs die meiste Genauigkeit zu versprechen. .Wir werden daher vermutblich der Wahrheit am nächsten kommen, wenn wir die Menge der von gut ' f) Researches chemic. and philosoph, chiefly concer- ning nitrous oxide and its respiration. Lond. 1800, p- 351. g) Eine Critik dieser Verfahrungsarten hat Bostock (Vers. über das Athemholen.. A. d. Engl. übers. von None, . Erfurt, 1809, S. 22 f.) geliefert, — 127 | / gut gebauten und ruhig athmenden Menschen bey jeder Inspiration eingezogenen Luft auf 30 bis 40 Kubikzoll schätzen, Jener Wechsel von Aufnahme und Ausleerung der Luft erfordert eine gleichzeitige Vergröfse- rung und Verkleinerung der Lungen über und unter ihren mittilern Zustand, und der letztere eine Veränderung der Brusthöhle. Das Haupt- organ, wodurch die Capacität des Thorax verän- . dert wird, ist das Zwerchfell. Bey dem gesun- den, ruhig athmenden Menschen bewirkt dasselbe fast allein die Respiration, Dieser Muskel, der “die Brusthöhle von der Bauchhöhle trennt, und die Basis des von der erstern gebildeten After- kegele ausmacht, befindet sich in einem bestän- digen Wechsel von Zusammenziehung und Aus- dehnung. Bey seiner Contraktion wird er fla- cher, da er vorher gewölbt war, treibt die Ein- geweide des Unterleibes nach unten und. nach vorne, und vergrölsert die Höhe der Brusthöhle um eben so viel, als er die der Bauchhöhle ver- kleinert, Zugleich zieht er die untern falschen Rippen und den Knorpel des Brustbeins, wenn dieser noch beweglich ist, einwärts nach dem Rückgrat herauf h), Schon hierdurch wird die Cavität des Thorax um ein Beträchtliches erwei- tert i). Die Action des Zwerchfells wird aber | noch h}y Harıen . c. L.&. 8.1, 9.36. p. 85 3) Harzer ibid, 8.4. $. 6. p. 232%. 128 — noch durch eine gleichzeitige Zusammenziehung der Intercostalmuskeln unterstützt, welche theils verhindert, dafs die Rippen durch die Bauchmus- keln nicht herabgezogen werden, theils auch die Brusthöhle durch Hinaufziehung des zweyten und der folgenden zehn Rippenpaare zu dem ersten, das durch die Rippenhalter (Musculi scaleni) und vielleicht auch durch die Schlüsselbeinmuskeln festgehalten wird, erweitert. Diese Erweiterung geschieht sowohl nach beyden Seiten, als nach vorne ; nach beyuen Seiten, indem die: Rippen, mit ihren Enden auf dem Brustbein und der Wirbelsäule gestützt, ibre im Zustand der Ruhe niederwärts gekehrten mittlern Theile aufrichten; nach vorne, indem. sie bey dieser Umdrehung mit ihren elastischen Knorpeln von beyden Sei- i r Re ten gegen. das Brustbein drücken, und dieses von der Wirbelsäule entfernen k). So wird die Brusthöhle durch die Zusam- menziehung des Zwerchfells und der Intercostal- muskeln nach jeder Dimensinn erweitert, doch beym ruhigen Einathmen weit mehr nach unten, als nach vorne und nach den ’Seiten. Da nun die Oberflächen der Lungen mit den innern Wän- den der Brusthöhle in unmittelbarer Berührung. stehen, und die Luft ihrer Zellen mit der äussern Luft k) Ibid. Sı. 9.7. p 25. — GBsg. p 285g. — I 4 San y y z 129 Luft Gemeinschaft hat, so mufs diese bey der Erweiterung des Thorax in die Zellen dringen und die Lungen ausdehnen |), Die Rückkehr des Zwerchfells und der Inter- cöstalmuskeln aus dem Zustande der Contraktion in den der Ausdehnung bewirkt das Ausathmen, Die Brusthöhle wird hierbey von allen Seiten wie- der verengert; die Lungen werden zusammenge- drückt, und die aufgenommene Luft muls also _ wieder entweichen m). Eine gewisse, und nicht unbeträchtliche Quantität der letztern bleibt aber immer zurück. Man sieht dies, wenn man an einem Leichnam in beyde Säcke des Brustfells ei- nen Einschnitt macht, Die Atmosphäre dringt ‘dann durch diese Wunden augenblicklich in die Brusihöhle , prelst die Lungen zusammen, und treibt aus denselben durch die Lufiröbre die nach dem letzten Ausathmen zurückgebliebene Luft hervor, Nach Kırte n) beträgt dieser Rückstand 87, nach Goopwrn 0) 90 bis 125 Kubikzoll, DAvrp) schätzt 1) Ibid. S4. 67. 236. — Sun. p. 245. m) Ibid, $,. 205g. p. 074 sg. n) Ueber die Wiederherstellung scheinbar todter Men- schen, A. d, Engl, Leipzig. 2790. 5 ı9 0) A.a. O. 5, 27. p) A: 0©. W.Bd, »° 1 130 schätzt sie nur auf 531,8 Kubikzoll, die eine Tem» peratur von 59° Fahr. haben. Aber diese Schät- zung ist auf Respirationsversuchen ‘mit Wasser. stoffgas gebauet, die kein so genaues Resultat liefern. konnten, als diejenigen , worauf Kırte’s und Goopwyn’s Angaben beruhen. Das Athmen dieses Gas erregt ein unangenehmes Gefühl in der Brust, einen kurzen Verlust der Muskelkraft, und zuweilen einen vorübergehenden Schwindel. Es kann also schwerlich von demselben eine so grolse Quantität, wie von der atmosphärischen Luft, aufgenommen werden, Auch mulste vor dem Einathmen des Wasserstoffgas von der vori- gen Respiration eine Quantität Luft in den Lun- gen übrig seyn, die Davy zwar durch ein ge- waltsames Ausathmen auszuleeren suchte, die sich aber dadurch gewils nicht ganz wegschaffen liels, und die er willkürlich auf 7,8 Kubikzoll schätzt, Ein ähnlicher Wechsel von Zusammenziehung und Erweiterung, wie beym Athemholen im ‚ Zwerchfell und den Brustmuskeln statt findet, geht bey dieser Funktion auch im Kehlkopf und in der Luftröhre vor sich. Beym Einathmen er- weitert sich die Stimmritze und wird rund; beym- Ausathmen verengert sie sich wieder, indem sich die beckenförmigen Knorpel (Cartilagines arytae- noidei) einander nähern q). Die Luftröhre wird beym g) Le Garro1s Experiences sur le principe de la vie, a Paris 1812, p.241, 131 beym Einathmen kürzer und weiter, beym Aus- atbmen länger und enger r). | Wie bey den Sävgthieren der Zwerchmuskel das Hauptorgan der Hespiration ist, :so sind bey den Vögeln, die ein häutiges Diaphragma ha-. ben, und deren Lungen mit dem Brustfell zu- sammenhängen, die Intercostalmuskeln die vor- nehmsten Werkzeuge des Athemholens. Bey die- sen ist daher mit jeder Inspiration eine weit stär- kere Erhebung der Rippen und des Brustbeins . verbunden, als bey den übrigen Säugthieren s), Dals übrigens bey diesen Thieren die eingeath- mete Luft aus den Lungen in die Spuhlen der Federn und in die markleeren Höhlen der Kno- chen dringt, ist schon im ersten Buche bemerkt ‚worden t). > * Auf eine nonh andere Art geschieht das Athem- holen bey den Amphibien. Nur die Crocodile scheinen noch vermittelst eines dem Diaphragma ähnlichen Muskels zu respiriren, Bey diesen | Thie- r) Bremonp, Mem. de l’Acad. des sc. de Paris. A, 1739: Pı 343 $) SWAMMERDAMM de tespirat. $,.2. C, 4,, in Man- cerı Bibl, anat. T. 2. p. 161. — C. Barrmorıse Diaphragm, structura nova, P. 2,51, Ibid, p.. 22713, .. -— Harzer cu L.8 84 6.9. p.259: 2 Biologie Bd, ı. S, Ina 1 v9 1323, en Thieren erstrecken sich von dem untern und hin- tern Rande der beyden Lappen, woraus die Leber besieht, über die convexe Oberfläche derselben bis zum untern Ende des Brustbeins, zwey Mus- keln, die bey ihrer Zusammenziehung die Leber niederdrücken, und dadurch den Raum der Brust. höhle erweitern v). Bey den übrigen Amphibien geht das Athemholen auch dann noch, wenn die Brust- und Bauchhöhle geöffnet, und die Lungen gäuzlich entblöfst sind, also unabhängig von den Bewegungen des Thorax von statten. Nach Mor- 'GAGNIS w),, HerHoLDT’s x) und Townson’s y) Untersuchungen ist es hier die Höhle des Mun- des, durch deren Erweiterung und Verengerung die Respiration hervorgebracht wird. Beym Ein- athmen verschlielsen jene Thiere den Mund, und vergröfsern den innern Raum desselben, indem sie die in der Höhle der untern Kinnlade lie- genden Muskeln und Membranen nach aussen ziehen. , Die äussere Luft dringt hierauf durch die offenen Nasenlöcher in den Rachen, Jetzt ver- v) GeorrroY, Annales du Museum d’ Hist, nat, T 2, p- 49» | " | 'w) Advers. anat. V. 29, p: 42. ZEHN x): Bulletin des sc. de la Soc. philom.' A. VII. n. 30. p-42. Pearr’s u, Sourer’s Nordisches Archiv für Naturkunde u. s. w. Bd. 2. St, ı, S..48. | ee; -y} Obs. physiol. de 'amphib, P, ı. p. 19 sq. —— 133: verschlielst das Thier die Nasenlöcher, und ver- engert wieder den innern Raum des Mundes und des Rachens durch Einwärtsziehen der weichen Theile der untern Rinnlade und Aufheben der Luftröhre. Eine Folge hiervon ist,‘ dals die ein- geschlossene Luft zusammengedrückt wird, und vermöge ihrer Klasticität einen Ausweg sucht, den sie auch findet, indem sie durch die offene Luftröhre in die Lungen dringt und diese aus- dehnt. Die Amphibien. inspiriren also durch Er- weiterung des Mundes, so wie die Säugthiere und Vögel durch Erweiterung der Brust, und wie bey den Säugtbieren das Athemholen auf- hört, wenn die äussere Luft in den Zwischen- raum zwischen dem Thorax und den Lungen gelangt, so tritt bey den Amphibien ein Still. stand dieser Funktion ein, wenn ihnen das Ver schliessen des Mundes unmöglich gemacht wird, ‘Die Exspiration übrigens kann bey diesen Tbie- ren nicht anders, als durch eine Contraktion der Lungen selber geschehen, Bey einigen Amphibien bleibt die eingeath- mete Luft, wie bey den Vögeln, nicht blos auf die Lungen beschränkt, sondern geht in die Zwi- schenräume zwischen der äussern Haut und den Muskeln über. Dies gilt besonders vom Chamä- leon, bey welchem diese Zwischenräume von der inspirirten Luit so vollkommen und so allgemein / Iz durch- 134 Le m mm / durchdrungen werden, dals Alles, bis auf die En- den der Beine und des Schiän ja bis auf die Augen, die mehr Rundung erhalten und wei- ter hervorspringen, damit angefüllt wird z). Den Säugthieren und Vögeln ist das Athem- holen eine so nothwendige Funktion, dals es ohne Lebensgefahr nicht unterbrochen werden darf. Anders aber verhält es sich mit demselben bey den Ampbibien. Diese können ohne nachtheilige Folgen ihr Athemholen einschränken, oder gar auf einige Zeit ganz aufheben. Von HumsoLpr a) sahe einen Frosch, der in atmosphärischer Luft unter einer Glocke 62 mal in der Minute einath- mete, in einer Luft, die nur 0,19 Theile Sauer- stoffgas enthielt, die Zahl seiner Inspirationen in der ersten. Minute auf 27, in der zweyten ‚auf 18, in der dritten auf ı6 einschränken, Bey allen diesen Thieren kann das Einathmen, und bey den Säugthieren und Vögeln auch das Ausathmen durch eine blos leidende Bewegung der Lungen vor sich gehen. Nur bey dem Aus- athmen der meisten Amphibien müssen wir eine thätige Bewegung dieser Organe annehmen, Dals aber jene Bewegungen blos leidend seyn können, | bewei- z) GoıBerry’s Reise durch das westl, Afrika. Vebots, von Berck, Th.2, $. ıo. ' a) Ueber die gereizte Muskel - und Nexvenfaser. 23. 9. 279. | 135 beweiset nicht, dafs sie wirklich von dieser Art sind. Es wird uns in der Folge wichtig seyn, diesen Gegenstand aufs Reine gebracht zu ha- ben, Wir werden daher, ehe wir in der ÜUnter- suchung des Respirationsgeschäfts der verschie- denen Thierclassen weiter gehen, bey demselben verweilen, Dafs die Lungen sich bey dem Athemholen nicht blos leidend verhalten, sondern eine eigene bewegende Kraft besitzen, ist eine Meinung, die schon von dem Araber AverrHoEs vertheidigt wurde, Nach der Wiederherstellung der Wissen- schaften miachten Rıor.an b) und PraTer c) Beob- achtungen, die ihnen dieser Meinung günstig zu seyn schienen, Sie sahen bey Thieren, denen die Brusthöhle geöffnet war, die Lungen nicht immer zusammenfallen, sondern in einigen Fällen sich fortdauernd bewegen, obgleich die Brust- muskeln ausser Thätigkeit gesetzt waren. Meh- rere Physiologen., tar andern SENNERT d), tra ten jener Theorie bey, Sie fand aber auch meh- rere Gegner, z., B. an Tu, Bartmorın e), Dir- MERBROECK f) und Mayow g), die gegen Rıo- | LAN’S b) Anthropogr. L, 5. e. nı. ec) Quaest. physiol. posthum. 29. d) Institut, med. L.ı. c. ıı. e) Anat. p. 4ı$. f) Opp. omn, p- 317. 0 8) Opp. omn, p. 241. _ - 136 rssmmumes, 'zan’s und PLATER’s Beobachtungen einwandten, dafs die eigene Bewegung der Lungen bey geöff- neter Brusthöhle nur scheinbar wäre, und von den Zusammenziehungen des Zwerchfells und der unzerschnittenen Intercostalmuskeln 'herrühre, und dals, wenn hey’ Brustwunden die Lungen nicht | gleich zusammenfßielen , der Grund darin läge, weil die Lungen die Wunde ausfüllten und das Eindringen der Luft in die Brusthöhle verhin- derten. | “ Gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts machten indefs Wırs. Houstoun h) und Benr. Hoantey i) neue Beobachtungen bekannt, wo- durch die ältern von Rıoran und PraTser bestä- tigt wurden, Kurz nachher erschienen auch BrE- monn’s zahlreiche Versuche k), und im Jahre ‘ 1746 Herıssant’s Erfahrungen ]), welche eben- falls für eine eigene bewegende Kraft der Lun- gen sprachen, Auch gegen diese neuern Erfahrungen wur- den aber Einwendungen, besonders von Harrer’n; gemacht, h) Philos. Transaet. Y. 1756. no.441. (Abrigd by MaAr- zın.) Vol.g. p. 138. | i) Lectures on the organs of zespiration. Lond. 1740% sch k) Mem. de I’ Acad. des sc. de Paris. A. 1739. pı 353 J) Ebendas, A, 1745. p. 69, I imeunn | 3 137 gemacht. In seinen Anmerkungen zu Borruaa- ve’s Praelect, academ. m) erinnert dieser, dafs in den Fällen, wo die Bewegung der Lungen nach zerschnittenen Brustmuskeln fortdauerte, die Zu- sammenziehungen der Bauchmuskeln diese Be- wegung hervorgebracht hätten, und in seinen Elem, Physiol. n) wendet er gegen die erwähnten Versuche ein , dafs dabey sehr leicht die Brust- wunde durch einen Theil der Intereostalmuskeln oder ‘der Lungen hätte verstopft werden können; dals immer bey solchen Versuchen das Athemho- len sehr erschwert würde, wenn auch nur die eine Seite der Brusthöhle geöffnet wäre, obgleich das Leben dabey fortdauern könnte; und dafs, wenn die Luft von beyden Seiten in die Brust» höhle dränge, die Lungen immer zusammenfielen und ihre Bewegung verlören, das Thier stumm würde und umkäme, auch alle Bewegungen ‚des Thorax die Lungen nicht wieder ausdehnen könn- ten, und das Athemholen in eben dem Verhält nils schwerer von statten ginge, je grölser: die Menge der eingedrungenen Luft wäre, Gegen Housrtoun’s und Bremondv’s Erfahrungen bemerkt er besonders, dafs bey manchen derselben die Thiere nicht wirklich geathmet hätten, sondern dals blos ein Theil der Lungen von den zu. sammene m) Vol, 4. Pi. pP 34. 35. n) I.IL. L& S54 9.5 p. 227% 15 738. | un sammengezogenen Rippenmuskeln hervorgetrieben wäre, Die Lungen, fügt er noch hinzu, könn- ten keine eigene Bewegungskraft besitzen, weil sie keine Muskelfasern hätten, sondern blos aus . weichem Zellgewebe beständen , und bey man- chen Thieren durch ein solches Gewebe an das Brustfell befestigt wären, / Von diesen Einwürfen scheinen allerdings ei- nige gegründet zu seyn. Wahr ist es, dals in allen den Fällen, wo sich die Lungen zu bewe- gen fortfuhren, das Anschwellen derselben nicht mit der Erweiterung, sondern mit der Verenge- rung des Thorax , so wie ihr Zusammensinken mit der Ausdehnung des letztern zusammentraf. Dies scheint freylich der Vermuthung Gewicht zu geben, dafs das Anschwellen der Lungen in jenen Versuchen blos von dem Druck des Zwerchfells oder der Brustmuskeln herrühre, Allein. wenn man die Versuche der angeführten Schriftsteller, besonders Bremonnp’s, aufmerksam durchgeht, so findet man unter den Resultaten derselben meh: rere, die wichtig, und von HarLter’n, dem daran lag, eine eigene Thätigkeit der Lungen nicht gel- ten zu lassen, damit seine Lehre von den Mus- kelfasern als den einzigen irritabeln Organen nicht beeinträchtigt würde, gar nicht beachtet sind. Es ergiebt sich aus jenen Erfahrungen: ı) Dals die Bewegungen der Lungen noch fort- dauern können, wenn auch schon Luft in die ra ne ‚ 2 139 die Brusthöhle eingedrungen ist, und selbst wenn mehrere Rippen weggenommen und die Lungen dem ganzen Druck der Atmosphäre ausgesetzt sind 0), Dieser Erfolg beweist wenigstens eine gewisse, in den Lungen statt findende Turgescenz, Ohne eine solche Span- nung würden sie jedesmal augenblicklich zu- sammenfallen müssen , sobald ihre äussere Fläche mit der Atmosphäre in Berührung käme, i 2) Dafs die Lungen nur dann nach dem Oefl- nen der Brusthöhle sun: wenn das Thier viel Blut verloren hat p). Die Fälle, wo ein Zusammensinken der Lungen "nach der Entblölsung ‘derselben statt fand, sind also keine Beweise gegen die Selbstthä- tigkeit derselben. Ueberhaupt können nega- tive Erfahrungen hier nicht von grolsem Ge- wicht seyn, da die eigne Kraft der Lungen nach der Verschiedenheit der Art, des Al- ters, der Constitution u. s. w. sehr verschie- ‚den seyn, und auch bey einerley Blutverlust bald früher, bald später EIOGLUL werden mus, | 3) Dals die Luftröhre sich beym Einathmen ur gm verkürzt und zugleich erweitert, beym 0) BarmonD a. a. O. p- 358. 339. 340. = HenıssAnT a. a. ©. p. 73. p) Bremonp 3,2. 0, p. 344. n 349 m——— beym Ausathmen hingegen‘ sich verlängert, indem sie zugleich enger. wird q). - Diese Zusammenziehung ‚ist gewils nicht blos auf die Luftröhre beschränkt; sie erstreckt -sich ohne Zweifel auch auf. die ‚feinsten Zweige der Bronchien. Wenn also auch die Bläs- ‚chen der Lungen sich .bey.. der Respiration leidend verhalten, so wird doch in der Luft« röhre und deren Zweigen eine eigene Bewe- gung statt finden. 4) Dafs die entblöfsten Lungen: auch in Lagen gebracht, wo weder das Zwerchfell, noch die Brustmuskeln darauf wirken können, Zusam- menziehungen und Erweiterungen zu äussern fortfahren. BREMmonD machte diese Erfahrung, an zwey Katzen und zwey Hunden r). In neuern Zeiten fanden Frormann in Lund und Ruovorrnı sie bestätigt. Jener beobachtete, dafs die Lungen eines ersäuften Hundes selbst nach Zerschneidung des Zwerchfells noch fortfuhren sich zu bewegen, und dieser sahe die Bewegung der Lungen an einem ''er- drosselten Hunde, dem er; das Brustbein ‚ganz weggenommen und die Intercostalmuskeln nebst dem Zwerchfell völlig zerstört hatte s). | Wägt q) Bremonp p. 345. | n) A. a. 0. p.351. “g) Runoırur’s 'anatom. physiologische Abhandlungen; Berlin, 3812, S, 220 £. — 141 Wägt' man jetzt Gründe und Gegengründe gegen einander ab, so, glaube ich, ist das UÜeber- gewicht auf Seiten der Meinung, dafs die Lun- gen bey der Respiration nicht blos leidend sind, Man könnte für diese Hypoıhese auch noch Be- weise anführen, die von dem Mechanismus des Athemholens der Vögel hergenommen wären, Doch würden hierbey manche Umstände vorkommen, die noch nicht hinreichend untersucht sind, Aber - bey den Amphibien giebt es eine. Erscheinung, die ich mir nicht:ganz ohne die Voraussetzung eines eigenen Bewegungsvermögens: der Lungen zu .er- klären. weils, nehmlich den Wechsel von An. schwellung und Zusammenziehung dieser Theile bey Amphibien, denen die ganze Brusthöhle ge- öffnet, und selbst das Herz ausgeschnitten ist, Schon BLUMERBACH t) leitete dieses. Phänomen von einer eigenen Lebenskraft der Lungen her, ohne jedoch auf Morgacnı’s Erklärung desselben aus einer Erweiterung und Verengerung der Mund- höhle Rücksicht zu: nehmen. Ich habe Versuche beschrieben, woraus sich ergiebt, dafs die Be- netzung solcher angeschwollenen Lungen mit Lau- danum und Belladonna. Extrakt Zusammenziehun- gen und dann wieder Turgescenzen derselben her- vOor- t) Specimen Physiol, comp. inter animantia calidi et frigidi sanguinis, p. 14. 142 —— vorbringt v). Wie jene Mittel ‚diese Veränderun- gen zur Folge haben können, wenn sich die Lun- gen blos leidend verhalten, sehe ich nicht ein, Besitzen aber «ie Lungen ein eigenes Bewegungs- vermögen, so lassen sich diese Wirkungen aus dem analogen Einfluls jener Substanzen auf an- dere, mit einem solchen Vermögen versehene Or- gane erklären, | Auf ähnliche Art wie die Lungen der Säug- thiere, der Vögel und der ausgewachsenen Am- phibien die Luft abwechselnd einziehen und wie- der ausstofsen, wird von den Fischen, den Frosch- und Salamanderlarven, den meisten Mollusken, den Crustaceen, mehrern Würmern und Zoophy- ten, und überhaupt von denjenigen Thieren, wel. che Kiemen besitzen, das Wasser aufgenommen und wieder ausgeleert. ' Bey den Fischen gelangt das durch den Mund aufgenommene Wasser aus dem Schlund zwi« schen die Kiemen, die sich von einander entfer- nen, aber gleich darauf wieder nähern ‚indem die Kiemenöffnungen vermittelst der niederge- drückten Kiemendeckel geschlossen bleiben. Die letztern erheben sich hierauf; die Kiemenhaut entfaltet sich, und das Wasser, das bis dahin zwischen den Kiemen und Riemendeckeln einge- schlos- 9) Prarr’s u. Scheer’s Nordisches Archiv f. Natur- u. Arzneywissensch. B. ı. 5. 305. a) 143 ‚schlossen war , dringt aus den HKiemendeckeln hervor. Sobald dieses ausgeleert ist, senken sich ‚diese Deckel wieder; die Kiemenhaut zieht sich wieder zusammen, und die Branchien erhalten aus ‚dem Schlunde eine neue Quantität Wasser, welche auf dieselbe Art wie vorhin wieder aus- getrieben wird w). » Diese Bewegung geschieht 25 bis 30 mal in einer Minute x), Die Fische aber besitzen, ausser den Kiemen, noch ein secundäres, den Lungen der höhern Thierclassen analoges Respirationsorgan an der Schwimmblase, wie ich in einer eigenen Abhand. lung umstänälicher gezeigt habe y). Mit ihrer Hülfe scheinen diejenigen Fische zu athmen, die ein sehr thätiges Leben führen, und oft eine grölsere Qnantität Luft verzehren, als das Wasser ihren Riemen zu liefern vermag. Sie häufen zu Zeiten, wo sie mehr athmenbare Luft aufnehmen, als sie verbrauchen, eine solche Luft in diesem . Behälter an, und zehbren davon unter Umständen, wo sie einer grolsen Menge derselben bedürfen, Die Bestandtheile der in der Schwimmblase be- findlichen Luft, welche mit denen der Atmosphäre übereinkommen, haben daher, wie wir im fol. =. genden w) Gouvan Hist, piscium. p. 32. x) Harzer El, Phys. T.IIT.-L.g. 8.4. 6.29. p. 290, y) Annalen der Weiterauischen Gesellsch. £. d, ger sammte Naturkunde, B, > 5.14% 142 | m | genden f. selien werden, ein sehr veränderliches Verhältnils, Bey den meisten ‚Fischen giebt es in der Schwimmblase eigene Organe von rother Farbe, welche die Absonderungswerkzeuge der in jenem Behälter befindlichen Luft zu seyn scheinen, Sie befinden sich zwischen den beyden Häuten der Schwimmblase, und bestehen aus einer Menge zarter, unter sich paralleler, gedrängt an einan- der liegender Gefäfse. Zur Mitte des Raums, den die rothen Organe einnehmen, gehen grofse Blut- gefälse, die sich strahlenförmig zwischen den beyden Membranen der Blase verbreiten. An dem andern Ende der rothen Organe, welcher dem Eintritt dieser Blutgefälse entgegengesetzt ist, ent- | stehen gefälsartige, Zweige von einem bleichen Roth, die sick divergirend auf einer hier befind- | lichen Anschwellung der innern Blasenhaut ver- theilen,;, und sich auf der innern Haut der letz- tern zu Öffnen scheinen 2). Alle Fische, welche diese rothen Organe be- sitzen , nur die Muränen ausgenommen, haben eine von allen Seiten verschlossene Schwimmblase, Bey den übrigen Fischen, in deren Schwimm- blase die rothen Körper nicht zugegen sind, steht jene durch einen Luftgang mit dem Schlunde in Ver- 2) DerAaroche, Annales du Mus, d’Hist. nat. T. 13. pP. 204. — Cuvien u, Duvsrnor ebendas, p. 176. % en |; 145 Verbindung. Nur die Muränen haben beydes, so- wohl einen Luftgang, als die vothen Organe, Immer aber ist die Schwimmblase eines der reich- sten Theile an Blutgefälsen, so dals nothwendig in ihr entweder aus dem Blute etwas ausgeschie. den, oder von demselben etwas aufgenommen werden mulfs. “Bey denjenigen Fischen , deren Schwimmblase einen Luftgang hat, findet in ihr vermuthlich blos ein Uebergang gasförmiger Stoffe zum Blute statt, und die Luft, die sie enthält, gelangt in sie ans dem Schlunde durch den Luft- gang, ProvEncar und von HumsoLpr, weiche Schleihen sowohl in Wasserstoffgas, als in Wasser, das mit diesem Gas geschwängert war, atlımen lielsen, fanden zwar in der Schwimmblase jener Fische keine Spur von Wasserstöffgas a). Aber hiervon lälst sich kein Einwurf gegen unsere Ver- muthung hernehmen, da die Fische gewils nicht . jede Gasart ohne Unterschied in die Schwimmblase aufnehmen, Eine wichtige Thatsache, die sowohl für die Bestimmung der Schwimmblase zum Athembholen, als für die Aufnahme verschluckter Luft durch “den Luftgang in die mit einem solchen Canal versehene Schwimmblase- spricht, ist die Darm- Tespi« a) Mem. de Phys, et de Chimie de la Soc. d’Arcueil. T.2, P- 400% BR r IV. Bd. er R 146, — respiration des Schlammpeitzgers (Cobitis fossilis). Diese Fische, die eben so wohl als andere durch Kiemen athmen, verschlucken dabey von Zeit zu Zeit mit dem aus dem Wasser hervorgestreckten Munde Luft, und geben dieselbe durch den After wieder von sich. .Sie thun dies in unregelmäfsi- gen Zwischenräumen, Ein Dutzend derselben, die sich in einem Glase voll Regenwasser befan- den, sahe ich an manchen Tagen ganze Stunden - ohne jenes Verschlucken zubringen ; zu andern Zeiten nahmen sie dasselbe sehr häufig vor, am ‚häufigsten aber immer, wenn sie durch Schütteln des Glases in Bewegung gebracht wurden, Er- mAN, der das Verdienst hat, diese merkwürdige Erscheinung zuerst näher untersucht zu haben, fand an ihr alle Kennzeichen eines wahren Athem-. holens. Die Kiemenrespiration hört nach jedem Verschlucken zehn bis funfzehn Minuten auf; die Darmrespiration kann ohne alle Hülfe des Athem- holens durch die HKiemen das Leben des Fisches auf unbestimmte Zeit unterhalten, und die ver- schluckte Luft erleidet im Darmcanal dieselben Veränderungen, wie die im. Wasser enthaltene - Luft durch die Einwirkung der Kiemen b). Der Schlammpeitzger hat dabey keine Schwimmblase. Man findet zwar bey ihm einen mit Luft ange | füllten Bebälter, Aber dieser liegt hinter dem Ge- hirn, ist in einer knöchernen Kapsel eingeschlos- ” sen b) GızzenT’s Annalen der Physik. B. 30. 5, 140, 147 sen und so klein, dals er unmöglich mit der Schwimmblase der übrigen Fische etwas gemein haben kann, Mir ist es wahrscheinlich, dals er vermöge der in ihm’ befindlichen Luft dem Schlamm- peitzger, der bekanntlich das Vermögen, den Wechsel der Witterung vorher zu empfinden, in "bedeütendem Grade besitzt, zur Aeufserung die- ses Vermögens dient. Die verschluckte Luft, die bey andern Fischen in die Schwimmblase gelangt, “ und hier geathmet wird, geht also bey dem Schlammpeitzger durch den Nahrungscanal, der bey ihm zugleich Werkzeug des Athemholens und der Verdauung ist. | Die Mollusken respiriren theils durch Lun- gen, theils durch Kiemen, Bey den erstern ist das Werkzeug des Athemholens eine mit einer sehr. dünnen Haut ausgekleidete Höhle, um wel- che eine dicke, weiche, poröse, gleichsam schwam- mige Substanz liegt c), Das Athemholen geschieht bey ihnen willkührlich und in unregelmälsigen Zwischenräumen, SPALLANZANIı d) bemerkt dies von der Helix nemoralis L, und dem Limax agre- _ stis L., und ich habe das Nehmliche an mehrern Schnecken .des sülsen Wassers beobachtet. Die Planor- c) Wenigstens finde ich diesen Bau bey den Limax- Arten. d) Mem, sur la respiration. TI. p. 133. 243. 244 Ko [4 148 | — Planorbis purpura Mürr. (Helix cornea L,) sähe ich, nachdem sie respirirt hatte, zum Boden des Wassers zurückkehren, und hier eine halbe Stun- de, ja zuweilen fünf Viertelstunden verweilen, ehe sie wieder an die Oberfläche kam, um den Schlielsmuskel ihres Respirationsorgans von neuem zu öffnen. Dieser Sphinkter blieb ohngefähr drey Minuten offen. Dafs hierbey ein wirkliches Aus- alhmen statt findet, erhellet sowohl aus dem Ge- ränsch, das man beym Oeffnen jenes Muskels wahrnimmt, als auch daraus, weil die Flamme -einer kleinen Kerze, die man vor der Oeffnung hält, etwas gekrimmt wird e). Auch sahe ich bey einer Wasserschnecke, der ich in dem» Augen. blick, wo sie den Sphinkter des Respirationsor- gans zum Einathmen öffnete, durch eine Röhre in die Lunge blies, die Luft mit grofser Hef- tigkeit aus der Lunge unter dem Wasser wieder hervordringen, welches ohne eine Zusammenzie- hung dieses Theils nicht hätte geschehen können, SrauLLanzanı f) versichert, bey einer Helix .ne- moralis, deren Gehäuse er weggebrochen hatte, die Lunge beym Einathmen auch anschwellen gesehen zu haben. Ob dieses Anschwellen und das darauf folgende Zusammenziehen blos durch eigene Thhätigkeit der Lunge, oder mit Hülfe von Muskeln geschieht, mufs ich unentschieden las- sen. | e) SPALLANZANI a, a, O, p. 134. 155. ft) A. a. ©. p. 155. 149 “ sen. SwAmmerpamnm’s g) Behauptung, dals die Respiration der Ichnecken durch eine abwech- selnde Ausdehnung und Zusammenziehung ihres ganzen Körpers bewirkt wird, habe ich aber nicht bestätigt gefunden, Die Respiration der mit Kiemen versehenen Mollusken ist ebenfalls, wie die der Landschnek«» ken, willkürlich, Oft hört sie ganze Stunden auf h). Die Entenmuscheln respiriren, indem sie ihre Schaalen öffnen, eine kleine Quantität Was- ‚ser aussprützen , und dann jene von neuem schliessen i). Von den ECrustaceen hat man bisher geglaubt, dals sie insgesammt durch Kiemen respiriren. Ich habe indels an der Cypris pubera Mürr, eine Bemerkung gemacht, die mich vermnthen Häfst, .dals diese Respirationsweise bey denselben nicht ohne Ausnahmen ist, Bey jenem Thier liegen zu beyden Seiten des Rückens zwischen den Fühl- hörnern und den Eyerbehältern zwey cylindrische Schläuche von höchst zarter, zellenartiger Textur, die g) De respirat. 52, c.4, 3. In Masceri ab, anat, T.2. p. 163. r £ h) Porı Testacea utriusque Siciliae, Vol. ı. arsed, p- 51. 5 1) STALLANZANI a, 2. O. p. 304. 305, R,2 a/ 150 nun die ich um so .mehr für eine Art von Lungen halten zu müssen glaube, da ich an der Cypris keine andere Werkzeuge des Athemholens habe entdecken können, - - Diejenigen Insekten, die Stigmate haben, wel- che zu ästigen, im ganzen Körper sich ‚verbrei- tenden Röhren führen, athmen insgesammt Luft, Solche, welche unter Wasser sich hufzuhalten genöthigt sind, versorgen sich auf mancherley Weise mit einem Luftvorrath. Die Dytisken z. B. strecken von Zeit zu Zeit das Ende des Hinter- leibs aus dem Wasser hervor, erheben die Flü- geldecken , verschlielsen Luft zwischen - diesen Theilen und dem Hinterleib, und zehren unter dem Wasser von diesem Vorrath. Bey den Hy- drophilen ist der untere Theil des Körpers, an welchem sich die Luftlöcher befinden, besonders "unter dem Halsschild und der Brust, mit feinen, dichten Haaren besetzt; zwischen diesen haftet die Luft unter dem Wasser wie ein silberner Ueberzug, den sie erneuern, indem sie eines ih- rer auf eben die Art behaarten und mit Luft bedeckten Fühlhörner aus dem Wasser hervor- strecken, und so ihre Lufthülle mit der obern Atmosphäre in Verbindung bringen k). Es k) Nırzscn in Reı’s u. Auzenaıern’s Archiv £. d. Physiol, B. ı0, 5. 44% x 7 Ze 151 Es findet aber unter den Insekten eine grofse Verschiedenheit in der Abhängigkeit des Lebens von dem Zutritt der Luft zu den Respirations- organen statt. Eine Weidenraupe, die ich in ei- nem Glase voll Wasser verschlossen- hatte, lebte darin über vier und zwanzig Stunden, und ihre entblöfsten Muskeln änsserten, als ich sie hierauf zergliederte , noch ziemlich starke Contraktio- nen ], Eine gemeine Assel (Oniscus Asellus L.) und eine Scolopendra forficata, die ich wieder. holt in Oel tauchte, litten wenig oder nichts von dieser Operation, da ein Carabus ruficornis gleich nach dem Eintauchen sehr ermattet und ohnge- fähr nach einer Stunde völlig todt war. In einem andern Versuch bestrich ich bey einer Larve des Scarabaeus nasicornis die Stigmate wiederholt mit‘ Oel, und brachte eine andere unter ein umge. stürztes Glas voll Wasser. Beyde Thiere lebten | noch 1) Lyoxser (Traite de la chenille du saule. p. 78.) will eine solche Raupe unter Wasser sogar nach acht Ta- gen, und unter der Luftpumpe nach zwey Stunden noch lebend gefunden haben. Er fügt die Bemer- kung hinzu, dafs Weidenraupen, die er unter Was- ser gebracht hatte, gleich in der ersten Stunde. nach dem Untertauchen alle Bewegung verloren hätten. Hiermit stimmen meine Erfahrungen nicht überein. Die oben erwährme Raupe bewegte sich noch meh- tere Stunden unter dem Wasser. K4 152 FM; — noch über sieben Stunden, Ein fast eben so zä- hes Leben hat der Nashornkäfer selber. Ein Weib- chen, das ich unter Wasser brachte, war nach zwey Stunden zwar betäubt, aber noch nicht todt. Hingegen eine Wespe, der ich die untere Seite der Brust und des Bauchs mit Mandelöl bestrich, wurde schon nach einigen Minuten steif und unbeweglich, und kam auch nicht wieder ins Leben zurück, Das Bestreichen der Stigmate mit Ocl und das Untertauchen des ganzen Körpers unter Was- ser wirken bey diesen Versuchen auf einerley Art, Ich bestrich bey einer weiblichen Meloe maialis die fünf, ausserhalb den Flügeldecken liegenden Luftlöcher mit Mandelöl. Das Thier kroch noch eine halbe Stunde eben so munter herum, wie vorber, Als ich es hierauf unter Wasser getaucht hielt, war es schon nach einigen Minuten ohne Bewegung. Bey einem andern Weibchen nahm ich die Flügeldecken weg, unter welchen das sechste Paar der Luftlöcher liegt, uud bestrich sowohl dieses, als die übrigen Stigmate mit Oel. Jetzt war der Erfolg der nehmliche, wie bey dem vorigen Thier nach dem Tauchen unter Wasser. Die: Füfse fingen an zu zittern; die Bauchmus- keln machten heftige wellenförmige Bewegungen, und. nach einigen Minuten hörten alle Zeichen’ von Leben auf, Beyde Thiere erholten sich wie- | der, der, nachdem ich das Oel abgewaschen hatte, doch sehr langsam, Das erstere äusserte erst sechs Stunden nach dem Versuch, und das letztere noch später einiges Leben, Ich habe diese Versuche so umständlich er- zählt, weil MoLDENHAwER m), gestützt auf einige unrichtige Beobachtungen Reaumur’s, behauptet, das Bestreichen der Insekten mit Oel wirkte nicht tödtlich, insofern die Stigmate dadurch verschlos- sen würden, sondern insofern das. Oel die Reitz- barkeit der Theile aufhöbe; Raupen stürben sehr bald, wenn man den ganzen Körper mit Oel be- striche, und nur die Luftlöcher frey lielse; die Er- scheinung, dafs ein Insekt plötzlich stürbe, wenn die Stigmate mit einer Flüssigkeit bedeckt wür- den, bewiese also nichts für die gewöhnliche Meinung von dem Athemholen der Insekten durch die Tracheen; auch vertrüge sich der plötzliche Tod, welcher sogleich erfolgte, wenn die Stigmate ‘mit Oel bedeckt würden, mit dieser Meinung nicht, da selbst vollkommnere Thiere, welche durch eigentliche Lungen athmen, des erneuerten Zutritts der. atmosphärischen Luft weit länger ent behren könnten, und die Canäle der Tracheen zu- sammengenommen gewöhnlich einen verhältnife- mälsig weit grölsern Raum, als die Lungen dieset, Thiere m) Beytr. zur Anat. der Pf. S. 209 K. R5 154 — ) Thiere, einschlössen. Alle diese Behauptungen sind, wie die obigen Versuche- zeigen , ungegründet, Von der Unrichtigkeit der Versicherung Rraumur’s, dafs das Bestreichen der Insekten mit Oel auch ohne Verschliefsung der Luftlöcher diese Thiere tödte, hätte sich MoLDEnHAWeER schon aus Mir rıcHı’s Werke De bombyce n) eines Bessern be- lehren können, indem hier ausdrücklich bemerkt ist, dals die äusserliche Anwendung des Oels keine nachtheilige Wirkungen auf die Insekten äussert, wenn nur die Stigmate frey bleiben, und dals Honig dieselbe Wirkung wie Oel hervorbringt. Bey dieser Gelegenheit erinnere ich zugleich, dafs auch die durch Bonner's und Reaumur’s Versuche in Umlauf gekommene, und von Mor- DENHAWER’n ebenfalls zur Widerlegung der bis- herigen Theorie von dem Athembholen der Insek- ten benutzte Meinung von partiellen Lähmungen, welche nach dem Bestreichen einzelner Luftlöcher mit Oel bey den Insekten entstehen sollen, we- nigstens nicht allgemein richtig ist. Ich bestrich bey einer Weidenraupe die vier hintern Paare der Stigmate wiederholt mit Mandelöl. Die Rau- pe hielt ‚hierauf , indem sie an der Wand des Glases, worin ich sie gesetzt hatte, hinaufkroch, den Hinterleib ausgestreckt und zitterte mit dem- selben. Nach einigen Minuten aber kroch sie eben sO - ’ \.# n) In eiusd. Opp. omn. Lugd. Bat. 1687. p. ıQ. so kraftvoll wie vorher herum. Am folgenden Tage waren keine Zeichen von Uebelbefinden, und noch weniger von Lähmung an ihr zu be- merken, Ich wiederholte jetzt den Versuch; aber der Erfolg blieb derselbe. Endlich bestrich ich alle Stigmate mit Oel. In der ersten halben Stun- de schien die Raupe nicht zu leiden; nach an- derthalb Stunden aber war sie ohne Zeichen von Leben. — Eben so wenig zeigten sich an einem Gryllus viridissimus, dem ich die Bruststigmate mit Oel bestrichen hatte, Spuren von Lähmung der vordern Extremitäten, Das Thier schien über. haupt in der ersten Stunde wenig von dem Be- streichen zu leiden. Das Oel flofs aber nach und nach am Hinterleibe herab, und bedeckte die Bauchstigmate, Jetzt trat freylich Schwäche und endlich der Tod ein, doch weit langsamer, als ich bey-diesem Insekt, das unter Wasser sehr bald stirbt, erwartet hätte. — Ich vermuthe, dafs man für Lähmung ansah, was blos Folge des Anklebens der mit dem abgeflossenen Oel bedeck- ten Gliedmalsen war, — Wie ist es auch zu glauben, dafs bey den Insekten der gehemmte Zugang des atmosphärischen Sauerstoffs zu ein- zelnen Theilen so leicht Lähmung in diesen be- wirken sollte, da schon bey den Amphibien Un- terbindung der Arterien eines Gliedes nicht, wie bey den Säugthieren, das Bewegungsvermögen desselben aufhebt 2 Die 156 —— Die Luft, welche von den Insekten geathmet:- ist, gelangt durch die Stigmate in die Tracheen, und verbreitet sich durch deren Aeste im gan- zen Körper, Bey der Zergliederung solcher In- sekten, die man durch Ersäufen, oder durch Be- streichen mit Oel getödtet hat, steigen immer grofse Lufiblasen aus den zerschnittenen Luft- röhren unter Wasser anf, Besonders ist dies der Fall bey den Schmetterlingen und den Insekten der Bienenfamilie, deren Tracheen in grolse Luft- säcke übergehen. Doch habe ich dieses Hervor- dringen. von Luftblasen auch an den Luftröhren vieler Insekten aus andern Familien, z. B. an de- nen der Phryganaea phalaenoides, der Meto!on- tha vulgaris, des Carabus granulatus, der Meloe maialis und Meloe Proscarabaeus beobachtet, Mor- DENHAWER’O) hat also sehr Unrecht, wenn er un- ter seinen übrigen Einwürfen gegen die Lehre von dem Athemholen der Insekten durch die Stigmate und Tracheen auch die Behauptung auf- stellt, dals man beym Oeffnen erstickter Insekten keine Luftblasen aus den Lufiröhren unter Was- ser aufsteigen sähe. ‘ . Zum Durchlassen der Luft hat jedes Stigma eine Spalte, die entweder durch eine knorpelar- tige Klappe geöffnet und verschlossen wird, oder deren Ränder bey einigen Arten mit zarten, dicht | | an / 0) A. a. O. 5. 310 ' men. 157 an einander steheuden Haaren, bey andern mit einer ausgezachten Haut besetzt sind, Die erste Struktur habe ich an den Bauchstigmaten der Heuschrecken, die zweyte bey den Raupen, die dritte bey Meloe Proscarabaeus angetroffen p). Die Spalte führt zu einem häutigen Sack, aus wel. ‘chem die Stämme der Luftröhren entspringen. Zur Erweiterung der Spalte beym Einathmen die- nen eigene Muskeln, die von Lyonne£T an der Wei- ‘denraupe beschrieben, nach der verschiedenen Struktur der Stigmate aber sehr verschieden sind. -Bedentend ist die Erweiterung nicht,. Ich habe bey athmenden Insekten nie miehr als ein abwech- selndes Heben und Senken jedes Stigma, ohne dals sich die Ränder der Spalte von einander zu entfernen scheinen, entdecken können. ' Bey den Libellen, Cicaden , Heuschrecken, ‚einigen grölsern Käfern und Schmetterlingen be- merkt man auch ein abwechselndes Heben und Senken der Ringe des hörpers, welches den Be- wegungen der Brust und des Bauchs, die beym ‚Athemholen der Säugthiere und Vögel statt finden, ähnlich p) Dafs irgend ein wahres Stigma im natürlichen Zu- stande je durch eine Haut verschlossen seyn sollte, wie MoLDENHAwWER (a. a. ©. 8.515 ff.) und ein Ree censent in der Leipziger Litteratur- Zeitung (J. 1813, May. 8, 998.) gefunden haben wollen, mufs ich ge- radezu für eine unrichtige Beobachtung erklären. P4 158 | — ähnlich ist q). Bey dem Baumhüpfer (Gryllus vi- ridissimus L.) geschieht diese Ausdehnung und Zusammenziehung, nach Vauquverin r), 50 bis 65 mal in einer Minute. Eben so viele Pulsatio- nen des Unterleibs zählte ich an einem Baum- hüpfer, den ich in ein umgestürztes Glas mit Wasser gesetzt hatte, Zugleich war bey diesem Thier jedes.der beyden an der Brust befindlichen Luftlöcher mit einer grolsen Luftblase bedeckt, die sich bey den Zusammenziehungen und Erweite rungen des Bauchs hob und senkte. Verschliefst man ein solches Thier in dem obern Theil einer gläsernen Röhre, welche unten durch Wasser ge- sperrt ist, so sieht man, nach Hausmann s), bey jeder Bewegung des Unterleibs das Wasser stei« gen und fallen. N f Was aber Marrıcaı t) erinnerte, dafs es ei-. ner nähern Untersuchung bedarf, ob diese Pul-- sationen von den ARespirationsorganen, oder von | dem u q) Severiwı Zootomia Democritea. p.544. — Mar. ‚»ıcuıus de bomb. p. 51. — ScHEnkIus in SAcHsıı Gammorologia. p. 955; — PERRAULT Oeuvres de phys. et de mechan. p. 471. —, Röszr’s Insekten- belustigung. B. 2. Wasserinsekten, Cl.2..8. 8. r) Annales de Chimie. T. ı2. p. 273. 8) De animal. exsanguium respirat. Hannov. 1803. p-&- i) De bomb. p. 20. dem Herzen herrühren, gilt‘ auch noch zu un- sern Zeiten. Ich vermuthe, dals das Herz die Ursache derselben ist.: Bey einer Heuschrecke, der ich die Bauchmuskeln auf beyden Seiten des Unterleibs durchschnitten hatte, gingen jene Pul- . sationen sehr unregelmäfsig von statten, Man weils aber, dals bey den Insekten die Bauch- muskeln mit dem Herzen in Verbindung stehen. Der Erfolg dieses Versuchs war folglich so, wie er seyn mulste, wenn die Bewegungen des Un- terleibs Wirkungen der Bewegungen des Her- zens sind. Doch sind allerdings mit den Pulsa- -tionen des Unterleibs Contraktionen in den Mus- "keln der -Luftlöcher verbunden. Nach Sorc v) eontrahiren sich die Stigmate eines Lucanus Cer- vus 20 bis 25 mal, die eines Weibchens des Gryl. lus viridissimus 50 bis 55 mal, und die einer Sphinx euphorbiae ohngefähr 20 mal in einer Minute, Merkwürdig ist es dabey, dafs diese Zu- sammenziehungen nicht immer in allen Stigma- ten zu gleicher Zeit und mit gleicher Stärke vor ‘sich gehen, Bey dem Carabus auratus giebt es auf jeder Seite des Bauchs sechs Stigmate, Wenn das Thier sich heftig bewegt, oder eben’ gefres- sen hatte, so zogen sich alle diese Oeffnungen abwechselnd und in kurzen Zwischenräumen zu« sammen. v) Disqu. physiol. circa respirat. insector, et vermium. Rudolstadii. 1805. p. 27. 46, 66. 169 P—— sammen, Hatte dasselbe aber eine Zeit lang ge hungert, so ging die Bewegung nicht mehr in allen Luftlöchern gleichzeitig , sondern bald in diesem, bald in jenem, dabey kraftlos und nach langen Pausen vor sich. Reitzte man solche ansgehungerte Thiere zu heftigen Bewegungen, so wurde dadurch 'die Funktion der beyden vor- dern Paare der Luftlöcher beschleunigt‘, indem die der beyden hintern unverändert blieb, Bey Thieren, die wohl genährt waren, und einige Zeit gehungert hatten, constringirten sich die bey- den mittlern Paare am kräftigsten w). Ich habe eine ähnliche Erfahrung an einem Weibchen der Meloe maialis gemacht, woran ich die Rückkehr | ins ‚Leben beobachtete, nachdem ich sie bis zum Scheintod unter Wasser gehalten hatte, Rings um .die beyden vordersten, unter den Flü- - geldecken liegenden Paare der Stigmate hob und senkte sich die Bauchdecke abwechselnd und in unregelmälsigen Zwischenräumen, zuerst an dem vordersten Paar, dann an dem zweyten, anfangs schwach und langsam, nach und. nach kräftiger und schneller. An den übrigen Stigmaten hin- gegen waren gar keine Bewegungen zu bemerken, Ueber den Mechanismus, wodurch die Respi» ration bey den durch Luftröhren athmenden In- ‚sekten hervorgebracht wird, fehlt es ebenfalls | noch w) Sorc 1 c. p. 156. » —— y 161 noch an Untersuchungen, Bey den Bienen, Schmet- terlingen und mehrern Kälern,. deren Tracheen in häutige Luftsäcke übergehen, läfst sich das Ein. und Ansathmen aus einem Wechsel von Aüusdehnuug und Zusammenziehung dieser Behäl- ter erklären, Ich muis zwar gestehen, dafs ich an.den Tracheen. eines lebendig geöffneten Nas- hornkäfers keine Bewegungen babe wahrnehmen können, Allein die Stigmate waren bey diesem Thier ebenfalls in Ruhe, und das Athemholen schien also aufgehoben zu seyn. ComPaRETTI x) versichert dagegen, an den entblölsten Luftröhren lebender Heuschrecken Zusammenziehungen und Erweiterungen beobachtet zu haben. Mir ist es auch um so wahrscheinlicher, dals solche Bewe. gungen in den Tracheen statt finden, da manche Insekten das Vermögen besitzen, Theile ihres Kör. p-rs durch eine grölsere Menge eingeathmeter Luft anschwellend zu machen, So treten die Ge- schlechistheile der Biene gegen die Zeit der Be- gattung umgestreift. und turgescirend aus dem Rör- per hervor y). Wenn man aber ‚erwägt, dafs bey den Raupen die Luftröhren einen knorpelar- tigen, spiralförmigen Drath enthalten, der keine beträchtliche Ausdehnung und Zusammenziehung gestalten x) Obs. anat, de aure interna comp, pP: 290. ; y) Reaumurn Mem. pour servir a l’hist. des ins, T. Y. ' Mem. 2. p: 145. der 8. Ausg. IV, Bd, i kei; _ 162 | —— gestatten kann, so muls man fast vermuthen, dafs hier kein Wechsel von Ein- und Ausathmen, son- dern blos ein mechanisches Eindringen der Luft in die offenen Traclieen statt findet, Hiermit har- _ monirt auch ein Versuch von Lyonnet, welcher die Luftlöcher einer Schmetterlingslarve mit Sei- fenwasser bestrich, und dieses lange und auf- merksam beobachtete, ohne eine Spur von Luft- blasen darin wahrnehmen zu können, die doch nothwendig hätten entstehen müssen, wenn hier ein Ausathmen statt gefunden hätte z). Doch wird man zugleich jenen Insektengattungen das Vermögen nicht absprechen können, den Eintritt schädlicher Luftgattungen in die Tracheen zu verhindern „ indem hierzu die Schlielsmuskeln, womit die Luftröhren an mehrern Stellen verse- hen sind a), und welche von den Insekten will- kürlich geöffnet und verschlossen werden kön- nen b), zu dienen scheinen. Aber nicht alle Insekten athmen durch Luft- röhren. Die Skorpionen,, Spinnen und Asseln (Oniscus) haben, obgleich in der Luft sich auf- haltend, doch wahre Riemen, und machen den Uebergang zu den Crustaceen. Bey z) Lesser Theologie des ins. T.z. p. 225. a) Biolog. Bd. ı. S. 571. | b) Lronser Tr. de la chenille du saule. p. 72 ag Dr 163 Bey den Skarpionen giebt es vier Paar, aus einer grolsen Menge zarter Blätter bestehender Branchien, die zu beyden Seiten des Unterleibs unter den Bauchringen liegen, und zu welchen äbnliche Stigmate wie bey den geflügelten Insek- ten zu den Luftröhren führen, Die Spinnen haben nur Ein RKiemenpaar, wel- ches am Anfang des Hinterleibs unter zwey hornartigen Platten liegt. Jede dieser beyden HKiemen besteht, wie bey dem Skorpion, aus vie. len zarten, häutigen Lamellen, Eine Aranea atrox, der ich diese Theile mit Petroleum bestrich, zog gleich darauf die Beine zusammen, und war nach einer Viertelstunde völlig leblos, Die Wasserspinne (Aranea aquatica L.), die sich unter dem Wasser aufhält, aihmet ebenfalls Luft und auf eben die Art, wie die Landspinnen, Sie versieht sich in jenem Element mit Luft, indem sie, wie die Hydrophilen, zwischen den langen und dichten Haaren, womit ihr Körper be- setzt ist, eine Lufthülle mit sich führt, und diese von Zeit zu Zeit an der Oberfläche des Was- sers erneuert. Auch füllt sie ein kappenförmiges, blos am untern Ende offenes Gewebe, worin sie sich unter dem Wasser aufhält, mit Luft an, wahrscheinlich indem sie ihre Lufthülle an der inwendigen Fläche desselben abstreift, Bey den Onisken giebt es drey Kiemenpaare, ‚ die sich unten am Hintertheil des Körpers kefin- | Le ‚den, 164 nn den, und mit dreyeckigen Platten bedeckt sind. Die einzelne Kieme wird durch zwey zarte, auf einander liegende Häute gebildet; in den Zwi- schenraum beyder ergielst sich das Blut. An le- benden Asseln sieht man jene Organe sich ab- wechselnd senken und heben, Bey der gemei- nen Assel (Oniscus Asellus L.) gehen diese Bewe- gungen nur langsam, hingegen bey der Wasser. assel:(Oniscus aquaticus L.) sehr schnell vor sich. Bey jener wird aber das Spiel der Kiemen be- schleunigt, wenn man die letztern mit Wasser be- streicht. An solchen benetzten Branchien habe ich ohngefähr 60 Zusammenziehungen in einer Minute bemerkt ‚„ während das Herz 100 und ei- nige Pulsationen machte, Bey den Zuckerthieren (Lepisma) scheinen mir die Schuppen, womit der Körper derselben‘ be- deckt ist, eine Art Kiemen zu seyn; wenigstens habe ich beym Zergliedern von etwa dreylsig die- ser Insekten keine andere Respirationsorgane ent- decken können. Die übrigen flügellosen Insekten (Phalangium, Hydrachna, Acarus, Pulex, Pediculus, Julus, Sco- lopendra) athmen, wie die sämtlichen geflügelten Thiere ‘dieser Classe und deren Larven, durch Luftröhren d). Die d) Ausführlicher habe ich die Respirationsorgane der ungeflügelten Insekten in meiner Schrift Ueber den innern men 16$ Die 'Respiration mehrerer Würmer liegt noch‘ sehr im Dunkeln. Viele Thiere dieser Classe ath- men offenbar durch Kiemen, . Aber die Blütigel und Regenwürmer müssen auf .eine andere Art Luft schöpfen. Bey der Hirudo medicinalis L. und Hirudo sanguisuga L, traf Braun e) zu beyden Seiten des Körpers, in gleichen Entfernungen, ıı bis ı3 Paar linsenförmige Organe an. Sie fingen unterhalb dem Uterus an, und endigten einen Zoll weit vom hintern Ende des Egels, Ein weis- ser, weicher Canal verband sie an der äussern Seite so mit einander, dafs jedes einzelne Organ seinen eigenen Gang aus dem Hauptcanal erhielt. Jedes Organ enthielt 4 bis 6 eyerförmige Körper, und der Verbindungscanal liels sich bis zu den Hoden verfolgen. Braun sahe jene Organe für die Eyerstöcke an, Hingegen Tnuomas f), der nach Braun die beyden erwähnten Egelarten un- tersuchte, fand keine Verbindung zwischen jenen Organen und den Hoden. Nach den Zergliederun- | gen dieses Französischen Naturforschers ‚öffnen sich die linsenförmigen Organe auf der Obertläche des Körpers durch kleine Löcher, die das Thier öffnen innern Bau der Arachniden (Nürnberg. 1812.) beschrieben. e) Systematische Beschreibung einiger Egelarten, Ber- lin. 1808. | f) Mem, pour servir a l’Hist. nat, des sangsues. p. 67. L3 166 urn. öffnen und verschlielsen kann. Jedes Organ ist ein Bläschen, das aus einer doppelten Haut be- steht. Auf der innern Membran verbreiten sich eine Menge Blutgefälse. Aus den äussern Oeff- nungen der Bläschen kommen zuweilen Luttbla- sen und eine weilsliche Flüssigkeit hervor. Tao- mas folgert aus diesen Beobachtungen, dafs die Bläschen die Respirationsorgane der Blutigel sind, Die darin befindliche Flüssigkeit hält er für ein Exkrement, das der Lungenausdünstuug ähnlich jst, und nur wegen der kalten Temperatur der Blutigel eine tropfbare Form hat. Man sieht hieraus, wie ungewils unsere Kennt- nisse vom Athmen der Blutigel noch sind. Die von Tuomas aufgestellte Meinung hat nicht mehr Wahrscheinlichkeit als die Braunsche, Sie ist nicht bewiesen, so lange man nicht ein ähnliches Beyspiel von einer so starken, bey keiner andern bekannten kalıblütigen Thierart statt findenden Absonderung einer tropfbaren Flüssigkeit in den Respirationsorganen aufgefunden hat; so lange Braun’s Behauptung, dafs der Verbindungscanal dieser angeblichen Respirationsorgane in unmittel- barer Verbindung mit den Hoden steht, nicht wi- derlegt ist, und so lange sich nicht ein drittes Or- gan angeben lälst, das mehr Aehnlichkeit mit ei- nem Eyerstock hat, als zwey kleine, in der Nähe des Uterus liegende und mit diesem blos durch L einen \ 8 I | 167 dünnen Faden verbundene Drüsen, welche Txo- mas ohne alle weitere Gründe für den Eyerstock annimmt, ' Unter den Zoophyten haben mehrere Arten offenbare hiemen. Bey andern, z. B. den Poly- pen des sülsen Wassers, scheinen die Fangarme zugleich die Werkzeuge des Athemliolens zu seyn. Diese äussern, wie die Kiemen der Frosch- und Salamanderlarven, eine anziehende und zurück» stolsende Wirkung auf das Wasser, und zwar im Zustand der Ruhe sowohl, als der Bewegung, ja auch nach der Trennung vom Körper, -An den Fangarmen der Polypen findet man unter einer starken Vergrölserung und bey einem gunstigen Licht sehr zarte Borsten, durch deren Bewegung diese Anziehung und Zurückstolsung hervorge=- bracht wird g). Die Vibrationen der Vorticellen bewirken ebenfalls eine Attraktion und Repulsion. des Wassers, die ein Athemholen zu seyn scheint, Dals wenigstens nicht durch diese Bewegungen. nährende Partikeln von der Thierpflanze angezo- gen werden, sahe ich an der Vorticella HacemosA ©. F, Mürr,, einer in den Gewässern um Bremen nicht seltenen Vorticelle. Der Wirber, den dieser Polyp im Wasser erregt, reilst die Infusionsthiere, die g) SreisgucH’3 Analekten. neuer Beobacht, u, Unten such, £, d, Naturkunde, $, 24. 89». L4 168 en. die ihm zu nahe kommen, vielmehr von dem Mund der Vorticelle weg, als dals er sie diesem zufuhrt. So verhalten sich die verschiedenen Thierclas- sen in Betreff des Atheinholens von der Geburt bis zum Tode, Auf eine ganz andere Art aber geht bey ihnen diese Funktion von statten, SO lange sie noch im Mutterleibe oder im Ey von ih- ren Häuten umkleidet sind, In diesem Zustand athmet kein Thier weder durch Lungen oder blofse Luftröhren, noch durch Kieme., sondern die Er- nährung im engern Sinn und das Atbemholen ge- schehen bier durch einerley Organe, wie wir in der Folge näher zeigen werden. Zwar haben WınsLow und ScHeer eine diesem Satz wider- dersprechende Hypothese aufgestellt. Beyde, und mit ihnen auch AgıLGaarnp, Vısorg, Rarn und HerHnorLor fanden, dafs die Luftröhre der Em- bryonen von Säugthieren und Vögeln vor der Ge- burt mit dem Fruchtwasser angefüllt ist, Wıns« Low und Scheer. bemerkten ferner, dafs die Früchte von Hunden und Katzen während ihres Lebens im Fruchtwasser auf ähnliche Art, wie das athmende Thier, die Nasenlöcher, die Brust und den Unterleib bewegen. Sie schlossen hier- aus, dafs vor der Geburt das Fruchtwasser, so wie nach der Geburt die atmosphärische Luft, von den Säugtihieren und Vögeln geaihmet wür- ; de — 169 de h). Allein ohne den Satz in Zweifel zu zie- hen, dals das Fruchtwasser ın die Luftröhre der Embryonen eindringt und dieselbe anfüllt, einen Satz, der sowohl theoretische Gründe, als That- sachen für sich hat; ohne auch zu läugnen, dals dieses eingedrungene Fruchtwasser in unregelmä- fsigen Zwischenräumen wieder ausgeleert wird, läfst sich doch sehr zweifeln, dafs diese Bewe- gungen den Namen der Respiration verdienen Es ist nicht das mechanische Einziehen und Anssto- fsen der atmosphärischen Luft, es sind die chemi- schen Wirkungen dieser Luft, welche das Athem- holen zu einer der wichtigsten Funktionen ınachen. Man wird daher nur dann von dem Fottus sa- gen können, dals er das Fruchtwasser athme, wenn dieses für die Lungen desselben in chemi- scher Rücksicht von Wichtigkeit ist, Dals es aber dieses nicht seyn kann, beweisen die zahlreichen Beobachtungen von Früchten, die weder Nase noch Mund hatten, denen der Kopf ganz fechlie i), deren Luftröhre mit einem zähen Schleim ange- füllt h) Scheer de liquoris amnii asperae arteriae foetuum humanorum natnra et usu. p gsg. 3) Biol. Bd.3. S.429 ff. — Vergl. Hermaıor in Prarr’s 1. Sourer’s Nordischem Archiv für Natur- u. Aız- neyw. B.2: Su. Sur. L5 . 170 ——— füllt war k), oder die mehrere Monate vor der Geburt das Fruchtwasser verloren I), und welche doch im Mutterleibe ihre völlige Grölse erreichten. Die Lungen sind aber nicht die einzigen Or- gane, durch welche die Thiere mit der Atmo- sphäre in Wechselwirkung stehen. Auch auf der ganzen Öberfläche des Körpers geht etwas Aehn- liches wie in den Lungen vor, Im Bade steigen von derselben allenthalben Luftblasen auf, welche in kurzer Zeit immer gröfser werden, sich end- lich losreissen, und sich in einer umgestürzten Flasche voll Wasser sammeln lassen m). Diese Luft rührt wohl zum Theil aus dem Wasser her. Aber allein hieraus kann sie nicht entste- hen, da, wenn man die Hand oder den Fuls in eine leere Flasche bringt, den Zwischenraum zwi- schen der Mündung des Gefälses und dem Gliede durch eine Blase verschliefst, ‘und die Flasche durch Umschlagen nasser Tücher erkältet, die in- wendige Seite derselben sehr bald trübe wird, und sich k) Porrar Rapport fait par ordre de I’ Acad. des sc. sur les effets des vapeurs mephitiques. Ed.3. p. 86. }) MaAursceAu Obs. sur la grossesse et les maladies des femmes. T. 2. Obs. 60. 113. — De Konınc im Neuen Journal der ausländischen med. chirurg. Eit- 'teratur von HArızs u. Rırter. B, 4. ‚St. 2. S. 176. m) De Mırır, Mem. de l’Acad, des sc. de Paris. A; 1777. p. 224 | sich eine helle, geschmacklose Flüssigkeit ansam- melt n). Aus diesen Erfahrungen erhellet, dals durch die Haut eben so eine Transpiration, wie durch die Lungen eine Exspiration, vor eich geht, In wie fern nun zwischen diesen beyden Funktionen Analogieen oder Versehiedenheiten statt finden, darüber werden wir uns erst im fel- genden (phen erklären können. S: -», Chemische Erscheinungen ders Athemhotens und der Hautausdünstung,. Nach den bisherigen Untersuchungen werden wir jetzt die Frage zu beantworten haben: Welche Veränderungen die Luft bey ibrem Eintritt in die Hespirationsorgane erleidet, und welchen Einfluls jene auf den Organismus äussert? Alle an warmblütigen Thieren über den er- stern Gegenstand angestellte Versuche gaben das Resultat, dafs die atmosphärische Luft beym Ein- athmen einen Theil ihres Sauerstoffs verliert und mit kohlensaurem Gas und Wasserdämpfen bela- den aus den Lungen zurückkehrt, Schon Roserr Boyre, Mavow, Hares und VERATTI waren dieser Entdeekung nahe, indem sie beobachteten, dals das Volumen einer einge- athme- n) Creurksuank’s Abhandl. über die unmerkliche Aus« düustung. Uebers. von Micnarııs, 9,458 172 — athmeten Quantität Luft vermindert, und diese zur Unterhaltung sowohl des Lebens, als’ der. Flamme untauglich gemacht wird o). Aber erst PrıestLey, Brack und Lavoısıer verbreiteten belleres Licht, wo vor ihnen noch blofse Däm- merung gewesen war. In Lavoisıer’s und Secuın’s Versuchen p) verzehrten Meerschweinchen 40 bis 50 Cubikzoll Sauerstoffgas in einer Stunde, und jene Quantität blieb dieselbe, die Thiere mochten diese Gasart un- vermischt, oder mit einem Zusatz von Slickgas ath- men, Das Stickgas erlitt dabey keine Vermehrung | oder Verminderung. Secuın selber verbrauchte nüchtern und im ruhigen Zustand 1344 Cubikzoll Sauerstoffgas bey einer Temperatur von 26° R. in | einer Stunde, Diese Quantität nahm zu nach dem Essen und nach körperlichen Bewegungen. Es ergab sich überhaupt, dafs die Menge des verbrauchten Sauerstoffgas bey verschiedenen Individuen sehr verschieden, und fast in keinem Augenblick dieselbe ist, Für die Mittelzahl nehmen indels LavoısıEr. und Securn einen Cubikfuls binnen einer Stunde, oder 2 Pfund ı Unze ı Drachme binnen vier und zwanzig Stunden bey dem Menschen an, Von Kohlensäure werden, ihrer Schätzung nach, ohn- gefähr = Pfund 5 Unzen 4 Drachmen, und von Wasser 0) Harrer El, Phys. T. III. L.8. S.3. $. xı. p. 206. p) Men. de l’Acad, des st, de Paris. A. 1789. P.572. Fu 173 Wasser 5 Drachmen 4ı Gran in eben dieser Zeit ausgeleert. Goopwyn q), welcher über eben diesen Ge- genstand Versuche anstellte, fand gleichfalls nach dem Athmen die Menge des Stickgas unverändert, die des Sauerstoffgas aber, welche o,2ı der atmo- sphärischen Luft beträgt, auf 0,05 vermindert, und die des kohlensauren Gas, wovon die Atmosphäre ohngefähr nur 0,02 enthält, auf 0,13 vermehrt, Menzıes r) setzt die Quantität der Kohlen- säure, die man in einmal geathmeter Luft antrifft, auf 0,05, und die Menge dieser Säure, welche binnen einem Tage in den Lungen des Menschen gebildet wird, auf 3,96 Pfund Troygewicht, Die Verschiedenheit dieser Angabe von den Resultaten der Versuche Lavoısıer'’s und Gonpwrn’s bestä- tigt einigermalsen die Bemerkung des erstern, dafs die Menge des bey der Respiration verbrauchten Sauerstoffgas bey verschiedenen Individuen ver- schieden ist. Doch mufs zum Theil dieser Unter- schied auch der Unvollkommenheit der damaligen eudiometrischen Werkzeuge zugeschrieben werden, In ! ı g) Erfahrungsmälsige Untersuch. der Wirkungen des Ertrinkens. S, 43 f. r) Tentam, physiolog. de respirat. — Gasn’s Journal d. Physik. B. 6. 8. 117. 174 | mu, “In Davy’s s) Versuchen verschwanden bey ei» nem gewaltsamen Einathmen, wobey ı4ı Kubik- zoll atmospbärischer Luft eingezogen, und ı39 Rubikzoll wieder ausgestofsen wurden, ı bis 3 HKubikzoll Stickgas nebst 5 bis 6 Kubikzoll Saner- stolfgas, und es entstanden 5 bis 5,5 Kubikzoll kohlensaures Gas. Beym natürlichen Respiriren athmete Davy ı3 Kubikzoll atmosphärischer Luft ein, welche enthielten 9,5 Rubikzoll, oder 0,73 Stickgas, 54 R 2. oder 0,26 Sauerstoffgas, Be, Ze oder 0,07 kohlensaures Gas, - Ausgeathmet wurden dagegen 9,3 Aubikzoll, oder 0,71 Stickgas, 2,2; ıH..2s oder 0,16 Sauerstoffgas, ya 1,0, 1 Te: oder 0,09 kohlensaures Gas. D Man sieht, dafs hier beträchtliche Abweichun- gen von den Resultaten der Versuche Lavoısıer’s, Goopwyn’s und MEnzıeEs’s statt finden ,„ worunter die wichtigste der Verlust an Stickgas ist, den die atmosphärische Luft beym Aıhmen erleiden soll, Indels versichert Davy diesen Verlust in allen sei- nen Versuchen bestätigt gefunden zu haben. So athmete er fast eine Minute lang bey einer Tem- peratur von 63° Fahrenb, ı6ı Kubikzoll Luft, wel.) che enthielten 117 ‚ 8) Researches chemic. and philosoph. chielly concerning - nitrous oxide and its respiration. p. 551. en anne 175 - 117 Kubikzoll Stickgas, 42,4 KR. Z, Sauersioffgas, 1,6 KR. Z, kohlensaures Gas, Es geschahen neunzehn Respirationen in dieser Luft, nach welchen sie sich auf ı52 Kubikzoll vermindert hatte, worin Enthalten waren 111,6 Kubikzoll Stickgas, ‚25,0 BR. Z. Sanerstoffgas, 17,4 R.,Z. kohlensaures Gas, Es waren foiglich 54 R.Z. Stickgas verschwun- den. Ferner setzte DAvr eine Maus in einen Glas- recipienten, der ı5 Kubikzoll atmosphärischer, von Kohlensäure freyer Luft enthielt, und liels sie darin, bis sie sich nach 50 Minuten auf die Seite legte und nach 55 Minuten scheinbar todt war. Das Thier hatte während dieser Zeit .0,4 HKubikzoll Stickgas und 2,6 R. Z. Sauerstoffgas verzehrt, wofür 2 R.Z. kohlensaures Gas entstan- den waren, Eine der vorigen ganz ähnliche Maus, “die er auf gleiche Art in einer Luft athmen liefs, welche aus 10,5 K. Z. Sauerstoffgas und 3 KR. Z, Stickgas bestand, fing schon nach einer halben Stunde an zu leiden, und lag nach einer Stunde im Sterben. Als sie nach fünf Viertelstunden herausgenommen wurde, lebte sie zwar noch, konnte sich aber nicht bewegen und .athmete tief. Das Gas hatte um 0,5 Kubikzoll abgenommen, und 0,4 Stickgas nebst 2,ı Sanerstoffgas verloren, wofür 1,7 kohlensaures Gas entstanden waren. Nach 176 u — Nach den beyden letztern Versuchen scheint beym Athmen der atmosphärischen Luft in dersel- ben Zeit ‚mehr S$Sauerstoffgas absorbirt und eine grölsere Menge kohlensauren Gas gebildet zu werden, als beym Athmen des Sauerstoffgas. Die- ses Resnltat scheint auch durch zwey Respira- tionsversuche in Sauerstoffgas bestätigt zu wer- den, welche Davy mit sich selber anstellte. In» zwischen steht dasselbe: mit zu vielen andern Erfahrungen im Widerspruche, um es für allge- mein annehmen zu können, Der Verlust an Stickgas, den die atmosph& rische Luft nach Davr beym Athmen erleidet, wird aber auch durch Henperseon’s und Prare’s Erfahrungen bestätigt, In drey Respirationsversu- chen, welche Hsnnerson mit sich selber in atmo- sphärischer Luft anstellte, wurden das erste mal von ‚600 Kubikzoll jener Luft binnen vier Minu- ten :7, TR. ‚Z, Stickgas, das zweyte mal von ei- ner Er so grolsen Quantität in derselben Zeit ı2 RK. Z. dieses Gas, und das dritte mal von 1000 K. Z, atmosphärischer Luft binnen fünftehalb Mi- nuten 153,1 K 2. Stickgas absorbirt t). v - N 7 In Prarr’s Versuchen wurde das Volumen ei. ner gewissen Quantität Luft durch ein einmaliges Athmen um „5, durch ein zweymaliges um 7 durch s \ t) Nıcnorson Journ, of Nat. Phil, Vol. 8. p. 40. u 177 durch ein dreymaliges um „5, durch ein vierma- liges um „5 und durch ein zwölfmaliges um vermindert. Die absolute Verminderung des Stick- gas war bey Einer Respiration in einem Versuch = 0,808, in einem zweyten — 0,852. Von koh- lensaurem Gas fanden sich in geathmeter Luft nach einer einmaligen Respiration 0,49, nach ei- ner zweymaligen 0,5, nach einer viermaligen 0,5 und nach einer achtmaligen 0,82 Theile. Bey ei- nem viermaligen Athmen von reinem Sauerstoff gas wurde dieses um >; vermindert, und es er zeugten sich 0,82 Theile kohlensauren Gas v), Dals beym Athmen des reinen Sauerstoffgas eine grölsere Menge Sauerstoff verzehrt und mehr kohlensaures Gas erzeugt wird, als bey der Re. spiration der atmosphärischen Luft, ist eine Beob- achtung, die auch noch von Berckr und Jurine gemacht wurde, Diese bemerkten zugleich, was Prarr sahe, dals beym fortgesetzten Athmen ei« ner und derselben Luft die Erzeugung des, koh- lensauren Gas und die Verminderung des Volu. mens der geathmeten Luft eine abnehmende Pro- gression befolgt. Sie fanden aber auch, dafs diese Verminderung beym fortgesetzten Athmen endlich ganz unterbleibt, obgleich noch immer eine Ab- sorbtion 'v) Prarr's, Scheer’s u. Runporruı’s Nordisches Ar- chiv £. Naturkunde u. s, w. B. IV. St. 2, $. 132. IV. Bd. Mi 178 Lenin anrbtion des Sauersioffs und eine Entbindung von Kohlensäure statt findet. DBerser und Jurıne schlie[sen hieraus, dafs. jetzt eine andere Luftart, die sie für Stickgas annahmen, erzeugt wird w). Arten und Pervs, die mit einem gröfsern Gasometer Versuche machten, als einer ihrer Vor- gänger, und sich des mit Salpetergas gesättigten Eisenvitriols zur Ausmittelung des Sauerstoffgas bedienten, erhielten ein Resultat, welches mit Da- vy’s Erfahrungen übereinstimmt. Sie fanden, dals- die Menge des ausgeathmeten kohlensauren Gas, der Masse nach, genau der Quantität des ver- brauchten Sauerstoffgas gleich war x). Sie be- merkten w) Voıct’s Magazin f. d. neuesten Zustand der Na- wurk, B. ı2, S. 159 E. x) In einem der obigen DAvvschen Versuche enthielt die eingeatlimete atmosphärische Luft 3,4 Kubikzoll Sauerstoffgas, und es wurden dagegen 2,2 R. Z. Sauerstoffgas und 1,2 K. Z, kohlensaures Gas wieder ‘ ausgeathmet. Die Menge des verbrauchten Sauer- stoffgas betrug also 1,2 K.Z., mithin gerade so viel wie die des respirirten kohlensauren Gas, In einem andern Versuch wurden eingeathmet 42,4 RK. Z, Sauerstoffgas, ausgeathmet 23,0 — u I . Der Verlust betrug also 19,4 — —- — Das ausgeatimete kohlensaure Gas betrug 17,4 R. Z,, | folg- inc N 179 merkten ferner, dals die einmal geathmete Luft mit 0,80 bis 0,85 Theilen kohlensauren Gas aus den Lungen zurückkam, und dafs der Gehalt an dieser Gasart nur 0,ı Theil betrug, wenn das Athmen einer und derselben Luft so oft wie mög- lich wiederholt wird. Geschah das Athmen schnel. ler als gewöhnlich, so wurde eine gröfsere Menge kohlensauren Gas in einer bestimmten Zeit aus- geaihmet, doch blieb das Verhältnifs desselben fast einerley, nehmlich 8 Theile von hunderten, Uiter Umständen, wo das Athemholen sehr er- schwert war, schien etwas Sauerstoff absorbirt zu werden, In Sauerstoffgas wurde eine grölsere Menge kohlensauren Gas als in der atmosphäri- schen Luft gebildet. Ausser dem kohlensauren Gas schien weder Wasserstoffgas, noch eine an- dere Luftart beym Athmen entbunden zu werden. Die Person, mit welcher Arten und Pervs ihre Versuche anstellten, athmete ıgmal in der Mi- nute, und nahm beym natürlichen Athmen ı6 bis ı7 Kubikzoll Luft auf. Die Verminderung des ganzen Betrags der geathmeten Luft schien sehr “ gering zu seyn, und sich nur auf 0,006 Theile zu belaufen. Versuche mit geathmetem Sauerstof. gas bewiesen, dafs die Menge der nach dem Ein- athmen in den Lungen zurückbleibenden Luft sehr beträcht- folglich nur 2 A, Z, weniger als das verbrauchte Sauerstoffgas, Ms: 180 ame beträchtlich ist, und überhaupt glauben ArLtEn und Pskpvs, dafs alle Respirationsversuche mit kleinen Quantitäten Luft keine genaue Resultate "liefern können y). So viele Vorzüge aber auch diese Versuche wegen des dabey angewandten grolsen Apparais haben mögen, so scheint es doch, dafs das Mittel zur Prüfung des Sauerstoffgehalts der Lui, des- sen sich AL.Len und Prrxys bedienten, nicht das vorzüglichste war, und dafs die Quantität des Sauerstoffs in der 'geathmeten Luft von ihnen im- mer zu gering angegeben ist. Wenigstens von den Fischen ist es nach von Humsorpr’s und Pro- VENGAL’S genauen Versuchen ausgemacht, dafs sie beym Athmen weit mehr Sauerstoff absorbiren, als Kohlensäure erzeugen, und es ist glaublicher, | dafs diese Verschiedenheit zwischen den Erfahrun- gen der’ letztern und denen der beyden Englän- der in dem bessern eudiometrischen Mittel, des- sen sich von HumsoLpr und ProvencaL bedien- “ten, als in einer Verschiedenheit des Respirations- processes beym Menschen und bey den Fischen, deren Athmen doch in allen übrigen Stücken ei- nerley ist, ihren Grund haben. : Auffallend ist es auch, dafs ALLen und Perys nicht die von Davry, Henderson, und Prarr beobachtete Absorbtion - von Stickgas beym Athemholen bemerkten, In- | dels P= y) Philosopb, Transact, Y, »808. P.2. p. 249. — 181 \ defs fand BerrsoLLer, der mit dem genauesten eudiometrischen Werkzeug, das wir besitzen, mit - dem Vorraischen Eudiometer, experimentirte, ebenfalls kein Verschwinden dieser Gasart bey der Respiration der Säugthiere, wohl aber eine ge- ringe Absorbtion von Sauerstoffgas z). Es ist . also zu vermuthen, dafs‘das Stickgas von diesen Thieren nicht unter allen Umständen verzehrt wird. Im Allgemeinen ergeben sich ähnliche Resul- tate aus den bisherigen Versuchen über das Athem- ‚holen der Amphibien und Fische. PrıEstLev a) fand, als er die Luft aus einer Quantität Wasser, "worin Fische gelebt hatten, durch Kochen ausge- trieben hatte, dals sie einen kleinern Raum als vorher einnahm und ein Licht auslöschte, indem die Luft, die er aus einer ähnlichen Menge Was- ser, worin sich keine Fische befunden hatten, er- hielt, der atmosphärischen gleich war. An den- selben Thieren, und zugleich an Fröschen, wurde die nehmliche Beobachtung auch von SyLvestee b) und CorraDorı c) gemacht, Doch erhielt der, | letzte. z) Mem. de la Societe d’Arcueil. T, 2. p. 454. a) Vers. u, Beobacht. über versch. Gattungen der Luft. Th. 3. ' b) Bulletin des sc. de la Soc. philomath. Vol. ı. p. ı7. - €) ScHERER’s Journal der Chemie. B. 2. S. 669. 676. M3 182 rn, letztere zugleich ein Resultat, welches eine wich- _ tige Verschiedenheit in der Respiration derer Thiere, die im Wasser athmen, und derer, die in der Luft respiriren, bewiesen haben würde, wenn es sich bestätigt hätte. Er fand nehmlich, dafs die Frösche und Fische beym Athmen im Wasser nicht so, wie andere Thiere, kohlensaures Gas, aushauchen. Allein an der Unrichtigkeit dieser Behauptung Jläfst, sich nicht zweifeln, da SyLve» sTRE d) versichert, bey seinen Versuchen über die Respiration der Fische gefunden zu haben, dafs diese kohlensaures Gas ausleeren; da, nach von HumsoLor’s Beobachtungen e), die Crocodile das Volumen der Luft, worin sie leben, sogar ver- mehren, indem jüngere Thiere der Art 1000 Theile atmosphärischer Luft, welche 274 Theile Sauer- stoffgas, ı5 Theile kohlensauren Gas und 7ıı Theile Stickgas enthielten, in einer Stunde und 43‘ Minuten bis auf ı124 Theile vergröfserten, worin sich 106,8 Theile’ Sauerstoffgas, 79 Theile kohlensauren Gas und 938,2 Theile Stickgas, ver- mischt ‚mit andern unbekannten Gasarten, befan- den; und da endlich von Humeorpr’s und Pro- vENGAL’s genaue und umständliche Versuche über ‘das Athemholen der Frösche und Fische die Er- zeugung von kohlensaurem Gas bey diesem Pro- cefs ausser Zweifel setzen, H | Die d) A.a. ©. ‚ 2 ga €) Annales du Mus. d’Hist. nat, T.z. p: 305. — | 183 Die letztern bedienten sich bey diesen Versus chen des Vorraischen Eudiometers. Sie fanden, -dals die aus dem Wasser der Seine durch Ko- chen entwickelte Luft 0,30 bis 0,31 Theile Sauer- stoffgas, und 0,06 bis o,ıı Theile kohlensauren Gas enthielt, und dafs durch die Respiration der Fische der Gehalt jener Luft an Sauerstoffgas und Stickgas vermindert, die Menge des kohlensauren Gas in derselben aber vermehrt wird. Die Absorh- tion des Sauerstoffgas ist sehr gering. Die Fische athmen noch in einem Wasser, welehes nur 0,0002 seines Volumens an Sauerstoffgas enthält. Ueber- haupt verhalten sie sick wie Landihiere, die eine Luft athmen, deren Gehalt an Sauerstoffgas noch nicht den hundertsten Theil beträgt, indem die im Wasser befindliche Luft nur 0,027 des Volu- mens jener Flüssigkeit ausmacht, und hierin nur 0,31 Theile Sauerstoffgas enthalten sind, Ihre Respirationsorgane. müssen daher zwar langsamer, doch auch weit kräftiger, als die der warmblüti- gen Thiere, auf dieses Gas wirken, Fische, die in verschlossenen Gefälsen athmen, leiden auch weit mehr von der Erschöpfung des Sauerstoffgas, als von der Anhäufung der kohlensauren Luft, Sie hauchen die letztere bey weitem nicht in dem Verhältnils aus, wie sie das erstere verzehren. Die Menge des verbrauchten Sauerstoffgas beträgt bey ihnen oft das Doppelte der Quantität des ab- geschiedenen BopieSpauren Gas. Sie gleichen hierin M4 den 184 ars mr ‚den Fröschen, die in verschlossenen Gefälsen ein Drittel weniger Kohlensäure bilden, als sie Sauer- stoff verzehren, Diese aber nehmen beym Athem- - holen kein Stickgas auf; die Fische hingegen ver- zehren auch dieses, und es verhält sich bey ih- nen die Absorbtion desselben zu der des S$auer- stoffgas wie ı:2, oder auch wie 5:4. Uebrigens wirken die Fische auch ausserhalb ihrem Element | noch vermittelst der Kiemen auf den Sauerstoff ‘der atmosphärischen Luft f). Eben so wie in den Riemen wird die atmo- sphärische Luft auch in dem Nahrungscanal des Co- | bitis fossilis, von welchem im vorigen $. bemerkt ist, dafs er von Zeit zu Zeit Luft verschluckt und durch den After wieder ausleert, verändert, Sie verliert auch bey diesem Durchgang ihren Sauer- | stoff, und nimmt dagegen Kohlensäure auf g). Bey dieser starken Anziehung nicht nur der Kiemen, sondern auch der ganzen Oberfläche des Körpers, und bey dem Cobitis auch der innern Fläche des Nahrungscanals gegen den Sauerstoff, ° ist: es höchst auffallend, in der Schwimmblase vieler Fische unter gewissen Umständen eine grolse Menge Sauerstoffgas zu finden. Zuweilen geht der Gehalt derselben an dieser Gasart auf 0, und f) Mem. de la Soc. d’Arcueil, T. 2. p. 359. g) Erman in Girsert’s Annalen der Physik, B. 50 $, 140. und sogar auf 0,9 Theile. Vorzüglich reich an Sauerstoffgas ist die Schwimmblase bey Fischen, ' die aus grolsen Tiefen des Meers hervorgezogen sind; hingegen bey solchen, die sich am Ufer, oder in geringen Tiefen aufhalten, enthält sie oft nur 0,1 von jener Luft, Ueberbaupt scheint die Quantität des Sauerstoffgas Jer Schwimmblase mit der Tiefe des Aufenthalts der Fische in Ver. hältnils zu stehen h). Es ist nicht wahrschein- lich, ‚dafs jener Sauerstoff von den im vorigen $, beschriebenen rothen Körpern der Schwimmblase unmittelbar abgeschieden wird. Vielleicht ist es ursprünglich nur atmospbärische Luft, was sich in: dieser Blase anhäuft, und die Zunahme des Gehalts derselben an Sauerstoff entsteht nur da- her, dafs unter gewissen Umständen die Absorb- ‚tion des Stickgas bey der Respiration der Fische sehr zunimmt, indem die des Sauerstoffgas sehr vermindert ist. Die ersten Versuche über den Einfluls des Athemhoölens der wirbellosen Thiere auf die atmo- sphäri- h) Brot, M&m. de la Soc. d’Arcueil. T.ı. p.252. — ERrMAN a, a. O. 5.115. — ConsıcLIAcHı sull’ ana- lysi dell’ aria contenuta nella vescica natatoria dei “pesci. Pavia. 1809, — ProvergALr u. von Hum- BOLDT, a.a. O. p.400. — DeLanocHe, Annales du Mus. d’Hist. nat, T, 15. p. 198. M5 186 en sphärische Luft machte ScH£EELE +) an Fliegen, Bienen, Raupen und Schmetterlingen. Er be merkte keine Veränderung des Volumens der ge- athmeten Luft. Aber Kalkwasser verminderte das selbe auf den vierten Theil, und der Rückstand war zur Unterhaltung der Flamme untauglich, Nach ScHeere stellte Vauquerın k) ähnliche Versuche mit verschiedenen Landschnecken und Insekten an, Es ergab sich hieraus, dals diese Thiere, gleich denen der höhern (lassen, das Sauerstoffgas zum Athmen bedürfen, dasselbe aus der atmosphärischen Luft absorbiren, und dafür Wasser und kohlensaures Gas erzeugen, Zugleich beobachtete "VAuauvsrrın, dafs die Mollusken, be= sonders die rothe Erdschnecke und die Garten- schnecke, ‚eine sehr beträchtliche Respirationskraft und wenig Empfindlichkeit für die Gegenwart der Kohlensäure haben, indem sie alles Sauerstoffgas vom Stickgas und von dem sich bildenden koh- lensauren Gas abscheiden, und erst in dem Au- genblick sterben, wo kein Sauerstoff mehr darin übrig ist. wi Das erstere dieser Resultate bestätigte sich auch in den Versuchen Hausmann’s }) nicht mur an einer Menge Insekten, und an mehrern Arten der 3) Abhandl. von der Luft u. dem Feuer. S. 118 fl | k) Ann, de Chimie. T. ı2. p. 273. y }} De animal, exsang, respirat, p. 59. 65 54. l . mn 187 der Geschlechter Limax und Helix, sondern auch an Gammarus Locusta, Astacus fluviatilis, Hirudo medicinalis, Hirudo stagnalis, und Lumbricus ter- restris,. Hausmann erwähnt zwar nichts von der grolsen Respirationskraft, welche VaugqueLin an den Mollusken und Insekten bemerkt haben will. Doch wird diese durch Srarr.anzanı’s und Sorc’s Versuche bestätigt, die ungleich zahlreicher, als die sämmtlichen ihrer Vorgänger, und dabey zum Theil so reich an andern merkwürdigen Resulta- ten sind, dafs sie eine umständlichere Auzeize verdienen. | Nach den Versuchen Spaı.Lanzanı’s m) absor- biren die Helix nemoralis, lusitanica und vivipara, Limax flavus, ater, albus, maximus und agre- stis L. den Sauerstoff der atmosphärischen Luft und erzeugen dagegen kohlensaures Gas, Jene Absorbtion ist aber in einem verschlossenen Ge fälse nicht ganz so vollkommen, wie VAuqQuELIN behauptet. Die Schnecken sterben, ehe aller Sauerstoff verzehrt ist, ‚Beym Athemholen der Helix nemoralis wer- den, wie VauqueLın schon gefunden hatte, eben so wie bey der Respiration der Säugthiere und Vögel, mit dem kohlensauren Gas zugleich Was serdünste erzeugt, | Dia m) Mem, sur la respiration, 188 } euer Die Helix. vivipara absorbirte den Sauerstoff der atmosphärischen Luft nur langsam, wenn sie sich unter Wasser befand, hingegen weit schnel- ler, wenn sie der Luft unmittelbar ausgesetzt war, Sogar die aus der Gebärmutter dieser Schnecke ge- nornmenen Jungen verzehrten schon Sauerstoff, Atmosphärische Luft, die über Wasser stand, worin zwey Entenmuscheln (Mytilus anatinus L.) lagen, hatte nach sieben Tagen an 0,07 an Sauer- stoffgas verloren. Befand sich statt der atmosphä- rischen Luft reines Sauerstoffgas über ausgekoch- tem Wasser, so wurde von jener Luftart 0,08 bin- nen acht Tagen von einer einzigen Entenmuschel absorbirt, Eben diese Muschel absorbirte fast dreymal so viel Sauerstoff, wenn sie der Luft ausgesetzt war, als wenn sie sich unter dem Wasser befand, Die nehmlichen Resultate gaben Versuche mit Mytilus cygneus, Mytilus edulis, Ostrea edulis und Ostrea Jacobaea L. Bey.Versuchen mit der Helix nemoralis ging die Absorbtion des Sauerstoffgas desto schneller ‚vor sich, je höher, und desto langsamer, je nie- driger die Temperatur war, Unter dem Gefrier-' punkt hörte sie, und zugleich die Bewegungdes . Herzens gänzlich auf. PS Schneller als in der atmosphärischen Luft ging bey Helix nemoralis und Helix lusitanica die Ab- sorbtion. 189 sorbtion des Sauerstoffs in reinem Sauerstoffgas von statten. Zugleich wurde in diesem eine grö. [sere Menge kohlensauren Gas als in jener erzeugt, Die Mollusken überhaupt absorbiren den Sauer- stof® der atmosphärischen Luft weit langsamer, aber auch weit vollkommener, als die Säugthiere und Vögel. Diese sterben schon, wenn sie höch- stens 0,19 des Sauerstoffs der Atmosphäre verzehrt haben, Bey jenen hingegen tritt der Tod erst ein, wenn sie eben so viel Sauerstoff wie der KunkeL- sche Phosphor, nehmlich 0,2 absorbirt haben, So- bald diese Quantität verbraucht ist, hört die Be- wegung der Lungen, des Herzens und der Säfte völlig auf, und eben dies geschieht, wenn man die Mollusken in mephitisches Gas bringt. \ Die Helix nemoralis und Helix lusitanica aber verzehrten nicht blos den Sauerstoff , sondern auch mehr oder weniger von dem Stickstoff der atmosphärischen Luft. Doch war die Absorbtion des erstern weit beträchtlicher, als die des letz- tern. Hingegen beym Athemholen des Limax fla- vus, Limax agrestis, Mytilus anatinus, Mytilus cygneus, Mpytilus edulis, der Östrea edulis und Ostrea Jacobaea blieb der Stickstoffgehalt der. at- mospbärischen Luft unverändert. Bey Helix ne- moralis, Helix Iusitanica und Helix itala beobach- tete aber SPALLANZANI einige male auch, statt ei- ner Verminderung, eine Zunahme des Stickstoffs der 199 ren der geathmeten Luft, und zwar trat dieser Fall entweder kurz vor dem Tode, oder daun ein, wenn die T'hiere reichlich und mit Begierde ge- fressen hatten. | Die Insekten absorbiren, nach SrALLANZANI, den Sauerstoff der Atmosphäre mit bewunderungs- würdiger Schnelligkeit. «ine Larve von dem Ge- wicht einiger Gran nimmt fast eben so viel Oxy- gene auf, wie ein Amphibium von einem tau- sendmal gröfsern Volumen, Mit der letztern und manchen andern. Be- hauptungen SPALLANZAnNIs sind nun zwar die Resultate der erwähnten Hausmannschen Versu- che schwer zu vereinigen. Unter zwey und vier- zig Insekten, Mollusken und Würmern, über de- ren Athemholen Hausmann Versuche anstellte, war nur ein einziges Thier, nehmlich Libellula Puella #4 welches binnen vier und zwanzig Stunden die so sehr geringe Quantität von 0,0107 $auer- stoffgas verbrauchte, Alle übrige verzehrten noch weit weniger, unter andern Ästacus fluviatilis nur 0,0006, Helix Pomatia 0,0028, Limax ater jun, 0,0057, und Limax flavus jun. 0,0002 n). Hin- \ gegen in SpaLLanzanı’s Versuchen absorbirten zwey Exemplare der Helix lusitanica binnen drey- [sig Stunden in gemeiner Luft 0,2 Sauerstoff 0) und n) Hausmanw |], c. Tab, ı et 2, ad pag. 66 et 67. 0) SPALLANZANI 4 OÖ, pP. 219 = 221 k m grauen, 191. und ein Limax agrestis binnen acht und zwanzig Stunden in eben dieser Luft 0,18 Oxygene p)! Es ist wahr, dafs sich bey allen Hausmannschen, und auch ıbey vielen der SparLanzanıschen Ver- suche, keine Angabe der Temperatur findet, worin dieselben angestellt sind, un-d dafs sich Havs. MANN der Schwetelleber, hingegen SPALLANZANI des Phosphors zur Prüfung der geathmeten Luft bediente. Aber die Verschiedenheit der Resultate ist doch zu beträchtlich, als dafs sie sich blos in diesen Umständen suchen |liefse. Indefs, wenn manche von SrarLLanzanı’s Be- obachtungen anch unrichtig sind, ‘so stimmen doch mit vielen derselben die zablreichen Ver- suche Sorg’s so sehr überein, dafs man die mei- sten für zuverlässig halten muls g). \ SORG p) Srarzanzanı ebend, p. 254. g) Prusetıe sagt in seiner Abhandlung über den Winterschlaf einiger Säugthiere von Srar- zAanzanı: "Ich glaube, dafs man sich im Allge- „ meinen auf die ‚angeblichen Erfahrungen dieses Na- „turforschers nur so weit verlassen darf, als sie von „andern Beobachtern bestätigt sind. Diese Behaup- „tung wird ohne Zweifel denen, die den Abbe Srar- „LAnzAnı nicht persönlich gekannt haben, und die „Art, wie er seine Versuche machte, nicht wissen, „auffallend seyn. Ich habe mich aber mehrere Mo- „nate mit der Prüfung dessen beschäftigt, was er „über - 192 — 00000. Sars g*) stellte mit mehr. als funfzig Arten fast aus allen Familien der Insekten und Crusta- A ceen Versuche an, Zur Prüfung der geathmeten Luft bediente er sich des Fontanaschen Eudio» meters, und in einigen Fällen auch. des Phosphors und des Schwefelalkali, Alle jene Thiere absorbirten den Sauerstoff der atmosphärischen Luft und erzeugten kohlen- saures Gas. Viele verzehrten jenen Stoff so voll kommen, dals kein Ueberbleibsel desselben in der geathme- „über ‚das Athemholen der verschiedenen Helixarten „und über den Einfluls, ‘welchen selbst todte Thiere - ‚noch auf die atmosphärische Luft sowohl selber, „als vermöge ihrer Schaale äussern sollen, gesagt „hat, und fast immer Resultate erhalten, die Bön „von ihm angegebenen entgegengesetzt waren, ob- „gleich ich auf eine weit genauere Art, als zu sei- „ner Zeit möglich war, dabey zu Werke gegangen „bin” (Annales du Mus. d’Hist. nat. T.ı$. p. 56.). PRUNELLE mag dieses harte, ohne einen einzigen nähern Beweis über einen Todten ausgesprochene Urtheil vor SPALLANZANT'S Schatten verantworten, \ So viel ist gewils, dals niemand ohne die gröfste Ungerechtigkeit SparLanzanıs Verdienste um die Biologie verkennen kann, und dals, wenn er auch oft menschlich irrte, er eben so oft die Wahrheit fand. * . 2 . “ . . 5 £ " q*) ‚Disqu. physiol, circa zespirat, insectorum ‚et ver mium, \ ) Wr 193 ° geathmeten Luft zu entdecken war, Eine Melo- lontha vulgaris und eine Sphinx euphorbiae aber starben in reinem Sauerstoffgas lange vorher, ehe dieses Gas völlig absorbirt war; Insekten, die an eingeschlossenen, dunkeln Orten leben, verzehrten weniger Sauersioffgas, und dauerten länger in mephitischen Gasarten aus, als solche, die sich im Freyen aufhalten, Auch starben solche Insekten, die vor dem Versuch ge- hungert hatten, nicht so schnell in eingeschlosse- ner Luft und in mephitischen Gaesarten, als wobl- genährte Thiere, | Die Erzeugung des kohlensauren Gas bey der Respiration stand mit der Absorbtion des Sauer- stoffs nicht immer in Verhälinifs, Nach einer reichlichen Mahlzeit wurde eine grolse Menge kohlensauren Gas erzeugt. Thiere hingegen, die keine Nahrungsmittel zu sich ge- nommen hatten, brachten nur eine geringe Men- ge dieser Luft hervor, Eine Aranca Diadema, die einen Monat ohne alle Nahrung in 78 Cubikzoll atmosphärischer Luft eingeschlossen gewesen war, hatte während dieser Zeit an Gewicht nicht nur ab-, sondern zugenom- men, Krebse, die sich in destillirtem, mit Oel be- . decktem Wasser befanden, starben sehr bald. In eingeschlossenem Brunnen- oder Flulswasser leb- W.Bd .: Ada | ten / 194 — ten sie desto länger, je.gröfser die Quantität die- ser Flüssigkeit war. Ferner stellte Sors mit folgenden Mollusken : und Würmern Versuche an: Nerita fluviatilis, Helix arbustorum, Mya pictorum, Limax ater, Li- max flavus, Hirudo medicinalis, Lumbricus ter- restris, Ascaris lumbricoides, Auch diese Thiere absorbirten den -Sauerstof der atmosphärischen Luft und erzeugten kohlensaures Gas, und einige verzehrten jenen eben so vollkommen, wie 'man- che Insekten. Der Erüregenwurm, der Blutigel ünd die Mahlermuschel nahmen jenen Stoff so-., wohl in der Luft, als im Wasser auf, die übri- gen in der Luft, der Spublwurm aber nur in sehr geringer Quantität. An dem Blutigel machte auch noch Tnomasr) die Beobachtung, dals er das Volumen einer Luft- masse, womit er unter Wasser eingeschlossen ist, vermindert, und dieser das Vermögen benimmt, I die Flamme zu unterhalten. Aus allen diesen Erfahrungen ergiebt sich so viel, dafs auch die sämmtlichen Mollusken, Cru- staceen und Insekten, und wo nicht alle, doch manche Würmer, den Sauerstoff der. atmospbäri- schen Luft beym Atkemholen aufnahmen, und da- für kohlensaures Gas ausschieden ; dals viele die- sen Stoff einer eingeschlossenen Lufimenge mit % r) Mem, sur P’Hist,, nat. des sangsues, p. 68. gleicher % Bar un 195 gleicher Stärke wie der Phosphor und andere eu- diometrische Mittel zu entziehen im Stande sind; dafs jedoch nicht alle ein so starkes Absorbtions- vermögen besitzen, und dals dieses auch bey ei- nem und demselben Individuum nicht immer in gleicher Stärke vorhanden ist. Sors’s Versuche geben auch den Schlüssel zur Erklärung der von Davr gemachten, aber mit Prarr’s, -Berger's und SpaLLanzanı’s Erfahrungen nicht überein- stimmenden Beobachtung, dals in Sauerstoffgas weniger Kohlensäure als in atmosphärischer Luft beym Athemholen hervorgebracht wurde, ‘indem ste’ zeigen, dals die Ausleerung dieser Säure eben so sehr von der Verdauung, als von der Quali- tät der geathmeten Luft abhängt, Doch ehe wir aus den angeführten Thatsa- chen allgemeine Folgerungen zu ziehen wagen, wird es nöthig seyn, erst die chemischen Erschei- nungen zu untersuchen, welche die Oberfläche der Haut und andere Theile der lebenden Körper auf die Luft äussern, und die Resultate dieser: Untersuchungen mit jenen Thatsachen zu ver- gleichen, y Dafs durch die ganze Oberfläche des Kör«- pers Luft und Wasserdünste- ausgeleert werden, ist ‚schon im vorigen $. bemerkt worden, : In je- ner Luft erlöschen brennende Körper; Kalkwasser wird von ihr getrübt ; Salpetergas verschluckt 196 gran, nur eine geringe Quantität derselben, Sie ist also, wie das Produkt des Ausathmens, kohlen- saures Gas Ss), Die Menge der Materie, welche binnen einer gewissen Zeit transpirirt wird, ist bey verschie- denen Individuen und unter verschiedenen Um- ständen verschieden. CruiksHank t) schätzte sie bey dem Menschen binnen vier und zwanzig Stunden auf 7 Pfund 6 Unzen, und auf das Fünf- zehnfache dessen, was durch die Lungen ausge- haucht wird, Aber diese Schätzung ist gewils zu hoch, Nach Lavoısıer’s und Secuin’s Ver- suchen v), die mit einem eigenen Apparat ange- ‚stellt wurden, und genauer zu seyn scheinen, . ist die Mittelzahl der Hautausdünstung für vier und zwanzig Stunden 52,89 Unzen Troygewicht. Diese Versuche lehren zugleich, dafs die Quan- tität der ausgedünsteten Materie durch flüssige, nicht aber durch feste Nahrungsmittel vermehrt wird, und dafs die Transpiration unmittelbar _ ‘nach der Mahlzeit am schwächsten, während der Verdauung aber am stärksten ist. Ver- s) De Mırry, Mem. de l’Acad. des sc. de Paris. A, 1777. p221. — Crvızsuanx’s Abh, über die un- merkliche Ausdünstung, $. 45 ı) A. 2.0. 547. v) Mem, de I’Acad, des sc, de Paris, A. 1790. p» 601. ——— | 197 Verschieden von der Ausdünstungsmaterie ist die Hautschmiere (Sebum cutaneum), die eben- falls durch die Haut hervordringt, aber von den Balgdrüsen der Haut abgesondert wird, Wahre scheinlich haucht diese Flüssigkeit auch gasför- . mige Stoffe aus, die sich mit der Transpirations materie vermischen. Es hält daher schwer zu bestimmen, ob manche durch die Haut entwei- chende Stoffe Bestandtheile dieser Materie, oder der Hautschmiere sind, So haucht, nach Sorc’s w) und C. Scaminr’s x) Beobachtungen, die Haut auch Wasserstoffgas aus. - Vielleicht aber ist die= ses ein gasförmiger Theil der Hautschmiere, Von ihr scheint auch der specifische Geruch der Thiere und mancher Menschen herzurühren, Der Schweils ist gewifs ebenfalls das Produkt einer vermehrten Absonderung der Hautbälge, und nicht, wofür er von manchen Schriftstellern angesehen wird, eine verdichtete Ausdünstungsmaterie. Diese verdichtet sich nur in der Rälte zu einer tropf- baren Flüssigkeit. Vermehrte Wärme kann nicht dieselbe Wirkung hervorbringen. Die chemische Beschaffenheit des Schweisses, so unvollkommen auch die bisherigen Versuche darüber sind y), be- weiset w) Experim, physiol. et medı WVirceb. 1788. x) Der Zitterstoff und seine Wirkungen in der Na= tur, S. 14, y) Der einzige, der den Schweiß; näher untersucht NZ hat,, 198 mm weiset ebenfalls, dafs derselbe nichts mit der Ausdünstungsmaterie gemein, wohl aber Achn- lichkeit mit dem Harn. hat. Bey der Ausdünstung geht auch, wie beym Athemholen, eine Absorbtion des Sauerstoffs der Atmosphäre vor sich. SpaLLanzanı z) fand, dals lethargische Fledermäuse, die kein Zeichen von Athemholen äusserten, in gemeiner Luft bey eir ner Temperatur von — 51 RR. 0,05 Theile Sauer- stoff verzehrten. Nach den Erfahrungen eben dieses Schriftstellers a) ist bey den Amphibien die Absorbtion des Sauerstoffs durch die Lungen sehr gering in Vergleichung mit derjenigen, wel- che durch die Haut geschieht. Amphibien, denen . die hat, ist Tuenarno. (Ann. de Chim. T. 59. p. 262.). Dieser verschaffte sich denselben durch ausgewa- schene flanellene Kamisöler, die er zehn Tage auf dem blofsen Leibe tragen, und dann mit heissem, destillirtem Wasser auswaschen liels, Dals durch diese Operation der Schweils schr verändert werden mulste,. bedarf keines Beweises, Indefs fand Tne- sann indem Waschwasser ireye Essigsäure, salz- saures Natrum, eine geringe Menge phosphorsauren | Kalk, etwas phosphorsaures Eisenoxyd, und eine | kaum merkliche Quantität einer thierischen Sub« ‘ - sianz, die er mit der Gallerte vergleicht.) 2) A. a O. p. 77. 2) A. au Ö. "2 Tiı 72 nase 199 die Lungen ausgeschnitten sind, und welche die- sen Verlust sonst gewöhnlich einige Tage überle- ben, sterben daher sehr bald, wenn man ihre Haut auch nur leicht mit Theer oder Firnifs be- streicht b), Auch an der Luft des Wassers ver- schlossener Gefälse, ‚worin Schleiben (Cyprinns . Tinca) blos mit dem Hintertheil des Körpers ein- getaucht gehalten wurden, beobachteten von Hounm- BoL.DT und Provencar c), dals sie dieselbe Mi- schungsveränderung erlitt, als wenn die Fische mit den Riemen darin geathmet hätten. Doch wirkte die Oberfläche des Körpers nicht so kräf- tig, wie die Riemen, und jene hatte ausserhalb dem Wasser, wo die Kiemen das Athemholen eine Zeit lang noch fortsetzen können, gar keinen Ein- flufs auf die Luft, Die nehmliche Einwirkung, wie die Lungen und die Haut, äussern auch die Eyer-der Vögel d) und Insekten e) auf die Atmosphäre, ‘_ Ferner nehmen Muskelfasern, Nerven, Ge- hirnsubstanz, kurz alle thierische Organe, die der atmosphärischen Luft ausgesetzt sind, eine be- ae | trächt. b) Tu. Barrmorını Tract, de Er mabüg.;- — SPAL- ‚LANZANI a. a. O. c) Mem. de la Soc. d’ Arcueil. T.2. p- 393. d) SPALLANZANI a. a.°O. p.232, e) Sors |. c. Exp. 68-70. Iı —73.- Nach % 200 | nn trächtliche Menge Sauerstoff aus derselben auf, Die Absorbtion ist aber verschieden, nach der Verschiedenheit jener Substanzen. Bey der Mus- kelfaser vermindert sie sich mit der abnehmenden Vitalität dieses Organs f). Auch die flüssigen Theile der Thiere saugen den Sauerstoff der Luft ein, und das Blut besitzt dieses Absorbtionsvermögen nicht, wie man ver- muthen könnte, im höchsten Grade g), Nur die Galle macht, nach SrarLu.anzanr’s Versicherung h), hiervon eine Ausnahme, und äussert. keinen Ein. flufs auf den Sauerstoff, Nach den Versuchen des letztern Schriftstel- lers ziehen alle Thiere selbst nach dem Tode den Sauerstoff der Luft noch an, und erzeugen dafür kohlensaures Gas, doch in weit geringerm Grade als während des Lebens. Diese Absorbtion daubrt, ihm zufolge, so länge fort, als die Fäulnils dauert, und hört erst auf, wenn das Thier gänz- lich zersetzt ist. Sogar die blolsen Gehäuse der Schnecken und die Schaalen der Muscheln sollen, jenen Versuchen nach, atmosphärischen Sauerstoff auf- f) Arpınr in Gıınene’s Annalen der Physik. B. 14. S. 335. 336. g) ‚SPpALLANnzANı a. 2, O. p- 8. — Grimm in GeH- zen’s neuem allg. Journal der Chemie, B.4. S.ı6r. bh) A.a20. 201 x aufnehmen nnd kohlensaures Gas aushauchen, Ja, nicht nur frische Gehäuse, sondern auch soiche, die schon über ein Jahr alt sind, sollen dieses Absorbtionsvermögen besitzen. Doch soll dasselbe mit der Verwitterung der Gehäuse verloren ge- hen. Für den Sitz dieses Vermögens hält Spar- LANZANI ‘den membranösen Theil der Gebäuse, von welchem sich bekanntlich der erdige Theil durch verdünnte Salpetersäure absondern lälst., Bey diesen leiztern Beobachtungen hat aber gewifs eine Täuschung statt gefunden, wovon sich auch der Grund mit Wahrscheinlichkeit angeben lälst. Geımm’si), Berger's k), von HumsoLpr’s und Gay-Lussac’s I) Versuche nehmlich bewei- sen, dals im Wasser ein beständiges Bestre- ben statt findet, mit den Luftarten, mit welchen dasselbe in Berührung ist, sich ins Gleichgewicht zu setzen, dals‘es unter Sauerstoffgas Oxygene aufnimmt und Stickgas fahren lälst, und unter Stickgas diese Luftart verzehrt, indem es Sauer- stoffgas aushaucht. Es war also vermuthlich bey SPALLANZAN!S Versuchen Wasser mit im Spiele, und hiervon rührte die Absorbtion des Sauerstoff- gas her. Diese Vermuthung ist um so wahr- schein- i) A. a. ©. j k) Journal de Phys. T. 57. p. 2, }) Ebendas. T.60. p. 229. xl N5 ie 203 armen scheinlicher, da SpraLLanzanı ausdrücklich be- merkt m), dals er die Schnecken, die er zu den Versuchen über die Absorbtion des Sauerstoffgas durch todte Thiere gebrauchte, in siedendem Was- "&er getödtet, und gleich nach dem Eintauchen, also noch nals, in die Absorbtionsröhren gebracht hatte, Nach allen den bisherigen Erfahrungen kön- nen wir folgende Resultate als hinreichend be- gründet ansehen: Ä 1. Alle thierische Organismen absorbiren durch alle mit der atmosphärischen Luft in Berüh- rung stehende Theile ihres Körpers immer Sauerstoffgas und unter gewissen Umständen auch Stickgas, und hauchen dafür kohlensau- res Gas und Wasserdünste-.aus. wo 2. Die Lungen sind die Organe, in welchen diese Einwirkung auf die Luft vorzüglich statt findet. 3. Die Entbindung des kohlensauren Gas steht nicht immer mit der Absorbtion des Sauer- stoffs in Verhältnifs. 4. Die Tbiere der höhern ‚lassen äussern eine stärkere Einwirkung auf den Sauerstoff als die der niedern. Aber diese Einwirkung nimmt bey ihnen früher ab, als bey den letztern, ar) A, a Ö. }- 167. l P2 ‚ letztern, weil ihnen das entbundene kohlen- saure Gas früher nachtheilig wird. 5. Die Absorbtion des Sauerstoffs der atmosphä- rischen Luft ist im allgemeinen keine den thierischen Individuen ausschlielslich eigene Erscheinung. Sie ist es aber insofern, als sie bey ihnen stets mit relativer Gleichförmigkeit vor sich geht, hingegen bey den Pflanzen abhängig von dem Einfiufs des Lichts, und bey den Körpern der leblosen Natur in jedem folgenden Augenblick immer geringer wie in dem vorhergehenden ist, Welchen Einfluls äussert nun dns eingeath- mete Sauerstoffgas auf den thierischen Körper? Dies ist die zweyte Frage, die wir zu beantwor- ten haben. ; Seit Lower ist es eine bekannte Thatsache, dafs bey dem Menschen, den meisten der übri- gen Säugthiere und den Vögeln das Blut der - Lungenvenen und derjenigen Arterien, die aus der Aorta entspringen, eine hohe Röthe, dasjenige aber, das sich in den Lungenarterien und den Zweigen der Hohlvene befindet, eine dunklere Farbe hat n.. Es ist auch gewils, dafs diese "Verschiedenheit des Arterien- und Venenbluts de- sto geringer ist, je weniger Sauerstoff in einer gewis- n) Harzer El Phys. T.II.L.5. 82.5.4 ps. — T. IH Lg &5 $.8 p. 328. war 204 nl — gewissen Zeit verbraucht wird, Geringer als bey den Säugthieren und Vögeln ist sie bey den Am- phibien und Fischen, und auch unter den Säug- thieren ist sie weit geringer bey den Robben und ähnlichen Thieren, welche eine beträchtliche Zeit unter dem Wasser leben können, als bey denen, die sich blos auf dem Lande aufhalten 0). Bey dem menschlichen Foetus findet entweder gar keine p), oder doch nur eine sehr geringe ‚Ver- schiedenheit beyder Blutarten statt q), Man hat ferner bemerkt, dafs nach aufgehobener Respira- tion das arterielle Blut eben so schwarz wie das venöse r), und nach Zulassung der atmospbäri- ’ schen 0) Haırer 1. c. T. III. p. 328 gg. p) Osıanpen’s Annalen der Entbindungsanstalı zu Göttingen. B. 2. St. 2. g) Scheer de liquor. amnii asperae arter. foetuum human.’ natura et usu. p. 4% r) Harzer 1. c. T. II. p.8. — Bey .der blauen Krank- heit, wo, eines organischen Fehlers des Herzens und ‘der Respirationsorgane wegen, das Athemholen . nur unvollkommen von’ statten geht, fällt die Farbe "des Körpers, besonders die der Lippen und der Nä- gel, ins Blaue. MorcAcnı de sed, et causis morb, „Ep. ı7. £ı2. — Hunter, Med. Obs, and Inquiries, Vol. 6. p. 292. — Nevın, Samml. für prakt. Aerzte. B.ı7. 8.86. — Trorter, ebendas. B. ı7, S. 105. — Baurrıg, ebendas, B,20, 8,5353, °— Purrner, Med. Trang- —— 205 schen Luft zu dem letztern dieses eben so hoch- roth wie das erstere wird s). Man’ hat gefunden, dals dieser Uebergang des venösen Bluts in arte- rielles nicht erfolgt, wenn der Zutritt der Atmo- sphäre zu demselben durch Aufgielsung von Oel verhindert, oder die Luft über demselben durch eine Luftpumpe verdünnt wird t) Man will end- lich beobachtet haben, dals das Arterienblut im luftleeren Raume sehr viele, das venöse aber weit weniger Luftiblasen von sich giebt v). Pz Aus diesen Erfahrungen ergeben sich zwey Folgerungen: ı. Dafs ein Umlauf des Bluts von den Lun- genarterien zu den Lungenvenen, von diesen durch die linke oder hintere Vorkammer des Her- Transact. Vol, 3. — Wiırsos in Reır’s Archiv f. d, Physiol, B. 4. 8. 448. — Nasse ebendas. B. io. S, 215. — ABERNErTTYs chirurg,. u, plıysiolog. Versu- che. 8. 156. — Lenrin’s Beytr. zur ausübenden Arz« neywiss, B.2. 8.68. — Sacuse in HursıAnD's _ Neuem Journ, f. d. prakt. Arzneyk. B. 8. S, ı26. — SeıLer in Horn’s neuem Archiv für med. Erfahr, B, 2._S. 201. | s) Harzer 1.c. TI. L.8 8.5.8 p328 $ıs. p- 549. t) Harzer |. c, v) Harter Le, TIL. 5.9.1.9.4p.8&— Diese Beobachtung bedarf aber noch einer nähern Prüfung. “ 206 gm ' Eewens und den linken oder hintern Herz- ventrikel zur Aorta und deren Zweigen, hier- aus zu den sämmtlichen Venen, und aus den letztern durch die rechte oder vordere Vor- kammer und Kammer des Herzens wieder in. \ die Lungenarterien statt findet. 2. Dafs das Blut bey seinem Uebergang aus den Lungenarterien zu den Lungenvenen ent- weder Stoffe an die-Atmosphäre absetzt, oder dieser einen Bestandtheil entzieht. Wir werden zuerst die letztere dieser Hypo- thesen untersuchen, und die nähere Prüfung «ger erstern bis zum folgenden Kapitel versparen. Wir wissen, .dafs die Atmosphäre bey dem. Einathmen Sauerstoff verliert, und durch das Ausathmen mit Wasser und Kohlenstoff geschwän- gert wird. Jene Hypothese ist also mehrerer Mo- dificationen fähig. Es ist ı) möglich, dals der Sauerstoff . der. atmosphärischen Luft von dem Lungenblut absorbirt wird, und dals dieses dafür Wasser und kohlensaures Gas, die schon vor die- ser Absorbtion in demselben vorhanden sind, fah- ren läfst, Es läfst sich ©) denken, dals das Blut der Lungen ‘nur einen Theil des Sauerstoffs der atmosphärischen Luft aufnimmt, dafs es dafür entweder Wasserstoff und koblensaures Gas, oder Wasser und‘ Kohlenstoff, oder Wasserstoff und Koblenstoif aushaucht, und dafs der übrige Theil jenes -- 207 jenes Sauerstoffs zur Bildung des Wassers, oder der Kohlensäur®, oder beyder verwandt wird. Es kann endlich 5) seyn, dafs das Lungenblut der Atmo- sphäre gar keinen ‚Sauerstoff entzieht, sondern dafs dieser blos zur Zusammensetzung der Koh« lensäure, oder des Wassers, oder beyder ver- braucht wird, indem, die Lungen blos Wasserstoff, oder blos Kohlenstoff, oder beyde Stoffe abson- dern, Das Vermögen der Mollusken, Insekten und Würmer, in Stickgas und Wasserstoffgas eine ziem- lich lange Zeit leben zu können, giebt uns ein Mittel, um zu entscheiden, welche von diesen Modifikationen der obigen Hypothese die richtige ist, - Wird das beym Ausathmen entstehende koh- lensaure Gas ohne den Sauerstoff der geathmeten Luft gebildet, so müssen jene Tbiere auch in Stickgas und Wasserstoffgas kohlensaures Gas erzeugen; wird dieses ausgeathmete Gas aber mit Hülfe des Sauerstoffs der respirirten Luft er- zeugt, so kann dasselbe nicht beym Athmen von Thieren entstehen, die sich in einem Medium be- finden ,: welches keinen Sauerstoff enthält. Spar- LANZANI stellie aus diesem Gesichtspunkt Versu«- che an, wovon das Resultat war, dals das aus- geathmete kohlensaure Gas im Körper präexisti- rend ist, und nicht erst durch eine Verbindung des Kohlenstoffs mit dem atmosphärischen Sauer- stoff . 208 ee stoF zusammengesetzt wird w)., Dieser Grund wird auch durch von Humsornr’s, Provencar’s und Sorg’s oben erwähnte Beobachtungen unter- stützt, denen zufolge die Menge des bey dem Athemholen der Amphibien, Fische und Insekten erzeugten kohlensauren Gas keinesweges mit der Quantität des verzehrten Sauersioffgas in Verhält- nils steht, welches nicht der Fall seyn könnte, wenn die Kohlensäure nicht schon vor dem Aus- athmen vorhanden wäre, Es ist wahr, BERTHOLLET x) fand, als er coa= gulirtes Blut mit atmosphärischer Luft in seinem Manometer eingeschlossen hatte, dals die Menge des absorbirten Sauerstoffs mit der Quantität der enıbundenen Kohlensäure übereinstimmte. Ein neuerer Schriftsteller y) hat hieraus folgern wol- len, dals auch bey dem Athemholen aller Saud-. stoff blos zur Bildung ‘der Kohlensäure verwandt würde, Aber aus einem blos chemischen Vorgang läfst sich nicht auf einen Procefs schlielsen, wo=- bey höhere Kräfte mit wirksam sind. Und selbst bey BERTHOLLET’S, Erfahrung muls man die ent- bundene Kohlensäure für präexistirend im Blut, und das Resultat seines Versuchs für einerley mit der w) Srarzanzanı Mem, sur la, respir. p. 64. 544 sv. x) Mem. de la Soc. d’Arcueil. T. 2. p. 462. y) Creve über den Chemismus der Respiration. Frankf, a. M. ıgı2. S. 22, mus 209 der Erscheinung annehmen, die blofses Wasser zeigt, welches mit einem Gas geschwängert, und mit einem andern in Berührung gesetzt, jenes entweichen läfst und dieses aufnimmt, eine Er- scheinung, die vorzüglich dann eintritt, wenn dem Wasser kohlensaures Gas zugemischt ist z), 'da der Kohlenstoff keine Verbindung mit dem Sauerstoff als nur in einer sehr hohen Tempera- tur eingeht a). N - Wie 2) Henry, Philos. Transact. Y. 1805. P. ı. a) Ich glaube nicht, dals einige Versuche, woraus Su. Rumrorp schlielsen.zu müssen glaubt, dals sich der Kohlenstoff in einer niedrigern Temperatur, als man bisher annahm, verbände, (GirzerT’s Annalen der Physik. Neue Folge. B. ı5. S. ı42.) diesen Satz um- stolsen. Unter Rumronrp’s Versuchen ist keiner, der beweist, dafs sich da, wo er eine Entbindung von "kohlensaurem Gas annimmt, dieses wirklich gebildet hatte, und es ist kein Beweis von ihm geführt, dafs, wenn die bey seinen Versuchen entwichenen Stoffe, die er für kohlensaures Gas hält, dies auch wirk- lich gewesen wären, das Gas nicht vor dem Ver- such schon vorhanden war und von der Wärme blos ausgetrieben wurde. Wenn aber auch seine Erfah- rungen keinen Zweifeln ausgesetzt wären, so würde doch nichts daraus zu Gunsten der Meinung folgen, dals der Kohlenstoff des Bluts sich bey dem Athem- holen mit dem Sauerstoff der Atmosphäre in den ‚Lungen unmittelbar verbindet, da Rumrorn’s Ver- IV. Bd. | 10) suche 2109 Erinnern Wie das kohlensaure Gas, so ist ohne Zweifel - auch das Wasser, welches bey der Respiration ausgeleert wird, schon vor der Ausscheidung im Yiörper vorhanden. Wir finden eine ganz ähnliche Flüssigkeit auch in Höhlen, zu welchen die at- mosphärische Luft gar keinen, Zutritt hat, z. B. in den Hirnhöblen und in dem Zwischenraum zwischen den Lungen und dem Brusifell, | Was übrigens von dem bey dem Athemholen enistehenden koblensauren Gas und Wasser ge- sagt ist, gilt auch von dem, welches bey der Hautausdünstung ausgeleert wird. ‘ Nach dieser Theorie muls also das venöse Blut reicher an kohlensaurem Gas als das arte- rielle seyn, Hiermit stimmen auch LuzurıAca’s Beobachtungen überein, nach welchen Sauerstoff- gas, das mit venösem Blut gesperrt gewesen war, Kalkwasser mehr trübte, als Sauerstoffgas, wel. ches mit arteriellem Blut in Berührung gestan- den hatte b). Doch folgt hieraus nicht, dafs das venöse suche in einer geheitzten Darre angestellt wurden, ‚das aus dem Blute entweichende kohlensaure Gas aber bey den kaltblütigen Thieren selbst in einer Temperatur noch ausgehaucht wird, die nur um wenige Grade die des gefrierenden Wassers übersteigt. b) Luzunıaca von der wechselseitigen Thätigkeit des Blut- und Nervensystems. Uebers. von VYınkez- MANN. 9, 41. m — 211 venöse Blut auch mehr von der Basis des koh- lensauren Gas, mehr Kohlenstoff, als das arterielle enthält, Dies würde nur dann der Fall seyn, wenn das bey der Respiration und Transpiration entweichende kohlensaure Gas nicht im Blute präexistirend wäre, sondern erst bey der Einwir. kung der Atmosphäre mit dem Sauerstoff dersel- ben gebildet würde, In der That hat auch Asır- ‚GAARD Versuche bekannt gemacht, welche bewei- sen, dafs im arteriellen Blut mehr Kohlenstoff als im venösen befindlich ist. Dieser liefs gleiche Theile von getrocknetem Venen - und Arterien- blut mit Salpeter verpuffen, und fand, dafs das letztere weit mehr Salpeter zum Alkalisiren be- darf, mithin mehr Hohlenstof enthält, als das erstere c). Dieses Resultat widerspricht zwar sehr den gangbaren Meinungen. _Doch für mich ist nichts desto weniger der grölsere Reichthum des Arte- rienbluts an Kohlenstoff sehr wahrscheinlich. Alle “ chemische Vegetationsprocesse lielsen uns eine Er- zeugung des Kohlenstoffs im Pflanzenkörper ver- muthen d), Wir haben um so mehr Grund, eine Entstehung dieses Stoffs auch im thierischen Kör- per ce) Prarr’s u. Scheer’s Nordisches Archiv für Natur- ‘ und Arzneywissensch. B. 2. 8.495 - d) Abschn, 2, $. 4. des gegenwärtigen Buchs. 1 oO: 212 - per anzunehmen, da der animalische Organismus den vegetabilischen an Bildungskraft weit über- trifft. ‘Diese Entstehung kann aber nirgends vore« gehen, als in dem Blut, das mit erhöhter Le- benskraft aus den Lungen zurückkehrt. Der in demselben erzeugte Kohlenstoff wird ıheils auf den äussersten Gränzen des arteriellen Systems zur Bildung anderer, flüssiger oder fester Theile verwandt, theils vereinigt er sich hier mit dem Sauerstoff, den jenes Blut in den Lungen auf- nahm und der bis dabin mit denselben in keiner Verbindung stand, zu kohlensaurem Gas, welches mit dem Venenblut zu den Lungen geführt und beym Durchgang durch diese, Organe 'ausgeleert wird. Die Materie zur Erzeugung des Kohlen- stoffs erhält das arterielle Blut aus dem Chylus, " Darum erzeugen Insekten, nach SORG, mehr Koh- lensäure und absorbiren mehr Sauerstoff bey der Verdauung, als nüchtern, und darum ist, nach La- vVoIsiIER und Segvın, die Hautausdünstung zu je- ner Zeit stärker als zu dieser, Jetzt frägt sich: Ob der Sauerstoff, den das Blut beym Athemholen aufnimmt, sich als Luft | oder im nicht gasförmigen Zustand mit demselben verbindet? Es fehlt uns noch an Mitteln, um diese Frage aus andern Gründen als aus der Ana- logie des Wassers zu ‚beantworten, Nach dieser aber scheint es nicht die blofse Basis des Sauer. Er | stolfgas ' stoilgas zu seyn, was sich mit dem Blüte ver-: eigie: indem sich das von dem Wasser aufge- nommene Sauerstoffgas durch blofses Kochen wie- der davon absondern läfst. Doch ist es auf der . andern Seite auch gewils, dafs die Verbindung der Luft mit dem Wasser nicht anf eine blos mechanische Art, sondern durch eine chemische Verwandtschaft geschieht, welches sich schwerlich erklären Hilst, wenn man nicht eine gewisse Zer- setzung der von dem Wasser absorbirten Luft annimmt e), Giebt es also vielleicht, wie Acker MANN f) vermuthet hat, einen mittlern Zustand der Luftarten zwischen der Gasform und dem gänzlichen Mangel der Elasticität? Hier ist noch völlige Dunkelheit. ‚Bis diese aufgehellt ist, wird. in unserer Renntnifls des Athemholens noch eine beträchtliche Lücke seyn. Solcher Lücken giebt es aber noch mehr. So weils man, dafs der Phosphor in Luft, die voll. kommen mit Feuchtigkeit gesättigt ist, viermal schneller als in vollkommen trockner Luft ver- brennt g). Zwischen dem Verbrennen des Phos- Bbors und dem Athemholen findet aber eine all- gemein. e) Von Humsorpr u Gay-Lussac, Journ, de Phys. T. 60. p. 129. f) Versuch über die Tiebenskaäkte; gs) PArror in Girnenn's Annalen der Plıysik. B. ıo. "8..108. % 108 Olg: 214 pn; gemein anerkannte Analogie statt, Sollte also die Feuchtigkeit der Luft nicht auch beym Athem- holen mit wirksam seyn? Tödtet vielleicht, wie von Hauch glaubte h), der Sirocko' durch die srolse Trockenheit der Luft, die er mit sich führt? Aber worin besteht denn jene Wirksam- keit? Vermittelt die Feuchtigkeit der Luft die Verbindung des Sauerstoffs mit dem Blut? Oder geht das Wasser selber eine Verbindung mit dem Blute ein? So läfst sich ferner fragen: Ob sich das koh- lensaure Gas der Atmosphäre bey dem Athemho- len der Thiere ganz unthätig verhält? Bey der Respiration der Pflanzen spielt jenes Gas als Reitz- mittel eine wichtige Rolle. Was berechtigt uns, dasselbe beym Athemholen der Thiere ganz ausser Acht zu lassen? Es läfst sich endlich fragen: Ob nicht viel- leicht die Luft noch auf eine ganz andere Art, als durch ihren Gehalt an Sauerstoff, ‚bey dem Athemholen wirksam ist? Garranı fand die Luft eines Sumpfs an der Mündung eines klei- nen Flusses um 2 Grad reichhaltiger an Sauerstoff als die Luft eines benachbarten Gebirges, welches 0880 Fufs über der Meerestläche liegt. Demohn- geachtet waren die Bewohner des Gebirges ge- | sund, h) PrArr’s, Scneer’s u. Runporruı’s Noördisches Ar- chiv für Natur- u, Arzneywiss, . | — 2T$ sund, während diejenigen, die in der Nachbar- schaft des Sumpfs lebten, jährlich von Gallen- und Wechselfiebern heimgesucht wurden ı), Es erhället hieraus, dafs es nicht der blofse Sauer- stoffgehalt ist, wovon die nachtheiligen oder vor- theilbaften Einwirkungen der Atmosphäre auf den thierischen Körper abhängen. Aber wenn dies ist, so kann es vielleicht noch etwas Höheres, als die Absorbtion des Sauerstoffgas seyn, was die Re- spiration zu einer der wichtigsten Funktionen macht, . ‚Diese Vermuthung wird noch durch eine an- dere Classe von Erscheinungen, durch den Ein- flufs, den das Nervensystem auf die chemischen : Wirkungen des Athemholens hat, unterstützt, Wir kommen hier auf einen Gegenstand, den wir erst in der Folge mit andern verwandten Phäno- menen in Verbindung werden bringen können, Hier begnügen wir uns, blos erst Thatsachen und deren unmittelbare Resultate mitzutheilen. $. 3. er Einflufs des Nervensystems auf das Athemhoten. Es ist eine alte, schon von Rurus dem Epbe- sier gekannte Thatsache, dals die Durchschnei- dung 3) Arızert Dissertat, sur les fievres pernicieuses et ataxiques intermittentes, p. 185. O4 216 men. dung der Stimmnerven Störungen in dem Me- chanismus des Athemholens nach ‘sich zieht, Aus- ser den Harrerschen und GaALvanıschen Versu« chen über die Erregung von Muskelbewegungen durch mechanische und chemische Schärfen und durch den Metallreitz sind wohl keine andere physiologische Erfahrungen häufiger als diese ge- macht worden. Vorzüglich wurde sie von Ga- Len k), Rıoran I), PLemrius m), WırLıs n), Lo- WER 0), BoyLE p), CHırac q), Bonn r), Duver- nor 5), RK. Vırussens t), SCHRADER v), BacLıvı w); CouRTEN x), BERGER y)» Ens 2), VALsALVAa), “SENAC k) De anat. administr. L.8. C. 5 — De locis affect, L.1 6,6. 1) Anthropograph. L.7. p. 414. m) Fundam. medieinae. p. 212. n) Nervor, descript. et usus. C. 2% 0) Tractatus de corde. p. go. p) Bırca History of the Royal Society. T.ı. p. 50 : q) In E. Rönıcır regno animal, p, 9% 1) Circulus anatom. physiolog. p. 96. s) In Zerien Diss. de vasis Iymphat. C, 2. t) Traite nouveau du coeur. p. 122. v) Additam. ad Vesrincır Syntagm. C,X. nm. 7. ‚.w) Diss. de observat, anat. et pract. Exp. 7. x) Philosoph, Transact. No. 535. | y) Physiol. med. p. 63. z) De causa vices cordis alternas producente. No. 4. a) In MonrcAcnı epist, 13. pP: 504. 505. 512. 515. 217 Senac b), Hevernmann c), Varıcnon d), Brunn e); Morınereı f), Petit g), HALLER h), Fonrana i), ARNEMANN k), CrviksHank l), HaıstHon m), Bı- CHAT n) und AckErMANN 0) wiederholt, Die Re- sultate dieser Versuche waren im Allgemeinen Ver. lust der Stimme, erschwertes Athemholen, Un- ordnungen in den Bewegungen des Bluts, Austre- ten des Bluts in die Lungenzellen, gehinderte Umwandlung des venösen Bluts in arterielles, Störungen in der Verdauung, in einigen Fällen i Fort- b) Traite du coeur. T, ı. p. ı22. c) Physiologie. B, ı. S. 500, d) Hist. de l’Acad, des sc. de Paris. A, 1706, p. 27. (der Octav- Ausg.). e) Experim. circa ligaturas nervor. in varlis animali- bus-institutas, f}) In Commentar, Institut. Bonon, Ar 5. g) Mem. de l’Acad. des sc, de Paris. A. 1727. P.ı. p.ı, (der Oct.Ausg.). h ; h) Mem, sur les parties sensibles et irritables. ‚T, ı. p- 224. i) Traite sur le venin de la vipere. T.2. p. 177. k) Versuche über die Regeneration, B. ı. S. 26ı fE 1) Phil. Transact, Y. 1797. P. ı. p. 197. m) Ebend. p: 159. n) Recherches phys. sur la vie et la mort. P.2. Art. ER 0) Der Scheintod u. das Rettungsverfahren. Ein w) Annales du Mus, d’Hist, nat, T. 7. p. 457. pers, entdecken konnte, worin sich das Blut fort. bewegt hätte, sondern dafs der Lauf und die Ver- breitung dieser Flüssigkeit hier ganz so erschien, als ob die Blutkügelchen vielmehr in dem Paren- chyma der Theile zerstreut, als in Gefälsen einge- schlossen wären, Dies ist schon eine bedeutende Abweichung von der Bewegung des Bluts bey den Thieren der höhern Classen. Noch auffallendere Verschie- denheiten kommen bey den Insekten vor, Bey den Spinnen und Skorpionen giebt es ein röhren- förmiges, längs dem Rücken liegendes Herz, wel- ches deutliche Gefälse hat, Aber in diesen Ge- fälsen scheint, wenigstens bey den Spinnen, kein eigentlicher Umlauf des Bluts statt zu finden. Das Herz der Spinnen hat am vordern Ende auf je- der Seite Eine Ader, wodurch die Kieme dieser Seite mit demselben in Verbindung steht; die übrigen Gefälse entstehen aus dem mittlern und hihtern Theil desselben, und zerästeln sich in ei- ner körnigen Masse, die alle Eingeweide des Bauchs einschlielst und dem Fettkörper der ge- flügelten Insekten ähnlich zu seyn scheint, Bey dem Skorpion verbreiten sich in dieser Masse zu- gleich auf jeder Seite vier ästige, aus dem Nah- rungscanal entspringende Gefälse. Bey der Spinne löset sich der Nahrungscanal gleich nach seinem Eintritt in den Hinterleib auf eine kurze Strecke 05 ri 246. | gmmepauı in ein zartes, mit jenem Fetikörper aufs innigste verbundenes Gewebe auf, welches dieselbe Funk- tion wie die Seitenröhren am Nahrungscanal des Skorpions zu haben scheint, Es ist klar, dafs bey dieser Organisation der Spinnen das einzige zu den Kiemen gebende Paar von Gefälsen entweder zugleich als Arterie und Vene dient, oder dafs es den Riemen nur Blut zuführt, ohne dasselbe wieder zurückzufüh- ren. Im letztern Fall mülste sich das Blut aus den Kiemen unmittelbar in den übrigen Körper verbreiten. Dies läfst sich aber nicht annehmen, da es keine Verbindung zwischen den Riemen und dem übrigen Körper giebt, wodurch eine solche Verbreitung geschehen könnte x), | Ein wirklicher Blutumlauf findet wieder bey der Wasserassel (Oniscus aquaticus L,) statt. Ich sahe, was schon Dez Geer y) beobachtete, in den Füfsen und Fühlbörnern dieses Insekts unter dem Vergröfserungsglas verhältnilsmälsig grolse, aber ziemlich weit.von einander entfernte Kügelchen, die zwey parallele Ströme, einen aufsteigenden und einen absteigenden,. bildeten, und zwischen | den x) Fine ausführliche Beschreibung des Gefälssystems der Skorpionen und Spinnen habe ich in meiner Schrift Ueber den innern Bau der Arachni- den geliefert, y) Mem, pour servir a l’Hist. des Insectes. T.7. p-512. den Riemen das klopfende Herz, Die Bildung des Herzens habe ich aber, wegen der äussersten Zart- heit desselben, bey der Wasserassel nicht entdecken können, Hingegen beym Öniscus Armadillo L, fand ich an dem Hintertheil des cylindrischen Herzens zwey Paar Gefälse, die nach den Sei- tentheilen des Körpers fortgingen, und neben dem Vordertheil jenes Organs auf jeder Seite ein enges, herabsteigendes Gefäls. Weder bey dieser, noch bey der gemeinen Assel (Oniscus Asellus L.) habe ich aber in den äussern Theilen einen Umlauf des Bluts wahrnehmen können, Ein ähnliches röhrenförmiges,. längs dem Rük- ken liegendes Herz, wie es bey den Skorpionen, Spinnen und Asseln giebt, besitzen alle Insekten, die durch Luftröhren Athem holen. Man bemerkt an diesem Theil einen Wechsel von Zusammen- ziehung und Erweiterung, der vom Alfter zum Kopf durch die einzelnen Tünge des Körpers fort- geht, und hinten am stärksten ist z). Die in demselben befindliche Flüssigkeit mufs also eine Bewegung vom After nach dem Kopf, und an “der letztern Stelle einen Ausilufs haben, - Aber kein Anatom hat bis jetzt an diesem Herzen Ge- fälse bemerkt, Es lälst sich also nicht anders | B schlie- z) Marrıcur de bomb. p. 20, 50, 42, in Opp. — Lyon- set Tr. de la chenille du saule. p. 105. 427. Q4 248 | nn schlielsen, als dafs sich das Blut der Insekten unmittelbar aus dem Herzen in das Parenchyma der Eingeweide ergielst, und in den letztern fort- bewegt wird. Dieser Schlufs bestätigt sich auch an einer Erscheinung, die bey der Verwandlung der Larven in vollkommene Insekten eintritt, Bey dieser Veränderung sieht man eine Menge Feuch- tigkeit in die Flügel dringen, und an verwunde- ten Stellen ausfliefsen a). Die Insektenflügel ha- ben aber gewils keine saftführende Gefälse. Für jenen Schlufs spricht ferner die Analogie des Ar- gulus foliaceus Jur. und der Asseln. Jurıne konnte, wie schon erzählt ist, in dem Vordertheil jenes Thiers keine Gefälse entdecken, worin sich das Blut fortbewegt hätte; die Blutkügelchen schienen sich blos in dem Parenchyma der Ein- geweide zu verbreiten, Ich habe in den äussern Theilen der Wasserassel zwar auf- und absteigen- de Blutströme gesehen ; aber es hat mir immer geschienen, dafs diese Ströme sich nicht in Ge- fälsen, sondern in den Zwischenräumen der 'Mus- keln bewegten. Auch habe ich in den Riemen dieser Thiere, worin doch eine kreisförmige Be- wegung des Bluts vorgehen mufs, nie eine Spur von Gefälsen wahrnehmen können, Ein wirklicher Blutumlauf, der aber obne ein Herz, blos in Arterien und Venen statt findet, zeigt % a) Swammernamm’s Bibel der Nat. $. 171, zeigt sich wieder bey den Würmern, denselben Thieren, die auch ein rothes Blut haben b), In dem durchsichtigen Hörper:,der Nais litto- ralis Mürr, findet man neben dem Nahrungscanal zwey längslaufende Gefälse, worin das Blut zum Vordertheil des Körpers flielst c). Bey der Hirudo vulgaris L. windet sich an jeder Seite des Körpers vom Kopfe bis zum Schwanz ein ziemlich grolses, geschlängeltes Ge- fäfs, worin sich das Blut so bewegt, dals das eine angefüllt wird „ während sich das andere ent- leert d). Bey der Hirudo medicinalis und Hirudo sanguisuga L. entspringt aus jedem dieser Gefäfse in Zwischenräumen, die mit denen ziemlich über- einstimmen, welche zwischen den verschiedenen Abtheilungen des Darmcanals befindlich sind, ein grolser Zweig, der sich in mehrere kleinere Aeste theilt. Nach dem vordern und hintern Ende des Thiers spalten sich jene in fünf bis sechs grofse Zweige, die bey ihrem Fortgang immer enger werden, und sich in ganz feine Haarröhren endi- gen. Tnonase) fand hier auch noch ein drittes Hauptgefäls, das vom vordern zum hintern Ende RER des b) Biol. Bd.. 8. 392. ec) ©. F, Mürrer Zool, Dan. Vol, 2, p. ı21. d) Braun’s system, Beschreib. einiger Egelarten. $. 40. e) Mem, pour servir a l’Hist. nat. des Sangsues. p. 56. Q5 250 en des Thiers an der Rückenseite foriging, einen et- was kleinern Durchmesser als die beyden Seiten- gefälse hatte, mit seinen Zweigen auf der inuern Darmhaut zahlreiche und grolse Netze bildete, und in seinem Stamm ebenfalls rothes’ Blut, aber in seinen netzförmigen Zerästelungen einen weis- sen Saft enthielt. Durch jeden Zweig der beyden Seitengefälse lassen sich diese nebst ihren Ramihi- kationen aussprützen. Hingegen dringen Ein«- sprützungen, die in die Seitengefäfse gemacht sind, nicht in das Rückengefäfs. Auch bleibt dieses noch mit Blut angefüllt, wenn jene schon leer sind. Das rothe Blut dieser Gefälse hat in allen einerley Farbe. Es scheint hier also keine Ver- schiedenheit zwischen Arterien und Venen als in der Richtung des Blullaufs vorhanden zu seyn, Die Seitengefäfse pulsiren sieben- bis achtmal in einer Minute; In welcher Verbindung das dritte mittlere Ge- fäfs mit den beyıen Seitengefälsen steht, und ob dieses als Arterie oder als Vene wirkt, ist noch unausgemacht. Dentlicher ist, nach Cuvier f), die Funktion der sämmtlichen Gefälse bey dem Lum- bricus marinus L., einer durch Riemen athmenden. Wurmart. Hier liegt zwischen den Kiemen längs dem Rücken ein Gefäls, welches das Blut durch Seitenzweige aus den Branchien empfängt, und sich £) Legons d’Anat, comp. T.4. p: 41 as sich durch das vordere Ende in zwey andere, an dem Nahrungscanal 'herabsteigende Gefäfse ent- leert, Diese haben die Funktion einer Aorta. Das ‘durch sie im Körper verbreitete Blut wird von zwey Venenstämmen aufgenommen, wovun der eine auf dem Nahrungscanal unmittelbar unter demjenigen, welcher das Blut aus den Riemen empfängt, der andere unter jenem Canal liegt. Diese Stämme führen zugleich das Blut deu Rie. men wieder zu, Ob bey den Würmern aller Blutunlauf auf. hört, ob diese Bewegung nicht vielmehr allen Or- ganismen, die an der thierischen Natur Theil neh» men, in einem gewissen Grade eigen ist, darüber werden künftige Beobachtungen entscheiden, Ich zweifele nicht, dafs die Antwort auf die letziere Frage bejahend ausfallen wird. Selbst bey den ‘schon den Pflanzen sich so sehr nähernden ‚Sertu- larien sieht man allenthalben in der mit einer weichen thierischen Substanz inwendig bekleide- ten Röhre, welche sich durch den Stamm und .die Aeste des hornartigen, meist durchsichtigen Ske- letts erstreckt, eine körnige Masse, die sich be- ständig wirbelförmig bewegt g). Ja sogar an der Chara flexilis, einem Wesen, das auf der Gränze zwischen den Phytozoen und den eigentlichen Pflan- g) CAvorınr’s Abhandl. über Pflanzenthiere des Mir telmeers, Uebers, von \V. Sprescez, $. 50. BER: I —— Pflanzen steht, giebt es eine solche Bewegung, Jedes Glied der artikulirten, durchsichtigen Aeste dieser Chara enthält eine Flüssigkeit, worin bee ständig ein wahrer Umlauf unter dem Vergröfse- rungsglase wahrzunehmen ist. Ich habe diese, zuerst von ÖGorTı h) entdeckte, und nachher von Fontana i) und. meinem Bruder k) beobachtete Erscheinung mehrere Wochen hindurch verfolgt, Die Flüssigkeit eines jeden Gliedes der Pflanze enthielt eine Menge grüner Bläschen, die auf der einen Seite des Gliedes angehäuft waren, und sich ununterbrochen und gleichförmig an dieser Seite von oben nach unten bewegten, am untern Ende des Gliedes zu der gegenüberstehenden Seite über- gingen, an dieser von unten nach oben flossen, am obern Ende des Gliedes wieder nach der er- stern Seite umkehrten, und so einen wahren Um- lauf machten, der selbst in jedem abgeschnittenen Gliede fortdauerte, wenn nur der Schlauch des. selben h) Osservazioni microscopiche sulla tremella ® sulla eircolazione de fluido in.una pianta acquajuola, dell’ ° Abate B, Corri. Lucca. 1774. — Letera sulla circo- lazione de fluido scoperta in varie piante, Modena. 1775. | | / 3) Rozıer Observat. sur la Physique, sur ’Hist. nat. etc. A, 1776. Avril. k) Beyträge zur Pfilanzenphysiologie von L. C. Taxvı- RANUS, S. gı fl Sn selben unverletzt war, durch hinzugetröpfelten Weingeist aber plötzlich gehemmt wurde, Der "Schlauch verhielt sich dabey völlig leidend, 9. 3. Mit dem Blutumlauf verbundene Erscheinungen. Ein bey allen Thieren den Blutumlauf be- gleitendes Phänomen ist der Puls, oder ein Wech- sel von Zusammenziehung (Systole) und Erweite- rung (Diastole) in dem Herzen und den grölsern Blutgefälsen, Bey denjenigen Thieren, die eine doppelte Herzkammer haben, ziehen sich in der Systole beyde Ventrikel zu gleicher Zeit zusammen, Un- ter Umständen, wo die Lebenskraft erschöpft ist und die Bewegung des Herzens nur noch lang- sam von statten geht, erscheinen im Anfang der Zusammenziehung erst an einzelnen Stellen der Oberfläche des Herzens Runzeln ; diese flielsen . wellenförmig von einer Stelle zur andern fort, verbreiten sich immer weiter, und vereinigen sich endlich zu einer Zusammenziehung des ganzen Herzens. Sie fangen an den beyden Enden des letztern an, und kommen in der Mitte‘ desselben zusammen, Das ganze Herz wird dabey härter und fester. Die rechte Herzkammer steigt in der ‚Systole zur Scheidewand und zum linken Ventri- kel herauf; dieser linke aber wird zur Scheide- wand herabgezogen, Die Scheidewand verkürzt sich 254 TERUELERIERT \ sich ebenfalls, zieht die Spitze des Herzens zut Basis herab, und macht so dasselbe kürzer, Fer- ner verkürzen sich die zu: den Herzklappen ge- hörigen Muskeln, indem ihre sehnenartigen Strän« ge erschlafen. Auch die Lage des Herzens än- dert sich bey dieser Zusammenziehung. Die Ba- sis desselben rückt etwas von der Stelle; die Spitze krümmt sich bey dem Menschen nach der rech- ten Seite und nach vorne, und berührt am Ende dieser Bewegung die Gegend der fünften oder sechsten Rippe. Endlich ziehen sich auch die Vorkammern des Herzens so zusammen, dafs die Höhlungen derselben nach jeder Dimension veren- Bert werden, wobey sich die kammförmigen An- hänge der rechten Vorkammer aufrichten und krümmen ). Alle diese Bewegungen hören mit dem Ein. tritt der Diastole wieder auf. Das ganze Herz wird jetzt glatt ‘und turgescirend, und die innern Höhlungen desselben werden nach jeder Dimen- sion erweitert m). So ist die Bewegung des Herzens bey den Säugthieren und den übrigen Thieren, die in der Struktur jenes Organs mit diesen übereinkommen, Bey den Fischen sind die Phänomene der Systole und % $. 5. 6. pP. 305: 394. m) Ibid. $.8. p- 398 )) Harzer EL Phys DL L4 840.5 pr — u u und Diastole von den obigen etwas verschieden, Das Herz des Aals wird in der Systole verlängert, und die Spitze desselben nach unten -herabgezo- gen n). Doch besteht auch hier, wie bey allen Tbieren, die Systole in einer Verengerung und die Diastole in einer Erweiterung der Herzhöhlen, welche erst in der Vorkammer und dann im Ven- trikel eintritt 0). Ein ähnlicher Wechsel von Zusammenziehung und Erweiterung geht auch in den grölsern Blut- gefälsen vor. Er findet zuerst in der Hohlvene statt, Hier erstreckt er sich auf der einen Seite bis zum obern Ende der Brust, auf der andern bis zur Leber. Bey den Fröschen ziehen sich auch. die Leberzweige der Hohlvene zusammen p). Ferner verengern und erweitern sich die Lungen- venen q). Bey den Säugthieren und Vögeln pul- siren auch alle Arterien, bey. den Amphibien aber blos die Stämme derselben r). An dem entblöfsten Gekröse von Fröschen und an jungen durchsichtigen Amphibien sieht man unter dem Vergrölserungsglase, dafs der Puls L entsteht, n) Harrer |, c. $. 4. p. 3982. 0) Tırdemann’s Anatomie des Fischherzens. 5.29: p) Harzer 1.c. $. 9 p. 399 q) Ibid. &. 15. p4ıo. | s) Ibid. 2, 52, 1% p 74% — LA &4 837. pP 441: 256 | | wann > entsteht, indem das aus dem Herzen getriebene Blut die Arterien ausdehnt. Man sieht diese in demselben Augenblick sich erheben, wo die Spitze des Herzens sich krümmt, Unterbindet man sie, so erheben sie sich nicht nur, sondern werden auch länger. Alle Arterien pulsiren zu gleicher Zeit, Unter einer Ligatur bört der Puls auf. Durch Arterien, die eine starre, unnachgiebige Haut ha- ben, z. B durch die absteigende Aorta und die grölsern Gekrösearterien der Frösche, flielst das | Blut ohne Pulsationen s). Alle diese Bewegungen geschehen vorzüglich wegen des Athemholens, Wo die atmosphärische Luft nicht das ganze Innere bis auf die kleinsten Theile durchdringen kann, da giebt es einen Blut umlauf; und wo kein wahrer Kreislauf des Bluts statt findet, wie bey den geflügelten Insekten, da sind alle Organe mit Luftröhren durchwebt, Da- her steht auch der Puls mit dem Athemholen in einem gewissen Verhältnils. Das Pferd respirirt 16, der Vogel bis 50 mal in einer Minute. Aber in eben dieser Zeit hat das Pferd nur 34, die Taube hingegen über ı00 Pulsschläge t). Alles, was den Puls beschleunigt oder langsamer macht, vermehrt oder vermindert gewöhnlich auch die Schnelligkeit des Athemholens, so wie umgekehrt, | was 8) Harzer Opp. min, T.L p. 185g. t) HALLER El, Phys. Fi Il. L. 6, S, 2, $u 14 Ps 249% I was auf dieses Einfluls hat, meist auch auf jenen ‚wirkt v). Bricht man von den gröfsern Windun- gen des Gehäuses der Landschnecken einen Theil weg, so sieht man das Anschwellen und Zusam. menfallen der Lungen, das Oeffnen und Schlielsen der Respirationsöffnung beym Athmen, die Pulsa- tionen des Herzens und den Umlauf des Bluts in den Gefäfsen, Setzt man eine so zubereitete Schnecke einer immer kältern Temperatur aus, so nehmen alle diese Bewegungen in gleichem Verhältnifs immer mehr ab, und hören ganz auf, wenn die Temperatur der äussern Luft bis zum Gefrierpunkt herabsinkt,. Erhöhet man die Tem- peratur wieder, so fängt die Lunge von neuem an sich zu erheben, das Herz sich zusammenzu- ziehen, und das Blut in:den Gefälsen zu flielsen, anfangs langsam, allmählig aber, so wie die Wär- me zunimmt, lebhafter. Die nehmlichen Erschei- nungen, welche die Rälte hervorbringt, bewirkt auch jede mephitische Luft, und dasselbe, was die Wärme thut, erfolgt auch beym Eirfluls des Sauerstoffgas w). | Diese Verbindung des Athemholens mit der Bewegung des Bluts leidet freylich Einschränkun- gen. Jenes kann auf einige Zeit unterbrochen | werden, v) Harzer El, Phys. T. III. L.9. 5.4. 9.29. p. 291. _Ww) SPALLANZANI Mem, sur la respirat, P, 150, 321, undV. Bd, R 258 rn werden, indem der Blutumlauf fortdauert. Kin- der haben einen schnellen Puls und ein langsa- mes Athemholen. In einigen Krankheiten nimmt die Schnelligkeit des Pulses zu, indem die Respi- ration wenig verändert wird; in andern weicht die letztere vom gesunden Zustand beträchtlich ab, indem der Puls an dieser Abweichung wenig Theil nimmt x). Das Athemholen der Fische ge- schieht 25 bis Zomal in einer Minute y); das Herz derselben pulsirt auch nur 22, höchstens 33wmal während dieser Zeit 2). Hingegen schlägt das Herz der Weinbergschnecke ohngefähr Zomal in einer Minute, und doch schöpft dieses Thier Ä zuweilen in einer Viertelstunde kaum einmal Athem a). Bremonp’s b) und Emmert’s c) Ver- suche x) Harzer lc. T.III. L,8 54 9.29 p.29. | y) Ibid. p. 290. z) Tırpemann’s Anatomie des Fischherzens. $. 29. a) Baxer (Employment for the microscope, p. 326.) zählte bey einer Wasserschnecke 60 Pulsschläge in ‚einer Minute. Ich habe bey einer Helix Pomatia an einem mittelmäfsig warmen Tage des August nur 30 Schläge in einer Minute gezählt, und der Puls war bey diesem Thier, dem ich die ganze Schaale vor- her weggebrochen hatte, von der gewaltsamen Ope- ration gewils noch beschleunigt, Allein wenn man auch nur 20 Pulse in einer Minute annimmt, so steht hier doch die Zahl dieser Schläge mit dem ı langsa- men suche beweisen auch, dafs der Blutumlauf bey Säugthieren noch einige Zeit fortdauert, sowohl wenn die Lungen ganz zusammengefallen oder zusammengedrückt sind, als wenn man die Lun- gen ganz mit Luft angefüllt und dann die Luft- röhre unterbunden hat, Alle diese Ausnahmen beweisen aber nicht die Unabhängigkeit des Athemholens von der Re- spiration, Bremonn’s und Emmerr’s Versuche zeigen eben dadurch, dafs der Puls nur kurze Zeit bey unterbrochener Respiration fortdauert, die gegenseitige Abhängigkeit der Funktionen des Herzens und der Lungen, und aus den übrigen der angeführten Beyspiele läfst sich nur schlielsen, dals der Puls und das Athemholen extensiv ver mehrt seyn können, indem sie intensiv vermin- dert sind, so wie umgekehrt, | Was ist es aber, wodurch das Athemholen auf den Blutumlauf Einflufs hat? Mechanisch kann diese Einwirkung nicht seyn. Das Biut strömt zwar mit grölserer Leichtigkeit durch die Lungen beym Einathmen, wobey die gekrümm- ten Blutgefälse dieser Theile ausgedehnt werden, als men Athemholen nicht in dem Verhältnils, wie bey den Thieren der höhern Glassen, b) Mem. de l’ Acad. des sch de Paris. A, 1739: -pı 356, c) Reır’s Archiv f, d. Physiologie, B. 5. 8,401. R 2 260 — als beym Ausathmen, wo Biegungen und Winkel in denselben entstehen d). Aber bey dem Foetus findet, wenigstens in der ersten Zeit seines Le- bens, keine Bewegung der Lungen statt, und doch bewegt sich das Blut desselben. Nur von der Art kann also jener Einfluls seyn, entweder dals das Blut selber ein Bewegungsvermögen be- sitzt, welches durch den Zutritt der eingeathme- ten Luft in Thätigkeit gesetzt wird, oder dafs die Bewegung des Bluts durch Einwirkungen der Gefälse hervorgebracht wird, zu deren Entstehung eine gewisse Beschaffenheit dieser Flüssigkeit er- forderlich ist, welche dieselbe bey der Einwir- kung der respirirten Luft erhält. | Wir sind hier auf einen Gegenstand gekom- men, dessen Aufklärung für die ganze Biologie von der gröfsten Wichtigkeit ist, und welche da- her eine nähere Untersuchung verdient, $. 4 Ursachen des Blutumlaufs, Betrachtet man unbefangen mehrere Erschei- nungen bey der Bewegung des Bluts und der blut- ähnlichen Säfte auf den untern Stufen der leben- den Natur, so kann man nicht zweifeln, dafs hier eine’ Thätigkeit aus einem innern Princip ist. Bey dem Umlauf, den die Flüssigkeit in den Glie- d) Haızer El, Phys. EIMUES. 4. 99 pr 532. zu— 61 Gliedern der Chara flexilis macht, lAfst sich keine Spur von Öscillationen oder Zusammenziehungen der innern Haut jener Glieder bemerken, und bey den Insekten, wo das Blut in dem Parenchyma ohne Gefälse flielst, kann es unmöglich eine me- chanische Ursache seyn, wodurch dasselbe getrie- ben wird, In den bebrüteten Eyern der Vögel und in reproducirten Theilen zeigen sich anfangs zer- streute Blutstropfen, die nach und nach zu Strö- men zusammenflielsen , und erst, wenn diese Ströme schon vorhanden sind, entstehen Gefälse für dieselben e). Selbst an dem hüpfenden Punkt des Eys lassen sich bey seinen ersten Bewegun- gen auch unter dem Vergröfserungsglase noch keine Fibern wahrnehmen, und das Gefäfssystem ist zu dieser Zeit noch unentwickelt, indem das Blut in einerley Gefälsen hin und her flielst f). Auf den höhern Stufen der thierischen Orga- nisation hat allerdings das Herz einen wichtigen Einfluls auf den Blutumlauf, und wer nur jene Stufen kennt, wird kaum anstehen, das Herz für ‚die einzige Triebfeder der Bewegung des Bluts zu halten, In diesen Irrthum verfiel HATLER. Man erkannte in spätern Zeiten die Unrichtigkeit seiner e) C. F. Woırrr Theoria generat. — Hy über das Blut. f) Home, Philos. Transact. Y, 1805. P, I, R3 262 um man seiner Hypothese an, nahm indels eine nicht we- niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun- gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hüilfe, Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur mitwirkend zur ‘Unterhaltung des Kreislaufs. Be- trachtet man unter (dem Mikroskop diese Bewe- gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin. det man hier Erscheinungen, die den vorbin ‚er«. wähnten an der Ghara gauz ähnlich sind, und offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha- nische voraussetzen, Das Blut fährt selbst bey Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch fort zu flielsen. Zuweılen strömt es ununterbro- chen nach dem Ursprung der grofsen Schlagader zurück; in andern Fällen oscillirt es; in’ noch an- dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf fori; und diese Bewegungen dauern oft eine hal- be und ganze Stunde, Oeffnet man eine Ader, so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie- der angefacht, und es flielst, wenn das ‚geöllnete Gefäls eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt-. lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve- nen reissend schnell zur Wunde hin, Weder die Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen der Adern, noch eine Einsaugung in die klein- sten Gefälse sind die Ursachen dieser Bewegun- gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen; eine Zusammenziehung der Gefälse lälst sich ff; | nicht 263 nicht bemerken, und kann auch nieht statt fin- den, da selbst dann, wenn sich eine Schlagader alles Bluts entleert, keine Abnahme ihres Durch. messers wahrzunehmen ist; die Blutkügelchen oscilliren auch eben so znhaltend in Blut, das sich zwischen den Häuten des Gekröses ergussen hat, als in demjenigen, das sich in den Gefäfsen befindet; endlich sind jene Bewegungen nicht blos nach den Enden der Gefäfse, wo allein eine Ein- saugung möglich wäre, sondern eben so oft nach den Stämmen, wo diese ganz wegfällt, gerichtet, Alles dies hat Harzer g) selber bemerkt, und er selber gestand, dafs er keine andere Ursache dieser Erscheinungen anzugeben wülste, als die Anziehung, welche theils die Häute auf das Blut, theils die Blutkügelchen gegenseitig auf einander äussern, eine. Ursache, die sich auch nicht be= zweifeln Hälst, weil ergossenes Blut immer von. den Rändern durchschnitiener Gefäfse und von dem Zellgewebe, womit diese Gefälse befestigt sind, angezogen wird, und weil nach einer Stelle, ‘wo sich mehrere Blutkügelchen vereinigt haben, die Kügelchen aller mit dieser Stelle in Verbin- dung stehenden Gefälse beständig hinflielsen. Bey allem dem konnte sich Hatzer- nicht von seiner Meinung losmachen und dem Gedanken hingeben, dafs . 8) Opp min T.Ip, 229 sg. — 256: 59, Ra 264 — dals eine Ursache, die noch beym erlöschenden Leben so mächtig ist, viel wirksamer im unge- ‚ schwächten Zustande seyn müfste, Ausser den angeführten Bewegungen des Bluts giebt es aber noch viele andere, welche eben so wenig aus mechanischen Ursachen herrühren kön- nen, In einer Schrift von C. F. Danıer. h) findet sich die Zergliederung eines Rindes, welches obiie Herz und Lungen gebohren wurde, dennoch aber Arterien und Venen hatte. Danıeı schlofs mit Recht aus diesem Fall, dafs das Herz nicht die einzige Triebfeder des Blutumlaufs seyn könne, HaALLER ij) suchte dagegen seine Meinung durch die ganz willkürliche und höchst unwahrschein- liche Voraussetzung zu retten, dafs ursprünglich ein Herz vorhanden gewesen wäre, dals dieses aber zerstört worden sey, und dafs nach dem Verlust desselben das Blut die unentbehrliche, obgleich schwache DEWRENNE von der Natur er- halten hätte, Im h) Sammlung mediein. Gutachten und Zeugnisse, sammt einer Abhandl. über eine besondere Milsgeburt olıne ‘ Herz und Lungen. Leipzig. 1776. — Einen neuern Fall dieser Art hat Bropıe (Philos, Transact. Y. 1809 p- 161.) beschrieben. | EN: i) Götting. gel. Anzeigen. J. 1777. S. 524. — 265 Im Journal de Medecine k) ist eine Ente be- schrieben, in welcher die Herzohren, die Herz- kammern und ein Theil der aus dem Herzen ent- springenden Gefälse völlig verknöchert waren, ‚und welche dennoch ganz gesund zu seyn schien. Ein Beyspiel von einem Menschen , bey dem sich die ganze linke Herzkammer in eine steinar- tige Masse verwandelt hatte, und die Temporal- arterien, die Kinnbackenschlagader und ein Theil der Spindelschlagader verknöchert waren, dessen Puls aber demohngeachtet voll und an beyden Händen gleich war, hat Renaur.vın erzählt ]). Erpnann fand bey einer $3jährigen Frau die Kranzarterien des Herzens, die Aorta, die Becken- arterien und die Schenkelschlagadern bis an die Riniekehle verknöchert m), Bey dem Stöhr dringt die Aorta gleich nach ihrem Ursprung in einen knorpelartigen Canal der Wirbelsäule, und legt hier ihre Häute ganz ab. Aus den Oeffnungen dieses Canals entspringen die Zweige der Aorta. Das arterielle Blut flielst also bey jenem Thier eine ziemlich weite Strecke durch eine Röhre mit ganz unbeweglichen Wänden n), Bey k) T.32. p. 4rı. R 1) Journ. de Medec. A. 1806. Janv. p. 254. m) Horn’s Archiv für med. Erfahrung. Bd.3. H.ı. S. 95. - L% n) Cuvıer Legons d’Anat. comp. T.4. p, 177. R5 w 266 a Bey der Aplysia öffnen sich, wie wir oben o) sahen, die beyden Canäle, welche die Stelle der Hohlvene vertreten, an vielen Stellen durch weite Spalten in die Bauchhöhle, _ Und doch geht bey diesem Thier der Blutumlauf eben so regelmäfsig als bey andern von statten, Alle diese Beyspiele, die sich leicht noch vermehren liefsen, beweisen, dals der Blutumlauf ohne Mitwirkung sowohl des Herzens, als der ‘Arterien. fortdauern kann, und dals Wırson p) und Rosa q) Recht hatten, in dem Blute selber ‘eine Ursache der Bewegung) desselben anzunehmen. G. 5 Einflufs des. Nervensystems auf den Blutumlanf. Die, im vorigen {. vorgetragene Theorie er- hält noch von einer andern Seite Bestätigung, wenn wir den Einfluls des Nervensystems auf die Bewegung des Bluts untersuchen, Die Erfah- rung lehrt hierüber folgendes. 1. Durchschneidung des Stamms, woraus die sämmtlichen Nerven eines Gliedes entspringen, z. B. der ischiadischen Nerven, zieht sogleich den Verlust 0) $. 2. dieses Kapitels. p) An Enquiry into the moving powers employed in ‘the circulation of the blood, London, 1774. , q) Lettere sopra alcune curiosita fisiologiche. Napoli. 1788: m 267 Verlust der Bewegung und Empfindung in den- selben nach sich. Der Blutumlauf dauert. in dem gelähmten Theil noch einige Zeit fort; doch hört er ebenfalls auf, und das Glied stirbt völlig ab, wenn nicht, was zuweilen der Fall ist, die durch- schniltenen Nervenenden wieder zusammen wach- sen r). Im übrigen Körper setzt das Blut seine Bewegung nach wie vor fort. 2, Derselbe Erfolg, den die Durchschneidung der- ischiadischen Nerven hat, tritt ein, wenn das Rückenmark über dem Ort des Ursprungs. dieser Nerven durchschnitten wird. Doch hat diese Ope- ration gewöhnlich auch einen bedeutenden Ein- tlufs auf den ganzen Blutumlauf, 3. Durehschneidet man das Rückenmark am entgegengesetzten Ende unter dem Hinterhaupts- loche, so hören die von den Nerven des achten Paars abhängenden Bewegungen des Athemho- leus auf, und der Blutumlauf geräth in Stocken. Er wird aber wieder rege, wenn man abwech- 'selnd x) Nach den Versuchen von Ens (De causa vices cortis .alternas producente. $..4. 5.) hört auch der Puls in Arterien auf, deren Nerven unterbunden sind, und nach einer Erfahrung ARneMmAnn’s (Vers, über die Regeneration. $. 48.) scheint das Blut in Gefälsen, deren sämmtliche Nerven zerschnitten sind, schwärzer als im natürlichen Zustande zu seyn. 268 ern selnd Luft in die Lungen bläst und wieder aus zieht s). 4. Oeffnet man den hintern Theil des Schä- 'dels und zerflört das Rückenmark durch diese Oeffnung, indem man einen Griffel in den Ca- nal Jer Wirbelsäule bringt, und diesen erst bis zum dritten oder vierten Wirbel, nach einer Pause bis zum sechsten oder achten n. 5. w. ein« stöfst, so dauert der Blutumlauf anfangs noch ei- nige Zeit fort, hört aber endlich mit dem Athem- holen auf, und läfst sich dann nicht wieder durch das Einblasen von Luft in dieLungen erwecken t). 5. Schneller tritt dieser völlige Stillstand des Bluts ein, wenn man das Rückenmark nicht all- mählig zerstört, sondern den Griffel plötzlich einstöfst v) 6. Nicht weniger hört der Kreislauf des Bluts auf, wenn man durch plötzliches Einstofsen des Griffels auch nur den Lendentheil des Rücken: marks vernichtet, Und auch in diesem Fall wird er durch Einblasen von Luft in die Lungen nicht " wieder rege gemacht w). Te s) Harzer EI, Phys. T. III. L.8. 8.4. $.12. p.247., — Le Garrois: Experiences sur le principe de la vie; p: 31. 37. 1) Le Garross a. a. O. p. 119. 120. v) Ebendas. p: 32. w) Ebendas. p. 49: 50. L——_—— 269 7, Bey dieser, auf die Zerstörung des Rük- kenmarks folgenden Hemmung des Blutumlaufs dauert. der Schlag des Herzens dennoch einige Zeit fort, obgleich mit etwas verändertem Rhbyth- ‚mus x), 8. Der Herzschlag dauert selbst an einem ausgeschnittenen Herzen noch fort. Reitzungen der Herznerven haben auf ihn keinen unmittel- baren Einfluls. Wohl aber wirken mechanische und chemische, unmittelbar an die Muskelfasern des Herzens angebrachte Reitzungen auf ihn ein y), | Was läfst sich aus diesen Thatsachen schlie- fsen? Die Antwort hierauf ergiebt sich, wenn man Folgendes in Erwägung zieht. Vermöge der beyden ersten Thatsachen un- terhält jeder Theil des Rückenmarks und jeder daraus x) Le Garzols a. a. O. p. 62. Zı2. y) Dies sind die Resultate der Erfahrungen Har- zer’s (El, Phys. T. IV. L, 21. S. 3. $. 7. p» 526:), de- nen ich beystimmen muls. Wenn FowrEr (Experi- ments on the influence lately discovered by Mr. GaL- vAnI.), von Humsoıpr (Vers. über die gereitzte Muskel- und Nervenfaser, B. ı. 5.340.) und einige andere Schriftsteller einen Einiluls des Galvanischen Reitzes auf die Bewegung des Herzens wahrgenom- men haben wollen, so stimmen meine eigenen Ver- suche mit dieser Beobachtung so wenig überein, und es ist so leicht dabey eine Täuschung möglich, dafs ich dieselbe nicht für tichtig halten kann, 2709 I daraus entspringende Nervenstamm den Blutum- lauf in denjenigen Organen, die er mit Nerven- zweigen versorgt. Diese Wirkung kann er nicht etwa dadurch hervorbringen, dals er auf das Herz, als die erste Triebfeder des Blutumlaufs, Einfluls hat; denn der allgemeine Kreislauf geht ungestört fort, nachdem in dem Gliede, dessen Verbindung mit dem ganzen Nervensystem auf- gehoben ist, das Blut schon zu flielsen aufge- hört hat. Mit jener Voraussetzung stimmt auch die dritte Thatsache überein. Hier kömmt zwar das Blut im ganzen Körper zum Stillstand, obgleich blos. das Gehirn vom Rückenmark getrennt ist; aber dieser Frfolg tritt nicht ein, weil das Gehirn ei- nen Eirfluls auf den ganzen Kreislauf hat, son- dern nur, weil durch dessen Einwirkung das Athemholen "hervorgebracht wird, von welchem der allgemeine Kreislauf abhängig ist. Der letz- tere wird wieder rege, sobald die Lungen wieder in Thätigkeir gesetzt werden, ‚ Eben so einleuchtend ist es bey der obigen Voraussetzung, warum der Blutumlauf nach par- ‚tiellen Zerstörungen des Kückenmarks noch einige Zeit fortdauert,” Er wird nicht augenblicklich ge- hemmt, weil jeder Nervu nach seiner Trennung vom Gehirn und Rückenmark noch ein gewisses Maals Kraft behält, welches hinreicht, die Be wegung nn 271 wegung des Bluts einige Zeit zu unterhalten; er hört aber endlich auf, weil dieses Maals doch zuletzt erschöpft wird, und weil kein Ersatz der Nervenkraft wegen der aufgehobenen Verbindung mit dem Gehirn und Rückenmark mehr mög- lich ist. - Anders ist es in der fünften und sechsten Erfahrung bey dem Einstolsen eines Grifels in die ganze Wirbelsäule, Hier tritt eine Erschütte- rung des ganzen Nervensystems ein, wodurch die Kraft desselben eben so, wie bey einem Schlag auf den Kopf, den Rückgrat und die grolsen Ner- vengeflechte des Bauchs, augenblicklich vernich- tet wird, Geschieht das Einstolsen blos in den untern Theil der Wirbelsäule, so ist die Zerstö- rung zwar in Betreff des Rückenmarks nur par- tiell. Doch pflanzt sich die Erschütterung durch die zahlreichen Verbindungen des sympathischen Nerven über den grölsterr Theil des Nervensy- stems fort, und so tritt auch in diesem Fall der Stillstand des Bluts sehr bald, obgleich bey jün- gern Thieren nicht so schnell wie nach der Zer- störung des ganzen Rückenmarks z) ein, Nun aber währt in allen jenen Fällen, wo der Kreislauf gehemmt .ist, die Bewegung des Herzens, der siebenten und achten Erfahrung zus folge, fort, Die Kraft dieses Organs ist dann zwar z) [Is GAutois a, a. O, p. 9. 272 —, zwar gesehwächt. Aber bey Sterbenden bewegt ‚sich das Blut noch, obgleich die Kraft des Her- zens gewils eben so gering, und oft wohl noch geringer, als in jenen Fällen ist, Besitzen also etwa die Arterien ein Vermögen sich zusammen- zuziehen und zu erweitern? Sind es diese Be- wegungen, die den Umlauf des Bluts vorzüglich unterhalten, und welche mit dem aufgehobenen Einfluls des Nervensystems verloren gehen? Aber die Blutgefälse der Amphibien verhalten sich, wie wir im vorigen (. sahen, bey dem Blutumlauf ganz leidend, und doch treten bey diesen eben so wohl als bey den warmblütigen Tbieren die an- ‚geführten Erscheinungen nach der Zerstörung des Rückenmarks ein. Es läfst sich also kein ande- res Resultat ziehen, als dieses, dafs das Blut eine eigene bewegende Kraft hat, die von dem Nervensystem abhängt, und zu deren Fortdauer der ungestörte Ein- ‚ flufs dieses Systems, besonders des Rük- kenmarks, mothwendig ist. | \ Von den Erfahrungen, worauf dieses Resultat beruhet, gehören diejenigen, welche den Einfluls der Zerstörung des Rückenmarks auf den Kreislauf betreffen, einem neuern Schriftsteller, Le GaLLoıs. Dieser hat aus denselben Folgerungen. gezogen, welche von den meinigen sehr abweichen. Seine I) Hypothese scheint in Frankreich den allgemeinsten. Bey- nen Bea Beyfall gefunden zu haben. Ich bin daher genö- thigt, sie hier zu beleuchten, Nach Le Garroıs ist das Herz die einzige Triebfeder der Bewegung des Bluts, Dieses er- hält seine Kräfte aus allen Theilen des Rücken." marks durch den sympathischen Nerven, Der Herzschlag ist nicht, wie Harrer glaubte, unab- hängig von dem Einfluls des Nervensystems, Die nach der Zerstörung des Rückenmarks im Herzen übrig bleibenden Bewegungen der Harrerschen Irritabilität sind sehr verschieden von. denen, wel- che den Blutumlauf hervorbringen a), - LE Garroıs scheint gar nicht geahnet zu ha. ben, dafs eine andere Theorie der Bewegung des Bluts, möglich wäre, als die Hautersche, nach welcher das Herz die einzige Triebfeder dieser Bewegung ist. Es war daher freylich keine an- dere Hypothese als -die obige zur Erklärung der Abhängigkeit des Blutumlaufs von dem Einflufs des Rückenmarks für ihn möglich, Frägt man aber nach den Beweisen dieser Hypothese, so findet man bey ihm blos folgende Gründe, Wenn nach jener Voraussetzung das Herz die Kraft, vermittelst welcher das Blut von demsel- ben umgetrieben wird, aus dem ganzen Rücken- mark schöpft, so wird nach der Zerstörung eines Theils e) Le Garzons a. 2. O. p: 138. Iv.Bda. S = 274 BT? nn } Theils dieses Marks, z. B. des Lenlenmarks, jene Kraft nicht mehr hinlänglich seyn, um die ganze Bluimasse in Umlauf zu setzen; doch wird sie noch zureichen, um das Blut durch einen Theil des Gefälssystems zu treiben. Schränkte man also nach einer solchen partiellen Zerstörung des Rückenmarks den Weg, den das Blut vom Herzen aus zu machen hat, durch Unterbindun- gen der Gefälse ein, so würde sich-der Blutum- lauf in einem Theil des Körpers unterhalten lassen, und legte man die Ligaturen immer nä- her zum Herzen an, so würde man einen in mer grölsern Theil des Rückenmarks ohne gänz- liche Unterbrechung des Rreislaufs zerstören kön- nen. Le Garxoıs stellte in Beziehung auf’ die- sen Schluls mehrere Versuche an. Er unterband an einigen Kaninchen die Aorta in der Gegend der Lendenwirbel, und zerstörte das Rückenmark zwischen dem letzten hückenwirbel und dem er- sten Lendenwirbel; andern Kaninchen schnitt er den Kopf ab, unterband die Carotiden und die Jugularvenen, zerstörte den Halstheil des Rücken- marks, und erseizie das Athmen durch Einbla- sen von Luft in die Lungen; bey noch ‘andern nahm er die ganze untere Hälfte des Körpers bis auf die Brust, den Magen, die Leber und den ‚zu diesen Organen gehörigen Theil des Rücken- marks, und oben den Kopf weg, legte Ligaturen um die Gefälse, und seizte die Lungen durch Ein- —g 275 Einblasen in Bewegung, In allen ‘drey Fällen dauerte der Kreislauf zwischen dem Herzen und den Ligaturen eine längere oder kürzere Zeit fort, wenn die Versuche mit der gehörigen Vorsicht angestellt waren, unter andern bey einem drey- tägigen Kaninchen, woran der dritte Versuch ge- macht war, länger als drey Viertelstunden b), Ich gestehe, dafs ich an der Richtigkeit die- ser Erfahrungen einigen Zweifel hege, Es kömmt bey denselben vorzüglich darauf an, woraus Le GarLoıs den Stillstand‘ und die Fortdauer des Kreislaufs beurtheilte? Seine Antwort auf diese Frage ist, dafs die Kennzeichen des gehemmien Blutumlaufs sind: die Abwesenheit einer Blutung beym Durchschneiden einer grofsen Arterie, oder bey der Amputation eines Gliedes; die schwarze, selbst beym Aufblasen der Lungen fortdauernde Farbe des Schlagaderbluts, besonders des Bluts der Carotiden, und das leere, zusammengefallene Ansehn der letztern; endlich die Abwesenheit der eigenthümlichen Sensibilitätsäufserungen jedes Theils, z. B, der Inspirationsbewegungen des Mun- des c). Die beyden erstern Merkmale scheinen zuverlässig zu seyn, Aber das letztere ist so un- sicher wie möglich, Die Schenkel eines Frosches, die a) Le Garroöss a, “0, p. 112. 117. 129 ce) Ebendas,. p. 68: u S2 276 —__ a die ich so präparirt hatte, dafs sie blos noch durch ihre Nerven mit dem von dem Gehirn und dem ganzen übrigen Körper getrennten Rücken- mark zusammenhingen, zogen sich, wenn sie an den Zehen gedrückt oder gekniffen wurden, auf dieselbe Art zurück, als ob sie noch dem gan- zen lebenden Frosch angehört hätten. Dauerte in diesen Gliedern, worin die eigenthümlichen Sen- sibilitätsäulserungen noch vorhanden waren, auch der Blutumlauf noch fort? Le Garrodıs’s eigene Worte in seiner Beschreibung der obigen Versu- che beweisen aber, dals er oft allein aus diesem trüglichen Kennzeichen auf die Fortdauer des Kreisläufs geschlossen hat. Doch setzen wir dies auch bey Seite, so be- weisen die obigen Erfahrungen doch nicht das mindeste für Le Garroıs’s Hypothese. Es ist ein- leuchtend, dafs die Unterbindungen der Gefäfse nichts thun können, als das von dem Herzen kommende Blut aufhalten, und dasselbe nöthigen, durch die anastomosirenden Adern einen 'kürzern - Weg zu nehmen. Aber bringt denn nicht das in den Gefälsen der gelähmten Theile stockende Blur schon dieselbe Wirkung hervor? Dafs die Bewe. gung des Bluts in der Nähe des Herzens länger dauert, wenn man einen Theil der Gefälse vor der partiellen Zerstörung des Rückenmarks unter- bunden hat, als wenn keine Ligaturen angelegt sind, \ Js ——— 277 sind, hat ganz andere Ursachen, als die von Le Gauntoıs angegebenen, Im letztern Fall findet das vom Herzen kommende Blut. zwar eben so- wohl einen Widerstand, als im erstern; aber es findet ihn erst nach der Zerstörung eines Theils des Rückenmarks, ‚da es im erstern Fall schon vor dieser Operation darauf stöfst. Dals der Erfolg in beyden Fällen verschieden seyn mufs, ist augenscheinlich, Hierzu kömmt noch, dafs ‚die Anlegung der Ligaturen sich nicht ohne ei- nen bedeutenden Blutverlust bewerkstelligen läfst, Es ist aber bekannt, dafs durch Aderlässe der gehemmte Blatumlauf wieder rege gemacht, und der abnehmende länger als sonst unterhalten wird®d), Eine so unrichtige Hypothese, wie die GA Loıssche, konnte auf keine andere als sehr ge- zwungene Erklärungen fiühren. Eine solche giebt Le GArLLoıs von der Thatsache, dafs der Blut- "umlauf nicht so schnell aufkört, wenn das Rük- kenmark bey kleinen Stücken und pausenweise zerstört wird, als wenn ‚die Zerstörung auf ein- mal geschieht, Hier sollen die partiellen Zerstö- rungen die nehmlichen Wirkungen wie Unterbin- dungen der Gefälse hervorbringen, indem sie den Blutumlauf in den mit dem vernichteten Mark zusammenhängenden Theilen schwächen oder ganz 3 auf- d) Harzer Opp. min. T. I. p. 256. \ 553 278... um aufheben, und so den Kreislauf auf die zunächst am Herzen liegenden Theile einschränken e), Nach dieser Erklärung und naeh der ganzen Gar.- Loısschen Hypothese mülste aber, wenn man die Hälfte des Rückenmarks plötzlich zerstörte, der Kreislauf sich in der Nähe des Herzens weit län« ger, als nach partiellen Zerstörungen jenes Teils erhalten; denn die erstere Operation bewirkte ja in kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand von Kräften dasselbe, was die letztern ıhun, Und doch ist der Erfolg der ganz entgegengesetzte! So viel hielt ich für nöthig über eine Hypo« ihese zu sagen, von der man ein neues grofses Licht für die Lehre des Lebens verkündigt hat. Ihrem Urheber wird das Verdienst bleiben, be- wiesen zu haben, dafs der Einflufs des Kücken-- marks auf den Blutumlauf gröfser ist, als man vor ihm annahm, Aber seine Hypothese wird schwerlich den Ruhm behalten, der ihr in dem über seine Entdeckungen dem Französischen In- stitut abgestatteten Bericht erıheilt ist, dafs erst durch sie die Genauigkeit und die strenge Logik in die Physiologie gebracht wären, denen die übrigen physischen Wissenschaften ihre gralsep Fortschritte verdanken f). ER nn u En Drittes 'e) Lxz Gaza a. a O. p.ı20, | i) Sa sehr Ls GArroıs an jenem Bericht erhoben ist; so tief um 279 Drittes Kapitel. Speise und Trank, Aufnahme, Verähn- lichung und Aneignung desselben, N [—— er r Nothwendigkeit der Speise und des Tranks fir den thierischen Körper. Die Pflanzen sind im Stande, sich blos durch Einsaugung, der atmosphärischen Luft und des ‘ Wassers. tief ist HAıırr darin herabgesetzt. Diesem werden in Betreff seiner Theorie der Bewegung des Herzens auffallende Widersprüche vorgeworfen, die.das Lesen ‚dessen, was er darüber sagt, ermüdend machen sol- ler, “Allenthalben”, heifst es dort, “ist HALırr’s »grolser Zweck, zu beweisen, dafs die Bewegungen „des Herzens von der Nervenkraft unabhängig sind; „alle Thatsachen, alle Versuche und. Beobachtungen, „die er anführt, haben diesen Zweck. Und. doch „scheint er an mehrern Stellen zuzugeben, dafs die „Nerven auf das Herz Einfluls haben.” (Le Gar- zoıs a.a. ©. p. 264). Hann der Verfasser des: Be- ziehts wohl einen richtigen Begriff von. dem. Geist der HaArrenschen Ikritabilitätslebre gehabt haben ? Wulfste er denn nicht, dafs nach dieser. Theorie zu jeder Thätigkeit eines muskulösen Organs ausser dem S4 Reitz 14 280 gumeenwermene Wassers bis auf einen gewissen Punkt auszubil- den. Aber der thierische Körper verliert durch das Ausathmen und durch die Hautausdünstung mehr an ponderablen Bestandtheilen, als er durch das Einathmen und durch die Hauteinsaugung ein- nimmt. Wir haben oben g) zweyer Respirations- versuche Reitz auch Reitzbarkeit gehört? Sahe er nicht, dafs ihr zufolge der ungehinderte Einflufs der Nerven- kraft Bedingung der Reitzbarkeit in jedem Theil ist, dals aber die Nervenkraft nur auf die willkühr- lichen Muskeln, hingegen nicht auf die unwillkühr- lichen, und befonders nicht auf das Herz, als Reitz wirkt, und dafs die Gemüthsbeweguhgen den Herz- schlag verändern, nicht indem sie das Herz reitzen, fondern indem sie die Reitzbarkeit erliöhen oder her- abstimmen? Man lese doch folgende Worte Har- 1ER‘: Si insita eorum organorum (cordis, intesti- norum etc.) vis est, cur accipiunt nervos? Ti nisi voluntatis imperia adferunt, quid agunt aliud? Pri- mo sensum adferunt, qui absque nervis nullus est. Adferunt etiam- ex cerebro eflicacia imperia, mon vo- luntatis, sed legum, corpori animato scrip- ak. quae volunt,, ad certos stimulos certiog nasei motus (Elem. Phys T.IV.L. ıı, 5.3. 9: 5. P- 516.). Ist der Sinn dieser Worte nicht der obige? Wer hier Dunkelheit finder, muls we- nigstens zugeben, dals Lr Garroıs’s Hypothese, bey der man gar nicht einsieht, ‘worin die Abhängig- keit des Herzens vom Nervensystem eigentlich be- steht, noch dunkeler ist. # g) Kap 1. $. 2. dieses Abschnitts, 281 versuche gedacht, die Davy mit Mäusen unter Glasrecipienten anstellte, Diese beweisen die Wahrheit jener Behauptung. In dem einen Ver- such verzehrte eine gesunde Maus binnen 55 Mi- nuten von 15 Kubikzoll atmosphärischer, der Koh- lensäure beraubten ‘Luft 0,4 Kubikzoll Stickgas _ und 2,6 Kubikzoll Sauerstoffgas, und hauchte da- gegen 2 Kubikzoll kohlensaures Gas wieder aus, Setzt man nun mit LaAvoisıer das Gewicht eines Kubikzolls Stickgas = 0,444, das eines R.Z, Sauer- stoffgas — 0,506, und das Gewicht eines gleichen Volumens kohlensauren Gas = 0,639, so wird sich die Menge der verzehrten Luft gegen die des er- zeugten kohlensauren Gas wie 1,4 zu 1,3 verhal- ten. Ausser dem kohlensauren Gas wurden aber auch Wasserdämpfe entbunden, deren von Davy nicht untersuchtes Gewicht ohne Zweifel weit be- trächtlicher als 0,ı war, Dasselbe Resultat ergiebt sich aus Davr’s zweitem Versuch, Hier verzehrte eine Maus von ı10,5 Kubikzoll Sauerstoffgas und 5 K,Z, Stickgas binnen fünf Viertelstunden 2,1 R. Z. Sauerstoffgas und 0,4 R. Z. Stickgas, wofür 1,7 R. Z. koblensauren Gas entstanden war. In diesem Falle verhielt sich also das Gewicht des verzehrten Sauerstoffgas und Stickgas gegen das Gewicht des erzeugten kohlensauren Gas wie ı,2 2u 1,1: | Geringer ist zwar das Gewicht des ausge- hauchten kohlensauren Gas gegen das des ver- WR ‚zehrten 282 ar eU ET zehrten Sauerstoffgas und Stickgas bey den Tbie- ren der niedern Classen. In einem von SPpALLAN- zanı’s Versuchen zehrte eine Helix nemoralis in atmosphärischer Luft 20 Theile Sauerstoffgas nebst 5 Theilen Stickgas auf, und entband dafür 7 Theile kohlensauren. Gas. In einem zweyten Versuch wurden von einer Helix nemoralis in atmosphä- sischer Luft ı6 Theile Sanerstoffgas nebst 5 Thei- ‚len Stickgas verbraucht, und 5 Theile kohlensau- ren Gas ausgeleert h). Im erstern Fall verhielt sich das Gewicht der verzehrten Luft zu dem der ausgeleerten wie 12,5 zu 4,8, im zweyten Fall wie 9,4 zu 3,4. : Hier übersteigt, wie man sieht, die Eiunahme an gasförmigen Stoffen bey weitem den Verlust, Eben deswegen können die Thiere der niedern Classen weit länger als die der höhern sich blos van Luft erhalten, -und blos. in dieser sogar an Gewicht zunehmen, wie Sorg’s oben 1) erzäblte Erfahrung beweist, nach welcher eine Aranea Diadema in 78 Kubikzoll atmosphäri- | scher Luft ohne alle weitere Nahrungsmittel bin« nen einem Monat an Schwere zugenommen hatte, Allein diese Fortdauer des Lebens bey der blolsen Aufnahme gasförmiger Stoffe findet auch bey je- nen Thieren nicht in allen Perioden ihrer Exi- stenz statt, So ist zu vermuthen, und Sorc’s Ver- h) Srarzanzası Mem,. sur la respirat, p. 163, , i) Kap. ı. f. 2. dieses Abschn, en | 283 Versuche k) begünstigen diese Muthmafsung, dafs die Thiere der Schmetterlingsfamilie wohl als Pup- pen, nicht aber als Raupen, der Atmosphäre mehr Sauerstoff und Stickstoff entziehen, wie sie ihr Kohlensäure zurückgeben. SPALLANzZANI’s erwähn- te Versuche beweisen übrigens nicht, dafs die Schnecken mehr aus der Atmosphäre aufnehmen, als sie überhaupt excerniren, da bey diesen Er- fahrungen keine Rücksicht auf die wässrigen Dün- ste genommen ist, die von den Schnecken eben sowohl als von den Thieren der höhern Classen. ausgeleert werden, Einige Thiere bedürfen also in allen, und ei nige wenigstens in gewissen Perioden ihres Le bens zur Fortdauer dieses Zustandes noch anderer Stoffe-als derer, die sie blos aus der Atmosphäre schöpfen können; sie bedürfen mit Einem Wort auch der Speise und des Tranks. Die Atıfnah- me, Verähnlichung und Aneignung dieser Mate- rien arg das aus, was wir im ersten Abschnitt dieses k) In dessen Disquis. physiol. circa respirat, insector. et vermium, p.62. Cap.3. — Von atmosphärischer Luft, worin Raupen geathmet hatten, wurde die Lackmustinktur lebhaft" geröthet, und Kalkwasser ab- sorbirte eine beträchtliche Menge derselben. Hinge- gen atmosphärische Luft, worin Puppen und auch verschiedene Schmetterlinge eingeschlossen gewesen waren, zeigte keine Wirkung auf jene Tinktur. 284 en dieses Buchs die Ernährung im engern Sinn ge- nannt haben, und wovon im gegenwärtigen Ra- pitel die Rede seyn wird, Ne* 2% Nährende Beschaffenheit der verschiedenen Naturkörper. Die Nahrungsmittel der Zuophyten und Thiere sind vegetabilische und animalische Substanzen, Es giebt zwar mehrere Beyspiele von Tbhieren, die sich von mineralischen Substanzen zu nähren scheinen. Parras fand in, dem Darmcanal des Lumpbricus echiurus blos einen sehr feinen Sand |), und Bonner m) bey den Regenwürmern der er- sten Art, ‘woran er seine Reproductionsversuche machte, (Lumbricus variegatus?) den Darmcanal mit Erde angefüllt, Auch schien.es diesem, dafs solche Würmer, denen er Erde gegeben hatte, ab- geschnittene Theile geschwinder ersetzten, als diejenigen, die blos Wasser hatten, Beym Ju. lus. terrestris besteht der Roth aus Sandkörnern. Doch frilst dieses Thier zugleich ‚Fleisch und Zucker a }) Neque, sagt PArrAs, praeter hanc arenosam mate- riam unquam quidquam esculenti in dissectis copio- sissime lumbricis nostris inveni, credoque et hunc et innumeros alios vermes marinos, Nereides, Sers pulas, Lumbricos cet. mera terra pingui nutriri, Par- rAs Spicil. zoolog. Fasc. 10. p, 6.7. m) Insektologie. Uebers, von Goszr, Th. 2. S. 181. 221. um Mi 285 Zucker n),. Borr pe St. Vincent traf viele Exemplare des Pyrosoma atlanticum Peron. an, die inwendig Sand enthielten 0), Nach Rrav- MUR p) nähren sich die Larven verschiedener Ar- ten der Tipula von- bLlofser Erde, Ich habe in dem Koth des Limax cinereus und der Helix Po- _ matia immer eine beträchtliche: Menge Sand ge- funden. Home g) traf in dem Nahrungscanal des Ornithorynchus Hystrix Sand an, Das mit dem Schnabelthier verwandte Schuppenthier r), und alle hühnerartige Vögel verschlucken ‚Steine. Eine Menge anderer Thiere, in deren Nahrungscanal Sand oder Steine gefunden werden, erwähnt Har- Ler s). Sogar von Völkerschaften giebt es Bey- spiele, die Erdarten und Steine verschlucken. Schon GumiıtLA t) erwähnt einer solchen Nätion £ in n) De Geer, Mem. pour servir a l’Hist. des Ins, T. 7. p- 582. 0) Voror’s Magaz. f. d. neuesten Zustand der Naturk. B.9. St.ı. 5.12 ») Mem. pour servir a l’Hist, des Ins, T,V. P.ı. p. 14. 15. der OctavAusg. g) Philos. Transact, Y. ı802. P.2. p.348. r) ER Abhandl, der penis Akad, B.XI. 5. 277: . s). El. Phys. T. VI. L.ıg. S.5. $. ıo p. 214. 5 4 $, 6: p. 269. t) His. nat, de l’Orenogue, p. 271, 282. 286 | | gun in Südamerika. Von HunsoLpr v) fan! am Oro- noko eine Völkerschaft, (vielleicht dieselbe, wo- von GuniLLa erzählt,) welche die drey Monate hindurch, wo der Strom zu hoch ist, um Schild- kröten zu fangen, fast ganz von einer Erde lebt, die sie leicht brennt und befeuchte. La Bır- LARDIERE w) sahe die Neucaledonier den Hunger mit einem grünlichen, weichen und zerreiblichen Speckstein stillen. VaugveLın x), der diesen Stein untersuchte, fand darin Kalkerde, Kieselerde, Ei- ‚senoxyd, etwas Kupfer und Wasser, ’ Allein diese Beyspiele, so merkwürdig sie auch in anderer Rücksicht sind, beweisen doch nicht, dafs irgend ein Tbier oder Zoophyt sich blos von mineralischen Substanzen nährt, Die -Säugtbiere und Vögel, welche Steine und Sand. verschlucken, ihun dies, nach Harvey’s y) wahr- scheinlicher Vermuthung, um die Insekten und Körner, wovon sie sich nähren, vermittelst .der- selben zu zerreiben. Bey den Würmern und In- sekten, in deren Darmcanal Sand angetroffen wird, würde dieser blos in dem Magen gefunden wer-' den, v) Ansichten der Natur, B. 1, 5. 142%. u Reise nach dem Südmeere. Th. 2. (Hamburg, ı801.) 5. 147 | | | x) Bulletin des sc. de la Soc. philomath, An. X, Nr, 55. y) De generät, animal, Exerc, 6, mer en 287 Ds den, in dem Darmcanal aber schon aufgelöst und ® .. “ dem thierischen Körper verähnlicht seyn müssen, wenn jene Thiere sich blos von demselben nährten., Bey allem dem ist es sehr wohl möglich, dafs eine gewisse Quantität mineralischer Mate- rie dem thierischen Körper zur Nahrung dienen kann. Wenigstens aufzulösen vermag dieser selbst die härtesten Steine. Nach einer von BrLunen- BACH zZ) angeführten Beobachtung F, Prarer’s war ein Onyx, den eine Henne verschluckt hatte, nach vier Tagen um den vierten Theil kleiner ge- worden, Dals einige Völker ihren Hunger mit Mi- neralien stillen, läfst sich auch nicht wohl erklä- ren, wenn man nicht etwas Nährendes in diesen Substanzen annimmt. La BiLtaRrDiere’s und VAUQUELIN’S Behauptung, jene Steinarten dienten blos, um das Gefühl des Hungers durch Füllung des Magens abzustumpfen, ist deswegen nicht wahrscheinlich, weil blofse Ausdehnung des Ma. gens den Hunger nicht zu betäuben vermag. Dieser ist nicht blofse Empfindung von Leerheit des Magens, sondern ein Gefühl des Bedürfnisses zum Ersatz der Kräfte. Nur excitirende und nar- kotische Mittel können dieses Gefühl auf einige Zeit unterdrücken, nicht aber Dinge, die den Magen blos auf eine mechanische Art anfüllen, \ $. 3> z) Handb, der vergl, Anat, S. 149 288 £ we nme $.' 3. Aufnahme der Kabrungsmirell, Stadien der Ernährung. Ausser vegetabilischen und animalischen Stof- fen nimmt jeder thierische Körper auch Wasser als Nahrungsmittel auf, und zwar, wie schon im zweyten Buche dieses Werks a) bemerkt ist, desto mehr, je niedriger die Stufe der Animalität ist, worauf er sich befinde. Das Organ, wodurch diese Aufnahme vorzüglich geschieht, ist die gan- ze äussere Fläche des Körpers, Unaufhörlich’ ab- sorbirt die’ äussere Haut nicht nur den Sauerstoff und einen Theil des Stickstoffs der Atmosphäre, sondern auch den in der Luft enthaltenen Was- serdunst, Bey dem Menschen erhellet diese Ein- saugung daraus, weil manche blos äusserlich angewandte Arzueymittel in die Masse der Säfte übergehen, und mit dem Harn, Schweils, oder ‚Speichel wieder ausgeleert werden, und weil in der Harnruhr oft eine lange Zeit hindurch täglich mehr Urin abgeht, als der Kranke an Speisen und Getränken zu sich nimmt, und als die ganze Quantität seiner Säfte ausmacht b), PR Deutlicher und auffallender aber zeigt sich diese Inhalation bey den Thieren der niedern \ Classen, Die a) Biol. Bd. 2. 8.456. | b) Harzer El. Phys. T.V. L.12, S.2, $.20, p.85. a 289 Die Amphibien aus der Familie der Frösche trinken nicht, Dagegen besitzt ihre Haut ein de sto stärkeres Absorbtionsvermögen, Sie magern im Trocknen sehr schnell ab, erhalten aber in einem feuchten Medium eben so bald ihr voriges Volumen wieder, Oft saugen sie eben so viel Wasser ein, wie ihr ganzes Gewicht beträgt, und zwar geschieht diese Absorbtion blos mit der un« tern Fläche des Körpers c). Eine Helix nemoralis L,, die man unter Was- ser ersticken läfst, saugt während ihrem Aufent halt in diesem Element eine beträchtliche Menge desselben ein, Sie verliert dasselbe aber nach zwölf bis funfzehn Stunden, und kömmt zu ih- rem vorigen Gewichte zurück, wenn man sie der Luft -aussetzt d), Viele Eingeweidewürmer ziehen, wenn. man sie aus ihrem Wohnort unmittelbar ins Wasser bringt, eine so grolse Menge Flüssigkeit durch die Oberfläche ihres Körpers ein, dafs ihre Runzeln sich entfalten und dals sie oft bis zum Platzen ausgedehnt werden e), | | Es e) Towsson Observ, physicl. de ampkib: P. 2. p. 21. d) SrArranzanı Mem, sur la respirat, P.157. $: 15. e) Zeper’s Anleitung zur Nat. Gesch, der Eingoweide- würmer, $, 20, 47: \ IV. Bd, T J 290 a — Es giebt vielleicht unter den infusorischen Zoophyten manche, die sich blos durch diese Haut absorbtion- nähren, Vielleicht gehören dahin auch die Riemenwürmer (Ligula), an welchen sich gar keine äussern Organe entdecken. lassen f). Aber alle mehr zusammengesetzte thierische Organis- men nehmen durch eine oder mehrere Oeffnungen ihres Körpers Nahrungsmittel aus dem Thier- und Pflanzenreiche auf. _ Bey den meisten giebt es nur einen einzigen Mund, und da, wo mehrere sol- cher Oeffuungen vorhanden sind, vereinigen sich doch die aus ihnen entspringenden Canäle zu ei- nem einzigen Behälter. \ Durch mehr als Einen Mund nähren sich auf die einfachste Art die Rhjzostomen, die ohngefähr achthundert Oeffnungen haben, vermittelst wel- cher sie das Meerwasser aufnehmen, die Hydati- den, und einige andere mit Saugwarzen oder Saug- blasen versehene Eingeweidewürmer g). Wenn es wirklich Zoophyten giebt, die sich blos von ‚den. Flüssigkeiten erhalten, welche sie durch die Oberhaut einsaugen, so sind jene die nächsten Verwandten derselben. i Bey den Rhizostomen gelangt der aufgenom- mene Nahrungssaft durch Canäle, die sich unter einander verbinden, in einen gemeinschaftlichen Behäl- f) Biol. Bd, 1. 8.505. ai “ ) ge“ a. £ Behälter, aus welchem derselbe durch andere sich zerästelnde Canäle im hörper weiter vertheilt wird. Eben diese Struktü# finden wir bey den meisten Eingeweidewürmern. Nur die Kratzer (Echinorynchus), deren Nahrung in zwey blinde, frey im Körper herabhängende Canäle gelangt, ma- chen hiervon eine Ausnahme, Die einfachste Ernährungsart durch einen ein- zigen Mund treffen wir bey den Hydern, After- polypen (Brachionus) und Vorticellen an. Der Armpolyp nährt sich von kleinen Wasserthieren, Er ergreift diese mit seinen Fangarmen, Der sack- förmige Behälter, woraus sein Körper gröfsten- theils besteht, öffnet sich und nimmt die Beute auf Raum ist sie verschlungen, so wird sie schon verändert; sie verwandelt sich in eine homogene Masse, und verliert dabey immer mehr von ih- rem Volumen; endlich öffnet sich der Mund des Polypen wieder, und ein Theil der aufgenom- menen Speise wird auf eben dem Wege, worauf er in den Magen der Hyder gekommen ist, aus- geleert. Diese schnelle Auflösung dessen, was in den letztern gelangt ist, geht sogar dann vor sich, wenn, wie .nicht selten der Fall ist, die verschlun- genen Thiere lange Würmer sind, die der Magen nur zur Hälfte fassen kann, Die ‚eine Hälfte sucht dann oft noch zu entfliehen, indem die an- .dere schon verdauet ist, Ja, der Polyp ist auch Ta N im 292 nenn im Stande, mit seiner äussern Fiäche zu ver- dauen. Man kann ihn umstreifen, und die ine nere Fläche seines Nagens zur äussern machen, und doch erfolgen die erwähnten Phänomene noch eben so wie zuvor, f Y Ä Auf eine eben so einfache Art mulfs die Er- nährung bey dem Pyrosoma atlanticum Peron. vor sich geben, einem Zoophyt, das blos aus ei- nem an dem einen Ende verschlossenen, an dem andern offenen, an dieser Oefinung mit einem Ringe dicker Hervorragungen versehenen, und auf der innern Fläche mit einem zarten Netz von Gefälsen bekleideten Sack besteht h), Denkt man sich. mehrere. zu einem einzigen Stamm verbundene und mit ihren Darmsäcken in N gemeinschaftlichen Behälter sich öffnende Armpolypen, so hat man "das Bild einer Tbier- pflanze aus der Familie der Seefedern. : Hier giebt es eine Menge Oeffnungen zur Aufnahme der Speisen, wie bey den Rhizostiomen; aber jeder Münd ist eine -nicht blos zum Einsaugen von Flüssigkeiten organisirie, sondern. mit Fangarmien umgebene Oeffnung , durch welche feste Nah. . rungsmittel aufgenommen, werden, Bey Pennatula Cynamorium Parr. ist der Schaft allenıhalben mit Organen, besetzt, welche eben so vielen Armpo- Iypen gleichen. Den Mund jedes dieser Organe ‚umge- h) Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 4. P: 445 | — 293 4 umgeben ‚acht kegelförmige , sägeförmig ausge- zahnte Fangarme, und der Magen endigt sich in fünf dünne, gelbliche, geschlängelte Därme, wel- che nicht völlig bis zum letzten Drittel der Länge des Organs hinabreichen, sich dann in fünf noch feinere Gefälse verlängern, in die Substanz des Stamms der Seefeder eindringen, und mit den von den übrigen Organen kommenden Gefälsen zu einem gemeinschaftlichen Netz anastomosiren, wodurch der Nahrungssaft im ganzen Körper ver- breitet wird i). Aus diesen von den untersten Stufen der Organisation hergenommenen Beyspielen erhellet, dafs jede, und selbst die einfachste thierische Er- nährung vier Stadien hat: Das Stadium der Auf nahme der Speise; das der Verähbunlichung derselben; .das der Aneignung des Assimilirten, und das der Ausleerung dessen, was dem O:- ganismus unbrauchbar ist, - Es könnte scheinen, ee: letztere Stadium bey einigen Thieren oder Zoophyten fehle. Allein wenn auch bey vielen keine sichtbare Exkre- tionen vorhanden sind, so ist doch nicht zu zwei- feln, dafs bey allen eine mit der Nutrition in Be- ziehung stehende Ausleerung gasförmiger Stoffe h durch 5) Cuvıern, Bulletin des sc. de la Soc, philomath; No, 78. | er Es 294 m durch die Haut und die Respirationsorgane statt findet. Ernährung und Athemholen stehen in en- ger Verbindung. Wo mehrere Theile ein gemein- ‘ schaftliches Ganzes ausmachen und sich wechsel- seitig ernähren, da findet eine gemeinschaftliche . Respiration statt, Dies ist der Fall bey den See- federn, weiche dergestalt Athem holen, dafs sie durch das untere Ende ihres Stamms Wasser ein- ziehen und wieder aussprützen k). Ohne diese gemeinschaftliche Respiration würden jene Zoo- phyten blofse Aggregate von Polypen seyn, Nach Sorg’s 1) Beobachtungen ziehen sich bey Insekten, die wohl genährt sind und eine Zeit lang geruhet haben, die beyden mittlern Paare der Stigmate, also gerade die, durch welche das Hauptorgan der Ernährung, der Magen, mit Luft versorgt wird, am kräftigsten zusammen, Eben diesem Schriftsteller zufolge m) sterben wohl- genährte Thiere schneller in mephitischen _Gas- arten, als solche, die vor dem Einschlielsen ge- hungert haben, woraus erhellet, dals das ‚Bedürf- nils des Athemholens mit der Menge der zu assi- milirenden Materie in Verhältnifs steht. Es ist ferner eine von SpaLLanzanı n) an der Helix ne- moralis, k) Biol. Bd. ı. S. 409. ]) Disgq. physiol. circa respirat, etc, 'p. 136. m) Ibid. p. ı6. 27. 81. 82. 'n) Aa. 0. p: 230, Ä Le 297 - moralis, lusitanica und itala L, gemachte Bemer- kung, dafs statt einer Verminderung eine Zunah- me des Stickstoffs der geathmeten Luft eintritt, "wenn die Thiere reichlich und mit Begierde ge- fressen haben. Auch nahm Sorc 0) wahr, dafs nach einer Teichlichen Mahlzeit eine grofse Menge koblensauren Gas erzeugt wird, hingegen Thiere, die eine Zeit lang gehungert haben, nur eine ge- ringe Quantität desselben ausathmen. Alle diese Beobachtungen führen auf den Schlufs, dafs die Verdauung immer von einer Ausleerung gewisser Gasarten begleitet ist, einer Exkretion, die so allgemein ist, wie die Hautausdünstung und das Athemholen, [er Nahrungsmittel der verschiedeuen Thiere. Die Art der Ernährung steht nicht immer mit den verschiedenen Classen und Familien der leben- den Organismen in genauer Beziehung. Die Thiere lassen sich in dieser Hinsicht unter drey grölsere Abtheilungen bringen, Zur ersten gehören die- . jenigen, die sich blos von thierischen Substanzen nähren; zur zweyten die, welche blos vegetabi- lische Stoffe zu sich nehmen, und zur dritten die, deren Nahrungsmittel sowohl vegetabilischer, als animalischer Art sind. | Jede n ’ 0) A, a. O; p. ı61. j ’ | T P 296 —— Jede dieser Abtheilungen- hat wieder‘ mehrere Unterordnungen, Auf eine andere Art geschieht die Ernährung bey denen Tbieren, die sich von Fleisch nähren; anders. ist sie bey denen, die harte Crustaceen und Insekten unzermalmt ver- schlucken, und noch anders bey denen, deren Nahrung blos in thierischen Säften besteht. Eben so unterscheiden sich die pflanzenfressenden Thiere in solche, die weiche vegetabilische Theile ver- zehren; in solche, die Körner oder Insekten ver- schlucken, und in solche, die vegetabilische Flüs- sigkeilen einsaugen, Nur wenig Thiere gehören aber einer dieser Ordnungen ausschlielslich an. Die meisten ste- hen zwischen mehrern Ordnungen in der Mitte, indem sie sich bald mehr zu dieser, bald mehr zu jeser Nahrungsweise neigen, Durch die Noth gezwungen gehen sogar manche aus einer Ord- nung in die andere über, Dies ist z, B, häufig der Fall mit den Rindern und Pferden. Schon Heropor und SrrAso erzählen von Asiatischen Völkern, die ihre Ochsen und Kühe mit Fischen fütterten. Eben dies geschieht noch jetzt in eini- gen Gegenden von Irland p). , Im südlichen Afrika fressen die Ochsen als Gegenmittel gegen die scharfen Säfte der Salzpflanzen, wovon sie sich - "dort p) Burron Hist, nat, Quadrup. T.8. P.75. des Octav- Ausg, N — 297 dort zu nähren gezwungen sind, Lumpen, Felle, trocknes Leder, Knochen, ja Kieselsteine, Sand, und ihren eigenen Mist q). Etwas Aehnliches er- zählen Scnörr r) und Hrarne s) von den Pfer- den einiger Gegenden von Nordamerika, HEARNE t) sahe auch bey den Nordamerikanischen Wilden ge+ zähmte Biber, die Rebhühner und frisches Wild» pret gerne fralsen. Noch eine Menge anderer Beyspiele der Art hat HALLER v) gesammelt, Es ist daher keine scharfe Trennung der Thiere und Zoophyten nach der Verschiedenheit ihrer Nahrungsmittel möglich. Wenn also in den folgenden Bemerkungen von Sleisch-, körner-, oder insektenfressenden Thieren die Rede seyn wird, so ist darunter nicht zu verstehen, dafs sich diese ausschliefslich von jenen Substanzen nähren, son» dern nur, dafs jene Materien vorzüglich ihre Nah- rung ausmachen, | | | Der Mensch hat den Vorzug vor den meisten übrigen Thieren, dals er an kein Nahrungsmittel gebunden ist, Es giebt ganze Völker, die blos vor q) BArrow’s Reise im südl, Afrika, 5. oB. 7) Reise durch die vereinigten Nordamerikan. Staaten. s) Reise naclı dem nördl, WVeltmeere, A. d, Eugl. von SPRENGEL,'S, 170, t) A.a, 0. v) El, Physiol. T. VI L. xg, 8.5, $. 10. p, 214. 215. T5 298 / menu von Fleisch leben; es giebt andere, die sich blos _ von Vegetabilien nähren, Er ist in dieser Hinsicht sehr verschieden von den Affen, die sich vorzüglich von Vegetabilien nähren und nur, wenn ihnen Pflanzenkost fehlt, sich an thierischen Nahrungsmitteln, besonders ‚an Insekten, sättigen. Fleisch von vierfülsigen Thie- ren fressen die meisten Affen entweder gar nicht, oder nur wenn es gekocht ist, und auch gegen gekochtes Fleisch haben manche einen Wider- _ willen, 1 Die Makis nähern sich schon mehr den ei- gentlichen fleischfressenden Thieren. Der Mon- goz (Lemur Mongoz) frilst Früchte. Der Benga- lische Lori (Lemur-tardigradus) nährt sich eben- falls von Früchten, aber noch lieber von Insek- \ ' ten, Eyern und Vögeln. Früchte, Wurzeln und Insekten sind auch die Nahrungsmittel der meisten, zur Familie der Faulthiere gehörigen Arten. Die eigentlichen Faulthiere (Bradypus didactylus und tridactylus) und die meisten Gürtelthiere nähren sich von Pflanzen w), die Ameisenbären (Myrmecophaga), Schup- w) Dals die Gürtelthiere Melonen, Bataten und andere Früchte oder Wurzeln fressen , sagt Burrow (A. a. 0. T.4. p.ı59.), und sein Zeugnils wird durch Beob- achtungen unterstützt, die er selber an einem Gürtel- tliier 300 2 und Gröfse unterschieden. Diese Kennzeichen sind aber ‚gewils nicht zureichend. ‚, RKreın und Reaczınsky geben die pflanzenfressende Art für ‚ schwarz und für die gröfsere, die fleischfressende aber für braun und für die kleinere aus. HeaRnE x) sagt ebenfalls, dafs es in Nordamerika der schwar- ze Bär ist, der im Sommer, wenn die wilden Beeren reif sind, diese Früchte so übermälsig verschlingt, dafs er täglich eine grofse Menge der- selben unverdauet wieder von sich giebt, Worm hingegen beschreibt die erstere Art als braun und als die grölsere, die letztere als schwarz und als die Meindei Vermutblich unterscheiden sich diese Varietäten durch andere, noch unbemerkte Cha- raktere, Auf jeden Fall aber sind sie so'nahe ver- wandt, dafs sie sich schwerlich für etwag mehr als blofse Spielarten annehmen lassen. Von den übrigen Bärenarten gehört der Eisbär ganz zu, den fleischfressenden Thieren y). Der Amerika- nische Bär nähert sich wieder mehr den pflan- zenfressenden Thieren, obgleich er wohl nicht, wie Du Paarz z) sagt, sich blos von Vegetabi- lien nährt, sondern, nach BriczerL a), auch von Fischen lebt. Nach Heanne b) giebt es im nörd- of ‚lichsten HUN a. OS : y) Parras Spicil. zoolog. Fasc. 14. p. Q. x) Hist, de la Louisiane. T. 2. p. 77% a) Nat. Hist. of North - Carolina, .p. 210, b) A. a ©. 5.96, | | l \ \ N | 301 lichsten Theile von Amerika noch eine Bärenart, die vorzüglich kleine Eichhörnchen und Mäuse liebt, und grofse Strecken Landes‘ in -Furchen aufwühlt, um sich diese Lieblingskost zu ver- schaffen. Jener von Durrartz und BrickELt er- wähnite Bär ist vielleicht von dieser Art noch ver- schieden, ' Rein fleischfressende Thiere sind die simmt. lichen Arten des Ratzengeschlechts. Blos die Haus- katze frilst zum Theil auch Pfianzen, Alie übrige Thiere dieses Geschlechts rühren aber, selbst in. der Gefängenschaft, keine Vegetabilien an, Zwar sollen, nach DE LA Bonne’s Versicherung c), der Jaguar und Couguar junge Zweige und Knospen fressen, Allein Azara d) widerspricht geradezu dieser unwahrscheinlichen , von keirrem andern glaubwürdigen Zeugnifs unterstützten Erzählung, Nächst den Katzen nimmt das Hundegeschlecht in der Reihe der fleischfressenden Thiere die erste Stelle ein. Durch zwey Arten, den Fuchs und den Haushund, nähert sich dieses jedoch schon wieder den pflänzenfressenden Thieren, Der Fuchs liebt bekanntlich Früchte, besonders Weintrauben, Der Hund läfst sich an blofse Pflanzenkost ge- wöhnen, obgleich er im Zustande der Wildheit ein eben so reissendes Thier wie der Wolf ist. Noch e) Bey Burron. A. 2.0. T. 9, p. 38. r d) A. :O, De. P- 150. er 302 ,—,— Noch mehr als der- Fuchs und der Haushund Ie- ben von gemischter Nahrung die Viverren, Wie- sel (Mustela), Ottern (Lutra), Robben (Pboca), Dachse (Meles) und Beutelthiere (Didelphis), am meisten aber die Maulwürfe (Talpa), Spitzmäuse (Sorex) und Igel (Erinaceus). } Einige dieser fleischfressenden Thiere genie- (sen blos frische animalische Substanzen; andere ziehen faulendes Fleisch vor, Das Erstere thun alle Katzenarten, die meisten Viverren und Wie- - sel. Viele dieser Thiere würgen blos des frischen, warmen Bluts ihrer Schlachtopfer wegen. Das Letztere geschieht von den meisten. Ärten des Hundegeschlechts, besonders der Hyäne, dem Cha- kal und dem Wolf, Die vegetabilischen Nah- rungsmittel der hundeartigen Thiere bestehen meist in Wurzeln und Früchten. Gras und Kräuter fressen blos die Otterü, Die gemeine Otter nährt sich im Frühling von jungem Grase, die See- otter von Meergras. Von der letztern bemerkt aber STELLER e) ausdrücklich, dafs sie nur dann zum+ Meergrase ihre Zuflucht nimmt, wenn ihr Seekrebse, Mollusken und Fische fehlen, die ihre gewöhnliche Nahrung ausmachen. Die Nagethiere bilden in Hinsicht auf ihre Nahrungsweise zwey Reihen, von denen die eine mehr den rein fleischfressenden Thieren, die an-- | | dere e) Beschreibung sonderbarer Meerthiere, S.199. 303 dere mehr den blofsen Herbivoren verwandt ist. Zur erstern gehören vorzüglich die mäuseartigen ‚Thiere (Marmota, Spalax, Lemmus, Cricetus, Mus, Glis). Einige, z, B. die Waldmaus (Mus sylvaticus) und der Hamster (Cricetus germanicus), sind wahre Raubthiere. Alle diese mäuseartigen Thiere haben dabey dies mit den Thieren der Hundefamilie gemein, dafs ihre vegetabilischen Nahrungsmittel meist in Saamen, Früchten oder Wurzeln, seltener in Blättern und andern weni- ger nahrhaften Pflanzentheilen bestehen, Unter ihren Pflanzenspeisen giebt es einige, die für den Menschen heftige Gifte sind. So frilst der Lem- mus Oeconomus die Wurzeln einer giftigen Art von Fingerhut und Anemone f). Keines dieser Nagethiere nährt sich aber ausschliefslich von ge- wissen Thier- oder Pilanzenarten, Die Nahrungs. mittel der Ratze sind so verschieden, als die Pro» dukte der sämmtlichen Welttheile, worüber sich diese Mäuseart verbreitet hat. Auf den Societäts- inseln leben sie zum Theil von den Blumen und Schoten der Erythrina Corallodendron g). Nagethiere, die sich mehr den Herbivoren nähern, sind vorzüglich die Hasen, und nächst diesen die Stachelschweine, Savien,. Eichhörner, Spring- f) Parzäs Novae species quadrup, e glirium ord. Ed, r 2. pP. 229. Re SNK 8) R. Forster bey Burron, A. a, BAT, ı4 P- 67. 304 — Springhasen (Jaculus) und Bieber, Die Hasen - sind blos Herbivoren, und, wie in mehrern an«' dern Stücken, so auch darin den Rindern ver wandt, dafs sie Blätter, Zweige und Rinden fres- sen. Merkwürdig aber ist es, dafs, so sehr sie auch sonst Herbivoren sind, doch die Weibchen derselben den Mutterkuchen nebst ‘dem Nabel« strang ihrer Jungen verzehren bh), Die Stachel- schweine und Savien scheinen ‚ebenfalls blos 'Her- bivoren zu seyn, Das Wasserschwein (Savia Ca- pybara) ist zwar nach Burron i), so wie der Coen- dou (Hystrix brachiura Linn, Syst. Nat. Ed. X.), nach Pıso und MArGGRAF, Heischfressend. Allein Azara’s Beobachtungen k) beweisen, dals beyde Thiere pilanzenfressend sind. ' Pıso’s und Manre- Grar’s Zeugnils verdient auch. gar keinen Giau- ben, da diese offenbar ein anderes Thier mit dem Coendou zusammengeworfen haben. "Doch giebt es ein Alles fressendes Thier unter den Savien, die Savia Aguti 1). Mehr fleischfressend sind die Eichhörner, die zuweilen junge‘ Vögel überfallen, die Springhasen, die begierig auf Fleisch sind m), _ und h) Ein Beyspiel giebt Lepus pusillus Parıs La p. 56. Ir i) Burron a. a. O. T.5. p. PRPR | 5) A: a. 0:,T. 2% 9378.10 | l) Azara a. a. O. T.2. p. 26. Yu m) PAarras l.c. p. 290 By | . und auch die Biber, wenn es wahr ist, was Burron n) sagt, dafs diese nicht nur Baumrin- den, sondern auch Fische und Krebse fressen, Die Nagethiere haben noch das Eigene, dafs sie sehr wenig trinken, und dafs viele ihren eige- nen Urin begierig auflecken. Surzer 0) erzählt dies vom Hamster, und ParLas p) von dem Bo- bak (Marmota Bobac), dem Souslik (Marmota Ci- tillas) und der Springmaus (Jaculus Jerboa), Der Bobak säuft niemals Wasser, wenn es ihm auch vorgesetzt wird; der Souslik hingegen trinkt nur seinen Urin, wenn er kein Wasser hat. Jener aber nährt sich von Vegetabilien, und verschluckt sehr begierig fette Erde, die vom Regen ange- feuchtet ist; dieser hingegen ist fleischfressend, Der Hase macht, wie in seinem Bau, so auch in seiner Nahrungsweise, den Uebergang von den Nagethieren zur Familie der Rinder, Gleich ihm leben alle Thiere dieser Familie blos von Vegeta- bilien. Die meisten sind dabey sehr begierig auf Salz, dessen Genuls die Absonderung des Fetts bey ihnen befördert. Der Alpensteinbock leckt beständig an Steinen, die Salztheile enthalten, Es giebt Felsen in der Schweitz, die an einigen Stel» len n) A. a. 0. T.5. p: 46. 50. 0) Versuch einer Nat. Gesch. des Hamsters, p) Parzas |. c. p. 205. 105. 134. 290. IV. Ba. 5:40 U 86: musun.cnaen \ len von diesem Lecken ganz ausgehöhlt sind q). In Südamerika , auf der Nordseite des Plata flusses, sind alle Rinder, und auch andere gras- fressende Thiere so begierig auf Salz, dals sie sich selbst durch Schläge vom Auflecken einer ge- wissen salzigen Erdart nicht abhalten lassen, wenn sie dieselbe lange haben entbehren müssen, und in ‚einigen der dortigen Gegenden läfst.sich gar kein Vieh ohne Salz aufziehen, Wahrscheinlich ist eine eigene Mischung der dortigen Gräser die Ursache dieser Nothwendigkeit des Salzes r). Von Pflanzen leben auch alle Arten der Schwei- nefamilie.. Nur das gemeine. Schwein ist auch im wilden Zustände ein Alles fressendes Thier, Ein von ALLEMmanD s) beschriebener Tapir, der in Holland herumgeführt wurde, frafs ebenfalls al- les, was man ihm vorwarf, nrzei, Fische, Fleisch, und, wenn er hungrig war, sogar seine eigenen Exkremente, Vielleicht aber war dieses Thier nur in der Gefangenschaft an gemischte Nahrung gewöhnt worden. Wenigstens stimmen alle, die den Tapir in seinem Vaterlande zu be. obachten Gelegenheit gehabt haben, darin überein, dafs er im Zustande der Wildheit blos von Ve- | getabilien lebt. an ei Von q) Gesser Hist. quadrup. p. 292%. r) Voyage dans I’ Amerique meridion, par F. p’AzAnA. T. 1. p. 55 u 14 s) Bey Burron, A. a O. T.ı0. p.50. j 307 Von vegetabilischen Substanzen, und nament- lich von Tangen (Fucus), nähren ‘sich ferner alle Arten von Seekühen, Nur das Wallrofs (Rosma- rus), dessen Bau auch von der Struktur der übri- gen Seekühe beträchtlich abweicht, lebt zugleich von Schaalthieren, die es mit seinen langen Eck- zähnen von den Felsen losstöfst, und macht den Uebergang zu den übrigen Cetaceen, die insge- sammt Raubthiere sind, und sich von Fischen, Crustaceen und Mollusken nähren t). Die Vögel zeigen ähnliche Verschiedenheiten in der Nahrungsweise wie die Säugthiere. Die Fa- milie der Habichte enthält blos fleischfressende Thiere, die der Straulse, Hühner und Sperlinge meist pflanzenfressende Arten; die Vögel der übri- gen Familien nähren sich theils mehr von Fleisch, theils mehr von Vegetabilien. Es giebt aber kei- nen pflanzenfressenden Vogel, der nicht auch In- -sekten und Würmer fräfse, Die Raubvögel bin- gegen nehmen- nicht so leicht zu vegetabilischen Nahrungsmitteln ihre Zuflucht, wenn ihnen ani- malische Rost fehlt, und lassen sich nicht leicht an Pflanzenspeisen gewöhnen. Doch leidet dieser Satz auch Ausnahmen. So sind die Möven (La- rus) die Raubvögel des Meers, Sie haben dabey so t) Beyträge zur Nat. Gesch. der Wallfische. Uebers, von Scheider. Th. ı. S. 56. Ua 308 ee so viel Aehnlichkeit im Aeussern mit den Geyern, dafs man vermuthen sollte, auch ihre Ernährungs» organe mülsten mit denen der letztern überein-« kommen. Aber ihr Nahrungscanal gleicht ganz dem der Eulen, und sie lassen sich leicht gewöh- nen, blos von Körnern zu leben v). In den niedern Thierclassen werden die blos pflanzenfressenden Arten immer seltener, Unter den Amphibien, den Fischen, denjenigen Mollus- ken. und Würmern, welche Bewohner der Ge wässer sind, und allen Zoophyten giebt es wohl nicht eine -einzige Art, die nicht entweder blos von thierischer, oder wenigstens von gemischter Host lebt. Manche dieser Thiere, deren Nahrung man für vegetabilisch hielt, haben sich bey nä- herer Untersuchung als fleischfressend gezeigt. So fand J. F. Mecker w) im Magen der Thetis leporina, die Bonansch für pflanzenfressend ‚hielt, jedesmal kleine Squillen,. Nur die Glasse der In- sekten macht von jenem Satz eine Ausnahme und enthält, wo nicht mehr, doch eben so viel blos pflanzenfressende, als fleischfressende Arten, In ihr findet man auch, was man in keiner andern Classe antrifft, eine Menge Thiere, die an eine, einzige Pflanzenart gebunden sind und keine an- dern Gewächse als diese anrühren, Die Raupen | | "... geben. v) F. Cuvier, Annales da Mus. d’Hist. nat. T.XI. p- 283. Bi: w) Beytrige zur vergl, Anatomie, B.ı, Hin. 5.15 — 309 geben hiervon ein Beyspiel. Die Insekten, nnd besonders die pflanzenfressenden Arten, sind aber diejenigen Thiere, die allen übrigen zur Nah- rung dienen. Sie scheinen daher die erste Stufe des Uebergangs der vegetabilischen Mischung zur animalischen auszumachen, und die Pflanzensub- stanz für das übrige Thierreich zu assimiliren, Ihre Organisation hat auch etwas Pflanzenartiges. Sie haben, wie die Gewächse, keinen regelmäfsi- gen Kreislauf der Säfte; sie haben, gleich diesen, Tracheen, die sich im ganzen Körper verbreiten, und sie erzeugen eine bey keinen andern Thie- ren vorkommende Säure, die Ameisensäure, die, wo nicht einerley, doch nahe verwandt mit der vegetabilischen Essig- und Aepfelsäure ist, Die Thiere der niedern Classen verzehren im Allgemeinen weit mehr als die der höhern, In dem Magen eines Hayfisches fand Barrow x) einen Kopf von einem Büffel, ein ganzes, noch unversehrtes Kalb, eine zahllose Menge von Ein- geweiden und Knochen, und grolse Stücke von der Schaale einer ziemlich grolsen Schildkröte, Eine ähnliche Gefräfsigkeit findet man bey keinem Säugthier, als etwa bey dem Caschelot, der ganze Hayfische verschlingen soll, der aber auch zu den Mittelgliedern zwischen den Säugthieren und / Fischen x) Reise nach Cochinchina, Uebers, ven EHuRmanm, S, 210, U5 s10 —— Fischen gebört. Unter den Amphibien giebt es viele, die ebenfalls .eine unglaubliche Menge Nah- rungsmittel verschlucken, und merkwürdig ist- es, dals diese Thiere nach einer solchen reichli- chen Mahlzeit immer in eine Art von Eirstar- rung gerathen y). Mehrere Insekten, besonders | die Raupen, fressen unaufhörlich. An der Pla- norbis Purpura Mürr. (Helix coroea L.) habe ich bemerkt, was meines Wissens bisher unbeachtet gewesen ist, dafs sie beständig den Mund ab- wechselnd öffnet und verschlielst, um Nahrung anfzunehmen. Das Buccinum palustre Mürr. (He- lix palustris Gmer.) macht ebenfalls diese Bewe- gungen mit dem Munde, doch in Jängern Zwi- schenräumen,. Bey diesen Schneckenarten scheint das Athmen eine willkübrliche, hingegen die Auf- nahme der Nahrungsmittel eine unwillkührliche Funktion zu seyn. Ä Zwischen den Herbivoren und den fleischfres- senden Thieren giebt es noch den Unterschied, dafs diese weit länger als jene der Nahrung ent- behren können. Thiere, die von Hunger bis auf einen gewissen Grad entkräftet sind, gelangen auch weit schneller von Fleischspeise als von Pflanzenkost zu ihren vorigen Kräften, Ein Geyer, der eilf Tage hindurch gefastet hatte, war am | Ende :y) Barrow a. a. O. 5. 256. — Azarı Voyages dans l’ Amerique meridion, T, ı. p. 226. 250. —- Ende dieser Zeit noch ziemlich fett, und von zwey gleich alten Sperlingen, die durch Hunger so weit entkräftet wären, dafs sie die ihnen an- gebotene Nahrung nicht mehr annehmen konnten, erhoblte sich der eine, den man gehacktes Fleisch verschlucken liefs, binnen kurzer Zeit; der an- dere aber, . der zerstolsene Körner verschlucken mulste, starb zwey Stunden nachher z). . 5. _ Mechanismus der Aufnahme und Zertheilung der Speisen. Die Aufnahme der Nahrungsmittel geschieht _ bey den Thieren entweder durch Saugen, oder durch’ Verschlingen, Auf jene Art nähren sich die Säugthiere in der ersten Zeit ihres‘ Lebens; ferner unter den Insekten die Familien der Wan- zen, Schmetterlinge und Mücken, so wie die Ge- schlechter Acarus, Pediculus, Pulex, End einige Wurmarten, besonders die Blutigel, Die zur Wes- penfamilie gehörigen Insekten nähren sich auf beyderley Art, durch Saugen und durch Ver- schlingen. Das Saugen der Mammalien geschieht be- kanntlich vermittelst der Lungen,, Was den In- sekten beym Saugen die Stelle der Lungen ver- tritt, z) VAILLANT’s zweyte Reise in das Innere von Afrika. Berlin. 1796. Bd, ı. S. 20 fl. U4 312 — tritt, habe ich in einer eigenen Abhandlung a) gezeigt. Ich habe dort bemerkt, dals diese Thiere sich in Hinsicht auf jene Funktion in zwey Olas- sen eintheilen lassen; in solche, welche das Sau- gen mit Hülfe enger Saugstacheln verrichten, und in solche, die sich vermittelst eines fleischigen Rüssels nähren. Zu jener Classe gehört die Wan- zenfamilie. Bey diesen Insekten steigt die einzusau- gende Flüssigkeit ohne sonstige Hülfsmittel, wie in allen Haarröhren, bis zum Schlunde auf, In- sekten der letztern Clässe sind die Familien .der Schmetterlinge, Wespen und Mücken. Diese ha- ben im Bauche eine Saugblase, deren Mündung in den Schlund übergeht, und durch deren Er- weiterung die einzusaugenden Flüssigkeiten in dem Rüssel aufzusteigen bestimmt werden, In der angeführten Abhandlung habe ich zugleich erinnert, dafs die Schwimmblase mancher Fische mit jener Saugblase eine unverkennbare Aehnlich- keit hat, und dafs auch diese ausser der Funk- tion, die ihr als vicariirendem Respirationsorgan zukömmt, bey einigen Arten, wo sie mit einem Luftgang versehen ist, noch den Zweck zu ha- ben scheint, Luft oder tropfbare Flüssigkeiten, "die der Fisch in den Magen aufnehmen will, und y welche 2) Ueber das Saugen und das Geruchsorgan der In- sekten, und über den Nutzen der Schwimmblase bey den Fischen, in den Annalen der Wetterauischen \ Gesellsch, für die gesammte Naturk, Bd. 3. 5. 147 N ginn 313 welche ohne sie den Weg durch die Riemen nach aussen nehmen würden, in den Magen zu bringen. Bey den übrigen Thieren, ‚welche feste Nah- rungsmittel zu sich nehmen, geschieht die Auf- nahme derselben meist durch Kinnladen. Nur mehrere Mollusken der Schneckenfamilie b), und unter den Würmern die Aphroditen c), bedienen sich hierzu eines Rüssels,. Die Kinnladen sind bey den Säugthieren zugleich die Werkzeuge, wo- durch die aufgenommene Speise zerschnitten, zer- malmt und zur Verdauung geschickt gemacht wird, Bey ihnen steht auch die Gestalt und Bewegung dieser Organe, so wie die Form der darin befind- lichen Zähne, mit der Beschaffenheit der Nah- rungsmittel in Beziehung. So findet bey den fleischfressenden Thieren, deren Speise blos zer- schnitten und zerdrückt zu werden braucht, nur eine Bewegung der untern Kinnlade von unten nach oben, bey den Nagethieren aber, deren Zäh- ne oft als Feilen wirken müssen, von vorne nach hinten, und umgekehrt, bey den Rindern, die von Kräutern und überhaupt solchen Substanzen le- ben, welche zerrieben werden müssen, von der einen Seite zur andern, und bey den Tbieren der Schwei- ‚b) Doris, Buccinum, Murex, Voluta Cuvıer Leg. d’Anat. comp. T.5. p. 542. e) Cuvier a. a, O. p. 328. U5 314 — Schweinefamilie bald mehr auf diese, bald mehr auf jene Art statt, je nachdem sie sich mehr den Nagethieren, oder mehr den Rindern in ihrer Ver- dauungsweise nähern, Der Mensch hat unter allen Säugthieren, die vollkommensten Kanwerkzeuge, Bey ihm kann sich die untere Kinnlade nach jeder Richtung be- wegen; zugleich finden sich bey ihm, was man bey keiner andern Thierart antrifft, alle drey Ar- ten von Zähnen in einer ununterbrochenen Reihe und so gestellt, dafs alle obern genau auf die untern passen, Je weiter wir uns in der Reihe der Tiiiere von dem Menschen entfernen, desto seltener kommen Organe vor, die zum Fassen, Zerschneiden und Zerreiben der Speisen gleich ge schickt sind. Weder bey den Amphibien, noch bey den Fischen, und noch weniger bey den Mollusken und Würmern dienen die RKinnladen zu etwas mehr, als zum Ergreifen und Festhal- ten der Speise, oder zum Erdrücken ergriffener Thiere, obgleich bey mänchen Ampbibien und Fischen die Kinnladen mit so vielen Zähnen be- setzt sind, Nur bey denjenigen Insekten und Cru- staceen, die mit Frelswerkzeugen versehen sind, und bey einigen Zoophyten, besonders dem Echi- nus, scheint wieder eine Art von Mastication statt zu finden. Doch erreicht die Natur bey dem Echinus, wo ein so grolser Apparat von Kau- | | ‚werk- — : | 3ı5 werkzeugen ist, nur einen Zweck, zu welchem sie bey den Thieren der: höhern Classen durch weit einfachere Mittel gelangt. Die Zertheilung der Speisen, welche die Säug- | thiere durch ihre mit Zähnen versehenen Rinnla- den bewirken, wird aber bey vielen Thieren der niedern Classen durch andere Mittel hervorge- bracht, Nehmlich 1) Durch einen mit Kauwerkzeugen versehenen Schlund. Diese Einrichtung findet aber nur bey einigen Fischen, unter andern den Karpfen, statt, wo die Speisen auf einem platten Knochen, der hinten an der Grundfläche des Schädels befestigt ist, durch die mit Zähnen besetzten Knochen des Pharynx (Ossa pharyngaea) zerrieben werden, 2) Durch einen knorpelartigen Magen, der sich abwechselnd zusammenzieht und er- weitert, und dessen innere schwielenartige Fläche die genossenen Nahrungsmittel zer- malmt. Diese Art von Magen findet am häu- figsten bey denjenigen Vögeln, die sich von Körnern und Insekten nähren, besonders bey denen der Hühnerfamilie f), ausserdem aber auch bey dem Crocodil g), einigen Mollus- ken f) Biol. Bd, 1. 8. 251, g) Ebendas. 5. 261. 316 mn ® ken h) und Würmern i), und selbst schon un- ter den Säugthieren bey der Manis pentadactyla, Die mit diesem Magen versehenen Vögel, so wie auch die Manis pentadactyla k), haben die Gewohnheit, Steine zu verschlucken, um, wie schon im 2ten (. dieses Kapitels bemerkt ist, durch das Reiben derselben bey der Zusam- menziehung des Magens das Zermalmen der genossenen Hörner und Insekten zu beför- dern, Sie verschlingen sie nicht, wie SPAL- LAnzanı behauptete, blos zufällig, sondern, nach Forpyce’s 1) Beobachtungen, mit Aus "wahl und nach ihren Bedürfnissen, Dals je- ner Magen einen hohen Grad von Tritura- tionskraft besitzen muls, lälst sich schon aus der Struktur desselben vermuthen, Die Stärke desselben ist aber auch durch mehrere Beob» achtungen m), besonders durch ReAumur’s n) und SpaLLAanzanı’s 0) Versuche bewiesen, aus welchen bh) Z.B. dem Onchidium, Cuvıer, Annales du Mus. d’ Hist, nat. T. V. p- 57 i) Z. B. den Aphroditen. Biologie, Bd. ı. S. 590. k) Burt, Asiatik Researches,. Vol.2, p.353. 1) Treatise on the digestion of food. London. 1791. m) Haıızrr EI Phys., T.6. L. ı9. S.4. $. 6. p. 266. n) Mem. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1752, p. 272 sv. o) Versuche über das Verdauungsgeschäft des Menschen und verschiedener Thierasten. Uebers, von MıicuAr- L1s, S.7 Ef, _ 317 welchen sich ergiebt, dafs metallene Röhren, Glasstücke und stählerne Nadeln. durch die Pressungen der innern Wände dieses Magens zusammengedrückt und zerbrochen werden. 3) Durch einen mit Zähnen versehe- nen Magen. Diesen finden wir bey mehrern Crustaceen, Insekten, Mollusken und Wür- mern, namentlich bey den Krebsen p), den Zuckerthieren (Lepisma) q), den Rüsselkäfern (Curculio) r) und Wasserkäfern (Dytiscus) s), der Schabe (Batta) t), dem Ohrwurm (Forfi- cula) v), den Aplysien w), der 'Bulla ligna- ria x) und aperta y), und einigen Aphrodi- ten z). ‘Bey den erwähnten Insekten ist der Zahn- p) Biol. B. ı. S. 342. qg) Ramponur (Abhandl. über die Verdauungswerk- zeuge der Insekten. S. 150.) schreibt diesem Thier unrichtig einen blofsen Faltenmagen zu. Ich finde in dem kugelfürmigen Magen desselben sechs Zähne von verschiedener Struktur. 1) Ramoona a. a. OÖ. $, 97. 8) Ebendas. $, 79. ı) Ebendas. $.74. .v).Biol. Bd. ı. S, 364. 365. w) Ebendas, $S.316. — Cuvıer, Annaless du Mus. d’Hist. nat, T. II. x) Drarannann, Bulletin de la Soc. philomath, No, 39. | | y) Cuvier a.2,0. T.ı, p. 156. z) Biol, Bd, ı, S. 390. Mn 318 Zahnmagen kugelförmig und cartilaginös; die Zähne sind auf der innern Fläche desselben in einem Kreise so befestigt, dals ihre Spitzen sich in dem Mittelpunkt des Magens befinden, Bey einigen andern Insekten hat der Magen statt der Zähne Schwielen, die der Länge nach herabgehen, und mit hornartigen Blät- .tern oder Börsten besetzt sind, Dahin gehö- ren die Heuschrecken a), der Carabus granu- latus b), die Cicindela campestris c), der Sta- phylinus- politus d), die Sylpha obscura e), und der Tenebrio Molitor f). Bey der Syl- pha obscura ist zugleich der Oesophagus in- wendig mit Borsten besetzt. Unter den Mol- lusken giebt es etwas Aehnliches bey der Scyl- laea pelagica, deren kurzer, cylindrischer, knorpelartiger Magen auf seiner innern Fläche a) b) c) en e) f) 8) der Länge nach mit zwölf hornarligen schar- fen Lamellen bewaffnet ist g). $. 6. Biol, Bd. ı. 8.365. — Ramoonr a. a. OÖ. S. 70 ff. Ramnonkr a. a. O, 5. 83. Fbendas. $.'85. Ebend. S. 87. Ebend. S. gı. Ebend, 8.95 Cuvıer a. a. O. T. VI. p. 416, 331g . & | Das Verschlucken der Speisen. Der Speichel, Bey den Säugthieren, deren Speisen gekäuet in den Schlund gelangen, wird das Verschlucken der letztern durch einen sehr zusammengesetzten Mechanismus bewirkt, An dem Schlundkopf (Pha- rynx) jener Thiere befinden sich mehrere ver- schiedene Muskeln, und diese, unterstützt von den Bewegungen der Zunge, sind es, durch deren Zusammenziehung die gekäueten Speisen in den Schlund (Oesophagus) gebracht werden. Bey dem Menschen lassen sich jene Muskeln auf vier zu- rückführen; auf drey, durch welche der Schlund- kopf verengert wird, und Ein Paar, welches zum Heraufziehen desselben dient. Bey dem Elephan- ten, dem Bären und einigen andern Säugthieren gehen ausserdem noch die longitudinalen und kreisförmigen Fäsern des Oesophagus bis in den Pharynx fort, und bilden bier eine eigene mus- kulöse Haut h). Diesen Muskeln wird die ge- käuete Speise durch die Zunge zugeführt. Die letztere schwillt an, indem sie zugleich kürzer und oben hohl wird; sie falst in dieser Höhlung. den Bissen, drückt ihn gegen den Gaumen und macht ibn zum Schlundkopf herabgleiten ; dieser wird in dem nehmlichen Augenblick durch das Muskelpaar, welches zum Aufheben desselben dient, h) Cuvıer Legons d’Anat, comp, T. 3. P- 286, dient, in die Höhe gehoben; zugleich erweitert sich wahrscheinlich seine Höhlung ; sobald die Speise aufgenommen ist, fangen die zusammen- ziehenden Muskeln an zu wirken, verengern den Schlundkopf von oben nach unten, und drücken den Bissen in den Oesophagus hinab. Bey diesem Verschlucken zieht sich die $Stimmritze so fest zusammen, dafs der Eingang zur Luftröhre völlig verschlossen ist. Der Rehldeckel, von dem man sonst glaubte, dafs er das Eindringen der Speise und Getränke in die Luftröhre verhindere, scheint, nach- MaAcGenpıe’s i) Versuchen, dabey nicht unumgänglich nothwendig zu seyn, Das Verschlucken wird dadurch erleichtert, dals die ganze innere Fläche des Mundes, des Pharynx und der Speiseröhre einen wässrigen Dunst und. eine schleimige Feuchtigkeit absondert, welche den Weg, den die Speisen zu nehmen haben, immer schlüpfrig erhalten. Während dem Käuen vermischt sich aber auch mit den Speisen der Speichel, eine Flüssigkeit, die bey der Verdauung von der gırölsten Wich- tigkeit ist. Es ist auffallend, die speichelabsondernden Organe bey einer Menge von Thieren anzutref- fen, die auf den untersten Stufen der thierischen Orga- i) Memoire sur l’usage de l’epiglotte dans la degluti- tion, & Paris. 1813, - mn 32L Organisation stehen, bingegen bey vielen andern Thieren ,„ die von weit zusammengesetzterm Bau sind, gar keine, oder nur eine geringe Spur da- von zu finden, | Die Speicheldrüsen finden sich bey allen Säug- "thieren, mit Ausnahme der Wallfische k). Sie finden sich bey den Vögeln und Amphi- bien, aber von ganz anderm Bau, wie bey den Säugthieren ]). Bey den Fischen fehlen sie ganz m). Sie zeigen sich wieder in der Classe der Mol. lusken bey den Geschlechtern Sepia n), Limax 0), Aplysia, Doris, Clio, Pneumoderma, Tritonia, On- chidium, Phyllidia, Pleurobranchus, Janthina, He- lix, Buccinum, Bulimus, Murex, Halyotis p), Bey der Lingula anatina (Patella unguis L,) ist der Zwischenraum zwischen den Muskeln und dem Nahrungscanal mit zwey drüsenartiigen Organen angefüllt q). Cuvıer hält das eine für die Leber, \ das k) Cuvıer Lecons, T.3. p, 207, ]) Cuvıezr Ebendas, p. 220. 222, m) Ebendas. p. 225. n) Biologie. Bd, 1, S. zı2, 0) Ebendas, S$. 321. p) Cuvier 2,2, O0. p. 356, , und dessen Zergliedarun- gen der angeführten Mollusken in den Annales du | Mus, d’Hist, nat, . 9) Cuvızr, Annales du Mus, d’Hist, nat, TR 2.69 IY. Bd, R ‘das andere für eine S$peicheldrüse, Doch ist dies blos Vermuthung. Keine den Speicheldrüsen ana- loge Organe aber giebt es bey der Salpa r), der Phasianella Lam. s), der Thetis leporina t) und den sämmitlichen Mollusken der Austernfamilie v). Bey den Crustaceen sind noch keine Speichel- gefälse entdeckt worden, Von den mit Kinnladen versehenen Insekten habe ich: im. ısten Bande der Biologie (S. 361.) bemerkt, dafs sie zu beyden Seiten der Speise- röhre zwey lange, gewundene Speichelgefälse hät- teni Dies bedarf aber einer Einschränkung. Man kann sich zwar auf die Angaben mancher Schrift- steller in Betreff der Gegenwart oder Abwesen- ‚heit jener Organe nicht immer verlassen, da diese Theile bey manchen Insekten leicht zu überse- hen, oder mit andern zu verwechseln sind. Doch scheinen, nach Ramponr’s w), Posserr’s x) und meinen “ r) Cuvıer ebendas. T.III. p. 360. s) Ebend. T.XT. p. 150, t) J. F. Meoxer's Beytr. zur" vergl. Anatomie. B. ı. Hr 1.80. v) Porı Testacea utriusque Siliciae. | w) Abhandl, über die Verdauungswerkzeuge der In- sekten. x) Beytr. zur Anat. der Insekten. — Ejusd. diss. sist. tentam, circa anat, forficulae auriculariae L. : Jenae, 2 800, od z au 323 meinen eigenen Untersuchungen, folgende Insekten Speichelgefälse zu besitzen : Alle Schmetterlinge; ‘ Die meisten Arten der Mückenfamilie (Diptera L.), ausgenommen, nach Rampoar y), die Hippobosca ovina, Die Bienen z), | Die meisten wanzenartigen Insekten (Ryngota Fagr.). Ausnahmen sind, nach Rampoanr a), Cimex lacustris, Notonecta glauca, Chermes alni und Cicada spermaria, - In der Heuschrecken - Familie (Orthoptera Or.ıv.) die Blatta, bey welcher zwar Ramponur kei- ner Speichelgefälse erwähnt, die aber nach meinen Zergliederungen allerdings damit vere - sehen ist, In der Ordnung der Libellen (Neuroptera L,) Heinerobins Perla. | Unter den Käfern Curculio lapathi, Unter den flügellosen Insekten Aranea, -Oniscus, fulus, Pülex. Beym Oniscus' Asellus "habe ich zu beyden Seiten des Schlundes sechs häutige Schläuche gefunden, welche die Spei- chel- y) A. a. O. S. 185. z) Rampoan in GERMmAR’s Magazin der Entomologie, Jahrg. ı. H. ı. S. 135, a) Abh. über die Verdauungswerkz. der Ins, 8. 194 ff, Xo 324 chelgefäfse sind. Rampour b) hat bey die- ‘sem Thier für Speichelgefälse angesehen, was ohne Zweifel der Fettkörper ist, Die Speichelgefälse fehlen hingegen folgen- den Insekten: Ä Allen Raupen, ausgenommen den Weidenbohrer. In der Heuschrecken - Familie den Lınneischen Geschlechtern Grylius und Forficula. Den meisten Libellen und Käfern, | Unter den flügellosen Insekten dem Skorpion, der Afterspinne (Phalangium), dem Zucker- thier (Lepisma) und der Laus. In der Classe der Würmer findet sich eina Art von speichelabsondernden Organen bey der Terebella cylindracea c), so wie unter den Zoo- phyten bey der Holothuria tubulosa GmEL, d). Allein die meisten Würmer und Thierpflanzen haben nichts Aehnliches. Manche Thiere aber, denen die Speichelge- fälse fehlen, haben doch einen Saft, der im Schlunde abgeschieden und durch eine rückgän- gige Bewegung dieses Organs in den Mund ge- bracht wird. Dies ist unter andern der Fall bey. den Heuschrecken und Laufkäfern (Carabus), die, obgleich mit keinen Speichelgefälsen versehen, doch b) A. a, O. S. 204. | c) Biologie, Bd. ı. S. 389. $; d) Ebendas. B. ı. 5, 407. A —— 325 doch beym Fressen ‚ihre Speise mit einem Saft benetzen, der beym Grylius verrucivorus eine ätzende Kraft, besitzen soll, Bey vielen Vögeln wird die zur Erweichung des Futters dienende Flüssigkeit durch eine Menge kleiner Drüsen ab-. "geschieden, womit die inwendige Fläche des Schlundes, und bey denen, die einen Kropf ha- ben, auch die des letztern besetzt ist e). Bey den hühnerartigen Vögeln durchziehen sich die Nahrungsmittel im Kropfe mit jener Feuchtig- keit, D ersnilangt "ühresi Geruch und Geschmack, werden erweicht und in den Stand gesetzt, von dem knorpelartigen Magen zermalmt zu werden f), Bey dem Raben, der keinen Kropf hat, ist der Schlund inwendig mit einer Menge Hohldrüsen be- setzt, die eine klebrige, weilslichgraue und sülsliche Feuchtigkeit absondern g). Bey dem Karpfen ist der Gaumen hinter den Zähnen mit einer weissen, klebrigen, unschmackhaften Flüssigkeit bedeckt, welche, wenn man sie wegwischt, sich gleich wieder erneuert. Auch finden sich an dieser Stelle viele Drüsen, die gedrückt eine Feuchtigkeit von sich geben. Bey dem Barben und dem Hecht giebt es keine ähnliche Drüsen. Doch ist auch bier e) SPALLANZANIS Vers, über das Verdanungsgeschäft. S. 4ı fE. f) Ebendas. S.4g ff. g) Ebend, S, 7ı. X3 002 PO | rn hier der Schlund mit einem Saft überzogen, wel- cher auf der innern Fläche desselben ausschwitzt h). Es ist nicht glaublich, dals bey dieser Unbe- ständigkeit in der Gegenwart und Abwesenheit der Speichelgefälse dieselben bey allen Thieren von einerley Beschaffenheit seyn und einerley Zweck haben sollten, Bey manchen Vögeln hat der Speichel gewils einen mechanischen Nutzen, Bey den Spechten z. B, ist er ein klebriger, die - Zunge überziehender Saft, der blos dienen kann, dem Thier das Auflecken kleiner Insekten zu‘ er- leichtern, Man kann inzwischen im Allgemeinen eine dreyfache Funktion des Speichels annehmen, eine mechanische, chemische und dynamische, Die mechanische Funktion des Speichels ist, die Speisen zu verdünnen und ihnen den ersten Grad von Flüssigkeit zu geben, Alle Säugthiere, die ihre Speise im Munde käuen, haben deswe- gen einen wässrigen Speichel, Der Speichel hat aber gewifs auch einen che- mischen Einflufs 'auf die Speisen. Warum hätten sonst die Wanzen und viele andere Insekten, die sich blos von Flüssigkeiten nähren,- Speichelge- fälse und einen so grofsen Apparat derselben? Von vorzüglicher Wirksamkeit muls die zersetzen« de h) SrarLanzanı a. a. OÖ; $. 130. 151. ——_ ——— 327 P> de Kraft in dem Speichel der Weidenraupe, ei- ‚ner dicken, bräunlichen, in Wasser und Wein- geist unanflöslichen Flüssigkeit seyn, da die blo- [sen Kinnladen dieses Insekts zum Zernagen des harten Eichenholzes nicht stark genug sind. Zwar fand Lyvonner i) nicht, dals geschabtes Weiden- holz vou jenem Saft merklich erweicht wurde. Doch scheint er selber kein grofses Gewicht auf diesen Versuch zu legen, Eine ähnliche auflösen- de Kraft scheint der Speichel der Tettigonia ple- - beja zu besitzen k). Die wiederkäuenden Thiere geben ungekäuetes, in einer durchlöcherten Röhre eingeschlossenes Futter unverdauet wieder von sich; sie verdauen aber dasselbe, wenn sie es ge- käuet und mit Speichel vermischt erhalten I), | Nach von HunmsoLor’s m) Beobachtung wird durch den Speichel, womit die Boa ihre Beute bedeckt, das Fleisch des erlegten Thiers so erweicht, dafs die Schlange ganze Glieder des erlegten Thiers durch den Schlund zu zwingen vermag, | - Der männliche Saamen ertheilt der formlosen Materie eine bestimmte, und zwar der Gestalt des i) Trait& de la chenille du saule: p.5ı2. k) J. F. Mecxer’s Beytr, zur vergl. Anat, B.ı. H, ı. S. 3 )) ReAumur, Mem. de l’Acad, des sc. de Paris, A, 1752. — SPALLANZANI a.a. 0. S. 134 F. in). Ansichten der Natur. B. ı. $. 141, x4 328 ser me des Vaters ähnliche, Form n). Diese Funktion ist es, die wir unter der dynamischen verste hen, und eine ähnliche besitzt auch der Speichel, Beweise dafür geben die Erscheinungen, die nach dem Bils toller Hunde und der giftigen Schlangen erfolgen. Der Speichel der erstern erregt in dem gebissenen Thier eine specifique Krankheit, die Wasserscheu, und der Speichel des gebissenen Thiers, erhält hierbey das Vermögen, die nehm« liche Krankheit wieder in andern Thieren her- vorzubringen, Die Aehnlichkeit, welche das Schlan- gengift in seinen Wirkungen auf den thierischen Körper mit dem männlichen Saamen hat, haben wir schon im 4ten Buch dieses Werks 0) bemerkt, Aus diesen Sätzen läfst sich die Thatsache erklären, dafs kräuterfressende Thiere ein grölse- res Speicheldrüsensystem als die fleischfressenden. haben p). Je unähnlicher nehmlich die zu 'assi- milirende Materie dem Körper ist, dem sie ver- ähniicht werden soll, desto mehr bedarf sie eines auflösenden und assimilirenden Menstruum. Ueber alle jene Funktionen des Speichels müs- sen genauere chemische Untersuchungen dessel- ben Licht verbreiten. Was wir bis jetzt in die- sem n) Biol. Bd.5. S, 404 #. o) Ebendas. Bd. 3. S. 408. NUR EN p) G. L. Duvensor, Bulletin de la Soc, philomath, No, 83. vumzeamne 329 sem Fache besitzen, ist aßer sehr unbefriedigend. Vergleicht man, was Harrer g) darüber gesam- melt, und nach ihm Harst DE LA CHENAYE r), Fourcror s), Taomson t), Juca v) und Bo- STOCK w) bekannt gemacht haben, so ist das Re- ‚sultat folgendes. Der Speichel ist eine bey \ge- sunden Menschen geschmacklose, bey den fleisch- fressenden Thieren schärfere und etwas gesalzene Flüssigkeit, die eine etwas grölsere specifische Schwere als das Wasser besitzt, bey einigen Men- schen ein freyes Alkali zeigt, bey andern hingegen sich gegen Pflanzenpigmente neutral verhält, der atmosphärischen Luft den Sauerstoff leicht ent- zieht, ihn aber auch eben so leicht an andere Körper wieder abtritt, und Wasser, Eyweilsstoff, Schleim, nebst einigen Neutral- und Mittelsalzen enthält, Unter diesen salzigen Bestandtheilen nen- nen Alle, die den Speichel analysirten, salzsaures Natrum; 9) El Phys. T.VI. L.ı18, S.2. $. 0. p. 52. r) Mem, de la Soc, Roy. de Medecine;de Paris, A, 2780 et 81. 2 525- s) Ann, de Chimie. T. 28. p. 262. — Syst, des connaiss, Ä chimigues. T.g. p. 365 s) System der Chemie, Uebers, von Woırr, B.'4. &. 514. v) Sıesorp hist. system. salivalis. p.45. — Tromms- DoRE’s Journal der Pharmacie, B.4, St. 2, S. 141, w) Nıcnozson Journ. of Nat. Phil. Vol, 14. pP. 140, X5 330 mm Natrum; die Meisten fanden zugleich phosphor. saures Natrum und phosphorsaure Kalkerde, und Einige auch Ammonium. Diese Angaben sind meist unzuverlässig und wenig belehrend. Keiner der angeführten Schrift- steller, ausser HArEeL DE LA ÜHENAYE, hat reinen Speichel untersucht, Blos dieser analysirte die unmittelbar aus dem geöffneten Speichelgang eines Pferdes ergossene Flüssigkeit. Er fand an_der- selben weder eine saure, noch alkalische Re- aktion; sie enthielt kein Ammonium, so lange sie nicht mit dem Saft der Schleimdrüsen des Mundes verniischt war. Es fallen also schon zwey der von andern Schriftstellern angegebenen Bestandtheile des Speichels, der Schleim und das Ammonium, weg, und es bleiben als solche blos Wasser, Eyweilsstoff, salzsaures und phosphor- saures Natrum, und phosphorsaure Kalkerde übrig, Substanzen, die man auch in allen übrigen thieri- schen Säften findet, und welche gar keine Auf- klärung über die Wirkungsart des Speichels geben, Ich habe im Speichel zwey Bestandtheile ge funden, die ohne Zweifel eine wichtige Funktion haben: der eine ist milchsaures Natrum; den andern nenne ich Blutsäure, - Das milchsaure Natrum ist die nehmliche Sub- stanz, die THouveEneL durch Digestion des Flei- sches mit Weingeist erhielt und unter dem Namen des — 33T | des Fleischextrakts beschrieb, Man erhält dasselbe, zugleich mit der Blutsäure aufgelöst, wenn man den Speichel mit Alcohol gelinde auf- kochen lälst, und die Flüssigkeit durch Filtriren von. dem geronnenen Eyweilsstoff trennt. Die Gegenwart dieser Substanz im Speichel verräth sich sowohl durch den Niederschlag, den Gall- äpfeltinktur darin hervorbringt, als dadurch, dafs nach dem Abdampfen des Auszugs eine thierische Materie zurückbleibt, die nicht, wie der Leim, gelatinirt, und nach dem Eintrocknen nicht von Wasser und Säuren, wohl aber von ätzendem Lau- gensalz aufgelöset wird. Wir werden unten se- ‚ hen, dafs die Milchsäure eines der Auflösungsmit. tei der Speisen im Magen ‘ist, Diese ihre auflö- seude Kraft ist im Speichel durch ihre Verbin- dung mit Natrum zwar geschwächt, aber nicht aufgehoben , indem sie von dem letztern nicht gesättigt ist, Der Speichel wirkt also, vermöge der in ihm befindlichen Milchsäure, im mindern Grade wie der Magensaft; er löset die Speise zwar . nicht völlig auf, aber er bereitet sie zur völligen Auflösung vor. Von der Blutsäure, die zugleich ein Bestand. theil des Bluts ist, wird in der Folge umständ- licher die Rede seyn, Hier erwähne ich vorläu- ' fig ihrer Haupteigenschaften, Der Hauptcharakter ‚ dergelben ist, mit einer gesättigten Auflösung des Eisens Eisens in Salpetersäure, oder verdünnter Schwefel- säure, eine Verbindung einzugehen, welche ganz die Farbe des Bluts hat. Man erhält diese Farbe sogleich, wenn man eine jener Eisenauflösungen in Speichel tröpfelt. Stärker aber tritt sie hervor, wenn man den Speichel abdampft, den Rückstand echwach calcinirt, und so die Blutsäure von dem Eyweilsstof, wovon sie im Speichel verhüllet ist, trennt. Sowohl aus. dem frischen Speichel, als aus dem verkalkten Rückstand desselben , wird sie durch Wasser, und noch reiner durch Alcohol ausgezogen. In dieser Auflösung reagirt sie auf Lackmustinktur. als eine Säure, Doch enthält die Weingeistauflösung immer noch milchsaures Na- irum, wovon ich sie nicht ganz habe trennen kön- nen. Sie wird von Salzsäure, Salpeter- und Es- sigsäure aufgelöst, ohne ihren röthenden Einfluls auf das salpeter- und schwefelsaure Eisen zu ver- lieren. Setzt man hingegen Alkalien zu der Ver- bindung der Blutsäure mit dem salpetersauren Ei- sen, so vereinigen sich jene mit dem letztern, und geben einen orangefarbenen Niederschlag. Schwefelsaure Kupferauflösung wird von der Blut- sänre grünlich gefärbt. Mit salpetersaurer Silber- auflösung giebt sie einen schwarzbraunen Nie- derschlag, Auf das. blausaure Kali hat sie kei- nen Einflufs. Alle diese Eigenschaften .charakte- risiren sie als eine Säure von eigener Art. In der ' Lehre vom Blut werden wir sehen, dals von ihr 2 me die rothe Farbe des letztern abhängt. Der Spei- chel ertheilt also , vermöge dieser Säure, den Speisen die ‚erste Anlage zur Verwandlung dersel- ben in Blut, I. 7. Der Schlund und der Magen. Die durch Vermischung mit dem Speichel in eine breyartige Substanz verwandelte Speise ge- langt durch eine fortschreitende Zusammenziehung des Schlunds in den Magen, wo sie durch Zumi- schung des gastrischen Safts und durch die Con- traktionen des Magens noch weiter verändert wird. Wir. werden zuerst von dem Einfluls, den jener Saft auf sie äussert, und dann von den Zusam- menziehungen des Magens reden. Doch ist es nöthig, vorher einiges im Allgemeinen über die Form und Textur des Schlundes und Magens zu bemerken. | Man kann den Polypen umstreifen und die Oberfläche seines Körpers zur innern Fläche des Magens machen, ohne dafs die Verdauung we- niger als vorher von statten geht. Bey ihm müs- sen also die Oberhaut und die innere Magenhaut von gleicher Beschaffenheit seyn. Was bey dem Polypen der Fall ist, findet, aber im mindern Gra- de, bey allen Thieren statt. ‘Dieselben Häute, wel- che die Oberfläche des Körpers bedecken, ziehen ‚sich durch die Nasenhöhle, den Mund und den After - 334 ur After in das Innere des Körpers, und bilden die innern, Membranen des Nahrungscanals, Dieser besteht also zuerst aus einer innern Haut, die ein Fortsatz der Epidermis ist, Auf derselben liegt eine zweyte, die in das Fell (Co- riuwm) übergeht. Hierauf folgt eine dritte musku- löse Membran, die man mit dem Muskelfell (Pan- niculus carnosus) der Säugthiere verglichen hat. Bey den Thieren der höhern Classen -giebt es noch eine vierte, von dem Bauchfell herrührende Membran, Die Aebnlichkeit der innern Haut des Nah- rungscanals mit der Epidermis ist bey mehrern Säugthieren unverkennbar. Weniger deutlich ist sie bey manchen Thieren, deren Körper mit einer horn- oder schwielenartigen Decke umgeben ist, 2. B. den Gürtelthieren (Dasypus), den Schuppen- thieren (Manis), den meisten Amphibien und Fi- schen, und den Insekten. Untersucht man indefs jene vor, oder kurz nach dem Auskriechen aus dem Ey, und die Insekten zu der Zeit, wo sie sich zu verwandeln im ‚Begriff sind, sö zeigt sich‘ bey ihnen ebenfalls die Gleichartigkeit der erwähn- ten Häute. Uebrigens ist auch die innere Haur ‘des Nahrungscanals in dem Knorpelmagen vieler Thiere schwielenartig, Bey manchen Insekten, z. B. der Afterspinie (Phalangium), der Skolopender, der Larve des Nashorn- Nashornkäfers (Scarabaeus nasicornis) und der Lar- ve der Bremse (Tabanus bovinus) ist diese Haut äusserst zart, und viel enger als die umliegende Membran. Bey der Larve der Bremse bildet sie, was SWANMERDAMNM x) einen engern Darm in einem weitern nannte, Die zweyte Haut des Nahrungscanals läfst sich in zwey Blätter trennen, die in frühern Zei- ten für zwey verschiedene Häute angenommen wurden, Das innere Blatt, das man für einerley mit der Epidermis ansah, hiels die flockige, das äussere die nervige Membran. Diese .Blät- ter hängen in der That auch schwächer unter sich, als mit der innersten Haut und der musku- lösen Membran zusammen, Doch bestehen beyde aus einem schwammigen Zellgewebe, das nur in dem äussern Blatt fester, in dem innern weicher ist, Das Zellgewebe des innern Blatts bildet in einem Theil des Nahrungscanals hervorragende Zotten, die den Hautwärzchen ähnlich zu seyn scheinen. Diese finden sich indels nicht bey al- len Thieren, und überhaupt ist die zweyte Haut jenes Canals nicht im ganzen Thierreiche von ei- nerley Bau, Bey vielen Insekten ist sie eine schleim- oder gallertartige Substanz, Bey allen Thieren der fünf obern Classen, und auch bey vielen Insekten, giebt es, wenigstens an einigen r Stellen, x) Bibel der Natur, S, 268. / 336 Stellen, zwischen ihr und der Muskelhaut Schleim- drüsen, deren Oelinungen auf der innern Fläche des Nahrungscanals liegen. Die Muskelhaut besteht ebenfalls an den mei- sten Stellen aus einem doppelten Blatt, einen äussern, dessen Fasern längslaufend sind, und ei- nem innern, dessen Fasern die Gestalt eines Halb- kreises haben und jene der Queere nach durch- kreutzen. An einigen Stellen, besonders am Ma. gen, ist aber die Richtung dieser Fasern von an- derer Art. Auch ist die Dicke derselben an ver- schiedenen Stellen des Nahrungscanals und bey den verschiedenen Thierclassen sehr verschieden. Bey einigen Tbieren, z, B. dem Skorpion, sind die Fasern so fein, dafs sie sich auch unter stär- kern Vergrölserungen kaum erkennen lassen, Die äusserste, vom Bauchfell abstammende Haut bekleidet nur den untern, in der Bauch- höhle befindlichen Theil des Nahrungscanals, nicht aber den Schlund. Sie gehört zu der Art von Membranen, die BıcaAar geröse genannt.hat, und ist nur den vier obern Thierclassen eigen, Die Röhre, welche durch diese Häute gebil- det wird, ist bey den meisten Thieren einfach, nicht in sich zurückkehrend, und unausgefüllt, - Ausnahmen von dieser Regel giebt es nur unter den Insekten, und zwar unter denjenigen, die sich durch Saugrüssel oder Saugstacheln nähren, also | bey —— 337 ‚bey den Schmetterlingen, den Wanzen und den zweyflüglichen Insekten. Bey diesen fängt der Nahrungscanal nicht als eine einfache Röhre vom Munde an, sondern er wird durch das Zusam- menflielsen so vieler Canäle, als es Saugröhren giebt, gebildet. Beym Cimex rufipes L. theilt sich derselbe, nach meinen Untersuchungen, während der letzten Hälfte seines Verlaufs in vier, neben einander liegende, cylindrische Gefälse, die mit einem schleimartigen Gewebe ausgefüllt sind y). Bey den Cicaden kehrt er in sich zurück, und giebt am Schlunde eine zum After gehende Röhre ab z). Bey den Insekten der Bienenfamilie, die einen mit Rauwerkzeugen versehenen Mund und zu- gleich einen Saugrüssel haben, giebt es einen doppelten Apparat von Verdauungsorganen. Der Mund führt zu einem bis zum After fortgehen- den Nahrungscanal, wie bey andern mit Kinnla- den und Rinnbacken versehenen Insekten, Aber der Canal des Rüssels setzt sich in eine eigene Röhre fort, - Bey der Erdbiene finde ich den Bau dieser Theile von folgender Art, Der Rüssel ist eine y) Annalen der Wetterauischen Gesellsch. £. d. ge- sammte Naturk. B. ı. 8. 175. 2) Mecxer’s Beytr. zur vergl, Anat. B.ı. H.ı. S.ı. — Ramponnr’s Abhandl, über die Verdauungswerkz. der Ins. S. 199 #. IV. Ba. Y 338 — eine an der Basis cylindrische, nach der Spitze kegelförmig zulaufende Röhre, die aus halbkreis- förmigen , durch eine feste, sehnenartige Haut unter einander verbundenen Reifen besteht. Auf der Rückenseite geht eine Rinne von der Spitze zur Basis fort,‘ Auf der Bauchseite fehlen von .. der Basis an bis ohngefähr zur Mitte des Rüssels die knorpelartigen Queerreifen; hier ist es eine, dünne, weiche Membran, die den Canal des Rüs- sels bedeckt. Vorne endigt sich der leiztere in eine Saugöffnung ; hinten geht er in einen fla- . \ schenförmigen Bebkälter, und dann in ein enges, * aber sehr langes Gefäls über. Dieses’ Gefäls hat. ganz die Textur der Luftröhren; es besteht aus einer zarten Haut, die mit einem knorpelartigen Band dicht umwunden ist, — Bey der Hornisse finde ich einen fächerförmigen Rüssel, ‘an dessen vorderm, breiterm Ende es vier Szugöffnungen giebt, und desseu hinteres, schmaleres Ende sich in einen ähnlichen Canal, wie bey der Biene, fort- setzt. — Bey der Honigbiene geht dieser Canal, nach Ramnour’s Untersuchungen, mit-dem Schlun- de durch den Hiraring, nimmt vor diesem Durch- - gang die Ausführungsgänge zweyer Organe auf, die Rauponr anfangs für Geruchsorgane hielt, nachher aber für Speichelgefälse ‚erklärt hat, und theilt sich dann in zwey Arme, die sich endlich . in ein zotiiges, dem Netz der Insekten ähnliches, die Speiseröhre bis zum Hinterleib begleitendes - f \ wNWiösen: > ' = 339 Wesen erweitern a). Wenn Husger b) richtig be- obachtet hat, dals das Wachs, welches die Bienen bereiten, durch die Zwischenräume der hornarti- gen Ringe ihres Körpers hervordringt, so glaube ich, dafs jener zottige Körper das Absonderungs- werkzeug des Wachses ist, Gewöhnlich bildet der Nahrungscanal, nach- dem er in eylindrischer oder trichterförmiger Ge- stalt vom Schlundkopf eine gewisse Strecke her- abgestiegen ist, eine oder mehrere Erweiterungen, Jener herabsteigende Theil ist der Schlund, diese Erweiterung der Magen. Fälle, wo die Nahrungs- söhre mit gleichem Durchmesser vom Munde zum After geht, giebt es keine bey den Säugthieren und Vögeln, sondern nur.in den übrigen Thier- classen. Doch auch in diesen finden sich nur wenig Arten, bey welchen sich nicht ein Theil jenes Canals durch eine veränderte Textur als ein Magen zu erkennen giebt. Zu denen Thieren, deren Nahrungscanal von so einfachem Bau ist, dafs sich kein: Unterschied zwischen Schlund, Ma- gen und Gedärmen angeben läfst, gehört unter den Fischen der Schlan.mpeitzger (Cobitis fossilis) und a) Magazin der Gesellsch, naturf. Freunde zu Berlin. Jahrg. 5. Quart. 4. S. 386. — ‘'Germanr’s Magaz. der Entomol. J. ı. H. ı, 8, 155. b) Nouvelles ebservat, sur les abeilles. Geneyve, 1792, Ye \ 349 —— und nöch mehr der Hornhecht (Esox Belone), un- ter den Mollusken die Lingula anatina c), und un- ter den Insekten der Skorpion. Der Magen unterscheidet sich von dem übri- gen Nahrungscanal nicht nur durch seine Gestalt, sondern vorzüglich auch durch die Beschaffenheit seiner Häute und durch seinen Reichthum an a Alnt- gefälsen, Saugadern und Nerven. Die Fasern seiner Muskelhaut laufen nicht blos, wie im Schlunde und Darmcanal, der Länge und Queere nach, sondern gehen zum Theil auch ‚nach andern Richtungen und bilden Stränge, die eich zerästeln und mit ihren Aesten sich durch- kreutzen. Seine Epidermis ist höchst zart, und sehr genau mit dem weichen, fast schleimartigen innern Blatt der zweyten Haut verbunden, Die Arterien des Magens entspringen bey. al- len Thieren der fünf höhern Classen unmittelbar aus der Aorta d), und bilden mit den Venen des- selben, die sich bey den Säugthieren, Vögeln, Amphibien und Fischen in die Pfortader öffnen, in dem äussern Blatt der zweyten Magenhaut . ein c) Cuvıer, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. I. p- 69. d) Bey der Aplysia fasciata theilt sich die Aorta gleich nach ihrem Ursprung in drey Aeste, von welchen der mittlere blos zu dem vierfachen Magen. geht, (Cuvisa a. a, O. T. II, p, 287.). U — 341 ein zartes Netz, woraus eine zahllose Menge der feinsten Zweige in das innere Blatt dieser Mem- bran dringt, Bey den Insekten sind der Magen und die Zeugungstheile diejenigen Eingeweide, zu welchen. vorzüglich grofse und zahlreiche Luft- gefälse gehen. Besonders ist dies der Fall bey den Larven, bey welchen die Verdauung das Ue- bergewicht über alle übrige Funktionen hat, Sehr zahlreich sind auch im Magen derer Thiere, die Iymphatische Gefäfse besitzen, diese Saugadern. Der Magen endlich ist unter allen Eingewei- den der Bauchhöhle dasjenige, welches am ge- nausesten mit dem ganzen Nervensystem in Ver- bindung steht, Bey den Thieren der höhern Clas- sen ist er nicht nur durch die sympathischen . Nerven mit dem Rückenmark, sondern auch durch die Nerven des achten, oder, nach der neuern Benennung, des zehnten Paars mit dem Gehirn verbunden. Wir finden diesen genauen Zusam- menhang selbst bey den Insekten, Der Magen derselben erhält ebenfalls nicht nur Nerven aus den ihm zunächst liegenden Knoten des Rücken- marks, sondern auch vom Gehirn durch Swan- MERDAMM'S rücklaufende Nerven, ein Nervenpaar, welches aus einem von zwey bogenförmigen Hirnnerven gebildeten Knoten entspringt ‚und das | 2 8»: ute) ieh \ 342 0 . UN » ” ® ich bey mehrern Insekten aus den verschiedensten Familien angetroffen habe, Der ungestörte Zusammenhang des Magens durch jene Nerven des achten Paars mit dem Ge- hirn ist eine Hanptbedingung der Verdauung, Die Meisten Schriftsteller, die Versuche über die Durch- schneidung jenes Nervenpaars angestellt ‘haben, merken an, dafs nach der Operation Erbrechen eintrate). Nachher frafsen die Thiere nicht mehr, oder die Speise blieb unverdauet im Magen f). Dieser wurde nach dem Tode von VaLsaLvA g) bey einem Hunde zusammengezogen, von LE GAL- ro1s h) bey einem Meerschwein sehr ausgedehnt gefunden. Einige Beobachter wollen auch Fäulnils der Speisen im Magen bemerkt haben i), Meist aber \ e) M. s. unter andern BAcriviı dissert, de observ. anat, et pract. Exp. 7. — VarsarvA in MorcAsnt epist. anat. XIII. p. 504. 505. 512. 513. — Perit, Mem. de V’Acad. Roy; ‚des sc. de" Paris, A. 1727. p. ı, der OctavAusg. — Düvrurrress, Biblioth, medie. T. 17. p- !. £) Bacııvı lc, — DucroTAr DE BLAINvVILLE, Nouv. Bulletin de la Soc, philom, T. ı. p. 226. — Le Gär- rois Exper. sur le principe de la vie, p. 214. g) Morcascnt |. c. p. 505. h) A.a. O. 3) Brunw Exper. circa ligaturas nervorum in vivis animal. institutas. Gotling. 1755, — Haızer Mem. sur = aber fand man die Speisen im Magen unver- ändert k). Einige Erfahrungen von Brunn ma. chen wahrscheinlich, dafs jene Fäulnifs nur schein= bar war und von Exkrementen herrührte, die durch eine antiperistaltische Bewegung der Gedär- me in den Magen geführt waren. Der Magen und der Darmcanal sondern auf ihrer innern Fläche eine grofse Menge Flüssigkeit ab. In beyden secerniren die vielen Schleimdrü- sen, womit diese Fläche besetzt ist, eine grofse - Menge Schleim; in dem Magen erzeugt sich aus-_ serdem noch der Magensaft, und in den Ge- därmen die enterische Flüssigkeit, - Die Hauptquelle des Magensafts sind die letz- tern Zweige der Schlagadern, die sich in der Ma- genhaut zerästeln 1. Ein anderer Bestandtheil dessel- sur les parties sensibles et irritables. T. ı. Exp. 182. 285. 186. 188. k) Arnemann’s Versuche über die Regeneration. B. 1. x S. 262. — Emmerr in Reır’s u. Ausensıerm’s Ar- chiv f..d. Bäyıel; B. 9 S. 380. — Le Garxors a. a. O. p: 217%. y Werrer hist. cicutae aquat. p. 80. — SPALLAN- zanı's Vers, über das Verdauungsgeschäft, 5: 287. Y4 344 — desselben wird vielleicht durch die zahlreichen Drüsen abgesondert, die sich bey dem Menschen ‚vorzüglich häufig in der Nähe des untern Magen- mundes befinden, und welche von den Schleim- drüsen verschieden zu seyn scheinen, Jener Saft ist das vornehmste Auflösungsmittel der Speisen. Von einigen Thieren genommen, äus- sert er seine auflösende Kraft noch einige Zeit ausserhalb dem Körper. Diese Kraft aber ist ver- schieden nach der Verschiedenheit der Thierarten. Bey denen, die einen knorpelartigen, zum Zer- malmen der Nahrungsmittel eingerichteten Magen haben, z. B. den Hühnern, werden unzerriebene “ Fruchtkörner nicht von ihm aufgelöst, sondern nur zermalmt m). Zugleich löst er rohes Fleisch auf, und greift selbst Steine und Metalle an n). Bey den Krähen, Reihern und andern, sich sowohl von vegetabilischen, als animalischen Sub- stanzen nährenden Thieren, deren Magen nicht so stark als der der hühnerartigen Vögel, doch stärker als der Magen der Amphibien, Fische, wie- derkäuenden Thiere, Raubvögel und fleischfres- senden m) Diese und die folgenden Erfahrungen über den Magensaft sind, wo man nicht andere Gewährs- männer findet, aus SpALLANzAnTs angeführtem Werk genommen, \ a) BrucnArsırı in Creıt’s chemischen Annalen, J. 13787: B. 3, 5, 231 f, * um 345 senden Säugthiere ist, löst der Magensaft auch nur zerriebene Fruchtkörner auf. Vorzüglich aber wirkt derselbe auf weichere vegetabilische und animalische Substanzen, z. B. auf Früchte und Fleisch. Dieses wird durch ihn erweicht, verän dert seine Farbe, geht in eine Gallerte und zu- letzt in einen Brey über, Unzerschnittenes Fleisch wird schichtweise von der Oberfläche zum Mittel- punkt aufgelöst, Knorpel werden ebenfalls von diesem Saft angegriffen, Hingegen auf Knochen hat er keine Wirkung. Bey jenen Thieren äussert auch nicht nur der Magen, sondern schon der Schlund in seiner ganzen Länge auf die in ihm verweilenden Speisen eine auflösende Kraft; bey den hühnerartigen Vögeln hingegen werden die Fruchtkörner im Kropfe nur erweicht, nicht auf- gelöst. Der Magensaft der Amphibien und Fische ist von vorzüglicher Wirksamkeit. Er löst nicht nur unzermalmtes Fleisch, sondern auch ganae Kno- chen vollkommen auf, Doch wirkt er weit lang- samer, als der Magensaft der Säugthiere und Vö- gel, und seine Wirkungen sind einigermalsen ab- hängig von der Wärme der Atmosphäre. Die wiederkäuenden Thiere haben eine grofse Menge Magensaft, Vorzüglich ist .es der vierte Magen, worin derselbe erzeugt wird. Doch son- dert auch schon der erste und zweyte Magen | } ee eine. 3 46 | _ _— eine verdauende Flüssigkeit ab. Nach den Versu- chen von STEvEns 0) wurde Futter, welches in durchlöcherten Röhren eingeschlossen war, in dem Wanst eines Ochsen aufgelöst. Der gastrische ‚ Saft der Wiederkäuer vermag aber weder im Ma- gen, noch ausserhalb dem körper seine Kraft zu. Sussern, wenn die aufzulösenden Substanzen nicht vorher zermalmt und mit Speichel vermischt sind, Der Magensaft der Raubvögel zeichnet sich dadurch aus, dafs er auf vegetabilische Theile we- 'nig oder gar keine Wirkung, eine desto grölsere aber auf thierische Substanzen äussert, Fast eben so wirksam auf thierische Materien ist der Magensaft der Katzen, der Hunde und des Menschen. Der gastrische Saft des Menschen greift Knochen und Metalle anp). In dem Magen der Hunde erleidet sogar der Schmelz der Zähne, der von dem Magensaft anderer Thiere nicht an- gegriffen wird, einige Veränderung, Bey allen diesen Thieren äussert auch der Magensaft einen ebenso grolsen Einfluls auf vegetabilische Sub- stanzen, doch bey dem Menschen mehr, wenn dieselben gekäuet sind, als wenn sie unzermalmt in den Magen kommen, Ver- 0) De alimentorum concoctione. Edinb. 1777. In The- -sauro medico Edinburg. T.3. \ p) Kongl. Vetenskaps Academiens nya Handlingar. J. 1782. ıstes Viertelj. No. ı2, u / wusmerarnarn | 347 Vermöge der nach dem ‚Tode noch fort- dauernden Wirksamkeit des gastrischen Safts greift er in der Leiche zuweilen den Magen selber an Stellen, wo er sich gesammelt hat, und ausser- halb den durchlöcherten Magenwänden auch die benachbarten Eingeweide an, Hunrer q) machte diese Beobachtung zuerst an menschlichen Leichen, und blos an diesen ist meines Wissens ‚seine Er- fahrung bis jetzt wiederholt worden r). Ich habe aber auch an mehrern Thieren der niedern Olas- sen, die eine Zeitlang in Weingeist gelegen hat- ten, und an welchen alle übrige Theile noch ‘frisch waren, den Magen und die ihm zunächst gelegenen Theile zum Theil aufgelöst gefunden, JÄGER s) hat zwar Hunter’s Meinung von der Ursache jener Erscheinung zu bestreiten gesucht. Seine Gründe scheinen mir. aber nur zu bewei- sen, was ohnehin zu vermuthen war, dals einige Krankheiten den Magen, indem sie seine Spann- ‚kraft schwächen, zur Auflösung geneigter machen, Aus den angeführten Thatsachen folgt, dals der Magensaft bey einigen Thieren blos zermalmte, bey andern auch unzerriebene Nahrungsmittel auf- ; RR löst; q) Philos. Transact. Y. 1722, p. 447. 1) Vergl. Burns, Edinburgh medical and surgical Journal. Vol, 6. p.'129. s) HursrAsp’s u. Hımıy’s Journal der prakt, Heilk. A; ı811, St. 5 5 1, 348 man au, löst; dals bey einigen diese Auflösung unabhängig von der äussern Temperatur, bey andern hinge- gen nur bey einem gewissen Grade von Wärme vor sich geht, und dafs einige nur thierische Sub- stanzen, andere sowohl diese, als vegetabilische Materien aufzulösen im Stande sind. Die zer- setzende Kraft des Magensafts ist aber, selbst in Beziehung auf nährende Substanzen, keinesweges unbeschränkt, Das allgemeinste Nahrungsmittel, das es giebt, die Milch, wird von ihm zum Gerin- nen gebracht, und geht zum Theil in diesem coagulirten Zustande durch eine ziemlich lange Strecke des Darmcanals, Auch enthalten die Ex- kremente nach jeder Speise eine Menge unzer- setzter Fasern und Häute, Die auflösende Kraft ist auch nicht dem Ma- gensaft ausschlielslich eigen. Im mindern Grade besitzt jeder Theil des tbierischen Körpers das Vermögen, fremdartige Substanzen zu verzehren; Knochen, Fleisch und andere thierische Theile, die P. Smıt# in die Bauchhöble, oder unter das Fell lebender Thiere brachte, wurden hier völ- lig aufgelöst t). Hieraus läfst sich eine merk- würdige Beobachtung erklären, die Cuvier an der Salpa octofora machte. Er fand bey mehrern die- ser Thiere im Innern derselben, aber ausserhalb ihrem *) Prarrs u, Scueeı’s Nordisches Archiv für Naturk. u. 86. w. B.5. St, 2, S. 154. ihrem Magen, Theile einer Anatifa, woran alles, bis auf die äussere Haut, zerschmolzen und ver- schwunden war, und die vermuthlich durch die Oeffnung, wodurch die Salpen Wasser einziehen, hereingekommen waren v2 Diese Thiere haben zwar einen Magen. Vielleicht aber verdauen sie eben so viel ausserhalb, als innerhalb demselben, und machen den Uebergang zu denjenigen Orga- nismen, bey welchen das Athemholen, die Ver- dauung und mehrere andere Funktionen durch ei- nerley Organe geschehen. Bey den fleischfressenden Thieren und vielen von denen, die sich sowohl von animalischen, als thierischen Substanzen nähren, zeichnet sich noch der Magensaft durch einen hohen Grad von fäulnilswidriger Kraft aus, Er verhindert nicht nur die Fäulnils, sondern hebt sogar die ange- fangene wieder auf. Es findet daher bey der Auf- lösung der Speise keine Fäulnils statt, Nach den - Versuchen von Davy und Branpe ist aber auch das Gas, welches sich bey der Zersetzung der Speisen im dritten Magen der Wiederkäuer entbin- det, weder entzündbar, noch mit Kohlensäure vermischt w). Jene Auflösung geht also auch obne Gährung von statten, | Yon v) Annales du Museum &’Hist, nat. T. IV. p. 580. w) Philos, Transact. Y. 1807. P. 1. p. 163, 359 nn Von welcher Art ist nun dieser auflösende Saft? Was er unvermischt ist, läfst sich schwer bestimmen. Immer entbält er Speichel, den Saft der Schleimdrüsen des Schlundes und Magens, und oft auch etwas Gall, Im Magen der mei- sten, lebendig geöffneten, oder eben getödteten Thiere aber ist er eine reine und helle, doch et- was ins Gelbliche fallende Flüssigkeit, von etwas bitterm und salzigem Geschmack, nicht entzünd- lich, weder an der Luft, noch im Feuer gerin- nend, und bey den Thieren der obern Classen eine freye Säure enthaltend, Sr Diese saure Beschaffenheit des Magensafts ist zwar vun mehrern Schriftstellern bezweifelt wor- den. Allein es gibt zu wichtige Beweise dafür, als dafs sie sich mit Recht bezweifeln läfst, Zu- erst ist es gewils, dafs Milch und Eyweils durch jenen Saft zum Gerinnen gebracht werden x). Die- ses Vermögen hat er freylich mit mehrern andern thierischen Substanzen, z. B. den Muskeln, der Lunge, dem Herzen u. s. w. gemein y). Allein . der‘ x) J. Husten Observat. on berfaiie parts of the animal oeconomy. | ' y) Doch besitzt dieses Vermögen nicht die Leber, wenn anders Werner (Diss. sist. exper. circa modum, quo . chymus in chylum moutatur, Praes. Aurenrıeru. Tu- bing. 1800. p. 20.) gegen SPALLANZANI (A. a. OÖ. 5. 280.); der das Gegentheil beobachtet haben will, Reclıt hat, wa nn 351 der gastrische Saft röthet auch die Lackmustink- . tur. VırıDET z) beobachtete dies am dem Magen- saft des Schweins, Werner a) an dem des Pfer- des, des Schaafs, des Kaninchens, des Hundes und der Katze, Marsıczı b) an dem des Adlers und. der Kropfgans, und BruGnaTerLLlı c) an dem Ma- gensaft mehrerer fleisch- und körnerfressenden-Vö- gel. Ich habe das Nehmliche an dem Saft des Vormagens, der Hühner bemerkt, Bey manchen Thieren äussert sich die Säure des Magensafts auch durch den, Geruch, NEERGARD d) fand oft bey getödteten Hühnern, dafs Futter, welches mehrere Stunden im Kropfe verweilt hatte, mit einer beträchtlichen Menge eines stark säuerlich riechenden $Safts durchdrungen war. Auch spürte er an dem Fleisch, das sich in dem Vormagen eines Falco Lagopus befand, und schon hin und wieder aufgelöst zu werden anfıng, einen säuer- lichen Geruch €). Die z) Tractatus med. physic, de prima coctione. Genevae, 1692. C. 10. 11.22, &)L. 6, P. zig, 56, b) Danubius Pannonico - Mysicus, T. VI. Obs. misc, 9. 10, c) Crerr’s Beyträge zu den chem, Annalen. B. ı. St: 4, 5.74. #. d) Vergleichende Anat. u, Physiol. der Verdauungs- werkzeuge der Säugth. u.- Vögel, Berlin, 1900. S. 166: e) Ebendas. 5, 125. 352 Fe Die Versuche, worauf SraLLanzanı und an- dere Schriftsteller ihre Behauptung von der Abwe- senheit der Säure im Magensaft gegründet haben, sind keinesweges beweisend. Diese bedienten sich gewöhnlich eines Magensafts, der durch Erbre- chen ausgeleert war. Ein solcher ist aber immer mit Galle vermischt, welche die Säure desselben zerstört. Dabey gebrauchten sie zur Prüfung der Säure Alkalien, die hier zu wenig empfindliche Beagentien sind, CARMINATI f), der den ga- strischen Saft der fleischfressenden Thiere für sauer, und den der pflanzenfressenden für alka- lisch hielt, widerspricht sich, wie schon Wer. NER 8) erinnert hat, an mehrern Stellen, und er- klärt in einer spätern Schrift h) selber, dafs er - den Magensaft der pflanzenfressenden Thiere eben- falls für sauer, und die von ihm beobachtete Al- kalescenz desselben für Wirkung der Fäulnifs hal- te, BaucnateLuı i), der in dem Magensaft der Schaafe nach dem Abdampfen desselben Ammo- nium fand, bediente sich zu seinen Versuchen des Safts des ersten Magens, Aber nicht der-erste, son- f) Untersuchungen über die Natur und den verschiede» nen Gebrauch des Magensafts in der Arzneywissensch. u, 5. w. Wien. 1785. $. 108. g) L.c | h) Beobachtungen über den Gebrauch des Magensafts, gesammelt von SENNEBIER, Mannheim, 1785. $.37. i) A. a. O. 5.69. BE An sondern der dritte und vierte Magen enthält bey den wiederkäuenden Thieren das eigentliche Auf- ‚lösungsmittel der Speisen. Das von ihm erhal. . tene Ammonium rührte wahrscheinlich von dem Saft der Schleimdrüsen des ersten Magens her, Bey allen Vögeln, sowohl den kräuterfressenden, als denen, die sich blos von Fleisch, oder von Fleisch und Pflanzen zugleich nähren, fand auch er immer den Magensaft sauer, Wenn, wie zu vermuthen ist, die Wirksam- keit des Magensafts mit der Stärke dieser Säure in Verhältnifs steht, so mufs jene desto gröfser seyn, je näher dem untern Magenmunde der ga- strische Saft abgesondert ist. Dies ist wirklich auch der Fall, Vırınper k) untersuchte vermittelst der Lackmustinctur den Saft der Speiseröhre eines Schweins von oben an bis zum Magen, Im Schlun- de zeigte sich nirgends eine Spur von Säure; hin- gegen im Magen wurde die Tinktur lebhaft gerö- thet. In. Werner’s Versuchen ]) machte die in dem obern Theil des Magens eines Pferdes be- ’ findliche, ‘noch unaufgelöste Speise nur einen schwachen Eindruck auf die Lackmustinktur; stärker wirkte die Flüssigkeit aus dem Grunde des Magens, und am stärksten der in der Nähe | { | des k) L.e p 224. 0 i 2,3), Lu €,-.-PpsAb RR £ IV. Bd. .. Z ! > Pr ' des Pylorus gesammelte Chymus, In einem an- dern Versuch dieses Schriftstellers m) hatte der. aus dem ersten Magen von Schaafen genommene Chymus gar keinen Einfluls auf die Lackmustink- tur; der im zweyten Magen enthaltene Saft be- wirkte nur langsam eine schwache Röthe dieser Tinktur; der Chymus des dritten Magens wirkte | schon stärker, und der des vierten sehr lebhaft. "Aus dieser grölsern Wirksamkeit des im Grun- de des Magens befindlichen ‚gastrischen Safts läfst es sich erklären, warum E. Smit# n) in einigen Versuchen, wo er verschiedenen Thieren animali- sche und vegetabilische Substanzen in durchlöcher- ten und an Fäden gebundenen Röhren so bey- brachte, dafs diese nicht bis auf den Grund des Magens reichten, keine Veränderungen jener Sub- | etanzen beobachtete. Smirn schliefst aus diesen Versuchen, dafs es die Galle und nicht der Ma- gensaft ist, der die Auflösung der Speisen be- wirkt, ohne zu bedenken, dafs die Galle nicht anders als beym Erbrechen in beträchtlicher Men- ge zum Magen gelangt. Er führt zwar ‚noch eine andere Beobachtung an, nach welcher Fleisch ausserhalb dem Körper in Galle, nicht aber in Magensaft aufgelöst wurde, Allein diese ist so. oberflächlich erzählt, und widerspricht so vielen andern m) L..c. p. ı2 sq, | n) Reır’s Archiv £. d, Physiol, B, 35. S. 179. NE 355 andern Erfahrungen, dafs sie mir gar keine Rück- sicht zu verdienen scheint, - | Was ich bisher von der Säure des Magen- safts gesagt habe, gilt nur in Beziehung auf die Säugthiere, Vögel, Amphibien und Fische, Bey den Thieren der niedern Classen findet keine freye Säure jenes Safts statt. RaAmponr 0) beob- achtete, dals der Magensaft von der Raupe der Bombyx quercus mit Säuren stark aufbrauset, und die durch Essig geröthete Lackmustinktur wie- der blau färbt, Ich habe ebenfalls gefunden, dals der Magensaft des Oniscus Asellus, des Dytiscus marginalis, der Sphinx ligustri und der Raupe der Noctua dysodea Vırnn. die blaue Farbe der gerötheten Lackmustinctur wieder herstellt, Bey der Sphinx ligustri war das Blau nur schwach, bey den übrigen aber sehr lebhaft. Bey der er- wähnten Raupe färbte die ganze innere Fläche des Nahrungscanais das durch Essig geröthete Lackmuspapier blau, Die innere Fläche des Ma- gens brachte in diesem Versuch die stärkste, die des Mastdarms die schwächste Färbung hervor, Bey andern Thieren der niedern Classen, unter andern bey dem Scarabaeus nasicornis, Limax ci- nereus und der Helix Pomatia war der Magen- saft weder sauer, noch alkalisch, Deutet o) Abhandl, über die Verdauungswerkz. der Ins. 8, zo. | Ze - 336 per, »Deutet diese verschiedene Beschaffenheit des gastrischen Safts bey den Thieren der höhern und. niedern Classen auf eine Verschiedenheit in der Ernährungsweise derselben hin? Und steht diese Verschiedenheit mit der abweichenden Mischung des Bluts der rothblütigen Thiere und der Mol- lusken , Insekten u. s. w. in Beziehung? Ich glaube nicht, dals dies der Fall ist, Nach chemi- schen Gründen kann zwar das Auflösungsmittel der Speisen eben sowohl ein Alkali, als eine Säure seyn. Aetzende Alkalien lösen im Ganzen mehr ihierische und vegetabilische Substanzen, als die meisten Säuren auf. Allein es ist auch möglich, dals bey den Mollusken und Insekten der reine Magensaft ebenfalls sauer und die Säure desselben blos durch den alkalischen Schleim des Nahrungs- canals verhüllt ist. Auch der Speichel ist an sich sauer; er erhält erst durch die Zumischung. des Safts der Schleimdrüsen des Mundes eine alkali. sche Beschaffenheit; aber seine Säure wird da- durch nicht aufgehoben, sondern zeigt sich fort- dauernd durch seine Kraft, die Milch zum Ge- rinnen zu bringen p). Diese Vermuthung, dafs die Säure des Magensafts bey den Thieren der niedern Olassen blos verhüllt ist, halte ich um ' so mehr für wahrscheinlich, da- ich, wie ich in der Folge umständlicher erzählen werde, in dem Koth der Weinbergschnecke die Galle durch den Ver- s p) VerArsz: in Commentar. Bonon. T. VI. S. 269, | I 1 Verdauungsprocefs auf eine Art verändert fand, ‚wie sie nur durch Säuren verändert wird, Chemische Untersuchungen würden hier Licht geben können, Aber diese sind bis jetzt in Be- treff des Magensafts höchst unbefriedigend, Nach ScoroLı g) besteht der gastrische Saft des Raben aus reinem Wasser, aus einer thierischen Sub- stanz, die seifenhaft und gallertartig ist, aus salz« saurem Ammonium, und aus einer ähnlichen er- digen Materie, wie man in allen thierischen Sub- stanzen antrifft,. BrucnArteELtı r) fand in dem Magensaft von Eulen Wasser, eine Säure, einen harzigen Bestandtheil, eine thierische Substanz und etwas salzsaures Natrum, Der Saft des er sten Magens eines Schaafs lieferte ihm vieles Was- ser, Ammonium, eine gallertartige Materie und salzsaures Ammonium, MacquarrT 8) hingegen erhielt aus dem Saft des ersten Magens eines Ochsen und Schaafs Wasser, eine gerinnbare Ma- terie, Phosphorsäure, phosphorsauren Kalk, Harz, salzsaures Natrum und salzsaures Ammonium, Die beyden letztern Angaben sind von geringem Werth, da der eigentliche Magensaft der wiederkäuenden _ Thiere nicht in dem ersten Magen enthalten ist, Die gq) In SpArrAnzanıs angeführtem VYerke, $. 275 FIRE s) Mem, de la Soc, Roy, de Medecine, A, 1786. p: 355 Ne 23 377. 4 358 mn Die harzige Materie, die Brnugnatertı und Mac« QuUART in dem Magensaft fanden, war gewils nichts anders, als durch die Säure des Magens abgeschiedenes Gallenharz, Mir scheint ein Bestandtheil des Magensafts Milchsäure zu seyn. Man findet diese, mit etwas Natrum verbunden, in allen serösen Flüs=- sigkeiten, welche ebenfalls im mindern Grade das Vermögen besitzen, thierische Substanzen aufzu- lösen. Schon der Analogie nach ist sie also auch im Magensaft za vermuthen. Ich habe aber auch bey Versuchen über die Verdauung der Hühner gefunden, dafs Wasser, womit die im Vormagen und muskulösen Magen dieser Vögel enthaltenen Materien ausgezogen waren, erwärnt den Geruch des Fleischextracts, welches vorzüglich aus milch- saurem 'Natruım besteht, aushauchte, und dafs dies selbst dann der Fall war, wenn die-Thiere blos mit vegetabilischen Nahrungsmitteln gefüttert waren, Das Resultat eines Versuchs, den ich über die. Wirkung der sauren Molken auf Weitzen- mehl und Fleisch anstellte, war ebenfalls meiner Meinung günstig. In einer Wärme von Go bis 70° R. verband sich das Mehl mit den Molken zu einer weissen Flüssigkeit, welche das nehmliche Ansehn hatte, wie der in dem Zwölffingerdarm von Hühnern, die mit Getreidekörnern gefüttert waren, enthaltene Chymus, und sich auch auf ähn- i liche ———— | 359 liche Art wie dieser gegen chemische Reagentien verhielt. Gebratenes Kalbfleisch wurde in jener Wärme von den Molken an der Obertläche ange- griffen, und gab mit denseiben eine der Fleisch- brühe ähnliche Flüssigkeit. - Indefs von der Milchsäure allein läfst sich die auflösende Kraft des Magensafts nicht ableiten, Es mufs noch eine andere stärkere Säure in die- sem enthalten seyn, wovon er das Vermögen hat, HKinochen und, selbst Steine angreifen zu können, Nach den obigen chemischen Analysen würde die- selbe Phosphorsäure seyn. Diese scheint aller- dings einen Bestandtheil des Magensalts auszu- machen. In dem Saft des Vormagens von Hüh- nern, welcher bey diesen Thieren das eigentliche Auflösungsmittel des Futters ist, sahe ich von sal- petersaurem Bley, Quecksilber und Silber, so wie von schwefelsaurem Silber Niederschläge entste- hen, die auf Phosphorsäure deuteten. Allein ich fand auch, dafs salzsaurer uud salpetersaurer Ba« ryt ebenfalls gefällt wurden. In Betrelf der Ver- wandischaftsstufe des. Baryts gegen die Phosphor- 'säure sind nun zwar die Angaben der Chemiker ‘verschieden t). Doch ist so viel gewils, dals der phos- 9 Gren’s Handb. der Chemie, Ste Aufl. Th. 2. S. 306. 307. — SUERSEN in ScHherer’s allgem. Journ. der Chemie. B. 8. S. 2115. — Prarr im. Nordischen Ar» chiv £ Naturk. u s, w. B. 4. 8.3.5186. Z4 360 mm phosphorsaure Baryt von der Salpetersäure aufge- löst wird v). Wenn also auch der Niederschlag, den die salzsaure Schwererde in jenem Versuch bewirkte, von Phosphorsäure entstanden wäre, so hätte doch diese Säure keine Fällung in der salpetersauren Barytauflösung verursachen können, Es mulfste also noch eine andere, der Schwererde näher als Salz- und Salpetersäure verwandte Säure, in der Flüssigkeit enthalten seyn. Für Schwefel-. säure liels sich diese nicht annehmen, da das | schwefelsaure Silber ebenfalls gefällt wurde, Aus- ser dieser Säure war aber keine andere übrig, worauf man schlielsen konnte, als Flulssäure; Um diesen Schlufs zu prüfen, brachte ich den Saft des Vormagens von Hühnern, theils blos mit Wasser, theils auch mit etwas Schwefelsäure vermischt, in einem Gefäls, worüber eine Glasta- fel lag, zum Kochen, Der Erfolg entsprach zwar jenem Schlufs nicht; an dem Glase war keine Auflösung zu bemerken. Aber ich erwartete sel- ber nicht viel von diesem Versuch. Nach dem: Zusatz der Schwefelsäure entwickelte sich beym. Kochen so viel Ammonium, dafs das flulssaure Gas, welches vielleicht mit entbunden wurde, gleich wieder neutralisirt werden mulfste, und aus dem blos mit Wasser verdünnten Saft konnte ‚schwerlich die blofse Siedewärme das fulssaure Gas austreiben. ee Di Meh- v) Prarr a, a 0, 361 Mehrere andere Gründe scheinen mir dagegen »zu beweisen, dals Flufssäure wirklich im Magen- saft enthalten, und das Hauptauflösungsmittel der ‚Speisen ist. Nach Prarer’s Beobachtung wurde ein Onyx in dem Magen einer Henne binnen vier Tagen um den vierten Theil kleiner w). In Reav- MUR’S x) und SPALLANZAN!Is y) Versuchen wur- den’ kleine Glaskugeln, die über der Lampe ge- blasen waren, und welche die Stärke hatten, dafs man sie gewaltsam gegen den Boden werfen konn- te, ohne sie zu zerbrechen, in dem Magen eines Kapauns und einer Henne binnen‘ drey Stunden in kleine Stücke zermalmt, deren Enden so rund waren, als wenn sie absichtlich wären abgerundet worden, Selbst Stücke einer Glasscheibe wurden in dem Magen der hühnerartigen Vögel zerrieben, und zwar ohne Verletzung der Magenwände, Die- | ses Zerreiben läfst ‘sich nicht ohne Hülfe eines chemischen Auflösungsmittels erklären, da dasselbe auch bey Versuchen statt fand, wo der Magen keine Steine enthielt z), und die mechanische Wir- kung blos von den Magenwänden herrühren konn- te, die nothwendig hätten verwundet werden müssen, w) M.s, oben $. 2. dieses Kap. - x) Mem, de l’Acad, des sc. de Paris, A. 1752. p. 272. 275. j y) Vers. über das Verdauungsgeschäft, $,10,13. 15. 2) SPALLANZANI a, 2. OÖ, S. 20. 25 362 eemeseaun müssen, wenn nicht ein auflösender Safı die Spitzen der Glassplittern erweicht hätte. Bey ei- nem meiner Versuche über die Verdauung der Hühner bemerkte ich auch, dafs das Email einer porcellanenen Tasse, worin ich den Aufguls ei- nes Theils der in dem Nahrungscanal befindli- chen Materien hatte digsriren lassen, stark ange griffen war. Ich machte diese Bemerkung aber erst, nachdem die bey den Versuchen gebrauchten Tassen schon wieder gereinigt waren, und kann daher die nähern Umstände nicht angeben. — Die auflösende Kraft, die man bey allen diesen Erfahrungen anzunehmen genöthigt ist, läfst sich nur in der Flulssäure suchen. Die Phosphorsäure wirkt zwar auch einigermalsen auf Glas und Porcellan, doch nicht ın dem Grade, wie man hier voraussetzen mulfs, | Jene Hypothese hebt zugleich eine Schwie- rigkeit, die sonst schwer aufzulösen ist, Bey meh- rern T'hieren zeigt der Magensaft weder eine freye Säure, noch ein freyes Alkali, und da, wo er jene besitzt, äussert sich dieselbe oft nur dureh eine schwache Wirkung auf Pflanzenpigmente. Wie demohngeachtet dieser Magensaft bedeutende auf. lösende Kräfte haben kann, lälst sich bey der Voraussetzung, dals Flufssäure ein Bestandtheil desselben ist, aus WırsLew’s bekannter Erfahrung erklären, nach welcher das flulssaure Ammonium noch Pr — 363 ' noch eben sowohl, wie die freye Flulssäure, die Kieselerde auf dem nassen Wege angreift, Unsere Hypothese hat endlich nichts, was der Analogie uw ist. Man fand die Flufssäure auch schon in den Knochen und im Harn a), und vielleicht wird man sie noch in andern thierischen Substanzen entdecken. S. 9 Der Chymus. Die von dem Magensaft aufgelöste Speise ist eine noch ungleichartige Flüssigkeit, worin sich sehr viel von einer Substanz, die Emmerr für Gallerte hält, eine freye fixe Säure, und stark oxydirtes Eisen findet, die aber nicht von der Wärme zum Gerinnen gebracht wird, und über- haupt keinen Eyweilsstoff enthält, Diese von Emmerr b) und WERNER c) gemach- ten Erfahrungen führen auf merkwürdige Resn]- tate, Emmert beobachtete die gallertartige Be- schafenheit des Chymus an einem Pferde, also an einem pflanzenfressenden Thier, dessen Nah- rungsmittel vorzüglich durch die darin enthalte. | | | nen a) Berzerius in GeHrLen’s Journal £. d, Chemie u. Physik, B 3. Sı b) Reır’s Archiv f. d. Physiol. B.g, 8. 176, c) Exp. circa modum, quo chymus in chylum muta- tur, P. 15. | ‘nen kleber- und stärkemehlartigen Bestandtheile nährend sind, aber keine Gallerte enthalten, Wo- her nun die gelatinöse Natur des Speisebrey in den obigen Beobachtungen? Wir wissen aus dem zweyten Abschnitt des gegenwärtigen Buchs, wo von der vegetabilischen Ernährung die Rede war, dals beym Heimen der Saamenkörner und Knollen das Stärkemehl in. Schleim und Zucker zersetzt wird, und dals um- gekehrt im Stamm und den Zweigen der Schleim und Zucker wieder in Stärkemehl. übergeht. Fin- . det ein ähnlicher Procels etwa bey der thierischen Verdauung statt ? Um hier zu sichern Resultaten zu gelangen, ist es nothwendig, das Verhalten des Eyweils- stoffs, als desjenigen Bestandtheils der thierischen sowohl, als vegetabilischen Körper, welcher vor- züglich nährend ist, und der, seiner Gerinnbar- keit wegen, bey der Verdauung am meisten ver- ändert werden muls, gegen seine Auflösungsmit- tel zu untersuchen. Ich habe eine Reihe von Versuchen über diesen Gegenstand angestellt, und bin dabey auf das Resultat gekommen, dals der Eyweilsstoff durch einen gewissen Grad von Säu-- rung in Gallerte verwandelt wird; dafs die ver- einigte Wirkung von Säuren. und Alkalien den- selben in den Zustand des Schleims versetzt, und dals ein höherer Grad der Säurung; be- / sonders \ ' > | 365 . sonders von Metalioxyden, ihn als Faserstoff nie- derschlägt. Schon Hartcarertr d) bemerkte, dafs Eyweils nach langer Einweichung in verdünnter Salpeter- säure sieh in kochendem Wasser auflöst, und nach dem Abdampfen eine gallertartige Masse lie- fert, die eben so wie der Leim durch Gerbestc niedergeschlagen wird,: Ich erhielt zuerst eine ‚gelatinöse Materie, als ich eine Auflösung des Ey- weils in concentrirtem Essig eine Stunde in Ro- ehen erhielt, von Zeit zu Zeit statt des verdün- steten Essigs Wasser nachgofs, und endlich das niedergeschlagene Eyweils durch Filtriren abson- derte, Die Auflösung ging nach dem Erkalten in eine weilsliche Gallerte über, und wurde über dem Feuer wieder flüssig. Doch schlugen sich bey der Wiederholung des Kochens immer noch häutige Concremente nieder, die sich nicht wieder auflösten. Es bildete sich hier also eine der Gal- lerte zwar ähnliche, doch, wie die fortdauernde Präcipitation des Eyweils bewies, noch nicht ganz gleiche Substanz. Eine wahre Gallerte entstand aber, als ich eine Mischung aus zwey Drachmen Eyweils, einer halben Unze Phosphorsäure und ei- ner Unze Wasser zwey Stunden in einer Wärme von 60°R, erhielt. Am Ende dieser Zeit hatte sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit eine weisse, feste d) Philos, Transact, Y. 2800. P. 2, p. 327. 366 a men feste Haut gebildet, unter welcher alles eine was- serhelle, gleichförmige. Auflösung war. Erkaltet ging die letztere in eine der Knochengallerte ganz gleiche Masse über, indem sie alles Wasser in sich aufnahm, Mit neu hinzugegossenem Was- ser erwärmt, löste sie sich wieder auf, und mit wässrigem Galläpfelaufguls vermischt, gab sie dasselbe flockenartige Präcipitat, das man aus Knochengallerte mit Gerbestoff erhält. N Lälst man Eyweils mit einer nicht. zu star- ken Säure digeriren, und setzt dann ein Alkali hinzu, oder löst man umgekehrt Eyweils erst in einer alkalischen Lauge auf, und vermischt dann die Auflösung mit einer nicht zu starken Säure, so schlägt sich zwar ein Theil des aufge- lösten Eyweils als ein festes Präcipitat nieder; aber ein Theil bleibt mit der Säure und dem Al. kali vereinigt, und bildet eine schleimige Masse, die weder wie Gallerte beym Erkalten erstarrt, noch wie Eyweilsstoff in der Hitze gerinnt, sich also wie thierischer Schleim verhält. In eine ähn- liche Masse wird auch Gallerte durch den Einfluls der Alkalien versetzt. Ueber die Entstehung des Faserstoffs aus dem Eyweils werde ich unten, in der Lehre vom Blu- te, meine Beobachtungen mittheilen. Hier bemer- ke ich nur noch, dals sich bey der Digestion des Eyweils mit Säuren immer eine häutige Sub- , stanz wm 367 stanz absondert, welche ganz die Eigenschaften des Faserstoffs hat, Das Eyweils löst sich also in Säuren auf, indem es sich dem Zustand der Gallerte nähert, zugleich aber einen geronnenen Theil als Faser- stoff zurückläfst. Dieser ist, wie aller Faserstoff, nur mit Hülfe der Wärme in concentrirten mine- ‚ralischen Säuren, z. B. in Salpetersäure, und nicht anders als mit gänzlicher Veränderung seiner Na- tur auflöslich. Er wird aber von ätzenden Al- kalien aufgenommen, und lälst sich daraus durch Säuren wieder fällen. Die Gallerte und der Schleim lösen sich so- wohl flüssig, als trocken in Säuren völlig auf, und zwar die Gallerte ohne in der Rälte ihre Na- tur merklich zu verändern, Eyweilsstoff, Gallerte, Schleim und Faserstof sind die gemeinschaftlichen und vorzüglich näh- renden Grundtheile aller thierischen Organe und Säfte, Der Eyweilsstof und der Schleim sind auch den Pflanzen eigen. Der vegetabilische Fa- serstoff scheint von dem animalischen dem We- sen nach nicht verschieden zu seyn. Eigenthüm- lich dem Thierreiche ist aber die Gallerte, wie das Stärkemehl und das Gummi dem Pflanzen. reiche. Diese vegetabilischen Grundtheile werden jedoch, wie die Gallerte, von Säuren, Alkalien und blofsem Wasser aufgelöst, Wenden 368 vera nuuen Wenden wir diese Sätze auf den Verdauungs- procels an, so folgt, dals der Magensaft vermöge seiner Säure und seines Wassers von den ange- ‚führten nährenden Grundtheilen der Thiere und Pflanzen den Eyweilsstoff, die Gallerte, den Schleim, das Stärkemehl und das Gummi auflöst; dafs hingegen der Fäserstoff für ihn unauflöslich ist, und dafs auch bey der Aufnahme des Eyweils- stoffs immer ein Niederschlag von Faserstoff er- folgt; endlich dafs jene auflöslichen Substanzen von dem gastrischen Saft als Schleim oder Gallerte aufgenommen werden, Es lälst sich zwar gegen diese Folgerung der Einwurf machen, dafs die Umwandlung des Eyweifsstoffs in Gallerte vermit- telst chemischer Mittel nur bey einer Temperatur geschieht, die nicht bey der Verdauung statt An det. Allein wir-haben schon oben (ß$. 7.) gesehen, dafs eine Hauptbedingung des Digestionsprocesses die ungestörte Einwirkung der Nervenkraft auf den Magen ist, und unten. werden wir finden, dafs diese Einwirkung in vielen Fällen dem Ein- flufs einer hohen Temperatur ganz analog ist, Ueber die Richtigkeit aller dieser Schlüsse können nur Erfahrungen entscheiden, Die ‚oben erwähnten Resultate der Versuche von EmmerT stimmen mit denselben schon überein, Ich habe Versuche an Hühnern gemacht, die ebenfalls der- selben günstig sind. : Von mehrern dieser Thiere, - die S die in Käfigen gehalten wurden, liefs ich einige: mit einer Mischung aus vegetabilischer und ani- malischer Rost, die übrigen blos mit Gerstenkör- nern.und Wasser füttern, Beyde bekamen dabey Sand und kleine Steine. Die erstern hatten den Tag vor ihrem Tode Gerstenkörner und Küchen- abfall, welcher aus Milch, Fleischbrühe und Grau- pen bestand, erhalten. Bey der Untersuchung ihres Nahrungscanals fand ich den Inhalt dessel- ben von folgender Art, In dem Kropf war das Futter noch unver- ändert. Der Vormagen enthielt Stücke‘ geronnener Milch, aufgequollene Gerstenkörner und saure Molken, | In dem Knorpelmagen fand ich eine grofse Menge Sand und zerriebene Gerstenkörner. Der dünne Darm war mit einem Brey ange- füllt, der bis zu der Gegend, wo sich die Gallen- gänge in jenen öffnen, eine graue Farbe hatte, Bis zu jener Stelle erstreckt sich bey den Hühnern das erste Stadium der Verdauung. Hier ‘theile ich meine Beobachtungen nur 80 weit mit, als sie dieses betreffen. Die weitern Veränderun- gen des Chylus in den folgenden Theilen des Darmcanals werde ich in der Folge beschreiben. Der Inhalt des Vormagens färbte Lackmuspa. pier röthlich, und verbreitete erwärmt einen star- IV. Bd. Aa 7 ken 379 gmmmarmen ken Geruch nach Milchsäure, Die übrigen Mate- rien des Nahrungscanals reagirten gegen die Lack- mustinktur weder sauer, noch alkalisch. _ Sowohl in dem Vormagen, als in. dem Kner- pelmagen, in welchen leiztern die Speisen bey den Hühnern erst zerrieben werden, waren noch wenig assimilirte Substanzen zu suchen. Diese konnten erst im Anfang des dünnen Darms zu finden seyn. Doch gols ich auf den Inhalt des Knorpelmagens kaltes Wasser, erhielt den Aufguls eine halbe Stunde in einer Wärme von ohnge-: fihr 70° R., seihete iha durch und prüfte die dürch das Filtrum gegangene Flüssigkeit, die das Ansehn einer schwachen Auflösung von Satzmehl hatte, mit wässrigem Galläpfelaufguls. Bey dem Erhitzen gab die Flüssigkeit den. Geruch des Fieischextrakts von sich, da der Inhalt des Vor- magens blos nach Milchsäure roch. Nach dem Zusatz des Galläpfelaufgusses bildete sich ein Prä- cipitat, welches zunahm, als die Mischung von neuem über ein gelindes Feuer gebracht wurde. Dieser Niederschlag konnte von drey verschiede. nen Substanzen herrühren, von Stärkemehl, Gal- lerte, oder Fleischextrakt, Dafs sich Stärkemebl in ihr befand, war deshalb nicht wahrscheinlich, weil sich eine mit Galläpfelaufgufs vermischte und erwärmte Auflösung dieser Substanz immer mit einer Haut von Faserstoff überzieht, welches | mit gramm 37K mit jener Flüssigkeit nicht der Fall war, Das Hauptkennzeichen der thierischen Gallerte, in der Rälte zu erstarren, fehlte ihr aber auch, Sie liels sich daher nur für Fleischextrakt annehmen, mit welcher Annahme auch ihr Geruch überein- stimmte, Den in dem obern Theil des dünnen Darms befindlichen Chymus verdünnte ich mit kaltem Wasser, und drückte ihn durch ein leinenes Fil- traum. Die durchgegangene Flüssigkeit A bestand aus einem klaren, wässrigen Theil, und einer ‚ dickern, weifslichen Materie. Auf einem Filtrum von Löschpapier blieb die letztere zurück, indem blos der wässrige Theil durchging, Der auf dem leinenen Filtrum gebliebene Rückstand hatte gröls- tentheils das Ansehn geronnener Milch. Ich, setzte zu der filtrirten Flüssigkeit A eine gleiche Quantität Alcohol, und liels diese Mischung B damit gelinde aufkochen. Nach dem Erkalten hatte sich Eyweifsstoff, doch nur in geringer Quantität, niedergeschlagen. Der letztere wurde vermittelst Filtrirens abgesordert, und die eine Hälfte a der durchgeseiheten Mischung B mit Gall- äpfeltinktur versetzt, Diess brachte in der Kälte keinen Niederschlag hervor; bey mälsiger Er- hitzung bildete sich in der Flüssigkeit eine braune Wolke. Zugleich entwickelte sich statt des Ge. ruchs nach Fleischbrühe, den der. Inhalt des HKnor- | Ce pel- 372 | ® Wurm pelmagens hatte, wieder derselbe Geruch nach sauren Molken, den die Materien des Vormagens aushauchten. In der Kälte löste sich die erwähnte braune Wolke wieder auf; die Flüssigkeit be- deckte sich dabey mit einer Haut, gelatinirte aber nicht. Es war also auch hier keine Gallerte vor- handen. Jene Haut aber deutete auf Stärkemehl. | Die andere Hälfte b der vom Eyweilsstoff ge- reinigten Flüssigkeit B vermischte ich mit einer gleichen Menge ätzender Kalilauge, liels die Mi» schung gelinde aufkochen, und setzte nach dem Erkalten geistigen Galläpfelaufgufs hinzu. Es entstand hierauf ein starkes, körniges, braunes Präcipitat. Dieses mulste von einer thierischen Substanz herrühren. Das ätzende Rali fället zwar, auch den blolsen Gerbestoff aus seiner Auflösung. Aber dieser Niederschlag erscheint als eine braune oder gelbliche Wolke, nicht als eine körnige Ma- terie. Ein ganz ähnliches Präcipitat erhielt ich dagegen, als ich eine durchgeseihete Auflösung von Nasenschleim in verdünnter Salpetersäure mit ätzendem Kali und Galläpfeltinktur vermischte, Der Geibestoff scheint hier, verbunden mit thie- rischem Schleim, durch das Kali gefällt zu wer- den. Diese Versuche beweisen’also, dafs ein Theil der Flüssigkeit des dünnen Darms aus thierischem Schleim bestand. Es frägt sich indels, ob dieser Schleim verähnlichter Nahrungssaft, oder blos Darm- — 373 Darmschleim war? Dals er zum Theil aus Darm- schleim bestand, ist allerdings möglich, Dafs er aber nicht gröfstentheils von assimilirten Nah. rungsmitteln herrührte, läfst sich kaum bezwei- feln, da es sonst nicht einzusehen ist, was der eigentliche, zur Einsaugung bestimmte Nahrungs- saft gewesen seyn sollte. Die Resultate dieses Versuchs waren also fol- gende. Der Knorpelmagen enthielt weiter keine aufgelöste Substanz als Fleischextrakt ‚ welches aber wohl nicht blos von der Fleischbrühe, wo- mit die Hühner gefüttert waren, sondern auch von dem gastrischen Saft herrührte, da ich den Geruch desselben auch an dem Chymus von Thie- ren, die blos Pilanzennahrung erhalten hatten, bemerkt habe. Die Auflösung des Futters geht bey den Hühnern erst im Anfange des dünnen Darms_ vor sich, In diesem fanden sich an aufge- lösten thierischen Substanzen Eyweilsstoff, Stärke- mehl und thierischer Schleim. Der Eyweilsstoff war aber in zu geringer Quantität vorhanden, als dals er bey der Ernährung von Wichtigkeit seyn konnte. Nur das Stärkemehl und der Schleim liefsen sich für aufgelöste und zur Verwandlung in Chymus vorbereitete Substanzen annehmen. Bey einem der übrigen Hühner, die blos mit Gerstenkörnern und Wasser gefüttert waren, ent- Aa nich "374 — hielt der Nahrungscanal bis zum Eintritt der Gal- lengänge folgende Materien, Im Kropf fanden sich blos unveränderte Ger- stenkörner. Der Vormagen enthielt ‚einen weissen Saft ohne Futter. Der Knorpelmagen war mit zerriebenen Körnern, und der Zwölffiingerdarm mit einem grauen Brey angefüllt. Wie in dem 'vorigen Versuch zeigte auch hier blos der Saft des Vormagens eine Säure, und dieser verbreitete erwärmt einen scharfen Fleisch. geruch, Die übrigen Materien des Nahrungsca- nals reagirten weder sauer, noch alkalisch. Auf den Inhalt des Knorpelmagens gegossenes kaltes Wasser wurde weils und undurchsichtig. Galläpfelaufguls schlug aus demselben nichts nie- der. Weingeist und Schwefeläther fällten eine geringe Menge Eyweilsstoff, Ich erhielt den Auf- guls eine Stunde in einer Wärme von 60 bis 70° R. und prüfte ihn dann von neuem mit Galläpfel- aufguls; es entstand Trübung, doch kein voll- ständiger Niederschlag. Ich gols von neuem Was- ser auf den unaufgelösten Rückstand, und brachte dieses zum Kochen, Jetzt entwickelte sich deut« lich der Geruch des Stärkemehls. Zugleich wurde der untere Theil der Flüssigkeit klebrig, wie ge- kochte Stärke. Als der Aufguls durchgeseihet und. erkaltet war, hatte sich ein Bodensatz von klei- nen weissen Körnern gebildet, die ganz das An- sehn 375 :sehn des weissen Satzmehls (fecula) hatten. Der -auf dem Filtrtum gebliebene Rückstand war eine ‚gelbliche, klebrige Materie, die sich in ätzenden Natrum selbst beym Kochen nicht ganz auflöste, und meist aus vegetabilischen Fasern zu beste- hen schien. Von der breyartigen Materie, womit der obere Theil des dünnen Darms angefüllt war, nahm kaltes Wasser su wenig auf, dals kaum die Far- be desselben dadurch verändert wurde, _Als der Aufgufs eine Stunde in einer Wärme von 60 bis 70° R, gestanden hatte, war ein Theil des Chy- mus aufgelöst worden. Nach dem Erkalten setzte sich wieder ein weisses Pulver ab, das sich wie .weisses Satzmehl verhielt, Die durchgeseibete Abkochung gab mit Galläpfelaufgufs, einen Nie- ‚derschlag, welcher ebenfalls weisses Satzmehl ent- bielt. Weingeist schlug, selbst als die Mischung zum Kochen gebracht war, keinen Eyweilsstoff nieder. Galläpfelaufgufls und ätzendes Kali, wel che zu dieser Mischung mit Weingeist gesetzt wurden, fällten blofsen Gerbestoff ohne Schleim. Der auf dem Filtrum gebliebene Rückstand wur- de von ätzendem Rali aufgelöst, und durch Essig- säure wieder gefällt; der Niederschlag hatte das Ansehn des vegetabilischen Eyweifsstoffs, l In diesem Versuch, wo das Thier blos mit einer vegetabilischen Substanz gefüttert war, de- | Aa ven | 376 Se ‚._— ren nährende Bestandtheile in Stärkemehl und: Rle- ber bestanden, fand sich also in den ersten We gen keine Gallerte, sondern die aufgelösten Sub- stanzen waren blos Eyweilsstoff und Stärkemehl, ‚Jener machte aber auch hier, wie im vorigen Versuch, einen so unbedeutenden Theil. aus, dals man ihn nicht für eine assimilirte Materie an- nehmen konnte, Nur die Auflösung des Stärke-- mehls konnte zur Verwandlung in Chylus be- stimmt seyn. Der in den Nahrungsmitteln be- - findliche Kleber schien selbst im Zwölffingerdarm noch keine Veränderung von dem gastrischen Saft erlitten zu haben, Im vorigen Versuch, wo die Thiere mit ge- mischter Kost gefüttert wurden, war die Ver-. dauung im Anfang des dünnen Darıns schon wei- - ter vorgeschritten. Es bestätigt sich also hier, was auch andere Erfahrungen lehren, dafs die Verdauung bey animalischer Rost schneller als bey vegetabilischer vor sich geht. So wenig übrigens jene Versuche auf Voll- ständigkeit Anspruch machen können, so stimmen - doch die Resultate derselben mit unsern obigen Schlüssen so sehr überein, dals wir diese für mehr als blolse Vermuthungen anzunehmen be- rechtigt sind, | f | | | ® 6. 10. - — 377 Bewegungen des Magens. Beziehung der Bildung desselben auf die Beschaffenheit der Nahrungsmittel, Indem der Magensaft seinen chemischen Ein- flufs auf die Speise äussert, wirkt zugleich der Magen mechanisch auf diese ein. Mechanische sowohl als chemische Schärfen bringen Zusammenziehungen des Magens hervor, und auch ohne angebrachte Reitzungen sahe man ihn bey geöffneten lebenden Thieren sich zusam- menziehen e). | Die Zusammenziehung des Magens ist von vorzüglicher Stärke bey den hühnerartigen Vögeln, bey welchen durch dieselbe Münzen umgebogen, eiserne Röhren zusammengedrückt, und Glasröh- ren zerbrochen werden f), Hier vertritt der knor- pelartige Magen zugleich die Stelle der Zähne, Eben so heftig müssen diese Contraktionen bey denjenigen Insekten und Mollusken seyn, deren Magen knorpelartig, oder mit Zähnen besetzt ist. Schwächer ist jene Zusammenziehung bey den übrigen Thieren, die einen muskulösen oder häu- tigen Magen haben, Doch fehlt sie auch bey die- sen nicht, Man hat sie sogar bey mehrern Poly- pen e): Harzer EI, Physiol. T.VI. L.ıg, $. 4. 9.4. p. 260, f) Ibid. $.6. p. 266. — Sraızanzanı’s Vers, über das Verdauungsgesch, $, 8. 20. 15. 15. 20. 30. As5 “ 378 am pen und Insekten beobachtet 8). Ich sahe sie un+ ter andern beym Dytiscus marginalis L. und Sca- rabaeus nasicornis L, sehr lebhaft vor sich geben. Bey den Krähen, Reihern und mehrern andern Vögeln, die zwar keinen so starken Magen wie die Hühner haben, bey welchen dieser Theil aber auch aus ziemlich starken Muskelfasern besteht, äussert derselbe seine Contraktilität dadurch, dals schwache, von dünnem Bley verfertigte Röhren durch ihn eingedrückt, und selbst stärkere höh-’ ren, die eine längere Zeit in ihm verweilen, an den Rändern eingebogen werden h), Bey lebendig geöffneten Amphibien und Säugtbieren findet man den Magen zuweilen in Ruhe, oft aber auch in Be- . wegung. Eine Menge hierher gehöriger Beobach- tungen entbalten Werrer’s Historia cicutae aquati- cae, Persr’s Merycologie, Harrer’s Elemente ij) ‚und SpaLLAnzAnI’s Werk über die Verdauung k), Bey den Fischen mufs jene Bewegung träger seyn, da sie bey diesen noch nicht beobachtet ist. Die Zusammenziehung des Magens wechselt mit einer Ausdehnung desselben ab, und zwar. zieht , g) Harrer 1. c. $,7. p.270. — Ramponur’s Abh, über, die Verdauungswerkz. der Ins. 5. 28. h) Srarranzanı a. a. OÖ. 5.54. ı) L. c. k) S. 214. 216. | RN — 379 zieht er sich nicht in seinem ganzen Umfange, sondern stellenweise zusammen, so dafs bald ein Theil cönstringirt wird, indem ein anderer er- schlafft, und bald der letztere sich wieder zusam- menzieht, indem jener sich erweitert. Die zusam- mengezogenen Stellen werden dicker und runzlich, Der Magen ändert daher, wenn er in Bewegung ist, immer seine Gestalt, und hat dann oft ein ge- gliedertes Ansehn. Im Allgemeinen ist daher die Bewegung eine wurmförmige. Sie geht bald von oben nach un- ten, bald wieder von unten nach oben, Dieser Wechsel von gerader und rückgängiger Bewegung scheint aber nur so lange statt zu finden, bis die Speisen durch den Magensaft aufgelöst sind. Bis dahin ist wahrscheinlich der untere Magenmund verschlossen, Sobald aber die Auflösung vor sich gegangen ist, Öffnet sich dieser; die peristaltische Bewegung geht dann nach unten, und der Speise- brey wird in den Zwölffingerdarm ausgeleert, HartER und mehrere andere Schriftsteller ha- ben ausser der Zusammenziehung des Magens noch den Druck des Zwerchfells und der Bauch- muskeln als mitwirkend bey der Ausleerung der Speisen angenommen. Durch das Zwerchfell, sagt . Harzer, werden beym Einathmen alle in dem ‚Bauchfell befindlichen Eingeweide, besonders der vordere Theil der Leber und der Magen, zusam- me&en« 80 N mengedrückt; die Bauchmuskeln, setzt er an ei- ner andern Stelle hinzu, kann man als einen gro- [sen, an den Wirbelknochen befestigten, und vorne um das Bauchfell gelegten Gürtel betrach- ten, welcher bey seiner Zusammenziehung alle Baucheingeweide an den Rücken drückt und au leert 1). Diese Ursachen können aber im gesun- den Zustande nicht von grofser Wichtigkeit seyn, Der Druck des Zwerchfells findet blos bey den Säugthieren statt. Zum Beweise der Wirkung dieses Theils auf den Magen führt zwar HaLLErR ‘eine Beobachtung von Werrer aus Peyer’s Me- rycologie (p. 275.) an, nach welcher aus einer Magenwunde eines Kalbes der Speisebrey auf weiter als einen Schritt hervorgesprützt wurde, und zwar nicht anhaltend, sondern nur von Zeit zu Zeit. Aus dem letztern Umstand schlielst Har- LER, dals das Hervordringen nicht durch die Zu- sammenziehung des Magens, welche anhaltend wirke, sondern durch den Druck des Zwerchfells verursacht sey. Aber WEPFER sagt nirgends, dafs das’ Austliefsen des Speisesafts mit dem Einath- men in einer Beziehung gestanden habe. Auch ist es eine unrichtige Behauptung, dafs die Zu sammenziehung des Magens anhaltend wirke, Anders aber ist es beym Erbrechen, wo die Speisen auf einem ungewöhnlichen Wege ausge- leert 1) Hirten L 0. 6.2.5. pi 258. 259. En 381 ' leert werden. Schon Cnaırac m) und Franz Bayrze n).bemerkten, dals der Magen der Säug- thiere sich hierbey leidend zu verhalten schiene, und die Resultate der Versuche MaAsGEnDıE’s' 0) stimmen mit dieser Beobachtung überein, Nach des letztern, von Commissarien des Französischen Instituts wiederholten , und richtig befundenen Erfahrungen bemerkt man bey Hunden, denen durch Brechmittel Brechen erregt ist, in der ge- öffneten Bauchhöhle keine Zusammenziehungen des Magens, wohl aber eine starke, von den Zusammenziehungen des Zwerchfells und der Bauchmuskeln herrührende Pressung. Während der dem Erbrechen vorhergehenden VUebelkeit tritt immer Luft in den Magen. "Wird derselbe aus der Oeffnung der Bauchdecken hervorgezogen, so dafs diese und das Zwerchfell nicht auf ihn wirken können, so erfolgt keine Ausleerung des- selben, obgleich das Thier dieselben Anstrengun- gen wie beym Erbrechen macht. Diese Anstren- gungen werden bey einem geöffneten Hund schon - durch ein gelindes Ziehen des Schlundes erregt. Sie erfolgen sogar, wenn nach der völligen Ex- stirpation des Magens eine Auflösung von Brech- weinstein in die Cruralvene gesprützt wird. ‚Die Zusam» m) Ephemer, Nat, Curios, Dec. 2. Ann, 4. 1686. Obs, 125, : . n) De corpore animato. Tolos. ‘1700, 0) Memoire sur le vomissement. Paris, 1813. _ 4 - 382 | I, nn Zusammenziehungen des Zwerchfells und. der Bauchmuskeln beym Erbrechen sind also ganz un- abhängig von dem Einflufs der Brechen erregen- den Mittel auf den Magen. Bey Hunden, denen der Magen ausgeschnitten, und der Schlund an eine mit einer biegsamen Röhre verbundene und mit Wasser angefüllte Blase befestigt war, die in -die Bauchhöhle gebracht wurde, entleerte sich diese bey den Anstrengungen zum Erbrechen eben so, wie sonst der Magen. Hunde, denen die Zwerchfellsnerven durchschnitten waren, er- brachen sich , selbst bey Anwendung der kräftig- sten Vomitive, nur sehr schwach. Es erfolgte gar kein Brechen, sondern blos eine geringe Uebel- keit, wenn nicht nur jene Nerven durchschnitten, sondern auch die Bauchmuskeln von ihren Befe- stigungspunklten abgelöst waren. Hingegen brach- te das blofse Zwerchfell noch: Erbrechen hervor, wenn nur die weisse Linie, Jdie dem Druck der. Eingeweide Widerstand leistet, unverletzt war. Macenvie schliefst mit Recht aus diesen Er- fahrungen, dafs der Magen sich beym Erbrechen nicht immer zusammenzieht, und dafs diese Be- wegung erfolgen kann, wenn auch jener sich ganz unthätig verhält. Er behauptet aber nicht, dals niemals antiperistaltische Bewegungen des Magens beym Erbrechen statt finden, die HALLER dabey gesehen zu haben versichert, Die Com- missa- pemmmemım 383. missätien des. Französischen Instituts hingegen beschuldigen in ihrem Bericht über Macennıe’s Schrift HauLer’n wegen‘ dieser Beobachtung des Mangels an Genauigkeit, obgleich ihre wenigen Versuche Harrer’s so zahlreiche bey weitem nicht anfwiegen, und Eine positive Beobachtung hier mehr als viele negative beweist, Zuweilen findet an solchen Stellen des Ma- gens, worauf ein heftiger Reitz wirkt, eine an- haltende Zusammenziehung statt, die nicht eher wieder aufhört, als bis der Reitz entfernt ist, und die zuweilen noch nach dem Tode fortdauert, Hieraus würde sich erklären lassen, wie manche unverdauliche Sachen so sehr lange im Magen verweilen konnten, z. B. eine Speckschwarte zwey Jahre, ein Stück eines Darms vierzehn Jahre p), und Kirschkerne fünf Jahre q), wenn diese und ähnliche Geschichten nicht manchen Zweifeln ausgesetzt wären, Sehr merkwürdig ist es, dafs man eine sol. che auhaltende, und auch nach dem Tode noch fortwährende Zusammenziehung besonders in der Mitte des Magens beobachtet hat, Schon bey äl tern Schriftstellern, vorzüglich bey WerrFeER, fin- det man mehrere wichtige Erfahrungen über die- sen Gegenstand, Bey p) Haurer |, e, $.7. p. 272. g) M. G. Turzenivs’s med, u, chirurg, RESTE Neue Aufl, Th, ı. 384 — Bey einem Wolfe, dem die Wurzel des Eisen- hütlein (radix napelli) gegeben war, zog sich der Magen abwechselnd bald am Pylorus, bald in. der Mitte zusammen r). Ein ähnlicher Wechsel von Zusammenziehun- gen fand bey einer Katze statt, die Jalappe erhal- ten hatte s). | Bey einer Wölfin, die den Saft des Schierlings bekommen hatte, fand Werrer am obern Theile des Magens, anderthalb Zoll weit von der Cardia, eine so anhaltende Zusammenziehung, dals der Magen wie aus zwey Theilen bestehend aus- sahe t). | | dr Die merkwürdigste unter WerreEr’s. Beobach- tungen ist aber die, welche er an einer mit der Wurzel des Eisenhütlein vergifteten Katze machte. Hier war der Magen sehr ausgedehnt., WerrFER schnitt ihn ganz heraus. Es erfolgte in demsel- ben eine wurmförmige Bewegung. Dann zog sich das: obere Magen-Ende so fest zusammen, dafs auch nicht ein Tropfen herausdringen konnte, Nun erfolgte eine Zusammenziehung. der Mitte des Magens, und von dieser ging eine. langsame Bewegung nach dem Pylorus bin. Der letztere - richtete sich auf, und es drang eine helle, theils schau- r) Werrer hist, cicutae aquat, p. 179. s) Ibid. p. 221. te) Ibid. A mm 385 r # schaumige, theils zähe Flüssigkeit, zuweilen all- mählig, zuweilen stofsweise daraus hervor, Jetzt zog sich der Pylorus zusammen; der Magen schwoll wieder an; es erfolgte von neuem in der Mitte desselben eine Zusammenziehung, und von neuem ein Hervordringen von Flüssigkeit aus sei. nem untern Ende, Diese abwechselnde Zusam- menziehung und Erweiterung hielt sieben- bis acht Minuten an, und das obere Magen- Ende blieb dabey immer verschlossen v). Werrer wendet diese Beobachtungen auf die Erklärung, der Thatsache an, dafs beym Erbre- chen nicht immer alle genossene Speisen ausge- leert werden, und führt das Beyspiel eines Mönchs an, der, wenn er fette Sachen genossen hatte, bald nach der Mahlzeit Erbrechen bekam, wobey blos das Fett, welches als die leichtere Flüssig- keit die obere Höhlung des Magens einnahm, ausgebrochen wurde w), Auch Harrer x) fand häufig eine Zusammen« ziehung in der Mitte des Magens. Indefs blieben diese Beobachtungen immer unbeachtet, . Erst Home y) erkannte die Wichtigkeit derselben, ver- folgte sie weiter, ‚und zeigte, dafs jene Verenge- R rung v) Ibid. p. 177. w) Ibid. p. 187. x) L. c. 9.5. p 2653. $. 12. p. 082. y) Philos, Transact, Y, 1807, P.ı. p, 139, ‚IF. Ba, | Bb 386 pur rung keine blos in seltenen, krankhaften Fällen, sondern eine überhaupt bey der Verdauung statt findende Erscheinung ist. Nach Home’s Untersuchungen, die auch Burns 2) bestätigt fand, besteht der Magen bey denjenigen Säugthieren , deren Nahrungsmittel leicht verdaulich sind, aus zwey Abtheilungen, aus einer obern, oder Cardiacal- Abtheilung, und # einem untern, oder pylorischen Theil. Diese Tren- nung aber findet bey ihnen nur während der Ver- dauung statt, und wird blos durch die Zusam- menziehung der mittlern, ringförmigen Muskel. fasern bewirkt, Hingegen bey denen Thieren, die sich von schwer verdaulichen Substanzen nähren, giebt es mehrere Abtheilungen des Ma- gens, die nicht blos zu gewissen Zeiten, sondern fortdauernd von einander abgesondert sind, Zu den letztern gehören vorzüglich die Wiederkäuer, zu den erstern die blos fleischfressenden Säug- ihiere, Zwischen beyden giebt es mehrere Mittel- glieder, die eine Stufenfolge vom Einfachern zum Zusammengesetztern bilden. Die Struktur der vier Magen der Wiederkäuer ° ist schon im ersten Bande der Biologie ($. 199.) beschrieben worden. Das mit den Vorderzähnen abgeschnittene Futter gelangt bey diesen Thieren aus dem Schlunde in den ersten und dann in den i zwey- z) Edinburglı med. and surgical Journ, Vol, 6. pP. 137. 4 s 387 zweyten Magen, In dem ersten bleibt, nach Hos me’s Bemerkung, immer eine gewisse Quantität Speise zurück, mit welcher sich das neue Futter vermischt, Doch ist dies nicht blos den Wieder- käuern eigen, Der Magen der Hunde ist eben» falls selten von Speisen leer, wenn sie auch seit sechszehn Stunden nichts gefressen haben a}ı Nicht selten enthält der erste Magen der Wie- derkäuer, so wie der Magen der Hunde, Bälle, die aus abgeleckten und verschluckten Haaren be- stehen. Diese sind immer rund oder oval, und die Haare liegen darin beständig nach einerley Richtung, Die Bewegung jenes Magens muls also eine rotatorische seyn, und die in ihm be« findlichen Substanzen müssen sehr genau mit einander vermischt werden b. Aus dem zweyten Magen geht die Speise nach einiger Zeit zurück in den ersten Magen, in den Oesophagus und in den Mund, wo sie von den Backenzähnen zermalmt und mit Speichel ver- mischt wird. Auf ihrer Rückkehr nimmt sie aber, nach Camper's c) Meinung, nicht den vorigen Weg, a) Waräus de motu chyli, p, 763. in Tu. Baaruo- zıni Anat. L. B. 1763, b) J. Hunser Observat. on certain parts of the anim, oecon. } ce) Sämmtl. kleinere Schriften, Uebers, von Herseızs B.3. S. 75. Br % 388 mn Weg, sondern gelangt unmittelbar in den ‚dritten Magen, Dieser steht durch eine ‚Rinne, die sich nach Beschaffenheit der Umstände entweder schlielst, indem sich ihre Seitenränder an einan- der legen, oder öffnet, indem sich dieselben von einander entfernen, unmittelbar mit dem Schlun- de in Verbindung, und der letztere öffnet sich unten an derselben Stelle, wo die drey ersten Ma- gen in einander übergehen, So tritt das Futter, wenn die Ränder jenes Canals offen sind, in den ersten Magen, und dieses Offenstehen findet beym- Verschlucken der rohen Speise statt; der Zugang zu den beyden ersten Magen ist hingegen ver- sperrt, und das wiedergekäuete Futter wird gera-. des Weges zum dritten Magen gebracht, wenn jene Ränder geschlossen sind. Durch den erwähn- ten Canal gehen, wie Camrer glaubte, auch alle Flüssigkeiten in den dritten Magen, ohne den er- sten und zweyten zu berühren, Es lälst sich in- defs nicht läugnen, dafs diese Meinung keines- weges bewiesen ist. Unter andern steht ihr der Umstand entgegen, dals auch das Faulthier, wel- ches doch nicht wiederkäuet, jene Rinne besitzt.d). Im dritten Magen mufs eine Zersetzung- der Speise vorgehn, indem eine grolse Menge Luft ‘in d) Vınx’s Vorlesungen über das Wiederkäuen des Rindviehs. A. d. Holländ. übers. Leipzig. 1779. — WIEDEMANN in dessen -Archiv für Zoologie u. Zoo- ‚tomie, B. 1. St, ı. 9. 149 in demselben entbunden, und jene hier in eive homogene Masse verwandelt wird. Der eigentli- che Verdauungsprocels geht jedoch erst im vier- ten Magen vor sich, wo zahlreiche Drüsen ihren Saft auf den Speisebrey, der im dritten Magen noch wenig Flüssigkeit hatte, ergielsen. Das Wiederkäuen scheint blos bey den Thie= ren der Rinderfamilie eine beständige Funktion zu seyn, Man hat zwar noch bey andern Thie- ren, und sogar bey manchen Insekten , besonders den Heuschrecken, eine Rumination angenommen, aber gewils mit Unrecht. Die Zähne dieser In- sekten dienen gar nicht, wie es beym Wieder. käuen seyn müfste, zum Zerreiben, sondern blos zum Zerschneiden der Speise. Das Zerreiben der letztern geschieht erst in dem knorpelartigen Ma- gen jener Thiere. Manche geben zwar, wenn sie geängstigt werden, das genossene Futter wieder von sich. Dies thun aber, wie schon RAmDoHR e) erinnert hat, auch Insekten, bey welchen man auf keinen Fall ein Wiederkäuen annehmen kann. Indefs giebt es ausser der Rinderfamilie noch Thiere, die zwar nicht beständig, doch zu gewis- sen Zeiten wiederkäuen. Zu diesen gehört der Hase, das Raninchen und der Känguruh. Der letztere e) Abh. über die Verdauungswerkz, der Ins, S, 18. | Bb3 - 390 ___—) letztere scheint nur wiederzukäuen, wenn er har- tes Futter bekommen hat, Die übrigen Säugthiere ruminiren nicht. . In Hinsicht auf die Struktur des Magens schliefsen sich aber’ an den Hasen und das Kaninchen die übrigen Nagethiere und meh- rere Fledermäuse, so wie an den Känguruh die Familie der Schweine, die der Wallfische und das Faultbier zunächst an, Der Magen des Hasen und Kaninchen besteht aus zwey Abtheilungen, und so auch der der meisten übrigen Nagetiere und verschiedener Fledermäuse, Bey dem Kängu- | ruh giebt es einen Magen, der-bey - gewissen Veranlassungen in eine grölsere Menge Abtheilun- gen, als irgend ein anderer, geschieden ist, Jede dieser Abtheilungen gleicht einem Darmstück. Er hat dabey zwey blinde Anhänge an der obern Ma- genöffnung, Durch ähnliche Säcke an der Cardia zeichnen sich die meisten schweineartigen Thiere, durch einen vielfachen Magen aber die Wallfische und das Faulthier aus f). Unter den Vögeln haben die körnerfressenden Arten in Betreff der Verdauung eine grolse Aehn- lichkeit mit den Wiederkäuern. Wie bey den letz- tern das Futter unzermalmt in den . ersten und zweyten Magen kömmt, und erst, nachdem es in diesen Behältern erweicht ist, gekäuet, mit Spei- chel vermischt, und den beyden letzten Magen zur f) Cuvıern Legons d’Anat. comp. 7 5, p, 390. un 393 zur Verwandlung in Speisebrey zugeführt wird, so gelangt auch bey jenen Vögeln die Speise un- zermalmt in den Kropf; dieser wirkt eben so auf dieselbe, wie die beyden ersten Magen der Rinder; der knorpelartige Magen aber thut das ‚Nehmliche, was bey den Wiederkäuern die Bak« kenzähne verrichten g), Bey den übrigen Vögeln, und noch mehr bey den Amphibien und Fischen, ist der Magen weit einfacher, als bey den Säugthieren. Bey vielen Fischen läfst sich gar keine Gränze zwischen die- sem Organ und dem übrigen Nahrungscanal an- geben. Von sehr verwickeltem Bau ist hingegen der Magen bey den meisten Insekten, Viele kommen in der Struktur desselben mit den körnerfressenden Vögeln überein, Dies ist der Fall- mit den sämmt- lichen Arten der Heuschreckenfamilie (Orthoptera, OLıv.) und mit vielen Räfern, z. B. Carabus, Dytiscus, Curculiao, Tenebrio. Es giebt hier ei- nen weiten Kropf, der beym Dytiscus marginalis L, auf seiner ionern Fläche mit deutlichen Drü- sen besetzt ist, und einen kleinen schwielenarti- gen Magen, in welchem sich Zähne, hornartige Blätter, Borsten oder Haarbüschel befinden h). 2 Viele ‚g) SrPALLANZANI a. a. OÖ. S.146. — Home, Philos, Transact. Y. ıgıe. P. 2. h) Vergl. $. 5, dieses Kap. Bb4 392 | Viele andere Insekten haben mehrere Magen, die zum Theil von einer Gestalt sind, wovon es bey den übrigen Thieren nichts Aehnliches giebt, In dieser Rücksicht zeichnen sich vorzüglich die wanzenartigen Insekten (Ryngota Fasr.) aus. In- dels hält es schwer, zu bestimmen, wo bey die- sen Thieren der Anfang und das Ende des Ma- gens ist. RAmpoar i) nimmt die Stelle, wo sich die Gallengefälse in den Nahrungscanal öffnen, für das Ende des Magens an. Allein diese Gefälse inseriren sich bey mehrern Geschlechtern, z. B. den Wanzen und Spinnen, so nahe am After, dals hier, bey Ramnonr’s Eintheilung, fast der ganze Nahrungscanal ein Magen seyn und beynahe BAr kein Darm übrig bleiben würde, Es lälst sich, dieser Ungewifsheit halber, die Untersuchung der Funktionen des Magens bey den Insekten, und überhaupt bey den-Thieren der niedern Classen,. von- der Betrachtung der Ver- richtungen des Darmcanals nicht wohl trennen. Doch ist, wenn man die Reihe der sämtlichen Thiere in Hinsicht auf die verschiedene Bildung | des Magens durchgeht, und auch die Gränzen des letztern unbestimmt läflst,;, so viel einleuchtend, dals zwar die Struktur dieses Organs in einer gewissen Beziehung mit der Beschaffenheit, der a Se steht, dafs diese Regel aber sehr viele 3) a0. 87. \ ! —— | 393% viele Ausnahmen hat, und dafs sich aus der Gleichheit der Nahrungsmittel keinesweges auf einerley Bildung des Magens schlielsen läfst. Fleischspeisen sind im Allgemeinen verdauli- cher als vegetabilische Nahrungsmittel. Von zwey Hühnern, wovon das eine mit Gerste, das andere mit Fleisch gefüttert wurde, behielt jenes das Fut- ter immer sechszehn bis zwanzig Stunden, dieses nur acht _bis zehn Stunden im HKropfe, obgleich dieses jedesmal doppelt so viel als das erstere frals k). Die fleischfressenden Thiere haben da- her einen einfachern Magen, als die kräuterfres- senden Arten. Aber unter den vegetabilischen Sub- stanzen sind auch einige leichter, andere schwe- rer verdaulich, Zu jenen gehören die Baumfrüch- te, zu diesen die Gräser. Von jenen nähren sich unter andern das Eichhorn und die Meerkatzen, Diese haben daher einen Magen, der sich an Ein- fachheit dem der fleischfressenden Thiere nähert ]). ' Die Gräser hingegen sind ganz unverdaulich schon - für den Menschen, und noch mehr für die rein fleischfressenden Thiere. Bey den Wiederkäuern, deren Hauptnahrungsmittel Gräser sind, giebt es daher Verdauungsorgane von sehr zusammenge- setztem Bau, Alleın - k) Neerncarnv’s vergl. Anat, u. Physiol. der Ver- dauungswerkz, der Säugth. u. Vögel. S. 167. l) Home, Philos, Transact. Y. 1807. P. ı. p. 170, { Bb35 394 N Allein das Pferd ist ebenfalls grasfressend, und hät doch einen sehr einfachen Magen. Die Wall- fische hingegen, fleischfressende Thiere, haben ei-. ‚nen sehr zusammengesetzten Magen. Aehnliche Ausnahmen von der obigen Regel kommen vor- züglich bey den Insekten vor, wie schon Ran- DOHR m) bemerkt hat. Hier hat die Bildung. so- wohl des Magens, als des Nahrungscanals über- haupt, auf die Beschaffenheit der Nahrungsmittel sehr wenig Beziehung, Die Nahrungsweise ist eg daher keinesweges - allein, welche die, Bildung des Magens bestimmt, Die ganze übrige Organisation hat auf diese Ein- fluls,. In einiger Beziehung steht dieselbe mit der Beschaffenheit der Zähne. So haben alle wieder- käuende Thiere mit Hörnern einerley Struktur des Magens, so wie alle mit Hauzähnen versehene Säugihiere. Doch giebt es auch hierven Ausnah- men. Das Faultbier hat einen ähnlichen Magen, aber ein ganz anderes Gebifs, wie die Wieder- ' ° . . % käuer n). Mehr Beziehung als mit irgend einem andern Organ scheint mir der Magen mit den Or- ganen der willkührlichen Bewegung zu haben. Unter den Säugthieren haben alle, die mit Hän- | den versehen sind, einerley Magen; ferner alle, . deren Huf gespalten ist, und auch alle einhufige ‘ Arten, m) A, a. 0. 541. n) Home a..a. O. p. 169. nn EEE en A — | | 395 Arten. Unter den Insekten findet, wie wir im ersten Bande der Biologie ($..365.) gesehen ha- ben, die Regel statt, dafs die Länge des Nah- rungscanals im umgekehrten, die Weite desselben im geraden Verhältnils mit der Zahl der Gelenke steht. Die Raupen und die Asseln (Oniscus), zwey sehr verschiedene Insektenarten, die. aber in der Bildung der Bewegungsorgäne einander ver- wandt sind, stehen sich daher in der Struktur des Magens ziemlich nahe, Allein auch diese Bezie- hung wird durch andere Umstände modifizirt, Die Spinnen und die Phalangien, die sich in der Form der Bewegungsorgane sehr nähern, sind in der Gestalt des Nabrungscanals so weit wie möglich von einander entfernt, Aus allem diessm folgt, dals es Formen des Magens giebt, die keinesweges eine Beziehung auf die Verdauung haben, sondern welche Re- sultate der Sympathie oder des Antagonismus sind, worin der Nahrungscanal mit dem übrigen Orga- nismus steht, Bey manchen Tbieren lassen, sich die Zwecke dieser Formen mit ziemlicher Gewils- heit angeben, So zerästeln sich auf der innern Fläche des Nahrungscanals beym Cobitis fossilis ungewöhnlich viele Arterien und Venen. Aber hier dient jener Canal zugleich als Respirations- organ, und vorzüglich als solches ist er so reich an Bluigefäfsen, So giebt es bey den Schmeiter- | lingen 396 mm lingen und den zweyflügligen Insekten einen häu- tigen Sack, welcher sich in den Schlund öffnet und ein Speisesack zu seyn scheint 0), der aber in der That ein Saugwerkzeug ist p). Solcher Bildungen sind vielleicht noch viele andere vor- handen, | Alle Formen des Magens aber, die sich auf die Verdauung‘ beziehen, haben wahrscheinlich einen doppelten Nutzen, einen mechanischen, ‘ oder einen chemischen, Der mechanische ist, die Speise zu zerreiben und inniger zu mengen, oder sie zurückzuhalten, um sie dem Einfluls des Ma- gensafts desto länger auszusetzen; der chemische, "ihr eigene auflösende Säfte beyzumischen,. Zum Zerreiben der Speisen dienen alle Arten von Ma- gen, die cartilaginös, schwielenartig, oder mit Zähnen bewaffnet sind. Auf die innige Vermi- schung der Speisen zweckt vielleicht die an dem Magen der Raupen befindliche Struktur ab, wel- che in zwey längslaufenden, starken Sehnen be. steht, die durch viele queerlaufende Sehnen mit einander verbunden sind. Das Zurückhalten der Speisen scheint die Bestimmung aller Verengerun- gen des Magens, besonders der blinden Seitenbe- hälter zu seyn, womit derselbe bey dem Kängu- ruh, den schweineartigen Thieren, und mehrern Insek- 0) So nennt ihn auch RAmpour (a. a. OÖ. S. ı1.), DD Vergl. $.5, dieses Kap. ER uam 397 ’ Insekten, vorzüglich den Phalangien, versehen | ist. Endlich ein Beyspiel von einer Bildung des Magens, die ohne Zweifel den erwähnten chemi- schen Zweck hat, finden wir unter andern beym Bieber. Dieser hat neben der obern Magenöfl- nung eine grolse Drüse, welehe einen schleimi- gen Saft absondert q). Der eigentliche Magen- saft wird durch die Schlagadern des Magens se- cernirt, Jemer muls also von diesem verschie- den seyn. | Te Ausleerung des Magens. Bey den meisten Thieren geht im gesunden * Zustande alle in dem Magen aufgenommene Speise durch den Pylorus zum Zwölffiingerdarm, und nur in Krankheiten wird ein Theil derselben durch Er- “ brechen ausgeleert, Einige Thiere aber giebt es, bey welchen das Erbrechen eine regelmälsige Funktion ist, Hierher gehören die Reiher, Adler, ° Falken und Krähen, mehrere Fische, z. B. die Karpfen, Barben und Hechte, und unter den In- sekten die Bienen. Jene Vögel brechen alles wie- der aus, was sie nicht verdauen können, beson- ders die Federn und Haare der verschluckten Thiere, Bey den Adlern und Falken erfolgt diese Ausleerung alle vier und zwanzig Stunden nur‘ Ein g) Home a2 O. p. 147. 398 R — | Ein mal, bey den Krähen weit öfterer r). Die er wähnten Fische geben unverdauliche Sachen schon nach einigen Stunden wieder ven sich 8), Bey den Bienen verwandelt der erste Magen einen Theil des eingesogenen Blumensafts in Honig, und excernirt ihn ‚durch Erbrechen wieder, Das Uebrige geht in den Darmcanal über, und wird zur Ernährung der Biene verwandt t), Die Ausleerung des Magens mufs aber, je nachdem die Speisen mehr oder weniger verdau« lich sind, in verschiedenen Zeiten vor sich ge- hen, und von mehrern zu einerley, Zeit genos- senen Nahrungsmitteln müssen die schwerern län- ger als die leichtern durch den Magen vermittelst seines Vermögens; sich durch Zusammenziehung einzelner seiner Theile in mehrere Fächer abzu- sondern, zurückgehalten werden. Hiermit stim- men auch die Erfahrungen des WaAräus v) über» ein. Nach diesen umfalst der Magen jede ‚Speise, wenn sie auch nur einige Unzen beträgt, von al- len Seiten, wie ein zZusammengezogener Beutel eine m r) SPALLANZANT a. 2. O. S. 56. — ReAaumur, Mem, de l’Acad, des sc. a Paris, A. 1752. pP. 472. 83) SpaLLAnzAanı & 2.0, 5, 151. ı) ReaAumur Mem. pour servit a l’Hist. des Ins. T. v. PD. 2. Mem. 8. p. 87. der Oct.Ausg. — Vergl. Harzer El, Phys. T. VI. L. 19. 5.4. $. 14. P. 290. 291, 0 | |— | 3959 eine Kugel; zugleich ‘verengert sich der obere und untere Magenmund, - Doch scheint die untere "Magenöffnung mehr zusammengefallen, als zu- sammengezogen zu seyn, da sie den Speisebrey beym geringsten Druck austliefsen lälst, Die im Magen befindliche Speise wird durch und durch aals, dann porös und schwammig. Hieranf zerfällt sie in kleine Stücke, und bekömmt die Consistenz eines dünnen Gerstenschleims; nun geht sie in den Darmcanal über. Diese Veränderungen tre- ten aber nicht immer und nicht bey jeder Speise in gleicher Zeit ein. Sie erfolgen schneller am Tage und bey weniger, dünner, gut gekäueter . Speise; langsamer in der Nacht, und bey vieler, dicker und in grolsen Stücken verschluckter Nah- zung. Auch wird das leichter Verdauliche durch das schwerer Auflöslichke im Magen nicht aufge» halten, sondern jede Speise wird, sobald sie aufe gelöst ist, in den Darmcanal gebracht, wenn auch der Magen mit der Verdauung des Uebrigen noch beschäftigt ist, Waräus versichert, alle diese Erfahrungen an Hunden gemacht zu haben, die er zu verschiede- nen Zeiten nach dem Fressen lebendig öffnete, Es ist mir inzwischen nicht wahrscheinlich, dafs alle jene Sätze unmittelbare Resultate dieser Ver- suche sind. Manche scheinen aus andern Wahr- nehmungen abgeleitet zu seyn. So sehe ich nicht ein, 400 / ein, wie Waräus durch Vivisektionen hat ausma- chen können, dafs die Verdauung am Tage schnel- ler als in der Nacht vor sich geht. Doch das. Hauptresultat jener Beobachtungen, dals der Ma- gen das Vermögen besitzt, die schwerer verdau- liche Speise zurück zu halten, indem er die leich- ter verdauliche, schon aufgelöste, dem Darmicanal übergiebt, läfst sich nicht in Zweifel ziehen, da mit dieser sowohl andere ältere, schon. von Har- LER w) gesammelte Erfahrungen, als die Versuche von GossE übereinstimmen. Gosse besafs das Vermögen, sich durch verschluckte Luft Erbre- chen zu erregen. Indem er dieses Mittel einige male nach dem Mittagsessen anwandte, erhielt er folgende Resultate, Eine halbe Stunde nach der Mahlzeit war das Essen fast noch ohne alle Ver- änderung; es hatte noch den vorigen Geschmack, beynahe noch das vorige Gewicht, und nur eine . geringe Zumischung von Magensaft. Ein ähnli- ches Essen, nach einer Stunde ausgebrochen, war in Brey verwandelt, und mit einer grolsen Menge Magensaft vermischt, Der Geschmack aber hatte sich noch wenig verändert. Zwey Stunden nach einer ähnlichen Mahlzeit waren die Nahrungsmit- tel ganz in dem nehmliehen Zustande „ wie in dem vorigen Versuch, Aber es wurde jetzt nur die Hälfte des Genossenen ausgebrochen x), | Ban: % w) L. ce. $. 21. ,p. 279 | x) SPALLANZANI 2. A, O. S. 396 Hr mn 401 $. 18; Uebergang der flüssigen Nahrungsmittel aus dem Magen in die Masse der Säfte. Es giebt einige “Thiere der niedern Classen, bey welchen die Verdauung noch einige Zeit fort- dauert, nachdem die Bauchhöhle geöffnet und der Nahrungscanal entblölst worden ist, und andere, deren Körper so durchsichtig ist, dals sich die Veränderungen, die in den Digestionsorganen bey der Verdauung vorgehen, beobachten lassen, Zu jenen gehören die Insekien; dieses. ist unter an- dern bey dem Argulus foliaceus Jur. der Fall. Um noch weitere Aufklärungen über den Procels der Verdanung zu erhalten, wird es zweckmälsig seyn, die Erscheinungen, die sich bey jenen Thieren während der Digestion zeigen, in Erwägung zu ziehen. Bey Insekten, die man lebendig unter Wasser geöffnet hat, dauern oft in der äussern musku- lösen Magenhaut ringförmige Zusammenziehungen noch eine Zeit lang fort, und durchlaufen den Magen von vorne nach hinten, Zwischen der äussern und innern Haut zeigt sich dann der durch die innere Haut durchschwitzende Chylus als eine bräunliche Feuchtigkeit y). — Bey dem Argu- y) Ramponr im Mag. der Gesellsch. naturf, Freunde zu Berlin. Jahrg, ı. Quart. 3. S. 212. — Ebendes- selben Abh, über die Verdauungswerkz. der Ins.‘ S.28, IV. Bd, j Ci N 402 Fun Argulus foliaceus, der schon oben z) erwähnten Art. von Kiemenfüfslern, die parasitisch auf meh- rern Fischen lebt, und sich durch einen Saug- riissel nährt, sabe Jurine a) die Verdauung auf folgende Art vor sich gehen. Die im Magen und dessen ästigen Anhängen befindliche Nahrungs- malerie wurde unaufhörlich durch eine peristal- tische Bewegung hin und her getrieben. Der in den Anhängen enthaltene Chylus verschwand da ‚bey plötzlich, £lofs dann wieder in den Magen zurück, und kam nachher in jenen ästigen Thei- ien von neuem zum Vorschein. So ging hier die Verdauung der Speise und die Absonderung der nährenden Theile in dem Magen vor sich, Der auszuleerende Theil der Nahrungsmittel gelangte aus dem Magen gerades Weges zum Blinddarm, verweilte bier, indem er eine dunklere Farbe an- nabm, und gelangte dann stückweise in den Mast- darm, woraus er excernirt wurde, | Aus diesen Beobachtungen folgt, dafs bey den Thieren der niedern Classen schon im Magen ein Theil der verdauten Nabrungsmittel unmittelbar in die Masse der Säfte übergeht, ohne durch den Darm-- canal geführt zu werden, Es läfst sich also fra- gen: Ob auch bey den Thieren der höhern Clas- sen ein ähnlicher Uebergang statt findet? Man hat 2) 5. 244. | a ‚ a) Annales du Mus, d’Hist, nat. T. VII. p. 459 - BOOTE ? 403 hat um so mehr Grund, diese Frage aufzuwerfen, da es nicht unwahrscheinlich ist, dafs Flüssige keiten, besonders reines Wasser, welches zu- gleich mit fester Speise in den Magen gelangt ist, keiner so weitläuftigen Vorbereitung als die letztere bedarf, um dem Blute zugemischt zw werden, Es ist auffallend, dals kein älterer Physio» loge die Frage, wie Flüssigkeiten und feste Sub- stanzen, die zu gleicher Zeit in den Magen auf- genommen sind, assimilirt werden können, ohne einander bey der Verdauung hinderlich zu seyn? einer Untersuchung gewürdigt hat, Man kannte schon lange die Thatsache, dals oft in der Mitte des Magens eine anhaltende Zusammenziehung statt findet; man wulste, dafs bey dem Bieber die eine Zelle des Magens Flüssigkeit, die andere feste Speise enthält b). $o nahe indels die An- wendung dieser Beobachtungen auf die Beantwor- tung der obigen Frage lag, so blieben dieselben doch immer unbeachtet, Home hat das Verdienst, sie zuerst gewürdigt; weiter verfolgt, und zur Auflösung des obigen Problems benutzt zu haben, Nach Home’s Versuchen c) sind die genosse- nen Flüssigkeiten vorzüglich in der Cardiaca!- Ab- theilung b) Harter hc. 6.8. p: 365. $, 12. p. 282. ce) Philos, Transaos, X, 1808. p. 45. 153. abs Cc2 404 — tbeilung des Magens enthalten; die Speise ist ge- wöhnlich von gleichförmiger Consistenz, wenn sie sich in der pylorischen Abtheilung befindet; die Flüssigkeiten (diejenigen ausgenommen, welche die Verdauung bewirken) scheinen aus dem Ma- gen gebracht zu werden, ohne bis zum Pylorus zu gelangen, und bey diesem Vorgang scheint die Milz eine Rolle zu spielen, Die Versuche, die dieses Resultat geben, wur- den an Hunden, Eseln und Pferden gemacht. Zwey Huuden wurde, nachdem ihnen der Pylo- rus unterbunden war, eine abgewogene Quantität Flüssigkeit durch den Mund in den Magen ge- sprützt, Einige Zeit. nachher wurden die Thiere getödte. Bey dem einen Hund fand man den pylorischen Theil des Magens leer und zusam- mengezogen ; die Cardiacal- Abtheilung enthielt 'ohngefähr 2 Unzen fester Substanz, die in einer gallertartige Materie eingehüllt war, und. Eine Unze Wasser. Von fünf Unzen Wasser, welche man diesem Hunde eingesprützt hatte, waren zwey wieder ausgebrochen worden; Eine war noch im Magen übrig; zwey mufsten also durch die Wände des Magens einen Ausweg gefunden haben, Bey dem andern Hund befanden sich in ° der pylorischen Abtheilung des Magens zwey Un- zen halb verdaueter Speise, aber keine Flüssig- keiten, In der Cardiacal-Abtheilung waren vier Unzen — 405 Unzen Flüssigkeit und eine halbe Unze fester Speise enthalten, Bey beyden Thieren war die Milz sehr angeschwollen, und beym Hineinschnei- den fanden sich die Zellen derselben allenthalben mit einer wässrigen Flüssigkeit angefüllt. Die Iymphatischen Gefälse der äussern Fläche des Ma- gens aber waren ganz saftleer. Einem dritten Hunde, dessen Pylorus unterbunden war, wurde eine Mixtur von Ahabarbertinktur und Wasser in den Schlund gesprützt. Vorher hatte sich Home überzeugt, dals sich die Gegenwart der Rbabar- bertinktur in thierischen Flüssigkeiten durch den Zusatz von’ätzendem Alkali entdecken liefs, Auch bey diesem Thier fand sich die Milz sehr ange- schwollen. Der Zusatz des ätzenden Alkali zu dem Saft derselben und zum Urin brachte in bey- den die Rhabarberfarbe hervor. Hingegen be- wirkte dasselbe keine Veränderung in dem Saft der Leber. Sehr breit, angeschwollen, und mit Flüssig- keit angefüllt, fand sich auch die Milz bey Eseln - und Pferden, denen ebenfalls eine Mischung von Rhabarbertinktur und Wasser eingegeben war, welchen man aber nicht den Pylorus unterbunden hatte. Die lymphatischen Gefälse, die zwischen der Milz und dem Magen liegen, waren auch hier unangeschwollen, Nach dem Zusatz des ätzenden Alkali erhielt der Urin, die Flüssigkeit der Milz, Cc3 und 406 yassueemer; und. das Blutwasseer die Rhabarberfarbe, doch in verschiedenem Grade. Am tiefsten wurde der Urin gefärbt; dann folgte die Flüssigkeit der Milz und das Serum der Milzvene; die schwächste Färbung bekam das Serum des linken Herzohrs, Ganz anders verhielt sich die Milz bey zwey Eseln, die, nachdem sie in vier Tagen kein Was- ser und in zwey Tagen kein Futter erhalten hat« ten, eine Unze Rhabarberpulver bekamen, Bey diesen war jenes Organ nur halb so grols, als in den vorigen Versuchen, Die Zellen desselben‘ waren so klein, dafs es eines Vergrölserungsglases bedurfte, um sie wahrzunehmen, Der Magen enthielt eine gallertartige, mit Rhabarber vermisch« te Materie, Die dünnen Därme waren leer, Aber im Blinddarm und Colon befanden sich mehrere Quartiere einer Flüssigkeit, die stark mit Rhabar- ber angefüllt war. Die am Rande des Colons liegenden lymphatischen Gefälse und Drüsen wa- ren von ausgezeichneter Grölse,. Der Urin ent- hielt Khabarber; aber die Flüssigkeit der Milz und das Blutwasser zeigten wenig oder hy kei- ne Spuren von dieser Substanz, Auf die Folgerungen, die sich aus diesen Ver- suchen in Beziehung auf die Funktion der Milz, des Colons und Blinddarms ergeben, werden wir unten zurückkommen. Hier machen wir .nur auf ‚das Resultat aufmerksam, dafs wässrige, in dem ne — — ER 407 dem Magen befindliche Materien in die Masse der Säfte übergehen, ohne zum Darmcanali zu gelangen, und dafs dieser Uebergang nicht durch die absorbiren den Gefälse des Magens geschieht, G° 35 Der pankreatische Saft. - Nachdem der Speisebrey durch die untere Ma» 'genöffnung in den Zwölffingerdarm gelangt ist, wirken drey neue chemische Agentien auf ihn ein, der pankreätische Saft, die Galle und der enterische Saft. Wir werden zuerst den pankreatischen Saft und dessen Quelle untersuchen, | In der linken Biegung des Zwölffngerdarms, hiriter dem Magen, zum Theil bedeckt von ‚den ‚beyden Blättern des Gekröses, liegt beym Men« schen die Bauchspeicheldrüse (Pancreas), die gröfste unter den. zusammengesetzten Drüsen, und. die ‚Quelle, eines eigenen, bey der Verdauung wırlsa men Safıs. Aehnlich den Speicheldrüsea in ihrem Bau besteht sie aus sehr kleinen, durch die fein- sten Aeste der Bauchspeicheldrüsen- und Zwölffin- gerdarın-Arterie, so wie der Gekrös- und Mila. vene, durch Saugadern und durch die Wurzeln ihres Ausführungsgangs gebildeten Verflechtungen von Gefälsen, die durch ein Zellgewebe, in wels chem: sich. wahrscheinlich eine‘ eigene Substanz | ch belin- 408 —, befindet, unter einander verbunden, erst körner- artige Massen, dann grölsere Stücke, und endlich Lappen ausmachen. Die Wurzeln des Ausfüh- rungsgangs vereinigen sich zu grölsern Zweigen, und diese endlich zu einem einzigen Stamm, der sich nicht weit vom Pylorus, gewöhnlich durch eine gemeinschaftliche Mündung mit dem Gallen- gang, zuweilen aber auch abgesondert von die- sem, in den Zwölffingerdarm öffnet. 03 Alle Säugthiere, Vögel und Amphibien be- sitzen diese Drüse, und es giebt bey ihnen keine wesentliche Verschiedenheiten derselben, Die mei» sten Abweichungen finden wir unter diesen Thie- ren bey den Vögeln, deren Pankreas mehrere Aus- führungsgänge hat, welche abgesondert von dem Gallengang in den Zwölffingerdarm übergehen d). Allein da auch bey dem Menschen der pankreati- sche Gang zuweilen doppelt ist, und die Oefl. nung desselben bald dem Pylorus sehr nahe, bald ziemlich weit von demselben entfernt liegt, so kann diese Mehrheit der Ausführungsgänge nichts Erhebliches seyn. Wichtigere Abweichungen zeigen sich bey den Fischen, Bey den Hayen und Rochen finden wir das Pankreas in ähnlicher Gestalt, wie bey den höhern Thierclassen wieder. Aber der Hecht, der Karpfe d) Harzer El, Phys. T. VI. L.22. 1. p.427. — Cuvıer Legons d’Anat, comp. T: 4. p. 47. —— 409 Karpfe und mehrere andere Fische haben an der Stelle, wo bey den übrigen Thieren das Pan- kreas mit dem Darm in Verbindung steht, auf der innern Fläche des letztern eine drüsenartige Masse; und noch andere, z.B. die Quappe, be- sitzen an dieser Stelle die schon im ersten Bande der Biologie (S. 282.) erwähnten pylorischen An- hänge e). Der Stöhr hat eine Bauchspeicheldrüse, die von aussen deın Pankreas der Rochen gleicht, inwendig aber aus kleinen Blinddärmen zu beste- hen scheint, und in einem zur Auspressung des Safts dienenden Muskel eingeschlossen ist f). Eben diese Anbänge giebt es bey der Blatta und bey vielen Käfern (Dytiscus, Carabus, Cicin- dela, Staphylinus, Tenebrio, Sylpba, Nicropho- rus, Hister, Attelabus) g). Hingegen bey den Mollusken ist nichts vorhanden, was sich mit dem Pankreas vergleichen lielse, . Die Menge des Safts, den diese Drüse abedi- dert, ist sehr beträchtlich. In der Farbe und dem Geschmack kömmt er mit dem Speichel überein, In e) SWAMMERDAMM in Obs. anat. collegii privati Am- stelod, P.2. — Cuvıer a. a. O. p. 50. 56. f) Monxo über den Bau. u,. die Physiol, der Fische. 5. 22. g) Ramoour’s Abh, über die Verdauungswerkz. der Ins. 5. 20, Cc5 4109 nn In. Betreff der chemischen Eigenschaften desselber wissen wir aus den vielen Versuchen, die über denselben im siebenzehuten Jahrhundert für und wider die Sytvischen Meinungen angestellt wur- den, nur so viel, dals er keine freye Säure ent- hält, Doch haben diese Versuche ein anderes Resultat geliefert, welches wichtig bey Bestim- mung der Funktion des Pankreas ist. Sie bewei- sen, dafs dasselbe den Säugthieren nicht nur ohne Lebensgefahr ausgeschnitten werden: kann, son- ‚dern dafs auch die Verdauung und Ernährung ı nach der Exstirpation ungeschwächt fortgehen, und der Hunger sogar zunimmt b), Diese Thatsache ist unerklärbar, wenn man nicht annimmt, dafs der mangelnde Saft des’ Pan- kreas durch die stärkere Absonderung eines an- dern ähnlichen Safts ersetzt werden kann, Es giebt aber keine Drüsen ‚ die mit dem Pankreas in. .der Bildung. übereinkommen, und eine dem Saft desselben analoge Flüssigkeit abscheilden,, als die Speicheldrüsen, ‚Schon aus diesem Grunde ist es währscheinlich, dafs jenes mit den letztern ei- nerley Funktion hat, Bey den Insekten finden ir aber einen Umstand, wodurch diese Wahr- scheinlichkeit noch mehr erhöhet wird, Die blin- | Kern Pi den h) M. s. vorzüglich die Versuche in Braunser’s Exper. nov. eirca pancreas. Amstel, 2695, Isecus. in’MAn- eortı Bibi. anat. T. 3. p. 212, — 411 den Anhänge des Nahrungscanals, welche bey die- sen Thieren die Stelle des Pankreas vertreten, kommen immer nur bey denjenigen Arten vor, die einen knorpelariigen Magen haben, und da, wo sie vorhanden sind, fehlen gewöhnlich die Spei- chelgefälse; hingegen sind sie nicht vorhanden, wo es Speichelgefälse giebt. Nur die Familien, der Käfer (Coleoptera L.) und der Heuschrecken (Or- thoptera OLıv.) sind es, in welchen wir jene An- hänge antreffen; aber diese haben auch. einen Krorpelmagen, Von den oben erwähnten Ge- schlechtern jener Familien, welche pylorische An- hänge besitzen, hat nur die Blatta Speichelgefälse; hingegen hat nach Ranuınoar i) der Curculio lapa- thi einen Knorpelmagen und Speichelgefälse, doch keine pylorische Anhänge, Wie der Speichel auf die rohe Speise, so scheint also auch der pankreatische. Saft auf den Chymus als assimilirend zu wirken, Was der Speichel zu assimiliren vermag, geht vermuthlich schon aus dem Magen in die Masse der Säfte über; der pankreatische Saft dient, um die übri« ge, der Assimilation fähige Speise zu verähnli» chen. Aus dieser Voraussetzung lälst sich die Ursache des grölsern Hungers solcher Thiere an- geben, denen die Bauchspeicheldrüse ausgeschnit- ten ist, Hier, wo die Verähnlichung: blos durch den 4) A. a. O. Tab, XVII. fig. 6, 412 — den Speichel geschehen kann, und dieser nicht immer dazu hinreicht, müssen viele nährende Theile verloren gehen, die sonst durch den pan- ‚kreatischen Saft wären assimilirt worden, und da. her mufs dafs Bedürfnils einer gröfsern Menge Nahrungsmittel eintreten, Bad 19 Die Leber und die Galle. Mit dem pankreatischen Saft ergiefst sich zu- gleich in den Darmcanal die Galle, eine der merk«- würdigsten Flüssigkeiten des thierischen Körpers, merkwürdig sowohl wegen ihrer chemischen Ei- genschaften, worin sie mit keinem andern thie- rischen Saft ganz übereinkömmt, als wegen der ausgezeichneten Bildung des Organs, worin sie er- zeugt wird. Das letztere ist die Leber, das grölste unter allen secernirenden Organen. Den grölsten Theil der rechten Hälfte des obern Raums der Bauch- höhle, und selbst einen Theil der linken Hälfte einnehmend, und durch bänderartige Fortsätze des Bauchfells befestigt, liegt sie bey dem Men- schen unmittelbar unter dem Zwerechfell und auf ‚ den meisten der übrigen Eingeweide des Unter- leibs. Sie ist oben gewölbt, “unten ausgehöhlt, auf dieser untern Fläche durch mehrere Furchen, worin die Stämme ihrer Gefälse liegen, abgetheilt, mit — 413 mit einer glatten, dünnen Haut bedeckt, welche durch die erwähnten Bänder ‘in das Bauchfeil übergeht, von rothbrauner Farbe und körniger Textur. In jedem Körnchen ihrer ‚Substanz zei- gen sich nach gelungenen Aussprützungen sehr ausgezeichnete, von Lossteın k) und ProcHas- xA 1) näher angegebene Netze der feinsten Ge- fälse, die zu vier grolsen Stämmen gehören, zu der Leberarterie, den Lebervenen, der Pfortader und dem Gallengang. Die Leberarterie, ein Zweig der innern Bauch- pulsader (Art. coeliaca), der zugleich Aeste für den Zwölffingerdarm, das Pankreas, den Magen und das Netz abgiebt, und die Lebervenen, die sich unmittelbar in die untere Hohlvene öffnen, haben nichts Merkwürdiges., Die Pfortader aber ist das einzige Beyspiel einer nach der Geburt noch fortdauernden Vene, die sich nach Art einer Arterie zerästelt. Ihr Stamm, dessen Haut von gröfserer Stärke als bey den übrigen Venen ist, ‘und welcher, nebst seinen sämmtlichen Zweigen, auch den Mangel an Klappen mit den Arterien ge- mein hat, wird durch das Zusammenflielsen aller Blutadern der im Bauchfell enthaltenen Ver- dauungs- k) In N. M. Amsonıck’s Disp, de hepate. Argentor, 1775. l) Disqu, anat. physiol, organismi corp. human. ejus- que proöcessus vitalis, p. 104. 414 umemeen dauungsorgäne bildet, Er theilt sich nach seinem Eintritt in die Leber gewöhnlich in zwey Aeste; deren Zweige ‚die Leberarterie bey deren Verbrei- . tung überall begleiten, Bey dem Foetus zerästeln sich auch noch mehrere Zweige des aus den Ve nen des Mutterkuchens entstehenden Stamms der Nabelvene auf ähnliche Art, wie die Pfortader, in’ der Leber; aber dieses Gefäls schliefst sich nach der Geburt, und geht dann in das runde Band der Leber über, Neben den Zweigen der | Pfortader laufen die Gallengefäfse fort, welche durch ihre Vereinigung den zum Zwölffingerdarm gehenden Lebergang bilden. Zwischen allen diesen Gefälsen und zahlrei- chen Saugadern liegt in der Leber noch eine Substanz eigener Art, die. auf ähnliche Art wie _ das Gehirn aus Mark und Rinde besteht, doch mit dem Unterschied, dafs alles Mark. nicht, wie in dem letztern, einen einzigen Kern ausmacht, sondern dafs es unzählige solcher Kerne giebt, von welchen jeder durch eine Lage von Rinden- substanz eingeschlossen ist m). Mit dem Lebergang verbindet sich vor seinem Eintritt in den Darmcanal. der Gallengang, wel» cher, sich allmählig erweiternd, in die Gallenblase übergeht, einen häutigen, in der hohlen Fläche der m) AursshietH in. Reiz’! Archiv f d, Physiol B 7. 5. 299, | um | ars der Leber liegenden, und zur Aufbewahrung der Galle dienenden Behälter, In Fällen, wo der Gal- lengang durch einen Stein verstopft war, enthielt diese Blase gar keine Galle n), Sie beköümmt also die letztere durch jenen Canal aus der Leber, und hat nicht das Vermögen, selber - Galle zu erzeugen 0), Es giebt nächst dem Nahrungscanal, kein Ein» geweide, welches so allgemein im ganzen Thier- reich verbreitet ist, als die Leber, Sie findet sıch bey allen Säugthieren, Vögeln, Amphibien, Fı- schen und Mollusken, Selbst in der Ulasse der ‚Würmer scheinen die Aphroditen an den, einen dunkelgrünen, bittern Saft enthältenden Säcken, womit ihr Darmcanal auf beyden Seiten besetzt ist p), gallenabsondernde Organe zu besitzen, Aehnliche Säcke giebt es an dem Nahrungscanal der Holothurien q), und eine wirkliche Leber zeigt sich wieder bey den Asterien r). b Bey n) R. Forsten quaest, selectae physiologicae, Praes, W. van Dorveren, Lugd. Bat, 1774. — J. CB BernAarD Diss, sist, guaestiones medic. argumenti, Ir B» 1796, ») M. Rosst in Wsıcer’s Italiän. med, chixurg. Bi- bliothek. B. 2. Sı. 2. p) Biol. r Bd. 89, 5391 q) ‚Ebendas. S. 407. x) Srxx, Aunsieh du Mus. d’Hist, nat. T. XIII. p. 458. 416 rn Bey den Insekten scheinen die Gefälse, die ich im ersten Bande der Biologie (S. 365.) unter dem Namen der Gallengefälse beschrieben habe, die Stelle der Leber zu vertreten, Lvonnert er- klärte diese zwar für Organe, durch welche eine Flüssigkeit aus dem Darmcanal aufgenommen würde; er führte aber keine erhebliche Gründe für seine Meinung an. Rampouar 5) glaubt, einen Beweis für die letztere in. seiner Beobachtung ge- funden zu haben, dafs die Gallengefälse sich nicht in die Höhlung des Darmcanals, sondern allein in den Zwischenraum zwischen den beyden Häuten desselben öffnen. Bey manchen Insekten, wo die innere Darmhaut viel. enger als die äussere ist, hat diese Beobachtung wohl ihre Richtigkeit. Al. lein bey andern, wo diese Häute genauer mit ein- ander verbunden sind, hält es schwer, die Mün- dungen der Gallengefälse mit Bestimmtheit anzu- geben. Indels dringt bey allen Insekten der Chy- mus durch die innere Darmhaut in den zwischen dieser und der äussern befindlichen Zwischenraum, Es ist also nicbt einzusehen, warum nicht auch _ umgekehrt die Galle durch jene innere Haut des Darmcanals in die Höhlung desselben sollte über- gehen können. Ramponr’s Beobachtung ist also noch kein hinreichender Beweis für Lyonner’s Hypothese, und kein Einwurf gegen die Meinung, dals die erwähnten Gefälse gallenabsondernde Or- - 'gane s) Aa O. S.45. e 4 — 417 gane sind, Die letztere hat aber auch folgende Gründe für sich, da sich für jene keine weitere Beweise anführen lassen, ı. Jene Gefäfse öffnen sich meist an derselben Stelle in den Darmcanal, wo bey den. übrigen Thieren der Gallengang in denselben eintritt. 2. Bey der Raupe der Phalaena fagi fand ich an den Gallengefälsen vor ihrem Eintritt in den Darmcanal zwey kugelförmige Behälter, die et- was Aehnliches von einer Gallenblase zu seyn schienen, und in denselben bey einer dieser Rau« pen rothe, den Gallensteinen ähnliche Concre- mente. 3. Bey den Thieren der höhern Classen ent«- stehen die Wurzeln der Pfortader aus dem Netze, Ein ähnliches Organ aber ist der Fettkörper, wor- aus die Gallengefälse der Insekten ihren Ursprung nehmen. 4. Reaumur t) beobachtete, dals der Saft, wos» mit die Gallengefälse angefüllt sind, um die Zeit, wo die Raupen ihr Gespinnst machen, in die Ge- därme tritt, und durch den After ausgeleert wird, Diese Erfahrung beweist, da[s wenigstens unter gewissen Umständen die in jenen Gefälsen ent- haltene Flüssigkeit sich in den Darmcanal ergielst, 5» t) Mem. pour servir a l’Hist, des Ins. T.ı, P.2, p. 204. . der OctavAusg. IV. Ba. Ddqd 418 | a us 5. Bey den Krebsen sind ähnliche Gefälse vor- handen, die sich durch ihre braune Farbe und ihren bittern Geschmack als wahre Gallengefälse ‚.verrathen v), und die Geschlechter Squilla und Craugon haben an der Stelle dieser Gefälse eine wirkliche, drüsenartige Leber. Unter den Insekten giebt es zwar ein Ge- schlecht, bey welchem von diesen Gallengefälsen nur noch schwache Spuren vorhanden sind, nehm- lich das der Asseln (Oniscus). Doch bleibt die Leber demohngeachtet das, nächst dam Nahrungs- canal, am allgemeinsten im Thierreich vorhan- dene Eingeweide, und eines der wichtigsten Or- gane in der thierischen Oekonomie, Nehmen wir die meisten Insekten und einige Würmer aus, so ist auch der Bau desselben un- ter den übrigen Thieren im Wesentlichen von ei- nerley Art. Die Verschiedenheiten, die wir daran finden, betreffen ihre Grölse und Gestalt, den Ursprung und die Vertheilung ihrer Blutgefälse, ° die Gegenwart oder Abwesenheit der Gallenblase, die Verbindungsart dieser Blase mit der Leber, und den Uebergang des Gallengangs in den Darm- canal, In Betreff der Gröflse der Leber gilt das Ge- setz, dals diese von den Säugthieren an bis zu den Mollusken zunimmt, Schon bey den Vögeln er Abt v) Biol, Bd, 1. $.542. SE — 419 ist sie grölser als bey den Säugthieren; noch grö- [ser ist sie bey den Amphibien und Fischen; bey den Mollusken umgiebt sie den grölsten Theil der Verdauungsorgane. Die drey letztern Thier- classen sind gröfstentheils Wasserthiere. Der Foe- tus, ebenfalls ein Wasserthier, hat auch eine ver- hältnilsmälsig weit gröfsere Leber als das erwach-. sene Thier. Man hat aus diesen Thatsachen ge schlossen, dals das Leben im Wasser einen Ein- flufs auf die Vergrölserung der Leber hätte, Ich selber habe diese Meinung ehedem für wahrschein- lich gehalten w). Allein ich glaube nicht mehr, .dals dieselbe richtig ist, Schon der Umstand, dafs die Vögel überhaupt eine gröfsere Leber als die Säugtbiere haben, läfst sich aus ihr nicht er klären. Dann aber zeichnen sich unter den Vö. geln nicht eiwa die Wasservögel, sondern die zah- .men Vögel durch eine vorzüglich grolse Leber aus x) Auch haben unter den Mollusken die auf dem Trocknen lebenden Wegschnecken eine, wo nicht grölsere, doch eben so grolse Leber, als die sich im Wasser aufhaltenden Thiere dieser Classe, und bey den Insekten sind die Gallenge- fäfse der Dytisken und anderer Bewohner des Wassers nicht gröfser als die der übrigen Arten, Rich- w) Biol. Bd. 2. $. ı70, \ x) B. Rogınsos on the food and discharges of human bodies, p. 97. 5 Dd2 4 420 Richtiger ist es, dafs die Leber der Wasserthiere mehr ölige Theile als die der Landthiere enthält, Man könnte vermuthen, dafs die Grölse der Le- ber mit der Vollkommenheit und Energie der Werkzeuge des Aıhemholens im umgekehrten Ver- hältnils stände, wenn nicht auch diese Voraus- setzung mit der Thatsache, dals die Vögel eine relativ gröfsere Leber als die Säugthiere haben, unvereinbar wäre, Am wahrscheinlichsten ist es mir, dals jene Grölse mit der Stärke des Assimila- tionsvermögens wächst und abnimmt. Diese lälst sich indels nicht nach der Quantität der Nahrung, die in einer bestimmten Zeit- verbraucht wird, sondern blos nach der Stärke des Reproductions- , vermögens schätzen, Da nun die letztere mit der abnehmenden relativen Gröfse des Gehirns zu- nimmt y), so scheint auch die Leber mit dem Ge- hirn in einem gewissen Antagonismus zu stehen. Die Verschiedenheit in der Gestalt der Leber besteht vorzüglich in der Zahl ihrer Einschnitte. Diese Abtheilungen können aber nichts Wesentli- ches seyn, da sie weder mit der übrigen Organi- sation, noch mit der Art der Nahrungsmittel irgend eine Verbindung haben. Nur von geringer Zahl und schwach sind sie z. B. bey dem Menschen und in den Familien der Schweine, Rinder, Pferde und Wallfische; hingegen besteht die Leber aus | drey, y) Biol. Bd. 3. S. 486. drey, vier, fünf und noch mehr Lappen bey den meisten Affen, Raub- und Nagethieren, Vorzüg- lich ist die Zahl dieser Lappen höchst veränder- derlich bey den letztern, Es giebt z. B, nach ParrAas’s und D’AusEenTon’s Untersuchungen z), drey Lappen bey dem Bobak (Marmota Bobac), fünf bey dem Murmelthier (Marmota alpina) und dem Siebenschläfer (Glis esculentus), sechs beym Lemmus amphibius und Mus agrarius, und sie- ben beym Lemmus oeconomus a). Bedeutender ist eine Verschiedenheit, die zwi- schen den Thieren der höhern Classen und der Mollusken in Ansehung des Ursprungs der blut- führenden Gefälse der Leber statt findet, Wir haben gesehen, dals bey dem Menschen die Le- ber ihr Blut nicht blos aus der Leberarterie, son- dern auch aus der Pfortader erhält, Eben diese Einrichtung findet wahrscheinlich auch, bey den Vögeln, Amphibien und Fischen statt, Man hat zwischen. dem Blut der Pfortader und der Galle eine Aehnlichkeit gefunden zu haben geglaubt, und theils bieraus, theils aus Marrıcaı’s Erfah- rung, zufolge welcher die Absonderung der Galle ' nach z) An den im ısten Bde der Biol, $, 2ı0 ff, mitgetheil- ten Stellen. | a) M. vergl. Harzer EI. Phys. T. VI. L. 23. S. ı. 6. 4 p-461. — Cuvıern Leg. d’Anat, comp. T.4. p. 9. Dd3z J 422 nn nach Unterbindung der Leberarterie fortdauert b), geschlossen, dals es das Blut der Pfortader sey, woraus die Galle bereitet wird. Gegen diesen, für die Lehre von der Verdauung nicht unwich- tigen Schlufs lassen sich indels mehrere Ein- würfe machen, MarrıcHı bemerkt ansdrück- lich in der Erzählung der erwähnten Beobachtung, dafs die nach dem Unterbinden der Leberarterie abgesonderte Galle weniger flüssig, nicht so bitter und von anderer Farbe als sonst war. Er leitet dieses von dem Umstande her, dals bey seinen Versuchen zugleich die Gallenblase zerstört wars Es ist möglich, dafs hierin der Grund lag. Doch eben so möglich ist es, dals der gehinderte Zu- fluls des Schlagaderbluts die Ursache war, und dafs also die Leberarterie ebenfalls den Stoff zur Bereitung der Galle liefert. Ein Beweis dieses Antheils ist ein Fall, wo bey einem jährigen, wohl genährten Rinde die Pfortader gar nicht zur Le- ber, sondern unmittelbar zur Hoblader ging, die Leberarterie aber grölser wie gewöhnlich war c), Mit Recht fragte auch schon MARrHERR d), warum die Enden der Leberarterie unmittelbar in die Wur- b) Marprrcnr de liene. p-557., in Mancerı Bibl. anat. T. ı. c) Aurenrıern’s Handb, der empirischen menschl, Physiol. Th. 2. 8.093. . d) Praelect, in BoeruAAviı Instit, med. T.2. p. 468. u 423 ‘ Wurzeln der Gallengänge übergehen, wenn jene Ader zur Absonderung der Galle nichts beytrüge? Hierzu kömmt noch, dals bey den Mollusken die Leber gar kein Blut aus dem Venensystem, son- dern blos aus der Aorta erhält e). _ Wahrscheinlich hat also auch bey den Thieren der höhern Clas- sen die Leberarterie eben so viel Antheil an der Bereitung der Galle, als die Pfortader, Ein wichtiger Anhang der Leber scheint die Gallenblase, und wichtig daher der Umstand zu seyn, dafs dieser Theil bey vielen Thieren nicht vorhanden ist. Allein die Gegenwart und Abwesen- heit desselben steht doch nicht so genau, wie man vermuthen sollte, mit der übrigen Organisation, oder mit der Beschaffenheit der Nahrungsmittel in Verbindung. Man findet ihn in den Familien der Affen, der Hunde und der Faulthiere, und bey allen Amphibien; hingegen fehlt er bey vielen Nagethieren, bey mehrern Arten der Schweine- ordnung, in der ganzen Familie der Pferde, bey mehrern Rindern, Cetaceen, Vögeln und Fischen, und bey den sämmtlichen Mollusken f), Im All- ; gemeinen sind es also vorzüglich die fleischfres- senden Thiere, die eine Gallenblase besitzen, Al- Sa ‚ lein e) Cuvier a. a. OÖ. p. 147% f) HALLER L,82&.. pP-519. — Cuvıer a a 0: » 55 - 2, Dd4 424 — leın da der Ochse, der Hase, der Biber und viele andere ptlanzenfressende Tbiere ebenfalls damit versehen sind, so kann man schwerlich eine Be- ziehung derselben auf animalische Nahrung an- nehmen. Eben diese Beyspiele stehen auch der von Harrer g) aufgestellten, sonst sehr wahr«- scheinlichen Hypothese entgegen, dals diejenigen Thiere eine Gallenblase haben , die, wie die Raubthiere, selten, aber viel zur. Zeit fressen, und dals sie denen fehlt, die wenig auf einmal, dieses aber in kurzen Zwischenräumen zu sich nehmen, Bey dem Menschen erhält die Gallenblase blos aus dem Lebergang ihre Galle. Bey den meisten Thbieren aber gelangt dieser Saft entweder gar nicht aus jenem Canal, oder doch nicht aus einem solchen einfachen Gang in die Gallenblase, son- dern es giebt hier mehrere eigene Canäle (Ductus hepaticocystici), die aus der Leber zum Blasen- gang, oder auch unmittelbar zur Gallenblase ge- hen h). Doch dieser Umstand hat wohl keinen erheblichen Einfluls auf die Verdauung. Wichti- ger ist die Nähe oder Entfernung der Mündung des Gallengangs vom untern Magenmund, _ Zwar steht dieselbe nicht, wie einige Schriftsteller ge- glaubt haben, mit der Nahrungsweise in Bezie- hung, g) L. c, p. 522. Kr h) Harzer 1. c. S. 1, $. 19. p.50% 5.2. $. 4. P-529 sq« — CuUVIER a. & O. pP: 4% ) — 425 hung. Aber in anderer Rücksicht scheint sie doch von Bedeutung zu seyn, Sehr nahe beym Pförtner öffnet sich der Gal- lengang in den Darmcanal bey den Nagethieren, sehr entfernt von demselben bey dem Känguruh und den meisten Vögeln. Beym Papagey giebt es zwey Gallengänge, die _ sich, von einander getrennt, zum Darmcanal be- geben. Doch bey allen Säugthieren, Vögeln, Amphi- bien und Fischen, die zwey von einander ge- trennte Gallengänge haben, oder deren Lebergang in keiner Verbindung mit dem Blasengang steht, öffnen sich diese Canäle nahe bey einander in den Darmcanal i), Anders aber verhält es sich bey vielen Mol- lusken. Diese haben insgesammt mehrere Leber- gänge, von welchen jeder für sich zum Nabrungs- canal geht. Bey einigen öffnen sich dieselben schon in den Magen, und nicht erst in den Darm- canal. Dieser Fall findet bey dem Pleurobranchus Cuv. statt, einem Geschlecht der Schneckenfami- lie, das einen häutigen Kropf hat, in dessen Grund sich die- Galle ergielst k). Andere Bey- spiele i) Hazzen a. a. OÖ. — Cuvier 2.20, k) Cuvien, Annales du Mus. d’Hist. nat. T, V. p- 266, | Ddz5 426 spiele geben die Geschlechter Mytulus, Spondylus und Arca I). Bey dem Onchidium Cuv. giebt es sogar drey verschiedene Lebern, zwey grölsere und eine kleinere, Die Ausführungsgänge der beyden grölsern öffnen sich in den Oesophagus bey der Cardia, die der dritten kleinern Leber aber in den ersten, knorpelartigen Magen m). Diese Beyspiele lassen vermuthen, dafs die Galle nicht nur auf. eine chemische Art wirkt, sondern auch als Reitzmittel, in welcher Eigen- schaft sie die Thätigkeit des Nahrungscanals bey der Verdauung befördern hilft. In dieser letztern Wirkung liegt vielleicht mit der Grund, warum die Amphibien und Fische eine grölsere Leber ha- ben, als die Vögel und Säugthiere, und die Mol- lusken eine noch gröfsere als jene. Die Erreg- barkeit des Nahrungscanals ist nehmlich geringer bey den Mollusken, als bey den Fischen und Am- ‚ phibien, und geringer bey diesen, als bey den Vögeln und Säugthieren, Nimmt man also an, dafs die Menge der abgesonderten Galle desto grö- n {ser ist, je weniger Reitzbarkeit der Darmcanal besitzt, und dafs sich jene Quantität nach der Gröfse der Leber richtet, so sieht man den Grund der Zunahme in dem Volumen der: letztern bey den niedern Thierclassen ein, Aus diesem Bedürf- .nils » D. Cuvıer Leg. d’Anat, comp. T.V. Pl. 49. fig.1ı. 12.15 | m) ‚Cuvıen, Ann. du Mus. d’Hist, nat, T,V. p:37. rn 427 nils einer stärkern Erregung bey geringerer Reitz. barkeit lälst es sich auch erklären, warum bey den angeführten Mollusken ' die insgesammt einen schwielenartigen, also sehr unerregbaren Magen haben, die Galle sich schon in diesen Magen und nicht erst in den Darmcanal ergielst. ‘Unter den Mollusken und Insekten finden wir noch andere Beyspiele, die vermuthen lassen, dafs die Galle, wenigstens bey einigen Thieren, zum Theil ein blolses Exkrement ist. Bey Doris la- cera und Doris Solen hat die Leber eine Menge Ausführungsgänge, die sich durch eben so viele Mündungen in den häutigen Magen öffnen, und noch einen andern excernirenden Canal,“ der zu einer eigenen, neben dem After liegenden Oef- nung geht n), Der letztere Gang kann blos zur Ausleerung eines Exkrements dienen, Inzwischen ist es möglich, dafs dieser nicht aus der Leber, sondern aus einer in der Leber verborgen liegen- den Drüse entsteht, Es giebt aber ein anderes ähnliches Beyspiel, gegen welches sich kein sol- cher Zweifel erheben lälst, bey Br Wanzen, Hier öffnen sich die Gallengefälse so nahe am After, dals die Galle schwerlich eine Funktion-bey der Verdauung haben, sondern blos ein Auswurfsstoff seyn kann 0). Die n) Cuvıenr ebendas, p- 447. 0) Annalen der WVetterauischen Gesellsch. £. d, gesamm- f © 428 zum o Die in den bisher beschriebenen Theilen ab- gesonderte Flüssigkeit ist ein dicker, grünlicher, bey den meisten Thieren bitterer, doch bey dem Foetus sülslicher, im Wasser auflöslicher Saft, Es giebt keine thierische Materie, womit in ältern Zeiten so viele, und doch so wenig frucht- bare Versuche angestellt sind, als die Galle, Nur darin kommen alle jene frühern Untersuchungen überein, dafs dieser Saft bey der Destillation Was- ser, Geist, Oel, Luft und Kohle liefert, und dals die Menge des Wassers darin sehr beträchtlich ist. In den Angaben des Verhältnisses jener übrigen Be- standtheile herrscht die grölste Verschiedenheit p). Ausser diesen Substanzen giebt es nach Nev- MANN, Bruno, Stier, Bacrıv und WıLLınk in der Galle auch Ammonium , dessen Gegenwart aber von Horrmann und SPIELMANN geläugnet wurde, | SyLvıus, Neumann, HorFrmann, Bruno, HART» MANN, WırrLınk und CaDEr entdeckten auch Na- | trum te Naturk, B. ı. 8. ı76. — RAamnonHr’s Ab. über die Verdauungswerkz, der Ins. $. ı89. $. 117. . ‚p) Die Resultate der ältern Versuche über die Galle bis auf RöDerer (De natura bilis. Argentor, 1767.), CAnper (Mem. de l’Acad. des sc. de Paris, A. 1767. p.473. A. 1769. p. 66.) und Wırrınk (Consider.- bilis physiolog. et patholog. Lugd. Bat. 1778.) findet man in HAırzer’s Elem. Physiol. T. VI. L.25, 5.3. $.13 59. p. 570 sq. gesammelt. trum in der Galle. Ransay und Maceripe hin- gegen läugneten alle alkalische Bestandtheile der- selben. Srıersann und Röperer fanden zwar Caper’s Versuche bestätigt, leiteten aber das Na- trum von der Zerlegung des Kochsalzes her, das in der Galle enthalten seyn sollte, Endlich traf CApdeT noch HKalkerde und Milch- zucker in der Galle an, und Duranpe nebst Wır- Link entdeckten in derselben Eisen. Alle diese Versuche lehren wenig in Bezie- hung auf die Wirkungsart der Galle. Ueber diese haben erst ScHRöDER gq) und GoLpwız r) einiges Licht verbreitet, Ich werde zuerst die Resuluate erzählen, die sich aus den Versuchen der letztern und der neuern Schriftsteller ergeben, und hier- auf meine eigenen Erfahrungen folgen lassen. Die Galle enthält kein reines Oel. Dasjenige, welches ältere Chemiker aus derselben abschie- den, war &in Produkt der Destillation, Der Milchzucker, den Caper in der Galle fand, ist entweder nicht beständig darin enthal- ten, oder er war, nach Fontana s), mit Phos- phorsäure gesättigte Bittererde, In g) Opusc. med. collect. studio G. Ackermann. Vol, 2, p- 459- r) Neue Versuche zu einer wahren Physiologie der Galle. Bamberg, 1785. | | s) Mem, de l’Acad. roy, des sc. de Turin. T.3. p. 397. 429 439 — In sehr geringer Quantität, und vielleicht auch nicht beständig, ist das Eisen in der Galle ent- halten‘ t), Nähere und beständige Bestandtheile der Galle hingegen sind: Wasser, Eyweifsstoff, Gal- lenstoff, eine geringe Quantität Erde und et- was Natrum, Die Quantität des Wassers in der Galle ist so beträchtlich, dals dieses, nach THENARD, sie ben Theile von acht, und oft noch mehr beträgt. Eyweilsstoff findet sich, nach Tnuenaro, in der Galle des Menschen und der Vögel In der Galle des Ochsen, des Schaafs, der Katze und des Hundes will er eine andere Substanz, die er die gelbe Materie nennt, gefunden haben, Sie ist, ihm zufolge, unauflöslich in Wasser, Oelen und Weingeist, hingegen auflöslich in Alkalien, woraus sie, wie aus der Galle, durch Säuren in der Gestalt braungrüner Flocken niedergeschlagen wird. Unter allen diesen Kennzeichen ist aber keines, wodurch sich jene Substanz von dem Ey-_ weils: t) MaAcrurc Vers. mit der menschl. Galle in Tu, Cor’s Abh. von den Gallensteinen. Leipzig. 1785. S. 321, 548. — Gorpwız a. a. O, $.90. — LeonmarRnı animadv, chemico-therap. de ferro. Viteb. 1785. p. ı9. — Turnarp (Mem, de Phys. et de Chimie de la Soc, d’Arcueil, T. ı. p. 58.) fand in 800 Teilen Och- sengalle nur einige Spuren Eisenoxyd, \ ar 431 weilsstoff unterscheidet, als die braungrüne Farbe, die schwerlich für etwas Wesentliches gelten kann, sondern wohl blos von einem sehr fest mit ihr verbundenen Anıheil an Gallenstoff herrührt. Der Gallenstof ist eine grüne, bittere, in Wasser auflösliche Materie, welche mit dem Ey- weilsstoff durch mineralische Säuren aus der'Galle niedergeschlagen wird, Er vereinigt sich bey die- ser Fällung mit der Säure, und läfst sich durch kohlensauren Baryt, der ihm die letztere entzieht, wieder herstellen v). In seiner Verbindung mit Säuren bildet er, durch Weingeist von dem mit ihm gefällten Eyweilsstoff geschieden und. abge- dampft, das Gallenharz, eine grünliche, zähe, sehr bittere, dem Fettwachs verwandte Substanz, welche schmelzbar, am Feuer entzündlich, und sehr auflöslich in Weingeist und alkalischen Lau- gen ist, und sich aus dem Weingeist durch Was- ser, aus den Laugensalzen durch Säuren nieder- schlagen lälst w). Die Quantität derselben be- trägt, nach THENARD, in der Ochsengalle 24 Theile von 800, in der Menschengalle 4ı von 1000, In der Galle des Ochsen und einiger anderer Thiere will Taenarp noch eine andere, mit die- sem v) Berzetius in Geuten’s Journ, f d, Chemie, Phy- 'sik u. s. w. B.7. S. 583. - w) TuenaRn a, a O, — Provst, Journ, de Phys. T, _ - (XXI,) 64. p. 152. 432 | sem Gallenharz verbundene Materie gefunden ha- ben, die er Picromel genannt hat, und deren Charaktere seyn sollen: ein scharfer, etwas bitte- rer und süfslicher Geschmack, Auflöslichkeit in Wasser und Weingeist, Unfähigkeit zu krystallisi- ren, und die Eigenschaft, in den Auflösungen von salpetersaurem Quecksilber, salpetersaurem Eisen, und essigsaurem Bley mit Uebermals von Bley- oxyd Niederschläge hervorzubringen. THENARD erhielt diese Materie durch Behandlung der Galle mit essigsaurem Bley. Wenn man aber erwägt, dafs dieses Reagens Eyweilsstoff, Schleim, Gallen- stoff, und zugleich noch Erden und Salze nieder- schlägt, so kann man nicht zweifeln, dals jenes Picromel eine Verbindung mehrerer verschiedener Substanzen und nichts weniger als ein Edukt ist, Der erdige Bestandtheil der Galle ist Kalk- erde x) s Die Gegenwart des Natrum in der Galle be. zweifelte zwar GoLpwız. Seine Gründe sind aber nicht von Gewicht, RıcHTer’s y) und TBENARD’s Versuche beweisen, dals dieses Alkali allerdings in der Galle enthalten ist, Nach des letztern Er- fahrun« x) Leonuaroı in der Anmerk. $, 518. zu MAcguer’s chym. Woörterb, Th,2. — ThuenArD a. a. OÖ. Bi y) Experim. et cogitat. circa bilis naturam, imprimis ejus principium salinum. Erlang, 1789. fahrungen beträgt die Quantität desselben in der Ochsengalle 4 Theile von 800, Sowohl die Kalkerde, als ein Theil des Na- trum, scheinen in phosphorsaurem Zustande Be- standtheile der Galle zu seyn z). Ein Theil des Natrum aber ist, nach Tnuenarn’s Vermuthung, mit Schwefelsäure, ein anderer mit Salzsäure, und der übrige mit dem Gallenstoff verbunden, Der Gallenstoff scheint vorzüglich der Theil zu seyn, von welchem die Galle ihre charakteri- stischen Eigenschaften hat. Ibre übrigen Bestand- theile sind in zu geringer Quantität vorhanden, und zu wveränderlich, als dals sich von ihnen bedeutende Wirkungen annehmen lassen, Man hat oft die Galle eine Art Seife genannt, und eben so oft ihr diesen Namen abgesprochen, Versteht man unter Seife blos eine Verbindung zwi- schen reinem Oel und einem Alkali, so kömmt ihr jene Benennung freylich nicht zu. Sie löset nicht, wie die alkalischen Seifen, Oele, Harze und Balsame auf, sondern bringt die Oele zum _ Gerinnen,, und scheidet sie aus wässrigen Emul- sionen a). Ob sie aber richt in die Classe der sauren Seifen gehört, werden wir unten sehen. Die z) LeowHarnı a. a. OÖ. und in seinen iikpsän zu MaAcaver’s Wörterb. B. ı. S. 424. a) SCHRÖDER u, Gorpwız in den angef, Schriften, IV. Bd. Ee 434 ) — Die Galle endlich verhindert die Essiggährung, und verwandelt diese, in die Weingährung. Säus ren werden durch ihre Zumischung abgestumpft b), Nach . einem einzelnen Versuche Werner’s .c) hält sie auch. die Gerinnung des Bluts zurück, Diese Beobachtung bedarf vielleicht einer nähern. Bestätigung. Dafs aber, wie Schröder und Gorn- wiız gefunden haben wollten, die Galle das Ge- innen der Milch befördern soll, ist nach den Ver- suchen VERATTI’S d) und CADErT’s e), von wel- chen die leiztern gerade das Gegentheil lehren, gewils unrichtig, ‚ Dies. ist es, was aus den bisherigen Unter. suchungen der Galle an zuverlässigern Resultaten hervorgeht. Ich komme jetzt auf-meine eigenen Erfahrungen, die mich diese Flüssigkeit von eini- gen neuen Seiten kennen gelehrt haben, 1. An frischer Ochsengalle bemerkte ich-immer den Geruch des schwefelhaltigen Wasser stoffgas, .der- sich noch stärker entwickelte, wenn etwas verdünnte Schwefelsäure zugegossen wurde, Uebereinstimmend hiermit ist die That- sache, dals schwefelhaltiges Wasserstoffgas auch das l b) Gorpwiz a. a. ©. $. 160.169. ce) Exper, circa modum, quo ehymus in chylum mu- tatur. P.49 sg. d) Comment. Bonon. T. VI. p, 269, e) Mem, de l’Acad..des sc, de Paris. A. 1769. P. 67. gesrmen 435 das Erste ist, was. bey der Destillation der Galle übergeht e). . Man hat diesen Bestandtheil, der gewils bey ‚der Funktion der Galle eine wichtige Rolle spielt, bisher nicht beachtet, vermuthlich weil man die Galle selten frisch genug unter- suchte 8). An solcher, die über vier und zwan- zig Stunden gestanden hat, ist schon der Geruch jenes Gas uicht mehr zu spüren, Wahrscheinlich rührt dasselbe und zugleich die grüne Farbe der Galle von einer Verbindung aus Schwefel, Natrum und Hohlenstoff her. Der Schwefel, den’ die Galle enthält, ist wohl nicht, wie Tarnarn glaubt, blos im gesäuerten Zustand ein Bestandtheil derselben, 2. Giefst man zu frischer Ochsengalle rektifi- cirten Weingeist, so schlägt sich der Eyweilsstoff nieder, und der Weingeist wird gelb gefärbt, Sei- het man den Aufgufs durch, und dampft die fil- trirte Flüssigkeit ab, so geht die gelbe Farbe ders selben in ein schmutziges Grün über, und man erhält den Gallenstoff als eine gelbgrüne, schmie- rige Masse, die sich in warmem Wasser völ«- lig f) Founcror Elem, de Chimie, Ed. 4. T. 4. p.348. — Vocer in ScHwEIscERs neuem Journ, f, Chemie u, Physik, B. 6. 8. 395. ' g) Blos CAper bemerkte ılın beym Zugielsen von Salzsäure zu Ochsengalle. (Mem. de l’Ac. des sc, de Paris, A. 1767. p.475.) Er hielt ihn aber un- richug für Fo’ge der eingetretenen Fäulnifs, -Ee 2, 436 lig auflöst, und beym Erkalten nicht wieder ab» scheidet, 3. Dieser Gallenstoff haucht einen eigenen Ge- ruch aus, woran ich den der Blausäure zu erken- nen glaubte, und der mich auf den Gedanken brachte, dafs freye Blausäure in der Galle ent- halten seyn möchte. Um diese Vermuthung zu prüfen, setzte ich zu einer Unze einer wässrigen Auflösung des durch Weingeist ausgezogenen Gal- lenstoffs eine halbe Drachme einer gesättigten Aufläsung des grünen schwefelsauren Eisens, Die: ser Zusatz brachte keinen Niederschlag hervor, und veränderte nicht die Farbe der Flüssigkeit. Ich tröpfelte hierauf eine Lauge von ätzendem Natrum hinzu, und sogleich entstand ein Präci- pitat von Berlinerblau. Säuren erhöheten nicht die Farbe dieses Niederschlags, sondern verwan- deiten das blaue Eisenoxyd in rothes. . Ich habe diesen Versuch mehrere male mit immer gleichem Erfolg angestell. Der Gallenstoff enthält also freye Blausäure, 4. Die wässrige Auflösung des Gallenstoffs wurde, mit Essig-, Phosphor- und ‚Salpetersäure anfangs milchig, nachher.grüner, und setzte nach vier und zwanzig Stunden einen grünen Nieder. schlag ab. Der Geruch der Säuren verminderte sich auffallend gleich nach ihrer Vermischung mit dem Gallenstoff, Dieser äussert also, wie auch | | BR schon mus 437 schon andere Schriftsteller bemerkt haben, eine starke Anziehung zum Sauerstoff. 5. Galläpfeltinktur brachte in der wässrigen Auflösung des Gallenstofs leichte Flocken, aber keinen festern Niederschlag hervor. Wenn also nicht etwa diese Fällung von etwas Gallerte oder milchsaurem Natrum herrührte, so muls der Gal- lensto® eine Verwandtschaft zur Gallussäure oder zum Gerbestoff haben, | 6. Gielst man verdünnte Schwefelsäure zu fri- scher Ochsengalle, so zieht sich der gerinnbare Theil derselben zu einer einzigen Masse zusam- men, die in einer weissen Haut eingeschlossen ist, In dieser Haut findet man den übrigen Theil der Galle als eine grüne, dem zerriebenen Räse ähnliche Substanz. Auf ähnliche Art wird die Ochsengalle durch Alcohol coagulirt; doch schwimmt die hierbey sich bildende Haut gewöhnlich auf . der Oberfläche der Flüssigkeit. Diese Haut ist offenbar geronnener Eyweilsstoff, der also keines- weges, wie THENARD behauptet, der Ochsengalle fehlt, Aus der käseartigen Substanz erhält man, nach Ausziehung des Gallenstofs, THENnAarD’s gelbe Materie, die ich aber, aus den schon oben angeführten Gründen, für nichts anders als Ey- weilsstoff halten kann, 7. Die verdünnte Schwefelsäure löst einen Be- standtheil jener geronnenen Masse auf, indem sie Ee53 eine N . y 438 a nn eine saftgrüne Farbe annimmt. Läfst man sie ab- dampfen, so wird ibr Grün immer dunkler, und man erhält zuletzt eine schwarzgrüne, zühe Ma» terie, die sich in Weingeist auflöst, indem das Natrum, womit sie verbunden war, als schwefel- saures Natrum zurückbleibt, Die Weingeistauf- lösung liefert endlich nach dem Abdampfen das Gallenbarz, eine pechartige Substanz, deren Far- be nach der Siärke der angewandten Wärme ver- schieden ist, und in stärkerer Hitze braunroth, doch in der Kälte nach und nach wieder grün wird. Hürzer und -ohne Veränderung des ur- sprünglichen reinen Grüns. erhält man dasselbe, wenn man die Schwefelsäure abgielst, nachdem sie den geronnenen Theil :der Galle grün gefärbt hat, diesen durch Weingeist ausziehen läfst, und den Auszug gelinde abdampft. Der Procels ist aber in diesem Fall nicht so belehrend als im vo- rigen, weil sich die Abscheidung des Natrums von. dem Gallenharz, das hier mit dem Eyweils- stoff verbunden bleibt, dabey nicht beobachten lälst, | 8. Kocht man dieses grüne Gallenharz in einer Lauge von ätzendem Natrum, so löst sich das- selbe mit Beybehaltung der grünen Farbe voll- kommen darin auf, Setzt man zu dieser Antlö- "sung Schwefelsäure, so schlägt sich das Harz theils als eine schwarzbraune, pechähnliche Mate. “ . rie, theils als ein grünes Pulver wieder nieder, Diese / — 439 Diese Auflöslichkeit des Gallenharzes in Alkali be- weist, dafs der Name eines Härzes demselben nur sehr uneigentlich zukömmt. Alie Eigenschai- ien des Gallenstoffs sind die eines thierischen, mit Säure innigst verbundenen Fetts; das Gal- lenharz unterscheidet sich ‘von ihm blos durch einen Antheil freyer Säure, Liest man AcHnarn’sh), Macgquver’s i),. GCornerte’s k) und Beanvıs’s 1) Beobachtungen über die Wirkungen der minerali- ‘schen Säuren auf fette Oele, so ist die Analogie zwischen den Produkten dieser Wirkungen und dem Gallenstoff nicht zu verkennen, . Jene sind von bitterm Geschmack, von zäher, schmieriger Consistenz, und anuflöslich sowohl in Wasser, als in Weingeist; die Weingeistauflösung wird- von kaltem Wasser milchig gemacht; sie schmelzen in der Wärme und erstarren in der Rälte; ein Theil der angewandten Säure ist so innig mit ihnen vereinigt, dafs sie ‚sich mit Alkalien vetr- binden, ohne sich von ihm zu trennen; sie ent- halten eben so, wie der Gallenstof, freye Blau- | ; säure; h) Chem. physische Schriften. $. 305 ff. i) Chym, WVörterb. Uebers, von LeonuArni, Th. Ss $. 50. — Caerr’s chem, Journal. Th, 4 $. 172%, | k) Mem, de l’Acad, des sc. de Paris, A, 1780. p. 542, 558: 567. A | }) De oleorum unguinosorum natura, Gotting. 1785. Ee4 440 — säure; kurz, sie besitzen alle Eigenschaften dieses Stoffs. Die Galle ist also zwar keine alkalische Seife,, aber allerdings eine saure Seife, die jedoch blos gebundenen Sauerstoff enthält. | 9 Für einerley mit dem Gallenharz halte ich auch die Substanz, die man durch Digestion mehrerer thierischer und vegetabilischer Substan- zen mit Salpetersäure erhält. Fourcroy und Vau« QUELIN untersuchten den Einflufs dieser Säure auf Fleisch und Indigo m). Ich habe die nehmli- chen Versuche mit Hühnereyweifs und Hausen- blase gemacht, und immer im Wesentlichen die- selben Produkte erhalten. Unter andern Jie[s ich eine Mischung aus 2 Drachmen Eyweils, 3 Unzen Wasser und einer Drachme Salpetersäure, wovon ich den coagulirten Theil abgesondert hatte, an- haltend kochen, indem ich statt des verdünsteten Wassers immer neues hinzu gols. Im Anfange des Kochens schlug sich der aufgelöste Eyweils- stoff zum Theil wieder nieder. Dann hauchte die Flüssigkeit einen säuerlichen, vwachsartigen Geruch aus. Das niedergeschlagene Eyweifs wur- de gelb, zertheilte sich, und löste sich wieder auf. Auf der Flüssigkeit bildete sich eine Haut, die ein wachsartiges Ansehn hatte, Als in der Mitte des Kochens neues Wasser hinzugegossen war, ( \ m) Mem, de l’Institut des se. et arts. 'GenLen’s Jour- nal f. d, Chemie u, Physik, B. 2. $. 251. 243. un 441 war, bekam die Mischung eine grünliche, dem des aufgelösten Gallenstoffs ähnliche Farbe, die sich aber bald wieder verlor, Endlich erbielt ich obn- gefähr eine halbe Unze einer gelben Substanz von butterartiger Farbe und Consistenz, die in der Kälte erstarrte, sich in Weingeist und ko- chendem Wasser auflöste, durch kaltes Wasser in der Weingeistauflösung ‚milchig gemacht wur- de, mit Alkalien sich unter Aufbrausen zu einer orangegelben Materie verband, und mit wässrigem Galläpfelaufguls einen bräunlichen Niederschlag machte, die sich also wıe Gallenharz verhielt, 10. Die grünliche Farbe, welche die Eyweifs- auflösung des vorigen Versuchs in der Mitte des Tochens bekam, zeigte sich auch in einem an- dern Versuch, wo ich. Wasser so lange mit dem Blutkuchen von Rindsblut schüttelte, bis es dunkelroth gefärbt war, dasselbe von dem Blut. kuchen abgols, es in der Temperatur des kos chenden Wassers erhielt, bis sich kein Nieder- schlag von Eyweilsstoff weiter bildete, und die abgegossene, ungeronnene. Flüssigkeit, mit etwas ätzendem Natrum versetzt, von neuem aufkochen liels. Bey diesem Kochen bildete sich ein neues Präcipitat von Eyweilsstoff; die Flüssigkeit, die vorher schmutzigroth aussah, bekam eine dun- ‚kelrothe, und dann eine schmutziggrüne Farbe, wobey sich zugleich. ein grünlicher, dem durch Eeä Säuren 442 | Säuren gefällten Gallenstof ähnlicher Niederschlag absetzte,. und die Mischung einen süfslichen Ge- ruch aushauchte, — Schon Fourcroy n) machte eine ähnliche Beobachtung, indem er eine Mi- schung von Ochsenblut und RE kochen liels, bis alles Gerinnbare‘ abgeschieden war, und die durchgeseihete Flüssigkeit bis zur Honigdicke ver- dünsten liels. Der Rückstand hatte die Farbe und den Geruch der Galle, und verhielt sich auch wie diese gegen Reagentien. Fourcror’s Erfahrung ist vergessen worden, . weil PARMENTIER und Deveux 0) sie nicht bestätigt fanden. Die obi- gen Versuche aber beweisen, dals Fourcroy al- lerdings richtig beobachtet hat, obgleich die Be- dingungen, unter welchen die Verwandlung des Bluts in eine grüne Flüssigkeit eintritt, von ihm übersehen sind, ‘und der Schlufs, den er aus seiner Wahrnehmung zog, dals die Galle schon gebildet im Blut enthalten sey, sich nicht verthei- digen läfst. ı1. Löst man die alkalische Verbindung der im ıoten Versuch durch die Einwirkung der Sal- petersäure gebildeten Substanz in heissem Was- ser auf, so schielst sie beym Erkalten zu Kry- stallen an, die von scharfem, bitterm Geschmack "sind, und auf glühenden Kohlen wie. Schiefspul- i / ver 'n) Ann, de Chimie. T.7. p. 146. o) Journ. de Phys. T,(l.) 44, P.ı. p,37% le a a re en a ee 200443 ver verpuffen. Diese krystallisirte Substanz ist der von WeLTErR p) beschriebene Bitterstoff, CHEVREUL g) hat gezeigt, dals derselbe seine ex- plodirende Eigenschaft blos von der mit ihm verbundenen Salpetersäure hat. Die eigentliche Be- schaffenheit dieser Substanz ist aber von CHEVREUL unbestimmt gelassen. lch vermuthete nach der Entstehung und den Eigenschatten derselben, dafs sie nichts anders seyn könne, als die Verbindung einer dem Gallenstoff ‘gleichen Materie mit Sale peter, Um hierüber Gewiisbeit zu erhalten, löste ich Gallenstoff mit etwas Salpeter in Wasser auf, liefs diese Mischung bis zur Trockenheit abdam- pfen, und brachte den pulverisirten Rückstand auf glühende Kohlen; der Erfolg war, dafs die nehm- liche Explosion wie vom Bitterstolf entstand, ı2. In dem obigen Tten Versuch bekam Gal- lenharz, mit Schwefelsäure erhitzt, eine braun- rothe Farbe, Ganz die nehmliche Farbe entsteht, wenn man concentrirte Schwefelsäure in eine Weingeistauflösung des Benzoeharzes tröpfelt, ‚Sie ist aber auch hier, wie in dem obigen Versuch, nicht dauernd, sondern geht bald in ein Schmutzie ges Braun über. Die Benzoesäure hat an dieser Farbe keinen Antheil, sondern es ist das Oel des Harzes, wodurch sie hervorgebracht wird, R : Jene * p) Ann. de Chimie. T.29, p. 3503, g) Ebendas. T. 72. 73. / 444 — Jene Säure verändert weder für sich, noch mit Alkali verbunden, beym Zusatz der Schwefelsäure ihre Farbe. Das unaufgelöste Benzoeharz erhält von concentrirter Schwefelsäure eine schwarzrothe Farbe ; hinzugegossenes Wasser bringt heftiges Aufschäumen und starke Erhitzung hervor, und scheidet das Harz in kleinen, violetten Concre- menten wieder ab. Nimmt man zu dieser Analo- gie, dafs die Benzoesäure ebenfalls, wie das Gallenharz und der Bitterstoff, mit Salpeter ex- plodirt, und dafs sich bey der Bildung des Bit- terstoffs immer, auch eine Säure erzeugt,. die gewils eine unreine Benzoesäure ist, so lälst sich schlielsen, dafs der Gallenstoff und der Bitterstoff mit dem Benzoeharz ein gemeinschaftliches Prin. cip haben. Aus den erwähnten Erfahrungen ergeben sich folgende Hauptresultate: ı) Der vornehmste Bestandtheil: der Galle, der Gallenstoff, ist ein thierisches Fett, das ge- bundenen Sauerstoff enthält, mit Natrum, Schwefel und vielleicht auch mit Kohlenstoff vereinigt ist, in dieser Verbindung schwefel-. haltiges Wasserstoffgas aushaucht, und freye Blausäure zeigt. 2) Säuren entziehen diesem Stoff das Natrum, ’ treten ihm ihren Sauerstoff ab, und verdicken ihn, ohne ihn jedoch in ein wirkliches Harz zu — 445 zu verwandeln; Alkalien neutralisiren ‚diesen ihm abgetretenen Sauerstoff, und versetzen ihn wieder in den vorigen Zustand, 3) Der mit Salpetersäure verbundene GallenstoF ist einerley mit dem WerTerschen Bitterstoff; durch den Einflufs der Schwefelsäure wird unter Mitwirkung einer höhern Temperatur Benzoe - Oel in ihm entwickelt. Welche Anwendungen sich von diesen Sätzen in der Lehre von der Verdauung machen lassen, werden wir im ı4ten {. sehen. Ehe wir unsern bisherigen Gegenstand "verlassen, wird es aber nicht überflüssig seyn, eine Meinung von der “Funktion der Leber, die in neuern Zeiten ziem- lich allgemein angenommen ist, noch zu berüh- ren. Die Galle ist vermöge ihres öligen Bestand- theils reich an Kohlenstoff und Wasserstoff, Sie scheint auch zum Theil ein Auswurfsstoff zu seyn. Das letztere ist sie, jener Meinung zufolge, ver- möge ihres Gehalts an den beyden erwähnten Stoffen. Die Leber, sagt man, wirkt auf eine, ähnliche Art wie die Lungen, indem sie dem Blut dessen Ueberflufs an Wasser- und Kohlen- stoff entziekt und mit der Galle ausführt. Ich gestehe, dafs ich diese Hypothese für sehr un- wahrscheinlich halte, Mit der Ausdünstungsmate- rie und dem Harnstoff wird vielleicht mehr Was- ser- und Kohlenstoff als mit der Galle ausgeleert, und 446 ‘ — und diese Exkretionen sind sehr leicht einer be- trächtlichen Zunahme fähig, Zu jener Entziehung bedurfte es also-keines so grolsen und so zusam- mengeseizten Organs, wie die Leber ist, (. 15 Der Darmcanal und die daraus entspringendei Gefäfse, Die nebmlichen Häute, woraus der Magen besteht, bilden den Darmwcanal, Bey vieler Thie- ren aber hat der obere Theil des letztern eine andere Textur, als der untere. Dieser, der dicke Darm, ist im Allgemeinen viel weiter und kür- zer, und hat eine weit dickere und festere Haut, als der obere, Gewöhnlich ist auch die Gränze zwischen beyden Theilen durch einen Schliefs- muskel, und oft zugleich durch eine Klappe, sehr genau bestimmt. Wir ‘finden diese Einrichtung selbst bey manchen Thieren der niedern Clas- "sen. Bey einigen Insekten giebt es sogar drey bis vier ScHlie[lsmuskeln, wodurch die verschiede- nen Abtheilungen des Darmcanals von einander getrennt sind, Allgemein ist aber jener Unterschied nicht, Fast in jeder Thierclasse giebt es Arten, bey welchen die Verschiedenheit zwischen dünnem- und dickem Darm sehr unmerklich, ‚oder wenig stens durch keine feste Gränze bestimmt ist, Vor- züglich ist der Darmcanal der Mollusken sehr ein- ; a fach. . ET aD, rc, . — 447 fach, Doch erweitert er sich auch bey diesen Thieren gewöhnlich in der Nähe des Afters, Da, wo eine Trennung zwischen dünnem und dickem Darm -statt findet, giebt es aber meist unter diesen Theilen noch andere Verschie- denheiten als die, welche die Länge und Weite der Därme, und die Dicke ihrer Häute betreffen, Bey den höhern Thierclassen hat zuvörderst die innere Haut des dünnen Darms einen eigenen Bau. Sie bildet hier entweder eine Menge dicht neben einander liegender, cylindrischer, ovaler, coni- scher, oder keulenförmiger Fortsätze, die soge- Asfinien Flocken oder Zotten (villi), wovon ‚sie den Namen der Flockenhaut erhalten hat; oder es giebt in ihr ein Netz sehr feiner, ge- kräuselter Falten, Jene Flocken sind den Säug- thieren, mit Ausnahme des Maulwurfs, und den meisten Vögeln eigen; dieses, zuerst von Runor- 'pHı r) näher untersuchte Netzwerk findet sich bey dem Maulwurf, bey mehrern Vögeln, bey den Amphibien und Fischen, Sowohl die Flok- ken als die Netze sind bey den verschiedenen Thierarten und selbst an: den verschiedenen Stel- len des Darmcanals von verschiedener Gestalt, Vorzüglich lang sind jene bey dem Rindvieh, dem Nam? der Katze, dem Hund und dem Huhn, Bey dem Ochsen hat die innerste Darm- ug Sriast 2) Reır’s Archiv £. d. Physiol, B.4. 5. 63, 448 Be — haut ausser den Flocken zugleich ein Netz zar- ter Falten. Nur klein sind hingegen die Flocken bey den Schaafen, Bey der Gans erstrecken sie sich -bis in den dicken Darm hinab, Die Mollusken waren bisher in Betreff des Baus der innern Haut des Nahrungscanals noch wenig untersucht. Ich habe in dieser Hinsicht den Limax cinereus L, zergliedert, und in dem Nahrungscanal desselben die innere Haut von ei- ner Beschaffenheit gefunden, die ich nicht anders als flockenartig zu nennen. weils. Sie hängt mit der äussern Muskelhaut, worauf sich die Blut- gefälse verbreiten, so locker zusammen, dafs sie sich zuweilen schon beym Oeffnen des Magens und Darmcanals von derselben trennt, zieht sich nach dieser Trennung zusammen, ist dick, weich, zähe, schwammartig, und, unter der Loupe be- trachtet, von sammtartigem Ansehn. Unter einer stärkern Vergrölserung zeigen sich in ihr Bläs- chen, die theils rund ,-theils birnförmig sind, und eine 'ölige Feuchtigkeit enthalten, Im dünnen Darm, oder dem Theil des Darmcanals, welcher unmittelbar auf die Stelle folgt, wo sich die Gal- lengefälse inseriren, wird diese Haut dünner, Bey den Insekten liegt eine schleim* oder gallertartige Substanz zwischen der äussern und der höchst zarten innern Haut des dünnen Darms, . are 449 Man hat, durch Lierserkünn s) verleitet, un- ter dem Vergrölserungsglase an der Spitze jener Darmzotten eine Oeffnung zu sehen geglaubt, Allein Ruporrsı t), dessen Zeugnifs hier gewils von Gewicht ist, fand nie eine solche Oef- nung; der jüngere Hepwıc v) beobachtete sie in einigen wenigen Fällen, und in diesen fand ohne Zweifel-bey den starken Vergrölserungen, die er gebrauchte, eine optische Täuschung statt; von Bıeuranp w) hat man eine colorirte Abbildung, worin die Flocken der menschlichen Darmhaut mit Oeffnungen vorgestellt sind, aber sicherlich blos nach der Phantasie, da es bey der schwa- chen, von BrEuLAnD angewandten Vergröfserung unmöglich war, die Oeffnungen wahrzunehmen. Eben 'so zweifelhaft ist es, ob es, wie Lre- BERKÜHN beobachtet zu haben glaubte, in jedem dieser Flocken eine mit Zellgewebe angefüllte Höhlung (ampullula) giebt, Hzwson x) und Ru- DOL«- s) De fabrica et actione villorum intestinor, tenuium hominis. Lugd. Bat. 1745. pP. 5 ı) A. a. ©. S. 66. 71. 76. 363. v) Disquis. ampullularum Lieserrünnıs phys, miero- scop. Lips. 1797. 8.1, r w) Vasculorum in intestinorum tenuium tunicis, süb- tilioris anatomes opera detegendorum descriptio, Tra- ject. ad Rhen. Tab. 2. £. ı. x) Exper, Inquiries into the Iymphatie System, IV. Bd. Er: 450 | mem DOLPHI y) bemerkten auch hiervon keine Spur, und ich sehe nicht ein, wie man sich von der: Gegenwart einer solchen Höhlung überzeugen will, Durch schwäche Vergrölserungen läfst sich darüber nichts ausmachen, und für stärkere sind & s RN. } die Flocken zu wenig durchsichlig, Dem Anschein nach ist zwar die Frage, ob es Oeffnungen und Höhlungen in den Flocken giebt, von keiner grofsen Erheblichkeit. Allein von ei- ner gewissen Seite ist sie allerdings wichtig, Sind Lissenkünn’s Behauptungen ungegründet, so fin det eine grofse Analogie zwischen den Flocken des Darmcanals und den Papillen der Haut statt; die innern Häute jener Röhre erscheinen dann als Fortsetzungen der äussern Bedeckungen des Körpers, und es läfst sich auf eine Gleichartig- keit in den Funktionen dieser Membranen schlie- [sen, Jene Analogie wurde, von Bicaar z) be- stimmt angenommen, Aber schon vor ihm be- merkte sie Haase a). Nur wagte dieser noch nicht, Lieserkünn’s Hypothese zu verlassen, Eine andere Verschiedenheit zwischen dem dünnen und’ dicken Darm besteht in den vielen Queerfalten (valvulae ‚eonniventes), welche die beyden innern Darmhäute in dem dünnen Darm, | | beson- ı ’ y) A.a 0, 8.79. 6 2) Trait@ des membranes, a) De vasis cutis et intestinorum absorbentibus, p.ıg. . - S auemmerum 45T besonders in dem mittlern Theil desselben, bil- den, und die nach dem dicken Darm hin’ seltener werden, oder sich ganz verlieren, Sie finden sich, wie die Flocken, sowohl bey fleischfressen- den, als pflanzenfressenden Thieren, und fehlen bey andern, die ebenfalls zu beyderley- Classen .. gehören b). Auf der Gränze zwischen dem dünnen und dicken Darm giebt es bey vielen Thieren einen Theil, der unsere Aufmerksamkeit sehr verdient, den Blinddarm (Intestinum coecutn). Wir fin- . den dieses Organ -in der Classe der Säusthiere bey dem Menschen, den sämmtlichen Affen und Makis, allen Thieren der Hundefamilie, ausge- nommen den Marder. und die Geschlechter Ursus, Meles, Talpa, Sorex, Erinaceus, allen Nagethie- ren mit. Ausnahme des Hamsters ‚ dem Galeopithe. 'cus und ÖOrycteropus ( Myrmecophaga capensis. Guer.), allen zu den Familien .der Schweine, Rinder und Pferde gehörigen Thieren, und bey. Kia Wallrossen (Trichecus), Der Mensch, der Orang-Outang und das Geschlecht Phascolomis haben an ‚dem Blinddarm zugleich. einen wurm- förmigen Anhang; bey den übrigen aber feble dieser, (- 'b) Harzer EI. Phys. TVYI. L.24 85.1. $.12.p.25.— NeeRcArDp’s vergl, Anat. u. ae der Verdanungs- werkz. der Säugth. u. Vögel, $. 299. Ffa ! 452 mn dieser. Der Klipdas (Hyrax) hat zwey wurms» förmige Anhänge am Anfang des Mastdarms, und ähnliche Theile giebt es auch bey den Ameisen- fressern (Myrmecophaga), Die letztern aber ha- ben dabey keinen Blinddarm, den der Klipdas, und zwar von vorzüglicher Länge und Weite, besitzt. Die Echidna und der Ornithorynchus ha- ben einen einfachen wurmförmigen Anbang ohne "Blinddarm. Ausser den angeführten Thieren ge- hören noch zu denen,‘ welchen der Blinddarm fehlt, das Geschlecht der Fledermäuse und ‚alle Cetaceen, die Wallrosse abgerechnet, Dieser Theil ist ein auffallendes Beyspiel von dem Einfluls mehrerer ganz verschiedener Ursa- chen auf den Bau des Nahrungscanals,. Eine Ausnahme von der Regel, dafs die Heischfressen- den Thiere einen Blinddarm besitzen, machen die Bären, Dachse, Maulwürfe, Spitzmäuse und Igel. Aber diese Thiere nähren sich zum Theil von Vegetabilien, und unterscheiden sich zugleich von den übrigen Thieren der Hundefamilie darin, dafs sie beym Gehen auf die ganze Fufssohle, und nicht wie diese blos auf die Zehen treten, Al. lein die Gegenwart oder Abwesenheit .ines Blind- darms muls doch von noch andern Umständen abhängen. Der Marder, ein rein fleischfressendes Thier, hat kein Coecum; hingegen besitzt das- selbe die Viverra Ichneumon L,, ein Thier, das wie i Fe NE . z an ee N —- 453 wie die Bären beym Gehen auf die ganze Fuls- sohle tritt, Am meisten ist indefs der Blinddarm bey den pflanzenfressenden Thieren und denen, die von gemischter Nahrung leben, ausgebildet. Bey dem Hasen und Kaninchen ist er länger als das ganze Thier und inwendig hat er eine schneckenförmigs, von seiner Mündung bis zum entgegengesetzten Ende fortgehende Klappe. Beym zweyhörnigen Rihinoceros ist er, nach SPARRMANN c), im Anfang eben so weit und mehr als viermal so lang wie der Magen, Bey den fleischfressenden Thieren ist er durchgängig klein und von einfacher Bildung, Bey den Vögeln giebt es ebenfalls einen Blinddarm, und auch hier ist dieser Theil ge- wöhnlich weit kürzer und weit einfacher bey den fleischfressenden Arten, als bey den übrigen. Nicht selten feklt er bey jenen auch ganz. Die meisten Vögel haben zwey Blinddärme, die sich beym An- fang des Mastdarms in den Darmcanal öffnen d). Doch ist diese Regel nicht allgemein. Eine Aus- nahme von derselben habe ich unter andern bey einer in der Gegend von Bremen gefangenen En- tens e) Reise nach dem Vorgebirge der guten Holln, $, 415 &. d) Biol, Bd, 2, S. 232. | Fiz 454 | mreamerurue ‚tenart-e) gefunden, die mit Strix stridula ver- wandt, doch nicht ganz einerley ist, Hier war. der Magen knorpelartig, und in der Mitte des Darmcanals befand sich ein ebenfalls knorpelarti- ger, doch nur kurzer und enger Blinddarm, Sonst haben auch alle Reiherarten (Burron’s Herous) nur Ein Coecnum, statt dafs der mit ihnen so nahe verwandte Kranich deren zwey besitzt, Unter den Amphibien, Fischen und Mollus- ken sind sehr wenig Arten mit einem Blinddarm versehen. In der Classe der Amphibien findet man ihn blos beym Leguan, und unter den Fi-. schen beym Polypterus niloticus f). Unter den Mollusken haben- einige Arten der Austernfamilie einen blinden Anhang des Darmcanals. Dieser befindet sich aber neben dem Pylorus, also an einer ganz andern Stelle, wie bey den Thieren der höhern Classen, Unter den Insekten giebt es, nach Ram- DOHR 8), pur wenige, die einen Blinddarm- be- sitzen, Er führt als solche blos die Sylpha ob- . scura, den Nicrophorus VepAı. und die Nepa cinerea e) Strix capite laevi, corpore supra fusco, fasciis trans- versariig undulatis nigris, remige tertio longiore, f) Georrrovy, Annales du Mus. d’Hist. nat. T.ı. pP. 64. — Cuvıer (Legons d’Anak comp. T. 3. p. 545.) aber erwähnt keines Blinddarms De diesem Fisch, — rare As cinerea an. Ich mufs hierin aber. Ramvour’n widersprechen. Alle Schmetterlinge haben im aus gebildeten Zustande einen Blinddarm, der sich. in den Anfang des Mastdarms öffnet, am Darm- canal herauf liegt, und den Saft enthält, den mehrere Sphinxe, wenn sie geängstigt werden, durch den After aussprützen. Nach der Auslee- rung des Safts zieht sich aber dieser Theil so zusammen, dals-man ibn bey der Zergliederung leicht übersieht. Einen ähnlichen Blinddarm be- sitzen die Spinnen. Ein Coecum, das fast so lang wie der ganze übrige Darmcanal ist, und sich in die Mitte desselben öffnet, Habe ich beym Dytiscus marginalis gefunden, ] Bey allen Säugthieren,, die einen wahren Blinddarm besitzen, hat der folgende Theil des dicken Darms, in welchen sich jener öffnet, bis zum Mastdarm, mit dem Coecum in seinem In- nern gewöhnlich einerley Bildung. Man unter- scheidet diesen Theil von dem letztern unter dem Namen des Grimmdarms (Colon). In der That aber macht er mit dem Blinddarm nur ein ein-, ziges Organ aus, welches als eine Art von Ma- gen anzusehen ist, Bey mehrern Thieren zeich- net sich der Grimmdarm durch eine Menge Zel- len aus, worin dessen Höhlung abgetheilt Bee ' Diese werden durch drey Fleischstränge der Mus- kelhaut gebildet, die von dem verschlossenen Fa | Ende 6 em ; Ende des Blinddarms an bis zum Anfang des Mastdarms über das Coecum und Colon der Länge nach fortgehen , und, indem sie kürzer als die übrigen Darmbäute sind, in den letztern blinde Säcke hervorbringen. Solche Zellen giebt es bey den meisten Säugthieren, die sich von Vegetabi- lien, oder von beyderley Nahrungsmitteln nähren, doch mit Ausnahme der rinderartigen Thiere und des ”Mäusegeschlechts. Sie fehlen hingegen bey den tleischfressenden Thieren und den Vögeln, ' Unter den letziern macht blos der Straufs eine Ausnahme, In der Classe der Insekten aber giebt es bey vielen Arten, besonders bey mehrern Kä- fern, ein zelliges Colon. Ein Blinddarm findet ‘sich an dem obern Ende desselben nicht. Aber in der Muskelbaut desselben laufen der Länge nach mehrere solcher fleisch- und sehnenartiger Bänder, wie in dem Grimmdarm, und geben ihm ein gekerbtes Ansehn h). Bey dem .Dytiscus mar- ginalis L., der, wie oben bemerkt ist, einen sehr dangen Blinddarm in der Mitte des Darmcanals besitzt, hat dieses Coecum solche Ligamente, da der übrige Darm ein weiter, häutiger Sack ist, Die Amphibien und Fische haben zwar kei- nen eigentlichen Grimmdarm, Doch findet sich | bey einigen der letztern ein Bau, welcher der zellen- h) Ramnonr (a, a, O. 8,52.) nennt diesen Darm den Dünndarm, see 47 zellenartigen Struktur des Colons ähnlich ist. Es giebt nähmlich bey den Rochen, Hayen, Stöhren und dem Polyodon GEoFFR. eine lange, spiral- - förmige Falte der Darmhäute, die sich vom Pfört- ner bis zum Anfang des Mastdarms erstreckt i), Etwas Aehnliches trifft man auch bey den Insek- ten der Bienenfamilie an. Jene Fische haben einen sehr kurzen Darm- canal, und die spiralförmige Falte dient-zur Ver- srölserung der innern Fläche desselben. Einen ähnlichen Zweck haben alle Falten und Zellen im Innern dieser Röhre. Die Länge eines Darms kann daher unbeträchtlich seyn, und doch kann er, wegen vieler solcher Falten und Zellen, eine grolse innere Fläche besitzen. Bringen wir die- ‘sen Umstand mit in Anschlag, und sehen dabey auf die Weite des Darmcanals, so wie auf den mehr oder weniger zusammengesetzten Bau des Magens, so läfst sich annehmen, dafs im Allge- meinen auch.der Darm, wie der übrige Nah- rungscanal, eine grölsere innere Fläche bey den pflanzenfressenden, als bey den fleischfressenden Arten hat. Obne Ausnahme ist aber diese Regel so wenig wie jede andere, die das Verhältnils der Verdauungsorgane zur Beschaffenheit der Nah- rungs- i) Harzer &.2.0.p9,25. — Cuver 2.0. Tz p- 518. Ff5 P7 a8 ——— B, rungsmittel betrifft, Das Eichhorn, ein pflanzen, fressendes Thier, hat einen kurzen Darmcanal; einen sehr langen hingegen haben die Robben und der Eisbär, Thiere,' die sich von Fleisch nähren k). In Betreff der Insekten hat schon Rampoar l) den Satz ‚aufgestellt, und durch Be- weise unterstützt, dafs sich bey ihnen die Bil- dung des Darmcanals weniger nach den Nah- rungsmitteln, als nach ihrer natürlichen Verwandt. schaft richtet, | Der ganze Darmcanal enthält in dem Zellge- webe, wodurch .die Muskelhaut mit der darunter ‘liegenden Membran verbunden ist, eine .grolse Menge Schleimdrüsen ,. deren Ausführungsgänge sich auf der innern Wand des Darms öffnen, Sie sind an einigen Stellen häufiger, an andern selte- ner, am ‚häufigsten im "Blinddarm und Colon. An den meisten Stellen liegen sie einzeln. Bey einigen Thieren aber bilden sie hin und wieder. im u, k) Harrer 1. c. $.2. p.7”. — Von den Robben sind. aber nicht alle Arten fleischfressend. AußBeRT »2vU Prrıt - TuovArs (Descript. abregee des Isles de Tri: stan d’Acugna. p, ı3 , in dessen Melanges de Botan, et de Voyages. ı. Recueil.) hatte eine junge Phoca ur- 'sina, die kein Fleisch anrührte, hingegen Meergras ‚ sehr begierig verschlang. S )) Aa. 0. S. 41, £ ae 459 im dünnen Darm, traubenförmig zusammenge- häuft, die sogenannten Peverschen Drüsen m). Aus diesen Drüsen ergielst sich ein Saft, der den ganzen Darmcanal inwendig wie eine Haut überzieht, und ihn gegen den Eindruck der Ex- kremente schützt, Ausserdem hauchen auch die Schlagadern des Darms, wie die des Magens, eine wässrige Feuchtigkeit aus, die,in Verbindung mit jenem Schleim den Darmsaft (Liquor en- tericus) bildet. Wir kennen den letztern blos erst aus einem wenig erheblichen Versuche Pecn- Lın’s n), Dieser unterband den Darmcanal eines Hundes ausserhalb den Mündungen des pankrea- tischen Canals und des Gallengangs zu der Zeit, wo der Speisesaft in den dicken Darm überzuge- hen anfängt, _ Der unterbundene Theil schwoll sogleich an, und beym Oeffnen desselben flofs eine grolse Menge wässriger Feuchtigkeit aus, die einen salzigen Geschmack hatte, Dieselbe Flüssigkeit aus dem Darm eines Schweins gerann in warmem Wasser, Man weils übrigens, dals der "Saft, welcher die innere Fläche des Darms ° bedeckt, nie sauer, wohl aber bey manchen Thieren alkalisch reagirt. Der enterische Saft ‚mufs also, von dem Magensaft, womit ihn einige Schriftsteller verglichen haben, verschieden seyn, : | Wir m) A. a. O. 8.342, / n) Exercitat, de purgantium medicament, facultatibus, F 460 | ung Wir haben oben gesehen, dafs der Magen sehr reich an Blutgefälsen ist, Der dünne Darm. giebt ıhm hierin nicht. viel nach, Auf der in- nern Haut :dieses Theils bilden die letzten Aeste_ jener Gefälse ein dichtes Netz, das beynahe das Ansehn einer eigenen Haut hat. Weniger zahl- reich sind die Gefälse, die zum dicken Darm ge- hen. Alle, bey den Thieren der höhern Classen von der Oberbancharterie und der obern und un _ tern Gekrösearterie absiammenden Schlagadern des Darmcanals aber gehen zwischen den beyden Blättern des Gekröses zu den Gedärmen, und auf eben dem Wege vereinigen sich auch, die sämmt- lichen Venen jenes Canals zu immer gröfsern Zwei- gen und Aesten, um sich mit der Milzvene zum Stamm ‘der Pfortader zu verbinden und nach dieser Vereinigung von neuem in der Leber zu zerästeln, / | | Jener Fortsatz des Bauchfells, der den Darm- canal überzieht, und zwischen welchem die Blut- gefälse desselben fortgehen , ist vorzüglich den vier höhern Thierclassen eigen. Man findet ihn nicht bey den Insekten, Doch unter den Mol- lusken, denen man das Gekröse bisher absprach, finde ich bey den nackten Wegschnecken (Limax) allerdings einen Fortsatz des Bauchfells, der die Krümmungen des Darmcanals mit einander ver- bindet, und in welchem die Zweige der Blutge- | fälse Pd 2 2 RE L' ı — 461 ı fäfse liegen. Ein deutliches Gekröse giebt es auch bey den Holothurien und Asterien, Den Venen des Darmcanals ist ausser der ausgezeichneten Art, wie sie von dem letztern zurückkehren und sich zur Pfortader vereinigen, noch der merkwürdige Umstand eigen, dafs ih- nen die Klappen der übrigen Venen gänzlich feh- len, eine Eigenbeit, die sich, wie schon oben erwähnt ist, auch-auf die Pfortader erstreckt. Die Thiere der vier obern Ciassen besitzen nebst den Blutgefälsen noch eine andere Art Adern, die Saugadern, die gleich jenen in alle Organe, ausgenommen das Rückenmark, den Augapfel und den RKindestheil des Mutterkuchens, dringen, Sie haben einen geschlängelten Fortgang, verbinden und trennen sich häufig während ihres Verlaufs, besitzen zahlreiche Klappen in ihrem Innern, die ihnen auswendig ein gegliedertes Ansehn geben, enthalten eine durchsichtige Flüssigkeit, und füh. ren diese durch einen einfachen oder doppelten Hauptstamm, in welchem sie sich insgesammt vereinigen, in die Hals - oder Schlüsselbeinvene, Bey den Säugthieren, und vorzüglich bey dem Menschen, dringen die kleinern Stämme aller die- ser Gefälse, ehe sie zum Hauptstamm gelangen, erst durch eine oder mehrere Drüsen, länglich- runde,.’ meist platte Organe, die aus Zellgewebe und einem Netz von Blutgefälsen bestehen, und | an 462 u an manchen Stellen deutliche Höhlungen zeigen 0). Die zu ihnen ‚gelangenden Saugaderstämme zer- ästeln sich in ihnen zu den. feinsten Aesten, und. diese Aeste sammeln sich wieder zu grölsern und - immer grölsern Zweigen, und endlich zu einem einzigen Stamm, der sich oft, verbunden mit an- dern Stämmen, von neuem in andern Drüsen zerästelt. Das Gebiet dieser Drüsen aber ist weit, eingeschränkter als das der Saugadern. Bey den- Vögeln sind sie nur noch am Halse vorhanden; bey den Amphibien und Fischen fehlen sie ganz, Doch finden sich bey den- letztern noch eben sowohl Saugadern, als bey den Säugthieren und Vögeln, Hingegen bey den Mollusken scheinen auch diese Gefälse zu fehlen; wenigstens sind die Theile, die Porı für Lymphgefäfse hielt p), wahr- scheinlich Nerven q). "Bey den Insekten, die durch Lnttohnien athmen, fehlen sie zuverlässig. Sehr Ban an diesen Saugadern ist auch der ganze Darmcanal. Die des dünnen Darms sind von vorzüglicher Weite, Sie dringen bis in die Flockenhaut, und enthalten "zur Zeit der Ver- danung eine weisse, undurchsichtige Flüssigkeit. Man hat sie deshalb’ von den übrigen durch ‚den Namen der Milchgefälse unterschieden. Allein | 0) Sömmerıng’s ‚Gefälslehre. $. 445. p) Biologie. Bd; 1. S. 327. 4) Elan Annales du Mus, d’Hist. nat, F,2* P- 308. | — 463 Allein in ihrer Struktur giebt es keine Verschie. denheit zwischen ihnen und den übrigen Saug- adern. Alle Iymphatische Gefälse der Gedärme gehen, wie die Blutgefälse, zwischen den beyden Platten des Gekröses fort, indem sie häufige und dichte Geflechte bilden, und zwischen diesen Plat- ten liegen auch die vielen Drüsen, wodurch sie ihren Fortgang nehmen. Diese Gekrösdrüsen bil- den bey einigen $Säugthieren, ‘besonders bey den ‘Arten der Hundefamilie, eine bsträchtliche Anhän- fung, das sogenannte Asellische Pankreas, Alle jene Saugadern des Darmcanals vereinigen ‘sich mit den sämmtlichen Lymphgefälsen der untern Gliedmalsen und aller, sowohl äussern, ‚als in- nern Theile des Unterleibs, mit Ausnahme eini« ger Saugadern der Leber, zu dem linken Haupt- - stamm des Saugadersystems (dem Brustgange, der Milch- oder Speisesaft-Röhre), der im - Unterleibe bey mehrern Säugthieren. eine beträcht- liche Anschwellung (Cisterna chyli), bey den Am- phibien und Fischen ein grofses Gellecht bildet. Wo überhanpt keine lymphatische Gefäfse vorhanden 'sind, giebt es auch keine Milchge- fälse, Diese fehlen also den Mollusken und den, übrigen Thieren der niedern Olassen, _Indels giebt. es eine Art Adern an dem Nahrungscanal des Skorpions, die insofern Aehnlichkeit mit: den Milchgefälsen haben, dafs sie ebenfalls eine Flüs- ER sigkeit 464 rem se“ eigkeit aus jenem Canal in den übrigen Körper leiten, von einer andern Seite aber diesen "ganz unähnlich sind, indem die Milchgefäfse sich an den Gedärmen zerästeln, “und sich von hier zu Zweigen und einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen, jene hingegen mit -acht Stämmen aus dem Nahrungscanal entstehen und sich in dem. Fettkörper verbreiten r), Eine ähnliche Organi- sation scheint auch den Spinnen und mehrern Kiemenfülslern eigen zu seyn, Bey allen "Thieren hat der Darmcanal zahlrei- che, aber nicht starke Nerven, Bey dem Men- schen und den Säugthieren kommen sie grölsten- theils von den Geflechten der Intercostalnerven, und nach unten auch von den Kreutznerven, Nur ‘der obere Theil’ des dünnen Darms erhält auch ! » ? « N einige Aeste von dem achten Paar der Hirnnerven, Der übrige Darmcanal steht mit dem Gehirn in keiner unmittelbaren Verbindung, | 6.6 Bewegungen des Darıncanals. Uebergang der Speisen in ‚Chylus. Darmausieerung,. Im ganzen Därmcanal findet, so oft er Speise enthält, oder ein sonstiger Reitz auf ihn wirkt, eine wurmförmige Bewegung statt, welche fort= dauert, bis die Speise theils eingesogen, theils { aus- Di} \m x) M. vergl. $. 2. Kap. 2. Abschn.5. dieses Sten Buchs, L l 465 ausgeleert, oder der Reitz entfernt ist. Der Darm verengert sich dabey an der gereitzten Stelle ver« mittelst seiner Queerfasern, und verkürzt sich zugleich der Länge nach bis auf eine gewisse Strecke durch Zusammenziehung seiner longitudi- nalen Fasern. Die Verengerung schreitet von Stelle zu Stelle fort; auf die Verkürzung folgt eine Aus . debnung, und aus beyden Bewegungen entsteht eine dritte zusammengesetzte, vermöge welcher sich der Darm aufrichter, wieder senkt, und schlangenförmig windet, Dieses Fortwälzen geht vorzüglich vom Pförtner zum After. Von Zeit zu Zeit aber wird dasselbe durch eine rückgängige Bewegung unterbrochen, die hald in diesem, bald in jenem Theile des Darmcanals eintritt, bald eine längere, bald eine kürzere Zeit mit der absteigen den Bewegung wechselt, dech im gesunden Zu« stande immer von dieser zuletzt überwunden wird, Es giebt keine Thierclasse, in welcher jene Bewegung nicht wahrgenommen ist s). Auch bey den Amphibien und Fischen, an deren Magen nur selten, oder noch gar nicht Zusammenziehungen | Er beobach. 8) Eine neuere Beobachtung der peristaltischen Bewe- gung an den Gedärmen eines lebenden Menschen s, m, in ScneıpemAntet’s Fränkischen Beytrigen zur Arzneygelahrtheit, Dessau. 1784. IV. Bd, Gg 466 | MB beobachtet sind, ist der Darmcanal oft in Thätig- keit gesehen worden t). Doch ist. diese wurmför- mige Bewegung nicht zu allen Zeiten, nicht im- mer in gleichem Grade, und nicht bey allen Thie- ren in gleicher Stärke vorhanden. . Am trägsten ist sie bey den Amphibien und Fischen. Die durch den Magensaft aufgelösten und durch den Pförtner in den Zwölffingerdarm über. gegangenen - Speisen werden durch jene Zusam- menziehung endlich von der untern Magenöff- nung bis zum After fortbewegt, und gehen auf diesem Wege durch ein doppeltes Stadium . der Verdauung, von welchen das erste im dünnen, das zweyte im dicken Darm statt findet, - In dem obern Theil des dünnen Darms er- scheint der Chymus, der im Magen eine noch un- gleichartige Flüssigkeit war, als ein mehr gleich- artiger, gelblichweisser, dicker Saft v), der noch die nehmlichen Bestandtheile wie im Magen eniı- hält, worin aber das Eisen weniger stark oxydirt und die Säure weniger hervorstechend als zuvor ist w). Bey dieser Veränderung entwickelt sich Wasser- t) HAıter El. Phys. T. VII. L.24. 8.2. $. 14. p. 77 sq. v) Harzer lc. 9,1 p.51. — NeeRoAnD’s vergl, Anat, « iR u. s. w. 5.136. ' | w) Emmear in Reır’s u. AUTENRIETH’S Archiv £. d. Physiol, B.$. H.2. $,176,.— Werner Exper. circa modum, quo chymus in chylum mutatar. P-29 sg. i 467 Wasserstoffgas , indem der Sauerstoffgehalt der ‘ Luft des dünnen Darms abnimmt x). Die Eigenschaft, die wir oben ($. 14.) an der Galle in so ausgezeichnetem Grade fanden, alle Säuren abzustumpfen, lälst schon vermuthen, dafs sie es ist, die durch ihre im Zwölffingerdarm vorgehende Zumischung zum Speisebrey jene Ver- änderung hervorbringen hilft. Diese Vermuthung wird auch durch andere Thatsachen ausser Zwei« fel gesetzt. Die Galle wird zu der Zeit, wo der Chymus in den dünnen Darm tritt, weit, häufiger als im nüchternen Zustande abgesondert, Wäh- rend der Nüchternheit flielst nur ein Theil der- selben, der hellgelb und wenig bitter ist, in den Darmcanal; das Uebrige geht in die Gallenblase, Bey der Verdauung aber tritt die aus der Leber kommende Galle in das Duodenum, und die Gäl- lenblase entleert sich zugleich des Safts, der sich in ihr angesammelt und mehr Bitterkeit erhalten ‘ hat y). Wo der Zutritt der Galle zum Chymus gehemmt ist, geht derselbe fast unverändert durch den After ab. | d Der Erfolg von Werner’s Versuchen über die Zumischung der Galle zum Chymus stimmt eben« x) Jurıne beym Harıe, Annales de Chimie. T. XT. pP: 158. : y) Bıcnar Trait& des membranes, | Gg2 468 — ebenfalls hiermit überein. Bey dieser Vermi- schung erfolgt etwas Aehnliches, wie beym Zus satz der Galle zu Milch oder öligen Emulsionen -($14.); es bildet sich ein weisser, einem ver- dickten Schleim ähnlicher Niederschlag, von wel- chem die Lackmustinktur nur noch schwach, und weit weniger als vom Chymus .geröthet wird. . Diese Wirkung erfolgt sowohl in der Kälte, als in der Wärme, sowohl von der Galle eines an- dern gleichartigen Individuum, als von eigener Galle, doch weniger stark von der Galle eines ge- nerisch verschiedenen Thiers. Zumischung von Wasser zum Chymus und zur Galle hindert ‚die- selbe nicht, sondern befördert sie vielmehr. Der Gallenstoff ist es, wodurch sie hervorgebracht wird. Sie entsteht nicht mehr, wenn dieser der Galle entzogen wird 2). Die obige Vermuthung wird endlich auch durch meine Erfahrungen bewiesen. Bey den im sten $. dieses Kapitels erzählten Versuchen über die Verdauung. der Hüliner beobachtete ich, dafs der ‚Chymus derjenigen dieser Thiere, die mit ge- mischter Nahrung, worunter sich Miich befand, gefüttert waren, ım Antange des dünnen Darms, wo jener noch nicht mit Galle vermischt war, 'er- wärmt einen starkea Geruch nach Milchsäure aus- stiels, dals aber von der Stelle an, wo sich die Gallen- 2) Winsen 1,0, 9598 | be mean: 469 Gallengänge in den Darmcanal öffnen, keine Spur von dieser Säure weiter zu bemerken war. Der Gallenstoff scheint sich also mit der von dem Magensaft herrübrenden Säure des Chymus auf ähnliche Art wie mit andern Säuren zu ver- binden, Doch kann sich die Funktion der Galle auf diese Verbindung allein nicht beschränken, AUTENRIETH und WERNER, die dies zu glauben scheinen, werden durch eine ihrer eigenen Erfah- rungen widerlegt, nach welcher der Niederschlag, ° den man durch künstliche Vermischung des Chy- mus mit Galle bervorbringt, sich getrocknet an- _ zünden läfst, welches nicht mit dem in dem dün- nen Darm befindlichen Speisebrey der Fall ist a). Wir werden unten auch sehen, dafs sich der Gal- lenstof zwar in den Exkrementen findet, aber auf eine Art verändert, die nicht blos durch ‘den ‚Einflufs einer Säure verursacht seyn kann, Ohne Zweifel wird die Galle im Zwölffinger- darm durch den mit dem Chymus vermischten ' Speichel; und den sich mit ihr ergiefsenden pan- kreatischen Saft modifizirt, In Betreff des Spei- chels habe ich gefunden, dafs derselbe sich mit der Galle verbindet, ohne einen Niederschlag zu machen, und ohne ‚seiner Eigenschaft, von Eisen- salzen die Blutfarbe zu erhalten, beraubt zw ‚werden, a) WERNER 1, 0 p. 49. - werden, Tröpfelte ich eine Auflösung des Eisens in verdünnter Schwefelsäure zu einer Mischung . von Gallenstoff und Speichel, so wurde diese erst milchig; dann schied sich der Eyweilsstoff des Speichels, verbunden mit Gallenharz, ab, und nun trat nach und nach die -rothe Farbe, doch nur schwach, ein. Vollständiger, doch ebenfalls nur langsam, erschien diese, wenn ich eine sal- petersaure Eisenauflösung zu einer Auflösung des Speichels und Galienstoffs in ätzendem Natrum ‚gols. Ueber die Funktion des pankrestischen und. enterischen Safts sind wir noch sehr im Unge- wissen, Bis diese Dunkelheit aufgeklärt seyn - wird, muls in unserer Kenntnifs des Chylifika- tionsprocesses eine bedeutende Lücke bleiben, Die Galle wirkt gewils bey der Verdauung vorzüglich durch ihren Gehalt an Schwefel- Was- serstoffgas und Blausäure, Beyde Substanzen ge- hören zu den wirksamsten Zersetzungsmitteln ‚des Eyweils, Wasser, das mit ihnen geschwängert ist, nimmt das Eyweils ohne allen Rückstand auf, Laugen von ätzenden Alkalien, worin Eyweifs aufgelöst ist, lassen beym Zusatz von Säuren ei- . nen Theil dieser Substanz immer wieder fallen, Setzte ich hingegen concentrirte Schwefelsäure zu. ‚einer : Auflösung von Eyweils in Wasser, das Schwefelkali enthielt, so schied sich anfangs blos - eine NORD. ; 471 eine dünne Haut ab, die sich aber gleich wie- der zertheilte, und ich erhielt blos einen aus Schwefelmilch ‚bestehenden Niederschlag. Noch weniger wirkte die Schwefelsäure auf das Ey- weils, als ich dieses in 2 Unzen Wasser, welches mit Blausäure gesättigt war‘, und wozu ich 5 Gran Schwefelkali gesetzt hatte, auflöste, und ohngefähr einen Scrupel jener Säure zumischte; es schied sich unter einem unerträglich stinken- den Dunst blos Schwefel und gar kein Eyweils ab. Auch bey Thieren, die durch Blausäure ge- tödtet sind, zeigt sich die zersetzende Kraft. der- selben an dem Blut, welches nicht geronnen, sondern halbflüssig wie Oel, blauschwarz und klebrig ist b), Wie aber die Magennerven bey der Bildung des Chymus mitwirkend sind, so haben gewils auch die Darmnerven an der Scheidung des Spei- sebreys in eine assimilirte und auszuleerende Ma- terie wichtigen Antheil, Die Fällung, welche die Galle im Duodenum erleidet, läfst sich allerdings zum Theil aus dem Einfluls des sauren Magen- safts erklären. Allein so vollständig , wie sie wirklich ist, könnte sie nicht seyn, wenn sie blos durch diesen hervorgebracht würde. Die Nerven sind b) Von Irtsen’s Beytr. zur Geschichte der Blausäure. u | 684 472 gmmzamun sind vielleicht bey der Abscheidung des Galien- stoffs auf ähnliche Art witwirkend, wie die Pole einer. Galvanischen Säule bey der Abscheidung des Eyweilsstoffs aus animalischen Flüssigkeiten, Nach‘ den bisherigen Gründen vermuthe ich, dals der Chymus, der mit dem Magen- saft eine gallertartige Substanz aus- machte, nicht nur durch die Galle sei aer überflüssigen Säure beraubt, son- dern auch völlig zersetzt, und in einen schleimartigen Zustand gebracht wird. Der im dünnen Darm befindliche Speisebrey ist indels eine Mischung aus assimilirten und aus- zuleerenden Stoffen, Es ist nicht leicht durch Versuche auszumachen, welche Bestandtheile des- selben zu den erstern, und welche zu den letz- iern gehören. Indels so viel ist ausgemacht, dals der Chymus nach dem 'untern Ende des dünnen Darms hin eine graue Farbe und ein milchartiges Ansehn bekömmt; dafs die Säure, die er noch hatte, sich ganz, oder doch gröfstentheils verlo- ren hat, und dafs die in ihm befindlichen Eisen- - theile noch weniger als vorher oxydirt sind c). Wenn aber Werner d) fand, dafs der Chymus im untern dünnen Darm an der Luft und in der Wärme 6) Nerroarn 2.2.0. — Weaner lc. p. 2989. — EMMmERT a2 OÖ. d) L. c pı 27% Du _ _ TEE 473 Wärme gerann, so muls man voraussetzen, dafs der Speisebrey bey diesen Erfahrungen noch un- zersetzten Gallenstoff enthält; wenigstens ist es unwahrscheinlich, dafs die Bildung des Eyweifs- stoffs früher als in den Milchgefäfsen eintritt, Diese Bemerkungen sind zum Theil Resultate meiner eigenen Erfahrungen. Im ten $. dieses Hapitels habe ich erzählt, dafs ich bey Hühnern, die mit Fleischbrühe, Milch, Graupen und Ger- stenkörnern gefüttert waren, im Anfange des dünnen Darms an unaufgelösten Substanzen ge- ronnene Milch, an aufgelösten Stärkemehl und thierischen Schleim fand. In dem folgenden Theil des Darms dieser Thiere, von der Insertion der Gallengänge an, fand ich einen grauen Brey, der sich bis zum Anfang des Colon erstreckte, und an der Stelle, wo sich die Galle mit ihm ver- mischt hatte, gelb gefärbt. war. Ich sammelte denselben von einem der Hühner, und infundirte ‘ihn. mit kaltem Wasser, Dieses färbte sich gelb- lich, und liels eine flockenartige Materie unauf- gelöst zurück. Die letztere löste sich iu ätzen- dem’ Rali vollständig auf, und schied sich, mit - Alcohol vermischt und bis zum Kochen erhitzt, nicht wieder davon ab. Sie war also nicht Ey- weilsstoff, welcher, in Laugensalz aufgelöst, durch Aleohol und durch die Siedehitze wieder nieder- geschlagen wird. Von der Gallerte hatte er gar Gg85 keine { keine Eigenschaften. Ich konnte ihn also nur für erhärteten Schleim annehmen, Das gelbliche Wasser hauchte nach dem Filtriren und Abdam- pfen den Geruch des Fleischextrakts aus. Der Rückstand gelatinirte in der Kälte nicht, Er war auflöslich in Alkalien, und zum Theil auch in Säuren; von Weingeist wurde nichts daraus ge- fällt; essigsaures Bley brachte einen weissen, flockenartigen Niederschlag darin hervor; blofser Galläpfelaufgufs wirkte nicht darauf; wurde aber zu der Mischung mit Galläpfelaufguls Rali und Weingeist gesetzt, so fiel ein ähnlicher körniger Bodensatz, wie aus einer mit eben diesen Rea- gentien vermischten Auflösung des thierischen Schleims in Säuren, nieder. Alle diese Eigenschaf- ten sind die des thierischen Schleims e). Hier fand sich also überhaupt nur Schleim; selbst der Eyweilsstoff der Galle war so verändert, dafs er sich allen den Reagentien entzog, die sonst seine Gegenwart anzeigen f). Anders verhielt sich der mit Galle gefärbte Speisebrey bey dem im $ten $,. erwähnten Huhn, welches blos mit Gerstenkörnern und Wasser ge- füttert war. Hier war der Chymus in dem mitt- lern e) M. s. den $ten $. dieses Kap. f) Eben so fand Emmerr (a. a, OÖ.) im Speisebrey des obern dünnen Darms eines Pferdes 'keine Spur von Eyweilsstoff. Bauer 475 lern und untern Theil des dünnen Darms stark gelb gefärbt. Kaltes Wasser zog diese Farbe aus. Nach dem Filtriren und Abdampfen des Aufgus- ses wurde die Farbe desselben braun. Ein Zu- satz von Alcohol brachte eine ähnliche Wirkung darin hervor, wie in der Galle; es entstand eine weisse Wolke von gerinnendem Eyweilsstoff, worin der Gallenstoff eingeschlossen war, Dieser hatte indels nicht mehr seine ursprüngliche grüne Far- be, sondern war eine braune, .pulverartige, in Essig- und Salpetersäure auflösliche Materie, Der ‚Bodensatz des Aufgusses löste sich nicht, wie der des vorigen Versuchs, in ätzendem Laugen- salz vollständig auf, sondern hinterliefs einen Rückstand, der aus unzersetzten vegetabilischen Fasern zu bestehen schien. Bey diesem Thier, wo die Verdauung im obern Theil des Darmca- nals noch nicht so weit als bey dem vorigen‘ vorgeschritten war, hatte sich also eine beträcht- liche Menge Galle ergossen, die aber noch nicht vollständig zersetzt war. Es fand sich hier Ey- weilsstoff; allein dieser rührte ‘offenbar von der Galle her, und war kein assimilirter Bestandtheil des Speisebreys. Mit dem Uebergang des Chymus in den Blind- darm und das Colon fängt ein neues Stadium der Verdauung an. Wir haben schon oben eine Aehnlichkeit jener beyden Därme mit einem Ma- gen 476 —— gen bemerkt, Bey einigen Thieren ist diese Aehn- lichkeit unverkennbar. Der Magen des Känguruh sieht ganz wie ein Blinddarm mit dem Colon aus g),. und diese beyden Därme haben. beym Rhinoceros ganz das Ansehn eines Magens b). Der Blinddarm hat, dabey eine grölsere Menge Saugadern und Drüsen , und es wird in ihm eine. grölsere Menge Feuchtigkeit abgesondert, als in irgend. einem andern Theile des Darmcanals, Diese Absonderung scheint, dem: im ı2ten erzählten Versuch von Home zufolge, vorzüglich dann stark zu seyn, wenn eine Substanz unzer- setzt in den Blinddasm gelangt. Wir sahen, dafs bey zwey Eseln, denen, nachdem man sie meh- rere Tage ohne Futter und Trank gelassen hatte, Rhabarberpulver eingegeben war, das Coecum und Colon mehrere Quartiere einer stark mit Rhabar- ber angefüllten Flüssigkeit enthielten. Die vielen Drüsen und die grolse Menge Flüssigkeit trifft man auch in dem Coecum der Insekten, und selbst solcher Arten, deren Nahrungscanal sonst keine Drüsen hat, z.B. der Schmetterlinge, an. Dabey ist es merkwürdig, dals der Saft des Blind- , darms bey mehrern Insekten, besonders bey es Spinnen, ein ‚ähnliches Ansehn wie die in dem Feitkörper derselben enthaltene Materie hat. i Es g) Cuvırr Legons d’Anat, comp. T.5. Pl.37. ig. AB. h) Ebendas, Pl. 59. | fig. 12, Es scheinen daher in dem .Coecum und Colon neue Einwirkungen auf den Speisebrey statt zu finden, wodurch die noch übrigen unzersetzten Bestandtheile der Speisen aufgelöst‘ und verähn- licht werden, Eine für den Magensaft nicht ganz auflösliche Substanz ist unter andern die Milch, Diese gerinnt im Magen; ihr fetter und käsiger - Theil wird hier zu einem zähen Schleim erweicht, aber nicht aufgelöst. VerATTi i) will sie noch im Grimmdarm als eine gelbe, zähe Materie an- getroffen haben, So weit habe ich sie bey Hüh- nern nicht verfolgen können, Aber im Zwölffin« gerdarm dieser Thiere konnte ich sie noch deut lich erkennen, Solche Substanzen werden im Coecum und Colon aufgelöst, indem die wichtige Veränderung mit ihnen vorgeht, dafs sich bey ungeschwächter Verdauung alle Spur von Säure an ihnen verliert, dals sie dagegen bey einigen Tieren die entgegengesetzte Beschaffenheit der Alkalescenz annehmen k), und dafs sich Stickgas dabey entwickelt 1). Die Galle, die mit dem Chy- mus der dünnen Därme einen Niederschlag macht, wird von dem Speisebrey des Colons nicht ge- fällt m). Bey den meisten Thieren, die einen | A ER ER Blind- i) Comm, Bonen. T. 6. p. 269: %) Emmenrr a. 2. 0, | il) Juzine a, a. 0. ın) Weaser cp 45 478 ,— Blinddarm von einiger Gröfse haben, fängt auch in diesem Theile der Koth an, sich zu bilden n). In Krankheiten, wo der Speisebrey im dün- nen Darm zurückgehalten wird, erhält derselbe oft schon in dem letztern eine kothartige Be- schaffenheit. Man hat hieraus geschlossen, dafs es blos der Aufenthalt der verdauten Speisen an irgend einer Stelle des Darmcanals, und die da- bey vorgehende Einsaugung der nährenden Be- standtheile desselben sey, wodurch er in Exkre- _ mente verwandelt würde, ohne dafs die Säfte des dicken Darms an dieser Umänderung Antheil hätten 0). Allein in einem von "BERZELIUS p) angestellten Versuch gab eine Mischung von ge-' käuetem Braten und Hühnereyweils, die in Gäh- rung gerathen und dann mit Galle vermischt war, nachdem sie zwölf Stunden in einer verstopften Flasche an einem warmen Ort gestanden hatte, den Geruch des frischen und dünnen Koths von sich. Hier war es eine chemische Zersetzung ohne alle Einsaugung, welche jenem Gemisch die kothartige Beschaffenheit gab. Blofse Einsaugung könnte auch nicht den Uebergang der verdauten ‚Speisen n) NEeRcARD a. 2.0: $S, En 211» 0) Harzer El. Phys, T VOL. 24, 5.2. $p.51. _ 5. 3. $. 4. p. 121. “ p) Genen’s he allgem. Journ, der Chemie. B. 3. ‚9, 276, ! P- Speisen von der sauren Beschaffenheit zur entge.. gengesetzten alkalischen hervorbringen. Bey den lethargischen Thieren, wo der Chymus während dem Winterschlaf entweder gar nicht, oder nur äusserst langsam sowohl eingesogen, als fortbe- wegt wird, geht dieser doch keinesweges im Ma. ‘gen oder Zwölffingerdarm in Exkremente über q), Nachdem die Speisen im Colon in Exkremente verwandelt sind, gelangen sie in den Mastdarm, wo keine weitere Veränderung mit ihnen vorzu- gehen scheint, als dafs ihnen die noch übrigen nährenden Bestandtheile völlig entzogen werden, und dafs sie mehr Festigkeit bekommen, Sie verweilen hier eine gewisse Zeit, und. werden dann als Roth ausgeleert. Diesen Auswurfsstoff erhält man unvermischt nur von den Säugthieren und den Thieren der niedern Classen. Bey den Vögeln, Amphibien und Fischen vermischt sich mit ihm in der Cloake der Urin. Er ist überhaupt verschieden nach der Verschiedenheit der Gattungen, der Nah- rungsmittel und des körperlichen Zustandes, Schon die eigene Art, wie der Mist verschiedener Thiere als q) Chymis contentus in hyeme dissectis plerumque lu- tum terreum, partieulis roseis mixtum. So beschreibt Parras (Nov. spec. quadrup. e glirium ord. Ed. >. pP: 250.) den Speisebrey des im Winter erstarrten Lem- mus zutilus. 480 N — als Dünger wirkt, giebt einen Beweis davon. Je gesunder das Thier ist, und je verdaulicher die genossenen Nahrungsmittel sind, desto weniger unzersetztes Futter geht durch den Mastdarm ab, und eine desto homogenere Materie sind die Exkremente, Doch enthält der Koth selbst bey den gesundesten Thieren immer ein fasriges Ue- berbleibsel der genossenen Speisen, worin aber, auch bey blofser thierischer Kost, keine fleisch- artige Bestandtheile mehr befindlich sind r). Die Beschaffenheit des Koths nimmt auch im- mer an der Natur der Nahrungsmittel einigen An- iheil. Bey dem fliegenden Eichhorn, welches von den Kpospen und Sprossen der Birken und Fich- ‚ten lebt, sind der Speisebrey und die Exkremente von"grüngelber Farbe und so harziger Beschaffen- heit, dafs sie getrocknet sich am Feuer gleich ent- zünden, und mit einer hellen, anhaltenden Flam- me verbrennen s). Nach Grew’s Versuchen brauset der Roth ei- niger Thiere mit Salpetersäure auf i), Er enthält also vielleicht ein freyes Aikali, Doch in dem | | Ochsen- - ..x) TuAaer und EınHor. in Geuten’s neuem allgem, _ Journ. der Chemie. B. 3. $.276. — BerzgeLivs eben- das. B. 6. S. 509. 8). Parras |. c. p. 5356: 't) Haıten l, c, 8,4. $.3. p- 172. + — 0. Ochsenmist findet sich weder dieses, noch eine freye Säure v). In dem Menschenkoıh giebt es, nach Berzerius w), von salzigen und erdigen "Bestandtheilen kohlensaures, salzsaures und ‚schwe- felsaures Natrum, etwas Rieselerde, phosphorsau- re Bittererde und phosphorsaure Kalkerde, Die Hauptbestandtheile des Koths sind Sub- stanzen, die von den gastrischen Säften, beson- ders von der Galle, herrühren, BerzeLıus x) fand in den menschlichen Exkrementen unzer- setzte Galle, Eyweifsstof, Gallenharz und zwey ' eigenthümliche Substanzen, Das Gallenharz des Koths hat im Wesentli- chen dieselbe Beschafferheit wie dasjenige, wel- ches aus der frischen Galle durch Säuren gefällt wird, Berzerivs führt zwar einige Verschieden- heiten zwischen jenem und dem letztern an, z.B, dafs das Harz des Koths, mit Schwefelsäure ge- fällt, nicht wie das ‘der frischen Galle beym Ab- dampfen rothbraun, sondern schmutzig graubraun wird, Aber diese Unterschiede scheinen mit nicht wesentlich zu seyn, Jenes Gallenharz der Exkremente ist in dem Bodensatz ; den der wässrige Auszug derselben absetzt, v) Tuaer und Eınuor aa OÖ. w) A,2.0. x) A. 2 OÖ, ? [4 'Iv. Bd, Hb 482 ! | ———— absetzt, mit dem einen der beyden erwähnten eigentbümlichen Stoffe verbunden. Dieser löst sich, abgesondert von dem Gallenharz, in Wasser auf, ist geruch- und geschmacklos, sieht dem Leim ähnlich, gelatinirt aber nicht, und wird nicht durch den Gerbestoff gefällt. Den andern eigenthümlichen Stoff findet man in dem wässrigen Auszug des Koths aufgelöst, woraus er durch den Gerbestoff- mit rother Farbe und als ein Pulver gefällt wird, wenn dessen Menge nicht hinreicht, um alles niederzuschlagen; hingegen mit graubrauner Farbe und in an einan- der hängenden Flocken, wenn dieser in Ueber. mals zugesetzt wird. Er ist ausserdem im Alco- hol auflöslich; seine rothbraune Farbe wird durch "Säuren hochroth gsmacht; zu den Neutralsalzen hat er keine Verwandtschaft, hingegen eine grolse zu den Metalloxyden; im offenen Feuer verbrennt er mit Rauch und ammoniakalischem Geruch, und lälst eine Asche zurück, die Nairum und phos- phorsaure Erdsalze in sehr geringer Quantität ent- hält. Berzerius schlielst aus einigen mit dieser "Materie gemachten Versuchen, dafs sie nicht als solche im Darmcanal abgeschieden wird, sondern sich erst durch- Einwirkung der Luft aus dem Gallenharz und vielleicht auch dem Eyweifsstoff der Galle bildet. | | u 483 Die Exkremente der Vögel gehen vermischt ‚mit dem Urin ab, und lassen sich daher nicht ‚abgesondert von dem letztern zerlegen. Leichter ist diese Trennung bey den Amphibien zu be- werkstelligen, wo zwar auch beyde Materien zu- gleich excernirt werden, der Harn aber eine fe- ste, weisse, kreidenartige, dem schwärzlichen Darmkoth blos mit dem einen Ende anhängende Substanz ift y). Bey den Vögeln bildet sich in- defs der Koth schon in den Blinddärmen, und hier ist er mit dem Urin noch nicht vermischt, Ich habe ihn aus diesen Theilen der beyden Hüh- ner gesammelt, über deren Verdauung ich meine oben gedachten Versuche anstellte, und in dem- selben die nehmlichen Bestandtheile gefunden, die BErzeLıus in den menschlichen Exkrementen antraf, zugleich aber noch folgende Bemerkungen daran ‚gemacht. ı, Bey beyden Hühnern, und selbst bey dem mit gemischter Nahrung gefütterten, dessen Chy- mus in dem mittlern Theil des Darmcanals kei. nen Eyweilssoff enthielt, fand ich diesen Stoff doch im Koth der Blinddärme. Im untern Theile des Darmcanals müssen also eyweilshaltige Stoffe abgesondert werden, n .. y) Von Schreibens in Giırzerr’s Annalen der Phy- sik. Neue Folge. B. ı3. S, 83. Hh: 3:,%% 484 0. Der Kothgeruch der Exkremente wurde nicht durch Säuren, wohl aber durch ätzendes Kali aufgehoben. 5. Die von Berzerius in den menschlichen Exkrementen entdeckte rothbraune Materie traf ich auch in dem Hühnerkoth an, Ich fand zu- gleich die Bemerkung dieses Schriftstellers bestä- tigt, dals dieselbe, in Säuren aufgelöst, eine röth- liche Farbe annimmt, Diese Beobachtung liels mich in ihr die in dem Speichel befindliche Blut- säure, welche die Eigenschaft hat, mit Auflösun- gen des Eisens in Säuren eine blutrothe Farbe anzunehmen, vermuthen z). Um. hierüber Ge- wilsheit zu erhalten, vermischte ich jene Materie mit einer Auflösung des Eisens in Salpetersäure, Die Mischung erhielt in der That eine rothe Farbe, obgleich bey weitem nicht die Farbe des Bluts. Sie entstand aber nur bey dem mit ge- mischten Nahrungsmitteln gefütterten Huhn, hin- ‚gegen nicht bey dem, welches blos Gerstenkör- 'ner erhalten hatte, Nach dieser Erfahrung scheint also die Bildung der rothbraunen Materie durch thierische Nahrung befördert zu werden, 4. Diese- Materie ist ohne Zweifel, wie BErz£- ‚ Livs schon vermuthet hat, ein modihzirter Gallen- stoff, Bey einem meiner Versuche fand ich, dals Galläpfelaufguls aus dem Wasser, womit der in dem z) M, vergl. $. 6. dieses Kap: dem untern Theile des dünnen Darms enthaltene, mit Galle gefärbte Speisebrey ausgezogen war, ein braunes Pulver niederschlug, welches einem durch dasselbe Reagens aus der rothbraunen Materie des Koths gefällten Niederschlag sehr ähnlich war, und nur von verändertem Gallenstoff herrühren konnte, Ich bemerkte auch R; dals ein Weingeist- auszug des Koths nach dem Abdampfen eine Sub- stanz von harzigem Ansehn zurückliefs, welche die nehmliche rothbraune Farbe wie eine abge- dampfte Auflösung des Gallenhbarzes in Schwefel- säure hatte, und dafs sich dabey Krystalle ab- setzten, die mir schwefelsaures Natrum zu seyn schienen, Ich glaube daher, dafs der Gallenstof sich in die rothbraune Materie des Koths ver- wandelt, indem in dem untern Theile des Darm- canals Schwefelsäure entsteht, die sich mit dem Gallenharz verbindet, und in dieser Verbindung durch den Einfluls der Nervenkraft anf gleiche Art, wie Wurch, eine hohe Temperatur, verändert wird. 5. Sowohl aus den Auflösungen des Koths, als aus denen der Materie des ganzen Nahrungs- canals wurde durch Sauerkleesäure sehr wenig Kalk niedergeschlagen. Diese Beobachtung ist um so auffallender, da bey den Vögeln eine so grolse Menge Ralk in den Urin und in die Eyer- schalen abgesetzt wird, Hhz Nach 486 um Nach den bisher angeführten Erfahrungen zeigt der’ von der Galle herrührende Theil des Roths deutliche Spuren der Einwirkung einer Säure auf den Gallenstof, die ursprünglich blos von dem Magensaft herrühren kann. Dafs sich diese Spuren bey den Thieren der höhern Glassen, deren gastrischer Saft eine freye Säure hat, fin- den würden, war zu erwarten. Aber es war zweifelhaft, wie die Beschaffenheit der galligen Bestandtheile des Koths bey den Tbieren der nie- ‘ dern Classen seyn würde, deren Magensaft keine - saure, oder gar eine alkalische Reaktion zeigt. Um diesen Punkt auszumachen untersuchte ich die Exkremente der Weinbergschnecke (Helix Poma- tia L.) Diese bilden lange, gewundene, mit Gal- lerte überzogene, schwarzgrüne Cylinder, Ein Aufguls derseiben mit Alkohol bekam eine saft- grüne Farbe. Während dem Abdampfen dieses Aufgusses entstand eine weilse, fettartige Haut auf der Flüssigkeit; zuletzt blieb eine grüne, wachsartige Materie zurück, Jie einen Fettgeruch hatte, und sich in Wasser, doch mit Verlust ih- rer grünen Farbe, auflöste, Diese Eigenschaften sind die nehmlichen, welche der dürch Säuren niedergeschlagene und in Alcohol wieder aufge- löste Gallenstoff der Säugtbiere zeigt; nur scheint das Fett des Gallenstoffs nicht so stark im Schnek- kenkoth, als in der Rindergalle gesäuert zu seyn, Meine obige Vermuthung, dafs bey den Thieren der x der niedern Classen der Magensaft ebenfalls eine Säure enthält, die nur durch zugemischten Schleim verhüllt ist a), erhält also hierdurch Bestätigung. Ausser dem Gallenharz fand ich in dem Schnek- kenkoth noch etwas Eyweilsstoff, vegetabilischen Faserstoff und eine beträchiliche Menge Sand, aber keine Kalkerde, Stevocr’s b) Bemerkung, dals der Koth der Waldschnecke keine Ralktheile ent« hält, gilt also auch von der Weinbergsschnecke, Die Kalkerde scheint hier theils in das Gehäuse, theils in den Kalkbeutel abgesetzt zu werden, welcher letztere vielleicht eine Art Harnblase ist, - Der Roth der Weinbergschnecke enthält aber nicht Thonerde, die. SLevogr in dem Auswurf der Waldschnecke antraf, und auch bey dieser ist jene Erde wohl nicht immer, sondern nur, wenn sie sich auf Thonboden aufhält, darin anzutreffen. N 037; Uebergang des Chylus in die Masse der Säfte, Wohin gelangt der im Nahrungscanal assimi- lirte Theil des Speisebreys (der Speisesaft, Chylus)? Seit der Entdeckung der Iymphatischen Gefälse und deren Verlaufs liegt die Antwort auf diese a) M. vergl. $. 8. dieses Kap, b) Voıcr’s Mag. f, d, neuesten Zustand der Naturkun- de, B. 6, 5. 465. Hh4 488 | Pa diese Frage sehr nahe, Erwägt man die Art, wie jene Gefäfse aus dem Darmcanal entspringen, wie sie sich zu grölsern und immer gröfsern Zweigen, und endlich zu einem gemeinschafilichen Stamm vereinigen, und wie dieser in das Blutadersystem übergeht; erwägt man zugleich, dals alle jene Gefälse mit Klappen versehen sind, die einge- sprützten Flüssigkeiten den Weg vom Darmcanal zum Brustgang verstatten, aber die Rückkehr verschliefsen ; so mufs man es schon hieraus wahrscheinlich finden, dafs der Chylus in die Milchgefälse übergeht, und aus diesen durch den Brustgang zum Herzen gelangt. | - Eine Menge Beobachtungen an lebenden Thie- ren beweisen auch die Richtigkeit dieser Vermu- thung. Bey Tbieren, die zu der Zeit, wo der Milchsaft durch die dünnen Därme geht, geöff- net sind, findet man die Milchgefälse mit einer weissen Flüssigkeit angefüllt, die immer weiter nach dem Brustgange fortschreitet, und endlich auch diesen anfüllt. Wird eines jener Gefälse unterbunden, so schwillt es auf ähnliche Art wie, "eine unterbundene Ader hinter dem Bande nach der Seite des Darmcanals an, und entleert sich auf der andern Seite, Diese Erscheinungen dauern noch eine ziemlich lange Zeit nach dem Tode des 2 = Thiers fort. Werden gefärbte, oder mit riechen- den Substanzen geschwängerte Flüssigkeiten in - den s sm 489 den Darmcanal gesprützt, so gehen auch diese in die absorbirenden Gefälse mit Beybehaltung ih- rer Farbe und ihres Geruchs über c). Nicht weniger thätig sind die absorbirenden Gefälse des dicken Darms, Beträchtliche Quanti- täten einer in den Mastdarm gesprützten Flüssig- keit werden durch sie eingesogen. Vermöge die- ser Thätigkeit derselben ist es möglich, blos durch nährende Rilystiere das Leben zu fristen d). Jenes Einsaugungsvermögen ist überhaupt al- | len Iymphatischen Gefälsen eigen, und alle füh- ren die aufgenommenen Flüssigkeiten zum Brust- gange e). Monro durchschnitt einem lebenden . Hunde diesen Canal, rieb in die hintern Extremi- täten und in den Bauch des Thiers eine Campher- emulsion ein, und sprützte dieselbe Flüssigkeit in die Bauchhöhle. Der aus dem untern Theil des . durchschnittenen Brustgangs ausgeflossene und auf- gefangene Saft verrieth sowohl durch den Geruch, als durch den Geschmack, dafs der Campher ein- _ gesogen und in den gemeinschaftlichen $tanim der Lymphgefälse gelangt war. Auf diesem Durchgang durch die Milchgefälse wird der Chylus dem Blute immer ähnlicher, so | dals ©) Harzer El. Phys. T.VIT. L.25. 8,2, $.2q. p.227q. d) Ibıd. L, 24. 8.4. $.5. p- 177. e) Ibid. T.I. L,5. 8.4. p. 250 sq. Hh5 490 mn dafs er in dem Brustgange zuweilen schon die röthe Farbe des Bluts besitzt. Auffallend zeigt sich diese allmählige Verähnlichung in den Ver- suchen, die Reuss und Emmert, und nach ih- nen VAugqueLıin, mit dem Speisesaft der Milch- gefälse von Pferden anstellten, Nach Reuss’s und Emmert’s Versuchen £) ist der Chylus der Pferde eine Flüssigkeit von milch- weisser, gelblicher, oder gelblich - grauer Farbe, salzigem Geschmack, und einem Geruch, welcher dem des männlichen Saamens ähnlich ist. Er läfst sich wie das Blut durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft und des Wassers, so wie durch mechanische Mittel, in drey, dem Blut- wasser, dem Faserstoff und dem Cruor ähnliche Bestandtheile trennen. Der seröse Theil enthält, wie das Blutwasser, sehr viel Wasser, etwas ätzendes Natrum und Kochsalz, Eyweilsstoff, ei- nen Bestandtheil, den Reuss und Emmert für Gallerte halten, und phosphorsaures Eisen. Der dem Cruor ähnliche Theil besteht aus Eyweils- stoff, der Substanz, die Jene Gallerte nennen, und phosphorsaurem Eisen. Der faserige Theil ver- hält sich wie der Faserstoff des Bluts, Der Speisesaft unterscheidet sich aber von dem Blut durch einen geringern Grad von Ge- | rinnbar- f) Scuerer’s allgem. Journal der Chemie. B, 5. S. 164. — Reır’s u. AutenrıetH’s Archiv £& d. Pliysiol, B. 8 S, 145. x 491 rinnbarkeit und Ausbildung seiner nähern Be- standtheile, durch schwächere Verkalkung des Eisens, und durch eine geringere Menge gerinn- baren Stoffs. Von der Milch ist er gänzlich ver- schieden. In den einzelnen Stellen des Systems ‚der Milchgefäfse. zeigt er Verschiedenheiten, die als eben so viele Stufen der Näherung desselben zum Blute zu betrachten sind, In den Wurzeln der Milchgefälse ist er eine ziemlich gleichartige, milchweisse Flüssigkeit, die nur durch die in ihr schwimmenden Jiügelchen und durch die gröfsere Consistenz, die sie an der Luft bekömmt, einige Ungleichartigkeit zeigt, In den gröfsern Milch- gefälsen und der Cisterne erscheint er schon he- terogener. Die Einwirkung der Luft macht die- sen etwas röthlich, aber nicht ganz gleichförmig; auch bringt sie ihn, jedoch nur einem kleinen Theile nach, zum Gerinnen, Der Chylus aus der obern Hälfte des Brustgangs erhält an der Luft in seiner ganzen Masse eine Farbe, welche der des Schlagaderbluts ziemlich nahe kömmt; auch trennt er sich in Serum und in eine Art von Blutkuchen, welcher sich fester und in grö- fserer Menge als in dem andern Chylus zeigt. So weit die Resultate der Versuche von Reuss und EmmErt. Vauquerin’s Erfahrungen g) stim- men mit denselben im Allgemeinen überein, Auch diesen g) Annales du Mus, d’Hist. nat, T. XVII, p. 240, 492 Kemmer f diesen zufolge trennt sich der Chylus ausserhalb den Milchgefäfsen in einen flüssigen und einen gerinnenden Theil, welcher letztere in dem Spei- sesaft aus der Mitte des Brustgangs an der Luft eine röthliche Farbe annimmt. Der flüssige Theil * besteht meist aus Eyweilsstoff, welches überhaupt den grölsten Theil des Chylus ausmacht, und ent- hält ein freyes Alkali; der gerinnende Theil ist dem Faserstoff des Bluts ähnlich. In der Asche des verbrannten Chylus fanden sich ‚kohlensau- res, salzsaures und schwefelsaures Natrum, Eisen und phosphorsaure Halkerde. Aber VauguELIN erwähnt keiner Gallerte als Bestandtheil des Chy- lus, und Emmerr’s Versuche beweisen auch nicht die Gegenwart desselben in dem letztern. Em- mert“schlols auf diese aus dem flockigen Nie.» derschlag, ‘den Galläpfeltinktur in dem flüssigen, mit Wasser vermischten Theil des Speisesafts, woraus der Eyweilsstoff durch Kochen abgeschie- den war, hervorbrachte, und aus dem gallertarti. gen Ansehn der Substanz, die nach dem Ab. dampfen zurückblieb h), Allein durch das Ro- chen: des mit Wasser verdünnten Serum wird nicht aller Eyweilsstoff daraus abgeschieden; Al- cohol schlägt noch immer einen ungeronnen ge- bliebenen Rückstand dieses Stoffs daraus nieder, Vielleicht also wirkte in jenem Versuch die Gall äpfeltinktur nur vermöge des Weingeiste, womit - sie ‘ h) Reır’s Archiv. B, 87 8. 165. sie bereitet war, und es war Eyweilsstof, was durch sie niedergesehlagen wurde. Der Gerbe- stoff schlägt aber auch nicht nur die Gallerte, son- dern auch das Tnuowvenetsche Fleischextrakt nie- der. Die gallertarlige Masse, die nach dem Ab- dampfen des flüssigen Theils des Chylus zurück- blieb, kann ebenfalls Eyweilsstoff oder Fleisch- - extrakt gewesen seyn. Statt der Gallerte gedenkt VAuQuELIN einer andern, im flüssigen Theil des Serum enthalte- nen Materie, die sich in kochendem Alcohol auf löst, sich nach dem Erkalten zum Theil in der Gestalt von Flocken daraus absetzt, und dem Al. cohol die Eigenschaft mittheilt, auch nach dem Erkalten von zugegossenem Wasser getrübt zu werden. VAugQuerın hält sie für eine Art Fett, Sie hat allerdings manche Eigenschaften dieser Substanz. Aber es fehlt ihr die Haupteigenschaft des Fetts, sich mit Alkalien zu verbinden, Mehr Aehnlichkeit scheint sie mir mit dem Gallenharz zu haben. -Den an der Luft gerinnenden Theil des Chy- lus fand Vauguerın dem Faserstof des Bluts von manchen Seiten zwar ‚ähnlich, doch auch in einigen Stücken von diesem verschieden. Je- ner hatte nicht die fibröse Textur, die Stärke und Elasticität des letztern, und löste sich schneller als dieser und obne Rückstand in ätzendem Na- . trum 494 a trum auf, VAuquELın sieht ihn für Eyweils an, welches. in Faserstoff überzugehen anfängt, und glaubt, dals die Nahrungsmittel im thierischen Hörper erst in Eyweifsstof und aus diesem in Fasersioff verwandelt werden. Die letztere Vermuthung ist der schon von Harrcaer i) und Harıe k) aufgestellten Hypo- these ähnlich, dafs der Eyweilsstoff das erste - Produkt des thierischen Bildungs- processes ist. Von dieser glaube ich, dafs sie sich immer mehr bestätigen wird, je näher wir die lebende Natur werden kennen lernen, Auch bey den Insekten, und zwar bey denen so- wohl, die sich blos von Pflanzen nähren, als bey den fleischfressenden Arten, finde ich, dafs sich aus dem rohen Nahrungssaft immer zuerst Eyweiflssoff erzeugt. Bey diesen Thieren füllt der Milchsaft die Zwischenräume aller in der Bauchhöhle enthaltenen Eingeweide an, und flielst nach dem Oeffnen der Bauchhaut in beträchtli- cher Menge aus. Bey einer Raupe der Notua dysodea I) fard ich diese Flüssigkeit von dun- kelgrüner Farbe, und im Aeussern dem ausge- prelsten Pflanzensaft ganz ähnlich. Sie vermischte eich mit Wasser, und zeigte Spuren von Alkali. Nach- i) Philos, Transact. Y.ı800. P.2. p. 327. k) Encyclop. method. Art, Aliment. I) Rössr's Insektenbelustigung. Th. ı..Tab. 55. ’ — "495 Nachdem sie mit Alcohol vermischt und erhitzt ' war, bildeten sich sogleich in ihr eine Menge grauer Flocken von gerinnendem Eyweilsstoff, wobey ihre grüne Farbe ganz verschwand, Eben so verhielt sich die unter der Bauch- haut des Käfers und der Larve vom Scarapaeus .nasicornis, und in dem Fettkörper der Spinnen befindliche Flüssigkeit, Der Chylus der Larve des Nashornkäfers scheint mir reines Eyweils zu seyn. Er ist weils, dick, zähe, und überhaupt schon dem Aeussern nach von der Beschaffen- ‚ heit des ungeronnenen Eyweils, In kaltem Was- ser löste er sich nicht auf, In kochendem Was- ser und von zugesetztem Alcohol gerann er gröfs- tentheils. Das Geronnene wurde von ätzendem Natrum wieder aufgelöst. Die übrige Flüssigkeit gab mit einem Galläpfelaufguls keinen Nieder- schlag, und enthielt mithin keine Gallerte. Es findet also in dieser Hinsicht eine merk- würdige Analogie zwischen der Vegetation, durch welche ebenfalls die Nahrungsstoffe in Eyweils verwandelt, so wie die festen Theile und die abgeschiedenen Säfte aus Eyweils gebildet wer- den m), und dem thierischen Bildungsprocefs statt. Die Verähnlichung des Nahrungssafts geschieht bey einigen Individuen derselben Thierart und zu m) M. vergl. Abschın. 2. $.4. dieses Buchs. 496 | Be / / zu gewissen Zeiten früher, zu andern später, Bey - den. Säugthieren scheint der Chylus zuweilen schon im Brustgange in wirkliches Blut überzuge- hen. In den Fällen, wo man in diesem Canal zurückgetretenes Blut bemerkt haben will, war dieses, nach EmMmerT’s wahrscheinlicher Vermu- thung, nicht Venenblut, sondern schon in Blut verwandelter Chylus n).: Ob es aber, wie Em- MERT glaubt, nicht Chylus war, sondern Blut, welches eine der Entzündungshaut ähnliche Be- schaffenheit angenommen hatte, das man in eini- gen Fällen als eine weifsliche Materie aus geöff- neten Venen ausflielsen sah und für unassimilir- ten Chylus hielt, scheint mir zweifelhaft zu seyn. Hewson’s 0) Beobachtungen machen es wahr- scheinlich, dafs dieser weisse Saft von eingesoge- nem und noch unassimilirtem Fett herrührt, Die n) Emmerr führt zwanzig Fälle der Art an, die von Eısner und HırvdesrAnpr erzählt sind. Noch wich- tiger ist Monno’s Versicherung, dafs, wenn er erst die Bauchhöhle eines lebenden Thiers, und‘ dann nach einiger Zeit das obere Ende des Brustgangs ge- öffnet hätte, immer rothe Kügelchen in dem Saft dieses Canals befindlich gewesen wären. (A, Monro Vergleichung des Baues u. der Physiol. der Fische u. s w. S.43.) 0) Vom Blute, seinen Eigenschaften u. s, w. Nürn- ‚berg. 1790. S. 110, - 4 —— 497 Die Lymphe der übrigen absorbirenden Ge- fälse ist verschieden an den verschiedenen Stellen des Hörpers p). Die aus einem der gröfsern lymphatischen Gefälse an der rechten Seite der Len- dengegend eines Pferdes genommene Flüssigkeit war durchsichtig, klar, blalsgelblich, etwas ins Grünliche spielend, von keinem besondern Geruch, aber einem schwachen, dem des Blutwassers ähn- lichen Geschmack. Sie gerann an der Luft zu einer klaren, zitternden Gallerte, wovon sich durch Schütteln ein flüssiger, gelblicher Theil ab- ‚scheiden liefs, und unterschied sich von dem Chylus der Milchgefälse und des Brustgangs darin, dals sie weniger Gehalt an Eyweilsstoff hatte, langsamer an der Luft coagulirte, ihre Farbe an der Luft nicht in die rothe verwandelte, und keine Kügelchen enthielt q). | G. 1% Einsaugungsvermögen der Venen des Darmcanals, Das Netz und das Fett. So ausgemacht es aber auch ist, dafs der Chylus durch das System der absorbirenden Gefäfse dem Blute zugeführt wird, so läfst sich doch die Frage p) MAscAcrı vasorum Iymphat. corp. hum. hist, p.28. gq) Reuss und EmMmeRrr in ScHerer'’s Journal der Chem, ‚B.5. 8.691. — . Emmenrz in Reın’s Archiv f. d, Phys. B.8. 9.174. 175 IV. Bd. u n: Ii 498 runs Frage aufwerfen, ob nicht noch andere Wege vorhanden sind, auf welchen ebenfalls nährende Bestandtbeile zur Blutmasse gelangen? Die Venen des Darmcanals haben in der Art, wie sie sich 'zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen, dann "wieder in der Leber zerästeln, hierauf von neuem zusammentlielsen, und nun erst zur Hohl. ader gehen, so etwas Eggenes, dalse, wenn es sol. che Wege giebt, sie vor allen andern dafür anzu- sehen sind. Die Frage, ob auch die Venen dem Blüte nährende Theile zuführen ? läfst sich aber auf die zurückführeu, ob überhaupt den Venen ein Eiusaugungsvermögen zukömmı? Diese war seit der Entdeckung der absorbirenden Gefälse der Gegenstand eines fortwährenden, und selbst zu unsern Zeiten noch nicht entschiedenen. Streits. Die meisten neuern Physiologen haben sich zwar für die Meinung erklärt, dafs keine Einsaugung durch die Venen statt finde, Doch ist es vielleicht eben so sehr der Glanz wichtiger Autoritäten und Unlust zur weitern Untersuchung einer so lange abgehandelten Frage, als das Uebergewicht der Gründe, was dieser Hypothese Eingang verschafft hat, | Es ist wahr, die Resultate der Versuche Hun- TER’S r) scheinen erhebliche Beweise für diese Meinung zu seyn, Hunter sprützte Milch in ein unter- x) Med, Commentaries. P.I. ; —. 499 unterbundenes Stück des Darmcanals eines leben- den Hundes, verhinderte durch eine zweyte Liga- tur das :Ausfliefsen der Milch, unterband zugleich ‘die Arterie und Vene des Gekröses, und leerte das Blut durch eine gemachte Oeffnung aus. Als die Vene nach einiger Zeit untersucht wurde, fand sich keine Spur von Milch in derselben, Eben so wenig liels sich diese in ihr entdecken, als der ‘Versuch mit der Abänderung wiederholt wurde, dals die Blutgefälse ununterbunden blieben, Auch bey einem Schaaf, dem in ein unterbundenes Darmstück eine blaugefärbte Auflösung von Hau- „senblase gesprützt war, zeigte sich nicht die mindeste blane Farbe an dem Blut der Gekrös- vene, und selbst nicht an dem Serum desselben, da- doch der Saft der Milchgefälse blau gefärbt war. Bey eben diesem Thier wurde an jenem . Darmstück eine unterbundene Arterie unterhalb | dem Bande geöffnet, und in die Oeffnung so lange Milch gesprützt, bis diese in die zugehörige Vene übergieng. Aber auch an der Milch der Vene war keine blaue Färbung zu bemerken, Bey ei- nem Esel, dem eine Auflösung von Moschus in ein unterbundenes Darmstück gesprützt war, hatte nach einiger Zeit der Saft der Milchgefälse den Geruch des Moschus angenommen, hingegen war an dem Blut der Gekrösvene keine Spur dessel- ben zu bemerken, 500 uam Diese Gründe sind indels nicht 80 wichtig; als sie auf den ersten Anblick zu seyn scheinen, Sie beweisen nur das Unvermögen der Venen, unassi- milirte Flüssigkeiten aufzunehmen, nicht aber das Unvermögen, Säfte, die dem Körper schon bis auf einen gewissen Grad verähnlicht sind, ein- zusaugen. Ein Vermögen der letztern Art muls man allerdings den Venen beylegen, sobald sich zeigen lälst, dafs nicht alles Blut, welches diese zum Herzen zurückführen, aus den letzten En- digungen der Arterien kömmt, sondern dafs das Schlagaderblut zum Theil auf die Bildung an- derer Theile verwandt wird, und das Venenblut zum Theil von zersetzten Organen und Flüssig- keiten herrührt. Für diese Meinung lassen sich aber folgende Gründe anführen: ı. Bey den Insekten ist nur ein einziges Gefäls vorhanden, welches die Stelle einer Vene oder Arterie vertritt. Es können also Arterien ohne Venen, oder Venen ohne Arterien seyn. | %. In dem bebrüteten Ey zeigt sich schon früh ein ne mit vielen Zweigen. ‘Aber weit später erscheinen die Arterien, und diese sind viel weniger. zahlreich, weit kleiner und blasser,. als die Venen s), | % #) Lossteın Essaı sur la nutrition du foetus. I \ rn $01 5. Es giebt eine Beobachtung von einem Foe- tus, der kein Herz und keine Arterien haite t); eine andere von einer Frucht, der die Arterien des Kopfs und der Arme fehlten v), und eine dritte von einem Foetus, in welchem kein Herz und keine Venen vorhanden waren w). 4, Die Venen sind zahlreicher und zugleich . weiter, als die Arterien x). Nähmen sie nur das Blut auf, welches ihnen die letztern zuführen, so müfsten sie mit diesen einerley Anzahl und Durch- messer haben, Wenden wir nach diesen Beweisen den obigen Satz auf die Venen an, so ist allerdings so viel gewils, dals diese keine rohe Flüssigkeiten ein- saugen, Es könnte aber seyn, dals das Zellgewebe an gewissen Stellen einen bis auf einen gewissen Grad assimilirten Saft enthielte, und dafs dieser von den Venen absorbirt würde, Lassen sich Beweise für diese Hypothese an- führen? Ich glaube allerdings; der Verfolg des gegenwärtigen $. wird dieselben enthalten, Hier mache €) Journal de Trevoux. A.ı706. Juillet, ii v) Mem. de l’ Acad. de Montpellier. w) Mem. de l’Acad, des sc, de Paris, A. 1740. p. 811. der Octav- Ausg. x) HAızer, El, Phys. T.T. L.2. S.2. 6.20. 21. p.151. 333. 115 502 sa mache ich zuvörderst auf eine Erfahrung aufmerk- sam, die. sich schwerlich erklären lälst, wenn man nicht eine organische Verbirdung zwischen. den Blutgefälsen. und den Höblungen des Zell- gewebes annimmt.. Schon STAHL y) fand es merk- würdig, dafs man bey jüngern Tbhieren das Mark der Knochen überhaupt, und, bey ältern dasjenige, welches in den Zellen der Hnochenfortsätze ent- halten ist, mit Blut vermischt findet z), und SÖMMERING a) bemerkt, .dals der Zellstoff zwi- schen den beyden Blättern des grölsern Netzes bey sehr magern Leuten zuweilen ein röthliches Blutwasser enthält. Diese Erfahrungen zeigen, dals die Blutgefälse sich in die Höhlungen des Zellgewebes, worin das Fett eingeschlossen ist, -öffnen. Gerade das Fett ist es aber, welches, wenn eine Einsaugung durch ..die Venen statt fin- det, durch sie gewils absorbirt wird, | Jene halbflüssige, sowohl den Pflanzen, als den Thieren eigene Substanz ist in beyden Rei- chen die erste Nahrung des entstehenden Organis- - mus. Sie bildet einen Häuptbestandtheil der Co- - tyledonen,, woraus ‘die keimende Pflanze ihren ersten Unterhalt empfängt; sie macht den grölsten Theil y) Theoria med. vera. p- 376. ») M. vergl. Grissonzi - Tractat, de ventriculo et in- testinis. Cap. XI. $.5. I. a) Eingeweidelehre $. 142. — 503 Theil des Eygelbs-aus, wodurch die Früchte der’ eyerlegenden Thiere vor dem Auskriechen genährr werden; bey den Säugıihieren ist sie in. der Milch, dem ersten Nahrungsmittel des gebohrnen Tkiers, in beträchtlicher Menge enthalten, Die Säugthiere haben zugleich eine milch- artige Flüssigkeit in den Zellen des Mutterkuchens, und zu diesem gehen, nach dem einstimmigen Zeugnils aller Zergliederer, keine andere Gefälse,, als Venen und Arterien. Hier ist. folglich keine andere Einsaugung als durch Blutadern‘ möglich, und was diese einsaugen ist wahrscheinlich eine Flüssigkeit von ähnlicher Natur, wie die Oel oder Butter enthaltenden Säfte, die der keimenden Pilanze - und der entstehenden Frucht der übrigen. Thiere den ersten Stoff zur Bildung liefern. Noch deutlicher ist jene Funktion der Venen an dem Dotter des bebrüteten Eys, Dieser, .durch einen zarten Canal ( Ductus vitello-intestinalis) mit dem Darm des Embryo zusammenhängends, und das Eygelb enthaltende, häutige Sack dient offenbar zur Bereitung des Bluts für den Embryo, Gegen die Mitte der Zeit des Bebrütens zeigen sich auf der äufsern Haut desselben Arterien, die aus den Gekrösearterien des Embryo entstehen, und Venen, welche in die Pfortader übergehen. Zu- gleich bilden sich auf der innern Dotterhaut an denselben Stellen, wo auswendig jene Adern liegen, li4 A eine so —— eine Menge in den Dotter herabhängender Ge- : fälse mit flockigen Enden, deren Funktion keine andere seyn kann, als das Eygelb einzusaugen, und in Blut umgewandelt zu den Venen der Dotterhaut zu führen b).‘ Diese Einsaugung findet auch nicht blos bey den Vögeln statt. Es giebt bey den Eidechsen einen mit ähnlichen Gefälsen ver- sehenen Dotter, und bey den Säugthieren das dem Dotter analoge Nabelhläschen c). Bey den Sepien fand Cuvier in den Venen, die das Blut aus der Hohlader zu den Kiemen führen, Oef- nungen, die zw ganz eignen Anhängen führen, welche, nach Cuvıer’s Beschreibung zu urtheilen, mit den gelben flockigen Anhängen der Dotter- hautin der Form und Funktion übereinkommen d). Hier ist also .ein Fall, wo die Venen noch bey dem ganz ausgebildeten Thier fortdauernd ein- saugen. Wir b) BrumensaAck glaubt, sogar den wirklichen Ueber- gang des Eygelbs aus den flockigen Anhängen in die nach dem Hüchelchen laufenden Blutadern als’ deutliche gelbe Streifen zwischen und neben dem’ rothen Blur dieser Venen unter dem Vergrölserungs-. glase geschen zu haben. (Brumenzach’s Handb. » der vergl. Anat. $.524.). \ c) EmmerT u. HocusTertTer in Reır’s u, AUTENRIETH’S. Archiv £. d, Physiol, B. ıo. S. ıı7. d) M. vergl, Rap. 2. $.2. dieses, Abschn, an sos Wir haben jetzt wichtige Analogien für uns, wenn wir annehmen, dafs auch die Venen ein Einsaugungsvermögen besitzen, und dals es vorzüglich das Fettist, wasdurch sie aufgenommen und in Blut verwan- delt wird, Für diese Absorbtion des Fetts lassen sich aber noch andere wichtige Gründe anführen, Bey den Säugthieren ist der Hauptbehälter des Fetts das aus beutelförmigen Fortsätzen des Bauchfells bestehende Netz, Dieses ist von vor« züglicher Grölse bey denjenigen Nagethieren, die den Winter in einem Zustande von Erstarrung zu- bringen, und bey mehrern derselben giebt es aulser dem gewöhnlichen Netz noch zwey ande- re, die zu beyden Seiten von den Lenden nach dem Nabel herauf liegen e). Gegen die Zeit des Winterschlafs sind diese Netze immer mit einer grofsen Menge Fett angefüllt, Schon PERRAULT f) . vermuthete, dafs das letztere während dem Win- terschlaf eingesogen würde, und diese Meinung ist in der That höchst wahrscheinlich. Har- LER 8) und mehrere andere Schriftsteller haben zwar e) Biol, Bd. ı, S. 2ıı ff, 9 Oeuvres de Phys. et de Mechanique, p.476. "SL. co Li. 8.4. P-47. 48. 1i5 506 eruumeanum N zwar dagegen den Einwurf gemacht, dafs dieje- nigen Thiere, die im Winter schlafen, während der Erstarrung keine Ausleerungen haben, wenig ausdünsten, und nicht sehr abgemagert aus ihren Höhlen hervorkommen. Allein die Murmelthiere magern beträchtlich in den ersten Tagen nach dem Erwachen ab h), und gerade dann ist ihnen die im vorigen Jahr gesammelte Fettmasse erst von Nutzen, um nehbmlich ihren während der Lethargie in Unthätigkeit gewesenen Nutritionsor- Ä ganen als sanftes Erregungsmittel zu dienen, Ei- ‚nigen Verlust an Substanz erleiden sie aber auch schon während der Erstarrung. Sie nähren sich von ihrem Fett nicht blos in diesem Zustand, sondern auch während des Wachens, worin sie von Zeit zu Zeit durch zu grofse Hälte oder Wärme versetzt werden i). Die Souslike (Marmota Citillus) werden schon während des Winterschlafs äusserst mager. Nach ihrem Erwachen ist olos noch in den Weichen, unter den Achseln und im Gekröse- h) Sıussume’s Reise durch die Alpen. Th.3. S.ı175 $, 735. — Paunsııe sagt ausdrücklich in seiner Ab- | handlung über den Winterschlaf, (Annales du Mus, d’Hist, nat. T. XVII. p. 36.) dals die Murmelthiere ausserordentlich fett sind, wenn sie sich in ihre Höh- len begeben, aber äusserst abgemagert, wenn sie die- selben wieder verlassen. j) Mancrzı in Reır’s u. Aurtenkıeru’s Archiv £ d. Physiol, B. 8. S, 429. 45. s —— 507 Gekröse etwas von dem vielen Feit übrig, das sich im Herbste angehäuft hatte. Diese Thiere aber werden durch den Winterschlaf zur Begat- tung vorbereitet. $o abgemagert ihr übriger Kör- per beym Erwachen ist, so vollsäftig sind dann ihre Geschlechtstheile k), Bey ihnen wird also das angesammelte Fett zur Bereitung der Zeu- gungssäfte verwandt, Ein wichtiger Beweis für diesen Uebergang des Fetts in das Blut bey den lethargischen Thieren ist übrigens SuLzer’s |). Beobachtung, dals auf dem Blut der Hamster während der Erstarrung ölige Punkte schwammen. Diese Anhäufung von Fett findet auch nicht blos bey den lethargischen Thieren, sondern al- lenıhalben statt, wo zu gewissen Zeiten bey auf- gehobener oder verminderter Ernährung des gan- zen Hörpers der Bildungsprocels in einzelnen Thei- len verstärkt ist. So häufen die Cetaceen eine grolse Menge Fett an, um sich zur Brunstzeit, wo sie gar keime Nahrung zu sich nehmen, da- von zu erhalten, und so iet, wie RıEcsıs m) versichert, bey den Ratten und Igeln zur Brunst- zeit die Prostata mit sehr vielem Fett umgeben. Aus k) Parrzas Nov. spec. quadrup. e glirium ord. Ed. 2, p- 337. i 3) Nat. Gesch, des Hamsters 5. 169. iR in) De usu glandularum suprarenalium in animalibus, nec non de origine adipis, Havniae, 1790, Aus eben dem Grunde ist bey den Fischen, Mollusken, und mehrern andern Thieren der nie- dern Classen, denen das Netz fehlt, und die bald lange aller Nahrung entbehren "müssen, bald wie- der eine grolse, Menge Futter verschlingen, zu dessen Verdauung eine reichliche Absonderung von Galle erforderlich ist, die Leber so ausserordent» lich reich an Fett, dafs dieses z, B. bey dem Ro» chen mehr als die Hälfte der Leber ausmacht n). Ueberhaupt steht das Fett mit der Bereitung der Galle gewils in einer nähern Beziehung o). Alle Theile, aus welchen die Aeste der Pfortader ent- springen, sind mit sehr vielem Fett angefüllt. Wäre es ausgemacht, dafs die fettesten Thiere allemal die bitterste Galle haben p), und dafs, wie Rıscers g) beobachtet haben will, das Blut der 'Pfortader immer viele Fetttheile enthält, so würden sich auch hiervon Beweise hernehmen las- sen, gegen welche sich schwerlich gegründete Einwürfe erheben lielsen, Mit der Beobachtung von RıEGeELs stimmt in- defs nicht nur die obige Erfahrung SuLzer’s über: - ein, n) Vavoverım, Annales de Chimie T. ı0. p. 195. ” 0) M. vergl. Lorrv’s Abhandl. über das Fett im dem menschl. Körper. Uebers. von LinpemAnn, Berlin. 1797”. — Journal der Erfindungen u. s, w. im der _ Natur- u. Arzneywissensch,. St. 2. S.ı5 p) Journal der Erfind, St 2, 5.19. bi q) A.ı.0Q, 509 ein, sondern sie hat auch Zeugnisse mehrerer der grölsten Anatomen auf ihrer Seite, die man zwar angefochten hat, doch nur weil sie mit den herr- schenden Hypothesen nicht vereinbar waren. Diese Zergliederer sind namentlich: SevERınus, CHAR» LETON, MarrıcHı, GLisson, Ruysch, MOoRrGAGNE und Hezwson, MorsaAssır) trägt seine Beobach- tung. mit Mifstrauen vor, Aber GLısson s), Mar» PIGHI t) und Hewson v) erzählen die ihrigen so umständlich, dals man an der Richtigkeit der Sache nicht zweifeln kann. Der letztere fand, dafs die weilse, milchartige Farbe des Serums, die nicht selten bey fetten, oder an den Folgen von unterdrückten natürlichen Blutausleerungen lei- denden Menschen beobachtet ist, und die noch häufiger bey den Gänsen vorkömmt w), von Fett- kügelchen, die in denselben enthalten sind, her- rührt, Wurde dieses Blutwasser getrocknet, so drang eine so grofse Menge Oel daraus hervor, dafs das Papier, worauf es lag, davon fett wur- de. r) Adversar. anatom, II, Animadv.6, p. 15. s) Tractatus de ventriculo et intestinis, Cap. XI. p. 13, t) Exercit, de omento, pinguedine eic, p. 65,, in Mar- cETı Bibl, anat, T. F, v) Vom Blute, seinen Eigenschaften u. s. w. $. 105. w) M. vergl. Lever de ansere mactato loco sanguinis album liquorem stillante, in Miscell, Acad. Nat, Cu- zios, Dec, 2. A. VI, ( 1687.) p. 154. / Pi Te) £ mn de. Wahrscheinlich gehören hierher auch Swam- MERDAMM’s, Mecker’s und CruvıksHanke’s Beobach- tungen von weilsen Streifen in dem Blut der Ge- krösvenen,, wobey allemal die Milchgefäfse leer wa- ' ren, und also keine Einsaugung aus den Gedärmen statt gefunden haben konnte x). Diese Fälle von absorbirtem Fett mögen zum Theil wohl krank- hafter Art seyn. Mascacnı’s y) Beobachtungen, nach welchen in fetten Körpern die Stämme der iymphatischen Gefälse immer mit einem öligen Saft angefüllt sind, beweisen auch, dafs diese Ge- filse Fett aufnehmen. Aber auch in Krankheiten würden Fetttheile schwerlich unverähnlicht in die Blutmasse gelangen, wenn alle Einsaugung des Fetts blos durch die Saugadern geschähe, und die- ses erst den weiten Weg durch das: lymphatische System und die Schlagadern machen müfste, um in die Arm- oder Gekrösvenen zu 'kommen. | Nirgends aber zeigt sich die Wichtigkeit des Fetts bey der Ernährung deutlicher als in dem Körper der Insekten. Bey den Raupen häuft sich eine Fettmasse an, die den 'grölsten Theil der Bauchhöhle anfüllt; von dieser zebrt rachher die Puppe, und in ihr bilden sich, die Gliedmaafsen | WARE des | x) The Anatomy of the absorbent Vessels by W. Cauix- 3HANK, | y) Vasorum Iymphat. C. H, hist, et ichnogr. ss | Sıl . des vollkommenen Insekts z). Aus eben diesem Fettkörper entspringen sowohl bey der Larve, als dem vollkommenen Insekt, alle absondernde Gefä- [se. Man sieht dies vorzüglich bey der Scolopendra forficata L,, bey welcher jener Körper aus mehrern von einander ganz getrennten Massen besteht, Eine derselben liegt am vordern Ende des Leibes un- ter dem Schlunde. An dieser endigen sich die Gallengefälse, und vielleicht dient sie auch einer Art Speichelgefälse zum Ursprunge. Vier andere kleinere Massen befinden sich am entgegengesetzten Ende des Körpers neben den innern Zeugungsthei- len, und aus jeder derselben geht ein kurzer Aus- führungsgang zu diesen Organen, Ich darf zwar nicht unerwähnt lassen, dals Ramponr a) die in dem Fetikörper der Insekten enthaltene Materie nicht für Fett, sondern für eine Art Chylue hält. Allein Ramponr’s Meinung stützt sich blos auf Versuchen mit der Larve des Bam- byx quercus. Bey dieser, und überhaupt bey allen Raupen scheint freylich auch mir jene Substanz mehr Aehnlichkeit mit Eyweifs, als mit Fett zu haben, Aber bey den Heuschrecken ist sie ein wahres thierisches Oel, das die Oberfläche des Was- z) Lronner Traite de la chenille du saule. p.XIIT. 428. 485. — Ramponur’s Abh, über die RE. werkz. der Ins. S. 64, 2) A. ds 0. S, 63. 512 — Er | ‘Wassers, worin das Thier geöffnet ist, mit gelben glänzenden Hügelchen bedeckt, Diese ihre ver- schiedene Beschaffenheit bey den verschiedenen ‚Insekten und ihre Verwandtschaft mit dem Ey- ‚weils bey den Raupen beweist gerade, dals das Fett sehr grofser Mischungsveränderungen fähig ist, und deswegen sehr leicht in die verschieden- sten thierischen Säfte verwandelt werden kann, Eben so findet man oft bey den Säugthieren an Stellen, die sonst mit Fett angefüllt sind, Gal- lerte b). Ich erinnere hier auch an die oben (S.448.) erwähnte Beobachtung, dafs ich aus den geöffneten Bläschen der innern. Haut des Nahrungscanals beym Limax cinereus wirkliche Oeltropfen habe hervordringen sehen. Vielleicht ist überhaupt der Chylus bey den Mollusken und Würmern zum Theil von öliger Beschaffenheit, ö 6. 19. Funktion des Zeilgewebes bey der Ernährung. ' Es giebt noch einen dritten Weg, worauf das Blut neue Bestandtheile erhält. Dieser ist bisher unbeachtet geblieben, weil man. vor der Ent- deckung der lymphatischen Gefäfse die Venen, und | seit derselben die Saugadern für hinreichend zur Ernährung hielt, Aber schon für minder wichtige Funktionen besitzt der thierische Körper mehrere Orge- b). Harızr EI Phys, TI L.ı, 5.4. p. 44. — 513 Organe, die in Fällen, wo die Thätigkeit des ei- nen gehemmt ist, einer des andern Stelle ver- treten, Um so weniger ist es glaublich, dafs die wichtigste von allen, die Ernährung, blos den Milchgefälsen anvertraut seyn sollte, die zudem nicht einmal zweckmälsig wirken können, wenn nicht der einzige gemeinschaftliche Stamm dersel- ben, der Brustgang, unverletzt ist, In der That ‚giebt es Fälle, wo dieser Canal verstopft war, und die Thiere zwar starben ‚ wenn nicht, wie sich zu- weilen zeigte c), ein Seitengefäfs den Fortgang des Chylus zu dem obern Theile des Brustgangs verstattete, doch auch der Tod nicht’ sa schnell eintrat, wie er bey gänzlich aufgehobener Ernäh- rung hätte erfolgen müssen. "Jene Theile, die zugleich mit den Iymphati« schen Gefälsen‘ einsaugen, sind das Zellgewebe, Dieses tränkt sich allenthalben mit Flüs- sigkeit, woesdamitin Berührung kömmt, führt dieselbe von Zelle zu Zelle, und endlich zur Milz, der Thymus, der Schild- drüse, den Nebennieren, und ähnlichen drüsenartigen Eingeweiden, welche den aufgenommenen Saftin Blut umwandeln, Einen c) A. Coorer, Med. Records and Researches. Vol, 1. p- 86. Be ER 3 - HE Rk sıa | m Einen Beweis dieser Theorie geben die im ı2ten $. des gegenwärtigen Kapitels erzählten Ho- meschen Versuche. Wir haben dort gesehen ‚dafs bey Thieren, denen nach Unterbindung des Pylo- rus NHhabarbertinktur in den Magen gesprützt war, von dieser ein grolser Theil durch die Wände des Magens einen Ausweg gefunden hatte,, ohne durch die lymphatischen Gefälse eingesogen zu seyn, und dals sich zugleich die Milz sehr ange-- schwollen und in ihren auffallend erweiterten Zel- len allenthalben mit einer Flüssigkeit angefülle ‘ zeigte, worin chemische Heagentien die Gegen- wart des Rhabarbers bewiesen. Hier ‚waren ausser dem Zellgewebe nur zwey Wege, auf welchen die eingesprützte Flüssigkeit aus dem Magen in die Milz gelangt seyn konnte, die Saugadern und die Blutgefälse, Die Saugadern des Magens aber wa- ren immer saftleer. Die Blutgefälse hat zwar Home selber in einem. spätern Aufsatz d), den ich indef[s nur erst aus einer kurzen Inhaltsanzeige kenne, für den Weg, wodurch der Uebergang vom Magen zur Milz geschehen soll, angenommen. Allein der Gründe für den Satz, dafs die Blutge- fälse keine unassimilirte Säfte unmittelbar aus dem Nahrungscanal aufnehmen, sind so viele und so wichtige, und jene Annahme führt auf so unwahr- scheinliche Folgerungen, dals sie gewils nicht die richtige seyn kann. | | Das n d) Philos, Transact, Y. 1811, u | sıs Das Zellgewebe besitzt auch alle Erfordernisse eines einsaugenden und das Eingesogene fortlei- tenden Organs. Kein Theil des thierischen Kör- pers tränkt sich so leicht. mit Flüssigkeit, und kei- ner ist so weit durch alle Organe verbreitet, als diese weiche, dehnbare Substanz. Sie füllt den Zwischenraum zwischen den äussern Bedeckungen des Körpers und den Muskeln aus; sie dringt in das Innere des Fleisches, und vereinigt die Fa- sern zu Bündeln, die Bündel zu Muskeln; sie überzieht beyde Flächen aller _Häute, worin die Eingeweide der Brust und des Bauchs eingeschlos- sen sind, umgiebt als Arachnoidea das Gehirn, und bekleidet als solche die Wände der Ventrikel desselben, bildet Scheiden um alle Nerven und " Gefälse, und Zwischenlagen zwischen den verschie | denen Membranen, woraus der Nahrungscanal, die Gallen- und Harnblase, die Saamenbläschen und alle übrige hohle Eingeweide bestehen; sie füllt als Markhaut das Innere der Knochen aus, und “mit ihr ist selbst das. Parenchyma aller drüsenar- tigen Eingeweide durchwebt. Alle- diese Ausbrei- tungen des Zellstoffs stehen dabey unter einander in der engsten Verbindung. Luft, die an einer einzelnen Stelle in das Zellgewebe der Haut ein- geblasen ist, breitet sich unter der Oberfläche des ganzen Körpers aus, und umgekehrt läfst sich bey der Hautwassersucht das unter der Oberfläche des ganzen hörpers angehäufte Wasser durch eine | Kka Osf. g16 ns gummngmaamanenn Osffnung an einer einzelnen Stelle ausleeren. Das Zellgewebe endlich besitzt ein Zusammenziehungs- vermögen, vermöge welchem es nicht nur Flüssig- keiten, sondern selbst feste Körper fortzubewegen im Stande ist. Dadurch gelangten verschluckte Na- deln in eine der Brüste oder in die Spitze eines Fingers, und eine verschluckte Kornähre in die Lende e), oder in -einen Abscels zwischen den Rippen f), Unsere Theorie läfst eich ferner aus dem schnellen Uebergang mehrerer, sich durch ihre Far- be, ihren Geruch oder Geschmack auszeichnender Substanzen, vorzüglich des Rhabarbers, des Ter- penthins und des Weingeists, in die Milch, den Urin und die Ausdünstungsmaterie beweisen g). Am auffallendsten ist der Uebergang jener Mate- rien in den Harn, und dieser hat die bekannte, Hypothese von unmittelbaren Verbindungsgefälsen zwischen dem Darmcanal und den harnbereitenden Organen veranlafst, eine Meinung, die mit Grün. den vertheidigt ist, wovon freylich manche wenig Gewicht haben, gegen welche aber auch Einwürfe gemacht sind, die sich ebenfalls leicht entkräften | lassen, ‚e) Haızer El Phys, Tl L.xn$2 $. 10, ‚f) DesorAnces, Jourm, de Medecine etc, redige HEN, SE- pıLLor. T. 44% g) Harzer 1. . -T.VI. L24 52. 2 Bu Ki SED. 8.3. $.1. pP. 339. i a m - s ‚lassen. Die Vertheidiger derselben haben sich un- ter andern auf die Versuche von KRATZENSTEIN b) und auf mehrere ähnliche Erfahrungen herufen, nach welchen fortdauernd Urin ausgeleert wurde, obgleich die Harnleiter unterbunden oder durch- schnitten, oder die Nieren. zerstört waren i). Ihre Gegner haben theils diesen positiven Resultaten von Versuchen, die unmöglich immer gelingen konnten, einige negative Resultate entgegengesetzt, theils jene Beobachtungen der Täuschung verdäch- tig gemacht, und angenommen, dals der ausge» leerte Urin sich schon vor dem Versuch in der Harnblase hätte gesammelt gehabt, ‚ Beyde Einwürfe sind die nichtigsten, die sich gegen physiologische Erfahrungen machen lassen, Mit mehrerm Rechte hätte man jene Beobachtun- gen unangetastet gelassen, aber vorausgesetzt, dafs nach aufgehobener Gemeinschaft der Nieren mit ‘der Harnblase die letztere als stellvertretendes Se- kretionsorgan zu wirken anfinge, so wie in einem von Mecker beobachteten Fall bey einer gehemm- ten Absonderung des Harns eine grofse Menge einer dem Urin ganz ähnlichen Flüssigkeit unter den h) De diabete, in HArrerr disp. patholog. p. 63. i) Haızer 1.c. L.26, 8.4. .3. p.379 — Horsr:in Hüurerano’s u. Hımıy’s Journ. der prakt, Heilk. J. 1812, St,ı2. S.68. | Rk3z u Be sı8 vr a ‚den Achseln ausschwitzte k). Von nicht gröfserm Gewicht ist auch der neueste Einwurf, den Roose |) von einigen Fällen hernahm, wo man bey einem angebohrnen Vorfall der umgekehrten Harnblase den Urin aus den oflen vorliegenden Mündungen der Harnleiter nach vorher genossenem häufigen Getränk in kleinen Ströhmen ausfliefsen sah. Diese Beobachtung beweist nur, was sich ohnehin ver- steht, dals die Nieren den Harn absondern, und . dals dieser nach häufigem Getränk stärker als zu andern Zeiten abgeht. Ein Einwurf, der sich nicht heben läfst, wenn man, wie die Vertheidiger der Hypothese von so- genannten geheimen Harnwegen thaten, Gefäfse für die unmittelbaren Verbindungsorgane zwischen dem Darıncanal und den Harnwerkzeugen annimmt, der hingegen wegfällt, wenn man das Zellgewebe dafür. ansieht, ist dieser, da[s wenn es dergleichen‘ Gefäfse zwischen den Gedärmen und den Nieren oder der Urinblase gäbe, ähnliche Canäle auch von jenen zu den Brüsten und zur äussern Haut. ge- hen mülsten, da die wichtigste der Erscheinungen, woraus nıan in Betreff des Urins auf das Vorban- denseyn solcher Gefälse geschlossen hat, auch bey der Milch und dem Schweils statt finden. Dieses ' k) J; F. Mecrer Nov, exper, et observ. de finibus ve- narum ac vasorum lymphat. p.ıo1. ER I) Physiologische Untersuchungen. 4te Abth., — 519 Dieses Phänomen ist der schon erwähnte schnelle Ucbergang gewisser Nlaterien von dem Nahrungscana! zu den excernirenden , Organen. Man hat von der einen Seite behauptet, dafs der- selbe sich nicht erklären liefse, wenn jene Mate- rien erst ins Blut geführt und hieraus durch die ausleerenden Organe abgeschieden werden müfsten; von der ‚andern aber eingewendet, dafs keine Er- fahrungen uns berechtigten, die Geschwindigkeit des Uebergangs mancher Stoffe durch die Milchgefälse ‚zum Blute und der Ausleerung derselben durch den Urin auf eine bestimmte Zeit einzuschränken, Inzwischen kommen bey der Ausleerung einiger Substanzen doch Umstände vor, die sich nicht mit der Abscheidung derselben aus der Blutmasse vereinigen lassen, Home m) bemerkte, dafs ge- nommene Rhabarberlinktur binnen siebenzehn Mi- nuten mit dem Urin abzugehen anfängt, einige Stun- den durch die Harnwerkzeuge ausgeleert zu werden fortfährt, und dann verschwindet; dafs sie nach sechs bis sieben Stunden auf die Gedärme wirkt und deutlich den Stuhlgang färbt, und Jafs sie um diese Zeit wieder stärker als nach einer Stunde im Urin zum Vorschein kömmt. Diese Beobach- tungen zeigen, dals allerdings ein Uebergang der Rhabarbertinktur durch die Blutgefälse zu dem Nieren m) Philos, Transact. Y. 1808. p:45. 155 | | Kk4 520 | nn Nieren statt findet, dafs dieser aber erst nach A sechs bis sieben Stunden, also zu derselben Zeit, wo die Verdauung beendigt ist und der Cbylus dem Blute zugemischt wird, eintritt, dafs aber schon unmittelbar nach dem Einnehmen der Tink- tur ein Uebergang derselben zum Urin erfolgt, der auf einem weit kürzern Wege als der erstere. geschehen muls, Hon n) fand aber auch, dafs bey Thieren, die Rhabarbertinktur bekommen hatten, das Serum des Bluts, welches aus der Hohlvene oder aus dem Herzen genommen war, weit weniger Rha- barber als der Urin enthielt. Dieser Erfolg ist der ganz entgegengesetzte von dem, welcher einge- treten seyn würde, wenn der Rhabarber blos durch die Blutgefälse zu ‘den Harnwerkzeugen „gelangt wäre, da in diesem Falle das Blut mehr Rhabarber als der Urin hätte enthalten müssen, Noch entscheidender sind die Resultate der Versuche WoLraston’s und MARcET’s 0) über den Vebergang des blausauren Kali in den Harn und das Serum. Jene liessen mehrere Personen so viel von diesem Mittel nehmen, als ohne Nachtheil vertragen werden konnte. In dem Urin zeigte sich sehr bald beym Hinzutröpfeln des schwefelsauren ; Eisens n) Ebendas.. — M. vergl. $. 1a; dieses Kap. o) Philos. Transact, Y,ı8u1. s — .$21 Eisens die Gegenwart der Blausäure; in dem unter einem Blasenpflaster ergossenen Blutwasser, und dem aus dem Blut erhaltenen Serum hin- gegen war keine Spur von der Anwesenheit dieser Substanz zu entdecken, Es folgt hieraus, dafs, wenn es möglich wäre, | das zwischen den Häuten des Nahrungscanals lie- gende Zellgewebe ohne Zerreissung der Blutgefäfse und Saugadern zu untersuchen, bey Thieren, die eine Flüssigkeit von ausgezeichnetem Geruch, Ge- schmack oder Aussehen erhalten hätten, diese sich in dem Zellgewebe des Unterleibs finden müfste, Bey den Säugthieren lassen sich hierüber schwer- lich direkte Erfahrungen machen. An den ‘Fischen aber hat man schon lange eine Beobachtung ge- macht, die mit unserer Meinung ganz überein- stimmt und: einen dritten Beweis für dieselbe lie- fert. Bey diesen Thieren ist zwischen den Hirn- und Rückenmarkshäuten ‚ Innerhalb des Bauchfells, und überhaupt in allen Höhlungen eine grolse Menge Flüssigkeit enthalten, die bey den Seefischen salzig ist, und oft nicht weniger als 3 Seesalz von ihrem Gewicht enthält. p). Vielleicht dringt dieses Wasser von aussen durch zwey, neben dem After p) Moxro’s Vergleichung des Baus u, der Physiol. der Fische mit dem Bau des Menschen u. s. w. S.19, — ' CAMPER in seinen Zusätzen zu diesem Werke, $, 157: Kk5 522 Eremusemureeuzt, \ After liegende Oeffnungen ein q), und diese Oeff nungen ersetzen dann den mit Schuppen bedeck- ten und keiner Einsaugung durch die Oberfläche des Körpers fähigen Fischen die Stelle der bey den übrigen Thieren für Feuchtigkeiten durchdring- lichen Oberhaut. Aber wie es sich hiermit auch verhält, so ist doch gewils jene Flüssigkeit nicht eine aus dem Blute abgeschiedene Materie, da hierzu ihr Salzgehalt viel zu grols ist. Ohne Zweifel wird sie in dem Zellgewebe assimilirt, und nach dieser Verähnlichung von den absorbi- renden Gefälsen oder den Venen eingesogen, da in vielen Fällen statt derselben ein gallertartiger Saft gefunden ist, der in einer zelligen Haut einge- schlossen war r), | Zu diesen Gründen kömmt noch ein vierter, der sich von der Analogie der Insekten hernehmen lälst. Cuvıer s$) zeigte zuerst, dafs bey allen durch Luftröhren athmenden Insekten die Ernäh- e rung ohne alle äsıige Geläfse, blos vermittelst des in den Zwischenräumen der Eingeweide und im Parenchyma derselben enthaltenen Nahrungssafts geschieht. Seitdem nachher von PosserT, Ram- DoHuRr und mir eine beträchtliche Anzahl Insekten , | zerglie- g) Monro a. a0. — Brocu, Schriften der Berliner Gesellsch, naturf. Freunde. B. 6, S. 386. x) Harzer |]. c. T.IV. In Addendis, p.5g1. -8) Mem. de la Soc. d’ Hist. nat, de Paris. An VIL pP: 3% 523 zergliedert, und bey denen Arten, die durch Luft- röhren athmen, nie eine Ansnahme von jenem Satz gefunden ist, kann an der Richtigkeit. dcs- selben kein Zweifel weiter statt finden. Nach mei- nen Untersuchungen giebt es sogar bey dem Onis- cus Asellus kein System von Blutgefälsen, obgleich das Athemholen dieses Thiers durch Hiemen ge- schieht. Mir scheint die Ernährung der mit Tracheen versehenen Insekten auf folgende Art vor sich zu gehen. Bey dem Durchgange der Speisen durch den Nahrungscanal dringt der nährende Theil der- selben durch die innere Haut dieses Canals, die gewöhnlich höchst zart, und von der äussern musku- lösen Membran durch eine gallertartige Substanz ge- trennt ist. Die letztere tränkt sich mit dem Chylaus, und aus ihr dringt derselbe durch die äussere Haut in die Banchhöhle, wo er sich als eine Flüs- sigkeit zeigt, die sich mit dem Saft des Milchader- systems der höhern T'hierclassen vergleichen läfst, Diese Flüssigkeit trennt sich innerhalb des Bauch- fells in zwey Theile, von welchen der eine den Fettkörper bildet, der andere aber von dem hin- tern Ende des Herzens aufgenommen, und in eine, dem Blut der höhern Thiere ähnliche Ma. terie verwandelt wird. Aus dem Fettkörper zie- hen- die in der Bauchhöhle liegenden secerniren- den Eingeweide den zu ihren Absonderungen dienenden Saft, Das Blut aber dient zur Ernäh- zung aller Theile, die ausserhalb dem Bauchfelle L liegen. 524 ummureneu 73 Ken liegen. Dieses gelangt vermöge der Bewegung des Herzens, die von dem hintern Ende des Körpers zum vordern gerichtet ist, in die Brust- höhle, und aus dieser in die Zwischenräume aller jener, aulserhalb dem Bauchfelle befindlichen Or- gane, zu welchen vorzüglich die Nerven und die willkührlichen Muskeln gehören. Nach Abschnei-' dung der äussern Gliedmaalsen flielst daher die nehmliche Flüssigkeit aus, die in dem Herzen ent- halten ist. Alle innern Theile der Insekten haben eine schwammartige Beschaffenheit, um diesen: Nahrungssaft einzuziehen; sie blähen sich vermöge dieser Beschaffenheit im Wasser auf, und fallen ausserhalb demselben so zusammen, dafs sie wie ein blofser Schleim aussehen. Endlich liefern auch die Mollusken einen Be- weis für die obige Meinung. Mehrere dieser. Thiere, z. B. die Wegschnecken (Limax) geben, ‚wenn sie gereitzt werden, durch die ganze Ober- fläche des Körpers eine so grolse Menge einer zähen Materie t) von sich, das Herz und die Blut- | gefälse t) Diese Materie der Schnecken besteht naeh meinen Versuchen aus Gallerte und etwas’ Eyweils, Sie erstarrt in kaltem \Vasser zu einer zitternden Masse, löst sich in kochendem Wasser zu einer klaren Flüs- sigkeit auf, indem sich einige Klumpen von geron- nenem Eyweils bilden, und giebt mit einem Gall- äpfelaufguls dünne Häute von schwärzlicher Farbe, f \ .. « een s25 gefälse derselben haben dabey ein so kleines Ver- hältnifs gegen die Masse des übrigen Körpers und gegen die Quantität dieser Materie, und das Blut ‚bewegt sich so langsam, dafs die letztere unmög- lich blos aus dem Blute abgeschieden seyn kann, 6. 20. De NETZ. Die von dem Zellgewebe aufgenommene Flüs- sigkeit scheint aber nicht unmittelbar zur Ernäh- ' rung zu dienen, Sie wird, wenigstens zum Theil, zur Milz, zur Thymus, der Schilddrüse und den. Nebennieren geführt, um in Blut verwandelt zu werden, und in dieser Verwandlung besteht die Funktion jener drüsenartigen Eingeweide, Wir werden zuerst die Milz in Beziehung ‚ auf diese Funktion untersuchen, Die Milz ist ein den Thieren der vier höhern Classen eigenes, und bey allen in der Nähe des Magens, oder der obern Hälfte des Darmcanals- liegendes Eingeweide, dessen Grölse abnimmt, je weiter man von den Säugthieren zu den Vögeln, und von diesen zu den Amphibien und Fischen übergeht v), Bey den Säugthieren ist ‚sie von einer v) Dies gilt indefs nur im Allgemeinen. Bey einzel- ‘nen Arten finden sich Ausnahmen, Manche Fische ‚haben 526 —— i einer doppelten Haut umgeben, einer äussern, die mit dem Bauchfell zusammenflie[st, und einer innern, welche ihr eigen und sehr elastisch ist. Ihr Inneres besteht gröfstentheils aus Blutge- fäfsen. Bey den Sängihieren sind ihre Arterien Zweige “eines aus der Eingeweidearterie (Art. coeliaca) entspringenden, und blos für die Milz bestimmten Hauptstamms. Bey den übrigen Thie- ren nehmen die Milzarterien immer mehr an Grölse ab, so wie dieses Organ selber an Gröfse verliehrt, und sind nur noch Nebenzweige der Arterien Jes Magens, des Zwölfüngerdarms, oder des Gekrö- ses w). Mithin ist die Milz vorzüglich bey den Säugthieren von Wichtigkeit, also bey denen Thie- ren, die auch ein vorzüglich ausgebildetes Drü- sensystem besitzen. Das von der Milz zurückkehrende Blut nimmt bey allen mit diesem Eingeweide versehenen Thieren den Weg zur Leber x). Bey den Säug- thieren vereinigen sich die Milzvenen zu einem Hauptzweig der Pfortader. Der Stamm der. Milz- vene \ haben leine verhältnifsmälsig eben so großse Milz wie der Mensch, (Monno’s Bau und Physiol, der Fische. S$, 44) be w) Cuvıer Legons d’ Anat, comp, T.4. p. 56. x) Cuvier ebendas. p.61. 'vene ist gegen den Stamm der Milzarterie ausser- ordentlich weit. Bey dem Schwein fand Home y) das Verhältnifs .des Umfangs der erstern zu dem der letztern wie fünf zu eins, ein Verhältnils, das grölser ist, als das, worin die Venen zu den Arterien in irgend einem andern Organ stehen, und woraus sich schliefsen lälst, dals die Milz- vene weit mehr Flüssigkeit zurückführt, als die Milzarterie zuleitet, Die letztere besitzt bey dün- _ nen Häuten eine grolse Festigkeit, und die Milz- vene eine beträchtliche Elasticität, Bey Thieren, die gleich nach dem Tode unter- sucht werden, trifft man die Milz in einem dop- pelten Zustande an: entweder angeschwollen, wenn jene kurz vor dem Tode getrunken haben, oder zusammengezogen, wenn sie eine längere Zeit vorher kein Wasser erhalten baben. Im erstern Falle findet man im Innern der Milz eine ‘Menge mit einer Flüssigkeit angefüllte Zellen; im letztern ' Falle sind diese Zellen nicht sichtbar, sondern kleinen, weissen Körnern ähnlich. Nach diesem doppelten Zustande der Milz erscheint die Ver- theilung der. Blutgefäfse im Innern derselben auf verschiedene Art. Im Allgemeinen verbreiten sich indels sowohl die Arterien, ‚als die Venen in ihr zietzförmig, und endigen sich zuletzt in Büschel der y) Phil. Eiana, Y.1808. p: 45. — f 528 | nen } der feinsten Zweige, die auf den Wänden der Zellen zu-liegen scheinen z). Der des Hiura ad Mil Bee a SenAac, RoLor, Mecker und andere ältere: Zer- gliederer, dals ‘es nie geronnen ist, und mehr Wasser als das Blut der übrigen Eingeweide ent- _ hält a). Hewson b) fand, ‚dafs sich jener Mangel an Gerinnbarkeit nur auf das Blut der Vene er- streckt, dals hingegen das Blut der. Arterie leicht coagulirt. Die Saugadern der Milz. sind weder grols, noch zahlreich c). Sie flielsen hinter dem Pan- kreas mit den lymphatischen Gefälsen der. Leber und des Magens zusammen, und gehen mit diesen zum Brustgange, Die aus einem’ eigenen Geflecht (Plexus lie- nalis) entstehenden Milznerven zeichnen sich durch ihre enge Verbindung mit den Zweigen der Milz. arterie aus * Die Milz ist sowohl’ bey Menschen als bey Thieren nicht nur ohne Verlust des Lebens, son- dern z) Losstein in J, J. Busch diss. de liene, Argentor. 1774. — ProcHAssA disgu, organismi C. H, ejusgue processus 'vitalis. p.ı04. Home a,.a. O. .. a) Haızer El. Phys. T.VI. L. 21, $,1. $.4, p.404. sg, b) Experim, Inquiries. P,3, 0.2 | c) Monzo a, a. O.: 5.45; | ) N dern sogar ohne merklichen Einflufs auf die Ge- sundheit ausgeschnitten worden d). Nach dieser Operation haben mehrere Beobachter in verschie- denen Versuchen häufigeres und stärkeres Har- nen beobachtet e). Dies ist das Wichtigste, was wir bis jetzt von der Milz wissen. So viel ist augenscheinlich, dafs in der Milz irgend eine Flüssigkeit dem Venen- blute zugemischt wird. Dafür spricht die beträcht- liche Weite der Milzvene, ihre grolse Dehnbar- keit, die wässrige Beschaffenheit ihres Bluts, und der Mangel an Gerinnbarkeit desselben. Aber wo« her jene Flüssigkeit? Wird sie aus der Milzarte- rie abgesondert, oder auf einem andern Wege der Milz zugeführt? Der erstern Voraussetzung wi- derspricht der Umstand, dafs die Milzarterie weit enger als die Milzvene ist. Nur aus dem Magen kann jener Saft herrühren. Dies erhellet aus Ho- me’s Versuchen, nach welchen die Zellen der Milz nur nach genommenem Getränk mit Flüssigkeit angefüllt sind, und vorzüglich auch aus dem Um- ‚stande, dafs dieser Saft eine beträchtliche Menge Rhabarber enthielt, wenn das Getränk in Rhabar- bertinktur bestand. Sind es die ‚lymphatischen : Gefä- d) Harzer lc. S,2. 9.5, p.42ı. e) BRUNNER Exper. nov. circa pancreas,. In praefat, —_ MarrıcHı de liene, ir: Ba 7, % - Li szo , 5 [m mn Gefälse des Magens, die jene Flüssigkeit aufneh- men und der Milz zuführen? Aber diese gehen nicht zur Milz, sondern verbinden sich nur mit den Saugadern derselben, Auch waren diese in Houe’s Versuchen immer saftleer und zusammen- gezogen, Es ist also kein anderer Weg als das Zellgewebe, auf welchem jene Flüssigkeit zur Milz gelangen kann, Alle obigen Thatsachen sprechen auch für die Vermuthung, dals aus den Zellen der Milz ein Uebergang des von ihnen aufgenommenen Safts in die Milzvene statt findet, und. dals in dieser, und weiterhin in der Pfortader, eine Assimilation desselben zum Blute vorgeht. Hiermit stimmt, überein, was Home bemerkte, dals bey Thieren, die Rhabarbertinktur bekommen hatten, das Blut der Milzvene eine beträchtliche Menge Rhabarber, und nächst -dem Urin und dem Saft der Milz mehr als das Blut eines der übrigen Gefälse ent-. bielt. Bey dieser Hypothese ist es begreiflich, wie die Milz als ein Organ, das nur eine Hülfsver- richtung bey der Ernährung hat, dem übrigen Organismus ohne tödtliche Folgen entzogen werden kann. Bey ihr lälst sich erklären, warum nach der Exstirpation . der Milz stärkerer Abgang des Urins eintritt, weil nehmlich die Flüssigkeit des Zeilgewebes, die zuvor in der Milz dem Blute zugemischt wurde, jetzt einen andern Weg nimmt, | und rn um s3r und als ein Auswurfsstoff durch die Harnwerk- zeuge ausgeleert wird, (. 2% Die Schilddrüse, die Thymus und die Nebennieren. Mit der Milz haben die Schilddrüse, die Thy- mus und die Nebennieren im Wesentlichen so viele Aehnlichkeit, dals wir auch bey diesen eine gleiche Pusikiron anzunehmen berechtigt sind, Sie zeigen insgesammt einen drüsenartigen Bau, ohne einen Ausführungsgang zu besitzen; alle haben . im Innern Zellen oder Höhlungen, die mit einem chylösen Saft angefüllt sind, und bey einigen giebt . es eine deutliche Verbindung zwischen diesen Zel- len und den letzten Zweigen der zu ihnen gehen- den Venen; alle liegen ausserhalb dem Bauch- und Brustfell, und stehen mit dem Zellgewebe, das die äussere Fläche der Luftröhre und dieser Häute bedeckt, und welches sich zwischen dem " Bauchfell und den Gedärmen über diese und den ganzen Nahrungscanal ausbreitet, in genauem Zu- | sammenhang. Verschieden sind sie überhaupt darin von der Milz, dals sie schon in den ersten Le. bensjahren das Ziel ihres Wachsthums erreichen, “und zum Theil nach der Geburt an Grölse wie- der abnehmen. Allein dieser Unterschied ist nicht wesentlich. Der Grund desselben liegt blos darin, N dafs jene Organe bey dem Kinde, wo Ernährung ‚die wichtigste Funktion ist und alle Nahrung blos LI: in 32 om in Flüssigkeiten besteht, weit mehr als bey dem_ Erwachsenen zu verähnlichen haben. Doch auf diese und einige andere Verschiedenheiten werden wir zurückkommen, nachdem wir erst jedes der erwähnten Organe einzeln untersucht haben werden. Die Schilddrüse gehört zu den gröfsten un- ter den drüsenartigen Eingeweiden. Bey dem Menschen erreicht sie ihre Grölse schon vor der Geburt. Bey andern Thieren dauert zwar ihr Wachsthum nach dieser Periode noch fort f); doch scheint auch hier die Gränze ihrer Zunahme schon lange vor der völligen Ausbildung des übrigen Rör- pers einzutreten. Ihre Lage ist vor dem Ring- und Schildknorpel des Hehlkopfs und vor den obern Ringen der Luftröhre. Sie bestebt bey dem Menschen aus einer rechten und- linken Hälfte, die unten abgerundet, oben spitzer, und gewöhnlich mit einander verbunden sind, Man findet sie auch bey allen übrigen Säugthieren, doch verbältnilsmäfsig ‚kleiner als bey dem Menschen, und von verschiedener Gestalt bey den verschie- denen Geschlechtern und Arten, Unter den übri- - gen Thieren sind es blos die Schlangen, bey welchen £) So fand Sreıtern (Beschreibung sonderbarer Meer- thiere. S. 129.) die Schilddrüse bey einem zweyjäh- rigen Seebär (Phoca ursina) grölser als bey einem einjährigen. / _ ee ice a ri a DR de 533 welchen eine ähnliche Drüse entdeckt ist g),. Bey den Vögeln sind vielleicht die vielen, am Halse derselben liegenden Drüsen Stellvertreter der Schild- drüse h). Bey dem Menschen besteht sie ganz aus Zellgewebe und Blutgefälsen. Farzorıa, Mor- GAGNI, LALOUETTE, und mehrere andere Zerglie. derer sahen in ihr Zellen, die mit einem oeligen Saft angefüllt waren; andere haben diese nicht gefunden 1). - Wahrscheinlich verhält es sich mit ‘diesen Höhlungen, wie mit denen der Milz, dafs sie unter gewissen Umständen ausgedehnt, unter andern zusammengezogen sind. Dafs aber jener Saft nicht etwas Zufälliges ist, darüber hat sich schon Morsascnı k) sehr bestimmt und ausführ- lich erklärt, und dies ergiebt sich auch aus neuern Beobachtungen. Bey der Seekuh. (Trichecus bo- realis) fand SteLLen ]). eine Schilddrüse von aue- gezeich- g) Cuvıen Lecons d’Anat, comp. T.4. p. 527. 554 b) MonrcAcnı Epist. anat. IX. p.27» — J, F. Me. cxer (Abhandl. aus der menschl. u, vergl. Anat. ‚ u. Physiol. 8.215.) vergleicht diese Drüsen mit der Thymus. AB i) Harzer El, Phys. T.III. Lg. Su 9,22, 2.596 sc& k)L. c, 2 )) A. do. KR S. ls het an s34 m gezeichneter Grölse, die zerschnitien zweyerley Säfte von sich gab. Der eine, der aus den Enden hervordrang, war milchfarbig,. etwas dicker als Schaafmilch, und von sülsem Geschmack; der an- dere, welcher aus dem -mittlern Theile ausflols, war dick, kleisterartig, etwas süls, doch mit eini- ger Bitterkeit, und von weilsgelber Farbe. Diese Charaktere sind so ausgezeichnet, dals man jene Säfte nicht für krankhafte Produkte, oder für Flüssigkeiten, die etwa nach dem Tode erst aus- geschwitzt sind, halten kann, Cuviıer m) fand auch in dem der Schilddrüse ähnlichen Organ der Schlangen sehr deutliche Zellen, die eine weisse, gerinnbare, halbdurchsichtige Feuchtigkeit enthiel- ten, und deren Wände beym Aussprützen der Arterien geröthet wurden, ohne dafs die Injektions- materie diese Flüssigkeit färbte. Endlich Jonn n) fand in dem Saft einer von scrophulöser Ursa- che krankhaft vergröfserten Schilddrüse sehr viel Eyweilsstoff und eine geringe Menge zweyer Ma- terien, die er für Fett und Schleim hält, Hier war die Absonderung des Safts der Drüse zwar . in der Quantität verändert. Aber in der Qua- lität desselben, die mit der des Chylus sehr überein- kömmt, scheint keine Abweichung vom gesunden . Zustande statt gefunden zu haben, | Die m) A. a. O. p. 534. Sr n) Chem. Untersuchungen mineral. vegetab. u, animali- scher Substanzen, Ste Forts. S. 262. ve \ cas Die Schilddrüse liegt nicht wie die Milz in’ einer elastischen Kapsel; dagegen verbreitet sich auf ihr bey dem Menschen ein 'bandförmiger Muskel ( Levator glandulae thyreoideae), welcher vom Zungenbein entspringt, und dessen Fasern sich mit ihrem mittlern Theil verbinden, Bey dem Elephant ist sie ganz von einer starken Apo- neurose bedeckt 0). Diese Muskeln Intiskehi zu- sammengezogen eine starke Pressung auf die Zel- len der Schilddrüse hervorbringen. So weit zeigt sich die Schilddrüse der Milz im, Wesentlichen ähnlich, Doch in Betreff der Blut-. gefälse giebt es zwischen ihr und der letztern eine, Verschiedenheit. “Ihre von der obern und untern Schlüsselbeinarterie kommenden, und von Fäden des sympathischen Nerven begleiteten Schlagadern sind gegen die zu ihr gehörigen Venen nicht sa klein, wie bey der Milz; sie gehören, in Ver- hältnifs gegen die Gröfse der Schilddrüse, zu den grölsten des ganzen Körpers, und machen dabey häufige Anastomosen durch grofse Zweige, Man, hat diese Verbindung mit dem Wundernetz der Rinder verglichen, und Brechung des Andrangs des Bluts gegen den Kopf für einen Nutzen der Schilddrüse gehalten. Allein dieser Zweck hätte sich weit einfacher durch eine Schicht von blofsem- r Zellge- 0) Cuvien a, a. O. p- 532. , L1i4 Be. N nn Zellgewebe erreichen lassen. Da aber die Venen der Schilddrüse nicht viel mehr aufnehmen kön-, nen, als die Arterien zuführen, so ist zu vermu- then, dafs blos die ee, den Saft dieser Drüse absorbiren. - Unterhalb der Schilddrüse, in, der vordern Höhle der Brustscheidewand, liegt die Thymus. Diese besteht bey dem Menschen aus zwey grölsern Lappen, die zu beyden Seiten nach oben und un- ten vier längliche Fortsätze bilden, und sich in mehrere kleinere, durch Zellgewebe unter einan- der verbundene Lappen trennen lassen. Nach einem Einschnitt zeigen sich allenthalben auf der Fläche des Schnitts Zellen, die mit einem: weils- gelblichen, der Milch p), oder dem Chbylus q) ähnlichen, vom Weingeist gerinnenden Saft ange-- füllt sind, der in mancher Thymus und in man- chen Theilen derselben häufiger als in andern, immer aber in dem obersten Theil am reichlichsten ist r).. Beym Einblasen von Luft in eine gemachte Oeffnung schwellen alle diese Zellen an, und die ganze p) BArtmorını Anat. p. 349. g) Albicans et fere chylosum serum. MonrcAcnı Ad- vers, anat, IV. p. 19. f Y r) S. C. Lucä in den Abh. der physikal. Societät zw Erlangen, B.2. 5.22. — Ebendesselben anat. Unters, der Thymus in Menschen u, Thieren. H. 1. 5. 50 fi H.2. 5.21. ganze Drüse bekömmt ein schwammartiges An- sehen. Beym stärkern Blasen dringt die Luft auch in das zwischen den Lappen liegende Zellgewebe, Die Zellen müssen also durch Oeffnungen in Ver- bindung stehen, Diese Verbindung findet aber nur zwischen den einzelnen Höhlen jedes Haupt- lappens, nicht zwischen den Hauptlappen, welche blos durch Zellgewebe zusammenhängen, statt 3). In den Zwischenräumen der Lappen schlängeln sich die Arterien und Venen fort, Die erstern sind zahlreich, aber. klein, die letztern von mit- telmäfsiger Gröfse, und beyde sehr veränderlich in Ansehung ihres Ursprungs und ihrer Endigzun- gen. Nerven erhält die Thymus einige kleinere von dem Zwerchfellsnerven. Ihre Saugadern gehen zu den Achseldrüsen t). Bey dem Menschen fährt sie nach der Geburt noch einige Zeit fort zu wachsen, fängt aber gegen das zwölfte Jahr an zu schwinden v) Blos die Säugthiere scheinen diese Drüse zu besitzen. Vorzüglich grols ist sie bey den Ce- taceen w), und bey den Nagethieren, die einen Winterschlaf halten, Die letztern haben auch noch mehrere 6) Lucä ebendas. . 4) Hasıer 1, oc, L.8 $.2. p.11% den das Herz der Insekten enthält r). Im frischen Zustande haucht diese Flüssigkeit einen eigenen Geruch aus, der von der Luft, dem Wasser und Weingeist aufgenommen wird, und hierin Aehnlichkeit mit dem ıriechbaren Stoff der Pflanzen hat s). | Nach dem Ausfliefsen aus dem Körper ver: liert das Blut etwas an Ausdehnung, und es bil- det sich-im. Umfange des Gefälses, worin das- selbe enthalten ist, ein rotkes Coagulum, das sich nach .g) ©. Srnescer Institut. physiolog. P. I. P-379 x) Lyonser Traite de la chenille du saule. p.426, 9) PARMENTIER et Devzux, Journ, de Phys, T.(I.) 44. B.372 45. a ae 547 nach der Mitte hin immer mehr zusammenzieht, und endlich ohngefähr die Festigkeit der Kno- chengallerte erlangt. Ueber dem letztern sammelt sich eine helle, Jurchsichtige Flüssigkeit, worin ‚keine rothe Kügelchen enthalten sind, Jener ge ronnene Theil ist der Blutkuchen (Crassamen- tum); diese durchsichtige Flüssigkeit das Blut- wasser (Serum). Ein solcher Blutkuchen bildet sich selbst in dem Blut der Insekten. Die Kügel- chen des in dem Herzen der Weidenraupe befind- lichen Safts flielfsen im Wasser zu teigartigen Massen zusammen, die sich getrocknet in eine gummöse Substanz verwandeln t), Die Gerinnung des Bluts wird befördert durch Ruhe, den Einfluls der atmosphärischen Luft, Wärme, Säuren und Alaun; sie wird gehindert durch Kälte, durch Alkalien und mehrere Mit- telsalze, Weder Ruhe, noch Wärme, noch der Einflufs der Atmosphäre sind aber die Ursachen jener Ge- rinnung, obgleich diese und noch viele andere Um- stände, z. B. die Weite der Oeffnung, woraus das Blut ausflielst, und die Tiefe oder Flachheit des Gefälses, worin dasselbe aufgefangen wird, auf dieselbe Einfluls haben, Man kann hieran nicht Zwei- t) Lrosser 20. 548 re zweifeln, wenn man pe Hazn’s v), Hewson’s w) und AuTEnsıeTa’s x) Beobachtungen über jene Erscheinungen liest. Die Vereinigung der ver- ‚schiedenen Bestandtheile des Bluts zu einer ein- zigen Flüssigkeit scheint ein erzwungener Zustand zu seyn, der durch die Einwirkung des übrigen Organismus unterhalten wird, und aufhört, so- bald das Blut von dem letztern getrennt ist. Nach dieser Trennung gerinnt gesundes Blut immer, wenn nicht während oder gleich nach dem Aus- flielsen aus der Ader die Mischung desselben dureh chemische Mittel zerstört wird. Die Art der Ge- rinnung hängt aber theils von dem Einfluls ab, den der t.urige Körper auf das Blut äusserte, _ als dasselbe noch in den Adern enthalten war, theils von den Umständen, worin dasselbe während und nach dem Ausfliefsen aus dem Körper ver- setzt wird. Beweise jenes Einflusses sind die von Hıcnmor, WırLıs und mir y) bemerkte schnelle - Gerinnung des in den Anfällen convulsivischer Krankheiten gelassenen Bluts, so wie mehrere, von Hewson z) angeführte Versuche, woraus | | a dieser v) Rat. med, P.T. p.g0. P.TIT. p. 129. P.IV. p. 217. w) Vom Blute, seinen Eigenschaften u. s, w. nd ı ‚x) Diss, sist, exper. et observ, de sanguine, praesertim venoso. Siuttgardiae, 1792. y) Physiologische Fragmenie. Th. 2. 5.241. 2) A. a. 0... 65. 549 dieser folgerte, “dafs die Eigenschaften des Bluts „von der Beschaffenheit der Blutgefäfse abhängen, „oder dafs diese eine bildende Kraft auf dasselbe „äussern,” und Surzer’s Beobachtungen über die Beschaffenheit des Bluts des Hamsters im Win- terschlaf, Das letztere gerinnt während der Er- starrung des Thiers langsamer als zu andern Zei. ten; der Blutkuchen verliert in diesem Zustande seine Flüssigkeit nicht ganz, und das Serum ist nicht, wie bey andern Thieren, durchsichtig und wässrig, sondern zinnoberfarben a). Eine merkwürdige Erscheinung zeigt sich beym ‘ Gerinnen frischer, unter das Vergröfserungsglas gebrachter Blutstropfen. Man sieht hier ein netz-, förmiges Gewebe entstehen, welches ohngefähr zehn Minuten lang ununterbrochene Bewegungen äussert, die mit schwachen Zusammenziehungen und Ausdehnungen der Muskelfasern Aehnlichkeit haben. Diese Bewegungen stehen mit der. Dauer des Gerinnens in Verhältnils. Sehr verdünnte oxygenirte Salzsäure verstärkt dieselben; andere, _ stärkere Säuren hingegen heben augenblicklich aile Bewegungen auf, und bringen einen flockenarti- gen Niederschlag hervor b), Die a) Surzer’s Vers, einer Nat, Gesch. des Hamsters. $. 95. b) Heınmann in GiLBeRTs Annalen der Physik. B. 7. 53 Fi - Mm3 4 so gamemsmeram Die Menge des Blutwassers ist verschieden nach der verschiedenen Art und Constitution des Thiers. Am wenigsten Serum habe ich in dem Blut von Hühnern gefunden. Das Blutwasser der Säugthiere färbt den Veilchensyrup grün; das von Hühnern, mit diesem Reagens vermischt, giebt eine Flüssigkeit,‘ die blos am Rande etwas ins Grüne fällt; von dem Serum eines Störs ( Acipen- ser Sturio) habe ich gar keinen Einfluls auf den Veilchensyrup bemerkt. * Für die nächsten Bestandtheile des Blutwassers halte ich Wasser, Eyweifsstoff und milch- saures Natrum. Diese Vorstellung ist von den gangbaren sehr verschieden. Ich werde deshalb etwas umständlicher darüber seyn müssen, Dafs Wasser und Eyweilssto zu den nächsten Bestandtheilen des Blutwassers gehören, darüber ist man allgemein einverstanden. Dafs auch das milch- saure Natrum, oder das Tuouvenet'sche Fleisch- ‚ extrakt, ein Bestandtheil dieser Flüssigkeit ist, wurde zuerst von Berzerıus bemerkt c). Ich er- hielt dasselbe am reichlichsten, indem ich Rinds- blut mit rektificirtem Weingeist in einer gelinden Wärme digerirte, das hierbey geronnene Blut nach Abgielsung des Weingeists wieder mit Wasser ge- linde aufkochen liels, beyde Auszüge zusammen- | gols, €) Gsnzen’s Journ. f. d. Chemie, Physik u. Mineral, B.7. S,585. B.9. S. 586. —— _ ss gols, und die Mischung von neuem bis zum Verdünsten des Weingeists kochte. Bey der letz- tern Operation scheidet sich aller Eyweilsstoff ab, und die durchgeseihete Flüssigkeit verräth ihren _ Gehalt an milchsaurem Natrum durch ihren scharfen Geschmack, durch den Niederschlag, den Galläpfelaufguls in ihr hervorbringt, obgleich keine Spuren von Gallerte in ihr enthalten sind, und durch das Hinterlassen einer gelbbraunen Materie nach dem Abdampfen, welche die Feuchtigkeit der Luft an sich zieht, Von andern Schriftstellern sind noch Schwefel, Natrum, Kali, Salzsäure, Gallerie und Schleim als Bestandtheile des Blutwassers angegeben. wor-. den. Allein der Schwefel, die beyden feuerbe- ständigen Alkalien und die Salzsäure sind- theile. im. Eyweilsstoff, theile in der Milchsäure enthal- ten, und gehören keinesweges zu den nächsten, Bestandtheilen des Blutwassers, Gallerte glaubten Fourckor und. VAUQUELIN im Serum entdeckt zu haben d), PARMENTIER und. ' Deysux machten in der Folge neue Versuche be-. kannt, welche diese Entdeckung zu bestätigen. schienen e). Gegen die Richtigkeit jener Erfah- rungen. d) Annales de Chimie T. m p; 146, e) A. 2, O: | | Mm&4 ‘j2 rungen wurden von Bostock Zweifel erhoben f).. . Mit Recht erinnert dieser, dals weder Fourcaor und Vavauerin, noch PARMENTIER und Deyeux Eigenschaften der von ibnen für Gallerte ange- nommenen Materie angegeben haben, welche diese als wahre Gallerte charakterisiren. Die erstern schlossen auf das Daseyn des Leims im Blutwas- ser, blos weil in diesem, nachdem es mit Was- ser vermischt und der Eyweilsstoff zum Gerinnen. gebracht war, eine Substanz zurückblieb, die beym Erkalten nach und nach starr wurde, Sie bemerken aber nicht, was sie hätten bemerken müssen, um die gallertartige Natur dieser Substanz wirklich zu beweisen, dafs sie sich in der ‘Hitze wieder aufgelöst hätte. PARMENTIER und Deyrux gesteben auch, dals sie bey Wiederholung jenes Versuchs keine. befriedigende Resultate erhalten ‚hätten, Diese glaubten aber wahre Gallerte er- halten zu haben, als sie reines Serum eine halbe Stunde im Marienbade hatten ' digeriren lassen, wobey- sich ausser dem geronnenen Eyweilsstoff noch eine Materie erzeugte, die ganz das Ansehn der Gallerte hatte, und sich in Wasser auflöste, Ich habe diese Versuche auf verschiedene Art wiederholt und gefunden, dals, wenn Serum nur mit einer geringen Quantität Wasser gekocht wird, aus f) Medico-chirurg. Transact. published by tle med. sud chriurg. Society of London. Vol.ı. p.47%. 553 aus dem geronnenen Eyweils eine gelbliche Sub- stanz hervordringt, die zwar einige Aehnlichkeit mit Gallerte hat, doch kein -wahrer Leim, und blos ein Produkt des Kochens ist. Wir haben schon im gten $. dieses Kapitels gesehen , dals das Eyweils durch mineralische Säuren, besonders durch die Phosphorsäure, in Gallerte verwandelt wird, Eine ähnliche Umwandlung scheint in dem obigen Fall bey der Einwirkung der Milchsäure des Blutwassers auf das Eyweils desselben vor- zugehen. | Bostöck, welcher Blutwasser durch Hitze - und zugleich durch den Zusatz des salzsauren Quecksilbers zum Gerinnen brachte, und diese Operation so lange wiederholte, bis alles Eyweils völlig abgeschieden war, erhielt aus der übrigen Flüssigkeit weder beym Zusatz eines Aufgusses der Gerberlohe einen Niederschlag, noch beym Abdampfen einen gallertartigen Rückstand. als das Abdampfen bis zum Austrocknen fortgesetzt wurde, blieb eine zähe Haut von thierischer Ma- terie zurück, die in keiner Hinsicht getrockneter Gelatina glich, und sich schwer in Wasser auf- löste. BosTock.ist geneigt, diesen Rückständ für thierischen Schleim zu halten, Allein der einzige Grund, worauf sich seine Vermuthung stützt, ist ein Fall, wo der Zusatz des essigsauren Bley zu Wasser, worin Eyweifsstoff des Serams digerirt Mm35_ war, 554 I — wär, einen häufigen Niederschlag hervorbrachte, Er schlielst hieraus auf die Gegenwart des Schleims, weil er das essigsaure Bley für das Fällungsmittel des Schleims, so wie Hitze und ätzendes salzsau- res Quecksilber für die Reagentien des Eyweifs- stoffs, und den Gerbestof für das Reagens der Gallerte hält g). Diese Charaktere sind aber auf willkührliche Voraussetzungen gebaut, und ganz unzureichend, Bostock nahm ohne alte Beweise eine filtrirte Mischung von-Speichel mit kaltem Wasser, und die durchgeseihete Flüssigkeit, die er durch Schütteln einer Auster in kaltem Wasser erhielt, für reinen Schleim an. Allein der Spei- chel enthält Eyweilsstoff und nicht blos Schleim, Ueber die Flüssigkeit der Austern habe ich keine 'eigene Erfahrungen. Der zähe Saft, den die nack- ten Schnecken von sich geben, besteht indels fast blos aus Gallerte. Der Analogie nach ist zu vermuthen, dafs die Flüssigkeit der Austern eben diese Beschaffenheit hat. Folgende Versuche, die ich über das Verhalten des Sehleims, der Gallerte und des Eyweilsstoffs gegen chemische " Reagentien angestellt habe, zeigen das Unzurei- chende der von BosTock angegebenen Merkmale dieser Substanzen, und beweisen ausserdem, dafs es Fälle giebt, wo sich die letztern der Einwir- kung anderer, sonst sicherer Reagentien entziehen. E: lo ” g) Nıcnorson Journ, of nat, Phil, Vol, XL p. 244. — ! 555 1. Lungenschleim gerann in einer wässrigen Auflösung des essigsauren Bleys zu einer gelati- nösen Haut, | Eine Auflösung desselben in einer Lauge von ätzendem Natrum gab mit essigsaurem Bley einen Niederschlag von weissen Partikeln, die fast das Ansehn des käsigen Theils der Milch hatten. Hingegen eben dieser Schleim in verdünnter Salpetersäure aufgelöst, gab weder mit essigsau- rem Bley, noch mit kohlensaurem Natrum ei- ‚nen Niederschlag. 2. Aus einer Abkochung des Hirschhorns wurde die Gallerte durch Galläpfeltinktur in bräunlichen Flocken präeipitirt. Essigsaures Bley und ätzendes salzsaures Queck- silber bewirkten in derselben keinen Niederschlag, 5. Das Weisse eines Hühnereys gerann vom Zusatz des essigsauren Bleys zu festen, häutigen Concretionen, welche der auf gekochter Milch sich erzeugenden Haut glichen. Vom ätzenden salzsauren Quecksilber gerann dasselbe ebenfalls, doch nicht zu so festen Häuten, als vom essigsauren Bley. Von einer Galläpfelabkochung wurde es ver- dichtet, nicht aber zum wirklichen Gerinnen ge- bracht, \ FR ss — 4. Ich löste Eyweifs in einer kochenden Lauge des ätzenden Natrum auf, und setzte einem Theil dieser Auflösung nach dem Erkalten essigsaures Bley, einem zweyten Salpetersäure, und einem dritten Alcohcl zu, Beym Zusatz des essigsauren Bleys und der Salpetersäure gerann das Eyweils sogleich; der Alcohol hingegen bewirkte kein Ge- rinnen, 5. Ich vermischte eine. Auflösung des Eyweils in ätzendem Natrum mit einer gleichen Quantität einer Abkochung des Hirschhorns, und tröpfelte Galläpfeltinktur hinzu. Es entstand aber kein Nie- derschlag. ! | Aus diesen Versuchen ergiebt sich ı) dafs essigsaures Bley eben so wohl auf den Schleim, als auf das Eyweils wirkt, und dals jenes keinesweges blos den Schleim anzeigt; 2) dafs Schleim, Eyweils und Gallerte gewisse Verbindungen haben können, wobey der erste nicht vom essigsauren Bley, das zweyte nicht vom Alcohol, und die dritte nicht von der Galläpfel., tinktur niedergeschlagen wird. | Es frägt sich nun, ob etwa Gallerte und Schleim in Verbindungen dieser Art dem Blut-, wasser beygemischt sind? Ich antworte hierauf, dafs Schleim mit Säure, und Gallerte mit ätzen- dem Natrum verbunden, nicht mehr Schleim und Gallerte sind, sondern sich dem Zustande des Ey- weils- weilsstofs nähern. Wenn also diese Substanzen in den erwähnten Verbindungen Bestandtheile des Blutwassers sind, so befinden sie sich darin als Eyweils,. Mithin stimmen alle Erfahrungen dar- in überein, dafs der Eyweilsstof und das milch- saure Natrum die nähern Bestandtheile des Serums sind, Der zweyte von den beyden Theilen, worin sich das Blut ausserhalb dem Körper trennt, ist der Blutkuchen, Dieser besteht aus dem Fa- serstoff, oder dem fadenartigen Theil (Fibra sanguinis), und dem rotben Theil (Cruor), Der letztere wird von aufgegossenem Wasser zum Theil aufgenommen, indem der erstere auf dem Bo- “den des Gefälses zurückbleibt, Die Absonderung beyder wird durch Schütteln, Umrühren u.d.gl befördert, Zur Bildung des Faserstoffs trägt aber diese Bewegung nicht, wie einige Schriftsteller zu glauben scheinen, bey. In gewissen Krankheiten "und unter gewissen Umständen sondert sich der fa- denartige Theil freywillig von dem Cruor ab, und bildet auf der Oberfläche des Blutwassers eine Art von Memtran, die Entzündungshaut (Crusta pleuritica.), Von dem Faserstoff rühren auch die Pal. pitationen her, die man in gerinnendem Blut unter dem Vergröfserungsglase wahrnimmt. Im Schlag- aderblut soll er fester als im venösen h), und bey er- | CRREN wachse- h) Emvert in Reı’s u. AUTENRIETB’s Archiv £. d, Physol. B. 11. 8.124. 125. RL 75 Bi, um, wachsenen Thieren zäher als bey jüngern seyn i). Ich habe ihn bey Thieren von ohngefähr glei- chem Alter und gleicher Constitution so verschie- | den an Festigkeit gefunden, dals ich es für sehr schwer halte, alle Umstände, die auf seine Bil- dung Einfluls haben, mit Sicherheit zu be- stimmen, Man hat den Faserstoff bisher für einen eige- nen, von dem geronnenen Eyweilsstoff ganz ver- schiedenen Bestandtheil des Bluts gehalten, und als unterscheidende Charaktere desselben ange- führt, dafs sich aus ihr eine grölsere Menge Stickstoff als aus irgend einem andern Theil des thierischen Körpers entwickeln lasse, und dals er in Säuren auflöslich sey. Ich kann dieser Mei- nung nicht beypflichten, ‚Ich weils nicht, dafs jemand die Menge Stickstoff, die der Faserstoff liefert, mit der, welche sich aus dem durch Säuren oder Alcohol in einen häutigen Nieder- schlag verwandelten, und nicht blos durch Wär. me geronnenen Eyweilsstoff entbinden läfst, ver glichen hat. Was die Auflöslichkeit des Faser- stoffs in Säuren betrifft, so finde ich diese nicht anders als beym geronnenen Eyweilstof. Ich bereitete mir Faserstoff, indem ich den mit Wasser vermischten Blutkuchen von Üchsenblut anhaltend schüttelte, und die dadurch erhaltenen | weilsen, \- \ i) PARMENTIER u. Dsrevx a a. Os Er 559 weilsen, häutigen Concretionen. wiederholt mit Wasser abspühlte, Concentrirter Essig und ver- dünnte Salpetersäure lösten nur wenig von diesem Faserstof auf. In dem Essig wurde der letztere etwas erweicht; das salpetersaure Wasser wurde etwas milchig. Der Essig nahm, auch bis zum Kochen erhitzt, nicht viel mehr als in der RHälte auf, Fest geronnenes Eyweils verhielt sich eben ‚80 gegen jene Säuren. Durch anhaltendes Ko- chen wird zwar der Faserstof wie der Eyweils- stoff in mineralischen Säuren aufgelöst, aber nur indem beyde in ihrer Mischung gänzlich verän- dert werden. Ich glaube also, dafs der Faser- stoff nichts anders als geronnener Eyweilsstoff ist. Zur weitern Rechtfertigung meiner Meinung mufs ich mich über das Gerinnen des Eyweils- stoffs und über die verschiedenen Modifikationen desselben ausführlicher erklären, Das Gerinnen ‚des Eyweifsstoffs ist eine bis jetzt unerklärte Erscheinung. Fouscror leitete dasselbe vom Zutritt. des Sauerstoffs der Atmo- sphäre ab k). Aber diese Meinung wird dadurch widerlegt, dafs das Coaguliren auch ohne den Zutritt der atmosphärischen - Luft eintritt. Ich füllte ein Glas mit Eyweils und, ausgekochtem "Wasser an, stürzte dasselbe in einer Schaale voll ausgekochten Wassers um, und brachte dieses zum -k) Anuales de Chimie, T.7. p. 146. 560 Bermeupun, er zum Sieden. Das Eyweifs gerann in jenem Glase, zu ‚welchem die Luft gar keinen Zutritt hatte, eben so schnell und vollkommen, als in einem offenen Gefäls, SchmiprmüLter 1) fand. auch, dals Eyweils in Wasserstoffgas eben so wohl als in der atmosphärischen Luft gerinnt. Diese Erfahrungen beweisen, dafs beym Ge- rinnen des Eyweils etwas Ähnliches wie bey der Weingährung statt findet, Wie die letztere blols aus dem Einfluls entsteht, den die Bestandtheile des Mostes gegenseitig auf einander äussern, 60 muls: auch jene von Zerseizungen und Zusam- mensetzungen herrühren, die unter den Bestand- iheilen des Eyweils selber vorgehen. Man mufs also voraussetzen, dals nur | ein Theil dieser Substanz beym Gerinnen in den Zustand der Fes- tigkeit übergeht, der übrige‘ aber sich als Flü» sigkeit von jenem trennt, Bey dem durch Hitze verursachten Coaguliren tritt zwar eine solche Trennung nicht ein; hier nimmt der gerinnende Theil den flüssigen in sich auf, Aber bey der Wirkung von Säuren auf das Eyweils zeigt sich eine Absonderung beyder Bestandtheile, Ich ver- | mischte einen Theil Eyweils mit drey Theilen concentrirten Essigs. Ein Theil des Eyweils blieb in der Mitte der Flüssigkeit als eine gelbliche Wolke schweben; der gröfsere Theil verband sich - J) Commentat, de Iympha. Erlang. 1801. sich mit dem Essig zu einer weilslichen, schlei- migen,- vollkommnen Auflösung. ‚Vermehrte ich die Quantität des Essigs in dieser Mischung, so blieb die unaufgelöste Wolke doch unverändert, Diese blieb auch unaufgelöst, nachdem ich sie von der übrigen Flüssigkeit abgesondert, und mit concentrirtem Essig übergossen hatte. Eben 'so löste sich nur'ein Theil Eyweils in sehr ver- dünnter Salpetersäure anf, indem die Flüssigkeit milchweils und undurchsichtig wurde; der unauf- gelöste Theil bildete eine anf dem Boden des Gefälses schwimmende, weisse Membran, Diese in Säuren unanflösliche Substanz wird zugleich mit der auflöslichen von ätzenden Alkalien aufge- nommen, und durch Säuren daraus zum Theil wieder niedergeschlagen; umgekehrt scheiden koh- lensaure Alkalien und kohlensaurer Baryt die in Säuren aufgelöste Substanz des Eyweils daraus zum Theil wieder ab. Folgende Theorie der Ernährung scheint mir nun aus den vorstehenden Erfahrungen hervorzu- gehen. Was den Eyweilstoff im Blute aufgelöst erhält, ist ein Alkali, das seine Gegenwart durch die Reaktion, die es gegen Pflanzenpigmente äus- ' sert, zu erkennen giebt. Wird dieses Auflösungs- mittel dem Eyweils entzogen, so erfolgt immer ein Niederschlag des gerinnbaren Theils, Daher coagulirt Eyweils in der VoLTaischen Säule am. ‚negativen Pol, wo das Alkali abgeschieden wird, IV, Ba. Nn | indem 62 m— ! indem am positiven Pol kein Spur, oder nur einzelne Flocken davon 'zu bemerken sind m). Daher findet man nur in dem ungeronnenen Theil des Bluts, nicht aber in dem Faserstoff desselben, Natrum n); bingegen verbindet sich, wenn man Serum oder Eyweils durch Säuren zum Gerinnen bringt, die Säure auf’s innigste mit dem geron- nenen Theil 0). Es geht hier etwas Aehnliches wie in jenem Fall zwischen den Polen der Vor. Taischen Säule vor; das Alkali wird nicht von der Säure neutralisirt, sondern jenes verläfst eine Materie, deren sich dieses bemächtigt, Das Nehm- liche geschieht beym Gerinnen der Milch. Bringt man dieses durch eine Säure, z. B, durch Salpe- tersäure, hervor, so findet man keine Spur von Salpeter in den Molken, Schon Schere bemerkte dies p). Er übersah aber, was nachher Fourcror beobachtete q), dafs sich die angewandte Säure, wenn wı) BrAnne, Philos. Transact. Y. 1809. P.2. No. 2ı. Eu’ Hısıncer in GırseAn’s Annalen der Plıysik. B. 27. ! (5.304. — Hısıncen nennt das den negativen Pol, was bey BrAnDe der positive heilst. Die Verschie- . denheit der Benennung, rührt aber blos von der ver- schiedenen Construktion her, deren sie sich bedienten. n) HıLvesaAnp in Crerr’s chem, Annalen. 1799, B.ı. S. 150, EN 0) Tuenarn, Mem. de la Soc. d’ Arcueil, T. 2, p. 36. p) Neue Abhandl,. der Schwed. Akademie. J. 1780. 2, } e Mem. de I’ Institut, Sc, mathem, et phys.. T.6, p.352. E — 563 wenn sie nicht in Uebermaals zugesetzt ist, ganz mit dem gerinnenden Theil verbindet. Die Ausscheidung des Alkali aus dem gerin« nenden Theil des Eyweifs kann aber nicht nur durch eine von aussen hinzukommende, sondern auch durch eine von innen sich entwickelnde Säure geschehen. Auf die letztere Art gerinnt das Eyweils in der Siedehitze und bey der frey- willigen Trennung des Bluts. Bey dieser Schei. dung- ist es vermuthlich -das im Blute befindliche Eisenoxyd, das einen Theil seines Sauerstoffs ab- tritt. Der Faserstoff hat dasselbe Ansehn wie Eyweils, das in einer alkalischen Lauge aufgelöst und durch ein Metalloxyd niedergeschlagen ist, Warum übrigens das Eisenoxyd des Bluts nur in dem gelassenen Blut, und nicht während dieses noch im Umlauf begriffen ist, seinen Sauerstoff zum Theil fahren lälst, dies lälst sich freylich nur aus der Einwirkung erklären, die der übrige Organismus auf das Blut äussert, so lange dasselbe noch einen Theil von ihm ausmacht. Indels frägt es sich, ob nicht auch in dem circulirenden Blute das Eyweils schon einigermaafsen geronnen ist? und ob nicht die Blutkügelchen dieser coagulirte Theil sind? Wir kommen jetzt auf den /Cruor, den noch . am wenigsten bekannten Theil des Bluts. So viel ist. ausgemacht, dafs derselbe bey allen rothblüti« ÄNng@- gen 564 Y en gen Tbieren Eisen enthält, und dafs in diesem „Metall ein Hauptgrund der rothen Farbe des Bluts ‘liegt r). Aber unausgemacht ist es, von welcher Verbindung des Eisens die rothe Farbe entsteht. Zum Theil scheint diese Farbe von der Nah- rung, zum Theil auch von der eingeathmeten Luft abzuhängen, GorzE fand im Winter bey | Frö- r) Ob auch das Blut der Mollusken und Würmer Eisen enthält, ist schwer zu bestimmen. ErmAn will zwar, wie Ruporruı in seinen Beyträgen zur Anthro- ‚pologie und allgem. Naturgeschichte (S. 86.) erzählt, in dem Blut der Helix Pomatia und des Planorbis corneus sowohl Eisen, als Braunstein ge- ‘ funden haben; Ich gestehe aber, dals ich die Rich- tigkeit dieser Erfahrungen bezweifele. Ich habe oft versucht, ‘das Blut der Weinbergschnecke aus dem geöffneten Herzen aufzufangen; Aber imnier /ergols sich dasselbe in so geringer Quantität, und vermischte sich gleich so mit der in dem Herzbeutel und unter der Bauchhaut befindlichen Flüssigkeit, dafs alle meine Mühe, auch nur einige Tropfen davon rein aufzu- fangen, vergeblich war. Vielleicht hat man die un-' ter dem Bauchfell der Weinbergschnecke enthaltene Flüssigkeit für das Blut gehalten, . Jene ist aber von diesem sehr verschieden. Sie ist von bläulicher Farbe, nicht auf Pilanzenpigmente weder als Säure, noch als Alkali, und wird weder von Alöahol, hoch von essigsaurem Bley coagulirt; hingegen mit Gall- äpfeltinktur mäfsig erwärmt, geht sie in eine gela- tinöse Substanz über. - Sie besteht also. aus Gallerte une 55 Fröschen, vorzüglich wenn sie von Kälte ganz starr waren, das Blut in den Adern weils und durchsichtig s),. Eben so verliert sich die Rötbe des Bluts bey ausgehungerten Fröschen, Andere Erfahrungen lassen ferner echlielsen, dafs es eine mit dem Eisen des Bluts verbundene Säure ist, welche jenem die rothe Farbe ertheilr, dasselbe im Blutwasser auflöslich macht ‚ sich beym Verkohlen des Bluts leicht von dem Eisen trennt, dieses Metall aber, so lange sie mit demselben im Blute aufgelöst ist, dem Einflufs der gewöhn- lichen Reagentien entzieht. Blausaures Kali, Gall. äpfelaufguls und ähnliche gegenwirkende Mittel ‚.des Eisens zeigen keine Spur desselben im Blute ant). Verkohlt man aber Cruor über einem gelin- den Feuer, so erhält man eine schlackenartige Masse, die den Geruch angezündeter Haare von sich giebt, und an einem Lichte‘ mit Prasseln verbrennt. Vor dem Verbrennen wird das Pulver derselben vom Magnet angezogen; auf die Asche hingegen äussert dieser keine Wirkung mehr. Von \ s) Der Naturforscher. St. 20. — Nützliches Allerley aus I, Natur u. dem gemeinen Leben von G, E. Eere: B. 4 5.43: t) BerzeLius in GeHLen’s Journ. f. d. Chemie, Physik u. s, w. B.7. 5.583. Nn3 e 566 gruen nn Von welcher Art ist nun jene mit dem Eisen des Bluts verbundene Säure?. Wir haben gesehen, dafs der Speichel eine Säure enthält, die mit [sal- ‚Ppetersaurer und schwefelsaurer Eisenauflösung eine Flüssigkeit giebt, welche ganz die Farbe des Bluts hat v). Fände sich die nehmliche Substanz auch im Blute, so würde wahrscheinlich diese. jene gesuchte Säure seyn, Aus dem Speichel läfst sich die erwähnte Säure Run unmittelbar sowohl vermittelst Weingeist, als durch Wasser ‚ausziehen, Dafs sie auf diesem einfachen Wege aus dem Blute zu erhalten seyn wird, istnach den obigen Erfahrungen über ihre fe- ste Verbindung mit dem Eisen des noch aufgelösten Cruors nicht zu erwarten. In der That sind auch alle meine Versuche, sie auf dem nassen Wege darzustellen, fruchtlos gewesen, Ich liefs Cruor von Ochsenblut in. einer Lauge des ätzenden Natrum bis zur Trockenheit köchen, und zog. den Rückstand mit Weingeist aus; ich kochte Crusr mit Weingeist, und versuchte die fremdar- ' tigen Säuren durch caustisches Natrum und koh- lensauren Baryt abzuscheiden. Aber in keinem dieser Versuche bekam ich die verlangte Säure, Hingegen erhielt ich sie, wenn ich zwey Theile | pulverisirter Blutkohle mit einem Theil ätzenden” "2 Natrum eine halbe Stunde mäfsig glühen liels, und v) M. vergl, $. 6. dieses Kap. 2 [4 | une 567 und diese Mischung entweder unmittelbar mit Al. cohol auszog, oder erst mit. Wasser kochte, die Alirirte Abkochung abdampfen liels, und den NRückstand mit Alcohol behandelte. In beyden Fällen gab der Weingeistauszug mit einer Auflö- sung des Eisens in Salpetersäure die nehmliche blutrothe Farbe, wie der mit Speichel digerirte Icoho!, Die Entdeckung dieser Säure des Cruors ge- hört nicht mir. Schon WInTErL w) erhielt, in- dem er Blut mit Rali verkohlte, eine in Alcohol auf- lösliche Substanz, die nicht, wie das blausaure Kali, das Eisen aus seinen Auflösungen niederschlug, sondern roth färbte, Rınx x) fand Wınrerı’s An- gabe bestätigt, und bemerkte unter andern, dafs eine sehr verdünnte Auflösung sowohl von salzsau- - rem, als schwefelsaurem Eisen durch den Weingeist. / Auszug der Blutlauge dunkelroth gefärbt wurde y) SI | ‚Die w) Die Runst, die, Blutlauge zu bereiten. Wien, 179% . 2. x) GeuLen’s neues allgem. Journal der Chemie. B. a, $. 461. a y) Irtser (Beyträge zur Geschichte der Blausäure, $.61.} - bemühte sich zwar vergeblich, diese Säure zu erhalten, Ich vermuthe aber, dafs dieser Schriftsteller den WYein- geist- Auszug der Blutlauge gleich nach der Bereitung untersucht hat. In diesem Falle bekam ich ebenfalls nicht immer mit Eisenaufiösungen eine rothe Flüssig-_ Nng a; Kein : N 568 Fonesssntiniinn Die Beobachtung aber, dafs auch der Speichel eben diese Säure enthält, ist meines Wissens bis- her noch nicht gemacht worden. ’ WiıNnTert nannte jene Säure Blutsäure, Ich werde diese passende Benennung beybehalten, Um die Beschaffenheit derselben zu entdecken, stellte Rınzk einige Versuche an, die aber kein ge- nügendes Resultat gaben. Ich gestehe, dafs ich nicht glücklicher gewesen bin. Ueber das Verhal. ten derjenigen Blutsäure, die der Speichel liefert, habe ich schon im 6ten $. dieses Kapitels meine Erfahrungen mitgetheilt. An dem Weingeist- Aus- ‚zug einer filtrirten, und bis zur Trockenheit ab- gedampften Blutlauge, die mit ätzendem Natrum bereitet war, habe ich noch Folgendes bemerkt, Nach dem Verdünsten des Auszugs fand ich den Boden des Gefälses mit kleinen, gelblichen Krystal- len und einer rothbraunen Substanz bedeckt, Beyde lösten sich schnell und vollständig in Was- ser auf. Die Auflösung färbte nach wie’ vor das salpetersaure Eisen roth. Salzsäure gab mit, dem Weingeistauszug keinen Niederschlag, wohl aber | Krystalle, die inzwischen von denen, welche sich ohne den Zusatz dieser Säure bildeten, nicht ver- | schie- - f keit. Prüfte ich hingegen den Auszug mit salpeter- saurem Eisen, nachdem derselbe ohngefähr vier und zwanzig Stunden in einem offenen Glase gestanden haite, so zeigte sich die rothe Tarbe, U _—___— 569 schieden waren. Wınterr's Angabe °z), dafs die Blutsäure aus ihrer Auflösung durch Salzsäure in käsiger Gestalt abgeschieden wird, bestätigte sich also nicht. Der Weingeist- Auszug mit den ge- wöhnlichen Reagentien behandelt, zeigte Spuren von Eisen, Kalkerde und -einem feuerbeständigen Alkali. Aber diese Bestandtheile waren gewils blos fremdartige. Eine Vermuthung über die Be. schafferheit der Basis dieser: Säure werde ich im folgenden $. mittheilen, Man könnte durch eine Hypothese Fourcroy’s a) verleitet werden, die Blutsäure für phosphorsaures ' Eisen zu halten, Diesem Schriftsteller zufolge befindet sich das Eisen als phosphorsaures Oxyd mit einem Ueberschuls der Basis im Blute. Zum Beweise seiner Meinung führt er an, dals Salpe. tersäure aus geglüheter Blutkohle einen Theil aufnimmt, der durch Ammonium weils gefällt wird; dafs der Niederschlag, mit ätzendem Ralı "behandelt, wieder eine rothe Farbe annimmt, und dafs dieses rothe Oxyd sich in Eyweils und Blut- wasser leicht auflöst, Er glaubt, dafs der weisse Niederschlag phosphorsaures Eisen ist, dem das feuerbeständige. Alkali einen Theil seiner Säure ‚entzieht, und welches dadurch in phosphorsaures Eisen 2) A. 0. a) Syst, des connoissances chimiques. T.9, p. 152. Nn5 | 570 Eisen mit einem Ueberschufs der Basis verwan- delt wird. | ‚N / } “ Ich halte diese Hypothese für sehr unrichtig, Auf dem von FovacroY angegebenen Wege ent- steht keinesweges eine blutfarbene, sondern blos eine rothbraune Flüssigkeit, und diese erhält man weit kürzer, wenn man metallisches Eisen in Sal- ‚ pelersäure auflöst, und kohlensaures Natrum oder Kali zusetzt. Wäre Fouacnov’s Meinung gegrün- det, so mülste das rothe phosphorsaure Eisen- oxyd auch entstehen, wenn man zu. einer Auflö- sung des Eisens in Phosphorsäure ein Laugensalz setzt. Ich habe diesen Versuch angestellt, aber dabey kein rothes Eisenoxyd erhalten; im Gegen- -theil verlor eine salpetersaure Eisenauflösung ihre färbende Wirkung auf Alkalien, wenn sie mit Phosphorsäure vermischt wurde. Hierzu kömmt, . dafs, nach Fourcroy’s eigenen Versuchen b), das Blut des Foetus keine Pbosphorsäure enthält, und dafs doch der färbende Bestandtheil darin dunkler und häufiger als beym Erwachsenen seyn soll os - Nach b) Ann. de Chimie, T.7. p. 162: ’ c) “Es ist mir,” sagt auch Berzerıvs, “durchaus nicht „gelungen, aus Eyweils oder Blutwasser mit Zusatz „von phosphorsaurem Eisenoxyd ein gefärbtes Blut- „ wasser zu erhalten, wie Founcror angiebt." (Gen- zen’s Journ, fd. Chemie, Physik u. Mineral, B,7. u . 4 S, v #7. ji - Es u5 u nn ri 7% ” — S7I Nach einer Vermuthung AuTEnrRIETR’s d) hat Braunstein an der rothen Farbe des Bluts Antheil, Um diese Meinung zu prüfen, vermischte ich eine Auflösung des Braunsteins in Salpetersäure mit Speichel, der durch salpetersaures Eisen geröthet war. Die rothe Farbe verlor sich aber, und die Mischung wurde anfangs grünlich, nachher ganz farbenlos. Ich läugne hiermit nicht, dafs Phosphorsäure und Braunstein im Blute enthalten sind. Ich glaube aber, dafs diese Substanzen nicht anders als in sehr zusammengesetzten Verbindun- gen dem Blute beygemischt seyn können. Uebergang des Bluts in feste und flüssige Theile, So weit wir also das Blut kennen, sind die Ele- mentarsubstanzen desselben: Eyweilsstof, milch- saures Natrum, und blutsaures Eisen. Wenn sich die Entstehung aller thierischen Theile aus diesen "Substanzen bey dem jetzigen Zustande der Chemie Be noch S. 583.) Grinner’s Versuch, aus phosphorsaurem Eisen, Kochsalz, Eyweils und Wasser vermittelst der Vorraischen Säule Blut zu bereiten, (HurerLann’s u. Hımır’s Journ, der prakt. Heilk. J.ıgıı. St.x. 8.24. — St.8. 5.98. — J. 1812. St2. $.99.) verdient nach dem, was Fısouza (Ebendas. J. 18:1. St.ız, S. 45.) darüber gesagt hat, keiner Erwähnung mehr, d) Handbuch der empirischen menschl, Physiol. Th. x. rise - - 4 noch nicht ganz befriedigend erklären läfst, so halte ich es doch für möglich, dafs die Chemie zu dieser Erklärung gelangen kann, und hiervon wer- de ich den Beweis an den nähern, allen thieri- schen Körpern gemeinschaftlichen und ihnen eigen- thümlichen Bestandtheilen jetzt zu führen suchen. Ausser den erwähnten Elementarsnbstanzen des Eluts gehören zu diesen Bestanddtheilen: Die Gallerte. Der Schleim, Der Faserstoff. Der käsige Theil der Milch. Der Milchzucker, Das Fett mit dessen verschiedenen Modi- fikationen, der Butter, dem Markfett us, w. | | | Das Gallenharz, x Die ölige Materie des Ge des Chy- - lus, der Haare und der Hautschmiere, Das Ohrenschmalz. Der Harnstoff, Die leimige Materie des Gliedwassers. \ . “ \ Die Benzoesäure., Die Milchzuckersäure. Die Blausäure, . Einige andere thierische Materien, wie der Moschus, das Biebergeil u. d, gl. sind theils auf zu wenig Thierarten beschränkt, theils noch zu wenig % % | 573 wenig untersucht, um hier in Betracht kommen zu können, Die Entstehung der Gallerte, des Schleims und des Faserstoffs aus dem Eyweilsstoff ist schon oben ($. 9. u. 22, dieses Rap.) gezeigt, worden, Gallerte bildet sich, wenn Eyweilsstoff mit einer mineralischen Säure bey einer Temperatur, deren Stärke und Dauer nach der Stärke und Beschaffen- heit der Säure verschieden ist, behandelt wird. Der bey der Einwirkung von Säuren, Metalloxy- den, Alcohol und Naphten gerinnende Theil des Eyweilsstoffs ist Faserstof, Schleim ist Gallerte, die durch den Einfluls von Alkalien ihre Eigen- schaft, in der Kälte zu gerinnen, verloren hat. Diese Substanzen, besonders der Faserstoff und die Galierte, sind aber in der Gestalt, worin wir sie durch chemische Operationen abscheiden, wohl nur in den Auswurfsstoffen des thierischen Kin pers befindlich, Den Faserstoff enthalten die be- lebtern Theile wahrscheinlich nur im halbgeron- nenen Zustande, Sieht man an 'zarten, halbdurch- sichtigen Theilen, z, B, an der Bauchscheibe von Schnecken, die auf einer gegen das Licht gehal- tenen Glastafel kriechen, dem Spiel der Muskeln zu, das, wellenförmigen Bewegungen einer halb- flüssigen Materie gleicht, so wird man gestehen müssen, dafs diese Bewegungen nicht ‚von einer so starren Substanz, wie der aus unbelebten T'hei- | len 74 Berner len abgeschiedene Faserstoff ist, herrühren können. Die Gallerte ist ebenfalls als solche gewils wenig thierischen Theilen eigen, und in den meisten Fällen ein Produkt der beym Kochen eintretenden Verbindung des Eyweifsstoffs mit der Phosphor- säure, die in allen Theilen, welche viel Gallerte liefern, sehr reichlich vorhanden ist, Schon Har- CHETT e) fand es merkwürdig, dals sich beym phosphorsauren Kalk immer viel Gallerte findet, und dafs Theile, welche blos kohlensaure Kalkerde besitzen, keine Gallerte liefern. Er wagte aber nicht, daraus zu schliefsen, dafs der phosphorsaure Kalk einen Hauptbestandtheil der, Gallerte aus- macht, weil die Hausenblase keine Spur davon zeigt. “Diese Bemerkung ist allerdings richtig. Auch nach meinen Versuchen bringt die Sauer- kleesäure in der Auflösung der Hausenblase keinen Niederschlag hervor. Allein die Ralkerde ist frey- lich keine wesentliche Bedingung zur Bildung der Gallerte; wohl aber halte ich die Phospbor- säure dafür. Ä Wenn ich aus meinen Erfahrungen schlielse, dafs Säuren und Alkalien den Eyweilsstoff in Gal- lerte, Faserstoff und Schleim verwandeln, so be- haupte ich aber damit keinesweges, dals diese Veränderungen blos auf Vermehrung oder Ver-. minderung des Gehalts an Sauerstoff beruhen, ‚Eine. o) Philos, Transact. %. 1800. P:327. - « - ana EN Eine solche einseitige Ansicht führt auf sehr dürf- tige Resultate. Ich glaube vielmehr, dafs wenn durch den Einflufs von Sähren uhd Alkalien der Gehalt der thierischen Grundtheile an Sauerstoff zwar vermehrt oder vermindert wird, doch zu- gleich andere Mischungsveränderungen eintreten, die wichtiger als jene Vermehrung oder Vermin- derung sind. Dies lehren auch HarcHerTT’s und Fourcroy’s Versuche, nach welchen Gallerte, Ey- weils und Faserstoff sich nicht sowohl in dem Grade der Säurung, als in der verschiedenen Menge ihrer salzigen und erdigen Rückstände, und in dem Verhältnils ihres Rohlenstoffs und Stickstoffs un- terschieden De | ‚Ich glaube ferner, dafs bey der Einwirkung von Säuren auf den Eyweifsstoff nicht nur die Stärke der Säure, die Dauer ihres Einflusses, und die dabey statt findende Temperatur eine Verschie- denheit in den Produkten hervorbringt, sondern dals diese auch von der Beschaffenheit der Basis ‘jener Säure abhängt. Dies ist vorzüglich dentlich bey der Wirkung der Metalloxyde auf belebte RK 6, ‘ thieri- - f) Am wenigsten Kohlenstoff enthält die Irene Hau- senblase, mehr das trockne Eyweils, und am meisten die Muskelfaser. (Harcherr a.a. O,). Dasselbe Verhältnifs findet in Betreff des Stickstoffs statt, wel- cher durch Salpetersäure aus diesen Substanzen ent- wickelt wird. (Fourcror, Mem, de la Soc, de Medec. A, 1786, p. 246.), 3 576 thierische Theile, Die Bleyoxyde verändern diese auf andere Art, als die Verhindungen des Sauer- stoffs mit Quecksilber; diese wirken anders als die Arsenikoxyde u. s. w. Für alle die hieraus entstebenden mannichfaliigen Modifikationen der thierischen Elementariheile sind zwar unsere che- mischen Reagentien nicht empfindlich genug; aber ihr verschiedenes Verhalten gegen den lebenden Körper beweist ihre Verschiedenheit desto deutli- cher, Der Darmschleim, der Schleim des Saamens, und derjenige, welcher dem Viperngifte zum Vehi- kel dient, zeigen wenig Abweichungen in ihrem ‘ Verhalten gegen chemische Agentien. Aber wel- che Verschiedenheit in ihrem Einfluls auf den ‚ leben-den Körper! Aus den obigen Bemerkungen folgt endlich, dals es zwischen den Elementartheilen des Kör- pers keine genaue Gränzen giebt, Der Eyweils- stof geht in den Faserstoff und die Gallerte, und diese in den Schleim durch Mittelstufen über. Da- her sind alle Versuche, die man gemacht hat, für jede dieser Substanzen allgemein passende Charaktere anzugeben, unbefriedigend, up muls- ten es seyn g). Die | g) Ei kmt HArcuert (A. a. O. p: 369. 381.) für den Charakter des Schleims das Unvermögen, in der Rälte zu gerinnen, verbunden mit der Unauflöslichkeit in | kaltem Die Milch enthält drey Bestandtheile, welche von den bisher erwähnten verschieden sind: den Käse, den Milchzucker und die Butter, Sie zeigt aber von mehrern Seiten eine so unverkennbare Aehnlichkeit mit dem Blute, dals sich schon hieraus eine ‚ kaltem Wasser an, Eigenschaften, die auch das Ey- weils besitzt, — THomson (System der Chemie. Uebers. von Worrr. B.4. 3.569.) nennt als Kennzei- chen des Schleims: Auflöslichkeit in kaltem \WVasser, Unauflöslichkeit in Alcohol, Abwesenheit der Gerinn- barkeit in der Hitze und des Gelatinirens in der ‚ Kälte, und die Eigenschaft, sowohl vom Gerbestoff, als vom salpetrig - salzsaurem Zinn niedergeschlagen zu werden. Aber von dieser Zinnanflösung wird auch der Eyweilsstoff gefällt; die Präcipitatiion vom Gerbestoff finder auch bey der Gallerte, dem Fleisch- extrakt, und mehrern andern Substanzen statt, und die übrigen Kounzeighen passen ebenfalls theils auf die Gallerte, theils auf den in Säuren aufgelösten Eyweilsstof. — Die Gallerie und der Eyweilsstoff haben auch mit dem Schleim die Auflöslichkeitin Säuren gemein, worin Tourckror (Annales du Mus, d’Hist, nat, T!XIT, p.61.) den positiven Charak- ter des Schleims gefunden haben wollte. — Wenn endlich Bostock (NıcHozsow Journal of nat. Phil. Vol,XT, p. 244.) glaubt, dals der Schleim nicht vom Gerbestoff und vom ätzenden Sublimat,, sondern blos vom Bleyextrakt gefällt wird, so ist dies, wie . wir schon im vorigen $. ‚gesehen haben, eine auf unrichtigen Voraussetzungen gebauete Meinung, „IV. Bd, Oo 78 | —__ —— eine Abkunft ihrer Bestandiheile von denen des letztern erwarten lälst, Wie dieses trennt sie sich, sobald sie mit dem übrigen Organismus nicht mehr in Wechselwirkung steht, in einen flüssigen und geronnenen Theil, und diese Absonderung erfolgt sowohl in der Ruhe, als während der Be- wegung, sowohl beym Einflufs der atmosphäri- schen Luft, als in verschlossenen Gefälsen, Der‘ geronnene Theil besteht aus Käse, Butter, phos- phorsaurem Eisen, phosphorsaurer Kalk- und Talkerde; der flüssige aus Wasser, Milchsäure, Milchzucker, salzsaurem und schwefelsaurem Kali, und salzsaurem Natrum. Die Milchsäure ist in ihr weit reichlicher, als in irgend einer andern thie- rischen Flüssigkeit enthalten. Ueberhaupt zeugt alles an ihr von einer grolsen Neigung zur Säu- I rung ’ j e Diese Säurung ist es auch, vermittelst welcher jene eigenthümlichen Bestandtheile der Milch aus dem Eyweilsstoff gebildet werden. Der käseartige Bestandiheil verhält sich wie der durch eine Säure niedergeschlagene, und durch die fortdauernde Einwirkung dieser Säure in eine unvollkommene Gallerte verwandelte Theil des Eyweils. Er wird in kocheudem Wasser weich „ ohne doch sich aufzulösen, und erstarrt wieder. beym Erkalten; ätzende Alkalien, vegetabilische und -verdünnte mineralische Säuren lösen ihn auf s % — 79 bey seiner Auflösung in Alkalien entwickelt sich aus ihm, wie aus dem Eyweils, geschwefeltes Was- serstoffgas; concentrirte mineralische Säuren, die rauchende Salpstersiure ausgenommen, erhärten ihn h). Bey diesem Einfluls einer Säure geht zugleich ein Theil des Eyweilsstoffs in Butter, und ein am derer in Milchzueker über, Die Butter ist eine Art des thierischen Fetts überhaupt, das sich immer zugleich bildet, wenn Eyweilsstoff bey einer Temperatur, die unter der Wärme des kochenden Wassers ist, mit Salpeter- säure digerirt, und dadurch in eine unvollkom« mene Gallerte verwandelt wird, Bey einer ge wissen Art Fäulnifs, wobey blos Stickstoff ohne Wasserstoff zu entweichen scheint, geht ebenfalls der Faserstöff in eine ölige Materie über i), Auch der Käse nähert sich dem Zustande des Fetis, wenn die Auflösung desselben in ätzendem Kali oder Natrum durch eine Säure zersetzt wird k), Wenn es eine richtige Bemerkung ist, dafs frischer Rahm nicht so viele und so vollkommene Butter giebt, als h) PAnMentith et Deveüx, Journ, de Phys. T. 57. P.2& p.561. 415, — Founcrov; Annales de Chimie, T.7. P- 173: i) Fourcror, Annales de Chimie. T.8. p.ı7, k) Fourcrox ebendas. T17: P-173 | Ä Oo 23 80 % gun susnrenen solcher, der eine gewisse Zeit an der Luft gestan- den hat ]), so. wird. ‘vielleicht die Butter schon durch den blofsen Einilufs der Atmosphäre aus dem Käse der Milch gebildet, Die Bildung des Milchzuckers ist eine noch unerklärte Erscheinung. Vielleicht wird die Ver. folgung der bekannten ScHseLeschen Entdeckung, dafs sich bey dem Kochen der fetten Oele mit Dleyglätte eine im Wasser auflösliche, süfse Sub- stanz bildet, hier einst Licht geben, Ich erhielt, als ich zum Behuf eines andern Versuchs Ey- weils, welches durch Alcohol zum Gerinnen ge- bracht und in ätzendem Natrum wieder aufgelöst _ war, mit verdünnter Schwefelsäure einige Stun- den hatte kochen lassen, und die. überschüssige Säure mit Kalk weggenommen hatte, eine hell- braune Flüssigkeit von sülslichem, dem des La- kritzensafts.etwas ähnlichen Geschmack. Ich wage nicht, aus diesem einzelnen Versuch, der mir nachher nie wieder gelungen ist, das Kesultat "zu ziehen, dafs der Milchzucker auf ähnliche Art aus dem Eyweilsstoff, wie der Mehlzucker aus dem Stärkemehl entsteht. Doch glaube ich, dafs derselbe weiter verfolgt zu werden verdient, Ei Der Käsestoff und der Milchzucker sind blos | der Milch eigen, Aber das Fett ist ein allgemei- nerer I) Fourcror ebendas. p, 146. rrmeenume sg nerer Bestandtheil der thierischen Säfte und Or- gane, welcher, durch Oxydation noch weiter mo- difieirt, in verschiedene andere Substanzen über- geht. Zu diesen rechne ich: den Gallenstoff; die ölige Materie des Gehirns, des Chylus, der Haare und der Hautschmiere; das Obrenschmalz; den Harnstoff; und das Gliedwasser, Ueber die Entstehung des Gallenstoffs aus dem Fett durch die Einwirkung von Säuren habe ich mich schon im ı4ten 6. dieses Kapitels erklärt, Der Gallenstof und die übrigen erwähnten ' Materien sind im Wesentlichen von gleicher Be- schaffenheit. Die ölige Materie des Gehirns wurde zuerst von VAuqueLin m) näher bestimmt. Sie ist von doppelter Art. Die eine ist weils, pech- artig und krystallisirbar; sie befleckt dasPapier nach Art der Oele, schmilzt in der Wärme, doch ohne so flüssig wie Fett zu werden, wird bey einer niedrigern Temperatur als diejenige ist, welche die Farbe des Feits’ verändert, braun, löst sich .in warmem Alcohol auf, fällt aber in. der Rälte daraus zum Theil wieder nieder, färbt sich an der Sonne gelb, und verbrennt mit Rauch und Flamme, Die andere Materie unterscheidet sich von jener durch eine rothbraune Farbe, durch - R weni- m) Annales du Mus. d’Hist. nat. T.XVIII. p. 212. 005 ©. —— 659 eine Zeitlang abgesondert von Hühnern gehalten hatte, gesehen zu haben scheint, Er leitete aber unrichtig dasselbe von den Bewegungen der Saa- menthiere her. \ V. Versuche über der! Einfluls des Magensafts auf Glas, und über die Säure dieses Safts. / (Zu S.359 £.) Ich muls gestehen, dals ich bey neuern Ver. suchen mit dem Magensaft von Krähen und einer Möve eben so wenig sichere Beweise von der Ein- wirkung dieser Flüssigkeit auf Glas, als bey mei- nen frühern, S.360. erzählten Versuchen erhalten ihabe. | ! „Ich liefs drey junge Krähen einen soliden, an den Rändern abgefeilten Glascylinder, der 48 Gran wog, verschlucken, Die erste bekam ihn .des ‘Abends um sieben Uhr, und hatte ihn am folgen- den Morgen wieder ausgebrochen.- Der Cylinder 'war hin und wieder an den abgefeilten Stellen mit einer bräunlichen Materie bedeckt, die in Wasser zu Boden sank, und aus Flocken bestand, worin eine erdige Materie eingehüllt zu seyn schien. - Beym Wägen des Glases fand sich ein Gewichtsverlust von chngefähr einem Drittel Gran. Es blieb aber zweifelhaft, ob dieser von einer | Auflösung des Glases, oder davon, dafs etwa beym Ausbrechen des Cylinders und dem dabey einge- ‚660 ng tretenen Fall desselben auf den Boden des Käfigs, kleine Glastheile abgesprungen waren, herrührte, Die zweyte Hrähe erhielt den Cylinder um neun Uhr Morgens, und behielt ihn bis Mittag bey sich, Hierauf wurde er gleich der dritten beygebracht, die ihn erst am folgenden Morgen ausbrach. Nach diesen Versuchen konnte ich gar keine Gewichts- verminderung des Glases bemerken, Ich sammelte von denselben’ Krähen, die zu | den vorigen Versuchen gedient hatten, vermittelst Schwämme, die ich ihnen beybrachte und welche ‚nach einiger Zeit wieder ausgebrochen wurden, etliche Drachmen Magensaft, vermischte diesen mit halb so vieler concentrirter Schwefelsäure, die ich mit dem vierfachen Gewicht Wasser verdünnt hatte, legte denselben Glascylinder, der bey den vorigen Versuchen gebraucht worden war, in die Mischungy und erhielt die Flüssigkeit eine halbe. Stunde in der Siedehitze. Der Cylinder hatte aber keine bemerkbare Veränderung seines Ge- wichts erlitten. | Ich liels endlich eine Möve (Larus canus) den erwähnten Glascylinder verschlucken.. Dies ge- schah des Nachmittags um 3 Uhr. Am folgenden Morgen hatte die Möve ihn wieder ausgebrochen, Das Gewicht des Cylinders war etwas vermindert, - doch höchstens nur um X Gran. Die ‚polirten Stel. len des Glases waren nirgends angegriffen. So 5 I ——— 66L So wenig diese Erfahrungen für meine Mei- nung, dafs die Flulssäure ein Bestandtheil des Magensafts ist, etwas beweisen, so kann ich doch diese Vermuthung noch nicht aufgeben. Ich sehe noch immer nicht ein, von welcher andern Säure als der Flulssäure die starken auflösenden Wirkun- gen des Magensafts mancher Thiere herrühren köne ‚nen, Es lassen sich ausser ihr blos noch Schwe- fel-, Salz-, Phosphor- und Milchsäure in diesem Saft annehmen, Aber keine der letztern ist kräf- tig genug zu jenen Wirkungen, Die Säure des Magensafts mu[s auch flüchtiger Art seyn, da die Reaktion derselben gegen Pflanzenpigmente mit der auflösenden Kraft des gastrischen Safts nicht in Verhältnifs steht, Diese Flüchtigkeit läfst sich aber ebenfalls nur von der Flufssäure annehmen, Dafs wirklich diese Säure auch als Gas im thieri- schen Körper vorkömmt, dafür geben die Bey- spiele von einer ätzenden Wirkung, welche die Ausdünstung der Augen mancher Menschen auf Brillen äusserten d), einen Beweis, Beyspiele, die sich d) De Wırrr hat eine solche Beobachtung in den Mem. de l’Acad. de Bruxelles vom Jahre 1787 bekannt gemacht, und dabey ‚mehrere ältere Beyspiele dieser Art angeführt, Eine Debersetzung seines Aufsatzes findet man in Lıcutengere’s und Voıor’s Magazin ‚ für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte | (B.V. St,ı. S.116.). | Tiz 6... um sich schwerlich ohne die Voraussetzung, dals fulssaures Gas ein Bestandtheil der Augenaus- dünstung war, erklären lassen. | Ich habe übrigens den gastrischen Saft der Krähen, den ich mir durch Schwämme verschafft hatte, noch weiter untersucht, und gefunden, dafs man sich auf. die Resultate aller chemischen Versuche, die mit dem auf diese Weise gesam- melten Magensaft gemacht sind, gar nicht verlas- sen kann. Der letztere greift immer die Schwäm- me an, und erhält von denselben fremdartige Theile. Er bekömmt davon eine gelbe Farbe, die sich verliert, wenn man ihn durch dichte Leine- wand seihet, Die gelben Theile bleiben anf dem Filtrtum zurück, und die filtrirte Flüssigkeit, ist von weilslicher Farbe. Schwefelsaures . Silber brachte in diesem durchgeseiheten Saft einen weis- sen Niederschlag hervor; salpetersaures Bley prä- cipitirte nur einige, kaum bemerkbare Flocken ; salpetersaurer und salzsaurer Baryt bewirkten gar keine Fällung. _ Diese Erscheinungen deuteten auf freye Salzsäure hin, und wichen sehr von denen, S.359. beschriebenen ab, die ich bey der chemi- schen Untersuchung des Magensafts der Hühner beobachtete, Ich zweifele aber nicht, dals die Abweichung blos von den Schwämmen herrührte, wovon der Magensaft der Krähen einen Theil auf- gelöst hatte, 4 Druckfehler. ” S. 51. In dem Citat ]) lese man: Runorrar a. a. O. 9.154. 135. 5.82. Anmerk. i). In der 5ten Zeile, Statt Rückstand auslöschte l. m. Rückstand TaRBaon auslöschte. 5.209. Z.4. St. eine l.m. einer. Ebendas, In der Anmerık. a). Z.3. Nach Kohlenstoft setze man hinzu: mit dem Sauerstoff, S. 225, 2.4. St. Farbenveränderungen ]. m, Far- benveränderung,. S.515. Z, 21. Nach findet setze man hinzu: sich. 8.455. In der untersten Zeile. St, Entenart lm, Ew lenart. S. 454: 2.6. St. Herous|1. m. Herons, S.459. In dem Citat m) 1, m. Ruborrnr a.a2. 0, 5 342. 5.494 Z.21. St. Notua l. m, Noctua, S. 496. In der Anmerk. n), Z.ı. St. zwanzig |, m. ; zwey., S, 558. 2.12. St. ausihr l. m, aus ihm. S.604. In dem Citat z) I. m. Acta Acad, Nat, Cu- rios. T.5. p.332. ZRH e a Le vo ER .* »,., " vw. y 74 A halle a nu Tun \ 4 h hr Mi he y; A * + Du 257 00 ” LEE hi ART 5 9 } 4 N . re‘ REN Er z Fe