Geschichte

der Stadt Pforzheim

Aloys Stolz, August Allgaier

IN rOMMKMOKATION OF TBE VISIT OK IIIS HOYA! III (.HM SS

PR1NCE HENRY or PRUSSIA

MAKtll SIXTII I0O*

ON HFIIAM OF IIIS MAJESTY

THH GERMAN EMPE ROR

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» l»ltt:SKNTi:i>KYAR< 'IIMULD < AKV i 'OOMIH .V Yll 1 ASSISTANT PKOKKSSOR OF HlrfTOItY

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Bearbeitet uon

HlDßS StOlj, Ipauptle^rrer. Seite 166 von Ängnft Mflüirr, f 26. $ej. 1898.)

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^f#r|fei«.

S>rud unb «evlofl be« 6täbt. Sagblatt*.

1901.

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ff 0 r ,\ t) c i in Urfpruno, tuvlicrt fid), mic ba* bei ben weiften alten 2tabten ber ftaü ift, in bor arauen ^orjeit. ooljauu Weud)lin, ^pfor^heim* tuuül>mtcftcr 3ol)n, führt bie <shünbiuirt feiner ^aterftabt ^uriirf auf Abortus, einen auaeblid) uad) bem 2diunirjuhilbe vend}laa,enen Trojaner. Tiefe s?lnual)me ift felbft verftiinblid) in ba* (Gebiet ber 2aae ucruieifeit.

Tie alteften s^eir>obner unferer Weaeitb untreu, Uni* als fidier gelten f nun, bie ii r f o in a n n e n. Tiefe a,ermanifd)e UnWerfdjaft mürbe fur\ vor bem ^eautn unferer ^eitrerfnunia, von ihrem Alönia, Marbob au-? ihren feitl)eria,en, ,\u>ifd)cn bem Allein, ber Tunau nnb bem Main aeleanien *&ohnfitfen nad) Böhmen aenthrt. ?>n bie bnrd) bie mnrfomauniidje Vluomauberuua, emvöllerteu Gebiete .\oaen röntifdje ttoloniften au* (Pallien nnb \Xlvetieu nnb balb famen biefe (Gebiete felbft unter rümikfjc ^ermattniuv Tie Wo in er antnbeten viele Meberlaffunaai nnb tieften fid) namentlid) jur Ainberuna, be* ftnnbel* nnb .ut milttariid)en ; {werfen ben %<Hau von Straften anaeleaeu fein, wie ihre .vu'rrfrfjaft überhaupt in fnltnreller ^ieljuna, von unleuiv barem Vorteil mar.

Ii* wirb angenommen, baft auf bem platte ber jeliiaeu ?lltftabt eine Womerftabt aeftanbeu bat, Weld)e fid) au* einem uriprüna,lid)eu 2tanb(aa.er entwicfelt haben maa,. Juv 4Va,rüubuua, hierfür mirb von *}$flüaer u. a. angeführt, bau faft alle hier a,emad)teu römifdjeu ilVüu^funbe aus ber Mtftabt ftammen nnb biefe and) ber Aitnbort romifdjer Bteiubenfmaler nnb ^ufrf)riiteu fei. "Jlud) ber Miaute ber SUtftabt iprerfje für ihren romifd)en Urfpruno,. Mau habe überall ba, wo ber Warne Wtftabt vor fomme, unter biefer ^eidwuna, nid)t jomobl ben alten Teil einer 2tabt, al* vielmehr eine alte 2tabt \u uerftehen. Ter Sprarf) a/braud) lernte (eine »Mltftabt, foubern nur eine „alte 2tabt". ^lufterbem Werbe noa) in llrlunbeu be* Mittelalters bie Mtftabt

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4 flu* ^iorjlicim* *uwit.

nie al* Beftaubteil ^for^beim* aufgeführt, ionbern immer al* «alte Stubt", gemiffermafteu al* ein Nemeinmefen für fiel).

on feiner 3d)rift „Tie Stabt ^for^beim nnb ihre Um gebung" fvrid)t fiel) o. ^('ael)er ebenfalls bal)iu aiu\ baft bie ?llt fuibt eine römtfd)e vJciebertaffuug mar. .frier l)abe fid) ber lieber gang ber römiidjen Strafte über bie brei vereinigten AlüfK befunben, nnb ba fid) jeber rinnt fd)eii Station von Bcbeutuug eine Wieberlaffung von Wemerbetreibenbeu, IVarfetenbern, Tag löbnern :e. angefdjloffeu, jo fbnue man mit 2ut)ert)eit annehmen, bau and) an ber Stelle ber flltftabt, nameutlid) ,ytuad)ft ber llerMTgangsftätte, mehrere biefer Beoölferuug emipred)eube <SK' biinbe geftauben. liefe ivaren, um* ttaeber an* Ausgrabungen an anberen Crten fdjlieftt, feljr einfad) gebaut, hatten meift nur einen, 1 Bieter unter ben Boben reid)enben fleinen Meiler mit gemauerten täuben, iväbreub ber übrige Teil ber Wohnung von ifrolj mar. So fei e* aud) \u ertliiren, bat? von fold)eu Kütten feine lleberrefte mehr in ber Altftabt \u finben umreit, ba im IVittelalter neue bauten bort errid)tet mürben, (iiue midjtige Station, mo man überuaditeu tonnte unb ^orfvauu für bie ^eiterreife befam, fei iebenfall* bie Altftabt geivefen, ba fie bie SMitte bilbete ,>unfd)en ber alten römiid)en Baberftabt Babeu unb ber tUttlmnüation iSannftatt unb au ber großen freerftrafte jum Nren^matl lag.

^for^beim mar ber .ttuoteuvunft einer grbftereu Angabt von Wömerftraften. bereu bebeutenbfte von Strasburg unb ^aben her über littlingen nad) ben röinifd)en Wiebeilaifuugen am Stedar unb an ber limaxi führte. ?ll* tveitere Straften unb \n nennen: eine Seiteuftrafte über Stuelberg unb oiter*barf) gegen ^irlenfelb, eine Seiteuftrafte über Böttingen unb Mbuig*bad) in ben Mraidjgau, eine Seiteuftrafte von Tietlingen und) Birten felb, eine Strafte über Mteielbronn unb Türm au ben Stedar, eine Seiteuftrafte vom Tiergarten au ben rbmiidieu ftuiueu im .fragenid)teft vorbei nad) Cefd)elbronn, eine Strafte von Baben unb (Mcrn*bad) bei über Neuenbürg nad) sJ>fonbeun, eine Strafte von ^aben unb <Meru*bad) her über ben Tobel nad) sJ>foi \beun, eine Strafte von Heuhaufen unb .froheinoartl) und) ^for^henn, eine Strafte über Vangenbraub unb Salmbad) nad) %l>ior\l)eun, eine Strafte über Eutingen au liefern vorbei nad) ollmgen unb Bietigheim, eine Strafte von ^for^heim über ben 3i;nlo nad) Cefdjelbroun unb eine Strafte von ^urmberg nad) Otlingen. Einlage unb iKid)tuitg bieier Straften fiub au* ben teihveiie uod) vorhanbeueu lieben eften nad^umeneu.* j

* otn OW'iUUMU \\\ %*i\iu\cv thili \)i\nluu nur tun- *Kiwnmti iir.r. Emo reu Hilfen nad) (itimtihitt, u% uni!>rfiiD er Du* utun^it ~tiannt lcin«\ln1) al* 3aumpMDc Injctdmct.

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flu* $fcr,itirim* ^or,K«t

Tic Wcflcnb von s}>forjl)cim ift rcicl) an vömifd)en Hilter ttimern, bic \u verid)tcbencn fetten ßcfunbcn mnrbcn. cmHi()iirn finb nnficr 3Niin,\cn insbefonbere bic Lcnci.cnjcia.cr cWtoilcnftcino, Wrabbenfmale, Elitäre, 2tcinbilber je. l)an'ptfäd)iid) aber (Wninbcnberrcftc, bic namentlid) im :ona,cnfd)icft innige mieten imb von Waeljcr cina,cl)cnb bcidjricbcn morben finb. Tic* a.ilt in*bcfonbcrc von bem ehemaligen römifd)cn ;)cl)ittf)of int lAilbbiftrih Manier, Uber mcld)cn l)icr einige IVittciluiiflcn rollen »oücn.

tiin rbmiid)cr ;{ef)ntl)of umr bic s&*ol)nftätte eine* Veteranen, mcUtym ein 2;titrf bc* eroberten V'anbe* ,}tir ^cbanuna, mit ber ^ervtlidjtnna, iibcrlaffcn mnrbe, einen (£rtraa,*teil Iben ^ebnten leih an bic J)ieivcntmv>bcl)ürbc ober an bic ,ymäd)ft licc|cnbc lUUitiirftation abzuliefern. Tie Vanbmirtjdwft, meld)c bic Kölner in ihrer SScimat mol)l \\i betreiben verftanben, nmrbe and) in ben eroberten (Gebieten cin^cf iil)rt, tun bie rümifd)en ^cfrt^iiuc|cn nnb ^emolmcr mit ben nötigen Lebensmitteln verfcl)cn \u tonnen.

om -{ebutlanbe mäljlten bie Börner ytr flnlaa,c iljrer ftüfe mein iladje, burd) l)öl)cre iHcrflc a,cfd)nttte, an einem fleincn ^nd) ober einer Cncllc liea,enbc It)aleinfattliina,cn mit frndjtbarem ^icjcnadanbc. Tie ^icl^ndjt mar ber mefentlidjfte Teil il)rer Vanbmirtjdwft, mÖrjrcnb ber Aelbban von mel)r nnter^eorbneterer X^ebentnni) mar.

Ta* iStnaaiuvMbor \\m\ *iel)ntl)of im £>aa,cnfd)icft (ein tut reaclmafiiac* ^iererf von HO. HO, 10f> nnb 70 m J\ront, umgeben von einer ho ein ftarfen Dianen liea.t an ber unteren 2citc. Ter li'inaana, ift flanfiert bind) einen an ber öftlidjcn Cirfe bcfinblid)cn Zorbau von 10 in Viinae nnb H m breite. Ta* s2i*ol)na,ebüubc liegt mein ber öftlid)cn 3eite \\i nnb bat eine ^ina,enan*bcl)nnna, von 20 m bei einer liefe von ca. 20 m (i* laffen fid) vier einzelne <Mcniftrt)cr nntcrjd)eiben, loooon eines mit heilbarer (£in nditnna,, b. I). mit Topvelbobcn, verfeben mar. Ter auf ber ^iibfeite fidi anjdjlieucnbc $>oj ift 20 m Inno, nnb 10,5 m breit. v^or bem ^ol)na,cbaiibe ftanb ein anberc* Wcbanbe von 10 m Vaiuv nnb 0 m Brette, mit 1 m ftarfen ÄKanermänben, meldjc* Vcnmitlid) ;n Mnlüi^mccfcn bieiOe. Üin weitere* Wcbanbc, 2:5 m Kiitc\ nnb 10m breit, mar mol)l für bie Tiener nnb 2tlavcn ber v>crrtd)0M beftimmt. Cben an ber Maliter maren bie 2tallnna.cn für ba> Wmbvicl) mit einem fleincn \Mnban, ber vicllcid)t ein *fc>arierl)aii*d)en mar. \Mei ber jiiboftlidjcn lide finben mir miebernm bie Wriinbmaiiern \meier &tol)iiräiinic nebft einer einen .'Oofranm eiin'd)lief{enben Stauer, mo fid) ber Brunnen nnb jebenfall* cm Heiner leid) befanb. Tie Horner pflegten mit Vorliebe bie geflügelten .*Oaii*ncrc nnb an biefer Stelle mirb mobl ber <Me flügeibof gemefen fein nnb in ben beiben anftoHenben Baumen

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0 flu* ^for*t)rima SJorjrit.

bie s2l*afd)erei, bic ^ürfcrei unb bic 'Vcabtmühle, b. b- bor Crt, mo mittels bcr .vmubmüble bao iWebl bereitet unirbe.

Ter iutereffanteftc unb nod) am befteu erhaltene ^au ber ;{ehntbofanlaa,c ift ba* fleine s^ab ubrblid) bes ^ohuaebäube*. Tie Mleinbeit ber einzelnen Nemüd)er läfjt ben 2d)hift jit, baft bn* s^ab nur von ber berrfd)aftlid)eu Aamilie benuilt würbe.

Wrofiher.^oa, l'eovolb bat ben eben befdiriebenen ^ebutbof im oalne IS:U antraben laffen, mobei aber vern'iumt unirbe, einen genauen Nrunbvlau ber Ruinen aufzunehmen. 1SS2 untrbe unter i'eituna, von Tireftor 'iiNiaa, in ^f Olxheim iiod)iiuil^ eine }lu*arabuna, vorgenommen unb beut ermähnten 4)cana,el abadtoffeu.

on ber Umaebuna, ^for^henn* ift weiter anzuführen ber ^ebutbof im 3tocfbrunncntl)al, beffen flehte* iHab ebenfalls von Tireftor s&>aaa, au*a,ea,rabeit unb a,enau fefta,eftetlt mürbe. (Sin anberer ;{el)ntl)of liea,t nad) 'Jtaeber* ^>erftd)eruna, auf Mietet brauner Wemarfuna,, bidn an ber nnirttembeiiyfdKn Wren^e.

Ter ftaaenfd)iefi bira,t aufter beut ,{el)utl)of im Maurer eine aröfjere s)i\\\a\)i römiieber ^nurefte, von iveldjeu bie nodt fid)tbaren Ruinen in ben vh>albbiftritten Sdjloftivaib, AObleuftall unb l'etteua,efäll , iomie 3&id)il)au*refte beim 3eebau* auyi führen fiub.

?lu* ben (iifeufd)lacfeu, meld)e man bei röntifd)eu (Mebätibe reiten in ber "Jtübe ber Vfiebenerfer ^uraruiue fanb, hat mau toaar a,eid)loffen, baft bie Pionier bie hier befiublidjen <ir^aäna,e fdjon a,efannt unb bei rieben haben.

Ter Warne ber 2tabt s}>f Olxheim mirb hergeleitet von Porta, jo viel luie Tbitre ober Pforte, um* alfo haben mürbe auf

^for^beim* *.'aa,e am l£inaana,e bc»> ^dnvanmatbe*. 'Veit i^ci iiiticv Vautveränbcruna, unb bttrd) s?lufüa,uua, bcr urbeutidicu 3 übe „hain" ober „heim", meldte bie planten iväter mit Vorliebe ben Crttfuamen auaUcberten, bürfte au* Porta „s}>f Olxheim" ent f tauben fein.

Tie Börner mürben verbrüna,! von ben Viernau neu, meldje bie vorhaubeue romifdtr Multitr ^rrftorten unb mal)rjd)eiu lid) und) vJ>fiM\heim ben llutnaana, bradttru. Ten »Mlemaunen folgten bie ,"\ raufen in ber fterrjdmft über untere Wefleub. Turd) fie würbe ba«> (ihr ift eut um hei un«> eingeführt, meldten bie rohen bitten einer rohen ^{eit milberte uub einer neuen Multur bie *h.Jea,r ebnete.

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^for-jßeim im ^liffel'aCtcr

Tie 3 tobt in ihren 'Hnjänani

rfuitbf td)c Wadjmeife ftbcr bic lEntftebung bcä gütigen ot ;b eint* finb nidjt uorbaitben. Wotbeiu meint, bajj bie Öotjenftaufeu bic v<J*egiüuber be* neben ber \Mltftabt ent ftanbenen neuen ^fot^beim* untren, meld)e* 1 1 85 ^uerft ^tabt genannt mürbe, ^flüger unb Waeber be\eid)nen bie Wrafeu uon (in hu, meldje einem eingenntnberten fräntifdjen Wefd)led)t ent Mammen, al* bie frübeften .\>enen uon ^for^beun.

Ten Aiufien mar e* bamal* baritm \\i tbun, ba* ftäbte arme rtyeiitifdK Cbcrlanb mit befeftigten SMarttulancn \u uerfeben, bie (ii ^rieben* \eiten beu Serfefp ßdprn unb ju Mrieg* feiten feite itütymndc bieten fällten, lafür fpridjt au et) bie 'Anlage ber 2tabt, bie um beu groften SHarftplati fid) grupuierenb in ;iemltd)er JhVgelmaftigfeit erbaut morbeu ift. hierbei" JOflfn halb btc freien Wefd)led)ter ber Umgebung, bie fid) „Bürger uon ^for^oeim" nannten unb bie ^atri^ier bilbeten. £ie ftanben unter bem allgemeinen Vaubredjt unb übten burd) ^efeftung be* 5d)dppcuftut)le bie Werid)t*barteit au*. Au* ibrer Witte mürbe uom Vanbe*berrn ber 2d)ultbei|V ernannt. Weben beu freien Kenten maren in ^for^beim aud) Veibeigeue au füfug, bie \mar bie öffentlichen haften mittragen mußten, aber fein attiue* Bürger red)t befafu'U.

Unter ber .v>errid)aft ber (trafen uon (ialtu toll mit bem Stall ber 2d)lofthrd)e begonnen morbeu fein, unb \mx burd) beu Wrafeu Aoalbert, ber \()M urfunblid) genannt mirb. ftud) bie (»rünbuiia be* sJ>f or\l) einte r sd)loffe* mirb auf bie trafen uon (ialm tjirücfgefübrt.*)

•i Orfatmtlutl fliufl Vfotyflftl» non ben tfatiurr (Hrafrn in midiem &ediiet bnrdi ueridnebene fiAnbe. tf* waren Weimer uir\t :\c\\ gemeint am : ba§ &an* Üaüp (iahu nnb tfalm Ifberitein, bann (iahu CiiiUu unb bat* M (öfter Viridtan, nieraui mahridh-iultd) mteber (fatal allem, bann bie Jootjenftaufen unb tmdi bieien bie rhnmidn'ii 1>inha.raien. fon meldten c* bnrdt veirat au fltttana, be* t:t Jal|rt)unbfrt* an Waben tarn Xa an ben Wurden in lebem

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i^r.UH'im im Mittelalter.

Wad) ben Wiv.rnt w?n lialm i^cUin^tiii bie raten von Ü" b c r ft c i ii in ben s^f Olxheim* ; um los:> ajua, ba*

iclbc an ba>> MI oft er Vjiridjau über, meld)e»> uod) bic> ;um .lOjabriani Mriea, in bei "Wtftabt bei bei früheren i f ol a 1 1 c- f a vcll c einen Vjof, Mapellenbof a,enanut, eitlen l)ntte. om 12. oabrbuubert a,el)bi 1 e s^f Olxheim ben ,\S e r i> a, e it luui 3d)mabeu nnb fpüicr ben Vau biliaren bei Wbein. -Wit bei ^eit uuui)* "J>nn; beim ^n einer 2tabt heran, bie bereit»? mit Mauern nnb (Proben umgeben mar nnb ftabtifd)e Ciim iii)tiuti^en hatte.* i 3elum im 12. oahrbunbert brfanb fiel) ein s)l o nne n f l o ft er in ^ien^beim, nnb \iuar nad) urfunbtid)eu fluoeutunaen in ber ?Untabt. ?lu meinem platte e* aber a,eftanben bat, luf;t fiel) nidu beftimmen. ^emobnt mar c* von ben ^lfteryenfertunen.

v4>for;t)eim fam in ber elften Hälfte beö i:>. ^..lirhnnbert*, oermutltd) ^midien 1220 mtb 1227, an baöieiiwie ritrftltd)e bau*, in beffen ^efib e* bt-> auf bte Neaenunirt faft nnmuerbrodjeii geblieben ift: nainltd) an Nabelt. Jeimann V., ein buetter ^ladjfeunme SVrtl)i>lb* I.. bec> Wrüitber* be-> .vmiiie«> ;|ahnna,en, erhielt sJ>for;beim ul* :lKitiyft feiner <Memal)lin ormena.arb, meldje eine loditer be>> rl)einiid)en sl>fal;a,raien vw mnd) mar, ber ^ün^beim \uleUt befeffen hatte.* *i .vtermaun > ftiiihfolaer. ber tiwttväniae :Uinit^raf Wubolf I., metd)er alö bei euientlidje ^eiininber be»> babud)en 2taate>> anzufeilen \n nnb tum 124!) biö 12SS regierte, hatte feinen ^c» Im litt tei(-> \u Nabelt, teil* ;u ^fm^heim. Ter 'Kante ber 2tabt mürbe im \:\. ^ahrhuitbert „^hor^hein", and) ,.s}>hiHtteim", ebenfo „^bim^em" a,eidirieben; im folantben ^ahihnnbevt fam neben beut ba* ,.s}>r immer

l)änfti\er in s>lnmenbnna,. la* 2tabtiiea,el jener ;{eit, uuldieö

^iitntnntPat lud ^ituibcvt uiiP umaetMiit HntvPc. io nt i-> iinümt idmur teitwMtdkti. nne uu'tt Pa ".MuMmu iumi 3 du im';. Mudn- uttP 3ioPt mitn Put nulluni ^n'mirJt f ortamln tttitt t ft 2e- lud nuiP oIht u.idi i'i'.idht ed« tdt

ailiVIUMltltti'lt tlUVPi'H Plllh'll, PilH lu't i>t' tll 1K K l>V;iia 1;UU dn illlv ml Pilv Vüllv

'iViPt'ii Pti-> 2dtUM; ui Pir \\ntiMMitn' lt tt i> Pn1 Mir du- nt ihrer uruuMiitiituniMt f l* i Jifit Vlnloae tcvtu\ ^cnuieii ituP iK\u\ ^viu Pa 3d)UMdiulu' Put tu- iihMM Mloitcr \Miidniu in txTinM-finvMtN'r 'it;nic lutnlnu aouiiHit hin l'iuilu' loiii'dh' ^iTiimiinvn i itt %l;i'ital an ^^l OKMmuri unfr O'iü'in'iiunvn

6ivTviluu numii aiti ^It• ^'itlnin- b^i ^vuiluitic \MpJi.iua >iUMht-> Inn Ttf Mirrtu- u'.ir tnn^rrr ;|ni crhrlMirt) tlnitor «i l -> um»! on't I umii^c m»- ^md) heu WaiMniMi II. ^mdl Pen \>\:\\uux tu-t-rit 0'1hmi'«> kymiüh*

ocr^rov.i'rt. rmt r Olm 0 In litiM niaie ll>7 l>tr tun Piulic i.iii>i.ito r rtt^til-auiU' an itttP Pro li'^h t iit rolnt LMitit lu'Ü Pu" m 1 1 tciun iit : unta Pi li! Oln^re nlMiu'it

tfuto %^i-Ml!i«-d'iitti* Per ölten 2i>iPi, Pu" Iii t^ : > uint im U-üti-.-'i.ln'it Mrieiic ilu d^mfta Hindu--? ^tu :«n tu ti hiliu-ü, ot ü'i^i imm Pov 2 di',iPi-iiiti«i Pu-n-> Jv-itiil'utniiiu,-.

*• ot tiniuviiP »tiHi'te 121.) \ ti it t iM'lailinl ihn- l_M_' fei i'um l'^:nt (»Kittctt P.io MhM't.i ridwutitml

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1>ii>nneini im ÜKittelaUrr.

üdi an luden Urfuiibcn lumiubet, ift runb, bat in feiner Witte einen breiecfiaeu nctoblbtcn 2cbilb mit bem babiidieu 3rt)räqbaUcn nnb trä«|t bie'Umfarifl „SIG1LLUM CIVIVM IN PHOKZliEIN", b. l). tieftet ber Wtra.iT in %^ Olxheim.

v?leltefte* BtaMuead.

Tu* rrßrmal 1256 an einer ftmcnalbcr Mloftmirlunbr

aufvKfunDai.

frieit Sef|illiif|e.

is>a* bie inneren ^crbaltuiffc v^>foi \hcintö im 13. Mrijunbrrt anbefanflt, [o läftl ftii> über biete menia, beliebten, ba bie Ur (unben nur fpärlidjen ftuitctyufi Reben. Ter 3tnbt ftanb ein Wm SKarfarafrii ernannter Bdiultbeifj vor. Nrnnnut nl > joldjer uurb \\irru Erlern in Vi eben er. Bein ^uicbfolacr nmren bie 2d|iilil)ei({en a rieb rieb nnb fretnrid) von 3tciutar. Unter bc'> Irreren s<8eriualtuna, mürben bereit* \nuuf v<Hürßer al« ,NW* ulni'orene ober, wenn man )o null, atv Btnbttitte ßeHhiblt ;{u tan iduut ermahnten WannentLnter filmen im Vaufe be\> l.l oabr huubrit* und) einige weitere M (öfter: für bie Tom inilauer innen lauf bem %)>iaur Oer it'ttiaeu v>eil nun ^fleaeätlftaft >, für bie T 0 Dl i u 1 1 n n e r < heim tfd)ldp(a$f i nnb für bie a r a n i •> Inner iau! bem stalle ber lanbftumnteiniuftaltt. ttltd) eine „Mtrdje tu $f 0rif)etm", liuunit Uenmitlid) bie Vlttftnbter Mir die anneiut in, uurb anaetubrt, ebenio bie 2 t 'Jtttolaite

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10 ^forjlieim im Mittelalter.

ta pelle in ber 911 tftabt. Tic a,ciftlid)cn (Minor beiafteu Arcil>cit oon ^llnvibcn unb Ticnftlaficn, um* oon ber ^fonheimer ^üra,er fdjaft um jo uiniiiiv*ncl)titcr empfuuben tourbe, al* bic Wetuoinbe laften unb and) bic perfönlidKit IViftuuant auf tut* Nrunbeia,entum aeleiit Umreit. 1"M4 mürbe ba> s}>atronatred)t über bic s\>hn\ beimer Mird)en lKutterfird)o oon 2t. Martin P?lltftabti unb Ailiallirdic uou 2t. IVidwel i 2d)lofjfird)e> mit allen Wed)teu unb WuUuna,eu an ba* Sl l o ft c r M i d) tont l) a l oora,eben. ( I io 2d)lofn*ird)c mar abbämiia, uou bor ?lltftä'btcr tt trifte. Vlud) fpiitor, al* elfterer oom s^ifd)of von 2peier eine folbftünbia,ere 2telluiia, eingeräumt nutrbe, blieb ihren Pfarrern ba* Wedu bor laufe unb ber ^erfünbia,una, a,eiftlid)or 'Muorbuitna.eu vorenthalten.)

out 14. oabrbunbert eutftanben in ^forjheim nod) einige anborc Ml öfter unb 2tiftuna,eu, fo ein \H u a, u ft i n e r f l o ft e r, beffen 2taubort fid) imftt mol)r ermitteln läftt ; ein weiteres v?l u a, u ft i u c r fl öfter, ba* fid) am ^AiifeuhausplaK bofunbon haben foll; ein ^eiiu inen bau* ib. I). ein .ftau* für fold)o s}>erjoncn, n>old)o fid) obue Nelübbe unb v^eobad)tuna, oon Crben*rea,elu \\\ Uebuua,en bor VlitDtnftt unb \u ^An^ltbatiaJoit*;merfen lUTchtiaun i; ferner in ber ^rölthtgcr ^orftabt ba* .ySoipitalbait* be* heiligen Weifte*, ein 2 i edjen f p i t a l vor bom Iranltbor unb ba* 2 t. <^eora,euft i ft auf einer Vlnböbe vor bor Vlucr ^>orftabt.

Tor ^for^bciiner *h' arflplaü, WeLfter oermutlid) uou jeher bicfelbc Weftalt mio jelu gehabt bat. um* einen aan; pralnid)on 2inn bei Vlnlaa,e bor 2tabt bewie*. wirb bereit* lXlti ermahnt, itfir erfahren bei biojor Weloiienbeit and), baft ba* M Unter Herren alb unten am "Warft ein 2teinbau* ooobl ba* jeUt VI luv Maijfer floböriaei mit einer \Sofftatt befall. Tie uu*brüd'lid)c ^qoidntuna, ., 2teinl)au*" bered)tia,t \\i bor Einnahme, bau fteinerne Käufer bamal* nod) eine 2oltoul)oit untren unb bio meinen Wcbäube loobl au* Aad))uer( boftanben. ^on beu batualia,eit 2traf?on bor 2tabt Werben genannt: bio ^rö imitier (sin t je, eine Ali dt er (\afje unb bio uiiena,ai io. Mepflaftert umreit bio 2 trafen bor 2tabt nod) imftt, beult biete Wopfloaonhoit (am erft im 1 T». oabrljunbert auf. Cime* 1 r ä u f 1 1) o r e *" wirb 1 a,e bad)t unb be* „Vlltftabter Sltorc*"4 in einer Urlaube oon \:\s\\. Vlud) be* eitel graben* unb bor anüoüeubon ^leid) Wiefe acfdüclH frühe id)Ott Chwabnuna,. Tie Vitt er s^rüdc Wirb al* „fieunin Druden" l.u;f> crftmnl* ermahnt, bio Vitt ftäbter ^rücfe (inte ^orbiubuna, ^midien beiben Jsluu

ufern hat an letnerer 2teUr ioboit»all* aber idton lainu' oorher boftanben. ^%on iWühlon merben aufgeführt bie „^o^lerin Stühle" unb bie „^triemenmühle". sXK\i erfterer bürfle bio Chermühle, ioater and) 1,,,UMnitelmühle ivheinou, unb mit lilUerer bie iKonnenniuhle aamim jeiu. 4vohl oon \Hnfant\ an tft i^te

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Worpheim im Mittelalter. 1 1

Wtlianbene 'JSafferfraft ,\n 3Nüf)len unb flcincn inbuftriellen iBc i riehen vertuenbet tuorbeu.

lieber bae ISrtverb kleben ift nid)t viel ju melben. Tie vertriebenen \>a ubtoerf e, mie slt*ebcr, Färber, 2d)tuiebe, ^immerleute, Dörfer um», untren oorbauben nnb tuobl auch Hin1» }tinftßemä& oraanifiert; und) Aifdjer unb 5tfeiua,ärtner tverben aenaiinl. Xa* Alofttuefen fdjeint trübe fd)on von Sfebeutltng ftetwjcn \u fein, benn bereit* I.U2 luurbe jmifd)en Nabelt, $£ürttem Vera, nnb \>eilbrouu ein AlbtVrei Vertrag aba,efd)loffen. ^ebenfalls u>iir vJ>for\l)eim fd)ou tvea,en feiner aüuftia,cn Vacje an ber ^>er einiiiuna, von brei ^lüffeu ein .ymuptplaft für bie ^löfterei unb Itaben viele feiner ^emobuer mittel nnb unmittelbar ihren Unter Italt bnrd) biete gefuiibeu. (£* finb ^emeife bafür oorbanben, baf bie ^for^beimer Alöfterei a,ea,eu ISnbe be* 14. oabrbuubert* it)r Wefd)äft bie- nadt IKainj au*a,ebebut baue.

Tie ^lünev>nnft mar eine anaefebene (Silbe nnb hatte mandterlei ^orred)te. 3o bnrfte fie am foa,. tUcar,\enmatffl mit hatten nnb SNttfll aufgeben nnb bie ^etuadjima, ber 3tabt übernebmen.

$t*ie bentertt, bürften frühe fdjon bie Wetuerte $unfta,emäfj oreuwifiert aemefeu fein, tuie ja and) in bett alten Meid>>ftübten nnb fürftlid)ett Wefiben^en bie fünfte nod) eine anbere \JVbeutuna, hatten nnb einen militärifd)en libarafter trugen. 3ie ftellten \xir JKerteibiglinß ber 2tabt bie nötige Wannfdjaft, bie fid) and) \u Griebenfetten fleißig in ben Waffen übte, ott s^f Olxheim mar e* in ber erften ;{eit ber t'inbeuplaU, ben bie ^lmibrnftji1)it(ten benünten. später tunrbe ba* 2d)ietjt)aii* vor bie ^rouimyr tforttabt verlebt.

$ga« bie bamaliaen Welbuerbältuif fe betrifft, fo tunrbe netftcti« nad) ttfunben ßeredntet. iSiu ^funb geller" jäblte 20 3d)illina. nnb ein Sdnllinfl hatte 12 geller. Somit maren 240 .öeller ein vJ>fuub, nad) nnferem jefttftetl Weibe etma sJüit. 50 Ter It^crt be* ^funbe* Verminberte fid) aber fpäter

um ein aan^e* Trittel. ;{u »Hnfaua, be* 15. ^abrbunbert* mürben befahlt: für ein Walter Moni 4 5 2d)illiuae iWt. I 40 bi* IHl I.TO), eine Cl)m $i*cin 10 3d)illinae iWt. :t.50), einen s>ammel ober ein rdjaf 4!/t 2d)illinae i'Utf. 1.55», für ,\tvei Mühe nnb ein Malb 5 ^fnnb (Wf. 35) nfm. nfm.

?ll* vornehme s}>f or \beimer Wej d)led)ter loerben bezeichnet : bie l'iebeuer, &eift, Mott). -V>opf, ombof, t'ea,el, Mappen herr, 2teimar, Rlab, (Molbelitt, tMoftlein ober fttöftlin, sbM*>, Mümelin nnb Tnrlad). Um ber ^üra,er f dja f t merben it. a. genannt: im 14. oabrbunbrrt: Webin, Wie*. Werfer, Münlin, i^olft. ttortnrin. fceiniliu, 3eitrtet>, Holtmar, fllbredn, ^erduholb unb Juni; im 15 oalnbunbett: Gatter, Ainf, t^ermiii, <Moft,

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12 Wonlinm im «iUtelnltfr.

Manier, Mieter, Mod), Mommerell, Müulin, Vu[\, äWiinlin. Waler, Wüller, 2attler, 3d)äfer, 2d)iteiber, 3ii^clin. Unserer, Waa,ner, Weber unb Wilberfiun, all l> Manien, bie fid) teilmeife bis auf unicre ;Jeit erhalten haben.

*

ber nad) bem 12SN erfolgten lobe Wubolfs T. vor (genommenen ieiluini ber :l)tarfa,raffd)aft unter feine vier Sohlte fam ^tor;l)cini an .Sperma n it VII. unb tinia, von biefem auf befien 3ol)n )M ub ol f IV. über, ber innere 2tabt \\i feiner Wefibeit} mahlte unb ben Warnen ...Wr von N}>for:,beim" führte. 2eiu 2ol)ii Wubolf V. ftarb i:»til ;u s^for\l)eim fiuberlos. mesbalb famtlid)e babnd)e Laube unter bem Sohlte bes alteren trüber* bes ^eritorheneu, Wubolf VI. mieber vereinia,t mürben. ?\n bem Lehensbrief, meldten Maifer Marl IV. im ?sal)re i:W2 bem leljtaenanuten Wubolf ausftellte, ift ynu erftenmale offiziell von einem AÜrftentum ber Wiarfa,raffd)aft Rubelt" bie ttebe. Ter Maifer verlieh aud) Wubolf bie Freiheit, für fid) unb feine sJ(ad)fommen in ber Stabt ^for^heim von Wein unb (betreibe ein Umitelb ,ui erheben.

Wadtfolan- Nubolfs VI. in ber Warfa,raffd)aft loareu bet- reibe nad): ^ernbarb I., ber oft in sj>for\beuu vun hielt, oafob I. unb Marl I Ten lentereit tennt bie <siefd)id)te als unruhigen Movf, ber ftd) eherne in .v>äubel mifd)te, aud) toenn fie ihn ntd)ts aua,ina,en. So geriet er I4H2 in Oiemeiufdjaft mit feinem trüber, bem s^ifd)of <^eora, von Wen, unb bem traten 11 ( riet) von Württemberg meaut ber ^efenuna, bes er\bifd)oflid)eu Slubles in Main} in einen Mnea, mit bem Murfürfieu Aiiebrtd) von ber s}>fal'v ber aber für ihn unb feine ^erbünbeten einen üblen Vlusaaua, nahm. lVad)bem fdjon im Aebrnar 141.2 ber „bofe aiiH" in bte Marfa,rafu1)aft eingefallen unb bis ^for^heim vora,ebruno,eu war, mofelbü ei mehrere Torier verbrannte unb bas Wemd)ina,er Thal verheeru*. vereintsten fid) am 25. ^uui bie ^erbünbeteu bei s}>fot ;henn unb uiiteruahmen von hier einen ^ernuiituna,s,Jua, in bie *J>folv «Hber fdiou am ouni mürben fie von ben ^Üil^ern bei Sedeuheim > ^viidieu .NVibelbera, unb Mannheim > a,efd)laa,eu. mobei aud) bie brei verbünbeten AÜrften in <s>etana,enfd)int gerieten. Um feine Aieiheit mieber \u erlangen. muHte Maria,™? Marl fdimeres Vo'eadb befahlen unb tinmv einen Till feines Vau bes au ben fieetrrid)ni (Seltner abtreten, Tie Statu vl>Toi\betm mürbe \u einem ;ual;ifd)en Vehen iteiuad)! unb hierbei benimmt, bu« bieies nur a,ea,en ^e;nhlnini von 40.(MM» fl. follte rtiifivfatit merbeu tonnen. i*i>?or,neim nutrbe eift unter ber tteajeruua. Marl Aiiebiid)-> im o.ihie 1 7 40 von bei VT'al',i*d)en Lebensbobeit befreit, i

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^for.ftriiit im Mittelalter. 13

^for\heim Ijattc fid) feiten* ber Martyrafen mancherlei SM-ra,ün ftia,u tuten \\i erfreuen, t^enofs aber micberholt aud) bie Vihre, fid) für Heinere unb aröftere \Unlel)eit berfelben nerbitr^eit ober ihnen Darlehen in barem Weibe madjen \u bürfeu. Ta bitrd) tarn bie 2tabt, bie felbft mehr al* einmal ae,)iw"ia,en mar, Weib aufzunehmen, haitfia, in ^orlea,cnl)oit, unb bie auf foldje Weife eutftanbenen 2d)ulben, \a beuen fpater nod) Derfdjiebene anbete famen, lafteten fdjmer auf beut Wemcinmefen unb mürben nameutlid) im 17. oat)rl)unbert, um faum bie Jiufen lu^atylt merben foniucn, immer a,rofter unb brürtenber.

* *

\>ier maa, eine für bie Med)t* unb 3itteu ^erljäl tniffe jener ;}eit djarafteriftifdje <skfd)id)te eina,efd)altet merben.

Unter beu ^ahlreittKii ?lbelia,on. bie in ber .^weiten Wülfte be* Mittelalter* \\\ oeridüebeneu Reiten in %J$f Olxheim lebten imir nennen hier bie Memd)iiia,eu. Weippera,, iihina,eu, Wort), 3ad)fcn heim, Neutrum, Alehina,en, Medjler imit «rtjioanborf, Wad)ina,cr, 2d)önor von «traubenharbt, .sxrtiiit|vM)aiifeit( Wremp oon Ateuben item, tfmbeni, Sterine!*, 3d)auenbura, ttfm.i befanb fid) aud) im I ! oa()il)itubert bie a a m i l i e liefe n a it. (Sin (Wieb biefer Aumilie, .v>eiurid) iu>u Diefenau, ftanb am 3d)lttffe be* 14. oaljr Rimbert* in bebeuteubem ?hifel)en unter feinen ^for^heimer rtanbc*a,eiipffen. 3eine* fronen Weidvitm* meant mürbe er nur oer „retd)e (Mölbltn" arnauut. Tem bamal* reajereubeu Matt iirafcn Lenthal I., meldior öfter feinen \>of in ^fut^jeim hielt, ftanb Wölblin fo nahe, bau il)m ber Marfaraf mieberholt bie VThre be* ?litbora.eu* ermie*. später fiel Wölbliu in Umiuabc, turmntlidi al* er fein <sMb mieber haben wollte, unb ber Mail ajaf lieft ihn al* feinen Aeiub erflaren, fo baft ber Mitter fid) iHTanlaftt fal), au* beut V'aitbe yi fliehen. Iii ftellte fid) unter heu 8d)ii0 be* Wtatett oou Württcmbera,, ber il)n :>um Slerfler Vwernharb * aerne al* feinen VM)cu*mann annahm.

%Jmifd)en iMaben unb Wüttembera, tarn e* au* biefer unb anbei er Urfad)e \\t 2ticttia,feiteu. \u bereu 3d)lid)tuna, ein 2d)ieb* aerid)t nad) t'eoubrra, auf 8. September I :»!>!! einberufen mürbe. $or biefem Oiendjte flaute ber Vertreter be* :Warf prüfen von Nabelt über bie ^erlelmna, ber ^Wifdieu Württemberg unb Nabelt aefchloffenett ^erträ^e luutfeiteu be* <%afcu von Wüvttemhera,. VT* heifte au*brürflid) in jenen ^MTtiaaeit, baft bie beibett (Mvafeit etnauber beljilflid) fein müftteu, meittt ber eine ober ber anbete oou ihnen mit ira,eub iemaub in Aeiubidjaft geraten follte. Ter mürttembeiivfd)e Vertreter entfleanete. Wraf Oberhalb habe nid)t bie ttbintn gehabt, bie a,efd)loffeneu ^ertriiae \\i bred)eu : er habe ülterbttifl* ;>u feinem unb jeine* l'anbe* Millen ^eilftein au

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14 ffafatm im Mittelalter.

4>cinrid) ©ölbltn uerfc^t imb fid) Ijierbci ocrpflid)tct, tfnu unb ben Seinigen gleichen Sdutfe ungebeten 31t laffen, mic feinen übrigen llntertfyanen. Tie ^Ibfagc fei aber juerft oon Silben erfolgt, imb ^mar nad) ber Serfegung SeüTteind an (Stölblin. ;]it einer Einigung tarn ed nidjt. (£'-5 Untrbe eine nette ^erljanb lung auf ben Wittmod) nad) bem St. 2lnbrca$tag ttad) Wcilbcr ftabt an&erainnt, bie ebenfalls rcfultatloä ocrlief. Grft auf einer 1402 in ^aifjiugcn ftattgeljabten ^ufammenfunft untrbe bie ein ftimmige (£ntfd)eibung gefällt, baß Wraf (*bcrl)arb oon Württemberg bem Warfgrafen $ernl)arb Don Nabelt gegen (Siblin bctjilfltct) fein muffe.

SRun mar aud) Siefenau'3 bleiben in Württemberg nid)t mel)r unb er 50g mit feiner Familie nad) S&t\&, mofclbft er Dad Bürger redjt erlangte unb balb barauf jum erften ^ogt gewählt murbc.

Wülblin fjatte feinen (MB gegen ben Warfgrafen mit in ba$ Sdjmcijcrlanb genommen. ^unäd)ft war er auf (Erlangung fetneä (Mtttfyabcnä bebacfjt. Wit ©riefen unb Urfttnben oerfel)cu, begab er fid) nad) focibelberg juni römifdjen König Wttpredjt unb ftciltc au biefen ba$ (£Tfud)cn, il)tn 51t fetner ^orberung an ^ern l)arb 31t Derljclfcn, bie nad) einer s3toti$ im Ijtefigen s?lrd)ioc utd)t toeuiger alä 00,000 fl. betrug. Xer ttönig mar nid)t abgeneigt, ber &ittc 31t millfal)ren unb er berief ben faifcrlidjcu .frauptmanu oon Himburg, um aU Sd)ieb$rid)ter in btefer }lngclegenl)eit tl)ätig 31t fein. Diefenau legte feine llrfunben oor. Xer Warfgraf erflärte fie für falfd) unb ber 2d)enf Don Himburg magte nid)t, eine binfccnbc ßntfdjeibung 51t fülle»- H«t firf) nuä ber Verlegen l)eit 311 (yel)cn, fanbte er bie llrfunben beä liefenauer an ben Röntg, biefem baö Urteil überlaffcub. ftönig SMuprcdjt rief feine Wate unb Sdjriftocrftäubigcu jufammen, bie iljr (Mtttadjten über bie (hfyfjeit ber llrfunben abgeben follten. Sic erflärten le^tcrc eiuftimmig für gcfälfdjt, woraus freilid) nirf)t gefdjloffen merben barf, bajj bem jo mar. Xie dftdjter glaubten ajjer bem regierenben Warfgrafen s^cruf)arb mel)r, toie bem ^üridjer Bürger Diefenau. Xatf biefer (Melbforberungen au ben Warfgrafen 31t madjen l)attc, ift aufjer 3roeifel 11110 rtlu*ty rtU* einem fpäteren ^erglcid)

Ijcroor. 3ebenfall$ ift bie s?lnnal)me, Diefenau Imbe feine ^orber ungen auf rein crbidjtete ©etoetSmittel gefügt, au unb für fid) fdjou uumafyrfdjeinlid).

^einrid) üou Diefenau fjatte einen 2ol)tt glcid)en 9famen8, bem er mit feinem Vermögen aud) bie nod) nidjt aufgegebenen 5ln|>rüd)e an ben Warfgrafeu hinterließ. Xer junge .fteinrid) erneuerte 1414 feine Jvor'beruugcn an ben Warfgrafen unb al3 fie il)m uid)t gcmäljrt mürben, fam e3 ju offener S^obe, ba bie 3ürid)er fid) irjreä Witbürgcre annahmen. Xod) mürbe nod) im gleiten 3af;rc am Xonncritag nad; Oftern äroifdjen bem Warf-

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9foi#ein im Wittelalter. 15

grafen, freinrid) (MiMblin unb ben •Jürufjcrn „um (tyülblind 5rau uub Minbcr (Guts willen" ein ^crglcirf) gcfrijloffcn, bcr bcm frabcr ein dnbe madjte. £ie Tiefenauer verbreiteten tl)r (^kfrf)lerf)t in £tabt uub H'anb unb gelangten innerhalb unb auger^alb bcr Sdjtoeij ju l)ol)cn tfbren. 147« mürbe einer ber übrigen pm ©tir^ermeifter oou ;{ürid) gemäl)lt. Wurf) in fpätcren Reiten mar bäurig nod) oou ben liefenauern bie Webe, unb felbft in babifdjen Xienften l)abcn fte mieber 5Berroenbung gefunbeu.

* *

Ston ben fötrften ber au bie $krfgraffd)aft angren^enben Räuber mürbe s}>forjbcim feiner l'agc wegen tjäufig $u ^u ja m tuen fünften ^cunit)lt, um gcmcinfd)aftlid)c ^crabrebungen (*,u treffen unb Wutbuiffc ,yt fdjliefjen, mie bcifpielemcifc ba* gegen bie 2d)lcglcr oom 18. re^ember 1:105, ober um Streitigkeiten |U fd)ltd)ten. Wurf) fonft Ijatte bie Stabt micbcrbolt l)ol)cn SBefurfj. 3c» meitten u. a. l)ier: !). Tejember 1347 Maifcr Marl IV., 0. Wugnft 1418 Maifcr 3igmunb, unb 27. Juni 1473 Maifcr Ariebrirf) I1L

Unter Marl I. mürbe 1 4(50 bie llmmanblung ber ^farrfircrjc SU 2t. SMictyael in ein Moll e g i a t ft i f t (Bereinigung ber sJ$farr geiftlid)tcit 51t gemeiufamem i»cbcn nad) ben tanomfqtn Wcgeln) oorgeuommen, ebenfo bie in Verfall geratene Mloftcrjucrjt Oer berert uub enblid) eine lateinifdjc Srfjulc inö ^eben gerufen, oobann 9i euer)! in battc auf berfelben jmifdjen 1460 uub 1470 feine erftc gelehrte ^ilbung erhalten. Warf) beffen eigener Bcr fidjcrnng oerbantcu oicle beroorragenbe s}$for,}beimcr, bereu tarnen übrigens nidjt erhalten finb, bie Wrunblagc ibres 'llMffena ebenfalls biefer 2d)ule. Unter ben Möglingen berfelben befanb fid) oou 1507 an befanntlid) aud) s£l)ilipp 3M claudjtfyon, bcr (Groß- neffe SHeiittyin*.*)

9?ad) ber Sdju lotbnuna erbiclt ber 2d)uluor[tanb oon ber 3tabt ein Untcrrid)t*lofa(, für toeldjeä er aber Ofen unb Rcnfter felbft 31t [teilen Ijatte. (Sine Bcfolbung befam er uirf)t. (£r mufttc Oiclmcljr feinen uub feiner Wct)ilfcn Unterhalt Don ben Sd)it(gelbern feiner ^öglingc beftreiten. Tn* 2d)ttlgclb mar genau ben Bcrmögcn*oerl)ältiti[fen angepaßt; aber felbft bie Wermften mufften mcnig[tcu* 50 2türf liier ober 10 s^fg. geben.

*) JHcndilin hatte feiner ^aterftabt ^for^hetm fchon ein ^nt>r Dor feinem lobe feine reidic 'sBibliottjef mit ber Öefnmntuna, uermadit, bau bieie im St. SMidiadeftift bafelbft *u freiem (Mebraudi aufgestellt werben ioütc. Tic Wbliotbcf tunrbe im brcifua.iabria.cn .\trica.c nad) Stfcilbcrftabt a,cflüd)tct, Don bort aber Derfdileppt. Ter >Heft bericlben befinbet fidi in bcr .fcofbibliotljcf gtt Marteruljc. sJi>ic Voller in feiner ^cfdjrcibuna, bcr 3tabt s£for*bcim mit* teilt, waren noch, m ttnfattfl bes 11>. ^ahrhnnbertfii in bcr 3d)loftfird)c baä tiattjeber Unb bcr Südjcrfaftcn }Rcud)liuö $u febett.

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16

^fiMv,l)cim im Mittelalter.

Stile hatten aufterbem ber SReifyc nad) im JBinter ein M\d)i jiti StiU))ct)ulc mitzubringen unb jeber 3d)üler taglid) ein 3d)eit ftolj ,juni i*inl)ci;,en. SBcnn ein 3d)üler ba* 14. i'eben*jal)r über fdnitteu, toax et oerpflidnet, in bie foanb be* 3d)uloorftanbe* ' bem SWarfgrafen unb ber 3tabt Irene ;}u geloben, ben Veljreru <Mct)orfrtiu ;,u oerfprerfjen unb für olle feine ^erpftid)tungen bie ^for^ueimer <>Jerici)t*barfeit al* ^uftäubig an^uerfennen.

¥t*er bie lateinitd)e 3d)iilc in Ißfor^eim in* ^eben gerufen l)at unb in meld)em oaljre bie* gefd)el)en, ift unbefanut. pflüget nimmt e$ für möglid) an, baft il)re Wrünbung mit ber be* 3t. ilVid)ael*ftift* .ytfammenljing, bereu (^eiftltdje moljl and) al* Veljrer tljätig innren.

Ter berüljmtcfte £mmattift feiner ;)eit, ber in gemiffem Sinne and) al* Öortnmpfer ber Deformation beteiligtet merbeu tttim, 3ol)ann Weudjlin (gried)ifdj Mapniou) mar geboren am 22. Aeoruar 1455 \u ^for^eim, mo fein ^ater mafjrfdjeinlid) ba* ?lmt eine* Vermalter* be* .SUoftergute* bei ben Tominifunern inne ()atte. ((Sine 3d)mefter 9?eud)lin* Ijcirntete, »nie l)ier gleid) bemerft fein foll, ben reidjeu unb mol)luuterrid)teten ooljonn Deuter in Bretten unb mürbe bie Wrofjmutter be* Reformator* ^l)ilipp 3»elnnd)tl)on.)

9Jad)betn SWeudjlin bie (ateinijdje Sdntle feiner ©aterftabl befud)t t)atte, be&og er, uod) uid)t gnnj 15 3afire alt, bie Uni oerfität Jyreiburg unb betrieb pl)ilofopl)ifd)e 3tubicn. 1473 begleitete er ben SJ$ ringen ^riebrid) oou Stoben nad) sJ>ari*, mo er feine 3tubien fortfetUe unb fid) bie }lnfang*grünbe be* (%ted)ifd)en aneignete. Ta* folgenbe onljr begab fid) ber ftreb- jame oüugling und) Stofel; l)ier oertiefte er fid) mit .fttlfe eine* (Mriedjen in ba* 3tubium ber 3prad)e be*felbeu unb mürbe 1477 SMagifter. Sttofjrcnb biefer ;}eit gab er fein erfte* Wert l)crau*, ein lateinifdje* ^örterbuet), loeld)e* eine grofje Ni^al)! oon Wuf lagen erlebte.

fcjte bort feine gricd)ifd)en 3tubien fort. 3eit 1478 ftubierte er in Crlean* unb s}$oitier* bie Wedjte unb l)ielt baneben, mie fd)on in Stofel, S>orlefungen über bie lateiuifdje unb gried)ifd)e 3prad)e. Sludj arbeitete er eine gried)ifd)e (Mramnuttif au*. Ünbe 1481, nid Üijentiat (b. 1). al* ein ,yt ^orlejungen SBered)tigter) ^urürf gefel)tt, trat er in bie Tieufte (iberl)arb* im Storte, nad)bem er ytoor an ber Tübinger llnioerfität al* ^rioatbo^ent gemirft Ijntte. UMt Tübingen oerljeiratete fid) Deudjlin unb lebte in glücfliduT, mentt and) tiuberlofer Cii>c.)

^oljnttu Wtmijlin.

$foraf)eim im Mittelalter. 1 7

@taf ©berfjarb, bcr fpätcrc etfte mürttcmbergifcfjc £>crA,og, rocld)er mcnigc oal)rc oorljcr bic £>od)fd)ulc jju Tübingen gegrünbet Imttc uitb oft nad) bort tarn, tuitrbc balb auf beu jungen (Mcl)rtcu aufmcrffam unb faßte ein fotöjeS Vertrauen au ihm, bajj er ti)u au feinem täglichen OJcfeUfctjaflcr unb (Mjeimfdjrcibcr machte, oleitc^liii begleitete beu (trafen (*bcr()arb 1482 nad) Italien unb tjielt in SKom oor bem $apft unb feinen Slarbinälen eine latcinifdjc JRebe, bie bei beu ^ufjbrcrn grojjcö Staunen erregte. 9iad) ber Würffcl)r naljm er mit bem $>ofe feinen äBofntfty in Stuttgart; 1484 nmrbe er 3kifitter bes bortigen .ftofgcridjtö unb 1485 Anmalt bc* Tomiuifauerorbcu* für gan,} Tcutfd)lanb. 2JM)rfad) erfolgte aud) feine $ern>enbung 51t (^efaubtfc^aften. So fam er 1400 *um $mcitcumalc nad) otalicu; 1492 reifte er mit ßberlwrb narf) üin$, bei meldjem 9tua| er 00m Maifer in beu Sfoelßanb erhoben mürbe unb beu Titel eine* ^faljgrafcn crljiclt. $alb nad) feiner Miitffeljr nad) Stuttgart erfd)ien feine berühmte Schrift Atom muubertl)ätigen Sort". '

9Wtt ©berfyarbö 9fad)folger oertrug ftd) ffieudjün nid)t gut. Terfclbe ftaub unter bem (S'infiuft bc* gcnriffcnlofcn Dr. .ftolAinger, unb fltcudjlin AOg cd 511m l'eibmefen aller gutgesinnten 'liMirttcm berger uor, 1496 in bie Ticnfte bed pfäl,yfef)cii fturfürften 311 treten. Tiefer ernannte il)u 1497 511m furfürftlidjcu SHat unb (£*r Ajcljcr feiner Söl)ne unb in beffen Auftrag unternahm 3icud)liu 1498 jeinc britte Womrcifc, bie il)in mieberum oiele ^lucrfcunung eintrug.

Sd)on im folgenben 3af)rc trat er jeboef) in ben roürttcm- bergifdjen Staatsbicnft Aurütf unb mürbe 1502 A.um TOtglicb bc$ ^id)tcrfollcgium* be-J fcf)roäbifct)ctt $unbc* in Bübingen geroäfjlt, rocld)c* Statt er aber 1513 mieber nicbcrlcgtc, tun gaitA. feinen Stubien 31t leben. Taft er bieje aud) als* ^unbc*rid)tcr nidjt oerfäumt twtte, geigen Oerfd)iebenc Sdjriften, bie teilloeife in ^for^ljeim (bei ?ln*i)elm) gebrudt mürben, fo bie 1505 crfdjicncnc (%'lcgenl)cit*fd)rift „SHarumb bie Subetl fo lang in ellcnb finb", unb im folgenben oafjrc ba£ i'eljrbud) „Slnfangdgrünbc bed fccbräifdjcn'', ba* gerabcAU bal)nbrcd)cnb mirftc.

$on Stuttgart au* ift SReudtfin l)in unb mieber aud) nad) ^forjtjcim gefommen, mofelbft bie Sdjmeftcr iReudjlind, bie Mittue bed 3of)ann Deuter in Bretten, nad) bem lobe ifjrc* äRanneS 3Bot)nung genommen l)atte. 3l)r (Snfel s^l)ilipp Scljmar^erb befud)te bie ^for^ljeimer lateiuifd)e Sd)ttle unb fein Wroftof)eim JHeudjlin foll fid) jel)r für bic Jyortfdjrittc bes aufgemerften ftnabcu intcreffiert fjaben. 993ie bic lleberliefcrung 31t berid)tcn meift, murbc flieudjlin einmal bei feiner ^(umcfenl)eit in ^foiA^cim oon beu gcrabc ocrfammcltcn (^eiftlidjcn bc* ^for^eimer l'anbfapitcld 31t einem (Maftmat)l gelabcu. Wadj $ccnbigung bcefclbcn trat fein Sd)rocftcrcnfel s^l)ilipp mit einigen Mcttfcfjülcrn Oor bie Gtäfic unb

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18 PNrteta im Mittelalter.

führte eine (ateinifdjc ftomöbie auf, tocld)e Sfctic&tut bamals herausgegeben hatte. Bei biefer Gelegenheit roanbclte 3leutf)lin, ber Sitte ber (Mclc^rtcn jener $c\t entfprcd)cnb, beu tarnen Sdjloarjerb in „9)teland)thon" tun.

Tic SBiclfeitigfcit uub Neuheit feine* öiffen* unb bie £autcrfeit feinet li'haraftcrs mad)ten Wcudjlin jum Raupte bes beutt'cfjen Humanismus. Site fold)es crfrfjtcn er befonbers in bem Streite mit ben Tominifancrn $u ttüln, in toclcfycn er ocnoicfclt nntrbe, als er auf SScifung bes ftaifers im 3al)re 1510 ein (%tad)tcn abgegeben hatte, bas ftd) gegen bie Hon bem getauften ^uben "^fcfferforu in Äöln geftellte J^orbcrung, beu ^uben ihre Bücher tvegjuneljmen unb \ii oerbreunen, mit alter ($ntfd)icbenhcit meubete. Balb beteiligte fid) bie gan^e gebilbete Welt an biefem Streite, ber übrigens alle .fytmamftcn auf WcudjlinS Seite Oer einigte. Sluf bie gegen lotl gerichtete Sdjrift „foanbfpicgel" antwortete er mit bem „Mugenjpiegel", morin er fid) fräftig feiner fiattf mehrte. Seine Wibcrfad)cr ftrengten einen s}*ro$cft gegen il)n an, in toeUijem aber 1514 ber Bifdjof oon Spcucr $u (fünften WeudjlinS cntfd)icb. Tic hiergegen nad) 9fom erhobene Berufung führte 1520 ^mar einen uugünftigen Bcfdjcib für JWcud)lin l)erbei, ber biefem jebod) feinen weiteren Waducil brachte.

infolge ber jwifdjen Herzog lllrid) oon Württemberg unb bem fd)toäbifd)en Bunbe ausgebrodjeucn Kämpfe ging Wcudjlin 1519*) nad) ^ngolftabt unb lehrte an ber bortigen Uniocrfität Wriec^ifd) unb .sScbräifd). Tod) fc()rte er fdjon 1521 loicbcr nad) Württemberg jurücf unb erhielt einen JKuf als sJ$rofcffor ber gried)i|d)en unb l)cbräi)cf|cn Spradjc nad) Tübingen. Sd)ou länger fränflid) unb förperlid) nidjt mcfjr nuberftaubsfähig, erlag Wcud)lin aber am 30. 3uni 1522 einem bösartigen lieber, gegen Welches er oergeblid) im Babc l'icbenjell Teilung gefudjt l)atte. Sluf bem i'a(virettfird)l)ofc in Stuttgart nt$en bie ftcrblidjcn lleberrefte bes groften (Mehrten.

ilicudjlin hat fid) als erfter i'chrcr bes (Mricdjifdjcn in Teutfdjlanb oerbient gemacht. (St behielt bie ncugried)ijd)c Slus fpradjc bei, bie nad)l)er im Wcgcnfatf ber bes (TraSmuS bie Meud)lin'fd)e genannt tourbc. TaS fccbräifchc l)at oor il)m fein ftumanift gelehrt, ©r felbft fjat es aud) erft im Wannesalter mül)fam oon einem oitbcn gelernt, unb jWar oon bem faifcrlidjcn Öeibarjl 1'oanS, melden er Wäfjrcnb feines Aufenthaltes in Stnj tauten gelernt hatte. Ter Deformation hat fid) SRcudjlm niemals ausbrürflid) angefd)loffen, obglcid) er iltfclandjthon naheftanb unb aud) mit Luther Beziehungen unterhielt. Sdjlicftlid) hat er fich fogar gegen &itl)cr erflärt, was glitten ju einem J?el)bebrief ücranlafetc.

*) Widjt 1509, roic «ßflügcr angiebt.

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Wotßtim im Wittetalter. 19

3n feinem $Bcrfc „(%e)d)\d)tc ber bcutfdjen Deformation" urteilt Dr. ^riebridj o. Bejolb folgenbermafjcn über sJieud)(in unb ben „3ubenftreir :

föeudjlin mar fein <ißoet, obmohl er gelegentlich ein paar tateinifche ftomöbien Oerfafjt f)at. Wid)t bie Schönheit, fonbern nur bie Wahrheit lag ihm am fterjen. 3cbc cinfettige ftultur ber fcfjönen SSiffcufchaft mar il)m ein Wcrqerni*. (£r erflärte einmal, oerhüten au motten, „baß bie t)ei(ia,e Schrift gan$ oertoren gct)c unb unfere Seelen über bem reijenben GJefang jener Sirenen, benen faum ein Uluffcö miberftchen fünne, iu£ ©erberben geraten." 3Ba$ in ihm mächtig arbeitete, mar eine 2Biebcrgcburt beä (Shnftentumä , mie fic ben ebelftcn (9eiftcrn bc£ italicnifchcn foumaniämuä oorfrfjmebte unb fein greunb Slgricola, ber erfte bcutfdjc ^latonifer, fic träumte. (£r ging $urücf biä 51t ben ehrroürbigftcn Oucltcn oorchriftlicf)cr (9ottc$ertcnntniö, bie er oor altem in ber angeblich uralten jübifdjen (^et)eimtet)re, in ber „ftabbalaf)" , 51t erfennen mahnte. (*r blieb babei jeitlebend ein treuer Sol)n ber ftirche, aber ber einfache (Staube ber (Stiften genügte il)m nicht, tiefem Drang nach ßrfenntniö foltten feine hebräifcf)en Stubien bienen, unb nun jal) er fidj auf feinem £icblingsfclb, auf bem er roirflief) bahnbrechenb gearbeitet f)atte, burrf) bie l)oc^mütigc Borniertheit ber tölnifchen Dominifaner bebroht. Der ärgerliche Streit über bie 33ücher ber 3uben, meiere fflcmfyin nlä äWann ber SBiffcnfcbaft oor Vernichtung 511 fchüfceu flickte, führte ben attemben belehrten in ba£ if)m ungeroofjntc Wetümmet bc£ ÄampfeS. SDfan (ann nicht fagen, bafj er fetbft in allen SUcchfclfällen bc$ Streitet feine feürbe mahren Der- ftanben hätte; aber bie SJebcutung bcS 9ieuchlin'lchcn $>anbelnä liegt roeber in bem (^egenftanb, * noch m ocm herhatten ber fcauptperfon, fonbern in bem arofeen ©egenfafc ber $8eltanfd)auung, ber babei erft beutlich aum Vorjchcin fam unb bie SWänncr ber fte^ergerichte unb Scheiterhaufen auf ber einen, bie ^umaniften auf ber anberu Seite gleicf)fam in jmei unüerf ähnliche Heerlager ipaltete.

f^Ji (£inä ftcht feft : ^eitgenoffen imo ^angeborenen finb einig barüber, bafj Dencf)lin 51t ben heroorragcnbften GJciftcrn £u jählen ift unb feine Vaterftabt Spforjhcim fyat alle Urfache, ftolj auf ihren Sohn 31t fein.

ungemeine Wittcilungeu.

So unficher bie ^anbftraftcn in früheren 3ahrhunberten, inebefonbere in ber üorreformatorifchen 3cit au<h waren, fo fyattc fich boefj ^ßfoqheim cine3 lebhaften Verfchrö 511 erfreuen. Mehrere SReicfjshauptftrafjcn treujten bie Stabt unb festere bilbetc

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20 $for,rtcim int Mittelalter.

eine fcfjr einträgliche ^ollftittou für bie 3)iarf<\rafcn. Um bie Witte be* 15. ?sal)rl)tinbert* beftanben in ^for^heim folaenbe ^ollfäHe: ju Gaffer: 100 .früher ober Horben, arofi ober fleht, 8 Sdjilliua, ^fenuia,, ae,ymmerte* foofo oon 40' ¥äna.c unb barunter 1 ^fq. jebe* 2tücf ; yt l'anb : ein 3$aqcn ooÜ Ciifcn

1 4 $ffl., «alj ober »in 8 ^fq,, ein Marren ooü »in 2

eine lonne .froniq, ftarinq, Jyifche :c. 3 vJ*fq., ein Rentner SSadj* 3 ^fiv, ein Marren Ooll »Ibtoerf für Mürfii)iter unb 3d)itl)mad)er pro sj*ferb 15^fq., ein »iqrn ooll Jud^euq für bie ^ranffurter Weffe pro s^ferb 3 Sdjilliuq ^fenniq, ein sl£aqen ooll aus qefürjrter Butter, 3d)mal;v Uufd)litt ?c. pro ^ferb 15 s)>fq., ein $£aacn Holl Jvrudjt in bie Stabt 2 x}>fq., au* ber 3tabt 1 geller, ein auf bem s^ieb,marfte qefauftctf ober uerfaufte* ^ferb 1 s^fq., ein burd) bie 3tabl qefüljrtc* s}>ferb 2 ^fq., ein Wiub 2 s}>fq., (yoei Sdjmeine 2 s}>fq. ufn». »Mufjerbem bc.^oq ber Warfqraf nod) in ^forjheim: oon* 100 fl. Steuerfapital I «d)illinaj oon je

15 Watt »in 1 Waft, oon jeber ber 20 erblid) oerlierjenen iWcticIbänfo 10 Sdjillinq v}>fenniq, fomie i> 3d)illinq s£fenuiq oon ber Wcliqer ^unft, oon jebem harter 10 3d)illinq>}>fenniq, ebetifo oon ber härter ;{unft 15 3d)illiuq s}*fenniq, ferner ;Jiu|cn oon ber t^ait unb Celmül)le, oon brei £d)leif unb (^oei Mupfermül)len, oon ber Säqmüljle im £vtqen(d)ieft, ebenfo oon »iuqiirten, Käufern, oaljrmärften n\, foioie oon liefen. »Hn Wühlynfen muffen entrichtet werben : oon ber *&aaniiil)le 30 Walter Meinen unb 30 Waller iNoqqen jäbrlid), oon ber 5pitalmüt)le ebenfooiel, oon ber Mloftermüijle 20'/* Waller Mernen unb eben fooiel Moqqcn, oon ber Pfriemen ober Wounenmüble oon beiben ^rudnforten 20 Walter unb Oon ber ;{loinqelmülile ebenfalls 20 Walter. Ter £errfd)aft aeuürten ferner fämtlirf)c Jfrcocl, b. I). bie (iTträquiffe au* beu auferleqteu duften; aud) befafi fie oerfdjiebenc »tlbunqen in ber (Meqenb oon s^f Olxheim, barunter aud) beu .v>aqenfd)ieft, über welchen ein eigener <\örfter gefeilt Uhu*. Ta* (Geleite ber Maufleute unb iljrcr »nett bilbete ebenfo eine nidjt unaufebnlid)e (Einnahmequelle. So mürbe 1452 ^oifdicn bem Warfqrafeu ?safob unb bem pfäl^ijdjen Murfürften ein $er- traq batjiu abqcfd)! offen, baft bie ^abener bie .v>anbel*leute oon ^forjheim nad) Bretten 511 bem alten Walsen unb auf ber aubern strafte $u ber |Jieqcll)ütte in Minfliuqen, bie ^fäljer fie aber oon Siefen beiben fünften nad) ^for^eim geleiten follten.

3u ^for^heim, al* ber u>id)tiqftcn Stabt ber Warfqrafjd)aft, mar aud) bie fürftlid)e Wün ^ftätte unb fd)on 1413 mirb al^> Wün^meifter ein ?\afob ^röqliu ermähnt, $on anbeten l)cr oorraqenbcn ^erjouen fiub ,^u nennen : ber qejdjidtc .'Dofyfdjneibcr Johanne* Mern, ber bie (il)orftül)le in ber Stift^fircrje ,^u s^aben oerfeniyt hat, unb ber ^Irmbruftmadjer Withacl ?lrm-

itforalKim im Mittelalter. 21

b r u ft c r, ben Marl I. von allen Steuern, ftrobnben unb fonftiflen haften befreite. ;}uuor fdjon lebte al* Säuger unb Tidjter „SR et ft er &einrid)" Ijier. tct>t umlauft bat Meud)lin ^>for,v beim al* eine Sterbe ber Münftler unb $>eimnbrtna,eriu bebeuteuber gfiftifler .Strafte" be^eidntet.

$on ontereffe ftnb bie uerfd)iebeuen ^ruberf cf)af ten, bie im ^'aufe bes 15. 3al)rl)iinbcrt» in ^fin^beim unter beu ^lugebörigeu ber i»crfci)i ebenen fünfte errietet Untrben. £aö .sminbwerf batte näiultd) eine boppelte Innung ober Bereinigung: eine redjtlidje, meldje in ber ^uuftorbnuna, enthalten mar, unb eine religiöfc, bie in ber ^ruberjefyaft jum Äiwbrncf fam. So mirb 1 423 eine $trubcrfdjnft ^mifdjen beu s^ärf*erfncd)ten unb ben SWeiftern unb Pflegern bee Siedu'ujpital* ryt ^for^beim ermahnt. 3ic batte ben ;}mecf, bie Pflege unb Besorgung erfraufter ober arbeit*unfäl)ia,er ftaubmerf* ^Ingebörigen ju fiebern, ttcfntüdje SBruberjdjafteu bcjnftcu bie Sdnteiber, bie £d)ul)mad)er , bie ftimmerleute, bie Si>ebcr, bie Stfcingärtncr uim. ?lnd) unter ber ^üra,erjd)aft beftanb eine allgemeine Bereinigung, meldje „2t. Mattbiefen ^rnberfdiafr biefi. Tu* Vermögen aller btefet ^ruberjdmften Uuirbe fpätet JU einem allgemeinen fllmoieufonb

*3ffo*3$etm unter "g&tarfigraf ^ßriflof.

Tie etabteorbuung.

Ii ben tieften Surften Gabens ift Mario I. Sofyn,* (S l) r i ft o f I., ju rechnen, bcr oon 1475 1515 regierte. l£*r vergrößerte )ein &mb burd) ia()lrcicfjc (£m>crbungen uub audj ^for^ljeim l)at unter il)m einen )o bebeutenbeu W n f f d) tu u n g genommen, bafe fid) mol)l oerloljnt, fjierauf in einem bcjonbcren ttapitcl niil)er einzugehen.

©ffon&erS mistig ift bie Stäbtcorbnung, meldje bcr Warfgraf im 3al)rc 1491 ^for^eim ucrlicl)cn hat. ©e beredte bie $örberuug ber Freiheit, Sid)crl)cit, iNut)c unb Wohlfahrt ber SM'trgerjchaft, nebenbei aber aud) bie Nahrung ber Ianbcsfürftlid)en 3ntercffen, inbem burd) bie Slufhcbung ber bireften Steuern unb bie Einführung ber $erbraurf)öacfijc eine nid)t unerl)cblid)e s^erme()rung ber Einnahmen bcö SÜcarfgrafcn beluerfftelligt umrbe.

. Tie neue Crbnung bcftimmte, bajj bie ^emohncr bcr Stobt s^for3l)eim famt ihren ^ßorftäbten unb ber s?lltftnbt „in fünftigen Reiten unb Tagen emiglid)" oon' J^roljnben unb Steuern ent bunben fein follten ; fie enthielt ferner bie ;}ufagc be* SdjutieO ber perjünlid)en Jrc^)c'l 1,110 oc* Eigentum^, ba£ Wed)t ber ^rei^ügigfeit unb ber ungel)iuberten s3lueübung bes Berufe*, baä >Hed)t ber Wutmicfiung be£ (Mcmciubcgutcs unb einiger (Gefälle, fotoie unter gemiffen ^orau*icfcungcn Sa3 »ied)t eigener Bericht* barfeit. ftttbere ^eftimmungeu galten bem f)errfd)aftlid)en <^ertd)to ftanb in ^forjheim, ber Stabtbcmad)ung, bem Iborfdjlufj unb ber SMirgerannahmc. SVjüglid) ber lederen mar ucrorbnet: „Ein jeglicher ^rember, ber gen s^for^)eim pichen mill, joll uon unferm Sdntltrjeificn angenommen merbeu unb geben einen Schilling Pfennig ber Stabt, einen Sdjilliug Pfennig bem Sd)u(t hcijjen unb einen Schilling Pfennig ben Webüttelu." Tic Unter fäufe mürben aufgehoben ; and) erfolgte bie ^erminberung bes ^funb^olle* auf 1 Pfennig pro Wulben. Tie Errichtung einer Oiclbmechiclanftalt, „allmcg uon einem Sd)ulthei&en mit famt bem

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$for^cim unter ittarfgraf Cfjrifltof-

$ürgcrmeifter jum l)öd)f4en verliehen", War auf ftanbel unb $8anbcl uon uorteilhaftcm Hinflug.

Daft bcr Wiirfi^raf bei bor Wcuorbnung bor ftäbtijcl)en ^crhtiltniffc nicht ,yi fur,^ fam, ift fdjon augebeutet worben. Die $)errjit)aft behielt fiel) vor bic „Cbrigfcit unb ipcrrlid)feit", alle it)re (Bülten, ^injen, Meuten unb (Gefälle, „wie fold)e$ AlleS auf un$ fommen uub wie cd bisher ingehabt", ebenjo im Notfälle bie Auferlegung einer Mricgsftcucr, jowie ba* SHecfjt ber Aufnahme uon (Selbem. Der 3Mirgcrfd)aft Würbe c* jur ^flidjt gemacht, ben l)errfd)aftlid)en „Sd)ablo*briefcn", b. t). 3d)ulbver|chreibuugcn „allmeg aud) gehorjam" 51t fein unb „$u tl)im ol)ue ^iberrebe."

An bic $>errfd)aft Waren f olgenbc Abgabe n 511 entridjtcn : uon jebem Bürger unb (*inWot)ncr uon allen ^rüdjtcn, bic *ur ÄKühle gethan ober au Wrot uerbarfen Würben, unb AWar uon einem kalter Kernen 12 $fg., Joggen 9 $fg., Fintel G (Werfte gerollt ober gegerbt 3 ^fg. ; über unb unter einem kalter cntjprcchcnb bem Cuantum, nämlid) uon einem Simri Meinen P/a ^fg., uon AWci Simri Joggen 2 Vi s^fg. ufw. Die Füller, il)re Familien unb iljr QJefinbc hatten einen l£ib 31t leiften, ber fic ucrpflid)tctc, leine Rnic^t ju mahlen, beuor it)nen ba* „s^oit $eid)en", b. h- ber ^emeiä für bie bezahlte Accife autfgebänbigt Worben mar. (Sbeujo burftcu bic härter nur gegen ^erabfolguug be* ermähnten Reichend ü^rot baden. (Die N&ortAeid)cn beftauben . in runben ^lcd)ftütfen uon ber (Prüfte eine* halben (»iilben*, auf beneu ber Warne ber 3Jiül)le, jowie bie SM enge unb (Gattung ber 31t mal)lenben J^rudjt angegeben mar.) Meiner s}$erjon burfte auf einmal mel)r beim ein 3mt ittiel)l (etwa 0 l'itcr) verfauft Werben.

^er s^cin auiu Autfjdjanf brad)tc, mujjtc uon jeber Cl)m ben SHert uon 8 Waft **cin in Wclb entriducn. (Sin ftafc burfte nur bann angeftodjen Werben, wenn c$ 5uuor uon ben „Wc jd)Worencn" uerfiegclt mar. fiür ben 311 foauje uerbraudjteu &<cin Waren G sj$fg. uon ber Cl)iu 511 Aal)lcn.

Die siMefcgcr l)attcn uon jebem Rentner ftleijd) 18 s}% au geben unb barunter unb barüber uon fünf ^funb 1 s}$fg. $X*cr in feiner ^eljaujung jc^lad)ten liejj, mufjte gleichviel Wie bie 5Uie|jger an Accijc entrichten.

3 a Ia. burfte im ."bauMjalte nur bann uermenbet werben, wenn von ber Stabt getauft Worben War.

oebe^ oaljr Würben bie (Einnahmen „chrvarlidj verrechnet" unb in vier Deilc geteilt. Drei Dcile erl)ielt bie £)errjd)aft unb ein Deil verblieb ber 3tabt ^for^eim. Dafür hatte letucre 311 unterhalten bie dauern, Wräben unb Itirme ber Stabt, bie iörütfen, Stege unb Stra&eu, ebenjo alle dachen uub bitten. "Auch muftte fic an bcr SVjolbung bcr ..ttneduc unb Sammler ber (Gefälle" ben uierten leil tragen.

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9fpC8$eun unter SKarfflraf ßnriftof.

Den 9fa$tommen be* SRartgrafen (Shriftof tollten bie v^fot^l)cimcr nur bann ljulbiflcn t>crpflid)tct fein, nad)bem elftere juuor in „jiemlidjer ft-orm" bie Freiheiten, Haftungen unb €rbnuna,en ber $ürgerfd)afi befähigt Ratten.

Xer rrteoorftanb oou bamal* mar (\ufammena,cfelU au« einer rid)terlid)en unb einer uermaltenben ^ebörbe. Chftere mürbe gebilbet burd) ben 3d)u 1 1 () eigen unb ba* Werid)t, teuere burd) ben J&ürgerme iftcr unb ben Wat. Ten Sdjult tjeiften ernannte, wie fdjon früher ermähnt, ber ^anbesberr, ol)ue ;}utt)un ber (tyemeinbe. ÜSö war bem 3d)ultl)eifjen unter jaiyt, einen 9Hkrger anbei* als unter ben in ber Sdjultheigen orbnuua, gegebenen 3$orau*jefyungen gefäuglid) einrieben (ju laffen. £ie$ burfte aber uubebingt getd)el)eu, meun ein Bürger megen 3duilben ober Vergeben fid) flüchtete unb ergriffen mürbe. Vlieb ein Bürger megen 5d)ttlbeu über ein Vierteljahr meg, fo mugte ber 3d)iiltt)cift burd) Veid)lagnal)me bee Vermögen* bc*fclben bie Med)te ber (Gläubiger 511 ftdjern fudjeu. t£;iugrif?e in bie ^efugniffc unb Freiheiten ber Stabt untren bem 3d)ultl)ciften ftrenge unterfaßt, unb bem ^Heg.ytg eilten Vürger* ober (£iu mohners burfte er feine Sdjmicrigfeiteu bereiten. Ta* (»eridjt beftanb am ^mülf ^erfonen, bie ber Vürgerfdjaft entnommen tuurben unb ihr Wntt ein ?sal)r lang 511 oerfeljen hatten. Tie ^uftäubigfeit be* C£erk$te$ mar beftimmt burd) bie Werid)t* orbnung unb befdjränfte fid) in ber .frauptfadjc auf (yoilred)tlid)e s?lngclegenbeiten, mäl)renb bie eigentlid)eu Mriminalfad)en oou ben fürftlidjen Amtleuten erlebigt mürben. Ten oor Weridjt erfd)eineuben Parteien mar es geftattet, fid) burd) „Fürfprecfjer" beraten unb vertreten 311 laffen. gewöhnlichen Streitfällen burfte fein Jvür)>red)cr mehr als fimmed ol)ne befoubere (frlaubnie reben unb hatte fid) babei nod) möglid)fter .Stürze ,yt befleißigen. 3n mistigen Sadjeu jebod) burften bie Fürfpredjer reben fo oft unb fo „bitf" fie mollten, „bamit feine Partei gefäumet merbe."

Tic Vermaltung ber Stabt mar bem Vürgernteifter unb 9Jat unterftellt. Ter Vürg ermei fter mürbe oou bem (Rendite unb tönt auf ein oal)r gemäl)lt. l£r hatte bas Wemeinbeoermögeu ju oermalten, bie Einnahmen unb Sluögaben ju befolgen unb bie Vefd)lüffe bes (Berichtes unb tönt* 311 ooll^iebeu. obren befehlen jolltc er „geborfamen unb nid)t mibermärtig fein." s?lud) mar ihm $ur ^>flid)t gemad)t, „auf bei* 3tabt Freiheiten, töedjte unb Wemobnhciten, ihre (Meredjtigfeit, (befall, töufcung unb Webau ein fleißig Vluffehen $u haben." 3l)m lag ferner ob bie Muffidjt über alle Vebienftcten ber 3tabt, bie .'franbbabung ber ^oli,^ci in 3tabt unb Jvlur, fomie in Wemeinfdmft mit bem Vaumeifter bie Kontrolle aller ftiibtifd)en Webäube unb Neubauten. 91m Sdjluffe feine« Tienftjahres (>attc er töedjnung abzulegen unb burfte feinem

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9fof§$efa unter Sßarfaraf Gfjriftof. 25

9tad)folatt feine KuSffönbe hinterlaffen. Ter Rat tuurbc mic baä Wcridjt ans ber $üra/rfc$aft i^ciunljlt itnb beftanb berfelbc ebenfalls au« ;,tuölf 3Wita,liebern. dr mar in $ettoaltnna,sfad)en bie be)ct)lteflenbe iBchtfrbc, hatte aber aud) in manchen Wna,clca,cn fetten aaneinfam mit bem OJcric^tc 511 befinben.

(Memeinbebebienftete merben aufgeführt : ber 2tabtjd)ieiber, ber ^anmeifter, bie llmgelbcr, ber itornjdjrcibcr, ber Sal,;me)"fcr, brei ^eifdjtuäget nnb ein ^ l ci f et) f d) reib 0 r, bie föetnficajcr nnb $i>cin|chrciber, $mci fyafjeidjcr nnb ber l£id) jdjrcibcr, bie s^rotid)aner, brei ^leifd)id)ancr, ber ^ijd)jdMiter, ber foärinajdwncr, bie (lidjer für HHafte nnb (^emidne, gtori Sftartt» meiftcr, bie Mornmcffer, ber s&*aa,fnccht, ber S&inftictjer, bie Untergängcr ober ^elbmeffcr, bie Nüttel ober 3tabtfncd)te, bie ^icrtlentc (ftnfpaffer in ben 3torftäbten), bie Ihormartc nnb Xf)Oljttjd)liefter, bie 3d)ar nnb sJiad)tmäd)ter, ber 5tabt$immer mann nnb ber 5tabtmanrer, ber Ind) ober 9BoKeitf$aster, bie T^clb nnb bie Salbfdniften, bie 3d)äfer, bie s}$fcrd)mciftcr, bie Birten, ber aWcfiner, ber Totengräber, ber Stfafenmcifter, ber Sdmlmeifter (ber alle Schüler, bie über 14 oaljre alt untren, bem ftüvftcn nnb ber Stabt Irene fdnuoren (äffen muftte), bie s&>inbmäd)tcr, ber Stabtfägcr, ber ^>iel)fd)auei% ber s&*aghan$ infpeftor, ber .ftanfmäger, bie Stabtprofnratorcn, bie .froljmeffer, ber foenbinber, ber Jfcncrfchancr, bie Bingert Iji'tter nnb ber s)[ rmen f ra nf cnroärter.

NJ)ian ficht an* oorftcl)enbcr 9lnf$ählnng, baft bie ftalji ber ftäbtifdjcn SÖebienfteten eine ocrhältnismäfng fcf>r i^rojse mar. Sie untrben für iljrc Tienftc befahlt, aber in ber Wcgel nnr auf ein oaljr angeftellt.

lieber bie polizeilichen Einrichtungen nnb s?ln^ orbnnngcn mögen hier einige äRitteihmgen von allgemeinerem Sntercffe folgen :

Tic iU a rf torbnung beftimmte, bafi 9Rtttu>9$3 nnb Samstag* N& 0 d) e n m ä r f t c abzuhalten feien. Wlle Wcgenftänbe, bie ;>u itfarft gebracht mürben, bnrftcn nnr auf bem SRarftc jelbft oerfanft merben. ?seber Bürger, ber auf bem SHarfte &>aren über einen (Bulben an SBert taufte, muftte anbere auf ©erlangen am ftaufe teilnehmen (offen, „bamit feine Teuerung gemacht werbe." Tic iyrud)tfäufc bnrften nnr im .Stauf bau* abgetroffen merben. oeber Mänfer muftte mit beftimmten Korten erflären, mcld)eu v4>rct\S er ,yt fahlen gefouneu fei. Füller nnb i^erfänfer bnrften ol)ne befonbere Erlaubnis bc* WtrgermeifterS oor 12 Uljr feine rtrndjt fanfen. SBcr gröfterc Quantitäten fanfte, muftte anbere auf itn* Verlangen am ttaufc teilnehmen laffen. S8iel) nnb oahrmärfte fanben jährlich oier ftatt. Tic Crbnuug hierbei hanblwbten jmei Warftmeifter, toeldje ben Verlauf oon allem,

26 . $forj^tm unter ftorfgraf (Sfjrtftof.

loas nic^t tiaufmaun*gut mar, 511 verbieten unb alle Vorläufe Dor bem Warfte ju oerbiubern tjntten. Sic bnrftcn aud) iiidt)t julaffen, baft t£*iner bem Hnbcrn in ben ftanbcl fiel.

9todj bor ©auorbnung burftc berjeuige, meldjcr einen Sftatbau aufführen molltc, ben alten nid)t cljer abreiften, al* btd biefer einer bcl)örblid)cn ®efid)tiguug unterzogen morben mar. SBct ol)ite s^eredjtigung baute, mußt« ben Stau binnen Wonatsfrift mieber abreiften. Unterfaßt mar u. a., ol)nc befonbere (Srlanbni* Aborte in einen SBtittel \a ridnen, mo foletye uorl)er niiijt gemejen, Stfaffcrftcine in eine gangbare Strafte ausmünben 511 (offen unb bem sJJad)bar o()ne beffen ^cmilligung baä !L'id)t 51t »erbauen. 3eber 9ieubau mar minbeftens in .Stnict)ül)e oon ber (£rbe 311 untermauern, um ein balbigeä Raulen ber Sdnoellcn 311 ocr()inbern ; alle alten unb neuen (Mebänbc muftten mit „Neimen, Sdjornfteinen unb jonften geuert Iwlber Dcrfcl)cn fein, unb minbeftenä gnjetma! im oaljre l)atte eine gcridjtlicfyc fteucrfdmu umjugeljen.

Die SH ein lid) feit lag in jeuer ^}cit fel)r im Birgen, aber bod) luaren einige janitärc ^eftimmnngen oorlmnben. 3n ben Straften burftc „fein Wift gcmad)t »erben - unb überhaupt „fein Wefperr" ftattfinben. Üel)rid)t, 9lfd)c, verbrochene ftäfeu :c. bnrfteu nid)t auf bie Strafte unb bie Fintel gemorfen werben, ebenjo wenig tote licre, wie $mube, Stafeen, Sdjweinc, (itänfe, ftityner, hatten, Wänfc ic. öftere muftten uor bie Stabt f)inau£ getragen unb leitete inä Gaffer geworfen ober bem sItfafcumciftcr über^ liefert Werben, ^licftcnbe töloafcu waren nur bei groftem Wegen, jcbcnfaltä aber nur bei sJfad)t JU reinigen. 3n ben einzelnen (Raffen l)atten Bürger ben Auftrag, „ein Wuffcbeu ju t)aben" unb llngel)ürigfciten bem Bürger ober äaumeifter anzeigen.

Xir ©ewerbwbmina..

befonbere poli;3eilid)c ^orjdjriften betrafen bie Crbnungcn für bie Dcrjduebenen Wem erbe. Sie bejagten im mefentlidjeu :

3eber Wüllcr burftc nur feineu .Üunbcn mal)len. Die Wüller muftten bie $rud)t au* ben ftunbcnbäujcrn abholen unb baS Wel)l mieber bal)in Derbringen, ftrudjt unb Wcl)l mnrben ytoor auf ber ftäbtifdjcn $&agc gewogen. Än „Wültcr unb Wolter" burften bie Füller netnnen: oon einem Walter .Kauf fernen einen gehäuften Pierling .Sternen unb einen geftrietyenen Pierling sJDief)l, oon einem Walter (Merbferuen !/a Simri .fernen unb einen geftridjenen Pierling Wcl)l, von einem Walter Joggen ober gemijci)ter ^rud)t *lt Si'mri geftridjeu unb fein Wc()l, oon einem' Walter Smfcr, $u sWcl)l gcmat)leu, einen geftridjenen SSicr^

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$for^eim unter TOar^raf Gtjrtftof.

ling Ü)Jef)l unb von einem Walter fernen ober ^Ko^eit 51t beuteln 1 ftreujer. Sämtliche Wühlen, bereit ef ,yir $c\i ber Berorbnung fünf qab, mufften jälyrlid) jroei bie viermal burd) Beauftragte bef Sfri$t3 unb JHat* uifitiert merben.

2ic Bäder mußten alle Tage, mit Aufnahme ber Sonn unb $eiertage, frifdjes Brot haben unb baffelbe in einem gemein fd)aftlid)en Berfaufflm»* feilbieten. 3n ihrer Behaufung burften fte nur au Jvrembc unb aufnahmfmeife jur 9iad)tteit verfaufen. &errfd)te Wangel an feilem Brot, fo mürben bie Bäder geftraft. Xie Bäder burften niemaitb Brot verweigern, aud) mußten fte fog. Xreinbrot (8uflabc) verabfolgen. Sd)led)t gebatfenef Brot burfte nur mit (Srlaubuif ber Brotjdjauer Verfauft werben, unb jtoar 31t ermäßigtem greife.

Ten Wengern mar bnmalf fd)on aufgegeben, allef Biel) im Sd)lad)thaufe 31t fd)lad)ten. sZBer am Cfterabenb fd)lad)tete, übernaljm baburrf) bie Berpflid)tung, bie Wefeig, b. I). bie gemein^ jd)aftlid)c Berfauffftclle, baf gau.^e 3al)r hiuburd) mit Jyleifd) oerforgen 31t helfen; mer baf Sd)lad)teu an jenem Wbeub unter- lieft, hatte (jfranfyettftfälte aufgenommen) baf Sd)lad)tred)t für baf ganje oal)r verwirft, gauben bie gleifd)fd)auer fad gleijd) nidbt in ber Crbuung, fo mußte baffelbe um ermäßigten $rei$ auf ber fog. „^finnbanf (fo oiel toi« Jyreibanf) aufgehauen Werben. Würbe aber baf Jvleifd) gan3 oerborben gefunben, jo hatte ef ber Wefcger bei Berluft ber &anbmerffgered)tigfeit bem Wafenmeifter 31t übergeben. 9Uleä ^Ictfc^ muftte mit ber Wütfjeite gegen bie Wejjig aufgehängt merben. ilein Wefcger burfte einem tfleifctjfäufer entgegen laufen ober ihm (ytrufen. $ur Abgabe oon italbfleifd) Waren bie Wefrger nid)t uervflid)tet, menn man nid)t JKinbflcifd) ba.yt nahm; eine Sluenahme hiervon mar nur bei Kärnten unb Wöchnerinnen 31t mad)en. Xie dürfte oon jebem Sdnoein mußten gefonbert verfauft merben. ttälber unter einem Hilter oon Dreieinhalb Söodjen unb Waifen unter einem foldjen von 16 lagen 31t fd)lad)ten mar verboten.

Xie $£irt* orbnung mad)te einen llnterfdjieb jtoifdjcn lMaftl)äujeru unb s&*einfd}änfen. (^aftgeber tonnte nur fein, mer Stallung für jelju ^ferbe befajj unb mit gutter für biefe verfehen mar ; aufterbem muftte er jeljn s^erfonen übernadjten fönnen. X>ie &*einfd)änfen burften niemanb beherbergen, aud) feine anbere Speifen außer Brot unb SXiU verabfolgen. Mein Wirt burfte bei Strafe von einem (Bulben im Sommer nad) 10 Uhr unb im XBttttfr nad) 9 Uhr nod) einen Bürger in feinem totale bulben, außer, menn er einem gremben Wefellfdjaft leiftete ober fonft ein „ebt'haftef 0>iejd)äft" hatte. ?lud) burfte fein Bürger am Sonntag unter ber ^rebigt im 2Bt¥t3$aitfe fiften. Ter jutn s}luöfd)anf fommenbe 3Bein mußte burd) ben Büttel ^uvor aufgerufen merben.

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2S

ty'orjfjeim unter Stöarffirof Gljriftof.

9iad) bor Wölb j dj m i c b « o r b n u n g, mcld)c aud) für bic Silberarbeiter Weltuna, Ijatte, mußten acaoffene filbcrnc Staren 14 unb a,efd)micbetc 14'/i lötia, feilt, itfor btess itidjt ber ftalt, fo hatten bie Schmier ba« fliedjt, fie ,ytfammen,;)itfd)la(\eit. geniert Durfte ba« Silber nur mit Mupfcr ober SWcffina, werben. Öcr a,olbetc SBaren burften nidjt oon neuem unb 3)ictfingn>aren emr nid)t ocra,olbct werben, mit 9lu3nat>me i>on URonftran^en. Meiner burfte eine Wm^c jo ocra,olbcn, baß fie einem Wolbftüdc a,leid) mar, ohne ein ^od) l)inburd)^ujd)laa,en. Oon ocrbäd)tia,cn beuten Mcldjc, Mru,yfirc unb anbete Mird)eua,crätc jti taufen, mar uid)t aeftattet Salfdjc Steine in Wölb ,yt faffen, galt für Oetrua, unb burfte jold)c Arbeit nur für einen dürften geliefert werben. I\i« Wölb mürbe für beu a,cmtfhitlid)cn Ocrfchr bc^üajid) feine-? Wehalt« nid)t nad) ilaraten bcrcduiet; mürbe im allgemeinen nur rl)cinifd)c« unb unaarifchc« Wölb, jowic Xufatcn Wölb unter trieben.

SBefonberd umfancjreiri) mar bic Flößer orbunna,, ma« and) für bie Ocbcutuna, biete« (i*rwcrb«(\weiac« in jeuer $eit fprid)t. Mein Schiffer ober Jvlößcr burfte angenommen Werben, Wenn er nicfjt in ^for^eim ober ber äMnrfaraffdwft aufäffta, War unb fein NJWannrcd)t (Freiheit oon ^etbei^enfdjaft) hatte. Mein ftoljhauer burfte .ytfllcid) ^löfter fein unb utnaefeljrt 3cbcr, ber im Saufe eine« Sahire« fein .ftanbWcrf auszuüben bad)te, mußte auf einen beftimmteu Xaa, einen halben (Bulben erlcaeit (£tneft Stößer« Solut, ber an bic Stelle feine« oerftorbeueu Öatcr« trat, mußte einen Ijalben (Bulben (£inftanb befahlen; ein anberer, ber ba« yvloßerflcWcrbc crflr'ff l,n0 ,ufl)i c'uc* Wcifter« Sohn war, ett* it (Bulben. Tic fiuberlofe sIt*itWc eine« ^lößcr« burfte nod) ein ?al)r lana, mit .Sr>i I f c eine« taua,lid)cu Mned)te« ba« (bewerbe fon eften. foattc fie Minber, oon Welchen eine« über 10 3al)re alt war, fo übte fie ba« (bewerbe ihre« oerftorbeueu Wanne« unl«jd)ränft au«^, wenn fic fid) nid)t wieber ocrl)ciratetc. slt<er ba« >Ned)t be« flößen« befaß, burfte bei Strafe oon 0 (Hülben, $md) waffer«flcfat)r au«a,cnommcn, feinen Mned)t«lol)it 51t oerbienen fud)en. Jeber, ber cht 3al)r hinburd) Mncd)t fein mollte, mußte auf einen beftimmteu Xaa, oor beut Amtmann unb ben oerorbneten äRetftern fid) ftellcn unb einfdneibcit laffeu, hatte aber ba« aan^c oahr Muedjt ju bleiben. Ocrfaufte ein Flößer &0I3 im inerte oon 00 1 00 fl., fo mußte er einen anbern iWicifter am ftanbel teilnehmen laffeu, bei einem Söerte oon 130 fl. unb barüber itoei unb bei einem s2£crtc oon 100 fl. unb barüber brei iUteifter. hinein frembeu fool^fäufer burfte feiner nachlaufen, Ter Käufer mußte oiclmchr oor beu ftmtmanu unb bic Oerorbneten oermiefen Werben, weldic eilten ana,emeffencn 'Sßretä machten unb immer jtoei oon beu SReiftern ber Weibe nad) beftimmteu, beu .s;mubcl 311 übernehmen. Mein $lö\icv burfte jäbrlid) mehr beult 5000 Stürf

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$forftf)eint unter SRarfgrnf CSrjriftof-

20

foofy ober ©orb oom 3&a(be beftellen unb oeräufjern; roas barü6cr mar, oerfiel ber fterrfdjaft unb ber ^kmoffcnfdmft. $ic ^loft^eit füllte an Dftern beginnen unb am Walluätag (16. Oftober) auf tjören. v?luf einen Samstag ober ben Vorabeub cincä feiertags in ^for^beitn mit einem ^loft an^ufaln/en, mar bei Strafe oou 2 $funb Pfennig unterfaßt. Uuterlmlb ^for^eim burfte bei Strafe oon 5 ^fiinb Pfennig fein §oh an bie Sägmüfjlen Oer fauft merben. ttnedjte, meldje im &*albe arbeiteten, erhielten tiiglid) nebft ber .St oft 2 NJ>lappart (nad) unferem Weibe ettoa (»() s}*fg.>, oljne Moft, menu fic auf bem Gaffer untren, 4 sJMappart. 3ebe* oal)r fanb oor bem ^Imtmanu unb ben üerorbueten SJJeiftern „Wügung" ftatt, mobei %JDicifter unb Mnedjte bei iljrem (£ibe alles angeben mußten, mas gegen bie ftlöfeerciorbnung gefd)ef)en, bamit bie ^umibertjanbelnben mit ben oorgefdjriebenen Strafen belegt merben tonnten. 91 m iUiontag nad) bem XrcifonigStaa fanb ber jäl)rlid)e ©ruberidmftstag ftatt, bem eine Seelenmeffe für bie Oerftorbenen ;}unftgenoffen folgte. Von allen Strafen fiel ber \>errfd)aft unb ber Stabt bie eine unb ber (Menoffcnfdjaft bie anbete .'Oalfte pL 1555 mürbe bie ftlöfierorbnung abgeänbert unb jiemlid) oereinfadjt.

Sine Prüfung ber in iljreu ftauptpuntten mitgeteilten Stabtorbnuug" laut jeben (S'infidjtigen erfennen, baft in berjelben bie (tyrunbfäfye ber ^merfmafugfeit unb Villigfeit bie benfbar befte ©erütffidjtiguug gefunben Ijaben unb bie ganje Verorbnung über tjaupt einen Weift atmet, ber in feltfamem ^iberfprud) ftel)t i>u ben lanbläuftgen Vorftcllungen über bie „Barbarei früherer 3al)r Rimberte." Wn JWedjt jagt pflüget* : „(£s Oerraten alle biefc Vorfdjriften eine (Srfaljrung, eine fo tiefe ftenntniä ber Gebens oerl)ältuiffe, bis» in bie fdjeinbar geringfügigften CS'injelfjeiten, bajj fic gegen manche auf bem SBureau unb tjinter bem Sdjreibpulte gemachten Verfügungen unb Vcrorbnuugeu fpäterer KeU nid)t ioeuig abftedjeu unb mau feinen Slugenblicf jmeifellmft fein tarnt, mofjin fid) beim Verglcid) bie Schale größerer äroecfmäjjigtett neigen muft. l*s ift bal)er aud) nid)t jn oermunbern, menn bie Bürger oon ^for^ljeim auf tt)vc s^rioilegien unb il)re gaujc Stabtoerfaffung ftol.t toaren unb mit (S*ifer)ud)t barüber matten, baji aud) nid)t ber geringfte Vud)ftabe baoon oerle^t mürbe/

I)ie Vürgerjdjaft im allgemeinen mufjte einen Gib ablegen, fid) nad) ber Stabtorbnung 51t richten unb oljne Erlaubnis bc& Sd)itltl)eiften nid)t roegy^icl)en, ol)nc ben im ^rioilegieubrief oorgefdjriebenen Verpflichtungen nad)gefommen 51t fein, ferner mußte befd)morcu merben, baft bie oorge^eigten Waffen (ol)ue meldje niemanb in ben Vürgeroerbaub aufgenommen tuurbc unb oljne bereu Vefifc aud) feiner fjeiraten burfte) (Eigentum be$ betreffenben Vürgers unb nidjt entlehnt jeien unb bcrjclbc audj

30

$for$fjeim unter SJJarfgraf Gfriftof.

nicf)t bic 3lbfid)t fjabc, fic Mi ocrfaufcn. Gittern aaf)lnng*unfäl)igen Bürger burften feine ©äffen fo Wenig Weggenommen ioerben, iuie fein £mnbmcrf*^cug. X>as ^ürgeretnfaufitaeib betrug 3 Schilling Pfennig, ~\cbcr Bürger tonnte ju allen Remtern gewäfjlt werben, Wenn and) ba* attioe ®aMcfd)t ein bcfdjränftc* war.

SU* Dberoogt in ^for^eim wirb 1484 .fran* oon ftönig* bad) genannt, £a* *?lmt eine* © ri) n 1 1 l) e i 6 e n befleibetcn : SMtl)afar 'Bei* (1476), £>an* InlWcr (1484), tyaul foofmann (1499), fowie Mauren,} Wansfjorn gen. Bibmann (1501). 3um erftenmalc erfahren tutr and) bie Warnen einiger ©titgertrietftet in biefem ^citabfe^nitt. (£* finb bie*: 3of)annc* Deibel (1486), ftonrab heiler (1498), Wieberum ein £aureng Wan*l)orn (1510), föcinrid) ^uefd) (1517) nnb ^eter $ih)n,yel)er (1520). ^on l)cr= oorragenben v^erfönlid)feiten an* ber Bürger) d)a ft finb $u erwähnen: ein Wntoniu* ^ilbfdjni|er (bei Wcldjcm, Wie in Dielen anberen fällen, ber $eruf*namc jnglcid) Eigenname mar), ber gtabtfdjrciber Wcranbcr £mg, Welcher ein SBudj l)crau*gab unter bem litel „iWf)ctorica nnb Formulare beinal) aller £cf)rcibcreu" unb insbefonbere ber $lr$t 3ol)anu Selbmann, ber al* marfgräflid) babifdjer l'cibar^t 1524 in s}$forjl)eim ftarb nnb al* mcbi$inifd)er

<2d)riftftellcr einen bebeutenben Ruf genoß.

* *

$cmerfen*Wcrt ift bie im 3af)re 1502 erfolgte (Wtnbitng einer $ud)brutferci in l)iefiger Stabt. Wrünber mar 3t)oma* 9ln*b,clm an* ^aben, ber in freunbfdjaftlidjen 3*c(ycf)ungen §u föcudjlin ftanb. ?ln*l)clm tjatte ba* (Mefd)äft bi* 1511 inne nnb oerlegte mäfjrcnb biefer $cit eine grojje Slnjatyt oon <5c^riftcn. Sic ^cidjncten ftd) buref) fdjöncn nnb forreften Xrucf an*, toie überhaupt $ln*f)clm al* einer ber tüdjtigftcn 3^nd)brncfer feiner $cit c^alt. Sn feiner ^ruderet foll 50?eland)tl)on, ber befanntlid) bamai* bie ^foqtjeimer Sdntlc befnd)tc, al* Slorrcftor befdjäftigt geWefen fein. 1511 30g ?ln*f)elm oon ^forjtjeim nad) lübingen unb 1515 oon bort nad) Hagenau. 3n beiben Stäbten errichtete er ebenfall* $ud)brutfcreicn. 3n beu Sagten 1522 unb 1523 treffen mir al* $ud)brutfer in vJ$forjf)eim 3ol)anne* Wreiffcn- berger unb 1557 Weorg JTJabe. 9)Jit ber 1565 ftattgefunbenen Verlegung ber Sfcftbeiu t»on ^forjljctm nad) Xurlad) fdjeint unfere Stabt aud) tfjrc Xrutfcrci oerloren 311 l)aben, Wcnigftcn* Oerlautet oon einer foldjen in ben folgenben 3al)rf)unberten nidjt* mefjr. (Grft im 3af)re 1800 mürbe, Wie mir oorau*fd)irfenb mitteilen mollen, burd) l£f)r. J^r. Füller au* Jlarl*nü)e mieber eine ^udjbrurferei f)ier crridjtct, nad)bem jd)on feit 1794 ein befonbere* s-8latt für ^foqrjeim erjdjtenen mar: bie in täarl*rul)e gebrurften „s^for^l)etmer möd)cntlid)cn ^uicfyridjtctr, auf Wcldjc Wir nod) ^urücffommen merben.)

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Int cinifc^c ^d)itle, beren (9rüubung*jaf)r übrigen*, tüte fdjon ermäljnt, nidjt nät)cr bcfnnnt ift. 9tf* Ifyatfadje nber bnrf angenommen merben, bnft fic in ben erften §toei 3af)nef)nten beä 1(1 oafyrfntnbcrt*, alfo nod) ^ur Wcgicriuiüfyeii bcö SDJarfflrafcn CSbriftof, in l)öct)ftcr Glitte ftnnb. *8on bell i)croorragenbcn ^cljrern ber Sd)iile finb nennen : (Mcorg Simmler, $u Wimpfen geboren, einer ber au*ge£eu$netften Anfinge 9fteud)ünä, bi<^ 1511 iiKeftor ber Schule, ferner 3ol)aun Ungcr, 1511 1 524 JHeftor, iüfartin £>il*bad), ooljannc* s.Wcifter, 3afob $8impfeling, 3of)aunc* .V>ilbc^ brnnb nnb sJcifolau* Wcrbcl. s^on beujenigen auegqcidjnetcn Männern, weldje il)re erfte gclcfjrtc Wu*bilbung bnrd) bie $for(^ Ijeimer Sdjule erhielten, finb auftcr 9Refattdp$Ptl aiuufüfyrcn : ©olfgang ttapito, ooljann Sdnocbel (^forjlKimcr), $lbam J?rci (^for^eimer), ttafpar Wlafcr (^for^eimer), Simon Wrtonäuä, 1 ^ertljolb Untier, ttafpar .S>bio, ftranj 3rcnicu*, $artl)olomau£ 2t*cfd)cimcr (^fonljeimer), fomic IStjriftof nnb SKa$ia* ^ertmein (beibe ebenfalls ^for^ljcimcr). lie jroci Ic&tgcnanntcn CvJclctjrtcu

GOOO f(. ju Wnnften nrmer Stubierenbcr I)interlnffen. &fö ^forj t)cim im ^weiten Viertel bc* 16. 3afoftttnbcrt$ feine bcriUjmtcftcn i'efjrcr ocrloren Ijatte, nnljm mtri) ber i)inl)m ber Sehnte allmäfjlid) ab, tooju freiließ nod) ber llmftnnb beitrug, baft anbere äfjnlidjc ftnftalien, fo ba* Xurladjcr Gtymnafiutn, gegrünbet mürben unb rafd) einen SKuf gemannen.

om oaljre 1501 erfolgte bic (Mrünbung ber Singer^ g c j c 1 1 f d) a f t, bie fid) bi$ nnf bic (Mcgcnroart erlitten l)nt.

f)cit (otjnc ^tocifel bie ju jener $c'\t allgemein oerbreitete i'uft- fendje, and) „$ran$ofcn ttranfl)cir genannt, toeil fie angeblid) oou in fran^öfifctjcn Dtenften ftebenben i'anbsfncdjtcn nad) £cutfd)lanb oerfd)lcppt mürbe), tocldjc alle Stäube, jebcS Hilter nnb $cfd)lcd)t ergriff nnb in ben meiften fällen mit einem jammervollen lob enbete. Sie trat unter fo abfdjrctfcnbcn nnb n>iberlid)cn ^cglcit^ erfdjeinuugen auf, inbem bie ftranfen fo(}iifagcu bei lebenbigem ^eibe oerfaulten, baft jeber fid) oor bem anbern abjdjlofi, ber ^rcunb ben greunb, ber trüber ben trüber flot) unb alle iöaube ber 3ulrtmmcngcl)örig^il JWj loderten. Um ba£ grauftge (£fcnb ju liubern, traten fid) cbelbcnfcnbe, beljerjtc Männer tufantmeit &u einer (Mcfcllfdjaft, beren $tocd mar, ben erfranften 3)fitmcnfdjcn unentgcltlidjc .t>ilfe ju leiften unb für baä $cgrtibni£ ber ftorbenett Sorge 511 tragen. Xer Winnie „Singergefellfc^aft" ift barauf $urürf$ufüf)rcn, bafc bie Witgliebcr ber Otfefclljdjaft bie loten $ur legten föutjeftatte geleiteten unb hierbei fromme lieber fangen. Um bic Erinnerung an bic fernere 3cit ber <ßcft unb bic

32

^for^fjeim unter SWorfflraf dfjriftof.

bierbei fid) befuubenbe aufopfernbe Smdjftenlicbe inacfj.uifjnlten, blieb bic WefcUfctjaft and) nod) nadj beut CSrlüfc^cii ber Seudjc beffeben, ?\al)rl)unbcrte (jinburdj bic» auf irafere Tage ein leuchten bc* Tcnfmal crljcbcnbcn SBürgerftnnÖ bilbcnb.

Sa* bie Sitten ber Damaligen x']eit betrifft, fo maren fic natürlich von ben beutigen bebeutenb oerfdjiebcn, mobei übrigen'? nid)t behauptet merben tonnte, bajj bie eigentliche Sittlid)fcit auf einer (>üt)ciTit Stufe loie in unferer ;}eit geftanben l)ättc. Tie allgemeine Soblbabcuf)cit brarijtc c* mit fiel), baft in allen Tingcu ein großer Vlufmaub gemadjt mürbe, fo bau fid) bie Cbrigfcit veranlagt faf), benfclben burd) gcfctilid)e ^eftimmungen ein(m fcfyränfcn. So mar c* verboten bei Strafe Don jebn Sßfunb Pfennig, (ut einer ftod^cit metjr al* fünfzig ^erfonen ,ut laben uub über „fünf gemeine CS'ffen" ju geben. * <l*in .frorfj.uMt*- (tefebenf burfte ntdjt über jtoei Schilling Pfennig betrafen uub

unterfaiit. Wefpielt burfte nur „um ftiirjcmcil" uub nid)t l)öt)cr mie um einen Pfennig merben. (Su^clne ftäbtifdje ^ebieuftete maren felbft Don biefer (Srlaitbni* au*gcfd)loffcn.

@ f f en uub 1 riuten fpielte eine meit größere Nolle mie gegenwärtig. Sic bic alten Sitten uub ^itnftrcdjnungcn au* meifeu, mürben bei allen möglichen (Melcgcubcitcn ;{cl)rungeir' ücranftaltct, wobei felbftuerftäiiblid) and) ber üblidjc „Truuf nid)t fe()len burfte. SNanrijc ftäbtifdje (£innaf)me mürbe „ueqeljrt", mie überhaupt bie Watsljcrrcn ber $*ürgcrfd)aft in biefer ÜBe^iegung mit gutem sÄufpiele vorangingen. Tie Wabnung beä Manier* Wdjtfunit, „ba* Trinfeii nidjt ju Dergeffcn", fd)cint nur einer tiefeingeWurjeltcn (Mcmol)nf)cit entfprod)cn ,m baben, beim jut 5Bcqucmlid)feit ber Stabtvätcr mar auf bem Matbaufe ein eigener ftod), uub ber mirb nid)t nur in ber Müdje, fonbau and) im Steuer SBefctyctb gemußt baben.

Tie befaiinteften Seine, Welche am meiften getrauten mürben, maren: ^aubtvein, Ortenauer, ^rei*gaucr, (Sifäftcr uub JHbcinWcin. Meine biefer Scinforten burfte aber mit einer auberen vermifdjt merben; ebenfo menig übte mau Toleran,} gegen bie 2öeinpanfd)cr. Ta* „Seinanmadjeit" mar ftrenge unterfagt uub nur bas Sdjmefelu be* Seine-? geftattet. Liener Sein burfte ot)iic bel)örblid)e (iriaubuiä nirfjt vor Partim (ytm Witafcfmut tommen. Ser bie ^olijeiftunbe nid)t refpeftierte, mu&te ben üblitfjen „Wadjtgulbcu" ,ml)lcn. Tie 83er)ucf)ung f)ier,m mag mand)ina( grojj' gemefen fein, beim bic 9Ra& gcwöfjnlidjeu

C0fbrourt)c unb Sitten.

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$forjl)rim unter Warrnraf Gljriftof. 33

Söciucd foftctc burdjfdjnittlid) nur jtoei Pfennig, £aß aud) 31t .ftaufc jeitcnö ber ^ürgcrfd)aft matfer gc^cc^t nutrbc, bereift eine ©eftimmung ber llmgclborbnung, nad) twclc^cr auf eine v$crfon jäfjrlid) 3 Cl)m ©et« gcrcdjnct mürben, hierbei jäteten oom Wcftnbc ^tuci ^erfonen für eine.

Hit Spcifen führten bie sBirtdf)äufer : Suppe, Gier, gleitet) unb ftifdjc, ferner Stodftfd)c unb öäringe. Xa für ledere, toic jdjon bewerft, ein eigener ,ftäringdid)aucr angcftcllt mar, [o mufc ber ^erbraud) berfelben ein ocrfjältnidmäßig meit größerer geroefeu fein, tote heutzutage. Scfjr billig lunren fic übrigeud gerabe nid)t, benn bad Stücf galt 1 Pfennig. J^ür 1 Pfennig erhielt man aber aud) 5 (£icr. £ad s^funb ^(eifef) ber ocrfdjiebcncn Sorten foftctc burd)fd)nittlidj 4—5 Pfennig unb mar ber Ätonfum ein gaiu bcbcutcubcr, mad aud beut oor Ijanbenen jaljlreidjcn 3$ic()ftanb gefd)loffen merben Eamt 3ur 3*U einer Weiterung fliegen bie greife natürlich unb mitunter jal) ftd) bei einer foldjen aud) bie iöel)ürbc jum (Sinfdjreitcn Oer anlaßt. So mürbe 5. ö. im 3al)re 1548 toegen ber bei ftlcifdj unb $ifd)en ftd) bemerfbar madjenben Icitcrung ben Birten ftreuge oerboten, an ^lcifd)tagcn ftlcifdj unb Jifdjfpcifcn gufaatmen 51t beretten. Sin Jyafttagen burften fic, außer für iiraufe, bei idjmercr Strafe (ein glcifdj fod)cn.

£cn SScrfauf ber (Mcmüric, ald tocldjc aufjer Salj, Sßfcffcr unb Üümmel aud) Sugmcr, öimmt, Weifen, SJcudfatnüffc 2C bcnüfct mürben, besorgten eigene Wcmürjfrämcr, bie namentlich auf oafyrmärftcn unb .Slirdnocifycn il)rc Wcfdjäftc madjtcn. Stylten mürbe ftreuge auf bie Ringer gefet)cu unb il)r betrieb bttrd) eine eigene „(yemürjfrämcrorbnung" geregelt.

$ic illctbungdftütf c, mcld)c in jener geil oermeubet mürben, beftauben f)auptjäd)lid) aud deinen unb aud SSoUc. *}um Ootlftänbigcn Sln^ug einer SMtrgcrdfrau gehörten: ein Unter bomb, ein ilntcrrotf, ein Oberrod, ein Sdjaubenrotf, ein (Gürtel (l)äufig mit Wölb unb Silber bcfc&t), ein iWantcl unb attßcrbcm nod) ein Sdjlcier.

$)te SBertleute unb Xaglöljner mußten 5ttr Sommert unb 3l*iutcrd$cit friitje an bie Arbeit geljen, unb jroar fobalb cd fo l)dl mar, „baß man eined ^feunigd Süiüiij ober (Mepräg erfenneu Konnte", eine ^eitbeftimmuna,, 0U! 111,0 ic(lt t»icUctii)t eigenartig erfdjeineu mag, aber 5111* (Genüge für ben bamaligen praftifd)cn Sinn fprid)t. 2$cnn bad Salve läutete, burfte JJcicr- abenb gemacht merben. Qu welcher geit geläutet merben follte, f)attc ber ^ürgermeifter nad) SBcfdjluj} bed Wcridjtcd unb SRatS ui beftimmen. 3n äl)ttlid)er 3£cifc mürben morgend aud) bie Ifjore ber Stabt , auf geläutet."

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^for^eim unter Wartgrof Gtjriftof.

2&nä ccf nt ä i i^f c i t ,unb gefnnben 3)icnfdjcnocrftanb an* belangt fo waren bic iieute aus ber 3eit, Don ber bic iKcbc ift, in Dielen fingen unferem „mobernen (Gcfd)led)tc" über nnb c* wäre oiellcidjt gar nicht fo unangebradjt, fid) über mandjerlci bei

aber ftauben fie weit jurüd l)inter ben Slnforbcrungcu, bic man an gesittete Dienfdjen $u [teilen gewohnt ift: wir meinen ben unfeiigen fterenglauoen, ber allen Schichten ber ^eoblferung ei^eit mar nnb fclbft bie (Gebilbcten oon bamals mic eine Atranf Ijeit ergriffen hatte. Qon btefer ift and) ^for^heim nnb Umgebung nid)t oerfdjout geblieben nnb .'ocrcnpro^cffc mnrben t)ier ebenfalle» geführt. ?lls „.Nieren" merben in alten Sitten genannt: $lnna Wotf r<on (Sifingcn (1401), Barbara Trefjer nnb Brigitta Seger bon Tietlingen (1532), Torotljca £utg oon .ftudjenfelb (1524), eine Hebamme oon ^ror^ljeim nnb Ataiharina §ed oon Bilfingen. Sind) jmei Männer, lirfart nnb Srfjnecfcl* au* Tietlingen, waren ber .'oererei bcfdwlbigt. ^rgän^eub füll bei biefer (Gelegenheit angeführt merben, bafj einige ;}eit ipäter, in ben 70er fahren beo 16. oalnbunbert*, mehrere Leiber au* (Ufingen wegen foer/rei projeffiert mnrben, fo bie bortige Hebamme Margaretha ^anerbadier, meld)e am I. Te^ember 1570 jn (Ettlingen Oer luannt nnirbc; ferner bie Margaretha ^nrfarb nnb bie ATatharina \>i(bebranb, bie in ^aben anf bem Sdjeiterljanfen ftarben. (Sine weitere Wngcfdjulbigtc, Slnton iNotl)* Jvran, enbete ihr geben bnrd) Sclbftmorb im (Gefängnis. Sd)ultl)cift, (Gericht nnb Ü'inmohncr 311 (irfingen nnb Bilfingen Waren fo oerrannt in bie .S^crenangft, bafj fie am 7. Jvcbruar 1577 an ben SWarfgrafcn oon $aben bie s^itte richteten, er müduc fie bod) um (Gottes willen oon il)ren „Dielen böfen Leibern" befreien.

I

~gfoY$eim im ^efex^iuittens'JteHaffcr.

$ie »orreformotorM^e Seit.

farfgraf Ühriftof nat)tn 1515 eine Teilung feine« £anbe* unter feine Sohne ^erutjarb, s^l)ilipV imS iSrnft bot unb ocrbradjte bie ^{cit bi* 511 feinem 1527 31t Reiben erfolgten lobe in leiblicher nnb geiftiger .ftinfäüigfcit. Philipp erhielt bie ebcrftcinifd)cu, laf)rifd)eu nnb babifdjen (Gebiete nnb fomit aud) bie Stabt s}> f 0 r;> l) e i m. on biefer tjiclt fid) ber ÜUiarfgraf übrigen* nur oorübcrgcl)enb auf, ba er feine &cfibcn$ in Nabelt t)attc.

Tic Siegicnittgö&cit Philipp* I. ift oou ÜBebcutung burd) bie Beziehungen biefe* dürften 511m Wcirfjc, ber fird)lid)cu Bewegung feiner ;}cit nnb \i\ ber oou ben dauern ocrfudjtcu gefcllfdmftlidjcu Ummül^ung. C£*r mar einer ber angcfchcuftcn unter ben meltlid)cu dürften bc* Weiche* unb ein treuer Anhänger Marl* V., ber fid) ihm aud) allezeit erfenntlid) geigte. 5(uf 9icid)*tagen mar er mchrmal* Bcoollmädjtigtcr bc* .ttai|cr* unb 1524 27 oerfaf) er fogar ba* ?lmt eine* fniferlid)en Statthalter* im Wetd)*rcgimcnt. Seine Stellung nun JReid)*obcrr)auptc mar natürlid) aud) beftimmenb für feine öalruna, ber firdjlidjcu Be- wegung gegenüber. s&ol)l mar 3)krfgraf %*l)üipp einer grünb^ lidjcn Reform ber Mirdje nid)t abgeneigt; er mollte aber bie Reform nur innerhalb ber ttirdjc burdjgcfüfyrt triff cn, nid)t burd) tto&freititimg einzelner Zeile oou ber (Mefamtl)eit. Tic (S'iuljeit ber tf ircfjc galt ihm al* unantaftbar. (*Jruubfä0lid) fjiclt er baran feft, baf? gottc*bicnftlid)e $lcnbcrungcn nur burd) eine ttirdjcn- ocrfammlung georbnet merben burften. 9iid)t*beftomcnigcr jebod) lieft er fpütcr, in*bcfoubere feit ben Bcfdjlüffen ber 3feic^ötagc oon Rftrobcrg unb Spcncr, ben greunben ber Deformation mög- lid)ft freie Bewegung.

Tic SM e f 0 r m a t i 0 n * b e ft r c b u n g e-n fanben in ^forrijetra, Wojclbft etnft aud) bie tntffttifdje iicfjrc Bcfenncr jäfyltc, günftigen

3*

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36 ^for^cim im Sicformatioit^ritaltcr.

Stoben, .frieren mag nidjt Wenig bae $orl)anbcnfein ber 05 e= lehrten fd)ule, foioic einer $iidjbrucf er ei am ^lattt bei* getragen Imbcn. 9lu3 (euerer gingen oerfd)iebene Schriften foeroor, ioeldje auf bie Alirdjenreform fid) belogen uub bie ßinfüfyrung berfelbcn ale Wotmenbigfeit bezeichneten. £er (d)on genannte 3ol)annc3 8 d) ine bei, ein Solni fefonljetmS unb bäumte alä junger ÜMönd) im bortigen .fteiliggeiftfloftcr fid) auffyaltcnb, War burd) Ütfeland)tl)on für bie Sadje ber flieformation gewonnen Worbcu unb prebigte bereite 1519 im Sinne bcrfclben. SHoljl nutzte er auf Wcfyeijj bc& si)farfgrafcu feine Saterftabt ocrlaffcn, aber fdjon im falgenben Satire burftc er wieber baljin ^urüd teuren. Sdnoebele Auftreten Ijatte jur Roh}?, baft oielc trüber bce "ifrebigerfl öftere ju ^for^ljeim baefcloe ocrlicfjeu unb in ben Weltlichen Staub jurütftratcu. $ei (Megenfyeit eineö SBefucfjeS, ben er ftranj o. Sitfingen machte, toeldjet fid) 51t jener ;}eit in Stfilbbab auffielt, weilte aud) ber ftreitbarc unb fampf luftige lUrid) 0. Sutten im Sommer 1521 in unferer Stabt, Wae oicUeidjt nidjt ol)nc Ginfluft auf bie Gntwirfelung ber $erf)ältniffe geblieben ift. (Sin regee geiftigee Öeben mad)te fid) überhaupt allentlmlben geltcnb unb bie bewegenben fragen ber $c\t mürben mit ber lcbb,afteficn Xcilnafjme erörtert.

SBie fdjon gejagt, ftanb ber ÖanbeSfürft ber Deformation burcbauS mettt feinbfclig gegenüber. ©r oergab fogar mistige geiftlidjc Stellen an cntj"d)i'ebene Anhänger ber neuen' Üel)rc. So oertraute er, wie man oermutet auf 9)Jeland)t()on3 Gmpfeljluug, bem ehemaligen l'cljrcr bcefclben, oofyann llnger, im oafjre 1524 bie s^rebigerftclle an ber Stiftefirdje 51t ^for^eim an unb geftattete tbm bie fefje. Sd)Webcl erlaubte er, in ber ^for^tjeimer Spital firdje iu prebigeu unb ermirfte aud) bie .'perauegabe ciuee beträd)tlid)en £etl$ be$ ©ermögenS, bae SdjWebcl bamale, als er 3Nöud) geworben, feinem Mlofter in ^for^eim fjattc oerfd)rcibeu muffen. .Mein (tyetftlidjer l)attc Auefidjt auf Aufteilung, ber nidjt feine Xauglid)fcit nacfjgemicfcn. Aud) fjielt ber ^arfgraf ftrenge Darauf, baß bie onlmber oon Sßfrünben perfönlidj ityren Dienft oetfal)en unb iljre (Sinfünftc uid)t an aubereu Orten ocr^eljrtcn. So Würbe u. a. bem ftrül)mejjncr oafob Sel)cmann in ber Altftabt ut ^for^eim feine N}>frünbc genommen unb beftimmt, bafj ber Ertrag berfelbcu gm SBiebcr^erfteUnng be3 £angl)aufee ber Alt ftäbter Wirdjc oermenbet Werben follc. ($u jener $eit ift bie Altftabt wieber 51t einer Pfarrei erhoben Worbcn, nacf)bem fic lauge Oon ber Sdjlojjfirdje au£ burd) Helfer oerfel)eu worben war. Ale 1 1 i 0 T 0 gehörten ba.^u: $tMirm, foudjcnfelb, £illftein unb ein Zeil oon SKeiftenfteiu, wo bie jelüge .Stirdjc fd)on 1521 ftanb, fowic bae Sonb'Tficdjcnfjaue 511 St. (Meorg.) Aujjcrbem fuc^tc ber Ü^iarfgraf bie ^ro^effionen attmäl)lic^ abjufd^affcn, bie

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$foräf)cim im Reform ation^citoltcr.

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$eier ber Weffe auf bie Soim« unb gefttagc 511 bejd)ränfen unb bic ©clchrung burd) bic ^rebigten 511 oeroielfältigen, toeSlmlbj er joldjc aud) an ben Sierhagen 31t halten gebot. 9ÜS (Glaubens ^ norm empfahl er ben (fteiftlictyai bic beilige Sdjrift, bic er 152J) mit Luthers ©orrebe 311 Durlad) in bcutfdjcr Spradje binden lieft. Die bctitfcfyen (Gefängc, welche er beim (Gottcsbienft ein j führte, Waren Luthers (Gefangbud) entnommen. Souft jebodj geftattete ber Warfgraf feine ^lenbcrung unb lieft namentlich bic Vlbjdmffung ber Weffe iitct)t 311. Ten Pfarrer nun rürrn lieft er furjer foaub einsperren, weil er an manchen Sonntagen bie SOteffc nidjt las, auch ^rot 11,10 wid)t niel)r feguetc.

Tie anfänglich wohltoollcnbe Haltung, welche ber Warf graj ber Deformation gegenüber eingenommen hatte, erfuhr oou 1528 ab eine Wanblung. ;}wci faijerlid)e NÜte, 3ol). Jyaber unb ©altljajar Werflin, bie il)m in Nabelt um biefc ,^eit ihre ^luf- Wartung machten, feheinen (finfluft auf il)n gewonnen 511 haben, beun oon nun an jeigte fid) bei bem dürften bie Steigung, fid) ben Neuerungen mehr als bisher 311 uüberfeften, ja jogar ab gcfdmffte fird)lid)c Einrichtungen wieber einzuführen. Daft aud) ber .Slaijer, Welchem ber Warfgraf befanntlid) fcl)r ergeben war, ber Reformation nicht bie geringfte St)mpatl)ic entgegenbrachte, wirb ebenfalls auf s^t)ilipp eine gemiffe s2Birtung ausgeübt haben. Sein @fefinnungswcd)fe( bilbete übrigens bie tirfad)e, baft lüele reformationsfreunblidjc Öteiftlidje il)r Stoit nieberlegten, um einen anberen Wirfungsfrcis aufzufliegen.

Wegen bas ©erbot, bei laufen bie beutfdje Sprache in &n* Wenbung 51t bringen unb wegen ber il)m bei ber Darreichung bes Meiches an Sterbenbe bereiteten Sdnuicrigfeitcu Wenbete fid) ber Pfarrer $£iclanb in ^f Olxheim jWeimal bcjdjWerbcführenb an ben bortigeu Stabtrat, l'cfoterer übermittelte bic Eingabe bes genannten (Geiftlid)en befürwortenb an ben Warfgrafen, aber ol)nc Erfolg. XaS (Gegenteil war eher ber gaÜ, beun Welaud)tl)ons Rreunb, ber Schulreftor Widmet Gilsbach, würbe gezwungen, ^for^heim au ocrlaffen, Währcub mau ben Stiftsprebiger llnger unb ben Pfarrer Wielanb gefänglich einbog unb 311m ©erhör nach ©aben brad)te. Sie würben *War balb wieber In ftreibeit gefetU unb burften aud) ihr Mint behalten, aber ÜÖiclanb hatte genug oou feiner ^for^heimer slt<irf}amfeit unb benfifete bie erfte beftc (Gelegenheit, in fein ©atcrlanb Württemberg juriuljute^ieiL

Warfgraf Philipp ftorb am 17. September 1533 311 ©aben, Wo er auch beigelegt würbe. ;{uoor hatt* Cl" ,u1fh c'n ©erbot firdjl icher ©eranberungen erlaffen.

Nicht gan$ ohne Einfluft auf biefeS ©erhalten bes War!» grafen mag Wohl aud) ber SBauernfrieg geWefen fein, unter Welchem er jclbft fehwer 311 leiben Chatte. Xer Aufruhr ftanb mit

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^forjljciii! im föcformatiou^citaUcr.

ber rcformatorijdjen l'chrc in einer gemiffen öerbinbuug, Wenn glcid) Rüther gewaltig eiferte gegen bie .Stonfcqueu^cn, meldje bie armen nnb unterbriieften Innern aus bcrfelben gebogen hatten, on ben befannten jttJölf Strtifcln [teilten bie Faltern ba* Ber langen nad) ©mfü$nmg ber „d)riftlid)cn Freiheit", mic fic jolchc in ber „netten Ccljrc »um reinen thmngcliunr oerfürpert glaubten, nnb nad) ?lbfdjnffung ber fdjmcren Vaften ber ^cibcigcufdmTt, iusbefonbere bcr mit ber ;{cit immer brürfenber geworbenen Beftimmungcu über 3agb nnb gtjcf)crci, lehnten, Jyi*ol)llöcn 11110 (Malten.

8d)on im Snfysf 1502 l)atte ber „Biinbfdjuh" (eine nad) bcr bäucrlid)cn J^uftbeflcibung genannte Bereinigung) unter Jyührung bc* fj S*ifc k>on Untergrombach bie i'anbbcoölferuug jur (Empörung angeftiftet nnb and) in ber ^for^ljeimer Wcgcub machte fid) bie Bewegung bemerfbar, namentlich in (i'rfingcn, wo ber öürgermctftcr ermorbet würbe. Wod) im IS'ntfteljen begriffen, Würbe inbeffen ber ftufftanb nnterbrürft. Biclc ber Teilnehmer ftarben bitrd) ba* Sd)Wert bcS Wadjrichter* ; anbeten Würben bie Srijuutrfinger abgetanen, wieber onberen tljr Vermögen eingebogen nnb mehrere mußten ba3 Öatib ucrlaffcn. (Bon ^for(}hcim nnb llmgebnng merben als SJfitglicbcr bes „Bitnbfdntl)*" genannt: Monrab Bcfpcrleuter uon ^for^eim, SlmbrofhtS nnb Mafpar (Sbcrle üon Brimingen nnb Martin Mrenftler Don (irfingen.)

TaS Jycucr glomm aber unter ber 9f$e Wetter nnb am s}>almfouutag ben 9. Wpril 1 525 brach bie flamme bc* ftufftanbcä im ^ftu^hal aus. Tie Bauern rotteten fid) bei Berghaufen ju famtnen, beichten bie Stabt Turlad) nnb fd)icften ihre Boten bis nad) s^for^l)eim. Ter iUtarfgraf lieft bas Torf Bergljaitfen nieberbrennen, meefte batnit aber nur eine neue (Empörung. Tie gefamte Bauernfdwft bes Bruljraiu^ ftanb auf nnb il)r fdjlofj fid) alsbalb bas l'anbuoll bcr iUiarfgraffdjaft au. Tic Bauern plüubcrten bas Mloftcr (Mpttosauc nnb ^ogen non l)icr über bas (Gebirge au i'angcnfteinbad) vorüber, mofelbft fic ben Ijerrcn albifd)cu Mloftcrljof uermüfteten. on ftcrrcnalb felbft ^erftörteu bie Bauern alles, um* ihnen in bie .V>änbc fiel. Wadjbcm fic in ben großen Meilern bcS ttloftcrs ihren Turft geftillt hatten, jcrfdjlugen fie bie ftäficr, baft ber &*eiu in Strömen bitrd) bie gewölbten Zäunte floft. Tas Mlofter ^raucnalb uutrbe ebenfalls oon ben Wufrührcrn fd)toer l)eintgefud)t. Ueberall, Wohin biefe famen, mad)ten bie Mued)tc nnb Untertanen ber Überfallenen Bedungen gemeinfame 3ad)e mit il)itcu. Tiesmal probierte es ber iUtarfgraf mit frieblidjcu Berl)anblungcn nnb er hatte bie (Menugtt)uung, bie Bauern bitrd) einige 3uÖeftönbntffe lieber $um Wehorfam 511 bringen. Tie Stabt ^for^heim mar uou bem ^lufftanb ber Bauern nidjt Weiter berührt morben.

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$fora$rfai im SJeformatton^citaUcr. 30

$urd) bcn lob bc£ Warfgrafen Wlipp fiel feinen ÜBrübcru, ben SWarfgrafeu s^crnf)arb uub (Srnft, im 3al)rc 1533 bic a r f r n f i d)ti f t \u, meil s}>l)ilipp* lodjtcr, bic mit bem &enog ^illjelm Don dauern bermäljlte Warfgräfin oafobiia, oon ber (hbfolge airögcfcfyloffcn mar. Sdjon im folgenben 3al)re ent td)loffcn fid) bic beiben trüber iu einer Teilung iljre* $Beft(tttm$. Tiejc fam nad) längeren ^erljaublungen burd) bie Vertrage oom 13. nnb 24. ^liuyift 153;") ytftanbc. Ci'rnft erhielt jjt feinen oberliinbifdjen $Mifcungeu and) ben unteren Teil ber Wartgraf idmft mit ber ftauptftabt S|>for;bcim, ^cmljarb bagegen ben oberen leil mit ber frauptftabt ^aben. fortan beftanb bi* juin oaljre 1771 (nadjbcm bie l'inic ber Warfgrafen oon Stoben Stoben ausgeftorben) eine Trennung ber Warfgraffdjaft in $oc\ Teile, bic nmäd)ft nad) bcn ßailptftäbten ber 8tammgcbiete iljren tarnen führten. Warfgraf Stornljarb mnrbc ber Nrünber ber ginte 9 ab eil Stoibcn, Warfgraf Chntfi ber ftfcünber ber ütnie Nabelt ^for^ljcim, meldjc firi) fpatcr, nl* bic SReftbenj nad) Xnrlad) verlegt mnrbc, Stoben Turlad) nannte.

Warfgraf (Sntft Oerlcgte 1535 feine 9i c f t b c n ,^ oon Sul,; berg nad) ^forjrjcim, roeldje* nun nad) längerer lintcrbrccfjunß genau 30 oal)rc lang mieber ein ftänbigcr JyürftenfU* mnrbc. Cir mar ein gerechter nnb frieblicbenber Surft uub befunbetc überall Wäfugung uub .Ulugbeit. Cl)uc fid) felbft bcn ^roteftanten an^ujdjlieficu, bemie* er ber Deformation beuuod) in mancherlei Seife fein sÜ>ol)lmolleu. Unger burftc in ^for^eim ungel)inbert 'eine ^rcbigcrftcllc oerfeljen uub ber Warfgraf oerfprad) bemfelbcn ogar feinen für bcn Jyall, baft er burd) ba* bifdjöfüd)

fpetcrifdje Crbiuariat behelligt merbeu folltc. feie fein ©ruber s}>l)ilipp l)iclt aber and) Warfgraf (hilft an ber Hoffnung feft, bafj bic Wlaubcu^ftreitigfeitcn burd) bie SWfd)lüffc einer allgemeinen Mird)cnocrfammlung iljrc Ihlebigung finben mürben. ?\n biefem 3innc mar and) bic s?lumcifung gehalten, meldje er 1510 beut ^for^ljcimer s}>ropft ool)ann 91 ft mann erteilte, ber oon tl)tn als Vertreter (ui einer nad) Hagenau einberufenen ^erfammlung beftimmt morben mar. 91 ft mann folltc iuöbejonbcre and) bal)iu mirtcu, baft bic (Meiftlidjen nt einem „gottjeligeu ^cben" mit aller Strenge angehalten mürben. Ten ftattOttttitS Wid)ael fralm ju ^for^rjeim, ber mit einer gefd)icbeucn grau jufammen lebte, lieferte ber Warfgraf bem bifd)oflid)cn (Merid)tc ju 2pcier au* uub bie $rau felbft jagte er am bem l'anbe.

Warfgraf C£rnft ftarb am G. gebruar 1553 uub mürbe in ber fürftlidjcn GJruft ber 2d)lofifird)c ,\u ^for^eim, bic er als rtamilicnbcgräbniö l)attc erbauen laffen, beigefetu. Witten im lSl)or ber S\'\xd)c befinbet ftd) fein Tenfmal. ,^eigt bie liegenbe gel)arnijd)te Gkfialt bc* Warfgrafen, neben il)m bic feiner

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40 $for$!)cim im 9?cformation3$eitalfet'.

feiten Wcmaljlin : llrfala Don Dofenfclb. ^Jii bcrcn ftüftcn Kpflf ein founb, ber bie cl)c(id)c Xrcuc barftcllcit füll, unb 511 benen be* Marfgrafen ein Vömc, ba* 3innbilb bor Starte unb be* Mute*.

$ie CHttfufjrung brr Deformation in $forjfjehn.

(fvnft^ Solm unb Dadjfolgcr, Marl IL, führte cnb(id) bie D cf ormalion ein. ftnfäncjlid) l)egtc er u>ol)l ^ebenfen, ob fdjon er fict) jclbft 511m eoangclifd)cu (Glauben befanute, unb er nnirbc tu biejen ^ebenfen jebcnfall* beftärft buret) (einen alten Standet Dr. £*malb (9ut. ^U^ aber biefer am 28. Wat^ 1554 Uli s$for$l)cim geftorben unb burd) ben reformation*frciinblid)en Dr. ÜJfartin 9ld)tft)nit (Mmcbiu*) eifert tuorben nmr, begann ber iUiavfQraf fid) ernftlicfjer mit bem (^ebanfen an bie Deformation 511 be|crjüftigen. Dacrjbem ber ?lug*burgcr Dcligiou*friebe oon 1 555 ben l'anbe*l)crren oolle ^cfenntni*freil)eit unb ba* Ded)t geunirjrtc, in iljren Schieten bie Deformation cinjiifüijren, entjd)lojj fid) ber si)farfgraf, bie neue l'cljre jur l)crrfd)enbeu Religion in feinem l'anbc 31t madjen.

Dod) im 3af)rc 1555 begann er ba* ftfert ber Deformation bamit, baft er bie l)ai)l ber M l öfter in s^for(^()eim 311 Oer miubem fud)tc. Tic ttlöftcr ber ^ran^i^faner unb Tominifauer mürben a u j r g e f) 0 b e n unb ba* 3Nid)aetoftift muffte fid) bie lEnn^ierjung einzelner ttauonicn unb ber Xedjantei gefallen laffeu. 28cil c* bem i'Jartgrafen im eigenen i'aube an tiidjtigeu Weift liefen feljltc, bie er mit ber fird)lid)en Deugeftaltuug l)ätte be trauen tonnen, fo erbat er fid) $u biefem ^merfe fold)e au* ben befreuubeteu Dad)barlänbern. So erfd)ienen 511 ^for^ljcim: ber Superintenbcnt Dr. 3afob ^lnbrcä au* Göppingen, ber . Reibet berger öofprebigcr iütid)ael X iiier unb bie tljuriugijdjcn Weift lid)en Dr. Wnjc 9)£öl)rlin, .ftofprebigcr au* Moburg, unb Dr. 3ol)anue* Stoffel, Superintenbcnt 31t frclbburg." Tiefe oier Weiftlid)cu in ^erbinbung mit ^uei u>cltlid)cn Daten be* ^farfgrafeu unb unter bem itforfifec be* .Stander* s?ld)tjt)nit (ber fid) feit 1556, nadjbem er ben öftreiityifdjcn 9lbclftaub ertoorben l)atte, uad) feinem (yi Diefern erbauten Sd)loffe £)err 311 Diefern bürg nannte) bearbeiteten eine 311 ^Xüluugeu gebrudte .Slird)en orbnung, meldje am 1. oum 1550 oerfünbigt umrbe. Sic befagte in ber £muptfad)e, baft al* Duelle be* Wlauben* bie tjeilige Schrift 31t betrachten unb fleifjig 311 gcbraud)cn fei ; auf fie jolle be*l)alb and) bie sJ$rcbigt fict) grünben. Tie beutjdje Wtutterfpractye, fomic ber beutfd)c Wcmciubcgefang fei bei allen Seilen be* Wotte*bienfte* oiii^ufiiljrcn. Leiter mar oorgcfd)rieben, mic e* mit ber Spenbung ber Saframente unb überhaupt beim

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$forjf)cim im 9icformation^cttoltcf.

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(Motiedbicnftc 31t galten tuiirc unb loa3 bei Trauungen, £eid)en- begängniffen :c. 311 beobachten fei. Xen ®cfc$(ufi bübete bie nung, baft bie Weiftlictjen fid) bei allen fird)lid)en Söer = richtungen bc* gewöhnlichen CSborrorfs 31t bebienen l)älten. Hillen Weifilidjen ber Stabt, locld)e nid)t 3111- neuen Siefn* fid) befennen wollten, univbe unterm 20. fCuguff 1556 einfad) ber Sdntfe unb Schirm" nufgefünbet.

^c\id) beu Don ^tflügcr einer ttird)cu unb Sdjulbcfdjreibung Don 1735 entnommenen Angaben war ber erfte eDangclifdjc Stabtgciftlidjc Special unb Supcrintcnbcnt Dr. .S>erbranb. 3hm folgten: 3frael 9(c^atiu8 (1558), »iuprcdjt Xürr (1500 SO), $enebift Unserer (1000), kourab 3rnttN$Ul3 (1007), Stephan Nobrfelber (1018), (SJcorg sBibel (1030), X). i8urfbarb (£rab (1048), ^oljann Philipp Peiniger (1073), sJÜ^attl)äue . Stummer (1081) u. a. Pfarrer ber 9lltftabt waren: (£'ra*muö J^eefue (1501), ooljann Wraoc (1505), 9(tfolau$ ÄMollinger (1574), .Stilian Denier (1570), iU^atl). .Stonr. $Vrblingcr (1582), ttiupred)t (MraDc (1001), Xaoib H'angenbcrgcr (1014), Ooljann Xaoib lauter (1035), ^etrue fterdjer (1045), ooljann Seuterlin (1051), fciiaS Mictbammer (1055), %sfyam oafob <Mrniftein (1078), ^ertbolb Xeimling (1091), Ciruft ftibnrig Xeimling (1730) ufm. ^U^ foofprebiger erjdjeint um 1550 3afob JHafc, um 1503 einseiften jal)n uni) aU Spitalpfarrer U)irb l'orcu,) Jyuch* genannt. Sud) Don einigen l'anborten finb nod) bie ÖJeiftlidjeu befauut, lueld)e bnfelbft in ber ^loeiten .'bälftc bc* IG. 3abrl)unbcrts tl)ätig loareu ; fo Don i8rö(uitgeii l'eonbarb ttiftlcr (1558), Don (illmenbingen s^eter Rotenburg (1500), Don (Sulingen ool). ^teifetoann (1501), Don tiefem Kilian ferner (1501), Don (Göbrichen sJl*olfgang Pfennig (1501), Don otterebad) lljomad ferner (1509), dou (Sifiugeu 3o§. Waiter (1580) unb Don 9foufd)(ott Xaniel Sd)röt (in (1581).

3n ben auf bie 9ieformation folgenben Sauren lourbeji auc^ bie übrigen S\ (öfter in ^for^eim auf gel) oben. Xcr größte Teil ber sJl)iönd)c hatte iubeffen bie Stabt Derlaffen; bod) bielten fid) bie Xominifaner nod) btd 1501 l)ier auf. folgten fid) bie sJDiönd)e mit einer geloiffen Wcfignntion in baö llnoer meiblid)e, fo fträubten fiel) bie Tonnen um jo mel)r. Xies mar iiisbcjonberc bei ben Xominifaneriiineit in ^for^beim ber Sali. Xer si)tarfgraf batte iljre (Sinfünfte unter lanbc*bcrrlid)e Verwaltung gefteüt unb einigen ®eiftlid)en ben Auftrag gegeben, ben ttlofterfraucn eDangelijchen ^Religionsunterricht 311 erteilen. 23eibe3 aber mar nicht nad) bem Sinuc ber Xomittifanerinneu unb fie führten Deshalb ^efdnuerbe bei itaijer Jyerbinanb I. Sie baten benfelben, bal)in 311 mirfen, baft ihnen freier Wl^ug mit §ab unb GJut geftattet ober Dom iUfarfgrnfen ein Sahrgelb

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42 $for/jf»eint im töcformaHone^italtct.

511 ihrem Unterhalt au*gcfctu ober aber eine Wbfinbungefumme ausbezahlt werbe; Wobei fie fiel) jebod), fall* bie fatholifche iwefigton in ^for^heim Wieber eingeführt werben foüte, ihre früheren Wednc Vorbehielten. Ter itaifer fdjicfte $wei feiner Wüte nad) s)$for$()eim, nm bae Wcfud) bei* Tonnen ju nnterftüfcen. %n 24. SCisgäufi 1 504 mürbe ein ©ertrag ausgefertigt, in welchem ftcf) ber iWarfgraf verpflichtete, fämtlidje Tominifanerinncu nad) bem iUufter ttird) berg in Ccftrcid) pichen 511 laffen, ihnen nnd) eine ttbftitbungd fiunme nun 10,000 fl. (20,000 fl. waren verlangt mürben) auszubezahlen, aufterbem 1000 fl. nls (S'ntfdjäbigung für ihre Vorräte (yi gewähren, dagegen mußten bie Mloftcrfraucn auf alle il)re Wedjte für immer nnb ohne Vorbehalt Ver&td)teti

Wad) ben ?lufgeid)iumgen einer ber Wonnen fdjeint man biefen mit Oetefyrungd Verfugen gehörig ^ngefctu ju haben. ÜWan zmang fic, bie lntl)erifd)c s^rebigt anzuhören, bentfd)e *4>falmen zu fingen nnb oerbot ihnen bei ftrenger Strafe jebeit ^erfehr mit sJWönd)en ober fatholifdjen (Stofflichen. Tic mit ber ^efehmng beauftragten evangetifrfjen Pfarrer muffen teilweife redjt berbe Naturen gemefen fein, wenn nur bie .ftälfte ber gegen fte erhobenen 9Vfd)itlbigttngen wahr ift. 3o wirb über Pfarrer Waft geflagt, baft er bie öeiligen ,,fd)änblid) ausgerichtet M nnb ju ben Tonnen gejagt habe, mau follte fte aufbrennen mic bie fd)Üblid)en SRaupennefter. Ter Pfarrer Wdjatius foll fo fdjamloö gemefen fein, bie $cid)tuätcr ber Wonnen als „üölatthengfte, Stabtfarren, iWefrfäuc, Seeleumörbcr" ufm. JU be^eidjnen. lieber feinen Wmtsbruber Wuprcdjt mirb geflagt, baft er fd)änblid) nnb nbfdjeulid) 00m heiligen Saframent geprebigt unb ben Stapft ben ?lntid)rift genannt habe. ^lud) fünft mürben bie Mloftcrfraucn brangfalicrt. Tic Altäre ber ftlofterfirdjc mürben abgebrodjeu unb fämtlid)c .ftciligcnbilbcr auf berfelben entfernt. Ter bem Mloftcr oorgefclUe Schaffner ttonrab ÜBifdjler lieft alle Sdjlöffcr au ben ttloftcrtl)ürcn auf bereu 9luf$en|eitc anbringen, bamit niemanb mel)r ohne fein Riffen in bas Mlofter gehen tonnte. Tie Wonnen mürben von bem Manier bes NJDcarfgrafen von allen Wclübbcn entbunben, aber fie reagierten hierauf in feiner v&tofe. $itol fte nid)t in beutjdjcr Sprad)c zu Tijdje beten mollten, fo afj ber Amtmann jamt jeiuem Weftnbc mit ihnen unb verrid)tctc bav Tifdjgcbct. s?lbcr ben Wonnen ift babei „birf mel) vor lachen gefchehen; ben ber Amtmann hat eine follidje miefte ftimm gel)cpt, als melt er unfj jetnjfeen unb jer^erren." %\\d) ber Manier 9ld)tfl)itit erfd)eint in ben ermähnten Ulufzeidjnungen in red)t eigentümlicher N-Mcud)tung. (S*r fei, heißt es, „oft in bie gellen geloffeu von einer zur aitbern, als mer er unfinnig unb hat fo ein unzüdjtig wefien unb gebert gehept mit lüften unb leefen, fonberlid) ber jungen, unb ift fein ^ell gemefen, er hat gcWifet,

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$for,ficim im RefmnoftUKlgfitafier. 4;J

mo ein jcglidje i\)t, unb hat if)n gar übel oerbroffen, tonn mir ehtanber bcrljütt (bcumdjt) fjaben; er l)at and) etwa bief

in bem coimcnt gejjen, unb f)at fid) ju ben allcrjüngftcn gcjclU, unb l>at ben ein follid) h)d)tfcrtig toeften geführt mit reben unb auffern, unb bat gefagt, fte füllen 511 pfor^en behjbcn, fo mell er iljnen einen man geben unb ber gelndjen." Äuf ba* betraten maren bie Wonnen nidjt gcrabe erpicfjt, beim auf eine s}>rebigt, bic ber Special Dürr iljnen über ben (Sfjeftanb l)ielt, folgte ber einftimmige s^cfrf)eib, baft feine lum Unten einen Wann wolle. Die ganjc s^cfcf)nmg£arbcit mar eine unnitfye $ergeubuna oon $e'u unb 3Üiüt)c unb feine ber grauen mürbe iljrem (Glauben abtrünnig. 2d)liejjlid) mögen fie aber bod) frol) geloefen fein, als fte oon bannen tuel)en Durften.

Die (Mniulid)feiteu bc3 aufgel)obcnen .Stloftcr* bienten tut (hmeiterung bc* auftoftenben 3icd)cnfpitnl$. Die ttirdje beS lefoteren mürbe abgebrodjen unb au Stelle bcrfelbcu bic Stabt mcfcig erbaut. Sic Dominifancrfird)c mürbe ,utr 2tabtfird)c oermanbelt.

* * *

&a3 mid)tigftc (£*rcigui£ für ^for^eim unter ber Regierung bed iOiarfgrafcu .Marl II. mar bic 1 505 erfolgte Verlegung ber SKefibenj oon ^for^ljcim nad) Dur lad), lieber bie 0>3rünbc tjierju liegen feine beftimmten Zugaben bor. Jycd)t iprid)t in feiner (Mefd)id)tc ber Stabt Durlad) bic 2lnfid)t auä, bic günftige i'agc uon Durlad) gegenüber bem ber l'aubctfgrcn^c ,m nal)c gc legenen ^for^eim Ijabc baefclbe al£ iticfibciu, geeigneter crfd)ciucn (offen. Den für bic Verlegung gcmbljulid) angegebenen (%unb, bafj bic ^for^ljcimcr in llngnabe gefallen feien, meil fie fid) $u einer iljnen Dom SDiarfgrafen im "ii>ibcrfprud) 511 ben oerlicljcncu s^rioilegicn zugemuteten ^agbfroljnb nidjt oerfteljen fonnten, Ijält aud) ^flüger nidjt für ftidjljaltig. Der iUmrfgraf Ijabe eben mein* in ber äKi'tte feiner eigentlich babifdjen ^anbcstcilc moljnen mollen unb barum Durlad) al* Wcgicrung*fiU gemäljlt. Die sÄgcrfd)aft Durlad)3, bie .uemlid) Ijeruntergefommen mar, geigte fid) über bie Verlegung ber 9iefiben& ungemein erfreut unb erhärte fid) gerne bereit, jäi)r(id) einen Dag für ben Sdjlofjbau ,ut frol)nben.

8m 23. Wär^ 1577 ftorb SOmrfgraf Marl (ui Durlad), mo er ein geräumigem Sdjloft uad) eigenem $lan unb feiner eigenen Wuffid)t, bie Marieburg, l)atte errichten (äffen. Sein ^cidniam mürbe in ber 3tift£fird)e 311 ^for^eim beigefefct, mofelbft fid) in ber Witte ber l)intereu liljormaub fein Dcnfmal befinbet.

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^jfor^eim im 9icformation3aeitaftcf.

Hflflfmeiue $rrf)a(tiiifff.

9fu* ber $eit be$ ÜWarfgrafen (irnft ftammt eine 3Vfdjreibung ^for^eimS, mcld)e ben Stralfiutber ^ürgenneifter 3aftrou>, ber fid) in (einer 3ugcnb aU martgräflidjer .Manjleifdjreiber in unfern Stabt aufgehalten, 511m ^erfaffer l)at. (*r jrijilbert s4>for^l)cim al$ eine nid)t grojjc Stabt, weld)c an einer w feifönen luftigen 28iefe" liege, umgeben üon „überaus Ijoljeu bergen", bie mit &ol£ungen, „einer $&iltuuffen uidft ungleid)" beloadffen feien, f)uvd) ben llmlgrunb flie|e ein flaiW gefunbe* Gaffer mit allerlei roorjl jirjmctfenben JyiÜt)011^ «baran man bes Sommert gar gute SXuvy meile Imbcn tarnt", nnb in ben Salbungen fei gutei s&*ilbbret anzutreffen. $on ^for^ljeim riitjmt 8aftrou>: „3ie liat oiel gelehrter, befdfeibener, freunblidfer, moljlerzogcncr teilte nnb alle»?, toaS man $ur KetfceS Wotburft nnb Ü*rt)altiinc\ zeitlichen l'eben* in (*3efunbl)eit nnb Mrantl)eit oon nüten l)at an (^cletjrten, lln gelehrten, $lpotb,efern, halbieren!, ^irt*l)äufern, allerlei &mnb locrfern, ntdjl* ausgenommen , in v}kebigten nnb befangen eoangelifeffer Religion."

Der SNeifteffinger fteinrid) (*)e bring, tueldjer 15G1 bad ^forzl)eimer 5d)üfoenfeft befdnieb, [teilt ber Stabt nnb it>rcii $emol)uern ebenfalls ein redjt ^ünftic\c^ 3eugui* au*, (fr lobt il)ren roeituerbreiteten £>anbel, il)re Wemerbtl)ätigfeit nnb iljren $i*ol)lftanb, namentlid) aber and) bie Dielen nnb guten Verbergen. 3n einem 154:$ 311 iBafel gebrueften (^eograpt)iebud)e, ISosmo grapt)el) gereiften, tuirb ^for^eim als bie faft Dornefjmfte Stabt ber 3Marfgraffd)aft bejeidfiiet, wien>ot)l \Haben feiner l)eifjen Cuellen wegen angefeljener nnb befaimtcr fei.

$ln 3 1 a b 1 1 1) 0 r e n merben in jener Qfit, anfter bem ^röltinger nnb bem Wltftäbter llfor, genannt: bas Steinbrürfentljor (an ber filier iörtiefe), ba# Äuer üörunnentljor (am (inbe ber Mrenjftrafje), bas (frfcrtljor (in ber Nltftabt), ba* obere $iül)ltl)örlein, ba* obere Wrabentl)or, baä ftillertljor (am CSnbe ber oberen ^lugaffe), baö Sdjelmentljor (am tfubc ber unteren Angaffe), ba$ obere $rnnnentl)or, bad toeiligfreuztl)or nnb baä Iljörlein unterhalb beo 3d)lciftl)oretf, toeldfe* \c[\t nod) uorljanbeu ift. Straften merben aufgeführt: bie ^röttingergaffe, bie obere l'ammgaffe, bie Gräber ober ^rüberbronnengaffe, bad ^arfüftcrgäftle, bie Sdjeucrn gaffe, ber ttirdfberg, ba* .ftöltgafele, bie Sränfgaffe, bie ttloftergaffe, ba* 9Nül)(gäftlein, ber filier (obere Angaffe), bie 5d)clmengaffe (untere Angaffe), bie beiben ^anergaffen (bie grofje nnb bie fleine (sJcrbergaffe), bie ^ieljgaffe, bie M'ufyenbad) (Xl)caterftrafic), baö ^Koftgäftle, bie Mirdjgaffe (8d)loftfird)enmeg), bie ^rebigergaffe fS| angaffe), jomie bie Ültftäbter, Ältborfer ober Vlltl)eimer Waffe. s^lnd) eine ?Mtbengaffe mirb ermäljnt, ton* bie Vermutung nalje legt, bajj bie 3nbcn mit iljren ^ol)iutngen auf einen beftimmten

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$fotg$eHn im 9fcformation*äc»taltcr. 45

leil bcr <2tabt befdjrönft waren, wie bicö in anbeten Stabten ebenfalls fo gewefen ift *) £er «iefonarfi fror bem 9tltftäbtcr Xljor), baä ^fläftcr, bcr SWefcelflraben, ba* föcnnfclb, bic »leicfj* ruiefe, bad ÜRob, bcr Rudenberg ufw. finben ebenfalls fcfjon (Srmäfynung.

^for^ctm Ijattc bamafö of)iic 3wcifcl bereite bic 9lu3= bcrjnung, bic nnä bic ftbbilbung öon 1643 jeigt. ^litdt) baö 3lu$fef)en bcr Stabt bürftc in bcr .£uiuptfad)e in llebcrciitftimmuug fjicrmit gcWcfcn fein, §untal ja bic J^cftungswerfc ?c. tuett früher angelegt nnb feiner eigentlichen ^eränbennig unterworfen Würben waren. Son rjcrüorragcnbcrcn öfebäuben finb an$nfitt)ren: baö $Nau)auä, Weldjcä an bcr Stelle bc$ früheren .Waufrjaufcö erbaut würbe, bic 3tabtfdjrcibcrci, baö Sd)lad)tf)au$, bic .fräitjcr bereit o. Schauenburg, o. glcljingcn, ö. Ttfenffad), r». £omersl)cim, r». (Millingen, r>. Wertringen, o. !)iemd)ingcn, o. SBaüftein, n. Rauben- berg, t». $euf)aufcn ufw. 3m Sagre 1 588 würbe unterhalb bcr ^lltftabt (an bcr heutigen (Sulinger Strafte) ein neuer gfrtebfiof angelegt nnb bcr alte um bic Sdjloftfirdje auftcr SBettfiftintQ gefegt. Ter (*rfte, Wclcfjcr auf biefem Jyriebljof feine SHittjeftättc fano, mar baä lv}crid)t$mitglicb Allane (S'itgelfjarb.

£a$ @rw er beleben War im 16. Saftrbunbert in s$for(^ f)cim ein ebenfo oiclgcftaltigcä wie rcgc£. 9tafonbcr3 ftarf war bic Xudjmadjcrci Oertreten. ©d)on bcr 3Harfgraf (Sljriftof lieft ftd) bicgörbening biefcä (^cWcrbcä fefyr angelegen fein. Gr regelte baäfelbe burdj eine lanbc^poli^eilicfje ^crorbnung, bereit auS« gefprodjener 3wcrf War, ben inneren ÜUiarlt oon bcr .Qcrrfdjaft bcr fremben Xndjc unb bcr Jyranffurter 3Wcffc jn befreien. 3u ber If)at faitt mit bcr $cit bic Xurfjmarfjcrci in l)iefigcr Stabt aitcfi ungemein in Änffdrjnntitg. 3brc (Sr^cugniffc gingen befonberä # nad) ÄUflSburg, beut bamaligeu 9Mittclpnnftc bei internationalen §anbel3, um oon l)icr and überallhin Oerfcnbct $u Werben.

*) 3u&cn föchten iit ^forjheim föou fcfjr frühe gewohnt p tjabeit, wie au£ naebftehenber Sage gefolgert werben fanit :

©in fiebenjährigeö Mäbcbcu, Margaretha mit tarnen, würbe 12«7 öon einem alten Söcibc an bie 3uben öerfaufr, bie bemjelben ba$ $Mut abzapften unb bie Heine deiche bann unterhalb best Scbleiftborc* in bie Gnj warfen unb mit Steinen beschwerten. Wach einigen Tagen ftreefte ba$ ttiub eine .fraub in bie £öhc, wa£ öon Schiffern wahrgenommen .mürbe, bic alsbalb oon bem uu* heimlichen @rcicjnid Welbunq in ber 3tabt machten. Ter ^Icarfgraf eilte felbft herbei, um fich oon ber Wahrheit befii <tktüd)tti jii über^eufleu. N?IU ba^ .Vtiub au* bem Gaffer fle,^oflen worbeu war, richtete c$ fid) plötzlich auf, bot bem SRarlgtafen bie öanb unb forbertc ihn jur 5Warf)e auf. Tann fanf e* prücf unb war tot. Ter Hcrbacfjt, ben sJÖcorb bcciaitfleu ^u haben, fiel auf bie ^uben. Sie würben jufammena,erufcu unb üor bie ücichc geführt, bic alöbalb p bluten anfinfl. Nunmehr flcftanbeu bie Rubelt ben Worb ein unb würben hcrnacli iamt bem alten "öeibc hingerichtet. Tic Heine Margaretha aber, welche baö «olt alä SiärtDrerin betrachtete, würbe in einen fteinemen Sarg gelegt unb in ber 8d)loftfird)e bei^efe^t.

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4G ^for.töeint im töcforinationsjeitattcr.

^cben ber ci^cntltc^cn Iurf)mnci)crci famen and) bie SBcrferttger leichter ;Jcuge, ber Sergen unb (Sngelfeitc, empor, ^for^eim ftrielte in bc'r Dmfjinbuftric lange 3«' cinc ffiJjwnbe Wolle. Der iJOjährige Krieg, ber überhaupt ber gewerblichen ^ctriebfamfeit ein (Sitae gemacht, ruinierte and) bic Xudjmadjcrct. Rad) bem Kriege, ab fic firf) wieber $u erholen begann, l)atte e* (Salto) Der ftanben, ^for^eim ben SHong abzulaufen.

Cbcroügtc Waren im 16. 3at)rhnnbert: Glider ^anbfdjab oon Steina^ (1518), Stephan oon (Püttlingen (1520), tfbcrlmrb oon föeijchad) (15;n), Golfer oon Udingen (1541), (ibriftof Med)ler r«c»n SdjWanborf (1505), (5l)riftof Sdjöner oon Strauben hart (1588), $)anö oerg Stein uon Weicuenftein (1580) unb Stifter 0011 Scuolift (1590 90). ^Ue S d)ttlt hei $en waren tbätig: >l). s&ill). ftcR (1521), Philipp SManbt (1527), Ulrich Saxler (1541) unb ool). Börger 0507); al* ^ürgermeifter: ^itgitfttn JL'eunharbt (1527), Steter Wüfilin (15S3- 38), 3afob Simmercr (1500), Seit SBreitfc^toert (1580), fran* Ärumm (1582) mtb 1585 Wieberum ein $eter Woftlin. $on ben Tanten je&t nod) oorhanbener ^ürgergctd)led)ter famen t*d)on im 10. Jahr- hunbert oor: ?lab, Vlbredit, Naumann, Werfer, Stob, ^urf, Deim- ling, tittlcr, ISnberle, l*rl)arb, (Sffig, (Sutchele (Sichele), fauler, Aeibner, .ftcinjclmanu, Saifcr (oaiftle), Meiler, Äercfjcr, l'cnj, l'enerle, Votthammer, Wccrwciu, Slieier, Finger, fliotbaefer, Schäfer, Sd)au,v Sdjinibt, Stiel ufw. Dafi ^fpr^heim, wie es in einem Strafjburger SReifterßefaug oon 1507 hetftt, reich nu Dichtern War, f oll and) nicht oerjebmiegen Werben.

Unter ben im 10. oalnbunbert gemachten Stiftungen ift biejemge bc$ Manier* ?ld)tfi)uit 51t erwähnen. Dcrfclbc Warf 1500 ein Kapital oon 100 fl. am mit ber ^efttmmung, bajj bic ßinjen hiervon immer bei ?lbl)ör ber $ürgermeifterrecfjnung Oer trauten werben follten, unb $War in liefern burger (Mutcbclweiu. Tiefer Auflage famen bie Stabtoäter oiele ?sal)te hinburd) gcWiffen« haft nach, unb Wenn einmal Wegen unterbliebener Werf)uuug*abbör fein Stiftuug*wein getrunfen Würbe, fo ift bic* in ben ftabtifcfccn Rechnungen immer oermerft Würben, fhtbetc Stiftungen finb ber s?tlmofenfonb, buret) bie 15.W erfolgte ^erfcijmel^ung [amtlicher 3hruberfdpft*fonb4 entftanben unb burd) oiele ^ermaduniffe erweitert; ferner biejeuigen oon (Sl)riftof SBertWcin, geborener ^forjbcimcr, ber jptitcr ©ifdjof in »ten unb faiferlidjer ^eid)t oater würbe, unb $eter Wciger, .Mauonifus bc* Stifte &n Staben, ebenfalls am ^for^heim ftammenb. $£erttocinä Stiftung erfolgte 1555, bie (^cigcr'(cf)C 1550 bc^W. 1504.

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$fttrtetOl im >Hcforimition*jcitalter. 47

(icrt»orr«igctit>c $forjl)fimer auS bcr flcformatioii&jeit.

3 o i) a n u c & 11 n g t r.

Johanne* linder ober Ungcrer würbe um ba* Satyr 1482 }U ^for^heim al* bei Sprößling eine* ber älteften iBürger gejd)lecf)ter geboren. l£r befud)te bie Sdjule feiner iNaterftabt unb i*tubierte hierauf Ideologie. Wad) Bcenbtgung feiner Stubien fam er nad) Bretten unb jtoar al* .S>au*lehrcr be* .Kaufmann unb Sd)ultl)ciften 3ol)ann Deuter, um beffen (Infcl Philipp Schmarjcrb (fpater äMandjtfjon gereiften) 51t unterrichten.

Xrei oabre lang, von 1504 1507, blieb Unger in biefer Stellung unb er fd)cint beu auf iljn gefefcten Hoffnungen wohl entsprochen 511 l)aben. Sein einftiger Högling Weland)tt)on jelbft l)at fpäter einmal über il)n geurteilt: ,,?vi) habe einen Lehrer gehabt, ber ein au*gc,}eid)netcr Wrammatifcr mar unb mid) ebenfall* mit s.Ufad)t in bie Wrammatif hineintrieb. Siir jeben fehler gab er mir Schläge, bod) mit Wäftigung. 9luf jold)e N2i4eifc machte er mid) ebenfall* jum Wrammatifcr. (ir mar ein oortrefflidjer Wann unb liebte mid) wie einen Sohn, id) il)n tote einen Sater, obglcid) er folebe Strenge geigte."

3m Cftober 1507 ftarb Wc(and)tl)on* (Mroftoater unb furj borauf audj fein $ater. Tie Mittue be* elfteren, Fendilin* Sdnucftcr, tel)rte nuumel)r oon ©retten nad) ihrer ©aterftabt ^for^ljeim jurütf unb nahm ihre Cirufcl mit fid), um fte in ber ^for^beimer l'ateinfd)itle meiter unterrichten $11 (äffen. Damit hörte aud) Unger* Iljätigfeit al* .ftauptlehrcr auf, bcr übrigen* erft 1511 nad) ^for^ljeim ^urürffel)rte unb oermutlid) bi* 51t biefem ^citpunftc ben in Bretten angefangenen Unterricht mit anberen .Knaben fortgefettf l)attc. (£r fam an bie Stelle be* al* VMjrcr ber ^icctjtc nad) Bübingen berufenen feitberigen Weftor* bcr lateinifd)cn Schule in ^forjbeim, (Meorg Simmlcr, unb beflcibctc biefen Soften 1.1 M)xc laug (r>on 1511 1524) mit bem befteu Erfolge, jn biefer $cit trat er aud) in Beziehungen 311 Männern, bie fpäter in bcr >Keformation*gcjd)id)tc bc* l'aubc* eine Wolle 31t fpiclcn berufen maren.

Warfgraf Philipp übertrug 1524 3ol)annc* Unger bic ^rcbigcrftcÜc am St. Wid)acl*ftift unb gab il)m im l'aufe bcr oatjrc mand)c ©etoeife feine* $?ol)lmollcn*, obmol)l ober t»icllcid)t gerabc meil Unger bcr rcformatorifd)en ifcljrc ^ugetban mar. s?lud) bic (£f)c geftattetc er it)m, ma* lud heilen molltc in jener ;5cit. Spater freilid) l)at Unger, mie frül)cr fdjon ermähnt, aud) unter ber lanbe*()crrlid)en Ungnabc 511 leiben gehabt, inbem er nebft einem gleid)gcfinutcn >tollegcu gefangen nach ©nben abgeführt würbe, um fich feiner religiöfcn Widjtung megeu oor ben Waten bes" Warfgrafen $u öerantmorten. £aä ü)at er mit greimut unb

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48 ^forjfjcim im SRcformation^citctltcr.

baut norfj fo gcfdjidt, bajj er al*balb in $reil)eit ftefc^t nntrbe uno fein s$rebigeramt in 'tJSfor^eim hiebet übernehmen tonnte.

Ter 1535 feinem Ü8ruber s}3l)ilipp in bei* Regierung nadj gefotgte Warft^raf Gruft mar Unger aufrichtig sugetljan unb nafjm il)n uebft Familie aud) in feinen befonberen Sdjuft, al3 tti be- fürchten ftanb, bafj bad bifdjöflid) fpcierifdje Crbinariat Ungern (St)e anfechten werbe. Slufccrbem nnirbc legerem Dom SWarfgrafen al* Grfafe für anbermcitia,e ^(uefäüc („in 9lnfef)en ber merflidjen Üüiüc, Arbeit nnb $leifj, fo er mit ^erfünbnng be* fälligen SHort (Mottet 18 oar lang in sj$fortn>im gcljapr) oon ben Ginfünften ber 1560 eingegangenen s&*allfal)rt*fird)e ber ^eiligen Jungfrau jut Gid) in ber 9täl)e oon SBilferbiugen eine Summe Don 1 00 (L jäljrlid) jugeunefen.

lieber bie legten i'ebensjaljre Unger* tft sJJäl)ere* nidjt befannt. Gr ftarb (yi Ißfor^eim im ^Ipril 1553 in feinem 71. H'ebcnejatjre. £a& er \d)x beliebt mar, erteilt au* bem eljren* Dollen ^eugni*, weld)e* ifjm ber s^for^l)eimcr sMat au*gcftellt l)at. G* Ijeiftt in bcmfclben: „Gr oerfidjt fuue s}$rebigcn mit l)öd)ftem Jyleift, erpietet fid) and), alle tag abenb* gur Saloc 3ut ein freiroil Stunb ungeOerlid) ermanung nnb richtig jn tun, tote man fid) in biefen S&imen nnb fonft gegen Gtot ben Gerrit galten nnb mit getroftem .^er^en roiber ben 4ob fechten nnb fempfen fol."

3ol)annc3 Sdjtoebel.

(Geboren gu ^for^eim im 3al)re 1490 al* Sofyn etn» artoanberter oermöglidjer Gltern, befudjtc Sdnoebel bie ^ateinfdjule feinet Okburtsftabt nnb lernte l)icr SÄewnc^tljon fennen, 51t meldjem er in ein innige* $reuubfri)aft*oerl)ältni* trat, ba* aueft jpäter nodj fortbanerte. 1514 erhielt Sdjmebcl in Strasburg bie sJ$riefter meil)e, worauf er in ba* M (öfter ober Spital be* Ijeiligen (Reifte* ju sJ>for$l)eim eintrat, (fr begeifterte fid) frülje fdjou für ^ntfyer nnb feine Öefjrc nnb prebigte oon 1519 ab im Sinne bcrfclben. hierbei jcfjeiiit er aber einen aüju großen Gifer entfaltet 511 l)aben, beim er nutzte bereit* 1521 auf Befeljl be* fonft ber ^Reformation nid)t gerabe feinblidjen NJ)iarfgrafcn s^l)ilipp s}$for($eim oerlaffen, worauf er bei JyrrtlU oon Sitfingeu auf ber Gberburg ,3uflluty fudjtc uub fanb. .frier nafim er au ben vielfachen Beratungen politifdjer nnb rcligiöfer Watur, Weld)c Sitfingen* 5rcl,ll0e rtUf ber Gberburg abhielten, regften Anteil.

s£>äl)reub feine* Aufenthalte* auf Sidiugen* „Verberge ber (yererijtigfeir machte Sdjwebel in $wei ?lu*gaben ein Sdnriben befannt, Weld)e* ^ranj oon Sitfingen an ben SRittcr Xietrid) oon .franbfd)ud)*heim richtete, um biefem feine Bebenfen gegen bie (£*in^ fül;rung ber ^Reformation 511 nehmen. Sd;mcbe( begleitete biefe*

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$for,tf)cint im föefprmntipnfycitalter. 40

Schreiben mit einem Vorwort an ($eorg oon Gentium in ^5for$ fyeim, ben er bat, bie ^for^tjeimer $reunbe $ur Stanbfyaftigfcit ju ermahnen, (£r bebauere, bafe Üeutrum nid)t 3cllflc fci» UMC eifrig ftranj oon Sitfiugen für baS Ihmngclium eintrete. ISfyemale feien bie Vitien über bae Wefeft OJottc* burd) bie ^tieftet unter richtet morbeu; jefct müßten umgefeljrt bie ^tieftet burd) fromme bitter au Oiotteö Gtefefe erinnert merben.

(£nbe 1522 lieft Sdnoebel, bem injtotfAcn oon Sirfingcu bie Pfarrei fianbftufjl übertrafen morbeu mar, bei JpanS ©reiften berg in ^for^eim eine Sdjrtft erfdjeinen, bie ben "Xitel trug: „Chrmanung ju ben Oueftionirern, überflüffige Soften abjuftetlen." Unter Cueftionirern finb $ettelmönd)e gemeint, benen er ben 9tat gab, 9llmofen aus freien Stütfen für bie ÜHotleibenben ju jammeln unb nid)t erft in SHom mit fdjroerem Qklb (Erlaubnis tjtcr^n 311 ermirfen.

SBon .ßroeibrüden rtU$' mo()in <Sd)mebel 1523 burd) ben ^fal^grafen fiubmig II. als Superintenbent berufen morben mar, befueftte er im barauffolgenben 3al)r ^forj^eim roieber unb f)ielt bafelbft in ber Spitalfird)e eine ^rebigt, roeld)e unter ber s}luffdjrift „SBom guten $>irten" in mehreren Auflagen gebrutft mürbe, iaft Scfjroebel mit bem 9)<arfgrafen sJ$l)ilipp |id) in^uifd^n auSgeföl)nt l)atte, ift barauS erftd)tlid), ba§ er auf ^ermenbung beSfelben, als er 1524 fid) Derefyelidjtc, einen großen leil beS Vermögens jurütf erhielt, meiere* er einft als junger 9J?önd) feinem ftlofter in ^forjfjeim jugemenbet Iwtte.

SMS 511 feinem am 19. 9Wai 1540 erfolgten lobe blieb ©djmebel als Superintenbent in groeibrütfen, neben feinem mid) tigen Slmte eine ausgebreitete ftorrefponben$ pflegenb unb einer regen fd)riftftellerifcf)en lljätigfeit fid) l)ingebcnb.

<2djroebel befaft einen milben unb oeriöl)nlid)en (Slwraftcr unb geigte oft mefjr 9cad)giebigfcit als feinen ftreunben lieb mar. 3mmed)in nafjm er unter ben Geologen feiner $eit eine bebeutenbe Stelle ein. Seine freieren $lnfid)ten über mandje fird)lid)e Streit fünfte brad)ten ifyn ffcätcr bei ben Lutheranern in ben für bie bnmalige Seit entfefclidjen $erbad)t, ein ^inglianer 511 fein. SBon allem ^arteieifer unb ^arteil)aber mar er meit entfernt. ©t mollte meber lutl)erifd) nod) paulinifd) Reiften, nur als „(Sl)rifr mollte er gelten. 9iid)t Cutter fei für il)u geftorben, fonbern (Sl)riftuS.

9JifolauS (Kerbel.

tiefer ift um 1490 in ^for^ljcim jur 28elt gebmmen unb mar ber feüftti eines bortigen SWalerS. 9ludj er bejud)te in feiner vUtgenb bie ßateinfdntle feiner ^aterftabt unb ftubierte in $öln unb fpätcr in Bübingen, mofelbft er 1508 9J?agifter rourbe. 9Jadjbem er eine ^eit lang an ber sßfor$f)eimer Schule als £er)rcr

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i*for^cim im fötformation**citflltcr.

tfyätig geroefen, ging er 1512 an bie Liener Uniucrfität unb trieb fner Daä Stubium ber Dectytäroiifenfdjaft. Wurf) trat (»erbet fdjon bamald alö Sdjriftfteller auf unb begann Damit eine frudjt- bringenbe Iljätigfcit. ffladjbe** er fic^ 1514—1515 in SBofel aufgehalten l)atte, liefe er ftdj ..i Strasburg al$ Dcduefoniulent nieber. £ier entfaltete GJerbel, bor mit namhaften (Meierten in SSerbinbung ftanb, neben feinen 33eruf*gcfd)äftcn eine crftaunijcf)e roiffenjdjaftlidje Wrbeitölraft, namentlich auf ben Gebieten ber Hajfijdjen Citteratur un* ber C9efd)id)te, unb geborte fdjon 1518 ju ben berüfymteftcn üDiännem feiner $cit.

$üä Hiutl)cr bas ^öert ber Deformation begann, id)lofe fid) iljm (Kerbel rücflmlttfloä an unb liefe fid) f)aupt|äd)lid) Sic $er breituug ber Schriften Üutfyerä angelegen fein. sMii fiutfyer luedjfelte er freunbfdjaftlidje Briefe. Xerfelbe münfdjte ityin u. a. (vJliid 511 feiner 1521 oolljogcnen §eirat unb übernahm jpäter aud) bie s$atenftcllc bei feinem erftgeborenen Sol)ne. 1521 beforgte Werbet eine Ausgabe beö neuen leftament* im Urtexte unb 1522 liefe er att $xutyt feiner Stubien ber ttirdjenoäter bie Schriften bc* §erma* in Strafeburg brurfen.

£>a£ 2lmt, baä Kerbel in Strafeburg jule^t inne fyatte, mar baö eine* s^rofefforö ber ®efdud)tc, morm er, wie in mnndjen anberen s2Öiffen|djaftcn, grünbltd) bemanbert mar. ©r ftarb als* Sieben^igjäljriger ju Strafeburg ben 20. Januar 15G0.

(Kerbel mar einer ber eifrigften üöeforberer ber Deformation unb l)ing Üutl)er mit begeifterter $erel)ruug an. (£r ftanb mit bemjclbcn lange 3al)re in ununterbrochener Atorrefponben$ unb in tfjreu Briefen befpradjen bie beiben Scanner uid)t nur tl)co- logijdjc Wegcuftänbe, jonbem fic teilten fid) aud) als ÖeroeiS

jeiuer Wclcl)rfamfeit, feiner ^uoerliijfigfeit unb Dcdjtfdjaffenljeit geuofe (Kerbel l)ol)e ?ld)tung bei feinen ^citgenoffeu, uon beneu einer iint folgenbermafeen dmraftcrifiert : „Difolau* Okrbel oon *pfor$t)cim, ein oortrefflidjer SJiann, ausgezeichnet ebenfolool)! burd) (Meln-jamfeit, als burd) geinfjeit feiner Sitten unb jeines $c nchmcnS.-

3)a3 Wefd)lerf)t ber Werbe! ift in ^for^eim glcidj bem ber Sdnucbel längft nid)t mel)r oorl)anben.

28ie fdjon ermähnt, retdjen bie Anfänge be$ SdütyenmejenS in Spforjtjeim rocit jurücf. Wrmbruft unb ^üd)fcn Sdjütycn merben in ber &l)ronif fdjon fefjr frül)c genannt. So finbet fid) in ben Elften be» £anbe*ard)ioS unter „sMerl)anb Crbnuug unb ^olijei;

XüS ^jorjljetmcr ®ä)üttenfeff uon 1561.

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$for$eint im ffleformotion^eitaltcr. 5J

fachen 1487" bie Bemcrhtng, baft (benannten „$ut .^anotmOung ber Stabt 51t 3ct)impff unb l£rnft etwa* gret;ung ^ugelaffeu, aljo bajj ein jeDcr fem Wcjd;ü(j frei; tragen unD bamit fur$met;llen unb fd)iejjen mag."

£as G)rünoung*ial)r ber ^for^etmer Sdjüjjeu Wejelljdjaft ift $mar ntdjt nadjtuetsbar, aber wenn gleidjc Bereinigungen jdjon 1451 511 £ffenburg unb 1459 311 Millingen genannt werben, fo ift an$uuct)men, bafj aud; l;ier gegen sJWitte bes 15. oafjrl)imbcrt* bereite eine Sdjitycn Bereinigung beftanben l)at.

Bon ontereffc für ben (£t;roniften unb feine Üefcr ift ba* Sdjüfcenf eft, meldjeö bie (Gefell jdjaft im 3al;rc 1561 unter s^roteftiou bes 3)Jarfgrafeu Marl 1IV ber bem 3d;üfccmucfcn Über« fyaupt fel;r jugetfjan mar, fjitr in ^forjljcim abhielt, £cr jdjon genannte ä>iet|tcrftnger ^cinrid; (Oering au* ,3ürid; l;at baa geft in einem 33 Blätter umfaffenbeu (*Jcbtd;t*) bcjuugen unb fold;c* bem iüiarfgrafen gemibmet. 3n ber ^ncignungejcfyrift ift ermähnt, bajj bie (^efelifdmft il;r s}kioilegium „oon bc* Alatjcrs ^ajeftat" erhalten Iwbe.

>Ju bem gefte l;atte ber SRartgraf als ^auptgeminn einen SJJaftodjfen mit feibeuer Dede ober 30 fl. in Wölb für bcnjjcnigen geftiftet, „ber unter 15 2d)üffen uad) ber 2d;cibe am öfter jten treffen mürbe." Sludj übertrug er bie ttnorbnuug bes geftes einem feiner (£blen, bem £>anö Sebolb 0011 Sigliugen. Boufeiteu ber Stabt toaren biefem jugeorbnet : Berd)tolb Xeiimlin (Schilling; unb Martin üöejj, oon ber ©efelljd)aft bereu beibe Sdjüfcemnciftcr Ütteldnor Xidberlin unb Baltl;afer Uelin, fotoie $*mtd (Sün)jel unb 27h;d;el iHüblcr.

9feben bem Sdut jjenfmufe oor bem Bröjjingcr Zl;or, „gar tool erbatot mit jdjönem met;ten Saal, ba^u eine fd;öne Summer fiauben", tourben für bie fürftüdjc ^)errfd;ajt G ^Jelte aufgefdjlagcn, jomic bie nod) nottoenbigen Sct)icj$cinrid)tungen getroffen.

2)aö Sdnejjen begann ben 3. Cftobcr, mar am 11. beenbigt unb mit einem 9tadjfcf)iej}en oon jmei Zagen gan^lid} abgefdjloffcn. Wbgeorbnete ber SDJarfgrafjdmft, bes „toeifen iHatö", ber iturpfal^ am Söürttemberg, ben geiftlidjen gürfteuftäbten, ber ftittcrjdjajt unb bee Bbelft, ber freien Stäbtc, jomie Sdjüfceu aus ben meiter unb nätyer gelegenen Crten unb Stäbten bceljrten bas geft, bei meinem 38 Sdjütjenfafynen aufgeftedt maren.

Unter pfeifen- unb Zrommelflang fammelten fid; „am britten läge beä Monat Dftoberl;*" bie leilneljmer an bem geft$uge oor bem Statfyaufe unb jogen oon l;icr auö in feierlicher Drbnung

*) $ie ftanbidjrift nebft 12 Mbbilbungen beftnbet fid) in ber ^offuMiotfycf ,511 ttarierulje, unb eine oon Morl Maurer in jcbcnfalte müljiainer Arbeit ge- fertigte Stbidjrift ~.^l^ie cin^ißc üollftänbige, welche editiert im »efifce

*♦

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l^pr^cim im föefprmatituif^citaftcr.

naet) bei Sdjiefcftiitte. Tort angcfommen, fjtelt ber 2tabtfd)rciber Sodann Wrojj bie ^cflniüitmvM'cbc, morauf bic fog. „Neuner-

T

Titelblatt bor faß, TitvKnlicr £>anbfd|tift bai Sdwfrnfcft in $jor\betni l.'tfil betr.; Don fccimridj (Vertag in 3"rt*

acU'äWi tomrben, beveu 9titftiat*c bic Leitung uitb iBeaufficfttiftUtta, bc* 2diicften* rtwir. Tic Süceuttcr bumm-borum erunibltcn bic jer, bic in glitten neben ben Scheiben untergebracht nuirben

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^for,iT)Ctm im 5Rcfc>rmation§jettalter.

53

imb beftimmtcn bie Reihenfolge ber <5cf)ü&en. (Sin jebcr ©cfjüfce mufttc 1 f(. einlegen, au§ welchem beitrage bic Soften für bic ©ettünne beftrttten mürben.

$>a3 <5djeibenfchie&cn felbft nahm mit bem ©onntag ben 5. Dftober feinen Anfang. 3Senn ein Sdjttfee bie (Scheibe getroffen hatte, gab man il)m eine Sfafync in bie foanb nnb führte if)n (^um Schreioer hin, ber ben <3cb,u6 einfdjrieb. $er SWarfgraf I)atte ben Schüben ein guber 28ein jnm ^ßräfent gemacht, roa£ rool)l jnr (Erzeugung ber erforberlichen ^eftc^ftimmung nicht Wenig bei* getragen f)at. $nx Veluftigung be§ 33olfe3 Waren auef) Spielbnben errichtet, in benen man bei mäßigem Ginfai* Silber = unb Qmn- gefchirr gewinnen tonnte. $>ie „^ßritfdjer'', meldte ber 9J?arfgraf anS feiner ^afd^e tjatte neu flcibcn Iaffen, Waren üielbefcpftigte Seilte, benn fo oft jemaiib einen ungefchieften Streif Ocrübte, befam er bie ^ritfdfje.

5b,rcn öötjepiinft erreichte bie f eftliche Veranftaltung am Samätag ben 11. Oftober, al$ man ben ^ßrciSochfen unb bie Jahnen jur ^ielftättc führte. ©3 gefchaf) bieS in feierlichem Wufyuge oom SKatbaufc au$. 1>cn Pfeifern unb Trommlern, meiere an ber Spifce marfchierten, folgten Weiftgcflcibete Knaben, Weld)e bie 60 ^ßrei$fabncn trugen; hinter bieten fdf)ritt „Stauft SSorbcrmeljer mitt auffrcdjten J^enblin" (bem ©anner ber (Gefell- fdjaft), begleitet oon ben beiben Scf)ü&enmeiftern. Nunmehr famen,

tote Oering erzählt:

tfoo fefjönc junaffrattJcn aflfo \ä)on

auffS aflerUebltjrfjft anaetljomt,

bic bet)b Ijabenb ben „odn'cn" afiert

mitt etjner fetjbenen $crfe ac*iertt;

barouff ein erbar meiifcr 9iflbt

ber mitt inn aoa. gor fdjneü unb trabt. ©3 folgten bie Schüben, 311 benen ftcf) oiele Sürger unb Qu» flauer gefeilten.

$)cn ^ßrci§odf)fen gewann Safob Saftner au§ $uppenbeim. $)er Sieger im 2Bcttfcf)icficn, ©anS Sclml* auö Strasburg, erhielt einen goibenen Sfranä, ben ihm eine Jungfrau mit „HhnecWctjfter £annb" überreichte. 2)er Stabtfcbreiber Ctfrofi banfte hierauf ben „Deimern" für bie gehabte TOibe unb im tarnen bcrfelben erwiberte §an3 Sdja£.

Sobann mürbe bie Verteilung ber gewonnenen greife unb Jahnen oorgenommen, mSgefamt 60. Unter ben glücttichcn Scl)üfrcn werben nachftehenbe ^foqheimcr genannt: feamtä 3ct)ncaÄ'r/ (Slaufj Spitj, WnbreaS ©rtjninger, 'OTdjel Schmaler, 9D?eld)ior Cäberlin, Gbriftoff 99ecfl), fteugmeiftcr, Gunrabt fflorcr, Vartolomü Deümling, s}lnntf)onl) Sottbeimcr, SJcortjj Ggfhartt, .scanne (Sünfoel, foannS (^runbler, Veit 33rüler unb $an8 Schüler. (Sinem (Schüben mürbe fein ^preid mieber abgenommen, meil fiel) feine Vücl)fc nachträglich aU unrichtig ermieS. ^Dcm Schüben §an^ 39althe§

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54 Uforsbeim im ffieformattonfyrttaltcr.

3ftutf efjafc au§ 3tirtd) tourbc ein ©dfjmein zuteil, „bamit er ben weiten 28eg nirfjt umfonft gemadjt fyabcn möchte." 9facfj ber ^ßreid- Verteilung ging e3 unter tiingenbem Spiel roieber jur <Stabt jurücf.

9lm Sonntag begann ba£ ^mei Tage mäfjrenbe 9ca<i)fdjie6en, bei meldjem 3afob $adjofcu au£ 3urirf) oc" crf*en ^Prei^ 02 ft > erf)ielt.

$ie für bie bamaligc lm0 °if erfdjmerten 5?erfeljr3- nerftältniffc aufterorbentlicfj ^ar)Ireic^c Beteiligung ber ©djüfeen an bem $efte ift ein Bemetö bafür, baft bemfelben eine gan.^ befouberc Sebeutung ,$ufnm, roie ja aurfj ber ganjc Verlauf be3 Jvefteä, um eine moberne föeberoenbung $u gebrauchen, bie Xeil^ neunter beftenä befriebigte. lieber bie SReranftaltung unb bie erroiefene ©aftfreunbfcfjaft ift Uterina, tu)Ü be3 2obe$.

ftdj mnfl eud) freunbUjd) flebeten fiott $aft nmnanb Junten rotjü an mnd)

idi fürftttufm tönaben a,ut$ betend) ^enn er Ijntt flefjannbelt mit ieber man Ixtfi in flenmft nmnanb feftetten fon Tor au ein erbar meofer rabt gampt ber Ö»cfetl?chaft früf) unb fpat Letten un£ ade (5er bemetrfen $arumb tfjutt man U) Iobn onb pretjfen CXcfi fjörtt a,ar manchen fdjüfeen faaen Gr fjett bei) allen fetmen taflen ftanm aefefyn ein Rieften beft geleQd).

X*rci ^af)re fpütcr (1564) bielt bie (*5efellfcf)aft abermals ein feftlicfje§ Scbieften ab. Um bie fteftfreube $u erf)öf)en, mollte Warfgraf ftarl am <Scf)fuffe bemfelben eine grofte 3agb oeranftalten. (tterne mürben bie ^forjfjeimer Sdjüfoen unb Bürger an biefer teilgenommen tyaben, aber ber Warfgraf wollte fie nidjt nur al§ Säger, fonbern aucfi als Treiber benüfcen unb ba8 mar niefit noefj ibrem (Mefcfjmacf. $er 6f)ronift meift hierüber *n berichten :

„3Meft frfjien innen miber biejenige bcutfcfje Bürgerfret)f)eit \\\ fetnt, roornaef) niemals (Sinmoljner öon (Stäbten, fonbern nur bie dauern nl3 leibeigene ,ui oagben aiif(\eforbert mürben. $er 2tabtratl) antwortete baber bem durften : ^Ö?it ftreube unb *ut>or« fommenbem Webortam mürben bie *ßforjl)eimer alle Wmtc be$[elben befolgen, nur glaubten fie ibrer Bürgereljre frfuttbig ju fetjn, nirbt mit ben leibeigenen (5inmo()uem ber Ttfrfer in eine .(klaffe \u treten: aurf) müßten fie beforgen, baft ein folcfje^ J^robnbiagen für fie unb ibre 9taci)fommen eine bteibenbe Öaft merben fönnte. Ter Warfgraf mörf)te i()ien (5ifer. afleS für if)n ju t()un unb flu mageu. bei jeber anberen 3^eriinfaffung auf bie ^frobe ftelten."

Wie ber Warfgraf bie Steigerung (einer ^for^beimer, ^agb frobuben \n (eiften, aufgenommen bat, meift man niefu" genau ,^u tagen, ^erftimmt mirb er aber irf)Oii getoeten fein, unb fur,^ barauf ^1*565) erfolgte aud) bie Verlegung ber ÜHefibenj nae^ ^urlad).

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^?for$f>6tm im 5Reformation*$eitalter. 55

3m 3af)re 1590 fanb, roie Bei biefer ©elegenijeit ebenfalls ermähnt Serben fotl, in ^nrladj ein c^roftc^ „(Stadjcl <2crneften" flatt. yiad) bem im CanbeSardjir» nodj öorfyanbenen ©djie6- s^rotofoft fdjofe hierbei „baft Sefte (20 Taler) 3nng ftannS Schüler üon 9ßforfof)eim mit 143 <2<fjnfe." 9Tf8 <Stf)üfcen an3 „(Statt nnb ?Tmbt ^ßforfefKim", bie ebenfalls (M>en nn$gefd)offen 1)aben, werben ermähnt: Taniel SRnoff, Schloff 233ilberft)n, (9oll Sittel, Wiefel ©elbner, (Sfyriftoff 9flennfcfjier, ?(afob SBecf nnb Steffen $ocfj, meiere rool)l fämtlicf) ber alten ©cfjiiftengefeflfdjaft angehörten.

Äudj ätfarfgraf ©eorg ftriebricfc, ber t>on 1 604—22 regierte, mar ein befonberer ©önner ber «ßfor^eimer <ödjü&engefeftftf)aft. Gr Befcr)enfte fte u. a. 311 einem beftänbigen ©ebäcr)tnt§ mit einem O&nabengerjalt üon jäf)rlidj 15 fl., moran bie <Stabt jur §älfte Anteil nafjm *)

9Iuf bie fernere ®efd)icfjte ber ©rfjü^engefelTidjaft wirb in biefer Schrift faäter ^nrnefgefommen merben.

^pier nnr nodj ein Urteil bed ^icf)ter§ ©ering über ^ßf orj^

fyeim, fein $(u§fer)en nnb feine SBerfjältniffe:

@Jen ^for^ljcim fhinb mir all mein fmt 3*nnb fom batjin wie id> eudj fag 9(uff Tomftag natfj Sauet SSftpoVlS 3"ag 5>a fannb id) gar ein fdiöne Statt flu fölicfjer ©röfc bie fetj bann fiatt^ Wand) flutte fterberg id) ba fannb1 VIHö manS mömtt finben in ein 2anb flu ^for^eim gieng i<ii Mit oimb mtjber (fin Waffen aupf bie annber nrjber 3ä) fannb gar manidj fdjönn geben) 3?on luftigen fteufern ftaTf onnb nem $anj luftig onnb gar mol erbamen 5tä fag efld) baS aupf mein öertljratoen $afj id)3 biet gnugfam brepfen fann Sie batt ben aflerfdiönften Man Um SRardt ganfl luftig uberbmaften 9lupf biefen Wardt ba geub fcd)3 Straften T*a3 man baraupf ifann reptten faru (£3 fep mitt roagen ober fam Äorn mein onnb aöe effenben fingen $ut man gan* .fcaupfeu babin brpnngeu $ann e$ inn bnfer fiirftlidjen ftatt ©ocfientlid) ^meen groft merdt ba batt

*) $m ^abre 1824 tollte biefe i«brlid)e, noeb 1817 beftfitigte Gmaben* qabe taut ©efdjluft ber ftofbomänebebörbe fiftiert merben. Tie Sdut&engefelf* fcfiaft mürbe aber bei (Urofiberjog Cubmig bieferbalb oorfteflig, ma$ gut ftolge parte, bafj ba$ $omöneuflrar angetoiefen mürbe, ffiuftigbin bie Summe oon 15 fl. allein #1 ^abten. 9tud biefer 5?eranJaffuufl ftiftetc bie (Heiellfdiaft einen fitbemen ^ofat mit ben ©ilbniffen ©eorg frriebridtf nnb Submig«. Spntcr erfolate aber bodj bie ?lufbebun(\ ber 0?nabena.abe. 1872 mürbe bie Leiter- iiabtuna, biefer Stiftung Tauf 5?orfteüung be^ ^inan^minifteTtumÄ gleidi^eitig mit anberen öfjnlidicn Stiftungen eingeteilt.

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$forrteim im 5Reformation*aettalter.

To ftnbt man flu faufen totin onitb brott ?lud) alle* toa* man feuft ift nott Da* finbt man fctil tun bofer ftatt Dann fett ein grofjen jugang Ijatt $on bei Sianbfdjapft fo barumb lentt ^JJnnb bie ftatt braudjenb alle aeött "Und) gatt barbttrd) ein gan^e ftrafe Die brauet man ftreng Ott llnberlafo Denn aller Ijanb Sfaupfmanftgnt be* württ Upf böfer [traft bnrrf) sj*foraf)eint gefiirtt Sa* man brttngt auf* bem Wttber £annb Stodfiid) gering ba* limbofd) OJetoanb Da* fürtt r>\)[ bnrd) bttfe fürfttid) ftatt Defjett paß ^ott unb $cnmg tyatt Wan fürtt barbtird) ben beften SBetn ?lufter ber ^Jfal$ onnb ab bem SReiu 3nn Sdnoaben onnb intrs «euer tannb $nb wo bie ftrafjen fuuft ttttn gannbt Die müffen farn bnrdj bttfc ftatt $ttl ömerb onnb twnbtoerr*teut fett Imtt Die neernb fid) mol mitt Üjrer I>annb Dann umb ico Ittgt ein frndjtbar lannb Darittn mectjft ööl gutt ilorn onnb mein WH* gntt er inn ein lanb mag fein ftlctjjd) fdjmala aud) anber (Sffenbünng bringt man ju rocgen Ieöd)t onnb rttng ?lndj rotlbbreet oogel barju fifd)

tatt man &u $for&t)etm gfunb onnb frnfdj ann fett fttoett fTttidjc SBaffer fjannb Die bei) ber ftatt aufamen gannb Die (ürnnj onnb bie 92agoltt mit namen ftliefjenb Ijartt an ber ftatt $ufamen Dampf ba flö^t man Ijolj }um bamen ftd) rebe ba* anpf mein oertratoen Da* $for^eim bie öttl fürftlirf) ftatt Wnn feinem Dttnng nitt mangel fyatt Da* im $ur notturpftt ieo!>e nofc Dann e* ift gar ein ebler fttfe. Der Dichter er,$äl)lt nun meitcr, mie er bei einem ®ang burd) bie 3tabt einem alten Sftann begegnet fei unb ifyn nad) ^for^eimö llrfprung gefragt f)abe. Der 9Utc gab jur 9(ntroort, er Imbe oft in iöüdjem gelefeu unb in feinen jungen 3af)ren pon feinen Gltern gebort, baf; über ben SRfyein ein $öntg Sßfyorccuä

befdjloffen fjabc, eine Stabt 51t bauen unb btejc fei it)m nad) ^for^eim genannt morbeu. ift bieS ein 3kmet3 bafür, ba& man bamale nod) ber JReudjliu'fdjen Sage t>on bem etngeroanberten Irojaner ^orfuS gefd)id)tlid)cn 2Bcrt beilegte.

künftige 33orfommnifff.

$on elementaren Greigniffen, tum fteuer= unb ^affersnot, leuerungen je. ift aud) ^for^eim nid)t üerfd)OM geblieben. $lu3 bem bemäntelten ,3citraum M* u- a- 5U ermähnen,

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^Mptflljrint im 5Wcfonnatiou?$fitnttcr.

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bajj 1522 unb 1573 oerhccrenbc II eb er [^»emmunflen ein traten nnb bcibcmalc bie $(ucr S^viicfc fortgeritten nmrbc. Unter 3)?arfgraf ftarl nmrbe hierauf biejenige ©rüde erbaut, bereu Pfeiler bem grofecn ftoehtoaffcr oon 1824 511m Cpfcr fielen, nacf)bem bie übrigen ©rütfeuteile juuor fd)on 1 729 nnb 1 799 Dorn Waffer weggeführt worben waren. Die lenemng von 1548 oeranlajjtc bie früher angeführte ^erorbnung bed iWarf- grafen (*rnft, bnrrf) n>eld)e ber ftleifäßerbraucä bcfdjränft Würbe. 1563 War ebenfalls eine grofec Icucrung. gab aber and) oafjre bcö Ucbcrfluffc*, fo bie Weinjahre 1539 unb 1540, wo ber Ertrag ber Weinberge ein fo ungewohnt ergiebiger war, ban man in einigen $cgcnbcn bie Sd)Weine mit Irauben fütterte unb (ytm C£icf)cn ber &äffcr Wein ftatt ©äffet benütne. Wenn ba in einem alten Bericht l)ciftt: „Diele teilte foffen fid) 51t tob", fo Hingt bicä gar nidjt unglaublich.

SBefi^crWerbungcn, Vertrage ic. tarnen im 10. ^ahrhnnbert Derfcfjiebcne %u Stanoe, Welche bemerfenäWert ftnb. So erfauftc 9)?arfgraf 'pfjilipp u. a. 1529 ben vierten Xcil beä Dorfes liefern famt bem ©urgftabel, auef) ben halben fhttetl ber Kelter bafelbft von $onrab 0. Waltftein um 1500 fl. (Sdwn 1482 r^atte ÜWarfgraf (Sfyriftof oon bem Älofter SWaulbronn ein Viertel Don liefern um 1200 fl. erworben. 3wei Weitere Viertel erftnnb er 1510 oon 9?itter ®eorg oon 93ad) um 2400 fl.) (Stang liefern War nunmehr babifd). 1531 erfaufte ber iWarfgraf 00m tloftcr fcerrenalb ba$ Dorf ®öbrid)cn famt alten Mutntngcn, nad)bem er 1528 fefjon baä Dorf Dietlingen oon Württemberg für bie ftälfte oon Schwann, ein Viertel oon Dobel, ein Viertel oon Dennach nnb bie in ber 9caf)e oon Neuenbürg gelegene SBurg Straubeurjart eingetaufd)t hatte.

3m 3af)re 1516 mürbe ein Vertrag jwifdjcn bem SWarf grafen ^ißhittW öon SBabcn unb bem foer^og Ulrich oon Württem berg abgefcr)ioffcn, ber ba$ Sicherheit ^geleite in ber s?for(y heimer ©cgenb betraf. Stäben mar nach bemfelben ocrpflid)tet, bad (Geleite bi£ an baS Dljor oon Neuenbürg 311 geben, Wäljrcnb Württemberg bie$ auf ber umgefehrten Strafe %u beforgen t)attc. 3n ähnlicher Weife Würbe e$ ^roifeben Neuenbürg einer|*eit§ unb Ettlingen, ®ernäbadj unb ßtlmenoingcn anbcrcrfcitS gehalten. Diejenigen ^erfonen, Wcldjc oon ^forjhnin nach Ncrn*bad) fid) begaben, ohne Neuenbürg 31t berühren, hatte $abcn bis Schwann unb Württemberg oon ba biä (Gernsbach 31t geleiten, ©ei ber Steife oon (Gernsbach nach s^for^hcim war ba* (Meieitc umgcfcl)rt.

Der fchon 1342 ^uifdjen ©aben unb Württemberg ab- acjchloffenc Vertrag, bie Jyl öfter ei auf ber (£n;v Wagolb unb Würm betreffenb, tourbe 1517 jwifd)en ben beteiligten Staaten erneuert.

3Warfgraf $arl übergab 1569 ber Stabt ^for^heim ben „Srferich" im ^agcn)d)ie§ gegen einen jährlichen oon 200 fl.

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$fotftl)ftTtt im ^Kcformationä^cttattfr.

W\i ber JfaWwnfl oc? Icfotcren Blieb aber bie Stabt fef)r im ffiücfftanb, fo baß bic Scljulb nach unb nach ,yt einer gan$ be- beutenben Summe anmud)3 unb $u unerquicklichen Streitigkeiten 9lnlaß gab. ?n folcfje mnrbe ^for^eim überhaupt mehrmals oerroicfelt. So geriet cd megen ber fooljberechtigung im .fragen- fefneß in einen langmierigen ^ßrojcß mit 3SMirm, ber fcfjlteßlich 1 500 au (fünften SBürmS burd) ba£ 9vcid)3fammergcricht in Speier entfehieben mürbe. $u fünften Sßfor*heim3 fiel ein anbereä Urteil bcdfclbcn (McridjtS au$, baS fid) gegen SMaftigungcn roenbetc, mcltfic ber Stabt burd) ben ftrciftul)! pi 9JJcbcnbach in SScftphateu feine ochmgerid)tlid)c Snfritutum) ganj unberechtigter SBeifc zu- gefügt mürben.

* * *

Der oolfätümlidjfte unter ben 9D?arfgrafen Philipp, @rmft unb $nrl mar ber 2f?nrfgrnf ©ruft, lieber beffen 6t)ara!ter unb Hofhaltung hat ber fdjon angebogene Saftrom einige intereffante Mitteilungen hiuterlaffen. 3Sir erfahren, baß an beä SKarfgrafen Tafel im Grffen unb Irinfcn meife Sparfamfeit roaltete, bie fidj oorteilhaft unterfdjieb oon ben Schlemmereien an anberen ftirft* liehen Tifdjen. Die Schreiber erhielten anbcrtljalb Lecher SBein, mährenb ben fliaten jmeimal eingefdjenft mürbe. Damit habe man, meint Saftrom, lange nicht reichen fönnen, namentlich nicht jur Sommerzeit. Sflon bem SWarfgrafcn mirb gefagt, baß er ein frommer fterr unb fparfamer £>au3f)alter gemefen fei. Seinen 9lngeftel(ten fal) er fcfjarf auf bie Ringer. (5r hatte fein ©emach über bem (Eingang 511m Schlöffe, fo baß er ein 9luge auf bie 9lb unb ^ugehenben hnben fonnte. Der ^iidjenmcifter nabm cinftmafä au$ ber Gliche enien fchönen großen Karpfen mit fort. Dcrfelbe mar aber fo lang, baß fein Schtoan^ unter bem 9D?antel bc$ ftitdjcnmcifterä htroorfchaute. Der SWarfgraf ftrafte unb oe= ichämte zugleich ben Dieb burd) ben launigen $uruf: «»^pörft bu, menn bu mieber einen Karpfen ftchlen millft, fo nimm entroeber einen Heineren ftifch ober einen längeren 9J?antel!"

3cbcn ^um lobe oerurteilten Verbrecher ließ ber SWarfgraf fiel) oorführen, um ihn %u tröften unb auf fein ©übe oor^uberetten. ?lud) bat er ihn um 5>cr*cif)ung barüber, baß er il)n hinrichten faffeti muffe unb ocrabidn'cbcte fich oon ihm burd) einen ftänbebrucf.

SBic fchon angebeutet, maren bie ^for^heimer bem 2ttarf= grafen fehr yigethan. Sie ließen 1538 rtm 3eitf)cn ihrer ?ln= hänglidjfcit an ihn fein ftcincrncS Stanbbilb anfertigen unb ftellten e$ auf ben Brunnen am Warft.'

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~2?for$exm in 6er |tetf vom 16. ^um 17. §aßtrßun6erf.

^forjfielmcr WelififonS Unrnfjcn

fiebern Stfarfflrnf Äorl IT. nm 23. 9OTnn 1577 nerftorfren toor, frurbe für feine brei 2ül)ne Crrnft J^riebricfj, ^nfob unb (SJeorfl ftriebriefi eine borrmtnbfdjaftlirfjc ffieiiicnntQ ein fiefefct, bie bem 2Bnnfcfje ber brei SMber entfpredjcnb 1584 eine Teifnnfl beS £nnbe$ unter biefc uornnfnn. (Jrnft ^riebrirf) erhielt bie untere Sftarfciraffcfjaft, ben ^for^ieimer Anteil, nebft ^efi(if)eim, SWnnbelärjeim nnb Wtenftchv. Süfofi bdam bie Tiocf» bentifcfjcn SWifonngen nebft Snfjberfl nnb Weorfl Jyriebricrj bie fterrfdjaftcn Snnfenbera, ffitftefn nnb ^nbentaeiler. 9U3 3afob. ber gut fatfjolifefjen #ird)e übergetreten War. 1 590 ftnrb nnb bn$ ?inf)r bnrnnf fein einyaer nncfjaeborener Sofm iiTcicf)faU^ nu3 bem Seben fcfjieb. teilten fiefj in beffen £nnbe feine trüber Gruft ftriebrief) nnb (Meonj ftriebricfj.

<Scnon unter ber normnnbfcr}aft(ief)cn ffie(iiernnc\ fear bie Stabt ^for^eim, nn^earfitet ber ihr lunn OTarfcirafen Gfjriftof erteilten ^ßrir»ile(iien, *u bireften Stenerfeiftnnflen rjernnflCAPtie" worben. (*3 flcfdjflf) bieS jnr lilctnnfl ber foiv £onanetnWfcr)en ftilf3gelber*\ nnb hmrben non 100 fl. 5$ertcint jnfjrlicf) 8 haften 6c,^nT)lt. $n biefer nirfit nnbebmtenben Steuer tarn und) bem ffieqienuifläantritt be$ SDtfnrftirafen Chmft Jfriebrirfi eine neue. $ur liftinnfl non Srfntfben nnb %wc SMtreitnmi feiner ftoftjattunß Ieflte biefer ftürft feinen tlntertf)anen abermaf^ eine Steuer Pen 4 haften r»on 100 fl. ©ertönt auf, nnb aud) bie auf „einige

*> fcerjofl £ubrt»iq oon $?cma.ueöille tuar ber Torntermaiiu beS Warf* arofen *gfjilit>p Don .from&erfl'3aiifenbern*5Hflte(n, beffen ^ehtuina,en »neft feinem lobe an ben Warfflrafen CTbriftof üon Nabelt iiberflfftanftfn unnen. Ter fterjoa, erfiob 9lnfpnlrne an bie Üfinber feinem 3cfmüea,ert>ater$ nnb e* entftanb ein nabelt 80 ^nnre bnnernber ftamilienürojefi ber 1581 enbftcfi bnrrn Ger- atet* erlebiflt würbe. Tie ftamitie' £ona,ueoille erbiett 225,000 fl. : bieie Summe rourbc auf batf £anb umgelegt.

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(»0 ^fpr.^eim in i>cr $\t\t \>om 16. ftum 17. ^aljr^nnbcvt.

Reiten" oon allen berartigen Abgaben ausbrütflid) befreite Bürger* fdjaft ^for^eim* mürbe $u berfclbcn herangezogen. 3bre fyetoi* legien füllten jtoar aud) fernerhin #i Siecht bc|tcl)cn bleiben, aber Rahlen mitfttc fie unbefdjabet bcrfclben.

äRarfgraf Gruft Jyriebricfj^ Regierung mar für «ßfor^eim ber unter bcrfclben ausgebrodjenen ffl e Ii g i o n § u n ruf) e tl wegen oon ganz befonberer Bcbcutung. Xer SJtotfgraf mar mit ber 3eit ein eifriger Anhänger ber caloiniftiferjen £cl)re geworben imb wollte biefe, ganz in Üebcreiuftimmung mit feiner gewalttätigen SWatur, and) bem fianbe auf bringen. x\n feinem Schlöffe Staffort lieft er eine Xrucferci einrichten, aud ber zwei tl)co!ogifd)c Streit < fdjrtften beroorgingen, bie ben Ütfarfgrafcn zum Bcrfaffer Ratten nnb ganz im Sinne bed (Safoinidnurö gehalten Waren. Xen deutlichen nnb Sichrem betf £anbcö Würben biefe Schriften al$ iliiditfdjmtr für $rebtgt nnb Unterricht oorgefebriebeu. Xer 3J?arf- graf l)örte nidjt anf bie gutgemeinten SSarnungen feiner GJefdjtoifter nnb befrennbeter dürften. 3n feiner Wefibenftftabt Xurlad) brannte er ben Wibcrftrcbenben bürgern brei reformierte ^rebiger anf unb and) an nnberen Orten mufete bie lutl)crifd)e ®ciftlid)fcit biefen Weichen. HuÄ in Pforzheim Wollte ber SÜiarfgraf bie Neuerung einführen, fanb t)icr aber einen SBtberftanb, ben er nid)t 511 brechen permochte nnb bem er fcfilicjjlich felbft erlag.

Xer Hergang ift folgenber: &m 2. ftuguft 1601 fpiclte ber Supcriutcubcnt SBenebtn Ungcrer in einer Sßrcbic^t über bie „falfdjen Propheten" anf bie reformierten Weiftlidjen an, mag ben £bcroogt Johann oon fünfter, ber natürlid) glcid) feinem £anbe$= tjerrn caltmiifti f et) gefinnt mar, fo in .foarnifd) brachte, bafö er in ber ^ircfjc eine Speftalclfzenc aufführte nnb Xrolmngcn gegen bie lutfyerifdjen <55ciftftdt)cn auSftieft. (Sine Befdjwerbe bei bem SRarfgrafcn hatte nidjt mir feinen (Srfolg, oiclmehr erhielt Unserer famt bem Xiafon, bem Spitalpfarrer nnb bem Pfarrer ber Wltftabt feine Cmtlaffung. Xie Sitte ber Bürger um SBieberanftettung ber Bctreffcnben ober um Chfaft burdj (Mciftlid)c ihrer Dichtung blieb ebenfalls unbeachtet. Xer SJcarfgraf mar feft entfc^loffen, feine <ßfor$hcimer Untertanen ber reformierten 2el)re zuzuführen.

3n Begleitung bcS Statthalters febVii langten am 20. ?(uguft brei reformierte (Meiftlidjc in Pforzheim an. sXm folgenben Xage ftellte sj3eb(i* fie auf bem flfatbaufe ber Bürgcrfd)aft oor, mobei er an biefe eine ?(nrebe l)ielt. Xie Bürger aber ()attcn fid) JUttot fdjon auf il)reu Sunftftuben bal)in geeinigt, gegen bie reformierten v$rebigcr eine ftreng ablcbncnbe ©altung einzunehmen unb fie beantworteten besbalb bie Webe be-3 Statthalter^ mit Wufen bc$ Unwillen^ unb mit ßärm, 5118 letzterer fid) nad)l)er zum Scbloffc begab, mürbe er auf ber Strafte burdj $>ortc unb (Meberben Oer höfmt. Nachmittag? oerjammelte fief» bie Bürgerfchaft abermals

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«Pfor^cim in ber 3rit com 16. {tun 17. ^afjrfjttnbrrt.

Gl

tntb befchlofe, an ben 2flarfgrafen bic Bitte 51t richten, bic calüiuiftifchen Gtfciftlidjen nneber entfernen nnb lutbcrifd)e einfefcen 31t wollen.

Bon Surlad) fnm feine Wntmort nnb ben ^foi^eimein nmrbc unheimlich 31t öiutc. Sie nahmen ben Ncid)Mammer gerid)t*abDofutcn Ii' b c r bcr an*? 3*nt) c|ebürtt€| nnb eine ^ßfor^ heimerin wir grau hatte, 511 ihrem J)icd)t*bciftanb nnb jd)nmren am LI. September auf bem jWarttplafce einen feierlichen li'ib, bafj fie bei bem auaSburgifdjeu Wlaubcu*bcfcuntui* bleiben nnb in il)m leben nnb fterben wollten.*; hierauf liefen fie fid) ein befonbercä filbernes Siegel madjcn, auf wcld)cm bad Btlb beä auf erftehenben .^cilanbeä mit ber Umfdjrift angebracht fear: „Sigillum Concordiae Phorcensis" (Siegel ber (iintradjt 51t tßforgtyeint). SWii bemfclben berjcf)loffen fie eine fdjriftlidje ISt Harting an ben ÜDfarfgrafcn, bic nad) rurlad) abgcjd)icft Würbe. Sic wählten hierauf einen Slusfcrmjj oon brci$et)n angefcfjcnen Männern, bcr bic &eligion$gefd)äfte 511 befolgen t)atte ' nnb fid) burd) einen feierlichen liib beipflichten mußte, bic sJlug*burger ftonfeffion unoeränbert ben 9fad)fommen 31t überliefern. Xcm üknfche bcr ©ttrgerfcr)aft gemäß erfudjtc bcr Muäfcbufc ben Start* grafen (vJeorg ft-riebrid), ben ©ruber beä Üftarfgrafeu ÜTnft Jyriebrirf), ben ^forjheimern aUi Hinftiger üanbe*l)err feinen Bciftanb 31t leiten. (Seorg Jyrtcbrich uerfid)crte bic Vlborbnuug feines 31*ol)l gefallend an bcr Staubhaftigfcit bcr Bürgcrfdmft fßfor$$erai$, ließ biefe ^uglcid) aber aud) ermahnen, fid) in allem einer djrift lictjen Bcfd)eibcnl)cit 31t befleißigen.

3u Xurlad) fanb mau e<5 ii^mifdjen bod) angezeigt, milbere Saiten aufziehen. Ter Cbcroogt ^olmim von fünfter mürbe 311m Sünbenbocf gcftcmpelt unb abberufen. %n 17. September oerlicß bcrfelbc ^jforjheim unb nod) am nämlichen löge Verbreitete fich in ber Stabt bad (Mcntd)t, baß biefc in ber fommenben Wad)t Dom Schlöffe am bind) Solbatcn überrumpelt werben follc. Taä &erüd)t fanb um fo willigeren (Glauben, al* bcr Cbcroogt in Begleitung cincä marf gräflichen Hauptmanns abgereift mar, aud)

*i s^fliiflcr ajebt ben ^nfialt bc$ Cribe«> alfo au: „3$ gelobe nnb iebroßre freimütig, ungejroungeu unb ungebruugett einen leibiidjen liib jn Wott bem Mmäcrjtigcu, bafc ich *ur (*ljre Winten, suv lirbaltung bcr toot)ll)er« gebrachten Mugsburgifcbcu Uoufcffiou nnb ,^ur Verhütung alle* 3$erVDcifc$ bei ben lieben sJiad)fommeu einer ganzen (Gemeine ^for^iidjer Bürger unb ge* iebroorenen $)rübcrfd)aft *ur $tct)auptung ber uätcrlidjeu iKcligioii mit i'cib, ümt unb iölut treuen ^eiftanb leiften unb tuas bem Gilten &>ibrige* begegnet, |o anfeuert wolle, al«t fei es mir fclbft mtberfaljrcu ; bem (Segnet; roer ber audi fein möge, nid)t$ ÖJeljeimeö offenbaren, aud) auf bes üon ber Ofttgerf^afl erroätjlten ©efct)tüorencn-?tui?fd)uffe*3 33cgel)reu mid) aud) ba, tuobiu id) beidiieben roerbe, etttfteüen mollc ; jebod) uuferent a,mibia.cn dürften unb .^erru in tuelt- lieben Sacben untertbdnifleu flebnl)renben ©etjorfatn unbenommen. 3o toabr mir Öott l)clfe unb baö jeitifle (Soauflelium."

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62 ^forjfjeim in bcr Seit öom 16. jum 17. 3faljrl)Uttbert.

oerjdjiebene, be$ ISahriittömud oerbädjtigc Bürger ihre Sachen in 3id)cil)cit gebracht unb ^ubem mehrere uon bcr granffurter SWeffe tommenbc ttaufleutc in ^for^eim nicht übernachten wollten, jonbern nad) liefenbronn weiterritten. I>ie ganjc 3tabt geriet in Bewegung unb rüftetc fid) ,ut enetgifc^er ^egenn»el)r. Die dachen wurDen oerftarft unb and) außerhalb ber 3taot jolche aufgefteüt. tiine 3pdl)wad)c, weldje bte jum „ftlaffnerr, bem ÜBalbe gegen Xurlad), uorgcfdjobcn War, erbüefte gegen ben 'Wengen l)i n von ferne mehrere Radeln, Wcldjc fid) in ber Miidjtung nad) ber stabt bewegten. Tie 3&äd)tcr eilten fdjlcunigft nad) ^for^eim mit ber Ellarmfunbe, ber getnb fei im Einenge begriffen. Xtc Sturmglorfc ertönte unb jdjncll oerjammelte fid) bie 43ürgcr= jdjaft auf bem il)iarftpla(}e. Xa e* l)ie^, 400 3Hanu feien in oad 2>d)io\] cingclaffcn morben, jo rücftcn bie öiirgci unter Einführung uon (Sbcr|t oor baejelbe mit bcr Elufforberung, augcnblicflid) ba* Il)or ,ui öffnen. Xcm Verlangen mürbe ftattgegeben, ba£ 8d)loj$ burd)fud)t, ol)ne bafj frembe Sölbuer gefunben morben mären. Xic Bürger befefcten inbeffen baö 2d)loft unb oerbarrifabierten e$. Ell* bcr lag angebrochen mar, überzeugte man fid), baß feine Iruppen im $fo$ugc feien unb aud) bie Urjache ber Ellarmierung mürbe jpätcr befaunt. läge juuor mar ber iflitter Sßolfgang Xictrid) 311 Wemmingen geftorben, weshalb jWei Stotcn ausgefd)itft morben waren, bie )td) ber iHtntclljcit halber mit Jacfeln beriefen hatten. grol) unb ärgerlid) zugleich gingen bie Bürger ihren äkljaufungen 51t.

Die tfunbe uon ben Vorgängen in Pforzheim am 17. September erbitterte ben iüiarfgrafen aufs äujjcrfte. l£r hatte juerft bie Elb fidjt, bie ^for^ljcimer mit '-Waffengewalt §ur tfiaifon 31t bringen, aber feine diäte rebetcu it)m fein Vorhaben am unb beftimmten il)n, nicht aus Würffid)t für ^for^eim, jonbern aud 3rocc^ mäjjigfeitsgrünben, bie Elngclegenhcit auf anberem JBege 51t regeln. Elm 25. «septcmber crjdjienen ^luei Cffijiere, bcr Hauptmann Marl nou Schornftctten unb bcr Leutnant E^einfchenf, in ^for^ heim, welche am folgenbeu läge, vormittags 9 Ul)r, bie Bürger jdmft auf bas Maxaus entboten, um il)r ein Sdjrcibcn bes :yiarfgrafcu uorzulcjcn. on bcmjclbcu würbe ba» benehmen ber iöürgcr jrijarf gerügt unb ihnen ber SBefe^l erteilt, alsbalb il)r (jejdjloffencs $üttbnit aufjulöfen. s£Ser bem befehle gehorche, bem follte ücniet)en werben, währenb bie Ungchorfamcn mit peinlicher Strafe bebrol)t würben.

X)ie Bürger oerlangtcn eine Elbfchrift bes Befehls unb aujjcrbcm ^ebenfjeit. (Srfterc würbe oerweigert, le^tere bis mittags l Ul)r (utgeftanben. ber ;}iutfct)cn^eit oerfafjten bie Bürger eine (irtlärung, in bcr ftc fid) Dal)iu ausjprachcn, bajj es nie tl)r Spille gewefen, nod) wirflid) jei, bem SRarfgrafcn ungehorfam 31t

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9fofg$Ctm in ber ^cit öont 1«. flum 17. ^aljrtjnnbcrt.

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fem. 2Baä fte aber Oerlangen, fei erftenS einmal: bei it)rer bis Ijerigcn lut^erifc^en iKeligion gclafjen 31t werben, zweitens bei ifjrem Dicltgionseibe bleiben 311 bürfen, bratend bie &*iet>ereinie0ung lutl)erifcr)er ®eiftlicf)er unb oiertens eine ^Mitteilung bc^ fürftltdjeu 4)efet)l$, mn fiel; oerantworten 31t tonnen. Xie marfgräflicfyeu ^Ibgejanbten gingen auf biefc $3egef)ren nidjt ein, bemühten fiel) inbeffen, bic Bürger jnr 9Jad)giebigfeit 51t bewegen, Was aber Don Dr. ©berfc vereitelt würbe, liefen ju oertjnfteu unb nad) Xurlaef) abzuführen, War oou bort in^Wijcrjeu Reifung eingelaufen. Die Bürger Würben Wieberum jujammengerufen uiiö iljncn bei fc^werer Strafe geboten, fid) bes ©berfe in feinerlci 2£eife auju- nehmen unb ruf)tg nad) £>aufe ju gelten, (Ibcr^ erlnclt eine $or labuug auf baa i)iatl)au*, wojclbft bic iiommiffarc il)m feine 3eftnal)me anfünbigten. 2d)eiubar fügte er fid) in bas Un oermeiblid)e, erjal) aber einen günftigen ^lugenblid unb entwid) aus bem 3^mmcr- Scrjornftetten unb 23ein)d)ent (prangen bem glüchtigen nadj unb ergriffen il)n auf ber Xreppe; aber (£6erJ, ber laut um £>ilfc rief, würbe oou einem £i>ollcnWcber unb einem Bcrjrciuer befreit unb eilte auf beu äMarftplajj, wo fid) bereits bewaffnete Bürger 311 fammeln begannen. Xie beiben friere mit ben ifynen beigegebenen ^ellcbarbicreu würben nunmehr auf bem SRatfmufc fo lange fcftgcljalten, bis (Sberfc über bie württem bergijdhe @reu3e gebracht morben war.*)

feiber ©rWarten nal)m ber llNarfgraf biefe neue }luflel)uung ber ^forjrjeimer gelaufener auf, als angenommen Werben tonnte. s)lm 29. September lief ein Sdjreibcu oou tbm ein, in Weldjcm er fidt) erbot, ben bürgern it)re „l)od)|träflid)eu greoel" nad^uferjcn, Wenn fte bie Cffijiere freigeben unb üerjpredjen Würben, fid) bes Dr. (Sberfc, „biefes el)r unb eiboergeffeneu (^ejelleu", nid)t mel)r anjuncljmen. Xie ^fonljeimer waren frol), jo gut Weg^ufommen unb fügten fid) bem ttnfntnen bes iüiarfgrafen, ber fie l)iufid)tlid) ifyrer SHeligionsübung in ben näcbften 3al)ren aud) nid)t weiter behelligte, il)nen aber il)re SÖiberjejjlidjfeit nid)t oergajj.

Xer SÖiarfgraf War nid)t ber iDiann, einen einmal gefaxten ■tplan aufzugeben unb ftcf) in ber 9luSfül)rung bcsfclbcn Xroij bieten ju laffen. 3Beil bie s}$f ordinier nidjt gutwillig ber refor- mierten öefjre fief) juWenben Wollten, jo follteu fte 'mit (Gewalt r)ierju gezwungen Werben. 2ftit :gecreSmad)t rürftc ber iOiarfgraf am 14. äpril 1604 üon Xurlad) aus gegen ^foi^cim, mol)in it)m bie Jhtnbc oou feinem Slniuge rajd) oorauseilte. s^forjl)eim* Bürger Waren fid) WoI)l beWufet, bajj ]ie oou bem erzürnten unb

*) $on SBfirttemberg aus begab fid) (£bcr& über 3)rud))al nad) 3pcner, roofelbft er jroor, weil c$ ber SMartgraf DOH bem borttgeu xJNagiftrat öerlangt Ijatte, gefänglid) einge^oflen, aber Don bem {Heid)efammergcrict)t balb juieber in Jrei^eit gefegt lourbc.

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auf Vergeltung finnenben Jyürftcu wenig 9fütffid)t ut erwarten Ratten unb fic rüfteten fid) beslmlb ju encrgifdjcm Jöiberftanbe. Sic verrammelten bie Il)orc unb befefeten bie dauern, feft ent fd)loffeu, ber (bemalt mit beu Waffen ju begegnen. SBibcr (£rl)offcu tollte es aber trieft jum tteu&erftcn fommen. 3m Schlöffe $u Mcmdnugen*), Wofelbft ber Warfgraf furje JKaft l)ielt, mürbe er, Wof)l infolge begreiflicher Erregung, uom Schlage getroffen unb mar balb barauf eine i'eidje. Sieger wollte Gruft ^riebrid^ in beut rebcllifdjeu ^forjlteim ein^ieljen unb nun mürbe er bortl)in alö ein ftilier Wann geleitet, um in ber <$ruft feiner Slfmeu beigefeftt 511 merben. Gr mar erft 44 3afyrc alt, al£ er auS bem i'cben fd)ieb. „(Sin greunb unb (Gönner ber 2Biffcnfdjaftcn unb fünfte", frtgt s^eed) oou il)m, „l)at er feinem Staaten ein blcibenbeS Xenfmal burd) bie (Mtnbung bce Ghnnnafiumd in £urladj gefegt, meld)eö mcl)r alä Rimbert 3al)re lang bie oorneljmfte SöilbungS^ anftalt be3 Sanbed blieb." (*r f)at unter beu ^urftcn Vc'1lc^ §aufed |uerft einen Crben geftiftet, Denjenigen ber „blauen SBinbe", beffen 8»ea mar, „bie alten beutfdjen Sitten aufrecht ju erhalten, 51t verbreiten unb bie (Sblem ber Nation burdj ein engereä JBanb 51t umfdjliefjen."

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3u crmiil)nen ift nod), ba§ unter (Srnft griebrid) im 3at)r 1595 bie Remter 93efigl)eim unb WuubelSfjeim um 384,486 fl. an Württemberg 0 er tauft mürben. 1603 trat ber Warfgraf ar Württemberg ?llteufteig unb £ieben$ell nebft einer größeren Wu^afyl oon Dörfern ab unb erl)ielt bafür bie Orte Walfd), i'angenfteinbad), Spiclberg unb bie Wemarfung Don Cbermutfd)el= bad) nebft einem Mufgelb oon 481,700 fl. &cibe 9lbmadmngcu tonnen nirfjt als vorteilhaft für $aben bc^eidniet merben. 1604 erfaufte Warfgraf OJcorg griebrid), 3^ruber unb 9<ad)folgcr @raft ^riebrid)^, baä Sd)(ofe unb beu halben gletfen iöaufdjlott von .'band (Stjrtftof »Ott H'anbcnbcrg um 16,000 fl.

Von Stiftungen finb aufter beu fdjon ermähnten ber Webrüber (Sbriftof unb Watljiaä Wertlnuein : anzuführen Vermäd)t* ntffe von Aiafpar Üljriftof Mohr, Bürger unb £>anbel$manu (2000 fl. 511 Stipeubien), oou Wifolauä S'O"1^"^ Bürger unb ."Oanbelsmaun (1000 fl., *u bemfelbcn ^«fr), fotoic von bem Bürger Cito SNerfl), ber bie #infen eine* Kapitals* oon 1200 fl. für öerfdjiebene mo()ltt)iitige 3wecfe beftimmte. UebrigenS follten au« bieten ßtnfen aud) jtihrlid) 8 fl. für bie QJeiftlichfeit unb 5 fl. für bie WufifgcicUfdmft \u einem gemeiufdjaftlidjen (Sffett

*) (Ein länflft t>crj(t)»üjmbcucr Crt, ^wifd^eit Turlnd) unb $forftf)fini Qdcgen.

^forafoeim in bcr Seit oom 16. gum 17. $ahrbunbcrt. 65

oenoenbet werben, baS pietätooll bis in btc neuere gett herein abgehalten lourbc.

$on ftaatlidjcn unb ftftbtifdjen Beamten nt beginn beS 1 7. 3al)rl)unbevtd finb 51t nennen: Obcroogt: SMter oon ^anbt (1601 1609), £anS $>cinrid) oon £ichtentetS (bt8 1619 ); unterzogt: ^ncronumuS $ed)ler (6t3 1609), .freinrid) Jpaffncr (bis 1628); Jorftmetftcr : ISrnft 3afob t)on SRcmdjmgcn (1608), s^l)ili^p vsoadum 6hemp oon Jyrciibenftctn (1615); umt Stellet: IhomaS Drad) (1607), $aföar Dealer (1620); SanbfdjaftS einnehmen oo^ann öfterer (1607), 2Benbcl i'ang (1614); 9}i ü n 5 m c t f t c r : 3ol)ann 3acob (1610); geiftlidjer S5er Walter: WcolauS Kaufmann (1607—1609), SWcld)ior äflat) (bis 1626); $$t>ftluS: äRattyäu* SWiMcr (1608—12), $o\)am\ Daoib ßamerariuS (um 1616); Npothcfer: äföäael s$eter GJrtimnger (um 1607), Sotjann 3oad)im Ctfrüninger (Di* 1619); Superintenbcnt: 3ol)ann (Sonrab SemidjiuS (1607—18), Stefan ftorenfelber (bis 1629); Stltftabtöf arrer : $Rupred)t ©taf, juoor tu Eutingen (bis 1614); Spitalpf arrer : ©irhtS @artor (bis 1611), $ernfmrb Sftftter, juoor Pfarrer in ©ritynigen (bis 1617), Sodann 3oad)im !öartt)olb (1618), ^riftof §ein$, oon 1621 ab Pfarrer in $Ducf)enfelb ; Diafoncn: erfteS Dia^ tonat: (Sonrab SRojinagcl (1607), Sodann ©erlodjer (1609), 3o tyann sÄgricola (1618), 3of)ann ÜJMcbior iöücbclin (1627); jmeiteS Diafonat; Rupert Jammer (1607), Sodann Safob 9iulid) (1612), 91bam Seufncr (1616) ; ßefjrer an ber fiatein) d)ule : flief toren: Johann Ctfer (bi* 1611), Daoib Sangcnberger (bis 1614), IStyriftof Durrleben; sJkäjeptoren : XobiaS GarteliuS, (Sonrab £erolb; Öefjrer an bcr beutfdjen (Schule: SlnbrcaS Jtajer (um 1618), Sßrooifor Martin Srautmann (um 1629); Organift: ipanS 3afob <Sd)ärtlin (1613 23) ; SBürgermeifter: s^eter üftaler (1607— 1609), Mob Zimmerer (1609 -12); Jeremias De)d)ler (bis 1621), 28olf (Sarle (bis 1628); Stabtfdjreiber: ©eorg £obcl (1607—32), ©ubftttutcn : 3ol)ann ^foft (1618—26), anS 3a(ob ©eiger (bis 1632); © t ab tbaumeift er : ipanS djaupp (bis 1619), 2i*olf (Sarle, ber fpätere 33ürgermeifter (bis 1622), §anS (Srfjarb (bis 1629); gor ftu er Walter: ooljaun Zatob Deimling (bis 1627), Martin 3aftnad)t (bis 1646).

$on ab el igen gamilien, Wcldje oor unb wä'hrenb bcS 30jährigen ÄriegeS ihren 3Sof)nfijj in ^fonljeim hatten ober längere Qcit fid) l)ier aufhielten, finb (nad) Sörombadjcr : „Der Zob ber oierl)itubcrt ^forjljeimer" ) 311 ermähnen: ©red, (öremp, ^artungtjaujen , Neutrum, Steinfels, föemebingen , §elmftabt, ilarpfen, Sdnoanborf, Äinobcl oon ÄajcneKcnlogen, oon ber ßat), ^en^ingen, .pomef oon Cornberg, JHeifdjach unb Storfdjebel. iöon ben alten s^ a t r i 3 i c r f a m i l i e n waren nod) oertreten ; Sei^

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66 ^forabeim in ber 3eit oom 16. sum 17. 3a&r&unbert

iHoii), GJöfjlin, ffiümmele, ferner unb Selbmann. ?TIte Bürger* gc ich (echt er werben nad) ber ^atjre 1600 folgenbe aufgeführt: i&auer, Bcrf, Benfc, Bull obci JtÜ, dreier ober dreier, £red)fel ober T)rcjel (auch Xredjfel), (Sngeltjarb, ginf, f?ifd)er, ^ranf, Surft, (^olbfdjmibt, (Moft, &ein&, Ataifer, kern, Steffel opäter tttffel), Micffer, tttchnle, Acori), ^anbimeig, *iu{j, Dealer, :l)uiule ober ÄWetjlc, aWurr, Marr ober Mar, Füller, pfiffet ober öfterer, Wicffle, Huf, 'Sattler, Schäfer ober Schäffcr, Sdnnibt, Sdjucibcr, Schreiner, Sd)tüerbtfegcr, Siegele (Riegele), Irautmann, lluger, Seber ober SBecbcr, ©ilberfinn, SBcüler ober heiler.

Mad) ben auf ÖJrunb ber laufbuch Einträge uou 1607 47 gemachten SlufftcUungen oon Brombad)er Waren einzeln- Jvamiltcu- Warnen ocrbältniemäftig ftarf oerbreitet. So werben ,v B. in ber Üeit oon 1607- 22 oermerft: Abrecht H, datier 23, Bed 23, Deimling 1 l, l£*bcrlein 8, (feiger 25, (Herwig 7, $roft 5, (tamp 5, .§einfc, 6, Werter 6, iterd)er 4, Äieffer 10, iliehnle 10, Äirft 3, Stiftler 7, Sliofy 7, Siodi 4, ttrauft 5, ^anfyWeig 5, £conharb 6, äWäule 7, datier 18, MecrWem 6, $citfd)börfcr 3, Wülfer 12, Witter 4, Sdjmibt 5 unb Schneiber 9.

^JforjheimS Beoölf crung mag nad) einer oon l'otthammer aufgehellten Bcrcdnumg jU Anfang beä 17. 3ahrhunbcrttf nid)t gang 4000 Seelen betragen haben,' obwohl biefe Angabe fctneS» Weg* abfohlt einwaubfrei tft, ba fie fich in ber öauptfadje auf bic turdjfchnitte^ahl ber «eburten oon 1607- 1620 ftüfct .^flügcr nimmt um baS Saöt 1600 eine Bürgenahl oon 600 an, Was» oon Brombadjcr in ber bereits ermähnten Sdjrift ntd)t ein fleiner, joubern ein großer orrtum" genannt wirb. Xaoon föune mau fid) überzeugen, menn man im XaufBud) nur oon ben fahren 1607—10 bie Taufoäter unb Taufpaten jähfe, mobei fchon über 700 Warnen herausfämen. (£s ftel)e fejt, baft ^for^heim im oahre 1600 mehr als 2000 Bürger gehabt habe, welche Bc hauptung freilid) auch nur ailf €inct s&ahrfd)cinlichfcitä Berechnung beruht, bie auf baä Taufregifter fich grünbet. $luch barf nicht oergeffen merben, ba§ Brombachcr t)auptfäcf)Iicfi barum 511 tl)uu mar, entgegen anberer Annahme bar^uthun, bafe ^for^eim bei feiner oor bem 30jährigen Sfrieg oerhältniämäftig bebeutenben Beoölfcrung mol)I einen ©erluft Wie ben ber Bicrljunbert bei ©impfen crlcibcu tonnte, ohne bcäl)alb in feiner £rjftcn$ ge* fährbet 51t fein.

Stabt unb ßanb Dor bem 30}ahrigen ßrtefle.

£aö Seben unb treiben in einer Stabt 511 ber wo baö (£lenb beä 30jährigen Shiegeö noch ,uc^t here"igcbrochcn War,

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'Üfotafjeim in bcr Seit com 16. aum 17. 3 af)t Rimbert.

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fd)iibcm uhö in an(yel)enber SBcife bie Silber mid bcr bcutfd)cn il$crgangenl)eit, bic im allgemeinen amb, für s}$forjl)eim Weitung ()abcn mögen.

J?aft jebc Stabt, nur bic flcinftcn SOJärfte aufgenommen, mar gegen ba* offene £anb abgefd)! offen bnrrf) iUfaitcr, 3l)or nnb (Kraben; enge nnb lcid)t $u oerteibigen maren bie Zugänge; oft ftanb bic 9)2aucr bofcpclt; nod) ragten f)iiufig alte -türme über Rinnen ll«D 'Jöor. sDfan ()atte bic aus bem Mittelalter ftammenben ^efeftigungen bei Dielen bcr größeren Sttibtc und) träglid) uerftärft, nadjbem bie C£rfinbiutg bce Sdjießbulucre eine anberc Kriegführung- bebingte. ÜBaftionen auf gelb nnb $acf fteinen trugen fd)tüevc Wcfdjüfoc, ebenfo etnjelne ftartc Türme. Oft maren and) nod) .einzelne große (*)cbäubc, 5. SB. bie alten Sd)löffcr bcr &mbc*l)errcit, befonber* befeftigt. Wuf biefe 2£cife Oermochten bann bic Stabte, wenn mir bie iöürgerjcfyatt ^uocrläffig mar, aud) größeren sperren eine 3ett ^ail3 5" wtberfteljen. Man Warf bann nod) üor ben dauern Örrbfchan^cn auf, bie man bnrd) Laufgräben nnb ^fafylroerf oerbanb. SBtelc 'ißläjjc aber, Weit mehr alf in bcr (Gegenwart, waren Wirtliche geftnngen.

$(uf föeinlicfyfctt l)iclt man ^War nod) nidjt fo oiel mie jeftt, aber man begann bod) fdwu in ben größeren Stäbten baranf 51t achten. Diefe maren gcpflaftert, unb $roar gemölbt, fo baß baf Söaffcr abfließen tonnte, nnb bie äJcarfte an einigen Crten mit Steinen aufgefegt. Man mar bemüljt, bcr Stabt fierjevcö nnb reinef Trinfmaffer 51t befdjaffen unb unter ben Straßen liefen oft l)öl$emc SSaffcrlcitungen. Steinerne ^afferbeljälter nnb fließenbe Brunnen, oft mit $tlbfäulen Derzeit, ftanben auf bem Marfte nnb in ben £>auptftraßen. Sine Straßenbeleuchtung gab cf noc^ ntc^t. 2Ber bei 9fad)t aufging, mußte eine garfcf ober Laterne mitnehmen ober fid) oortragen laffeu. 2lllmäl)lid) fing man an, metallene geuerpfannen an (Stfljäujern ju befeftigcii. 93et irgenb einem befonberen Einlaß, j. 33. einer nächtlichen geuerf- gefafjr ober einem Auflauf mürben in biefen Pfannen ^cd)frän(^c ober hörjigef §olj ange5Ünbet. (£f mar Sitte, bei auf bredjenbem geuer baf Söaffer auf ben Behältern ober fließenbcn Brunnen in bie gefährbeten Straßen laufen 311 laffeu. Dafür fingen an ben Straßenecfen Scbufcoretter, unb einzelne (bewerfe hatten bie Pflicht, mit folgen Brettern baf Gaffer an bcr Sranbftätte 51t ftauen, Waf baburd) gejd)ah, baß auf biefen Brettern unb zu- getragenem Dünger ein Ouerwall gebogen mürbe. Die Straßen- unb Sicherhettfpolijei mar oerhältnifmäßig gut. Die oon bem fädrftfdjen tfurfürften Sluguft crlaffenen Serorbnungen maren im ganzen 9ieid)e Üttufter geworben, nadj beneu gürften unb Stäbte if)r neueS Leben einrichteten.

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fifl Vforafcetai in bcr 3«t oom 16. aum 17. 3abrbunbert

91m Sonntag toar ber £auptmarft bev ßieblingäaufenthalt bei Männer. Dort ftanbcn nad) bcm (Mottesbienftc Bürger nnb (Pfeilen in il)rem geftftaate, plaubernb, 92euigfeiten austaufchenb, ©efchäfte berebenb. Stuf bcm SRathausturm mar über ber UI)r ein ©ang angebracht jur 9innbjdr)au für ben Dürmer nnb oon liier au* bliefen and) bie Stabtpfeifer mit Jaunen nnb glitten.

Die Stabtgemeinbe unterhielt für if)re Bürger $3ier unb 2£einteUer unb beftimmtc bie greife ber GJetränfe. gür bie $$or= nefjmeren ga6 befonbere D rinfftuben 3U anmutiger Unterhaltung. 9lud) gab }d)on 5al)lreid)e, tuohl eingerichtete (Uafthäufer. Selbft bie ^Ipothefen ftanben unter $lufficht unb hatten befonbere Dxb- nungcn unb fechte ; fte oerfauften noch ^iele Spe3ereien, Delifat* effen unb loa» jonft bem ©aumen behagte. 33abeftuben gab weit mehr, aU jefct 3U finbcn ftnb. ©ine ©abeftube fanb man in jebem größeren §aufe. Die ärmeren Bürger gingen *u ben SBaberu, melchc zugleich munbärjtlidje Dienfte oerrichteten. &ußer= bem aber unterhielten bie Stäbte aud) große öffentliche Säber, in beuen umfonft ober gegen geringe Zahlung mit allen Sequemlichfeiten toarm unb falt gebabet tourbe.

3n ben anfehnlidjeren Stäbten mar bie Mehrzahl bcr Käufer auö «Stein, brei bis oicr Stotf hoch unb mit «Siegeln bebccft. 3h** inneren 9iäume mürben fauber unb jierlich gehalten, bie 2I*änbe häufig mit gemtrften unb geftieften Deppidjen, mit fdjönem (Getäfel :c. gefchmüdt. äterlidj un0 forgfältig gefammelt mar bcr ^ipauärat. &aä ^orjetlan mar noch wfy erfunben unb reidjlidjcs Silbergefchirr hatten nur Qail3 wenige gamilien. Die Stelle bes Silbers unb ^orjellanö oertrat bei bem roohlhabenberen Bürger baS 3inn. 3" &ofc* 9ttengc hcKölanjenb aufgeteilt, mar ber Stol^ ber §au3frau. hieben bem 3inn fflh man mol)l auch fe"lc ^läfcr unb Dhongefäffe aud hex grembe, oft bemalt ober mit frommer Umjchrift oerjehen.

»Sllcibung unb Sdjmurf ber Männer maren roeit bunter unb foftbarer al£ je^t. Man legte auf bie itleiber außerorbentlicben 3öert unb hielt barauf, baß man an bem äußeren SXuSfehen jeDed ©n^elnen erfennen fonnte, ju melchem Staube er gehörte.

(5ä tummelte fid) bamalö in ben Stäbten ein fräftigeä, arbeit*jamc£ unb mohü)abenbc$ $olf. l£*iferfüd)tig hielt ber Bürger auf bas ^lufehen feiner Stabt. ®ernc betoieä er fich unter feinen Mitbürgern reich, tüchtig unb unternehmend Jpanbel unb $öanbel maren bie 311m 30jährigen Älriegc in ftartem (Sebexen, gaft jebe Stabt hatte einen bejonberen (^etoerbdjmeig, ber bort oorjugS» locife betrieben mürbe. Man fal) eS ben einzelnen Stäbten balb an, ob barin befonberä Doofer- ober Dud}- ober Öeber- ober Metallarbeiten gefertigt mürben. Sclbft manche Heinere Stabt getoann auf folc^e $ixt einen Üiuf, ber meit burch ba3 ßanb reichte

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Worpheim in bet 8ett vom 16. »um 17. ^abtbunbert. f>n

unb auf ben bie Bürger mit föcdjt ftot^ roaren. 3n allem aber, felbft in ben größeren Stäbten, r)atte ber %f erbau meljr 2Bid)tig feit ald jefct, unb nicf)t nur in ben SBorftäbten, aucf) in ber inneren <Stabt lebten oielc Bürger oon bcmfclben. 3n Heineren Orten Ratten bie meiften ©ürger Eigentum in ber Stabtflur. Xed()alb roaren in ben Stäbten toeit mehr 9lufc unb 3ugtierc al$ jefu, unb bie foauäfrau erfreute fid) eineä eigenen $ornboben£, ber ihr bad äJcer)l ju 93rot unb ju feinerem lanbeäüblidjen SBatfroerf lieferte. Sluch am »etnbau ()atten bie Stäbtcr überaa Anteil; bagegen galt bie ©raugeredjtigfeit al£ SBorredjt einzelner Käufer.

Öaut unb unbefangen äußerte fid) bei allen ^eluftigungen bie gröhlidjfeit. Sie Bürger fugten jebe (Gelegenheit, fid) ju oergnügen. 3ur Jfaftnacht^eit roaren überall SRummcrien «Sitte; man fat) bann Dohren, Sürfen ufm. burd) bie Straßen id)wärmen. 5m ^Sinter ocranftaltete man große Schlittenfahrten. Scr öffent- liche Sanj mar feltcner alä je^t; felbft bei öo^eiten unb &anbroerferfeften mürbe er ftreng beaufficr)tigt unb mit ber $(benb bämmerung mußte jebeä Tanzvergnügen aufhören. Sie größeren Stäbte hotten Rennbahnen, in roclcr)cn bie «Söhne ber Vornehmeren ritterliche Hebungen hielten unb nach bem ÜHinge flachen, ftür bie $lrmbruft= unb ©üchfenfchüfcen roaren Sd)icßhöufer unb Sd)ieß- grüben öorhanben unb große SBolfSfrcube I)errfct)tc mie jefet bei ben Sdjüfcenfeften. ©in beliebte« Spiel ber jungen Bürger mar baä ©allfpiel. tarnen oornchme Herren in eine Stabt, fo mürbe öfters eine Sage Sanb auf ben 9J?arft geftreut unb burd) ^flötfe unb Schnüre ein Spielraum abgeftetft.' Sann jpicltcn bie oor nehmen Herren unb au3 ben ftenftern fal) bie ^ürgcrfdjaft fröf)lid) nt, mie junge Crimen ben ©all roarfen. $luf ben 3ai)rmärften ftanben bie Schaububen noch hänfiger a^ ic&t: ba fat) man Seiltaruer, ffcuerfreffer, Tafdjcnfpielcr, ftarfe Männer, fomic jal)l reidje ©änfelfänger unb 2icberr>erfäufer.

2Ba3 aber bamalö bem Bürger baä größte Selbftoertrauen gab, mar feine 333cr)rt)af ti gf cit. Jeber fyaitc einige llcbung im (Gebrauch ber $Baffen unb mußte fte $u fjonbljaben. Sa,}u fam bann noch c"ie 2anbmtlt$, rooju mau etroa ben zehnten SRamt in Stabt unb Öanb aushob-

Sa3 mürbe nun freilich im 30jäf)rigcn Kriege at(cd anbcr$. gaft nirgenbä ermiefen fich bie ©efeftigungen ber Stäbte haltbar; Diele berfelben mürben 3crftört unb in ber allgemeinen ©erberbniä loderte fich m$ innere 3ud)t nnb Drbnung. Sem bürgen lid)en ©oljlftanbe aber machten bie cntfefclichcn ©erroüftungen bc*

Sa für Diele ber öefer gemiß Don ^ntcreffc ift, aud) bic Verhältuiffe ber Canbbemohner in Damaliger JJeit tonwn §H lernen, fo mollen mir aud) herüber eine Sduibcrung geben.

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Worabeim in ber Seit uom 16. aum 17. ^abrbunbert.

Xeutfcrjlanb galt oor bcm 30jäl)rigen Jtriege für ein reicfjeS Vanb. Selbft bcr kalter l)attc in bem langen ^rieben einige ©otjlbäbigfeit erlangt. Xie ,3al)l ber Xörfer mar in manchen Wegenben größer afe jettt. 9(ucr) bie Xörfer waren nirfjt ganj otjnc Sd)it(jwef)r; oft war ein Kraben, ein 3nun' ci"c SBanb oon Vel)m ober Stein um fie gebogen unb an ben foauptftra^en Ijingen Tljore, welche ,uir ^adjheit ge|rf)loffcn würben. 3n bcr Kegel uuu' bcr ttirrf)f)of mit befonberer SO?auer gcfdjü&t unb bilbete mcl)r ale einmal bie lefctc 3uflud)t ber SeWofmer. Xie .ftäujer waren jtoar nur oon &0I5 unb fiefjm, einzelne übrigen^ aurf) oon Stein, unb Imttcn eine ungefällige ftorm ; aber fie Waren nidjt arm an foausrat unb 93ef)agen. Scf)on ftanben alte Dbft- baumpflan.utngen um bie Xörfer unb bie Quellen ergoffen if)r flares ©affer in fteinerne Tröge. 9luf ben Xüngcrftätten ber £>öfc tummelten fid) groftc (Scharen oon deinem (Seflügel, auf ben Stoppcläefcru trieben fiel) jablrcidje (Mä'nfc l)erum unb in ben Ställen ftanben bie großen ftarff nötigen sJ$ferbe, roatjrfc^einlicx) oerbauerte 9iad)fommen ber alten ÜHittcrroffe. hieben ifjncn gab bie „Klepper", eine uralte f leine Vaubraffe. Xie ©emeinben Ijielten grofte beerben oon Schafen unb ffiinbern. Xie Söolle ftanb gut im greife unb an Otelen Crten Würbe auf feine Qwfyt gclmltcn. Xie bcutfd)en Xudje Waren berühmt unb XucfjWaren bie beften Slu^fuljrartifcl.

Seim S8obenbau War bie XreifclbcrWirtfcfjaft majjgcbcnb unb Würbe mit Sorgfalt betrieben. &n ben ?lbf)ängen in Warmer Vage Waren Webgärten angelegt, aurf) in folgen (9egcnben, Wo jetrt längft fein $L*cin mcl)r gebaut wirb.*) 9lud) topfen Würbe fleifug angepflanzt unb ui gutem SHer oerWeubet. Xem Sau oon JvuttergeWäd)fcn, Worunter bie s$fcrbcbol)ne, jd)cn!te man ebenfalls grofte ^lufmerffamfeit. Xie liefen, Weldjc fcljr gefdjättt unb l)äufig eingezäunt Waren, würben sorgfältiger bel)anbelt, wie 5Wei()unbert oal)re fpäter. Xie Anlage oon 9lb(uigs unb Sc wäffcrungtfgräbcn war frfjon allgemein Sitte, wie überhaupt bie lanbwirt[d)aftlid)c Multur ,ui Seginn bc§ 17. 3al)rf)unbert3 ntcr)t hinter berjenigen bc* U). Jtabrfjunberte .uirütfftanb.

Xie Saften, Welche auf bem Saucrnftanb lagen, waren ^War frcbeittcnbc, namentltd) auf ben abcligcu Gütern; aber mandjeS fam aud) triebet bem Sauer ju gut. Siele gciftlidjc bitter Waren jerfdjlagen Worben, oiele Xomänen unb nicfjt Wenige abelige (Hilter würben oon s}iäd)tcrn bcwirtfdjaftct, unb bie ;}eitpad)t War ein beliebte* Wittel, bie Sobenrente ut fteigern. Jvreiliti) war ber $Öilbfc§aben ein brücfenbeö Setben unb auf ben Wittern bc* ber*

*) Tie* trifft audi auf uufere Wea,eub ,',u, ,v auf 0»etuarfuua,eit lote iifov^)ciui, *rtft)iua,cu, Wirtcufelb ufiu , wo früher Diel SHeiu, tu maucnen ^aljrflättflcu fogar ein flattä trmtbarer, fleljerbftet würbe.

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Worjbeim in bcr Bett oom 16. aum 17 ^abrbunbert.

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armenben Abels oon ber alten $örigfeit nod) üieleS geblieben. Aber bie grofte 9We^rja^)l ber Sanbleutc mar burd) bte neuen, römifdj gebildeten 9lecht3gelchrten ju Eigentümern ihrer ®üter erflärt roorben, ein nicht ju unterfchäfcenber Vorteil, roeldjen bas römifche Siecht im 16. 3af)rhunbert ben Deutzen gebraut t)at.

3n ben ©emeinben auf bem ßanbe mürben feit langer ^eit fd)on bie (^emeiuberedmungen orbcntlid) geführt unb oon ben Öanbeeregierungen beauffid)tigt. Aud) Drtejeugniffe unb ^eimat- fd)einc waren )d)on im (Gebrauch, unb bie (^emeinben empfahlen einanber nadjbarlidj in geroäfylten Auäbrürfen ihre Angehörigen, meiere au$ einem Dorfe nach bem anbern sogen. Seit ber Deformation fanben fid) roenigftenS in allen $irdjbörfern «Schulen. ©3 mürbe ein fleineS Sdjulgelb bejaht unb ein Seil ber Dorf; bemohner mar in bie ©etjeimniffe beä Sefenä unb Schreibend eingeweiht. Der ©egenfaft jungen ber öanbbeoölferung unb ben ©tabtern mar gröfjer mie in unterer $cit. £cr wbumme Sauer" mar in ben Stuben ber ^panbroerfer nod) immer ein Cteblingö« gegenftanb nnr)olber Schcrjc. AIS bc^ei^nenbe C£igenfd)aften mürben if)m 9ior)heit, Einfalt, unreblicbe ^Pftffigfeit, Irunfliebe unb Jreube am prügeln nachgerühmt. Vlber mie abgefd)loffen unb arm an mcdjfelnben (Sinbrücfen fein ßeben aud) bamalS mar: man mürbe fefyr nnred)t tf)un, roenn man tbn für mefentlid) fdjmächcr unb untüchtiger hielte, ale er jeftt ift. Sein Selbft a,cfüf)l mar nicht geringer unb oft beffer berechtigt. 3öor)I mar leine UnfcnntniS frember 5$crf)ältniffc größer, benu es gab für ihn noch ^mc regelmäßigen Rettungen ' unb er felbft mar in bcr Siegel nicht weiter gemanbert ati bie gitr nächften Stabt, mo er feine (Srjcugniffc oerfaufte. And) mar er in bracht, in Spradjc unb Biebern nicht mobifch mie bie Stäbtcr; er gebrauchte gerne alte berbe SBortc, mclcf)e ber Bürger für unflätig hielt; er fd)mnr unb flud)te altertümlid) unb feine ^cgrüBungeart mar eine anbere als in ben Stäbten, aber nicht meniger genau. Doch bc*l)alb mar fein 2cbcn nicht arm an Wemüt, au Sitte, felbft nicht au "ißoefic. 9?odj hattc ber oerflingenbe battfdjc $olf£gcfang einigem iieben unb ber äanbmann mar beffen eifrigfter ^emahrer; nod) maren bie Jyefte ber dauern, fein Familienleben, feine i)ied)t* oerhaltniffe, feine Mdufc unb SSerfäufc reid) an alten farbenreichen Bräuchen, an Sprüchen unb ehrbarer fliepräfentation. Auch bie echte bentfehe ftreube an f)übfcf)cv &anbwert*arbcit, bas Schagen an fauberen unb funftootlcn ßrbftütfen teilte ber ßanbmami bamal* mit bem Bürger. Sein fcausgerät mar ftattlidjer als jefct. Zierliche Spinnräber, meld)e nod) für eine neue (Srfinönng galten, fauber ausgefdmittene Iifd)c, gcjd)niBtc Stühle unb Sd/ränte haben fid) bie auf unfere $c\t erhalten unb merben jefot oon Altertums jammlcrn gerne aufgefauft. OJrojj muft ber Sdjalt ber dauere

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72 Worabeim in bei Bett oom 16. aum 17. ^abrbunberr.

fraueu an Letten, ftleibern, sü$äfd)e, an Stetten, ©djaumünjen nnb anberem Sdnnncf aemefen fein, nnb nidjt Weniger bcjgef)rung3= roürbig umreit bie safjlreidjen 53ürfte nnb Sdjiufen im Siaudjfang. Wurij üicl barcä OMb lag »erfteeft in ben SBinfeln ber Xxufyc ober forglid) in lüpfen nnb Steffeln oergraben, benn baS $luf- fammcln ber blauten Stüde war eine alte Sanernfreube. £>aä Sieben bcS dauern mar reidjlid), ol)ne oicle Söebürfniffe. (Sr faufte in ber Stabt bie Hefteln für feine Äleiber, ben ftlbernen Sdjmud für *ü#eib nnb £üd)ter, bie Söür^e für feinen fanren 3Bcin nnb roaä er von üDcetallwaren nnb (Geräten in §of nnb Äüdje nötig l)atte. Tie tflciber oon SöoUc nnb Öcintoonb luebten nnb fdjnitteu bie grauen im .ftaufe ober ber ^ac^bar im $orfe. Ter i'aubmanu nal)in feine tÜZii^c tief ab t>or foodjgeftettten, inäbefonbere and) oor ben fünften, beim er liebte bereits bie gefährliche Aufregung ber ^ro^effe, aber er empfanb audj ifjncn gegenüber einen geheimen Stol^, menn er an eine Dfcnblafe ober an ein paar alte Sterben backte, bie er mit fdjmeren Silberftüdcn gefüllt im iOfik'hfcller ober unter feinem s^ette oerftedt fjieft.

So lebte and) ber üftauer glcidmnc ber Bürger ber Stabt oor bem 30jäl)rigen Kriege ein ücrl)ältni3mäfjia, guteö Sieben; aber bem (Sincn ioie bem 9lnbem ruinierte biejer Ärieg feinen $Bof)iftanb unb üerberbte feine Sitten, unb eine lange, lange Qcit mar erforberlirf), bis bie materielle unb fulturelle ©inbufce aud) nur einigermaßen ausgeglichen mar.

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(1618— 1G48).

ad)folger (Srnft griebridjs, bcr auf feinem friegerifdjen Qaq nadj $fift*6enn oon einem fo plöttfidjen Xobe ereilt mürbe, mar fein Araber, ber 3J?arf(\raf OJcorg J^rieb rieft, 3n bie legten 9?cgierungäial)rc beäfelben fällt ber Beginn bc$ fcBred liefen 5!ricgc3, ber' $eutfd)lanb bret 3al)r&efjnte lang oerf)eerte unb mie ben meiften ©täbten fo audt) *J$for,$l)eim fel)r oerfjängni^ oolt geworben ift.

Warfgraf ©ruft griebrid) l)atte fid) ber p r o t c ft a n t i f d) e n Union angcfdjloffcn, roeldje nad) bcr si?ergcmaltigung bcr größten teite coangelifcfyen 9ieid)$ftabt Xonaumörtl) burd) üJtorimüian L oon $at)ern im 3af)re 1608 auf Betreiben beä fotrfürften oon ber ^ßfal$ oon einer Hiqatyl proteftantifdjer dürften unb Stäbte gegrünbet morben mar, unb ben 3roctf fyatte, politifcfjen unb religiöfen Uc6crgriffen beä Äaifcr3 unb bcr fatrjolifdjen dürften oorjubeugen. tiefem 53unbe trat balb bic fatfjolifdje £iga entgegen, bie ber tftatfräftige unb energifdjc äflarjmilian oon $at)ern mit ben gciftlidjen Äurfürften unb einigen 33ifd)öfcn abfdjloft.

Sfrtrfürft ^riebrid) V. oon ber ^fal^, baä ftaupt ber prote= ftantifeften Union, mürbe befanntlirf) oon ben btffjmifcfjen ©tauben uun Äönig oon 99öf)men gemäf)lt, aber furj barauf oon bem .?)ccre bcr fatf)olifd)en ßiga, "bic mit bem Äaifer gemeinfame Sad)e gemacht t)atte, befiegt unb oertrieben. $cr Jlaifcr erflärtc ben flüchtigen dürften in $ld)t unb oerluftig feiner pfäljifdjcn Grb länbcr, meldjc oon ligiftifdjen unb fpanifcfyen Gruppen befelU mürben. Xa magten bret tapfere Männer für ben geädjteten Äurfürftcn unb ben bebroljten ^ßroteftantttamS in$ 51t rüden : (£fn*iftinn oon ^rauufdjroeig, Vermalter beS SBiötunt* ftalberftabt, ein raufjer ttriegsmann, ber fid) }um s^efd)üljer bcr Mnrfürftin l*lifabetf) aufmarf unb mit einem gemorbenen .socerljaufcn raubeub burd) SBeßfalen an ben 3Warn jog; (*rnft oon SWannsfclb, ein ritterlicher Abenteurer, ber burd; ^lünberungcn unb i^ranb

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^forabeim im 30iäbriöcn flrieae.

jdjatjungen feine ftriegäfdjaren erhielt unb bie 93i3tümer unb Stifter am Wfjein unb Warn fyxti mitnahm, unb ber ÜRarfgraf (#eorg J^ricbric^ oon SJaben, ein aufrichtig frommer gürft, flar im tfjeift unb feft im Sollen.

3tfarfgraf Otfeorg Jriebridj luar fdjott oor Auäbrud) beö Äricgeä auf bie Schaffung cined ftattlidjen £ecre3 bebaut geroefen unb bereit« 1617 tonnte er über 15,000 SDtorai SJhtfterung halten. Anfänglich nahm ber Stöarfgraf eine juroartenbe Haltung ein, babei aber eifrig feine Iruppenmadjt oermehrenb, um allen ©Den tualitäten getoachfen 511 fein. Al3 er jebod) ftunbc erhielt, ber geächtete Sturfürft fei in (Bermersheim angelangt unb bort mit äftannsfelb in ©erbinbung getreten, unb alä if)m bann Söeibc ein gemeinfameS Sorgerjen in Sßorfcfjlag brachten unb babei bie Qu fidjerung gaben, fid) ftetä nur in folefie Jriebend Untcr()anb(ungen einlaffcn 51t toollcn, bie ^uoor Dorn SlWarfgrafen gutgeheißen unb §um 5£ol)l ber „ilirc^e Rottes" unb be£ bcutfdjen 5kterlanbe3 gereichen mürben, ba toten (9eorg S™0™^ an 0*r 3«t ftdj offen für ben ^faljgrafen 51t erflären. Gr hatte 20,000 3Jcanu unter ben fiafyncn unb burfte rool)l annehmen, im herein mit bem ^raunfdnoeiger unb bem ÜDcannSfelber ben ©egnern überlegen 51t fein.

SBeil aber bes SKarfgrafen Wäte einem Kriege abgeneigt loaren, fo machte er ben SBerjud), fein £>au$ unb fein SBolf üon jeber $$erantmortlid)feit jju entlaften unb ba£ Unternehmen mit allen feinen folgen 311 feinem eigenen ?8erfe 511 ftempeln. De$= halb entfagte er ber Regierung, entließ alle Beamten unb llnterthanen ihrer (£ibe unb pflichten unb orbnete bie Hulbigung für feinen ältefteu 3ol)n an, ber als* Jyriebrid) V. fein Wad) folger mürbe.

Wach biefem $er(yd)t brach Weorg Jyriebricf) am 1 5. (25.) April 1022 oon Turlad) auf, um fiel) mit iWannSfelb ju oereinigen, ber bei Oiermer^heim über ben Ml)ein gebogen mar, nachbem er bie bifchöflirf) fpet)er'jd)en l'aube oernntftet hatte. Wach ocr Schlacht bei SBicsloch am 17. (27.) April, mo $Dfcum&fett> bie Stiften unter lilll) beftegte, ging bie Bereinigung beiber .freerc in ber '3 hat oor fid), aber ebenfo fdjnell auch B>teber bie Trennung, ba bie beibeu Jyelbherren fid) über eine gemeinfd)aftlid)c Kriegführung nicht oerftäubigen oermochten. ÜÖcannefelb ,^og nach Horben unb legte fid) ;^unäd)ft oor ^abenburg, loährenb (Meorg Sriebridj fein Hauptquartier jtoifdjen fteilbronn unb Wimpfen auffchlug. Hier fam e* am 0. iDJat 51t ber berühmten 3 d) l a d) t, über bereu Verlauf mir näher berichten wollen.

Wcarfgraf Weorg Biebrich hatte etwa 1 5,000 iUiann bei [ich, worunter eine feljr jnhlreirfje Wetterei unb eine wol)lau*gerüftete Artillerie. Tas .S^ecr führte auch eine große Anzahl Spi&Wagen,

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^fotgbeim im 30jäf>riaen ftrteae.

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eine (Jrfinbuna be3 Warfgrafeu, mit fidj, meldjc fcef)5<räberi^ toaren unb auf jroei üöalfen eine öaubifoc rufjen Ijatten, bie nad) allen Seiten gebrefjt werben fonnte. 9luf ber Seite flehen ben Jeinb waren bie ©alfen fo mit eifernen Spieen bcfdjlagcn, baft beffen Reiterei fief) nierjt fjeran wagen fonnte. Tie marfgräflid)e Infanterie beftanb auä ben £anbwcl)r Regimentern Cberbaben, &}od)berg, Rütteln unb Unterbaben, lettfcre^ aurf) ba£ „weifte Regiment" gereiften. Tiefet Regiment, beffen Ramc oon fjeroor- ragenber gejdjid)tlid)er Üflebeutnng ift, ^äljlte 9 Kompanien, Wooon 2 auf Stabt unb Nmt Xnrlad), 1 auf ba* s>(mt Kraben, 1 auf ba$ Slmt Wüf)lburg, 1 auf ba* Amt Staffortl) nebft einem von Muriner), 1 auf bie Kerntet Stein unb Caugenftcinbadj, fomic 1 auf bie Stabt unb 2 auf ba* ?fmt ^ßforjfjeim famen. 3ebe Kompanie ^ätjlte ctma 800 Wann, ilontmanbant be3 Regiments mar ber Cberft oon fietmftäbt Stabt unb $(mt ^fo^fjeim [teilten aber gemeinfdjaftlicf) mit Stein unb £angenftcinbacr) aud) ein Reiterfäfjnlcin oon 100 Wann, Weld)e3 bas sJ*for$l)eimer genannt mürbe, Weil bie meiften feiner Wngerjörigen oon ber Stabt ^Pforjtjeim au3gerüftet Waren. $lufterbem ftäljlte bad £)ecr nod) ein pfä^ifcfjee unb ein Wcimariidje* ftuftregiment, Weldje bie ^er^oge 35Mlf)elm unb Scrnrjarb oon Weimar bem Warfgrafen ^ugefürjrt Ratten. Rubere leile be3 SitfttwlfeS Waren foldje Xruppen, bie ber Warfgraf in ber ScfjWeij fjatte anwerben taffen. Unter ben Reitern be'fanben fid) jtoei [d)wäbifd)e Regimenter, mit meldjen ber fter.^og Wagnu* oon Württemberg, ber trüber be£ regierenben £cr(}ogs, \u bem Warfgrafen geftoften mar, ofjne baft Württemberg aber fid) offiziell an bem Stiege beteiligt l)ättc. Sogar franjöftfdje unb englifdje A^itf^oölfer innren oorfyanbcu.

XxfÜfi foecr, ba* burd) bie Wic^lodjer Sd)lad)t ftarf gelitten fyatte, mar nid)t jo jal)lreid), mie ba* marfgrä'flidjc. (Sä fetUe fid) aber aud guten Xruppen yifammeu unb genoft ben ^orjug einer einl)eitlid)en, jielbemnftten Leitung, llebrigen* erfjielt ber ligiftifdje Jyelbfjerr namhafte 5$erftärfnng burd) bie au* ber s^fal} l)eran gezogenen Spanier unter (Sorbooa, bie nod) redjtyeitig auf bem Sd)lad)tfelb eintrafen, um ben Sieg lillt)'* 51t fiebern.

3unäd)ft mag bie SBafatftatt betrieben werben. Süblid) oon Wimpfen, fanm eine Ijaibe Stunbe oon ber Stabt entfernt, liegt eine mit Stoib beWadjjenc &>öl)e, ber l)üd)fte $$imft ringsum, unb ba* (belaube nad) allen Seiten l)in bel)crrjd)enb. (£* ift bie* ber jogenaunte TornatWalb. Deftüdj oon bcmfelben füllt ba$ ßanb in brei Stufen gegen ben Rerfar ab. ^om Walbe gegen Sübcn ift SWerlanb, ba* langjam fid) fenft bio ,^ur jog. ÖoUer^ flinge, um bann mieber an^nfteigen bi^ ,\ur .v>öl)e ber oon ^iberad) nad) Cbereifiel)eim ftil)reuben Strafte. Tic .'oolleiöfliuge fallt allmäljlid) ab in ber Ridjtuug nadj Cbereific>l;eim, immer mel;r

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76 "Uforj&eim im 30iäbrißen Ariele.

eingeengt oon bem öorjlloeg, toeldjer üom Dornatroalb nadj Cbereift3l)cim *iel)t. Süblidj oon bcr 93iberadj=£5bereifi3f)cimer Strafte ift jiemlid^ ebenem ftelb, oa3 nur einige fleine Vertiefungen ,^etqt unb nadj Dften, Sßeftcn unb Süben faft gfeidjmäfttg ftarf abfällt.

Da§ ift ber Ort, roo ber Üftarfgraf fein Cager fdjlug unb feine Stammen, fotoie bie SBagenburg aufftetlte. Radj Si&ingen'S 93eridr)t mar bie Crbnung folgenbe: $lm äufterften (£nbe be8 rechten ^lügeld, Redarfulm gegenüber ftanben bie fran^öfifdjen Leiter in ber Starte oon Oicr Kompanien.*) 9tn fie reiften ftdj oier Kompanien Saufen an unb Siefen folgten bie brei ^uft= regimenter be£ öerjogä 3Silr)eIm oon Saufen, be3 Oberften t>on (5JoIbftein unb bei Oberften t»on föelmftäbt. Diefe ftanben in ber Ridjtung gegen ben ©ettinger 93adj unb bie ©iberadjer SBeinbergc. 33ei ben festeren mar bie SBagenburg. 9ln biefe lehnten fid) bie -\roei Regimenter be£ SlWarfgrafen $arl unb be$ fter$ogS 9ftagnu3 an, unb $roar fo, baft bie Sdjtoeijerfomfcanien fid) an ba3 Regiment ftclmftäbt anfd)loffen. So bilbeten bie beiben glügel ein gegen ben fteinb offenes Dreicd, mit ber Reiteret auf ben äufterften Guben red)tä unb linfö.

Die Cigiften ftanben oerberft im Ö6eretfiSf)eimer SBalbe, ber fid) gegenüber ber babifdjen Jfront f)in$og. Der ftampf rourbe burd) bie beiberfeitige Reiterei früf) OormittagS eröffnet unb batb mürbe audj baä ftuftootf mit einanber rjanbgemein. 3m atigemeinen aber mürbe nur r)int)altenb gefönten. Die öigiften gingen nidu" au£ i()rer Stellung rjeraud unb hofften morjl, ber Sttarfgraf roerbe fie au§ biefer $u oertreiben fudjen, mäljrenb ber Sföarfgraf um* gcfefjrt bie geinbe reijen unb fie in bie Räfje feiner ©efepfte loden wollte.

Da bcr 3)?arfgraf mit feinem .fteere ben 2Balb nidrjt ftürmen wollte, lillt) felbft aber oor Gorbooaä Eintreffen feinen ent* fdjeibenben Sdjlag 511 führen gefonnen mar, fo entftanb um bie 2)?ittag^cit eine Sßaufc oon merjr al$ einer Stunbe. Xittty Heft feine Scute im 9ßalbe£fdjatten auSrufjen unb (hfrifdjungen ein* nehmen, roäfjrcnb ber SEWarfgraf bie Ruljqeit benähte, feine Stellung $tt oeränbem. Gr lieft feine ®efd)ütjc Oon bcr .f>öf)c Jjcrabbringen unb htS freie $elb ftetten. Die Wagenburg tourbe auf einen Mer gebraut unb in ifjrcr Rärjc baS grobe 05cfc^iiö aufgepflanzt. Die iruppen befeftten ben fog. fcefeenberg bei £>bcreiftSf)eim unb hatten bie Strafte oon f)ier nad) ©iberad) in ifyrer (bemalt. Die Reiterei mnrbe auf ben rcdjtcn ftlügel birigiert, weil bcr Warf graf nTonbte, fie ba oortcilf)after oerroenben pi fönnen.

*)"£icT93ejcicf)mtnß „Stompaiiic", ludcfie jefet mir nod) auf bie 3«* fanterie augettjenbet wirb, f)atte bamaB aud) für bic Reiterei ©Utigteit.

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ßforabcim im 30jabrißen ftrieaf.

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(tyegen $Wei Ul)r nachmittags brad) Xiflt), bei bcm nunmehr aua) (Sorbooa s Spanier eingetroffen waren, mit oollcr 3Buc$t gegen ben 2)Jarfgrafen loa. ütfeil letzterer ber geänberten Auf fteUung wegen feine 2Bagen über ba* Sa)laa)tfelb in ber Stiftung uaa) §eilbronn führen lieft, fo waren bie beiben ligifttfa)en (Generale ber Anfta)t, er l;abe il>rc Bereinigung gemerft uiib wolle fid) jurürf^ierjen. Xem ÜDtorfgrafen war aber ber Anmarfa) ber Spanier unbefannt; ja er fyat fogar bie bind) benjelbcn Oer- urfacf)tcn Staubwolfen im dürfen £titt)$ in bem Sinne gebeutet, baft ÄNannSfelb ben ^abenern 51t «<pilfe fommc.

(iorbooa lieft einen Seil jeiner Leiter unb feinet guftoolfe* gegen SBiberad) oorgefjen, um $ebetfung unb 9iüef$ug be* Unten babijd)en glügelä über bie ^rücfe bei genanntem Crtc unmöglid) 3U machen, l&s gelang ben Spaniern aua), bie Gubener 0011 ifyrer Sßerbinbung mit 33ibcrad) abjujc^neiben, ba bie l)ier fteljcnbcn marfgräfüd)en Strcitfrüfte oor ber llebermad)t fid) ^urüd^ogen.

Unterbeffen entwirfelte fid) auf bem redeten glügcl auf ber (*beUe swifdjen £>ber unb Unterciftäljeim ein Mampf äWifcrjcn ber babifd)en unb ligiftifd)cn Reiterei, bie im Anfang ju fünften ber erfteren auffiel, balb aber eine anöere Söenbung nafyaL Auf ber alten 9tömerftrafte, nur burd) einen fdjmalen dürfen oon ber (Sbene getrennt, ftanben guftoölfer unb Weiter oon ISorbooa, bie ber babifü)en SHeiterei in bie glante rütftcn unb fic fo jwaugen, bie (£bene aufzugeben. Sie Aogcn fid) auf bie Cbereifisl)eimer §öfje jurücf unb nahmen auf ber Cftjeite ber Wagenburg Auf fteUung, wo fic oor ben Angriffen ber ligiftijd)cn ihroallcrie fid)er waren.

SnjWifdjen war :tillu mit feinen guftregtmcntcm gegen bie babifd)en fiinien auf ber Strafte ®iberaa)-£bercifisf)eim oor- gegangen unb l)atte ben Stampf begonnen, Würbe aber wieberfyolt blutig jurüefgewiefen. Seine eigene Artillerie tonnte il)n nur ungenügenb unterftüfcen, bagegen traten bie babifd)cn OJcja)ü£c, Welche innerhalb ber Wagenburg unb ju beiben Seiten berjelben aufgeteilt Waren, ben Angreifern groften Schaben. Aua) auf bem äufterften linfen glügcl ftanb es ntd)t ungünftig für bie Sadjc bes ÜMarfgrafen. ßorboüae Sd)arcu Waren im 2l)ale bem Hetlinger üßad) entlang atlmäl)Iid) bis jum $cllingcr £)of oorgebrungen unb befd)offen oom Öianbe ber §od)ebcne aus bie in ber SÖSagcn bürg ftetjenben babifd)cn Gruppen. Sic würben aber oon fünf jäcrjfifdjen Äompanten oertriebeu, Wcld)c ben $cllinger Jpof unb ben llebcrgang über ben üöad) befe|Uen unb aud) behaupteten.

Um 4 Utjr 50g fid) Silin Wieber gegen ben Söalb 5iirüd, um feine gefd)wäd)ten Strafte ju fammcln unb burd) ISorbooa 31t oerftärfen. Ale bie* gefd)ef)en, ging er auf* neue in ftürmifa)em Angriff oor, Würbe jebod) abermals jurütf geworfen. Tic ü&inb

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78 Wotafjetm im 30jäbrtßen Rrt*ae.

ridjtung mar inbcffen bcm slMarfgrafen ungünftig, inbcm fic bidjtc Staubmolfcn gegen K*nc »lufftcllung trieb unb il)n fo an ber nötigen Ucbcrfid)t l)inbertc, mälncnb Till« ftctä feljen tonnte, mie unb wo feine Vfcutc ftanben.

Tic ßigifteu warfen fidj, ba fic in ber Jyront nidjt* au* uiridnen ocrmodjtcn, vom s^ibcrad)er ^artberg aud, ben ber '.Uuirfgraf 511 befeftcu untcrlaffcn Ijattc, auf bic pfäl($ifd) euglifdjen Jyufjtruppeu unb brachten fic burd) il)vc llcber$al)l ytm 3&cid)cn. sSom NI£artbcrg au* tarn überhaupt ba* $crl)ängni*\ Tic i'igiften hatten (Mcfctyutu* aiif bcnfclbcn gefdjafft unb befdjoffeu bic &>agcn bwra, ba fic bic 2£al)rnel)mung machten, baft bic babijdjeu ^uiuerwagen mitten in bcrfclbcn ftanben. Tic Söirruna, war eine furdjtbarc. SRefpere $utoern>agen flogen in bic Vuft, alle* ringsum beut lobe unb bcm ^erberbeu audfefeenb. sJJiäd)tig wirftc ber gewaltige Tonner unb ber oammer auf bic in ber 9täl)c fämpfenbcu Truppen unb ü)rc ttraft crlaljmtc.

$iit ocrboppeltcm (S'ifcr brangen bic l'igiftcn auf ba* in Unorbnung geratene marfgräflidjc .freer ein. Tcffcn iKcitcrei mürbe geworfen unb aud) ba* Jyufjoolf nad) Ijcifjem Mampfe 511m $Scid)cn gebracht. Vergeben* mar c*, baj? ber iUiarfgraf mit feinen fieib garben herbeieilte unb fid) fclbft in ba* bidjtcftc Wemürjl ftür^te, luobci er eine 3&unbc im Okfidjte erhielt, ber ,"öut il)m 00m ttopf gcfd)offen mürbe unb fein s^ferb töblid) getroffen unter il)m 311 fammenbrad).

Ten ficge*truufcnen ßigiften gegenüber oermocfyen bic Gubener nid)t länger meljr Staub ,ui Ijaltcn. (Tin ncapolitanifd)c* Regiment nahm 9 babifcljc ©efdjttöe Weg unb richtete biefe auf bie 9Warfgräfltd)cn, bic nunmehr allentlmibcn ju fliegen begannen. Ci'in Teil bc* babifdjen Jyupolfc* fammeltc ftd) inbcffen um bic Wagenburg unb feine l)icr ben .Stampf mit ucrjWeifcltcr Gut- fd)loffcnl)cit fort. Ii* mar ba* weifte Regiment, unter Wcldjem ftd) bie s^for^I)eimer befanben, ba* aud), nad)bcm ber äJJarfgraf ba* Sd)lad)tfelb fd)on ucrlaffen fjatte, mit l)eroijd)em ÜWutc au£ fyarrte, um ben dürften oor Wcfangenfdjaft ut bewahren, ben 9U'ttf$ug be* Speere* 51t beefen unb beffen 2$affcne(jre 51t retten.

Tic 9lllcrlctytcn auf bcm ^la^e maren bic „uierljunbcrt ^foi^ljcimer", bc* sJJJarfgrafen ^eibgarbe. Sic Ijaben nad) ©rom» bad)er* Tarftellung niciu, mic ^flü^cr angiebt, ben Uebcrgang über ben ©cllingcr s^ad) uerteibigt, fonbern bei ber Wagenburg au*gct)arrt unb' eigentlid) oon gier au* ben iHürfjug ' gebetft. Vergeben* ftürmten Tilli)* Sdjarcn auf fic ein, vergeben* lief? ber ob ifjrer Tapferfeit ^ugleid) erftaunte unb bemegte feinblid)e ^elbljerr iljncn (Mnabc anbieten fic ftanben unb tämpfteu weiter. ;Jum ^Weitenmale forberte Tilh) fic ^ur Ucbcrgabc auf unb mieberum erl)iclt er eine ocrncincnbc Antwort. Ter lefcte

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^fotabeim tm 30iabriaen Ärieae. 79

graufige Stampf foUtc beginnen. Wadj ber allerbing£ poetifd) au3gcjcfymitcfteu Ucberlieferung fnieten bie tapferen nteber nnb ftimmtcn baä Lieb an: „(Sin' fefte $ura ift unfer $ott." £et Jeinb, felbfi ergriffen, ftörtc nid)t bie vlnbad)t ber bem Xobe aeroeif)ten Männer. Xiefc erhoben fid) nnb il)r ffifycet, ber iöürgermeifter iBecfytolb Xeimlmg, naljm bie 3at)ne §ur £)anb. 3f)m folgten begeiftert bie Ruberen. (Sine vntSIetenfugd jet fdnnetterte Deimling baä rechte iöein; er lieft fid) auf ba* linfe nieber unb ()ielt bie gafyne l)od) entpor. Ü'inc Iraubenfugel ^errijj ihm ben rechten Arm; er naf)tn bie Jvaljne in bie (inte 90m bis er cnblidj, aufd neue oermunbet, ju ©oben fanf. 3ton ergriff ber mit Deimlings Iod)ter SWagbalena ücrfprodjeuc junge ^affenfebmieb Albred)t* Rofet ba3 gerfefcte Banner. Um il)n jdjarten fid) bie legten Acf)t$ig. Sie ftiir(yteu fid) auf ben Jveinb unb fielen fedjtenb bi* auf Amei, bie oon Xillu Karbon erhielten. Unter il)nen ift Albredjt töo|er, ber bie $al)ne nad) $aufc bradjtc unb ben Untergang feiner iUJitftreiter aufünbete.*)

Xie @d)lad)t bei Wimpfen mar eine aufteilt blutige unb betrug ber beiberfeitige, freilief) nietjt genau feftyuftellenbe ^crluft nad) bem Theatrum Europaeum [c 5000 3Hann. Xic $tabener verloren au&erbcm il)re ge|amte Artillerie, nebft Wagenburg unb 93agage. £>e$ ÜUJarfgrafen Silbergcfdjirr, jmei Wagen mit <sMb (230,000 Xljaler), fotoie grope Vorräte an Lebensmitteln fielen in bie §änbe ber fiigiften. .^üben mie brüben maren oorneljmc £>ffi$iere gefallen, fo bei ben siflarfgräflicf)eu u. a. ber Spnn$ Wagmid uon Württemberg, ber nad) einem ^citgenöjfifcfyen beruft naef) tapferer ©egenmeljr „cnblidj buret) Diele empfangene Sdjuft unb Qiebtmntben $u ^ßlaj unb Stoben gelegt , jämmerlid) an feinem Öeib, Angeftcf)t unb Rauben buid)ftod)cn, jerfjaucn, 3er l)arft, jcrflcifd)t unb $crote$gct mürben.**)

*

Der gcfdjlagene SWarfgraf ®eorg griebridj, über beffen fernered (ödjirffal tjier einige Mitteilungen angezeigt crjdjcinen, mar naef) bem 5$erlufte ber Sdjlacfyt in ber 9fid)tnng nad) Öeü« bronn fortgeritten, oor meldjer Stabt er abenbä Ijalb act)t Ul)r anfam. Cf)ne toeiteren Aufenthalt nafnn er ben Weg nad) Cauffen a. SJ?., um oon ba au$ am fommenben Xage fid) nad) (Stuttgart 511 begeben, too er junäc^ft ^ufludjt fonb. Mannt l)atte

*) $te angcbUdjc frafjnc toirb jefrt nod) auf bem fjiefigen 9tott)au)e aufbewahrt. <£$ l)at inbeffen ben 9(nfcf)ein, ott ob fie mtl bem oorigen Satjr* tmnbert ftammte.

•*) Der Üetdmam war nur an einem «iuttcrmale *u ertennen. Wegen ein anfefjnlidjeS Söfegelb nwrbe er oon Silin ausgeliefert unb in Stuttgart beigefefct.

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so

"Jtforabetm im IV »iäbrigcn Rricac.

er einen Teil feiner 2olbmeu wieber a,efammelt, fo fließ er \n tVcaniKMelb. \H l o aber nad) ber Wieberlaa,e, meld)e ber oou Horben beranyebenbe S?ci ^Oi^ nun ^raunfd)Weia, burd) Iilln bei ftörfjfi um in. , 20.1 oiini erlitt, bie 2ad)e ber Union verloren id)ien, entlieft ber :Utarfi\rnf leine Truppen nnb nahm, wabrenb bie A-einbe fein Vunb befeMen, Aufenthalt auf bem 2d)loffe .v>od)bera,. ^ou l)ier beigab er fid) im onljro 1025 nad) (Mcnf, oou wo au* er einen au*a,ebehntcn X^riefwedjfeb unterhielt, um bem unter leanten ^roteftautiömitö wieber aufzuhelfen. 'Uiit ena,lifd)em Nelbe warb er. nad) einem am 10. Ocooember 1020 mit Marl I. oou linajaufc a,efd)loffeueu ^ertra^e, ein ,y>ccr an nnb fül)rtc ba^felbe bem Mbnia, iSl>rif tiait oou Xänemart ^u, in beffeu Xienfte er al* General trat. ?\n feinem Malier }Wifd)en Clbenburcj unb .\>eilia,en bofen am 27. September 1027 a,eid)laaen unb nur mit fuapper vju>t bei (^cfainv'ufdnift entronnen, nahm Neora, ^riebrid) feinen Abfd)ieb (iu-> bänifd)en AUica*oienften, um fortan in 2trafjbura, \u wohnen, wofelbft er ein \HnWefeu befaß. Siur oorübera,ehenb mar e* il)iu iHToönnt, in bie Heimat yirücfyttebren. om Alter von Oi> oahren erlag ber vielgeprüfte J\ürft 51t 2traHbura, einem Ateberanfall. s.Wan weiß nid)t, 100 fein Vfeib bie lente Wubeftatte gefuuben bat.

$ie »Urfjunbert ^forjljetmet.

Cb ber lob ber vi erh Hilbert v}>f Olxheim er eine 2aae ober a,ejd)id)tlid)e Ibatfad)c ift, baüber ift fdjon uiel a,e fdjrieben unb a,efprod)en werben. ,yr v. vli*eed) behauptet in feiner M^abiid)eu <s>efd)id)te', baß bie in einem 1788 verbffeitt lid)tcn Srauerfyiel von l$'x\\u ^uomia, Xeimlina, jum erftenmal erwähnte £aa,e 00m .vxlbeutobe ber 400 *J>for^)eimer burd) eine yWcihc wiffenid)aftlidier llutenud)unaen 1 >uleiu unb am ein flehenbüen tu 2ubel* biftorifdier ;{eitfd)rift von X. (Softe > alo reine (irfinbuna, iind)aewie»eu fei. 1er oon ^rombacher angeftellte s«l>erfud), biefe 2aa,e ju retten uub ihr eine a,efd)id)tlid)e Ibiitfadje \\\ (Mrunbe \u legen, miiffe al* aänjltd) mißlungen be^eidwet werben. 5nm %.}*iombad)er-:> ^ewei-Mübruna, wirb Weiter unten uod) bie Webe fein.

^fliiger, ber umMd)tigr VMÜonler ^ror^heim*, nimmt in feiner <s>iHhtd)te ber 2iabi einen gewiffermaßen Oermittelnben 2tnnbpuu(t ein. Iii" halt \iuunl)ü für erwieien, baß bas Weiße Regiment bei Wimpfen oor allen anbern fid) burd) Xapferfett niiv^eidnute ^eun tn beu }eiigenbfiifd)en 2dilnd)tbertdiien, ebenfo in bem VMrte»e bec- tOiart^ ratui «Nuoig Ariebrtdi an beu ilWar! aumu von ^raubenbitui Vlnvlutd; vom \:\ x.»Ji'ai U',22 md)t^

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afen von vf>iuLub, pnb Gen: Tilly btpS&tm^ftiivorcian^en.Jnnoj^zz^.mm

.'iu* hin Thf.itniiii K . . i -| >.i«*uin.

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I

^forjbeim im 30iäbriaen Jfrieac.

Kl

baoon enthalten fei, baft fiefj irgenb ein Seil bc£ ^Regiment* uort) befcmberS Ijeroorgethan, jo fliege bavan* fciiieetDcq^" bie ^Hercc^ tigung, bie Srjabtimg oon ber $>elbcntl)at bei ffiorufrimer ciufart) ah 9jfyf)e bmjufteüen. bullte man überhaupt bei ber (S)c}ctycfit$ idjreibung baa Stillfchmeigen ber 3cit9ci,0flcn m Rechnung gießen, fo müßten audj bie leiten eines 2eonibas, eine* Jeu, eines 'Mufelrieb jc. aus bem SBudjc ber (^efd)ic^te geftricfjen werben. £ie Serfaffet ber ermähnten 2d)ladjtbcrichte hätten oielleidjt besiegen nichts oon ber üfyat ber {ßfotytyetmec gejagt, weil fie uon ber marteren Spaltung bes mcijjen iRecumentS mir überhaupt uernommen, ober meil fie bie 3ufammen|e^itng oc* ^Regiments nirfjt gefannt, alfo andb fein beftimmtes gähnlein 511 bejeichnen in ber l*agc marcu. «agc man, ber -IRarfgraf jelbcr babc in feinem SÖrief über bie Schlad^ nidjtS oon ber angeblichen Öelben tfat geschrieben, fo müfjte man fonfequenter Steife bie tapfere Haltung beS meinen ^Regiments überhaupt in ^Wcifel äieheu, beim berfelben Werbe auch feine Grtoähmmg getljan. £ie Irabition, ba& baS fiob einer befonbers fyelbenmiitigen ^erteibigung bem

ben $ern berjelben feftlmlte imb fie aller nnt)iftorifd)en 3ut^)atei1 entf leibe.

s^flüger hält eS für mal)rfc^einüd), bafj fiel) bei bem legten Kampfe an ber ©rüde beS 93ellinger &ad)eS mir nod) baS oon ber ©tabt ^forjljeim geftellte 300 Mann ftarfe gähnlein gujjoolf beteiligte unb Siefen 2)reifyunbert neben bem meinen Regiment im allgemeinen ber JRut)m befonberer 2apfcrfeit gebühre. Kur fei eS unmöglich, bafj biefe alle bei SBimpfcn gefallen feien, benn nach oem ™ä) oorfmnbenen Xaufbudjc (Don 1607—4(5) fyäbc eine Abnahme ber Geburten nacb bem 3al)re 1622 nid)t ftattgefunben, ma^ bod) ber gall hätte fein müffen, wenn 300 ober gar 400 Bürger unb 93ürgerföf)ne in ber ©djladjt geblieben mären. sJ(ad) ^Pflüger aber bleibt bodj als mahr flehen, baft fich bas babifche toeifje ^Regiment bei Wimpfen unoertoelflicfic Lorbeeren errungen hat, unb mir bürfen auch ocr ^tabition glauben, baft fich oabei in erfter Weihe bie beim ^Regiment bcfinblichcn s^ford)eimer ans gezeichnet unb barum mohl oerbient haben, baji bie viadjmclt bie gelben oon 3Bimpfcn in beftänbigem ehrenben s?lnbcnfen behält."

$on ben übrigen lofalen (tyefchid)ts|Vhretbern nimmt Wolter, toaS menigftenS an* ber gorm feiner ?leu)Vnmg 511 fd)licften ift, als ermiefen an, baß ftd) bie 400 $forg$einter für bie Wettung ihreä Surften aufopferten unb auch Rehres tf)ut bicS in fetner bereite 1792 erfd)iencuen (il)ronif. (fS tjfciftt l)icr bezüglich ber in Webe ftehenben Zf)at: „£ic)elbe ift burd) bie übereinftimmenbeu, p Seil fdjriftlichen Wad)rid)ten ber älteften bürgcrlicfocn ®t> fd)led)ter ^for^eim« aufter allen 3uieifel gefegt imb lebt noch

wenn man

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82 ^foräbeim im SOjäbriflcn Rrieae.

je$t lüie neu in bem !äftunbe ber Urenfel." (§ier mag aud) angeführt fein, baft am 29. Januar 1 788 Jßrof. Dr. Chnift Subtoig ^offelt, s}$rtoatfefretär bes Sttarfgrafeit Äarl griebrid), im Ältf* trage beä (enteren bas Anbeuten ber 5$ierl)unbert in fcbtoungoollcr iHeoe in einem befonberen geftaft gefeiert f)at, bei toeldjem Wniaft bie ^for$f)eimer $lborbnung oom Üftarfgrafen empfangen unb glan^enb betoirtet tourbc.)

GJanj befonberä f)at fidj ber oerftorbene ^pforjfjeimer Stabtpfarrer Qkombadjer angelegen fein laffen, in feiner 1886 erfd)ienenen <Scf)rift „S)er lob ber üierrjunbert <Pfor$l)eimer bei Wimpfen, nidjt eine Sage, fonbern eine Z[)at)ad)eu ben ©ctoei« für bie Srjftens ber 5$ierl)unbert 511 erbringen. QJegen biefe ftüfce fidj bie Stritif bot allem auf bie Don ^flüger behauptete, toeiter oben fdjon berührte Sfjatfadje, bafc ^for^eim 51t ^Beginn be£ 1 7. 3af)rf)unbert3 f)öd)ften3 600 Bürger gejault fjabe. 28enn üon biefen 400 gefallen, fo mären nur nod) 200 unb ^toar ältere übrig geblieben. GJcgen biefe 9lnnaf)mc ergebe aber bie l)ol)e 3ar)l ber ©eburten in ben 3al)ren nad) ber 28impfener <Sd)lad)t einen beacr)ten3toerten Sßroteft. Jßon weiteren Stnmänbcn ber •$toeifclnbcn ftritif feien anjufü^ren: erftestS ber balb nad) ber Sd)lad)t gefdjriebene $rief bes iWarfgrafen, ber eine befonberc 4)elbentf)at ber ^for^ljeimer nidjt ermähne; jmeiten«, bafe ber äRarfgraf al$ (General ber prote|tantifd)en Union im Kamen ber fclbcu Gruppen getoorben, biefe alfo nidjt ausgehoben unb aud) feine aud ^anbtoeljr beftefjenbe Wrmee nad) SBimpfen geführt fmbc.

3unäd)ft bemül)t fid) Sörombadjer nacf)$utoeifen, bafe ^forj beim 51t beginn be3 17. 3af)rf)unbert5 toeit meljr Bürger unb fomit aud) s-Öetool)uer gehabt, tote sJ$flüger angiebt, ber I)ödjftcuö 600 Bürger gelten lafjen toill. ^flüger felbft berichtet, baj$ im 3af)re 1643 bie Bürger s}$for$f)cimä bei Ueberreicf)ung einer Eingabe an ben ihirfürften oon dauern bie 3$crficf)crung gaben, ^for^rjeim fjabc an ilriegsfontribution oier Xonnen $olb bejafjlt unb 1900 ^Bürger oerloren. (£3 oerftelje fid) bon felbft, bajj unter ben 1900 bürgern uicvjt foldje gemeint fein fönnten, toeldje eiltet natürlidjen lobe* geftorbeu, fonbern foldjc, bie im Kampfe gefallen ober burd) s^eft unb Wetoalt umgefommen feien. 2Bic tonne aber eine 3tabt oon 1822—43 fo Diele Bürger oerliereu, toenn fic oor bem Wnsbrudi be* Krieges faum 600 gestylt l)abc ? Wudj fonft liefere SßftÜger Material, il)u 311 toiberlcgen. 2o follc nad) il)m um ba* oal)V 1600 bie Qfity ber Bürger s}$forjl)eim* größer getoefen fein, aU um 1700. $$ergleidje man aber nad) ben lauflntcrjern bie (Geburten, fo ergebe fid) für bie Reit oon 1607 - 22 bie jal)r(id)e X u r d) f ctjn i tt^a t)l oon 128, für bae vsaljr 1700 oon nur 80. Tie elftere $af)l fei alfo erljeblicr) gröfjcr toie bie jtoeite unb nad) if>r müjjte bie iÖürgerfcrjaft toenigften*

^forjbeim im 30iäbrifien Shrieae. S3

960 .stopfe gewählt haben, tieic obetffatfiltche iBercdjuung werbe aber Don ber "i&irflidjfcit weit iibevtroffen, beim bae nad) bem laufbud) in alpljabetij'djcv Orbnung aufgehellte $et&ei$m* von 1007-4« weife 1733 Hainen auf, bic abcligen Samilien nid)t eingerechnet, .frieret fönten bann nod) bie Bürger ber Wltftabt, ungefähr 450 an ber *}al)l.

Ucbcrgchenb 51t anbeten ©ewetfen, [teilt ^Hrombadjcr feft, bajj eine groftc ^ai)i von (E'hen, aus bev Seit vor bem Stiege gefcfjloffen, nur ein Äinb jähltc unb bie tarnen bei' Taufvätcr im Iaufbud)e nad) 1622 uid)t mcl)r vorfommen, was bod) ber Jall fein mü^tc, wenn biefe am hieben geblieben mären. Sturf) ber llinftanb, bajj nad) 1622 bei Saufen grauen l)äufig mehr ^atenftette übernahmen als Stöhntet unb bie£U$atcn gewählten Männer vielfad) fdjon tyotf) bejahrt Waren, wirb ale bebeutfam cradjtet. $Brombad)er füljrt bie Tanten von 132 Katern an, meiere von 1607 bis über 1622 t)inau§ als Taufpaten uebft ihren grauen im Xaufbudjc vorfommen. CefterS Werben aud) Xöd)ter erwähnt. 3f)rc Söhne unb Iod)tcr ftnb inbeffen vor 1607 geboren. SBäfjrenb aber bie Iöd)ter s^atcuftelle vertreten, fommen bis 1647 feine 3ö()ne vor. 3n ben fpäteren Ytirdjen- büd)ern fehlen ebenfalle bie Hainen weitaus ber mcijten, benn bie gamilicn ftarben auS. Der SBerfaffcr rechnet insgefamt 357 f feljlcnbe Bürger unb 321 lebige Söhne ^ufammeu unb fommt $u bem ©djluffe, baft bei SBimVfcn nid)t nur 400, jonbern meljt als 600 ^for^eimer gefallen ftnb. 3n einem feiner Schrift angehängten, auf Gfcunb bes fördEjenbudjc* gefertigten 3$er&cidjni* * wirb bargethan, bafc nur bas 3af)r 161« eine genügenbe 3al)l von (Geburten aufweift, alle übrigen über §u Wenig, unb baft cbenfo bie äabl ber laufväter eine beachtenswerte s}lbual)me jeigt. Ihatfatt)c ift freilich auc*) nrtC*) biefer Tabelle, bafc 1623 unb 1624 mehr ftinber geboren würben als in bem Unglüdsjahr 1622.

Die Nichterwähnung ber öclbentl)at ber ^forjheimer in bem Briefe bes töcarfgrafen erflärt 33rombad)cr u. a. bamit, baft bic (Erinnerung an fte für C£eorg Jyricbrtd) feine angenehme fein fonnte. lh* habe ein mcidjcS, eblcs Ncmüt gehabt unb fei für feine Unterthaucn fcl)r bejorgt gewefen. „Tic Xljat ber s«8ier hunbert hatte etwas Wül)rcubcs, etwas töirfc^fitternbcS für ihn, unb Wenn er aud) bic N}$for(}hamcr ntdjt vergaft unb bic gefallenen .Reiben ehrte unb liebte: er wollte bod) an ihren lob nid)t erinnert fein, weil er bic Siegeln ber ttriegsfunft, bic er fo gut tonnte, utdjt beachtet unb \u fcl)r auf ben Steg vertraut t>atte. "

Dem ßinwanb, baft ber ätfarfgraf nur mit geworbenen unb nid)t mit ausgcl)obcuen Iruppcn ins Jvclb gebogen fei, begegnet ^rombadjer mit einer SReifje von £>mtoei)en Darauf, baft baS Monffriptionsfvftcm in ber ÄWarfgraffdjaft unb fo aud) in $for,^

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^forabeim im 30jäbtiaen Stiefle

heim tu ftntoenbung tarn. (Einer berfelben grünbet fict) auf bie Häuptling, baß bei Wimpfen DerhaltniemäBig mcl)r Söhne reicher unb angesehener a(3 mie armer gamtlien geblieben ftnb. Wäre ber ÜJfarfgraf nur mit Solbtingen auSgerürft, jo hätten fid) hierunter nur au^nar)mdtneife 2öl)ne begüterter gamtlien gefuuben, roeil biefe ja nid)t aue sJcot Solbat gemorben fein mürben, fei bod) nid)t anzunehmen, baß bie Säter ifjrc Sül^nc freiwillig jur Slnroerbung trieben, ober bafc legiere miber ben Willen ihrer feltem ber Werbetrommel nadjgelaufcu. $lud) ber fdt)on berührte Umftanb ber großen Qafy öon @intinbcre^cn fprid)t nad) ber Wnfidjt be§ SBerfafferS bafür, baß tonffripiert mürbe.

$a& bie il)at ber SBierhunbcrt bei ben geitgenoffen faf* ganj in Sergeffenfjett geriet, finbet Örombaehcr begreiflich. Wer null gefte feiern, menn man gefd)lagen roorben ift? Sie geier oon großen §elbentt)aten fej^t 23cgeifterung, eine frifdje, freubige Stimmung oorauS, meiere über bie Qeit beS ganzen 30jäl)rigen ÄriegeS nid)t oorfmuben mar. 9cad) bem (Inbe be3 Jrtriegee mußte baä Üßolf fid) erft mieber erholen, unb faum mar bieä einigermaßen gcfcr)ehen, alä Öubmig XIV. mieber Jammer unb Slenb, an vielen Orten ebenfo groft ober nod) größer mie im 30iäf)rig,en Kriege, über ba3 fianb brachte. s3lud) ^forjtjeim mürbe |cr)mer r)eimgefud)t unb oerlor tjierbci gerabe Diejenigen Urfunben, meiere über ben lob ber $ier()unbert hätten 9ut$htnft geben tonnen.

£aß biefer Xob erftmal* in bem Deimling'fdjen Drama oon 1788 ermähnt morben fei, läßt $rombad)cr nid)t gelten. Wenn bem fo märe, fo hätte SWarfgraf Staxi griebrich nidjt ben *ßrof. ^offelt beauftragen tonnen, eine $ebäcrjtni$rebe für bie Gefallenen ju galten, maä aud), mie fcfjon bemerft, am 29. Sanuot 1788 gefcf)er)en ift. gerner finbe ftd) in bem 1770 erschienenen oierten 9knbe ber babifd)cu (^efc^ic^te oon (Sf)r. Sad)* folgenbe be^cic^nenbe Stelle über bie Schlacbt bei Wimpfen: „Üftan melbet, baß bei 400 äJtonn oon ber &ürgerfchaft $u ©foräeim, meiere bem 3ftarfgrafen 51t einer fieibgarbe gebient, faft bis auf einen 3ftann fid) t)abe\\ nieberrjauen laffen." ftufterbem berichte Pfarrer ^ottfjammer, ber ilird)enrat l*ifcnlohr, meld)er oon 1708 bt3 1712 Pfarrer in Remchingen unb oon 1719 au ttird)cnrnt in Durlacfi mar, Imbc in feiner firc^engcfrf)idt)tlic^en Öorlefung ben Xob Der oierljunbert ^forjheimer bei Wimpfen aU Iljatfadje ermähnt, ftier t)anble eS fid) alfo um einen ÜJJann, ber in ber Wäf)e oon ^for($cim mohute (ba* Dorf Remchingen lag ba, mo fid) jefct ber üPal)ul)of Wilferbingcn bcfiubct), als bie legten 3öl)ite ber $icrl)unbcrt ftarben ober geftorben maren, bie (S*utel aber noch hattcn 33crid)t erftatten tonnen oon bem, toa£ fie gehört. $rombad)er l)at am ben itird)enbüd)crn bie Warnen einer längeren

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^forabeitn im 30jäbriaen Rricfle.

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9ieit)e oon ^crjonen ausgesogen, bie oon 1620 an bi* in ba£ 18. 3af)rf)unbcrt ^crcin gelebt, um bamit ju betoeifen, toie bie münblidje Xrabition lief) leicht fortiefcen unb reine $Öaf)rf)ctt berichten fonntc.

9tod) einen feiner ^tuffaffiuiö aad) gewichtigen 3eu9cu fül^rt Brombad)er an: bie J?al)iic ber Bicrhunbcrt, locldje auf bem fjicfigen &atl)auä al* eine „^eiliae Reliquie" aufbewahrt werbe. £abe bie (Sage oon biefer gagne irgenb ein müßiger Sbpf erfunben? Sei biefeö 9Hörd)en im 30jäf)rigen ßrieg erbidjtct morben ober fpätcr, ober habe cd am (£nbe gar aud) Deimling erbadjt? $Öenn bie ftritifer iKcdjt hätten, bann märe abfolut fein örunb oorhanben getoefen, ben ^pfor^eimem eine gafjne 5U Iaffen, meiere bodj eigentlich bem Staat gehörte. £ajj bie gar)ne aber l)ier geblieben, fei ein loeiterer fräftiger BerneiS für bic Xljat ber $ierl)imbert, bie bei Wimpfen if)r Banner bi$ auf ben legten ÜKann Oerteibigten.

*

Ütfer oermag in ber Streitfrage über bie (giften 3 ber Bier ljunbert oon ^for^eim 31t cntfcf)cibcn, ob bem gür ober bem sfeiber größere Berechtigung jufommt? 2Bo Belege fer)Ien unb Sd)lüffe unb Vermutungen an ir)rc Stelle treten, ift bic Ben>ci$ füljrung immer eine unzulängliche, mährenb bie Äritif fich ocrhältuiämäfjig leicht mad)t, inbem fic einfad) Xhatfachcn oerlaugt. So ganj ju üerneinen ift aber ber 28crt ber münblid)en lieber^ lieferung nicht, jumal in biefer Jrage, too fich ™fy um cm (^efchehniä auä altersgrauer Borjeit, fonbern metjr um ein (£r eigni* ber neueren Wcfdndjtc famoelt. ,9fa£ nidjtä wirb nichts*', tarnt auch hier ate Siegel gelten unb bic btfitortjc$e Erfahrung miberfpricht ber Einnahme, ba& Sagen Oon berartiger Bebcutung unb ^ßräjifion bed gefrf)id)tlichen Untcrgrunbcd übllig entbehren, alfo auf reiner l£rfinbungw beruhen, wie Jr. 0. SBecd) meint. Eime Zweifel enthält bie (Stählung oon bem aufopferungöüollen foelbentobe ber ^forzheimer Bürger einen fer)r beachtenswerten jtern oon 2Baf)rheit, unb menn biejelbc auch m^ manchen Qu thaten auägefdjmücft fein mag, fo bleibt boct) tool)l noch 9cnu9 übrig, um bic Streiter oon Wimpfen in chrenbem tfnbenfen ju behalten.

2>ie S«t »on 1622 -1684.

3m ©egenfajj 511 ^ßflüaer ift Brombacher ber Anficht, bafe turj nach ocr ^c^ladtjt bei ©impfen (General Ii Iii) fyicx war, aber miber Erwarten bie Stabt milbc bef)anbclt hat. £r

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80 Woräbeim im aoiabrißen Äricae.

fyabc mobl bte lapferfcil ber oierljunbert ^for^eimer $u fd)ätunt gemußt unb bevlwlb bic Wtrgcrfdjaft von $ranb unb s}Münbcrung ocrfdjont. Xurlad) fei, mie aus Striefen von Weingarten bei Cffcnburg unb von Jvrciburg l)ervorgcl)t, von ben IMgiftcn ein genommen morben, unb toeun lillu in Xurlad) gemefen, jo Ijättcn feine 5 nippen aud) ^foi^l)eim befeiU. Riir biefe 9(nnai)mc fprcdjc nod) folgenbe llmtfadje:

ter ^forjl)cimcr Special s^l)ilipp oafob SBticflin, bev von 1 735 42 in sJSfor$l)eim mar unb im letztgenannten Jafow ol« Mird)cnrat nad) .Starlsrul)c übcrficbclte, Ijabe bei ben .Mirdjcu vifitationen genauen 93crid)t verlangt über bic fird)lid)cu (Mcbäubc unb über bie Xenfmälcr, meld)c fid) in benjelbcn unb auf ben ttird)l)bfcn fanbeu. 3n einem biefer iBifttotionsprotofolle befinbe fid) unter ber SRuBrif „SRerftarfirbigfeiteu" aus ttönigsbad) eine Sttottj nad)ftel)enben 3nt)alte :

„.fticnVr mag ein in ber Waiier bes (Gottcsatfers 511m (Mebädjtuis einer anno 1022 verftorbeneu JJfraii N. Barbara auf gcridjtctcr ©tein gerechnet merben, auf meldjem Jyolgenbcä ,yt lefen: es Ijabcn in biefem 3ar bie .Stird) mit benen an ber .Stint) ftetjenben (Mebiiuben bie bairifd)en Solbatcn in ben SBtanb geftedet, oa oann Mies im Waud) aufgegangen. Qu ber 3**t foftetc bas Stöalter tinfei 30 f(, bie Oijm "SBcin 100 fl., ein ftinb vor 200 fi Ter gruubgütigc (Gott bel)üte uns unb bie lieben Unfrieden, bafj mir fo!d)e betrübte Reiten nidjt erleben bürfeu."

lillus ftuf enthalt in ^forjljcim falle unmittelbar in bie •]eit nad) beut 23. Sülni 1022. £angc Ijabe er aber nid)t gebauert, lueil ber ligiftifd)c Jyelbl)err bem tycfftfd) barmftäbtifdjen VJaitbgrafcn 511 ."oilfe eilen mufjte.

,V>iftorifd) fielet* ift übrigens, bajj unjere (Gcgcnb in ber feiten .pälfte bc$ ^afjres 1622 nun faifcrlidjcn mie ligiftifdjen Gruppen l)art bebrüdt mürbe, Xüc ftcinbe plünberten, f engten unb morbeten unb vcrfd)icbenc Dörfer, u. a. aud) .Stimigsbad), gingen in flammen auf. £cr Pfarrer 3ob. (Sfjriftof Meiler von 3teiu mürbe von ben plünbernben tarnten breimal in ber Sßfarr- jdjeucr aufgehängt unb fam bod) nod) mit bem l'eben baDun. ?lud) in beu bcnad)barten mürttcmbcrgi)d)cn (Gebietsteilen fjauften Itlfyä ttnmeufd)lid)e Horben ganj entieölid). 3n bem 9lmtc Neuenbürg mürbe ein torf nad) bem anbern ausgeplitnbcrt unb abgebrannt unb mit ben (Sintvoljncrn ganj barbarifd) verfahren unb nidjt beffer erging es ben $cmol)ncrn bes Gimtes sJWaulbronn. So mürbe in Cclbronn am 20. 3uli 1022 ein Icil bes Raubes ausjdniffcs nebft über 400 (£inmol)nern nun ben .Stroaten nieber gelwuen, aud) ^raubftittung unb ^lünberung verübt. Unb biefe (Greuel gejdjaljcu, abmul)l ber .^er^og von Württemberg fd)ou einen Womit ,}uoor 511 .'Oeilbronn einen Neutralität* Vertrag

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SBforabcim im 30jäbrigen Sfrieae. 87

abgesoffen f)atte. ffllan fann fidj alfo eine Sorfteftnng machen, lote bic Sarbaren in ber babifdjen 9Ü?arfgraffd)aft, bie* geinbeä- fanb mar, oerfafyren fein mögen. ?luf erhobene Sorftcttungcn cntfdutlbigte Xillo bie Btfdförettsmgen feiner Iruppen mit bem Langel an 2cben3mitte(n unb insbefonbere an l^teifdr).

Xie 9fot mar aÜcrbingä eine große unb trieb bic greife ber Lebensmittel auf eine faft nnerfdjtüinglidjc §öf)e. Sie mürbe nod) üergrößert burd) großen GJelbmangel, ber bie äftünjen julefct auf bad Sierfadjc if)rc3 feftgefeftten SBcrtcä fteigertc .*)

mar eine ocrgcbltdjc Hoffnung bc* SÜfarfgrafen Ofleorg Jyriebrid) geroefen, bnrdj bic sJiiebcrIcgung ber Regierung in bic ^pänbe jeineö Sofjneä fein öanb üon ben Solgen feiner Haltung in bem Äricge gegen ben ßaifer unb bie fatfjolifdjen föeidjäftänbe ut befreien. Sßergcbenä manbte fid) fein Sofm, SÖcarfgraf tfriebridj V., bei feinem föegicrungäantritt an ben Äaifer mit ber Sitte, ben 3ot)n niä)t bafür büßen Iaffcn ju motten, maä ettoa ber Sater üerbrorfjcn fjabe, unb »ergebend rourbc er in gleichem Sinne bei bem foenog ÜNarjmilian oon Samern unb bem (General Hill) OorftcIIig. 3Scnige sJJionate nad) ber SBimpfcncr 3tt)lad)t erließ ber $aifcr bie Verfügung, baß ber Warfgraf bic feit 1594 miberredjtlid) befefctc 9Warfqraffdjaft Saben Saben bem rechtmäßigen tatf)olifd)en (Srben, bem SRarfgrafcn SSilfyelm, 5urücf jugeben unb benfelbcn für bic fteit ocr Scfi0l)altung ju ent fc^äbigen fjabc.**) $aiferlid)e (frtfntionätruppen unter (Sr^erjog Üeopolb bcfc0ten bad ganjc Öanb Sabcn Xltrladj unb fomit aud) bic Stabt ^ßforjljcim, mätyrcnb ber Warfgraf 2Bilf)elm in bic

*) £teinl)ofcr berietet : %m %at)xt 1623 madjte bic öon ben Solbaten jimblid) lang berreugt gctocfecnc unb in grofjcn 9?ötf)en geftedtc" ©emeinbe Langenalb bei bem ^for^etmer WcridjtSöertoanbtcn $>an3 Ztavi& ein einleben oon 2000 fl., meldje Summe im ^ob,re 1680 ber öcränbcrten ©elboerfjältntffe megen burd) gegenfeitigea Ucbereinfommen auf WX) fl. tjerabgefefet mürbe. (Sin öon bcrfclbcn ©emeinbe auf ^Jfingftett 1623 bei Watt), ftraufi tu Walfd) aufgenommenes Änlcljcu oon 1200 fl. mnrbe fpätcr auf 288 fl. oerminbert.

**) %n ber Warfgraffd)aft «oben Nabelt fjerridjte feit 1589 ber Warfgraf (ibtiarb ftortunatuS, ein Sofm beä Warfgrafen (Sljriftof II. öbuorb, meldjer 1584 $ur fatfyolifdjen Ätrdje übergetreten mar, füfjrtc ein öcrfd)menberifd)eä Üebcu unb Ijäuftc Sdmtben auf Sdmlben, für meldte fdjlicfm'd) aud) nad) bem oorfjanbeuen fcauSgefeb bie Warfgraffdjaft Sabett^urlad) mitljaftbar gemalt rourbe. %n\>tm bie Gläubiger ftd) anfd)itften, m ilnrer SBcfriebigung bie (£tn* fefcung in ben s#cfiu fürftlicfjcr GJütcr &u ermirfen, mürbe bem Warfgrafen oon $aben*$urlad) bie Stunbc, bafj ber Warfgraf ©buarb bie silb\\ä)t l)abe, («ebietötcile feined i'anbcö ju ocrättfjern, um fid) bic Wittel jur ^ortfe^ttttg feinet leid^tftnuigen .^au^^alte^ 51t oerfdtaffett. £icö bradtte (*rnft ^riebrid) m bem (£ntfd)lnfic, Sie ^ntcreffen beö (Mcfamtfjauic* burd) Uebernal)me ber i?ermaltttttg ber oberen Warfgraffdjaft ^u magren. ®r lieft biefe im vJ?oocmber 1594 befefcen unb fid) alsi bereu Vermalter ^ulbigett. Unter ifjm unb feinem 9tod)folgcr Wcorg J^riebrid) mar 33abeu*"Sabcu mit iöaben»Xurla(b, oereinigt geblieben. $er oben ermähnte Warfgraf Söiltjelm mar ber ©rbe bee Warf- grafen (Sbuarb 3rortunant^.

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HS

sJ?forabcim im 30jäbrigen Rrtcflc.

Negierung oon $aben^aben eingelegt würbe, $luf be* 3)carf grafen griebrid)* üöitte jogen jmar bie ftaiferlidjen im Mai 1623 mieber ab; aber im fommenben 3al)rc rürften aufd neue (Sjc futionSmannfdjaftcn, biesmal ligiftifd)e unter Tillt), in baä £anb. (Sincn Tag lang Iciftete ^forjheim SBiberftanb, bann öffnete Till» feine Tl)ore. 3Ba* bamalä ^forjfjciin miberfahren ift, barüber liegt feine nähere AWtteilung oor. ^flüger glaubt an nehmen 51t follen, bajj Tilltj aUbalb nad) ber (Sinnahme ber Stabt bie $rau$iöfaner unb bte Tominifancr, bereu Mlöfter 1555 aufgehoben mürben, mieber in i()re alten !*Ked)te eingefe^t fmt. Trifft bie* mirflid) 311, fo fann il)r Aufenthalt in ^for^ljeim nur ein oorübergehenber gemefen fein, benn menige 3al)rc nac^tjcr mürben, mie mir gleid) feljen merben, biefe Orbcn abermals bort fclbft eingeführt.

Wad)bem im Sübeu unb Horben Seutfchlanbs ber *ßrote^ ftantietmrä niebergerungen mar, erlieft tfaifer gerbinanb II. am 6. Man 1629 bat fog. »eftüitttonÄebift, monad) alle feit bem ^affauer Vertrag oon 1552 oon ben ^ßroteftanten eingebogenen geiftlidjcn Stifter unb Äirdjengüter ben S?atf)olifen jurüdgegeben merben unb bie SReformierten 00m SHeligionsfrieben auägefchfoffeu fein füllten.*) Sludj sJ$for$f)eim mürbe oon bem (£bift betroffen. Um 3. (13.) Januar 1631 erfd)ienen bie mit ber Ausführung beweiben im fdjmäbijdjcn Greife ernannten $ommtffäre in ber Stabt, bereu (£inmohncr ber SJJartgraf juoor 51t ruhigem $Ber= galten hatte ermahnen laffen. $)ie $ommiffäre ©erlangten in elfter l'iuie bie foerftellung beä St. 2Wid)aelftift$ unb ber früheren Mlöfter ber Xominifaner unb grau3iöfaner, fomie be£ Kaufes jum ^eilige« Weifte unb be3 £irfdmuer £ofe3 nebft ben baju gehörigen Wütern. Schon am 29. Januar (8. gebruar) mürben bie Tominifaner unb ^ran^iefancr in ^ßfor^heim eingeführt unb in ben $cfifo ber JHoftcrgebä'ube gefegt. &on ber ehemaligen X>ominifancrfird)c, mcld)c feit Aufhebung be3 Älofterö aU Stabt firdjc gebient Ijativ, mürbe ben Xominitanem ber 6h0r Slu* '-Benütumg übermiefen. Wegen bie übrigen gorberungen ber .Hommiffäre legte ber üOiarfgraf $ermar)rung ein unb ehe in ber Sache entfefiieben mar, haltc fic^ auf bem 5hiegötl)eater mieber eine 3Sanblung oolljogcn, bereu SBirfimg nläbalb and) in Sßforj heim fühlbar murbc.

Xer SdjmebenfÖnig Wuftao Abolf tych ben ^eitpunft für günftig, ftcfi in bie beutfrijen Girren einjumifchen, nadjbem er fi'ch 5U»or ber Unterftüluing ftranfrcidjö Oerfid)ert hatte. (£r lanbete mit einem tfvav fleinen, aber mohlgerüfteten feeere an ber

*) Xcr Maijer t)at übrigen* im ^rieben uon s$xa<\ (1635) cinfttucitoit unb im meftftilijriien trieben flänjlid) auf bie Tnrdjfüfjntnfl bc* iHeftihttion* ebitts uer^ietnet. Nur in ben tfftreidnfdjen tfrblanben blieb ba*jclbe in «eltunfl.

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^fora^cim im 30jäbriaen Äriegc N9

pommcr'jdjen tfüfte unb brang, mufjbcm fid) iljni bie proteftan ttfc^cn Stäube teilö freimütig, teile gelungen angefdjloffen rjatten, in rafd)em Siegc^ugc nad)' beu oberoeutferjen Säubern oor. Au* ber s^falj, welche bie Sdjmcben (Tube beä 3af)re$ 1831 eroberten, waren einzelne Abteilungen berfclbcn audj in bie ÜNarfgraffdjaft eingebrungen, um fic uon ben Maiferlidjcn gu fäubern, unb eine Abteilung tarn am 23. Haimar (2. Februar) 1632 über ©rudjfal unb Bretten nad) ^forjfyeim. ^ur il)rer Antuuft fdjon Ijattcu fid) bie Snfaffcn ber baä 3af)r 311001" mieberfyergefteUten Ülöftei; geflüchtet unb nur ber 3$orfte()cr ber ftranji&faner, ffiettomus Sibmann, Imtte beu iöhtt, auf feinem Soften 31t bleiben. Tie Schweben crbroffeltcn if)u am Altar ber itirdje.

jur Sd)lad)t bei s,)iörblingen fdjciut ^for^ljeim im 33eft0 ber (Sdjrocben getuefen 31t fein, tote ben Einträgen ber Äirdjenbüdjer 31t entnehmen ift. AU im 3a()re 1032 bie faifer liefen ©berften Offa unb SJZontccuccott mit 25 Kompanien Leiter unb 1000 gufjtruppen t>om (5ffa^ au$ in bie marfgräflidjen Sanbe einfielen unb 2)urladj branbfd)a£ten, fudjte Üftarfgraf griebrid) mit feiner gamilie fjier in ^foi^cim Sdjufo. £te itaifcrlidtjcu eroberten im Auguft ©retten unb brannten tfnittlingen nieber*) Sic fdjeinen feinen SBcrfud) gemacht 31t fjaben, ^for.^jcim in irjre bemalt 311 betommen. Um fo fd)limmcr aber erging bem flachen ttanbe.

$on f 0 r 5 1) c intern, bie in fremben ilriegsbicnftcn ftanben, nennt sJ5flüger einige tarnen : 93ernl)arb ®remp, ein Rlöfier, mar }d)mebiftf)er ©olbat im 9M 1633; Anbreaö Grbad), Sagner, tarn ebenfalls aU foldjer oor im 9flai 1633 unb im ajfäq 1644. iöeibc fjatten ÜBeib unb ftinb. £>an3 Gffig ftanb 1636 in ligiftifdjen Dienftcn, Sodann 9(ietf)ammer mar 1638 Leiter unter iöernfyarb oon SSeimar unb ber Sdmljmadjer Albrcdjt SBceber mar 1644 Jafjnenfattler uuter bem banerijdjen Hauptmann oon (Srlis^eim. ©ar roeit r)at ßafpar 6d)od) gebracht, ber jum Wang eine§ fdjtoebifrfjen Oberfteu emporftieg.

*) Mm 15. Sluguft 1632 rücftcu btc ftaifcrlidjcu oor .Vtnittltngen, bas »on einer Kompanie „ÜanbeäauStuafjr befe^t war. ÜRadjbem bie fcinblidjen Dra- goner fieft ber Xfjore bemächtigt fyatten, warf bie 9Pcjatuiug bie Wctueljre toeg, würbe aber tro&bem aufatnntengcfjauen. flud) oiele (£inwolntcr traf baö glcidjc Scfntffal. Ucber 300 Wenfctjeu tauten um. Tac> 3täbtd)eu würbe ausgeplünbert unb in ©raub geftetft, fo baft nur brei Käufer fteneu blieben. Ter ntit über WKX) SWann bei $urlad) ftcl)enbe württ. fterjog Julius ftriebrid), ein gau,\ unfähiger $cerfüf)rer, war unterbefieu über $for,il)eini unb (Su^berg beVau* gerüdt unb brängte bie Maijerlidien ntit feiner Ueberntadit att bie Mnittlinget Steige üurütf. Spater würben bieje 001t beut )"d)uu*biirheu OJeueral &om bei ^ieslod) gepadt unb über beu iHljein gejagt.

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DO Wotsbcim im 30jäbricjeu fftieae.

Tic fffHimmtii $tiun und) ber WbrMiiifler fcct)lud)t.

.fratte bie 3tabt sPforjl)cim bie jetjt ben ftrieg nur oon ber milbcren 3citc fennen gelernt, fo fotlte fie nunmehr alle 3d)recfen besfelben 5U (offen befommen. %m <>. 3eptember 1834 erlitten bie 3d)roeben, in beren ifteiben auch bie Wannfchaften bes babifdjen l'anbfturms fodjten, bei sJlörblingen eine furcht- bare sJtteberlagc unb in nülber £>aft floh bas gefdjlagene $eer burd) Württemberg unb bie Warfgraffcbaft auf bas linfe 9tf)ein= ufer. Trangfalierien febon bie Weftegten mit brutaler $iücffid)tS: lofigfeit bie arme Weoölferung ber DOtl ihrem iRücfyuge berührten l^egenben, fo benahmen fid) bie oerfolgenben fiaiferlid)en gerabeju nnmenfdtfid). Sie ein rei&enber 3trom ergoffen fte ftcb über 3d)ivaben unb näherten fid) rafd) ber Warfgraffchaft. 3d)recfen unb Gntfetjen eilte ihnen oorau* unb in angftooller §aft flüchtete fid) bie Weoölferung. 3o ftrömteu aud) aus ber Umgegenb oon sHforjbeim (au? Wrötjiugen, Dietlingen, Oefdjelbronn, Wirfenfelb, Gifingeu, Böttingen, £nid)enfelb , Jlicfelbronn, Waufd)lort sc.) bie i'anbleute in bie 3tabt, um bortfelbft 3d)utj $u fudjen. Die Weioobner sJ$for$beimS hielten fid) aber in ihren Wauern felbft fo toenig ftdjer, baft fte ebenfalls in großer flohen unb

halb roeber ein ^ferb, noch ein Juhrroerf ju haben mar.*) Xildj bie übrigen Weamten, fo ber Cberoogt #an§ ®eorg Wertram oon £enfd)bad), ber Unteroogt Dienft, ber Einnehmer s#fifterer, fomie bie Lehrer bes v}Jäbagogium$ brachten ftd) in 3id)erheit. Die (#eiftlid)eu bagegen: ber 3pejial (#eorg ÜBibel, ber 3pitalpfarrer 3d)auyp unb ber 2Utftäbter Pfarrer i3of). Daoib l'angenberger harrten mutig aus, ebenfo ber rcaefere beutfdje 3d)ulmeifter 3lnbreas ^arcr.

Sas ^for^heim oon ben $laiferlid)en, bie ohne SBiberftanb in bie 3tabt eingerüeft &u fein fdjeinen, Ml erbulben hatte, barüber ftnb feine Belege oorl)anben. Surf alle Jälle aber mar bas £oo§ ber Würger fein beneibensmertes unb au? bem Wüten ber $aiferlid)en an anberen Orten ber 9tad)barfchaft**) ift &u fdjliejjen, bafj aud) s^forjf)eim übel mitgefpielt mürbe. sJiact) Eingaben ber SÜrdjen* büd)er haben bie ftäiferlidjen oiele Würger um's l'eben gebracht unb finb hiev nad) pflüget folgenbe tarnen $u nennen : (Shnftof "vafob Waicr, Weorg ' Witfdjborfer, frnnS ©eorg Oftertag, Wartin "Mb, Wartin 3traub, Wartin Tejjmann, ftubolf

*) Damals bot ber ^ßforjbeimcr 9lmtsfeUcr tfafpar Watet mit fcilfe feiner beiben ©ohne feine bod)betaate Wutier auf einem Karten in bas üroölf ©tunben entfernte «anbau aefabren unb hiermit ein erhebenbeS 'Beifpiel fiublicher fciebc aeaeben.

**) ®njbera *. s-8. roar nach ber Wötblinaet ©aMacbt faft aana oeröbet unb bie Orte Dürrmenj unb Wüblarfer jähltcn aufammen nur noch 11 Bürger.

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SSforabeim im 3ojäbrigen Kriege. Ol

(Sidjelin, $an* Martin Hartman», sJQIid)ael SKenle, Weorg SBetfj, .frans sJ$eter sJ)leerwein, 3)aoib '.Hiebmanu, 3)hdjael Ungern*, ftans "ömirnfwuer, Martin ©reibt, ©eorg farlin, s3)ttd)ael Drewer, .jpans 3afob .gertenftein, Widjael Ätcfev, Valentin ftod), tfadjariu* Tegeler, .frans ©iftnger, (ibriftof Silberfinn, Sfcriftof s}(bred)t, .frans 2Ü>red)t, (£briftof Deimling, .frans vvafob öeiger unb ©tjriftof ©eiger. Taft ftdj bem "sHlutoerflic^en bio vJMnberung gefeilte, baft webrlofe sJ)ienfd)en in beftialtfd&et SSeife mij)f)anbelt unb an Jrauen unb Habchen fdianbbare ©ewalt» tbaten oerübt würben, ift leiber als felbftucrftänblidi auAiiucfnnen. $KeU s#cwobuer hatten fid) in bie Sälbev txeflüd)tet, aber fie würben mit £mnben aujgefpürt, 511 r ü cfv\cf cl) l epp t unb fo lauge gequält, bis fte etwa oerborgene .frabc ben 'Kaubgierigen preis* gaben.*)

*) $ören wir einmal, wie ber ©eneral 3obann oon SEBertb, ber bie Verfolgung be§ proteftantifdien §eeres burd) Württemberg über= nommen batte unb oon ©alm ber in uttfere ©egeub rücfte, mit ber Stabt ©alw oerfabren ift. 9lm 10. September fd)on ftanb er oor ©alw unb Tagte biefer ©tabt gegen 6000 fl. ©d)onung au. sJtid)t§* beftowentqer ober bebanbelte er bie ©inroobner mit beifpieflofer ©raufamfeit. Valentin sÄnbrcä craä'blt in feiner ficbenfcbefdjrcibung: w©r wütete gegen bie ©inroobner mit bem ©ebtoerte unb übergab bie arme unb unfdntlbige ©tabt ber graufamften SJcftrafung, fobaf? weber geioeibteS nod) ungemeibteS, weber öffentlidicS nod) prioate§ ©igentum oerfdjont mürbe, aud) fein ©efaMecbt, Hilter ober ©taub; ade waren bem SHorb, ber SBoUuft, bem SRaub unb einer mehr at§ tierifd)cn ©raufamfeit preisgegeben." 5113 bie ©inwobner auf bie fd)recflid)fte 4ßeifc gequält unb ausgeraubt worben waren, befäMoft ^obann oon UBertb, bie (Stabt mit allem, wa§ brinnen war, qänalid) au oernidjten. ©r liefe bie Ibore fdjltc&en unb mitten in ber 9tod)t an oerfd)tebenen Stellen freuer anleqen. Xennod) enttarn ein qvo&er $eil ber ©in* wobner, mbem fte teil« burd) qcbeime Ausgänge fid) retteten, teils oon ber ©tabtmauer binabfpranqen. ^raufeen mürben fie freilief) oon ben Stugeln unb ©d)toertcrn ber ©olbaten empfangen, aber bod) gelang es tbnen, wenn aud) Dielen fd)ioerocrwunbet, ben ©dwfc ber viBalber au flewmnen, wo tbr ©eelforger Anbreä war. Raum araute ber $ag, fo begannen bie Kroaten eine förmlid)e 3agb auf bas menfd)lid)e 2Bilb. Aber aum ©lücf ftnb bie tannenberoad)fenen 5krg* wfinbe, wcld)e ©alw umgeben, fo fteil, ba& es ben fteinben nidjt qelanq, bie armen 9Jtenfd)en au ergreifen. 3Bod)cnlang irrten fie nun in ben 2öälbern umber unb erft im Ottober, al§ bie Stalte ben Aufenthalt im 2Balbe erfaYoerte, waaten 70 slßetbcr mit ibren ftinbern in bie ©tabt aurfictutfebren. Äud) btefe aber rettete nur ba§ s3Jlitlctb eines Oberften, ber nidjt litt, bafe feine Kroaten ben roeinenben unb um ©nabe flebcnben Raufen eimad) nieberritten. ©r befdjenftc oielmebr bie Leiber unb entlien fte qnäbiq. sJ^oa^ lanqe mtt&ten bie i8e wobner ©alm8 in ben OBälbern be3 ©d)toarwalbeä umberaieben, überall oerfolqt oon einem rad)aierigeu uttb blutburfttaett fteinbe, ia fclbft mit ^>unben aebeftt, bi§ fte enotid) in ibre oerwüftetc ©tabt lurüctautebren ftd) qetrauten. sJZtd)t weniger als 450 Käufer, unter ihnen aud) bie RiraV, lagen in Afdje. Raum bunbert unanfebnlia^c ©ebäube waren oon bem oerbeerenben Öreuer oerfefeont geblieben.

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^forjfjetm im 30jäbriaen Sfrieae.

3u ber Slot, mcldje bie robe 3olbatesf'a oerübte, famen nod) bie £eimfudmngen ber Neuerung unb ber 3eud)e. 2)a3 Blatter ftom ftieg in unferer öegenb auf 24 fl., ein s$funb 3d)tnal$ foftete 8 Satjen, ein s3)k§lein 3alj ebenfooiel, ber Pierling 3d)mar$brot 8 ftreuAtt, ein ($i 1 Satyen unb ein £mf)ii 2 fl. ^as <y(ei)di oon Jröjcfyen, Pütjen, $unben unb gefallenen Sterben würbe mit @ier oerfcfylungen , unb trotjbem ftarben Zäufenbe eines qualooüen $ungertobe§.

Surdjtbar mutete bie Nßeft, unb aud) in sl$for$t)eim, roo fdjon in ben ^aJ)ren 1633 unb 1634 bie 3terblid)feit eine grojje mar, erlagen 1635 unb 1636 oiele Bürger bem junger unb ber ftrantyeit. $u uennen finb: sJHarr. Sftangolb, £an§ Safob 9Jknn, £an3 3afob Sflaner, <ßeter Sdjod), #an§ Zimmerer, ^eter 2lbred)t, £an3 3afob Secff), ^aul Serbtinger, 3obft $age3, 9Jiid)ael Neugier, §an3 Qafob @id)elin, Senbel £infj, ßonrab £inf?, ^tyilipp $artmann, #an§ §atob 3ung, |>ans 3oad)im Stiefer, $an% CDtjriftof ftienlin, §an§ Öeorg 2Öolf, ftonrab Sanbjioinger, fieonfjarb Sieger, (£f)riftof Dftcrrieb, 3Jiatf)äu£ Scroti), Soren^ Slienlin, 'tßeter Sauer, ©eorg Sauer, Serd)tf)olb Deimling, Gljriftof $oll, Martin Jifdjer, Qofjann 3oad)im ©rieninger, §an$ 3afob $ertenftein, 9ftid)ael Selm, ftonrab ßaftner, s$eter ßienlin, 2Hatf)äu3 iftücfenbrob, Subroig ^flauer, Qafob Finger, ©all llngerer, £an$ 3afob Bürger, sPeter (feiger, (Sfjriftof Sienfyarb, |>an3 ©eorg iRefjlina,, #an§ Öoadjim 3d)neiber, #an§ Surfarb, sJitfla§ Jinf, Salenttn $etnfc unb £anS ftnaut.

junger, s$eft unb ßriegsbrangfale Ratten jur Jolge, bafj fdion im 3af)re 1835 bie Seoölferung ber 6tabt um bie $älfte ftd) oerminberte unb natürüd) aud) bie Sofyi ocr Geburten ent* foredjenb jurücfging. Säfjrenb ba§ 3af)r 1634 nod) mit 121 ©eburten oer$eid)net ftefjt, mürben geboren:

im 3al>re 1635 78 ßinber,

n n 1636 80

m 1637 79

1638 66

n n 1639 74 ||

1640 68 M

1641 69

n 1642 75

1664 72

u » 1644 72

1645 56

1646 55

($5 ergiebt fid) alfo für bie 3<*h^c 1635 46 bei einer 'Surdjidmitteäaljl oon 80 (Murten cinfd)lie^lid) ber 3lltftabt eine

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Worabeim tm 30iäbriaen ftrieae.

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Seelenjabl oon 2280. Uebrigens finb aud) bie bier *ur Seit gefommenen Solbatenfinber unter ben (Geborenen aufgeführt.

ßaifer gerbinanb bebanbelte bie 2Ratfgraffd)aft als eroberte« Öanb. 2er obere £eil rourbe burd) einen' öfterreid)ifd)en Statt- balter oerroaltet, ben unteren Seil fcf)cnfte er feinem (General, Dem fatlrolifdjen SRarfgrafen Silbelm oon &abeit*9abeit, am 5. 2)tai 1635. %n ^forj^etm mürben von bem neuen §crru bie ßlöfter ber 3ranji3faner unb $ominifaner iteuerbmgä roieber bergeftellt unb mit 9flönd)en beoölfert ; ebenfo ei*rid)tete er roieber bas Sanft ÜJtidjaeläftift in ber Sdjlofjfirdje unb liep feinen neunjährigen Sobn jum ^ßrobft besfelben inoeftieren.

Sturfürft Sttarimilian oon dauern r)atte bie §anb auf bie sPfalj gelegt; babei fanb er, baft ba$ l'eben^oerbältnte, in roeldjem ftd) bie babifdjen Rentier ©raben unb ^forjbeim jur ^falj befanben (feit bem ©efedjt bei Secfenbcim) nodj nid)t aufgeboben mar. $>ie babifdjen Sttarfgrafen batten bie betreffenbe Sdjulb nod) ntcfjt getilgt unb SWartmilian anneftierte biefe beiben 2lemter. 5lm 13. $ejember 1635 erfdn'enen bie banerifdjen Stommiffarien unb bie SJürgerfdjaft mu&te bulbigen, $ie Stabt batte oon nun ab eine ftänbige banerifd)e ©arnifon. *Heligion3= fretbeit roar $ugefid)ert roorben. Sftan trennte fogar in ber 25ominifanerfird)e ba£ (£bor oom <Sct)iff burd) ein böljeme« ©ittcr. SrftereS rourbe ben sJ!ftönd)en jugeroiefen, ba3 Sdjiff ben bürgern.

ßarl SBilbelm befdjroerte fid) bitter beim Jlaifer über bie ©eroalttbat 9flayimilians\ @s rourben mebrfacbe SBerfudje gemad)t, bie Sadje ju änbem, aber bie Bürger wollten oon flarl SBilbelm febft nid)t3 roiffen unb fo blieb ^for^beim nun oorerft pfäljifdj-banerifd).

2>ie Einquartierung rourbe ju einer fdjroeren Saft. §atte Hart Söilbelm bie 3}ommifaner unb Sranjisfaner jurüefgerufen, fo b°lte 3)iayimitian noeb $lapu$mer oon 2Beilberftabt bcrDei unb roie§ ibnen ba§ 'St. ©eorgSftift al§ ßofoij an. 3ftan oer* fud)te, fo nad) unb nad) ^Pforsbeim $ur fatf)olifd)en Religion jurücfjufübren. 3m 9looember 1636 rourbe oon ber Regierung ben proteftantifd)en ©eiftlidjen in ber Stabt unb in ben Sanb* orten ber ©ebalt entjogen. Sie fonnten 5roar bleiben, burften aueb gotteSbienftlidje |>anMungen oerfeben, roaren aber auf freiroiüige ©oben angeroiefen. So ging es bis 1642. $ie ^Bürgerfdjaft blieb ftanbbaft. Ta berid)tete ber banr. Unteroogt Jaber im herein mit bem ßapusineroater gulgentiuS nadi 3Ründ)en, ba§ in ber Stabtfircbe am 9ftartinstag ein proteft. "öettag mit Te deum gebalten roorben fei aus Jyreube über ben Sieg, roeld)en ber fdjroebifdje ©eneral 2orftenfon bei £eipfttg errungen ^attc, unb als bas franjöftfd)«fd)roebifd)e £eer oon

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04 t<fora&eim im 30jäf>riaen Brteae.

^reifud) am einen 3treifjug bi* in bcn ftraidjgau unb liegen ben ^fetfar ausführte, habe fiel) bev iHat in s-i*evl)anblungen mit bem JJetnbe eingelaufen. Cbgleid) iHat nnb $eiftlid)feit bie Uber* tviebeneu ^eridjte auf ihren wahren "IBevt jurüefführten, fam ood) oom fturfürften bev Wiefel)!, bafi in 3tabt unb Statt sl?for(tf)eim bas unfatl)olifd)e (£rcv<utium lutbevifdjev Religion unoevflüglid) ab$ufd)affen fei. jn bev ctabt maven bev 3pejial $$ibc(, bev alte 3pitalpfavvev s£>olfgang 3d)aupp, bie beibeu Tiafone 3autevlin unb flavdjev unb bev Pfarrer bev SKtftabt Dan. 3autev. s#on ben 14 ^anbovten be* 'tatsbejivf* hatten nuv dringen, (Ufingen unb Wiefevn je einen sßfavvev. Xiefe Weiftlidjcn, forote ben iKeftov bev lateinifdjen 3d)ule unb ben 3d)ulmeiftev bev beutfdjcn 3d)ule ließ $ab?x am Dienstag oov Cftevn |U ftd) entbieten unb eröffnete ihnen, ba§ bie pvoteft. ?)teligionsübungen unoevjüglid) einstellen feien unb bie (deift« lid)en innerhalb $roeiev iage bac> £anb ju uevlaffen Ratten. Wtvgevmeiftev unb iHat fd)icften eine sXbovbnung nad) ^eibelbevg, meldje mit bevubigenben 3llfaÖcu suvücffebvte ; fofovt ging nun eine Deputation nad) 9Jiüncbcn. Dovt rouvbe fie oon bem .Huvfüvften unb flankier- ungnäbig aufgenommen unb erhielt nuv einen oevfd)loffenen s#vief nad) .jöeibelbeva,. §iev mürbe it)v bev N<8evid)t, baft bev pvoteftantifd)e (Sottesbtcnft abgefdjafft fei unb bie (9eiftlid)en bi* 511m 17. s$lai bie 3tabt ju uevlaffen l)ätten. (fine jrocite Deputation ging nad) sJJlünd)en mit 93eglettfd)veibcu be* ^pevjogs oon ^Süvttembevg unb be§ Sanbgvafen oon Reffen ; fie evbielt gav feine 5lntmovt. Wtvgevmeiftcv unb iHat manbten fid) nun an bcn «pevjog oon s.ß*üvttembevg, ev möge evlauben, ba§ bie (deiftlidjen in feinem l'anbe eine 3"flud)t fud)eu büvfen ; bas muvbe beveirnnlligft gemäbvt. ^ittfdjviften gingen aujjevbem an ben ftuvfüvften oon 3ad)fen unb bie anbeven iHeid)$ftänbe.

Dev 17. s.Miai mav bevangevücft. Dev 83jäbvige SÖolfgang 3d)aupp bat, man möge ihn unb feine betagte fivau *n oer Stoterftabt belaffen; er jdjilbevte feine 5trmut; feit 9 fahren babe ev feinen (Schalt belogen. (S$ mav alle* oergebenS; am tWittmod) nad) s#fingften sogen bie $eiftlid)eu fort, Oleuenbüvg ju, oon Jyveuuben unb ^efannten bt* jur ^anbe^gven^e begleitet. Ter Max hatte bie Jyubrmerfe gefteüt unb llntevftü^ung oer* fpvodien; bie Wngerfdjaft hatte Beiträge gefummelt.

llntevoogt Jvabev madjte befaunt, bajj um Weib geftvaft merbe, mev ben tatholtfd)en ÜMtesbieuft nidjt befudic obev feine .Uinbev nidit fatbolifd) taufen laffe. W'tvgevmeiftev unb ?Hat muvben evmahnt, mit gutem Öeifpiel oovan ^u gehen unb bie Avonleidinamvpvo^effion mit^umadjeu. Tiefer övlaf* hatte feinen (ivfolg. %m Aiouleid)uamvtag oevfammelte ^üvgevmeiftev sIt>ebev ben Mai unb bie ^unftmeiftev bev 24 fünfte, um über ben

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$fotrteitn im 30iäbriacu flrieqe. 95

Antrag ber iKegierung abftimmeu ju loffcn. Weorg SÖeber eröffnete bie UJerfammiung, teilte bas Slnfinnen Der Regierung mit unb erfudjte, bafj jebev ber Snwefenben feine Dtnftdjt frei unb offen funb tf)un fülle. 3ein 3tanbpunft fei: „N)lad)bem bie Stobt, feit fie vom Rurfürften in (Eib genommen, in- allem 6rbenflirf)en bemfelben geborfam gewefen nnb es and) in ^nfnnfi fein roerbe, fei bod) biefe 3ad)e, meldje Die ©ewiffen unb 3celeu betreffe, berart, baß er roenigftens fid) oon ber Religion nimmer* mef)r trennen laffen fönne, bie er fein £ebeulang betannt, follte er alles 3eitlid)e aud) barüber einbüßen. ©Ott ber £err loolle i^m baju feinen heiligen (Seift geben." Mod) einanber gaben nun in äl)nlid)er Söeife fämtlid)e 3)Utglieber bes iKats unb ©eridjts unb bie Vertreter ber fünfte ihre Meinung $u s£rotofoll. 9iat3* unb ©erid)tsperfonen waren: 5Iltbürgermeifter £>ans Sriebrid) $ern, 3oad)im s33ub, ^Ipotbefer 3oh. ^Bartbolb, "iöenbel Jifd), sJSeter 6d)od), Söaumeifter 3eb. 3d)erb, 3afob .£)erm,

S. SBernf). (Erfjarb, ÜDndjel Jelbner, (Eafpar 5lberlin, ^ ans otiejj, 3)«d)el 3immerer, (£t)riftof ©auf?, Philipp Jrauen^ preis, Gfyriftian gleifd)mann, (ElauS 5lid)elin, 9J?artin 5afjnad)t, Safob Sanner, «altfjafar 3d)ill, iHubolf 3olb. £ans *#ecft) mar franf ; er fdjeint ber cinjige ejeroefen 511 fein, meldjer nadjgab unb fein ftinb fattjolifd) taufen lieg. Tie 3lltftabt ftimmte aud) in gleid)em 3innc ab; ber bortige ^iertelmeifter hatte bie Bürger gehört, Die sPfor(^)eimer Wirgerfdjaft mar alfo ihrem ©lauben treu geblieben.

Unteroogt Saber wütete, brotjte mit ©clbftrafen unb uer* ftärfter (Einquartierung. Der Otat menbete fid) mieber an bie Regierung in §eibelberg, fd)ilbcrte bas allgemeine Glenb, beroor* gerufen burd) ben ftrieg unb bie (Einquartierung, 'DJeulid) fei mieber ein lotf)ringifd)es Regiment 511 s$ferb unb eins $u 5U6 in ber 3tabt gelegen ; banad) Oberft ^n^ereourt mit 8 ftompagnieu 14 *2Bod)en lang unb habe 44000 ©ulben gefoftet. 3n ben 71/» Sß^en unter bau erifdjer Regierung fei mehr als bie Hälfte ber (Einwohner burd) junger unb fonftiges (Elenb ums £eben gefommen. Die Regierung möge ben stferid)ten Räbers uid)t alles glauben unb aud) bie Bürger l)ören. ©eorg Seher unb 5tpothefer $artl)olb Ratten bies alles felbft in £>eibelberg oorge^ tragen unb erhielten bas s43erfpred)en, ba| Jaber bie angebrobteu 3trafen oorerft nid)t ausführen bürfe. Die Sßforjljeimer befudUen bie ©ottesbienfte in ben uinliegenbcn mürttembergifdjen Crtjdjafteu, liefen aud) ihre fänbet bort taufen. 3pe*ial Sibel trug fpäter biefe kaufen in bas biefige ftirdienbud) ein. 3(m 1*. ging eine neue *öittfd)rift an ben fturfürften nad) Wündjen ab: *Hed)tsaelef)rter Ä'aufdjelmann mar ber Ueberbringer. Die AMlfe fam jebod) unerwartet mo anbers l)er.

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i<forabeim im 30jäbriflen Stieße.

om befeftigteti 3täbtd)eu Bennfelbcn oberhalb 3trajjburg loci ber fd)mebifd)e Obevft griebrid) SHofet oon gilSecf, ein geb. Württemberger, mit feinen Gruppen. Diefer brot)te, bafj roenn Bauern bie bitten ber ^forsbeimer nidjt erl)öre, er alle Slapujiuer unb ^efuiten oerjagen werbe, fomeit feine sJ)lad)t reiche. Das reidie unb fd)öue ^efuitenfoUeghim }ti Boisheim hatte oon itjm alles 511 befürchten, wenn er feine Drohung jmr Xrmt roerben lief?, Das roirfte. Alle Deputationen unb Bittfd)riften nad) .freibelberg unb sJWünd)en unb an bie eoangel. $teid)sftänbe t)atten nidjt fo oiel oermodjt, als bas entfcbloffene Auftreten SJtofers, oon n>eld)em man mußte, baft er, menn nötig, feiner Drolmng rücffid)tslos ^iad)brud' aeben merbe. 9Csn 21. Auguft eröffnete bie Regierung 51t .fceibelberg ein oom Hurfürften unterjeicbneteS Defret, in meldjem es hieß, bafj er auf bie inftänbigen bitten bin bie roohloerbiente 3trafe iubutgieren roolle. Die Beamten follten jebod) auf bas Verhalten ber Untergebenen ein befonberes Aufmerten haben unb fo fie fid) fürberbin ungebührlich oerbalten, fogleid) baii'tber beridjten.

3d)on am 4. Auguft K>4:J teilten bie (^eiftlidjeu jurürf unb bie allgemeine Jrcube mar groij. Der Mat oergajj es nidjt, bem £anbarafen oon Reffen, bem fturfürften oon 6ad)fen, ben eoangel. sJteid)Sftänben $u granffurt, ganj befonberS aber bem $>er$og oon Württemberg ju banfen. £etjterer mar es ohne äroeifel gemefen, meldjer fid; mit bem Oberften 9ttofer ins 53e= nehmen gefegt unb benfelben 5U feinem Vorgehen oeranlaßt hatte.

dS maren eigentlich nur bie Bürger <ßforaheim§, welche bem Berfudje, fie jur Annahme be3 fatl)olifd)en (Glaubens )tt Sroingen, hartnäeftgen Wiberftanb leifteten. 3n anberen ©egenben ber SNarfgraffdjaft fd)icfte man ftd) in baS Unoer» meiblidje unb tbat ben fremben (3ercaltl)abern, roenn and] mit ber gauft im Sacfe, im Allgemeinen ben Willen.

Sie legten ftrieg*ja^rc.

Wol)l maren fd)on 1G43 griebenSunterbanblungen jiotfdjen ben friegSmüben 9)iäd)ten angefnüft roorben, aber es ollte nod) geraume gett oergeben, bi§ unfer jerriffeneS 'ißaterlanb id) ber Segnungen bes griebens mieber erfreuen burfte. Aud) ber 3tabt $ forste im miberfubr in ben folgenben ^aljren nod) mandies Ungemad). Bis jum Auguft 1(544 mar ^ßforjbeim oon ben dauern befegt bann rürftc ein fd)ioebifd);fran$öfiid)es ßeet unter bem Jtommaubo bes -Oerjogs oon (£ngbien oor bie 3tabt unb nahm fie mit Sturm ein. Als Befatwug blieb ein id)ioebifd)es Reiterregiment hier, beffen Befehlshaber ber Cberft

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^forabeim im 30i&&rtaen Rrteae. 97

!Heinf)olb SRofer mar. (£r fdjeint ein wohlwollenber ftriegSmann gewefen ju fein, benn er fdjenfte ben ©eiftlidjcn unb Sehrern ber 3tabt ein p Cuantum gvüdjte , ebenfo aud) sBein. 3»« Cftober 1645 nahmen bie dauern ^forjbeim ben ®d)meben wieber ab. Johann oon Sertb, ber ebenfo tapfere als fdjonungSlofe banerifdje (General, nahm felbft in ber ©tabt (bei ftronenwirt Schnell) Quartier unb fdjrieb ftarfe Hontributionen aus. s2llS bie dauern abzogen, mürbe s^forjbeim teilweife eingeäfcfyert. Oiacf) ben kapern famen loieber bie 8djweben, bieSmal baS ^Regiment bes Cberften $afpar 8d)od), eines geborenen s$forj* beimerS. $ie Wirger batten oon Jyeinb unb Jreunb eigentlich gleich oiel ^u leiben, benn bie Sdjroeben batten ihre frühere 5Wannsjud)t oerloren unb ftanben an ©raufamfeit ben Äaiferltdjen nid)t nad). sBaS man übrigens bie „8d)weben" nannte, waren im (Srunbe genommen faum mebr fold)e, fonbern ein 9Hifd)mafcf) oon Anhängern aller Ovationen unb 33efenntniffe. SDaSfelbe mofaifartige (Gepräge trugen beS ßaiferS unb ber £iga £>eere.

(Snblid) nad) @rfd)öpfung aller Littel jum Kriege, ber langft nid)t mebr bes ©laubenS, fonbern feiner felbft wegen geführt würbe, erfolgte ber 3lbfd)lufj beS ftriebenS ju fünfter unb Csnabrücf am 24. Cftober.*) SJJarfgraf Jyriebrich V. oon "öaben (>atte es nur fd)webifd)er ^erwenbung ju banfen, ba§ feine $3eoollmäd)tigten ui ben Swbensunterbanblungen jugelaffen würben. @r erreichte bie SÖiebereinfetjung fowobl in geiftlidjen als in weltlichen Sachen in ben 3tanb oon 1618 binfidjtlid) ber Sflarfgraffdjaft söaben=Durlad), bie tfurücfftellung ber Remter Stein unb iHemdnngen, fowie bie Aufhebung ber jäbrlidjen ©ein» unb ©etreibelieferung an bie si)carfgraffd)aft ^öaben=söaben.

*) $er roeftfälifebe ftriebe bildete bie ©runblaae aller folcienben ftriebensfcblüffe bis aur framöfifeben iHcoolution unb ba8 ©runbaefefc ber fpäteren beutfeben sJieid)3ocrfaffuna. 9fad) ben roefentfiebtten Steftimmunaen beSfelben erhielten bie beutfehen iHeid)§* ftänbe ba§ iRecbt ber SBtinbniffe unter fieb unb mit fremben sUläd)ten, nur nicht acaen Slaifcr unb Ütcid). $)aS Rutbaul M erhielt bie ^falj am iRbein aurücf mit ber ueuerrichteten H. fturroürbe. $cr ^UiaSburaer SReliatonSfriebe oon 1B55 würbe beftätigt. Joinftcbtlid) ber WeliflionSauSübunn unb beS ^Bcftftcö ber fachlichen @tiftunaen würbe baS 3abr 1624 als ws^ormaliahr- feftflefc^t unb nur Oefterreid) hieroon auSaenommen. 3)ie ^Reformierten betauten alcidjc Medjte mit ben 2luaSburaer S?onfeffion3oerroanbten guaeftanben. Srranfreid) erhielt bas öfterreicqifcbe ©Ifaf?, (5d)toeben erhielt Sßorpommern, bie Bistümer Bremen unb Sterben, bie Stabt SBiSmar, fowie bie s.Hed)te ber 9leichSftanbfchaft unb eine flriepSentfcbäbiauna oon 5000000 Sbalern. iöranbenbura befam bie (Stifter £>alberftabt, SRinben, ttammin unb bie Mnroartfcbaft auf sJRaabeburg. $ie Weberlaube unb bie ©auweia würben als felbftänbtae (Staaten anerfannt. 3)aS beutfehe SReid) oerlor burd) ben roeftfälifchen ^rieben über 100000 qkm unb feine aanae politifdjc 3Rad)tfteUuna.

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^forabeim im 30j&btigen Ärieae.

©ein Anfprud) auf leitete fetbft fanb feine $erficfftd)tigung. 2)er ^arfgraf erhielt burd) ben grieben biejenigen SBefttjungen feines Kaufes, meiere nad) ber SanbeSteilung oon 1535 ber (Srnft'fdjen £inie juftanben.

2)a bie $ominifaner unb granjisfaner im ^a^tt 1618, alfo jur Seit beS ftriegSbeginneS, in s]3for^eim nidjt anfäfftg waren, fo Ratten fte bie bortfelbft innegehabten Älöftcr ju räumen unb bie Stabt ju oerlaffen. bereits am 9. gebruar 1649 aing ihnen oon SBafel aus, roofelbft fid) bamals SDlarfgraf griebrtd) auffielt, ein bieSbejügltcher fürftlidjer SJefebl ju. 2)ie granjisfaner famen nod) um eine furje grift ein, um ihre Angelegenheiten ju orbnen unb jogen bann am 20. SJtarj oon ^forjbeim a0/ nad)bem fte bie Sa^lüffel jur Siirdje unb ginn ftlofter bem Oberamt ausgeliefert rjatten. ©djroieriger zeigten ftd) bie $ominifaner. 2>iefe roollten nod) bis nach ocn Öfter* feiertagen im ftlofter bleiben, unb als fte ^terju feine Erlaubnis erhielten, nahmen fte 2Bol)nung im $aufe ber iföitme beS greiherrn oon Cm, oon ioo fie, nadjbem baS Ofterfeft oorüber mar, nad) s}*hilippSburg jogen. $ie <3d)lüffel lieferten fte inbeffen nid)t bem Oberamt, fonbern bem eoangel. Special ©rat ab. 3" ben freigeioorbenen Kirchen mürbe alSbalb toieber eoangel. ©otteSbieuft „öffentlid) unb in großer grequettä" gehalten.

* * *

$reijjig ftahre ^attc bie KriegSfurie burd) $eutfd)lanb getobt ein 9)ienfd)enalter ooll Wut, sittorb unb ^öranb, ber rabifalen Vernichtung ber beroeglichen .fmbe, ber ^erftörung ber unbeweglichen, beS geiftigen unb materiellen VerberbenS ber Nation, gaft alle Völfer CSuropa'S fagt ®uftao greutag, fanbten ihre fchled)teften Söhne "l Dcn lougcn Krieg. 9Ud)t nur eiit3eln jogen frembe Sölbner ben ^Berbetrommelu nad), WH krähen eine ©ahlftatt: baS gan$e d)riftlid)e (Europa mürbe in ben Siampf hineingeriffen. Kompagnien unb Regimentern vertraten bie gremben ben beutfd)en tiefer. $ie gelbherren fd)rieben unerfct)minglid)e Kontributionen aus unb bargen einen Seil baoon in ihrer £afd)e. $er Oberft unb ber Hauptmann branbfcbafcten bie Stäbte unb Dörfer, in benen ihre Gruppen lagen. Erbarmungslos mürbe baS Unerjd)minglid)c zugemutet, bann begann ein £>anbeln unb geilfd)en: auf ber einen Seite milbe Drohungen, auf ber anberen bemütige bitten. $m heften galle mürbe juletjt ein $lbfommen getroffen unb burd) groftc öefdjenfe an bie Oberofftjiere befiegelt. Selten aber mürbe baS 2lbfommen gehalten. 2>ie gürften fehieften ihr 8tlbergefd)irr unb bie N^ferbe ihres 9HarftaUS an bie (Generale, bie Stäbte (Mbfummen unb

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^forabetm im 30icifcrigen flriege.

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gäffer SBcin an bic Oberften unb £auptleute, bic Dörfer Weit- pferbe unb golbene treffen an dornet unb Sadjtmeifter, fo lange oon foldjen 93efted)ungsmitteln nod) etwa§ oorfjanben mar. Magerte ba3 £>eer in einer £anbfd)aft, fo fudjten ftd) angefefyene ©utsbefitjer, Stifter unb Dörfer burd) eine Sdjutjgarbe ju fd)ü^en. Sie würbe teuer bejar)!^ mußte gut befjanbelt unb ernährt werben unb oerübte trotjbem arge Ungebühr. £ag ein Ort jmifdjen jwei Speeren, fo mußte er oon beiben Parteien bie Sdjutjgarbe erbitten. $ann lebten wobl bie geinbe auf Soften tyrer s&irte in frieblicfjem (Sinoernebmen. 2lber nur feiten waren @injelne pber Crtfdjafteu fo glürflid), biefen ungenügenben Sdnit} fid) 511 fidjern, benn ba§ §eer mußte leben. Sd)nell würben bie (Jrpreffungen ju einem Softem auSgebilbet, bie sJ$lünberung, 3erfwrung uno Duälerei ju einem teuflidjen Raffinement. Söenn bie Gruppen im $orf ober ber 2anbfd)aft cinrüeften, fprangen bie Solbaten wie bie Teufel in bie Käufer. $)ie größte $)üngerftätte locfte am meiften, benn bort mar ber größte ^feoTjIftanb $11 erwarten. 35ie Dualen, weldje ben @in* Wörnern jugefügt würben, Ratten meift ben $wecf, öa^ oerfteefte ©ut au§ ifynen f)crau§äulocfen. 5lud) fie würben burd) befonberc tarnen unterf Rieben, oon welchen ber „Sdjwebentranf"*) am befannteften ift. (£3 beftanb barin, baß ben armen Opfern mit Gewalt große Mengen efelerregenber glüffigfeiten eingefdjüttet unb bann burd) Stöße auf ben 3)lagen wieber jur Entleerung gebracht würben, geraer fd)raubten bie *piünberer bie Steine oon ben s$iftolen unb jwängten an ifjre Stelle bie Laubbäumen ber dauern; fie rieben bie gußfofjlen mit Satj unb ließen fie oon Riegen ablecfcn; fie banben bie £änbe auf ben Rüden, jogen mit burdjlodjerter 5It)le ein 9ioßf)aar burd) bie 3unge unb bewegten bie§ leife auf unb ab ; fie banben ein Seil mit knöpfen um bie Stirne unb breiten hinten mit einem Knebel jufammen; fie fcfynürten $mei ginger an einanber unb fuhren jwifcfyen benfelben mit einem Sabeftocf fo lange r)tn unb f)er, bi§ £aut unb gleifd) auf ben ftnodjen oerbrannten; fie brängten iljre Opfer in ben SBacfofen unb jünbeten Strof) hinter if)nen an, bann mußten bie (Gequälten burd) bie glammen frieden. Unb ba3 waren bie abfd)eulid)ften Dualen nod) nidjt. 2öa3 fie ben

•) 3)er „Sanoebentranf" ift feine ©rfinbung ber ©d)rocben, fonbern ber ftaiferlidjen, weldje mit bcmfelben ibre Opfer gum &obn auf be3 ©d)roebenfömg§ ©efunbbcit trinten ließen. 9lud) <örimmclä= baufen läßt ben ®d)roebentranf fdjon 1631 angeroenbet werben, alfo ju einer #eit, n)o bie Sajroeben taum in S)eutfd)lanb waren unb bie eiferne 3ud)t ibreS SlönigS jubem berartige§ gar nid)t gebulbet bätte. $afc bie ©djroeben fpätcr aber bie armen ^Bürger unb Säuern fo gut mit bem fdjeu&licben %Xant trattierten, wie bie ftatferliajen, ift

T £C l \ \ d) i) Q 1 1 c\ et] 1 1

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^forabeim im 30jäbriaen Jtrteae.

Jyrauen unb 9)Jäbd)en, ©reifinnen unb ßinbern jufügten, bleibe oerfdjroiegcn. ilcberaU fanb ficf) Oefinbel, ba$ ftd) &u ihnen fd)lug unb ihren eigenen s3!ad)barn »erriet.

©o halten bie Jörne im 93olf, jebeS 93ett entehrcnb, jebe§ $>au§ beraubenb, jebe #lur nermüftenb, bis ber allgemeine Wuin ihnen felbft SBerberben bradjte. U:ib bie3 breifrigjabrige ^erberben uoüenbete ftd) in einer gemiffen Steigerung. $ie ^abre 1(135 1641 roaren e§, welche bie letzte Ätaft ber Station nernidjtcten. 93on ba bi§ jum ^rieben lag eine tätliche Ermattung auf bem £anbe, bie ftd) aud) bem Speere mitteilte. S-Beil ber Unterbau beleihen immer fdnuieriger mürbe, tarn mehr 9)cethobe in bie 9taub= unb (lrpreffung§fud)t unb bie gemanbteften diäuber mürben Oberbefehlshaber. (£3 lohnte fid) mobl, bamalS an ber Spitze eine§ §eere§ 511 ftetjen unb bie ©cnerale trieben ben Strieg nid)t nur banbroerfSmäfiig, fonbern r>or allen fingen erroerbSmäjjig. 211$ ber fd)tuebifd)c ge Ibljerr Sörangel bie erfte 91ad)rid)t oon bem gefd)loffenen ^rieben erhielt, trieb er ben (Eilboten mit Sdjeltm orten oon ftd), rcarf feinen §ut grimmig auf ben Stoben unb trat if)n mit jüfien. (£r t)ielt fid) nod) nid)t für reid) genug, baber feine SBut. ®raf ftönigSmarf, einft ein armer (Sbelfnabe unb fpäter einer ber ärgften SHauboögel, meld)e burd) 3)eutfd)lanb flogen, führte fo niete SÖagenlabungen non ©olb unb ftoftbar* feiten nad) <cd)TOeben, baf? er feiner Jvamilie ein jäbrlidjeS (Sinfommen oon 130 000 £balern hinterließ, für jene 3eit eine ganj foloffale iHente. Selbft als ber #rieg beenbet mar, mürbe nod) einmal ba§ übrig gebliebene Statt bi* jur SSerameiflung angeftrengt, bie Unterljaltung§foften unb $rieben§gelber für bie fttlieftetjenben Gruppen ju jaulen, bis bie f>eere unter ber Nöeoölferung &errannen.

9Öie alle übrigen beutfdjen i'anbe, fo fjatte aud) bie DJlarfgraffdjaft Stoben fdjrecflid) unter ber Gnnmirfung be§ $riege§ ju leiben, unb bie ^Beoölferung mar um oollc brei Viertel uerminbert. nieder, ©arten unb Weinberge maren oermüftet unb feit 3abren nid)t mehr angebaut, in ben meiften Crtfdjaften fämtlid)e ©ebäube teils burd) SBranb, teils burd) (Sinfturs jerftört.

5tud) in s#f Olxheim l)errfd)ten traurige ^uftänbe. 9111er 2Boblftanb mar uernidjtet, bie ^Benölferung aujserorbentlid) nerminbert, unb bei früher nid)t uttbebeutenbe ^anbel lag ganj barnieber. 91od) lange nad) bem Kriege fanben fid) allenthalben in ber 3tabt öbe N}>lä^e. %m 17. 3lpril h>67 erging ein fürftlidjer Befehl, bie baufälligen Käufer ju reparieren unb bie oben s#lät}e mieber ju bebauen. ©cfdjat) bies nid)t, fo follten fte uerfauft tmb ber (£rlös ben Eigentümern jugefteflt merben. sJhir langfam erholte fid) bie 3tabt oon ben bitteren sJiad)meheu beS AUiegeS, um faum oier .[fafwhnte fpäter mieberum bem s^erberben preisgegeben $u fein.

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Von 1648—1688,

Dimere BertyUtittffe.

3Iuf SJlavfgraf ^riebrid) V., meldjer am 8. September 1659 im 6G. -3af)ve feines Sebent ju 5)urlad) ftavb unb in s$for$l)eim beigefe^t mürbe, folgte fein ältefter Sofyn Jriebrid) VI., ber pd} mit Gifer nnb i*flid)tgcfüf)l ber Regierung roibmete. Unter ibm mürbe aud) ba§ $forjfjeimer S d) l o fj mieber aufgebaut, mie er überbauet förbernb auf bas 93auroefen in feinem Sanbe einmirfte. $ie Seelenjabl s#f or^beims , meiere jur Qeit bes meftfälifdjen guebenS faum 2000 betragen tjaben bürfte, nafym aümäblid) mieber ju unb betief fid) oor 3iusbrud) bes orleans'fdjen Krieges roobl auf 3500.

$ie .ßufammenfefyung ber ft ä b t i f d) c n 53 e b ö r b e n mar in ber -Ipauptfacbe biefelbe, mie in früherer Seit.*) 5(n ber Spit3e bes ©emeinmefens ftanb ber © ft x g e r m e i ft e r , ber in bem aus jmölf „Sfatsnermanbten" jufammengefetjten Sftate ben s43ovfi^ führte. 2)as öertdjt batte biefelbe $abl uon „©eridjts* uermanbten" unb mürbe uom Untevuogt präftbiert. $ie Stelle eines ^nrgermeifters befleibcten in ber 3*it wm 1650— 1G90: ©eorq Seber, Wfolaus (Sud)cle, $aitS SRattin ^afmaait, £ans ©all Littel, Üöiidjaet ^eter Stiep, Oobann ^afob Deimling unb sJJtartin Roller. Cberuögte maren: (Sngelbarb ©öler Don Waoensburg, .<pugo ©rnfl uon £aubenberg, Dobias Spinbier unb >ßbilipp 3«fob oon ^oljbeim; Untern ögte: Qof). Serber, Öof). *öurfb. Heller unb (hbarbt ftivebberr. ©emeinfcfyaftlidje Sitjungen (bes iHats unb ©eridjts) füllten eigentlid) jebe 'föodje ftattfinben, fielen aber bäufig and) aus. 55er Cberuogt nabm bin unb mieber, ber Unterzogt aber bäufig au benfelbcn teil. 3ebes TOtglieb bes Ofats unb ©evidjts Durfte ben (Sbrentitel ,,.£>err" füfjreu, ber fonft nur ben fürftlidjen Beamten unb ©eiftlidjen jitfam. $ie uollftänbige 3(urcbe an s33ürgermeiftcr,

♦) Nad) klüger, «. 4<>:> u. ff.

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«Bon 1643-1688.

©erid)t unb SRat, roelcfye bienftlid) gebraucht roerben mußte, fyatte folgenben ÜBortlaut: M2öot)lci)i*enf eftc , efjrenfefte, fmcfc unb roof)lgead)tete, fürftd)tige, ef)rfame, bod)* unb rooblmeife §erren amtötragenber SJfirgermetfter, ©erid)t unb SHat, gnäbigft, fjod)* geefjrtefte, f)od)^ unb uielgecbrte Herren !"

Öfyre 3lmt3mürbe mußten bic £erren ftreng ju roafyren unb roer fte oerle^te, fyatte bafür ju büßen, wobei ©elb= unb ©efängnteftrafen in 2lumenbung tarnen. $er Bürger ftans 2utj fyatte bie ftäbtifdje 33ef)öroe bei bev fürftlidjen Äanjlei ungerechtfertigter 2Öeife ber (£infd)üd)terung ber äunftmeifter be^idjtigt unb rourbe bcSfjalb „in'3 Ääfidjt" be§ 93rötjinger £cjore§ gefteeft, mußte fid) aller efjrlidjen .äufammenfunfte, (Sefellfdjaften unb ftt&tn bei einer Strafe uon 10 s#funb Pfennig enthalten unb burfte bei gleicher Strafe bis auf Weiteres bie ^forjbeimer ©emarfung nidjt uertaffen. 9Xud) ba§ 2lnfef)en ber ftäbtifdjen öebtenfteten mürbe tlnmlidjft gefd)üt3t. So mußte ber 9ftetjger Diapp 10 Schilling Pfennig jaulen, roeil er gejagt fyatte, man müffe ben fjleifcfjfcfiäljevn drillen auffegen unb ben SHetjger 53ucf traf eine Strafe uon 1 $funb Pfennig, metl er bie befyeftierlidje, menn aud) jutreffenbe $leußerung getfmn: „man Ijänge deinen, man r)abe ifyn benn juoor".

3)ie 3Jtitglteber ber Stollegien belogen feine 93ef olbung ; nur ber 5Jürgermeifter erfjielt au§ ber Stabtfaffc jäfyrlid) 10 f(. 40 fr., roeldje Summe 1683 auf 32 fl. crr)öt)t mürbe. 5lud) diäten gab e3 nur feiten. 2>afür rourbe aber uon. $eit $u $eit e*n „irunf" getfjan unb eine SJtafjljeit ueranftaltet. $a aber biefeS bie Stabt oiel ©elb foftete, fo mürbe 2kaud), ben fonft mit einer dinlabung bebauten ^erfonen an Stelle einer folgen ftlberne Söffet $u fdjenfen. So mürben 1088 bei ber Ülbfjör ber 53ürgermeifterred)nuug (bie fonft immer Einlaß gu einer sJJlat)l$eit gab) 30 filberne Söffet aufgeteilt, mofür ber ©olbfdjmieb WfolauS $3urff)arbt 92 fl. 7'/* fr. auSbejablt erhielt.

$ie eigentlidjeu ft ä b t i f d) e n Sebienftctcn bejogen s-8efolbungen, bie aüerbing§ nad) unferen heutigen SBerfjältniffen lädjerlid) gering, bem bamaligen (Mbmerte aber fdjon einiget» maßen aulfömmftcf) unb übrigen^ teilrceife Nebenämter maren. (£§ erhielten : ber Stabtfdjreiber 88 fl. 20 fr., ber StabtpbuftfuS 20 fl., ber Saumetfter ebenfouiel, ber ftornfdjreiber 5 fl., ber SBeinftegler 4 fl. 17 l/i fr., ber sJJlaßpfennigein$ief)er 2 fl. 20 fr., ber Sleifdjmäger 5 fl., ber 2Bafd)bausuermalter 6 fl., ber beutfdje Sd)ulmeifter 15 fl., ber ^iufenift 10 fl., brei i>d>eammen jc 7 fl. unb 3 ftlafter £)ol$, bev Söalbfdjütj 24 fl., ber Stabtfned)t 26 fl., bie «robbefdmuer je 2 fl. 30 fr., bie gleifd)fd)ä$er ebenfootel, ein Crqanift 10 fl., ber Sljovmädtfer bes Slltftäbter £f)orc3 7 fl. 51 fr.) ber löüdjfenfjalter unb Sefdjließer bafelbft

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«Ott 1648-1688.

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6 fl. 30 h\, ber ^orttmcfjtcr am 93rö$inger $f>or 14 fl. 21 fr., ber SBefdjließer 2 fl., ber $f)orn>äd)ter am tttuerbrunnennjor 8 fl., jroei $ormitternad)t3roäd)ter je 13 fl., sroei 9]ad)mitternad)t§* mädjter je 11 fl., ber $od)roäd)ter auf bem $rö#nger 2t)or 16 fl., bie ©rfjlie&erin be§ £illertI)or$ 1 fl., be§ ©d)äferu)or§ 2 fl., ber ©d)lief*er ber sÄel)re an ber Slltftäbter 33rücfe 1 fl- 30 fr., ber £l)orroäd)ter am §eiligenfreu$tf)or 2 fl., ber £f)orroäd)ter beim oberen ©rabentfjor ebenfooiel unb ber ©ägoermalter 20 fl. 55)cr ©tabtfyauptmann batte freie ©tatton anjufpredjen unb bie jroei ©tabttrommler erhielten jufammen 10 fl. 3)ie ®efamtfumme ber SBefolbungen belief fid) 1683 auf 387 fl. 48 fr. $ie jährlichen Gmtnabmen ber ©tabt betrugen im genannten 3>al)re 15 399 fl. 333/« fr., roooon aber an sJteft (meiftenS ©ülten) 11 294 fl. 51 fr. in $lb$ug famen,*) fobag bie tf)atfäd)lid)en ßinuabmen 4104 fl. 423/« fr. waren, roetdjen Ausgaben in ^>öf)c uon 3709 fl. 39 fr. gegenüberftanben, alfo ein ftaffenüberfdmfj oon 395 fl. 33/4 fr. oerblieb.

$ie bebeutenbfte unter ben Qnnnabmen bilbete ber ^funbsoll, b. f). bie Slccife für ßäufe, (Srbfdjaften u. f. ro. Sie mürbe nid)t nur oon ©ütern, fonbern aud) oon SÖaren erhoben. 3m ^rioilegienbrief oon 1491 mar ber ^funbsoll in ^for^eim auf 1 ^ßfg. oom ©ulben ermäßigt roorben, roogegen fid) bie ^errfdjaft ben Skjug beSfelben nad) althergebrachter ©itte oorbehielt. $)iefe ^eftimmung mürbe 1675 burd) einen Vertrag jrcifdjen ber ©tabt unb ber £>errfd)aft bat)in abgeänbert, bafc ber ^funbjoü in gleicher £öf)e mie fonft im Sanbe ju erhöben fei unb bie ©tabt ben oierten ^et( be§felben ju beanfpruchen höbe, ©inen anfcbnlidjcn Ginnaljmepoften bilbete auch ba§ Söeggelb, bas jtemlicf) hod) mar unb raieberholt ben umliegenben ©emeinben Einlaß 5U 33efd)merben gab.

Unter ben in ben 5lu3gaben oorfommenben „Verehrungen" finb Öefdjenfe 511 oerfteben, roeld)e bie ©tabt, ungeachtet ihrer mi§lid)en ginanjlage, bei befonberen Slnläffen fpenbete, namentlid) in folgen gälten, roo (Sinlabungen an fte ergangen roaren. ©0 mürbe 3. 33. bem Unteroogt gaber auf feinem r)od)äeitüc^en (Sfyrentag ein filbcrner "Becher im s-3ßerte, oon 32 fl. ocrefjrt; Daniel 3Öeeber erhielt für feine Sodjtcr eine «£>od)3eit3gabe oon 8 Xfjalern, ein Ratsherr 3 fl., ber ©obn eines ®cricf)t3hcrrn ebenfalls 3 fl. u. f. ro.

*) £ie (Bülten waren in (Sinnabme mit 10 9H4 fl. 27'/i fr. anqcfefet, looüon aber I0 89*j fl. 32 tr. itid)t cinamaen. (*$ riiort bieö olme Zweifel bntjer, bajj bie Kapitalien, and meieren fic floffen, nidjt iuef>r criftierten, ba faft fdmtlidje .Käufer, auf lucldjcn bie Stabt (Oelber fteljen Ijattc, int 30jäfyria,cn Kriege abbrannten. Irofcbcm mürbe ber Soften in ben ctabtrcdmnnaen roeuer geyuon.

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93on 1648-16S8.

I

$irefte Steuern waren nicht $u entrichten, inbem ber s$rioilegienbrief oon 1491 bie Bürger auSbrücflid) auf „eroige Reiten" oon ihnen befreite. Umfomehr rourben biefe aber burd) inbirefte Abgaben in 3ttttleibenfd)aft gebogen. 9kd) bem 30jährigen Kriege rourbe inbeffen roieberholt eine 93ermögen§fteuer unter bem Flamen einer „Schalung" erhoben, bie bei ber SBürgerfcbaft aber böfe§ 93lut machte unb oiele 93efd)roerben berporrief. 1663 rourbe aud) eine „Sürfenfteuer" eingeforbert, bei roeldjer perfdjiebenen Einträgen nad) ebenfalls bie „fröhlichen ©eber" festen.

Sdjroer brüeften auf ben 2Bor)lftanb ber Stabt bie großen ©Bulben. Saren ber Stabt einerseits bie meiften Stapitalten, roelche fie auf Käufern flehen Ijattc, burd) bie (Sinäfdjerung berfelben im 30jäf)rigen Kriege oerloren gegangen, fo roar fie anbererfeitS häufig genötigt jur Leerung bring enber $3ebürfniffe ©elber aufzunehmen. So machte bie Stabt 1611 bei 3)r. Sigmunb •£>afner in Speier ein 5In(et)eu oon 2000 fl., roeldjer betrag 1689 auf 5276 fl. 22 fr. angeroadjfen roar, ba nie $inS bejaht rourbe. 9lud) finbet fid) fein $8eleg bafür, ba& bie Sdmlb überhaupt getilgt roorben tft ©benforoenig erhielten Melchior unb Martin Wörbünger, roelche 1629 ber Stabt 1100 fl. uorftrerften, ihr ©elb roieber. $er ftanjlift $oty. ftarl 2lllgeuer in SHirlad) t)attc an bie Stabt 300 fl. unb pieljäbrige rücfftänbige $infen ju forbern unb erlangte eublid) auf bem 2Öege gütlicher Vereinbarung 112 fl., roomit er fid) bef riebigt erflärte.

$>er bebeutenbfte ©laubiger roar ba§ Stlofter ^errenalb, oon roeldjem bie Stabt roäbrenb bc$ 30jährigen SlriegeS per* fchiebene Soften im ©efamtbetrage oon 4300 fl. erborgt hotte. $luch bei biefer Summe häuften fid) bie 3in§rücfftänbe fo an, bajj fie nach unb «ach f«ft bie öölje beS Kapitals erreid)ten. s3iad) langen $erl)anblungen rourbe enblid) 1717 jroifd)en ber Stabt unb bem ßlofter ein Slbfommen getroffen, laut welchem fid) evfterc perpflichtete, bie auf 2300 fl. hcraOgefet^te Schulb in brei Terminen abzutragen.

9iid)t beffer als ben übrigen ©laubigem erging eS ber ."perrfdjaft, roelche ber Stabt mehrfad) mit ©elboorfdjüffen auS ber Verlegenheit geholfen hatte, fo 1661 mit 1000 ibalern zur 5ln)chaffung oon Vrotfrüd)ten. 2luf eine 1672 erfolgte Mahnung antroortete bie Stabt mit einer ©ingabe an ben Jürften unb als bie Mahnung im folgenbeu 3af)re roieberholt rourbe, mit bem SJefdjeibe: „man folle ©ebulb haben". 1679 rourbe baS ©elb nochmals prürfperlangt unb jettf gab bie Stabt bie ©rflärung ab: fie habe fein ©elb, motte 'aber bie fd)ulbigen 1000 $baler in Slbzug bringen oon ben 3000 fl., roelche bie £errfd)aft ber Stabt fd)ulbe. ©rft 1730 rourbe bei einer

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93on 1618-1688.

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allgemeinen 2lbred)nung jroifc^en her #errfd)aft unb ber Stabt aurf) biefe Angelegenheit geregelt. $ie Stabt fdjeint mit ber 3eit in SDlifjfrebit gefommen ju fein, benn 511 einem oon ifjr 1663 gemadjten Anlefjen uon 300 JL mufjte bev $ürgermeifter ©eorg SÖeeber feinen Flamen Ijergeben, roeil jcbcnfaUö Die Stabt als foldje bem Darleiher eine ju ungenügenbe Stdjerfjeit bot.

$a« €a)ulnjefcii in $f9r$$etm.

3n ber jroeiten $>älfte beS 17. 3af)rf)unbert$ beftanfc l)ier, roie frütjer fdjon, eine l a t e i n i f d) e unb eine b e u t f d) e Sdjule. SHettor ber latetmfd»cn ©d)ule mar oon 1638—54 3llbred)t #erolb ; auf ifm folgte bis 1668 ©eorg Sfttntpfa unb biefem Sebaftian ftempf, ber nod) 1698 lebte. 3)ie Schüler traten mit bem 6. ober 7. SebenSjafjre ein unb mufjten in jeber klaffe jroei, aud) brei 3abre jubringen. $er |>auptunterrid)tSgegenftanb mar natürlid) bie lateinifd)e Spradje, mit melier fdjon in ber unterften klaffe ber Einfang gemad)t rcurbe. Um ben Lerneifer ju förbern, mürben alljäbrlid) auS StiftungSmitteln Prämien aufgeteilt, meld)e für bie Schüler ber unterften klaffen 5, ber mittleren 8, ber oberften 15 ftreu^er betrugen. $iefe Prämien mürben bei ben auf bem SRennfelbe abgehaltenen jäf)rlid)en Sdjülerfeften oerabfolgt. $em jenigen jungen fieuten, meld)e if>rc «Stubien roeiter fortfefcen wollten, tarnen natürlid) bie oorljanbenen Stipenbien fct>r ju ftatten. (Sinjelne berfelber beliefen ftd) auf mehrere t)unbert (Bulben. Slud) baS Scf)ulgelb für arme ftinber mürbe au« biefen Stipenbien beftritten.

$ie beutfdje ©djule teilte ftd) in eine Änaben* unb in eine 9JHbd)enfd)ule. s<8ubettfd)ulmeifter mar bis 1679 öeorg 6cff)«rbt, bis 1692 SftattjäuS $robftf)an, bem fobann @rab folgte. $ie Stelle eines SttägbleinSfdjulmeifterS hatten inne : 3^. ^af. $aufd)elmann, JJriebrid) SJlenjing, oorf)er Sdjul* meifter in Stein unb SBenebift Siietfjammer. $er Hnabenfdjulmeifter bejog, mie fd)on ermähnt, auS ber ©tabtfaffe einen feften ©ehalt oon 15 fl. jäf)tlid), erhielt freie 2Bof)nung unb freies £ota unb erhielt aufjerbem nod) baS Sdjulgelb. $er SJtäbcbenlebrer mar lebtglid) auf le^tereS angeroiefen unb hatte meber freie SÖofjnung nod) #olj ansprechen. Jür bie Schulen mu&te bie Stabt natürlich baS §olj aud) liefern. $ie £ef)rer an ber beutfdjen Schule betrieben neben bem Sdmlhalteu meiftenS nod) ein anbereS ©efdjäft. So mar ber OTäbc^enfdjulmeifter Sflenjittg jugleid) £ud)mad)er, fein 9lad)folger Niethammer $ud)fd)eerer unb ber ßnabenfd)ulmeifter ^robftban 1685 fogar 3unftmeifter ber $ua> macher unb Sdjneiber.

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106 «Ott 1648-1688.

35a§ ^räfentaticm§red)t ber beiben Schulftellen bcfag bic Stabt. 2)ie Sdjulmeifter mürben geroäblt oon ben Beamten, bem Special, bem s#ürgermeifter unb ben 3flitgüebern beS Berichts unb ^Hat^ roeld)c *u bicfcm ßroerf 5" «ner SBetfammfong ftd) oereinigten. $or feinem $tenftanrritt ^atte ber Sdmlmeifter ju fdjroören, bem dürften unb ber Stabt ^forjheim getreu unb t^olb ju fein, bie Ätnber nach beftem SBttft&ttbmS 511 unterroeifen unb bic ifjm geworbenen 93orfd)riften fleißig ju üüUjiet)en. 2)te @nt= laffung eines fiefyrerS tonnte übrigens nur mit fürftlidjer ©e= nefjmigung erfolgen.

9lufjer ben üblidjen prügeln roirb unter ben Strafmitteln ber Schule aud) ber ,,(£fel" ermahnt. 3aule Sd)üler erhielten ein Saferen auf ben iHücfen gebunben, auf roeldjeS ein (£jel gemalt mar. £rofcbem mürben mieberbolt klagen laut über fd)lect)tc $ud)t unb ben Sehern mürbe besljalb ftrenge eingefdjärft, beffere Orbnung $u halten.

5)er Sdjulunterridjt mar jiemlid) einfad) unb umfaßte nur Religion, Sefen unb Sdjreiben. 2Ber ba3 SRedmen erlernen wollte, mußte befonberen Unterricht nehmen unb l)ier5u erft bie (Erlaubnis be§ Specials einholen. $a§ ^3ud> Sirad), ber lutfyerifdje $ated)ismu3 unb ein ©efaugbud) mit ben (Soangelien ba§ raaren bie Guellen ber SÖeis^eit für bie Zöglinge ber ^forj^eimer beutfdjen Schule. $a ift es» nid)t 511 oerrounbern, ba| oiele ^Bürger nid)t bie geriugften ftenntniffe befafjen. Unb babet mar bie s^forjl)eimer Schule nod) eine ber beften unter ben (Elementar» fdjulen be§ SaubeS.

Mjährlid) jur Sommerzeit mürbe, roie fd)on ermähnt, auf bem SRennfelbe ein 3 d) ü l e r f e ft abgehalten. Sämtliche Schüler (aud) bie Sateiner) unb 3d)ülerinnen sogen unter sJWujtfbeglettung, mit Jyabncn unb Hränjen gefchmücft, auf ba§ tftennfelb f)tnau^ mofelbft gelten unb Laubhütten aufgetragen waren, &ort ergötjte ftd) bie 3ugenb nid)t nur an allerlei Spielen, fle mürben aud) auf Soften ber Stabt reid)lid) bewirtet.

Allgemeine »crWItniffc.

3)a3 $unftwcfen lt)ar fet)r ausgebreitet unb hatten bie alten Sa^ungen in ber ^auptfadje wohl nod) ifne öiltigfeit. $a§ #anbroerf war fehr ftarf oertreten. So befanben ftd) h^* im 3ahre 1698: 49 härter, 19 Dreher, 38 gärber unb 3eug^ mad)er, 10 Schloff er, 34 Sdjuhmadjer, 17 sJtagel-, 9fleffcr= unb (Srobfd)miebe, 10 töafner, 23 ftüfer, 33 Seineroeber, 23 9totgerber, 8 Seiler, 10 Schreiner, 16 Schneiber, 17 Stteifjgerber, 19 #ut= rnadjer :c. 2lm sahlreidjften roaren bie 9EÖ i r 1 0 h ä u f e r. ä^ar

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93on 1648-1688. 107

&äf)lt man ju angegebenen $eit nur 17 Krämer unb SBirte, aber Sie meiften SBirte gehörten anberen fünften an unb würben unter biefe geregnet. @o war Dörfer Johann SERid^. $efd)Ier nugleid) fiammroirt, Johann 53ecfh $8äcfer unb SRofenroirt, Otto SBecff) 93äcfer unb .gotlroirt, Johann ßafner Sttefcger unb §irfd)* mirt, Sorenj fta£ SRotgerber unb ©reifenroirt, 3ot)ann Äittel Seiggerber unb Saubroirt, Johann 911er. 6d)uf)mad)er unb 2öilber= mannroirt u. f ro. Slußerbem burfte jeber Bürger, ber eigene SRebpflanaungen befaß, ben au§ benfelben gewonnenen SBein felbft in 5lu§fdjanf bringen. 3)ie &al)[ biefer ©äffen* ober $ecfenroirte, roie man fie nannte, mar feine geringe.

2Beitau3 bie meiften Bürger trieben ein $anbroerf unb roaren künftig. 9tur 55 Bürger befanben fid) 1698 hier, roeldje feiner j&Wtft angehörten, nämlich SBeingärtner, JJuf)rIeutc u. f. ro. Um bei biefer unoerbä'ltntemaßig großen |>anbroerferäaf)l ©rroerbS* (oftgfeit au oerbüten, beftimmte ba§ ^unftgefefc bei einigen ©eroerben, baß fein Sfteifter mehr al§ einen ©efeüen falten folle. 3n ber SRcgel mar ber Sfleifter an beftimmte ßunben gebunben unb er hatte ©träfe ju geroärtigen, menn er einem anberen 9Heifter einen ftunben abmenbig machte. $em Unternehmung^* geift unb ber Spefulation roaren burd) bie ßunftbeftimmungen Sdjranfen gejogen unb genau mürbe barauf gefefyen, baß fein ©eroerbetreibenber feine 93efugniffe überfd)ritt. 2In 93efd)roerben unb Streitigfeiten fehlte nid)t. (Sine Älage ber SRotgerber rid)tete fid) gegen bie $errfd)aft, roeil biefe eine ©erberei nad) nieberlänbifdjem 2Hufter errietet Ijatte, rooburd) bie 9?otgerber oiele Sfrmben oerloren. S)ie ßerrfdjaft antroortete ben SBefdjroerbe* fübrern, baß bem #anbroerf roobl befannt fei, roie ftd) bie fürftlidjen Diäte unb ba§ Xmt bemüht Ratten, bie ©erber babin p bringen, ibre ©erbereien nad) nieberfänbifdjer 21rt einzurichten, roobei benfetben burd) ©elb unb auf anbere Söetfe geholfen morben märe, ©ie bitten fid) aber roiberfpenftig gezeigt, aud) ba3 Angebot be§ dürften, in bie niebertänbifdje ©erberei einju-- tveten, au§gefd)lagen. 93ei fo bemanbten Umftänben Ratten nun freilid) bie ©erber fid) felbft unb ihrem ©igenfinn jujufc^reiben, menn fic burd) bie neue, jebenfaü§ oorteityaftere ©inridjtung in 6d)aben fämen.

9lud) in anbere gewerbliche Unternehmungen unb bem hiermit oerbunbenen §anbel§betrieb ließ fid) bie §crrfcr)aft ein. Weben ber ermahnten ©erberei führte fte eine eigene Seber* unb ^eugbanblung unb mürbe hierzu ba§ fog. ,,2anbfd)aft§bau3'' i" ber $röfcinger ©äffe oermenbet. 1654 ließ bie £errfd)aft außerhalb ber ©rö^inger 93orftabt einen Schmelzofen unb 1678 eine ^ammerfd)miebe baju bamn, meldje betriebe fte inbeffen in ¥ad)t gab. 1673 wirb eine burd) 2flid)el 93ad)mann in ber

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108 93on 1648-1688.

9Mf)e bcr ©cfjiejtyütte errichtete ^uloermühle ermähnt. 3)er Unternehmer fyitit ftd) erboten, für bie erhaltene (Erlaubnis ber (Stabt jährlich l1/» 3^tner ^uloer liefern. 1603 mürbe bann Oberoogt Xob. Sdjneiber bie Genehmigung erteilt, an ber SBürm einen Kupferhammer, eine SHobrfchmiebe unb eine Sägmühle ju erbauen. 1684 f^atte fiel) in ^ßforjhcint aud) ein „£abafmacher" niebergelaffen.

3)af$ bei bem ^unftroefen aud) ber „£runf" eine SRolle fpielte, liegt im (£c)arafter Dcr guten alten Qttt, in ber oerbältniS= mäßig roeit mehr getrunfen rourbe, wie heutzutage. An 33or= roänben jum Printen fehlte eS nicht, ©etrunfen mürbe beim Antritt ber Sehre, beim Austritt auS berfelben, bei ber Aufnahme in bie 3unft u. f- m- ®i* 3nnungSftrafen mürben in ber Siegel auch oertrunfen. $ie SJcafj 2öein foftete 4—5 fr. unb biefe billige Xrinfgelegenheit mürbe oon ber ehrfamen ^ürgcrfdjaft meiblich auSgenüfct.

33on 3ntereffe ftnb einige Angaben über bie §öbe ber Arbeitslöhne. 3m 3ahre 1678 mürbe feftgefetjt, ba& ein Sdjneiber für Anfertigung eines Dorfes nid)t mehr mie 4 Taljen forbern bürfe. $er glicferlol)n für ein s$aar SHännerfdjuhe betrug 5 unb für ein s$aar Jrauenfchube 4 fr. 9cad) ber amtlichen 2Öebertaye foftete bie (Me oon roerfenem ©arn l1/« 2 fr., oon hänfnem ©arn 2 fr. unb oon flachfenem ©arn 2 '/« 41/« fr. (£in ^immermeifter arbeitete mit ©efellen 1663 einen halten Jag an ber iHiubeninübJe ber ©erber unb erhielt 16 fr. Sohn. 1683 mürbe ein £eil ber Stabt neu gepflaftert, mofür bie s£fläfterer für baS Klafter 16 fr. in Anredjnung brachten. 2>ie ftelbmeffer befamen 1665 oom borgen gelb 20 fr., für baS Sefcen eines sJJtarffteineS 4 fr. (2>ic gelbmeffer mußten jmeimal im ^abre Umgang halten unb Alles befid)tigen.) $ie Kaminfeger erhielten für baS Steinigen eines Kamine 4—6 fr., eine ziemlich höh« ©ebühr.

$)en Arbeitslöhnen entfpradjen bie greife ber Sebent » mittel unb fonftigen 93ebarfSartifel. 1667 mar bie Jrucht fo billig, bafc baS Simri Kernen nur 13—16 fr. galt. Gin fünfpfünbiger 2aib Kernenbrob foftete 4 fr. 1679 t>errfd)te bagegen große Neuerung. gür baS ©imri Kernen mürben bis ju 43 fr. befahlt. $aS $funb töinbfleifd) mürbe 1667 ju 3 fr., Ochfenfleifd) ju 3 3V2 fr., Kalbfleifd) &u 2V2 fr. unb ©chrocine* fleifch su 31/* 4 fr. oerfauft. ier ÜBein foftete 4 6 fr. bie 2Jcaf?, baS s?funb ©als 4 fr- Se^tereS mußte oom AuSlanb bejogen roerben unb ftanb be§t)alb fo hod) im greife. 2)aS Klafter £olj mürbe 1698 im Hohberg mit 15 fr. bejablt, ein ©ichenftamm mit 1 fL bis 1 fl. 20 fr., 100 Mannen $um $auen

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mit 12 ff. unb 100 fielen mit 6—7 fl. 50 Satten fofteten 50 fr. $aS ^ßfunb Siebter galt 1662 10 fr.

2öa§ bic ©üter* unb $äuf ergreife betrifft fo mürben 1662 l1/* borgen Steter an ber ©t ©eorgenfteige um 30 %, 1666 41/« borgen Siefer um 150 fl., 1676 '/* borgen Söiefen um 21 fl., 1667 5 Viertel SBeinberg am Söartberg um 50 fl. unb 1682 V* borgen 2öalb an ber 2Burmberger*8traf3e um 15 fl. oerfauft. 1665 mürbe ba§ Srautmein'fdje |>au3 um 30 fl., ein £au§platj mit £>of unb ©arten in ber 5Jröt}inger 3}orftabt um 54 fl., 1676 ba3 Haufdjelmännifdje |>au3 um 250 fl., ein $>äu3lein in ber Odjfengaffe um 190 fl., 1677 ein fjalbeS £au§ in ber 5lu 130 fl., 1653 ein £au§ in ber ftirdjgaffe um 46V2 f., 1656 bie Verberge jum Ockfen um 450 fl. unb 1662 bie brei Käufer oon s$eter ©ofjlin am SHarft um 1115 fl. oeräufjert.

3n SJiajj, ©erotdjt unb ©elb fjerrfdjte ntdjtS roeniger roie Harmonie, mie aus einem ©utadjten fjeroorgeljt, ba3 1682 ber iHat erftattete, als bie Regierung ben Sßerfud) machte, ein* fjeitlicfye formen ju fdjaffen. 3n ^forjfjeim, fjeifct eS in bem* felben, fei ba3 s^funb ju 32 fiott) mie in SBürttemberg, mit &u$* natjme be§ 9Jie£gergeroid)t3, mo ba3 «Pfunb nur 29 '/« Sott) tjabe, roeil bie SDce^ger oom Jleifd) Ilmgelb 311 jaulen Ratten ; bie (SUe fei mie ju 2)urlad) unb vBimri unb Viertel oermutlid) t)tcr mie bort ; nur redjne man r>tcv bei raufjer Jrucfyt 9, in $)urlad) aber 10 Simri auf ba§ Spalter. 3»n ^for^eim roerbe ba3 alte Sdjanfmafi gebraust: in trüb (Sief) 13, in lauter (Sic!) 12 Viertel auf bie Dtrni. 3Jlef)r unb mef)r mürbe mit ©ulben unb Äreujern geregnet, aber bie ^funbe, Schillinge unb Pfennige blieben bodj nod) in (Geltung, namentlid) bei ©trafanfätjen. 3m SBerfefyr maren: Dufaten, Xfjaler, 2>reibä^ner, §atbbä£ner, ©djillingS* Pfennige u. f. m.

Sitten unb ©ebräudje.

2>ie föircfycnftucfyt mar in jener $eit eine fefjr ftrenge. 93efonberS eifrig t>ielt bie ($eiftlid)feit auf bie äufjere Jeier beS Sonntags, roorin fte aud) oon ber Obrigfeit bereitroillig unter* ftütjt mürbe. 80 mürbe 1683 oerorbnet, „bajj nid)t nur an Sonn*, Jeier* unb gefttagen mäfjrenb be3 ©otteSbienfteS, fonbem aud) in ber s4Bod)en jroifdjen ber 5reitag3*$lmt3^rebigt alle £l)ore oerfd)loffen, bie baaroifdjen au§= ober einpaffiereube Spanier* gänger, $iet)l)änbler unb Jubrleute, Slegelfdneber unb anberc ber iSonntagsentbeiligung oeröäd)tige Seilte genau obferoieret, bie 6d)lupfroinfel, £ecfeit unb Sirtsfjäufer fleißig oifitieret, alle Gliben unb ftramläben jugefdjloffen, unb aud) fogar alle $ie*

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fcon 1648-1689.

jenigen, fo jroifchen bcncn ©ottesbienften oon bcncn ®ird)enrügern nur auf bcn ©äffen ober oor einem #aufe angetroffen mürben, unter roas Borroanb es aud) befdjehen fein möchte, nur diejenigen, reelle nad) ber Slpothefe gehen ober eine Hebamme holen wollen, ausgenommen, ohne einiges 9lnfef)en ber fjerfon, bes ©efd)led)tes, ©tanbes ober Hilters, gleidjbalben aufgezeichnet, bei ÜHat unb bei Äirdjencenfur eingegeben, aud) bafelbft mit ot)nnacf)lä|ltd)er ©clb* ftrafe in bas 3llmofen, ober nad) Befdjaffenheit ber ©adje mit härterer ©träfe angefefjen roerben follten. 2Ber notroenbiger ©efd)äfte tjalber über Selb reifen rooüe, folle Dornet eine fdjrift* lidje (Erlaubnis bei bem ©pejialat ausbringen unb fo er roieberum hetmfomme, einen ©djein ober fd)rtftlid)es Sltteftat oon bem Pfarrer bes Orts, bahin er gegangen, bafj ber SHeifenbe bem ©ottesbienft bafelbft mit beigeroohut, oorroeifen."

£ier einige SBeifpicle fircfjlidjer 5If)nbung: 9113 ber Bäder $ans ©eorg ©torr am l.Slboent 1661 jroei ©dnueine fd)Iad)tete, fo rourbe er, trot} feiner ©ntfd)ulbigung, bafj es nad) ber s#benb* »rebigt gefdjehen fei, wegen „unoerantroortltcher (Entheiligung bes Heftes" um 2 >ßfunb Pfennig in bas 2llmofen unb mit ©efängnis beftraft. 3lls 1686 ber 5luer ^orroart $aoib dreyel am Sage, ba er jum 2lbenbmat)l gegangen, fid) „oollgefoffen", feine grau gefdjlagen unb über bie ©eiftlidjen gefdjimpft hatte, fperrte man ihn jur ©träfe einen Sag in bas 9carrent)äuslem auf ber 9luer Brürfe. 2lud) gtudjer unb ©ottesläfterer rourbe in ftrenge ©träfe genommen, ©o rourbe im gebruar 1666 ber ©djufter 9llbred)t s4Beeber 48 ©tunben eingeftetft unb mufjte bem ©pejial unb Unteroogt Abbitte tlmn, roeil er ficf> „graufamen ©djroörens unb ©ottläfterns, aud) gräulicher ©djmäljungen" fdjulbig gemacht hatte. $)as $af)r juoor roar $ans SBürj roegen gludjens unb ungebü^r* lidjen ÜÖJefens mit 24 ©tunben Slrreft unb 10 ©d)iUing Pfennig in's 3Ilmofen geftraft roorben.

$)aj3 in einer fold)en Seit aud) gefchled)tlid)e Berirrungen eine \)axtt Beurteilung fanben, ift felbfroerftänblid). 3Bo es fid) um uneheliche ober ju frühe geborene eheliche Äinber hobelt, finb ben biesbejüglichen (Einträgen in ben Kirchenbüchern immer 3(usbrücfe bes 31bfd)eus beigefügt. die Hebammen fyatttn bie 3Beifung, unehelichen Wöchnerinnen, roenn biefe ben Steter ihres Sftnbes nicht angeben rooüten, roälpnb ber ©eburtsfd)mer$en mit gragen fo lange jujufe^en, bis fie fid) hterju oerftanben. Un= ehelid)e ©eburten roaren übrigens, bie ftnegsjeiten ausgenommen, nid)t häufig.

iKeligiöfe $ulbung roar bamals eine unbekannte Sugenb. 3m 9Kai 1698 roollte ein ftatfjolif Bürger in "^Pfovj^eim roerben; er rourbe aber feiner Konfeffion roegen nid)t angenommen. 3)as Qahr barauf rourbe einem anbern Slatholifen bas Bürgerrecht

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<8ou 1648-16S8.

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erteilt unter ber 93ebingung, bafj er feine Äinber etjangelifcr) ergehen laffe unb felbft feinet (SHaubenS „fttll unb unärgerlid)" lebe. 3)er Schaffner SMenbroit, welcher ber Stabt roäbrenb be§ orleaneVf djen Krieges mehrfach roidjtige $)ienfte geleiftet hatte, luurbe am 23. Sluguft 1694 ofme $lang unb Sang, überhaupt ohne alle „Gcremonie" begraben, roeil er faloinifcher SHeligion war.

2Iuäbünbe oon £ugenb fdjeinen bie alten ^forjljeimer auch ntd)t geroefen ju fein, roenigftenS rourbe ihnen von ber Ranjel herab mefjr al§ einmal uorgeroorfen, „bafj fte ben Sabbath ent= beiligten mit fdmöber Verachtung ber s$rebigt be§ göttlichen 2öorte§, unnötigem Sluffdjub ber Kommunion, lüberlidjer 2ter* fäumung ber ©otteSbienfte, hingegen aber öftere angeheilter roelt* lidjer (£rgöt}lid)feiten, ffinblidjer ^eituertreibungen, ). 93. Spalieren* geben, leiten unb Sauren, Schiefjen, Spielen, Soffen, Saufen, 9ftuft$ieren, Xanten, (lrer$ieren, iribulieren ober fonft ber Nahrung falber 9lu3reifen, $anbeln unb SBanbeln, kaufen unb Sßerfaufen, Arbeiten unb Schaffen" u. f. ro. ; ben X öd)tem unb 9)Mgben mürbe uorgebalten, mit beulfd)en unb unbeutfcfyen Solbaten Umgang getrieben unb burd) unfinnige§ «fcanjen bei bem „nerfludjten Jaft* nadjt^fdjmäufcn" unb bei vlacbhocbaeiten („hin unb roieber in abgelegenen Scheuern angepeilt") bie SHacbe be§ Rimmels tyxau§» geforbert ju haben.

©egen ben übertriebenen 2 u y u § bei kaufen unb £ochjeiten erfolgten roieberholt obrigkeitliche Sßerorbnungen. 1696 rourbe oerfügt, bafc fünftighin nid)t mehr als oier Xaufpatben jugelaffen unb in ba§ ßirdjenbud) eingetragen roerben bürften. 53ejüglid) ber !>od)$eiten roar oom Stabtrat 1684 eine Verfügung ergangen, roelcbe JolgenbeS feftfetjte : 33ei $od)jeiten foü fünfttg eine aftannS* perfon 8, eine sIßeib3perfon 7 Söatyen 3ecbe geben. $ie ©efdjenfe follen ber £>od)äeiterin über ben Öljrentifd) gereicht roerben. $)ie Spielleute follen nicht mehr als» 1 fl. pro 9)knn erhalten. $eu erften £ag follen um 3 Ufa Nachmittage» bie lebigen SBeibetyerfonen nac^ flltem ©ebraud) in ber ^pod)jeiterin £au3 sufammen f otnmcu unb ben fog. Pfeffer genießen. 2)ie lebigen ©efellen follen nad) ^Belieben in ein 28irt§bau3 geben unb einen £runf tt)un, Nad)t3 aber, roenn bie .grodjaeitSgäfte naa) £au8 gegangen, $u bem Scblafenfingen fommen unb nad)ber einen ^anj tf)un. 3118 (£r* gänjung biefer 35erorbnung folgte 1686 eine anbere, roeldje lautete: „^Beilen jeitber bei ben $odj$eiten mit ben Sdjenfungen einige Unorbnung oorgegangen, bie sJDtuftfanten aud) mit ibren ^edjen all^uoiel llnf often oerurfad)t, alfo ift heute Verorbmmg gefdjeben, ba§ fürberhin, roie oor 3llter§ geroefen, oor 3Iuftragung be$ britten ©ange3 bie Schenfung oor ftd) gehen, ben 9Jcuftfanten aber Vormittag^ jrotfeben ber s^rcbtgt ein Srüfrftüct auf be§ SKctt Soften, s3lad)mtttagö aber jtoifdjen bem anbern unb britten

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<8on 1648-1688.

©ang auf be§ #od)seiter§ Soften ein 9lbenbäehrgerid)t gegeben werben foüe. Unb weil fid) mit $luftragung be§ erflen ©angeS bi§ljer allzulang oersogen, alfo folle ber SBirt förberhin präji§ um 12 Ut)v unridjten laffen, roo nid)t, wirb nach Ümftänben ber 5Öirt ober ber $od)5eiter geftraft." $)ie f)od)seit3tänje mürben fet)r fyäufig auf bem SKatfjaufe gehalten, rooffir 5 Schillinge bejaht merben mufjten. 9ttit @^eoerfpred)ungen mürbe ftrenge ge* nommen, ma§ au§ nacfyfteljenbem Eintrag be§ Kirchenbuches ju erfehen ift: „3)en 17. 3um 1697 rourbe nach gehaltener ©etftunbe auf befonberen hocbfürftlichen Vefef)l fopuliert Sorenj 2jung t>tx 9lnroalb 51t (Söbrigen mit ^nna Margaretha ©erftenauerin, einer Söittib bafelbften. Wota : Sffiettett ber SInroalb feinen (Sheoerfprud) jurüefgehen unb nidjt fyat galten wollen, hat ficf> feine Vraut bei Sereniffimo beflagt unb barauf biefeS erhalten, bafc ber Bräutigam nolens volens fopuliert roerbe. ©3 hat bei ber Kopulation aber biefeS ftd) ereignet baf? ber $(nroalb anftatt beS 3<*roortS „9tein" gefagt unb auf meine be§ 9lrd)ibiafoni Srage geantmortet: 3<f) fag nein, darauf ha& ich biefe SEBort gebraucht: Ob ihr mir fdjon mit nein antwortet, fo fage bod) id) als ein Liener (Styrifti auf 33efet)l unfereS gnäbigften SanbeSfürften in (Suerm sJlamen ja! SBeilen nun bie Vraut beS 3a roiÜig oon fid) gegeben, fo gefdjah barauf bie Kopulation ; eS mod)te auch ben guten ©efellen fo fauer anfommen, als eS rooüte."

kleben ben ^ochaeitstänjen roaren auch bie fog. „Goppel* tän$e", melche auf öffentlichen s$ld^en gehalten mürben, fehr beliebt. 3)eS bamit oerbunbenen oielfadjen Unfugs roegen fanb ftd) jebod) ber (Stabtrat ueranlafjt, biefe £änje abjuftellen. ■Jebodj fam eS noch immer oor, bafj junge Vurfdjen fid) auf offener ©äffe oon ÜJtuftfanten auffpielen liefen, roobei jum 91erger ruhebebürftiger sJlad)barn mitunter allerlei Särm oerübt mürbe.

Viel ju fchaffen machte ben Vefjörben aud) baS „$abaf- faufen", roie man bamalS ben ©ebrauch beS nach &em 30jährigen Kriege mehr unb mehr jur Verbreitung gelangten SHaudjtabafS nannte, dichter, ©eiftliche unb roohlgeftnnte itaien roetteiferten im Kampfe gegen baS „SteufelSfraut", roeldjeS aber trotj aller Strafen, trofc münblichen unb fdjriftlichen Ermahnungen immer größere fiiebhaberfreife fanb. $af$ auch in s?forjhetm biefem „Softer" gehulbigt mürbe, jeigt ein im 5lpril 10G7 erlaffeneS Verbot, baß bei l)or>cr Strafe Dciemanb in Jelb unb Söalb Setter anjünben ober „$abaf trinfen" bürfe ohne ber JJorftbebienten SBiffen unb (Silauben. 911S aber im 9Iuguft 1088 auf ber gebeerten Sluer Vrücte burd) baS Mlüberlid)e £abaftrinfen" beinahe ein gefährlicher Vranb entftanben märe, rourbe 00m (Stabtrat befd)loffen, baS „frf)änblid)e Sabaftrinfen" nicht mehr ju bulben, ein Verbot bagegen öffentlich anfd;lagxen ju laffen unb eine

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9Son 1G48-1688.

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Strafe von 3 s$funb Pfennig barauf ju fetjen. Aber au et) burd) biefe SJcajjregel mürbe bas Mauden in ^for^eim nidjt oerln'nbert.

53on 3ntereffe ftnb bic Sttorfefjrungen, welche in fanitärer 8e$ief>tmg getroffen würben, als einmal (im 3ahre 1666) in nieten Orten eine anftetfenbe ftranfljett umging unb e$ fid) bantm Rubelte, berfelben ba* Ginbringen in s#for$l)eim ju oerwefjren. (£3 mürbe com Stabtrat oerfügt, bajj an bequemen Orten iHaudjwerf oon 2öad)f)olber, Jordjen-- unb @id)ent)ol$ ober ©efträud), aud) etroa mit Sdjroefet unb sJ3uloer gemacht werben folle. Meid) einem in Sßerbinbung hiermit fteljenben fürftlidjen (Srlaf? burfte man an feinem oerbädjtigen Orte fjanbelu, feine inroler, Sdjioeijer ober SJaiern ot)ne Amtserlaubnis in bie Stabt (äffen, überhaupt sJfiemanb ofjne Atteftat. Die ©äffen follten fleißig gefefyrt, aud) bie Hoffnungen fauber gehalten unö ©änfe unb fenten aus ber Stabt entfernt werben.

Alberner 2) ü n f e l unb Aberglauben waren f o^ufagen ein *8orred)t aller Stäube. Der Sfletjgcr $ans Martin Wörter fjatte ftet) 1664 auf Anjeige eine$ ^unftgenoffen $u oerantworten, weil er mit bem SÖafenmeifter getrunfeu, unb bie Anna Barbara Jauler war überall al§ $ere oerfd)rieen. Auf ifjre 93efd)werbe erging ein fürftlidjer iBefef)!, man foüe fie mit biefer sJtad)rebe oerfdjoneu ober aber, wenn bie £>eyerei bewiefen werben fönne, bei ber §errfd)aft Anzeige erftatten. Die sIRöglid)fett, ba§ bie Jauler eine §ere fein fönne, fjielt man alfo aud) in Durlad) nidjt für au§gefd)loffen. Selbft gebilbete 2eute, wie ber Spejial Kummer, glaubten an „3etd)en unb 3Bunber" in ber Statur. 3n feinem Abfdjiebltbrief an bie $for$t)eimer Ijeißt e£: „Denfet nur jurücf an bie enrfetjlidje ©röfte beseitigen ©djmeif-ftometen, ber un§ ju alleroorberft oon ber §öf)e be* Rimmels erfdjrerfte ;*) an bie Öftermals mit gro&em Schein unb Slradjen aus; ber ^uft fjernieber gefallenen Jyeuerfugeln, fo uns gleichwie oiel laufenb Anbere anberswo nidjt wenig ergeifterten ; an bas abfd)eulid)e Stürfgebonner aus ben Holfen, fo eilt' unb anbcrsmal nid)t anbers aus ber JJerne fid) f)ören laffen, als ob immer ein $anonenfd)uj$ über ben anbern in ber 9lad)barfd)aft gefd)el)e; an bas Strafjlfdnefjen in unferm Sdjloftturm unb mehrere bergleidjen t>or)e ©ebäube im Sanbe l)in unb wieber; an bie nadj lauter Sdjwefel ried)enben sißette wegen, fo eben aud) oorfyer fid) bei uns niebergelaffen unb unfere Stabt unb ©egenb ganj feuerrot tUuminieri fjaben, inbem bie Käufer unb Alles am

•) 1«80 geigte fid) ein Homet mit einem 3d)ioeif in ber fliKSbefmunfl oon minbeftens 7U (^rab; aud> 1H82 erfdnen ein fotdjer SBanbclftern, aber olme 3d)tr>eif.

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114

93on 1648-1688.

gellen Xage nicf)t anberS gefdjienen, als ob ftc in oollem geuer unb Sranb ftünben." 5ßeiter berichtet Plummer oon einem „naefenben 9ftann", meldjer fur$ cor ber brttten großen sj$hmberung im Quli 1691 oon Sielen außerhalb ber ©tobt gefefyen werben fei, „unb barauf I)in bie meiften unter uns fo rein ausgesogen unb iljrer in ben innerften Rettern unb Öemölben ©ergrabenen unb oermauerten ©üter, fo oorfyer niemals gefdjefyen, gänjlid) beraubt roorben, bafj fie Ijernad) bloß genug baljer gingen unb fid) faum meto bebeefen fonnten." Qetifeften „naefenben 9ttann" roill aud) ber §err o. Seutrum roenige Söodjen oor ber sJ>lünberung feines SdjloffeS £iebenetf gefet)en Ijaben. (2ßenn bie (Srfdjeinung nid)t auf (£inbilbung surücfjiifürjven ift, unb biefer gab man in früheren 3eiten n<>d) wel weiteren Spielraum roie fyeute, fo I)at eS fid) Ijierbei jebenfallS um eine geifteSgeftörte s}3erfon gefyanbelt.) Der Special Stummer erinnerte feine $farrfinber aud) nod) baran, mie furj oor bem 53ranbe im September 1692, bei roeld)em bie 2Iu eingeäfdjert mürbe, in ben ©arten biefer Sßorftabt geuerflammen jiemlid) f)od) aus ber (£rbe gefdjlagen fyätten.

§eute mürbe man lädjcln über berartige „3Baf)ruet)mungen". $or jmeiljunbcrt 3af)ren aber fd)eint man fie ernft genommen ju Imben.

Wciie Ärtcgälaftcn.

($in Viertel jal)rl)unbert mar nod) nidjt red)t oerfloffen, als roieberum ein langer ftrieg auSbrad), unter beffen Söirfungen aud) ^fors^eim empftnblid) gu leiben fyatte, roenn fdjon bie Stabt bireft nid)t oom Jeinbe behelligt mürbe. $er fransofifdjc ßönig Submig XIV. fiel mit einem großen töeere in bie 9lieberlanbe ein unb gab fo ben 9lnlaß 51t einem Hriege, ber oon 1672—79 bauerte unb in ber ©efd)id)te als ber f) 0 1 1 ä n b i f d) e R r i e g befannt ift. Obmoljl er $unäd)ft nur gegen £)ollanb gerichtet mar, fo tourbe in feinem Verlaufe bod) faft bie meiften europäifdjcn Staaten in benfelben uerflod)ten unb unter biefen fehlte natürlid) aud) baS beutfdje Weid) nidjt. $er ßrieg 50g fid) oon .jpollaub in bie mittel-- unb oberrfjcinifdjcn ©ebietc unb mar ben 3-ranjofen meift günftig. $iefe batteu auSgejeidjnete güfjrer, fo u. a. ben am 27. 3uli 1675 bei SaSbad) gefallenen Surenne, ber übrigens burd) barbarifdjc Sermüftung ber pfäl$ifd)en unb fränfifdjen Sanbe feinen ftraljlenben Jyelbberrnruf ÖV9 beflecftc. JJm S^ton oon Wommegeu oerlor baS beutjdie sJieid) nidjt nur bie Stabt greiburg im ÖretSgau, fonbern eS mußte fid; aud) bie größten Demütigungen gefallen laffen.

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<8on 1648-1688.

115

9U§ bic $rieg§furie rl>etnauftt»ärt§ brang unb bic ©efabr nahe lag, baß aud) unferc ©egenb oon ihr fjeimgefucht würbe, würbe ben 2Bad)en an bcn 2$oven ^forjheims boppelte Borficbt anempfohlen unb eine Berftärfung berfelben oorgenommen, außerbem ba§ ©d)loß in BerteibigungSjuftanb gefegt unb mit ber nötigen Munition oerfehen. $ie Stabt hatte im SJM 1674 bie Auflage erhalten, einige Dragoner ju roerben unb au^urüften, woburd) ihr fd)on bebeutenbe Soften erwuchfen. .(Merju tarnen noc^ b*c beträchtlichen Ausgaben, weld)e burd)mafd)ierenbe unb einquartierte Gruppen oerurfad)ten, namentlid) aber bie ftriegft gelber, bie ber Stabt in oerfd)iebener Jorm aufgebürbet mürben. Balb h<mbelte fid) um „orbinäre", balb um „ejrtraorbinärc" Kontributionen, balb um .£>eu*, ©trof^ unb Cuartiergelber, bann mieber um Branbfdjatjungen, um <od)u^ unb (5id)erheit£gelber jc., ju bereu Beftreitung regelmäßige unb außerorbentlidje 9Honat3* Umlagen erforberlid) waren. 3Öer oon ben bürgern mit ben Zahlungen im SHücfftanbe blieb, oerfiel ber Syefution. fiebere fam in red)t rücfftchtSlofer SBeife jur 3lnmenbung. $ie ©tabt- fned)te hatten Auftrag, bie föeftanten einjuftecfen, biejenigen, welche $ferbe befaßen, nicht jur Stabt hinau§5ulaffen unb foldje, welche fid) bei£ag nicht fehen liegen, sJ]ad)t3 aufzuheben unb in ben Slrreft ju oerbringen. $aju famen nod) bie Jrohuben, in§befonbere bie Schanzarbeiten, welche oon ber Stabt währeub ber oon bem sJ3larfgrafen Jriebrid) VI. im 9lpril 1676 begonnenen Belagerung oon ^fjilipp^burg geleiftet werben mußten. $ie Stabt hotte einen eigenen Sdjanjwagen zu unterhalten unb noch Sdjanjgelber ju jahlen, bie fid) in furzer auf 300 fl. beliefen unb balb auf 542 fl. ftiegen.

3m 9Iuguft 1678 würbe oon Stabt unb 3lmt ^for^etm noch e^ne »freiwillige" Jrud)tfteuer im Betrag be§ 3ef)nten3 oer» langt unb gteidjjettig foüte fie noch 200 fl. Sdjutjgelber befahlen. $er ©tabtrat würbe bei bem 2anbe§fürften oorftellig, inbem er in einer Eingabe in beweglichen ^Borten auf bie mißliche iiage ber Bürgerfdjaft tymoitf, wa§ aber ohne Erfolg blieb. 3m Stooember genannten 3af)ve3 oerlaugte ber ftommiffär Silbermann ju ^ßr)iüpplburg unter irgenb einem Xitel oon Pforzheim 122 fl. 30 fr. 55er Stabtrat behauptete, nur 52 fl. 30 fr. fchulbig 511 fein, ba ber ftommanbant oon s}$hilipp3burg 60 fl. erlaffen habe. 2>a man fid) nidjt oerftänbigen fonnte, fo würbe befdjloffen, einen eigenen Boten nad) ^ßf)ilipp^bitrg zu fdjicfen unb bemfelben einen eVifdjer mit einer „iradjt ©runbettf unb Sorellen"*) mitzugeben. Üe^tere würbe angenommen, aber ber SIbgefanbte berStabt, ber

•) £ic Ira^t „Wambeln unb ^orrtlcn" fpteltc alä „^eretirung" aud) fpöter, im orleanö')d)en Kriege, eine Nolle.

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Iir. $on if>48-HS8.

Vüro,cr .£>an* ^atob .ftoltfmuer, in trieft c^ofteeft unb Pforzheim folite für feine ai eilaff unex !"><> Thaler fahlen. 3eiuetmea,eu mürbe ber lWarfa,raf um Vermenbuna, feiten«? bes 3tabtrat* an aeaa naen. Weaen beu 3d)luB bes .ttrteae* bin würben von ber 3tabt mieberum H75 fl. VAuterquartiera,elber unb ^eiträae *u ben ^bilipi>?bura,er 3d)ain,arbeiten oerlangt. Äbev faum lmi ^oi jonen, fo beim e* im 3tabtratvr»rotofoU tmin Januar 1«»7!>, haben hieran befahlt, unb man iah fiel) be*balb a.enotia.t, ein einleben aufzunehmen, moburd) ber obuebie* arofte 3d)ulbeuftanb ber 3tabt nod) erhöht nuube.

,}u beu fteten Welbopfern fam nod) eine einpfinbltdic Beuern iuv Ter cefter fernen, meld)er wer bem .Urieae nod) um 14 - 1 * > fr. ju haben mar, fttecx fcb,on im 3pätjabr H»74 auf ,'io— .H«; fv. unb im vsum be* folaenben Jahres foaar auf ir> fr. Tie greife ber V'ebensmittel blieben über bie aanze Nriea,*= bauer aufierorbeutlid} hoch unb ju ^eiiinu bes Jahres U'»7i* foftete ba* kalter fernen immer nod) s-.y fl. Ter l'aib ^rot für 4 fr. moa. nur sJ>funb, mabrenb bas Wemidit beleihen in tfeimmnlicber ;{ett 4—5 ^funb betrug. bie ^Jtojaei*

um reu um (Srböhuna, ber ,">Ieifd)taie eiuaefommeu unb mürbe bezahlt: für Cdneufieijd) -.V j tr., für ttalbfteiid) A fr. unb für 3d)meinefleiid) x— 4 fr. ba? 'i<funb. v^m ;{ufammenbaua, mit bieier Teuerung ftanb ein unaeiimbulidier "Kiidaaua, ber (Hilter unb \\iuierpreiie. Viertelnder am Atieielbronnei " VAa. mürben um l«i fl., ^Viertelnder um fl. unb 2 Cbm 4i>eiu, 13 Viertel XHder unb 1 ! , Viertel Voicien um M fl. werfauft unb ein Waum», ttüdjeu^ unb Wra*aarten tu ber Vror>iua,er Vornabt, ber aeaen eine cumme von 2.">d fl. oerictu morbeu mar, aber einen mebrfad) höheren VA'it hatte, faub nicht einmal um ben aenanuten Vetraa einen Liebhaber.

211* berttnea näher r tiefte, flüchteten fid) tm commer 1^74 eine 9Jieua,e l'anbbemobuer nou (^rombadi, Vrudiial, OJJalid), slmna.ob>henn, Cbeubeim, ^odivheim, (htlmani unb .{vibelsheim mit bem mertoollüeu leil ihrer Vabe nach iMonheun. Voie fchou hemertt, mürbe 3u;M unb UnnuMCiib uidit bueft wom Mrieae berührt. loch tarnen 3treiflorp* mehrmals in bie Jiahe, unb bie Uin'Meil.cit ümi im 3omiuer 1«»7."» fo arof?, ba|i mau mäbreub ber (Äv:t:c bie ,ui;d,te nuht auf bem ,wlbe tiefen tauen tonnte.

?e* l»'«7t» ivtdiloneneu trieben* bunte fid) ber Vüra,er uidit tunae ci'rc.iei:, beim neun ,\ahie unücr Ivaann jener uu al.idie'.iae Miica, ber ua:ncu:.'i'e» (Äienb über uniere 3tabt brachte anb fie uuebt iti.lt in 3.!mtt n:ib Vluhe tea'.e.

Veiior um aber bie>e ueieiamüe id.ilbern, mollen mir eine Ve».lueibuna ber alten 3 labt ilieim oor ilu er ^erftöruuii acben.

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JJfonljeim vor frisier 3cr|töriinr\ im 3a!jre \(>H\h

flnsfchcn unb JflefcftigiiHfl ber ctabt.

Aus ber ut Anfang biefer 3djrift wiebergegebeneu, von SHcrian au« bem ^abre H'.-h; ftammenbeu, oom sli>eiberberg aufgenommenen Aufidjt ift mi orfeben, bnfj bas Pforzheim bor bamaligen ;{eit eine nod) im unoerfebrten djarafteriftifcheu 3d)mucfe bes 1 t e l a 1 te r * prangenbe 3tabt war. 3o eine 3tabt mit ihren tunureidjen ftirdjen nnb Mlöfteru, ihren über ragenben Wiebeln unb ihren hohen "Kiugmaueru bot freilid) einen intereffanteren Aublict als nnfere heutigen 3täbte mit ihren unbegrenzten .£>äufermaffen, bie fid) wie oerloren auf beut Weftlbe ausbreiten. (Sin befouberes (Gepräge erhielt bas alle Worpheim nod) bind) bie auf beberrHieuber \>öhe ftehenbe marfgräfltdie %#urg unb bie große 3d)lof;iird)e, zwei weithin fidjtbare Waumefeu,

&Me fdwu bewerft, war Pforzheim eine turinreidje 3 labt, wefeutlid) oerfebieben oon beute, hieben ben vielen 2 bor unb Üftauertürnten waren uod) mandie auboro oorhauben. SJlerian's Wilb richtig, io erhob fid) aud) auf bor 3d)lonfird)e ein hoher fdjlanfer Jurm. (Äinen nod) höheren 2mm befafi bas ^arfütVrflofter unb foll berfelbe nadi gothiid)er Art gebaut unb eine befoubere ^ierbe bei 3 labt gewefeu fein. las ^rebiger flofter fdnniirfte ebenfalls ein hod)aufragouber Inrm; ein lleinerer gothiidier, ber jent nod) ftoht, befaub fidi auf bem 3oital. ber gegenwärtigen \>eil unb Pflege Aunalt. ^ou ben übrigen türmen ift \u erwähnen ber auf ber Alntubter Suche, ionue ber Turm auf ber A>ei!iu«,u[renztir.lK w rcr "Mr.'t;ingev ^oruabi unb ber Jurm ber Kapelle Oer 3'. i^oigsnfL\K.

Hon welcher 3eite ^c^ ^a übe' er «tu»! iiuer ''*'ut .

alle Pforzheim geworfen baten iura; fem Auae n-ni^ Mel- init '.Wohlgefallen unb x\uteieffe auf cVmieioeu aeru'a !v,'v:t. nur» bot aller Auertennuug ber Vorzüge innerer ,]eit mit ihiem Inf!

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118 ^forsbeim cor feiner Bcrftörung im Safere 1689.

unb raumbebürftigen ©efd)led)t füfylt man ftd) boef) faft oerfudjf, ba$ $a])infd)roinben ber alten .£>errlid)feit au beflagen.

$ie ©tabt mar gut bef eftigt unb tonnte aud) nod) nad) (£infüt)rung be3 ©djiefjpuloersi al§ ein roofjluerroafjrter ^latj gelten. (E§ ift fyier ju unterfdjeiben jroifc^en © t a b t unb 6 d) t o % Unter (euerem ift ntcr)t nur ba§ ehemalige (5d)loj$=

gebäube, fonbern ber aanje, befeftigte iKaum 511 uerftet)cn, ben ba$ Sd)lofj mit ber 8d)lofjfird)e unb ben übrigen baju gehörigen C^ebäuben einnahm. Tas £d)loft mar mit feiner ftarfen >Hing= mattet unb einem fyoben sÄbrturm (s^ergfrieb) uerfeben. 3m oberen ©djlo&vaum erljob ftd) bie £d)lofifird)e. 2)er Dallas

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*Bforabeim oor feiner getfUtaiitg im 3abre 1689. 119

ober baö SÖohngebäube be$ Sd)lofiberrn lehnte ftd) mit bem nörblidjen glüget an bie Sdjilbmauer an, roäf)renb im SBorfjof fiel) bie 5U111 marfgräflidjen $>ausir)atl erforberlidjeu (9ebäube (tfehntfdjeuer, Kellerei unb SPtarftaü) erhoben. So btlbete bie $Jurg eine für fid) oerteibigung§fäbige 93auanlage, bie aud) nad) ber Stabt ju burd) eine Ringmauer abgefdjloffen mar. Gin tiefer unb breiter Wallgraben begrenzte tf)re ^luftenfeite. 3Öo bie Ringmauer mit ber Stabtbefeftiqung jufammentraf, ftanb einerfeitS ber Seutueftturm*) unb Im ^EBcften ein auf bem 9Jierianifd)en 93ilbe ftdjtbarer är)nlid)er $urm. Der Sßerfebr nad) 3luf$en unb mit ber Stabt mürbe burd) ba§ obere unb untere Xtyox oermittelt.

iBejüglid) ber grage, ob ber $auptroallgraben um ba§ Sd)loj$ bei Kriegsgefahr mit SBaffer gefüllt roerben fonnte, fdjreibt 3. Stordjer in einem Beitrag ju biefer Schrift: „2U§ Slbroebr* mittet roaren im Mittelalter bie naffen ©reiben bei allen $Be= feftigungSanlagen fefjr gefugt unb mir fefyen bei ben SRuinen mancher Sd)löffer bie ©puren biefer 2öaffer$ufüt)runa,en. ©0 beim .^eibelberger Schlofj, baS ^infic^tlid) ber fiage otel 5lcr)n= lid)feit mit bem sßforjt)eimer r)at. $d) oermute, bap ber (Sgelfee an ber 33rettener Strafe $u biefem 3roecfe angelegt rourbe unb oon \)kx ba§ ^Baffer in ben oberften $eil be§ $auptroallgraben3 geleitet roerben tonnte 3m £>auptgraben felbft (bi§ jum ÜWür)!- bad)) rourbe burd) Stauanlagen ba§ SBaffer feftgefjalten, fo ba§ ftellenroeife basfelbe eine größere Diefe erhielt."

Die innere Stabt, beren erfte 23efeftigung§anlage nur bis jum 3J^üf)lba<f) ging, rourbe @nbe be§ 15. 3af)rhunbert§ mit einer erweiterten UmfaffungSmauer oerfetjen, an roeldjer erferartig oortretenbe 2Öad)ttürmd)en angebracht roaren. 9JHt SKuSnafyne ber bem ßmjfluffe jugefchrten Seite, roeldje burd) ba$ s2Baffer eine geroiffe natürliche Decfung f^atte, roar bie um bie Stabt fübrenbe Ringmauer mit einem Ringer auSgeftattet, roorunter ber freie SKaum $roifd)en ber erften niebrigeren unb ber jroeiten böseren Mauer $u oerfterjen ift. Die Ringmauer roirb root)l O-IO m bod) unb bis ju l1/* m ftarf geroefen fein. Sie hatte eine mit Sd)iegfd)arten oerfetjene ^vuftroebr unb roar überbad)t. Der £>auptgraben tyatW eine £iefe oon 4 5 m. 9HS bie (3e^ fd)ütje" im s<Belageruugstnege ihre oerbevbenbringenbe Oiolle foielten, erroiefen fid) bie sierteibigungSan lagen ber alten Stäbte als ungenügenb unb man roar genötigt, burd) SBocmecfe unb Batterie« türme bie Wiberftanbsfraft berfelben 311 erhöben. So eutftanb roobl aud) bas SBorroerl au ber JÄo&brücfe oor bem 3cl)cifertbor, baS übrigens nicht 511 oerlnubern uermodjr, baft Melac gerabe

*) 3ur ^cit Eigentum bc« ^ijoutcricfa&rifantcn ^ad.

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^forjbeim oot feinet Berftöruna im 3afrre 1<>80.

an biefer Stelle in bic Stabt brang. Dhore jäblte bie innere Stabt mir bvei, nämlid) ba3 Bröfcinger*, ba§ 5tltftäbtcr= nnb bas Steinbrücfer^Dbor an ber (£nj. Da3 obere Sdjloßtfjor biente in früheren ^abrbunberten nicht bem öffentlichen Berfebr. Die oon Stetten ber fommenben ftubrroerte mußten burd) ba§ obere ©rabentbor in bie Brö^inger-Borftabt unb oon ba in bie Stabt fahren. Die Dfjore maren nod) burd) befonbere Sperroorrid)tuugen gefdnitjt. 3m oberen Stocf be» DborturmeS rootjnte ber 2Bäd)ter, meldjer jebe feinblid)e Annäherung, ebenfo aud) ben 5lu3brud) eines Branbe? in ber Stabt ober bereu Umgebung, ju melben batte.

Die 3 eftun abwerfe jogen fid) vom oberen Sd)loßtf)or binter bem Daubftummeninftitut unb an ber oberen Borftabt oorbei 511m Brötjinger Dbor, meldjeS oon einem hoben unb finftern Dürrn überragt mar. $011 t)ier au« tief bie UmroaUung gegen bie fog. Sd)äferbrürfe hinunter, bem SJcüblfanal entlang, ber ben Stabtaraben erfetjte, big gut oberen sJJcüf)le. Diefe mar jroifdjen bie beiben Stabtmauern bjneingebaut, mes^alb fie aud) früher bie ^mingermüble hieß, unterbrad) aber, mie aud) bie 91onnenmür)le, jum Seil bie äußere SJcauer, ma§ bei Belagerungen mehrfach mtßlidje folgen t)atte. Bei ber oberen s3J(ühle geftattete ba$ Cbermül)ltbörlein, für meldjes ein eigener Befdjließer befteüt mar, ben (Eingang in bie Stabt. Unterhalb biefer Wihle, ebenfo bei ber Uconnenmüble gemährten j^wei mit JyallaUtern oerfefjene Sd)oß= qattev bem Gaffer ben nötigen Durd)laß.

Die Sübfeite ber Stabt tyatt? als ttfcauerfrömmg eine 9n« *abl fleiner runber Därme unb bei ber jetzigen $e& unb sßflege= Slnftalt erbob fid) ein bober oiereefiaer Dürrn, oben mit einer (Batterie unb einer Wohnung für ben Durmmäd)ter. Bei ber ^lonnenmüble befanb fid) ebenfall? ein jiemlicb t)oJ)er runber Sturm, ber fog. „meiße türm", mälneub auf bem SMnbenolatj ein maffioer runber Dürrn ftanb, ber aber bereit? auf bem Bilbe oon Ki43 ftarfe Spuren bes Verfall? jetgt, sJluf ber Oftfeite jübrte bie Stabtmauer oon ber (in* bis hinauf jum ©aftbaus SurDraube; hier mar ba* Slltftäbtet Zhov nebft einem s4Bad)tbaus.

sDLUo ba? Sdjloß unb bie eigentliche Stabt, )*o hatten aud) bie Borftäbte ibre befonbere Befeftigung. Die Brötjinger Borftabt befaß brei £f)ore: ba? obere ©rabentbor mit Dbor- bäuseben, ba? .$ei(igfreufttbor am meftlidjen (5nb< ber Borftabt unb am unteren (£nbe be?felben ba? Sdjäfertbor, befd)ü^t burd) einen feften SBafferturm unb außerbem nod) burd) einen auf ber anbeten Seite befinblid)en oiereefigen Zum. Die 31 u e r B 0 r ft a b t mar ebenfalls mit einer ftarfen Stauer umgeben. Beibe feblten Inbeffen nadj ber Jylußfeite bin, meil bie "Jfagolb felbft Sd)u{5 gemährte unb ^ubem bie ibr ftugete^tten Käufer eng pfammen gebaut maren. $lm (Snbe ber burd) bie m führenden $auvt*

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Worabeint oor feinet Serftöruna im 3abrc 1089.

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(fräße ftanb ba§ Slucv 8runnentf)or, mit einem Xurme gehievt, am (Snbe ber oberen 9lugaffe, aud) „filier" gebeifien, baä .£>iUertf)or unb am (Snbe ber unteren Angaffe baS ©auA* ober 3d)elmentl)or. Slufjevbem führten mehrere Stötten jur sJlagolb nnb (Ena, lüie foldjc aud) auf ber anbern glufjfeite, auf ber ©übfront ber inneren Stabt, angebracht waren. Tic 9lu hatte neben bem Turm bes $3runneutbor* nod) einige anbere Türme aufjutoeifen : einen jroifdjen bem .filier* unb s<8runnentf)or, einen jmeiten an ber entgegengefetyten (Scfe ber ©tabtmauer unb fobann ben feilte nod) erhaltenen ©djelmeuturm. Tie 31 ( t ft a b t , früher einften* ot)ne 3roeifel ebenfalls ftarf befeftigt, befafj nad) bem HOjäfyrigen Strieg feine Xfyoxt unb dauern mehr unb mürben biefe aud) nid)t mieber bergeftellt, worüber fid) im $af)re 1(561 bie 2lltftäbter bei bem ©tabtrat lebhaft befdjmerten, freilid) ohne ben gemünfd)ten Erfolg. Tie SUtftabt mar unb blieb ein offener sJ$lat>.

^for^tjeint im ^ttuefii.

Qm Innern ber ©tabt, bie oon oier .fmuptftrafteu burfd)nitten mar, meld)c ftd) beim SJcarftplatj treusten unb ben s-8erfet)r nad) klugen oermittelten, Ratten bie bürgerlidjen sÜHobn= bäufer gemö^nlid) einen fteinernen Unterbau, bie oberen ©toefmerfe maren in reidjem unb oft versiertem .ftol^riegelbau aufgeführt nnb ber ebenfo geftaltete ©iebel ftanb ftet* ber Strafe 51t. Tie £>öfe ber s2(belig,en bagegen unb bie ftlöfter hatten meift eine ganj oon Stein h^rgeftellte ®iebelfront. Tie Käufer maren meift fchmal unb tief, babei hart aneinanber gebaut.

3fe einer oor einigen fahren erfd)ienenen ebenfo intereffanten rote inftruftioen ©djrift*) giebt Waeber ein auf d)au liebe* $ilb ber alten ©tabt, bereu heroorragenbften öebäube er in Heber* einftimmung mit ^flüger namhaft madjt unb ihre Sage be$eid)net.

Ta§ jeltf 95eltman'fd)e .pau* in ber oberen Reinen 5(ird)gaffe gehörte ben §ofmeifter oon ©djauenburg. Qn ber unteren 'jjfarrgaffe maren bie Wohnungen ber ©tiftsberren unb ©eiftlic^en ber ©d)loftfird)e. Gbeu bort befanb fid) aud) bie lateinifdje ©d)iile. Ter .£>of berer oon ©emmingen mar in ber SCttftäbtcv ©äffe gelegen. 9In ber NiBeftfeite bes Hiicb ober ©djlofeberges hatte bie Jyamilie oon iKemdjingen ihren .'pof, meldjen nad) ber ^erftörung bas abelige Tamenftift ermarb, Leiter unten, (Srfe ber ©arfügergaffe mar ein £of, meldjer nod) *u beginn biefe*

•) „3d)loft unb ctubt Wonnetm oor ber tfcrftörumi l«i88", $fmtfftm, Verlag oon *Har ^Hin^er.

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122 ^fotabcim oor feiner 3erftöruna im 3al)re 1689.

^afjrbuuberts ber Samilie SSofmlid) gehörte, $ann folgte (Scfe be* SWarftplatjeS unb <3d)lof?berge$ bic Stabtfdjreiberei, bie oermutlid) 1551 erbaut werben ift.

3(uf ber mcftlieben 3eite biefeS Stabtteil* bis ftur ©tobt« mauet (09 bad um 1270 entftanbene Sran.ysfaner* ober Sarfujjer* flofter, oon welchem nur nod) ber (£t)orteil ber ftlofterfirdje (bic jetzige alte fatfyolifdje Stircfje) ermatten ift. $er funftoolle Xuxm würbe 1748 abgebrochen unb befinbet fid) nunmehr auf ber .g>eif= unb sßflege*tÄnftait.

s2lm SRarftpIat} ftanb an ber Stelle bes jetzigen SHatfmufeö ba$ unter ÜDiavfgvaf Slarl II. 1557 erbaute iHat; unb &auffyau3. tiefem gegenüber, wo fid) jetjt bas Sd)enct'fd)e 5(nmefen befinbet, hatten bie ÜJJJenjingen ihren 2Bof)ufitj. Unten an ber ©eftfeite bes SDlarfteS (^rcgijer) war eine Slpotljefe. (2ie obere 2tpotl)efe am 9)krft [®r. £of] würbe 1690 errid)tet.) Unten am SWatft (9tug. Käufer) lag ber £>of bercr oon SRicpput unb auf ber Oftfeite bes sJ3lat3e§ ftanben bie £öfc berer oon Äedjler, oon Seutrum unb oon 9ieifd)ad). 2)as Viertel, wo heute bie WolH- fdjule mit bem 9ieud)linplat^e fid) befinbet, betjcvrfcfjtc baö 1279 errichtete $ominifaner= ober ^rebigerflofter. 9iad) ber iHeformation biente bas Sllofter ben ^werfen ber Sateinfdjule unb bie ftlofter* firdje würbe als Stabtfirdje benü^t. biefem <3tabtteile waren nod): $er 2id)tentbaler 3ebntl)of (2(ug. ftiehulc), ber .£wf berer oon ©entringen unb berjenige berer oon ftodjenborf. ©eftlid) uom 2Jiarftplafce befanben fid) bie $>üfe ber Familien oon Röhenberg (ßrbarb Werfer), oon sJtemd)ingeu (3Rort| Füller), oon Kiebingen (Brauerei £)of).

Unten bei ber Obermüble lag bie obere Babftube. $n ber SWetjgergaffe, bem sJMüf)tfanal ju, ftanb ber £>of ber ftedjler oon 8d)wanbovf, weld)e aud) nod) einen £wf in ber Cd)fengaffe befo|ett. 3üblid) 00m $lül)lbad)e war bas SUofter ber Domiuifanerinnen (1250 entftanben), aud) unter bem Üftamen JJrmtenfToftcr $u ^Ohrria iWagbelcna ober ftlofter ber Büßerinnen befannt.

31 n ftäbtifdieu ($ebäitben flnb außer ben angeführten nod) 311 ermähnen : Tie beutfelje 8cl)ii(e in ber unteren ^farrgaffe ; bas fd)on oermerfte obere Bab unb bas untere Sab, beibe am s3Jh'U)lfaua( gelegen ; ba* (Jiebbaus mit ben (Jtdjgcratfcbaften unb in beffen Oiäbe oas ^BerthauS im .Ülofterbof, worin fid) allerlei ftäbtifdje (Serätfdjaften befanben unb aud) oerfdjiebene Arbeiten für bie 3tabt beforgt würben ; ba* Slrmbruftqaus auf bem l'iubenplalj, bie Brobbütte unb ba* SiacTbau*, fowie bie v-lBafd)= bäufev beim 2teiubrüdertbor, bie beiben Branntweinhütten, baS 8anbf($aft& ober ,panblung$l)au* in ber Brötjiugergaffe ufw.

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^foräbeim ÜOr feinet Bcrftörunq im 3abrc 1689.

123

9Jiüblen roaren oorfyanben : $>ie Cbermüble (tjeute bie "ßfeiffer'fdje ^Öaffcrfraft), außerhalb au bie Stabtmauer angebaut; bie 9ionnenmüf}le beim ftlofter ber $oininitanerinnen (beute (Eigentum ber Stabtgemeinbe, roeldje ba§ 9lnroefen uou @. 5Ibe( fäuflid) enoorben bat) : bie 9lid)müble, fvütjev Spitalmüble genannt (beute SBrenf); bie ßloftermüble (beute Sauger), foroie bie s4Bag- müfyle (beute bie Wellingerfdje SBafferfraft). $ie meiften anberen ber heutigen 2ßafferfräfte eyiftierten ebenfalls fdjon cor ber 3er* ftörung. 2)ie Söafferfraft be§ beutigen ©encnfer'fdjen Jammer* roerfä rourbe früher ju einer $uf* unb SBaffenfdjmiebe benutzt. (5Jci biefer 2Baffenfdnuiebe ließ bie 3Jlarfgräjtid)e $crrfä)aft, roie an anberer ©teile bereite mitgeteilt, 1654 einen Scfjmeljofen unb 1678 eine ^ammerfdjmiebe errichten.) SBeiter abroärtS roaren SEBaft» unb @d)leifmüf)len, foroie Del*, Stampf» unb 9tinbem müf)len. $n ber&ltftabt bei ber 9lifolau§fapelle befanb fic^ eine Oelfcfjlag unb Schleif mityle. (£§ gab aud) eine untere Sage, weldje marfgräflid) mar unb oon ber Stabt burd) einen ftäbtifdjen Säger betrieben rourbe. 3)ie heutige Slompagniefägmüljle mürbe fd)on 1617 erbaut $ie SBebre mürben fdron im 13. 3af)rf)unbert angelegt, ' um für bie sBerfe bie nötige Saff erfraft $u gewinnen.

Ziegeleien roaren aud) jroei oorbanben, ferner jroei Scfyaf* bäufer (eme§ in ber 2lltftabt unb eine§ beim Scfyäfertbor) ; außerbem beftanb in ber 2lltftabt eine marfgräflidje Leiter, ba an ben 3lbbängen be§ *©artberg§ jiemlid) uiel 2Bein gebaut rourbe.

W\t ©aftbäufern unb Verbergen roar ba3 alte ^forjtjeim mebr al§ genügenb oerfefyen. i)ie eigentliche Stabt befaß folgenbe ©afü)äuferf 2)a§ Jtamm" töhlbolf Solb), @cfe ber SBröfcinger* unb Sammgaffe; ba3 „weifte £aub" (©fjriftian Solb) in ber Sammgaffe; bie „Rollen" (ßtjriftof ©anfer, fpäter Otto 'iBecfb), Gcfe ber SBrötjinger* unb ^lumengaffe ; bie „SBIumc" («£>an§ 3erg Sdjönben, fpäter .freinrid) öauer) in ber $Jlumen= gaffe; ba§ „golbene Saub" auf bem sJ)Jarfte neben bem „fdjroarjen «Met", ber auf ber gleicben Stelle roie jetjt ftanb unb bamalä einem ©eiger gehört 511 baben fdjeint; bie „ftronc" (Martin Sdmell, fpäter 33erntmrb .<peufd)lof) unten am Warft, roeld)e3 ©aftbauS ba§ SHedjt chatte, jäfyrlicb 15 Cbm Söein frei auSju* fdjenfen; ba§ „golbene 5lalb" in ter Wetjgergaffe ; ben „Wappen" (Ulrid) feutj) in ber untern iränfgaffe; bie ^Rante" (§an3$etet s4JoU, fpäter fcbriftof Äbredjt) ebenfalls in ber Iräntgaffe; ben „Cd)fen" (Wartin Roller) in ber Odjfengaffc; ben „Söroeu" ($an3 ^afob 9Jtitfd)börfer, fpäter sikltl). |>oppiue) in ber %IU ftäbter Straße unterhalb bem JHatbaufe; bie „>Kofe" (ßan£$taty) in ber fliofengaffe; ba$ „Sdjroert" ( C£t>viftof l'eoubarbt) unb ben „golbenen Scbroan" (.frans" 3d)ief/ fpäter .frans Sd)etble). (£x-- roäljnt roirb ferner eine Verberge uou Qo^ann Widjael CDefd)ler

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124

Worabeim oor feinet flcrftöruna im 3abre 1089.

unb ein „^ubenfyof" in bcr £ränfgaffe. 2lud) an SMerfiebern fehlte e3 nid)t unb werben als foldje genannt : 3afob s#etfd) (K>7(>), oob. Beder (1679) unb ^fmel t*eter Stiefe. SieStabt betrieb felbft einen eigenen $Jierf)anbel, ber erft ju Anfang be$ 17. 3al)r^ buubertS aufgegeben mürbe, diedpiet man nod) bie früher fdjon ermähnten (Staffen« unb £>erfenroirte fyinju, fo gelangt man unfdjmer SU ber Ueberjeugung, bafj bie alten or^eimer feinen $urft ju leiben brauchten.

3)ie $orftäbte maren ebenfalls mit Sirtfdjaften mobl Uel- leben. 3n ber 93rötjinger Sßorftabt befanben ftct> bie ®aftt)äufer 5um „trappen" (StaltfyesJ iHentfd)ler), jum „golbenen 9lbler" (.£>an3 ©eorg Oftertag), jum „SBären" (SJtatf). tiefer) unb jur „Sonne" (Seb. Sdjerlin); in ber 2fa: jum „meinen 9töf3le" {Cito $3ecfl)), jum „Ginborn" föriffiatt Secff)), &um „£irfd)" (3obann £ofner) unb jum „roilben sJJiann" (9unbro§ Sotterlin) ; in ber Slltftabt: sunt „Gngel" (Gfjriftof £>affert), Nim „Sternen" (£an§ Qerg Sottyammcr) unb jur „Sanne" bei ber 2lltftäbter «rfiefe.

lieber bie SBorft&bte, beren £f>ore unb Skfeftigunqen fdmn ermähnt roorben finb, follen fjier nod) einige furje Mit- teilungen folgen.

3n ber 33rö Ringer 3Jorftabt befanb fid) bae fog. Seel* haus (ein fd)on 1546 beftanbeneS Spital), ba$ 1323 oon ber sJJlarfgräftn fiuitgarb geftiftete .£>ofpitalf)aus jum heiligen ©eift unb ba§ bübfdje £eiligfreu$ftrd)lein in ber yiäfyt be§ gleichnamigen $bore§. $urd) bie Eorftabt führte in ber ftidjtung oon SBeften uad) Often eine breite Strafe, an melier bie SBerfftätten ber Sdjmiebe unb Sagner lagen, bie bei bem auSgebefjnten gubr^ merfSoerrebr ooüauf ju tl)uu Ijatten.

$ie Huer SBorftabt, meldje r)auptfäd)lidt) burd) bie 3(n= ftebelung oon Jifcf)ern unb ^löfjern entftanben ift, mar uon brei .•pauptgaffen : ber ftreuj-, ber Sd)elmen= unb ber .frillergaffe burdjjogen. Stn ber Steige oor bem 93runnentf)or ftanb bas St. ©eorgeuftift, meines; af$ 9lfnl für anfteefenbe Traufe bleute unb mit einer jiemlid) geräumigen 5iapelle verfemen mar. $a£ SBaffer be§ St. ©eorgbrunnens ftanb in bem sJtuf, eine gemiffe .£>eilmirfung ausüben unb mürbe beefyalb aud) mit Vorliebe benutzt.

3u ber 51 1 1 ft a b t ftanb bie bem beiligen SRartin gemeine erfte djriftlidje ftird)e, aujjerbem befanb fid) hiev ber bem .jrirfauer Hl öfter gehörige .frirfdjauer £of bei ber sJiifolau*tapeUe, mooon

•j £ae .v)eilii\ficu\ftid)leiH ift 1H24 abflebrodjen, nodjbem bcr an fdjliefieiibe Tvricbljof bereit« Ihoo flcfdjloffcn werben luar. cebon hatten bie ftranjofen bae Hirstein \erftört. Jaofelbe Mtltbe aber loiebcr t^ergeftelit.

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$forabeim cor feiner ßerftöruna im 3abre 1689. 125

ber Ijeute nod) beftefyenbe Jlurname „$apellenf)of" t)errüf)rt. 2Bie fd)on mitgeteilt, lag aud) ba§ Älofter ber difterjienferinuen in ber Slltftabt. 93or bem 9lltftäbter ifjore, unten amSBaffer, mar ber in alten Urfunben oft genannte SBiebmarft. 3)cr ^pirfdjaucr •Ipof nebft Capelle unb bem Gifter^ienferinnenflofter ift übrigens fdjon im 30jäbrigen Kriege ftcrftört morben. $afj bie 9(ltftabt jur £cit be§ orleanS'fdjcn* Krieges ein offener sJSlal} mar, mürbe bereite früfjer mitgeteilt.

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yfonlfrira im arlcnttö fdjcn finc^c.

(1G89— 1697.)

$ic (£rctauiffc bt* §«m ^weiten Traube.

53rad)te ber 30jäf)rige tfrieg @lenb unb Sommer in .gullle unb güllc über unfeve Stabt, fo t)atte biefe nod) meljr ju leiben unter ben Sdjrecfen be§ fog. orleanS'fdjcn Kriege 8.

£ubmig XIV., ber fran$öfifd)e „Sonnenfönig", mar be§ bcutfrfjen Meiches fdjlimmfter s3tac^bar unb auf bie Sdjroädmng unb Sdjäbigung beSfelben unau§gefefct bebaut. "Dlad) bem Jrieben oon Slnmmegen (1679) ftellte er bie 93ef)auptung auf, eine größere ^Injaf)! Gebietsteile, Stäbte unb Drtfdjaften Ratten efjemals ju ben im roeftfälifdjen unb numroegener ^rieben an Jranfreid) abgetretenen Säubern gehört unb um biefe ju ermitteln fetyte er in Sftet}, 5keif ad), Journai unb $3efanQon befonbere ($erid)t§l)öfe, fog. SReunionsfammern*) ein. $iefe roaren benn aud) „ftnbta" genug, gegen 600 ^errfdjaften, Stäbte, Dörfer jc. l)eraus$uftnben, bie bann einfad) in franjöftfdjen Söefitj genommen mürben. 2)a§ bcutfdje föeid) mar fo fd)road), baß biefe Skrgeroaltigung ftd) ruljig gefallen laffen mußte.

2)er Appetit fam bem franjüftfdjen ftönig mit bem @ffen unb barum maßte er ftd) nid)t lange nad)f)er (im September 1681) an, bie freie Stabt Straßburg bem Weidje $u entreißen, roa§ er ebenfalls! ungeftraft t^un fonnte. 2)amit ließ fid) aber ber länber« gierige Selbftfjerrfdjer nid)t genügen. (£r benütjte bie pfäljifdjc ferbfd)aft§fad)e unb bie Kölner $urfürftenroal)l, um $)eutfd)lanb mit SWorb unb $3ranb 511 überjieljen.**)

•) £er Warne rütjrt Ijcr oon ftcunion (5£ieberüereinigung>.

**) AIS fcurfürft .Harl bei Nonn otme mdnnlidje £rben ftarb unb baö l'anb an bic fntl)olifd)c Seitenlinie ^faUsWeuburg fiel, fpradj X'ubroig XIV. für bie an feinen Orabet, ben Qergog oon Crleano, ocrmäfylte Sdjiocftcr bed oerftorbenen fturfürften, ISrlifabctb, (Sbarlottc, nidjt nur bic bciocgüdje £>abe, fonbern aud) bie Viegcnfdjaften als Erbteil an unb liefe, rocil er mit biefer Aorberung nietjt burdjbrang, feine ftecre an ben 9iljcin rücfen. Xcr weitere Mriegäuonoanb beftanb barin, bafj .Haifer unb ^Japft bem franjöftfa) gefmntcn 8ÖiÜ>elm oon Jürftenbcrg, beffen Wat)l *um geiftlidjen tturfürften ^'ubroig XIV. burd) ttcftedjung burdjgc'fefct Ijattc, bic ^eftdtigung oerfagten.

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^forabetm im otleanS'fcftcn Slrieae.

127

Sd)ou im September 1G88 mavfdjtevten bie granjofen in bie ^falj ein, mofelbft fic in einer Seife pausten, baß bie Xürfen jener $eit im Bergleid) ju ihnen als humane 2)Ienfd)en |U bezeichnen finb. 9Iud) bie angren^enben Räuber, insbefonbere bie marfgräflid) babifdjen (Gebietsteile Ratten Sdjroeres 51t erbulben nnb 2)urlad), Ütaftatt, Baben unb anbete Stäbte gingen in Stammen auf. (Gar übel mürbe aber ber Stabt s^for(^eim mitgefpielt, bie nod) 00m 30jül)rigen ftrieg ^er aus oielen Sunben blutete.

3lufd)aulid) unb anjicbenb jugleid) fdjilbert .£)err Sottljammer in „*)ßfor3beims Borjeit" bie $rangfale unferer Stabt in jenem langen fdjrccfenso ollen ftriege. $iefe begannen mit ber Belagerung oon ^fyilippsburg, mäljrenb meldjer bie s^forjt)eimer Bürgerfd)aft burd) l)arte grud)tlieferungen bebrüeft mürbe. Balb erfdjicn aber . aud) ber ^iirib felbft.

Oes mar am 10. (20.) Cftober al8 fid) eine ftarfe Abteilung fran jöfifdjer Sruppen unter ben (Generalen sJ)l 0 n t c l a r unb b c J e q u i e r ber Stabt näherte. $ie ^Jiehrjahl ber Bürger mar roofjl jum Siberftanb cntfd)loffen, aber bie Herren, fo auf bem sJiathaus fafcen, jeigten 3urd)t unb gemährten ben granjofen (Sinlaft. SJtontclar quartierte fid) im Sdjloffc ein unb be gequier al§ Äommanbant in bem SDJenjing'fdjen $aufe auf bem SWavft. $ie übrigen fyöljeren Offiziere fugten fic§ anbere fdjöne §äufer in ber Stabt aus. 3)ie $>auptnmd)e mürbe in bie „Verberge jur |>öüen" oon Otto Becfh oerlegt.

3)cr franäöfifdje Befehlshaber merfte mofjl bie gereijte (Stimmung ber Bürgerfdjaft unb um biefe 511 befänftigen, oer* fid)erte er bod) unb teuer, baft er ber Stabt fein Unred)t zufügen unb iljrc (Jinmohner als Jreunbe beljanbeln merbe. (£s rcurbe aud) anfänglid) jiemlid) Orbnung gehalten, aber balb loderte fid) bieSJknnsjuchtunb bieBebrücfungen begannen. (General (Shannajel, ber be Jequicr im Rommanbo abgelöft hatte, orbuete an, baft fein Bürger ohne ausbrücHid)e Erlaubnis bie Stabt oerlaffen, noc^ rceniger SHobilien 2c. außerhalb oerfaufen bürfe, womit oiele Bürger fid) in ihrer (Selbnot Ratten Reifen mollen. Seil bie 3ran3ofen bie s2lbfid)t hatten, in $for$!jetm Sinterquartier }ll nel)men, fo fud)ten fie bie Stabt fo gut als möglich *" s^ers teibigungS3uftanb 311 fetjen unb jmangen bie Bürger $u Sdjanj; arbeiten. 3)a ber Strid) jmifdjen ber Ober« unb 9(onnenmüt)le bie fd)mäd)fte Stelle ber alten Befeftigungen mar, fo folltc fie burd) Sätic unb sJ$alliiaben oerftärft merben. öterju mußten bie Bürger bas erforberlidje ,polj hei'beijd)affen unb ,,.£)anb= bienfte" thun.

Selbftuerftäublid) fträubte fid) hiergegen ber freie Sinn ber *Pfor$heimer, bie ja fdjon jmei 3ahl'h"nberte oorljcr burd) ihre

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Worabeim im orleanS'fcben Striepe.

„s13riuilegien" uon allem verfönlid)en 2)ienft befreit ivorben maren. $)ic Stimmung bev ^Bürger rourbe mehr unb mehr verfüttert unb viele berfelben verabrcbeten fiel), bie «Btabt, roenn nötig mit ($e* malt, verlaffen, ma§ hinmieberum bie Jranjofen zu ber 3)rojjung veranlagte, bie ganje 3tabt au$ftitvlünbern unb nieber* jubrennen, fobalb ein Bürger 511 entrinnen fuetje. 2)er Stabtrat rourbe foroobl bei ber marfgräflidjen 9\egierung, roie bei bem ©eneral (£b«r»«a$el vorftellig, um eine SBerminberung ber mehrere taufenb Sftann ftarfen (Einquartierung ju erlangen. 2)ie Re- gierung aber mar in biefer Angelegenheit ohne (Sinflufj unb ber franjöfifdje ftommanbant fetjrte fid) nicht an bie ^itte bes Stabt^ rate3. $3af)rid)einlid) um bie SBürgerfdjaft einjufctjüdjtern, brannten bie ^ranftojen rtm H- (21.) Oanuar 1689 eine An- ^ a l> t ©ebäube (barunter bas Kaufhaus) nieber, obfdjon bie Bürger furj vorher eine beträd)tlid)e $ranbfdmt}ung£iumme hatten jaljlen muffen.

$ie ®elbnot mürbe immer brüefenber unb bie ©infunfte ber ©tabt verminberteu fid) gan$ erfdjrectenb. 93on ben 14 117 fl., meiere bie Stabt für bas 3a^r 1088 einzunehmen hatte, blieben nicht weniger als 12 264 fl. im SHücfftanbe. $>anbel unb ©eroerbe lagen barnieber, bie ÜHärfte tonnten nid)t abgehalten merben unb ber Ertrag be$ ^elbbaues mürbe von ber (Einquartierung aufgekehrt, $er geringe GcrlöS, meldjen bie Stabt noch burdj ^ol5verfäufe erhielte, mußte ebenfalls» zum größten Seile für bie fremben £ruvpen verivenbet merben unb ber iHeft mürbe jur Unterftütmug armer ^Bürger vermenbet.

$a£ ^forjheimer 3tabtard)iv mar bei ber Annäherung be$ geinbeä nad) äiebeneef verbracht roorbeu. $)te raubluftigen Sranjofen, roeldje tykvvon 9tod)rid)t erhalten hatten unb roohl ©elb vermuteten, burd)ivühlten ba3 ganje Archiv unb meil fie nicht fanben, was fie fudjten, jerriffen unb zerftreuten fte bie ©dnrift-- ftücfe. @in beträchtlicher ieil be3 Ard)ioe3 ging auf biefe Sßeifc verloren, ba bie im s3Balbe umherliegenben 'sBüdjer unb Urfunben von ben nachträglich mit ihrer Sammlung beauftragten Verfemen felbftverftänblich nicht mehr alle beigebracht merben tonnten.*)

*) -ttei ben „Müsingen", welche buö frtin\bfifd)e i'umpengefinbel von ^for^eim aus unternommen, mürbe aud) bie sJt?ol)nung bc* 5vorftmeifterü in iEürrmen* verbrannt. - ^n Ceti*l)eim mebrten ftd) bie Bürger gegen bie ungebetenen Weifte unb eridjoffen ^mei berfelben. 2(ud) Neuenbürg mürbe befugt, oii ber Wadjt uom HO. Hl. Sewnber <9./10. januav 1689» überfiel ftequier von $ior*beim au« mit <><H) Sragonern bet fturtem 3d)uceacftöbcr bie 3tabt, bereu 100 SRann ftarte ttefa&ung und) f urser Wegenmetjr bic Jylud)t ergriff. Neuenbürg mürbe al^balb imllftanbig ausgeraubt, in mctdjcm (Hefdjäft bie Jynimofen eine mafjre iUirtuofttcU beiufjcn, unb ber üiogt ÖoUmar gefangen nad) 'JJfonljcim gefdjleppt. Rubere Crtfdmftcn fwtten ebenfalls von ben mälf^en cdjnappbalMten su leiben unb mürben teilmeife geplunbert. ^ie .s>udicufelber Ratten burdj söcrOauc bie ^il'egc gefperrt unb blieben fo oerfdjont.

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^forabeim im orleanS'frfjen Sfriege.

120

33i§ in ben Sommer hinein oerblieben bie granftofen in ^Pfor^eim. Die Ouälereien unb Selben, meiere fie ben bürgern äufügten, mürben immer ärger. Die ^Bürger Ratten nidjt nur bie (Einquartierung 311 erhalten, fie mußten aud) nod) Winter* quartiergelber aufbringen. Die 'Üttarfgraftfcbaft 33aben--Durlad) batte 24000 fl. 93ranbfd)a&ung^ unb 45 000 fl. Winterquartier* gelber $11 jablen, unb sj$for$beim, Damals bie größte unb bebeutenbfte Stabt ber s3flarfgraffd)aft, mußte oon biefer Summe einen fet>r namhaften Deil aufbringen. Wie ferner biefe $er= pflidjtung auf ber 93ürgerfd)aft Iaftete, ift barauS }U entnebmen, baß am 18. (28.) $lpril 1<>89 alle $b,ore ber Stabt gefperrt werben mußten, um bie ftriegsgelber einrieben ju fönnen.

3m Saufe bes Sommers flogen enblid) bie Jranjofen wieber ab, nadjbem fie ber Stabt fdjroeren Sdjaben zugefügt batten. ^forjbeimS Woblftanb mar suoor fdjon ein geringer unb litt unter ben sJlad)ioir hingen bes 30jäbrigen Krieges; oon weldjer 3eit ber nodj oiele Emilien in tieffter Ülrmut lebten.

(yiuTtatinie, ^lüuberung unb 9Kebcrbreumnig ber Stabt.

Den s^8forjbeimern mar eS nid)t oergönnt, fid) oon ben ausgeftanbenen Drangfalen ju erbolen unb noeb meit Sd)werere3 ftanb ibnen beoor.

9un 24. 3>uli (3. Sluguft) brangen bie granjofen unter (General Dura« mieber über ben 9tyein unb breiteten ftd) in ber ^Jfalj aus\ mobei fie 93rud)fa( unb Bretten einäfdjerten. Gin Deil be§ franjöfifcfyen £eere§ erfd)ien am 3. (13.) Sluguft oor Durlad), wä'brenb eine anbere Abteilung, oermutlicb oon Bretten t)er, auf ^forjbeim marfd)ierte. Sie mürbe befebligt oon bem berüdjtigten 9ttorbbrenner Sttelac, ber bie Stabt am 31. ^uh (16. 9luguft) jur Uebergabe aufforberte. 33on einer foldjen wollten aber bie ^Bürger, gewitjigt bureb bie gemaajten (Erfahrungen, nid)t§ miffeu. Sie roaren feft entfdjloffen, bieSmal ibre Stabt nad) Gräften $u oerteibigen, weld)' bober Wut um fo mebr anerfannt werben muß, al3 fie weber eine "Befüllung, noct) Hoffnung auf £>ilfe oon außen tyx fyatten. sJtiet bod) ber sJttarfgraf griebrid) ibnen felbft, fid) mit bem geinbe auf gfitlidjem Wege abjufiuben. sJlid)tsibeftoweniger rüftete fieb bie bebrobte Stabt jum Wiberftanbe unb bie Bürger fliegen auf bie SJlauern. s^iele Jamilien oerließen übrigens aueb bie Stabt,. um in ben umliegenben Wälbern Sdnit} ui fudjen. Da aber bie Jyranjofen in ber ganzen Umgegcnb bie Lebensmittel aufgejebrt bntten, fo war ba§ £oo§ ber Jylüdjtlinge ein trauriges unb fie jaben fid) ber bitterften sJtot preisgegeben, bie manche oon ibnen wegrafften.

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Worabcim im otlcanS'fdjen ftrieae.

$ie granjofen begannen it)rc Angriffe bei bev Obermühle, bem fd)iDad)ften sierteibigung§punfte, ba t)tcr bic ©tabtmauer bnrd) bie 9Jiüf)lgraben unterbrochen mar. Sohl leifteten bic Bürger eifrige ©egenroehr, aber fie tonnten fd)liefjlich bod) ben (Sinbruef) be3 SeinbeS nid)t oerhinbero unb fugten nunmehr itjr .£>eil in ber Sludjt. 33ielcn gelang biefelbe, aber oiele rourben and) oon bem unbarmherzigen Jeinbe niebergehauen. (33on ben beim (Sturme gefallenen bürgern roerben genannt: iRotgerber (£f)viftof Qcberlin, $Betf3gerber §an§ SJJidjael gelbner unb Seiler Oafob glad).) (Sin Steil ber 53ürgerfdjaft mar beim ©inbringen ber geinbe auf ba§ 3d)log geflogen unb rourbe hier gefangen genommen. $ie befangenen fdjleppten bie gransofen in ba* felfafe. Unter ihnen befanben fid): SRöftfeSroirt 3of). ©«flj, Stüfer Heinrich 93raun, 9ttet><jer ^oh^nn Surf (ber franjöfifche $h*ieg§bienfte nahm unb e3 bt3 jum Hauptmann brachte), härter TOdjael 35englcr, £mfner ©ebaftian SDien, ©d)neibcr ffietet Xenninger, £anbel§mann 3J?attt)äu^ dnberlein, (Schreiner £ufa3 Jylad)müller, glöfter £>an§ ©eorg ©enoig, <5d)loffer §an§ ©eorg ${cd)ler, sJtotgerber SJiidjael fterdjer, SflatthäuS Sotthammer, (Edjreiner Johann Sang, SJletjger 3ohan« 3öfob SJceerroein, (Schuhmacher Johann ^eter 9Jiutfd)ler, 3eugmad)er 30h. SJtartin WiclauS, ©igmunb v#ftnber, Buchmacher griebrid) <5olb, Schmieb SHattyäu« etattler, ^ürgermeifter ©tiefe (ein 82jähriger ©rete), s3Jtet}ger 3afob Sirtf) u. f. ro. 9lur wenige oon ben Seg- gefdjleppten fehrten roieber in bie §eimat jurücf. $afj ber Srftürmung oon sPforjheim roürttembergifd)e $rei§truppen, roeldjc im £agenfd)ieft lagerten, unthätig jufahen, ift ein $3eroei§ bafür, roie mangelhaft baS SolibaritätSgefühl ber beutfdjen (Stämme bem gemeinfamen geinbe gegenüber mar. 3mifd)en ber s$for$= heimer 93ürgerfdjaft unb ben $rei3truppen mar bie SBerabrebung getroffen roorben, bafj letztere bie gransofen angreifen unb bie Bürger gleichzeitig einen 5lu3fall machen follten. $erfelbe mürbe aud) alSbalb unternommen, als man in ber Stabt bie ßrete* tnippen bie 6t. ©eorgenfteige herabmarfdjieren fat). 9Wrin biefe liegen bie Bürger im Stich unb sogen fid) mieber in ben £agenfdjie(j jurüd.

s3cad) ber Einnahme ber ©tabt befahl 9K e l a c bie Sßlfittberung unb bie sJciebcrb renn ung berfelben. SBer« geben* flehten ihn auf bem SHarftplatj bie übrig gebliebenen

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$forabcim im orleans'fcben Brieae. 131

Bürger auf ihren Hnieen um ©djonung ber unglücflichen Stabt an. 9JMac roollte unb fonnte folcfye freilief) nidjt gewähren. Von Versailles aus mar nämlid) ber Vefebl an bie frangöfifdjen Heerführer ergangen, burch Verheerung ber 9itjeingegenben eine sBüftenet pifdjen bem sJteid)e unb Jranfreid) $u fdjaffen, um bas Einbringen in legeres i'anb ju oerbinbern, unb bie ©attbtten mit ben ©eneralsbüten auf bem ftopfe famen biefer Reifung nur altyu geroiffenhaft nad). Sftelac foü jmar, als bie sßfor$* beimer itm umjammerten, eine Slmoaublung uon 9tüf)rung gezeigt unb feinen Offizieren jugerufen t)aben: „Qdj glaube, baß ber teufet im ftriegSrat ju s$aris ^räftbent ift!" aber oon (Betonung mar feine 9fabe. Sun 5. 9Iuguft fperrten bie Jfrftnjofen bie £t)ore ber Stabt unb legten Jeuer in aüe bebeutenberen ©ebäube (bas (5d)loß, bas iHatbauS, bie Stabtfcfyretberci jc.), ebenfo unter alle 93rÜcfen unb 2^ore unb am 3lbenb biefeS iageS loberten bie Jlammen an nieten Orten jugleid) auf, weithin bie ©egenb beleud)tenb. 9hl« ein Seil ber ©tabt (bie Strecfe oom Slltftäbter Ztyox bi§ jur ®nj, bie 8d)lof$firche famt einigen in ber Mähe ftefjenben ©ebäuben, ebenfo baS $ominifanerflofter unb bie ©tabtfird)e) blieb oom geuer oerfdjont, weil es bem aufopfernben sJJlute einer 3tnjaf)l Bürger gelungen mar, mit SebenSgefabr burd) bie franjöftfdjen dachen ju bringen unb an mehreren Orten bas untergelegte Jeuer unb s#ufoer wegzubringen. (®o ift namentlich ben aufopfernben ^Bemühungen bes ^Bürgers 53ed)tolb bie Erhaltung ber Sd)loßfircbe zu oerbanfen.) 2)ie Vorftäbte finb oon ben Jranzofen jwar geplünbert, aber nict)t angejünbet morben.

9iaaj ber gerftörung.

die (Stabt gewährte nach bem ^bjuge ber S^njofen einen traurigen Slnblicf, benn fie bilbete eine ungeheure SBvattb« ftätte, aus ber nur fpärlidje |)äuferrefte tjeroorragten. $ic Straßen waren fo mit 8d)utt unb 3lfd)e angehäuft, baß felbft in ben oberen Seilen ber <3tabt bie Heller, welche eine $eit tong non oielen bürgern als Wohnungen benütjt mürben, ftd) mit SBaffet füllten, bas feinen 9lbfluß mehr fanb unb jeber Verfebr gehemmt mar. diejenigen Bürger, welche ftch beim 3lnrücfen ber Jranjofen geflüchtet hatten, fehrten nunmehr roieber jurücf. (3)aS Sager ber im §agenfd)iefj ftd) aufhaltenben Bürger war mehrmals ben Angriffen franjöfifdjer StreifforpS ausgefegt gemefen, rourbe aber mit bem SRute ber Verzweiflung ftetS erfolgreich oerteibigt.) On bem noch übrig gebliebeneu iKefte ber Stabt brängte fid) jetjt bie Einwof)nerfd)aft jufammen. 2Bcr

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^forgbeim im otleanS'fc&en Brieae.

feine Untertunft mehr fanb, ber erbaute fid) eine |>ütte, roo ihm gerabe bequem mar. 9Iud) auf bem OTarftpla^c ftanben mehrere folcher §ütten, benn ber ^ßlafc felbft mar in jener £eit fo jiemlid) entbehrlich, 33ei ben bamaligen 91otbauten muvbe natürlich auf Megelmäßig(eit ber ©tragen jc. nicht gefehen unb auf einige <5d)uhc 93auplat} mehr ober meniger (am garnid)t an. (Srft fpäter, als bie Bürger mieber georbneter ju bauen anfingen, rourbe auch mi* ocn v#auplätjen genauer genommen, roa3 aber ©d)roierigfciten hatte, ba bie meiften Kaufbriefe oer= brannt maren. hierauf ift roohl bie auffallenbe Unregelmäßig(ett, wie fic in einzelnen ©äffen jetjt noch ju beobad)ten ift, juriiet^ zuführen.

sJcid)t minber groß als bie Unorbnung mar bie sJtot ber Bürger unb ihrer Samilien. £anbel unb Sanbel mar oer= nidjtet unb bie <£inroohner hatten (einerlei Littel 511m Sebent unterhalt. s-Bohl sogen fdjon nach bem erften $kanbe jroei mit einem patente oerfeljenen ^Bürger aus, um milbe ©aben für bie ^Befdjäbigten in ganfl 2)eutfd)lanb einjufammeln unb fic brachten auch cme ziemlich bebeutenbe (Summe mit; aber bem burd) ben jmeiten 'öranb gefchaffenen @lenbe oermod)te biefe nidjt annähemb 311 fteigern. 3eber Bürger, ber burd; ba3 3*uer fein £au3 oerloren ()attc, erhielt eine Unterfrütjung oon nicht mehr als 10 fl., unb biefe nur bann, wenn er fid) oerbinblich machte, feinen §au3plat} mieber ju überbauen. $)ie meiften hatten aber nicht einmal baS, roaS ju beS SieibeS Nahrung unb sJcotburft erforberlid) mar unb barum jogen es UMele oor, bie ©tabt 511 oerlaffen. Unter benen, bie am ^latje blieben, ^errfc^te nidjt gerabe bie befte Orbnung. mar ein ferneres ©tüc( Arbeit, in biefes SDurdjeinanber eine einigermaßen erträgliche Orbnung 511 bringen, unb baß biefeS fdjließlid) bod) gelang, (ann ber Damaligen Stabtoerroaltung nur jum Sobe gereichen.

i)ie erfte ©orge mar unb mußte bei ben unruhigen Reiten bie S i d) e r h e i t nad) außen hin fein. $ie Xfyoxt ftanben jum £eil noch, benn fic maren burd) bie erfolgreidjen ^Bemühungen ber Bürger, ba§ oon ben Jyranjofen untergelegte s$ufoer roeg= jubringen, erhalten geblieben. Sie finb früher fdjon angeführt morben, follen h^r aber bod) im ^ufammenhang nochmals ermähnt merben. $on ber s3rö$tnger SBorftabt mar bie Sköfcinger ©äffe burd) ba§ 33röt3inger £t)or mit feinem h^h™, fdjon auS ziemlicher gerne fichtbaren finfteren $urtne getrennt; außerbem mar biefe SSorftabt burd) brei Zfyoxt gefidjert. 3n ber oberen sJ3orftabt ftanb ba§ obere ©rabentljor, in ber unteren, bei ber Sdjäferbrücfe, ba§ 8d)äfertf)or, befdjütjt burd) ben bicht babei ftehenben feften SBafferturm. jfat meftlichen (£nbe ber ©tabt befanb fid) baS .£>eilig(reu3thor, in ber sJcäl)e ber gleidjnamigen

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sEforabcim im orlean8'fd)en Staeae.

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flircfye. (Sbenfo roie ba§ 93röt}inger $f)or waren ba§ Auer (Steinbrücfer) unb Altftäbter (Altljeimer, Slltborfcr, (lutinger) gbot burd) £ürme unb ^u^rürfcn gefiebert. &ie Au befaß, mie fd)on ermähnt, biet $l)ore: 3)a§ |)illertf)or an ber oberen ©äffe, ba$ ©aud) tfjörlein unb ba3 SBronnentyor am dnbe ber Slreujgaffe. Am forgfältigften war ber 3ugana, ä"r ©tabt oon ber 9iorbfeite fjer burd) ba§ obere unb untere Sdjloßtyor unb mehrere fefte Sürme oerioafjrt gemefen. (2)ie Altftabt befaß bamate feine £l)ore mef)r.) 93on biefen Sporen waren burefy ben erften unb jroeiten SBranb ba§ Sd)loßtf)or unb ba3 Auer £t)or jerftört, roäfjrenb bie übrigen Sfjore teüroeife ftarfe 93efd)äbigung erlitten Ratten. Sie würben, fo gut bieS eben anging, roieber fyergeftellt unb befetjt. 3)ie 33ürgerfd)aft mußte immer auf ber $ut fein unb mar oerpfhdjtet, auf ein gegebenes Särmjeidjen mit ber „Aubsglocfe" (Sturmglocfe) ober mit ber Srommel in ooller SBaffenrüftung auf bem 9ttarftplatje ju erfdjeinen. (litte Anjafyl Bürger mußte jubem ftättbig unter ben Staffen fein, einmal um bie 3;f)ore ju betoadjen, fobann aud) $um Sdjufc ber auf bem gelbe befestigten dimoofjner oor ben beftänbig fjerumftreifenben 5ftarobeuren.

2)iefe s#orftd)t mar aber ntct)t allein nötig, um bie Stabt oor einem |>anbftreid) ju fdjütjen ; fte biente oielmefjr aud) ba$u, ba$ (Sntroeidjen ber Bürger aus berfelben ju oerf)inbern, oon meldjem, menn nid)t (Einfalt getrau mürbe, eine gänjlidje ©ntoölferuttg ber 3tabt ju befürdjter. mar. (£$ erging beSfyalb aud) ein fürftlidjer 93efef)l, baß sjtiemanb bie Stabt oerlaffen bürfe. $ie ^Bürgerfdjaft ließ auf biefen burd) eine Aborbttung erflären, baß fte bereit fei, bem 93efef)le nadjjufömmen, mieber s-£Bof)ttungen ju bauen, fobalb bieS gefd)et)en fönne unb in Allem ihrem dürften mit ©ut unb 93lut untertänig fein unb bleiben rnode ; sttgleid) müßte fte aber aud) bitten, Stabt unb ^ürgerfdjaft bei ir)ren alten greiljeiten ju erhalten unb ben befdjmerlidjen ^funbjoll aufzubeben, meld)' festere 35itte allerbingS feine $3erücfftd)tigung fanb.

$tei roeitem bie fcfyroerfte Arbeit mar bie Aufbringung ber oielen notroenbigen ©elber. $>a bie dinfünfte ber Stabt entmeber ganj aufgehört hatten ober nur fefjr unregelmäßig eingingen, fo mußten bie oielen außerorbentlidjen Ausgaben für bie SBieberfjerftellung ber öffentlidjen ©ebäube, Jljore u. f. m.,

ftranjofen unb bie fdjroäbifdje Sireisregierung burd) außerorbent^ lidje Umlagen gebeeft werben. $ies hielt um fo fernerer, als unter ben unausgefetjten Drangfalen unb Aufopferungen ber ©emeinfinn ber Bürger fid) abgeftumpft hatte unb jubem bie Ueberjeugung Ijerrfdjte, baß ein neuer feinblidjer (Einfall ja bod)

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sl?forabeim im orleans'fcben Jfricge

mieber alle 9lnftrengungen nirfjte madjen würbe. Die Bürger würben wiberwilüg unb weigerten fid) nidjt feiten, weitere Opfer 5u bringen. s2Us beifpielsweife jur (Srhinbigung ber Bewegungen be§ franjöfifdjen §eere§ $unbfd)after ausgefanbt unb bie Soften hierfür burdj eine Umlage gebecft werben follten, entftanb eine allgemeine Bestimmung unter ber Bürgerfdjaft. Der Kaufmann Derell erflärte gerabeju, „er gebe ben Befd)ore§mad)ern nid)tö" unb ber Bären wirt Defdjler meinte, „bie Stabt folle il)m oortjer bie 100 fl. bejahen, welche fie itjm fdjulbig fei."

jju biefen Saften famen nod) 9lnforberungen anberer 9Irt. ÜBeil ^forjljeim im Bergleid) ju anberen Stäbten nod) glücflid) fdjien, ba es nid)t oon ©runb aus jerftört warben war, wie Durlad), fo fiel auf basfelbe aud) ber größte Deil ber öffentlichen Abgaben, weldje bie untere 9flarfgraffd)aft ju tragen fyatte. (<3o würbe ber ©tabt u. a. zugemutet, nebft bem 5lmte 56 fl. jur Unterftütyung bes in franjöftfdjer ©efangen- fd)aft ju ^Ijilippsburg fitjenben Unteroogtes ©djeib unb bes Durladjer Bürgermeifters s-ßMtb $u bejahen, wogegen aber ber (Stabtrat Berwafyrung einlegte.) Das Durladjer ©umnaftum würbe au§ äl)nlid)en ©rünben r)ierljcx* in ba§ oom Branbe oerfd)ont gebliebene s}kebigerflofter oerlegt, beffen s3ftönd)$3ellen &u Sdjuljimmern eingerichtet würben. (Den 13. 9Jcarj 1690 erfolgte bie Eröffnung bes Unterrichts mit 60 Sd)ülern, beren 3a\)l im folgenben 3ab« nad) @rrid)tiing einer weiteren klaffe auf 150 flieg.)

Der franjöfifdje Befehlshaber, ©eneral Dura?, t)atte in (Erfahrung gebracht, bajj bie ^forjbeimcr Befeftigungen wieber in Stanb gefegt worben feien unb oerlangte bestjalb oon ber Bürgerfdjaft bie uollftänbige 3d)leifuug berfelben. s2lud) follten bie Stabtmauern teilweife niebergelegt unb bie (Kraben aufgefüllt werben. (Snblid) begnügte er flog bod) auf erhobene Borftellung mit ber JJorberung, bafj bie oon ben Sranjofen oor bem Brötyinger Dfwre, ber 5lu unb bei ber Cbermüt)le angelegten SBäüe unb $atlifaben abzutragen feien, was aud) gefdjal), aber natürlich erneute Befd)werben unb Musgaben oerurfad)te.

(£s famen überhaupt wieber fdjümme Reiten. SJlitte Siooember 1689 oerbreitete fid) ba* ®erüd)t, bafj bie 3tabt in bem beoorftebenben Sinter eine ftarfe C^arnifon erhalten werbe. Sdjrecfen unb Beftürjung oerbreitete fid) unter bie Bürgerfdjaft. Der Bürgermeifter 3of)ann ^afob Deimling erflärte in ber Watsfitjung bie 5lufnal)me einer Befa^ung für rein unmöglid). Die 8tabt fei nid)t nur burcf) bie jwei oorausgegangenen Branbe faß gänjlid) in 2(fd)e gelegt worben, aud) bie Ginmobner I)abe ber ftrieg um Befth unb Ölabrung gebradjt. 3n einer biesbesüg* lidjen Eingabe an bie Regierung würbe barauf f)ingewiefen, baß

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bie roenigften ©inmobner über 9tad)t ba§ liebe SBrob im £aufe hätten. $ie Käufer feien bergeftalt mit dinmohnern überfüllt, ba& fein ^lafc uorhanben, 3«na»b weiter unterzubringen; jubem mürbe fdjon unmöglich fallen, nur ba§ Nötige an |>olz unb #id)tern für bie SBadjen beijufdjaffen, meil bie baju erforberlidjeu Littel roeber bei ber Stabt, nod) bei ber 53ürgerfd)aft anzutreffen feien. 3)ie 5lntroort auf biefe beroegliche Sßorftellnng mar ein fürftlidjer 33cfct)t, ftd) jur (Einquartierung einiger hnnbert Sftann bereit $u tjalten, unb biefem 33efet)l auf bem 3u|e folgten bie Dorläufigen 9Inorbnungen bes OberfriegS-^ommiffariuS .frölber.

$en 10. (20.) Wouember jagen 200 9ftann ßretetruppen unter einem Hauptmann o. £agen in bie Stabt ein. Sie tarnen jroar als Jfreunbe, aber beffen ungeachtet trat ihr Slommanbant red)t rücffid)t§lo§ auf. Üt oerlangte fogleid) bie Räumung ber Stabtmauern, bie (Errichtung oon 3Öacbtbäufern, bie Verfdjanzung be§ Schleif tboreS u. f. ro., ebenfo "ßallifaben an oerfdjiebenen Orten. $)a$ oort)anbene (Selb reidjte aber niri)t einmal bin, um nur ba§ allernotmenbigfte anzufdjaffen. 9Han mußte feinen anberen föat, als einen SBeggelbftocf aufzufdjlieften, ber 2fi % 25 fr. enthielt. 3)ie auf bie Bürger umgelegten $rieg§gelber gingen nid)t ein, meil bie Bürger nid)t bezahlen fonnten. 9lud) bie (Srefution fruchtete nid)t$, fobafe fid) ber Stabtrat fd)liefjlid) 51t bem harten Schritte genötigt fal), bem $ruppenfommanbanten um militärifct)c (Srefution zu erfudjen.

(Enbe Dezember rücfte eine neue © a r n i f 0 n in Pforzheim unter bem ßommanbo be§ Cberften s]ktffn ein. Setjterer nahm Cuartier bei SJäremoirt $)efd)ler, ber möd)eutltd) ein fUafter Brennholz ertra bafür erhielt. $a(ff9'6 Gruppen, zu meieren fpäter nod) eine Abteilung .fmfaren fid) gefeilte, brüdten Pforzheim baS ganze 3<ibr 1090 binburd) fel)r f)avt. $mar follte nad) Ärets- befdjlufj 2lug3burg bie ©arnifon unterhalten unb Pforzheim ihr nur Unterfunft gewähren ; aber ba3 reiche Augsburg fam feiner Verpflichtung nicht nad) unb fo fiel bie ganze Safl ber (Siu= quartierung auf ba£ arme ausgefogene Pforzheim. 2)azu mareu noch fovtbauernb $rieg3gelber an bie Jyranzofen )U entrichten, bie faft jebesmal mit militärifdjer (Erefution eingezogen merben mußten. Pforzheim hatte zwar eine beutfdje ©efafeung, aber bem 3rinDC mar trotjbem nod) tributpflichtig. 4>en ganzen Jammer ber bamaligen ^uftänbe d)arafterifiert bie eine -tr)atfad)e.

Um ba§3Jtaß bes Ungemaches oollzu machen, trat zu Anfang bes Jahres 1 690 ein (Eisgang mit oerheerenber Ue b e r f d) m e m m u n g ein, moburd) bie 9luer "Örücfe gänzlid) ^erftdrt mürbe, ebenfo teilmeife bie 3Htftabter 33rütfe, aud) bie $ämme unb v-JBohre bebeutenbe Schaben erlitten. 2)ie zur SBieberherfteUung nötigen

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Worpheim im orlean§'fd)en Rricae.

Soften aufjubringen, fiel bev 'Mrgerfdjaft bod) ju fdjroer unb ber Stabtrat griff batjer ju einem, für jene $eit ganj außer- orbentlidjen Littel. $>ie feiger von außergeiüöf)nlid)en Abgaben befreit gemefenen abeligen sßerfonen, Staatsbiener unb 3uben mürben ftu ben Umlagen herangezogen unb bie 3nben mußten Einquartierung aufnehmen. §ierburd) entftanben 5ftißbeüigfeiten, Die nod) oermebrt mürben, ales in ber sJJtitte be$ ifabre^ bie SJte^gerjuuft fid) bartnäcfig roeigerte, bie „ertraorbinären Äriegs- gelber" (*m johlen unb aud) bie $3ürgerfd)aft fdjmierig ju merben begann. Enbe 35ejember fam sJOlarfgraf $riebrid) 5ftagnu$ hierher, an beffen ^öefud) bie bebrängte Einmobnerfd)aft mandjerlet Hoffnungen fnüofte, bie inbeffen md)t in Erfüllung gingen.

Zweite @inuaf)me sJ*for$hcim$.

2)as ^ai)x 1690 mar aber nod) erträglich im ^ergleid) ill ben f ommenben & r i e g $ j a h r e n. fiebere rafften ben ^Pforj* heimern meg, ma§ ihnen biö jetyt nod) uerblieben mar. $)ie ?fianjofen festen im Quti 1691 mit großer ßeereSmadjt bei sJ$bWüft*burg bell 9^l)ein unb marfdjierten oon ©raben fjer in ber iHidjtung gegen sßforjbeim unb Stuttgart. 33ei Annäherung befc SeinbeS flob in sPforflfjeim, mer fliehen fonnte, unter 3ftit- nabme ber beften £>abe. 3Iber oiele bei* Alüdjtlinge mürben vjox ber Stabt oon ben fdjnell anrüefenben Sran^ofen ergriffen unb beraubt. 3n ^for^eim fommanbierte ein ©raf v. Jürftenberg, ber einige ljunbert Wann fdpäbifdjer Hreisftruüoen unter feinem befehle hatte. Er mad)te einen SluBfall auf ben SBortrab ber ftranjofen, tötete bemfelben einige Sttann unb erbeutete 35 Sßferbe. Tie Jeinbe jogen nun aber ba§ ©efd)üfc tyvan unb richteten ein heftiges Jeuer auf bie Stabt, meldjeS nur au§ einigen fleinen Stücfen ermibert merben tonnte. Wad)bem 33refd)C in bie Sttauer gelegt mar, bot {Jürftenberg bie Uebergabe ber Stabt gegen freien Slbjug ber ©arnifon an. vJBäbrenb ber lluterf)anblung fam vJiad)rid)t oon bem Cberften s$alffi), baß er am fommenben Jage mit -1000 Wann ber Stabt ju $ilfe fommen roerbe, menn biefe fid) fo lauge halten fönne. $3efat}ung unb 93ürgerfd)aft faßten mieber frifeben Wut. s.8on ben bürgern maren einige fogar fo gehobener Stimmung, baß fie bie folgenfcbmere Dummheit begingen, auf einen franjöfifdjen Unterbänbler ju fdjießen. 9hir ftu fdpteU füllte fid) bie frohe .jpoffnung in belle ^erjroeiflung uermanbeln.

Tie £>iff Struppen erfd)ieuen mobl am miberen Jage, aber in einem meit geringeren, als ber angegebenen ©tärfe ; fic mürben oon ben jrünjofen im ®eftd)tsfelbe ber 93efaljung

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i<ioiaf)eim im otleauö'fcbcn Slricac

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angegriffen unb ,}urücfgefd)lagen. $a an (Sntfat} nun nidjt metjr flu benfeu war, fo übergab Jyürftenberg ©tabt unb ©arnifon. Schiere rourbe mit ben ooruetjmften bürgern, bic mau in Stetten legte, nad) Jranfreid) abgeführt.*) 2)er ©raf u. Jürftenberg mürbe bis; auf baS £emb auSgeplüubert unb nid)t oiet beffer erging es ber unglücflidjen ÖÜrgetföaft $ie beutegierigen Horben raubten, maS 511 rauben mar unb liefjen, mie man 5U fagen pflegt, nid)ts liegen als 9Jtüf)lfteine unb glüfjenbes ©ifen. 3)ie Jranjofen nahmen aud), mie fie bies anberSmo ebenfalls traten, bie £ird)englotfen mit, fo bie oier ©locfen ber 9Iltftäbter Slird)e, nad)bem fie fdjon jmei iafyxt uorljer bas> ©eläute ber 93arfü§er* unb Stabtfird)e geraubt bitten. diesmal mar es mobl aud), bafc bie ©ruft ber Sd)lofjfird)e erbrodjen unb bie jinnernen Särge berfelben 3erfd)lagen mürben.

Sange f^ielt ftcr) bas mititärifd) organifierte SRaubgefmbel t)ier nidjt auf, meil es bem franjöfifdjen 93efef)lSbaber barum ju tbun mar, rafd) nad) Stuttgart umzubringen. ©s blieb in ^fürjbeim menigftens ein fleiner Vorrat r>ou s3flef)l unb SBein übrig, aber bas mar aud) alles. Äurj uodjer Ratten bie Bürger il)re oor bem jmeiten Traube glücflid) geretteten |>abfeligfeiten, meldje fie in anberen Stäbten untergebracht batten, mieber gebolt, unb jetjt fal/en fte fid) aud) biefer beraubt. $ie ^Beuölferung nal)m abermals rafd) ab, benn laxem ^mcinh batte nod) ein 3ntereffe, in ber auSgeplüuberten, fortmälivenben £>eunfud)ungen ausgefet3ten Stabt &U roobneu. 3)as von $urlad) nad) si$for$f)eim oerlegte ©umnafium mürbe mieber aufgelöft unb bie Sefjrer besfelben fud)ten im Sluslanbe eine neue ©riftenj.

Weitere ^raugfalc.

55ei $forabeims Sage an einer .frauptuerbinbungsftrafH' ift es erflärlid), bafj bie Stabt uiel unter 2rupuenburd)5ügen unb Einquartierungen ju leiben tjatte, mie ja aud) %<lünberung unb 93erroüftung fid) mieberbolten, fo insbefonbere im iafyct 1692.

3)ie Bürger, meiere fict) nad) ber Einnahme ^for^eiins im 93orjaf)re jerftreut batten, fammelteu fid) nun aümälig mieber. So flein ihre 3flbl aud) mar, fo ift es bod) faß unbegreiflich mie fie nur ibren l'ebensunterbalt ju beftreiten oermodjten, ba allentbalben NJlot unb ©leub herrfdjten. $n einem id)reienben ^ftißoerbältniS ^ter^u ftanbeu bie © et b f 0 rb e t u n g ett, meldje aud) in biefem 3abre au bie ©ürgeridjaft geftellt mürben. Tie

*) Siele unter tljucn mürben nact)t»cr unter feie franwfiubeu luippen geftedt unb mußten mit biefen tut fpantfdjen (rrbfülgcfricct fampfen.

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Uforabcim im orleanS'fdjcn ftriene.

Summe bev j\u jaljlenben frauaöfifdjen Kontribution für 1692 betrug 838 fl. ;]ux terüftung oon 3 Leitern, 3 Dragonern*) uub 24 3nfanteriftcn, bie oou ber Stabt s^forjt)eim $u [teilen waren, mußte bie Stabt 410 fl. bejahten.**) 3)aju famen nod) bie Unterbaltung3foften für bie ju Strasburg in ber ©efangem fd)aft befinblidjen Bürger, weldjen für biefeS 3af)r 200 fl. jugefanbt mürben.

3m September 1092 brad) mieberum ba§ Kriegswetter über ^forsbeim los\ 2)ie Jranjofen waren unter ber s3lnfübruug be3 $>erjog$ oon üorgeS bei s£f)ilippSburg, it)rem gewohnten UebergangSort, neuerbingö über ben sJtfjein gebrungen, um in Sdjwaben einzufallen. General (£bamilh) jog mit einem Seil beS .<peere§ oorau§ unb rüctte rafd) oor ^forj^eim, ba3 er obue TOifje einnahm, nadjbem bie JJranaofen an mebreren Orten bie Stabtmauern gefprengt bejm. unterminiert Ratten.

$ er 2lbminiftrator oon Württemberg, ^er^og Jriebrid) 51 a r l , oereinigte bie tym jur Verfügung fte|enben 4000 9ftann faiferltdjer unb roürttembergifdjer Gruppen bei Bretten mit ben unter feinem trüber Submig unb bem banerifdjen ©eneral Söget ftetjenben Streitfragen unb bejog bei Oeti§beim, unmeit 9Jiaulbronn, in fefyr oorteilfjafter Stellung, ein fefte§ £ager. %H aber bie S^önjofen oorrüeften, glaubte er mit feinen fdjwadjen, meift au3 neuangemorbenen Seilten beftet)enben Gruppen bem fteinbe ntd;t gewadjfeu )u fein unb befd)lofj beStjalb einen „anftänbigen Würflig", ^evfelbc artete aber in eine feljr unanftänbige Jlucht aus«, faum ba§ fid) bie Jyranjofen auf cincr gegenüberliegenben 2(nf)öbe Ratten bliefen laffen. 3mar gelang est bem #erjog, etwa 2000 SRaim p Steben ju bringen, aber nur für furje Seit. Soll ben Seinen fdjmä'blid) im Stidje gelaffen, mußte fid) tfriebrid) Karl ben it>n umringenben feinblidjen Dragonern gefangen geben ; ein gleid)es Sdncfial batte ©eneral Soner. £en ringen l'ubmig rettete nur fein türfifdjer Liener, bev bem 5yran$ofen, ber fdjon be* ^riujen s$ferb am 3u9ci genommen batte, ben Kopf fpaltete. 3>urd) biefeS furje, fläglidje Stoffen bei Oetisbeim***) am 17. September 1092 oerloren bie ®eutfd)en 50 2ote, 100 (befangene unb 5 Jaljnen.

sJhinmel)r oerbreiteten fid) bie Jynmsofen in ber ganzen Umgegenb unb wüteten mit brennen unb ^lünbern in Stäbten unb Dörfern. $k>m 18. bis 24. September mürben Oeti^tjeim,

*) Unter traaoner uerftanb man früher berittene "vnfanteriften. **) Irin Leiter foftetc tuimal* 180 fl.. ein Sraqoner 120 fl. unb ein ^nfanterijt £0 fl.

***> i.'üttl)ammvi unb mit ihm ^fluoier, berietet oon einein Wefcdjt „l)ier, bei ^forjtyeim", roas tnbeffen unrichtig ift, ba bei Cetisljeün tjefd>lagen rourbe.

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i^orabeim im orlcanS'fcben Stiefle.

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3Rüf)(acfer, 3üingen, Vaihingen, Neuenbürg imb Siebenjell au^= geplünbert, (£alm, $irfau mit beut Mofter unb bem fürftlidjen Sd)loß, ^aoelftetii, fomie ftnittliugeu eingeäfdjert. mürben 400, in Stnittlingen 130 ©ebäube burd) Jyeuer jerftört. 2luf mehr als 100 ifitoaen füllen bie Sranjofen bie Statte fortgefdjleppt haben, roobei ju bebenten ift, baß fie nur mertuolle 5)inge mitnahmen.

2)en sJ3fürjf)eimern erging es aud)' fd)limm genug. 4Bas

E:üt)ere $)ränbe uerfdjont liegen, mürbe je^t ooUeubs ein SRaub er 3lammen. Diesmal oernidjtete baS uerljeerenbe (Clement and) bie bi§l)er flehen gebliebene öröfeinger 93orftabt, foroie bie 9lue, ebenfo ben 1689 geretteten oftlidjen ^eil ber Stabt, nebft ber Stabtfirdje. 9lud) eine beenge ber fd)nell Eingebauten iBobn- bütten nahm baS %txm mieber meg.

9kd)bem fid) bie Jranjofen ben 8. (18.) Oftober mieber aus ber ©egenb entfernt hatten, fehlten bie Bürger, meldjc bei ber Annäherung bes geinbeS abermals bie 3lud)t ergriffen hatten, §u ibren Sajuttljäufen juriief unb bauUn fiel) mieberum Kütten. ^for5f)eim bot nad) ber 8d)ilberung eine§ Augenzeugen einen traurigen Anblirf. „3n ber ganzen 3tabt fal) man nur raud)enbe krümmer, unb aus biefen ragten bie nod) ftebeuben, aber 511m Deil ibrer Dünne beraubten, fdjmucflofen ßirdjen büfter empor. (Sine s3Jcenge £)änbe waren befd)äftigt, aus ben Schutthaufen bas nod) erbaltene fmusgerät berausftufudjen. Auf bem durfte, cor ben ^Bäcferläben [tauben bie ftinber baufeumeife unb fdjrieen um 33rob, unb bie Bürger liefen ängftlid) umher, balb ba, balb bort um .ftilfe anfpreebenb." (£s mürbe fein Watstag unb feine AmtSfifcung mehr abgehalten unb im Sftatfc protofoll finbet fid) bie "öemerfung, baß burd) bie jüngft erlittenen „Droublen" alle? mieber in Äonfufton geraten fei.

Damit nict)t genug, fam balb nad) bem s#ranbc ein Befehl bes fran^öfifeben ftommanbanten ju 3traßburg, baß ^forjbetm für bas ^jabr 1693 an Kontribution 400 fteid)Stbaler jablcn unb bamit innerhalb 14 Dagen beginnen folle. Die$3ürger mußten mit bem Wefte ihre? bemeglid)en Eigentumes tjaufieren geben, um mit bem Erlöfe bie ftriegsgelber entrid)ten )U fönneu.

9iid)t lange genoffen bie Bürger bie traurige Jyreube, mieber in ihren Käufern unb .(Mitten flu mohuen. Eine franjöfifdje .£>eereSabteiluug unter ©encral SWolmeaui nahm Quartier in ber 3tabt, mie auch bie gan^e Umgegenb oon ben Jyran^ofen befetjt mar. Die Bürger hatten $raar oorher fd)on für bie Erlangung einer 3d)u^mad)e bebeutenbe Cpfer gebradjt, aber nur fooiel erreicht, baß nid)t attermal« ihre Wohnungen nieber* gebrannt mürben, s-8on ber ^lünberung bagegen, bie im ^uli 1693 oorgenommen mürbe, blieben fie nicht uerfd)ont. Die

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i<forabetm im orlcanfc'fcbcn tfriecte.

Gruppen, roeldje in ber Stabt unb bcrcn Umgebung tagen, Ratten faft alle Lebensmittel aufgejetyrt unb ba ber Jelbbau gänjlid) baruicberlag, fo entftanb ein f)öd)ft empfinblidjer ^rucbtmangel, bev eine allgemeine vntmertimg beS ©runb unb 'ÖobenS jur Solge tjatte. $>ie Bürger traten ifyre vierter für bie auf benfelben ruljenben Slriegsfteuern an anbere ab ober gaben fie fonft um eine ftleinigteit f)in. So mürben 9 SJlorgen Siefer für 24 fl. unb 3 9Jcorgen SBiefen für 25 fl. oerpfänoet. 2)ie Salbungen ftanben nidjt. beffer im greife: 1'/« borgen 2Öalb im SBeorid) am fog. 33ürgerroälbd)en 9 fl. 14 fr., 6 borgen @icf)en= unb Saunenroalb ebenbafelbft 32 fl.

2)ie Ülot jroang oiele ^Bürger, bie 6tabt mieber ju oerlaffen. Slnbere gelten ficr) in ben umliegenben 2Balbortcn oerborgen. Raum ber uierte Seil ber früheren SJeoölferung mar @nbc 1693 nod) ortSanroefenb. 2Bie Qofyn flangen unter folgen Umftänben bie an bie 93ürgerfd)aft gepellten Sorberungen, meiere mitunter red)t anmaßenber 3lrt roaren. 3)ie Wienerin eines franjöfifdjen pntenbanten 511 Strasburg mar fyier längere -Seit an einem 93einbrud)e franf gelegen. $te Stabt mußte nicr)t nur bie Rurfoften tragen, fonbern bem grauenjimmer aud) nod) 9teifegelb nad) Strasburg oerabfolgen. ÖetjtereS mußte, roeit in ber Stabtfaffe nid)tS enthalten mar, erft bei ben bürgern einge$ogen werben. Um einer franjöfifdjen SJtagb bie befohlenen Weifemittel $u oerfdjaffen, mürben bie barbenben ^Bürger ejrefutiert! 2lud) bie marfgräflid)e Regierung jeigte ftd) unoerftänbig in ibren S^rberungen. Um bem franjöfifdjen ftommanbanten oon ^Ijilippsburg bei guter Saune ju erhalten, mollten fie bemfelben ein ^ferb fdjenfen unb f)ier$u mußten bie ^forjbeimer 42 fl. geben.

Slud) fd)ioäbifd)e RreiStruppen lagen einmal im 5luguft, als bie granjofen abgezogen maren, in unferer Stabt. Sie maren aber md)t nur läftig, fonbern aud) unnü$, benn fo oft bie ftranjofen ftd) s^for^eim näberten, mürbe basfelbe oon ben tapferen ftreisfolbaten geräumt.

^115 3af)r 1094 braute ebenfalls; feine «efferung. SBäfjrenb bemfelben lag f)ier baS ^urladj'fdje Regiment, ebenfo roaren Abteilungen bes fürftenberg'fdjen, fomie beS born'fdjen SKegimentS einquartiert unb außerbem nod) 9flannfd)aften bes RreisregimentS. 3>iefe befreunbeten Gruppen betrugen fid) nidjt oiel beffer, roie bie Jyranjofen, fobaß fid) bie ^ürgerfdjaft oeranlaßt faf), Rlage über fie ju führen. JJn ber betreffenben Gingabe fyeißt es u. a., baß ein Lieutenant oteef 00m b^rn'fdjen Regiment einige Bürger bereits hart geprügelt unb fie franjöfifdje Spione genannt tjabe; baf? aus Langel an ftafernen bie Bürger bie Solbaten in ibren eigenen Stuben liegen laffen müßten, roooon beibe Seile erfranften, unb

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^forjbctm im orlcang'irfKn Rricqe

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bog ferner bie Offiziere bie Solbaten nad) belieben einquartierten, roa§ bod) bie granjofen nid)t einmal getfjan hätten.

$)ie ©elblieferungen an bie granjofen unb ben fd)mäbifd)en Streik bauerten fort. Unter ben auftevorbentltchcn Lieferungen maren bie fog. ÜJMac'f djen gouragegelber, bie im (9runbe genommen nur jur 33ereid)erung ber sßriuatfaffe sJWelac'$ bienten. Unb ba bod) einmal au&erorbentlichc gorberungen an ber £age§orbnung roaren, fo mollte aud) bie babifdje Regierung nid)t jurücf bleiben. Sie erlief} ben Söefefjl, baf? oon ben biefigen bürgern außer bem gemöf)nlid)en Ahnten aud) ber „SDrcifjtgftc" geliefert roerben follte. $)iefe Abgabe rourbe in ©elb oermanbelt unb bafür bie Summe oon 600 fl. oerlangt. Später erfolgte bie £erabfet}ung berfelben auf 200 fl. unter ber $3ebingung, bajj ledere ohne jeben 35er jug geliefert roerbe. 2>ie geforderten 200 fl. mürben beSfmlb oon ben »ermöglichen bürgern einge* jogen unb erft nachträglich umgelegt.

t\c legten Mrica^citcu.

3 m SJfonat 3Jlai 1695 näherte fid) bie franjöfifcbe 2lrmee unter OTarfc^aU be fiorges mieber unferer ©egenb unb lagerte bei 93rud)fal. 3)ie bebrohlidje Wäfje bes geinbc§ oeranlafjtc mieber eine allgemeine gludjt unb, ma« mit berfelben unjertrennlid) mar, neue Skrlufte. $od) fonnten bie Bürger sMik Ouni mieber in it)rc 2Bot)nungen jurüeffehren. (£$ miebert)olten fid) inbeffen balb bie klagen über bie in ber Stabt liegenben Streik truppen unter Hauptmann Slrummbaar, ber ben bürgern ohne roeitereS if)r sBalb^olj megnehmen ließ. 2Bie mandierlei )Md- fid)ten genommen merben mußten, gebt baraust hercor, bafj bie ©tobt bem franjöfifchen Äommanbanten oon ^fnlipp^burg „ein gut dffen goreüen" überfanbte, um bei ibm gut Setter ju machen.

sIHit bem ^afyxe 1 695 W*% l) ä r t e ft e Seiben$$eit ber s?forjl)eimer im orlean^'f djen Kriege. 3)ie 9cot ber ^Bürger mar jroar immer nod) groß unb ftriegSlaften Ratten fie aud) ferner ju tragen ; aber fie fonnten bod) roenigftens nun in ihren Kütten mohnen, ohne 93ranb unb ^lünberung preisgegeben *u fein.

(Sin im 3flai 1696 befürchteter, jebod) nid)t 511 Staube gefommener, abermaliger Uebergang ber granjofen über ben i)if)ein hatte jur golge, bafc ber Äommanbant in ^hjlipp^uvg abermals mit einer „Verehrung" feiten^ ber Stabt bebad)t mürbe. $n bem SHatSprotofoll finbet fid) hierüber nad)ftebenber Eintrag: „§err 93ürgermeifter .^erbfter proponirt, fene befannt, bafj bie Stabt erft nur einen einjigen Dermin an ber

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Worabeim im ortcan§'fd)cn Stricac.

biefjjäbrigen fran^dftfc^en (Kontribution geliefert, inbem bie lefct überfd)icftcn 100 sJUhlr. vor bas geforberte gouragegelb ange-- nommen morben ; weiten es nun oerlaute, ob foüte bie franjöjtfige silrmee bieffeits Wbcins geben, unb belegen einig ©efafjr 31t beforgen, als moltte er oernebmen, ob niefjt ratbfam unb nötl)ig fenn mürbe, bei) Ueberfd)itfung eines Stücf (#elbs uff s)lbfd)lag ber (Kontribution auef) jugleid) bem §errn (Kommanbanten unb (Kommiffarto 511 ^bilipp^burg etroaS oon Forellen unb ©runbetn in bie $üd)e ju id)icfen. {Herauf ift bei gebaltener Umbfrage bal)in einbettig ootirt morben, bafj man feine 3eit uerlieren fotle, fo oiel möglirf) uff 2ibfd)lag ber (Kontribution nadjer sJ$bilipp3burg unb pgleid) eine gute traget ©runbel unb Joreüen ju überforden."

Seit Staffing bes Rabies 1696 mürben burd) ben ganjen £>agenf djiefj ißerbaulinieu angelegt, ebenfo im Äalltjarbt. 3m $>obberg allein mürben 1230 Stücf ^aüifaben gebaueu.

Unter ben aufterorbentlid)en ©elbern, meld)e ^for^beim in ben 3at)ren 1696 unb 1697 jabten mufjte, befanben fid): 500 ft. „$3eif)ilfsgelbeu bev unteren sJ«arfgraffd)aft" an bie babtfdje Regierung, 631 fl. 30 fr. ^ouragegelber an bie Jranjofen, 128 ft. 30 fr. {mbevgelb an btefelbcn, fobann eine sJ)ienge oon Auslagen für bie StreiStruppen unb aujjerbem $erpflegung3gelber für ausmärtige ©arnijonen, j. für bie bamals in SWenjingen unb J$let)ingen liegenben .^ufaren.

(Knblid) fam eS )U bem taugerfebnten grieben. Spanien, £oltanb unb oauonen fd)loffen bcnfelben mit ftranfreid) am 30. September 1697 unb am 30. Oftober traten $aifer unb sJieid) itjm bei. 2)uvd) biefen ^rieben, ben man ben Jrieben ju 9ü)Smicf nennt, meil er auf Sdjtofj Wnsmitf in $aag oereinbart mürbe, muffte bas flteid) Strasburg unb bie reunierten Crte ben Jranjofen übertafjen, mäfjvenb biefe bie gemad)ten (Sroberungen (s^biltpp§burg, fteljl, ^reiburg, 5lltbretfad) x.) jurüefgaben.*) 3n 2)eutfd)lanb beftanb ber ftrieg in ber .frauptfadje au§ meebfet- feittgen ßin« unb .£)ermärfd)en, mobei $mar menig gefebtagen, aber im Sengen unb ^lünbem um fo ©röfjeres geleiftet mürbe, mebr mie im 30jäbtigen ftriege.

Cürft nad) bem ^rieben tonnten mteber ernfte S-Berfud)e jur (K r n e u e r u n g ber in alten Seilen $erftörten f rüberen C r b n u n g gemadjt mevben. 9lud) in ^fovjbeim mad)te fid) eine rege IbÄtigfeit geltenb. $ie meggejogenen Bürger famtnefteu fid)

*) fiffflget nennt in feiner Gtyroitt! aud) (inglanb unter ben frieg^ füljrenben 9Jlad)tcn, aber mit llnredjt. Ifnglanb Ijat fid) an beut orleanö'fdjen Kriege nid)t beteiligt, irbenfo ift ein ' Irrtum ^flüQer'ö, roemt er fagt, ünbmig XIV. fei bnrd) ben ^rieben 511 Mnoiuitf gelungen morben, alle reunierten Crte an £eutfd)(anb utrttrfM'geben. £aS birefte Gegenteil ift ber JaU'

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^ßforjbeim im orteanS'fc&en fixiere. 143

roieber unb begannen mit bem Aufbau ber jerftörten $öof)nftätten. $ie Strafjen, meiere nod) oon 1692 her ooller 6d)utt tagen, würben gereinigt, fobaft bev Sßerfebr aud) roieber ermöglicht roar.

SRühmlid) ^enjorjutjeben ift unter ben 33eftrebungen beS bamaligen 6tabtrat3 beffen Jürforge für ba§ <3d)ulroef en. 3113 bei bem faft oölligen sJ3erfiegen aller ^Quellen ber ftäbtifdjen (Sinfünfte ben fiehrem irjre ©ehalte ntctjt mehr Ratten ausbezahlt roerben fönnen, oereinigte man bie beiben beftefjenben Bürger- jd)ulen, ba ber SJefud) berfelben obnebies in jenen Reiten ber s3iot ein geringer roar. $aum aber fjatte man aud) nur einige Hoffnung auf SBefferung ber 3"Pnbe, al§ ber Stabtrat fd)on (Sluguft 169G) in einer (Eingabe bie 9lufmerffamfeit ber "Beljörbe auf ba§ <5d)ulroefen lenfte. $)ie Schulen feien feit bem Traube oon 1692 fo fd)led)t beftellt, baß bie ©djuljugenb unoerantroortlid) oerfäumt roerbe, „unb ba§ rül)re jum Seil bafjer, bafj feine wöchentlichen Söifitationen ober ©yamina mehr gehalten roürbeu". 3m Sflai 1697, alfo nod) oor bem JriebenSfdjluffe, fd)luq ber «Stabtrat bem bamal§ al§ pofprebiger bei bem marfgräfÜdjen

f'ofc in 93afel fid) aufhaltenben Superintenbenten aflattbäusi ammerer (früherer Special in ^for^eim) oor, bie bisher oereinigte #naben= unb 9Häbd)enfd)ule zu trennen, roeldje Trennung aud) bereit« im 3uli oorgenommen rourbe.

SDie Regierung liefj e3 fid) gleidjfalls angelegen fein, helfenb unb förbernb einzugreifen, befonbers feitbem Sftarfgraf griebrid) SttagnuS, ber feit 1688 fid) ftänbig in "Bafel aufgehalten, in fein Sanb aurücfgefefyrt roar. $lufjer mehrfachen SBauinftruftionen , roeldje ben 3n>ecf Ratten, eine allzugroße Unregelmäfjigfeit in ber Bauart ju oerbinbern, erfdjieneit aud) mehrere, ba§ Sbgabenroef en regelnbe sJ3crorbnungen, f obafj bie "Bürger roenigften« roieber roufjten, rooran fie roaren. 3*mKd) wir nod) unenblid) oiel ju tljun. 3mmcr n°d) lagen Gruppen in sVfor(^ heim unb bie rütfftä'nbigen Gablungen mufjten nod) gelciftet roerben. ©o rar baS (Selb roar, fo rar roaren aud) bie Lebens- mittel, bie fefjr fyod) im greife ftanben, ba in ben Kriegsjabren ber 5Jelbbau fpärlid) betrieben roorben roar.

SJlärz 1698 erging ber fürftlidje sBefef)l, ein SB e r z e i d) n i $ fämtlid)er Bürger, foroohl berer, bie fid) oor bem Kriege rjtev befunben Ratten, al§ berjenigen, roeldje nach bemfelben nod) übrig roaren, aufstellen unb bie £obesart ber Verdorbenen beizufügen. sJcad) biefer im 3lpril 1698 gefertigten Lifte beftanb bie SBürgerfdjaft oor bem Kriege au£ 548 9ftann. Von biefen ftarben roäbrenb beS ftriege$ burd) Rranfljett, junger unb geinbe§hanb 226 ; nad) auSroärtS befanben fid) 28 unb oerjd)oUen

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144 <Bforabetm im otleanS'fc&en ffricpe.

waren 27.*) (£2; befanbcn fid) alfo nad) bem Kriege nicf)t meljr rote 207 Bürger, mo^u nod) «41) ftinber fowol)l bcv oerftorbetten, al§ attd) ber nod) lebettben Bürger famen. Wcd)ttct matt 511 bicfer 3al)l nod) ebenfooiel (Sljefrauen, als fid) ^Bürger biet* befanbcn, fowie 200 3Bitroen nnb bajut nod) 200 (Sefellcn, 3)ienftboten ic. nebft 200 Seelen oon binterfäftigen Samilten, fo ergiebt fid) eine oeden^abl oon 1700, toeldje bis j^uni beginn bes 18. 3al)t$unbert3 auf 2000 ftieg.

2>er sSeoölt'erungsrücfgang unb bie Verarmung waren tnbeffen ntdjt bte einzigen folgen bes Kriege*. '•Und) ©etft nnb Gtjaraftcr ber ^for^beimer s33ürgerfd)aft erfuhren eine Umgeftaltung, nid)t minber ba£ gefamte ftäbtifdje üffiefen. Seit 3al)rl)unberten war ^for^eim oon ben sJJtarfgrafett oon s8aben beoor^ugt nnb mit ^rioilegien auegeftattet worben, aus welken fid) mit ber {Jett eine (abgefeben oon ber £anbe3oberbobett) ben $ieid)sftäbten älmlidje 93erfaffuttg berausbilbete. 3Mefe 93er- faffung mit ibren ^rioilegien bilbete gleid)fam ben 3)littelpunft bes offentlidjeu ^for^eimer ^ebett3 unb aüe ©ebanfen unb SBeftrebungen waren auf ihre (£rbaltung gerichtet. $er 3roang ber 9tot tjattc aber wäfjrenb be* ftriegeSbie Regierung wiebertjolt oeranlafjt, an bie Stabt tforberungen $u [teilen, welche mit ben oerbrieften Wedjteu ber Stabt aber nid)t im dinflange ftanben. siöobt oroteftierten bie ^Bürger jebeämal : fic mußten fid) jebod) in bas Unabänberlid)e fügen, aber fie fonnten ftd) in bie ©djmälerung ifjrer s}?rioilegien tiie finben. 2)ie 9leuorbnung aller £tnge, bie nad) bem Kriege uor fid) ging, untergrub bie alte ftäbtifdje ^erfaffung unb ftellte für st?flid)ten unb iHedjte ber $3ürgerfd)aft gaity anbete @cfid)t3punfte auf. 5Iber bte 5(nbanglid)feit an bie frübere Sonberftellung blieb ben s?forj^

*) ©on Diitgliebern t-orbanbener ^ürgerfamilien werben in ber l'ifte 0I8 „.vnmger* ßcftorben" bc*,eid)net: Jafob -Hartbolb jung, .öa. Jb. Siccfer (mit IBeift unb Mtnbi, (ibriftinann Miefer, lieber, .öe. Wrg. Miefer, 3djmeibcr, fts. Jerg Micfer, ber fromme, <ö«. Jb. Miefer, Dreher, .\>s. Jrg. Micnle, Softer, .V>o. Jrg. i'ottbammer, Dücftcl x.'ottbammer, .v>s. Jb. 3)uiule, ^lüfter, CS ^riftop^ unb iHatfmus Kuller, Veinemeber, Jvriebr. 8olb, 3dmbmad)er, (Sbriftonb Ungerer, ^eugmat^er, Jobanneä Unserer, Job. "iiAoIf ; al* „elenbtglid)" ober „im £lenb umgefommen": Job. 2lab, iHefcger, .<b«. Jöctfb, Dörfer, Ctto ^cdb, iJictyger, Miau* 8116, ^löfter, Jrg. v&olf ^elbner, Ük'ifcgcrbcr, fr*. 3)iid)el Werroig, ^löftcr, s>am ^erg Mieter, 5d>neiber, Ctto Aienle, 4JJid)el i'ottljammer, ft*. ^rg. Stief-, i^cii*gcrbcr, s?*. ^rg. 3tief?, harter, >>o. 5Uo[f 3tieft, 9kt^« gerber, jrg, Ungerer, Veincioeber, >od)im Ungercr, veineioeber, Jb. ittagner, si(bral)am sU1eeber, 3(t)ut)mact)er ; nt^ „im Crril geftorben" ober „uerubolien": Crltn^ ^artljolb, plaguer, >rg ^artt)Olb, >. ^erfl), rHofemuirt, Jb. treibt, ^rteter, Jb. ^Aectl), ^löfter, iSbriftopb «uet, X'etnemeber, Jol). tfurf»cle, Iud)mad)er, ^iubolf Crudjete, ,Seugmad)er, sJJJat£j. (inberlc, Mrämer, ,V>d. Jb. (Mermig, ivlöfjcr, Watt). Vottbammcr, Tietrid) d)ieenuein, .vn«tmad)cr, J«. Jb. IMeenuein, l^c^gcr, (Sbriftian SOtayer, fram Uhirrle, Harber, .'öo. 3dmeit>cr, ctiefe, ^Urgermeijtcr, Jüf). Ungerer, Veineiocbcr, Kttfoul Ungerer, .öafner.

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$forabetm im orleanS'ft&en Striepe. 145

Reimern unb mit ihr ba§ Verlangen, biefelbe aurücfgeioinnen. @S bauerte geraume $ett, bi§ bie Sjürgerfdjaft ben 33erluft ihrer ^ßriüilegien oerfchmerjen gelernt hatte unb eine föeibe oon 3a\)xt\\ ift angefüllt mit Slreitigfeiten, roelcfje hierauf jurüefsuführen ftnb.

2>er oon üubroig XIV. geführte SJlorbbrennerfrieg hat aber nicr)t nur bie obcrrtjeinifcfjen ©täbte bis in ba£ |>erj oon Sd)ioaben hinein oenoüftet unb furd)tbare§ CSlenb gebracht: er r)at fie aud) ifjre§ a^ietjenben, lanbfchaftlid) frfjönen unb fünftlerifctjen <3d)mucfe3 beraubt, burd) ben fte fid) oorher au3* gejeid)net Ratten. $Bof)l erftanben fte nad) ber 3erftörung tuieber, aber fehlte an Mitteln, mehr al3 ba§ 2Ulernottoenbigfte ju thun. 2ln eine SBieberberftellung architeftonifd) fd)öner 93aiuoerfe mar eben fo menig ju beuten, als an ben Söieberaufbau ber gebrochenen 93efeftigungen mit ihren ftoljen $f)ortürmen unb bewehrten SHingmauern, unb fo erhielten bie ©täbte nad) bem Kriege oielfad) ein arm feiig unb oerfümmer te§ Xnfe$en. @rft bie ^leujeit hat ihnen roieber einen anberen, wenn aud) mehr uninformen ßlmrafter oerliehen. 3ßie fet)r biefer aber oon bem früheren abftid)t, ergiebt am beften ein Skrgleid) jioifcfyen einer mobemen Stabt unb einer foldjen, bie un§ in ihrer früheren Eigenart erhalten blieben ift, 5. 93. ^Kothen* bürg ob ber iauber, ba§ heute noch m 9an5en ^ßollglanj feines mittelalterlichen Sd)mudfe3 ju fehen ift. 3a, man baut in unferer $eit bequemer unb jmeetmä^iger, aber aud) nüd)terner unb ba§ befagt Me§.

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$cr SBicbcraufbau bcr Stabt.

SBeil bic 2öof)noerf)ältniffe in bem Sdjloffe ju ©rötungen, lüofelbft bcr -iftarfgraf 3r i c b r i 2Jiagnu§ nad) feiner SHücf* fefjr oon 33afel sunädjft 9Iufentf)alt genommen tjatte, nie! 3U müufcfyen übrig ließen, fo mnrbe im Dt tober 1698 bie iHefibenj nad) ^forjtjeim uerlegt. (£in £eil be§ bortigen Sd)loffe§, ba3 fog. „alte ©ebäu", mar nämlid) oon ben Stammen uerfcfyont geblieben unb biefen bejog ber £>of. SBcnn ber 3lufentf)alt be§* felben aud) nur bi§ 511m Srütjja^re 1699 Dauerte*), fo gereidjte er ^forjtjeim bod) }ltm Vorteil, ba ber SJiarfgraf fid) ange= legen fein lieg, ben Sieberaufbau ber Stabt nad) lid)teit 51t betreiben. Sd)on oon 33afel au3 r)atte er §äufer= mobclle nad) ^forjtjeim gefd)icft unb aud) be^üglid) be§ iBaueS mehrere 33erorbnungen erlaffen, wie im uorigen Kapitel bereite angeführt roorben ift.

«Ölit @ifer mad)tcn ftd) bie ^Bürger baran, if)re jerftörten SBofjnftätten roieber aufzubauen, momit fdjon in ber legten 3eit be§ Krieges, alSbalb nad) bem britten SBranbe, begonnen roorben mar. (£3 ift nur ju befragen, aber freilief) mit ben Umftänben 511 cntfdjutbigen, baß hierbei $iemlid) platt 10 8 oerfaf)ren mürbe, worauf aud) bie große Unregelmäßigfeit ein$elner Straßen jurücf* jufüfjren ift. sJtamentlid) muß bebau ert merbeu, baß man nid)t barauf bebadjt mar, bie $rö Ringer Straße, meldje bod) aud) in ber Solgejcit bie §auptoerfel)r§aber bilbete, breiter an-- julegen. 2)ie meiften ber nod) oorfjanbeneu älteren Käufer mürben bamals aufgeführt. 9iod) mäljrenb be3 ftriegeS mürbe bie obere 2lpott)cfe neu errietet (1695) unb 1697 aud) bie untere roieber aufgebaut.. (Dem ^efitjer ber oberen 9lpotf)efe, fionrab 2Bilf)elmi, mar im 3af)rc 1690 ein marfgräflid)er s£ri»ilcgien=

*) Um biefe Seit erfolgte bic Uebcriicbeluna. nad) (Mröfeinacn in baä injroifdjcn baulich erweiterte odjlofs. Später nmrbe bic ^{cftbciij nad) Tuxlad) jurürfocrlegt.

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au ffarl ftricbricbs SKeaierunq.

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bricf oerliehen roorben, bcr jiemltd) au§gebef)nte 93orred)te ent* hielt, ©ein 93efitjer roar frei oon Abgaben jcbev 2lrt, foroie oon Quartier*, Jrohn* unb anberen Saften. 3vcmoe un0 einheimifche Ouacffalber unb .^eilmitteloerfäufer burften t)iet ihr 3Befen nid)t treiben unb aud) ben SBabern roar »erboten, bas ju thun, roa§ einem ^Ipotljcfcr etwa tufam. dagegen muftte ficf) Silhelmi verpflichten, feine si£potf)efe in gutem Staub ju galten unb bie Sflebifamente billig ju oerfaufen. Stall fürftlidjen .jpofe mußten, wenn berfelbe in *pfor$heim mar, bie oerlangten Kräuter unentgeltlich abgegeben unb ben Firmen jährlid) für minbeften§ 10 fl. Hrjneiroaren umfonft oerabreidjt werben. 1705 entftanb ba§ granjmann'fdje $au§ am SRarft, ebenbafelbft 1706 ba3 $au§ oon Sdjencf, unb in ben Sauren 1709 unb 1710 bauten auch bi* $cn:en oon Neutrum i^re beiben Käufer in ber 3lltftabt roieber auf.*) $)urch bie oieleir Neubauten roaren in ben erften fahren be3 18. 3ahrfmnbert3 bie ftäbtifchen Salbungen fo in 3lnfprud) genommen roorben, bafj bie Skhörbc im 3Jtai 1709 befchloft/ fein 33auholj mehr abzugeben, bis ber SÖalbbeftanb roieber ein befferer fei.

2Bie bie ^ßrioatbauten, fo erhoben fich nad) unb nach auch bie öffentlichen ©ebäube roieber aus ber 3lfd)e. 3m Sahre 1700 rourbe mit bem Söieberaufbau bes 9iathaufes begonnen unb basfelbe am 14. Jebruar 1701 aufgefchlagen. (Sine ©locfe erhielt bas ©ebäube 1715 unb 1730 aud) eine Uhr. Schon 1718 finbet fid) aber auch eine Silage barüber, baf$ bas neue Rathaus baufällig fei. Um es gegen bas SBetter roiberftanbsfähiger ju machen, rourbe ein fteinemer ©iebel aufgeführt. Quvox fchon mar bas 1692 niebergebrannte ^eiligfreujfirchlein roieber* hergeftellt worbcn, rooju bie Stabt 200 Stämme £olä beroiüigt hatte. 1711 rourbe bie Capelle auf bem Jriebhof an ber (Sulinger Strafe oollenbet. 2)ie Soften beftritt man teils aus öffentlichen ÜJhtteln, teils aus ben (Srträgniffen einer in Stabt unb fianb oeranftalteten ^ollefte. $as nämliche ^ahr fah auch bas 3(uer* unb £>eiligfreu$tf)or roieber erftehen. $ie 9lusbefferuug bejro. S-Heuerrid)tung ber Stabt mau er erfolgte 1714. 3luf marfgräflidjen Befehl rourbe 1713 ein befonberes SBeibergefäng nis erbaut.

•) 3lit bem einen berjclben, ber Ocutiflcu .öaoaria", finbet fid; ein Stein mit folgenber Jnfdjrift: „A-ricbrid; (Styriftopb, Zentrum oon trrtingen b,od;fürftl. 3ttürtcnbergifd)cr Storftmctftcr am Stromberg unb feine ftraro 2lnna 5"l»öna geborene v. Wemmtngcn Ijaben biefcS ^reimbeiid;e .ftaufi nad) benn anno 1«8» oon j^ranjofen oerbrant loorbcn bura) Wottcd ^cijftanb auno 1710 roieberum neu auferbauet roeldjeä feine (Mottlict)c ÜtUmadjt unber feinem odjutj unb 3eegen oor allen toiber loerttgfeiten in gnaben berontjren roolle." ^ieboa biefer ^n* fdjrift befinben fid; bie Wappen berer oon Ücutrum unb oon Wemmigen.

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au Barl ftriebri#§ <Keaimma.

3m 3at)rc 1715 fam aud) ein neues Sd)tilf)au§ 51t Stanbe unb jroar an bei* Stelle beS alten abgebrannten in ber unteren s$farrgaffe. GcS fjatte jmei Stoctroerfe unb mürbe oon ber Unabem unb 9Jläbd)enfd)ule geineinfam benütjt. 2>icfe beiben Spulen waren in ber f djlimmen Seit oon 1G92 ju einer Sd)ule oereinigt, 1G97 aber miebcr getrennt morben, nadjbem bie $er* fjältniffe fid) iujmifdjen gebeffert Ratten. 171(5 mürbe nad) langer Unterbred)ung mieber ba§ erfte Sd)ulfeft auf bem sJtennfelbe abgehalten. (3)iefe Sd)ulfefte fanben bis 1749 regcl* mäfcig ftatt, tjörten aber oon biefem 3ai)re an auf.) $ie lateinifdje Sdjule mürbe 1718 ebenfalls oerbeffert.

33efonberen SBert legte bie ©eiftlidjfeit auf ben 5öieberaufbau ber abgebrannten S t a b t f i r d) e. 1714 erfolgte ein bie§bejüglid)er 5kfd)luf$ unb mürbe fjinftdjtlid) ber 53efd)affung ber orbentlidjen Littel befdjloffen : jroei Slollefteure in baS Weid), baS (Slfaft unb bie Sdjroeij ju feuben, eine Lotterie ju ocranftalten, am s^la^c felbft ju fammeln, baS Sllmofen ju befdjränfen unb bie bemfelbeu Sitgeljörigen ^apitaljinfen ju oenoenben. Sdjon 17 IG mar fo oiel ©clb beifammen, um ben 53au beginnen &u tonnen. 9lm 23. September 1721 fanb bie (Simoeiljung be§ neuen ©ottcS* IjaufeS unter entfpredjenben Jeierlidjfeiten ftatt. Später erhielt baSfelbe aud) eine pradjtoolle Orgel, jmei $locfen unb eine Sammlung fd)öner ©emälbe.

$)a ber $rieg bie Stabt s$f orjfjeim um alle ifjre © 1 0 cf e n gebracht chatte, fo mar bie 9lotmenbigfeit eingetreten, neue anju* fcfyaffen. bereits 1693 tjatte bie Stabt burd) ^ermittelung be§ Damaligen ÄammerratS 3^nbt mieber ein ©löcflein erhalten. 1G99 fdjenfte bie Sftarfgräfin SJiaria Slugufta ber Stabt eine in SBafel gegoffene ©locfe, meiere nebft einer weiteren, 51t gleidjer 3eit oon ber Stabt angcfd)afften ©locfe im £urme ber Sdjlofc fird)e aufgehängt mürbe. (Sine britte Glocfe erhielt bie Sd)lof?* firdje 1715, ju raeldjer 3eit fünf neue ©locfen bei ©locfengiejjer ©o^mann in Sanbau beftellt mürben. ,3toei baoon (amen in bie $Iltftäbter $ird)e, eine in bie ilreujfirdjc unb eine auf ba§ iKatfjauS. 1710 erhielt bie 3lltftäbter ftirdjc aud) eine Crgel. 3)ic Stoffen berfelben mürben meift auS freimilligeu Waben beftritten.

3n oermerfen ift aud) bie 1714 erfolgte 9lnfd)affung einer Jeuerfpri^e, beren Lieferung bem ftupferfdjmieb Mubljarbt in 33irfenfelb übertragen mürbe. $er Slufmanb für biefe, fomie nocl) eine Heinere, bei bemfelbeu äRetfter beftelltc Sprite betrug 410 fl. nebft 2 Zutaten „Srinfgelb" für bie grau beS Tupfer* fdjmiebS.

SBefonberS ermähnen Sioert ift bie (Erbauung eines s33aifen= l) auf e§, moju @nbe 1714 gefd)ritteu mürbe. SJtartgraf Äarl

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«i§ »II Wall ftriebricbS <Heaieruna.

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$L>ilf)elm, ber Sohn unb 9tad)f olger be§ 1709 ju 3)urlad) oerftorbenen unb in ber pforjheimer Sd)lof}fird)e beigefetjtcn ^Dfartgrafeu griebrid) 9Jlaguu§, fafjtc ben @ntfd)luf}, 511 $fotgßettlt ein SaitbeStoaifen^aiä $u grünben unb mit bemfelben ein 3rren«, Siechem unb^udjttjaus; $u oerbinben. sJO?an wählte tyierju denjenigen Vßlai, weldjen früher ba§ uon ber 9Warfgräfm 3rmeugarb ge? ftiftete Sied)ent)«u§ famt beut anftofjcnben $ominifanerflofter, beffett ®ibdulid)feiten nad) ber Deformation mit erfterem oereinigt worben waren, eingenommen tjatte. 5lm 1. 9Äai 1718 tonnte ber Bau bereite eingeweiht werben unb bie Einführung ber aufgenommenen 60 Zöglinge erfolgen. $er SRarfgraf felbft beteiligte fid) mit einigen rotten an ber geier unb mahnte aud) bem in ber Slnftalt t)ergerid)teten Seftcffen bei. 93alb nachher mürbe aud) bie $öaifenhau£fird)e uollenbet, beren Einweihung am 15. Januar 1719 erfolgte. Um biefe &tit mar bie 3af)l ber 9lnftaltSofleglinge fd)on auf 200 angewachfen. (Sie mürben, fomeit fte tjierju oermenbbar waren, in nufcbringenber Seife befdjäftigt. 2ln Gelegenheit baju fehlte nid)t, ba man in ber 3lnftalt oerfchiebene betriebe eiugcrid)tet fyatte. So güuftig bie Bedingungen für bie driften^ ber Hnfialt, bie anfet)nlid)e C5tn= fünfte jugeroiefen erhielt, aber aud) waren, fo entfprarf) fic bod) lange nid)t ben auf fie gefegten Erwartungen. 9Hehrfad)e ungünftige llmftänbe, inäbefonbere bie Sd)mierigfeit, bie in il)rer 3lrt fo oerfd)iebencn Pfleglinge unter eine einheitliche Orbnung ju bringen, woju fid) nod) eine unjulänglidje Leitung gefeilte, loderten ba§ innere ©efüge, führten jur Unorbnung unb Ber* wirrung unb mit ber 3eit 5U einem folchen Verfall ber 5lnftalt, bafr eine gan.s neue Drganifation berfelben nötig würbe, bie unter ftarl griebrid), bem genialen politifdjeu Reformator Gabens, aud) erfolgte.

3nncrc 2<crf)ältuiffe.

%rofy aller Bemühungen ber BehÖrben unb ber Bürgerfdjaft blieben bie s3iad)wehen be§ Krieges nod) lange fühlbar. 3)ie ginanjen bei Stabt befaubeu fid) noch immer in einem fefjr zerrütteten 3uftanbe unb uon ben aufgenommenen Kapitalien tonnten nid)t einmal bie Schulben befahlt werben. 2)aju fam nod) bie läd)erlid)e Sitte, hod)gefteütcu periö'ultdjfciten „C53efd)enfe" ju madjen, bie allerbingS manchmal nidjtS weniger al5 „freiwillig" geflohen. So „fd)enfte" bie Stabt im Qofyx 1697, alfo 311 einer 3ett, wo fte baS ©elb felbft gar nötig hätte braudjen tonnen, bem Erbprinzen Karl Göllheim 311 feiner Vermählung 206 fl. unb um biefelbe $eit bem Sflarfgrafen griebrid) Magnus, ber in

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93i§ au ßarl ftriebridjS Sfteaicrunfl.

$afel einen $ranbfd)abeu erlitten hatte, 200 fl. „als Reidjen ihrer Siebe unb Teilnahme. " 2Öeil 1709 bie 3J2arfgrafiit jum crftenmal nad) ^ßfor^eim fam, beeilten ftd) Stabt unb Ämt mit $)arbringung einer „Verehrung", obfdjon bie Stabt beu auf fte fallenben Anteil oon U)(> fl. 2H fr. erft aufnehmen mußte, um i!)n entrichten ju fönnen. 2öeniger generös mar bie Stabt ihren ©laubigem gegenüber, bie einfad), mit Aufnahme be§ $lofter§ Jrauenalb, nichts befamen.

$>aß £anbel unb 93erfef)r nod) fel)r barnieberlagen, ift einem Berichte &u entnehmen, roeldjen bie Runftmeifter namens ber fünfte am 2. SRära 1710 oor Oberamt, <$erid)t unb SHat erftatteten, unb roorin fte fid) über ben elenben, nal)rung§lofen ßuftanb ber Stabt bef tagten, fo baß bie fünfte nidjt nur in gänzlichen SKuin oerfallen feien unb aller firebit außerhalb in ,§aubel unb SBanbel fid) uerliere, fonbern aud) fein neuer Bürger mehr in bie Stabt hinein siehe, uielmehr einige hwauSäujiehen uorhätten.*)

$>ie Verhältniffe befferten fid) inbeffen balb mieber, ba aud) bie Regierung ben Verfehr nad) Gräften su förbern fudt)te. So ließ fte j. 33. oon 1735 ab eine £eerftraße uon $fart3ruf)e nach ^forjljeim unb an bie roürttembergifdje ©renje ausführen, roeldje an Vebeutung balb bie feither befoubers mid)tige Straße uon s$forjheim nad) Bretten übertraf.

5)urd) eine 33erfd)ärfung ber ^olijeiorbnung fud)te man allerlei 2Iu§roüd)fen be§ gefelligen £eben§, rote fte fid) in geroiffen s4}olf3gebräud)en bemerfbar machten, entgegen ju treten, ebenfo bem übertriebenen 2lufroanb bei gamilienfeftcn. $er Sd)ü^enfomuaguie rourbe ba3 Schießen am Sonntag unterfaßt, bie in Abgang gefommene ftirdjenrügung roieber eingeführt unb eine neue Orbnung be^üglid) ber Verteilung ber s$lät*e in ber Kirche, be£ 3Begge()en§ au§ bcrfclbcn unb fonftige Gebräuche feftgefefct.

(Sin im $ird)enbud) enthaltener (Sintrag be§ Specials 93erg= mann oom^oh™ 1722: „3ld)t ©ott, fteure bem überhanbnefmicn* bem Softer ber fceleufdjäblidjen 2runtenf)eit!" roirft fein günftigeS Sicht auf bie sifläßigfeit3beftrebungen jener Reit.

$aß auch ber Aberglaube nod) recht üppig wucherte, beroeift ber aus jener Reit ftammenbe „^forjheimer Räuber» balfam", roeldjer aud) außerhalb be§ Sanbes berühmt ober be> rüdjtigt roar. @r rourbe fogar innerlich empfohlen gegen 93er* herungen unb Räubereien.

*) 3" SLUctlidjfeit ftnb aber im erfteu Viertel beö 18. 3«fyrl)"'rt>crt$ oiele ^erfonen von auftro&rt* jugejogen.

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ä« Wart fttiebrid)3 SHcaicruna.

i r> 1

$)ie 93eoölferung notjm nad) bcm orleanS'fcfjen Striepe uiib befouberS ju 33eginn beS 18. 3at)vf)unbert§ rafd) roieber ju. $ie $afyl ber ©eburten überftieg biejenige ber £obe§fälle in ben meiften 3a^ven unb augerbem roanberten oiele JJamilien oon auSroärtS ein. Unter ben ©ittgeroanberten befanben fid) aud) f r a n 3 ö f i f d) c r o t e ft a n t e n , roeld)e f&on 1699 eine f leine Kolonie in fjiefiger Stabt Ratten unb ju ifjren ©otteSbienften bie St. ©eorgSfaoelle 5ur Verfügung geftellt befamen. 9iod) tjeute bepnben fid) sJkd)fommen biefer Emigranten t)ter.

Um 1725 rmt bie ©imoofjnerjafjl *tPforjt)ctm§ über 3000 Verfemen betragen, oermefjrte fid) inbeffen in ber 3°^9e roibriger SBerrjältniffe fefjr langfam.

XHIIflcmcinc ^iittcilmigcu.

©egen ba§ ©übe beS erften Viertels be§ 18. 3af)rf)unbert$ befanben fid) in ^for^eim oon 492 ^Bürgern ©eroerbe= treibenbe in nad)ftel)enber 5(njaf)l: 45 9Jtet$ger, 41 SBätfer, 21 iHotgerber, 36 Sdjufjmadjer, 17 Krämer unb Söirte, 14 3eug* madjer, 5 £ud)mad)er, 8 SBeifjgerber, 7 Scfjloffer unb 93üd)fen= madjer, 17 Sdjmiebe unb 3Bagner, 7 Seiler, 11 Sdjreiner, 10 £>afner, 22 $üfer, 24 .grofenftriefer, .putmadjer unb 2)ref)er, 19 Sdjueiber, 25 ©olbfdjmiebe unb ©lafer, 16 Seineroeber, 4 Sattler, 20 .^immerleute unb Sftaurer, 9 SJiüller, 70 3löjjer unb 22 Unjünftige.

SBürgermeifter roaren oon 1698—1725: <£f)riftof SBofjnlid), Seonfjarb -jperbfter, $einrid) Skurittel, 3of). (Hjriftof Deimling unb $onrab Schober. $a3 9tmt eines OberoogtS befleibeten: SBolfgang $uno o. SÖallbrunn, Qoljann Daniel o. St. SlnbriS, 2Btll)elm u. Sraubnifc, Daniel SDietrid) Sdjeibt unb 3of). »II), jur ©lüden.

3n bie ftegierungSjeit $arl 2öilf)e(m§ fällt aud) bie Anlage be§ SeerjaufeS, einer ber beliebteften SluSflugSorte ber s$forj= Reimer SBeoölferung. 3)er SJIarfgraf faufte 1732 oon ber Stabt ^forjrjeim einen ungefähr 7 borgen großen ^tatj an ber iiefenbronner Strafte, ber „roüfte See" genannt, für 200 ft., auf roeldjem ein Seiner ausgegraben unb mit gifdjeu befetjt rourbe. $ugleid) foüte berfetbe bem 3Bttb als Sräufe bieneu. $w 5ifd)sud)t rourbe oon einem 3"ifd)metfter regelmäßig betrieben unb hierüber befonbere 3al)reSreri)nung erftattet. kleben bem See rourbe eine SBofjnung für ben Jifdjmeifter erbaut, roäf)rcnb baS SeefjauS in fetner jetzigen ©eftalt als ^agbpaoillon erft in ben 1770er 3at)ren erftanben ift. (£3 fjatte ben -S^ecf, oen marfgräflidjen §errfd)aften jur ^agb^eit Unterfunft ju geronbren.

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au ßarl ftriebrid)§ tfUflteruttQ.

daneben rourbe eine Steuer jur 2lufberoal)rung beS 3aöb$euge§ errietet

Stm 2. 9Jtai 1721 ftiftete ba3 <Sl)eyaar Oottfrieb unb (Slifabetf) von ^enjingen bas s}$ f orjf) c i nie r abelige Sräuleinftift, über roeldjes SRarfgraf Rarl UIMltjclm für ftd) unb feine Öfadjfommcn bie 8d)ul$errfd)aft übernahm unb ifym oerfdjiebene s]kimlegieu erteilte. 4er genannte Sürft erroarb u. a. aud) 1720 ba3 Sd)loj3 }tt SJaufdjlott. 2>a§felbe roar jroar fdron uon bem üftarfgrafen (9eorg Jriebrid) im ^al)re 1004 getauft, aber bereits 1009 roieber an (Srfyarb uon Wümmingen oeräupert roorben. Slufjerbem brad)te Äarl SBityelm 1730 aud) ba3 (Schlag Äarl Siefen famt einem Seil be§ glecfen£ Dürrn (beffen anberer Seil fdjon 1087 burd) Saufd) uon Württemberg an 33aben gefommen roar) in ben $eft$ feines £aufe3.

93on sJlature rei gn i f f en oerbienen (£rroäf)nung: ber furchtbar ftrenge SBinter uon 1708—9, in roeldjem bie Mite fo groß roar, baf* bie söäume serfurangen, bie Sögel tot au§ ber fiuft herabfielen unb be$ tiefgefrorenen lobend roegen bie fieidjen faum beerbigt roerben tonnten. 3)er Aalte folgte im nädjften 3af)rc eine grofje Neuerung, roäfjrenb 1724 unb 1728 ber 2Bein in aufeerorbentlidjeu Mengen getjerbftet rourbe. 1729 ri§ ba§ |)odjroaffer bie 1(594 neu erbaute Ü)luer 93rücfe roeg unb 1740 hatte bie Ettftäbter $rücfe baSfelbe Sdjicffal.

Singer unb SrijütKugefcUfrijaft.

$3alb nad) bem Kriege erfolgte bie SBieberbelebung ber S i n g e r g e f e 1 1 f d) a f t , bereu ißerfammlungen roährenb ber 3>auer beSfelben unterblieben roaren. ^ic erfte ©eneraluerfammlung rourbe roieber im 3af)*e 1701, alfo jroei 3<*hrl)unberte nadj ©rünbung ber (Sefellfdjaft, abgebalten. Seil burd) ben ©raub uon 1092 alle 6d)riftftürfe uerloren gegangen, fo rourbe ein neue* Stammbud) mit neuen Statuten angelegt, roeld)e£ jetjt nod) uorl)anben ift unb ju ben üblidjen Einträgen benütjt wirb. $a§ 93ud) enthält u. a. aud) bie Staaten berjenigen ^erfonen, roeld)e bei einer ^ufaminenftmft im ^a\jxc 1094 9Jiitglieber ber ©efcll- fd)aft roaren unb berfelbcn nun roieberum beitraten. ift uid)t o^ne Sntereffe, fie feunen 31t lernen. 3*o^9cnbe 49 ^erfonen ftnb uer^eidjnet : Rammerrat 3b. (£l)rift. ^]anbt, Rirdjenrat unb Special Rummer, Rammerrat drljarbt Rieffer, 2)r, 3^1). ©urtyart 9ftög= ling, &anbfd)reiber '^oh. (Stuft Rauffmann, 5lmtsuerroefer 3k $>et)lanb, »mtSteOet QPbriftof 3fleerroein, 9lrd)ibiafonu§ Ronrab 8tattmann, Diatomit Ronrab Sutor, 2lltftabtyfarrer $3erd)tf)olb

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93i§ au Barl ftriebrirbS föeaieruua. 153

Deimling, Äauunerrat ?\oh. vPopj>, ^ot). Slonrab Sd)äffer, 3of). Slafpar «äadjer, Stabtfdjreiber ®ötj, .jpeinrid) Sacl)maun, 3of). 3b. Südjfenftein, Pfarrer ju (Sllmenbingen, 3of). Surft). (Sljrat, Sfavm ju (Eutingen, 3&- SHitftörffer, Pfarrer gtt Dietlingen, £>ammerfd)miebbeftänber 3of). Sbeobalb Saxler, Sürgermeifter tfeonljarb «jpevbfter, Roller Jot). Slafp. $ürr, ^lpott>efer .ttourab SBtfljelmi, ©olbfdjmieb Mtl. öurf&atbt, $olbfd)inieb Gfjriftof 5Bol)nltcf), Sdjroertfeger Sftubolf ftornmann, .§anbel3matin 8ern« Ijarb SRinberer, .tfeugmadjcv .ftanS ©eorg 'Hau, Schönfärber iHubolf 3!$ffcin, Sarbier 3üb- Ulvid) Sd)äffcr, Saber &ubmig Wuff, £>anbel$mann Surffjarb £Beebev, .£>ofenftricfcr $o\). .ßevbfter, (Setler 9lnbrea§ .^ertenftein, Jriebrid) Saumann, $ärber $lnbrea§ Rienlen, ©lafer (Hjriftof 3öilbcrfmn, Sdjneiber 3ob. &VL$mtyet, Server Senebitt ftöfjle, §anS Qkot$ Änaufj, Sattler $an8 ©eorg Simmerer, $aitS 3b. $rau|, Sattler .frans ©eorg Siegele, $ret>er Gtjriftof ftieffer, 3ot). 3b. iKübing, Sdjloffer Surffjarbt $nayp, Sortenmadjer 3ol). Ulricfj £>erbfter, Wagelfdjmieb %ol). Segerle, gafnet #an3 ©eorg 3ai3 unb tfeugnwdjer 3of)- 3&- Lotterie. 311$ neue 9)iitglieber traten im 3at)re 1701 bei: Stabtfdjreiber Äarl ^riebrid) Sod), geiftlidjer Serroalter 3 b- Jyriebr. Sftaljler, Sd)at}ungseinftief)er 3b- ®ürr, ftorftoermalter ITarl 9)Jeerroeiu, 3lpotf)efer 2)lid). Sal$er, Kpotfeftr ^peinrict) Saurittel, Saber Daniel Sfjeobor, Sortenmad)er §an§ s3Rid). (#üntf)er, Seiler (El)rift. Schnell, Jtfirfdjner $ietrid) Penning uub Sergler 3of>- £öl)l. $ie ©efeflf^aft jätjlte fomit bei itjrer Söieberbelebung 00 sJJlitglieber, roeldje tfal)l fid) in ben folgenben 3al)ren jebod) erljeblid) uermel)rte. Qum Obermeiser mürbe fmn§ Ulrid) £crbfter gemäf)lt.

5lud) bie S d) ü e n g e f e 1 1 f d) a f t begann im %ai)xt 1700 il)re regelmäßigen Uebungen mieber. 3^ Elften mürben im orlean^fdjen Kriege uernidjtct unb nur erhaltene 9lmt§feücrei= Wedjnungen non 1G83 unb 1690 geben ft'unbe, baß aud) in biefen 3al)ren bie „auf Strmbruft* unb Süd)fen*Sd)üt}en georbnete Senfteuer" mit 5 fl. lO'/a fr. vergütet mürbe.*) %id)bem im 3afjr 1700 ba§ Sd)iejjen nad) bem Staub mieber feinen Einfang genommen fjatte, erhielt Die ©efcllfdjaft tote früher nad) altem Sraud) au§ ber 3lmtöf ellerei einen jäl)rlid)en Seitrag oon 15 fl. unb aufjerbem au§ ber Stabtfaffe eine Seifteuer uon 5 fl.

$5ie ©efellfd)aft bilbete bamalö aud) eine „Sdjütjem Kompagnie", bie bei unruhigen Reiten (^u militärifdjen 2)ienft= leiftungen, namentlich ju 2öad)bieufteu uerpflidjtet mar, aud) raenn eine ©amifon in ber Stabt lag. Weben bem SJtilitär*, ba^ in

•) Üiad) atufjci^nungcn oon Äarl 3)taurer, uir ^ett ber Sorftnnb ber S^ülengcfeUf^aft.

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ir,4

au Karl ftriebrißS iHeniernna.

^forj^eim fein Stanbquartier fjatte unb neben bev 3cf)ü^en= gefcllfdjajt befafi bie Stabt and) fog. s33ürgermilitä r (bie 8tabtfompagnie), weldjeö gleid) jener uniformiert unb auSgerfiftet mar. ÜDMnere 3af)re lang mußte bie Sdjütjengefetlfdjaft bie if)r jufommenbc SBeifteuer oon 20 fl. mit biefer Stabtfompagnie, aud) „3(udfd)iif3fompagme" gereiften, teilen, weil man fid) Neroon für bie jungen unb ungeübten 33ürgermannfd)aften einen „guten (Sffeft" oerfprad). »

9Iuf eine oon ber Sdn'ityengefetlfdjaft an ben fianbesfürften gerid)tete (Eingabe würbe burd) $efret, batiert „(Earlsburg, 18. Qmm 1712" beftimmt, baß ber (#efellfd)aft „nunmehr wieberumb bie bei) ber Kelterei) s^for^t)eimb unb uon ber Stabt empfangen gehabte smanfcig gulben allein unb ofjne foldje ^artici= pirung überlaffen werben möchten." ©leidjseitig würbe ber Stabt bie Auflage gemacht, „ba ber 3tugenfd)ein ergibt, weldjer geftalten ba3 s$for^I)eimber 3d)üt}en £>auf3 übel jugeridjtet unb gantj einfällig feue, fo foll uon itjrem Beamten beffen Reparation erftmöglid) inS Söerf p fc*3en bebörige (Erinnerung gefdjeljen."

1721 erlnclt bie 8d)ü^en=©efeÜfd)aft eine (Sinlabung ju einem JJveifc^ie^en, meld)e§ 3flarfgraf Karl $Bill)elm in feiner neuen di e f i b e n j RarlSru^c*) oeranftaltet fjatte , unb beteiligte fiefj an bemfelben eine grofje Slnjatyl s}4forjf)eimer Sajütjen.

Elften vom Saint 1736 ergeben, baß in biefem 3af)re ber Sd)üt3engefellfd)aft bie nmrfgraflidje s23eifteuer oon 15 fl. oon ber fog. „Stabtfompagnie" ftreitig gemalt würbe. Stuf 3lnfud)en ber ©efellfdjaft erfolgte hierauf eine marfgräflidje (Snt* fdjiieftung, „ßarolSrufje, ben 20. September 1736", in weldjer

•) "Dlarlgraf ftarl 2BiU)eIm mar ein leibenfdmftlid)er o^er unb um fid) bem SUaibmerf in ben ausgebebnten Salbungen ber \>arbt um fo beffer Eingeben *u tonnen, fam er auf ben ©ebanfen, fid) mitten im tiefften Si>albe ein Jnflbfdjlofe ju erbauen. Km 17. 3uni 1715 legte er ben Wrunbftcin 511 bem „.Harläruf)c" genannten 3d)loffe, wobei fein ganzer >>offtaat anmefeub mar. Walb famen Okfucöc oon folgen ^erforen, bie begehrten, fid) in ber Umgebung bes neuen 3d)loffe« aniuftebeln, unb toeil ber 3)iarfgraf bamalö auf bie £nrladjer nidtf gut ju fprcdjen mar, fo mürbe biefen (Mefudjcn ftattgegeben. (ir felbft jeiebnete ben Wrunbrifc, auf bem er ber 3tabt eine *irf eiförmige OJeftalt oorfdirieb, beren sJJJittelmmft ba* edjloft bilbete. Km 98. September 1715 erlief? Marl sIiUll)clm eine Verfügung, burd) meld)c er Hillen, bie fid) l)icr anfiebelten, Religionsfreiheit, .Steuerfreiheit unb Befreiung oon allen Rollen unb Abgaben für Wcratfdmften unb Sparen, oon ber fceibeigcnfdjaft unb ben Jyrobnben bewilligte unb ben imuluftigen ^aupla^c unb Baumaterial anwies. 3lm Iii. Cftober 1717 mürbe bereits bie cd)lofifird)c eingeweiht unb 1722 bie ctabtfirdje. £ic Reformierten erbauten fid) 1719 eine ttirebe, bie Matbolitcn ein 8«tt)au$ unb bie Rubelt eine ctjnagoge. 1724 mürbe baö 6umnafium oon Jmrlad) nad) ber neuen Refibemftabt Karlsruhe ocrlegt, nadjbem bortbin fdmn 1718 bie fürftlicbe HanUei mit ben in ihr oereinigteu Hcbörben übers gefiebelt mar.

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5M§ au Karl ftriebrid)* Okaicrmtfl.

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perfügt würbe, bafj ber ©efellfdjaft „biefe§ 173i>. %atyx uub fürterhin" bev genannte betrag 51t überreidjen fei.

$afj e$ mit bev öffentlichen Sidjerheit in ber evften $>älfte bes porigen 3ahrf)unbert§ nidjt jum heften beftellt war, beweifen bie „Streifen", welche oon Qini ju 3eit namentlich in ben ©renjwalbungen abgehalten würben. Slm 8. Ottober 1726 erging ein marfgräflidjer s-8efef)l, SBeifangen bejüglid) einer auf 14. Oftober angeordneten Streife betreffend*) (SS fyeiflt in bem* felben: „9lbfonberlid) wirb nötig fein, bafj im £>agenfd)iefj unb anberen angrenjenben Salbungen ben bortigen Jägern unb Äiib« gefeiten eine 3lnjahl bewährter sJ)cannfd)aJt jugegeben werbe, bamit bie Salbungen ju bnrchfudjeu. 2>te Reiterei aber foll jwifdjen ben SBalbungen gebrannt werben. 2lud) au§ sßfor3heim wirb hierzu eine s#n3abl junger bewährter Bürger jugejogen unb alle au§ bem Sürttembergifcheu unb $emnüngerifd)cn führenben Sege wohl obferoiert werben.

Äriegerifrtjc Seiten.

£)er langjährige orleans'fdje Hrieg war erft wenige ^atjre beenbet, als auf's neue bie ftanonen bonnerten unb wieberum ein 5lrieg ausbrach, ber oode breiaelm Qahre anhielt unb in welchem in ben Weberlanben, in $eutfd)lanb, Italien uub Spanien Ströme oon 93lnt oergoffen würben: wir meinen ben fpanifdjen ©rbfolgefrieg oon 1701 1714.**) $on 33ranb unb s$lünberung blieb ^forjheim wohl wä'hreub ber 3)auer be§= felben oerfd)ont; nichtSbeftoweniger aber tuM* Stabt unter $ruppenburchmär)chen, ©inquartiernngen, Lieferungen u. f. w. empfmblich ju leiben.

*) 3flone, Wcfdntfjte be* Cberrficin*.

**) 2er Äricg brad) au* nad) bem (*rlbfd)en ber fpanifdjen £'inie ber fcaböburger mit bem 1. Wouember 1700 erfolgten lobe tfarl* [1., auf beffen JHctd) Vubioig XIV. oon ^ranfreirf) im tarnen feine* träfet* ^t>i(ipp oon Hnjou Slnfprud) macfite, mäfirenb ber beutfdie ßaifer l'copolb I. ba* (itbe für feinen Solm Äarl forberte. 3luf be* .ttaifer* Seite ftanben bie meiften dürften £eutfcbjanb*, ebenfo (rnglanb nnb >>ouanb, fpater aud) Sauonen unb^iemont, rodtjrenb ber tfurfürft oon dauern, 3)iar Immanuel unb fein trüber, ber .Kur; fürft oon iVöln, offen bie ^aüci ^ranfreid)* ergriffen. 3>ie Jyelbljerren ber Sterbünbetcn, ber 'jtrinj (Sugen unb ber englifdje .\>eru>g o. liiarlborougb, cr= fodjten feit 1704 fo glanjcnbe Siege, bafo i'ubioig XIV. jum *er^id)t auf bie (rrbfdjaft bereit toar, als 1711 ber fpanifdn* Itjronanioarter Harl auf ben .-öabsburgifdjen 2b,ron fam, roa* einen Umfdjroung ber englifdjen ^olitif oer; aulaßte. (rnglanb unb bie 9iicberlanbe fdjloffen 1713 mit ^ranfreid) ben ^rieben pt Utredjt, bem ber beutfd)c Haifcr in Maftatt unb ba« bcutfdjc Meid) in Stoben (flargau) beitreten mußten, s|>l)tltpp V. erhielt Spanien mit ben Kolonien, ber ttaifer bie fpanifdjcn sJüeberlanbe, Neapel, Sizilien unb HJailanb. Zxc Äurfurftcn oon ©09cm unb Üöln roueben in il;re ^dnber roieber eiageic^jt.

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156 3U H(\xl #ricbriO)3 föeaicrnng.

s}[[$ 1702 bie (Gefahr be§ Krieges* ber W a x*f ^ \*a f f a f t nahe- rürfte, erging unten» 10. 9Wärft ein f ürftlidjev Befehl, baß fid) bie Bürger mit gleichförmigen falibermäßigen ($emchren uerfehen unb bie ^ermögiidjeren unter ilmen bie Soften baar erlegen, bie übrigen in Terminen befahlen follten. $ie Scinbc tarnen inbeffen nicht nad) ^forjbeim, aber im Wooember 1702 rütften beut'dje Xruppen liier ein, um ihre Winterquartiere ju beziehen. ;^m folgenben Svü^jarjv, als ber fraujöfifdje 3)carfd)aU iNillarS bie berühmten Linien bei v#ül)l unb Stollhofen angriff, mürben bie Sitten beS s£foqr)eimer MathaufeS unb ber Stabtjdjrciberei nebft ben herrfdjaftlichen papieren in Sicherheit gebradjt. (5s blieb jebod) bei bem bloßen Schreefen, inbem ber ÜDiarfgraf Submig Wilhelm oon SJaben-'öaben, ber befannte £ürten= be^minger, bie Sranjofen gläu$enb surücffdjlug. $afür aber mußten Stabt unb 2lmt i*for$heim baS 3aJ&t 1703 hinburd) bebeutenbe Lieferungen leiften. 3ür bie ^rouiantfuljren ber bei sMty ftefjenben faiferlidjen Strmcc hatte bie Stabt allein jjuölf oierfpännige Sagen 51t ftellen; and) mußte fte fortmährenb Sdjau^arbeiter nach bort abgeben laffen. 31m 22. ^ejember 1703 erfd)ien ein fürftlid)er "öefehl, baß bie Stabt s]$forjljetm ben britten £eil ber auf baS gefamte 3lmt fallenben sJtaturallieferungen an bie Gruppen ju übernehmen habe, nämlid) wöchentlich 273573 s#fb. $rot, 56 fl. 467a fr. für £auSmannSfoft, 686 Simri |>aber, 13626*/« s£fb. £>eu unb 8176 <ßfb. Stroh, ebenfo 8 Klafter £ols unb 122/3 tyfb. Lichter. £)er Stabtrat mürbe jmar hiergegen oorftcllig, roaS aber erfolglos mar. (SS tarnen uielmehr im Januar 170-4 neue Jorberungen. So mußte ^forjheim u. a. mit ben Remtern Stein unb Sangenfteinbad) eine Sdjanje am sJfhein auf eigene Soften herfteüen. @benfo mußte bie Stabt bei ber glurfjt beS £ofeS nach ^afet 75 fr 511m guhrlohn beifteuern.

2Begen beS £ruppenfontingenteS, baS bie SWarfgraffchaft ^aben-2)urlad) 31t ftellen hatte, mürben ber Stabt ^for.sheim außer ben gemöhulichen unb regelmäßigen Beiträgen für baSfelbe in £öhe uon jährlich 1934 fl. im Oahre 1705 uerfdjiebene 2(uf* lagen gemadjt: Sie hfltte täglich 66 9Hunb= unb 11 ^ferbe* rationell 511 befahlen, jur IVruollftäubigung beS s}3ferbebeftanbeS 495 fl. beizutragen unb mußte außerbem 2 1 SDlann ju Juß unb ju ^ferb fogleid) anmerbeu unb [teilen. Qux ^eftreitung aller biefer Ausgaben mußten außerorbenüiche SdjaljungSgelber eingesogen merben, bie aber bei oielcn bürgern ohne ©refution nicht einzutreiben maren.

3m SDtai 1707 fahen bie ^forjheimer bie Jyrangofen unfeligen 3IngebenfenS mieber in ihren Sftauern. $ic hinter ben Stollhofener Sinien oerfd)an$ten beutfehen Gruppen Ratten ber

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au #arl ftriebrid>§ föeaierung.

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feinblidjen Uebermadjt «»eicfjcn muffen unb zogen fid) bis au ben Slccfar uad) Ganuftatt jurütf, $ki ber 2lnnäf)erung bev Sranjofen fjerrfd)te tu ^for^cim allgemeine "öeftüvjuug, ba bie Sdjrcctene* (jenen bc£ orleanS'fdjen 5lrtege# nod) fxnfcf) in (Erinnerung maren. Sie meiften ^Bürger fud)ten ben mertuollen Seil ifyrer $)abe su flüdjten ober ju uerfteefeu ; aud) mürben bie öffentlidjen 93üd)cr in Sidjerljeit gebracht. 3" manchen Orten beS ^öejirf^ fo in (Eutingen unb 53rö^ingcn# gingen bamalS alle älteren ftirdjeib büd)er oerlorcn. Sogar bie ©locfeu na^m man herunter, meil man oon früher l)er bie Vorliebe unferer rocftlidjen 9Jad)barn für biefc moljl fannte.

JJn ben let3tcn Sagen be§ 3Jla\ marfdjteuten bie Jranjofen burd) ^foräheim. %m 30. Wlai mar 9ttarfd)all SMarS fclbft f)ier. (Sr lieg ben bürgern oiet 5rud)t gcmaltfamer Söeife roegnefnnen, fdjeint aber fonft ziemlidje 9Jlann^ud)t bemafjrt ju haben. $ll§ bie Sranjofen ihren 9Jkrfd) uad) Sd)roaben fortfefcten, ließen fte in ^forjheim eine 600 SJcann ftarfe ©arnifon unter Oberftlieutenant be Barbaren, ber fogleid) bie Stabt in befferen SSerteibigungSjuftanb ju fetjen furzte. Um il)n bei guter Öaune iu erhalten, „uerehrte" ihm bie Stabt 100 fl. unb jmei anberen höheren Offizieren je 32 f(. Jür jmei Sauoegarben (Sd)u^ truppen), meld)e bie Stabt oon s$illar§ erhalten hatte, mußte fte in 19 Sagen nid)t weniger als 717 fl. 48 fr. zahlen. 3t)re§ bebeutenben üJöeinfonfumS wegen nannte ber ^olfSroi^ biefe Sid)erheit3roäd)ter „Saufgarben".

5lm 23. 3uni erfolgte ein 2Bed)fel ber ®arnifon. Ser ßommanbant erhielt mieber ein (^cfdjenf oon 75 fl. unb aud) anbere Offiziere mürben entfpred)enb bebaut. Sie neu einrüefenben Sruppen fudjte man burd) reidje SBemirtung unter ben Sporen in gute Stimmung ju uerfetjeu. Sie hierüber uon Sfautenmirt SBecf, Sftohrenroirt ©eiger, ^ronenmirt 3Baguer, ^oftfjalter Keffer unb Sternenmirt Stieß eingereichten iHed)itungen bemiefen, baß eS Offizieren unb ©emeinen an junger Surft nid)t fehlte.

dnbe 3uli fant bie franjöftfc^c 5lrmcc bei il)rem iHücfjuge aus Sdjmabcn neuerbingS t>ter burd), eine flehte (9arnifon zuritt laffenb, bie inbeffen balb mieber abzog. Sic ungebetenen (SJäfte blieben in biefem Kriege audj fünftighin ber Stabt ferne. Siefe mürbe oon ben beutfdjen Sruppen unter bem (9eueralmadjtmeifter o. (Enzberg befetjt.

SaS Jh'iegSmctter oerjog fid) uad) einer anberen Wegenb unb fo füljlte man fid) in Pforzheim im September 1707 bereits fid)er genug, um menigftenS bie $locfen mieber aufzuhängen. s2lud) bie feit' beut (Einfalle ber Jranjofen im SRat unterbrodjenen 9tat3|%tngen mürben tum (Enbe ^ttlt an mieber regelmäßig abgehalten. 3lm 4. Oftober befud)tc ber SRartgraf ö^kbrid)

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m au Barl ftriebridjg ftecüeruna.

SJfagnuS unfcre Stabt unb nahm in ber „Slronc", bamal§ ba§ oornehmfte ®aftf)au3, Abfteigequartier. Das 3abr 1707 ^atte bcv Stabt bebeutenbe ©elbopfcr auferlegt. 3$on ben 58 OOü fl., roelche bic Regierung |Ut iöeftreitung ber Kontributionen bei Kaufmann Leiter in 93afel anlehensnmfe erhoben ^atte, famen auf ^fo^eim 0444 fl. 26 fr., bie aud) erft aufgenommen roerben mußten. 9ln Sdjutjgarbe*, Verpflegung^*, (Einquartierung^* unb anberen Öelbern hatte bie Stabt 4751 fl. unb an 6d)an&* gelbern 1G90 fl. ju entrichten.

Die noc^ folgenben ßrieg3jahre uerliefen erträglich unb nur ba§ 3af)r 1713 erforberte iuieber größere Opfer. AHe Seit atmete erleid)ter auf, al$ enblid) 1714 ber griebe ju $aben gefd)loffen rourbe.

3roei 3af)r$ehnte fpäter braute ber p o l n i f d) e @ r b f o l g e* frieg*) ber Stabt roieberum eine anbere SJknge Unzuträglich3 feiten. 3n bemfelben mürbe bie Sftarfgraffdjaft oon öfterreidjifdjen, franjöfifchen unb rufftfdjen beeren überfchroemmt, beren Unterhalt oiele Opfer erforberte. Die $eerfüt)rer übten inbeffen jiemliche Schonung, immerhin mar ^forjlieim oom sJcouember 1733 an burd) Lieferungen, fuhren unb Schanjarbeiten ftarf in Anfprud) genommen unb mußte bcöt)alb im folgenben flabre jur 33eftreitung ber KriegSfoften ein Anlebett tum 2000 fl. machen. 53ei Annäherung ber granjofen Ratten manche 33eroohner ber Stabt unb be$ 53esirf$ bie glud)t ergriffen unb ihre £>abe in Sicherheit gebracht. märe bieS aber nicht nötig gemefen, benn bie geinbe führten ftd) biennal manierlicher auf, als man ermartet hatte.**)

s2lud) Muffen unter beut öeueral Lact) lagen in ^ßfor$heim im Quartier. Aber ihre 3lnmcfenl)eit erzeugte eine an ftecfenbe 9t r a tt f h e i t , ber oiele ^emohner erlagen. So überftieg beifpielS* meife 1735 bie ^at)l ber Sobesfälle bie ber (Geburten um 170.

1740 begann ber ö fter r ei d) i f d) e Grbfolgefrieg. Derfelbe mürbe oeranlaßt baburd), baß nad) bem @rlöfd)en ber

*> Ter oon 17HH— 38 bauernbc .Urieg mürbe l)croora.erufen burd) bic nad) bem lobe Äuauft II. erfolgte ^oppelmabl oon 3tani«laud Vefwunöfi unb SUigttfl HI. DOn Saufen IVtm König von ^olen. i.'cfctercn unterftüfctcn Cefterreicl) unb 9hl|Iaiti>, erfterer fanb bie .Vülfc ^vantreid)*, baö im Üunbc mit (Spanien unb oarbinien Dcftcrreid) am Mtjein unb in Italien betriebe unb 1735 pnn protufotiff&ttl, 17MK aber ymi beftnitioen ^rieben oon il>ien jtuang. jluguft III. tourbc war als König oon ^>olen anerfannt, otaniälauä aber erhielt vottyringen uub bic jpamf&cn ttottlboneit befamen Neapel unb 3ijilien.

**) ^eni^cr rnrfftd)t4ooU oerfubren bic ftranjofen in ben benadjbartcn lourttcmb. ©ebieten. co ptünberten > im iKai 1731 uicr Regimenter bie Crte Änittlingcn, Wrof? uub Klcine$illare, fotoic Celbronn. l'Jaulbronn blieb oon bic)'ciu cdjidjal nur burd) bic entfdjloffenc vuiltung feiner tnirger bcioa^rt.

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5M§ au £atl frriebrid)3 SRcnicruna.

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öfterreidjifdjen Habsburger burd) bcn $ob Slaifer JlarlS VI. (20. Cftobcr 1740) ber Jturfürft ftarl Ulbert oon Sknern bic (Erbfolge ber £od)ter $arl3, SWarta £t)erefia, nidjt anerfannte unb felbft (Srbanfprücfye erfmb. Qfjm flur Seite ftanben Spanten, granfreid), Saufen unb preuften, bie mit roedjfelnbem ©lücf Oefter^ reid) bekriegten. $m grieben oon Hachen (18. Oftober 1 748) mürbe 2ftaria Xfyerefia at§ (Srbiu anerkannt, oerlor aber Sdjlefien an Preußen unb Parma an bie fpanifcfyen SBourbonen. iZSäbrenb biefeS ^riege§ sogen mieberljott größere Jruppenabtetlungen burd) Pforjfyeim. gebruar 1743 maren f)ier granjofen einquartiert, mobei ber ftüfer $3ertf)olb ®ermig in ber Xu oon einer fvanjöfifdjcn Srfjilbmadje erfdjoffen mürbe.

$cr Priuilcgicnftrcit.

(£§ ift früher fdjon barauf binflcmiefcn morben, baft bie SBürgerfdjaft pforfjeimS gar eifrig auf bie (Spaltung ifjrer Privilegien bebadjt mar unb letztere geroiff ermaßen ben 9ftittelpunft il)re§ öffentlidjen Sebent bilbeten. 2Bol)l l>attc fid) bie Stabt in 3^iten, mo bie sJtot fein ©ebot fannte, mandje 3)urd)löd)erung unb Umgebung it)rer 9ied)te gefallen laffen müffen; aber nie ift bie§ gefdjeljen, of)ne bafc hiergegen 93ermabrung eingelegt mürben märe unb immer nur finb berartige 93eein-- trädjtigungen als 93egleiterfd)einungcn abnormer 23erf)ältniffe angefetjen morben.

2Bie befannt, r)at bie oon SJiarfgraf ßfjriftof ben pfor^ Reimern gegebene Stäbteorbnung biefe oon allen bireften Abgaben, fomie oon §errfd)aft3frof)nben auf „emige Reiten" befreit, roa3 aber nidjt f)inberte, bafj bic Stabt „jur (Srjeugung h)re§ öef)orfam§, aud) gut 3>erminberung ber fdjmeren fürftlidjen Sdjulben, fomie enbltd) jur 93eftreitung ber Soften ber fürftlidjen £>off)altung" mefjrfad) ju ftänbigen Abgaben Ijerangejogcn mürbe, moju nidjt feiten, roie mir oernommett fjaben, nod) aufterorbent* lidje Gablungen tarnen, 3)ie (Srfjebung oon Abgaben bilbetc fdjlie&lid) nidjt mefjr eine 9lu§uafjme, fonbern mürbe jur Sieget, als nad) bem orleanS'fdjen Slriege bas StaatSmefen auf einer ganj anberen ©runblage organifiert mürbe unb bie pftidjten beS Staates unb mit biefen aud) feine ^ebürfniffe eine mefentlidje Grmciterung erfuhren, bie nid)t mel)r im (Sinflang flanb mit ben Sonberredjten, meld)e in früheren ^afjrfjunbertcn einzelnen bürgertidjen ©emeinwefen jugeftanben morben maren.

So maren aud) bic pf ordinier gcljalten, eine „Sdjatjumy }U cntrid)ten, bie anftinglidj 40 fr., fpäter 2 fl. oon 100 (L Steuerfapital betrug, in managen ^aljrcn aber auf ba£ Stoppelte

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93i§ ju Pari ftriebrtdjS fficaicruna

flieg. $)ie ipförsbeimer würben roieberljolt oorftellig bei bem 5)krfgrafen unb beriefen fid) Sterbet auf ifjren s}>riuilegienbrief oon 1491, fomic barauf, baf? ber 5)iarfgraf benfelbcn bei feinem SKegierungSantritt 1709 ja felbft feiertidjft beftätigt tjabe. 1717 erflärte bie iKegierung auf eine erneute 8efd)n>etbe ber ©tabt, baß fte mit biefer \,mn 8d)aben unb sJlacf>teü ber übrigen getreuen Untertanen" feine Auönabme machen fönne, fonbern befehle, bie SBürgerfdjaft fünftig mit allem Gruft jum genauen Beitrag an Sdjatjung unb SanbeSunfoften an$ul)alten.

Säljrenb ber (Stab trat fid) geneigt jeigte, jäfjrlid) jroölf SNonatSgetber, b. 1). 2 fl. oon 100 fl. Steuerfapital al§ freitoiüige SBeifteuer }tt bem ©taatSaufioanb ju bewilligen, wollte bie 33ü rg erf djaf t oon einer ^öejablung ber Sdjatmng über= \)aui)t nid)t§ miffen unb oerübeltc bem Stabtrate fefyr fein entgegenfommenbeS 5krf)alten. ^Bereits 1720 fam §u fjeftigen Auftritten auf bem >Katl)aufc unb trug bamal3 fdjon bas Oberamt bei ber Regierung auf militärifdje Grefution an, oorerft aber oljue Erfolg.

SOlit bem 3abre 1723 naljm bie Stimmung ber 33ürger= fdjaft einen bebrol)lid)cn Gbaraftcr an. 311$ am 12. Januar bie jungen Bürger auf bas 9lattjau8 gelaben mürben, um bem .jperfonvmen gemäft bem £aube3berrn ben Gib ber -treue ju leiften, erflärten fte, bajs fte bas uid)t et) er tljun mürben, als bi§ bie s]kioilegien ber 8tabt oollftänbig roieber fyerge (teilt feien, SBoljl bemühten fid) bie in ber Stabt mol)nt)aften furftlidjcn Beamten, bie Giboerweigerer anberen <Sinne§ ju madjen, unter £muoci§ barauf, bajj manche Söeftimmungcn ber *i|>riüilegien oeraltet be^io. burd) Verträge abgeänbert morbeu feien; mot)l bat ber Stabtrat flel)entlid) bie 33ürqer, burd) tfjren SBiberftanb fein Unglücf tjeraufjubefdjmören. &ie £mlbigung$pflid)tigen, mcldjc fid) einig mußten mit ber Söürgerfdjaft, betjarrten auf ifjrem Stanbpunft unb leiftetcn ben oerlangten Gib nid)t. $ie Regierung zögerte, au§ ber eilt* fdjloffenen Haltung ber Bürger bie üblidjcn ftonfequetiften &u ätefjen, unb l)ierburd) ermutigt, erflärte bie QJürgerfdjaft im April 1723, oom nädjften 8t. ©eorgstag an nid)t3 mciter, al§ roa$ fie oermöge it)rer greifjeiten ber .^errfdjaft ju geben fdjulbig fei, entridjten 511 mollen.

3lud) jet*t nod) fdjeute bie Regierung jurürf oor eruften 9)iafma^men. Sie erbot fitf), bejfiglidj be§ SaljlmnbelS, be3

*) Wad) ber 2täbteorbnuna. von 1 UM folltcu bic ^fonl)cimcr ben "ötarlarafen nur bann ju fnilbtaen ücvpflid)tct fein, nadjbcm ledere juuor in „siemlidjcr ,>rm" bic Jrciljcitcn, 3alMma.cn unb Crbnunacn ber Würacrfdiaft beftätigt tjatten.

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«t* au Barl frriebrid)3 föeaierunfl. 161

3tte$elumgelbe§ unb be§ ^JfunbjotteS auf bie Seftimmungen be$ vPriüilegienbrief3 von 1491 jurüctjufehren, cbcnfo bcr Stobt bcu inerten -teil be3 9Jiaf$freu$er$ $u überlaffen. Vergebens. $ie Bürger bcftauben auf bem, was fte als ihr stecht erachteten, unb ©eridjt unb iHat ber 3tabt lehnten in feierlicher 3itjung jebe SBerantwortlichteit ab für bie ju fürdjtenben Solgen. ^paupträbelsführer ber Bürger jcfyaft würben be&eidjnet: iöagner i^ciftof 3d)ueU, sJUiid)el trüber, Krämer 3ob. iKamfer, 3attler Wichet ÜJtitfcbbörfer, 3of). 3b. Ungerer, Sreifönigmirt v^r)ilipp Ungerer, Bichel Jaut, £an$ 3drg Sauer, Sarbiet l'acofte unb 3Hathäu$ Seqbolbt. TOtglieber bes Mat* unb be3 Bericht* waren bamalö: üBürgermeifter 3djober, 3Ütbürgermeiftcr 3ob. ®hr. Deimling, (3. 2B. 3d)mib, ©aumeifter £>öning, £>an$ (9eorg Siegle, ,£>an$ ©eorg 9)ieerwein, £orenj ftafe, 3- öiad), 3ol). ©ünther, s2lbr. Irautwein, 3. ©. 3tiejj, 3>. SJS. Oertie, & §ol$< hauer, sJ5r). (£rab, 3b. SWeier, 3b. Herwig, Daniel (Deibel, ^Burfarb Simmerer, ftonrab ftafc unb (£. DJi. Hummer.)

$ie Regierung griff nunmehr ju bem SJlittel ber militari f d) e n ($ £ e f u 1 1 o n. Soll $nrlad) rücf ten marfgräflidje ©renabiere unb SHeiter am 30. 3uui 1723, früh 2 Ut)r, unter bem Oberften 33afolbt in s#forjheim ein, befctjten ba* Sdjlof? unb sogen fpäter mit flingenbem 3piel ben 3d)loj?berg binab nor bas Nathans, roäljrenb gleichzeitig bie Sbore ber 3tabt befe^t unb bie ^Bürgermadjeu entfernt mürben. 3Jlit ben Gruppen famen al* fürftlidje ftommiffäre (M)eimrat$präftbent t>. Uerfüll, ©etjeimrat 3tabelmann unb $ofrat Steffel, wela> ben Auftrag Ratten, mit aller Strenge, wenn nötig mit Waffengewalt, oorjugehen.

9lm 1. 3uli mürben bie TOtglieber bes $erid)t* unb bes SHats, fomie bie s$orftänbe ber 2<> fünfte auf bas Mathaus befd)ieben, mofelbft aud) bie eibmeigerubeu jungen Bürger erfehienen. Severe rcaren tajroifdjen bod) etwas ängftiid) geworben, benn fic erklärten fid) bereit, ben .£>ulbigungscibL ohne Vorbehalt $u fdjmören. uDic ^unftuorftänbe aber mollten fid) auf nichts SBeiteres einlaffen, als bie .frerftelluug ihrer ^riuilegien oon 1491. tagelang mürbe t)in unb her oerhanbelt, ohne baß eine SSerftänbigung ju erjielen gemefen märe. 4>er 9)iarfgraf erließ hierauf unterm 12. 3uü einen 3 ' n t e r i m s b e f e h l , in welchem oerfd)iebenen s2Öünfd)en unb $efd)werben ber ^for^heimer in» ©ejug auf bas Umgelb, bie berrfdmftlidjen legale ic. Rechnung getragen, im Uebrigen aber feftgefetyt würbe, baß einftweilen für bie Seit uom ^nü 1723 bi$ ^uü 1724 bie Bürger jwölf SDlonatgelber ju 10 fr. oon 100 fl. 3teuerfapital ju befahlen hätten. 2lua) foüten bie rücfftänbigen Scha^ung^gelber, fowie bie ÄommiffionS* unb (Jrefution^foften entrichtet werben.

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162 99i8 au flarl ftriebriäS iHeaieruua.

3Iud) hierauf oerfytelt ftd) bic 93ürgerfd)aft ablefynenb, immer mieber bic alte Sorberung nad) ben oon Sßarfgraf (Xtjrtftof oerliefyenen s}Jriüilegien ftellcnb. ^m 2(uguft vücfte besbalb eine in gelegene $reisfompagnie in s}$forjt)eim ein, unb es würbe angeorbnet, bajj biejenigen Bürger, weldje fief) fernerhin wiber* fetjlid) jetgen unb iljre iHücfftänbe nid)t befahlen follten, mit Einquartierung ju belegen unb, wenn biefeS Littel nidjt t)clfe, iljre OTobilien ju oerfteigern feien.

s4Basi traten nun bic ©Arger? Cfyne SJorwiffen ber ftäbtifdjen $3et)örben einigten fte fid) baljin, ben SJiarfgrafen beim sJieid)3fammergerid)t in Sefclar ju oerf lagen, unb §ur perfönlidjen ^Betreibung ber 3ad)e fdjicften fte nad) bort eine sJlborbnung, meiere au3 bem Cdjfenmirt 3afob ^EBörtl), bem ffiet^gerber 3lnbreas iöauer unb bem iHotgerber .§an$ ©all dberle beftanb. $(ud) bann mürben bie 33ürger nidjt mürbe, als bie Regierung (£nbe 2luguft eine weitere ftompagnie Solbaten unb eine Abteilung fianbmilij nad) ^forjbeim oerlegte unb aujjerbem 3ttaj3regeln anberer 3lrt ergriff, fo bie Sdjliefjung {amtlicher SJcetjcln (mit $uisnafyme berjenigen be3 3lbr. Jrautwein, melier mit ber £errfd)aft f>ictt) unb ben s33efel)l an bie 3tmt0fellerei unb geiftlidje Verwaltung, ju ben beoorfteljenbeu £erbftarbeiten nur geljorfame Bürger $u oermenben. $em irautroein faufte faft niemanb Jleifd) ab, mie überhaupt jeber Bürger, ber jur Regierung ftanb, gefdjäftlid) in ben Sann getf)an unb in jeber SBeife angefeinbet mürbe. mit ber längft angebrobten s$fänbung bei fieben bürgern enblid) ber Anfang gemadjt mürbe unb bie biefen weggenommenen ©egen* (täube jur Verweigerung famen, fanb fid) fein Liebhaber ein, obgleid) man burd) $3efanntmad)ungen in oerfd)iebenen Crten bie 3uben förmlid) f)atte nötigen moUen, nad) sJ$foi'5f)eim ju fontmen.

$er sJflarfgraf tyatte fd)on ju beginn be§ Juli bie Unioerfttäten §alle unb ©iefjen um jurtfttfd)e ©utadjten über feinen Streit mit ben s5forjl)eimern angegangen unb fenbe 3lugu|t mar aud) oon tieften eine s2Introort eingelaufen. Srage einä: „ob bie Veftätigung ber sßrioilegien burd) ben Üttarfgrafen im 3af)re 1709 fo oerftanben werben muffe, bafj er fte nad) bem 33ud)ftabcn, oljne Verücffidjttgung beffen, was feitlier oer= tragSmäjjig geänbert morben fei, wieber f)er(utftellen tjabe", würbe oerneint; Jyrage jmei: „ob bie babifdje iHegierung nid)t berechtigt fei, ftd) nad) bem feit 1491 oeränberten ©elbwert ftatt eines Pfennige bereu je nad) Untftänben $mei, brei ober oier bejablen ju laffeu", würbe bejaht ; Jyrage brei: „ob bie Bürger* fd)aft oon ^forjfjeim nid)t oerbunben fei, bie burd) fie felbft oerurfad)ten (Sr^futionsfoften in be^ablen", würbe bejaht; Jyrage oier : „ob bie Vürgerfdjaft ju ^forjl)eim burd) iljre 2Öiberfe£lid)feit

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5M3 3ii Watt tfriebrid)? föefiteriuia.

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it)re s$rtuilegien nidt)t gcrabeju oerroirft Ratten", rourbe bejaht; Jyrage fünf: „ob nidjt bie Stabt $forg$etm zu ben StaatSlaften, roie Apanagen, Ausfteuern, fürftlidjeu iHeifegelberu, Salarierung ber fürftlidjen ftanrfei, zur iilgung ber Sdjulben unb Bezahlung oon äinfen, 5" ®efanbtfd)aften unb bergleidjen allgemeinen Sftot« roenbigfeiten bes gefamten SanbeS burd) ^Bezahlung einer bireften Steuer beizutragen tjabe", rourbe ebenfalls bejafjt. (35aS balb nadjfjer eingelaufene $aller ©utadjten lautete älmlid), mit Aus* natjme ber oiertcu Srage, roeldje perneint rourbe.) $>as am 4. September auf bem sJtatl)aufe oerlefene ©utadjten blieb ofjne ^Birfung auf baS Verhalten ber Bürger, bie felbft bann iferc Sadje uod) iüd)t oerloren gaben, als fie oom *Heid)Sfammergerid)t mit ber ermähnten Silage gegen ben 9)tarfgrafen ab gern iefen roorben waren, roobei man es ihnen inbeffen freigeftellt hatte, it)re Angelegenheit oor ein Sd)iebSgerid)t }U bringen.

SÖeil es unmöglich fdjien, bie manchen bürgern gepfänbeten ©egenftänbe in Pforzheim felbft 51t oerroerten, fo tarn ber $3efef)l, biefe unter militärifdjer s33ebecfung nad) $urlad) ju Derbringen, roaS aud) gefdmt). 4s mürben aus ihnen inSgcfamt 1373 fl. erlöft, bie aber nid)t einmal zur Bezahlung ber Unfoften, welche in iurlad) allein (527 fl. betrugen, ausreichten.

3)aS Militär mar inzroifdjen oon Pforzheim roieber roeggejogen roorben, aber ber Streit banerte in unuerminberter $eftigfeit fort. 1725 oermeigerten bie jungen Bürger abermals bie ßibeSleiftung, unb bie Regierung antmortete mit (9elbftrafen unb ©yefution, £anbroerfSnieberlegung unb AuSroeijung; aud) mürben brei ber „.joaupträbelsführer'', ber Sattler sBitfd)börfer ber SMcfer Sdjeerer unb ber £mfner Holzhauer gefänglid) einge* Zogen, roas grofje (Erbitterung unter ber ^öürgerfdjaft fjeroorrtef. 2)tefelbe Aborbnung, roeldje nad) 28etylar yum $Heid)Sfammer-- gerid)t gefdjicft roorben roar, rourbe nunmehr beauftragt, beim i)teid)St)ofrat in 30 i e n ftlage zu ergeben unb fie begab firf) aud), mit ben nötigen ©elbmitteln oerfehen, am 14. sJiooember 1725 auf bie sJteife nad) bort. Unberührt t)icrt>on fuhr bie Regierung in i^ren SJiafcnahmen fort, um ben 3Biberftanb ber ^forj^eimer ju brechen. sJ0lit befonberer Strenge rourbe baS (Srrfutionsoerfahren burchgefefct, aber bie Bürger tjatten bafür geforgt, bafj bei ihnen nidjt mehr uiel ju ^oleu roar. $iele berfelben Ratten ihre beroeglidje .]pabe über bie roürttemb. (Frenze gebracht unb fid) zum $eil felbft in bas Oladjbargebiet begeben, oon roo auS fie aud) nid)t auf bie Drohung juriieffe^rten, bafi im Salle roeiteren Fernbleibens ihre ifiegenjdjaften eingezogen unb ihre Angehörigen aus Stabt unb 2anb auSgeroiefen roürben.

Am 18. gebruar 1726 traf bie (Eutfdjeibung bes Geichs* hofrats in 3Bien ljier ein, laut roeld)er berfelbe es ablehnte, fid)

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164 8i3 au Rott ftriebridtf ftcatcruna.

mit bcr Angelegenheit 511 befaffen, bo ba§ ftammergericht bie juftänbige 33ehörbe fei. Sdjon am folgenben £age lieg ber Oberoogt jur (Slocfen bie SBürgcrfdjaft auf ba§ SRatbauS rufen, um fie' im §inblicf auf bie ^ergeblic^feit ihrer Stritte $ur enblicheu Unterwerfung unter ben ÜßiUen ber 93ef)örbe ju beroegen. Aber im Tanten ber überroiegenben SHebraabl ber Bürger erflärten ber Sattler 9Hitfd)börfer unb ber barbier £acofte, ba§ bie Bürger auf ihrem SKedjte beharren unb ftihmifdje Zurufe au§ ber sJJknge betätigten itjrc s4Borte. Mux etroa 90 Bürger erflärten ftd) erbötig, irjre Untermerfnng ju ^rotofoll ju geben.

©3 mürbe befd)loffen, SHitfdjbörfer unb l'acoft ju oerejaften unb auf ba3 iHatl)au$ 511 verbringen. 2>ie beiben ^nbaftierten aber jdjrieen auf bie ©äffen hinauf: „3f)r SJubeu, t)olet euere Üßäter unb 5JIütter mit ©emebren unb prügeln unb belft uns, fic roollen uns einfuerreu." ©ie Ratten ftd) für ibren gaü an bie richtige Abrcffe gemanbt. $en Gliben mar baS „Gaffer auf bie sJöiüt)le". Sie liefen maefer in ben ©tragen ber Stabt unb ber ^orftäbte umber unb forgten burd) ausgiebigem ©efdjrei für bas Aufgebot aller wehrhaften Männer, Leiber unb Gliben. SDen Leibern namentlid) mar e3 beiliger (Srnft mit ber Sßa^rung ber ^forjbeimer Freiheit, ^a* amtlidje ^rotofoli fagt : „(££ fet)nb in l'aubroirte ^Hüfleo .<i>aus fd)on an bie 100 Leiber uerfammclt geftanben." Sie [türmten auf ba$ Matbau3, roo fic ttidjt nur einen £>öllenfpeftafel ooUfübrten, fonbern aud) Spät lid) feiten oerübteu. sü>eil ihnen oermehrt mürbe, in bas ©elag einzubringen, mo sUiitfd)börfer unb Sacofte gefangen fagen, Rieben fic auf einige bcr gutgefinnteu Bürger mit 3d)lüffeln, prügeln unb 3töcfcn ein, „uornelimlid) aber mit benen burd) fie jertretenen unb getragenen, auf bem WatbauSfaal befinblicb gemefenen, 511 3atn-marft*jeiten bafelbft benötigten Schrägen unb bereu <yügen", wie e$ in tem amtlidjen sßrotofoll beigt. $a$u hat tfbc§ i'aeoften ftrau ben Shirgermeifter 8d)ober bei ben paaren 511 paefen befommen, fo bag fie bie $anb ooll £aare behalten ;" bie marfgräflidjen Beamten mürben nou ben mütenben 5Beibern getreten unb geflogen (aud) bie iHat^berren, bie nod) lange nadjfyer blaue ^Diäler berumtrugen) unb bem Amtmann SKutbarbt fälligen fie gar bie s^errücfe uom $opfe. Unter foldjeu Umftänben jogen ftd) bie Beamten unb bie „©ehorfamen" jurücf unb fo tonnten bie befangenen befreit merben.

®«i biefer k-ßkiberreoolte tbaten fid), auger ben Jrauen ber beiben inhaftierten, nod) befonberS bemor: bie Jrauen be$ ©ajlofferS Xiil, be* SBagner« SdnteU, be$ £afner$ £oljbauer, be§ SflledmerS 2Öibmann, beS 3tabtfubrmann3 Sd)af, foroie bie §irfd)rairtin £afner. (Einige berfelben mürben al^balb gefänglich eingebogen, nachher aber mieber entlaffen.

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$i3 au Barl frriebrid)§ «Hcgiemuß.

1G5

Huf bic Runbe oon bcn Vorgängen auf bem ^forjheimer 9ktf)au3 würben fogleid) brei Kompagnien Infanterie, 100 9Jcann £anbmilij unb eine Abteilung Slaoallerie nad) ^forjrjeim beorbert. %m 22. gebruar, alfo brei $age nad) bem Hraoalle, rücften bortfelbft bie Jruppen mit flingenbem Spiele ein unb nahmen Cuartier in ben Käufern ber renitenten Bürger, oon melden ftd) oiele bei Annäherung ber ©olbaten geflüchtet Ratten. Allen bürgern mürben bie ©eroefjre abgeforbert unb bie Käufer nad) folgen unterfud)t, alle ^ufammenfünfte oerboten unb bie £f)ore gefdjloffen. Unter Jrommelfchlag mürbe oerfünbet, ba§ bie (Intflobenen binnen brei £agen, meldjer Dermin nad) Ablauf beäfelben oerlängert rourbe, bei Söerluft it)re§ ^Bürgerrechts 5urücffet)ren füllten, hinter Sacofte unb 2ftitfd)börfer mürben Stecfbriefe erlaffen, nadjbem beren augenblicfliche geftnahme nid)t gelungen mar. 3hr Vermögen mürbe mit Arreft belegt.

2)ie 93ürgerjd)aft f)ielt e3 nun bod) an ber Qeit, fid) in ba§ Unoermeibltdje ju fügen. ©d)on unterm 4. 3ttärj fonnte ba$ Cberamt berichten, ba| bie meiften Bürger, bie nod) etmaS befäfjeu, ihre JHücfftänbe bezahlt unb zugleich bie oerlangte Untermerfung§=(£rflärung unterfdjrieben r)ätten. $)ie (Entflohenen fanben ftd) nad) unb nad) mieber ein, jum £eil aud) Deshalb, meil fie aue ben mürttembergijd)en Orten auf betreiben ber babifdjen Regierung au£gemiefen mürben. 3m Jrübjafjr fetjrten aud) ^'aeofte unb 9Jiitfd)börfer, meldje ftd) in ber iKeidjsftabt Seil aufgehalten hatten, mieber $urürf, nadjbem ihnen auf ihr Aufucben fteberes (Geleite oerbeißen morben mar.

9Wai 1726 erfd)ien eine eigene fürftlidje ftommtffion, um rcegen bes Aufruhrs eine Unterfucbung einzuleiten, Sie fdjeint bie 3ad)e milbe aufgefaßt haben, beim fie machte ber Regierung ben $orfd)lag, einen ©eneralparbon )it erlaffen unb fo alle Seiterungen §u befettigen. Unterm 2(J. 9)iai 1727 erflärten bic fünfte in einer (Eingabe an ben 9Jcarfgrafen ihre öerettmilligfeit, fiel) bem Qnterimsicfebl ftu untermerfen, jeboct) mit bem Vorbehalt, baß bie* ohne Abbrudi ihrer sßrioilegien gefchehe. Aud) baten fie um bie (Sinterung eines 8d)iebsgerid)t. i)er iDiarfgraf antwortete, ba§ er bie Untermerfuug ohne Vorbehalt oerlange. Gr fei bann aber geneigt, ben bürgern an Freiheiten jum 'Jcutjcn ber otabt nod) Manche» 511 gewähren, roas fte ihm bezeichnen unb oon ihm oerlangen mürben.

Als Abfd)luft bes Streitet, meld)er eine d)afteriftifd)e Gigenfchaft ber alten ^forjheimer, Ausbauer unb beharrlidjen 9JJut, mieber einmal in red)t bemerfensmerter Seife ju £age treten ließ, ift bie Abrechnung jroifdjen ber 3tabt unb ber £errfd)aft 311 betrachten, meld)e 1730 erfolgte unb bie gegen» fettigen Sorberungen ausglich.

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SMS au Barl frriebrid)« SHeaieruna.

Wrtriiririitcn von einzelnen gamilien unb dcruurrancubcu

Wänucru ^for^eim*.

1. Tie gamilic Ungerer.

Tic Familie Ungerer gehört unter bie älteften biefigen Jyamilien. Sdjon DOt ber Deformation lebten t>tcr §roei Bürger biefer gamilie, Gbriftmann unb 3obann Ungerer. 5(u3 einer berfelben ftammte ^obanneS Ungerer, über welchen bereits früher berichtet rourbe (Seite 47). ©leid) merfroürbig für bie babifcfye roie für bie sVfor$beimer 9ieligionSgefd)id)tc ift 33enebift Ungerer bureb feinen Anteil an bem ^HetigionSftreit in unferer Stobt, als 9Jiarfgraf Grnft griebrtd) in oertebrtem SReligionS* eifer feine ftreng lutberifeben ^forrteimer mit ©eroalt |titn Uebertritt jur reformierten Mtrd)e nötigen wollte. (Sr rourbe in jenen Unruben feiner Superintenbentenftelle entfetjt unb erlangte fie, roenigftenS folange ^arfgraf (Senf) griebrid) lebte (bis 1604), nid)t roieber.

Sein 8of)n, ber aud) ^enebift bieft, batte ein äbnlidjeS 3d)irffal. (Sr roar Pfarrer in Gllmenbingen. 3113 fid) bie erfteu Truppen £>er$og (SrnftS oon ^Beiinar im Ouli 1637 unferer ©egettb näherten, flob er nad) sßfor$beim unb blieb bafelbft, bis es roieber etroaS ruhiger geroorben roar.

3-aft nod) ^eitgenoffe beSfclben roar 3of>ann Ungerer, geboren am Sdjluffe beS ^abrbunberts. Gr erlebte bie traurigen Reiten beS 30jäf>rigeu Krieges unb ftarb aud) nod) oor bem 3d)luffe besfelben. sJIod) l)ärter traf bas 3d)itffal feineu 1602 geborenen Sobn Johanne §. 9iad)bem berfelbe roäbrenb beS 30jäbrigen ftriege* mebr als einmal bie Jludjt ergreifen unb feine s2öol)nung r>atte in flammen aufgeben feben müffen, erlebte er aud) bie Reiten beS frau^öftfdjen WaubfriegcS, in bem er enblid) nad) oielfadjen 'ÜOlipbanblungen im 3abre 1693 auf ber glud)t ftarb. (St rourbe bei Jbumringen im ^öreiSgau auf bem gelbe tot gefunben im Hilter oon 92 v^a()ren. 3m nämlidjen 3abre raffle eine .fntngerSnot aud) feinen jüngeren Sol)n 3 o ad) im babin. Ter ältere, ^obann, rourbe nebft feiner grau unb jroei erroad)fenen Sobnen ebenfalle ein Cpfer beS fran$öftfd)en Krieges. yener ftrieg fd)roäd)te biefe Stinte fo, ba& fie balb barauf au*ftarb. Ter britte Sobn 3obann ftarb 1726 obne mäunlicbe "Jiadjfommen, rote bie beiben Söbne 3oad)imS, .franS Taoib (f 1715) unb £anS 3oad)im (f 1715). .

(Jbenfall* im HOjäbrigen Kriege lebte tyiev ein SBeingärtner namenS T a o i b U n g e r e r. Gr rourbe fpäter .pauSmeifter in ber bamalS nod) blübenben 3t. ©eorgenpflege unb ftarb in bem unglücflid)en vsobre 1693. Sein Sobn Taoib, ein ^eugmadjer um 1642, roar lange Sttitglieb beS StabtrateS unb ftarb 1724.

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53i§ au Rarl ftriebridjg SHeaieruna.

167

Seine bret trüber raffte ber franjöftfcfye $rieg roeg. 3ofjann ftarb nebft feiner grau #unger3. (£f)riftopij Ungerer Imtte 1694 mit grau unb Äinbern ein äf)nlid)e§ Sdncffal. Martin Ungerer ftarb tyer im Gtenbe 1694. Unb fo ging burd) alle Sinien biefer äußerft jafylreidjen gamilie l)inburd). SBofyl feine t)iefige Jamilie l)at im orleanS'fcfyen Kriege fo gelitten roie biefe, unb mir fyaben fie banim etroaS au$füt)ilid)er bargeftellt als fonft unfere $flid)t ift. UebrigenS l)at ftct) bie Ungerer« gamilie bis fjeute roieber auf bie Safy 37 uermefyrt.

2. ftafc.

$er gemeinfd)aftlicf)e Stammoater biefer fefjr jaf)lreid)en ftamilie ift ftonrab ftafc, ein SRotgerber. @r fommt, roieber 9lame „tafc" überhaupt jum erftenmale im 3af>re 1625 oor. Äonrab Stafe ftarb um ba$ 3af)r 1640. <8on feinen beiben Sölmen, #an§ Honrab (geb. 1628), iRotgerber unb 9iat3- oerroanbter unb fiorenj (geb. 1636), Jlößer, hinterließ jener brei Sö^ne, Honrab, l'oren $ unb 3ofep^. 2>er ältefte unter ifjnen, $onrab, SHotgerber unb SfatSoerroanbter, t)at ftd) befonber§ um bie ftäbtifcfje Verwaltung oerbient gemacht. ©0 ift it)m oorjüglid) bie SBiebererbauung ber 1692 oon ben jranjofen niebergebrannten ^eiligfreujfirc^e ju oerbanfen (im $at)re 1698). SBei roeitem aafjlreidjer aber ift bie Sinie, roelcfye glößer £orenj ßatj ftiftete. (Sr felbft ftarb jroar roäfjrenb be§ franjöjifdjen Krieges, Unterlieg aber oier Söfjne, 3of)ann ©eorg, fiorenj, 6ebaftian unb ftonrab, alle glößer, roeld)e meift 5ar)lreicf)e sJtad)fommenfd)aft hinterließen, rooburd) bie gamilie it)re große SluSbefjnung erlangt fwt.

3. ftienle.

(Sine in Oaben roie in Söürttemberg an oielen Orten fid) finbenbe fec)r jafjlreidje gamilie. Jyaft ebenfo oielfad) ift aud) bie sJiedjtfd)*eibung bes Ramend in $ünlin, ßünle, ßüfjnle, ftiefjnle, ftienle, Sliefjnlin. $ie ältefte unb rid)tigfte ift root)l bie letztere, beren VerfleinerungSfilbe lin (lein, ein fpe^ififcf) fd)roäbifd)e§ Sfterfmal) mit ber Seit in „le" abgefd)liffen rourbe. 9Iu§ ber großen Verbreitung ber gamilie ift e$ aud) herzuleiten, baß nid)t§ fixeres über bie £erfunft beS ^forjbeimer 3roeige$ berfelben befannt ift. @3 ift jebod) ntct)t unroafjrfdjeinlid), baß er oon Bübingen abftammte; beim im ^afjre 1562 am 6. Oftober 50g Sebafttan ftienlin, 2>oftor ber Slrjnetfunbe oon Bübingen, nad) sJJforjf)eim. (Sr roav oon Bübingen gebürtig unb erlangte 1551 jugleid) mit 3obann Sorot) oon 2Beil ber Stabt, bem befannten Reformator, bie siflagifterroürbe. Sftarfgraf ftarl II. oon 93aben berief tyn im 3a^re 1562 al?

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1G8 93t§ au Statl ftriebricb§ fteßierunß.

feinen ^ßhufifuS nad) s$forjbeim, roofelbft er 1592 nod) lebte. Um nun einige fetner Vorfahren 511 ermähnen : 3m 3at)re 1477, ba bic Unioerfität Tübingen gegrünbet mürbe, lieft ftd) aud) ©eorg ftienl in aus Wagftabt als 9tfabemifer einfdjreiben. Gbenfo SHtolau* tfienlin 1511 uou Bübingen, Süftelm 51 1 e n 1 1 n 1546 uon ©laubeuren :c. (Sin naber Sßerroanbter Sebaftian ftienlinS, SJtagifter ftonrab 5Uenlin, mar Pfleger be§ ^ebenbaufer .ftofe* in Stuttgart. 3Öenn aud) roirflid) ber s3lame ftienlin burd) ben nad) ^for^eim berufenen Sebaftian Mi eulin fid) J)ier f ortpflaujte , fo ift bamit temedfaOfö erroief en , baj? alle biefe* Samens tyzv uon ihm abftammen. bereits im 3<*hre 1520 lebten l)ier s$eter unb .franS ftienlin. sJ(ud) im 3«brc 1505 lebten hier mehrere ftienlin: Warfus, Wartin unb Oafob ftienlin. Tod) fdjeint e$, als ob jeuer Sebaftian Rtenlin feine ^aebfommen in ^for^eim binterlaffen habe, ba fid), mas in früheren Reiten fegt feltfam gemefen fein mürbe, ber s)tame Sebafttan nicht mebr finbet. ^te gfamilie mar 511 Anfang beS 17. ^abrbunberts bereits jebr 5al)lreid): Wartin, WattbäuS, $lafiu3, Sorenj, Otto, Widmel, £mn$, |>an3 Stoffel, 5lnbrea§, ^eter Ulrid), Gafpar, $a\\$ (#eorg :c. ;\n biefer ^eit lebte aud) in Turlad) Johann ($eorg ftienlin, .frofgeridjtsrat unb ftircbenratSbireftor. (5r fd)eint uon bier gebürtig 511 fein, ba er mieberbolt bei $(ngelegem beiten biefiger ©Arger ermähnt mirb. 3o bei ber Sequeftrations= fadje ber L^öfilinifd)eu (bitter 1620, mo er fid) felbft ^obann Öeorg fiieuliu unterfdjrieb. ferner in einer Streitfadje jroifd)en ber otabt sJ*for$beim, beut ©agemüller Widjael Teimling unb Järber Seonbarb l'ump, meldie er unb (Meimrat Gngelharb $öler 0011 tHauensburg auf Befehl beS Warfgrafen ©eorg Jyriebrid) imterfud)te. Ter 30jährige ftrieg fcheint bie Jamilie ftorf Derminbert 311 haben; Denn fie mar ju (£nbe be^s 17. -3af)r* bunberts nidjt mehr io jablreid), mic &u Einfang beSfetben. Ten .frauptoerluft aber erlitt fie burd) ben fran*öfifd)en $rieg. $on neun bürgern biefiS Flamen* maren im ^'ahre 1698 nur nod) jroei oorbanben: bie übrigen hatten bie Trangfale beS SlriegeS, meift in ben fräjtigften fahren 25, 30, 48, 50, 52* weggerafft. Tie fromitte vermehrte ftd) jebod) in ruhigen fetten mieber fdjnell. sJiad) beut Stbrenfalenber beträgt bie ^ahl ber ftiebnle in ^for^beim beute 25, bie ber ftiettle 2.

Unter ben ^forjheimern, bie fid) auf gelehrtem (Gebiete einen Flamen gemad)t haben, unb bie e* baber mohl uerbienen, hier ermähnt $u werben, nennen mir:

1 . 3 o h a n n $ ei n r i d) W a n. @r mar am 5. gebruar 1053 hier geboren unb ftammte

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$i8 au 5?atl frriebridjs SHeflierunQ.

169

au§ einer alten 53ürgerfamilie, beven fchon 1339 @rioähnung gefchieht. Sin Sftap, ftetjt auf bem $>enfmal ber 400 oon Wimpfen, bas fid) in ber Sd)lo&fird)e befinbet. 3ofjann Jpeinvid) 9ftau befugte junächft bie s£for$heimer £ateinfd)ule unb be$og fpäter bie Unioerfttät Sittenberg, um bafelbft Geologie 311 ftubieren. sJkd) Sßollenbung feiner Stubien machte er oerfd)iebene Steifen ju miffenfdjaftlicheu ^mecfen unb lehrte 911 £eipjig, Wittenberg unb Strasburg namentlid) bie morgenlänbifd)en ©prägen. (Sinem 5)tuf beS Nßfaljgrafen oon 33elbenj als §of* prebiger leiftete er jroar Jolge, fefjrte jebod) in fein $aterlanb jurücf, als ihm vom 9)Tarfgrafen Jriebrid) SJlagnuS 1679 bie Stelle eines Pfarrers unb ^ugleid) 2ef)rerS ber orientalischen Sprachen ju 3)urlad) übertragen mürbe; ju feiner 9luSbilbung in biefen ©prägen lie§ it)n ber SJlarfgraf eine SHeife nad) Hamburg ju bem bamalS fehr berühmten Orientaliften (Staad) machen, bei meinem fid) 9Jcau jroei 3ahre lang auffielt. 9iad)bem er, nac^ $urlad) jurücfgefehrt, nocl) mehrere 3at)re an ber 3>urlad)er (Schule gemirft hatte, unterbrach 1689 ber oerheerenbe orleanS'fd)e ftrieg bie $r>ätigfeit ber bärtigen 2ef)rer. Sflap fam als $rofeffor an bie Unioerfttät (Stießen, reo er fpäter $onfiftorialrat unb Superintenbent tourbe unb eine gefegnete $f)ätigfeit entfaltete. @r ftarb bafelbft im ^ahre 1719. Unter feinen jahlreid) F>interlaff cnen fpradjroiffenfchaftlichen unb gejd)id)t= lid)en (Schriften, nennen mir bie fcfjon 1677 in £)urlacb hei'au§s gegebene Biographie $Keud)linS, toorin er all bas nieberlegte, maS er feit einer tfieihe oon fahren auS ber ®efd)id)te feiner SBaterftabt gefammelt hotte. GS mar bieS ber erfte $erfud) einer, menn aud) lüefenbafte $efd)id)te ber Stabt $for^etm.

2. 3ohaun Burfharb 9ftat),

ber ältere SBntbet beS oorigen, mar 1652 ebenfalls t)iev geboren (ber 93ater mar früher Pfarrer in 33aufcf)lott). (fr ftubierte in Wittenberg unb hielt fid) 6 Qahre lang im .)paufe bes berühmten Sdjuräfleifd) auf. $on hiev fam er als .ftofmeifter einiger junger ©belleute nach Jyranffurt, mo er auch baS Slmt eines ftorreftorS in einer bortigen $)rucferei befleibete. 9cad)bem er hierauf einige $eit als $ojent in (Siegen geroirft hatte, ronrbe er qleid)$eitig mit feinem jüngeren trüber* an bas ©omnaftum nach $urlad) berufen, mo er als s^rofeffor ber Skrebtfamfeit unb als Bibliottjefar mirfte. 2>ort gab er u. a. aud) eine in lateinifdjer Sprache gefd)riebcne Schrift heraus, morin er }u ben am 5. 2ftärs 1687 in $urlad) $u begehenben Säfularfeierlid)feiteu beS bortigen (SnmnaftumS einlub unb bie zahlreichen Weben anfünbigte, bie in lateinifcher, griedjifdjer, hebräijcher, djalbäifdjer, fnrifd)er, arabifcher unb ätr)iopifdjcr Spraye gehalten merben follten. 3m

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170

99i8 au Rarl ftriebricfcS SReöieruna.

orleanS'fdjen Kriege fjattc er menigftenS ben Stroft, bog feine ^ibliotljef oor pünberung unb ^erftörung oerfcfyont blieb. i)od) blieb er nid)t länger in $urfad). Dkdjbem er oerfdjiebene Reifen gemalt fjatte, würbe er 1692 an ber berühmten 2ftarf)of3*<3telle als s$rofeffor ber Serebtfamfeit unb ©efcbidjte nad) $iel berufen, mo er 1727 ftarb. ©leid) feinem trüber fyatte er fuf) burd) feine tiefe roiffenfdjaftlicfye 93ilbung, befonberS burd) feine t)eroor= oorragenben pf)ofologifd)en unb gefd)id)tfid)en ßenntniffe einen gefeierten tarnen enoorbeu.

8. Barl 3ofepl) öouginä.

$erfelbe ift am 22. SJlärj 1735 ju <ßforjf)eim geboren, ©ein SBater mar ber lueftge Kaufmann, 3ucferbäcfer unb SHatS* oermanbte 3. 3- $3ougin6, ber früher auS 93alencienne3 in Jranfreid) auSgemanbert mar unb fid) in ^ßforjljeim niebergelaffen tjatte. sJiad) Sbfoloierung ber Sdjule feiner SBatcrftabt unb beS ©umnafiumS in Rarlsrufye (1724 oon 4>urlad) nad) bort oerlegt) bejog er bie Unioevfität Bübingen, mo-er t^eologifdje unb ©pradjftubien trieb. 9kd) abgelegtem (Sramen als ^ßfarrfanbibat mar er junädjft in ^for^eim tfjätig, mürbe jebod) fd)on 1758 britter Sefjrer in ftarlSrulje, mo er 1767 eine ^rofeffur erhielt unb aümäfjlid) bis jur erften klaffe oorrürfte. 1780 erhielt er ben (£t)arafter eines Äirc^eurateS unb 1790 mürbe ihm baS iKeftorat beS ©nmnafiumS übertragen, baS il)n jmar oom ßlaffen= unterridjt befreite, mogegen er aber 93orlefungen oerfd)iebener Stt übernahm unb aud) baS oon SKeftor 6ad)S 1775 gegrünbete lateinifdje sJtebeinftitut fortlegte. 3m 3al)re 1794 erhielt er bie Sigenfdjaft als geheimer Rirdjenrat unb ftarb am 29. Sttai 1799. Unter feinen oielen lateinifdjen unb beutfd)en ©djriften ift feine £ilteraturgefd)id)te , bie in $ürid) uon 1789 1792 in fünf •iBänben erfdjien, am befannteften gemorben.

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J)fonl)ctm unter farl fricbrldj-

allgemeines.

3m 3at)ve 174« trat Sttarfgraf ftarl Jriebrid) im 18. 2ebenSjal)re bic fltegierung an, nad)bem erburd) eine oortrefflidje ©rjiebung burct) ben Unterricht ausgezeichneten &er)rer, burd) ben Sefud) ber 9lfabemie Saufanne, bind) Steifen in granfreid), ben ^Heberlanben nnb Gcnglanb, ficf) für feinen tjofyen Beruf oorbereitet hatte, hochbegabt nnb oon ebelfter ©eftnnung mar fein fieben oon nun an auSfdjliefjlid) bem 2öof)le feinet SanbeS geroibmet. 9llle feine sJteflieruncj^l)anbluncjen roaren oon bem SBunfdje geleitet, über „ein freiem, rootjUjnbenbesf, gefttteteS unb chriftlid)e§ Bolf" ju gebieten.

Bor allem lag ibm bie geiftige Bilbung unb bie religiös fittlidje (Srjiebung ber 3ugeni) am .freien. Tatjer oermehrte unb oerbefferte er bie Sdmlen unb errichtete BilbungSanftalten für ®eiftlid)e unb £ebrer, oeranlafite ben Sau jtoecfmäßiger Sdjulbäufer unb fübvte jur gortbilbung ber auS ber Schule entlaffenen jungen Seute bie Sonntagsfd)ulen ein.

3ur Steigerung beS SÖohlftanbcs begünftigte unb unter* ftütjte er bie (Errichtung oon ftabrifen unb trug Sorge für eine beffere 5luSbilbung ber ©eroerbetreibenben. $en Sanbleuten ließ er Belehrung über jioerfmäfjige Betreibung ber l'anbtoirtfdjaft geben unb Sämereien oon nutzbaren ^flan^en austeilen, roie oon £abaf, Sujerne, ttfrarfette, ftrapp :c, rocldje bis bat)in nur fpärlid) ober gar nicht angebaut roorben waren. Seine $ofgärtner ronrben angetoiefen, eble* Cbftforten 51t Rieben unb N#fropfreifer unentgeltlich an bie Saubioirtc abzugeben. Um bie Biebaucht ju beben, lieg er auS anbern Säubern beffere fltinboiebraffen, eMere sPferbe, befonberS auri) auS Spanien SDterinofdjafe einführen. Seinem Sprüdjrcorte gemäß: „Weicher Bauer, reicher 3W/ that er überhaupt alles, ioaS baS SoS beS Bauersmannes oer^ beffem fonnte.

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172

^forabeim unter Barl frrie&ricb.

©eleitet oon bem in ftranfvetd) cntftonbcncn Spftem ber ^hufiofratie"*), bem „freien 6piet ber fträfte" oertrauenb, basbem Bürger bie greibeit beliebiger Verwenbung aller feiner Vorteile unb ©üter laffen wollte unb ben reinen (Srtrag ber (9runbftücfe als alleinigen ©egenftanb einer Auflage bezeichnete, wollte ber SRatfgtaf biefe ®runbfätje in bie sßrari3 nmfetjcn. ^ebod) gebraudjte er bie weife s-ßorfid)t, bas (Srperiment suoor an brei Dörfern beS £anbe§, barunter aud) Dietlingen, $u mad)en. Die s^robe fiel weber für ba§ Srjftem, nod) für bie (9emeinben günftig au§, wie bei ber Ginfeitigfeit bes elften nid)t anbers 511 erwarten mar.

2Bas Karl Jyriebrid) für bas biefige ftunftgewerbe getban, bariiber wirb in einem fpäteren ^hiffa^e *2lusführiid)ere3 mitgeteilt merben.

ber Diö>fe ^forjbeim mürben bie 8onntagsid)ulen im 3abre 175.") eingeführt. £>err Defan Raffelt erließ 1768 hier eine 6d)ulorbnurig. Öleidje Sorgfalt wie ben Holfssjebulen erwies Karl griebrid) aud) ben 9)iittelfd)ulen. ßbeufo bulbfam wie aufrichtig fromm, gemattete ber Swartgraf ben fatt)olifct)eii "Bewohnern feiner JKefibenj unb anberer 2täbte Sktbaus unb 2d)ule unb oermehrte bie $abl ihrer C^eiftlichen.

Die michtigftc unb folgemeid) fte 3lnorbnung bes eblen SWarfflrafen aber war bie Aufhebung ber ^eibeigenfdjaft im 3ahre 1783. Gin großer ^ubel fdjallte im ganjen Vanbe biefer menid)enfreunblid)!teu aller feiner Maßregeln entgegen, bie einem Stolf bie Freiheit gab, meld)e es oerbiente unb 311 [df)äfeen mußte. Sin Deufftein oor ber Kirche in Eutingen ift heute nod) ein ftummet unb bod) berebter ^euge bes Dantgefübls unferer s-öeoölferung. Die ^nfcljnft lautet : „Gabens Marl Jyriebrid), bem Vater feines Voltes, als er bie Vetbeigenfdjaft mit ihren folgen, famt bem 3lbjug aufhob unb bie Siechte ber iWenfcbbeit berftellte, feHte biefes Deufmal bes Dantes bie ($emeinbe (Eutingen am 23. ^suli 17s;i. Sauberer biefer Straße, jag' beinern l'aube unb ber ©eil uufer ©lücf; bier ift ber ebelfte Stallte Jyürft." 3u ber gefamten Staatsverwaltung berrfcl)te bie größte ürbnung unb gemiffenbaftefte Sparfamfeit, bei ben Berichten Villigfeit unb (#ered)tigfeit ohne ^lufebeu ber sJ>erfon. Marl griebrid) fd)affte bie Dortur, ben barbarifdjen Gebrauch, baß man burch ausgefud)te Martern einen Slugeflagtcu $um (>5eftäubuis jmang, fd)on 17(h ab, befdjränfte bie ^Inwcnbung ber Iobe?ftrafe unb traf 3luorbnungen , bind) roeldje bie Strafbäufer jugleid) Vefferungsanftaiten für bie Verbrecher werben follten. Müßiggang, i?anbftreid)erei unb Settel würben uid)t gebulbet, bagegen würbe

*) Ston ber 3lnfi<f>t auftfteQenb, bafi bie (Sirtwidlung oon (Meioerbe, #anbel unb $nbufrrie nur auf bec Wrunblage eine* gefunben 3lcfcrbauc$ erfolgen lönne.

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^forabcim unter &arl ^riebrid). 173 I

burd) 9lrmenftiftungen unb 33efd)äftiguugSanftalten bafür (Borge s getragen, baß ber unoerfd)iilbeten 3lrmut itjr SoS erleichtert rourbe. einer |}eit, ba an oieleu Jürftenljöfen Religion unb Sitte mit fpottenber Seidjtfertigfeit bebanbelt mürben, gab &arl Sriebrid) baS $teifpiel ftreng fittlidjeu s3anbelS unb tiefer, ernfter 9teligiofität. Gr felbft fdjrieb: „(Sine jebe Sad)e, bie $um Ahlften eines SOTenföen gereidjen foll, unb alfo nod) oielmeljr eine foldje, bie jut SHufje unb 3lufred)terl)altung eines Staates unternommen wirb, foü mit ©lauben unb (#ebet angefangen werben; nur alSbann fann fie jur Gbre (Rottes unb 511m ©eften ber Sftenfdjen gereidjen unb mit Segen gefrönt werben." 5luS biefer'religiöfen Sefinnung ging es aud) beruor, baß er für bie r»erfd)iebenen sJieligionSgenoffenfd)aften in feinem Kante uid)t nur $ulbung, fonbern aufvid)tigeS unb werftbätigeS ^oljlwollen fjatte.

3)a bie beiben Söljne beS XürfenbefiegerS ^ubroig Silljelm fiuberloS ftarben, gingen ttraft beS (SvboertrageS uon 1765 bie 33aben=$aben'fd)e ^aube 1771 in ben 93efit3 toi 3riebrid)S über, unb fo mürbe uad) 238jäbriger Trennung bie untere unb bie obere 9Äatfgraffdjaft mietet 311 einem einigen StaatSmefen uereinigt.

(Siuen großen Xeil bes ^erbieufteS, baS fid) Marl ^riebridj um i?anb unb ^>olf evmarb, teilte mit il)iu beffen (Gemahlin Caroline 2 u i f c uon .Reffen ^armftabt. Sie mar eine Jyrau Don reichem (Reifte, tiefem Wemüte unb ebler ©efinmmg unb muvbe beSl)alb nid)t nur bie s<8egrünberin non ifyreS C9emat)lS fyäuSlidjem ©lücf, [onbern wußte and) fein IwbeS Streben für beS SanbeS Sohl anzufeuern unb 311 beftärfeu unb befaß babei bie eble ^efdjeibenbeit, ibren füllen (Einfluß nur jur Chböbung feiner vBürbc, niemals aber jur Öefriebigung eigenen £errfa> gelüfteS anjumeuben. Sir werben in unferm ^luffatje über bie (Sntwicfluug ber $ijouteriebrana> Gelegenheit l)aben, bie ftidjtigfeit biefeS Urteils 311 3etgen.

5luS ber (Sbe mit ber Warfgväfin Carolina, bie 1783 ftarb, unb am 18. s)lpril jenes 3aln?s in ^ßfor^eim beigefetjt würbe, gingen außer einer iodjter, bie im javteften Hilter ftarb, brei Söbne fyeroor, Mail ^ubmig, ber als (Srbprin3 1801 311 3lrboga in Sdjmebeu burd) ben Sturj beS SÖagenS oerunglücfte, unb üou bem am 1(5. Jebruar 1802 juerft baS.frei^, am 2. 3uni beSfelbeu 3at)reS ber Seidmam in ber Stuft 311 ^forjbeim beigelegt würbe, g r i e b r i d) , geftorben 1817, unb 8 ub to ia Si lh eint 21 u g u ft, ber 1830 oerftorbene Rroßbersog. Marl griebridjS 3meiter

@f)e mit ber greiin Maroline $et)er non Reifersberg, fpäteren (Gräfin oon .Ipocbberg, erfproffen brei Söljne: Eeopolb, Silbe Im unb 3Ji aj i m i l i a n , fowie eine Xod)ter Amalie, bie fpätere gürftin 0. prftenberg.

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174

^forabcim unter Storl frriebrid).

$ie föcttoluttousfriegc.*)

3m Sintern beS l'anbes, rote in feinen 'öejuefjungen nad) aufjen fct)en wir ba§ babifdje H'anb unter bei* roeifen Regierung Äarl Jriebridjs gebeifjen unb feine Stellung behaupten. (Sin ruhiger unb begonnener 5ortfd)ritt auf allen (Gebieten ber 33er* roaltung, bie eifrige unb uerftänbnisuoüe Pflege ber fünfte unb ©iffenfdjaften, bie umfidjtige unb fluge (#eftaltung ber 33evr>ält= niffe, fowohl ju ben europäifdjen (Großmächten, als aud) ju ben (Sinjelftaaten bes beutfdjen Weidas fdjienen bie ®eroähr einer weiteren fegenSreid-en Gntn>icfelung 51t bieten.

Da fteüte plötjlid) ber Ausbruch ber fran$öfifd)en >Heoolution in Jranfretd) alle @rrungenfd)aften einer toährenb langer Seit planmäßig geleiteten unb Don beut befteu Erfolge gefrönten iRegierungSttjätigfeit in Jyrage. Das babifd)e £auptlanb, an langer ©renjftrecfe nur buvd) ben SHtjein oon Jranfreid) getrennt, bie auf bem linfen Ufer biefeS Stromes gelegenen (Gebietsteile im (Jlfajj unb in i'uremburg, fonnteu fid) ben (Sintoirfungen biefer geroaltigeu Bewegung nid)t entziehen. Sie machte fid) oielmebr alsbalb unb in febr empfinMtd)er '©eife geltenb.

sJ)ht bem ^at)re 1 7H<> beginnt ein Zeitraum, roätjrenb beffeu Sahen an ben grojjen Umgeftaltungen , roeldje infolge ber franjöfifdjen Meuoiution alle Staaten (Suropas betrafen, an ben Reiben unb Drangfalen langjähriger Kriege in erfter sJteibe mit teilnahm. (Sin Seitraum, tueldjer s#abeu eine bebcutenbe ^3er= gröfjerung bes (Gebietes, bie (hhöbung beS langes innerhalb ber Weihe ber beutfcben Staaten, oiel ©lücf unbiKubm, aber aud) oiel Slenb unb Demütigung brachte.

(£S bleibt baS unoergänglid)e Verbienft ftarl griebridjs, baft aud) bie alles umroäljenben (Sreigniffe biefes Zeitraums in bem babifd)en l'anbe fefte unb gefunbe (Grunblage fanben, auf benen, als bie -3a()re ber Prüfung oorbei maren, ber Neubau bes StaatsroefenS in bem (Reifte, meiner ber neuen $ett entfprad), unb bod) in beioufjter 9lnfnüpfung an bie bewährten lieber* lieferungen ber Vergangenheit erfolgen fonnten.

Die Skroegung in ftranfreid), sie urfprünglid) oon toirt* fdjaftlidjen fragen ihren Ausgang nal)m, für bie unfere Regierung eine befonbers rege Teilnahme l)egte, befdjäftigte bie (Gemüter in Karlsruhe junädjft nur infofern, als man ftc mic eine merf« roürbige Grjdjeinung aufmerffam beobachtete, „mit bem 9(uge be§ s^l)^ofopt)en", roie (Sbelsbeim fagte. 9lber balb geigten fid) bod) (Srfdjeinuugcu, meiere ju einer erufteren Sluffaffung aufforberteu.

•) v. sli?ccdi, bab. (**>efct)icbtc.

Äarl ftriebridj von ^aben oon £r. Wrtbur Mrinfdjmibt. ^flügcr.

^forabeim unter Staxl ftriebrid).

175

$en ©eroaltthaten, bie aus <PariS gemelbet würben, folgten halb ähnliche in ben ^rooinjen, aud) in benen, bie an Vaben grenzten. 3m Sunbgau oollsog ftd) unter bem fianboolf eine Veroegung, bie an ben Vauernfrieg erinnerte. Soldjen (Sreigniffen gegen- über hielt, man eS für nötig, auf ber $ut ju fein. Rad) Rötteln, Vabenroeiler, £od)berg unb Äet)l mürben Gruppen gefd)icft, um einen etwaigen (Sinbrud) fremben ©efinbelS jurücfjumeifen. AIS ftd) im Auguft aud) in ber 9Harfgraffd)aft Neigung ju AuS* fdjreitungen zeigten, ftellte Karl griebrid) mit einigen tjunbert SJlann rajd) bie Orbnung roieber her uub lieg bie RäbelSführer inS ^forjheimer #ud)thauS abführen.

$ie (Jinmirfungen ber Vorgänge in granfreic^ machten fid) aud) balb unb in fet)r erheblichem Umfange auf anbeten ©ebieten geltenb. 3roifd)en foer franjöfifc^en unb ber babifchen Regierung fam eS ju Reibereien bejüglid) beS im Vereidje granfreid)S liegenben babifchen Amtes Veinheim unb ber in fiuyemburg liegenben £errfchaft Robemachern, bereu SanbeSoberhoheit 3ranfreid) beanfprudjte.

$er Reichstag erflärte bie Angelegenheit ber fold)ermafjen gefchäbigten ReidjSftänbe für bie feinige unb beriet barüber fo lange unb grünblid), bis ber Krieg ben Verhandlungen ein (Snbe madjte. Rod) fdjärfer mürben bie ©egenfätje im ©ommer 1790 roegen beS Verhaltens ber beutfd)en ©renjlänber in betreff ber Aufnahme fran^öfifcher AuSgeroanberter. Viele berfelben hatten am Karlsruher §ofe ©aftfreunbfd)aft gefunben, bod) forgte man bafür, baji aus ihrem Verhalten ber franjöftfchen Regierung feine Schroierigfeiten ermuchfen.

3nsmifd)en mar bie ©efahr eines Krieges jroifchen ftranfreid) einerfeitS unb Oefterretch^reußen anberfeitS nahe gerüeft, bie für Vaben um fo größer mar, als ein Ueberfall ber im Qclfajj an* gefammelten fran&öftfdjen iruppen 511 gemärtigen ftanb. Auf baS Ultimatum, meldjeS am 25. Januar 1792 bie Rationaloerfammlung an Österreich richtete, folgte am 7. Jebruar ber Abfd)luft eines VünbniffeS jroifchen Oefterreid) unb Greußen, unb auf bie Veant* mortung ber franjöftfchen Rote am 21. April bie franjöftfche KriegSerflärung an Oefterreid).

2öar aud) bie ^arfgraffdjaft oorerft oon ben Vorgängen noch nicht betroffen, fo mußte fie bod) in 9JJitleibenfd)aft gebogen roevben, fobalb ber Krieg bie oberrheinifdjen (Gebiete berührte. Karl 5\riebrid) ließ bie michtigften Ardjioalien, oiele ^retiojen unb einen $eil ber Kaffe nad) sJ3forsheim fdjaffen. Um aber ben Untertanen ihre Verkommenheit gu nehmen, erging an fie am 30. April ein beruljigenbeS ©eneralreffript. 3m SJlai fdjrieb 9)laifonneuoe an (SbelSheim, ber 9Jcarfgraf merbe oon granfreid) für etroaige Verlufte entfehäbigt, ; menn er mit bem fchmäbifchen

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17b iptorgpeun unter Kail tyncorta).

Greife neutral bleibe, 3mmer mieber betonte Sranfreid), bie Cefterreidjer müßten 53aben uerlaffen, ba3 nidjt befugt fei $ur 5tufnat)ine öfterreid)ifd)er Gruppen. 3113 im 3uli 1792 bie Oefterreidjer plötjlid) $tel)l befetjten unb bie Jyranjofen bie Drütte ablieben, befdjmerte fid) ftarl 5l*ieorid) in Jyreiburg über bie£ eigenmächtige SSorgetjen unb trieb am fcfyroäbifcrjen Streife, $el)l rafd) mit SheiStruppen |U befe^eu, aber uergebenS. ©egen (£nbe 3uli 1792 begannen bie $urd)märfd)e öfterreid)ifd)er iruppen. Slurf) ^forj^eim fat) in 93älbe flriegSgäfte aUer s2Irt. 8m 1. Cftober fd)on uerbreitete fid) in ftarlSrube ba3 alarmierenbe ©erüdjt, bie Jranjofen feien über bm Wtjein. $er 2flarfgraf befdjlofj, mit feiner Jämilie nad) SHaftatt 511 geben, fein Militär borten $11 äieljen unb fid) ben Oefterreidjern 511 nätjern. sMeS Sertoolle foüte nad) s]3forjt)eim gejdjafft werben, unb eine allgemeine glucfjt begann, bereits waren bie ^rinjen nad) iHaftatt unterroegS, als fid) bie ^rrigfeit beö ©erüd)tes herausstellte unb man brachte nur 2trd)inafieu nad) ^forjbeim. 2)od) blieb bie gurd)t nad) tote uor biefelbe unb bas 3(rd)iu mürbe baber oon ^forj^eim nad) Ulm geferjafft. 9lm 28. Cftober erfdjienen bier bie erften franjöfifdjen Emigranten, 9U>elige unb ©eiftlidje aus bem Elfafj, bie fid) aber balb mieber entfernen mußten, weil in ber «Stabt „miri)tige Staatseffeften aufbewahrt mürben unb bie Emigranten 5U einem Ueberfall reiben tonnten". Solche glüdjtlinge erfdjienen aud) Anfang 1 794, als bie ftranjofeu Wl Speier unb bie obere sJ$fal$ oorgebrungeu roaren, ebenfo im Wouember. Sie trieben fid) bettelnb in ber Stabt herum unb oerlteften biefelbe nur jum £eil, als 1795 ein roieberfjolter Befehl erfolgte, bafj fte, mit Ausnahme ber ftranfen, sJ$for$beim fd)leuuigft uerlaffen müfjten.

si*on 1792 an mürbe ^forjbeim uiclf ad) uon &urchmärfchen unb Einquartierungen faiferlidjer Gruppen l)eimgefuci)t. Lieferungen unb ßriegsfrormben nabmen bie Littel ber faum mieber erblühten Stabt bebeutenb in Slnfprud). 3m 3abve 1795 mußte fic 5200 ©ulben aufmeuben. 3" sßforjl)eim befanb fid) ein faifer^ lidjes 9)kgasin, unb bie Stabt biente sugleid) als ftranfenabftojj beim Transport berfelben nad) Solitube. 1795 ftanben biesfeits unb jenfeits gemaltige |>eere einanber gegenüber. $om lieber* rtjein bis s}M)ilippsburg unter Elerfait 7(5 000 Sftann, von ba bis SBafel unter ÜBurmfer 100 000 Üflauu, beffen £auptmad)t oberhalb greiburg ftaub.

9lad)bem bie oerbünbeten .peere oon s$id)egrü, S^urban unb ,£>od)e über ben iHf)ein nad) ben sJcieberlanbeu unb als biefe erobert, noef) weiter ^urücfgetrieben morben maren, trennten fid) Ceflerreid) unb ^reufjen. Letzteres fd)lofj mit ^ranfreid) fefjr unrühmlich ben Safeler ^rieben 1795, mäbreub Oefterreid) ben Ober* unb ÜDtittelrfyein beefte unb bamit ben Sunfd) ber

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Worpheim unter Barl ftriebrid). 177

fübbeutfd)eu >Keid)sftänbe, fid) gleid) s.)lorbbeutid)laub neutral jui ert'lären, burchf teufte.*)

Am 22. September begab fid) Marl Jvriebrid) und) Ulm, unb bas Webeimratstollegium übernahm bie ^Kegterung, Als aber ber öfterreid)ifd)e Toppeiabler fid) mit aller (bemalt auf beu Jyeinb [türmte unb (ilerfait fiearetcl) mar, febvte ber attarfgraf uad) Karlsruhe surücf. Aud) feine Familie tarn oon (Göppingen unb Ulm (£ube Cftober uad) i*fortsbeim.

3m ?\\\ri\ 1 7«m; brangeu bie iyranjofen unter 9)Joreau, ■so ooo ffftaxm ftarf, jmifdjen Rüningen unb i'eopolbshafen über beu Wbein, mobureb bie $larfgraffd)aft Nabelt pm Mrieg?- fd)aupla^e mürbe. Ter ÜJJlarfgraf 50g mit beu Seinen uad) ^forjbeim unb befdjloft, im JJafle ber sJiot uad) SBfirjburg Sil flüd)ten.

Am <>. 17JMi hatte (ir^ber^og Marl, mohl ber einzige Heerführer, mekher al* fokber Napoleon ebenbürtig mar, Stellung genommen jmifdjen (Ettlingen unb Wiblburg. Tie Sachfen hatten st*f Olxheim, einige Abteilungen bie .{uiben bei Vangenfteinbad), ?Hotl)enfol, iyrauenalb, A>errenalb unb Loffenau befetjt, mäbrenb bie tftattyofen unter SDloreau smifdjen Wernsbad) unb Ctter*borf, ihre :Keferoeu bei (£berftein, Sinzheim unb Co* [tauben. 3ebe Armee mar gegen HKOOO Wann ftarf. Am J>. ^uli griffen bie Jyeinbe bei Motbenjol**» an, um gegen ^forsbeim oorjubringen. obr linfer Flügel begann erft nadjmittags beu Angriff bei ^lalfd), als ber redjte bereit* im Vorteil mar.*"' ) Turcb bas Skieben feine* linten Flügel* aber mürbe ber drj&erjog Marl genötigt, fid) am 10. 3ult uad) Olxheim prücfywebeu, bas er aud) am felben lag nod) burd) einen augeftrengten Warfd) erreidHe, unb mofelbft er fid) mit beu gefd)lageuen Gruppen bes (General* Statin unb bem fächfifdjeu Morps oereinigte, Ü*ou iWorean bebräugt, sog er fidi weiter uad) Sd)maben unb gegen bie Tonau ^urürf. Am 1."). ^suli 171K1 rütfteu bie erften Jrangofen in ^for^heim ein unb geigten alsbalb, baft fie ihre hier looblbetannteu Münfte im Requirieren unb ^ranbfdiat^eu nicht oerlernt halten. Auf bieMuube 00m llebergang ber Jyvanftofen bei Mehl oerfammelten

*i ^fonbeim hatte um Mcfc .Seit beinahe bie (ihre aebabt, in feinen ütatiern einen fraiuöfifdjfii ihroiunitteubenten beherbergen *u bürfen. „iKonfeia.neur", ber fiel) feit beut iobe be>> uncxhtcflicbrti Tmipbin vubioia, XVIII. nannte, brachte ben antbeniaen i'Jarfcjrafen udinlid) in uidu a.crincic ^or lea.ciibeit burd) bie »iotififation feiner „^jroubefteiauna.'' unb bie ^itte, fid) in ^forU)eim einftmeilen al« Wraf uon vilie aufhalten \u bürfen. irrftereo mürbe biplontatifd) uermerft, lebtere* höflich abgelehnt.

••l iluf ber alten :Kömerftraüe uon Grönheim uad) ^aben -^abeu.

***) Irin leil ber vocftflartic bei :Vcufati, iuo ber vauptfamof ftattfanb, hat heute nod) beu Hainen „,v 1 a n um* cn d rt e r" unb tft feit einigen fahren mit ,vord)eu beurlaubt.

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178 ^forabeim unter Storl ftriebrid).

fict) ber sJ)kgiftrat, bie fürftlicben Liener unb utele von ber Vürgerfdjaft, um über bie Verhaltungsmaßregeln ju beraten. (£ine Deputation, beftet>ctib au? ben "Beamten Baumgartner unb (Sifenlobr, brei sD«tgliebern bes sJWagiftrat$, Vujarb, lohnen berger, Tenuig, mit Vürgermeifter (feiger unb fed)? uon ber Vürgerfdjaft, ging ben fernblieben Truppen entgegen, um eine milbe v33cbanblung ber otabt m erbitten. Tiefe Vorfidtfsmaßreael mar nidjt unnötig ; beim man weiß, baß bie 3an*culotten aud) nad) bem am 25. ^uli unb 22. ^luguft erfolgten ^rieben unb trotj bem sJlnfd)lag an ber (>Heu$e „tenitoire de Bade, pavs neutreu, gar mandje ihrer Vebürfniffe auf Soften be? i'anbc? •m befriebigen mußten, baß basfelbe unter orbentlidien imb außerorbentlidKn "Kequifittouen fdjmer ,m leiben hatte. 'Bei bem Vorbringen be* Jyeiube* im ^uli fam fo eine unregelmäßige 3d)ar besjelben nad) Öhringen, requirierte für 10 000 (Bulben Sein unb, jo heißt e? in bem VeridU plünberte bafür in ber (^egeub weniger, b. I). in Öhötjingen nur für etwa 17.JOO (Bulben, in xi(ue für l!M>oo Bulben/' Unter ^lünberuug litt ^forftbeim felbft allerbing? weniger, härter bagegeu bie l'anborte, mo ^lünberuug an ber lagesorbnuug mar. 3o mürben beifpielsweife in Tietlingen am 15. ^uli bie meiften .£>äufer geleert unb bie (Sinmoljner oou Kopf bi* ,m Juß ausgesogen.

5(m 25. ,)uli fd)loß ftarl Jyvicbvia) einen ^affeufttllftanb mit ber Wepublif. Vabeu hatte ,m leiften : 2 Millionen *!iore? bar, bie l'ieferunq oon looo ^f erben, 500 }ld)fen, 25000 ;)tr. Arud)t, 12 000 3äde .Oafer, 5oooo v^tr. .\>ch, 25 000 ^aar 3d)ube ober für je'oe? 3türf 5 Viurcs. 3t n .Kontributionen mußte ba? Cberamt ^foi^heim leiften : 2H0 ooo (Bulben, bieroon bie 3tabt allein 41 825 (Bulben. Tie Jyrobnben bauerten fort trat} Saffenftillftanb. VJäbrenb be? Zinnat? ^tuguft mußte bie 3tabt liefern: 10 Karren, oo ^wei--, 11 brei*, H2 uierfpännige fuhren, bam J)fs Vorfpanm unb !> 'Heitpferbe, im ($an$cn 43?S 3türf Vieh. (Sineu evbebenbeu (£inbrutf mad)t ba* "ileifpiel patriotifdjen Cpfennutcs, weldies bie ^for^heimer Bürger in jener ;}eit ber s)lot gaben. (*? mar ber Regierung unmöglid), bie allgemeine Jtontributionslaft, meld)o bem t'anbe auferlegt mar, au? 3taatsmitteln ,>u tragen, fie maubte fid) batjer au uermöglidje Bürger um Veifteuer. Von ben ohnehin fdjon jdjmer genug 'beimgefudjteu ^forjbeiinern gaben: .ftanbelsmann Tennig 70oo' (Bulben, Aabritant Si i c h n l e :i200 (Bulben, .s}amnievroerfc- befiuer V i b e 1 1 unb V e n rf i f e r .-u)oo (Bulben, ber Watsoermanbte Treher 2oo<> Bulben, anbete looo, soo, ooo (Silben u. f. m. oin 3eptember 17«m; fprad) bie Vebörbe bem .panbelsmann Sohn lid) ihren befonbereu Tauf au? , weil er „in ben bringenbfteu unb gefahruollften ilmftäuben ber ^taot mit fo

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Worpheim unter Jtorl frriebrtcb. 1 79

anfehnlidjen ®elbmitteln unb anbevn ^orfdjüffen auf eine bereit^ willige uub rühmliche 3&eife an Rauben gegangen unb baburd) bie Stabt oor manchem beoorgeftanbenen grojjen Unglürf jn befreien Geholfen bat."

dJcoreau unb ^ourbau waren iujwifdien in Maliern eingebunden unb Napoleon, bev bie l'ombarbei untermovfeu Öatte, mar beftrebt, ben beiben bie töanb ftu bieten. 3tbcr oouvban würbe in Sdjlacbten oou (£r}ber(sog Marl gefdjlagcn ; in loilber Jylucbt eilte fein .tfeer bem Wbeiue ju. 3)ioreau bemerf ftelligte nunmehr feinen in.^wifdjeu berühmt geworbenen >Kücf$nci, uad) welchem 30 000 Cefterreidjer in'? l'anb rürften. 31m 7. September ftanb (*r1>beri.og Marl mit jeinem .freere in $Me«lod), $)lingol*neim, Büchenau, Untcrgrombad), 'Hotb, .frambrütfen. Tie Jyranjoien, weldjc ficii au* Brucbfal jmuictjogeu, würben bei Unter- grombach angriffen, retteten fid) bind) Umgebung be* Wid)el*berge* unb famen nad) 4tägiger Jvludjt oor bem uadjictjenben Jeinbe in Mehl an. Tie Cefterreidjer behanbelten Babeu, fett e* fid) mit Jyranfreid) in 3rteben*untcrbanbluna,en eingelaffen, wie Jyeiubes* laub uub requirierten feit Cftober gan^ mafUo*. Wadjbem fie fd)on am 14. September eine Befcbießuug Marl*ruhe* unter nommen, rücfte am 3. Cftober ber Berirab unter bem ^riu^en tum Cranien in bie ^Hefibenj ein ; am 4. erfct')ien Ürjberjog Marl felbft, ber au* feinem (Grolle flehen bie 'Kegierung feiuerlei .frebl machte unb jogar ba* ifanb \uv Bewaffnung, alfo >um sJceutralität*bruch mit Jyraufreid) aufforberte, ohne natürlid) bamit (Srfolg in haben.

Bi* jum ^riebenvfd)lnu hörten bie (£inquartierungen unb Wequifitionen bei ben i>for*bennevn nicht mehr auf. tfublid) trat 17i>7 nach einer flewaltiflen .^eere^aufftelluiui am ^ibeiu unb einigen unbebeutenbeu (Gefechten ^affenftillftanb ein, bem fpäter ber triebe oou Gtampo Jvormio, fowie ber burd) ben Wefanbten morb berüd)tigte Moniiren oou :Haftatt folgte.

3lber febon 17!»«» begann ber Mrieg wieber auf? neue. (*r ift befannt unter bem Flamen be* 2. Moalitiou*triege* unb würbe oou Cefterreid), Wußlaub, ($nglanb unb bev lürt'ei gegen bie fran(5öfifd)e Wepublif geführt. V-U>ir erwähnen au* bem Verlaufe be*felben nur ba* für unfern ;}mect Nichtige. ,x\m Frühjahr 17!»;» ftanb (Sr$ber$og Marl mit lir>ouü s))lam\ am ')ibein unb in Schwaben. Oshm gegenüber ftanb eine ebenbürtige feiublid)e sJJ?ad)t. s&tieberholte Uebergänge be* ^einbe» über ben »ibein brachten ben Mrieg and) in unfere Italic. (£* fanben treffen ftatt bei Bietigheim, Obrigheim, Stein vfurt, Cbenbeim, Ceftringen, •löorrenberg, ÜiMeMod). x)n\ .perbft lag General i'ecourbe oom -2.-4. Otonember in sPf Olxheim, währenb taum ' ? Staube entfernt bie fran,^öfifd)en ^orpoften ftanben. (£r erflärte $war,

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180 ^fotabetm unter Rat! frriebrid).

bie 9Warfgrafict)aft frcunblid) bebanbeln $u wollen, requirierte aber wieber in bekannter Weife. 31m 5. Wooember räumten bie Sranjofen ^forftbeim, nadjbem ihr ginira] en chef ben (Ein- wohnern noch 500 Souisb'or abgefnöpft hatte. £urd) Weichstag? befdjlug oom 8. Wouember würbe Der allgemeine Weichsfrieg befdjloffen. vJiad)bem im Dezember bie lyranjofen über ben Whein fturücfgewicheu waren, begannen fie am 25. April lsoo wieber ihre Bewegungen bei Kehl unb Breifadj unb blieben fortan aud) fiegreid). 3eit ^nui mürbe Baben al* neutral behanbelt unb oon jeber Kontribution frei gehalten.

3lm 21. Wouember hatte (General 3)(oreau eine ^ufammen-1 fünft mit Karl ftriebrid) in ^forjbeim, wobei er wieberholt oerfprad), alle* thun ju wollen, um bie Kriegslagen oon Baben fern ju holten.

Der triebe uon CflnneoiUe madjte biefem Kriege ein (Snbe. dv brad)te bas ganje linfe Mbeinufer au Aianfreiri). Philipp* bürg aber würbe jurütfgegeben.

Xnvd) ben fog. Weid)*beputationsbauptfd)lufl 1808 erhielt .Karl Sviebrid) ben Kurfürftentitel unb als Vergrößerung jeiue* l'anbes bas Bistum Konftanj, Seile bes Bistums 3peier (ben Brubrbeini, ^Bafcl unb 3trajjburg, bie Remter ^'abenburg, Bretten mit Weingarten, .V>eibelberg, bie <V>errfd)aften ifabr, Fichtenau, bie Abteien 3dimaijad), Aiauenalb, Allerheiligen, ^iditenthal, Wengenbad), (Sttenbeimmünfter , ^etersbaufeu, Weidenau, Cebriugeu, 3cbuttern, 3alem, 3tift Cbeuheim, bie Weidjsftätte Cffenburg, Wengenbad), Ueberlingen, x}>fullenborf, Biberad) unb Wimpfen, im ganzen <>2 Cuabratmeilen mit 250 000 Einwohnern. Baben war bamals 122 Cuabratmeilen groß unb wählte 450 000 (£inmobnev.*>

*) irines iHortommniffes aus biefer tteriobe fei liier getauft weil es bcit (Sbaralter von Gabens Woll unb ,vurft aleid) frijavf fenmcidinct: %\m 3omntcr hielt fid) ber }Jiarfa,raf Innrere ,^cit in Mullheim auf. (iines

xUbcnbS nun hatten republitanifd) gefinnte itiänncr aus ber llmgegenb, teilmeife oermogenbe ^Urger uon Püggen, bie ihre .iufammentünfte hielten, ben alberneu (ftttfaU, bis an ben caum bes halbes \u fommen unb \n rufen : „(5s lebe bie Mepublif!" worauf fid) bie Felben idjnell mieber aus bem -rtaube maduen. Marl ^riebrid) aber lieft bie biet befaunteften baoon burd) vuifaren fogleid) nad) i|for*betm ins ,Sud)tbaus fuhren, unb als bie ^oraejetuen uon flüggen fid) bei ihm jur flubieru melbeten unb ber jiocite ftd» entfdiulbigte, er habe bie ^eftrebungen bes erften i<orftanoes uid)t hinbern tonnen, bornierte ihn ber fonft fo mitte AÜrft an: „Mt beuu ber weite ein Tropf?" Tann berief fid) ber Marfgraf auf altes, ma* er feit Anfang feiner rHegterung aud) biefen Wemeinben getbau unb aufwerte feine irntriiüung, bau er in feinem Hilter hier foldie Irrfabrungen machen muffe. Tie fluggener boten ihn, er möge ueneiben unb oergeffen; fie feien feine treuen ltntertbanen, nerfteberten fle# unb er möge ihnen mieber bie (ihre feines Wcfucbes idicnfeu. Marl ^riebrid) gab ihren bitten nad) unb nad)bem er bas uon republifauifcher (^efinnunti freie Maubern befudit, tarn er aud) tu bas Torf 2Uta.a.en, mo er mit offenen Firmen empfanden mürbe. Tie ins Zuchthaus Hefperrten mürben iiclinbe behanbelt »mb halb freigegeben.

«Bforsbeim unter Barl Sriebricb. 181

Tva ft f amtliche geiftlid)e iHeichsftänbe würben fäf'ularifiert, b. b. fie hörten auf ju beftehen, unb it»vc £änber würben aubern jugeteilt. Hon 48 9teid)sftäbten blieben nod) <>. $)er 9flarfgraf erhielt neben feiner Rangerhöhung beu oben angeführten Sänber* Mtwadjs, um sBaben al* widriges ©renjlanb $u ftärfen. Statt Sriebrid)* märmftes Beftreben mar jetjt, beu neuen Rauben bie Segnungen ber alten (yi bereiten unb mit unermübtid)er ©ewiffenbaftigfeit für fie 511 forgen. ©an$ im ©egenfa^e ju aubern Surften, bie in ben neuen Rauben alle* umgeftalteien, fud)te er möglichft ba? Beftebenbe 511 oerwerten unb Steuerungen 511 uuterlaffen, fobalb fie nidjt abfolut notmenbig waten. 9ftilbe unb oerföhneub führte er bie neuen Untertanen 511 ben alten herüber.

4Bährenb nod) ftarl ^riebrtd) mit ber neuen Crganifation befdjäftigt mar, brach ber b ritte Ä oalitionsfrieg au*.

(9egen ".Napoleons Umfid)grcifen fchloffen Cefterreid) unb s.Kußlanb am 0. Siooember 1804 eine Mianj, ber fid) and) (Snglanb unb 8d)meben aufklaffen. Napoleon, ber fid) in biefem Csahrc 511111 ftaifer ber Jyranjofen gemacht, fetzte fid) im folgenden 3ahre aud) bie lombarbifdje .Uroue oon 3 talien aufs -jpaupt. ^ielfad) ift es ftarl Sprich oerbad)t morben, baß er fid) in feinem ©ratulationSfehreiben au '.Napoleon „ben gehorfamften unb ergebenften Liener «einer ftaiferlidjen unb .Üöniglid)en s3Jlajeftät" nannte, 2lber bie (Sriftenj feine? Raubes, Cefterreichs unb bes morfd)cu :Keid)e* jmeifelbafter Sd)utj ber Weidjslanbe zwangen ben fonft burd) unb burd) beutfd)en Surften 511 Schritten, bie ihm fid)er fd)mer genug mürben. }(ud) biesmal fud)ten bie fübbeutfeheu Staaten neutral 511 bleiben gteid) Greußen ; ba aber ihre (Gebiete an Napoleons oeerftrafje lagen, fdjlug er iln Wefud) runb ab. 5urd)t unb Ghrgeij zugleich trieben bie fübbeutfeheu Surften in Napoleon? i'ager unb Cefterreid)* Bemühungen, fie an fich 311 lotfen, waren oergebenS. Anfangs bad)te Napoleon fogar barau, oon 33aben 8000 ißlann 311 forbern. vsn foldjer ^?age bacfjte Äarl Sriebrid) an bie fd)öne, ruhige, marfgräflid)e ;^eit ,yirürf unb oft rief er aus: M2lls ÜSWarfgraf mar ich tnd), jetjt bin id) fturfürft, aber arm unb ohnmächtig."

3m September begannen bie Sciubfeligteiten. s^for$beims i'agc an ber alten £)eerftraße, bie ben Cberrbein mit Sd)maben oerbiubet, bradjte es mit fid), baß bie Slapoleon'fdien peere aud) biesmal wieber unfere Stabt paffierten. JtEBte wichtig bem (Eroberer biefe Straße mar, geht barau? heroor, baß er jmifdjen Auerbach unb (Sllmenbingen bie fog. Bärenfteige als ffirjere irace anlegen ließ für bie sJ0carfd)route Straßburg, Ettlingen, N#for$heim, Stuttgart, welche aud) biesmal mieber benufct würbe.

182 Ufotabctm unter Rarl frttebrid).

%m September trafen bie bfterreicbifdjeu Tragoner Wofenberg hiev ein, bie uon .V>ed)iugen über "Jtagolb unb tiaUv tauten nnb nacl) Mannheim folltcit. Sag* barauf (tieften biefelbeu auf beu frau,H>iifd)en Vortrab, wenige Kilometer uon ^for^eim entfernt. Tie Angreifer sogen fid) rafd) über Stuttgart jurürf. *)lm 2s. 3eptember tarnen fvaii^öfifdK AMifareu/ unb uom 2J». 3eptember bi* 2. Cttober paffierten bie ttorp* ber si)larfd)äUe $lcu unb l'anne*, ioro»e be* xj>rin$eu Wurat unfere 3tabt. 5lm 2. Cttober fam bie faiierlidje (Garbe unter Venera! Cubinot unb .ttaifer Napoleon iclbft.*i vxsn biefen wenigen Tagen waren noooo Wann mit :Hoh unb ^age" burdwiarfcbiert : 4oboobauon hatten in ber 3tabt Cuarlier belogen, fo baft maud)e* .pau* 40, :>o unb <>o 3olbateu ju beherbergen hatte. (Sin (Glücf, baf. bie Waffen halb wieber weiter ^oc^en. 'Haben muBte fein (Kontingent mit :>4o<» Wann al* Verftärfung ftellen, ba* ber (Generalmajor v. Warrant befehligte, unb ba* al* felbftänbige Abteilung bem (General Vauriftoi*. uutergeorbnet mürbe. Ter Unterhalt feiner Gruppen toftete 'Haben uon IHO^— 8 jährlidi 1 H8H2(»4 Bulben. Tie uonGfapoleon befürdjtete (Gefahr, xl*for$beim unb fein Jvort tonnten beu Cefterreid)ern in bie .y>äube fallen, trat burd) Warf* erbärmliebe Kriegführung nid)t ein. Terfelbe übergab am 17. Cttober Ulm unb am 2. Te*ember erfolgte bie TreitaiieiKhlacht bei ?lufterlin, loeldie beu ,"velb<uig eutfd)ieb unb ben ^refiburger trieben herbeiführte. x"stt biefem erhielt Karl Aiiebrid) abermal* für fcni ifaub einen ftattlidjen (Gebiet*$awad)« burd) ben Vrei*gau, bie Crteuau unb bie 3tabt ftonftan*. Ter Kurftaat wählte nunmehr i:>7> C.uabratmeilen unb oiM ooo (Einwohner.

sJ(m 10. Januar lso<; legte fich Marl Jyriebrid) beu Titel „fouoerainer Murfürft" bei unb fügte am Hl. Januar beu al* ,,A>er*og uon ^abringen" hin^u meinen ber 3tanuuburg.

Ter :Küefmaridi nad) Aiantreid) erfolgte auf berfelben (ftappeuftrane, Ofapoleon mit ber .Uaiferin ^ofepbine fam auf feiner rHeiie muh vl>ari* am :>o. Januar mieber burd) HJ>fovjibcim. Tie heimyehenbeu I nippen führten and) bie Kriegsgefangenen mit. \>lm "'». unb t. Januar 1 s<m> >ogen gegen <>0(>0 gefangene 'Kuffen burd) bie 3iuM. Tie einzelnen liupp* mürben nacbi* in ber 3cblofrtirdte eingefperrt. NJlin 1l\ unb l.'J. Januar soweit wieber .")00— <;oo gefangene Muffen burd), bie ftd) infolge ber 3trapa^eu unb mangelhaften Verpflegung in elenbem ^uftonbe befanben. Viele ttarben rafd) weg ober blieben in bem im 3diulhaufe erridjteten Wilirärlawretb liegen, wo fic gröfltenteil*

*i .Hin ^mu'iiuu'i- bmmfc nd) nudj tue Maifcrm >iopl)inc l)in im £eniiitO'it;en >>amc.

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^forjbcim unter ffarl <yriebrtd).

1*8

am Xnpbu* ftarben. $or $lntunft bev Muffen ging in bei 3tabt ba* ©evüdjt um, bieielben beabficbtigten, 3*uev anzulegen uub ftd) fo 511 befreien. 3nv Verhütung mürben N-8üvgevmad)eu aufgeboten, bie jugletcb bie armen (befangenen mit 3peife unb Zxant $u uevfebeu Ratten. Tie am Inpbu* (#eftovbeneu erretten ein gemeinsame* ©vab auf bem alten Jyviebbof, beffen Stelle ein bobeS 8tetnfreu5 unb t.s malerifd) gruppierte Ulmen bejeidjucn. SU* im Jrübjabr 18!»« oev Jyviebbof jum ^arfe umgcmanbelt würbe, lieft bie otabtoerroaltung biefe* ernfte Tenfmal au* Teutfdjlanb* büfterfter ^eit unb bev ferneren £>eimfud)ung unfevev Skterftabt pietätooll beftebeu.

ßetbet griff bie beimtücfifdje ftvaufbeit and) vafd) unter bev (£imoobnevfd)aft um ftd) unb fovbevte jablveid)e Opfer. Holter jdjreibt bie (Spibemic ber ftarf medjfeluben, nagfatten 4Sittevung ju, bem Langel eine* ermärmenben unb aufbettevnben (Setvänfes, be* teilte*, unb ben $)taffeneiuquavtievungen mit ihren fanitären Unzuträglich fei teil. 311* ber Xnpbu* immer größere Verheerungen anrichtete, fam mau auf ben guten $ebanfeu, bie 9Jtilitävla$avetbe au* ber otabt hinau* auf ben Rudenberg ju uevlegeu. 3in s))lai erlofch Die ceudie. Von 5800 (i'inmohnern ftarben 1H0 ^erfoneu, 74 männliche unb 5(> meiblid)e.

^njuuifcben bauerteu bie Ivuppeubuvd)mävfd)e unb £van*povte uon eroberten (^efd)üHen unb erbeuteter Munition fort, bi* gegen Cttober ftd) ber ttrieg*icbauplat3 infolge be* neu au*gebrochenen fran^öftfch=preufiifd)en Kriege* nach Horben bin oevfcbob.*)

*) 21m x\ult lHoti fügten fiel), von .Kauoleou baut gezwungen, iednebn beutidn* ,vürften, dauern unb Württemberg uoran, uon Haftet unb :Keicb lo$ unb fentoffeu ben NbetnbuuD, beffe« *efi$er - richtiger beffen Siuingberr , ber Mnifev Napoleon war. x\luu hatten Die uerbünbeten dürften ein >>eer uon HHOOO JNann \u ftellen unb Wcfjorfam in allem 311 triften, nric er niemals bem Cberbaunt bei beutfdjeu :Keid)e<? geleistet morben mar. Nun blieb bem lebten röntifdv beutfdjen ttaifee nicl)t*> aubere* übrig, al* bie Maiferfrone niebermlegen. ridjtete ein ftunbfdjKtbeu an famtliriie

dürften beö :Heid)ee unb entbanb biefelben uon allen Ufliditeu, meldie fic beut :Heicbe jut erfüllen hatten, unb Damit mar bat alte :>ieid) aufgeloft am »>. Äuguft lxuii. lieber To dürften unb Mrafen würben mebiatifiert. Württemberg trat an #abeu zufolge ber :>(beinbunb*a!te ber (Mrafidiaft ÖOIWborf, eine ct. Olafüdie inmelle jiuifdjcu ^rei<Sgau unb ^ürftenberg, bie r»«j imm> (Bulben eintrug, ab, ferner bie Crte söräunlingeu, Millingen mit angremenbeu (Gebieten. Tarnt erhielt Württemberg bie ctabt Wberad} mit (Gebiet, flunerbem erhielt Karl ^riebrid) bao ,^ütftentum >>eiter'>heim unb alle in Reiben gelegeneu Beübungen be# ,"\ohanniterorben*. *Jtn mebiattfierteu vanDen erhielt er ,vitrftenberg, ioDaun bie Jlbtei Weingarten, bie (Siujfdjaft ^beugen, Die Vaub- graffdjaft Wlettgau, bas Äkrftcntum Teilungen, bie leiningeu'fdjen Remter iKeuDeuau unb ^iUtgbeim, bie Beübungen von Vötuenftein = Wertheim linfo be* A'faineS, mit iHuonabine Der Hraffdjaft i'ömenftetn, Deo loiuenfteiu'fdieu Anteil«? an t'inumrg ("Wtilborf unb Der verrfdiaften \?euberg, Breuberg unb v>abi;l)eiin uub bie ^efibungen ber Jürften von calm Mrautheim, nbrblid) ber jagft, euDlid) alle von Uaben enelauicrten rttten'dmftlidjeu Gebiete, int gaitjeu

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184

Worjbcim unter flarl ftriebrid).

^m 3(uguft 1H08 ging ein babifches Truppeut'orp* unter Cberft inu-bcef und) Spanien. 4>on H38H SWann fefcrten nad) nielen ruhmvollen 8d)lnd)ten unb treffen im oabre 1814 nur nod) :>()() 3Hann juruet.

3(m Jyebruar 1809 mürbe bet ,,(£obe %ivoleon" in$Jabeu eingeführt unb mit einer Bnjahl au« beu einzelnen l'anbe^uerbältniffen fid) ergebenben ;}ujä'^e unb ^bänberungen für alle (Gebiete >um babifdjen l'anbrecbte erficht, moburd) bie .vibllojen Wed)t*beftim mutigen in ben einzelnen (Gebieten 511 einem Wefetibudie vereinigt mürben. Ties babifdje l'aubrecbt verbantt jeine l'ebeusjäbigfeit in erfter l'inie beut geiftreidjen unb burdmu* vraftifdieu Oiebeimrat '-Brauer, ber balb nadi ftarl Jriebrid) ftarb. Ter „(iobe sJiavoleou" trat erft mit beut 1. Januar 1810 bei und in Straft, ba fid) Beamte unb Untertbanen yinädift mit ibm oertraut machen mufften.

IM«»«» bfad) ber Krieg mit Cefterreid) au*. Ta* babifdje Kontingent mar im SHarj mobil. (Sin Storps oou 7<mo ^abeuern hatte in biefem Kriege unter Generalmajor 0. Warrant mit efodjten, unb es ift feine Uebertreibung, menu gefugt ivirb, bau er Eroberer oornehmlid) mit Oilfe beutfcljer Truppen feine groften 3iege erfämpfte. s#aben mürben burcl) biefen Krieg mieber ungeheure haften aufgelaben. Slls ($rfat) bafür erhielt es im Jyvieben ;>u UlUen bie von Württemberg abgetretene ttanb* fdjaft Vienenburg unb lsio bie Orte Wiefel brouu unb

Hl,r;."> Cuabratmeilen tnit st7<MNIU ciinmohuern. Mein Staat bat fiel) in ber napOieon*fa)en ^ett fo ueraröfcert mie Hatten. Cr* banft bie* neben bei 'Weisheit feine« dürften, ber ungemein f Union ^oiitif unb Weid)irflid)feit feiner Damaligen Staatsmänner, uor allen ben lluaen ,vreiberrn u. fteibenftein unb i)!arfcbaU i>. 'Wberftein. ?ie von Marl .yriebrid) beberrirbten l'anbe mufaftten nunmehr 24» Cuabratmeilen mit W200U0 Crinmolmern. Napoleon wollte, baf? Marl A-riebrid) ben Möniovnitel führe. '»Iber er hielt fein vaub nnb ieine Crinfüufte für ui flein unb lehnte ab, nahm aber am 1H. xHiunift ben a.roRberü>glid)en iitel mit bem Stange nnb bem Stiel einer wMönia.lidieu >>oheit" au.

Marl A-riebridi hatte in ben folgenbeu fahren uollanf ut thun mit tfrfttUung ber für bie %.»ieueriuerbunaeu übernommenen t*ftid»ten. ^n fieben Monftitutiou>>ebifteu regelte er bie Mirriienuerfaffung, bie ber Hemeiuben, ber Staate unb Wrunbherren, ba>> vebensiuefen, bie 'Jterfafinng ber neridiiebenen 2 taube ber ctaat«bürgei- unb bie ^erhaltniffe ber laube*berrlid)en tiener.

(Megen brennen hatte Nabelt alt Jibeiubuubfontiugent i*« »11 Wann >u Hellen, bie 1112 2*»s (Hülben Mieten. :»lnd) ber irrbgronhenog Marl ging in beu Krieg« wohnte ber cdjladd bei >na bei, nad) welcher er utm (General ber ,\ufnnterie ernannt würbe. 1h<m; ftanben bie Gubener uor Stettin, nahmen an ber tlefagerung ttuftrin* unb Stettin* teil, blodierten unter l'efebre ba« tapfere (Solberg, unb togen uor £antfg, wo fie nad) beffen Uebergabe alo (MattttfDtt Derbtieben, um fnater uor 3tralfunb oermenbet m werben. Ter eble l'ingg warb mit feinem ^OgerbötaiUon nad) Murheffcn beorbert, WO er fid) bind) fein fübne*, ritterlidjeo Verhalten ber 3tabt v>er<sfelb gegenftbet unfterMicbe Ohre erwarb, i'(ad) Dielen Wubialeu, beümiert burd) ftete Mamiue unb bie in .vinteruommern araifiereube ^eft fe^rten bie i<abener 1ho7 enblid) in il)re Heimat jurüd.

^fotjbcim nutet Karl ivriebrid). 185

C c f d) e 1 b v o n n. Sit Reffen mußte er bofüc einige Reine $efttiungen abtreten. 3o mar $taben auf 272*/* Cuabtttt* meilen mit über l Million (Sinmobnet augemadjfeu.

3eit IHOil hantelte Statt! Jvricbrid). hinter ibm lag bas bemegtefte l'eben. s)lu* einem fleinen dürften mar et ein fturfürft, ja ein Wrofiberjog geworben. s)tt* ev $ur Regierung gelangte, hatte fein Vaub einen ftatiftifdjen SBert nun 1283<>7 2H(> (Bulben; bei feinem lobe repräsentierte es einen foldjen Don 774530990 Bulben.

Gr hatte 7:t gabt« Önben beberrfdjt nnb beglüeft. ($iu Trauerflor inniger Wehmut umfd)lang alle .frerjen bei feinem .ftinfcfyeibeu. $aben fühlte fid) oermaift nnb rief tvanernb bem i*eremigten ben beiheften Tauf in bie ©ruft nad), meldje fid) in unferer aüehrmürbigen 3chlof?fivd)e am 24. ^m\\ 1H11 über ihm fd)lo|V Oiid)t roürbiger tonnten mir bas 3(ubeufen beffen ehren, ben fein bantbare* *Holf ben ^ater bes $aterlanbe$ nannte, als mit ben Ginnten uujeres oaterlänbifd)en Tid)ters:

„Tie 3telle, bie ein guter s3)ienf<b betrat, ^sft eingeweiht; nad) buubert fahren flingt Sein SBort nnb feine Tbat bem (Änfcl mieber."

ftlöftcrciuicfcu nnb .$ol*ljaitbrl.*)

Tie Jvlöuerei mar ba* ältefte nnb anfehnlid)fte Wemerbe oer 3tabt, bas fid) berausbilbete unter bem (Siufluü be* oon Otalm ausgebenben Weifte? nnb unter eifriger ^örbernng ber Regierung. Tie alte, ftreug junfrmämge Crganifation hatte ben C^vonbanbel be£ £in$elnen nnmöglid) geiiiadjt nnb mir ben .Stleinbanbel geförbert, mobnrd) fein Unternehmer fooitalfräftig, mobt aber bie gegenfeitige fteinlidje (riferfud)t genährt nnb einer biird) ben anbern hernntergebrüeft merben tonnte. 3o tarn es, ban bie altangefehene Jylöfterjuuft ^uni Proletariat herabfanf unb fid) genügen laffen muftte an einem bürftigen $aube( mit ben näd)ften (^emeinben, mährenb ber Weminn ben .v>ollänbern in ben 3djoft fiel, bie raubmäfug bie Kälber abmirtfd)afteten, ohne fid) um ben s)fad)tt)lt(fjs ju flimmern.

Jm xsahre 1 740 mürbe bie Jylöf?er,>unft erneuert, aber mit all ben verfehlten alten ^öeftimmungen. 3d)on fieben xuibre fpäter jebod) tarn man jur (5*infid)t, bof? man auf biefe Seife nid)t meitermadjen fönne.

*) ^flügcr, i3oti)cin, Oetteralhmteftar^i».

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18(1 ^Sforabeim unter Ratl ftriebrid).

Som vsabve 1747 an batiert für btc ^jorsbeimer Jylüßerei eine neue SJeriobe, bie ,su einer Glitte führte, wie am Gube bes 1(>. vx\abrbunberts. SRan fam ju ber Uebei\ytuiauua., baß bas ^eifpiel (£alwe, bas ftörenbe ;{nuftwefen in eine leiftungsfäbige Wtiengefellfdjaft um&uctnbern, oon außerorbent- liefern Vorteil jei. (*s warb eine beftimmte Slnjahl oon (^efd)äft^- allteilen als Wtien ausgeben, wobei man einer 3fcreiniguuci in }U wenig täuben flufl'oorbeuflte.*! Ter betrieb unterlag oon nun an (einerlei ^eidnäufung mehr, mehr er an

"Äusbelmunfl gewann , befto gflnftiaer geftaltetc fid) natura gemäß bie l'age be? (Siu&elneu. (Gemeiujam würben bie .Wontratte abgesoffen, gemeinfam Waffe abhalten, gemeinfam ber (Gewinn nach ber Stttienftabl oerteilt. Ter Uuterjdjieb \\\x früheren Set* waltung beftanb barin, bau oie 3torfteber früher jeben Zulauf 511m (Großbetrieb argwöbuifd) juirüctb längten, jetU aber beufelbeti förberten unb jelbft leiteten. Ter (Erfolg mar ein gerabe&u oerblüffeuber. {Jum erftenmale jeigte fid) ber Wetteifer jwifd)eii 1$forttf)ehn unb (£a(w in eblerer Jorm als in Omerfucht. Tie betberfettigen Wefellfcbaften oereinigten fid) unb 17*8 war ber gefamte Ohoßbaubel bereits in ihren Rauben ton&entriert. Tie i#ern*bad)er 3d)iffergeiellfd)aft, weltbe eiuft ber ^forjbeimer weit oorausgeeilt war, ftanb jetu jurücf. 3ie hatte es nid)t oerftanben, fid) auf beut neuen $oben 511 reorganifieren, unb mußte aufrieben fein, aus ihren eigenen Salbungen bas 3ägebol$ *u uerflößen. Unglaublich gering mar bie diente, weldje bie $aben ^aben'fdjen Salbungen abwarfen. Tie 3tabt $aben war froh, oon beu bollänbifdjeu .ßänblern Tiefhalten mit :i<s Wremer befahlt su erhalten. Tas gälten unb .Oerabfdmffen überließ man ben Käufern. llebcrbauot berrjehte in ben Nabelt s$aben'fd)eu Salbungen eine greulid)e Unorbunng. Ginnte 3£albftricf)e waren gleid) einer Süfte, einzelne Xeile uon manberuben (§la$macberu unb sJJottafd)ebrenueru oerbeert, anbete uod) gau(s un^ugänglid). (Sin Wammerrat, ben Wart ftriebrid) mit einem SRitgttebe bes ^forsheimev Jvloßoereins abfdjictte, um ben jpolftüorrat <m tarieren unb einen Vertrag mit ^aben^aben vorzubereiten, hat in bem s|kototoll feine iHeife gefd)ilbert, als ob fie nach ben hinter wölbern ^merifas gegangen feien. 3luf ($runb biejer 3lbfd)ätmngen würbe aisbann oon ben (Dalmer unb sJ>for*beimer ®efellfrf)aften bie große IThugtompagnie gegvünbet.

!8on befonberer Sidjtigfeit ift and) ber am 11. Slpril 1747 )U SUbbab abgefd)loffene Vertrag jmifdjeu "»oben unb SBürttem« bevg wegen bes 3 ch e i t e r h o i ü l ö ß e n s auf ber Sürm, Stagolb, (*nad) unb bem Stedar. Tabnrd) follte bem

•) -"M> -Htttcu ä IUO fl. ÜUfyc ale 1* einteile burfte niemanb $aben.

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^forabeim unter Barl ftriebtid). ls7

.Vinebmeuben Vrennboljmangel abgeholfen werben, (tfleidjjeitig würbe in ben is Paragraphen bie Betätigung eine? ähnltdjeu Vertrage? au?gefprocbeu, roeldjeV uon bev .poUabgabe au? ben .perrenalber Mlofter^ unb l'offenauer Wemeinbemalbuugeu an ben früheren Befitter be? .pammermerf?, 3. Burtbarbt aus Bafel, banbelte, foioie uon ber OrrlaubniS an ben .perrenalber XUoftenutvt Johann ^bam Bcnctifer jum Jlöfien auf bev 5Ub unb uon ber Württemberg auferlegten Verpflichtung ,sur Abnahme uon jährlichen Inno bi? ir>oo Rentnern Qnjen uom pforjbeimer (Sifenbammer :c.

Leiber hielt bev große leiftung?fäbige Verbanb mir fur^e ;}eit. Tie Verbinbung mit bev tialmer ($efellfd)aft bauevte Tauf bev heuevwadjten (£ifeviud)t mir bi? 1777, bie ^luvgfompagnie bi? 1788. pfov.sbeim erftanb eine Aaftorei für bollänbifcbc Käufer, melcbe bie (jinfäufe unb ben £ran?port ber ,£>oljer befolgte, Nebenbei führte bev Aaftov Böbriuger auf eigene Rechnung einen .polsbaubel ; fo erhielt ber Aloß$unftuerein eine fehr umuillfominene Monfurren.v (*r verfiel unb mit ihm aud) bie Blüte be? .pol^baubel?.

Unter ber weifen AÜrforge Marl Ariebrich? fanb fid) mit beginn be? ^obrbunbert? ber Aloßoereiu uon neuem ^Mammen unb erreichte neuerbing? unter bev Leitung be? Cbcroogt? unb fpäteven Amuufliuiuifter? Baumgartner einen hohen Jvortfdjritt. •Patte man früher nur bi? Naunheim geflögt unb gehanbelt unb fid) baburd) ftet? in 9(bbängigfeit uon ben ;}mifcl)eubänblevn gehalten, fo nahm bev Verein jeijt, nachbem Mannheim babifd) gemorben mar, ben felbftänbigcn Vertrieb uad) .pollaub in bie .panb. "Mm i). Slpvil 1802 ging ba? evfte große Wbeinfloß bev b o 1 1 ä n b i f d) c n Kompagnie oon Wanuheim ab. ($* mav 732 '/« Jyuß lang unb 81 Jvufe breit Marl Aviebvid) wibmetc bemfelben bie größte 3(ufmertfamteit, fpeifte mit anberu .pervfdjaften barauf unb begleitete e? bei feiner ?lbfabvi bi? \u\ Mbeinfpitje.

Tev (Erfolg mar fo oerloefenb, baß fid) 180«) uodi ein weitere? (iomptoir bilbete unter ber Airma sJ0?ai)ev iNl Avit^bovf. Cb auch in^mifdjeu ber llntevnebmuugsgeift mit größeren (Erfolgen arbeitete, fo mirb bod) für immer unuergeffen bleiben, baß e* ba? Verbieuft bi? Vanbesfürften mar, menn ber 3tabt unb bem (»emerbe oamal? neue? l'eben zugeführt mürbe.

Stiftnugcu.

Ter alle Vevbältniffe umfaffenben AÜrforge Marl Aviebvich? ift auch bie «Sntftebung ber f o fegensuoll mirtenben a l ö ß e r m i t m e \\ f äffe *u bauten, bie im x\abre 178«) in'? l'eben gerufen warb. Ter eble Surft wie? au? bem herrfdjaftlid)en .poljevlö? auf 10 ^at)ve

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IHK

Worpheim unter Starl ftrtebricb.

t»ie jabrlidje 3ummc uon 2000, im (&au&en alfo 20 000 (Bulben an als Wrunbftotf bei* 3tiftung, aus beffen Linien ben Sitweu unb SBaifen bor Jylö^ev, bie sj)leifter gewefen, jäbrlidje Unter« ftityungen gereicht werben follten nnb jroar ben 3öbnen bie jum uolienbeten 1*., ben Töchtern bis ,uun 1<>. ^afne.

^m^nbrelHH) betritt bas Kapital bereits 23 r>00 (Bulben. vx\n biefem ^abre würben 37 (Bulben ben Hinterbliebenen eines ^erftorbenen ausbezahlt.

Tiefer 3tiftung reihte fid) bie s]> f orjbei mer ^öürger^ mitwenfaffe an, welche im Auil)re 17i)2 evvicbtet würbe, nnb woran feit 17H5 alle neuen Bürger teilnehmen nullten, bie fürftlidjeu Tiener nnb anbere (finmobner teilnebmen bnrften. s4>on einem felbft tui beftimmeuben Kapital (^wiid)en 200 nnb 800 (Bulben muftte jährlich 1 " ■*> befahlt werben, bas Kapital natürlid) nicht. Anfangs erhielten bie männlichen Hinterbliebenen bis ftum zurücfgelegteu 20., bie weiblichen bis ins 18. Lebensjahr jäbrlid) 7 öulben 30 Kreuzer, fpätcr r> Bulben, 1810 nur nod) 3 (Bulben 30 Kreuzer oom .fcunbert. Tie Abnahme hatte ihren (9runb in ber burd) bie Tnpbus^pibemie 180(i beroorgerufeneu Verarmung unb aud) in einer gi-wiffen s£>iberipenftigfett ber s<8eitrüflSpflid)tia,en bei ^e$ahluug ber Prämien. Leiber ging bas wobltbätige ^nftitttt an feiner uerfeblteu Crganifation halb wieber ein.

Wod|iunt* bas Stfaifcuban* iit ^for^eim.*)

Ter ^luffdjmung bes Holjbanbels hatte ben UBoblftaub ber belferen 3täube in ber erften Hälfte bes innigen ^abrbunberts allerbiugS fehr gehoben ; aber bie $unehmenbe v3)laffenoerarmung in 3tabt unb Laub vermochte er uid)t \u hemmen. 3tatt plau= mäßiger, energtfeber SRaftregeln hatte mau mit ed)t beutfdjer Wrnnblid)feit eine ^ettelorbnung erlaffeu, woruad) ber „arme Weifenbe" je nad) 3tanb unb 9(mt erhalten follte: Gin Kaualier unb eine Tarne je 15 Kreuzer, ein Pfarrer 10, ein 3d)ulmeifler unb 3tubent ">, ein gewöhnlicher Bettler 1 Kreimer, ein ^apift ober ^ettelmönd) aber garnidjts. (*s ift flar, baf? auf biefe 'Seife ber Settel uon 3(mt$wegen gerabe&u großgezogen unb (Banner unb Jaulender form lief) eingelabeu würben, ines Laub berein *u ziehen. ^Jiartgraf Karl Wilhelm, ber fich bei aller fouftigen 3treuge gleich bem milben Karl Jyriebrid) als sl*ater feines Golfes fühlte, war wie biefer auf bie (Eichung feiner bÜfSbcbürftigen Untertbaucu eifrig bcbacfjt. Turd) Arbeit follten

Wliiger, Wotljcin.

qBforäbeim unter Äotl ftriebritft. 189

fie jur Arbeit erlogen m.erben. ^n biefem Sinne grünbete er ba? s&*aifenbaus, oon bem fdjon oben bie JHebe mar. (£? joUte eine großartige Jabrrt merben, bei melcber ber Staat arbeiten laffe unb bie fid) felber erhalte. Wleicbjeitig füllte fie eine Heine gefdjloffene sBelt barftellen, in ber alle (bewerbe oertreten mären, unb ino jebe? fttttb fid) feinen Anlagen gemäß für einen öeruf au?bilben tonnte. Ter sJ?lau toar $u groß unb 51t fübn, bie fokale lyrage ber ^eit mit einem Schlage 511 löjen, al$ baß er über beu sHerfud) hätte binau?gelangen fönneu. siBie baS ^Baifen«. Siedjen-, ^bioten*, 3)linben*, Taub|tummeu^nftitut, oerbunbeu mit Säuglingsftation unb ;}uditbaus> fid) mit ber ^eit geftaltcte, barüber geben bie Elften mand) heitere« 'Öilb, aber uod) mehr büftere. C^ottje^ Sdjmager, Cberamtmauu Sdjloffer, berichtet er habe einen abgefeimten Wauner in? ^udjtbau? gefebirft, ber aber noch oerborbener ^urürfgefehrt fei; benn man habe ihn megen feiner 3lnfteüigfeit einem abeligen ^üdjtling SUtn ^ebienten gegeben! .ftäufig begegnen mir ben ftlagen, baß bie .ttinber, bie }U breien in einem ^ette liegen mußten, an anfteefenben ftranf« heiten litten. "Mite möglichen ^nbuftrien mürben probiert, .freute mürbe ein 9Jlefferfd)mieb engagiert, ber aber feine SReffer im 3treit mit ben (9efellen felber am heften banbbabte, morgen ein (*Ma?perlenmad)er, ohne baß man mußte, mer bie ($la?perlcu eigentlid) taufen folite. 3o lernten bie ftinber alle? unb nicht?, uerftanben aber bafür, mie man bie &rmetu unb 'Jllmofenfonb? febröpft. 311? man fcl)ließlicb oon ber (Siufidit burdibrungcn mar, baß bie mit fo großen Hoffnungen unb Cpfern in? l'eben gerufene Sdjbpfuug eine unglürflidK fei unb alle U>erbefferungen im einzelnen unfruchtbar, mürbe ba? ^aifenhau? aufgelöft unb bie .Uinber mieber in Jamilien untergebradjt. Tie? gefdjab 177.!i unb 1774 unb jmar gegen ein jährlidie? Jloftgelb oon 4 bi? 50 Bulben. Sttttt 150 Sßaifen, mie bi?her, tonnten jettf 400 uutergebrad)t merben, bie jebenfall? eine beffere (Srsiebung unb "Pflege empfingen, al? bie? Jliuor ber Jyall mar. Tie befonbere Saifenhau?fd)ulc beftanb uod) bis 1799, bie 4Öaifenhau?pfarrei bi? lxor>. Tie Webä'ulidifeiten mürben nad) Aufhebung be? ^aifeuhanfe? für ba? Irrens 3ied)cu= unb ^}ud)thau? oermenbet, mo bi? $afy| ber ^nf äffen oon ^sahr 511 x1abr junahm. 1H04 mürben bie fchmereu Verbrecher in ba? ;}ud)tbau? 51t ^Mannheim, bie leidjteren nad) Vrucbfal übergeführt, mährenb oon ^lannheim bie (9eifte?f raufen hierher gebracht mürben. Ta$ bi? jutn oabre Inon befteheube ftorreftion?= bau? mürbe in biejem Satire gleichfalls aufgehoben unb bie menigen Vemobucr nad) Vrudjfai abgeführt.

3o maren alfo nur noch bie ^rren unb Siechen in ber htefigen Slnftalt untergebracht, bi? int ^ahre 1*24 eine weitere

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190 $forabeim unter Start ftriebrieb.

Xrennung erfolgte, l'c^tevc erhielten im fommenben xuibre thron SBofnififc in einem neucrriditeten Webäube im einfticicii Öarfü&erjjarten.

Wotbein jagt: „la? Problem bor gemeinjd)aftlid)en Srjiebung, ba? uuferm WefdHedit, bem bie militärifebe v}ud)t ftärfenb in allen (Biebern gefahren ift, garnidjt mehr fo fdjroiettfl erfdjeint, mar im oorigen ^abrbuubert nur \\i löfen, wenn, wie wie im .paüe'fdjen 4&aifenbaujc, ein beftimmt gefärbte* religiöfer Weift bie ganje Stiftung burdjbrang unb beberrfdite." Ter s-l>evfud) einer im großen 3til geplanten UtalfcevAiebuua, mußte feblfdilageu, wie ber eilten pbufiohatiicbeu *Vhtfterftaate3 in Tietlingen. „%bev aud) ber ocrfeblte v4>erfucb ift ein notmenbige* Wlicb in ber Rette bes Wefdieben*." Tie ihm $ugrunbe liegenbe eble Wefinuung wirb immer auerfanut werben muffen. Tafi er bod) fein unfruchtbarer war, ba* jeigt bie au* ihm beviwr* gebenbe gefunbe (Entfaltung be* (bewerbe? unb bei onbuftrie ber folgenben »Jett.

(bewerbe, ^ubitftric uitb .Raubet, ^(rf erbau nub x^ielr,umt. fc)

3ür bie bisher mit beu combinierteu ^(nftaÜen uerbunbeu gewejenen Gabrilen für £ u d) m a d) e r e i , 3 t r u m p f w e b e r e i unb ;}eugniad)erei würben befonbere Webäube unb SHaaaftiiie angewiefen. 3lbev aud) biefe (iinrid)tuug hatte iüd)t beu gewüufd)ten Orrfolg, (dang fallen laffeu tonnte man fie aber bestmlb ri\d)t, weil fie bie alleinigen (£infüufte be* ;}ucbtbaufe3 ausmachten. Axsn biefer 'Ha tlofigteit brachten einige ^for^beimer Si auffeute £>ilfe. (*. <i. St i fU i n g , T. l'. o b u t i d) , Cr. l*. T e i m l i n g unb (£. ö. ^ e et e r geigten fid) geneigt, bie Jvnbrifen mit Kapital unb alten $thri* legien jui übernehmen gegen bie Verpflichtung, im 8"ci)tbaufe gegen einen beftimmteu HJkets beftänbig für ihre Jnbrifen arbeiten ju laffeu. vxMi ber frifeben L'uft be* ftonrurrenstampfe* fanb bie Kompagnie ein gefunbe* 3(rbeit*feli). 3ie fabrizierte wollene ;]euge, 3tiümpfc, lücher für Militär unb ^ebieutenuniformen, bie üertragvinafug abgenommen würben. Ta* ^cifpiel ber 3tabt (£alw befolgenb, wo uor Kmi fahren fdion burch rationellen betrieb bie Oiubuftric in "IMüte btlbete bie neue (^ejellfd)aft einen

wichtigen $abritatton*$weig beraub, ber beu Bewohnern uon 3tabt unb Vanb halb hinreichenb Arbeit unb Verbienft gab.

Wegen (fube be-? ^ahrbunbert* betrug ber ^triebsfonbs 2G(M)0o (Bulben, eine für jene ;{eit gau$ enorme Summe. „Cr* geigte fid), bau mir ber Jirämerfinn, ber uidit über bie eigene

«Bforabeim unter ftorl fttiebrid). 191

Öaffe t)inau§ftef)t, v3robneib hegt, baft bem groften ®efd)äftsmann, für beii bie sü£elt offen liegt, bie Konfurrenj ein Sporn wirb, unb baft fie ihm oft $ur Unterftüfcung ermünfd)t ift." Tie ftaatlidjen s}>riuilegien fieberten ängftlid) ben s}$jorflbeimern hüben, ben Galmeru bvübeu bie länblidjen ^vbeit^häfte. Tie ^eugfabrifen hatten aber gar nichts c^e^eu freunbnad)barlid)e Uebergriffe einjuwenben, wenn fie etwas uon ihrer Verpflichtung, ftets Arbeit 511 fdiaffeu, entlaftet würben.

Von 1801 an befaub fidi bie Jyabrif im Vefitje uon («ii lieh unb $t nten ft ein, bie feine ^euge unb Strümpfe mehr fabrizieren liefen, foilbern auger Militär tud) nur feine Tüd)er unb (£ad)einir, bie \\i gerühmter Tuilltommeuheit gebracht würben, ^n ben ArbeitShäufern au Vrucbfal, Mannheim unb Jyreiburg befchäftigte bas C9efd)nft 250 -.100 Wcnfdicn mit Spinnen (teilweife fd)ou mafdjinenmäftig), in ber Jyabrif felbft täglid) 70—80 Prionen. '.Nebenbei betrieben bie Unternehmer and) einen Sollen^ Salpeter^ unb Sd)icftpuloerbanbel.

^lehnlid) entmidelte fid) bie ^f orjbeimer (Sifeugiefterei. Tiefelbe war bisher (Eigentum ber .£>errfd)ajt unb in s^ad)t gegeben. "Jim 7. "Jlooentber 1 752 taufte ber ftammerat s$b. 3öf. vv\rion auS Karlsruhe bas ©ifenwerf oberhalb unb unterhalb ber Stabt um bie Summe uon 43 000 (Bulben. Taju erhielt ber Käufer Freiheit oou Schalung unb lehnten, ftriegsaulageu unb Einquartierung, erhielt bas &lirtfd)aft*red)t auf bem oberen unb unteren .frommer für bie Angehörigen besfelbeu, burfte fein Cbm^ gelb befahlen, erhielt bas Steigt S0I5 unb Viftualien 511 oerfaufeu, für bie er pfnub unb laub^ollfrei war, bas $fd)red)t u. 91.

"Jcadi Prions Tob 1 7r>r> bradjteu ber .Uontmeryenrat Vibell aus Neuenbürg unb ber .^lofterfchaffner .froljnäuMer ^ob. 21 ba m Vendifer non .frerreualb bas (* ifenwerf mit allem Zubehör unb allen fechten an fidi um bie Summe oou 28 000 Ohtlbeu. out ^ntereffe ber Uuterthaneu hob bie Regierung 17t>l bas ben Untertbaneu, wie bem ,~ya Inifan teu gleich läfligc Monopol unb bie polizeiliche 'Neglcmeutierung bes Betriebs, wie fie bisher beftanb, auf. Tie Inhaber erhielten als Crutfchabigung für bas 'Hegal bie jährliche Summe oou 500 Wulbett. 18J0 beschäftigte bas ©ifenwerf 15 .sSammeikhmiebe, I ^laUmeifter, 2 ^la^fuccbte, 1 Möhler unb 4 Unechte. vxmu ganzen betrug bie ;}abl ber Angeftellten auf beiben Herfen 70. Um 181 1 erwarb (ihr. Aiiebrich Vencfifer, ber Sohn bes Käufers, ben Sllleiubefin, ber fiel) bis auf ben heutigen Tag in ben täuben ein* unb berfelben ^abritanten« familie befaub. Taft es wieberum ein ^ürttemberger war, ber bem 3nbuftriemerfe >unt Auffchwunge oerhalf, ift, wie fidi and) weiterhin jeigt, ein neuer beweis, baft neben ben alten s|>for,v Ijeimer Jamilien oorwiegenb bte fdjwäbifdje ©inwauberung, weit

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] 92 «Bfor&beim unter Storl ftriebrid).

mehr, al* bic uom Cheine her, sl>forftbeim feine heften Streifte juaefübrt bat.*)

3eit alter ;Jeit befanb fid) in Worpheim eine l'einmanb bleid)c. Tie Oiamen s#leid)ftraj?e , 'iMeidnuiefe, "tfleidjftaffel weifen auf ttjrett inelbunbertjäbria,en xöeftanb bin. 3n beu 1740er vtabreu würben bevfelben mandierlei Jyvcibciten juaewenbet. Utou 177)0 an fübvte fie beu Warnen Mv#abifcbe pviutleaievtc l'einmanbbleidje". Hillen aubeven deichen mürbe bei 10 (Bulben 3 träfe ber betrieb unterfaßt unb ber iWonopolbleidje aeftattet, aud) ausläubifdje* Tud) ju bleirijeu. ^bre (bitter waren &ebntfrei unb ber ^äcrjtcv nur $u ben aemöbnlid)en 3teuern uerr>flid)tet. Tie bleiche mar ber Wennfelbplatj. Hont xsabre 177)8 an nutfue fid) ber (rrbpäd)ter (bamal* Witterwirt 3i*eifi) nari) ^eenbiauna. be* ^usleaen* ber Ifirfjer im 3pätjabr ben ^eibaana, aefalleii laffen. Tie ^ebeutiuni ber ^leidie ersieht fid) au* ber Tbat* fadie, baft bie tum allen l'aubesteiteu gelieferte Veinwanb am (£nbe be* 18. ^abrbunberts über looodo (Sllen betrug. 9(ud) auf anbern aewerblid)eu Gebieten nabin bie Ihätigfeit einen erfreulidjon Sluffcbrouna,.

Unaefäbr im ^ahre 1770 würbe bie erfte Ce hu üble uom JvloftDcveiu errichtet.** > 3 in xutbre 1810 tuaren eS fdjott fünf. Tie 3ämereien, $Mobm, t'eiiK A>anffamen mürben au§ s#abeu, ber Wbeinufalj unb Württemberg belogen. AVben Wittmod) unb 3am*taa. mürbe im ftaufbauie ?y r u cb t m a r f t abgehalten.***) Hon isoo bic, einfd)l. ist »2 betrua, ber Herfauf bu'rd)fd)nitttid) 5500 kalter, von 180:$— 1H05 8400 kalter, im Autbre 18 10 = ittU Walter.

Ta* v&> e i n e r t r ä a, n i * betrug im Cberamt st>for*beim in fluten ^einfahren über 7ooo Cbm. om vutbre 1794 = 7095 Chm, 1708 = 7701 Cbm unb I80*j = 7055 Cbm.

3luf 12 Hiebmärfteu mürben jäbrlid) im Turd)fd)nitt 800 ^ferbe, lnooo Cchfen, 8uo Mühe, 500 Wnber unb

*i IMc bkMicrtiKn iU'iibcr bc* liticnunTfe* au* bor ^ciufiier'fdien Artinilio finb :

>l)nmt Albuin Wencfifer

(iriftopl) Ai'icMirt) ^encfiüT

viliriftopl) ^cnctücr >l). Sibnm ^cucfo'cv

Moxin, ^cuefifer "JlucuiH ^oiicfiuv

IHUi 1*77 \s-jtt is}*4

on* ,vamilicu«ut in vcrrcualb. U H '

Dr. ".Hitauft iVncfiia.

•♦i dotier.

***.• untern 3tocf bc* :Hntl>anie* in bor iUbiitn^ct t^nffr.

^forabeim unter flarl ^riebrid). 193

80—40 Kälber oerfauft. Söot 1802 beftanben nur 4 iRofy unb Biebmärfte , feit biefer ;}eit wirb leben erftcn SRontag be* sJflonat$ ein fold)er tDlarft abgehalten. Ter (£rlö$ uon 12 Monate märften belief fid) im ^abre 1802 auf 211766 Bulben, im Jabre 1810 auf 21&803 ©ulben 53 .ttreujer.

Ten 3 p es er ei* unb (Sl l w arenban b e l betrieben 20 offene i'äben, weldje bie 3tabt unb Umgegenb mit fftten« unb 3pejereimareu oerfaben, barunter befanben fid) 0 ftonbitorlftben.

Tas Äupf ertjamm erwerf beftebt feit 180(3, oon bem- felbeu wirb ge)"agt, batf es mit uier Lämmern einen guten Sortgang nal)tn.

(Sine Spult) er 1)1 e lieferte ein treffliches "JSuluer. sJlm 18. 3(uguft 1800 unb am 20. 2luguft 1807 flog fie in bie ßuft, tötete erftmalö beu ^uiuermüller Lichtenfels mit jwei (Gehilfen, bas anbere Wal ben ^ufoermülter allein. 3ie würbe feitbem nidtf wieber aufgebaut.

Tie im ^obre 1 80 1 angefangene 3 a l m i a f f a b r i f bat fid) feit bem ^abre 1804 in eine d)emifd)e Jabrif überhaupt oermanbelt. Turd) bie Bemühungen bes 'ßroreftotfi $anbt in Karlsruhe etablierte fid) 1803 in sJ?for$f)eim eine ochrift- giefjerei, bie mele Stellungen bes ttuslanbes befriebigte.

(Sine 3 afi auger her ei würbe 1800, eine Türfifdv unb Motga rnfärberei im x"\abre 1809 errietet.

3m xlahre 1800 erhielt ^forjbeim audi wieber eine Budjbrucf er ei. 9&on 1794 an cvfcljicn in Karlsruhe für ^forjheim jebe Sodje ein Blatt in Cftau, bie „^for^beimer wöchentlichen s3cad)rid)ten". (£br. ,yr. SWfiüer au« Karlsruhe errichtete oom 1800 an wieber eine Leitung, bie in sJSfor,v- beim felbft erfdjien unb jroar in Quartformat, unb weldje im ^atjre 1811 ben Titel „Wochenblatt" annahm. $n einer ©ewerbeftatiftif bes ^abreS 1800 werben außer ben gunftmftßtaen .£)anbmerfern aufgezählt: 1 (Sifeuwerf mit 2 .Hammerwerfen,

0 Celmüfjlen, 2 3ägemüblen, 4 (Sipsmüblen, 2 Walten, 2 £anfreiben, 1 ^uloermüble, 2 l'obmüblen, 3 3d)leifmübleu,

1 Bleiche (24 oerfcrjiebene Bafferwerfe, ohne bie 4 9Jcablmüblen), 1 BoÜenfabrif, 24 Bijouteriefabrifen , 3 3ilberfabrifeu, 22 Uf)renfabinette , 5 Ubrgebäui*egefd)äf te , 2 (Sefdjäfte für Slfenbeingraoeure, 2 anbere (^raneurgeid)äfte, 2 Wölb- unb s$erlenfd)leifer, 3 ©Ia§fd)leifer, 2 Bergolber, 2 ®uiüod)eurs, 1 9)cafd)inenmad)er, 3 Cnuaillcurs, 5 3tat)larbeiter, 3 geilen- bauer, 1 engl, Knopffabrif, 1 3d)uallenfabrif, 1 fieberfabrif.

3 u n f t m o f? i g e .£> a n b w e r t' e : Bäder 45, Bierbrauer 10, Büd)fenmad)er 1, Bud)binbcr 4, Trefjer 4, Jarber 4, glafdfjner 4, Jeilenrmuer 2, Jtöger 96, ©lafer 6, (Mrtler 4, $afner 5, |>uffd)miebe 7, .ftutmadjer 3, Kammmadjer 2, Kaminfeger l,

18

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194 ^fora&ehn unter Barl ifrriebrid).

Knopfmaeber 2, Kubier «, Küfer 11, Kürfdmer l, Tupfer» fdjmiebe 4, l'einemeber 9, Maurer unb 3teinbauer 8, Weffer^ fdjmicbe 3, Wetter 41 (?), WüÜer 4, ^agelfdjmiebe 8, ^evücfenmndiev 3, ^fiäftcvev 3, sJtingid>mieb 1, SRotfärber 17, Sägmfifler 3, 3attlev 7, 3d)loffev 7, ocfjneiber 30, Schreiner 13, 3d)ubmacher 44, 3ätfler 8, 3eifenfteber 4, 3eilcv 6, Strumpf* ftrirfer 4, 3trumpfroeber -4, Ducqmacher 3, Saffenfriwiieb 1, Sagnei 4, Seiftgcrber 3, ^eugmadjer 2, Regler 4, Limmer metftev 5, ;}iungief?er 1, ^irtelfcbm»ebe 2, ^ucferbäcfer 7.

ffor&heim hatte bis in bie elften ^afyvftebnte unferes ^ahrbunberts hinein eine uormiegenb aeferbauenbe '-beuölferung unb bie 3tabt ben (£barafter eine? &inbftäbtd)ens. Der 31 et er b au als bie ftcherfte Wabrungsquelle, fomie bie 4 i e b $ u d) t waren immer und) in btv Zunahme begriffen. Die 3tabt hatte eine große $emarfung, 1947,5 Worgen SWer, 719 Worgen liefen, 354 borgen (Härten, 117 borgen Weinberg (wooon, mie 'Koller jagt, nid)t bie .pälfte angebaut mar), §ufammen alfo 3137,5 Worgen. Der Ertrag betrug im SDurchfchmtt : 5000 Walter Dinfel, HO Blatter Joggen", 120 Walter ©inforn, <>ou Walter Werfte, 15 Walter $abet unb 801HJ Walter Kartoffeln. Die ^rotfrüdite reichten aber beimeitem nid)t für bie (Sinrootmer. hingegen gaben bie liefen hinlänglich Jutterfräuter nebft Klee unb Wübeu für ben juemlid) bebeutenbeu 4>iet)ftanb.

Diefe liefen lagen mit einiger Unterbrechung oom jübioeft- lidjeu (Snbe bes jenfeitS ber itws gelegenen Ztyak* bis an bas füböftlid)e (£nbe besfelben; bie ftobnuefen befauben fid) im Diesseitigen Xbale, bie Siefen auf bem Sartberg gegen 3übeu unb einige im ffiürm* unb Wagolbtbale.

3ci)on oor loo fahren mürbe über bie Abnahme bes Weinbaues in hieftger Wegenb gefragt, obwohl ber Sartberg „einen ber oor^üglid)ften Seine bes Oberamts unb bes Unter» laubes" lieferte, (Ss maren bamal* noch r>o Worgen angepflaumt. Der Ertrag mar im ^abre

1794 : 290 Ohm im Seite uon 5800 (Bulben

1798: 297 5941

1802: 331 8293

N2ln S a l b u n g e n befaß bie 3tabt auf ber 3übfeite ihrer Wemarfung im (Sutingec ,yorft 148 Worgen Sannen« unb (Sidnualb, im .pudjenfeloer Jorft 610 Worgen gleiches .£>ola unb im ^foraheimer ,yorft (im .v}agenfd)ieß) 971 Worgen, fomie */» an 342 Georgen mit ber (^emeinbe Surin. ^m Springer gorft (.Öohmalb) befaß bie (tfemeinbe außerbem 301 Worgen, großenteils Kiefern, jufammen 2410 Worgen. Der .froljbanbel unb ber ftcigenbe Verbrauch trieben bie ^olftpreife jährlid) mehr in bie .pbbe. Osni vsahre 18U2 im Salbe foftete bas Klafter (0 Juß hod), 6 guß

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Worabeim unter Barl frriebttd). 195

breit unb 4 Jufj lang) bucfyeneS (Sdjeiterfjolj 5 ©Ib. 40 $rj., eigenes 2 ©Ib. 30 #r,v, tanneneS 2 ©Ib. 15 $r. 1810 foftete ba* «udjenfjoli 7 ©Ib. 30 flr., eigenes £0(5 4 ©Ib. 30 Str., tanneneS 4 ©Ib. 30 Är. Stuf bem SWartte foftete bas Älafter 2 ©ulben mefjr. 3n ber Stabt mürben jctyrlid) 1 5 000 älafter ^Brennt) olj unb 2430 (Stämme uevbraudjt.

3)er $iebftanb mürbe burd) eine @eucf)e im Qßhvt 1790 um 70—80 Stücf oerminbert, oermebrte fid) aber balb mieber fo, ba§ er im 3af)re 1810 in 360 Pütjen, 40 flieljfälbern, 6 jungen Octjfen, 4 Marren, 6 jungen Stieren, pfammen 461 3töct beftanb. Slufjerbem gab e* 225 $ug* nnb einige iHeitpferbe.

Die rnefige 3 d) ä* f e r e i jaulte 325 ÜDlutterfcbafe, 30 Sibber, 160 £ämmcl nnb 250 Stücf junges 93iet), jufammen 765 Stücf. Serner Ahlten jum 'Hiebftanb 268 Sdjmeine mit 3 Gebern unb 40 Riegen.

$crfd)tebctte*.

(Sine ber folgemidjtigfteu (Sntfdjliejsuugen ftarl 3riebrid)£ für xl$forjf)eim mar bie&blöfung berSebeusüerbinblidjfeitgegenbie^falj. Unter bie 'öebingungen, bie sJJhrfgraf Ä'arl I. 1463 nad) ber für itju fo unglüctlidjen Secfenbeimer 3d)lad)t eingeben mufjte, gehörte aud) bie, bap er ^for^eim ju pfäljifdjem l*e^en geben mujjte, bas nur burd) Gablung einer Summe oon 40000 ©ulben abgelöft werben fonnte. 3m 3abre 1740 fdjon mar eine SblÖfting nerfudjt toorben, fdjeiterte aber an einem Streit über ben ^ün^roert. $m 3abve 1750 fam fobann bie 3tt>löfung juftanbe um bie Summe uon 60000 ©ulben. Diefelbe rourbe an einem Darlehen ber Äurpfalj oon 'flaben Durlarf) im betrage von 300 000 ©ulben abgejogeu. So enbete ein unfelige* ^erfjältniS, bas für uufere Stabt im 30jcibrigen Kriege oon fo unenblid) fdjmereu Solgen begleitet mar.

sBei 2lbfd)lujj be* (Srboertrages mit 9abeti«9abetl mürbe in beiben £anbe3teilen eine .jputbiguug ber Bürger oorgenommen, bei melier s-ßeranlaffung ber alte sßrioilegienftreit beinahe eine $meite Auflage erlebt t)ätte. Cbgleid) Barl Jriebrid) bei feinem 'HegierungSantritte bie oon ben ^foqbeimern eiferfüdjtig behüteten Jyreifjeiten beftätigt hatte, fo mollten biefe bod) ben §ulbigung^eib nid)t eber leiften, al* bis nad) ben ^eftimmungen ber Stabt= orbnung oon 1491 bie ^(eubeftätigung ber ftäbtifdjen ^ßrioilegien oorausgegangen mar. (£in berubigenbes -Ipanbfdjreiben be§ Wlaxt* grafen befdjmid)tigte bie erregten ©etnüter mieber.

$or bem 3abre 1750 mirb roieberfjolt geflagt über ben Verfall be§ inneren i'eben« ber Stabt unb bem bamaligen

18'

19(5

$forabeim unter Karl ftriebrid).

"öüvgermeifter Penning bic Sdmlb barnn beigemeffen. 3)erfelbe führte nod) gleichseitig bic ®emeinbered)nung ; ber ©runb ber Silage büvfte in ber #aur»tfad)e mohl auf (GefchäftSüberbäufung beS s£ürgermeifterS jurüetjufü^ven fein. Jür feine £f>ätiafeit mar bev behalt oon 100 fl. felbft für bie bamalige ^eit ein fet)v geringer. N«ttod) beftanben bie ftäbtifdjen Remter, wie fie burd) bie alte Stabtorbnung 1491 feftgefe^t maren unb jumteil nod) oermehrt mürben. $aburd) unb burd) bie ^eränberung beS ©elbroerteS mudjien aud) bie Ausgaben bafür. 3>er sBau- meifter erhielt bis 1750 jährlich 20 ©ulben, oon ba an 50 (Bulben.*)

sW\t bem Amtsantritt Kummers geftalteten fid) bie ^uftänbe, uamentlid) burd) bas gefteigerte (SrmerbSlcben günftiger, wie bie erhöhten Staatseinnahmen beroeifen. *Bon 1757 1700 trug ber %ßfunb* unb Sanbjoü in ^forjljeim burchfchnittlid) 2498 ©ulben, oon 17H7 1776 2772 (Bulben, oon 1777 1780 fd)on 41H9 (Bulben. Sin Chmgelb mürbe in benfelben Zeiträumen oereim nahmt 1702 OHtlben, 1978 (Bulben unb 330H Bulben.

sJtad) ber (Einführung beS fteljenben «Speeres oerblieb ber s#ürgermehr nur noch Wid)t ber Stobtbemad)ung, bie fie auch UDCU hatte, wenn ©avntfon in bev Stabt lag. $m ^ahve 1778 mürben bie Bürger aud) uon biefer Saft befreit burd) baS ^nftitut ber S tabtfolbaten.

3m ^ahre 1783 mürbe bev fatholifd)en (9emeinbe ba* ^)ied)t beS ©otteSbienftes gemährt, ber feit bem roeftr>f)älifd)en ^rieben ausgefegt hatte. Sic erhielt ein t*ofal be* SBaifeuhanjes als Sktfaal ^ugemiefen. infolge ber pnehmetiben ©eroevbs^ thätigfeit ließen fid) uicle auswärtige itatbolifen hier nieber, moburd) bie ©emeinbc rafd) au v^ahl mud)S. Spätev erhielt fie bie ^Barfüperfirche als (Gotteshaus. 1H12 erfolgte aud) bie (Eröffnung einer fatholifdjen Schule unb bie Aufteilung eines befonberen fatholifdjen Lehrers, ^m Sommer 1748 mar ber im orleanS'fchen Kriege baufällig geworbene gothtfdje £urm nieber^ geriffeu morben. Gr foll bei einer &öhe oon 200 Su§ „foftbar auSgehauen, bis oben ohne $achmerf in Stein jierltd) aufgebaut", eine ^rbe ber Stabt gemefen fein (Siehe baS OTcrianTfcr)e $ilb aus bem ^ahre i<54<>.) ^m Cvahre 1812 baute bie iSraelitifd)e ©emeinbe eine Synagoge au Stelle beS 1805 abge- brannten „(SfelSftalleS" (Slngev'fd/ev Neubau in ber Sttettgerftrafte).

*Jtad) Büraermeifter Penning folgte 1750 .Hummer, 1758 Stein- Ijftufcr, nacb if»m biä 1770 Weif;, barnuf H t ^ l i n c| , 17KH (Hüntel, 1795 tteißtv, von 179« an >f. ,ycrb. Sreber. Cberübflte ober er[te Beamte waten \\i biefer 3eit in ^forräcim feit 173H Cberamteuerioefer Jvriebridi Sonntag, 1749 ,"yrtebricb Wotttyelf o. .Hoferik, 1752 ^ob. <5br. <vrieb. Sebent u. Sajiniebburg, 1758 ^olj. XbeoPöor fluw, 1777 .Horl Atiebr. itUelanb, 1794 Baumgartner, 1803 Benjamin Siotb,.

197

$ie frühere 3unagoge ftanb am oberen (£cf bes Jpafenmepei,ffd)eu Kaufes OBotfftJetgoffe). (9egen bie SRitte bes oorigen 3af)r= bunberts oerjd)roanbeu eine >Heil)e s#for$t)eimer Denfmäler an? bein Altertum, fo baft bie 3tabt oon ba an ein jiemlid) oeränöerte? 'Jlusfefjen empfing. ^flbre 1754 würben bie ftreu$gänge bes £ o m i n i f a n e r f* l o ft e r * , bie oon bem 1 (>92er söranb ber nod) ftanben, abgeriffeu nnb ein ©arten angelegt. .ftente befinbet fid) bort bie ^öftere 2öd)terfd)ule.

3m ^abre 17(>(> oerjdjmanb au/b ba? 3 t. (Georgen- f ird)le i n unb 1768 lonrbc ber ftattlidje 3cl)loÄturm abgebrochen. (£$ mar für bie 3tabt ein für jene $e\t unerfetjlidjer Herluft, als im $abre 1789 bie mit fo oielen unb großen Opfern erftellte neue unb fd)öne 3tabtfird)e nieberbrannte. lieber bie llrfad)e bes SkanbeS mirb gefügt, bafe am 18. 3Rai im nebenanftef)enben £>aufe be* 3d)tofferS Kollmar, mo heute ^cbijinalrat $r. i^umm mobnt, wutv ausgebrochen fei, roeldjes bei bem heftig wetjenben 3ü>sJBeftnrinb fid) rafd) ber ganzen Läuferreihe mitteilte unb balb aud) ben gegeuüberftebenbeu iurm ber 3tabtfird)e ergriff. s)ftit feinem 3tur(} auf ba? ftirdjenbad) geriet aud) bie ftirebe in $ranb unb mar in toeuigen 3tunbcn ein 2lfd)enl)aufen. 3)a* JVeuer mittete fort, obgleich oon allen 3eiten £)ilfe geleiftet mürbe.

ber 9Warfgraf mit ben grinsen mar am 53ranbplat3e erfdjieuen, um bie i'öfdjarbeiten perfönlid) 511 leiten. Wacbbem man bas jyeuer auf feineu Aperb befcfjvänft glaubte, brach am N,Had)mittag bes folgenben Jage? burd) bas oevborgen glimmenbe Jyeuer ein neuer ^öranb aus, ber nod) mehrere .f)äufer oerherte. (9egen 85 (tfebäube mürben oernid)tet. Swav würbe in ben 20er Rubren biefes ^abrbunberts am N4Bieberaufbau einer neuen eo. 3tabtfird)e begonnen ; aber über bas Junbament tarn man nicht f)inauS.*) 3n ben 40er Sagten mürbe ber s$lat} geebnet unb führt nun feitbem ben Warnen ,,3dnilerplat}". Sin 5(nbenfen aber an bie abgebrannte 3tabtfird)e ein slöal)r^eidieu an sJ$forj* beim? 3d)recfen?tage, ift übrig geblieben, nämlich bas rjöl^evue .fceilanbsbilb, bas auf fteinernem ^oftament bis oor jebn fahren auf bem 3dmlpla^e ftanb. Dasfelbe foll fid) unter einem IWrbad) ber ftirdje befunben baben unb fd)on bei jmei früheren ^ränben oon ben flammen oerfd)ont geblieben fein.

•) Stabtflciftlictjc loaren in tiefem Zeitraum: $on 1742 au ,\af. •hJedjölcr, 174« fcorem Maurer, 1755 cSDrift. %ktcv irifenlohr, 17«4 Wottfriet» löffelt, 1797 3. .H. üerrer, 180H Cjmft %m. fcoMaucr.

^Uftabtpfarrer waren: Hon 1742 an >h. (ihr. Sttutftever, 174H Ä. a. .Ü>e$*ler, 175« Ö. iS&r. Ungcrcr, 1757 .H. *. .v>oUt)aucr, 17«k m. Staatl«, 1779 0. *. 9toa,el, 17H0 3$obcr, 178« M. 3omUaa,, 1789 :H. o-

tlt>. »art^olomefr, 1804 (£. Ä. *ect, 180« $9. 1'. Vornan, 1812 ^ & eifcnloljr.

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'©forafteim unter Storl ftriebrid).

Paa alf* Ignlanbabilb \\\ }$füql:;eim.

93on (Sbuarb SBauer.

dreimal fanf bic Stabt in Jfommen ßracftenb ring§ um fid) jufammen ; 2Iud) Dein $au§, ba§ pfeilerftofte, s.fiMd) bev grimmempörten Softe. Umgeroanbelt ffaib bic Straften, Anb're Sitje, anb're ©äffen, ^Inb'rer Sinn unb anb're Sitte, ' Du nur in be$ Secftfels 9Jhtte, Du allein bift fteft'n geblieben, 8iü> be8 #eilanbs, unoertrieben, $on ber ©tut nieftt aufgerieben, Dauermäcfttig, roie fein Sieben. s3Ufo mag ber 'öranb ber Reiten sJttancfter Grefte Sturj bereiten: .<pocft unb ftell, ber $?enfd)fteit Stern, $Birft Du leueftten, 93ilb be$ -fcerrn.

lieber bie $ e u ö l f e r u n g s 5 i f f e r fann mitgeteilt werben, baft bie Seelenjaftl s$forjftehns 17h«) = 4311, im ^aftre 1795 = 4937 betrug, barunter 4(>00 Sutfteraner, 83 Reformierte, 154 ßatftolifen unb 100 3uben.

v#ou 1800 bis 1810 mürben burcftfcftnittlicft im Oaftre geboren 219,10 ^erfonen

getraut 44,00 geftorben finb 194,10 meftrgeboren finb 25,

Die ©efamtjaftl ber (£inrooftnerfd)aft betrug im 3aftve lnoo 50(52, tm ^aftre 1810 5572 ^erfonen.

Der $forjfteimer Sofalgefcfticfttsfcftreiber D r. Roller, ber in feiner Scftrift eine Reifte intereffanter 2tbftanblungen über bie Sieben Sroetfe ber 33erooftuer unb augletcft ^erftaltunge* magregeln gab, fagt über bie Softnuugsoerftältniff e unferer ©rojjeltern: Die Stuben in ben alten ©ebäuben finb faft alle flein unb uiebrig, in ben untern Stocfmerfen feueftt unb ^umtetl finfter. ©rofjc, freie ^Boftnungeu finb im ^erftältnis ben übrigen ftier nur wenige. v4Mele $anbmerfsmeifter ftabeu vJßoftnung unb 4Berfftätte in ber nämlicften Stube unb nid)t wenige aueft iftre Scftlafftellen. Die Dienftboten ftabeu geroöftnlicft erabe unter bem Dacfte iftre Letten, bafter für ftc ein ftranfen-- aus unentbeftrlid) ift. Die Grroärmung ber Limmer ift bei bem gemeinen 9)?anne geroöftnlid) )U ftarf, unb es wirb nur auf bie 3aftre*seit, feiten auf bic gerabe oorftanbene Witterung Rücfftcfjt genommen. Selbft bie Firmen, melcfte iftr §ol$ müftfelig

^forabcim unter Stotl ftriebricfc.

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erwerben müffen, beiden febr t)ef tiQ ein. Oefters ift ba§ $od)en in ben Cefen baran fctjulb, öfters muß aud) ftinberwäfche getrocfnet werben. Daju fommt nod) ber Cel- unb fiidjterbampf.

kleben, oft in ben Söohngebäuben felbft, ftnb bie Stallungen, f obaß ber ©erud) bie .ftäufer bis in bie oberften (Gipfel anfüllt. (Sbenfo flogt iHoller über bie bödjft primitive @iw rid)tung ber Aborte.

Tie Strogen finb mit Saubfteiu gepflaftert. 3hve Unter* haltung erforbert fet>r viele iJJtübe, bo fie fo eng finb. 3hre Reinigung foll wöchentlich jweimal vorgenommen werben; fo würben fie immer rein bleiben, wenn bie ".Hbflüffe ber Dung^ gruben unb Aborte bies nicht oerbinberten. ^eooet) glauben fid) inandje ^erfonen, namentlich in ben Oiebengaffen, uou biefem ($efetj frei unb ba fie ihren Vorteil nid)t uerfteben unb ftitgleicb ^iim Schaben ihrer Mitbürger ben Kot fid) anhäufen laffen, fo follten bie Straften, wie in anbern Stäbten, oonfeiten ber ^olijei gereinigt ba? ftebridjt oor bie Dbore geführt unb nach einiger ;{eit öffentlich uerfteigert werben. (Sin anberer Uebelftanb fei auch, baß ber auf bem iWarftplatj .utfammengefebrte JTotb oft liegen bleibe, was um fo fdjlimmer fei, als baS täglid) auf bie "IBeibe getriebene Vieh fid) bort etwas länger aufhalte unb bie Verunreinigung noch vermehre. 3113 weiteren ^laditeil befragt Voller ben Langel oon Kanälen für bas oon mehreren Brunnen abfließenbe Gaffer unb bas 9lbwaffer, welches in ben jumteil engen (Waffen ftti großen Gismaffen gefriere unb baburd) bie ^affage gefährlich mache, ferner flagt ber Verfaffer über ben Langel an Warten, welche ber Stabt genügenbe l'ebensluft *u fpenben oermöd)teu. "Bis Mim v^abre 1800 biente ber in ber "Bröt^iuger "Borftabt gelegene fleine griebnof ber ftreujfircbe als "B eg r ä b n i s p l a t) für bevorrechtete Familien. Slnbere mußten für biefe "Bergünftigung 1 (Bulben befahlen. "Bürgerin ei fter Dreher hatte bie beteiligten ^atrijierfamilieu veranlaßt, auf ihr Vorrecht gu vernichten, unb ber .^reu^firchhof würbe gcfdjloffen. Der im Cften ber Stabt Uetjiaer "ßarf ) gelegene ^riebhof würbe als ein allgemeiner ftäbtifcher "Begräbnisplat} bezeichnet unb bie sBeerbigung innerhalb ber Kirchen verboten. Der Jyriebbof war 2 '* Georgen groß unb würbe 1800 noch um l borgen vergrößert.

Das abeltge Damenftift burfte ausnabmsmeije feine "Ber- ftorbenen in ber neuerbauten Stabtfircbe beije^en. 311s biefc 1 789 abbrannte, würbe bem Stift auf bem allgemeinen Jyriebbof, bidjt neben ber Kapelle, ein $latj „auf ewige Reiten" angewiesen. Die 2lltftabt tjatte ihren eigenen "Begräbnisplarj ; berfelbe war, wie heute nod) &u feheu ift, um bie ftirdje herum gelegen.

Das 3d)iilwefen blühte in sJ$f Olxheim feit ben «Oer fahren bes vorigen 3öh^uno«rts ficbtlich wieber auf. W\t bem

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200

Worabeim unter ftarl ftriebrid).

^öbagogtum nmrbe 1790 nod) eine Mealfdmle uerbunbeu, biejelbe jeboefr 1809 roieber aufgehoben. Sämtliche 3d)ulen, mit Slu«; nähme bev Jyreifchule, roaren in bem neuerbauten 3tabtfd)ulhaufe untergebracht. J)afi alte I)evvfdiaftlid)e }$äbagogiumsgebäube mürbe 1810 oerfauft uub bem barin untergebrachten sJ$roreftor unb britten £ebrer neue Wohnungen jugemiefen. s)iur ber jroeite Sebrer hatte feine Sobnung im neuen Sehulgebäube. Die s43olfs^ ober 2rioialfd)ule umfaßte $mei Knaben« unb ^roei ^Jcabchenflaffen, erftere mit 280, let3tere mit 360 Schülern.*)

(£rft mit bem Cutbre 1790 begann bier ein geregeltes ^trmenmefen. Veranlaßt mürben bie neuen DJtaftnahmen burd) ben nberbanbuebmenben Strafjenbettel unb bie fid) rapib minbernbett Ojinnabmen be* 31tniofens, beffen (#runbftocf oon HO 000 Bulben auf 16000 (Bulben berabfanf. $urd) bie bisher geregelte s#ettelorbnung mar bem Settel unb Müßiggang £bür unb Jbor geöffnet. £as überamt erlieft baber burd) bie Iroinmel befanntgeben, baß bei 5 ©ulben 3trafe feinem Bettler mehr etwas gefebenft werben bürfe, Jm herein mit einigen Sfonen« freunben hielt ber ^agiftrat ieben Montag nad)mittag eine Bildung , mobei bie Untftänbe ber ^llmofeupfrünbner geprüft mürben. 5)1 an teilte fid) in ^nfpeftionen : jeber 3nfpeftion mürben 10 12 kirnte zugeteilt; bie ^ufpeftoren hatten alle Quartal einmal bereu Wohnungen auf*ufud)en unb in ber $>erfammlung genaue 3(usfunft %\\ geben über ben Öefunb ber >}uftänbe. Tas roöd)eutliche Sttmöfen betrug 20 ftreujer bis 1 (Bulben, ber Oausjins belief fid) für bie flehten Wohnungen auf bei ben großen auf 12 Öulben. Tie Beiträge mürben oon .fcaus *u pauS gefammelt, fle lieferten jegt gegen 400 (Bulben ftatt 800 mie fvüher. *'üx bie ftinber ber ^hmenpfrünbner mürbe eine Skumrooll fpinnerei errichtet, morin ein flinb wöchentlich feine 20—80 Kreu&er oerbiente. Ter ©ibermitle gegen biefe letztere (£tnrid)tung mar io groß, ban bie ftinbet faft nie uifammen^ubringen mareu. Xem abzuhelfen, mürbe für biefelbcn eine eigene iyreifcbule gegrünbet, bie fd)öne (Erfolge erhielte. Inno belogen 25 "^erfonen bas möd)ent(id)e s31lmofen, 42 ben .pausen*. 4Öieberbolte Un^uträglidifeiten unb neuerbings junebmenber Settel ueranlafite bie Regierung jur oölligen :Keorganifation bes vJlrmenmejens. 3n bie $efd)äfte beSfelben teilten fich hiernach bie 3(rmenanftalts Deputierten unb bas sJlrmenfollegium. x>ne beforgten bie ^nfpeftton ber Firmen, bie (rinfammluugeu unb bie ' jährliche

*) $corettoren unb Sorftanbc beo t;at>aa,oautm* waren : 17(ki oj. £eimltna., 1770 Ä. canber, 17W> ^. ^a\m, 1807 3. W. Xreuttel.

^rn^eptorcit ober erfte Vefjrer luaren an ber rtnabenictwlc : oon 1745 on W. <b. «eftler, 17«>4 & J. tenerCe, lim CD- & fetter: an ber SNäDftenfrfmle : oon 1749-1806 >f>.' ^of. *eibfrieb, 180« tSbx Martin ^bler.

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s#forabeim unter 8arl ^riebridj. 201

SÖabl breier iWitgtiebeu. 2>as Armeufollegium beftanb aus biefen 2)citgliebern unter bem U?oi|it> bes Cberamts ober Bürger meifters, bem Stabtfcbreiber, bem Almofenpfleger unb jmei ^atsmitgtiebern. Alle 14 Jage mar Armenftt}ung.

Tie aufgehellten ©ruubjät^e $ur Armenpflege belehrten über :

1 . Tie A rmcnuiitc r ft ü t* u n g ; roer Anfprud) au bte felbe l)at, als mas btefc Unterftütjungen augefeben merben jollen, nämlid) für ben Sali, baft ein Armer burd) Grbfdjaft ober auf anbere SÖeife 511 Bermögeu fommt, ober fold)es hinterläßt, als unoerflinsltche Bor fd)üffe.

Tas Anhalten ber Armen jut Arbeit unb

3. bie ÜJUttei, ber Straßenbettelei ßinbalt 511 tt)iui.

^forjheim bejaß bis $u Anfang biefeö 3fllnhunberts fein eigentliches Spital. Außer ,„yoei fd)led)t fonbitionierten Zimmern im fogenanuten Armenbaufe, janb fid) fein ^lätjcben, mobin bilfsbebürftige ^erfouen, Arme unb Tienftboten in franfen Tagen ihre 3uflud)t nehmen tonnten." Ale am h. sJ)]ai Ihoh bas Jeft ber (Erhebung be$ SRarfgrafen ,\nm Kurfärften gefeiert merben foüte, befchloß bie Stabtoermaltung, ftatt ber Illumination ein bletbenbes Teuf mal 511 fttften burd) @rrid)iung eines Spital«. Unter ber ^ftitroirfuna, be» Cberoogte* Baumgartner mürbe eine 3ubffription eröffnet, roeld)e balb bie Summe oon loooo (91b. erreichte, bie innerhalb <> Os^hren befahlt merben füllten. Bis IHK) maren aber erft 7(K)0 (#lb. eingegangen unb als Kapital augelegt morben, ba bie ftriegsseiten bie (Sinmobnerfdmft hart bebrüeften. ©in Teil berfelben oerlangte, baß mit bem Bau begonnen merben iollte, aud) menn bie ganje Summe nicht oor hanben fei, mas oon ber Berroaltung als eine Unmöglid)feii bejeid)itet mürbe. Um bem Trängen einigermaßen nad)$ugeben, lieft man 4 Limmer im alten Babe*> einrichten.

Audi au ber Wefelligfeit ließen es bie ^forjbeimer oon bamals niri)t fehlen, trot} ber burd)gemad)ten Irübfal.

Auf Beranlaffung bes N^roreftors ^anbt, ber aud) bie Leitung übernahm, bilbete fid) im vuibre l V 84 im Wooember hier bie erfte, ^unächft aus jroanjtg ^citgliebern befteheube Befegef ellfchaft $um gemeinfchaftlidien galten oon ;}eit fchriften unb Büchern. $n ben erfteu fahren hielt bie (#efell)d)aft ihre Berfammlungen in ben ^rioathäufern ber Witglieber ab. 3m ^ahre ^7,S8 mietete fie ein eigenes £otal unb oeranlaßte tägliche ^ufammeufünfte $ur Unterhaltung unb C^efelligfeit. ^n biefem ^ahr betrug bie Witglieberjabl fd)on 40, im Jahre 1*01

•» iln bei ^abgaficbrucfc über bem oberen ^utUfanal.

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202

Worpheim unter Barl ftriebricfc.

bereits 80. 180h erhielt bie l'efegefellfchaft neue Statuten, erwarb 1822 ein £>aus am Warftplatj, worin fjeute bas SBronfer'fdje ©efcbäft ftcf> befinbet, um nabeln UOOO ©ulben unb baute 182(> im .f)intergebäube einen 3aal, um ba* (£aftno mit ber ©efelifchaft jm oerbinbeu unb legte fld) ben Wanten „SR uf eil in" bei.

Die SWttfit fanb Dor loo fahren bier $mar uiele &eb baber, aber im öegenfa^e ju beute fet)v menig Wufifoerftänbige. Q$ fanben fid) nicht fo oiele (Geübte, um ein Moniert arrangieren ju föunen: bierin ftanb s]3for*beim felbft hinter oiel Heineren otäbten jurürf.

D an $ b el ufti gu ngeu »Daren &u allen Reiten, alfo auch bamal-5 beliebt, (Gelegenheit baju boten bie oier ^ahrmärfte, bie brei ftirdnoeiben ber s«Borftäbte unb bie ber nahen Dörfer, fomie .Ipoctjjeiten unb föinbstaufen.

"4]on ^eit 511 ;]eit oertrrte fid) auch eine manbernbe 3 djauipi eiert nippe in bie dauern ^fov^etm«. 80 mirb erjählt, ba§ 1808 einer berartigen (9efeÜfd)aft 51t (Gefallen ein eigene* ©ebäube errichtet mürbe al* „Dbeatev", baS aber bei Jyeuersgefabr roegen mieber aufgegeben merbeu mußte, morauf bie ^orftelluugen im 8. 3tocf bes Watbaitfes abaehalten mürben.

.H l e i n e h r 0 n i f. 1 769 70 fd)led)te tfrute burch kläffe, iufolgebeffen 1771 Deuerung unb .Hungersnot. 3m Wai foftete ba* Walter .Herneu 22—28 Bulben, ftorn.l» Bulben, Werfte 12 Bulben, tfaberK, 4i*elfd)forn im >li 20 Bulben. Dagegen fofteten 8 @ier nur 4 ftreujer, unb ba$ 1>funb Winbfleifcb nur 7'/« $reu5er, 1 s^funb Butter 1(> ftreujer. Die Regierung brachte im 3tuslanbe aufgetaut te« (betreibe auf ben bieftgen Warft. Cbue biefe finge Wajmabme mären bie ^'«^tpreife gerabeju uugebeuerlid)e gemorben.*)

1772 taud)te bie ^rage auf, ob nad) Abfall oon $abeu- ^aben nid)t Durlad) mieber Wefiben* merben folte. 8 ehr icbled)ter SBetn.

sJlm 8. 2tpril 1777 gelangte ftatfet Jofepb, IL auf einer >Heife nach Jranfreid) hier an unb übernachtete im s^ofthaufe. xUit £>ofe besjelben hatte fid) anbern Dag? bei ber Abfahrt eine große Wenid)enmenge aufgeftellt, um ben geliebten Wonard)en hu fehen. Der ttaifer geigte fich ben Kenten febr hulbooll.

*> Stellen llnterjd)icb ber unoolifonuuenc Ferteln- bamale in ben greifen fjeroorbradUe, erlernten »oir an einer Konftamer Eingabe and bemfetben fotftt, nnrt) melrber bie greife bort tolqenbe lunren : 1 iUalter Morn tfö Bulben, 1 ceftet üarer 2 (Bulben 24 Wremer, I Hefter (Werfte 4 (Bulben 30 Kreuzer, 1 ^inftle .vMibernun «reiner, 1 cefter Wartoffeln 8 Bulben, 1 cefter bürre kirnen 4 (Bulben, 1 3 efter Crrbfen •) Bulben 24 ttreujer, 1 cefter Hüben BS Mrenjer, 1 Mab geringen Wein 12 Mrcujer, 1 ^funb «rob 18»/» itreujer unb jwar fdjronrje*, roeil bad roeifie oerboten ioor.

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Worpheim unter flatl ftriebrieb. 203

befd)eufte bie N#oftbaltersfamilie reichlich unb fuhr gütig grnfjenb weiter.

1783 brachte Dielen unb trefflichen siöein, 1783/84 aber einen febr [trennen hinter unb große Ueberfcbwemmungen.

Januar 1 784 g r o e s$ a f f e r s u o t. 31m 17. brach baS ($is, ungeheure (Sisftürfe bebeeften bas Ufer bei* (Snj unb s.)cagolb Don ber Slltftabt bis jptm ftaübarbt. An ber Auer ©rürfe entftanb eine Stauung unb bas Gis [taub jule^t höher als bie kniete felbft. TaS Söaffer brang in bie Stabt, namentlich in bie Au, unb bie Einwohner mußten flüd)ten. (Srft nach brei lagen brach bas Eis buret). Ter Stabtrat lieft bie (Sisftürfe jerfd)lagen unb bie Altftäbter Drütte abtragen. ft'urj barauf entftanb eine fo grofte .Halte, baft bie ftlüffe bis auf ben ©runb zufroren. 3m tfebruar trat Tauwetter ein, am 20. fetjte fid) bie (fismaffe in Bewegung gegen bie Au. Xags barauf morgen? ß Uhr brach jerftöreno burch bie ^(aggärten hinburd). si*iel (Eigentum mürbe fortgefdjmemmt Tas 4Öirtsbaus juv „Sanne" in ber Altftabt mürbe uon ben Jluten gänzlich meggeriffen. .freute nod) ift an manchen Käufern ber ffiafferftanb jener Sage angegeben.

' Am 21). ^au. 178S mürbe m Karlsruhe bie Erinnerung au bie Sd)lad)t bei ©impfen in einem glänjenbeu <yefte gefeiert, wobei bas 3)eimling?fd)e Irauerfüiel „Tie 400 ^forjheimer", auf beut .poftheater aufgeführt mürbe, ©lerfmürbigerroetfe mar man erft burd) bie Teimling'fcbe Tid)tung bei .'oof auf bie .oelbentbat aufmerffam geworben, ftarl Jriebrid) oeranlaftte bie erwähnte Jeftfeier unb lub bie ^iacht'ommeu ber .pelben aus ^for^henn baju ein. löffelt hielt eine glau^enbe Siebe, bie im Trucf erfchien, unb ^offdjaufDielbireftor Hogel tnfaetiterte bas Teiim ling'fche Trama. Tie ^for^beimer fühlten fid) über bie ihrer Stabt erwiefene Auszeichnung fehl* geehrt unb liefen es nid)t an anfehnlidjen (defebenfeu fehlen für ben .$oftl)eaterbireftor. Tas Trauerfyiel gefiel fehr gut, fobaft es wieberholt aufgeführt würbe, öebesmat folgte zuletzt noch ein Dautomimifd)=muftfalifd)er Epilog in einem Sitte, ber bamit enbigte, baft aus ben Wolfen zwei deuten herabfliegen, um bie aufgehellte "öüfte Marl Jriebridjs mit einem tforbeerfranae \\\ frönen.

178« würben oon ber Regierung alle öffentlichen (tfebäube mit Nölit3ablettern oerfeheu.

1788/89 bärtefter hinter bes ^sahrhuuberts. ^m ttanbe erfroren 200002 9äume.

171» 1/92 Weinberge erfroren unb aufgehauen. Am 21. OTärj 1810 fahen bie Bewohner v^f orzheims aud) bie ©rjfjerjogin sJJiaria £.mfe, als Napoleons $raut.

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Wottbetm unter Starl ftriebtieb.

3m Juhre 1 7i»H folltc bas 50jährige iHegierungsjubiläum Mail Jriebricb* abfeiert »erben, mußte aber ber bamatigen ftriegsunrut)en it»e^eu auf ben ^unt lnoi oerlegt werben, iae Jefi mürbe fcljv roürbig unb mit allem ^omp begangen. Bürger roebr, Jabrifanten, 3d)ü^enforps unb ältere Bürger, feftlid) gefdjmücfte Jungfrauen unb Schulfinbev begaben fid) nad) bem äRarfrpla$e unter Begleitung oon türfifdjer vJDtufif : fämtlicbe ftaatlidjen unb ftäbtifdjen Liener fauben fid) in ooller (#ala ba^u ein. Bon bort ginge 5111* ftirdje. s3kd) Beenbigung bes fteft gottesbienftes begab fid) ber ^ug mieber jum iHatbaus, roo oer biente Bürger bie 00m l'anbesberru geftiftete Slusjeidnumg empfingen. $er Jag febloß mit einem Bolfs- unb ftinberfefte auf bem Wennfelbe.*)

Bcrbieittc ^for^eimer.**)

Bon ben, um ^forjbeime Jnbuftrie, um ttunft unb s&ifjen idmft oerbienten Männern, ermähnen mir au« biefer ;}eit:

3 0 b. b r i ft i a n iH 0 1 1 e r. (£r mar am 27. sJüiguft 1 778 SU i*for$beim geboren, bilöete fid) junäcbft auf bem i*äbagogium feiner Baterftabt, ermeiterte feine Stubien auf ber StorWfdnile ju Stuttgart, oollenbete feine .frod)fd)ulbilbung in Qena unb ließ fid) nad) abgelegter mebwnifrfjer Staatsprüfung in ^forjbeim 1795 als Slrjt nieber. ^m Satire Iku4 übernahm er bie Leitung ber 3m»flnfwlt unb mürbe fo ber erfte jrrenar$t bes Raubes. Seine ffor^etmer Gbronif, herausgegeben unter bem -Xitel „törfter Reiflich einer Beitreibung ber Stabt ^for^heim mit befonberer Beziehung auf bas pbqfifdje 4Öobl ihrer Beroobucr" 1 1811 > enthält namentlich für bie .fnigtene fooiel trefflidje, aud) heute noch beachtenswerte Fingerzeige, oaß fein Warne fdjon um beffent^ mitten bei ben x)tad)lebenoen in ehrenber (Erinnerung bleiben bavf. }(ber Voller mar aud) als sJJlenfd) unb Bürger eine eble Nl$eriönlid)feit unb fein raftlofcr Gnfer, feine alle .friuberniffe über-- minbenbe Ibatfraft im Dienfte oer ^citrnenfcbeii fidjerten ihm

*> Xabei wirft in ben „^for Weimer luöchctitlicljeu Wad)rid)ten" ruümtid) bc* alten Vebrer* veibfrieb ermahnt, berfelbe mar gerabe am feftlidjcn Iaa,e, uamlid) am 15. ^uni 1751, mit einer t>fonbcimerin getraut roorben unb 1 Hol fdjon 54 ,Vibre hiuburd) vehrer in Monheim, iobatt alte unter HO ^\abrc alten grauen w ihm in bie odmle gegangen maren. tfr mirb al* ein heiterer, liebcu&nntrbia,er Mann gcfcfytlbert unb fcfyctnt fid) gut auf's "Heimen uerftatiben tu habet: beim e* roirb cnriblt, baft beim Harl /vriebriebsfefte feine 2d)ul m.iD djen oon ibm uerfafste Kerfe uortrugen. Ja* Marl ,"vriebridmeft rourbc nod) 1803, 1804, 1805, 1808 unb *ule(jt 1824 gefeiert.

•*) Wluaer, tfaber.

$forabeim unter Jtotl 3-riebrtd). 205

fdjon au Öeb^eiten bcren £>odmd)tung. @r mar in jener 3«it ber erfte Strjt, ber bie ftuhpoctenimpfung anroanbte. güv bie 3vren- anftalt fct)iif er eine gefunbe l^runblage, auf bev fie fiel) ben neu^eit(td)en 9lnforberungen gemäjj enttuicfeltt tonnte.

$r. ©hriftian Holter, ber oobn be$ s$orbergeheubeii, fanb als 9fad)folger einen gut uorbereiteteit ^oben. 3ein »tuf al§ .Srrenarjt veranlagte bie Regierung, ihm bie Leitung ber •Seth unb s}$flegeanftalt Altenau übertrafen, bie unter ihm ju bober $lüte unb weltberühmter ^ebeutung gelangte.

$ r. Wilhelm i f e n l o h r , ber 3obn be3 s$rorjbeimer 3tabtpfarrers tvurbe als v#rofeffor ber poluted)tiifd)en 3dmle in Karlsruhe berühmt unb vom Wroftberftog mit bem Xitel eines (fleh. sJlates geehrt.

©e beim er vJtat ^ubmig ftad)el, ebenfalls ein geborener st*forftheimer, mar befannt als ftfinftler ber ©ravier* fünft unb mürbe $orftanb ber Witftanftalt in .Karlsruhe. Sein 3otm erlangte bie 3telle be$ Tireftors an ber (3roRb. flu n fr gemerbeftt)iile in Karlsruhe.

5erbinanb Cecbsle, ber (irfinber ber nacl) ihm benannten s4Öeintvage, lebte gleichfalls tu jener ^eriobe.

3 o b- o f e p b u j a r b , geb. 1 75 1 ju >Kin$ in bei franftöftföen 3d)ivei5, beffen 3tamm fid) hier nod) erhalten hat.

30 o h n l i d). 4öie oben id)ou mitgeteilt mürbe, unterftüt)te 179t» ^Bohnlich bie3tabt bei ber (Erhebung einer auRergewöbnlidi hoben $riegsfoutribution mit einer anfebntidien cumme in bringenber s)cot. 3)ie Familie sBobulid), 1(»90 frfjon genannt, bemotmte in ber ^arfüRergaffe ein alte? .frerrenbatis. 3päter ift fte nad) "iilugslnirg übergefiebelt unb ift feit vielen fahren in ben 9lbel§ftanb erhoben.

IHe tfntftclfunct nnb tfntrotdtliing bei* Bijouterie fabrikattoit in ilforilfriiu. *)

SRarfaraf (£f)riftoyb mar bic ganje fyit feiner mobltbätigen Regierung binburd) eifrig beforgt, Dem ganzen bürgerlichen tfeben feiner Untertbanen, jomobl in ftaatSrecbtlidjen $erf)ä(tniffen, als aud) im Wernerbe^ unb si$olicseif acbe, eine neue ©eftaltung ftit geben unb jngleid) bas 9Üte, wie es bis anf feine ;}eit bem &raud)e gemäß gehalten morben mar, in eine fefte, freilich oft aud) fleinlidje Jorm }u bringen, bic fid) mirflid) and) einige vxsahrbunberte binburd) erhielt. **)

Unter feinen SBerorbnungen befinbet fid) and) eine, betitelt : „Crbuuug ber Wolbfcbmiebe." Tiefelben bilbeten mit ben Wlaferu eine ;{unft. Jm jobre lt»!)K, ol* nad) bem langen, fdjmeren Kriege alle fünfte mit ihren Sfleiftern neu eingetragen mürben, fanben fid) 21 tum ber (9lafcv* nnb Wolbfcbmiebefunft ; mir fönnen alfo für bte Seite« oor jenem Kriege mohl 15— 20 Wölb fd)miebe annehmen.

Tamit nicht oon ben oorgefd)riebenen Wefelen abgegangen merbe, maren, mie bei allen fünften, fog. 3 d) an er beftellt, meld)e über bie orbmmgsmäßige $kfdmffenbeit ber Barett \\x madjen hatten. Wröftere Sftfttel mufften fie einzeln, fleinere oartienmeifc befehen, morauf fie biefelben zeichneten, menn bie Arbeit als „geredjt" erfunben marb. freilich mar bie $e- banbluugsart oon ben jetzigen total oevfchieben. Ter Unterfd)ieb oon Wolb^ nnb Silbermaren mar unbetannt, überhaupt maren Arbeiten in Silber häufiger als in Wölb, ba bie lederen ber plumpen frerftellung wegen gar ju teuer ftu flehen tarnen. Tie Arbeiten in 3ilber rourbeu gemöbnlid) oergolbet ober golbplattiert. ^ei ^ergolbungcu galt al* sJ>robe bie Ürafcbürfte: Arbeiten, melche biefe nidit mithalten tonnten, maren oerboten. SBa«

•l CueUcn: vottiinmiHcr, ^iimia-, Motfecttt, WeneYaUaitbetaftyto. eeite 27 unf ff.

©ntftebuna tmb (ämtwuflumj ber ©ijoutetiefabritation. 207

bereits uergolbet mar, burfte nicht mieber oergolbet werben, außer 9Ronftraiijten unb ähnlichen (Segenftänben. Sogenannte falfdje ©belfteine ober ©laSflüffe in (Mb au faffen, mürbe für ein „galfd)" (betrug) erflärt. <3olct)e§ burfte nur für einen dürften geschehen. $ie Beurteilung bes (Solbgehaltes gefdjah nid)t nad) Karaten, fonbem nur allgemein nach rbeinifchem, ungarifchem ober Dufatengolb. lieber bie Ausführung*: beftimmungen ber „(Mbfchmiebepnft; Crbnung" mirb gefagt: „3tem bie Orbnung muff man auf ben Jarmerften unb fuft allen (9olbfd)mieben, unb Bremern oerfünben, Bnb bie foünb fremb unb fyehnifd), nüft (nichts) annbers feul haben, oerfauffen, bann mas bie Cvbnung (hlnben mag, unb meüicher bie orbnung barüber oerbrid)t, ber fol ben gemelten uenen in obgefdjriebener maß unbermorffeu fin unb bie &u t)ebem male geben."

(£s ift flar, baß bie Bijouteriebranche unter ben fleinlid)eu, einfcbränfenben Berbältniffen jener ^Jeit nidjt über ben Wammen be* ^unfthaubroerfS hinaus fid) entfalten founte, in bem fie bis in bas letzte drittel bes oorigen ^al)rbunbert§ ein rummer^ lidjeS Xajein friftete. (£s beburfte einer uölligen Ummanblung bes fatalen unb mirtfdjaftlidjen Gebens, einer hinlänglich ftarfen Anregung oon außen, bes meifen ttjatfräftigen Eingreifens eines lueüfdmuenben dürften, mie Äarl iyriebrid), um bas ^forjheimer Bijouteriegemerbe ju jener großartigen (Entfaltung jw bringen, bie ihm im Verlaufe oon liio fahren eine Stellung unb ein ^lujeben errang, bie in ibrcr Art einjig fiub.

<$roße hiftorifdje (Sreigniffe maren es, meiere einen gemalt' famen Umfchmung bes nurtfdjaftlictyen Gebens hervorriefen, bie bem in engen v^unftfd)ranfen fümmerlid) baliegenbeu (bewerbe bie Ueffeln jprengten unb ihm bie NJöege bahnten jur ©roß- 3>nbuftrie. Pioniere berfelbeu maren fdjon bie im Weforinntions: Zeitalter geflüchteten Hugenotten. $ie Stäbte, meiere fie auf- nahmen, Bafel unb ^ürid), mürben burd) ihre 2t)ätigfeit balb bie £>auptfifce ber 3nbuftrie in Mitteleuropa, ©enf, bie SHutter; ftabt bes Galoinismus, befaß burd) bie Utjrenfabrifation unb bie Bijouterie, bie hier ebenfo ftreng organisiert mar, mie bie 5lird)en^ gemeinbe felbft, einen mirtfchaftlichen Einfluß, mie es ihn feitbem nie roieber erreicht hat. 2>ie Aufhebung bes EbiftS oon Nantes ^erftreute alSbann bie Hugenotten über ganj $eutfd)laub, unb überall, mohin fie famen, pflanzten fie ben Samen ber (#roß- ^nbuftrie, bradjten fie einen freien ßug in ben .franbel, l'ebeu unb Bemegung in bie Bolfsmirtfchaft.

2)en (Seift biefer reformierten Kolonien, bereu förbernber Einfluß auf 2)eut]d)lanb nicfjt hod) genug anjujdjlageu ift, geigen uns tjeute nod) bie ©efdjäftSbücher Aboi*, eineS ber Begründer

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208 ©ntftcbunfl unb ©ntwicfluna ber *8itouteriefabritation.

ber i<forjheimer ^nbuftrie*), bie auf meitoerbreitete Berbinbungen bis l'ieflanb unb 3t. 'Petersburg hinweifen, (frft bind) bic (frtenntni* bes religiös wirtfd)aftlid)eu ;}uiammenbang* ber Kolonien untereinander wirb bie bamalige berrfdienbe 3teliung (detlfä auf bem (Gebiete ber (fbelmetallinbuftrie erflärliu. s)lucb •ftanau, bas in XeutfdUanb eine ähulid)e Stellung einnahm unb neben s)*f Olxheim bis beute behauptete, mar eine ftreng reformierte Kolonie, gemiffermaBeu eine faloiniftifche sJDIufterftabt. Das NPforsheimer Bijouteriegemerbe, in feinen Anfängen ein ^Iblcgev Don (Senf, entfernte fid) halb oon ben tabuen bes religiöfen föemetnfinnS ; uuneift wohl be*balb, meil bie von aufien (uige \ogenen Arbeiter „umherfcrjmeifenber troj", weit entfernt waren oon ber ftrengen Hanauer unb (Senfer Xi^iplin. 3(1* ba* eigentliche (Geburtsjahr ber ^for^heimer Bijouteriefabrifation barf ba* ^ahr 17H7 betrachtet werben.

Bei ber Vorliebe ftarl JvriebridjS für ben „pbnfiofratiicben 3taat" möchte es faft uuinber nehmen, baß es möglid) mar, gerabe ben l'urusgegenftaub ber Bijouterie einzuführen, bie mit ben Bebürfniffen bes arferbauenbeu Raubes in f einerlei ^ufammen hang fteht. xx>nbeffen ging bie Anregung ba.y. weniger oon Äarl Jriebrich felber au?, als oielmehr oon feiner hochfinnigen, feingebilbelen (Gemahlin, ber ÜJiarfgräfin Caroline, bie wohl ihre« (hatten iuUfsmirtfd)aftlid)e Neigungen, nicht aber feine lieber Beugungen teilte, s&äbreub ihr (Gemahl pbofiofratifch gefinnt war, waubte fie fid) mit (Eifer merkantilen Wruubfätyen ju, ber Anficht gemäß, i>af? eine ^nbuftrie um fo höher ni fdjätjeu fei, je mehr bar ($elb fie ins t'anb bringe. (£inen Überzeugung* treuen ©enoffeu faub fie für ihr Beftreben in bem einflu&reidjen (Scheimrat Weinbarb. Ter ebenfo liberale wie überseugungstreue ^Jcarfgraf lief? ber Ihätigfeit tüd)tiger ^cenfchen gerne freien fcaaf, aud) wenn er ihre ^(nfdjauungni nicht gerabe teilte, 3o tam es, bafj bie ^larfgräfin einen (Sinflujj gewann, ber in feineu folgen trot} Dielet bebentlidien unb fehlgefchlagenen (Srperimeute oon ganz eminenter Bebeutung unb bauernber 2öirfung war.

3u jenen lagen fcheint bie x^rojeftenmad)erei mehr als je an ber Jagesorbnung gewefen |u fein. SBie ber .frerbftroinb Untraut unb gute ©amenförner burcheinanber wirbelt, ftoben bie vl>läne ber s}>rojeftenhelben umher, unb ein Zufall ift eS faft |u nennen, wann unb wo etwas baoon aufging.

Anfang bes Jahres 1 767 wanbte fid) ber Uhrem fabrifant unb llhrenhänbler ^oh. Jv an z Zutrat! au? Crange in ber Xanphinee, ber fid) früher in Wenf, fpäter in Bern

*) $m öefl^c t>e* ftcrrn flufluft Maufcr lu-tinbct fid) noctj ein folcl»os> von NDor meiftcröaft gehörte* Wcidnut*tuid).

(Entfteöunci unb ©ntroicflung Der SBüouteriefabrifotion. 209

aufhielt, an bifr SOlarfgräfin Caroline unb an SReinfjarb. $)er 9Wann ^atte eine befonbere Routine fidj au etablieren, 33orfd)üffe 311 empfangen unb aufzubrausen, um fich bann nach richtiger s2lbenteuerermanier roieber fonftroo nieberjulaffen. @r bot jur drrid)tung einer Uhrenfabrik feine unb $roeier Schroetter (Sf)riftin unb Biala) .jMlfe an. sJlad)bem feine Abficht, ftd) in Sörrad) nieberjulaffen, fet)lgefd)lagen mar, roie§ man it>n nad) ^forjheim, roeil ba3 Seben bort billiger fei unb roo man frof) mar, roieber einen Sehrmeifter für ba$ 9Öaifenhau§ 311 finben.

3n einigen umfangreichen 3)enffd)rifteu, bei bereit Abfaffung er ein befonberes (§efd)ict beroieS, fetjte er bem ($efj. Mat 0. ©emmingen feine Anfielen auSeinaubcr unb fargte nicht mit glänjenben ^erfpredjungen, aber aud) nid)t mit ftarfen # orberungen. Mach einem oon iHeinharb oerfaßten ©utadjten fam ein Vertrag 3uftanbe, monad) Autran, ©Ijriftin unb Biala ftd) jur Errichtung einer Utjrenfabrif oerpflid)teten. gür bie sBerf3euge ber Arbeiter hatte bie ©efellfdjaft, für jene ber Lehrlinge bie £>errfd)aft mit je 3 fiouiäbor aufjufommen. Bei beginn be§ ©efd)äfte3 unb für jebe§ ber fommenben fünf 3ahre mußte erftere 20 Hnaben unb 4 9Wäbd)en im Alter oon minbeftenS 12 fahren au3 bem ^öaifenhaufe für eine iedjsjäbrige Seh^cit aufnehmen, für bereu ftoft unb Slleibung ba§ ©aifenhauS ju forgen fyatte.

AlSbalb rechnete man au§, roie gut e3 nad) fed)3jähriger Lehrzeit jebeS $Baifenfinb ^aben mürbe, roie e$ im 20. Lebens- jahre fdjon ber SDiutteranftalt bie drjiefutngefoften zurücfbezahlt haben unb nunmehr felbft in ber Sage fei, ftd) einen eigenen $au3ftanb 311 grünben. $)a§ Etabliffement befchäftigte fogleid) 30 ^erfonen unb nahm einen erfreulichen Sortgang.

3nbeffen ließ Autran feine s$rojefte nicht ruhen, ber erfte Heine (Erfolg f>atte ihn mutig gemadjt. 3n $hun lernte er eine ©efeüfchaft englifcher unb franjöftfcher Arbeiter fennen, bie bort unter ber fieitung eiueS geroiffen ^reponnier, auf Rechnung oon ferner Unternehmern, einen 9Jfobeartifel jener Qeit, nämlid) englifche Stahlroaren fabrizierte, jebod) toillenS roar, bie ©chroeij ju oerlaffen. 9Wit ber ihm eigenen ©eroanbbeit fudjte Autran in einer 70 Seiten ftarfen $enffd)rift nad)3uroeifen, roie notroenbig unb oieloerfprechenb eine Erweiterung ber Uhrenfabrifation auf Ouroelierarbeiten, Bijouterie unb Cuincaillerie (feine Stahlroaren) fei. $ur Ausführung biefeS planes, auf ben man nod) freubiger einging roie auf ben erften, oerlangte er bie Summe oon 30 000 ©Ib., bie benn auch mit |>ilfe oon 100 Aftiett ä 300 @lb. aufgebracht rourben. $ie Aftiengefellfd)aft rourbe auf 12 3af)re prioilegiert. Wlit welch' fanguinifchen Hoffnungen man Dem Erfolg entgegenfah, 3eigt bie bieSbejüglidje ftunbgebung be§ siflarfgrafen, in welcher h*if& baß bie Aftionäre nach öen geringften Berechnungen

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210 ©ntftebuna unb (Sutroicflunfl bcr SBijoutetiefabtifatton.

innerhalb 12 fahren nid)t allein ifjr Kapital, fonbern ,,nod) met)r al§ bas doppelte" beSfelben jurütfertjalten mürben, ohne baß fie ftd) babei aud) nur bie geringfte sJMf)e ju geben brauchten. Srofcbem aber fcfjien est bem dürften angezeigt, bie ©arantie für bas Unternehmen ju tragen, umftänblicher Seife mürbe bas neue ©efdjäft mteber burd) einen s#rioilegienbrief geregelt. 3luf Anregung ber Warfgräfin gab ber Staat bie nötigen ©elber felbft her. Soweit wäre nun alles in Crbnung gewefeit, wenn nid)t bas £aupt bes neuen Unternehmens, s$reponnier, einen Strid) burd) bie sJfed)nung gemacht fyätte. $3alb ftellte fid) nämlid) heraus, b^B es ber ferner ©efellfd)aft fehr barum ju thun mar, bie gänjlid) jud)tlofe, oerfdjulbete gabrif losjuwerben unb nur auf jemanben gewartet batte, ber bie $orfd)üffe ber Arbeiter übernähme unb ihre 3duilben bezahle. $)a man ^reponnier mit bem gleidjen Vertrauen beehrte, mie 9lutran, fo mar man in Karlsruhe fchnell genug aucl) baju bereit unb jahlte 800 Souisbor. $er faubere s}keponnier aber entpuppte ftd) balb genug als Sd)winbler, ber aud) uou bem ganjen ©efdjäfte nichts oerftanb, unb mit einem '4>orfd)uf$ oon 27 ftmtSbor« oerbuftete. (Sitten billigen Sroft fanb man barin, bajj es ein wahre« ©lücf gewefen, ben nichtsnutzigen 9ttenfd)en auf fo einfache Seife los geroorben 511 fein.

$as neu angeworbene 9lrbeitsperfonal be*ftanb aus K> (Sbe- männern unb ihren grauen, 11 lebigen 9Jcatttts= unb 4 3Beib& perfonen uebft 12 ftinbern. @s waren größtenteils fel)r gefd)irfte Seute ; aber bie jarte iHütffid)tuahme erfüllte fie mit einem unglaublichen Hüntel. Xie ohnehin fct)ou lare 3ud)t bes Saifett* haufes jerfiel gänjlid), feitbem bie Zöglinge einzelnen Stabinet* meiftern 5ugeteilt waren, unb bie weibliche Abteilung ber 3inftalt würbe unter bem (Sinflup ber leichtfertigen Jyranjofen eine örnt« ftätte ber Unftttlidjfeit. ©eheimrat ;Keiuharb befragt namentlich aud) „ben föleiberpracht" bcr Seiber unb bie Uuoerträglid)teit ber neuen 9lnfömmlinge. 3)ie üöhue waren felbft für unfere heutigen *öerf)ältniffe recht aufebnlidje. £>ie Arbeiter würben nach bem Stürf befahlt. ©iner ftellt ftd) mit feiner Stau monatlich auf 88 ©ulben, anbete auf 56, 44, 33 ©ulben, eine ffoliffeufe allerbingS nur auf 5 ©Ib. 30 ilrj. Zxoit, aller sJJci&heÜigfeiten hegte man bie fd)önften Hoffnungen, Steinhart namentlich jeigte ftd) tymu unoerwüftlid). „©ettf nährt burd) feine Uhrmachcrei 20C00, (Sngtanb burd) feine Stahlarbeiten 40 000 Weufdjen, warum fann es $3aben nid)t aucl) foweit bringen?" meinte er. (£s war ein Xtaum, ber fid) allerbings bewahrheitete, aber evft in einer fpäteren 3eit.

Slutran uerfiel jetjt auf bie neue 3bee, bie üuincaillerie mit ber oerwanbten Bijouterie ju oerbinben. 5luf einer feiner

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®ntftef)una unb ©ntraicflunö bet 93ijouteriefabritation. 211

oielen ©efdmftsreifen hatte er einen jungen Kaufmann namens Hbor fennen gelernt unb benfelben bewogen, bie Bud)t)alterftelle bev ^forjbeimer @efeüfd)aft anzunehmen." Hus bev ©rmerbung biefev ftraft erwuchs ber jungen 3nbuftvie großer £egen. Hbor nun- »on perfimft ein (£ngläiiber, uon einer fianjöftfdjen SOhittev in bev 3d)raeis geboren unb hatte als ßaloinift große Berbinbungen mit (Glaubend« unb ©efdjäftsgenoffen, namentlich nad) Rußlanb. Hbor uor allen mar es, burd) welchen bie "^for^eiiner Bijouterie- Jyabrifation oon uornherein ihren internationalen (£barafter empfing, ber heute ibr i'ebenSprinjiu ift.

siBieberum fanb Hutrans Borfdjlag bell Beifall unb bie roännfte ilnterftütjung ber 9Jcarfgräfin ; 'mau glaubte, baß ber urfnrünglid) beftimmte Borfdjuß uon 40 000 (Bulben binreidjen werbe, bas ©efebäft in flotten (Sang jii bringen. Huf einiger« maßen foliberer (Srunblage hätte bies aud) wohl zutreffen fönneu. Daß eine foldje aber nidjt gegeben mar, ift nad) beut ©efagteu Kar. Daju tarnen uod) bie ftänbigen Reibereien jwifcheu ben beibeu Leitern unb ben Arbeitern unter ftd). Kutratl mar ein febr ^errfd)füd)tiger SRann, währenb Hbor bei all feiner geiftiqeu unb fadmtännifcheit Uebertegenheit ftets fd)üd)tern mar unb jenem gegenüber in uumürbiger si(bt)ängigfeit ftanb. (£briftin galt als gefegter, ehrlicher 9flann, bem nur sunt Borwurf gemadjt mürbe, baß er burd) feine Befd)äftigungeu mit med)anifd)eu Liebhabereien feine eigentlidje Arbeit, bie Ubrmadjerei, uernad)läfftgte. Bon Biala mirb gefagt, baß er mit einem guten ^er^en großen ftleiß uerbinbe, aber bei feiner 3"aenb uod) $u unerfahren fei,

Hin 28. 3uui 1768 mürbe mit guftimmung bes 9Kavf-- grafeu bie ftabrif geteilt, in ber $Beife, baß Hutran unb Hbor bie Cuiucaillerie übernahmen unb als Öntfdjäbigung 4466 ©ib. 40 Str. an C£t) vi ftin unb Biala entrid)teteu, währenb letztere bie Utjren-, Bijouterien unb Ouwetenfabrit fortführte. 3nbeffen behielten ftd) auch ^tttran unb Hbor baS Red)t uor, biefe Hrtifel meiter ju führen. Die (#efd)äftstrcnnung mad)te einen Reubau am Ärifenhaufe erforberlid). Jyür bie ßhrifhmBiala'fdie Jyabrif mürbe oon Reinbavb eine eigene Jabriforbnung entmorfeu. Beibe Jabrifen gaben gebruef te #irf ulare heraus, morin fie ihre SBaren aufzählten unb anyriefen. Rad) ben Berichten bes (Sebeimrats Reinharb mar bie Trennung ber ©efdjäfte für beibe Xeile oon großem Rutjen. Hlles fanb er „in Ruhe, triebe flwter Crbnung". Bei (£liriftin unb Biala madjte bie Uhrmadjerei gute Jortfdjritt. Die 3ouaillerie aber gaben fie auf, bas es ihnen mahrfd)einlid) am nötigen ©efdjict fehlte. Bei Ütutran unb Hbor t>atte bie Uhrmacherei meniger Erfolg; fie befdjäftigte außer einem halben Dutyenb Lehrlinge nur 4—5 Arbeiter. Bcffer gings mit ber Ouincaillerie unb Bijouterie, bereu Hrtifel

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212 (Entftebuna unb (gntroicttuna bcr SJiiouteriefabritation.

bebeutenben Slbfafc fanbcn. 93efonbere§ 2ob wirb ber Süchtigfeit unb SBohlanftänbigfeit ber englifdjen Arbeiter gesollt, oon bencn fid) einige in «Pforjfjeim oerheirateten. $en bei ßhnftin unb 3Mala befd)äftigten Jranjofen aber unb ben melfdjen Schweibern wirb nachgejagt, baß fte leichtfertige 2ttenfchen waren, oiel fpajieren gingen unb ben SBaifenfinbern ein böfes SBeifpiel gaben.

3m sSfla\ 1770 würbe mit fürftl. ©enefjmigung ein Vertrag abgefchl offen, laut beffen Slutran unb 5lbor ihre gefamte Uhr* macherei mit allen Arbeitern, SBarenoorräten, 3Berfjeugen, furj mit allen $lftioen unb sJ$afftoen um bie Summe oon 5000 ©Ib. an (Efjriftin unb Viala abtraten. 93eibe 3-abx*ifen beschäftigten bamals über 100 ^erfonen. 3m folgenben 3ah*e Ahlten fte insgesamt 274 vJ$erfonen, grauen uno Hinber eingeregnet, wouon auf e^riftin unb «iala 142, auf Slntvan unb 3lbor 132 famen.

93ei legerem festen um biefe 3eit alle« „in befter Crbnung" ju fein, nac^ htm was SHeinharb 1770 berichtete. „$ie (£orrefponbenj jeigt, baß man mit ben SÖaren -greifen febr aufrieben ift, inbem immer neue SBefteüungen erfolgen. $ie im Sanbe gezogenen Arbeiter, iooju man allerhanb oerborbene |>anbwerfsleute nimmt, formieren ftri) fet)r wof)t unb bie Sehr* (inge aus bem 2Baifenbaus unb ber Stabt nehmen über alle Hoffnung tu, bergeftalt, baß man in turpem uiele ©nglänber wirb entlaffen fönnen, menn fie nicht bleiben wollen. $ie ©elber oon ben föunben gehen orbentlich ein, bie 23orfd)üffe, fo an bie Arbeiter gejdjehen, oerminbern fich täglich, unb man h«t ittcf)t mehr nötig, ihnen neue $u machen."

Slutran, ausgelüftet mit uielen Mitteln, unternahm nad) roie oor große Steifen unb erhielt auch wertoolle Stellungen, fo baß wieberum eine Vergrößerung ber gabrtf nötig erfdnen. 9lus Staatsmitteln erhielt bie Jirma einen abermaligen $ufd)uß oon 10000 (Bulben unb bie Husficht auf weitere Summen, fowie einen ftrebit oon 1000 Öouisbor bei bem SBanfier Jranf in Strasburg.

s3lud) im folgenben 3ahl'e noch beftanb bie Stablfabrif „in Segen" unb nahm täglich $u, „weil fte", mie ber Bericht fagt, „immer neue, fdjöne unb wohlfeilere SBtatfti liefert, weil fie mit SBorftcht, Klugheit unb Orbnung ihre ^anblung führt, jebermann mit 2Baren unb greifen aufrieben ift, bie Sehrlinge täglid) beffer werben, bie Arbeiter fich w«f)r oerfeftionieren, fleißig arbeiten, ihre Schulben befahlen, ja lumtttl fd)ou oorjufparen anfangen."

3n Karlsruhe muß bie greube an fold) fchönen (Erfolgen feine geringe gewefen fein, wie aus ben freigebigen ^ufchüffen, offenen unb noch me&r geheimen ju erfennen tft. 9ftan war aufrieben, ju oernehmen, baß im 3ahrc 1771 für 25 000 ©Ib. ©olb oerarbeitet würbe, baß man an ben oerfauften ©olbwaren

©ntftebuna unb ®ntroicflunfl ber «iiouteriefabrtfation. 213

10000 ©Ib. reinen ©eroinn gehabt, greilid) erfuhr man nicht, baft für 3 Qabre Vorräte, bie bnrd) oeraltete 5a<?on unoerfäuflid) geroorben roaren, nod) auf Säger feien. 9Jkn mar ftotj auf bie ftattlidje Arbeiter^ahl unb ertrug eS gleichmütig, bafj biefelben faft alle oon SBorfdjüffen lebten, suroeilen aud) ein fleineS Komplott fdjmtebeten ä la ^ßreponnier, um mit ben $orfd)üffen ju oerbuften. 3mifd)en ben beutfdjen unb franjöfifd)en Arbeitern fam eS ju mieberholten ärgerlichen ^roiftigfeiten roegen ber SBeoorjugung letzterer. Wit ©ebulb unb ©üte fud)te man fte &u fdjlidjten. Allerhanb nieblidje <5d)mucffad)en, emaillierte $ofen :c., bie als ©efdjenfe für bochgefteüte ^erfonen geeignet roaren, mürben nach Karlsruhe gefd)icft. ©rofce 93erounberung sollte man aud) ber uon Abor in fd)önfter £anbfd)rift geübten, bamalS noch neuen ftunft ber boppelten ^Buchführung. Namentlich aber erregte „bie fcfjöne Orbnung ber Arbeitsteilung" baS allerböd)fte 2ob.

Vielleicht hätte bie Sttiferoirtfcfyaft nod) einige Qabre roeiter florieren tonnen, menn nicht bie beiben Unternehmer, Autran unb Abou, berfelben felbft ein jäbeS ©nbe bereitet hätten. 3m Qafjre 1775 fanbten fie eine 3)enffd)rift ein, bie auf einen ganj anberS geftimmten %o\\ lautete, als bie früheren, 9Jid)t aufrieben mit bem ihnen jugeroiefenen Söroenanteil am ©eroinn, oerlangten bie beiben benfelben ganj für fid), nneingebenf ber Opfer, meiere ber Staat unb baS 3'ürftenbauS ihrem Unternehmen gebracht fyattt. $a man nid)t fofort geroiüt mar, auf baS rücfftd)tSlofe begehren einzugeben, fünbigten bie Herren t'urjroeg ben Stontraft unb legten ber iHegierung eine Abrechnung oor, in ber fte biefelbe für nicht meniger als 50 000 ©Ib. }ti ihren ©unften oerbinblich $u machen Juchten. $er fonft fo gutmütige unb menfd)enfreunb= lid)e Söiarfgraf aber oerftanb bie Sadje bieSntal anberS unb erf lärte bie beiben (SntrepreneurS furj roeg für oerhaftet. 25ie famofe Rechnung aber lieg er oon fluoerläfftger oeite auf ihren SBert prüfen, mobei fief) berauSftellte, bafc er ihnen nicht nur nichts idjulbig, fonbem, ba& £err Autran oielmehr im Saufe ber 3af)re gegen 15 000 ©Ib. für feine $ebürfniffe ber gabriftaffe roiberrechtiid) entnommen hatte. 2)amit mar ber fo lange oorgehaltene ange* nehme ©djleier gelüftet unb bie s3Jlifjroirtfchaft in ihrer ganzen 3errüttung offenfunbig gemad)t.

Autran mußte einen 9teoerS unterfchreiben unb fid) eiblich Sur allmählichen Abzahlung feiner Schulb oerpflid)ten. @r oer- fchmanb barauf nach Sranfreirf), ohne natürlich bavan ju benfen, je einen Pfennig ju fahlen. Vielleicht bat man in Karlsruhe oon oornherein auch nicht barauf gehofft unb fudjte benfelben auf biefem 3Bege grünblich loS $u roerben. 3öie fid) bie ©efdjicfe manchmal roenben: 2)er dntrepreneur Autran fam roirflid) nod) einmal im 3>af)re 1798, freilief) nicht mehr als Sijouteriefabrifant,

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214 (Sntftcbuna unb (Snttuicflung bcr SJüoutetiefabtifation.

fonbern als Slrtegsfommiffär bes franflöfifcfjen föeuolutionsbeere*. Hub bic Üh'finbe, meldje er biesmal für feine Jorberuugeu geltenb madjte, muffen fet>v einleudjtenb gemefeu fein, benn eu fd)lug nod) bare 40000 grauten beraue.

Die JJabril n>arb jettf auf bcrrfdjaftlidje Littel übernommen ; jum Direftor muvbe SRedjnungsrat ^ägerfdjmieb gefegt, bem eine ©efd)äft§fommijfion jur Seite ftaub. Diefe erließ an alle befreunbete Öefd)äfts4)äufer ^hfulare, morin bie neue ^Beübung ber Dinge angezeigt mürbe. „'Bei bev i'iquibation ber Jfabrif nerfutjr man im ©egenfatt fvüber fo raub, baß bie ©efabr nafye lag, bie mit fo oielen Cofern faum gepflantfe ^nbuftrie ganj ju äerftören. £ausfud)ungeu unb Berfjaftungen brauten bie Arbeiter, meldje in ber allgemeinen Unorbuung flott barauf lo§ gelebt fjatten, beinahe JUt Berjmeifluug. ftein einiger märe gebli.ben, wenn fie nid)t bie Sdjulben unb bie entfprecbenbe s3lufftd)t gehalten f>attc Das bebeutenbe Kapital, meines in ba3 ©efd)äft gefteeft morben mar, fd)ien oerloren, bie Stabt be* reid)lid)en iöerbienfteS, ben ifjr bie Runben gcbiadjt, beraubt. (£s mar flar: Die Qubuftvie mußte erbalten bleiben unb jugleid) auf gefunbere (Srunblagen geftellt merben. (£s mar ftarl ^riebvid) feine§megs barum 511 tfnm, bie 3abrif bauernb in berrfdjaftlidjem Befitje $u miffen. Gr füt)lte oielmebr eine gemiffe ©enugtbuung über ben Qufammenbrud) bes Unternebmcus , ber feine alte Abneigung gegen Staatsfabrifen mieber einmal grünblid) red)t- fertigte. s)Jla\\ mar besfyatb frob, al£ fid) 1778 ein Käufer für bie Jabrif fanb unb jmar in ber ^erfon 91 b 0 r s felbft, ber bisher interimiftifd) bie ©efdjäfte leitete. (St befdjränfte ftd) fortan auf Bijouterie; benn mit bcr 3tablmare fyatte man bod) menig ölücf gebabt. Tic nod) uorbanbeuen Quincaillerien behielt ber Staat für fid) unb fudjte fte um jeben sßrei3 los^u- fd)lagen. Bic ins neunjebnte ^abrbunbert berciu merben in ben Elften einige ßentner „abbauben gefommeuer Beftaubteile oon Stablbrofdjeu" gefudjt. Die ftauffumme, um meldje 9(bor bas ©efdjäft erftaub^ betrug 60 0:><) ©Ib., bie ifjm gegen Linien oorerft frebibiert mürben.

(Ss jeigte fid), melcbcr Sporn bie Selbftoermaltung ift. Die Jabrif blübte auf unb balb fonntc 9lbor feinen s-8orfd)uß bejablen. $Bte febr ber 9ftarfgraf feine Berbieufte 511 fd)ä^en mußte, bemeift ber ibm üerliebeue Xitel eines ftommerjienrates. 2ftau fudjte bas (Sutfteben meitcrer ©efdjäfte )U begünftigen unb ber ©emerbetbätigfeit eine immer größere s}lusbebuung 511 mx- fd)affcn. 2(u$ ben fjierber gezogenen Arbeitern ermudjs neben unb gegen bie ^ibor'fdje ^abrtf oon 1775 an ein befonberer Stamm fleinerer ftabrifanten. 9(us bem Sßatfentyaufe mareu bie $abinettmeifter in bie Stabt übergcfiebelt. Die tfjrer Seljrc

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©ntftebinifl unb (Sntroirftunct ber «iioutcriefabrtfattou. 215

anvertrauten SB a i f e n f i tt b e r brachten mit roeuig Äuf- nahmen 511 nid)t§ vettern, fo baß felbft bic Auslagen an ifjnen Dertoren gingen. Um nid)t3 ju verlieren, tjielt fiel) bie Verwaltung am Verbienft bev beffeven fd)ablo$, inbem fte benfelben unbillig lange ben 2ofm äurücfbefjielt. ©otbein bejeidjnet al§ einen bunfeln 9ß\x\\tt ber wonbeimer 3"ouftriegefd)ict)te bie nod) lange naa> mirfenbe ftarfe Neigung, mit ganj ober fjalbgefdjenften jugenb* ltdjen Arbeitern 511 roirtfdjaften , wof)l bie unerfreuliche Erinnerung an ben einfügen Urfpruug ber ^for^eimer 3ubuftrie ans bem UÖaifcnbaufe.

(Einmal in ifjren s13riuatmot)ttungen befd)äftigt, liegen ftd) bie ftabiuettmeifter nid)t mehr foutrollieren ; fte arbeiteten auf eigene .frnnb, was unb wie e* itjnen gefiel unb betrachteten bie Jyabrif nur mefjr als einen tftücffall für ben 5lbfat} ifyrer SBaren.

SBtr finben im Qafyct 1776 13 folrijer felbftänbigen ©efcfyäfte. $ie Flamen biefer frübefteu firmen ftnb : Sieraerg, 3nqne3 Wie. Jrumeau, s-fi>ill. $letf»f)er, Pierre £"2lrtique, ®g. dljaSmore, 3ob. 5r. ©erwig, $ciq. ftreb. s33eneoet, 3ofc. (Eonrab .jpofmann, SDan. $uguenin, %o\). ftalb, $ean Tottis (Neuner, Walice unb 8anbo,v ^m ^afyie 1777 war bie 3nf)l bereite auf 21 geftiegen.

Starl Jyriebrid) war eutfd)loffen, ben 3uftanb, wie er fid) berauSgebilbet, and) anjnerfennen. i>ie früheren ftabinettmeifter erhielten bie ftonjeffion felbftaubigev Unternehmer, wogegen fte auf Staatsunterftü^ung fernerhin fetuerlei 3lnfprud) mef)r Ratten. Um Slbor einigermaßen oor ber Uujimerläffigfeit feiner Arbeiter §ti fid)ern, wnrbe beftimmt, baß fid) feiner feiner fortan ai& tretenben Singefteliten innerhalb 3 ^atjren in ^forjbeim etablieren bürfe. s)lber bie teilte wußten ftd) ju Reifen. Sobalb fte fid) einigermaßen über bie ®efd)äft$fül)ruug orientiert Ijatten, gingen fie über bie (Trense nad) 2)ürrmen$ unb fabrizierten bort, bi§ bie brei ^atjre herum waren unb bie Iljore s^forjt)eims fid) it)iten wieber öffneten. 9Wan war alfo trot} ber ftonjefftonen bereite auf beut "©oben völliger ©emerbefreibeit angelangt unb wußte fid) aud) fd)neü barauf $ured)tjuftnben. 9lbor war ©efdjäftSmanu genug, fid) burd) bie neuen s-ßert)ältuiffe nid)t nur uid)t uieberbrürfeit 511 laffen, fonbern auf ©runb feiner weit* ausgebetjuten $efd)äftsuerbinbungen fie feinem 3pefulation3trieb ju *Diu^en $u madjen, inbem er bie fleineren Kabinette für fief) befd)äftigte unb feine eigene ^robuftion beut SJebarf entfpredjenb auSbebntc ober einfdjränfte. Den Vorteil bes GrportgefdjäftS aber fjatten aud) bie kleinen feljr balb uerfteben unb für fid) au^unu^en gelernt. 80 entfaltete fid) in $for^eim ein buntes Seben. 2lu8 aller .perren Räuber famen bie „(SutrepreneurS", oerfud)ten fid) eine Zeitlang, um bann eben fo rafd), aber meift (au$ guten ©rünben) weniger geräufdjooll als fie gekommen,

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210 (Sntftcbuna unb <£ntroicfluna ber Sijouteriefabrifation.

mieber oerfd)uitnben. 9ll§ ein vJlame von befonbers feinem ©efd)macf wirb ber 3d)weizer 2's)lrtique bezeichnet, ein ©raoeur unb als folcf)er ber erfie, ber in bie pforzheimer ^nbuftrie bie ftunfl eleganter Raffungen unb feiner ©rauüren eingeführt hat. 3ein Kabinett wirb als; bie £od)fd)ule beS ©efdjmacfes gepriefen, unb ba es ihm nidjt an Unternehmungsgeift fehlte unb er uamentltch güuftige ^erbinbungett nad) Jranfreich hatte, fo ftanb auf ihm bie .jpoffnung ber ^forzheimer SBijouterieinbuftrie, als $bor Pforzheim oerliefj, um ftd) in 3t. Petersburg nieberjuilaffen.*) (£s barf für bie Erhaltung unb gefuube Eutwicflung ber $for&« heimer Snbuftttc als ein ©lütf bejeidjnet werben, baf? ihre Anfänge auf fo ungefunber 33aft8 ftd) aufbaute. 2Bäre bas ©egenteil ber jaü gewefen, fo fönuten mir mit 93eftimmtheit fagen, baft fie gleid) allen fiSfalifd)en Unternehmungen jener Jage nur ein furjeö 5)afeiu hätte friften fönnen. „Ohrer Unorbnung haben mir bie Pflanzung einer großen Onbuftrie zu banfen. $ie Jrud)t mußte uerfaulen, bamit ber Samen feinten tonnte/'

fieiber oerbanb i''5lrtique mit feiner ©efd)icflid)feit nicht aus bas nötige Sfflaß von Klugheit unb 3elbftbefd)ränfuiig, bas feinem ©efd)äfte unb ber gefantten 3"fouftrie Ratten förberlid) fein fönnen. Sehnlich, roie 200 ^ahre juoor ftd) bie gefrönten |)äupter um bie 3ippe ber ©olbmadjer, jo beneibetett fie fid) bantals um bie ©olbarbeiter. ES ift eine für bas „heilige römifd)e sJteid) beutfdjer Nation" unb feine 3uftänbe wenig fd)tneid)elhafte ^lluftration, baß bie mehr als zahlreichen beutfd)en Surften ooll Dceib unb 3d)elfud)t eiuanber fojufagen jeben Groden oom sJJcunbe abzujagen fud)tcn. 3o beftrebte fich Württemberg eifrig, Pforzheim feine neue ^nbuftrie abfpenftig §u machen unb fie burd) Pforzheimer Arbeiter nad) „ber oerunglüefteften ber fünftlid)en beutfehen 3täbte, nad) £ubwigSburg", ju Riehen. 2'3lrtique follte zur Errichtung einer großen 3taatsfabrif gewonnen werben. Seiber lieft ftd) auf bringeube sHorftellung be$ Ober* amtS ber sJJcarfgraf 511m erftenmale bewegen, feinem ©runbfa^e entgegen |U t)anbe(n unb £'3lrtique einen namhaften Staats* zufcf)uß ^ttr Errichtung einer großen Jabril zu gewähren. 3)ie folgen blieben nicht aus. föoftfpielige "Sauten unb leid)tftnnige Spekulationen führten fchttell ben sJliebergang h^'bei, bem matt mit üeberprobuftiou glaubte oorbeugeu zu fönnen. $ie franzöftfehe tffeoolution aber machte bem Erportgefdiäft ein jäheS Enbe unb brachte für Pforzheim eine unheiloolle ftrifts. i'^rtique fallierte 1789 unb zog noch eine sJieihe bisher gut fituierter girmen mit in feinem Jall hinein. 3eine fpäteren Bemühungen hatten feinen Erfolg mehr; er zog oon Pforzheim weg unb oon feinem

•) trr ftarb bafelbft naa) toenigen ^a^ren.

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©ntftcbuna imb <£ntroiefluna bet $ijoutetiefabtifation. 217

ferneren Sdjicffal ift nichts weiter befannt geworben. Die ^Regierung fdjrieb biefen unerwarteten Stur* ber ©ewerbefreibeit *u unb befd)loß eine ftrengere .gmnbbabung ber Äonjefftonen. Die Anregung baju ging merfmürbigerweife uon ^for^eim felbft aus. Unter bem lähmenben (Sinbrucf ber legten Jtrifiö hatten ftd) bie weiften Jranjofen*) aus Nßforftheim entfernt, Die aurücf* gebliebenen anfehnlidjen firmen fdjloffen fid) größeren beutfdjen öefdjäften an, unb felbft aus beu alten $löfferfamilien, bie mißtrauifd) auf bie neuen Emporfömmlinae geblicft, gingen einzelne, fo j. 53. bie Jamilie SHefmle, jur Bijouterie über unb rid)teten alsbalb einen ausgebehnten ©roßbetrieb ein.

$atte bie Qnbuftrie bisher unter einer für bie $eit aüju locferen Sreijügigfeit unb ©emerbefretheit ju (eiben gehabt fo mad)te fid) nunmehr ber sJtad)teil ber ftefjrfeite bemerfbar. Die wenigen großen Firmen**) waren entfd)(offen, feine fleinen öeute mehr auffommen *u laffcn, bie uad) ihrer Meinung bas ©efdjäft uerbürben unb ^for^eim um feinen guten ftllf brächten. wieberholten Denffchrifteu behaupteten fte, es fei jur SÖahruug bes 5lrebits bei einem fold) foftbareu ©ewerbc ein bebeutenbes Anlagefapital nötig, beuten, bie nur etwa gute Arbeiter, nid)t aber aud) binreidjeub faufmännifd) gebilbet feien, müßte unbebingt bie Slonjeffton oerfagt bleiben. @S müffe ftd) hierfür jeber, ber ein eigenes Äabinett öffnen wolle, einer Prüfung unterziehen, bie mit ber Anfertigung eines sßrobeftücfes ju oerbinben fei. sJÖie unbillig unb wenig folgerichtig bies Verlangen war, hätte ben "Petenten bie Erinnerung au ihre eigene Qertunft aus bem Kaufmanns: unb Jlöfferftanb erfennen laffen müffen. Dem erften Seil ihres Verlangens fam man in Karlsruhe prompt entgegen, inbem feine weiteren ©ewerbefdjeine ausgegeben würben. So war oor lauter Solibität bie sßforjheimer Onbuftrie nahe baran, budjftäblid) auf beu AuSfterbeetat gefegt ju fein. Dem unhaltbaren $uftaub mad)te Cberoogt Baumgartner, ber ftd) aud) fonft als ein hodjbegabter Bermaltungsbeamter erwies, ein Gnbe. Den eigenartigen (tharafter bes ^nbuftrieflweiges erfennenb, wanbte er fid) mit Energie unb ©efdjicf gegen bie monopoliftifdjen Beftrebungen ber wenigen ^abrifanten unb wies mit Bepg auf ben s$rüfungs$wang flar nad), baß bie Unternehmer &unäd)ft Staufleute feien, bie wohl jebe uorfoinmenbe Arbeit gu beurteilen, jebem Arbeiter feine rechte Stelle au^uweifen oerftehen müßten, im übrigen jebod) feine eingehenberen Jadjfenntniffe im ©olb* fchmiebehanbwerf nötig hätten.

•) $ie (jmUänber waren ia)on früher beim Aufhören ber ctafjlnxiren; inbuftrie forta,cjoa.en.

**) Äiefytle, Moroni« unb SKenabcne, «ujnrbjunb (Sie., Saurittel, üuguenin unb Sttr^aur., Jrumecmr,, fleinbolb, £cd)ampft ic.

21s ©ntftcmtna unb ©ntroidlunci bft SJijoulertefabtitation.

Ter Bijouterieiubuftrie ;iunftid)ranfen aufzuerlegen wäre gleid)btbeutenb mit fidlerem Muht berfelben, mie jeber Jyabrifation überhaupt. (Sin eigeutlid)es Wolbfdjmiebehanbmerf gebe es nidtt bei ber ausgebehnteu Arbeitsteilung, foubern nur einzelne fünfte, bie be* Wraoenrs, bes WuillodKitrs, (Smailleurs, ber '{toliffeuje, bie erft in ihrem ^ufammeumirfeu ein Wanjes ausmachten. Baumgartner mies überjeugenb muh, mie tböridjt bas Verlangen ber Bittfteller mar unb $u meld)eu ttonfequeujen es führen mußte, mollte mau bie ^uuft^^rüfung folgerichtig burd)fübrett. B$o füllte man bamit aufhören ? oollteu etma aud) bie .£>ilfs gefdjäfte fid) einer Prüfung unterziehen ? Cber feilte am Gube gar aud) noch ber Wefdnnart geprüft werben, ber bori) am (rnbc ebettfo mistig fei mie bie meebanifebe Aertigfett? sW\t rüdfidits lofer (fntfehiebeubeit enthüllte er bie eigentlid)eu Bemeggrünbe ber Bittfteller: „^ladibem fid) jet;>t ein gebiegener Arbeiterftanb herangebitbet unb fid) in bemfelben Talent unb t'uft sux felbftänbigeu Wefdmftsführung feinen, gilt es, bieielben mit allen Mitteln $urücfzubalteu. Aber ^tm Äujfommen oon Jvabrifen wirb es bauptfäcblid) gereichen, wenn jeber Arbeiter aud) Hoffnung hat, fid) feineu eigenen -öerb zu errichten unb für fiel) ielbft in arbeiten, wohingegen es ihn miumutig machen unb nieberfchlageu muH, wenn er bie Hoffnung hierzu aufzugeben genötigt ift."

(is war oorauszuieben, baf? bei ber Cppofitionslufl unb ;läbigfeit ber ^forzbeimer an ein Nachgeben ber ^abritanteu fo idjuell nid)t yi beuten war. 3ie empfauben es als etwas Unge heuerlid)es, ihr Auteben (Sntwürbigenbes, baf? felbft s.Waler, ja fogar ein Kuhhirt fiel) als Bijoutiers etablierten unb antworteten auf Baumgärtners Beifügungen mit offener BMberfet^lidifeit : fie brohten mit Wegzug unb machten allerhanb büftere Anipieluugen, wohin es mit ber neuen ^irtfehaft noch fommen werbe, u. a. bie fehr naive, baf? bas Cberamt eine Art franzöfiidier Revolution in Bunzheim beraufbeidjwören werbe. Aber ber oou ber Wüte feiner ^annahmen überzeugte Beamte führte unbefümmert barnm bie volle Weiverbefreibett burd).

2eiuem fcharfen Blide mar es tiar geworben, baf; es in feinem anbern vvsubuftnezu>eig, io wie in biefem, bem Arbeiter mbglidi vi, fid) ielbuänbig zu madten, fofern er nur mit bem erunberluhen Mum't unb \>anbelsgekbirf begabt ifi, ba ja ber foübare 3totf leinen abioluten Boen immer behalt unb ben Xunttmen nur burd) bas Weicbirf bes Arbeiters empfängt. 3ogar einem liebe, ben nieinaub mehr tu Stellung nehmen wollte, gab er bie (Erlaubnis, auf eigene Rechnung zu arbeiten „Ter Statut toll zeigen, ob er »ich rod) ehrlidi ernähren faun", tagte er.

cdiou im Berlau'e zweier x\nlne hatte ber warfere Beamte bie (^euugthuung, bie Bortreffltditeit fetner Wrunbfä^e erprobt

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®ntftebuttfl imb (Sntwicfluna ber iBüoutcriefabrtfation. 219

$ti feben. ©ic flug er. babei gu vBerfe ging, geigen feine eigenen ©orte in einem Beridjt an ben 9Jlarfgrafen im ^abre 1800: „^uerft gemann id) ben Stabtiüt nnb bie Bürgerfdjaft für bie Sad)e, bann and) mehrere Jvabvifauten, elftere bnrd) grünblidje Belehrung nun ber beoorftebenben (Gefahr, letztere bnrd) s}(ureisung ihres» (Ehrgefühl*, nnb oon bem Starrfinn ber übrigen mar nun mof)l nid)t mel)r nie! |U befürdjteu, ba Gm. Durcblaudjt mid) auf bas Befte unterftütjteit nnb fie bnrd) nad)brürflid^e 53er» fügungen auredjtmiefen."

„®s mar", faßt ©otbein, „als ob eine lange gefeffelte Straft fid) auf einmal nad) allen Seiten ausbeizen töime." Ridjt nur bie 3In^at)l ber Kabinette, fouberu aud) ihre Bebeutung oermebrte fid) jufebenbs. $as (Sntfteben neuer ©eicbäfte mürbe felbft mit berrfcbaftlidjen Borfdjüffen unterfingt. Scnon 1798 mar bie 3<tf)I ber ftabrifen neu 11 auf 2C> angemadjfen. Xrot^ ber fran^öfifdjen ^iwafion im ^al)re 1796, trofc ber Erhöhung bes 3'n*fufics oon 5 auf <> vJJro$eut, fam bie ;\nbuftrie in Blüte.- Tie 9lrbeiterfd)aft wählte 179K insgefamt 221 flöpfe. $er $Bod)enlobn eines Arbeiters betrug |tt>tfd>eii 8 unb 30 (Bulben, mäbrenb ein ©ollfpiuner faum 2 (Bulben oerbiente. sJlebeu bie große fticbnle'fdje Jyabrif traten mehrere oon gleidjem Umfange, fo bie Dcnnig'fdje. $ie (#efd)äfte gingen fo gut, baß bie Jymna fliebnle unb Bobuenberger, als fie nad) fed)sjäbriger 2 hat ig feit im ^ahre 1709 fid) in poet getrennte ©efdjcifte teilte, einen Reingewinn oon 2 00000 Ghilben nadj- weifeu fonnte.

3m ^abre 1800 gab es, Uhrenmadjer unb ielbftänbige £ilfsgefd)äfte eingeredjnet, bereits 78 ©etriebe mit 789 Arbeitern, »mei x^ahre barauf maren es fd)on über 1000 Arbeiter. Die Einnahmen aus ben Berbraucbsfteuern hielten bamit gleidjen Stritt ; fie oermehrten fid) um bas boppelte, ber ftd)erfte Bemeis für ben pnehmenbeu ©oblftanb. Xie 3»haber ber 2<> Bijouterien fabrifen im ^ab1'* 1800 maren:

(Ravens (früher 3lbor), Bujarb unb Gie. (feit 1787), ßönig, $ed)amps, Gaffanooa, Baurittel (feit 1791), .frepp, SQBürft unb (£ie., ^afobi, sJJiad)elet (feit 1795), .ftuguenin, Bauer, ftiehnle unb (£ie (feit 1799), Rbeinbolbt, öltnb, sJRet$ger, ©ülid) (feit 1798), Urbain, Schober, l'ang, Gtollin, Jyroiuajer, ^iebolbt, Bobuenberger (feit 1799), Tennigneit 1800), Waler.

innerhalb fedjs fahren ber Baumaärtner'fd)eu 98ermaltung fam fein Banferott uor; jwar tyatt? ber franjöfifdje ftrieg bie beiben .£>auptmärfte , Jyraufreid) unb .ftollanb, oorübergehenb gefd)loffen unb große Hamburger Falliments flogen einige ber heroorragenbften s£forjbeimer firmen fchmer in Witleibenfchaft.*)

•) £tn £>au* uerlor 20000, etit anberea 11 000, ein brüte* 6000 SM. «lanco.

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220 ©utftehuna imb Sntrotcfluufl ber «ij outer iefabritation.

^tber in bcr lujruriöfen ^eit bcs Direftoriums mar granfreid) alsbalb mieber bei* Hauptabnehmer geworben. Wlan hatte jur '<8aumgärtner'fd)en s43ermalfung ein fold) unbebingtes Vertrauen gewonnen, baß man ftd) burd) einige Söanferotte, bie etwa eintreten fonnten, nid)t irre machen (äffen rooüte an feinen ©ntnbfätjen unb feine Meinung refpeftierte, baß ein Mißtrauen gegen bie fleinereu Kabinette fchäblid) unb ungerecht märe, „benn ohne baß oorber Heinere Kabinette geroefen finb, merben mir nur feiten große befoinmen."

sJHäd)tig hob fid) in jenen $agen ba* Selbftbemußtfein ber ^forjbeimer, bie in bered)tigtem oto^e ihre ©tabt „ßleitu ©enf" nannten. 3öas fte auszeichnete, mar neben ber ted)nifd)en ©efd)icflid)feit ihrer Arbeiter ber |>anbel$geift, ber meite unb fidjere ^ölicf in ©efd)äftsfad)en, bem allerbings bie ©emerbefreibett erft freie $3abn mad)te. Someit bie fleineren Kabinette nidjt für größere ©ejcbäfte arbeiteten, fanben fie für ihre $Bareu bei . ben jnhlreidjen fübbeutfehen 'öijouteriebänbteru Abfatj, bie oon 3dt 511 3«it s^forjheim befud)ten. Alljährlich famen bie felb= ftänbigen iBijoutiers auf bie Srauffurter ÜUceffe, bie fchon be^tjalb einen SJcittelpunft bes bcutfd)en .£>anbel* bilbete, meil hier bie größeren Zahlungen ausgeglidjen mürben, i>ie infolge beS fortfd)reitenben 9)(afd)inenwefens in ungeahnter 3Beife ftd) herauf bilbenbe Sftaffenprobuftiou oerlaugte naturgemäß aud) einen größeren unb rafd)eren Abfat}. Aus biefem ^ebürfnis heraus entftanb, junächft oon (Snglanb ausgebenb, ber (#efd)äftsbetrieb mit .fuinblungsreifenben, ben fid) bie s#forjbeimet halb ju eigen machten. „£atte ber Gntglänber bei bem mohloerbienteu Stuf ber Solibität ben Vorteil für fid) überall i'anbsleute anzutreffen, fo ftanb bem Deutzen ber auf bie Dauer uod) mid)tigere jur 3eite, baß er fid) in jebe s-tfolfSart leidjt eingemöbut, jebe frembe 8prad)e fid)er beherrfd)t unb toas für ben Bijoutier bas 2öid)tigfte ift jeben noch feltfamen ©efdjmacf vafd) auffaßt menn er aud) innerlich barüber fpotten mag.

.jpatten bie Steffen unb OTärftc ihre s33ebeutung für bie ©roßinbuftrie mehr unb mehr oertoren, fo mußte s$forjhcint burd) biefe feine neue Crganifation ftd) trotjbem auf ber |)öbe §u halten. Sogar bie franjöfifche tHeoolution oerftanb es §u feinem Vorteil Mi benähen, inbem es bie Abfat^gebiete ber bisher bie ^ijouterieinbuftrte beherrfd)enbe 8d)toei$ einnahm, beren (Einfluß buvd) bie SReoolutionsfriege oerntebtet mar. Seip^ig unb Hamburg, jtoei otü^puufte bes englifd)en £anbels, mürben für $forjheim je^t bie i>auptplä£e, Mußlanb, Dänemarf unb 6d)toeben bie Abnehmer. Selbft nad) (Snglanb oerfd)icfte es feine Artifel, bie bann auf biefem Untmeg aUerbings als „made in England4- ihren 2Beg weiter machten.

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©ntftebuna unb (Sntroicflunfl bet Süoutericfabrifation. 221

Sehen wir un§ um nad) bcm ©djicffal bcr Uhrenfabrifation, fo finben wir, bafj bicfclbc in bemfelben 9flafje jurücfging, als it)ic Schwefterinbuftrie erfreuliche Jortfd)ritte machte. (£t)riftin unb 93iata waren burd)au£ braue unb auuerläffige Seute, bergleid)en ihre fpäteren ©efeüfchafter. $ie in ber Sabril beschäftigten Lehrlinge bewiefen oiel ©efchicf, unb bod) wollte fein rechter ©eift in ba3 ©efd)äft fommen. 3unäd)ft faß bie Urfadje in einer jet)r mangelhaften Buchführung, fobann in ungenügenbem Abfat} unb enblid) im fehlen einer rationellen Arbeitsteilung, wie fic bie Bijouteriebranche unb bie Uhren* fabrifation im Qura muftergiltig cor Augen [teilte. 2)er flein* bürgerliche ©eift einer überlebten $eit haftete tt>r au, au bem alle Berfudje jum befferen fd)eitern mußten. 2)er iRechnungSrat 3ägerfd)mieb fagt in feinem Bericht oom 3at)re 1771 : fehlt biefer §abrif ber arbeitSoerftänbige 2)ireftor unb auf iHeifen unb Neffen ber erfahrene £anbel3maun". SJtit ben auSlänbifdjeu Berbinbungen uerfudjte man in ber SBeife, bafj Don Szxt §u ^eit einer ber Unternehmer mit ein paar Äiften uoll 2öareu nad) Amfterbam reifte; bei Verrechnung be3 ©eminnS unb ber ^Heifc= foftcn ging babei gewöhnlich Wull uon Sftufl auf.

3m £erbft 1770 hatte (Shriftin mieber eine ^Heife unb ^war nach "«o #oUanb angetreten unb für etma 12000 ©Ib.

SBaren mitgenommen. $a er Monate lang weber ©elb fd)icfte, noch fonft etu>a§ uon fid> hören liefe, gingen feinem Affocte s-8tala jule^t bie ÜUlittel au«, fo bog er einmal genötigt mar, feine eigenen filbernen Söffel Ml ueräußern, um Material $u Uhrengehäufen 511 erhalten. $)ie Arbeiter blieben ohne Sohn unb litten in jener $eit ber Steuerung bie bitterfte 9tot, ba man ihnen feine Lebensmittel mehr auf $rebit gab. 2)ie oorgefchoffene Summe betrug 1771 bereits 52 214 ©Ib. unb immer nod) follten neue Opfer gebrad)t werben.

sJBegeu be§ auf 25 000 ©Ib. berechneten BerlufteS unb be$ troftlofen ©chicffaU. bem bie Arbeiter anheimgegeben waren bei Aufhebung beS ©efdjäfteS, oerfud)te bie Regierung nod) einmal mit einer Unterftütjung. Aus ber 9Jh'in5e rourbe ber gabrif 18farätige$ ©olb 511' HO Uhrengehäufen überroiefen mit ber Bebingung, bog fic in Bälbe burd) Berfauf ber oorhanbenen Uhren in ben Staub gefegt fein müffe, fid) ohne weiteren Borfd)uj} felber 511 helfen, anbernfaüS müffe bie Aufhebung be§ ©efchäfts; erfolgen.

(Sin 3ahr war feit (£hriftinS Abwefenheit oerfloffen unb allerlei ©erüd)te gingen um, als ob er überhaupt nidjt wieber jurücfjuf ehren " geben fe. QaftU trug ein Brief bei, in bem er feinem 8d)wager Biala mitteilte, er hoffe fid) in Amfterbam ju etablieren/ wolle aber ba3 s?forjheimer ©efdjäft

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222 (gntftebuno unb (Sntroicflunß bet $iiouteriefabtifation.

junadjft nod) beibehalten, unb worin er um ^ufenbung ber 4Barenuorräte bat. 2)ie Sache frfjien ber Regierung berart oer* bärtig, baß fie ihren Vertreter in .£>aag beauftragte, auf (£briftinS siBaren s23efd)lag legen, ihn felbft aber uerhaften 511 laffen. 2)od) mar ber SBerbadjt uubegrünbet. (£briftin febrte jurücf, mußte fid) genügenb ju rechtfertigen unb f oU aud) „etwas Baroorrat" mitgebrad)* haben, womit wieber einige ^Bochen gewirtfdjaftet werben fonute. sJiad) oorbergegangenen ^wiftigfeiten $wifd)en ben beiben (£befS unb einer uou 3äg?vfd)mib uorgenommenen Unterfuchung, bie ein nieberfd)lagenbcS iHefultat in ben Sinanjen ergab, mürbe baS ®efd)äft 1772 getrennt unb alle* unter ben beiben Inhabern halbiert. Slber Gbriftin hatte tro^ günftiger tfonjunfturen, trotj ber (£rfinbung eines oielgerühmten (£d)appements fein (#lücf. 3m ^a\)t( 1774 ergab eine mieberbolte $efd)äftSprüfuug einen ^erluft uou insgefamt 21 53.-i (Slb. 19 Mr. Da* (#antuerfahreu mußte eingeleitet werben, mobei (Sbriftin felbft fein ganzes s-8er^ mögen uou ca. 2200 ©ib. oerlor. sMan gab ihm eine flehte (Sntfdjäbigung unb erlaubte ihm, fid) mit feinem trüber in Karlsruhe als „$>ofut)renmad)er" nieberjulaffen.

3o enbete bie eine ^forjheimer llbrenfabrif.

sl*ialas ($efd)äft machte aufänglid) gute Jovtfchritte, fo baß jid) bas uou ihm bei ber Trennung übernommene Defijit im 9Räq 1774 fd)on auf 1HH5 ©Ib. oerminbert hatte. s2lber ber nod) im felben 3«hre erfolgte lob bes 3nljaber« tvoj feine Sabril" fd)wer. ^"beffen führte feine s4ttitwe, eine fluge unb fleißige Jyrau, biefelbe unter Beihilfe eines tüd)tigen Buchhaltern weiter. 3>ie iKegierung that ihr ^DtöglidjfteS, bas ötabliffement über Gaffer ju halten ; aber eS ging troty aller aufgewanbten SRttyen unb Opfer ben unoermeiblicijeu ftrebsgaug. Die "Öehörbeu faljen baS mit einem gewiffen (Gleichmut. 3d)on 1781 hieß eS bei ihnen: „$Biv hoben übrigens ber Jabrif niemals mehr zugetraut, als waS fie beim bisher aud) geleiftet h«t, uämlid) baß fie ben ihr anuertrauten jyonbs erhalte (von S-Öerjinfung fah man ab), bie Untemehmer ernähre, immer 12-15 Lehrlinge unterrichte, eine gereifte s2lnj\abl Arbeiter befdjäftige unb bamit £>anbel unb s4öanbel in ^forjheim beförbern helfe." 9lber felbft biefe befdjeibenen sBünfd)e füllten balb oereitelt werben. Die fvansöfifrfje Oieoolution, reeldje bie odjweijer ©olbarbeiter fo fehr gefdjäbigt hatte, fpornte bie Uhrenmadjerei, ohne welche bie Beoölferung bes Oura fd)led)terbings nidjt beftehen tann, 511 oerjweifelten $lnftrengungen. Der überfeeifdje s2lbfa£, eine fo fid)ere Cuelle bes 4Uohlftanbes, baß man bisher ben binuenlänbifdjen fogar etwas uernadjläffigt hatte, war oernid)tet; fo mußte mau fliegen in (Europa jebe ftonhirrenj totjufdjlageu. j)er 9)iarft warb mit 8d)weijer Uhren jeber 3lrt überfdjwemmt ; bie greife würben

©ntftcbun« unb ©Htioicflunfl bct Biiouteriefabritatiou. 223

herabgebrücft. Unb al§ ooüenbS s3)cafchinenarbeit eingeführt mürbe, bie ben freist filbemet Xafd)enubren auf biet Ibaler herabbrücfte, würben bie ^foi^lieimev Uhrenmacher brotlos. Unb wieber war es bev geniale Cberoogt Baumgartner, bei* einen Ausweg fanb ftax felben ^{ctt war e$ ihm gelungen, bas tylöjjereiwefen bind) Aufhebung beeogenber ^unftfdjranien unb bie ©rünbung oon A ff ociatioueu wieber auf bie £>ot)e )U bringen. i'et)tere3 Littel foüte auch hiev feine 28iriuug tbun. Aber bie 3inan$fraft ber 32 Unternehmer, benen er auf bieje ^Beife bie 4Beiterfül>rung ber ^nbuftrie $ugebad)t hatte, war fo herunter* gefommen, bajj fie faum imftanbe waren, für lOOOü (Bulben Garantie aufzubringen. 3)as ^forzbeimer Kapital mav buvd) bie Ausdehnung bes .jpoljhanbels in Anfprwd) genommen, weshalb ber Cberoogt ftaatlidje £>ilfe münzte. Baben mar bamalS arm an reichen Nßrioatleuten unb an bie uon ihm oorgefd)tageue Errichtung oon kaufen tonnte ber unfid)evu ftriegsjeiten halber nicht gebad)t werben. sJiad) nieten sJJü'iheii erreichte bev tfjätige ÜJcann eine Beihilfe oon 5000 ©ulben unb leiftete auch fonft mit sJiat unb Ihat, maS nuv immer in feiner Straft ftanb. (Sr oeranlafrte bie fleinen «üfleifter für bie gabrif 51t arbeiten oermittelte bie Ber- binbungen mit dauern unb Ceftcrreich; er oevanlajjte bie Bijouteriebänbler, auch s}3forzbeimer Uhren in ftommtfjion |U nehmen unb beförberte, um bie oerfallenbe Xedmit 311 heben, bie £>erftellung guter, edjtgolbener Uhren.

Um bod) uod) ohne Staatsunterftütjung pl einem Uhren» comptoir zu fommen, bot fiel) uod) eine letzte (Gelegenheit. sJcad)bem mau fich uevgeblid) bemüht hatte, ein fdjmeizerifches Uhrencomptoir hierher 511 jiehen, oevanlajjte man bie jübifdje .^anbelSfirma £eui Bobenbeimer baju. Sie halte fich lange um bie fton$effion Zum betrieb einer Bijouteviefabvit" beworben unb oeriprad), ein Uhrencomptoir einzurichten, wenn fie jene erlange Aber Baum- gartner war bagegen. Schon bie Ausfid)t bajj ^u&cn in ben ftrei§ ber Jabvifation einbringen fönnten, hatte einen wahren Tumult unter gabrifanten, Arbeitern unb Bürgerfchaft hciüül'; gerufen. Sßet Oberoogt opferte hier feine fonft bewährten ^riujipien au? iHücf ficht auf bie öffentlich« Meinung. Seit 3cu)rhunberten hotten bie ^forzbeimer x)ubeu nur im Biebwudjer fich frei ergehen bürfen, unb baß fie feit furjem auch Äehridjt* unb £ombarbgefd)äfte eingerichtet, hatte ihre gefd)äftlid)C ^uoer= läffigfeit nid)t gerabc erhöht. Einmütig erflärten bie gabrifanten, burd) baS Einbringen ber Juben würben ihnen ebenfo bie greife wie Der Hrebit oerborben werben. Die Arbeiter ihrerfeitS beteuerten, bie ©efahr, baß ihnen bie Arbeitslöhne oerftümpelt würben, fei eine bringeube. Baumgärtner begrünbete fein Ber* halten mit ber Berufung auf ftaifer ^ofeph iL, ber gleichfalls

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224 (Jntftefmng mib (Sntroidluna ber «ijouteriefabrifation.

bem Drude ber öffentlid)en SReimmg habe weidp muffen. „$Bir aber", meint ©otbein, „werben heute fagen : bie oolle bürgerliche (Gleichberechtigung hätte bie Borausfetjung für bie gewerblidje fein müffen. Der 3ube mußte erft aus feinem amphibifdjen 3uftan.be heraustreten unb bie Suft politifcher Freiheit atmen, um aud) ju einer befferen ©efdjäftsmoral ju gelangen, unb bann mochte man es auf ben ^ufammenbalt aller foliben £eute anfommen (äffen, um ben (Gefahren einer Üloijaleu Ronfurrenj oor-utbeugen." Da? Uhrencomptoir blieb alfo ein ^rojeft.

$Öar aud) burd) alle fonftigen ÜUiafsregeln für ben 9lugenblirf geholfen, fo begann bas neue sJ)li($gefd)itf mit bem 4Bieber= auSbrud) bes Kriege? 1805. Unb als ber letjte ^uhuber beS ©efd)äftes, 9)cared)al, ber ©djwiegerfobn bes injroifd)en uer= ftorbeuen £ofmaun, gleichfalls baS Zeitliche fegnete, rourbe bie gabrif famt 3™>eutar oerfauft an einen bisherigen Arbeiter berfelben, namens Saft mir Dürr, um bie Bagatelle oon 5000 ©lb. Die barauf nod) laftenbeu @d)ulben oon 17 000 ©Ib. übernahm wieber bie £errfd)nft. Seit 1775 tjatte fie nicht weniger als 43 309 ©Ib. auf bie Uhrenfabrif oerwanbt. s2lus ben Kabinetts entftanben bie gewöhnlidjen iHeparaturwerfftätten ober ihre Inhaber gingen ju ben &ilfsgefd)äften ber Bijouterie über. „$öeuu man aber", heifct es in einem fürftlidjen ^rotofoll oon 1808, „in (Srnxiguug siebt, baj$ eben biefe Uhrenfabrif bie Beranlaffung 511 oerfdjiebenen anbern (Stabliffements in ^jorjrjeim gegeben hat, moburd) bie 3tabt unb ©egenb unb bereu ^nbuftrie ungemein zugenommen h«t, fowie aud) unmittelbar bie herrfchaft* lidjen Raffen offenbar auf anbern SBegen beträchtlich gewonnen hat, fo wage man ju behaupten, ba& ber hier nadjgewiefene birefte ftaffenoerluft burd) jene größeren Vorteile mehr als hinlänglid) gewogen fein bürftc."

Die ©efd)id)te ber sßforjheimer 3nbuftrie gegen @nbe bes oorigen unb ju Anfang biefes ^ahrhunberts liefert ben beutlichften Beweis bafür, ba£ bie wirtfd)aftlid)e Blüte eines Bolfes nur ba möglich fei, wo fie 00m Boben eines möchtigen ©taatswefens genährt wirb. Die beutfehe 3nbuftrie jener $eit h^tte biefe Wahrheit bitter §11 foften bekommen. Das ebenfo fchmachooüe, wie ohnmächtige ©taatengebilbe bes DJbeinbunbes war weber imftanbe unter ben (Sinzelftaaten felbft, noch gegenüber ber ©ewaltherrfchaft feines sJkoteftorS BerfehrSfreiheit ju fdjaffen. ©eine einzige ihm oon Napoleon anbefohlene £anbe*spolitif war bas Slontinentalfpftem. Der Jall Hamburgs, bas bisher ben Üranfitbanbel mit bem nunmehr boufottierten (jnglanb oermittelte, bezeichnete ben Dliebergang ber ^forjheimer ^nbuftrie. Raum nod) ber sehnte $eil ber Arbeiter fanb Befdjäftigung. Biele hunberte arbeitslofer &ute waren gezwungen, in Untbätigfeit

(fcntftebuna unb (Sntroictluna Her $ijoutertefabrifation. 225

ihre (£rfparniffe nufjujehreu, anbere, weniger auSgebilbete, festen jum Acferbau flurürf.

3n Uebereinftimmung mit bem Cberamte mürben einjelne Jyabrifanten bei ber Regierung oorftellig, fernerhin feine Jlon- jeffionen mehr *u erteilen jur (frrid)tuug neuer (Sefdjäfte: „(13 ift oou ber größten Sidjtigfeit", beißt e$ in einer Eingabe an ba§ 9flinifterium, „bie Sortbauer ber gutfunbierten gabriten 511 fidjern unb menigftenS ihren Stamm su erhalten, wenn er aud) nod) fo unbebeutenb fein füllte; aber nur bic reichen Unter- nebmer finb ba$u fähig, unb aud) biefc nur in bem Salle, wenn mau bie Äonfurrena anberer g-abrifen fo wenig als; möglid) juläßt." $er Befdjeib barauf, unter bem unuerfennbaren Gmifluffe be§ in^wifcheu in'§ SNimfterium berufenen Baumgartner abgefaßt lautete aber biefeu felbftfttdjtigeu Sünfdjeu ftrifte entgegen : „(Serabc barum, weil bie Arbeiter megeu ber (Sin^icbung uieler Kabinette nid)t mehr if)re Nahrung finben unb fie al§ uerbeiratete Staatsbürger foldje oou ihrer erlernten s]kofeffion bod) 511 forberu haben, muß ihnen ba§ Arbeiten auf eigene £)anb erlaubt werben, unb ift lebiglid) ihre Sache, wie fie fid) fortbringen."

3>er 3Rann fannte feine £eute unb ibre $erf)ältniffe. $ie ^eute Ralfen fid) mit Anfertigung uon billigem s3auernfd)mucf : ibre grauen errichteten ^utjläben, sogen mit ihren unb ihrer SRänner Saren auf flHfirfte unb Neffen ober gingen bamit haufieren. $ie Arbeiter waren eben uid)t met)r bas ciuftigc leidjtfinnige Jranaofenuolf, joubern unter beutfd)en ^ert)ältuiffen in Arbeit, Sparfamfeit unb (Senügfamfeit auferjogene Xeutfdje, bie ftd) in Änfefmng ihrer beruflichen gähigfeit mit ben Jyrau*ofeu ruhig meffen tonnten.

$mar t)errM)te immer nod) bas alte Vorurteil, baß bie ©olbfdjmiebe al£ eine befonbeve Kolonie*) mit ber übrigen $ftrgerfd)aft nid)t$ gemein habe. £arau$ ergaben fid) ie^t, nadjbem bie Arbeiterfcijaft feften Juß gefaßt hatte, oiele ÜJctßftänbe. Xie Regierung fudjte ben Unterschieb 511 oermifdjen, unb bie Arbeiter erblichen barin balb ihren Vorteil ; aber bie Bürgerfdjaft wehrte ftd) tmvtnäcfig gegen eine bevartige unliebfamc Erweiterung. Sie tief gegen „bie (Sinbringliuge" ba$ Mißtrauen ber s#e= oölferung wurzelte, bie an ihren ^ahrhuuberte alten Anfchauungeu fefthielt, ba§ gab fid) red)t anfcbaulid) im ^oltewitj 511 erfennen unb im Sdjelmenliebdjen , worin bie Slöffer3totf)ter gewarnt wirb, nicht in§ ©olbfd)mieb3l)aus 511 heiraten, weil bann bie .$errlid)feit balb $u (Snbe fei. Senn auch ber 3tabtrat aus ftftcfftdjt für ben materiellen (Seminn ber Stabt ben £uruS ber

*) Tie mit allcrljanb ^tioilcgien üuögeftattct luar, wie (irlaffuna. beä $funbjoUe*, ber fleeife, ber o^afcima,, ^reijügigfeit nad) Crbnung ber etwaigen $erbinblid)teiten, SNUitärfretyeit :c,

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(gntftebunö unb ©ntroicfhma bcr 93ijouteriefabriratiou.

„Sremben" alc> einen Vorteil betrachtete, fo ftellte er fid) bod) (triebet aus bemfelben felbftänbigen Gh'imbe auf bie Seite ber Bürger, weil bnvd) ben 3upg mandier jmeifelbaften Griftenjen bie 3tabt, namentlid) in Reiten bei Oiot, in fdjmere Kalamitäten fommeu tonnte, wenn jebem Arbeiter bas Bürgerred)t mürbe. Tie Bürger- fdjaft fd)ä$te fogar als einen Vorteil, baft felbft oermöglidje Jyabrifanten bem töemeinbeleben fernblieben. Ter erfte Jrembe, meldjer baS Bürgerrecht erhielt, mar ber 3Jkd)aniter CedjSle; al* er fid) nad) 20 jährigem Aufenthalt ohne Bürgerrecht hier etablierte, beftimmte 1814 ber 8tabtrat, baß er unb fortan jeber Jyabrrtant fich als Bürger einkaufen muffe.

9lod) ein weiterer ©ruub beftimmte ben £tabtrat, fid) gegen bie fremben Arbeiter abmeifenb 51t oerhalten: Tie ganje ^nbuftrie mar urfprünglich jut lohnenben Befd)äjtigung ber 4öaifenfinber eingeführt/ bie fünft wohl foum imftanbe geroefen mären, baS Sehrgelb für ein Jpanbmerf aufzubringen. An biefem Borteil, melcher ber 3tabt einen guten Teil ber Armenlaft abnahm, mollte fie möglichft menig AuSmärtigc teilnehmen laffen. Sie engherzig unb furjfidjtig pgleid) ber (Seift jener $eit mar, jeigt aud) ein Weffript ber Regierung an bie ^forjheimer Behörben au§ bem 3atjre \H07 : „Allerbing* finb bie 3öhne ber £anbleute junächft mieberum jum Bauernftaub beftimmt unb ihre ftonfurrenj im (Seroerbe ift bem Bürgerftanb fehr hiuberlid). Auch oermutet man, ba& ber Uebergang oon Bauernföhnen au? ber (Segenb um ^forjheim §ut Bijouteriearbeit nur ben Sroed hat, fid) 00m SRilitärbienft lo*$umad)eu, unb beshalb foll ben fämtlichen SabriFanten auferlegt merben, baft fie feinen £anbmamt& fol)n mehr in bie 2ef)re udhmen bürfen, ber nicht oorl)er bie (Srlaubnte lut Erlernung ber Hunft in Karlsruhe auSgeroirft hat, mo alsibann nad) ben eintretenben llmftänben ba§ ©efud) bemiüigt ober abgefdjlagen merben fann." Tie $?it hat gelehrt, bap „Ümftänbc" bod) mächtiger finb als alle Sttafjregeln unb iHejfripte. Bei ben Bauern mar es übrigens feinesroegs bie Jurdjt oor bem 5J(ilitärbienft, bie fie bemog, ihre ftinber in bie Jyabrif ju fehiefeu. Bielmehr mar unb ift heute nod) bie Tfjatfadje, baß biejelben liier mühe= unb foftenloS unterzubringen finb unb jeben SamStag ©elb mit nach §aufe bringen, aujjerbem bie Au3ftd)t für ben Arbeiter, fid) burd) Jyta& unb ©efd)icflid)feit einmal felbftänbig mad)en 311 rönnen. Ta§ ift ber eigentliche Vebensnero, bie eigentlidje Triebfraft ber ^nbuftrie, bie ihr im Bolfe rafch ben Boben geroonnen haben: Sebrling^lohn, £tüct^ lohn unb Wegfall ber 3««ftfcr)vanfe.

3n ^forjheim erhielt 511 Anfang untere* 3al)vhunberts ein Lehrling bei 4 jähriger £et)rjeit einen Sodjenlohn oon 1 ®lb. bis 1 ©Ib. 12 Äi'Sv ba$u fam gegen (Enbe bcr £ehr$eit ein fog.

©ntftebuna unb (Entroictluna bcr $8iioutcriefabritation. 227

Drinfgelb. ^(ufjerbem luuvbe il)m bie „Teilarbeit" in ben Jeier« ftunbeu roie bem Arbeiter uergütet. Tie einfad) unb genügfam bamals bes i'etirlin^^ Eebensmeife mar, gebt aus bem llmftanbe beroor, baß juv Seit Cbftreife alle ftofttifdje getunbigt mürben, meil ber Sebrling fid) bann ausjdjliejjlid) ' an be§ 9tad)bars s#epfe(, kirnen unb «Jmetfdjgen hielt unb babei fooiel erübrigt haben füll, baj$ er nad) Beftreitung von 8d)lafftelle unb "©rot Samstags ben Altern einen guten leil bes Todjenlobnes abliefern tonnte.

Die immer mein* fid) fteigerube 3d)iuierigfeit ber Sedniif in ber ©olbfdwtiebefunft mad)te fd)ou ju Anfang untere* Jahr: bunberts eine längere t'ebrjeit nötig, als fte bei .ftanbmertern fonft üblict) mar. Täbrenb fte hier im allgemeinen 3 3al)re bauerte, oerlaugte bas Bijouteriegemerbe bereu 4. Tie ftetige Verfeinerung ber Arbeiten gab bem Bijoutier bei einigem guten Tillen unb binreid)enber Befähigung biuläuglid) (Megenbeit, fid) auf ber .jpöbe ber ftunft 511 erhalten unb ber ©efafjr ber einfeitigen Slusbilbung uorjubeugen. (Sin großer fokaler sJlad)teil aber mar unb ift es jumteil beute uod), baj? ber Bijouterie* lehrling, nid)t mie ber junge .Ipanbmerfer lernt, um berein ft SReifto 51t »erben, fonbern um, mit menig Slusnabmen, Arbeiter ju bleiben. Sein SJleifter ift nid)t ber Sabrifant, fonbern ein Arbeiter. Der oöllige Langel an intimen perfönlidjeu Begehungen ^roifdjen £>errn unb Lehrling gab legerem in feiner arbeitsfreien Qeit eine Jyreiheit, 511 bereu vernünftiger Benutzung ihm bie fittlid)e Äraft unb sJteife fehlte. Die folgen äußerten fid) in einem ungezügelten Dreiben ber jungen l'eute, bas 51t oielen Silagen 3lnlap gab. (Ss mar gemijj eine billige Jyorberung ber Sabrifauten, bajj ber Lehrling ben Tod)enlot)n, meldjen er in ben erften 3rthvcu empfing, alfo |tl einer Qtit, ba er bem (Sefdjäfte nod) keinerlei 9iut}en brachte, im legten o^hre aboer* bienen follte. 2(ber ber Langel jebes fittlidjen Raubes lieft ben £ef)rling biefe Berpflidjtung als eine i?aft emofinbeu, bie er auf jebe Teife abschütteln fudjte, meift burcl) miberredjtlidjeS Ber* (äffen ber Set)re.

3n ©münb, mo bie Jnbuftrieoerhältntffe bamalS nidjt gerabe bie nad)at)men§roerteften rcareu, fanben foldje 2(u3reijjer bann gewöhnlich Aufnahme unb Befdjäftigung. Jm Jahre 1805 mürbe jur Slbhilfe biefer ^i&ftänbe in ^^forjheim befd)loffen, baft bie Lehrlinge in $lnmefenl)eit ber fteiftlidjen beim Antritt ber £ehre burd) einen feierlichen (£ib oeryflidjtet merbeu follten, wobei mitgeteilt mürbe, bafj ihnen im Salle böswilligen Berlaffeus ber 2ef)re Bermögeusfonfistation unb mehrjährige 3ud)thausjtrafe brof>e.

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228 (gntftebutifl uub wntioiallUifl bcr $iioutetiefabtifation.

Tas Wnifterinm war ober nicht gewillt, biefem fouberbaren Verlangen nachzugeben. 3n feiner Antwort erflehte es, baft es beim fUwtraftbrucbe allemal auf bie Umftänbe anfomme, welche bie Straf würbigf ei t beftimmteu. Tie örlaffung beftimmtev (tfefetie hierüber fei ebenfo un(wläugliri) als iroecfoerfeblenb. (£s fei baber ben jungen bei ihrer Aufnahme mitzuteilen, bafi im Salle böslichen ^erlaffens bes t'ebrberru gegen fie fogar himiuell oorgegangen werben bürfe.

Tie beute nielfad) geborte Silage, baß maudje ^abrifen mit nabelt lauter Lehrlingen arbeite ober bod) bie meifteu ihrer Beute au4 foldjen beftebeu, war bamals feiteuer. v^nbeffen hat eine $>erorbmwg oom 9. Cftober 1811 fid) aud) hierüber au« gefprodjen. 3ie oerlaugte, baß fein Jvabrifant mehr Lehrlinge als (äefellen halten bürfe. Tbatjäd)licb aber fam biefer Jyall nur in ©cfdjäftSfvijen oor, wo mau bie Lehrlinge nicht ebenfo wie bie Arbeiter entlaffen tonnte.

Avyn ^forjbeims dauern hat fid) uermutlid) ber erfte beutfdie Sabritftrif abgefpielt. v>m vumre 1804 waren einige Arbeiter nad) (ftmflnb gebogen, ohne ,moor hier ihre 3d)ulben 511 berichtigen, wie bas in ber elften i^eriobe bes Wjouteriewejens namentlid) häufig ber Jaü war. s)iad) einem alten Weffript follte jeber Arbeiter, ber mit 3d)ulben au$ ^forjheim ging, als ein gemeiner Tieb betrad)tet werben uub fein "Warne, im Salle man feiner nid)t habhaft werben fönnte, mit allen Solgen ber Uuehrlicbteit oom 3d)arfrid)ter an ben (Balgen gefdilagen werben. (Sin im kirnte uod) neuer Cberamtmauu hielt bieS für ein nod) redjttf* fraftiges ®efetj, bas er aufs neue einfdjärfte uub au fämtlidjeu Sabrifarbeiteru jeber ^randje eintreteubeu Salls anpmenben gebad)te.

Tie Arbeiter liegen fid) bies nidit bieten, traten wfammeu, bitbeten eine ftommiffion uub befd)loffeu, bie Arbeit nicht eher wieber aufzunehmen, bis ber Oberamtmann anbeut 3inncs geworben fei uub bas fatale JHeffript wieber (wr sJJ2afulatur lege. Zugleich würbe eine mäßig gehaltene ^Mttfdjrift nad) Karlsruhe, gefebieft, worin fie auseinanber festen, baß biefe Trohungen einmal nötig gemejen fein möd)ten uu $eit, als einige mit großen Opfern aus (inglaub uub ^raufreidj gebrachte Arbeiter mit ihren Vehr- jungen, wenn fotdje was oerftanben ober gelernt gehabt, unter .frinterlaffuug von 3dmlben auf uub baoon gegangen feien; bies fei aber bei ben jetzigen öijouteriefabrifen, wo ber größte Teil ^nlänber feien, nidjt mehr 51t befürd)ten. Jvreitic^ Wime fid) unter fo oielen Arbeitern jener Sali ereignen, wie in allen anbeut 3tänbeu auch; „nur hoffen wir", jd)loffeu fie, „baß bunberte nid)t wegen eines (Sinnigen burd) NJlubrobung einer entehrenbeu 3trafe oor bem ^ublico herabgewürbigt werben uub tag gute

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©ntficbiuifl unb (Snttpicf (mifl ber ^tjoutetiefabrifation. 22H

(fcinuerucbmen ^milchen bürgern unb Jyobrifanten nicl)t geftört werben mödite." Karlsruhe oerftaub man bies iUorgeben bor i{forjbeimcr Arbeiter anfangs als eine ,,^eifd)U)övunc\ gegen nwl)lbegrünbete WefetK"; aber ihren ^merf hatten fie boeb erreicht. Tie Antwort lautete: „Tiejenigen, weldje feiner nid)t arbeiten nnb fid) baniit jenen fd)led)ten Kenten, auf welche bas ©efclj gegeben fei, jugeiellen wollten, werbe man jwav ihrem (£igen= finn überlaffen, aber and) als foldje ^erfonen, bie aller Wd)tung nnb olles ^utraueiis uuwürbig feien, in beu Öffeutlidjeu blättern namhaft madjen laffen." Tiefe 3lnbrof)uug liefe bic Arbeiter falt : fie fanbten nochmals eine befdjeibene "-Horftellung nacl) Karls= ruhe, hielten aber im übrigen ben 3trife aufrecht. (Sine genauere Unterfudjuug ber 3ad)e veranlagte nunmehr bas ^lintfterium yt ber Reifung au ben rberamtmaun, mau möge bie Arbeiter burd) yveefbien liehen ^ufvrud) befänftigen, inbem fonft, jo ungern es and) gejdjebe, uidjts anbete? übrig bleiben würbe, als bic ^erorbnung jurücfyunebmen. Tiefer $Heg mußte aud) mirflid) eiugefd)lagen werben, ohne baß bas Mnfebeu ber Regierung burd) bas (Siugeftcbeu eines Jevers uotgelitten hätte.

Tie ältefteu ^abrifatiousartifel waren SJracelets, Anhänger unb bie im nötigen ^abrbunbert fo beliebten Tofeu. Wie uod) erhaltenen 3tütfe geigen große 3orgfalt unb 3auberfeit ber Arbeiten, bie eigentlid) nur ausnabmsweife, auf "-Öeftellung, gemadjt würben, ftür ben großen ?(bfo^ würben nur Heinere Slrtifel gefertigt in ber elften ;Jeit ber Glitte, Ubv* unb ,£>alsfetten, 'Hinge, Cbrringe, 3d)uallen, ^retenfions, auch Verlognes unb SWebaiüons. 3(n öbelmetall würbe faft ausfd)ließlid) Tufatcugolb oerwenbet, feilen i'iugots. ^m 3abre 1802 fallen jäl)rlid) für VOODOO (91b. $olb verfdjafft warben fein.

Ter C^olbhanbel lag Damals ausfdjließlid) in beu .fräuben ber gilben, bie Dabei uid)t immer fehr reell bem ^abrtt'auten gegenüber oerfuhren, inbem fie feine gelegeutlidje ^ebränguis benutzen, um ihn mucfyerifd) auszubeuten. 3luf Krebit gegebenes (9olb würbe faft immer um einige .Viarat $u hod) augered)uet. v-l£ar ber Jvabrifant einmal fo heruntergefommeu, baß er froh fein mußte, überhaupt noch s-Horfd)uß 31t erhalten, bann lag er gauj in ben .Oäuben bes Krebitors, ber ihm bie Jvnrou fo gering anrechnete, baß er jule^t eigentlid) nur noch oou 3d)ulbcn lebte. ($r oerfaufte <ui 3d)leuberui:eifcu unb )d)abete aufs emoftnblichfte ber ganzen vvnbuftric, bereu $efal)r, ganj oom (Srojfiftcu abhangig 511 werben, immer mehr mud)s. ^m ^ahre 1 7s 4 petionierteu bie Jyabritanten, man möge ben Rubelt allen 4>anbel mit ^ijouteriemareu unb ben Owlboerfauf oerbieten. Ter (Srfolg war ber, baß man uad) franjöftfchem dufter oou 3taatsm:gcu ben Kontrolleur jelbft mit bem ©olbljanbel beauftragen wollte,

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230 (Sntftebuna uub (gntroidluna bcr SBijouteriefabrifation.

worauf bie Jabrifauten r>ev5tct)teten. $n ber erften v~ßeriobe be§ ^Betriebs; maren biefe klagen am ^äufigften. Die große Ärifts oon 1789 mirfte gleich einem fäubernben 3turmroinb, ber alles OTovfcfje uub lebensunfähige uieberreißt, bem gefunben Saume aber beu 33 oben locfert $u neuem frifebem 2Öad)3tum ; fte räumte grünblid) auf mit allen faulen Gmftenaen unb gab ben fieberen neue SebenSfraft. 2öir fiuben ^iernaa^ begreiflich, roarum ftd) bie Orttereffenten 10 3abre fpäter fo energifd) mehrten gegen bie gutaffung bc$ ^ubeutums ^um (Üemerbe.

9tod) wichtiger aber als bie ÄonjefftonSfrage mar bie beS ^eingeholtes. Solange nod) bie l)errfd)aftüd)e ftabrif beftanb, mar ihr geftattet, einen Seingebalt oon 18 itarat einzuhalten, mäbreub bie wenigen übrigen L@olbfabrifen beS £anbeS 20 $arat auroenben mußten. 5XIe s3lbor SJefijjer unb bie S^abinettmeifter felbftänbig mürben, gab er bie (Srflärung, baS bie ftaatlidje Kontrolle unentbehrlich fei, weit hierauf ber ganje ftrebit ber gufunft beruhe uub fie geroiffermaßen baS ©egengerotd)t ju ber jugeftanbenen Freiheit bilbe. (Sie fei baS fidjerfte s-BorbeugungS- mittel, baß ber Arbeiter fein minbcrmertigeS ©olb oerbraudje uub fid) baburd) s£ermögenSoorteile oerfdjaffe, maS ben guten SRuf ber sl*for$beimer ^nbuftrie untergraben muffe. Die Hontrolle mürbe gleid) ber (Genfer eingerichtet unb einem erfahreneu, tüchtigen Pfanne, i*ierorbt, übertragen. *8ei allem (Entgegen* Fommen mußte er bie gefetjliihen Seftimmungen ftreng ein^u* halten, morauS ihm unbilligermeife oiel geinbfeiaft ermudjS. (SS ftellte fid) heraus, baß man mit einem einheitlichen Juß biet nidjt auSfomnte, ba man fid) ben 3luforberuttgen beS Käufer* anpaffen mußte, 9fad) SlborS <yabrif, obfd)on immer nod) eine N}lrt Filiale oon ©enf, mußte fiel) bei £erftellung oon ^erloqueS unb WebaillonS ju 14 .Cfarat bequemen. sJlod) mehr brängte ftd) biefe Olotmenbigfeit beu flehten $efd)äften auf, bie ben beutfehen -\Uavft bebienten, mit beffeti befdjeibeuen Mitteln $u red)tten mar. "3(uch V>anau, baS immer im Wufe ber gefd)äftlid)en Solibität, ftanb, hatte fid) bie Meuberung steigen gemadjt 5ton 1778 an mürbe für Hin fetten unb "^erloqucS, oon 1780 an aud) für bie übrigen iHrtifel neben beut isfarätigcn Jyuß oud) ber Ufarätige geftattet.

Die großen (heigniffe in Jyraufreid) am (Snbe beS oovigen 3abrbuubert* tonnten auf bie ^for^heimer SBeltinbuftrie nid)t ohne (Sinmirfung bleiben. <£* ift eine merfmürbige (Srfd)einung, baß ba$ franjöftfcfje ^ijouteriegemerbe eine Wütcperiobe r«er* zeichnen Durfte, mäbrenb alle fittlict)eu unb polttifdjen vBanbe beS Staates uuaufhaltfam ihrer s3luflüfung entgegen gingen. Der l'uru* ftanb auf ber v>öhe feiner (Entfaltung. "Jlber bie einft io ftreuge Kontrolle begann fid) $u locfern; man mar empfänglich

(Smitebuitfl unb (Sntroictluiin ber SMjontericrabrifation. 231

geworben für ba* ..<touceuru, mit beffen llnterftüt}uug aud) eine minbermertige Sare ben Stempel „IH" erhalten fonnte. ^n tolcbem Jolle mar aber bie ebvlid)e babtfcbe 9JJarfe 14 ein .pinberni*.

Tie Jabrifanten miefen aus ibren Journalen nach, baft nur Skftellungen auf ungeftempelte Saren bei ifjuen einliefen unb ba§ alfo ba* ftontrollgcfeti ein .ftinberni* für fie fei, auf ei)rtid)e 5lrt einen fluten 3kvbienft 511 ermatten. 9Jtan möge e3 bod) mit iiineu unb ibren Arbeitern tjalten, mie in öenf bem uielberounberten, fie oereibigen unb ifynen bann bie Kontrolle erlaffen. 9lber bie babifd)e iHegierung mar 311 gemiffenfwft, aud) nur inbireft einen betrug 511 begünftigen, unb aud) ben ^ergleid) mit (Senf erfannte man in feiner ©d)mäd)e, „benn bort banbte e$ fid) um eine beinahe faftenmäßig abgefdjloffene Aabrifantenfdjaft, fein Jyrember roerbe angenommen; alle biefe Bürger baben in feftgeregetter Seife ibr ÜUtetier erlernt ; fie ftnb "DJtitregenten ibre* otaatsroefen*, unb ber Gib J^at in biefer fatuiniftifcben Temofratie eine gau$ befonbere religiö>politifd)e ^Bebeutung. Me ftnb barauf bebadjt, ber Jamilie ibr bürgere lid)e§ 2lnfebeu, ftinbern unb Kinbesfinbern ibren Krebit gu erbalten. Unb bod) fei aud) bort fd)liefjlid) bie s4Mfttation einge^ füfjvt, unb e* ftebe eine fdjmere Seibes^ unb £eben§ftrafe barauf, menu jemanb übermiefeu merbe, baj} er fid) im ©olbe uerfebeu habe." Tie Sanberfolonie ^fov^eim f)atte mit ber foliben Wenfer Öemeinbeorganifatiou nidjt* gemein.

Tie Jvabrifanten ertjielteu aber ba* Wed)t, aud) uod) ju Karat arbeiten )U (äffen. äton jetjt ab beftellten bie franjöftfd)en .pänbler maffenmeife boublicrte 3Bare, beren Tedjnif (Schlagen unb 3Iufureffen eine* (Solbblättdjeuf) in ^for^beim oollfommen ausgebilbet mar. Ter Bennert, meld)er fid) nur auf bie Tetfe bejog, mujjte ibnen bienen, bie 5öare für ed)t auszugeben. s3lber bie Regierung uerlangte (17S4) auf bie ^orftelluug be* Kontrolleur? feerorbt 'bie $e$eid)nung burd) ein I), "meldje s3Inorbnung inbeffen nie $u mirflid)er ?lu*fübrung tarn, ^ierorbt ftarb 178(i unb ba bie Sitme, bie bamal* üblid)e %xt ber Iknfionierung, bie .peirat mit bem Wadjfolger, au*fd)lug, fo überlief man ibr ba* 3(mt be* Cannes. Sie uerftanb ibre Sacbe gut, mar burdjau* ebrlid), aber fie mar eine menig mutige Jrau, bei ben tfflbrifanten ohne alle Autorität. Tie Klagen ber letzteren uerftummteu, aber mobl nur beebalb, weil bie obligatorifd)e Kontrolle 511 einer fafultatioen gemovben mar.

5}on bem 'Kaujrf)e ber Revolution erbolte fid) bie Seit uerl)altni*mäßig mieber febr rafd) ; es folgte eine '-l>erjd)menbung* fudjt, mie fie juuor oielleid)t nie ba mar. Tic £aiv bei jeune^e doree uerfdjafften ber ®olbinbuftrie tl)atfäd)lid) golbfne

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232 ©ntftehunfl uub (Sntwidlunfl ber s8ijoutertcfabrifation.

Dage. Stbet [o bohl wie bie s3Jlenfdien, waren aud) ihre SBaten. Billig, wenn aud) jcl)led)t, roor bas SWerfroort fcjjon in jener v*}eit. Der Sabritant ucrftaub fid) fd)ueU bem 3"ta,eift nnju* paffen, cdjon im ^ahre 1 7i)5 backte uiemaub »negt an bie ungebrochen ftontrollbeftimmungeu. 5)lan wollte fie von neuem regeln uub «erlangte bas ©utadjten uon Amtleuten, bie hierin weiii^ fompetent waren. (Sinei- oermies auf Berorbnungeu aus ben Reiten ber .Uatfev Jyerbiuanb I. uub SHarnnilian II. feiig; ein anbetet aber meinte ganj richtig, baß Saben unter ben gegebenen Umftänbeu ebenfomobl ben Sed)felfur3 jmifd)eu Jyranffurt uub 2tmfterbam, als bie 2)<obe in ben Bijouterien beftimmen tonnte, Die $tage blieb uuerlebigt. s2lud) eine befd)ränfeube Beftimmung über bas Schlaglot mar oon altersfjer gerieben warben, ohne baft ftct) jemanb um biefelbe flimmerte, vsm 3ahre 1805 aber erfolgte gegen ben Jabrifanten (Xaffanooa eine rad)füd)tige Denunziation. Die Regierung griff fie fofort. auf, wollte ein (Krempel aufteilen unb beftrafte ihn mit (Gefängnis Bei ben ©rofjiubuftrieeüen erregte ber <yall begreifliche Jyurd)t' Sie netfaßten eine ausführliche Dcuffchrift über bie ffraae, worin [ie u. a. erörterten, warum boublierte unb geftampfte SBare nicht mehr jn oerbieteu fei. „(£s fommt bei foldjeu Slrtifelu gegenwärtig faft allein auf ben wohlfeilen sJ3reis an, wenn mau fie oerfaufen will. Das ^ublifum ift nun bevjeit einmal fo befchaffen, bafj es felbft gefüllte Glinge etwas über ihren ^reis lauft. Dergleichen Abnehmer, bie nur aufs SHaffioe, Reelle febeu, finb fo wenige, baft mau foldje mit beut zehnten Deil ber hier beftnblidjeu Arbeiter befriebigen föunte. Den Beweis liefern unfere orbiuären fedjs* ober gar oicrfarätigen SBaten, weldje faft feineu inncrlidjen Sßett haben unb bennod) in größerer 3Reuae oerfauft werben als unfere 14farätigen 2Baven, unb max an Herjonen, weldje ihr Staub unb Vermögen beredjtigt, alte 8d)mucffachen maffio unb ed)t zu tragen. Soldje Sachen werben aber nidjt als Bijouterie, fonbern als blofe ©alanterie betradjtet. SJian wiü bie sJJ?obe mitmachen, uub ba biefe fid) leiber alle Bierteljahr änbert, fo fauft jeber lieber bas Sohlfeile, um bei ber Jyorberung nicht fooiel ju oerlieren ober oielmehr mit geringem ftoftenaufmaub mit ber sJ)(obc Schritt 511 halten."

©ewig oerfuhreu bie s]3forzheimer Jyabrifanten babei burchaus reell. Sie bezeichneten in ihren Wedwungen genau ben ©olb geholt unb bas (^emid)t unb regulierten ihre greife nur nad) (^olbgcmid)t uub Arbeitslohn.

Unter folcheu Umftänbeu ntufite aud) bem Mäufer bas .Uontrollzeid)eu Siebenfache fein unb bie .Hontrolle felbft hatte ihre einftige Bebeutuug oerloren. Die folgenbeu weiteren 3ä$e ber Denffdjrift finb beshalb intereffant, weil fie bie ©ruub

Sutftebuna unb (ämtroidlung ber >8iioutcriefabritatiou. 233

prtnypten enthalten fflv bie gauje fpätere (üniroitflung bei- ^foi^ beimer ftnbuffeie:

„(Es ift jur (Empfehlung eines 3tücfes SBare nicht hinlänglich, bafi bas Rontroll$eid)en ben ©ehalt bes (Kolbes garantiert; es fontmt fehr barauf an, wie oetferttgl toorben ift nnb ob biefes auf bie möglichft wohlfeile Slrt gefchebeu bamit man bnrd) möglid)ft niebrigen N}keis ben gefdjminbeu SBcrtauf nnb ftärferen 9(bfatj erzielen fann. tiefes „s.ÖMc?" ift aber eben basjentge, worinneu bie Shmfl nnb bie C^efd)icflid)feit eine-? Jabrifinhabers befteht; auf biefem „Söie?" beruht bas Sohl nnb bei* gute Sortgang ber gabrifen ; biefes mufc bei ber unauf- hörlichen 33eränbevung, weldjer unfere ffiaren unterioorfen finb, ebenfalls beftänbig oeränbert inerben ; mer biefes 511 .£>aus nnb in feiner gabrif wohl oerftebt uub beforgt# ber allein fann (ich oon feinen Bemühungen, im 9(u$lanb s>lbfat*. für feine gabritate ju fuetjen, einen guten (Erfolg oerforedjen, unb meuu biejer .£)auptfad)e im (Etabliffement burd) Sterovbnungen geffeln angelegt merben, fo ift bann alle unfere Wühe, hier unb im Sluslanbe oergebene. (Ein beftimmteS ©efetj barübet läßt fich in ber gegen* loärtigen ßeit bei biefer (Gattung oon Staren nid)t beuten, ba mir jelbft heute nid)t miffen, was bie emig oeränberlid)e Sftobe uns morgen für einen neuen ^Irtifel bringt."

„(Es ift mahrlid) nicht bie Kontrolle allein, weldje bie bisherigen Bijouteriefabrit'en auf ihren gegenmärtigen Jfot gebrad/t hat. (Es ift grö§teuteils ber (Eifer unb baS öeftreben ber gabrituuteruehmer, ihre gabrifate immer mehr 511 oerooll1 t'ommnen, immer mit bem (Reifte ber ;]eit gleichen 8d)ritt 511 halten, ber 2flobe unb bem herrfchenben (*»5efd)matf überall 511 folgen unb fid) im .£>anbel biejenige breite unb iHeblidjfeit jum liefet*, 511 madjeu, ohne welche fein .franbel beftehen fann unb oon felbft jugruube geht."

$iefe ©rünbe fd)ienen aud) ber Regierung ftid)l)altig genug. Die Kontrolle mürbe oon red)tsmegeu eine fafultatiue, was fte längft ;\uoor fd)on mar. £iefe U>erbtiltniffe oerblicben, bis abermals grojje Seltereigniffe, bie (Srridjtung bes beutfdjen ^Heidjes, eine neue Orbmtng über ben geingchalt herbeiführten, mit welcher fiel) bie ^for^heimer ^nbuftrie, meun aud) uid)t gerabe befreuubeu, jo bod) halb genug $ured)t*tylffnben oerftanb.

SBtt haben gehört, meld) unheilooÜen (Einfluß bas Kontinental fpftem (1806) auf bie faum mieber erblühte ^for^eiiner Oubuftrie ausübte. 3m ftahre 1810 betrug bie ;}abl ber gabrifen nod) 21, bie 3flbl bei* Satin beschäftigten Arbeiter 420, mit ben (tma 40 £>ilfsgefd)äfteu 900—1000, alfo ben fünften Seil ber gefamten (Einmobuerfdjaft. ;)\im 3<&l)re fpäter, 1812, hatte fid) bie 3iu$abl ber s3ijouterie^öefd)äfte fdjon auf 13 oerminbert. Widjt wenig

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234 (SiUftelmitfl unb (gntioieflunq ber Viiouteuefabrtfatton.

trug bie üiiiäfdjerung üttosfau* 511 biefent Webergang bei, ba mehrere ber bebeutenbfteu SBarenabiiefjmev babei ibre £abe oer- loren. 3>er jiwcitc ^arifer Jriebe, 1815, bvad)tc neuerbings einigen 3Iuffdnoung , fo baß man* im 3af)ve 1H1G mieber 21 Jabrifen säblte mit einem 3Barenerlös oon 600 000 ©ulben unb einer 9lrbeiterbeoölferung (einfcfyließtid) ba* grauen unb Kinber) oon öOO 1000 Köpfen.

3nbeffen mad)te fid) an Stelle ber erhofften ftetig fort« fcfyreitenbeu ($ntmicfluug für bie 3'0^öc cme ftcruiff c Stagnation geltenb, bie bis in bie 30er 3af)re anbauerte. 3m 3al)vc 1828 erjfrierten tt)atfäct»Ucb nur nod) 7 ginnen. (Svft uon 1833 au begann bas ©efc^äft mieber einen lebhafteren 9luffd)roung ju nehmen, nid)t foroot)l in ber Vermehrung ber gabrifen, als in ber Vergrößerung berfelbeu unb bemgemäß in ber ^unafyme ber 5Irbeiterjat)l. Dtefelbe belief fid) in biefer Seit auf 900— J 000, ber 2Barenerlö§ auf eine Million (Bulben. Vi§ 1838 mar bie 3af)l ber JJabrifen auf 54 geftiegen. ben 40er Sauren trat infolge politifdjev Spannung unb ber Neuerung oon 184(3/47 mieber ein ftarfer sJtücffd)lag ein, ber mit bem Slusbrud) ber sJteoolution fid) jur o ollen KrifiS geftaltete. Von ben großen ginnen bamaliger Seit befteljt beute nur nod) eine einzige, bie oon Vencfifer & (£ie. 'Die übrigen großen (Stabliffements jener 3cit maren bie oon Mittler & (£ie. in ber oberen Vorftabt, jet$t Vafjnbofftraße, @eorg Subroig Jttente, ebenfalls in ber oberen Vorftabt, Mennig & feie, in ber Vröt^inger Vorftabt, ®fd)toinbt & die., ebenbafelbft, Vohnenberger, Jint & (£ie. in ber Satlttit* gaffe, ©ülid) im ^fläfter (öftlidje ftarlfriebrid)ftraße), ©efell unb ®engenbad), ebenfalls ba, Gfjriftoph Werfer am Sd)loßberg, Kämpf & (Sie. im ^Pfläfter, fte finb längft eingegangen. 9)land)e biefer Samilien finb au§geftorben, anbere jerftreut in meiter 5Belt.

SPer fdjlechte (#efd)äftsgang ber oergangenen 3af)re Ijatte uerjdjiebene größere Rinnen oeranlaßt, Vertreter nad) Süb- unb sJ?orbamerifa 511 fenben, beneu aud) gelang, bort günftige 33er- binbungen anjufnüpfen. 9tameutlid) glücfte es ber Jyirma Mittler & (Sie. in Worbamerifa, Üfterifo unb Sübamerifa ()H\o 3«neiro, Nßernambuco, Qafyia) Abnehmer 511 finben. $ie Hamburger Jyiliale btefes ©efc^äft^^aufe^ bebientc biefelben unb ermöglichte weitere Verbindungen mit St. Sboma, .frabana, VuenoS 3lires. Manila unb flapftabt. ©ine Liener Filiale betrieb mit Erfolg bas Orientgefdjäft bis nad) Werften hinein. Slehnlidje Grfolge hatten anbere große ©efödfte*) Tie ftriflS oon 1848/49 liefert

•) £er babifebe .^anbeloüöent BumfiUer berichtete im v\abre 1H.*>7, baf* man bei einer Söaitbcnma, buref) bie 3trai}en ilonftantinopcl* an taufenb Ringern ben Taliemaun ber luden Mtnfcn felje, ben oerebrten iürfidring, bei ben fteiefjen glämenbe (Befdjmeibc ; .vuircmöbamen, Tiener unb Sflauen

ßntftelnmg unb ©ntroidlimn bct öiiouteriefabrifation. 235

fomit aufs NJleue ben Beleg, baß bev Starte, LeiftungSfähige Zwar uorübergehenb gefchwäd)t; aber um fo lebensfähiger unb auSfid)tSreid)er aus berartigen ©efd)äftSmifcren hevoorgebt, als ilju bie 9tot jiuingt, mit Slufwanb aller Gräfte auf neue Söege unb ßiele hinzuarbeiten, wäbrenb finanziell fdjwadje unb faule (Sriftenjen uon beut Sturme einfacf) weggefegt werben.

$iefe neuen ®efd)äftSoerbinbungen mit überfeeifdjen Räubern, geforbert burd) bie wieber l)ergeftellte iHuhe in (Europa, führten in ber erften £>älfte ber &0er 3a$tt einen (9efd)äftSauffd)wung ohne gleichen rjerbei. $te alten gabrifen oergrößerten fid), neue wuetyen wie ^ilje auS ber (Erbe, alles wollte Jabrifant werben.*) $ie Qafyl ber Jfabtifen betrug ol)ne bie ^roeiggefdjäfte im 3tahre 1854 bereits 82, bie ber Arbeiter 3000—4000. $er SBaren* umfatj hatte bei einem jährlichen ©olboerbraucf) uon etwa 60 Rentnern bie £öhe oon 8 Millionen ©ulben erreicht.

$)ie (Erteilung uon ßonjefftonen juv Betreibung uon Bijouteriegefd)äften, weldje früher bei allem (Eutgegenfommen ber Behörben immerhin noch 0011 einem gemiffen Vermögen beS barum s}cad)fud)enben abhängig gemadjt würbe, war oor (Erftelluug ber Jabriforbnung burd) mangelhafte Borfchriften fetjr erleichtert.

2)er Bijoutier, meldjem beliebte, ein eigenes ®efd)äft anju= fangen, hielt für genügenb, bem Steuererheber bie Anzeige ju machen, unb bamit war bie 3ad)e erlcbigt, ber ftabrtfant fertig. Sin gleiches Verfahren würbe ^inftrf^tlicf} ber ftehretSgefd)äfte eingehalten, bie bann nad) bem Bericht beS ©roßf). OberamtS nichts anbereS waren, als $>iebshöblen, wo ben Lehrlingen unb Arbeitern ber JJabrifen alle Gelegenheit gegeben war, ihr ent* wenbeteS ©olb unterzubringen, deshalb fetyte baS ©ericht unb bie OrtSbef)örbe alle £ebel in Bewegung, biefem Unternehmen mirffam entgegen ju treten. Sine Jytwrtforbnung mürbe auS* gearbeitet, bie ^onjefftonen }it Bijouterie -©efdjäften mußten eingeholt werben unb würben erft nach (Einuernahme beS ©e= meinberatS unb beS JJabriftomiteeS erteilt, ferner würbe behörblidjerfeitS ber Antrag geftellt, bie Errichtung uon Bijouterie- fabrifen auf bem Sanbe moglichft zu befchränfen.

3lm 7. SRooetttber 1859 erließ Cberomtmann 3ed)t eine Bekanntmachung für bie ßehretSfabrifen, wonach fold)e nur nad) oorher erwirfter obrigfeitlidjer (Erlaubnis errichtet unb betrieben

trügen irgenb einen cdjmud aus irbelmctall. Öei Wriedjcn unb Sinnemern fefje man* überall bie 14faiätigen £>crrltd)feiten ^forjljeims. Sie fänben au ben fa)mudlie6enben Orientalen ftets willige Mäufer unb i()re jäljrlidjc @infuf)r nad) Äonftantinopel betrage tf— Millionen ^ranfs.

*•) ©ejcidmenb bafür ift ber au* jener ^eit ftammenbc 3lusiprud) bes bamaligen dtofemoirt unb '-üatfer $utma$er, als er fein bisheriges (^ejebaft aufftedte, um Jabrifant ju roerben: „'« Mösle mu& in's Siegele nei!"

2M\ Gntftebuna unb ©ntroidluna ber B;iouteriefabrifatton.

iDerbcii burften.*i SBet um eine foldje fton^effton uad)fud)tf, hatte ben Wadjweis }u liefern, baft er bie ju btffent (*>efd)äfte nötige Kenntnis befttu\ ebeufo ba* baju erforberliche Bermögeu uub einen tabellofen l'eumunb. Bei Zweifeln über bie Jväbigfeit be* Bewerbers fonnte eine iU'üfungSablegung verlangt werben, meiere bei ber näcbftgelegeneu .Oanbel*innung ober oor einem lyabrtffomitee geidieben burfte. ferner muftte ber Inhaber einer ftebret*fabrif ein Bud) führen, in meldje* er bie (Sinfäufe non ehret* nad) prei*, $ewid)t unb Bezugsquelle einzutragen hatte Der s#oli*ei ftanb bas iMecht *u, jeberjeit baoon (ftnftdjt p nehmen. Der ftebretsbejug burfte nur bei gewerbsberedjtigten ftabrifantui ftattftnben ; ber Ant'auf besfelben uou Arbeitern ober Lehrlingen mar unterlagt. SBurbt ber (#efd)äftsinhaber bei Be^ teiligung an einer Unterschlagung ober (£ntwenbung, ober aber bei Nichteinhaltung obiger Borfchriften betroffen, fo brobte ihm ber Berluft ber (#ewerbsbered)tigung.**)

Unter ben in ben 40er fahren errungenen Abfaljgebteten ftnb 3)tittel= unb Sübamerifa bis beute sßfor$beim erhalten geblieben; bagegeu ift ^lorbamerifa infolge ber bort errichteten hohen 3d)utjjöUe verloren gegangen.

Solange Cefterreid) noch außerhalb bes ;5olluerein* lag, alfo einen (Einfuhrzoll erhob, unterhielten bie pforjbeimer Jyirmeu Dittler & (£ie. unb (Millich ^meiggefebäfte in Bregen^. 5Jlit bem Anfd)lu& Cefterreid)* an ben ^olloerein gingen biefelbeu ein. ^u ben 60er fuhren gelang eS bem Jyabrifanteu Auguft o. Franca*, 3yanien für ^for^eim «1* SÄotft 511 gewinnen," wäbrenb e* bis bahin faß ausfdjliejjlid) tfruufreid)* Abfatjgebiet mar. Der unerwartet rafdje unb über alles (Srwarteu grogartige Umfchmung bes ©efdjäftslebeus au* bem äufierften Diefftanb }ur ^ödrften ftraftentfaltuug madjte einer ebenfo jähen ftataftropb* ^lafe. Die .£>anbelsfrife bes 3uhres isr>7 tarn fo unoorbereitet, jo urplötjlid), bafi bie foliben älteren firmen ihre Wot hotten, fid) |U halte» unb bie neugebaefenen ^abrifanteu mit einem SWale tum ber Bilbflädje ber Bijouterie ^nbuftrie oerfdnuanben. Die oahre 1K58 unb 1 *•">!) geböten JU ben fd)limmften in ber ©e fd)id)te ^for^heims. Die hodigeftiegeueu Arbeitslöhne gingen naturgemäß auf ein SRinimum herunter, unb bie Arbeiter waren froh, wenn fie überhaupt Beschäftigung fauben. W\\ Beginn

*) Stuf (Mrunö be* Crrlaffc»> Wr. "äNittclrtjetnfrcifc*, 2H. Cttober 1 *.">».

**( (Sbriftian Ced>«le, OiolbfontroUair, maditc am AK Stpril 1h:><> be= lomit, baf? er möd)entlicto, uueimal <s>olburor>en anfertige, unb jroar iiitttmod)* unb camstaflo, «uKerbem mürben an jebem Xa$ Proben aemadjt; bicfflbcn ntüftten aber, ba ber Ofen hefonber-> aebeiu werben mrtffc, mit HO Mreujer nt c l| r als geroötynlid) beredmet merben unb tonnten H ctuubeu nad) ber Ueberaabc abgeholt roerben.

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Gntftefmnfl unb (sntroicflunfl ber SBiioutenefabrifation. 237

bei üOer 3a^ve Ivaten allmäblid) wieber beffcre s-8erf)ältniffe ein. $max brachte bev HriegSfommer 1860 eine oorübergetjenbe ($e= fd)äft*ftille, worauf aber eine um fo erfreulichere .löebttng unb 'Belebung aller (>5efd)äfte, unb nid)t sunt minbeften ber Bijouterien brauche eintrat. Unb uueberum utad)te ftd) bie unerwartet rafdje flriegSerflärung im 3>af)re 1870 bett s#for$f)eimer ®efd)äften gleid) einem 2Upbrucf bemerkbar.*)

3ür bie geifttge Hebung unb gefd)äftid)e lüdjtigung be£ s}>forjbeimer Slrbeiterftanbe* mar ber in ben OOer ^a\)vm ge grünbete, nun s$lox\t>> Füller, sJ$rofeffor ^rooence, $ireftor jee$, Jyabrifant tfofjrecf, Ulbert Nittum unb SBilfjelm Stöffler geleitete ^rbeiterbilbungSoerein. Sine grojje 9Injat)t Arbeiter empfing in biefem Vereine eine ausgezeichnete <5d)ulung unb bie Anregung jur felbftättbigen 9lu3bilbuttg ifjreS ©eifteS unb (£f)arafter§. Btele biefer ehemaligen Arbeiter, welche ben guten ($efd)ä'ft§gang jener 3ett benütjteu unb ftd) al§ 5aorifanten etablierten, tjaben ee im Saufe ber 3ßhre flu Vermögen unb ^nfe^en gebradjt. 3>ie erften ^atjre beS 7. 2)ejennium§ mareu eine Jpöljenperiübe or)ne (bleichen.**)

Slber if)r folgte aud) bie ^Heaftion auf bem Jyufee nad). $m Bpätjafjr 1873 begann eine fdjwere ftrife. Jvanfreicf) abforbierte fooiel (9elb, um bie ÜRilliarben ber $rieg$fd)ulb an $eutfd)laub abzuliefern, baft ber ©elbmarft in ben überfeeifdjen Säubern äujjerft fdjwterig warb unb bie tfurfe berartig ftiegen, ba& nid)t mef)r remittiert werben tonnte. SSenn aber ber überfeeifdje 3Harft franft, bann leiben bie ^foi^etmer Sabrifanten mit.

3>er flotte ®efd)äftSgang braute aud) jeweils eine Neigung §u geftetgerter Bautfjätigfeit mit ftd). ©leidjwie bie guten 50er ^atjre bie @ntftef)ung ber 3)urlad)er 3trajje unb ber erften .päufer im 3ebau§oiertel jur Jvolge hatten, fo entfaltete ftd) aud)

*) 3(m Itf. x\uli IH70 befd)loR bic burd) bic .ftanbeläfammer jm'ammen; berufene ,"yabrttautenueriammlung tu anbetraft ber polttifdjen i'age unb in ber trrnwtung roidniger, politifdKr 9ta(f)rirt)tcn, bic Weidjrtfte für bie uädjfteu bvei läge geidjloffen $u balten, bi« eine ymite, auf ben 19. 3uli aufyui'djreibenbe 3?erfammlung beftimmterc 'iUaftregeln, namentlid) in betreff ber Vebrlingc gefaxt tyaben würbe. lr£ nuirbe bann beidjloffcn, bnf{ biejenigen Jyabrifantcn, meldje infolge beä Krieget ib,rc Gabrilen für ben flugenblicf gan^ fdjlicyen mujjten, itjreu £el)rlingcn bi* jur "HUcberaufnabmc ber Arbeit bie .vuilfte iöico bamaltgeu "i^odjenlobne« auSjubejablcn Ratten, 5 um Teil au$ Mitteln betf neu gegrünbeten vebrlingöuuterftiibungiuerein^, lucldjcm uon allen Seiten reid)e beitrage jugingeu. Familie ^eudijer fanbte fofort 500 ft.

••) &U1 7. Oioubr. 1H71 nuirbe ein ,vabrifantem»erein gegrünbet, lüeldjem gleid) 17«> >>erren beitraten. Terfelbe batte ben ^tueef, UiiMitraglicbfeiten in einzelnen ^randien ber ^ubuftrie }u beieitigen unb namentlid) bic bobe volm forberung ber Arbeiter für fog. Teilarbeit übvnuebrcn. infolge ber Volju erböbung gab c* im ^rübiahr 1^72 einen groften .^ubrang von Xfebrlingcu jum ^ijouteriefadj.

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238 (Sntftcbunfl unb (£nttüictlunfl bct iBijouteriefabrifation.

anfangs ber 70cr Qafjre eine rege $auluft, bie bann in ben ftrifenjafyren 1874/75 nod) fortgefetjt würbe. Da« follte bas Ungtücf ooll madjen. ;]u ber (8e|d)äftsfrife fam ber Laufrad). 3at)lreidje (Sriftenjen mürben oernidjtet, unb ber ©runbbefif) nnirbe infolge ber oielen ^mangSoerfteigernngen nahezu wertlos. Die fdjlimmften 3af)re biefer ^eriobe waren 1876-77.*)

@rft gegen (£nbe beS 7. ^afyrjefjnfö ging eS wieber allmäljlid) aufwärts, fo baß man uon 1880 an bie Qtiten wieber al» normal bezeichnen fann. „Die große $rife" laftete 5war immer nod) ungeheuer fdjwer auf s$forjbeim, jum ©lüefe aber folgte nun eine Dieifye ruhiger s2lrbeitSjaf)re, welche ohne Unterbrechung bi§ 1889 anfielt. 2ton ba an würbe ber fübamerifanifd)e SJiarft, ^forjheimS 3lbfa^gebiet, bezüglich beS "öebarfS unb ber Gablungen für einige 3«t fchwierig.

Unter bem Gcinfluffe einer langen griebenSperiobe, unter bem mächtigen 3d)ut> beS sJieid)eS bat baS beutfdje ©ewerbsleben DOttauf (Gelegenheit gehabt, fid) nad) allen Seiten f)i" fraftooll 511 entfalten unb 511 betätigen. Der beutfcfje $anbel ^at ben fvan5Öftfct)eu überholt unb fonfurriert fogar fetjr wirffam mit bem englifd)en. SBohin wir fdjauen, jeigt fid) am Sd)luffe beS abgelaufenen 3ahrf)unbertS auf allen (Gebieten beS wirtfd)aftlid)en Gebens eine nie bagewefene föraftentfaltung. @S ift, all ob fid) baS ganje große geiftige Kapital, weldjeS baS oon ben praftifdjer oeranlagten Nationen oerfpottete ^öolf ber Dichter unb Denfer feit einem 3a^rbunbert angesammelt tjatte, mit einem SJlale in reale SBerte umfetjen wolle. So t)at bie folibe (Grunblage einer gebiegeneu allgemeinen SJolfSbilbung jmar fpät, bod) immer nod) gut redjten Qeit ihre fegenSoolle 3öirhmg gehabt, eine Söirfung, bie unS jwar ben 9leib, aber aud) bie 9ld)tung ber anberen ftulturoölfer eingetragen t)at.

W\t bem allgemeinen ©efd)äftSauffd)wung hat bie sJ$forj= heimer ©belmetalliubuftrie gleiten Schritt gehalten. 3m legten Dejennium beS abgelaufenen OahrhunbertS bat biefelbe einen fo ungewohnten (Gang eingefd)(agen, fo eigenartige ßrfcheinuncjen jutage geförbert, baß fid) bie gegenwärtigen 3nbuftrieoert)ältmffe 511 benen oor 50 fahren ©erhalten, wie baS gabrifwefen jum ^anbbetrieb. Unb tbatfädjlid) finb eS aud) bie mit allen dr* jeugniffen einer neujeitlid^en Dedjnif arbeitenben Einrichtungen,

*) Tic ^ebensnuttelpreifc roaren febr nol)e, |"o würbe 3. im Spätjafjr 187« für 1 i*fb. Butter 1 v))if. 50 >£fg. »erlangt, ^erfdjiebene Vereine oer- anftalttten Momcrte, ber £angerfratn unter Slucrbad) unb ^reuneiä arrangierten in ber Jurufjalle eine brainatifdje ^orftcüung, aüc<s ju (fünften ber Wotlcibeubcn. 3ogar Variier A-abrifauten fanbten einen ^ufefjufi jum WorftanböfonbS. Sud) bie uiefige Ifyeaterbircftion ucranftaltete eine ÜJorfteUung jum heften ber üilfSbcbürftigen.

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(Sntftebung unb ©ntroictluna bcr $ii outetief abrifation. 239

roelche bev $for$t)eimer 3nbuftrte am dnbe be3 19. 3'ftl)tf)unbert$ ihren eben fo eigenartigen wie tmpofanten Gtmrafter aufbrüefeu. vIßer hätte oor 10 ^aljven nod) batan gebadjt, baj? gewaltige Tampfmafd)inen, gabrrten mit hohen 3d)loten, mafdjinelle <Jm» ridjtungen alter Art unb Dampfhämmer bei ber gabrtfation ber ^for^eimer odjmucfroaren $ur Berroeubung gelangen fönnten! 2>ie Sage Ijat ficf> uoüftänb-ig ueränbert. 3n ben legten 10 3af)ren ftnb gabriren gebaut roorben uon ganj erftaunlidjer (Sröfje.

Allerbings ftnb jene gabrifen, in melden nod) echter ©olb= fdjmucf fjergeftellt roirb, nicht mit bem intenftuen 2}ampfmafd)inen* betrieb auSgeftattet, obfdjon aud) fie fid> mafchinelle (Erleichterungen junutje gemadjt ^aben burd) Berroenbung ber bequemen unb billigen eleftrifdjen $raft. 3n allen cpejialsmeigen ift bie GJbel« metaüinbuftrie (o gut be|d)äftigt roie faum in ber ©lanjperiobe Gntbe ber 60er unb Anfang ber 70er 3flhl*c- Soroohl für ben inlänbifchen roie für ben au§länbifd)en 9Jlarft Ratten bie gabrifanten alle $>änbe troll 511 tfjutt, um ben "Dlacbfragen ju genügen. Dabei roaren bie brauchbaren ArbeitSfräfte fo rar, bafj man froh ">a*, aud) nur IjalbroegS oerroenbbare Arbeiter erhalten fönnen. ßettenmacherinnen, sJ$oliffeufen, ©mailleufeu, üßergolberinnen jc. roaren überhaupt nicht ju bekommen. Da unb bort hat bic Arbeiternot ju einer ^raris gegriffen, bie nidjtS roeniger als; lonal genannt roerben fann. gälle, ba Arbeiter unb Arbeiterinnen burch 93erfpred)ung IjöJjcvcv Söhne unb anberer Vorteile au£ ihren ©efd)äften roeggelocft rourben, ftanben nid)t uereinjelt ba; ja fogar Arbeiter anberer 93eruf§arten rourbeu für Bijouterie ($ettenbrand)e) eingeübt unb oerroenbet. Unter allen .ßroeigen ber Bijouterie ha* °ie ftetteubrandje ben größten gortfdjritt ju oerjeichnen, roeil bie Eigenart biefer gabrifatiou eine ausgebehnte Berroenbung be§ 9Jkfd)inenbetrieb3 geftattete. @o ftnb in ben legten 10 fahren im Bergleid) 311 ben früheren Betrieben roahre 9tiefengefd)äfte entftanben * Um billige Arbeitskräfte h^anjiehen ju fönnen, grünbeten einzelne biefer girmen außerhalb ^forsheimg in babifchen unb roiirttembergifctjen Ortfchaften gilialen, fo bie girma ©peibelin 9kgolb, @ntrid) in 9Hül)lacfer, Kollmar & 3ourban in 3)lühlhaufcu a. b. SB.

3n ber nächften Umgebung N}3forjheint3 beftehen feit langem felbftänbige unb junt -£eil redjt namhafte Bijouteriegefdjäfte, j. B. in Dill*!£Beif$euftein, Brötzingen, Unterreicheubach, £>ud)enfelb.

3m Saufe ber legten 3<ihräe()nte M M e>ne ©epflogen* heit hcrausgebilbet, bie gegen bie frühere entfd)ieben einen ^adjteil bebeutet, ©äljrenb einft lange 3ei* regelmäßig bie Käufer nad) ^Pforjhcint famen, gehen jettf bie gabrifanten felbft ju aeroiffen Reiten be3 $abxtz mit ihren OTufterfoffern auf bie Weife unb befudjen bie Käufer.

240 Stitftcbunfl ii nb (Sntiricflunfl bct ^ijoutcricfabrifattou.

Stuttgart, ©mfinb, A>anau gilt aU fogen. Kein« £our ; meiftenS rutrb aber, wenn bie ®ejd)äfte bort erlebigt fiub, bic Steife fortgefeit Bresben, Berlin, Hamburg angefdjloffen utib bie £etmveife ben Mbein Ijerauf über ftölu angetreten, ftrüber tarnen bie italienifdjen (Sinfäufer regelmäßig bierber, nnb ba§ Auibr t)inbnrd) tonnte ba$ Qefdj&ft brieflich abgerotcfelt werben.

^peute fiub bie ^for&beimer Jabrifanten fo an ba3 Reifen gemöbnt, baf3 fie glauben, e$ gebe gar uid)t anberS, ate baß fie mit ifjren SRufterfoffern and) bie Sdjroeij nnb Italien abfudjen. 8el)r oiele betjnen ibre (ätefö&ftStetfen nod) weiter an»; bnrd) biefelben, befonberS in Teutfdjlanb, Inben fid) bie Jyabritanten eine l'aft auf, meld)e einen großen Seil iljrer ^eit abforbiert nnb nie! ®elb foftet. ^forjfteim i ft ein 3Beltplat) geworben ; feine SBaren geben über alle SReere, in alle i'änber. 9Damtt hängt aber and) bie leibige Xbatfadje jufammen, bajj bie ^forjtjeimer ^nbnftrie ein ungemein feine-? Barometer geroorben ift, ba* jebe politifdje 3d)ir»autung and) im fernften (Srbenroinfel empfiubet unb bemerflid) mad)t burd) fd)ir»äd)eren (#efd)äft$gang unb jett- meilige ^al)lung3ftocfungeu feiten« ber Nilbneb,mer. $a£ jeigte namentlid) ber fpanifd)'cubanifd)e unb ber fpauifdjnorbaiuerifanifdje ftrieg ©d)on lauge oor ben eigentlichen 5lftionen Ijaben ftd) bort bie Vorboten ber poütifdjen Sirren im .panbel füljlbar gemalt. $on ^a\)x 511 Qaljr fanf ber ^»nport. 3" ®olb* unb 3ilbenuareu maren bie Umfät^e 189.*$ nod) jiemlid) bebeuteube, j. 93. lieferte Teutfdjlanb in jenem ^atjrc für ca. 331000 9Hf. ©olb= unb 3itberroareu, im gafore L896 jebod) nur für 220 000 9JU. Unb nad) bem Kriege bat bie ftetig $unef)inenbe Hout'urrenj OiorbameritaS ifyreu (Einfluß berart geltenb gemadjt, baß e$ fd)iuer fallen bürfte, bie ."oötje ber s3(u»fuf)r früherer 3abre mieber ••.u erreidjen. dagegen l)at fid) in anberen Räubern mieber ber Import beutfdjer Bijouterie oermebrt. 3o auf ben 8anbwid)-- Unfein, roo ber .ipanbef in SMjouterieartifeln, 0>5olb= unb Silber= umren geringerer Cualität nod) einer bebeuteuben Ausbeute fät)ig ift. silud) (£t)ile$ Bebarf an ioublemaren mädjft oon $u ^ahr, unb bcutfdje Stgeuten unb Wciieube fiub überall in biefem Vanbe *u finben.

Xrotj ber jur Wotweubigfeit gemorbeneu $efcl)äft3reifen ber ^fottfyeimer v>nbuftriellen fommeu bod) nod) fiembe Häufer in ftattlidjer 3lnjabl auf ben ^latj, nid)t fowotjl, um bamit jenen ein (Sntgegenfommeu }U ermeifen, als oielmebr aus bem ©runbe, möglid)(t billig einzulaufen, obrer ^tntunft in ben ©aftyflfen mirb jeweils mit großen Erwartungen entgegeugefel)en, unb lange beuor ber frembe Käufer außufteben beliebt, ift feine £l)üre oou oerfaufSluftigen „tigern" belagert. Giner fudjt bem anbern ben

(£ntfte!mna unb ©ntnricttuna bet Stfouteriefabrifation. 241

SKang abkaufen, unb bic ^tevju gemähten Littel f ollen getabe nidjt immer fcf)r fein fein.

So t)at ftd) burd) Angebot unb 'Jtadjfrage in ben Rotels non ^for^eim im Saufe ber ^eit geiDiffermaften eine %xt von Söijouteriebörfe I)erau3gcbilbet, bei ber e$ nid)t minbev erregt unb lebhaft hergebt, wie bei einer ©etreibebörfe, nur mit bem Uuterfdjiebe, baß boxt Käufer unb SBerf&ufet gleichermaßen ftd) aufregen, mäljrenb auf ber ^for^eimer ©ijouteriebörfe ber 5täufer ju gefd)äftlid)er Aufregung roenig Urfadje bat unb biefe gerne ben Jigereru überlädt, bic fid) gegenfcitig felbft bie greife fyerunterbrücfen. $a$ fatale biejer Stt 'öijouteriebövfe beftanb barin, bajj junge gabrifanteu Duvc^ ^reisbrüefung ©efd)äfts- nerbinbungen ju gemiunen fudjten unb baburd) nid)t nur fid), fonbevn aud) ältere folibe ($efd)äfte empfiublid) jd)äbigteu. ;jn>ar Ijat ber 189G gegrünbete (Srebitoren^ierein aud) nad) biefer Widjtung einigermaßen ^Banbet jum Seffern gejdjaffen; aber getigert mirb nad) wie uor, roemt aud) metjr in merfantiler Jorm.*)

*) 2Htt meld) eminenten 3d)u)ierigfeitcn ber }lforjl)eimer Aabrifant ju fämpfeu tyat, ba« jeigen bie uielfadjen Kotrufe in ber treffe, (iin Sluffafc int „^forjfjeimcr Slnjeigcr" oom Slprit flacht bitter über eine fdjlintme (Ge-

pflogenheit, roelcjje allmabjid) im Wiouterielmnbcl ein$nreiv,cn brof)t unb leiber von ben ÜJerfäufern, bie unter alten llmftänbcn CGefd)äfte abfdjlieften roollcn, aeeeptiert wirb. „.Hommt ber ^ijoiitericfabrifant, um bem >>änbler SQoren anzubieten, fo gefd)iet)t iiidit feiten, bafi biefer feine iuirtfd)aftlid)e lieber- legenfjeit ale öeftellungägeber tafu anSnütd, bem (Gctucrbetrcibcnbcn Sparen in (Gegenredjnnng aufuibalfeu ober bie Crrteilung einer ^cftellung bauon abhängig |U madjen, baf? biefer feinen ikbarf in gcroiffett 3lrtifelu bei il)tn beeft. l*S ift bieä ein Irutffpftem, mic e* uadjtciliger unb nnfittltdjer faiun gebadjt werben fann. Tan Arbeiter gegenüber ift fd)on ber ^erfud), il)it anberS alö mit barem (Gelbe ab,nlol)ncn, nad) ber (Gewerbeorbnuug bei Strafe bis |U 8000 Warf, be^iu. (> Monaten (Gefängnis Derbotcn. Dem (Gewerbe; treibenben gegenüber aber eriftiert biefer cdjuu nid)t. 8eit langem fd)ou uer- forgen auswärtige (Grofftften ibre ^for^eimer Lieferanten auf biefe it'eife mit libelftetnen, perlen, ^erfjeugeit, ^olicrlcbcr, dürften, eiegellad, (GcfdjäftS; büdjern ; ja fogar für it)reu v^ru>atbcbarf unb ben ber Familie forgen fie, inbem fie bic ^abrifanten mit Xafdjen- unb anberen Ubren, >>cmbcn, ii^ein, Zigarren u. f. ro. in folgern Ueberflufi übcrfdjwemmcn, baf? biefe felbft wieber bamit Ijnnbelu müffen, um baS «Jcug loö *,u werben. v&o je noch, ein Aabrifant einen Ucbcrfdntfi an (Guthaben über bie uon ihm in (Gcgcnrcdjnung anfgebraugten Sparen twt, ba befommt er oft nidjt etwa (Gelb, fonbern nad) enblofem harten fdjbne .H u n b e n wcdjfel mit nod) enbloferem ^iele ! Iinil)renb in anbern ^randjen jebed mu* bemüht ift, feinen Lieferanten bic Bbreffcn feiner Mnnbeu unuu gdnglid) 311 mad)en, merbeu mit einer unglaublichen corglofigteit feiten« oielcr (Groffiften alle .Hnnbemoedjfel, fomit bie Wbrcffe in ber ganzen .Uiinbidmft ber Ccffentlidjfeit preisgegeben, nur nm bie Ti*iontienmg*fpc)cu beim Sanfter fparen unb auf ben Lieferanten nod) ein paar Warf Unfofteu abuimal^en. Ter (riujclne oerntag nur fdjmer anjnfdmpfcn gegen foldjc Dtifjüanbc. sJiur ber enge ^ufammenfdjluf} aller Jyabrifanten fann belfcu; beim ba« ^artgcfül)l, ba<> 'Änrüdjige beS von ilmen angcnmnbtcn IrurffnftcmS felbft ju empfinbett, fdjeiut leiber bei mantben biefer Mimben gans erftorben ju fein. 2a«, nm* bic ^forv Reimer o»buftrie fo grofj unb leiftnngefaljig gemacht l)at, liegt unb murmelt tu

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242 ©ntftefmna unb (Sntroictlunö ber SBijoutetiefabritation.

©egen Gcnbe bcv 90er 3af)re geftaltete ftd) ber beutfcfye 3Jiarft gegenüber bem aufierbeutjdjen , europäifdjen unb metjr nud) gegenüber bem überfeeifcfjen erljeblid) aufnaf)msfäf)iger unb fauffräftiger als in ben Vorjahren unb muftte oielfad) entfdjäbigen für Ausfälle auf ben übrigen Gebieten.

Km 3d)luffe biefer allgemeinen, ber (Sntmicflung ber $fot|< Immer ^nbuftrie geroibmeten Sarftettttttg möge ein furjer lieber* blicf folgen, roie ftd) feit ben 132 ^afyren, bie oon if)rer ©rünbung an uerfloffen ftnb, bie betriebe in ber ©djinucfroaren- tnbufrrie unb bie gagl ber barin befdjäftigten Arbeiter oermeljrt l)aben.

31 m 1. 9tpril 17(58, als bie erfte ftabxit eröffnet mürbe, betrug bas ©efamtyerfonal, einfchliefjlid) ber 30 Sßaifenfinber, 74 ftöpfe.

1770 befdjäftigten bie beiben Jabrifen, Uljren-

unb Stalilroarenfabrif 100 sßerfoneu

1771 befdjäftigten bie beiben ftabrifen, Ubreu*

unb Stal)lmarenfabrit 274

1774 befdjäftiglen bie beiben gabrifen, Ityretl«

unb @tat)lmarenfabrif 370

1775 beginnt bie ©rünbung fetbftäubiger fleiner Kabinette, uou

meld)en 1770 bereits 13 unb

1777 fdjon 21 ©olb-, 3tat)lmaren-- unb Ul)rengefd)äfte, einfdjlie&lid) ber £>ilfsgefd)äfte beftanben.

^iad) bem 5luf= unb Wieberfdnnanfen in ber unruhigen Kriegs jeit waren es 1798 = 26 betriebe einfdjließlid) ber &ilfsgefd)äfte, im ^al)re 1812 = 13 eigentliche Jabrifen. v-8on 1815 an beginnt mieber eine regelmäßige ^unabme. 1810 beidjäftigten 21 betriebe ungefähr 450 ^erfonen;

1838 54 1000

1848 ? 1200

allererfter ifintc am ^.Uafce ielbft. I5ö liegt in ber bi* auf^ äufterfte burd). gefUbrtcn Mrbcitötciluug, in bem ^orljanbeniein eine* feit Generationen au«> gebilbeten Slrbeiterperfonal*, es liegt aber infonberljeit in ben tbätigen, bereit; willigen Weben; unb .\?ilf«brand)en ber ^for^beimer (Molbmareninbuftrie. Taburd), bafe aUe >>ilfdartifel in eigenen (Mefctjafttbrancben ald cpeiialartiiel gefertigt werben, bafc in allen Wolbfabritaten, ^utbaten, cteinen, Itferfjeugen, üWafdrinen am tUafce fclbft grofce Vager gehalten werben, ift bie Veiftungsfabigieit ^forj beim« gewaluleiftct. Sa* bic^ >yilfogcfcl)äf te für bie ^nbuftrie bebeuten, oer mögen am tieften auswärtige (>wlbwarenfabriien $u beurteilen, bie auf biefe Vorteile ocrjid)ten muffen, coli bie ^fonbeimer ftauptinbuftrie blüfjenb bleiben, fo nttlfc et aud) ihre /"ytirforge fein, baß ihre vilf^brandien in ihrer Veiftungd; fabigfeit erhalten bleiben, unb bafe fic nidjt burd) uerwerilidje liingriffe unb unwürbige Üoniurrcm auswärtiger Jbijouteriegroififten gefa)äbigt werben."

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<£ntf!ebunß unb (Entmicfluna bet $ijoutettefabritation. 243

1859 beschäftigten 153 Seifen of)ne $>ilf|gefd). 3600 Sßerfonen;

1864 1G0 5600

1873 425 7000

1880 366 4050

1885 440 6200

1887 453 7020

1891 460 9260

1895 463 11000

3m 3aJ)vc 1899 umfaßte bie ^forjljeimer Onbuftrie 504 «Betriebe, in reellen 14063 SMarbeiter (300 Arbeitstage im 3a$re) befdjäftigt waren. 3)iefe Betriebe unb Arbeiter verteilen fict) auf bie einzelnen 3nbuftriejmeige roie folgt:

1. Srijmuefroaren au§ ©olb uub double 2C. (53vofctjeii, Armbänber, Anhänger, ftr€U§e,

Nabeln, (£raoon§, Cf)rriuge, Änöpfe, Stiebe Arbeiter emaillierte Artifel :c.

2. gür Letten in ©olb, double, oilber unb Metall

3. Singerringe aller Art

4. Silberfefjmutf unb flehte ©ebraudjSgegen- ftänbe au§ «Silber (3)ofen, Jy^t^cuge :c.)

6. (£fmton§, ©alerien, perlen, Äugeln, sßampillen ?c.

6. 2)oublefabrifen, Gftamperien unb $rä> anftalten

7. ^reffereien, SHanbelanftalten

8. 93ergolbung, Skrfilberung :c.

9. ©rojse ©ilber* unb ^teufilberroaren (£afel= auffätje, Sarbinieren, SEJeftecfe)

10. ©efrätj- unb ©djeibeanftalten

11. (Sbelfteim, ßalbeoelftein u. ©laSfdjleifereicu

12. SRetautapfeln. Qmntuben

13. SWetaüfurjnjaren, gingerljüte, iBilberftänber

14. 9fletallgie§ereien unb $>ref)ereien

©egen 1896 fjat bie $af)l ber betriebe um 12 abgenommen, bie Arbeiter$at)( bagegen um 1712 jugenommen, eine golge ber fid) immer mel)r au§befmenben unb bie fleineren betriebe uer* brängenben ©rofjinbuftrie.

$er Sabrifinfpeftion unterftefjen 13 277 $erfoiten, bic mit fel)r geringen Ausnahmen in ^foqheim befdiäftigt finb.

$er ©olboerbraud) mürbe im 3af)re 1897 auf 17*L Millionen SRatt angefangen, ber üöavenumfatj auf etma 40 Millionen.*)

*) 3>a$ für ^Öiiontcric oerroenbete (Soll» rüljrt faft bi* ui * i, alfo tiefen 10 Millionen, auö bcutfdjcn :Heid)ömtmjen i)cv. Jm >:uinbeUMamnu'rbcrici;t pro

16«

292

7480

77

3325

42

1187

18

680

11

201

9

370

18

62

12

56

3

341

7

76

7

32

Q

118

3 3

94 41

244 (Sntftebuna unb (Sntroicfluna bcr SKiouteriefabrifation.

SBon befonberen^ Qfrtteteffe in ber (£ntwicfTung§gefd)id)te bev pforjheimer ^"buftvie ift bic auffallettbe Jfjatfadjc bev Shrcg* lebigteit unb beS rafcheu SBedjfels bev Jtrmett, ferner bie ®e* obachtung, wie vafd) einzelne ^anritten gan$ ausfterben ober bod) Dom platte oeifchwiuben.**) (£iu weiteres bead)tenswertes Moment ift, baß im legten 3a^rjehnt wohl eine ftarfe 95er» mehrung bev Ülrbeiterjabl eintrat, baß abev bie Zunahme ber "Betriebe nid)t gleichen 3ct)vitt bamit hielt. (£3 zeigt bie-? beutlid) bie Zunahme ber Riefenbetriebe unb ber gleichseitige Rücfgang ber mittelgroßen (Gefcfjäfte. Tie große '.ßeränberung gegen früher bcfte^t uormiegenb barin, baß bie 3'abi'ifation von feineren (Solo- waren jurüefgegangen tft unb immer fdjmieriger wirb, baß bagegen bie .frerftelluug DOtt billigen, uuäd)teu unb boublierten ISBaren eine ungeheure ^lusbehmtug angenommen hat, wofür ber (Großbetrieb mit all feinem moberneu Raffinement au*fd)laggebenb gewefen ift.***)

3n $olgenbem foll über bas 3$as uttb 35ie oer Bijouterie-

fabrifiatton in ben einzelnen (Sntmicflungsftabien bie Rebe fein. v^ir haben gehört, baß bie junädjft eingeführte llhrenfabrifatiou einen fdjledjteu govlgang nahm unb halb ganj einging, daneben würben aber Stahlwaren, negiert mit flehten ®olbteilen, mit uielem (Srfolg fabriziert. s2lußerbem befaßte man fid) mit ber $erftettuttg jierlicher (Gegenftänbe au3 (Slfenbein unb Perlmutter, g. $3. ait5gefd)uitteuen 3ci)iffd)en als Ohrgehänge, $ofen :c. 8d)on mit bem ^cifyxt 1800 hotte ftd) biefe 5öJobe überlebt, war ber (Gefdjmacf ein total anberer geworben, $ie Käufer verlangten jetzt golbene Sdnnuct'wareu, unb ber J^abrifant lieferte fte. Leiber wiffett wir fo gut wie nid)ts über 2lrt, (Genre unb Ausführung ber s2öaren aus jener Qtit, ba feine baoon erhalten geblieben finb. sBe5Üglid) ber §erftel(unaStt>et)e wiffen wir nur, baß nod) in ben breißiger Cs^hreu bie preffungeu oielfad) fo Jfcrgeftettt

1S9H ift bal)cr mit gutem öirunb bie trnuägiutg natjc gelegt, ob mit ftücffidit auf bic befonbercn Serfjaltmffe unicrcr >>aupttnbuftrie nidjt cmyfeblen'&iuert ift, für fic A-eingolb utm 3Hunwrciä in geeigneter ,vorm bereit ut halten, um nid)t bem Itertefp in fo gewaltigen iHcugen Wolbmünjcn jn cnUicljen unb in Reiten von (^elöfnapptjett bic Wcrftcifung beo ("Jelbmarfteö \u erböben. Bei lebhaftem Wcfcbdftsgang unb befonberer in f)ol)em 3tn9fu$ fieb ausbrüefenber Monftcllation be* Wclbmarfteö, roic bicä in ben legten onbren ber Js<x\l mar, tritt leidit bie Kalamität ein, bap bei biefem grofien ^erbraud) an irbclmetall in bcr Bijouterie inbuftric bcr Bebarf an Wölb jettwetf« nidjt ober nur mit grof?cr SMutje unb |U unoerlidltni^mafjiit babcu greifen gebetft werben tonn.

**) 3ici)c aud) ,\uiiuo Säerntbotf: Itad tarätaiiftifcbc Jtonjcutratiouöi- qciei} in ber ^fonbdmcr Bijoutcrieinbuftric. KobUmmmcr, 2tutt(tart.

***) Si>a« frül)er abfolut unmb(\lid) frinen, bat fid) am Sd)luffc bc^ oal)rl)itnbertv% erfüllt: £rci bcr (tröfjtcn Wefdjaftc tjabeu fid) in vJlftieuuntcr' nebmen innflemanbelt, unb menn nia)t alle 3lnjcid;cn trüaen, toerben nnbere Qrofje betriebe benfelbcn 2öeg gcljcn.

Siitüclmufl unb (Sntroicfluna ber Büouteriefabntatton. 245

würben, baft ber Arbeiter am SImboS fag unb mittclft beS £ammerS unb .gmnbftampferS feine ^reffungen im ^innbloct beraub ftampfte. ^mar waren and) fd)on £>anbprefftn unb galt- werfe ba; aber bas Stampfen ber ^reffungen am ShnboS fjatte fid) in f leinen betrieben bod) nod) lange erhalten. 3n ben 40er 3^t)ren eriftierteu t>ier bann fd)on brei (Sftamperien mit eigenen ©efenfen, nämlid) bei ÜDttnoret, Francas unb $elaf)od)e*), bei £>of)mann unb fpäter aud) bei tapfer unb |>artmaun.

$er beftbejaljlte Arbeiter in ben Jabrifen mar bis gegen 1870 tjin ber Stafjlgraueur. 3Iber eS mürbe aud) etwas oon ifjm »erlangt, ©r mufjte jeidjnen, mobellieren uub entwerfen tonnen. Unter ben Bijoutiers fiel f)öd)ft feiten einem ein, bafi er fid) in biefen gäetjern befonberS auSbilbete.

©egen bie fünfjiger 3af)re f)in war bie fourante geprefjte SBare eiitfe^lid) plump geworben, ©ro&e Brofdjen, aus einem Stücf Bled) gepreßt, oerlötet unb eingetütet, ofjne jeglid)e 33er» jierung buver) Steine, ©raoierung ober (Smail, waren ii la moile. $war würben aud) bübfdjere 2Saren angefertigt in naturaliftifdjem ©enre, Blätter unb Blumen in oerfd)iebenfarbigem ©olb u. f. w., aber baS meifte war geprellt. 2lud) bie fourante emaillierte siöare war weber 5ierlid) nod) elegant, ©rofre emaillierte ornamentale Blattwerte auf jiemlid) plumpen, maffig mirfenben Unterlagen. $on föunftprobuften war feine ftiebe.

Qn ben 00er mad)te fid) eine Beübung beS ©e=

idjmacfeS jum Befferen bemerfbar. 3)od) nidjt nur in ben Streifen ber Bijouteriefäufer, fonbern aud) am s^lat$e felbft war bie Meinung feftftefjenb, bag feine montierte 2Bare nur in ^ariS unb allenfalls nod) in -ftauau gemad)t werben fönne.

3Hit bem ^atjrc 187 1 würbe eS aud) tjierin anberS. £oren* Biffinger war mol)l ber erfte ^forj^eimer Jabrifant, wetdjer mit £>ilfe feines tüchtigen 5?abinetmeifterS Unter@cfer bie erften montierten feinen Söaren anfertigen liejj. (Sin grojjeS Berbicnft um bie funftgemä&e i)iid)tung ber Bijouterie in ^for^eim gebüljrt aud) bem Jabrifanten Siebeupfeifer, ber als erfter feit ben 50er 3af)*en bem ftunftgewerbe burd) sIBort unb $fwt neue 2Bege anwies.

£ie montierte Söare faflte nad) unb nad) feften gufj, unb |eitl)er liefert ^for^eim unter fouranter uub mittelfeiner Arbeit aud) montierte Sdjmucfgegenjtänbe , wetd)e feineSmeg* fnuter ^arifer SBare $urücfftef)en.**)

*) im iog. atavenufiff, iiuiter 3d)tffabecfer'fd;e cdjulc. 3ic fertigten bic erften Karabiner }u .Uettcn-Mousquetons.

•*) £ie in ber vVfonl)etmev ^nbnftrie [jeindKiibc Jenben*,, fortnnibrenb Neue* ju bieten unb ftdj bem Heidjmactc jeber Nation onjupafien, ftet>t cinjia. bo unb bietet bie ftd;erfte (3e»<u)r für ifjre ^ulunft.

24G ©ntftebuna unb ©utroicflunfl ber SBijoutcricfabritation.

WH bem 9(uffommen biefer .jperftellung^roeife oerlor bcr Stahlgraoeur bie führenbe Stellung, meld)e er ^a^r^nte lang in ben sJ$for$f)eimcr Jobrifcn innegehabt hatte. Sott entfdjetbenbem unb nachhaltigem (Sinfluffe auf bie weitere (Sntmicflung mar bie 1874 gegrünbete ßunftgemerbefdjule, itr ber fiel) unter ber Seirung bc* uerbienten 2)ijeftor3 Saag unb ausgejeidjneter 2ef)rer in hingebenber Arbeit ein Stamm tüdjtiger Zeichner J)cranbÜbete, meld)e bie 9)htfter für bie ®efd)äfte entmerfen. JJti ber ©olb= fcf)miebSabteilung ber ©emerbefdjule merben bie Schüler befannt gemadjt mit bem allgemeinen ted)nifd)en betriebe ber ^nbuftrie. $iefe ftete Sdjulung in Theorie unb s]kari3, fortroährenb fjerau§= geforbert 511 neuer Arbeit unb Wnftrenguncj burd) bie auswärtige ft'onfurrenj, fyat es ber ^forjheimer ^nbuftrie ermöglicht, ihre heutige .fröhe unb allfeitige Slnerfeunung ju erreidjen.

Witt ber $ermenbung uerbefferter 9ftafd)ineu $ur ^erftellung ber billigen SBaren ift aud) eine erhebliche Üßermehnmg ber med)anifd)en ^Bcrfftätten eingetreten. früher mürben roofyl SBaljen, ^reffen, ftallmert'e unb 9lushauer bei ben ^forjheimer 9)ied)anifern gemacht ; ^Prä'jiftonSmafdjinen, menn je foldje gut Slnmenbung gelangten, mußten meift oon ausmärte bejogen merben. .peilte befinben fid) in ^forjheim eine ganje Slnjahl gut eingerid)teter med)anifd)er 3Berfftätten, unb ber SHedjanifer ift ber mid)tigfte ftaftor ber 33ijouterieiubuftrie gemorben.

©roße Aufregung mie bie Folge gezeigt hat, unnötige erregte anfangt beS Jahres 1*84 bie ^eiihSgefetjeSoorlage' über bie Ginführung eine* StaatSftemyelS für ©olb^ unb Silbermaren. $ie gefetjliche ^eftimmung über ben Feingehalt hat nicht nur feinen Sdjaben gebradjt, foubetn fie mar bas Littel, ba£ ba unb bort in§ Saufen geratene föenomme ber ^forsheimer 3nbatftrie mieber 31t heben unb ju befeftigen.

3u großer 93lüte gelangten feit ben 80er fahren bie $oublefabritation unb Öftamperien oon ©uftao 9iau unb Sriebrid) Kammern*. Diefelben haben mafd)inelle Einrichtungen uon größerem Umfange getroffen, um für bie ^Mjouteriefabrifanten fugenlofe, glatte unb gebrehte s3lohre (Gharniere), fomie fugenlofe .Hügeln unb töaofelu ju fabrizieren, ©leichjeitig liefern fte $oublepreffuugeu in jeber Regierung. Qu Anfang ber 90er ^ahre faub aud) bie ^abrit'ation oon ©lan^boublemaren (Mmerifaner ober ^arifer double) Gnugang (iHobi & ^Bienen» beiger). Sie loerben in foldjer ^ollfominenheit bergeftellt, baß bie ausrtänbifdje Äonfutrcnj bariu uoüftänbig oerbrängt ift. (Sbeufo hat bie Silberfdjmucfmaren^nbuftrie in ben legten fahren mieber einen neuen Xuftdpming genommen. (Sin neuer Slrtifel finb bie Sulamaren, meldje in SabafSbofen, Stocfgriffen k. jum iöerfauf t'ommen. (Jula ift fchmarj emailierteS Silber; fm*

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(Sntttefnuiß imb (Sntroirflunfl bct ^ijoutericfaluifatioii. 247

ben tarnen uon bec rufftfdjen Stabt £ula, rvo biefe SBaren jucrft gemadjt würben.) 2)ie Gmaiü'ematerei erfreut fief), ber berrfdjenben SJlobe entfpredjenb, einer lebhaften öefdjäftetija'tigfeit. Sie wirb feit 3 fahren von einem eigenen Sefjrer an ber ftunft= geroerbefdjule gelehrt, uub befajjt ftd) ijauptfädjlid) mit figürlicher Arbeit, als $ortraitt unb ^anofdjaften. #

$ie Crbensfabrif von .^>of juiueticr Ä. 3**. Zimmermann fertigt fett fahren Crbensjeicfjen für iöaben, Reffen, 9Jlecflenburg unb anbere beutfdje Staaten , ferner für bie lürfei unb für ^enesuela.

Qntereffant ift bie £f)atfad)e, baß ftd) in ben legten ^a^ren berjenige 3lrtife( mefjr unb mefjr einbürgert, mit welchem bie vßforjf)eimer 3nbuftrie begonnen hatte, nämlid) bie Uhrenfabrtfation. $ie cor einigen ^at)ren entftanbene Uhrengehäufe^abrifatiou hatte ben ^nfdjein, einer größeren ^ufunft entgegen 511 gehen unb bie amertfanifdje Honfurrenj uollig &u fd)lagen, neuerbiugs ift Sterin ein Stiüftanb unb teilroeifer sJiücfgang eingetreten.*)

*) ii>clrfK' ^oitfcftrittc bie ^nbuftric in ben legten ^«Ijren namentlid) gemadjt f)at, jeigt ein ^eridjt in Wo. 22 bes i'etp*. oournaW ber Wolbidjmiebffunü 1 185*9), worin aniafclid) ber Aufteilung jum 25jal)r. Jubiläum be* x.'cipjtger Munft- geioerbe« bie ^forjfjeimer (fbelmetallarbeiten fel)r fnmpatljifd) befprodjen mürben. Von ber Ilmtiadje auägefjcnb, baft gerabe bie bcntfdien (^olbfdjmiebc befonberö fpat erft ber fogeu. mobernen, beforatioen Jtunttrid)tung ftd) jugeioenbct unb bie erften Verfud)c aud) wenig befriebigenb ausgefallen tonren, fonftatiert ber Verfaffer beö 31rtiffl*, \>err C*far 3&efcl, baft Ijeute ber 3d)tnutf neubeutfdjen 3tils fid) beim (Molbfdjmieb, mie beim ^ubltfum (iingang ocridjnfft Ijabc; ber neue <>Jcfd)iuad bnbe and) bem 3d)inurf loieber ju größerer s-öcbeutung oer= tjolfen. Tie l'cip^ger »luaftcUung ^forjbeimer (irjeuetniffe neuerer :Hid)tung beioeife burd) bie Iljat, bafc gerabe ba« Material ber Wolbfduuiebc fd)on burd) feine otrultur unb bie warme (^cfdjmeibigfeit feiner Jarbemoirfung ungemein für bie Iebenäioafjre Wadjbilbung oon Vorbilbern au* ber Watur präbefttniert fei unb alle übrigen Hilfsmittel ber Xedmit ber (Molbfdumebcfunft bie Hot- bebingungen f)ierju nur oermeljren. Tie etüde feien burdnueg uon (ünftlcrifdjer Veftrebung, Vertiefung unb Öeeinflufiung gefdjaffene Munfttoerfc unb zeugten oon ber itod) oorljanbeuen fünftlcrifd)cn ^cfal)igung beutfdjcr Wolbfdjmiebe. Ter Verfafjcr gebt fobann bie ftutßettung im einzelnen burd) unb rül)mt in erfter Vinic bie Crntmürfe ber ,*yirma 2\.'ill). Stbfflcr; von benen er fagt, baft bie Skofdjcn im ntobemen 3til mit Vcnoenbung mehrfarbigen (^olbeo tuirflidje itnnfttoerfc uub namentlid) eine fold)e mit SJenufcung einee ^art aufgetragenen Crmaild. (^erabem entuidt ift ber Verfaffer oon einer (Sigarettenbofe mit Irmailucrsicrung. Tie reid)l)altige HoUeftion ber A»nna Vottiö A-ief?ler & iSo. von ikofd)cn mit in C.uatrecoulouro mit Silber üet\icrtcn ^tlan^enornamenten ijn xVigenbftil, bie in 3lltgolb audgeffl^rten Hinge oon a. Hialjla, bie ^rofdjen mit NJÄotioen au« bem Iier= unb ^flanjenreid) oon sli». Aeud)t i^v t>i« <sHirteb fd)nallen oon Ib,. ,"yranf, bie Winge, tkoföen unb Armringe oon SD. iücber unb bie 4irofd)e oon StUlb & (io. toerben famt unb foRbtrfl rubmenb genannt. Ten brei von cilbereifen auSgefteüteu Wegenftanben, «Hnbanger, ^rofdje unb tliabcl, bie unjeree tlUffcnS fd)on im Ijiefigcn Slunftgetoerbcmufeum vi fetjen gejoefen, loirb befonbere« vob gefpenbet. Vom cdjimid ^um Mleingcrätc führte bie «udfteUung oon V. Muppenljeim, ber mit Würtelfdjnallctt, Reinen Vafen unb Tojcn mit (jmailmalerei im 3)tünd)cner cejeffiouöftil oorjüglid)

248 @ntfte&UHß uub (Sutroietlung ber ©ijouteriefabrtfation.

Wit ber jU6rit$}rit hielt man eS in früheren 3«hwn nidjt fo genau wie jefct, ba man meift Stunbenarbeit tjat unb mit bem Wocfenfdjlag anfängt unb aufhört. 3 m hinter mürbe früher morgens mit bem „^ellmerben" angefangen, (bie uralte piaFtifdje iKegel beberzigenb, „wenn man eines Kellers Gepräge erfennen fann") uub zählte* bann bie Sageszeit bis 7 Uhr abenbs. 3m Sommer mar llftünbige Arbeitszeit uon morgens bis 12 Ut)v unb oon 1 bt§ 6 Uhr. drängte bie Arbeit, fo fing man im Sommer morgend um 5 Uhr an unb arbeitete bis abenbs 8 Ut)r. 3m hinter mürbe Samstag abenbs nid)t bei £id)t gearbeitet. Sommers mürbe oom ftommiffionär aud) ber ftaffee, alfo bas Jyrühftücf, in bie Jyabrif abgeholt. So oerblicb es mit ber Arbeitszeit oielc 3af)rsel)iite Ijijiburd).

3m 3afyre IH'M) mürbe erftmalS ber ^erfud) gemad)t, an ber beftebenbcn Arbeitszeit zu rütteln. @S mirb behauptet, bie Arbeiter hätten bie Arbeitszeit türjen unb bie 5flfrrifanten biefelbe gleichzeitig oerlängeru mollen. $a eS an geregelten gemeinfamen s^erhaublungen fehlte, fo tarn es am 1. ifflai 1839 ju einem lumult, melier beute uod) unter bem Namen o l b f d) m i e b s= reuolution" befanut ift.

3ie Sabrilauteu hatten ein ,,9iegulatio" bruefen laffen unb hängten basfelbe in beu Arbeitsräumen auf. Sarin heifjt es in ber Einleitung:

„Um bie iKegelmäßigfeit in beu gabrifehmdjtungen $u befefttgen unb bie 0)lcid)förmigt'eit in beufelben herjuftcllen, Zugleid) aber aud) oerfdjiebemm alten, ber jctjtgcti #eit feines* megs mehr anpaffeubeu Wifjbräudjen ju beguen, merben nad) reiflicher lleberlegung folgenbe, auf gegenfeitige ^öilligfeit unb iHedjt gegrünbetc Skfitmmungen eingeführt uub feftgejeijt:

§ 11. Sie Arbeitszeit ift unb bleibtauf 11 Stunben au jebem 3Bcrftag beftimmt, mit Ausnahme bes Samstags, au melchem eine l)atbe Stunbe früher aufgehört mirb."

3u oier weiteren Paragraphen war bie Arbeitszeit Sommers unb Linters genau umfehrieben. Jür bie ^Sintcrtagc, alfo für bie Monate Cf tober, Üiouember, Dezember, Januar, Jebruar unb ^lärz galt bie s33eftimmuug :

vertreten ivar, iva!)venb Limmer \ :Hicttj mit einigen tünftleriid) ausgeführten Sabotieren angeführt üub. ;}um 3rtilufs gebenft ber Slrtifel mit lebhafter iHuerfenunug noch t>er von Marl Teibcle & lio. gelieferten filbernen $afcn unb Meldjc unb" einiger Miniatur 3tanbnbreu mit 'crmnilmalerei unb Wolbarbeit^ vcrjicning uon Mau «Sc eteinmener hier. Irr ciblicft in ber SlueftcUung ben ^eioei«, ban aud) in ber Hleinfunft be* Wolbidjinieb* nunmehr ba« rid)tigc $erftänbni« für bie am]cbrod)enc ,Hunftevod)e uorlmnben unb fie auf bem befteu ^ege fei, bem gefantteu Heraerbe ein neue* l'eben unb bem ^ublifum ein bercdjtiijtc* ^ntercfjc bafür etnjutjauajen.

ßntftebuufl Isafe (Sntrotcf ttniö ber iBijouteriefabrifation. 249

„Sßon 7 Ut)v morgens bis 7 Uhr abeubs. 3)es 9(beubs, folange es nötig ift, bei brennenben Sampen. ^es Borgens werben biefe niemals angejüubet, fonbern bie Arbeit mir nad) Maßgabe bes 2ageSlid)ts begonnen, hingegen wirb Samstags nur bis tjafb fteben Utjr fortgearbeitet." ^ebenfalls mar biefer le^te s£affuS non ber Samstagsarbeit bis 1 ,7 llt)r bie Urfadje bes Streites, $om 1. Üttai ab legten bie Arbeiter bie Arbeit uieber nnb (triften. NJiad)mittags jogeu fic in Zntppft nad) SBeifjenftein unb teerten abenbs gefd)loffen nad) ber Stabt fturücf. $or SBencfifer's gähnt" brachten fic .£>od)rufe aus, roeil man bort alles beim alten gelaffen hotte. $or anberen gabrifen gab eS bagegen meniger fdjöne Sjenen. 3Hittlermeile mar ber immer größer merbenbe Raufen beim 5tnbrud) ber 3)unfelheit in ber Sörötjinger s43orftabt angelangt. $ie Unbefonnenljeit eines (Sinjelnen gab bas Signal ju ©ematttl)ätigfeiten. sJtad)bem ein ©enbarm bie Wenge wer- geblid) jmn Sluseinanbergeheu aufgeforbert tjatte, gab er mit feinem i)ienftgeroet)r über bie ftöpfe ber lumultuanten fjinmeg einen Sd)recffd)uf3 ab. $er töenbarm mufete feine iluoorfidjtigfeit fdjroer büfjen ; er mürbe gepaeft, burcfygeprügelt unb fein ©eroehr zertrümmert. sJlun flogen aud) fdjmere sPflafterfteine gegen bas $ennig'fd)e £aus. einer foll burdjs Jyenfter in bie |um ©lücf leere ßinberroiege gefdjleubert morben fein.*) 3)er Tumult jog fid) oon gabrif Jyabrif. Cberamtmanu Deimling t)atte in ber 9iad)t nod) nad) Karlsruhe berid)tet. 31 m anbern borgen famen Dragoner unb [teilten bie ^Huhe mieber Ijcr. 33on ber Jafyrt §urücffel)renbe 5tö(jer, meld)e oon Arbeitern im Ocbfen mit Söein regaliert mürben, glaubten gegen bie Dragoner mit ifjren Stangen crfolgreid) auftreten 511 tonnen, aber eS befam iljuen übel. 2ÜS „SHäbelSführer" mürben ber ©raoeut s*8ud)ele unb ber fpätere gabrifant Miller, genannt „^orar^JJliller'', bejeidjnet.

®S mürben oiele "öerhaftungen oorgenommen unb bie fremben Arbeiter nad) bamaliger Sitte turjmeg über bie Sanbes-- grenje abgefdjoben. 3lud) ^ftorit} ÜDiüÜer mürbe oon biefem Sd)icffaf betroffen; er begab fid) nad) £anau, fefyrte aber balb mieber nad) s]3forjf)eim jurfief.

(Stlidje Jage mürben bie 3öirtsf)ä'ufer früher rote fonft gefdjloffen unb mancher erhielt (Gelegenheit, hinter bieten dauern über ben ©eltlauf nadjsubenfen. $cn gabrifanten mürbe jmar oom Cberamt unb ber Regierung ifjr Vorgehen mit bem iHegulatio übel oermerft ; allein eS blieb bei iljren 6ntfd)tiejmugeu,

*) Wenn ipatcr du Arbeiter bei jtabrifant ^eimux ii>orfd>nfs ucrlangte, bann jeigte er tb,m ftillfduueigcnb ben fiftaßerßein, rocldjen er alä traurige Erinnerung an bie (yolbid)mieb$reoolution oiele ^aljre aufberoa^rte.

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250 ©ntftebuncj unb ©ntroicfluiifl bcr 'iBtiouteriefabritation.

bis im hinter 1860 70 uom ÜBorftanb beS ©emerfoereinS $er= fyanblungen mit ber £>anbelSfammer gepflogen mürben über bie SHegulieruug bcr Arbeitszeit, refp. jur Üinfüfyrung beS lOftüubigcn Arbeitstages. Die s.Berf)anblungen führten ju feinem rechten (5ube, bis enb(id) anfangs 3JMrj 1870 oon gabrifanten unb Arbeitern (Nittum) eine neue Vereinbarung getroffen murbc. Die .jpauptbeftimmungen befagen, baß ber Arbeitstag 10 Stuuben l)abe, baß aber 8amStagS nur 0' , Stuuben gearbeitet werben füllte, unb baß ber ßommiffionär an falben Dagen oon nur 4 Stuuben fein SBefper rjolen bürfe. £et>tereS traf aud) auf bie SBinteroormittage 31t, an melden erft um 8 Ufjr angefangen mürbe.

3m legten ^abrjefmt f)üben ber flotte ©efdjäftSgang unb ber Arbeitermangel eS nötig gemadjt, baß in beu meiften Jabrifen mit Ueberftunbeu gearbeitet werben mußte: bie Arbeiter baben bagegen um fo weniger einsumenben, als fie fid) finanziell meift redjt gut babei fteüen.

Die Art ber ^Jefcuditung war bis jum Qaljre 1854, ba baS ©aSwerf errietet würbe, eine fein* primitioe, unb ältere Arbeiter erinnern fiel) nur mit (brauen ber trübe brennenben, oft randjenben, weißbledjernen Cellampen, weld)c am Abenb auf bie V-I8erfbrettcr geftellt würben. Unb eS war nid)t einmal ba3 fjellbrenueube (Srböl ; beun baoon mußte man bamalS nod) nid)tS : man brannte fettes, übelriedjenbeS, raud)enbeS $HepSöl. Damit würbe aud) gelötet. Auf ben s&Wrfbrettern ftanben feine £öt= lampen, mojil aber neben ber (Sffe mit einem ^iaudjabjmg nach bem ftamin. ©aS* unb eleftrifdjeS 2id)t finb für bie gabrifen gegenüber bem früheren Cellicfjt unb ber Dellöterei eine große feoljlt^at geworben.

Die neuefte £ötmeife, patentiert oon Sorenj Ofl. u. 0- ^«"Ö Vertreter) geftattet beu med)anifd)en Suftjutritt in jeber Ställe, fo baß ber Arbeiter obne alle ©efatjr für bie ®efunbt)cit biefeS @cfd)äft beforgen fann.

lieber bie ^öönc in ben 20er 3'<*()ren beS abgelaufenen 3af)rf)uubertS läßt fid) nidjtS SidjereS ermitteln. Die 2enr$eit war in ben 30er ^afyren fed)Sjät)rige, ber £el)rlingSlobu betrug im 1. ^atjre 1 ©ulben <> ftreujer unb würbe alljäbrlid) an Cftern um ftreujer aufgebeffert, fo baß ber junge 3Rauu im 6. Otofyre l (Bulben 3G ftreu&er oerbiente. Arbeiter oerbienten 7, 8 unb aud) 9 ©ulben in ber 3öod)e, eine ^oliffeuje 4, 4' , unb wenn fie befonberS tüdjtig war, 5 (Bulben. A)n ben oierjiger ^aftren erlitten bieje Söfjne infolge ber allgemeinen ©efdjäfts* ftoefung jeitweife fogar nod) eine $erabminberung Die furje ©lanzperiobe bcr fünfjiger ^a^re ergab eine namhafte £of)n*

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©ntftebunn uub (Sntmicfluita bet iBiiouteriefabrifatiou. 251

fteigerung, fo baß mancher ©olbfcbmieb 12 uub 13 (Bulben, ein tüd)tigcr ©olbgraoeur 14, 15 unb IG Bulben Hl bei" s4Sod)e oer- biente. JJn bcr Xoubtebrandje ift oielfad) anfteüe bes ©tunben* lof)ne§ bic Mfforbarbeit getreten.

$ie Sebrjeit bauerte nur nod) 5 3af>re (neuerbings ift biefelbe auf 4 3af>re feftgefefct). dagegen oerblieb bev 2InfangMof)n ber 2e$t- linge auf 1 ©ulben <> Streuer, wäbrenb bie Qulagen in ben legten Sehr jähren oon 6 auf 12 ftreujer erhöbt würben, woburd) fid) ber Sohn am dnbe ber Sebräeit auf 1 ©ulben 48 ^reujer belief. $11$ im 3at)re 1876 an oteüe ber ©ulbenwäbrung ba§ Waxh fi)ftem eingeführt mürbe, fiel aud) ber langjährige Streit hinweg, ob bie 10 ober bie 8 Stunbenarbeit bie künftigere unb jwecf= mäßigere (Einrichtung fei, inbem man bas Uebereintommen traf, ben Sohn nad) ber Stunbenjabl 51t bemeffen. ^eoe feitfjerigc «frauffeperiobe brad)te eine Sol)nerböbung mit fid), unb roenn bie Söhne aud) mit ber Grifts ber 70er Satire rapib abmärtö gegangen finb, fo mar bieS infofern nur eine uorübergef)enöe (Srfdjeinung, al§ fte bei mieber eintretendem befferem ©efd)äfts= gang fid) höher ftellten, als fie je juoor ftanben. So waten biefelbeu am (Snbe be§ ^abrbunberts bei bem weiblichen Arbeits* perfonal, an bem fid) ein großer Langel fühlbar mad)te, be= jonbcr3 in ber unäd)ten Vrandje um 50 so Sßrojent höher als in ben 80er Stabren. (Sin Sebrling erhält bei feinem Gintritt gleid) 4,50 9JU. bis 5 3JH. Sohn, alfo weit mehr, al§ er einft am (Sube ber Sefjre erhielt. silud) bie Sohne ber Arbeiter haben an biefer allgemeinen Sobnfteigerung teilgenommen, wenn aud) nicht in bemfelben großen Verhältnis, Vefonbers müffen für einigermaßen gefcf)itfte Silberarbeiter, ©raoeure, Gifeleure uub Raffer Söhne angelegt werben, bereu tööbc nur baburd) erflärlid) ift, baß mit bem in ben letzen O^b^n ftavf gewadjfenen Arbeiter* ftanb bie Zunahme ber Sehrtinge nidjt gleichen Sdjritt hielt.

25ie erfte ArBctterfürforgc ging oon ben Arbeitern felbft aus. 3m O^bre 1835 würben in 35 Paragraphen bie Statuten niebergelegt §ur ©rünbung eines „Verein pfor^ Reimer © 0 1 b a r b e i t e r 9 11 gegenfettiger Unter- ft ü P> u n g in Iran flj einfalle n". Ulbev bie Beteiligung an bem Verein war burdjau* feine fo rege, wie man gehofft hatte. $ie Statuten, bie 1842") neu redigiert würben unb 1H44 einige SHobififationen erhielten, waren 1855 nod) in (Geltung. 3n einem Veridjt bes ©roßb. Cberamt* (Jved)t) 00m 2. gebruar 1855 wirb bie ©rftnbung eines allgemeinen „A}tlf§* uub

•) Jie Senoaliung beftanb nu* bem Sotftanb Sdiober, bem Scfretäi Gräting unb bem Mafftec (Sberlmrbt. Xic ShisidmfemitgUeber tvaren : Jvricbrid) t'etbbranb, (Sf;r. SRaier, >f>. Keljrer, >l). flöfmi, irrnft >ler, ttbolf ^arncef, äfttyebn Voller, ti^rift. ßrimm, X. edmeiber, #rieb. Angler, Jriebr. -verrc.

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252 (Entftcbunfl unb ©ntioicfluna ber $ijouteriefabrifation.

Älter**Unterftüfcung«ifonb$ ber VJJ f o r $ h e i m c r © o l b a v b e i t e r" in Betracht gebogen. 3n benjenigen Greifen ber Stabt, meldje in bereu ftauutgewerbe Wahrung unb Sobl- ftanb fanben, trug man fid) lange mit bem (^ebanfeu, burd) ^ilbimg eines foldjen s4krein§ ober (Stiftung eineS Jonbs bie Littel aufzubringen, um bem unbefdjolteueu, fleißigen Jyabrif* arbeiter für bie Jage bes Alters unb ber s2lrbeitsunfäbigfeit, foroie für bie x^eit unuerbienter 3lrbeitslofigfeit .fctlfe unb Unter- ftütjung |U gewähren. Bor Ghünbung bes Vereins gab es ^uirjetlen ^abrifanten, welche in adjtensmerter pietät alten, brauen Arbeitern fort unb fort Berbienft gemährten, wäbrenb biefelben längft arbeitsunfähig waren, (fs gab aber aud) fiiiiit, unb leiber waren foldje nidjt feiten, baß berartige Arbeiter, bie jahrelang treue £ienfte geteiftet, im s2llter ber tiefften silrmut uerfieleiC unb es mar jebenfalls bis jetjt feine fidjere Garantie uortjanben, baft ber Arbeiter, ber burd) irgeub ein Unglücf uor ber ^}eit arbeitsunfähig geworben, uid)t sJlot unb Sfanut pi ermarten hatte. sMit Jyreube begrüßte man ben ©ebanfen, burd) Stiftung eines fold)en mol)ltl)ätigen Vereins bem Arbeiter bie fidjere 9lusjid)t \\i geben, bafi er für ben Jall ber $lrbeits= unfätjigfeit, burd) Hilter, ftranfheit ober Unglücf uid)t ber öffent* lid)en 3)lilbthätigfeit überlaffen fei, fonbern oielmehr bie 3)1 öa,* lid)feit habe, .ftilfe unb Untcrftütjung §u finben, fofern er ftd) als reblid) unb fleißig bewährte. sMerbings lag aud) bie ©e« fürdjtung nahe, baft burd) eine foldje Einrichtung, weil fie eben eine fidiere 2lusfid)t für bie Reiten ber JJlot bot, bem Arbeiter Ginfchräufung unb Sparfamfeit in guten Reiten uid)t mehr nötig erscheinen (äffe. Wber man hoffte burd) bas rid)tige flRafj in ben Unterftü^uugeu, fomie eines hierauf bezüglichen Paragraphen im Statut, biefen Uebelftanb |U befeitigen. UeberbieS glaubte man biefen Wadjteil burd) bie Vorteile ber @inrid)tung auf* gewogen, baß man ,rben sJieib }U milbern ober §u befeitigen hoffte, meldjeu bie Umfturjpartei in fluger Beredjnung in bie arbeitenbe Stlaffe gefd)leubert", eben baburd), baj? fid) ber Be- fitjenbe nad) sJWöglid)feit ber 9lot be3 Arbeiters annehme. sMan befdjränfte inbes bie $nlfe nid)t blos auf bie 5lrbcitsunfähigfeit, man ging uod) einen 3d)ritt weiter unb fidjerte aud) für ben Aalt unuerbienter ^Irbeitsloftgfeit -pilfe 511. $erabe bie Bijouterien fabrifation ift uielen Gmtwirtungen ausgefetjt, welche bas uolitifdje ober bas £>anbelsleben mit fid) bringen, wie ja fd)on Öfters oöllige Stocfungen eintraten infolge oou .Kriegen im Sluslanb ufw. Solange bic <5nbuftvie ihre Arbeiter aus bem ^luslaube be^og, wie früher ber Ja II war, tonnten fold)e Stocfungen ohne ©efährbung für bie C^emeiube überwunben werben, ba bann bie meiften ber arbeitslofen Arbeiter Stabt unb Umgegenb oerliefjen,

tttttftefonfl unb (£ntroicflima Der SBijonteriefabrifation. 253

um fid) anber^roo Arbeit ju fudjen ober uad) §aufe jurücf- Sitfebren. 9lad)bem abev bie "SMjouteriefabrifation met)v unb metjv neimiirf) muvbe unb ipve Arbeiter norjugSmeife in ber Stabt fclbft ober in benachbarten Banbgemeinbeu fanb, bradjte eine ©efd)äft3ftocfung bie fdjroerften Wadjteile für bie ©emeinbe. v^eld) fdjmere Opfer mußten biefc uub ^riuatc bringen, um bie großen Summen, meldje im Sabve 1848 jur Unterftütjung unb ^Befdjäftigung ber arbeitslofen ^Bijoutiers uermenbet mürben, auf* zubringen ! 33ürgermeifter ^errenncr > beffen £f)ätigfeit unb ltmfid)t bie größte 3(nerfennung uerbient, faßte and) bie Statuten (yi biefem ^nftitut ab. Ter ©runbftocf be§ Jyonbs mürbe au* Sdjenfungen unb s4Bod)enbeiträgcn ber gabritanten unb Arbeiter, ben (£intritt$gelbern unb benjenigen Strafbeträgen gebilbet, bie nacl) fcer gabriforbnung bem gonbs jmgemiefen mürben. Tie Beiträge beftanben für ben gabrifauteu in mödjentlid) 1 ftrenjer für jeben Arbeiter, für biefe in 2 Streuern.

Sobalb ba* ©runbftocfsfavital 20 000 ©ulben betrug, füllten bie Linien barauS, aud) fomeit nötig, bie wöchentlichen Beiträge ber gabrifauteu unb Arbeiter jur Unterfiütjung für unoerfchulbete Sirbeitöloftgfeit, fobalb foldje 6 sJBod)en überftieg, fomie in gälten ber 9lrbeitsunfäbigfeit , infofern foldje ohne eigenes sI>erjd)iilben bes Arbeiters eintrat, uermenbet werben. Tie ©röße ber Unterftütmngen foüte uad) 10 uerfdjtebenen SUaffen möd)entlid) ämifdjen 30 ft'reu$er unb 4 ©ulben betragen. Sd)led)t beteumunbete, unrcblid)e Arbeiter, foroie Sluslänber Ratten feinen ^lufprud). Ter gonbs als ein ^nftitut ^forjbeims follte junädjft unter Leitung eines ^>ermaltnngSrates, fomie eines "2luSfd)uffes beftetien, meldjen gabrifauteu unb Arbeiter roäbltcu unb beffeu midjtigften gunftionäre oon ber Regierung beftätigt mürben Tie meitere 9luf]id)t foüte bem ©emeiuberat übertragen merben. Ter ©runbftocf follte nur in außeroroeutlidjen gällen bi§ jm 1 , mit Genehmigung ber Staatsbel)örbe angegriffen merben.

Schon' im ^abre 1851 mürbe ein Kapital oon 1000 ©ulben burd) Stanfmann Bubroig Wagner uub ©raoeur SÖilf). Wagner }ttm Slnbenfen ihres uerftorbenen 33ruberS .^einrieb, Wagner für biefen gonbs geftiftet. ^lußerbem mußte man, baß, fobalb bie Stiftung bie erforberlidje StaatSgenebmigung hatte, biefer nicht nnbebeutenbe Sdjenfungen burd) einige ber größeren gabrit'en AiigefteUt mürben, gerner ergaben bie s-iHod)enbeiträge ein gau,^ bübfebes Sümmdieu für ben ©runbftocf. 3n bell elften fünf 3al)ren follten 5U ©unften besfetbeu für Srbeitsiinfäbigfeit feine Unter* ftütjungen gemährt merben. Tie öei jiehung oon Bein lingen bei ihrem Eintritt in bie Mrbeiterffaffc follte ftatntenmäßigfeftgefe^t merben, ba biefen nunmehr bie Vorteile bes gonbs eröffnet unirben. $Jei türjeren Stranfheitsjeiten, b. h- meniger als sBod)en, mußte fid) ber Arbeiter

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254 (Sntftcbunfl unb (Sntwicfluna ber $iiouteriefabritation.

felbft Reifen mit feinen in gefunben Sagen gemadjten Erfpar; niffen. Anbers aber im galle ber Arbeitsunfähigfeit burd) ftranfheit ober Unglücf, wo fd)on buvd) bie Urfadje ber Arbeite unfäf)igfeit in ber töegel bie erfparten Littel aufgekehrt werben ; hier follte fofort Abhilfe gebracht werben Auswärtige waren vom gonbS auSgefdjloffen, unb jroar besbalb, weil bie armen württembergifd)en Crte fdjon bamott it)r Proletariat nad) pfora» beim fdjictten, unb weit man befürchtete, burd) @infd)lujj ber fremben Arbeiter ben -Bujug nad) ^forjtjeim nod) 51t oergröjjern. 3nbeffen 50g man bie gremben bennod) juv ;}ar)lung ber Söodjen^ beitrage t)eran nad) bein etwas eigentümlichen ©runbfatj :

„s-lBer feinen fdjönen Üotjn in pforjheim oerbient, barf fid) auch jur (Erlegung einer £are ju (fünften ber einheimifdjen Arbeiter herbcilaffen ; wem foldjeS nid)t paßt, ber tarnt gehen!"

Die iHegierung gab in einem sJteffript oam 25. April 1855 ber Befürchtung AuSbruct, bafc burd) ©rünbuna. eines foldjeu ArbciterhilfSfonbS, welcher burd) (Einlagen unb Bei* träge oon Arbeitern gebilbet werbe unb burd) ben ihnen jugeficherten Anteil an ber Verwaltung unb ber Berwenbung feiner Erträgniffe ohne gleid)seitige Aufftd)t unb (Sinwirfuug ber Staat$bet)örbe eine Korporation gefd)affen werbe, welche nach ^rcn Statuten auf breitefter bemotratifd)er BajiS beruhe, kleben bem ftorpSgeift werbe auch Dev ftorpStrotj gepflegt, ber um fo bebenflid)er werben tönne, als. er im ernftlichen ftollijftonSfall oon arbeitSrüftigen gäuften unterftü^t werbe, unb jumal unter biefen Arbeitern teilte auS aller Herren Räuber feien. AuS ben TOtgliebern beS AuSfd)uffeS unb Ber» maltungSrateS, weld)e aus ber Glitte ber Arbeiter gewählt, beren Vertrauen genöffen, fönnten leidjt in politifd) trüben Reiten iHebner bei politifdjen Beratungen unb gül)rer oon $emon= fkrattonen erftehen ober auch Ratgeber unb Anftifter bei Streitig-- feiten mit ben gabrifberren. 2>aS burd)müf)lte (Snglanb ftelje als warnenbeS Beifpiel in biefev Beziehung oor Augen. 3Wan habe früher bie ©efeüeninnungen unb ©efellenlaben aufgehoben, unb jwar mit gutem >Kecf)t infolge oielfadjer unangenehmer Er- fahrungen, ©er fönnte oerhütcn, bajj bei Berfammlungen mehr beraten würbe als bie Angelegenheiten beS $)ilf§f onbS ? Aud) in öfouomijdjer Begehung fei bie Anfammlung oon (Srfparniffen für. jeben einzelnen Arbeiter ju feiner eigenen £>ilfe in ^lotfällen ber ©rünbung eines gemeinsamen UnterftütwugSfapitalS oorju* Riehen. $m elfteren Salle wiffe ber Arbeiter, für wen er fpare unb jurücflege, er forge für feine tfufunft. im anbern galle tönne bei ihm ber (Gebaute nicht ausbleiben, baf? er für Anbete, jumteil in fpäteren fahren (Sintretenbe einlegen müffe, unb baft er nur bann oon ber Einlage Pütjen habe, wenn er fid) traut

(fcntftebung unb ©ntroicfiunfl ber «iiouteriefabrifation. 255

melbe ober arbeitslos werbe. (Snblid) fei eS eine allgemeine (£rfal)iung, bafc reiche UnterftütyungSfonbS nid)t wenige ber ba3u ^Berufenen leid)tftnnig imb träge madje. (£S mürbe genügen, befdjränfte man bie 33orforgeL für bie Jyabrifavbcttev auf bie bereite beftetjenben Syarbüd)er.

9JJan ftebt auS bem SJorftefjenben, mie ängftlid) unb futt» fid)tig bamalS bie Regierung berartige tief ins fojiale unb mirtfdjaftlidje hieben einfcfyneibenbe fragen ju befjanbelu pflegte. 2)aS mar ber (Seift ber SHeaftion, bie traurige sJtod)mirfuug ber üßolfSert)ebung t>on 1848 49. s-öMe gan$ anberS beurteilte ber politifd) als erjreaftionär bejeidjnete bamalige Oberamtmann Jyedjt bie grage ber 9lrbetterfürforge. $3et all feiner fünftigen Strutge uerbanb er mit einem meitfdjaueubeu 53üct ein ttareS s-ßerftänbniS für bie 93ebürfniffe ber $eit unb ein marmeS (Smpfiuben für baS arbeitenbe 93olf. s2Bie red)t er tyatte, unb mie fd)led)t bie ftreiSregierung beraten mar, baS l)at bie ^ufunft gelehrt in bem „burd)mü()tten" (Snglanb unb bei uns, mo feine 3bee für bie ftaatlidje ^rbeiterfürforge burd) bie fokale (Sefefcgebung jumteil in bie ^rariS umgefe^t finb. 2)er UnterftütjungS; verein für bie (Solbfdjmiebe blieb auri) oljne ftaatlidje Unter» ftü^ung befielen unb ftiftete bis auf ben heutigen £ag oiel Segen.*)

(£nbe 2luguft 1853 mürbe ben gabrifanten ber fefjr umfaffenbe erftc Entwurf einer gabriforbuung vorgelegt, ben ber bamalige Cberbürgermeifter 3evrc"wr niit oielem gleifj unb großer Umjidjt ausgearbeitet t)atte. $)k mannigfadjen $er* jmeigungen ber gerabe bamalS in fjofjem 2luffd)mung begriffenen gabrifinbuftrie madjteu bei 3luSarbeituug ber iJerorbnung nidjt unerr)eblid)e Sdjmierigteiten, $umal ba man beftrebt mar, biefelbe in dinflang |u bringen mit ben Statuten beS UnterftütjungS* Vereins.

2lm 28. gebruar 1857 mürbe aflintfteriatrat Jiefer uom ©rofeb. 3Jhnifterium aufgeforbert, nad) NVfor^eim $u reifen unb bafelbft 51t erörtern, mie für Äoft unb v4öol)nung, fomie für llebermadjung ber gabriflet)rlinge geforgt merbe, unb falls biefe ungenügenb erfdjeine, nad) sBenel)men mit bem geiftlidjen unb meltlidjen CrtSuorftaube, bem gabrift'omitee unb einftdjtSoollen Jyabrifanten, fomie bem (Sroftf). Oberamte s-i>orfd)läge $11 madjen, mie bie malgenommenen TOjjftänbe 511 befeitigen fein mödjten. s3luS biefeu (£rt)ebungen ift ^u entnehmen, baß bie $abl ber mäunlidjen 'Bijouteriearbeiter am 20. s)Mv^ 1857 = 18) G betrug,

*) Seit irinfüfjrung ber nniaien Wcfejjgebung bat bie Oiolbfdnnieb«: franfenfüffe von ^at)r \u ^afjr ntefjr tf)re eiuftige ^ebeutunq nerloren. 3>ie= felbc erbebt feilbeut feine beitrage meljx unb ift in ber iHuflofung begriffen, beftonben im ganjen JÖejir! nod) 23 freie $ilf#faffem

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I

256 ©ntftebunfl unb (£ntroidluna bcr $iioutettefabritation.

bie 3^t)l ber weiblichen 735, bie $al)l bcr männlichen Seljrlinge

2048, bic bev weiblichen 742, jufammen 5341

baoon wolmten in ^for^eim 3G34

außerhalb 1707.

sJlad) 3(eußcrung bcr Jabrifanten war aber bas 93ebüvfni§ bamtt nod) nidjt gebeert, unb es wuvben bei bev gvoßen Xufr> bcfynung bev gabrifation nod) immer roeiteve Ivbeitstväfte ju gewinnen gefudjt. 3)ie öetjrlinge, weldje uirfjt bei (Sltevn obev ittevwanbtcn wotmten, waven gan* fid) felbft übevtaffen. Sie wählten ihre Sd)lafftätteu felbft unb mußten fid) aus bem gevingen s2öod)enlofm oon 1 (Bulben unb einigen ftveujevn £vinfgelb felbft bef öftigen. sJlad) bev Sd)itlentlaffung im 13. unb 14. Gebens- jnljre famen oiele bcvfelben au« entfevnten ©cgenben Gabens unb UBüvttembevgs in bie Jabvifen als ftinbev büvftigev, oft fyavtev (Sltevn, welchen fie nod) einen Xeil ihres ^erbienfteS am Sdjluffe bev 4Bod)e bvingen obev fdjicfen mußten. Qfot tfofjn ftanb mit beu ^ebenSmittelureifen in feinem Verhältnis. 3hre tägliche Wahrung mar meiftcns s3kot, im Sommer Cbft. 3>rei unb oier fdjliefen oft in einem ^öette untev bem Sadje unb in Stall- gebäuben, nur wenige in etwas gefd)loffenen i)ad)väumen. $ie Scl)lafftätten mürben oolijeilid) nicht überwadjt. W\d)t für alle war geforgt, baß fie in ftranfheitsfälleu Untevfunft im ftäbt. Spital evtiielten ; um ihre fittlid)e Jüfjvung unb leiblidje Pflege flimmerte fid) niemanb. $ie £ehr&eit bauerte 5 6 3al)ve. ^Bci bev Arbeitsteilung abev war ein nuv einigermaßen befähigter Beinling in nid)t fefyr langet Qeit ausgebilbet unb erfetjte fobann bem gabrit'hcrrn einen Arbeiter. £ies füt)vte bahin, baß immev mel)v Lehrlinge unb befto menigev Arbeitet eingeftellt würben, weil bic l'öfme letzterer fet)v bebeutenb waren. 3>ie golge baoon war, baß mit bev Qnt bie große ÜHaffe bev jungen Seute, bie aus bev 2el)ve tvaten, bvotloS nmvben obev auswärts Untevfunft iurijen mußten. ©ei biefen 3uftänben abev waren gabrifarbeiter, Lehrlinge, bereu gamilien, bie ©emeinbe, ber Staat unb bie gabrifation felbft oon großen Gefahren bebroht. £ie uächfte s^flid)t nur gürforge obiag oor allem ben gabrifanten ; biefe aber lehnten mit wenigen Ausnahmen ein berartigeS Anjinneu runbweg ab. ds mußte baljer eine $wangsweife gürforge ein- treten, bereu gorberungen in Verorbnuugen niebergelegt würben, bie burd) bas Oberamt bem gabrift'omitcc unterbreitet werben mußten. Neffen (Srflärung würbe entgegengenommen, -w ber bann bas Cberamt baS eigene (Gutachten fügte unb bem SWintfterium jur weiteren (Sntfchcibung oorlegte. ias £ebrlings= uumefen nahm inbeffen immer mein* überhanb, fo baß am 2G. 9Jiai 1857 bas ^forjl)eimer Oberamt bie s2kfürd)tung ausfurad), baß bic ^at)l ber Lehrlinge im üaufe bes ^afjres auf mehrere Rimbert

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©ntftcbunfl unb Sntroictluna ber SBijouteriefabrifation. 257

anmad)fen würbe. ^Bürttemberg, bis fyinauf nad) SubwigSburg, ärmere ©emeinben be§ 9Jhirgtf)ale§, bie ©egenb von sJld)ern, bie 5lemter (Sinsheim unb 9JJo3bad) fanbteu ifyre ärmeren Knaben 51t $ufeeitben nad) ^forj^etm, um fie in ber Bijouterie unter* Hilbringen.

Nebenbei trat eine förmlidje 2Bof)mina3not ein, ba bei biefem fteten ^uftrömen alle bi§poniblen Zäunte rafd) gefüllt waren oon auswärtigen Arbeitern unb #el)rlingen. 2)esljalb mufjte ba3 Oberamt bie 2lu§füf)rung ber Berorbniing oorerft auf bie jüngeren Oaljrgänge 1855/56 befdjränfeu. $ie älteren aber uon 1853—54 nad) ber früheren Orbnung befyanbeln. $>ie Stiftungen, meiere nad) bem elften BerorbnungSentwurf ben gabrifbefiljern bejüglid) iljrer fiefyrlinge auferlegt werben fällten, waren ein geringer (Srfatj ber (Sinbufje, weldje bie Setzlinge infolge ber Ablief) geworbenen langen £ef)r$eit erlitten. Bejüglid) ber &itya1)l unb be3 3Hter3 ber 2ef)rlinge mußten com ©emeinberat in *ßfor$beim auf einen (Erlafe ©ropt). sjMinifterium3 im 9fouember 1857 weitere Gcrljebungen gemad)t werben, weld)e folgenbeS sJfefultat ergaben. (£§ befanben fid) bamalS f)ier:

«mänulid)e Sefjrlinge über 17 3af)re 822

unter 17 1546

SBeiblidje über 17 262

unter 17 535

^ufammen 3165

3)aoon waren 2Iu3länber (b. t). 9lid)tbabener) 1499

Qnlänber (Babener) 1666.

2)iefe 3165 2ef)rlinge waren in 166 Jabrifen oerteilt unb gehörten mit 2Iu§nat)me oon ben 37 Sehlingen beS $ammerroetft ber ©ebr. Bencfifer fämtlid) jur Bijouterie ober einem biefet oerwaubten ©efdjäfte. @3 tarnen alfo burd)fd)nittlicf) auf eine gabrif 19,06 Glinge.

(£8 Ratten 23 Jabrifeu jwifdjcn 20 unb 30 £el)rlinge. 17 30 40

6 40 50

3 50 60

2 60 11 70

©ine fjatte 70, eine 74, eine 85, eine 103 unb eine 104 üefjrlinge.

Sil oben angegebener $eit waren in s$for$l)cim 487 sJ>ev* fönen fonjeffioniert, weld)e 2044 männlidjc unb 634 weiblid;e 6d)läfer beherbergen burften. sJiiemanb wollte fid) fyerbeilaffeu, bie Vermietung ber <3d)lafftätten im ©rof3en 511 betreiben unb

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258 (Sntftebunfl unb (Sntroictlunö ber SBijoutericfabritation.

aus biefem jebenfallS gut renticrenben ©efdjäfte eine Spetulation macheu. $ie greife für bie Sctjlafftätten waren folgenbe: Sollte bev Meter allein im s#ett fdjlafen, fo mußte er bafür 30— 32 äreujer unb wenn er fein sBett mit einem jroeiten teilte, 18 ftreujer für bie rOÖodje bejahen, @S liegen fid) alfo auS einem $3ette jäbrlid) 3t»— 31 Bulben Rieben. 3tl ein mäßiges Limmer mürben oft 12 Letten geftellt unb ergab bann biefeS eine jät)r- lidje (linnahme oon 312—372 (Bulben. S)er ©eroinn erhöhte fid) aber nod) bebeutenb, menn was oft gefdjab - bie Letten auf Speichern unb in Speid)erfammern aufgeftellt mürben.

(Eine sJ3erorbnung ©roßf). sJJtinifteriumS oom 19. 3uni 1857 unb bereu IMjmgSmaßregeln hatten jur Jyolge, baß 580 Sebr= linge oon ben Jyabrifanten felbft in Jabriflofalen untergebracht mürben. ^Stcle ber (enteren nahmen bei Neubauten ober £ofal- med)fel iHücffid)t auf '-Beherbergung ihrer Sehrlinge, fo baß im folgenben 3ahre etma 1000 bei ihren Sehrherren Unterfunft fanben. 35ie 3at)i ber auS ^for&Beim ober beffen näcbfter Umgebung, melche jeben 9Ibenb nad) £mufe gehen tonnten, betrug 653. £rotjbem mangelte eS nod) immer an <5d)lafftätten, unb bie #eufpeid)er , Sd)uppen unb ©djeunen roaren in gemein» gefährlichem ©rabe mit Arbeitern unb Sehlingen beoölfert. ifiknn aud) bie beffer bezahlten Arbeiter fid) möblierte Limmer mieten tonnten, fo begnügten fid) bod) bie geringer bejahten, bie ftommiffionäre, baS £eer ber SWaurer unb anberer 33au* hanbroerfer unb bie üielen Xaglöhner, melche ber hohe Sohn auS ben armen mürttembergifchen odjmarjroalbbörfern hierher locfte, mit einfadjeren Sdjlafftellen. Unb menn bie letzteren mit beginn beS ÄBinterS auch wieber in ihre §eimat jurüettehrten, fo mürbe mit ber 2Bof)nungSnot boch nicht beffer; benn bie ©olb= arbeitet*, meldje im Sommer allabenblid) heimgingen, fdjeuten im SEßinter bod) bie meiten unb oft red)t befd)merlid)cn s-£Bege unb blieben hier in ben uerlaffenen Quartieren ber Maurer u. f. w.

^nbeffen tonnte man eS bod) einrichten, baß roenigftenS nicht mehr als jmei in einem $3ette fd)lafen mußten unb bie ($efd)led)ter getrennt untergebracht werben tonnten. 3öie fid) inbeffen gelegentlich ber polijetlidjen ftontrole fpäter he*auS= ftellte, tonnte biefe 9tegel nicht immer ausnahmslos burdjgeführt merben. ©S gab j. 53. alleinftehenbe grauen, Sitmen, meld)e, um ben hohen Mietpreis $u erfdjwingen, 3d)lafgänger aufnahmen, bie nicht immer bem weiblichen ©efd)led)te angehörten, lieber* haupt fiel eS letzteren fdper, Unterfunft au finben. 2öo inbcS beibe ©efd)led)ter in einem £aufe gebulbet werben mußten, mad)te man ben ftonjcjfionSinhaber für ^ufredjterhaltung ber guten Sitte unb Orbnuug ganj befonberS uerantwortlich.

Sntfte&unfl unb (Sntiüicfluna ber Stiouteriefabrifation. 259

SBon ben umliegenben Ortfcfmften fam nur SBrötjingen um ein HonjefftonSgefud) jur Beherbergung oon Arbeitern ein, ba bic 3ahl ber in anbereu naheliegenben Orten untergebrachten fremben Arbeiter nur f(ein war. (So waren 5. $8. in (Eutingen 8, in 3fpringen 5, in $illweißenftein 37 unb in SBürm 2 Arbeiter untergebracht, wäl)renb in SBrö^ingen gegen 200, meift Jammer* arbeiten bei 31 fonjeffionierten üßerfonen beherbergt mürben. $>ie Arbeiter begnügten ftd) bamalS mit einer nach heulen Gegriffen färglichen ftoft. (Sin gewöhnlicher Bijoutier lebigen 6tanbe§ entrichtete für oollftänbige ftoft (Srühftücf, 9ttittageffen unb ^cadjteffen, le^tcre§ mit 3lu§nahme oon ©amStag unb (Sonntag) 2 (Stuften 42 Äreuser bis 3 ©utben wöchentlich, alfo 23 - 24 ftreujer täglich. Aber bei weitem bie SJcehrjahl ber Arbeiter lebte faft nur oon 93rot; höchftenS lie§en fte ftd) im SBinter für 3 ftreujer eine (Sd)üffel ooü ^et^cr *8rühe oerab* reichen, welche ben ftoljen tarnen Äaffee führte. Sehnlich, meift fdjlechter, lebten natürlich bie £ef)rlinge.

SBerfuche, bie jungen Burfdjen an (Speifem unb Suppen* anftalten ju gewöhnen, fdjlugen gänjlid) fehl, ebenfo bie Abftcht uneigennütziger 5afaifaN*en/ ben jungen eine regelmäßige, ein- fache, aber fräftige $oft ju oerabreichen. fochten auch Ders idjtebene ©rünbe jufammenwirfen, ba§ $aupthinbewi§ lag bod) immer im Sloftenpunft. dine regelmäßige warme ©peife fam für bie <£rwerb§oerhältniffe eines fiehrjungen immer ju teuer, wenn nur für 20—30 Verfemen gefocht würbe. sJhn* eine im großen Sftaßftab angelegte unb betriebene Speifenmirtfchaft hätte hier helfen fönnen. UebrigenS blieben bie Söurfdjen, bei biefer Art ju leben, burdjweg gefunb unb munter, befonberS, wenn fte oon £au§ au§ fräftig waren, unb gaben ftch mit btefer Art ihrer Ernährung als etwas Althergebrachtem, barum ©elbft* oerftänblichem, oollfommen aufrieben. Auch waren Äranfheiten, wie fte in Orten mit fehlest genährtem Jfabvifproletariat oor= fommen, bamati in ^ßforjheim unbefannt.*)

•) «Solche ©rfdjeinungen waren einer fpäteren $cit oorbel)alten. Sann aber war ntcr)t bie 9tot, weldje fte ^eroorrief, fonbern bic nngeorbnetc @rnäl>rung. Saö jeigte namentlich bie 18W wieberljolt aufgebrochene Jnpljuä- epibemie unter ben 3lrbettern. Statt, wie ber gute xrotjn leia)tli<h erlaubte, eine manne ftärfenbe SHtttagäfoft einzunehmen, jtehen feljr oicle Arbeiter ^eute noch vor, fia) mit falter Soft, Stfurft, Mafe ober aud) nur einem 8tücf iörot ju begnügen unb einen, roenu ntü)t etliche Saloppen 5Bier barauf 511 fefeen. SJiclc $oliffeufcn fuchen ftch 3tdrfung im itonbitor laben. Sie Jyolgc ift eine geftörte iBerbauung unb auf bie Sauer eine gefchwädjte tfonftttution, bic franf^ettltctycn (Sinflüffen gegenüber wibcrftaubälo« ift. Sie Juphuäeptbemie oon 18M folltc eine ernfte, bleibenbc iJlafmung fein 511 einer georbneten t'cbcnäs weife ber Arbeiter.

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2G0 (Sntftebuufl unb (Sntroicfluna bcr SBüouteriefabrifation.

$ie SHücfftefjt auf bic totalen 3uftänbe lieft bie Se^vling^- frage nur langfant if>rcv £öfung näljer fdjreiten. (E§ würbe beu Jyabrifanten u. a. aud) sur Auflage gemad)t, für bie XHufnaljme it)rer Lehrlinge iu3 ftäbtifaje ftranfenfjauS 51t forgen unb bafür, baß biefelben täglid) minbeftenS einmal warme Speifen genöffen. (OberamtSberidjt uom 23. Januar 1858.) 3m Januar 1859 Ijatte fid) infolge ^ufforberung eine 3lnjat)( $erfouen gemelbet, meiere fid) bereit erflärten, an Sefjrlinge um ben s#rei§ oon •1—5 .ttreujer täglid) ein naf)rf)afte3 9)cittageffen ab$ugeben. Sfatn gefd)af) aber ba§ Unglaubliche, baß bie ©teuerbel)örbe ben ©runbfatj aufteilte, biefe ftoftgeber für £ef)rlinge nad) bem ©e= roerbefteuergefetj mie „ftöd)e um fiotm", alfo mit ber 3. ftlaffe be§ perfönlidjen s.ßerbienftfapital§ ju 875 ©ulben in ©eroerbe* fteuer^nlage ju nehmen. (£3 mürbe aud) eine jiemlidje 9lnjaf)l s^erfonen megen ©emerbefteuerbefraubation in Unterfudiung gesogen unb beftraft. Otad) ber ganj uernünftigen s#nfid)t be§ Ober* amt£ aber füllte man biefe £eute ebenfo wenig jur Steuer Ijeram jieljen, mie 5. 53. foldje, meldje an 3d)ülcr fjöfjerer fiejjranftalten .Uoft oerabreieben. 2er)rlinge feien nod) auffidjtSbebürftige 5linber, unb beftefje fein Untevfdjieb smifdjen biefen unb erfteren. $)ie meiften ftoftgeber rjatten fiel) bemegen (offen, au§ $8armf)er$igfeit 2—4 Setyrlwge miteffen 511 laffen unb erhielten bafür eine geringe ^esafjlung (24 ©ulben für ba§ Oaf)r, n°d) nidjt 5 Strenget im £ag), baft fte barau§ ganj gereift fein ©eferjäft macfjen tonnten. Unter biefen Umftänbeu brot)ten alle bie fürforglid)en Maßregeln mieber in bie 53rüd)e 511 geben 3)oS 3Rinifterium ber ftinansen erfannte jebod) (unterm IG. xJlpril 1859», baft biefe .Üoftgeber für Lehrlinge nidjt unter bie gemerbsmäftigen 6peifemirte ju wählen feien, fouberu $u fog. gefd)loffenen ftofttifd)en, unb baft fte be*balb aud) ber Skfteuerung nid)t unterliegen fönnten. ($3 fei be*l)alb Mücferfalj unb sJtad)laft ber ©teuer unb ber bereits eingebogenen (Btrafgelber an$uorbnen.

^ie ^olijei mar ftreuge angemiefen, auf ben ©tragen aud) uidjt ben leifeften Unfug uon ^yabrifletyrlingen 51t bulben, fte au§ ben s4Birt5t)äufern 51t jagen unb nad)t$ oon ben Straften in iljre &>ol)nungen 511 meifen. (Sbeufo mürbe bas 33erfäumeu ber Jyabrifftunben unb bas £erumjief)en mäfjrenb ber ^IrbeitSjeit oon ber ^olijei ftreuge geafjnbet.

$ic ?yrud)t all biefer s-Berorbnungen, im Vereine mit bem 3crrenner'id)e-n (Sntmurf, mar bie im sjiooember 18G0 erfdjieueue ftabriforbnuug.

3m ^ejember 18(36 trat eine ^lujarjl 9Jcäntter jufammcu, um burd) ©rünbung eine§ £et)rling§f)eimg ber sunefjmenben (Sntfittlid)ung unb sÄrrol)ung be3 NJlrbeiternad)unid)fe§ entgegen SU arbeiten. 54 9ttitglieber be3 3lrbeiterbilbung8--$krein8 oer*

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Gntftebunß unb Gntiütcfluitfl ber SBijouteriefabrifation. 261

pflichteten fid) 511 regelmäßigen Beiträgen oon 3, 6, 9, 12 bis 30 ftt., 35 anbere 511 einmaligen BeitragSjablungen uon 1, 2 unb 3 fl. lieber 150 fiefjrlinge ließen ftd) fogleid) jur Teilnahme eintreiben unb eS fanben uorerft im großen ©emerbfdjulfaal abenbS unb Sonntags 3"fammenh'infte ftatt. 3ur Aufbringung ber weiterhin nötigen UuterbatttungSgelber für 53üd)er, 33e* leudjtung u. f.». (etma 5 GOO fl.) mürbe eine fiifte bei ben Sabrifanten in Umlauf gefegt jroetfS Sammlung oon Beiträgen. 3n ben 70er 3af)ren fdjlicf baS Unternehmen roieber ein unb trat erft SJJitte ber 80er 3flf)ve roieber ittS £eben.

3>ie «£)anbelSfammer gab regelmäßig Unterftütjungen oon einigen bunbert Sftarf, mäbrenb bie Stabt für Sofal, ^eijung unb Beleuchtung forgte.

Am 1. 3Rär$ 18G9 oerfammelten ftcr) in ber großen Turn- halle ca. 1500—2700 Teilnehmer au» bem Jyabrifanten- unb Arbetterftanbe jioecfS ©rünbung einer ©eroerfSgenoffenfdjaft für bie bei ber ©olbroareninbuftrie befdjäfttgten Arbeiter unb Ein- führung eiue§ georbneten 9ied)t3$uftanbe§ jraifdjen Arbeitgebern unb Arbeitnehmern unb befonberS bie ©rünbung oon unter« ftütjungSfaffen für Reiten ber Sfcfoittfoffgktt, AtbeitSuufäbigfett unb beS Altert Verbefferung beS SebrlingSmefcnS unb Jpcbung beS geiftigen unb fittlidjcu 3uftanbeS ber betr. Arbeiterfdmft. Vorftanb biefer ©enoffenfdjoft mar Albert Nittum , Beider maren Arnolb unb Stöffler.

3m 3ahrc 1870 mar fobann eine neue Sabriforbnung erfd)ienen. 2)iefe enthielt u, a. eine Veftimmung, monad) Arbeiter ober Sebrlinge, melche megen einer Veruntreuung geridjtlid) beftraft morben maren, auf 3ar)re f)inau§ in feinem ^forjbeimcr ©efd)äft mehr Arbeit befommen burften.

infolge ber bauernben ^ftißftänbe auf bem ©ebiete beS SebrlingSmefenS mürbe im April 1877 00m bieftgen ©emeinnüt}- Verein an ben 9ieid)Stag eine $cnffct)rift jur sjieuorbnung beS SebrlingSmefenS eingereidjt.

AIS meitere Jortfdjrittc auf bem Sege ber Selbftbilfc bürfen bie ©rünbung eines SebenSmittelbebürfniS- unb eines 5iohlenoereinS betrachtet merbeu. Von feiten etnfid)tSooller ftabrifanten fehlt eS nidjt an (Sntgcgenfommen unb Unterftüt3ung, roo eS ftd) um bie Verbeffevung ber materiellen £age ber Arbeiten fdjaft l)anbelt. Von oieleu Seiten mürbe eS fett langem als eine Kalamität betrachtet, baß bie Arbeiter nur eine fnappe Stunbe 3JlittagSpaufe haben, moburd) bie einheimifdjen Arbeiter, fomeit fte entfernt motten, genötigt ftnb, ihre TOttagSmabljeit in aller $aft einzunehmen, um jeittg genug mieber ins ©efd)äft Ml fommen. 3n einer' größeren i)oublefetten= unb Bijouterie- fabrit tyabtn barum bie 3«^ber im 3afjre 1898 ben Verfud)

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262 ©ntftebung unb ©utroicfluna ber 53txoutettcfabtitation.

gemacht, bie 9Jlittag§paufe auf XlL Stunben 51t uerlängern. $ur allgemeinen Ueberrafdjung aber begehrten bie in ber Umgegenb roohnenben, abenb§ fjeimfehrenben Arbeiterinnen bie Aufhebung biefer wohlgemeinten 93eftimmung unb jroar fo nadjbrüctfid), baj? roieber $u ber früheren $aufe aurücfgefefjrt werben muftte, fo bebauerlid) man biefen Schritt fanb im |>inblicf auf ben gemifj nicht ju unterfchätjenben fojialen Jortfcfjritt, ben bie Verlängerung ber 9Äittag§äeit bebeutete.

93ei allem 33eftreben bei Jabrifanteu unb Arbeitern, ein frieblid)e§ unb erfprieftlicheS 3ufammenimrfcn Su ermöglichen unb gegenfeitige Reibereien möglichft $u oerhinbern, tonnten ernfte 9Jleinung§oerfd)iebenheiten bod) nicht immer ganj uermieben merben. 3Mel Anlaft ^u Unsufriebentjeit gaben manche jmroeilen oietleicht etroaS rigoros burd)gefüt)rten 93eftimmungen ber an fid) auc^ oon ben Arbeitgebern al§ burdjauS berechtigt anerfannten foaialpolitifchen Jürforge für bie arbeitenben klaffen.*)

*) 35er ^aJ>re«bcrtc^t ber "öanbclsiammer für 1H9H fagt barüber : ^eben* fall«» ftetycn unfere JMjouteriefabrifen oor ber fdjroeren Aufgabe, it)re für baä 2i>of)( ber oon ityuen befdjaftigten Arbeiter fd)lief$lid) bod) mafigebenben priuat; lüirtfdjaftlidjen ^ntereffeu mit ben flefetiltcrjen Uberlingen in (finflang ju bringen. $m iücridjtajaljr mufjte infolge be$ Langel* an Slrbeitdfrdften 311m erften iMale in erbcblicbem Umfange ber ftauöfleif} herangezogen roerben unb mußten oielfad) betriebe in inbuftrieärmere unb baljer günfrigere ttrbeitS; oerf)ältmffc aufioeifenbc Wegenben ocrlegt toerben. Sie erftgenanntc trrfajeinung roirb auf bie aU^u peinliche ftanbbabung ber 6eiocrbcorbnung zurücfgcfübtt, burd) bie unferc ftauptinbuftric, namentlid) in Reiten flotten Wcfd)äft$gange8, fid) fo fefjr bet)inbcrt füblt, bafc fie 3ur Grgänjung ber geioerbered)tlid) befdjränften ^robuftionäfäbigljeit ibrer Gabrilen, um fid) mettb'ciucrbfräftig 3U erhalten, ben .frauäfleitj I)eran}iijic(;en fid) gezwungen füblt. 00 erflärlidj bieä audj erfdjeint, fo bebenflid) ift bod) auä fojialpolitifd)cn Wrünben bie Skr: brdngung ber ftabriftbätigfeit in bie ftauäinbuftrie , ba bie in iljr tfyätigen ^ierfonen bei unbefdjränfter Mrbeitfyeit fd)led)ter bezahlt werben, in unge- funberen dtäumen untergebracht finb, ber Vorteile ber Mran!enoerfid)erung nidjt teilhaftig merben u. a. m. Sie Verpflanzung oon betrieben in inbuftrieärmere Wegenben, fo roünfdjenäioert fie in mandjer ftinfidjt erfebeinen mag, tumbe aber im ^ntereffe uufercr ftauptinbuürie 311 bebauern fein, fall* fie gröfoere Simenfionen annehmen follte, ba bei 3iinelnnenber ^erfplittcrung ber fo ^ofyU reidjen Spezialitäten ber ßbelmetaUinbuftric unfere fd)ioer errungene unb aud) im Sluälanb aiicrfanntc bomimerenbe Stellung auf biefem (Gebiete leicht gefäljrbct merben tonnte. 9Rit bem -Jlrbeitermangel in engem 3ufammenf)ang ftetjen bie 3al)lrcid)cr locrbcubcn s^eftrafungen roegen Ucbertretung ber (bewerbe« orbnung. Sie erfdjeinen ald ein ernfteä Sumtom, baö locniger nad) ber Mdjtung gebeutet merben follte, Ott ob unfere ,yabriiantcn fid) mit befonberer Veicbttjerzigfeit unb sJiond)alance über bie ^orberungen be$ Wefcbes b^^'^S1 feben, oielmebr bie Crrioägung naJ>e legt, baft unjioerfmä^ige Verorbnungen unbercd)enbaren Sd)abeu beroorjurufen oermögen, zumal menn ed fid) um eine internationale Saifoninbuftrie banbelt, inncrljalb beren fid) ber SSettbeioerb ju einer feltenen Sd)drfe auegebilbet r)at unb uottoenbigcrioeife baö l'anb über feine Ritualen ben Sieg baoon tragen muH, baö bie oerhdltniömäpig größte ^etoegung-sfreibeit unb bie günftigften ^robuftion^beb'ngnngcn bietet, (is liegt bie Erwägung naf;e, ob nia)t manage «eftimmungen ber fojialpolitifdpen Jür*

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©ntftebuna unb ©ntioicflunfl bet Sijoutcricfabrtfation. 263

$BaS in üerfyältniSmäfiig furser Seit auf bem ©ebiete ber Arbeiterfürforge gefdjeben ift, ^eigt bie £batfad)e, ba& bie ©tabt ^forjbeim am ($nbe beS abgelaufenen CyabrbunbcrtS jäfjrlid) gegen 700 ODO Warf für bie Arbeiteroerfidjerung aufgebradjt bat, mooon Arbeiter unb Arbeitgeber je bie $ftlfte leifteten. 3>af} bie fojiale ®efe{jgebung nidjt auf einmal allen 3cf)äben ab&u» Reifen uermag, ift felbftuerftättblid), ebenfo felbftoerftäublid) aber ift eS aud), bajj fte uid)t auf tjalbem $öege ftefye bleibe, fonbern auf ber 33af)n rubiger unb ftetiger Gntmicttung fortfdjreite.

ßum Sdjluffe motten mir über bie (SntmicfTung unb ben betrieb einiger größeren gabrifen bier einiget ermähnen.

2)aS ©efdjäft oon "Siobt Ä: SSicnettDerflcr mürbe im Spatjafjr 1885 mit einem ^erfonal oon 10 ^erfonen gegrünbet. £ergeftellt mürbe unedjte Bijouterie. 3m 3al)rc 1888 gingen bie 3nf)aber über jur JJabrifation oon Amerifaner 2)ouble'Artife(. 2)aS ©efdjäft florierte, fo bafj 1890 = 80 ^erfonen, 1892 = 120, 1894 = 150, 1896 = 250, 1898 = 320, @nbe 1899 = 350 ^erfonen befd)äftigt merben tonnten. $m s$flai 1899 ging baS Unternebmen in bie $mnbe einer Aftiengefetlfdjaft über, bereu $ireftoren unb £eilbabcr bie beiben bisherigen Leiter mürben.

3ut £)erftellung ber Amerifaner * double * Bijouterie unb Letten mirb eine £ampfmafd)ine 45 HP oermcnbet. 5>ie Jabrif bat it)r eigenes eleftrifdjeS i?id)t. $er SÖarenoerfanbt erfolgt nad) allen Säubern.

Tßt& & Surüa : Etabliert 1887. Angefangen mit 10 bis 20 ^erfonen. ^vabrifation oon ^oublefetten aller Qualitäten, öolbfetten in 333, 1000 unb 585 1000 ff. Umfajj ca. 30 000 90M. pro 3al)v. 2)aS ©efd)äft t)at fid) jebeS 3abv oergröfjert; jebeS 3af)r mußte gebaut, mußten neue 9Jiafd)iuen aufgeftellt merben. ier .£muptauffd)mung batiert oom ^abre 1896 t}cr unb fjat oon ba ab bis beute ftctia suqenommen. Qeföfiftiat merben ISO mann* lidje unb 120 meibiidje Arbeiter. Arbeitszeit - , beS 3af)ieS - 12 (Stauben, beS 3aljres = 10 Stunben. $ie §auptfraft*

forgc für bie arbeitenben Hlaffen, um* ber Uebcrtritt eine* Tcilö ber $afaif* tfjätigfeit in §au*inbuftric neigt, ben urfpruuglidjcn 3lbftd)ten gerabew entgegen; gefebte folgen zeitigen unb ob bcslmlb nidit einzelne ^eftimmuin\en unbejdnibet ihrer Wrunbtenbenj, in biefer ober jener Mdjtung einer iHbanberung ober rHeoifion bebiirftig finb.

Ten ftetig fort|'d)rcitcnben fojialpolitifdien ^cürelmngen ber Negierung gegenüber marijten fid) in ^nbrifnntenfreiien meljr unb mehr Sefeenten geltenb baruber, ob bie ^"buftrie in ber tafle fei, jueitere Neubelaftungen und) bieier 3eitc l)in |U ertragen in 2lnbetrarf)t ber fortgelegten Stelgerung ber j>er|tellumv> toften burd) lrrf)übuug ber sJlrbeitolöfme unb Wnterialpreife unb be« ^eftreben«, bie $er!auf«preifc immer mel)r bcrabjubrücfen, bei ben oteuercrl)öl)ungen unb 3ieloerlängernngen mit b,o^cm $i«!ontofa$.

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2(54 ©ntftebung mtb ®iitu>icttuun bct ©ijoutcricfabritotion.

mafdjine, meldje ade 9Jiafd)inen (3)gnamo» unb dleftromotoren) be$ ©eföäfteS treibt, ift ber neuefte „$ief el*3Wotor".

iMoaurt Ä: Suxn. ©rünbung be§ ©efd)äft§ im Sftai 1879. Slufaugsperfonal 30 -36 ^erfonen. gabritation von double* ÜJUbaitlonS , .£marbcfd)läge, 3d)lößdjen u. f. n>. ©olb= unb 8ilberoerbraud) ca. 20 000 SWart

3m Saufe be$ Satyct» 1880 begann baS ©efdjäft mit ber gabrifation uou 3)oubIc*Äcttcn. 93on groger 2öid)tigfeit bafür mar bie gäbigfeit, ba§ Raubte nad) s$arifer 5Irt oljne Sot berftellen 511 fönuen. SBon nod) größerer 53ebeutung für ba3 Ci>cfd)äft mürbe bie im 3abre 1890 ermöglichte ßerfteUung von elettro=plattierten Letten. $ie fo fyergeftellten gabrifate biefer girma, meld)e fie al§ eine ber erften auf ben 3)carft bradjte, fanben megen ifjrer ^Silligfeit, Sdjönbeit unb Solibität ben größten 53eifall ber gad)leute. @nbe 1899 befdjäftigte bie gabrif 230 s)3erfonen eiujdjließlid) ber fog. Heimarbeiter.

Äifrßmamt & itoeö: (Eröffnung be$ ©efdjäftS: 1871. s}lufang§perfonal 5 Arbeiter. 3lrtifel : ftreuje in ©olb.

(Snbe 1899: ftteufte, (£igarretten«(£tui3, s-8erloque§, (£rauou3 u. a. in ©olb unb Silber, ^erfonal: 50 Arbeiter. $ampf; mafdune.

^rtcortd) Spcibef senior grünbete im 3atae 1868 ju (Eßlingen unter ben befd)eibenften s-ßert)ältniffen bie fyeute fo blübenbe unb renommierte flettenfabrrt unter feinem Tanten. $m 3al)re 1874 nad) s#for$l)eim oer$ogen, tjatte er unter ber aügc= meinen ftrife fdjiuer 511 leiben unb ber betrieb ftanb fetjr in grage. Hon 1878—1882 bob fid) berfelbe mieber unb umfaßte 35 Arbeiter. 3" Anfang ber 9(>er 3abre beteiligten fid) bie 3öbue am ©cfdjäfte, in meldjem 1892 = 40. 1894 gegen 80 Arbeiter tbötig maren. (£0 erftanb ein neues gabrifanroefen mit Dampfbetrieb unb eleftrifdjer Anlage, Stber ber rapibe sJluffd)muug im SEBtntec 1895, meldjer bie (Sinftellung oon über 200 lUrbcilern nötig madjte, erforderte 1896 einen großen Neubau mit allen Muforberungcn be§ neuzeitlichen Betriebs unb ber .yujgieue. berfelbe mürbe auf ben 33leid)miefen erftellt. 3ur felben >}eit trat gr. 3peibel sen. in ben Wufjeftanb unb überließ fein ©efd)äft ben Söhnen, Heute oerfügt bie ^forjfjeimer gabrtf famt bem ^meiggejdjäft in sJtagolb über 4oü sJlrbeit3fräfte, mäbrenb 150 Arbeiter, bie meift auf bem ©djmarjmalb anfäffig (inb, beftänbig für bie girma Heimarbeit oerridjten, fo baß ficij ber Strbeiterftanb auf runb 550 ^erfonen belauft.

ytoflmar & ^ouroait Ä.-cfr., Uf)rfettenfabrif in ^ßforj-- beim. Die girma mürbe am 1. Januar 1885 oon (Smil Kollmar unb SBilfjelm Oo^'ban mit befdjeibenen Mitteln gegrünbet. $ie

@niftcbuiifl unb (gntnndluitfl ber 93ijoutericfabrifation. 265

urfprünglidje gabrifation waren Wiefel* oergolbete Stetten unb würbe mit 6 s$erfonen begonnen unb jwar ohne ÖetriebSfraft, (££ jeigte ftd) balb, baß SRafchinen mit Straft nötig waren, um gegen bie Äonfurrenj leiftungSfäbig |ll fein; beShalb würbe nad) 1 3afjr ba§ alte fiofal oerlaffen unb ein fiofal mit Baffer« traft gemietet. $a§ ©efcfjäft nahm einen größeren Wuffchwung unb e3 tonnten fd)ließlid) 70-80 "ißerfouen befdjäftigt werben. 3m 3a()re 1888 89 würbe bie gabrifatton ber fogenannten Slmerifaner 3)oubiefetten begonnen. @3 jeigte ftd) balb, baß bie gabrif 51t flein war unb würbe beShalb unter Beihilfe be§ peem 9lug. tapfer bie jetu'ge gabrif ftaifer griebrid)ftraße 3 gebaut. 3)er 91rtifel 91itfel*ßctten würbe naef) unb nad) aufgegeben unb bafür bie auSfdjließliche gabrifation oon SÄmerif. $oubtefetten weitergeführt. @3 würbe eine lOpferbige 2)ampfmafd)tne für ben ^Betrieb angefdjafft. $ie gabrif würbe wieberfyolt oergrößert. $eute flnMOO Arbeiter barin befdjäftigt. $)ie beiben oorfjanbenen 3)ampf- mafehinen leiften 50 ^ferbefräfte. 3m 3af)re 1898 würbe ba3 @efd)äft an eine 2(ftien=@efettfchajt mit einem Slfticnfapital oon 600 000 <mt oerfauft unb *af)(te bie ©efettfdbaft bisher alfo 3 3a^re bei reid)lid)en 3lbfd)reibungen unb sJteferoe 15 p(Et. SJiuibenbe. 3m 3af)re 1900 errichtete bie ©efeüfchaft eine giliale in 3?lttt)[r)aufen a. SBürm in eigenem Stnwefen, wo gegen 100 *ßerfonen beschäftigt werben, fobaß bie ®efettfd)aft j. 3- 500 ^erfonen auf 5lmerif. 2>oublefetten befdjäftigt. ®3 giebt feine jweite gahrif, bie fpejiett auf Slmerif. 2)oublefetten annäfyernb fooiel Arbeiter hat.

SBorftanb ber 9lftien=@efeüfd)aft waren urfprünglid) Gcmil Kollmar unb 3Bitt)etm 3ourban, teuerer ift jebod) feit 2 fahren au3 bem SBorftanbe au§ ©efunbheitSrüdfidjten ausgetreten; feitbem ift (£mil Rottmar alleiniger ^orftanb. sÄuf ber 3lnt= werpener 9tu§ftettung würbe bie ©efellfdjaft mit ber fttbernen 9J2ebaille unb auf ber ^arifer 2Iu§fte(lung im legten 3af)re mit ber gotbenen 2Jcebaille auSgejeidjnet.

3)ie girma ift heute mit ben beften £>ilf3mafd)inen au§* geftattet. -3m legten 3af)re tonnte bie ©efellfdjaft nid)t alle eiuget)enben Aufträge effeftuieren, unb fie ift behalt) gejwungen, einen größeren gabrifneubau $u erftetten. 5Jcit bemfelben würbe im grüfjjahr 1901 begonnen unb er fott bi§ Spät jähr belogen werben. $er Neubau wirb mit ben neueften 9Jcafd)inen au3= geftattet unb in fanitärer s33e$iehuug eine ^ufterfabrif werben.

Seit l.SHat ift ba§ Slftienfapital um 400 000 SWf. erhöht worben unb hente beträgt e3 1 000 000 sJJcf.

$ie gabrifate ber girma 3Rarfe „J. K." getreu heute nad) ber ganjen SBelt.

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26G ©ntftebunn unb (Sutnrirflunfl ber Siijoiiteriefabufatiou.

X>cr Äuttffgewerßcwrin.*)

$)ie Anregung jur ©rünbung be§ $unftgewerbeoerein§ gab bie nad) ber oemütigenben Stteberlage bcr beutfa)en 3nbuftric auf bcr ^bifobelpbia-4öeltau$fteUung bei ben beteiligten 3nter* effenten buvdjgebrodjene (Brfenntnte, ba& energifdje (Schritte getban werben müßten, bic offenfuubigen Si^mfic^en bcr beutföen inbuftiiellen s^robuftion auSjubeffern unb 51t überminben. ©djul-- unb Sadjmänner würben nidjt mübe, bie Stil* unb ©efd)macf- loftgfeit eines Teiles unferer fog. funftgemerblicben £)anbeU: artifel nadjjuweifen unb ba§ 45«tercff c bcr beteiligten in ben Veftretumgen ber ©eweibemufeen unb wa§ bamit jufammenbing, wad)$urufcn. 5lu3 bem ©eifte biefer ^Bewegung beraub rief ber 9Jlünd)encr ^unftgewerbeoerein im Stammet 1876 feine epod)e» utad)enbc 5lu3ftcllung in§ ü*eben. Sie l^attc ben 93efud)ern beutlid) oor klugen geführt, bafj niebt fflaoifcbe sJJad)bilbungen, onberu bie ®urd)bringung moberner Jornten mit ber ©ebanfem Alle bcr SIntife bie glanjuolle üunftcpod)c ber 9ienaiffauce beroorgerufen tjatte, bafc utrfjt au§ ber inbioibueHen Vereinfamuug, fonbern au§ bem fruchtbaren boben forporatiuer 3ufammen* gebörigfeit, au£ gegenteiliger Anregung tyvauS, ba§ nad) ©eift unb 3orm möglidjft oolltoinmene ßunftwerf beroorgebt, nrie eS e3 einft beroorgegangen ift au3 ben 3unftftuben Dürnbergs unb 9lug§burg§. 2)ie sJtot bcr 3eit, bie immer mebr junefjmenbe Sdnmerigfeit , für bie gewohnten inbuftvicüen ^robutte ben nötigen 3lbfa^ ju finben, waren wol)l geeignet, bie gewonnene neue (Srfenntni§ ju uertiefen unb bereu praftifd)e Verwertung ju erleichtern. Öllentbalben begann man bie bebeutung ber Stunftgeroerbcfdjulen fd)ät}en 511 lernen unb ben SHufeen einen boben s-£Bevt beijulegen So aud) in s#forjbeim, wo 9Jtänner wie Siebenpfeifer, Nittum, Stöffler unb bie bamaligen $anbel§= fammeroorftänbc ber Pflege folcfjev Stnftatten mit Ueberjeuguug unb Sänne ba§ Sort rebeten. 2)urd) Vermittlung be§ $cmoe& minifteriumS gelang ibnen, nad) <5d)lufc ber aHündjener 2lu3= ftellung für furje 3eit eine größere Mnjabl oon ©egeuftänben au§ bem ÄenfingtomSMufeum in Sonbon überlaffcn ju erbalten, weldje al§ ^ftittelpunft einer reieben unb befonber3 für bie SJtetalltedjnif boebiutereffanten 9lu§ftetlung älterer unb neuerer ftunftwerfe in ben Räumen ber 5lunftgewerbefd)ule benutzt würben, ^ie Verebelung ber "Pforjbeimer ßbelmetatlinbuftrie war 511m allgemeinen Qntereffe geworben. ©3 trat ber SBunfd) }U Jage, bie Vejiebung ber 5iunftgemevbefd)ule )U ben praftifdjen Vebürfniffen bei Jabrif burd) ©infd)iebuug eines Sflittelgliebe* 511 evböben unb 51t befdjleuuigen, unb bie golge war bie

*) 9iad) £»anbcl$fammerberid>ten.

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(£ntftebunfl unb ©ntroictluua ber SJiioutcticfabritatiou. 2G7

©rüubung be§ ftunftgemerbeoereinS, bcm alsbalb 200 orbentliche unb 150 auftcrorbentliche 9flitglieber beitraten. Die Einlage einer Bibltotfjef , bie silnfd)affung oon gadjfchriften in einem eigenen Qlttyn» unb &e|e$immer, bilbeten bie erften Dhaten be§ neuen herein«. ($3 folgten ^keiSausfchreiben ju (Entwürfen für Bijouterie, Wobeie unb 6d)miebearbeiten , Aufteilungen unb Vorträge. Bei aüer Jtunftpflege aber mufj in erfter Weihe bem ©efdjmacf bes fläuferS Rechnung getragen werben, ber nidjt gerabe immer mit bem Attribut „geläutert" bejeid)net werben fann. Qm hinter 1878 begann ber Berein mit etwa fünfzig gabrifanten bie Anfertigung * einer ßolleftion Sdjmucfgegenftänbe, weldje, unbefümmert um ben f)errfd)enben ©efdjmacf, nur ben Anforderungen eine§ ebeln ®efd)macfe3 ju genügen rmtten, ohne aber in Bejug auf ftoftbarfeit ben Gahmen be§ 3J}affengefdmtac(e3 511 überfcrjreiten. (£§ follte bamit gezeigt werben, bafc ^forjheim and) ben gorberungen c"lc^ geläuterten ($efd)inacfe§ 51t ent* fpredjen uermag, fofern nur oerlangt wirb, fobanu follte bie Aufteilung in ben größeren Stäbten Deutfd)lanb3 ba^u beitragen, ben allgemeinen ©efdmmcf 111 l)eben unb ju oerebeln. 4)ie Abftd)t, bie Gräfte 511 fammeln unb ju erproben unb bie neu* gewonnenen ($eficr)t»punfte in bie praftifdje gabrifation um$u= fetten, mar gelungen. Aud) bie anbere Abftd)t, ju jeigen, was N}?for$heim ut leiften imftanbe fei, fiel auf guten Boben. $a§ Urteil ber treffe lautete einftimmig fehr jur @hre ber s13for$* heimer ^nbuftrie. SBeniger erfolgreich mar bie Sanberauftellung hinftdjtlid) ber allgemeinen ©efchmacfSoerebelung, unb bas ift aud) etwa§ fet>v Natürliches unb Begreifliches ; benn um mit hergebrad)ten Anfdjauungen auf biefem ©ebiete aufzuräumen, bebarf nad)haltigerer unb planmäßigerer Gcinflüffe, al$ eine mehrtägige 2Öanberau§ftellung fie au^uüben oermag.

Der fiunftgewerbeoerein erfreute fid) feitbem einer ftetig fortfdjreitenben (Sntwirflung. Das oon ir»n errichtete Äunft* geroerbemufeum mit feinen lebrreid)en Aufteilungen, bie im Berein gehaltenen funftgemerblidjen Borträge, bie in Berbiubung mit bem Äunftgewerbcmufeum oom Berein ausgeheube gad),seit* fdjrift „Stunftgemerbeblatt für bas ©olb*, Silber* unb (SbelmetalU gemerbe (oorjüglid) rebigiert oon Wilhelm ©töffler, beffen oiel- jähriger, oerftänbiger unb trjatfräftiger Arbeit im Dienfte ber @belmetall=3nbuftrie, biefe in heroorragenbem 9)?aj?e ihre gürber= ung ju banfen hat) u. a. ffrtb h^roorragenb geeignet, bcm $fot$* hetmer ftanftgewerbe bie ihm gebührenbe Stellung im 4öett= bewerbe ju oerjdjaffen unb ihren s^robuften ein immer weiteres Abfatjgebiet &u gewinnen.

Bon (Einflujs auf bie ©eftaltung ber (Sbelmetaüinbuftrie ftnb ferner bie gachblätter „£($mtt<UKaftcnu, monatlid) herauf--

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2G8 (Sntftebung unb ©nttoicflung bcc 93ijoutericfabrifaliou.

gegeben oon Jyv. 2Bilf). 3immevmann, fotoie „Per Odi nnnT: *■ . ein v33ijouteviejouvnal, hevauSgegebcn unb oevlegt oon sJÖiit). gleiuev.

(Einen namhaften Anteil au bev görbevung ber ^fovjheimcv (Ebelmetallinbuftvie t)at aud) bev herein „Odmörßer**, beffen 9Jiitglieber fiel) aus bev (Slite bev ^ijouterietedmifer jufammen^ fefcen. kleben bev tfuuft pflegt bev herein aud) ba$ gejeüige lieben untev feinen Angehörigen.

Vie Äunßgeiocrocfdmfe.*)

$ie $unftgeioerbefd)ule tourbe in einem oon bev Stabt* gemeinbe aufgeführten Neubau (4(36 000 9Jcf.) im Jyrühfommer 1877 errichtet unb bilbet al§ gadjfdjule füv bie @belmetall= inbuflrie bev 6tabt eine felbftänbige Anftalt. Km 1. 3anuat 1887 würbe biefelbe in bie ftaatlidjc SBeroattuttg übernommen, unb unterftetjt feit 1892 ber Oberaufsicht unb Leitung beö ©vojjh. ©eioevbefcrmlvateS, meinem bev SHteftot al3 aufcerovbentlidje* 9ftitglieb angehövt.

3toecf bev (5d)ule ift bie gövbevung unb Hebung be§ ftltnft* hanbioerfS buref) oielfeitige tbeovetifdje unb praftiferje §ercnv bilbung jungev Seute ju tüdjtigen Arbeitern 3Ber?führem, 3eictmern, 9/cobelIeuren unb (£ifeteuren, mie fic bie s$fov$I)eimer Snbuftrie unb inSbefonbeve bie Cgbelmetalliubuftrie oerlangt. 2)er Untevvidjt an bev Anftalt umfaßt bemnad) Schattenlchve unb ^evfpeftioe, ornamentale gormcnlehre, Avdjiteftuvseidjnen, gret» hanb.jeidmen , giguvenjeidjneu , garbenübungen , dmaiüieveu, (Smaillemalen, Gifelieven, ©raoieren unb treiben, ^eidmen unb ©ntioevfen funftgeioevblidjev ©egenftänbe, Sftobellieven in Zhon unb Stach*, öaloanoplaftif.

s-öon bem Augenblicf bev ©rünbung bev Anftalt ab muvbe bev £d)ule feitenS bev Jabrifantenfdjaft ein unbebingteS SBer* trauen entgegengebracht. $ic ^iifung3au$ftellungen geben ben $3eioei§ eine* evnften, fachgemäßen Strebend unb fovtfcrjveitenber Stiftungen, fo baft bie 3d)ule beute eine unentbehrliche Stütje unb ein mächtiger .£>ebel für bie öijouterie*3nbufrrie geworben ift.

$ur gövbevung bev AnftaltSjiele unb juv Aufmunterung begabter, ftrebfamer Schüler flehen ber Anftalt eine allgemeine Jhinftgetoerbefdnilßiftung unb ^rioatftiftungen jur Verfügung, bereu $infen alljährlidj in genanntem Sinne oerroeiroet merbeii. Alle 2 3ar)re finbet eine Aufteilung oon (Sdjüleravbeiten flott

Qur SRitnrirfung bei bev Leitung bev Anftalt ift ein be= fonberer Beirat beftimmt. An bevfelben mitten außer bem Tivefrov Sffiaag bie 3 ^rofefforeu SHieftev, ftleemann, Holter, bie Ser)rer SBittmaun, sJtürflin Sauttev unb £avbt.

*) Wad) 3af)re*bericf)ten bev fccmbciafammcv.

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<£i;tflcf)unfl unb Gntwirflunn Der SBüoittcuefabrifation. 209

Der lluterridjt verfällt in 3 ^afjreSfurfe. $ux Xufnafyne ift ber 9Iad)mei3 berjenigen ftenutuiffe erforberß$, weld)e auf einer iioeiffafflgen (#ewerbcfd)ule erworben werben. 3»n ber Megel foll ber sJluf$unebmenbc ba§ 16 SebenSjafyc jutrücfgelegt haben. 2>aS jäbrlidje Sdjulaelb beträgt für ben 1. fturS 18 9Jtt., für ben 2. tfurS 21 ÜM. unb für ben 3. ßur§ 24 9Jlf. Ta§ Material jum ÜHobellieren, $n ben praftifdjen Lieblingen, foiuie baS 3eid)cnpapier werben uon ber Xtlftau gcftcUt, bie Sarben in fjalben ÄnfaufSpreifen abgegeben. ©injelne Sd)üler, bereu l'eiftungen als fyeruorragenb be$eid)uet werben fonnen, erhalten bie 93ered)tigung jum fug. $üttftler=(£injäl)rigen. 3m $af)re 1877 mar bie 3(nftalt nott 40, 1900 non 273 Sdjülertt befud)t.

Pte tiroftß. 6bcrmctair-"5lroDicranftart

bient ber llnterfucfyung ber in ber ®olb- nnb Silberwareit* 3nbitftrie Serwenbung finbenben £>ilfSftoffe UnebelmetaUe nnb bereit Öegierungeu, Platin, 2ot, Sdjmeljpuloer, Sftineralfäure, öolb* nnb Silberlöfungeit nnb Sal^e, Gtjemifalien nnb ift in ber Sage, bie tut Umbüllung ber «Baren gebräudjlidjen Stoffe, Rapier, Baumwolle, (StuiSftoffc :c. auf ibre SHeinfyeit bejw. auf ibr Sveifein oon SJeftanbteilen, weldje ben ©lanj ber SBaten fd)äbigen fönnen, ju prüfen. SBorftanb ift feit ^öeftebeu beS OnftitutS ber ßfjemifer £>an3 3Bad)ter.

^erbinanb $>e alsfc

würbe geboren am 2G. $e» |br. 1774 auf ber Oebrladjer ®la§büte, Slmt Suljbad).

3u feiner (£r$iebuug batte er einen $au8le$ret, weldjer DaS erfte 3ntereffe für $t)t)ftf unb 53otanif in ibm werfte. Sdjou in früher ^ugenb geigte er aud) eine nid)t unbebeutenbe Begabung in bor SHufif, burd) weldje er fid) feine erften Stiefel uer= bleute, wetd)c ibm fein 93ater uerfprad), fobalb er ben (Sc- fang ber Weiueinbe in ber Mirdjc auj ber Crgel be= gleiten tonnte, was er fdwn im 9. 3«t)ve 511 tyun im Staube war. Gr lernte als (^olbarbeiter bei 3^l)aint

^erbtnanb £)ca)*fe

©rfinber ber 2Bcinroaae.

270 (Sntftebuna unb ©ntroictlunq ber Büouteriefabrifatton.

s£eter ©täfer in Deuringen , welcher ihm nad) jurücfgelegter Sefpgett ein uorjüglicheS geuaniS in bei* ©ofofd/miebehmfl aus* fteüte. 3" ^for^eim war er evft längere 3eit ßabinettmeifter, affocierte fid) fpäter, wobei er aber fein $lücf hatte. (£r ging öe§-- halb nad) unb nad) jur Optif unb ?Jeinniec£)anif über. i>aju oer^ anlafjtcüm ein Auftrag ber Stabt (18 121, bie ftäbt. Brüctenwaagen I)ei\yifteUen. Sein größtes Streben mar, ben .Jmnbel unb baS (bewerbe burd) mafdjineüe Steuerungen ju förbern ; er erwarb fid) bie golbene s43erbienftmebaiÜe, inbem er bie erfte Spiritus breunerei hier errid)tete. 3lufjerbcm fteüte er in $eutfd)lanb ba§ erfte .fmrmonium §et, baS jetjt nod) eriftiert, madjte bie erfte SJhtnbtjarmonifa, erfanb bie Färbung be§ roten ($lafe§, ferner bas fogenannte £eben§rab, auS bein nun in feiner weiteren 93er- ooüfommnuug ber ßinematograph beroorgegangen ift. 3>n biefer 3eit erfanb er auch bie jetjt fo weit oerbreitete Feinwaage, bie eine feiner bebeuteubften dsrfinbungen war. (Sr ftarb im 3«hre 1852 am 17. 9Rär$ in sßforjt)eim unb überlief feine phufifalifdje SBerfftätte feinem Sohne <£f>riftian Subwig Deckte.

Staatsrat ?oß. 3>ricoridj Baumgartner.

9?on ungewöhnlichem (Siuflufj auf bie (Sntwicflung ber 93ijouterie-3nbuftrie unb bereu Befreiung oon aüem 3ud)tjwang war ber Cberoogt unb fpätere Staatsrat "Baumgartner, ein warn oon weitem Blicf unb Harem BerftänbniS für bie 2Bege, meldje bie $for$heimer Qnbuftrie einfd)lagen mußte, wenn fic einer gebeit)lid)en (SntmicHung entgegen geben füllte, ©eine Berbienfte um ^forj^eim haben in bem 9luffatje über bie Bijouterie fo eingehenbe Söürbigung gef unben , bafj wir l)ier auf weitere Zugaben nad) biefer (Seite hin wohl oerjidjten tonnen.

Johann griebrid) Baumgärtner war geboren im Sahre 1756 auS einer alten, angefel)enen Bcamtenfamilie. (£r ftubierte bie fechte, würbe -öofrat beim £>ofratSioüegium in Karlsruhe unb im 3af)re 1791 Dberamtsoermefer, im folgenben Qafjre Oberoogt $u ^forjheim. .£>ier mirfte er in liberalem Sinne &um größten Segen ber Stabt unb be§ ganzen BejirfS bi§ 1803, in weld)cm 3afjre et sum £anboogt in Strahlenberg ernannt würbe. 1804 erhielt er ben Gharafter als ®el). Rat II. klaffe, würbe 1807 9iat im Jinanjbepartement, im folgenben 3abre Staatsrat unb Jtommerpräftbent, fam im Qafjre ö^ wW« lid)eS sJJiitglieb in baS pufti^miuifterium, wo er jur l)öcr)flen ^ufriebenheit feines Surften thätig war. 3m 3a$te 1818 erhielt er ba§ 5lommanbeurt*reu$ beS ^ähringer i'ömenorbenS unb würbe im 3<d)re barauf 9)htglieb be§ StaatSminifteriumS unb ber ©efetjgebungStommiffion. groei 3af)re fpäter würbe er s^räftbent berfelbeu, ftanb feit bem näd)ften Sagte bem oberften 3uftig»

Sntftcbunfl unb Sntioictluna ber SÖijoutetiefabrifation. 271

Departement al§ ^räftbent nur, rourbe 1822 jum roirflidjen ©ef). föat ernannt, erhielt ba§ ©roj$freuj be§ Springer Söroen* orbcnS unb ftarb 1827 in ÄarlSrulje. Baumgärtners ©rabftätte (Familiengrab) befinbct fid) auf bem alten griebfjof an bcm sißeg längs ber Stauer, bie au ben iSraetitijcfyeu griebfjöf anftöjjt. $Bie f)od) Baumgartner in ber ©unft ber ©rüj$j)er$öge Äarl ^riebrid), 5larl unb #ub n>ig ftanb, ba§ jeigen gm ei in Slbfdjrift im ©r. ©eneraltanbe3ard)U) befinblidje überaus fdjmeidjelfjafte .£>anbfd)reiben.

2>ie ©tabt ^ßfor^eim ct)x*tc ba§ 3lnbenfen be§ um fic |o f)üd)uerbienten 9ftanne§ burd) Benennung einer Strafje uad) feinem Hainen. Baumgartners (Sittel ift ber SWebijinalrat 3)r. Baumgartner am (Sanatorium Ouififana in Baben.*)

*) veiber war fein «ilb 9auntßdrtnrrS *u erhalten.

i)for$l)etm im 19, $nljrl)in!bcrt.

2*ofitifdics.

Ratten ftd) BabenS trefflidjer gfirft unb fein Bolf ergebungS* uofi bem unuermeiblidjen Sdjicffal gefügt, ba§ ein frember Eroberer unb ©eroaltmenfd) über fein Sanb »errängt fjatte; batte man, ber %)t gefjorcfyenb, ntcfjt bem eigenen triebe, ftd) %ipoleon§ 3)iftatur aud) n>ieberfprud)§lo$ untergeorbnet, um nid)t feiner Brutalität preisgegeben ju fein, fo mar barum bie Siebe jum beutfd)en Baterlanbe nidjt oerfc^munben unb e$ beburfte nur eine§ frifdjen 2uftjuge§, um bie fjeilige glamme roieber mächtiger benn je emporlobern $u (äffen.

Bei fieipjig fdjon Ijatten einzelne Truppenteile ftd) offen non bem roiberroillig getragenen 3od)e loSgemadjt unb uor s$art§ fämpften bie babtfdjen Truppen mit Branour Seite an Seite mit il)ren preu&ifdjen $ameraben.

Bürger unb Bauer, 5lbelige unb Arbeiter, Offoier unb £>aubn>erf$mann maren von gleid) l)or)er Begeiftcrung befeelt unb wetteiferten in opferfreubigen Traten fürS beutfdje Baterlanb.

2lm 14. 2)ejember 1813 erliefe ba§ Bürgermeifteramt auf Beranlaffung einer ftunbgebung be§ ©ro&fjerjogS einen patriotifd) gehaltenen Aufruf an bie Bürgerfdjaft jur Stellung oon 5rei* willigen unb $ur Stiftung freiwilliger Beiträge.

SSeldjen ©rfolg biefe Aufrufe bei ber Bürgerschaft Ratten, gebt au§ ben bie§bejüglid)en Mitteilungen be§ „2Bod)enblatte§" („Beofcadjter") (jeroor; mir laffen benfelben hier ba§ 2Öort:

22. Sejembcr 1813.

„Aufruf an habend 3 ü n g l i n g c ! Seine tföniglidje .\>of>eit l)abcn geruht, mir bie Formierung beö ju erridjtenben freiwilligen oäger=:Mcgimente« ju %>ferbc gnäbigft ju übertragen; mit geregter ^yreube meinen 2£irfung«freif; in biefen iagen fo eljrenooU erweitert ju fet)en, fünbige ia) (Sud), if)r iöabifdje Jünglinge, biefe« an, unb mit inniger Suoerfidjt, ba& id) nidjt oergeben« ju ßua) fpredje, ergebt mein Aufruf, an SlUe, roelaje in ber Äraft ber Sugcnb,

^forgbeim im 19. 3al)tbunbert.

273

unb erfüllt oon bem großen 3roerf, in (Sinem Sinn für eines nur ju ^anbcln, biefen fa)öncn Seruf erfüllen roollcn.

Gilt unb fommt ^erbei ! beroährt, roa8 (Suer #ürft oon 6ud) erroartet, oer mehrt bie $a1)[ ber tapferen £eutfa)en, welche jum Äampf für iHuhc unb ^rieben ftö) pereinen, unb roeld)e fein Opfer für 511 grofc aa)ten, um baS ju erringen, roaS bem 2Jtenfa)cn treuer unb roertb ift.

Ahr alfo, bie ..Mir &ua) oermögenb genug [et)t, Äletbung, Staffen unb Pferb felbft ju fdjaffen, erfpart bem iöaterlanbe, baS jefct alle feine Quellen faft erfdjöpfen mufj, biefc «nftrengung, unb tinit 10a« in (Suren Äräften fielet : ohr aber, benen feine Wlücfsöüter ju -t^eil mürben, oerfammelt (jud) unter bem panier UnfereS erlaubten dürften, man roirb 6ua) rüften, burdj bie vulfe bercr, an bie iü) mia) nur mit meinen Iiiorten roenbe.

3a aua) 3br bie 3h* bura) ^ö^ere 3af)re, ober una&änberlidje SBer* hältniffe aurücfgebalten roerbet, perfönlia) 311 erfa)einen, 30* fönnt Such et)ren oiel beförbern bura) (Mabe unb 05efa)enf! unterftüfct baö fa)one Streben (Euerer ärmeren trüber ! ittaS ber 3Hann, ben nur eine ftütte fa)ü|t, barbringt, roirb fo roiUfommen feon, alS ber reidjlidje Seitrag beS ^ermöglichen : ©rfüllt bie ^eilige Pflicht, bie (Suer Jürft an feiner freuen vor, gelegt, erfüllt fie balb unb roillig bie (Segnungen ber Golfer roerben aua) (iud) belohnen!

flögen balb bie öffentlichen »lättcr, bura) roela)e jebe* Opfer, baS 3h* bringt, ben 3*it9cnoffen genannt roerben foU, in gebrängten Leihen eS oer» fünben, bajj Jürft unb Staterfanb nia)t »ergeben« auf (Sud) gefu>ffet; nia)t umfonft ut (lud) ge|proa)en hat."

0. #oljing, 2)lajor unb ftlügettlbjutant, ftommanbeur beS freiwilligen Jägerregiments ju $ferb.

22. Eejember 1813.

„9(uf bic ooranfterjenbe Slufforberung hin finb in ^teftger 6tabt folgenbe freiroillige Beiträge unterzeichnet roorben:

ftollänber £>ol&Hompagme 1 Jäger ju ^ferb.

6al5v2lbmobiationgefeUfchaft 1

Vefegefellfdwft 2

Jlofc herein 1

Jör. »enefifer 1

£of«9i. Springer 1

ginfenftein 1

»JG. *.'enj u. Sicoert 1 3)cab. tfiehnle 1 $r. Mennig u. tfrenfel 1

«5<s. SJolmenberger 1

unb Safob dichter fteUt unb equippirt fid; felbft ju ben 3^9«™ J" pferbe auS eigenem Vermögen.

Slu&er ben $ur tfauallerie fia) angebotenen jungen Männern fw&cn fta) mehrere freiwillig nur Infanterie gemelbet.

3>on Stabt u. 1. u. t'anbSlmt finb größtenteils fchr gute unb braua)= bare #euergeroehre jeber 3lrt 3*Ü an ber $at)l geliefert roorben, rooran bie Stabt aUein 220 beigetragen hat."

10. Januar 1814.

„Sie Stabt ^Jforjhcim r)at ihren alten anererbten Patriotismus aud) in biefer fdjroeren 3eit babura) bcroährt, bafj fte |n bem frciroillicjen 3ägerforpS, rocldjeS ich $u fommanbieren bic ü'hrc habe, 20 3)cann unb 1 Trompeter auS* gerüftet ftellt. 3m Hainen beS ^aterlanbeS bejeuge id) hiermit ben trefflid)en bürgern biefer Stabt, in benen noa) ber (^eift ihrer Sater lebt, roela)e bei Wimpfen ben glorreichen 93aterlanb$tob ftarben, meinen innigften lauf, unb

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274 $fotabeim im 19. ^abtbunbert.

id) f>ege bad gercdjte Vertrauen, bafi aud) bteie Jünglinge ^for^eim« am läge ber 3d)iad)t fid) bed Manien* i^rer ^aterftabt roiirbig jeigen roerben.

u. fr o 1 3 in g, Mommanbeur bes freiwilligen ^ügerforpS, Wajor unb Alügelabjutaut.

lo. Januar 1814.

„Tod stillt }>forjl)etm tjat neuerbing* 51t bem berittenen Jagerforpä IS }%ferbe, aU freiwillige Wabe, geftcllt. Cr »5 ift ein erhabenes (Mefüljl, fid) in feinen "JMtrebuugen für ÜJaterlanb unb ^ntiona lefjrc oom (rifer patriotiftfjer StaatÄbiener fo fd)öu unterftüfyt ^u feljen, unb mit freubiger :Hül)rung bezeuge id) bem Jireftorium bc* truv unb ^nutfreifeä, fo wie beu rüfjmlid) tljätigen Beamten oon ^fonljeiin meinen öffcntUAcn £anf.

2(udj ber ^iefcnfrciä, bie Stabt Vörrad) unb baö }(iut ^aben baben burd) freiwillige Lieferung von Werben tljren uaterlanbifdjcn Sinn beriefen, unb auf biefen lauten 2anf Slttfprudj.

3d)roetnngen, ben U. ^amiax 1H14.

0. .\> 0 l \ i n g , Mommanbeur beä freiwilligen 3'agerforpS ju v^ferb."

9(m 10. 3an. 1H14 rourben 00 SWonn gefangene Jyraujofen, bie uor Strasburg aufgegriffen rourbeu, tyerfjer gebracht unb anbern £ag§ nad) $ait)ingen weiter transportiert.

TagS baranf jogen bie oon bier ju bem freiwilligen 3äa,er* forp§ teils ausgerüstete, teils fid) freiroillig geftellte junge Wann* fdjaft unter Begleitung beS 53ürgermeifterS ftrenfel, beS Stabt* Hauptmanns ©eiger unb ber beiben SlaoallerieforpS nad) ftarlSrube.

$)er ©injug ber 33erbünbeten in N)$arid erregte eine aufjer^ orbentlidje 93egeifterung in ber Stabt (Ein lebenbigeS unb anfdjau* lidjeS 93ilb baoon giebt baS SBodjenblatt 00m 13. 9Ipri( 1814.

„Siegesfeier ber 31 (Hirten unb ityr (iinjufl in ^JariS. Sd)on am 3>onnerötag Wadjmittag 3 Ub,r verbreitete ftrtj basier bie 9Jad)rid)t oon bem glüdlicfjen (Sin^ug ber aUiirten Wäd)te in ^ari«, weldje alle .verjen jur lauten ^reube Ijinrift unb jur 3>antbarfeit erwerfte, balb ein ^odj abge= warfen 311 feljen, bad fdjon fo lange unb brüdeub auf unfern teutfdjcn Staden laftete. Slbenbd mar ber Warft crteudjtet, unb eine Wufif oom Statt); baud trug jur ^ermefjrung ber jyreube über biefeS glüdlidje irreigniß bei, aber ju einem oorjüglid) feftlid)en Jage würbe und ber geftrige jag, an roeld)cm jugleid) burdj eine oon f)öd>fter Regierung oerorbnete Jvcier jene obige :){ad)rtd)t il>rc gemiffe "öeftättgung erhielt. Worgene. fdjon fünbete und ber Xonner bcö Wefd)üfce§ ba« (rrfrculidie an, moburd) fid? jebcd biebere beutfd)c ."oerj l)eben folltc. Xie berittenen jioei ibürgerlSorpö oerfammelten fid) jur ^•cier biefed lageö am Sat^aufe, unb giengen bann in "^arabe in ben iempcl be« .öerrn, begleitet oon einer aufterorbentlidjen Wenge 3Menfd|en, um ilnn für bie Siege ju banfen, womit tfr bie 2öaffen ber AUiirten gefrönt l)atte. 3(benbd mar ber gan^e Warft, Srf)lofiberg uno bie untere ^orftabt nebft mehreren Käufern ber Stabt crlcudjtet. 3(u[ bem :)(atb,l)aufe brannte oben unter bem ftäbtifc&en Wappen ber sJiame unfereö erlaubten Regenten, über ber 9l(tane aber bie Tanten ber oerbünbeten brei Wonardjen, ^anj, ^{eranber unb 21'ilf)elm. (yiner mebr anftanbigen nidjt burd) Wärmen unb ioilbe^ Toben auöge&eidnieten ,"yreube überlieft fid) au biefem feierltdjeu Jage alles, loa* fid) freuen fonnte. Wemife mebr alö laufenb Wenfdjen roaren auf bem Warftplafc oerfammelt, um bie 5üe(eud)rung beffelben unb bad ^euerroerf

Worabeim im 19. 3abrbunbert. 275

31t fcben, bae bic cxcfcfticftc fcanb eine« Sterinen ^nroohncre bereitet batte. 9tidjt eine Unorbnung ftörte ober unterbrach btefe fteierltd)feit, fte fcftlof; ftdj mit boffnuugeoollerm (jrroarten, balb bae (rnbe biefee blutigen Kampfee ju feben, ber Teutfdüaub feine ,"yreil)eit roieber geben ioll. 9lud) bie SHitgliebcr ber biefigett l'efcgcfellfcbaft oerfammelten fid), um biefen Jag burd) eine befonbre Jeter ju einem ber merfroürbigftcn ibree Sebent ju macben, unb itiren teutfdjen Sinn unb l'iebe für it)r teutfdjee SBaterlanb, bie fte burd) ©noägung ber Settbegebenbeiten ju näbren trad)teten, barjnftellen. Gine blübenbe unb fraftoolle JHebc bee $nt. }irorcftore am ^ieft^en ^äbagogtunt, frerr 3)reuttel, roeldje jene« roidjtige ©rcignife ;um (Hegenftaub batte, unb roeld)e bie ^ubörer burd) £arfteUung ber fid) brängenben fo merfroürbtgen unb auffaUeuben Be- gebenheiten ber Äett, ber Jeblgriffc bee nad) 2tteltberrfd)aft ringeuben (Sroberere, unb bcjfen Stur*, \uv Beronnberung bee Talent« ihre« Berfaffer« binrife unb fic bie Webiegenbeit ber teutfebeu Spradjc erfreucnb bemerfen liefe, roen fte einen foldjcn Bearbeiter gefunbeu bat. SXit einem fröhlichen 9Wal)le fcblofe ftd) biefer fröhliche tag.

9(ucb in bem f a t b 0 ( i f d) e n B e t b b a u f e bat)ier tmtrbe bie Siege«' ^eier unb ber Gittjutg ber hoben SUliirten in Barie feierlid) gebaltett. (iine gebalt; unb auebrudewlle Stebe unfer« roürbigeu Bfarr.lhiratu« Beubofer über ben ehemaligen, unb roirflidjeu Beftanb ber Tinge unb bie rounber- barcu tfübrungen bee $lllerbbd)fteu bcroürfte bic innigftc in Jbränen ftdjtbare iHüljrung bei ber ^ablreid) autoefenbett Berfammlung, bie um fo allgemeiner berrfebte, je nnoorbereiteter hierauf bie ganje Berfammlung mar. hierauf mürbe mit einem fcierlidjcn ftodmmt, unter roeldiem bae erhabene £anflieb „(Hrofecr (Hott mir loben bid)", angeftimmt rourbc, gefd)loffeu.

Bfonbetm, ben 11. tfpril 1814.

Der Äira)enBorftaub.

SEöie in jenen großen Jagen bie Stimmung unter ben $forjt)euner @inn>of)nern war, bauon giebt nacfyfolgenbe 2)av* fteünng be§ ^Börsenblattes ein getreue^ SMlb:

2«. Oftober 1814. Bforjbcime 5 ei er bee 18. unb 19. Cftbrö. 9lud) Bfor*bciin$ ^nroobner baben bae teutfdK "Colfefcft, roie ee bieberu Jeutfdjen auftebt, begangen, ee beburfte für fte nur einen SBfott, unb flc roaren bereit, ihre ber*lid)e Jrcubc über biefen tag, ber bem tcutfdjen Holf fo Dielen 6egcu oerfünbet, aueutbrüdeu. Viit ber ftnfcnben Sonne begann ber ,^ug ber fämmtltdien Sdjuljugenb mit ibren i'ctjrcrn, angeführt oon ber Bürger; Jtaoallerie, unb begleitet oon ber (ibreugarbe, unter bem (Heläute aller (Hlocfen. 3öie ee cinft bem Jeutfd)cu febroer auf bae öerj fiel mit btefem (Geläute nod) ben ehren unb begrüben $u müffeu, ber uue bae foftbarfte aller (Hüter genommen batte, unb ee mit jebem Jon beffclbcu im .{>erjen roiebertöutc : „unfer teutfd)en Jyrciljctt rotrb Wrabe geläutet;" fo fprad) jeftt jeber Jon biefee (Heläutee: „unferc A-rcibcit ift auferftanben !" Unter fanftem (Mcfang teutfeber lieber beftieg bic iJJenge bie m biefer %c'\er erroäblte "ilttböbe. frier laberten bie flammen aufioarte mi bem Gimmel u. roiefen bae oon ^reuben; tbräueu erfüllte Xugc bee teutfdieu and) babin. ^n ein Trcied roaren grofec Cpfcrfcuer angeorbnet, rüdioarte etlidjc HO 3d)titte ftanb an ber opi^e eine höbe Säule mit brennbaren Materialien umrouuben. Xae gan^c in ber 9iäbe, roie in ber fternc geroäb,rte einen fdjöneu Ättbltd, bie finftre sJiad)t, bie oor^ jüglid) }U biefem merfroürbigen Sd)aufpiel geeignet roar, oermebrte bic (Sin-- brüde bee (Hangen. sJ{un gab bic wblrcidK Diuftf bic 3Jielobic ju bem eigenbe ba^u gebid^teten teutfdjen Vicb an, unb bie fang auf biefer frobe, unter

Bcglüdung berfelben im 2lngefid)t biefer A-rcnbenfeier bae i'ieb:

„^oi)l giebt ee Jage, bie mir gerne feiern, Öermaniae cityne roir 2c."

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i^forabcim im 19. Snbrbunbert.

unb bie bordjenbe dNetifle name \u fterjen, unb ciieitcx nun oon ba mm etftenmal wicber vir fidjcrn freien Mubc in bem .<öcrru. Slm 9Kora.cn bes 19. fünbete bae Wefdjüfc bic Aortfcfcuna. biefer fcftlidjen Iaa,c an. 9btf bem durfte uerfamnuite fiel) bie cdiuljua.enb, unb ttad) 10 Uljr ftienftft an bic b,eilia,c statte, um aucti öffcntlidi Wott für biefe HJobltbat unfrei Befreiung \u banfejt. Xcr tfua. mürbe oon ber (ibrenaarbe angeffifct unb oon ber ^ürtU'riHeuterci unb ben freiioiliiflen ^Agern begleitet. Sie 3tcbc tourbc über ^prüdie cal. 21, 30. 31. a.cbalten, unb bic ^reube bes Icutfdjen über fein a,cte.ttete9 flaterlanb, auäaebrüdt. Hon ba flieua* bann num froben sJNablc, IVO fifib jeber ber berUidiften ^reube überlief?. £em (viroKbcr*oa.lid)en ftaufe, ben bobeu Miirteu unb ibrer (Generalität, ber teutfdieu Jreibcit rourbe ein Vebcbod) flebradjt. Slbcub* roar ber i)Iarft unb viele ^obuunaen fdmu crjeuditer. Unter ben ciuubilbcrn ftelltc baä eine bie Wcrmjmia bar, fic ftctjt aufftcriditet ba, ibre Ueffeln fiub cntjioei, irjr fluaefidit ift \um Gimmel a,eridjtet unb fic ftebt im 3ka.riffe bic .öänbe \\m\ Xanl *u falten, irinfadi imb barum febr fdjön ftcllt ein anbere* bie Nbler oor, auf beffen tJnift bie ocrfd)limi>cutn Namcuejüac Jy. 21- cntbaltcn fiub. lieber einem ftanb< o.QflOl, ber jub in bas oon auHen fiel» erbebenbe nörblid)e Ibeil ber (£rbfua,cl ((hiropa) f eft ciiißcfrallt batte, unb faft nidjt lo* w bringen mar, fd)toebt biejei" %üv unb paeft ibn feft an jener Mralle, bie er in bie Ihbe cina,c; fdjlafleu batte, unb reifjt fie barauö lo«. „Tie $orfel)una. roadjt über un* unb feinet un* bura) bie Jvolflen ber Sdüadjt bei Veipsta", mürbe burd) ein auberw auf fola,eube 2lrt au*aebrüdt: baö 9lua. ber ^orfebuna. wirft ibre leiteuben unb icbüfcenbcn Strablen aus, auf bie unten fid) erbebenbe &rbfugel. 3>n ber Glitte, moburd) bie ctrablcn a.iena,en, maren bic Süorte: ireipjia, 18. Cftbr. 1813. Unb fo enbetc benn biefer laa, bureb (Mefana., lanj unb mandjerlei illufifbrüdje inniger bcnlidjer ^renbe. Sind) bie Slrmutb blieb niebt ocri\effcn, audj ibr follte biefer laa. ein feftlidicr. fcon. Sie lrbren(Marbc fVctftc btefefben auf ibre RefbmuiQ unb bereiteten fid) alfo ibren froben £anf. :KddFlid)C# Sdmofeu fiel an biefem I aa.e an einigen I afcln, roof ür bic 9Umofem "Pflege t)iemit banft - foioic überljaupt aud) ben üerebrima,<MDürbia,cn jvremben, bic an unferer Jrcube Ibeii nabmen, biemit für ibre Slmoefenbeit unb Stilbc öffentlid) Tanf flefagt wirb."

9tucty biennal fehlte eS ber ©tabt nid)t an ausgiebigen iruppenbuvd)märfc^en unb Einquartierungen ; aber fic würben aUent^alben mit Rubelt begrübt ; benn bie $3eoölferung erblicft in it)nen ein 3e^en/ ^rt6 Sic 3af)rl)unbei'te lange $ned)tfcf)aft oom SluManbe, bie Qett, ba ber beutftfje iöoben ben £ummeU p(a& abgeben mu§tc für fiembe ^riegsbeere, 511 Snbe fei.

Am 6. 5tttit 1814 tarn bie erfte Kolonne ber au3 Jranf- retd) in if)r 33aterlanb jurüfife^renben mürttembergifdjen Gruppen unter 51nfu^rung be§ SelbjeugmeifterS ©rafen u. Jranquemont buref) $f oijf)eim, unb folgte itjnen in ben nädjften Jagen ba§ gefamte mürttembergifdje Kontingent, beftetjenb in 1 1 700 SJtann ju %u§ unb 3500 ^ßferben.

23. 3unt 1814 fanb eine 9)?uftevung ber aus; gvanf= reidj tjeimgefebrten babifdjen Zvuppcn, ungefäbr 8000 9)iann ftarf, bei v#for$f)eim ftatt. ^)a$ ^auptquartiei be§ $öd)ft* fommanbierenben, Generalleutnante o. ^odjberg, mar in 53au= frijlott.*)

*) ^aajftcbcnbe ^fonbeimer mürben in ben Jclb^ügeu 1792- 1815 mit ber Scrlcibung ber Jclbbicnftmebaillc oon Napoleon I. auögejeidjnct: Jlab Jr.

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I

$iotdbeint im 19. ^abrljuiiöcrf. 277

©in (Sirtrablatt uom 3Jtorgen beS 22. Qunt 1815 uerfünbete mit froher ©euugthuung bcn 9Iu3gang bcr Schlacht bon Waterloo uub baS @ube ber s}lapoleonifd)en £>errfd)aft.

1815-1848.

$urcf) bie auf bcm SBiener ftongrcfj abgefcbloffeue „^eutidie SBunbeafte" erhielt ©rofrh^og $arl bie oolle Souoeränetät uub bie feierliche ©emährleiftung ber Unteilbarfeit feines £anbcä im bisherigen 93eftanbe.

3)er griebe festen burd) bie neue Orbnung ber 3)inge gefiebert ju fein. S)a3 ©efetj ber Unteilbarfeit beS Raubes blieb jebod) nicf)t ohne Anfechtung, namentlid) oon dauern au3. s)lad) bem £obe feiner 5toei Söhne erteilte ber ©roßberjog baljer beu Söhnen Äarl 3riebrid)S auS jroeiter ©h* (Seopolb, Wilhelm, SOTarnnilian) beu marfgräf liehen £itel unb fprad) im €f tober 1817 ihr ^achfolgerecht auS. '

Sßon 53ab ©rieSbad) au§, mo ftarl Sinberung feiner Reiben gefucht, erteilte er am 27. Auguft 1818 feinem üanbe eine 33er* faffung. $a§ neue 2öerf inS Seben treten 511 fehen, mar ihm nid)t mehr oergönnt. ©r [tarb am 8. ftejember 1818 in Üiaftatt uub mürbe in ber <ßfor$heimer ©ruft feierlid) beigefejjt.

$ie Stabt N^forjheim fonnte ihm nod) am 11, September für „bie ebenfo toeife als liberale £anbeS=S?onftitution beu unge-- heuchelten beooteften $ant barbringen".

3h«t folgte al§ ©rof$her$og fein Oheim i uomig. ©r mar fein fonberlidjer Jyreunb ber SSerfaffung unb machte aus biefer ©eftnnung burchauS feinen £ef)l, inbem er bie ihm tu feinen reaftiondren 33eftrebungen wenig entgegenfommenbe II. Cammer auflöfte. Seiber liefi fid) bann bie neue Stänbeuerfammlung &u einer Sdjmälerung ber $olfSred)te bereitfinben. UebrigenS oerbanft ihm baS Sanb aud) manches ©ute. Submia ergänzte bie SBerfaffung burd) baS fDtenetebift ; unter ihm vereinigten fid) 1821 bie eoangelifche unb reformierte Kirche beS 2aubeS jur uniierten; im 3ac)re 1828 mürbe ber er$bifd)öflid)e Stuhl, in

unb 3tab 3afob, tflöfier; Säuerle >baun, Cberrouubarjt ; tteramami ^yw, i.'aubd)irura. ; üöiuber, ,"yerbiiwub, Jiommiifär; ttiffiftfummer (ihrift., ; #ucf Slua.., 4Mj.; Zaum, jatob; $etim<i, ^Juil. ^af. ; Törfliinier ^Ihil. ^af., ^rren« Wärter; tfreitaa. Jafob, penf. ft<ratonfd)reiber ; (Gebauer £a»tb ; Webljarbt >()., '^rrenaiiftaltauffeijer; ©bljrüta, Molimin Jyriebrid), .Hutfdjer; ©ftnttjei iKidiael, Hutfdier; .Qautf J^riebr., oiedjeiuoärtcr ; fte^er iKiduui, Steuerauffeber; fterb ttubreatf, 2(mtebicuer; Warft, Öfl. ^nfob; i'ana. CShrift., ^olMbiener : Vana., Jüfob; Veifc ^afob, ttofbarbeiter; iUerfle Cihriftian ; 2r. Wo.. SNillliT, üMcbijinnlrat ; odjrotb ,vriebr., «üdjfciiniodjer ; etü^j Jyriebr., Wolbarbetter ; Zfpumn, «tboaafl; Setter SRi^ael, Werber; Uüalbttrtv WottUeb; äiSebcr >!)., ^lo^meifter; SBittmann ©ö-' Äöljlermeifter.

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sJMorabeim im 19. ^abibunbcit.

Srciburg errietet uub bic .g>oct)fd)utcn erfreuten fiel) f«nw befonberen Sürforge.

$>ie Üftetternich'fche ^olitif ber Dieaftion, meldje fiel) balb genug in einem übertriebenen ^enfurmefen, in Unterbrücfuug jeber freiheitlichen sJtegung uuliebfam bemerfbav machte, tonnte feine red)te Sreube au bem neuen Staube ber $inge auffommen (äffen. 3)et „Beobachter" jeigt in ben 2()er uub 30er 3&bven nur ju bä"fi$ jene oielfagenben burd) Striche ober malitiöfermeife burd) 5ifcl)c ober ftrebje ausgefüllten dürfen, weld)e bie .fjenfur Durc^) ^vc Streichungen oeranlafjt hatte- 3mar mürbe burch ben mobl* mollenben @h*of}her5og £eopolb am 1. SJiarj 1832 bie ^refc freiheit proflamiert, bie oon bem bamaligen SHebafteur be$ „Beobachter", ftiebnle, unter bem 3ubel ber Beoölferung in bithnrambifchen Jonen rerberrlid)t, bereu 2>afein aber burch bie folgen beS £ambad)er Sefte* ein ebenfo jähes (Enbe bereitet mürbe. ®rof$r)er$og Seopolbs Ccrlaffe fpredjen oon großer £er$ensgüte. $as jit fünften bes Staatsrates bisher erhobene (Selb für Begehen unb Befahren ber Strafen mürbe aufgehoben. i)ie Sal$preife mußten berabgefetjt werben. $er Selb unb 3$alb alljufebr fchäbigenbe sIBilbftanb erfuhr Berminberung. $en bamals burch SMifttüac^S fehr fd)led)t ftehenben Weinbauern rourbe Steuernad)la§ bewilligt. Um Sanbmirtfchaft unb ©emerbe, Stunft unb BJiffenfdjaft in Wahrheit fchütyeu $u fönnen unb um in nahern Berfebr mit ihren Bertretern 511 fommen, ftellte ftd) (9roftber$og Seopolb an bie Spilje ber fte förbernben Beveine. $ie Stabträte hinter, Webenius, Solln ftanben ihrem Sürften treu jur Seite. $ie Berfaffung würbe in ihrem urfprünglidjeu Wortlaute wieber hcrgeftellt. $ie folgewid)tigfte unb namentlich für bie ^nbuftrie bes an ber ©renje gelegenen s^forjbeim tyody bebeutfame (£rrungenfd)aft jener Qtit mar ber 9lnfd)luf$ Babcns an ben allgemeinen beutjdjen ^olluerein. 2)aburd) fchwangen ftd) ©ewerbe unb .franbel rafd) empor, unb bie ®elbuerbältniffe oerbefferten fid). 3t m 22. Qiili 1H35 feierte sHfor$bcim auf bem 9iennfelb baS „3°Hlie*cini9un9Mcft''- Slnroefenb maren gegen 200 sj$erfonen, barunter bie SanbtagSabgeorbneten, Beamte ber benachbarten roürttembergifchen Stäbte unb Staatsrat Webeuius.

l*fox$eim wäfircnb 6er Tu'unrntiüu 1848 49.

<3n ben 40 er fahren mar überall in 2)eutfd)laub bas buufle (Gefühl uerbveitet, baß mau am Borabenb einer 9teuo= Intiou ftebe. Srtfl überall mar Unjnfiiebenbeit unb (Währung. 9lud) nidjt eine Klaffe ftanb in ihrer ©efamtbeit t)iitteu bem Beftehenben. Selbft ein Seil bes 3lbels rebellierte gegen bas

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sBforabeim im 19. 3at>rbuubett.

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VeoormunbungSfnftem unb wollte lieber als mit bem 3lbfoluti$muS mit ber liberalen Vourgoifte jufammengefjen. $ie Kleinbürger teilten ben politifefjen (#roll ber (öroftbourgotfie, oon ber fie trot} beS beginnenben wirtfdjaftlidjen (SegenfatjeS nod) gläubig Carole unb Selbgefdjrei annahm. $aau trat bei ben $anb* werfSmeiftcrn bie öfonomijrl) bebrängte Lage, f)eroorgerufen burd) bie auswärtige wie inlänbifdje Äonfutrenj ber ©rofeinbuftrie, bie fid) bem Kleinbetrieb bereite fühlbar machte. 3n Vaben, 100 fid) bie fojialen ©egenfäfce mieber fd)arf äußerten, unb wo Klein* bürgertum wie Kleinbauerntum überwogen, war bafür bie politifdje ©äljrung um fo ftärfer, wobei bie 9täl)e granfreidjS unb ber Sdjweij ftarf mitmirfte.

Um geiftige Ontereffen fümmerte man fid) bei ber ärmeren Veuölterung wenig; fie war oon Rot unb Langel fjeimgefudjt. Sttar fdjon baS Qafjr 1846 ein junger jafjv, fo würbe im Darauf« folgenben ^d)xt bie Verteuerung ber notwenbigften Lebensmittel gerabeju unerträglich für bie breite s}Jtaffc beS Volles. „Sd)led)te Gcrnten, ©efd)äftS= unb |)anbelSfrifen, 9lrbeitSftocfung unb elenbe Sötjne wirften jufammen." 2lm fütjlbarften madjte fid) btefer Rotftanb in ben 3nbuftrieftäbten. $)ie ^Berliner Kartoffel* reoolution, ber Stuttgarter ^rotfrawatl unb bte Sdjlefifdjen siÖeberaufftänbe ftnb bafür fnmptomatifd).

Sine ununterbrochene Reifje oon sJkrteifämpfen in ber babifcf)en Kammer, bie oon ber Sd)wei$ auS l)ereingefd)inuggelten Jvlugfdjriften mit bem aufreijenbfteu ^nl)alt bereiteten bie Kata= ftropfye oor. 9ln ben politifefjen (Sreigniffen nafjm bie s$forj= Weimer Vürgerfdjaft ben lebl)afteften Anteil. Vor bem Oatjre 1848 gab eS in $forjf)eim nur eine OppofitiouS= unb eine Regierungspartei. 311$ bie Regierung burd) Staatsrat SBeR bas Verfpred)eu abgeben lieg, baß bie 3enfur aufgehoben unb eine allgemeine Vürgerbemaffnung eingeführt werben foUte, fd)ieb fid) in furjer grift bie bisherige Cppofition in *wei Parteien, oon benen bie eine ben Ausbau beS beutfd)en StaatenbunbeS auf freiheitlicher ©runblage mit Volteoertretung unb einem Reid)S= Oberhaupt anftrebte, währenb ber anbere, rabifafe Seil ein neues StaatSgebilbe auf bemofratifd)er ©runblage oerlangte. 3ln ber Spitze ber erfteren ftanben SRatifra ©eider, Vaffermann, oon Soiron unb if)re S^unbe, auf rabifaler Seite waren .ipetfer, Struoe, Vrcntano, ^eter, Sirfler unb it)r Anhang.

(Snbe Februar unb nod) in ben erften fJiärjtagen jeigte fict> in v}3for$beim eine rührenbe (Sinigfeit unb Jyreube an bem (£rreicf)ten. 2>iefe frieblidje (Sntwicflung erhielt plöttfid) burd) bie in Jyraufreid) fid) am 22., 23. unb 24. Jyebruar ooll.yebeube Kataftrophe eine anbere ^Beübung. £as Volf fämpfte bort wieber einmal um feine Jreibeit, ftürjte bas uerl)aj$te tWinifterium

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280 ^forabeim im 19. 3abrbunbert.

©uijot, jagte ben „93ürgerfönig" SouiS vJfyÜtpp baoon unb erflärte granfreid) jur ftepublif. Die 2öirfnug bicfer Vorgänge »ar in ©aben eine fo mächtige, bafj fetbft bie Regierung ftd) berfelben nid)t oerfd)lie§en tonnte. 9lm 29. Jebruar jeigte fte in ber Abgeorbnetenfammer an, ba& fte ©efe^entmürfe oorju; legen gebenfe für oollfommene sJ$rej}freil)eit, 3d)n>urgerid)te unb ^otfsberoaffnung. $n einer an bemfelben Dage in pfor^eim ftattgefunbenen $3ürgeroerfammlung auf bem äiatljaufe würbe nadtftetjenbe Petition an bie 2. Cammer beraten unb unter* Scic^net. $ur Ueberreidjung berfelben ging DagS barauf eine au§ 38 ^Bürgern beftefyenbe Deputation nad) ßarlSrufye ab. Die Petition lautete:

$>of)e jioeite Slammer!

Petition ber Bürger ber 6tabt >Pfor$f)eim, betreffenb bie enbgiltige Erfüllung ber geregten Sorberungen beS 33olfe3.

Sine ungeheure SKeoolution fmt ganj Jranfreid) umgeftaltet. üBieüeidjt in wenigen Xagen fteljen franjöftfdje $eere an unfern ©renjen, roäbrenb föufjlanb bie feinigen im Horben jufammen* fliegt. Der ©ebanfe burrf)$ucft ganj Europa, ben Golfern SBer* faffuugen 51t geben unb biefe jur siöaf)rf)eit werben 51t (äffen, Uufere SBünfdje f)aben mir foroeit mögltd) burd) bie treffe unb burd) Petitionen burd) unferen Vertreter genugfam auSgefprodjen. 3113 ^auptmajjregeln, meiere im 3Iugenblicf 311 ergreifen mären, fjeben mir für fyeute Neroon

1. 33erminberung ber Abgaben burd) üßeretnfadjung in aUen 3roeiyen ber StaatSoerroaltung.

2. Allgemeine ^Bürgerbemaffnuug mit freier 3Baf)l iljrer Offiziere.

3. Unbebingte ^3ref3freif)ett.

4. ©d)rourgerid)t nad) bem $orbilbe (EnglanbS.

5. Ungefäumte £erftellung eines beutfdjen Parlaments.

6. $erantroortlid)feit ber üttinifter als eine Söafjrljeit; bamit alfo ein ©efet> über baS 2lnflageoerfal)ren. Die Erfüllung biefer unferer 2Bünfd)e fann nidtf länger oerjögert merbeu. Sir forbern beSfyalb unfere 93olf3oertreter auf mit allen tyttett gefe^lid) 51t ©ebote fterjenben Mitteln bal)in ju mirfen/baj* fte fogleid) in Erfüllung gef>en merben.

pfor^etm, 29. gebruar 1848.

folgen 801 llnterf Triften.

2ln ber <Spit>e ber Deputation ftanb Dennig, ber 33er= treter ber <Bta\)t in ber SBolf3fammer. 33on unangenehmen ©efüblen muvben bie sJJlitgliebeu ber Deputation ergriffen, ba fie mit heftigen SBorroürfen überhäuft mürben megeu ber $}itte um unbebingte prefjfreiljeit. oie glaubten in ben iöerfidjevungeu

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tyforabeim im 19. 3abr&unbert.

281

ber Regierung oom 29. ^ebruar nicht bie nötigen Garantien jn finben, ba biefelben tüd)t anf bie ßraft b*2i BolfeS, fonbevn auf ben SBitten einer Berfammlung gebaut waren, meld)c bie @r* füllung ihrer oor 33 fahren gegebenen Besprechungen bis jur Stunbe ju oerjögern nmfjte. Dod) mar bie ÜHifjftimmung nur oon furjer Dauer. „Schon in ben nädjften Stunben", t>ei^t eS in bem Berichte, „oerfünbete ber um Sürft unb Baterlanb gleid) r)ocr) oerbiente Staatsrat Beff in ber öffentlichen Sitzung, ba§ oom 1. SJlärj an baS prefcgefetj oom 28 Dezember 1831 inS Seben gerufen fei unb roenn baju nod) bie 2Babrf)eit tritt, bafj jene oerbeinguiSoolle , unfer gutes 9ied)t oerfümmernbe Orbonnanj ber BunbeSoerfammlung oom Qafjr 1832' aufgehoben erflärt fei, }o bürfen mir mit fo oielem Vertrauen als Beruhigung unfere fechte mie unfere 2öof)lfabrt in bie $änbe unferer hohe" Regierung unb unferer trefflichen BolfSfammer nieberlegen."

31m 2. 9Jcarj abenbS fam ber 2lbgeorbnete Mennig mit feinem Kollegen ^Tatlii) in pforjheim an. Dem geftmabi, baS ihnen ju @bren gegeben mürbe, roobnteu gegen 200 sßerfonen bei. Betbe Herren oerbreiteten fid) in Vorträgen über bie politifdjen (Sreigniffe, bie Hoffnungen habend unb beS beutfdjen BaterlanbeS. ^inftchtlid) ber Befürchtungen (Sinjelner, ob auch baS Errungene Beftanb höben werbe, machte ber 21bgeorbnete SWathn auf bie BolfSbemaffnung aufmerffam, in welcher er ben beften Sd)itt$ gegen bie Weaftion erfannte.

£rotj biefeS (SmtgegenfommenS ber Regierung glimmte ber gunfen beS Aufruhr« im Verborgenen weiter. Der bemofratifdje Seil hatte ftd) unter bem Warnen „BortSoerein" fonftituiert. 211S Weaftion bagegen bilbete fid) ber „Baterlänbifcbe Berein", an beffen Spitze ^rofeffor Henne, ffabrifant ^errenner, prioaticr SreceliuS, Wed)tSanroalt Bellt), Kaufmann (S. D. SJcajer, gabrifantB. Dieterich unb gabrifant gr. .jperrmann ftanben. 3n SBort unb Sdjrift ermahnten fic aufs dinbringlicbfte guv Befonnenheit. gübrer beS BotfSoereinS waren gabrifant (Ebriftopf) Öerre, Kaufmann Dtetj, Sdjneibermeifter Wühl, Wed)tSfanbibat Herrmann, Blumeiuoirt drnft Bucf, Bechermirt ©g. Siegle unb WedjtSfanbibat 211er. SBolf. 3hv Organ mar ber „Berfünbiger", roeldjer oft mehr als berb feine Meinung fagte. Bon biefer Partei löfte fid) fpäter ein ultrarabifaler glüget loS, ber fid) „Die Proletarier" nannte. Sein |>aupt mar ber gabrifant 6b. 9Riller, ber „Borarmiller", Schriftführer mar ber „rote" Sflobr, ein ©olbfehmieb. 211$ Sofale benähten bie Proletarier bie „2llte fteppelei" unb bie füblid) ber Wofjbrücfe jiemlid) eiufam gelegene Brauerei 3öagner.

©emiffermagen als Borpoftengefeci)te $u ben fpätcren ernften (Sreigniffen führte jene Sorte 9J?enfd)en, bie ja immer unb überall ju finben ift, roo „etmaS loS" ift, im SHärj unb

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i<totjbci.ii im 19. 3abtbuubett

9(pril oor ben 2öobnungen mißliebiger ^Bürger ftatjenmufifen auf unb oeranftaltete gegen biefelbeu förmliche .fmberfelbtreiben. 9Iuf bem Rennfelb würben ©ävten uermüftet, bem 2)efan Scfyinbler auf bem Scfyloftberg, bem Steuererbeber Seeburger u. a. rourben bie genfter eingeworfen. 93efonberS gegen ..91riftofraten unb SWucfer" mutete ber sJJIob. Red)t übel baran mar ber Steuer* peräquator unb Redjner be§ abeligen 3>amenftifte§, ftaltenbad), ben man bummer« ober bo§baftermeife berichtigte, er ^abe eigen* mädjtig bie ©teuer erhöbt. $ie Stiftswetroaltung fud)te bie Untjolbc jut beruhigen, inbem fte am StiftSgebäube, ba, wo jetjt ba£ Sanfter $abn?fd)e £au3 unb ba§ ©ebäube oon ©uftao SJleule ftebt' (bie ©arten gingen bis an ben 9)tüt)lbad)), umfaffenbe Reparaturen uornebmen unb bamit bie armen $aubroerfer 2042 fl. oerbienen lieft, um in ^rieben leben ju tonnen. (Sine m biefeu Jagen in ber Strafanftalt aufgebrochene Reoolte tonnte nocl) redjtjeitig burd) baS energifdje (Siufcfjreiten be§ 2Bärter* perfonalS unb ber 3(uftalt3beamten unterbrüeft werben.

$rotja liebem ging burd) biefc Qtti ein gemiffer ibealer 3U9- !ffienn Sonntag morgen? am oberen Rennfelb bie $3ürgerwebr it)vc Hebungen abhielt, uerfammelten fid) bort ©nippen oon bürgern unb fangen U$ater(anb3lieber, unb oft gefeilten fid) ju ben fd)ltd)ten Arbeitern unb £mnbmerfern Beamte, ja felbft ein 21mtmann uerfd)mdf)t eS nid)t, mit itntcn 51t fingen. $ur 9(uf* red)terl)altuug ber Orbnung traf baS $3ürgermeifteramt bie 2(n* orbuung einer Racl)tmad)e burd) Bürger für folange, bis bie ^öürgermebr oötlig organifiert mar. ©egen bie oielfacben rotjen SluSfdjreitungen unb baS unfinnige Scfyefteu erlieft bas 53ürgermeifteramt eine 33efanutmad)ung, morin auf bie Jolgeu aufmerfjam gemad)t unb ju Ruf)e unb Orbnung gemalmt mürbe.

Seit bem 3al)re 1837 mar ber Söürge/Rubolf Deimling $ürgermeifter. Seine '3)ienftjeit bauerte ^atjre. Qm folgenben ■3abre f)ättc eine Reumabl vorgenommen werben müffen; allein bie s^erl)ältniffe machten eine foldje fd)on im sJflai 1848 nötig. Deimling, ein rechtlicher, intelligenter SJcann, aber für folcfye >}eit eine ju frieblidje Ratur, mar ben immer verworrener merbenben ^uftänben offenbar nid)t geroadjfen. sJcad) langen Söerbanblungeit mit ber Regierung mürbe bev ($emeinbe bie birefte 4Baf)( U)rer Beamten jugeftanben ; biefelbe oerfdjob fid) jebod) bis jum 18. September 5>on ber gefamten wahlberechtigten 93ürgcrfd)aft mürbe Reutamtmann GrcceliuS mit 589 Stimmen jum Stabt- oberl)aupt gemät)lt.

I>ic tKürgorroefir. $er ^efd)luft ber Regierung oom 29. Februar 1848 betreffs ber ^ulatfung einer allgemeinen HolfSbemaffuung gelangte in ben (^emeinben rafd) juim ^ßolljug. $lm 18. SJlärj bcfpvad) eine allgemeine ^ürgeroerfammlung bie

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»Urorabeim im 19. ^abrbunbcrt.

283

Inorbnung unb Bettung bcv ^ßfor^fjeimer Vürgermeljr unb mäf)lte eine aus 25 ^erfonen befteljenbe Stommiffion. 2)iefelbe bcfdjlof?, oorerft jeben s2(benb auf bem iKatt)aufe jufammen ju fommen unb naef) (Srlebiguug ber mid)tigften Vorarbeiten bie Sin« teilung ber 9ttannfd)aften in Kotten uor^une^men. (Jbenba fanben aud) bie Vorübungen jur militärifdjen s2lu§bilbung ftatt. $er Vürgermeifter würbe nad) Karlsruhe gefdjicft, um bort 200 leidjte gute ©emefjre mit ^crfuffionSfdjlofj 511 befteücn unb bie baju gehörigen $atronentafd)en. $)ie iKeife fjatte aber infofern fein günftigeS SHcfultat, al§ Deimling nur 150 Karabiner jugefagt erhielt, bie bann aud) am 10. 9JMrs eintrafen, äfttt ben ©emefjren ber 8d)üt}eugefellfd)aft, jenen ber ftlöfferjunft unb ben fouft uorljanbenen fonute man einftmeilen fdjon gegen 400 Sdjiefjmaffen aufbringen, um nötigenfalls gegen ben befürd)teten franjofifdjen Ueberfatl fid) fdjütjen ju tonnen. W\t ben Öfters* roafjlen ging e3 (angfam noran, ebenfo mit ber Gcinfteidmung ber sJ}]annfd)aften §ut Vürgermehr, rooju uieler Ermahnungen unb <5trafanbrof)ungen beburfte.

Sin rege§ £eben entfalteten bie Surner. Jäglid) rourbe auf bem £uruplatje neben ben (Geräteübungen ba§ 9(rmbruft* fct)iej3en, Ejrerjieren, Setzten, ©enoerfen 2c. fleißig betrieben.

Vei ber 9iotteneinteilung mürbe (£receliu§ jum Vorftt3enbeu, sJied)t§anmalt 8d)lemmer 311m £d)riftfüf)rer gewählt, fortan mürbe jeben 9lbenb im 9ktf)au3 geübt. Von StarlSrufje mürben 2 Unteroffiziere beorbert, um bie s3ftannfd)aften 511 inftnitcven. $a§ (Exerzierreglement mar franjöfifd). Qthn Stammtet forgten . für ben nötigen militärifdjen ßffeft.

JJn ber ©emetnberatSfi^ung uom 30. 3JIärs mürbe ber Sehrfommiffion ein $rebit oon 300 fl. eröffnet. 9lbenb§ am 8. 2(pril mürbe bie Vürgerroefjr auf bem Sftarftplat} in Fähnlein eingeteilt feitfjer mürbe nur in Kotten ereifert unb am 17. 3tyrtl mürben für bie 7 Jähnlein bie CffijierSmahlen DO* genommen. 3^be Kompagnie l)atte einen Hauptmann, einen Oberleitmann, 2 Zugführer, einen Cberjugmeifter (Oberfelbmebel), 2 3wgmeifter (Jelbroebel) opäter mürben bie fieben Jyähnlein auf fed)S rebujiert Qtm Sflajor mürbe (£receliu3 gemault. 3)ie Einteilung bauerte bis in ben 3imt hinein. ViSber Ratten nur bie Unteroffiziere ©eroehre; am 12. 8Cuguft eublid) tonnten auf bem SHathaufe aud) an bie sJ)lannfd)aften foldje oerteilt merben. 2)ie ©croef)rfrage fanb ihre (Srlebigung in ber SÖeife, baft bie babifdje Regierung in Süttid) für bie 2Bel)rmänner bc3 Raubes eine Wnjabl ^erfuffionSgemehre aufkaufte, ba§ ©tücf ju 15 fl. 30 ftr. 2)er grofje 31u$fd)iif3 genehmigte für Pforzheim bie erforberlidje 3<*l)l bie '-löehrmänuer. diejenigen, benen bie 93cjaf)lung nid)t fdjroer fiel, foüten gleidj 16 fl. 30 9x. erlegen;

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284

Worjbcim im 19. ^.ibrbunbert.

ben Uebrigen mürbe eine Borgfrift oon V , 3af>ren in bei* 9lrt

bewilligt, bafj bei (Empfangnahme für jebeS ©emehr l fl., ber

Weft aber in monatlichen Waten in bie StorpStaffe bejaht unb uon biefer an bie StaatSfaffe abgeliefert rourbe.

silujjer ber Bürgerroehr beftanb ein oon ber Sd)ül$engefeU'- fdmft onjanifterteS fchmucfeS Scharffd)ü$enforp§, ba§ mof)lau^ gerüftet tn fetner grünen Uniform einen prächtigen Gmtbrucf machte. Sein ftommanbeur mar um biefe $eit Baufter 3(ug. llngerer. $>ie Offiziere waren für ba§ 1 . gätjulein Äarl ©reiff, S^emifer, für ba3 2. gabrifant ^ieterief), für ba§ 3. gabrifant £>errmann, für ba§ 4. ©. £>. $ict}, für ba§ 5. Jabrifant Wütjetberger, für ba£ 0. Vermalter Becfer com Siechen* unb $orreftion§fmn§. 3eber Flügelmann fyatte ein Fähnlein am ^linteufauf. $u et"ev cinfjeit* liefen Uniformierung t)atte bie Bürgerroehr bisher noef) nid)t gebracht. 3)ie Uebungen fanben teils auf bem WathauSboben, teils in ber Weitfd)ule ober aud) bei gutem SBetter auf bem ^inbenplafc ftatt.

$)ie 3bee jur ©rünbung eine§ ÄaoaUerieforyS fdjeiterte ÜttangelS an Beteiligung. 3)ad BürgerroehrforpS beftanb nun* mehr aus J3 Trommlern, 30 Spielleuten; baS Sdjüfcenfähnlein Ijatte 65 SRann, bie I. Stomp. 107, bie II. 104, bie III. 100, bie IV. 105, bie V. 100, bie VI. 100 9Rann. flapellmeifter mar ©raoeur ©uftao Seibbraub, ber feine Gruppe 51t einer 3anit> fdjarenmujif auSbilbete. (£bef berfclben mar ber Kaufmann unb Seutnant (£. 331a jer. (Er jeigte fid) red)t ttjätig unb Ijatte fdjon am 4. 9Jcai 150 fl. für bie OTufif uom ©emeinberat uer* langt, mar aber auf fpäter uertröftet morben.

Jnbeffen mareu bie Uebungen foroeit uoran, bafj bie gemötjnlicfyen ©riffe unb 9Jcarfd)übungen mit einiger Sicherheit gemacht mürben. 2>e3 öfteren nahm Hauptmann Werfer , ein affiner Offtjier, melcher bie Unteroffiziere auSbilbete, feine sJ0lanufd)aften jufammen, um fie im Scuergefec^t brtllen, roortn fie bann auch mit ber gute Sortfdjritte machten. s#ud) ein alter Solbat, ein Beamter Warnend .£)ettinger mar bei ber (Ein* Übung behilflidj.

3He Bürgermehr mar ber Stolj ber dinroohnerfchaft gemorben. Saft jebe Wummer beS „Beobachter" brachte ein sJ3oem auf beS „BaterlanbeS ^ier", mitunter maren eS tief= empfunbene unb roirfltd) bichterifdje Gir$eugniffe. %\i sßforj* beimer grauen unb Jungfrauen ftifteten eine Jyar)nc, beren 2öeit)e fid) am 24. September 511 einem impofanten geft geftaltete. 5luf ergangene (Etnlabuug maren Wborbnungen ber 5Tarl3rul)er, Weiten* bürger unb ©almer Bürgermehren crfd)ienen. 3um gähnen» träger mürbe ber SdjroertroirtSfohn Huguft Mittler geroählt.

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ßtirgernie^r tut ^aljre 1848.

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Worabcim im 19. Sabrbmtbert. £66

9I(Sbalb nad) biefem gefte efp^inc^ ber Tagesbefehl an bie s4Bebrmänner, ficf) ju ben geuerererjitien bereit 51t galten.

per ^ratttofenfärm. Km 24. 5Rärj gegen sJlbenb tarn baS ©erüd)t nad) ^for^eim : „$5ie granjofen fommen!" 2)ie (Erinnerung an ifjre jal)lreid)en ©reueltbateu in unferm ^eimat« laube mar nod) aüentbalben lebenbig, unb bie 9lngft war bei ber bamatigen Sdjutjlofigfeit ' aud) burdjauS feine nnbegrünbete. 2>aS ($erüd)t tbat rafdi feine 2Birfung. 9hif bem Üttarftplatje fommelten fid) alSbalb ©ruppen oon bürgern, unb gegen 8 Ubr traf ber Slommanbant ber 93ürgcrroebr ein. $ie* ÄarlSrut)er ^nftruftoren ftellten fid) mit ben bereits mit ben mit ©eroefjren bewaffneten Unteroffizieren auf bem OTarftpto^ auf unb übten beim flacfernbeu Scheine ber ^edjpfaunen. Ingenieur 3uliuS 9täf)er unb gabrifaut Detter ritten gegen £>errenatb, um ju erfahren, roaS an bem ©erüdjt maljr fei/ baS ein reiteuber 33ote gebradjt unb monad) bie graujofen in ©ernSbad) feugen unb brennen unb bereits baS roürttembergifdje $orf Loffenau pafftert haben follten. Rubere Patrouillen ritten nad) ber $urlad)er ©teige bis 511m t)ot)en 2Balb, anbere bis 5111* 53irfenfelber $iegel= f)ütte. $er Oberamtmann fuhr mit bem ($enbarmeriebrigabier Schreiber nad) Neuenbürg. (£r bradjte fpäter beruhigenbe, aber feine beftimmten s^ad)rid)ten. Ein reiteuber $3ote fam oon JRönigSbadj: „2)ort feien fte gerüftet; bebürfe man ihrer, fo follc man nur nad) ihnen fenben." 33oten ritten tjinauS mit amtlichen Sdjreiben an bie ©emeiuberäte beS $3ejirfS, welche bie Mufforbcrung erhielten jur ^Bewaffnung. $ie einen riefen nad) Waffen, bie anberu beeilten fid), $ab unb ©ut 51t oergraben ober fieser einzumauern, grauen unD $inber brängten fid) auf ben 9Jtarftptatj, ben (Satten unb $ater jum legten Wate ju umarmen, ct)c er ins gelb 50g. (Sine bange, aufgeregte Stunbe uerging. sBäf)renb beffen ertönten iRufc nad) Waffen. Sämtlid)e Sd)loffer, <Sd)miebe unb s^efferfd)miebe mürben beauftragt, fo fd)nell unb fo oiel als möglich ßanjenfpifcen $u fertigen." W\t ©enfen unb auf glöfferftangen aufgepflanzten Spiepen rfteften immer neue fampfluftige Sdjaren an. $en ^inngiefjern unb $upferfd)mieben rourbe anempfohlen, Mügeln $u giejjen, bie bann nebft ^uloer ausgeteilt mürben. 9tn fämtlidje görfter beS 53e= jtrfS erging baS ©ebot, mit tt)ven Jägern unb ^agbfjüteru möglidjft ftarf bemaffnet 511 erfdjeinen. ©egen 10 Utjr traf baS gähnleiu ber Sdjarffctjütjeu ein, bemaffnet mit $3üd)fe unb barauf- gefteeften ?jatagan. 3bnen fdjloffen fid) bie unterbeS einge-- troffenen görfter unb bie oon biefen beroaffneten jüngeren ^Bürger an. gorftmeifter .£>oltj teilte allein 20 ben ^Öilberern fonfiSjierte ©emebre aus. (#egen 11 ttyt ftanben im Hintertreffen über GOO Senfenmänner, oon benen etlidje aud) mit s.He;rten, £>eu;

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286 ^forabcim im 19. Sabrbunbert.

gabeln, 9JJanbelreibcrn, Sdjaufeln,- ftrautftämpfeln x. bewaffnet waren. (Sin .tfonbitorgefyUfc Ijattc ben größten Stößer ans feiner ©aefftube mitgebracht, ein anDerer StampfeSmutiger einen «peu* l)afeu, womit er in fürdjterlidjem ©rimme ben Jyranjofen ba» ©ebärm im i?eibe nm^ubreben brobte. Patrouillen mürben au§* gefanbt, $orpoften auSgeftellt (Sine Abteilung erwartete ben fteinb an ber 93rötjtnger ÖemarfuugSgrenje. (Sin Schütz machte ben 93orfd)lag, $arrtfaben &u bauen, was aber bann bod) al§ |U gefäbrlid) unb unnüg oerworfen würbe. (Segen W/f Ubr (amen bie gegen @ernsbad) gefd)icften ft'unbfd)after jurücf mit ber Reibung, baß uid)t3 (#efäbrlid)e3 51t entberfen fei. Anbete SBotett, bie fnäter eintrafen, ftimmten bamit überein. 2)er Ober« amtmann befprad) fid) in Neuenbürg mit feinem 9imt§genoffen wegen gemeinfamer Maßregeln. Sc machte bie Mitteilung, baß er eine »Staffelte nad) Karlsruhe abgefanbt r)abe. $on bort war it)m bie s)cad)rid)t geworben, baß auS pari» 10000 $eutfche ausgemiefen würben, bie in sJtut)e unb Orbnung t)eimjufel)ren münferjen ; baß aber uon anberer Seite eine wirflidje ©efabr brol)e. $$on Mühl häufen au$ werbe uon einer Schar Jvranjofen ein Ueberfall i>erfud)t. (£3 war bie £>erwegh'fd)e Jyreifdjar. UBelche* Sdjictjal fie hatte, ift befannt. Ilm 25. üJlärj war bie >Hube unter ber 93eoölferung wieber bergeftellt. Unb bie Urfacbe beö JvranMenlärms ? 2lm 19. Märj fanb in Cffcnburg bie uon ^ecter geleitete s4$olf3ucrfammlung ftatt, wobei bie Jvül}rer ber Mabifalen ihr Programm aufteilten, u. a. mit ber Jorberung einer rafd)cn SBolföbemaffnung. Um bie Ausführung biefer Jyorberung mög(id)ft ju befdjleunigeu, festen fie auf gefchiefie 3lrt ben ?yran^ofenlärm in bie 2öelt (Srmiefen ift biefe (Srflärnng jwar nicht; aber febr oiel 3ßahrfd)einlid)feit r)at fie für fid).

2lm 14. 3lpril bcfd)lo§ ber (Semeinberat, baß bie aus* gegebenen Senfen unb bie im Mär* angefertigten &injen wieber abgeliefert werben müßten. Qum 9tu3rücfen würben fte nie benu^t. 3(m 24. $uni 1849 nahm bie jd)mäbifd)e Legion 95 Stürf bauon mit, bie anbern würben auf bem $athau$-- fpeidjer aufbewahrt unb gingen bei bem vJ?athaufifbranbe in ber Wad)t vom 29.— 80. Mär$ 1891 pgrunbe.

3lm Sd)luß be» 3af)re3 oolljog fid) wie in allen größeren Crten fo aud) hier eine ernfte, erbebeube Jveier, bie Totenfeier ju (Sfyctti be3 in ber ^rigittenau bei SBien ftanbredjtlid) erfchoj* feiten IHoßert TiCum. 91m Montag, 11. ^ejbr. abenb3 wer* anftaltete ein .Uomite einen ^yarfeljug uom Marftplatj nach bem Meitbaufe, wofelbft Stabtpfarrer 33utterfacf uon ^iebenjeü unb ber beutfd)-4atholifd)e prebiger Heribert sJtau au§ Stuttgart bie Trauerreben hielten.

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^fotabcim im 19. 3abrbuubcrt. 287 1849.

9lllmäblid) t)atte ficf) bie SHolfSwebr $u einem ©eftanbteil be§ ftetjenben .]peere3 berauSgebilbet. Die $iitgliebfd)aft war obligatorifd) geworben unb nur unter ganj beftimmten Umftänbeu tonnte eine Befreiung oon ber Dienftpflidjt eintreten. Dro^bem blieben uiele s-8ürger, JJabrifanten, ftaufleute unb fleine ftanb* merfer ber Sadje fern, weil fie it)r feineu ©efdjmacf abgewinnen tonnten. 91 in 25. Januar befd)lott ber ©emeinberat, gegen bie Bäumigen bie Jyeflfe^iing einer Strafe t>on 2—50 (Bulben je uad) bem Staub ii)re§ Vermögens. 2lud) ber Sinjug ber ©ewel)r= gelber unb bie Uniformierung oerurfadjte oiele Sorgen. 3Mel n)id)tigcr al§ bie großen s$flid)ten ber 3eit, für weldje bie wenigsten ein red)te$ Serft&nbntS &u fyaben fdjienen, war beu Weltmännern bie Jragc, ob ber iHocf ein* ober jweireibig, ob ber fragen fdjwarj ober blau fein füllte. Die Offiziere waren längft im 33efitje ber au3 fd)mar$em Dud) gefertigten sJJlontur, mit einreibigem sMod unb einer Dienftmütye mit gerabem Sd)ilb. XHber uom Oberfelbmebel unb Jelbwebel an l)atte bie äftann« fdjaft meift feine ober nur teilweife Uniformen, manchmal nur Dienftmütjen. getömebel unb Wottenmeifter trugen ba§ Äceuj* banbelier mit Säbel, s^atroutafd)e unb 5kjonnetfd)eibe, wäbrenb bie 2Bef)rmäuner nur ein banbelier au$ fd)warjem &ber trugen, an bem Ijinten s^atrontafc^e unb 33ajonnetfd)eibe befeftigt waren.

Die ^oefte fdjof* üppiger als je in§ Jlraut. £>ermegb3 ftreibeitsgefänge unb $Öebrmanns»lieber jeber ©üte füllten bie Spalten be$ „'öeobadjters". Der ^öäcfermeifter unb ©emeinbe- rat (£t)riftopf) Finger (^ladjbolj" nannte er fidj, im ©egeufaty ju bem seitgenöffifdjen ÄarlSruber Didjter ^odwliO bef'lagte bie arbeit^lofe 3e^ unb 50g gegen bie Jyreil)eitSl)elbeu unb „mobernen 3efuiten" lo§.

Die rabifale Partei begnügte fiel) nidjt mit ber entgegen* fominenben ©rflärung 33ettS, bem ©rofib- SWanifeft uom Sftouat sJJiär$ unb ber ^hiMifatton ber erftrebten ©efelje. Die ßrgeb* niffe ber Offenburger Ukrfammluug, bie sJJNlitäremeuten in Waftatt, ÄarlSrube unb 93rud)fal gaben ba3 Signal guin allgemeinen 9tttfftanbe. Die ftludjt be$ ©ro&berjogS unb bie (£v| türmung be$ 3ei|ftt)aufc# in ftarlSrufje waren bie erfteu folgen ber i)ie= uolte.

2113 iHittmeifter Sreiberr ü. Selbenecf, ber mit einer Sd>wa* brou Dragoner von ftarlSrulje uad) ^Haftatt fommanbiert warben war, bort uor beu meuterubeu Gruppen „Säbel bevaus!" fom= manbierte, fprengte ber au§ s$forjl)eim gebürtige ©efreite (£ouniS

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^forabeim im 19. Qabtbunbett

oor bie gront unb rief: „Kamerabeu, Säbel ftecfen laffen!" <£r mürbe bafür fpäter uom Kriegsgericht $um £obe oerurteilt unb ftanbredjtlid) erfdjoffen,*)

Stuf bie ungemiffen, juin Seil abenteuerlichen ©erüdjte in ber Stabt, roeldje eS jmeifelbaft erfdjeinen liefen, in meldien $änben fid) bie sJtegierung befanb, mürbe morgens am 14. 9)iai (#eueralmarfd) gefd)lagen, unb bie Sürgertoehr oerfammelte ftd) auf bem Warft, ®emeinberat unb Offiziere tarnen auf baS WatbauS, um über etwaige (£ntfd)liegungen ju beraten. Son Karlsruhe maren injmifdjeu truppmeife Solbaten aUer SBaffeit* gattungen eingetroffen, bie in ben umliegenben Ortfdjaften wohnten unb roillenS maren, ben Solbatenrocf mit bem Sürger* gemanbc ju oertaujcheu. $>ie erften, meldje auf bem SJiarfte er* fd)ieuen, mürben bort oon ben 2£el)rmännern angehalten unb ausgefragt. Stabtrat ©fdjminbt ftellte eine fäbelraffelnbe brül= lenbe sJiotte oon 10 bis 12 Solbaten unb mahnte fie an ttjrc Pflicht. „3n Karlsruhe l)atS nod) oiel Solbaten!" mar bie&nt* mort. Unterbeffen mar befd)loffen mürben, baS erfte Aufgebot unter Hauptmann £errmann nad) Karlsruhe 5U fdjicfen. 9iad)bem eS in iurlad) übernachtet mürbe eS nad) Karlsruhe birigiert unb bort in ber ^nfanteriefaferne einquartiert. Xk 2ttannfd)aft hatte bie 2Bad)e am $urlad)er unb (Sulinger $bore ju beziehen. 4)a§ ^Pforsheimer Kontingent mar fobann engagiert bei ber ©c* jangennahme ber Offiziere beS $>ragonerregimentS ©rojjherjog, meldjeS beffen Oberft oon ©laubig oon greiburg nach Karlsruhe jurücf führte. 511S baS Regiment auf bem 5Jtarftplatj auf am, mußten bie ^ßforjheimer bortfelbft Slufftellung nehmen. $>ie 2)ragoner ergaben flch oer prootforifchen Regierung ; bie Offiziere mürben oon ben ^forjhcimern an bie Sahn unb mit biefer nad) Siaftatt erfordert. Seim dinmarfct) gab eS rohe Auftritte. $ie am Zljovt lagernben Solbaten brüllten: „Sringt %\)x bieSpi$= buben? 2öir mollen fie gleid) totfd)lageu!" u. f. m. £>aupt* mann £>errmann trat cor bie Solbaten unb gab bie 3meibeutige Antwort: „$ie Cfftjiere fommen bahin roohin fie gehören!" Sefriebigt aber hatte fie nid)t. (Bin junger 33urfd)e (iambour) fprang an u. ©laubig in bie «'pöhe unb rijj il)m bie Öpauletten ab. C£in Leutnant Sdjolberer, ehemaliger Korporal, 50g ben Säbel unb brohte, jeben juifammeu 511 hauen, ber fid) nodjmalS an einem Cffijier oergreife, $ieS rettete fpäter ben SJtann oor bem KriegSgerid)t. 5lbenbS tarn fobann baS 1. Aufgebot mieber nad) ^for^beim. ©leidjjeitig mit bem 1. Aufgebot mad)te aud) bie 2. (£ompagnte unter Hauptmann £errmann einen 2luSmarfd)

•) 3einc Jornllic fefete ilnn im jetyigen 9(ug. Mmjfer'fctjcn (Marten in &er Werberfirafec ein £enfmal in Jonn eine* C t>clic>f.

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Worabeim im 19. 3aptbunbett. 289

unb jioar nad) Neuenbürg, um bort smei Kanonen fjolen. Oberftleutuant o. sJtecf nebft jioei Offizieren mar nämlid) mit jmei ©efdjüfcen unb ber treugebliebenjui 3Jhnnfd)aft oon ©otteS* aue auSgerürft, um biefelben nad; Stuttgart in ©tdjertjeit ju bringen uov ben greifdjaren. StlSrfie in Neuenbürg anfamen, mürben oon ber bortigen 93ürgerroef)r bie ©efdjü^e mit 93efd)lag belegt. 211S bie Reibung Neroon nad) s$forjl)eim tarn, ertjielt ©reiff 93efebl, fie gu Ijolen. 2)ie Offiziere mußten oom SHatfjauS* fenfter mitanfeben, roie ihre treugebliebenen SJiannfdjaften oon vJ$ferben unb ©efd)üt3en getrennt mürben.

51m 20. 2Jiai mürbe oon ber prooiforifd)en Regierung ber gabrifant .jperre jum gioilfommiffär ernannt. 211S fötaler, fomie als SHitglieb beS StolfSoereinS unb 2Bef)rauSfd)uffeS f)at |>erre auf oerfdjiebene SBeife eine beroorragenbe agitatorifd)e unb bienft* lidje Xbatigfeit entfaltet, metdje bis pn 10. 3uni anbauerte, mo er als 5lbgeorbneter in bie fonftituierenbe 'JJationaloerfamm-- lung eintrat unb fein .ßiüilfommiffariat an $ietj übergab.

3lm sJHittrood) ben 23. 9Hai fanben fid) auf £erre'S 35er- anlaffung ber ©emeinberat unb fämtlidje Staatsbeamte oon s}$f or$beim, ausgenommen Jorftmeifter $oltj unb $)efan Jrommel, auf bem iHatfjaufe ein, um ber prooiforifdjen Regierung ben 2)ienfteib ju leiften. 3)ie Staatsbeamten oermeigerten ben (Sib, „bis bie (Igefutiotommiffion, fomie bie ^iwlfommiffäre ebenfalls auf bie 9teid)Soerfaffung nad) ber befte^enben Formel beeibigt morbeu feien". Sie gaben ben SBunfd) ju ^rotofoll, eS möge mit ber ©ibeSteiftung nod) folange jugemartet merben. bis burd) bie bemnädjft jufammentretenbe fonftituierenbe 33erfammlung ber § 193 ber iHeid)Soerfaffung in »ollgug getreten, b. I). bis bie SanbeSoerfaffung ber iHeicrjSoerfaffung angepaßt roorben fei, bamit bie -peiligfeit beS ©ibeS nid)t oerletjt toerbe.

5lm 26. 9Dtai maren mit menigen 5luSnaf)men bie Pfarrer unb Sefjrer, 93ürgermeifter unb ©emeinberäte ber fianborte rjier, um ben ©ib abzulegen, jum teil aber aud) bagegen ju proteftieren. rtür bie SBürgerioetjr oeranlafjte §erre auf 29. 9ttat bie auf bem SJlarftplatj oorgunebmenbe ©ibeStagfafjrt. 9lud) t)ier flieg er auf Oppofition. SJtedjanifer Snebrid) §auf unb Senj ber jüngere matten tfjre ©rünbe gegen bie ©ibeSleiftung geltenb, mürben aber burd) ^erre'S ©robungen unb bie Haltung ber erften unb Sroeiten Kompagnie gelungen, 311 fdjmören. $om 9iatf)auS= balfon bejm. oon ber Altane beS SdjulbaufcS auS gelten bann |>erre unb Sd)lemmer fulminante Stteben, bie barauf beredetet maren, bie 3uf)örer für baS neue Regiment ju ermärmen.

93om 31. 9Rat an begann |>erre feine offizielle $bätigfett als 9iegierungSfommiffär burd) eine iHeibe fategorifdjer 9)tafj* nahmen. 9Hd)t meniger als fed)Smal fjinteretnanber ließ er fid)

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$fovibetm im 19. ^flbrbimbert.

in einer Plummer be§ „^Beobachter" amtlid) oernehmeu : „3m Flamen ber prooiforifchen Regierung", „im Flamen be3 regierenben £anbe$au§fd)uffe*". sMe Beamten, SBürgermeifter unb (#emeinbe= reite, bie ben @ib uerweigert tjatten, erflärte er fdjlanfweg für abgefegt unb befetjte itjrc Soften burd) willfährigere (Elemente, ohne fid) um bas Wahlrecht ber Bürger §ii fümmern. @ine fd)arfe briefliche s.Hu§einanberfet}ung hatte ber ©enmltige mit bem ftreitbaren 3)efan Krümmel, ber ifjm unuerblümt feine Meinung }ii erfenneu gab.

@inc uöllige $lnard)ie mar hereingebrochen, bie aufgeregte Sftaffe fragte nichts mehr nad) ®efe£ unb Orbnung, unb felbft bie neuen ÜJcadjthaber tonnten fid) ber täglid) mehr um fid) greifenben ^uSfdjreitungen nid)t mehr ermehren. $ie$, ber nunmehrige ^ioilfommiffar, ftagte unb warnte wegen ber „freoelhaften SBcc* wüftungen in Selb unb 2öalb, über Steueroerweigerung unb über bie unfmnige ©d)iefjerei."

2tm 24. 9ÖRai mar Jicfler in ^forjheim unb bereifte mit sperre unb $ietj bie Crtfchaften, um für bie beoorftehenben sJceu= mahlen jur fonftituierenben USerfammlung NJ$ropaganba $u machen. 21 m 11. Qunt würben SHö&leSwirt 2)ittler*sJBilferbingen, $)r. <5teinmet}'S>urlad), §erre*s}3foräheim, fietjrer 3)örner-$!iefelbronn in§ 3lbgeorbnetenhau§ gewählt. Sei ber barauf folgenben s33ürgermeifterraabl erhielt Grecelius bie weiften (Stimmen, fd)on ein Reichen ber Meaftion infolge ber sJtieberlage ber siHeoolution3= ormee bei Heppenheim. GStwaS rabifaler fielen bie am 14. 3uni oorgenommenen ©emeinberatSwahleu au$.

3roet yumMdialtiT mürben am 31. sMai Infi sIBürttem* bergifdje gefdntft, nämlich ein gemiffer Seibbranb unb ein Wfafyt* mann, ben man bemfelben als Begleiter mitgab. @3 mar nämlich ber prooiforifd)en Regierung gemetbet warben, bafj fid) ber babijdje 9)}arfgraf 2Bilt)elm in Württemberg befinbe, um bort Gruppen ju fammeln 51t einem (Einfall ins sSabifd)e, um bier ben 5Iufftanb ju unterbrütfen. Seibbranb unb" fein ^Begleiter follten nun ben 2J?arfgrafen auSfpionieren unb oon feineu etwaigen Plänen unb Erfolgen Reibung madjeu. @3 würbe' fogar ernft* lieh »n Erwägung gebogen, bewaffnet ind sJBürttembergifche ein« juf allen unb boit ben Slufftanb ju proflamieren. Slber bie beiben ftunbfchafter famen nur bis Vaihingen a. Gcnj. $ort würben fie oon einem mürttembergifdjen 23eobachtung$forp§ aufgehalten, unb nadjbem fie ihre 5lbfid)teii oerraten unb nod) baju bie Soh baten jur 3)efertation unb 511m (Eintritt in bie „Sdjwäbifche Segion" Ratten oerleiten wollen, mit einer tüchtigen iradjt Prügel wieber nad) £)aufe gefchieft.

3lm 0. ^uni ereignete fid) auf bem 3)lar(te eine ^U'uottc. (Bin angeblich poluifcher Cffijier 2Bie3ner fam als ftommaubaut beS

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fliforabeim im 19. Sagrbunbert.

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1. Aufgebots nad) ^fovj^eim unb lieg gleid) abenbS 50 SJlann at§ 3Bad)e auf ben £aibad)bof auärücfen, um einem befürchteten UebcvfaÜ feiten« ber febwäbifdjeu Gruppen 51t begegnen. (£3 waren iieute au§ ber erften, jmeiten unb britten Sürgerwebr* fompagnie, bie eine %ct 93orf)ut btlben follten. 9lu§ bemfelben ©runbe würbe aud) ein 2Bad)tpoften con 12 SJIann im ^Hat^au^ aufgeteilt, um bei bev £>anb ju fein, roenn uom §aibad) ein 2lngriffsfignal fommen füllte. 9tad)t3 2 lüjr fam SieibbranbS ©tieffobn Qcngel auf ben $mibacbbof unb bradjjte bie Reibung, bajs in ber Stabt Unruhen ausgebrochen feien, bafj ber Slom* manbant 3Bie§ncr auf $erre§ SBeranlaffung uerljaftet worben fei. ^atfac^e mar, bafj ber 00m ©eneralfommanbeur ber Wolfe mebren, ben ^Brentano bereits Ijatte nerljaften (äffen, inftaüierte ^olafe in feinen ^rätenftonen £inberniffe fanb bei ben ®e* mäßigten unb baburd) oeranlafjt mürbe, nod) in ber nämlidjen sJiad)t nad) SlarlSrube jurücfjufebren. 2)iefe 9tad)rid)t braute eine geiualtige Aufregung beroor, weil man in 2Bie§ner§ (Snt* fernung eine unberufene ^Beeinträchtigung feiner 93efugniffe erblicfte. s$la\\ befd)lof}, erft gegen borgen ben Soften ju uerlaffen, ob* fd)ou berfelbe auf SBefebl beS SJürgermeifter« fd)on um 3 ltyv eingebogen werben foHte. 3rojf^en 5 uno 6 Ütyx marfebierten fobann bie 9Jcannfd)aften in bie ©tabt, rco fte bie näberen Ilm* ftanbe erfubren. 3ll3balb lautete ba§ SofungSwort: „$inau§ ju Oerrel" (berfelbe roobnte im jetzigen $ifleniu§'fd)en §aufe.) |>erre follte jur Siebe geftetlt roerben. dr fcfjnaflte ben ©d)lepp* fdbel um, fe^te ben £ut mit ber großen ftofarbe auf unb trat fo oor bie SJtenge, berfelben in furjer SHebe feine Unfdjulb be* teuernb. 5113 Urbeber be§ SBorfommmffeS bezeichnete er ben ©cbmarjen 5lblerwirt ©lafer, ber tag« juoor oon ÄarlSrube bie 9tad)ricbt gebracht fyabz von ber (Sntjweiung *8rentano§ unb ©truoeS. ©lafer fei an allem fdmlb. „9luf ju ©lafer!" fjteß jetjt; etma 60 93ürgerwebrmänner ftellten ftd) oor bem $lbler* nrirt§bflufe auf) roä!)renb 4 SKann unter Zuführung be« SJicdja* niferS 2)illmann beroaffnet in§ £au§ einbrangen, ben ©lafer roedten unb ibn aufforderten, auf bie ©tra^e berunter ju fommen, um fid) bort oor oerfammeltem 33olfe ju oerantmorten. ©lafer leiftete Jolge. Sogleid) richteten ftd) oon allen (Seiten bie SBajonuetc auf ibn. s2luf feine UnfcbulbSbeteuerungcn rourbe nid)t gebört, er würbe rob befebimpft unb beinabe geprügelt; bo^mücbfige 33ubcu erfred)ten fid), ü)n am ©djleppfäbel b^um^erren. 9lu3 biefer 9tot rettete ibn bie ftlugbeit be§ fiebrerS unb Oberfelb* webelS ©cbonlein, ber ben ©eängftigten barfd) für uerbaftet erflärte. (£r brad)te ibn auf« SlatbauS unb bamit in ©id)ert)eit oor ber ibm brobenben £gnd)jufti$. 3)em ©djönlein ^at biefer finge Einfall fpäter im §od)öerraUproje§ fet)r genügt; er fam

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292 ^forabeim im 19. Sabtounbert.

mit einer S-Berfetjung bavon, mährenb vielen feiner gravierten ftoüegen ein roeit tjärtere^ Sd)icffal befdjieben mar. ©lafer blieb brei Stunben in £mft, ivorauf il)n (£receliu3 in greiljeit jetjte. s2lud) .£>erre follte verhaftet merben, aber er mar injmifdjen nad) Karlsruhe gereift. Der ganje Auftritt mar barauf berechnet, bie ©emäfngten eiujmfd)üchtern.

3ln bie 93ürgermeifter be3 93ejirte mürben am G. ^um 40 Aufrufe folgenben. 3nfya(t§ Qefdjicft :

Nitn ba§ Söürgermeifteramt ju s)l.

Sie erhalten von bem (Gefertigten ben 53efef)l, allfogleid) aüe 5Bel)rmannfd)afteu be§ 1. Aufgebot« aufzubieten unb bie= fetben juoerläffig bis morgen 5 Uhr nachmittags in Eutingen eintreffenb 311 machen. «Sollte ein Seil ber SBetjrmannfdjaft nicht bemaffnet fein, fo haben Sie für biefelben Söaffen aller «rt, als Senfen, 33üd)fen, Spie&e, JU requirieren unb bie Söebrmannfdjaft fo auSgerfiftet, mie oben ermahnt, unoerjüglic^ nach Eutingen 3U beorbern.

^forjheim, 6. Ouni 1849. Der 3ioitfommiffcir ^ilitärfommiffion §erre. % (£. SBieSner,

©enieoffijier.

2Bie3ner roartete, mie ermähnt, bie WuSfühvung feinet 93e* feljlS nidjt ab, fonbern verbuftete. (Srft 14 £age fpäter auf bie „SiegeSnachridjtcn" f)in erfd)ien er mieber in ber Stabt.

Mu3 ber 3eit ber $efea)te am 2le<fiar. Der $ole 3)2ie- roSloivSh) erhielt am 9. 3uni oen Oberbefehl über bie babifcb/ vfäljifdjen Gruppen. 3lm 10. 3uni ging berfelbe nad) bem ftriegäfchaupla&e am 9tecfar ab. Die bort erlittenen »Schlappen uermanbelten fid) im „Beobachter" in t)m'^^c <Siege. gftan fraternifierte gleichzeitig mit ben ^arifer Slufftänbifchen. Gcin Flugblatt melbete:

„2öir erhalten foeben oon Strasburg auf aujjerorbent- lidjem siöege bie telegraphifdje Depefdje vom 13. Ouni, abenbS l/A Uhr: Da§ $olf fammelt fid) auf ben SBouleoarbS. Die bemaffnete Stacht ift im 2lnrücfen. sibenb§ G Uhr: Die 33e- megung ift brohenber. SlbenbS l/f9 Uhr: $ari§ ift im 93elager= ungdjuftanb.

Die Sache ber greiheit ftegt !

flarlsruhe, 14. -3uni, abenbS 9 Uhr.

Die proo. Regierung."

Ergiebige Beiträge an ©elb, Kleibern unb Lebensmitteln gingen ein, aber bie Steuerbeiträge mollten trotj mieberholter einbringlidjcr Mahnungen bes ^i^i^mmiffärS nid)t red)t fliegen. (£benfo brücf ten fich viele von ber Wehrpflicht, fo ba jebem jum

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SMotabeim im 19. ^abrbunbert. 293

1. Aufgebot gebörenben Staatsbürger, ber ftd) oon ber .£>eitnat entfernt hatte nnb fict) nid)t binnen ad)t £agen mteber bafelbft einfinben wollte, bie Strafe eineS RefrafteurS unb eine ©elbftrafe oon 1200 ©ulben angebrobt rourbe. Am Donnerstag, 21. 3uni, fanb baS ©efedjt bei SEöagbäufet ftatt; mit melcbem (Erfolg, ift befannt. Schon am barauffolgenben £ag trafen oon bort 53er* fprengte in ^forjbeim ein. 3)ie injroifcben fjier einquartierte „Scbrcäbifcbe Segion" [teilte ftarfe Soften auf am ©ingange ber Stabt unb liefe bie Anfömmlinge trupproeife in ben §of beS „Schmarren Abler' eSfortieren, um fte bort einem Skrbör su untergeben unb ibre ©eroebre 311 oifttieren, ob biefelben oom Sd)iejjen oerruflt feien. $ie Flüchtlinge machten in ibren oon Sdnueijj unb Staub entftellten ©eftd)tera, in ben fcbmutjigeu meinen Mänteln unb Jelbmü^en einen roenig juoerftcbtlicben ©in* bruef. Sie mürben oon ben Segionären auf ganj brutale 2ßeife als Seiglinge unb Ausreißet* bebanbelt. AuS ben Berichten ber Flüchtlinge unb anberen Anzeichen erfubr man beim 51 ommanbo ber fdjioäbifcben Segion ebenfo gut roie auf bem 9-JatbauS unb Ober* amt, baf? bie Greußen ben mtyin unb 9lecfar überfebritten bitten unb bie yieoolutionSarmee eine febmere Wieberlage erlitten hatte. Unb ob man bie (Sreigniffe aud) ju oertufeben fud)te, fo berrfdjte bod) allentbalben in ber Stabt bie bumpfe fdjmüle Stille oor bem äufammenbrud).

XHe pdhoäßifdk Legion. Sd)on in ben erften Sagen ber SJfaireoolution tarnen aus Württemberg aller Art Seute burd) bie Stabt, meift mangelhaft, juroeilen gar nicht bewaffnet, um ftd) in 9taftatt in ein Jy^iforpS einreiben ju laffen. $n ber 9iad)t oom IG. bis 17. JJuni erfaßten fobann unter Oelbaffen eine Gruppe oon 140 SJkntt in s#for$beim. 3b* fpäterer anführet # mar ein gemiffer Subtoig 0. iHango'-2Befternburg, ber ftd) ben bod)flingenben Xitel eines „Oberften unb ßommanbanten ber fübbeutfdjen Struppen an ber roürttembergifcben ©renje" beileate. @r mar urfprünglid) föniglid) preußischer Oberftleutnant bei oen |>ufaren unb mar befertiert. Qu feinem Stab Ahlten bie Offt* jiere iKuoff, ein roürttembergifdjer Kellner, unb ein $)utmad)er 33aber auS Sreiburg, ber als Abjutant fungierte; ferner ein ge- miffer ©rimmer, bie beiben Oelbaffen, S-Bater unb Sohn aus ©münb, unb ber Sitterat Abt. 3fo ber Qeit ihres Aufenthaltes in sPforjbeim, oom 17. bis 26. 3uni, t)attc bie Segion einen 5iemlid) ftarfen Zulauf auS Württemberg, balb in einteilten Seuten, balb in ganjen £ruppS. So erfd)ien eines AbenbS eine Anzahl junger Seute auS Reutlingen, mit Riefen bemaffnet. kleben allertjanb fatilinarifdjen Gmftenjen umfaßte baS (EorpS auch braue Seute oon gutem Stanb.

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294 Worjbeim im 19. Sabrbunbett.

93on biefen maren mandje mit SBüdjfe unb £irfd)fä»iger bewaffnet, roäfyrenb anbete SRuSteten trugen. 3f)re Uniform beftanb in blauen leinenen SSlufen. 3(H* ^Banner mar eine grofte ftfjroarjn'ot-golbene Jyafyne $a§ Hauptquartier mar ber „©djmarje 3lbler". sJlad)mittag3 vüctte bie Segion auf§ 9tennfelb au$ jum ©jcerjieren. (Sinicje befertierte mürttembergifdje Unteroffiziere unb ein ftelbroebel leiteten bie Uebungen. 2(m 19. 3um traf ber fdjon genannte o. 9tango*2Befternburg ein unb übernahm ba$ Äommanbo. 3n bombaftifdjen Sieben unb Aufrufen empfahl er bie ^eilige ©adje ber grei^eit ben beutfcfyen trübem; er felbft aber f)ielt ftd) meit oom ©d)uf$ unb begnügte ftd) oorerft mit bem feinen Ouartier unb bem oornefymen £itet. 3" Einfang mar bie 9Wann§aud)t nod) eine leiblich gute, bod) ging ber 33er* fetjr mit ben bürgern nie über bie 3lnforberungen ber fonoen* tionellen §öf(id)feit f)inau§. 35iel gefungen mürbe in jener $eit baS Sieb oon ben „Hriftof raten, bie merben gebraten, oon ben dürften unb Pfaffen, bie merben gelängt."

sJ2ad) ben @reigniffen bei 5Bagl)äufel mürbe ed ber Segiou etma$ fdjmül in s$forjt)eim3 Stauern, ©ie madjte ftd) reifefertig. 3tm 23.3uni abenb§ markierte fie nad) üefenbronn unb Weutjaufen unb tarn am Montag mieber jurücf. Stuf bem durfte bemirtete man fie mit Sein, Sftoft unb 93rot. (Sin Tambour 30g mit einem silu$rufer burd) bie ©trafen unb erfudjte bie (Sinmofjner um Abgabe oon ©djuftmaffen für bie fdjledjt bemaffneten SHann* fdjaften. 9luf bem iHatl)au§ tjielt $)ietj an ben ^ufammengerufeneu ©emeinberat eine 9lnfprad)e: „3m Hainen ber prooiforifdjen Regierung ftelle id) ben Eintrag, baft binnen einer ^iertelftuube jur ^öeroaffnuug ber „©djmäb. Segion" 95 ©piefje abgegeben merben." 9lad) furjer Beratung folgte ber 33efd)lu§, baf$ ber ©emeinberat einftimmig biefem vtntrag beitrete unb bie Abgabe ber oerlaugten ©piefte gefd)eljen laffe.

9iad)bem bie immer rüpelhafter merbenben Seginäre, meldje injmijdjen auf 300 9Jlann fid) uerftärft Ratten, nadjmittagS 24. 3uni auf bem 9Jlarftplat> in ber 2runfent)eit nod) eine folenne Reilerei oeranftaltet Ratten, roobei il)r Oberhaupt beinahe felbft ©d)läge befam, sogen fie am 25. morgend ot)ne ©ang unb Sllang ins iWurgtbal. (Ein bleibenbeS Anbeuten batte o. $HangO'siBeftern= bürg im „©djmarjen Mbler" fjinterlaffen in ©eftalt oon 22 fl. ©Bulben, bereu "tbeäafjlung er in ber (£ile be3 2lbmarfd)e§ oeigafj.

X>tc jöürflerrocflr unb 6er Ausmarf* 6r$ 1. AufgcBots.

2lm 5." 3uni Ijatte ber Sanbesausfdjuf} ben StriegSjuflanb über- bau tfanb oerfjängt, unb fdjon am G. 3"»i mad)te ber *Pforj» beimer 3ktaillon§fommanbant barauf aufmerffam, bafj jeben Slugenblicf ber ^öefc^l $um Stbmarfd) be3 1. Aufgebot! eintreffen

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^fotibciin im 19. 3abrbunbnt.

295

fönne. 2)urd) ein ®efetj uon 9Jlitte üftai mürben bic Bürger* roeljren nad) 9Uter§flaffen in bvci Aufgebote eingeteilt. $)a§ 1. Aufgebot umfaßte alle lebigen waffenfähigen Männer uom 18. -30., ba3 2. bie oerljeirateten bis jum 40. unb baS 3. alle jene bis 511m 50. SebenSjafyre. 9kd)bem SBieSner roieber uon ftarlSrulje äurücfgefefjrt mar, nafjm er mit $rau unb Stinb im „bitter" (3(ug. Ütanfer'fdjeS $au3 am 5ftarft) Quartier. Sein (Einfluß auf bie SBe^tmdnnet mar fein großer, dr begnügte fid) auf bem SRennfelb bann unb mann feinen mtlitärifdjen 9tat abzugeben; aber wirf lieber 93efel)l3f)aber mar er eigentlich nidjt. Sta^Äommanbo führte Sefyrer <Sd)önlein, ber fid) burd) feine Sdjneib unb feine £üd)tigieit, mie burd) feine ganje ^erfönlidt)feit in föefpeft ju uerfefcen uerftanb. SBieSner oerfudjte inbeffen mit £erre auf ben Sanborten bie Aufgebote ju organifteren, inftallterte 3nftruftoren unb nannte fid) mit ©elbftgefüf)l „©enieof fixier " ; aber ein ©ente mar er nid)t. 3113 am 25. Quni bie ,,©d)roäbifd)e Segion" abjog, uerließ aud) er, bieSmal für immer, *ßforjf)eim.

per jHatfJaustttmttft. $er 9lu3marfd) be§ 1. Aufgebots mar befinitio auf (Sonntag, ben 24. £uni feftgefetjt. 9lm SIbenb uor bem 91bmarfd) aber {am eS )it einem argen Tumult oor bem SRatbaufe. 9ttannfdjaften ber 4. unb 5. Kompagnie Ratten bie 9ktijau3mad)e. (EreceliuS hatte in jenen ernften Jagen immer einige $3ürgermef)roffijiere auf ba§ SRatfjauS befohlen, um bie laufenben ©efdjäfte orbnen ju Reifen. 9Jcand)en 9Jiannfd)aften ber 4. Kompagnie fdjien bie§ nid)t 511 besagen, infolge ber neuen rabifalen ©emeinberatSmatjl gelten fie eine foldje Unter* ftütjung für überflüffig. 3)ie Un^ufriebenfjeit ber Seute richtete fid) Ijauptfädjlid) gegen ben 93ürgermeifter (EreceliuS, ber ihrem Verlangen, fdjarfe Patronen auszuteilen, auS wohlerwogenem ©runbe nidjt nad)fam. s3Im 23. 3>uni, als bie „Sdjroäbifdjc Segion" ihren (Einfall inS 2Bürttembergifd)e ausführen wollte unb 511 biefem ^merfe über Siefenbronn nad) Heuhaufen ab= marjd)iert mar, fam eS oor bem 9ktf)aufe ju offenem Aufruhr, ©egen 8 Ufjr abtnfö entftanb bafelbft ein großer Auflauf ; unter ben £umultuanten mad)ten ftd) befonberS oiele 9Jtannfd)aften ber 4. (fog. SJlorbfompagnie) bemerfbar burd) müfteS Schreien, aller* fmnb ^ro^ungen gegen bie s£ürgerwef)rofftftiere unb anbere miß* liebige ^erfonen. SJiet Sflann unter Anführung beS gelbwebelS ©raoenauer begaben ftcf> nadjtS gegen 10 Uhr ju (EreceliuS in bie SBohnung unb befahlen ihm in groben 9luSbrücfen, aufs 9Jatf)auS ju fommen unb fdjarfe Patronen herauszugeben. Um bie Sumultauten auf bem Wartpla^e ju befä'nftigen , begab ftd) (EreceliuS unter bicfelben. 33or bem ^Katfjaufe bemerfte er eine Shtjaljl bewaffneter, bie gegen bietend) bie ©ewefjre erhoben. <$r brängte fict) bajroifa^en, um 9Jtißhanblungen oorjubeugen.

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206

iMorabcim im 19. ^abtbunbett.

Sitte anbcre ©nippe bebtobte bie ^abrifanten ©efell unb Werfer. (SreceliuS felbft rourbe oon einem 93etrunfenen in brutaler sBeife bebanbelt. ©leid) barauf fielen bie erften jroei Sdjüffe, oon benen ber eine ben ßreujftocf beS JenfterS in SteceliuS 9lrbeitS= jimmer burdjbrang unb in bie ^tntmerbecfe einfdjlug, roährenb bie anbere ftugel ftd) an ber fteinernen |>auSgurte fing unb bort morgens breitgefd)lageu aufgefunben rourbe. Oetjt pflanzte ftd) ber iumult auf bie Strafe fort. @S routbe ©eneralmarfd) ge= fdjlagen. Sine Patrouille beS SdjütjenfähnleinS befanb ftd) in ber Hltftäbtetftrafje bei ber fjabel'fchen Stauerei pBaoarta). Oberleutnant 2tiiguft Ungerer ließ trot} ber ^öarttung beS ihm entgegenfommenben 2ef)rerS Sdjönleiu auf ben 9Jlarft marfdjieren unb bort bie 53üd)fen laben. $iefe $emonftration genügte inbeffen, um bie iHutje roiebet ^erjufteUen. ftabrifant s)\tytU berger tjatte ftd) oor ben aufrübretifdjen Elementen feiner Kompagnie gleichfalls flüchten unb unter Stebecfung heimgeleiten laffen müffen. SteceliuS gab bem uugeftümen Verlangen nad) Patronen nad) unb lieg jebem tarnte 2 Stüd geben.

2$cim ADmarfdi Des 1. ÄufgcOoto am aubern borgen (SonntagS) hielten webet GteceliuS nod) einer ber Offiziere irgenb eine aufmunternbe \Hnfprad)e. Sine tiefgebeube Set* ftimmung hatte ftd) ber befferen Elemente bemäd)tigt. S-Öiele ber Wehrpflichtigen fehlten beim eintreten. SS mürben Patrouillen nad) ihnen gefd)icft. Um bei ben ÄirtenDen nicht neue Un|tt« friebenheit auffommen ju laffen, fyoitt man bie sJJlarftfd)rannen auS bem 9tatt)au§ unb bot ihnen einen OmbiS in 93rot unb Söein, roäfjrenb fie baS |>ecferlieb . unD „Sd)leSroig'.£>olftein meerumfd)lungen" fangen. sJ(ad) 10 Uhr fammelten ftd) and) bie anbern Kompagnien, unb ber 3lbmarfd) begann, ©eim „©olbenen Slbler* unb ber „poft" bilbeten bie älteren 9Jcann= fdjaften Spalier unb präfentierten baS ©etoebr oor ben 2lb= jiehenben, bie mit gefdjultertem ©eroehr gen $urlad) marfd)ierten. SS maren 204 9Jcaun, geführt oon Sehtet Sd)önlein Jyärber Stuft s-lBeebet ttug bie fd)roar$=rot=golbene ftahtte, 6 junge Trommler fpielten auf. ^cber ber löebrmänner trug eine blaue 53lufe ; bie meiften Ratten eine aus 3Sad)Stitd) genähte ^eifetafdje umhängen mit ber nötigen 2Öäfd)e. 3)ie ftopfbebeefung beftanb aus fd)roar$en ^eefertjüten. 2)ie Sdjuljugenb gab ben Seht* männetn baS ©eleite bi§ auf bie $urlad)er .jpöbe. $)a jebe güblung mit bem Oberfommanbo fehlte, marfd)ierte matt gerabe= roegS Karlsruhe 51t.

Sil biefen £agen oou>gen bie babifdjen Xruppen ben iRücfäitguon.^cibelberg Sinsheim - Appingen, Bretten Entlad). $ie grofje pappetallee roar bähet bid)t mit Militär befetjt. Schönlein roar uon 2)urlach aus roiebet nach pforjbeim jurücf^

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Uforabeim im 19. 3abrt)uubcrt.

207

gefehlt. Hm 24. 3uni be3ogen bic $for3beimer in 33ulad) Quartier unb fd)icften oon l)ier au§ anbern £ag£ einen $3rief a\\ bas> Oberf'ommanbo in SlarlSrutje be$ 3nfjalt3:

„2)ie 9Rannf<$aft be§ ^forzbeimer 1. Hufgebots liegt rjier in SBulacf), ermangelt jebod) nod) jeglidjer Sttunition. (£3 ergebt barjer bie 33itte, ün§ fofort mit bem Zotigen au^jurüfteu. $>ie 9)tnnnfd)aft beträgt 180 SJiann. Ueberbringer biefeS, Unteroffizier ' SHürrle, wirb bie Patronen unb 3üubl)ütd)eu in Empfang nehmen.

93ulad), 25. 3uni 1849.

Hug. ©ermig, Courier. £. $rau§, Öberleitmann."

0m felben Hbenb Ratten fid) £>erre, $ietj, $eid)ert unb ßerrmann geflüchtet.

$em Aufgebot fehlte am Wötigften, an tüchtiger Hu3* bilbung, an einer zweefbewugten Leitung unb an Munition. 2)ie SHannfdjaft Ijatte man mit (Srerjiereu befdjäftigt, als eineS £ages eine Orbonnanj bie SJMbung bradjte, bic ^reufcen feien in $arlsruf)e, unb bei $urlad) rjabe fid) ein ©efedjt abgefpielt. $as Hufgebot marfdnerte nun über (Ettlingen, 3Jcalfd) nad) Püggen* fturm, wo biwafterte. Anbern Borgens 30g es bem Jufce bes (&ebirge§ entlang mit Umgebung 9taftatts nad) iKotfyenfels, wo Quartiere belogen werben faßten. Hber 2 einmarfdjierenbc 3nfanterie=$Regimenter zwangen bie 9)lann)d)aften biefelben ju räumen. 3um ^abe ermübet, fetjten bie vßforjr)eimcr in glüljeuber JjMfce ben s$lax\d) fort nad) ©ernsbad), wo fie um 7 Utjr abeubs anlangten. Hber faum Ratten fic Quartier bezogen, als ber ©eneralmarfd) fie aufs neue jum $ienft rief. 2)er ©ernsbadjer gioilfornmiffär fommanbierte fie aufs (Sberfteiner Sdjlofc, wo 'jSlünberer bas mertoolle Silberzeug wegnehmen wollten. 3ut Saufjdjritt ging es bergauf; bas ®d)lofj warb umftellt unb bnrc^fucfjt. 3n einer SBirtfdjaft fanb mau einen ßommiffär unb etlidje «Solbaten, bie oorgaben, uon ber proo. Regierung ben Auftrag zu baben, alle 3Bertfad)en mit s33efd)lag ju belegen unb biefelben nad) ftarlsrutje 511 ©erbringen. Cberfelbwebel (£r>riftian Ungerer beauftragte ben gelbwebel '©arbeefer, bas ©efäfjrt mit ben äBertfadjen famt ben Seilten nad) ©ernSbad) zum QvoiV fommiffär 311 führen. Septem prüfte bic Rapiere unb mitftte fonftatieren, bafj wirflid) ein bieSbezüglidjer 23efef)l ber Regierung uorlag.

Hm anbern Sag traf Kaufmann ©aum aus Stetten mit bem Hufgebot in ©ernsbad) jufammen unb fdjlofj fid) il)m an. $a berfelbc über milttärifdje ftenntniffe oerfügte, würbe er 311m Hauptmann erwählt. 93on bem Äommanbanten ber gegen Wittag einmarfdjierenben babifdjen Gruppen erhielt bas Hufgebot ben

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298

$fwifecim im 19. Oabrbuubert.

Befeljf, fid) nad) gorbad) 511 oerfügen, wo eS abenbS anlangte. 3)er anbete Jag mar ein Mufjetag. Öuartiermeifter $evtfd) fuljv mit 2 SBagen requirierter Lebensmittel nad) 'Jiaftatt, wo er feft= gehalten würbe utib fpäter mit ben ftafematten Sefanntfdjüft madjte.

5llS immer ungünftigere sJtad)rid)ten oom SlriegSfd)auplalje einliefen, begaben fid) einige ^forjbeimer Bürger, Sdjreiner Leibbranb, <3d)uf)mad)er Sfturfer unb Sdjreiner vJ$egau über £)errenalb nad) ©ernSbad) unb non bort nad) Jorbad), um ifyre Sobne l)eimju^olen. 6ie mürben aber abgefaßt unb foüteh als Spione beljanbelt werben. Sftuctev unb Üeibbranb famen inbeffcn balb wieber loS, wäl)renb ^ßegau auf ber ^Hetirabe bis nad) 5ld)ern mitgefd)leppt würbe. 3)aS ©efed)t bei 5luppenf)eim Ijaben bie ^forjbeimer nicfjt mitgemadjt. 311S ®aum erfuhr, baß ©ernSbad) oerloren fei, flog er mit feiner ©djaar über $erren= wies nad) 8fl$Iert$aL Einige ^for^eimer aber jogen eS uor, über SBilbbab in bie .£>eimat jurücfyufefjren. s3llS baS Aufgebot mittags nad) Büfjl fam, fanb eS bie babifdjen Gruppen in oollem sJtüct$ug unb in gänjlidjer Huflöfung. ©aum erhielt ben Sfaf« trag, ber bereute ©infjalt 511 tfjun unb bie gliefjenben 511 fammeln. (SS würben SÖadjen auSgeftellt unb nerfudjt, bie Leute 511m Steden ju bringen ; aber ba gab eS feinen Stillftanb mebr, unb wot)l ober übel mußten fid) bie ^for^eimer bem SRüefjuge anfd)ließen; in gefd)loffener Crbnung, unter $rommelfd)lag marfd)ierenb, mad)ten fte einen ungleid) günftigeren (Sinbrurf als bie reguläre Gruppe. 80 ging eS unauffjaltfam Offenburg ju, oon ba an mit ber (Sifenbafjn nad) greiburg. SBabrenb bie güfjrer in ber Stabt lange Beratungen pflogen, blieben bie iruppen ol)ne Verpflegung auf bem ßö^ringer gelbe liegen. 91ad) biefer Beratung würben fte aufS neue oerlaben unb land- auf wärtS gefd)icft in bie Sdjweij. Scr fjeimfefjren wollte erhielt baS sJied)t baju; benn jeber ^Biberftanb war aufgegeben. 24 9Hann fefjrten mit (Sl)riftiau Ungerer in bie Stabt surücf, lieferten ibre Staffen ab unb erziel ten einen ^ßaf? in bie §eimat. 3)aS ©roS 30g rbeinaufmärtS bis ©renjad), wo etlidje in bie ©djweij gingen, wäfjrenb bie meiften über 3t. Blafien unb gelbberg ins .£>öüentl)al jogeu, bort oon ben Greußen abgefaßt unb nad) greiburg transportiert würben. 3?on bort auS würben fic behm geliefert. Einige aber faljeu bie .freimat nie wieber; fie gingen nad) Hmerifa ober jetftreuten fid) fünft in ber weiten ÜBelt. *

Woxtfctm nad) beut 24. 3unt. Ueberall in ber ©tabt war jet^t bie 9ütbe wiebergefeljrt unb bie Arbeit aufgenommen worben. ©raoeure, gaffet unb ©olbfdjmiebe fanben reidjlid) Befdjäftigung unb aud) bie glöffer tonnten nad) langer iHufje im Spätjafjr wieber bie erften glöffe nad) s.Dtannf)etm abtaffen.

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^forabcim im 19. 3al)ibuubert.

200

sJtad) bem Wma bei* Segion unb bem 9lu3marfd) be§ 1. Aufgebots trat bie Weaftion ein; mürbe ftille in ber ©tabt. 5(uf bem iHatfjaufe mußte man fefyr gut wie bie ©adje ftanb, unb (£receliu§ foll beäfjalb aud) ben 93efef)l 511m Slbmarfd) nidjt unteufdjrieben Ijaben. $>ie jungen wollten jebod) fort, unb fo lief* man fte jiefjen. $erre unb ^Diet} ueröffentlid)ten uor ifyvem franjöfifdjen 5lbfd)iebe nod) einige drlaffe im Planten ber proo. Regierung, fic zogen aber uor, bereu (Srfolge nict)t erft abju» warten, benn obwohl ber „33eobad)ter" pompöfe <Siege3nad)rid)ten ber $lufftänbifd)en brarijte, rechneten aud) fte mit bem

ei iimarfdi ber Weifottuppen. $em retirierenben ^HieroS* lamSft) waren bie 9ieid)§truppen unter genfer, Wetfleuburger, .£>effewsJtaffauer unb ba§ ^ranffurter Bataillon auf bem Jyuße gefolgt. SBei Bretten | erlügen fte Sager, trennten fief) bann, inbem eine ftarfe Kolonne über *ßfor$f)eim nad) Loffenau 50g, uon wo au§ fie ©ernSbad) angriff unb mit ber 2)iuifion N$lenfer, ber aud) bie ©d)mäbifd)e Segion angehörte, ein für biefelbe empfinblidje§ Sflenfontre f)atte, wäbrenb ber aubere $eit nad) Karlsruhe marfd)ierte. 91m 3)ien§tag, 26 Quni nad)mittag§ gelangten bie erften Gruppen, Dragoner, Infanterie, Artillerie unb $rain in s$forzf)eim an. Am Wavftplatj ftanben bie Kanonen unb SHunittonSwagen. 3ebes .'pauä tjattc ©olbaten im Quartier, ©ofort würbe befannt gegeben, baß alle Waffen auf§ 9iatt)au3 abzuliefern feien. $ie Söürgerwefyrmänner gaben it)re ©ewefjre nod) am felben Slbenb ab. $a§ ©erhalten ber Wecflenburger in ^forjl)eim wirb al§ ein red)t brutales; ge= fd)ilbert. Skfonbers rjatte ber 3öirt Keppel großen Srfjaben burd) biefelben, ba fte nid)t nur nid)t§ sagten, fonbern juguter* [e|t nod) ba§ 3noentar zertrümmerten.

3n ^forzfjeim folgten in furzen Raufen mehrere 2)urd)* märfdje größerer unb fleinerer Abteilungen uon iKeid)3truppen. @s mußten an Naturalien 800 Walter £>afer ä 5 fl. 20 Krj., 350 3tr. £eu, 10 ^tr. zu 10 fl. 54 ftr$., 500 <8unb 3trol), 100 ^uub ju 13 fl. 40 ftrj. abliefert werben. SBegen ber Verteilung ber Ouartierlaften ridjtete ein £etl ber 93ürgerfd)aft eine Eingabe an ben (Semeinberat, bie ©efamtbürgerfdjaft möge eine Stommtffton erwählen, weld)e bie Cuartierlifte 511 regulieren I)ätte. $m ^ntereffe be3 JyriebenS unb ber (Stnigfeit mußte oorerft bauott Umgang genommen werben ; bod) war man gerne bereit jur Sntgegennabme uon s33efd)merben, auf weld)e bie S8efd)eibe im „93eobad)ter" ueröffentlidjt werben follten.

J>\e nette ftrbniuta, ber I>ina,c. (Sine ber erften ^He üierung$f)anblungen nad) ber Xeftattration war bie Wuflöfung bes ©emeinberatS unb bie (Sinfefcung be£ früheren auf ben

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300 ^forabeim hn 19. ^abrbunbcrt.

Sanbortett Am 11. Auguft 1840 rourbe bic sJSfor$beimer &t- meiubeoerwaltung buvct) ben außerorbentlidjen ®roßb. Sanbes- fommiffär u. sJiübt einer Weorganifation unterzogen, ©emeinberat unb Ausfdjuß mürben aufgelöft unb burd) regierung$freunblid)c 3Jiänner erfeijt. Qum Cberbürgermeifter mürbe- itarf 3orrftitifr ernannt.

UTrtdmu'üni. diu ftrengeä tteatment fyattt s$lat) gegriffen. SBieberbolt mürbe nad) uerfteeften Waffen, £>edterbüten u. f. id. 9cacboi|itation gebatten. Um 10 llfyr, fpä'ter um 11 Ut)r mußten bie iöirtfdjaften gefdjloffen fein. Sebrerfonferenjen, $urn- unb Singoereine, burften oorerft feine 3ufammenfunfte Ratten. 33e* fonberS bie s-ßolf$id)uUebrer , uon benen fid) im Sejirfe eine auffaüenb große Anjabt an bem Aufftanb beteiligt batten, mußten bitter büßen für ibre SBeftrebungen nad) befferen Qn- ftänben. sÄenn ein Staub Urfadje r)attc jur Un$ufriebenbeit, fo mar eS ber £ef)rerftanb. @3 geborte ein mebr als gewöhnlicher ^bcaliSmuS baju, fict» mit einem 3abreSeintommen oon 45 jt unb bei bem böcbft unmürbigen AbbängigfeitSoerbältniS, in bem er fid) in jenen Sagen befaub, nod) für bin fietyrerberuf begeiftern ju Können. 2)aS £ooS ber öebrer mürbe in ben 50er Rubren nod) fdjlimmer als juoor. $ie Öebrer Sdjönlein * ^forjbeim, Qörnei'sßiefelbronn, 5ud)S*$udjenfelb, $irfcb*2)ill*2Beißenftein unb 9)lad)auer=5teubaufen Ratten unter ben s)tad)roebeu beS Auf* ftanbeS met)r ober minber tjart $u büßen. drft ber fiall beS ftonforbatS mad)te aud) ifjrer sJcot, oorerft menigftenS ber feelifdjen, ein (Snbe.

3ebe Kummer beS Amtsblattes bxad)k bis 13. Sflai 1852 jablreidje gafntbungen gegen uolitifdje Jlüdjtlinge.

2)ie $muptbelafteten uon ^forj^eim erhielten in ben £oa> oerratSpro$effen folgenbe ©trafen:

£erre 156 p. Sd)abenerfat} an bie 8taatSfaffe unb ben famtoerbinblid)en Beitrag an ben 3 Millionen sJ0carf Sdjaben, bie bem Staat angefügt mürben, außerbem 5 3a$re 3ud)tbauS ober 9 Oabre 5 Monate (Stnjelbaft.

^ i e ^ 4 $abre 3ud)tbauS ober 2 ^afyre 8 9)ton. (Sittel* baft nebft Anteil an ben 3 Will.

3- £ er r mann l\, 3at)r 3»^^ ober 1 3a\)v ßinjelbaft.

Aler. sBolf 2 Oabr 3ud)tl)auS ober 1 $al)x 4 Monate ©njefljaft.

4) t Ilm a n n 0 Monate Arbeitsbaus.

$iafonuS Abolf .^einrieb ©ermiß, ein ^forjbeimer unb Jreunb beS ^ifars unb $e|d)id)tsforfd)ers ^ottbammer, erhielt bafür, baß er bei ber sJtobert ^ölumfeier in Cornberg bie 9te*

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^forabciin im 19. Sabtfcuubert. 30 1

oolution oerfjerrlidjt babe, 10 3af)re 3ud)tf)au3 unb würbe be§ Staat3bürgerred)t§ für uerluftig erffärt.

3)ie Verurteilung erfolgte in contumaciam unb würbe nie uolljogen, ba fetner ber feet)3 benannten jemals au§ Omenta jurücfgefefjrt ift.

3m 9ftonat 9Iuguft 1849 befanb firf> ber fcfyroäbifdje 3)id)ter 3uftinu3 Reiner in 5Bilbbab. $>ie fyerrlicfye 9iatur, bereu triebe 11 od) nor furjer $eit burd) roilbe ftämpfe geftört roorben mar, gab ifnn bie (Stimmung 311 folgenbem anmutigen ©ebidjte, mit beut mir unferen ftücfblicf auf jene traurige unb bod) mieber fo grojje Seit fdjliefjen mödjten:

1. 2öenn aud) be§ ftrtegeS roilb Getümmel $)urd)tobte $3aben3 fdjöne 8'lur, Verblieb ifjm bod) ber alte ßimmel, 2>ic alte tyerrlicfye 9latur.

2. $)ie <5onne ftrat>lt, bie 2erd)e finget, Unb fargloS über'n Diofenljag

$er bunte galter leicht fief) fdjroinget, $obt brüben aud) ber £rommelfd)iag.

3. Unb wo bie 9ftenfd)en felbft fid) fangen, $ie $üd)fe fnallt in blut'ger (2d)lad)t, 2)a ruljt ba§ SHef) in minb'rem fangen 3n be3 2Balbe§ grüner 9tad)t.

4. Mahn, yiatux läfjt fid) nidjt beugen, Unb ber Kanone tollfter SdmH

bringt, fam bie Sangseit, nidjt 511m Sdjroetgen 3m SJtonbenfdjein bie 9tad)tigal.

5. führet $rieg fein 93aum mit Säumen, $er 5Henfd) im SBaljn mit sJJtenfd)en nur, Unb raft er in ben tollften träumen, Schafft um i()n ruf)ig bie 91atur.

Slcue statinen.

$a§ Zeitalter ber SHeoolution mar $u dnbe. 5lber nid)t uergeblid) mar ber Slampf geroefen, nid)t uergeblid) maven fo fdpere Opfer gebradjt. 2Öenn aud) ba§ beutfdje s-ßolf feine (Sinfyeit nod) nidjt errungen batte., unb roenu aud) feine greibeit in ben fommenben iKeaftiüiiSjaljren befdjränft genug blieb, ber alte 2lbfoluti3mu§ mar gebrochen, bie fonftttutionelle sJtegierung§=

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302 Worjbeim im 19. 3abrbunbert.

form mar überall erftanben, ber Xeiluabme be§ 33oTfe^ mar in Staat uub ©emeinbe ein gefetjlicbeS Organ geöffnet, eine neue Seit notier .ttamnfeömüfje, * aber aud) noller (Erfolge l)atte be* gönnen.

(Erft am (Enbe ber fünfziger $af)*e beginnt ber Stauf etmaS nadjjulaffen, ber anf bem öffentlidjen geben laftete. £ie bunbertjäfjrige ©eburtötagsfeier <Sd)iller$ am 10. Dioobr. 185i) mar nad) einer SKeibe büfterer 3aljrc mieber bie erfte größere Jyeftlidjfeit, meldje bie Bürger jnfammenfül)rte. (E§ mar eine eibebenbc nationale .Uunbgebung, bei meldjcr auf3 neue ba§ 93er= langen nad) s43 er mirf lidjung be§ beutfdjcn (Einbettl g e o a nl eng fid) madjtooll bernorbrängte. 2)a3 geft Hang aus in ben sJiuf:

„Sit mollen fein ein einig s-ßolf non SJrübern, 3n feiner 9}ot uu§ trennen unb ©efafn:!"

2)er Megierungsroedjfel in Greußen begünftigfte ba$ Söieber* aufleben einer fdjon 1848 Ijeroorgetretenen 9iid)tung, meld)e auf 5)eutfdjlanb8 (Einigung unter nreufnfdjcr Rührung uub auf ben s<Hu5fd)lufj Cefterreid)* aus bem beutfdjen QJunbe hinarbeitete.

9lu3 bem Streife ber „©otbaer" ging ber unter SDIttbilfe s))loxi\$ sJ)lüllers in Coburg gegrünbete Ms3tationaloerein" bernor, meldjem alsbalb über bunbert Bürger $foqbeim§ beitraten.*) (Sin Seilet mar es, bafj ber herein eS runbmeg ablehnte, bic göfung ber fojialen Jyrage auf fein Programm ju fetjen unb e$ fogar uerfdjmä'bte, burd) iBermaubluug ber 3abre3= in 9Jlonat§- beiträge ben Arbeitern ben (Eintritt 511 ermöglichen. (Soniele s$erbieuftc ber Oiationalnerein fiel) aud) um bie (Einbeit3beftreb- ungen erworben fyatte, fo ift bod) bie Einnahme falfd), al3 ob 2>eutfd)lanbs (Einigung non ihm auegegangen fei. $iefelbe mar lebiglid) 93i$marcf3 Sßerf.

3m 3abre 1802 fanb in ber Weitfdjule bie ganbes^ oerfammlung be3 s}tatioualoerein£ ftatt, an ber gegen 2000 SJ5er- fönen teilnabmen.

Slujjerorbentlidje Jreube erregte in biefen Greifen bie am 7. Mnril erlaffene Ofterproflamation be3 ©roftberjogS, bie 3lb« fdjaffung beS ftonforbatS unb bie (Einfettung einer liberalen Regierung unter bem Sßräfibmin 8amens\ SUSbalb begannen aber aud) bie kämpfe oonfeiten ber fatbolifcben iöolBnartei unb ber .Uonferuatioeu. SCuf bie beftigen Angriffe non biefer oeite gegen Hainen, mie fie namentlid) in ber er'ften Cammer jmn SH\& bruef famen, mürben bemfelbcn aus allen gaubesleilen als ©egeu*

*) ^orftrtttb<Snütrt(icbcr waren Tv. Wrimm, Wecf)t$amtmlt, Julius Mittler, .veinr. Meiler, £>etnr. cdjober, (5 b. :liof)recf, 8. .öamberger, <£b. Vieler. 31. Mägen unb IStyv. ilngercr.

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Wütabcim im 19. ^abrbunbert.

303

bemonftration SBntrauenSabreffen jugefanbt. v2lm 25. SIpril führte ein ©rtrajug 500 «ßforjfjeimer Bürger aller Staube nad) SlarlSrulje, bi'e fiel) an bem gacfelsuge beteiligten, ber ju Gljren beS Staatsmannes oerauftaltet mürbe.

3m SJlärj 1850 mar in baS auf ^reu&enö Ukranlaffung gejdjaffene, furjlebige Erfurter Parlament Wuguft Mennig als Vertreter for^eiinS gemätjlt morben.

s)lod) immer lebte in ben £>erjen bie ftille Setjnfucfyt nad) Uknoirf lidjung ber 1849 er iKeidjSoerfaffung. (Sine im $(pril 1863 oon slJforjt)eim aus an bie II. Cammer gerid)tete bieS* bezügliche Petition, beren (Srfolg natürlich nidjt ungemifj fein fonnte, mar oon 55 bürgern, „toeldje zufammen ein 51apital oon 800 000 fl. oerfteuerten", unterzeichnet.

$aS ©efütjl für ein grofjeS einiges Oieid), für bie ftfimpfe ber StammeSgenoffen im Often unb Horben mar immer rege geblieben unb erroieS fid) bei jeber 33eranlaffung l)ilfebereit. So oeranftaltete im 3al)re 1859 zur $eit &eS italienifdjen Krieges ber grauenoerein eine Sammlung oon ©aben, deinen, (£f)arpie k. für bie im Selbe ftetjenben Oefterreicfyer. 3reunbfd)aft, Sänger* franj unb grotjfinn gaben ein Konzert, beffen (SrträgniS ben öfterreidjifdjen Solbaten jugute tarn. 23on Erzherzog ftarl traf am 30. Oftober bafür ein $)anffd)reiben ein.

3)er patriotifdje Sinn ber Bürger nutzte fieb, oorerft genügen laffen an folcfyer 53etl)ätigung ber iBaterlanbSliebe unb in ber Pflege ber Erinnerung benfmürbiger Sage. So mürbe 18G3 baS 50jährige ©ebenffeft ber leipziger $ölferfd)lacht aud) in Pforzheim feierlid) begangen. s3luf ben £>öl)en loberten am USorabenb bie greubenfeuer. '21m geftjuge nahmen auger ben gelabenen Veteranen bie Sdmljugenb, £urner, Sdjütjen, 3euer= mehr, Dcationaloerein, SlrbeiterbitbuugSoerein unb bie ©efang* Vereine, fomie oicle Einroohner teil. SJeim Jeftbanfett fpradjen $)r. SHau als ^orftanb beS ^lationaluereinS, "öürgermeifter ©runer unb 3)iafonuS $aujjjer 3ür bie bebürftigen im ©reifem alter ftefjenben Kämpfer oon Leipzig mürbe eine Sammlung oeranftaltet, ebenfo für baS .frermannSbenfmal. üubro. 3iuerbad) hatte einen fdjmungoollen geftgrug oerfafjt, nad) beffen Vortrag unmittelbar eine Ooation für ben $id)ter folgte.

3lm 7. Sttai 1865 mürbe- auf ähnliche Söeife aud) ber ^a^reStag ber Sd)lad)t bei Wimpfen feierlid) begangen, ebenfo am 22. Sluguft 1868 baS fünfzigjährige 33e|tel)en ber babijdjen StonbeSoerfaffung.

2lm ebelften unb fd)önften zeigte ficf> baS beutfdje s#ruber- gefühl in ber 9lrt mie bie ^ürgerjdjaft Anteil nahm an ben oon i)öuemarf bebrürf ten unglücf lidjen S d) l e S m i g - .£> o l ft e i n c r n. inmitten beS eigenen UuglütfS, tjcvuovQcvuf eu burd) iMeooluttou

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304 ^forabeim im 19. Sabrbunbett.

unb iHeaftion, fanb fie nod) bie Stimmung, ifjre Snmpatljie in sißovt unb ^ieb, am mirfjamften aber buvd) merftbätige $>ilfe au^ubrütfcn. (Sine im 3at)ve 1848 oon Amtmann 5(t)le§ Der anftaltete Sammlung brachte reid)lid)c (9aben ein, obtoobl bic Opfenoiüigfeit ben moblfjabenberen Seil ber 33üvgcrfd)aft gegen* über ben aablreidjen sJiotleibenben in ber Stobt ohnehin ferjon metjt al* reid)lid) in Slnfprud) genommen mor.

Reine fteftlidjfeit unb feine patriotifdje Seier ging worüber, oljne baß bie teilnehmet burd) eine Sammlung ben bebrücfteu $3rübern im Horben ifyc sJMitgefüt)l jugemanbt Ratten, unb jeber, ber it)re St)mpatf)ie teilte, fanb it>rc Danfbarfeit. So erging im Sommer 1801 oon ^forjtjeim au£ eine mit saljlreidjen Unter fdjriftett bebeefte Danfabreffe an ba§ englifd)c sJSarlament§mitglteb Sir .jparri) fernen ab für feinen ebelmütigen ^öeiftanb, melcfjeu er Sd)le$nng^olftein angebeiben ließ. sJ(m 7. JjfuCi 1861 traf ein Danffdjreiben be§ genannten $ernt ein.

9(m 30. 9toobr. 1863 melbeten ftd) auf Slufforberung bes Sabrifanten 93id)ler 93 Sveitoillige (iurner) jum Kampfe für SdjleSmig £)olftein. 3t)ve MuSbilbung erstellen fie in ^forjfjeim ; einige gebiente Unteroffiziere übernahmen ben Drill, roätjrenb bie Sd)üt$en if>v Sd)ießl)au3 für Sdjießübungen jur Verfügung [teilten, $u einem s3lu3marfd) ift glücflidjermeife nie gefommen.

9lm 8. Oftober fdjicfte ber 5>orftanb be§ Sd)le§roig= £)olfteiu'fd)en 5lomite3, iHobrecf, 3400 fl. freiwillige Beiträge an ba3 SdjleStoig^olftein'fdje Departement ber ginanjen ein.

2(u3 ben 3eitung§nad)rid)ten jener £age gef)t tjeroor, baß bie $ürgerfd)aft mit l)öd)ftem ^ntereffe bie friegerifdjen (Singriffe auf ber norbifd)en £albinfel oerfolgte, mit 3ttbet jeben Sieg ber ^erbünbeten begleitete unb ooll bittern Unmuts ba§ biplomatifctje 3ntriguenfpiel beobadjtete.

@iner ber beftgefjaßteften SHänner jener $eit mar aud) in *Pfor$eim ber £err o. StSmarcf. Seine (Ernennung jum sJ[)iinifterpräfibenten mußte nad) allgemeiner Ueberjeugung oon ben fd)tuerften Solgen begleitet fein, unb mürbe bem SRaun oon „93lut unb difen" ein Regiment oon fein: furjer Dauer prop^ejeit.

Der auffteigenbe ftonflift jroifdjen Greußen unb Oefterreid) fetjte aud) bie sJJforjf)eimer mäd)tig in 33emegttng. Unb al3 im Sluguft 1805 ftönig sfiMlljelm oon Greußen burd) '»ßforjfjeim fam, ba batte er e3 ftd) nad) ber Meinung be§ „sJ$f orientier 8e* obadjter" felbft jujufdjreiben, toentt er mit oormurf3ooller unb fül)ler QutÜcffyaltung begrüßt mürbe.

311S ber ftrieg jwifdjen Greußen unb Oefterreid) unuer* meiblid) beoorftanb, mürbe in Sßforjtjeim eine große ^rotcft= oerfammlung abgehalten, bie oon ettoa 1000 ^erfonen befud)t

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Pforgbeim im 19. Qabrbunbert. 305

unb oon SHoritj SRütler geleitet war. $te bamalS gefaßte üWefolution ift im £inbticf auf bie folgenben Gcreigniffe oon großem 3ntereffe. @3 Reifet barin: „2Bir oerabfcheuen ben SBruberfrieg um fo mehr, ba er nur bunaftifcfyen Redten bienen mürbe. 2Öir wollen bie Söfung ber fd)Ie^tt>ig = Ijolfleintf^en Jrage nur unter SJlitwirfung be§ fcfyleäroig^otfteinifcfyen 93olfe§ unb mit auSbrücflicher SBabrung ber beutfdjen Qntereffen. 5Bir forbern alle $)eutfchen, namentlich ba§ preußifche 93olf auf, in gleichem ©inne bie Stimmen jii ergeben unb jur Sidjerfteüung unb gorberung ber oaterlänbifcfjen Angelegenheiten auf bie (Sin* berufung eines freigewäblten beutfdjen Parlaments $u bringen." Aber balb mürben bie $)emonftranten eines befferen belehrt. 2)ie beabfichtigte (Sinmifchung Napoleons öffnete auch bem SBlöbeften bie Äugen.

Q3ei einer am 14. $uli 1866 abgehaltenen sJiationaloerein§* oerfammlung, in melcf)er 70 SJtitglieber unb mehrere greunbe be§ Vereins anmefenb waren, mürbe einftimmig befdjloffen:

„itetttc gtnmifVftunß bc$ Äwofanbeo! ßeine SHainlinie, fein SRfjeinbunb ! @ine Unterhanblung jum ^rieben mit Greußen unter ehrenhaften 33ebingungen unb in ©emeinfchaft ber fübmeft* liehen Staaten !" Sine Abreffe in biefem ©inne an ben dürften mürbe befürwortet. (£3 mürbe ihm bie 53itte uorgetragen, griebe mit Greußen ju fließen unb bem oorgefchlagenen SBunbe mit 9lationaloertretung im Parlamente beizutreten. 2)ie ^Bürger mürben aufgeforbert, bie Abreffe au unterfchreiben. SJlitglieber be§ tfomiteS waren : (£. @. föohrerf, Aug. Mittler, Mittler, 5. Brenner, SKorifc Füller sen., 2B. £ena, Aug. 2>ret§. Aud) bie #anbelstammer oerwenbete ftd) in biefem ©inne.

Am 2. Siooember 1866 ging eine weitere mit 700 Unter* fchriften oon pfor$beimer bürgern oerfehene Abreffe an bie II. Cammer ab, worin ber SBunfcf) Auäbrucf fanb, $aben möge fid) bem norbbeutfehen 93unb unter Rührung preußenS auf§ innigfte anfchließen.

$er 1866er Ärieg hatte fich in ber ©tabt neben einem rorübergehenb fct)lccr)ten ©efcbäftSgang, burrl) wieberholte größere Srupoenjüge bemerfbar gemadjt. iöei längerem Aufenthalte würben bie ©olbaten oon ben Einwohnern gaftlich bewirtet.*)

$3ei ber 1868 oorgenommenen legten SBabl sunt $oll* Parlament würbe Aug. Mennig mit 8096 ©timmen gegen 3942 gewählt.

*) iterrounbet rourbe bei Taubcrbifdjoföljeim ber (Mcfrctte, Traqoner Silt). *eop. Didier au$ ^forjh,eim.

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BOG ^fora&eun im 19. ^abtbunbcrt.

7Pfov\Mm im großen /triebe.

GS mar eine unnergcßlidje, gemaltigc 3*U# öa§ 3cibx beS Otogen Krieges ! 311S bie sJ(ad)rid)t uon bei* frauflöfifdjen ftriegS- erfläruug eintraf, ba ging es mic SturmeSbraufen bind) alle beutfcfye ©aueu; eine ©egeifterung obue gleidjen erfaßte alle $erften nnb eine SiegeSäituerfid)t, bie uon oornberein einen ßtot* reid)en 9luSyang be^ ftriegeS erhoffen ließ. 3)ie Stunbe ber s3lbred)nung für bie jabrbunbertlang uns jugefügte Sdjmad) war gefommen. 9)cit einem Sdjlage waren aüe fleinlidjen gartet-- jänfereien oergeffen im ßinblif auf ben beuorftebenben älicfcn- tampf, in bem eS fid) um Sein ober ÜRicfatfein Rubelte. $Bol)l faum ein Crt im beutfdjen ©aterlanbe bat ben ^eiligen Gruft jener RriegStage fo tief empfuuben unb feinen Patriotismus fo tjingebenb unb opferfreubig bemiefen , mie unfere gute Stabt pforjbeim. $ie nadjftebenben ©lätter fallen Zeugnis ablegen, baß Damit nid)t juuiel gefagt ift. Sie fallen aber aud) ben nad)= lebenben ©efd)lecf)tern, benen im ©enuffe beffen, maS unfere ^ßäter mit if>rem ©litt erfdjafft unb errungen l)aben, uielfad) jene Ijüdjberjige ©egeifterungS* unb Cpferfäl)igfeit abbanbeu gefommen ift, Robert £>ammerlingS SWabnung in bie Seele f)ineinrufeti :

„Oa, ©aterlanb, geliebtes ! umftröme biri) ©lud unb £eil ! 2BaS befteS bringen bie Reiten, eS merbe bir juteil! SRut, fiel)' id), nie mißadjte in neuen StrebenS 2)rang, s-lBaS beiltfdjen 9iameuS Gfyre gemefen ein ^atjrtaufenb lang ! 2£aS SBirflidjfeit bir immer für galbeue ftränje flidjt, Wein ©olf, ber 3beale Silber ftürje nidjt ! Stefan it)re Jempel übe, bu malle nod) bafyin, 3n ifjrer Sternglut babe fid) emig jung ber beutfdje Sinn !"

51uf ben 9iuf beS $riegSminifterS an bie außer Kontrolle ftefjenben $)i§pofitionSurlauber, iHeferuiften unb $Bel)rmanner, fid) ungefäumt gut (Erfüllung ihrer S-Ö>ebrpflid)t bei ifjren Sahnen Ml ftellen, eilten bie Krieger alSbalb Ijcrbci. 3Rit Jreubigfeit unb 3unerftd)t nahmen bie rottet unb Söl)ne uon Jrau unb $inb, uon Gltern unb ©efdpiftern 2Ibfd)ieb am ©abntjof. GS mar ein feierlicher s3lngenblict unb manches 2luge unter ben jablreidjen ^ufdjauern rourbe tfjräneufcfymer.

fluS ^for^eim Stabt ftanben 231 Solbaten im gelb. $ie Summe aller ftrieger auS bem ganzen ©ejirf mit Stabt pfors* beim betrug 850.*)

*) £ie Hamen ber 1870" 1 im Jelbc geftanbenen ^forjfjeimcr finb fotgenbe :

31 brecht, .\}crm. (ibunrb, 3. ^uf.^iHeg. 9. iSomp. Änbcrer, (*buarb,

3. vanbtü. ^at. 2. (5omp. 3(rnolb, flugufi, 3. Jnf. Mca,. 4. Cfornp. 9lrnolb, Öuftao l'eonljarb, 3. Jnf.^tcg. fluten riet l), ^ul. libuarb, 1. ^anbro.^-üat.

4. Gomp. iöauer, Warl *ubro. flug., <yelb*ilrt. IV öpf. Batterie. 53 au er,

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Worgfcetm im 19. 3<ibtbunbert. 3o7

Marl fr., teilte CrfafcSkttcrie in ©otteSaue. 33 auf cf), Jyricbrv leiste Crfafc* Batterie in ©ottcäaue. **etfd), ©eorg Äug., 3. ^nf.sfteg. ©ifdjoff, Marl, Aeftunge^lrt. ». Comp. Wifling er, Nbölf, Sragoner 2. Crfa$=C$fabron, Marlörulje. «ö&m, Sttilljclm, 3. 3nf.*9leg. »ö$m, tfriebr./ 4. ^nf.. Sieg. Brenner, ^riebr. Vubiü., 2. S5rag.*9teg. 5. CSf. iörenner, 3olj. ©eorg, 3. onf.*9teg. H. Comp. »nb, Julius, 2. Drag.^eg. »üb, Sllbert, ^eftung«^rt., 4. fdjroere Ratterte. $ud, Marl Slugnft, 3. 3nf.*9teg. 8. Comp, ^urf, ftermann, 3. ^nf.-Neg. 8. Comp, :ttucf, Jöeinrid), 1. i'eib:0ren.*9ieg. G l a u & , Marl 3ßill)., 3. ^anbio.-^at. 2. Comp. 3) i e t e r 1 e , ©uftao ^afob Crnft, 3. ^nf.^Heg. 7. Comp. £i II mann, ^riebr., 1. ©ren.^iHcg. 12. (Somp. Mittler, Wug., JvreiimUigcr, 1. Veib^rag.^eg. 3. Gäf. Mittler, (Sari, (befreiter, 1. l'eib^yrenab.^eg., 3. Jyüfilier^ai., 12. (Somp. SörfHnger, 3ultitd, Unteroffizier, 3. Jjnf .^eg. 2. (Somp. C f f i g , Subroig, 3. 3nf.=!üeg. ß. (Somp. Jvaufel, ^ul. Mb., 3. ^nf.sJHeg. 11. Comp, fefcer, Stugnft, 3. ^nf.^leg. 12. (Somp. flamm er, Marl, (befreiter, 1. *eib;©ren.^eg.

1. hat 4. (Somp. Flamin er, 3ttf.» freiwilliger, 1. Veib*©ren.=3ieg. 3. $at. 12. Comp. fudje", Karl, 2)iener beim f elb^aupt^rooiamtamt. f u ä) $, iiiMlf). Mbolf, Slrtillcrie in ©otteeane. ©autf)ier, Karl, einj. freiro. 1. £.* fufibatterte, felbart. ©eiger, 9luguft friebrid), 3. 2anbn).s5Jat. 2. Comp, ©ermann, f ran* $of., 1. ^eib-Ören.^ieg. © e r ro i g , Cb. fr., 3. iHeg. U'ajai'etbgelnlfc). ©erroig, Marl Cb., 3. ^nf.sSKeg. H. Comp. 0 er roig, Iljeobor, 3. j)rag.s9tcg. 5. Geifabron, ©oll, Cruft, 3. 3"f-;^«fl- l2- Comp, fr au fdjilb, (Mg. Cnrl, 3. ^nf.-iHcg. Leiber, Vubro., 3. ^nf.^eg. 9. Comp, frei l mit tf>, Karl friebr., 3. 3nf.*:Keg. oh, weil er , Marl iüilf)., 3. 'Jnf.* Meg. 1. Comp, fcoljinger, Daniel, 2. ü)rag.^eg. ftoljinger, ^afob, Crfabbetadjement bee* 3. ^nf.^eg. fcuber, Sllbert, (befreiter, 1. t'eib;©ren.* Weg. 1. söat. 4. Comp. Mafc, Marl friebr., feftungeartillerie. Haji, Marl Aug., felbarttllcrie 3. leiste Batterie. Mafc, Marl friebr., 1. tfeib*©ren.* 9teg. Kafc, Marl si(ng., 3. Crfafcbataillon 1. Comp. Mafr, Iljeobor Hbolf, 3. ^nf.-Meg. ß. Comp. Ketof er, Jul. Ar., freiwilliger, 1. Xieib=©ren.*iHeg.

2. löat. 5." Comp. Meiler, Mob., Unteroffizier, 1. Weg. 2. Comp. Miel) nie, Vubroig, 3. Ci-fa&=2etad)ement in Marlärttbe. Mirdjgefener, 9lug., 3. $rag.* Steg. 5. Cef. M l e i n , Otto, Leutnant, «. ^nf.-^cg. 3. Comp. M l e i n . Slbolf, Unteroffizier, 1. 2)rag.=!Heg. 1. C3f. Ml ein, Cmil, Unteroffizier, 3. 3nf.;9teg. 12. Comp. Ml ein, Sluguft ©Ufr., 3. ^nf.^Heg. Ml ein, Marl Cmil, 3. ^nf.« Steg. 12. 3ieg. Ml ein, xvan\, 3. Crf.^Det. Möft, Jafob friebr., 3. JHeg. Moll mar, Jyriebr., 3. ^nf.'3teg. 7. Comp. Mornljaaö, Marl, 3. ^nf.^eg. M ü l # bei m e v, Dlar, ^üfilier, 1 . (Mren.^Kcg. 10. Comp. XJabenburger, 9iob., (befreiter, 2. (Mren^Steg. 2. Comp, i.' ermann, Iljeobor, 3. 2>rag.« 3ieg. 2. Crfa^-Cof. l'eibbranb, (Mg. friebr., (Mcfreitcr, 1. Jt'eibi(Mren.*9tcg. 1* etb br an b, Crnft, 3. ^nf.^eg. 12. Comp, l'euttjner, (Muftao, 2. ftelb* «att. H ^ifünber. Söffet, 2lbolf, 2. 2)rag.*sJleg. 2. Cef. i'ott bammer, ©g. Cour., 1. Veib-(Mren.:jHeg. Vottbammer, (Meorg, 3. Crfa^2)etao?)ement. Ü o 1 1 n c r , ^uliud, ftelbart. 3. ^att. « ^fünoer. n ^ , Stöbert, Wcfreiter, 1. fernere 'öatt. #eti)axt. 3Kaif a)b,of er, 2(rtfmr, A«uoiUiger, «. ^nf.-.3ieg.

3. Comp. SJtaled, franj 3lnton, 3. >f.^eg. 10. Comp. ^Naler, Crnft, 1. ^iomer-Comp., 3. Angabe. SWajer, 5tb., Scf.=l'eutnant, 1. 3?rag.;9tcg. 1. CSf. Kcrolb, C, 3(ffiftenzant, 3. 3nf.**)rig. «. iHeg. Waner, *ubu>., 3. Crfa^2)ctacbemcnt. 3Kai)er, Marl Mug., 3. ^nf.^Jieg. 8. Comp. Waoer, Marl, Veib^egiment 3. Wat. 11. Comp. 3>icef), Mob. mit)., ftelb^rtillerie. 31 eigner, Marl Ariebr., 3. ^nf.=3ieg. 5. Comp. Weiter, 3lug., 3. Jnf.s ^eg. 1. Comp. Wert», fteinr. Cb,rift., 3. ^nf.^eg. 4. Comp. Werten«, 3o|. 9luguft, 3. Vanbrocb,r^at. 2. Comp. Wöjjner, Cbuarb, 3. ^nf.rSicg. 5. Comp. W o f> r , 2lug. Söilb,., 3. ^anbro.;35at. 2. Comp. W o b, r , (Muftao, 3. Crfab*£etadjement, MarUru^e. 9Rü 1 1 e r , 3)r. 2b,eob., feibarst im Stab bed 14. «rmeeforp«. Dtüller, Cugen, Leutnant, 4. leia)te Batterie Munj.

20'

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308

Worjbeim im 19. 3abrbunbctt

3n bcn 5tird)en bev bciben ftonfeffionen rouvben (#0tte§* bicnfte abgehalten. 9m 28. ^iiii, abenb* 7 Utjv paffievtc bev

m ü II e r , Ulbert tfbolf, 3. iHcß. Füller, .oermann 3(lb. ^ubm., 3. :>nf.* tteg. 2. (Somp. Di ü r r l e , Slug., 3. Jnf.^Heg. 12. (Somp. ä b e r , *cop., Unteroffizier, 3. £rag.::Heg. 5. (rsf. }i i t i q 4 , (3g. .öeinr., 3amt.=£et„ bab. Tiuifton, 14. 2(rmee-(Sorpa. D ft e r t a g , Robert, leichte Grfa^ ^öattene in (Hotteäaue. $1 ö g e r , 3tlb., 1. (rrfafc :£etach. 2. (Somp. ^regi^cr, Marl, ,Aelbapott)efer, ,Yelblajarctb. 9io. 1 in itefoul. :H a u ß , Marl 2Ub., Unteroffijier, 1. veib=(Mren.0Kcg., 12. (Somp. 31 eidjert, Marl 2lug., 3. 3nf-;31eg. 3. (Somp. Finger, (Mg. CS t>rift., 3. (Sria^£etad)ement, Cef. .öanbro. 3t ö ft I c, ^ulltii öeinr., ^ionicr <3d)an*ung$folonne). 3t ö jj l e , (Sari it'ilbclm, 3. 3nf.-3teg. 7. (Somp. Voller, Juliud, 3. (£r)'a^:Tetad)ement. X n b 0 1 f # Job- Slbolf,

3. l'anbro.^at. 2. (Somp. 3 au I er, (Sari (St)r. ^rj. «Ib., 2. 3nf.=3ieg. 3 4 a II , Marl Jofef, 1. l'cib:Wren.--3teg. 11. (Somp. 3 a) a f f c r , Marl ftenn., 1. i'ctb-CJren.^eg. H. (Somp. 3 a) e 1 1 , Jyran* Slnton, 3. ;>nf.^3tcg. 11. (Somp. 3d)eufele, Sllb. 2lb., 3. l'anbro. >8at. 2. (Somp. Sdjneiber, .öermann, Jveftungäart. 4. fajroerc öatt. © d> r o t b , *ug. fiHty., 3. ^nf.^eg. ». (Somp. Schrott), Marl Jvriebr., 3. 3nf.--3teg. 11. (Somp. etyu^mager, (Meorg. Siegle, ^riebr., 3. 3nf.:3teg. ti. (Somp. Siegle, (Mcorg, 3. Crrfa^^et. Stoß/ Marl 'löiltjelm, ,"veftung$artillerie. Strenger, ^ol). (Mg., 3. ^nf.= Sieg. Stumm, (imil Ulbert, 3. Jnf.oKeg. 2. (Somp. ittätferei). Stumm, Marl l'ubroig, 3. ;>nf.:3ieg. 2. (Somp. (3dnib>acber>. Ungcrer, Marl, 1. £anbn>et)r* Bataillon. Ungerer, (Srnft X'ubroig , 1. *ieib=®renabier=3icg. Solfert, (ibuarb, 3. Sanbnv'öat. 2. (Somp. ffiogner, (Muftao, Artillerie. Wagner, (Srnft Silb., 3. (£rfa&:2etaa)ement. 9JJ a f) I , (Meorg, Sergeant,

4. 3ieg. 7. (Somp. SN a 1 1 i n g e r , Marl Aug., 3. >f. 3ieg. SN i l b e r m u t lj, Marl Xaoib, 3. (rrfafc-retacbement. sH>ittcmaper, Wilhelm, leidjtc (5rfa^= Ratterte in (Mottedaue. Wittemaoer, ^ob., 1. Veib^ren.^Heg., «. (Somp. JUi^enmann, Hlbert, ^ort.=^db,nr., 2. I?rag.=«eg. 2. (SSf. 3errenner, Robert, 1. «ren.^eg. 12. (Somp.

(Heorg ^riebrid) ilab, "Wilhelm ^Ibalb. sJlbam, Jriebrid) Änton, Monrab ^artl), Ulbert iöaumbufd), Valentin *kd, (9eorg ©leffing, (yuftao iHbolf *ked)t, Stephan Mennig, Äbolf (Sbriftoph (jbert, Johann ,"vciftenaner, Ctto ,ylamer«' beim, Dlorifc Jröbner, Robert Jud)*, Nbolf Öerroig, Marl «cfeU, SiJilbelm (Hrooö, Marl (>)roft, ^ubtoig Daniel .öaage, i.'ubroig öarber, ^riebrid) 4>enne, Mubolf $>ofmann, (Jbuarb .öoppc, Johann SttÜljelm öuttenloa), ^uliud ,>riebrid) Maufer, Atiebriri) Mlaile, «ubroig Miclmlc, (Sl)riftian Mlemme, #tilt Morbc«, Vubmig ,vriebrid) X'anbenbergcr, (Meorg ^riebrid) i.'eibbraub, vtibroig Diacf, ^afob *4Kaft, (Sbriftopb Räuchert, öeinrid) Dreier, ^Ibolf Dieple, ^ranj DiüUer, ^afob ^riebrid), Jram Neuner, (rbmunb ^ebftcin, 5iubolf SHeif, Johann Ctto öeinrid) ^icp, ^a!ob iWodje, >bann iHoftnagcl, .öermann Sattler, (Mottfrieb Sdjaaf, Marl (Shriftiau Sdjerberger, ^afob l'ubroig 3tt)ndbcle, .öcinrid) Sdjneiber, Sluguft Sd)uler, Marl Sdjumadjcr, o^feph Simon, .Jeimann Stiefe, Marl Stra^ mimmer, Jyriebrid) Uhrmann, jran^ "Ulrid), Marl Jofeph Vogler, Marl Jriebridj ©ädjter, 3lbam hinter, «lot)d äLUrth, ^clir 3Bol)lt, ^aul HUoblt, fämtlid) ^snfantcriften. Philipp Öaumbufd), (Sbriftian ^riebrid) ^urfharbt, Iheobor Xifdiingcr, Philipp (fhriumann, ^afob Cr inficbel, Jhcobor ,"vrep, (rbuarb (^ermig, Weorg ^riebridi öaage, Marl öeber, limil Diarolb, Marl Wilhelm DJcic'r, (<rharbt ^Meif, >bann "Ueter :Heiftig, Monrab ilUnfler, bei ber iMrtiUerie. 5lbolf (Mall, Marl Ükmbolb, ;sob,ann iKofenagel, Robert Sebent, Jyriebricb Schönauer, (ybuarb Ulbert Sonmlb , (iarl v^eltman, Marl Banner, Wilhelm .vriebrid) Gatter, MaoaUeriftcn. "ilbolf »i&l, (fbuarb Wilhelm ,vabncr, vubmig ,"vlühr, ^raitj >fepl) Triton, Wilhelm Xuguft Diuller, ^r. Marl 3 ad)«, Sanitättf* mannfdjatten, äoüann Litton Xeöm, tfrnft (Sbriftian Dialer, ^ionierc.

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•ßfoiabeim im 19. Oabrbuubert.

309

ftronpriiiA oon Greußen, ber Oberbefehlshaber bev beutfcben ©übarmee, unfere ©tabt (auf bcm 9Bege oon ©tuttgart nad) Karlsruhe). 3tm iöatjn^of bcfanben ftch bie geuerroehr, bie ©pitjen bcr Staats* unb ©emeinbebehörben nebft oielen Diepgen Gcturoohnern. ©nblofe ^odjrufe, feierliches ©locfengeläute empfmben ben ftrom prinjen. ©id)tlich erfreut oerliefj er ben 2Bagen unb trat 5U ben Um begrüfjenben Herren. Oberbürgermeifter ©djmibt f)ie(t eine 3lnfprad)e mit 93ejug auf bie fricgertfdjen ©reigniffe, er gab bie ftreube unb 93efriebigung tunb, ba| bie Rührung unferer Xruppen unb bie SBerteibigung ber fübbeutfdjen ©renjmarfen fo mohl* bewährten $ä'nben anoertraut fei unb fdjlojj mit bem $Bunfd)e eines glüeflichen Verlaufs. $)er Kronprinj erroiberte biefe SGßorte in t)erj(id) patriotifdjer Söeife unb betonte babet, baß man 3)eutfcf)tanb junt Kriege ge&roungen baoe. Unter begeifterten $od)rufen fdjieb ber iRronprinj/ beffen gan&e Haltung einen umjergejjlidjen (Einbrucf machte.

2)ie erften Sage ©erliefen trotj aller £offnungSfreubigfeit unter großem fangen. Me ©efdjäfte ftoeften. 9kd) ben erften gewonnenen ©d)lad)ten aber atmete man bann um fo erleichterter auf unb bie großen ©iege oon SÖeifjenburg , SÖörth unb ©pichern mürben mit mabrljaft bachantifd)em $ubel begrübt.

2116 am 3. ©eptember 1870 bie Kunbe fam unb amtlich beftätigt rourbe, baß Napoleon bei ©eban gefangen genommen mürben fei, mar beS Rubels frin (Snbe. üieidjer JJlaggenfchmudt, ©locfengeläute, 33öllerfd)ttffe, Sreubenfeuer gaben ber allgemeinen Sreube 3luSbrucf. Oberbürgermeifter ©djmtbt betrat ben 53alfon beS sJiatbaufeS unb f>ieCt an bie jablreid) oor bemfelben oer* fammelten ©inmohner eine s2lnfp räche, morin er ben beutfehen Äriegern fiob unb $anf fpenbete. $ann entblößten alle bie $äupter, unb „9hm bautet alle ©ott!" Hang eS aus h»"öerten oon banferfüütcn ^erjen 5um Gimmel empor. sJcad)bem bie $euerroef)rmuftf uod) bie „5öacbt am VHfjein" unb anbere oater* länbifdje Lebbien oorgetragen, oeranftaltete man eine allgemeine Illumination ber ©tabt. 3)iefe mürbe, trotjbem nur furje &it jur Vorbereitung mar, eine überaus glänjenbe.

SJcit berfelben 33egeifterung mürbe am 30. Januar 1871 bie 9cadjrid)t oon ber Kapitulation ber franjöfifchen .£)auptftabt aufgenommen unb gefeiert. Beim Bencfifer'fcben ©aSmerf rourbe eine Xriumpbpforte erridjtet.

3lm 9. Wuguft 1870 gingen 5 3üge mit Kriegsgefangenen, im ganzen etroa 2500 Sttann, barunter oiele JurfoS, hier burd), melden am Bahnhof (Srfrifdjungen gereidjt mürben.

3lm 13. Mugufi 1870 mürben jmei eroberte franjöfifche Stanonen, mit Blumen unb i?aubgeminben oerjiert, hier buraV transportiert unter Begleitung einer banerifdjen £ruppenabteilung.

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310

s#fora!)cim im 19. ^abrbunbert.

£)ie eine roar an Äönig Subroig II., bic anbete an bie ft'önigius SHutter abveffiert.

(Sinen finnigen SluSbrucf feines banferfüllten $er&en3 gab ba§ 93oIf, inbem eS am 28. September 1870 im allgemeinen 3ubel über bie ^urücfgeroinnung Strasburgs baS auf bem ©d)ulpla£ befinblidje alte efyrroürbige ftreuj mit einem Strang« fdjmücfte.

($nbe Oftober 1870 ging bie in ber Jyabrif be§ £>errn S. SBiffinger gefertigte golbene JJeber ab, meiere biefer 53idmarrf fdjenfte unb it>n bat, bamit ben III. ^arifer ^rieben ju untere jeidjnen. Sie rourbe einer geroöfmlidjen ©änfcfielfeber nad)= gebilbet unb au§ mafftoem ©olbe gefertigt. $>er $iel mar glatt, bie galjne matt gehalten unb letztere in ber 5orfe^ung be§ Äiels bidjt mit brillanten bejetjt. Unterhalb ber brillantenneriierung roar eine ©rafenfrone unb ber Olamensjug $M§martf§ eingraoiert. 3lu§er bem ©raneur unb Saffer roareu 2 ©olbarbeiter 5 2Bod)en mit ber Anfertigung ber jeber befdjäftigt. $a§ netroenbete ©olb roar 18farätig, ber Xcil, auf roelcbem bie brillanten ge= faßt rourben, 21 farätig.

biffmger überfanbte bie gebet mit folgenbem SBegleit* fdjreiben :

24. Oftober 1870.

„trure (£r cell eng!

Öeute, roo jeber £eutfd)e ftoh unb begeistert auf bie unftcrbliajen Jfjatcn feiner erlaubten .üeerfüfjrer unb feine* tapferen fteereS bliett, ift eS %lflid)t, befouberd beä Staunet- |u gebenfen, ber bura) feine geniale StaatSfunft biefe (Srfolge uorbereitete, unb roeldjem, näcfjft bem ftelbenfönige 3UÜ$elm, £cutfd)lanb feine s2LUcbcrgeburt oerbauft.

(Sucre (frceUenj mar berufen, bie beutfdjen .\>eerc *ufammen ju fübven, 3brc Jycber mirb bic Ifjatcn bcö beutfdjen Sa)ioerte« burd) einen rnfnuooUen ^rieben frönen.

(9ebruugen, meinen (Mefül)len aufrichtiger ^eronnberung unb Sanfbarfcit gegen (Sure (^rcellenj Musbrucf ju geben, magc idj, fluten betfolgenbes (Srjcugniö meine* 6ctoerbflei&eö al* Sinnbilb ^tjrcr berühmten ftaatämännifdjen itjatig- feit barjubringen, mit ber Öitte, foldie* als einen banerubeu "öetuci« ber erfennnug unb Verehrung eine* Mitbürger* bewahren m motten.

3ur bödjftcn trt;re mürbe ia) mir bic gütige xHnuatjme biefer befdjeibenen SBifentUtty anred/neu, roenn (iure (rrccllem biefelbe beim beoorftefjenben, für ^eutfdjlanb fo ruljmoollen 2(ftc bee ^riebenofctiluffcd ber ^enuenbung rocrtl) eraa)ten toolttcn.

Wenebmigen Sie bie *tcrftd)erung ber ausgejeidmetften ftodmdjtung, mit ber idj bic (Jbrc fmbe ju jeidmen

(iuer (SrceUcnj ergebeufter »iffinger.-

iöiSmarcTS Slntroort lautete:

IB. 9iouember 1H70.

„Cruer SU ob, Ige boren

fdjöneö unb funftieidjeö Wefdjenf bat ber (Hrof^eruiglicbe Winifter* ^rafibeni, fterr ^olln, mir ju übergeben bie Wüte gehabt, ^dj finbc mtdj in einiger 5öcr= Icgenfjeit, wie ia) meinen ^anf bafür auöfprea)cn foU; in einer 3eit,'n>o baä

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Wotafcetm im 19. Sabrbuubert.

odjroert bcr bcutfdjcn Nation fo rubmreidjc Jfwten ooUbrad)t b,at, tyun 3ic ber /vebcr beinahe ^uuiel l*b,re an, inbem cic biefelbe fo foftbav ausstatteten.

^d) fann mir hoffen, bcr Webraud), \\\ loeldjem Sie bie fteber im £ienfte bee Staterlanbeö befttmmen, bem Seltnen pi banernbem Webciben in einem flliidlidjcn ^rieben ßereirfjen möge; unb id) barf unter ©ottcS tleiftanb oer^ fprcdjen, bap fte in meiner $attb uidtftf untencidmen foü, roa<S beutfdjcr (He< finnuna, unb be$ beutfd)en SdnuertcS nidjt roürbig lüdre.

Crmpfanaen cic mit meinem Sanlc wgleicb, ben Xuftbrud meiner oor^ Süglidjen ftodmdjiung..

(gqj o. ^Umartf."

2öat)i^oft gro§ zeigten fiel) bie ^Pfor^ctmer in werf= ttjätiger Siebe. Ält unb jung, otjne Unterfdjteb be§ Staubet, be$ ©efd)led)t3 unb bev Stonfefpon, jeigte einen eblen 2Öetteifer, fei e§, um ben unter ftrenger 3Binterfälte unb fanget an 9lal)vung§mitteln im Jyclbc ftefyenben Gruppen manne Slleiber, Speifen, Zigarren, Sabaf ju fd)icfen, ober ben burri^ieljenben SDtannfchaften ©rfrifdjungen 511 fpenben ober bie jurücfgebliebenen ftamttten ber Hrieger 311 unterftütjen, immer unb überall fauben pd) roarme £>erjen unb offene £änbe.

$ie Apothefer ©rofeholj, ^regijer unb Sdjumacher machten am 26. 3uii 1870 öffentlich befannt, bafj grauen unb ftiuber unbemittelter (Einberufener ihre 9flebifamente unentgeltlich erhielten bi$ }u ber burd) bie Spitalorbnung feftgefetjten ©renje.

Am 27. 3uli 1870 befd)lo§ bie „Mebelhöhle", bem ßriegS* minifter bie Summe uon 200 jur Verfügung ju ftellen, womit berjenige unter feinem ^Befehle ftehenbe beutfdje Krieger belohnt werben foüe, welcher bje erfte heruorragenbe ©affenttjat oerridjte.

Am 3. Auguft 1870 fanb bie Prüfung uon 20 ftranten» Wärterinnen in ber Diepgen $eil^ unb s$flegeauftalt ftatt, meldte i^re 3)ienfte bem 33alerlanbe weihen wollten. ®ie größte $ai)[ fonnte hierzu für befähigt erflärt werben.

Am 19. 3uli 1870 befdjlofj eine jatjtreid) befucl)te, im „Schwarten Abler" abgehaltene 33erfammlung einen „ißater* länbifdjen §ilfswerein" gut Unterftütjung ber hiefigen bebürftigen Angehörigen ber ^u ben gähnen einberufenen Männer ju grünben. A13 33orpfcenber würbe 33ürgermeifter granjmann unb als ßaffier Apothefer 9Jcarcflin gewählt. Sammlungen tym'bu würben alle 14 £age uon einer sJieihe angefehener Männer uorgenommen. 2)er herein gewährte oorjug^weife wöchentlid)e©elbunterftü^uugeu. (Sr würbe in 4 Abteilungen eingeteilt:

1. gamilienunterftütjungSoerein (Sorge für bie in ber .£>eimat oerbliebeuen gamilien ber in§ gelb gerücfteu Männer).

2. 2)er oereinigte grauenuerein (Sammlung unb 3urfiftung oon ©egenftänben jiim sJlut)en ber im gelbe ftetjenben Gruppen unb füi: ftranfeupflege ; Abfenbuug gefammelter ©egenftänbe an ba3 ®entral»^omite be^ bab. grauenuereinS, fowie «efdjaffuug oon SBärterinnen).

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312

<Bfotabcim im 19. 3aptbunbett.

3. SNännerfjilfSüerein 08efd)affung oon AuSrüftitttg** gegenftänben für tfajaretfje, SRitroirfung bei beren £errid)tuug, Ausübung orttanifterter £>ilfsforpä jur Pflege oon ißernmubeten. gerner Au3funft3erteilungen über im gelbe fte^enbe SOWntter an ifjre Angehörigen).

4. ginanjabteilung (Sammlung oon ©elbmitteln unb 33er* auSaabung berfelben im Sinne ber aufgehellten ^Jeftimmungen).

3ebe Abteilung löftc bie it>r jugemiefenen Aufgaben felbft- ftänbig. 35er ©efamtoorftanb naljm jebod) bei jebem Gcinjelnen flunbe oon feiner £f)ätigfeit. Vertreter ber einzelnen Abteilungen bilbeten ben ©efamtoorftanb unb jmar berart, ba(3 bie 3 erften Abteilungen je 2, bie 4. aber 6 Vertreter entfaubte. ^ejüglicf) ber ©elbmittel, meiere Abteilung 1 gefammelt (etma 4000 fl.), würbe oereinbart, bafc bie Summe tyrem 3mect erhalten bleibe, gleidjwie bie biStjer gejagten wöchentlichen Beiträge, fowie bafc ber gamilienunterftü^ungSoerein im .Notfall bem ©efamtf)ilf§= oerein 33orfd)üffe gewähren burfte.

2)er ©efamtoorftanb beftanb au§ ben Herren: ^Bürger* meifter granjmann, Apotfjefer SJlärflin (1. Abt.); Domänen* oenoalter Man, $iafonu$ SBagner (2. Abt.); Stabtbireftor §ebting, SJiebijinalrat Soppen (3. Abt.): Oberbürgermeifter Sdjmibt, Stabtrat (EfjriSmann, Kaufmann (£r)rt)arbt, gabrifant gi&ler, gabrifant 3uliu§ Kollmar, gabrifant (£t)rtftian Ungerer (4. Abt.), Schriftführer 9ied)t3praftifant 93rauer.

Am 8. Auguft 1870 begann bie Grfrifd)ung§mannfd)aft ihre X^ätigfeit, meiere barin beftanb, l)ier bunuiepenbe franfe unb oenounbete SJlannfdjoften, bie nadjgefanbten Gruppen, foioie bie 53ebecfung§mannfd)aften bei ben ©efangenenjügen unb enblid) bie oom StriegSfchauplal} jurücfgefeljrten Gruppen mit Speifc unb Sranf ju erfrifdjen.

Verpflegt mürben im ganjen währenb ber datier be§ Krieges 76 098 9ftann mit 3144 $ufcenb dürften, 30(30 fiaiben 93rot, 10 999 sJflaa§ 53ier, 69 300 Stücf Zigarren. Aufreibern mürben ungeheure Stengen oon Sein, Sifören, fttrfdjen-- unb 3wetfdjgen* waffer unb ftaffee abgegeben.

"Heben biefen SiebeSgaben, bie am Crte felbft abgegeben mürben, gingen roieberbolt grofte ©ifenbahnwagenlabungen nad) bem ftrieg6fd)auplaf> ab, lauter freiwillige ©aben, ju benen aucl) bie umliegenben Crtfa)aften beigefteuert Ratten. $ie ©eiftlidjfeit rjatte beftimmt, bag bie reichen Opfergelber in ben auperorbent* lidjen üJBodjengotteSbienften gut llnterftütjung ber Krieger unb ihrer l)ilf^bebürftigeu gamilien oenoeubet mürben. (Sine im Januar unb gebruar 511 biefem 8mccf ocranftaltete ^au§follefte ergab naheju 10 000 ©ulben. Auf 2Beihnad)ten gingen oom Scanner-- unb grauenfnlfSoerein grofje Senbungen an £iebe$gaben,

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^forabcim im 19. Saftcfttttifeert

313

fomie von feiten ber ©tabtgemeinbe an jeben in sJ3for&f)eim heimatberedjtigten ©olbaten (etma 100 SDtann) je 3 S^aler als $Beifjnad)t§gefd)enf ab.

93on beginn be§ QabreS bis (Snbe 9Jläv5 1871 rourben im ganzen am 53at)nJ)of , 30 475 üftann, teils Skrmunbete unb ftraufe, teils (Srfatjleute, foroie ^eimjie^enbe unb 93ebccfungS= mannhaften nun ©efangenen uerpflegt, unb jmai mit 3Burft, SBrot, 33ier ober 3Bein, 3iflö^en ober Kaffee, je nad) ber SageSjeit unb bem Vorrat. *BiS (Snbc Jebruar mürben aHein 13100 halbe ©djoppen fchmarjer Kaffee aus ber $affeefücf)e am Bahnhof oerabfolgt. 3>em ®epot gingen bireft ju : 200 glafdjen geroöhnlicher Sein, 50 Jlafdjen Sttarfgräfler, 20 Jlafchen 3metfd)genroaffer, 6 glafdjen feine Siqueure, 20 Jlafdjen ©lüh- mein, 20 "ißfunb sJ$re§murft, 10 000 ©tücf ßigarren, foroie von 50 5ftitgliebern ber @rfrifd)ungSmannfchaft felbft 63 750 ©tücf Zigarren. 2)ie jur Sßerroenbung gelangten (£rfrif dringen mürben au3 Mitteln beS oaterlänbifdjen |>ilfSpereinS angefdjafft.

Sine befonberS fegenSreid)e ^ätigfeit entfaltete ber 3*rauen- uercin. Anfangs $ejember 1870 grünbete berfelbe für uefrounbete unb erf raufte Offiziere, SJiilitärbeamte unb ©olbaten eine 3Binter* ftation in 33aben*93aben, mo biefelben SBobuung, cirjtltdje 33e= banblung unb Pflege, fomie 33ä'ber unentgeltlid) erhielten. $er 3kterlänbifd)e §ilfSuerein gab bie Summe oou 600 fl. für biefen eblen £roecf.

91m 12. September 1870 rourbe baS Sajaretf) erftmalS benütjt, roeld)eS in ber Turnhalle eingerichtet mar. (Sin am Sfttttag angefommener größerer $ug mit oermunbeten unb fronten preuj3tfd)en unb baurifd)en ©olbaten lief? ca. 130 5Jcanu jurücf. 3)aoon famen 84 ins Sajaretf), einige tränte ins ©pital, bie übrigen mürben bei ^ßrioaten, roeldje fid) baju erboten tjatten, untergebracht.

Slm 30. $)e$ember 1870 trafen 50 93ermunbete oon $ijon hier ein. 44 baoon famen in* SHeferuelajareth, bie übrigen 6 in ^rioatoerpflegung (©aaefe).

21m 24. sJioobr. 1870 befud)ten bie $rau ©roßher$ogin unb bie ^rinjeffm ©ifljelm baS s#for5heimer £a$aretb, baS alte unb neue |)ofpital, fomie baS ^rioatlajarett) im §aufe beS gabrifauten ©aaefe. Qum ©djluffe bie im SDtufeum eingeridjteten 9lrbeitS- räume ber oereinigten grauen^ilfS^Öeriue.

$on ben in ^for^eim untergebrachten Oermunbeten ftarben im Saufe beS ^abre« griebrid) Söalter (gifdjbad), ©adjfen), 3uliu8 Robert ©alter (Söroenftein, ©ad)fen), ttaxi Ihlberg

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314

IMorabcim im 19. 3abrbuuberL

(fiomatfd), Saufen), 3uitu§ tapfer unb ^ermann Sattler DOH hier, (Svnft ©djötjel (ftobernrifc bei Breslau).*)

Sie liegen auf bem Tyricbtjofc an ber (Sutingerftra&e be- graben unb haben ein oon ber Stabtgemeinbe geftiftetes gemein- fames 2)enfmal erhalten, 3abre 1895, bei ber Vierteljahr* hunbert*5eier be§ glorreichen ftriegeS hielten 93ürgermeifter £)ol$= roarth unb ^olijeiaftuar iöebel bafelbft bie ©cbädjtnilrebcn.

Von oornherein gebaute man aud) ber Sürforge für bie ^noaliben unb ber Hinterbliebenen gefallener Hrieger.

9lm 2. September 1870 bilbete fid) l)kx ein Komitee jur ©rttnbung eine§ 3nualiben * UnterftütjungS = 95erein§ „National* banf". ifcaet Komitee beftanb au§ ben sperren tXtjr. 93ecfer, 53id)ler, $tüeniu§, 2)rei3, @f)ri*niaun, jranjmann, ©ülid), .pebting, -gnüer, 3Jtarofb, sJtohretf, Sdjenf, Schmibt, ^errenner, Bauer uon liefern, Naumann oon 53aufd)lott, SJlarj von ©Urnen» bingen, Doppler oon Ittersbach, 9iid)ter uon Brimingen.

siluf ben Aufruf, melden ber berliner ^Jcntxalau§fd)ug im 9)lärs 1871 erlieg betreffe Stiftung uon ©efdjenfen für eine 9iationallotterie jum heften ber Verttmnbeten unb Hinterbliebenen im ffelbe gefallener Krieger, beteiligte fid) ber ^forjfjeimer Vater-

*) 3tm 8. Cftober ftarb im Vawetb infolge feiner ferneren ^erronnbnna, ber t'anbweljrmann «cpöhel am .Hobermifc. Mannt erfuhr man l)icr, bafc ber Skrftorbene, ein fdjlefifdjer Xienftfnedjt, eine $Bitn>f mit 3 .Hinbern btntcrlaffcn babe, als and) febon eine onmmlnna. oeranftaltet mnrbe. 3tnd) bae Opfcrcielb auf bem Jyriebftofe mnrbe für bie .Hinterbliebenen beftimmt. Cre fonnten ber Stfüroe Witte Cftobcr 175 Ibaler liberianbt werben.

2tm 21. Cftbr. 1H70 ftarb t'anbtoebrmann kalter, ein armer fätfjfifrfier Wanrer; er /jtiirerlte^ eine SBitoc nnb |toci Minber. #ur bie Hinterbliebenen bieie* Cannes qtiißen 350 fl. ein.

Wadmebeitb ' neben mir bie Vifte ber im Mrieac umgefornmenen nnb ucrnmnbcten ^fanbeimer :

f ben 4. £ept. 1870 >l. Manfer, Unteroffizier be* 3. bab. T\«f- Nefl. im A-elbla^aretb Malbäbeim (tflfafc). f ben 10. Cftbr. 1870 Veopolb Kttfcel, Hauptmann im 3. bab. ^nf.-Jtefl., oenu. bei etrajUmra., im Vauireth in Waon riftapee. Oirenobier fterrmann 3 a 1 1 1 c r uon bier, fdiro. neriu. bei 2ijon am 30. Cft. 1870, odmft in ben redjten Wem, f ben 24. Moubr. 1870 (in Wonbeim beerbiah. 3Bittemauer, rHobert, Unteroff., fdjro. Denn., Stretfföujj a. Mopf b. £ijon. Raul« Marl, Unteroff. a. gef. b. lSbam= boenf 22. äoö., Stveiffdnife a. r. $na.e. 2>örflina.er, $ul.f Unteroffizier 3. ~>nf.^ea,., uerw. b. I. i>. cdmjj in b. 1. fcanb. iXetftuer, Marl

A-riebr., We.r. 3. ^nf.oHeiv, oerm. cbenf. bei OOtitö I. u. 3d)iif; i. b. r. 3lrm. ^öljm, Arbr., 4. ^nf.'Mca,., I. w. cdinft i. b. I. A-nf? bei Zijon, oenu. bei 9tuttö. rHanf;, liarl vJUb., Unteroff., l*inj.=Areim. 12. l£omp., fdnoer veno, »cdnif; b. b. Cberfd). Sia{\, Marl, (s)efr., fdjiu. i>. cd), i. r. ^nfi. äerrenner, MJob., liinj. Ateiio., fdnoer u. od), in ,vnn u. »Urin £i|on, f ben 8. ->an. 1871. 3lUe brei Cb. i. Wef. b. s)init^ am 18. ?c\. 1870 nenu. i«eier, l'nbra. SÜJ., 3. A«»f--Ueiv, 5. Üomp., aef. b. .vericonrt 15. xNnn. fdnu. venu. od), a. r. ftufu v^etfd), 2Cufl., 8. iSomp. 3. Jnf. :)iea„ flef. b. Hericourt 15. ^an., leidjt p. Streift*, rt- ^ Stifte. .Ulein, (Smil, 12. (iomp. 3. :Heflt., Unteroff., fdnu. ö. bei Uljenebier 15.— 18. ^an. 1871.

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^fotsbcim im 19. Sabtbunbert. 315

Iänbifdje £ilf§uerein mit ©efcbenfen von ®o(b* unb Silbermaren im SBerte von 1000 fl.

3)ie griebenSfcier am 11., 12. unb 13. SRärj natjm einen pompöfen Verlauf. geftgotteSbienft, geftjug, geftreben, 3Üumi= nation unb greubeufeuer trugen baju bei, bie beufroüvbige geier in angemeffener SBeife ju begeben. 2)en ©cfmlfmbern mürben 3)enfmfinjen aufgeteilt, am Eingang ju ber neuen Borftabt „Seban" mar eine fdjöne Sriumprjpforte crrid)tet.

$lm 13. 5Wära 1871 50g bie männliche ©djutjugenb mit gabnen, in Begleitung if)rer Sebrer unb ber Sttitglieber be§ £>rt§fd)ulrat§ com ©d)ulplat3 auf ben #acbel, um bort einige Bäume ju pflanzen jum ©ebädjtiiig be§ $age§. 31uf betben Seiten be§ fog. Stutfdjermeges unmeit ber nad) 3fpviHg.cn fübrenben Strafte mürben 2 fiinben, 3 (£id)en unb 3 Rappeln gefegt, einige ©efänge üorgetragen unb üou 2)ireftor s$rouence eine paffenbe sinfprad)e gehalten.

91m 22. 2ftärs 1871 mürbe bie Äaiferlinbe in ben Babnbof- anlagen gepflanjt.

3lm 6. Slpril 1871 paffterten einige taufenb granjofen, in mefttidjer 9ftd)tung uon SubmigSburg fommenb, ^fovatjeim, um momöglicf) nod) an ber Befämpfung be3 ^arifer (£ommuue^luf= ftanbeS teiljlinetjmen.

Born 1.— 8. 3uli paffterten täglich 4 ©rtrajüge mit r)eim* febrenben Bauern ben fjtefigen Babnljüf. Bei" jebem biefer 3üge mar eine 31borbnung beS f)ieftgen Stabtratä anmefenb, um bie Bemirtung ber Offiziere unb sÄannfd)aften 51t leiten. (II. banr. 3lvmeetovp§.) Sllle Gruppen, bie t)ier buvd)famen, maren entjücft oon ber i^nen ju ^ci( gemorbenen Slufnabme unb Bemirtung.

51m 6. 3uli 1871 berührte getbma rfd>a II u. SBrangel auf bem $Bege nad) Söilbbab bie ^tefige Stabt. Oberbürger* metfter Sdjmibt unb SJiitglieber be£ StabtratS, fomie bie gerabe angefommenen banrifd)en Gruppen bradjten bem greifen gelben eine lebbafte Doation bar, bie berfelbe freunblid) bant'enb ent* gegennabm.

$>ie legten ber banrifdjen Gruppen, meld)e am 18. Quli 1871 bier burcfjfamen, mürben befonbers berjlicb begrüßt, umfo- mebr, al3 biefelben bei Seifjenburg, ÜBÖrtb unb Seban fo belbenmütig mitgefodjten bitten, $ie 9lad)mittag£ anfommenben Qäger mürben unter Böllerfdjüffen , bie legten jmifdjeu 0 unb 10 Ubr 9tad)t§ anfommenben mit bengalifdjer Beteudjtung empfangen.

$)ie (Srfrifd)ung3mannfd)aft bot aüe»3 auf, bie marteren ßrieger 511 regalteren unb Bier, SBuvft, Brot unb Zigarren ftnbett veifjenben 91bfatj.

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316 Bfotafctm im 19. 3abrbunbett.

$)er föüdtranSport bcv über ^forjfyeim nad) ifyren ©arnifon^ ftäbten jurüdfetyrenben baorifdjen Offnpationstruppen rr»ar am 3. Stugltf! 1873 becnbet. Duvd) ben ©emeinberat unb bie (£r- frifdnmgSmannfdjaft würben bewirtet oom 26. Quli bis 3. Stuguft 175 Offiziere unb 3858 9)tonn.

Sßom ©eneralfommanbo be§ I. baorifdjen 5lrmeeforps, ©eneral ber Infanterie o. b. Sann, gelangte am 22. 3Iug. 1873 eine $anffagung f)ier an für ben frcunblicfjen Smpfang unb bie juoorfommenbe ^Bewirtung.

3m 3af)re 1872 giag ein großer OrbenSregen nieber für alle jene Scanner unb grauen ber Stabt, bie ftd) oerbient gemacht fyatten tun bie Pflege unb Bewirtung ber Sruppen.

. 9lm 31. ^an. 1874 mürbe im Sit}ung§faa(e be§ ©emetnbe* rat* eine ©ebenftafet ju (Sfjten ber biefigeu ©rfrifa^ung^manufdjaft aufgeteilt, metdje bie Flamen ber 56 SJUtglieber mit ifyrem Ob- mann ftritj Werfer unb bem $üd)en* unb 5Mermeifter (Sglau enthält.

$on ben ^forjbeimer Kriegern mürben nadjfolgenbe be~ fonberS befoviert :

Sefonbelieutenant ($mi( $3etlofa, II. ©renabier^egiment, bas Sfitterfreuj mit Stern be§ mititär. 5tarl--3riebwd)=^ßerbienft^ CrbcnS ; ^remierlieutenant (£ugen 5Jtül(er im 3elb-3lrliUerte= Regiment ba§ ^iitterfreuj II. Älafle mit Scfyroertern be£ Orben* Dom $äf)ringer Dörnen in 5Inerfenuung ifyrer fjeroortretenben Sapferfett unb au§ge$eid)neten Seiftungen im ©efedjt bei WuitS am 18. Dejember .1870. (Sbenfo ^fftftenjarjt $r. (Earl Sflarolb letjtgenannteS (Sbrenjeidjen für beioiefene 33raoour oor sJcuit§.

Sfjcobor 3JtütIer, gclbarjt b. ©ro&f). ftelbbioifionSftab für auSge*. Stiftungen toäbrenb be£ gelbjugeS ba3 ftitterfreuj I. RL mit Schmettern be$ CrbenS oom 3äf)rtnger Söroen, im 9Jcär$ 1871. befreiter ^bi(. G&rtemann b. tfelbartillerie^egiment für feine au^ge^eidjneten Seiftungeu loäftrenb be$ Krieges oom ©rof$s Ijerjog bie fitberne 3totU$erbienft*3Rebaille am 33anbe ber Earl- ^riebriü^«9ßintär*S8erbtenft*9Wcbattte. s$remierlieutenant (lugen m\lkx ba$ (Siferne Ärcuj II. Seopolb 9Mf>er, 33ijeioad)t= metfler im 3. 2>rag.--iHeg , ba3 ©ferne firenj II. $1.

3frt(itt 5ttaifdjf)ofer, Unteroffizier im 6. 3nfänterie*9Reg. bie .Hart ^i-iebridj^^oil^-öerbienft^JJlebaiUe am vBanbe ber $arl*gricbr. 9Wi(üär^erbtenfl»9^ebatüc ; ^elbarjt s3Ub. Otto, 5eftung3artiUerie^ $Jat., ba§ Stittertreiq II. Stf. mit Sd)mertern be£ Grben§ oom Springer Ööiocn ; (befreiter Jtarl Mittler, ©efi*eiter St)eob. $la§, Unteroffizier $arl Hermann Sdjäfer befamen bie fttberne 3ioil* Serbien ft>Webaillc am 93anbe ber 5tarI-^riebrid)-s}JJiIitär^erbien|t- ^ebaiüe.

V

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Worabcim im 19. ^abrbinibcrt

317

©efonbelieutenant 3ar)n "Hb Unteroffizier Klein erhielten bei $>ijon bic filberne Rarl-5riebvicf)'-9)hI'tQr*33crbicnft*9^ebaiUe. Leutnant Abolf 3Jlajer baS (Siferne $reu$ 11. Klaffe.

X>tc pofiliftöen ^arteten.

93iS ftum 3abve 1848 gab eS in bcr Stabt eine ftarfe liberale, eine flehte flerifale nnb eine nicfjt oiet ftärfere fonfer» oattoe Partei, fid) bie alte liberale Partei roäljrenb bei* 9ie* Dotation in jiuei £ager fpaltete, in baS ber gemäßigte Siberalen unb ber 3)emofraten, unb baj} fiefj auS bem rabifalften $eil ber Unteren ein gefonbert ftefjenbeS Häuflein fommuniftifd) auge* haua)ter „Proletarier" bilbete, ift bereits im oorigen Kapitel ermähnt roorben.

AuS bem ßlat io na lo er ein" enttoitfelte fid) ju (Snbc ber fedjjiger 3af)re bie nationatliberale Partei, bie bis 1893 bie abfolute Mehrheit in ber Stabt l)atte.

AuS ben ehemaligen fortfdjrittlidjen Saffalleanern bilbete j(d) bie Sojialbemofratie l)eran§. 3m $orbergrunb beS politifdjen unb fojialen SntereffeS ftet>t feit <£nbe ber 60er Qaljre bie Arbeiterfrage.

Auf bem V. Arbettertage ju Dürnberg, 1808, waren neben 3a(obn unb 6d)ul^e»2)elitjf d) * aud) Ulbert 2Bittinn als ^orfttjenber beS Pforjbeimer unb 9ttori$ SJlttller als Vertreter beS greiburger Arbeiter*$BtlbungSoereinS.

3m ©egenfatj ju ben © e 10 e r f f d) a f t e n foäialbemofratifdjer S^ic^tung bilbeten fidb unter ©d)ultje--2)eltt}id) unb .^irfdj^uncfer allenthalben Aemerßoeretnr nad) bem 9Hufter ber englifdjen trades-unions. Auf bem 1869 in s$forjhetm ftattgehabten 33er* banbStage ber ©olbarbeiter fpvactj u. a. aud) ber berühmte ©e= noffenfdjafter 9fl ar §irfd). $aS Ergebnis bicfeS Vortrags mar bie SMlbung eiiieS © eroer f oerei nS ber ©olbarbeiter unter bem 5Jorftt} SBittumS, unb bie ©rünbung eines Organs, beS „6ettolTcnfdjaftfr$", rebigiert oon ©etoerbelebrer SHücflin. Sranb ber herein politifd) unb roirtfd)aftlich aud) ntdjt auf bem - ©oben ber Sojialbemofratie, fo teilte er mit berfelben bod) einjelne politifdje $enben$en, namentlid) bie (Srftrebung beS allge- meinen unb bireften 9Bahlred)tS unb bie rolle Koalitionsfreiheit ber Arbeiter. <5o ging im 3uli 1869 eine mit 2159 Unter» fdjriften oerfehene Petition pforjljeimer Arbeiter an ben ©rofj* herjog ab um ©infübrung beS allgemeinen, bireften unb geheimen 2Bahlred)tS in ©emeinbe unb Staat.

Ter .öauptvucrf bc* Weiuerfuereinö foUte bcr fein, Muitcucn Arbeits- geber unb Arbeitnehmer , $u>ifd)cn Kapital unb Arbeit einen tjeorb? neten Siet^tdjuftanb ju fd)affen. Um biefe» ju oenoirf lidjen , foUte

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318

i>forsbcim im 19. 3abtbunb«t.

»neber uo» be» Arbeitern, noch im» be» ^aUrtfoutcii eittieitta. uoretcaatictcn unb rtelnmbclt »'erben. <*>cinctn»cimco v>anoo In nmrbe ctlo Mivcti et» hciberiiMtiaco ,\»tcrefio »eh-oten ciLUtito!.' i linier eteaenieituK,> ^ohl." heir.t e* einem l;roeuamm, nuhhev c^i-i uti» I. ^antiinbe beo (neiocrfocietno emmiilte JUheit ^öumtn ut :Kr. i' be* ..^VnoMcuuiHiMcr" i>o» I > luuoircnthd'te, „fann mir cuM'dmbiqt un,v^ctl i>n r ct> »niiberlceueo, »u*toalt iuinco SlnTtreten bor 'JUbciter, »mc Mit i1i einiottuieo fütteren unb cmicittaco. AC'thnlten »u bei »c »lohnten cclbMIicnluhfcit bor ^rluMta.clu'T. Wenn uad) ber liouttaeu l:ro buftioucm'ciie, bereu iHcubemtta, »»» ouuinit »id>t »her .'tcio/it, »über bind' ceü'ülnl'e, »Olli bind» 3 titcttvlniie, toubern nnr im v einte bei ;\<c\t, Mtrdi ftotteic Ii iniinrf una \\i luul'deheu i(t me»» muh bieier hcutnuMt ^robiiftio»" weite ber Atuuifnnt ;nr ,"\ lütvitiiti be* KeMm'u* bao Miiyiinl ctnlcae». bte Vernum ubcniebme» »tib bao :><titfo tniaen »tu»?, io u'irb ilnn nicmmib Mio Ih'edit heittetteu foitucu, feine io cumoiehuu ,\utereneu nmtinu»e!imc» unb uertiMMtUMt. Tieu-o mui'cn oor allem bte .»Ii tuitot aneifeiuien unb beunaen ihre ,Yorbcr»tme» nttb ihre valunia cinrt.hUMi. •Jlubcrcrietto »tun alur mut- iui» ben ,viU>ufa»te» bao :'iedu ihrer lUrluiur, fid) ;imi rumonieitmeu rdnine iiltc» Vaacti be* veheuo \u mMcinmen. 'omte beto Riecht. Mira» biete 'J;er ei»ta,u»a, ihre 'JlrbciuMruit, bao Unu;tae, mno t'ie hetnen, beitmaadidiü: ut oer »unten, nnerfiinnt »'erben. Tie alte iHuiuht, ba|; über bie Jli heiter eil-:- obn- mnditiae, uulleuloic \vrbe uaad beliehen »nmat metben bc.rt, »inr. r»crütmM»bcn »nb bei humane u'amtb'a^ immer mehr l;lan areneu, bau bie 'Jluuht, ber l\\'Ac u»b bae> 'Ja« Ohl bei ;»lthciter Ihm .»icaitlicnma. ber ^erluiltniiie ;m'.>>t'c» MatMtal nnb 'jlihcit 'J'ett adn etetoaen »'erben mnü." -Hut tnoien «•'•ninb attühauuuaen pertihen bte iumi jA-.mtiu au'.u'üellte» 11 Jlrttfel, iretdie tu» mit be» ,>.nberm: ,cu ber 'Jltbeuer au be» ^t.-.at heutm'tiaen n»b bte heute »et al-> maiUiie »üb b»ri1nt»o hei e,:;t:t;te anet f auitt meibe» mui'e».

;SkM »üb lehii.nt eiertiit imune Me Atiuie. oh bte materielle ikner (ttlliiiut ober bie 'iMibmia ai>> 'x'n'imbKi»e ber iormlen llmaeitaltinm tn be» »'hu beiiiniub ut trete» kU>i. Demeter ber eitere» ;H»M.ht »nue» bte i^'U'.l leaner »nur ."ierM- M.'uiici, bei letuere» bte oele in teil :».'ttt:tUeber be» ^etein-:-. »ameutluli 1>:l'V"oi iinun-iit e. -JUhert tJ-:tt:im awia, oo» ber VlnüMit auo. bi;i; ber rcrtite h.u'a in bei "a:te f.eae, bav, »über materielle •I'oOhltaju't b:e iHtnnMaae »etitmer ^ilbnn.t. no-1> bteü* bte (St ttiibl>:.ie beo -»'Jotil':attbe-> hm. „rtuoeit lut.ti ^ilMiita ttub itreett »ad) h:olilnanb hebuiae» tt»b e:aau;e» it.li oea.en»'eit:u. hetbe tiaitoe» uuamme» toie vett» nttb ceele. io bai; eine» ohne ba>:> attbere »'>M le'telien tau». Tte harmLMtii'.iie ^ertunbnita bte'cr nvet ■^cMuM'iiit.u-n, beit ^ciiMiiiu'Mi luiaeoant, in ba-> '''lud: ba>> etrt'C'.ti.ie *'>et heriMien beo einen obei beo «tnber». tiii.-.le'ihe ^eilnna ihrer ächtete tu b.:o llit.^iul bev <p;;-,ui:icii tino ber ^ÜMler." Um bem Detter ei» menuheii uuitb-.aeo oiu":i ui i^i'a'U1» unb ihm bte 1 1 1 l . -, I : nfcit ut ^ehen, inli eilben Ip-iiun, imuhf, inMii i-ii-ii-et li'eiei» ir.i->o( -peub, bte ;euaema''.e llinaeu.tltnna ber lehtmal" I ■* . t a;i-> tee.t he-:. ten .Vunilm bs:»:m ui ;1»atin aenomine». Tie .'ln-eit uel and' bie •.•mal 'JUhert hiitnm ;u. i;e »mr hei beut 'ii-tbernanb. »ud'hen tie Ihm ,\a;-i itante » »nb -JU heiter» »anb, eine mitheooMe »::b u'cma. bautiMie. Jval '.Liib bie i .'■.laibeiiudiati» eli-at bv'.malo be» 'Jliti:'tit;;bei::aa heanii.i;; hie». n'.Mc» »tele ,>ah: •f.mteit nium.ua. bau bte alte 1- 1«»m»!;m.:c .Ii bi-i:->;e:t »::rr::--'u eine l^M.mbm.c mv teivanbelt mei be» »ollte. r o »' » .'' 1:11111 aeii" i'u heu bi 1 K. irMei» uiMi-!«en be» 'luiuete» »nb ei'uhr h'.Meie .»l 1 : v 1 n hi m 1 1 . : » -i. ii.iiie a 'ei b-e t »u-ui»; > :.:i:;i;a, bau tetne Jl iiidianimae» ei:bl:di be.t) m:i <'u!:;i:;.i avla:ihtui.

c •• U'h.i e:n le.iev a^M ae- ir. en, bh.-> üdi '01 ta» :11t ihv ;i::er «*\ ii'eilpeie-.u u;;b ui bem ai;-:- bte'em lu : na: a.uianaenen ^rbrtirtbiltnintl*-

,\m «'>e-n a-af. ;»i i '-.i.Mbemat: Mie. bie einen inuvi vlmlidien ":c.hmi Ulf. ;»'.«dic» .uah'.iat »nb Jl;he:t f jumi 11; ei ie.

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i^forjbeim im 19. onbrbunbert.

310

Hierein entfaltete. Crrfterer ftanb ieiner WiUiliebenahl nadi tu Teutirfilanb an :i. Stelle, mdbrcnb legerer ben Vorort tut bie ^erbanb*Dereine bilbete unb ein hier feither nie mehr in f o I et) hohem (Grobe vi taae getretene* bluheube* oeinia.e* Veben enteben lief;. AI* initiier i!f>jrtbrn;er iKnim erteilte ber bantalia,e Habinet meiner Albert Nittum neben 'Uroieifor Urooenee. Philipp ,yee*, Wilhelm ctoriler unb iNorib lV'uücr an ürebiame Arbeiter, ;mn teil Banner mit harten, jeben IKontaa. abenb UnterridU, unb feine lirfolae tu Heoa,rapnie nnb (Gcfdndite ftehen bei allen, meldte fie an fid) erfahren binnen, heute nodi in angenehmer unb banfbarfter (iriuueruua,. daneben mürben pou berufenen veuteu. (Setit ltdien, vehrern unb aiuMuartiaen (belehrten populär miifeuidiaitlid>e ^ortraae gehalten über (Gebiete au* ber (Mefdud)te, «Gefebaebuna,, beut Staat*:oeieu, au* ber Uhpfif, Wetbauif, ij"niehuno.*lebre, ^oiferfuube, *.!»oli*iotrtid)aft unb au* beut iouolen (Gebiete. Ter herein perfuaje über ein einene* v>ou* in bei VamnimaKe, beiaf; ein namhafte* ^erntoaen unb eine iehr reicrjbaltia.e '4Mb liotbef. (Gar mandter Arbeiter, ber heute \\\ beu ana,eiehenfien AObrifauteu ber Stobt \ahlt, perbauft biefem feaeu*ooU »pirfenben herein bie (Grünblaue ieiner ^tlbuua unb bie Anreaumi unb ^eiahiauua w jelbftaubia.er aeiftiaer Arbeit.

,\n ber Ihat itroftartia, eruue* fiel» bte fokale Ihati<;feit be* l«forv heimer iGeiperfoereiu* aelea.eutlnb be* Streif* ber Walbeubura.er Bergarbeiter im Spat jähre Im»»!». (Gea.eu h h i Wurf hat er ben Streif eubeu \ufomnteu laifen. Albert Nittum ronrbe Pom (Generali ate bei (»kemerfneveine nadi beu iiuilbenbura,iidKU Hohleuteoieren aeidndt , um einerfeit* burd) perfoulidien Amu'nfdiein ftdi oon bei vaae ber bortiaeu «Grubenarbeiter \u oeraeioifieru unb baruber ttcritnt ;u erftatteu, auberieil* aber attdi burd) feine flebe beruhi a,enb.ouf bie erregten .Waffen eitmimirteu unb Irneffe ui oerliiubern. 3etne Diiifion in ihm uiv ;{ufriebeuueit bei Arbeiter foioohl al* bei ^ehorben ooU tommen iieiiltictt.

Wehr unb mehr traten anlief prortieu fo\ialbemefratiidie «Gruubfobe mit ben taeilid) an ,-Jaljl utuehmenbeu Anhauaeru ber Soualbemofratie in ben Korberarunb be* (Gcioerfpereiu* unb Atbeiteihilbuua*oereiu*. ,\u ^eiiamm laufen, Aluafdiriften unb Se'tnua*arttteln fam e* upiirtjen .vabrifanteu nnb Arbeitern \u idiaifeu Au*eiuaubeiiepnua.eu, io ban »ich bie Mluft wifrtu'u beu betben ^utereffeua,emetirirf>atten halb berart ertpetterte. baf; ein Mieblidn'* ;{u fammenu'irfen für bte Tauer unbeutbar mar.

Albert Nittum, iveldier bte aetuaj;nite :Htdmina, pertrat, erflarte im ^ahre 1*72 infolge ber hettiaen Anariiie auf feine Nerton »einen :Hutf tritt pou ber Woiftanbüetle. Ter ,,<Goui>"etM\initter", nunmehr oon ^tiebo?» remittiert, tlitiii mit bem «Gcmerfoerem in* fouatbemofiatinbe Vaaer übet. AI* <Gea,eu aemtdit mürbe trübe N\\t\ l*7:i nou ber anbeut Seite ber fcnirtlr Urform- wtrtin o.earuubet. Tetielbe hatte ftdi al* vnuruauhnibe aefiellt: Tie iini br- utto unb Aorberuua, ber inbuftnelleu Rittet eiuMt, natiientlhii bei (Solbiparen fabrtfation, bte Hlarleattua aller ;iiM'.beu Arbettaeberu unb Arbeitnehmern iiemeinfamen AiiaeK\\eitluiJeit out ioualem «'iebiete, nun\lnli»"te ^eicitiaima i'tnt Uebelftanbeu unb i'aübraiutieu unb ^efampfun»t bei in bei bomaltaen Jaae* preffe herportretenben ftaat* --. aefell»rt)aM* unb reluiiou*'eiubli,1ien Xeitbeuuu.

Ter Verein beftonb au* .'v«! -niitiUtebern, bte bem Aabrifanten-, Beamten unb i<ur»\erftanbe auaehoiten. 3e»u 'Craau trar „Jti A o i t f di i 1 1 1", ae leitet pon (Gfiperbeleinei Hudlui. Am oahre \*~\ ermetteitv fub ber Detern umt w^unieroeiciu".

Ter „AOttidiritt" mie ber „^icn^neuiduifter" benaubeu bi*> IhT».. l^tw> renb ber tuonen iGefcl)a»t*frm* henMttc eintaennafien polttifdie JvtnbütUe, bie nur bann unb mann mm fletueieu iU.tnfeleteu unierbtodien muibe,

iVit bem Auftafttteteu be* 3 o;uilMie;iiU'ieue* maieu allen onentli't.ai ff»;ialen Munbaebuuaett bie ii'eae anrunt. ^ei Arbeiterbtlr«uu,;*iieieiu. oon bem einft fo Ptel ceacu au*^iu^ ipurbe famt bem «Gciuerfneretn

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320

Worabcim im 19. ^abrbunbert.

idiloüen, um nidit mein \u entolicn. Um )o eifriger aber roaren l>ie ioual ^olMof i ittin1)cti ,viil>rer bei Der Hillen Arbeit, unD Dae* cner^ifrt)C ii'ieDcrauTieben Der Hanoi im oahre ls«»o u'iate, b a f *, tte unter Dem Ziud Deo Keiepeo nnlvt nur fei uc Crint»nNe erlitten hatte, ionbern bah ihr bei Jtimbuo bee iKiirtunumo \ot)heul)e neue Kräfte ^uaeiulut hatte. i i laffcu bie Rahlen iprecneu. Iis ortiieltcn Stimmen Ihm Der

$rid)elrtci6n>alf l 1871 :

in Der ctaM im a. iWsxrl im aaiuen

'Jltiauft TiMtnia, imt.-ltb.

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Wotjbetm im 1». Sabttmnbett.

321

3 1 i d) n> a t> 1 vom 25. ^uni 1880:

Klumpp 21 87, JNüblbäufetr 341,

tyortfcim 3tabt vanb (Hefamteracbni* ^url., (rttl., (Merneb.):

2343, 9«ll,

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14

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7302

1210

«13

208«

470

*8. Okt. 1884 :

Wonbeim Stabt l'anb

IKit Xurladj, Cttlina.fn, (Herne- badj Hciamtcraebnie

JUumpp

Vicfttcnaucr

Hcidjcrt

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1887:

3tabt »curf lotal

Mluntpp, natl.

2454

«114

12 545

TiUtnacr, lern, unb Zentrum

789

1857

5921

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808

1249

232!»

1800:

Mlumpp

XiUinfler

*loe

natl.

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8700 3 n cb ro a b l :

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*kurf iUonbfim

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1735

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21

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322 Wonbeim im 19. ^afabunbert.

1803 :

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Tie fo\ialbemofratih1ie Partei vi, wie man lieht, mit lebor »/n t>l in ftärferer iiutfie beroonietreten. ^et ben vauMaavunihlen hat i\e bnrch ihre (trenne Crqanifatton unb unernuiMiehe 2(<\i tut t ou, bor mir nruti jene bei tatuo Indien Wolfopartei iileidimerha wr reite tteht, einen vunbtaaoiib erobert, lurd) eine ungeidmutchte p'i oiuiaaiitni für bie «^onnutidianen, ben enaeii iammenfdiluH berfelben ut einem Politiken Kartell, Mint) i taelntuni a,e '^i->itieMe in ben einzelnen, ipie in ben neteiiuateii Koioorfutnifteu hat ev* bic Partei Per ftauben, bie flibeitenduift iur i tu e ÜMio mann \u erhalten nnb viele .'luven Üeheube \n oeuMiinen. >t \ahro ls'<»; Iwhru Me oereuimtett Herne! fuha'ten mit hem ".'Infant be>> „vem>eu" i14»mkxi >\aif> tuti om eioeiio« venu u:\t> bumit ein nein» Wittel tu« ihre polititrben ^nuMo cnooi hon. ,\n bor <y»e meinbepolitif nointodito Vnti hie r isialbeinMrahe tnTolae <ve< r i oiflatn-iiuMhlümemA nur bte Übe bei l. h'ahleitiaite w futiein. ^nrvien unnittt Mo Hanoi an aaen ftabttiehon '.Mnueieuenhoiteu tiatfiainaen .tuteil. -)U not om.jv unb Mo oinn tHinoituliter iiu ht in ben vtittei ui unb aetieteti nnb tu: hon ben ^itmun". Hiirtetprnarumm idninor tieiouetnvit .".'nahebei n, tni>> ,\elb uKilenieit.

Xte natuMialhhetale Hattet hat in H'onhewn etne lieiiMibor* ttaife 3 tubo. ,\n beu motten üabten bev i'unbe* luit iio tut) tau unaonbi> 10 fniftroU Ui erhalten orrmortit, nue hior, trim bo« iiMoborliolten .'l:ittiunt-> btt oeteimaien Cppotttion. rie pfloat pietätvoll bie hunnernnu an Teim.tiKinb^ uro-vo iUanner unb Itiaten. .Muei iteite \u Vanor nnb :Hcuti. ioioie \um latirtv berrn bat jte otrcutluti fteto ben luatntiton ;'luöbnict oeilti'tion.

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gfottfcim im 19. ^abrbunbert. 32^

Ta3 25 jährige ilkgierungSjubiläum bc$ tfhüftbcvjofl* nmvbc am 29. Äpril 1877 mit großer Jeftlidjtett bedangen. Sine für bie 3ubilctum*ftiftuugbes Wroüberjogs oeranftaltete 3ammluna ergab in bcv 3tabt 1<;:>8, im $e,tirf tio(> SHart. 3Rit freubiaer unb bdnfbarer Anteilnahme feierte bie $flrgerfd)aft im 3at|re

aud) ba§ 40 jährige Webeuffeft bes Regierungsantritt* unfere* verehrten l'anbesberrn, nnb bie 3tabtoern>altung fdjlofj fid) bem Vorgeben ber übrigen 3täbte bes Raubes mit Wennlligung einer entfpredjenbeu ^eftgabe freubig an.

Tie Jyeier bes (Geburtstages bes AÜrften ^ismaref mürbe am 1. April alljäbrlid) oon ber fonferoatioen nnb nationalliberalen Partei begangen, gan) befonbers feftlid) aber fein 7o. Weburts- tag 1885. Tie im sJ)iärj besfelbeu Jahres uorgenommene Sammlung \ax Wismarctfpenbe ergab uon 2558 ^erfonen (»018 sJJlarf, wovon in ber 3tabt allein 557«; Warf eingingen. Am 1. April 1885 rourbe jn dbren bes grofjen Kanters mn bem (£n$)d)ulbaufe eine v<8ismarcfeid)e gepflanjt.

Tas auf bem Warftplat^e (non Wlbbauer SWöft in Karl* ruhe) 1879 errid)tete ftriegerbenfmal, bas am Bahnhof not ben Anlagen ftebenbe ttaifer Wilhelm Tenfmal (189(5) nnb bas oon bem i*for$beimet Wiloljauer Mittler hergestellte ^ismarctbeufmal (1900) entftanben oornebmlid) au* ber ^mtiatiue ber ^forftbeimer nationalliberalen Partei. Tie (Sntbutlungsjeiern waren uon uad) baltigem (Siubrucf auf bie Aeflteilnebmer. Am 2. 3eptbr. 1891 mürbe ber buvd) ben ^erfd)öuerung?oerein nnb bie ftäbtifdje ©er« maltunj gefettte Teufftein mit Abler ( oon (9. Man geftiftet ) eingemeibt.

3)1 tt tiefer Trauer erfüllte bie (Stnit>ofnierfd)aft bas .£>in fd)eiben ber beiben erften .frobenjollernfaifer Wilhelm I. unb Aiiebrid) III., fomie ber lob bes grafien .Händlers.

Tie fieifiunig bemoftatifdje gartet hat e>> feit langem »er- fäumt, ben gerabe für fie hier fo günftigen polttifdpn Stoben fing ausmünden, fid) bind) eine ftraffe Crflanifation unb burd) fd)arfe ^räjuperiing. ihrer Wrunbjätje ihr "Hecht an ber Wefeljgebung \n mähren. Seit fur,\em seigt aud) fie loteber eine erneute, lebhaftere Ihäiigfeit. oniniemeil biefelbe oon (frfolg fein nrirb, mnft bie ,{uluuft lehren.

Unter ben Korporationen mit mehr ober miuber politifd)em * (£baratter feien ermahnt: Tie im Februar 1*^1 nute» Cber bfirgenn etiler W r o f; gebilbete 3 e f t i o n b e «? b e u t f d) e u .U o I o n i a l o e r e i n > , ber unter Tr. Ab. 'Kidners UWfih. fteheube a r i e b e n 9 & e r e i n unb ber beut ) rb e a l Olfen« uer ei n.

X>ie 4f n ttö Irt . <Hi ,j r .i r o 1- , t, n Orr l.MflM fo r ;R rt iti . 181!» l'<>. Weiubavb, Winitleritilbireltor in Karlsruhe.

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324 Worabeim im 19. 3abrbunbert.

181!) 20. Söi^emann, StatSoerroanbter unb Kaufmann in

pforjbeim. 1H22 23. 3Bit)emann unb

9(einf)arb, bann für biejen

Mittler, Xraubenmirt in pforjbeim. 1825 28. üenj|# £anbel$mann in pfoqbeim.

^Hott), Stabtrat in tfarl$rul)e. 1831 33. .Hienle, Jabrifant in Pforjbeim.

SBifcemann, Kaufmann in pforabeim. 1835 41. 93ot)m, £ofgerid)t3rat in Mafia«.

i>ens, SJfirgernieiftcr in s^fov^t)cim. 1842. £offmann,' sJiegierung$rat unb ^omänenoerroaUer in

pfullenborf.

Öenj, s3ntbürgermeifter in pforjljeim. 1843 45. Üenj unb

Sauber, ObergeridjtSabtiofat in iHaftatt. 1845 40. üenj unb Mennig, gabrifant in pfor$beim. 1840. $ennig unb ©oitfdjalf, gabrifant in Sdjopfbeim. 1847. Xennig unb

Siegle, Kaufmann in pforjbeim. 1850 52. Mennig unb

$r. ^iffing in £eibelberg. 1854 55. Wifling unb

Olü^elberger, gabrifant in pforjbeim. 1857 00. ^iifing unb fpäter £äu&cr, profeffor in $eibelberg.

Öenj, Kaufmann in pforjbeim. 1801 04. £en$ unb £mufeer. 1805 70. l'enj unb

31uguft Lanier, Kaufmann in pfovjbeim 1871 74. öeuj, Kaufmann in pforjbeim.

Müller, Privatmann in pior.tfKiut. 1*75 "0. öerroia,, ^aubirettor in .<tarl*rune.

$id)lev, 3 lab trat in p for\heim. 1877 7k. ^iefclbcn. ©erroig (freitv. ausgetreten). vJladjfolger

Gefell, gabrifant in pfor^eim. 1S7!» 80. $ia)ler unb ÖefeU. 1S81 S2. Gefell unb

Scfjober, gabrifant in pforjbcim. 18s3 M4. C^cieÜ unb

$*ernnann, Privatmann in pfor.tbeim. 1sm5 80. .{vrrinann unb

.Uraaty, Cberbürgermeifter in pforjbeim. lM.s7 ss. ftraaH unb Gefell, insu ;»;>. WefeÜ unb

Nittum, gabrifant in pjorjbeim. 1900. Nittum unb Cpipciu«.

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^ßforabeini im 19. vVibibunbett.

325

ftßrramt ^*forj6etm, auefd)(teglid) bcr Stabt sßfor5f)eim.

1819 23. $vef)ev, 53ürgermeifter hl $fot|f)etm, bann ftatt feiner

1823. gieß, 33oQt in (SUmenbingen.

1825/28. ginfenftein, Sabrifant in ^fovjtjeim.

1831/37. Srmbruftet, 53ürgermeifter in Böttingen.

1H39 41. Deimling, 33ürgermeifte? in Sfbv^efan

1842 46. ^ermann, Oefonomierat in ßarlSrnfje, bann

1N46. Üenj, Kaufmann in ^foi^eim.

1847. 33ecfer, Söroenroirt in ^forjfjeim.

1850/60. ©ottfdjalf, ©tabtpfarrer in «Pfor^eim.

1861 64. Hainen, s$rofeffmc in ^fotj^eim, fpäter in .Uailöiube.

1865/70. $enne, ^Bäremnirt in iiefenbronn.

1871/76. |>enne, ©aftioirt in Siefenbronn.

Seit 1877 granf, Eucfenbera,.

(Sbuarb Hiidifn-.

irbuarb Wrfjler mar am 18, SMai 18H* ^u <ßf onbeim in ber Xu geboren, roibmete fidi ber .Uaufmannfchaft, mar bann (ORftC ^eit Meifenber für ^fonheimer 8ij0ttterte»8e« fd)fiftc tutb a,rünbcte fpäter eine eiaeue ,vnbrif, bie er biö wlefct fclbft leitete. Widjler bat fid) auf ben oer= fdjiebeuften (Hebieten ber öffentlidien 2l)ätia,feit ber- uora,ethan.

(\m ^abre 1K4» mar er Witbeaninber bee erfteu (^efana,oereine in ^for.^ beim, bee „l'ieberfrair,". Sott 1 K5M bie 1K1»4 mar er Hauptmann ber freimillia,en Adicnuebr, |U beren^brem mitiilieb er fpdter ernannt mürbe. Siel uerbanft ibm ber luruuerein, beffen *#ov- ftanb er lHfil mürbe 3 eine ^erbienfte ebrtc bie Im ncr idjaft baburd), baft fie ibn im aleUften ,\abre audi }tnti Worftaub bee oberrbeinifdien lurnerbunbee unb fpäter }ltm irbrenmitajieb bee Xxutlß nereiue ernannte. 1 1 über nahm Widiler bie ^orftanb- fduift bee „^ationaluereine" unb befleibete fpäter bie |um ^abre 1894 bie WorftanbefteUe bee National liberalen Vereine, beffen Cibrcnprafibeut er murbc. Unter feiner iHitmirfuna.

irbuarb S-Uid)!er.

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396

^forabeim im 19. oatobmibett.

entftanb 18**1 ber 3U,rfd)buetuua,«oerciu, beffen rühriaer Vorftanb er bi6 an [ein trübe oerblieb. Duft ein Wann oott folrf) a.emeinniibta,em Streben bei ber Serteilunp, öffentlidier unb amtlidjcr $ertraueu«ftellen nidit Deraefjeu werben tonnte, ift natürlid). Sdiou \nm n>urbc er in ben Vüra,erauefdntf> iiemählt utib blieb in ber ftdbtifcben Venoaltitua, hi»3 1H78, in roeldiem vVil)te er biefelbe al« Stabtrat verlieft, Von 1N»>5 bi« lwü u>ar Sichler pfleget be« Weninmifdjeu SHufeum«, lx«J7 fam er in ben ik'jirforat, 1888 in ben Crt«= f(bnlrat, 1H71 in ben Mreiorat. Von IK75— I«HI oertrat er ftfoqbcbn im babifdien Vanbtaa., 1H7M nmrbe er Witajieb be« Schabunaoratc«, 1871* (rbren mitiilieb be« Veteranenocrein«.

3116 <shuuber unb Vorftanb ber ^auaeuoffettfdjaft hatte er iticrit ben aeioohuteu (Srfolg |H oeneidtuen, woran nur bie ioibrii\en ^eitoerhaltniffe fdmlb waren, in betten and) fetter flefüflte Ifrifteuu'it, al« bie bannt!« nodj in ber (Sut* wirfluna, begriffene ^ouaeuoffenfd)aft unterajuaen. 3 ein ibcule« Streben war •baoon erfüllt, bie ^Irbeitenoobituna^oerhältniffc, bie aufaua,« ber 7< »er '^afyre febr oiel }tt wünfdjen ttbria, heften, w oerbeffern. Ter Wcbanfc toar out nttb al« beffere Reiten fntnen, ajita, ber 3 amen, ben fl. mit feiner (Hrüubiina, «efaet, and) ooll auf. Dod) feilten anbete al« bie (Sritnber ben stuften baoon haben. Stber feiner ^uitiuttoe ift ju banfen, bofi eine anbete Mefellfdmft mit a.lütflid)crcm erfolge heute auf ber Wilhelm«l)bhe oielen Ätbeitern billige Wobnttuaen bieten tan».

So bat Vidjler tiberall nad» beftem Moniten nttb Sollen aewirft, feiner Vaterftabt \n\n Mithin, fid) felbft w tihic. Wd)ler toar ein bea,eifterubcr :H ebner imb uonüalidtcr 3iaüator, bei für ba«, ma« er nt erftreben oerfttditc, anbete mit bem gleichen Gifei jn erfüllen oerftnnb, ber raftlo« anzufeuern nttb \u treiben tonfite. Sein .v»crj nub (4emüt tOQX bei beut, loa« fein .Hopf trieb. t*r toar ein liberaler Wann oott altem Sduot nub Korn. Jln feinem 80. (He* butt«taae bramteu bem bon)»erbientcu nod) ruftiaeu (Greife Deputationen bc« Stabtrat«, be« Jk^rferoi« nub ber Korporationen, betten er angehörte unb )'o lanae aebient hatte, ihre <silutfwünfd)e bar.

"Um Ii». Cf tober 18iw uollenbete Nidder fein thateu- unb erfola,rcid)c« vebeu. Sein Veidienbeaauani« legte ^ettani« ab oott ber unaembi)nlid)en Viebe unb Vetehruna ber Witbürger für ben "öeimgegaugenen. Seine uneigen-: uubiaeii Werfe toerben feilten Mauten in ber Stabt "^for^eim unb toeit bnrüber hinan« uuueraeffeu erljalteu.

28 ort I, SttülTcr

mürbe am 5, Januar lH|(i in bem thurittgifdten Stubtdieu flofwed al« ber 3 oliu eine« Waftmirt« geboren. 15" r beimhte bie "Jiolfofdjule unb fam IHjabrig in bie Nolbidiuüebelebre, toabreub meldier ber wijtbegierigi .Vmgliug bie Vücfeit feinet Sdutlbilbiiug mit eiferttem ,yleif;e nu«^uful(en ftrebte. Spater fam er nad» vl>foi\heim, ioo er, wnddpt mubfnm fein ürot oetbieueub, halb x'luer- fenuttna unb l'obu s\ann} fanb (Siebe audi ,,v^olitifd)e« Vebeu" nub bie „Wolbfd)mieb«reoolution" Seite - I«), um fid) mit inefjr iKufie feinem Verneifer f)in\ua,eben. (ir tottrbe SCutobtbaft im reiuften sh'<ortfiune unb enoarb in ttner- ntublidiem rUiiiiteu ein reidie«, über bie oerfd)iebenartif|ften (Mebicte fid) erftredeube« Riffen. Tan Trouae nad) rienftbarmad)ima biefe« Riffen« für bie Welt hat er in mhlreidieii ^tinhiueii, ^eit* unb Streitfdnifleu itadiaeaebeu unb oiel Anertennnna, baneben naturlid) and) oiel Aeinbidmfl ^einüben. 'Wir laffeu hier einem fd)ön »H'fdiriebetteu Madjruf im ,,^eobad)ter" ba« Wort. Der Ver fafier beofelbcn bat ba6 Vebeu nub Wirfctt biefe« nierfmurbiiUMt Wanne« gefanul imb \u beurteilen oerftanben.

„(iin befdnoerlicbee Veiben unb eine iMuaeufiaittlieit, bie sunt Sddufi beinahe Mir (nbltltbuna. fteffibet hat , bat bie lebten Vebeu«iahre be« (Greife« }U einer ^eit herber Gntfaj\unfl unb $rüfuitj| fiemad)t. Unb (\leid) feinem (proben Viebliiu\ uiiD Vorbilb (Sbihe marb and) ihm ba« Vo«, baft

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s#foraljeim im 19. 3obrbunbert.

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es einfamer unb ftiücr um ihn mürbe in feinen alten Jabi ;en, baft er ficf) oft nidjt met)r oerftauben fanb unb bafi bie ©mpfinbung eins fehlte, wie geringfügig unb luun länglich bie Arbeit beä (Sinjelnen in ihrer "iiHrfung auf bas Bang aujufcblagen fei. 9lber ibn tröftete unb hielt bie Hoffnung aufrecht, bafr es ein befferes ^enfeitS für bie unftcrblidje Seele (liebt, unb ber in feinen jal)lreid)en Schriften bmdjfämpfte unb uerteibigte Ölau* beu au eine fittlidje ÜUeltorbnung, bie einen ^eben in ben Tienft ber hoben ^c'c *>er iMenfcbbeit ftellt, u>ar ihm „ber SBcisbeit le^ter Sdjluft" geroorben. ©o fonnte er mit Jvauft fpredjen: „£ie Wacht fdjeint tiefer, tiefer

einzubringen, Allein im Innern leuchtet belle*

Vicht !"

3 eine l'ebr= unb Zauber j obre hat iHüller in einem cor zwei Rubren erfchienenen Scbriftcbeu „Vebenserfabruugen unb Vebens* siele" gefdnlbert Sie fielen in bie Sturm- unb Xrangperiobe beS beutfdjcn Bürgertums, in bie Dl o i i f. Füller. wirf lungsjeit, bie bem geiftigen unb

materiellen Sluffdjwung ber Nation uorausa.ea.ana.en ift. ©ine höhere Vebens; unb Syeltanfdiauung, ein $rang nad) flilbung unb Mufflärung burdjzog bie fterjen aller tüdjtigen SRänner. $ie prägen bes Staates, ber Religion unb ber .HirdK, ber Schule, unb bamit im ^ufammenbang ^bilofophie unb (Mefdjicbte mürben Wegenftänbe ber Erörterung in ber treffe. Tie (belehrten unb ^rofefforen fliegen oon ben .Hathebcrn unb oerbreiteten aus ber Stubierftube heraus in Siebe unb Schrift bie SBiffen* fdiaften in oolfstümlicber ftorm unb allenthalben fammelten fid) zahlreiche .vörer uub Vefer, bie ooll ernften unb eblen Strebend bie gebotenen iöilbungs= mittel begierig aufnahmen. Es mar bie $eit bes „Wutobibaftentums" im fchönfteu Sinne, uub loeuu mir heute umfehauen in ben Greifen unteres" tüd)= tigen Bürgertums, fo finben mir bie Jünglinge unb Männer mieber, bie bamals mit heifjem bemühen, unter Entbehrungen unb Opfern, ihre Bilbung fid) errungen haben. Unter ihnen mar SKorifc Füller ein Jüorbtlb. ^d) glaube, man oerfennt ben ^ert unb bie Bebcutung feiner ^erfönlidifcit, roenn man, wie mandie feiner fpäteren gelehrten ^reunbe bies gethan haben, feine Sbätig* feit als populärer Sdmftfteller in ben tlorbcrgrunb ftellt. Sein fubtilcr unb fritifcher Weift mar mehr empfangenb, als gebenb ; feine Stärfc unb fein ®e* nuft beftanben in ber Bcfriebigung eines beinahe unerfättlichen SÜiffensbranges, ber fid) aller Wegenftänbc bemadUigte unb in allen unbefannten (Gebieten fid) Mlarhcit |U uerfdwffcn fud)te. Füller hatte bie Einlage eines (Meierten, unb es ift wohl nur ber Umftanb, baft er in einer ftürmifchen Reit neuer §beeu unb Weftaltungen lebte, ber ihn z" biefer 3lrt oon Sdjriftftellertum geführt hat. SUenn er and), feinem Temperament folgenb, bas (Mute, Sdjöne unb Juiulutie, bas er eriduuit hatte, burd) bie Jeber weiter uerbreitete, fo ging

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328

Worabeim im 19. ^aljrbunbett.

tönt bocb bic fpinnenbe roebenbe üttnft ab, bie Gegenftänbe feine« Sötffcn« al« ein Eigene«, Ganze« unb fertig Geworbene« roieber ju geben, roa« bic erftc Fäbigfeit eine« populären Sdjriftfteller« fein muf*. ^ctradjteu toir aber feine Sd)riften oom btographtftöen Stanbpunft au«, fo ftnb ftc uns 3cuÖn*fTe^ I«Sl«* büdjer über bie raftlofe Ib,ätigfeit eine« b,od) oeranlagten Geifte«, ber in ber ibealften äüeife nad) SBiffen rang, ohne Selbftjroecf, allein um ber ßrfenntni« unb ber SBahrtjeit willen. Füller roar ba«, roa« man eine pfnlofophifche Statur ju nennen pflegt. Mein fttller, fpefulatioer ©clctirtcr. fonbern feinem lebhaften unb ftreitbaren (£b,arafter folgenb, ein praftifdjer $9i(ofop$, bem alle öffent- liehen 2>inge Seranlaffung gaben, fid) bamii }u beschäftigen. (£r ift ^Jublijift unb ^olititer geworben. Ut roobl feine Angelegenheit in ben 30 3al)ren einer umroäljenben, politifcf) unb fojtal ooll ungelöfter fragen ftetfenben ^e* rioben gegeben, v.i ber er nicht Stellung genommen, in ber er nid)t geroirft hätte. Sange oor 186« fteüte er, ber öffentlichen Meinung in Sübbeutfcbjanb gegenüber, bie an "^reufjen« Haltung irre rourbe, ben Safc auf, baf$ nur burd) biefen Staat Eeutfcblanb geeinigt werben fönne unb hat für biefe Ueberjeug* ung diu d> zahlreiche Auffäfce unb Flugblätter geroirft. :]l^u «6 rourbe er Storftanb be* nationalen herein« hier, unb in biefe $eit fällt aud) feine Ih°tig: feit ald SJorftanb be« Arbeiterbilbung«öerein«, ben er jufammen mit einer »njabl arbetterfreunbltdjer Männer gegrünbet hatte, unb feine Agitation in ber Frauenfrage unb fpäter bie in ber ,vvage ber lateinlofen Schulen. (Sö entfprad) inbeffen feinem mehr fritifcb, al« aufbauenb unb organifatortfd) an- gelegten Naturell nid)t, ^Jarteimaun zu fein; er faub, roie er felbft fagte, in jeber Partei, in jebem Programm ein ftäfeben, ba« ihn abftten. So ging er feineu eigenen 2i$eg in politischen unb roirtfebaftlicben Dingen; ba ee fid) aber oft fdjicfte, bajj biefelben ftch mit ben ffiegen anberer freuten unb jroar manch; mal redjt zur Unzeit, fo ging nicht ohne Mollifionen ab, unb biefer fubjef- tioc 3ng feine« Söcfen« trug ihm oiele Angriffe ein. Au&erorbentlid) frucht- bar unb aud) ftreitbar roar s]JcüUer in feinen religiöfen Stubien unb Schriften. Au« altliberaler Sdmle tyvau* ein F*i"*> ber orthobojen .Hirche unb oor allem beo ultramontanen Gciftc«, fämpfte er allenthalben für ben l'tberali«mu« bee *k*femituiffc« unb oiele Gelegenheiten gaben ihm ^eranlaffung, 51t feiner SBaffe, bem Flugblatt, \n greifen, ba« für ihn bie beliebtefte unb bei allen Gelegen; heiteu angeroenbete roar. Aber ebenfo ^efti^, ausbauernb unb mit roarmer Ueberzeugunq roanbte er ftd) gegen ben Athei«mu«. Gegen Jrauenftäbt unb (Hottnti au, 3 traun, ftartmann, iRailänber, gegen ben Atheiömue in ber SoziaU bemofratie hat er zahlreiche Schriften gerichtet, in benen er bie $been be« (Hottc«glauben« unb ber Unfterblidjfeit bem roiffcnfchaftlichen SHatertaliemuö gegenüber unabläffig oerfocht. 3u bem Umftdigreifen biefer Söeltanfdmuung fah er bie roefentlidje llrfadje ber Schroierigfeit ber fokalen Fra8c« !'uM feiten überfdjritt in folchen Schriften Füller bie Grenzen ber iWotroebr unb rourbe im (Sifer be« Gefecht« roohl aud) berb, roie überhaupt eine Steigung ju ungenierter Au«fprad)e, in SJerbinbung mit Schalfhaftigfeit unb ber Vuft, Spajj )u mache :i, eine Art feine« itiefen« bilbete, bie ihm aber aud) manche fräftige Replifeit oon feinen Gegnern eintrug. 2üa er eine oerföhnliche, im Grunbc gutmütige Statur roar, fo trug er nicht« naa) unb geroifj hat er aud) feinen tut« oerföhnten (Hegner fjiatcrlaffen.

Für Pforzheim« •••;ot)i unb SjJebe hatte SJtüller allezeit ba« roärmfte Gefühl, unb roa« er baebte unb tbat, nahm Aufgang unb (Stibc mit Beziehung auf bic Stabt, ber er ein SJtufterbürger geroefen ift, an ber er mit allen Fäbcu feine« materiellen unb geiftigen Sein« hing. $aj» ein harte« Sdjicffal in ben legten fahren bie Fäben feiner Beziehungen )u feinen Mitbürgern lofer werben licfi, rourbe oon ihm fchmer^lich empfuuben, unb er hat biefem Gefühl am Sd)lufo feiner „i'ebcn«*,icle unb Veben«erfahrungen" Au«brud gegeben. 6r fagt oon fia): „Unb er (iMüller) hefl* oudt bie Hoffnung, bafc, roenn er in jene« *anb, au« roeldjem fein fflanberer jurüetfehrt, eingeht, er bod) roenig^

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s#forabeim [m 19. ^abrbunbcrt.

329

ften« eine $eit lana. uon einigen feiner lieben l'anböleute \n ben „lebenbiaai loten" a,cjäl)lt loerben wirb." Xtefer .öoffnuna, burfte er fein. iKorib WüUer wirb unter ben SJerftorbenen ^forjljeimö feinen iUatj in ber (Jrinueruna. ber Jiadflebenben erhalten, unb allen beuen wirb er ein iltorbilb bleiben, bie voll tiefen 2)rana,e nad) Riffen unb (Srfenntniö mit eigener Kraft unb eiaeuem Jleifc fia) emporheben über ben ctaub beo Wittelmafügen unb MUtäaUcticn."

-£nbtt>iß Altcrßad).

Ülnerbarfj, ber <3dnaer bes od)mar}walbee , würbe am 5. öeptbr. 1840 in ^forj* Ijeim geboren, „©in reidje« Wemüt, eine fteftnuu na. coli Stbel unb .öofjeit, eine oeele üoll ü*uex unb Vebeuobc: gier ift t$m geworben, um nad) turpem aber I)ei= ftem .Hampfc mit ben sJJJäcli- ten be« Gebens, mit ber ftrengen Realität ber irbU fdjen £inge beo Mampfce mübe oon bannen \\\ geben, efjc bie reidjen Slnfftfce feine« bid)terifd)eu ©emüte* ftd) organifd) entfalten unb nad) allen Seiten Glitte unb Jyrurfjt treiben fouu- ten." So fdjreibt ber Wah- rer ^idjter Jyriebrid) Weftler über ben ftreunb.

Stuerbad)« sl?ater mar ein fleiner 35ijouteriefabrifant *u einer ,^eit, ba biefer ^ubuftrieuueig uod) in ben Minbcrfdmljen ftedte, auf ber Oreuje jwifdjen $atlfc unb Jabrifbctrieb. Öegen feinen Hillen mupte ber Mnabe, ber ftd) gerne ber afabemifdjen Vaufbafjn yi« gemanbt bdtte, Kaufmann unb Jabrifant werben unb felbft bae b,od)f)er*ige Kn»

V II b 10 i g Hl u e r b a rfi.

erbieten bcö WroHfyerwgs Jvriebrid), ber burdi ein Webidjt auf Um attfntetf« fam gemadjt, bem jugenblidien Slutor bie Nüttel ytm otubium bot, oermoebte nid)t, ben geftrengen ^ater umyiftimmen, oeiue freie ,Scit benutzte ber junge Mucrbad) ju Säuberungen in ber unuergleidjlid) fd)öneu odjmarv roalbnatur. Kn ib,rer opradje bilbetc er bie feine, auf fie ubertrug er bie Regungen feiner oeele, fie mar feine oorncbmftc unb geliebtefte Stttfc Sites* badj hat bie SedjfelfdUe ^eitlidjen Windes fduuer erfahren muffen. (£1 mar nidjt 3111h Öclberwerb gefdjaffeu ; fein fteidjtnm lag barin, anberc fröblidi unb gliidlid) ut madjen, unb baruadi lebte er. Witte ber 70er $aljre würbe and) er ein Opfer ber Jlrifiö. (rr entfagte feinem biotjeri^cn Beruf unb lieft f irti 1S77 erft in Valjr, bann in oeelbad) nieber. "III* thdtiger Wefdiaftomann in einem neuen :öerufsjmeige fudjte er auf auberen Segen feine Gjifteivj ju

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330 «JMorabeim im 19. 3abrbunbett.

fidiern. (*S warb ihm fdimer genug, unb als ber Erfolg feines übermäßigen Staffen! fid) (eigen anfing ba fdmitt tt>m bas odiidfal mit f alter ."öanb Den Vebensfabeu eutuoei. fluerbadj ftnrt> am 22. x\uli 1KS2, nod) nirbt 42 ^nbre alt. Huf bem Jyriebbofe au ber Scham ift feine mit einem fd)önen ^enfmal gcfdnnüdtc Muheftotte. Crnft 3d)ereuberg, ber mit Wefder xUucrbadjs Wt; bicQte fummelte, fefetc ihm folgenbes Webenhoort:

„Ter Heimat i'dilini Xcin fter*, tirfiang Sein fflort; res cdjiuarviHilbö Sänger, Vebft Tu in ihm fort."

l'ubmig Sluerbad) mar ein fcclenguter unb hilfreicher SÄenfdi. -Sein Mat mar bie ihat unb fein Können oft ciiuig bas flfafi feiner SMlfe. »arbe ihm uid)t immer gelohnt, mie er'* oerbient. £aS bat ihn aber nie uerbroffen, weiter bilfreid) unb ebel gtl fein Crr trug angeborene« ^rei mauiertum in fid), unO maiube Saat, bie er gefbet, feimte erft fpäter \u feinem vJtnbeufeu auf.

£ns lurifdjc ©ebiet mar bie bictjtci ifefn* Romane Dierbachs, ftls Secfcs H'huiabriger frfmf er bas (ipos „heitrem oon iikifcenftein", aber bie ftrenge epifrbe ,"yorm fagte feinem Naturell nicht ui. Tie Diatur in ihren Staublungen, ber ÜHolb, maren feine Vierlinge, ihnen flüd)tete ber geplagte (HefdjaftS- manu nad) febmever Slrbeir, an ihnen erhob iieb feine ccele unb er formte und) ihren odnotngungen (Gebauten unb (impfinbungen in leid}t gebunbene, oon feiner ftrengen 'Kegel gefeficlte Mntbmcn. So entftaub baS herrliche „C 3dnoanioalb, o Heimat« mie bift bu fo fdjön", ein l'ieb oon fo inniger He mütstiefe unb oollstumlid)er iitnfad)beit, baf? es in feiner gludlidKit Kompo fitiou im odjmarmmlb unb am Chenbein inelfact) als Sotttlieb gefungen luivo. Tie ibealeu Mampfe, au ioeld)cu Sluerbad) teilnahm, bie fojialen, religiöfen unb polittfcben öeftrebungen feiner ;{eit, meldjen er mit feuriger Seele anhing, haben ihn als Tiditer feiteuer befdiafttgt. Ijr mar ein glubenber ^aterlanb* ireuub; bie grofieu Inge oon 1*7»> 71 haben ihn mit offenem . tonen unb mit offener tomb getroffen unb feine herrlidjc .Uoiferbumne ift ein beroorrageno iangbarer flusbrud feines eblcn Patriotismus unb feiner uerchrenben i'iebe für Maifer it'ilhelm I.

ernft Sdierenberg hat ber Sammlung fluerbudrfeber (Mebichte unb ber Biographie bes Tidners, ber mir obig« Mitteilungen entnehmen, ein ergrei fenbes .U lagelieb beigefugt, beffen SdjluHoers lautet :

„Tie Vippe oerftuimute, bod) lebet Tetn Vieb,

3.0 lang nod) beu crijmar^ioalb ein Saubrer burdjjieht !

15* ranfdjt in beu Sannen, es Hingt in ber Vuft,

Sdnoebt uhcr bes cdngers fdpoeigenbe Gtaifo

empor aus ben Jbnlcrn, herab oon beu .tob'n:

„0 3d)ioar}ioalb, o .toimat, mie bift bu fo fdjön!

3£<utfid)r "^rränbcruttrtcn itt 5er £>iadt.

Qn bev langanbaltenben Aviebcnc^cit nad) ben napoleonifc^cn Kriegen erftanben an ber Üßeripfjerie ber Stabt eine >HciI)e fdjöncr, (tattiid)ov ICnmefen s^fov:>lieunev ^nbuftvicllcr. ^ maren tüd)ticie 2lrd)tteften, meldjo biefe Tanten aufführten, l'eute, bie mit einem lieiuoiTagenben können einen geläuterten (§efd)mari uerbanbeu. 3m Qatyre isi7 entftaub baS ^eurfifev'idje 3tnn>efen im bamaliften ^fläftev, bac> von Cbevbaubivettav ^eiubrenncr auö Slart«;

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pie OopfimiuorilnM (jetjt Ccftl. ftarlfrtebrid)f)r. oom Xtooli ab.)

(5m Criginal ju Ijabeu bei Verggöfe SJroc, ^forjfycim.)

«forgbeim im 19. Sabtbunbert. 331

rufte erftellt würbe. $a5 Slroirfdje ^Inioefen (an Stelle be§ „£iooli") rourbe 1820 ebenfalls von 5Beinbrenner errichtet, bes- gleichen 182G bass Jvmfenftein'föe Sdjlöftdjen auf ber ^fttfel (sl>t)ilipp @f)vi^monn), ben 3a$reu 1827 uub 1828 lieft ber s£ijouteriefabrifant uub 3Beiul)änbler ©obnenberger , roeldjer früher in bev l'ammftrafte, im ehemaligen Sftortt) 'tWiller'fdjeu £mufe feine 2Bot)nung hatte, oor bei ©rötjiuger iBorftabt burd) ©aurat Sdjroarj ein Sd)löj}d)eu mit Sßavf aufführen, $roei 3*abre fpäter erflanb biefem gegenüber ba§ nou $aubireftot 3Üd>er errichtete S&ennig'fcrje SdjlöjKben (tjeute ber ftamilie (Mlid) ge= hörig). £rolj aller ftortfdrritte "l oer Skufunft uub in bem Skftreben, impofaute ©ebäube ber&ufteüen, ift baö $ülid)'fd)c $au£ beute uod) eineS ber fdjünften, roeun nid)t ba* fdjönftc ber ganzen 8tabt. @* nürtt nidit foroot)l burd) prunt'bafte äufjere Sluäftattung, als oielmeljr burd) einfache unaufbringlid)e SÖot» nebmbeit uub einen ebcln Stil.*) Später erbauten fid) bie Sabrifauten uub 93rfiber ©eorg Subroig ttieule uub .f>einrirf) Äientc in ber oberen ©rö^inger 33orftaM, ber SeopolbSoorftabt, if)ve großen 3lnroefeu. Wod) oor 182<; eutftanben unter ÜBein* brennerS Leitung ba* .£>erreubau* im oberen Qammerwerf uub bie ^Hobngebäube ber cf)eiuifd)en Jyabrif.

$a* jetjige SlmttjauS nmrbe im 3af)re 1825 belogen. lag oor bem ^Utftäbter Il)or, welches beim M2aub" bie Strafte abfdjloji. 9tad) einer im £ofe bee 9mtt)aufe3 eingemauerten Xafet nnirbe ba* §au$ (Srbaut

burd) '-öürgermeifter 3atob Jyriebrich lieber uub beffen ($t)efvau 3lgnefc (£oa Stoßet geb. .Uatjiu. 9tnno 18U0.

s4öas öftlid) oom ^Ütftäbter 2\m bei ber Sparfaffe lag, bieji ber „Sßfläftcr". 5115 (Srfter baute fid) bort 1820 ber tforoenwirt feauermann an. 3>ie in ber neuen Stra&enfludjt liegenbe Seiutelter rourbe oou ber Stabt jum Abbruche ange^ tauft.**) 3>as ^(Itftäbtertl)or mürbe gleichzeitig mit bem ^rötjinger^ tborturm im Jahre 1835 abgebrochen.

3m 05egenfa| ju ber oou l)eroorragenben Smttedpittetn unD funftfinnigen ikuberren geförberten ©aulufl ber erften Qa^t*

*) Tic alten >>crrid)aft<>l)riu!'cr madjen ftCflenfibet ben mobernen 3pcfu- lation$bantcn infofern fdjon einen weit oorteiltmftercn elinbrntf, als barin nidjt flefpart nmrbe mit ftaum in (Hangen nnb i&oljnranmen, nmbjenb in ben neueren }J{ietioolmnna,en bie Limmer bodj ctmaö a,ar ,,n flein ftnb nnb in ben (Hancjen frntm jiuei ")>erfonen bequem uneinanbev uorbeii\cl)en tonnen. Tic od]önt)cit nnb ^cqncmiidjfeit miib ber 3nd)t nad) ntöfllid)ft l)ol)er Rentabilität jnm Cpfcr iicbrad^t.

•*) Wad) bem bamatiiien 3tva[jcin\e|"eOc ta^ ber 3tabt bie Unterljaltunfl ber Qttentftatfcen ob; fpater nnubc ibr biete ^(Ud)t abiUMtommen, bamit abet and) baö :Hed;t bc$ ctraüejniclberbcbeno.

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Wotabeim im 19. Oabrbunbert.

sehnte be§ testen 3abrhunbert3, jeigte fid) oon 1840 an ein ftetiger sJtütfgang nicht allein in ber 8ujl |tim Stauen, fonbern leiber aud) in bev ©ejd)macfsrid)tung. sJ3on ben bamalS eut= ftanbcnen ©ebäuben erwähnen roh: ba3 oon bem 2)urlad)er 5ku= meifter §engft fyeraefteUte Sabenburgifdje Stnmefen in ber Wltftabt (gegenüber bem Cdjfen), ba§ gegenüber bem vBobnenberger'fd)en ©djlöfjdjen errid)tete ©fchminbt'fdje .£>aus, meld)e§ an Stelle be§ alten ©aftf)aufe§ jur Traube erftanb.

93ei all biefen $lnroefen waren bequeme Wohnungen, an* fdjliefjenbe 2öirtfd)aft§gebäube, grofte ©arten nnb oft aud) hübfdje ^artanlagen 511 einem freunblidjcn £)eimmefen oereinigt.*)

3)ie Stabt erftreefte fid) oor 50 fahren im $öeften bin jur ©abelung ber 53rötjinger% &urlad)er= unb Ofpringerftrajje, im Often bi3 jum Ddjfen unb bem oberen Jriebtyof (Stabtparf).

sMe§ ©elänbe, meld)e3 außerhalb biefer fünfte liegt unb oberhalb ber (Stabt f)eutc von ber ^uifenftrafte, (Srbprinjen- unb 2inbenftraj$e burdjjogeu mirb, mar bamalS nod) ©arten- unb sJlcferlanb. 2Öo t)eute ber Bahnhof ift. befanb fid) ber grojse 3Baifenf)au§garten , ber ehemals 511m Sd)lofj gebörenb, r»om 9Harfg,raf ftarl 2öitf)elm bem fianbeSroaifenhaufe gefdjenft roorben mar unb oon biefem mie 00m Siechem unb ÄorreftionSfyitt* unb fpäter oon ber .£>eil* unb ^flegeanftalt ale Obft= unb ©e~ müfegarten benutjt mürbe, $m oübeu bor (Stabt gingen ©ebäube unb anfdjliefteube ©arten nur bis an ben oberen sJDtii!)Ifanal unb meiter unten bis» an bie (&m, QfcnfettS ber engen, fteinernen iHojjbrücfe maren nur toenig ©ebäube, mie 5. 33. bie SBagner'fdje Brauerei mit großem Tiergarten, ber Surnvlatj in ber ftrafie ($eid)elfee) gelegen , mit Keiner £uruf)alle. $ie silu, meldje mit ber Stabt burd) eine b^jernc $3rücfe uerbunben mar, hatte ebenfalls eine meit Heinere ÄuSbefynung als beute. $ie nod) unregulierte Galmerftrafje 50g burd) wiefett unb ©emüfegärten, unb bie untere Slugaffe hatte bei ber 3tabt= mauer (£urmftraf$e) mit bem ©Aelmenturm ein @nbe; bort fingen bie ©emüjegärteu an. NJll$ leljtes 3Babrjeid)en au$ mittel» alterlid)en 3uftänben präventierte fid) baS eng abgegrenzte Jerrain be3 früheren (3d)loffe3 mit ber Sd)lof?firci)e. sJlad) oben mar ber tiefe ©raben, burd) eine fd)inale Steinbrücfe übermölbt, nad) unten fdjlojj ba3 fog. untere Sd)lo§thor eine fdjönc oon $yufr5 gängertl)ürd)eu unb s33ogentl)or burd)brod)ene, mit fcl)imem $Bappen= fteiu gezierte SWauer ben 3d)lofjberg uollftänbig ab.**) 3lbeub§

*) -Die I)icr genannten .öerrföaftefyaufcr ronrben bei ifjrer irrriajtuna, [djon mit bem 17H(J erftmalö eingeführten iMituiblcttcr ucri'eljen.

••) SaS jefeige fttnanjamt würbe irnbe ber 50et ^afjre aud ben Befmt*

fpciajern (worunter * bie geraumigen ^eljuticUereicn tagen) erbaut. 9tad) ber

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Urobinßrr töaffr in Den M>cr 3afirrn.

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Worabcim im 19. Sabrbunbett. 333

mürben ba§ obere unb untere £f)or gefdjloffen unb ber SSerfehr über ben 8d)loßberg tjotte ein dnbe. ©o bot bie alte (Stabt sl>forjheim, oon ber 8d)loßfird)e unb ben (Sebäubeu ber Domänen« uermaltuug (Iteberrefte be» alten 3d)loffe3) überragt, oon ©arten bicl)t umfdjloffcn, bei einer ^Betrachtung oon ben umliegcnben $>öt)en ein überaus lieblid)e§ unb anmutiges SBilb.

S)ie troftlofe (#cfd)äft3lage anfangt 1848 ließ bie Stabt* oertoaltung auf Nüttel jur iMnberuncj ber Slot finneu. 9(m 15. Sttfirs 1848 erließ iBürgermeiftcr Deimling folgcnbe Skfanut* mad)ung : „X a g l o h n a r b ei t 93eim (Eintritt günftiger Witterung beabfidjtigt man ben Jaljnoeg beim SBrunnenroörtl) gegen (Sulingen oollenbS Ijerjuftellen, fomie^aud) bie Vorbereitung sur Söalb* anläge am $öartberg beginnen ju laffen, um ben Ijieftgen bürgern im Saufe be§ Sommert Arbeitsgelegenheit 311 oerfdjaffen. 2)ie* jenigen .gmnbarbeiter, roeldje baran teilnehmen wollen, werben aufgefordert fl$ hierorts ju melben "

3m Januar 1853 fam eine neue 93auorbnung f)erau§. Diefelbe lehnte ftct} in ber £auptfad)e an bie SlarlSrufjer SBau- orbnung an. Sie umfaßte 57 s^aragrapl)cn nebft otet erläuternben Beilagen, weldje bie Vorfdjrifteu für ©ebäube außerhalb ber Stabt, über Skuftreitigfeiten, bie äußere (Sinfaffung oon Härten unb öffentlidjen päfeen über s^fläfterung unb trottoirfyerftellung enthielten.

3n ber ©litte ber fünfziger Satyre, al3 ber ©efd)äft§gang einen faft unnatürlid) ftarfen 9luffd)wung nahm, machte fid) eine große 2öot)uung§not bemerfbar, namentlich fehlte an billigen ilBohnungen für ärmere Seilte. <5d)eunen, (Stallungen, ©artete bäumen, fogar 3ic9c^üttcn würben, fo gut ging, wohnlich eingerichtet. SDurd) bie für jene Qeit enorm hohe Stiele würbe bem Arbeiter nidjt nur ein beträd)tlid)er Seil feines SohneS eut^ jogen, fonbern eS mürbe auch burd) bie ^öenütjimg enger, un§u« retd)enber TOurne bie (Erhaltung ber Sittlidjfeit in ftrage geftellt. tiefem Uebelftanb mollte bie „gemeinnü£iges#augefellfd)aft" burd) £>erftellung oon Heineren, billigen Wrbeitermohnungen abhelfen. 3)a§ $etrieb§fapital ber ©efellfchaft folltc mtnbeftenS 50000 fl. unb burfte bis ju 200000 fl. betragen, welche in 5lftien ju 250 fl. aufgebracht mürben. $er $erwaltuug3rat befdjloß bie (Erwerbung oon Siegenfdjaften, bie Einlage oon SBauplätjeu unb beftimmte bie £öhe ber Uftietpreife. 3m (Sinoernehmen mit ber ©efellfdjaft machte ber ©tabtrat 1857 eine (Eingabe an ba§ sJHinifterium um Aufteilung eines flaues für einen neuen $3au* bewirf auf bem rechten (St^ufer jmifdjen ber Altftabt unb ber Au.

Strafe $u ftanb ein nieberer Einbau mit ber 2Hof)nunfl beo .öoffnfer*. Xk Cberctnnelmierei befanb fic^ früher im irm^cimer'fa'en ftaufe in ber ctiftSftra&e.

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334 Worabeim im 19. 3abrbunbert.

3)er Umftanb, baß bcv tiefer gelegene £eil be§ neuen ©tobtquortierfi im Ueberfd)tr»emmung§gebiet lag, ließ e3 bisher geraten erfdjeiuen, nur in beu t)ö^ev gelegenen $iftritten ber Stabt, mie 3. in ber 2)urlad)erftraße, Weubauteu &U geftatten. 35a aber bie t)üd)gelegcuen £cilc nur ferner mit £rinfn>affer oerfehen werben tonnten, bie uubeftimmte Sage ber ftinftig<*n (Sifenbafjnftation gehemmt mar, unb aud) ber (9efd)äft3oertehr bort mancherlei sJORififtänbe mit fid) führte, fo erfdueu ber iföunfd), im £t)ale felbft ju bauen, gered)tfertigt. 3>ie ftaatSpolijeiliche (Erlaubnis 511 ber neuen Stabtanlage tonnte aber erft erfolgen, uadjbem fid) bie Stabt uerpflidjtete, ben neuen Stabtteil biird) (Errichtung eines l)öberen 35ammc3 DOt Ueberfdjroemmungen ju fdjüljen. 2)ic bamatö fdjon baufällige Moßbrücfc mar für ben Durchlaß be3 .frodjmaffer* 511 eng, ebenfo mußte ba3 ftlußproftl an biefer Stelle erweitert merben. Die lebhafte söautl)ätigfeit, meldte bie „gemeinnützige $kugefellfd)aft" entfaltete, oeranlaßte balb aud) anbere Unternehmer jur sJlad)eiferung. (SS erhob fid) eine ^Keil)e gefchmactooller Neubauten, an ber Diüfteinerftraße ; jenfettö ber Woßbrütfe eutftanb ein ganj neuer Stabtteil, uon 1870 an „Sebau" genannt. 9ceue Straßen mürben angelegt, io bie ftriebrid)3-, 6115% Qtttfteittet*, äBeityer*, SBeifjerberg-, söau« ftraße unb mehrere Heinere Guerftraßen.

3m 3'Wli mürbe aud) ber ©fotjtjeimet 9Jlarftplatj neu gepflaftert. Qum legten 9Kale gefdjab bieS 1774, mit gleid),^eitiger (£rrid)tung mehrerer neuen Straßen. Damal§ mürben für 1071 Stlafter pflaftern, einfd)ließlid) bed #urid)ten3 ber Steine ber Saab unb Steinebeifuhr nid)t oiel über 500 ©ulben beanfprudjt, eine Summe, meld)e gegen bie 10 000 (Bulben, bie eine geringere Arbeit im Jahre 1*50 erforberte, gemaltig abftidjt.

Um biefe ßeit (1857) mürbe aud) bie (Salmerftraße gebaut. Der Jeil bi$ jum Kupferhammer foftete 2<i5oo fl., mouon bie Stabt 9000 Bulben bezahlte.*)

3m 3<d)re 185«) mürbe ba$ Xöchter)d)ulgebäube erridjtet. Da3 früher jroeiftöctige alte Sdjulhau* erhielt 1857 einen britten Storf" für Cehrenoohnungen.

» .

3m v>ahre 1858 oeranlaßte ber Wcmeiuberat eine teilmeife 9lamctt3änbetumt ber Straßen. Die Od)feugaffe mürbe eine :)ieud)linftraße, bie SBteljaaffe eine Spital- fpäter (#omuafiumS= ftraße; aus« ber alten Dränfgaffe mürbe eine Deimliugftraße, aud ber $röt}inger Waffe eine Ußeftl. Starlfriebrid)ftraße, ba3

*\ Tie etnifte nad» Weifccnftein c\Un} ehcmaW burdi beu jefetflen unteren teil bc$ Vüdeniue$es unb führte beim roten Oetzen nneber herunter.

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^forabetm im 19. 3abrbunbett. 335

Scfjlappergä&crjen rourbe in 93aumftrafje, wnb ba§ Stgeutter« gäfedjen in £inbenftrafje umgetauft. $ie ehemalige obere SBor- ftabt rourbe jut $kf)nf)offtraj$e. 2)ie nod) fteljenben alten Xbore (amen sunt 9Ibbrud); fo fielen ba§ .£eiliaheu$tbor (bei Skufier ftabn), ba£ obere ©rabentbor (in ber sM\)t beä <Sd)loffeS), baä si(uerbrunnentt)or ober (Srfertbor (beim „ftreu$"). 2)a$ $röt*inger- unb 5lltftäbtertl)or, ba* Sd)äfertl)or (am unteren ©übe ber £eopolbsoorftabt), ba£ sJluertbor unb .£>illertl)or (am oberen (Snbe ber 9Iu), baS ©aud)tf)or am unteren @nbe ber Xu, ba£ obere unb untere Sd)lojjtl)or, ba§ obere Wtiktjil* ober ^roingertbärlein (erftereS bei ber oberen Üötüble, letzteres füblid) ber ^ammftrafje) mürben ferjon früher abgetragen. ißon ber alten Stabtmauer ift nod) am 3nfelroeg ein guterl)alteneS Stütf äu {eben. 3m 3anuar 1877 rourbe mit ber Abtragung be§ alten ibin'f)Ä"3d)en§ an ber 31uerbrürfe begonnen, nadjbem ba^fclbe 1874 oon ^ergolber *öreinlinger um 18 000 fL erftanben morben mar.

3u Anfang ber 60 er 3at)re ftanben an ber Knien Seite ber Qfpringerftrafje aufjer bem unteren 9ttalerTfd)eu (Mjaufe mit ber angebauten gabrif ba§ 28obnf)au§ am Wiuger'fdjen 3immerplat3 oberhalb ba§ oor einigen 3<tt)ven abgebrodjene iReitbau3 unb an ber Stelle be$ Sttinifter'fdjen 2lnroefen§ bie tfatffdje Ziegelei mit 3Bol)n* bau§. fie^terem gegenüber, auf roeldjer »Seite nur Merftütfe unb unten ber grofje ^8ol)nenberger'fd)e ©arten lagen, erbaute Damals gabrifant sJUialer (SBater Des 9lrd)iteften sJWaler) bas jetzige Dncterboff'fd)e .£)aus unb bie beiben oberhalb ftebenben Käufer.

infolge be§ Krieges im ^afjre 1^6(> bie ($efd)äfte ftoeften unb oiele Arbeiter brotlos mürben, liefe bie Stabt oon benfelben bie @n$bamme oom oberen Jammer bis jur föofc brürfe berab auffübren, moburd) bie betreffenbeu Stabtteile oor Uebcrfd)memmungen gefidjert mürben; ferner mürbe bie SBcr- breiterung ber ^örö^inger Strafe am oberen .pammer uorge* nommen. $ie einfadjen (Srbarbeiteu am (Snjflufj mürben mit 50 .^reu^er pro lag honoriert.*) 2>ie $erf d) önerungs^ t o m m i f f i o n benütjte ebenfalls biefe (Megenbeit, um bübfdje fünfte in ber sJiäf)c ber Stabt bem s}3ublit'um jugänglid) p machen unb mit ^ufjebänfcu ju oerfeb,en, $. 8. am ^tagolbufer längs; bes iHob. gerner mürbe ber gujjrocg am ftallbarbt j)tn nad) 5Bürm unb ber fog. ©olbfdjmiebsroeg (ber bei Würfle* s-ßiUa ausmünbet) tjergefteüt. 3>ei söau ber ©artenftrafceftajfel fällt gleichfalls in bie (»Oer ^abre.

*) $ic ,3errennerftrflfec war ftöön in ben HOcr ^nhren bis 511m Tv. 9iid)tcr'fd)en K>au)c burd)i\cfül)rt luorbcn. Won bort ab uerfperrte eine cd)eune bie otrape unb ein fdjmaler vii>eg führte jur ^abgoffe.

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336

i^forabeim im 19. Sabrbunbert.

9(uf Anregung ber (Spitalbaufommiffton mürbe anfangt Slprü 1869 ber 33au eiue§ neuen ftäbt. ßranfenbaufe§ an ber ©übfeite ber (Stabt beim (Sdjaftof begonnen. 3m (September 1871 tonnte ba§ (Spital feiner SBeftimmung übergeben werben.*)

3l«fang8 ber 70er -Safere mar bie 3Bof)nung8not in ber Stabt mieber fo groß, baß bie ärmere SBeoölferung fer>r in (Sorge mar um eine Unterfunft. (Sine 2lnjal)l Bürger befdjloß bafjer im 35ejember 1871 eine „93augenoffenfd)aft" ju grünben.

I>te ^augenoffenfiflaft. (@ingefd)riebene ©enoffenfdjaft.)

©egrünbet 1872 oon 213 meift bem 5trbeiterftanb ange* fjörigen Sttitgliebern. $>ie 93augenoffenfd)aft faufte ein 9(real oon 428 832 Quabratfuß für 30 706 ©ulben, bebaute bi§ @nbe 1873 baoon 68 832 Ouabratfuß unb errichtete 25 2Bobnf)äufer mit 75 3amilienroof)nuugen 511 132000 ©ulben.**) infolge ber langaubauemben ©efcfyäftSfriftS unb ber bamit oerbunbenen <5nt* roertung ber fiiegenfcfyaften, foroie be§ (SinfenS ber SJIieterträg* niffe fa!)en ftdj jeboefj bie Uebernebmer ber Käufer nad) unb nad) jumteil außer (Stanbe, ifyren, menn audj nod) fo befcfyeibenen 93erpflid)tungen nadjjufommen. 3lnbere fud)ten fid) benjelben oielfad) ju entjieben. $ie ©efetlfdmft geriet infolgebeffen in eine mißlidje Sage unb mar enblidj aenötigt, fämtlicfye oon ifjr ge- bauten 42 Käufer mieber an fia) \u nehmen unb felbft ju oer* malten. 9113 bie ©efellfdjaft in eine immer größere .3roang3* läge geriet, befd)loß fie bie fiiquibatton, meiere firf> in ber SBeife oolljog, baß ftd) bie ©enoffenfdjaft in eine 2lftiengefeöfcJ)aft umroanbelte unb bie ©efamttiegenfdjaften um einen ben bamaligen 28eri)ä(tniffen entfpredjenben unb ben SRietpreifen angepaßten Kaufpreis übernahm. $ie neue Slftiengefellfdjaft nannte ftd) 3mmobiliengefellfd)aft, unter meinem tarnen fte fjeute nod) be* ftet)t. $a§ Slftienfapital oon 200000 3JH. rourbe in 200 Slftien ä 1000 9Ratf aufgebracht. $)ie übernommenen fiiegenfdjaften batten bie ©enoffenfaaft f. 3. 500 000 2flf. gefoftet.

Pte gemrinnüfttge ^augefelTf Qaft

mürbe 1872 gegrünbet mit einem Hftienfapital oon 150 000 fl. unb ftellte ftd) bie Aufgabe, biüige 3Bof)nbäufer, oorjugSroeife für bie SIrbeiterflaffe , %\x erbauen, um fola> unter möglicrjft gflnftigen 93ebingungen ju uerfaufen. 3m 3a\)xt 1873 mürben 17 SöoWäufer fertig geftellt, fämtlid) 3ftöcfig, bie Heineren mit 3 SGBobnungen ju 3 Zimmern, bie größeren mit 5—6 gamilien» mobnungen, fämtlidje ganj in (Stein erbaut unb jebe3 §au§ mit

*) $eim 2lu*araben be« ^uubamcntä ftiefe man auf ^aureftc römifdjen Urfprunaä unb fanb rötnifdje iBronjemünjen.

••) Tantal« erftanben Die Käufer auf ber *UUf)elm8$bl)c unb bem £>ad>el.

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^forabeim im 19. Oabr&unbert.

337

#ofraum, teitroeife mit ©arten oerfeben. $er 93auaufmanb hierfür infl. <ßlafc betrug 128 500 ff. $ie Käufer mürben öffentlich oerfteigert unb bie 3ablung§bebingungen baf)in gefteüt, bafc eine Anzahlung oon 10 «Prozent leiften unb ber SHeft be§ 5!aufpreife§ innerhalb 14 fahren in Annuitäten ju 10 ^rojent abzutragen bebungen mar. $ie ©efetlfdjaft erfteüte bie SMf)arbt* frrafce, ©djeuernberg* unb 93leid)ftrafje.

©Ieicf)jettig mürbe bie SBorftabt „<Seban" immer meljr au§= gebaut unb bie ^otsgartenftrafje in Angriff genommen.

1873 mürben bie Baupläne ju 206 SBolm*, Jabrif unb SHebengebäuben com 33ejirf§amt genehmigt, be§gleid)en 107 S3au» oeränberungen ; 1874 mürben 118 2Bof)n» unb gabrifgebäube,

ber 9Welancf)tt)onftraf$e ($efanatsbau§) erbaut. 2)a§ grö|te unb impofantefte biefer ©ebäube ift bie 33iHa ©efetl an ber St. ©eorgenftrafje. 2)er bamalS fdmn fertige tylan, bie grojje ©erber* ftrafje in öftlic^er 9ftd)tung fortjufetjen, f)arrt beute nod) ber Au§* füfyrung. 3m April 1874 taufte Auguft Käufer ben größten £eil be§ unteren $ammer3 mit bem £illermörtb unb bem SBled)5 mef)r für 90 000 ©ulben, um biefe§ ©elänbe 5kufpefulationen jugängüd) $u machen. 9teuerbing§ rcerben bort grofje gabrif* gebäube errichtet.

3n ben 80er 3<*brcn geigte ftd) im atigemeinen menig S3au* luft; biefelbe ermatte erft roieber in bem gefcfjäftlid) regfamen legten 3a^rje^nt. 2Bir geben in nadjfotgenbem eine äufammen» ftellung aller feit 1870 erbauten öffentlichen ©ebäube, unb ber in biefem 3*itrc*um erfcfyloffenen ©trafen:

a. ©täbtifcf)e ©ebäube: $a§ ^frünbnetfwuS (1873), ba§ ©eban§fdmfl)au§ (1876) für 438429 Wlaxt, bie ßunftgemerbe= fdmte (1877) für 429 747 3Hf., ba§ ©a)ufl)au§ an ber Kairoer* [trage für 57 000 Wil (1884), an ber ©nsftrafje für 35 000 9ttf. (1884)*), an ber ©rbprinjenftrafje ($&iabenfd)ulf)au0 unb ^urntjaHe 1885), ÜHäbdjenfdmfljauS (1892), an ber ßaifer grtebric^frrage (1890), an ber £olagartenftraf$e (1899), an ber (£alroerfrra§e (1886 unb 1900), bie ©eroerbefdjule auf ber 3nfel (1892), bie Sumbatte an ber ©t. ©eorgenftrafje (1896), ba§ SRatlmuS (1892—95), ba§ fiebrerroobngebäube in ber großen ©erberftra&e (1887), bie ©dullerftaffel (1889), ba§ ©leftriaitätSroerf an ber ©utingerftra&e (1896), an ber ©njftra&e (1898), ba§ Söafferraerf

*) o"i oalu'c 1873 mürben in bem an biefer Stelle fteljenben ehemaligen ftcnerljaufe jroet <3a)uljimmer für bie ^olfdfc^ule einßeridjtet. einjelnc ®a)ul* flaffen waren bi* 1886 mangel* an Sajulgebäuben in "Prioatroo^nnngen unter« gebracht.

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^fotabetm im 19. 3abrbunbert.

an ber Imljgartenftrage (1894), am griebrid)3berg (1898—1900), ber ©d)lad)tf)of (1888), ber ©aalbau (1896- 1900), bic grauen* arbeitSfdjule mit fiöfdjgerätefdjuppen (1893), bie fatfmlifdje Stirpe (1889-91), bie ©nnagoge (1892—93), bic eoangelifdje ©tabt^ ttrdje (1895-99), ba§ jetzige ftranfenf)au§ famt 33latternbaracfe (1871), bie Ummanblung be§ alten ©pital§ in ein ©nmnnfium (1871), ju £ef)rermof)nungen (1884). Qm 3af)re 1876 mürbe, nacfybem ba§ s$frünbnerf)au$ burd) Unterbringung ber Qnfaffen in bie 5h*ei3pfleganftalt §ub frei mürbe, ba§ ftäbt. 2Baifenl)au§ oon ber ßalmerftrage bortfyin oerlegt. $a§ jetjige 2Baifentjau§ biente juoor al3 ©d)ulf)au§ unb mürbe erft anfängst ber 80er 3af)re feiner jetzigen $3eftimmung übergeben.

b. ©taatSgebäube: 3)a§ ^oftgcbäubc (1872-74), bas 9lmt3gerid)t§gebciube (1875, fdjon uor feiner Söollenbung brannte ber $ad)ftuf)l herunter), ba§ <Mmt§qefängni§ (1898-99), ba§ gorftf)au§ (1899).

3)ie ©rögeltfjalmafferleitung mürbe 1872 75 erbaut unb gelegentlich be§ „^BedjerbranbeS" 187ö jum erftenmale bemitjt.

kluger einer DJeifje erft jetjt projezierter, nod) unbebauter (Strafjen in ben r»erfd)iebenen ©tabtquartieren rourbe ein groger Seil fdjon früher geplanter ©tragen teils angebaut, teil§ oollenbet, ebenfo alte ©tragen nollftänbig ausgebaut.

A. SMenbet mürben ist ber Att: $ie ^oljgartenftrage, (£almerftrage, Xurmftrage, SEöalbftrage, SHennfelbftrage, sJtagolb* ftrage, ®emerbfd)ulftrage. B. Seilmeife bebaut : 3)ie ©t. ©eorgem fteige unb «©trage, bie ^evmannftrage, ©opfjienftrage, 5?lingftrage, bie lange ©teige, bie SJtelancfytljonftrage, s.£Börtf)ftrage, siöerbcr» ftrage, ©eebergftrage, ber ßücfenroeg, ba£ SHumpelgägdjen.

Auf iVut ?Hob, öejw. ber 38tftlcfm$tiöfic. Seilmeife bebaut: $ie Sameuftrage, giieben$ftrage, gelbftrage, ^Bagnev- ftrage, (Senoffenfdjaftsftrage, ^lebeniusftrage unb ftanalftrage.

3m „Seban". A. 93ollenbet: 93leirfjftrage, s-JSeir)erftrage, Xurnftrage, $illfteinerftrage, 3aljnftrage, 9Jobftrage, SRabenftrage, ©d)euernberg= unb (Snjftrage. B. ieilmeife bebaut : 3)ie Rallbarbt- ftrage, ©d)iegf)au§ftrage, s2lblerftrage, ©djroaramalbftrage unb Äaifer griebrid)ftrage.

?n 5er tSeflflabf. A. 3Menbct: $ie 3errennerftrage bi§ 3ur SBabgaffe, Öeopolbftrage, 9at)n$ offtrage, Scftl. föirlfriebrid):

neu angebaut : $)ie Sunnelftvage, Ofterfelbftrage, 2)urladjerftrage, ©renjftrage , 53elfortftrage , SBimpfenerftrage , dmilienftrage, 3errennerftrage uon ber 93abgaffe an, ftienleftrage, Colinen» bergetftrage unb bie Sabgaffe.

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Worpheim im 19. 3abt&unbett. 339

Autrikl'. A. Vollenbet : 2>ie ftaifet SBilhelmftrafje, ©onnem ftrafje, .£>od)ftraj}e, SBiSmarcfftrafje unb s2luerbad)ftra(*e. B. Xeih roeife bebaut: ©d)effelfrraj3e unb ^achelftrafje.

2.> aii u lio Ol ab ttri f. A. Vollenbet: fiinbenftrafje, Stefanien« ftrafje/ (Srbprtnjenftra^e unb ßilbaftrafje. B. Seilroeife bejro. beinahe bebaut: $ie ©üterftra&e, (Srftngerftrafje, (Sifingerftrafce, ©d)ül$enftra{}e, 3"^n9«v Mee, ©rbprinaenftrafje unb SBrettener* ftrajje.

Annexe Stakt A. Votlenbet: ®ie Oeftl. ßarlfriebrid)* ftrajje, Schillerftrafje unb ©arteuftrafje. B. £eilroeife bebaut: ©umnafiumftrafje bis ©artenftrage, ^"fetftra^e, Verl. ®erber= frrafje unb ©choftgatterroeg.

Jlftdabt. 3um Seil bebaut : $ie parfftrage, SJtoltfeftrafje, ^illermörthftrafje, ©chlachthofftrafte, ©nmnafiumftraf3e oon bev Sltftäbter* bis jur Oftenbftrafce, Sticfelhälbenftrafie, 5ln§^elmftra^e (früher Vlumenhecfenmeg), 35ammftraj3e, Deftl. ftarlfriebrichftra&e nom Ockfen an (1885 für 12 250 9ftf. 2)ie Verlängerung mar fdmn 1842 geplant.)

£üd)tige s3lrchiteften fdjufen im testen 3at)r$et)nt «ne ftatt* liehe 9teit)e oon $rad)tbauten, bie ber Stabt feljr jur 3i^'be gereichen. Sflit ber Verbreiterung ber roeftlidjen unb öftlidjen ftarlfriebrid)frraf$e fdjafft bie Stabtoerroaltung ben bort neu ju erfiellenben 2lnroefen sJtaum, Suft unb £id)t, bie ©runb- bebingungen gefunber SBohnungSoerhältniffe. 2)ie Sinbcnftrafte

(baS alte -ßiöeuNeröä&tfK11) W ourc{) ocu Umbau uon 1875 unb bie neuerbingS bort entftanbenen oillenartigen ©ebäube ju einer ber fchönften Strafjen ber Stabt geroorben. (Gegenüber bem ®a3* roerf erftanben in ben legten fahren eine Oieifye oon ber Stabt erfteüter, billiger guteingeridjteter Slrbeitermoljnungen. $a3 Dtennfelb ^at ftd) ju einem ber fdjönften Stabtteile auSgebilbet, unb mer etma nach 20jähriger ^Ibmefenheit fid) heute roieber bort umfehen wollte, mürbe ftd) faum mehr auSfenneu.

hieben ben Neubauten im Qnnern ber Stabt ift in ben let3ten fahren in oer luftigen, malbnahen Sage auf bem 9iob unb in ber Schroarsmalbftrajje ein neues Villenoiertel entftanben, beffen s2lnmefen als gefunbe ©ohnungen mit herrlichem StuSblicf in§ (Snjthal eine roahre SehenSmürbigfeit bilben. Sie jeigen faft burchroeg im Qnnern unb 2leujjern ein referoiert oornehmeS ©epräge, bei wohlüberlegter ©runbri jjbiSpofttion feinen übertriebenen Komfort in ber s2lu3ftattung. bequeme Eingänge, ftorribore unb treppen, geräumige, I)or)e/ nach ^rcr Veftimmung mol)lorientierte, Suft unb Sicht Bugang gemährenbe Limmer, 2Öaf|erleitung, ©aS* bejm. SleftrisitätSeinridjtung, h"M^)e ©arteuanlageu unb faubere #öfe baoor finb bie Vebingungen biefer 5lnmefen. sills baS fchönfte barunter barf mohl ber sJienaiffancebau beS £erru

22*

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340 ^forjbetm im 19. 3abrtmnbert.

©tabtrat^enfel bezeichnet roerben, neben bem £)itler'fchen ©djlö&djen, bem SBieber'fchen $aufe (<£cfe ber ßinben* unb ©chulbergftra&e), unb bem ©üüd)Tfd)en 3lnroefen (roefil. $arlfriebrichftraf$e), überhaupt ba$ fdjönfte #au§ ber ©tabt.

feeniger anmutig präventieren fid) bie oft eine gan^e ©trafjenjeite einnehmenben gleichförmigen 53acffteinbauten, bie r»on fpefulatioen Unternehmern al§ Sftietroohnungen errietet mürben.

3m Sdtyxt 1879 erhielt ber SJtarftplatj eine neue Qitxbt burd) ba§ ftriegerbenf'mat, baS auf 21 968 9ttf. ju ftetjen fam.*)

3)a8 alte am dingang ber ©d)lof}bcrgftraj3e für ben 93er* fefjr menig günftig plazierte SHarfgraf drnft*35enfmal rourbe am £eopolb§ptat}, gegenüber ber SRiecfer'fchen 53uchhanblung auf* gefteüt.

$lud) ber fd)öne Brunnen mugte entfernt roerben, beffen Serbinbung mit bem neuen Äriegerbenf mal bemfelben ju bem 3lu§brucf ber ftraft unb ©tärfe aud) ben ber Slnmut oerliehen hätte.

3)ie enorme 3"«öhme ber (Sinroohnerfchaft oeranlaftte bie ©tabtoerroaltung ein neues ©tabtquartier auf bem ©fibabhange beS 2Bolf§berge§, nörblid) ber 93ahn, anzulegen. roirb oorau§= ftchtlidj nach wenig Sa^xttt eines ber fünften ©auoiertel ber ©tabt fein.

2Benn bie 93auten ber ©rabmeffer ftnb für ben ^$ul§fd)lag be§ ©emeinbelebenS, fo barf oon ber gegenroärtigen *ßertobe gefagt werben, baf3 fte bie glücflichfte ift, bie ^Pforjhcim je ge* fehen hat.

$ie ©efamtjahl aller ©ebäube belief ftch 1800 auf 780,

1810 784, barunter 644 SBofmhäufer,

1855 1590,

1856 1639 (in biefem 3af)re rourbe eine neue sJcummerierung ber Käufer unb bie Einteilung ber ©tabt in 5 Quartiere oorgenommen).

93on Januar 1857 bi§ bahin 1866 rourben h^cr Durch Neubau 250 ^ofraiten errichtet, ferner 272 neue SBolmhäufer, 10 neue ©djeunen unb 14 fonftige SRäumlkhfeiten. 9Son älteren s4Bohnhäufern erhielten 63 neue ©toefroerfe, an 76 rourben ©eiten* unb Runter a.ebäube angebaut. 3)ie ©efamtjahl ber 1866 beroohnbaren §ofratten betrug 959. 33ei einer ©eelenjahl oon 17 000 Äöpfen tarnen bitrchfdjnitttid) 18 SBeroolmer auf ein 9Bo$ttbail&

3m 3ahre 1884 betrug bie puferjahl in 113 ©tragen = 1700.

•) 35tc Crimucitjuuö geföat) am 18. aWai 1879 im »eifein beö <£rb*

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Worafcün in 19. 3abrbunbett. 341

2>ie ©efamtaafyl fämtlicfyer $aupt*, kleben« unb hinter* gebäube betrug nad) bem ©tanb auf 1. Qanuar 1900: 3ür bic Stabt ^forjljeim unb bo§ #ofgut $aibadj 6408 mit 2791 2Bof)ngebäuben unb mit einem $ranbnerftd)erung§anfd)Iag von 71525 270 2flarf. £ieruon finb au§ (Stein : 3255, ©tein= riegel: 2140, §otj: 1013.

3)ie $ad)bebecfung ift bei 6319 ©ebäulid)feiten feuerftdp, 32 fyaben $olfr, 2 (Strot)=# 46 *|kppebebad)ung unb 9 ©ebäulia> feiten ftnb of)ne 3)acf>. Qaty ber ^rioatnerfidjerungen (©ebaube* fünftel) = 2398 mit 13 562 520 9ttf. 93erftd)erung§anfd)lag.

SJrüdictt «nb Stoße.

9iod) ct)c ba£ £odjroaffer im Sluguft 1851 bie eiserne 2luer 93rücfe fortriß t>attc ber ©emeinberat ben Umbau berfelben mit einem eifernen Oberbau nad) bem s$lane be§ Ingenieur 9täfjer in s$for$f)eim befdjloffen. (£3 mar bie erfte größere eiferne 93rficfe nad) bem ©nftem ber ©itterträger, roeldje in ©übbeutfdjlanb errichtet mürbe unb sugleid) bie erfte 3luffüf)rung biefer 2lrt, roeldje bie fpäter im SBrücfenbau fo berühmt geworbene girma 93encfifer fyerfteüte.*)

3m $ejember 1862 rourbe uon ben ftäbt. Kollegien ber Neubau ber SKofjbrficfe burd) eine eiferne ^ogenfyängefonftruftion im 9(nfd)Iag uon 40 000 jt befdjloffen. 3)er <3teg über bie sJJagolb beim Kupferhammer rourbe im 21pril 1863 erneuert ; im 3af)re 1880 rourbe er nebft anberen 33rücfen com #od)roaffer roeggeriffen unb burd) einen eifernen erfefct.

$ie Ueberbrücfung ber ©nj beim ginrenftein'fdjen SBefjr (jefct ^nfetfteg) rourbe fdjcm 1874 projeftiert. 9Hef)rere sJtad)barn gaben freiwillige Beiträge, im ganzen 3000 (L, ju biefem Qmdt jur 33erfügung. (Sbenfo rooHten bie f)erren (Stein* mann unb 3tmmermeifter 3^ctmanr ben erforberlidjen ©runb

*) Sie Xuerbräde foU mit ber ßnjlorreltion burd) eine neue »rüde erfefct roerben. Die ftonftruttton unb beroratioe Sludftattung wirb ber Umgebung angepaßt toerben. (*s ftnb bafür 210000 War! Äoften oorgefetyen.

»ei einer 33efeftigung beö großen Pfeilers unter ber Suerbrürfe nad) ber Ueberfdnoemmung oon 1824 fam ein Duaberftein jum «orfdjein mit ber Jnfrfmft

Anno MDLXXIIl

„$aS (rufe mit grojj äüaffergüffen

Sic «nie! mit Wroalt in Stud ocrrtfjen

Sarum ein 9tat oon biefer (9'mein

Xcn Pfeiler fefct oon fjarten Stein;

35er l'anbesfürft SRargrao (Saroluö

Sen Stein legt felbft' in tflufc." llrfunb(id) v.'.m erftcnmalc roirb bie Slucrbrüdc 1H5H als „8teonin «rüden" genannt. 3m '^abre 1522 rift fic ber Giögang fort ; fie muft alfo bod) lang gehalten tjaben; im ^a()re 1573 fobann lief* Marl II. bie neue «rüde bauen, barauf bejie^t fu$ obige ^nfajrift.

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342

^forjbeim im 19. ^abrbunbert.

uneutgeltlid) abtreten *u biefem bringenb nötigen Vau. sÜ\i$- geführt mürbe berfelbe nad) harten kämpfen nnb ^eitungSfebben erft im ^abre 18!>8.

3m 3af)re 1880 erftanb bie oon Vencfifer fonftruierte SÖerberbrücfe, ein ebenfo jwcdmäjjiger als imponierenber Vau, n-äfyrenb bie gleid)*eitig bcrgeftellte Ältftäbterbrücte, 8O0OO3Rt., mof)l einige Vieler breiter fein bürfte. 3lm 2!). ^uü 1883 würbe ber (^u^teg am ^inbcnplat} bem Werfet)!* übergeben. 2)er 3teg am 3tabtgarten, uom Verfdjänerungsuerein mit einem ^lufroanb oon ca. looo SRarf erridjtet, ging im September L886 in ben sBcfxl3 ber 3tat>t über. Ter Umbau ber SJJetjelgrabenbrücfe an ber 3^I)"!^ane mürbe im Cf tober 1884 bewirft

StaaUiäe -aeßdr&en.

Verwaltung unb ®crid)t.

3a!>rt)unberte lang hatte bae 21ml feinen 3it* in bem ©ebäube, n>o fid) feit 1*25 ba§ ®aftf)au$ jut Shone befinbet. 3u biefem ^abre oerfaufte ber Staat bas ftaui um 7000 ©Ib. au ben Damaligen ftroueuwirt 3£eber, beffen (5nfel nod) ben Kaufbrief beftyeu. 3'» Crleans'fdjen Kriege mürbe ber XaaV ftubl famt bem angebauten Xürmdjen mit Uhr ein Laub ber flammen.*)

3ur Veftrafung uieler Vergeben, bei Laufereien, Körper^ uerleljung :c, wie pe gegenwärtig ba* 3d)öffengerid)t befd)äftigen, würbe 511 Einfang be* .^abrbunbertS furjer £>anb bie si?riigel- ftrafe in "Dluwenbuug gebracht. Tie hölzerne Vanf, auf welcher ber Verurteilte feine ^rad)t 3torfftreid)e empfing, ftanb für ge^ wöhnlid) im .frofe be* Slmthaufe*. 311« Verfd)ärfung ber Strafe würbe fie aber jumeilen aud) auf offenem SRarfte aufgeteilt.**!

Kür tobe*würbige Verbredien fanb nad) ber alten „bodmot^ peinlidien \>aI>aerid)t$orbnung'' ber Walgen vJlnwenbung , ber nad) einem ber iHoUer'fcben Wefdiidjte s^f Olxheim* beigelegten cituationrplan in ber sJiäbe ber alten Sicfenbronner 3traf>e redjtö 00m ÜBalbeingang ftanb.

Tas neue iHmihau* würbe im 3abre 1*25 belogen (ftebe bauliche Veränderungen) unb enthielt fämtlid)e Öefd)äft*fteÜen

*) i«t:rfVrmeoter unb ^ammtornehiner veinrief) Uiauer bemirfte IM»' ben Umbau \>au»c« in feiner iehnuii Henau.

*') Wcrimtaftl Ate itorfiiuttter mar ber ?hm>biener bes CberoiMt*. ichntolf, etil Cttiimal, mit c«> heimutaae allerbtnge niebt mehr oorfommen tonnte. Iii* .Mmt*>iKMmuu* unb ctbmoll« fttobnunp befanbcit fid) im Tonnen imiblivrö&cn, im bumai ta.cn Quellt hau« 1 honte >>cti unb i^fleacanftalt). *'id) t lriuiiui ai'Hitditet war Holl', „her btrfe .'linttmuin", benen „(Hein" mid) bem v.Hi>cuUaui>en ber ;{ea noeb int lohe teilte ."Huljc ftuben tonnte unh im £ob bergnalbc umaeljcn nuipte.

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iftrim 18*3—64.

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^fotabcün im 19. 3abrbunbert.

343

berSkrroaltung unb3uf% sM\t ber ftetig juneljmenbcn (£rroeiterung ber 5Imt^gcfd)äftc, ber bamit jufammenfjängenben ©efd)äft£teilung unb ber 93ermef)rung be§ 33eamtenperf onal§, ^abcn ftd) bie 9Mumlid)= feiten beute für bie SSerroaltung allein fdjon al§ unjulänglid) erroiefen, roe§f)alb mit bem Neubau eines ^3ejirf§amt§gebäube§ bereite begonnen rourbe. 2)a§ gefamte SBermaltungä-- nnb ©erid)t^- perfonal beftanb 1859 au§ bem Oberamtmann, einem Amtmann, einem föeferenbär, einem föegiftrator unb jmei Aftuaren. $)aS 2Imt3reoiforat (in ber ütt^gerftrafje, 2Bo^nt)au§ be3 SßermatterS ber $eil = unb s$flegeanftalt) beftanb au§ bem 9mt&remfot unb einem Slfftftenten. ®egenroärtig $tyt ba§ SBejirfSamt ju feinen Beamten ben 9lmt§oorftanb, einen I. unb einen II. ^Beamten unb einen 9(mt3gelulfen , einen SHeoifor, einen ftanäleifefretar, einen flieoibenten, einen Diegiftrator unb 10 3Utuare.

93i§ 1843 führte ber SlmtSuorftanb ben Sitel „Oberoogt", ber lefcte Oberoogt mar Deimling, ^m Saufe be§ 3^rl)unbert§ befleibeten biefeS 3Imt:

Seit 1803 Benjamin iHotf), 1823 Deimling, 1843 ^Böbme, 1844 o. 9*eubronn, 1847 glab, 1849 $ed)t (suoor £ofgerid)t3* affeffor in 93rud)fat), 1861 SBinter, 1864 Sad)3, 1868 £epting, 1872 3oo8, 1874 o. Sdjerer, 1878 Siegel, 1883 N?fifter, 1891 öfterer, 1896 ©ebeimer 9tegierung3rat $otymann, 1899 ©efy. SHegierungSrat 9lebe.

W*> jum 3af)re 1876 befanben fid) 53ejirf§amt unb Xmt* gerid)t beifammeu im alten ©ebäube. s3lm 21. ^uli biefeS Qabre* mürbe ba§ neue 2lmt3gerid)t§gebäube in ber Sinbenftrafje besogen unb am folgenben £age bie evftc Sd)öffengerid)tsfit3ung bafelbft abgehalten.

Q3ei ber Trennung beiber Remter 1857 blieben bie bis babin in ber (Sigenfdjaft als Startmann beim Oberamt angeftellten Slarl ü. $injenti unb ©ärtner als Amtsrichter t}ter. sißät)renb letzterer im Sluguft 1860 »um Oberamt§rid)ter ernannt bis 1872 auf feiner Stelle Derblieb, rourbe Amtsrichter o. $in$enti 1857 fd)on nad) Karlsruhe oerfetjt. 2)er $>ienftnad)folger ©ärtners mar 2Jtor§ oom Wlai 1872 bi§ ju feiner 1895 erfolgten 3urube- fetjung. Weiterhin begleiteten am sßforäbeimer Amtsgericht ftidjterftetlen :

AmtSridjter ftamm 1858 -1862, Horner 1862 -64, ©erftner 1862—64, 93oefb 1864—69, Sd)ember 1864—68, Sflittell 1868 bis* 1871, 93uf3 1869—79, (Hmft 1871—72, SBeff 1872-1874, Uibel 1874—1879, Horner 1876 -77, u. Stengel 1877-1878, Arnolb 1879—1881, Birf 1878—1886, @Uer 1879 -1883, Sflittell 1881—1889, 3oün 1886—87, £ein3hetmer 1883-1889,

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344

$fotabeim im 19. 3abrbunbert.

gren 1887-1890, d. 93abo 1887—1895, ©autier 1889—1894, m$ 1890-1898, Defterle feit 1894, ©djopf 1895-1899, ©locf 1895—1899, Itybe fett 1898, SBenber feit 1899, S)r. Serot* feit 1899.

<5d)on feit ben 20er Sauren machte ftd) in ^forj^etmer #anbel§* unb gabrifantenfreifen ber SBunfd) geltenb, ein tfoüegial* geriet am Orte felbft $u befttjen. 3m 3)eaember 1831 reichte bie ©tabtoerroaltung ein ©efud) ein an ba§ ©taatSminifterium um 3"cr^e^utt9 eme§ folgen unb begrünbete baSfelbe Damit, bafj s$forjbeim burd) |>anbel unb gabrifation me^r wie jebe anbere Stabt SHedjtSftreittgfeiten, namentlich 2Bed)fel* unb IjanbelS- fad)en=^rojeffe ju führen habe, bie befanntlidj ju ben fc^miengften gehörten unb beren dntfdjeibung häufig ber $ompeten$ ber &olIegialgerid)te jufaden mürben. 35ie (Eingabe fanb roeber eine ©rroiberung nod) (Sntgegenfommen.

©efamtjahl ber 3u)ilprojeffe beim $lmt§geridjt $f or^eim :

SBergleidje

Urteile

Zahlungsbefehle

©anten

1857

55

294

1126

6

1858

275

395

1415

7

1859

240

353

1468

7

1860

333

412

1581

8

1863

?

?

2501

18

1872

?

1 ?

2490

22

3al)r

Betreibungen

Wanten eröffnete

Ctoil* proseffc tmref) Smtfc geriet erlcbigt

^fanb= urlunben

Kapital« Unterpf änber

3-

6

ei

H

jogene Stegem fttaftfc Boll* ftreef« ungen

Soll* jogene

u. ftalm* früajte;

ftrerfs ungen

Kapital Betrag

CO

Kapital Betrag

«3

1875

3848

26

71

22

1918

4 239 404

416

1 463 634

910

1876

4555

«0

137

65

2717

2 354 966

374

2209441

1427

1877

374«

14

219

117

3747

1 759 900

357

3 203 993

2123

1878

3197

88

310

77

2794

1312951

389

2 122 785

2033

187»

2952

94

283

61

2209

1 157 755

328

1288 547

1698

1880

3583

181

103

9

1851

1275 773

401

316 010

355

1881

2859

97

145

12

1570

1 342 509

359

218643

257

1883

2464

123

17

1394

886000

272

77000

121

1884

2775

125

13

1688

842 000

237

108000

105

1890

3033

•>

166

27

2165

3 384000

415

2086 000

251

1895

3231

22

178

33

2155

5358 000

544

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Worabetm im 1& Sabrbunbert. 345

9Hit ber ©Reibung beS SesirfSamtS üom Amtsgericht mürbe auch baS "poliaeimefen neu geregelt. bisher lag baSfelbe in ben £änben ber Stabrnerroaltung, mürbe aber nunmehr bem SBejirfS* amte unterteilt.

3m 3a$xt 1859 beftanb baS ^olijeioerfonal aujjer bem Kommiffär auS einem (Sergeanten unb 8 *ßolijeibienern. ©egen* roärtig finb 1 Kommiffär, 1 3Bad)tmeifter , 6 (Sergeanten unb 52 Schutzleute in ber Stabt. $)aS $auut=<Poliseiroachlofal (mit ununterbrod)enem XageS* unb 9tod)tbienft) befinbet ftd) im Sftat= häufe, ein anbereS in ber QfpringerftrafU 6 a unb feit turpem nod) ein weiteres tm „Seban". 3)ie StaatSpolijeibiener erhielten com 1. Qanuar 1877 ab ben tarnen „(Schulmänner".

3lm 31. 2)ejember 1865 mürbe baS ehrroürbige Snftitut ber sJtad)troäd)ter in s$forjh*im aufgehoben unb bie ^ßolijeh mannfd)aft, welche beren fyunfttonen übernahm, bementfpredjenb oermehrt. (Sine Kontrolle beS SDienfteS ber Seute, meldje bamalS eingeführt rourbe, ift feitbem roieber abgefdjafft roorben, nämlich bie Kontrolluhren.

3n unruhigen Reiten, roie §. 93. in ben 9teoolutionSjahren 1848/49 unb im 3ahre 1866 mürben jur Aufrechterhaltung ber öffentlichen Sicherheit auch Bürger, Turner unb Jeuerroehrleute für ben SDSachbienft beftimmt. So oereinigten fich bie beiben Umgenannten Korporationen unb eine größere Anzahl greiroilliger 1866 ju einer Sid)erheitSroad)e.

^oliseifommiffäre maren feit bem Seftehen ber ftaatlichen ^olijei :

@id)robt 1857/58, ^preu 1858/59, Eenjinger 1859/61, 93au* mann 1862/67, Eifchoff*) 1867/69, ©antner 1868, Argaft 1873/77, £äufer 1877/81, ©uggenbühler 1881/84, oon SJiai 1884 bi§ h™te Seifert.

3ur £anbf)abung ber SBaupolijei finb bem 93e$irfSamte befonbere Sadjperftänbige beigegeben, gür bie Stabt oerfieht biefeS Amt 93autontrolleur unb Ardjiteft $annemaun. tiefem 5ur Seite ftet)t bie DrtSbaufommiffion, beftehenb auS bem Stabt* baumeifter unb 4 Sftitgliebern.

3>ie StaaUanwattffiaft.

3)em 2anbgerid)te Karlsruhe jugeteilt, ^at biefelbe feit 1879 in s}3forjhetm ihre Vertretung. Sie umfaßt bie Amtsgerichts* 93ejirfe ^forjheim unb ^Bretten.

AIS StaatSanmälte maren tf)ätig: Uibel, Arnolb, Hölter unb feit 1900 Schlimm.

•) fUM Dffaier im Jclbjuge 1870/71 Ratten.

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346 vJMorabcim im 19. Sabrbunbert.

Seit 1879 beftef)t eine eigene ^viminalpoUjci. Hriminal^ fommiffäre roaren; Stier bi§ 1899, ftanfer 1900, Eittiger feit 1900. 2)ie tfriminalfdjutjmannfdjaft bcftct)t aufcerbem nod) aus 1 Sergeanten imb 2 Sdjutjleuten.

$ie ©enbarmerieftation s}3forst)eim umfafjt einen **Bad)t* meifter, einen SSijeroadjtmeifter unb brei ©cnbarmen.

3m 3a()re 1848 maren 2 1l\eM*anw&tU I)ier, v. 93etti unb ber burd) feine $eilnal)me an bem 1848 49er 3tufftanbe befannt geworbene <3d)lemmer. Swv 3«t ftnb 7 Anmalte f)ier tf)ätig.

Notare roirtten im 3af)re 1859 in ^for^eim 4, einer für bie Stabt unb bie Orte 33üd)enbronn unb ^>iUmcifjenfietn, bie anbern für bie übrigen Sanborte. ©egenmärtig befte^en im ^ejirf 5 Wotariatsbiftritte.

Pas iMoi;tin-]o<\l'i(1')i' ^inanjamt.

91uf 1. s2lpril 1882 mürbe bie 2)omänenoermaltung s$for^ beim mit ber Obereinnebmerei Bereinigt, unb bie fombinierte $ejtrfsuerred)nung führt fett 1. s3flai 1895 bie ^ejeicfymmg „g in an samt".

$ie Obereinnebmerei befanb ftd) bis in bie 40er %a1)ve in ber Stiftsftrafje, im jetzigen §aufe bes 2öeint)änbler$ (Smsfjeimer, bas fpäter ftefanatsgebäube mürbe.

Soweit bie Wanten ber Beamten aus Sitten unb s43erorb- nungsblättern aufoufinben waren, mögen fte f)ier folgen:

©ßemnncftmer :

53ittmann, ©fjriftian griebrid) feit 1837,

$3auer, "Öernbarb feit 1839,

Kräuter, ßfjriftian feit 1844,

ftappler, Öofjann 33apt. feit 1849,

Sibert feit 1856,

fteinbarb, Sflorifc feit 1857,

©ei&er, ^idmef feit 1878.

ftßfmnncftmcr nnb I>omänenpcrmattcr:

©raff, 5larl feit 1882,

©üntfjer, Oofef feit 1886.

$6crftcttcrtnrpcfitor :

.frofftaetter, Jeimann feit 1891.

Ute Beamte Jvinanjaffefforen ftnb bem Jyinan$amte feit 1895 ^geteilt:

Roller, $r. Otto feit 1895,

8-ud)S, ^bilipr feit 1897,

ffiatbel, 2ubmig feit 1897.

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^fotabcim im 19. 3abrbunbert. 347

Pomänenvexwattex :

<£receliu3 (flmttfetter) bis 1828,

Deimling, SEBiüjelm feit 1828,

«öittmann*), (£f)r. griebrid) feit 1839,

Sodann ©eorq feit 1848, man, »t, Otto 1852 bi§ 1881.

?te Steitcrctnwcfimeretnt.

3)a3 Unterfteueramt mar früher jugleid) Qottbe^drbe. Severe ©teile bat jefct al§ „Webensollamt" eine felbftänbige (Stellung. $)ie Steuereinnehmern befte^t au§ 3 felbftänbigen 3ablftcüen, roooon 2 auf bem ©djlo&berg, bie britte, roegen be§ 3leifd)accife3, im <5cf)lad)tf)of untergebracht ftnb.

Solange bie (5tabttf)ore nod) ifjre amtliche SBebeutung fjatten, erjftierten aud) bie £t)orroarte, meiere früfjer aüroöcfyentlid) unb fpäter täg(id) ben 3lcciforen ifyre Rapporte madjen mußten über Sßief)* uno SBeintranSporte.

Pao OtntrrlionimilTiuiat.

früher Steuerperäquatur genannt, umfaßt bie ©tabtgemeinbe unb 93röt}ingen. (£3 beftef)t au§ bem $orftanbe, au§ brei Beamten unb mirb in feiner ^ätigfeit unterftütjt oom Steuerf djaljungs* rate, beftefyenb au§ bem jeweiligen Oberbürgermeifter unb 14 SdjatjungSräten.

©eit 10 ^a^ren befielt in ber ©tabt eine

Sektxon int 33 a (Ter- uno Straßfitßatt.

S)ie 33orfter)cr biefeS s2lmte§ roaren: Sriebrid) SBagner, Sftonligni) unb feit 1899 Subro. 9Jteefc, ©rofft. ^Bejirf^Qngenieure.

Pas miritärildu' ^tefbeamt

rourbe lange Qafyre f)inburd) nur oon einem 53ejirföfelbn)ebel (juletjt <5d)önfelber) unb einem militä'rtfdjen ©djreiber uerfefyen. ©egenroärtig leitet ba§ 9(mt ein 93ejirf§offt$ier, SRajor *8ocf, bem ber Stontrollofftsier 9lbolf <5d)äfer, Hauptmann ber Sanbroefjr, unb 2 gelbroebel unterftellt ftnb.

Smti1a)e Wawattuna,.**)

Bürger unb ©emeinbebeamte.

2Bir fjaben au3 bem *Jkioilegienftreit erfahren, warum unb rote bie Slenberung ber uralten ©tabtoerfaffung t?or ftd) gegangen

•) 2Öar erft Cbereinnefjmcr.

•) ÖcnerallanbeSardjtD, 3af>rc«bcrid)tc ber "panbclötommcr, „$eobci($tcr" unb „Steiger".

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348

Wotjbeim im 19. Sabrbuubctt.

ift. 3)ie neuen 93erhaltniffe »erlangten gebieterifd) eine foldje Aenberung. Allein bie s$for5hetmer Ratten fid) in bie iljnen lieb geworbenen ^ßrioilegien fo ^inetngelebt, baß fte immer roieber iBerfudje machten, roenigftenS einen £eil berfelben jurücfjucrobem. 3m 3ot)re 1804 enblid) follten bie ^rioilegien in jeitgemäfjer Seife erneuert roerben. $ie Regierung ^atte fdjon 1800 mit ber Aufarbeitung be§ Entwurfs ben Oberoogt SHort) beauftragt.*) Aber bie fortroäijrenben $rieg§unruhen ()inberten bie Einführung beS Statutes. bereits 1806 hatte bie ©tabt auf oerfdjiebene SHedjte nerjidjten müffen unb 1808 oerlor fie auch ihre SDWisfreiheit $od) blieb ber Vorteil befielen, ba| bie ©tabt nur % jungen Seute in Rechnung bringen unb bie 511 ftellenben SHefruten burd) Werbung erfefcen burfte. 3ur Erleichterung rourbe 1810 bie fog. SBerbefaffe in§ fieben gerufen, bie inbeffen mit bem 51uf^ hören be§ legten föefteS ber alten grciheiten it)re 93ebeurung uerlor. 2)amit änberten fid) fclbftnerftänblirf) aud) bie fonftigen Sßerhältniffe ber <5tabt. 2)a§ ©emeinbegefetj oom 3ahre 1831 machte jeber AuSnahmeftellung ber Bürger ein Enbe unb traf bezüglich be§ Ort§regiment3, ber SBenualtung be§ ©emeinbelebenS u. a. für alle Orte be3 £anbe§ bie gleidjen SBeftimmungen.

93i§ jur Einführung ber neuen ©emeinbeorbnung gab es» oiererlei Einroohner, nämlid) Bürger, «£nnterf äffen, 3uben unb gefreite Einroohner. Sßollbürger roaren bie an bie ©emarfung EigentumSberechtigten ; Lintert äffen roaren jene, roeldje fpäter einroanberten, bie ab* unb jugehenbe Arbeiter* unb $aglöhner* beoölfcrung, roeldje nid)t in ba§ nolle SRecht bürgerlicher ©enoffen* fdjaftSeigen hinter eintrat. $ie 3uben waren fog. ©dju^bfirger, bie burd) eine oom 2anbe§h«vrn beftimmte ©umme oon bicfem einen ©djufcbrief auSgeftellt erhielten, ber ihnen erlaubte, an be* ftimmten Orten 511 raobnen unb #anbel ju treiben.**) $iefe be*

*) 6ine Stelle be$ ttotn/frten ^rioileg-öntiourfs lautet: „Tie biefige Stabt, bereu ilolffyabl fid) ungefähr auf 5000 beläuft, treibt einen grofcen £oljf)anbcl uub ift ber Sifc feljr bebeuteuber Bijouterie*, 2ua> unb anberer Jyabrifen, foioie oon Äupfcr; unb Crifenljammertoerfen, bie oon Jag ju Xag immer mcljr wnefpnen, unb beren $lnfel)cn unb Ärebit im Sluälanbe fo grop ift, bafe bie flcine ©tabt ^iforjbcim ben gröjjten otäbten isuropaä gleidjgeftcllt ift, ja in Slnfebung bed feinen (Mefdnuarfo unb ber Solibität ibjer Arbeiten biöiocilen oorgejogen mirb. 33ei weitem metjr als bie ftälfte ber Crimoobner befdjäftigt fid) unmittelbar mit bem .\S0l3fwnbel unb ber Bijouterie unb anberen ^abrifen, unb ber Witten biefer Nnftalten ift um fo einleud)tenber, ba fte unter bie wenigen in unferem otaatc gehören, lüobura) ein Slftiobaubel im Sluölanbc getrieben unb (Mclb berein gejogcu werben fann. £a .öanbel unb 5a&rifation nur in folgen ©tdbten gebeten fönnen, iuo bie oölligc ftreitjeit bed Bürgert befielt unb laftige perfönlidic Staatöbicnfte in Üßegfall fommen unb fub bie Ginmoljner oon früher ^ngenb an in ibrem (Mefdjafte au«: unb mciterbilben fönnen, mürbe "^forjbeim bie ^rcib,eit 00m sJ3iilitärbienft mgeftanben :c.

•*) Bio $um ^at)Vi 1809 bc-jog bie ^rrenlmuö^articular=JHcd)nung oon fämtlid^en ^uben eine Slufnajjmetare unb jroar oon fremben ^uben 23 fL 45 Sit.,

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"Bforabeim im 19. 3abtfranbett

fdjronftc ©cleitSfreiljcit beftanb für bic 3uben nod) bis in ba§ 19. 3at)rf)unbert binein. 3" &*n gefreiten ^erfonen jagten ©eiftlirfje, 3lerjte, üe^rer unb alle fürftlirfjen Liener, »ig pr dinfüj^rung be§ neuen ©emetnbegefefceS nmren fte befreit oon ©emeinbefieuern, grofynben u. f. n>., Ratten aber aud) feinen Anteil ain $emeinbenut>en.

3)ie 99ürgeraufnaf)metaren beftanben oor 1807 in 1 (Schilling «Pfennig für bie Stobt

oon einem eintjeimifajen 1B fl. 15 i(r. ald einen Zeil bed (Stnfommcnd. Später ging bie« WcfäU an bie Dberetnnebmcrci bej. bie fterrfebaft über, roelc&e bei ber allgemeinen Steuerperäquation gegen Vergütung einer ftänbigen Summe biefe Zaxe an ftd» *og.

3m SRärj 1815 erlangte bed 2lbrat)am Scltgmann JL'itroc SJadjlafi bed Scbufcgelbed pro 1813 unb 1814, bie Scligmann i.'cot Söitroc unb Satyrn Sdjlofi ben oon weiterer Gntricbtung besfclben. 3°fcPb iöobenbcimer SUioc. muftfe jäljrlia) 20 fl., üurfcb Solomon 24 fl. 25 Hr. bejaijlen.

ftrüljer mar ed nur fieben idr. Jyamilien geftattet, in ty'orjfjcim fcfif>aft 5U roerben, unb nur bad älteftc Hinb burftc ftaj in ber Stabt oerfjeiraten. Tie urfprünglidjen Familien oermcr)rten ftd> Memlidj ftarf, unb bie alte Sfcftimmuug mit ben „fieben" mar mit ber 3eit in itergeffenljett geraten ober oiclmefyr milbc gcbanbljabt roorben. 3m ^ab^re 1784 befanben fiel) in ber Stabt 13 ^ubenfamilien mit 85 Wöpfen. Tie Familien roaren: Dieter öobenbeimer, Diofc« s#obent)eimer , vi neb Solomon, SHapljael Solomon, Kaufmann Selig- mann, Slbrabam Seligmann, fter* 3)iofed Sßtoe., oMlil Wobei, ber Sorfteber, *Jdr üRobel, ber ^ubenroirt, Seligmann Vcot, Simon Sajleftnger, CSjc^tcl Srfjlcftnger, Solomon 9lron. 2lld 181B ein $rettener ftanbcldmann jraumann unter 2(nfüt)rung triftiger (^rünbe bad Sdmfcbürgerrecbt in ^for^eim fetten« ber Äreidregierung jugefagt erhielt, menbeten tun 17 C^efdjäftdlcutc gegen biefen »efc&lufe an ben örofeljenog unb betlagten ed, bafj „^forjbetm bie unglücflicfje Öeftimmung getoorben fei, frembe Israeliten obne bringenbe Wrünbe aufnehmen *u müffen, mAbrenb bie Stäbte l'aljr, Turlad), Jyreiburg baoon oer* fdjont blieben, roetl fte ftanbljaft gegen beren Ueberf)anbnet)meu ftd) gemehrt hätten. " Taraud folgten eine Steide oon ^rojeffen unb gegenfettiger Sic* fajroerben, bie bamit enbigten, bafj im ^abre 1834 Zraumann* unoenoeilte SJertoeifung nacb, Bretten pi erfolgen blatte.

Gin anberer $aU, ber einen Jbinierf äffen betraf, oerbient ald nid)t minber intereffanted fulturgcfa)ia)t(id)cci Moment gleichfalls Grroäbnung. Äm 13. Jebruar 1829 mürben bie Wcbrüber SJenctifer, bei melden ein gcroiffer Söeber aud beut Söürttembergifdjen einige $eit in Arbeit ftanb, jur ÜJerants roortung gebogen, toarum fte einen SHenfcben, ber fta) nicht genügenb über feine eigentliche Heimat audioeifcu (tonne, in Arbeit genommen hätten. Tarauf rourbe ber ^erfua) gemacht, ob nicht bie toürttembergifche SBeljörbe bureb eine freimütige Tarftellung ber 2}err)ältniffe SEBcberd ju beioegen fei, ba bcrfelbe aud Subroigett)al gebürtig, ihm unb feiner Familie bafelbft fceimatörecbt ^u gemäbren. Öorerft mufite ilm bie Stabt ^forUjeim bebalten unb ihm auf fein flnfueben einen l aft audftellen. Tie mürttembci'gifdje Regierung bed Scbman- roalbfretfeS ermiberte, bafe bic Stabtgcmeinbe luttlingen, }u melier ber Steiler iubroigdtljal gehöre, ben ^ol). ^yriebr. 21>eber alö 2(ngeb,örigen anerfennen toolte, ; n du aber bie aud ^infen^eim bei ttarlöruf)e gebürtige (r^efrau bedfelben. Tie Stabt fei jur 3lufnab,me berfelben nia)t oerbttnben, ba naa) roürttembergifdjem ®efefce eine oon einem ^ürttemberger ob,ne bei'onbere ^rlaubntö im w2ludlanb" gefcbloffene (£tje ungiltig fei. Tae milber benfenbc babifa)c Winiftcrium mied bie b^etmatlofe gamtlie nunmehr ^ifor3b,eim ju.

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350 ^fotabeim im 19. 3abtbunbert.

in 1 Schilling Pfennig für ben Schultheiß in 1 ben Nüttel,

©päter, alfo nach 1807, muftte entrichtet werben

a. für bie £errfchaft:

oon einem 2Rann 10 fl.

oon einer grau 5 fl.

oon einem Hinbe (männlich) 2 fl. 30 Hr.

oon einem Hinbe (weiblich) 1 fl. 15 Hr.

ferner ber gewöhnliche SBürger^fimbjoll, wooon aber bie ©tabt ben 4. $eil bejog.

b. für ba£ ©umnafium: 6 Hr. ^errfc^af tüc^e Xaye.

c. für bie Stabt:

oon einem ÜRanne 93ürgergelb 30 fl.

für 2 geuereimer 3 fl. 44 Hr.

für 2 Obftbäume 30 Hr.

oon einer grau 10 fL

oon einem Hinbe (männlich) 5 fl.

oon einem Hinbe (weiblich) 2 fl. 30 Hr.

d. ba§ ©tabtalmofen bejog: oon einem ÜWann 1 fl.

oon einer grau 30 Hr.

oon einem Hinbe (männ(ich) 15 Hr.

oon einem Hinbe (weiblich) 15 Hr.

e. ber O beramtSbien er r) a 1 1 e gu forbern: oon einem 3Rann 30 Hr.

oon einer grau 15 Hr.

oon einem Hinbe (männlich ober weiblich) 15 Hr.

f. ber SRatSbiener ebenfooiel, g. bie beiben SBetteloögte jeber 7l/t Hr.

Me biefe Jayen unb ©ebübren waren mit SBorwiffen unb ©utheifjen ber £)errfd)aft reguliert unb burfte ohne beren ©e» nehmigung feine 33eränberung ober Erhöhung ftattftnben.*)

S)ie #ulbigung mufcte nicht allein ber |>errfchaft, fonbern auch ber ©tabt geletftet werben. 3»n früherer 3eit gab bei ber £ulbigung einen feierlichen silu3$ug ber jungen Bürger auf ba§ (3tabt|d)ie§h<iu§ unb jwar am Harl*griebricb$feft.

$)a§ silmt be$ 93ürgermetfter§ war lange Qtit mit bem bei ®emeinberechner§ uerbunben. Inhaber ber beiben ©teilen war oon 1788 1815 93ürgermeifter Dreher. @3 würbe ihm, wie oor 50 3^hrc feinem Vorgänger Penning, nachgefagt, baf& er im

•) «ei einem otreite im ^aljre 1723 »erlangte bie *Jürflerf$aft ber 5öürflcrmeifterabred)nun9eabl;ör burd) deputierte anroofmen 511 bürfen, rourbe jeboct) abgeroiefen.

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^fotabeim im 19. Sabrbunbert. 351

9tebenamte nid)t immer blof* bcn ©emeinbenutjen im 2luge gelobt habe. 3ll§ an feine (Stelle Sürgermeifter ßvenfel (1815—1830) trat, würbe ba§ Stabtredjneramt bem ©tabtoerrechner SBitje* mann übertragen.

SBürgermeifter ftrenfel bejog einen ©ehalt oon 300 ©ulben, 3 ©ulben für Schreibmaterialien nnb 15 ©ulben „93om gren* pferid)", nebft 12 klaftern Mannen-- nnb ©ichenholj, 2 ftlafter Buchenholz nnb 600 Büfchel Seifig. $)er ©tabtrechner erhielt mit (Sinfchlufj ber Schreibmaterialien nnb ber anbern #älfte be§ „greupferich§" im ganzen 1G8 ©ulben 30 ßreujer. 4)ie £olj* befolbung beSfelben mit Beibehaltung feiner al§ 9kt§mitglieb ihm äuftehenben 6 Klafter betrug 9 Klafter Budjen* unb 3 Sllafter ©iehenholä.

$>er ©tabtbaumeifter £>emberger bejog in bar 150 ©Ib.

gür Schreibmaterialien 7 ©Ib. 30 $r.

Sämtliche OTitgüeber be§ ©tabtratS bejogen Belohnungen unb diäten für sJtebenbefchäftiguugen, wie OTarft^auffidjt, ßauf* hau§=3"fpefti°", SagerhauSoerwaÜung, gleifd)* unb 33ter)befd)au, 2Baifengerid)t u. f. w.

3)er ©emeinbeorbnung norn 3fat)re 1831 entfprechenb, beftanb bie ftäbtifd)e Berwaltung aus 12 ©emeinberäten, bem engeren 5lu§fd)uf$ mit 20 SJiitgliebern unb bem großen 9lu§fd)ufj mit 100 9Jlitgliebern. 3)ie SmtSperiobe be§ Bürgermeifter§, ©emeinberatS unb 5lu3fd)itffe§ bauerte 6 3^l)re. $er erftere bejog bi£ 1848 nunmehr einen ©ehalt oon 1000 fl. Sei be» fonberen $lnläffen fonnte ber ©emeiuberat feine ©itjungen burd) ben engeren 9lu§fihufj erroeitern.

£)ie .£>öhe ber Bürgeraufnahmegelber raurbe fortan jährlich burd) ben ©emeinberat * feftgefefct. ©o würbe im ^uii 1849 befdjloffen, bafj

ein $lu3tänber 200 fL, heiratete er eine Bürgerstochter, 100 fl., ein 3nlänber (Babener) 100 fl., h^vatete er eine Bürgert todjter, 50

eine SluSlänberin 100 fl., eine ^ntänberin 50 fl. ju jahlen hatte. $)a mürbe jeweils genau geprüft, ob grembe, welche ftd) einfaufen wollten, auch erwerbsfähig roaren, ob bie auswärtige Braut aud) ba§ oorgefchriebene Vermögen in bar ober in Siegen* fdjaften befa&.

2)as Statt) au£ mar in ben oierjiger 3ahv*n *m 3nnern nod) wenig ausgebaut; eine treppe lwd) gegen ben 9ftarft be< fanben fid) 3 SlmtSftuben für bie ©emeinbeoermaltung. dahinter befanb fid) eine weite «palle, wo ehemals bie £ud)märfte abge^ halten mürben waren. 3efct biente fic ben Bürgeroerfammtungen. 3m unteren ©toefwerf befanb fid) bie ^oliaeiwachtftube , bie gruchthaüe (ftornmarft) unb baS ©pri^enmagasin. 3m 3. ©toef

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352

Worabeint [m 19. ^abtbunbert

mar ber s^ ür^ er a u 6 f d) u fi u tt f a a I . #ur &'\t ber SKeuolution waren bie 3it)imgeu öffentliche, unb bie (Valerie war bem $ub(tfutn geöffnet Watfdjreiber (ftlein) unb 3tabtred)ner (tfübner) hatten ihre '-iBobuungen im WatbauS.

£ie Umtvicbe gegen bie ftäbtifdje Verwaltung von ber Glitte be$ ^abre* ls4s an veranlagten ben feit 1837 amtierenben xöurgermeifter SHubolf 3)eimlina }um ^Hücf tritt. @3 würbe oerlangt, bafj, entgegen ben bisherigen ^eftimmungen, roonad) ber SBürgermeifter 00m großen ^luöfc^u^ (feit 1838) \\\ wählen

6 crßürgcrin elfter Siaspax ö dimii)!.

war, berfelbe nunmehr bireft DOtl ber geiamten v#ürgerfd)aft gewählt mevben tollte. Gin leil ber Bürger, weld)er ben alten ßuftanb nid)t gcänbert wiffen wollte, fudjte bind) fein fernbleiben oon ben ^ürgeroerfammlungen biefelben befdjlufcunfäbig 511 mad)en, ma* bie Regierung }ti idjarfem 2abel unb jur 8traf- anbrobung bei fernerem Ausbleiben bemog. JJn einer fpäteren s«öürgeroerjammlung nuirbe fobann ber ^ejdjluft gefa&t, baß ber grofje Mufcfdmfj aufgehoben unb bie ^atjl bee '«Bürgermeifter*

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Üorabeim im 19. Sabrlmnbert. 358

bireft burd) bie 93ürgerfd)aft &u gefdjehen habe. 3(n Deimling? ©teile trat <£receliu8. 9tod) ber SReoolution würben oon ber Regierung 9Jlänner an bic ©pi^e be§ ©emeinberoefenS berufen, beren ©eftnnung al§ lonal galt. Sieben bem erften Bürger* meifter 3^enner würbe für ba§ neu gefdjaffene Waat eines jroeiten 93ürgermeifter§ ber bisherige ©tabtrat (£. ©chmibt ge* roählt. drfterer behielt fein 2lmt' bi§ 1863, roorauf ©d)mtbt bis jum 3a^re 1875 baSfelbe mit Umfielt unb ©efdncf leitete. s-8or allem bie ©d)itle, roeldjer er feine ganj befonbere 9luf* merffamfeit unb Jürforge juroanbte, beroahrt ihm ein gutes Slnbenfen. ©ein Nachfolger rourbe bei (Einführung ber ©täbte-- orbnung 1875 ber bisherige 53eigeorbnete ber ©tabt Carmen, $err ©rofj, beffen ©teile mit 70üO üJlarf botiert mürbe. 3n fdjroieriger Qeit unb unter ben benfbar ungünftigften Sßerhält* niffen tyat £err ©rofj ba£ ©teuer be§ ©emeinbefd)ifflein$ mit $raft unb ©idjertjeit geführt, ©eine 9lrbeit3fraft unb fein OrganifationStalent l)aben ftd) alSbalb auf allen ©ebieten bei- gäbt. $erroaltung oorteilhaft bemerfbar gemacht, fo namentlich im s)lrmenroefen, ba§ bi^tjer feljr im Birgen lag.

*8ei ber 1884 ftattgefmbten sJteuroahl folgte ihm ber feitt)erige Cberbürgermeifter £raa& oon sJ*enb3burg im 5lmte, baS aber fdjon 1888 in bie £änbe be3 bisherigen Karlsruher OberamtmannS, $errn $abermehl, gelangte.

ämeite SBürgermeifter maren feit ©chmibt: ©erbereibefitjer ©runer, Kaufmann Sranjmann, SBörter, ©enfcfen, Krefcborn unb ^oljroartt).

©eit 1876 ift ber frühere ftegiftrator ftren I. ftatf Treiber; er folgte auf SRatfdjreiber Klein. 9Iuf ben langjährigen © t a b U recf)ner gühner folgte im $ienfte ber nunmehr feit 46 Qar)ren hier amtierenbe ©tabtred)ner Qäcf. 5)er treue Beamte roirb oon Sluguft 1901 an ben mocjloerbienteu iRuheftanb geuiejjen. 3)ie ©teile eines ©runb* unb *Pfanbbud)führerS, roeldje 1875 mit 5000 3W. botiert rourbe, roar feitbem einem für ben 3)icnft roenig erfpriefj= liefen öfteren s2Bechfel unterroorfen. $)ie Urfadje bürfte in ber eigentümlichen $roitterfteUung biefer ^Beamten 5roifd)en ©taat unb ©emeinbe unb in ben ©dwierigfeiten, roelche biefer 3)ienft gerabe in ^for^eim bietet, ju fuchen fein. sJfeuerbingS ift ber Soften mit einem juriftifd) gebilbeten ^Beamten befefct roorben, ber ben Xitel „SKechtSrat" führt, ©ein ©ehalt beträgt 7000 2Jtt.

$5aS oerantroortungSoolle 3lmt eines ©tabtbaumeifterS oer* roaltete in früheren fahren gewöhnlich ein tedjmfd) gebilbeten SJlitglieb beS ©tabtrateS. &ux Qnt ber größten SBautfjätigfeit befleibete £err ©tabtrat unb 93 au meifter tfubroig SB e ber biefe ©teile unb erroarb fich um bie bauliche ßntroicfelung ber ©tobt grofce Sßerbienfte. ©ein Vorgänger l)ie^ 93enber, fein

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354

<ßforabeim im 19. Sabrbunbert.

Nachfolger ©d)mible. $er jefcige Siefbaumeifter Kettling fam jur 93eauffid)tigung bcr 1874 75 ausgeführten Arbeiten ber ©röffelthalmafferleitung t)ier her. 9lt§ ©tabtbaumeifter ©chmible wegging, erhielt Kettling bie s#aumeifterftelle übertragen. 3nfolge be§ SRathauSbranbeS unb be§ notroenbigen £iathau£neubaue3 mürbe ba§ 33auamt in £>od)bau« unb $iefbauamt geteilt unb für erftereS ein 5achmann w oem Architekten ^Ilp^on^ Slern gewonnen, welcher am 1. September 1891 feine ©teile antrat. 35ie beoorftetjenben größeren Arbeiten ber ^analifierung, Jlujjtorreftion, neuen Äafferoerforgung, J^ftkgung *>ou neuen ©trafjenjügen 2C. machte 1897 eine Seilung be§ StiefbauamteS notmenbig^ 9lm 1. Oftober 1897 übernahm Oberingenieur ©löcfler ba§ üefbauaml, ©tabtbaumeifter Kettling behielt bie s2Bafferoevforgung ber ©tabt unb bie Satrinenabfuhr.

$ie $ o l i a e i mar früher ftäbttfdj, unb bie 9Hannfchaf ten refrutierten fid) au§ *ßforjheimer bürgern. ®urd) ba§ fdjarf unb umftänblid) geübte s$a&mefen erwuchs ben beuten mandje 9Hühe unb oiel SÖevbrujj. 3(l§ ein Original wirb ber sßoliseid)ef, Sergeant fEiehnle, heute nod) oielfad) genannt.

$er rafdje $luffd)wung sJJforjheim§ im Verlaufe bei- legten 30 3af)re ^at naturgemäß auch eine entfpredjenbe Umge- ftaltung unb (Erweiterung ber ftäbt. Verwaltung nötig gemad)t. 2)urd) bie 1875 eingeführte ©täbteorbnung mürben bei* ©tabt maudjerlei Vorrechte juteil, aber aud) fet)v namhafte Saften auf- erlegt. 2)er ©tabtrat befteht au§ ben beiben 93ürgermeiftern unb 18 ©tabträten,*) ber 93üvgevau§fd)uf$, welcher nach ocm $rei= flaffenmahlfuftem gewählt roiub, aus 96 Üftitgliebern.**) 9lu§ ben beiben Kollegien werben bie Slommiffionen für bie einzelnen SJet« roaltungSaroeige ernannt.

*) ^erjeiajnis bcr otabträte vom ^uli 1901: Finger ^afob, £iftcl Marl, ftattner Julius*, .Öeufel iLUltjdm, .topp SUil&clm, .\MUer Robert, l'anbcn- berger *r., Vauber Jyriebrid), Voller Wuft. 3lb., ^reftinari «Ib., Stifter Dr. "Hb., Srfjneiber ftermann, 3ieber Moe, ilelttnan (51., Hölter *.'ubn>., «ogler Marl, ^ienenberger SiSilljelm, Söitfaltn Sllbert.

**) ißerjeiajiuö ber otabtoerorbnete oom ouli 1901 : «ntritter iUilf)., $ljjmns ÜLUlljelm, SJaber Daniel, ^acr Stlfreb, iBecf Marl, Werfer Hermann, SJebjringer Martin, «endHfer Dr. Äutt., $enj Marl, Ölumer Jrtebrid), koffert Marl ®g., iöraun «uguft, Öraun 2LMlf>., ^reufcb, Jnebr., !öurft)arbt ^o^ann, ^urgfjarb Cito, £at)linger Marl, Tcujcl ^aul, TtUeniu* Marl, £ittu$, ^atob, Sür'r ^tltyclm, Xijrfcrljoff Crmil, irberbarb (%., trljäjicr Crmil, Irrnft ^rbr., trfttg Jtjcobor, ftifdicr «uguft, Qkfcfl vcrmami, otabtu.-'öorft , Wro^ i"ictcr( t^ro&mann 3ttUf)., .öartmann fBil^., \>aucifcn jvriebr., vcl)r Öuftao, öeiitjcU mann Marl, gering CS^riftian, .'öepp ^ieinb.arb, .oottinger ("vrbrid), i>übcr Marl, ^bler »bolf, Mafcr (Sbriftian, Ma^n ^uliu«, Ma^ «bolf, Malier Sluguft, Mieljnlc (Mg. Vubro., Micb.nle ^erbinanb, Mlcin Marl, Mlenl Marl, Muea)t $»a)., Molb §ermann, Mrafft ^»ermann, ^aufd) dlbolf, l'autenfd)(ager ehr., i'ippö, CE^riftian, £oog $riebrirf), iüJajei- «bolf, JJu-.yci Mail, äReter 6. äRryle

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^forabeim im 19. 3abrbjmbert.

Sie Ijefttgen gemeinbepolitifdjen kämpfe roäfyrenb ber ftriftS in bcn 70cr 3al)ren, bic ©treitigfeiten jur 3eit beZ kommunal* oereinS unter 93ürgermeifter $raat}, roie aud) bic in letzter 3?\t ftd) abfpielenben gelben ftnb <£rfct)einungen, bic fid) in jcbcm größeren ©emeinroefen jeigen, ein befonbere§ (£fmrafteriftifum für s43forjf)eim finb fte nur infofern, als berartige jeittoeilige kämpfe gegen bie ©emeinbeoertoaltung anberroärtS oon befonberen Parteien unb ©nippen au§gefjen, roäfyrenb fte fjier mefyr auf einzelne einfhißreidje s$erfönlid)feiten jurücfäufüf)ren finb. $ux 3ßat)rung ber bürgerlichen Qntereffen unb jur Unterftütjung ber ©emeinbeuermaltung burd) geeignete s.Borfd)läge für Neuerungen, s31enberungen unb SSerbefferungen bilbete ftd) 1874 ein allgemeiner 93ürgeroerein mit 1100 SJJitgtiebern au§ allen SBerufSflaffen. 9lad)bem berfelbe anfangt ber 80 er 3at)re eingefdjlafen mar, erlebte er unter Slraafc eine neue Auflage, um nad) beffen 2Beg* gang für immer außer £t)ätigfeit ju treten.

3n ben 1890 er Qa^ren entftanb unter bem 33orft^ be£ JJabrifanten 3afob 2ens ein neuer „Allgemeiner 33 ärger« v er ein" mit 300 SJiitglieber. $m legten ^atjrjetjnt bilbete fid) aud) ein „$au$ befitj er o er ein", ber 1901 ebenfalls unter ber Seitung be£ £>errn &nä ftanb. Serfelbe äät)lt j. 3- gegen 700 3ftitglieber.

3n ber Öftftabt befteljt feit etroa 10 3af)ren ein „93 Arget* oerein ber Öftftabt".

$ie Sflitglieber btefer SBürgeroereintgungen oerftetjen e3, ir)rc 3ntereffen befonberS tt)atfräftig ju oertreten.

^efcfiäftöfaiTe von 1873 -7Ö.

3m Mxe 1863 betrug bic $al)l ber (^cfc^äftdfdUc in ben beiben iöüröermeifierfanjleien 19000: 1864 = 16 47«. $m ^aljrc 1862 gab e* 167, 1863 == 17», 1864 - 230 lifjrenbeletbigungsf lagen.

1875 würben 8848 ^ab,lungobcfeb,le , 1876 4555 ^abjuugtfbefetyle, 1875 = 26 tfiegenfajaftäooUftrecfungen, 1*76 *»0 ^egenfajaitäoollftrccfungcn,

1875 = 71 Ja^rnidoollftrecfungen, 1876 187 ftaf)rni3ooUftrecrungen, 1H75 = 22 neue Wanten, 1876 65 neue (Honten, 1875 1M1H (£toilpro*cffe,

1876 - 2717 Gwilproseffe erlebtgt.

tfbolf, IKitUer emft Ar., SHuiu Weorg, Voller "ÜJilljelm, Cpificiuö itfil&clm, Creand Marl, ^antlen 91, Pfeiffer $alob, Wtüger (Hcorg, Meidjftetter M. Ar., Kenner (higen, Mu\ Äarl, 3al6 flbolf, 3d)afer 2lboIf, odieerlc Mbolf, Sagend (Meorg, 3dunibt (Hüft. s#b., 3dmeiber ,yriebrid) jr., 3dmürlc (Hottl., Sdiober Sllb. jr., 3d)rabe Wottfrieb, 3dwber Marl, 3d)itler fluguft, 3dn»lcr oofepl), 3d)tuei*er Hermann, Sommer Arbr., ctoib (Heorg, Staib Marl A-erb., 3todert $al , 3ucbca tyntl, Iroft sli>., Ungern Wg. sen., Unterlid« trrnft, ^ogt Marl, üJaag Marl Wagner .öeiuria), ffianfmüller l'ouiv>, Zeiget JöernharD, 3artmann ."Od).

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361

Äfmftn&fPfrmöflfii.

$u$ einem SReffript com 3af)ve 1818 entnehmen mir eine Darftellung be$ bamaligen ©emeinbeuermögenS. ©3 füllte jur Decfung ber Krieg&fdjulben eine au&erorbentlidje Umlage von 70 000 ©ulben unter ben bürgern erhoben werben nad) bem Steuerfufj. 9tad) bem ©eneralfatafter für 1817 betrug ba$ ©efamtfteuerfapital 4 318 820 ©ulben.

befreit waren:

1. $a§ Kapital ber 2lu3märfer mit 170 470 ©ulben.

2. $a§ Kapital be$ |>agenfd)ie& unb £aibad) mit 219810 ©Ib.

3. $5a8 Kapital ber Domänen mit 203 570 ©ulben.

4. *) Da« Kapital ber ©runbberren mit 37 440 ©ulben.

(• eijfmalifle (Mefreite burften ntc^t *ur lilflitna, alter Mrieaefduilben beia,e}oa.en werben.)

5. Da* Kapital ber oaManbelSgefellfdjaft mit 120 000 ©Ib. ©£ blieben fomit nodj umlagefäbig 3567 530 ©ulben. 91uf 100 ©ulben Steuerfapital famen 1 fL 58 ftr. Umlage. (Sine oergleidjenbe Ueberfidjt über bie $)eitrag$pflid)t giebt

nadjf olgenbeS 93erjeid)ni« oon ben bamaligen s-ßermögen8oerbältmff en ber Stabt.

(5$ batten ju leiften:

3teuerfapitol:

Umlage :

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.ftolbmann Sd)ul)mad)er £aufter Certle

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©ürtler Hlaiber

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302

'©forabeim im 19. ^abrbunbett. mit

tfüfer 8d)mibt SBeber Urbans 2Bme.

9iagel ©erber Werfet* TOirrle 6d)reiner flafc

£errmann

©olf*

©eiler £u£

Ssieterle Mittler, jur „Sraube"

juni „Schwert" ftod), jum „Streu$" Riefle, jiim „Einhorn" Söeber, $ur „ftrone" Sftüüer, jum „SDreifönig' Unterdcfer, jur „flanne' iHappenwirt ftaifer SHatSoerwanbter SJucf ©rünbaumwirt Deimling Johann Elfäfser SRartin Straft 3afob Mottet 3afob 5la^ 2Bwe. Oafob Stahl

SBenn man annimmt, bafj unter ben ^Beitragspflichtigen fo manche waren, welche wegen abfohlten UnuermögenS nid)tS leiften tonnten, fo barf man barauf fließen, baS bie wof)lhabenberen Einwohner aud) ihren betrag mit übernehmen mußten.

9m 4. Wärt 1818 machte SBürgermeifter ßrentel eine ©in* gäbe an baS SRinifierium um (Genehmigung bcS oben bargelegten ÜmlagefußeS jur Tilgung ber [täbtifchen ©chulben. £)er Waffen- beftanb oerfd)limmerte fiel) täglid). s3teue Schulben mußten ge* mad)t werben, um bie faft unerfdjminglichen 3i"fen besohlen ju fönnen. $er ftrebit ber Stabt ftanb auf bem Spiel, unb eS war $u befürchten, baf* baS ©runbeigentum auf eine ber ärarifdjen Haushaltung fd)äblid)e %A hätte ^erfplittert werben müffen.

3m Cf tober 1824 enblid), (bamalS hatte gut $ing uod) länger ÜÖeile, wie heutzutage) berichtete bie Stabtgemeinbe an bie iHegierung, baß bie Stabt s^for$heim jur 3)ecfung ihrer Sdjulben oon 100 000 ©ulben, barunter noch 33 449 ©ulben ftriegSfd)ulben, ut außerorbentlichen Mitteln greifen müffe. Wad) $orfd)lag beS OberamtS unb StabtratS tonnten burd) ftotjoerfauf 60 000 fl. erhielt werben. Jerner würbe bie jeitweilige Einführung beS ©ftrois nach bem Vorgehen oon Karlsruhe unb greiburg unb

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98

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4 910

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i*forabeim im 19. Saqrbunbert.

363

eine Umlage nad) ber Älaffenfteuer für bic ©emeinbe für erfprieß* lief) gehalten. 3m S^nar 1825 rourbe fobann bic (Einführung be§ Oftrote auf 3 Qafyre bemilligt, jebod) mit bem Borbehalt, baß nicht auf fämtlidje oom Stabtrat oorgefdjlagenen ©egen* ftänbc auSgebeljnt, fonbern auf bic meift fonfumierten 9Irtifel befchränft merbe. 9ll§ foldje mürben bezeichnet: 9Het)l - 12 $r. pro SMter, SBein burd) ^ufafc oon l/„ be§ £>hmgelbe§, #ol$ - 6 Stx. pro Sllafter; ferner follte ba§ 5Narftftanbgelb um bic Raffte crr)ö^t werben.

$ie Regierung zeigte ftd) inbeffen fehr unjufrieben mit ber Sßirtfdjaft ber ©emeinbeoermaltung unb oerlangte oom ftreiS* bireftorium, baß ftd) als oormunbfd)aftlid)e Behörbe ber cBtabt auf§ fräftigfte annehme unb ihr Ontereffc burd) energifdjes (Einfehreiten oor neuer Benachteiligung ftcfjcrc.

Bis jum 3ar)re 1848 erhob bie ©emeinbeoermaltung feine orbentlidjen Umlagen. 5llle $luSgaben mürben gebceft burd) (Erträgniffe beS SÖalbeS, ber s$flafter- unb Brüdens Sftarft*, üaufhauS* unb Sagergelber, aus ben BürgerantrittS* unb SHefog* notionSgelbern unb ben ftauffdjiUiugen. darunter mar als größter Soften baS SBalberträgniS. $te silrt aber, roie im SBalbe bamalS gehäuft mürbe, lieg biefe Cuelle auf oiele 3«^e hinaus oerfiegen, toährenb gleichzeitig aud) bie anbern (Einnahmen gurücf= gingen unb bie 3lttSgaben erheblich ftiegen. Um ber allgemeinen s)tot einigermaßen abzuhelfen, oerroenbete man bie arbeitslosen ©emeinbeangehörigen zur ßerftettung oon Söiefenanlagen auf ber fieffert unb bei ber silab'fd)en Delmüf)le, morauf 6166 ©ulben oerroenbet mürben. 9luS jener 3eit batiert aud) baS Hiefers mälbchen am 3Bartberg, ju beffeu Einpflanzung 350 fl. aufgeraenbet mürben. 35ie Verrichtung beS oberen SKennfelbS jum (Ejcerzier* platj unb bie Uferbauten bafelbft erforberten einen Elufmanb oon 1500 ©ulben. $5ie Unterftütjung ber Bürgertoehr, 5Baffen, 3nftruftoreu u. f. m. beanfprud)ten große Summen, fo baß einer Einnahme oon 35 754 fl. eine EluSgabe oon 54557 fl. gegen* überftanb. Stet gereiften BolfSftimmung gegenüber faf) ftd) ber Stabtrat ju einer betaiüierten öffentltdjen Begrünbung biefeS 9fted)nungSrefuttateS oeranlaßt. $urd) bie auf 19 882 fl. 34 Str. ftd) belauf enben ßrtegSfoften aus bem 3tahrc 1849 mürbe biefeS SHefultat noch ungünftiger. $ie ©emeinbeoermaltung foftete bamalS 4087 fl., bie ^olijei 3622 fl., bie Schulen 5664 fl.

(Sine fd)öne (Einrichtung mar bie, baß bie Bürger an bie Stabt Darlehen geben fonnten, roeld)e bann zu 6% oerjinft mürben. Bon biefer Einrichtung mürbe oon ber Stabt aus* giebiger ©ebraud) gemacht. EllS fte 1848 eine Anleihe oon 300 000 fl. machen mußte, mürbe ihr baS ©elb oon Bürgern oorgeftreeft.

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864

«forabeiin im 19. 3at>rt>unbert.

2)ie 91ad)ioet)en ber SHeoolution unb bie großen Opfer, roeldje bie ©tabt in bcn 50 er unb anfangs» ber 60 er bringen mufjte: bie Anlage ber SÖafferleitung, bie Umpflafterung ber Stabt, bie drrid)tung ber ©itterbrücfe, ber *Hattjau£umbau, ein ©djulbauSneubau, bie Anlage ber 9lagolbftrafje, Ratten ihre öfonomijefyen Gräfte fo feljr in 9lnfprud) genommen, bafj im 3af>re 1857 24 Str. Umlagen (38'A, 1*f. pro 100 9Rf ) besagt loevben mufften.

$a§ ©efamtfteuerfapital ber ©tabt mar:

1848 = 5 260 355 ©ulben,

1850 = 4 865 060

1855 = 6 444 075

1860 = 8 565 635

1865 = 10 497 573

1870 = 12 283 390

1875 = 17 234 140

1880 = 56 251 740 Sflarf

1890 - 101 465 395

1895 - 126 144 670

1900 - 170 245 785 $er ftäbtifdje ^oranfrfjlag pro 1900 ergab eine ungebecfte ©emeinbeauSgabe oon 548 731 5Hf., toeldje burd) einen Umlage* faft oon 45 ^f. aufgebracht roerben müffen. £ierju trugen bei: ba$ ©runb» unb £äuferfteuerfapital au§ 43 263 980 Wlt mit 181 710 9ttf., ba* ©eroerbefteueufapital au* 39 311 900 mit 165 1 10 Wl 2>er (£tnfommenfteueranfd)lag au§ 12 036 770 3flf. gilffl breifadjen Umlagefuft mit 151660 9ttf. unb ba§ Äapita(= rentenfteuerfapitat au§ 58943 620 Wl 311m feften <5at> oon 8,8 <Pf . mit 5 1 870 m.

(Seit 1886 ift ba$ ®runb= unb £muferfteuerfapttal oon 25 035 500 mi auf 43 263 980 SJMV ba§ ©eioerbefteuerfapital oon 15 672 400 9Rf. auf 39 311 900 ber breifadje (Sin fommenfteueraufdjlag oon 18 109 760 3Hf. auf 36 110 310 9Jtf., baä Stapitalrentenfteuerfapitat oon 40 595 660 9flf. auf 58943 620 9Rf. geftiegen. $a§ (Srträgnte au§ 1 s$fg. Umlage, roeldje* 1887 nur 5825 üRf. betrug, tjat für 1900 mit 11870 Wlt. mebr al§ ba§ doppelte erreicht. $er Umlagefug mar 1890 mit 30 *ßf. am nieberften, ftanb 1891 auf 31 <Pf., 1886 unb 1892 auf 32 <Pf., erreichte in ben ^afjren 1887 unb 1893 je 37 «ßf. unb oerfjarrte, nacfybem er fdjon 1888 oorübergefyenb auf 36 ^Sf. ftanb, oon 1894—1899 auf 36 sßf. sJtad) ber ©teueroeranlagung für 1898, au§ roeldjem Qatjre bie legten oergleidjbaren 3iffern oorliegen, (amen in "^forjfjeim auf einen fteuerpflidjtigen an fteuerbarem (Sinfommen 1881 SJW. , in 9J?annf)eim 2555 sJJll, in Startende 2403 Wl, in £eibelberg 2226 9flf., in JJretburg

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^forabeim im 10. Sabrlnmbert.

305

2171 3Wf. 9luf 100 dinroohner (amen in ^ßforjfjeim 30.62 (Steuerpflichtige # in ^Mannheim 31.73, in Karlsruhe 29.18, in £etbelberg 28.31, in greiburg 26.43 ÜJU.

9lach langem ^Debattieren über bie @infühvung beS Oftrote in ^ieftger ©tabt, trat baSfelbe mit bem 1. Januar 1880 in Alraft unb bilbete feitbem eine ber ergiebigen (Einnahmequellen für bie ©tabt. <£$ bradjte 1881 = 85 000 9Hf.. 1890 - 115 000 2Jtt., 1899 = 204 308 SM., 1900 - 208 032 SM.

©elegentlid) ber ©tabtoerorbuetenroahlen 1884 rourbe &um erfteumale für Aufhebung be§ ©d)ulgelbe§ unb be$ OftroiS agitiert, jebod) ohne (Srfolg. ©eitbem erfolgt feiten^ ber III. Wähler* flaffe alljährlich ber Slnfturm gegen baS Oftroi. $)ie ©djulgelb* befreiung ift in $for^eim feit 10 fahren eingeführt unb feit einem 3al)re fogar bie Slbgabe non Lehrmitteln auf ftäbtifd)e Stoffen. 3)iefelben belaufen ftd) jur Qcit burdjjdmittlid) auf etroa 12 000 9Hf. für ba§ Qahr.

9tm 5. 5luguft 1876 erfolgte feiten^ be£ SHinifleriumS be§ Innern bie Genehmigung jur Ausgabe oou ©djulboerfchreibungen ber ©tabt ^Pforjheim auf ben Inhaber jur Aufnahme eines $nlehen§ oon 1500U00 Sflarf, ba3 im 3af)re 1883 fonoertiert rourbe.

1880 rourben 500000 3flf. aufgenommen, 1883 - 1400000 üflt, roomit gleichjeitig bie 1880er Anleihe getilgt rourbe; 1885 erfolgte eine Kapitalaufnahme oon 700 000 9Hf., 1888 eine foldje oon 750000 9ttf., 1895 oon 3 000 000; 1898 oon 1000000 unb 1899 oon 3 500 000 9Jlf.

3u Anfang be$ 3ahre3 1901 machte bie ©tabt ein weiteres Slnlehen oon 4 Millionen. $iefe Aufnahmen rourbe nötig infolge ber rieftgen Aufgaben, roeldje bie ©tabt im Qntereffe einer aeitgemä&en Umgeftaltung bringenb ju erlebigen hotte.

9tadh bem ©teuerfatafter oon 1900 auf 1901 giebt in ^forjheim etroa 30 <ßerfonen, bie ju ben Millionären juredjnen fmb.

hiernach oerfteuern:

ein (Shifümmen oon 9Jtt. 500 9Jtt. 600-1000

1900 (1899) 1901 (1900)

3000—6000 5000 10000 10000 15000 15000—20000 20000—30000

917 873

4413 4207

2918 3470

1214 1498

1081 1201

777 807

424 443

103 99

35 64

26 24

3G6

Worabeim im 19. Oabrtmnbert.

9Hf. 30000—50000 16 17 50000-100000 14 17 100000 unb mer)r 2 3

IttfmimiCtl 11940 12723

2Han rechnet ben Millionären alle bie, roeld)c ein 3at)ve§= einfommen non minbeften£ 40 000 9)larf haben, roa§ bei* oier- pro^entigen iöerjinfttna. einer Million entfpridjt.

3m 2)nrd)fd)nitt ber legten 3af)re brachten ber ©tnbt "^forjtjeim an jäln'Iid)em ©eroinn ba§ SBafferiuerf 108 250 9Jlf., baS @leftri(vtät$iuerf 66 973 9Wt, ba§ ©aSroerf 218 047 9Hf., ber Sdjladjtfjof 34 588 SJiarf. $a§ Weinnermoaen ber ©tabt betrug am 1. Januar 1900 - 11539 444 9)torf.

©ine Urfunbe oon 1602 Dc= faa,t, baft ba$ bamalia,e iNat* bau« fid) in ber Wräfrinfler* flaffc befunben habe; mar alfo in ber (Haffe ^mifeben Warftplafy unb Wrötiina.ertbor= türm, weldi Unterer biefelbe ba abfperrte, roo jefct 8eifrieb unb *kder itMtroc finb. 8n roeldjer 8tcUe qerabe biefcö NatbauS mar, ift nidH erficht lieb, aud) finb au* jener $e\t feine Stabtpläne mein uortjaiu ben. Xn ber norböftlidjen (?cfe bee Warfted, alfo ba, roo jefct bae ftatbaus ftcljt, befanb fid) banialö baä Maufbau*. Warf: i\raf Marl 1. f)atte fdjou 14" 1 feiner 3 labt ^for^beim baö atu "JJtarfte a,elea.euc .Hanfbau« überleben mit allen (Gefallen; bie (enteren bilbeten fortan eine bebeutenbe irinnalunequeUe für bie 3tabt. (£troa 86 oabre fprtter roarb unter beut llrenfcl Marl« 1., unter Marl 11. obia.ee

MaufbauS aba.ebrod)en unb an £ao fllte flathauS am Woraen nacb bem «raub, beffen £tcüe anno 155" ein

neue* .Hutinniv erbaut, mit [roeld)eui ein Haufbauä uerbunben mar. Ta$ frftttt batte ein liirmdjen mit Uhr ; auf bem liierianfdjen ctabtbilb raa,t nur mit einem bobeu Wicbelbarf) beruor. ^mmerbin ift aiMuueljmen, bafe unter Marl II., bem baulufria,en venu unb bei ber berrfdxnbcn ^eitridjtuna. ein idjöue* Mebaube erftcllt roorben ift. EDCK Waugrunb, auf roeldjem uufer jefcia,ee

*) 91ad) einem ttuffafy uon Mob. Wcrroia, in ber Aeftfdirift \m jHathauS* tfinroeifmng.

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^forabeim im 19. 3abtbunbert.

367

ftatyau* fte&t, ift nun fd)ou 424 3af>re im ftfibtifd)en «cftb (allerbing* nidjt in bem flanken beutigen Umfang) unb bicnt fdjon 344 fytyct bcn ^roccfcn be3 ftäbtifdjen 33ürgerbaufcS. Reuige ^abre »orber, 1552, mar unter sDfarf- graf ©ruft an bcr IStfc be* "iKarftplabes unb be* Scblofi' ober .Uird)bergc« (feitber ^rinaticr Crrnft ober jefet Sdjäfcr) eine 3tabtfri)reiberei erbaut roorben, aua) auf irjr erQob fid) ein Xürmdjeu mit Ut)r. Xiefeö ftatbauä unb bic Stabtfdjreiberei übcrbauerten bie fdjlimme ^eriobe bc* brcifngjdbngcn Kriege«, fielen aber 41 ^aftre nad) iüeenbigung bcsfelben bcn sJ}iorbbrcnncrfd)aren Vub= roigö XIV. im Orleau-sfcbeu Kriege sunt Cpfer. Xem grojjcn Traube, rocltber am 15. Sluguft 1<>HH an oielen Stellen ber Stabt uon (General iNelac'ö Gruppen angejünbct roorben mar, fiel aud) ba* ftatyatie juni Opfer, Waren fdjon von 1M5 an maucbe SBürgerbäufer roieber entftanben, fo mürbe aud) 1700 mit bem Wieberaufbau be* ftatbaufeä begonnen unb baäfclbe am 14. Jycbr. 1701 aufgefdjlagen. (rs ift *u »crrounbern, bafj bic fleine Bürger* fdiaft (etroa nodj 1000 (Simoobuer) fid) aufraffen tonnte, ba* Slatbauä fo grojj, roeit größer al$ ee für jene Üterbältniffe nötig mar, anjulegen. £ie einzelnen Stocfrocrte roaren feljr bod) unb ba* Wan$e beu Auforberungcn jener ,^cit entfpredjenb ak> ;'iat , aber aud) alS Äaufbauö unb 3Jtarftl)alle eingerid)tct. Würbe bod) erft in ben 50er Jabren be$ abgelaufenen ^alnbunbert^ bie mäcbtig grope fcalle, roelaje fid) eine Stiege bod) befanb, ju Zimmern unb (Rängen ausgebaut. Vorher befanben fid) au ber Warftpla&fcite, eine Stiege bod), nur brei Limmer, alleä anberc mar ein großer, meiter ftaum, meld)cr als iHarft- balle biente. %m '^abre 1715 mürbe im iHatbauö eine (Worte aufgehängt unb im oabre 17H0 eine Uljr angefd)afft. Ter öftltd)c niebere Anbau, meldjer unten bie ^rudjtbaUe unb oben bie Wobnung entljielt, mürbe 1723 aufgeführt.

^m ^abre 1855 rourbe ba« Matfjauö unter Sürgermcifter „^errenner burd) Stabtbaumeifter $enber reftauriert, bie alte Ireppe rourbe oerlegt, bie grofie &alle »erfd)iuanb unb eine gan^c Sieibe oon Öurcau*, foroie ber Stabt- ratsfibnngöfaal unb baö IHttterjimmer :c. traten an bereu Stelle, Aud) ber frübere unfd)öne Aufbau am Taä) mit ber Uljr rourbe burd) ein fdröueree lunndjen erfefct.

Mad) 1855 rourbeu unter bcn folgenbeu Oberbürgermeiftcrn unb Stobt; baumeifteru nod) mand)e tleränberungen oorgenommen, aber tfnbc bcr adjt^ jiger ^aljre rourbeu fdjon roieber Klagen laut, baß befonbers bie dtdume ber Wrunb* unb }Jfaubbud)fübrung, foroie ber Stabtfaife erroeitert roerbcu follten. H$ rourben aud) }JIäne gemadjt, roie ben llcbclftdnbeu abgeholfen roerben fönue, bie Koftenberedmung rourbe aufgeteilt unb bie nötigen (Oelber oer-^ roilligt, aber man fam nidtf mebr an bic Ausführung.

Cftcm 1H91 roar fein freuublidjes, fdjöne* Cftcrfeft; es roaren reibt raube, falte unb uufreuublidje Feiertage mit in furzen Raufen roieberfebrenben beftigen 3d)nce= unb 3tegenfd)auern. §n bcr Wadjt uom 29. auf 30. SRärj, Dfterfonntag auf Montag geigte fid) uad) DJittcrnadjt <yeuer in bem boben 2>ad)raum bes Satbaufeo. 35er Seftfturm f"*te baefelbc in bem boblcn, mit oiel fcotyoerf oerfebenen Zäunte \m roilben flamme au; tro^ rafeber \>ilfc unb eifrigftcr Ibdtigfeit bcr ^-cuerrocbr unb ber trinrooljnerfdjaft brannte ba* •Öau« ab. 9tur bie mäd)tigen Stauern blieben ftcljen, baö 3>»^re roar biö jum ^rociten Storfroerf berunter ausgebrannt; eo blieb nidjte übrig, ale bic ;>tuine abzutragen unb fid) auf ben Neubau oor^uberciteu. Hat Sdiulbauö am Mcud); linsplai rourbe rafd) als prouiioriidic* :Hatl)au© cingcridjtet unb bao Wölb? fd)mibt'fd)c vaiiö angefauft unb abgebrodjen. 3^er ^>od)bau in feiner jefcigen ^orm ift baö iUerf unferco Stabtbaumeiftcro *. Kern, (rr bat gezeigt, i>a^ er mit auegeprägtem Sdjönbcitsgcfubl aud) uüdjtcrneu, praftifd^en Sinn ju oereinigen roeife. Unfcr neue« Watbauä ift ein feböner, folib auogefübrtcr unb rooblburd)bad)ter Öau, bcr bcn auöfubrcnben .v>aubrocrfern, roic feinem Sdjöpfer aUe trlne mad)t. flJa« bie Örö&enoerbaituiffe bee neuen :Watl)aufcd anbetrifft, fo mipt ber «auplaß 1500 qm; baoon finb 1200 qm überbaute Jlädje unb

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368 ^forabetm im 19. 3abtt>unbert

300 qm fommcn auf bie Tnrcbfabrt unb ben ftof. 3ln ber aWarftfcite bat bic Jvaffabe eine tfänge oon 32,50 m unb in ber öftlidjcn .Harl-Jvriebridiftrafee eine foldje oon 63,60 m. Tie $öb,e bis *um Tadigefints beträgt 18 m unb bie ööb,e beä TurmeS biä $ur Stfetterfabne mifet 46 DL

Tae neue Siatbaud, eingetoeibt 29. "JJiai 1895.

3n ben couterraiu« ftnb untergebradit bie Slffumulatorenftation ber elcftrifd)cn Zentrale, bie MeUerraumlidjfeiten ut ben im parterre liegenben l'äbcn unb bann uod) ber Natöfcller. Turd) ben Uinftanb, bajj ber ftof gcrabc fo tief toie ber JteUer ausgegraben nntrbc, erljält ber NatSfeller burd) bic grofeen, mit (Glasmalereien oenierteu /"venfter oon ber .ftoffeite f>er fdjöncS lageöltdjt. tfbenfo bat bie $Liirtfd)aftsfüd)e unb bic anfto&eube epeifefammer, lüddie auf ber anbern oeitc bc* geräumigen v>ofcÄi liegen, genügenbc .v>clle. 9iur gegen bie IHarftfeite unb gegen bie öftlidje .Harl^riebridiftrafie ift ber IHatefelier toirflid) fellerarttg, ba oon bort mir bnrd) fleinc Jyeufter l'idjt ein- anbringen oermag. Tie Tede beS töatofeller* ift, fotocit bieö burd) baö barüber liegenbc ileftibiil bebingt ift, flad), fouft aber toirb fie bnrd) fd)5ne .Hreujgeroblbc gebilbet, uui die oon Wranttfäulcn getragen ftnb. Ter (Eingang jum Meiler befiubct ftd) an ber "iJlarftfcite. ^n ber Miditung gegen bic öftlidje Marl- Jvriebrid)ftrafie ftnb uoei Slcbcmimmcr oom Meiler abgetrennt unb für ftd) mit .\>ol$beden bel)anbelt.

Ter ardnteftouifdjc iSbarafter beö Meilers ift febr fd)ön, man glaubt ftd) nmoillfürlid) in baS Wefcftorium eine* ber reiferen Mlöftcr oerfefet. Tie ^öc* lettdjtnng erfolgt auf eleftrifdjem 3Hege; bie oon bem Wamjcr Waeapparat* Wufnocrf gelieferten ^cleudtfungSförpcr ftnb teils au ben Säulen, teil* an ber fladjcu Tedc, teil* an ben SHänben als Sinuc augebradit unb oon gefdmtad* oollfter ÄuSfuforung. Tie Ventilation be* .Hellere! gefd)icbt auf eleftrifdjcnt "JBegc burd) t'uftabfaugcr. Tie (Glasmalereien im .Heller ftammen aus ber "il'crfftätte oon Äafc u. Rentner in SiHcöbaben; bie ornamentale Malerei beS .Heilert oon iMaler % SJriel !)ier; bie ftguralen iJialeretcu oon .Hunftmalcr Acuter in JtarlSrulje.

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^fora&eim im 19. Sabtbunbett.

369

om parterre bcS JHatbaufeS bcfinben ftd) gegen bcu "3)?arft ju baS mili* tärifdje Dlelbeamt, bic ftaubelSfammcr, bann in ber öftlidjen .Harl-Aricbnd)= ftrafie 5 i'äbcu unb jenfcits ber Surdjfahrt bic ^olijciioadjtftube.

3m crftcn Cbergefdjofe befinbct fid), bei Jyrauwtauu anfangenb, bic (Grunb* unb ^fanbbudjfubrung, bcr otabtratSfibuugsfaal unb bic beiben Uni- mex beS frerrn ObcrbürgcrmciftcrS, roouon baSjcuigc an bcr (*rfe mit bem (rrfer als Mrbeitsvmmer gilt. 3lud) bcr 3tabtratsftfcuugSfaal, roie bas (rrfer^ Vmmcr beS .öcrru Cberburgermcifters baben ai* NcprdfeutatiouSräume burd) (Glasmalerei gefdnnücftc Jenfiter, Siejenigeu im 3tabtratSftfouugsfaal finb finnig v»f«nimcngefcötc (vmiilemc bcr (Golbfdnnicbefunft, bcr (Gärtnerei unb bes VaubbaucS, ber iUiafd)incnfabrifation, bcr Alöperei k. unb nuirbcn oon heiler in .fceibclberg angefertigt. Tie (Glasmalereien im (rrfer finb febr bejent ge* galten unb oon odicll in Offeiiburg bergefteUi. 2lud) bevtglid) bcr Sdjrcincr- arbeit finb biefe fläume reidjer bebadjt als anbere Bureaur.

3n ber öftlid)en Marl',"vricbrid)ftrafte folgen bic Bureaur bes NatS^ fdjreiberS, bic Mannet unb (Srpcbitur, cnblid) bie Burcaur bes vociten Bürger* mcifterS mit .HanMci, 3tanbcSamt ?c.

3m brittcu Storfioerf (voeiteS CbergefdiofO finb bic Bureaur beS boty bauamts, beS OrtsbaurontroUeurS unb beo Siefbauamts.

3m frinterbau ( Rml\ djenbau) finb in ben beiben unteren otodroerfen bie DrtSfranfenfaffe, bie <Gemciubefranfenoerfid)erung, bie Hilters- unb 3,,; oalibenfaffe, bie 3tabtfaffc unb bas polwilidje sDte(beamt untergebradjt.

darüber befinbct fid) ber BrirgerausfdnifjfUuingsfaal, rocldfer uon feböuen Bcrbältuiffeu unb bc>uglid) bcr Seforation oon großer "iUirfung ift. Bon ben (Glasmalereien ift v* tagen, .bafi fie Hilft bem Ütclicr beo Malers (GcigcS in Jyrciburg ftammen. Sie cdjreiuerarbcitcn, Bobcn unb t'ambris :c, lieferte 3d)rciuer Nietl)cimcr hier; bie Malerarbeiten bcr Scde unb bcr }l>änbc über* nalnn SHaler Aröfdjlc in Marlsrube; bic Stuccaturarbeiteu Jean (rratb in Babcn*Babcu. Sie Beleudituug bes 3aales gefdjiebt burd) voci Bogenlampen, meldte nad) neuefter Wonftruftion halb in bie 3aalbetfc eiugelaffen finb; an ben Pfeilern jioifcbcn ben Acnftern bcfinben fid) nodi ü>anbarmc mit (Glüljr lampen. Sic Ventilation ift ebenfalls burd) clcftrifd)c i.'uftabfauger bcrgeftcllt.

(SS ift >>erru Oberbüigermeiftcr .öabcrmebl gelungen, oon einer fleibe gut fttuierter Familien fdjöne Beitrage vir Musfdnmitfung beo BürgerattSföufr fifcuugSfaaleS, beo 3tabtratSfituingSiaalcS unb beS Sreppenbaufes V' erhalten. (*s mar voar unmbglid), bie oerfduebeucn (Glasmalereien auS biefen (Gclbcrn Vi beftreiten, bod) ift cS gelungen, bic (Gcmdlbc ber Jcufter bes Bürgerausidmfi fifcungSfaaleS fo ju orbnen, baft fie ivid)tigc (Spodjen aus bcr (Gcfdjidjtc unferer Stabt in fortlaufenbcr ,"volgc oeranfdmulirben.

Sic Hainen ber ctiftcr, ioeld)c burd) ihre Waben es ermöglid)t baben, bafj baS neue Nathans in aupergciob^nlid) fdumer Seife ausgefd)imidt njcrbeu f onnte, finb :

jrau irmma 3dger geb. .Uieulc; Ärtljur Bohncnbcrgcr (f rben ; Csfar Bcndifer; Jyr. Berfer (rrben; (Guftau 3icgle; ^eter (Gülid); Alfons Bcudifcr; 3luguft Beutfifer; 3tabtrat jWonbou; ^ritj s3Beber; ctabtrat t'u^; ctabtrat ^ü^clberger; (GuftaoiKau; ^rau Aifjlcr; Slrtlmr Jeimann ; bcr ^orfdiunocrcin : (GcfcUfd)aft ^orta.

(GcfcUfd)aft Nebclbö^lc: Uhr in ben 3tabtratsfifcuugsfaal. Munftgemerbeoerein : ^mnfpofal.

Dr. Midjter: 3d)ranf v»r 3lufbcioal)ruug biefes ^ofalcs. ^lar. Miller: Cclbilb bes <Grof5ber;,ogs.

Stob. Vut> : felbftgefcrtigte .Urcibcv'idniung : Bilb bes <Grofjl)crv>gS. A-rau xu'rmann (Gefell: Delbilb, Bismard.

Julius odjncibcr: ü'mc golbene ACbcr, mit loeldicr (Grofttjcnog Aiicb- rid) unb bcr (rvbgrofjbcnog ihre Namen in bie Gbroni! ciiifdjrieben.

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370

^foratjeim im 19. 3a&rbunbert.

£ic Söfjnc beö f Stabtrat« .<öepp: 3roei Manbclabcr in bcr SHorbaöe. Dr. 2luguft öcntfifcr: :iHcbaillonö, oier ^orträtbüften babifdjcr dürften

in SHctallgufe für bie Sorballe. (Mcbr. Seltman nnb Wcbr. Saatfc je eine Wronccftatnc. Wcbr. Wefell: 500 m. für ein Wcmälbe bcr itümpfencr Sd)lad)t. 3tat>t Marlörubc: (Sincn 3lmtofeffel für ben Cberbürgcrmciftcr. £ie Wcfellfdmft fliufeum eine Sironccbüftc Maifer sH>ilhclmö 1. 2er ctabtrat mit einer Kolleftiogabc von 1000 Ml

Wufeerbem tuurben oou anberen bürgern unb ^rgerauöfcbufimitglicbcrn nocti eine Stu^al)! weitere Spenbeu in bar unb rocrtoollcn OJegcnftänben gegeben.

$u gebenfen ift noch bcr auf eleftrifdjem "Jikgc getriebenen Xurmubr mit i!)ren großen, weithin fidjtbaren 3iffcrblättcrn unb mit ibrem bellen Schlag. 8on biefer Ubr auö roerben alle Ubren im :Natbaufc auf eleftrifdjem Si>cgc im Wange erbatten. Sie Ubrenanlage ift aus bcr lurmubrenfabrif uon fleuebift Sdjneiber unb Sohne in Sdjonacb.

Sie Matbauöneuban=,Hommiffion, loeldjc in oielen Sifcungen fid) fpejicll mit bcr 3adjc beö Matbauöbaueö bcfd)äf ttgte, beftanb auö ben fterren Cbcr- bürgenneifter .öabermebl, Stabtbaumciftcr i>(. Mern, iL*, öepp, Dr. 3(. Siebter, Ulbert SHaifdibofcr, Mub. ttreitmeier, Otto Mlein, üermann (Gefell, (M. fluten^ rictb, Slug. .Hanfer, £'ub. itfeber, flob. Werroig, «Ib. Nittum.

Sie $aujeit am ftatbauobau betrug 2'/s ^at)rc. Sie Moften beö $aucö beliefcn fieb auf ruub 500 000 Ml Der Södel unb ber Harterreftocf fmb auö rotem Sanbftctn, bie beiben Dbcrgcfcboffc auö locifjcm Sanbftctn. Tic Surcfyüge unb bie $öbeu finb alle auö tfifeu unb $eton, fo bafj ber ganje 93au alö feuerftefaer gelten fann.

Schon im §al)x 1894, alfo nmbreub ber öauperiobe beö neuen $tat: baufeö, ^atte ftd) bie Matbauöbaufommiffion mit bcr Huöfdnnütfung beö großen Saalcö bcfafjt unb bcfcbloffcu, bafi bie ,"ycnftcr unb bie grofcc Witteltoanb mit Silbern auö bcr Wefcbiditc ber Stabt gejicrt loerbcn foUten. fterr 2Raler Öeigeö auö Jretburg, beffen OMaögemälbe ben beften Muf geniefeen, fyatte bie iperfteUung ber OHaömalereien übernommen, 'äMaler Meutter auö Marlörubc bat baö grofje Cclgemälbe in ber SJfitte ber JHücfmanb „bie 400 ^forjbcimcr in ber Sdjladjt bei Wimpfen" geliefert. Sie jyenftcr^emälbe repräfentieren ©jenen auö ber Wefdndite ber Stobt in fortlaufenber Neibenfolge : 1. Saö iHomerlagcr am iSn^übergang bcr Strafte oon x-üaben nad) bem befeftigten Vager bei Gannftatt (3. unb 4. ^abrbunbert unierer ^eitrednumg). 2. Ser Qny- unb sUUirmgnugraf Slbalbert befiditigt mit bem ftirfauer 3lbt ben Stau bcr 3d)loftfird)e (Anfang beö 12. "sobrliunbertöi. ^iarfgraf Gljriftopb oerlcibt bcr Stabt einen Jreibcitobrief, betitelt: „sJieue Crbnung nnb ^olijei". 1491. 4. 3icua)lin prüft bei einem feiner üefuebe bcr ^aterftabt bie ,"yortfd)ritte feineö ÜJro&neffen ^^ilipp i)ie(and)tl)on. 1608. Wun folgt baö 5teuttcr'fd)e gro^c Cclgemälbe ber ^impfener ediladjt; 2«. Slpril 1622. ^bm folgt baö fünfte (Mlaöfenfter : „SMelac befiehlt bie ^erftörung ber Stabt ^forsbeim" ; 15. ?luguft 1H89, sDoö fedjfte Jyenfter ftellt |ltt banf baren Erinnerung an bie Wrünbuug beö erfteu Alofsoercinö, 174«, unb an bie Stiftung ber Alöfsenoitroenfaffc eine Jylofefabrt bar, mit ber Uuterfdjrift : Tie <"ylöf?er b»lbigcn ibrem angeftammteu 4)iarfgräfli(bcn Jürftenb,aufe. £aö fiebente Siilb befa)aftigt fid) mit ber Cirün- bung ber biefigcn ^nbuftrie: Sie Entreoreucurö «utrau, CSbriftin, 3Siala unb 2lbor empfangen am Eingangötbor beö ^aifenbaufcö ben i)Jarfgrafen Marl tfriebrieb unb bie 2)tarfgräfin Maroline, 1767. 2en Sdjlufe bilbet $ur ^rinn^ erung an bie fdjön gelungene gaajauöftellung ber (SbelmetaUinbufrrie, gemein»

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^toraljeim im 19. Sabrbunbert.

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fam oeranfta(tet oon ber Munftgeroerbefd)u(c uub bcm .Uunftgcrocrbcoerein, bat (Mlasgemälbe „(%oftt)er*ofl Jyricbnd) roirb oom MuäfteUungofomitc im Xrcppcn- baufe bcr .Uunftgerocrbcfdnilc empfangen", 1894. $u ben jroei legten ^ötlDern (mt £>err Waler Memmer in Marl«rube bie .Horton* ge^eidjnet ; iljrc .öerfteUung roeidjt infofern oon ben oorbergebenben fedje Wlaägcmälbcn ab, alö bie Sujet« einfad) auf "H.tv gemalt finb, roäfjrenb bei ben anberen bie 3ujet«, au« oer- fdjiebcnfarbigem Wla«, roic iKofaif burd) ^.Metftreifen jufammengefafit finb. Sic fteife fdiroarje Mleibung unferer ^ett, bcr ^ratf, bie fdjroar^c .oofe unb ber 3g(inberf)ut ftnb ben Müuftlern begreif ltdjerroeife unfnmpatljifd). weil fid) feinerlei gormen= unb ftarbeneffefte mit ifjnen erjielcu (äffen. £a« fiebentc Wilb mit ben franiöfifdjeu ISntrepreneur«, bem Warfgrafen unb feiner Wemablin ift eine reijettbe .Uompofition mit cffeftuoller $öirfung, roäbrenb ba« ad)tc öilb mit feinen fradgefd)mütftcn.*>erren boef) rcrt)t fütjl (n^t. 25teOHa«gemälbc in ihrer (Mcfamt* beit ftnb in .Uompofition unb 21u«fübrung feljr gut ; oiele Jreube biirf tc t)icr ba« rflöfjcrbilb bereiten, ir« ftnb jefct an ber Wittelroanb nod) *roet platte redjt« unb Itnfd bcr Wimpfen« Sdiladjt frei; urfprüngltd) roaren für biefc otcltc ba« Werian'fajc ^forjbcim unb ba* Wtlb bcr beutigen Stabt beftimmt. Seither finb ocrfd)icbcnc anbere glätte aufgctaudjt, mie bic }>ortraitmcbaiUou« bc« Warfgrafen Marl ^mbrid) unb be« jc&tgen OJroßbcrjog«, ober aud) aUegorifd)c Figuren.

pic eiunuiliuurt bes neuen "3{atr)aufes

fanb am 29. Wat 1895 ftatt. mar ein ftefttag, roic ^for^beim biöbcr nod) feinen fdjöuercn unb großartigeren gefeiten tjattc. obre ftobeiteu ber (yrofcbcr^og unb ber tfrbgroftberjog, bic Wtntfter iSifenloljr uub o. Trauer unb anbere Vertreter bcr Regierung roaren erfa)icncn. -Da« Detter roar ein Ijerr* Udje«, uub bie }$fontjcimer Ratten alte« getban, roas in ibrer .Hraft lag, ben Xag *u einem roabrbaft benfroürbigen $u geftalten. Xie 3d)ul- jugenb, alte Vereine unb Korporationen, bie ftaatlia)cu unb ftäbtifdjen 8c* t)örben batteu an bem feftlid) gefdjmurftcn Statmbof unb in Der ^uifcuftrafje 3(ufftellung genommen. Xtc (Siufabrt bc* Vanbe«berru in bie otabt geftaltete ftd) 51t einem ioaI)rcn Iriumpbuige. s-bcim Waftljau« \um „grünen iWaum" roar ein altertümliche« ctabtttjor erridjtet roorben, ba* naa) feiner ganzen $(u«fül)rung in 2(rdiitcftur unb 5(nftrid) oonüglicb gelungen roar unb eine freubige Uebcrrafdjung für jebermann bilbete. ^nfeeniert roar ba«fclbe uon ben Herren Cberforftcr 'Hau unb ctabtrat söeltman. 2>a* 21)or roar burd) eine fed)« Wann ftarfe äöaebe oon «anbSlnedjten befefct. oelbft bcr berbe (Sidjentifd) mit »eintrug unb iüürfelbcdjcr fehlte uidit. 911« bcr Jycftjug xn ©id)t fam, rief bcr auf bcr $inne be« Jljore« ftebeube Süadjtpoften fein „Sirrau«!" uub bic 3iJad)e trat unter'« ®ewel)r. £er road^efjabcnbc Cffitier, •t)err Vogler, madjte bcm (Mrofj()cr?,og bic Welbung: „2)aö roeftlid;c Xi)Ov (Stierer treuen Stabt ^forjbeim ift befefot mit eiticm Dffijicr, einem Jvrt^nbrid) unb oicr Üanbefncdjtcn. Vofung uub ^elbgefdjrei finb : „Wrofefjerjog tfriebridj". Xev tjofje öerr roar fiajtlid) übcrrafdjt uub erfreut oon biefer fd)önen c^cne. l\ov bcm ÜHatbaufe rourben bie »errfa)aftcu oott einem Warfdj ber Aeuerroebr^ fapeUe unb ben ftäbtifdjen Mollegien begrüftt, ,'ocrr otabtbaumcifter .Hern über- gab auf funftooü geftieftent Riffen bem Wrof?()cr^og ben sJiatbau«fd)lüffcl, roclcbcr ib,n bem Oberbürgermciftcr bot. Vctjterer crfdjloft bannt bic Pforte bc« neuen Öaufe*. s^eim eintritt bcr Jeftteilnebmer ftimmten ber „Wauncrgcfangocrciu" unb bic „Viebertafcl" unter ^»errn Wo^r« Leitung ^cetbooen« >>imtne an : „Tic Gimmel rühmen bc« (Sroigcn l±t>rc", unb bcr 3"g begab fid) in ben :öürgerauöidnif?ftbung«= faal, roo bic boben .^errfdjaftett nebft (befolge auf bcm ^obium jhifftcüung nahmen, (y« folgten nunmet)r bic 5(ufprad)en bcö Dbcrbürgermciftcr^ >>abermel)(, bc«

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^r'orjbcim im 19. ^abtbunbert.

vanbtaadaba.corbnctcn Nittum, bc$ (MroftbcnoflS , bc$ Cbcrbürflcrmcifter* 3mncblcr au$ Karlsruhe. 3 um Sdjluffe bcr .'oauptfcftlidifcit frcbentfc ber Cbcrburflcrmciftcr mit a,cifti)Ollcm £>umor ben beben \>errcn ben DOffl Munü aemerbeuercin bcr Stabt (|ef(^€nftetl praditiaen ^ofal. rarauf folgte im <k jdimudten 3aalc bco „edmmnen XMer" ein ivcftmabl. Um %Jiad)intttaq mntbtcn bic hofjcn (Mdftc unter ^ühruna, bc* Cberbüra,ermcMtcr<s eine Statt fahrt burdi bic 3tabt uub befid)ttßten bnä in bcr ttltftabt Refeßene Iflcftru: tat*nicrf, einige Wjouteriefabrifcn uub fpdtcr ben im herrlidjfteu ,vlor ftebenben ctabtaartcu, wo bcr Wortenbauticrcin ein !r»obla.eluna,cue* Minberfeit r»cran ftnltete. Tic Abfahrt bcr ftirftlidjcn v>crrcu erfolgte abeub« 7 Ubr unter ßrofoen Coationcu. Ter Ijcrrlidjc Xa^ eubete mit einem ttanfett im KMerfttL

2$ürßfrmcifter Siaxt 3mri'ttncr.

(fr mar am 4. 4Wai 1813 in Vübcd geboren, lernte alä (Hotbarbetter unb (am al<< {traget unbemittelter SReitfd) und) ^fonheim. Seilte bernor rüi\enben geiftigen Adb,ia,fciten unb feine unbcbtna.tc StiDcrlaifta.feit erwarben

Uürßmm'iflcr Siaxl 3crronncr.

ihm balb bic 2 teile eine« (Heitt>aft«reifettben im vaufe ,"vrub. 3pater »er betratetc er tid) mit einer ^fonbetmettn unt> aruubctc etu eigene« Holbroare« Qtidjaft, bae er aud> ale iBur^ci meiner roetterful;rte. <ir battc <3lu<f öaimt

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$fotsfeeim im 19. 3abrbunbcrt.

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unb mürbe fidjer uoa) roett größere materielle (Srfolge gehabt fjaben, roenn er ntc^t ben äauptteil feiner Mraft bem GJcmciubebicnft jugeroanbt b^tte. 3n bem fleinert verliefen ftörper ioob,nte ein ungemein th,ätiger unb regfamer Weift, ber ftetö bad !Hid)tige 511 treffen raupte. Seine großen Üerbtenfte um bie Stabt, namentlia) um ba$ »au* unb Sdnilwefeu, fmb an anberer Stelle eingebenb erörtert worben. "ÜJie bie (Sinroofmcrfdjaft bem braoen SRanne im Seoen üiebe unb Vertrauen gefdjenft bat, fo bewahrt fte ii>m audj im Jobe ein bauernb ebrenbeä Snbenfen. i$fym nu ISljren erhielt eine Strafe ben Warnen 3errennerftraf$e.)

Müt^cxmciflet greeefitt*.

Gr mar ber Sobn beä 2>omänem»enoalter$ Creceliue unb führte roaf)* renb ber Neoolutionäjeit bao Stabtrcgiment. Seine jiemlirf) raube, berb ju* greifenbe Watur toar auf btefem Soften unb 51t foldjer ,^eit gcrabew unent* bcbrlid), unb er war oielleidjt ber einige SMann ber Stabt, bem ee gegeben mar, in jener ,^eit be$ 2lufrul)rö unb ber ^erroirrungen mit nüdjtemem Sinn, einem Haren (Reifte unb mit eifemer Jvauft bie Situation -n beljerrfdjen. Wad) feinem Stuöfdieiben aus bem 3tmte, ba$ ibm fo oiele Sibenoärtigfeiten unb Sorgen unb fo loenig freunblidje läge gebraut hatte, oerblieb er nur noeb furje *Jeit in ^forjljcim. Sein "Utotmtjauö, ba« er als junger Mcntbeamter ber Familie 0. Neutrum oou Ü)raf oou l'uremburg in SHannbeim erioorben f'atte, tiefe er nad) feinem Weggang oerfaufeu. 3lmte Cffenburg erioarb er fid) baä Öut Jufcbad* unb oerbltcb bafelbft einige Jabrc, worauf er nad) öengeubaa) sog. Seit feinem Weggang oon bort ift nidjte SidjereS mebr über fein Sdjicffal befanut geworben. Seine SJerbienfte um bie Stabt in fdjtoerer ^eit fidjern itjnt für immer ein banfbare* Webenfeit in ber ^forj- beimer $ürgerfd)aft.

Vit *&fot$e\mex SJurflcrRorpö.

3u dnbc besi 18. 3<if)rf)unbertS rourbe ein perföntic^er 2Bad)tbienft angeorbnet, ii>eit bie ©egenb buret) „fyerumfdjtuärmenbe ©aunerbanben" unftdjer gemacht rourbe. .Hein ^Bürger burftc fid) bemfelben entjiefjen. Jyrüfjer rücfte bafyer 511 folgen Streifjügen bie gauje SBürgerfdjaft au£. $>a aber baburd) niele Unorbnungen entftanben, gefd)at)en biefe Streifjüge fpäter blo§ nod) burd) eine geringe 9lnjaf)i Bürger 51t Jyufj unb $11 ^ßfevbe. $lu§ biefen Streif- forp§ entroiefetten fid) bann mit bei* $eit bie $3ürgerforp3.

(Sin OberamtSberidjt 00m 16. Septbr. 1802 an ben Sftarf- grafen befagt : $ie $for$f)eimer ÜBürgerfdjaft fei fd)on von alten Reiten fjer bewaffnet ; bewaffnet fdjroöre bev angefjenbe Bürger ben JmlbigungSeib unb in btefem Gib fei fogar eine Stelle, ba& bie Waffen, bie er trage, fein (Eigentum feien. $ie3 fomme ofyne ^roeifel bafjer, roeil Die Stabt uermöge it)rct* ^riuüegien oerbunben fei, mit bem Warfgrafen in ben Krieg ju jietjen. Qu beginn be3 $af)rf)unbert3 Ratten fid; am Stnlafj ber roäf)renb

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i^orabeim im 19. 3abrbunbcrt

be§ legten Krieges getroffenen 2anbe§befenfton§anftalten folgenbe ßorpS in ^forjheim gebilbet:

Päd foß. >aßriüantctt->"torpo ; beftanb au§ lauter freiwillig jufammengetretenen ^abrtfanten unb war ungefähr 100 9flann ftarf. Unter benfelben waren nicht nur s$forj^eimer Bürger unb 93ürger§föhne , tjier etablierte, nid)t bürgerlidje gabrifanten unb beren Söhne, fonbern aud) frembe Arbeiter, bie ab* unb jugingen. Sie waren grün unb rot montiert, jiemlid) gut einexerziert unb wählten tt)re Cffijiere felbft unter fid). 3!)r fommanbierenber Offijier war bcr ^Bijouterie^übrifant Gcntre* preneur |mguenin, ein geborener Sdjweijer au§ bem ftanton 9teud)atel. 3)ie (Gelegenheit jur Sormierung biefeS $orp§ gab bie 1794 oorgenommene ©eneral-Sftufterung {amtlicher bienft= fähiger 9Jtannfd)aft. 3)ie JJabrifanten wollten fid) bamal§ oev- möge ihrer jjreitjeiten nid)t an ba§ Allgemeine anfdjliefjen, fonbern ftetlten fid) befonberS. Sie follen bei öffentlichen (Megem Reiten unb Streifeügen gute $)ienfte geleiftet haben, fte waren fefjr efjrgeijig unb ihre Offiziere faljen auf ftrenge Orbnung.

l>a$ zweite itorps, ba§ fog. ^agrrliorpo. beftanb au§ ungefähr HO Sftann, bie Uniform war fürftengrau mit grünen Auffd)lägen. 31jm gehörten bie oornefmieren t)iefigen Bürger unb beren Söhne an. (I§ wählte feine Offiziere ebenfalls felbft.

$>a§ brüte, fog. itatmflerifRorpd, beftanb au§ ungefähr 40 9Jiann, bie Uniform au§ bunfelblauem £ud) unb hatte fajwarje Auffdjläge. Aud) ^ier gefd)ah bie DffoierSwahl unter ftd).

T>cm inerten itorps» gehörten bie {amtlichen übrigen Bürger an. $od) l)atten fid) oom 4. ftorpS etwa 100 Sftann getrennt unb bilbeten eine befonbere Kompagnie, weld)e blaue Uniform mit roten Auffdjtägen trug. $ic Offiziere würben oom Stabtrat gewählt unb oom Cbcramt beftätigt. $er erfte Offizier über biefeS, fowie über alle übrigen bürgerlichen $orp$ war ber Stabthauptmann , welcher immer jugleid) aud) 9)litglieb bes 9JJagiftrat§ fein mufcte. 5Bollte ein Bürger bei ber ^Bürger- Rompagnie eintreten, fo mujjte er au3 ber fiefjre fein unb baS 20. £eben3jaf)r .virücfgelegt höben. 3öar er einmal eingereiht, fo fonnte er feine Kompagnie nicht oerlaffen, ohne oom Stabt-- Hauptmann ben Abfd)ieb erhalten §u fyaben.

@rfd)ien ein Bürger nicht, wenn er fommanbiert war, ober nicht jur beftimmten 3«t verfiel er in eine Strafe oon 15 8r. derjenige, meldjer beim SlttS* unb (Sinmarfd) nicht in feinem ©lieb blieb, fchrie, johlte ober £abaf rauchte ober fich gar erfredjte ju fliegen, erhielt eine Strafe oon 30 .ffr. 3eber Korporal, in beffen $ug oa* et)en Angeführte paffterte unb ber

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^forabeim im 19. 3abrbunbert. 375

nidjt alöbalb anzeigte, erhielt bie gletdje ©träfe, ©prad) ein Bürger auf bem (Syerzierplatj wäfjrenb be§ ItommanboS ober führte ftd), „wie bie§ oft gefc^al). ungebüfjrltd) auf",*) fo mufite er 8 $r. Strafe erlegen. Unge^orfam unb SBiberfpenftigfeit gegen bie Unteroffiziere würben mit 30 ßr. Strafe belegt, ©djimpf* reben unb fernere ^nfuborbination fofteten 1 '/.. ©ulben. ©djimpfte ein Bürger ben anbeten, fo würbe bie SJuge auf 45 Rreujer bis 1 ©ulben bemeffen. 93ei ©djlägerei gab Slrreft. freien beim beriefen tjatte 15 ßr. (Strafe jur ^olge.

3eber follte fein ©emetyr fo in ©tanb Ratten, bog er e$ bei einer etwaigen Streiferet ober auf ftommanbo fofort in ©e= braud) nehmen fonnte. Um Unglücf iu oerfjüten, ba£ unreine ©eweljre, roie bie§ öfter« gefduu), beim Stiegen zerfprangen, rourbe ben Unteroffizieren befohlen, oon £eit ju ßeit eine SBifitation barüber oorjunel^men. 2Ber babei fein ©emeljr nid)t in Orbnung batte, bejahte 24 $r. Strafe. Öeber mufjte eine s?atrontafAe fjaben. $)ie ©trafgelber würben zur 3lnfd)affung oon SWufitinftrumenten u. f. w. oerwenbet. 2llljäf)rlid) mugte barüber bei Unteroffizieren unb ©emeinen Re$mttlfl abgelegt werben. $)ie Kompagnien Ratten aud) S^nen, meldje fie oon ber oerftorbenen SRarfgräfin jum ©efdjenf erhalten fjatten. 3)er SRuftfbitettor be£ ^ägerforp«, 93ud)binber ©olb, weldjer ein orbentlidjeS 9ttufi!erforp§ fjeraugebilbet fjatte, b,atte feine liebe Dlot mit feinen Oägern, fte liefen il)m einfad) weg, roenn ifjnen eine anbere Uniform beffer gefiel unb liegen fict) bei anbern ftorp§ einreiben. Um biefem Unroefen zu fteuern, tfjaten ftd) fämtlidje .florp§fommanbanten pfammen unb roeigerten ben ^Deserteuren bie 3Iufnaf)me in itjren ftorpS, roenn fie nirf)t einen 9lbfd)ieb 00m Stabtfyauptmann oorroeifen fonnten. (Sbenfo burfte ba£ neu erridjtete 3ägerforp3 nidjt weiter al« 30 ©emeine unb ba§ Kaoaüetie Korp« r)öd)ften§ 40 sJJiann ftarf fein. $a§ alte $ompagnie;9feglement 00m 20. Septbr. 1786 biente als ©runb= läge unb roar etwa« umgemobelt, bamit in bie Qtit pafjte. 3)te Offiziere im ^afyre 1802 waren ber Hauptmann £ut> unb bie fieutnantS ©eiger unb 53ougine. $etm Raoalleriefotpfi würbe angeorbnet, bafc immer einer fein gleidje«, mofjlbreffterte« s#ferb neunte.

9tad) einem üHeferatSprotofoll 00m 25. Januar 1805 fjatte ba« ^forzfjetmer bürgerlidje Sägerforp« bie öffentliche ©idjerbeit gefäljrbet unb baburd) baS Med)t oerroirft, ein eigene« ftorp« bilben zu bürfen. @3 würbe aufgelöft, unb bie ©lieber beSfelben bei anberen &orp§ eingereiht. i)a« Wusrücfen be£ ©d)arffdn'i^en= forp«, weldjeS im $af)r 1819 errietet würbe unb nur 30 s3Jknn

•) 25er fluöbrutf lautete ettoa* prajifer.

37G «Uforabcim im 19. ^abrbunbert.

ftarf fein burfte, fonntc nur nad) (Sinfjolung obrigfeitlidjer ®e* nefjmigung gefdjefjen. s)lad) ben «Statuten beftanb ba§ Äorps au£ 2 Offizieren, 1 $Hegiment3;Quartiermeifter, 1 SHegimentS- 9lrjt, 2 Oberjägern, 8 Premiers, i ftapeümeifter, 10 £>aut= boiften unb 60 Sdjarffdjütjen. 3)ie Uniform beftanb

1. au§ einem $$afo au§ 3il$ mit lebernem ©lanjboben, meinen Jangfdjnüren, 9tofette oon ber babifdjen £mu3farbe unb einem grünmollenen Büfdjle ; als Sd)ilb fjatte er ben Budjftaben L mit einer (Sonne umgeben.

2. $aS (Sollet mar bunfelgrün mit fcf)war$ inandjefternem fragen, baS oorn jugefjeftet mürbe, über baS Hinterteil ging unb ftatt ber £afd)en 5!lappen*s}ktten erhielt, meiere fid) in bem 9luSfd)lag uerloren, auf meld) letzterem 4 siBalbf)örner angc= bradjt mürben. $luf bem fragen waren 2 golbene fii^en.

3. ©rünwollene (SpauletteS als 5ld)felbebecfung.

4. Hofen oon gleichem Und) mit jmei fingerbreiten fdjroarj famtenem Streifen, nidjt fetjr meit, jebod) fo, baj? bie Stiefel bequem barunter getragen werben fonnten.

$)ie Uniform ber Offiziere mar bie gleiche, nur mit bem Unterjdjtebe, bag fie ftatt ber GjafoS £üte mit fdjwarjen gebern tjatten. $ie SluSjeidjnuug mar an (Sollet unb £>ofe angebracht unb beftanb beim Oberjäger auS jroei golbenen Strichen über bem Slrm, beim Premier auS einem. $ie Büfd)le raaren unten rot. 3Me Armatur beftanb auS einer furjen, gezogenen s}Sürfd)- büd)fe mit franjöfifdjcm Stedjer, bie auef) als glinte abgebrüeft werben fonnte, mit lädiertem Seberriemen, einer fleinen ßartoudje oon fd)mar$ lädiertem Seber mit Banbelier, auf welchem ftd) oorn ein fletneS QBalbfjorn befanb, an bem burd) $mei Letten bie iHaumnabel in ©eftalt oon Pfeilen in einem ftödjer ange- bracht war. 9luf bem Werfet ber (£artoud)e war baS gleiche Sd)ilb wie auf bem 2wt o. Sterner auS einem furjen £>irfd)fänger mit einem ©riff oon (Sbenhols am gleidjen Banbelier. $ie Offnere trugen ebenfalls £iricf)fanger, ©arnitur unb knöpfe waren aus 9JJefftng. $ie Uniformierung unb Bewaffnung etneS einzelnen belicf fid) auf no bi§ 100 fl. $ie ftapitulattonSjeit war auf brei 3ahre bemeffen. Beim eintritt hatte jeber 3 Äronentfjaler su jaulen, fpäter jebe Üöod)e 30 .Hr. bis bie Uniformen bejaht waren. 2kl Jag ber ftonftituierung, alfo ber 24. Januar, würbe alljährlich feftlid) begangen

%ati 23. September 1823 wollte baS uniformierte Bürger* miütär in Bretten einen 9luSmarfd) nad) s$forjheim unternehmen, um bie ftamerobfdjaft ju pflegen; er würbe jebod) nid)t ge* nebmigt. %tn $eter* unb ^aulStag 1825 30g bafür baS v?for5* heimer SdjarffdjütjenforpS mit fliegenben gähnen unb flingenbem

)gle

Worabeim im 19. Sabrbunbcrt. 377

(Spiel in Bretten ein jum Söefudj. $)ie Ärieger betrugen ftd) laut 3eugni§ mufterfjaft.

Wm 18. Wai J842 erfudjten Serbinanb Oedjsite itnb ftonforten, ein roeitere§ Bürger * Wilitärforp§ grünben ju bürfen. beftanben bamal§ 3, nämlidj ein $ragonerforp$, 40 Wattn ftarf, 80 Wann Sdjarffdjütjen unb ba§ glöfferforpS mit 25 Wann. $)a§ neue faßte au§ lauter jungen Seuten be* flehen unb einfad) uniformiert werben im greife oon etwa 50 fl. pro Wann, ©rüner Ueberrotf mit fdjmar^em fragen, graue 93eittfleiber, Stiefel unb road)§tud)überzogener fyato, WuSfete mit ^Bajonett unb s$atrontafdje unb oielleidjt fpäter ein (Säbel follte bie s#u§rüftung fein. $ie folgenben s)totjaf)re oerInnberten bie 2lu3ft%ung be3 planes.

3m 3abre 1808 beftanb aud) eine fog. *&fot$e\mcx e lircn- flarbe |n ^ferbe. 2)ie grünen (£ontre=©pauletten roaren mit ©olbbouillon eingefaßt. $of)e |)ufareitftiefel, oben mit golbenen 9?unbfd)nürd)eu urnranbet, Ouäftdjen oon ©olbfaben baran, gelbe £mfarenfporen, s$iftolenbalfter unb ^iftolen bilbeten bie Uniform ber ©emeinen. $)ic Offiziere Ratten (£artoud)e unb Säbelfoppel oon rotem Saffian mit ©olb geftieft unb mit einer golbenen 93orbe befetjt, gleidje 3^ume, 93orber* unb «£>interzeiig mit oer= golbeten Sdjnalleu. $ie ©Sfabron beftanb au§ jraei ^ügen mit 3 Offizieren unb 2 Unteroffizieren, einem ©Sfabrott^ftommanbanten, einem 9*ittmeifter unb etnem Oberleutnant. $er Unteroffizier be§ I. 3"9^ Ratten bie (Stanbarte ju tragen unb ba3 ^olijeilidje ju beforgen, ber be§ II. 3»9^ ^atte bie @3rabron3faffe ju oer* roalten. 93ei S^ierlcirm in ber (Stabt f)attc bie ganze Wannfcfyaft anzutreten, in Uniform unb ju 93*» auswärtigem Seuer*

lärm nur ein 3ug. $ie Stabstrompeter mußten JJeuerfigual blafen.

SDie Uniform beS ^ürger=ftauallerie*$orp3, roeldjeS feine Statuten im Qafjre 1837 zur ftaatlidjen ©enebmigung oorlegte, beftanb in grünem (Sollet mit roten $tuffd)lägen unb fragen, grünen $3einfleibern mit roten Streifen, mefftngenem $elm mit fjängenbem iHoßfdjioeif, mefftngenen (spauletten mit Srfjuppen, fdjroarzem überzeug an ber s#atrontafd)e , unb Säbel mit mefftngenem 33efd)läg.

$ie Offiziers41niform toar bie gleite mit folgenben %b> änberungen: golbene Säbelfuppel unb golbenes SBanbelier an ber sJ$atrontafd)e, oergolbeter .<peltn unb (SpattletteS.

2)ie ©rabauSzeidjnungen toaren folgenbe:

$er 9iittmeifter trug zwei gefüllte, ber Oberleutnant ein gefülltes auf ber linfen Steffel, ber Unterleutnannt ein gefülltes auf ber red)ten $M)fel, ber ©SfabronSarzt ztoei ungefüllte SpauleüeS,

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378

liforabeim im 19. oabtbunbctt

ber 2öad)tmeifter oergolbete Sdjuppemdpa ulettes unb boppelte ©olbborten auf bcn Vorberarmen. 3)ie Unteroffiziere einfache ©olbborten auf ben Vorberarmen. $ie ^Bewaffnung beftanb in gebogenen Säbeln.

25ie s#ferbeausrüftung beftanb in Qaam unb StaUbalfto mit mefftngenen Sdjnallen unb Verzierungen, VrufcUmfang unb Sdjwanzriemen waren fctywar} lädiert mit 3fteffing*Verzierungen oerfeben. (Sin englifdjer Sattel mit fdjwarzem s#iftolenbalfter unb Steigbügelriemen, grüner Ueberbetfe, rot eingefaßt mit ber 9tamen§d)iffrc be§ ©ro§berzog§ oollenbete ben bübfdjen 9tt$itg.

9lad) einer Verfügung be§ OberaintS com 3at)re 1834 würbe ber bisherige (tbef be§ $aoaHerieforp§, Kaufmann $roll, mit nod) zwei Offizieren, weldje oom S?orp§ gemäbtt worben waren, in biefem SHange bebörblid)erfeit§ nicfjt beftätigt. ftroll mar beinabe 30 3abre (£bef beweiben geroefen unb würbe oom OTajor zum SHittmeifter, J. ßroll junior oom SRittmeifter zum Oberleutnant unb 31. ©rab oom Oberleutnant zum Unterleutnant begrabiert. $a§ $orp§ fül)lte ftd) baraufbin in feinem Sabl* redjt beeinträdjtigt unb ergriff ben 9tefur§. SBegen jener ober* amtlichen Verfügung zog ba§ $orp£ ntd)t wie fonft üblid) unb s$flid)t mar, zur ftirdjenparabe am ©eburtSfefte be§ ©rofc berzog«, ba es mit begrabierteu Offizieren ober obne foldje nid)t au§vücfen tonnte. Um äbnlid)en Vorfommniffen oorzubeugen, baten bie ftorpSmitglieber, ir^re Offiziere im alten ©rabe zu belaffen, bezm. &u betätigen, ba fte biefeu 3 Herren baburd), als einziges ibnen zu ©ebote ftebenbes Littel, für bie bem $orp$ geleifteten $ienfte it)re £od)ad)tung unb Siebe bemeifen wollten. 9Jian berief ftd) uergeblid) auf bie oom Sanbeeberren betätigten Statuten. 1836 am 29. 91uguft trjaten SlroU sen. nnb junior unb ©rab zum letjtenmale £>ienft ; an ihre Stelle traten Vürger* meifter Deimling als Wittmeifter unb Kaufmann 3öilb- 2enz jun. ab Oberleutnant.

3lm 10. September 1841 mürbe burd) oberamtlidje Ver= fügung baS ftaoallerie-föorps megen 3nfuborbination aufgelöst unb bie Stanbarte auf bem SHatbaufe aufberoabrt. Sdjon zmei Oabre zuoor löfte fid) bas unter Hauptmann, Jabrifant ©ülid), ftebenbe 3"fanterte*5iorps ber Sdjütjenfompagnie auf megen Uneiuigfeit mit bem C^fjef. 3)aS SlaoaHerieforpS unter ^Bürger* meifter Deimling hielt am längften Staub. 3(l§ aber am ©eburtS-- tag be§ ©rofcberzogS fid) bie 9Rannfd)aft bes $8ürgerfaoallerie= torpö mieberum größtenteils weigerte, au§zurütfen unb ben ßird)-- gang mitzumadjeu, ba würbe aud) biejeö burd) iRegierung$befd)lufj aufgelöst. sJ0lan fud)te biefen HuSgang zu oerbinbern burd) Anberaumung aufjerorbentlidjer Verfammlungen , worin ben Störrifdjen gütlid) zugerebet würbe, aber obne Erfolg, günf

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Wotsbeim im 19. Sabrpunbert.

379

9Jlitglieber gaben am $orabenb beS SefteS bic (Srflärung ab, mitaufommen, bic anbern weigerten ftd). darauf tourbe bie 9luf löfung befdjloffen. 35er ©tabtrat forad) einftimmig fein tieffteS 93ebauern auS über baS ^BorfommniS mit bem 3öunfd)e, eS bie ©tabt nid)t entgelten ju (äffen.

3m Qaljre 1815 traten fid) aud) bie Släffer &u einer fog. Slöfferfompagnie jnfammen. 3)ie ^Bewaffnung beftanb in filmt* mit geuerfteinfdjlofj. Gcrfi rütfte bie 9Jiannfd)aft in langen blauen Nörten auS, fpäter fdjaffte fie ftd) fleibfame Uniformen an. (Sie l>atte baS SRedjt, am SWärjmarft bie SBadje ju be^ie^en. 2)aS ftorpS beftanb bis 1838.

3m 3a^re 1800 Ijatte $fot$eim 5062 (Simoofjner. 2>ie erfte amtlidje 3W"»9 im ©rofjfjerjogtum rourbe im 3afH*e 1811 oorgenommen.

9tad)folgenbe Tabelle ueranfdjaulidjt bie 93eoölferungS* junabme ber Stabt oon 1800 bis 1900. sßforjt)eiin r)atte 1800 - 5062; 1810 - 5572; 1812 - 5301; 1831 - 6248; 1837 = 7049; 1840 = 7694; 1843 - 8334; 1846 - 8452; 1848/49 - 7951; 1852 - 9183; 1855 - 10 711; 1858 - 13 520; 1861 - 13 925; 1864 - 16 391; 1867 - 16 414; 1871 - 19 801; 1875 - 23 537; 1880 - 24 037; 1885 - 27 207; 1890 = 29 987; 1895 - 33 331; 1900 - 43 376 (Sinroofjner.

3n ber 93ermef)rung ber ©tabt fpiegelt fid) ifjre 3eil« gcfd)icf)te. $)ie fetjr geringe ^unafjme oon 1800 bis 1810 unb ber SHücfgang uon ba bis 1812 mufc ben ftriegSjeiten jur Saft gelegt roerben, in benen ber unfidjern 3ll^unf^ ftatber bie (8§t- fdjlteßungen fid) einfd)ränften. (Sinen rafdjeren Sortgang meifen bie 30er Qafyre auf, toeldje JriebenS- unb ^ugleid) gute ©e= fd)äftSjaf)re roaren. 3)ie gleidje (Simoirhtng roie ju Anfang beS 3al)rt)unbertS erFennen mir in ber s$eriobe oon 1846 bis infl. 1849, in roeld)er bie <Seelenjaf)l um 501 jurüdging. $on 1849 bis 1852 beträgt bie ßunaljme bann toieber 15, oon 1852 bis 1855 - 17 unb oon ba bis 1858 = 26 ^rojent. «on 1812 bis 1852 oermetjrte fid) bie Stabt um 73,2 ^rojent. SBon ba bis 1864 ift fobann bie gunafjme mieber eine ftetige, roäfjrenb fie oon 1864 bis 1870 einen oerminberten 5ortfd)ritt aufroeift. SBieberunt madjen fid) bie fd)led)ten ©efdjäftSjafjre oon 1875 bis 1885 bemerfbar. öen 90er 3af)ren bagegen f)at ber 33e* oölferungSjuioadjS augergetoöfmlidje Qiffetn aufjutoeifen. (Srflären laffen fid) biefelben burd) ben flotten ©efdjäftSgang unb bie (^in*

380 Worabeim im 19. Oabtbunbett.

führung neuer 3"buftrie&roetge, roie j. 33. bev ©ro§=3i!ber= inbuftrie, meldte einen ftarfen tfujug oon aujjen herbeiführte. UeberbieS t)at bie lebhafte SBauthätigfett eine grojje WtycSfl sJ)Zcnfd)en belogen, Manche Arbeiterfamilie jog aud) oorn 3)orfe in bie Stabt, roeil baburd) aud) ber 3rau, bie früher in ber 93ijouterie*3»buftrie ttjätig mar, (Gelegenheit 51t S-Berbienft geboten mürbe.

$ie 3at)I ber Familien betrug 1849 - 1453 gegen 1458 im 3a^re 1846 ; barunter maren 6958 ^roteftanten, 794 ßatho; lifen, 36 $eutfd)fatbolifen (gegen 71 im 3af)re 1846), 8 9tteno= niten unb 154 3s!raeliten (146 im 3af)re 1846 unb 118 im 3af)re 1837).

1858 hatte ^forjheim unter 13 520 93emohnern 10 698 ^Sroteftanten, 2606 Äatholifen, 44 ftifftbenten unb 164 3$raeliten. $)ie $ahl ber Jamilien betrug 1 760. 2)ie ©efamt^ahlber $ienftboten unb©emerbegehüfen betrug 6418, barunter 31 08 3nlänber (Gubener) unb 3310 SluSlänber. $on ber ©efamt<(£inmohnerfchaft maren 7444 männlichen unb 6076 meiblichen ©efchledjtS. (Stnmohner über 14 fahren maren e$ 10 943, unter 14 fahren 2577. 3)ie ^ahl ber unehelichen ©eburteu betrug 75, alfo über 18 sJSrojent aller (Geborenen; im 3abre 1870 maren unter 865 (Geburten 157 unehelid)e, alfo oerbältntemäftig ebenfooiel.

sJkd) ber s-8olf§jählung com 1. ^ejember 1900 gab in ^forjheim: 1895:

tau§haltungen 9 103 (6 911)

lännliche ^erfonen 21395 (16 084)

SBeiblidje ^erfonen 21 981 (17 261)

3m ganjen 43 376 (33 345)

doangelifche 33 935 (26 469)

flatholifen 8 443 (6 123)

3§raeliten 536 (435)

©onftige 462 (318)

53eDölferung^unahme feit bem 3ah™ 1895 - 10031 s$er* fönen - 30,08 ^ro^ent.

$ki ber s$olfs^äf)lung r>on 1895 befanben ftd) unter ben 33 345 (£inmobnern 10 770 SBürttemberger. $ur $eit bürfte fid) ba3 s43erhältni$ infolge be§ grofjen 3ujug3 au§ 3Bürttemberg nod) um ein 91amhafte3 oerftärft haben ju Öunften ber 9Bttrttem* berger, menn man ben (Geburtsort unb nid)t bie ©taatstange» hörigfeit in 93etrad)t sieht, metche um ber Sanbtag^Söablfä'higfeit milleu oou ben meifteu sJhd)tbabeneru mit menig 3ftüf)e ^unb Soften ermorben roirb. 3)a3 sIBi&roort, ba& „^foräheim eine mürttembergifdje Stabt" fei, hat einen ßern oon Wahrheit .*)

*) Der JBera>aUnng$berid)t oer nnirttembergiuln'n Iterfehreanftalten pro 1. SlprÜ 1897/98 ftcUt ^forj()eim in öer ^Reihenfolge ber 151 juurttcm&ergif<f>en

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Sfoqttta im 19. 3abrbunberr.

381

3m ganzen 9Cmt betrug bic 93et)ürterung 1812 = 24 935, 1842 31 983 @inmot)nev, alfo 28 s}3roäent mel)r. $)ie gamiüen* ftärfe betrug 1842 -= 4,73 ^evfonen. Eon 80 487 borgen £anb famen auf beu ftopf 2,51 SRorgen. 3m 3at)re 1852 tjattc bev 53c5tvf 33 500 (Binroofjuer.

33ct*5cic^nt§ bev ©emeinben be3 WmtSbejivfS ^forjfjeim mit Angabe ber <£mn>0$tietga$( uub ber Entfernung uom $for§- beimer 5ttarftp(at):

1. öaufrf)Iott

777 liinroofmer

9,8 km

2. Bilfingen

817

M »

2,4

3. Bröfciugen

«277

4. Büchenbronn

14«5

»,

«,«

5. £ictenbaufen

151

H

13,5

«. Tietlingen

1943

II

8,8

7. Tillroeifjenftcin

3254

4,8

8. totem

»34

n

8,«

9. (jifiugen

1015

w

7,4

10. (*Umenbingcn

1106

tt

H,o

Ii. (rrfingen

1478

tt

7,8

12. Cutingen

205«

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4,0

13. (Mbbrieben

10«3

»

8,6 ff

14. .Bamberg

452

0$

14,9

15. ftobeuroartb

420

II

10,3

1«. ftudjenfelb

138«

n

«,2 tt

(Sifenbabnftationen, roeldje für ben Abgang imb bie 3(ntunft jufammen 500 nnb Riefet 9(rbeiterrood)cnfarten aufmeifen, mit «7 2«7 Harten an weiter Stelle glcidi hinter Stuttgart mit 121154 unb uor Clingen mit 55 351 Marten, fciernaet) wäre ^forjtjeim bie Moeitgröfjte roärttembergifcbc ,yabrifftobt. 9tad) ben genauen ;J<ad>rid)tcn, roelcbe ftd) im 18M8er ^rcäbcridjt ber "JHfonbeimcr üanbelöfantmer finben, finb aber im ttalenberjabr 18»8 oon roürttembergifdien (*ifcnbatjnftationen 74 933 Slrbeiterroodjenfarten nad) $fof}|eim auegegeben roorbeu, unb roenn man babei bie beiben Stationen 'Ittciftenftein unb üWobnbacb, bie oor^ugöroeifc Arbeiter aus babifdjeu Orten l)icrl)er beförbem, in Slbjug bringt, immer nod) ««901. 3U biefen treten aber uod) bie Slrbciterroodjen* f arten au* (Jnjberg uub üHüblatfer, bie babifdie Babnftatioucn, aber roürttcim bergifdje ttemeinben finb, oon benen 23 515 unb 8341, $ufammcn 3185« nadj ^fonbeim lauten, fo baft im ^abre 1898 inSgcfamt 98 757 Arbeiter; roodjenfarteu au* roürttembergifdien Orten nad) ^fonfyeim abgegeben mürben. 2(ue babifdjen Stationen unb babifdjen (Memeinben, alfo etnfd)liejjlid) Söeijjem ftein unb 3Rolmbad), aber auefdjliefelidi 3Mül)lacfcr unb (Samberg, mürben nur 93 2«8 li'odjeufarten nad) itfontjeim gelöft, fo bafj mau faft behaupten fann, bie "JJfonbeimcr ^nbuftric befdjäftige fo üiel roürttembcrgifdie Arbeiter alö babifdje, bie täglid) oon aueroärtö fommen, uub ^fonbeim fei bic Moeite fd)roäbifcb,e Jyabrifftabt. 3u ben Arbeitern, bie l)ierber fahren, fommen nod) oicle iMtnberte nettere Arbeiter aue Süurmberg, Birfenfelb, (Sngeltbranb, ftrunbad) u. f. bie entiueber tdglid) bin« unb beigeben ober bie bie ättocqc über bier roobnen, um nur Samstag* nad) fcaufe \u geljen. Neduiet man baju nod), bafe neuerbing« faft in jebem Stfalbort .Heimarbeiter für bie ^for^eimer ^nbuftrie ttjötig finb, fo ift bie fdjenroeife Bejcidmung ^for^eim« ale einer ber roidjtigften fdnoäbifdjen ^ubuftrtepla^c fdjon ernftfmft ^u nehmen, ^lufjcrbem finb aud) bic gefd)äftlia)en Bedienungen ^for^jeimd ju Wmünb unb Stuttgart cid enger al$ ju irgenb einer babifa)cn Stabt, MarUrut)e unb jRaimheim nidjt audgeuommeu.

^forabcim im 19. 3abrbunbert.

17. Sfpriiiflen 1H. ^ttersbad)

1«32 @tnroob,ncr

4,8 km

1028

18,5

19. Kiefelbronn

1205

**

«,3

20. Langenalb

587

21,1

21. l'clmtngen

241

' *

19,1

22. 3Rübll)äufcn

443

9*

18,1

23. 9tcul>aufcn

730

'f

1«,5

24. liefern

22KO

7,4

25. «Köttingen

795

"

14,2

2«. Cbermutfd)Clbad)

328

1«.»

27. Ccfdjelbronu

1228

10,9

28. £d)Cllbronn

389

12,4

29. 3tcincgg

289

15,1

30. liefenbronn

739

14,3

31. heiler

«18

»

14,2

32. mivm

93«

;>,8

äufammeit mit ^forjbeim Hl 0«2 (yimootmer auf 283 Duabrattitomctcr ober 28«,5 (*imoofmer auf 1 Duabrattilomcter.

et» a f ft er« ttß$6 eweguttg.

21m 3. Cftbr. 1857 würbe eint neue Sürgerlifte aufgeteilt. Sic $a\)l ber Bürger betrug bamalö 9«4. Jyolgcnbe (9cfd)led)tcr fmb barin am ftärfften oertreten: Kafc 3«. Wcnoig 28. Unserer 22. iretbbranb 18. Kiefmle 13. SWaicr, i)iaier, SHeicr, Liener, sl){ai)er 13. Slab 12. Siegle 11. 9lbred)t 10. Werfer 10. 9Kurrle 10. ftaug, Sauf unb öaud 9. *u& 9. SHüller 9. 8d)nctber 9. Sdjrotb. 9. Jtfecber 9. «renner 8. Mittler 8. ftua)ö 8. Raucr 7. «einjclmann 7. Vorkammer 7. Stoller 7. ödjober 7. Wagner 7. Öutf «. Sörflingcr «. .üctnj «. Holtmar «. iRing «.

Sie alten ^forjbeimer tarnen Deimling, üafner, Mornmnnu, Neu* börfer, Nofer, Uebetljör, SHeifc tommen bariu nidjt meljr oor.

9iad) bem ^Ibrcfefalenber oon 1900 giebt cd: 18 3lab, 25 Slbrcdjt,

14 flrmbrufter, 13 Slrnolb, 17 Slugcnftcin, 11 Raber, 14 dauerte, 13 Raicr,

15 Süartfj, 77 Öauer, 20 Ranmann, 33 Red, 42 Reder, 13 Redl), 14 Rinber, 54 Rifdjof, 18 Rosenberger, 37 Roficrt, 40 Rrauu, 32 Rrcnncr, 8 Rud, Rübker, 13 Rurger, « Rurgfjarb, 3 Rurgljarbt, 1 Rurfarb, ö Rurfljarb, 37 Rurfljarbt, 19 Sie*, 11 Sittler, 13 Surr,' 14 irbcrlc, 21 ßffig, 28 £aas, 19 feiler, $tfd)er, 27 Jranf, 18 ^rcu, 45 <yud)*, 18 <yunf, 17 OJeigcr,

22 Wengenbad), 31 Werioig, 14 oJroftmann, 14 ftaberftrol), 27 .Hertmann, 24 ."öaug unb 5 ftaud, 15 ftaufer unb 4 .öaufcer, 23 \>errmann, 13 .öiUer, 24 ftoffmann, 14 .ftoffafe, 13 .\?oW;auer, 27 .vmber, 19 Hummel, 17 $oft, 14 ^ourban, 13 ^ung, 15 Maifer unb 8 Malier, 11 Mappler, 57 Kafc, 14 Kauf- mann, 12 Med, Melier, 18 Meppler, 20 .Hern, 33 Mielmle unb 3 diente,

23 Mlcin, 10 Mlingel, 12 Knobcl, Mod), 12 Möl)ler, 19 .Honig, 13 Kolb, 12 Kollmar, 12 Mopp, 19 Kraft unb 3 Mrafft, 10 Kramer, 21 tf raufe unb 7 Kraue, 13 Kraut!), 12 ttutyi, 17 Mubnle, 22 Muiumann, 19 Kun, 19 Muftcrer, 17 Vang, 19 Veibbranb, 18 yeidjt, 11 t'idjtenfeld, G Vottljammer, 45 i'ufc, 64 3)iaiev, 5 9Majer, 59 DJJaoer, 1 Main, 7 IKeter, 7 iHeuer, 24 sDlec^, 10 «terfle, 27 Mefcger, 12 Mcple, 15 3Wöfener, 11 aJlofjr, 32 iMorlod, 135 iHüller, 30 Wütxlt unb 1 Wurle, 12 9ieff, 22 Da)d, 13 Cebjfdjlägcr, 10 Cfter- tag, 13 Pfeiffer unb 1 Pfeifer, 12 ^frommer, 17 Siapp, 22 Stau, 12 iHeid), 10 iHeidjert, 12 Nenner, 16 Nentfajler, 13 Möftle, 17 NoUer, 21 3t ot^, 14 Stotb/- fuf}, jHüljle, 27 Muf unb 2 Stuft, 10 Nupp, 43 Scftftfer unb 5 Sdjaefcr, 29 Sa)mib, oebmibt, 2 3d)miebt, l odmtieb unb 17 cdjmitt, «8 3a)neibcr,

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^fotabetm im 19. Saprbunbert.

383

20 Schober, 24 3d)öninger, 15 Scroti), 12 8d)üt>, 21 Sraulcr unb 1 ©cbuHcr,

12 ®dm>ab, 41 Sdjroarj, 12 oeeger unb 2 Säfler, 10 Seibel, 10 Seiter unb 5 Seitter, Sidiuger, 12 Siegele, 15 Sieaje, 12 Sparn, 13 Spiclmann, 10 Stähle, 52 otat)l, 19 «taib, io 3tana,er, 17 otarf unb 2 Siartf, 18 Stoli,

13 Iraufc, 48 Unacrer, &j Detter, 15 #oael, 11 «ogt, 18 Vollmer, 10 «olj, harter, Wagner, 11 s4Ualjl, 10 ißai&el, kalter unb 8 2üalth,er,

21 SBaM, 52 iikber unb 13 iüeebcr, 46 15 Sem, 11 ferner, 1 Wocr- ncr unb 7 Monier, 13 *ßilb, 9 Sinter unb 7 Stntljer, « Nittum, 49 Solf unb 4 Solff, 21 Sßüft, 10 3a$mann, 27 Bicgler, 15 Zimmermann unb 10 30U.

SBiebetfjolt ift bie 6tabtbef)örbe um eine ^amtfott einge* fommen. 5lm 6. Sttai 1848 befchlofj ber ©emeinberat , bie <3taat§bet)örbe um eine folcf)c 3U bitten betmfä 9(ufrechterhaltung ber fleffttjrbeten Orbnung. (Sbenfo im 3ahre 1867, roobei man fid) an ba§ ©v. <5taat3minifterium roanbte unb bie ©ebäube ber ©eil* unb s$flegeanftalt al§ geeignetes Slafevnement bezeichnete. 3m 5)e$ember 1886 rourbe auf betreiben non ^Bürgern unb ©efdjäftSleuten eine mit 2000 Unterfchriften oeifehene Petition an bie 3TltIitävbct)örbc gerietet um eine ©arnifon. SetjtmatS oerroenbete man fid) barum im ,3afjre 1898 gelegentlich ber @rrid)tung neuer Regimenter. (£§ fyat ben 2lnfd)ein, al£ ob bev langgehegte SSunfch ber ^ßforjheimer oielleicht bod) noch in (£r* füllung gehen folle, wenn fich bie nächfte ©elegenheit baju bieten roirb.

^epörßcr«ngo6cn»fgung ber Otabt 1&fox\Mm von 1800 Bis 1900.

>&r

(Geborene . ,,. ,

föUefcungen

Weftorbcne

Sotacborcne

1

1800 1801 1802 1803 1804 1805 1806 1807

1809 1810 1811 1812 1813 1814 1815 1816 1817

141 155 132 151 177 164 160 18H

171 196 187 165 146 161 147 151 147 141

48 38 35 29 32 32 42 44 49 39 25 39 31 33 23 29 45

149 1S7 96 132 111 141 266 186 139 182 166 150 123 166 144 186 144 181

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^forabeim im 19. Sabrbunbett.

Wcborcne

fdilieünnaen

(Heftorben c

Totgeborene

1819

147

39

128

1H20

15t)

42

125

1821

IM

23

LH

1822

154

35

12S

1828

155

33

LJ2

1824

156

36

184

1825

24

150

1826

170

2Z

170

lg

1827

155

3S

195

IS

1828

188

30

161

1829

156

35

165

1 ">

1830

148

22

231

18

1831

168

36

225

11

1832

149

43

145

1833

2iü

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276

u

18H4

214.

38

343

lfl

1835

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35

24D

11

1836

258

56

248

11

1837

25Q

41

323

17

1838

241

2S2

12

1839

212

2Z2

10

1840

221

343

11

1841

270

49

290

LS

1842

272

55

292

20

1843

220

45 41 52

297 275 261

LL

1S44

235

9

1845

315

9

1846

318

3J

239

14

1847

283

25 1

3ü9

15

1848

2za

23

234

6

1849

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2o , 234

22

1850

Um:

45

258

11

1851

292

36

244

19

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283

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212

1

1853

304

305

9

1854

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27

278

12

1855

293

54

252

1

1856

32Z

51

366

13

1857

336

Z8

361

14

18ÖS

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338

12

1869

416

63

365

8

1SGÜ

42*

71

393

8

1861

452

81

396

18

1862

468

Z2

415

2(i

1863

599

L44

515

28

1 80 :

708

122

532

1865

720

148

573

38

1866

791

Iii

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2U

1867

796

141

529

21

1868

730

162

536

19

1869

871

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670

i

Wotabeim im 19. 3abrbunbert 385

»oti 1800 0is 1900.*)

meljr

3al)r

V f

©cborcnc

viij es föliefsungen

©eftorbcne

totgeborene

borene

1870

808

143

604

40

1871 101 L

Qua

186

673

30

1879

084

652

54

1873

1071

956

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359

1874

1 195

331

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30

381

1875

1 186

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741

41

445

1876

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1 1 45

176

656

46

489

1877

139

558

31

496

1878

983

116

638

38

345

1879

966

183

653

36

313

1880

889

195

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606

38

283

1881

944

159

519

Uta

21

432

1882

927

140

563

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96

364

1883

959

200

654

43

305

1884

955

150

615

97

340

1885

899

171

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500

36

309

1886

897

107

606

96

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201

1887

916

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548

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BD

368

1888

910

205

£>V/tl

763

37

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147

1889 972

240

668

36

304

1890 971

1891 1071

231

690

38

281

253

679

38

392

1892

1038

264

702

32

336

1893

1002

242

700

24

502

1894

981

274

742

33

239

1895

1073

298

658

31

415

1896

1131

335

693

37

438

1897

1213

325

786

34

427

1898

1356

405

771

39

586

1899

1460

432

911

67

549

1900

1523

421

1C12

35

611

£ic totgeborenen fmb foroof)! unter ben Geborenen alö Öeftorbencn enthalten.

pie 3amifie (&cra>ifl.

£er 9tmitc (Herwig ift altgcrmanifd)cn UrfprungS nnb fommt fdjon im „2SaItl)ari(icb" (Sieljc Sdicffclä (fKeftarb) oor. Sic Silbe Wer bebeutet fooiel roic Speer unb Ü*ig = .Uricg ; Werroig Ijeifet alfo fooiel als Spccrfricgcr. $ic (Herwig fmb eine uralte ^löffcrfamilic. itflüger nennt ftc mm crftenmalc 1483. 3n ber berühmten *lUirgerau$[d)ufrfi&ung uom 25. j)2at (4. $uiti n. St.) 1643, in roelajer Würgcrmcifter äßeber bic ftat- unb 3unf™iciftcr il)re (yrflärung

*) 3m 18. uaf>r(n»rt>ert betrug bie ^ab,l ber Geborenen 13825, ber vSffeföliefmngen 2811, ber ©eftorbenen 11736.

386 $forabeim im 19. Sabtbunbert.

betrefft bee oon ber baoerifdjen Regierung ben (Stnroobnern jugemutetcn Ste* ltgiottörocd)fele abgeben liefe, war ein £>ane Widjael. ©ertoig 3unfi* m e i ft er ber I ö f f e r. £\m orleane'fdjcn Kriege befanb fid) unter ben bürgern, roeldje 16«« oon ben ftranjofen in bie Wefangenfdjaft gefdjleppt mürben, ein Jylöffcr .oane "öiidjael ©erroig unb bei ben al© im GrU gestorbenen ober ocrfdjollenen ftlöffcrn ftan© ^afob ©erroig. 3>m fvebruar 1743 lonrbe itüfer ÜB e r t b o l b ©erroig oon einer franjöftfdjen Sd)ilbroad)c am ©auditbor erfdtoffen. J l 5 f f et £> a n e i d) a e I © e r ro i g roar oon 1 775 bie 1788 3Jorftanbemttglieb bei ber (fnj; unb SRurgsMompagnie. Scbon 1745 bie 1749 roar ein ftlöffer ^ot)ann iMidtael ©erroig unter ben erften Wortintern, roeld)e in bie roürttembergifa)c £n<^ unb 9Jagolb:£oljfotnpagnte eingetreten roaren. Wie bal)in alfo roaren bie ©erroig faft au©fd)liefelid) ^löffer. 3llc ftet) bie iöijouteriefabrifation bicr einbürgerte, finben roir 1776 unter ben frübeftcu Rinnen einen 3°b- tfriebrid) ©ertoig. SJou ba ab fommt bie ftamtlie in allen anberen ©eroerben oor. 3lber fjeute nod) ift ber ^orftanb bei 3löffergenoffenfd)aft ein ©erroig, ndmlid) (Sbriftopl) ©erroig.

©obj ber beroorragenbfte Bürger biefee Mamene roar ber oor roeuigen ^abren in Marlerufje oerftorbene Dberbaurat Robert ©erroig, roeldjer oon ^forjbcim ftammte. (Sr roar ber Grbatter ber bab. Sdjroarjroalbbatm.

3ur 3eit }ä!)lt bie Familie tjier 31 «amen.

3>if orttnilu' Ortjolur.

Die Jamiliendjronif ber ^amitie Sdrober, bie nun >.i-u" 1823 fetjr auefübrlid) gefdjrieben oon 3 o bann ©ottfrieb Sa) ober, Bürger unb Nijoutcrtcfabrifant in ^forjbeim, nennt ale nadjtoeiebar oberften Siammoater ber ftamilie ben <£nbc bee XV. '^abrbuuberte geborenen Bürger ftane 6 d) o b e r au© Sieljlmiugen, kirnte Stuttgart. Sein Sotm © e o r g Sd)ober, Sdjneiber, geboren um 1540, liefe fid) nad) oollbradjter ©anberfa)aft in @crne= baa) bürgerlid) nieber unb beiratete bee bortigen SlmteieUerS lodjter. Der erfte Sobu aue biefer iSijc, Monrab S a) o b e r , geboren 1573, lernte ba© Murfd^ner-^anbroert in Waben unb liefe fid) nad) 13iabriger Söauberfdjaft in ^ifor^beim nieber, roo er fid) mit einer Mürfd)ner©rottroe namenä 3)farfl)ol^ ber iodjter be* Pfarrer« ©ifttjeil, oerheiratete. Die fünfjährige (*be blieb finberloä. 9lad) bem lobe ber grau oerheiratete fid) Sd)ober mit Katharina Xröljcr, ber lodjter bed ^farrcre oon Wauidjlott. (rine loditcr au© biefer Crf)e, roeldje an iMartin Simmercr, einen ^for^eimer Sattler oereblidjt roar, ftarb 1640. Der Sohn, fr a n ä Monrab S d) o ber, geboren 161 1, rourbe ebenfalls Mürfdjner, oerheiratete fid) 1640 mit flnna Matharina, beS gelebrten Wagifter* unb Pfarrer« ©reife oon 'Öaufdjlott lodjtcr. Sie ift bie Stamm* mutter ju bem ^raun'fdjen Stift in (Salto, oon if>r aue ging ba« 3tift©red)t auf bie Familie Sdjobcr über, $m ^abre 1650 rourbe $ane Monrab Sdjober jutn Matemitglieb erroäblt, 1653 uttm ©eridtt unb 1658 rourbe er StabtiSllmofenpfleger. Ur ftarb 1G78. $on feinen 8 Mittbern oer^eiratete fta) finita Äat^anna, geboren 1641, an ltlrid) 9iau, 3eugmaa)er unb Ärämer in iifor3b,eim. Qx ftarb 1694 unb fte 1675. Da* ftebte Minb ^>ane Äonrab Sdjoberd, bae beö ^atere Vornamen erbielt , toarb ber Stammhalter ber Familie, (ix ift geboren 1655 unb geftorben 1735. Seined 3ierufd roar er, ber Irabition ber Jyamilie getreu, Mürfdmer. 8»>» erftenmale oer^eiratete er fid) 1680 mit 37iaria Barbara, ber toa)ter beo 'illtftabtpfarrere Niethammer, ^lud) er rourbe jum Diatemitgliebe unb ine ©cria)t getoäblt. 1710 rourbe er Stabt'Sllmofcnpfleger unb 1722 ibürgermeiftcr, roeldjee 31 mt er in fd)toerer 3cit 5 ^abre laug oertoaltete. Unter .öane Monrab Sdjober fpielte fid) ber in ber ^forjheimer ©efd)id)te fo benfroürbige Siathaue* ober sÄeiber<raroall ab.

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^foräbeim im 19. ^aptlnmbert.

387

(Siehe ^Irioilegtcnftreit.) ßr mar jtoeimal »erheiratet. 3Cud erfter C?r)e ftammten eine Jooster unb »ier Sötme, ."band flourab, $>an3 löurf^arbt, :pan$ Äafpar unb .<panä Öeorg. irrfterer, ein .Hürfdjncr, liefe fid) in Strasburg bürgerlich nieber, roo er jroei Söhne ninterlicfe, einen (Gärtner unb einen Wdctcr, ber al$ 5Haifcnl)au$bflcter bort ftarb. $an$ Shtrfharbt © d) o b e r liefe fid> in üahr als Bürger unb Jtürfchner nieber, unb Unterliefe jioci Sötme unb brei Jöctiter; er ftarb 1736. jpanö töafpar, geboren 1688, liefe fia) al* Bürger unb Äürfchner in Karlsruhe nieber, »erheiratete fi<^ mit einem Stäbchen auS Sd)n)<Sbifd;-.öaU unb erzeugte mit ir)r 6 Kinber, 3 ööljmc unb 3 Z'öfytcv , toooon »ier Hinber nach Slmcrifa aueroanberten. $anö tfafpar ftarb 1738. .öan* Öeorg, geboren 1690, rourbe Mürfdmer, »er* heiratete fia> mit einer geb. ftlcifajmann unb hatte 8 Kinber, 3 Söhne unb 5 2öd)ter. (yr ftarb 1769. Sein dltcfter Sol)n, 3 oh- Sonrab Sa)ober, geboren 1730, ftellte bas Wefdjlechtebucb, ber Sd>ober'fcben Jamilte auf urica bie ^enoanbtfchaft }u ben Stiftern bes «raun'fchen ((Salro) unb Stotn-* (^ctger'fdjcu Stipenbiumö uacr). ^m 3unftbuch ber Wolbfchmiebe unb Wlafcr oom ^ahre 1742 beifet es : 3°h- (Sonrabt Sdjober bebau 1754 eine halbe söchaufung in ber fleincn öerbergafe neben ^eremiad fteubt unb ^Michael Stetnerö SBioe., »ornen bie Wafe, hinten 3erg $efchlerö fßroe.

S>an8 Honrab Schober, ber sMrgenneifter, oerheiratete fid) 1702 jum jtoettenmale mit Katharina Barbara beS «aber« ftefcner Xodjter, mit welcher er eine Sodjtcr, iJtaria Katharina unb einen Sohn , (5 h 1 ' i f1 0 P h Schober, ber Gabler mürbe, erzeugte. Xic -Eodjter oerehelichte ftd) an ben sBttt»er ^ol). iHidjael 3Rdnner, Kammacher, (jine lochter MgneS aus biefer heiratete ben üutmacher >fob Biebrich Kufterer, in einer jroeiten She ben Schuhmacher (Sonrab 'ttetfd). $on ben fed)ö Jünbern (Shriftophd tourbe 3 oh- ftriebridj, geboren 1740, geftorben 1803, ber Stammhalter ber ^Jforj* heimer Schober. £in auberer Sohn, Johanne«, hat fid) als Gabler in @ernä> bad) bürgerlich onfäffig gemarfjt. (Üjnftopb, Sdjober ftarb 1768. Johann ftriebrid) »erheiratete fich in jioeiter (*hc mit einer CSlniftine Stro$ oon «rötyingen. 9luS biefer ($h° entflammten 1. 3°h« <vriebrich Sdjober, geboren 1789. irr erlernte bie iöijouterieoranche unb ftarb 1841. 2. 3 oh- (*} o 1 1 f r i e b Sa)ober, geboren 1792, ebenfalls Bijoutier, etablierte fia) alS ^•abrifant mit Wottfrieb Siegele oon ^forsheim im 3abre 1826; »erheiratet 1819 mit (Srneftine Caroline Siegele, lochter beä Sattlcrmeifters Siegele, ^oh- OJottfrieb Schober ift 1864 geftorben. Kinber: Robert Bieter, geboren 1321, geftorben 1892. .Uarl Sluguft, geboren 18:42, hüt flth 1846 als Kauf» manu nach Wmcrifa begeben unb bort roahrfcheinlid) an bem bamalS herrfchenben Kriege gegen leraS teilgenommen, in bem er ohne 3iueifel umfam. ^uliui Ulbert, geboren 1824, (Srnft ermann, geboren 1826, langjäh*. 3Äitglieb ber Ibblicben Singergefellfchaft, »ieljdhrigcr Dbermeifter unb nunmehr (Shrcn* Obermeiser berfelben. Weorg Ulbert, geboren 1831.

2)er 3lbrefefalenber oon 19(M) roeift 20 tarnen ber alten ^forjheimer ^amilic Schober auf, bie ber Stabt feit »icr ^ahrfmnbcrten fo manä)en braoen Bürger gefä)en!t tjat.

Uebcr ben Urf|)rung be§ ^Pforjlieimcr ©cmcinbcrt>a(bc§ finb feine näheren s3luffd)Iüffe 511 finben. ^J)er ßauptteil berfelben gehört ben nörblicf)en MuStäufern be6 ©ctjroavjroalbes an. 5lm

•) Diach Mitteilungen bcsl (Hrofel). Jyorftamtcd unb nach ^ftc» $encrallanbe«archi»ö.

25*

Wotabeim im 19. Sabtbunbert.

I. Januar 1898 betrug bic Söalbpdje 657,711 ha, wovon 638 ha auf ber ©emarfung "tßforjtjeim unb 19 ha auf ber £md)enfelber ©emarhiug liegen; (entere mürben burd) (Etntaufd; oon $)omänenwalb erworben.

<5ett 1858 ift ber 5läd)enbeftanb gleich geblieben, abgefefjen oon Heineren STrronbierungen.

3)er ©tabtwalb jerfällt in brei 3)iftrifte: I. $of)berg,

II. $allf)arbt (linfö ber SBürm), III. $agenfd)ief3 (rerfjtS ber 2öürm). 2)ie einjelnen $o(&arten betragen an 3Beifjtannen 62 ft/o , an Forlen 14%, an SBudjen an Sitten 6%/ an (Sidjen unb ^£Betd)^o(5 5%. $er Umtrieb erftrerft fid) auf bie ^eitbauer oon 120 Oafjren. $ie nadjljaltig georbnete flhitjung beträgt pro Qafjr 4500 geftmeter ; ber jäfjrlidje 5lbgabefa$ belief fief)

1838 auf 3278 3*ftmeter

1850 3648

1858 || 3591

1868 3510

1878 4000

1888 4200

1897 4500

$iefe namhafte Steigerung ber ^oljabgabe innerhalb 60 fahren tonnte nur burd) bie burd)au§ rationell betriebene s-£Balbmirtfd)aft erhielt werben, wie fie bie allen fianbern voran fteljenbe beutfd)e gorftwiffenfdjaft im £aufe ber legten Qa^rje^nte IjcrauSgebilbet f)at. kleben biefer regelmäßigen $oljabgabe fanben wieberljolt aud) aufjerorbentlidje $oljf)iebe ftatt, fo 93. würben für ben Siatfjauöneubau im 3al)re 1891 4000 Jeftmeter ge= fdjlagen im ungefähren SBerte oon 60 000 3ttarf. $ie raub- mäßige Ausbeutung be§ ©emeinbewalbeS unb bie ungeheure Qafy an SBalbfreoeln in ber SHeoolutionSjeit matten ftd) oiele 3af)re nadjfjer nod) fühlbar burd) ben ftarfen 9iütfgang bes SalbnufcenS, ber ^auuteinna^mequelle ber ©tabt. Berechtigungen unb SMenftbarfeiten laften nidjt auf bem 2öalbe. $>er ©efamt- fteueranfdjlag betrug bi§ jur neuen ßataftrierunq 1854 75 432 3Rt 51 $f., nad) berfelben 348 453,09 9J». $ro £eftar betrug alfo ber burd)fd)nittlid)e Steueranfdjlag oon 1854 = 114,09 9Wt foäter 527,04 9ttf. $urdj ba§ ©efe£ oon 1878 würben bic 6teueranfd)läge um 577« % erl)öt>t, im Qafjre 1898 betrug ba§ ©efamtfteuerfapital be§ StabtwalbeS 541011,08 9ttf.

2>er ©efamtaufmanb für sÄalbfulturen belief ftd) 1888 bi* 1897 auf burdjfdjuittlid) jäf)rlid) 1687,75 9ttf., pro ha alfo auf 2,75 üttf.

33or ber Einführung ber <5teinfoI)lenf)eijung erhielten an v3efolbung§f)ola:

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^fotabeim im 19. 3abrbunbm.

389

1. 2)ie Sehrer an Mannen 96 6ter

@td)en 96

2. $ie ©djulgebäube 292

3. ©pital unb <PfrünbnerhauS 40

4. $aS $Hat^au§ 160

Summa 684 ©ter.

3m mohloerftanbenen 3ntereffe einer gefunben Sntroicflung beS JorftmefenS unb in fluger Berechnung beS ju erjielenben höheren 9hi$en6 l>at eS bie gegenwärtige gorftoenoaltung oer^ ftanben, burd) ben SluSbau unb bie Untergattung oon SBalb-- roegen mit Junbamentierung ber bisher befiehenben SBalbtoege einesteils ben größtmöglichsten Vorteil &u jiehen burd) oer* billigte $oljabfuhr, anbernteilS eine jeitgemäjje 93eroirtfd)aftung ju ermöglichen unb bamit bie ©ernähr für eine bauernbe (Steigerung beS Pütjens ju erlangen, abgefe^en oon bem ibeellen SEBerte, ben fotehe SöertehrSroege haben für ©pa5iergänger unb 3reunbe beS SBalbeS. 2Bäf)renb bis 1893 für bie Unterhaltung oon SBegen nur 600 9ttarf jährlich oerauSgabt mürben, mürben oon 1893—1897 etma 5000 m 2Beg gebaut. S3on 1888—1897 mürben für biefen 3roecf oerauSgabt 44185,22 3Hf., im $urd)* fcfjnitt alfo jährlich 4418,52 SKarf. $ie prächtige SBalbftrage im flallharbt (3900 m lang) foftete allein 17900 Wlt 2>iefe o ermehrten Ausgaben merben reichlich mieber eingebracht unb lotjnen mehr als jebe anbere Kapitalanlage.

Eon 1878 bis 1888 famen burchfdmittlich im 3af)re 277, oon 1888—1898 125 Sorftfreoel jur Slnjeige. $er erfreuliche ffiürfgang ergiebt fid) auS ben oerfchärften ©trafen.

2)er SBinbfallfdjaben mar ftetS oorübergehenb. 9latur* ereigniffe roie ©türme, SBalbbränbe, ©djneebrurf unb 3nfeften= frag haoen nu* partiell geroirft unb im grofjen ganzen feinen bauernb merflichen Nachteil geübt.

5lm 30. 3JMrj 1862 oerheerte ein Salbbranb ungefähr VU borgen. 5lm 26. Oft. 1870 ergab fid) infolge eines furd)t= baren OrfanS im #agenfd)iejj gegen 25 000 Klafter SBinbfall; 1886 «ruchhols burd) ©djneebrucf 1538 Seftmeter, 1887 3400 Seftmeter, 1890 burd) SBinbbrud) 2342 JJeftmeter, 1896 = 2505 3eftmeter. 33on 1878—1887 ergaben ftcfj burchfchnittlid) im 3ahre 925 Jeftmeter; oon 1888—1898 394 Jeftmeter, um melche Staffen ber georbnete ^oljhieb berichtigt merben mußte.

3m Safire 1823 beftanb Moifdien ber Stabt ^for\()eim unb ber (Me= meinbc iUürm ein Streit roegen ber ^ewae ber ietueren aud bem .i>aa.cnfd)ieji. Seit einer Neifje oon v\a()rlnmberten befanb fid) Söürm mit Wonljeim im öefifc eineö a.emeinfrfwftlidjen Ü>albe$ im .^aaenfebiefc, tuetdier etioa 123 ha o,rofj mar. (jr mar burdjganflia. mit SBeifetannen bepflanzt, oermifdjt mit einigen (Sidjen, im ÜUter oon 100 x\ab,ren; J>fc 3tabt Ijatte an fämtlidjem ftolj •/»» 2öürm •/■ 3U bejie&en. 3)ie gemeinfcf)aftlid)en Öeredjtfame rourben in ber

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390 $fotä&etm im 19. Safrbunbett

SGBeife aufregt gehalten, roie es ba$ Jntereffe erf)eifd)te, nämlid) burd) £u= meifnng aufredjter Stämme, Wim folltc fid) im ^aljre 1822 bie Stabt auf einmal in bem Wemeinfdmftdroalb (£igenmäd)tigfeiten erlaubt unb mit Umgebung ber Öemeinbe 2Üürm, bloe unter ^ujug *>c* ^Heoicrförfterö, fcol\ ausgezeichnet, gefällt unb aufgemacht gaben, unb bei einem im tfrübiobr 1820 jum $ebarf ber Stabtfägmühle oorgenommenen jilo^oljljieb im Setrage oon 20000 $lb. fei ber ftemeinbe ihr fünftel in Sägeflöfcen ftatt in aufredeten Stämmen jugenuefen morben. ^m 9luguft 1824 fam bann ein Stergleiro juftanbe, roonad) beibe Xeile ihren Anteil an ftolj unb SBalbboben nad) gleichförmigem Slnfcplag erhielten. 3ur Ausgleichung hatte ^for^eim au iöürm nod) 370 Öulben 87 ftreujer ju jablcn. 2>cn Streit unb bic lange SJerfchleppung bed "^rojeffe* t)atte bie ©artnädigfeit be* SBürmer ©emeinbeoogts ocrfchulbet.

^forft Beamte:

#ür bie ^orftoerroaltung im pergangeneu ^afjr^unbert fommen in 5Je« trarfjt: bie ^eoiere ^forjbeim unb (Eutingen, (benannte Sieoierc würben im 3a$r 1818 jum SKeoier „Seetjau*" pereinigt.

1) ftorftreoier ^forjhcim. Vermalter beSfelben: Dberjäger Aibling, 1715 ernannt. (Ütfann >t. geftorben, ift oorläuftg

ntdjt ju ennittcln.)

vSu Anfang beö 1H. ^a^rbunbert« : Jvorftinfpeftor Sebaftian 3Mefo (oor:

mal« infpijierenber Dberförfter ber Meutere Eutingen, fcudjeufelb unb Sueben;

bronn). 2ierfal) bas iHeoier bis jn feinem Xobe 1817.

2) ftorftrepier Eutingen. 1H98 bi* 1742 ftorftfnedjt Xnbreae Tie* mit £ienfiu>olmung im St. öeorgen ju ^ifor^eim, fobann beffen Solm : ^l). "öernbarb £ieb mit SKobnftfc in (Eutingen.

178« 3af. #r. Kelter (bisher ^orftabjunlt bc* 1*b. ». £icfc „cum spe succedendi").

1810 mürbe Welter nad) 43jäb/riger £ienftjeit penfioniert. £a$ ftewier erhielt Jörftcr (Sron in fcudjenfelb. 1815 ^og Cron oon Eutingen nad) ^for^eim.

3) :Heoier „Seebaus". 1818 Sieoier ^fonbeim unb (rutingen oereinigt. £ienftioobnung auf bem See^auö. Jas ftepter ScehauS erhielt ber bisherige fleoierförfter Cron ju (Jutingen. 1819 mürbe l5ron »cvfe(?t ; an feine Stelle trat Jvorftcr iHeifc in ftudienfelb, ber ebenfalls 1827 feine ^erfefeung erhielt. Sein 'Jtadjfolger : ber bisherige JUalbinfpcftor silrnsperger ju ^orbad) mit bem Xitel „Ober jäger".

sJiad) ber Weuorganifation ber Jvorft6e;irfe trat an bie Stelle beä JReoierö Seebaue ber J^orftbejirf Ufonheim mit itfolmfifo bes ^e.ürföförftcr* auf bem Seehausl Ter bamals jum Setfrfsförfter oorgefdjlagenc Cberjäger 9(rnsperger erhielt 1834 bie Ernennung jum weiten Nat ber Wro&lj. ^orft^ poli^cibireftion.

1833 mürbe Jyorftpraftirant u. Schilling ^esirfsförfter. tiefer \og aber erft im Sommer 1834 auf (nad) bem Söeawg beö ^orftrats ^Irnöperaer).

1839 unb 1840 ftorftpraftifant ^otf) unb Mettner ',citn)eilig ^ienft-: »erroefer.

1842 mürbe v. Shilling uerfeft.

1842 3>ienftDcnt>cfcv ber »eurföforftet : ^orftprafttfant (Merber, fobann ^orfttarator aJiiiUer.

1843 SRüller iknirfsförfter ibefinüioe 35efetjung ber 3Jeür!sforftci. 1849 rouroe biefer pcrfc|t, au feine Stelle trat Jvorftmciftcr .vol^ in

^for^heim. (Aufhebung ber ^orftamter; numefir Veurfeforfteifi^ in Worpheim. 1854 Jorftpraftifant ^ojer, £ienftoenpefer.

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Worabeim im 19. 3abrbunbert. 391

1854 Sienftantritt beö 99e*irf3förfter« o. Saoauä (15. WorO 1806 öe^irföförftcr ftofmann (Xienftantritt). 1890 ftorftmeifter Stau. 3en genannten Stellen übergeorbnet loar bie ^orftinfpeftion ^for^eim.

1807—1810 ^orftmeifter o. Jeuffel, ^orftanb berfelben. 1810—1829 tforftmeifter o. »littcrSborf (oom $af)r 1826 an Ijntte bie ^nfpeftion ben Xitel ftorftamt ju führen).

1829—1839 ftorftmeifter o. ©emmingen. 1839-1849 tforftmeifter ftolfc. 1849 #orftämter aufgehoben.

3ur 3eit ftnb 4 SBalbfjüter angeftellt mit 800—900 SHar? Öeljalt unb freier Eienftfleibung. Söalbmeifier Sanbenberger füf;rt bie Oberauffuty.

(2lu* Elften be« ftorftamtS ^forjljetm, mitgeteilt oon Jorftaffeffor Er. $art&.)

3fföfterei unb itot}Qan6rf.*)

2lm 18. Januar 1801 erftattetc ber geheime Jpofrat unb Jlammerfurator (Sidjrobt Bericht über bie projektierte Sereinigung be3 alten ^Pforj^eimer glofjoereinS mit ber gaftor Böhringer'fchen $ofjf)anblung3fompagnie unb über bie neu ju erridjtenbe |>ol$» hanblungSgefeüfchaft. s3lacf) (Genehmigung burdj ben 2anbe§= fürften bilbete fid^ bie ©efetlfdjaft unter ber girma ,J&tyxir\§tx, Sftaner & Sie." oorerft auf 12 Qahre unb trieb ihren $olj* hanbel unmittelbar mit $ollanb. gerner tourbe genehmigt, ba& bie (Ealroer Kompagnie unter ben oorgefchlagenen Bebingungen unb per roodum dispensationia bie $ollänber $ol$f)änbler UBatftcr unb ^idjeon, jeber ber leiteten mit 25 3lftien, in bie ©efeUfchaft aufgenommen mürben. $)er SonbS jur Betreibung biefest $>anbel§ mürbe auf eine Million ©ulben feftgefefct unb in 250 Slftien su 4000 fl. gerechnet oon ben Teilhabern jufammen* gelegt.

@in gleiches Quantum töola, £oüänber, Xannem unb Qftchenholj, wie bisher ber §aftor Böhringer unb ber fiiofc oerein oon ber ©emeinbe angefauft erhielten, mürbe auch ber neuen ©efellfchaft jugeftchert unb mürbe ber s$rei3 für bie $eit be§ ©efettfdjaftSoerbanbeS unabänberlict) feftgelegt.

33orftet)er, deputierte unb 9lu§fd)u|mitglieber maren: Stöger, ©etger unb ©erroig ©hnftoph 9lab, £oren$ $at}, Michael fta$ unb 5luguft ©ermig Qohann 3afob Finger, Michael flienle, <£hriftof SBolf, ©eorg 3afob ßtenle, ©eorg 3afob 9lab unb Johann ©eiger. 3lm 12. Februar 1802 hatte ba§ ^oljhanblungegefchäft oon Bo'hringer, ^flauer & Sie. bereite eine foldje $lu3bef)nung erlangt, bafj biefelben gejmungen maren, eine neue Anleihe oon 200 000 fl. §u machen. Qu einer

♦) Duellen: öenerallanbeoarcfiio, 'Uflügcr, Mitteilungen im „^forjheuner feiger" (^ebruar unb SRärj 1900).

392

^forabeim im 19. ^abTbunbett.

dingabe an bcn 9flarfgrafen erfud)ten ftc benfelben um ©arantie^ leiftuna. (Sin Äammeragent Qafobfobn in SBraunfdjroeig fjatte fid) erboten, genannte ©umme ju befd)affen, roenn ©erenifftmuS bie ©arantie 'bafür übernehmen roollte. SRitte Slprtt unternahm Slammerrat SJöfjringer mit bem erften auSlaufenben Jloß bie Steife nad) #otlanb. 9113 ©egengeroicrjt für bie $apitalaufnat)me,

Elr meiere ber SRarfgraf ©firgfdjaft übernehmen follte, traten ie |>erren $8ör)ringer, SJlauer, Rosenberger unb SBroe. tftenle mit tbrem ganjen Vermögen ein. Ranher Retfnnann in %xant* furt erbot ftcfy, einige tllftien ber |)ollänbifcr)en ^oljljanblungS* gefellfdjaft ju taufen, iua§ böfjern DrtS freunblidtft genehmigt rourbe. gerner fudjte bie girma unterm 11. 9)lärj 1803 um bie Erlaubnis nad), fdjon mit bem 1. 3lpril bie glöfferei eröffnen ju bürfen gegen ($ntrid)tung einer bafür beftimmten 5Toerjal^ fumme, fobann um bie (Erteilung be§ au§fd)liefjlid)en 9ted)t§, im £>ollänber ^oljeinfauf in ben Damaligen babifc^en Sanben, um ein patent ju ungefjinberter $urd)far)rt an ben bisherigen Qoü-- ftätten, enblid) um Rerroenbung jur (Erlangung einer tloerfal^ ^einjoUentrid)tung.*)

3n jene 3^it fällt audj ba§ s$rojeft jur Anlage eines SSotwavten* in $forjf)eim. 3)ie Soften bafür betrugen nad) Beriet be§ 5lrei§bireftorium3 oomQuni 1811 - 9028 fl. 34*/, ftt 35ie tjierju nötigen ©runbftücfe follten im „Rrüfjl" enoorben ©erben. ÜJcun ftellte fid) aber berauS, baß biefelben als Xcile be$ $irfd)auer |)ofgute3 unb be§ 2Öittumgute§ fjerrfrfjaftltdje (Erb letjen waren, 5)a fid) ba§ ginanaminifterium in Anbetracht ber djroadjen r)crx*fcr)aftlict)cn Staffen ebenfalls gegen bie Anlage aus^ prad), rourbe bie (Errichtung roieberbott oerfd)oben.

9lm 22. 9Jlärj 1812 erflärten ftd) bie £>ammerroerf§befitjer Rencfifer unb 5luguft ©iefert bereit, einen ^oljgarten für bie (Stabt auf it)re Soften ju erftellen, toenn ir)nen geftattet märe, bafj ü)nen roärjrenb 10—15 Qafjren ein Cuantum (5d)etterl)olj

•) Unter üoltänber froh ftnb aan*e eidiene Stamme, Mlöfce unb fiefpaliened frol\ für ben Sdiiffobau, ebenjo gan^e tannene, uorjüglidi ian^e ctäntme <ui uerftefjen, auö meld) festeren ba« Tvlofs jufammen« aefefct wirb. Seibe «attunaen fmb von ben im l'anbe gcbraudjtcn Ha\u, Sdjmieb* nnb ©paltbölsern nidjt uerfdjieben, unb nur bie 9lrt beö $erfauf* triebt ifynen ben Tanten. Uufere Salbungen mieten »or ber raubmäfuacn Mu tbeutuna. burd) bie ftompa^nie einen meit viröftcrcn ^ietd)tum auf an &id)en, ^ndjen unb fonftiaem iraubholj alo hentuttaflc. 3d)tm im ^ahre 1808 be flaute ftd) ber Jyorftbeamte, bafi bura) ben au^aebefjnten Raubet ber ikftanb in bcn ^for^eimer unb t'anctcnalber 5'orftcn berart abiienommen ^abc, ba|i n>al)rfd)einlidi nur nod) mrtljrenb eine! £e>eninm$ ein a^nlidjer i?erfauf ae- ftattet toerbeu bürfe, n>ie and; ber vanbel mit (*id)en()ol5 am flleidjem Wrunbe |U tinbe gofjc, meil ei an bem v«r ftortfe|unfl biefcö auelänbifdjen .i>anbel* ücrljaltni^mäfeiaen ^aa)iviia)ö feljle nnb eine (^attutm obne bie anbere nia)t »erfduftia) fei.

Sfffl&bcHn im 19. 3abtbunbert.

303

oon 50 000 Hlaftern auS ben Jorften ^forjtjeim, Eutingen, Büchenbronn nnb |>uchenfelb abgegeben, baß bie jährliche Abgabe niemals unter 3000 klaftern nnb nie über 5000 ßlafter bewirft werbe. $ie ftlafter mußten in einem ÖanbeSmaß oon 6 ftuß t)od) unb 6 ftuß breit mit 4 guß langen ©djeitern unb bem Uebermaß, mie foldjeS üblich, gemadjt unb gefegt unb ber 9Jlad)er* lohn auS ber herrfchaftlichen Raffe befahlt werben. $ie 9luf» jählung beS ^ol^eS mußte oon l/2 ju % Qahr gefchehen. gür jebeS JRlafter Mannen-- unb ßichenbolj, ohne Unterfd)ieb ber Sofalität, waren fte geneigt, mit Inbegriff beS $auerlohneS 3 ©Ib. 30 §tx. nebft ber üblichen gorftgebübr, fowie ber 9luf-~ maß* unb $luf$ählungSfoften ju 5ablen. 2)etl jährlichen $olj* bebarf wollten bie Unternehmer auf eigene Soften, teils per 9Id)fe, teiB per gloß nad) bem £>oljgarten oerb ringen (äffen. 2)afür hielten fte ftd) aber auS, baß baS Rlafter Mannen* unb did)en- holj ftatt mie bisher um G ©Ib. 30 $tc., fernerhin um 6 ©Ib. 45 Str. oon ihnen büvfte oerfauft werben. Sollte oon ber |)errfd)aft in biefer Qeit eine (Erhöhung oocr Bermmberung ber fwljpreife oorgenommen werben, fo wollten auch fie ihre Ber* faufSpreife bementfprechenb regeln.

2)ie ©emeinben Oefchelbronn, liefern, (Eutingen, 2Bürm, Büchenbronn, 3)illweißenftein, £md)enfelb unb Brötzingen füllten ihre Bezüge nicht auS bem £)olja,arten, fonbern unmittelbar aus ben r)crrfcr)aftlid)en Salbungen erhalten, dagegen blieb baS BebürfniS ber ©emeinben .ftiefelbvonu , Baufd)lott, 3)ürrn, ©öbridjen, (Sifingen, ©rfingen unb -Jfpvingen gleich jenen ^J3forj= beimS unb ber liieft^cn Schntiebe auf ben .^ol^garten angewiefen. $er |)ol5pla^ foüte ftatt beim unteren Jammer jmifchen ber 91ltftäbter 53rücfe unb ber 5luer Borftabt angelegt werben, beim fog. großen ©arten. 2ln biefer Stelle fiel nämlich °ic •fjerfteüung eineS gloßfanalS weg, unb bie Beifuhr beS £ol*eS per 9ld)fe oon (Eutingen unb bem sPfor(#imer SBalbe war wefentlid) erleidjtert, außerbem hatte biefer s^3Ia^ nach fad)männifchem Urteil weber ©iSqang nod) £>od)waffer 511 befürd)ten.

s3lm 18., 19. unb 20. SWorj 1813 würbe in ©egenwart beS OberoogtS 9totf) unb beS OberforftrateS ^ägerfchmibt ein Bertrag jwifd)en ben Parteien abgefd)loffen, ber in ber .£>aupt= fadjc mit ben oon ©ebr. Bencfifer aufgefteüten Bebingungen übereinftimmt. s3htr mußten fie fid) ba^u oerfteheu, baß fte ben Berfauf beS #oljeS \a bem bisher übltdjen greife genehmigten. 3)er s]$U\i$ mußte einen ^Kaum oon minbeftenS 6 borgen um* jdjließen. Slttf bem f)öd)ften N^unft beSfclben foüte ein einftöcfigeS ^oljmefferwohnhauS erfteüt unb ber gan^e s$lal3 genügeub einge* friebigt werben. 2>te erforberlicheu .^oljfänge unb Bechen in ber (Inj, fowie bie fonft nötigen gloßgerätidjaften unb ^oljfarren

394 Worabeim im 19. Oabtbunbert.

mufjten auf ^Rechnung bcr beiben Unternehmer befd)afft werben. $ie £errfd)aft beftritt bie £erfteüung ber 5«(|nocge im 2Balbc, wogegen bie Jirma Sencfifer unb Siefert bie ©d)littroege unb fonftigen jur Seifuhr unb Jlöffung bes .groljes erforberlicheu vßfabe machen (äffen mufjte. 3)ie ^oljabfuhr aus bem 2Balbe burfte nur jroifchen Oftober unb 9Ipnl gegeben, roobet möglichfte Schonung bes Walbes anempfohlen rourbe.

(Sin Klafter Sudjenhols infl. $auer; unb

Se^erlolm foftete 7 ©Ib. 20 Kr.

(Sin Klafter $annen= ober dicrjcnr^ots 3 ©Ib. 30 Kr.

Jür jebes Klafter betrug bie Jorftgebüfjr 6 Kr.

Kanjlei'Xare 1 Kr.

$em görfter für bte Slnroeifung 6 Kr.

baju ben SIccis oon 6 Kr. für 1 Klafter Suchen* unb 4 Kr. für 1 Klafter Sannen* ober Gnchenholj. Seim Kteinoerfauf herrfd)te basfelbe Wormalmafc roie im SBalb. SKe greife burften 10 (L 30 Kr. für ein Klafter Suchen* unb 6 fl. 30 Kr. für 1 Klafter Sannen= ober (Sichenholj nicht überfdjreiten. 3Iujjerbem burften bie Unternehmer ben Skcis nebft 9ttafjgelb pro Klafter ertra ergeben. 5all§ burch fteuer, Unglücf ober feinbliche ©eroalt ein ^oljabtrag für bie Unternehmer entftanb, erhielten biefelben ein gleiches Ouantum unentgeltlich erftattet.

3n einer Sefchroerbefchrift oom 8. 9ftai 1813 roirb burch bie Sürger oon ^for^eim, §uchenfelb, $illroeifjenftein, Sücben bronn bargethan, bafj bps £)ol$ burd) Anlegung eines foldjen ©artens unnötig oerteuert mürbe, daraufhin rourbe 1814 ber mit ber Birma Sencfifer unb Siefert abgefchloffene Vertrag roieber aufgehoben unb bie Sache abermals oerfdroben. 3m Oahre 1827 enblid) fonnte ber oielumftrittene #olshof eröffnet roerben unb jroar auf fjerrfcfjaftlicrpe Rechnung. $en (Schlug ber langen Streiterei bilbet eine Spejififation bes ^oljbebarfs ber Stabt ^for^heim auf ein 3af)r, roonad) 375 V, Klafter Suchen*, 431 Klafter (Sichern unb 657 Klafter Sannenbols als nötig erad)tet rourben.

Sehnliche {roljgärten legte Württemberg an, um bas Unterlanb mit Srennbolfl ju oerforgen, fo j. S. in 9fagolb, Vaihingen, Siffingen, Bietigheim. $iefe froljablageftätten erhielten aus bem oberen Schroar^roalbe auf bem ftloftroege all* iährlid) ein geroiffes Cuantum Scbeiterholj zugeführt. $iefe 5tieiUxtiot\ttö{1cve\ bilbet in ber ©efd)id)te bes glo&roefens ein eigenes Kapitel. Schon im s)(pril 1747 rourbe, roie bereits oben erroäbnt, §roifd)en ©oben unb Württemberg*! ein Vertrag über

*) v>torf) bem otaatoi'crtraii von 1747 lief? bie .Hörndl. SiJürtt. ftecuerunfl alljalnlirti ein Quantum von 18— 80000 Hlaftcr 8ö)etlerl)oh auf ber ©nj burrtj Ör. Stab. ®cbict einflößen unb trotte be©f>a(b bie früher anacae&ene (gntfcöäbigung

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^forabcim im 19. 3cibrbunbett.

395

an Starf* unb Uferbefitycr ju erlegen. 3m ^abr 1834 mürbe biefcrhalb ein Vertrag auf 10 Jahre etbgcfdjloffen unb bie (rntfd)abiguug*iumme feftgefcfet.

1H44 eine Erneuerung bc^ Vertrage* gefebeben foltte, ftellte ber Möutgl. ilUirtt. Mommtffär bic ikbingung, bau er zum Äbfdjluft beö Vertrages nur bann ermächtigt fei, wenn fid) bie Süerfbeftber mit einer teil« BH, teil« BS"/« geringeren Sloerfalfummc begnügten.

Ter Vertrag hatte folgenbeu Wortlaut:

§ l.

Tie Mbnigl. "ÜJürtt. Regierung mad)t fid) ocrbinblid), bafür ut fora.cn, baft fünftigbin bic 6d)eiterl)oizflöfierei innerhalb ber mcftmäfeig beftimmten 3eit, nämlid) oon SJlartini bis (*nbe 3(pril beo nädjften Jahre« uorgenommen unb beenbigt werbe; eo oerfteljt fid) jebod) oon felbft, bafj wenn burd) unge- wöbnlid)c Rttttttercigniffc unb unuorhergefebene SBafferbauten bic .Hönigl. Sürtt. Regierung gebiubert würbe, in ber eejejjmäfiigcn ,^cit zu flögen, über roeldje ftrage jebod) bie Wrof). $tab. Regierung bee i)fittelrl)ein!reifc« nad) (*iuoernat)me ber beteiligten tUcrfäbeftfter salvo recursu zu eutfdjeibcu bat, oon ben in biefer Uebcreinfuuft enthaltenen »eftimmuugcn feine Sluänabme gemad)t unb bie nämlichen barin feftgefefejen Entfdwbigungäquoten uerabreid)t werben.

Tic .Honig!. sHUirtt. Regierung mad)t fid) ferner anf)eifd)ig, für alle 8 3Bel)re, nämlid) für baö Sdjleif-, 'Hoft* unb 9lonnenroel)r ein fünf ^oll btcfeö fog. Sefoljolz unb zwar unmittelbar oor bem beginn ber 8d)eiterbolzflöfierei einlegen, auch hinlängliche iHannfdjaft au ben A-lofdödjern aufteilen zu laffen, um ben betrieb bc« ftolzeo nad) 2Nöglid)feit \u befdjleunigen.

§ 3-

Gbeufo follen, wie bieö bisher ber ftall geroefen, am cdjofigatter ober; halb bc* rKo&wer)re« zwei otreidjbalfcn eingelegt unb beim (Anlauf in ben Monnenmütjlgrabcn ber btdr)cr angcbradjte \>olzicchcu beibehalten werben.

§ 4.

3tatt ber in jebem ,"ylofijnbr ausmmtittelnbcn £ntid)äbigung für ben am iDiül)lmerf unb 3tfafferbau, mit alleiniger Slusnafnne ber im .v>auptflufi fteb,eubeu Sichre, nämlid) t>c* iMrienfelber, iköfcinger, ftoft: unb Wonneumebrd, fowic be« Eutinger IVüblcnwcbrö burd) ben 2d)citcrl)olzflof? angerid)teten Schaben, foroie für bie baburd) herbeigeführte ik'tricbäbenachtcilignng cr- halten bie nadjftcbenben Wewerf*bejiber ein jebe* Alopjabr fid) gleiaV bleibcnbe« Äoetfum unb smar: 1. .ftammermerfSbefittcr ISbriftof ^enrfifer in Pforzheim ohne ^Rüdfid)t auf bie Taucr ber JyloBzeit WO fl. ti. Dlüllermcifter Littel in Eutingen für bie erften 14 läge oon Anfang be« 3d)eiterliolzflofieS für feine Wai)U , Säge , iHeib , (W«mul)le unb Celidjlag 70 fL, fobaun auf ben jvnll, bafc Die jvlöftcrci in obiger ftrifi nicht beenbigt fein follte, für jeben weiteren Jag bie infl. bee zwanzigfteu, taglid) 7 fl. unb für ben 21. unb fo fort täglid) H fl. biefer leiteten SJetfchung roirb aber auebrudlid) bemerft, bnft wenn, uadibem ber 3d)eiterhotiflon begonnen, bic ^ortfebung beöfelben burd) auflerorbcnttidje s){aturereignifie unmbglid) gemad)t roirb, Diejenige Seit, meldje baburd) mm t"s-loReu unmbglid) beuü^t merben tonnte , oou ber »Jeil ab^uredjnen ift, meldje ^otfdjen Dem Anfang unb beut (Snbe bee ^löfteud ge legen unb bann erfl bie »ebinguugen wegen ber tagmeifen (rntjdjäbigungen eintreten, ferner wirb oerabrebet, bafi bem Wubleubefiber Littel mahrenb be* od)eiterl)ohflof$eö geftattet fein folle, in bie A-lofumiic ein Veghoh infolangc einzulegen, <M hterburd) ber 3d)eiteil)olulöf>ciet fein Ciintra«; gefd)ieht, bal)er e* fid) uon felbft uerftebt, bafe bae t'eghoh auf Verlangen ber Hönigl. i^urtt.

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39C,

bic ©djeiterholäflöfferci abgefdjloffen unb bcr $ammerroerf$befit}er SBurffjarb au§ SBafel erhielt laut 9lbmadjung jährlid) 5000 Klafter Scheiterholj jugeroiefen.

9lu§ ben großen babifdjen ©taatSroalbungcn am ^ohlob unb an ber $)ürreidj tonnte SBaben fein ©djetterholj auf ber bort entfpringenben @nad) in bic @nj unb ^icr()er uerflöffen. S)U\ ben oberften Gueübädjen rourben Sammelplätze für ba§ Scheiterholj angelegt, roo getrocknet unb gezeichnet rourbe. SJlit abroechfelnber 93enüt}ung ber ©chroellroaffer ber SBafferftuben ober ber (Inj, ber 5$oppelbach unb ber $altenbad)feen rourbe ba§ <3al)re§quantum in 14 Sagen oon fjunberteu oon Scannern, grauen unb ßinbern in§ ©äffet geroorfen unb abroärts geflößt, hierbei bitbeten ftd) oft ©tauungen oon über 100 m Sänge, roeldje, oon ben Seffern mit langen Stangen loSgeftoßen, mit mächtigem ©etöfe abgingen. 93aben hat fchon länger ba§ Scheiter- holjflöffen aufgegeben, Württemberg erft 1865.

$a§ $olj, roeldjeS ba§ £ammerroerf bi§ oor (urjem erhielt 1500 Älafter rourbe früher burd) einen ftanal in ba* Werf ^ereingetaffen, auf bem Sanbe ju beugen aufgefegt, bann in Leitern ju £oljfohle oerbrannt, roela)e beim (Sifenfchmeljen im £od)ofen SBerroenbung fanb. lieber bie $eit be§ Scheiterholj: flöffenS bot bie dnj auf ihrem Wege burd) bie Stabt ein äußerft belebtet 93ilb, ba3 namentlich ber Ongenb oiel greube bereitete. 9ln ben Wehren roaren Wadjthütten aufgefdjlaaen, an roeldjen nad)t3 geuer brannten. $a ba$ Sdjeiterbolaflop bi§ fpät in bie s3iad)t hinein ging, mußte ftet§ SWannfchaft bereit fein, um allero fallftgen Stockungen unb Unorbnungen ju begegnen. 3"™ Sdjluffe fam am letjten Sag ein einftörigeS gloß mit einem gloßmeifter unb roürttembergifchen glöffern befetjt, roeldje mit ihren Sd)eiterhafen bie glußfofjle nad) gefundenen Scheitern abfudjten. Wa§ an§ Ufer geworfen rouvbe, galt ben Slnroofmern atö roillfommeneS Stranbgut, oft roar aud) bie sJcad)lefe noch ergiebig. £)ie s3lad)vid)t oon bem (Snbe ber Sdjeiterholjflöfferei rourbe mit großem 33ebauern aufgenommen.

si(m 18. Septbr. 1830 ging oom gorftamt s$forjheim ein Bericht an ba§ SJcintfterium be§ Innern ab, roornach Unruhen in ^forjheim befürchtet rourben roegen ber burd) bie 33erfteiger* ungen erhöhten .froljpreife, foroie bestjalb, roeil fein $>olj im •£>ol$bof oorrätig roar. (£t(id)c Waubeiner hatten bie 2(bfid)t, baS gorftamt§gebäube in 33ranb ju fteefen. „$er ungebilbete, rohe Seil ber (liuroohner roußte nicht bie $etfotl oon ber Sache

Alofiinfpeftion lüiebcr l)erau*iieiiommen werben mufe. T>ie £auer fleaenroärtiqer Uebereinhmft loirb auf \tt)t\ 3 obre, ndmlid) vom 3ab,r 1845-1854 mfl. feftgefc^t.

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Worsbeim im 19. Sabrbunbert.

397

311 trennen" unb gab ben Jorftbeamten bie ©djulb an ben Unju- träglid)feiten. daraufhin entfd)ieb ba§ SJcmifterium, bafc ba§ Jorftamt in ^förjtjeim ungefähr 1000 Klafter uerfd)iebener $ol$* arten auf ben $>oljhof bafelbft verbringen laffen unb foldjeS in fteinen ©aben, meiere 2 ftlafter nicht überleiten burften, um lanbe§üblid)en *ßrei8 oerfaufen foüte. 9lacr) Vorfdjlag be§ govft- amt§ würben bie greife feftgefe^t:

$a§ Klafter buchen* unb ©djeiterhofy ju 11 Bulben

©id)en* unb Sannenfjols }U 7 SBudjenauäfcfyuftöofj 10 ©id)en* unb $annenau3fd)uj3holi 6

$)iefe niebrigen greife galten inbeffen nur für bie ©in- wohner ^ßforjt)eim8; benn einem ©efud) ber ©tabt, ba§ oon ihr erftetgerte £olj, 419 Klafter, ebenfalls ju ermäßigtem greife ju ermatten, tonnte nid)t ftattgeaeben werben, ba ^ßfor^« heim cor allen übrigen ©täbten be§ SanbeS allein burd) ben geminberten |>olsprei3 berücffid)tigt roorben mar.

*8ei ben wenigen nod) lebenben alten Sloffern, meiere in ihrer Sugenb bie §ollänberfahrteu mitmachten, bilben biefe heute nod) eine freunblidje (Erinnerung unb felbft bie 9Mhfeligfeiten unb ©efahren ifjre§ ferneren VerufeS erfdjeinen ihnen oerflärt im fiidjte ber Vergangenheit. (Sin VemeiS, wie fyod) Jlöfferei unb fwljhanbel §u beginn be& 19. 3a^^unoertS in s$f Olxheim in ($fjren ftanben, ju einer 3eit, ba bie ©belmetallinbuftrie fid) nod) in ganj befd)eibenen ©renken bewegte, barf wohl barin erblicft werben, baf* bie ftäbtifdje Verwaltung am 14. 5luguft 1806, al§ ber ©rbgroftherjog ftarl mit feiner jungen ©emahlin, 9tapoleon3 9lboptiotod)ter, ber ©tabt feinen Vefud) abftattete, bem f)ol)en ^aare ju @^ren eine Sloßfafyrt oeranftaltete. 9fai borgen be§ JefttageS ritten bie Jörfter, bann eine (Sljrengarbe unter Jaorifant Rosenberger, ba§ bürgerliche $?aoaHerieforp§ unter ^abrifant ©. ©eiger bis an ben „§ohen SBalb" ben fürft» liehen ©äften entgegen. Veim ©mpfang würbe ber ©rbgrofj- herjogin ein golbeneS Voufett oon Jungfer Caroline Venctifer mit franjöfifd)er 9lnfprad)e überreicht. Unter ber 9Htftäbter Vrücfe lag ba§ mit jwei Sauben feftlid) gefdjmücfte Jlofc, auf welchem ben ©äften ein (äffen feroiert würbe. SDann ging bie Safjrt burd) ba3 311 einer (Ehrenpforte umgebaute Mltftäbter äöel)r. 2Beiter unten war ber 3luj$ wieber mit einem Triumph- bogen überfpannt, auf beffen ©alerie (Sdnilergefang unb Üüiufif ertönte. 3lm Ufer hatlc bit Vürgergarbe unter Hauptmann $renfel 9lufftellung genommen. $ie ©utinger Vrücfe war feftlid) beforiert, unb inwiefern würbe ein Sifdjsug oeranftaltet. Von bort fuhr ba§ fürftlid)e s#aar, begleitet oon ber Vürgerfaoallerie unter Hauptmann $uguenin*Vird)aur. nach ^forjheim jurüct unb

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398

^forabeim im 19. Oabrbunbert

befidjtigte nod) bie Sennig'fdje tfabrif. Die ftlofefahrt mar ber ©lanjpunft be$ 2age$ geroefen.

$a§ Sangholj oom 2öalbe würbe auf Sdjleifen, Mifen (oer^ roanbt mit bem englifdjen to rise) guthal unb oon bort uermittelft 3uhrmerfen ju ben (Sinbinbeftättcn gebracht. 9(13 foldje bezeichnete 1818 bie proo. s-öermaltung*t'ommiffion bev iH^einfd)iffat)rt in SHainj :

a. 31 u f ber @ n & oberhalb f o r j h e i m eine Stelle bei bem $3irfenfelber £Set)r an ber JyreitagSroiefe.

b. 91 u f ber n s in ( o r $ h e i m unb abwarte beim tftogroehr, im s33led)maag bei ber (futinger $hücfe bei liefern am sBel,r.

c. Xuf ber Wagolb am Beutel oberhalb bem söüd)enbronner Steg in ber ^atfdjet an ber unteren 2Beifjenfteiuer «rüde an ber Raüert ^rücfe.

3n ben roürttembergifd)en Salbungen ber oberen (Enjgegenb mürben bie Stämme an bie hintere ober oorbere ^opoelroaffer* ftube gebradjt unb bort ju 5$'l°ften gebunben. 91 n ber f leinen (£nj roaren bie hintere unb uorbere Weubachftube jum (Sinbinben ber Stoffe unb 511m Sammeln bes Sd)mellroaffer$ hergerichtet. $n (£almbad) biente bie $3öbmle$maag al§ tlinlanbeftelle.

Ohne amtliche ©euebmiguug burfte bei Strafe oon fünf iHeidjötbalern nebft Sdjabenerfa^ teiue anbere (jinbinbeftelle eigenmächtig angelegt unb benutzt merben.

Gnu G^flog " t)atte gemöhulirf) 10 ©eftöre oerfd)iebener ©attung oon Jylofefjöljern , uid)t ber ftärfften Sorten. $a3 breitefte ©eftor beftanb aus fünf $oUünber Jaunen. $ie gefefclid) erlaubte £änge eine* Gntfoffes follte 950 Jufj (285 m) nicht überfdjreiten. (Sin 3lo& hatte 150—300 Stämme unb 120 bis 300 cbm Onfmlt. 3>ie breite ber Jlftffe burfte in iBerücffidjtigung ber SBeite ber 5Hehröffnungen, ber Jyloftlöcher auf ber (£n$ unb Wagolb nicht über 13 3uf$, auf ber SBürm nicht über 12 Jujj betragen, mit (Jinredjnung ber buref) bas v.JÖeibengebtnbe unb burch bas s#efar)ren ber ftlöfre in geftreeftem 3uftanbe entftehenben 3n>tfcbenräume ^mifdjen ben halfen. 2)eu Jlöffern mar auf bem s3tecfar bas 3ufammenjochen von 4 OEnjftöffen ju einem Siecfarflofj nur in ber 9lrt geftattet, baß fie fid) bei $ermeibung ber burd) 93erorbnung angebrohten Strafe oon 25 ©ulben nur einer Sperre bei ]ebem 3log bebienen burften. 3eber ben ^H^etn befahrenbe glöffer mar gehalten, eine Stunbe oor ber Abfahrt bes gloffes uou bem jebesmaligen 9lnferplatje in einem stachen einen glofjfnedjt als v4Behrfd)auer oorau* abjufc^icten. 3)a ber Jyloßeigentümer für ben glojjfned)t hinfidjtlich feiner Pflicht oerantmortlid) fein mußte, fo t>atte berfelbe Ijier^u einen oertrauten unb adjtfamen SRann ju beftimmen. 9£uf bem erften (£rhebungsamte, meines bas gloß berührte, mußte ber Staune

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töforabeim im 19. ^ahrbunbett.

399

biefe§ $ned)t3 angegeben werben. 93ei jebem 3ollamte hatte er fid) ju melben, bamit bie Stunbe feiner 5lnfunft notiert werben tonnte, mußte fid) an 93orb jebeS ihm begegnenben, ju 93erge fafjrenben Sd)iffe§ begeben unb ben güfjrer beSfelben, ebenfo wie bie Muffeher fliegenber QtfMfai unb bie Inhaber ber Schiffs» müf)len ober fonftiger auf bem Cheine befinblid)er si(rtftaltcn oon ber 9Infunft beS gloffeS minbeftenS 1 Stunbe junor benaa> richtigen. Qn Stöln aber mußte bie Sinnige 2 Stunben juoor gemacht werben, bamit bie große 9bt$a^( ber gemöhnlid) bort haltenben gafjrjeuge ^eit gewann, bie nötigen ^orftchtSmaßregeln ju treffen, traten unoorhergefehene £inberniffe ein, woburch baS glog in feiner gafjrt aufgehalten ober ju anfern genötigt war, bann mußte fofort ein aweiter SBehrfdjauer abgefdjtrft werben, um bie Schiffer, meiere auf bie burch ben elften 2Behr* flauer erhaltene ^iac^ric^t ihre gahrjeuge an irgenb einem Orte oiellekht angelegt Ratten, oon bem $inberm3 ju unterrichten.

Um ben glöffern ben ^Beweis, baß fte ihre Obliegenheiten hinftchtlid) be§ SBehrfdjauerS erfüllt hatten, &u erleichtern, mußte im Wachen beS 3Bef)rfd)auers an einem 4 m hohen SHafte eine Vjt m hohe gähne (glagge) oon bunfelroter garbe, bie S-Züehr- fdjauerfahne, aufgefteüt werben. 3)ie Qafyi ber sJJcannfchaften, burch weldje baS gloß fortgefchafft werben follte, richtete fich nach ber 33efd)affenheit beSfetben unb beS äBafferf. 2)em ©igen* tümer roar jur Auflage gemacht nid)t roeniger Seute anjufteUen, als baS gloß ju feiner ungehinberten gortfehaffung in geftretftem Saufe beburfte. 3m Streitfälle entfehieb baS Oberamt über bie erforberliche Qafft. 3uwiberhanblungen tonnten mit bis ju 25 SfaichSthalern gefühnt roerben.

Sperren burften nur an ben Orten gebraucht roerben, roo jebeS 3af)r nach ber jeweiligen SBefchaffenfjeit beS gloßbetteS foldjeS nötig unb geftattet roar. $ie s}3lät}e würben jeweils auf Slnmelben ber glöfferfchaft nad) eingenommenem sÜugenfd)etn oom Oberamt unb ber glußbauinfpeftion beftimmt. s2lber aud) ber Sperrnagel mußte, folange bie Sperre felbft nicht gebraucht würbe, burch £>erauffd)lagen unfd)äblich gemacht werben. Qene Sperren, Stimmelfperreu genannt, beren jebeS gloß eine hatte, burften bei Strafe oon 10 OtetchSthalern nidjt burch *men f°9- „|>unb", ber in bie Ufer eingebrüeft würbe, jum Schaben ber* felben erfetjt werben. GEbenfo war eS oerboten, ber Sperren unmittelbar auf ben Üßorbriticheu ber s-£Behre ober ber gloßlod)* fdjweHen ftd) ju bebienen. 9luf gafchinaben ober Steinbauten, bie gum Schule beS UferS alS- Streidjmerfe ober als Sporn eingelegt waren, burfte gleichfalls feine Sperre eingefetjt werben, wie eS auch oerboten war, an bergleichen Schupauten bie glöffe anftreifen ju laffen. 3ar s2lbwenbung beSfelben mußten fid)

400 $for*beim im 19. Sabrbunbert.

JVlöffer auf bic bauten ftellen unb mit bcn ©langen ba§ gloj? abgalten bei Strafe uon 10 iHeidjsthalern.

3um Anlanben waren nur ba3 SRofjwaag bei s$for$ljeini unb bas sJcieferner 2Öaag beftimmt. sJcur bei befonberen ^)inbcr- niffen burfte aud) fonftwo an3 £anb gefahren werben. 2)adj muftte in foldjen ^eitlen alsbalb abgefahren werben, wenn bas £)inberni§ gehoben war.

2öo ba3 .£>olj ben SBinter über jurücfbehalten werben foüte, mu&te baöfelbe in zweimal 24 Stunben an3 fianb gebracht unb in foldjer (Entfernung oom Ufer aufgepolbert werben, bafc es auch beim höchften sBafferftanbe ntcfjt erreicht werben tonnte. $as Schlagen ber Jadje aus Reiben* ober Xannenreis war ben Seffern bei Strafe uon 10 £f)alern in ber 5Irt unterfagt, ba£ es nur mit befonberer Genehmigung ber 2Safferbaubef)örbe aus= nahmsweife gefdjehen burfte, wo anbere ©efadje mittclft 3*ü™' anhäufung ober Schlagens einiger $anbofähle unb Aufteilung oon fielen eines ober bas anbere für fid) allein ober beibes oereinigt nid)t ausführbar waren. Am SBlechmaag burfte ein ausgerüftetes gloft nur 2 24 Stunben belaffen werben. 3ur Ausrüftung,eingefchloffenbieOblaft, würben weitere 2 24 Stunben unb jut SBeifuljr ber fleinen Slöffe, bie bort in ein größeres oerbunben werben follten, 4 24 Stunben grift gegeben. 2)er Aufenthalt im sJ(ief einer s4Baag war folctyer (Sinfdjränfung nid)t unterworfen, bod) burfte er nid)t ohne llrfache jum Nach- teile ber nad)fommenben Jylöffe ausgebehut werben unb nicht über ben 3Binter fortbauern.

$te glöfferei bauerte jebes Cwhr Don Sätare bis Üflartini. 2Ber früher ober foäter flöffen wollte, mufjte barüber, beoor bas 3lo| in babifdjes ©ebiet gelangte, beim Oberamt ^forjh^im um ftonjeffion bitten, meldjes biefelbc gegen eine jur ^Bafferjollfaffe gewiefene Xare oon l fi, 1 fl. 30 Sir. ober 2 fl., je nad) ©röjje bes gloffes, JM erteilen ermädjtigt war. Aud) burfte nur oon Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geflöfjt werben ; an Sonn= unb gefttagen aber nicht wäfjrenb bes oormittägigen @otted= bienftes.

ileberall, wo ein Sd)aben irgenb weld)er Art entftanb, hatten bie (Eigentümer ber glöffe (Entfchäbignng ju leifteu an bie ©ewerbs* unb ©runbbeftyer, wie aud) an bie gifd)ereiinhaber. Die Erhebung bes Sdjabens fanb burd) bas Cberamt auf polijeü lid)em sBege ftatt, war fomit ben görmlidjfeiten bes 9ied)ts- r-erfabrens ntdjt unterworfen.

3n ÜJcannhetm ober in ftafhfl an ber sJWainmünbung würben bie Mheinflöffe, bie fog. fietfen Stüde oon 200 m Säuge unb 12—23 111 breite jufammengefe^t unb mit weiterem dichenholj aus ber ^fatj, bem Soeffart, sjßefterwalb unb anbern SHh«"1

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Worabeim im 19. Sabtbunbert.

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unb Sftaingegenben bcrart belaben, bafj fie einen Siefgang bis jju 1,4 m bejahen. sJlad)bem mit Siefen Soffen bie gefäfjrlidjften Seifen unb (Strubel jmifdjen fingen unb ftoblen^ burd)faf)ren maren, unb ber tftyein, burd) £at)n unb 3WofeI oerftarft, meljr Gaffer fübrte, mürben in ftoblenj ober SInbernad) bie ÄapitaU flöffe sufammengefetjt. 2>iefe beftanben auS bem 200 m langen Steifftücf, mobei bie geraben (Sidjen auf ben (Seiten, baS Statmnu Ijolj unb bie Safebauben in ber 9ttitte uerlaben maren. 9Iuf bie (£ict)en famen nod) Sd)id)tcn oon Brettern, SKafjmenfcfyenfeln je, bie fog. Obläge, unb bann nod) £aufbielen für bie $lo(jfned)te. 3n ätmlidjer Weife maren bie nor bem Steifftücf befinblidjen je 25 m langen $niee jufammengefe^t. 3)ie ilniee unter ftd), fomie bie ftniee unb baS (Steifftücf maren burd) ftavfe Saue unb burd) einen gelenfartig befeftigten (Sidjenftamm oerbunben. S)iefe s-ßerbinbung erlaubte eine ftarfe 2)relning ber ftniee. Qu beiben Seiten fdjmammen bie 8 m breiten Sng&nae, meiere bie 5lnfer trugen. Svm\ «Steuern bienten 52 Sdjlagruber, mooon jebeS oon 3—8 sUcann gel)anbt)abt mürbe. $er " (Steuermann ftanb auf bem 6 m fjoljen Steuerftuf)! ; feinen Winten folgten bie Jlofc meifterfnedjte, meldje ben föuberfned)ten mit ©erten ben Saft fdjlugen. ^ielfad) nahmen £mnbmerfSburfd)en , meldje rf)ein* abroärts manberten, 3)ienft als 9tuberfned)te. S)ie ©efamtlänge ber größten Slapitalflöffe betrug 300 m, it>re ^Breite 60 m, ber Siefgang 1,7 bis 2 m. s33efet}t mar fold) ein gloß mit 530 bis 550 siflann, barunter 60 bis 70 SWann Slnferoolf, 450 sJiuber= fned)te, ber glofjfjerr ober Jaftor, oft mit Jamilie, ber (Steuer* mann, mehrere sJ)teifterfned)te, s$roüiantmcifter unb $öd)e.

9lnfer* unb ^uberoolf erhielt für bie (Strecfe 3Jcannf)eim* OTatnj 1 ©Ib. 30 ßr$., ^ain^lnbernad) 2 ©Ib., Slnbernad)» $ortred)t 7 ©Ib. 30 Rn. nebft ftoft. ®er Steuermann, melier am £errentifd) fag, ertjielt für bie Strecfe sJJcann()eim=9Jcainä 70—100 ©ulben. $n ^ainj traten an feine Steüe ftübeS* fjeimer Steuerleute aus alten Sdjifferfamilien , bie mit il)rem 93eruf unb ben Stromoerljältniffen aufs innigfte r»ertraut maren. SDiefer Steuermann erhielt für ftd) unb feine 12 Steuerleute für bie Strecfe 3)cainj^üffelborf 1000 ©ulben. S)ie Strecfe Düffel» borf*$)ortred)t leitete ein geborener £>oüänber, meldjer 100 $ufaten unb bie $oft erhielt. $er Wert eines» foldjen 9ftonftrefloffeS belief ftd) auf 900 000 üflf.; bie SranSportfoften biet S)ortred)t auf 102 800 9J?f., bie Qm unb Abgaben ebenfo l)od). 93on SJcannfjeim bis S)ortrect)t paffterten bie Slöffe 42 3oUftatiouen.

3)er glu6$oll rourbe bi* 1869 erhoben unb mujjte auf ber @nj in Neuenbürg, auf ber Wagolb in (£alm für Württemberg, in SHeidjenbad) für Skben be$af)lt merben. 3n Jiiefern mar 9cad)reoiftou. 3n $ail)ingen mufcte nodjmalS für Württemberg,

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402

^forabeim im 19. Sabtbunbert.

in Wecfarelj nochmals für SBaben oerjollt unb in |>etbelberg nad)reuibiert werben, ©in gloß aus £taatsbol* jaulte an einer daWfteUe 0-7 ©Jb., ein foldies auS $rioatt)i>lj} ober öcmeinbe^ Waiblingen bas Vierfache.

£a bie sJtbeinflöffe oon ^Mannheim bi3 31nbernad) einen Tiefgang oon 1,3 na, oon bort als ßapttalflöffe einen folcben uon 1,7 2 ni Rotten, unb ba fid) jmifchen ben aufgeftapelten geraben unb fvummen (Jidjenhölzern beträd)tlid)e Hohlräume, füg. Hefter, befanben, würben biefe glöffe gerne als Transportmittel für 8d)inuggelwaren benutzt. 3o würbe com Ijiefiaen gloß- nerein ein (Saljbanbel an ben NJlieberrl)ein unterhalten. 3" ^agftfelb am sJ(edfar würbe bas Salj in Jyäffer oerpacft, bis nad) 9)lannt)eim mitgenommen, im ^Htjeinflo^ an oerborgener Stelle untergebracht unb am 53eftimmungsort mit gutem (Seminn oertauft.

^m Saufe beS ^ahvhunberts erfuhr bie gloßorbnung oietfache 9lbänberungen unb (£rgän$ungen, jo j. 03. im 3a(re 1827, 1834, 1843, 1852, 1801. 03ei ber 1827 erfolgten Oceuorbnung beflagte bas 3lint, baß burd) ben frühzeitigen Xob beS $)omänenrateS (£receliu§, beffen (£infid)t unb gadjfenntnis man fdjmerslid) oernüßte, bie 8ad)e einen unerwünschten •ütuffchub erleiben mußte, unb erft in gluß fam, als ein .pöfener glöffer infolge ber unzulänglichen ^Haftnahmen utnfi Sieben gefommen war.

SBotn 3ahre 1820 an mußte regelmäßig oor bem (£in= paffleren eines gl off eS eine fog. Wadjfdmu gehalten werben. $ie* felbe würbe oon ben babifdjen unb württembergifcheu färben abgehalten unb füllte 511 gleidier ^eit ftattfmben. ^nbeffetl wußte bie württembergifdje Seborbe biefelbe unter allerlei SBor« wänben ftets hinaus$uid)ieben, bis man hinter ben ftniff fam, baß bie 2Sürttemberger bie Qnt benutzen, wo bas Scbeiterholjflöffen oorüber war bis jur s3iachfd)au, um ihre i'angboljflöffe in ben ihnen gehörenbeu sJ(ebenflüffen sJcagolb unb SE&ürm einjuwerfen unb einjubinben, bamit fie, wenn bie gloßftraße geöffnet würbe, gleid) auslaufen unb ben ÜJIannbeimer ÜJlarft oor ben babifeben glöffern oerfehen tonnten, $aburd), baß bie letzteren nur tu bie C£nj einwerfen tonnten, mußten fie warten, bis bie gloß- ftraßen geöffnet unb bie Sürttemberger burdwafftert waren. 5luch fonft waren bie babifd)en glöffer allerhanb (Jbifanen aus* aefetjt feitens ihrer württembergifcheu 33erufSgeuoffeu unb ber Dortigen s#ef)örben. 3m Ottober 1838 rirfjteten bie glöffer 3. 3)cürrle, £ubwig 3lab, (£b. unb TOdjael üöolf aus Pforzheim bie s-öitte an bas Cberamt, es möge bocl) bei juftänbiger württem* berger $3ehörbe beantragen, baß bem oft geftellten 2infud)eu, ben jetzigen fd)lerf)ten ^Juftanb ber gloßgaffe bei .peilbronn berfteller $u laffen, bejw. baß bem }d)on feit jwei 3at)re gegebenen 3Jer*

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Worgbeim im 19. Sabrbunbert.

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fprechen enblid) entfo rochen werben. $)ie babifdjen Sloßftraßen, weldje aud) bie Söürttemberger benü^ten, feien alle in beftem 3uftaube, fei baher nur Red)t unb billig, wenn fte aud) bie ihrige in ©taub fetjeu liefen, bamit bie babifdjen glöffer nicht, wie e3 ihnen furj juoor paffievt mar, 150 (Bulben eytra Heraus- gaben müßten, um if>rc Slöffc fortzubringen.

Weitere Unannet)mlid)feiten erwudjfen ber Jlöfferei burd) Reibereien mit ben SÖaff erwerf Sbefttjern unb ben ©igen* tümeru uon Ufergelänben. <3d)on feit alter Qtit gab oielfadje silnftöße über bie ©eredjtfameu ber glöffereiberechtigten gegen* über ben s4öaff erwerf Sbefifcern an ben brei Sdjwarjwalbflüffen. 93ei fleinem SBaffer, reo bie Jlöffe oft oberhalb ober unterhalb ber SBehre liegen blieben, unb, um fie weiterzubringen, oft ftunbenweit oon oben nachgewäffert werben mußte, mürbe ben sJßaff erwerf Sbefifcern, bie injroifdjen gauj ober jumteil ihr Räber* werf ftiüe flehen laffen mußten, großer ©djaben sugefügt. tiefer Rad)teil trat um fo häufiger unb in fo größerem sJWaße ein, al3 bie glöffe oft ju lang ober ju fdjmach bemannt waren. Sttehr unb mehr traten bie 3Bafferwerfsbefit>er mit @ntfd)äbigung3anfürüd)en heroor, benen am (Enbe bie Slöffer, um \üd)t aufgehalten $u werben, mit ober ohne Vorbehalt fid) unterwarfen. 2)ie3 war namentlid) in (Eutingen unb Riefern ber galt, wo oerfdjiebene 9ftale bie ©elber bei ben £5rt3bet)Örben hinterlegt werben mußten, bie bann aber regelmäßig oom Dber* amt befd)lagnat)mt würben, fobalb e$ Kenntnis baoon erhielt. „2)a bie Slöffer", wie ba§ Öberamt melbet, „befanntlid) nid)t ju ben ^eingebilbetften jählen", fo ^atte man fid) oft über bie Roheit ber au§ bem oberen ©njthale gerbet gefommenen §loß* mannfdjaft bitter $u bef lagen. Qnbeffen waren nicht nur bie Slöffer, aud) bie 3Berfbefit}er waren nicht ohne Sdjulb an ber- artigen Vorfällen ; fte geftanben ben glöffern feinerlei Red)t auf ben Jlüffeu ju unb trieben ihre (SntfchäbigungSanfprüche auf 3 hoffte. 5lnbere wieber glaubten, wenn nad) SJtartini ober oor £ätare geflößt unb tytx^n nad) Maßgabe be3 SBilbbaber RejeffeS oon 1747 6taat3erlaubui3 gegen 3ahluNg einer Äonjefftonstaye eingeholt würbe, baß ihnen willfürlidjer 9lnja£ einer (£ntfd)äbigung<3* fumme freiftel)e, olme ju bebenden, baß jeuer Rejeß nur bie gegenteiligen SBefugniffe beiber Staaten anorbnete. ®er ©e* fd)äft§führer ber $of)nenberger'fd)en sßapierfabrif in Riefern ging fogar foweit, baß er eine willfürlid) geforberte (£ntfd)äbigung3* fumme burd) jablreidje sJJ(annfd)aft, mit prügeln unb knüppeln oerfehen, unb burd) .£)unbe redjt eigentlid) erjwang. s-HMe anftößig unb oerle^enb berartige Vorgänge, unb bie bamil notwenbig uer* bunbene Erregung ber rohen ©ewalt fein mußten, unb wie fehr baber bie Staatöbehörbe ueranlaßt war, uid)t nur ftrafenb benfelben $u

2ü'

404 Wotabeim im 19. Sabtbunbert.

begegnen, fonbern bic Urfadjeu ju fünften s.ßMeberf)olungen be* fettigen, ift einleudjtenb. i)a babifdie unb mürttembergifd)e öntereffcn hierbei $ur Spvadje famen, bie eine gleidjmäftige "-öebauMung erbeifdjten, fo war eS nÖtic\, (yir Orbnung biefer Angelegen bei t Slommiffionen auS beiben Staaten $u ernennen nnb baju bie ^Bejirte* nnb OrtSbebörbeti, fowie and) sJJiitglieber ber tedjnifdjen Stellen bei^ijieljen. <£S war bieS um fo nötiger, als bie glöfferei aufwärts in ben württembergifdjen Oberämtern Weuenbürg,, (£aliu unb Wagolb, tv X. nod) Jyreubenftabt, abwärts aber ^kulbronn, s.ßaibingen, s<befigbeim bis «£)eilbronn unb jroei ftreisregieruncicn, bic bes Sdnuarjmatb' unb bes WecfarfreifeS beteiligt waren.

2lm 18. 3uni 1H45 würbe ber (§r. ^Hegierung^rat &unj beauftragt, unter #u$ug beS MmtSoorftaubeS, beS JyorftamtS unb ber Gaffer* unb Straftenbnutnfveftion ftarlSrube, nad) ^cr netymung ber ^euoltmädjtigten, ber ©emerfebefitjer unb ber $löffereibered)tigten wegen ber obwalteubeu Streitigfeiteu befoufs Jeftftellung einer $loftorbnung ein llebereinfommen ,}u treffen. 9lm 31. Oinli 1H45 begannen auf ber Dbcramtsfanjlei s$forjbeim bie sÜerl)anblungen unb bauerten mit längeren unb öfteren Unter bredjungen bis jur £erfteüung einer gtoftorbnung im ^afyre 1852. Wt uieler sJJtübe gelang eS bie Parteien «ju einigen. (£s bilbete fid) ein ShiSfrfmft ber (*3emerfebefi^er aus ben TOtgliebern ftarl Mennig non Wiefern, Jyriebrid) Werfer $ur Sdnnane, ftarl Seit} ftloftermüüer, (£l)riftian tfatj Sotjn nnb «ötftor 9lbel in ^forjbeim.

$Benn ber ftlöffcr ben ©emerbefanal beljufS Slöffen§ ober SBäfferus gauj ober teilweife aufteilen lieft, fo batte er, ioferu bie $Berfe baran nid)t gan$ ober teilweife ftiüe ftanben, ben sJBerfbefif>ern unb jwar ben junä'cbft beim Seljr wobnenbeu für ein ftloftwaffer nadjfteljenbe dntfdjäbigung 51t jafjlen:

1. silm Birten felber s3öebi" oem ^Bcjt^cv

ber bärtigen sj)lül)le 24 ftr.

2. 51 m SJir fenf elber üföeljr bem ^äc^ter

ber 9flaf)lmüf)(e 24 Str.

21 m «irfenfefber Söebr bem <Päd)ter

ber ©emeinbefägmül)le 12 Str.

3. 9(m Sd)leifwef)r

a. wenn ber ganje SRüblfanaf jugeftellt würbe 2 f(. 57 5h".

| s-8entfifer Gbriftian Rcii\

-3ol). Sdjmibt l Rosenberger

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Woraljeim im 19. Oatnlmnbcrt.

405

b. wenn bie ©tellfalle be$ großen £>ammer$

offen blieb, ma3 gefd)eben mußte, wenn er arbeitete (9lu biefelben)

2 ff.

20 Str.

4. % m KJi o ß w e h r (iHübt, Seit}, (Gruner uub Werfer, (SouniS refp. ^achter (5d)eer3 3Bwe„ ^ädjter bev £oh = unb Sagemühle ber (Serberjunft)

2 fl.

48 flr. 24 flr. 36 flr.

5. Ulm Sla tyenw eh r

0. S3I m sJl o n n e nra e h r OHbel)

7. 91 in eJinf enfteinev SBehr

8. 51 n bev St o m p a g n i e j ä g m tt () l e

9. Slm @u tinger sBet)r 10. 2lm Wieferner 2Bet)r

1 fl.

1 fl-

24 ftr. 48 ßr. 30 Str.

11. sil m $3 l e d) ro e h r burftc nur jugefteUt werben, wenn ba£ sBerf nicht ging; eine Vergütung mar nid)t 511 leiften.

2öie t)od) fid) im tfaufe eines Jahres biefe 3lrt (Sinnahmen eine* 28erfbefit}er£ blieb, ge()t au$ ber Angabe eine* "protofollS heroor, wonach ba$ Wieferner SBerf uor ber Regelung 35 000 ©ulben dntfdjabigung erhielt. $ie 'ißcrfbefifcer ber SBürm erhielten feine <$ntfd)äbigung.

9lm 4. Januar 1841 bilbete ficf> ein neuer 3loß= u er ein in s|$for$bcim. $cr (9efellfchaft§uertrag ift unterfd)rieben oon beu Uflitgliebern ihibmig Ülab, (Sbriftopf) Söolf, @hviftoph Slab, ;>h. >Jüifirrle, sJ)cid). Solf, 3of). 'SWäule, fiubro. Sdjneiber, 3*rb. Herwig, %. ftrb. 9Wanev, Ghriftoph gr. (Seiger, Qafob Schule alt, $aoib s2lbrcd)t, Ä. gr. Sliehnle jung, $afob 2lab, grbd). 9lab, 3oh- (£f)viflopt) Sltebule, 3ol). 9Jiid). ©erroig, $löffer unb ^Bill). i^euj jun., Bürger unb Kaufmann in sßforjl)eim. Sie neue s2lfticu*($eieÜfd)aft bilbete ftd) au§ bem größten Xeil ber bi§ 31. $e$ember 1840 unter ber g-irma Stroit unb Sie. be= ftanbeuen .<polshaNDlung3gefellfd)aft. tote führte ba$ ©efdjäft in ber ^lu^betjnung fort, mie ihre Littel geftatteten. ^)a§felbe beftanb im diu= unb SUerfauf, foiuie im Söerflöffen uon £angboIj unb (Jidjen unb im ^Betrieb einer oägmüble (ftompagniefägmühle). Tie Kapitaleinlage betrug 108 000* fl., eingeteilt in 108* Zuteile. Ullle 4 ^atjre würbe ber Vertrag erneuert unb ba$ (Einlage- fapital uon neuem beftimmt. 3)asfelbe betrug 1848 9G000 fl., im 3abre 1852 = 05 000 fl. Slfttenbefitjer fonnteu ßinber, Witwen unb aubere rechtmäßige (Erben uon Whtgliebern be$ gloßucreinS werben, letztere jebod) nur folauge, al§ fie fiel) nid)t Aum peitenmale »erheirateten. Stein ^efeUfdjaftöuütglieb burftc auf eigene Sauft £>ol^ ober Dielenbanbel betreiben bei Strafe ber $crftoßung. 2>er ©ehalt be£ 2)irettor3 Siena jun. war auf

406

^forabcim im 19. 3abrtmnbert.

1000 fl. normiert; baneben erhielt er 10% SReingeroinn unb 5% 3ntcreffcn oom Kapital nebft Spefenerfa^ für auswärtige ©efdjäfte.

$er betrieb ber ftompagmefägmütjle, auf meldjer ber 5log* oerein feine £öljer ju fielen jc. fdjnitt, mar lange Seit einem Slöffer übergeben. $ie 5""ftton beS $ompagniefägerS übte eine Jyamilic $afc, in melier fie fid) uom SBater auf ben ©olm uererbte.

3)ie Stelle beS 3Jleifterfned)tS, ber auf ben ."pöljuerfteiger* ungen in ben SEBälbern baS öangfjolj einfaufte, mar ebenfalls in ber roeitnergmeigten ftamifte ftat} oom Sßater auf ben (Sofyn übergegangen. 93eforgte ber 9)Jeifterfned)t ben §oljeintauf, fo t)attc ber Schiffer in letjter $eit SJtürrle baS (Sinbinben unb ben SranSport ber Stoffe bis 9Rannf)eim ju leiten, ©e- roolmlid) fuhren 3—4 Jlöffe miteinanber, oon benen jebeS mit 3—5 9ftanu befefct mar. Sei günftigem Söafferftanb unb ent= fpred)enber Labung tonnte Sflannljeim in 6 Sagen erreicht merbm

3m Saljre 1847 mürbe bie Jlöfferei auf ber Sürm, bie früher fdjon oon untergeorbneter Sebeutung mar unb mancherlei ©djmierigfeiten bot, ganj aufgehoben.

3)aS ^oljgefcljäft ging in ben 40er3af)ren gut, mit nafjme ber OieoolutionSjeit. 3r"t)er fd)on trat eine <5tocfung ein in ber 39ijoutertebrand)e, unb bie ©olbarbeiter Ratten eine $eit ber ferneren 9cot. siluS jenen Sagen ftammt baS im alten 3löfferoiertel, ber 3lu, entftanbene geflügelte 2Öort: „SJlaible nimm fein Jabrifler, ber 3)recf gait auS!" 5lud) bie fünfziger 3at)re waren für #ol$anbel unb glöfferei nod) gute.*) 3n ben Seidiger aber trat eine ©efdjäftSflaufceit ein. Qn £otlanb lagerten nämlid) grofje ^oljoorräte oon tjicr unb (£alm. $ie Äonfurrenj ber amerifanifdjen unb noriuegifdjen £>Öl$er begann fid) fühlbar ju machen, infolge beS Ausbaues ber $Baf)nen traten auefy bie .§öljer ber entfernter gelegeneu 2Bälber in SBett* bemerb mit benen beS ScfywarawalbeS. sJUd)t nur auS ben tjorjenlotje'fdjeu unb oberfdjmäbifdjen Salbungen, aud) auS dauern unb fogar auS Oefterreid) rourbe burd) bie (Sifenbabn baS |)olj in bie töfjeingegenb gefdjafft. @ine Slnjaf)! Sftitglieber beS glof^ oereinS fudjte benfelben neu 0u organifteren. ÖS gelang ifynen nidjt, unb 1865 66 erfolgte bie ooüftänbige fiiquibation mit

*) TOittrood), ben 1. Npril 1857 faitb bie feterlidie 0cdffhnnfl bee neuen A-lofefanalö in "itfeifcenftcin ftatt. I'ie Herren Oberbaurat £aucrbeä\ Cber* baurat «ctjcffel, ^aurat .Heller, ^aurat Werroig uon Marlärube, fonüe bie biefigeu X'anbe* unb «emeinbebebörben nebft einer größeren ülnjah! ipurttem- bergifdjer Herren nahmen baran letl. i(uf ein burd) feöUcrfehuffe gegebene^ Seidjen nmrbeu bie ßddeufjen geöffnet unb unter ben frodnufen ber an bem Munal unb auf ber iürutfe befinblidjen Sufdmuer erfdnenen bie erften mit ben babifdjen flaggen gefdjmücften glöffe.

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i<forjbeim im 19. ^obrbuubert.

407

Untetbtfatu. $ie SJcitglieber erhielten 80° ,, ifjrer Gnnlagen au§- beja^tt. 2)ie föompagmefä'gmüble tourbe im 3uli 1865 an Jyabrifant 3ului§ Mittler oerfauft um 32 125 ©ulben. $er ^ommeranjengarteu tjmifdjen (£nj unb £>ol5gartenftraj$e) fam im Oftobcv 1865 um 2000 ©ulben an 3iwwermann ©ottfrieb (£lau§. (Sin anberer, bebeutenb größerer ^olberolatj am Berlar in 3Jlanubeim, fam ebenfalls 511 febr nieberem greife an ben bortigen Schiffer ©enoig. 2Ule biefe ^läjje baben beute minbefteuS ben iofadjen 5öert. Saft gleichseitig mit ber Sluflöjuug be$ giofjoereinS gab aud) bie |>olibanblung§firma Stauer & iennig ba$ ©efdjäft auf. $te alte Stöfferjunft bilbete ftd) jur Slöffer* genoffenfdjaft um unb übernabm für auswärtige «goljbänbler unb <5ägeioerf$beftfcer ba§ afforbmä&ige Üßerflöffen oon $o(|, s2lber ber ftettge s}$rei3brucf machte ba§ ©efd)äft balb fo unrentabel, bafj fie oon 1864 an baSfelbe faft au§fd)lief3lid) (£almbad)er glöffern überliegen. SBon jenem 3eitpunft an bi§ beute ift bie 3at)l ber glöffer oon 44 auf fteben gefunfen.

33or allem f)at ber 2(u§ranb§flof*oerfebr erf)eb(id) nad)* gelaffen, toäbrenb ber 3nlanb3flo&Derfef>r, rote er oon ben <5äge* werfen in ^forjbetm, ftilhoetftenftein unb SBrö^ingen unterbalten toirb, bi§ 1900 eber eine 3»"abme oerjeid)nen barf.

Wittel im Eurty'dmitt . fcer ^aljre

(Mefnmt-

Mail olt»; fttffe

Tinnens uerfetjr

Seiter geführte

1884—1892

183

43

140

42

141

1893-1896

134

25

109

50

84

1897.

93

28

65

60

33

1898 1899

87

83

18

69

63

24

22

61

64

. 19

1900

45

45 1 36

9

Durd) ba§ Eingeben be§ Speeren SägetoerfeS (Sluguft tapfer) bntte 00m 3ab**e 1900 ab ber ^innenoerfebr einen weiteren Wücfgaug aufeuroeifen.

3m felben i>erl)ältni*, mie ber Slofcoerfebr mit fiaug&olj abgenommen bat, nabm ber 33abnoerfebr §u. SBon 1884-1892 mürben auf ber oberen unb unteren (En$-- unb Wagolbtbalbabn burd)fd)nitt(id) 14 600 cbm Sanges beförbert, oon 1893 1896 « 35 800 cbm.

408 ^forjgeim im 19. ^afcrbunbert.

lieber bie .^oljpreife au$ früheren 3eiten geben folgenbe 3at)len 2lufftf>lu&:

1310 foftete eine @idje im Sdjönbud) G geller, eine 53nrf)e 4 geller. 1500— 1G00 foftete eine 24 m lange Xanne im Wagolbgebiet auf

bem s$tä^e 80 Pfennig. 1550 foftete ba§ Klafter Scheitert) ol$ au3 ben ©uadjmalbungen

im SBalbe 3 Kreujer 1 geller.

3lu§ ben SHeid)enbad)er ^Salbungen 4 Kreujer. 1691/92 foftete ein 20 m langer, am bannen ©übe 4G cm

ftarfer £annenftamm auf bem Stocf 30 Kr. 1715 foftete ein £ollänberftamm uon 24 m Sänge 45 Krj. auf

bem (Stocf, in ^forjtjeim 10 ©ulben. 1728 31 foftete bie ©alroerfompaguie ein .IpoUänberftamm auf

bem Stocfe 5 ©ulben, eine geringere ianne 2 Ci>lb. nebft

KonjefftonSgelb. 1746/49 foftete ein §olläuberftamm laut «ertrag 14 ©Ib. 1755 67 foftetete ein §oüanberftamm in ben Weuenbürger unb

Slltenfteiger Salbungen 16 ©ulben, in ben greubenftabter

9JJurgroalbungen 8 ©ulben. 1778 98 jaulten bie Kompagnien bem Staat für bie $ollänber=

tanne im 5)?urggebiet 12 ©Ib., im ©njgebiet 20 ©Ib.

(Snbe be§ 18. 3afjrf)unbert§ galt eine ftarfe Sanne ber nädjften

Salbungen bi§ ju 30 ©ulben. ©übe beS 19. 3af)d)unbert§ galt eine ^poüänbertanne uon 5 cbm

netto 120—135 9ttf., alfo ba$ 2* ,fadje be§ s]keife§ oor

100 3abren.

1807 foftete ein Klafter «udjenljols 5 ©Ib. 40 Kr^. 2artneut)ol$ 2 ©Ib. 15 Krj.

©iaynbots 2 ©Ib. 30 Kr*, im SBalbe. 1816 H «udjenbols 7 ©Ib. 30 Krj.

©idjcnfjolj 4 ©Ib. 30 Krj.

2annenf)ol$ 4 ©Ib. 30 Kr$. 1835 $ud)ent)0lft 14 ©Ib.

Jannenbolj 6 ©Ib.

1899 fofteten 4 Ster »udjen&otft im SBalbe 32—36 Wlt

4 ©idjentjolj im Jßtolbe 32 3Rf. 1899 fofteten 4 8ter Sannenfjol* im Söalbe 28 9Jtf.; alfo ba§ 8fa$e beS ^reifes oor 100 3af>ren.

211$ im 3afyre 1813 bie flamme ber 53egeifterung burd) $eutfd)lanb$ ©aue loberte unb ber oaterlänbifcl)e ©ebanfe alle $eqeti mäd)tig ergriff, ba mar auef) in unferm $for$f)eim eine glütflidje $eit angebrodjeu; ein ftrül)ling$n>e$en 9t"g burd) bie s2Belt unb oon 3Runb ju sJftunb erfdjoli e$: Deutfd)lanb frei! $eutfd)lanb einig! $ie sJ$forsl)eimer Bürger bilbeten freiwillige

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Worabeim im 19. ^abtbunbert.

409

®orpS, ein ftauallerie- unb ein ftägerforpS, unb bie Jlöfferjunft fdjarte fid) auf§ neue $u einem JlöfferforpS gufammen. W\t ibcen fteuerfteinflinten unb bei- v]$atrontafd)e am SBanbeftet, fpäter nod) mit (Sjafo unb SBaffenrocf auSgerüftet, vücften fie au$, bie getreuen Gilten, in mandjem Äampf Erprobten, um nad) uralter Sitte am 3Rär$marft auf bem sJtatbaufe bie ©tabtroadje ju bejiefyen. Reiten unb 9Jtenfd)en ftnb feitbem anbete geworben.

Wefyr unb metjr beginnt baö einft fo blüfyenbe ©emerbe ber Slöfferei, bem ^Pforjbeim feinen erften 9luffd)ioung uer- banft, ^u fdjiuinben. i)te (Sifenbafyn, biefe§ billigere, bequemere unb rafcfyer förbernbe Transportmittel, fomie bie oon ber ju« nefymenben ^nbuftrie mcfjr roie früher in Slnfprud) genommene SBafferfraft l)at aud) t)ier eine tiefeinfdjneibenbe Umgeftattung Ijeroorgerufen unb eine SJerufSflaffe auf ben s2lusfterbeetat gefegt, bie tr)rc (Srjftenj einftmais für emige Reiten gefiebert t)ielt.

3n s$for$l)eim giebt e$ feine ^loffergenoffenfdmft mefyr. 3)ie alte Jabne mürbe oor aroei Sauren bem s2lltertum3mufeum übergeben. s)hix wenige 3eu9en ftU^ ber alten 93lütejeit be§ efjrroürbigen ©eroerbe§ finb nod) oorfyanben ; einer um ber anbere ber S^fferoeteranen, an benen felbft bie 9Jlüt)fale unb bie Saft ber 3af)re uidjt ben £«pu§ be§ Urroficfyftgen unb Statten |U oerraifdjen oermodjte, gefyt &u ©rabe. 3Wan oermag ftd) beim ttnblid biefer Mahner, benen etroaS anhaftet oom alten beutfdjen SKecfentum, einer ftillen SÖefjmut nid)t 51« erroebren, jief)t bod) mit ibnen ein ©tücf sJfomantif unb ^oefte für immer oon bannen.*)

*) £ie iHitglieber beö 1854 crueuten jvloftucrein« waren :

1. Vubiuig iHöftle, lebig unb gro&jäbrig unb für beffen 3 noa> minber- jäbjige C4ef<f>toifter , Minber beö f jylöffcr^ "flliajael Nö&le, beren Sortmtnb 2ubn>ig Wcule, Alöffer basier.

2. Jyür 2iMlb,elmine geb. Miefjnle bereu Seemann Marl ^ubjoig Gternrift, ftloffer basier.

3. Jyür Marl ^ubiuig 5lab ffiwe. Jvrieberife geb. iöolf, bereu Sormunb $rin*enwirt 3)iar. fcief.

4. Marl Jriebrid) Mau, l'oren* 8ob,n.

5. 3of)ann (Sbriftopl) Miefntle.

6. l^obauneö Minger.

7. Jyur l'ubnng Ctto odjneiber tüiue. Maroline geb. (Mennig, beren Sdnoager Jvriebrid) 3d)neiber, ^ylöffer basier, als ^euoUmadjtigter.

8. vi)iia)ael (Mernrig "Itiioe. .Hat banne geb. Slbredjt.

». ,vur Jafob (Sbriftopb, ^olf sBn>e. Matb,arine geb. 3dmeibcr, Weometcr (Meorg Tbcilmann al* ^eiioUmddrtigter.

10. (Sbriftopl) ^'ubioig (Herioig "ilMuc. ^afobine geb. iHdulc.

11. (Meorg ftriebrid) iXaqcr.

12. iSbriftopb, ,"yriebrid) (feiger.

13. ^oljann Vubiüig SRduIe.

14. iSbriftopb (>Jenüig (^alob coljn! SBnM. ^dloMnc geb. Öteuble.

15. (Sari ^riebridj Äalj ber altere.

1«. ;^ol>. 5a!ob s«Öauer Mm, ^uliam geb. 2lab. 17. 3afob 2(ab.

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410

i<forabcim im 19. ^abrbunbett

18. Jyür jung (Sljriftopfj Sdjnciber* iüujc. Maroline geb. (Hafeenbergcr bereit Xodjter Caroline geb. 8d)nciber, (Sbefrau bc* ^Mjoutier« ,Yricbricb Seibbranb al$ VeooUmäcfjtiqte.

19. (Heorg >fob Mieljnle, >l). :\afob 3oljn, ftittmctfter.

20. 3«tui (Sljriftopb Unserer SUroe. Barbara geb. lieble.

21. (5 ^riftopt) ftriebricb, 4)iürrle.

22. ftur ^crbinanb (Herwig* (Sl)efrau Dlargaretlje geb. «ab bereit (Sbcmann.

23. >ljann >fob «brcdjt, ^afob Sobn.

24. iSbrtftian Miclmle.

25. (i^riftopt) «ab, (Sbriftoptj« ooljn. 2«. Marl fcubnng (Hcrroig tjier.

27. ^ol)ann Monrab Mab. 88. ^afob Jyriebrid) «ab.

29. ^ür 3olj. (Herwig, Jvlöfler in Mannheim, .Haufmann iiMlIjcim ien* bier alö !öeuoUmädjtigter.

30. Jvür ^otjann ^afob «ab ^iue. Eleonore geb. (Hruber beren £obn ^alob «ab/ Softer al$ iWeooUmädjtigter.

31. Marl ^riebrid) Aieljnle, }>olijeifergeant.

32. ftur .öeinrieb .Hiebnle &>ioe. £ori$ geb. Sattler in Stuttgart ©nxn llnterßcfer al£ $ct)ollmädjtigter.

33. (Sljrifrian odjnetber.

34. Sur Malier sll>iüe., Sopljie geb. Mab, bereit lodjter ^rieberife, Gtjefrau bee ^Ibffcrd l'ubro. Wenoig bier als iBeuoUmädjttgte.

35. ^ojjanne* «bredit.

3f>. Jyur (Sljriftoplj Ariebrid) Mab Kaufmann iiMlbelm Venj ale t*eüoIl^ ntädjtigter.

37. ,"yür >ljaun «ab Wwe., iMagbalene geb. helfet} , beren Sohn ^•löffer l'ubioig «ab Ijier als ^cDoUindcbttgter.

38. ttcorg 3afob «ab.

39. (Sfjriftopb traub, Alöfeer in ftudjenfelb loobnbaft.

40. Jitcbrid) odnteiber.

41. (Sbriftopb Aricbria) (Mennig.

42. Vubtoig «ab, oolja"" 3obn.

43. ^afob iSrjriftoplj «bredjt, iWidwel cobn.

44. $0f jung Johann ^afob Mab bier, beffen Solju (Heorg v\a!ob Mab, lebig unb grofcjäljrig, al* iöeDollmädjtigtcr.

45. ©rneftine (Hcrrotg, (Sljcfrau bect <ylöffer<? (Sbrtftopfj (Herwig.

46. Vuifc Mab, lebig unb grofuäljrig.

47. (Heorg ^afob «ab.

48. ^oljann (Sljriftopb «bredjt äüioe., Juliane Ariebcrite geb. Mafc.

49. Sophie «ab, lebig unb grofojäljrig Ijier mit iljrem Nedjtebeiftanb 'öiiouteriefabrifant ^riebrid) ireifc.

50. (S-oa Sorotbca «ab, lebig unb grojijäljrig.

51. Weorg xV»fob Mieljnle.

52. Diargarctlja «ab i$wc. geb. ^rüting.

53. Aiiebrid) Mafc, Säger.

54. Aür Stibefminc «bredjt, lebig unb grofejalmg, bereu trüber (Hg. ^af. «bredjt, Alöfeer Ijier, als ^eoollmädrtigter.

55. ,"yür (Sljriftopl) feiger SNidjaei Soljn ÜJittve Diargaretba geb. (Hcrroig baljier, beren 3olm s^ijonteriefabrifant (Sbriftopb (Herroig ale $enoü- ntädjtigter tjier.

5«. Aür (Sljriftopl) Vnbiuig (Herioig unb Minber Maroliue unb 2Bilbelmine unb bciio. für bereit iNutter, üertnitioete >fopinc geb. Wäule, beren halber uub refp. Soljn, ("ylöifer Marl (Henoig.

57. Jür bie minberjä^rige Emilie «ab bereit ^ormunb ^rin^enioirt 3Ka£ fcief.

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Wotabeim im 19. 3abtbunbett 411

jfitiii>n>irtfdjiift unb ^icß^uröt.*)

9U I g e m e i n e 8.

$ie 3cbutablofung, biefeS für bie t'anbroirtfcbaft roiebtigfte (Ereignis be§ 3abrbunbert3, t>at, fo fonberbar ba§ Hingen mag, bcm fianbmann, befonberS bem ärmeren, großen Sd)aben jugc= fügt. Sie tyat ibm fein fleineS iöetriebSfapital entzogen, unb bie feblerfyafte Mblöfung bot ihn $um 3in§bauern be§ 3Iblöfung3= fapitalS gemacht, ^öäbrenb gegen bie Sötitte be3 3abrbunbert8 bie Kapitalien ber £anbroirtfcf)aft fid) in ben GSifenbabn* unb StaatSanfeben jc. feftftellten, mar ba§ ©infen ber ©fiter* unb ßäuferpreife fo grofj geworben, bafj man beinabe fagen fonnte, fte b^ben feine greife; benn für ben niebrigften sßrei$ mürben oft feine Käufer gefunben. $ie gute @rnte oon 1855 bat barin roieber einen SBanbel gum beffern b^rbeigefübvt. 2>ie teitroeife

58. Kaufmann IlMlljelm l'euj.

59. ftür .KaUjarine Aiieljule, lebig unb tuofttrtb"fl, bereit tkuber ^löffer (3 tiriftiau ftiebnle bier als Weuollmädjtigtcr.

W). ,*yür bic minberjdbrigen ÜJÜbclmine unb äuguft Abrecht, beren SJater tflöffer Eaoib Hbredjt alö" beren geiefclicber Sortminb.

61. ftür IBUfietimne iJter^ , lebig unb grofaäfnrig, unb für bie nod> minberjdljrige oopfne Itter*, Jlöffcr äljriftian Jvriebrid) 2>tcr^ al« ^euoU^ mädjtigter ber erfteren unb iiormunb ber lefoteren.

H2. ^ung Vubiuig iSljriftian 3(ab.

H3. ^ol).' Wäule ÜUüe., Magbalene geb. Üafc.

«4. Jür itjre H Hinber Maroline, 3Bilb,elmine, (Meorg ^afob, Gfjriftian, SHargaretbc unb Huppert, biefelbe ale ^eooUmäditigte i^rer DoUjät>rigen unb als gefefclidie ^onuünberin ibrer miuberidljrigen tfinber.

«5. <yur Wilhelm fintier, minberjäbrig, beffen Water Jvlöffer ^obann iHinger al« gefe&Iidjer Wormunb.

«H. ^ür Samuel ftinger 'IBiue. oalomea geb. Wciger bier, beren Sobn ^ätfermetfter unb Öemeinberat libriftopb Mnger ale $eDOllmad)tigter.

«9. «uguft Äafc, Äarl* Sol)tt.

70. Weorg iWiirrle, lebig unb grofejabrig.

71. «uguft ttafc, Worein Solm.

72. flarl Werroig.

73. >b. ^af. .Ha& SBroe. «nna Marie geb. \Miber.

74. ©ilbelmine Äa(t.

75. ,>ür Sopbie Mtebnle, lebig unb grofojdbrig in .Hamburg, ^oli^ci= fergeant flarl ^riebrid) Miebnle bier als S-Heoollmäd)tigter,

7«. Sluguftc Äiebnle, lebig unb grofudfjrig.

77. >b. «eorg Miebnle, ^olheibiener.

78. ^ob,anne« Füller.

79. £amb Ulbrecbt.

80. Snb». ^riebr. flau, lebig unb groftjäbrig. Ml. ftuguft (^enuig.

H2. ^ob^. (Seorg ^er^, CSbriftiun Sobn, lebig unb grofuäbrig.

*i Cuellen: IKunblidje Mitteilungen glaubroürbiger .Seitgenoffen, ^fon- beimer „ilnjeiger" unb „tkobadjter", .öeunifdi, ftatiftifdjes ^sabrbud), ^eneral- lanbesarduo.

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412 Worabeim im 19. x\abrbunbett.

2(udftocfuiui r»on Kälbern unb Webaelanben, bie ^eftimmuua, mm liefen unb Reiben \um s3lcf erbau, bic vorbeffevte ftultuv be~ felben, bic ^oli^eilidK Ueberroadjuua, ber ^yrudjtmäifte, ber r»et« mehrte Einbau bev Martoffclit haben e* uabinbevt, baft bie ohne l)in fdion boben ^roUneife in* Unend)mina,lid)e itiea.en.

viöie allenthalben in Deun'djlanb, \o oolljoa. ftd) aud) in Worpheim um bie sAWtte bev fünf,\i^ov ^anre ber Umidjiiuiua üüiu bisher übenuieaeub lanbmirtidjaftlidjen betrieb mr ^nbuftrie. (£3 mar eine fritiniK Uebera,aua*;KTiobe, mit allen .ftorfmmaeu. aber aud) allen unliebfamen (hjd)eiHuna,eu einer ioldjen. s)lod) tjatten fid) nid)t l\mbn'irtid)aft, (bewerbe unb .V>anbel bie .\>änbe geboten, mie e* eine aeiunbe mirtid)ajtlid)e (£utir»icfluua, uer langt; beim ohne bie Önuublaae ber l'anbmirtidjaft faim fein ©emerbe unb fein .{\mbel beftebeu. Tarn tarn, bafc mehr lUrbeit« hafte mnbanben waren, al* bcid)äftia.t werben tonnten, (r* ut baber oerftaiiblid), wenn ernft benfenbe Wtänner jener v}eit ooil ^etrübui* ber ^tifuuft euta.ea.en laben llebervolferimg fplitteruua. bev l^hun blumig* xUrlunt*lofia.feit - ttartonclfvanf l)eit Meuolntion Scueruna .Oiuiaeitiwbu* bei beu xUermfien

5<rebitlofia,fett be* *Hcferbaue* iVhfwcrhäUni* ber Arbeit >um ^obue ^erobuua. ber Vanbftrafjen bind) bie (*üenbahncn unb ba burd) herbeigeführte ^eeiuträdjtumncj ber 3tratKug.ewerbe, bes i^er foneib u. lshitertran*runte* :c. höbe 3taat*; u. l^emeiubeabgaben

groftc ctaat*-, Wemeiube- unb ^rioaMdmloeu Verarm uua ber unteren «täube unb großer Einberiefen berielben (..in n nVn^rmliv plus « 1 1 1 « * hi paimvh' «t lc> pninui*-s dvtvrr»-"»

.Öol.uuviie, bie bor xHrmc nidit endimimjeu fonute, bal>er Wl.tfreoel in imgemetfener ^abl unb 'JUivbebnuna.. Sa* mar bie ciimatur bev ;>eit bi* mm ♦*>• oabr^ebut.

Per ^SrinBan.

:'un1i :l{:4:v t-> "i'tlt» ;l!:'.ia«:it it.ino Ivi l:u'i«> i>c>> nie* \u .'[..' unnii v "Mj!u-Ii!i::^cit'> \\c\w\: 1; Iu>i1) mit» o.uni *v.>ut> m vvino vwi Nn <'<.!;.,• N inautt. Cvl'ciiuiMui t U'l umi hui .'Iiumü Inflam», iir.ir :i-

C»c i uif:> ii ".'.i/dlni. ,'>u'k h: »• l it [' v : a :• v » 1 { e i In. 'Mit r>u ;Nr; vn a:;- ;: T- li-.;ti:s >iU\ IV*** l>: > l^ii. um: Iv'-.n ;'oU!vi l U nu !'i k\:

^••.iliiu-it. OHU'i Mi K'!>'. '.'it 'iv'l't'nl i'i'.VtT <;iu huiill'üa U'.u -!;;r. ; ::: .

hV.ui'ii^ t:;;l Jv«.-: nli.i.i^ !• : ^cl^;:H >iv,'..i im. Ii 'rmcüi l | t:".v Luv »in Mo i*.1 |-.:u ■:;:•(■ i .u ; uvc l .:v\<\ m . : '.' ni^'i m;f> ut l)>'i;ic im iv»;r c vciru n f .im n i-* »• : 1 ::: c i ;:i '.'u'V-nt. D^u l"oi ,V.tnc:i »"'.ii^tit Mf 1 1 v - - *

ii:* h':^,1.[i t;r:;:iut ivi;;,h- >u:-s ::. :

n n.imjui ^il'-i'vU-.iH (•.], u ; 3 <l ru1 J'.hV:i',:i:i'.H üi ilii;;::; t.:: i

»<.•■^^f!^ f c ; : ; c UMtr-c: lut'on ,^--i t'.l/. ;:tt m: ••insu ui ir.a.ln:; inx:i:c

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Worjbcim im 19. ^brbunbert.

413

öaricuBau.

,\m ^abrc 1 befanben fid) in ber Memarfumt Wanheim .T»4 vA'<ora.en »»Wirten. JaG tu* beutet cm für bie bamaliae triumohnerjahl itn<\ciPOi)ulicb iirofieö Areal. Ironbem waren feine a.röf,ere (Gärtnereien worbanben. Tie mei|len Familien bei a tum ein s~tud (Semuieaarteu. »worin fte ihren tfebarf f o l L>?t baiiten. Ta«* aame (belaube be* :HennfelD* nnb be* ccDanftaDtteil* beftaub nod) ieilmeiie bi* in Die fteluia,et ,"\abre an* oft in fleinfte tuinelien aetetlten Hemnuaaiten. obeufo mar e* unterhalb ber flu, lana* ber fcolv aarteum-afu" unb im ^miil in Der flltftabt. £ieie* »wann a.elea.ene Kartenlaub m nun Kit ber Durd» fluffulluna. bobi'i aeleeit, mit Cnöftrafien burdiioeum nnb mit vanfern überbaut mmben. Tie iutmttiiemuieivnten linb auf biete .I^eiie naib unD narb weridnonnben. Juni ^adileiiten finö feil ben 70er fahren bie aror.eu HemuHiuirtiiereieu im Cfteu t>er 3taM au* bem vii'ieienlanb ber l>ob mieten uttD au* Den Gedern lami* Der liutiui\erftraHe unb ber Wann, ferner auf ber <3i>ilbelm*hohe unD am t 'iüiuienoett a,efd)aifen morben. Tiefe v>anDel* aatliteteien leinen io ludituu'*, brt|V bu- frühere, tum Surlad» au* betriebene ^erfornuua uuferei i^odieumarfte fafl u,am uaibiKlaiieu hat. Rubere «Gärtnereien, mehr im h-efteu unD am Atiebbonwea, geleiten, haben ftib mit wielem tirf ol^ bei Miinftaartueiei uteiemanDt.

■iknor bie feit 1o fahren tu ajeidier vöbe nd» baltenDe enorme ¥>au titatiafett heaauu, iwar Du ,',ahl ber tuutdnm Den ^Jobubautern uermöa,euber ALitutliiii lu- »Kuben Unoataarten eine uuit a,io»;ere nt* jefct. ,\br cdjmiubeu ift nidjt mit in beiladen im ,\uietene einer mohltbueubeu iUbmedh-liiua unb ber 3 dum beit, iweldu' D.t* fommeilube »''tun inmitten ber ctact beut üueje barbot, ioubeiu audj mit Wurtfidd aut ben i\ehinbhetttid»en Hemtun, meiebe foldie öaufc iVtrten bieten. 3 le fmb aeunfiermanen Me i. un»teu bei ctabt, melrbc bie lluiueiiaen tui bratuner. tWilenfnutebiUtuur vuft in fid) aufnehmen unb bafur fiuieiue-ftieidie ve;um*hiit ablieben, e t;iud>t>M>olle veute erfennen ba* unb tilgen fuli u\bt butib einen wot •uoeia.ebeuDen Menü im Dam verleiten, eine curiie. bu ber 3>lioii!>eit unb NeiunDheit tu io hohem Mrabe bieut, leichthin beut ivIMetiMuu m iVern. '.»lu:h Die ctabtocrnultuna. bat ftclj beut wer mui'tuuti <Gnmb'iit.e miienetiit. Die 'Anteil mc-alulm m erhalten, unb fur Die neu m et ndneitreii ^iiwrnihKUete ift bie :Hiuu buuna. uettoi'en. Dafi uor jebem vnia'e ein etlutu l'ietet breite«;» Kart dum futbeu ioUe.

•.Huneroibeutlub üubeiub un bie l^W^c De* «^arteubaue* mirft Der <4mi i t e u b a tt w e r e t n , p.mi rveu 7niitn;leti bie inaditi^e vHulaae De* ctabt aarten* unb bie <or,i'aiue l;,U\(e bei u'.)oiten l'uirat.Mvteit bei 3 tabt ;{euani* nble-n. ,\m iepieutber ls^'> oeiauMaltete bei bereut im itabti\arteu eine iMmuen unb ji \c min "'t e !l imer . b:e tum 3iv!MU'r»tanbiaen nuf* itunftiiifie beurteilt unb u. it. and» iu-n i^ittn M,ul oon 'iV;beu nebii iGemahlm beitidjt uutrbe. 3ohl)c '.Hueüellun^eu »»tubeu iniDeiu unebeiholt ftatt unb benueieu jemeil* einen enreuli.iuii ^mJituat im fmitenlMU.

J t> rt bem ,\.iine l^.".»t iiu Datiert, umi »ibon ermahnt, ba^ fidj nun rafdi woll tteheube llebei leii htn bei ,\n^ii*;ne ut-ei ben jldeibau. '\it Dem iVitinn be* iruwrt* tui.1t '.Imeirfc, brr in jene , int niUt i fiehe Jnunitenei roud>* bie ^nbuftne pioiireffit» in bu vi>he, 'iMiiaermeiuei .^eueuuer. »ein ctabtbaumeiner iWuber unb be"en V'.iriiV'.aei xubiiMa i^ebe: ,ii:t.;en bdiun. Die ihi Unti i teit ctnifKit tu einen beneieii .'.n't^in^ ui >eheu. ,r te ? i:iuil,au'en «uu Den «\ui»'ern oeitdjioauben iiUtuiilili.h. veu inio itifb tmtnte .^ei ,^euer*i;efahi uu.ien außerhalb Der ii'Ohuaebaube iiuteiaebtad)t metbeu. Z ie leitete IKabreael uuirbe, fo wer uunüiij fw mar, aJ*S eine »trofie varte emyUiuDcu; beim mit ihr muHten ^let)

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414

Ufoiabeim im 19. ^abtbunbert.

Mictjt unb vanbivii tfcbaft , bie ln*t)cr von ^löffern unb >>anbu>erfern al* an traglidjes Wefdutft nebenher eifrig betrieben roorben iparcn, wmteil perminbert, jumteil gan\ aufgeuedt werben, befonbers in ben Käufern, bie feine v ein- bauen, co ueridjob fid) mit ber ,Seit ber lanbipirtfebaftlidje -öetueb mehr und) ber tn-nphene ber ctabt.

£te ^erpoUIommnuug ber irifcitbabuen unb ber ?ampfid)iffabrt bradjte mit ber Seit bie idjaife Honfurrenj bes ruh'ifdjen unb amenfaniidjen Wetreibes. Tie greife in Teutidilanb taufen, fo bafo fiel» ber Netreibebau immer tpeutger lohnte, flnberietts nnntis mit Der uiiiehmenbeit .Hepolferung ber 'ctabt ber IKMldperbraud). .vterburd) mar ber vnnbipirticbaft bei &>eg geioieien ;ur Ser mebiung bes xUnbaues von Ruttel frdutern unb bumit \m Vergrößerung bes Vieb ftanbes unb ber (iintel)t auf iiiii^ bes Hetreibebaues. hieben ben groben voiautetti Rudenberg, .VHiibudi.Mntbarineutbal, roeldK ta^Itct) groMiilcbguantitatenuir ctabt bringen neben ben wihlreidKu I'lild>banbleru, ipeldje weit in ben mnliegenben Crtidjaften bie iliildi auffauren unb ihrer ftabtifdien Äunbfdmft uifubren. entftanben in ber .»iahe ber ctabt ber iiuirtbergbof . ber vobeuaderhof , ber rennadjbof, bei Mieuu'tetuhof, ber vobberghoi, bas ctahl'idie Hut am porberen Itfolisberg, bas "Miaueiurbe ttmoeten u. a., lueldje fidi pornuegenb mit IKtlti prebuftiou befdinftigen.

Von eiitrbUubetu liinfluf? auf bie ^efferuug ber vage ber vanbroirte war ber vanbipundinitlicbe ^irteperein, ber im Satire 1*M = 2**) iKitglieber zahlte, flm 7. Cftober 1*">7 fanb in ^for^heuu ein taubipirtidiaftltdje« ac':. perbunben mit t*reispflugeu ftatt. 31 n letzterem beteiligten ficb « Monlurremen. toopon I mit Irenen bebaibt ipurben. ,\m oberen Matbausiaale iparen bte lanbioirtfdiaftlidjen eru'ugntne aufgelegt, Ziis obere flenufelb ipar tum ,"e'i plab eingerid)tet. Weben Mletterbaunten für bie cebuliugeub gab es au Volf* beluftiguugen mit ausgefeilten greifen ben „v>atnmeltum", „.vtatynentam" unb ^ulebt Das „"Waffertrageu" für bie ipeibltene v\ugenb, tpeldien Vergnügungen ausgiebig gebulbtgt würbe, ^m ,Vibve 1 >sü."j hatte ipieber ein lanbwutnlnm liebes Hauten ftattgefunbeu mit t>reisperteilung unb Verloiung. vrntc wettete lUusfteUuug fanb im ceptembei l«7»i ftatt, ebenio ein großes lanbroirtidiau Itdte* ^eurfsieft am 17. ceptbr. 1H!*4, bas mit .HusfteUuug in ber lurnbalie, ViebPrnmiieruug unb etilem ftattlieben foüumtertett ,ve?t»ug perrunben war.

;uid) ben neuerlichen '.Himdiwung bes ^uulmnbwerf* , burdi ben enormen MobleiiPerbruucb tu ber ctabt, im Haswerf unb in ben ?ami" betrieben, feiner burdi ben aufserorbentlidi gefieigerten Huterperfebr, iahen ü b viele vaubuurte pevanlat«, ihren llnteilmlt mehr im Aiibripefen w tueben. Tasfelbe fnbert eine vaidjeve unb ort audi lioliere (^elbeimiabme al« ber :H der bull, vetoer haben iub einulue Aiibiu>ettv«befn*er füipeit bamit eingeladen. Dil fi ihnen bte lanbumuMuift uir Webeniadie geipotben tft.

eduper letbeu am!) bte vattbnurte in i^orWietm unb Umgebung an ber ptelbetluateii veuteuot. Tie itarfe ^auluft aMoituert iootele jlrbeitofrane, ba« es ben Vanbuntten ?dm»ef uuib, geetanete Veutc alS Taglobuer haben. Tie heben viMine tu ben Aalmtett nu.^ au ben v<anfiellen pcraulanen bie laubiPini.tnvttuJjeu :Hibettei ui v oh:iani;'i n.lien . bei beneit bte dauern n.:.r Lvutrtct)f.tua bei ^eitraae uit Mtanfeufai'e, uir llnniü unb Alterspen'i.bcxuna tauin tiue >U\h;uina ut huDeu peim.uieu. Unter U'Klieu Umftaubeii um> t>'.< Oin'utHuuo luumiMrtnbu'Ut.t-.ei :";uM:nien, uue \. ber Jampf rre'djnuf .Mr.e. aiv etue at^He e i leiil.tci .::ig emr'uu^en.

Uittei ben i^elanbecimeibunaen, ipeldie bte ctabt in ben lebten ^ul'un iieunnbt Im t, eitpittmen nur b.ts o Ii n e u b e t a e r ' ) d> e A n ip e t e n . ipel*e* im I eitiüi'cr l>'»7 .'tittut .'uuuteubeigeu* ejtbeu um t*»7»i»»<i iiif. a::.:i

tiiuti nun i^e, Mi ,\ it t e l p p n V h 1 1 1 p p 0 h t i s m a n n tm ^abie l.vm rtrt bau boiaii'ücbeitbeii ho,vNuiuM;eu ui ;t».i^ 'Kf. unb bas \um Jipede bvi :Unlaae etnei neuen va;ti^e-r,ueiiiiii'talt iiu.u'fvin'te (»»elaube am il;artbeta u::i 82 475 l'it.

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Worabeim im 19. ;\abrbunbett.

415

3eitbem bic *ierfehr*mtttel unb nie internationalen ^euehuua,en auf eine 3 tute ciclana.t finb, reo pon einer Abfmliefjuna. ober Orntfernuna. f aft ftunn no(t) bie flebe fein faun, brausen loir bei etwaiaen "JKtfi ernten ittetit mehr mit jenem Säurten ber Hildulf t eiita,eo,en \u fdiauen, mie bie* nod> 1*17 unb 1S47 ber ,vali war. Auf bie ahiIh unb Brotpreife finb ioldu* irrimetnuna.eii im allgemeinen faft ohne irinflufi, ba ber internationale £>anbel, ber trifenbahn unb Tampfiduffuerfebr in tünefter ;{eit für hiureicbenbe (betreibe uifubr au* Nufilanb. Ungarn, ttorbameridt ober Argentinien fonit. Harbern ipar Die« anber*. dritte Wiftrriite fteiaerte fofort bie (betreibe- unb ^rotpreife unb uoar oft aeuua in* lluael)cueriid)e , ipcnn bie leueruua, anfielt, ^n folebeu Reiten mürbe bann ba* meniaer bemittelte i*olf finbia, unb fuetite fiel) burdi alle mbqlidjen trrfatnnittel \\i gelten. Tie fonberbarfteu 3urroa,ate mürben unter iHebl aemiidit unb ui Brot oerbadeu, um au* ben fleinen Dleblporraten moiilidift oiele Brotlaibe berüu*uil>rina,en. Tie erfte ajofce Jeueruno, be* oahrbnnbert* folgte ber Wtjicrnte be* >bre* IHM» unb mabrte bi* *ur Crrnte uit 1*17. Ta* Walter fleaaen galt H Bulben, bie (Werfte ;i2 (Bulben, ba« cefter Kartoffeln 1 (Hülben H Hremer i.t,OM MD £a* tyunb 3dnoar*brot 1»> MieuKr = 4:t Ufenuta,. *Beihaltni*inaHia. biUia. mar ba* ,yleiid). Xa* tJfunb 3d)meineflei»d) foftete 1h Mreuier, Mubfleifd) 14 Mreuur, vammel unb Malbfleifcf) Hreu\et. War bie .Seit ber nadjften irmte a,e!ommen unb bie Jeueruua. an ihrem trübe anaelamit, fo mar e* eine fmöne 3itte, bafi ber crimua, oe* erften irrntemaaeu* al* ein frohe* ,*e»t gefeiert mürbe. AI* am II. Aiuiuft 1M7 ber erfte vhrntetoaaen an ber a.rofien l'inbe oor bem 3diloft= thor anqefontmeii mar, \o<[ bie feüluti a.efleibete cdwljuaeub unter ^uhuina ber vehrer mit iftififtaUeituna. babin. camtlidje AuaeüeUteu, ber (Hemeinberat unb oiele Bürger ber 3tabt folgten. Ter feftttd) aeidunudte Mafien mürbe unter Wefanq unb i'tufif uuu Brobinaer Xl)Ot bereut auf ben Ward geführt, um bcnfelbeu ein flrof.er Hrei* achtUojieu unb bann ba* Vieb a,eftina.eu: „}iuu banfet alle «Hott.** vieranf bewerte ftrtj ber $u<\ unter <Hlpdena.elaute ben 3d)loi;bera, hinauf in bie Mird)e. «^eiibmudte (Farben mürben am Altar auf aufteilt unb Tefan Vollbauer hielt eine ber Bebeutuna, be* Jaae* auaemeffene ,Vürebe über Ufalm 77, }<er* 1.*» 21: „Tu bift ber (Hott, ber itUiuber tbut, Tu hau Jeine »üidjt beioiefen unter ben Golfern :c." Aebnlid) mürbe e* im ,\ahre ls47 gehalten, ^u biefem ,\abre maren bie .Hartoffelu io jdjlecfat geraten, baf> oou einem «amen Ader faum 1 3ad Poll iinttelaiofu'r Kartoffeln qcerntet mürben. AI* Cniafc hat man au*a.efottene* iKah au* ben Brauereien unter ba* Brotmehl anitiicbt unb oei baden. Ta* ,\a l>r Ihi»; n>ar ein lehr hetfie* uub trodeue* aemefeu. Ter MeKtnm*aaua. in ^ubnftiie unb Raubet litt unter einem iiiidihiiltiiicn £rud, ber fd)mer auf ber Benolferuna lüftete. 3ü:d) bem Beobartiter i ))Uu l^lTt foftete ba* Iniar Ji'cd 2 «ieu\er unb looa. vot, ber ^pfunbuie vaib valbmeiftbrot Im' i Wremer, ber Ipfunbiae Vaib cdnoar^brot 'Herneui Di' t , Kavtoueln ba* 3unn 44 Är\. , Malbfleifd) * >ü\., rHinbfleifih II1* Mm., vammelfleiiih x Mr^., 3d)ioeinefleifd) 1"> Mt\. ba* l^funb. iion Isl7 I* : ?,i* l?uar h'«td, !•' i vot, 2 Mr;., ba* 2pfunbiae faib valbmeifU'rot b1 t Mi;., ber Ipfuiibiiie i'atb 3<t)ipm\brot l"J Mv\., Martoffein ba* 3tmn 15 Mrt., Malb«eu"d) M Mr».. Wmbflen'd) l»).Hr;., .öammclfleifd} 7 Hn., 3d)mrinefleifd) Iti Mr\. ba* l^uiib.

,\m Cltol'vj 1SÖ4 bilbete fufi ein Berem \m (iemeiufd)aftlid}en An idumuna pou icbeii*iiiiltcln. Antaua* Jiooembei lahlte berielbe IMtt aliebev. ^on ^er erhobenen Lv'.ii!iUk oon 2 fl. pro J.Uit^lieb mürben eiuft meilcn iK'ehl unb Martoueln aiiaeuiiant. Tie iKit<\liebei aehorten mein bem IKtttelftanbe an.

avMI chemo »rtilimm bat an nun bei vanbmirt, meun ba* ,\nttei inauaelte. <i in fitltmme* ^utteiiiitu umr b.i* t\ahr 1»<|_' (\iMpeien. Weil bie Butter porrate aenua iPaien, iuebteu bie vanbmirti ihren ^ichftanb \u perriu^eru, ro«*balb bie i{iebmar(te im cpatjabr lb42 )tarf bet'abren waren.

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WoYibetm im 19. ^abrbimbert.

Won crnftrr Wefa&r fiir bie i'anbroirtfdjaft mar ba© Aiitternotiahr Tic >xupreiie ftieaen bi© auf 7 uub « IMarf pro Rentner, un^ ^ ^rcw> erbobuna, hatte jebeufall© uod) ^uc\f nomntcit , meun bic :)(eaterunei nicht in Ceftcrrcitb unb Italien itroftc Vorräte sUref?beu mtfacfaiif t unb mit bor -M.ibn in bie WotaeeKUben etmu'hibrt hätte. Tie Memeiuben leifteten für bie vnnb mirte Mim xHnfauf he© \>eue© bte nötigen ^lutcbuffe, unb mandjer ^tehheittu'r fam fo \u 8d)iilben, bte er fdiroer mieber lo© mürbe. Wad) ber id>U\bten Heuernte bofite man auf eine um fo ergiebigere Cehmbcmtc: aber infolge be© fleaenmauael© blieb and) bieie au*. iHucb im folaenben trodeuen Aiuhjnhr, I*M4, fiel bie VK'uerute a.erina au©, boch mürbe burdi bie reidiltcb folaenben .Nieberidjlüac uod) ein reidjer Cebntbertrao, enielt.'i

:Hed)t r>etlaa,eu©tuert waren bie armen Tiere in foldieu Reiten, unb manchem armen vaubmann maa, ihr unaufhörlidu'r Mitf nach Jia brutto, unb ihre fid)tlid)e *bmaa.eruno, in« \vn aefdjnitten haben. Tie Mot machte auch hier erfiubevifd), uub mau fuctite mit ben eia.citartia.ften Mitteln w ci'cbeu. ioa© bie 'Jiatur »erfaßt hatte. Mattotietfraut, bie ;{u>cia.c an ben .Vreden, focuir Tannen unb ^udiemmciac mürben fleiin\ehadt uub ben Tieren gefuttert.

Tie Hemarfuua, Ufonheim umfafrt 2101 ha 84 a qm in tin:*> iji.ieu tum©ftudeu, unb wvax :

72,7714 hu \>ofraitc,

:M;,2of»7 hu v>au©aartcu,

1:1,4*7* ha W»menlnnb,

n:*i,W> ha «rterlnnb.

2i»r».Hr,M ha liefen. Hra©lanb. <Sru©raiuc.

1,ho72 ha &ciiiluro,e,

4,4.*»<is ha unbebaute \>au© , Arbeit©- uub vaaerplabtf,

\S.MI hu cteiubrudie.

* ,"\ r ii di t uub ii: e i u i> r e i » e f r u I) e i e r S e i t. ,x\n ben mittler en Teilen uuiereo vunbe© »Mit ba© Waltet Moni i Kothen » uod) nrubabiutem J'taH bcicihtict :

im knien Viertel be© In. ^uhrlumtn'rt© burdp'djmttliiti aar im 1»>. im 17. im 1h. tu ber einen >><ilüc be© Im.

Tu- neuhobiidK Cbm "Jikin (teilte tut) : im lebten Viertel be© In. ,\ulnl)utibert© burdiiduiittl. auf

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Worabcim im 19. Sabrbunbett.

417

e:i8,4457 ha Walb imb ba*u gehörige flächen,

1K,48K3 ha Cebungen unb öbe Maine, 1:W,»278 ha fcüenbalm unb ba*u gehörige* (Melänbe, Staat«ftrafren, Cm- ftrafecn, Ort** unb anbere Wege, Ceffentlicbe iUd^e, ftrieb* böfe, Spazierwege, 27,424H ha tyluffe Cm, flagolb, Wurm, .«anale, (Gräben, Wafferbaüten. £ie abgefonberte (Gcmarfung .öaibacb, 2,7 km von ber Stobt entfernt, utnfafet 78 ha 42 a 45 qm. Sie ift (rigenrum ber gräflich - freiberrlicb o. l'eutrum'fcbcn (Grunbberrfcbaft.

^ßflßatt.

^n ben :30 er unb 40 er Rubren bat fich ber ftabrifant unb (Hemeinberat <G e o r g v u b n> t g Ä i e u l c um bic Vanbioirtfcbaft oerbient gemadjt. Sein Stall barg ba* feboufte iBicb; fein (Grunb, barunter ba* heutige ^eltman'fcbe (Gut an ber Scbioarjtoalbftrafie unb ba* ^immermann'fdje (Gut am Wartberg toaren mufterbafte C b ft b a u m a n l a g c n. $ei ber *lu*ioabl ber Cbftforten rourbe ber ttuifen, befonber* ber Wauluifen oon ihm beoor^ugt. Veiber bat in ben legten ^abnehmen ber Ertrag biefer Cbftforte febr nacbgclaffen, au* ift fie leicht utm ,\auligroerben geneigt, mittleren flennfelb am Wefcel« graben mar ba* grofte lerrain oon ber Munftgeiocrbefcöulc abtoärt* bifl *ur Wörtbftrafie Mienlc* (Gcmufc unb Steinobftgarteu, unb hinter feinem föobn* baue, beute ,uau hinter gebörig, bi* hinauf an bie ^abn, befanb fieb, fein großer (Harten für Aormobftbaume unb rHebeu. Slucb anbere »"vamilien roaren lebhaft beteiligt am laubioirtfcbaftlicben (Großbetrieb, fo bie Familie (Grab, bie ihr ttmoefen an Stelle be* beutigen Pfälzer .öof* hatte. Tit Jabrifantcnfamilie (Gictnoinb, welche ben ^uefenbergbof oenoaltete, bie Jamilie Vabeuburger mit ihrem febönen Kmocfen gegenüber bem Ccbfen, ber (Gemeinberat unb l'öroetuoirt ttetfer, ber Walbmcifter ."öuttenlocb u. a.

&ineu ungemein lebhaften unb in feinen folgen erfreulichen ftuffebroung bat gerabe in ben unten fahren bie Cbftbaumuid)t genommen. XUentbalben, fotoeit e* immer nur bie tfobenbefebaffenbeit unb bie l'age erlaubt, fmb außerhalb ber Stabt Cbftgarten angelegt toorben, fo namentlich auf ben fcälben, im £>egenacb unb auf bem Wartberge. ,Abr feboner ^uftanb zeugt oon getoiffen* bafter uno facbmrtnnifcbcr ^ebanblung unb ift gleichzeitig ein Sieroei*. bafe bei ,vleifl unb Umftctt auch ber fprübeftc -Hoben nufcbringenb gemacht werben fann. trin große* tferbtenft barum bat fieb ber Cbftbauoerein enoorben. £iue ber ergtebigfteu Cbftf orten ift bte ^wetiebge unb befonber* bie am ftuße be* Wartberge* oormgUcb gebetbenbc fleine \>ecfemwctfcbge, bie um ihre* reiflichen „Sudergebalte* totüen utel begehrt loirb.

Seit einigen fahren wenbet man auch bem tfcerenobft eine größere ^lufmerffiimfctt |tL Tie Weriucbe mit Stachelbeeren, ^obanni*beeren, \>im» beeren, iu*ibclt>cercn, Brombeeren zur Wcinprobuftion, *u Monferoen K. haben fieb au*geKtcbuct beioahrt. Tic Nachfrage nach Becrobft oerfebafft ber ärmeren fleoolferung in itfortbeim unb Umgegenb einen nidjt |M unterfeba^enben iöer« bienft, ba unfere Salbungen uberauö reich an roilben beeren finb.*)

*) Tie weitere vcluuig ber Cbftfultur bureb ^roectmdRige «utfioahl ber Cbftarten, bcfferi ^eruetuchttguug ber ^obenoerhaltunie , aufmerffamere 0c« banbluua unb Pflege bor enoaebfeuen ^aume u. f. ro. bilbet mit ."Hecht feit oielen fahren einen Wegeuftanb gan< befonberer ,rtuforge ber rHegierung (^er> anftaltung oon Cbftbaufurfen , auch für ^oltöicbullcbrer , llnterftu^ung oon iJiuftcranlagcn, Ükranftaltuitfl oon Diaffenbeuigeu iitnger Cbftbaume mit ftaat« lieber Beihilfe, iü-rluhung oon Prämien :c. J unb oon ^rioaten. Selbft in unterem hochgelegenen ^eur! mit ieinem oerbaltuiiinafiig rauheren Mlima

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418 ^forabeim im 19. Sabrbunbert.

3m ^ahre 1810 betrug ber Btebbeftanb nad) Voller 416 Stücf SRinboicb,, 225 Stüd flug* unb Meitpferbe, 765 cdjafe unb 100 Hammel, bie 8 SHefcger sunt Sdjlacbtcn unterhielten. £ic 5 d) a f } u d) t fanb früher tocit höhere Beadjtung wie beute. Wach einer Statifttf von 1837 befanben fid) im Wittelrbeinfretfe 36t»51 Sdjafe. liefern, ttlcinftetnljad), 511 Iraiö bei Äönigobad) waren Vanbe$ftammfd)äfereten. ^it biefen umrben bie Butter* herben beä SMertnoftammc* gepflegt. X ie beiben ftäbtifd)eu Schafftdlie befanben ftd) bei ber Ältfiäbter Brücfe, 100 beute ba« Jtranfenbauä ftetjt. £em ^Jäd)ter ber Stabrfd)äferei ftanb ba$ 3ied)t ju, im Sommer 400 unb im SBinter 600 Stüd Schafe $u halten, ferner hatte er iUobnung, Scheuer, StaUung unb alle nötigen 9iequifitcu, 18 a (9rasgarten unb 4,5 ha tßicfcn jur Benufcung. 3(uf ein 3lu«fd)rciben 00m 25. ^uii 1831 erhielt 3- Jy- üegbegger von Sulingen bie Schäferei auf 6 ^aj)re tu padjt um 1 100 fl. jdbrlid). 3ur 3ett wirb bie Öemarfung nur als SBinterfdjafioeibe oon auöioärtigen ^äa)tern befahren.

Sücrgleidmng beö Biebbeftanbc« oon 181« unb 1900: 1816 1900

416 5tühe, Äalbinnen unb Marren 573 Mühe, Äalbinnen unb ftarren 225 ^ferbe 608 ^Jferbe

268 Sdnoeine 217 Sdnoeine

40 Riegen 217 Riegen unb ^iegenbörfe.

865 Schafe 269 Schafe.

25aju famen 1900 nodj: 476 (iJänfe, 851 ünten, 2991 Sauben, 5519 fcübner unb Jahnen, 967 §unbe.

£ic ber Bienenzüchter, iucld)C 3)iitglieber beö £anbeeoerein£ ftnb, beträgt 103, im Bforjbetmer Bienenzudtfoercin finb 120, in feinem herein etwa 100. jiiäbrenb früher nur Korbbicneuzucbt getrieben rourbe, finbet jefct faft burebtoeg ber beroeglicbe Bau, oeretujelt mit Äorbbienenjudjt SKn* roenbung. 9uf Anregung be« Jterfdmfcoereind hat, rote allenthalben im i'anbe, auch, ber febotiifebe ©fei a 1 0 3 11 * ' c r bei (Gärtnern, SWilcbbänblern 2c. (jingang gefunben, unb bie unbcrroärtigcn frunbefuhrroerfe tuerben bement- fprecheub feltener. (Srioäbnt feien tpici* nod) ber in Blüte ftebenbe B r i e ff tauben-- unb 51 anarieitDögeljüdjter-Bereitt unb ber Äanincöen* juebtoerein.

3ufammenfteUung ber größeren Bicbbeftänbe auf ber f?)emarfung nach bem Staub oon 1900:

Hermann, Budenberg, 60 Stüd, 3)lÜd)anftalt Litauen 50 Stücf, fchroifter £iety=.£>atbacb 40 Stüd, kJWilcbanttalt Wolter 26 Stüd, lyffig»$ßürtberg- t)of 20 Stüd, Untft, ."oobenatferbof, 17 Stüd, Mur3, £>ob,berghof, 16 Stüd, Stahl am oorberen SSolfeberg 15 Stüd, MotfufcXennacbbof 14 Stücf Bieb.

3ur Hebung ber fueftgen ^5ferbe- unb rHinboteljmärfte bilbete fieb 1875 ein Äomitee, roeldje« fieb jur Aufgabe mad)te, eine SludfteUuug oon 3uc^ts oiet) unb guten Ärbeitöpferben ju oeranftaltcn unb eine prämtierung ber oorjüglichften Siere oorjunehmen. Seit biefem Unternehmen oerbanb ftdj eine

bürfte bei fortgefebter Arbeit unb 9lufmerf)amfcit ber au« bem Obftbau ju crjielenbe Betrag 100hl um 50 IOO'Vo \u fteigern fein.

£tc $al)l ber Cbftbäume, in tueldie bie ftrenge .Halte beä ^interö 1879/80 eine gro^e £ürfe rip, rourbe im ^ahre 1880 für Baben auf nmb 8 ^Millionen Stüde ermittelt, barunter 2,4 Millionen 3u)etfd)geit», 2 9)iiUtoneu Slepfel*, 1,45 Millionen Birnbäume. Tie 3<ibl »er Üirfdienbänmc bürfte etroa 1 Million, bie ber 3iu|bäume 420 000, ber Pflaumenbäume 500000 betragen. 9luf 1 ha ®artenpäd)e lamen 1880 im «reife Äarlörube 16,2 ©äume.

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Wotabeim im 19. 3abtbunbett.

419

3Serlofung oon ^ferben, SHinboiet) unb pafjenben Oegenftänben. $ie l'otterie fanb am 5. Slpril 1875 ftatt.

3tm 18. September 1882 mar eine 2lu«ftellung oon 3ud)tötef>, lanb* roirtfcbaftltdien öeräten unb iHafötnen in t)tefiger ©tabt, roomit aud) eine Verftetgerung oon Simmcntbaler Criginalfarren unb eine Serlofung oon 3ua)toief) unb lanbroirtfdwftlicben (Geräten unb SWafdjinen oerbunben rourbe.

Öi« )um ^aljre 1845 ober 184« mürbe bie Jöietjtjerbc auf bie Debung an ber iüurmbergcrftra&c gefahren.*,) ©ammelplafe ber £erbc mar ber SRarft« plafc. Von bier au« rief ber Stuart SJredji mit bem Jporn burtf) bie anftojjenben (Waffen feine ©dui&lingc t)crbci:

„Mubbirt unb .Hubt)orn, mir fahren in'« Äorn, mir fahren auf bie

blatten unb roeiben im Statten, ftufcbirt unb Mubboru, mir fabreu in'« Morn, mir jieljen in Meißen

unb roeiben im freien."

Tcm ©dnocinebtrten Xörflingcr, roetdjer feine fterbc im ©aulrof ju oerfammeln pflegte unb oon ba auf bie Veffertroiefen trieb, mar biefe« Öefajäft fdjon f rüber abgenommen roorben, ebeufo feinem tfoUegen iHenf, bem ®anfe* birten, roeldjer f. 3. ba« Jioljlenplättle, jefcigen lurnplab an ber (inj mit feiner ©cbar beoölferte. 9tur bie beiben «aifcubirteu ©tro&ecter unb Srmbrufter matteten nod) bis anfang« ber fünfziger ^a^re iljrc« 3lmte«.

2lm 23. ©eptbr. 1867 mürbe nad) langen Verbanblungen bie Uttafen* m e i ft e r e i ^f orjbeim, roeldje 17 Ortfcbaften umfaßte unb ein uralte*, bi« jum ^abre 1735 mit bem ftenferbienft oerbunbenc« ciTblet)en mar, für alle Reiten abgelöft. Seit 1798 befanb fia) ba«felbe in ber #amilie Qftertag. 35er 2lblöfung«prei« betrug 2000 fl.

(inbe 1898 mürbe eine uralte lanbroictftfjaftlidje (Sigentümlidtfeit ber Stabt ^forjbeim 511 (^rabc getragen. iBt« bal)iu beftanb nämlid) ba« eigen* artige Sicrbättni«, bnft 8 A-amilien bie Verpflichtung Ratten, ba« ftaffeloiel) für ben Vicbbcftanb ^forjbetmer i'anbroirte ju t)atten. 9U« GJegenleiftung befafi jebe 12— Iii iHorgen (Hilter in befter l'age ber Öemarfung, auf roeldje ir>rc Verpflidjtung grunbbudnuäfiig eingetragen mar. £ic legten 58eftyer biefer fog. ItUttumgüter t)attcn fte nia)t umfonft erhalten, fonbern mit ftütffid)t auf bie barauf rubenbe ^elaftung um madigen ^Jrci« erfauft. ©inerfeit« entfprad) biefe ^affelbaltung feiue«»oeg« ben mit ftedjt an fie ju ftellenben Änfprüdjen ; anberfeit« roareu einzelne biefer sWittumgüter burd) bie 2lu«bebnung ber ©tabt teilroeifc fdjon überbaut roorben, roie am ©d)lad)tl>of, an ber ©ticfelbälben* ftrafee, am neuen 3lmt«gefängni« ober roareu fonft im jufünftige iBauterrain etnbejogeu; jebenfali« reprdfentiertcu fic einen t)o\)tn Üöert. §n beiberfeitigem ^ntereffc rourbe nad) oerfdnebenen Verbanblungen ba« Verhältni« gelöft; bie SBittumgutbefiber bejaljlen je 7000 3Wf. an bie ©tabtgemeinbe unb biefe übers nat)tu am 1. Januar 1899 bie Verpflidjtuug, ba« nötige ftaffeloieb ju ftelten. 3ur 3eit beträgt ber beftanb 4 Marren, 4 ^amenböefe, mcld)e je 2 i'anbroirte gegen (sntgclb in Pflege t)abeu.

*) ^iaa^ bem ftorftlagerbud) 00m !Ja^re 1754 ftanb ber ©tabt ^iforj* ^eim ba« fledjt ju, in ber Jorftbomänc .v>agenfd)iefi auf ca. 1500 borgen (270 ha) it)r IMci) ju roeiben. -Tiefe 5bcrcd)tigung rourbe jroar, mit 2lu«; natjme ber Jabrc I8.i4 unb 1835 feit langer 3^it nidjt mel)r ausgeübt, mar jebod) baburdj binlauglicb geroabrt, bafi bie ©tabt ben fog. „^aibtwber" .^u 7936 iöedjer al« teilroeile idtjrlicbe (^egenleiftung pünftlia) entridjtetc. 21m 27. ^uni 1840 rourbe jroifcben ber otabt unb bem Jorftamt eine Verjicbts (eiftuug erftcrer auf ba« ^aibredjt gegen eine ftaatlidje cfntfdjäbigung oon 2000 ft. bcfdjloffen. (Hleicfi\eitig unter^anbelte ber Jviefu« mit ber Stabt wegen eine«, lefcterer gehörigen iliUefcuftucfc« oon 18 a im Xiftrift Letten« gefdtt, ba« um 50 fl. an ben Staat abgetreten rourbe.

27'

Uforabeim im 19. ^abtbunbert.

#ctt»crBc «üb iSanbef.*)

9Hit 9ted)t nennt man jene ßeiten bie s<ölüte$eit be§ £>anb* toerfS, ba e3 nid)t oon ber Siunft getrennt mar. 9lid)t nur in ben <Prad)tftü<fen unferer öffentlichen Sammlungen, fonbern aud) in ©egenftänben, bie bem aUtaglidjen £ausgebraud)e geioibmet roaren, fyaben mir 3euflcn De* $>od)ftanbe* ber £)anbroerfe. 2öa§ fie bamal$ geworben finb, bas finb fie buvd) bie uöllige Jyreibeit oon beengenbem ^unftjiuang geworben. ($iue Ijerüovragenbe ©teile unter ben ftunftljanbroerfevn nahmen bie 2ud)mad)er, fieineweber unb $&fner ein, aber aud) ba§ Sdjloffer* unb Sdjmiebebanbroerf ftanb alten drjeugniffen zufolge auf tyofycx «Stufe. £eute nod) fpüvt man emfig beu alten £l)üvbefd)lägen unb ben roenigen alten Cefen nad), bie uon ben granjofen unb Schweben nidjt jufammen gefdjlagen raorben finb. sJflit bem Söieberemporblüben be§ StunftgeroerbeS fud)t man jene alten ©ebilbe nacbjuabmen. (Siebe bie Xf)tti*befd)lä^e an ber 3d)lo|V fird)e, an ber neuen eu. Stabtfircbe, bie (*>ittertf)ore bc3 Stabt-- parfS), oft auc^ ba, reo fie wenig öur Stilart ber Käufer unb jur mobernen 3euereinrid)tung paffen.

3)a3 ^unftiuefen, urfprünglid) eine ba§ fokale unb roirt* fdjaftlidje fieben mäcbtig förbernbe ($inrid)tung, bat im l'aufe ber Reiten ba£ gerabe (Gegenteil feiner einftigen ^öirfung erjeugt.

$Jdb,mert, eine 2(utorität auf biefem (Gebiete, fagt barüber folgcnbc*' für bie ^forjfyeimer 2Jerl)dltniffe bcfonberij ^utreffeube:

„Tie jünftigen Weroerbc waren im l'auje ber ^aljre weit weniger jaljl- rcid) unb oicl uubebeutenber geworben, als bie uujüuftigen. >ne waren j. X. aud) weit leichter zu erlerneu unb »erlaubten boa) eine gefefclia)e ^.'eljrjett, Süanberjeit unb SHeifterftütf, bie unjünftigcn bewerbe reprftfcntierten mcift ben fcftweren, fomplüiertcn unb fuuftoolleren betrieb ohne Vetjr^ unb Zauber- jabre unb iNeiftcrftutf bazu uonufdneiben. Tic künftigen (Werbe waren mein auf if)ren alten Stufen ftefyen geblieben, wabrenb bie freien (bewerbe jum Munft* unb Jabrifbetrieb oorgeidnitten waren unb alle neuen (rrfinbuugcn ausnufcten. Tie künftigen (Mewerbe bebienten fidi meift einfadjer äikrfjeugc unb ber rotyen .öanbarbeit, wogegen bie unjünftigen (bewerbe iNafdnnen unb 2lrbeitöteilung auwanbten. Tie gttnfrtgen (bewerbe puren privilegiert unb fdjloffen anbere Mitbürger uon itjrcm (rrwerbe au* ; bie uuuinftigen genoffeu feine 3Jorred)te unb mehrten niemanb ab. Tie jünftigen (bewerbe riefen fovt= wätyrenb naa) 3taatef)ilfe unb ^Ibruebr ber 9JidjtpriDilegicrten unb oerurfadjtcn bem Staate grofre 2terwaltungöfoften, bie unjünftigen wollten uom 3taatc nid)t beuormunbet fein. Tic einftigen (bewerbe führten foftipielige ;}unft' projeffe unb oerfeinbeteu fid) untereinanber, bie unjünftigen braudjten fein @ktt) bafür auszugeben, fie oertrug'en unb förberten fid) gegenfeitig. Tie jünftigen (bewerbe bedten nidit einmal beu l'ofalbebarf, bie freien erportierten. Tie jünftigen QJetoerbe maren in ber s-?lnnalnne uon Hilfsarbeitern an foldie

*) Öcnerallaubcoardnu, (^otljein, ^unftaften, „^forjbeimer ^eobadjtcr" unb „Änjeiger", $anbeldfammerberia)te.

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^forabeim im 19. Sabrfmnbert.

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$trfonetl gebunben, welche bie (bewerbe MUiftmäÄig erlernt fyatten ober erternett wollten, - btc freien (bewerbe fonnten alle arbeitsluftigen ^erfonen oer^ wenben unb fid) biefelben beranbilben. Tie künftigen Gewerbe jal)ltcn meift geringere Arbeitslöhne nnb gaben ihren Lehrlingen unb (Gefeiten wenig 3ln= regung *ur Aortbilbung, bie freien (bewerbe Ahlten höhere Löhne, jumteil anfebnltcbe Webalter, fie hatten bte neueften ^etriebsmethoben, bie heften Werf- jeuge unb iWafdjmcn unb bilbeten bie Arbeiter fort. Tie jünfttgen (bewerbe matten iljrc vetjrltnge unb (Gehilfen erft fpdt erwerbsfähig unb felbftänbig, unb brütften ben wirtfchaftlidjen Wert beS Arbeiter« herab, bie freien (Mcwerbc gaben fd)on beut Anfänger feljr balb einen ihm gebüljrenben 8o$tl unb beförderten in jeber ftinfiebt ben 2>erbiettft burd) Arbeit. Tie künftigen (bewerbe hielten unnüfcc ^unftücrfammlungen, beförberten ben Äaftengeift unb hatten bcmoraltfierenbe Verbergen, bte freien (Mewerbe bilbeten freie C^enoffen; fd>aftcit, fdjufcn freie Äranfen? unb Unterftütjungsfaffen, grünbeten Arbeiter^ bilbitngSoeretne unb förbertcu ben wahren (Memetnftnn. Sebent jünfttgen Oie= werbe ftanb ein blübeubeS, ftrebfames freies (bewerbe gegenüber. ^enes uermodjte mit feinen furjfidjttgeu fingen ntd)t über bas Wcidjbilb ber Stabt f)inaus$ufeben unb hatte nur aal streben, bas lofale Sicbürfnis ju beliebigen, lodhreub biefes feine flirte nach fremben Kälbern nnb Weltteilen hin richtete unb barnad) tradjtcte, für alle Golfer ju arbeiten unb feine ^Jrobufte auf ben Weltmarft |U bringen, fettet wehrte bie Arbeiter ab, biefe* 50g fte an; jene« flagte über Verfall, biefes freute ftd) feines 2luffd)wungs ; jenes fürd)tete fid) uor ben Jyortfdnitten bes 9Hafd)inenwejens, uor neuen Erfinbungcn, oor irrleidjterung bes 2?crfcbr$, biefes jubelte über jebeu neuen Triumph, bes IKeufchengeifteS unb über jebc ^efettigttng einer ©djranfe bes freien ftanbels."

Tiefe Ware, bie vi*erl)ältniffe fdiarf fenn\cid)ncnbe parallele jeigt auf« eflatantefte, baft ber Wunfd) nad) Wiebereinführung jener mittelalterlichen 3unf11 einriebtungen ein total uerfehlter ift. Ta bte ^robufte beS Wrofcgewcrbes billiger unb beffer *u befommcu ftnb als bie beö Kleingewerbes , fo ift eS nach unb nad) Dahin gefontmen, bafj ber geprüfte Wetfter bie ^roDufte feine» (Gewerbes nid)t mehr felbft anfertigte , fonbern btefelben au« 3:aor^en uno ^anufafturen be^og, bamit ein faufntännifd)eS (bewerbe betrieb unb ftd) bamit begnügte, gewerbliche Tienfte ju »errichten. Rentier, Jtfirfdmer, SJudjbinber, .vuitmadier, ^ofamentierer, .Kuopfmadjer, 9cagclfd)iuiebe, 9Jieffcrfd)micbe, 9tabler, ©ürtlcr, Ubreumad)er, ceifenfieber, ja fogar teilweife bie (Berber, bejieljen ihre vHcrfaufsgcgenftanbe , minbeftens bie feinen, aus ber ftanb ber Örofc gewerbetreibenben, meldie in ber ßunftgeii fd)on jebcS Ocwcrbe ohne ^öe= fdnänfung betreiben burfteu. Auf biefe Weife war es fd)lcd)terbingS unmöglid), baji ftd> ber Wemerbefleife *u ooller "ölüte entfalten fontttc. $n einer Seit, ba ber Wrobfdmtieb mit beut Aeinfdjmicb unb .vmffdjmieb, ber Weifrbrotbäcfer mit bem 8d)mar5brotbätfer in Sunftfeljbc lag, tonnte fid) fein gefunbcS wirtfehaft* liebes Veben, unb wo polueilid)c IVafmahmen ganje Steige °er Tfmtigfctt Utyttl legten, tonnte ftd) fein (MroHhonbel eutwirfeln, ber bie o«öuftrtc belebte. Ta ftoefte ber natürliche Umlauf ber Arbeit unb bes (Selbes, ba Ratten ftd) Armut unb 9cot eingeniftet unb bie ^eoölferung in ber Entwirtlung beS Wohl- ftanbeS unb in ber Serebelung bchinbert. Tiefe trrfdieinnngen tvaten fo beutlirii |u läge, bafi ftdi bie rHegicrnngen enblid) jur Einführung ber Wewcrbe^ freiljeit genötigt fallen.

Tiefelbe hat alsbalb einen mädjtigen Umfd)wung heroorgebrad)t. *^for^ heim >dhlt heute baS 81 sfadie ber Crinwobnenahl oon 18UO. Unb ba ergiebt ftd) bie merfwürbige Jhatfaaje, bafj \u jener ,^eit ber Slrbeitsloftgfeit bie anS= gefaugte, mittellofe, hauptnnülid) ^Irferbau treibenbe ^eoölferuug oiel gu bicht fafe, um fiel) genügenb ernähren ju fönneu. TaS Sunfthanbwerf fonnte feine •Öilfe bieten. Ta war es bie freie ^nbuftrie, weldie jur äefferuug ber wirt* fchaftlidu'n Vage beitrug unb bas ftanbwerf in Nahrung fe\jte. fteute ift fie bte bominierenbe ^iad/t ^forjheimS unb l;at ber ctabt ju Wocjltjabenf^cit unb

422

Worabcim im 19. 3abrbunbett.

jum 9tof)me einer Söeltinbuftrieftabt oerbolfen. 8m Ueberuölferuug ift nirfit nur feine Nebe tnel)r, fembern fe$(t, fo grofr audj immer ber 8lMurt *>on au|en ift, immer noa) au Slrbeitdfräftcn. Tiefe (Srfolge follten ber ^nbuftrie nidjt oergeffen werben, namentlidj nidjt in .franbroerferfreifen, beren iüof)l unb sfi}ef)e mit jener aufs iuuigfte oerbunben ift.

3>ie in ben legten ^afjren ju läge getretenen öeftrebungen jur 2Üieber= einfüljrunq ber Innungen wollen baä unbeftreitbar Wute, ba* bie einfügen .fünfte mit ftdj bradjteu mit ben Wnforberungen ber neuen 3^it in ßinflang bringen. 3?er 3 e»ir aHttliu n gl a ui f $uf bcjroedt bie Bereinigung fämts lirtjer fcanbroerfäöereine ^for^eim^ unb bes Skjirfä unb bie Hebung beä ftanbroerfe im allgemeinen. Cbenneifter ift cdnferbeder "^eter }toff. ,^u ben freien 3unun9en $äf)Ien: Tie allgemeine ftanbroerferinnung, bie freie 3}äder<snnung, bie freie Innung ber barbiere unb Jyrifeure beä s#ejirf3 unb bie freie SJialerinnung für ^for^eim unb Umgebang. $u ben 8 mang 3; innungeu gehören: Xie Sattler; unb lapejier^ Innung für ben «cjirf unb bie ©rfjreiner^nnung.

Slm 25. Oftober 1806 oeratd)tete bie Stabt ^forjtyeim auf ba§ ityr laut 3nterim3befel)l com 12. 3uli 1723 juftetyenbe 9*ed)t, ba§ in ben natje gelegenen Dörfern feine Strömet unb feine #anbroerfer, al§ Sdjmiebe, 3Bagner unb Setneroeber, unb baj$ nur in Orten, bie 93aberecf)t befafjen, aud) ÜJle^ger unb $äcfer aufgenommen werben burften. $afür erbat fid) bie (Stabt roieberfyott 53eftätigung ifyrer s$rioilegien , rote foldje audj furj juoor ber (Stabt Satyr jugeftanben roorben roaren; mit roetdjem @rfolg, tyaben mir an anberer Stelle erfahren.

3)ie fünfte roaren eingeteilt in ©tabtjünftc unb in ©tabt= unb Sanbaünfte. Qu ben erfteren 5ätylten bie 33äcfer= unb 9JlüHer= junft mit ber Verberge im Stern, bie $8au$unft im ftreuj, bie Järberjunft im Stern, bie Jlafdjner*, ^inngiefjer*, Keffer* unb $upferfd)miebjunft im Söalbtyorn, bie glöfferjunft im 9töfjle, bie ©ürtler*, Jtammacfjer;, 33ürftenmad)er* unb Stürfdmerjunft im Scfyroanen, bie ftufer*, $übler= unb ^Bierbrauerjunft im SHömifctyen ftatfer, bie We^geraunft im Saub, bie ^agelfctymiebjunft im Stern unb bie SHotgerberjunft im Samm.

Qu ben Stabt* unb Sanbjünften jäblten bie 2)ref)erjunft mit Verberge im Stern, bie ©laferjunft ebenbafelbft, bie Seine» roeberjunft im ©olbenen 3lbler, bie Sattlerjunft im 3Balbf)orn, bie Sdjloffer*, 33üd)fen* u. SÖinbenmactyerjunft in ber $anne, Sctymiebe= unb ^Bagnerjunft im Sdjiff (jetyt Sd)mtbt am Warft), bie Scfyneiber« junft im Wappen, bie Sdjreinerjunft im Scfyroanen, bie Sdjuf); madjerjunft im Stern, bie Seilerjunft im Scfyiff .*)

*) %a$ gauje ^unftuermögen ber Sunfte beftanb bei ber Muflöfiing in Siegenfdjaftcn im Lüerte uon »119 fl. 08 Är.j.

in ftaljrntffeu 573 fl- 35 Ärj.

in ^orberungen 3921 fl. 51 Ärj.

in Äaffcnuorrätcn 1045 fl. 30 .Hry

Summa I i «HO fl. 4 Mrv hierauf hafteten 3a)ulben 6376 fl. 39 &v\.

«lieb alfo ein Vermögen »on 8283 fl. 25 Ärj.

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^forabeim im 19. 3abrbunbert.

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9tac$ bcn babifcfjen ©eneral*3unftartifeln oom 3af)re 1760 muBte ein ©efelle nad) oollenbeter 2öanberfd)aft imb ct)c er Steiftet* werben fonnte, feine 9Jfut» nnb Sitjjeit erftanben fjaben. 2)er auS ber Jrembe Ijeimgefefjrte ©efeüe burfte nämltd) nad) gertigung bes 9tteifterftücfS nid)t alSbalb felbftänbig arbeiten, fonbern mufjte fid) erft minbeftenS ein Qa^r als eine Ärt ®efd)äftSfüf)rer erproben. $aS 5Jteifterftücf mufjte im #aufe eines 3uuft* ober Obermeisers gefertigt werben. 2öar bieg untfjunlid), fo fertigte ber Stücffnedjt baSfelbe .jpaufe unb würbe ba oom Ober* meifter unb ben übrigen baju beftimmten ÜJteiftem, benen er einen £runf unb QmbiS oorjufe^en Imtte, fontroüiert. $er Beurteilung beS StücfeS wofjnte als UrfunbSperfon ein ftaat* lieber Äommiffär bei. flranfe Öefjrlinge unb ©efellen, aud) jugereifte, mürben in ber Verberge auf 3""f^often oerpflegt. Qeben feftlidjeu Wnlafj im $aufe beS &mbeSf)errn feierte bie 3unft. ©elegentlid) ber im Qafjre 1822 uorgenommenen £ulbigung für ben ©rojjfjerjog Subioig oerbraudjten j. 33. bie sJJieifter ber «ärferjunft auS ber 3unftfaffe 57 fl. 36 Stv^. für 3ef)rung. 9Cu| eine 3)ireftorialoerfügung bin mufjten fie biefen betrag mieber erfetjen, unb gleid)jeitig raurbe ifmen bebeutet, ba& eine 3Bieberf)olung foldjer ^ecfjereien auf Qxm\ tfoften fernerhin nid)t gcbulbet merbe. 3)en 3unfti'ed)nung,en jufolge (eifteten bie fünfte in ben .Qafyren oon 1799 1815 freiwillig ÄriegSbeifteuern, fo jaulte bie Bäcferjunft bis 1803 125 fl. (Sine fter)enbe SKubrif in oen iHedjnungen ift baS ©rabtud), loooon jebe 3u"f* il>r eigenes befafj unb für beffen ^nftanbtjaltung fie ju forgen r)atte. gerner mufjte jeber Ütteifter bei feinem eintritt ber 3rrenl)auS= oerroaltung 3 fl. jaulen. gür arme, 511m Militär eingebogene TOeifterför)ne floffen freiwillige Beiträge .in bie 3"nf^°^c- 9(ud) bie Suppenanftalt im .fmngerjaljr 1817 mürbe größtenteils oon ben fünften unterhalten.

Unterm 21. September 1811 rourbe laut Sftimfterialerlafj oerorbnet, baß armen ftnaben, weldje ein ^anbmerf erlernen wollten, biefer Borfat} in jeber 2Öeife erleidjtert werben foüte, fobalb oom (Erlernen eines gangbaren ©efrfjäfteS bie ^ebe fei. $ie Gin-' unb 3(uSfd)reibegebüf)ren, fomie bie fonft obligaten £rinf;

lieber 1000 fl. flermöaen befafte« 3 fünfte

2 8

60 fl. Unter 60 fl. llebcrfcfjulbet waren

0

n

11

19

39 fünfte

£ie Qcfamtübcrföulbuna, betrug £auon tarnen auf ^forjljeim 6 mit

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^forabeim im 19. 3afcrbunbert.

gelber mußten bei foldjen ^Berfonen in SBegfatt fommen. 3>n ben Qafjren 1810 1811 mürben feine 2Banberbi£penfe gegeben, roie foldje fonft in befonberen gällen gegen ßrlegung oon 12 fL erlangt roerben fonnten, „roeil bie jungen *)3urfd)en megen be§ Krieges nic^t mefjr roanbern burften".

Unter ben älteften inbuftrietten Setrieben ber <Stabt nennen mir:

?te 3tnftfttfiftn'Me öndif anriß.

©ie ftanb auf ber Qnfel unb benutzte bie Sßafferfraft be§ fog. $uloergraben§. 5lu§ bem 2anbe§maifenf)aufe fjeroorgegangen, fam fte 1750 in ben 93efttj ber girma ©ofynlid), Deimling unb SBecfer. $a3 heutige 3(uguft ftiefmle'fcrje $au3, (Scfe ber £t>eater* unb ©nnmaftumftrafje, mar ba§ ginfenftein'fdje 2Bofmf)au§, fpäter (1821) mar bie nunmehr ©In'iSmann'fdje Sßitla auf beu 3nfel. $ie gabrif befcfjäftigte ein bebeuteubeS *ßerfonal unb fdjicfte norf) »tele Arbeit jum Spinnen in bie SlrbeitSrjäufer be§ £anbe§. 3m 3af)re 1801 ging bie *ßforjf)eimer !©oüfabrif an Jeremias griebrid) ©ülid) über, benen ein neuer ^viuilegienbrief uon ber £errfdjaft au3gefteüt rourbe.*)

3)ie im 3»af)re 1801 gegrünbete

£afmiaßfaßrtß

mar 1804 in eine crjemifdje gabrif ermeitert morben unb probujierte unter ber girma SöulpiuS unb 93red)t befonberS Sauertteefaljfäure, SEBeinfteinfaure, (5d)eiberoaffer, dttmfatg :c. (Später ging ba§ ©efd)äft an bie girma Söencfifer unb SHetnmann

♦) Xet Xudifabri! mi\d>, fpäter öülid) unb Jvinienftein (lefcterer ein getaufter 3ube, fam in ben 9iapoIeon'fd)cn Kriegen alä Slrmeelieferant aus Defterreid) nadj ^forjbeim), rourbe bei ber irtablierung im Jafyre 1778 bie 3ufi$erun9 gemadjt, bafc fte alljätjrlia) 100 Klafter 33rennbolj c we- hen t>errfa)aftlid)eit Salbungen um geminberten ^reiä bejie^en bürfe, unb jroar, roie ei im 'Prioilegienbrief roörilia) Ijeijst: ,3Utd) wollen ^Ijre f)od)füxp lia)e 2)ura)Iaud)t ber Kompagnie oon bemjenigen fcolje, roelajeS bisher oor ba8 SBaifenfwu« geflößt roorben ift, ein jaljrlicfjcd Quantum oon 1Ö0 3WeB iebed au 6 8a)u^ roeit unb bod>, an benen Orten, roo bem 9Baifen&auS feine SBetroljigung angeroiefen roirb, $ufommen Iaffen; jebenuod) bajj für jebeä 3He« 30 5trj. ©tammgelb unb aüe Unfoften, fo bei bem Jpauen, S(uffe$en unb aIöhcu aufgeben, gleich aiv oon bem s.fiiaifciU}au$ gefdjtef)t, be^abit roerben. GS bleibt aud) ber Kompagnie frei, biefcö Quantum uidjt gan3, fonbern nur }u einem Xeil ju nehmen, roenn fte beffen nidit footel brausen foDte." tiefer greift betrug im %al)te 1834 einfdjltefclia) 3)tad)er; unb Scfcerlotm 1 fL 30 Krj. pro ftlafter. £a8 Älafter ftolj ftanb aber bamalS auf 7 ®ulben. ^infenftetn bejahte alfo 5 ©ulben 30 Mrj. roeniger, road bem ftiSfu« jä^rltd) eine gam erftetfltdje Summe foftete. 311$ mit tfinfenftetttS Job 1864 bie ftabrif einging) rourbe biefeä ^rioiteg abgelöft.

I>ao 3tnJteuficin*rdii' Sfitöhficn auf hex 3n(cf in &cn

4Öeir $af}xen.

(3m Criginal ju fyaben bei 28. Söerggöfc Söroe., ^forjßeim.)

I

«Bforgbeim im 19. 3abr&unbett. 425

übev, meld)e erfjeblid) erweiterte. (£§ mürbe in ben legten 3ai)r$efmten nad) £ubn)ig§bafeu oerlegt. (Sin anbereä, äfmlidjen Unternehmen, be§ (£f)emifer3 Uugerer, ging in ben 60er 3»af)re$ roieber ein.

s-ZBäf)renb fo oiele geroerblid)e betriebe eingegangen ftnb, tarnt oon einem anbcrn 3aV&unberte alten f)iefigen ®efd)äfte, bcm

^ifenöammcr*)

berichtet roerben, ba§ ba§ Söerf gegenwärtig oon ©runb au3 nenjeittid) eingerichtet morben ift unb bie Jabrifgebänbe groß- artig umgebaut mürben.

3In ber Stelle ber Slbjroeigung be§ oberen üftfiljtfanalS au§ ber <£nj raurbe bie erfte Safferfraft beSfelben fctjon in früheren 3e»ten Su ewcr marfgräflid)en .g)itf= unb 2Baffenfcf)miebe ausgenützt. Ueber bie ältefte ©efd)id)te be§ QHfenmerfeS fjabeu mir fdjon oben berichtet. @3 mürbe ermähnt, ba§ ba§ Jammer* roerf laut bem 1747 ju Söilbbab gefdjloffenen Vertrag oon bem großen ©c^eiter^oljflop , ba§ aüjäbrlict) hier burdjging, ein Quantum oon 1500 klaftern erhielt, ©djeitertjotj 511 1 ft 56 $rj. ba§ Klafter, 93engelbolj ju 1 fl. 30 9tv^. 3)iefe§ .f)olj roarb auf bem 3Berf ju $of)len oerbrannt, meiere beim ©infa^meljen im §od)ofen reicr)lid)e 33ermenbung fanben. 3lbenb§ mar ein eigener 3lnblicf, wenn au§ bem Schlot be§ £>od)ofen§ bie roeittiin ftd)tbare Slamme fdjlug. $lud) ben bumpfen £d)lag, ber burd) 2Baff er traft getriebenen' ferneren Jammer, mit melier bie (Sifen* blöde bearbeitet mürben, ^örte man bei ©efhoinb, befonberS |ttt Wadjtjeit, bis roeit in bie (Stabt hinein.

$ou etma 1850 ab leiteten bie trüber 5Iuguft unb SJiorifc ©enefifer ben betrieb be§ 2öerfe3 ; letzterer als ftubierter Kütten* mann befaßte ftet) f)auptfäd)lid) mit bem betrieb beS #oä)ofen§ unb ber ©iefjerei, mäbrenb Muguft 93encfifer bie fiel) rafd) ent= wicfelnbe 9Jkfd)inenfabrif , baS 2Baljroerf auf bem „untern Jammer" unb ba§ neue Unternehmen beS $rüctenbau$ leitete.**)

♦) eie&e Seite 191.

••) £ic Jirmo «enefifer b,at bureb i^rc «rütfcnfonftritftionen einen enropäifdjen 9tnf erlangt. 6ie lieferte u. a.:

A. Xit «rücfen über ben 3t b, ein:

1. «ei Monftanj 808, 100 kg

2. «ei SUalbelnit 502,400 kg

3. «ei «ajel 1,187,«00 kg

4. «ei «afel bie 3oi)annttcrbriicfc 1,128,000 kg

5. «ei Strasburg 1,170,300 kg «. «ei Wermertljeim 1,817,800 kg

7. «ei Wannfjeim 3,174,600 kg

8. «ei SJlainj 3,500,000 kg

B. lieber ben Wecfar.

9. «ei 9le(farl)nu|en (ftorb) 147,200 kg 10. «ei maxbaä) 1,197,000 kg

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426 ^fotabeim int 19. 3abtbunb«rt.

3u Anfang be§3al)re§ 1855 befd>äftit^te Gbriftopb $enctiier im .frammermerf, öifengiefjerei unb in ber med)anifd)en s<Berf* ftätte 200 Arbeiter.

$er 93rücfenbau mürbe in ben 70ev fahren nad) Shibmig** l)afen oerlegt. Ta3 SBaljroerf auf bem unteren Jammer mar oorber fdjon ein^egan^eii unb ba* flanke bortige flreal mit 3Bafferfraft an 33anfbireftor 9luguft Käufer oerfauft morben. (Siebe bauliebe SBeränberungen.) $a burd) bie oeränbtrten allgemeinen $erfebr§= unb ^BetrtebSoevhältniffe ber 33e$ua, be* fertigen diofyeifettS in SJlaffe vorteilhafter mar, ale ber äitfauf be§ (£ifenerje3 unb ba# Sdjmetjen beäfelben int eigenen .§od)ofen, fo mar aud) ber föodjofenbetrieb eingeteilt morben.

3n ben 80er 3abren mar ber oorfjer fo bebeutenbe tyt trieb ber .frammerroerfe etmaS eingefdjränft morben. Um fo freubiger ift e$ ju begrüßen, ba§ ber beseitige ^öeft^er, £err Dr. tMuguft Stencfifer, mit großer (Energie unb oielem Öefcbid ba§ $ammermerf ber ÜHeujeit entfpreajenb umjugeftalten unb ba* grofee (£tabliffement bem biefigen s}$lat>e $u erhalten beftrebt ift. Tie eintönigen J^abrif- unb siftagajingebäube be$ alten Werfer finb oerfdmmuben, groöe, geräumige fallen mit gefdpacfpollen Jfaffaben, fomeit fie bie ctrafte begrenzen, traten an it>re 3telic. .freute fabrijiert bie Jymna ^Baljmerfe für (*belmetalU\ aller v)lrt ^reffen mit Wiemenbetrieb ober Crleftromotoren , bnbraultidje ^reffen unb 'PreRpumpen unb JranSmiffionsteile. Tie ^ahl ber Beamten beträgt 4i>, bie ber Arbeiter 450. ^ür bie ^Inae* ftellten ift bie meitgcbenbfte (yürforge getroffen, (j* beftebt eine ftabriffranfenfaffe, eine 5abrirmirtfd)aft unb eine vöabeeinrid)tun$.

11. *ci :un\ü»db 542.700 k*

12. Wei «cdarqemunb 777.000 k* Vi. iWi iKüimbam .MI,«««»

C. lieber beu .IKntn:

l t. Hei Meberrub 845,«>H> ks

ir». *<ei Aninffuit 725,000 k*

D. 11 e h c r bie a u I b ü :

1»;. »<ei vmutinutnlt l'.'ütbeu 472 AX) kg

K. ^ e b e ti t e ti b e J< r u d c n in W a ben:

17. ort litorvhcim Mo -.Huer ;Hnide uber btc vrm *UVO k*

1*. bic :»U»nbrude 7 !,*<«► ka

IM. Mf ^abertuurfe Htt><» kj:

)!*>. ,. Mi- ;>UiuaMev -inudt 112,7*«» k*

21. lieber bie H\n\u\ bei ctetnacti lM.|,»Mm ki:

22. Hoher btc Iiuiher bei Zierat mbeun 1 ."»!*, *'» ki: 2:i. (^-ihnljvhcim 1mv««i k* 24. iHci <*Wimbmn IMnii k*r 2.\ Hei Hiomb.uii 114,*«»

F. o ii b c i is f a l \ : 2»i. Ter ^mMift bei -'Wunhemt 77>>-. kir

Üur,ei-bftn lieferte Me Attiitd nort) mhlietrtie »uope Druden na.ti cijwtnj, nad} Ccücueict) imb Uiti^un. ^liad; Wab,er.j

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^ifenfiammfr von "Ürndiiffr in brn 40er 3aßrcn.

(^m Criflinal ju Qatal bei iü. ibcr^^öj ixJruc, 'Vforjtjcim.)

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Worabeim im 19. Sabrbunbert. 407

93rar»e alte ober moaiibe Arbeiter erhalten eine angemeffene t*enfton. Der ^erbraud) an Wobguß beträgt 2 500 000 k«r, an 3tat)l 500 000 k^. s&*enu man von bem feitberigen SBerbe* gang auf bie 3utunft fd)lieften barf, wirb ba* $for^einter .ftammermerf ein Jabrifunternebmen von mächtiger s,Mu*bebnuug werben.*)

Per itupfcrßautmcr.

säm Gingana, be3 9Bflcmt6a(8 liegt ber ttupferbammer, ber Jyamilie Malier gehörig. Tie 3Berfe fertigten 3d)aleu ju allerlei .Uupfergefäöen, öterfeffeln, 511 Brennereifetfeln, jemer 3tangen= fupfer unb ^rejjfupfcr an. 3m 3abre l^HO betrug ber sier* bxaud) an ftupfer etwa 400 Rentner.

^c(6anif<6f SSnrßflättctu O^fofTereieii unb Stfimirbcn.

Weben ber $for$bfimer .Cmuptinbuftrie bat fein ftefdjäftS* jroeig in beu legten 20 fahren einen fold) lebhaften Muffdjnntng genommen mie bie meebamidjen ^ikufftätten, fomie bie Jtunft= unb $3aufd)lofferei. (frftere uerbanfen ihre Erfolge ber auf* blübenben Bijouterie ^nbuftrie, für roeldje fte bie f rüber von auSmärt* belogenen 3ttaidptten unb SBerfjeuge herfteUen. i'etjtere floriert infolge ber feit 12 fahren faft uuuuterbrod)en auf gleidier .frohe ftehenbeu Bauluft. Tie bebeuteubften Wefd)äfte, roeldje in beu 50er, (»Oer, "Oer unb teilmeife 80er 3«bl'c wtt- ftanben bejio. fdjon beftauben, fiub:

OdfloITcr (Oludtlrr. oft Ii die .HarlfriebridiitrnRe, a,e»\euuber bem :Hmt häufe. U'mlt ftolmur, ede l'amm unb Wubermafte. $ di I o ITrr Ulat er.

Mronenftrafie. i^ljrotv ftraft, ccheurenürane, baa iMffdjdfl »Urb« vom colm nad) ber ^ItüaM übertrafen. £. JUurt lr . -diloMer, (jde Winnen unb fliiotheferaaffc. itrr iiian it (traft, arone Herberftrafu-, in beu '>ucr Rubren : (Sefödfl fpater von bem 3 olm >\ Kraft meiteriie fuhrt unb Denuonert. (Turl Irr gen., cdjloffer unb IKecbanifer, fleine Herhentr. neben 3cbiveidetto Färberei, 12 Arbeiter, eina,eattnuen. Ulm tm |(lf rraatttt, II. HerberüraKe. lt. i'iullrr. Jbeateiur. IH, in beu »H »er fahren. 5d|lolTrr lUnlt. flltftaM, .Happelhof « icM ifedmniter «Höbelt. $d|tolTrr |üolf. ^ruhh'tr. $d)lofTrr |!friffrr, (Sqmtwftumftrafre iWetuier bitten. SdilofTer |JfeirTrr, erft Vammftrafee (Hambrimm, bann im heutinen ttnroeien Verrennet t'trafte. ^e» fd)aftia.te anfangt 1- Arbeiter« jefct IS 20: Smocien bebeuteub oerajonert Durch Neubauten, rie ^feifier'fdieit ttaffftiftbranfc imo berühmt; 1*7«. erhielt Inhaber für ein runftooiie* MunenfdiioB ein patent Dirtp «en., cdiloffer unb Diechanifer, früher in beu -i IKobren, tillfuinerür. gltrrkt, 2d)loffer, Hronenftr. Alrranbrr Üelhnnrr. Mirdiemoea., "xi soer faktl, fabriuerte

•) Hei ber (rinmeihuua ber \\u Sfitfana. bet ttrieaee ßtfpreitattn .Hehler •Brude erhielt SiiOUfl Henduer bao ttitterfrriH ber fraiubfudien Crhrcnleqion unb nach flolietibutut ber Mannheimer ^ruete ba* tttttcrfrem I. Hlnn'e rom ^dbrimier Voioen.

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Worjbcim im 19. ^abrbuubett.

Trebbunfe, vohelmaütuueu, Samten, nta-Mc au b ben ^ermd) mit Valv.iuv hatte babei aber meume: e nola. t«H'i.iui't uuia. u:r ben iulm u.vi, meiern r n.i: >>crfti*llima unb :'icrnviitm mm h'-nnaen unb i'ici'^iMcn te. henbamat. .ml' tu uia,leid) .Mvilnitcn! ci nu "uiv.e unb <s'u'u>ulitc. (Thrill. (Orrfielr. •'»<» -v.- ,"\uhre, cohn he* lo iuntvi'A ber 'h>euur.auaA\ IKeilMnifer u ;t £> C lUtf^r, n: * t : v eleftriMiiuumeti'dK' .Mi muv.te ?ur ~ rtiulm'ede tUUlj. $tal)J gen.. ;u Jlu» bei" »>"cr .Yahre in ber vumm'trnv.e, lairte b.mu ein :M:iimieu nur oer i'on Ainfeiuteut für I'.hmm» fl., marine iiniipt»:} htitli h-ertveuae uub }K.v *. : . iiir Hoirmruuiebe. \i.adi hem '.»(hieben be* ;\itbuber>> auia, ba* <mm! :'t ben 3 otm über, meldier biete* weiterführte uub uerarrmerte. ceit hemm J.^. ".Mufaua. bor ?n»er ,V:lnc, wirb ha* (»umbutt mm ber ■•hMtwo ctnhl lr.'ttr ru'fuhrt, Me heidumiat 1*» uub mehr '.Mtbeiter. Ürdftler, >"u hautfer, ;K.:ur fünfte »beim alten Theater >, hatte ein fietne* 'mmlmit mm 2 -i '.»tibi itei at. ;o: betrieb iietuiali buuh ein irm. vnuünb mm einem vmnbe neweat. ov ma.'tv 'h;erfuma,e itnr» (iiurnhtmnum für (mdbulüiuebe. )u\d) 'invlttlei * '.Htm' heu -r-: ba* (midnm burdi '^erlKuiutuna an» .'Javhantter Vimb über, e* würbe bebe::: inui\remert unb mit einer «»ruiMaen Tmmmmmhtue au-Meümtet, ama rm : an reeaer tt 11 r> rdmetber urer, meinte .vtriua it.!) halb raiaiiT tu 3eeaei ::'•?• Mim anbevte. Unter bei m ultimum ve:;uua. eeeaer* cr'ieute dd- r.v> " ; fdmft eine>> am teil :'üife*( bitimtur.blub in \vt 'teiiuun. neuaer -'Ku\l -tue:: :.:-.: il'erfumae. Tmli mar e* m teuer erfuu't unb munte hei bem vme (sk'idnift*a,anu bei "Oer .Y'bre :rcd< eueratulett streben* ben M.mfur* air>ei. < iDurbe iHMi AKeith'.mfer nub ^u.umieiir (0. -X. foffirr enmMien u::b mit l\%::r: Ci'oht tn*> heute meiter'U,,u!irt. iUtlf|. Idt^rrrr, -"uMiantfer u:ib c^..:-' .. ^itu'Mattctuu'it, mad.te 'i^e: f ;eu.K Mir im>".M".hmiebe. lubmtQ 5ri|nril>rr. im ilinl, IKeJnutifer unb iatto'ier, falr'iie: :e 'J'Jeif umi.i: iuv «»• b* ;■ :v .■ > heidia'ttitte i\ ;'h heiter. ^d)nttdtrrt, ' 'le'.eiei, ^ieuii'trai-.e 11, r . - ♦>'»ci' ,\atuen. (m\mere-> i^eMuiü, fam jeroiti i;i Mfittui umrbe au be;-. vv -. uerteat tmb iumi ben crimen metter hetitehen, imiter uou C. \'vi'er unb tu'rauMieit, Taiii al-ei :'.td>t ;ur reihten iMHimd lumt unb i;':::^; r, : b. " Vttuebeu iMuiv au imnfbtrettm- ^l'.nu't M^v.u'er nertan'i : bte «me'u'i ei it adi Cettvheim inuleat. Carl Ortiroirtirrt , ioiui be>> o^- .ie;:, a: eube bei »i'iet ,\nlne eine Mu;iü'"d)UiM'etei in bei u u:une'.ÜM«;e ^ (traue . Unter her umiurrmeu ve-.tuua be-> <\ulmhe;,«> h.it ud) b,v> hebeuteub iut anfiel t. Tie .uima erhalt ^nveileu '.'luttiaae iumi \vT;. haumnid'iidiueu e nen.uiiMe Miib Kalküle, ^'Utir, isu'hi:;bei. e'.'vrue i i :i firoftmantt. •"i'.nduneuMhnf. (eit ben 7<»er .\aluen : baut r>ii:ir'ii: •< v.^-n hnbiauiivhe -."un'duueu, ^ ; aiivuuiMoneu, »eil ber C itteUnua ba c.e!:. : : .:: Zentrale ui'ei tuuimt ba«> <v,!niM a:uti bie "\ituaUieruiii\ tvm Vi'it:iu.ui:, : - '.'(ii'uellmttt von -"uueieu u. I. u». (Tnrl (trtfprr, t4ues;eret in ben ~ .\ah:en. Mudi'tia»;e, m-.:r .Neuuiieüer u:ib 'ahuuerte heuu^e» tiei::e tur •.•Ved>anifer. (Ororg i)ah. Uhirrlf, •.»Im-araieufaht it, ci;eu.tt rc".:. •^eibaiUi'» uub ^ ; i'deit-.:,.i •.: ^:to Mir d'eiru» ::. unb t'ha: uuneuin 'he ; a:s: > .uihiiteu» iMeiiueieteu u. '. w. T .iv lli^vi;ie!i:ueu aiu.i au-> ber ; •:> •.. * be»> «'H-iM-a ,\.!toh "•'uule hei cor, ba- Ml' n.h.m l>.;o ueheuha bannt fe'.- cuuelue r»»t'i!iei -HeouiMteu '..i .'UuMaetvU her.nüelleu.

Unter ben ".'et.r::;' iieu'".;hn!e:i u:ib i; : e h au i »' :he :t evt 't .'. 1 1 en 'ete:: .- * eniMhut Die »ietalhne'.ei ei :\ui Onittill» flittlfr ?::i.u 'teilte . ,'veifu-.:a '\.\<^-i:w\r :::':\:on nm C f tu »S: frikr 1 •'» »tthette: iv:t $d|rrrlr

unb Ucljnrr i^ n: , ;ti . U'nrl Ulrlirl, ; i i -a iöräimann

'.Hi bettet , lOfbr. Oaailtr, >Je:f ;eu.;e «ur "^l' l-iM' hau . "w» A : i " -H. 1 Ml ";ft i:i:i;o::»jt:e i»iu:nal> (5ullaw l»id|trr, "ul en uub i :• !:»:> •JiiMiv. .ue , .1 m. h. »\ i| r i tt r i rti UIHtrmuaitn, . 'ahtif v < i v:, :te , ill et t tdf l| o f r r . fioll \ Cir. ($aarr nnd 0«U>,

.Hl-euibe unb ^wu^u-aieu Jiu.-.e'^ ■■, <Tatl lltt^rrer, Ive.f-e.. . •-. lernte ru\ rJ" '.'tu.te'tel.te.'

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Worabeim im 19. 3abtbunbert

420

Tat dltefte 5d|mtebrQt fd)ätt ift baä oon 3f Ijrtmairr , heute GifentyMtbbllty von $aurrlföf*r. ?a* 3dmtiebea.efd)äft uon iuiblcr in ber

Xagotbftrafu', ebenfalls jn Anfang bca Aabrbuubert* fdion beftebenb, ift ein-

fteute Hebt bio ttrandie ber t\ciu unb Munüfdjlofierei, ber ttertfteugi fabrifation unb bev ^einmetbanif hier auf einer beben otufe ber ^ntroictlung. .^ablreidie, utmteit reibt bliibenbe ^erfftatten finb in betuu'irtinftlid) fegenoreieben Rubren be* lebten ^abnelmts erftanben. iciebe ^eneidmi* ber Netoerbe.)

Sahrenb be* ganzen Jö^tbunbertö uerblieb bie Familie $d)pttf nsantt bem ^efferfdjmicbeaaoerbc treu. xHu* einer tUttfdjrift beä i'icfferfdnniebö Sdjbncmann uom 1. '^nnuav 1820 gebt b^roor, bafc bie ctabt ^forjbeim aud) ein ioa.. ccbcrenfdileifer Mefoanotionogelb bejog, meldjes oon lHlo bis 1815 je 14 fi. eraab. 9iun mar \u jener jjrit in finittbrrg eine WannenfUtfer--, »Spengler* unb Sd)erenfdileiferfolonie. vJf eun IKitglieber ber lebteren fd)nbtgtcu bie ^forjbeimer Weioerbetreibenben bureb ibr SBanbergeroerbe. 311$ aber and) Sdjbuemann \\i biefer 3üanbergen>erbefteuer herangezogen loorben mar, wer- roabrtc er fid) mit 9Jcd)t bagegen, meil feine Verpflichtungen fdjon in ber Wemerbefteuer inbegriffen waren. Jür bie Jolgc rourbe i&m bie ttefognotion^ fteuer erlaffen.

Tie SHafcbinenfabrif oon $rUttsrr in liefern (für ^apierfabrifation), foroie bie Jyabrif Innbio trtf et) a f 1 1 i d) e r (Gerate uon «Trauti in TiUracifoenftein haben in ben legten 1<» Jahren einen auuerorbentlidien 3luffd)uning genommen unb itomffafte Crnoeiterungen ber trtabliffement* uotmenbig gemad)t.

SBäbrenb man ben 6d)ul)mad)er unb ©djneiber uielleidjt 5tnei-' ober brcimal im ^abvc braudjt, ben Sdjreincr unb 3d)loffer nod) feltener, }o finb uns härter unb 9Jietjger täglid) notroenbig. Sie finb barum, menn aud) uid)t gerabe bie mid)tigften, fo bod) bie am meiften in sHnfprud) genommenen £>aubmerfer. SB^enfl bei biefeu ©emerben ein Langel fid) $eigt, fo fpürt man bie3 fofort unb oevlangt Abhilfe. 3lnbere £>anbmerter fönnten e3 fd)on einmal magen, it>vc Qntereffen benen bes s$ublifum3 uovan- jufleüen ; fobalb aber Örot unb 3'U'tjd) einmal teurer unb fdjledjter mürben, ba mar niemanb geneigt, SBäctern unb 3Jtet}gern ben l)öt)eren ©emiuu 511 gönnen. sJÜfo mar man immer bebadjt, benfelben in ben ^uuftorbnungen nid)t juuiel ftreiljeit einju* räumen. Man bielt fie ftreuger in ber $ud)t ber Obrigfeit al3 alle anberen «gmnbmcrfer. 3lber anberfeit* finb biefe (bewerbe aud) bie fidjerften unb einträglichen. s4Öer mit bes Leibes! Jiabrung unb sJJotburft umgebt, läßt fid) felber juletjt barbeu. SBenu härter unb 3Ret}get il)r (^emerbe oerfteben, fo b^ben fie einen gefid)erteren (5rmerb mie jeber anbere .^anbmerfer. Sie feunen il)re 5lunbcn, bie jugleid) it)rc s^iad)barn finb, beren 53e^ barf unb ridjteu ftcf) genau barnad) ein. 3)a5 aber mad)t fie aud) leid)t geneigt, fid) mebr al§ ben 5!unben oft lieb ift, in it)rer Stellung 511 füllen, unb e^ ift barum 5U feiner ^Jeit über jemanben meijr fritiftert unb gegolten rcorben, al§ über ©äefer

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^forabeim im 19. Öabrbunbert.

unb 9Hefyjer. 2lm beutlicfyften treten folcfye 93erJ)ältniffe Ijeroor in einer Stabt mit ftarfeu Strbeiterbeüölferiing roie sßforrteim. $te alten 3unftuorfcr>riften waren geroij? an mannen «teilen alljn ftrenq, bie freie Bewegung fjemmenb, aber mancfje Hausfrau wäre geroijs nid)t unjufrieben, wenn biefelben nneber eingerichtet würben. Sa§ faltbar nnb bauernb berechtigt baran mar, ba£ bringen nunmebr vßoli(}eU unb Crtöoorfcfyriften, nnb jur Qtyvt beö ^panbmerf^ fei es gejagt, nid)t juletjt aud) bie uon ben freien Innungen in gegenfeitigem (Sinoernebmen aufgefteltten Re- inigungen jum Sdjutje bes ftonfumeuten mieber jur ©eltung.

iöie beute nod) tu (leinen x'anbftäbtcbeu ber vWirt jwroeilen aud) Bäder ober Webger ift unb nebenbei aud) Vaubmirtidiaft treibt, fo mar H aud) früher in unferev ctabt. Wad) Holter gab es im ^abre I81H: Bader, 41 Wcbger, 11 Brauereien, H5 Stfeinwirtfdjaften, alfo eine unoerbaltnismafiig bobe $al)l, bie fid) eben baburd) erflären laßt, pur bcrfelbe Wann meift jmcimal ge$äl)lt war. ^ab,re 1H«2, al* bie 3tabt 14 »HX> tfinwobner hatte, mar bie ^at)l ber Bäder auf 22, bie ber Dietger auf 2o gefunfen, alfo auf bie .oälfte becs einfügen BeftanbeS. >t ^aljre 1 *H H> battc H?for$beim 42 Bäder, Wefcger mit Väbcn, 18 .Hunbcnmebger unb 4 ^ferbemebger.

3eit 182N befafj bie Radier junft eine eigene ^unftfatjnc, bie auf 7 fl. 30 Mrj. ju neben (am. Beim großen „^oftbraub" 1810 ift andi ber „(Maine Baum" abgebrannt unb mit bemfelben bie Bäderfabne. sJtn 3telie berfelbcn würbe 1H5<» ber alte ^iinftfctitlö, meldier im „ftnfer" tpängt, lieber bergeridjtet. ^m v>al)ie 1H47 mad)te bie Bädenunft eine tringabc an bie Regierung, bie Brottare nad) bem "JJforjtyeimer ftatt wie bisber nadi bem Surladjcr Warft }u beftimmen, be^m. M' erbauen, mürbe aber abfdjlägig befebieben. Tic Xare niurbe in ber ii'eife feftgefe^i, baß babei ftets auf einerlei Wcbä'd oon "liteijjmcbl, bejm. ödjwar.j-- unb Brotmeljl im allgemeinen Müdiicbt genommen mürbe. Sbcr biefc Xanoeife mar iufofern unooUfommcn, al* bao (Mebäd einen ganj oer^ fdjicbenen ül'ert bat, je nad)bem au* Wifcbungen ber fünf Wefjlfortcu, loeldje bie ^ei\eufrud)t (Kernen unb ißeijen) liefert, gebadeu ift. Wan bat bafjer im War*, *pril unb Diai 1K45 oier Wehlproben unb eine Badprobe burd) oon ber Regierung beftimmte Kommiffarien unter Sll5uö 0011 Bdder*Cbermetftcrn aud oerfdnebenen Vaubeägcgenben in ber Bäderei ber -VciU unb ^flegcanftalt ^Uenau ooniel)iuen laffen unb auf (Mrunb bc3 ^urdjfdjnitteirefultatee ber Wetflproben bie Brotpreifc feftgefetit. ^u bemfelben ^al)re mürbe bie ^er* fügung uom vVblc fomeit fie beftimmte, bafr ba« ber 2aje uutenuorfene

Munbcu' unb 3d}ivar^brot nur in V a i b e n von langer ,vorm gebarten merben bürfe, oom "JJiiuifterium besj Innern aufgehoben unb ben Bädern aueb baö Baden beö Brote* in runber ^orm geftattet. ,v>n ben oon 1847 an biä in bie Witte ber 50er ^ab^re aubauernben ^otjabren mare eine beqörbltdie Garantie für ba4 jebem Burger jum Vcben erforbcrlidje Quantum jebenfaltd jroedmä^iger gemefen, al© bie lächerliche Beftimmung, ob er bad itjm mangelnbe Brot in langer ober runber Jorm \n genießen ba«J Mied)t Ijabe.

3){aud)erlci 5lnfcd)tungeu, aud) oon leiten ber 6tabtbebörbe, foftfpielige ^»ro^effe, iötrtetbigung^fdjriftcn, Bittfdjrifteu ?c. jeigen, bafj bae Bddergerocrbe in jener aufgeregten ^eit oiel unter ber Unguuft bcö ^ublifum« unb unter bem Trurfe einer millfurlicben Büreaufratie ju leiben luittc.

-Ter fd)lcd)te (Mefd;aftögaug im Bijouteriegemerbe oon 1874 bid 1H83 madjtc fid) befouberä aud) bei Wengern unb Badem geltcnb. mar eine ,Seit ber trbbe unb M\ü)c. (rrft l«8.!i regte fid) mieber ber (Mefd)aft*geift etmas. $m Februar 18K.J würbe eine freie Badergenoffenfdjaft gegrünbet im 2lnfd)luft an ben beutfd)en ^entraluerbanb „Germania"- Xit Verberge würbe

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^forsbcim im 19. 3abt&unbett. 431

in bic „9Jofe" »erlegt, roofelbft ein fog. fchJoarjeS 3Jud) aufgelegt nmrbe, in ioeld)e$ oüe fchroeren ftrtlle oon „faulen .Hirnben" eingetragen toerben foUcn. Crine Webtlfenorbnung unb ein Wehilfeu6urf) forgen für bie einheitliche Ste hanbluug unb «ejablung ber Wefcllen.

(rine Öefrf)äft$* unb fterbergSorbmmg ber $rttferqenoffenfd)aft beftimmt bie Vötme ber Olefellen bei ^(uör)ilfearbciten* beren SlrbciiSiett, bie Künbigung, baö (*in* unb ÜluSfdueiben ber Lehrlinge, bie JyiinFtioncn beö SprechmeifterS, bie Arbeitsteilung, baS Vefdnoerbeioefen unb bic Konuenttonalftrafen.

2lurti ba« gefellfdwftlidje hieben finbet innerhalb ber otmung eifrige Pflege burd) Kränjcben, iBälle, Monierte, bei benen ber gut gefchulte söäcfer- @efangoerein jeioeilS feine lieber oorträgt.

r o t * unb ©etreibepreife 1817 : 1 kalter Kernen 60 fl., Joggen 34 fl., (Werfte 32 fl., üafer 2* fl., ein ciinri (Srbfen 6 fl. 30 Ärj., fcinfeu 6 fl., ißelfchforn 5 fl. 30 Krj., Sltferbohnen 5 fl., fcirfen 8 fl. 48 Ärj., Kartoffeln 1 fl. 48 «rj., L Mäfclein ftirfengrie« 56 Kr$., ^5ei^mct)l 28 Krj., 1 ^Jfb. «eiö 24 Kr., ein ^fb. Schtoarjbrot 16 Krj., ein 6lött)igcr 2öed 4 Ärj.

1846/1847: Sa* ^Jaar 9öed, 5 votf), 2 Krj., 2 tyb. öalbioet&brot 19'/j Hrj., 4 ^fb. Sdjioarjbrot (Kernen) 32 K15.

1847/48: £a$ ^Jaar 2öetf, »'/* l'otf), 2 Kr*., 2 $fb. fcalbtoeijjbrot 8'/i Kr}., 4 ^ßfb. edjraaqbrot (Kernen) 12 Kr$.

1870: 2 ty'b. .^albroeifebrot 14 Krj., 2 ty'b. Sdnoarjbrot 9'/* Krj., 4 ^Jfb. cdnoanbrot 19 Krj., 1 itfaffenoerf, 7 *ott), 2 Kr}.

1886: 4 Wb. 3d)ioarjbrot, lange Jvorm, 56 ^fg., 4 yfb. Schnmrjbrot, runbe &4 Pfennig, 1 $fb. üßeifebrot 18 *JJfg., sJRet)l per Sacf 9to. 1:

32 3Wf., 9(o. 2: 30 Wf., Wo. 3: 28 SM. (Oftroi 80 <pfg. per ©ad nicht mit* gerea)net.)

1896: 4 }tfb. I. ©orte Sirot 44 Wg., 2 $fb. 22 ^fg., 4 $fb. II. Sorte 38 Wq., 2 ^fb. 19 fy"«.., Wehl Wo. 1: 25 3Rf., «0. 2: 23 3Hf., Wo. 3: 21 SRt., Wo. 4: 19 3)H. per ©ad.

1900: 4 ^Jfb. I. Sorte «rot 52 ^Jfg., 2 $fb. 26 ^fg., 4 «Pfb.

II. Sorte 46 ^fg., 2 $fb. 23 }tfg.

* * *

Sie nachweisbar älteften pte^öcrfamilien ^for^eim* finb bie ber (£der, (von beginn beS ^abr^unbertd an jur Unterfdjetbung oon einer gleichnamigen it)r oenoanbten Jamilie, welche in ber «röfcinger Vorftabt, aljo oben in ber Stabt n)ot)nte, in Uder unb Unterleder untertrieben) unb bic Jamilie ©ud. ^bre 3ugel)örigfeit jum franbwerf läfrt fid) in ben 3unftaften bis inS 3af)r 1704 nad) weifen.

1867 erwarb bie 3unf* 3ur Vergrößerung beS Sd)laa)tt)aufeö oon ber ©tabtgemeinbe baS jiociftödige (iJebrtube am ©aifent)au$pla$ (früheres ?Baifenhauö ) um 11000 öiilben. lad 6au« biente aud) einmal al« ^ofpital. o»« 2Wai 1^86 gelangte bie Vorlage betreffenb ben ^au eines Sd)lad;tl)au|cS an ben «ürgerauefdjuf* unb würbe von biefem genehmigt; baS ÜJebäube fam in ben SBrülJlgarteu ju ftefjen unb foftetc ungefähr 375000 9Mf. ^aS Kapital wirb burd) Slmortifation auS ben einnahmen be« Sd)ladjtf)of- betriebet getilgt. Sie ?lnftalt ift mit allen $Bor$ügen unb Einrichtungen, roclche bie moberne Jedjiüf bieten unb bie £>ngiene oerlangen, auSgeftattet unb ift eine 2ßol)ltbat niebt nur für baö S)iet<gergciDerbe, fonbem für bie gefamte irimoobnerfchaft. fliö 311 it)rer (rröffnung fd)laa>teten bic iKe^ger unb 'Birtc fämtliajeS iUeinoief) (Kälber, Sdjioeine, Hammel) in ihren ^rioatlofalen, unb feine einjige biefer ^rioatfd)läd)tereien mar ben 9lnforbenmgen ber Meinlidjfeit unb Crbnung entfprea)enb eingerichtet; basfelbe mar ber ^all beim alten Sd)lad)thaue, n>o baS (SJrojjuielj (Cd)|'en, Kühe, Winber) abge^ fdjlachtet mürben. 25ie Reinigung ber ©ebdrme (Kalbaunemoafche) oolljog

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i^foräbeim im 19. Ctobtbunbett.

fid) innerhalb beö ©d)lad)tlotalö, unb bie Xunggrube bcfanb ftd) am ©ingang in baöfelbe, an einem Öffentlichen ^Jlatje , bem £>ol\marft. Sit Anfang beö ahrbunbertö roaren biete ^uftänbc nod) fcblimmer. xUuö ben oielfadjcn lagen ber Wad)barn oon Wengern gebt beroor, bafe leitete bie Jtalbaunen unb ben Unrat oft einfad) auf bie Strafte ober in bie engen Seitengaftajen roarfen.

Wad) ber 3)lebgcrorbuung oom ^abre 175« mar tM bei 3lnbrot)ung oon Strafen unterfaßt, Uebertretüngen ber Crbnuiig „um Sttein unb Sedjen Strafen". „derjenige, fo ^finnig (finnig) Jyleifd) bat, fo laug biefeö roöljret, barf fein anbereö barueben führen, gcmeiuigiidj aber roirb berglcidjen Sdnoein, fo ^finnig fallet, bem ^erfdufer roieber ganj gefcblageu. Uebrigcnö fann bergleidjcn unb anbereö Jyleifd) roegen übel oerroabrter 3Ji«bel unb ^ftmJöütte nidjt über Wadjt bafelbft gclaffen merben. Tie Sülsen ober Muttclflecf werben ungefodit baö %tfunb }u 2 ober 17* .Hreuier oerfauft." iKittroodjö unb Samstag* rourbe feinem ^Jebger erlaubt, oor 11 Ubr ftleifd) in bie ^ie^el ju tragen, „ba bie bie&igcn veutb lieber ibr Jyleifd) beim 'IKebger im «i>auö al« in ber SHebel i Sd)lad)tbauö) boUen." £ine Uebertretung rourbe mit H (Bulben beftraft. Wadj ber Jhorglotfen ober über 9iad)t burfte nid)t ge-- fd)lad)tet roerben „roegen oerbad)tigem Web bei Strafe." £ie iHejelbänfc mußten „nad) ber Sdmur gleidjgefteUt roerben unb fein iWefcger oor ber $anf, fonbem hinter bcrfelben ftcbeu ober gar jemanb uon ber iknf roeggeriffeu ober bie i.'eutlje auf ber (Staffen auffangen unb oon feinem Jylcifä aufbenfen bei ^oen."

Criiic Sluönabmefteüuug rourbe aud) in biefer Sadje ben ^uben ange= roiefen. Ihn 9. Wooember 1717 rourbe iämtlid)en ^uben in Stabt unb Vanb ber ftaubel mit Jvleifd), foroie baö Sd)laa)ten unb Sd)äd)ten oon SJieb mit Sluönabmc oon ftaifen unb Dorfen oerboten. Sic burften baö Ütie&, roeld)eä für ihren eigenen ftauöbaltbebarf nötig rourbe, nur bei dmftlidjcn SKebgern flächten. 3)iefe bagegen rourben angeroiefen, ben 3l,beu baöjenige rtlcifd), roeldie« fie oon 3e** Ju Sc't benötigten, an^ufdmffcu unb fic in ihren jübifebeu Zeremonien beim Sa)äd)tcn beö $iebö nidjt mutroillig ju ftören. $lud) follten fic baö ben '^uben \um .Haufe angetragene *<ieb \\i billigem $ßert abgeben.

Um ben .Wagen ber ^ie&gerjunft betreffs beö Aleifajuerfaufö unb fcaufterenö ber ^uben ein (Snbe ^u madjen, rourbe 17H4 in Öcgenroart beö Cbcroogtö &>ielanb oor ocrfammelter Sunft unb oubenfdjaft befnmmt, bafc jeber ^ube bie ^erfoneujabl feiner ,Yrt'"ilic genau angeben folle (15 ftamilien mit 85 Köpfen), roorauf pro .Hopf unb ^abr 90 ^funb Jvleifd) jugeftanben rourben. v>bcr ^ube mupte fid) ein Büchlein Ijalten, rooriu oom ^uuftmeifter bie ^ercdjnung beö gefauften ober gefdjaebteten Jlcifdjeö gcroiffenhaft cinge= tragen rourbe.

Ü>ie unter ben Bädern ÜJeip- unb Sdjroarjbrotbädcr gab in ber guten alten 3uuft*cit, fo uutcrfd)iebeu fid» bie Ü)teböcr in Malbö-, SHinbö^ unb Cdjfcnmebger ober in Sannau unb (^ro^oiehmebger.

CSrft oom o,ahre 1H40 an erhielten bie "JJiitglicber ber Webgcrjunft bie (rrlaubniö, bai nun jeber Steiflet Aleifd) oon jeber (Gattung nebencinanber oerfaufen bürfe.

i<on alterö her roar eine Obliegenheit ber 2Jlebßerjunft, $)oFt- ttitb icurrritte ^u thun unb im Kriege bie Änidje ju oerfehen. ^n einer Ein- gabe oon 17<U bat fic um Befreiung oon biefer "^flidjt, bie il)r feljr Idftig roar unb faft gar feine Criitfdjabiguug eiubraditc. Xic iü{ei|tcr roiefen nad), baf; fic großen Sdjaben hatten an l'cib unb i<ferbcn, ba^ mand)C oon ihnen bei foldjeu ^oftritten einen «elboerluft oon 80 90 fl. hatten. Tic ^Kcbger müfuen in .«riegöjeiten an ^nd)t unb ^ofrritt«! genug tljun, rocil ftc beffer alö anbere Bürger bie v^ege fennen.*j Sie roiefen ferner barauf bin, bafe fte

*) sJJo(b in ben 50er o^rci befolgte ber alte Webger unb fpätcre Sonnenroirt 33auer bic ^euerrittc.

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^forabctm im 19. Öabrbunbett.

von 1739 biö 1740 bcn ganzen Sttiuter lang baä Schlannau* ^ergeben mußten al* Vajaretb für ein 3tlt=x:Württembergifchee Regiment, bafi fie ber gnäbigen £errfd)aft jährlich 70 -90 fL Vaufjjtntf erlegen müßten, baß in ber genannten 3«** aUc Bürger ihre tk>aren unentgeltlich im Stathaufe oerfchließen nnb bort oerfaufen burften, nur bic SNefcger nicht. Sie Eingabe hatte ben Erfolg, baß bie %5oft= nnb ,vcnerritte beffer oergütet mürben roie bidtjer, im übrigen rourbe oon ber Gepflogenheit nid)t abgegangen. (*rft jur $t\t ber Wapoleonifcbcn Kriege mürbe baö babifche ^oftmefen ftaatlid) geregelt.

£cr üHefegerjunft gehörte al* Stfeibe für ihr SRaftoieb, oor 1743 ber SHefcclgraben, bae Mlcin-Menufelb, Sutt nnb breiter fflafen (iltürmthal).

3ebem Dörfer unb Kuller mar erlaubt, jährlid) 2 Schroeine in ber 3Re$ig auszubauen.

^m Sab" 1828 rourbe bie ^leif^befctjau aud) für baS Mleinoieb ein* geführt.

Rad) einer ^erorbnung oon 1829 burfte {ein .Halb gefchladjtet roerben, beuor nicht auf beiben Seiten ber werte Sdjneibetatjn mit ganjer Schaufel aud bem B^nftofrt) hcroorftanb.

bie fünfte 1862 bura) ba« Öeroerbegefefc aufgehoben mürben, oereinigten fidj bie ^iitglieber $u einer freien Genoffenfchaft jutn 3">e(fe ber ftörberung geroerblidier ^ntereffen, ber Erhaltung unb Vermehrung beS Vereint oermögenä, ber Unterftütyung anner iWitglicbcr, beren Üßitroen unb Jiinber. SJorfifeenber mürbe ilUlhoim SHid. ,;ui Grünbung einer J.'ictygerf raufen« faffe rourbe im iJJJärj 188« ein ^ufdjuß oon 200 9)Jf. Ott! ber ÜleuoffenfdmftS« faffe beroiUigt.

Seitend beö lierfdni&ocrcinö mürben |U beginn ber 80er ^ab,re Prämien audgefefct für benjenigen %ifor$l)eimcr sl)tefoger, roeldje bei lötung fdnoerer £a)fen unb Marren bie Sigmunb'fche SchußmaMe anroenbeten. Seit einer fReitje oon fahren tjört biefe löbliche Gepflogenheit auf.

Viel Suffeften machte im Sommer 1889 ber fog. |Uurftilrrih. $ie SRelgec ocrlangten für eine Mnadrourft fortan 10, ftatt roie bisher 9 Pfennig, darüber roaren bie Golbjchmiebc ungehalten unb befdjl offen, ihr Vcfper folange mit Ääfe unb Mettigen pi befriebigen, bi« bic lUurft roieber 9 Pfennig gelte. Ten Wengern blieben große Vorräte an dürften liegen unb oerbarben $um Xeil. ^n ben Leitungen rourbe in ftölmifdien (Jingefanbtä l)iu unb tjer geftritten, biä bic 'Dietger julefct mit ber Drohung tjeroorrüdtcn, bafi „ÜNefeger* blut feine Buttermilch" fei, gleichzeitig aber aua) mit ber 5iHcbereinfüf)nmg beä alten greife« bem Streit unb 'Jtfurftftreif ein tfnbe machten.

l e i f d) p r e i f e :

1762: „Xai gute Ca)fen^ unb JHinbfteifd) , mann fold)eä oon nicf>t ald mittelmäßiger Vefdmffenbeit unb fd)lagmäßtg ift, bermahlen für 6'/t Arj.; baä geringer ober mittelmäßige Dchfenflcifd) 6 Ärj. unb baöjenige, roa* gar nia)t fett unb fdjlagmäßig ift 5 Mrj.

Sa)roeincfleifch badjenige an ber Schoß über V/t 3ofl ©P«^ Ijalb^och aufeinanber 7 Mr}.

Xer Spcd baoon abgezogen 4 .Urj. ^adjenige aber fo nur V/t b,och unb barunter Sped hat, barf bei 10 fl. Strafe nicht a bgejogen roerben unb foftete baö ^ifunb 6 Mrj. Halbfleifa) 5 .Hvj. ftammelfleifcb, 5'/i Rr\.

1810: Cchfenflcifch 1 %<fb. = 9 Jtrj., Mnbfleifcb, 7 Mr$., «albfleifd) 7 Mrj., 4>ammclflei)ch 8 Mrv, Schroeineflcifch 9 Mr$.

1860: Cchfenfleifd) 15 .Hr*., Minbfleifd) 12 Mrj., Äalbfleifa) 12 Ärj., ^>ammelfleifch 14 Hrj., Schroeinefleifd) 15 Mrj.

1870: Dchfenfleifch 18 Kr3„ Minbfleifch 15 Mi}., .oammelfteifa) 10 Är}., Äalbfleifd) 15 Ärj., Schroeinefleifd) 18 Ärj,

1880: Ochfenfleifcb unb Miubfleifd) HO^f., Malbfleifch 50 ty'., Schroeine- fleifd 60 W., vammelfleifd) 60 ^if.

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^forjbcim im 19. Sabrbunbert.

1890: iHinbfleiid) «4 i?f., 3cbroeiueflcifcb 68 ty.f Malbfleifcb, «8 ^f. 1900: Ccbfenfleifd) 68 %H, Mnbfleifd) 84 1$f., 3d)roeinefleifcb 72 W„ Malbfleifd) 72 $f., .öammelfleifd) 5m }if., ^ferbefleifd) 20 %if.

£er ^leifcboerbraud) ber 3tabt betrug in ben fahren:

1810: 160 Ccbfen, 255 Ninber/ 200 Mühe, 1700 Kälber, 800

§ämmel, 800 Schweine, 200 3iea.en unb »öde.

1852: Ccbfen - 80, Mnber - 1399, Malber - 2329, jufammen =

3788 3tüd.

1808 betrug ber SBerbraud) 2 672 486 kg, pro Mopf unb ^abr 74,24 kg. $m ftäbtifdjen 3cblachtbaufe rourben in biefem ^abre gefd^lacf)tet : 5530 3tüd ©rofroief), 24 929 3tüd Mleinoieh, 381 Werbe.

1900 rourben gefd)lad)tct: 5766 3tüd tyrofeoieb, 28 313 3tüd flleinoieb, 335 ^ferbe. tfleifcboerbraud) 2 950 616,5 kg, pro .Hopf 68,72 kg.

lai 5lbftf>lad)ten oon flffr**« )u» menfcblicbcn Öenuß bat erft in ben adjtjiger ^ab,ren Eingang basier gefunben, nadjbem fdjon um bie SKitte bee oorigen ^abrtjunbertd bie großen 3tdbte, roie Söien, ^ari« unb ©erlin mit gutem »eifpiel uorangegangen roaren.

51m 18. Sluguft 1887' rourbe oon einem au« i'ubroigebafen a. 3ü). hierher oerjogenen SHefcger namens Marl Clmämann ba« erfte ^ferb babier gefdjlachtet unb ba bie roeniger bemittelte ©eoölferung gerne billige ,v(et?"d>* unb durfte roaren fonnimiert, fo fanb bie Söare beö genannten ©eroerbetreibenben allmählich ben geroünfcbtcn Slbfafc. %om 18. 2(uguft bie Gnbe be* Jahres 1887 rourben babier 21 Werbe jum $mcd bcö Jvleifa)fonfum< abgefchlachtct, roooon ba* ^leifcb, burchfd)nittlicb ju 20 ^Jf., pro ^fb. oerfauft rourbe.

3m Verlauf beö oatjree 1888 fanben fajon 94 ^fcrbefdjlarfitungen ftott, bie fieb bis jum ^abr 1898 auf 381 erhöhten, jebo$ im 3ab,r 1901 roieber auf 335 3d)lad)tungen wrüdgingen. 3lua) jefct nod) roirb ba* ^ifunb ^ferbc* fleifa) ju 20 Spf. oerfauft.

Seit Cbnemanne 5ßeg,jug irnbc 1895 betreiben Nieib, unb 3ot)n, foroic bie ©ebrüber Johann unb i'ubroig SJojbeimer basier bie ^Jferbefdjläditerei.

2&äb/renb Ohnsmann bie 3d)(ad)tungen ber ^ferbe bid ju (fnbe bes 3»af)re3 1888 im freien, bejro. in einer an ber 3traf$e naa) liefenbronn ge* legenen 3d)euer oornabm, finben feit Eröffnung bce ftäbtifdjen 3d)laajtbofe* bie ^ferbefd)(ad)tungeu in einem befonber« tjierju beftimmten Vofal beefelben ftatt.

Tic "^ferbefd^läaptcreieu unterfteb,en ebenfo roie bie 3d)laa)tungen oon

Stiuboiet), 3a)roeinen unb ®ct)afen ber oeterinärpolijeilichen Kontrolle.

* * *

$aö »äder= unb SDlefcgcrgeroerbe fiub biejeuigen Wcroerbe, beren Wcfajäfte- tl)ätigfeit unb ^robuftioneroeife feit ^alnbunbertcn bie auf bic neueftc ^eit naljeju bie gleidje geblieben ift. (*rft in ben legten fahren (hUum; aud) biefe ©eroerbe unter bem (finfluffe ber oorgefdjrittenen 3)iafd)inentcd)nif**.) unb ber fanitären !8orfd)riften mancherlei Neuerungen im betriebe eingeführt, bie einer; feit* eine (Srleidjterung für ben ©cfdmftdmann unb fein ^crfonal mit fidj führen, anberfeitd oom ^ublifum mit ,yreut>en begrüßt roerben, ba fie Inn eine beffere ÖJeroäb,r bieten für bie 9teinlid)feit ber Sparen ale bie bi«b,erige ^erftellungdroeife. $ie im 3ommer 1900 im 3aalbau abgehaltene beutfdje ©ädereiäudftetlung jeigte bie neueften Jortfdjritte in biefem (Seroerbe, unb bie löefudjer b,abcn mit ®enugtl)uung roaljrgenommcu, ba^ maneber ber ^forj^ b,eimer »ader fid) biefelben feither jueigen gemacht hat.

2)ie neuerbinge mehr Ijeroortretenbe Neigung einiger »äder, fia) aud) mit ber §erfteüung oon iveinbadroaren ju befaffen, bat ben Äonbitoreien ber 3tabt einige Honfurrenj gebracht, bie oon ben labern berfelben nia)t gerabe mit

*) SKitgeteilt oon £>errn SJeterinärrat ferner.

••) aJerroenbung eleftrifcher 3Rotoren, Knetmafd)inen «.

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Worabeim im 19. Sabrbunbert.

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bcn freunbltdjften 2lugen betrautet roirb. ^nbeffen i)at bie tjeroorragenbe l'ciftunflefri^igfcit ber ^forjfteimcr Monbitoreien fiel) beim ^ublifum, unb nic^t bloä beim Dermögenben Teil beefelben, in foldje (Munft gefefot , bafj ifjr bie Ronfurren} ber ödrfer uoit feinem empfinblid)en 9Jad)teil fein fann.

28trte, Wietbrauex unb «Äöfer.

SBirtf c^af tcn.

Voller fc^reibt : „Seit bem Qa^re 1788 t)at feine ooU- fommene 3Betnlefe mebr gegeben, nnb aufjer bem mittleren Ertrag oon 1794, 1798, 1802 unb 1804 mar fle immer ber Quantität unb ber Cualität nad) nidjt ergiebig. $a$ guber (15 hl), roeld)e§ in ben 80er 3af>ren 50-70 (1. foftete, jaulte man im $al)re 1797 bei ber frf)led)teften Dualität mit 400 fl. unb 1810 im $urd)fd)nitt mit 200 fl. $er s$rioatoerbraud) ift in feinen 33er- gleid) mit ben oorigeu Reiten ju bringen, unb felbft in ben 35 SöirtSbäufern ift ber «erbraudj oon 4000 Ofjm auf 2132 Dfjm bernbgefommen.

3)ie befferen 2öein|orten unferer ©egenb gehören ju ben angenetjmften unb ber ©efunbljeit juträglid)fien. Sie gleichen am meiften ben SKfjeinroeinen , nur fyaben fte eine geringere Cualität. Sie finb nid)t fo fjart mie bie 9tecfarroeine unb niä)t fo fü§ mie bie Oberlänber. Unoerfälfdjt oerurfadjen fte feine Stopffdnnerjen, bod) ift ba§ Sumel auefy f)ier fdjäbliaV' ©emeint finb jebenfalte bie $ietlinger, ©llmenbinger, ©rfinger, ©utinger unb TOcfentev SBeine, foroie ber SBartberger, oon bem gefagt roirb, ba| er oon gutem ©efdmtacf unb ftarf muffterenb geroefen fei.

53i§ jum 3a^re 1819 bejog bie Stabt $for$eim ba§ fog. 3öeinftid)getb, b. f). jeber sJttd)t*N$for$f)eimer, ber in ^for^eim 2Bein faufte, mu|te pro ftuber eine ©ebüf)r oon 1 ft 30 £rj. bejahen. $a man aber mit SHed)t annahm, bafj bie ©rfyebung einer berartigen Steuer bem Söeinfyanbel nur fdjabe, rourbe fte mit ©enefjmigung be3 9Jhnifterium§ im Sept. 1819 abgefdjafft.

3u ben älteften SBirtf djaften be§ 19. 3af)rf)unbert§ gehören ber roilbe SJlann (1901 neuerbaut), ba§ 2Balbf)orn (93rötjinger ©äffe), ba3 Sdjroert, ber 21nfer (bi§ jum Qafyre 1840 ^oft-- branb in ber 33orftabt, jetjt 2)enjel§ ©efd)äft§f)au§) , ba3 £aub, bie ^Poft (früher trappen, 1840 abgebrannt), ber golbene 31bler (1840 abgebrannt), ber grüne 33aum (1840 abgebrannt), ber bitter (einft am Sttarft im Slaufer'fdjen §au$), ber fcfyroarje 9lbler, bie Sonne, bie Sraube (früher ba, roo jet)t StnoU unb *ßregitjer), ber fdjroarje 93ären, ba§ Samm, ber Karpfen, ba§ ©inljorn, ber ^rinjen (bi3 in bie 30er Qabre #irfd)>, ba§ ftreuj (fe^r alt). SDte jefcige tfrone feit 1825 (oormalS 9lmt3*

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^forgbeim im 19. Sabrbunbert.

gebäube).*) C£nbc 1874 gab e3 in s£for$betm bei 23 000 ($in= mobnem 103 2öirtfd)af ten , baju famen nod) 5 beim oberen •Jammer (sJteuftabt«33rö|ingen). .freute *t)at ^forjfyeim 13 $>otels, 26 9*ealgaftioirtfd)aften, ^^Jiealfdjanfmivlfdjaften, 135 ^erfonal^ roirtfdjaften, 4 9(usfd)änfe oon Skanntroein, 2 ftleinoerfäufe oon öronntroein; ^euftabt * "öröfcingen bat 4 ^erfonalfc^anfroirt» föaften.**)

2>ie Stabt befifct fyeute nid)t fooiele SBirtfdjaften roie früfjer, ba bie Gm*id)tung einer folgen oon ber ftonjeffion burd) ben 93ejirf3rat abbängig gemacht ift. $ie Genehmigung richtet ftd) nad) ber "iBebürfnisfrage, bie im 3<rt)re 1888 im SBürgeranSfdm^ auf Antrag be3 SttinifteriumS in§ OrUftatut aufgenommen

*) SÜeldK« ba« dltcfte fHaftljauö in ^fonbeim mar, ift toobl nidjt meb,r genau feftjuftellen, man fann jebod) ba« Waftbau« jur }>oft al« ba« ältcftc annehmen, Ta«fclbe l)iefr in früheren oafyrbunbcrten bae Waftbau« sunt Trappen, (rin „Trappenbau«" nrirb aber fdjon in Urfunbcn com ^al)vc 15o2 erwähnt. ?>n ber Seit oon 1H48— 1688 beftanben in ^forjbehi folgenbe, jum Teil nod) jefct beftebeube (Haftlmuicr : on ber «röfcinger itorftabt : jum Trappen i^oft), jum golbenen Mbler, jum Adrett unb nur Sonne, on ber 2luc gab bie Haftyäufcr jum meinen JHöjjlc oon Cito iüccfl), jum Einhorn oon (Sbriftian ^ecfb, ben £irfd) oon ^o^ann i>afncr, ben Silben Wann oon Ämbro« X'ötterlin. ^n ber 2lltftabt roaren bie ÖJafthdufer jum Gngcl oon Gbriftopb fcaffert, jum Sternen oon ftan« $er\\ tottbammer unb jur Tanne bei ber ülltftdbter «rüde. Tic eigeutltrtK Stabt beiaß folgenbe Haftbäufer : Sunt Vamm, locldK« ba« £d ber Sköfetnger; unb i'ammgafic bilbetc unb rKubolf Solb gehörte; jum roeißen Vaub ( (Sbriftian Solb) in ber Vammgaffe; jur Böllen (ßbnftopb, Gtanfer, fpäler Cito Siedh) am (rd ber Örbfcinger* unb «lumengaffe ; jur SMutne (fr an« ^serg Sdjönbcrr unb nad) ihm freinrid) «auer) in ber ^lumengaffe ; jum golbenen i'aub auf bem Warfte neben bem fd)ioarjen ilblcr, ber auf ber gleiten Stelle mie jent ftaub, unb bamal« einem (feiger gehört ju baben fdjeint; jur Krone unten am Warfte, loeldjes Ctfaftbau« Wartin Sdmeliiu unb nad) ibm «ernbarb freufdjlof gehörte unb ba« 9ied)t tjatte, jährlich 15 Cl)m ÜSein frei au«jufd)enfen ; jum golbenen Kalb in ber We&ger* gaffe ; jum iHappen in ber unteren Tranfgaffe, juerft Ulrid) ftt|, bann Philipp Solb unb julcfct Meorg Stieß gehörig; jur .Haute (Ki54 s>am ^eter ^oU, fpäter (Shnftoph Kredit), ebenfalls in ber Trdnfgafie an bcrfelben Stelle mie je^t; jum Cdifeu (Wartin Roller) in ber Cdifcngaffc; jum vömen (.öan* ^afob Witfdjbörfer unb nad) ihm «altb. .\>oppiu*) in ber "Jtltftgbter Straße unterhalb beö ;Hathaufee; jur Nofc (&a\\4 «edh» in ber Siofengaffe. 3(u&erbcm gefd)ieht aud) ber Wafthdufer jum Sduoert (^hriftoph Veonharbt) unb jum golbenen Sdnoan (.v>d. ob. Sd)id, nad) itjm ,"\b. Sd)eibleni, cbenfo einer Verberge jum „i'ainbalbier" (■) von ^oiiann Widjael Teid)lcr (ynoähuung.

**) 5" otn legten 5abren entftanben in ber Umgebung ^forjhcimd einige mit mobernem Sujul unb Komfort auögcftattcte tfotclä, fo in 2Bürm ba* „Murhotel jur vl>oft" oon (Mottfrieb Dbenfanb, ba« „.Uurhotel ÜUnrmthar, erbaut oon >>cinrid) Wayer, auf Tilliocißenftciner Wemarfung ba« „Schütenbaue* mit Wartenioirtfdiaft unb 3ugangeu oon ben Anlagen ber äußeren «Icidiftraße, oom anderen Taoooioeg unb oom ^Kob au«, foioie bae oon Gilbert (Molbmann erftelltc „Vuftfurl)otel". on 5Aüd)eubronn ift ba« £otel jur „Sdjbnen 5(u«- ficht" oon Kreutel, in ofpn»flC" bie Sduocidert'fcbe w:Heftauration jum Bahnhof erftanben. Ter bcliebteftc 5lu«flugoort ber ^forjheimer ift aber immer nod) ba« ibtjlliid) gelegene ieehau«.

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s£rorabctm im 19. Sabrbunbert.

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nmvbe. 3ft bannt bcm unnatürlichen Ueberfyanbnefymen oon 2öivtfd)aften einerfeitd ein ittiegel uorgefchoben, fo bat bie 93e= bürfntefrage anberfeitS einen 3Birtfrf)aft§tüiK^er erzeugt, ber nicht minber nachteilig unb unftttlich wirft, als bie Gelegenheit ju £runf unb Völlerei, ©injelne Unternehmer erfteüen neue ©e= bäube, (äffen fid) bie Sirtichaftäfonjeffion barauf geben unb uer- faufen bie Mnroefen roieber ju unnatürlich hohen greifen.*)

3n ben legten fahren entftanben einige fjochmoberne 93ier* unb Söeinipirtfchaften, welche bie früheren befcheibenen 2Öein- uub SMerftuben weit in ben ©chatten fteUen, roeuigftenS roa§ bie $lu£ftattung betrifft. 3)er 1Hraußansßeü>r (2ßeinganb) an (Stelle be§ alten Slern'fchen Tiergartens ba§ (Sofofleum (Seicht) in ber

*) lieber bie ^rctöbeioegung einiger ^forjOeimcr ftotelä unb (Haft* wirtfe^aften geben folgenbe Labien xUuffdjluj*:

Itaptirts. 1842 verlauf te $luguft Kauf er bad änroefeu an feinen trüber (Heorg Käufer um 16 000 (Hülben. 1852 fam um benfelben ^Jreiä an ftofeniuirt (Srnft £utmarf)er, 1855 an beffen Tocbter, übefrau Gonrab, um 17 000 fl., 1857 an fteiurid) u. flerg um 19 250 fl., 1865 bureb (*rbfd)aft an beffen SBitioe, geb. iBetfd) um 36 000 (Hülben, 1872 an Marl Tiftel um 5O000 Bulben, biefer faufte 181»« um 38 000 (Hülben baä nebenanliegeube Konbitor Mafc'fcbe ftauä ba^u unb oerfanfte baS flanke 1897 an feinen oobn Karl Tiftcl um 160000 Warf.

5er JU>tnirrt|f £kaif*r» 1840 burd) (frbfdjaft au CHeorg IJafob Sud um 10000 fl., 1856 an Küfer ^uliud Kern um 1H0O0 fl., 1879 an beffen *Uttn>e unb ibre 3 3öljne Alphorn*, ^uliu* unb Cefar Kern um 6O0O0 SM., 1882 an bie iliitroe allein um 70 000 Wf., 1895 an ©igmunb Wefcger um 100000 Wf., 1898 an ^ubroig 3lb. Kübn um 150000 Wf. nebft 20 000 Wf. für ^nuentar, 1900 an bie 2lftienbrauerci ^abn in Böblingen für 137 000 Wf.

tiSalfrcnrr 3tfelrr. 185H oon Cafpar Sdjmibt an offlonb um 21000 fl., 1862cm Wefcger Karl irlfdffer um 37 200 fl., 1870/71 an Negine (Slfdffer geb. WüUer um 38000 fl., 1874 an Sdcfer i.'out* i\\\tx um 63 000 fl., 188« an beffen iLUtiuc um 100000 Warf, 1887 an Watbduö Ziemer um 110 000 Wf., 1896 an Hermann Tortb um 190 000 Wf., 1901 an bie Brauerei Kettercr um 200000 Warf.

(Oalbrnrr (Ddffcn. 1857 oon Daniel Sdienf (rf)cleute an beren Xocbter, (rtyefrau öapft, um 12000 Mb. 2er bem öaufc gegenüberliegcnbe Keller famt freuboben geborte baju; 1859 an beu SUitroer War SJapft, 1865 an ®eorg ftal)ner, (Holbfdjmicb, um 37 500 fl. , 1868 tarn ba$ älHrticbaft*- amoefen um 24 200 fl. au Bijoutier Cibriftoph Kiebule, ba* Mellergcbäube um 1800 fl. an Kabinetmcifter Jvricbridi Ungercr, 1881 an Robert Kiebnle um 46000 Wf., 1886 an %<cter oduoeictert um 100000 Wf., 1890 an (Shriftopb Ho^lbammer um 100 000 Wf., 1900 an Ctto Koblbammer um 170 000 iHf.

(Grüner Gattin. 1859 uon (Heora Mittler« lüitioe an harter >f). (Herwig um 23<X)0 fl., 1 Ht>5 an Webgcr «Ibeit .WoUmar um 37 000 fl., 1874 an ^ermann Srenf um 53 50<J fl., 1896 au (Heorg .^engft um 117 500 Warf.

$d)n»arftr fPärfti. 1819 oon Jyob. Tittler (rbeleute au ihren 3o(m Cbftpt). Jrbd). Tittler um 10 500 fl., 1865 an Shcobor Mittler um 36ooofl., 1865 an Kellner ,yranj «auer um 38 500 fl. , 1884 an beffen ÜJitioc um 60000 Wf., 1896 an Üoren^ 6d)tnibt um 120 000 Wf.

jQotel flaft. 1856 uon fteorg Metfor» iSrbcn an (Hottlieb ftutcurtetb um 40 500 fl., 1885 an Karl Buffer um 145 000 Wf., 1897 an fluguft %lapc um 260000 m. (in«. 80000 Wf. Jnoentar).

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^forabeim im 19. 3abrbunbert.

Bröfcingergaffe, ber citropnirdn* JD>of (fatt). Berein§ban§), bic altbcutfd)c Söeinftube oon Stineiitx, ba§ l&aMotet 0)teu= l)äufjer), £>oUt ? titer ttatiottaf (©eifer), X>otef <5>c6fert, itfofter- mä^fe (Käufer), bic SaarBauwtrtfdiaft (©oll)," bcr *Utsße!Ter

(Sic^c ^ßforjb. SRatf)üu§) ftnb (Einrichtungen neueren $atum§. 9lber aud) bie alten SBirtfdjaften würben teilmeife „jeitgemäf*" umgefialtet, fo bafc ^forjbeim ftcf) aneb in biefem fünfte fet>r woftl neben ben größeren ©täbten be$ SaubeS präventieren fann.

2Bäf)renb ber SBetnf) anbei geaen bie Sftitte be§ 3af>r> unbert§ einen gewiffen Sluffdjwung erfennen liefj, ging er fett en 60er 3afyren gegenüber bem pfäl$ifd)en unb rbeinbeffifdjen mebr unb mebr gurüct 3)ie Urfadje liegt b<wptfäd)lid) in ber oeränberten ©efd)macf3rid)tung. Qu ben legten Qabren rjat bie Bereitung oon Beermeinen nadj ben Angaben be§ ^ßrofeffor^ 5)r. sJtef$ler eine grofte Verbreitung gefunben, aud) ift ber ($e= braud) oon Sftofinemoein ba unb bort aufgefommen, oon 5)auer toirb biefe letztere ©efd)mact"§rid)tung aber mol)l nicfjt fein.

Bierbrauereien.

Qm Qabre 1816 gab elf Bierbrauer. ©ie brauten nur ba$ Bier für ben eigenen 2Cu3fdjanf. $)a§ (Snjroaffer galt al3 befonberS geeignet jum Brauen. $a§ Sinterbier mar ein gutes Braunbier mit fattem meinem ©dmum; etma§ ftärfer mar ba§ Sttärjenbier ober Sagerbier, roeld)e§ ben ©ommer über galten follte. Bi§ Wuguft ober ©eptember rjtn aber fyatte einen ©e= fd)macf, ber bem heutigen Biertrinfer roobl wenig jufagen mürbe. 5ll§ befonbere Söirfung fdjrteb ibm Voller Baudjtoef) unb $umm» ^ett ju.

3Ilte Bierbrauereien ber ©tabt maren um bie Sflitte bc§ 3af)rf)unbert3 bie Brauerei 3ftüller (jefct Seben§mittelbebürfni§= oerein in ber Sammftrafje), bie Brauerei §abel jur „Baoaria", Uebetyör jum „©ambrinuS", SBagner im „2Bilbelm§feller" (jefct ©d)toar$toalbbotel), Brauerei Ungerer (jetjt D3far ©djoberS töau§). 555ic „alte Keppelei" mar in ben 40er Sagten im Befitje Karl Keppel sen., Bauer, (meldte beibe norf) brauten), fpäter Otto Keppel. $ie „Baoaria" war oon ben 50er 3fabren an im Befitjc Unter* @cfer^, (MenbergerS, fpäter Kurl Keppels jun. $ie Brauerei Becff) rourbe oon bem au§ Söilferbingen f)tevt)er gezogenen Bier- brauer ©briftopb Bectb im 3af)re 1855 gegrünbet (Becfb 1885 -j-). 25a§ ©efa)äft befanb fid) juerft in ber Borftabt, je$t Jßeftlid)e Karlfriebridjftrage, roo Becfb eine fleine Brauerei pachtete ; fpäter erwarb er ba§ Slnroefen 9flarft 9Jo. 4 unb baute baSfelbe ju einer Brauerei um (1861). $n ben 70er Sabren erbaute er bie großen Kellereien in ber sJleuftabt»Brö^ingen, erweiterte fte febr

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$Torabetin im 19. 3abrbunbert.

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bebeutcnb in bcn fahren 1884/85 burd) Stillegung uon Eis* unb 33ierfeUern, mäfjrenb baS ©ubhauS in ber Stabt ermatten blieb. 1897 ronrbe fobann bie jetzige traueret in ber Sfteuftabt erftellt unb mit ben neueflen terfjnifdjen Einrichtungen oerfehen, fo bajj fid) heute ber betrieb als ©ro&brauerei präfentiert. 3m 3at)re 1896 mürbe bie girma in Berlin burd) 2 Efjrenpreife unb 2 golbene 5Jcebatllen, 1900 in ^forjheim burd) bie golbene (StaatSmebaiüe auögejeid)net. $ed)nifcher fieiter ber girma, ber älteften am ^lafce, ift Ehnftoph BecH).

Serner oerbienen noch genannt p werben bie 93ü;cenftein'fd)e, fpäter föettenmeier'fche Brauerei jum „Unteren Engel'', bie Brauerei 9tens (sJtena' ©ta^aüe), fpäter „liefen", „2ttaierhof" (unter Bäcfer 5ERaiec) unb jefct „<5d)iff" (unter |>ager).

äßährenb in früheren Qahrjehnten baS <Pforjheimer Ver- einen guten tarnen auch nach aufjen hin hatte "no fetbft nach Karlsruhe ausgeführt mürbe, haben in ben 80er unb 90er fahren bie auSroärtia^en ©rofjbrauereien burd) ihr ©elb unb ben 9luf fauf oieler fleiner ödjanf roirtfd)aften baS einheimifche 33ier mehr unb mehr ju oerbrängen unb ihr eigenes an feiner ©teile einju» führen oerftanben. Sie brei ^forjrjeimer ($1*0(3 brauereien oon iSfiriftopfi 3.»rrfili, oon itettercr unb baS Hianri fdu* Mxau^am (feit 1886) haben fid) gegen biefe faft überftarfe Konfurrenj mächtig gemehrt unb burd) ihre ausgezeichneten 93iere, inenu nicht gerabe einen ©ieg, fo boch einen fehr ehrenben Erfolg errungen, infofern, als trot*, beS nicht unbeträchtlichen Verbrauchs frember (bauerifcher, s$ilfener unb Karlsruher) 93iere fich baS einheimifche ©ebräu burd) ®efd)macf unb 2öohlbefömmlid)feit einer ftänbig junehmenben Beliebtheit erfreut unb bereits aud) in ben sJtad)baarftaaten erfreulichen 9lbfat} finbet. Um ber junehmenben Nachfrage ju genügen, mußten ftellenmeife jmecfS Erhöhung ber ^robuftionS* fähigfeit nicht unerhebliche BetriebSenoeiterungen oorgenommen m erben.

äüfer.

sJiad) bem alten ©runbfafc, „mo ber Söein ift, ba ift auch baS gafc", maren einftmals bie Küfer faft auSfchliefjlid) $orf* hanbmerfer. Erft gegen Enbe beS 16. ;jahrhunbertS bilbeten fte 3ünfte. 3)ie mirffame Konfurrenj ber freien Sanbhanbtuerfer oeranlajjte bie Stabt, fid) gegen fie ju fdjüfceu burd) ftrenge ^unftorbnungen. $)er SSerfauf oon ^öerfholj außerhalb bei- gabt rourbe oerboten. $ie 9Irt ber Arbeit mar aufs genauefte oorgefd)rieben, unb bie Schauer fahen unerbittlid) barauf, bafj nur folche 3Öare in bie Keller geliefert merbe, an ber bie Reifen aufs feftefte gefügt, alle burchgehenben ©pätie rein abgehauen maren. 9Iud) ben Xagtohn für baS $erftellen ber gäffer unb

440

Wotibeim im 19. Sabtbunbett.

baS 3Beinablaffen f>atte man genau geregelt. dS war ©erboten, ben Sefyrling auf baS ftunbenroerf mitjunefymen , um btefe nidjt ber ©efafyr mangelhafter Arbeit auszufeilen. $ie 9£n$af)l ber ©efellen mar auf 2, bie ber Seljrlinge auf 1 feftgefetjt. "?IUe nid)t ju bewältigenbe Slrbeit muftte burd) anbere 5ftetfter, aber um ©efellenlofyn getrjan werben. 2)aS Hbbingen ber ©efellen oor ber ÄünbigungSfrift mürbe ftrenge geafmbet. $etn SJieifter burfte um Stücttobn bem 93firger arbeilen unb feinen Änetbt aufs 3)orf ^ur Arbeit fcfjicfen. 5luSwärtS Jöffer $u faufen mar unterfagt. 3Jlan wollte bie Bürger unb dauern jroingen, gleid) bie fertigen Säffer, wie fte ber 9fteifter ju machen für gut befunben, ifjm abzunehmen. Nufjer bem Verbot, Safeböben, Reifen, Rauben auS *Pforjf)eim auszuführen, gab eS ein anbereS, bafj foldje nur auf bem 3Jiarft gefauft werben füllten; bie dauern follten bamit gelungen werben, felbft nad) $for$fjeim fommen. $amit aud) bie läfftgen ÜUtetfter nidjt ju furj fämen, burfte jeber, ber nid^t zur regten Qtit eingefauft rjatte, oon bem anberen baS $olz um ben dinraufSpreiS begehren. Äunb» fdjaft unb ftufjrleute mürben gewiffermafjen als ein 93eftt> be-- trachtet, über ben man oerfügen bürfe: $ein Sfleifter follte einen folgen $unben bem Sttitmeifter entfremben.

$)iefe 93eftimmungen, meiere in ber £auptfad)e bi£ jum $al)re 1862 mährten, jeigen beutlid), bafc bie obltgatorifdjen Innungen ein Stücf mittelalterlicher ©tabtoerfaffung waren, bie leidjt ju Uebermut unb Säfftgfeit ausarteten unb eine golge gegenfeitiger (Siferfüdjteleten waren.

28üßfen.

$on alters r)cr beftanben in Pforzheim oier SHahlmühlen, nämlid) bie obere 9Hüf)le (jetjt <3d)lofferei Pfeiffer), bie Slonnen- müf)le (SlbelS 9M)le), einft bem golben Slblerwirt SHorloct ge= hörig, bie @id)mühle oon Füller $renf (1869 abgebrannt) unb bie üloftermüble (9MUer $aufer); fte waren einft marfgräflidje 2ehenSmüf)len. 93on (Snbe ber 70er bis (£nbe ber 80er $abre würben biefe Sftüblen in fog. Stunftmüfjlen umgewanbelt. $ie Söafferfräfte ber lederen brei 5flül)len gehören feit furjem ber 6tabt. Qn ganz furzer &it wirb ber Äanal zugeworfen, bie SÖafferfraft nad) bem (lief tri jitätSwerf geleitet unb mittelft ber bortigen Turbinen zur (Srjeugung oon (Sleftrizität ausgenützt werben.

$rotj ber 2eiftungSfäf)igfeit einr)eimifd)er 9Hüf)len fyat bie 9flef)leinfuhr oon Seiten ber rfjeiuifdjen ©rofjmühlen im legten 3a^rjel)nt eine ftetige (Steigerung erfahren: 1894 = 2,660,464 kg, 1895 = 2,984,857 kg, 1896 = 3,452,559 kg, 1897 =

qSforabeim im 19. Sabtbunbert. 441

3,437,917 kg, 1898 = 3,324,827 kg, 1899 « 4,338,241 kg, 1900 = 4,239,263 kg.*) WeuerbingS gewinnt bic im «eft^c be$ Jyabrifanten Sottfjammet befinblid)c ©rötjinger SJKihle eine erhöhte $3ebeutung. 3bre s#robufte erhielten auf bev beutfdjeu SBäcferei* 5lusftellung bie ©olbene üttebaille unb bamit ben $orjug oor ben bisher befonber« gefcfjä^tcu OTetitforten bev rheinifdjen sBerfe.

9ln Sägmühlen finb ju nennen bie bis $ur Errichtung be§ GcteftrijitätStoerfeS beftehenbe ftompagniefägmühle, ba§ 9iäf)erfd)e Sägeiuerf am Kupferhammer, bie "öürfle'fche ©ägmühle im SÖürmthale, ba§ ©peer'fdje ©ägeioerf (eingegangen 1900) unb bie Sägmühle in ber iheater* unb (Snmnafiumftrafje. $)ie festere gehörte früher ber iHotgerberjunft unb mürbe oon biefer 1855 bem $erfaufe ausgefegt.

OdhtijmuriU'r unb Otfineiber.

2)te ©etoerbe ber Sdjitfter unb Sdjneiber maren oon jerjer im allgemeinen nicht baju angethan, ihrem Inhaber Reichtümer ju erwerben ; aber fie haben ihn, folauge nod) bie oielen fleineu 9Jleifter felbftänbig arbeiteten, fct)Iect)t unb recht ernährt. $)er Sdjneiber ging auet) in ber Stabt bis in bie 60er 3at)re teilioetfe nod) in« ftunbenfyauS, arbeitete bort mit feinem ©efellen ober Sefit* jungen um'S (Sffen unb um ein fleineS Entgelt, ^efafc er nebenbei nod) ein fleiueS ©runbftücf pm Anbauen ber nötigften £eben§= mittel, fo befanb er fid) in leiblich guter Üage. $ie in ben 60er 3at)ren eingeführten sJläl)mafchinen !)aben bem $unbenhau§* gehen ein (Snbe gemalt; fie roaren ein 3ortfd)ritt für ba§ ©e* roerbe, aber junädjft fein ©lücf für ben -£>anbioerf3mann ; benn thatfäehlid) begann mit ihrer (Einführung für Schneiber unb 6d)uhmad)er eine 3^it ber Slot. $>er .<panbioerf3mann mufjte fortan für feine unb be3 ©efellen N}cahrung felbft forgen, roährenb bie 53ejat)(ung feiner Arbeit meift in feinem Verhältnis ftanb ju feinen unb feiner Samilie iöebürfniffen. SQfctt ben 70er fahren begannen ftrf) bann aud) hier fdjon bie $onfeftion3gefd)ofte oereinjelt bemerfbar ju madjen, um in ben nädjften Sapt« ^ebnten oon 3af)r ju :3af)r immer mehr an s3oben ju gewinnen, ber natürlid) bem ftleinhanbiuerfer oerloren ging. So fam eS, ba§ r)cutc ber 9Heifter uom Großbetrieb, bem er nad) bem

Um baä ^afn* 1800 rourbc jebeti :i)iittrood> unb 3mu$t<m. im Mauf= häufe Jyruditmarft abgalten. Tic meiftc ^rudit (3peh unb Tinfei) rourbc aufl bem Slmte Bretten unb roürttemberfliuhcn Crtcn eingeführt. Ter ^erfauf betrug im ^afyvt 1801 = 5500 kalter, 1805 - 8400 Walter : in biefem Sflbre rourbc neimlicö ein großer Seil nad) ber cdjroei^ abgeführt, 1810 rourben 6114 Holter oerfauft.

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442

^fotsbcim im 19. 3abrbunbert,

Stücf arbeitet, abbängig ift, unb bog ba, roo einft oiele ©efellen DOIl einem Reiftet abgingen, mmmebv Diele Reiftet- von ber ©roßprobuftion it>r geben friften. ^ebenfalls ift ba3 (entere weniger suträglid) al§ erftere§.*i ^nbeffen bat ba§ ©enoffen* fdjaftSroefen ber neuen 3*it aud) l>ter bie $erbä(tntffe mebr unb mebr geflärt unb bafür geforgt, ba& bie 33äume nid)t in ben $tmmel roaebfen, bafj aud) bem Arbeiter ba§ roirb, roa$ ibm gebübrt. 2öo fid) ber £mnbroerf*mann burd) befonbere $ücbtigfeit auszeichnet, fjat er beute mebr als früber ®elegenfjeit, ftd) Vermögen unb 3ld)tung 511 erroerben. (£in ^djneibermeifter ber oerfiebt, bie förperlicfyen ©ebredjen feiner ftunben gefdjicft 31t cerbeefen, ein ©ebufter, roeld)er ber |)ngtene be3 5u&e§ 9ted)nung ju tragen oerftebt ift beute ein gefugter unb gutbejablter Sttann unb [teilt ftd) weit beffer als mandjer mittlere ^Beamte. Wu§ ber ©efdnd)te be3 8dmbmad)erbanbroerf$ in sßforjbeim feien t)ter $roei Heine dpifoben ermähnt:

Saiic febr bte fünfte nod) in ben 50er ^atyren barüber loadjten, bafo feine Incr rooqnenben Jyrcmben fid) in fdjäbigcnber SBeifc in ibren (Mefdjftftö* betrieb einmieten, jeigt eine Üiarnung ber Sdntbmad)er}unft im iöeobad)ter 00m 8. Slpril 1855. Tic ftrau eine« Jtabinctmeifterä 0011 Stuttgart I|telt in ber Stabt ein i'ager oon Sdjubmacbenoaren. ^n Anbetracht, böp- ü)r Wann guten SBerbienft ^atte, rourbe auf tleranlaffung ber Sd)ubmad)er)unft poli^ci- liebe 33cfdilagnabme oeranlafit, eine öffentliche Tarnung erlaffen unb barauf bingeioicfen, fernerbin ein loadjfamcä 2(uge auf bie in ^»forjbcim ioof|nenbcn ftremben ju baben unb biefelbcn im " «etretungSfalle bei äbnlidjen $ors fommniffen au« ber Stabt au$}iuoeifcn.

9lm 1. Slpril 1873 ftreiften 100 Sd)uftcrgefetlen, bie bei 50 Reiften) befd)äftigt roaren. Jrofcbem bie SWeifter bie Vötjne erbübten, oerblteben 70 Arbeiter im Slusftanb.

*8i3 in bie 30er unb 40ev 3>abre hinein roaren bie Sdmeiber laut 3unf*ved)t jugleicb $amenfcbneiber, unb bie 3unf^ roaebte ftrenge barüber, bafj feine roeiblicbe ^erfon fid) biefe 93efugni§ bei Anfertigung befferer S^uenfleiber anmaßte.**)

•) Qux 3*it beftefjen in ber Stabt eine Sdjufjfabrtf unb 26 ©djublager.

im 3af)re 1819 eine Xemoifelle Gatbarine SBolff, au« Strasburg gebürtig, in ber Stabt eine 'Prioatinbuftriefdjule für Striefen unb Waben erridjten rooUtc, ba roebrte fid) bie Sdjneiberjunft ganj energifd) unb crflärte in einem Sdjretben an ben Stabtrat:

SBefct)toerbe ber Sdjnciberjunft bafjier über Eingriffe in ibre ^rofeffion unb 9tab>ung burd) Seibolcute unb in oorlicgenbem Jalt bie Jtatbarine Söolff von Strasburg betreffenb:

3n meld) nabrungölofem ^uftanb jefc ber größte £eil unferer 3Jicifter= fa)aft befinbet unb bei ber auffallenben Uebcrjal)! oon 32 9Kciftcrn befinben mui ift einem 2£oi)llöblid)cn Stabtrat befannt, ba& aber biefe CDefdjdftöloftgteit ^u einem großen Teil oon ber tjier einjeriffenen Unorbnung bei Äleiber^ madjen«, baupt|'äd)lid) Jyrauentleibern, mjufcbreiben ift ebenfo unoerteunbar inbem bier geioi^ ebenfooiel unb jumteil frembe aüeiböleute fid) befinben, bie je^ mit Sd;neiberarbeit bcfa)äftigen unb ernähren. 2)em aUenfaUfigen Gin=

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S&forabdm im 19. 3abt&unbert. 443 Unter ben älteften bebeutenbercn

roirb ba§ oon ^egau genannt (Einen aufjerorbentlidjen Sluffdjumng narjm bie $unft* unb 9)löbelfct)rein#rei oon 2*etßf, welche biefer im (September 1858 im ©ereilt mit bem SBergoIber SHinaer im größeren üflafjftabe einrichtete. $amal§ nahm fogar bie ftatfr rutjer 3*itung sJlotij oon einer ßolleftion 9ttöbel im SRenaiffance* ftil. $)er 33ater ber jetzigen ^nfyaber be§ ©efd)äfte§ r)at al«5 tüchtiger unb fluger ©efdjäftSmann oerftanben, feine foliben dr* jeugniffe aud) gefdjmacfuoll unb gefällig bem 3luge barjuftetlen, unb unter ben ©ebrübern 33eit)l t)at bie Seiftung§fäf)igfeit be§ ©efdjäfteS mit ben 2lnforberungen ber $eit gleiten ©d)ritt gehalten.

35ie oielen Neubauten rjaben ber «Sdjreinerei in ben legten 15 3af)ren ausgiebige unb lofjnenbe 93efd)äftigung gebracht unb fo fetjr ftd) aud) bie Qaffl ber felbftänbigen 8ct)reiner uermeljrt r)at, fo rjaben bis batjin bocfj alle tl>r reicr)lid)e§ 2lu§fommen gc* funben.

$m September 18Hi> brobte bem Sdneinergcmerbc ein Streif ber 3dtreinergefeUen, rocldie bie ücrabfefcung beö Arbeitstage* auf 12 be*m. 11 Stunben uerlangten. £urd) ba* iriitgegenfommeu ber 3Weifter mürbe ber Streif beigelegt, (rin neuer Streif broljte uor 1'/» ^afjren auöjubrecljen.

roanb, bafe bie« ober jene« Jyrauemimmer ein Mleib beffer morfje al* mandjer Sdjneibermeifter, miberlegcn mir gän.^lid) baburd) :

"iUir geben jroar ut, bafi ce ber ,vall bei bem ein ober anbern 8a)neibcr- meifter fein fann, hingegen fmb "JJlcifter unter un*, meldje Frauenarbeit fertigen, roie foldjc uon feiner biefer ^trbeit^leittc gemacht merbcu fann. (*« fragt fid) nun, als ob ätfeibsbilb bie Steuern unb haften biefer ^rofefftou jafjlt ober ber Sdjneibermeifter ? *>n oorliegenbem ^efdiroerbefall betrifft es eine gauj frembe jyraueusperfon, meldjc jeb bas Medrt eines Sdmeibermeiftcrs anmaßt, nemlid) bie tebige Atatbarine SÖolff aud Strafsburg. Ufad) beifotgenbem (Sonto meldjer ftatt berfelben jur ^cfdieiuigung bem neben trjr mol)ttenben Sdjncibermeifter ftinf gebracht morben ift, i)at biefelbc ber lebigen Sdjroefter bes Sinngiefjers SHürrie basier ein neues .ttletb gemad)t unb jmei anbere oeränbert.

So nun biefes frembe "liktbSbilb obnebin burd) Slblmltung einer Strid- fduile biefigen iuirgersmeibern unb lödjteriu bie ^{abrang loegnimmt, roeldjes ntdjt ftattfiubeu füllte unb ftd) nun uberbies aud) nod) bie Jrcibung unferer ^rofeffion erlaubt, fo ftnb mir um fo cber ber Hoffnung ein itfobllöbltdier Stabtrat roerbc nid)t nur berfelben fonbern überljaupt allen ftd) mit ber Sdmctberprofeffion unftattljaft befaffenben iUeibelcuten foldjcs uerbietcu unb micberlegcn.

Wanten* ber Sdmeibenuuft ^unftmeifter tfbner, 3t. .Horumann.

£er iKagiftral oerbot ber JDemoifelte bei Slnbrobuug be* StabtocnuctfcS biefe Wefdmftigung unb erlaubte ifjr nur ben bisher bamit uerbunbenen fran^öfifdjen Untcrrid)t jtt erteilen.

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444 Ufotabeim im 19. 3abrbunbert.

töcrBcr.

91af)e$u ganj oerfd)munben finb bic (&crBcr. Otoüei: aäfylte im 3al)re 1810 nod) 17 föotgerber unb 3 Söeißgevbermeifter; 20 ^atyn früher roaren e$ nod) 33 ©erbenneifter. ©r ermähnt anerfennenb bie oortrefflidje @finvid)tung bcv gfriebruty 33etfer'fd)en ©erberei, gebenft aber meniger rübmenb be$ guten 2)ufte§, ber im ©erberquartier in ber großen unb Keinen ©erbergaffe berrfdjte. „s4öenn aud) föotl bie im unteren ©tabtteile gelegenen ©erbereien unb ©eifenfiebereien feine balfamifdjen $)üfte oerbreiten, fo ift bie§ nur im Cuartiere für fiel), unb bie burdjftrömenben fjellen 93äcf)e reinigen bie Stift fortroäf)renb. 2)a biefe ©efdjäfte ftd> am füböftlidjen ©nbe ber ©tabt beftnben, roerben bie 3lu3bünftungeu feiten ber übrigen ©tabt burd) bie 2Binbe mitgeteilt", fdjreibt Voller. SängS ber ©tabtmauer oon ber 9Iuerbrücte abroärtS bi3 $um (Eingang ber JJinfenftein'fdjen 3nfel befanben fid) bie ©erüfte jum Aufgängen ber Jelle ber 2Beißgerber.

©ine ©erberei nad) ber anbem ging ein; im 3at)re 1862 maren bie 3Öeißgerbereien fdjon ganj uerfdjrounben unb oon ben SKotgerbereien nur nod) 3 übrig. 2)er letzte ^forjljeimer ©erber ift itttfl. ,v>oi';l)rtiu'r, in beffen Jamilie ftd) §au§ unb ©efcfyäft feit 3af)rf)unberten oon ©efd)led)t ju ©efd)led)t oererbten. ($a§ ^oUfjauer'fdje §au3 in ber ©nmnafiumftraße mürbe 1696 erbaut. $ie ©ityne biefer gamilie roibmeten fid) au§fd)ließltd) bem ©erber* ober Särberfyanbroerf.)

Sßerfdjrounben ftnb bie einftmalS fo angefefjenen fünfte ber 4t auc melier, BeugmartVr, ötrttmpftmrßct ttttb ciidimamcr.

Sie mußten ben großen Jabrifbetrieben meieren. 9!od) nor 40 3a^ren ließen Srauen Unb $öd)ter im ^Bürgertjaufe ba§ ©pinnrab fdjnurren, unb ber Öeinemeber roob ba$ ©am ju folibem .£>au§macrjerletnen, au§ bem bie Butter mit £ilfe ber 2öd)ter unb Wärterinnen §emben unb 2Beißjeug fertigte, ba§ ©enerationen ausfielt unb babei, roenn aud) nicfyt gerabe foliber, fo bod) immer meißer mürbe.

8clbftacfponnen, fclbfta,emad)t SiSar citift bic fdjbnftc Würgertradjt.

2)er gortfdjritt ber Kultur fyat bem ©pinnrab unb bem fieinemeber ba§ ©übe bereitet. $öo ba§ ©pinnrab fid) Ijeute nod) Seigt, ba ift jumeift nicfjt ein Arbeitsgerät, fonbern oielmetjr ein 2uru§gegenftanb.*)

*) 3m ^afyre 1849 liefe bic Vcineiocbcr- unb ludjmarfjcrjunft noa) ein- mal etioa$ Cffaiellcö oon fid) boren. £ic mußte nämlid) an bic Domänen- uerroaltuna, eine jabrlidjc Slbaabe von 1 fi. 54 ,Hrj. entriebten. ^m ^abre 184« nun oerroeiaerte fic bic weitere irntridjtuua. biefer oteuer, worauf bic- felbe aua) irnbe gamiac in Abgang befretiert mürbe.

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<0forabcim im 19. 3abrbunbert.

445

3lud) bie Heineren 3ica,(Tt'icu , mie fie früher beftanben, finb nad) unb nacf) oerfd)iounben. ßalioerftrafje, an Stelle be§ neuen 8d)uU)aufes, war bie $ieg«>lei oon s3ftaier. 3)er „3ieglerfvieberle" batte fein ©efd)äft an Stelle ber Jurnbaüe in ber fenaftrajje, ^ie^ter 3Jtürrle roobute juerft in ber SBabgaffe, bann am (£gelfee ijet}t 93al)nbof). Später befanb fid) in ber 3fpringerftrafje im ^Befi^e ber 3*a«"^« &<*4 eine größere 3iegelei. $eute wirb ber fet)r geeignete Sebmboben nörblidj ber SBabn oon ber 9Jlafd)inenjiegelei oon fetter mit ben neueften tedjnifdjen Mitteln ju Siegln unb Skcffteinen oerarbeitet.*)

5(ud) ba3 ©emerbe ber (fteßfWägcr ift oerfebwunben. £u beginn be$ 18. 3abrbunbert3 gab noeb 5 berartige ^Betriebe in ber Stabt: $)er bebeutenbe Oeblfdjlag oon ^flauer, ©eiger unb (£ie., weldjer pro $>ax)X 2000 1 9tepiöl probujierte unb in Celen einen ©rojibanbel betrieb; ©erroig unb (£ie. unb ber £>elfd)lag be3 s$forsbetmer $lofjoerein$, aufjerbem nod) 2 Heinere betriebe. 9lur ein fleinerer ^Betrieb ber $atj'fd)e Oef)lfd)lag erbielt fid) bis gegen (£nbe be§ OaWunbertS, al§ ber 93efttjer berfelben, 3lrd)iteft 9J?aler, bie ooibanbene 2Bafferfraft oorteil* bafter jur (Srjeugung oon eleftrifdjer $raft unb 2id)t für feinen großen 5aül*^ncuDau oerwertete.

Seit einigen Qabren beftebt in ber Stabt eine oon 33tettanb u. <lte. eingeführte unb betriebene 3af)ttfa6rift, bie erfte auf bem europäifdjen kontinent. Qnbaberin ift gegenwärtig eine 9lftiengefellfd)aft m. b. ted)nifd)er Seiter ift $)ireftor ^einrieb Sluguft Sienanb. 1900 belief fid) ber Umfafc auf l1/, Million Warf.

"2.1 an Ii- uub 28edjfefflefd)äfte.

53i§ in bie 50er 3abre beftanb in N^forjbeim fein eigent* lid)e§ 93anfinftitut. 2)asi erfte ©efdjäft biefer 9lrt führte Vlatüan 25off unb jmar fommiffionSweife, inbem er bei einem Äarl§* ruber 93anffjaufe bie oon ben gabvifanten benötigten Sobugelber unb Scbmelagolb trotte unb Siefen auSbejablte. 9lad) feinem £obe fübrte bie 2Öitme SBolf ba§ ©efd)äft weiter, $>er erfte eigentlidje Sanfter s$forabeim3 mar Attgttft öligerer, beffen ©e= febäft bis in bie Witte ber 80er 3af)re beftanb. 3m 3at)ve 18G4 befanben fid) fd)on 5 $8anfgefd)äfte in ber Stabt, 1872 waren bereu 13. 3m Sabre 1871 rourbe ber &fox$eitnet SSanß-

•) ^aljvc 18H1 #ab noö) mehrere foa,. Jelbjiegdeien, rooruntcr bie Jried^fcftc bie bebeuteubfte roar. gleichen oal)re rourbe im Cften ber Stabt unter bem ©aäroerf ein ringförmiger Riegel« unb flalf6rennofen erbaut.

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^forabeim im 19. 3abrbunbert.

Pf rein gcgrünbet unb ätoar als ftommanbitgefellfdjaft auf 5lftien, toeld)e mit bem 1 Sanitär 1872 mit einem 3lftienfapital oon 525 000 ©ulben in$ Sieben trat. $as ^nftitut bat für ben @elb= unb ftrebitoerfeljr eine grofte $3ebeutung erlangt. 3m 3at)re 1875 erbielt ^forjbeint aud) eine "2let(6ö6anßneBeitfteirc. $iefelbe erroarb ftd) ba3 ebemalige ftittler'fdje £>au3 in ber «abnljof|tra§e um 60 000 «Warf.

$er Umfatj an @innaf)nten unb Ausgaben betrug:

1897: 236,794,422 Wt

1898: 283,816,135 SWf.

1899: 356,050,210

1900: 383,237,515 ÜWf. sJtad) bem ^Ibre&falenber oon 1900 befinben ftd) auger ber 9ieid)§banf 7 SBantgefdjäfte in ^forjbetm.

Per itfeinoanbef.

93iele ber Keinen $>anbtoerfer, beren ©efdjäft infolge ber ©rofifabrifation auf ben s2luSfterbeetat gefegt mar unb oon 3at)r ju Sat)r weniger einbräche, baben ftd) flugertoeife bem 3\\$e ber $eit anjubequemeu oerftauben, fie gaben ben müf)famen unb uneinträglicfyen betrieb auf, belogen ifyre ^Barett oon ber 5öbrif, unb erhielten au§ bem SBerfauf berfelben einen größeren yht&en als juoor bei allem gleiße burd) ben §anbioerf3betrieb. Nebenbei biettett fte in iljrem Säbdjen nod) aller sÜrt ^Biftualicn unb frifteten auf biefe SBeife ein gar nidjt fo unbef)aglid)e§ $afein. ®ann aber famen oon üJlitte 1880 au bie Majore unb 6d)leuber* gefdjäfte, eroberten fid) burd) bie anfd)einenbe Söiüigfeit iljrer fearen ba§ faufenbe ^ublifum, unb für bie ftleinfattfleute begann nun genau toieber berfelbe ftampf, toie if)tt bereinft ba§ #anb= werf mit ben Jabrifeu aus$ufämpfen fjattc unb aud) genau mit bemfelben Ausgang, näinltd) mit bem SRuin ber kleinen, bie einzeln gegen bie enorme Stapitalfraft ber ®enoffenfd)aften unb ©röfjbajare nidjt auffommen tonnen 2)er Untftanb, bajj bie beiben älteften b^ftgen 2Baren!)äufer oon $nopf unb SBronfer (burd) umfaffenbe Neubauten in bie Sage gefetjt, fo jiemlid) alle 9lrtifel fütjren ju tonnen) fid) felbfl gegenteilig Ronfurrenj machen, trifft natürlid) am empfinblidjften ben ftleinbanbel.

Ratten in ben legten 3atjren bie Äurj*, SBeifK SHanufaftur* maren*, $onfeftion§= unb §au3l)altungsgefd)äfte unter ber SBaren-- bau§fonfurrens 511 leiben, fo gefeilten ftd) im Saufe be§ legten SatjreS baju nod) bie 5lolonialtoarengefd)äfte, bie ohjtebin fdjon bie (fenftenj be3 SebensntittelbebürfniS* unb ftonfumoereinS entpfmb* ltd) fpürten. Urfadje mar bie CStablierung eines auswärtigen

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Sfotäbctm im 19. Sa&rbunbett. 447

Konfumgefd)äft3 in ber ©tobt, ba§ ungefähr benfelbeu Qtoimb« feigen fyulbigt wie bic SSarenfjäufer oon Knopf unb s2öronfer. (Sine anberc Kolonialwareufirma grünbete in ganj fur$em Qeit« räum 5 gilialen in ben oerfdjiebenen ©tabtteilen. 3)ie Solge ift, baß all bic fleincn Kaufleute in bcv 9läf)e fotdjer ©efdjäfte faum meljr eyiftenafäfyig finb. ©ic ftnb genötigt, 9tebengefd)äfte äu treiben ober iljr ©efdjäft ganj aufsugeben, um anberweitigen 93erbienft ju fudjen. £au3* unb Küchengeräte tjolt faft niemanb meljr im (Sifenlaben, fonbern im Skjar. (Sbenfo leiben bie ©alanterie*, £uru§=, Spiel* unb ©Ia3warengefd)äfte. Sie alle oermögen nur ~nod) burd) feinere SBaren unb ©pejialartifel einigermaßen ju reüffteren.

3ltle Klagen unb alle Hoffnungen auf Erfolge burd) gefet}-- lid)e (Einfdjränfungen jener ©roßgewerbe finb überflüfftg. $)ie Sluffaugung ber Kleinbetriebe burd) ba§ ©roßfapital wirb mit matljematifdjer ©ewißfjeit oor fid) gelten, wenn nid)t jene, bem 93eifpiele be3 £anbwerte folgenb, fkfy einigen unb burd) ©elbfttjilfe 93efferung fudjen.

2)er ^for^eimer Kaufmann läßt fid) fjeute mefjr a(3 früher angelegen fein, feinem ©efdjäfte aud) nad) außen ein möglidjft prafentableS silu§fel)en ju geben. 3)ie Auslagen finb burdjweg gefdjmaduoü angeorbnet unb $ur $eit oor 3Beif)nad)ten mirb ba§ SBefte unb 9ieid)fte mit fünfllf rifcfjem ©efdjicf oer* wenbet, ben 93licf be3 ^ublifumg ju feffeln.

Per itonfumoerein. (<$. ©. m. b. £.)

$)er Konfumoerein würbe 1865 gegrünbet. 3)ie ÜJHtglieber* &af)l mirb erftmal§ dnbe Sftai 1868 mit 507 genannt. 3ur 3eit l)at ber herein 1911 Sttitglieber, 6 gilialen für ©peserei* unb ^acfmaren unb 2 für SBacfwareu allein. $er Umfafc pro 1900 mar 573800 9Jtt., bie aflitglieberjal)! 2004. «n SDioibenbe mürben 1900 76 207 Wl - 15 ^rojent oerteilt. ®ie ©rünber waren: ^errenner, 9tol)recf, Zvaufy jun., <5uebe§, Kunjelmann, Sofjm, Kraft Staffing, Xfjeilmann.

^eßcnömUtcföcbürfttte -herein für "^for^öeim

unb 21 mg diu na,.

$)er 93erein würbe im 3al)re 1890 gegrünbet al§ 33er* einigung otjne Haftpflicht 511 bem 3wecf, ben 9flitgliebern, bie jumeift bem Qnbuftriearbeiterftanbe angehören, burd) (Sinfauf im ©roßen billige Lebensmittel gegen *Barjat)lung ju oerjdjaffen.

448 ^forafocim im 19. 3abrbunbert.

3ie ^itatiebevsabl betrug 1897: 3068. 3er ©efamtumfafc in btefem 3abv belief fid) auf 249 520 9Rf. 31 $fg. »uf jebe§ sJDWglieb fam ein 93erbraud) oon 81 sJflarf. 3ie Skrioaltung beftebt au§ einem ^orfitjenben uub 12 s#ueifd)uf?mitgliebern. 3er fteingeroinn im Oabre 1897 betrug 8 767,04 9Jtt., ba§ ©efamt> oermögen 45 448,46 9)}f. £eute ift nad) uorübergebenber ftriftS ber herein infofern fonfolibiert, al$ er in eine ©enoffenfdjaft mit befdjranfter Haftpflicht umgeioanbelt ift. 3^oes 3)iitglieb jablt eine Einlage oon 3 9JJarf unb ift roeiter mit 3 sMaxt fyaftbar. 3er herein befi^t ein eigenes 4>au3, in ber ^ammftrajje sJlo. 3 unb 5, im 2lnfd)affung3roert oon 185 000 9ftarf.

Pao ^urfibrudiergetticrBc.

3er „$eobad)ter".

SWit beut neuen OaMunbert erhielt ^foi^cim mieber eine Hiudiörudu'n'i, nad)bem bie £tabt bereite im 16. ^afjrbunbert ein für jene $eit t)od)bebeutenbe§ (#efd)äft biefer 9lrt unter bem S3ud)brucfereibefit>er 31 n 3 beim befeffen Ijatte. üflit ber 93er* legung ber Mefiben*, nad) 3urlad) ift biefe§ ©efdjäft leiber bei- gabt roieber oevloren gegangen.

93om 1794 an erfdjieu in ®arl§rube für ^forjbeim

jebe 9Bod)e in Dftao ein befonbereS $Hättd)en, „bie ^forjbeimer roöd)entl. sJlacf)ricr)ten". s3ll§ im $abre 1800 burd) (£fnr. Jr. 9MUer au§ ftarlSrufye toieber eine 3rucrerei in sßfor$beim errichtet rourbe, erfdnen oom 3ult jene§ 3ufH'e3 an ba$ $8lalt in biefer ©tabt felbft unb jroar oon 1801 an in Dftaoformat. 3ie tüödjent* liefen 9iad)rid)ten oenoanbelteu fid) 1811 in ein „©ocbenblatt", 1832 aber in ben „S3eobad)ter", ber oon ba an roödjentlid) jroei', fpäter brei=, oon 1856 an oier*, oon 1858 an fünfmal erfd)ien unb fid) am 1. Quli 1861 in ein täglid) erfdjeinenbeS ^Blatt erweiterte. 93on Füller ging bie 3rucferei auf 3. 3R. $afc (jetjt 93ecfb3 "Öienoirtfdjaft), fpäter auf 3 9W. Slammer über, roeldjer einen 'öudjbanbel bamit uerbanb. Stuf klammer folgte al§ SBefityer beffen 6d)toiegerfobn ©ottlob 9Jlänner, fpäter beffen trüber Otto ÜDJänner. 3m Oftober 1889 ging ba§ ©efdjäft an Qofepb 3luton 5Mnber über; ber ooüftänbige Xitel be3 sölatte§ fjieg je^t: ^forjbeimer $3eobad)ter, Amtsblatt für ©tabt uub 2lmtsbe$irf s]jfor$beim. Beilagen: ^for^beimer UuterbaltungSblatt unb bie (£belmetaU'-3ubuftrie. ^forjbeimer Zentral = Cffertenbtatt für bie ©olb* unb ©ilbermarenbrandje unb bie bamit oerfnüpften ^ntereffen. 3ie beabfidjtigte Sinei* malige 5lu§gabe täglid) erroieS fid) al§ unjioecfmäfjig. Vorüber* gef)enb ging ba§ ©efd)äft au Starl Söeinbel über, um 1892

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Wotabeim im 19. fobrtmnbert. 44$

wieber oon Sinber weitergeführt ju werben. 35er jetzige $e* fifcer sJHar SHemm faufte baS ©efdjäft im 3af)re 1893. $urd) Anfdjaffung oon 3atinier- unb ©dmeibemaichinen, Stereotypie* einrid)tungen, $HotationSmafd)ine unb Setjmafchinen, feine Accibenj* brutfe, ift ber Seftfcer beS „Beobachter" beftrebt unb in ber Sage, alten mobernen Anforberungeu gerecht ju werben.

3n ben ^afyren 1839 43 beftanb in NJ$for$heim nod) eine jmeite auSgebebnte 93ud)brurferei in Serbinbung mit einem be* beutenbeu ^crfa^gefcfiaft unter ber ftirma Pfttittg, >tnß unb 6t r., auS bem manche ausgezeichneten SBerfe mit oorauglicher tnpographifdjer AuSftattung heroorgingen. 3fa ben 60er fahren befaß $3ud)f)änbler Schwaig eine jweite Sudjbrucferei in ber Stabt.

Stet „s}3f orsh eimer Anzeiger".

9kd)bem ein im Spätjahr 1870 erfd)ieneneS 53latt „^forj* heimer Leitung" Mj ntcljt als lebensfähig erroiefen h<*tte, grünbete SBucfybrucfer Müller auS Mosbach im felben 3at)re nod) nad) bem dufter beS ,,.g>eibelberger Anzeiger" ben „<ßforaheimer Anseiger". $aS ©efd)äft faufte er um 6000 fl. oon Sanfter Auguft Ungerer. Am 1. September 1872 mar bie (Einrichtung fonieit fertiggeftellt, baß bie erfte Kummer erfdjeinen fonnte, roenn aud) in fleinem, befdjeibenen Sormat, 2 (Seiten groß unb nur Snferate enthaltend Selbftrebenb blieben aud) bie Schwierig« feiten mit ber Äonfurrenj ntct)t auS ; aber bie ^ähigfeit MüllerS trug bod) ben Sieg baoon. AIS fpäter neben ben Suferaten aud) lofale unb politifdje Mitteilungen erfdjienen, gefdjab bieS nicht vom ein = feitigen ^ßarteiftanbpunft auS ; jebermann füllten bie ©palten beS SBlatteS offen ftefyen, unt jebe Partei follte barin $u Söorte fommen, fofern nur nietjt gegen bie SBeftimmungen beS ^Srcg* gefe^eS oerftoßen rourbe. s)lad) uielen @nttäufd)ungen unb unter ungenau lid)en Anftrengungen gelang eS Füller mit $ilfe ihm wohlgefmuter Bürger* unb Arbeiterfreife bie Abonnentenjahl beS BlatteS @nbe 1874 auf 3500, bie 3nferatenjaf)l auf 7000 511 bringen. 3unäd)ft oerlangte er lebiglid) 6 ßreujer Srägerlohn, fpäter, als baS Jyotwat größer rourbe, ein Feuilleton unb einen unterbattenben Seil erhielt, 20 v$f. unb nach weiterem Zuwachs an Abonnenten 30 *Pfg. pro Monat. 3m 3>af)re 1883 betrug bie Abonnentenjabl 6500, bie ber 3nferate 26 500. 3n biefem 3af)re oerfaufteMüüer baS©efd)äftnüt Anwefen um 110000 SRC an Such5 bruder |whmann, berfelbe war Befitjer beS Anzeigers bis 1. 9lov. 1888. 4ie Auflage beSfelben ftieg bis bahiu auf 9000 ©yemplare, bie $af)l ber 3nferaten--Aufträge auf 30 000. $ie neuen Befifcer, ©ebrüber tyrnl unb JJritj Sobe, erweiterten baS Blatt; [\z oer* mehrten ben £efeftoff, ber bis bahin eine Seite faum überftieg

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450 Worabeim im 19. 3ai>rbunbett.

unb mcift baruntcr blieb. 3)ie Auflage ftieg fo, baß im 3ahre 1889 bie 9lnfd)affung einer $Hotation3mafd)ine notroenbig mürbe, meiere 12 000 oierf eilige Rehungen ftünblid) brueft, faljt unb abwählt. 3m 3ahrc 1899 machte baS enorme 2Bad)3tum be§ Slnjeigers eine ©rroeiterung ber ©efdjäftsräume notroenbig. ©in Neubau bev $rucferei fanb ftatt. 3n ben neuen Räumen, ©nj-~ ftraße 23, rourbe eine jroeite, eine fog. ad)tfeitige iHotationS« mofe^ine aufgeteilt unb beibe siHafd)men beforgen nun ben $rucf beS „sJ$foräbeimer 9lnjeiger$", beffeu Auflage auf 14500 Gcremplare geftiegen ift unb ber nunmehr täglich im Umfange oon 8—20 Seiten erfcheint.

$>a§ „$forj$eimer ©täbtifche Sagblatt".

©egrünbet 1893 im Berlage oon Robert S?apfer. $a§ ^foräbeimer ©täbt. £agblatt bient nur ben öffentlichen Outereffen. ÜJht feiner Verausgabe roirb fein ©eroinn begehrt, fonbern ba§, roa§ bei biUigfter Berechnung aU Ueberfdjuß Derbleibt, foll gemeinnützigen Unternehmungen jugeroenbet werben. $ie oon 3al)r ju Oabr geftiegenen ^3etvieböf often , $lufd)affung einer ÄotationSmafchine unb ber äußerft niebrige 9lbonnement3prei3 ermöglichten nod) nic^t, Ueberfdjüffe ju erzielen unb biefe ihrer gebadjten s.ßerroenbung jujufübren. $er Jenbenj nad) ift e3 politijd) unb fonfeffionell parteilos oerfolgt aber im allgemeinen eine freifinnige iKidjtung, nid)t ohne inbeffen aud) anbermeitige

9lnfd)auungen gelegentlich sum ShiSbrucf ju bringen.

* * *

5lußerbem befttjen ^Iccibenjbrucfereien $Broe. $öilf). Berggötj Serbinanb Dornberger, (£rnft $3irfner, Oofepb ftnoblaud), ^ermann Ruf, ßbviftian ©djneiber, ©ottlieb ©ie3, $aul ©ertiS, SßMlbelm $löpfer, Hamburger & Brebtmann.

$asf erfte Slbreßbud) erftf)ien im 3af)re 1859. (Seit 1885 crfrfjetut regelmäßig alle jroei 3af)rc jefct jährlich ein oorjügliche^ SIbreßbuch oon ^olijeifommiffär ©eifert unb ^olijeiaftuar SBebel.

3n ben 50er 3af)ren mürbe oon 93ud)bänbler ©djroarj bie erfte Seihbibliothef gegrünbet, roeldje im 3ahre 1856 gegen 2000 SBänbe umfaßte unb fleißig benutzt rourbe. $ur 3eit hat ^forjheim fünf SBuchlwnblungen , roooon bie 9tierfer'fd)e bie ältefte ift. (Siuem ^öebürfniS entfpricht bie feit brei fahren beftehenbe 9leumann'fd)e sJWufifalient)anblung.

©eit 1899 befitjt bie ©tabt in ben oerfdjiebenen ©tabt= oierteln ungefähr 30 v$lafatfäulen unb s}3laiattafeln , bie oon SBuchbrucfereibefttjer ftlemm um etma 900 3ttf. jährlich gepachtet mürben unb gegen entfprecbenbeS ©ntgelt ben föeflameluftigen überlaffen merben.

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WorabeimMm 19. 3abrbunbett.

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Vit Juanbefeßammer.

Tie itfor^beimer Jnbuftrie mar oon jeher beftrebt, eine if)rer Sebeutung entfpredjenbe Jutereffcnoertretung \u tyaben. Jn ber erften (Sutwidluiigs periobe fonnte biefe Bertretuug nur im Stnfcbluffe an größere Jntereffen: oeibänbe gefunben werben, lüährcnb fie fpdter in einer felbftänbigen Korporation jum Slusbruct tarn, bereu #orm unter bem Sttecbfcl ber ftaatlichen ®eioerbe= gefefcgebung jetoeilS fich änberte. £as Bebürfnis naa) einer Bereinigung ber Wor$betmer Jnbuftriecllen trat 311m erftenmale im Jahre 1870 311 tage, als bie fleine Schar oon 12 (Meiocrbctreibcnben bem im Jahre oorber baupt fädeltet) oon fübbeutfeben ^abrifanten gegrünbeten „^eutfdien .vtantiel^ u n b ÜJeioerbeoerein" als Ortsgruppe beitrat, tiefer Berein ftanb unter ber geiftigen Leitung beä febr tbätigen nnb roeitfdjauenben BolfSioirteS ^riebria) fiift unb hatte fidj oornebmlid) *ur Aufgabe geftellt, bie 5luf- Hebung ber inneren Seile jioifchen ben beutfeben Staaten unb beren Ber* legung an bie Wreuje herbeizuführen, b. b. er toollte bie 38 inneren beutfebeu 3olIgrenjen aufbeben unb Xcutfcblanb ju einem nrirtfd)aftlia)en Wanjen ergeben. SDiefe Jbee, ein Ausfluß ber patriotifchen OJefüble naa) ben Jyrcibcitöfriegen, führte alle intelligenten BaterlanbSfretinbe jufammen unb fanb feine ^enoirf- lid)ung in ber Schaffung beö beutfeben rfolloeretnS, bem im ifaufc ber 30er Jat)re faft alle beutfeben (rinjelftaaten beitraten. Stach ber l'öfung biefer Stufgabe erlahmte bie Ibötigfeit beö „Ten; übet; banbelS unb ÖeioerbeoeretnS" mehr unb mehr, bis jioei neue fragen, „Schub ber Jnbuftrie" unb „Bau oon (*ifcnbabnen", nrieberum angeregt oon vift , bie Jntereffcn beS BolfeS be* berrfebten unb bie (üeroerbetreibenben aufs neue ju engem ,3uiommenfa)luß oeranlaßten. So entftanb 1841 ber „babifebe Jnbu f* r *eo e r c t n" m'* bem iuu- in Karlsruhe, oon beffen Bcjirfsoereinen auch einer in Bforjljeim feinen Sib hotte, ber bie Bejirfe Marlärubc, ^forjl>eim, $urlaa), Bretten, Baben, Gernsbach unb Büljl umfaßte. Jm Jabrc 1844 fcbloffen fieb biefe Jnbuftrieoereine bem „allgemeinen b e u t f cb e n 3 n b u ft r i e 0 e r e i n" an unb toaren mit biefem thätig bei ber iföfung ber oon Ktfl normierten Be» ftrebungen: Einführung eines gemäßigten ^ollcS, Bau oon iSifenbabnen, ein* beitlia)e Crbnung beS Boft*, Wüny-, SHaß; unb $eioia)tSn>efens, Sdjub beö geiftigen (Eigentums jc. Tie eigenartige ,\;:r:p:i ;e BforjbeimS brachte e* mit fieb, baß im Slnfdjluß an ben Bejirfsoerein fid; noch aus freien Stücten ein „$lusfd)ußs Komitee ber Bijouterie* ^abrif anten" (Jabrif^ f 0 m i t e e ), oon ben Beworben fd)on „öanbelsfammer" genannt, foioie ein „.& a n b e 1 S B 0 r ft a n b" (für bie übrigen (bewerbe) bilbete.

Tic anfangs febr rege Jbätigfeit biefer Bereinigungen erlahmte, als bie Regierungen ber oerfdjiebenen Staaten glaubten nu Hebung bes @emerbes roieber ju mittelalterlichen S"nft«i«rid)tungen jurüeffehren ju müffen. 3tuf Wrunb beS Öefefceö 00m Joöre 1853 galt bie öanbelsfammcr nunmehr als 3"«"«g unb umfaßte ben ganjen .^»anbelSftanb, an erfter Stelle bie *i jouterief ab rifanten. ^eber, ber fortan ein fcanbelSgefcbdft anfangen roollte, mußte eine Prüfung befteb,en, entroeber oor ben ^Witgliebern ber .vanbclsfammer ober oor einem oon biefen ernannten irjaminator. Jvür bie Slufnafime in ben S>anbelsftanb rourbe oon ber franbelsfammer eine jiemlid) hohe (Gebühr ertfoben. 311S bann im Jahre 1862 bie OJeioerbefretbcit ins hieben trat, nahmen bie öanbeisfammern toieber ben (Sbarafter freier o"tereffengemeinfd)aften an. 311S foldje rourbe am 15. SHärj 1805 bie „^anbelsgenoffenfcbaft ber Stabt ^fors* b,eim" gegritnbet, neben welcher 1871 |ur fpe^iellen Bertretung ber Jutereff eu ber Bijoutcrieinbuftrie ein „#a b r i f an t e noe r ein" ins Vebcn trat. Tic eigentliche Xljätigteit besfelben erlofd) im Jahre 1874 naa) ber üJiener WelU ausftellung, rodbrenb bie fonnelle iluflöfung erft 1885 erfolgte, inbem baS oorhanbene Bermögen ber im Jahre 1880 auf Cirunb Oed babif a)en .oanbcls- fammergefebes com 11. ^ejember 1878 gcgiünbeten unb an bie SteUe ber

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452 Worabeim im 19. 3abrbimbert.

ftanbclögenoffenfdjaft getretenen Jp a n b e $ f a m m er für ben Slmtöbejirf }Jf orjljeim" überroiefen rourbe. Tiefe neue Organifation, roeldje ben ganzen QanbeM* unb Öeroerbeftanb umfdjliefit, unb ber .öanbelätammer bie 31ed)te einer juriftifdjen ^Jcrfon, foroie bie (rrlaubniä verteilt, Umlagen unb Unfoftcn auf bie 2Baf)lbered)ttgtcn ju oertetlcn, trägt ben Öebürfniffcn genügenb ftedmung.

Seit 1865 giebt bie ftanbelSfammer 3abrc$bcrid)te tjcrauä, anfangt in längeren Zeiträumen, feit 1880 alljäbrlid). Ta* Ütmt beö .foanbeläfammers präfibenten befleibeten bieder Jabrifant £enj, iyabrifunt ^erreuner, (*belftein« tyänbler unb Kommerjienrat $efell, Jabrifant unb Äommerjienrat ©ülia), ftabrifant ü. 2B. Weier, ©efretäre roaren : Kaufmann ^afob Öertram, Tr. 2, Motte, eugen Tennig, Tr. Ääfemadjer, SÖalter Siebter.

Per ^uafmäitttifdle herein.

3m 9iooember 1873 mürbe oon 79 jüngeren tfaufleuten ber „Äauf; männifdje herein" gegrünbet, ber fidj all bauptfäd)Iia)ften 3n,c<* bie roiffen^ fdjaftlidje Sluebilbung feine* jungen sJtad)ioud)fee jur Aufgabe maebt. Tie* ift ib,m im Verlaufe ber 27 %at)xe feine* iüeftefjen* oollauf gelungen unb, roa* faft nod) roertootter ift, er t>at unter ber tfaufmannfdmft baö gefunfene ©tanbe*gefül)l mieber getoeett unb gehoben. Tie erfte Witglieberjabl betrug 79, erfter SJorftyenber mar (Muftao £uttelmeier, nad> it)in oerfaben biefe« 2lmt $r. SBolf, War. Monig, Örennci*, (Mg. Stoll, Bft. SUeber, 15. Sdmetber, Hob. ^ufc, Jyriebr. |>äder, 21. ^tfdjmann unb Otto Söriefemann. §auptfäd)licb unter ben (enteren beiben Herren gelangte ber herein jur Glitte unb jutn 2tnfef)en in ber ©tabi. Sein oielgeftaltige* Unterridjtöroefen mit ber ©pradjen* Abteilung für Teutfdj, ^ranjöfifdj, (Snglifd), Spanifd) :c. rourbe namentlich, bi* in bie Witte ber 90er ^aljre ausgiebig beuubt. s)teuerbing* ift fnerin leiber eine geroiffe Vautjeit eingetreten. Belm 25jäl)rigen Jubiläum, ba* mit großem ^Jornp im „©ebroarjen 2tblcr" begangen rourbe, fonnte mitgeteilt werben, bafj ber Äaufmännifdje herein unter feinen nafjeju 1000 Wttgliebern 460 ^rinjipale jäbjt. ric populär;roiffenfdmftlid)en Vorträge ftnb beute ber Sammelpunft ber gebilbeteu 3Belt ^forjbcim«. Um bie* ju erretdjen, rourben feine Soften gefdjeut unb für biefe Slbteiluug in 25 ^atjren ctroa 38000 Wf. aufgeroenbet. Sin ber Unterrid)t*anftalt , roeld)e feit 1894 oon ber Regierung unterftü^t roirb, roirfen 7 Üeljrer, beren Honorare oon 1883 bi* 1898 runb 100000 Wf. betrugen, unb ju benen ber herein 20000 3)11. beifteuerte. Tie 2lbteilung für Stellenoermittlung erfreut fid) oon ^al)r ju ^af)r eine« größeren ^ntereffe*. Seit 1887 bcfefcte fie ttOO oafante ^läfcc nur in ber töolb* unb Silberroaren= brandje. Tie iüibliotljel umfafjt 3800 iöänbe mit einem Neuwert oon 15 000 Warf. 3tm 15. Wdrj 189« bejog ber «erein fein neue«, um 125 000 Wart getauftes §eim, ben „Äaiferfrof. Tie befud)teften Säume be*felben fmb bie Vefcjimmer. 52 Zeitungen unb ^eitfefiriften be* ^n- unb 2(u4lanbeö, foroie 118 Mad)fd)lageroerfe bienen ben Witglieberu al« täglidje geifrige 9iat)rung. (Sine aufmerffame pflege finbet bie ÜJcfelligfeit. 3n SJerbinbung mit bem SJerbanbe faufmännifdjer Vereine t)at ber $forjf)eimer faufmännifd)e herein fid) jeroeilä lebhaft beteiligt an allen grofjen roirtfdjaftlidjen Jagedfragen unb feine Stimme rourbe immer gerne gebort.

Skrüfmtte Mebner traten auf: Wacberfe=£»eibelbcrg, o. SRieh>Wünd)cn, Öottfrieb Minfel - 3i»nd) , Stttil Siitterslwu« - Carmen , (r. ^aul 2liiölicenu«, Jelir Ta^n, Äarl Stieler, ^rofeffor Oncfen « tieften, ©erbarb 9tol)lfd, Sllfrcb Äirdjboff-Öalle, ^rofeffor Waurenbred>er-£'eipjig, ®ot^ein=Äarl^ rulje, JRubolf ^alba'eip^ig, öetnridj ^räufel- «erlin, Subroig Julba, ©affer= mann - Äarlärutye , 2llbert Nittum, öeff e * äüartegg, Juliuö i'oljmeoer, War fcauöljofer, $einria) öult^aupt, ^o^anneö fcrojan, (Älabberabatfa)), Tr. grii

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^forjbeim im 19. 3abrbunbert. 453

6a)utfre*£re3ben, 2lleranber $ille * (WaSgoro, 9teia)$ritter o. «injentt * SBien, ^rofeffor i)lünö>!Earmftabt , (Srnft u. üttol^ogen, $en* Vüfcen* Berlin, ©ugen Äüljncmann - Harburg , £r. (E. Äinbcrmauu * öeibelberg , 3lrtf)ur 5(a)lettners Wunden.

9ieben bcm genannten herein befteben nod) ber ^aufmannifrfje Ifrretn f)anfa, Äreiäoercin im SJerbanb beutföer £tanblung3gef)Üfen ju i'eipjig unb ber fiaufmäimifdje Herrin UtrrJttir, Ortsgruppe beS beutfa> nationalen .t>anblung«ge$ilfenoerbanbeS.

«ftrebttoreitti errtit.

3m 3uni 1894 trat ber Ärebitorenoerein ins Seben. 3)er Qmd be«* felben ift:

1. 93efa)affung unb Sammlung von 2lu«funf ten über alte frebitfu$enben »ijouteriefdufer ;

2. ßinjajreiten beä Vereins als Vertreter fämtlidjer Gläubiger bei ^nfoloenjen ;

3. abftellung oon 3Rifebräua)en in ber ®olb« unb Silbenoareninbuftrie. Der herein ftanb früher in enger Bejtejjung jur £anbel$fammer, beren

Sorftyenber aud> ben Sorfijj im 95orftanb beä ÄrebitorenoereinS (>atte. 2)er herein umfajlie&t 2 Abteilungen, eine für ba* SlusrunftStoefen, bie anbere für Äonfurfe unb Snfofoenjen.

gereift iUebitreform

(jum 3ü)u$e gegen fd>äblia)e« tfrebitgeben).

Seit 1883 bem «erbanbe ber «ereine Ärebitreform, ber internationalen Bereinigung oon ^abrifanten, Kaufleuten, SJanfen unb 0cn>erbetreibenben aller Sörana)en angetjörenb. aRitglieberjaljl 570.

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454 ^forabeim im 19. ^afabunbett.

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455

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(Sntbinbunaäanftalten

3

Gffigfabrifen

1

2

^ädjenuadjerin

1

ftafjrräbera.efd)dfte je.

MM*

10

ftebern Jydrberei

1

ftebern; Reinigung

7

ff

At'ilcnhaiu'r

2

2

3

10

fteueruna.$ted)nifer

2

fttligran*®efd)dft

1

Fingerhut* Jyabrir

2

rtleifdjljatfer

1

ftliegenber »uajljanbcl

9

Alöffcr

96

56

6

Jyourniere

1

rtrifeure

1

46

^rifeufen

7

ftu^runternctmter (i'aftfuhren)

w w % | ff 0 0

2

35

(Gärtner

7

42

(Galanterie* unb ^ortefeuißeroaren

13

(Galoanoplaftifdje tÄnftaften

4

(Garn^pejialgefdjäft

1

1

(GartemXedmifer

1

(Gaömotorenfabrifen (Vertreter)

2

@o«* unb SßafTerleitungägefcbäfte, eteftrifdje

(Sturidjtungen

19

©erber

20

4

1

(Gefd)dftebüa)er

9

(Gef(f)irr

9 98

(Glafer

6

7

(GlaSfdjleifer

2

(Glasmalerei (Vertreter)

1

(Glaä* unb ^orjellantoaren

8

(Golbfdjldgerci

1

(Gürtler

4

(Gütcrbeftfttter

2

(Gummi*, SISbeft*, ted)n. unb djirurg. SEBaren

5

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456 ^forabeim im 19. 3obrbunbert.

1M59

1900

Citri 0*r (Orutrrbr

1810 naa) rtouer

nact) bem 1. Slbreft-

nad) bem «brefc

falenber

falenber

Ünpfer

2

9

.fcoljflofcgefrfmrt

1

£täute unb Jelle

1

ttanbfcbul? >:>anbluna,en unb iUafdjereien

4

^oiie- unb Mudjengeröte

ii

24

fcebammcn

4

11

.fcefebanblungen

S

fcerbfabrifen

7

\V'iUnm Mumien

*

1

2

14

öül)neraugen= Operateure

2

.V>ütc unb iMüfccn ^aloufte unb JHollläben

9 8

Äaminfegermcifter

m

1

3

.Hammaajer

2

Äaffenfabnfen

n

Äeltereien

1

8

Äinberroagen

8

Äletbermagajtne (tarnen)

D

Mleibermagajtne (Herren)

i n

12

Mletberreinigung

1

Kleiber* unb ^antelmaa)ennnen

85

Änopfmadjcv

2

et

2

Mocfae

6

ttobjenbanblungen

22

ÄolomaW, opcjcreiroaren, Cigarren u. labaf

20

25

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Jtolonialn>aren*2tgenturen

£>

Morbmadjer

1

4

Moftgebereien

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49

üranfetiprlcge imamtddje)

1

Äranicnpflege (roeibltaje)

7

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10

Mubler

6

4

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Küfer

11

6

Äürfdmer unb ^eljroarenlager

1

3

4

JUtnlUarbereten, a)em. Üöafdjereten

■» /

.Huuitfd)lonercten, Gifenfon|truftiondn)etfft.

1

ö

ftaitfp unb ajiufifalien^anblungen

4

Äunftroaben

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ki m

Äupferfdjmiebe, Serunnanftalten

4

2

4

Murjr, Setfc, &}oü\ Warmoaren, Xrifotagen

10

34

Vatf, Celfarben, ftirniffe Lanbeöprobuften, Sämereien

8

T

22

X'eberfabrif

1

Gebers unb Veberfcttbanblungeu

2

12

i'ebcrroarenfabrif

5

1

Veineroarem unb SluSftcuergefdmfte

4

22

Leineweber

9

1

i'ia)tbrucfanftalten

8

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^forabcim im 19. 3af>tf)unbcrt. 457

1859

1900

tMTei arr u> nur tue

1810

Mit Vi ' Gleuel

naen bem 1. ^Ibrc^

nad) bem 5lbreft=

ralcnber

falcnber

utnoai arminie Juutaitcn

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vouainpeu

i 1

i'oöuacp|a}iageDureau

1

Vumpen* unb Mitocpenljanblungen

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ttUNipcit* unb Mnodjenfammler

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Rapier unb Sdireibmaterialicn

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^notograpljen

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7

^errüdcnmncfjer

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^botogr. Apparate unb öebarföartifcl

D

^ofamenteur

1

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tierpräperator

1

^ulvcr^anblunqcn

2

«U^flC^OftC

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25

'KecbnungciftcUcr

«

1

SReflamefdulbe

2

1 1

Seinigungginftitut

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458

^forabeim im 19. 3abrbunbert. Aerocrße in IPioxtfcim.

Citel htv (Ormrrbr

1859 1810 nadj bcm

nactjiHoUer I.

talenber

1900 nach bem Hbrep falenber

Netfeartilcl

iHeitlebrcr

Nefte<*efdiäfte

6ftgeroerfe

Satyager

cattler, lapejiere unb Teforateure

Sd)acbtclmad}cr

Sdjieferbecfcr

6d)ilbplattroarcn

6d)inbcln

®(t)irme

Sdjlofier

6d)iniebe (ftiiffdmueba

6rfjneiber

^djreiner

<2d)ul>fabrifen

^d)ut)Iacier

£d)ubmacber

(Sedler

3d)ut)fd>äfte

cetfenfpejiahiefdjoftc

eeifenfiebcret

heiler

cenffabrif

ceffelfledjter

ciebmadjer, Srabtioeberet unb Alcditeret

ciecjcllacrfabnf

£pebttcure

epithel

(Spielwaren

(cteinbru ebbender

Steinbauer

SteUenücrmittluna.

£terbeNetber

Sticfereiaeidmfte

etrumpfftriefer

c trumpf loebei

eubfruebte

Xaptttn unb ftouteatu;

teian>orenfpejiolflefd)äft«

liefbauuntcmebnier

Xreibriemenuicberlaae

Ireppenaeianber >>et ncllun^

Irobter '

ludmwidk'r

lud) unb irlleniuareu

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Ubrenfabril

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Digitized by Google

^forabeim im 19. ^abrfmnbett. 459 bewerbe in "^forjlmm.

1900 nad) beut

falenber

Uformadjer unb UOrenfjanbluttflen

3

23

^tc^änblcr

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8

Waffen

10

Jöaffenfdmtiebe

1

SEBaaner

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Süafdjs «nb ^üaela,cfd)äfte

?

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3Beinb,anbluna.cn

T

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33

3Bdit> unb Woftttwaflenfabrif SiWbpret, 3tfd)c, ®cflüflcl

1

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ffiirtfoaften

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136

3atynfabrif

1

Ziegeleien

4

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^intnierleutc

5

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11

3inna,iejjer

1

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2

„Sirfelfdjmiebe

2

2

^ucferronrenfabrtf

1

(Titel fcrr Üeturrbr

1810 mtcf) JHolIer

1S59 nad) beut 1. "Jlbrefc

BltfammcnftdTttna, ber in IPforjßeim ßelleßenben, 6er ^aßrißaufßiftt unterftefften sSrtrtrBe nad) bem Stande nom 2. Mtobex 1899.

(Sefamhabl ber

SJon ber Wefnmtjal)l ber Arbeiter finb

3a^l ber »e.

Arbeiter

3ua,enblid)e

1

ßinber unter 14 od^cn

listige l'eute oon 14 unb 15 Sauren

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460

i*forabeun im 19. 3a&rbunbert.

3ttfantmfnftffftt«A &rr in 3?fori6rtm ßrfttfiftibfn, btx ^adxikauiMt sttttrrft Töftriffre nadb bcm Otan&c vom 2. tößfoörr 1S9!>.

*oit bcr ('Hctamtwbl fcr Arbeiter fmb j

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iMorjbeim im 19. ^abrbunbert.

3ufammett(teITiiit0 oa in ^forjftdm ßefteflenben, btx 3a0rtftattfß<9t tttttrrftflTteit KeUitbe nadj htm Stattet vom i. <&KMtx 1S99.

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Tampf unb tfleftrr,itat Tampf unb ttae Tampf, Malier unb fHao Tampf, ^aiier unb eicftri^tat (Ha* unb tfleftrijuat Waä unb Gaffer

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I>a$ 2*frfifßn>tt>effn.*) Per 38arßt.

93i$ jur (ünfüfyruna, ber (£ifenbaf)nen unb ber $en>olI- fommnuna, bes ^oftmejens mar ber sJ)tar(t ein roeit roidjtigercS ^erfebrSmittel al$ jcHt. Ter ^forjbeimer ^oebenmarft finbet nad) ber im Xejcmber 1h7«; ocröffentliditcn sJftarftorbnuna, läutet) ftatt mit Mitnahme ber 3oun-- unb [yeiertaae unb ber Geburt*- laa,e bes Staijer* unb bes Wrouber.UHV*. -Oauptmarfttaae ftnb ber Wittrüod) unb ber 3am$taamarft (früher nod) ber ^lontaa martti. xVbe ^odie zweimal, 3Jlittrood) unb 3am*taa„ ift auf

•i HfncrallaubcoarAio, aftcumaniac IKittcilunaen ber Veit-- unb lii'on- ftatmbcbörbcn, Malier, „'Ntovjbcimer iU'ObaAtcr", >>anbcl«fammerbcri4i.

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<Bfotabeim im 19. 3abrbunbert. 461

bcm ©d)fad)tl)of ©djroeinemarft. $.t ^jolj*, Kartoffel» unb Strautmarft befinbet fidj auf bem 3Öaifenl)au3plat}, roo aud) in ben £agen cor 2Beir)nad)ten ber 93erfauf oon (£t)riftbäumen ftatt= finbet. Jüv bic 2lufred)terf)altung ber 2)larttorbnung forgt ein OTarftmeiftcr^ ber nug(eicf) bic Kontrolle ausübt über bie Oftroi*, ©rüden- unb *Pflaftergelb*@rl)ebung. 93i3 1822 fiel ba3 WlaxtU ftanbgelb $u 8/4 in bie ^errfdjaftSfaffe. ($3 betrug nad) einem jeljnjäfjrigen fturebfehnitt 42 fl. 24 ftrj. järjrlid). genannten Oabre entfdjlojj firfj ber SBürgerausfdjup , ben fyerrfd)aftltd)en Anteil nad) bem $urd)fd)nitt3ertrag mit einem Kapital oon 636 fl 2 Ärj. in jetm jährigen, ju 5 *)3rojent ju oerjtnjenben sJtaten äafylbar, abjufaufen.

SSon befonberer 93ebeutung finb bie im Sommer unb |)erbfi täglich in früher SWorgenftunbe abgehaltenen Obftmärfte, ju welchen bic $änbler oft au3 roeiter tferne, au§ bev ©egenb oon Stuttgart unb 33üf)t, tommen unb trotj #teifeau3lagen unb 3eit= oerluft immer noch gute ©efdjäfte machen. $)a§ ©ebränge ift babei ungeachtet ber ©rö&e be3 ÜJkrftplatjeS unb aller Strenge beS SJiarftbeamten ein gans ungewöhnlidjeS.*)

3at)rmärfte fanben früher oiermal be§ 3af)re3 ftatt, im 2ftära, 3»uni unb SDejember je am jmeiten $ien§tag unb 9flitt= wod), im Oftober am erften $ien§tag unb Sflittwod). Seit 1870 finbet nur jweimal im ^afjre ein 5lrämermarft ftatt ber 3rübjal)r3= unb ber $erbftmarft mit je 2tägiger 3)auer; jener am jmeiten 2)ien§tag im ÜJcärj, biefer am legten $)ien§tag im 9tooember. Töpferwaren burften fd)on $ag§ juoor feilgehalten werben.

?k' 2Jieb,märfte würben früher fa)on allmonatlid) abgehalten, unb jioar bie Slinboiefjmärfte auf bem SJiarftplafc unb beffen ßinmünbungen, ^ferbe* unb Sdjioeinemärfte aber in ber SeopolbSoorftabt. Senn bann aber, oiermal bed tagö barauf bie tfrämermartte ftattfanbeu, 100 innrer fdjon bie

(Erbauung ber Gliben ben SWarftplafc für iXuffteUung beä iütef)3 jum leil unbraudjbar mad)te, roaren bie otrafeen ber Stabt unb inöbefonbere bie i'anb- ftrajje, reelle naa) Stuttgart führte, ganj bamit befefct, bie ^affage aber für bie

•) SBiö jum ^abre 1876 batten fämtlicbe ftöderinnen unb 2>ienftmänner i^re ®erätfa)aften auf bem aJIarftplafc, fo bafc berfelbe bie 3üoa?e über einen förmlidjen Süagenparf bilbete. 2)ura) biefen gemeinfamen 3(ufentl)alt gab e$ ni du feiten bei ben tarnen ber §aUe förmlidje Prügeleien, biü ©nbe 1876 bie 5Jef)örbe ganj energifd) einfdjritt, ben plafc nad) SJeenbigung ber $ßod)enmärfte fäubern lieft unb ben Dbftbänblerinnen aufeer ber 3Jtarftjeit getrennte »er* faufäpläfce amoie*. £ie SHenftmdtiner erhielten beim alten Sdjulplaö. einen paffenben Crt für Unterbringung ujrer Karren.

3m .öinblitf auf bie bei beginn beö Jtriegeö 1870 burd) 6pcfutation fünftlia) beroorgebradjte Neuerung ber täglidjen iebendmittel , rourbe com ®ro^t). öejirf^amt bad fog. 3]orfaufen auf bicf'gem Süoajenmarft i»ar 11 llbr oormittagö uerboten. (Tin gleiches Verbot märe aud) beute nrieber am pla^e. 2lUentb,aIben roirb geflagt über bie burd) ben SJorauffauf oerteuerteu Saren, bie baju noa) an Öüte oft oiel 311 roünfdjen übrig (äffen.

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4G2

Worabeim im 19. 3abrbunbert.

iHeifenbcn natyeju oollftünbig gehemmt unb gefäbrlid) geioorbcn. Giuc 1842 jum ^roecte ber %.Nbftellung biefcr iKiHftdnbe einberufene s-bürgerau«fd)ufsoerfammlung, bic fid) mit ber (yrage bcfcliaf ti^tc, ob man ben ^icbmarftplafc nicht oberhalb ber Stabt gegen ^rucbfal hin ober voifeben Clt| unb Wagolb oerlcgen fönnte, hatte einen negatioen Erfolg (103 stimmen waren bagegen auf betreiben ber anmohnenben Wemerböleute , wcldje eine Wcfd)äft«fd)äbigung befürdjteten, 3 bafür). Daraufhin würbe befd)loffcn, bie .Uramermärfte fortan früher, ju ber oben angegebenen „^eit, abzuhalten.

3n feinem ^abre«berid)t oou 1850 madjte ba« }>bi)fifat auf bie 3J(i&- ftänbe aufmerffam, wcldjc burcu ba« Abhalten be« febr bebeutenben :Hinboieb; unb ^ferbemarfte» beroorgerufen mürben, ^for^beim, Ijcifit barin, fei nun eine ,"yabrifftabt oon itWdjtigfeit ; tro^bem fdjeinc bic ibefeitigung ber gerügten Uebelftanbc burch (rtnfübrung oou Staatspolizei nod) in meiter ,verne ju Hegen. £iefe Wiebmärfte innerhalb ber Stabt feien nid)t nur fidjcrbeitsgefäbrlid), fouberu aud) gefunbbeit«fcbdblid). !Eie erzeugte Uureinlid)feit unb bic üblen $lu«bünftungen feien in Jochen nidjt megjubringen, abgefeljen oou ber (Gefahr, in mcldjer fid) Minbcr unb alte idjwacbe ^erfonen berauben, weldje bie be* treffenben Straften paffiereu müßten , ioo ba« Mnboicb, bidjtgebrängt auf- gehellt fei. Tie Atlage blieb bamal« unbciücfficbtigt. irrft im ^ahre 1875, al« bie 3»ftü»be oöllig unhaltbar geioorbcn waren, mürben Slcnberungcn ge^ troffen. Son ba an rourbe ber ftinboiebmarft in bie üoljgartenftrajje an Stelle beä jejjigen neuen Sd)ulb,aufc« oerlcgt ; ber rHojjmarft fam fdjon 1874 auf ben Äappelbof. Anfang« ber WJer Satyre mürbe ber ftinboiebmarft au feinen jetyigcn lUau neben ba« neuerbaute SdjladjtbauS im Ü5rül)l oerlegt.

3m Dezember 1MH3 befd)tocrten fid) bie t'anbgcmcinben be« 9(mtä= bejirf«, bafe oou ber Stabt Pforzheim Stanbgelb für ba« Weh oerlangt werbe, ba« auf ben Warft fomme. Pforzheim erhob uamlidj bi« babin oou ben ^efabrern ber ^Uebmärfte zweierlei Webübren , ein Stanbgelb wie bic« aUenthalbcn üblid) ift unb ein fog. llnterfauf«gclb. Tic Erhebung bc$ lefcteren grüubete fid) auf eine au« ber marfgräflid) ^aben^urlad)'fd)en ^eit herrülwenbc "öeredjtigung, bic oou ben Staat«behihben aud) mebrfad) anerfanut mürbe. Tie Weiber lourben in ber iUcife erhoben, bat) für abgefdjloffene iBiet)fdiife eine gemiffe Summe entrichtet toerben mufete, mdbrenb oou um>cr= fauftem $tcb nid)t« bezahlt mürbe. Spater erhöhte ber Wemcinbcrat ba« Stanbgelb pro Stüd auf « Kreuzer unb nahm bafür Slbftanb oon ber fernereu Erhebung ber Unterfauf«gelber.

2He einft ftarf befuebten Jvrudjtmärfte, welche iRittwocbS unb Sam«tag« im Maufbaufe abgehalten würben, finb eingegangen. Sic in« «auf-- hau« eingebradjten unb uidjt oerfauften Früchte burften jeioeil« erft uad) oier Warfttagen abgeführt werben.

X>ie Straßen.

©d)led)t bcfteUt mar e$ um bie 2anbmege beim beginn be$ abgelaufenen 3at)vf)unbevt3, befonber* in unferer ©egenb. $te fortmät)renben 3treitigfeiten jmifdjeu ben beiben benachbarten Üänbevn über bie ^3au- unb Untevbaltung§«flid)t unb bie burd) Kriege unb allerlei sJiot tjemorgerufene Verarmung ber sBe' uölferung maren jebem planmäßigen siöegbau Ijinberlid). $>ie *©ege maren burdjgängig in üblem _3uftaube, }U 3°itcn fögar unfatjrbar. ^unftftrapen im heutigen 3inne be£ sJBorte§ gab

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^forabcim im 19. Sabtbunbert

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nicht, unb überall, roo bic ^Soften frcmbe ©ebiete ju paffteren hatten, häuften ftct) bie ©chroierigfeiten, roeil ftd) bic nad)bar= liefen s43erroaltungen möglichft utetc @d)roierigfeiten in ben 2Beg legten, um burd) errungene Sonberoerträge Vorteile für itjre eigenen Jinanjen einsubeimfen. (3ier)e ba§ Rapttet über ^löfferei. i*)

$ie Unterhaltung bei* s2Bege oon ^forjtjeim nad) 93üd)en* bronn unb $ud)enfelb mu&te früher uon sßforjt)eim beforgt roerben. 3m 3al)re 1823 befanb fid) ber alte, burd) l)errfd)aft= liefen gorft jiebenbe $uchenfelber 2Beg in fold) oerroabrloftem .ßuftanb, ba& er felbft bei Sperrung uon brei föäbern nur mit Lebensgefahr befahren werben unb eben barum felbft mit einem für bie bamalige 3ßit boh*n Äoftenaufroanbe uon 1200—1400 ©ulben nid)t mehr orbentlid) ^ergeftctlt roerben fonnte. Oberamt unb (Etrafjen au-^nfoeftion fd)lugen baher oor, biefen 2ßeg (alter $ud)enfelber Üöegi ganj eingehen ju laffen unb ftattbeffen einen neuen 3Beg bem M$ang" nach herfteüen su laffen.**)

Jn ben 50er ^afyren rourbe im «Straßenbau oieleS nacftgeljolt , roa3 längft b,atte gettjan roerben muffen. sJfad)bem im 2i}ürttcmbergifd)en bie IfjaU ftraße oon Galro bi$ SKeiajeubad) fdjon lange in fahrbaren 3uftanb gefegt loorbeii mar, mußte man oon Im ov; haut aue immer nodj ben gefäfirlidjen sWeg über bie alte liefenbronner Straße nehmen. Ueber 40 $al)vt lang petitionierten bie ^forjljeimer um bie £erftellung einer Jfjalftraße über Seißenftein , biä enblid) 1852 mit bem Sau begonnen, unb 1857 bie neue Straße bem «erfebr

*) 3»" 1820 rourbe in einem gemeinfdjaftlidjen Seridjte beö

Dberamtä unb ber Jorfts unb Straßenbauinfpeftion ^forjbeim an bie (Mroßl). Oberforfttominiffion ber Antrag geftellt, jur Seftrettung ber Äoften für bie beffere iperftellung ber Straße oon ^iforjb,eim naa) ffiurmberg einen oerbältniä- mäßigen Seitrag ju leiften aul ber ftorftlaffe, roeil baä anftoßenbe Öelänbe ju (einer CrtSgcmartung gehörte unb ber Siteg jugleid) audi jur Slbfubr bed im §agenfd)ieß gefällten .polje* benu&t mürbe. Tie Jorftfaffe mied inbeö baä infiniten jurüd, roeil bie Straße nad) ©urmberg eine alte öeerftraße unb nod) jefct ein für ben £anbeläoerfeb,r ber Stabt rotdjtiger ÄommunifationSroeg „in* sJieid)w fei unb auf berfelben überbieä ein beträd)tlid)eö ISljauffeegelb erhoben roerbe. Tie Haffe ((S^auffeefaffe), roelcpe ba* Süeggelb beliebe, möge aua> bie Unterbaltungäfoften jablen. Tie Straße batte eine i'dnge oon 2000 alten 9tutf>en. Ta* Steuergelb betrug jäb,rlid) 80 -100 p. 1822 oerfügte baä Diinifterium beä 3nncrn> *>aß biz Straße lebiglid) ali Sicinalftraße ju beljanbeln fei, beren öerftellung auäfa)(ießlid) bem „situ$lanbe", Württemberg, nüfce, obne bem eigenen itianbe irgenb eine Hilfsquelle ^u eröffnen ober eine (Srleidjterung ju geraderen. 9taa) oielem &iiu unb fcerfd)reiben mußte bie Buebefferung ber Straße oon ber babifdjen Straßenbauraffe übernommen werben.

**) »ei bem ©egbau (1828) oon^fonbeim nadj liefenbronn (alte Straße) follten bie (Memeinbeu Türm unb Saufdjlott Jrofjnbieufte leiften. Crrfterc roeigerte fid) Ijortnätfig, ba bie Wcmeinbefaffe burd) bie Mriegöepodje erfdjöpft roorben fei, roeil fie ftatt ber üblidjen flaturalfrolmben jäbrlia) 4(X) fl. bar )al)le unb roeil fie in ber ^rof)ub ben ehemaligen Sicinalroeg oon Cetid^eim auf bie $iauptftraße in ber Entfernung einer Stunbe d)auffiereu unb bie erforberlidjen Steine ba*u faufen mußte. (Sbenfo mußte ber 'Ißeg oon «iefel- bronn nad) £ürrn auf bie Vänge einer falben Stunbe oon ben Türmern b,ergerid)tet werben. 3lua) bie OJemeinbe Saufdjlott bat um Sladjlaß itjrer

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4G4

^forabeim im 19. 3abrbunbert.

überleben roerbeu fonntc. £ic otrede innerhalb bes babifd>cn Webieteö ift 9,38 km lang bei 6 ra breite unb foftetc 1.TH7H4 (Hülben.

9Jad) Vereinbarung mit Württemberg mürbe neben ber alten über bie ^irfenfelbcr .'öötje ve^enben, lang unb ftarf anteigenben «trape, jene burctiö (Snjtbal gebaut; fic ift 1,73 km taug; ibre .fterftcllungefoftcn betrugen 80000 (Hülben.

$urd) eine 18tJ(>/<>7 bergeftellte 3trafje burd) baö Würmthal nad) liefenbronu rourbe jene« bem Sterfeljr eröffnet, ^ic Strafte ift 18 km lang, H in breit unb foftete 200200 (Mulben. 3eit mehreren ">abren ift aud) bie Würmtbalftrajje oom 7t>al bie SHüblbaufen fortgefefct. oteinegg unb l'eljningeu mürben baburdj bem ^>erfctjr eröffnet.

Weuerbinge mürben bie alte Hetlinger l'anbftrafee burd) bae 3tod- brunnentbal unb bie fteil anfteigeubeu 3trafien nad) i>ud)cnfclb unb 8cbeU brouu in fabrbarcu ^uftanb gefejjt unb bie fteile iürettener Steige burd) bie fd)öne Mreieftrafje, melcbe oom trifiuger Weg nad) ber Wrcttener 8trape fiibrt, umgangen. Tic neue otrafre follte eigentlich „^faljerftrafee" beifcen, Da fte bireft nad) bem Ufa^erlanb führt.

Üior brei Rubren mürbe in Weifcenftein eine non ber i'anbftrafce ^tfonbcinutSalm abjmeigenbc, mit eifernem (Mclanber uerfebene $trüde über bie ÜNagoIb unb oon biefer au* eine ^ufabrtoftrafle Bahnhof gebaut, moburd) ber fteten Wefafyr, meldK ber ^erfebr mit t'augtjoh für bie Sügmüble unb mit ben febmeren t'aftmagcn ber tyipicrfabrif auf bem bolperigen, minfeligen alten Wege mit fieb brad)tc, für immer ein (Snbe gemadjt ift.

£er betrieb ber (Sifcnbal)uen im ^nlanbe unb in uuferen 9tad)bar^ ftaaten f>at auf bie Jyrequens ber Straften einen bebeutenben (rinflujj aue- geübt. Staatsftrafjen, an bereit Stelle bie (iifenbahn ale frauptuerfchrsmittel getreten ift, befifcen jefct nur nod) bie (rigenfdjaft al« $erbiubung«roege ber cin3etncn Drtfdjaften, roäbreub bagegen manche ^ieinalftrajien al« S«fubrroege 311 ben (iifenbabneu oon foldier ^ebeutung für ben größeren SJerfebr mürben, bafj eine Beteiligung beö Staate*, bejro. be* Mreifes, bei bereu Anlegung, ißerbefferung unb Untcrljaltung al« moljlbegrünbet erfdjeinen mufr.

lieber bie yoftalifdje 93crgaiigent)ctt s}$für5brim3 beft^en mir leiber nur fefyr fpärlicrje 9lnbalt3punfte. sj$flüger fprictjt bie Her* mutung au§, ba& mit ber SHümerftabt am (Snaübergang jebenfaUS eine s}Softftation oerbunben mar. hierfür fpnd)t nidjt nur eine fyalb* oerflungene ©age, baß einmal jenfeit§ ber 2lltftäbter *8rücfe, ba mo ber odjafbof ftebt, in uralter Rtkt eine ^ßoft gemefen fei, fonbern aud) ber ilmftanb, ba& bie SHömerftrafjen, bie über s#forabeim füfyren, auf jmei Strecfen in ber sMi)t ^forsbeim?, nämlicb auf ber Snninger ^pöt>e gegen bie $urlacberftra|e unb im £agenfd)iefj aroifdjeu Güttingen unb s3iiefern beute nod) „alte sßoftftraf3en" genannt merben. lieber ^ofteiurirfjtungen in bem Sftarftflecfen ober ber fpätereu Stabt fmben mir nirgenbS eine sJiad)rid)t. @rft au§ bem 17. ^a^'bunbert finben mir einige

A-rol)nbpflid)t |U (frriditung ber Tiefenbrouncr 3traftc. ^aö sJtmt mürbe ange^ miefen, beibe (yemeiuben über it)re ^fliditen gebübrenb 311 belehren, b. \f., e* rourbe weiter gefro^nbet.

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^forabeim im 19. 3abrbunbert.

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beftimmtc SJH Heilungen über ba§ ^ßoftrocfen bcr bamal§ marf* gräflid) 33aben * 3)urlad)'fcf)en Nepbenj sßforjbeim. (Sine nocf) oorbanbene SBürgermeifterredmung auS bem 3afjre 1683 roeift als SluSgabepoften 8 fl. 26 Ärj. für „«ßoftritt unb Botenlobn" auf, it»c(c^cv Betrag bev OTc^gcr^unft %\\ jablen mar. ©$ rourbe alfo bcr nidjt regelmäßige $oftbeforberung§bienft in ^ßforäbeim ju jener 3eit oon ben 9ttet}gern roabrgenommen, mie fold)e§ faft überall oor ©infübrung eines georbneteu ^3oftbienfte§ gefdjab. $)ie aubauernben $rieg§oerbeerungen brachten £anbel unb ©es roerbe fo jurücf, baf? bie 9fletjger 1694 f tagten, fie fönnten ben ^oftbienft nid)t inebr beforgen, roeil fie feine ^ßferbe mef)r bitten ober aber bie oorf)anbenen fo elenb feien, baf? fie ben 3(n* ftrengungen nid)t mebr geroadjfen mären. 3>ie Stabtgemeinbe fcbeint inbeffen ben ^ßoftbienft ben 9tte£gern nid)t nur nidjt erlaffen, fonbern benfelben nod) auSgebebnt ju baben; benn im 3abre 1723 mußte fid) ber regierenbe 9Harfgraf Littel legen unb oerbieten, bie 9Jiefcger ju febr mit $oftritten ju be* ferneren. (Siebe aucb ba3 9jiHgeroerbe.)

©iner regelmäßigen ^oftbeförberuug gefd)ief)t im 3abre 1683 ©rroäbuung. Sei Neuregelung ber Sefolbung für ftäbt. Bebienftete mürben nämlid) im genannten Qabre 4 ©ulben be* willigt, bie ber Notb. Sucffdjen SÖitme, meiere bie „orbinäre ©oft" (Botengänge) nad) Shtrlad} oerfeben ließ, ju jablen roaren. Neben biefer Botenpoft mirb 1684 nod) eine „Straßburger Sanbfutfdje" ermäbnt, bie roodjentlid) einmal nad) Stuttgart ging. $5erfelben mar $öeggelbermäj}tgung jugeftanben. ©3 fd)eint bieS bie erfte ftänbige s$oftfubrgelegenf)eit gemefen ju fein, melcbe ^forjbcim berührte. 33on Nadjfolgern oer jrau Bucf ift meiter nid)t§ befannt, al§ baß bie ^oftanftalt lange $eit fjinburd) in Serroaltung ber Jfatnilie Secfer mar, nadjbem fte furje &\i non einem *Poftf)alter Notb geführt roorben mar. 2lm 5. Sluguft 1816 mürbe ©eorg 3afob 53ecfer jum mirflid)en ^oftbalter in ^forj» Ijeim ernannt, unb ba3 2(mt oerblieb oon ba an bei ber gamilie bi§ sum Safjre 1854.*) $er ^nljaber führte ^oftbalterei unb ^Joftbienft auf eigene Nedmung unb ©efafjr, b. b- « mar oer* pflidjtet, etroa nötig merbenbe ©ebilfen au§ eigenen Mitteln ju befolben. 33on ben ©innabmen be§ s$oftbienfte3 be$og ber Sßoft» , ^aUcv l/i5 ber Jabrpoft^ unb l/io ber 53riefpoft*©innabmen. ©§ berubte biefe Beftimmung auf einem Vertrage mit ber Negierung, ber 1854 ablief unb nid)t mebr erneuert mürbe. 33on nun an übernahm ber babifdje Staat felbft bie Seitung be3 ^oftbienfteö.

•) in bic neuere Seit mar e$ üblic^, folc^e öffentlichen Slemter roomögli^ bei ein unb berfelben Jamilie erblid; ju belaffen; offenbar ein 9taa)flang beö alten Veljendroefen«.

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466 Worabeim im 19. $abrbunberf.

$)ie Beamten uub Unterbeamten mürben au§ Staatsmitteln angefteüt, nnb bie CSinnafymen floffen ungeteilt jur ^oftfaffe. ^orfieber be3 $oftamt$ mürbe ein ^oftmeifter (ber letyte tjiejj 2lmbro3). So blieben bie ^erbältuiffe bis 1872, in meinem 3af)re bie SBerroattung be$ babifdjen $ofhöefenS an bas beutfcf>e Weid) überging. $ie ^oftanftalt mürbe ein felbftänbiges fofc amt unb feit 1875 ein folcbeö mit einer 2elegrapbeubetrieb*fteÜe. 3m Safyre 1885 rourbe bie Selepbonoerbinbung eingeführt.

3m 3al)ve 1840 jerftörte ein großer $ranb bas Stabt* Dtertel, in meldjem bie ^oftbalterei lag. 3ene$ ©rojjfeuer lebt nod) tjeutc in ber (Erinnerung al* fog. oft b r anb". N33is 1861 befanben fid) oft balterei unb ^oftbienftlofal im jetzigen ^potel jur „s}3oft" (f rüber „Stoppen") am äeopolbsplat) (jnle^t unter sßoftbalter "iHiitbenrietb).

$er Cmnibnsuerfebr ftellte bie Serbinbung ber mit ftarlfe rutje, Stuttgart, $vetten*s8rud)fal, Silbbab, (£alm. 3"t Sommer mürben jur Skförberuug uielfad) nod) ^rtoatfubrmerfe OBucf, £ottbammen in Mnfprud) genommen.

s31n Sonn* unb Feiertagen unb bei ber Sttfllltft unb 3tb= fabrt fürftlidjcr $errfd)aften bemdite uor ber tyo)t ein rege* i!eben. 2)ie ^forjbeimer liebten es; oon alteröber, jeben freien Jag ju größeren Ausflügen }u benutzen, uub namentlid) bie umliegenbeu mürttcmbergifd)cn Crte unb Stäbtdjen mürben oon ibnen fd)on bamals mit Vorliebe bcfud)t. ©tfi (£nbe ber 50er 3abre, als nod) feine 'Öatyuuerbinbung mit sJ)iüblacfer beftanb, fanben fid) bie ausflugsluftigeu ^forjbeimer fd)arenmeije oor ber s}3oft ein unb ftritten fid) oft um einen $(a$ in einem ber 4 babin abgel)cnben Cmmbuffe. Rubere benü^ten s]kioatfiibr* merfe, ritten ober gingen ju %u% Wit ber befferen s-ßerfet)r*= gelegenfieit ift aud) ba§ anbers geworben, unb bie Omnibus* fabrten geboren nunmebr ber Erinnerung an.

SBic langfam ber bamaligc ^oftucrfeljr gebanbbabt rourbe, c\e£)t baraue beroor, bafc ein ^ßdet, roelcbc* am Dfontag, bc\\v. Donnerstag über Ataris rub,e ober Jyranffurt abging, crft am anbern Montag, be*to. Donnerstag in Setpjig eintraf, alfo volle 8 läge brannte. tfbenfo brannten badete ^oon ^forjljeim nad) Dürnberg, loclcbe über ctuttgart oerfanbt mürben, game 8 Jage, bie fie am Sefrimmungoorte eintrafen.*)

*) Sei ben fcblecfiten $}egen umren oiclfad) floripannbienftc nötig. 3*ei ftarfem ^erfonenoerfebr neunten fog. Öeidmifen angehängt werben. Xnrd)- pafficrenbe liftafetten würben öurd) reitenbe Woten auf bie nädjfte Station jeber^eit „auf bas 8d)leunigfte" beförbert nnb jmar anf ba* Herbättniö oon einer Stelle in einer Stuubc. Taiür erhielt ber :Weitfned)t rl>oftiUon) eine irrtragebübr oon H Mreuu'rn otmieUeu Irinfgelbe*. $\\v iSerriditung bes „orbiuaren unb ertraorbinareu" ^oftoien»te* mujneu minbefteno 10 i^ferbe mit ben nötigen ^JoftftaUrequifttcn unb brei gebedte ^oftfalefd>cn bereit ge= balten werben. sMe jaljve mürben '6 ^oümouturen, alle 8 ^al)re 2 Sidntel unb 8 ^üte gratig für ben „orbinaren Leiter" abgegeben.

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Worafceim im 19. 3afrrbunbett. 467

lieber bie ®efd)id)te ber $oftuerbinbungen wiffen wir aud einer 9totij be$ legten ^Joft&alter* Beeter, bafe in ben oaljren 1830—35 bie «rief* poft taglidj einmal, bie Jabrpoft aber nur jweimal in ber vJöod>e in ^forjl)eim eintraf, freute ift ^forjt)eim Änotenpunft ber (lifenbalmen .uari->rubo * wtiSflß acter, ^forjtjeim - ffiilbbab unb ^forjfjeim ■■ dalm ; £orb, mit beren 3uScn D*e Beförberung oon Bafmpoften, Sdjaff nerbal)npoften , fowie gefd)loffene Brief* poften burd) ba$ (Eifenbabnperfonal ftattfinbet. %a* ^Softomt ftcl)t mit ben $oftämtern III in Bröfcingeu unb Stietfieuftein, fowie mit ben ^oftagenturen auf l'anbwegeu in Berbinbung. Nad) Brimingen unb !ö>eifjenftein oerfer)rt eine itariolpoft, wdbrenb bie Berbtnbung nad) 3Jlüt)ll)aufeu burd) ^rioat* perfonenfuljrwerf bergefteüt ift, weldje* bei ber UnterwegSftation in Siefen* bronu aut)ält.

Bom 1. Sflai 1851 an mürben bei ber ^forjbeimer ^oftoermaltung Brief« marfen ju 1, 3, 6 unb 9 tfreujer abgegeben. £ie Bricfmarfen ju 1 Mreujer eigneten fid) für ,"vranfobriefe, meldje 1) burd) bie otabtpoft beförbert mürben, 2) für bie l'anborte beä bieefeitigen $lmt*bejirfd, fomie ber näcfiften Umgebung, ferner fonnten bie Bricfmarfen ju 1 Mreujer aud) als fog. Brief* ober Be* fteüungöfrcujer nad) irgenb einem Bejirf beä (>Jrofjt)erjogtumä Baben »er* roenbet roerben ; j. B. ein SBrtcf nad) Äonftanj foftete uon tjier aud 6 Hreujer, foUte nun biefer an ben 'iÄbreffaten ganj frei abgeliefert werben, fo mujjte neben ber H Mreujer* :JJtarfe in ber reebten obem Hbreftfeite aud) auf bie Met)r* feite beä Briefe* eine foldje für 1 Kreuzer geflebt werben unb mürbe bann uom Briefträger feine roeitere ©ebütjr mel)r erhoben. 3)ie 3 Mreujermarfen famen bei Jranfaturen in einer (Entfernung uon 10 teilen in Slumenbung.

£ie Briefmarfen ju 6 Mreujer mürben bei einer (Entfernung biä 20 teilen Infi, oerwenbet. (Ebenfo für bie ftürftlid) Ztysnu unb iajie'fdjcn ^Joftanftalten, foweit biefelbeu bem beutfa)* Öfterreidjif djen ^Softoerein beitraten. Warfen ui 9 .Hreujer roaren für (Entfernungen über 20 teilen oorgefdjrieben ; alfo beifpieläweife nad) vil>ien, Berlin, Seipjig u. f. m. 9iad) öfterreid)ifd)en ^oftanftalten in Vorarlberg, Sorol, Mrain u. f. m. ftieg bie Jaje für ben einfachen Brief auf 12 Mreujer, nad) bem lombarbifd)*oenetianifd)en Mönigrcid) fogar auf 15 Mreujer. £er einfadje Brief burfte nidit met)r alä ein babifdjeS t'otl) miegen; über L l'otl) bt« 2 Xoty foftete berfelbe baö jmeifadje, oon 2 bid 3 Üotl) ba$ breifadje ^orto, alfo 18 Mreujer. #ür unfranfierte ober mit unjureidjenben Warfen beflebte Briefe rourbe ein ^ufdjlag oon 3 Mreujern geforbert. ^reiSfourante, £rucffad)en ober ßvrtulare im (tyeroidjt biä 511 4 Votl) batten pro Votb, bie gleidjmaftige Xavc oon l .Hreujer, oljne Mücfftd)t auf bie (Entfernung. Warenproben unb vJWufter fonnten bis ju einem Wemidjt oon 16 t'otl) mit ber Briefpoft beförbert werben. Born 1. "Mai 1859 an betrug baS Briefporto nad) famtlidjen Crtcn beö Bejirfä unb nad) ben nid)t über 3 2Weileu entfernten ^oftftationen 1 .Hreujer (nad) Bretten, £urlad), (Ettlingen, ÜJonbel$t)eim, Weingarten, SÖilferbingen ebenfooiel).

2lu$ einer Befd)werbei"d)rift an bie Oberpoftbireftion 00m ^a^re 1828 erfabren wir, bafj am 1. ^juli beefelben 3a^rc?! ^c baoerifdje unb württem« bergifd)e „Touanc" in (Enjberg eingeführt würbe. 2?iefe fanb es für nötig, jebeSmal ben Jyutterfacf ber ^forjljeimer "JJoft grünblid) ju oifitieren unb baö ^oftfelleifen oon au&en burd) Betaften auf feineu ^ntjalt ju uuterfudjen. Tmdi biefc Bcrjögcrung traf bie Briefpoft regelmäßig ju fpdt in Illingen ein. Bei (Eftrapoften würben bie (Effcften ber Steifenben burd)ftöbert , was oft einen 2lufentt)alt oon I'/j biä 2 otuubeu unb nod) meljr nad) ftd) jog unb ba$ ^ublifum „ennuierte". Sbtf oielfad)e Meflamationen mürben biefe ^uftänbe jwar etwad gemilbert, bielten aber biö jum Beitritt Baben« jum „ßolloerein" (1838) an. £a$ ^uöoifitieren oon iWeifenben unb l)armlofen Spajiergangeru an ber Okenjc be« w3luölanbeö" gab ju oielen fomifajen, aber mel)r nod) |1I ernften 3»wifa)c»faUen Beranlaffung.

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Worabeim im 19. ^abrbunbert.

^oui ,\abre 1*5«» au foüctc eine etufadK telearaphtidie Teptfoc <25 Worte» .:W> Mreuu-r 1 iVf. H t5f-, eine boppelte (2»> 5<i Worte 1 ri. 12 Mn. <2 )»(t. <»' i:t.t, eine breuadu- i5<i '.(}() Worte» l rl. 4* Mn. <:> l\t. * sl>f.) Hebttbr für eine irntfernuua, tu* su 25 aeoiuaplmdien teilen.

:Uacb erfolgter Oröifnuna, bei irifenbalm im Satire 1*«H tuurbeii mr Wabrnebmuua. be* ^oütnenüe* «> Limmer be* Babuluuacbaube* aiuo:nuv:i. Balb cnpiefen firti bie kannte al>> umulamilid), unb e* ipurbe in ber iniun Üranc ein reiduH'iaenea Hebaube enteilt (begonnen 1*77, beulen l*7'»t. \a btejem O^bre ipurbe audi bie Xelegrapbeubetrtebsftelle , luelcbe bto babtn in gemieteten Baumen in bei öftltdjen Marl ^mbridiftrafcc untergebracht unir, tu bae nette Webaubc perlest.

Tie ^orfteber be* faifeilidien 'Uoftamte* feit I*7ü iparen bie |>oü bireftoren :Hietf, Modi, Waier, vetue unb ,yud)er.

otn .\abre l*5w beftanb ba* a.ciamtc ^oitoerfonal quo bem ^cripaiter (3adi*>, uuei Hoüpraititanten, einem lelcarapbiften, brei Brieftraaern im* einem Bureaubieuer. 1872 waren im %^oh unb triienbabnbieuft 1 Beamte unb eme ti'rpebition<Saebilfin, upei Bureaubtencr, biet Sortier* unb !♦ ivii-:;- tpurter. Ncaeiiioartia » l!««>» unt'attt ba* sl<oftamt allein ein .vuiiumu^i)::. ein ctabtpoitamt, eine ^oüaacntur mit 4o etatomanigen Beamten unb :i* etat* matstaen Unterbeamten »baiunter 18 Briefträger » . ^lußcrbem ftnb 4o ntdn etat*ma!uae 4>o»tl)ilf*boteu auaeüellt. «intern brinaenben Beburfino eut- t'predienb, wirb in nadmer ;{ctt attd) bie iHltttabt eine beionbere ^ouni-.-ic erbalteu.

Ott ben fahren 1«54-1*57 famen jur Beftelluna,:

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^lorabeim im 19. Qaqrlmnbett. 473

PU tfifcnBafin.

9US bie babtfcfje Hauptbahn anfangt bcr 40er 3ac)re bis Karlsruhe unb roeiter füblid) oorrücfte, roar bie oorherrfchenbe. ©timmung, feinen 5lnfd)luj3 an Württemberg juaulaffen, folange nictjt burdj ßerfteüung einer ©ar)n burd) baS ßinjigtljal unb über ben ©djroaräroalb bie birefte ©erbinbung mit bem ©obenfee gefiebert fei. Namentlich fürchteten bie Kammern bie Nachteile eine§ 9lnfd)luffeS über ©ruchfal unb Bretten unb Rotten bafyer fdron 1846 ber Regierung bie ©oßmacht jur ftonjefftonierung einer s$rioatbat)n oon £)urlad) über ^ßforjrjcim &ur roürttem» bergifdjen ©renje gegeben, ohne baft ftd) jeboet) ein Unternehmer bafür gefunben r)ätte. Unter bem gleichen ©eftdjtSpunft rourbe bann auch ber ©taatSoertrag oom 4. 3)ejember 1850, burd) welchen ©aben ben ©au unb betrieb einer ©ahn oon ©ruchfal über Bretten jur SanbeSgrenje unb jum 5lnfd)lu& an bie roürttem* bergifche Hauptbahn an Württemberg überlief aufs lebhaftefte, wenn fd)on erfolglos befämpft. ©d)on in jenem ©taatSoertrag mar sur £erftetlung eines jroeiten 2lnfd)luffeS über ^Pforjheim bie ^uftimmung Württembergs gegeben. 3)te Verpflichtung, felbft in biefer Dichtung $u bauen, tmH* biefeS bamalS abgelehnt, unb ba eS ftd) c)ier6u auch fpäter nicht oerftanb, fo übernahm ©aben auf ©runb beS ©efe&eS oom 7. SJlai 1858 in bem ©taatS* oertrag oom 6. Nooember 1860 ben ©au unb betrieb einer ©ac)n bis 5Jlüf)lacfer auf ©taatSfoften. $)ie ©treefe Wilfer* bingen^forjheim < 13,85 km) rourbe 1861, jene oon tytx bis 9Mhlarfer (12,63 km) 1863 ooHenbet.

9tach einem im „^Beobachter" 1858 oeröffentlid)ten Ueber* fchlag famen bie Soften für bie ©ahn Wilferbingen^forjhetm auf 5 524820 ©ulben.

$ie feierliche (Eröffnung ber ©ahn Wilferbingen^forjhcim fanb in ©egenroart beS ©roßherjogS am 3. $uli 1861 ftatt.*) (Sin h*H>orragenbeS ©erbienft um biefe ©afjnftrecfe Karlsruhe* Stuttgart enoarb fich Sabrifant ©}d)roinb. ©einer Qnitiatioe namentlich ift eS $u banfen, baf? bie ©ahn nicht, roie früher beabftdjtigt roar, oon ^Ümge-n nad) Sttaulbronn geführt rourbe, fonbern in ber ausgeführten Weife.

3lm 11. 3uni 1868 rourbe aud) bie (Snjthalbabn befinitio bem öffentlichen ©erfefjr übergeben. (Stioa 3000 Arbeiter roaren baran befdjäftigt.

2Rit'e Oftober 1867 gefchaben bie erften ©ermeffungen unb 3lbftedungen für bie ©ahn beS 9cagolbtl)aleS, roeldje am 1. Quni

*) Ta$ Crreigniä rourbe burdj ein 93oIfäfeft auf bem Siennfelb gefeiert. 3u Sljren be$ Üanbeäberrn, bcr ftd) nad) "üteifeenftein begab, rourbe ein Der* jterteS 3lot* bie Wagolb unb ben bortigen- ftloftfanal hinuntergefahren.

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474

Worabeim im 19. ^abtbunbert

1874 für bie Strecfe (£alro * ^fovj^eim bem $erfef)r übergeben nmrbe.

3" ben legten 10 fahren bat bie ^nbuftrie uub mit ihr ber ^uf*™"1 ocl* Arbeiter oou oft weiter Jyerne fo uugeiPobnlidK SluSbebnuugen angenommen, baft bb s-Babnoenoaltung bieien 3terl)ciltniffeu iKedjuung trafen mußte, lieber 20 Shbetteni'uK bienen morgens uub abeub? aii3jd)li?Blid) bem ^Irbeiteruerfebr. ^m ^abre lsos finb an 3lrbetterfabrfarten nad) ^fortfieim poh babifeben unb luürttembevgiidjen (Sifeubabnftationeu 192 025 3tücf mit jufammen 2 2(>or>7<; CSin^elfabvten , im ^abre 1900 = 214 811) etücf mit 2 5*7 390 (£in$elfabrten ausgegeben roorben. (Segen 1*99 betrug bie Zunahme 4 272 Stütf, bejm. lo:»02o @inaelfabrten. 3" biefen Rahlen ift ber ^erfebr auf ber ifofal- baf)n &rö$ingen(£ttliugen nid)t inbegriffen.

eine roiditiae liiiuirtituua. neben ber Wuterbcftatterci unb bem '»eMtio:» a,ef*dft ift bic $lnluo.c uir Omterlaaeruna. , für bie man mit ber Or meiteruna, beu ^aijnljoH an'ana.* ber iH »er Sartre u"iid)en WumenbedeuiiHv. unb 4*rcttenerftraRc einen umfainueiilien :Haum a^duinen bat.

,"vür ben UMttU'inanen Umbau be$ ^aljnhofeö würbe im ,\abrc 1*!»*» cm %iroje!t aufgearbeitet, roelebe* bie erioibeilnben flulaaen utr iMb'ernauna bor WrbeitenuiK , bie al* notioenbia, erfaunte ;iahi an Mutcruia->an»abrt* unb ÄufftelliUeifen, einen 3 tnctauiba tjnliof umidien bem ^ret teuer '^eauberaana uub bem JMumcubedenu'ea mit neuer, betraebtlieti erweiterter «"hiterhalle uub einem ,vr«iIabebalml)of üftlidi iumi bem letuaeuaunteu ^ea. mit *v.bealct«en. VabeftraKcu, VaaeriUimeu. einer volUaberumue unb ben ;uin Vaben er'cuber lidien ^tüncht innien enthalt. Ontluua. ber <sWitei baliuhot'e unb flanaieraieiie unb bie uir Uiuerl>vtiuiiuia ber .Hibetteruia,*au>ru»tuiueu nötigen »"»uue vor aeiebeu. Tie neue Vofomotiureiiuie i\>;i am unlieben irnbe be* ,uenube batmhof^ erbaut werben. iUbiniiuita 'ür bie eu'i'la.tte ^ahuhc'ei Weiterung i»t bic ^eieitiauna. be«> ^rettener ^eauberaana.* in 3diien#u!;iH)c unb bfien tri au burdi eine iilneuenfreie ctrain'nuber'uluuua.. bie ii.l) au beu ^ebauuni* plan rur ben 3tabtteil iunblid> beo -iVibnboT* unmittelbar au\blie?>t. Tie Moüen für bie aenitnte 'Jluhue, bei ber auf bie AV^eUnbieit iy«:tevei Jlu-? bennuna ber <^utei balmtu>re :Hiut'ilu aeuommeu würbe, beredmet int) an» 8.>4<hkhi jjüuf .luoiu luvt) für fieririi.be Udemtmm.i Warf it;ib »ur

ben Umbau ber <r teUweit*aulnae 2I<hmm njarf fommein. ,\u ber **ubut periobe !!«*"> ivol nnl bei (»hiiubera»et-b iwtUoaeii, bie Lvib unb ^.Miu» v> arbeiten uir .'l iivfuiu -.uux aebiaiin unb thunltibu auetj bie Uebii'uliruua ^retteunüia'u- herne»'tellt merbeu. nn>tut al«> en'te iiate ieüeuf bei HI0'-:v Sifoirruna Mmhhhni u;i. m bei wtniteu Mdiumer ae'orbcrt lourbe. ic <.r.t-> neueibuui>> bort, nurbeu ol^ae iamnicti tun1) uberid)ntteu merben m.U'en.

Jiacti nmtl'.itni Tarleatna über ben ^Vilebr aut ben baM'ten c'c:; babtieii im k\.:!v/e lK'>'* n.)':.m i«\n vhotni b^;n.ii>> pio ■'». cicAc ein mit ei ^erfehr von I7*j:i.*»:t ^•.•lioueu. ler :»ii'i'e?evti-tir bat üb ieitbem entu>'.cr. ber ^uitalime ber ^lunMlerutta unb b^r aiioeinrtneti ^^.".iliiabenbeit i>on ^u ^atu ae»t entert, ebeiuo bev "iiiteiperti-l-r. ?er lWrn>netu»errebv er'ui't c***c Crbeblnlic ^erbeiieruua buuti C ;nu--\;nn\ einer v'lunitil ^itutelluiiic, irei-w Mc iu'ibiubuua, mit .Hatl-jutbc uub itutt^art eiunlueru.

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Worabcim im 19. ^aforbimbert.

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Vtr(ontuverkt\)t

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477

Flamen der feit ber (Pröffmtuq ber Station ftforftbeim am 4. 3nli 1HOI bafelbft ftationiert flciurfentn «ejirf**, etalton*amt0< unb WüterVeriiialtnnn^Pornänbr, foiutc btc 3cit ber Stationierung.

(31m 4. Auli lS»i| würbe unter Aufbebuna. bcr •HoftPeruniltuna. bae Hoft unb (iifcM- bahnamt tiforUjeim erudjtet.)

1. Hr. Traneportinfpcftor Hermann .öchu- linqcr miterimiftifdier $orüanb>

2. Hronb. eücubabnfafficr Will», ^etiticau ( prouüoriidxr '«Norftanb >

3. Hr. ^oftmeiuer Morl Ariebrid) Waper

4. Hr. ^oftmeifter (ab 1. Afluuar 187'J Wnhninipeftor Anton Aiubroe (1. Januar 1S72 fanb Abtrennung bee itoftbienfte« oom Wabnbienue ftatti

*>. (Mr. Wctriebeinipeftor Ara»u vaum 6. (Mr. Wetriebeinipeftor Muri Mempf (feit

I. Cftober \H\rj ift ber Weurf bee Hr.

iHetriebeinfpeftore in ^torUxim bem (Mr.

Wetriebeinfpeftor iu.Marlerube un\eteilt»

B. Worfiänbe be$ Sratioutfamie*.

1. (Mr. Maffier iHuboif «tauer

2. Hr. Mofficr ^einrieb 3 ad)«

(Mr. *oü unb Wabuoerwalter Marl Weder

Uro». Wctricbeaiftuent Aloie Aoulbaber (Mr. Wabnocrwnlter Amin ftaunj (Mr. Wetriebefontroleur C5 hrtft. ftebmann (Mr. ctutionefoutroleur Vtli>iv> Adulbaber (Mr. Aran* i'ufc

(Mr. Marl Wirmclin

(Mr. ftiuiuft lieber

Hr. Ambro« Wudiler

(Mr. (Muftau SUiganb

(Mr. Wabnoerunilter :Hut>olf 3rowan (Mr. >>crmami f\rohltd)

(Mr. Marl 3djneiber

4.

N. }♦.

10.

11.

\K 13. 14. 15.

C.

1.

2. a.

4. 5. «. ". S. u.

l«K II.

12.

Worfiänbe bcr (ftiiterfcermaitaiifl.

Huteierpetutor >l)onu Arider Agnat irglan m'üttjta» Modilcr Ach. ,N>oüf itfoff l'jtmelm ii'cbcr

>tuimi Aatb (Mr. (Muteir-erirulter Philipp >>errmann (Mr. Aram votier

<Mr. Aratu .lauer Waigie

(Mr. Marl vvuler

(Mr. omil Aiitfd)

(Mr. frermann WuhJmger

;{tit bcr Stationierung :

4. >li 1861 bie eeptbr. 1861

ab ba bie Cftober 1862

ab ba bi* Tejember 1866 ab ba bie A»«li 1872

ab ba bie Cftober 1«84 ab ba bi« 1. Cftober 1892

4. Auli 1861 bie eeptbr. I8G* ab ba bie flopember 1866 ab ba bie fltorj lb70

bie TcKniber 1871

bie Auli 18"2

bie 3eptcmber 1873

bie Auli 1879

bie iNai 1881

bie Auni lf-83

ab ba ab ba ab ba ab ba ab ba ab ba

ab ba bie Woocmber

ob ba bie Aanuar 1891

ab ba bie Crtober 1892

ab ba bie iHar* 181*6

ab ba bie Aull 1900

ab ba bie jefet.

4. Auli IST.I bie Auguft 1864

ab ba bie Te^ember 1871

ab ba bie Cftober 1874

ab ba bie Te^ember I87fi

ab ba bie 3eptember 1876

ab ba bie Aebruar 1878

ab ba bie i'ün 1881

ab ba bie Aebruar 1884

ab ba bie Aebruar 1889

ab ba bie April 18**6

ob ba bie Mar* 1896

ab ba bie je*t.

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478

^forjbeim im 19. Oabtbunbett.

2er Sobuungeuot in Reiten gcfd>dftlid)en fcodtftanbee unb bem bebenfüdjen , iujufl armer Familien faitn burd) bie jumteil fd)on eingeführte , 3umtei( projeftierten Vofalbabuen einigermaßen geftcuert roerben, infofem ale ee burd) biefee 9Jerfcbremittel oielen entfernt roobuenben Arbeitern möglicb, roirb, auf fdmelle unb billige "ü>cife nad> ber (McfdjäftefteUc ju gelangen unb Sobnung unb Unterhalt auf ben billigeren Vanborten beijubebalten. y.v. ^rübjabr l'JOO mar bie t'ofalbahn ."perrenalb-Harlerube bie 5örö'<iingeu (oon ber Stlbtbalbabn* SlftiengefeUfdjaf 1 1 auegebaut unb fonnte bem betrieb übergeben roerben. £eute get)t bie söalm bie jum Veopolbeplafc, roo ein «stattoneljäuedjeu errietet rourbe. oie foll bie (Eutingen roeitergelettet unb fpdter eoentuell burrt) eleftrifdje Äraft betrieben roerben. Weplant finb ferner eine Vofalbatm }ifor$beims3i5eißen* eine folaje über *aufd)lott^retten, bie ben Äraidjgau mit ber ^»buftrie* oerbinbet unb eine $afm iUtcrnebeim^forjbeiru, bie fog. 3trcivuv.uv.hu. ^m Februar 1861 trug man fia) mit bem Webanfen, naa) (jrbffnutig ber (Jifenbabn eine th-o ld)lmi an rtu 1t in'e t'eben ju rufen, Siefelbe rourbe anfange 3tpril oon :Nafcel jum „3djroarjcn Slbler" übernommen, ber oorerft 6 Srofdjfen auffteüte. 31m 14- x\uni ecfdjien eine gebrudte Xrofdjfenorbnuug für bie 3tabt 'jjfor^eiiu. £ae ^uftitut ging fpäter roieber ein. fceute be= finben fiaj in ber 3tabt 9 ^itljaber oon $rioat^rofd)fenanftalten.

Dae fltrnltinanne ZhtJtttut rourbe ju beginn bce ^abree 1863 gegrünbet. (Megenroärtig ; um baefelbe 9 ^ieuftmäuner. (*ine rooblt^ätigc £inrid)tung für ben OJüteroerfebr finb bie Oprbitioiu»anftnltrit , rooooti 4 oorlmnben finb.

bitten großen Umidjroung im SBerfefjr bradite bae i:a!irrnb, bad ha- ut ben 80er 3ab,ren faft auefduießlid) \u oporteuoeden beuütyt rourbe. £>eute fätjrt fo jiemlia) jebermaun auf bem .juvuue, unb ee bient nunmehr tjaupt fädjltd) bem Ükrfefyr. 9tid)t nur louriftcn bcnü&cn ee, ber Wolbfdmtieb, ber Maurer, ja balb jeber Arbeiter fäljrt bamit jum (Hefdjdft unb nad) ftaufe, unb felbft bei rienftmäbdjeu, bie ihre (Sintaufe auf beut IRarfte ui madjen fyabcn, rourbe ber Wcbraua) bee Mabee fdjon bemertt. £em friedlichen Spaziergänger aber baben bie ftabfabrer burdj bie oielfad) unter ibueu berrfdjenbe :ftüdftd)te« loftgfeit bie 5rc«be unb ben Weuuß am opajieieugeben auf ber t'anbftraße oer- borben. {für ben SJertebr ift bae Jabrrab unbestreitbar ein großer Vorteil ; für l'cbeu unb Wefunbt)eit ber Fußgänger, befoubere für Minber unb alte X'eute, eine ebtn^o große (Mefaljr. $\iv Seit befteben bter unb in Weuftabt* ftröfcingen 6 3iabfat}rerocreme.

2er irnu^rnurrUrlji ber Stabt betrug 1880 - 25664, 1890 - 45541, 1399 - 65347, 1900 = «83«3 ^erfonen.

o ß i' f a I) r t o c i n r i dj t u u r n .

pie Armenpflege.*)

$a§ lefcte 3abrael;nt be§ 18. unb bev Anfang be3 19. 3af)r= bunbert§ waren Reiten ber sJlot unb £rübfal. $ie gabrifen arbeiteten fd)road), ber Umlauf bes (üelbeS ftoefte unb bie ^öebürfniffe be§ täglichen Gebens maren faft auerfdjimnglid). 3)ie 3Wenge ber Firmen roud)§ jum (Srfdjrecfen, unb faum nermod)ten otabt' uenoaltung unb 3taatöbet)örbe bie Sparen ber ^ungernben

unb ^ettelnben, meldje bie otraßen burdjjogen, ju bäubigen.

i

•) Öenerallanbeeardjio, „^eobaajter" unb w3lujeiger", sJ)iitteiluugeu ber Strmeuoerroaltuug.

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^forabeim im 19. Sabrbunbert.

$>ie auSgebehute* unb fd)amlo£ betriebene Bettelei mar eine

Signatur bei* $eit.

$amit beiu "öettelroefen mit 9lachbrucf gefteuert toerbe,

mürbe oon ©roffterjog &arl griebrid) befohlen:

£en bem Srunf ergebenen ^cttcloogt fofort abjufefcen unb bafür einen anbern, tiicptigeu Wann ju beftimmen. 1\on einer eingelieferten großen %>erion Ijatten bie v#etteloogtc f> Mrj., oon einem Minbe 3 Jlrj. anjufpredjen unb *roar auf l'anbedfoften. Aufgegriffene auslänbtfdje Wettler uub £>anb* roerfäburfdien , foroie aubere mit * ridjtigen Urfunben oerfeljene Öaffenbettler mufjtcn \ur Strafe an ber neu an}ulegeuben Strafte nad) (rutingen arbeiten unb erhielten bafür Speife unb Iranf. 9tad) einiger ,^eit rourben fte mit einem 3c')rPTc»"ifl roieber entlaffen. Soldje franbroerföburfdjen, roeldje fein Wünbel mit ficf> f'uljrten, ober Wettler aue ber Nadibarfdjaft rourben nad) erftanbener Strafe oline ^etjrpfennig entlaffen Unter bie Ttrore rourben Wettel^lanbate angcfajlagcn, bie ^unftmeifter, Il)orroäd)tcr unb perbergäoäter rourben angeroiefeu, foldjc ^ubioibuen oor bem Jedjtcn unb betteln ju oer* roarnen unb bei Wetreffung ju ftrafen. SJon ber .Handel rourbe bie Settel* orbuung »ertaubet. Tie \>aubroeri*burfd)en erhielten oon ben ^unftmeiftern fog. „3&fyr*tMe4e" unb jablteu bamit bei bem <öerberg*oater bie 3*d)e. Sog. ;oau*arme, bie rourbig roareu unb fooiel fte nod) tarnten, arbeiteten, mußten oom Stagiftrat genügenb unterttüfet unb oerforgt roerbeu. Starben foldje beim betteln ertappt, fo rourben bie Dinner roie bie .öanbroerteburfdjen beftraft (Strafjenavbett) , bie $rauen eingeturmt unb jum Spinnen oerurteilt, bie ttinber aber mit Nutljen ge^üd)tigt unb roenn folcpcö nidjt meljr oerfing, in ber „junger- Stube ' cingefperrt. föer ©äffen; ober ftauäbettlern etroa« gab, rourbe uberbteä beftraft mit l fl. in baö Almofeu.

Sdjon Voller flagte über bie 3d)ioierigfeit, bie Armenpflege fo einzurichten, baft fte ihren 3ioecf erfülle unb nietjt bem l)eiid)lert|ct)en Jagbieb jugute fomme, mäbrenb ber befdjeibenc Arme leer ausgebe. Xxofy ber rooblau^gebacbten Ocganifation unb ber geiotffenljaften Ausübung ibreS Ämte-s baben bie Armen* pfleger unb $e$iiteuorftel)er beute nod) mit ben gleichen NBiber* roärtigfeiten fämpfen mie ihre Kollegen oor loa fahren 3n oielen %ä\[e\\ ift e$ redjt fdjroer, ben roüvbigen Armen oom unmürbigen 511 unterfdjeiben, unb bie Jyälle, in benen fid) ber Armenpfleger bintergangen ober burd) einen beudjlerifcben Appell an fein (Gefühl überrumpelt fiebt, finb gar nict)t feiten. (Sine roabre Stabtplage finb bie fortroäbrenben (Sinroanberungen finberreidjer unterftütjuugsbebürftiger Familien, namentlich au§ Württemberg, oon wo foldje nadjioeisbar oft oon genuffenlofen ©enuinben t)ergefd)icft toerben, bamit fte nad) 2jät)rtgem Aufent* halt ben UnterftütiungSioobnfit} erwerben, jft bod) oorge* fommen, bafe eine" Derartige $emeinbe fid) burd) 3d)ultbeijj unb ©emeinberat gegenüber einem beruutergefommenen sJ)cenfd)en unterfcbrifllicb oerpflid)tete, ba§ er nad) 2 jährigem Aufenthalt in ^forjbcim oon ber ftcimatgemeinbe 500 Warf erhalte, bie er fid) bann aud) toirflid) „erwarb".

s23ejonbers oerbient um bie Crganifatiou be£ bisher im Argen liegeubeu Anneuwe(en3 mad)te fid) Cberbürgermeifter ©rojj,

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480

^forabeim im 19. 3abtbunbert.

inbem er nad) preufnfdjem duftet biefen roid)tigen *>er Senoattung umformte unb bis in'§ ßleinfte orbnete. 3>ie $anje Stabt rourbe in 5 (jetjt 6) Slrmenbejirfe eingeteilt. Oeben 53e$irf leitet ein SBesirfSoorfteber. tiefem unterließen bie 3h-men- p fleger, oon roeldjen einer bi§ ju 10 Familien unter feiner Cbbut bat. $ie 93e$irf3oorfteber, ©eiftlidjen, ein Amtmann unb ber $Jürgermeifter bilben bie 'Mrmenfommiffion, in beren 3i§una,en über jeben einjelnen %a\l (alle 14 $age) beraten unb befd)(offen wirb, nod)bem berfelbe juoor in ben 9lrmenpflegeroerfammlungen jebe§ v33ejirf§ grünblid) erörtert rourbe.

Qm y$a[)xe 1883, als bie 9iaer)frage um öffentliche Unter- ftütjung anfing bebenflid) ju werben, rourbe im s<Bürgerau§fct)UB ber ffiutlfd) au3gefprod)en, bie fiifte ber llnterftü^ten ju oer- öffentlicben , roaS aud) für fur5e Seit gefcfyab. $ie Ausgaben roürben fidjerlid) boppelt fo gro|3 fein, roenn bie gefetjlidje s£e* ftimmung, roonad) ber (Empfänger öffentlicher Unterftü$una,en ba§ 3Bat)(red)t für Die $auer ber Unterftütjung oerliert, nidjt erjftierte. $)iefelbe erfheeft ficrj feit 1890 nidjt met)r auf ben (Empfang oon Sebrmitteln auS ftäOtifd)em ©elbe.

3ür ba§ Hrmenroefen rourben ausgegeben:

a.

im 3abre 1820

6 509 ff.

11 158 SRf.

b.

II It

1880

6 155 fe

1 1 408

c.

II II

1840

10 665 fl.

18 282

d.

'1 tt

1850

12 362 fl.

21 192

e.

It It

1860

11 142 fl.

19 100

f.

II II

1870

43 388 fl.

74 379

It II

1880

88 755 .

f:

II II

1890

77 619

II II

1900

111811

9Bäbrenb ftd) feit 1820 bie (£inroor)nersabt etroa um ba§ ftebenfadje oermebrte, fyabtn bie silrmenau§gaben in biefer Seit genau um ba§ $ebnfad)e ^genommen. Unb bie§ trotj ber oor* jüglidjen $erbienftgelegenf)eit unferer 3eit. 2Bie roürbe erft roerben, roenn eine gefd)äftlid)e $rift§ eintreten follte!

$m Wotjabre 1847 trug fidj bie Stabtgcmeinbe mit bem OJebaufen, ein i*ctl|ljoiio )u grünben. Sie bamalige Regierung hielt ed aber fonberbarer roeife „niapt für notroenbig, in ^forjbeim ein berartigeä fyiftitut in* Gebert >u rufen, ba bie sDtel)wl)l ber unbemittelten trinroobner ^Jfor^eimä au* ("vabnfj arbeitern befte^e". sJiia)t nur bem 25cbrängten, foubem aua) bem leicbrfumigen Sdmlbcnmadjer unb jroai unter bem Sedmantel ber Mnonomität, biete ftcb (Gelegenheit, biefe ^tlfdfaffe in 9lnfurud) ju nehmen. Selbft ber Sieb, biefc e$, finbe eine roiüTommene Statte, fein unrecbtmäfug erworbenes, uufontroüter* bareö ®ut anzubringen. Uebrigenö geftattete man ber ©tabt, ein Statut au*-- Suarbeiten unb ber Regierung uorjulcgcn. Sie Stabt wollte nur auf ein Aiii'i garantieren. Ser Reinertrag follte ber Stabtfaffe jufliefcen, mäbrenb ba* ÄarlSni^er ^nftitut oolle ©arantie übernahm unb ben Reinertrag }u einem

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^forjbcim im '9 3ahtru»nvert.

481

Betrieb«fonb« fammcltc. ttarl«rube naftm oon ben Söebrängten , bcncn gegen au«giebige Sidjerbeit |ii .vtflfe fam, 8%, ^|or$f)cim mollte 10°/o. $er ,Sin« mürbe nebft 10 Mrj. Sdjreibgebubren jum i*orau« erhoben burd) Slbjug an bcm £arlel)en. £ie Werjug«jiufen, ber Bud)freujer unb bic Jage unter Ulonat follten ebenfall« jum Vorteil ber Maffc oerred)net roerben, fo bafj bie Slbjüge in ^ e r f ä u ntnidf ftQcn auf 25°/, gcftiegcn waren. 9lad) 3af>re$frif* folltc überbie« ber Slnfprud) auf Ulebreriö« au« ben ^fanbftücfen erlöfdjen. \Huf biefe iBeifc iwKre bie Wrünbung eine« l'cibbaufe« mebr eine Spefulation ober eine $eriorgung«anftalt für 8 ftäbtifdjc Beamte gemefen, al« eine üäter- lidje ftürforge für bie Ernten, roenn man DO« lederen foldje Opfer geforbert bätte. 'Jladjbem bie Regierung bie ben Statuten anbaftcnben Mängel grünb^ lid> au«gemerjt Ijatte, mürbe im s)lpril 184J* ba« 3nftiM lebensfähig. Ulit beginn befferer faxten ging bie ftäbtifcbe l'eifjanftalt mieber ein, um im 3uni 1877, im faxt ber allgemeinen s3lot, ba fein Tag oerging, au bem nid)t minbeften« eine (9antan*eige erfolgte, mieber aufzuleben. Tie Marleben lourben mit 6" o oerjinft, aufecrbem rourbe eine (9ebübr erhoben jur £ecfung ber $enoaitung«foften unb jroar bei Marleben bi« ju 25 Ulf. */* ^fg., bi« ju 60 Ulf. i Wg., bi« ju 100 Ulf. r/t ^fg. pro Monat. Tic ^fanbftütfe mürben in ber Siegel bi« ju 80°/o iljre« Seite« angenommen. £>iefe 3lnftalt mar eine Söobltbat für bie ärmere Beoölferung, meldte baburd) oor getoiffen- lofen $Bud)erern unb &al«abfd)neibern beroabrt blieb; benn lagen JyäUe oor, baft oon biefigen ^fanbleiberu für 14 Ulf. in 16 3öoa)en 3 Ulf. 40 ^Sfg. (79 "/o) ^infen beregnet mürben. 3" einem anbern Jyall redinete ber gleid)e (rbrenmann für 4 Ulf. in 3 Monaten 1 Ulf. (100°/o) 3»n«. ©in anberer Webermann liejj fid> für 4 Ulf. in 10 Sodjen 1 Ulf. 80 ^f. (234 '/•) jablen. Cr« mufite jemanb mobl in berber "Jlot fein, loenu Cbjefte im liierte oon 4 Ulf. oerfefcte unb in folgern ,yalle 234 nebmen, biefj bem Trinen bie .Heble oollenb« wjieben. Sieber anbere biefcr Mategorie miefen 2lbjat)lungen armer l'eute jtmicf, um red)t lange ben oollen fam genießen )U fönnen.

fax~ faxt einfrieren in ber Stabt jmei unter ftaatlidjer Kontrolle ftet)enbe ^fanbleibauftalten, bie namentlich um bie Mircbmeiljjeit, jur faxt ber Ula«fen* bälle unb an Ißeibnadjten ftarf frequentiert merbeu. $ieUeia)t märe ber l)ilf«bebürftigen Beoölferung beffer gebient, menn ba« 3nftitut in ftäbtifd)e iüerroaltung überginge.

3m ftrübjabr 1862 rourbe ein 3(ruient>erein Ijier gegrünbet. lieber feine Tbätigfeit giebt ein 9ted)enfdwftsberid)t 3lu«funft. Tie (Sinnabmen betrugen oom 1. Ulai 1866/67 2967 fl. 28 tfrj. Tie 31u«gaben, (9elb für Uliele unb Vebcn«unterbalt 1019 fl. 33 tfrj., an oerfd)ämte 2lrme 281 fl. 40 Mrv, in 9labrung«mitteln 447 fl. 57 Ärj., in Mleibern unb Stoffen, «ett^ unb Veibroeifejeug , ödjuben 648 fl. 59 Ärj., für Arbeit 80 fl. 5 Ärv, für Wärterinnen, Spital unb il?erbanb«^eug 22 fl. 12 Mrj., Brennmaterial 114 fl. 12 Mn. , 8d)iilgelb 20 fl. 60 Hrj. Tie 9lal)rung«mittel beftanben in 331 Portionen Ulittageffen.

Crin feit 1849 beftebenber Jungfrauen t>er ein fonnte am 10. 9loobr. 1856 42 arme ittnber ber Stabt mit ^lujügeu oerfeben. Tie von ben mit; gliebern gefd)inacfooll angefertigten ."oanbarbeitcu mürben für roobltbätige $xvede au«gefpielt unb ergaben eine namlmfte Crinnabme.

Ulit grofjem (Srfolg auf bem (Gebiete bes 21rmenroefen« ift ber grauen* Herein tbätig. Sein umfaffenbe« unb fegen«oolle« Sirfen finbet in allen Sdiidjten be« ^olfcö märmfte ^Incrfennung.

3m Jabre 1848 mürben in ber Stabt unb auf ben Vanborten Suppen^ anftalten erridjtet. 3n UlühitwinVn unb Behningen mürben burd) ein Komitee oom 16. 3CDruar 4. 3«^ l85iJ 34 006 Portionen Suppe au«geteilt, Tiefenbronn, Bamberg unb Steinegg erhielten 49910, 3tter«ba* unb Langenalb 33460 Portionen.

31

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^fotäbeim im 19. ^abrbunbett

6nbe ttuguft 1870 grünbete bie „£oge JReudjlin" eine prooifonfc^e Wolfchtdie, meiere ftd) jur W»d)t machte, bem weniger bemittelten %eü ber Veuölferung eine fräftige Wahrung um billigen $rcie 511 befebaffen. 2>a# i'ofal befanb ftd) im iMivtcrgcbäube be$ Üonfumt>erein$baufe# auf bem 6d)itl» plafce unb täglich mürbe Wittag« unb Stbeubeffen in ganzen ttnb falben Portionen k 6 refp. 37« Mrj. ausgegeben. 2 ocboppeii 6uppe mit ö\t iJotb, <ylcif<ti mürbe für ß tfrj. oertauft.

Sitegeu Langel an Abnehmern muftfe bie Volfäfuibe am 15. Auguft 1874 gefcl)loffen roerben, mürbe aber im Wärj 1877 für furje 3ett roieber eingeria)tet unb blieb bi* 1879 befteben.

3m ^abre 1848 trat ein $i(f#t>creitt in« l'eben, ber fid) bie Vinberuug ber größten 9tot jur Aufgabe machte. 9lad)bem berfelbe mit beginn befferer 3eiten fid) roieber aufgelöst (mite, rourbe er Gnbe April 1877 a(d ftäbt. J0ilf^t»rrein auf« neue gegrünbet. (£r bejroedt bie bauernbe Unterftübung in tjieftger 3tabt lebenber Armen unb 3roar burd) 3un)*ifun9 1)011 Arbeit, bura) ©erodljrung fleiner, unoeriinälicber Marleben. 2>urd) (irmerbuug ber Witgliebfdmft übernahm man urfpriinglid) bie Verpflichtung, an $au$; unb gtrafcenbettler fein Almofen ju »erabreieben.

Ter herein bat feitbem viel oegeu geftiftet. Alljabrlid) im Pommer fd)irft er mit einer Mehrerin eine Anzahl erbolungebebürfttger 3d)ulfutber in bie Jerieufolonie nadj Salmbad), toäbrcnb anbere in ber (ycnc»jcit tägltd) Wild) unb "Örot erhalten, ^n ben 'llUntennonatcn empfangen arme 3d)ü(er, beneu bie lilteru fein mannet ftrüftüd geben fönneu, in beftimmten Käufern roarme Wild) mit örot. Aufjerbem fyat ftd) bie Xbättgfeit beo Vereins aud) auf bie ©rünbung einer 3djule für bäiiSlidjen (ileroerbefleifi, in roeldjev Jpolj* febmberei, i'aubjägerei , Vürftenbinbevci, einfache Wetallnrbeiten (früher aud) *ud)binbevci) betrieben mirb unb ferner auf bie Wrünbung einer ^fanbleib/ anftalt erftredt, bie aber eingegangen ift.

Alle biefe Vereine, nicht julebt aud) bie uou 8eitcn ber ueifdjiebeneu Jtoufeffionen gegrüubcten ^ohltbätigfeitöanftalteu haben bie auf ben heutigen lag namentlid) an oerfdjämten Ernten oiel (Hutes* getf)an.

tfängft hat bie Anficht allgemeine Geltung gewonnen, bafi eiu roeit »crbieitftlicbcre* &*erf ift, einem arbeitsfähigen Armen ju Verbteuft ju per« helfen, alö ifjn bireft ju unterftüben. 4üo bicä nicht )u umgehen ift, füllten bie Oaben fo roeit mie möglich nur tu Wniiualien befteben; beim bie (Erfahrung leljrt , bafc bie geroöbvten Unterftübungen in barem Weibe häufig genug 0011 lüberlid)eu #amilienoätern, oft auch unter Withilfe ber ebenfo qualifizierten Jrau in Spirituofen umgefebt merben, roäbreub bie Miuber, benen fie boch tyaxipU fachlich jugute fommen füllten, s3iot leiben.

Um ben cparfinn bei ben ärmeren M (äffen ju meden uub ju pflegen, hat ber ftilfSucrctn 1883 eine fogeuanute ^f ennigfparf äff e in$ fceben gerufen, bie aber, roie e$ ben Anfd)ein bat, meuig benübt mirb.

3>a$ ^früiionerfUuo.

Sttit bem (Spital mar urfprünglidj ein ^ßfrünbnerfjauS oev* bunben $ie *ßfrünbner maren nermÖgenSlofe, alte, gebredjlicfye, jumteil aud) geiftia, ntd)t normale üeute, bie r)ier 3öüt)nung unb pflege fanben. 4öer noef) arbeitsfähig mar, mürbe jur Arbeit angeljatten. ^)ie Scanner mußten unter 3iuffcfjern an 2anb* [tragen unb Jfelbroegen arbeiten, Oebungen reuten :c, mä^renb bie Leiber mit Spinnen, ©tricieu unb anbereu ^anbarbeiien, ju benen fie ju gebrauchen maren, befdjäftigt mürben, ©leic^» jettig mit bem neuen ©pitat mürbe nebenan ein neue« ^frünbner«

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^forgbeim im 19. Öabrbunbert. 433

hauS erfaßt, mit bcr Umwanblung beS SBabeS £ub bei Otter«» weier in eine ftreiSpflegeanftalt würbe baS ^frünbnerbauS frei unb als ^olfSfdmlgebäube oerwenbet. 3)ie Sefyl ber *ßfrünbner betrug 1835 = 20-30 s£eifonen, 1847 waren eS 97, im 3af)re 1865 = 91 (47 männliche unb 44 weibliche ^erfonen). 3)aoon waren uod) nicht, bie §älfte, nämlich 26 Scanner unb 16 grauen, arbeitsfähig. 3)ie 5luSgaben beliefen fid) in biefem 3atjre auf 9276 fl. 30 ftrj. $)ie ©innahmen beftanben größtenteils in Arbeitslöhnen, bie ber ©tabt burd) bie ^ßfrünbner erfpart blieben, fte betrugen 4 011 fl. 27 Jtcs.

3m 91ooember 1874 würbe baS ^frünbnerhauS aufgehoben. £)aS je^ige iUmenflaitö fteht auf bem £illerwörth.

3>te &etbet$e jitr ^eimat,*)

1892 als 9lftiengefeüfrf)aft 00m ©emeinnüfcigen herein gegrünbet, oerfolgt ben Qmed, ber loanbernben Arbeiterbeoölferung gegen billige greife gute Verpflegung unb orbentlidjeS, reinliches Unter* fommen 311 bieten. ©d)led)te (Elemente werben in beftimmten ©renjen ober ganj fern gehalten. 93ranntweintrinfen unb Starten» fpiele fmb unterfagt. Srinfywang befielt nicht, dagegen ift (Gelegenheit ju Seftüre unb unterhaltenben (Spielen geboten. 3)ie 5lnftalt oerfügt über 50 ^Betten unb beherbergte 00m 1. 3uli 1899 bis babin 1900 = 3857 ^erfonen in 16 244 ©a)lafnäd)ten. $aS Sd)lafgelb beträgt 20 unb 25 *ßfg. $)ie ©innahmen be» trugen 23 288 Wt, bie Ausgaben 22 469 9W.

Pie fttotifty ppaxUffe.**)

$ie ©parfaffe würbe im 3>ahre 1834 gegrünbet; bie bamalS feftgelegten Statuten blieben bis 186 1 unoeränbert in Straft. $)er ßmtd ber $affe follte fein, Arbeiter unb $ienftboteu, welche oon ihrem QabreSlohn etwas erübrigen tonnten, ju bewegen, ihr ©elb jinStragenb anzulegen, anftatt eS in ©pirituofen umjufe^en ober eS im ©piel ju oergeuben, „wie bieS früher öfters gefchehen fein f oll" . 35ie ©inlagen würben oon 15, 30, 45 Äreujer an ange« nommen unb burften in einjelnen Soften nicht über 50 ©ulben betvagen. 2)aS SRagiinum ber Kapitalanlage burfte bei einer s}krfon 100 ©ulben nid)t überfteigen. 3et}t ift bie ©inlage eine unbefchränfte. 33on 2 fl. an war bie ©inlage jinStragenb unb $war &u 8l/s% ooev 2 ftreujer pro ©ulben jährlich. 3inS vom 8m3 würbe nicht befahlt. $ie ©emeinbe leiftet mit ihrem 93er*

♦) $>anbeiaiammerberi$t 1900. ••) „SBcoba^ter" unb Mitteilungen ber ©parfaffenoenoaltung.

81*

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484 ftfotifpta im 19. Sabrbunbett.

mögen (Garantie unb führt bie 9(uffid)t. (£nbe 1852 betrugen bi; (Einlagen 122 555 fl. 54 9tv\. (Snbe 1S57 waren bei ber 2 mir taffe H>(>3 sJJcrfonen mit einem (Stntagetapttal uon 283 905 fL

beteiligt

Ötanb oui cHefatnteiuleiicr- (Mefamteinlaa.e

l. Januar: woi: guthaben :

1871 3 147 fl. 878 582.51.

1880 5 108 SWt 2 921 839.06.

1890 10 775 5 989 120.70.

1900 18Ü60 10 137 155. 7S.

(Snbe 9lo9ember 1867 mürbe ber $for$behner ^orfdjuh Herein*) aairünbet mit 183 ÜDlitgliebero. Ter monatliche ^Beitior. eines 9J!tta,liebe$ mürbe auf minbeftenS 15 £rj., bas (£ititritir aelb auf 1 ft. unb ber ^insfufc f"v ^cn 9Hita,liebern gewährten ^l>orfd)üffe auf 6%, feftgefetjt. Einlage famt Senrinn bitrftc bc einem ^ita.lieb nid)t meljr at£ 300 fl. betragen. N2U* U>cr ftanbSmttglieber mürben gewählt: Tireftor (£br. Oecter, Staffier Strauß, ©d)riftfüt)rer $offmann. Ter ^orfdnifjoereiti bat ben 8mecf, feine 3Ritglieber buvdi a,emeinfd)aftlid)en fivebit mir ben nötigen (Mbmittelu $u uerfebeu, alfa ftar»italuad)fraa,e intfe Angebot ju vermitteln. Terjelbe füll für ben Arbeiter, .panb merfer unb fleiuen ^abvifanten ba* fein, ma£ bie Sanfter» unb £anbel$banfen bem Kaufmann unb ©rofjfabrifanten ftnb.

SleoerfidH ber cfreraWtöcrgeBttiire feit ärönbnna. t>rs ^orfdntfiuercini» ^forißeim, 6. m. u.

:HcdiniiHflC: Witfllicbeiv

>br

^cretn^ncrmöficn

antcile

SttferwfMftc

ims 09

1871/72 1875/76

1MS0 «1 1885 Sil

1890/91 1895 1899/1900

529 1592

.-•< 2 2342 2< >Nti 2429 2647 2*87

, U

590 426 3 749 966 12 521 116 *i 4u.t :ti l 5 973 364 8 94S 731 1 1 H97 201 19*25 578

21 639 1 »17 032 939 566 422 825 334 705 399 401 464 802 650 065

1 299 8 918 34 9*1 37 8^7 v4 . vv> 115 7:>»i 138 425 164 97o

*) 9?acf) Mitteilungen ber «orfd)ufefaffe unb bce „Beobachter*'

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IMorgbeim im 19. Sabtbunbert.

485

3(fBfrlid)t der Äefdiäfto< »rgeßniffc fett C^rünbung, 6e$ ^orfrftttftucrdnö ^forjfteim, 6. tf. m. u. £.

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«8 753

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5

18 47«»

20 542

1880/81

814 715

2 568 2«>4

5

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19 440

1885/86

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3 ».47 7UK

5

17 4M

24 0H7

1800/91

440 597

4 25,4 !»«»!*

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25 0.42

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1M5/96

518 042

5 871 000

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44 1(K)

42 24*i

1899/00

VU tiefunbefiispffcgc.*)

Da«3 alte /uanlienfmus am s.JBaifenl)au$platye, fd)on 1617 erbaut als „unteres N#ab", mürbe 51t Anfang be$ 3>af)rl)unbert3 5um Spital ausgebaut unb aH foldjeS bis" 1840 benäht. 3m ^afjve 1838 erftanb ein neues Spital unb ^frunbnerbau* an ber (Scfe ber SJief)* unb Sorftftrafje unb muvbe 1840 belogen ; fpäter muvbe ba* .£>au$ als ©nmnafmm benüttf unb feit 1885, mit einem III. Stocfmevf oevfeben, als ftäbtijdjeS yeljrerwofjn* gtbäube. Solange feinem uvfpvünglidjen ^wect biente, fanb bev eine Jylügel als Spital, bev anbete als ^frünbnerbauS s-i>erwenbung. Sdjon 1847 erhoben fid) Silagen übet iHaum mangel. Die burdjauS notmenbige Jreunung bev ©efd)led)ter unb oevfd)iebenavtigen Hranfen mav faum möglid). Um bev Kalamität abjul)elfen, muvbe bev Aufbau eines III. StocfmerfeS geplant mit einet ftoftenberedjnung uou 14 000 (Bulben. Das Oberamt tonnte fid) aber uid)t überzeugen, bafj nierburd) bie Klüngel befeitigt würben. Die unter Wirgermeifter Deimling gepflogenen 95er^anblungen oerfdjleppteu fid) unb mürben oon (SreceliuS weitergeführt, jüefjen aber jetjt auf entfcfjiebenen 'iSiber* fpvud) im ©emeinberat, mo man bie richtige Anfidjt oertrat, ba B bie sj$frünbner l)inauS^ufd)affen feien unb ihnen ein anbereS Öebäube erftellt werben füllte. Drot} allfeitiger (Stuficfjt^ bau bie beftefjenben ^uftänbe unerträglid) feien, blieb bie Angelegenheit lange viJeit rufjig liegen. <£rft 180i) 70 mürbe bittet) beu .Uianfen-

•) .Udler, fftöftCr, „iifmUKimcr »eobacMcr" unb „flujeiger" unb 3a$t€*berict)t ber manfenl,)au$Dcnualtimg 1*99.

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486

^forabetm im 19. 3abrbunbett.

fwuS^teubau Abhilfe flef*affcn. %\\ ©elb fjätte feineSroegS

gefehlt, ba§ ©ebäube früher gu errieten; benn fd)on 1847 betrug aS SllmofengrunbftocfSDermögen 20285 fl. unb baS £ofpital= grunbftocfSüermögen 12 309 fL drftereS follte % lefctereS 1 3 ju ben Sofien beitragen.

3röt)er waren am Spital jeroeilS 2 2(erjte tbätig, einer für innere $ranft)eiten (ber Spitalaqt) unb einer für Operationen (ber 2Bunbarjt). 5)ie erften Spitaloorftänbe tuaren Dr. ©ufjer unb feit 1825 Dr. 2Benj, bisher fianbpbuftfuS. $er (Spitatarjt ift feit 1873 bivigierenber Mrjt, bem ein jüngerer 9lffiftenjarjt jur Seite ftebt. Grfter 9lfftften$ar$t mar Dr. ©enjel auS bergen mit einem ©ehalt oon 1000 ©ulben unb freier Station. 9lach 3öenj mürbe ^3c>^jtfii§ Dr. $icfc Spitaloorftanb unb ^uguft ©erroig OberamtSrounDnr&t, letzterer ftarb 1H56. Sein Slffiftent mar Dr. ©ifjler, feit ©ermigS Job ftänbiger SBunbarjt. *luf 2>iet> folgte im Oftober 1840 SlmtSpfmfifuS Stlfer unb oou 1847 an mürbe Dr. ©ennig OberamtSrounbarjt, oon 184s au Spitalarjt. 9luf Mennig folgte 1873 Dr. ©ifjler, roeldjer biefeS 2Imt bis ju feinem £obe (1899) oerroaltete; feitbem ift Dr. SHupp birigierenber silrjt beS StranfenhaufeS. 3h1" jur Seite flehen gut Qtit groei Slffiftenjärjte unb in befonberen fallen ein ober ber anbere 3lrjt au8 ber Stabt.

3n ben 3at>ren 1816—1820 betrug bie #abl ber Giranten im Spital burdjfdjnittlid) 10—20; am 1. 9lpril 1857 rcaren 5645 «ßerfonen beitragspflichtig, fünf 3al>re juoor maren e$ 3574. Seit ber großen £nptju§epibemie oon 1806 mar bie Stabt bis jum $pril 1866 oon einer ernfteren Seuche oerfrfjont geblieben. 3n biefem 3at)re brachen bie fefnuarjen flattern auS, eine ftrauftjeit, bie übrigens über ganj Sübbeutjdjlaub oerbreitet mar. $)er Verlauf ber ©pibemie mar im allgemeinen fjier ein rafdjer unb milber; aber eS brot)te eine gefährlichere Nachfolgerin, nämlich bie afiatifche (Sbolera, roeldje in bem nalKAelegenen §eil* bronn bereits eingebogen mar. 2luf Hureguug beS bamaligen ÜWebijinalrateS Dr. Soppen mürben (£ube September 1867 entfdn'ebene borfehrungen getroffen betreffs ber 9teinlichfettS= oerhättniffe in ber Stabt. 2Bar bie fchlimme Einquartierung auch nicht erfolgt, fo holten bie üflafpgeln bod) baS ©ute, ba& fie bie Stabt auf fanitä'rem ©ebiete einen Schritt meiter brachten. $ie barmherzigen Schmeftern maren 1861 auS bem SJhttterhaufe sJcieberbronn hierher berufen morben. @S finb jur 3rit neun Schmeftern l>icr, bie ftd) in bie Sfranfeupflege, 3Baifenpflege unb $leinfinberfchule teilen. 3hv ftilleS, anfpruchSlofeS Söalten hat ihnen bie Achtung aller ftonfefftonen ermorben. -3m Oahre 1871 mürbe ^Pfor^cim gleichseitig oom £upf)uS unb ben blättern heimgefucht. ©rfterer nahm bieSmal einen ferneren SBerlauf.

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Worapeim im 19. 3abrpunbert. 487

$ie flattern, an benen 1870 gegen 40 sßerfonen erfranft waren (i $erfott ftavb baran), würben wahrfcheinlid) burch bie jur Pflege nach ^for^eim gebrachten Söermunbeten eingefd)leppt. 93on ben 1871 an ben flattern erfranften 254 ^erfonen ftarben 24, alfo 9,4 s5rojent. 3m folgenben Qaljre würbe ber 3)iafoniffen oerein gegrünbet, ber fief) bie ftranfenpflege bei ben dinmofmern aller @tänbe unb ftonfeffionen jur Stufgabe macht unb ben Unbemittelten unentgeltlich ßilfe leiftet. 1876 waren 4 ©djwefteru in ber Stabt thätig. 3»m Qahre 1873 würben 1738 Äranfe im ©pital oerpflegt. 390 litten an $uphu3 unb oermanbten Ifranfheiten, 714 an ber fträtje. 3n ber Stabt lagen 70 $nphu§f raufe, in ber $t\U unb ^ßflegeanftalt 1. 3m 3ahre 1874 würben 552 ßrätjfranfe im (Spital be^anbel^ meift ?fabriflel)rlinge (502 männliche unb 50 weibliche). $)ie $rätj= franft>ctt war eine Sotge ber l)öcf)ft mangelhaften 2Bohnung§* oerhältniffe. 3m 3ahre 1880 würben 1143, 1890 = 1341, 1899 - 2041 ßranfe oerpflegt. $ie Ausgaben für 1899 betrugen 147 066 9Hf., pro ßopf 2,07 Tit. Slm ßranfenljauS fmb jur 3eit 11 ©djweftern thätig, forote 3 (Schülerinnen. 3m äußern $)tenft wirfen 4 6chweftern. $ie 3^hl &er Letten beträgt 200.

28e&tjtitafrat Dr. jSerttöarb ätftfer.

Dr. Wijjler mar in frühen ^afjren ^icrfjer getommen, erft al« Slffiftenj* arjt in ber fceiU unb ^flegeanftalt ; fpdtcr liefe er fia) alö praftifdjer 2Crat b,ier nieber unb übernahm aläbalb bie Stelle eineä jroetten £>ofpitalarjte8. Uner* müblia) tf)ätig in feinem Seruf unb balb gefdjäfet, befonberS alä gefdnefter Operateur, fonb er bod) immer nod) bie Seit, fict» gemeinnütjiger unb ibealer Jljätigfcit ju roibmen. (Sr mar einer ber (£rften, melaje fief) ber neujugrünbenben ^reiroidigen tfeuenoefjr anfd)loffen unb l)at al$ üjx Rorpäarjl treu auägeljalten bid julefct, alä ber einzige ÄorpSoffijier, ber von ber förünbung an bis jefct, roie er felbft einmal fagte, bad ®lüd, nid>t baS Serbienft gehabt fmbe, babei bleiben ju rönnen. 3m lurnuerein, ben er ju neuem i'eben ermeden b,alf, befleibete er jahrelang bie Stelle eine« erften SorftanbeS, mar juglcid) 3Witglieb be3 ÄreiSauSfdjuffeS unb einmal aud) Sorfifcenber beä X. Dberrl)einifd)en Xumfreife«. söon ber Stelle eine« $orftanbe* trat er um bie 3)iitte ber 70er 3ab,re juriut, worauf ifm ber banfbare herein ju feinem ©fjrenmitglieb ernannte. Ungefähr um jene 3cit madjte ftdj ber fdjon im reiferen Hilter fteljenbe 2Wanu nod) einmal auf nad) ftreiburg, um ftd> bafelbft nodjtrftglid) nod) ben 2)oftorb,ut ju erwerben, nadjbem er 1873 bie 2)ireftion beS ftranfenljaufed infolge beä SRürftrittS feine« langjährigen Kollegen Dr. Mennig übeniommen Gatte. Dr. GJifeler war in feinem SJeruf fein ftreunb oieler Sorte, feine Sparfamfeit barin mar faft fpridnoörtlid). £od) beä Slbenbä, roenn il)n feine SJerufSgeftfjäfte freiließen, fonntc er ein überaus lebhafter unb geroanbter Öefellfcbafter fein, ber in freier toie in gebunbener Siebe bann ein SHcifter be« JBorte« roar. Siele feiner ®elegenl)eU$gebid)te, befonber« biejenigen patriotifdjen Sn^alt«, finb in ben Sieberfdjatj ber „WebeHjöljle" t)ier übergegangen. ben legten 3flbre» feiner SBirffamfeit ronrbe Dr. Wipler, ioela)er baö befoubeve ißer* trauen ber Jrau Öro^erjogin genofe, in 9(nerfennung feiner langjährigen Iljätig*

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4*8

93r"orabeim im 19. ^abtbunbert.

feit als Mranfenfjaue = £ireftor $um iltebijinalrat ernannt. mi& 1894 unb 1897 ber lupbuä in ^forjt)eim überbanb nalnn, roar er unernuiMid) tbatig unb pfltclitcif ric|, roafc aud) ber otabtrat banfbar anerfaunte, iubetn et tljm aus ftabtifdien Mitteln unter einftimmiger (Henebmigung be* "öürqer audfdjuffeö eine Ehrengabe tiberroie*. l't'ebijinalrat Dr. (Mifcler hatte bal& barauf m erfennen gegeben, bafc er na* Ü>oUenbung feine* 70. Treben*- jabre*, alfo im fterbft 1899, fieb au* ber Tireftiouetbätigfeit im Äranfenhaur juriicfuijietjen gebenfe. 2tber ein beftiger .HranfbeitaanfaU , ber ihn febon um Cftem bem Örabe nat)e gebradrt batte, \roang ibn, feine Gntfaffum auf ben 1. ^uli ju erbitten, ifrjiö <>ulefct eine frdftige Watorr, ioeld)cr ba* SUer

ntdit* anbaben $u föunen fd)ien, muftfe er feit SRotUltal fdjon barauf oer \id)ten, feinem Berufe roieber nad)}ugebeu. &m 13. ^uli 1899 oerftarb er in Reibet berg , roobin er \ux vinberung feint* langwierigen Vciben* gegangen roar. Dr. (Hitler bat burd) fein ^irfeu bafur geformt, baft fein Sfafeenfni nidit fo balb hier erlafdieu wirb. ^Id Horftanb beö drjtlidjen herein*, als Dirigent be* ftabtifdien Mraufeubanfeö , in ben Mreifeu feiner Patienten, in benen ber ;>euerroel)r, bes turtUttrtlnS, ber Webelböble u. a. wirb bie Erinnerung an ibn lebenbig bleiben.

Sttebtjinafrat Dr. Hiernfiarb (fctftfcr.

^forabeim im 19. 3abrbunbett.

489

X>a$ itinberrpttaf „Stfoaß"

mürbe im ^ahre 1884 in bem nun fcpon feit $a$ren behufs Durchführung ber 3t^iUerftrafee nad) beut 2lltuabter .Uircbenmeg niebergelegten ftaufe bc# Silberarbeiter* Eberle eröffnet. E* mar ein fleine* baui, ba* aber bamal* bem befeneibenen Umfang be* Mranfeubaufe* einigermaßen genügte. Wart) wenigen ^ab,rcn in bic Maifer 4lUlbelmftrafie uerlegt, rourbe oon $for$$eim nnb ber näheren Umgebung in immer ftarferem Wafic beuü&t, fo bafj bie iHäuiulicbfeiteu aud) hier balb nicht mehr ausreichten nnb bie «vrage herantrat, ob man baö ftaus burd) einen 5tnbau üergröfcern ober auf einem anbern Wrunbftücf ein neüeä errichten follte. Xcn legten Weg einfd)lagenb , erbaute man im 2lpril 18^9 in ber iBiSmarrfftrafk ein neue* Mranfenhauc, bei beffen Einrichtung alle ueu^eitlidicn bngienifeben unb flinifcnen Aortfdjritte oerroertet mürben. Die freiroilligen Waben *u biefem ©au unb feiner s>lu*ftattung flofieu reichlich, öei ber Etnroeibung am 19. Woucmber 1900 mar auch bie ©rofcherjogin amoefenb. Seit bem Skfteljcn ber Hnftalt lag bie dr^licbc Oberleitung in ben täuben be* fcerrn Webizinalrat Dr. Jhumm; aujjer ihm finb noch bie Herren Dr. flupp unb Dr. Muppcnbcim baran thdtig, foioie jeitroeilig bi* \u 12 Sduoeftern. Inpbu* unb Diptberie brachten »ergangene* ~\abr bie meifte Arbeit feit ^eftehen ber Sluftalt. ^m ganzen mürben über 300 Äinber behanbelt. Wöge auch biefc Statte barmherziger Viebe unter ihrem boefmerbienten Veiter immer mehr gebeiben zum Segen ber leibenben Minberroelt.

E* barf an biefer Stelle nicht unerwähnt bleiben, meldj' mannen, hen= liehen Slnteil an ber thdtigfeit be$ "JJerfonal* in ben beibeu Mranfenhäufcrn unb am Wohlergehen ihrer unglütflieben ^niaffeu unfere bocbucrchrtc ,yrau Wrofjbcrjogiu gutfc jeberjeit nimmt. Äidjt nur burd) bod)her,zige Spcnbcu an Weib unb Dlaterial pflegt fie ihre Teilnahme $u zeigen: So oft burd) einen größeren Unglücf*fall ober burd) eine Epibemie bie Arbeit ber diente unb Mranfenfchmeftern aufeerorbentlidj beanfprud)t mirb, unterläfit e* bie hohe Jyrau nie, fich roieberholt perfönlid) nad) bem Ergehen ber Mranfen jn erfunbigeu, unb fobalb c* it)r Sett unb eigene Wefunbheit geftatteu, eilt ftc an biefe Statte merfthdtiger Weufcheulicbe. Die Stabt meifi ber ebleu VanbcSmuttcr bafür ehrerbietigen Danf.

Per Snpfiuo in "2*forjßctm.

$3ie in bie 90er xV»bre be* 1H. ^ahrhunbertö galt ^forjbeim al* eine ber gefunbeften Stäbte be* Vanbe*. tfnm erftenmale in ben Jranjofenfriegen unb namentlich 18ÜH trat mit großer fceftigfeit ber Dupbu* auf, bamalö uid)t uupaffenb ba* „A-aulfieber" genannt. Wauz in Uebereinftimmung mit ber mobernen ftngiene führte Voller bie llrfadje ber .Hranfheitoerfcheinung auf ben burd) mangelnben 'Jlbflufe be* Mbroaffcr* oerfeud)teu v#oben zurücf unb «erlangte energifdj, aber leiber auch ocrgcblich Abhilfe. Die altgeioo()nteu S'.pt.uuv bc* engen ftufamtnen« leben*, ber mangelnben Lüftung ber Wohnungen, ber bödjft primitioen Ein* richtung ber Aborte unb ber feijr im Birgen liegenbeu Reinigung ber Strafjen, in benen befonber* im ftlöfferoiertel ber 3lu - oft nod) bic Düngerhaufen oor ben Käufern lagerten unb bie oaudje ihren eigenen Weg ual)in, bauerten bie in bic 40er ^ahre hinein. Wcfunbl)eit*polijeilid)e* Einfdjreitcu hat biefen ,Suftdnbcn mit oiclcr 4)Jür)c unb nid)t ohne uielfad) paffiuen Wiberftanb |U finben, mit ber ^cit yvax ein irnbc gcmaajt; aber ber Mranfljcitoftoff ftedtc im ^obeu, unb fo oft bie $cbingungen ba^u gegeben roaven, oerurfadjtc er mefjr ober miuber Ijeftig auftreteube Epibemicn, unter benen lSinl)eimifd)e unb Sugemanberte litten. Eine burd) Wemöbnung erlangte gemiffc Immunität mag mot)l mit bie Urfache fein, bafi letztere oerhaltni'jmaiu ; zahlreicher unb heftiger oon ber Seuche ergriffen mürben alö bie Eingeborenen, unb bafj bie

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490 Worabdm im 19. Sabt&unbert.

Bewohner ber cictenttic^ oerfeucbten Stabtoiertel in bcr Jljale&ene m<^t ftdrfer in iHitleibenfchaft gcjogeu würben wie folaje auf bcr ftöhe uub in gefunber £age wobnenben.

ftolgenbe Tabelle*) giebt einen Ueberbltcf über bie 3ab,l ber Jopbu«* tobeSfäüe von 1862 bi* 1897.

©inwohner

Qnhl "her

O M l| 1 OKI

tobeSfälle

Mr

(Sinwolmer

a n h 1 her

itypbuö* tobedfäüe

1852

9152

11

1875

23 692

22

1853

24

1876

8

1854

19

1877

10

1855

10 711

7

1878

4

1856

12

1879

7

1857

11

1880

24 037

1

1858

13 520

21

1881

8

1859

28

1882

6

1860

65

1883

6

1861

13 854

16

1884

2

1 15"*'

97 901

Q

1863

13

1886

1

1864

16 320

19

1887

6

1865

21

1888

5

1866

35

1889

3

1867

16 417

18

1890

29 987

2

1868

21

1891

6

1869

24

1892

2

1870

19

1893

4

1871

19 803

46

1894

56 (10,8%)

1872

27

1895

33 345

6

1873

41

1896

24

1874

21

1897

75

$ie 3abl bcr Grrranfungcn tonnte uor ber erft feit 1881 beftetjenben Anjeigepflicht nidjt feftgeftellt werben.

Sßir feb,en auä obiger Tabelle, rote troü ber rafd) anfteigenben oölferunggjabl vom 3abre 1875 ab bie „«Jahl ber JupbuetobeäfdUe gegenüber früheren fahren immer fleincr roirb. $om ^aljre 1875 ab trat nämlich bie neue Xrinfmafferleitung in ben öffentlichen betrieb, wäbrenb bi^f)er eine Söaffer* leitung oon nur mangelhaft filtriertem önjwaffer ben ^auptteil bed HxinU wafferd geliefert ^atte. "Horn $af)re 1875 ab war über ein 3ahr$ehnt ber Xyplma ein feltener Öaft geworben. Ungefähr oon ber SRitte ber 80er ^ab/re an beobachtete man wieber ein h^ufigeree Auftreten tgph&fer (Erfranfungen, trofc ber ftetig wacbjenben <yürforge für beffere hugienifche 3uftö»öe.

Tie 3ahl bcr lupfjuärranfen betrug im Amtöbejirf 1882 : 32 ; 1883 : 20; 1884: 20; 1885: 20; 1886: 29; 1887: 51; 1888:46; 1889:34; 1890: 55; 1891: 26; 1892: 31; 1893: 44; 1894: 509; 1895: 25; 1896: 118; 1897: 764.

Stuf bem tfanbe waren e$ bie mit ben l'ebenöbebingungen oon ^Jforj* heim täglia) in innigfte Berührung gelangenbcn Arbeiter, wela)e bie Seuche in ihre Xörfer oerfc|leppten.

*) „Ter Iqptjuö im Amttbejirf $for*fjeim im ^al)re 1894", nom ©rofr. SBejirf*arjte, ÄarlSruhe SWalfa) & «ogel 1S95.

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^forabeim im 19. 3abrfmnbeit.

491

„Söir bürfen", fagt Diebijinalrat 9tel)maun in feiner »rofehüre „9lntiologifd)e 2; t) p h u S b e ro c i f e", „niclit ba$ herannahen einer britten großen ßpibemie abwarten, 3d)on bic erfte, 1894, erfebredte. $tei ber jrociten (1897) roar bie SJolfäftimmung erbittert unb gereijt. (rine britte roürbe bie SJerroirrung unb 3iatlofigfeit inä Ungemeffene fteigern. Csd gilt alfo, rechtzeitig mit aller Energie baö .nichtige unb Nötige oorjufehren. Um biefen 3Jor« beugungSmafjregelu gerecht ju werben, muß man bie Urfacbe fenuen.

3>ie Sterjte waren oon oomberein ber übereinftimmenben Ueberjeugung unb brachten biefelbe aud) im Crt$gefunbb,eit$rate entfdjieben jum WuSbrucf, bafi bie (£pibemie oom Xrinfwaffer ftamme, roätjrenb ein leil ber ftäbtifeben Beamten unb 6inmot)ner fidt) auf baö ^ettenfofer'fcbe (Mutanten ftüfcte , roeldjer bie Äranftjeit auf bie oon bemfelben aufgeftellte (Mrunbroafferfwpotbefe jurüd* führte. $te angeftetlten SJerfudje gaben ben Slerjten red)t. £a« Gaffer bed (5ngelbaa)e3 gelangte unfiltriert in ben Cuellftrom ber irinfwafferftube. (Jd oerfdjwinbet 511m großen leile in ben Jyelfenflüften ber SBalbf&MUtyt, fo bafi unten an ber Stelle, too ber (£ngelbad) mit bem (Mröffelbad) ftd) oereinigen foll, nur ein geringes üHinnfal oorbanbeu ift. (£3 tourbe burd) d)emifd)e unb bafteriologifd)e 5Berfud)C nadjgcwiefen, bafj ^for^eim bie Slbwäffer oon mehreren benachbarten £>öb,enorten in oerbünnter Vöfung getrunfen hat unb bamit aud) bie barin enthaltenen flranFt)eitöfeime.

Die 6tabtoenoaltung bat in Uebereinfiimmung mit ben 3taat$bef)örben unb bem OrtägefunbbeitSrat nid)t$ unterlaufen, ber Seuche rafcb unb grünblid) Ginbalt 311 tt)un. (Sine grofic inlfe boten babei bie Jlranfenhäufer (1897 würbe ba$ jum Scfyulhaufe umgcwanbcltc ehemalige ^früubncrljanö alö ttraitfeubau* benüfct). jür bie Äranfenpflege wnrbc ausgiebig Sorge getragen; 191 Letten ftanben jur Verfügung. 8on Marlärnlje mürben tfranfenfdjweftern jur 9tuöb,ilfe gefdneft, bie fid) mit ben ^for^eimer Sdnoeftern (im ganjen 16) unermüblia) unb aufopferungSooll in bie Äranfenpflcge teilten, (*in DeSinfeftionäapparat würbe angefdmfft unb burd) eine ^crorbnung würben alle ^Haftnahmen oorgefdjricben, bie irgeubioie oon Wert fein fonnteu. Täglich erfdjienen in ben Glattem Stornungen, baö i.'eitungöwaffer in ungelöstem 3uftanbe 3U genießen. 2Me ^afferlcitung rourbe wiebcrf)olt entleert unb famt ben Kammern be« ftocbrcferooira gereinigt.

Örofjcu £anf Ijat ftd) bie Stabtocrwaltung erroorben burd) bie Jürforgc für bie bebürftigeu ÜHetonoalcSjeutcu, iubem fic benfelben burd) Abgabe oon DlaljrungSmitteln, Söein unb "öargelb bie ^löglidjfeit einer rafdjen Erholung unb 2lrbeitöfdl)igfeit bot.

(Mleicbjeittg arbeitete fte mit (fifer an ber ^ertigftellung eine* Sßcrfcä oon ganj eminenter ^ebeutung; nämlia) an ber neuen sll?afferleitung, ÄanalU fation unb ^lufrtorrertton.

eAerjtc unb Äpotficficn.

3m %af)xt 1810 hatte ^Jforjheim 2 "Herste,*) einen OJeburtStjelfer, einen SÜunbarst, ber mit ben £orfd)irurgen gleidjeu Wang Ijatte unb jwei Sunbärjte

*) ©ine eigenartige Crfdjeinung, bie feinerjeit oiel in öffentlichen blättern unb 3citfd)riften oon ftd) reben machte, roar ber tinbe ber 80er unb anfangs ber 9üer Jahre graffierenbe .oopnotiömuS, ben irgenb ein fahrenber öJaufler ^iert>er oerpflaujt hatte, unb ber balb oon jung unb alt, in 2öirtfd)aften unb Schulhöfen eifrig unb erfolgreich betrieben ronrbe. öefonbcrö bie i'eiftungen bcS „"öJinterfarle", cineö ftabtbefaunten CriginalS, machten eine jeitlang 51uffeheu. (Jr gab förmliche h9P«otifa)e Soireen unb raupte

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492

^forabcim im 19. .Ctabtbunbect.

Mlnifc i h.!unbaruteibieueri. ,\m ^mt tue 1*.~>!* maren e* 12 diente, iamt beu }uiftalt*unten, 1872 ^ 1-i unb 1««mi -jn. »ton 1n'»:> „b beüatib ein he fonberc* >rtrtM unb ein Vanbnlnnifat, üurue ein Vonufat be* ,\neit! au \ - ,\m Satire lsi:i ftarh ber <s»i oTh. \vmat uub oiabtrdumfu* Dr. «urnei. .llr. ieinc c teile fam lH'J."> ber biöhenae i'anbnluiutu* Dr. Ji'eu;. »ahn etn;r ^erionol;:ilai\e oou lim fl. hatte beifelbc 27'» fl. Webau, eine iaeioeuuu.uie. I Walter Moni, k a l tc v Iinfel uub öCluu hntn I. Miaue ui beamn u nun. Stuf Dr. -Wein toUteu Dr. Tiets 1 >r. filier, Dr. 'Hungen, Dr. ;Hvn*i"e;aei . Dr. Atfdjer unb IKebiuuatrat .Heitmann, letaeier ieit ls^7.

Ter Mampf umidieu vuuuoopaUue, fllomttbie, beu Jv'.rü-rf itren uub ber Waturheilfuube nmb audi in ^fonbeim mit oiieniie uefubrt. 0* ihhk «n«- Hanben werben, bat; bie Vereine für \uuncunuitbie unb Jiaturbetlfuube murin; m bae Werbienft haben, bte ttenutui* be* menidjIidHMi Monier* unb ieiner t^Me im '^olfe \\i fbrbern uub ui einer a/orbneten Veben*meh'e onuireaeu.

hieben bieten bifeiitlid)eu JlnftaUeu inr bie Weiuubbeii*rulea,e beüehe:i aud) einzelne 1/rioutinüitute, mie \. -H. bie Dr. ,y r i e b r t dt * i rb e a i i e i heilanftalt mtt aller xJlrt ^aber, barnnter ein out ireauentierte* -edmununhab. l'ana.e ,^ett ertnecUe iid) bie Oturidnuna. and) auf fdimebitdu* veilaumnuutf uub A»fanaa,e. ^HiMU'itl) ei lau Halten unterhalten Dr. ^rinfmunn unb Dr. ,Hiit«, cpeualante für .»iuieu unb Cbreuletben fiub Dr. «raeli unb Dr. Mnoblodi, ArauenarUe Dr. M u v neu h e i m unb Dr. :Keidte rt ; für vutut unb 'vutile 1 1* franfheiten Dr. v a a, e n in e i e r. .reit beliehen in bei rtabt eine :*i 1 1 : ; o

;abnnrUUdier titeltet*. Tie beliebten -Vtajüiae Türen werben von einer ?lu;e. :u männlicher unb weih-lidier IWtüeure rleir.ia aeubt.

Ter 1S70 aearuubete Wannerhi D*iu'iein, inner bei i'em::u ber Vetren J'febtwnalrat Dr. Ihumm nur» Dr. Warolb, bat Me e im t.htui-.u1 unb :?ln*hi!buua einer ireiuMlliaeu 3 a n 1 1 a t * f o l o n n e bewirft, Me in h.u ; UMten ihre ^teufte bem vei tc uMbniet, iiher aud) für bie Aiu'beitvtin:i -.u ;r lUMt atof.etn tJeite in. ba |ie meliadi in ber 5.aae tft, bind) ihre "lit ;..^.^ bei Uualiul>Niileu rafdje vmItc \u »u'u'attreu. .'uidi ihrem 1'tiiuei ha tu .i ' *> in beu lebten fahren w fatt alten Cttutuirteu ber Uiuaebuua loldie HoLuru ttetnlcet.

'HpOtUtttn. 1 6- »i» an beitau->eu tu H»or;heim ;spei -.HiuMiufni

ber benelienben unteren .'hnnttefe iu>u ;'iMtbet!ni'-> -.'öubfolaer ^uli>ut-> umiuvh n.^ eine ;u>ette, bte i>bere, erudwet, bereu Inhaber v.H:»i>tbefer 3alper n>ar. 177H an luareu beioe Jtti'talteu uu iU'Mije uou ^uli»nt«>, bt-> 1S"7 bte ^e:.-..v

»eiuen „Webieu" bie ladu i h bueu Tm>\e ;u inserieren. Ol iaup natu:'.: : •Ji'a.tjahiuer unb uii'n Me r amliiiiu'ub heidi i'ti.ite tut) mit ber neuen Mu;-.'i Vlt-> her vuttit'ii.i at>ei aii'iu.i ur'::a uuh aeMtulub ;u u>erben. i»enu>t r.'n bie v'K'tnube. O'ttteu iahen .'li uti,:!'; taub ba* VMK'iiotpieren inbenea eiit mit b> beruluuteii i iaerei'eu" in ber„l'o«t", wo uiuitei Seht au. 1i tn)tun»niiert i'.1::. r\ .HI* ba* A'iebiuin nid't uneber vun: ^enuiiaietii «leltiuate ober aetau.ten iv.Mte. H'ie heu Meu lohte unb alle* uu iaale Juu unb fle-.n idilua. holte man c.tu:i •Jli;t. bei beu ^ ; u\ei •' biu.h eine fiaMtie CiuU'uie uitdi au* <\\;iert t; ut - •>enbe;tte:i ;;'.uta;:b in* u;i merue ?it'e::i viinidnef.

Ter vni :tL>t:*:!r,i* eunrntelte Uli irater ;imi ioaeu. Cfnlttoiuii^ ::••> i v i t i t t * m u •« , bei heute muh m eiiuelueu ,vamilieu unb .{ufelu nl.iu ■• , heineluu uuib.

J('i,tit uiiernuihat fall n : t i > b^:* im ,\.mre lsv<| er'olate Ou'^vu". uoeier utitei neiMueuoer VUahev hJetheii, bie al* vuilfunnlei in olmUi:;.: Iid eu (♦W-voarirern untere 3tabt aharanen unb bie '' umui tudma tu.-v-. •: "er ;iaut:if ui beu beiben erouubeii 'K :M - : : i ; 1 1 uinei'u" uuu io »tut f. bos <.-. moT'er iLMrt-.'-lur.iotaat uuht au*ret.hte, alle >.Mlieui.heubeu ai tauen.

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Worjbeim im 19. ^abrbunbert.

493

oerlaua,tc, bafi iebe ihren eigenen Gerrit haben folito. Tie obere Apotbefe murhe tion <»>oitliob Worfle erftanben unb ber JVfin burrii ein neue« ^riiü leaium oon Marl Aiiebrid» iH'ftutiaj.

,\m ceptomber 1s*jo iudtie fror t<harma;eut Auauft 3dnuuad)er oon 'h'oifina,cn um bie Irrlauimi* uad), eine britte Apotbefc in i*for^t»cint errichten Ui burten. 'Jim eine minifterielle Anfrage verneinten bie x ofalbehoiben, ba* C bäumt unMibnufaf. bie Jiotmenbigloit einer foldjcn. .»•'adjbeiu 2di. uoeimal mit feinem i^ejuch abgemiefeu morben mar, manbte ei fid> au bu«> itaaKuiiinifterium, unb liier gelang o«> ihm, ein gunftiaere* rWefultat \u erzielen. Aber aud) bio beiben Apotbefer Kulpin* unb Wellie blieben nicht untbatig unb machten ba« rtaatominifterinm auf ihre Heredtt'ame aufiuerfiam. ir* mürbe liefen ben ,vi*fu* prou'ffiert, anfangs oon Worfle allein, bann aud) oon SUilpiu*, wobei beibe obfiegten ; aber 3dnimacbei behielt bennodi leine Apotbefc, bie er bis feinem Tobe l^'io innehatte. ,vur feinen minber jährigen 3 ahn xJ^^plf mürbe baö Hetrtiajt unfaug* ocrmaltct unb bann oon ihm felbft bi« ISS!» fortgeführt, ceitbem ift Dr. Abolf 2d)umad)cr defilier ber Apothcfe. Tie untere Apotljefe ging IS*»') oon o. vubmig an bie ,vamilie t*reuU*cr über, Auf bei oberen, lent Dr. vmff'i.lien Apothefe, mohnte Inuae ,\abre bor al* ein freunblidier verr allgemein beliebte Apotbefer Marl Warfliu. ccit lsT'i befiehl ein; oierte Apoibefe i AMerapothete i. werft unter Aleiiduuann, fpater unter Dr. 3uttcr. rie ftanb nriorunglidi anftelle beo Haftbare* uuu „Meift", feit 1SS5 befinbet fte fidi an bei i>-cte bor Marlfriebrid) unb veopolbttruflo. %\m ,\abre "SIJS muioe im ,, 3oban" bie Vomeuapolbofe unter Otto h'id eröffnet unb im '.»tooember bie laugft ulo grolu** Jkburfni* empfuubenc Apotbefc in bor

Altitabt unter Arthur 3tetimiauu. Ta* Apotbcfcrpiiuilegum mürbe bei ben brei legten Deimern bor erften Apotbefeu abgclöft.

laut Voller mürben bie ^raparatc feit 180»»' nad> ber preufjifdjen ■l'harmaoopoe Pom ^ahre lSO| gefertigt, moburd) ben früher U'itmcilig uitage getretenen lliitegolnirtitigleiten ein irnoe gemadit mürbe.

Vit ('•»rofcßfr'OflfiüV Jt>eif- unb "yflVßfuitflaft.

Jiadibem man frhou feit fuhren bamit umgegangen mar, für heilbare ,\rren eine neue uoecfma'uge Anftalt ui bauen, mo\u e* aber mögen ber aolbarmen .Seit nicht fam, bcidilon mau minbeften« eine Trennung ber ,\rrcn unb foroerltdi Mranfen <3tod'.ent ooruiuebmeu. irrftero brachte mau 1*2« in ein uripi uu.ilid) \u einem Reimten Mouoift heitimmte* Hobaubc nadi veibel bera: nir leiuerc erbaute mau l^Jl ein ei^ono>? .v>au* im iUirfuneraarteu ui 1^01 Unim. 3rt)on in furuitor ,utü leinte Me OtTahruua, bap bie ,\rrenanflalt iiidil am red>ten i»Ume unb ooll Wandel unb Gebrechen fei, inebefonbere mar man me^en flauiumanael fdton l^'J*» qenotiat, in ben oerlafieuen Damnen \\i ^«orUienu. in heuen Kfct nur bao flihotKMiau* mar, eine ,v«liat ("\"ccnnuftalt ui anmcHMt. ;>m Aaljie mutbe bie ueuaobaute \>etl unb pflege Anftatt

oUeuau oon bin voioelbcraem beioaon. Tie ,vtlial ,\rreuan»talt ui t^orthriia mürbe au*aelöü, 4«» ,\rren mürben nach .Mlenau oerfeljt, bie torperlid) Mranfen unb unheilbaren ,\rrcn in oem ^IrbcittMiau« uuteraebracht , unb ba* 1H2I aernute >\\u* im JAni tu»-,«' t ourten »ur bie laubnummoit Anftalt beftimmt. trüMtvh la;u 1 -**."» t ba> J(i-beu>>bau^ nah Mi«lau unb bie ,\rren unb torperlich Mi'iiufou iviiK'lfeu »amtliihe :»taumlidifeiteu, bie »ie lebt noch IhMR-'u. CnblidJ c|M'i«ii Mcl ihnen ba«> fiubere "»ehaube im ^Wuuifiotaarten alo Filiale mieber U'. ba Mo •"attMtmmueu nach Wecivbiirg oerfe^t mürben, ^ahre ls*<:»

mm ben im Jimtaltoaarlen au ber rt. <>>oora,enüetae uoei Paraden fitr |e 2-:> Mranfe aebaut.

Tor ai Uli die Tieim mürbe foater Dr. WuUer ubertiaqen. meldier ul« l^eh. voirat Inte in ben ^uheüanb oerfeljt mürbe. Auf ihn folme alö

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494 ^forabetm im 19. ^abrbunbert.

£irertor «eh. \tofrat Dr. *nd)cr, 1S*1 «eh. £ofrat kalter, Ihm» ?Uebi»inah Mat Pr. AÜiher. i'tit t>er Zunahme her >Uanfetuabl tpiirtutii auch .Hiuüenv ante amuftellt: tUMieutpartia, hie .Herste ^arbo, Wla* unh Hlafc.

,\n her isü?» aeanmbeten AÜial Jlnftalt roaren bio w heren Äufliiiunei 1H12 im (Vinnen •'»•'»;> }«fk\\li:n\,\ x\n ber -tedte t .»Ini'talt, mit her üdi 1*42 hie orrennititalt oereinuite unh meldte feit 1*">4 heu -.Kanten *>etl-- unh ^»leae 3t u t alt fuhrt, tourbett oon 1H2« bis 1*71 uifammen 272« Mranfc beban*«lt- Ter Mranfenüattb im ,\ahre 1*72 betrug 570 (270 Dt., .'»<>«> ,vr.i, im ^abre ) HhH «7."» t:i2:* i>i., -'{52 ,yr.>, aeaenioartia. »70 <2Hl AK , 275* *r.)

Maa) hem ctatut oon !>. £e»,ember 18* W tonnten in bie flnftalt auf genommen toerben :

1. ceelenfleftorte, bei betten ju her uefprüua,litben Aomt her 3ee!en- ftoruna, eine überioiea.enbe, haueruhe aeiüiac ednoaebe hinzugetreten tu:

2. WöbfiiinijU' be* bödmen «rabes, Üretine, >ioteu:

». Crpileptifev, bereu Mrantbeit einen hohen «rab erreicht bat ober mit

ceelenüoruna. perhunben ift; 4. .Hranfe mit torperlicben, in heu häuslichen i*erbaltntfien ntdbt ju beilenben letben unb jroar:

h ) mit auKerlidien, tu hohem Hrabe enrüellenben liebeln urte Vupu*. Mieboi ober ioldteu, bie mit her (Gefahr her Auüeduna. uertuup»t finb i £t>pbili*> ; bi mit lahmituaeti ober auberen «ebredtett, welche mit untvili turlicbem flbaana her natürlichem 2lu*leerunqen oerbuuhen finb ;

5) ^ertönen mit bodhiiabieu'ti, fehr entttelleuben IKifiüaltunaen.

k.MIle biete Miaute werben aber ent bann aumabnt'Malua, ipenn fie »ur fieb ober anbete eu'fahrltdj, ober ntr bie oifeutlidie einliefen auüofua. eber qan»lidi hilflos finb, unb toenn bieten llebelftaubeu tpehcr burch bau*h*e HileiK, noro burrb Vofaloertoraumt, flefteuert werben fann

.\nt ,\ahre ' »od) C nnimma ber -»limalt hei 15 mmeubinaen trat ein neue* 2tatut in Hvaü, nad) beut au'aeuommen werben tonnen:

1. iMobfinniae hellen <%>ntbe-\ tiretitte unh ,\bioten :

2. Miaute. weUie mit aur>eiM>eu, in hohem «iahe entüelleuben unb Wn'dieu crreaeubeit ober auüeiteubeu liebeln, al* Mreb*. aUaenteme 3itphili* unb beraL behauet itub.

A. dVinnun, uvMie inM»l ie f oi m'rWüVr ''»ebredteu an uumillfurlidient ^llnunut ber iuUuiIuUji .'luvleevitUv; leiben.

♦Ulle biete Mr.nfen Hierbei ein bann auMaihvMabia. toenn fie für Mit ober anbeve aev>!u l:>ii, orei Mir bie i>»fei;tlt,lte c^lMdltaifeit auüonni ober iianUid) bilflo* »t:ib. unb imnn bieten U ;iien'taubeu toeber burcti bauedi^e ",>uttorac. n-'i) but.tt otfeittlune ober freiiotlliae "Jtrmer. unb Mranfcnpfleac aetteuett metbeu fann.

3tanb bei flunalt oom 15. ^i: vtft l *- » : 112 i'ianner, 2^» brauen iw»2. 4 fler;te. 1 ^emulier, l C N'fbtidiitaltev , I ^erioaltuue^aMVtent. 1 ^eviiuiltun-toaeliilM'. I W :M:>mü, 1 C i-ei .u.trter, 1 Vau<Mneit'ter, 5 ^'erf mei'ter, 1 Mait;:eib:e:ter , 2 ahoi turte, l i »»artner , -'iti harter, 2 Cber nnutentttten, I ^.'eif;c::.U\-' ^i!ie«;ertn, -1 1 •l'Jartevtunen, 2 .Uochinnen, S Aud>en mabitien. 2 \'»adei unb ivaMnnab.lieii = l_'5 i teilen.

Ter oibeutli.be i :aat-;;r *t;t»; für |f"<» betnta 2H»V> Vit. TurA ^r»Miiitfi ber :Ke-ue;u'ta unb be-> va:tbt,i.t>5 »oll bie ^luitalt, beren vaje inimtien ber 2 mm au-» i'et»Mt'.:be:ieu ^'»uiiibeu für bte Tauer unthunlidj t't. ttitd) etnent aubern IM.i^e feilest tverbeii.

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^forabeim im 19. Otobrbunbert.

405

öfß. &ofxat Dr. 3o6ann tieorfl "SJtüffrr

würbe geboren am 7. Teiember 17i>2 in iJiedeebeim bei fteibelbera,. IRii feinem 12. ,\ai)re tarn er \u einem ilUmbarjt in feinem "Wohnorte in bie Vcbre unb erhielt von biefem Unterridjt ftbet mebuiniietoe unb d)irura.ifd)e ^eindjtun^eu. Kttf bem ftqmnaftum, roobin er nad) einjähriger prioater Vorbereitung burdj einen (Meiftlidjcn oom 14. ^abre an fam, madjte er feb,r rafdje ifortfebritte, bafi er mit 17 fahren bie llnioerfitat belieben tonnte. 1HP2 jum ^Militär acuten, würbe er einem Tepotbataillon alt Unterarzt beigeben, ba$ nad) Ülufilanb beftimmt mar. Ta ber Xbmarfd) erft im cpatjabr 1812 erfolctfe, fo traf ba« Bataillon fdwn in Wloa.au mit beu aue flufolaub jurudfehrenben Prummern babifdier ;Nea,imenter mfammen. £r befam bie Aubruna, eine« Xranäport* Mraufer in bie veimat unb fam im Januar 1 H 1 3 mit ihnen in (*ttlina.en an. $pril flleidKii ^abred marfd)ierte er mit babifAen Gruppen naib £ vnt » on. mar in ber ccbladit bei £ü|cn nnb oerf (biebenen anberu Wefedtfen, madjte i n öerbft bie Scblacbt bei Veipiia. mit, tpo er a,efana,en unb

tieft. iSotrm A#r. StfülTfr,

Xireftor ber frfil unb t«Ae^anftalt.

au>VKPlunbert ipurbe , fam al* rtru* wu'fa'taener nad) X<H ^uppiu unb mar bort bei ber ifpibeinie al« üx\i tbatia,. ,"\ur feine Öcmilfytnaai um bie oinpfuua. bei Einwohner flehen iMatteru, befam er bie grofie preufufdje ^mpf« mebaille. 1*14 \o$ er mit ben babiieben I nippen über beu flbein unb mar bei ber BelagcrUM 3traftbura*. iladi bem 1. Variier ^rieben fam er nad) Arethurg in (Harni|OH unb oollenbete bort feine 3tubien. tfr promooierte im iNdn 1 H 1 al* Dr. ber SHebnin unb übiriiroic. 1H1<{ maebte er ba* Staat* eramen für IKebiün, iSbirurqic unb (Geburtshilfe unb würbe im gleimen ^abre «fiiftenjarU beim (Hrofcb. tibofifat Worpheim. 1*-'»» würbe er biriflierenber Ärjt ber diedjenanftalt, lb2ö Ant bei laubftummeuinftttutt, 1830 3ieäeiv

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41)0

^iorjbcitu im 19. ^abrbuubert.

hau* - iUmitfu*, l«t*> ilJebi.vinalrat, 1*"><> erhielt er oa* IHitterfrem rem ,Sahrina.er voiven, Is.Vj ^ feinem 4<) jabriaen Tienitjubtlaum ben Jitel <*>rh. <nmitt. v.Mit Heilem mar er mehrere %\uhre Wuieum*Di>rttano, von 1*1."' Cbermeiüer ber ciitiu-riKieUirirnft unh ^ulctw eiueuvorüanb beleihen.

IKüller mar eine allgemein hvdnieartuete ^H'nonlidjfeit ; ieine ^eriMcn'te um bio lanajdhrivU' t\eivifientnifte Veituua, ber xMitftalt unb feine :Hntnlmi>me am buraerlidKti veben Laben ihm ben Tauf ieine* ,yuriten unb ba* ebren>e Vertrauen bei itnbt 'l'for-beim in reichem »KaHe erworben, reut 2ohn n't Hencrat v. Wnller, ,vluiielab|ntant er. Monia.1. >>oheit be* MrojjlKruvi*.

I>tc 1o\\attn *&exM<xunn*neMf.

,\n feiner ^otidtuft vom 1". November 1 Sftl aab Maiier ii'tllielnt I. bie iicraiilaminft uir cdmfiuna. ber brei ajoiien t^eietiaebuniVMoerfe, bie bort beutidien Arbeitern bereit* vielen retu'u aebradd unb bie J<eivuubennn\ oci a,a nu'ii a,ebilbeteu ^i'elt in ftciaenbem J.Kane auf iidi a.eleuft haben.

Ja* erüe Weiefc, erfdiieneu am lö. x\uui Ls>s3 unb feither vielMd) verbeffert, betrifft bie ttranfeut»eriirt)etuiifl ber Arbeiter, vierber nehmen ;

$ie itllgeiiieiiie Uforjtjfttner Crt*f rauf enf äffe mit einer -»Vit ajtebenahl von lt>ü«Mi. ly* beiteht freie Slentemahl. ^ei Unahide-Mllen werben mahrenb be* iiamen £aa.e* im Mranfeusimmer früher Hotndhilf'»ern^ .v>au*i .Kotoerbaube aua.elea.t.

Sie (ttemctnfcefranfcu^erfictieriiiifl mit ->:n>r, «itaüebern.

^etrtfbcfrnuffiifdfifii beftehen für bie Aabrif her Hohr. ikiufiii-r (4<K) lKita.lieben, für ba* ^tnfle'nbe 3aaemerf (44 1'itta.lieber i. 2oba:m beftehen: eine '.Vf rftuifluttfl ber freien <>t If^faff rn, fed>* einflrfrfembrne $ilf*fafieii mit bem 2ih in Vfoi \hcim, neun Örtliche <JerttiflltMBfl<<rtf Ur etnacfrtirtebcner, lemrdlificrter $ilfdfaffen, ein toetblidier ftranfr« * uuierftitßtitiflCDerein (50i> iKitiilieoen, eine allgemeine MriiufeR- nnb ^lerbfaffe ber Vtetallarbeiter, bie Wröbinger CrtMraufenfafie. vierher aehoren ferner bie feit 1* W befteheube VAH (inner > unb bie 1^ aciirunbete ftrauenfferbfaffe.

J>ie ^ttfaffuerßdimtita

autnbet iidi auf ba* fleid>**eieti vom »l. >li 1*S4 unb betfen Untere e; lueiteruuaen unb xJtenbennn\en. «rie bewvedt bie ^eriidieruuii ber m ^etu:*: fommenben l'enoneu »Kdcn bie „volacn ber bei xMiivitbiitta. ihre* Berufe* »:.ti ciemuenben Unfälle. Tic Motten iverbeu uuoMiltefUid) von ben flrlHit.ubc: :* uetraitfu. Tie Uuternelmter nlcidcr betriebe fuib \u ^eruf->>nno?u-i',.t.:'Kr. iHtiuinit. bie ii'ieber in iefiionen einaetetlt finb. ivie v bie Tur h-.er i". ^etiiutt fommt nhe i u n b e u t i dt e Obel unb U n e b e l tu e t n 1 1 b e r u » «K n oif e u i d> n f t , ieftuMi III Iviben urib c Ifafi vothiinaen. Horü*c\?iz l»er*elben iU '.nibert "hMttum.

Pif ^nt»öfiöritt»frfidifruiifl.*i c»ieid)^oKU vom 22. ^uni lsv»j

Hebet bie 1 aelmt'H' ^ev ^niMli^eiuu-rMdieruint be* Ämt*be\irf* i'svx heim im ,\.ibre aiht n.idi'iehen^e ;iuiaiumenfielimu\ ^luffdiliiH :

* i ^m-> -uiu 1. ,\dmici I!hxi fi<^ int ^ainen :Ke:dte verau*aobt iv^^. - n) utt Miiiitfe;ii'erü'.1u-nina runb 1

I». UuTiiilreri'i.Ju-rumt w •*> « " " " ' -

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Worabctm im 19. 3abtbunbert. 497

<?tnnaljmeii :

Cvitt (Hauten fiub im Slmtöbcur! ^forjljcim im ^abre

H»uu tinman^n «f. 321 202.82

Neroon entfallen auf bie Vaubgemeiuben bc* 91mW*

bejiria Worjbcim 25 2'.*5.tiO

mib auf bic ctabt ^for^eim 1MI. 295 907.22

Sin oiioalibenrcntcn würben bcioillia.t:

n) im Mvt 1H<»1-I8!m cinfd)liefelid> :

an 5«4 männlicbc Vertonen <oon 1 14.60 - 169.S0) 5M. 84 3H«.20

an 288 lociblidjc Verfemen »oon UO.UO-163.20j . ImiO.so

l)i im ^abre 1900:

an 111 mäuutidic Prionen (oon 126.oo 190.hu) 17 217.40

an hh lociblicbc ^erfonen »oon 118.20 -175.hu) 12«03,uu

jufammen Vit. 151 137.40

hiervon ftnb abgegangen:

Turaj '■Heioilligung oon UnfaUrcntcn unb Tob: 28.} mannlidjc ilcrionen iHf. «10.«)

103 weiblidje JJerfonen w 12 w>2.«o

jufammen SM. 59 573.40

famen fomit auf Cfnbc ?ewnber 1900 nodj f ur

*u*)abjung 2Rf. 91 ß«4.00

Hn ÄJterärcnten würben bewilligt:

n) im ^rtbre 1H}>1_18<»9 einfdilicftltd» :

au ]*> mdnn(ia)e Vertanen <oon 106.80 191.40) 27<>2.s.80

an 7H rociblidie ^erfonen (von 106.W - 1«3.20) 9 4«8.oo

In im >!»re 1900 :

an 10 mdnnlirfK Vertanen »oon 108.00 -202.80) 1 552.80

an 4 weiblidK Vertanen »oon 1 11. OJ -140.40» 62(>.80

jufamincu Dif. 38 67«. 40

&teroon ftnb abgegangen:

£urd> Bewilligung oon ^noalibcu; bqio. Unfallrcutcn unb bureb lob:

oom >br lHiM-1000 einfdjlicplid) : HU mannlidie Vertanen ÜMf. 13 0O5.6O 3-1 iociblid)tf Vertanen

Vitammen SNf. l«t>74.«o (r* famen fomit auf Irnoe ?e*cmbcr 1^»«» nodi tur flusuihhmg : i)Jf. 21 »»u1.hu

,'{ufammcn fumen im 'Jlmtsbcurf Vtarvbcim auf Irnbc

Tciember I'.mm) bict u id) uir *u**üblung :

jii au ^notflioeiircnie 9Rf. *M 5«4.uu

h> an Altersrente 21 «Ol .ho

jufamtnen iKf. 113 I«5.80

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49Ö $fotabeim im 19. äofetbunbctt.

Stiftungen.

1. Bereinigter Stubtenf onb«:

a) © e i 9 e r ' fa)er 23 845 SRI. fleinoermögen.

b) 9tol)r'fa)er 20189 3)H. Steinoermögen.

2. Sdjro e i et ert'fdje Sdjulftiftung (bereinigter Sa)ulftiftung«fonb«) 5402 SRI. Steinoermögen.

8. banfier Stuguft Äapfer'faje (Serocrbefajulftiftung, 5798 SRarf SXetnpermögen.

4. »anfier Sluguft Äaof er*Stif tung für bie 5ortbilbung«ftt)ule

6891 3Rt. Weinoermögen. 6. bereinigte »uguft Äaofer'fa)e Sajulftif tungen 34698 2Rf.

fteinpermögen.

6. Äunftgeroerbefa)ulfttftung 41599 UM. SReinpermögen.

7. SMoppeo^Stiftung ju GJunften be« ©omnaftum« 300 ®ulben, al« »eirrag für bie <£rria)tung eine« 9tcud)ltnbenfmal«. bt« jur SluS* fü^rung be«felben foQen bie 3*nfen alljäbrlid) an benjenigen Stüter ber ^rimo au«bejab,lt werben, meiner ben beften Sluffafc über ein Ztyma au« ber paterlänbifdjen ®efd»djte liefert.

8. I&eobor boljnenberger'ftfer tfe^rgelberfonb« 6774 UM. Steina permögen.

9. SUtftäbter Separat = 2llmofenfonb« 3679 UM. Jteinoermögen.

10. 9Bilberfinn'frf)erStipenbienfonb« 39 656 Ulf. Sieinoermögen.

11. SWarfgraf Äarl ^ricbrid^Stiftung («ylöffcr * Söitroen* unb Söaifenftiftung) 70 767 UM. Steinoermögen.

12. kombinierter tfofalfonb«: h. SUmofenfonb« 120 176 UM. Steins permögen; b. Spitalfonb« l 9449 UM. JHeinoermögen ; c. Ä. Sonntag* fdje Stiftung 10 550 UM. fleinpermögen.

13. bereinigte ißaifenftif tungeu 61 247 UM. fteittpermögen.

14. bofjnenberger'fdje Äranfenfttftung 5718 UM Steinoermögen. 16. $ulie Mittler ' fd>c Strmenftiftung 17817 UM. Steinpermögen.

16. ©mfi Sdjroeidert'fcbe Stiftung 17«2 UM. Neinpermögen.

17. Äuguft Ä auf er sen.*3tiftnng 45318 UM. fteinoermögen.

18. Stiftung ber bijouterie^abrifani 3ot>ann &\ eb, nle'fa)en Jamüie 26 256 UM. SReinoermögen.

19. (Sugen ©utllaume'fdje Slrmenftiftung 6234 UM. Steinpermögen.

20. 91 ü|elb erger 'fdje «rmenftiftung 10 012 UM. SReinpermögen.

21. 3uliu« unb 9tnna JtaQn'fdje Stiftung (für fterienfolonieu) 5000 3Rf. Jteinoermögen.

22. ^npalibenftiftung für «ngetjörige be« bewirf« ^forjljeim.

23. Delonom ®eorg granf'fdje Unterftüfcung jur Jörberung ber fttnb* otefoudjt 500 Uiar! Äapital.

24. Utablener'faje ^ebrlingdftiftung 2045 UM.

25. XQeobor Sdjob er^Sttf tung 20000 UM. jur Unterftüfruug alter unb iljrem berufe bauernb enoerb«unfäb,iger ©olbarbeiter, roe(a)e in ^forjljeim geboren unb bafelbft anfdfftg ftnb.

26. «beiige« fcamenftift (feit 1858) in «artende.

Da« bermögen be« ehemaligen St. (Mcorgenfrift« fiel bei ber ©rünbung be« ftaatlidjen 28aifeiU)aufc« 1717 an biefe«.

2) ie iüngfte unb jugleia) größte Stiftung, roeldje ber Stabt unb per* fdjicbenen SBo^lfa^rtdeinridjtungen jemal« gemaa)t mürbe, mar bie ber $£tne. &mma Jägct geb. JUenle , geftorben 1900. Siefelbe betrögt na&eju eine SRiUion.

3) anf unb (Sipe ben boctjljerjigen Stiftern. 3ßre tarnen roerben oou ber Stabt in (Sfcren gehalten bura) alle Qtittn unb ®e|'cf)le$ter.

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^forabeim im 19. Sabrbunbcrt.

409

:-|u ben SttofMfabrtärittrirbtiiuQen ber ctabt jäblen ferner:

Tic $111 gemeine 31rbeit*ttad)tt>et0anfialt für Arbeitgeber unb Arbeitnehmer , biefelbe ift gegrunbet unb geleitet com (ttemeinnitBtflrti

bereut mit Unterftufeung bee 3tabtrat* unb bfocrfet Vereine. Tie (He|d)rtftd= ftelie für bie $tt britetfoloiitc tlufrnbucf. Tie im (Heroerbeidnilgepaube untergebrachte Vcurliiigcnnllc, in roeldje ben Vebrlingeu in freien ctunben eine angenehme llnterfunft unb paffenbe irrbolung gewahrt wirb. £at benenne im in ber Wtnnnafiumftrafle 15 bat ben $wtd, ehrbaren .Vu-nf arbeiterinneu ein bleibenbe», unb fteUeulofeu TienftmaDcbeu tobue Unterfdjieb ber Monfeffton) ein oorubergebeubc* Uutcrfommen |u bieten. Ter ^eurf* oerein für ^uqriibfdtnu unb Weinugeucu ftiirforgc ftebt unter ber Veitung be* Cberamt*rid)ter* Cefterle.

X>te Colin dir 5in$erwtcfHMt ber Otabt "5*fori6eim. )

$te 3ina,era,efeUjd)aft, meld); im 17. unb bis in bie sJ)iitte be£ 1H. ^abrbunbertd tyntin wenig oon fid) hören lieft, blühte erft flehen 1750 roieber auf, nadjbem fid) einfluBreidje sJ)tänner ibrer roieber angenommen hatten. 1)06 faft ibreS 300jät)rigen

(9eftiftet von Cbermeifter 2enj (1838).

*) Cuelie: ^urfbarbt, «Mcbicbte ber löblichen ^ingergefeBfcbaft w ^forjbeim. lüol (9ebrudi bei INar Klemm.

52*

500

^fotgbcim im 19. ^abtbunbert.

SBeftetjenS im 3a^rc 1801 mar jugleicb baS ibrer Dieuorganifation als SobltbätigfeitSoerein. $uid) bie neuen Statuten oom ^abre 1836 mürbe er bann als foldjer oollenbS ausgebaut. 3)aS GrintrittS* gelb mit @infd)luf} beS SegegelbeS ber Beitrag jum $3ruber= maf)le mürbe für baS 1. ^at)r auf 3 fl. feftgefetyt. $ie ©e= fellfdjaft füllte bcftänbig oon 2 Cbeuneiftern geleitet merben, oon beneu jebeS 3at)r einer 311 mäblen mar. Gebern l'eid)enbegangniS eineS 9HitgliebeS tjatte ein drittel aller 9)iitglieber anjumoljnen. 2öer ofme triftigen ©runb fehlte, jablte 24 Är$. Strafe. 3)er 93orftanb tonnte bebürftigen TOtgliebern ober anbern roürbigen Ernten 3—5 fl. auS ber ©efeüfdjaftsfaffe bemiüigen. 3ebe SSitme eines oerftorbenen 9ttitgliebeS erhielt 20 fl. als SBenefijium. ©inen lebhaften $mpulS oerliet) bem ©efellfdjaftSleben ber $>ireftor ber#eil* unb <Pflegeanftalt, -jpofrat Dr. 9)2 ü Her, als Obermeifter. 3luf jeinen Antrag bemilligte bie ®eneraloerfammlung ftum $8au eineS 2eid)ent)aufeS im 3riebf)of an ber 53abn sunädjft 300 fl. ICuf eine oon ber Singergefellfdjaft 1850 in Umlauf gefegte Sammellifte mürben 5386 fl. gejeidjnet. $aoon erhielt baS ftäbt. 5Baifenl)auS 2700 fl., ber SKefl rourbe $um 2eid)en* ballefonbS gefd)lagen, ber im ^afjre 1862 mit 3812 fl. bem Stabtrat übergeben merben tonnte. So ging aus ber Singer* gefetlfdmft bie 3"ittatioe 5111- Grftellung einer Seidjenballe unb jur ©rünbung eineS SBaifenljaufeS b^roor. Slud) fpäterrjiu mürben bem ÜBaifenfjauS oon ber ©efellfdjaft nod) namfjafte 3uroenbungen gemalt. 2Bie in ben junger jat)ren 1816 17, fo lieg fte eS ftct) aud) in ben 3al)ren ber 9t ot oon 1847 bis in bie ÜHitte ber 50er 3al)re auf jebe Söeife angelegen fein, nad) Gräften bie 9tot ber armen £eute ju linbern. $m Kriege 1870 71 fpenbete fie jur SBeiljnadjtSjeit jebem im gelbe fterjenbcn ^ßfov5t)etmcr Rriegcr 5 fl. als (£l)riftfinbd)en, im ganjeu 1654,29 9Jlf.

Qn ber ©eneraloerfammlung oom 5. Januar 1890 legte Obermeiser JJeeS ber (^eneraloerfammluug einen neuen Statuten* entmurf oor, ber einftimmige Mnnabme fanb. $arin mürbe feftgefetjt, baft ber Qmd ber fiöbl. Singergefeüfdjaft ift:

a. ^Beteiligung einer 3ln$af)( oon 40 sHlitgliebern bei ber 33e= erbigung eineS in biefiger Stabt mit £ob abgegangenen 9JNtgliebeS, fofern gufebegleitung ftattfinbet;

b. ben Hinterbliebenen eines oerftorbenen ©efeüfdjaftSmitgliebeS baS Sterbegelb oon fünfzig 9flarf juv üöeftreitung ber Seidjenfoften auSjujablen ;

c. alljä'brlid) eine oon bem ^orftanbe beantragte unb oon ber ©eneraloerfammlung bemilligte Summe ©elbeS an eine 2ln$al)l roürbiger Firmen unb 9cotleibenben ^icfigcv Stabt ju oerteilen;

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^fotgbcim im 19. 3abrbunbert. 501

d. 511 außergewöhnlichen roof)(tf)ätigen 3n?ecfen einmalige 53ei* träge mit Genehmigung ber @eneraluer|ammlung ju leiften. SJiitglieb fann jeber ©inroohner d)riftltd)en 33efenntniffe§ mit gutem, ehrenhaften $Huf nad) jurücfgelegtem 25. £eben§jar)r w erben.

$)ie Hufnabmegebühren betragen uom 25.— 30. 2eben§jaljre 5 <mi, vom 30.-35. 6 9R f. , uom 35.— 40. 7 9flf. , oom 40.— 45. 8 9J?f., uom 45.— 50. 9 SM., uom 50.— 60. 2eben$jaf)r 12 SJiarf.

$er jährliche ÜftitgliebSbeitrag beträgt 2 Sflarf. $)er 93or* ftanb beftel)t au3 ben beibeu Cbermeifteru, bem ©äcfelmeifter, jehn weiteren SBeretn$mitg(iebern<

gamilien=v4Bappeu uon (X h v i ft o f 51 i e n l e (1733).

F i

/^RTiFiEM* Com 1 1 enüat Öpv^

. 93on 5lird)enrat Hummer (?)

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502

^rorabeim im 19. 3abrbunbert

9tad) drlebigung ber $age§orbnung bcr am erften Sonntag im Januar abjutjaltenben ©eneraloerfammlung roirb bie feit 93eftet)en ber ©efeüfdjaft übliche religiöfe Seier oon bcm com SBorfianbe r)icrju ernannten ©eiftlidjen, ber SJHtglieb bcr ©efeü= fcfjaft fein muf, abgebalten, nad) melier ein gemeinfdjaftlidbe* 5)laf)l eingenommen roirb. $ie 93erein§faffe leiftet t)ier$u für jcbes baran teilnebmenbe Sftitglieb ben Beitrag oon einer 9ftarf.

SBappen ber Familie 9tüjelb erger.

(Öcftiftct oon (*meran ^iijelberger.)

$)ie Singergefellfdjaft befttjt ein 1701 angelegtes, in (3d>it>ein»= leber gebunbeneS ©tammbnd) mit bem Titelblatt: „*Pfor$f)eimb ©tamm^ud), diner Söbl. Singergefellfd)aft 3lnno 1701. $n biefem 33ud)e finb bie „Orbnung unb fünften" unb bie tarnen ber alljäbrlid) aufgenommenen 2ftitglieber oerjeidjnet, ebenfo bie 33erfammlung3be|cl)tüffe. s3Jiand)e SÄitglieber oereroigten ficf) barin burd) fumbolifdje ,3eid)nungen, i*)r Santilienroappfii ober burdj entfpredjenbe Sentenzen. 6o finben fid) in bem Stammbudje 3eid)s nungen oon Sflaler Völler, bie 2Öappen ber gamilien ftienle unb s}}ütjelberger, eine Malerei be§ Obermeifter Senj mit ©innfprudj, gemalt uon Völler, ein ©ebenfblatt be§ Obermeisers (£f>riftop^ Werfer, ba§ alte (Sdjloft in $forjf)eim barftellenb.

3)ie Summe aller feit 1813 gemährten Unterftütjungen beträgt 51 797,77 «Warf. $te Sflitglieberaabt ftef)t auf 913. Obermeifter ioaren im Verlaufe be§ QabrfjunbertS ; SDittuS, ©pejial $err, ^roreftor Stattet Vermalter Senj, Sttebijinalrat Dr. 5JtüUer, Q3ürgermeifter ^crrenner, (£b- 23ecfer, ©runer, Senj, Srifc 3)illmann, ^ermann Sdjober (feit 1874), SReftor JeeS.

^forjbetm im 19. 3abrbunbert

503

504

sJ*forabeim im 19. 3abrbunbert.

|>te *geft in 3*fors9ettn. (1501.)

8*11 Cbuarb Trauer.

Ter al« Tidjter beften« befannte Amtmann ßbuarb Trauer, Sater be« heutigen babifajen ctaatemiutfter« o. Trauer, oeröffcntlid)te im 3>ai)xt 1844 in ber „Teutfcben (Sbronif" Wr. 18 folgenbe ergreifenbe 8d)ilberung ber ^eft in Worjbeim unb ber opfermutigen X^ätigfcit ber ©ingergcfellfdjaft :

28eld)' SOrmen, meld)' (Mebräuge

etört ^fonheim« SJiorgcurul) V

3öaä treibt in bunter Menge

Tab «olf bein ftatbau» 3U?

0 mar' nie gefprodjen

Ta* fdjaueroollc Utfort:

„Tie ^left ift ausgebrochen!"

£o tönt'« oon Ort ju Ort.

freute rot

borgen tot

frilf und, frerr, in ber lebten Wot! Unb mer nod) manbelt im gotbenen

(«Jcbcnfe be« Tobe«, ber bjiftenpflidtf !

0 Veib! $n jebem fraufe frerrfdit .Klag' unb 3eufaen balb; Tie Bürgerin, bie graufe, iöerfdiont nidjt jung, nidjt alt; 2)a«> Minb, ben fraft'gen (Matten, Ta* Itfcib im od)önl)eit«glanj, Ten Wrei«, ben altcrsmatteu, Tie »raut im Mnrtbenfrauj. freute rot borgen tot

frilf uns, frerr, in ber testen 9lot! Unb mer nod) manbelt im golbeneu

X'idjt,

öebenfe be« lobe«, ber (Sljriftcupflicbt !

5*eröbet fteb/n bie Straften, iSd fdjmeigt ber Arbeit cdjall, Teö frirten tmmt're« iMafen, Öefang unb ^eitfdjenfnaB; Tie 3tabMsHod' bört man Ratten, Ter Wonnen Hlagepfalm, Biel bunbert Cpfer fallen 2lcb, roie be« Wrafc« fralm. freute rot Morgen tot

frilf uu«, frerr, in ber lebten 9tot! Unb mer nod) manbelt im golbenen

ÖJebenfe be« Tobe«, ber iStjriftenpflicfjt !

Ter Äirdj&of rairb ju enge, £r fträubt fid) mein- unb mehr, Ter Toten fdjroerc Menge ^u faffen naa) »egebr; Ulm Scgc, cor ben Tburen, frauft fid) ber i.'eidjen 3alM- .Hein Menfd) roill fie berübren, Cr« fteigt bie Slngft unb Dual, freute rot borgen tot

frilf um, frerr, in ber lebten 3iot! Hub mer nod) manbelt im golbeneu

i.'i<bt,

Webcnfe be« Tobe«, ber lSt)riftenpflid)t !

Ter »ruber fliebt bie 6d)roefter,

Ten frerrn ba« frau«gefinb,

Ten Jyreuub ber Jyreunb, fein befter,

Tie Mutter felbft tljr Winb.

Wcfprengt finb alle «anbe

Ter Sitte, ber Watur;

2£cr übt nod) Mad)t im £anbe?

Tie ^eft ift frerrin nur!

freute rot

Morgen tot

frilf uM, frerr, in ber lebten Bot! Unb mer noa) manbelt im golbenen

ifiebt,

Öebenfe be« Tobe«, ber tSljriftenpflidjt !

Termeil nun, peftgepeinigt, Tie ctabt ooll Jammer« mar, frat Wate« fid) uereinigt Ihn »urgent eine Sd)ar Unb glaubeu«üarf gcfdjl offen Ten cblen oingcrbunb; Siel madere (Milbgenoffen (Melobtcn fid) jur ctuub : „ÜBal aud) brobt, Cual unb Job,

üafct linbern un« ber Äranfen 9iot Unb mer nod) manbelt im golbenen

fcidjt,

©cbenfe be« Tobe«, ber (Sbriftenpflidjt !"

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iMoräbeim im 19. Sabtrmnbett.

505

So führten fte mit Singen ^l>r 3(mt, bcr Stabt jum .öcil, So froren alä Weriugeu

3>em ftrimm bcr ^eftilenj. £>eute rot ^Morgen tot

-\>Uf bem Wadjfteu nad) «ottcd Webot, ilkr weiji, wann bie "Hot in'« frauö

SUarb \>ilf' unb Xroft juteil; Tie i'teb' unb Jreue feljrtc ^urücf in'd 2l)al ber (*n*,

bir brid)t V öebcnfe bc$ Sobce, ber (5 bjiitenp flicht !

Unb (3ott im Gimmel wcbjte

X>a$ ?kffitdittttiß$a>c(nt.*)

Cel - Öa« - lyleftrijität.

9(m 1. Sloocmber 1817 würbe baö 3tabtamt ^for^eim angcmiefcn, bie unumgäuglid) notmcnbigc Stra&eubclcud)tung bafclbft einuifüljrcn mit befonberer ^Berüctfidb ttcttiiu^ auf beu Warft unb bie Wröbinger Traubgaffe. 31 m 10. 3luguft 1818 jeigte bcr AKngiftrat bem Worjbeimer Stabtamtc au, bafj bie jur 4ie- leud)tung ber >}auptftrafoen crforbcrlirijen latenten, nad) bem iNufter berer oon tfarlsrulje nun fertiggestellt feien unb bajj ietyt weitere $orrid)tungen getroffen mürben, fo bafj c$ feineu 3lnftanb met)r gebe, biefett }Jolijeigcgenftanb einju* fiteren, menu bie ^eit ber *teleud)tung gefommen fei.**)

3Jon ber alten, büfteren Cclbcleudjtung Wor$Qctm* rönnen mir und r)eitte nodj anuafjernb einen begriff madjeu an beu alten Stra&enlaternen, roie fic noa) in einzelnen f (einen 3 labten 35abcn3 unb Sdjwabcuä befielen. JBor tjuubert ^atfren f»elt man fic für einen ungcwölmltdjeu Jyortfüjritt, menn nidjt gar für Vujruö, beute mürbe wobl fdjioerlid) jemaub bamit jufrieben fein. Tie alte Mepäölampcl mit ib,rem übelricd)e»be» Cualm, bie bem .Kienfpan gegenüber immerhin einen gewaltige» ftortfdjritt bebeutete, mar aud) ba$ leudjtungämflterial ber 38obnungen, iljm folgte in ben ÖOer 3a$ren bas freunb* lidje Grböllidjt.

3»t ^aljrc 1853 fanb man bie alte 3trajie»bclcud)tuug aUmdfjltd) mieber rfeb,r mangelhaft unb uugenügenb". Ter Vorgang anbercr Stabte lieft aud) in ^forjljeim ben Stiunidj auffommen, „an SteüVbcr trüben, oft nid)t* al$ ben tarnen cntfjaltcnben Cel6elcud)tung" <0a£lirf)t einzuführen. "üefonberS oon ben fd)on ^ab,lreia)eu Jabrifen, in beueu roäl)rc»b mehrerer Stuubcu ber 2Ui»terabe»bc Dellampen gebrannt werben mußten, mürbe biefer Wipftanb f cf>r

*) ÖeneraKanbcöardHo, „^fonheimer Ncobaibter", ^al)redberid)te ber §anbelefammer.

•*) 9(u3 einer (ringabe ber Staatsbeamten oon 1821 erfahren mir, bafc ^forjbeim burdjaitö uid)t „in bie Atategorie einer allgemeinen unb ooUftäubigen SBeleud)tungdauftaltM gehöre. Wan habe bloä bie .ftauptftrafjen mit Laternen uerfcl)en, erftere feien fefjr eng gebaut unb bie "Beleuchtung fei bauptfddjlid) ber burdjreifenben ^yrembeu wegen eingeführt toorbe». Tiefe müßten aber ein ntdjt unbeträd,tlid)cä Örüdeugelb befahlen unb fo bürften fie nun aud) ber .fatalen luefigen l'ofalitat" willen mit iHedjt oerlange», bap bei ihrer näd)t* lid)c» Turdjreifc bie gar 511 enge» u»b fttufftnftcreu üauptftrafoen roenigften* fo beleud)tet würben, bafj man nid)t Wefab^r laufe, ^u oerungludc». Ten f)ter wob^nenbeu Staat^bienern aber nübc bie* wenig ober uid)td, weil fte unb ibre Familienangehörigen, um fia) nid)t einem Unfall auejufeben, in ben anbem oielen uubeleudjteten ^ebengaffen bod) ftctd genötigt feien, ibre eigenen latenten initjuuebmen. lleberljaupt »erlange ^forM)cim an JÖcleuditungöfoftcn weit bösere 3a^e alö bie beibeu Mefibemen Harlorulje unb iJiaunljeim. Unter« jeid)net mar biefe Petition oon Nolf 0. «litter^borf, .öol^auer, tSreceliue, ©erftner, öraunftein, ^Jfr. Kilian, Jrommcl, ^roreftor Kerbel unb isiicnlo^r.

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506 ^forabeim im 19. Sabtbunbert.

empfunben, unb bcr $Ian, OJaS einzuführen wie in bcn Stacbbarftäbten, fanb lebhaften ^Beifall. Tie ^öefttier beS ftammerwerfä, Öebrüber ^encfifer, erflärten ftd) bereit, bie Beleuchtung einzuführen, wenn ihnen bie Stabta,emeinl>e bie Beleuchtung ber Stra&eu unb ^lä«e, fowte itjrcr Öebäube mittele ^eucbtga* auf bie Tauer von 30 fahren tibertrage unb fidi für biefe oerbtnblü* mache, feiner auberen ^erfon bie "-öenübung beä CJemeinbeeigentumd zur Einlage von (9aebe(eud)tungöanftalten ju geftatten. Tie ®ebrüber Jöentfifcr vtt- pflichteten ftd) bagegen, bie zur jabrtfation be$ Öafee nötigen Gtebäube, \omt ben Qan^en Jbeleudjtungäapparat auf eigane Äofteu t>erjufteUenf ben betrieb* aufwanb ju tragen unb ben ^Jrioaten, welcbe bie Zuleitung von &ai in ibre Käufer wünfrhten, folebe« um einen beftimmten ^Jrete abzulaffen. 3Ran legte ftd) anfangt bie Frage oor, ob nidjt ^fonbeim, wie 5. 4). Mannheim uni ftreiburg, ba« Unternehmen auf eigene Äoften bauen foüte, um e$ enrweber felbft zu betreiben ober in tyad)t zu geben; aber man fam bann au« vci- fa)iebeuen (9rünben Bieber baoon ab. Tie SJerbältniffe ber genannten 6 tobte roaren oon beuen Pforzheim« febr oerfdjieben; fowoljl nad) Sinwobnerjabl al* and) nad) ihrem Sterfebr erfd)ienen jene oiel gröfrer, wäbrenb ^forjbetm, abg<; fehen 00m jyabrifwefen, fta) nod) als fleiner Ort barftcUte. Ter öebarf an öffentlichen Richtern toar in jenen Stdbten be«balb oiel bebeutenber al« in Pforzheim. ^Mannheim batte beren 660, Pforzheim brauchte nur 100. Tie Abgabe oon ^rioatlicbtern betrug hier etioa 800, baoon entfielen jeboeb 600 auf bie 'öijouteriefabrifen. Tann aber fürchtete man auch nicht obne Gkunb bie Jirift« in ber s-ÖLjoutcriebrand)e, etioa bureb Äriege ober ^(ebnltcbe^, »a« bann fdjwere JöerCufte für ba« Unternehmen bebeuten würbe, unb benen üd> bie öemcinbe um fo weniger au«fefcen wollte, al« folche leiebt in eine fallen fonnte, roelcbe ob,nebie« oiele Opfer oon ber Stabtoerwaltung forberte. 9lud) loar bie Finanzlage ber Stabt in jene ^eit burajau« ntebt glänzend SBafferleitung unb Strajienpfläfterung erforberten bebeutenbe pefuniäre Cpfer; ©chulbeu mußten gemacht werben, unb rooUte man ben ftrebtt ber Stabt n\a)t noa) mehr anftrengen benn für bie Öa«anlage wären minbeften« 5000» (Bulben nötig gewefen fo mufete man ba« tyrojeft anbere ausfuhren laffen. Tie OJebrüber $enrftfer woüten fcolzga« einführen, beffen $enufeung bamal* noch neu unb toenig ausgebeutet mar. Tie ©aepreife mürben für bie ©trafienflammc mit 1200 iörenuftunben zu 4 •/« Äubiffufc auf jährlifib 20 Bulben feftgcfefct. #ür im) Äubiffufr öa«, welche« ju Siebtem in ben ftabtiiehen Webäuben abgegeben rourbe, betrug ber ^rei« 6 Bulben (1 cbm 86 ^>f.) ^ür bao gleiche Quantum an ^rioate 6 fl. 30 Ärz. Tie ©emeinbe muffte für 57—60 ber trübften Dellaterncn jäbrlid) 900—1000 fi. auf bie Stra&enbeleudjtung oenoenben, febr bänfig aber infolge be« fd)lechten "JXaterial* and) 1200 -14 )0 fl. flllerbing« erwud)« bei l'eud)tga« ein 3Jlcbraufn>anb, ba man bei 100 (Maölid)tern 200() 2Rarf aufroenben mufite. ferner mürbe be= ftimmt, ba^ and) in ber ^cit oom ^ai bi« September, ba früher bie Laternen nidjt brannten, beleud)tet roerben müffe. Säbjenb Äarldruhe unb Öaben, roeldje ©täbte in ähnlidjeu «ertragdoerhdltniffen ftanben, ben flüd* unb «nfouf bee Serfes nadi abgelaufener ^ertragszeit in Betracht zogen, entfcbloB fti Pforzheim ein berarttgeä ^(bfommen nid)t zu treffen. Wohl rourbe im $ertraa ber «auf erwähnt, aber ohne alle fteftfejntng be« greife*. 31ud) bie Jyra^f roegen eine« ju ftipulierenben Siücffauförechte« rourbe n\d)t weiter in öetraebt gezogen, ba ftcb bie Parteien über ben ^ireis nidjt einigen fonnten. Ia4 einzige üRedjt, welche« fid) bie 6el)örbe oorbehielt. war, bei nacblafftgen 3ln^ ftellten oon bcn Unternehmern beren alebalbige ^ntlaffung oerlangen ju bürfen.

Schon ©nbe ber ftebziger ^ahre mürben mit ber Jirma «enrfifer Unten hanblungen gepflogen wegen ber Uebcmahme be* ®a«werfd in ftabt. iRetne. 3m 3luguft IH80 zerfdjlugen ftcb biefelbcn unb bie Jürma erflärte nad) 3Cblanf be« »ertrag« $1. Tejember 1883) auf fernere @a*Ueferungen oerjidjten ji

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«Pforabetm im 19. ^abrfcunbert.

507

müffen.*) 91m 1. ^nuar 1884 ging naa) langen fchroierigen $erc)anbUingen fobann ba« 3Bcrr um 300000 9Mf. in bie ftäbttfcbe «erroaltung über. 3m felben Söhre rourbe ein jroetter, 1892 ein britter OJadbet)älter gebaut. 2>aä Söerf bat ftd) feitbem ftetig oergrößert, namentlich aua) bura) Abgabe t»on Slrbeitögaä für bie feitbem aufgefommenen, aber feit ber ^erroeubung cleftrifc^er Äraft roieber teilroeife außer (Gebrauch gefegten ©aämotore.

2)a$ ^forjheimer ftäbt. ©aäroerf erjeugte 1900 eine ©efamtgaömenge oon 6170500 ebra (1899: 4 750000 cbm), baoon mürben oerroenbet :**)

für Straßenbeleuchtung 243 984 cbm - 4,72%

Beleuchtung unb Üötjroecfe 2 540614 - 49,14

fteijung unb tea)nifa>e 3roecfe 1 993 199 » 38,55

Selbfroerbraua) 114 595 - 2,21

aW »erluft ju betrauten 278108 - 5,38

6 170 500 cbm - 100,OOo/o

$er Äohlenoerbrauch betief ftd) 19<X) auf 18250 tonnen (1899: 16 319,8 tonnen).

$er Slbfafc oon (Sof* unb ©taub betrug im 3al>re 1900 : 7896 lonnen (1899: 734« tonnen).

Sin theer mürben erjeugt 1900 : 938 tonnen (1899 : 851 tonnen).

%a& (Madroaffer lieferte einen Ertrag oon 9Nf. 23420.« (1899: 9Rf. 15151.-).

2>ie Straßenbeleuchtung erfolgte bura) 718 Straßenlaternen (1899 : 644) infl. 93rÖ$ingen.

2>ie 3at)l ber ®a$meffer betrug (Snbe 1900 : 8222 (1899 : 7111).

«n <9a3mefferflammen mürben 1900 gejährt: 59540 (1899: 52 537).

»n 3Hafchinen roaren oort)anben 1900 : 397 ^ferbeftärlen in 79 fliafdunen (1899 : 283 ^ferbeftärfen in 82 SRafchineu).

£a ber Qtoöfonfum über (Snoarten rafd) zugenommen ^at, baß bie £eiftung8fät)igfett bed ÖJaäroerfeS nicht met)r ausreichte, fo errichtete bie Stabt im Saufe be* 3al)re* 1900 eine JBaffergaSanftalt. 3)ie Slnlagefoften berfelben roaren auf 212000 mi. berechnet, beffen ^robuftion auf mmbeftenS 10 000 cbm taglich bemefftn.

*) 2tuf Orunb einer oon ben Herren Sluguft Haofer, Dr. 2lbolf dichter unb tljeobor Schober angefteUtcn Berechnung mußte bie Jirma Bendifer ben Äonfumenten eine ganj beträchtliche Summe jurürfjahlen, roela)e irrtümlicher« roeife burch einen ju hohen ^reiäanfdjlag beä (MafeS gegenüber ber oertragds mäßigen JeftfteUung erhoben roorben roar.

•*) £er ©adpreiS für ben cbm beträgt in:

^euchtqad

fteisga*

Äarlömbe

18 ^'f.

.2 Vf.

Wannheim

18 .

12

^forjljeim ^retburg

12 .

20

w .

fteibelberg

20 .

16

Xurlaa)

26

20

Cffenburg

18

12

©rudjfal

22

17

Äonftanj

23

18 .

508

Worabeim im 19. ^abrbunbert.

£as cvftc ftäbttfcf>e ©asroerf, ju roeldjem bic Vorarbeiten gleid) nad) Vecubigang ber granffurter eleftvifdjeu s)lus[tellung in Angriff genommen mürben, ift im Oftober 1804 bem betriebe übergeben roorben. @S lag am (Siufhiffe unterhalb ber Stabt neben bem ftäbtifdjen ©asroerf unb arbeitete mit einer 1 50 pf erbigen $ampfmafd)ine, foroie einem 120pferbigen ©aSmotor als Referee. $ie Stromlieferung oon bem 9)lafd)inenf)aufe nad) ber 1,6 km entfernten Unterftation im $Mer bes SHatfjaufes gefdjaf) burd) 2 ©leid)ftrombt)namomafd)inen oon 25 unb 40 Stiloroatt bei einer Spannung oon 225 bis 300 Volt mittelft ^roeileiter* fnftems. 3m Siatfjau^ befaub ftd) ein 3lffumulator für jroeimal 110 Volt oon «44 bis 870 s2lmpereftunben Äapajität bei 3 bis 4ftünbiger ßntlabung unb oon bort aus mürbe ber Strom nad) bem $reileiterfnftem ben oerfdjiebeuen 21ufd)lujj [teilen ber Stabt jugefübrt.

Wit fflürffuf)* «"f bie bcifpielloS rafdje Vermehrung ber &nfd)lüffe, befonbers nad) Staffen unb Süben foroie in sJlücffid)t auf bie $l)atfad)e, bafc burd) bie bieten Öeitungsbräfjte auf bem roeiten SBege oiel Slraft oerloren ging, tarn man auf ben ©ebanfen, im s-föeften ber Stabt eine fleinere Äraftftation mit 2Iffumulatorenbatterie $u errichten. 3ltts biefer 3bee heraus ergab fici) ber 1897 ausgeführte s^lau jur Verlegung ber ganjen 3Inftalt. (Sin neues SEßert im 3«ntrum ber Stabt rourbe errichtet, an Stelle ber ehemaligen Rompagnie^Sägmüblc, ju bem bic überaus günftig gelegenen 5öafferfräfte v$forjheimS (neben aus* reidjenber 3)ampfreferoe) ausgenutzt roerben. öS arbeitet mit einer ftefjenben $>ampfbt)namo, 180—225 PS ^eiftung (133 Kw.), einer Sofomobile (aus bem erften 2Berf) oon 150 PS mit 2 burd) Siemen angetriebene 2>i)namoS ä 53 Kw. 2 Turbinen oon je 134 sßferbefräften marimaler ^eiftitug, jum Antriebe oon je 1 3>t)namo oon 80 Kw., einer weiteren $ampfbt)namo oon 250-300 PS (210 Kw.) 5ür bie 2)ampfbnnamo liefern pei 2enbrinf=Vatteriefeffel oon je 140 qm £eiäfläd)e ben nötigen $ampf. @ine 3lttumulatoren=Vatterie, Si)ftem iubor, für 576 maximaler 3ftünbiger Gntlabeftromftärte bei 1728 SImpere* fturiben Äapajität.

$>ie ieitungsführnng gefdjiefjt im $)rei(eiterfp,ftem teils mit Nabeln unter bem Strajjenpflafter, teils oberirbifd) auf SDtaffen an $aus* unb 3) ad) ftänbern. £ic elefrifdje Vetriebsfraft finbet immer mehr ©ingang (ber $uroad)S für jebeS 3ahr betrug burd)- fchnittlid) etroa 30" o bes oorangegaugenen 3at)reS, 1898 fogar 40%), roeil biefelbe ftd) gerabe für ben intermittierenbeu Vetrieb

•) $anbel*!ammcrberi$t 1899, 1900.

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$fotabeim im 19. Sabrbunbert. 50Ö

bcr ßbelmetallinbiiftrie eignet. 2(u3 bemfelben ©runbe tft bie ^ermenbnng bevfelben bei §d)ieinern, ©lafern unb IWe^gern in ftetem 2Sad)fen begriffen.

3)ie Vorteile be§ eleftrifdjen 33etviebe$ f)aben uerfdjiebene größere gabrife" oeranlaßt, fiel) eigene Mutagen 511 befcfyaffen, beren Slnfdjlug an ba£ ftäbtifdje 2Berf roeber für btefe§ nod) für jene ruünfdjenSmert geroefen märe.

$)a§ ^forjtjeimer (SleftrijitätSroerf t)at burd) 21nfd)hi(} fleinerev nnb mittlerer ^Betriebe einen Umfang erreicht, bafj auf 5lnfd)lnfj größerer ftabrifen nidjt jn reflektieren braucht.

2)er Staub pro 31. $e$embeu 1900 ift: ©lüblampen = 272 3lbnebmer.

10 NK. = 868 ©tuet ä 35 Watt = 30 Kw.

16 = 3672 55 = 202

25 = 1068 11 11 88 = 94

32 = 320 11 110 = 35 5328 Stücf mit 361 Kw.

- 7220 Rampen ä 16 NK.

^Bogenlampen : 32 Slbnefjmer mit 186 ^Bogenlampen, ßleftro» motoren: 1278 ©tücf oon 1/15— 20 ^ferbeftärfen.

2)ie ^forjljeimer Zentrale gefjört bereite ja ben größeren eieftriaitätSmevfen $entfd)lanb$.

p\e ^forjlWmcr SSairerfeitiwg.*)

gu Anfang bed oaMunbertd »>urbe bad Xriufroaffcr aud 9iol)r- unb mpbrimiien geholt. "Jiebft bem Sdjlofibrumten gab ed in bcr Stabt 5 öffentliche fliefsenbe Brunnen unb 7 in ^rioatbäufern. ^ttr bic fliefjcnben Brunnen um i ch 4 Leitungen oorbanben: 1. bie eigcntlidK Stabtbrunneuleitung, raeldjc itjrc Duelle im ÜJürmttjal fyatte. Sie jog brei mal unter unb jroei mal über ber "Würm 1 inrocg unb mar baber bem Jrübrocrben bei rHegenroetter uub bem (Jingefrieren in falten ©intern leidjt audgcfe&t. üon biefer Leitung mürben bie Brunnen in ber öröfcfnger ^orftabt, in ber :örö$inger Waffe, auf bem 3Äarft unb in bcr Iränfgaffe gefpeift. 2ln ber Duelle mar bad SÖaffer oortrefflia). Gine anbere gefaxte Duelle befaub fid) '/* Stunbe weiter oben im sWürmtl)al. !£er Stfjlofjbrunnen erbielt fein Saffer aud einer Duelle im (Snjtl)ale, oon 100 aua) s#röt>ingen fein Irinfioaffer ertjielt. $er Sanft ©eorgenbrunnen lag an ber St. ©eorgenfteige. Sein 3üaffer rourbe in oiclcn Käufern ald befonberd gefunb unb fjeilfräftig gebraust. ivc- mar ald blutreinigenb empfohlen, ba ed bie tfrdjje auf bic .baut treiben uub roieber heilen follte. Xie oierte, bie alte Sd)lofcbrunuenleitung befam it)r Gaffer aud bcr (*nj. Ta biefe aber immer meiter füblid) ober auf bic redete Seite abioid), fidj im- #aU. baburd) oerminberte uub man mit bem Sluffangs graben am Ufer immer t)öl)cr gelten muftfe, fo erreichte man enblich, bie roürttembergiidje ©renjc, rooburd) cd nic^t mefjr möglid) rourbe, bad SBaffer auf ben f)öd)fteu ^unft, ben Sdjlofjberg, 3U leiten. Sicfe Örunnenlcitung

•) Voller, öenerallanbedardjio, „Beobachter " unb „Hnjeiger".

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510 ^forjbeim im 19. Öabrbunbert.

rourbe com Tomdnenärar ber Stabt überlaffcn unb ib,r Söaffer in bic Stabt* brunnenlcituug geleitet. Set irodencr "ißitterung oerfagte bie Leitung unb bie ftlage um Swffcf bauerte bie jur Erneuerung unb Erweiterung ber Leitung.

lUtmpbrumten beftanben ju jener $e\t etlicbc 30; fie roaren allen Vierteln ber Stobt gleidjmdßig zugeteilt. Siuer befanb fid) oor bent Sdjneiber Söeuj'fdjcn .\>auS, einer, ber jet»t nod) beftebt, in ber Stltftabt (oor bem "Amt- b,aus), einer oor bem alten SdjulbauS, einer am Sdjloßberg unb einer im ^rrcnbauS.

Ta biefe alte SBaffer(ettuna**) beu Scbürfnifien ber Stabt nidjt mehr ausreidjtc unb burd) baS .frodnoaffer oon 1824 teilroeife jerftört roorben mar, foüte 1825 eine neue Leitung angelegt roerben. yian unb £oftenüberfd)lag baju lieferte s])Iedjanifer ftaberftrob. ES roaren t)iernaa> 14 243 K, erforberlid) ; 8000 fl. follten burd) Abgabe oon ttöbren an itrioate gebedt, ber Steft burd) 9(mortifation aufgebradjt roerben. ^nbefien reichte bie oorgefebene Summe oon 80i i) fl., ba man ftd) mit ber (Erneuerung unb Erweiterung ber Sröfciuger Leitung begnügte Eine von Wroßt). Staffen unb Straßenbauiufpeftion in tfarlSrube entroorfene unb oon ^ngenieurpraftifant Werftner ausgeführte grüub; lid>e Erneuerung ber iUafferleitung im Enjthale rourbe in ben Sauren 1862 unb 1853 ausgeführt.

3m Februar 1864 rourbe neuerbingS eine Vergrößerung ber ffiaffer* leitung nötig, 3Wan ließ ben öfterrctdjifcqen Cuellenfinbcr unb Sergingenieur £>ennod), tedjnif djen Tircftor einer WefeUidjaft für 2i>affcrucrf orgung, nad) ^for^etm fommen jur ftuffucfcung neuer CueUen für gute« Trinfroaffer. Gr bcjeidjnete oon bem l'agerplafc bes SabnbofeS beim (Maftbof jum „Wrünen \>of" aus eine Stelle redjtS beim Eintritt bcS unteren liergarteuroegeS in ben Ut*alb, als etnjige Stelle, roo mit Sicherheit gutes Cucllroaffer in genügenber Menge erfdjloifen roerben tönne. Tie alsbalb erfolgten (Mrabarbeitcn, roeldje bafelbft unter Warantie biefer Wefellfcbaft oorgenommen rourben, roaren tnbcS total erfolglos, ba nur wenige« uubraud) bares Siderroaffer oorgefunben rourbe. 3n einem ber WefcUfcbaft angebängten ^rojeß mußte biefe ber Stabt eine cntfpredjenbe Entfd)äbigung*t"umme entridjtcn.

Tic alte Sröfeingec Leitung fpeifte 1894 hier 6 laufenbe Srunnen, foroie 32 Srunnen in ^rioatgebauben. Sie beftebt au« einer in geringem Slbftanb oom Enjbett angelegten Srunnenftube, beren ^unbamente unter bie Sohle bcS Jyluffes binabreidjen.

Tie quantitatioe unb gefunbbeitlidje Unjuläuglidjfeit ber Leitung ließ bie Stabtoerroaltung fdjon jefct auf bie Anlage einer neuen Leitung bebadjt fein. Iis rourben im Tejember 1KK5 oon ber Btaot bie Wröffelthalquellen angefauft, toeldje eine taglidje sli>affermenge oon 43 000 Atubiffuß ober 8000 Dtyü = 12 000 ."peftoliter lieferte. Tie Wröffclthalfägmül)le rourbe 1874 für HO 000 fl. angefauft unb bic vieferung an Möhren, nebft bereu Vcgung unb Verblutung, foroie alle jur iltafferoerforgung nötigen Wegenftänbe unb Arbeiten ber Jyirma Webr. Vendifer um ben ^JreiS oon 88 000 fl. übertragen. Tie Veitung beS itkrfeS roar bem Stuttgarter Vaubircftor o. Ebmann jugeroiefen roorben.

Tie Duellen liefern im Wittel 50— HO Sefunbenliter Söaffer aus Suntfanbfteinfelfen, geben aber in trodeufter fleit bis auf baS balbe Quantum jurtitf. TaS Gaffer ift uabcju djemifd) rein (ca. 1 beutfdjer fcdrtcgrab), alfo gan3 oorjiiglid) geeignet für bic meiften geroerblid)en ßroedc ; aud) ift ei frifd) unb flar unb bei ber Sürgcrfdjaft um fo l)öt)er gefdjäfyt, alS eS ganj unter natürlid)cm Trude beifließt. Sd)on ^u Einfang bcS legten \ii!iru'h:itc> batte fid) tnbeffen bei ber ftets roadjfenben Einioolntcrjab,! in trodenen 3e^icn'

•*) ^lanc, auf roeldjcu biefe älteftc Leitung unter ber ^>forjb;eimer Sleidjc, roelcbc fid) oon ber jefcigen Manalftraße bis jur SdjießbauSftraßc er- ftredte, eingejeiajnet roar, bürften je^t uoa) auf bem iHattyaufe ju ftnben fein.

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$forj&eim im 19. 3obtbunbett.

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bcncn bcr Söafferoerbraud) ein Dlarimum, ba« Cuellenergebni« aber ein Minimum ift, ffiaffermangel eingeteilt unb bie ftäbtifche Verwaltung oeranlafet, fid) naa) neuen 3öafferbejug«quellen umjufehen. Segen ber technifchen $e= fjanblung biefer Angelegenheit roenbete üdi ber Stabtrat im ^ahre 1 s'"' an ^Jrof. Dr. Sueger in Stuttgart, £er nächftlicgenben ^öfung ber i^rage Raffung unb Zuleitung weiteren Ouellwaffer« unter natürlichem £rucf au« württembergifchem (JJebiete fteüten fid) Schwicrigfetten entgegen: auf bab. Öcbiete waren Duellen in entfpredjenber Höhenlage unb mit bem erforberlichen SBafferquantum nicht oorhanben. rer Sadroerftänbige fd)lug ba^er unter ausführlicher Darlegung ber frobrologifchen SJerhältniffe oor, örunbmaffer aufs jufuchen unb jur Wertung ber weiteren Bebürfniffe ju oerwenben. ^undchft würbe eine Orientierung erreicht burch bie auf feinen SHat im %a\)xt 1891 befchloffene, im 3>uni 1892 oollenbete Jiefbohrung auf ®nmbwaffer in ber 9<är)e be« ^forjhotmor Schlacbthaufe« ; man fanb 33 Dieter unter Xerrain unb 26 steter unter ^el«oberflächc einen reichhaltigen, im 33untfanbfieingebirge »erlaufenben Wrunbwafferftrom, ber ein gute«, naheju bafterienfreie« Jrinf* waffer lieferte. $urcb biefen ©rfolg angeregt, erbohrte ba« $auerifd)e Brau« hau« auf bem {üblichen Ufer ber (Snj ebenfalls eine Üöafferquelle, beren Spiegel ca. 2 Dieter ^ö^er liegt, al« jener ber erften Bohrung beim Schlacht* häufe; ba« gefunbene Gaffer mar tabello«. eine britte Bohrung unternahm fobann 1894 wieber bie Stabt; man erhielte mit berfclben im ftäbtifdjen Bauhöfe au« einem 35 Dieter tiefen Bohrloche ein nachhaltige« Quantum uon 20 Sefunbenliter guten Irinfmaffer«, ba« mittels eine« im gleichen %at)xt noch aufgehellten prooiforifcben ^Jumpmerfe« ber ftäbtifchen, bereit« an em> pfinblichem Süaffermangel leibenben Berforgung bienftbar gemacht rourbe. 2>ie Spiegellage ber 3 ebenerroähnten gebohrten Brunnen erroiefen eine jiemlid) genaue, nach Horben gerichtete, in ber 2iefe uon ca. 30 Dieter unter ZtyaU fohle »erlaufenbe ©runbmafferftrömung, bie au« bem Stabtroalbe (ftagenfchiefi) herfommt unb fomoljl baburch, bnfc in btefem ca. 2000 fceftar umfaffenben Sßalbgebiete bie Dleteorroaffer nabeju ganj in ben Untergrunb oerfinfen, al« auch burch bie geognoftifetjen Berhältniffe : eine grofee, oon ^rof. Dr. o. ©et in Stuttgart nachgeroiefene, in ber Dichtung Oft- 9lorb* Oft »erlaufene Ber* werfung, ftarfe« nörbliche« fallen be« Buntfanbfteingebirge« unb ^Bieber* oerflachen ber Schichten im linjthal bei ^forjheim, fich erflärt. lieber ben ftarlflöftigen Buntfanbfteinfelfen, bie Iräger be« in bem Jiefftrom bei ^iforj* heim bewegten ©runbwaffer« ftnb, befinbet fich in 10-15 Dieter Dlächtigfeit unburchläffige« (Gebirge (reiche thonhaltige uinerflüftete Sanbfteine unb Schieferthon), ba« bie Unterlage bejro. unburchläffige Sdndjt für ein jweite« Söafferftoctwerf bilbet, baß einen oberen Strom mit einer, oon bem liefftrom roefentlich oerfchiebenen unb unabhängigen Spiegellage barftellt. Tai Gaffer be« liefftrom« jeigt etroa 10-13 beutfehe ."öärtegrabe, herrührenb oon ber Dlufchelfalfüberlagerung im üagenfchie&walb unb naheju fonftante Xemperatur (8,5 - 9 0 R.) ; ber obere Strom führt reiche«, aber für 3Bafferoerf orgung weniger geeignete« IHaffer, in welchem fich bie Söirtungen bcr ftarfen Be* fiebelung be« (£injug«gebiete« geltenb machen. 3uM8e oerfchiebener Sbl« regungen au« ber Bürgerfdwfi, bie im allgemeinen ben Söuufch hatte, auch au« ber fünfttgen Bejug«queUe ein bem Öröfceltbalmaffer ähnlich weiche« Söaffer möglichft unter natürlichem $rud beifliefjcnb ui erhalten, finb fobann im oberen (Sn^thal bei Neuenbürg , fowie im Jöurmthal noch 4 weitere Bohrungen nach Söaffer oorgenommen worben. Sie waren fämtlich infofern erfolglo«, al« fich ba« Gebirge überall al« thoniger, wenig jerflüfteter 33unt^ fanbftein erwie«, ber größere 9öafferbewegungen in ber Jiefe, bejiehung«weife größere Entnahmen an einer Stelle nicht juläfjt. 9laa) ^eenbigung biefer Serfuche (1896) würben am 5U^C oe^ Jvriebrich«berge« bejw. am 3üalbranb be« öagenfehie^ 7 Bohrlöcher in ben liefquellenftrom abgetieft, burch ^ump* oerfuche im ftebruar unb Dlärj 1898 bie ©efamtergiebigfeit berfelben bi« $u

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512

^fotabeim int 19. Safabunbert

100 Sefunbenliter feftqeftellt unb Ijierauf eine Gnoeiteruna, beä SSaffenperfe» mit Mücffidit auf 50 000 £inmolmer projcftiert. ein achte* ^obrlocb in ben Ihitinqer liefen fonftatierte, bafc ber Jiefquellenftrom nort) auf $rof;c Strato ttjalabiüdvto in bebeutenber sJJiad]tiq.feit oorbanben ift, fo bah bic IKöglidjfeu beftebt, baä Saffenoerf bann, n>e»n 50 000 ^inrooljner iiberfdjritten ünb, uoä weiter auszubauen, ^u ber &t$una. bco ^flcgerauöfcfauffe« »om 1. 2lua,uft J*i* ift fobann ba$ i'uea,et,f(fre ^rojeft ber tfolfferoerfsenoeiteruna, bafiert <ar fünftlidjcr itWifferbcbunq flenefmügt unb im loefcntlicben roätjrenb bt? folgenben oöl)i*eö ber ^au uollsoq.en warben. (S* tonnen jefct mit i>ilfc etru* fel)r fd)öu Ijergeftellten "Uumpwerfe* unb unter Söeiterbcnüfruuij ber öirötwl tbalqueUen nid)t nur bie befteljenbe 3tabt, foubern aud> alle in 3(usn*t qr nommenen neuen ittauqebiete mit Irinfmaffcr »erleben werben. Tabei bientr. bie Wröfiettbalquellen in ber ftauptiacbe jur epeifunq, ber r)öd>fta,ekqencr. etabtteüe, woburd) bie ^etriebefoften für bol "Vumproerf, bas aue bem 2\c quellenftrom fdjöpft, pi einem Minimum berabfinfeu. £er itfan ermannet iK für abfetjbare Seiten behoben, unb es ift fogar bie 2Nöqlid)feit uortjanben, i>e: fein* unter äi5affermanc\el leibenben benad>bartcn Otemeinbe "öröfcingen Söafi« abjugeben.

SxanaVttaiion unb SfufjfiorreJHtott.

(Sine burcfygreifenbe SJefferung ber §luf^ unb bamit aueb ber ©efunbr)eit£oerf)ältniffe wirb bie mit bev Stanalifation ber (Btabt £>anb in .£anb gefyenbe Ufertorreftion ber (Inj unb 9fagolb bringen. 3)ie au§ früheren Reiten uorfjanbenen Ranale münbeten entroeber in ©eroetb^bädje ober in ba3 SBorlanb ber bie Statt burd)5iel)enben Jylüjfe unb gaben bisher Slnlafj ju 93efd)it>evben aller Slrt ; für Reinigung unb Spülung ber Kanäle mar nid)t gef orgt.*) Um genaue SBorfcfjriften für S-Berbefferung befter)enber unb $tx- ftellung neuer Kanäle geben ju fönnen, bat bie ftäbtifdje 2>er= maltung in ben legten 3ar)ren burd) ^rofeffor Dr. Sueger in Stuttgart ba§ s}kojeft für eine fuftemarifcr)e ftanalifation au* arbeiten laffeu, ba3 nad) uerfdjiebenen oergleidjenben 3tubien e3 fjanbelte fid) um bie Gcutfdjeibung ob Sdjtuemmfufrem aber Xrennfuftem, um bie MuSmünbung in bie (Snj oberhalb ober unterhalb Eutingen, um bie $3et)anblung ber 3lbmaffer nor bereit 5lu3lafj 2C. fyeute bie Unterlage für aüe neu anjulegenben (Sntroäfferungen bilbet. @3 fteljt ju erwarten, bajs in näcbfter 3eit ber unterfte roidjtigfte ieil be3 ftanalnejjcs ausgebaut fein mirb. (Sbenfo mistig als SBafferoerf orgung unb üanalifation maren für bie Stabt bie sBa6gabe jur s-8err)tnberung ber lieber- fd)memmungeu burd) bie <ylütfe Q£\\z, fflürm unb s)cagolb unb jur 53efeitigung eine? leitet ber fanitär frt^äblid)en ©enjerbebödie unb *28el)re. ^)urd) s-öerl)aublungeu mit ber ©rojjt) Oberbireftion be§ siBaffer* unb otra&enbaueS in Rarl^rulje unb ba3 banfen?-

*) 2Im 18. Xugufl 1873 mürbe eine ftdbtifdje Slbfu^reinrid^tuug für Jäcalftoffe errietet unb in regclmapige J^drigfeit gefegt, rooburd? ein«n großen 9Äi|ftanb abgeholfen rourbc.

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^forjbeim im 19. Sabrbunbert.

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roerte (Smtgegenfommen biefer 93el)örbe ift aud) fyier ein ^rojeft entftanben, ba8, jum Seile fdjon im SBofljuge begriffen, norjüglid) geeignet ift bie Krönung ber mistigen fanitären s&erbefferungen in $forat)eim ju bilben.*) $ie ©efamtfoften belaufen fi$ auf 3,253,000 Wll £ier$u erhält bie Stobt einen @taat$sufd)u& von 900,000 9ttf. unter ber 33ebingung, bafj bie Berichtigung ber beiben giüffe nad) bem geprüften pane in längften§ 6 3at)ren ausgeführt roerbe.

&abanflatten.**)

53tö jum 3a^rc 1812 war nur eine ©abeanftalt in ^forj^eim, unb jwar im Sürgerfwfpital. 25ura) bie unfreunblia)e, unjioedma&ige Vage ber* felben unb ba fie ofmefyin bem föofpital jur ferneren SJenufcung juftanb, [ua)te man bura) ^rioat Beiträge in ber <Btatt ben Jonbd jur (5rria)tung einer ent* fprea)enben 2(nftalt jufammenjubringen. ©in paffenber %4ai} bierju fanb fta) im ©arten be$ Iraubenwirteä Mittler, wela)er unmittelbar hinter beffen Süirtfdjaftägebäuben in ber SJrbfcinger 93orftabt lag unb an ben bura) bie Stabt füb,renben Gnjlanal ftiefj. Sa Mittler oermöge feiner 3Birtfa)aftdtonjeffion in ber Vage mar, bie SJabebefuü)er in feinem ftaufe ober (harten ju bewirten, nal)tn bie '-öctjbrbe fein $3ebenfen, bie Saa)e ju genehmigen unb uoar auf 12 xuilire, jeboa) unter ber »ebingung, bafc ba$ frühere $ab im Sofpitale weiter ejiftieren follte. 3™ 3at)re 1826 mürbe Mittler« S3abelonjeffion auf weitere 12 3abre erneuert, ba* ©efua) um ein audfa)liefelia)e« ^irioilegium aber abgelehnt.

3m $erbfte 1874 mufjte bie einige prioatc «abeanftalt wegen ju gc* ringer 93enüfcung eingeben.

9Äit ben 80er fahren trat aua) b,ier eine Söanblung jutn Seffern ein; 1883 befdjlofe ein $um 3wede ber Grbauung einer Jlufibabeanftalt gebilbete« Komitee eine fola)e oberhalb ber Hafc'fdjen oägmüljle für bie Summe von ca. 6000 2Marf ju errieten, unb (Snbe 3uli 1884 würbe bie Jrauenbabeanftalt am untern ftammergraben eröffnet.

;{uv $eit befteben 1. bie ftäbtifdje Sabeanftalt am obevtn Dtüblbaa) ; 2. bad ^rauenbab in ber 9tagolb ; 3. bad 3)2äba)enbab am unteren 9Jlüb,lbaa) ; 4. bie IWännerbabeanftalt auf ber ^nfel. 3m freien barf gebabet roerben 1. unterhalb be8 oberen ftammertoebrä unb in ber Cnj gegenüber bem Söeifert'fdjen Slmoefen, fowie oberhalb beä ftammerroebr« (für Unaben oon 12—16 fahren), für Änaben biä ju 12 3ab,rcn am fog. "JWuffiergumpen unb am untern Cammer, daneben beftetjen oiele prioate 93abegelegetu)eiten, aua)

*) ©ine größere ^(u^arbeit mar bie Jperftellung ber 9lagolbforreftion oom 93leia)n>ebr bis jur tUier ?3tüde mit ber grofjen ©mbämmung jum ©djufce ber SJorftabt 6eban, ebenfo bie Morreftion ber Crnj oom $endifer'fa)en SJÖeijr biä nur Stofebrütfe. 3" früherer -|nt n>ar bad (Sn^flufibett an ber @tette ber iHo^brücte fe^r enge, unb bei §od)ioaffer fua)ten bie fluten oft einen für$eren SBeg bura) ©arten unb Siefen, beren lerrain je^t bie Sorftabt @eban ein* nimmt, »ei beiben Aufarbeiten, mit beren $>erftellung ber ftdbt. 3ngenieur 8a)mib(e betraut war, fjanbelte fia) barum, bem &oa)n)affer bura) 6a)affung eiued genügenb breiten Autraumeö einen bequemen ;HiHhn'; \u oerfa)affen. Die ©ntfernung be« ^nfenftein'fdjen äüebrö, roobura) ber SÖafferjpieget bei ber 'äuer ©rüde bei twb,em sBafferftanb um 0,6 "JMeter gefenft rourbe, bat fta) trefflia) bemäbrt unb bie $oa)ioaffernot in ber 2lu bebeutenb geminbert.

**) w^for3b,eimer 33eobacbter" unb #«njeiger", «bre^falenber.

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514 Worgbeim int 19. 3a&tbunbert.

in $äcfereien unb ben meiften ftotel«. Sitte neueren (Mebäube ftnb mit Sabe- einridjtung oerfepen, unb fepr oiele Bieter oon Ißobnungen fepen neuerbing* barauf, baß biefe roopltpätige Ginricptung nicpt feple. J)a* oon 3rau 3<Sfl« Söitroe ber ©tabt ju biefem 3roccfe jugerotefene großartige SJermftcptni« er- möglicht e« leptercr, in $dlbe ein große« SJolfdbab ju erftcHen. ©in oon ber ©tabt erricpteter SJolfSbabefonb* oerfügte bunp bie ibm alljäprlid) über* rotefenen Ueberfcpüffe au« ber ©parfaffe im Japre 189» fcpon über ein $er= mögen oon 126,936 üKarf. $ie Erbauung be« SJolföbabe« bürfte im näcpften vsaore (ittuz) oereit« tu iringrtn genommen loeroen.

Jterärjte itnb Jterßfifßtttibe.

9larfj ben 5Rat*aften mar 1824 Seper erfter iierarjt ber ©tabt. Sorbem befaßten fup bie ©cpmtebe mit ber Xierbcüfunbe, bie fie auep nadj %iu ftettung be« ftubierten unb ftaatlid) geprüften 9lr$te«, aUerbing« petmlid), fortfefcten. ein ©djmieb froljpauer mürbe um jene .Seit megen tturpfufdjerei oenoarnt. 3m 3apre 1836 fragt baö Dberamt an, roeldjen Beitrag bie ©tabtgemeinbe jur SJefolbung eine« Vcjtrtottcrarftirä geben mürbe. 2>er fludfcpuß befeploß am 20. Juli 1836, feinen feften »citrag ju leiften. $ür ba* Slnroopnen bei ben 12 $iepmärften erhielt er je 2 flL 30 ><v\. unb für bie ^leifd)befd)au oon ber Haffe ber SHepgerinnung monatlich 3 fl. 40 Ar). $ie ©tabtgemeinbe erljöpte il)ren Beitrag in biefem 3apre oon 30 auf 48 fl., erpielt aber immer noep feinen iöejirfstierarjt. 311« lierarjt fam fterbinanb Jieller ungefäpr um 1836 pierper unb oerblieb bi« 1847; jeitroeilig oerfap beffen ©teile lierarjt Söenbeltn öfterer. 3m 3uni 1848 (ber ftflbtifcpe 3ufcpuß betrug bamal« 140 fl.) rourbe Jierarjt Öauer oon SlbelSpeim pier al* DberamtS* tierarjt augeftellt. ßr ftarb 1865. ©ein 9iad)folger mar ber Jierarjt unb fpätere $3ejtrf«tierarjt ferner; er bejog 1885 r-= 2400 SHarf. 3m|3apre 1898 trat er in ben Nupeftanb, füprt aber bie ©teile al« ©(placptpofoorftanb roeiter. @r erhielt ben titel SJeterinärrat. Stadlern fein Siadjfolger £>inl nad) SJlüllpeim oerfefct roorben mar, erpielt 23ejirf«tierarjt ©teibing bie fjieftge Ämtoftelle, roeld)e er nod) innehat.

$er $ierf<4ut?t>ereitt rourbe 1876 gegrünbet. £er Beitrag beläuft ftep pro 3apr auf minbeftene 1 SRarf. 3u Öeginn ber 80er 3apre rourben Prämien audgefept für biejenigen ^forjpeimer 3Ncpger, roela)e fiep bei tötung fajroerer ©d)lacbttiere ber ©igmunb fa^en ©a^ußma«fe bebienten unb für fold)e itutfd)er unb Jyuprleute, roela)e bie i^nen anoertrauten liere opne ©a)läge ju bepanbeln roiffen. Slucp bie einfüpmng oon Gfeln für fleinere ftuprroerfe ift fein «er? bienft. Xem Vereine gepören einflußreia>e Beamte unb Bürger an. ^liiahriitti an 9Beipnaa)ten oerteilt er unter braoe ©4üler eine große üJnnibl Xierfrt)ii^= falenber, bie gerne gelefen roerben unb jebenfaU« einen oerebelnben Einfluß auf ba« Äinbergemüt au«3uüben geeignet finb.

J)er T* crfdjöitrr« n ^om-rri n *)

rourbe im 3al)rc 1868 oon SBio^ter, Ulbert SBittum, ©tabt> baumeiftcr 3öebcr unb Oberbfirgermeifter 6dt)mibt aegvünbct, löfte ftet) aber bei 31u§brud) be§ beutfd)Sfranaörifd)en Krieges roieber

•) S«aa) 3Jlitteilungen be« aerfc^önerunggoerein«.

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$forabeim im 19. Sabtbunbert 515

auf. 2Bäf)renb ber furjcn 3eit feines erftmaligen 53eftebenS fdjuf er bie frönen Anlagen oon ber ßaüfjarbtftrafje bis jum $allharbtfteg.

3m Qaljre 1872 erfolgte bie sJceugrünbung. Sßorfttjenber rourbe $err db. SBtc^Ier, welcher ben herein ununterbrochen bis ju feinem im 3at)re 1900 erfolgten £obe leitete unb ju f)of)er SBlütc braute.

$urch ben herein rourbe bie grofje ©d)önheit ber Umgebung sJ$forjbeimS eigentlich erft red)t erfd)loffen unb befannt gemalt. $ie tjauptfäc^iidjften ©chöpfungen fmb bie Anlagen folgenber SBege: $er fogen. 2)aooSroeg am linfen Ükgolbufer bis gegen 3)illftein tyn, ber gufjroeg (irbprinjenftrajje— griebbof, Einlage am -grodjreferooir, nebft 2Beg in bie 3)iUfteiner §ohle, ber $ut* pfab 00m .Ha II tjarbtfteg burd) ben ^agenfdjiefc nad) SeehauS mit 9lbjroeigungen nad) bem ©d)ütjenfteg , bem dürfen unb ©djoferroeg, ein guftroeg 00m ©djütjenfteg über ben (Srjfopf §ur frönen 53ud)e unb ein joldjer bireft borthin, ein gufjroeg läng§ ber SBürm bis jum $orf 3Bürm mit einer Ueberbrücfung beS* gluffeS bortfelbft, einen gufjroeg oom ^ungfernbrunnen bireft gum Söalbe unb oon bort längs beS SBalbranbeS sunt #utpfab unb l)inab jum ©d)üfcenfteg, ein gufjroeg oom #olj* bof am SRanbe beS ftanalerroalbeS gegen (Jutingen, foroie oon biefem abjroeigenb jur 3öurmbergerftra|e ; §erfteHung beS SGBegeS über ben §ad)el, foroie oon ber $3rettenerftraf$e auS jum SBart* türm unb gegen Eutingen hinab; 93trfenfelberfteg (Beitrag 100 3Jlarf), SBüdjenbronner Iffialbroeg, gufjroeg oon ber Stiefenbronner ©trage $ur SBurmbergerftrafje, ©leichftrajje^ßromenabenroeg oom •iHagolbthal ab ; getfenanlage beim $allf)arbtfteg (93id)lerbenfmal), Einlage bei ber ©nnagoge, |>uchenfelberftra{je bis jum (Erjfopf, Sßalbroeg oon ber iZBurmtrjalbrücfe bis jum ©eebauS, 3Öeg oom ©djütjenfteg bis jum JotenroieSle, 2Beg jum ©djüfcenhauS, Dftftabtparf (3000 3JW. Beitrag), gufjroeg oom ©chüfcenhauS jum 9teferooir, 5)aooSroeg jum ©d)fi$enhauS, äöafferturm (Beitrag 2000 SJlarf), ©iegel*©tein am $aooSroeg, SBiSmarcfbenfmal» Anlage (Beitrag 633 3ttarf), Springbrunnen im ©tabtgarten (Beitrag 600 SJcarf); <ßerron auf bem £uifenpla$, QatyU roeg, Springbrunnen beim „Odjfen", Beitrag jum ftaifer*2öilr)elm= 3)enfmal (900 Wt), 2)reifpifc im ©eban. 3luj$er ben genannten Unternehmungen ftnb burd) ben SöerfchonerungSoerein auch bi* gufjroege nach SÖeifjenftein unb $ud)enfelb mit SBeitragSleiftung ber dinroobner beiber letzteren Orte angelegt roorben. gerner rourben burch ben SSerein im Saufe ber Qahre mehrere hunbert ©itjbänfe an geeigneten fünften aufgeteilt, foroie oiele 3öeg» roeifer nad) allen Dichtungen ^tit angebracht.

$ie aWitglieberjahl roar bis gum $al)xt 1900 auf 1434 angeroachfen.

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516

^BForjbeim im 19. ^abrbunbert.

$ie oerftorbene Jrau (£mma Oäger SBitroe t>ermad)te bem herein noef) 511 ihren Sebjeiten eine erstmalige (Stiftung uon 5000 9ftarf jur freien Verfügung ; ferner bei tr>rem vilbleben teftamentarifd) 25 000 Wlaxt, beren $infen für bic 3roecfe 33erein§ ju uerroenben fmb. 2)urcf) bie fyorfjtjerjige (Uabe ber eblen ^Bürgerin tarn ber herein in bie Sage, feine ^Btrffamfeit ju erweitern unb einen eigenen Sluffefyer anjnfteüen unb ju be^ folben, roelrfjer bie au3gebel)nten opasierroege in gutem 3uftani)e ju erhalten fyat.

5lufjer ben fcfyon genannten Herren haben fief) um bie (fr- fdjliefjung ber fo mannigfaltigen 9tei$e nnferer <Btabt ein be-- fonbereS Sßerbienft erworben bie sperren Jorftmeifter 9tau, &tat>t- baumeifter 5tern unb Kettling.

Crtiornngortättcn ÄuofTugoortc. *)

Qu ben fdjönften Stätten ber (hfjolung jaulen ber SfaM- garten unb ber (Mrtaotparfi. drfterer oerbanft feine Qnt

Per 39artturm.

ftefjung ber Qnitiatioe ber £crren fiouiä Schober unb <Stabt* gärtner 3. Diög 1er. 21u§ ber Cebe be§ oberen föennfelbes t)at ber Opferftnn ber Q3eoölferung ein ^errlic^e§ glecfdjen (Erbe

*) 3la$ ben ^rotofotten be$ Oartcnbauocrcinfi.

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93forabeim im 19. Sabvtmnbert

517

fdjaffen, bas jum Sicbling^aufenttjatt bcr $forjf)eimer geroorben ift. Die (Eröffnung be3 ©tabtgartenS erfolgte in SBerbinbung mit einer Blumen*, Obft* uitb ©emüfeauSfteliung im September 1885. Gr fotttc aur roeiteren Pflege oon ber ©tabt übernommen toerben, aber ber ©tabtrat befcfylofc in 91nerfeunung ber Sßerbienfte be§ ©artenbauoereinS ben ©arten beffen weiterer $erroaltung überlaffen. 3m 3af)re 1886 mürbe bie 9leftaurationöt)a(Ie mit einem ^oftenaufroanbe oon 8000 9flf. unb 1887 ber Sfinber* fpielpta^ errichtet, ©eit 1888 finben nad) bem SJhifter ber fcfpäbifcfyen 5Jlai $inberfefte ade jtoei 3af)re roof)Iarrangierte ßinberfefte für bie 3ugenb ber @artenbauoerein§-5flitglieber ftatt. 3m ©ommer erfreuen alhoöcfyentlicf) minbeftenä einmal bie frfjönen ftonjerte ber 3euern>ef)rfapelle unb oon ,3eit ju 3eit fold)e f)en>or= ragenber auswärtiger Capellen ba£ ^ublifum. Äud) an bem äuftanbefommen be§ ©aalbaueS t)at ber ©artenbauoerein einen fyeroorragenben Anteil. Qm 3a^re 1896 betrug bie 9Jlitglieber* aat>r 1639, ba3 SßereinSoermögen 23 961,73 3Hf.

£)er Oftftabtparf erftanb nad) garten kämpfen au§ bem 1863 gefd)loffenen alten 3riebt)of. ©eine (Jinroeifjung erfolgte in Sßerbinbung mit einem ioof)lgelungenen Äinberfeft am 8. Quni 1898. 3)urd) bie forgfame Pflege, toeldje ber Vßaxt burd) §errn ©tabtgärtner Dörflinger erfährt, ift berfelbe ju einem ge*

Partie Pom 2$ürmtßaf im hinter.

fuuben unb anmutigen Aufenthaltsort umgeftaltet roorben. 9tad) ber sßarfftrafte ju befinbet ftd) ber ftarf benutze ftinberfpielplatj. 5ür bie Aufbewahrung ber mertooUeuen ©rabmonumente würbe am Oftenbe ein s}$lät)d)en referoiert. 2)urd) eine ©djenfung ber

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518 ^3forabetm im 19. 3abrbunbert.

oerftorbenen grau @mma 3äger fonnte in bei* SHitte be§ ^ßarfeS eine ©dmtjrjalle errichtet roerben.

9kd) einem 93efd)luf$ be§ Cftftabtbüra,eroerein§ fott oon 3eit ju 3eit bit jäfjrlidje ^Sarferöffnung mit einem ßinberfeft oerbunben roerben. $>a§ letzte fanb im Sommer 1901 ftatt.

3)em pdKittfdjußfporf bient ber oon einer SlftiengcfeCI* fcfyaft IjergefteÜte (5d)littfdjuf)teid) füblid) com 3rtebrid)§berg. Sang jähriger SBorftanb ber ©efellfd)aft ift $err Xödjterfdjul» SHcftor gee§.

3)er jebem edjten ^Pfor^eimer inneroobnenbe $rieb jum fröfjlidjen SSanbern füt)rt an ©onn* unb geiertapen große Scharen oon gußgängern, alt unb jung, f)iuau§ in SBalb unb gelb. 2)er beliebtefte 2Iu3flug§ort ift ba§ ibnllifd) gelegene Ocdiauo.

§ccßaus.

3Iber aud) bie brei reijenben ©djroarjroalbtfjciter unb beren (5eitentt)äld)en mit ifjrer unoergleid)lid)en Slnmut unb 2Balbe§= prad)t roerben fleißig befudjt. 3m $erbfte jebodj, roenn bic (Sonne weniger f)eiß fyerabfdjeint unb bie glur im Obftfegen orangt, jief)t ber ^forjljeimer bie SBanberung in§ ^finjgebiet unb 9cecfarf)ügellanb oor. jbex lia o i fdu- C>rlnu ar , roaf bin* rein (feit 1885) unb hex jpiirtti'mln'rgifdii' £>$toax)wafovexein laffeneSftd) ange= legen fein, bie nod) oerborgenen ©d)önf)eiten ber £eimat unb ifjre ge|d)irf)tltd)en Erinnerungen bem 9laturfreunbe jugänglid) ju madjen. Slber bie Söanberluft fü^rt otele, meldte bie engere £eimat jur ©enüge teilten gelernt fjaben, nod) weiter f)inau§, baf)in, roo bie Betrachtung ber sJlatur jroar feine fdjöneren, aber großartigeren ©inbrüefe hinterläßt, in3 Saab be3 Hochgebirges,

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^forabeim im 19. 3abrbunbert. 519

in bic 2ttpenn>elt. Sttandj trefflicher 93ergbefteiger finbct ftd) in unferer ©tabt, unb bie Berichte in ber s#forjf)eimer ©cftion be§ biMttfm - ößerreiiöifdicn klpenvezein* geben oftmals ,3eugm§ oon wagemutigen Säuberungen im £oti)lanb. 3)er herein f)at fid) felbft ein fdjöneS 3)enfma( gefegt burcf} (Srricfytung ber „^forjfjeimer £ütte" am Seimig » ^ßafj. S)erfelbe gehört ber ©ebtrgSmaffe an, bie jmifd^en bie SDtafftoe ber ©iloretta unb $8ernina=3llpen einerfeitS, bie Oetjtfjaler* unb Drtleralpen anberer* feit§ eingelagert ift unb ben tarnen Ofenpafjgruppe ffityrt. 3)ie (Sinroeifjung ber (Sdjutjfjütte oottjog fuf) unter Beteiligung ^ßforj* Reimer Sllpiniften am 20. Sluguft 1901.

Pas ^feuerföf^roefett nnb bie ^forjöetmer 3fetterwe(ir.*)

(Sine 5euerlöfa)orbnung beftanb für bie Stabt fdjon oor 300 3a&r«n; ber oorforglidje unb umfia)ttge SRarfgraf Gljriftopl} b,atte aud) biefem roidUigen 3nftitute feine Stufmerffamfeit 3ugen>anbt. Jn toeld>er SBeife baä gfeuexlöfös mefen fid) feitbem aiimaüiui) ^ernudgebtlbet tjat, bürfte bie banfbare Stufgabe einer Spe$ialgefd)id)tc über biefen Öegenftanb fein.

Sd)on früher befanb fid) ^forjb,eim im Seftye einer 3reuerfprifce. ©in Seridjt ber 3lmt$fcllerei 'Pforjfyeim an ben SDiarfgrafen oom 3uli 1797 melbet, bafj bie ^euerfpri^e befeft geroefen fei. »tan mollte fte mit ®otte$auer iRetourpferben nad) tfarlSrufjc fdneten, oergafi eS aber, unb als bie ^ranjofen famen, bie alle beroeglidje $abe mitgeben biefjen, fanben fte aud) an ber Jeuerfpri^e (Gefallen. #upferfd)mieb Sbäuerle, ber fdjon etliche Jeuerfprifcen „mit großem i'ob ausgeführt", foUte roieber eine folaje b,errid)ten um ben ijjrei« oon 100 fL, roenn SereniffimuS bie ^uftimmung geben mollte. »äuerle felbft fdjrieb bem iKarfgrafen, bafi er sroar 320 fL Endlagen Imbe; aber um 100 fl. toolle er eine alte Sprtfce roieber b,erria)ten unb führte 9 fünfte an, nad) benen bie« gefd)eb,cn foUte.

9lm 7. Januar 1817 ronrbe bie ^forjbeimer Jeuerlöfdjorbnung oom 3at)re 1744 erneuert unb ben Serbältniffen entfpred)enb oerbeffert. fciernad) mar bad Xabafraudjen, felbft mit bebeeften pfeifen in Sdieunen, Stallungen, ftrudjt* unb §euböben, foroie ba$ 2abafraud)en mit unbebetfter pfeife auf Strafjen, ba« fragen oon unbebedten t'idjtern, ba« fcolabörren auf Defen, bad $ed>eln oon ^(aa)d unb $anf bei vi di t ftrengftend unterfagt, ebenfo ba$ Sdjiefren mit öeroetjren innerhalb ber Stabt ob,ne befonbere (Erlaubnis.

(ftne (Snoeiterung erfuhr bie fteuerlöfdjorbnung im 3al)re 1830. Sieben ber fteuertrommel foüte bei einem 9'ranbe in ber Stabt bie Äirdjenglocte bie Beoötferung oon bem $ranbe benad)rid)tigen. Bei einem auätoärttgen iöranbe foUte ba$ SRatbauöglöddien geläutet roerben. die fteuerlöfdrorbnung umfaßte fecfjd ^aragrapben. 2)iefelben banbeln 1. über bie «erbütung ber ^euerö= gefaljr, 2. über bie oorforglia>e Einrichtung ber i.'öfa)anftalt, 3. über bie 3tn* menbung unb Drbnung ber Vöfdjanftalten bei entftebenben Jyeuerdbrünften, 4. Slnorbnung mäbrenb bed 3)ranbcd, 5. Slnorbnung nad) beenbigtem ©ranbe, 6. »elobnung unb Strafen. Jeuerreitem, toelct)e juerft oor bem 9tatb,aud erfebienen, mürben Belohnungen jugefia)ert: bem erften 1 fl. 30 Ärj. ; bem jioeiten 1 fl. ; bem brüten 45 ftreujer. diejenigen ^ferbeeigentümer ober i^re Änctbte, njela)e perfönlid) mit ^ferben erfd|ienen, um bie Spritjen ju

; ^>cneraiianoeeara)to. iprototoue oee (yeuerrocgriorpe.

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520

^Morjbeim im 19. 3<ibtbunbert

befpannen, erhielten ald erfter 3 fL, ald jroeiter 1 ft. 30 flrj., ald britter 48 Ärj. SJelobnung. Sßer ben erften SButten Süaffcr *ur Sprite trug, erhielt I fl. 30 Ärj., für ben erften Kübel ooll Gaffer rourben 48 Mrj. bejaht. Äm 30. IRärj 1841 rourben 12 «utten unb 30 Mübel angefd)afft. 1845 erfd)ien eine neue, oermebrte, ben Berhdltniffen angepaßte fteuerlöfc&orbnung. 3u „Jeuerberren" rourben ernannt bie Öememberäte fcuttenlod) unb Unter*e<fcr. 3bnen unterftanben 10 Obmänner, 16 ©prifcenmeifter, 96 8pri$enmannfd)aften, 25 Turner. Scfe^lerjaber ber 9tettungdmannfd)aft voaxtn bie ©emeinberäte Sofinger unb £>epp, benen HO "JHannfdjaften unterftanben. £ie fteuerroehr roar in 5 Motten eingeteilt mit je jroet Obmännern. Skr bei einem Sranbe auf ben Stuf ber i'drmtrommel nidjt erfd)ien, white 3 fl., roer md)t tüd)tig arbeitete, 1 fl., ober rourbe je nad) Grmeffen mit ©efdngnid beftraft.

3m Februar 1858 befdjloft ein Komitee, an beffen Spifce Äarl SBeder, ftabrifant, Steinhänbler Siüalj unb ^inngiefcer SJiürrle ftanben, nad) bem Vorgänge anberer Stäbte ein biöjtplinierteö unb ted)nifd) geübted ^ompter* forpd ju errieten, ^eber Bürger unb ftaatdbürgerlid)e einroobner roar mit bem eintritt ber Solljäbrtgfeit bienftpflid)tig ; inbeffen roar aud) ^reirotUigen ber eintritt geftattet. Eurd) bie jroangdroeife Verpflichtung jebed »ürgerd follte bem Äorpd ein fefted ^anb gef dmffcn roerben, „ba im anbern ftall nur junge lebige SMjoutterd aud ftreube an ben blifcenben Reimen u. f. ro. bei* treten rourben." Sobann roären bei ben ^forjbeimcr SJerbältniffen aud) frembe Arbeiter nid)t audgefdfloffen, rooburd) ein oft plöblicber Üikcbjel ber s]Wannfd)aft, befonberd bei Wcfdjaftdf i tu in, hervorgerufen roürbe. Ald äludtrittd^ alter rourbe ba« 50. Sebendjahr angenommen. ÜDie roegen Untauglid)feit ober Unroürbigfeit nicht ^ugelaffenen mußten je nad) ben Bermögendoerbältrüffen einen jährlichen Beitrag oon 2—10 fL roäljrenb 12 fahren an bie Jeuerroe^r^ faffe Iciften.

Ter jroangdroeifen einfübrung einer , um erwehr roiberfefcte ftd) bie Regierung, roeld)e eine öerufdfeuerroehr empfahl, roenn eine freiwillige Bereinigung nid)t ju ermöglichen fei. An freiwilligen ^Teilnehmern aber feblte ed feinedroegd; benn fd)on im ^uli 1858 hatte fid) aud allen Schichten ber Skoölferung ein 450 SKann ftarfed Äorpd gebilbet, beffen Statuten, benen reiburgd nacbgebilbet, mit wenigen Aenberungen genehmigt rourben. $ad orpd beftanb aud 5 Abteilungen, 1. Bettungdmannfcbaft (©teiger), 2. Aud= träger, 3. Sprifcenmannfcbaft, 4. Arbcitdmannfd)aft, 5. föadjmannfdjaft. ein jtommanbant fübrte ben Oberbefehl, bie Äompagnien rourben oon Abteilung«; bauptmännern befohlen, benen i'eutnantd unb Obmänner jugeteilt roaren. *ei einem SJranbe in ber Stabt felbft gefebat) bie Alarmierung burd) 2ambourd unb .fcorniften, bei einem audroärtigen SBranbe aber nur burd) letuerc. 3)ad einreiben oon Webäuben burfte oon 1859 an nur mit Wencbmigung ber Staatdbebörbe gefd)eben. 2Me sBad)mannfd)aft burfte nur aud ^fornbeimer bürgern befteben. 3um eintritt ober Audfa)lufi eined einjelnen SJtitgliebed roar bie Genehmigung bed (^emeinberatd erforberlid). ;%hre Audrüftung hatte bie 9Rannfd)aft felbft 511 ftellen. %m £ienft ober bei bienftlid)en Uebungen rourbe ihnen bad Xragen oon Säbeln erlaubt. Abolf Äiehnle rourbe Äorpd= fommanbant, Dr. (*ufeler ftorpdarjt, ald roeldjer er bid ju feinem lobe bem Äorpd angehörte. Sit erftmalige ^nfpeltion bedfelben fanb am 1. ftebruar 1859 in ooller Audrüftung unb Uniformierung ftatt. Abenbd 9 Uhr oer= fammclte fid) bie ganje 3Rannfd)aft nod)mald auf bem fiinbenplafc unb 30g bann, mit Radeln audgerüftet unb unter Borantritt ber DJtuftl bed ttarlor'uber ^ägerbataillond burd) bte otabt, um ihrem Morpdtommanbanten 91. Hiebnle, Cberamtmann %9$t unb Oberbürgermeifter 3errcnncr **nt ^adtl\tttnabe ju bringen, ^h" erfte Jeuerprobe beftanb bie geuerroehr am 2. SRdrj 1859 beim Salbhornfdjeuerbranbe. Am 16. 3Ka: traf bie funftooll geftiette ,veuer roehrfahne oon Üarldrulje ein, unb am 9. September, an Öro^crjogd ®eburtd*

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Vfoflfeiw im 19 ^obrbunbett.

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taq, mürbe btefelbe mit einem pompöfen Aeft einaemeibt unb bamit ba« Äorp« f eirrltdift nie foldje« fonftituiert. *

2Jon ber flrftnbung bio Imüs battc bie Jeuerrocbr 17» 3djabenfeuer in ^forjfyeiin unb ausmärt« \u befämpfen.

2lm 29. ^uli lHH.i bciiinq fic ba* 2r>jabriae Jubiläum ihre« 23efteben«, roobei für 2r»jabria,e 2Nita,liebfd)aft 37, für 16jabria,e 52 ,veuermel)rmanner mit bem oom (Hroßbcrjoa, ßeftifteten l*bren\eid)en au*a.e*eid)net würben.

21 m 25. ^uni IHH8 brannte ba« 3teia.bau« nieber.

oin ,"\ab,re 1h»>h jourbe oon l'ittjoflrapb 2l>ilbelm i^era,^ ber (Mrunb eieleat \u ber heute fo leiftuna,«fäbia,en unb beliebten Aenerroebrntufif i 2taM- fapclle) , bie lana,c ^abre unter ber vcitunfi oon SU'ra.a.öb ftanb , von iNufiflebrer vaubin eingeübt mnrbe unb feit 1H87 oon bem fonigl. Militär- mufifbireftor Nufmemenb ooruiajid) geleitet roirb.

Tie Äueruftuna. be« Morp« beftanb fun nad» ber (Hrunbuna, au« 5 Aabrfpriben unb 4 .^anbfpri&en, ben nötigen flettuna,«a,eraten, Veitern unb einem iWannfd)aft*maa,en. 2tadj Cfinfuhrumi ber WiÖffeltballeituna. mürben 5 .vmbranienroaa,en befmafft, um fid) biefer bei V einarbeiten ungemein oorteil» baften £inria)tuna. bebienen ju fönneu. 3eitbem mürben burd) ftabtifdje ,Sufd)uffe unb iNita.Iieberbeiträae jemeil* bie neuefteu l*inrid»tuna,en im X'öfdV ßeratcroefen amu'fdjafft. 3ie beftnben fid) im untern 3todmerfe ber ftraueiv arbeit«fdmlc am itfaifenbaueplabe. Seit Cftober IImmj befreit aud) ba« für bie ftete roadjfenbc &u«betmuua, ber ctabt fetjr }medmafwa,e 3nftem ber ÜJcderlinien.

21m 24. Juli 1898 feierte ba« Äorp« ba« 4<>jabria,e Jnbildiim feine« 23eftef)en«, au« roeldjem 2lnlaf$ eine flrofce 2ln^abl auemartia,er Morp« in Worpheim eintrafen. Km cdjulpla^c unb auf bem iNarftplab fanben bie Irrenitienftatt. Xem Äorp« geborten feit ber Wrnnbuna, an : UJebiMnalrat Dr. (Hitler, Vubmia. Wibrecht, Gmaileur, Johann 2lid), t<reffer, Jofjann Totn, Bijoutier, Marl ir. veibbranb, 21u*laufer, Marl ,"vriebrid) iHurrle, Bijoutier, Vubmia, 3d>ofer, 3mubmart)ermftr., Marl 3d>ule, 23ij., itfilbelm 3tödie sen., J\abrifant, Weora. Unserer sen., Mufermeifter.

Wleidjjeitia, mit ber iifonbeimer ^euermebr beging aud) bie Cammer« feuerroebr ber Mcbruber SciMftfec ibr 40jabrigee Jubiläum.

Xxt jebige iK'itglicbenabl bce Morp* betraft :r»0 IMaun.

Stom ,x\uni bi« *u feinem

lobe, r>. iKai Ihihj, n>ar fitauyncam Mommanbant ber i'fonbeimer Reitet« mehr; nad) feinem lobe trat ber bio- henue ; weite Mommanbant, ctabtrat "^reftinari, an feine 3 teile.

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^OUtd >ran;maMii.

l'oui« JvraiHmann, fleb. |H28 \u Marieruhe, trat im ^abje IfVtol ale Maufmann in bae (Seimaft oon ^5. T. Waper in l;nu vhetnt ein unb oerbeiratete fid) im folaenbeu ^ahre mit einer Ufon« beimerin. Cbmobl fein cobn i'fonbeimo, nahm er bod) mabrenb ber oielen ,\ahre feine« \>ierfein« ben reiften Anteil am öffentltdjen veben unb qenofi in allen 3dncbten ber ^eoolferunfl ein qrofie« Kltfetjefl unb Vertrauen. 211« 3tabtrat, 2. 23ur^enneifter, ^eürfdrat, al« einflu^i« reid^e« i'iitjltcb oieler Vereine unb (9cfeUjfibVftcn, namentlia) aber in feiner

l'ouio i 'rammiinii.

522

^torabcim im 19. Oabrtmnbcrt.

Stellung ak tiommanbant ber fteuenoebj:, Sorftanb beä xianbc^-^rucrnjctir» Serbanbce unb alÄ 8ludfd)uji*nitglicb ber £eutfa)en ^euenoe^r, bat er bae in il^n gefegte Vertrauen jebcruett im oollen Umfange ju rechtfertigen oer= ftonben. Sein Vetdjenbegängni* am 7. SRat 189« gefaltete fta) ju einer imoofanten ftunbgebung für ben $ereioigten. £er üranbeöoerbanb ber Jeuer- roeqr fefcte ihm ein oon Silbbauer Mittler IpergefteUte« Örabbenfmal, baä fein $ilbni$ tragt. 5ran5mann,ä tliirfen roirb bei ber Jeuenoe^r unoergeffen bleiben.

-nirrfjridh'o 4>0ett.*)

Allgemeinem.

$)ie ferneren $)rangfale ber $rieg§jal)re ju dnbe be§ adjt* $ef)nten unb am Anfange be£ oorigen $ai)rf)unbert3 Ratten im 33oI(e einen tief religiöfen Sinn erjeugt. $a§ ©efüf)l ber eigenen ©dnoadjfjeit unb €l)nmad)t gegenüber ben ©räueln be§ Äriege§, ben folgen oon 9Jlijjjaf)ren, Ueberfdjroemmungen, ©eueren, ließ bie 9Jlenfdjen weniger auf iljre eigene Straft, at§ auf bie $ilfe be§ Rimmels oertrauen.

m in bie Witte ber 40 er 3aljre beftanb ein leiblich gute§ 93ert)ältni3 sroifdjen ben ©liebern beiber £auptreligion3= gemeinfdjaften unb biefer unter ftd}. 93on 1845 ab aber machte ftd), gleichzeitig mit ber politifdjen Bewegung aud) eine folctye auf fircr>licf)em ©ebiete bemerfbar, bie mir unter bem tarnen „$eutfd)iatc)oliji§mu§" fennen, unb au§ bem ftd) foäter bie frei* religiöfen ©emeinben entioicfelten.

infolge ber Vorgänge oon 1848 49, welche bie Auflöfuncj ber gefejjlidjen unb oaterlänbifdjen 93erl)ältniffe mit ftd) brauten, fat) ftd) bie Regierung oeranlaf& ein ftraffere§ Stirdjenregiment einzuführen, als btSfyer oon ber nationaliftifdjen eoangelifdjen ©eiftlidjfeit unb oon ben liberalen fatc)olifd)en ©eiftlid)en ber Söeffenberg'fdjen (Sdjule geführt roorben mar. $ie SReaftion fdjuf aud) l)ier einen bem 93olfe roenia, oorteilt)aften SBanbel. $ieti§mu§ unb 3efuiti§mu8 erlangten bte Dberfjanb; bie fird)* liefen gönnen unb ©egenfätje mürben fd)ärfer Ijeroorgeljoben, ben ßirdjengliebern tourbe eine bußfertige ©eftnnung jur oberften ^flidjt gemacht, bie ftonoentifel unb 3efuitenmifftonen übten eine bisher frembe Sßirfung au§, bie einerfeitS &u rücfrjaltlofer Unter* mürfigfeit führte, anberfeitS einen mefyr ober minber ftill oer* cjaltenen ©roll näfjrte ; beibeS mar bem roar)rt)aft religiöfen Seben roenig bienlidj.**)

*) ÜRacft Mitteilungen ber oerfebiebenen fircfilicben «emeinfajaften, beä „^forjfjeimer Slnjeiger" unb „Seoba^ter".

•*) inmitten be$ fonfeffioncllcn £aberö fällt ein Sorfommniä in ber Heilten ©emeinbe ber ®r. fcctl; unb ^fleganftalt oon fo fdjöner unb menfa> lia) ebler Eenfroeife, ba& wir beSfelben l)ier too$l ßnoäljnung t$un bürfen :

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SMorabeim im 19. 3abrbunbert. 523

tlu§ bem heftig geführten Kampfe amifchen Ortboborie unb 2iberali3mu§ ging legerer, bonf ber griebenSliebe be§'@ro&= berjog§ griebrich, ber im 3ahre 1860 ba§ oerba&te Stonforbat fallen Üe|, als ©ieger tywov. greilich fefcte ^icv auch fpäter nod), ©nbe ber 60er, in ben 70 unb 80er Sauren manche kämpfe ab, bie fief) in ben Leitungen unb nicht feiten bi§ in§ innerfte Jamilienleben hinein abfpielten, aber fie haben infofern genäht, als fte eine „reinliche ©Reibung" ber ©eifter herbeiführten.

Sftit befonberem Qntereffe oerfolgte bie eoangelifdje 5Jircf)e bie im 3<*hrc 1845 angebahnte beurfcr)iatr)otifc^e unb in ben 70er Qatjren bie oon ihr unterfiütjte altfatbolifche Bewegung, welche geeignet fd)ien, bie roeite ßluft jnrifchen ben beiben §auptfirchen mit ber $eit aümäblig ju überbrücken. $)as fpätere ©djicffal ber altfatholifchen 93eroegung %at jinar biefe Hoffnungen ftarf berabgeftimmt, ba§ freunbfd)aftlid)e Verhältnis aroifchen ^Srote* ftanten unb 5lltfatholifen aber ift balfelbe geblieben roie ju Anfang.

§eute barf ba§ 3ufammenleben ber oerfdnebengläubigen ©emeinbeglieber ein erträglich genannt werben. 3eber £eil hütet forgfam feine ihm anoertraute Domäne unb macht über feine Stechte. 3m übrigen oerfehren bie Bürger burchauS frieb* lieh untereinanber, ohne bafj ber eine ftch oiel um ba§ SSefennt» ni§ be§ anbern fümmert.

Pie epanflefir^e SxizQe.

Xai ioid)ttgfte irreignis im Schofje ber eoangelifc^eit ftira)e mar bie oon Marl ^riebric^ längft geroünfchte Bereinigung ber lutherifchen ftirche mit ber reformierten, loeldje nach langen unb cingebenb gepflogenen Berhanblungen im 3ab,re 1821 oor ftcb, ging. $n bem fich in ber golge ertjebenben Äaterf>iSmuS* ftreit traten jefct bie pietiften für ben Sortlaut ber fmnboltfchen Schriften mit einem UngeftQm auf, an melden man bie Stillen im Sanbe nicht mieber ju erfennen oermochte. 35ie Äonoentifel,*) ein n>efentlicf)e3 Sierfmal ber pietiften, mürben eine ©efafjr für bie öffentliche 5Hut)e. (Sbenfo t>at ber Separatismus, melier bie Erfüllung fachlicher 2Jorfd)riften fiartnäctig oenoeigerte unb fia) oon ber Äira)e trennte, ofme mit einem neuen GHaubenS* befenntniS ober einer neuen flirre aufzutreten unb ber oielfacft aus pietiftifcfjen Bewegungen heroorging, n>ieberf)olt bie öffentliche SRut)e geftört. Seit 1805 jeigten ftch, oon Württemberg fommenb, feparatiftifche Spuren in ber SBrettener

„9(m 30. Cftober 1856", berietet ber „Pforjh- Beobachter" , „empfingen in ber fteil* unb Pfleganftalt jioei fattjolifaje roeibliche Pfleglinge jum erften* male bie tjl. Äommunion. Tie eine baoon hatte bereits ihr 30. Lebensjahr Übertritten. 2>ie fteier fanb in Öegenioart {amtlicher Seamten, Singefteliten unb Pfleglinge ber Slnftalt ftatt, unb faft ade nahmen am Slbenbmahl teil. Eer Crinbrucf biefe« familienhaften 3ufammenlebenS unb gegeufeitiger Anteils nähme mar ein ert)ebcnber."

•) Siehe »ierorbt, ®efa)ichte ber eoangel. Äirc$e II. 5öb.

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524

i^forabcim im 19. 3al)rf)unbert

(Hegenb. roaren «eute, bie ftcf» roeifc fleibeten, jeben obne Unterfdneb mit „Du" anjureben pflegten unb ben „dürften unb Sdjroanröden" ben Weborfam fünbtgten. Seit ber Union bemerfte mau foldjc &Uberfcfelicbfeiten gegen Staat unb Äirdje in Dtllroeifeenftein unb Dietlingen, aber aud) in bem fatbolifdjen <£rfmgen, roo mehrere Bürger fdron früher erflärt hatten, bie Äircbe nie roieber Mi betreten unb bie bei beut Trauergeläute um ben bamals oerftorbenen $apft nidjt mittbun roollten. fid) im September IHM gegen 200 ikJeifrrötfe am „Siebbicbfür" bei SBilferbingen auf eine bie öffentliche Stube unb bie Sieben beit bee Eigentum* gcfäbrbenbe "lücife oerfammelten, rourben ibre fnbigften Äöpfe, barunter ifjr „Altoater" ^otjann ,Sad)mann, Arbeitsbaus geftedt, bie übrigen in ibre fceimat unb l)iet unter $olUeiauffid)t gebraebt.*) Seitbem ftnb foldje Auftritte unterblieben, «on 1850 an, als bie Meattion auf fircli= liebem (Gebiete üppig ju gebeiben begann, regten ftcb aueb ber Separatismus unb ^ietienm roieber unb oerurfadjten feitbem ber liberalen Äirdje unb ibren ©eiftlidjen managen Mummer unb 5lerbrufj. ^nbeffen oerlangt es bie $tf Uigfeit, aud) beroorjutjeben, ba& bie pietiftifebe 3tid)tung fieb im l'aufe ber ;>abre ber StaatSfirdje mebr unb mebr angegliebert bat unb treu ;u ben ortbobojren (Heiftlicben fteljt. tyt Jyübrer in llforjbeüu roar burd) beinahe ein Halbjahr; bunbert binburd) sÜHlbelm Würrle, ein Wann oon berbem Gbarafter, feltener Ausbauer unb ftrenger tfrömmigfeit, beffen Anregungen mana)e roert- ooQen fojialen öinridjtung \u baufen ift.

Seit ^abrsetmten ift bie 5üdjtung ber eoangclifdjen (Memeinbe eine überrotegenb liberale, unb bementfpredjcnb rourben ftetS nur liberale (9eiftlid)e geroäblt. Sbre Sttirffamfeit auf religiöfem unb fojialem öebiete ift reidj an fdjönen erfolgen.

Witten im iReoolutionstrubel, 1849, erftanb bie erfte Stletttfinber« frt)iilc; tjeute befinben fid) bereu fedjs in ber Stabt.

(Sin tbriftlidjer, Ijeute nod) beftebenber Vcfc.^irfcl würbe eingerid)tet. Tn t r t V.hu- 1856 rourbe bie 9iieferitbiirq (oom Manier Aa)tfunit 1555 erbaut) um 2200 fl. angetauft unb -,u einem StettungSbauS für oerroabrlofte Winber eingeridjtet. 3m 3abre 18*>1 rourbe baS ftauS Wr. 7 am ffiaifcnl)au$pla& um 5000 fl. erroorben unb jum eoangelifd)eu SJereinSbauS umgeroanbelt. Am 1. Aboent rourbe bie fogenannte SonntagSftbule eröffnet. ^n biefelbe $cit fällt bie örünbung eines ^iiiinfrnuru Vereine«, au« beut fub fpäter ein «übereilt cntroidelte. :>n$ ^atjr 1872 fällt bie tfutftcbung bes Stafontffen toereind für bie ttranfeitpflege. 2luS biefem herein beroorgetyenb, erftanb am 14. 3Jtär$ 1884 bas erfte ftinbf rfoital. Das neue cmutgel. reinSljauö in ber oberen Au rourbe im Cf tober 1885 eröffnet.

Sllientbalben nebmen bie *aien fctbfttbätigen Anteil am fird)lid)en geben, an ber Leitung firdjlicber Vereine unb bereu Mefdjäfte. Der Slrmentiereiu, ber cunitßcliidif 3(rbetterberetn mit Sterbe- unb Unterftübungsfaffe fmb coangelifa>proteftantifd)e Sd)öpfungcn. Der euan geht rt)c ©unb jur 2öaf)rung, beutfd)?proteftantifd)er ^ntereffen ftel)t auf ber Starte gegen Angriffe oon AnbcrSgläubigen unb flärt feine Hiitglieber auf burd) Vorträge unb fdjriften über alle bebeuteuberen Vorgänge auf firdjlidjem (Gebiete. Der Muftat» 3(b0ff;$cretn bient ber (rrroedung eoangelifd)=rird)lid)en Sieben* unb ber Untcrftüfcung ber Tiafpora=(Hemeinben. Am 21. 9Iovember 1863 rourbe oon liberaler Seite ber ^roteftantrnttrrctn gegrünbet. o v -al)lte 1865: 100 Witglieber. Grfter t'eiter roar Cberbürgermeifter ^erreuner. Um ben herein oerbient madjten \id) aufjerbem ^rofeffor ^rooence, Domänenocnoalter Stau unb Stabtpfarrer Mlcin. Die Ausbreitung bes eoangelifdten GHauben* mad)t ftcf» ber ^c^ii fol'ci f in für bie $cibcnmtfft0n jur Aufgabe. £»ierbcr gebort aud) ber euangclifdi v i o tciian tifdic Vhffiondberetn. l'on iUIar Sdmlj rourbe anfangs ber i»< »er ^aljrc ber ePangclifd)e Jtiftenbbnnb in«

•) Siet)e aua) „lut^erifcb^e ®emcinbc".

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H3forjbcim im 19. äabrfmnbett.

525

Seben gerufen, Jm Jugenbbeim im alten Werber ©ecfer'fdjen öaufe genießen bie jungen Seilte unter ber ftufficht eine« Weiftlichcn eine augemeffene Unterhaltung unb Belehrung, £cr eunitgrl. SNänner* utio Juiigiingcuerr in bat fein t'ofal im 3Jereinöbaufe an ber CSaliocrftrafsc.

Seit mehreren Jaljren finb jluei Stabtmifftottitve b,ier thätig, beren -Kirtfamfeit auf bem (Gebiete ber SBobltbätigfeit in ber euangelifa)en &e* meinbe banfbar anerfannt roirb.

Jm Jobrc 1875 nmrbe bie juoor in bie Stabts unb 9(ltftabtgemeinbe jerfallenbe eoangel. (Gemeinbe in 4 ^Jfarrbejirfe ober ^Jarocöien ein* geteilt; jeboa) blieb bem einjeluen OJemeinbeglieb bie freie Söabl feines cool forgerä geroahrt. Xie neue babifa)e Äirdjenoerfaffung oom 5. Septbr. 1861 mit Stecht unb ^3flicf)t ber SBahl oon Ätrcbengemeinberat unb Äirajengemeinbes oerfammlung, foroie ber öeiftlicben fanb auch l)ier ihren Eingang unb bat baS lirchlicbe i'eben in mannigfacher SMnficbt belebt. 1880 mürbe ber ©otteöbtenft bureb ben ßJcbraucb be$ t'eftionariumS ober einer Scbriftlefung am Altäre bereichert. Xai Jahr barauf gelangten regelmäßige Sonntagabcnb*®otte$*" bienfte jur Einführung.

33eftanben hier früher neben ben beiben Stabtpfarreien jroei 2)tafonate, fo mürben biefe fpäter ju eigenen Pfarreien, ber brüten unb oierten, erhoben, ^m Jahre 1887 fam ein Stabtoifariat, fpäter ein aroeiteS binju, «int $er* mehrung ber geiftlidjen Gräfte, bie burch ba$ bebeutenbe 2lnroacbfen ber ©e meinbe, roelche nach ber 3al)lung oon 1900 33 935 Seeleu beträgt.

'JteuerbingS ift auch bie febon länger erftrebte Grrichtung einer öemeinbe* franfenpflege, junächft mit 3 ttranfenfehroeftern, oermirflicht roorben.

5ür ben (Srroerb eine« eigenen (üemeinbebaufca ift eine Stiftung oon 100000 9Rarf oorhanben.

SBon größeren ©emeinbefeiem ermähnt bie ©efebiebte ber ^forjheimer eoangelifchen ©emeinbe baä Jahr 1817 mit ber 300 jährigen Jubelfeier ber Deformation in $eutfcf)lanb, baö Jahr 185« mit berjenigen in «aben. 1858 fanb hier ein 0llßa9»Sbofffeft ftatt, roobei eine «njahl aueroärtiger @äfte mit berühmten Hainen nie- iKebner auftrat.

Luther« 400fte (MeburtStagöfeier am 10. Siooember 1883, baS ©uftao* Slbolffeft im 2)e$ember 1894, ba$ 25jährige (£rinnerungöfeft an ben glorreichen beutfcb^franjbfifcben Mrieg im Jahre 1897, am 1H. Februar 1897 baä 400jährige Weburtäfeft Philipp Dielanchtbon*, letytereä in 33erbinbung mit ber Aufführung be$ 3)Jelana)thonfeftfpicl^ oon ^irofeffor Jboma, mürben befonberä feierlich,

SJon 1803 biä 1824 amtierte als £e!an (Srnft ^Jbil. fcoljb au er, feit 1824 Job. «ottfcbalf, feit 1836 Wilhelm ftrommel, feit 1857 Jfaaf ftiebm, feit 1869 «ort, feit 1870 ©ehre*.

Slltftabtpfarrer maren feit 1804 (5. &. «ecf, 1809 <ßb. £• Vornan, 1812 3. 3. eifenlohr, 1822 #r. &. t'inbemeoer, 1839 J. Wehm, 1852 J. »od.

9iach 3ttcbm8 Xob 1869 mürbe an feine Stelle Pfarrer ^ r i e b r t »rombacher ermählt , ein menfebenfreunblicber $err , ber fieb in allen SBolfe-fcbicbteu einer großen Beliebtheit erfreute, er ftarb 1895. ©ein Wach* folger rourbe im gleichen Jahre ber jefcige Siabtpfarrer SB. oan ber 3floe. 1870 ftarb ber Slltftabtpfarrer 33ocf, an feine (Stelle mürbe ber jefoige Inhaber ber Stelle, Stabtpfarrer itleiu, ermählt, ber fd)on 2 Jahre juoor ^ter als üBifar unb bann fur^e ^eit Pfarrer in 3u$enhaufen mar. Seit 1859 mirft ber jetyige Detern unb ötabtpfarrer l*. (M e h r e e , früher ^iafonud hi«r» auf ber je^igeu ctabtpfarrei. (Gleichfalls juerft ald Ü)iafonud unb bann ald Stabtpfarrer mar oon 1862—1879 .^aufeer (ein ausgezeichneter JKebner) hier tbätig. Sein ^ad)f olger mürbe oon 1879—1894 ber jefcige Cberfirchenrat Dehler, an beffen SteUc 1895 Stabtpfarrer J. ÜJ. Poggenburg er geioählt rourbe.

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$forabeim im 19. fobrbunbert.

3ur Seit bcft^t bie (Memeinbe 4 ^farrljäufer. Ta* «Itftabtpfarrhau* rourbe im $i.:«re 1787'), ba« in ber ©djulftra&e 1836, ba* auf bem Äennfelb 1876 erbaut. Xai jcfcige ^Jfarrbau* in ber (Snjftra&e, früher ein JJrioat gebäube mit Jtflbrifeinriaitung, mürbe 1879 für feinen jefciaen 3n>e<f erworben, nadjbem bie Äirtfengemeinbe* infolge eine* ^rojeffe* mit bem tfi*tu* oon biefem 8R000 m. jur tfnoerbung eine* oterten ^farrbaufe* audbejablt erhalten hatte.

Ter SJerroaltung be* Äira)engemetnberat* unterfteben folgenbe Jonb*:

1. Ter Etnbtfirrtjcnbau fünfte, roeld)er ben j^tnetf in::, eine neue ©tabtfirtbe ju bauen unb ba* innere ber ©d)lo&fird)e bi* Sum Neubau ju unterhalten.

2. Ter Crt*baufoub0 mit bem 3roecfe, bie *ltftabtfird)e, bie oorfwnbenen ^fanr^äufer unb bie neue ©tabtfträ)e ju unterhalten.

3. Ter trctKitfonbc«, melier ju ben Sefolbungen ber ®etft lieben beizutragen unb fämtlicbe fircblicbe öebürfniffe ju be* ftreiten ha*, al«: (Hebalt bet Crganiften, ber Steiner jc. 3n biefen #onb* fällt aud) ba* Äirdjenopfer. Kit biefen Jonb* merben aud) bie Stiftungen ber ©d)lofcftrd)e oerroaltet. Sobann

4. ber (vü. $rtt>attttd)eufoitbd.

©ett anfang* ber 90er 3abre beftc^t bic ftaatlid» eingeführte eoangel.

t\ trcliCTil t c ii er mit ri "i'roACiit dcö iTtiiioiiintcnltciicriQUTidi^

SHit bem v^ab,rc 1880 rourbe burd) »efcblufe be* Stird)engemeinberat* bie ©tabt in 4 ^Sfarreibejtrfe abgegrenzt.

^m ^abre 1887 oolljog ftd) bie (Hrünbung einer f&farrttJtttoenfjilfä. faffe für bie Tibjefe ^forjbeim. 2öäb,renb fid) bie ®eiftlid)en jur Seiftung ^abreebeiträge bereit erflärten, rourbe ihnen au* ber Witte ber <vV berau* burd) bie ©rünbung eine* ^enfionefonb* eine roefentlidjc ©elbftbilfe gemährt* in ber Seife, bafe au* ben fira)lia)en heiligen- unb »Imofenfonb* al* einmaliger 3ufd)u& 3ur ftunbamentierung be* ©runbftod* 3 ^Jrojent ju entrichten waren unb jroar au* ben laufenben Ueberfcbüffen innerhalb breicr 3abre.

Km 81. SRai 1884 rourbe oon einem Äomitee, an beffen ©pifce Seftor $ee*, bie §auptlebrer ßrnft, SKacf unb 3ää\ ftabrifant 9tagel unb ®uiuoa)eur Hab ftanben, eine Serfammlung einberufen jur @rünbung eine* ebangel. fttrd)end)or£. Teffen erfter $orftanb roar #ee*, bie Dirigenten SRad unb bi* 1889, fcauptlebrer ftübner bi* 1892 unb feitbem »eallebrer @pp. 3m 3abre 1885 fd)on ;abJtc ber Jtirdjencbor 119 aftioe unb 810 paffioe $Ktglieber. 9?on §at)x ju 3Qbr fteigerten fia) feine Jortfdjritte in ber Pflege be* eoangel. Äirdjenliebe*, allenthalben geniest er ein bebeutenbe* Änfeben unb trägt roefentlia) bei jur 5Berfd)öneruttg be* Öotte*bienfte*.

©eitbem 1789 bie auf bem ©ajulplabe ftebenbe eoangelifa)e ©tabt= firdje abgebrannt roar, batte bie Öemeinbe al* Eigentum nur bie Slltftabtrtraje unb jum (Hcbraud) bie bem Tomdnenfi*fu* gebörenbe ©d)lo^fird)e, foroie jur 3Hitbenübung mit ber fatbolifd)en @emeinbe bie 3ßaifenf)au*« ober i'tttüaitv fird)e, roorin fte ibre 3Bod)engotte*bienfte bi* beute abhält, ^ei jenem SJranbe rourbe nur ein Ärujifij gerettet, ba* jefct in ber neuen ©tabtfird)e, linf* oom portal aufgeft.Ut ift. 1829 rourbe auf bem alten ^lafc ba* Junbament jur @r*

*) 6* roar al* ?iHrt*l)au* erbaut, roorauf bie grofjen .Hcllereieu hin* weifen. 3n beu flrieg*jabren biente e* tann oon 1790—1810 al* Üajareth unb rourbe erft 1811 oon Pfarrer Vornan al* ^farrbau* bejogen.

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$forabeim im 19. Qabrbunbetl.

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bauung einer neuen Stabtfirdje gelegt. 9iad) langen 33erf)anblungen befd)lofe man jebod) 1841 ben }Maö ald ungeeignet für eine Jttrd)e ber 8tabtgemeinbe ju übergeben, roeldje bafür ber .Hiräengemcinbe einen folgen auf bem ^ennfelbe überliefe. 3luf Wrunb einer Sammlung oon 9000 fl. mürbe 1873 bie SRe^ ftauration ber 2Utftabtfira)e unb bie Erbauung eine«; jurmeä befd)loffen. Die Sttrdje erhielt aufeerbem neue Wlocfen (es-dur-^f(orb) unb eine neue Orgel. ,\m ^uni 1875 mürbe ber alte böljerne Xurm abgebrod)en unb burd) ben fdjönen neuen erfefet, ber als bamald einjiger größerer lurm ber Stabt eine 3ierbe berfelbett bilbete. ödjon 1865 twtte aud) bie Söaifen^auäfirdje 2 neue ®lotfen erhalten.

Viarf) ber <3d)lad)t bei 3ü(pid) nahmen bie ftranfen ba3 alemanifdje i'anb bis jur Ooö, (*uj unb Äodjcr, fo bafe öaben, ^ßforjljeim, §eilbronn unb fcall ald bie Öreujftäbte beä ftranfenreidjS angefetjen roerben bürfen. 2)ie (Eroberer bradjten aud) baä iSfuriftentum , unb bie GJrünbung ber älteften Äirdjen in Sdjroabeu fällt urfunblidj in baä 8. unb 9. Safjr^unbert, fo in Millingen 775, <pod)borf 812, Dürrmenz 83« u. f. ro.

*) ^uliud ^äfjer : 2>ie @tabt~^forjf)eim unb ir)re Umgebung. (Sin ^Beitrag jur JöaterlanbSfunbe. SRieder'ö Sudjlmnblung, ^forjfjeim.

lieber „$)ie ®rabbenfmdler ber SWarfgrafen oon ^Jabeu in ber ©dflofc lirdje 3U ^forjtjeim" fielje Dr. Karl Sdjaferö Mitteilungen aud bem (Hermanifdjen 9lationalmufeum in Dürnberg, 2luffafc im ,,^for$i). iöeobaajter" vom 5. ^uni 1899 unb ff.

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Worabeim im 19. ^abrbunbett

!Jn biefe $c\t fällt nun aurfi bcr SBau ber bei ben alterten Ätrdjen ^fonbeim* unb bcr ttltftabt, roo nod) ber alte 3tein. roel&er ben ^oaen bea früheren portale auffüllte, erhalten ift. (fr jeiflt in bieroajDpbo'cfKn ,"vifluren ben 3ica. be* (Sbriftentum* über bad \>eibentum. iWan barf roobl annehmen, baf» uor ber jcfeicieu XntaflC ein einfacherer rbriftlicber Tempel an Stelle ber jefeigen 3d)loßfira)e ftanb. on rocldjer .Seit unb oon roelcbem

I>ic 4,'»i1)(iii;l;irdii- (ber (£t)or).

Xanbcoberrn bie jeviac 3d)lofiftrd)C gebaut rourbc, ift urfunblid) mit naduurocoen. Ter alteftf teil berfelbetl t>a* im romanifdkn etil acbalteac portal mit bei ganten roeftlidjen JHauerfrottt bio w bem oberen iHunJ'bixK«» (Kinn*. Tae qothuctic Renner oberhalb bi* $inaaital rourbe fpater cingcHtL um bcr (imporbuhuc ba* uotuK Vicöt uuuMihrcn. Tic an bcr äußeren ,ltont fidjttuucn Iiaaüciue unterftubten Duo frubec htcr aeftanbene **orfcid> &*4 Vrtmjang«. conft jeigt bie Cmatttcntil bce twlbfieioiunbcn iMugangebogni

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^forabcim im 19. Safetbunbert. £29

bie Einteilung ber großen 5roniftäd)c burch bic h*roortretenben sDianerftretfen (i'ifene), unb bic 9tunbbogcngefimfe bcr ftori^ontalbänber, bic maffigen Pfeiler beS Schiffes, baft bic ©rünbung bcr Kirche in baS Enbe beS 10. ^abrhunbertS fäüt. Sie f übliche Jront beS ©chiffeS jeigt fdjon oo^ ftänbig ben in bic »litte beS 13. ^ahrhunbertS fallenben UebergangSftil. Örojje Unterbrechungen mögen aua) hier roie bei fo oiclcn Stauten jener 3rit bic Stallenbung ber Kirche oerjogert fwbcn.

Tie SUtftäbtet jltirdje roar inbeffen bie ältere; beim in einer Ur= funbc oom 3at)re 1347 erfdjeint bie Schloßt" irdje als $ilfallit$e ber9Rutterfirche oon <St. Martin in bcr Slltftabt. ^ebenfalls mar eS ein mädjtigeS Snnaftengefdjlccht, roelc&eS bic (Mrünbung einer fo groß: artig angelegten iUrcrjc unternehmen fonnte, unb ba roir im 11. 3>ahrhunbert ^forjheint im «eftfce ber (trafen oon Ealro fiuben, bic jugleid) ©augrafen im Ufgau waren, fo roerben roir faum fehlgeben, locnn wir in bem (trafen 31 b a l b e r t oon (S a l ro , beffen J odjtcr bic Stammmutter beS marfgräflia) oabifdjen ftaufeS ift, ben (Mrünber bcr erften Anlage ber 6d)loßfirche oermuten. Sie fetjr rcid) gehaltene 3iibfront beS ^angfchiffeS fäUt in bic Seit, als ^forj* beim ben ftobenftaufen gehörte. Ser Stau beS mäd)tigen 6t)ore^ ber Jürdje fällt mit bem füblidjen Einbau in baS 15. Mrtjunbert (1460—1480). Ütan SJiarfgraf 6t)riftop^ I. rührt ber 2(nbau auf ber 9iorbfcite t)cr, mie bic bafelbft nod) ftdjtbare ^öhreSjabl 1487 jeigt. SHarfgraf Ernft ließ fobann bic ©ruft bauen, in welcher er aud) beigefefct ift. (Sie erften SRarfgrafen oon Ütaben liegen teils in Ütacfnang unb Ültytnfyti, teil* in ber etiftSfirdje in »oben begraben.)

9tad) ber Sieformation, burd) roeldje baS Stift bcr Äirdje aufgehoben mürbe, ging bcr ^farrbienft ber Stabt an bie frühere Älofterfirdje ber Somtnifaner über. SBftfpenb ber Einäfcherung ber Stabt 1689 blieb bie Sdjloßfirche infolge ber aufopfernben Bemühungen beS Bürgers Bed)tolb oor meiterer 3^rftörung ocrfdjont. 3m 3<*()re 1805 roaren bie ruffifdjen befangenen, roelche naa? ^ranfreie^ transportiert mürben, einige 3*»* ^icr cingefperrt ; auch biente ftc bis 1808 alS fceumagajiu.

Wach ber KriegSjeit überlief ber ®roßt)er$og baS Sa)iff ber roieber reparierten Äirdn ben bürgern für ben ÖotteSbienft, ba eS an einer Stabt* firdje fehlte. Seitbem ift manches gefd)et)en jur $erfd)önerung unb Berbefferung beS inneren bcr .Kirche. Sie Entfernung beS mittelalterlichen Eingangs jum alten Schloß unb beS hoben SÖaUeS, melier bie Sübfeite ber .Kirche umgab, mürbe mit Jreuben begrübt. Einen erhabenen 2lnblicf geroätjrt bcr hell« erleuchtete großartige (£l)or mit ben fdjöncn ©teinbilbern bcr t|ier beigefe^ten babifdjen 2)larfgrafcn.

$m §al)tt 1880 rourbc eine grünblichc Steftaurienmg ber Schlofefirche oolljogeu; 40000 l'i'orf maren bafär beigefteuert roorben. Sie Kirche erhielt ein neues oon £>amm in Jyranfenthal hergeftcllteS ®cläute, baS auf 140C0 3Rf. ju ftchen fam unb eine neue Drgel.

I>ic neue $taM\x$e auf bem 4tnbenpfa^.

Sängft roaren bie oorhanbenen ©otteShäufcr bei ber ftetig roadjfenben (Sinioohnerja||l niajt mehr auSreichenb, unb eS mußte auf ben $}au einer neuen StrtMhrrlic iöebacht genommen roerben. 9lm 13. 3Jiai 1895 gefdjah bcr erfte 6patcnftia) ju ihrer Erbauung auf bem Stennfelbe. Einweihung rourbc

in (Megcnroart ber ©roßherjoglichen .öerrfdmftcn am 10. 3Wai 1899 feierlich oolljogen. Stabtpfarrer oan ber Jloe ^ielt bie Jveftprebigt (^falm 18, 9JerS 24—26). Sie Äoften bcS SJaueS bcliefen fich auf ca. 800000 SHarf. Scr ^Jlan ber neuen airche flammt oon Strcfuteft *oß in Hamburg, bie Bauleitung lag in ber $anb beS «aumcifterS Kettling.

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^forjbetm im 19. Sabtbunbert.

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Worabeun im 19. Sabrbunbett. 531

Tic neue Äirdje macht einen imponierenben (Sinbrucf, ber burrf) ben fdjlanfen Xurmbelm unb bie ^reilegung beS ^JlafeeS ringS um biefelbe noct) erhöht roirb. lieber ben in fäönem, rotem Wainfanbftetn aufgeführten $a?aben ergebt fictj baS mit fajieferbiauen 3ie9etn gebeerte Zach \u ftoljcr $Sör)e. (Ser Xurm ber fatb. Äiraje ift 04, ber ber neuen eoangelifdjen Ätrcbe 80 m hoch). SaS ftauptbacb ift am fujje burct) bie oier Innter öKebeln liegenben Seitenbäd)er malerifct) unterbrachen. ®egen ben S Torraum ift bie Äirdje im tafrern bura) einen fu>ben ©iebel abgefcbloffen, gegen ben baS ©^orbaa) ftch anleimt. Ser äußere Aufbau ift überaß ftreng au« bem ©runbrifj entroicfelt.

SaS ftirdjens^nnere ift ein einr)citlict>er Kaum von foldj mächtiger ©röfee, rote ber äußere Aufbau fie faum oermuten läjjt; bie ftonftruftion ift in i^rcr Einfachheit befonberS flar, überficbtlicb unb allgemein »erftänblicb, unb eS bietet ber ©efamteinbrucf eine »ollenbete Harmonie in formen unb garben.

£ie Steinbilbbauerarbeiten ftnb mit großer Sorgfalt nad) oorjüglidj erfunbenen Lobelien ausgeführt, unb jioar ftnb biefelben nur bort angebracht, reo fie nach bem Organismus beS «aueS erforberlia) finb. Sie Säulenfapitäle, welche bie auf ben Säulen rufjenbe »elaftung auf biefe ju übertragen haben, finb mit fräftig oortretenben iaubföpfett unb jroifchengelegtem ölatt* unb üBlumenfd)mu(t oerfetjen; in ähnlicher Seife finb bie Äapitäle unb Äonfole auSgebilbet.

sMe Vorarbeiten im Innern, bis auf bie ^itchpine*5ufeböben, finb in Gichenbol* ausgeführt. Sie SBrüftung unb ber Sorfprung ber Emporen jeigen eine flare Äonftruftion unb lmtn'au* Zeichnung. Die 33änfe haben 10 lebe S>tmenfionen, unb finb fo angeorbnet, oan fefjr bequemes Sifccn auf ihnen möglich ift; bie Seitcnftücfe ber :öänfe finb elegant auSgefchroeift unb haben am Äopfe pUungen mit sierlichen Schnifcereien, beren Wottoe ber ^flanjen« roelt entnommen ftnb.

2lltar unb Äanjel finb in »ornebmefc Slrt in ßidjenholj oor^üglich auf- geführt unb reich mit 6olb betoriert. Sie "pauptfüllungen ber Äanjel jeigen Hofens unb fiinben^Cmament mit ben Sprüchen: „®ott ift ©eift", „QJott ift bie Siebe", „ööre beS §errn ©ort".

Sie Malerei an Söänben unb ©eroölben, in Äafeinsftarben ausgeführt, wirft prächtig. $u bem fchönen roten Wainfanbftein, in bem bie inneren Strchitetturteile ausgeführt finb, treten 2 gut abgeftimmte §auptfarben auf: ein grünliches $lau, baS am fräftigften im 2Utarraum, an ben Sßiberlagern beS großen öauptgcroölbeS unb an ber Orgelroanb auftritt, unb ein golbigeS ©elb für ben ©runbton beS ftauptgeroölbeS. Sie Drnamentif ift in flarer 3eid)nung unb bejenter ftarbenftimmung burchgefübrt. Sie SJtotioe finb ber ^Jflanjenroelt entnommen, unb jroar ftnb nur ^flamen mit fu-duinY fmnbolifcher iöebeutung oerroenbet. figürliche Malereien finb ausgeführt: $n ben ^roitfeln beS ©eioölbeS beS StltarraumS betenbe (Sngel; im Triumphbogen bie SRebaillonbilber oon 6 Propheten, in ber Witte ber= felbert ein fegnenber c tu iftnS, auf ben ber Spruch : „^d? bin ber 2Ueg, bie SBahrheit unb baS Seben, ftiemanb fommt jum SJater benn burch mich" hin* jeigt; in ben einjpringenben (Scfen oor bem äUtarraum bie 4 ßoangeliften in gonjer figur; an ber Crgelmanb ein männlicher unb ein weiblicher Vertreter ber tird)lichen sJMufif, erfterer mit ber .oarfe, leljtere mit ber Orgel, bie burch ein breites Sprudjbanb mit ber ^nfchrift: wt'obet ben öerm in feinem öeilig* tum, lobet ihn in ber ^t)te feiner Wacht" oerbunben finb. Sie SJialerei an ber Orgelioanb gibt im «erein mit bem reich geglieberten unb »ergolbeten Orgelprofpelt ein iicaiivio $)ilb. Sie 3?ebenräume finb bem ^auptraum entfprechenb beforiert ; befonbere Sorgfalt ift auf bie ÄuSftattung ber §oa)seitS; fapelle oenoenbet.

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^forabeim im 19. ^abibunberi.

2)ie Jenfter flehen in 3eicb,nung unb 5arbe gut mit ber 2Banb* unb Gteroölbe* iÄalerei jufammen ; baö (Stande ift tute au« einem i ^ufj , e$ ift in allen Einzelheiten hubutt erfunben unb gut burebaefübrt. ,>m- bie grofien, in ornamentaler 3etchnung bargeftellten Seitenfcnftcr finb ähnliche SWohoe roie für bie SHalcrei oerroenbet ; ber Altarraum bat hingegen Jenfter mit figür^ liebem rJunutt erhalten. Tie 3 großen ^cnfter bafelbft jeigen £arftellungcn ber 3 grofien Äircbenfefte : tBeibnadtten, Cftern unb ^fingften, bie (Seburt unb Auferftebung CS grifft unb bie Auegiefeung be« ^eiligen (Meifte* in bübfdj erfuubenen (Gruppen unb roirfungeooller Jvarbengebung ; bie 2 Reinen Jenftcr erhielten Bruftbilber ber beibeu Reformatoren Luther unb Weland)tb,on.

Gin in Sanbfiein aufgeführter laufftein Qot bei jierltcber ©lieberung rcid)e ornamentale Bilbbauerarbctten erhalten.

£ie Crgel ift ein SBerf oon 40 flingenben iHegiftern, beffen lonfüüe in bem großen Raum bei gutbefefcter Kirche ju prächtiger Gntfaltung

$)ie fünftlid)e Beleuchtung ber Kirche für abenblia)e Benutjung ift ber ^efctjeit entfprecbenb eleftrifi aufgeführt unb jroar auefdjliefjlicb bureb, tiHüb» lampen. '-Hm ber ©mporenbrüftung fteben 16 Kanbelaber mit je 4 (Glühbirnen, bie im Verein mit ben übrigen jroecfmäfjig oerteilten Vampen ben ^nnenraum gut beleuchten.

2>er Architeft, <L Vofr in Kiel, I)ai mit ber Kirche ein Söerf jur Auf iuhvuug gebracht, auf baf feine Auftraggeberin, bie Soangel. Öemeinbe, guten Örunb hat, ftolj ju fein; ef bürfte fdnoerlid) eine neue Kirche im ganjen Babener *anbe ju finben fein, bie eine ebensolche einheitliche fünftlerifo)c £ur<hbilbung erhalten hat.

^forjheim hat eine reiche fatholifche Vergangenheit hinter ftdj. Alf 1556 bie Reformation eingeführt rourbe, fielen ihr bie noch beftebenben jroei SRänner unb baf £iominifanerfl öfter jum Opfer, unb ber fatholifche ®ottef* bienft blieb für lange 3eit oerboten. £a aber mit ber Vereinigung ber Skben- $urlad)'fchen unb Vaben-'Vaben'fajen t'anbe auch fatholifche ©efangene unb Kranfe in baf 3rren», Siechen* unb Korreftionfljauf aufgenommen mürben, fo mujjte für biefelben eine fatholifche Seelforge eingeführt roerben. Gin Saal ber Anftalt rourbe, teilroeife auf Koften bef ^orbacher .\>eiligenfonb«, jur Kapelle eingerichtet unb in biefer ju ^fingften 1784 roieber ber erfte fatholifche (Motte*; bienft abgehalten. £en in ber Stabt lebenben Katbolifen, meiere jumteil au« tyrantreia) eingetoanbert untren, geftattete SWarfgraf Marl griebrid) 1783 „alf eine ftetf roiberruflidje Ümabe", an bem für bie fatholifchen 3üd)tlinge einju* richtenben ©ottefbienfte teiljunebmen. £em erften fatholifchen Kuraten namenf (Meeneu roar anfänglich nicht erlaubt, in ber Stabt feinen sißol)nft& ju nehmen, erft im SJcdrj 1786 rourbe biefe (Srlaubmf erteilt unb oon 3"* 5U o*eit erneuert, 3m ^abre 1803 rourbe fobann ben Hatholifen geftattet, nach »or* heriger Anjeige unb Erlegung ber Stolgebühren beim eoangelifchen Stobt* pfarramte in ihren Käufern 2auf; unb Mopulationfafte bura^ ben fatholifchen Kaplan oerrichten ju (äffen. Auf Soften beö Gttlinger Stiftö unb bed ^)burgcr ^Jaftoreifoub« rourbe ber «etfaal 1807 erroeitert. 1810 jdhlte bie Stabt unter 5572 (Sinroohnern 278, im ^ahre 1814 = 326 Äotholifen. Tie Bemühungen beö biieboftichen (beneraloifariatf in Bruchsal unb ber Kirchen* feftion, ber fatholifchen ©emeinbe ^farrechte ju oerfdmffen, blieben bif 1823 erfolglos. Von ba an rourben bie fatbolifd)cn ©inroohncr al« eigene Kirchen^

•) Bad) ben ^forroften.

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Worabeim im 19. Oabtbunbert. 633

gemeinbe (^farrfuratie) mit eigener Stanbesbudjführung anerfannt. 211« 1824 ber bisherige SJetfaal burd) baS .frodjroaffer fo befdjäbigt roorben roar, baji barin rein Öotteäbienft mehr abgebalten roerben tonnte, rourbe ber fatb,olifchen Oemeinbe ber Gbor ber oormaligen Sterfüfjerfirdje vnn (Gebrauche eingeräumt unb am 26. 3lpril 1825 um 3300 (Mulben ju Gigentum oerfauft. %>m Jafjre 1841 rourbe ein §aus am Sdjlo&berg als Pfarrhaus angefauft unb ber Urcis mit 6800 Bulben, foroie bie »eeife mit 170 (Mulben unb bie fcerftellungsfoften mit 764 (Mlb. 32 Kr}, oon ber allgemeinen fatholtfchen Hirchenfaffc bestritten. £as Ginfommeu beS (Meiftlictjen betrug anfangs 360 (Mulben, feit 1809 = 550 iMulben, feit 1819 mm 800 (Mulbeu unb rourbe oon oerfdnebeuen firchlichen Jyonbs aufgebracht. £urch eine Gntfcbliefiung oon 1834 rourbe ber (Mebalt auf 1000 (Bulben erhöbt. 3tuS biefem Gintommen mufite ber (Meiftlid>e bie SHiete feiner SÖobnung beftreiteu mit jährlich 100 (Mulben. SJom 1. Tejember 1863 an rourbe ber Staatsbeitrag auf 550 (Mulben erhöht, nadjbem bie Wn* ftellung eines $ifar$ notroenbig geroorben roar. Dbrootjl eine fanonifdje Grrid)tung ber fatbolifd)en Stabtpfarrei ^forjheim nid)t ftattgefunben hatte, rourbe itaplan 9llonS Sdjub im 3at)re 1851 oom (Mrofiherjog i'eopolb auf bie ^pfarret pra|enttert uuo tnoeftiert.

3Jei ber SJolfSjäblung am 1. Eejember 1871 roaren in ^forj^eim bereite 3805, in »röfcingen 371, in »üdienoronn 116, in Eillroeijienftetn 365, in Eutingen 55, in Stiefern 39, in Söürm 71, jufammen in ber ©tabt unb ben Filialen 4832 Katb,olifen.

$a bie ^farrfiraje faum 250 Sifepläfce hatte, fo rourbe ber Steubau einer geräumigen Äira)e ein bringenbes SJebürfniS. Stadjbem ber Sonifajius* oerein ber Grjbiöjefe im 3>abre 1864 jur (Mrünbung eines Äirajenbaufonb* 600 (Mulbeu gefpenbet unb ber ju bemfeben 3">etf ini Seben gerufene Äreujer* oerein ber ^forjbeimer Äatbolifen 400 (Bulben beigefdjoffen t)atte, erhielt ber neue Jonb bie ftaatlidje (Menetjmigung. Hlsbalb erfolgten anfetjnliche 3Us ftiftungen oon ^for^eimer Mattjolifen unb ^roteftanten, fo bar, ber s8aujonb am 1. .Vtiuutr fa)on 81 660 (Mulben oerroenbbares Vermögen befafj. 1>rarr* oerroefer Gbnft, welcher oon 1863 bis 1. 1887 mit größter Eingebung unb oielem Gifer bie ratr)oli)d)e (Memeinbe paftorierte, oeranftaltete mit gutem Grfolg öffentliche Sammlungen jur Grbauung einer ^ran$iSfusfirche, unb ber StiftungSrat roenbete fta) an reiche l'ofalfonbS um gutttjateroeife Beiträge unb erhielt gleichfalls rcdjt namhafte Summen. Stadlern 1874 ein großer Üaupla^ für Äird)e unb ^farrljaud um 55 431 fl. gefauft roorben roar, befafc ber Jöaufonb Gnbe 1887 noch 201000 9»arf, barunter 10000 SHart au« ber Sntercalarfaffe, roelchen biefelbe fpäter nochmals 23000 3Harf beifügte, fo bafe mau cmftlich an bie Inangriffnahme be« Äirchenbaueö beufen fonnte. Stach längeren ^erhanblungen rourbe 1888 bie «uöfiihrung eine« oon 93aurat ^Billiarb entroorfenen ^lane« um ben Äoftcnbetrag oon 268000 sDfarf genehmigt. 2tm 18. Cttobcr 1H91 rourbe bie neuerbaute Äirche ju Qfytm bee hl- ^ranjiefud oon »ffifi burch ©rjbifchof Dr. 5. Gh. Noo* eingeroeiht. 35er Sau foftete ohne 2lltäre, (Worten unb Crgcl 2^5 209 SJtf. £?r Hochaltar fam auf 10000, bie Orgel auf 13000, bie (Worten auf 16000 Dtarf. £ie Äira)e ift im ^aftlifaftile au* rotem Sanbftein gebaut. Sie ift ein imponierenbed 33auroer(, beffen 64 m hoher lurm roeitbin 'fichtbar ift. Daß innere macht einen höchft roürbigen unb erbebenben Ginbrurt. £ag %ilb am rcd)ten Scitenaltar, ben hl. 3ofeph mit bem '^efudfnaben barftellenb, ift ein ilteifterioerf , ba« burrt» feine überrafchenbe Staturroahrheit unb ben roeibeoollen religiöfcn Gruft, ber oon ihm ausgeht, auf ben süefdjauer eine Süirfung heroorbringt , bie fein äbftetifches roie religiöfcö Wefütjl aufd iuuigfte berührt. ^Ibroeichenb oon ber üblichen Xarftellungöroeife ift bie iMutter (MotteS auf bem Unten Seitenaltar bei aller religiöfer Söürbe etroaS ftarl naturaliftifd) aufgefaßt, ein Umftanb, raeldicr bem !äilbe aber feiuesioeaS ;um Staditeil aereidit.

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^forjbeim im 19. Oabtbunbert.

Xai alte ^farrbau« ift 1889 um 28000 Warf oerfauft unb bie <rr* bauung eine* neuen ^farrfjaufed neben ber Mircbe genehmigt roorben, nffibem

ftd) ber StiftungSrat für bie 28 000 9Rf. überfteigenben Äoften perfönlid) haftbar gemalt batte. $er Warrbauebau foftetc H20UO Wart.

Seit 1887 beftfct bie Oemeinbe einen jroeiten Kaplan.

$fotabcim im 19. 3abrbuubert. 535

Seit 1k<<m ftnb am Aronleiä)nam*taa, bie ^rojeffumen geftattet, bie fut finer rranx ^cteiliaitna. erfreuen.

T>tf nfur ßatfiofifäc Jfttrdir | -Oodialtar).

|. Januar lnw war ber Warrfonb* auf »ü.ViT "Warf ana.en>ad)fen. Wad) bem lobe bc« Ufarroerroefer* iSljrift erhielten befjen 3tcllc nad)» ciuanber bie ^farroerroefer lüeifc, i<ranbl)ubcr unb *Joa,t. lureb, £nt{d)liefeung

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Sforjbeim im 19. 3abtbunbert.

be$ Örofsbenogö uom 5. Januar 1899 f)at bic fat()olifd>e ®emeinbe ^JforjtjeimS eine fanonifd) befefctc Pfarrei, frerr $ob. s#aptift Seift ift bei erfte fatl)olifd)e Stabtpfarrer $for$b,eimd, ein liebenötoürbiger unb geiftuoller iiriefter, ber fid) nidjt nur ber Sqmpatt)ien ber Matyolifen, fonbern aud) ber ber Anberg gläubigen erfreut.

^farroerroefer ör rmoiiii G nrift, gebürtig aud Cberfird), ue.t toäbjeub 24 ^aljren mit Umfidjt unb treuer Eingebung ber fatf). ^farrgemeinbe üorge^ ftanben. "iUät)renb ber ttulturfampfsjeit bot er feinen fpejififd) fatljolifdjen Stanbpunft mit (rinfefcung feiner ganjen ^erfönlidjfeit ju um (treu gefudjt. SBar fein (rtfer juroeilen etroaS fd)arffantig unb in Befolgung ber ibtn auf* erlegten ^fltdjten gerabeju unnaa)fid)t(id) unb rütfftd)tölo$, fo muft anberers fettö uon itym gefagt roerben, min er an fid) felbft ben SNafiftab größter Strenge anlegte, bafi er in töerfen ber i'iebe berounbernaiucrt unb efjrroürbig mar. Sein ganje*, jiemlid) grofceö ^rioatoermögen bat er ju Armenunterftüfcungen unb jum Mirdjenbau, ber Unu ferjr am fcerjen lag, uer* toenbet. hieben biefer eblcn (Hefinnung mirb itjm aud) uon ben (Hegnern bie Anerfenmmg nid)t oerfagt, bafj er in firdjlidjen fingen ein, roenn aud) berber, fo bod) fd>arfaudgeprägter ganjer (Styarafter mar unb jugteia) ein geiftooüer SHanu.

:\u ben fatljoltfdjen Vereinen jäblen: Ter Fat holt f che SPtänttertoeretn,

am 1. April 18H9 gegrünbet. Gr ift ber ältefte alter bieftgen fattyolifdjen Siereine. Aus ifrni ging fpäter ber burd) uiele ^ab,re mit (Hefdjid unb grofeer DpferroiUigfeit uon £>auptlef)rer (rifenfolb geleitete Äirdjendjor ber tun-. $er herein bejioedt Uuterbaltung, forme Öclebrung feiner Diitglieber unb ift politifd) im Sinne ber ^entrumöpartei tljätig. Tie Witglieberjabl beträgt 220. Ter fathoiifriic Wcfcllriilierriii, anfangs ber 70er ^abre entftanben, bietet feinen 'äHitgliebern, uon betten er ein fittlia>religiöfcS l'eben oerlangt, für feljr geringe ©egenlctftung ein angenef)me$ .freim. >8efonber$ oerbieut t)at fid» um benfeiben fterr Stabtrat (Siemen* «eltmati gemadjt.

$er fatliolifdic Slrbeitertoerciu null unter ^eftbaltung am fatbol. (Glauben bie ^ntereffen ber Arbeiter unb bie guten $Jejiel)ungen berfelbcn $u ben Arbeitgebern roabren. $er f «i tbolifdtc feprlintunieretn bietet jungen beuten, benen e$ an einem erjiebjidjeu Jamilienanfajlufe feb,lt, gute l'eftüre, paffenbe «Spiele unb fonftige Uuterbaltung unb $elebrung. lv«> barf bantenb anerfannt toerbeu, baji bie .öerrett ttapläne ba$ Opfer au 3Rübe unb #eit ntd)t fdjeueu, beu Vebrlingcn an Sonntag 9ladnnittagen Öefellfdjaft ju leiften unb auf unterf)altenbe ftJeife erjieblid) auf fie einjurotrfen. ^er Cvhinbctbciti'crcui bctbdttgt fid] burd) llnterftüfcung uon ftaudarmen. £ie ^uunf tauen 'Kongregation, tueldjc ibr.freim im &d)tt>rfternbattfe, ©alb= ftrafie 14, bat, tuiU ihre ^Dlitglieber ju einem frommen unb ehrbaren Söanbel anbalten unb burd) ftc audj auf anbere 3){abd)cn erjietjlid) roirfen.

2>ie erftgenannteu Vereine lu-.bcu burd) beu Auf auf beö Guropäif d)en $ofcö im %al)ve 1898 (um ben ^reiä uon 180000 3)i f.) ein eigene* 93erein*= b,aud erhalten. ^rüb,er mürben bie ^ufammenfünfte im oberen Saale bes „^följer $of" abgelmlten.

pie aftltatliorifdii' ^cmnttdc.

infolge be4 auf bem 3iatifanifd)en Honjil 18H9/70 proflamierten Mn- feblbarfcitöbogmae füllten fid) uiele Matbolifen in ibrem religiöfen (Heroiffcn unb (Hcfüb.1 oerle^t. 2lUerortö bilbeteu ftd) ^rotcftuerfamtnlungen, unb aud) in unferer Stabt madjtc fid) eine lebhafte ^eiucgung unter ben tfatfjolifcn geltenb.

3m ^uli 1869 erging ein Aufruf an bie „fatbolifdjen Mitbürger in Stabt unb £anb", roorin baö -Holl jur Mitarbeit aufgeforbert rourbe „gegen ben iUifUnaud) ber Maujel ju politifeben unb rtrd)lid)cn ti^üf)lercien, für bie 2Bieberf)erftellung bed geftörten ^riebend in ber Äira)e unb ber a)riftlia)en

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$fora&eim im 19. 3at>rbunbert

dulbung unb 2(d)tung 9(nber$gläubigen gegenüber, - gegen bie Änmafcungen ber ©eiftlia)feit, fomie baä gefyäffige, aufrcijcnbe treiben bcr ultramontanen treffe auf politifdjem unb fojialem Gebiet, - für bie SBieberfjerftellung ber bem fatf)olifd)en SBolfe firdjenoerfaffungämäfiig jufteljenben, burcq ben ftleruä tynt oorentljaltenen Stedjtc in ber Äira)e." Unterzeichnet mar ber Aufruf oon ben 91 SWitgliebern beö „ftatfioltfeittoerettte".

3lm 17. Hpril 1870 (jatte ber „flattwlifenoeretn" eine Slbreffe an döllinger gefdndt, meldje eine begeifterte ^uftimmung enthielt ju feiner am 28. 9Här$ beäfelben 3al>re$ nn Grjbifa)of @regortud o. Sd)err in IWündjen abgegebenen ©rflärung bejüglid) ber an if>n ergangenen 9lufforberung jur Unterwerfung.

3u ber am 7. Huguft 1871 imfcarmoniefaale in fceibelberg ftattge* fwbten grofjen SUtfatfwlifenoerfammlung, in melier ^rofeffor s^id)eli* einen Vortrag Inelt, mar alä ^forj^eimer delegierter 9totar dämm erfa)ienen. !^n ber Sifcung beä öeibelberger ÄomiteeS oom 16. SCuguft legte ^rofeffor ftriebreidj bie Criginalafteu beä ^forjtyeimer ÄomtteeS oor unb beantragte, baf* ätjnlid) bem bieäfeitigen Worgefyen bie i'anbbeoölferung ber fceibelberger Öegenb mm 9lufd)lufe an bie altfatbolifdje Sad)e aufgeforbert werben follte.

3m 3af>re 1873 gehörten 86 felbftänbige 9Witglieber mit 270 Seelen ber altfatl)olifd>en ©emeinbe an. ;]uan erhielt biefe burd) ba# Entgegen- fommen ber 'jjroteftanten bie 2lltftabtftrd)e, fpäter bura? Verfügung be3 ®ro|^. 3Jerwaltung$f)ofe$ bie 9tnftalt$fird)c jur SNitbenüfcung überwiefen. ^rofeffor ftriebreidj tnelt barin am 26. Cftober 1873 bei (Melegenf>eit ber f)ier tagenben SUtfatljolifenoerfammlung ben erften @otte$bieuft. 3m felben Jafyre mürbe bie ©rünbung einer altfatfyolifd)en Pfarrei befajloffen unb bie 9lu3fä)reibung bcr ^farrftelle. dem (9eiftlid)en fonnte ein Gewalt oon 2000 fL jugefta^ert werben, ba bie ocranftaltete ^eidmung oon ^abreebeiträgen reidje bittet gewährte.

der erfte altfatr>olifc^e ®eiftlia)e mar Pfarrer dilger ; im ^a^re 1880 taufa)te er feine ©teile mit Pfarrer "^näjfa au* fturtwangen. diefer, ein ftiller, geiftuoller öerr, ber in ber Stabt oiel Slnfeben genofe, ftarb t)ier im ^aftre 1894. Sein 9iad)folger ift ber jefoige Stabtpfarrer dittrid).

$ür ben neuerwätjlten altfatfjolifdjcn SJifdjof 9tein!en* würben hier im Sluguft 1873 bei 3«">elier ^u^Ier Äreuj unb Stab angefertigt, die ©eftellung erfolgte burtt) baö Äölner Komitee.

3tm 11. Sinti 1874 würbe bie erfte alt!at()oüfd)e drauung mit WotteS* bienft in ber 9lltftabtrtra)e oolljogen.

9lm 4. 9tooember 1874 beging bie töemeinbe eine ©ebenffeier ju (Sfjren be$ 3Mfd)ofä äßeffenberg.

die altfatljolifdje Wemeinbe l)atte 1876 = 166 felbftänbige Männer, 40 felbftänbige ftrauen, 39 3teligionefa)üler, 1877 = 171 felbftänbige SWänner, 46 felbftänbige grauen, 46 9teligionäfd)üler. die ganje Seelenjafjl betrug 435. 2lufecrbem waren bem altfatt)olifa)en ©eiftliajen noa) etwa 400 Pfleglinge ber Ijieftgen 4>eil= unb "JJflegeanftalt unterftellt, wofür berfelbe ein Gewalt oon jä^rlia) 900 3Hf. au* ber Staatefaffe bejog. 1876 famen 15 laufen, 18 $e* erbigungen unb jwei drauungen oor.

der jefcige @tanb ber ©cmeinbe beträgt gegen 400 Seelen.

3Jtit großen öoffnungen batte bie altlatt)olifa)e Bewegung eingefe^t. die Regierung unter Solln ^atte fie fräftig unterftüfct, unb aua) oon Seiten ber eoangelifdjen ftiraje würbe \t)t jebmebe J^örberung juteil. SBenn bie altfatljolifdje Wird)e i^re öoffnungen in ber Jyolge nia)t oerwirflid)t faö, fo barf fte fia) ru^ig alä ein Dpfer ber wanbelbaren ^Jolitif betrauten. Sajon ßnbe ber 70er Safere war bie ftaatliaje Jürforge fiür bie 3lltfatl)0lifen einer fühlen OHeiajgiltigfeit gegen fie gewidien.

31 n bie attfatfwlifd)e (^emeinbe gliebern fia) ber altf at^oli f d) e grauen oerein unb ber a 1 1 f a 1 1) o 1 if d> e ä n n e r o e r e i n an.

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iMorjbcim im 19. 3abrbunbert.

pic iorniTitiftfii' tiemetttbe.

Tic Israeliten" benüfeten ihr alte* ÜJotteäbaud, baS an Stelle be$ jefcigcn neuen Anger'fchcn ftaufet in ber SRefcgerftra&e ftanb, bi$ jum 3ab,re 1893. 3n biefem Safere würbe bie neue, oon ^rofeffor vcoi in Marldrnfje unb 9lrd)itcft HIein hier erbaute Sqnagoge, mcldie *J«>uooo iJiarf f öftere, unter Beteiligung ber ftaatlicheu unb ftabtifcqcn Behörben, foroie ber Weift= iidjfctt anberer Bcfenntniffe feicrlidj eingeweiht. Sie ift im maurifaV gotlnfcben Stile gebaut unb bilbet eine ^ierbe ber Stabt. Tie öemeiaix» unterfteht bem Karlsruher Rabbiner.

211S Mantor roirfte in ber Hemeinbe ju Anfang beä ;Jat)rhunbertd ber l'ehrer Sdjlenfer, ihm folgte ("Jibeou Blöd), ber (Mrofwater ber Inhaber beä Banrgefdjäftcä Blod). Gr befleibete fein Amt 40 ^atjrc lang jur ^ufriebenrjeit ber (hemeinbe unb ftarb 188« t)od)betagt unb allgemein geet)rt. Sein 9iact> folger mürbe ber iHeallehrer unb Mantor GliaS Bloch, ein SRann oon umfaffenben «cuntniffen unb regem Weifte, Bei feinem Tienftantritt mürbe ber Sd)äd)terbienft oon bem bed Borfängerd unb SHeligiondlcfjrerä getrennt. 9iaa) Gliae Blodjä lob (1895) erhielt ber jefcige £auptlet)rer Taoib Sommer bie Stelle eine* iäraelitifdjcn .Hantorö.

Ter alte i*raelitiftb,e^Jyriebb/of an ber Gutinger Strafe rourbe 1846 eröffnet unb biä 1878 benüfct. ^n biefem §ai)vt fanb bie erfte Beerbigung auf bem neuen Jyriebbof auf ber Sdwnj ftatt.

Tie iäraelitifdje (Memeinbe jäfjlt 435 Seelen. :\n ben älteften Familien ge hören : bie Familie Sdjleftuger, nadnoeiölid) feit 1706 in ^forjtjeim

» -Kuhn, 1813 u

Tie iöraelitifdjen Bürger unferer Stabt finb jumeift motjlbabenb ; it)re Anteilnahme am Wcmcinbelebcn ftel)t ntdjt hinter jener anberer Äonfefftonen jururf, unb it)r Berfctjr mit biefen war ftetd ein looaler. Tie antifemitifdjc Bewegung anfangt ber 90er Jahre feint f aud) hier eine jubenfeinblidje Partei, wela)e aber trofc ber Bemühungen it)rcr ftüljrer Ablroarbt unb i'iebermann oon Sonnenberg feinen Boben gewinnen fonnte.

An bie iöraelitifdjc Wemcinbe fd)licfjen fid) an: ber i d r a e I i t i f dj c % r m e u o e r e i n , ber iäraelitifdje J r a u e n o e r e i n unb ber i 8 r a e= litifdje ättol)lti)ätig(eit3»erein.

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^forgbeim im 19, 3a Rimbert. 539

PU itexxeti^xofe Öemeinbe.

Tie ©eroegung, welche auf fachlichem ©ebiete oon bem ehemaligen fatf)Olifc^en Kaplan ÜKonge unb oon Torotat im vx\af)re 1845 in« £eben gerufen rourbe, führte nach einem Vortrage Monges am 21- Cftober 1845 auch fner jur (Mmbung einer beutf<fj*fatl)0ltfrfieu (ttemeittbc. ÜHonge roolmte bamal« bei <SI)r. frerre, bem erften SBorftanb ber ©emetnbe unb nachmaligen ftübrer ber ^fortfjeimer Siabifalen jur ^eit be« Slufftanbe«. 311« ^Jrebiger famen regeU mäjjtg hierher Heribert 3iou au« Stuttgart, iörugger au« öeibelberg, Wibrecht, ber 3Jerfaffer be« roeitoerbreiteten ^Jrebigtbucbe« „Religion" unb ber Sammlung freireligiöfer 0ebia)te „kleine Stunben ber 2tnbaa)t", ferner ber je&t noch in München lebenbe, au« Marl«rube gebürtige "^rebiger Ätarl Scholl unb feit 15 Jahren ^rebiger Sdjneiber au« ^Mannheim. Ter ©otte«bienft mürbe juerft im Saale be« w9iömift^en Äaifer", bann im ^latt)au«faal abgehalten. 3m 3Hai 1848, al« bie slßogen ber politifajen Seroegung b,oa) gingen, hielt bamtt, rote bie« in folgen 3eitläuftcn immer ber Jyall ju fein pflegt, bie reltgiöfe gleiten Schritt. Tie Teutfcb=5tatbolifen ftelttcu beim Dberamt ba« ©efucb. um SJcitbenü^ung ber proteftantifdjen Mirale. Tie ©eiftltchen aber mehrten ftch bagegen unb ber ©emeinberat erroiberte, bafj nach ber Slnjabl ber 9Witglieber ba« bi«herige Sofa! im !Katbau«faal grofe genug fei. Sbn 3. 2lpril 1849 rourbe ber ©emeinbe fobann auf roieberholte« 9(nfud)en bie ftriebboffapeUe auf bem alten @otte«acfcr (jefct Stabtparf) jur SWitbenüfcung überlaffen. DJacb bem 9lbbrucf> ber .HapeUe hielt bie ©emeinbe ihre SJerfammlungen im Saale be« „Sdjroarjen Slbler" ab ; fpäter erhielt fie einen Saat im alten Sctjulhaufe angeroiefen.

Km 2. Dftober 1870 feierte bie freie ©emeinbe ba« #eft ihre« 25;jäbrigen 33eftehen«.

Tie Sifte ber alten SWitgltebcr in ben 40er, 50er unb 60er Röhren roeift tarnen auf oon oornebmer öerfunft; tyeute fmb bie ©emembeglteber meift Arbeiter. Slber auch in ber Tenbcnj ber freien ©emeinbe t)at fia) im i'aufe ber ^abre eine Söanblung oolljogen. 3Bäbrenb 'Mau, Skugger unb Wibrecht noch am Unfterblicbieit«glauben (al« einem fortleben ber Seele) unb am GHauben an ©Ott al« ein abfolute« Söefen f efthielten unb nur bie $"it)eit oon fachlichen formen, Safcungeu unb ©lauben«jroang oerlangten, fteljen bie neueren ^rebiger mehr auf bem SBoben be« v#anthei«mu« unb be« @oolutioni«mu« ; fie betrachten ben i)(enfa)en lebiglid) al« oberfte« ©lieb in ber großen Mette ber organifajen Schöpfung unb lehren, bafj ba« ©lücf be« SJtenfchen in einem ben eroigen, unroanbelbaren ©efefeen ber 91atur entfprechenben X'eben beruhe, unb ba| alle Sünbe unb alle« Unglücf au« ber Pachtung biefer ©efefee heroorgehe.

Tie ©emeinbe f>at einen #onb« gegränbet jur (SrfteUung eine« herein«* häufe«; ihre SHitglieberjahl beträgt 203.

Anfang« ber 60 er fyfyto fanb biefe Meligion«gemeinfchaft, bie ihren Urfprung gleich ben übrigen fleinen aufjerfirchlichen ©emeinfebaften in Slmerifa Imt, hier ihre erften Anhänger. Sie fehltest fidj oon ber £anbe«firche au« unb hat ihren eigenen ^Jrebiger. Jb* ©otte«bau« ift bie 3'°nöfaPcUe C^lt« ftäbterfirchenroeg 8). @otte«btenft ift an 5 lagen in ber 9öocf>e. Tie ^etlro* biftengemeinbe $ör>(t 102 aWitglieber.

<£pattfleftfdie <&etnftttf$aft.

Tiefelbe befteht feit etroa 10 3a*)«n unb ftcljt ebenfall« außerhalb ber Sanbe«firche. Sie f)<xt sum 3roerf: Tie ^örberung unb (Spaltung

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540 Sfotabetm im 19. Safabunbett.

pofitioen (Shriftentume, bic fcebung ber Sittlidjteit, Anleitung bcr ^ugenb jur Treue gegen (Mott unb bic Cbrigfeit. Sonntag« unb SJJittroodje abenbe finben regelmäßig Vorträge ftatt im iHerein*l)aiife, Wagolbftrafje 13.

pic iöaptiftenflemetn&f

bat itjr SJerfammlungeiofal Womnafiumftraüe 5. Sonntage unb Touneretage ift «otteebienft. 3br itrebiger nennt fta) SNiffionar.

3n 9teuftabt:$rö$ingen beft^t bie

ilpoilol'ifdn' cfremetit&e

ein huMdicv Wotteebaue. 3lud) bie

Saeiteaxmee

t)at in ben 90er ^a^ren b,ier »oben ju geioinnen gefudjt. 2)a fte aber bei unferer »eoölferuug wenig vi5crftänbnie fanb für ifjrc geroip rooblgemeinte ur.b anberroärtS aud) erfolgreiche Xbatigteit unb burd) iijrc militärifd);theatralifd) ut.u'fr.uucu formen ber Spottfucbt anheimfiel, fchüttelte fie ben ^forjheimer ©taub oon ben tfüfyn unb oerfua)te itjr ÄriegSglücf in anberen QJegenben.

Pte fpan^ffifrfi-rutßfnfifif äerncinbe.*)

^m ^ftnjthal, beffen »coölferung oon je ber mnftifchen »liebtung jugeneigt mar, trat bei ben allgemeinen Sirren ber 40 er 3at)re ber SEÖiber* ftanb gegen manage, bem Althergebrachten feinblicbe Slnorbnungen ber Äirchem bebörbe befonbere grell ju läge. Wieber mar ee ein 2Hann, beffen Anlage jum ftanatiemue unb jur Cppofttion ee fertig brad)te, eine Trennung oon ben bi$beng<m fira)lia)en formen ju betoerfftelligen. (ie mar Ufnrrcr $aafj in 3fp ringen. Jtonflift über Äonflift mit ber flirebenbebörbe, ber einmal geraten mürbe : „Stacht ilm jum Oberfircbenrat, bann habt ihr :'<ui)c !M braugte ibn enblid) jur Separation, jur ®rünbung einer lutherifd)en ®emeinbe im $finjtt)al mit bem Bit} in Springen. 3unäd)ft jog fid) &aag nadj Bretten jurücf. (£e mar im ^abre 18o6. ©ine« Sonntage bielt er im „Slbler" in Springen eine Sammlungeprebigt über ben Ic£t : .frier fteb' id), id) fann nidjt anbere". £ae mar bae Signal jur (Mrünbung ber feparierten lutb\ Öemeinben im ^finjthal. Sotl »retten aue oerroaltete fraag anfange bie Öemeinben, bie (Sbuarb ftrommel, ber juerft im „"JJrinjcn" in ^forjh,eim tuohnte, an feine Stelle trat. 1860 mürbe mit bem »au einer eigenen Kirche begonnen, bie am 3. 9tooember gleiten Sah«** eingeweiht roerben fonnte. Gin Jyrcunb jrommele, Horcher, trat bemfelbcn einen »auplafc ab, auf welchem erfterer ein $aue errichtete, in roe(d)em er 25 Jahre unentgeltlich roobnen burfte, roorauf ba*= felbe bem Örunbeigcntümer jufallen follte. (Se ift bae heute ber Schrift* ftellerin ftrau i'oeperi.'poufell gehörige Slmoefen, fet)r romantifa) am SBalbee= ranb gelegen. 1874 trat ein ^rebiger (Sichhoru in bcr Wemcinbe auf, geriet mit Jyrommcl in Monflift unb jog auf ben Sperlingebof bei SBilferbingen. hierher fiebeltc aud) bcr oom Dberfirdjenrat entlaffcne ftaag unb fammelte bie altlutherifaje (SJemetnbe, ober roie ftc fid» gern nennt, bie „Ölieber ber freien lutherifdjen Kirche", fraag ftarb 1876. 3ln feine Stelle trat ^irebiger Kraus, ber aue 9(meri!a fam. (ix prebigte bie fog. „Sonn tage lehre", b. b. aud) am Sonntag bürfe man Söerftagearbeit oollbringcn, meun ee nur im Slufblicf

•) «on ^auptlchrer »enj in Springen naa) alten Äirdjen* unb 3tate= aften mitacteilt.

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<Bforabeim im 19 Sabtbunbert.

jum §errn gefdjebe. 2>er boburd) in bcr ©emeinbe Ijeroorgerufene 3roiefpalt führte 511 feiner SBerbrdngung unb jur Berufung be$ ^farrerä Staubenmeier, eine« SBürttcmbergerö, an befielt Stelle ber jefcige Pfarrer (rberle trat jur ilaftoration ber SUilutljeraner. ©ine unqualifizierte Steuerung auf bem iyriebbof ju Sfprtngcn führte einen SJcfdjlufe be$ Cbcrfira)enratS Ijerbei, roonad) ben ädtluttjeranern bad ©eläute ganj oerfagt , ben Lutheranern nur gegen ©riegung boppelter lape gewährt joirb. X'ejjtere fjatten unter Trommel itjre ©emeinbe rul)ig weiter cntroidelt, ber aud) mit Pfarrer Spea)t ^rieben b,ielt, obtoofjl Unterer burdi Slbiucidjung 00m eoangel. Munal weiterem SlbfaH oon ber eoangeltfdjcn Jtirdje oorjubeugeu fud)te. ftrommel mürbe im fcerbft 1880 al* ©eneralfuperintenbent naa) (Seile in ftannooer berufen.

Xn feine SteUe trat fein bisheriger $>ilfäprebiger Pfarrer Scriba, ber feit 1880 bie ©emeinbe leitet. Unter feiner SBerroaltung rourbe ba3 oon fizau Äaffanom erroorbene Slnroefen mit Unterftüfcung burd) ,\vi. ftoffmann jum luttjerifdjen ^Jfarrljaud umgebaut, foauptletjrer Stern oon Büchenbronn trat al$ Steligiondlebjer in ben ÜMenft ber lutf)erifd)en ©emeinbe. SJor 5 fahren trennte fid) Rarldrufje unb oor 3 ^a^ren Jreiburg oon ber lutfjcrifdjen SJuttcr^ gcmeinbe ju Springen unb ftellten eigene ©eiftlidje an. (Sin ©lanjpunft in ber @efd)id)te bcr lutberifdjen ©emeinbe mar bie Örunbung beö 1887 erbauten, feb,r fdjön gelegenen ©emeinbeljaufeä, ba£ jcfct 00m Pfarrer beroolmt, mit SötrtfdjaftSfonjeffton oerfeb,en ift, unb worin SonntaaS geroirtet wirb nadj ber Eeoife : „Die #reube im fterrn ift meine Stärfe r ©noäb,nt fei noa) bie Xhätigfett ber beiben Siafoniffen Jräulein (*ltfabetl)a 0. Derlen unb 6b,aro* lotte 0. ^latenj.'oallermünbe, auf beren SJeranlaffung ber Springer Krönten* oerein gegrünbet rourbe. 2>er ©et)alt be$ ©eiftlia)en roirb aufgebraßt, inbem pro Äopf ber ©emeinbe 4 3Kf. jährlich bejatjlt roerben unb jroar freiwillig. (Sö befiehl ein ^aftoralhilfSfonbS unb eine ^aftoralroittroenfaffe. X\t Skr* roaltung bed ©emeinbeoermögenä, ber ^farrbefolbung jc. unterfteht einem si?orftanb auS £aien. X'xt Springer lutherifdje ©emeinbe jählt 175 SHitglieber, bie altluttjerifaje 25. 2)a$ lutljerifdje iUrd>leiu ift eine $ierbe SfpringcnS. ^m a(tiutf)erifd)en Pfarrhaus, gegenüber bem Bahnhof, ift ein Saal für bie fira)lid)en Bebürfniffe biefer ©emeinbe.

Vit Vfoxtfexmex 3frte60öfc.*)

s;Hniä&lid) oon ©rabarbeiten beim ©a§roerf rourbe im 3at)re 1898 bafelbft ein uralter 93egräbni§plat> entbeeft. $)ie in ben ©räbern gefunbenen Söaffen unb ©laSperlen heukn barauf i)\nf ba§ er au§ ber £eit ber ißölferroanberung ftammt. 3m übrigen pnben fict> (einerlei Slotijen ober s$läne oor, welche barauf binroeifen, baf$ oor 1588 fdron ein ftäbtifdjer Sneb^of ba roar. 9ttan roirb bafjer nidjt fe^lgeben, roenn man annimmt, ba§ oortjer über= Ijaupt fein allgemeiner größerer 33egräbni§ülatj oor|anben geroefen ift fonbern bafj, roie in oielen anbern ©täbten, bei jeber Äirc^e bie näd)fte Umgebung at§ öegräbniöftätte , a(§ fogenanuter .UivdihoT beuü^t rouvbe. 216er nic^t nur bie Umgebung ber ^ira^en, aud) ba§ 3nnere berfelben biente ^aufig jum ^3e* graben ber ioten. ©0 roar e3 aueb \)\tx in ber ©d)lo&fird)e.

•) 9(aa) einem 3luffa^ oon ^rioatier Robert ©erroig im w^forjb,eimer Slnjeiger" 1898.

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542 Sforabetm im 10. Sfobtbunbett

Unter bem (£f)or berfelben befinbet fid) bie ©ruft für bte mar!= gräfliche gamilie. ^Öicfe ©ruft rourbe oon 9Jlarfgraf <£rn|t erbaut. 3)ie oielen an ben SBänben ber <5ettenfapellen auf* geseilten ©rabplatten fmb $eugen bafür, bafj manche ber f)ier anfäffigen abeligen gamilien in bei* ®d)loj3fird)e ihre SBegräbni^- ftdtte Ratten. 3)id)t im Horben ber $ird)e ftanben bie eng jufammen-- gebrängten 2öot)ngebäube be3 6d)lo&e§; aber ba§ ©elänbe an ber ©übfeite war ein griebfjof. 3m Qafjre 1882 würben in biefen Anlagen beim Segen ber ©aSleitung menfdjltcfje ©ebeine aufgefunben.

Eejüglid) ber Slltftabtfirc^e ift nod) in oieler ©ebädjtnte, bafj ganj regelmäßig bie ©lieber ber 9lltftabtgemeinbe in ben riebtjofanlagen bid>t um bie ßircfye begraben mürben. <£rft im aljre 1861 mürbe biefer griebljof gefdjloffen. Weniger befannt bürfte e3 fein, bafj in früheren Reiten $udjenfett> eine giliale ber 3lltfiabtfird)e mar unb feine $oten auf ben 2Ütftäbter gdeb^of begraben mufjte. 3>m 3af>re 1496 rourbe biefeä 35er t)ältni§ gelöft.

On ber ©rötjtnger 93orftabt mar ein ^ird)t)of beim Rirdfletn um fyl. ^reuj". 3)a§ an ba§ ftlrdjlein anftofcenbe ©ut mar oon einer ^lnjal)I ^Bürgern ju einem Samilienbegräbms angefauft morben. sJttcfytbered)tigte mufjten für jebe (Erlaubnis, ein ^IngeljörigeS bort beerbigen ju bürfen, einen ©ulben bejahen. 3n ber legten $eit fcineS 93cfter>cn§ Durfte er nur noef) oon 93e-- redjtigten benutzt merben. 3»m 3a^re 1800 rourbe er aus fanitären 9iücffid)ten auf bie söerooljner ber umliegenben Käufer gefdjloffen.

3)ie oerfdjiebenen Klafter ber Stabt Ratten innerhalb ibrer dauern in einem £eile be§ Hloftergarten§ it)re 93egräbni3p[äf}e. $ie ^riore unb 2öof)ltf)äter ber ßlöfter rourben in ben &l öfter fird)en ober ftreujgängen, bie 3Rönd)e ober 91onnen in einem ieile be§ ÄloftergartenS begraben. 2lber aud) anberc Seilte fanben iljre letzte sJiut)eftätte bafelbft.

©§ ift befannt, bafj 3ot). 9teud)lin§ Butter, beren ©arte $lofterfd)affner bei ben ^Domin ifanern geroefen war , in biefem Softer begraben rourbe. ©efd)id)t3fcr)reiber (£ruftu§ br ridjtet oon jroei ©rabfdjriften au§ bem (£t)or ber $)ominifaner* fird)e, oon einer 1398 oerftorbenen grau (Slifabeaja Dcoctjettin, £>einrid) oon $etingen§ ©emarjlin unb oon einem Christophorus ad Habsberg. 2>on bemfelben eräät)lt ©. 2. Deimling: M$ie nadj bem granjofenbraub oon 1689 ftet)eu gebliebenen ftreuj* gänge rourben 1754 eingeriffen unb ju einem ©arten umge* roanbelt"*). 3u bef lagen ift, baß bei biefer Arbeit bie oielen

•) %n eteUc beweiben ftefjt ba* gütige „alte @c$ul$<roä".

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Worjbetm im ld. Öabrbunbert.

543

fdjönen ©rabfdjriften unb $entmäler, bic in ber ^peralbif unb in bev ©efdjidjte be§ SlbelS fo mannen mertoollen 2Iuffd)luft Ratten geben tonnen, ju ©runbe gegangen ftnb. @tlid)e§ mürbe ja auch gerettet, unb bie am beften erhaltenen Steine mürben im dtyox ber neuen Stabtfirche aufgeteilt, meiere an ber ©teile ber abgebrannten 2)ominifanerfird)e erbaut unb 1720 eingeroeiht roorben mar. 911S aber 1789 biefe neue Stabtfirche ebenfalls abbrannte, gingen bie Cvpithapbicu naheju alle ju ©runbe, unb nur einige ber am §aupttt)or rechts unb linfS befeftigt gemefenen platten blieben erhalten, fo ber Stein am linfen portal, meieren einft Sfauchlin feiner SJiutter hatte fetjen taffen.

Sei ben jranjtSfanern roaren bie vJ3ert)ältniffe ähnlich mie bei ben ftominifanern. 93ei ihrem Sllofter befanb fid) ein auSgebe^nter ftloftergarten, oon meinem ein £eil als 93egräbniS= ftätte biente. 5lud) auf biefem griebhof mürben fieute beerbigt, meiere außerhalb beS RlofterS roohnten. (Ein ehemaliger iBifchöf oon Speier, Johannes 9ti$ oon |>ohenecf, genannt (Eubenberg, hatte fid) hierher jurürfgejogen unb roarb nach feinem 1467 erfolgten iobe bei ben JranjiSfanern beerbigt; ebenfo 1497 ein 3öilhelm oon Urbach, Sluffetjer ber $errfd)aft 3lltenfteig, ein SHtfad) oon Deichendem, 33ogt ju 97lid)enburg, unb ein ftonrab oon (Enzberg. 2Benn biefe Herren oom 3lbel im Schiff ber ftirche beigefetjt mürben, fo barf roohl angenommen roerben, bafj baS bürgerliche (Element auf bem &egräbniSplatj im Äloftergarten feine $oten beerbigen burfte. 3(18 infolge beS OrleanS'fd)en Krieges ber baufällig gemorbene £urm unb baS ruinöfe Schiff ber jranjiS* fanerfirche eingeriffen merben mußten, mürben oiele ber ©rab= benfmäler oerfchüttet.

Sluch in bem $ominifanerinnenf lofter „SDtaria SHagbalena" mar ein 93egräbniSplat} innerhalb ber ftlofter* mauern. 3)ie 1579 itt einem Spital umgeroanbeltcn ftlofter* gebäube gingen gleichfalls im OrleanS'fdjen Kriege ju ©runbe. Iii ihre Stelle nbauti SJcarfgraf ftarl Wilhelm baS SanbeS* roaifenhauS, oerbunben mit Siedjenanftalt unb 3ud)thauS. Erhalten ift auS ber ßlofter^eit faft nichts mehr. Dur bie ©rab* malplatte ber SJcarfgräfin ßuitgarb, Dubolf IV. ©emahlin (roelcheS gürftenpaar 1322 baS erfte Spital in ^forjheim, bei bem ftlofter gelegen, geftiftet hatte), roirb heute noct) im §ofe ber £eil* unb $fleganftalt aufbemahrt.

Oberhalb ber silu, beim St. ©eorgenftif t, ift unjroeifel* haft beim ftirdjlein ein SJegräbniSplat) für bie im bortigen 9lful Sßerftorbenen roenn nicht für bie Öeroohner ber $lu überhaupt geroefen.

Äurj nad) ber (Einführung ber Deformation in ^Pforjheim burch ftarl IL im 3ö&te 1556 mufte auch baS SSegräbmSroefen

&44

$forabeim im 19. 3abri>unbert.

neu geregelt roerben. 3)ie Klöfter würben in ber 3*ü *m 1560—1565 aufgehoben. 35a3 letzte war ba§ ftl öfter bei $)ominifanerinnen. $>a§ begraben innerhalb ber föirdjen rourte fortan ftrenge oerboten. 5lber aud) bie oerfdjiebenen fleinen JJriebrjöfe bei ben ftirdjen unb in bell Kloftergärten roaren als unhaltbar erfannt roorben, unb fo n>ar man gezwungen, im Often ber Stabt, an ber Strafje nadj Sulingen, einen allgemeinen Jriebbof, 2 JA borgen gxo% anzulegen.

S)a3 Verbot, innerhalb ber Kirdjen £ote ju beftatten. rourbe übrigens nochmals burdjbrodjen. Qm dtyox ber ober ermähnten neuerbauten ©tabtfirdje burfte ba§ abelige tarnen ftift feine $oten begraben. 9tach 33ernicf)tung ber Äircfje mürbe biefem auf bem allgemeinen §riebrjofe, bicfyt neben ber Capelle, ein ^latj „auf eroige 3eit*n" jugeroiefen.

35ie erfte bebeutenbe sJcadjrid)t über biefen allgemeinen ftriebfyof ftammt au§ ber $eit be3 Orlean§'fd)en Krieget. 2le Kapelle rourbe in einem ber großen 93ränbe eingeäfcfyert unb tonnte erft 1711 roieber aufgebaut roerben. 2113 33emei3 für bie bamaligen traurigen SBerfjältniffe fei erroäfntt, bafc |u ihrem Söieberauf bau bie oerfd)iebenften ©elber, aus ber etabtfafie, (5tipenbienfonb§, Kolleften :c. oerroenbet roerben mußten.

SÖ3ie oben ermähnt rourbe, ging 1800 ber Streu §tir$< friebrjof ein. SBürgermeifter fcreljer t)atte bie beteiligten Familien oeranlagt, auf if)re alten SHedjte 511 oerjidjten. $er ftäbtifdje griebfyof mußte nun um etroa 1 borgen vex tjrößert roerben. 5ll§ im Qafjre 1824 aud) ba§ mit einer öde in bie ©trage oorfpringenbe Kreujfird)letn abgeriffen rourbe, oerbradjte man bie fdjönften ©ebentplatten ber Kreujfriebbof befaß feljr fdjöne ©rabbenfmäler auf ben ftäbttfct>en griebtrof. roo fte in beforatioer SÖeife an ber ilapelle befeftigt mürben.

3ur Qtit ber 9capoleon'fcb,en Kriege mußte bei Gruppen* burdjmärfcfjen ber ftäbtifdje griebfyof $um SluffteUen be§ ^IrtiUerie^ parf3 unb jur oorübergetjenben Hufnatmte ber (befangenem tran§porte bienen.

Veranlaßt burd) bie junefjmenbe 3lu§ber)nung ber «ertabt rourbe biefer griebtrof im Safyn 1863 gefdjloffen unb auf ber anbem (Seite ber 6traße, etroa§ oftroärtS, ein neuer, ummauerter SBegräbniSplatj mit Kapelle unb $luffef)erroor)nung angelegt. $on nun an fjieß ber anbere ber „alte griebrjof" ; e* frotte 275 3at)re lang ber <Stabt al§ 33egräbni§plat3 gebient. 3m Sommer 1898 übergab it)n bie Stabtoerroaltung jum jroeitenmale ber Ceffentltd)! eit unb jroar unter bem Flamen Oftftabtparf als eine (Srfjolungsftätte. $)ie nod) oorrjanbenen ©räber unb ©rab- benfmäler roerben pietätooll in (£f)ren gehalten. 3Me erfte 8c« erbigung im neuen griebrjofe fanb am 19. 9tooember 1863 ftatt

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-After ovirMiol" an 6er (htttttacrftrafic, jcUt OtaMparft.

Qm Original ju fjaben bei äÜ. $ergftöfe SUroe., ^forj^eim.)

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^fovjbeim im 19. ^abtbunbcrt.

54fc

Qm Saufe oon 14 fahren fcfjon mar er coli. %m $riegSjahr 1870 71 f)attc biefer griebfjof feine grofje $tit, als uerfcrjtebene SSernnmbete, teils im Sajavet in bev Turnhalle, teils in ^liuat- f)äufern tjicv oerftarben unb jeweils unter großer Beteiligung ber $3eoülferuug auf bemfelben beerbigt mürben. 3^nen ju @()ren mürbe bafelbft ein fdjöner ®ebenfftein errichtet.

$>ie ftäbtifd)e Berroaltung befdjlofj nunmehr, ben neuen ftriebhof in metterer (Entfernung uon ber Stabt unb in größeren SDimenfionen anzulegen. 8m 14. Slpril 1877 mürbe ber bis* herige ©otteSacfer gcfdjloffen. Schuhmacher Stumm liegt bort als letzter beerbigt. 3)ie neue Begrab niSftätte „auf ber Sd)an$" mürbe am 15. 91uril burd) bie Beerbigung eines I7=jäl)rigen 9Häbd)enS, (Emilie Qffinger, eröffnet. 3>aS ©elänbe fam auf 57 812 s)Jlt ftu ftefyen. (SS erftreeft fid) in anfefynlidjer breite uon ber (Eifinger Sanbftrajje über ben ganjen ^ötjenrücfen bis jur Qfpringer Sanbftra&e. ^euevbingS ift bie äufahrtftrafce uon ber Bahn bis jum „3ät)ringer .£>of", bie 3ä'h vinger sMee, mefentlid) uerbreitert unb uerfdjönert tuorben, oon Bilbhauer SimmefS 58of)nhauS au nimmt ber Seicfjentuagen ben 2Öeg über bie fd)ön augelegte neue ®reiSftra&e nad) ber Schaag. Seiber hat bie freie, fyotje Sage beS JriebhofS baS Unangenehme, bafj er ftetS minbig ift unb bal)er trotj ber herrlichen $Hunbfid)t, bie man uon Iner auS geniest, uon manchem ängftlid) gemieben roirb, bis aud) tytn bie Stunbe fcrjlägt, ba ihm fein Suftjug mehr ferjabet.

Bis jum 3al)re 1846 hatten bie Israeliten feinen eigenen griebtjof. Sie uerbrad)ten ihre Soten nad) Untergrombach bei Bruchfat. 2)er Söagen mit bem fet)r fdjmucflofen Sarg fuhr gewöhnlich abenbS nad) 9 Ul)r oon ^forjtjeim ab, um am frühen borgen an feinem BeftimmungSorte ju fein. Bon 1846 bis 1877 t)atte bie jübifdje ©emeinbe einen eigenen griebhof in ber 9lät)e beS ©aSmerfS. Bei ber (Eröffnung beS allgemeinen grieb* hojeS auf ber Sdjanj mürbe ihr bie norböftlidje (Scfe als Be* gräbniSpta^ zugeteilt. Sie bellte bafür 3046 9ftarf.

£)ie ©rabfteine auf ben uier grtebhöfen geben ein fleineS fulturgefd)id)tlid)eS Bilb. $te auS bem Rreujfriebhofe ftammenben, teiliuetje noch red)t gut erhaltenen ^lattengrabfteine, meldje beim Abbruch btv altehrmürbigen Capelle auf bem „alten griebhof" roieber luanberu mu&ten, um im Betfaal beS griebhofS an ber Bal)n eine weitere Unterfunft &u ftnben, finb größtenteils recht }d)öne sDlonumente auS ber 9tenaiffance$eit. Unter ben ®rab* fteinen auf bem alten griebhof ^euufc^te, entfprecheub ber allge* meinen ©efchmacfSrtchtuug, metft grofje Einfachheit.

3m griebhof an ber Bahn fommt fchon mehr eigentliche Bilbhauerarbeit uor. kleben rotem unb metpem Sanbftein ift

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546

ftforabeim im 19. Öafetbunbert.

fjäufifl aud) Marmor jut SBerroenbung gebracht. ^ebenfalls beutet biefer Jortfdjritt gleid) ben oielen guterf)altenen gamilieu* begräbnteplä&en auf eiue 5krbefferuug bev materiellen SBerfjält* niffe tyn.

2)er JJrtebfjof auf bei* ®d)auj weift fef)r fetjöne ©rab= monumente in reidjer 3<W a"f- SM* möglichen Qeftematten foroie s<8ronjeguf? fiuben SBerroenbung. $)ie (#rabbenfmäler finb häufig gefdjmarfoöll entworfen, bie 33ilbfjauerarbeiteu gut au§= geführt. 3roifd)en oeu einfachen (Srabfteineu be3 alten Srieb^ i)ofe§ unb jenen oft monumentalen ©rabbenf malern be$ grieb* rjofe§ auf ber Scfjanj ift ein großer Unterfdneb. sJlid)t allein oerebelter ©efcfymacf fommt barin jum 9(u3brucf, fonbern aud) ba§ ftetige Jortfdjreiten oon bev einfügen @infad)t)eit ju ersten Slnfprücfyen in allen fingen be§ ßebeu§.

^ißar äeorg jlitgitll ^attftammer.*)

Stuf bem SUtftdbter ftriebbofe, nabe ber aHauer an ber ftlufefeite, Hegt ein ©rab, ofme (Stein, ohne itreuj, ol)ite irgenb melden Sdjmucf ober eine ^nfajrift, unb bod) ift ee bie Stutjeftätte eines IWanne«, ber ftcQ um bie forfdjung ber SBergangentjeit feiner oon itym über alle« geliebten Steterftabt $forjf>eim ein b>ljed SJerbienft erroorben bat. Ter 9Hann roar ber eoangelifcfje ^farroifar Georg 9luguft Üottljammer, ber trüber beä oor 2 Ja^en oer= ftorbenen Jfabrifanten ftarl fteinrid» Vottlmmmer. (Sr roar ein SHann oon reidjetu Weifte unb ungeroölmlidjer 8rtjaffeu«fraft. (Seine Schriften jeugen oon ftrenger ffiiffenfdjaftlidjfeit, fie ftnb oon lidjtooller Mlarljoit ber Darftellung unb oon fold) (kftetQifrfj geläutertem 6d)ioung ber tUmutaue, ba& man fie immer roteber mit ®enufc ju lefen oermag. ©eorg 2luguft £ottl)ammer mar geboren am 5. Cftober 1811 im .\>aufe 9ir. ti ber «einen ÜJerbergaffe in ^forjfjeim. ©ein SJatei mar ber ©olbarbeiter ßbriftopt) ^riebrid) von ha minor, ber atö jroeiter Äabinetmeifter in Subroig Äienle'ö jabrif th.üig mar. @eorg befudjte bie £ateinfd)ule feiner Saterftabt unb mar ftetä einer ber beften ©djüler. fceibelberg ftubierte er Jfjeologie. SW« fterienjeit benufcte er mit Vorliebe nun Xurdjftöbern alter ©cfdjidjtSroerfe, roeldje auf bie ©efdjidjte feiner Heimat Sejug Ratten. 9tadj beenbigtem Stubium fanb l'ottbammer eiue Stelle al* fcaudlebjer in ber ^amilie be* ftreitjerrn Ööler o. NaoenSburg in ber tief» bürg (3Bafferfd)lofr) ©a)attb,aufen bei SBieälod). §ier oerblieb er B 3ab,re. Die Jamilie be« ftretyerru gab u)m ba3 3eugni8, bofc er ein feb,r gelehrter fcerr geroefen fei, fleijjig unb talentoou". Siieüeidjt tljat er im Arbeiten be* ©uten juoiel unb oerfäumte bie nötige (hbolung. 3m ftrübjommer 1840 fam er ald ^ifar in bie Giemeinbe 3)ammentb^al. ^ber balb maa)te fub eine geiftige Störung bei if)m bemerfbar, medb,alb er ben SKfarbienft aufgeben mufete. ©ine Äur in ber .^eilanftatt Söinnenben braute itjm feine ^öefferung ; ba feine flranffjeit einen gutartigen ISljaratter batte, rourbe er nad) <paufe jurüdgetjolt, roo er biö ju feinem am 4. Tejember 1841 erfolgten lobe in ber Pflege feiner ©Item unb Wefdnoifter oerblieb.

Irofcbem Vottb,ammer in ^forjbeim geboren rourbe unb bicr ftarb, roiffen bie roenigften Seute etroa* oon itjin, oiel roeniger oon feinen ©djriften.**)

*) 9iad) einer ÜHitteilung im w9lnjciger" oon SR. ©erroig. ••) Urft bura) bie 9tadn'orfd)ungen be« ^errn 91. ©erroig fam einige» £i$t in bie öefdjidjte bee oerbienten SWanne«.

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^forafoim im 1§. 3afctbunbett. 547

SJom 1. Januar bt« 1. Juli 1835 erfchienen in bcr Drucferei Äafr al« wöchentliche Beilage jum „^Beobachter" oon ihm eine SCnjahl fluffäfre, betitelt „^for$betm« llorjett". 3)icfed Beiblatt rourbe otelfacb gefammelt unb gebunben unb ift beute noch in einjelnen .Käufern ju finben. SWotio führte ee ben Spruch von SBielanb:

„Du ((einer Ort, roo ich ba« erfte Sicht gefogen, Den erften (Schmers, bie erfte Suft empfanb: (Sei immerhin unfebeinbar, unbefannt, 9Rein fcerj bleibt boef) vor allem Dir geroogen."

Die 26 Hummern von „^for^eim* SJorjeit" enthalten 3 hiftorifebe Ucoocllen, „Die §ochjeit oon Dübingen", „Der fmMtt^mt „Die Äaiferlichen in ^forjheim", ferner eine roertoolle gefcbichtlicbe otubie über „$}urg unb Dorf Söeifcenfteiu" unb über bie SHecbtöoerhältniffe ber Dorfberoohner jum Schlofeherrn. (Sine weitere Arbeit behanbelt in recht ausführlicher Söeife bie ehemalige @röfje unb Söeoölferung uuferer Stabt. Diefer folgt eine fehr ausführliche Sdjilberung ber Grlebniffe ^forjbeim« im CrleanS'fcben Kriege. Dajroifcben finb (leinere SCrtifel eingeftreut, Nachrichten über einjelne Jamilien, über bie fcerenprojeffe in erfingen, hiftorifche Sfijjen, j. 8. „fceinricb, ®ölbelin oon Diefenau", „Die alte ©olbfebmiebejuuft", „Die alte ^lofrerjunft" ic. :c. SSaS £otthammer an gcfdjidjtlichem Material jufammengetragen tjat, entfpridjt einer grojjen, oon bem mit foldjer Dhätigfeit Unbelannten meift gar nicht ge* roürbigten ÄrbeitSleiftung. Dabei ha: er überaus pünftlicb, unb gereiften* baft gearbeitet, Jm ÜJro&herjoglichen QJenerallanbeSardüo befinbet ftd) ber oon Ä. $b. i'otthammer um 55 Öulbeit erioorbene fdjriftlicbe 9tod)lafi beS ©efcbtcbtS* forfäerS, (fsjerpte oon Urfunben, HuSjüge au« 3iat«protofollen, Siotijen über ^JforjheimS Bürger: unb SlbelSgefdjlechter. iBon jufammenhdngenben Arbeiten finbet fia) barunter eine otubie über bie (Einführung ber Deformation in ^forjheim unb SJemerfungen jur Äird)engefa)ia)te ber @tabt. Slujierbem be« finbet fieb babei eine Arbeit über: Der Dob ber 400 ^forjfjcimer. 8dm Durdjforfchen ber alten Daufregifter mar i'otthammer barauf gefommen, bafi bie Drabition oom Dpfertob ber Sierhunbert unmöglich in ber ^orm richtig fein fönne, bafj ade auf ber Söahlftatt geblieben feien.

^flüger fdjreibt im itorroort feiner „(Mefchichte ^forjbeimS": „9Jm fleijjigften unb grünblichften unter ben benannten (Dr. Wap 1687, ($. S. Deimling 1788, ©ehreS 1795, Noller 1811, Slotthammer 1835) hat Sotthammer auf bem (Gebiete ber Öefcbicbte feiner SJaterftabt gearbeitet. Doch liefe ihn ber Dob fein Söerf nicht oollenben. ©eine 3Rauuffripte, bie ftch im ©eneral* lanbeSardno in Karlsruhe befinben, ^aben mir manage fdjäpbare SluSbeute gewährt, obgleich aud) b,ier roieber auf ®runb neuerer 5orf^un9 unD DCr ©rgebniffe berfelben oiele« ju beridjtigen unb ju ergdnjen mar."

Der früh, oerftorbene, treue unb hochbegabte 3 olm ber Stabt ^forj^eim hätte e$ roohl oerbient, ba^ fein Slnbenfen bura) ein, wenn aua) befd>eibene* Reichen ber Erinnerung geehrt mürbe.

Seit ben 80 er 3<*&ren bed 18. ^ahrbunbert« mar auch ba« einft fo berühmte ^forjheimer ^Jdbagogium roieber aufgeblüht. iBon 1790—1809 roar

*) söeüage jum ^ohreöberichte oon 1890, ©efebichte bed ÖpmnafiumiS oon Direftor Scbneiber, Beilage jum Jahresberichte oon 1901. ©efebiebte ber «Inftalt oon 1890—1900 oon Direftor »ifftnger, unb Jahresberichte be« ^Jabagogium«.

85*

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^fotabeira tm 19. 3abtbimb«rt.

ba«felbe mit einer Healfdmle oerbunben. 3m Jahre 1838 erfuhr bie Littels fdjule in ihrer Crganifation infofern eine Steränberung , al« fie neuerbing« mit einer lateinlofcn ^öt)eren *Bürgerfd)ule oerbunben würbe. ,\u biefer $er* faffung verharrte bie Slnftalt bi« jum 5. Dftobcr 186». $aun würbe bie höhere 3}ürgerfd)ule in ein fed)«flaffige« Ncalgamnafium umgewanbelt unb mit bem ^äbagogium in ber fßeife oereinigt, baß bie brei unteren Klaffen beiber ^(nftalten benfelben vclivolan Ratten unb barnad) bie (Gabelung eintrat, 3lber bereit« feit bem Jahre 1871 mar innerhalb ber SJürgerfdmft ba« Serlangen nad) einer lateinlofen höheren !öürgcrfd)ule laut geworben, welche bann auch am 15. Jcoruar 1875 wieber in« Vcben gerufen würbe. Gin im Slpril 187« oon bem bamaligen 2>orftanbe be« }$äbagogium«, be« :Healgqmnafium« unb ber beeren »ürgerfdjule in "^forjbeim, bem jefeigen Dberfa)ulrat Dr. Ernft o. ©aUmürd, oerfafcte« (Mutanten fagt über ben bamaligen Stanb be« ^forjbeimer aRittelfa)ulmefen« u. a. folgenbe«:

„£ie in ^for3b,eim gegenwärtig bcftel)enben SHittelfcbulen finb:

a. 35 ad Stealgumnafium mit 6 Klaffen mit ber Skrecbttgung ber 2(u«ftellung oon Giniäbrig^v^ciioilligeujeugniffcn nad) Slbfoloierung ber K. Klaffe, ©ein ^roetf ift bie Vorbereitung für bie ted)nifcbeu Jyäcber refp. für bie 7. Klaffe eine« ariaffigeu Siealgumnaftum«.

b. 2)a« ^äbagogium, b. f>. bie fünf unteren Klaffen be« ooÜ* ftänbigen 9 flaffigen (Mnmnafialfurfe«. ÜJon biefen 5 Klaffen finb bie 3 untetn mit ben ftealgqmnafiumäflaffen fombiniert, bie beiben obern erbalten blofc ben grted)ifa)en Unterricht unb befoubere i'ateinftunben für fid) allein.

c. 3)ie höhere ^ürgerfdjule. 2>iefelbe umfaßt 2 Klaffen unb foU oorerft auf 4 weitergeführt werben. 3?amit finb alle im (Groftberjogtum organifierten ^ittelfdjulen ^ier oertreten, jebott) (eine in folgern Umfange, baji fie eine irgenbwie abfd)lie^enbe SMlbung $u oermitteln im ©tanbe wäre. ,\n biefer Öejiebung ift ^forjbeim ungüuftiger geftellt, al« oiele weit Heinere Stäbte be« Sanbe«."

$a« Öutadjten fommt nad) Erörterung ber päbagogifdjen SJebürfniffe ^iforjheim« ju bem Slntrage, ba« ^äbagogium unb diealggmnafiutn in ein 7flaffige« ^rogomnafium umjuwanbelu unb baueben bie neben- $ürgerfdut(e bi« auf eine Öflaffige fortjufüb,ren. £iefe« (Gutachten fanb bie 3ufii»mmm9 ber ©tabtbehörbe, unb bie Einrichtung ber geplanten Slnftau jene ber Regierung. $n ber neuen Stnftalt ^atte ^Jforjheim eine ©cpule erbalten, welche, oerglidjen mit ben bi«berigen 5(nftalten, fowol)l höhere ^eredjtigungcn, al« aua) isoliere wiffeufd)aftlia)e erreidjte, wäbrenb baneben burdj bie weitere 9lu«bilbung ber höheren SJürgerfdmle bie Jntereffen ber Eltern berüdfid)tigt würben, welche für ibre ©ohne bie fog. reale 23Übung ber (Ggmnaftalbilbung oorjogen. 2Bie oon felber aber brängte bie blofce giften) be« ^rogomnafium« naturgemäß auf bie Erweiterung be«felben ju einem SBollgumnafium tyin, wenn nur bie Schüler* frequenj eine foldje war, bafj bie bamit oerbunbenen SJiebrfoften Staat unb ©tabt jujumuten, gerechtfertigt erfd)ien. Unb biefe Sebingung war gegeben. Äm 1. 9tooember 1878 fteUte, wie ber Jahresbericht ber Stnftalt pro 1878/79 aufführt, bie ^ireftion an bie Oberfdmlbehörbe ba« begrünbete (rrfueben, womöglich fchon für ba« nächfte ©chuljabr bie Errichtung einer ^Jrima an ber 9(nftalt bewirfen 3u wollen. 3>ie alebalbige I'urchfübrung biefer Wafjnabme fa)eiterte oorerft am Öelbpunft. 3luf eine oon 52 ^ntereffenten an ben ©tabtrat gerichtete Eingabe befcblofj ber «ürgerau«fd)uß am 18. «uguft 1880, naa>bem Regierung unb Kammer bereit« ihre (Genehmigung ba$u erteilt hatten, bie Einführung eine« neunflaffigen ^üllt^umintimn«? , ba« al« folche« im neuen ©chuljahr 1880/81 feinen Unterricht aufnahm.

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^forabeim im 19. 3abrbunbeit.

549

rti ü I f v \ n hl :

Im ^Jäbagogium

9n ber fröf). SJürgerfdjule

Xm Weal« gQtunafium

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1858/P9

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1861 62

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1866/67

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1867 68

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1868/69

55

68

140

1869,70

32

30

216

1870:71

9

22:*

1872/73

4

317

1873/74

7

303

3(13 SJorftänbe roirften am }Jäbagogium bejro. an beiben 3(nfta(ten von »cgtun be* 19. 3aljrf)unbcrt$ ab: Seit 1790 3. ft. Ib,. 3anbt, 1807 3. ®. ft. Treutel, 1818 ffi. frommet, 1838 C5l>r. Äröll, 1842 Saljer, 1846 fcenn, 1852 &. ftelferich, 1854 3. i'ameo, 1866 ^ßrooence, 1875 0. Sallroürcf. £ebrer an bcn Slnftaltcn roarcn oon 1848 ab bis 1875: ^Jrofeffor Schumacher, ^trofeffor 0. tfifenlobr, l'ehrer 3. Schönlein, Steallehrer tfubn, i'ebrer Slrnolb, Vehrer iHichter, bie ^rofefforen Kamill, (Sppelin, Dr. (Drohe, Saljer, Sloth, (Sh. Stocfert, Dr. ©arlipp, Dr. ftobenberg, Ä. o. l'ang«borff, Sieallebrer ^of|. Skifei.

Tie tlcbaiifuitg bed GJpmnafiumä bei feiner Stegrünbung roar baä alte SpitaU unb WrünbnerhauS , roelcbeä nach feinem Umbau 1872 oon bem bamaligen ^äbagogium unb Stealgumnafium bejogen rourbe. 5Borb,er befanb fieb bie Slnftalt im alten Scbulbaud, loofelbft noch. 1856 untergebracht roaren:

Ta$ ^ctbagogium unb bie §öb,ere Öürgerfchule mit 171 Schülern,

Tic ©eroerbefcbule

Tie flnabenfcbule

Tie 3}cäbd)eufd)ule

Tie eoangel. Jortbilbungefcbule

Tie faib.

Tie höhere Xöchterfcbule

n m

H

n

310 . 310 302 Schülerinnen 81 Schülern 124 123 .

„Sufammen alfo 1421 Schüler.

SÖar ber Tanf, roelchen Tireftor ^rooence ber (Hemeinbebehörbe für baä eigene Webäube auäfprad), ein roohlbegrünbeter , fo machten fich beffen ungeachtet für bie Jyolge fo oiele Unannchmlicbfeitcn geltenb, bajj bie Sufriebenheit nicht lauge anhielt. Tie roieberholten klagen lourbeu in ber ii'cife abgeftellt, bafo bem Wumnafium bas bisherige s-Bolf*fd)ulgebäube im „Seban" jugeroiefen rourbe, in welches e$ im SRooember 1884 überftebclte. Ter ^taat überlief bafür ber Stabt ba* bi« bab,in im Eigentum beö ©ymnaftum* befinblich.

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550

^forabeim im 19. 3abtfcunbett.

$roreftorat$bau£ (Sparfaffe), welches bie Sienftwotmungen beS $ireftor8 unb jweicr ^rofefforen enthielt, im Äufdjlage ju 50 000 Watt, ferner bejahte er ber ©tabt, obwohl biefelbe bie Verpflichtung §ur Grftellung ber geeigneten Totalitäten für ba$ (Hnmnaftum hatte, ein jährliches iJtietgelb oon 2000 3Wf. unb ba« SüohnungSgelb bed Direftor«, früher 540 Uif., feit 1890: 620 $if., ba biefer nun feine Eienftmolmung im Sctjulgebäube felbft bat.

£ie bem ßtyinnaftum übergebenen Bäume liegen in ber nad) 9torb* weft gerichteten foälfte beä fcaufeS, wäb,renb bie füböftlidje ber Cberrealfdmlc jugebort, bod) fo, bafj beibe ftuftalten oöllig getrennt finb. ,\u ben oberen Stocfwerfen würben $Bob,nungen für BolfSfdjullebrer eingerichtet 3>ic Sr* Weiterung ber 9tealfd)ule ju einer Cberrealfdmle unb bie ftetig roadjfenbe cctuilofuilii biefer 9(nftalt liefe ein ferneres Verbleiben beiber Sdjulanftalten in bem gemeinfamen Webäube als uuthunlicti erscheinen. 5ur baS Ögmnaftum ift ba hei ein U'eubau geplant, ber in wenigen Rainen fertig geftellt fein foU.

3ur tfetjrperran nuq ift ju erwähnen, bafj bie beiben ^abreäfurfe ber 'Prima bis jum frerbft 1899 in allen fächern fombiniert waren, unb ba& erft oon biefer Seit ab ber matbematifebe Unterricht für beibe fllaffen oöllig, ber beS ö)ried)ifchen teilioeife getrennt unterrichtet wirb.

T)it Beteiligung ber Sdjüler an ben fafultatioen Jachem beS Ifng« lifchen, ^ebrätfehen unb an bem feit 1895/96 eingeführten freiwilligen Unters rieht für barftellenbe Weometrie ift eine febr rege; ftc betrug 1899/1900 im gaujen burd)fd)nittlich 82,98 ^rojent ber Schüler in $rima unb Sefunba. •Jl'.ul! jur Erlernung ber Stenographie ift ben Schülern (Gelegenheit geboten, ©elebrt würbe anfangs ba* Suftem SioUer, fpdter baS GtabelSberger'fcbe unb Stol$e=Sd)reo'fche. 2>er oon Iurnlel)rer Scbeuffele 1883 eingeführte ftreu turnturS hätte mit bem Schuljahr 1891/92 auf. Schon im l'aufe beS erften ^abrjefmtS waren ber £>anbfcrtigfeitSunterrid)t (1880,81— 1885,861 unb Oer an ber Äunftgewerbefd)ule für (Gomnafiaften eingerichtete ßeidjenfurä (1883/84 bis 1887/88) mangels an Teilnehmern eingegangen.

9lm Öamnaftum wirlten unb wirfen feit 1880 folgenbe tfr bm : Dr. .^einrieb Schneiber, Direftor (1877 1895 f), (er war ein Wann oon um* faffenbem Riffen unb geläutertem (Sbarafter, beffen unermüblidje felbftlofe Eingabe, beffen pflichttreue unb OrbnungSfinn befrud)tenb wirfte auf alle bie lebrenb unb lemenb 51t gemeinfamer Arbeit mit ii)m oerbunben waren), ^ro* feffor Karl Biffinger, £ircrtor (feit 1895), «leranber «et)r (1880-1881), Dr. £ubwig Örofje (bis 1887), Dr. Atari Sieufe (feit 1876 hier), SBilbelm Stern (1876-1887), Äarl Steljner (feit 1877), £ran$ "Pia* (18-1 1889), (Smft Jeimann (1882-1884), Marl »merSbad) (1885—1887), Dr. Äarl Bädjle (1887- 1892), Jriebrid) flcüblbäufer (feit 1887), .^einrieb SHeicbcU (feit 1889), dbuarb Baumann (feit 1893), (Sbwin Tepp (feit 1894), SBilbelm Äöhler (feit 1894), ^rofefforen ; Wibrecht ©anSlofer (187«— 1898), »ermann ftüffinger (oon 1877 an Tehrer ber Slnftalt, beroorragenber SWuftfer, beliebter ÄoHege unb Lehrer, ftarb 1889), 21. Gpp (feit 1890), iHeallebrer.

Seit bem Befteben beS (HpmnafiumS (1880 bis fterbft 1900) haben an bemfelben 184 Sdjüler baS iHeifcjcugntS für bie Unioerfität geholt. 3US Beruf wählten oon beufelben eoangel. Theologie 22, fatholifdje 3, JuriSprubenj 53, aKebijin 47, Jinan^ad) 6, ^tfiloloc^ie 15, eoangelifdje Theologie unb Philologie 1, 'Diatbematif unb ^iaturwiffenfehaft 4, Jyorftwiffenfdjaft 5, Militär: bienft 5, fiifeubahnbienft 4, Wafdjinenbau unb (Sleftroted)ni( 7, Chemie 2, Baufad) 1, Jngenieurfadi 3, ^oftfadj 3, ben faufmännifd)en Beruf 2, au«^ gewanbert {. ein 3iel ihre« Stubiumd haben nur febj wenige nidjt erreicht.

lieber ben Woppepprei« fiehe Stiftungen. Die ^infen bettagen jährlidj 20 SNf. 57 ^fg.

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Worabeim im 19. 3abrbunbert 551 OFrrqttcni beö (Otimitafiitittö Hott 1*80-1900.

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1889 90

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1895/96

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139

19

5

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163

3

3

11

1899/1900 1 129

41 (9)

3

1

137

23

13

166 173

2

1

8

&ie einnahmen ber ÄnftaltSfaffe betrugen

1881 - 39165,30 SRf. 1900 - 57 611,43 m.

2>ie ftuägaben ber 3(nftalt8faffe betrugen

1881 - 37 693,93 2Hf. 1900 - 68 317,19 2HF.

Bte ©flmeaffdmfe.*)

5)ie Dberrealfdjule in ^forjljeim ift fjernorgegangen au§ bev $öbern SBürgerfcfyule, bie am 1. bcjro. 13. gebruar 1875 in i()rer nnterften 5llaffc oon bem bamaligen ^abagogium unb SHealgumnaftum abgezweigt, bei ber (Eröffnung 34 ©djüler jaulte. $iefe 3at)l err)öt)tc fid) am ©d)lu& bc§ 1. ©dmljaf)re§ 1874/75 auf 40. $ie neue, junädjft auf 4 QafjreSfurfe berechnete Anftalt mürbe oorerft ber $)ireftion be§ $äbagogtum§ unterteilt unb nafym au§ beffen Sefjrerfollegium bie nötige £efjrfräfte, roie fte aud) beren Qnfpeftion unb $lufftd)t£rat unterftanb. 3af)r für 3af)r füllte eine neue SUaffe angefügt unb ba§ Sefyrperfonal nad) 3Jcaf$gabe be3 93ebürfniffe3 erweitert werben. 3m 4. ©djuljafjr, 1877/78, feit ©rünbung ber Auftalt rourbe bie unterfte ftlaffe in 2 Abteilungen gefpalten. 3m <5d)uljaf)r 1879/80 fanb . bie Anftalt mit ber ©rric^tung ber oberften klaffe i^ren einftmeiligen le^rplanmä^igen 9lbfd)lujj. S)ie Qafyl ber in biefem ©cfyuljatjr bie Änftalt befud)enben ©djüler belief ftcf) auf 174, roobei bie klaffen I bi§ IV einfrijliefjlid) in je 2 Abteilungen gefpalten waren. Qm ©djuljaljr 1880/81 mar bie Schule in ber Sefyrerfdjaft fomo^l al$ in ber <Sd)ülerjaf)l fomeit erftarft, ba§ fie ber iireftion be§ frübern ^ßäbngogiumS unb Diealgomnaftum^, nunmeljrigen ©r)mnafium§, entzogen unb einer felbftänbigen Seitung unterteilt werben fonnte. ^J)ie sJ3orftanb-

*) amtteilungen ber Jerxen ^rofeffor Unjer unb ^ireftor Dr. UlüUer.

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^forabeim im 19. ^abrbunbert.

fdjaft würbe bem bisherigen SBorftanb be§ SHealprogumnafiumS in Gttentjeim, ^rofeffor Sölluer, übertragen, bcffen Xienftantritt im Oftober 1880 erfolgte. $ie 9lnftalt entwickelte ftd) in ben folgenbeu 3afjren in junebmeuber Steigerung ber Sd)ülerjaf)l, bie ftd) im Sdmljaf)r 1880 81 bereite auf 280 cvr>of>t hatte, in erfreulicher 5öeife. ©ei ber gebeil)lict)en Gnttwicflung be§ 9ieatfcbulwefeu3, wie in ben übrigen babifdjeu Stäbten, fo aud) in ^for^eim, tonnte bie Umgeftaltung ber ©öbern iBürgerfdjule in eine 7flafftge sJiealfd)ule in$ Muge gefafjt, unb febon im $otyct 1883/84 oorerft in prooiforifdjer Söeife angebahnt werben. 2)ie befinitioe Umgeftaltung erfolgte erft im Schuljahr 1884 85. ^n biefem 3af)re trat aber aud) eine Slenberung in ber fieitung ber (Schule infofern ein, als $orftanb s]kofeffor Söllner infolge eine§ fdjweren 2(ugenleiben§ biefer Stellung enthoben unb al§ ^rofeffor an ba$ ©nmnafium in ftarlSrube oerfetjt würbe.

Sin feine Stelle trat s}kofeffor ©ibler, bisher am ©umnafium in ftarlSrube, unter bem 10. Qanuar jum $)ireftor ber 9feal* fd)ule ernannt. $>urcb (Srlafj ©rofcb Oberfd)ulrat§ ooin 27. $an. 1885 würbe bie bisherige £)öf)ere $3ürger[d)ule enbgiltig unter bie 3af)l ber iHealfdjulen aufgenommen, ^n bem bieSbeflüglidjen, jwifd)en ©rofjh. Oberfdjulrat unb bem Stabtrat in ^for^eim oereinbarten Statut würben £el)rplan unb Organifation ber SInftalt al§ Tflafftge fliealfcbule geregelt. 3)ic Schute jäblte im Sd)uljal)r 1883 84 321 Stüter 3u beginn be§ Schuljahres 1885/86 würbe möglich, ber Stnftalt eine ihrer «ebeutung unb ber #abl tt)rer Sdjüler entfpredjenbe sJtciumlid)feit sujuweifen, inbem ba§ ©mnnaftum unb bie iHealfdjule ba§ in ben 70 er Sauren erbaute ScbulbauS ber Sebanoorftabt jugemiefen erhielten. $ireftor 53if)ler leitete bie Slnftalt bis Oftern 1888. 3m 9)tai beSfelben $abre§ würbe ^rofeffor ^Bilrjelm Stocfer oom SHealgnmnafunn in Karlsruhe |itm $)ireftor ber 9?ea(fdm(e ernannt, $ie früher fdjon oerfucb$weife getroffene Umwanblung' dou Ol (OII) in eine Ihuit'mäunifrfu' $a<üfrtatte würbe 511 beginn bes Schuljahres 1888 89 bafjin abgeanbert, ba& in möglicher Anlehnung an bie lef)rplanma&ige @inrid)tung ber 7flafftgen sJtealfcbulen be§ £anbe§ gleichzeitig bie örtlichen ^erl)ältniffen mit ihren ben ©anbei unb ber Qnbuftrie sugewanbten SJebürfniffen tt)unlid)ft berücrjidjt werben. 9Iuf Antrag be3 Beirats ber ©ewerbefdjule, bem fiel) bie ftäbttfdjeu $3cbÖrben anfdjloffen, würbe mit ©cnebmtgung ©roßl). OberfdjulratS ber feit 30 fahren ber ©ewerbefdjule angeglieberte flau finännifdir wintern rfttsfturs ber JHealfdjule angefd)lo||en unb bereu ^ireftion unterfteüt, im übrigen aber oöllig felbftänbig gegliebert.

3>urd) Grlaft ©roftb. OberfdnilratS oom 18. Oftober 1893 würbe genehmigt, bajj italienifdjer unb fpanifdjer Sprachunterricht

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^foräbeint im 19. 3abilmubert. 553

an freiwillige Teilnehmer au§ ber btx: Realfdjüler im

SHahmen bei UuterridjtS be$ -Äanörfou urfes unentgeltlich erteilt werbe, unb jroar jeroeilS mit beginn be3 Sommerfemefter$ jebe$ Sd)uljaf)re$. Tiefe Unterrid)t§erteilung follte ftd) erftrecfen auf Schüler ber Olli bi§ Ol. Qu gleidjer Qzit rourbe bie (Srteilung oou ftenograpfjifdjem Unterricht nach bem Snftem Babelsberger genehmigt. 9lm 10. 9lpril 1896 erfolgte bie Veröffentlichung be£ neuen SehrplanS ber Realfolien unb Oberrealfd)ulen unb ber Drbnung ber Reifeprüfung , roie fte au§ ben Beratungen ber nach Karlsruhe berufenen $)ireftoren unb Borftänbe ber genannten (Schulen herooröcöan9eu waren. $u Beginn be$ SdmljahreS 1896 97 rourbe ber ^lan ber (£rroeiterung ber 7f(afftgen Realfdjule ju einer Bollanftalt roieberum aufgenommen. Bon zahlreichen (Sltern unb Jürforgern ber Schüler unterftütjt, rourbe feitenS ber 3)ireftion eine bieSbejügliche 5)euffchrift au§* gearbeitet; oou ben ftäbtifchen Kollegien befürwortet, fanb fte aud) bei ber ©ro&b- Regierung nunmehr freuubliche Aufnahme. 3m Schuljahre 1898/99 erfolgte bie Errichtung ber O I, nach* bem im 3at)re juoor bie U I errichtet roorben roar.

s-löährenb ber Sdjülerftanb Gcnbe ber 80er unb am Einfang ber 90er Jahre ftd) bi§ ju 475 Schülern erhoben ^atte^ ging er bann roieber langfam, aber ftetig jurücf bi$ um bie SRitte ber 90er Jahre, fobafj im (Schuljahr * 1893 94 ber Beftanb nur 385 jählte; feit bem Schuljahr 1894/95 ift ebenfo ftetig roieber ein vJlnfchroellen bemerfbar, fobag ficf> bie Schülerjahl im Schuljahr 1895 96 bereite roieber auf 405, im folgenben Jahre auf 425, im Schuljahre 1897 98 auf 452, bann auf 495 unb im legten, 1899/1900 auf 507 erhöhte.

$ie $lnftalt hatte im grühjabr 1901 einen fdjroeren Ber* luft ju beflagen. Jbr $ireftor 3Bi(heün Stocfer roar in ber Rächt sunt 9tfchermittroocb, 63 Jahre alt, oou einem jähen Tobe ereilt roorben. 2Ba§ ber Berftorbene al§ ^äbagoge, Bürger unb ©efeüjchafter an (Ehren uerbient, ba§ hat £err ^rofeffor (S. Unfer in einem längeren Rachruf (Jahresbericht 1901) ebenfo fa)ön roie roürbig bargelegt.

Einer anbern fteber roirb oorbehalten fein, ba§ Mnbenfen biefeS oerbienten ebleu SJcanneS auch in ber ©efd)ichte ^forjheim§ ju oereroigen.

T>ex\ci$ni$ oet etatmäftiqrn Beßrer ber GibexteaUMe vom $c6ruar 1875 an 0t$ 1901.

iöorftanb ^rofeffor Dr. (£. oou SaUroiirct 1875-1877 ^rofeffor 3of. Stöcfle 1875-1888 fteailefatv Gbuarb äöangner 1875-1877 (f)

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554 ^fotabeim im 19. ^abtbunbert.

tteallebrer eiia* *Uotf 1878-1893 (f)

Tireftor Dr. fteiurict) 3d)neiber 187«— 1880

fleallebrer Üarl Gruner feit 1876

Irofeffor 8. Tretforu 1878 1881

irofcffor I. Q. bäumt 1878 -1887

Turnlehrer Hermann 3d)euffele 1878

fleiajenlebrer fiJufto» SHeber 1879 - 1901

«orftaub ^rofeffor ^ob- Söllner 1880 - 1885

ISrofeffor «balbert flaier 1881 -1885

tyrofeffor Dr. (Jbmunb o. Jreijbolb 1881- 18S7

^rofeffor %ot). *ep. flepf 1881 18S8

Healle&rer fceauber kümmele 1882

£ireftor ^einrieb, Ötb,ler 1885 1887

irofcffor i^bilipp Äfal 1885-1890

^rofeffor £mil Unfer 1S85

tkofeffor Dr. ftertinanb 3tabl 1886

Neallcljrer ftuftao Sdjueiber IP87- 1892

Cberlebrer Cefar Äüfeioiebcr 1887 1892

fleallebrer Marl fBenjel 1887-1896

Tireftor ffiilbelm Stoder 1888 1901 (f)

tyrofeffor öeora. Ireiber 1888-1890

Otto ftartmanu 1888

Slnbrca* »raubt 1889

Dr. >fepb, (Mrabeubörfer , 1891

Marl l'ana, , !891

fleallebjer 3(bottmüUer 1892

^btlipp Wtwt 1893

ftelir. «artiu 1895

Marl Mefter 189«

^rofetfor «eorg UDieirucr 1898

^etef i'tuben 1899

Tireftor M. Jriebr. Füller , 1901

Pas Sfd>rfö)e ?nl!Uttt.

feit 1878 nad) $arl§ruf)e übergeftebelte 5e<$t'f<tie 3 uilt tut rourbe 1874 rjier al§ fog. 3Iufgabenfdmle für ©djüler be§ bamatigen ^tealgnmnaftumS gegrünbet, forote als" 93or* bereitungdanftalt für ba§ (Sinjät)rifl - SreiiüiUigeneramen. $ie Änftalt ertjielt 2 3at)re fpäter bic ßonjeffion ju einer (Elementar* SBorfdmle Tür ba§ SRealggmnaftum.

I>te t^ntJcrßcftßttff.*)

(Sin fdjon 1771 gemachter SBerfud), für augeljeube Jpanb* roerfer eine 3eid)enfd)ule mit Unterricht in ©eometrie unb 3Red)amf in'g i*cben $u rufen, blieb oljne bauernben drfolg.

♦) 3a(n*e*beria)te ber ®eu>erbefd)ule, „$eobad)tcr".

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tDforabeim im 19. Oabibunbeit.

<ßon 1805 1833 beftcmb für freimütige Teilnehmer oon Sdjülern be§ >päbagogium3 unb bev 93olf3fd)ule ein 5lurd für greibanbjeidjnen, au$ meldjem ftd) 1833 eine georbnete ftaatlidje

fianbmerferfcbule enttoicfelte. Sic follte bcn Qimd haben, jungen euten, bic ftd) einem ®eroerbe mibmeten, ba§ feine l)öf)ere ioiffenfd)aftliche SBilbung erforberte, unb ba§ fte praftifd) ju er* (erneu bereits begonnen hatten, biejenigen ftenntniffe unb graphischen ^ertigfeiten beizubringen, bie fte jum oerftänbigen betriebe biefe$ (SeroerbeS gefrf)icft machen fonnten. 3)er Unterricht follte um* faffen: ßanbjetd)nen geometrifdjer Figuren unb Körper, Orna* mentenjeidmen, $Iritbmetif unb algebraifdje ©runbbegriffe, ©eo* metrie unb geometrifd)e3 Zeichnen, inbuftrielle 5öirtfd)aft3lebre mit Einleitung jur einfachen ^Buchhaltung, Hebungen in fd)rift* lieben 9luffätjen, ferner 9laturfunbe unb sUled)anif. 2)ie Unter* rid)t§jett mar auf bie Sonntage mit 2 Stauben unb an 2öod)en-- tagen in ben JJeierabenbftunben auf 1 Stunbe feftgefefyt. 5lud) gefitteten <£>anbroerf§gefellen mar ber SBefud) ber Schule erlaubt. 4)ie Sefjrer maren junäcbft unftänbige, ttici)t päbagogifd) berufe* mäfrig oorgebilbete : Skupraftifanten, ©umnaftallehrer, Pfarrer, 93olf$fd)uller)rer, ©raoeure, OTecfjanifer. 35er (Staat leiftete einen ^Beitrag oon jährlich 100 fl.; ber ©emeinbebeitrag betrug neben ©etoäbrung be£ ScbullofalS, ber $eijung, ^Beleuchtung unb 93e* bienung 50 fl. 2)ie Scbuloerbältmffe maren fefjr fchmanfenbe, unb nur burd) ba§ Eingreifen ber Regierung mürbe ba§ (Sin* gel)en ber Schule oerbinbert.

3m Safjre 1844 betrug bie Sd)ülerjabl 80, bie oon einem ftacblebrer, $ireftor $uber, erteilten möcfyentlidjen Stunben 21. iftit beut 9luffd)rounge ber Qnbufrrie unb burd) bie treff* lidje Organifation ber Schule burd) |>uber fteigerte ftd) bie tJrequenj oon 3abr ju 3af)r. $ie Scbüleraabl, roeldje 1850: 121 betrug, erhöhte fid) 1854 auf 372 unb 1858 auf 585. Utiterrid)t$fiunben mürben nun roödjeutlicf) 102 erteilt. 3m felben Qabre erhielt bie 9lnftalt auch e'ne $anbel3abteilung an* gefügt. 2Bäbrenb ber ©efamtaufmanb 1843 nod) mit 900 fl. beftritten rourbe, erreichte ba§ SBubget 1868 = 4000 fl. $>aoon mürben 1400 fl. burd) Sdjulgelber, ba§ Uebrige burd) ^Beitrag au§ ©emeinbe* unb (Staatsmitteln gebeeft.

1851 erhielt bie Schule 2 £ilf Slebrer unb 1858 einen jtoeiten fmuptlebrer. 93i§ber mürbe ber Unterricht im 9iathaufe abgehalten, im Qafjre 1859 rourbe bie Schute in ba§ ^äbagogiumS* gebäube oerlegt. 1873 erhielt bie Slnftalt eine stoeiten 3**4)*"' unb SDlobeüterlef)i*ev unb 1875 einen jtoeiten ©eroerbefcbullebrer, fo bajj §u biefer Qeit ber £et)rförper au§ 1 SMtor, 2 ©eroerbe* Ichrern, 2 Zeichenlehrern unb einem Sprachlehrer beftanb. 2)ie

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556 ^forabeim im 19. 3abtbunbert.

Scf)üler$af)l (btc am Sreijeidjnen teilnehmenben $olf§fd)üler mit» gerechnet betrug: 1290,

Stach ber im 3arjre 1877 erfolgten JertigfteUung be§ neuen ©ebäubeS für ©eroerbe* unb ftunftgemerbefchule an ber 3ahnftrafee rourbe elftere borthin uerlegt. ÄtS im 3<ihre 1887 ber uerbieute bis* herige sJteftor.gmber inben roobloerbieuteu SRuheftanb übertrat, mürbe ßerr ©eroerbefdjulbauptleljrer iHücflin an feine ©teile berufen. 3«n gleichen 3al)re mürben bie s-ttolf$fd)üler au§ bem ©eroerbe* Unterricht aufgetrieben unb erhielten beu 3cichenun^erri^)^ an ber 33otfdfd)ulc. $)er £et)rtörper jählte nunmehr 1 SReftor, 3 ©eroerbelerjrer , 3 Zeichenlehrer , 1 Sprachlehrer, 1 33olf§fchullehrer , bie 3d)üler$ahl betrug 1 198. 3m Qafjre 1889 mar leitete fdjou auf 1278 angemachfen. 2)er Unterricht mürbe fortan in befonberen Sadjftoffen erteilt: Metallarbeiter^ Söauhanbroerfer, ©olbfehmiebe ; mit Unterabteilungen im Jach- aeichnen: SJcedjanifer, Sd)loffer unb Blechner, SJiaurer unb 3tmmerleute, Schreiner unb ©lafer, Sattler unb Japejiere. 3m folgenben 3ahre mürbe ein Ortöftatut aufgeteilt, burch meld)e3 bie Singehörigen ber jumeift ber gefdjäftlidjen SluSbilbung be* bürftigen Sachgruppen jum 3jährigen Schulbefud) uerpflichtet muroen. Seit 1891 ift bie ^anbelsabteiluug oon ber @eroerbe= fdnile abgetrennt unb ber iHeal* be^ro. Oberrealfchule als §anbel§= fur§ jugeroiefen. 3" biefem 3ahre mürbe aud) ber ©runbftein gelegt W bem neuen ©emerbefd)ulgebäube auf ber Qitfet, ba3 im folgenben 3«hre mit großer Jyeterlidjfeit etngemeiht unb eröffnet mürbe. $a3 Sehrerfoüegium befteht $ur Qnt au§ einem 9ieftor, fed)3 ©emerbefdjulhauptlehrern , fomie auS fed)$ ©emerbe* unb 3eid)enlehramt^ * flanbibaten. Die Schülerjahl beträgt 1261. 2113 Serjrer mirften an ber Schule:

Philipp fcubec, JHeftor 1842-1888 2ÖiU)dm iWenerfjnber, (^eroerbelebrcr 1864— 1886 (|)

Ul)üipp 5ee$, ncu^mali fteftor ber Iöd)terfd>nlc 1859 - 1863

9t. ^olnauer, «eroerbele^rcr 1863—1866 (f)

ftr. SRücflm, SReftor feit 1868

D. ftöflein, nadjmalö ^rofeffor an ber Atanftaerocrbefdjulc 1872—1877 3. 3*ea.fcr, Weioerbelebrer 1875

Mefter, nadnnalö ^rofeffor an ber Hnnftaeioerbefdjule 1877—18/9 CSb. »iaU, 8ci*cnlebrer 1879

iHaier, ^eidjenlclner 1880—1886 (f)

3ö. ©anm, ^eidjenlcbrer m 18S6

&. «aber, ftctuerbelcljrer 1886—1896 SB. SHeftermann, Wen>erbelcb>r 1888

SH. £iefc, 3eicf»cnlebrer 1891

&. SRu*, (Mcroerbelebrer 1896

{y. «aber, «erocrbelefjrer 1900

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^forabeim im 19. 3abrbunbcrt.

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<&ctm0rrd)itrnTttor 3*6. Äußer.

(Geboren «. Xuguft 1817, geftorben 9. Sluguft 1H97 in ^forjbeim.)

o»n >hr 1*44 als (Mcivcibcfd)itlfaubibat hierher berufen, mar .fcuiber, iDeldjer für biefen H'eljrberuf befonberä »onicbilbct war, ber erfte iebrer ber bamalä in noeb, recht befdxibeuen ^erbältniffen fid) befiublirijcn Wewcrbefdjule. 47 Mlaffenfduiler zahlte bie l'ebranftalt, an weldjer, ale früher auä ber Sdjule fd)icb, 119M Schüler unterrichtet würben. 3ccftor früher t>erftanb e$, feine i d) ülcr in bie »orber gänzlich fremben addier ber leebuif mit (frfolg einju* führen. Unter feiner Leitung hob fid) bie Wewerbefdmle ju einer ber erften im Vanbe, bereu (riuridjtungen $um leil für bie übrigen oorbilblicb würben.

43 Jahre bat er fo in Segen an ber Sdjule gewirft, luv ihn baä fjerannahenbe 70. Lebensjahr »eranlafjte, bie wohluerbientc Muhe auf nufuchen , ber er nodi uolle 10 oahrc fid) erfreuen burfte. Meftor früher war währenb feiner ^forjbeimer Ibätigfeit nidjt nur ein tüditiger Lehrer, foubern auch ein guter Bürger, ber an allen (freigniffeu unb Meftrcbungen feiner jmeiten freimat lebhaften Zuteil nahm, (fr war einer ber erften, meldjc fid) ber altfatbolifdjen Öemeinbe mit »ollem (iifer wibmeten; er war jahrelang ihr 8o*ftonb unb wiebertjolt 9Jcit= glieö ber allgemeinen Sunobe. Much, gehörte er ;u ben ©rjitnbern unb unermüblicben Jörbcrern be$ Munftge werbe herein*, beffen SJorftanbSmitglieb er lange ^aljve war. ^efonberS erfolgreich war feine facbfdjriftftellerifcfte Xhätigfeir. Seine „aWedjanif für Öewerbe« unb §anbwerferfdmlen" erfebien im %at)vt 1854

^fiDcrßcf(6«rrfßtor l^fi. £>ußer.

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Wotabeim im 19. 3abrbunbert.

im Verlag uou ttraid u. .vofmaiui in Stuttgart; bie fpätereu Auflagen im Verlag von % (frngelborn ebcnbafetbft. £a* Vebrbudj fanb grofee Verbreitung unb ftnerfennung unb rourbe im ftuffifdie unb '^talienifdje überfefct. Huf Veranlaffung bcr Mannten Verlagöfiriua ^. iüeber in ^eipjig fdjricb er neben anberem ben in roieberbolter Auflage erfebienenen „Äatedndmuä ber SRecbanif", ber ben Kamen beö Verfajferd weit über bie nädjften Senifdfreife binauätrug. ftitr feine langjährige ttcrufetbätigfeit rourbe SReftor $uber von feinem yanbcSfürften burd) Verleihung bes ^äbringer l'örocnorbeuS II. unb I. Stlaffe ausgezeichnet. Die 3tabtgemeiube ehrte ihn nach 25jäbriger Jbätigfeit burd) ein roertuollcs (^efdjenf unb nad) ^tb^aiiij auS beut Berufe rourbe ihm von ber £anbel«fammer eine äufterft fuuftuoUe ilbreffe überreidjt mit ber Sötbmung :

„Dem bo(ögefcbä$ten &brer, bem umfiebtigen unb pflicbtgetreuen Vor* ftanb ber hiefigen (t)eroerbef<bu(e, .\>crrn Sieftor itbilipp .früher, in bantbarer Erinnerung an feine mehr alä oienigjafjrige erfolgreidje "©irffamfeit, gcroibmet im Huftrag feiner jablreichcu Verehrer unb ehemaligen odjüler au« faufc männifeben unb inbuftrieUen Kreifcn."

?a* Wot\üe\met 3ö$tertnflttttt.*)

3u Anfang bcr jtoanjiger 3al)rc gaben $efan ^EBil^elni Subtoig grommei unb N}kä$eptor ©erbel auf SBunfd) einiger gamilien einer flehten 5lnjat)( Spulerinnen im bamaligen $äbagogium jeben Nachmittag Unterricht. 2Iu§ tiefen Stunben ergab fid) balb ba§ $ebürfni$ einer eigenen (SrsiefnmgS* unb Unlerrid)t3anftalt für bie Töchter oometjmer ©täube. 3m 3at)re 1825 beriefen bie gamilien feenefifer unb ginfenftein gräulein Caroline grieberife ftötjler (geb. 1783 in $f Olxheim) al§ Leiterin ber neuen Sdjulanftalt. Wit it>v roirften im £anbarbeit§* Unterricht unb im granjftfifdjeu ibre beiben ©djmeftern. Sie unterridjteten it)re fed)3 bis fieben Schülerinnen junäcbft im alten 3)efanat3baufe, ioeld)e3 mit bem ©ingang nad) ber ®umnafium* ftrafje ftanb, ba, mo je^t ber Pfarrgarten ift. Später oerlegten fie it)r Qnftitut nad) ber fteuchlmftrajje in ba§ £au§ be$ bamaligen $omänenoenoalter3 (£receliu§, too bis 1839 oer* blieb. 3Jiit ben obengenannten £ef)rern unterrichteten bie Tanten in Religion, $eutfd), ©eograpbie, granjoftfet) unb Zeichnen. 9Jht bem 3at)re 1839 fam bie Mnftalt unter bie Leitung eines gräulein £e;rtor, toeld)e§ im §aufe ber ^Bierbrauerei 53ecf() am ^arft für bie 5lnftalt eine 3Bot)mtng mietete. Nad) 3 3ahrcn oerbeiratete ftd) bie $)ame mit gabrifant Subtoig Wagner. Nunmehr rourbe ba§ Qnftitut oou $iafonu$ 3Bagner unb feinen beiben Scbroeftern übernommen, bie ihm 29 3al)re lang mit ©efd)icf unb £tebe oorftauben. 1871 fam e3 in bie £änbe ber beiben gräulein Sommerfchu. Seit ber Verheiratung ber älteften ber beiben

•) Wad) ^abredbe nebten unb Mitteilungen be« £errn Jabrifanten Ulbert aWaifcöbofer.

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^forabeim im 19. äabrbunbett.

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3>amen mit *Jkofeffor 3ftau führte ben tarnen Quftitut OTag* ©ommerfdju. 1872 bitbeten bie (Sftern ber bamaligen ©cbüterinnen eine ^If tiengefeüfd)aft unb fauften ba§ £au§^o. 20 ber©nmnafium* ftrafce, oon welchem ßeitpunft a^ bic SCnflatt einen öffentlichen (£baiafter annahm, unb ben (Sltern ba3 SKecbt ber SBorftanbS* bejro. s-Borfteberiu4Babl jugeftanbeu mürbe. s4$on 1881 an bis 1901 mirften mit üietem (Stfolge auf unterriebtlicbem unb erjieb* liebem Gebiete bie ($efcbroifter Wühler an ber Mnftalt. 3)urd) Vermittlung bei aud) fonft um biefelbe oerbienten gabrtfauten 3crrenner mürbe fte ber 9luffid)t ber &rei§fd)ulüifitatur enthoben unb bireft ber Oberfcbulbebörbe unterteilt. $ie Oberaufftcbt führt im Auftrag ber 93ebörbe ber jeweilige ©nmnafiumlbireftor.

$)a§ ^nftitut ba* ben Sebrptan ber bohren SJläbcben* fdjulen unb 10 Oabrelfurfe. $cl. Eintritt erfolgt mit bem jurfief gelegten 6. ßebenljabr. 3)a§ <3d)iiljat)r 1901 begann mit 200 (Schülerinnen. $a3 ©chulgelb beträgt 102, 120 unb 141 9flf.

$)a§ neue ©cbulbaul in ber s2öimpfenerftra&e rourbe oon ber 5lftiengefellfd)aft in ben Qaljren 1896/97 errichtet unb im ^perbfte bei let3tgeuannten 3^)1*3 belogen. (Sl enthält aufjer ben ©cbulräumen mit luruballe eine größere Wohnung für bie Sßorfteberin unb befi^t einen aulgebebnteu $of all Spielplan

3)erjeitige Setterin ber Xnftalt ift Jräulein SBiegeleben. $ieljäf)riger ißorftaub ber s3lftiengefellfcbaft ift $err gabrifant Ulbert SJhifcbbofer.

X>ic Jüößere $oröter(ifjufe.*)

$)ie erfte Anregung juv ©rünbuug einer höheren £öd)ter* fd)ule nad) bem dufter, mie foldje bereit! in fleineren ©täbten beftanben, gab ber Stabtrat im ^afyre 1834. Wnf bal oon ber 6taatlbebörbe eingeholte ©utadjten bei bamaligen euangelifdjen ©tabtpfarramtl, roelcbel Sterin eine @cbäbiguiui bei oon ihm protegierten Wohlergehen $öd)terinftitutl befürdjtete, rourbe bie Errichtung einer berartigen Sdjulanftalt bis jum 3ahre 1849 oerfchoben. 5(m 17. 9lpril 1847 befebäftigte fich bie gro&e 5lulfd)u&üerfammlung mit ber „9ieorganifation ber SBolflfcbule in Verbinbung mit einer <5d)ule nad) erweitertem fiehrplane für bie beiben oberen klaffen." $)a bie s2(ulfübrung biefel ^ßlanel nicht möglich roar, ohue bal fdjroerbelaftete ftäbtifdje ^uilgabe* bubget noch mehr ju belaften, brachte ber ©emeinberat eine anberroeitige 9teuorbnung in SBorfd)Iag 2)ie ©rfparniffe, roeldje

•)■ ®efd)id)te ber ftäbriföen §Ö>ren Xö^terfäule ju $forjf)etm, ^eft* förift jur fteier be« 50jäl)rigen «efte^enä ber Kjrjfatt oon ty. Jee«, 9ie!tor. m ©ebr. »obe.

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^forjbeim im 19. Sabrbunbert.

mau in ter ßuabenfdjule burd) uoUftänbige 2lu§nü$ung ber ^e^rfräftc &u machen boffte, follten für bie SHabdjenfcijule uer= wenbet, bejw. jur @rrid)tung einer uollfommenen Södjterfdjule mit junöd)ft 3 Äloffen gewonnen werben. 3)ie Soften bafür berechneten fid) für ben 1. Beßrer auf 800—1000 fl., für einen Unterleder auf 300 fl., für eine Sekretin auf 350—500 (L, für Aushilfe auf 150— 200 fl., jufammen alfo auf 1600—2000 f(. $)abei rechnete man auf 600 1000 fl. Einnahmen bei 60 Schülerinnen ä 10 fl. bejw. 100 Schülerinnen a 10 fl. Sdnilgelb, fo bafj alfo ein 9teinaufwanb r>on 1000 fl. erforberlid) mar.

$te ©erjorbe erflärte ftcf) mit bem oorgelegten ^lane eiu= oerftanben, unb bie 3 neuen Stellen mürben ausgefchrieben. $)ie Stelle al§ erfter tfet)rer unb üBorftanb ber höheren Xöd)terfd)ule ert)ielt ber bisherige üBorftefjer ber iHaftatter £öd)terfd)ule, ®. g. ^flüger. $)ie ^eit bis jur Eröffnung ber Anftalt an Ofteru 18S9 benütjte pflüget* jur Ausarbeitung eines Spejiallehrplans. Seine erften Mitarbeiter mürben Unterleiber Qäcf unb $rl. 5?ärd)er. *Pflügers Aufteilung mar junächft eine prouiforifd)e. ben beiben erften fahren erlitt ber Sehrplan infofern eine S-Üerfd)iebung, als bie Sehrfädjer ber einzelnen 3 Sdnilflaffen nicht fortfcbreitenb, fonbern nabeju parallellaufenb erteilt merben mußten. Unter ber mufterbaften oom (Seifte ^eftalojjis unb 2)iefterwegs burd); mebteu Schulorganifatiou ^flflgetd gebiet) bie Anftalt ju t)ot)er 23lüte unb genof* fortan bas nachhaltige Vertrauen ber ^Bürger- fctjaft

93is jum ^al)re 1859 waren fämtlid)e Sd)ulfategorien im alten Schult) auf e an ber ^Heudjtinftraße untergebradjt. (Sin eigenes $eim war bei ber ftarf madjfenbeu Sdjülerjahl ber $öchterfdmle fetjr oonnöten. 3m Oftober 1859 fonnte fobann bas jetjige £öd)terfd)itlgebäube, dcfe ber iHofen= unb ©omnaftumss ftrajje, bejogeu merben. 3m folgenben 3<*hre erhielt bie bis* berige Ms^rioatfd)ule" ben (Stjarafter einer öffentlichen Anftalt. Wäger erhielt ben Sitel eines $ireftors unb 1000 ©ulben ©ehalt, ber jum $auptlet)rer ernannte Serjrer 3äcf 600 fl., Unterlehrer 3ad)inann, feit 1858 hier, 350 fl., bie erfte Severin (£eud)fenring) 350 fl., bie zweite (Qclife Sdjnaiter, fpäter grau 93erggö$) 200 fl.

Äurj nad) ber Eröffnung ber Sdjule erhielt biefelbe eine 4. Waffe, 1854 eine 5. unb 1860 eine 6. als fog. gortbilbungs» fürs angehängt, uon roeldjen bie beiben erfteren alsbalb bem Sd)ulorganismus eiugegliebert würben. 2)er Unterricht umfaßte neben ben gewöhnlichen Sd)ulfäd)ern granjöfifd) unb (Snglifd), weibliche §anbarbeiten, fpäter auch £eid)nen, turnen unb $uch= führung.

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$fotabeim im ld. 3abrbunbert. 661

$)ie auffallenb fd)önen Erfolge $flüger§ biteben bei ber Regierung nicht unoermerft unb unbelobnt. 3m 9luguft 1862 rourbe bev tüchtige Schulmann jum Oberfdntlrat ernannt. 93on 1862—1863 oerfaf) s}$rofeffor ^ßrooence interimiftifch bie $ireftor* ftelle, roä'brenb ftd) ©eroerbefchulbireftor £mber nnb ©eroerbe* fdjulhauptlehrer 3e*3 ber früher fdjon ben englifd)en Unter» rid)t gab ftd) in be3 $ireftor§ Unterrid)t§penfum teilten.

3m ©eifte feines Vorgängers s$flüger leitete oon 1863 bi§ 1874 ber jetzige fteftor *ßt). §ee$ bie Slnftalt. Ku8 SRfitffidjt auf feine elterliche gamilie legte er 1874 feine Stelle nieber unb errichtete in ber Stabt ein >tuaßntpntfiouat für 3n* unb 2lu3länber. ©ein Nachfolger mürbe SReftor SBauer, jugleich 93olfSfd)uloorftanb. 3m $abre 1875 belogen an ©ehalt: $er SReftor 2000 fl., ber 1864 jum $auptlebrer ernannte ßehrer 3achmann 1633 fl., granj Schmitt (feit 1874 etatSmä&ig) 1283 fl., Sprachlehrer Schuhmacher (fett 1886 $auptlet)rer) 1400 fl., sJlrbettSlehrerin Sichler (1861) 600 fl., Sehrerin Seefrieb 600 fl., Sehrerin Sauer (1874) 500 fl., Mehrerin Schanbelmaier (1874) 450 fl. @ine im Oftober 1878 geplante Umroanblung ber Xöchterfchule in eine TOttelfdjule mürbe com 93ürgerau§fchujj abgelehnt.

ftrequenj ber büticven Tiirfitcrfrfiulc 1849/1901.

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Betrag be* eanila.elt>e*.

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3

1 . Ml. 3 fl., 2. Ml. 3 fl., 3. Ml. 4 fl. 80

1859/tiO

154 138

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2

4

4

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l.Ml. 12, 2.U.3.MI. 15, 4. Ml. 18 fl.

1869/70

214 191

18

3

2

15

6

30

1. Ml. 16, 2.U.3. Ml. 20, 4. Ml. 24 fl.

1879 80

182

162

19

2

9

16

6

5

1 . u. 2. Ml. 40, 3. u. 4 . 50, 5. u. 6. 60, ü

1889/90

824

61

38

8

15

2

11

1

6

37

1.U.2.MI 42,3.u.4.51,5. u.6.60t^.

1899/1900

308

243

5t i

1

6

1

9

6

18

für alle Klaffen je 45 M p. 3.

1900/1901

317

256

56

1

4

1

6

1

6

27

tt n

Seit 1882 leitet §err Gefror Sty. 5«3 mieber bieSlnftalt, beren ©ha^after burch Statut oom 3ult 1886 genau präjiftert rourbe als eine Sd)utanftalt aroifdjen SBolfö* unb SJKttelfdmle. $ur 3ett ftnb an berfelben 5 §auptlehrer, 1 $auptlef)rerin unb 5 Unterlehrerinnen thätig. Slufjer ben fchon genannten ftnb j. Qt. noch an ber Schule etatSmäjjig angeftellt: 3)ie Herren s-ßiftor 9Irmbrufter, ^h^PP ötttfyarb unb Jräulein Äoft. 3m 3ahre 1899 beging bie l>ör)erc iödjterfchule im SJhtfeum baS geft ihre! 50jährigen SBeftehenS. ®ie Seter, an ber ftch bie ehemaligen Schülerinnen, bie ftäbtijchen unb ftaatlichen 93e»

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562

$forgbeim im 19. 3abtbunbett.

fjörben beteiligten, naf)m einen erfyebenben, für bie Slnftalt f)öd)ft eljienüoUen Verlauf, föeftor $Jee§ erhielt ben Orben com 3äl)vinc)er Söroen, £>auptlef)vev 3ad)"iann ba§ s3kvbienftfvenj biefeS OrbenS unb trautem öauer eine uon ber Jrau ©ro^ Ijerjogin geftiftete 9lu3$eid)nung.

^JfCüflcr rourbe 1818 in Sdropffyeim geboren, befudjte baä ^dbagogium feiner 3taterftabt unb fpdter ba$ eoangelifd)e l'efjrerfemiuar in Marlärubye. Maum 20 ^ahre alt, rourbe er an bie bösere Xörfjterfcbule nacb ftaftatt berufen, roo er 8 0>at)re tr)dtic| roar unb von 1846—49 bie erftc l'et)rer=: unb Storftanbd* ftelle befleibete. oeiu Slufenttjalt in Siaftatt roar für feine fpätere 3iMrffamfeit

ftßcrfcßufrat "2*fTü(|cr.

an ber beeren Jöd)terfd)ulc in ^forjfjeim oon gro&em gierte, roeil er bort burd) umfaffenbe ^rioatftubien unb uamcntlia) burd) b»c mit meiern Jlcifee betriebenen päbagogifdjen iyadjftubieu fid) ju einem Ijcroorragenben 8d)uU manu audbilbete.

SBae ^Jflüger 3d)utoorftanb b,ier leiftete, roirb tym allein ein bauernbed Slnbenfen beroafjren. Über ber fleißige unb Ijodjbegabte 2Hann, ber

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Worabeim im i9. Öabrbunbert. 66$

überall Spuren feine« reiben ©eifte« unb fetner Sirbett binterliefj, bat fic^ auch al« Scbriftfteller einen unoergäuglicben tarnen gemacht. Seine Sehr* büa)er gelten Ijeutc noch al« muftergiltig unb feine „©efajtcbte ber Stabt ^Jforjbeim" mirb al« reiche«, moblangelegte« Queltenroerf immer ihren aftuellen föert haben. 3ro°lf 3«^w hat ^ffüger mit unermübltcber 3lu«bauer unb liebeooller Eingebung baran gearbeitet, ohne einen anberen ©eromn baoon ju haben al« bie banfbare «nerfennung ber »ürgerfchaft unb ben getftigen ©enufj.

!8on 1802—1868 roirfte ^flüger al« Dberfajulrat unb fdjrieb in biefer 3eit ein für gemtfdjte Skalen beftimmte« t'efebud), beffen (Einführung it)m ohne ©runb oiel ^einbfebaft oon f onferoatioer unb ultramontaner Seite jujocj. Da« fRiniftertum 3oHu ^atte fein SBerftänbni« für ben Süert ber Jacbaufftcbt in ber 9iol!$fa)u(e. Wüger mürbe Direftor ber iaubftummenanftalt in 9Weer«burg , roo er am 23. Öftober 1869 ftarb. (£r mar ein Wann be« ©eifte« unb ber £iebe, ein Dberfcbulrat, roelcber ber Schule unb ihrer Lehrer SJebürfni« rannte. Sein Job rourbe oon allen, bie ba« ©lüct hatten, mit bem bebeutenben Wanne in Berührung ju fommen, tief beflagt, am meiften oon ber babtfeben Sebrerfcbaft, bie it|m in ihrer ©efebiebte unb in ber ©efa)ia)te ber $oltäfa)u(e ein Denfmal gefeit r)at bauernber benn Stein unb ©rj.

3u Anfang be« 3ahrtmubert« mar bie et>attge(ifd)c ^olfäfcttule,

aua) Irioialfa)ule genannt, bereit« in eine Änaben* unb 3Räba>enfa)ule abgeteilt, beren jebe einen eigenen Öebrer mit einem ©ehilfen hatte. Die Sehrer hatten ihre aßofmungen fömtlia) im Sdjulgebdube (alte« Schulhau«). Den Änaben roie ben iRäba)eu toaren je 2 Limmer angeioiefen. Die 3af>l ber Änaben belief fia) 1810 auf 280, bie ber 9Raba)en auf 360; feit 1807 hatte fte um 60 jugenommen. Der Unterricht mar breiflafftg. Die erfte Älaffe, mclche Äinber oon 10—14 fahren enthielt, hatte tdglich i Stunben Unterricht. -Die» felbe Unterrtcbt«jett hatte bie jioeite Älaffe mit Äinbern oon 7 9 fahren; bie britte Älaffe (&$MScSd)ule) hatte nur eine otimbe täglich Unterricht. Die Schuljeit ber Änaben umfaßte fchou bamal« 8 $abre; bie ber Räbchen mar um ein 3ahr fürjer. Die £ehrgegenftänbe maren £efen, Schreiben, 9ted)nen, Singen. Die meifte 3"t mürbe bem Stcltgionäunterridjt jugeroenbet. Die beiben §auptlebrer (ehemal« ^raaeptoren genannt) maren fett geller'« (bi« 1825) unb fieibfrieb'« (bi« 1807) ^Jenfionierung bie ©ebrüber Äarl Jriebria) unb ©hriftoph Sbler.**) »i« 1815 beftanb neben ber beutfa)en Schule noch bie 2Baifenhau«fchule mit etioa 60 Schülern unb bie Brmenfchule mit 40 Sa)ülem. 3nfolge ber unaufhörlichen Streitigfeiten jroifchen ben Sinnen, Söatfenhau«* unb Stabtfchullehrern roegen ihrer uubeftimmt begrenzten Äompetenjen, ber Abtreibung oon Schülern unb ber gegenfeitigen Srt)äbigung in ihrem ohnehin fchon mehr al«

•) Stoller, Schulaften, „«eobachter", 3ahre«bertct)te ber »olf«fchule.

••) Die Stammoäter einer bi« in bie 60er 3ahre roeitoerjmeigten fiehrer« familic, beren 'Jiacbfommen h^ate in anberen $eruf«arten thätig ftnb. 3tHe haben al« ©rbftücf eine au«gefprod)en muftfalifche ober jeid)nerifcbe Begabung mitbefommen.

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564 Wotabetin im 19. Sobrbunbett.

fpdrlidjen Sinfontmen, befcblofe bic Regierung bie Slufbcbung bcr 3lrmen= unb 2Batfenbau«fdmle unb wie* bie Sdjüler ber Stabtfcbule ju.

Tie .t»öl)e be« Sdmlgelbe* richtete ftcf) nach ber Äinberjabl. (** betrug 1835 = 1 fl. 36 ttrj. «et Unocrmögen mufete bie «rmenfaffe bafür auf^ fontmen mit 1 fl. pro .Hinb. Ta* (Sinfommeu eine* .pauptlebrer* betrug 336 fl. nebft Scbulgelb. Tie Stabt mufjte ju ben i'ebrergehdltcru 512 fl. bei- tragen. Ta* 2Bohnung*gelb betrug anfang* 75 fl., fpäter 120 fl., feit 1872 = 540 3Hf. Gin Unterlcbrer Ijattc erft 45 fl. idljrlicb, fpdter aufjerbem nod) freie Äoft, SBobnung, $ei$uug unb X'icbt, ober 115 fl. (£ntfd)äbigung bafür. Tiefe SJerbäitniffe blieben bi* 1858. 3ion ba an betrug ba* ßtnfommen eine* Unterleiber* 202 fl. $i* jum Mb™ 1813 fjatte bie Stabt ba* 3a)ul- befefcung*recbt. Wit (iinfüljrnug ber Stäbteorbnung erhielt fte ba* träfen« tatton*?, feit 1898 roieber ba* oolle Üefe&ung*recbt.

Sange Jabre würbe Klage gefübrt über bie Unjulänglicbfeit be* SJoir** fcbulunterricbt*, woran neben ungenügenber Stunbenjabl unb überfüllten Älaffen bie faft au*fd)lie&licb auf ben 5Heligion*lebrftoff gerichtete Tbätigfeit ber Schule bie Scbulb trug. Waturfunbe, «cfdudjte, Geographie unb (Meometrie fanben nabeju (eine, 3iea)nen, i'efen unb Sluffafc nur mangelhafte Pflege. Tie feit 1845 311 Jage getretene ftbftcbt ber Stabtoerwaltuug, bie Schule ju erweitern, follte ermög(ia)t werben bura) Slnftellung oon 4 weiteren fcauptlehrern, währenb bie mit bem ^dbagogium oerbunbene b&tierc ©ürgerfd)ule eine jeitgemäfje Ummanblung erfuhr unb gleichzeitig eine bösere Xöcbterfcbule errichtet rourbe. 3nbeffen oerblieb e* in ber $olf*fd)ule bei bem früheren Softem. 9Zur jroei weitere §aupt(ebrerftellen rourben errichtet. Tie teilroeife Erweiterung ber beiben Dberflaffen erfolgte in ben 60er ^abren.

$ie tattfoU^c £d)Ulr. 3lm 2. Januar 1812 faub bie feierliche (Eröffnung ber neu errichteten fatbolifdjen Schule ftatt. Ta* gemietete Sofal befanb fia) im mittleren Stod be* öudjbrucrer Jiafc'fcben §aufe* (»edh am Warft), fpdter rourbe bie fath. 3d)ule im alten Scbulbaufe untergebracht. Ter lanbe*l)errlicbe Tefan i'orenj tu Grftngen tote* ben neuen Sebrer Senj in feine ©teile ein unb übertrug bem ^farrfurat »eohofer bie Scbulaufftcbt. Ter Sehrer bejog feinen (behalt au* Stiftungen ber fatbolifeben l'anbe*teile, er betrug 1868 450 fl. olme Schulgelb, ber be* Untererer* mit Scbulgelb 315 fl.

311* $auptlel)rer waren bi* jur Einführung ber gemtfdjten Schule angeftellt 2enj, ©beimann, 9lmbro* Öumpp, ^of. Hermann, Äarl Pfeiffer, 2Uot* Äolb*) oon 1863—1892. Seit 1859 betrug ba* Scbulgelb (bei beiben Äonfefftonen) für bie I. klaffe 2 fl., für bie II. Älaffe 2 fl. 36 Ärj. jährlich. Tie Schülersahl belief ftcb 1835 auf 36, 1865 auf 141, 1868 auf 211. Sang* jdt)rtger Sorftanb be* fatb- Drtefcbulrat* war ftabrifant Warolb.

*) Ein Wann Don berber Ärt, aber aueb oon umfaffeubem Äönnen unb 3üiffen auf bem ©ebiete ber Wuftf unb ber 9laturwiffenfd)aften. Tie alten Wttglieber be* „Sängerfranje*" rübmen noch, beute feine Tüchttgfeit al* Tirigent, unb oiele feiner Sattler oerbanfen bem „alten Holb" tb,re reidjeu Äenntniffe in ber SRaturlunbe. 5m 3afyrc 1883 faufte tbm bie Stabt 80 teil* oon ib^m felbft, teil* nad) feiner Slnroeifung gefertigte pb^fifalifcöe Slpparate ab.

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^forabeim im 19. 3atjrbunbert 565

$ie i^raelitifc^e ZtfynU, gegrünbet 1832, jätjlte 1837 = 15 Sc^ul* fiubcr. Sic roar in ber alten Simagoge (Dteljgerftrafje) untergebracht. £ie Lehrer Sd)lenfer unb Öibeon Slod) (btd 1868) oerfaben nod) ben Sdjäcbterbienft.

Wach «erhältm« ber Seelenjahl (im Safere 1837 = 118, ttftmlty 53 männliche unb 65 roeibltcbe) jaulte bie Stabt für Unterhaltung ber Schule einen öeitrag oon 40 fl. 45 tfrj., berjenige ber i«raelittf d>en (SJcmeinbe betrug 209 fl. 14 Är*. «ufterbem gab bie Stabt bem Lehrer 2 fltafter öol$.

St« jur neuen »era, beginnenb mit bem Jahre 1864/ftanb bie ©ö)ule unter geiftlidjer Mufftet. 3m $uli 1864 rourbe ba« ©efefc über bie örtliche Stuffidjt ber Soltefdmle oerfünbet unb ber Orttföulrat trat in« i'eben.*)

Sö)on im 3o$re 1864 ging eine oon 1000 Unterfamften bebedte Petition ^Jforjbeimer Bürger an ba« 3Ximfterium ab, roelche bie gcmifcbte Sdwle oer* langte. Anfang« 1870 entftanb ein großer Jtampf um bie fafultatioe (Situ fübrung berfclben. ^f)r b^eftigfter (Megner mar ^ßfarroerroefer (Sfirift, ber in SBort unb Schrift bie oon ihm befürchteten nachteiligen Äonfequenjen biefer (Sinridjtung für ba« religiöfe unb firdjliche l'eben in ben büfierften färben ausmalte. J)ie barüber geführte 3citung8fef)be roar eine menig erquidlicbe. 9luf bciben Seiten rourbe rüdftcht«lo« gcldmpft. 3lm 9. Slpril rourbe burdj bie Urne ba« Sdjidfal ber gemifd)ten Schule entfa)teben 3Me öffentliche Weinung fpraa) ftd) nabeju einftimmig bafür au«. Wit großem Jubel rourbe bie Sefanntmachung be« Siefultate« aufgenommen. Ölodengeläutc, SöKerfchüffe, Seflaggung ber §öufer, ftefoug, (9efang«oorträge unb ein folenne« Sanfett oerberrlicbten ba« roia)tige ©reigni«. Sie Jolge bat gcjeigt, bafc bie gehegten Sefürchtungen für ba« religiöfe i^eben nicht nur übertrieben roarcn, fonbern bafc ba«felbe bura) einen eblen Wetteifer ber beiben Äonfefftonen an Vertiefung eber noch gewonnen r)at. Si« jum Jahre 1876 leitete ber Qrt«fd)ulrat ba« Solf«fd)ulroefen. Von ba ab rourbe ber Sd)ulfommiffton unb einem befonberen Sdjuloorftanbe mit bem Xitel eine« Sieftor« untcrftellt. (Srfter Weftor roar ber Jödjterfdmlbireftor Sauer, ber al« Jftrei«fd)ulrat in £af>r ftarb. (£r roar ein Wann oon umfaffenbem JBiffen unb feinem Serftdnbut« für bie Sebürfuiffe ber Schule, ein treuer Vertreter ber Siefterroeg'fcben 3Urf>tung. 9tacb, feiner Seförberung jum Krei«* fcbulrat in Sabr oerfab bi« Oftern 1883 ber feit 1842 in ber Stabt angefteUte ^auptlefn-cr 2Bill)elin Scbmibt bie 9leftorat«gefd)äfte. Sein 9tad)foIger rourbe ber beseitige Neftor, fteallehrer öeorg Sd>id oom ftcalgomnaftum in Wannbeim.

Seit 1883 rourbe mit ber foftematifeben Erweiterung ber Solföfdmle begonnen, inbem bie Stunbcnjabl unb bementfprea)enb aud) ba« Vefyrpenfum ber VI., VII. unb VIII. Mlaffe erhöbt rourben. Jn ben Jahren 1884-1886

*) (Sine fräftige Stüfce batte bie $olf«fcbule an ben Sürgermeifteru ^errenuer unb Scbmibt, foroic au ben Ortefdiulrdten (Shriftopb, Seder unb flpotbefer Wärfltu. Seder roar roegeu feiner Strenge gegen unbotmä&tge Sdjüler oon biefeu gefürchtet; bie ftälle, ba ber alte Sd)ulbiener Judj«, ber „Sd)iilfucb«", mit beia ^ofjiftod au ben Delinquenten oor oerfantmelter .Hlaffe nadjbrüdlid) feine« Slmte« roaltcte, ftub rjeute nod) gar maudjem in roentg erbaulieber (Erinnerung. <5iue febr rooblroollenbe unb freuublidie 9iatur roar ber Slpottjefer aJlärflin, beffen ^Inbenfen bei ben ^iefitjen Colföfdjullehrern in ehren gehalten roirb.

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566 $forabeim im 19. Sabrfmnbett

würben fobann aud) baS III., IV. unb V. @djuljahr erweitert, wäbrenb beim I. unb II. bie einfache Unterridjtäjeit beibehalten wnrbe.

^olgenbe XabeUe giebt ein 8ilb oon bem rafdjen SöadjStum- ber Schule feit 1876.

Sdjülerja h [

<5d)uljabr

Sebjrlräfte

Waffen

58otf*fd)ule

Jortbilbung** fcbule

1876

23

39

2144

?

1883/84

45

60

3352

529

1890/91

61

73

3840

613

1894 95

70

77

3907

853

1900/01

90

102

4943

924

Seit Cftern 1897 beftebt aud) eine #ilf4«f ait'c, in welche foldje Äinber aufgenommen werben, bie nach 2jäbrigem üefudje einer Klaffe nicht promooiert werben fönnen. Ter Unterriebt wirb für Änaben unb iHäbctjen gemeinfam in 26 5Boa)enftunben erteilt. Tie Stnjabl ber Schüler biefer Älaffe beträgt $ur 3eit 33.

Tie ftarfe 3unabnte ber Sdjülerjabl Enbe ber 60er unb anfangs ber 70er ySabxe nötigte bie 3tabtoerwaltung in Ermangelung genügenber Schul- räume bei ^rioaten folebe *u mieten; fo mürben r»on 1879 biä jur Erftellung beä erften 93abnboffcbulbaufe3 in mehreren ^rioatbäufern Unterricht erteilt. Taä Scbulqauä im „Seban" würbe 1876, baä EnjfdmlbauS an beffen StcHe juoor ein Scbulgebäube bödw primitioer Slueftattung (alteä JyeuerbauS) üanb, 1883, ba$ Mnabenfcbulhauö an ber Erbprin*enftrai$e 1885, bie Turnballe bafelbft 1886, baä Seiherfdiulbauä 1890, baS 3Jiäbd)enfcbulbau* an ber (*rbprinjen= ftra&e 1892; baä erfte Sdjulbauä an ber Ealwerftrafee 1886, bad jweite bafelbft famt Turnhalle 1901 ; bic Turnhalle an ber Älingftra&e 1897, ba« Sdmlbau« bafelbft 1900 feinem 3wecf übergeben. 1876 würbe bie ftäbtifdje Söaifenanftalt (Galwerftra&e in bie £>ol$gartcnftraf$e oerlegt unb jenes ju Lehrerwotmungen eingeriebtet. $on 1880— 1897 biente ba* frühere ^Jfrünbnerbau« als Scbulbau*.

Wach bem «oranfcblag oon 1899 betrug bie »uSgabe für bie $olf$* fajule 212 546,95 3Hf., baS Erträgnis ber Scbulpfrünbe 669,08 3JH., baS oon auswärtigen Schülern erbobene Sdmlgelb 3136 üÄf.

Tie im 3af>re 1900 com ©ürgerauSfdmfj befdjloffene Slnfdwffung ber Lehrmittel aus ber Stabtfaffe bebeutet einen wichtigen Stritt auf bem Ge- biete fojialer ftürforge, aber auch eine mim hafte ftet) jälr.ii.ii fteigernbe 3luS gäbe für bie Stabtfaffe. Tie Slbfcbaffung beS ScbulgelbeS war fdwn 1893 befdjloffen roorben. $iS 1. Januar 1898 roar baS Einfommen ber Sebrer oon bem alljährlich feftjufe^enbcn betrag beS ScbulgelbeS abbängig. TaSfel&e betrug pro Älinb 8 m.. für «uSwärtige (für welche biefer betrag iefct nodj beibehalten wirb) 16 3Hf.

Turdi bie (MebaltSregulierung oon 1895 unb bowptfäd)lid) burd) baS neuefte WebaltSftatut, finb bie ^olfSfcqullebrergcbälter genau normiert worben, wad einen großen Jvortfdjritt gegen bie früheren oom Ertrag beS ScbulgelbeS abhängigen 0ebaltSoerb,ältniffe bebeutet. Ein ftauptlebrer erhält neuerbingS 2100 Warf '.Anfangs* unb 3M0 Warf üöcbftgebalt, Sebtercn in 20 etat* mäßigen Ticnft jähren, ein Untcrlehrer erhält 12Ö0 i)if., nadj öjäbriger Tienft* jeit unb jurücfgelcgter Tienftprüfung 1300 SXf. (behalt, eine ftauptlehrerin 1500—2200 m.. innerhalb 10 Tienftjabrcn.

Tie Schule oerfügt über eine ftattlid)e Schüler unb Sehrerbibliotbcf. Ter ®runb baju würbe im 3uli 1867 gelegt, inbem bie Witglieber bei

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$foraf)eim im 19. 3abrbunbert. 567

eoangelifdjen Ort«fd)ulrat$ bei bcr (Sinroobnerfdmft eine Sammlung oer* anftalteten, bie gegen 900 fi. ergab, $em SJeifpiele folgte aud) ber bamalige iatf)olifa>e DrtSfdjulrat.

öleidjjeitig mit ber teraelitifdjen Scfmle mürbe 1882 bie $BintJ)ec'fd)e Uri Hat f rfi nie (SRefcgerftraße) gegrunbet, meldte nad) Sütttjerö Job von beffen Sdjroiegerfobn fcüttner übernommen unb geleitet rourbe. %m $abre 1862 entftanb auf Slnrcgung mehrerer cinflußreiajer Bürger eine jioette ^rioatfdjule unter bem Sefjrer 3ri)if?erbe(ter, ber ftdi bei ber Ginrool)nerfd)aft einer bes fonberen Beliebtheit erfreute. 9Jtit ber jeitgemäßen Umgeftaltung unb Ver« befferung be« 33olf$fd)ulroefen3 roud)« aud) ba$ Vertrauen beö üermöglid)eren Seil« ber Ginrootjner ju bemfelben. $te ftrequenj ber ^rioatfdjuten ließ ftetig nad). 3m ^afjre 1894 löften fte ftd) auf, unb ed mürbe jroifd)en il)ren ^nfjabern unb ber Stabt eine Vereinbarung getroffen, roonadj bie 2ef>rer Sdjifferbecfer unb fcüttner in ben Dienft ber ftäbtifdjen SoLttföule übertraten.

Offne unbefdjeiben ju fein, barf man jagen, baß bie erroeiterte VolW* fd)ule in ^forjfjcim eine efjrcnooüe Stellung einnimmt unter ben Sdjulen ber größeren Stäbte be3 SanbcS. -\n roiebertjolten iJlalen mürbe bied Urteil von berufener Seite auSgefprodjen. $anf ber liberalen Sdnilgefefcgebung ber fedjjiger unb fiebriger iaf)xe, bie in erfter Sinie ber ftodjfjerjigfeit unb VolfS* freunblidjfeit unfereS oercfjrten Wroßberjogä ^riebricr) jujufdjreiben ift, fobann aber aud) ber 9Jef)arrlid)feit unb UeberjeuguugStreue au$gejeidmeter Ratgeber ber Ärone, roie o. Stoggeubad), Dr. Samen, Dr. Stabel unb DberfdwlratS* birertor Änic«, banf biefer Schulreform l)at ba* babifaje VollSfchulroefen in ben 60er unb 70er Jabjen einen Sluffdjroung genommen, um ben un« alle übrigen beutfdjen Staaten einft beneibeten. Seiber i»at btefeS 2fufblüf)en feit ben 80er 3abJcn *i"c" gemiffen Stillftanb erfat)ren. %a$ Solldfdjulroefen l)at in ben legten 2 3af)rjet)nten nid)t gleiten Stritt gehalten mit ben Littels fd)ulen. TüiauS ergab fid) mit ber Seit bann eine auffällige Differenz $roifd)en ben Seiftungen an ben Sanbfdjulen unb jenen ber Stdbte mit Stäbteredjt. ^forjfjeim bat gleicft anbem größeren Stäbten feine ^Nittel unb Äoften gefdjeut, bie erroeiterte «olfäfdjnle auf ber fcöbe ber 3eit ju erhalten. 2)ie enormen Summen, roeldje unfere Stabt auf 3d)uibau3bauten unb in ben legten 3af)ren aud) auf eine jcitgemdße l'eljrerbefolbung oerroenbete, finb tjierfttr fpredjenbe Belege. SEBenn roafjr ift, baß an bem Slufroanbe für Sdmleu unb allgemeine Btlbungäjiuede, ben ein Staat ober eine ÖJemeinbe leiftet, beren Kultur* unb Bilbungägrab ermeffen roerben fann, fo barf ^forjfjeim ot)ne 3roeifel mit an erfter Stelle genannt roerben.

911$ :pauptlef)rer roirften im Saufe beS 3«brf)unbertd an ber Volfsfdmle (außer ben fdjon genannten fatbolifeben) : (£. Jyr. ^bler, t£f)riftopt> $bler, 2Bilf)clm Sd)mibt, Jol). ISfjnftopl) ffianfel, ,"yranj ^bler, 3Hid)ael «eitl), Blum, Stein, 3äd, üKad, ^l). 3**01"' ^offner, SdjiUinger, Wlücf, (9eter, (St)r. Heller, Äempf, ftd). Monrab, Börner, (?f)aib, ^frieberid), (9leiä, Neinig, (iifenfolb, 3. Söeber, 3afob Sdnnibt, Nlbin Sd)tnibt, Seonbarbt, örnft, kalter, Sd)ed)ter, 9tötl), §übner, Stapf, StoU^, Stolj, Hnoblod), Kaufmann, Elingmann, ^opp, 3iegler, iHubolf, Wöö, 3d)itterbecfer, Selper, 8inffr, feuert, Sdjaber, Sejauer, ©fdjeiblen, SBipf, .Hadper. Stat)l, Spätl), hinter, Pfeifer, Werfer, Sommer, Jtötjlcr, (vdert. iöauptlet)rerinneu : ^räulein ißallraff, 8olI, Mübler, Sicftnger.

Seljreroereinigungen $um .Smerfc ber beruflichen unb allgemein roiffen- fd)aftlid)en ^-ortbilbung jmb außer ber freien Seljrerfonf erenj „Der ^Jäbagogifdje Verein," ber beutfdjc „Scbreroerein für Rattm funbe" (3i^ in Stuttgart) unb ber wSel)rer: Xurnoerein".

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^lorabeim im 19. Saptbunbert.

pic JnDttßrief^itff.

$er erfte 3nbuftrieunterrid)t roar ein prioater unb rourbe oon Näherinnen erteilt iftebe ©djneibergeroerbe), bie toäbrenb ber sJlähftunbe mit ihren Schülerinnen imeift au§ bem SHütelftanbe) franjöftfch parlierten. $)urd) ba§ ©efefc oon 1833 würben bie 9ftäbd)en oerpflicbtet, dienstags, üHittrood), JreitagS unb Sam£= tag§ oon 1—4 Uhr nachmittag^ bie Stricf* unb sJtäbfd)ule ui befugen. 2)ie neue (Einrichtung uerlangt, bafc bie Räbchen» flaffen II VIII roöd)entlicb jroeimal je 2 ©tunben ,g>anbarbeit§* Unterricht erhalten. $erfelbe wirb oon 10 fiehrerinnen erteilt. 3ebe klaffe hat 2 Abteilungen, im ganjen ftnb beren 80.

3m 3ahre 1878 rourbe oon bem ftäbtifchen $ilf$oeretn bie Äna0etiÄr0fit5f(öufc ins Seben gerufen unb oon bemfelben bi§ beute unterhalten. 2>er Unterricht ift fafultatio unb roirb oon 2 Cebrern (s2Beber unb ^Börner) geleitet.

3n 9ieuftabt=$rö&ingen, Rriebrichftra&e 116, befteht bie oon 3rau Auguft ©encfifer gegrünbete sIßobtthätigfeit3anftalt „Safem". Sie umfaßt eine 3nbuftriefrf)uler ein 9ttäbd)enbeim unb eine ftleinfinberberoabranftalt.

(Sine ^rioatinbuftriefchule unterhalten feit 15 3ahren bie ©efd)toifter ©chlefinger in ber ©alroerftrafce.

pie ,vorUnrouit!V3fdmfc.

$)ie ehemalige ^Binterfchule aud) SRealfdmle genannt rourbe burd) ©efetj oom ^abre 1833 in eine ©onntagSfdmle unb biefe oon 1840 ab in eine s2ßerftag3fortbilbung§fcbule umgeroanbelt ; erftere fanb oon 11-12 Uhr, letjtere an je einem Nachmittag in ber tBodje, fpäter, auf Antrag ber jjöbrifanten, in ben Abenbftunben ftatt. Sßon 1865 an roaren bie eoangelifcheu SortbilbungSfchüler in 2 klaffen mit nur einmaligem Schulbefud) eingeteilt. Sine flfcuorbnung erfuhr ba§ gortbilbungSfdjulroefen erft roieber burd) ba§ ®efefc oon 1872.

$a oor 1840 in ^forsheim nicht nur feine fatholifchen Sonn* unb 2öerftag§fortbilbung§fcbulen*) beftanben, fonbem felbft in ber gewöhnlichen $olf3fd)ule nicht einmal annähernb Dasjenige geleistet rourbe, roa§ hätte geleiftet roerben fotlen, ba ferner bie SWebrjabl bev fatholifchen Sonntag§fd)üler ein ©emi(d) oon Knaben unb 9J?äbd)en au§ ben oerfdjiebenften ©egenben be§ 2anbe§, felbft au§ frembeu Säubern roar, fo hielt man bei (Einführung ber @eroerbefd)ule für nötig, eine förmliche Prüfung mit ben ft'naben oor5unehmen, um |U unter' fuchen, ob biefelben bie gefeilteren $orbereitung§fenntniffe

•) «crid)t ber fatf)olifäen $ejirf$|<f)uloifitatur com 18. 3Cuguft 1840. ÖenerallanbeSardjio.

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^forabeim im 19. ^abrbunbert.

569

befäfjen, um mit Umgebung ber 9Serftag§fortbilbung§fd)ule in bie ©eroerbefdjule aufgenommen ju werben. Da§ Dtefultat fiel fo wenig befrübigenb au3, baß man oon bem ^lane, fä'mUicfje Knaben in bie ©emerbefdjule gu fd)icfeu, gänjlich abgeben unb übet ober wof)l nad) bem SJJufter bev eoangel. ©emeinbe eine fathol. 3Berftagsfortbilbung3fd)ule errichten mu&te. Diefelbe mürbe jeben hinter abgehalten unb jwar 9ftittwod)3 unb (Bam§tag§ an je 2 Stunbeu be£ 9]ad)inittag§.

Die Silage Aber mangelhaften 53efud) ber ^ortbilbungS* fdjule, oeranlafct burd) bie ÖHeidjgiltigfeit unb 9lbneigung feitenS ber Altern unb Sehrherrn, ift fo alt mir bie gortbilbung§fd)ule felbft. (So fat) fid) bie Regierung be§ «mittelrheintreifeS 1840 oeranlagt, uom Oberamt unb ben Sdjuloorftäubeu bie 9lufftellung eines s-ßeraeichniffe3 über Jabrifanten, Altern unb Pfleger 511 oerlangen, bereu Sebrlinge, Söhne uub Pfleglinge jum $3efud) ber ©c^ule verpflichtet waren, um jene für beren ©djulbefud) oerantmortlid) machen $u fönnen.

%nd) bie $lage über bie Verrohung ber 3ugenb ift nid)t neu. Die eoangel. 93eäirf3fcbuloifitatur *ißfor$beitu in Dietlingen beflagte fid) oor 60 fahren fdjmer über „ba3 jud)tlofe Xreiben ber nod) fortbilbung$fd)ulpflid)tigen Knaben." 9lu§ 10 Orten be§ 93eairf§, meiere junge Seute in bie Jabrifen entfenbeten, liefen klagen ein „über ba§ freche betragen ber jungen, bie fid) nid)t me^r ber «Sitte, 3ud)t unb Orbnung fügen wollten, bie nad) ber Sdjulentlaffung oerfudjten, auf eigenen Jüfjen ju ftehen, unb bie burd) ba§ ©elb, ba§ ihnen fo leid)t in bie Saferen fliege, fieb erhaben fühlten über bie 9(norbmmgen, welch« ihnen ftirdje unb ©chule auferlegten."

3ür bie gortbilbuugSfdmle ber Knaben ftnb gegenwärtig 21 klaffen errichtet unb awar:

18 klaffen für ©olbfd)mieb§lehrlinge, 1 klaffe 9ftet}gerlebrlinge, 1 33äcferlehrlinge, t ., ©ärtner unb Saubmirte.

Jür 9ftäbd)en beftehen 9 JortbilbungSfdmlflaffen. 3n ber feit einigen 3abven erridjteten Äaitößaftunflöfdmfe werben täglich 24, wöchentlich alfo 144 Stäbchen unterrichtet. sJtur bie befferen <5d)ülevinnen ber VII. uub VIII. klaffen fönnen Aufnahme pnben.*) Der Unterricht bauert oon 8-12 Uhr unb erftreeft fict) auf einen theoretifdjen unb einen praftifd)en Seil, (öfterer be* faf3t fid) mit ber Kenntnis ber wid)ttgften Lebensmittel unb ber Slufjeidjnung oon ftodjrejepten ; er giebt Einleitung im 2Bafd)en

*) Turd) einen £tabtrat*bcfcf)hiti wirb fortan allen faiulentlaffenen Wo^einter 3Häbd)en ermöa.lid)t fein, bie erfolgreid) toirfenbe ftauet)altung,«= fd)ule befugen.

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$forabciin im 19. ^abtbunbert.

unb ^Bügeln, in ber ©efunbheit§* unb Äranfenpflege. ^raftifd: futb bic Schülerinnen thätig mit ber ßerftellung uon opeifen. $5en Sfoftenaufroanb bcftreitet bic Stabtfaffe.

T>ie Snntenarßettefcfiiife.

9(uf Anregung einer 9ln$at)l Bürger würbe im .©erbfte 1877 nad) bem dufter ber berühmten Oteutlinger Sdjule bie ©rünbung einer ftrauenarbeit^fdjule befdjloffen, roelctje mit jroei SHeutlinger Lehrerinnen im Jebruar 1878 in 3 Sälen be§ ebe= maligen ^PfrünbnerbaufeS an ber £oljgartenftrafte in?§ Seben trat. 3)ie Schule umfaßte junäehft eine $anbnähf(affe unb eine 3JZafd)inennär)f(affe. Seit Obligatorien 3eirl)enunterrid)t baIlc ^ßrofeffor £öflein an ber ftunftgewerbefchule übernommen. 5lm erften $ur3 beteiligten ftd) 28 Schülerinnen. 3m -£>erbft 1878 fd)lof$ ftd) nod) ein $ur§ für Üleibermadjen an. (£ine oorjüglicie Erwerbung machte ber 93erwaltung$rat im Qahre 18S0 mit ber Slnftellung oon gräulein 33 e r t h a i e § al§ $orftef>erin. Unter ihrer Seitung gelangte bie Hnftalt 51t großer 93lüte. $er 3eid)en: nnterridjt wie§ auf ber it)m oon gräulein sJtte§ gegebenen neuen ©runblage überrafdjenbe gortfdnitte auf, ebenfo ber neu einge* führte Unterricht im $unftftiefen unb auf anbem funftgeroerk lidjen ©ebieten. <Bon £erbft 1880 bi§ Ofteru 1883 befanb ftdj bie Schute im 2otthammer'fd)en £aufe (Bltfiäbterftra&e). Nad) fürjerer Unterfunft in ben WöSgen'fchen gabrifräumen eüttaner unb s^ei)le) etablierte fid) bie Schule im Ehriftopt) «etfer'feben Inwefen Sd)lo&berg 11. »n ber SHiete oon 1500 üWf. lentete bie Stabt 3<>o, ber Oberfchulrat 500 SM. jährlich.

Seit 188G werben auf Rechnung be§ ßreifeS ftarlsrube fturfe abgehalten jur 5lu$bilbung oon SlrbeitSlehrerinnen auf bem fianbe. Qu ben fuhren 1886 unb 1887 mürben 32 Seherinnen ausgebildet. Seit Einführung ber neuen s?rüfung§orbnung oon 1894 werben bie Prüfungen alljährlich in Karlsruhe abgenommen. Fräulein sJiie§ übernahm im Februar 1894 bie '-Borftefjerinnen ftelle in Stuttgart. 3hre Nachfolgerin mürbe fixau Dr. ©frörer bte 1899, feitbem fträulein Slnna* ftnöbel.

$m 3abre 1895 errichtete ber Stabtrat am s.ß$aifenbau?= plat* Wo. 4 ein ©ebäube, beffen ÜRäume im dibgefchofc ber ^lufbemahrung oon ^euermebrgerätfehaften unb in ben Cber^ gefdjoffen ber JrauenarbeitSfdjule bienen. Seit 1899 befinbe! fid) bie s2lnftalt in ftäbt. Verwaltung. 3ln ihr mirfen außer ber ^orfteherin bie Lehrerinnen: sJJcalm$heimer, ^Cbele 3öolf# Emilie ©eier, Henriette 2>ncferhoff.

©elehrt wirb: öanbnähen unb SBei&fticfen in 3 Jturfen, sJJiafd)inennär)en in 2 Surfen, SUeibernär)en in 2 Surfen, 3öolifa$

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Worabeiin im 19 Sabrbunbcrt. 571

unb 93untfticfen, obligatorifd)e§ 3eicf)nen Ku* Äanbibotinncn unb ba$ 3eid)enlebreriunene;ramen, foroie funftgeroerblid)e$ Qnäßm. daneben erfolgt in f)albjäbrlid)en Surfen bic AuSbilbung uon 3nbuftrielebrerinnen. 3)ie Soften für ben SBefud) ber Sd)ule fmb mäßig. 3rtjre ^^ätigfeit, bic ftd) aUjä'brlid) bei ber Au3* ftellung ber Arbeiten beurteilen läßt, bat einen ganj beroor* ragenben Anteil an ber SBerbefferung Der allgemeinen ©efdjmacfS* ridjtung in Anfertigung unb 93enü$ung roeibltdjer $anbarbeiten.

Pao fläMifdic SSatfenßan*.

•sHadj Aufhebung be§ ftaatlidjen SGBaifenfjaufeS für bic Söaben^urladffdjen fianbe rourbe für bie 3Baifenfinber ber betreffenben Orte in ber 3Beife geforgt, bafc ibnen Ijalbjäbrlic^ bis jum oollenbeten 14. Sebent jabre au§ bem gonb3 für Ange= börige ber alten SJiartaraffdjaft 93enefijien gegeben mürben, au§ benen jumteil ifjre (Srjiebungsfoften al§ fog. 3iebfinber in s}$rioatf)äufern beglichen mürben. 3m 3at)re 1869 erhielten in ^forjbeim 12 2Baifenfinber bie -3uroeifung oon je 12 fl. 2)iefe 93euefijien mürben au3 bem Ertrage oon Jodetten beftritten.

3)a§ jetzige ftäbtifdje 3Öaifenf)au3 entftanb au$ einer 1846 oon ber löblichen Singergefellfdjaft gemadjten Stiftung, beftefyenb au3 10—12 Letten. $ie Stabt übernabm bie ©abe mit ber 93ebingung, bie 3Öaifenanftalt in§ Seben |ii rufen unb ju unter» balten. SDiefelbe mar urfpvünglid) auf bem 3öaifenbau3plat}e im ©ebäube neben bem alten Sd)lad)tbau$ untergebracht, fpäter in bem nun niebevgeriffenen ©ebäube an ber (£alroerftrafje, roeldjeS mit ber $eit als ju flein befunben unb ju Witt* unb S)ienftmot)nungen für Sebrer eingerichtet rourbe. $ie SBaifen» anftalt rourbe barauf im <ßfrünbnerf)au§ an ber Jgroljgartenftrafje, (Enbe ber 60er 3abre in bem jefcigen ©ebäube untergebracht. $a§ ©ebäube roar urfprünglid) ba3 Armenbab in Silbbab unb rourbe burd) Aug. Käufer Ben. bei ber 93erfteigerung jum Abbrud) für bie Stabt erroorben. $ie Anftalt erfveute fid) ftetS ber roärmften Jürforge ber Stabtbebörbe unb aud) be§ SBoblrooüenS oon prioater Seite. $efonber§ auf Anregung be§ SöaifenbauSoaterS $uggert, ber 24 Qabre lang bie Anftalt leitete, rourbeu berfelben mancherlei namhafte Stiftungen jugeroanbt. Q3ei bem .^aufe ift ein groger ©arten mit Obftbäumen; au$ Sdjenfungen oon Der* mögenben bürgern fonnten ein größeres Bauerngut, foroie nod) umliegenbe ©ütei* an ber sBurmbergerftra§e gefauft roerben, um bafelbft in fpäteren 3<tl)ren ein neues SaifenbanS ju erridjten $ie $oft für bie ftinber roirb au§ bem SlranfenbauS bejogen. hierfür roerben 30 *ßfg. pro $opf oergütet, im ganzen pro jjabr etroa 4000 SRI 3n ber Anftalt befinben fid) j. 3- 38 äinber,

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^forabcim im 19. Sabtbunbert.

22 ftnaben unb 16 Räbchen, 31 eoaugelifd)e unb 7 fatf)olifd)e. $er gegenroärtige $au§oater, |>agmeier, ift ein früherer 93olfS- fd)uüet)rev.

$aS reine Vermögen ber SaifenhauSfaffe betrug am 1. Januar 1901 = 5894,70 Wlt

Pas $au0ßummentnftüut.

©ro^tjersog Subroig errichtete unterm 2. 5Iuguft 1826 biefe ©dmle für bie taubftumme 3ugenb. Sie mar nidjt bie erfte "Slnftalt biefer 9trt in 93aben, oielmehr eine Grroeiterung unb Sortierung jener Jaubftummenanftalt, roetd>e $arl Sriebrid) im 3ahre 1783 in Karlsruhe gegrnnbet t)atte. 3n $eutfd)lanb mar fie bie britte auf ©taatSfoften beftebenbe Jaubftummenanftalt.*) s3iad) bem ©tatut oon 1853 hatte fie ben Qmtd, bie $inber |U oer* ftäubigen, religiös fittlidjen SJlenfdjen ju bitben unb in ben jebem ©rmachfenen im bürgerlidjen Seben nötigen ftenntniffen ju unter» richten. $ie Sehrgegenftänbe roaren biefelben wie in ber SBolfS* Khute, aufgenommen ©efang. 9t Üe UnterrichtSgegenftänbe mürben in ber Saut-- unb ©chriftfprache erteilt, mobei bie ©ebevbenfprache nur als äufierfteS Hilfsmittel benufct merben burfte. $er ®e= roerbSunterrid)t beftanb in ©tiefen, sBafd)en, Mügeln, $äfeln, sJtähen, ßleibermadjen, ©triefen, ©pinnen, ^olftmachen, $app= unb ©troharbeiten, ©artenbau unb fonftigen häuslichen Arbeiten. $ie 3ööti«rte erhielten in ber Slnftalt nebft bem Unterricht, Sloft, 3Bohnung, Reibung unb Pflege. $ie Littel mürben gefdjöpft 1. aus ber ©taatsbotation oon .9350 fl., 2. ben Beiträgen auS bem etmaigen Vermögen ber Zöglinge, milben JonbS, ©emeinbe* mittein, 3. aus bem (Ertrage ber ©tiftungSfapitalien unb beS übrigen StermögenS ber Slnftalt. Zufammen 9«geu 13000 fl. Aufnahmefähig maren Slinber oom 7. 12. Lebensjahre, fie blieben in ber Siegel 6—6 :jahre in ber Stnftalt. $>ie ber Zög- linge ftieg'oon 1826-1830 oon 11 auf 32, oon ba bis 1835 auf 47, oon ba bis 1840 auf 52, bis 1845 auf 57, bis 1850 auf 71, bis 1855 auf 79.

$)a§ Sofal befanb fid) beim ehemaligen 5™nii3fanerflofier (roeldjeS feit 1826 als ©iedjenanftalt umgebaut mar), neben bem jur ftirdje ^evoteiicfjtcten (£hor ber früheren $lofterfird)e. 3Me Zöglinge ber Zmangsanftalt 5TrbeitShauS mürben hier gemeinfam mit ben £aubjiummenfchülern unterrichtet. 911S 1842 bie obere 9lnftalt neben ber fath. ftird)e infolge (Eröffnung ber neuerbauten Qtfauiu geleert merben fonnte, mürben bie iaub- ftummen borthin oerbradjt. ©ie erhielten bas ©ebäube mit bem großen ©arten unb anftojjenben v$arf jur alleinigen $3enüt}ung

•) diejenigen für i'eipjig unb Söien würben 1779 gegründet.

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^forabcim im 19. Saqilmnbert. 573

jugemiefen. Oben an ben Vßaxi fdjlofj ftd) ber tiefe uub breite alte ©tabtgraben an, worin ftd) bie ^oljremife be§ 3»ftitut§ befanben. $ie ^ögtinge Ratten fjier rcidjlid) (Gelegenheit gnv ©artenarbeit unter Einleitung ber üetjrer. 3)ie oon ifynen fyer* gefteüten ^ßappfcfjadjteln fanben bei ben gabrifanten Sßermeubung jur Sßerpacfung ber ®olbmaren. (Srfter 93orftanb war 2)ireftor ^rofeffor 33ad) (geftorben 14. 9Wat 1865), neben it)m roirfteu ft #et)rer (barunter oon $8ebeutung 3öurft uub Söillarett)), eine 3nbuftrielel)rertn unb ba§ nötige £ilf£perfonal.

Qm Qafyre 1866 mürbe bie Snftalt geteilt ; bie eine |)älfte fam nad) (Serlacfysfjeim, bie anbere uad) s3Jleer3burg.

$ie 9lu§gaben für bie ^forj^eimer ©cfyulen betrugen nad) bem ^edmungSabfdjlufe oom 1. Januar 1901:

ftür bie «olfSfdjule 252 687,62 9Jtf.

ii tjöbere $öd)terfd)ule 39 848,37 grauenarbeitsfdmle 10 520,68 ©eroerbefdjule 51630,86

Oberrealfdjule 118 974,99

3ufammcn 473 662,48 Wl

$ie ftäbtifdje 33otf§bibliotJ)ef ift am 1. Sauuor 1893 er* öffnet toorben. Qu iljrer (Sinriditung roirb feit bem $af)re 1889 burd) ©emeinbeoertretung3befd)lnf3 aufi ben Ueberfdjüffen ber ftäbtifdjen ©parfaffe ein gonb§ angesammelt, ber am 1. Januar 1899 ofjne Snoentarroert bie £öl)e oon 59 200 ^art erreicht Ijatte. $ie äaty ber «änbe ber $olfsbibliotf)ef beträgt jur 3eit 3683. SluSgelieljen mürben 1900: 14 662 $änbe an 1785 ^ßerfonen.

3n ber Sefe^alle liegen auger ben brei s$for5f)eimer $age3* blättern 19 jungen unb 3eitfd)riften auf. Sie ift an SBerftagen oon 5—10 Ut)r, uom l ^ooember big 1. 9Ipril an <3onn*. unb geiertagen oon 10—12 unb oon 2 7 Ufjr geöffnet, bie 93üd)erei jeben Söerftag oon 6—7 Ufyr. $ie fiefebatle mürbe 1900 oon 8347 * ^erfonen befud)t. gür bie @ntleib,er oon Öftrem ift eine (SrlaubniSfarte oorge* fd)rieben. Unbefannte bebürfen gut Erlangung einer foldjen ber 5Öefd)einigung eines befannten Bürgen. $ie SBermaltung ber Sßolrsbibliottjet" liegt in ber $anb einer unter bem Stabtrat ftetjenben ftommifjlon oon 5 3Jiitgliebern. 33ibliotf)efar ift £auot-= teurer Sdjedjter. 3)ie 33iblioti)ef ift im 2. Stocf be§ alten (Berber SBecfer'fdjen £aufeS in ber großen ©erberftrafje unter* gebracht.

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Worabeini im 19. ^abrbunbert.

Sem BtlbuugsbebürfniS bcr organifierten Arbeiter bicnt eine 3entralbibltothef im 9Jerein$hau« (ööwen).

Ser 5Hangel eines eigenen ftäbtifdjen 2^enter§ würbe feit langem fd)wer empfunben. Ser uermöglidjere Jeil bei* din* mohnerfdjaft fonnte iuli allerbingS (Sifaij oerfdjaffen bind) beu Befud) bei* £>oftheater in Karlsruhe nnb Stuttgart; aber bie weniger bemittelten Bürgersleute mußten fid) mit bem begnügen, waS bie jeitweilig l)icr auftretenben wanbernben Schaufpieler* truppen boten. 'Sie ^(orjbeimer waren aud) für ba§ Wenige baufbar, unb bie Sdjaufpieler haben ehemals oou ihnen neben ber (Ihre aud) immer ben ungleich l)ötjer gejd)ät3ten Sanf in materieller eJorm empfangen. 9Imübelften baran roaren t)tcr bie 3ünger &halia§ im %a\)xe 1849/60 jur $eit allgemeiner leiblicher unb feelifd)er sJcot. Ser bamalige Jtjeaterbireftor NJBolf wanbte fid) in einem 3lugenblicf ber Berjweiflung an ben $ommanbeur ber preußifdjen BefatjungStruppen unb bat ihn in flehentlichen s4Borten, er möge bod) bie iHegimentSmufif im Xtjeöter fpielen laffen, bamit ber Befud) ftärfer unb feiner total leeren Slaffe roieber etma§ aufgeholfen werbe. Ser Äommanbeur l)atte ein menfd)lid)e3 führen unb fd)icfte feine sJDhififer int Theater, gortan befud)teu aud) er unb feine Offiziere baSfelbe öfters unb gaben ihm auf biefe SBeife fojufagen eine höhere Söethe, fobaß auch bie ^Pforj- heimer oornehme Uöelt eS nicht mehr oerfchmähte, baS Theater an ber ftaufcenbad) 511 befudjen.

3u (£nbe beS 18. unb am Anfang beS 19. 3ahrf)unbertS mürben bie Sdjaufpiele im brüten 3tocf beS sJtattmufeS gegeben. Sann hat man 1803 einer manberuben Jruppe &u ©efaUen ein befonbereS ©ebäube errid)tet. SaSfelbe fdjeint inbeffen nicht ausgereidjt ju fyaben ober fonft unzulänglich gemefen ju fein, benn baS ih^ater rourbe fpäter in bie entfpredjenb umgebaute ©djeune beS ftrouenmirtS ^öeber an ber ftautjenbad) perlegt. 9US baS BejirfSamt aud) biefe 9iäumlid)feiten nicht für einmanbfrei er* flärte bejüglich etwaiger ©efatjren unb immer größere Sluflagen machte, mürbe baS $hent^ in ben „liefen" (je^t „(Schiff") ©erlegt. Bauunternehmer §einrid) 3ttaier erwarb baS sBirtSl)auS, l»eß oa§*

Sheaterräume ben erhöhten (Jrforberniffen entfprechenb her* richten.

"Seit einer 9ieihe uon fahren befteht ein 2heaterfonb§ jum Bau eines ftäbtifchen Realer?, weldjem jahrlich 30000 Warf auS ber (^aswerfSfaffe aufließen, mn 1. Januar 1900 betrug

Sßeater.

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<Cforabetm im 19. 3abr&unbert. o75

ba£ reine Söermogcn bev £f)caterfonb§faffe 307 142,97 TO. (Sine !£heaterbaufommiffion befajjte ficf) mit ber ^ßlatjfrage, ber tedmifdjen unb praftifrfjen (Einrichtung be§ 93aue§. Die fdjarf geteilte Meinung in ber ^31a^frage ift roofyl bie Urfadje, bafj nicht ^eute fchon ein ber Söebeutung ber Stabt entfpred)enbe§ XfytaUx erbaut ift.

Unter ben ©chaufpielergefellfchäften, bie feit 50 Qatjren in ^Pforjt)cim aufgetreten finb, nennen mir bie ©efcfjroifter SJlarbitj, Direftor Söolf mit ber gamilie s-BMenborf, siöeinftötter, bie gramilien hinter (93ater be$ Double^gabrifanten $arl 3Binterj, Detloff, Urban, $erfebaum, Direftor sJteufj (Urbans @rben).

Die Seiftungen be3 „<5aifontheater$" unter £errn Sfteuß' Seitung finb berart, bafj auch ocl' an ^°^c $lnforberungen ge* roö^nte Seil be§ <ßublifum§ feine SBefriebigung babei finbet.

Vereine unb ^cfefffdi äffen, n>ef<$e 2Sir&ung>}n)edten

btenen, (tob:

Die £oae %end)V\n, gegrünbet am 6. Slpril 1864. <5ie gehört ju ber uHutterloge „jur 8onnc" in 93aurcuth, bie 1741 am 21. Sönuar gegrünbet rourbe. (Derfelben unterftehen 30 beutfdje, barunter 7 babifdje, 6 norroegifche Sogen unb 1 4 Sogen* fränjchen.) Die Üflitgtieberjahl beläuft fid) auf etroa 90. 3m Dejember 1894 mürbe bie Soge nach ihrem neuen $eim, (&nfr ftrafce 23, oevlegt.

Der naturroiffenfchaftliche herein, gegrünbet Cftober 1883 mit 30 SHitgliebern. Der literartfdje $er* ein, unter Direftor (Stocf er gegrünbet, ber SBerein für grauen* b i l b u u g unb grauen ftubium, uon 9ieaUehrer ©runer unb Jyräulein 33erggöt> gegrünbet.

Der ©abeUberger'fche (feit 1876), sJMer'|*che, 6to(se* @chren'fche unb 5trenb§'fche ©tenographenoerein.

Der Sefeoerein „jur alten $anne" (1820 gegrünbet) heifct feit 1873 93ürgertefeoerein.

Der Sefeoerein „$ u r «Sonn e" (feit 1839).

Der ßntomologenflub, herein für ©chmelterlingSfunbe.

Der babifche ^hiUteliften^ereiu, ber herein für ^oftmertjeichen-Sammler o § m o 3".

Der bramatifche herein „£haliaM unb ber bramatifche herein „SBohlfafjrt" fjulbigen gelegentlich bem Siebhabertheater, ©rünber ber „^holia" ift Kaufmann ftuballa.

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Worabeim im 19. Sabrbunbert.

Paraßter ber IBcnörßcnittfl.*)

Es roirb uid)t mit Unvedjt beut? uielfad) gefragt über bie Abnahme bes ftam ili e n g e i ft es , bei nur nod) in ben ftilieri uoruebmen Greifen, im fleinen Bürgertum, bei Pfarrern unb ^Beamten ju finben ift. Xas Verhältnis ber ©begatten unter ftd) unb 51t ben ftinbern ift ntdjt mebr bas patriard)alifd)e oon ebebem, es ift ein freiere« geworben, unb mit bem allmählichen 3urücftreten ber burd) bie trabitioueUeu Sitten gefegten ($ren$en bat Ieiber aud) oielfad) bie Autorität fet>r gelitten. $od) finb bie Jamilien glücflidjerroeife nid)t feiten, in benen ein ad)tens* roertes gegeufeitiges Verhältnis beftel)t, bas auf roedjfelfeitiger Zuneigung unb s)ld)tung ber ^flid)ten berubt. 3n ben ef)ren= feften bürgerlidjeu Schichten roirb nod) beute ber Samilienfinn nacb altem £>erfommeu eifrig gepflegt, ohne baß üiel SBefens baraus gemacht roirb.

Es ift bejeid)nenb für ben 3city"ft ^ft6 hxl Anfang bes 3al)rl)unberts bie gamiliendjrouifen, bie $auSbüd)er, bie iräger ber gamilientrabition unb bes gamilienjufammenbangs, naineut- lieb in bem Heineren Bürgertum nod) jiemlid) oft angetroffen werben.

$Ms &u Deu ftHes umroäl^enben SReoolutionsfciegen be* roafjrten bie sPfor$heimer in Sreue ihren guten alten beutfdjen Sinn, ben man mit Unrecht Spie&bürgerfinn nennt. 9)lit tym oerbanb fid) ftrenge Weligiöfität, 2inf)änglid)feit an bie Sürdje unb an ben gürften. JJm reinften ©eroanbe fanb man biefeu Sinn bei ben glöfjevn in ber 3fa, bie, roie Voller Jagt, gleid)fam eine eigene gamilie ausmad)ten unb ftd) bureb Hleibung unb Sprache, foioie burd) fräftigere öeibesfonftitution tum ben Stabt= bemobneru unterfdjieben unb ben ©ottesbienft am fleifjigften be= fudjten, roas roof)l aud) mit ber ©efährlidjfeit ihres Berufes, ber fte bie vilbf)ängigfett bes 9Jleufd)en uon einer höheren ©eroalt befonbers beutlid) f üblen lie§, jufammenbing. Sie heirateten meift unter fid). 2)od) oerroifd)te fid) aud) bei ibnen nad) unb nac^ ber alte 3ufd)nitt uub fdjon 1810 roar nur nod) bei ben Gilten bas s3llte fidjtbar.

$ie Ehrerbietung ber ftinber gegenüber ben Eltern ift eute nicht burd)roeg fo grofj roie am Anfang bes uorigen 3ahr= unberts. damals trat biefer iHefpeFt aud) äußerlich h«roor: $ie Eltern rourbeu oon ben Slinbern mit ber allgemein für 9refpeftperfonen gelteuben 5lnrebe „Sie" angefproeben ober in fleinbürgerlid)en Greifen mit bem uugleid) feböneren „3bv"- Ueberhaupt jeigte ber Umgang im £aufe nod) mand)es förmliche,

*) Duellen: Voller, münblidjc Witteilimaen aUiubnntrbiger alter Seilte, „©eobadjter".

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WoratKim im 19. ^abtbunbett

t>11

ein Sfaidjflang bc§ jeremoniellen 93erfel)r3 früherer 3eit uno namentlid) be§ franjöfifdjen ©influffe§, her ftd) aud) in ber beliebten 9lnroenbung franjöfifctjev MuSbrütfe unb SHeberoenbungen 5u erfennen gab. $)ie ©Kern würben in allen Greifen mit ^Sater unb 2Hutter augerebet, mätjrenb fjeute jebeä Slrbeiterfinb r>on s$apa unb SRarna fpridjt. UebrigenS fefjrt man in oor* nehmen gamilien jetjt roieber ju bev oernünftigen früheren 2lnrebe juruet. $errfd)te bamalS im £aufe nod) ftrengere <8ud)t, fo jeigte aud) ber tägliche ©ang be§ rjöuSltc^eii Sebent eine feftere SHegelmäfjigfeit al§ tjeute : Ellies mar einfacher unb besfyalb geregelter. ©in SBlicf auf bie f)äu§lid)e $age§orbnung jener $eit $eigt aud), roie fefjr bamalS im $aufe nod) auf ftrömmigfeit unb ©otte§furd)t gehalten mürbe. (Sine fur$e $au§anbad)t mar be3 morgen« in Dielen gamilien SHegel. $en Jag befdjlofj bie Sefung eine« Söibelabfdjnitte« unb ein ©ebet, bei ben $atljolifen ber gemeinfam gebetete fltofenfranj ober eine fiitanei. $)iefe formen ber grömmigfeit machten in ben 30er unb 40er Qafyren bem ,3eitgeift ber 5lufflärung unb ba unb bort aud) ber Religion«* fpötterei s$iatj; fie jeigten ftd) mieber in ben 50er unb nad) roieberum 30 3>a^en oer religiöfen ©leidjgiltigfeit am ©übe be« 3at)rf)unbert§.

3)ie granjofenfriege unb bie 93ermifd)ung mit bem fremben (Clement, ba« bie neue Qnbuftrie unb ben $anbel in bie ©tabt brachte, Ratten bie ©itten unb ben (S^arafter moberniftert. 3)ie SRücfftdjt auf ©efunbfjeit unb ©ittlidjfeit f)at tmbei menig gewonnen, fo bafj bie 3llten fdjon bamal« ben SRuf nad) ber „guten alten Qtit" oernefymen ließen. 3)ie fortbauernben ©inroanberungen au« naf) unb fern, bie melen Jremben, granjofen, ©djroeijer, Oefterreidjer u. f. ro., geben ber ©inroofjnerfdjaft f)eute einen faft internationalen ©fjarafter. 3)od) f)at ber alte ^ßforjfjeimer ©eift im herein mit bem ifjm oerroanbten über* miegenb fc^roäbifdjen ©lement berfelben teilmeife immer nod) bie alte Eigenart aufzuprägen t>ermod)t. SSorjüglid) jeidjnet ftc^ ber ^forj^eimer au« burd) eine geroiffe ©utmütiafeit unb einen un» t>ergleid)(id)en Opferftnn, roo ftd) um bie Sinberung r«on $lot ober um eine sBof)Ifahrt«einrid)tung fjanbelt.*) ©ein berbsjooiale« Auftreten roirb jumeilen oon gremben, namentlich oon 91orb* beutfdjen, unangenehm empfunben unb al« ©robtjeit gebeutet.

•) „%n ber @pibcmie oon 1806", föreibt Voller, „waten ÄeUer unb Äüdjett ber Seiten für bie 9iotleibenben offen, unb bie Herste fanben immer eine Jreiftatt für arme Äranfe." ©tefje aud) in „^olitifdjeä" bie Sammlungen für ©djieänng * fcolftein, bie großartigen Äufroenbungen in ben Kriegen 1812/14 unb 1870/71. ftür bie ftamUie eine« f ©d)riftfteUerS fmb 1898 in wenigen Xagen 4200 SRarf gefammelt »oorben. ©o immer ^ilfe nötig ift, btt ift ber ^Jforj^eimer aua) ^ilf«6ereit.

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578 ^forabetm tm lö. ^afabunbett.

SEBec aber längere Seit mit ben ^ßfoi^eimevn oerfebrt unb fic näher fenucn gelernt h^t, weife, baj$ Rilltet ber raupen ^ugenieite ein gefuuber Sinn unb ein wannet (Smpfmben fteeft. i'ebm unb Beamte, bie meliere Oabre in ber Stabt fid) aufhielten, fühlter ftd) nod) immer mol)l unter ber Skuölferung.

pie SSoßnitnflew.

^u Anfang be§ OahifmnbertS waren bie Stuben in ben alten ©ebäuben faft alle flein unb niebrig, in beu unteren Btod werfen feucht unb jumteil finfter. ©rofje, freie SBobnunaen maren im gta$&ßtti£ ju beu übrigen nur wenig 511 fiubeu. £anbwerfer Ratten 8Bo$ttuttg unb £)anbwerteftätte in bemfelben Saume unb nid)t wenige aud) ihre Sdjlaffteüen, etwa burdi ein? $3rettermaub ober burd) Vorhänge gefonbert, baueben, $aB oerfd)iebenen Slusbünftungen in einem engen 9iaume ber 0e» funbljeit nachteilig, wenigften§ ber Teilung ber in fold)en 3immen; liegenben ftranfeu l)iuberlid) fein mu&te, ift febr begreiflieb, tie gerabe in jener $eit gesiegelten greife für £auSntieten machten eine fold)e (liufdjränfung notmenbig. s#ielfad) fehlte es aud? an ber nötigen sJfeiulid)feit unb Lüftung.

Sine fd)äblid)e 9M ju fdjlafeu mar nod) inandjerort^ bie, baf$ bie $3ettftellen gleidjfam al£ eine eigene <£tag.e, wie hi beu ftafernenftuben , in ber nämlichen <Stube angebracht waren. um ben unteren Dtauni 511 geminnen , mo jeber über ba-3 Hinbesalter evmad)fetie ÜDtenfd) uid)t mer)r flehen, nur lieaeu fonnte, unb mo man alle ^luSbünftungen unb Suftarten, W wegen ihrer 2eid)tigfeit in bie $öt)e fteigen, einatmen inujjte.

$ie Letten felbft, bereu defteüe red)t fdjmal waren, ftanben im ©ommer unb ÜBintev au§ Seberbetten. $ie 9}iatrat>en waten um ba§ Qaljr 1810 nod) eine große Neuheit. $te ^untyinae ber nod) Ijäi'figen Himmelbetten beftanben meift au§ gewürfeltem Kattun.

$ie 3)ienftboten Ratten gewöhnlich bireft unter bem $ache ihre Letten, wo fte fid) auch in (raufen $agen aufhalten mußten. Voller oerlangte be§t)alb für fie briugeub ein föraufenbau*. ipofür er alle jene Hausbewohner, bie ihr ©efinbe gerne pl oerpflegt wiffen wollten unb ihnen feine beffeie ^ßflegeftätte $raufbeit§fällen anjuweifen wußten, al§ am meiften bettiaa? pflidjtig erfannte.

$ie Erwärmung ber Limmer war bei beut gemeinen tDlann gewöhnltd) $u ftarf, unb würbe nur auf bie Oahresjeit, feiten auf bie gerabe oorhanbene Witterung SRücffidjt genommen. 3elbn bie silrmen, bie ihr £olj mühfelig erwerben mußten, h^ijten febr heftig ein. OefterS war ba§ lochen in ben Oefeu baran Schult»,

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SMoigbeim im 19. Öobrbunbett. 579

öfter§ mußte aud) Safere, befonber§ oon ßinbern, getroefnet roerben. $aju fam nod) ber Oel* unb £id)terbampf. 2Benn Schnupfen, $opffd)incrj unb ftatarrbe entftanben, fo Surfte man fid) barüber nid)t rounbern. 5luffallenb mar nur, baß trotjbem ftvatifc unb £inber in foldjer Umgebung gefunb mürben, bejro. ohne merflidjen 9iad)teil aufroud)fen.

$ie SBoijmingSeinricbtungen waren aud) im ^ßatrijierfjaufe nad) unfern heutigen ^Begriffen rect)t befdjeibene. $od) fjatte fid) barin manches altertümliche $rad)tftücf erhalten, unb aud) fonft jeigte fid) fjier eine gemiffe Solibität, menn aud) oon einem „Stil", roie man itjn fjeute in ben feinen $Öof)nungen liebt, nid)t bie SRebe mar. 35ie meift au3 poliertem $irfd)t)olj gefertigten s3ftöbel ftanben gerab* linig. sJJlal)agonimöbel famen (jube be§ 1h. Qat)rf)unbert§ auf. 9lod) um bie Witte be§ 19. 3öl)rbunbert3 mürben itjre $3efi§er von ben Quljabern oon sJ]ußbaummöbelu beueibet. 93ielfad) watet] bie älteften sJ)}öbel aud) mit 93ronce uerjiert. $ie mit ge= fefynitjten £el)nen uerfeljenen Stütjle roaren l)äufig grün über^en. ©rün mar überhaupt bie bevorzugte ftarbe bei $ett= unb genfter* oortjängen unb £ifd)becfen. 2öolieue Vorhänge roaren nod) ein SuruSgegeuftaub unb traten erft fpäter auf. Allgemeiner roaren s^ort)(inge au§ roeißem sJJcull. $ie Spiegel roaren, ba man nod) feine großen ©laSplatten fannte, (fein ober au§ einzelnen Stücfen $ufammengefe^t. ftoftbare Seppidje unb Vorlagen gab nur in einzelnen ber ooruefjmften Käufer. $öd)ften§ oor bem 9täfj* tifdjdjen ber £au§frau lag ein fletner £eppid). $8ilberfd)inucf mar allgemein, ©infame, glatte, braune unb fdjroarje 9taf)men umgaben bie oft redjt guten ßupferftidje. 3" einem Oelbilb gehörte ein ©olbrafjmen. (Ein ftänbiger Sdjmucf ber SBofniftube roar bie t)or>c Stanbutjr. £>äufig roaren aud) fleine s$enbuleu unb Sdjlaguljren. (Sie ftanben meift auf einfachem *ßoftament, fleineu Slonfolen ober unter bem ©la§fturj. §n ber „guten Stube" tjeroorgegangen au§ bem früheren ^ßrunffaal großer .päufer ober in ber fpäteren S-Bifitenftube, bie fcr)v feiten ge* öffnet rourbe, roaren bie beften Stücfe be3 ßauSratS, oft au§ oerfd)iebenen Reiten ftammenb, uereinigt: gamilienporträtS in sJkftell* ober Oelfarben unb Spiegel in ©olbrafjmen an ben SÖänben, bie Silber meift jugeljängt, auf ben Sdjränfen unb Sifdjdjeu ^or^eHan* unb ftanencefigureu, niefenbe (£f)inefen, be= malte Xaffeu mit rüljrenben ^njdjrifteu. Oefter anzutreffen roar aud) bie Seroante, ein Sdjaufdjranf mit ©lasfadjen, fdjönen Xaffen, filbernen Seudjteru, s^atengefd)eufen u. f. ro. «£ier ftanben bie „guten" Sitjmöbel, bie meift gepolftert roaren. $um Sdjut} ber s#olfter roaren fte in ber Siegel mit Ueberjügen bebeeft, eine Sitte, bie per) Ijeute nod) in fparfamen gamilien erhalten bat, roie benn überhaupt ber SHefpeft oor ber guten Stube eine

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580 SJforabetm im 19. 3abtbunbert.

trabitionelle Samilieneigentümlichfeit geblieben ift. $ie übrigen Limmer maren fe^r einfad) eingerichtet ; oielfad) ftanben in ihnen fehr alte Sfllöbel; benn bie SluSftattung bev $raut enthielt nicht wie heute au§fd)ließlid) neue Sachen, oielmehr waren alte gamilienftücfe in ber jungen Eh* gerne gefefjen. 3m großen 3Öofm* unb Eßjimmer ftanb ber große Xifd), ber Schreib* fefretär ber ^pauefrau, ein Ranapee unb ein Spinett ober ftlaoier. 9ln ber Sßanb hi»9 oie Jliegenflatfdje, neben bev £f)ür ber $lingel= &ug, ein mit perlen geftiefter 3*u9ft™f*« nitt btefem ©las* ober Stteffinggriff.

SlUe biefe SSerhältniffe fydbtn ftd) nun im Saufe beS $abx* hunbertS aufjerorbentlid) geänbert. ©erabe bie 2Bof)nung jeigt bie Steigerung beS allgemeinen SBotjlftanbeS, ben Einfluß ber neuen Lebenshaltung öm beutlichften. s2lllmäl)lid) brang größere güüe in bie Einrichtung. Teppiche, Sortieren, feibene Vorhänge mit ©arbinen oerbannten ben fahlen Ebarafter beS ^immerS, m™ ihn einft aud) bie Söohnung ber roohlhabeuberen klaffe bot. $n ber ©eftaltung ber 3Höbet jeigte fid) ber ©efehmaef eines neuen ftunftgeroerbeS ; fic mürben weniger fteif unb gerabtinig, bie ^olfter weniger unbequem. 93on ganj heroorra9enocm Einfluß mar baS SBeifpiel, roeldjeS bie faft fprichtoörtlid) geroorbene luyuriöfe SebenShaltung ber fchroei$erifch»fran$öfifchen Jabrifanten unb Arbeiter ausübte.

2öar bie Seoölferung früher ftabiler geroefen, fo begannen bie SWietSroohnungen burch bie in ben £auffe * Venoben ber 3nbuftrie ftarf ab-- unb jugehenbe Slrbeiterbeoölferung fld> fehr ju mehren, $ie ein-- unb sroeiftöcfigen s4Bohnhäufer oer* fchroanben unb machten hohen Käufern $latj, roelche bem 3«t9«P burch größere Eleganj Rechnung ju tragen fudjten. 2lber ber Ueberfluß an SRaum fchroanb; aUeS brängte fich jufammen; bie 2öirtfd)aftSräume traten in ben |>intergrunb ; auch Schlafzimmer unb ©aftyimmer mürben ftiefmütterlid) behanbelt, mogegen man bie befferen Wohnräume behaglicher auSjugeftalten begann. „5Bof)n* unb Sd)lafjimmer roerben in bie ungefunbeften unb engfien SKäume oerlegt, bamit nur für ben Salon ber befte unb glänjenbfte Seil übrig bleibt." (Wehl.)

9flit bem junehmenben Reichtum Enbe ber feiger unb anfangs ber ftebaiger 3ahre fteigerte ftd) auch bie Vorliebe ber reichen Einmohner, benfelben ju aeigen. ES trat gleichzeitig eine eigentümliche Stil' unb ©efd^nacflofigfeit an ben Sag, bis unter franjöfifcbem Einfluß mieber ein ©anbei jum befferen eintrat. $ie Wohnung mürbe in einem beftimmten Stil Ütenaiffance, Empire auSgeftattet S)er ©efdjmacf an altbeutfchen Pöbeln, Xifd)en, Stühlen, Oefen unb Sd)ränfen fanb Slnflang, fteh* aber oielfad) im 2öiberfprud) mit ber mobernen Bauart ber $>äufer.

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$forabeim im 19. 3abrbunbert.

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(Sbenfo fetjt fiel) bie föofofomanier unb bie beliebte englifdje (£in* ridjtuug utelfad^ in ©egenfafc mit anbern leiten be§ $aufe§ unb bei* 9iatur feiner SBerooljner. $>te abfolute $uvd)füf)rung eines etnfeitigen ©tilS ift eben nur möglid) unter teilroeifem $ßerjid)t auf mobernen Komfort.

3m allgemeinen barf jebod) gefagt werben, bafj unfere begüterte (Sinmofjnerfcfyaft &u wohnen werftest. 9Jht ©lanj unb ®e* fcfjmad oerbinbet ftd) in ifyrem |>eimroe}en 93ornet)ml)eit unb 93ef)ag* licfjfeit. 5lud) im 9Jlittelftanbe iftba§ 93eftreben oielfad) bemerfbar, ben SHeidjtum nad)$uaf)men, aber bie baburd) nötig roerbenbe (Sinfdjränf* ung auf anbern ©ebieten ber SebenSfyaltung ftefjt f)ierju oft genug in grellem 2Öiberfprud). 93efonber§ roofjltljuenb berührt bagegen bie befdjeibene unb bod) fo gebiegene, ber)agticr) anmutenbe bürgerlidje Gnnfadjfjeit im $auSf)alt mancher alten ^ßfor^eimer Jamilie. 9Jcit einfachen, aber foliben Mitteln ift bie iöofjnung, menn aud) nid)t „ftiluoll", fo bod) überaus freunblid) unb anfjeimelnb f)ergerid)tet. ^ßeinlidje ©auberfeit, gefdjicfte Slnorbnung ber oft altoäterlidjen 9Jtöbel, fdmeetoeifje ©arbinen an ben 5cnf*ern uno roofylgepflegte ^Blumen, Silber fyeruorragenber unb ^Photographien befreunbeter s$erfönlid)feiten an ben 2Öänben geben ber 2Bot)nung ben (£harafter beS gefunben, lebensfrohen unb etjrenfeften 93üvgertum3.

SBenig Jortfdjritte ftnb oergleid)§meife in ber Söofynung ber unteren klaffen ju fonftatieren, unb Dielfad) treffen bie oon Voller ermähnten 3uftänbe *?or ^unbert Sauren bort auch r)eute nod) $u, (>auptfäcr)Iid) ba, roo beibe (Eheleute unb bie erroacfjfenen $inber tagsüber in ber Sfa&rif befdjäftigt ftnb. 3Öo eS ftd) um fd)led)te, gefunbtjeitSfdjäblidje 3Bof)nräume tjanbelt, fd)afft bie ©efunbheitS* unb SBaupolijei allmählich ^Banbel.

3)ie befferen @rn?erbSoert)ältniffe erzeugen bet bem foliben Arbeiter baS Streben nad) einem eigenen £eim, unb bie Säüe ftnb nid)t feiten, bafj eS ihm bei Umftd)t unb auSbauernber ©parfamfett glüeft, fein Obeal ju oermirflic^en.

X>ie fntälirttnfl.

Ter Umftanb, bafj bie ftauftroirtföaft meift auf ftd) felbft angeroiefen war, madjtc früher meljr wie Ijeute feinen (Sinflufc auf bie ÜBJaljl unb 3U0Cs reitung ber 3petfen geltenb.

Tie arbettfame klaffe ber ferneren genofi beö borgend gerobljnlid) ouppe (ber SHann erroa Brcmnhoein unb $rot), mittag* 9Ref)(fpeifcn, Kartoffeln in folteret $rül)e, in ber sItfod)e einmal tfleifrf) unb (Hemiife unb abenbS Suppe, gefottenc Kartoffeln, fauere (geftanbene) Wtid) mit iBrot ober Äars toffeln, bei befferem SBerbienft mefjr Jyleiid)fpcijen, Wemüfe unb Salat. Jm SHittelftanbe roedjfelten ^yleifd^ unb 9)icf)lipeifen ab. 3m Söinter genojj man ba$ Jyleifd) felbftgefd)lad)teter 8d)roeine, gefaljeu unb geräubert unb oerbraudjte bie Söürfte jum Öemufe. Jür bae ©efmbe gab e* im Söinter abenb* Suppe

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582 Worabeim im 19. 3abrbunbert.

unb Salat, im Sommer Suppe unb Sauermild). T er 3'efler' e*n au^ teuerer unb iuncr i)Itlcf> mit etroa« J.'ütu gefod)te« unb im Heiler erfaltete« (£ffen, mürbe im Sommer f)äufig für bie ftelbarbeiter bereitet.

Ter $ermögltd)ere batte täglid) mittag« Dcbfen ober Äinbfleifd) mit Suppe unb ©emüfe, im hinter nod) mit Sd)roeinefleifd). Ter gute Ttid» mürbe mit Aleiidjbrubfuppe, Ocbfenfleifd) mit Beilage, Öemüfe unb ftleif* befefct; nur auf ben beften Ttfcben fant» man Skaten unb 9iaa)ti|"a>.

Tic $eit be« Gficn« mar narf) Staub unb Sefcbaftigttng oerfdneben. Ter Bürger fetjte fieb in ber Siegel oor 12 Ubr &u Tifd), bie oornebmc Seit unb bie, beren Wefcbafte bi« 12 Ubr bauerten, v 8. bie Jvabrifarbeiter, nad> 12 Ubr. 2lbenb« ber Bürger im Sommer um 7, im hinter um 6 Ubr „junadjt", ber Arbeiter unb ber iHeidje um 8 Ubr.

Tie 2Ref)lf peif en roaren bei allen Klaffen ber <£inroobner, am bäuftgften aber bei ber armen in ©ebraud), roeil ftd) bie Arbeiter bie 3«* }um ftleifd)fod)en ntdtf nebmen tonnten ober uviinn. JKciv. unb ©rie«bret, oorwglid) au« SBelfdjfornmebl unb Knöpfte in iHildj, fauerer Örübe ober mit Sdunaljbutter gefdjmäljt, oft bura> ibre £>ärte unoerbaulid), roaren bie ge= roöbnlidjftcn 9Ref)lfpeifen. Siornefmter roaren fdron bie Rubeln, au« 3Jiebl unb Giern bereitet. TOit ftleifdjbrübe roaren fie bei ben rooblfjabenberen Stänben beliebt, häufig mürben fie in ber »tild) unb ganj breit gelaffen, oft aud) gefdjmaijt genoffen. 9Jur bei benen, roelctje SJieb batten, roar ba« Sd)ntaljgebarfene üblid), roeldje« fo roie bie £ierhtd)en (ein Sonniag«effen für bie ärmere SJeoÖlferung) unter bie unoerbaulidjften Speifen geborte, be- fonber« roenn fte, roie üblid), rcd)t fett bereitet rourben. Tie Kartoffeln bilbeten fdjon bamal« ba« Skot ber 2trmen, „bie nidjt erbettelte« ©elb an Kaffee; brüben oerfdjroenbeten." roar aber aud) bie Speife auf bem Tifdje be« 3öol)lbabenben unb 9leid)eu unb biente bem Mittelmann in allerlei ^orm al« ein geroöbnlidje« (Sffen. Ter 3termere genofi fie blofj gefotten ober mit $rot unb Suppe ober mit einer faueren Srübe al« SJlittagcffen. Ter JBoblbobenbere mad)te au« ibnen Salat, ©emüfe mit #leifd)brübe, ober er afi fte in Sdjmalj gebraten („gebrägelte ©rumbire"). Ta« Sefter foftetc 20—30 Pfennig.

Tie Senüfcung unb 3u6ereitung ber ©emüfe roar ungefähr biefelbe roie fjeute. SRebr al« jefct fanben öülfenfrüajte Serroenbung. '«on ben ©es treibearten rourben fmuptfädjltd) ©erfte unb fcirfen jum Kodjen benufct.

3u(fer unb fcontg. (Srfterer Toftete im 3al)re 1807 l 9K, 3^Jfg., bret 3abre fpäter bi« ju 3 3)tf. 40 $fg. ba« ^Jfunb unb rourbe barum roenig benufct. 3" oermöglidjeren Familien rourbe er burdj ben ftonig erfe^t, roooon ba« $funb bi« ju 1 SM. 30 ^fg. foftete, ba« Toppelte be« früheren greife«.*)

Ter ©ff ig roar bei ben billigen Süeinpreifen (Snbe be« 18. '^atir- bunbert« billig unb gut. SJlan fannte nur SSeineffig. 9?aa) ben oielen #ci)U jabren nalmt man aber feine 3uflu$t aud) |H Dbftmoft«, 5vrud)ts unb ^ier» effig. Ter SBeineffig rourbe oielfad) fdjon oerfälfd)t in ben $anbel gebradjt.

9teben ben geroöbnlidjen ^leff Pforten Um auf ben Tifa) ber ffiobl1 babenben (Geflügel unb vBi(bbret, rooran aber bie umliegcnben ^Salbungen ju jener 3^it (inner roaren al« jc^t. 9iod) oor 120 jabren (alfo gegen 1780) famen, rote Möller mitteilt, im S>agenfd)iefj Söilbfdnoeiiie oor. Söilbe Gnten roaren im 5ßinter ntdjt feiten, cbenfo Jelbbübner. l'erdjen rourben au« anberen Wegenbcu gefdjidt. $ln befferen Sorten oon ^yif c^en fehlte e«. Forellen, tfeben, x>ed)tc unb Karpfen Fanten au« ber ^adjbarfdjaft, com iHtjcin ber i?ad)« ober Salm, ^n ben 3 Alüffcn rourben Olafen, 3«ei^fifd)e, Sarben, 9lale, ©reffen, Kruppen, (Mrunbeln, "iMcden, Sitterfifdje unb wi*>effelnw gefangen. Son au«länbtfd)cn ^ifd)en rourben Stodfifdje unb geringe allgemein genoffen, feltener öüdlinge unb Sarbellen. ber 9Jagolb unb Sürm fanben fia) uodj

•) Tiefe enorme ?rei«erl)öbung roar eine golge ber Kontinentalfperre.

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^forjbeim im 19. 3abtbunbett.

583

häufig Jlrebfe. Xn ftrofchfchenfeln fanb man wenig (Mefdjmacf; aufteile ber Äujtern rourben Sdjnecfen genoffen.

Tie 9)caa« Wild), 1 '/« l'iter, foftete 14—17 Pfennig, alfo *jz beS heutigen greife*. "JJlan Ijatte fte in großer 9Henge in ber Stabt felbft, bod) würbe fie aud) von ben näcfjften Törfem fjergcliefert. „Singer über Süer* bünnung mit Söaffer fonnte man über feine Jyälfdjung flogen."

TaS $funb Butter foftete im Turcbfchnitt 52—56 $fg. SBät)renb unb nad) ber Biehfeudje im $>crDft unb Söinter 1796 unb im Spätfommer 1797 foftete fie 1 Dif. bis 1 9Jtf. 30 «fg.

Bejüglicb, ber (fletränfe Qielt man ftd) oor fmnbert fahren mehr an ben "iöein als an'S Bier, baS nad) unfern Begriffen ein wenig fdjmacf^afted ©etränf gemefeu fein mau. Slepfels unb Bimenmoft gab eS in faft allen Haushaltungen, wo oiete Ttenftboten unb Taglöhner nötig waren. Wandje oerbefferten it>n burd) ißein unb Branntwein, fieserer rourbe feit ber 9lb* nähme beS SBeintrinfenS roieber mehr Wenu&mittel unb rourbe namentlich in Reiten ber 9lot ftarf oerfonfumiert.*) Voller beflagt cd, bafe in höheren Stäuben ber BerbauungSfaffee mittags mit Jtirfdjenroaffer getrunfen routbe. Ter ftaffee roar in ber Hütte beS Bettlers roie bei bem SReidjften anjutreffen, .nur fudjte ber erftere feine ganje GHürtfeligfeit in einem ©etränf, baS er auf bie etenbefte 2lrt bereitete." Tie Beimifd)ungen roaren 3»d)orien, (SJelberüben, Tidrüben, (iicheln, Joggen :c. Ter 9lrme genofj biefe Brühe als ^"W"*' «Wittag* unb Stbeubeffcn in großen Quantitäten, ber SBof>lb,abenbe in fefjr ftarfer Zubereitung beS morgenS unb nad) bem 'JJlittagtifd). Ter Kaffee rourbe alö fogenannteS herjftärfenbcS Littel betrachtet. (Sbofolabe war nur ein Öetränf ber Steigen unb rourbe feiten genoffeu. Ten Tbee gebrauchte ber gemeine Wann nur in ttranffyeiten, bei höheren Stänben roar er feit Beginn beS 18. 3ar)rl)uubertS als Stbenbgetränf unter ben 5raucn eingeführt.

Sehr beliebt roar als Befd)Iuft fröhlicher (Mefellfdjaften in ben langen 9üintemäd)teu ber Bunfd).

3lud) in ber alten 3eit flo& es ^er in retchen Jyamilien bei befonberen feftlictjen Xntflffen lururiöfe ©cfeUfdmften, bei benen mit Speifen unb ©etränfen unb feinem Tafelgefcijtrr ein grojier Slufwanb gemacht rourbe. Heute finb folche jiemlid) allgemein geroorben. Tie 3eiten beS TbeeS unb ber ©Utters brote finb oorüber. 2Man firtbet in ben Mreifen ber reichen ftabrifanten, aber aud) In ben Jamilien ber höheren Beamten feine Tafelgenüffe. 5iid)t bloS bei Soupers unb TinerS, aud) bei Empfängen, roo Büffets aufgeteilt finb, gehört etwas £uruS jum guten Ton. TaS Tafelgerät, bie ÄuSftattung ber Tafel mit Blumen ic. m«| möglichst gläujenb fein, ittit einer Sorte Stein begnügt man ftd) in foldjen #&ücn nie.

3tber aud) ber Hanbmerfer unb Arbeiter lebt jefct ungleich beffer als ehemalö. Tie günfttgen Vof)nocrr)(tltuiffc erlauben ihm, roenn nia)t täglid), fo

*) ©ne amtliche Befanntmadjung im „Bforjfjeimer Beobachter" oom 7. Januar 1861 lautet:

„GS roirb oiclfach Älage gefuhrt, baü bie gegen baS Ueberhaubnebmen be5 BranntroeiiitrinfenS getroffenen Änorbnungen nicht gehörig beobachtet roerben, unb in«befonberc in oerid)icbencn .Hrauilaben Branntrocin in f leinen Quantitäten abgegeben roirb. tin febr trauriger Vorgang hat weiter gezeigt, ba& fogar Ünawm fd)on bem tfrauntroeintrinfeu fid) ergeben. Söir forbern beähalb fämtliche "öürgermeiftcr auf, bie $>erorbnung oom 14. sJcooember 1843, Serorbnungdblatt 9?r. 21, mit aller Strenge ju ho»bhaben, inöbefonbere bie ^ßolijeibiener anjuroeifen, ben orbnungStoibrigen SJcrfauf oon Branutroein unter einer halben SHaj}, foroie bie Abgabe oon Branntwein au fd)ulpflid)tige Minber jur 2ln^eige 31t bringen, überhaupt oon ihrer Seite alles sn thun, um bem lleberhanbnehmen beS in jeber £infid)t 311 Örunbe richtenben Branntroeiiu trtnfen« naa) a»öglid)feit su fteuern."

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584 ^forabeim im 19. 3afrftunbcrt.

bocf) meb,rmal« in ber SBodje ^Ceifd»fpeifen unb ift er nur fonft fparfam, fo Tann er am Sonntag audj „fein .frulm im Zopfe" fjaben. ^ebe aud> nur einigermaßen behäbige Arbeiterfrau fauft ftdj tyre SRartinigand unb läßt ed i&rem Difdje überhaupt an Abroedjdlung in ber Aufeinanberfolge ber Spetfen nidjt mangeln. Selbft an einem befdfeibenen lifdjroein fetjlt vielen ntc^t. DaS finb bann aber immer foldje Arbeiter, bie ju fparen oerftefyen, bei melden nidjt bie Sbierflafc^e permanent regiert unb am Samstag, Sonntag unb 9Rontag ber obligate Jiaufa). Sei biefen ift allerbing« jahjau« jahrein Sdnnaltjan* Äüd)enmeifter, aueb, roenn bie Serbtenftgelegentyeit eine nodj beijere wäre.

Srfjon oor Rimbert 3at)ren flagte Stoller über ben SNißbraud) t>e$ Tabafc< beim Hauten unb Sdjnupfen befonber* bei jungen beuten. Aucb. biefe Öerooljnljeit bat im oergaugenen ^abrljunbert er!>eblia)c fBanblungen burdjgemadjt ; fie ift außerorbentlid) oiel ftärfer geroorben unb mar früher meb,r auf ba$ &au4 befrfjränft al$ je&t. Die Stärfe bc« »erbraudj* ift ebenfo roie bie Sitte ber befferen Stänbe, feine unb teure Zigarren ju raupen, *um guten Zeil auf bie Serbefferung ber roirtfdmftlidjen Sage jurücfjufüfyren. 3Ran l>at fjeute mebr ©elb übrig für biefe Dinge. Sor 1848 b,errfdften bie pfeifen oor, roooon fid) mand>e eine ganje Sammlung anlegten. SJon ba ab eroberte bie ^iflarre *>ie $B*lt. Dafür ift bie Sitte beS Schnupfen« jurücf' gegangen. (£$ fommt in guter (Mefellfdmft gar nidit, im $>aufe wenig oor. Weitere Herren bieten fid) nur bann unb mann am Stammtifd) bie Dofe an. AI* „Äoft ber Olafen" mar ber &Qnup\tabat eiuft aua) oon Damen gefdjafct, bie ilm juroeilen in jierliajen golbenen DöSdjen mit fid) führten. Seit 1814 »erbreiteten fta) bie Dofen oon »irfenrinbe.

Pie iitettmiifl.

3Hit ©ejug auf bie Äleibung unterfdjeibet fidj unfere £eben*rocife, roa* ba$ §pgienifd)e betrifft, nidjt aUftufefyr oon ber ju Anfang be* oorigen jdfyt* ImnbertS, trofcbem ja bleute ftärfere fteformbeftrebungen aud) auf biefem (Mebirte fid) geltcnb madjen, of)ne aber weitere Sdjidjten $u ergreifen, ^m ©egenteil mar ju (£nbe beö 18. ^afjrtmnbertS eine entfdjiebene Steigung jum (Sefunben unb 92atürlid)en bemerfbar, eine ^olge ber 3. 3- 9iouffeau'fd)en Stiftung, beö Drange* nad) 9iatur. So §um Beifpiel mar ba* Sdmüren, gegen bad bie Aerjte (fiefje Voller) feit langem fämpften, faft abgenommen. Aber oom Raffte 1810 ab bolten bie Damen mieber bie fteifen Gorfet* ber (Mroßinutter tyeroor, um iljre öeljaglidjtcit unb iljr "iüo&Ibeftnben einer unnatür* lid)en Öcjterttyeit ju opfern. (Mroße Jpaletüdjer unb Sfyarol* mürben SWobe, bie übrigen« bei ber bamaligen JrauenHetbung ein guter Sdjufc in ber rauben ^afyredjett unb nad) (Srfjifcung roaren, inbem fie oor (£rfältung bewahrten. Die großen „Sd)lupfer" ober 3Jtuffe roaren bamal* außer ©ebraua) getommen, um rote jebe ÜKobe fpäter roieber in ueränberter Jyorm Aufnahme ju finben. Voller flogt über ben AUeiberluruS in allen Stönben, befonberd beim roeiblidjen Dienftperfonale , eine Mtage, bie l^eutc mebr roie bamalö Berechtigung bat. Der übertriebene Aufmanb für äußere tfleibung bei ^oliffeufen unb Dienftboten b,at bie einftige Unterfdjeibung ber Stänbc beinahe ocrbrdngt; oornel)me grauen Imben begonnen, nidjt foivotjl bureb, ben äußeren Sdjnitt unb lujruriöfe Audftattung bcr (Meroänber al§ oielmetjr bura) roertoolle Stoffe unb elegante (sinfadjljcit ibren Stanb ju repräfentieren.

»ei ben IHdnnern ber oornebmeu Welt artete bie 3)iobe oor HK) ^abren oielfad) auö unb gipfelte, roie fyeutc im ÜHgerltum, bainal« im w3^rDen9e^ mit mobifa)em Jrad, roob,l parfümiert, in bie feinfte, ai«vlid) gefältete i^ein*

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^forabetm im 19. Sabtbunbert.

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manb gefleibet, bic ©einfleiber oon ^Jari«, bie burdjbrodjeneu Seibeuftrümpfe oon tfuon, bic Sdjube oon Strasburg, bewaffnet mit Lorgnette." £a« war bamal« bie Uiobe ber elegant«. Gin früher häufiger @d)mud ber SHänner, bie Ohrringe ber „3nerooaole«", ift balb abgefommen. Slber mit bruftnabeln, isöerloque« oon großer SJtannigfaltigfeit an ben Uf)ren (bie früher in einer £>ofentafdjc getragen mürben), mit Siegelringen, 6pajierftöcfcn unb Xabatieren mnrbe oiel X'uru« getrieben. &anbfa)ul)e maren nid)t fo obligatorifdj wie beute. 2Me Jpaartraa)t ber Männer mar ber Iitu«fopf, bie 5rflUCn Sterten fid), 100 eigene« fraar mangelte, fdjon bamal« mit frembem, bod) batte ba« fouft üblidje Ginfalben unb Zubern in ^forjtjeim feinen Gingang gefunben.

ttnenblid) oiel ftärfer ift ber' ©anbei ber meibliien al« ber männltdjen flleibung gewefen. $a« ^abrlmnbert bat fie allmä&lid) fid) aufblähen unb mieber jufammenfdjrumpfen fct>cn. £a« einfadje 5t leib be« erften .V.livu'hmo mürbe balb an ben Srfmttern, balb am Oberarm mit puffen uerfeljen, bie ©eftalt rourbe burd) immer neue Unterröcfe weiter unb weiter, bie iaille fanf berab; ben ftöbepunft errcid)te bie SttfMfyunfl mit ber Grinoline, bann trat roieber ein ^urücftreten ber unteren frälfte ein, ein furje« Äleib, ba« bie ftüfje feljen lieft, warb 3)tobc; in ben 80er ^abren enoeitertc fid) ba« Äleib nad) hinten jum cul de Paris, um bann mieber enganliegenb \n werben.

Sei ben Männern ftnb bie Grruugenfdjafteu ber Seoolution bi« Ijeute geblieben: SWorf unb lange \>ofe, furje Sefte unb ftracf. daneben treten (leinere $eränberungen jurücf, wie bie größere (Ü3iebcrmann«trad)t ber 20 er unb 30 er ^aljre) ober geringere SBeite ber ftofen unb be« iHocfe«, bie SJenberungen ber S>al«binbe :c. 9Jad) 1848 würbe ber amertfanifdje Cuäeferfjut, ber golinber, fpottweife „^tngftrö^re" genannt, ein Stxtyn loaaler unb fonferoatioer Öefinnung unb oerbrängte ben breitfrämpigeu £ecferl)ut. ^olitifdje SBanblungen ftnb übrigen« aud) auf bie iBartmoben oon Giuflujj gewefen. Anfang« war Sartlofigfeit ba« allein ^eine, bann ber ftaooritbart an ben Oljren, baneben ber militärifdje Schnurrbart, ber in jmei Ijaftltdjen, abgeftufcten büfdjeln ftanb, fobann ber Vollbart, ber aufang« al« Eemofratenbart oerpönt, Ijeute befonber« gepflegt wirb. £er „G« ift errcidjt"* Schnurrbart feiert ein oieloerfpottete« iafein. .'peute r)crrfcr>t $ttt« unb bartfreiljett. Unb biefer 3ug jum freien unb bequemeren ift juglcid) ber "öauptjug ber Gntwi(flung ber mannlidjen 3Jcoben be« ijarjrbunbert«.

barf al« ein günftige« 3eid)en für bie gefteigerte Veben«fmltung unferer Slrbeitcrbeoölferung. betrachtet werben, baft fie burdnoeg gut gefleibet erfd)eint unb aud) im 21Utag«gewaube einen wobltbucnbeu Giubrucf ber Sauberfeit unb einer gewiffen ^etjäbigfeit mad)t. 2(ud) an ben Sdjulfinbern, namentlich bei ben 3Räbd)en, tritt bie« bcutlict) heroor. rtinber mit &er* riffenen Äleibern fommen fer>r wenige sur Sd)ule, barfüßige gar feine.

Gin anberer 3ug, ber ju immer größerer Nüchternheit unb ftarblofigfeit, fdjeint, wenn man wenigften« bie Vorliebe für bie heutigen Sport«foftüme bebenft, allmd^lid) ju oerfd)winben.

3u Einfang be« ^br^unbert« berrfdjte ein faft überfdjwenglidje« ®e^ fül)l«leben. 3)ian fdjwärmte für Religion unb ^aterlaub unb erging fid) in 3lu«brüdeu unb (Mcfül)l«ergüffen, für bie unfere nüdjierne Reit fein Ihn ftdnbni« mef)r fyat. Xa« Öefü^l ber ÜHefignation, ^eroorgerufen burd) bie iKeoolutiouöfriege, war ein ftarfe«, allgemeine«, unb äußerte fid) in ber 3tbs wenbung 00m realen £eben.

,,^n be« fcerjen« heilig ftiüe Sidume

SRttty bu flieljen, au« be« Seben« Xrang!

^rei^eit ift nur in bem 9leid) ber Iraume

Unb ba« öapöne blüljt nur im ®efang l*

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^forabeim im 19. 3abr&unbert.

So fang Stiller jur Jahrbunbertioenbe unb traf bamit aua) bic Stimmung bcr erften ©eneration beS 19. ^ahrhunbertS. ftcftßnation, un* praftifc^er ^bealiSmuS, litterarifcbe ontereffen, baS fmb bie dmraftcriftifdjen SNerfmale jener Gpocbe. ?>n ben Sdjöpfungcn ber Stomantifer Ijat biefer 3eitgetft ieinen btebterifepen HuSbrucf gefunben. (Siehe auch „^forjbeim in ben tyreiuetteinegcn .)

ß 8 mar bie ßeit beS geheimen tagel u<beS, beS 3tammbudjeS, baS beute nur nocti oon Sduilftnbcrn in Gljrcn gehalten wirb unb ber Silhouetten, roelcbe burd) baS ^hotographicalbum oerbrdngt würben.

5öie bie gemetnfd)aftltdje fceftitre, fo rourbe bamalS auch baS Grjäblen im (ynmilienfreife ftärfer gepflegt alS jefct. Tie Sllten unb baS (Hefinbc er* jäblten ben Äinbern nodj artige iMrcben unb grufelige (Heiftergefdnchten.

DaS gemeinfd)aftlid)e Singen im ftamilienfreife, fei eS jur Grbauung, fei eS als SluSbrutf feftlidjer ^reube ober einer gerübrten, befebaulichen Stimmung, mar feb.r beliebt. Die lieber hatten Sinn unb ^ärme, loabjcnb bie öben, freien öaffenbauer, bie beute ben .\>auptbeftanbteil beS iiolfSlieber* ninuu-v ausmachen, beffer bort geblieben waren, iuo fte entftanben ftnb. Tai Jafelflaoier mar baS ^nftrument ber iKäbcfceit unb Araueu, ba> ber Knaben bie SBioline unb ftlöte, bamal* ein beliebte« ^nftrument. 3n jener 3eit unb bis 1870 borte man auch in oielen Jamilten bie «uitarre, namentlich oon grauen, fptelen.

Die „^fonbeimer ioöcbentlid)en Nachrichten" brachten 1796 folgenbeu Bericht über ein »iuftfesamen :

1796. SRufiferamen an ber Stealfcbule. StabtmufifuS .fcr. £ao. Slnbr. ftorftmeper lehrte 3)iufif, in loödjcntlicben 16 Stunben unb SamStagS naaV mittags oon 3 bis 4 Ubr in einer allgemeinen Girerjierftunbe. DaS Gramen tourbe mit einer Spmphonie oon allen Sdiülem eröffnet, barauf lieji fid> be- fonberS hören: 1) (Mcorg ^af. Mennig auf ber Violine in eine Duabro oon Jvräniel. 2) ^ob,. 3tbam 'öeuefifer auf ber Jvlöte in einem Stonjert oon Jyil«. 3) gr. ^annoff auf ber Violine in einem Duabro oon Ölepcl. 4) (Hottlieb Selbmann auf ber ftlöte in einem Duabro oon loeScbp. 5) gr. ^funber unb 6) Tax*. Jvorftmeper jeber auf ber Violine in einem Duabro oon Stanutife. 7) grep auf ber Jlöte in einem Duabro oon toeSdm. 8) Jyr. Dörr auf ber Sioline in einem Irio oon Stamme!. 9) &Mlbclm Jvübner unb 10) Bieter Mittler auf ber Jlöte in einem Jrio oon lieber. 11) (Hottlieb Gb. (Mülidj, 12) Gbx £auennann unb 13) Gbriftian $}eibmann auf ber Jvlötc in einem Irio oon Gfcher. 14) Acrb. GbareuS unb 15) Jr. Äummer auf ber Violine in einem Irio oon 31. ftorftmeper. 16) ÜWtor GbareuS auf ber ftlötc in einem Jrto oon Gfdier.*3um "sHcfdUufc mürben einige i)iärfrf)C oon ben Änaben allein (unb babep oon (Hottlieb Söeibmann unb 31. ftrcp bcr Öa^ unb G^riftian SBeibmann bic v^iola) gefpielt. ^aty ber Sd)iiler 31.

T a S W u f i j i c r e n im \> a u f e l)at geiotfj t>eute jugenommen. Slbcr als gemeinfdmftlidjeS ^öanb ber ^amilic fonnte bie fcauSmufif friiber bod) in böljerem (Mrabe gelten. ^Ge b,iug bieS mit bem fdjon enod^nten ftdrferen (Mcfublelcben jufammen, baS fta) gern Vuft madjte. öefouberS ift baS l)äuSlid)e Mlaoierfpiel, ba<$ fo febr jugenommen' bat, beute einer mehr ober minber loi^igen Äritif oerfallen. hieben bem Älauier haben Violine unb GcUo ihren iUa( behauptet. Seit 3 ^aföeQnten gehört aua) bie 3»ther ju ben beliebt geroorbenen ^nftrumenteu.

Die Pflege ber $au Smufi! entfpridit ber jeioeiligen gefellf(haft(i(hen Gutioicfelung. Xie 2Dabl bcr Salonmufif gefd)iel)t oft meniger nach ber JHid)tung geiftiger liefe, bic ein ernftefl sJDiitbenfen, 3)litempfinben oerlangt, als oiclmchr nadi ben- Gingebungen einer momentanen i'aune, unb roo baS Grftere gelegcntlid; jutrifft, gefdjicht mehr um beS guten loncS unb ber

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^forafceim im 19. 3afjrbunbert.

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Wöbe mitten, otjne bnfe bann natürlich (Mcift unb oerfeinerteä ®efür)l ba&ei tbätig roären ober einen befonberen ©eroinu baoon bitten. ÜKbcr auch bie Jamtlien ftnb nicht feiten, in benen mit roirflidjem VerftänbniS unb plam mäßiget ftuöroabl ante SWufif gepflegt roirb, roo man neben Veethooen, c: iiopin, Schumann, ÖraljmS, tiefangelegtc SWoberne l)ört, roie JHtcbarb Strauß iSor* neltud u. a.

Sie Sitte ber Weburtä*, Verlobung8*unbTobe8anjetgen hat butcf) ba8 ganje ^abrhunbert beftanben, roenn aud) in oeranberter %oxm unb junäcbft ausfchlicfilicb bei ber oornchmen ÜL'elt. Ser erfte „Irauerbrief erfebien am 4. Wärj 1795.*)

Unter allen ^eftlid)Ieiten ber ftamilie im t ba$ e i h n a ci> tote ü feinen fd)önen Gtjarafter burd) bad ganje ^Q^bunbert beroatjrt. 2lud) bie ärmfte ftamilie lauft fieb auf bem Ghriftbaummarft, ber 8 Sage cor bem Jefte reichliche sÄuSroabl bietet, ihr Väumcben. (Sine fpejiftfcb einbeimifebe Sitte bat ftcb, feit einigen ^ahrjehnten eingebürgert, nämlich bie, baft bie 9(noerroanbten eineä lieben Verdorbenen biefem am ^eiligen iMbenb aufs (Hrab ein brennenbeS (Sb^iftbäumchen aufpflanzen. (Meroifc ebenfo finnig roie pietätooll ! Ser limem oeretn, ber fcilföoeretn, bie £oge iHeucblin unb anbere gemeinnützige Kor- porationen (äffen fid) bie ^eiebenfung ber Trinen angelegen fein, unb bie $rioatrool)lthätigfeit ift gerabe in biefer Reil ber roerftljätigen l'iebe eine ganj aufjerorbeut liebe. Sie Vereine unb (Mefellfdjafteu halten tfjre Seibnacht«* feiern, roobei freilief) bie Stimmung bei Aufführung oon Sheaterftücfen, bie bem ernften religio fen Gb,arafter bed Jvefteö oft bireft entgegen gefebt finb, feine fonberlicb roeiheoottc ift. (Jbenfo unangemeffen ift e$, bafj einzelne 2Beif)nachtsfeiern oft febon im Nooember beginnen unb anbere erft na* Sret« fönig oeranftaltet roerben. -'Cu.ii bie geroöi)n(id) bamit oerbunbenen Lotterien unb Verweigerungen ftnb faum baju angetljan, ben Veranftaltungen eine be- fonbere Sinnigreit ju oerleiben.

Sie Soloeftcrfeicr roirb in ben OJaftbäufern nach althergebrachter Sitte mit bem „Auöfnobeln" oon Vrefceln eingeleitet. Sa$ (äftige fterumfd)ideu oon Viftteufarten ^ur }ieujabr$gratulation ift in oielen Familien bura) ein ©efebent an bie Maffe be* ftäbtifdjcn .fcilfdoerein* abgelöft roorben. Viel «ergerni* erregt ba* roüfte Schreien unb Sineficn in ber fleujabränaebt in ben Straften ber Stabt, befonberä auf bem SHarftplafce.

Sie öffentlichen liarncoalSauffübrungen ftnb früber häufiger unb impofanter gcroejen, als jefct. Riecht roibcrroärttg unb abftoftcnb ftnb bie

*) Serfelbe tft bejeidmenb für bie Umftänblid)fcit unb überfchroänglicbc Wefüblääufeerung ber ^cit :

„S r au e ranzige. (S$ f>at bem 2tttmäd)tigcn gefallen, meine fo innigft geliebte (Mattiu, Sßilljelmine Vuifc, eine geb. Scbroörmäunin , ben 2. biefeä AbenbS nad» 8 Ubr 511 fid) tu bie feelige (Sroigfeit abjurufen unb mich baburch in eine gränjenlofe Vetrübniö ju oerfeten. Sic ftarb, nacb>em fie mir roenige Jage juoor 2 tote 3){abdjen geboren hatte , am Vranbe. Schon feit beinahe 6 föoeben oor ihrem fo frühen lobe litt fie unauS* fpreajliche Schmerlen, ba fie rodbrenb ihrer Sd)roangcrfd)aft mit einer bös- artigen Safferfucht beljaftet mar unb brachte it)r Alter auf nicht oolle 31 ^sahre. ^d) fühle mich baher aufgeforbert, allen meinen unb ber Vcr* eroigten oerchrungdroürbigen ^reunben unb Jyrcunbinnen biefe traurige Nachricht ju geben unb Sie 51t bitten, mir fernerhin obre fdiafobare Jvreunb* febaft ju fchenten. lleberjcugt oon ieber Jcilnnbme an biefem meinem traurigen Scbidfale oerbitte ich mir alle Veilcibebcjeugung unb empfehle mich in Serofelben beftänbige* fDoljlroollen.

^iaftatt, ben 4. 3)ierj 1795.

Ser Verewigten @atte. Vucbb^alter Sieoert

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I

588 ^forjbeim im 19. Sabrbunbert.

Dielen oerlumpten (Meftalten, welche man an ben Jyaftnadjtdtagen truppn>eife berumjieben ficht, mäbrcnb bie Minbcrfoftüme meift einen gefälligen l*tubn|cf machen, ^nbeffen erfreuen fid) bie oft mit Dielen Äoften «nb großen Opfern an gelt Derfmnbcnen Ibeatcrauffubrunc;en ber gefelligen Vereine großer Beliebtheit.

Tie oier ftircftrocirjcn, ber flltftabt, ber 3lu, ber Äaufeenbad) unb ber ^torftabt, fomie biejenigen ber umliegcnben Crtfcbaften, werben, trofcbem ba« iöerein«leben fid) immer mehr ausbreitet, lebhaft befugt unb bei üßein unb Tanj gefeiert. Ter (Meuufe an Mird)wethfud)en , neuem SBein unb lan^ oergnügen gibt jenem ber alten 3eit firfjcr nicbt« nad). 2lud) an ben altber» gebracht fit Sd)lägereien ift fein Langel. Tod) fommen fotdje meift weniger unter ber einheimifdjen al« jugemanberten SlrbeiterbeDÖlferuug oor, wie über= baupt ba« gefellige Veben feine«weg« an 3(nuel)mlid)feit gewonnen tnrt bura) ben ftarfen $teoöl!erung«5uwacb«. Tie Dielen (Treffe auf ben Sonntag für Sonntag im fterbft ftd) folgenben .Uird)wciben gaben ber Bebörbc wieberbolt jum (Jinfdjreiten 3(n(aft. (linc allgemeine SHinifterialoerfügung oom ^a^re 1B40 oerlangte, baft bie Jeier ber Äircbmeiben übcraU möglicbft gleichzeitig abgebalten werben follten, bamit bie weltliche fteier mit ber fird)licben HNN mögltd) auf einen Tag falle, alfo auf ben 3. Sonntag im Oftober. Xttf eine Stemonftration ber (Memeinben Baufcblott, ilUirm unb Äiefelbronn er* wiberte im ^abre 1857 ba« Oberamt: 3n einem Bejirfe mit taufenben reiaV bezahlter Arbeiter, benen jebe (Gelegenheit %u Veicbtfinn unb SJerfdjweubung willfommen fei, werbe bie ^erorbnung über bie umfdjidjtig |ii b^ltenben .«irdjweiben möglicbft einjdjreitenb ju bebaubclu fein, wenn nid)t Uebel aller Xd erwachsen follen. Tie Mircbweibfefte in ber näcbftcn Umgebung ber Stabt bienten nicht etwa ju gern gegönnter (Srbolung unb Erheiterung eine« Torfe« unb ber üterwanbten feiner Angehörigen, fonbern fie feien in«gcfamt Ster* anlaffungen für bie gefamte ftabrifbeoölfcrung ju 3(uöfd)weifungcn aller Hrt unb müßten, oon biefem (Gefid)t«punfte au« angefehen, al« wahre Uebel er= fdjeincn. Tamit feien aud) bie ftabrifanten etnoerftanben, benen bie 5ttrd)= weihbefudjer oft halbe lochen oom (Gefdjäfte fernblieben. ©« fei bringenb ju münfd)en, bafe biefe jewctl« aufcerorbentlid) befugten ftefte möglichst einge= fdjränft würben. Tie :Hemon|*tranten erhielten aber bamal« oon ber Regierung 9ied)t, unb erft anfang« ber 90er ^aljvc würben bie Äirdjwctben be« ganjen Bejirf« auf brei oerfdjiebene Sonntage oerlegt nidjt jum Unfcgen ber Beoölferung.

Tie .frauptftätten ber (Gefelligfeit für bie oornehmen Äreife waren bie Zäunte be« (überall beftehenben) Mafmo« unb ber l'efegefellfchaft. 3eben hinter war (Gelegenheit gegeben, fid) bureb lanj unb Spiel ju ergöfcen. *ud) in ^rioathdufern würben manche langen Slbenbe in munterer (Gefellfdjaft oer- guügt jugebradjt. ^m Sommer fanb man fid) in einigen (Gärten beim Megel* fpiel jufammen. Ter Bürger befuchtc Sonntag« fein üikinhau« unb oerbrachte bort in gewohnter (Gefellfdjaft einige Stunben in anregenbem (Geplauber über bie Tageeereigniffe, bie Wemeinbe* unb hohe töcltpolitif. #abrtfant, fcanbmert«* manu unb Slrbeiter, mit bem unoenueiblidjen Pfeifchen, gingen aud) gerne in bie Bierbäufer, wo abenbs meift red)t lebhaft juging. ttartenfpicle waren bamal« weniger beliebt al« heute. (Tin feit 1790 beftehenbe« tfaffee^ hau« unterhielt ein ^billarb, |U jener ,^eit etwa« befonber« IMerfwürbige«. ^n ber £efegefell|cbaft, bem fpdtercn iHufeum, war jeben abenb (Gelegenheit geboten, an einem freunblid)en unb geräumigen Orte „in wortlofer !Hube, in trautem (Gefpradje, im erheiterubcu Spiele ober burd) anregenbe l'cftüre ftd) Itt unten halten". 9tud) oeridjaffte fie burd) ben ^efejirfel unb eine für jene ^eit anfehnlid)e s-Bibliothef ihren Witgliebern Belehrung unb .^erftreuung.

ftedjt lebhaft war ba« gefellige ireben in ben 40er ^a^ren. .frauptfdd)lid) war bamal« bie leibige ^olitif, weld)e bie l'cute am Hbcnb sufammen« führte unb häufig genug länger jufammen behielt, al« ber ^olijei unb ben

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pic T*foT\Mmtt -£d»fiidffffffc6ttft in 6rn 50ff öftren.

1. ftriebridi Metfor, troroentoirt, 2. Rarl <vUiiict). ftdbrifttnt, 8. Cnicriiu 'Ku*clbci\Kr, i 5. Dr. med. £ietttitltt, rt. thriMoob, **cder, ftabritaitt, 7. ^iclanot, H. fcjilb. Mampf, ^abrifant, Xiifl. irtmuin, 'J<iid>pnicfer, 10. Utiaou-r, Sanfter, 11. Jrricor. irbntmann, 12. oon ,ubcr, I i. ,\oij. Mteitte, $dbrtfant, 14. ftorftmetfter vol>, 15. <*iottid>aid. roanacL Stabtpfarrcr, 16. cdjuh, fatb. StaMpforrcr« IT. ^abrifaiti Wrofr, 1h. ^ncortd) fc>alv

Kaufmann, H». ,\. ö. Stoller, SRaicr.

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Sfortfeim im 19. Sabrbunbert. &89

&au*fraucn lieb fein mod)te. 2)ie Umgangsformen würben berber, ber öers fefjräton rüber a(d je, mib gar mandjeSmal würben bie 2Keinung*oerfd)iebens fjciten mit fdjlagenben iBeweifeu oerfodjten.

3Me fünfziger §at)ve bejeidjnen einen ftarfeu Stüdgang be* gefeUigen bebend. 2lu* jener $eit ift älteren l'euten nod) bie , . Vbtuciiflcfciif tiiaf t" in Erinnerung, eine Bereinigung oon Herren ber oornefünen ©efellfdjaft, bie an jmei ftbenben wödjentlid) 311 Spiel unb untert)altenben Öcfprädjen fid) im „i'öwen" jufammenfanben.

tirft in ben 60 er Oiatyren belebte fia) bie Öefelligfeit mieber. $ie £>auptftätte berfelben mar bamal* unb bi* gegen 1890 bie „SUte Äeppelei", mo fid) Arbeiter, ."banbmerfer unb Beamten aUabcnblid) ju »ereinigen pflegten, oljne auf jene fdjarf abgegrenjte Stangorbnung 9tüdfid)t ju nehmen, bie ba* SBirt*f)au*s leben l)eute lennjeidjnet unb bie ber Jörberung eine« gefunben fojialen Seben* wenig bienlid) ift. Eine urgemütlidje Öefellfdjaft mujs ftd) in biefer 3C** um ' ben geiftreidjen, aud) al* $id)ter beften* betannten (Graveur J^-ri» ^rtinniter gebildet haben. £ic Hainen unb Xljaten ber „Sarai)*, „Sajommel", „fcerren= üoIj", „langer lieber" u. a. bilben Ijeute nod) oielfadi ben ®efpräd)Sftoff alter ^forjfjeimer. Rubere ©ammeiorte waren 3teny ©laäljqlle, JHettenmaier jum „untern Gngel", bie „'öpoaria", weld)e bi* auf ben heutigen Sag einen 9(m jieljungSpunft für bie kaufmanufdwft, Beamte unb i'efjrer bilbet.

Süäljrenb ber oornebme leil ber (Siumofmer l)cutc nod) neben ber alten 2trt ber gefclligen ^ufammenfünfte im Wufcum unb in ber ,,9tcbell)öf)le'' gerne bie öefelligfeit im .paufe pflegt, befriebigt ber fleinere HKittel* unb ber Arbeiter; ftanb feine Erholung auäfdjliefilid) im «ereinslebeu. Tic ftuäbilbuug be* mobemen SJereinömefen* f)at bie aufjerf)äu*lid)e (Uefelligfett fcr)r geförbert.*) 25ie (Mefang=, Xurn=, ^anbwerfer^ unb eine Stenge fonftiger Vereine, ja aud) jumteil bie politifdjen, namentlid) bie ber Sojialbcmofraten, fefjen bei befonberen Xttlftffcn eine il)rer Aufgaben aud) in ber Pflege oon jamtlienoergnügungen. 9ted)t wobltl)ucnb berühren bie an Sonn^ unb geiertagen von Jamilienoätern unternommenen HuSflüge mit ftrau unb Äinbern in bie umliegenben Ortfdjaften.

Stuf feinen 5lu*flügen liebt e* ber ^forjfjeimer „etwa* braufgetjen" 8" laffen. @r ift ein ftreunb oon einem guten unb ausgiebigen ^efper unb blidt mit einem gewiffen fpöttifd)en 3)Htleib auf ben genügfamen SRcfibcnjter, ber meljr auf ben fragen bält al* auf ben SWagen.

?a$ auSgebeljnte Äneipenleben, ba* fid) ber Steigerung be* SMer* fonfumS entfpred)enb gehoben l)at, ift ein ber ©egenwart eigentümltdje* unb beflagenäwerte* Clement. £ie Sdjattenfeiten be* ttneipenleben* ftnb in einer Earftelhmg ber ^forjljetmer treffe aus bem %at)ve 1900 etwa« braftifa), aber treffenb gefd)ilbert :

„(*S ift immer etwa* loS." Äein Sonntag »ergebt, an bem nidjt 3Jerein*fefte, Ausflüge, Jtränsdjen unb immer neue SJergnügungSarten bie Safdjen ju erleichtern fud)en. lötag ber Söinterfdmee wirbeln ober bie grüfjling** fonne in* ftreie loden, mag bie Sommcrfonne brennen ober ber §erbftfturm beulen, einerlei: ba* «erlangen, fid) ju amüfteren, fdjafft bie Gelegenheit,

*) 3tber e* liegt aud) eine gute Softe SBafjrljeit in bem 2ßort, ba| „oor (auter @efellfa)aften feine redete (Mefeüfd)aftlid)feit meiii auftommen fann, baf( ba* $erein*(eben oerflad)enb wirfe auf ben (Sljaratter, auf ®eift unb (9emüt." Ueberau l)errfa)t ber 3ll9 fafteumäpiger 3lbfd)lie$ung unb bie beute meljr al* je in $etrad)t fommenbe politifd^e (^efinnung, fowie litel unb .t Littel beü (j-inwincu c\cikh ben !tfuefd)lag -für- bU $ttai}l be* herein*, -ric jenigen Bereinigungen, welche nad) alter Xrabition auf fo(d)e iHcuiuuiia)feiten nidjt fe^en, finb bie löblidje Singergefellfd)aft, bie Iurua,emeinben, bie folbatifdjen SBereinigunflen, in beneu fid) alle Stänbe unb ^arteten, ob reid) ober arm, in brüberlidjer eintragt bie §anb reidjen ju aufridjtiger söetl)dtigung ber i^nen

burd; bie Sa^ungen. oorgefdjriebenen ^Sflid)ten.

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B90

^for^biini im 19. Onbi buttert.

unb bie «eleaenbeit frfjafft ba* SJerlanflen. lieber bie unerträa,lid)e Saft ber Slbaaben (liebt ed oiei Durren unb 3tölmen; aber roir bebenten nur feiten, roie bod) wir im! Klbü bcüeuern burrf) bie &u«aab<u für unfer Siergnüa,eu.

im

* <

Söanbflcmäf&r tut ^UtoßcITer.

d$ werben in £eutfd)lanb jährltd) etwa 50 bis f>0 Warf pro Äopf ausgegeben allein für ben Wenufe uon it'ctn, öier, ^Branntwein. Unb bei biefen ftuägaben bleibt cv uoa) mau. Süeldje erfdnitternben Öcfdjia)teu von menfdjlidjem

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$fotabeim im 19. 3obtbunbett.

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vetdtttinn, oon ber Blinbljeit uub bem (Slenb ber SkrgnügungSfudjt (önutc baS 1'eiljhauS wohl erjählen! Dafe unter foldjen ^er^altniffen mandjer fcauSftanb jurütfgeht, bafj ber i*otjn nid)t auSreid)t unb bie Jtinber fdjledjt genährt, fd)lcd)t gefleibet, l.iiicvht erjogeu bnhinftedjeu muffen, weil eS am "Äötigften foiiit, baft für 5traitf()eit uub Unglüd fein Notpfennig in bei* Sparfaffe liegt, baran finb nid)t in erfter i'inic bie fd)led)ten Betten fdjulb, fonbern bie oielen fiuftbarfeiten unb Vergnügungen. 2Ser jum Söohlftanb fommen will, f>at 3eit, SlrbettSfreubigfeit unb 0*clb nötig; aber gerabe biefe brei Dinge werben unS von ber !öergnügungSfud)t geftof)len. ©auj befonberS wirb burd) biefe unfere t)eranwad)fenbe ^ugenb bebroht uub gcfdjäbigt. Denn nur ju letd)t gewöhnt fid) biefelbe an ^ebürfniffe, bie ihr baS fpätere i'eben nid)t erfüllen fann, unb fie oerliert baburd) ben Öeift ber Sparfamfeit unb ber (Benügfamteit. ißenn foldje junge £eute bann fpdter einen eigenen wutS* ftanb grünbeu, bann fallen fie faft mit tötlid>er Wewip^eit ber Unjufriebenljeit unb bem CSlenbe anhetm, unb eS ift eine alte Erfahrung, bafj eS mit ber VergnügungSfudjt anfangt unb mit ber Vcrfommenheit unb am «ettelftabe enbet. 3ßenn auf irgenb einem «ebiete bcS VoltSlebenS, fo ift tjier eine Slenberuug nötig."

^ür bie "Hrbeiterflaffc (oiumt babci bei* (rinflufc ber neuen wtrtfd)aft* lidjen Verbaltniffe in Steira in. Die einzelnen Stäube uub $krufSflaffeu tyabcn fid), wie bereits angebeutet, feit 1870 mel)r unb mehr von cinanber gefdjicben unb fua)en ihre geiclligen *rettbeu unter fid).

Die fleinen, niebrigen unb raud)igen SMerftuben haben grofien luxuriös auSgeftatteten SMerpaldfteu ^lajj gemadjt. Das Moloffeum mit Variet&heater Derfammelt bie genufelicbenbe Au ienb jebe itiodjc einigemal o in feinen Baumen. Der StatSfeller, bie ftloftermuble, baS iüanrifdje ^ratihau*, ber ^ifäljer $of, finb oou ber befferen ©efelljdjaft fleißig befudjte Sofale. Dod) ^at eS ben 4lnfd)ein, als ob fid) ber edjtc ^forjbeimer in biefen neuen ^Jradjtlofaleu weniger bel)aglid) fül)le als in ben früheren Kneipen. DaS lefcte ^ierlofal nad) altem etil war bie Brauerei Hern, an beren Stelle jetyt bie „Äaiferblume" ftel)t. Sin beftimmten Stbenben oerfammelte fid) bort uod) in ben 80er fahren eine nad) Staub, politifdjcm unb religiofem *efenntni$ burdjauS gemifd)tc Öefeüfdjaft unb unterhielt fid) bei anregenben Wefprddjeu uub l)eiter arrangierten Sd)(ad)tfeften ftetS aufs befte. Die leibige ^olitil (>at aud) hier iljren 3<mtap\t\ hineingeworfen unb biefer legten Stätte alt* pforjljeimerifdjer ÖcfeUigfeit ein unrühmliches (Snbe bereitet.

3m allgemeinen trug bie Unterhaltung in ben erften ^ab^ebuteu einen ftrengen religiöS^üaterlänbifdjen (Sbarafter, währenb fie früher einen mehr freigeiftigen unb foSmopolitifdjen tyatte. 3Wtt ben 30 er fahren fe^te ein Umfdjwung ein. Die poiitifd)e lenbenj trat lebhaft in ben Vorbergrunb alles ^ntereffeS, unb biefer ^ug würbe immer ftdrfer, bis nad) ben politifd)en Umwäljungen in ber Glitte beS ^a^rhunbertS wieber ein 9tücffd)lag eintrat, fceute, nad)bem wir ein frdftigeS, nationales, öffentliches Veben errungen f)aben, ift bie Unterhaltung uid)t mehr oou einem einigen ^utereffe befonberS beherrfdjt, abgefehen oou jufälligen (Sinflüffen. Das 9tioeau ber Unterhaltung richtet fid) nad) ben Teilnehmern. Die feine ®efcllfd)aft bewahrt einen fonoentionellen, unanftöfrigen, glatten Don ber Unterhaltung; liefe ift gerabe triebt immer eriDünfd)t; bagegeu t)errfd)t ein gewiffer (MefiunungS}wang. iMau fe&t oorauS, bafi ber aubere „woljlbenfenb", „gutgefinut" fei. xx>u beuiUeiicu ber geiftigen (Slite t>errfc^t ein freieres belebteres siöefen.

Die ®ef et 1 f d)af tsf piele ber (^rwad)fenen wie ber x\mKno tyaben ftd) wenig oeränbert. Sßi^ige Spiele finb feltener alS r^armtofe ^fänberfpiele, 3}linbefuhfpiele, Äämmerdjenoermieten, 3)iofierftuhl te. mad)en aud) ben roachfenen mand)inal Jreube. Neu, aber nid)t immer bem beutfdjen SJolfS^ djarafter angepaßt, finb bie oon Gnglanb importierten Spiele ber oornel)men

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&92

^forabeim im 19. $abrbunbett.

Öefellfdwft : ba$ tfu&ballipiel, Varontenni« unb iSrodet. beliebte Äartenfpiele um geringen Ginfafe ftnb ba$ 6H=SpicI, Cego, larrod, Sfat, lapp.

(Sine .t>ouptroürje ber gcfeUidjaftlicpen Unterhaltung fcer Xau\ jeigt in ber Crntioidluug roäl);enb bc* Mrbunberte einige 2öanblungen. ©r ftanb unb ftet>t im Wittelpunft beö gefelligen Jöauptfefteä, be* «alle«, $abei herrfdjte früher unftreitig eine größere (rinfadjheit. (sin Souper gab eS feiten, unb oon ben heutigen (iottllonfineffeu hatte man feine Ahnung: ed genügten fleine Sträußen unb $änber. Tic grofeen SLiintcrbälle ju »nfang be$ oabjbunbert* belegte man mit ber allgemeinen ^cjeidmung 3Na$fenbälle. £ie Vor- liebe für öfjentlidjc $*älle fdjeint in befferer Wefclifdjaft mehr ben ftauSbällen $la$ ju madjen. 6d>ou in ben 30 er unb 40 er fahren fam alljährlich ein lanj* meifter in bie ctabt unb empfahl fia) in gemähten Sluäbrüden einem tfoben ^ublifum al$ maitre de danse.

$)ie fidj ftetig fteigernben ^tnfprüdje unb bie Sucht, cd ber oermögenberen Älaffe in Vuru* unb Vergnügungen nadjuitbun, bat fdjon bei vielen jungen beuten recht üble folgen gejeiticit. Weuerbingö galten oornebmc Familien bie Tanjftunbe im eigenen fraufe ab. ^ebroeber unnötige 31ufroaub ift oerpöut, bagegen roablen fte fieb, naa) (Mutbünfeit bie am Unterricht teiluef)meuben jungen ifeute felbft auö unb feben babei weniger auf oornebme .'oerfuuft al$ auf löoblerjogenbeit unb ein gefitteted Wenebmen. 3" Dcn alten Nunbtäujen, jur Franchise unb bem Lancier famen in ben lefrten ^abrjebnten nod) bie „Washington Post", „Pas de quatre". „Pas des Patineurs", „Graciana", „Tyrolienne" „Menuett". Tie latuftunbe, früher auefcblie&licb oon ber begüterten ®efell* fdjaft beuü&t, wirb freute oon ber ^ugeub aUer OJefellfdmftdfretfe befud)t.

gereifte jttr Pflege ber SCnterßaftuttg unb <Meu"ta,&ett.

Allgemeinem.

(£ine befoubere Vorliebe mad)t fid) in sPfor$beim bemerfbar für formale Eilige: 3Jlufif, ©efang, inrnen unb aller 3lrt Sport, rcortn bie s^for5beimer anerfannt $eroorragenbe8 leiften, roäljrenb 5kftrebungen auf geiftigen ©ebieten roeniger eifrig unb met)r in Heineren gefdjloffenen Sheifen gepflegt roerben. 3)er erfte ^forjtjeime'r Abrejjfaleuber oom Oatjre 1859 nennt an Vereinen für gcfellige unb untertjaltenbe 3tuecfe nur 10, jener uom 3at)re 1872 = 15, im 3>af)re 1900 waren eS bereu 102.

^Dic ältefte biefer ©efellfdjaften ift

pie C'diüIn'itiU'lVIllifiaf t (fiefje Seite 50 unb 152).*)

3m ^abre 1824 rourbc bie noch 1817 betätigte, oon 3Ravb graf Weorg ftriebrid) ber Sdnifcengefellfdjaft „$u einem beftänbigen OkbcWjtmä" bewilligte jährliche Wnabengabe oon 15 fl. fettend ber ftof * 2?omänenbehörbe aufgehoben. Tie Verlegung beä chnoürbigen (Sbarafterä ber Stiftung beroog bie ocbüfcengefellfdjaft, unmittelbar bem (Mrofiberjog £ubioig ihre SJefchroerbe gegen biefen tiefötuft oorjutragen unb ihn um Slufredjterhaltung ber alten (Gepflogenheit ju bitten. £ie $itte rourbc gewährt unb bie $abe bid 1872 entrichtet, ^n biefem ^ahre rourbe fie mit uoö) anbereu Stiftungen aufgehoben. ^um

banfbaren 2lnbenfen an jenen ÖJnabenaft ftiftete bie OJefelifdjaft am St. §ubertuä*

_

*) Cueüen: 3lufjeidjnungen bc* .v^crrn ebelfteinhänbler Äarl SWaurer über bie 6chüfcengefeUfdmft.

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^torgbeim im lö. 3abrbunbert.

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tage 1824 $u ihrem (Eigentum unb junt QJebraud) bei freubigen 2(nläffen einen ftlbernen ^o!al mit beut «ilbniffe be* (Mrofeljerjog* Subioig.

iBoit ba ab begann eine „Seit frifdjen fröhlidjen Seben* unter ben Sdjüfcenfreuuben. Sdljäfjrlid) mit beginn ber befferen 3ahre*jeit erfolgte ber 9(u*,uig nad) bem Sd)ief}l)aufe jum dröffnung*fd)iefien. > nad) Umftänben gefdiat) berfelbe in ftiller Weife ober aber unter ftörnerflang, mit 3>°9bmufif unb Jvafme, bie Sdjüfcen in Uniform mit Sütbfe unb Waibtafcbe, bie ftüte mit Tannenjroeigen gefdjmüdt. ,\m Oftober mürbe ba* Sdjlu&fdjiejicn abgehalten, roobei man in g(cid)er Seife roie beim 5lu*marfd) im viübjabr, in bie «Stabt jurücfjog. 3luf bem ^{arftpian rourbe bann eine Saloe abgefeuert, roorauf fid) bie Sdjüfceu in tr)rer Verberge im „Sdjroarjen 2lbler" bei einem einfädln SWflf)le vereinigten unb ben $ed)er freifen (iefien. £aä @d)üfcenroefen erhielt bnrd) bie polittfd)en Kämpfe in ber Kammer unb burd) ben $rang im !Öolfe naa) politifdjer ftreibeit neue* Seben. 3lm 22. 9tooember 1846 erliefe bie Karl*rut)er Sdjü&engefellfdjaft folgenbe* Stunbfdjrciben : „^n ben legten fahren haben fid) in ganj Teutfdjlartb ©d)ü|yengefellfd)aften gebilbet unb alte neu organiftert. Ta nun aber bei (Meift unferer 3*it fein müßige* Spielen bulbet, fo mujs ein beftimmter Öebanfe malten, roeldjer biefe Vereine aufammenhält, inbem er ihrem Ireiben einen $wd, ir)rem i'eben eine Stiftung giebt. Grfennen nun bie 6d)üt»engefellfd)afteu ihre bösere üeftimmuug barin, bafi fie bie 33üd)fe unb bie ^ertigfeiten in tt)rer £>anbb,abung im Süolfe oerbreiten, um bie Jüürger männlid) unb toer)rr)aft IU mad)en, fo liegen bie 9)ürgfdwften für iljr $}eftel)en unb Wirfcn in ber Waffeuluft, bie mit bem £eutfö)en geboren roirb, in ber (Erinnerung an bie Xlmtfraft einer vergangenen $eit unb in bem mächtigen 9iationalgcfül)l ber Wegentoart." Tic ®d)ütyengefeUfd)aft übte ftd) fortan' tüd)tig im Sdjiejjen, in ber ftaubbabung ber SBaffe unb in ber Pflege be* paterlänbifeben Sinne*. Jim 14. 2lpril 1848 perpflid)teten fid) 40 2Wit* glieber: „mit aller Alraft baut beizutragen, bafi bie Orbnung in fuefiger Stabt aufreebt erhalten toerbeu unb für ben fiaü, bafe fie geftört mürbe, auf ben erfteu Trommelfdjlag beim Statljaufe mit ihren Waffen ju erfdjeinen."

Tie ©efellfdmft bot fo für bie erfte §älfte be* ^ab,re* 1848 eine will* fommene 8d)ufctruppe, bi* bie ^ürgerroebr beroaffnet unb eingeübt roar. §m Slpril 1848 jäljlte bie Sd)ü$engefeUfcbaft 63, 1849 = 105 iHitglieber. 6d)ü&en* meiftcr roaren eilbcrroarcnfabritant (5l)rift. Jriebr. &aug ber lange &aug. Sinti auf bem $ilb : tfahnenroeibe ber ^ürgerroebr), unb Kaufmann Vcmmeiid). 3m Januar 1848 bilbeten 53 '•Dlitglieber ba* fog. 3a)arffa)ü|jen^al)ulein ber Söürgerroehr.

9iad) öefefcung ber Stabt burd) bie ^reufeeu mußten alle Waffen abge* liefert roerben, unb ba* ®efeUfd)aft*fd)ief$eu rubte bi* *um Jahre 1852. Ta* nad» (Mrünbung be* beutfa)cn <2d)üfcenbunbe* im ^abre 1862 ju ftranffurt 3R. abgehaltene erfte beutfdje öunbc*fd)ie&en gab ber ßefeUfdiaft roieber einen mäd)tigeu ^mpul*. «Heue Söaffen mürben angefd)afft unb bie ©djiefipla&e übten roieber eine grofte Sdijie^ungdfraft au*.

Ter alte 8d)ie$pla|f am füblid)en @nbe ber 3)leid)e roar burd) bie Anlage ber Strafte unb ben mangelnbeu SRaum für bie Xauer unbraudjbar geroorben. Turd) ba* (Entgegenfommen ber Stabtoerroaltung erhielt bie 3d)ü^eugefellfd)aft einen neuen §d,iefip(a$ auf ber <3d)anj überlaffen, roo im ^uni 1863 bie erfte Uebung ftattfanb. Slufeer ben geroöbnlid)en Sd)ieftübungen rourbe pom 7,— 11. 2luguft 1864 ein Krei*fd)ieften für 9iteberbabeu baljier abgehalten, ju bem fid) oa)ü^en au* $)abeu, Württemberg, kapern, ber ^Jfalj unb ber odjroeij einfauben. 0)efd)offen rourbe auf 4 Stanb* unb 4 ^el^Ic^r* fd)ciben unb je eine Jyelbfdieibe auf beibe Entfernungen. 3ab/Ircid)e Öbren* gaben ftifteten bie Stabt unb ^rioate. Ten Öabeutempel fdjmücften 85 Jelb* unb 25 3tanbbed)er au* Silber im Werte pon je 30 fl.

^m 3uli be* Miieg*jab,re* 1866 übernabmen bie waffenfähigen 5Wit« glieber bi« 2Jerpflia)tung für ben eia)erh,eit*bienft ber Stabt in gemeinfdiaft*

b8

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^forabeim im 19. Saforbimbett.

lieber Drganifation mit ben Turnern unb bem JeuerwebrforpS ; ebenfo im ^ahrc 1870; oon morgend 6 Ub,r biö mittag* 12 Uljr bejog jeroetld eine ©djüfcenabteilung bie SJadje am Öalmlwf, wo aud) Diele anbere SRitglieber im Dienfte beö £ilf«oerein$ tb,ätig waren.

«m 30. unb 31. Stuguft 1871 oeranftaltete bie Scbüfcengefellfdmft ein woljlgelungeneä Seban=fteftfd)iejjen.

2luf ben beutfdjen Sdnifcenfeften in Bremen, SBien, SRüncben, Stuttgart, jetdmeten fia) bie ^forjt>eimer Sdm&en jeweils rübmlid) aus.

3m 3at>re 1879 würbe ber ©efeüfdjaft ber bisherige Sduefrplafc auf ber 3d)anj für bie Sßeiterbeiutftung unterfagt. Unbefugte Ratten aufeerbalb ber Sdjtefjftänbe unb 3 1 tu hoit äoorriditungen gcfdjoffen; etliche SRale roaren Hügeln über bie Sdmfcroälle funau* geflogen unb Iwtten in SÜotjnungen ein- geflogen, bie in ber Sdjujjridjtung lagen, £a bie geplanten baulichen $er= dnberungen nia)t genehmigt mürben unb bie fortroäfjrenben unfruchtbaren Jüertjanblungen mit ben löeljörben bie 3Ritglieber allmählich, ermübeten, oerlor fia), namentlich aud) unter bem (Jinfluffe be$ fd)led)ten ®efd)äftägange8, ba* ^ntereffe am Scbiefjroefcn. Die Stabt oerlangte 1885 ben ber ®d)üfrengefetl= fd)aft überlaffenen ßlajj jurücf. Eie ftequifiten mürben in baö alte Spruen haue oerbrad):, roo fie beim ^atbaudbranbe 1891 bid auf wenige Ueberrefte jugrunbe gingen.

9118 im 3anu°r 1895 bie Anregung jur Äonftituierung ber ®efeüfd)aft burd) ben feit 1883 r)ier beftefjenben unb baö Scbjefien mit .-{immeruutu'it betreibenben „3d)ü$en=Älub" gegeben rourbe, roaren oon ber alten, feinerjeit fo blüb,enben, jeitroeife bi* 150 SJiitglieber jäblenben Sdjüfcengefellfdjaft nur nod) 12 oörfjanben.

©ei ber ^Bieber* Drganifation ber ®efettfcf)aft rourbe ber ®runbfafc auf* geftellt, entgegen früherer (Beflogenljeit, eine neue Sdjiefeftätte nur auf eigenem @runb unb $*oben ju errieten. Durcb, ben jablreidjen beitritt unb bie Opfer* roilligfeit einer großen 9lnjal)l oon tyreunben ber @aa)e fonnte alebau) aud) ein geeigneter (3elanbe-MonuUa- oon ca. 13 3Rorgen am füblicbcn Abhang bed SRobS (@d)euer*5Rain) angelauft werben. @in Sdnefrbaud mit öffentlicher 9ieftauration unb @artenroirtfd)aft würbe gebaut. Die Sduefjbalm \)üt 4 Scheiben auf Stanb (175) unb 4 Scheiben auf Jelb (300 3Weter), fowie einen ©tanb für laufenbeS Söilb unb }Mftolen unb fatn bei SJebarf oergröfiert werben.

Der Söert be« ©runbftüdS famt Schiejjeinricfitung , Äugelfdngen ic. beträgt 69300 m. Sin ^eftlicbfeiten finb weiter $u oerjeidjnen: Da« grofce Siuweibungefdnefjen oom 7.-9. September 1897.

Da« aUjär^rlicf) am 9. September ju Ubren Sr. Äönigl. fcoheit bc* ÖrofaerjogS ftattfinbenbe fteftfcbie&en.

Dad grofje Silberfcbie&en am 11., 12. unb 18. Sluguft 1901 unb bei alljäb^rlid) im Dejember ftattfinbenbe Sd)ü&enbaü* im SJlufeum.

Cberfcbüfcenmeifter: Stabtrat SÖUfjelm §enfel (früber ebelfteinbänbler flarl SWaurer). 2Hiiglieberjabl 156.

Ter SffiiujcitHub bat feine Sd)ie^ftdtte uim ßüumerftu^ensSd^ieften im Sleftaurant ^ßrinj Äarl. ©rfter ©ajü^eumeifter war biet ju feinem £obe ^iuliud cdineiber.

per Surttoerettt ^forjßfitn.

Die lurnfadje fanb fdjon in ben jmanjiger ^a^xtn auf bie 3lnregung 3ab,n'd unb feiner ©a)tiler aüentbalben in Deutfdjlanb oiele Slnfjänger. ^n ^Jfor}b,eim bilbete fia) 1834 eine „Xitrugemeinfce". Sie blatte jwifa)en ber ©naftra^e unb bem ftfjöneit, fd^atrigen SBagner'fajen Tiergarten einen ge«

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$fotabetm im 19. ^abibunbert. 695

räumigen, mit Turngeräten gut au«geftattetcn Turnplafc. Tio Turnhalle bcfnnb fid) weiter unten am 2)tefcelgraben, anftelle be« jefeigen Voll«* fd)ulgebäube«. Rad) heutigen Gegriffen mar fie Hein unb unfeheinbar. £a« ©eräteturnen, Jedjten unb fonftige forperlid)e Uebungcn würben eifrig betrieben, babei aber aud) al« oberfte turnerifdje $flid)t ber oaterlänbifd)e Seift gepflegte Sange $e\t (nnburet) war ber oor wenigen fahren erft oerftorbene ©raoeur Ifteorg Stoib, wela)er in ber 6n$ftrafce beim Turnplafc feine SBofjnung fjatte, Vorftanb ber Turngemeinbe. §t)m jur (Seite ftanben al« erfter Schriftführer @ m a n u e l Ä l e i n unb al« Äaffier Raffer $ r. 3 i e g I e r. Fahnenträger war Jrifc Ättt|. 3" beu Vorftanb«beratungeu würben aud) bie Vorturner betgejogen. 25er ©runbjug be« ß haraftcro jener Turnerfd)aft war ein wahrhaft fdjöner unb gerabe für unfere ^eit unbebingt erftreben«« werter bie ©infac^ett. £infad) war bamal« ber Turner in feiner Äleibung, einfad) unb befdjeiben in feiner ganjen £eben«haltung. Vei fteften unb Turn« fahrten würbe oon ben Seitern auf ftrengfte (Sinfadjtjeit unb Sparfamfeit ge* fehen. $ ie Turner ftanben barum aud) bei ber Vürgerfdjaft in hoher 2ld)tung. 3(u« ilmen heran« bilbeten fid) bie erften Anfänge ber freiwilligen Feuerwehr (fter>e „$ie $for$heimer Feuerwehr). Die Reaftion naa) 1849 löfte bie Turn* gemeinbe wie fo Diele anbere Vereine auf.

-Hl c- im 3afyre 1859 naa) lOjäfjjriger Reafiion«3eit fid) wieber eine regere Teilnahme be^ beutfdjen Volfe« am potitifd)en unb nationalen Seben ju jeigen begann, trat aud) für bie Turnfad)e, bie il)r T>afein währenb biefer 3eit nur im öeheimeu friften fonnte, eine jjkriobe fräftigen 2tuffd)wung« ein. Die beutfd)en Regierungen begannen enblid) wieber bie heroorragenbe Ve beutuug be« Turnend für bie förperlidje unb geiftige Hebung ber sßotfdfraft ju würbigen, allüberall im beutfdjen Vaterlanbe regte ftdj frifdje« Turnerleben.

^n Vaben inibefonbere war bura) ba« t>od)l>eraige 9Wanifeft be« ©ro^er3og« «yriebrid) im 2lpril 1860 ber alte ©eift freiheitlichen Vürger« finu« wieber erwadjt, unb al« bann oon Tf). ©eorgii in (Sulingen, bem fpäteren langjährigen Vorfifcenben ber beutfd)en Turnerfdjaft unb ($. Callenberg in Stuttgart im ftrühjafjr 1860 ber „Ruf jur Sammlung" an bie beutfd)en Turner erging, ba entflammten aud) in $forjheim bie iperaen ber jüngeren unb älteren Turner auf« Reue in heller Vegeifterung für bie Sache %at)t\S.

3lm 2. 9Wai 1860 würbe oon einer 2tnjaf}l älterer Turner im „^forjs heimer Veobad)ter" ein Aufruf §ur ©rünbung eine« Xiirttuerein**) erlafjen unb in ber am 3. 3Rai ju bieiem 3wecf ftattgehabten Verfammlung ein prooi* forifdje« Komitee, beftehenb aus ben Herren Dr. ©i fei er, £>. Keller, Speibel, Steinmann, ©unfer, i'ufc unb Genfer, gewatjlt welche« bie nötigen Vorarbeiten: Entwurf ber Safcungen, Verljanblungen mit ber Stabt jwectS Ueberlaffung be« Sinbenplafce« al« Turnplafc, ^ejajaffung oon ©eräten unb bergl., ju beforgen hatte.

3n ber am 15. 9)tai abgehaltenen fonftituicrenben $auptoerfamm(ung würbe bie ©rünbung be« Verein« mit ber eingefd)riebenen £ahl oon 317 ^Mtgliebem oolljogen, bie Sa^ungen genehmigt unb ber Vorftanb in ber ®efamtjal)l oon 11 SRitgliebern gewählt, ßrfter Sprecher (Vorfifcenber) würbe 6 m. Älein, jweiter (Sb. öid)ler. Älein unb nod) einige weitere SMU glieber be« Vorftanbe« tyatten fd)ou ber am 19. $uli 1834 gegrünbeten unb 1849 wieber aufgelösten „Turngemeinbe" angehört. T)er neue Rechner Heinrich Heller wählte mit bem 1860 amtierenben Oberbürgermeifter 3«rrenner ju ben (Srünbern biefer ®efellfd)aft, beren bei ber Muflöfung nod) oorhanbene« üBermögen oon einigen Ulitgliebem währenb 10 ^a^ren treu oerwaltet unb bem neugegrünbeten Verein im Vertage oon fl. 300,14 fofort übergeben würbe.

T)er Vegeifterung be« Verein« entfprad) bie rührige Tl)ätigfeit be« Vorftanbe«. Sd)on im §m\\ würbe ba« erfte beutfa)e Turnfeft in Äoburg

•) Mitgeteilt oon .§errn X. Söanner.

BS*

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$fotarjeim im 19. 3abrbunbett.

burd) bie Turner ,Sorn, Sd)mibt unb Äöbelin befdjidft. Tejember beweiben ^ab,red trat bcr herein bcm „C be r r he i nif d> e n lumcrbunb" ald SJtitbegrünber bei. 3ur fteranbilbung einer tüd)tigen Vorturnerfchaft rourbe Turnlehrer (SIfenfjon« oon Stuttgart beritfeit unb baburdj bie ®runb- läge für eine gcbeiblidje (*ntroidelung gefdjaffen.

3m jrociten Jahre begannen fdron bie Vorarbeiten junt Vau einer eigenen ftttltbaKe; alc tedmifcher Berater rourbe Vaumeifter %. itfeber beige; flogen. Tie 9Jeuroab,l be$ Vorftanbe« im Juli lHöl bradjte Vitbier an bie Spi&e beS Vereins. Tie Teilnahme ber Veoölferung roudjs jufchenbs: oou biefigen grauen unb Jungfrauen rourbe eine präduige #ah»te geftiftet unb bie iüethe berfelben am 9. September oolljogen.

Tic .frauptthätigfeit VidjlcrS richtete fid) neben einer ttmfaffenben Ver^ beft'erung ber Safcungen auf ben projettierten TurnhaUebau. Tie (Memeinbe^ oerroalrung befdjafftc bereitwillig Örunb unb Voben für Jurnplajj unb lurn^ balle am äUeitjerberg, unter Vorbehalt bes ®igentum8red)ted, roofür aber beut Turnoerein burd) einen Steoerä bie unbefd)ränfte öenüfcung be$ Voben* garantiert rourbe. Tan! ber raftlofen Tbätigfeit Vid)ler'S rourbe ba$ $}au= fapital faft au#fd)liefjlid) oou iJiitgliebern gegen unoerjinSlidje Schulboer; fa)reibungeu aufgebracht. SJaumeifter & ffi e b e r fertigte ben Bauplan unb rourbe jugletd) mit ber ^Bauleitung beauftragt. 3lm 3. URai 1863 fonnte bie feierliche ©runbfteinlegung unb am 14. September bie Einweihung ber Turn* ^alle ftattfinben.

3ll gleiö)er 3e" (13. 16. Sept.) rourbe b,ier baä 2. oberrfjeinifdje Turufeft, beffen Turdjfübrung bem Turnoerein fd»on im Jahr 1862 uom SJunb übertragen roorben roar, abgehalten. Tie (£inroohnerfd)aft ^forjheimä legte aitii in biefem gälte ein neued gtänjenbeS ^eugniö begeisterter Opfer- rotlligfeit an ben Tag, unb ber Turnoerein fettterfett« beroieä, bafj er auf ber §öb,e tumerifdjer Jyorberungcu ftanb.

Von ben 12 auSgeiefct geroefenen greifen fielen 8 auf 3)litgltcbcr beö Vereint. Von biefer rfeit an behauptete ber turnoerein aud) feine angefehene Stellung int oberrheinifdjen Turnerbunb, fpäter im X. beutfdjeu Tttrntreife, feit beffen ©rünbung (2. <Koo. 1879) biö heute.

3Hit bem 3lbfd)lu»i biefer 3 jährigen ^eriobe trat eine geroiffe Ver* flauung ein, bie erfte Vcgeifterung roar ocrraufd)t, ber Verein roar jefct in baä Stabium einer normalen (rntroitflung eingetreten.

Süenn aud) bie Jahre 1863/64, 1866 unb 1870/71 mit ihren politifd) folgenfa)roeren SHefultaten nid)t ohne fühlbare <3rfd)ütterungen an bem Vereint leben oorbeigingen 1870 allein roaren 42 Witgliebcr im gelbe, bie Turn* halle roar in ein i'ajaretl) ocrroanbelt, unb ber Turnbetrieb ganj etngcftellt feine Tafein*bered)tigung rote feine l'ebenäfdbigfcit unb 9tü$ltd)feit hatte ber Verein in ben abgelaufenen 10 Jabren beroiefen. Jtud) im übrigen beutfd)en Vaterlanb, roar fein Slnfehen berart befeftigt, bafe im Jahre 1871 oom 3(u$= fd)uf$ ber beutfdjen Turnerfd)aft mit bem Verein roegen Uebernahme eine« beutfd)en Turnfefted oerbanbelt rourbe.

Von 1873 au txaten im Vereinöleben jurocilen ftd) roiberfpred)enbe politifd)e Tenbenjen ju Tage; tsnbe ber 70er Jahre nahmen biefelben einen fdjärferen Gharafter an. Ter Verein jeigte fid) aber aud) in biefer fd)roeren Äriftl feiner Slufgabe oollftänbig geroachfen. Gr blieb feft auf bcm SJoben feiner Sa&ungeu fteben, ein Teil ber iKitglieber fd)icb aud, unb bcr Verein Imtte an innerer Äraft burd) biefen Vtiutcrung*projefj nur gcroonnen.

Vi4 itim Jahre 1885 fanben aufeer beut am 16. Sluguft biefe« Jahreä gefeierten 25jährigen Stiftungöfeft reine befonberö erroähnendroerten (Sreignifie ftatt; bagegen roar bem Verein für 1886 oom Alreiö eine bebeutenbe Aufgabe, bie Turdjführung eines ÄrciefefteS, gefteUt. SfiJie ber Verein biefe Aufgabe gclöft hat> ift nid)t nur hier, foubern aua) im ganjen X. Hreife gebührenb anerfannt roorben. 3t ud) bieSmal bewährte fid) bie Teilnahme unb

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^forgbeim im 19. Sabrbunbert.

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Cpfermilltgfeit bcr Ginwobnerfcbaft in glan^eitber Seife, unb ber Verein hätte alle Urfadje, mit bem finaujiellen Grgebni« jufriebcu ju fein, Tie im Sommer 1889 eingerichtete eleftvifc^e Beleuchtung«anlage ift bagegen al« finanjieüer ^lifeerfolg ju oerjeichnen; bie Vefferuug be« Turn betrieb* im freien wäfjrenb ber Sommermonate burd) eigene« eleftrifche« i'idjt fö^nte mit bem erwähnten Nachteil mieber au«.

Gnbe 1893 würbe eine Tamenabteilung gcgrünbet, welche bi« |Utti .fterbft 1900 unter weiblicher Leitung ftehenb, mancberlei Schmanfungeu unter« morfen mar, jefct aber in erfreulicher 3unaf)me begriffen unb in regelmäßigem betrieb männlicher Leitung anvertraut ift.

911« bebeutenbere« Greigni« ift nod) ermäfmen«wert bie am 1. Cftober 1898 abgehaltene Jyeier jur Ghrung oon 80 SHitgliebern, rocldje 25 unb mehr ^at)re, manche fogar feit ber Wrünbung bem herein angehörten, ein wahrhaft ebrenbe« 3c"9"i* treuer, ftch gleid) bleibeuber ©efinnung gegen bie einmal al« recht unb gut erfanntc Saa)e.

Ter Verein, melchem im ^at)re 1897 Äörperfd)aft«red)te oerlieben morben waren, ift jcfct in« Vereiu«rcgifter eingetragen. Seine 9)iitgliebfd)aft fefet fich gegenwärtig founi 1901) jufammen and 196 3Ögltngen, 482 Turnern, 502 Turnfreunben unb 64 Tarnen. Gr befifct eine mit ©eräten gut au«gerüftete Turnhalle (leiber nid)t auf eigenem (Mrunb unb iüoben), eine mohlgeorbnete Sammlung turnerifcher Serfe, feine ^inanjen finb geregelt unb bie Turnhalle* baufchi>(ben bejahlt. Gin Sängerflub forgt für bie SBefriebtgung fonftiger gefellfd)aftlicber Bebürfniffe, benen ber Verein oon 3cit ju 3eit, fei bei befouberen ober regelmäßig wieberfebrenben Veranlagungen, aud) noch burd) turnerifche ober fonftige fünftlerifche Vorführungen Siedjmtng trägt. Turnfahrten merbeu in genügenber 3<»hl oeranftaltet.

Ter Turnbetrieb aller Ktterf Baffen, fowie ber Tamenabteilung, unter ber Leitung tüdjttger Turnwartc unb anberer berufener Kräfte ftehenb, bcan* fprudjt im Sommer alle Sodjenabenbc ; im Sinter ift bagegen infolge ber Ijiefigen befouberen Vcrhältniffe bie Beteiligung am Turnen eine geringere.

Tie Senutumg ber Turnhalle für Sdmljwecfe ift feit 1867 mit ber Stabtgemeinbe ocrtrag«mäfiig georbnet, leiber jum Nachteil be« Vereins, bei beffen 9technung«abfchlüffcn fich im l'aufe ber ~>ahre bie Schattenfeiteu immer fühlbarer jeigten.

dufter ihrem eigentlichen 3md würbe bie Turnhalle feit SRitte ber 70er oöhre houptfädilia) oom SJlufifoerein für bie Aufführung größerer Ton* merfe unb Äonjerte, aber auch für größere Volf«oerfammlungen, 3lu«ftellungen unb bergl. in 2lnfprud) genommen. Ohne bie Turnhalle be« Verein« hatten viele Sünfche ber Gimoohner unerfüllt bleiben müffen.

Seine turnerifche Tüchtigfeit hat ber Verein auf allen Ärei«fcften, fowie auch auf ben großen beutfehen Tumfeften beioiefeu. Gine feiten grofje 3a^ oon Siegern ift in ben Ghrentafeln be« Verein« eingetragen.

3n ber Leitung be« Turnverein« ftanben oon feiner ftrünbung an immer Wänner, welchen neben ihren Vereinspflichten bie Pflege oatcrläubifdjer Öefinnung niemal« 9lebenfad)e geioefen ift. "illit befonberer Slncrfennung fei in lebtercr Bejiehung bcr Thätigfeit Vidjler« (|) gebadjt. 3n manche« junge £>erj hnt cr Da$ Samenforn oaterlänbifcher Vegeifterung gelegt, ba« fpäter im gereiften 9Wanu fich jnr fchönen Jrucht entfaltete.

Tie Vorftänbe be« Verein« waren bejw. finb in nadifteuenber Steigen* folge: Gm. Älein, Gb. Sichler, t'ubw. ^ucan, Dr. (Miller, 3lb. Slrnolb, fterb. Äielmle, &. Sanner, 3lb. 3lrnolb unb wieber 0. Sanner. Von ben (benannten war Dr. Öifeler febou 1863 SWitglieb ber beutfehen Turneifdwft, währeub ber jefcige Vorftanb jugleich, ba« Xmt be« Jtrei«ocrtreter« be« X. beutfehen Turn* freife« befleibet unb in biefer Stellung ebenfaU« bem 2lu«fchu& bcr beutffl)en Tumerfd)aft angehört.

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flein herein bat gleid) ijofje Kufgaben jum 3">ed roie ber iturnoerein. 8tärfung ber förperltdjen, geifrtgen unb ftttlidjen Äräfte fetner SXitglieber, aber md)t nur jum ÜöobJ unb im ä"t«reffc be« (iinjelnen, fonbern immer im £inbli(f auf ba« @anje, Pflege oaterlänbifcber ©efinnung, ber Siebe §u Haifer unb Seid), fteranbilbung ber Jugenb $u einem freien beutfdjen Sürgertum, unter 3lu$fdjiu& aller partei * politifdjen Steftrebungen ; ba$ ftnb bie hoben 3iele, bie ber iumoerein ftcr) gefteclt Ijat. Wöge ifmt bie manne Jeilnalmte ber ©intoolmerfdjaft für alle ^ufunft in gleicher Söeife erhalten bleiben roie bidber.

Per Sururrüunö.

Tie Wrünbung be$ „XurnerbunbeS" erfolgte im 5eoruar 1879. 2)ie ©rünber roaren frühere iHitglieber be« „XurnperetnS", bie jumteil fdjon fefjr lange im Xurnoerein tbatig waren.

©er erfte 2urnrat beftanb au«: £. TOeole senior, Sorftanb, fcod), Herfmer, 20. Durban, Schriftführer, «. 3>leole, 1. 2urnroart, 2b,. (Jfftg, 2. Jurnroart, vierten«, ^eugroart.

3immermeifter 'Popp erftellte auf feinem $lafce an ber §oljgartenftrajje auf Äoften be$ herein« eine JurnbaUe für 4000 SKart. ,yur ©runb unb ©oben mu&te eine jär)rlic^e SRiete oon 200 3Äf. tusatiit toerben. Xm 29. Juni 1879 fanb bie ©inroeibung ber $att*e ftatt. ^m felben Jahre erfolgte audj ber »nfd)lufi beS Herein* an ben oberrheinifeben Jurnerbunb (X. Äreidh 9lm 13. Juni 1880 toar bie SBeibe ber oon grauen unb Jungfrauen geftifteten <yatme. 1885 mufjte bie Jpalle oerrauft roerben, roeil bie Stabt ben ^la% beanfprud)te. J?iefelbe fteHte bie öalle auf ben alten SHebmarftSplafc, unb ber herein ging bei ihr in SHiete. Jm Slpril 1897 erhielt ber Xurnerbunb bie Sterte ber juriftifdjen ^erfon. 3ur tfinroeilwng ber oon ber Stabt neu* errichteten lunnalle an ber ittmgftraße, in roelctjer ber herein gegen eine jabrlite -«Miete oon 30»> Wart nunmehr feine Uebuugen abgalt, fanb am 27. Wooember 8 »7 giojjer Jeftfomtner* ftatt.

Xtv Xurnerbunb bot fid) burd) eifrige Pflege turnerifetjer £ugenben unb burd) oielfacfte eb,renooüe Kudjeidjnung feiner "Ötitglieber auf größeren 2umfeften bei ber einraobnerf<baft unb in roeiteren Äreifen ber 2urnerfd)aft in Sldjtung äu fefcen oerftanben.

SWitglieberjabl : Februar 1879 = 93; ©nbe 1879 = 600; 1833 = 300; 1886 = 283; 1900 == 520 Surner, 107 3öglmge, 33 Surnfreunbe, 1 (Sb,renmitglieb. Seit l Jahr befteot aud) eine turnabteilung für grauen.

HermögenSftaub : 20800,62 3Rf. in «aar unb §«potbefen, 1432,07 SR f. in Jnoentunoerten. Jetziger SJorftanb : Crimoalb, £opp, £>od), ®et)re§, ®. Söeber, SRein, Jurnroarte: Siofer, Sangbein, 3«"9'oart: SBeifj.

* *

<pierf)er jählen nod) bie ,,Ttmiflefellirf>.iTt .^adiel" (iXitglieb be« ^forsheimer JurngaueS, iurnpla|j an ber Springer ©tra&e) unb bie Turn* flcf.llirtiaft s?JiintrtDt ^loninncit (Xurnpla^ an ber Stcinftra^e) , bie lurnoereinigung ,,(«ntc< Wtut4" (früher Xurnerflub be« lurnoereinö). ©em Kraftfport bienen ber 'IltfiletettbuitD i»for<hcini. ber *ltf)lrtettflufi, ber «tblctenflub „mcrmaiiia' , ber Jufeballflub 'HUetnania (Uebung«pla<j SUetbenoicfen), ber Ju&baUflub ^ranfonta (Uebungöpla^ poftroiefen. beim äyafferrcferooir), ber ^"^öUflub $eltoetia (llebung«pla$ fBeitjerroiefen), ber AU^baUflub „ttliffabt" i llebung^pl auf ber ®a)an.O unb ber $uftbaüflnb Vfor^neim (Uebungöpla^ : flennbabn im fßtumtbal), ferner ein Muöcrfhib, ein 2rf)tuim.i.fntb mit Sa)ioimmplat} unb Öabehauö bei Eutingen, foroie ein Sftflub Sdjtuoritnalb.

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Worabeim im 19. Oabrbunbert. 599

oor wenigen Sauren beftanb unter bem 5>orftfc beä f Äommerjien* ratö Öülid) eine :h\ itbnhn ^Ifttcnflcfcllfctuift mit einem nunmehr nieber* gelegten Heitf>au$ in ber ^fpringerftrafec 17.

Per Veteranen wein.

$er Söeteranenuerein für ben 5lmt3bejirf ^forjßeim mürbe am 1. 9Jki 1871 gegrünbet. $ie erften SBorftanbSmitglieber roaren ©raueur (Ebuarb Wnberer, Sßorftanb, Hart glammer, ©ct)riftfür)rer, 5larl SRau, Kaufmann, Hafftev. 9]od) im näm* ließen $aßre rourbe eine (Sammlung bei ben CSinrooßnern oer* anftaltct jur ©rünbung eines gonbS jur Unterftü^ung franfer 9flitglieber. $)ie (Sammlung ergab annäßernb 2000 ©ulben. s3Iu§ ber aufgelöften „£anbbausunft in Qcllmenbingen" floffen bem herein 1000 ©ulben ju.

2lm 10. 5ftai 1873 tonnte ber SBeteranenoerein feine uon ben grauen unb Jungfrauen ber ©tabt geftiftete gafme (nebft fUbernen Sorbeerfranj) einmeißelt.

3m 9ftai 1881 feßieb fid) ber 93erein in einen fianboerein unb einen ©tabtoerein. 3>te ©rünbung be3 ©njgau * Sttilitär* s$erein§43erbanbe§, ber fuß alsbalb bem £anbe§oerbanb anfeßlofc, fiel in ba3 3»aßr 1886. Qaßre fpäter feierte ber Sßeteranen* oerein fein 25jäßrige£ ©tiftungSfeft. 93ei biefem ^Inlaft rourbe ißm tron Sr. Königl. |)oßeit bem ©ro&ßerjog bie grofce ftlberne gaßnenmebaille oerließen. $>er jetjige SBereinSoorftanb ift 5lbolf Sftajer, SRittmeifter ber £anbroeßr*$at>allerie (feit 8 Qaßren), 2. ißorftanb: bis oor furjem Jabrifant ^antlen (12 3aßre), Srfjriftf ftr)rcr : gabrtfant 9Rorit} größner (feit 24 Qaßren), ftaffier: (Sbuarb |)oppe (feit 28 $aßren).

3tu3bejaßlt rourben feit SBefteßen be§ Vereins com 1. 9Rat 1871 bis 1. 9Rai 1901:

2ln flranfenunterftü^ungen 43 470,77 9Rf. ©terbebenefoien 8 190,30

3ufammen 51661,07 9ttf.

$a3 ©aruermögen beträgt 15 472,42 Jnoentarroert 896,00

Sufammen 16 368,42 9ttf.

$er S&ifttä marin rourbe am 20. Quli 1880 gegrünbet. 3roecf beS Vereins ift: 1) $ie Pflege be§ ©eifteS ber $reue gefeit ftaifer, £anbe§ßerrn unb Sßaterlanb ; 2) Unterhaltung unb Belebung be§ mititärifeßen unb famerabfcßaftlicßen 93erouf$tfein3 ; 3) Unterftütjung ber SßereinSmitglieber bejießungSroeife bereu Hinterbliebenen; 4j $>aßingefcßiebenen ßameraben bie legten

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^forabetm im 19. Sabtbunbert.

(Efjren au ermeifen. $)ie Qatfl ber SDütglieber beträgt 700. $er* jeitiger s-ßorftanb tft §err Serbtuaub £amberger.

$er itriegerwein, gfetd) bem SOWitäroerein 9Jhtglieb best babifrfjen 2anbe§oerbanbe3. Borftaub Karl <5d)lien$.

SDet ftrfewe- unb ^anömcfiroffiiicrsocrein, 93orftanb3* mitglieber : ftittmeifter ber 2anbroef)r a. 5). 5lbolf Sttajer, $aupt; mann b. 2. 8d)äfer unb Oberftabäarjt b. 2. Dr. 9)krolb.

hieben biefen militärifdjen Bereinigungen bitbeten ftd) in ben testen Korporationen einzelner Waffengattungen,

5. 93. ber iUtifferie-'sPereitt, ein *RIartttr-|ßttrettt, bie Ißez- einigten ^toittere ^fonßetmö, herein eiktnafiger liier.

3ftußß- unb <$efangt>eretne.

s$for$betm mar oon jet)ev eine muftf- unb fange§frofje ©tabt. SHotler§ Klage, baß fict» toofyl oiele 9Jhtfiffreunbe, aber wenig SJatfifoerftäubige in s]$for$beim befänben, unb baß oor allem an ÜJluftflebrern fef)le, trifft fjeute nur nod) teilroeife $u, beim an 9Jhtfiflel)rern unb ©efangSbirigenten tft gerabe fein Langel. 3Jlan fudjte bem fytytn tüd)tiger ÜJtuftflefjrer fdjou in ben 40er 3at)reu abhelfen, inbem man gefdjulte 9)tuftfer oon aufwärts bemog, r)icrt)cr 511 sieben, fie oon «Seiten ber Stobt* oerroaltung mit bem 5Jtufifunterrid)t an ben ftäbt. ©rfjulen be= traute unb ihnen in jeber Weife eine anftänbig* @yiften$ ermög= liebte. $a3 altebrmürbige 3nftttut be§ StabtmuftfuS ober „©tabtjinfeniften", roie ber 9lame oon alter§t)cr unb bi§ in bie 60er 3at)re im 3$olf3munb lautete, mürbe letztmals im 3at)re 1863 an ben StabSboboiften Gruft Schmitt oergeben. @r errichtete ein Stabtordjefter , ba§ aber 1869 mteber einging, angebüd) au§ gefränftem (£f)rgefüf)l ber SDlufifer, meil ber SJiuftfoerein 51t einer 5luffübrung Karlsruher Künftler f ommen ließ.

3)a3 ntufifalifdje 2eben ber ©tabt f)at ftdj feitbem ftetig gehoben, menn aud) nid)t in gleichem ©rabe mie erroa iit Karlsruhe ober in Sftannhetm. 2ll§ ein großer Langel wirb am t)iefigen ^lafce ba$ Jefjlen eine§ 9Jluftfinftitut§ empfunben, in bem gute 9Hufif planmäßig betrieben mirb. $ie Kunft* jünger, befonberS in ber Qnftrumentalmuftf, böreu (eine Konfurrenj in öffentlichen Borfpieleu, mie etma bie Schüler oon Konferoatorien unb äfjnlidjen ^Inftalten. ^nfolgebeffen tritt bei Seffern unb Sdjülern gar leidjt jene Selbftgenügfamfeit ein, bie nicht feiten |ttc S3erflad)ung führt, ©ef allen au gebiegener, ernfter SDInfif finbet man nur in wenigen, oorrotegenb Heineren Greifen. 3Me Sluff Ölungen in ben feit furjem arrangierten Kammermufif*

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fy'orabeim im 19. Oabrbunbett.

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oben ben be3 $errn Utößineier finb oorsüglid), aber gleich ben Äünftleifonjerteii , bei beue» jeweils mufifalifc£>e ©rö&e" erftcn 9iange§ auftreten, fdjroach befuc^t. $ie (Eintritt«* preife fönnen rool)l'nid)t bie Urfacfje biefer (Sifcheinung fein, ba man für uiel minber roidjtige $inge ©elb genug übrig f)at roohl aber ber SJIangel an 3"tereffe, ber roieberum einem bebauet* liefen 9Jtaugel an BerftänbniS für ben 3öert einer eblen SJhiftf entfprid)t. tiefem Uebelftaube tonnte nur ein gute§ üttufiftnftitut abhelfen, ba§ burd) fnftemattfdje Arbeit ba3 ©efübl unb 35er* ftänbnte für ben 3ßert roirflid) guter Stornierte ju roeefen unb ba§ 3utereffe bafür ju förbem hätte.

(£inen bemerfen§roerten (Sinflufj auf bie ©eftaltung be3 muftfalifdjen Sebent ber Stabt t>atte auch ber feit 10 fahren in Karlsruhe roohnenbe |jerr graif fcHriomann , beffen muftf* theoretischem Unterricht eine ganje 9(n$af)l begabter i*eute ihre 5?enntntffc oerbanft. Mehrere junge Lehrer, bie feilte al§ SHuftflehrer unb Dirigenten f)ier tfjätig finb, bereitete er mit drfolg auf ba3 ftaatlidje 2)hiftf(ef)rereramen oor. 9lud) als Äompoitift mar dtjriSmann thätig, unb etlidje feiner Schöpfungen mürben in größeren 9JhiftfgefeUfd)afteu aufgeführt unb beifällig fritifiert.

9fa <ft dang vereinen ift j. gerabe fein Langel in ber Stabt. ©egenüber ber befdjeibeuen Slnjafjl oon 5 Singoereiuen im £$abre 1859*) unb ben 8 uom 3af)re 1872 nimmt fid) bie im 3al)re 1900 auf 25 geftiegeue 3abl ber ©efauguereine recht ftattlid) au*. (Sin heroorragenbe§ Berbieuft um bie ftörberung be§ üftännergefangs hat ßerr SJlufifbiret'ür e ftcobor 25iofir, bem eine ganje ^lnjat)! oon Vereinen ihre Hebung oerbanft. Bei patriotifchen geftlidjfeiten, SobltbätigfeitSoeranftaltungen u. f. ro. haben bie ©efangoereine ihre TOtroirfung flete mit ber größten Bereitroilitgfeit jugefagt, unb bie aus ihren $onjerten erhielten Beiträge ju roohlthätigen ober gemeinnützigen ftw eefen ftnb oft recht namhafte gemefen.

9113 ein Jehler mufe bie ^erfplitterung ber oteleu au§* gezeichneten Gräfte burd) fortroäl)renbe 9ceubilbuugen oou Ber* einen betrachtet merben. 2Bäre e3 möglid), bie befteu Sänger aller Bereine ju fammeln, fo müfjte ba3 eine Bereinigung geben, roeldje ben r)öcf)ftcn 2lnforberungen an ben ftunftgefang geroadjfen, bie eine $ierbe be§ BereinslebenS unb ein Vorteil auch in fojialer £iuficht märe. 3)er ©ebanfe einer Bereinigung ift nidjt neu. Sdjon im Qahre 1861 mad)te jemanb im „Beobachter" barauf aufmerffam, „rote fd)ön unb lohnenb e3 roäre, roenn

*) gäcilienoerein, Wännergejcmgoereiu , Jreunbfdjaft , ^for^eimer 6ängerfranj, Sieberfranj.

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602 ^forabeim im 19. 3abrbunbert.

fünftig alle 14 Sage ober 8 Söodjen toieberfebrenbe groben ober tfteprobuftionen ber oereinigten ©efangoereine ju ©taube fämen". $ie ©efangSauffübrungen ber oereinigten SRännev« gefangoereine jur Eröffnungsfeier ber 93af)n ©ilferbingen^forj* beim Ratten überrafcfyenbe Oiefultate erhielt unb ben 3uf)örern fet)r imponiert.

Auf Anregung be3 §erru Jfabrifanten Äarl klaget ift im legten Qafyre eine ^Bereinigung ber ©efangoereine juftanbe* gefommen, fo bafj ftd) l)ierau$ oielleidjt bod) nod) ber alte 3Bunfd) oenoirflidjen liege.

$Bi8 in bie Sttitte ber 90er 3abre ftanben bie ^forjfjeimer ©efangoereine an ber Spi^e aller babifdjen Vereine, ©eit btefer 3eit feinen 9Hannf)eim unb ftarUrufye ben Vorrang gewonnen 5u fyaben. 9ted)t roünfdjenSioert märe e§, roenn fid) in ber sBat)I ber ©efang^litteratur sugunften neuerer ftomponiften, wie $egar, fiifet, 9tbeiuberger jc. eine jeitgemage (SefdjmacfSänberung oollaöge. $ie leichten, ffi&lidjen lieber, toeldje feit ^afjren ba unb bort mit Vorliebe getoät)lt toerben, entfpredjen fetneStoegS bem ©eifte unferer Seit, ber auf allen (Gebieten ber Stunft ftraft unb SebenSroabrbeit oerlangt. 9(üerbing§ ftetten bie 9Hoberuen aud) tjö'fjere silnforberungen an ©eift unb ©emüt be§ ©änger£.

3n neuerer 3*it macfjt ftd) in ben ©efangoereinen eine geroiffe Abneigung geltenb gegen ba§ ^ßreiSioettfingen. ©inb bie jur ieilnatjme an einem folgen ^Settftngen erforberlidjen Hebungen unjtoeifelfjaft eine gute ©dmle be§ ©efangS, fo oertieren bie Vereine buref) bie unauffjörlidjen, ftd) tägltd) fteigernben ©trapajen unb Aufregungen oor bem ©ettgefangSfefte iljren ©Ijarafter als ^flegeftätten ber Unterhaltung unb (Irbolung, abgefef)en oon ben großen Soften, toeldje fold)e Jefte jebem sjflttgliebe auferlegen. Siel ftnniger ftnb bie oon einzelnen Vereinen feit langem ge= pflogenen ©ängerfafjrten 51t befreunbeten©efeUfcfyaftenin©änoaben, in ber sJ3fala, am sJtyein ober in ber ©d)toeij.

$>er erfte herein, toeldjer ftd) f)ier bie Darbietung befferer 5Huftf angelegen fein lieg, mar

ber ^utltlUmrin.

2terfd)iebene Vereine ^forjfyeimS traten im ^af>rc 1868 jufammen jum 3»ocdc ber ^erfdjmeljung ju einem grüfreren, leiftungäfalngen herein, roeldjem ber Kanu Wufifoerein gegeben rourbe. ginn Dirigenten beSfelben rourbe ber bureb, fein eifolgrcidjeö ilUrfcn in Jreibnrg bamalS fdron beftenS

befannte iJiuftfbireftor Xhcobor 9Rol)r*) berufen. Der herein pflegte bie

•) fterr Ifjcobor iDiobr rourbe oon bem 6abifdjen 3fingerbunb für feine SBerbienfte um bie pflege be* Wefangc* unb ber Äufil jum öuubeäbirigenten erroätjlt. 3e. Mgl. .öotjeit ber (Mro&tjerjog ebjte tpu burd) SJerleifcung be$ Sitterorbenö oom Springer l'öroen II. unb I. JUaffe.

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Worabeim [m 19. Sabtbunbett.

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^nftrumcntali unb ßhormufif. Da ba« oon ihm unterfrüfete Stnbtordjefter ju fdjroad) roar unb auch fonft Unjuläuglidjfeiten fid) bemerfbar matten, engagierte man für bie größeren Aufführungen mit Drd)efter bie ÄarlSruher fcoffapelle, roeldje feit bem 25. sJlooember 1867 regelmäßig jebe« %af)v jroeimal mirroirfte. ©eitbem befamen bie Äonjcrte be$ SRufifoereins banf ber au«ge$eidjneten Seitung be$ Direftor« 9Hot)r einen roirflid) fünftlerifdjen Auffchroung. öeute genießt ber herein ben Ruf, einer ber beften gemifd)ten Ghoroereine be« babifdjen l'anbe« unb über beffen ®renjen b,inau* ju fein, ©in Hauptgewinn für beufelben war, baß ber „Wänuergefangoerein" feine auägejeichneieu Kräfte bem gemifd)ten (Sbore jeweils bereitroillig jur Verfügung fteüte.

(Sin 1898 herausgegebene« Söerjeiajni« über bie Aufführungen be« 9)tufifoerein« befagt, baß big bahin etwa 248 Äonjerte ftattfanben, wobei ber aemtfdjte ©^or 110 mal, ber SJiännergefangoeretn ungefähr 80 mal auftraten. 63 ift eine ftattlid)e Steifje ber oornebmften Ionfd)öpfungen älterer unb neuerer SNeifter, roeld)e burd) bie beiben Vereine bem mufifliebenben ^forjheim ju ©er)br gebracht rourbe. Die bebeutenbften flünftler unb Äünftlerinnen ber $üt)ne, foroic be« ftonjertfaale«, ftellten bem Vereine ib,re Äräfte jur «er* fügung.

Per $nfttumentatvexe\n.

Am 21. ganuar 1875 erging oon einer Anjahl SRufiffreunbe, an bereu ©pifce Herr £einrid) &d)äfer ftanb, ein Aufruf an gleidjgefmnte mufifbefärngte (£inroor)ner ber 2 tabt, t)auptfäd)lid) an foldje, welche ein ^nftrument hinlänglich beherrfdjten, §ur ©rünbung eine* Dtlettantenftreid)ord)efter$. SBi« bat)in beftanb ein Doppelblea)quartett. Am 12. ftebruar fonftituierte fid) ber herein. 3*ir erften "ürobe hatten ftd) 35 au«übcnbe 2)iitglieber eingefunben, oon welchen beim 25 jährigen SubiläumSfonjerte nod) ö mitwirken. Aud) feiten« ber pafftoen "Witglieber ^atte fid) ber herein bauemb großer 3"ncigung ju erfreuen.

Da« erfte Äonjert fanb am 12. ^uli 1875 in ber Turnhalle ftatt. 3Ran freute fid) t^lid), enblid) einmal ein ooUbefe&te« Streidjordjefter oon Dilettanten ju haben. Unter Opfern unb «Kühen hat fid) ber herein feitbem nid)t nur ju erhalten, fonbern ftetig äu oeroollfommnen oerftanben. SBeim 25jähr. <3tiftung«feft wirfte bie jum ©hrenmitgliebe ernannte berüumte SSiolinfpielerin $}ettn Schwabe au« Berlin mit unb ftrl. ©. 3Rarolb trug einen oon 9techt«anroalt 33rombad)er geblatteten ^rolog cor. SJon ben bamal« nod) aftioen (Srünbern be« herein« rourbe bei biefem Anlaß ein ©a$ ber G-dur-«omphonie oon fcanbn gefpielt.

Dirigenten be« SJerein« roaren £eo ^auer, 0. ©allroürcf, Ii). Penning, (Smil ttyrUmamt, (£. SHufdjeroeur) unb A. 20. 33aal. 3n biefer Seit *>at DCr herein 187 herein«*, 3 Benefij* unb 5 entreefonjerte gegeben. ®ern fteHte fid) ba« Orcf/efter jeroeil« in ben Dienft ber 2Bohlth«igteit, fo für bie Ueber* fdiroemmten in ^i^eittd^etm, für bie Abgebrannten in Xobtnau, für bie ^forj* heimer Armen, für bie Hinterbliebenen ber bei öugftetten «erunglüeften, foroic für bie .$agelbefa)äbigten im 3>uli 1897 ; ferner roirfte ber herein mit bei oers fdjiebenen feftlid)en Sieranftaltungen.

An großen orcheftralen Herfen fla)Ttfd)er 9Hufif famen jur Aufführung : 4 (Symphonien oon öaobn, 3 oon ^ojart, l oon tSchubert, 1 oon 9iiel« 20. Öabe unb 1 oon Schumann, foroie bie iöiolinfonjerte oon öeethooen, 3Rar ©rua), Dlenbelfohu unb opohr. An Opern unb Operetten rourben gegeben: Aftf)enbröbel oon @hri*mann, bie Opernprobe, fomifd)e Oper oon fior|jing, ber Sdmufpielbireftor, fomifdje Dper oon sDlojart unb ber Dorfbarbier, fomifche Oper oon ed)enf. Der ^nftrumentaloerein ift eine ^flanjftätte ebler 9)hiftf unb be« gefelligen ieben« unb al« foldje eine 3ierbe ber Stabt.

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vT?forjt)<ini im 19. 3abrbunbett.

Ü>tr baben bereite unter bem Äapitel „Tie ty'onbeimer Aeuerroebr" bie ZtatttaptWe unter :Wnfftic»üer)!)-? Rettung ge^iemenb erroabnt. 8efr fügen wollen roir t)ier nod), bafj fcerr SNuftfbireftor rHufdjeroepb bei (Meiegen* b,eit ber 38eltau«ftellung in (Sbica^o bie hohe (rbre genoß, von Se. Wajeftät bem Mauer ba^u auecriefjen m< fein, bort ein auSerroablted beutid)e4 3Ri(itdr= ordjefter }tl birigieren. Tie £eutfd)cn in ftmerifa roaren mit Äecbt ftol$ auf bie Veiftungeu itjre* Vanbdmannee, bie bem beutfdjeu 3(ufef)cn unb ber beutfdjen ÄufH |mn rHutym gereichten.

»

V\e SxtnnMaft

ift ber ältefte Öefanguercin ber Stabt. Sd»on oor 1850 grünbeten «ngeftcüte unb Arbeiter be« SJendifer'fdjen (rifenroerfeä ben fogen. „.ttammerDerem-, ber aber erft burd) ^ujielnmg fangesfunbiger Männer aud ^fonbeim im 3abre 1850 unter bem tarnen „^reunbfdmft" lebensfähig rourbe. Xer erblinbete 2Nori$ Skndifer mar ber (Srünber unb ein eifriger Jorberer biefe« herein*. 9Uö in ben 50er ^abren bie gefeüigen Vereine oou ben ^ebörben al$ ftaatägefäljrlid? nie [fad) aufgelöst rourbeu, blieb bie „Jvreunbfdjaft-, toelcbc neben bem roelt* lid)en i'iebe aud) ben Mirdjenacfang pflegte, oou biefem Sd)idfal oerfdjont. 9lud> beute nod) befteben bie guten $esieb,ungen ber „ftreunbfcbaft4' 511m Äirdjendjor, bem nid)t roentge tf>rer länger angehören.

Unter Ibeobor SMofyrS, Gdertä unb lippä Leitung feierte ber herein große Iriumpbe. 3m ^aifie 1870 erhielt bie ^reunbfebaft mit 23 Sängern in Jyreiburg einen 1. %*reU im SJolfägefaug ; 187» mit 29 Saugern einen 2. frei* für Äunftgefang in Sigmariugen; 1881 mit 37 Sängern auf bem fdjroäbifdjen Sängerfeft in Wmünb einen 2. %*reiä; ebenfo 1836 in fteilbronn mit 45 Sängern; 181*2 mit «n Sängern einen 1. ^reid im Jtunftgefang auf bem fdjroäbifdjen i'ieberfeft in Reutlingen, unb 1895 einen foldjen auf bem babifdjeu «unbeefangerfeft in Marl*rube mit 110 Sängern. Tai im 3uli 1900 in ber ^eftballe gefeierte 50jäb,rige Jubiläum beä herein« mar in jeber t*ejiebung eine großartige iücranftaltung. Sluguft 1901 errang ftd) bie „ftreunb; fdmft" einen fyeil (4a) auf bem iuternatiottalen ßefangäroettfefte in Köln.

9tad)bem von einer Slnjaljl Sängern fd)on feit bem 3>dt)xz 1839 regel- mäßige 3ufammenfünfte gepflogen mürben jur ^iflccic beä iHännergefangS, oereinten fid) biefelben im 3<ibre 1858 ftatutengemäß unter bem Hainen „SHännergefanguerem ^forjljeim". Seine erften Dirigenten roaren SJrod, 3iottcngattcr, Ulbert unb (rrnft Sd)tnitt. 3m 3«*)«* 1867 übernahm Wu[\U bireftor Tf)eobor SHobr bie Leitung beS „Dtännergefangoercinä". Unter feiner geroaubteu unb tt)atfräftigen £ireftion erbob fid) berfelbe $u fd>önfter Mute, fo baß er 00m Sängerfefte in 9)Jannf)eim 1881, oon ftreiburg 1886, oou Äarl3= rutje 1891 ftetö mit bem allererftcu greife beimfebren lonnte.

£urd) feine SWitroirfung bei etwa 80 gemifdjten (Sfjor * Aufführungen im vJ)hiftfoerein unb burd) fein öfteres Auftreten in Monierten beSfelben, er* roarbeu fid) bie oon $aufc au* fdjon burebroeg gut gefd)ulten Sänger jene mufifalift^e Sidierbeit unb feine SluffaffungSroeife, roeldje l)eute nod) ihre Weretnölciftungeu auöjeidinet.

5lud) in gefeüfd)aftlid)er ^cjiebuug ftcl)t ber herein, roela)er nur aftioc i)iitglieber unb einige (£l)reumitg(ieber befi^t, au ber Spi|;e ber ^forjbeimer Vereine. 3öir erinnern nur an bie feb^r gelungenen Aufführungen ber

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605

Operetten: „Ter »ettelftubent* (1884), „Der Jvelbprebiger" (1888), „Die fteben Scbwaben" von Millötfer (1889), an Die Cperettenauffübrung: „Der äöitbf^ü^" von l'orfcing (1893) unb eine SMenge anberer Singfpiele ic.

eintrntftt- ^ i'olif'inu.

äkibe Statine würben 1850 gegrünbet, erfterer alä Vefeoerein, festerer $ur Pflege ber Wefelligfeit. ©rft gegen SHitie ber 60er $a$re bilbeten fic fid) ju Singoeretneu auö. lebhafter Erinnerung finb noa) bie pompöfen, aber aua) redjt foftfpteligen (vaftnadjtäauffübruugen bed /fro t)fi nn, ber fta) bamit finnnjiell etroaS ftarf engagierte unb bann infolge einer allerbingä übers triebenen 2lengftlid)feit oieler iKitgliebcr, bie ibm nad) unb nad) ben Etüden teerten, feiner fluflöfung entgegenging. 3m Jaljrc 1897 uercinigten ftd) 60 bi« 70 alte tfrobfinnäiuitglieber mit 30 oon ber Gintradjt \u einem neuen herein, bem fie ben tarnen Gintrad)t-tfrot)finn gaben, iton ben beiben Jyaljuen bie beä ^robftnn würbe 1853, jene ber (rintradjt 1884 eingeweiht folt erftcre bem ftabtifdjeu Slltertumämufeum ubergeben werben. Km 5. unb 6. 3Hat 1901 beging ber herein baä Jubiläum be$ 50jdl)rigen BeftebenS uon <£intrad)t= unb 5™l)finn.

Per Oättgerßratt}

mürbe im September 1858 gegrünbet uon 38 Witgliebern unter bem Siorfifce oon 2. SRirtfdjelfnauS. Gr tyat neben ben gefänglichen Stiftungen ftet-3 bie Pflege froher WefeUigfett (namentlid) burd» tl)eatralifd)e Sluffütjrungen ic.) im Singe gehabt. 1859 erhielt ber herein eine ftabne, bie jefet nod) im Öe* braud) ift. Gr beteiligt fid) eifrig au ben Säugerfefteu (18)5 MarlSrutje II. ^irete). 3m $al)re 1873 mürbe eine Säugerfaffc gegrünbet, woburd) für bie Jyolge von £eit ju ^eit gröfeere SängerauSflüge ennöglid)t mürben (Bregen*, Wündjeu, Saljburg). Slnfangd ber 70er Jnbre fdmffte ber herein ein eigenes, feitbem oon uielen anbern Vereinen bcnüfcteS 2 beater an. Bcjeidjnenb für ben guten (Meift ber WcfeUfdjaft ift bie 9lnl)duglid)feit ber alten Sänger.*)

Dirigenten waren: tteadefjrer flut)n, Sdmtitt, ftauptlebrer Kolb, 3leal= lebrer (Gruner, SMufilbireftor fteib. Sd)meifter unb feit einigen 3abren 3teal= lebrer Gruft OJöfce, unter beffeu ^ftytltng ber herein bebeutenbe Jyortfdjrttte unb (rrfolge erhielt tjat.

mürbe am 25. Cftober 1663 uon 3fi Herren gegrünbet. Gifter iBorftanb mar Jabrifant Sd)ultl)c3 (bis 1876). Dirigenten : Mottengatter , Stabtjinrenift Sdnuitt, £b,eobor SJJotjr, 9t. Stt. Baal, ib. $raff, Stöbert SBiemann, Stöbmeier.

Die SMebertafel erftrebt nid)t fomob,! ben Stuljm, burd) glänjenbe Seiftungen auf Sängerfeften ftd) bcruorjutljun unb fid) au allen ^reiöberoerbungen ju beteiligen, als uielmebr bie Pflege eined beitereu, gcfeUigen ^ereiuslcbenä, momöglid) unter Beteiligung ber ^amilieuangebörigen. Watt) biefer Seite bin ftanb bie l'iebertafel in ben 80er Jahren, ib,rer -blütejeit, alle« Vereinen ooran. ^robe Vebeneluft unb föftlidier 2i>i$ mar in itjr ju fiuben, unb nirgenbö tonnte man fid) fo frei unb beljaglid) füblen, mie im Mreife ber fröhlichen l'iebertafler. Xrefflidjc Sanger unb gefeUfdmftlid) auägejeidmet oeranlagte Naturen, mie

*) ein Sänger (gottyammer) fingt fa)on feit 1859 ununterbrochen mit.

I

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606 $forabeim im 19. Oabrbunbert.

©uftao Weple, Äaxl Stagel, (rnril Äbredjt, «artl>, Scblub u. a. waren e§, roelcbe ber Üiebertafel riefen Äorpägeift mitteilten. SBo fie fang, n>ar fte gerne gehört, unb ipre ftaftuacptdauffüprungen jäplen peute nod) ju ben beliebteren unb befud)teftcn. itfenig förbcrlicp roar bem ferneren ®cbeipen bei «ereind ber öftere Dtrtgentenroecpfel. <£r parte baä Scbicffal aller berartiger Wefell- fcpaften. SJiancpe alte beroäprte Sänger jogen fiep oom GJefang jurücf unb fonnten nicpt fo rafcp burcp gleichwertige Kräfte erfefct roerben. §eute beftnbet fiep bie i'iebertafel burcp ben ftarfeu äuroacp* tücptiger junger Sänger roieber im Stuffcproung. greife: IV. «ab. Sängerbunbedfeft ftreiburg 1886 II. ^ret$ im Hunftgefang, V. «ab. Sängerbunbeefeft Äarldrupe 25. unb 26. 3Rai 1890 II. ^reiä im äunftgefang. Der (Spor jäplt über 70 Sänger.

Der herein rourbe am 1. ftooember 1866 gegrünbet. «U jefrt pat er nacpfte&enbe ©rfolge ju oerjeicpnen: 1) Beta «ab. «unbeSfängerfeft am 5.-7. 3uni 1881 in iWannpeim, Abteilung «olfSgefang, 31 Sänger, 2. }Jreid, filberner «ßofal; 2) «eim «ab. «unbeSfängerfeft am 25.- 26. iRai 1900 in Jtarl«rupe, Abteilung erfcproerter SJolfägefang, 48 Sänger, einen 1. %trei$; 3) «eim Scproäb. Sängerbunbeöfeft am 10.— 12. ^uli 1892 in Reutlingen, Abteilung Äunftgefang, 58 Sänger, 2. ^reiä nebft filberbefcplagenem Drinfporn ; 4) «cim «ab. «unbeSfängerfeft am 2.-4. ^uni 1892 in Harlärupe, Abteilung Äunft= gefang, 70 Sänger, 2. ^reiä. Dirigenten: ©rnft Scpmitt, feit ber ©rünbung bid ^unt 1880; fterbinanb Sa^meifier, bid DJai 1887; ©buarb ftufcperoepp, bis 3uni 1889; Ulbert 6pp, bt« Januar 1891; 8. IB. «aal, bi« Sunt 1895; feitbem Steuert. Der «erein jä^lt feit einigen fahren ju ben erften ber Stabt unb erfreut fid) infolge feiner l'eiftungen auf gefänglichem unb gefclligem Gebiete großer «eliebtbeit. Seiger iÄitglieberftanb 430, aftioe Sänger 137.

C&efanßtierftn Harmonie.

Die ÖefeUfd)aft „Harmonie" rourbe im Februar 1873 oon 24 jungen fieuten im Älter oon 18—20 ^aqren gegrünbet. ©in Dcü Der SHitglieber roar fcpon feit bem Japre 1871 als „oängertlub jüngerer Durner" unter Direftton beö £>errn $>übfcpenberger oereinigt. Diefer Älub blieb auä) inner« palb ber „fcarmonie" nocp einige 3cit beftepen. 6rft im %ab,xt 1876 begannen bie regelmäßigen Singftunben roieber. Dirigent roar unb ift bi* beute mit einer Unterbrechung oon mehreren $abren §err .frauptleprer @g. ©cfert au* »röfcingen.

Die gapnenroeioe fanb im ^apre 1877 ftatt.

9tm üßcttgefang beteiligte fie ftd) nur einmal unb jroar beim «abtfdjen Sängerbunbedfeft 1895 in flarlärupe unb crpielt ben Ia. ^rcid im erfcproerten ^olfögefang.

3m 3apre 1898 feierte bie ÖefcUfcpaft ipr 25jäprige* «efteben mit einem 2tägigcn ^efte in größerem 3Raßftabe. Die nod) bem «erein angebörigen 4 Biitgrü'uber ü. Äönig, 2. ÜDianj, 3i. SKerflc, 3ul. Sd)ufter, rourben ju eprenmitgliebern ernannt.

3ur 3eit beftept bie ©efellfcpaft au* etroa 440 iKitgliebern mit ungefäpr 60 Sängern.

»orftanb ift ^err Na£ ^afenmeper.

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<Bforabetm im 19. ^abrbunbett. " 60?

Tie ftefeHfäaft bcfte^t meift au$ Jabrifanten unb Knufleuten unb beftfct eine SJibliotfjef oon 8000 Sdnben.

©rfter Storftanb mar £err CSfar SMatfdjfjofer.

*

*

®tol3 bürfen wir auaj fein auf bic erfolge im Öcbiete ber fttafau muftf. Ter ebanßehfdie M urii citri) or ^at firfj unter «. (SpoS tüchtiger 3Mreftion ju einer tjoben Stufe emporgerungen. Eurdj bie fdjöne neue Orgel ber eoangel. Stabtfirdje unb unter ^ujiebung oon beroorragenben Sängern, erfter Äünftler auf ber Crgel unb oon guten Cra^efteru ift tym roieberljolt bie 91uffüf>ruug grofcer Oratorien mögltdj geworben, bie aua) oon auöroartS oiele 3ut)örer herbeiführten.

9iid t unerroäfmt bleiben foU ber namentüa) bei beu uiiu-iidieu cd)lufj= aften jur (Geltung fommenbe berrlia)e «ctnilßcfaua ber ^olr\<fd)ulc, an beffen erfrifa)enber Jßirfung fta) aua) ber Äunftfreunb gerne ergöfct.

©eitere Öefang* unb SHuftfoereine ftnb:

„Konforbin", „<*rbeiteruna,", „@rtsitteriiuß", „(Bermania", ber ^Itbeitcracfattgtoercttt „ftretljeU", ber aRuftfocrein „Urion'*, ber „£ieberfran|", ein £ättgerbtittb „Sttfcletenflub", ein „eänßcrbttnb SUeuftabt ^rötjinßen", ber ,,3Rämtcrßefanßt>erettt illtßabt", bie r, 2äiiflert)alle ttorftabt «ebau", ber Eiiu^crf lub Xuntfceretn", ber eäugcrflub Xiirnflcfellfrijaft „$ad)el", ber langer! lub Surner. bmtb", ber ttätfergefauflUercin', ein „3UIjcrftnb" unb ein „3ttber* Herein".

Per C>naü»int.

©djon in ben 70er Qabrcn machte fid) ba§ 53ebürfni§ nad) einem ©aalbau fühlbar. bilbete ftcf) ein Komitee jur

©rünbung eme§ ©aalbaufonbS unb bie gefetügen Vereine roaren bemüht burd) $on$erte unb fonftige Sßeranftaltungen benfelben möglid)ft rafd) in bie #ölje ju bringen. ©o brachte eine $f)eater* auffüfyrung be3 SftännergefangoereinS in ber £urnf)at(e am 12. 3tprit 1874 bem 5onb§ 300 ft. ein.

3)te gefc^äftUcf)C ÄrifiS lieft aud) biefe£ Unternehmen oor notroenbigeren fingen auf lange Qtit jurüeftreten, bis enblid) @nbe ber 80 er Qat)re unter bem Sßorfttje be§ Oberbürger = meifter§ £abermef)l unb unter SWitwirfung namhafter s$erfonen au§ ben gefelligen Greifen ber ©tabt neuerbingS ein ©aalbau* fomitee in £f)ätigfeit trat, beffen erfolgreicher Arbeit ju banfen ift, baft im Üuguft 1900 ber ©aalbau eröffnet werben fonnte. i)ie§ gefdjaf) burd) ein großartig verlaufenes ftonjert ber oer* einigten ©efangoereine unb burd) eine 2lnfprad)e be§ Oberbürger* meifterS.

$er ©aalbau jeigt eine einfache unb flarc, ben ^ßlati* uedjältniffen unb 2lnforberungeu angemeffene 2)i3pofition unb Einteilung.

Qm @rbgefd)of$ betritt man, uon ber ©tabt fommenb, bie geräumige, mit öroet ßaffeulogen r>erfet)ene Vorhalle unb bann

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^forgbcim im 19. Oabrbunbert.

ba§ große unter bem .frauptjaate liegenbe 5Jeftibül, in roeldjem in uortrefflidjer ©eife bie ©arberobe angeorbnet ift.

ffied)t§ neben ber SJovfyalle unb bem Sßeftibül, an ber Straße gelegen unb oon biefer unmittelbar jugänglid), befinben ftd) brei größere, reidjlid) beleud)tete ^Häume für bie £age3roirt- fdjaft, mit Büffet oerjefjen, ba§ burd) einen befonberen ©ang mit ber linfö oom ^eftibiil liegeubeu ftüdje in guter 3$erbinbung ftel)t. Sinfs uou ber SBorfyaue ift ein größeres ©efellfdjaftS-- jimmer angeorbnet, ba§ für oerfdjiebene äroecte oermenbbar ift, unb linfS uom ÜBeftibflf, bem 9tad)bargelänbe jugefebrt, liegt bie geräumige, nad) bem Saal unb beffeu ©alerien füljreube $Mtpt< treppe.

$ie ftüdje mit reidjlid) 100 Cuabratmeter Jladje ftef)t In SBerbinbung mit einem s3turid)tevaum, mit einem boppelteu, nad) bem Cbergefdjoffe füljrenben ftllftug unb einem großen Sommer« büffet, ba§ jmei breite, buvd) ein s4?orbad) gefdjütjte Sdjalter* Öffnungen gut Verabreichung uou Speifen unb ©etränfen nadi bem ©arten befitjt unb bind) eine in bem anfd)ließeuben £urme liegeube Xveppe mit bem Büffet be§ ObergefcfjoffeS oerbunbeu ift, fo baß bei größeren Heranftaltungen bie Speifen auf bem fürjeften "-löege nad) bem .jpauptgefdjoß gebracht werben fönuen.

$er im #auptaefd)ofj angeorbnete große, 16 unb 32 9Reter meffenbe Saal ift mit einem 5 9Reter breiten, brei Stufen über bem Saalboben evtjöljten Umgang uerfefyen unb nur ber Zugang

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iiforabehn inf 19. 3abrbunbert. G09

von ber Haupttreppe unb ber SfaSgang uad) ber großen ^erraffe (legen mit bem Saalboben auf berfelben @bene.

3)er Saal ftebt einer) ei t3 mit ber gegen beu ©arten ge* (eaeneu ^erraffe in SHerbinbung, roäbrenb er am anbeten (Snbe, über ber SorfyaKe gelegen, ein grofteS ftufenfürmig fteigenbeS Sßobium befitjt.

3m 9lnfd)hi& an ben ©aal, unb mit bem Umgänge auf einer (Sbene liegenb, ift nod) ein 9tebenfaa( non ca. 155 Quabrat* meter uorfjanben.

$er Saat ift auf brei Seiten mit einer Oalerie uerfefjeu, roeldje burd) bie Haupttreppe, bie an ber ©artenfeite (tegenbe sJlebentreppe, unb burd) bie leiben an ber SBotfyatte lefinblidjen $3enbeltreppen §itg&ngttd) ift; bei 5euersgefal)r ftc()t nod) weiter als SRotau&gaita bie s33 äff et treppe j juv Verfügung, fo baß auf fünf treppen eine rafdje Entleerung gefiebert ift.

$ie Söaufoften be£ Saales, ber bei ftonjerteu :c. für 2700 ißafonen, für 3(u$fteUung3ftioetfe an s#obeu unb ^aubfladjeu

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Worabeim im 19. Sabrbunbert.

etroa 1500 Guabratmeter Staunt bietet, betrugen of)ne dinvicrjtung etroa 600,000 9Warf.

$er drbauev be§ ©ebäubeS ift §err ©tabtbaumeifter Wfohfl ftern.

XHe ^ufeum$-Aßttcn-6cfeirrdiaft.

$a§ Sttufeum bilbete bi§ in bie 60er 3at)re ben Littel* punft unb roofyl and) bie einzige Stätte für ben gefelligen unb geiftigen s#erfef)r ber oornebmen 2Belt. Von 1846— 1852 batte bie ©efellfc^aft für bie ©ommerunterfjaltungen ben (Sngel* garten gemietet. $rotj ber mannigfad)eu unb foftfpieligen bau* lidjen (Srroeiterungen unb s31eueinrid)tungen erroieS fict) ba§ bis* fjerige 5flufeum§gebäube al§ unjulänglid). 1874 fonftituierte fidj bie ®efellföaft al* ff9nufeum§s^ftien5©efeUfd)aft in ^for^etm jum 3tvede ber Jörberung gefelliger unb litterarifdjer Unter» Haltung." $a§ Slftieufapitat rourbe auf 60 000 3Jlarf feft* gefteüt unb in 200 Stttien ä 300 ÜHarf geteilt, roeldje auf bie s3tamen ber 93eft£er gefdjrieben fiub. 2lm 17. September taufte bie ©efellfdjaft ben SBauplatj ju ifyrem jetzigen Vereint fjaufe für 63 000 ©ulben (21/, ft. pro Duabratfug). $a$ alte 5Jhifeum ging an ©aftroirt s^öetfct) jum „©cfyroarjen 3lbler" über. Qiüti 3af)re fpäter, am 1. Oft ober 1876 mürbe bie 9Jlufeum§= roirtfdjaft eröffnet, bie bi§ oor furjem r»on SBitroe $atj geleitet rourbe. 2tm 31. Qanuar 1895 feierte bie 9Jhifeum§gefeü= fdjaft ba§ ?yeft ifjreS lOOjäfjrigen 33eftef)en§ mit Stöbert, 3efls fpiel unb $3aü. Verfaffer be§ JeftfpielS mar Oberamtmaun XeitigSmann in Appingen, früher SBorftanb ber ©efeüfd)aft.

35ie *ßfor$eimer s3Jtufeum§gefetlfcf)aft barf für ftd) ba3 33erbienft in 3lnfprud) nehmen, ju einer Qtit, ba fonft feinerlet Gelegenheit ju f)eroorragenben geiftigen ©enüffen in ber ©tabt geboten mar, Hünftler unb ©eletjrte oon SBebeutung für muftfa- lifctje, bejTD. litterarifdje Vorträge geroonnen unb biefe and) sJhd)tmitgliebern jugänglid) gemalt ju tjaben. 3n ben 60er 3at>ren Stetten auf Veranlagung ber 9)lu{eum§gefellfd)aft Vor* träge: Dr. 93lum, Onfen, ^orbecfe, Söunbt, $(untfrf)lt, ßöff« mann oon 3nßer§leben ; ben 70er Sauren ber Slfrifareifenbe üfloblfS (in ber $urnt)alle über feine ©ypebition in bie Inbifdjc SBüfte), 1878 «Biftor o. ©djeffel über feine 3bnüe „SBalb* einfamfeit", 1878 Jriebrid) Sobenftebt über „SHir^a ©djaffn".

$ie OTufeumSgcfeüfcrjaft oerfügt roof)l über bie gröfjte unb roertoollfte ^Bibliot^ef in ber ©tabt.

$ie gjlitglieberäa^l beträgt 260.

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^forjbeim im 19. Oabtbunbert. 611

$)er 93orftaub bcftanb im Qa^re 1900 au§ bcn Herren Dr. 33rinfmann, 5lugenarat, 1. SBorftanb, ©tabtpfarrer $lein, ©djrtft* füfyrer unb 93tbltottjefar, 8mil 53ecfer, Äaffier.

rourbc 1861 gegrünbet. 3n>etf berfelben ift bic Pflege bcr ©e- felligfeit unb bcr 93aterlanb3liebe. Schere wirb betätigt burrf) aufrichtige ®efinnung für Raifer unb sJReid), burd) bic gcicr ber oaterlänbifdjen ©ebenftage unb roerftf)ätige§ ©intreten für alles, n>a§ ber Sörberung be§ engeren |>eimatlanbe§ unb be§ sJieid)e3 bient. daneben oergi^t bie „sJiebelt)öt)le" nie, für 2lrme unb sJiot* leibenbe, in Unglücksfällen, ober roo ftd) fonft um bic £ilfe« leiftung ju einem guten Söerfe tjanbelt, ttjatfräftig unb opfer* willig ifjre jeweils reid)e ©abe ju fpenben.

31>r SßereinSlofal befinbet fiefy a- 3 im flogen ©aale ber SKeftauration aum „^ßrinj ftarl", wo täglid) 3ufammenfünfte ftattfinben. $ie offijieUen 9lbenbe ftnb 9Jtittwod) unb ©am§tag. $ie gefte (StiftungSfeft unb ©ommerauSflug) werben gewöl)nlid} gemeinfam mit bcn tarnen gefeiert, fonft finben nur #erren* abenbe ftatt.

$ie SRitglieberaafjl ift (otyne @^renmitglieber) auf 140 be* föränft.

3)cr Sßorftanb beftefjt j. au$ °*m

I. Oberfpalter, Dr. s33arbo, Oberarzt an ber £eil* unb

^flcgeanftalt.

II. s}kofeffor St. Sang.

III. SRednier, gabrifaut @mil $ncf erhoff unb 12 Orafyithteil,

„Per SxofäUW,

eine fibcle $ftteip*©efellfcf)aft, rourbc im $af)re 1864 infolge einer 3Bette gegrünbet.*) 9Jhtglieber roaren e$ nie mefyr al§ 20. Einige 33erübmtf)eit erlangte ber Jrofdjteid) burcl) feine Saft« nad)t§auffüf)rungen, beftebenb in felbftDerfafjten Suftfpielen lofalen (£j)arafter§, worin ftäbtifdje S3erl)ältniffe unb befannte ^ßerfönlid)* feiten perfifliert rourben. 2)a§ erfte Sofal roar ba§ $interaimmer be§ „^ßfälaer $of". $)ie möd)entlid)en 3ufammcnfünftc mürben burd) mufifalifdje unb fyumoriftifdje Vorträge geroürat unb oon greunben be$ #umor3 gerne befudjt. InfangS bcr 90er 3at)re

•) »ei bcr polizeilichen 2(nmelbunfl nmrbe aI8 ßroeef ber Sereiniflunfl angegeben: „Hebung ber üitterotitr unb ber Jroföju^i".

3b'

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612 «forjbeim im 19. Sabrbunbcrt.

mar ber Beftanb bev au§übenben 9ttitglieber fo jufammem $efcf)mofaen, bafj bie 9(ufli)fung befdjloffen, ber „grofdjteid)" auf bem ^piättig aUegorifd) ju ©reibe getragen unb ba3 übrige Ber* mögen oertrunfen nmrbe.

* * *

Weitere Vereine jur Pflege bev ©efelligfeit finb bie ©efett- fd)aft „immergrün", bie „^ittrood)§gefellfd)af t", „(St. ©eorgent)öf)e", „UuitaS", ber „B erf erjr^f I ub\ eine Bereinigung s$f orafyeimer ©ifenbafcn* unb <ßoftbeamten unb ein „*Poft = Unterbeam ten*Berein\

3)ie m'elen in ber Stabt roofynenben 9iid)tbabener unb 5lus* länber fyabeu fid) mit ber $eit lanb3mannfd)aftlid)en Ber- einigungen jufammengetf)an, fo befterjen 5. Q. ein herein bev „Bauern" (SBfirttemberger $of), ein „Bötjmifd)* ftauifdjer Berein ($ßfal$), „©münber Bereinigung", eine „Sdjnmjer ©efellfd)aft" (©d)iff), ein „Oefterreid)*Ungarifd)ev Bevein".

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«Bforabeim im 19. 3abtbunbert.

6ia

g>o$e ISefttdie.

$a3 babtfcfye $ürftenf)au§ bat oon jefjer bcn lebfyafteften Stattet! genommen am 5Bob,lergef)en ber Qnbuftrtcftabt ^ßforjfjeim unb basfelbe ioieberf)olt burd) ben 93efud) be§ £anbe§f)errn be* funbet.

31m 28. 3um 1819 erfdjien ©roijjfjerjog Snbnng in ber Stabt, feierlid) empfangen oon ben 33et)örben, bem ßaoaüerie* forp§ unb 3tf9*vforp§ ()or)e |>err ftieg in ber „^ßoft" ab

unb fufjr nad) einigem Slufentfjalt, oon ber SBürgerfaoallerie bi§ jiit Söilferbinger ^)öt)c begleitet, nad) $arl§ruf)e jurfief.

2lm 24. Üttai 1830 roaren © r o f) er jo g Seopolb, bie ©rofjfjerjoginunb bieSftarfgrafen ©ilfjelm unb s3)l a r. i m i l i a n t)ier, übernachteten in ber „^ßoft", um anbern £age£ 511m 93efud) bei* SBürttemberger $onig§famitie nad) ©tutt* gart weiter 51t reifen. 3)te fjofjen $errfd)aften befud)ten bie sBobnenberger'fd)e sßapierfabrif in -Wiefern, bie 5infenftein'fd)e £ud)fabrif, bie 3)ennig'fd)e unb Kiefmle'fdje 93ijouteriefabnfen, foroie ba§ SBencfifer'fdje (Sifenroerf unb bie ©djlojjfirdje.

93ei ber @inroei()ung be§ ODenfonalS ber 400 ^ßforjljeimer in ber Sdjlojsfirdje 1884 erfd)ien ©roffterjog £eopolb mit ben 2 grinsen tfubroig sJSill)elm unb griebrid) (jefciger ©ro^erjog). C#ilb im SlltertumSmufeum).

Uufer <&xoMct)0$ $rtcbri<6 beehrte bie Stabt al§ sJhinjregent jum erftenmate mit einem 93efud) am 8. 9flai 1854 unb nnirbe begeiftert empfangen. $>er nädjfte $3efud) be3 ©rof$= berjog^ erfolgte bei ber (£ifenbaf)neinroeif)ung 1861.

sJIm 2." Oftober 1856 traf ber König oon Greußen in ^forjbeim [ein, um fid) nach Sübingenfau begebeifunb mit feiner ©ernannt einen $3efud) auf bem |>ol)enäollern ju machen. Qn feiner 93egleitungfc„befanben fid) ber s$rinj non^reugen, Wtnifter* präfibent oon ÜWan teuffei, Generalleutnant 0. SBebeü, SUkjor 0. b. Gröben unb v. UJfemanft.

9m 30. Quli 1856 fam bie Äatferm «Wutter oon SRuftfanb nebft bem Kronprinzen Karl 4 unb ber Kronprin$efftn»;Olga oon Württemberg burd) bie mit rufftfdjen, preuftifdjen unb babifdjen Sagten feftlidj.gefdjmücfte ©tabt. $>ie l)ot)en;$errfd)aften mürben oon ben Vertretern ber ftaatlidjen unb ftäbtifdjen 93ef)örben ef)rer* bietigft begrüßt Sie famen oon 5Bilbbab unb festen if>re SReife über s#rud)fal, .£>eibelberg unb granffurt nad) Berlin fort.

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614 ^forabeim im 19. $abrbunbett.

2(m 14. ftuli 1857 tarnen ßaifer SttifofauS I. unb bie ftaiferin oon 9tufjlanb auf ber Siücfretfe oon ÜBilbbab ^ter burd), begleitet oom ©rofcfürften 9ftid)ael unb ber Äronprinjeffm Olga oon SBürttemberg , foroie nod) anbem b*>b*n ^ßerfonen nebft großem ©efolge. $)te fyieftge $oft beburfte jur SBeiterbeförberuna, 92 ^ferbe.

SEBenig freunbtid) f et) eint ber ftönig Silbelm oon Greußen am 26. 2Iuauft 1865 am Skbnbof f^ier oon ber SBeoölferuna; aufgenommen morben ju fein. $er M93eobacbter" fdjreibt : „$a3 SSerbalten ber 3ufd)auer war ©efüblen, meldte bie neueften Vorgänge gemeint ift ber preu§ifd)*öftemid)ifd)e flonflift bei jebem greunbe be$ 9fed)t$ unb ber greifjeit tyeroorrufen, entjprecbenb."

SBeitere 53efurf)e beS ©roßberjogS unb ber ©roß« f>er$ogin fanben ftatt am 24. SRai 1864, am 19. September 1868 gelegent(id) ber SRanöoer mit anberen Jürftlidjfeiten unb bem ©eneralftab. 33efonber3 feftlid) mar ber furje 9(ufent* ba(t ber ©roffterjogtieben |jerrfd)aften bei tyrer Irtücffebr oon ©t. üftoriti am 18. 3uli 1870, am Jage oor ber fran$öftfd)en $rieg$erflärung. 5Dic $ablreid)en auf bem SBabnbof oerfammetten ©imoobner brad)ten in gro&artigfter SBeife ber geliebten dürften« familie bie $erftd)erung unfrfd)ütterlid)er Eingebung unb Jreue bar.

3lm 1. 3uli 1876 bei ©elegenbeit ber Eröffnung ber ßanbeS- SRofenauSfteÜung, roeld)e in ber SBilla ©efetl abgebalten rourbe, waren ber © roßberjog unb ber @rb gr oßb er jog, anbem £aa§ auch tyvinfi War oon ^aben in ^Pfovjbeim.

93ei feinem näcbften 33cfucbe am 13. 9Wai 18M rourbe bein ©rofibergog oon 1000 <ßerfonen ein Jacfelgug gebradjt.

$te weiteren 93efucbe be$ SanbeSfürften erfolgten gefegent* (id) ber ßunftgetoerbe*9lu$fteHung 1896, ber dimoeiljung be§ neuen 9tatf)aufe3 1895 unb ber eoangelifdjen ©tabtfird)e J899. 3ebe3mat mar bie 91nmefenbeit be3 oerefyrten l)of)en $errn für bie 93eoölferung ein Jag ber allgemeinen Jreube.

3lm 14. Sluguft 1871 unb am 10. September 1876 mar ©eneral Serber Ijier.

3lm 2. 3uli 1875 traf bie Äönigin oon(3adjfen f^tcr ein, um in ber ©djlofjfirdje bie ©ruft ju befudjen unb am ©rabe ibrer ©roßmutter, ber ©roßb^ogin Stephanie, ju beten. #ie* rauf begab fte fid) in bie fatyoUfcf)e 5lird)e, mo eine ütteffe a*Ie* briert mürbe.

2lm 12. 3uü 1876 befugten bie ruffifeben ©roßfür ften $1 i f o ( a o unb ÜH i cb a e l ÜKidjaeloroitfd) bie ©ebloßfirebe.

21m 8. Qitli 1879 mar ©eneralpoftmeifter ©tepban f)ier unb befidjttgte ba§ neue 9teid)8poftgebäube, toekfyeS am 1. Oftober bem ÜJertetjr übergeben mürbe.

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S&fotiWm im 19. Sagrbunbert.

ilfciite Gßronifi.

1811 roud)§ ber beftc SBein be§ 3at)rt)unbcrt^ nad) bcm in biefem 3afyre fidjtbaren Kometen „$ometenroein ge= nannt. $>er Äomet tjatte einen $urd)meffer oon 27000 Sfteilen, eine ©dnneiflänge oon 12 Millionen Stetten nnb roirb erft in 3380 3>af)ren roieber erfdjetnen. @r flößte als Vorbote fcf)limmer 2)inge große gurd)t ein ; aber man tranf trofcbem oiele 3al)ve lang mit 2Bonne ben feurigen <£lfer, ber mit 1000 ©ulben ba§ Juber bejatjlt mürbe.

1816 17 sJ)lißmad)§, Neuerung, junger unb Stummer.

1818 12. 3)e$ember erfolgte bie feierliche SBeifetjung be§ oier Xage juoor in ^Haftatt verstorbenen ©roßfyerjogS #arl in ber fürftlidjen Familiengruft 511 ^forjbeim.

1824 2lm 29. Oftober großes #od)roaffer. (Sin heftiger Sftegen fdjrcellte bie Jlüffe (£nj, 9lagolb unb SBürm 511 ©trömen an. ©egen Wittag brad)ten fie fdjon loS« geriffene Flöße unb anbereS $olj. ©amtliche SBrütfen ber Stabt, bie meiften in 93rö$ingen, 5Bürm, Sulingen, liefern, GEllmenbingen, SBeilcr unb $illroeißenftein mürben fortgeriffen. $er SBafferftanb mar 4 (Schill) f)öf)er als 1784. $ie unteren Straßen ber Stabt unb ber 93orftabt 5Ut mareu 0te jura ^ftarfttpfafe üfler- frftmeiitmt. $)a3 2Öaffer brang burd) bie Fenfter ber drbgefdjoffe in bie $äufer, in ben niebriger ftefyenben fogar in ben 2. Stocf. $ein Sflenfdjeuleben fam um, aber ber Schaben mar fef)r groß, fielen Käufern brol)te ber (Sinfturj, 93ief) ertranf, bie SBaffermerfe mürben befdjäbigt, bie ©arten maren ju Süften ge« morben.

1829 oon 9boember bis 9Härj große Äatte.

18H4 fjeißer Sommer, auSgejeidjneter SBein, teures $rot.

22. 9tooember <£inmeit)ung beS von ©roßljerjog £eo* polb geftifteten $enfmalS ber 400 ^for^eimer in bev ©d)lo|fird)e.

1839 7. Jebruar (Srbbeben in ^forjljeim.

1 840 2. 5ftai s$oftbranb. 3m golbenen $lbler auSgebrodjeu, jevftövte in furjer Qett $ojl# hinter, grünen 93aum, golbenen s2lbler unb oier ^rioatgebäube.

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«16 ^[orjbcim im 19. ^abtbunbcrt.

1842 guter Söein, ba« Silber 15 hl galt 140 (Mben (240

184.) ftrenge teilte im 9Jiars. 18 ®rab R.

1841147 !DMf?n>ad)2v Teuerung, junger unb Rümmer,

1851 l. Auguft traten infolge anbaltenber ftarfer sJiegengüffe alle Jrlüffe «ber bie Ufer unb richteten großen Schaben an. $ie fluten riffen einen Teil ber Auer Shücfe mit fief) fort. $abet tarnen \wötf "2»erfonen, bie M in einem Hadjen retten wofften, ntn'o 4e0en. (Aeljm ltd)e £od)waffer, Mim ^cil mit Gi§gang oerbunben, traten ein in ben 3al)ren 1522, 1572, V»87, 1690, 1729, 1784, 1799). Sief)e Auffafc im Anzeiger Dorn 9. u. 11. 9toobr. 1901.

1856 £od)waffer. Am 22. ÜJlat ertranf ein Sfläbcfjeu au§ Bamberg in ber 2Öfmn, in meiere beim lieber^ fd)reiten eines Steges geriet.

1858 Oftober. 3n bem an ber St. ®eorgenfteige angelegten (harten ber #eil» unb ^flegeanftalf mürben beim Unv graben oerfd)iebene Altertümer, fteinerne Mügeln, äWfinjen, Saffcnftücfe, aujierbem menfd)lid)e Sfelette aufgefunben.

S)a$ 3al)v brachte eine reiche ftirfdjenernte. 9ttaud)= mal waren über 300 ftörbe auf bem ÜDlarfte. Ta§ sJ3funb foftete 1 Rtfc (3 $fß.).

3m 3u[\ muffte am Gingang in bie fürflliaV ©ruft ber Sdjloftfirdje eine Reparatur oorgenommen werben, weStjalb eine Abteilung Militär t)ier eiurüdte, um wäfjreub ber $auer jener Arbeiten in ber ftirdje unb an ben Gingängen 3Badje ^u ftefjen.

Am 13. Aug. würben beim (Kraben eines Stollen« im Sd)iilf)of s3hud)ftürfe $iemlid) funftooüer Töpfereien, Stüde gefdjmofaenen ©locfenguteS u. f. w. gefunben, bie wofjl Don bem früheren $ominifanerflo[ter t)er- rüfyrten, ba§ an jener »Stelle ftanb, unb ba§ im Sep* tember 1692 oon bem fran5Öfifd)en ©eneral (£t)amilln nebft ber Au, ber 53rötjinger 2?orftabt unb einigen anberen Stabtteilen jerftört würbe, roäfyrenb eS bei ben Trauben 1G89 oerfdjont blieb.

1859 anfangt 9iooember heftige Stürme, fo bafj bie Jeuer* wehr abteilungSmeife nad)t£ patroullieren unb SBadjen aufteilen mngte, um bei etwaiger geuerSgefafyr gleid) bei ber $anb 511 fein.

2. Wooember. Qu gunften ber burd) ben grogen $ranb in WetfarbifdjofSbeim ©efd)äbigten fanbeu Sammlungen unb ftonjerte ber oereinigten ©ejang; oereine ftatt.

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<Bforabeim \m 19. ^abtbunbert. 617

1860 7. gebruar. SJeifefcung bcv ©roffterjogin (Stephanie, ©rofftersog Äaii§ ©emaf)lin, in ber gürftengruft &u ^3for$beim.

1861 im sJWai rourbe beim ^graben eine§ gunbamentS in ber $leid)ftraße in l1 , gufc £iefe ein 9Ratnmut*5at)n gefuuben oon V/2 gufj Sänge unb 3 Qo\l SDurchmeffer am bieten (Snbe.

1862 31. Januar £od)maffer. $ie niebrig gelegenen Stabt* teile mürben überfdjmemmt. 3)ie s#emobuer mußten it)r 33iel) nnb i()ve fonftige £>abe in Sidjerljeit bringen. 9(uf ben glüffen tarnen krümmer oon ftlöfjen, ^rücfen, Stegen, ($arten$äunen angefdjmommeu. $er glofjfanal mürbe jerftört nnb oon ber ßafmerftrafje ein Stücf roeggeriffen.

1865 s2Iu§geaeid)nete§ sBeinjaf)r.

1866 ©ejirtSförfter u. 3)at>an$, früher t)icr, fpäter in (Sterns* bad), mürbe 511m @bwubürger ernannt.

3(m 15. Qnni fanb in ^forjbeim bie erfte (Eioil= tvannng auf bem 9tatfmufe ftatt; fie rourbe oon Amtmann ©oll oolijogeu. 4>er ^Bräutigam mar ein 3$raelite au§ (£aunftatt, bie 93raut eoangelifd) nnb au§ Stuttgart.

1867 Ueberfdjroemmung ber nieberen Stabtteile. 3(m 17. Quni fanb in ber ^nrnbaüe nad) bem s4$orbilb anberer Stäbte eine J^reiligratb^feier ftatt. 55er Ghtrag oon 300 (Bulben rourbe bem bamalS au3 bem @ril surüct= geteerten 3)id)ter übergeben.

1868 am 8. September brad) ein SBranb 0.11$ im <£>agenfd)ieß, ebne aber größere 21u3bef)mtng $u geminnen.

1869 in ber sJcad)t oom 1. 511m 2. September leidjteS (Srb- beben.

3?er Söartturm, an bem feit 1733 nid)t<S mef)r gefdjab, mürbe renoviert. 3)ie Littel baju flammten au3 freiwilligen Beiträgen.

1870 am 11. 2luguft ber (Snjfteg oon ben ^Bellen fortge« riffen. $m Oftober Orfan. ©rofjer Schaben an Sßalb* unb Obftbäumen.

1 87 1 25. 3Wai großer Skanb in ©runbad) ; 34 ©ebäube ab« gebrannt, barunter Sd)ull)au$, 9tatl)au3 unb bie turj juoor erbaute $ird)e.

1874 17. gebruar. 2>ie Wafjer'fdje goimüerfägmüfjle beim 5lupferbammer abgebrannt.

1875 am 20. Januar warf ber Sturm ba£ große prooifo* rifdje 9>?aga5ingebäube ber Sd)lofferei Scfjroicfert auf bem SHennfelb um.

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618 ^rorabeiin im 19. 3abttmnbert.

3(m 12. 3uli SBolfenbrudj, rocket in 2ieben$et(, #irfau, Qcrnftmühle unb Heuhaufen gro{$e Verheerungen anrichtete.

1876 Oberbürgermeifter ©rofj übergiebt für bie lieber» frfjroemmten in ^pt)ilipp§burg bem bortigen Bürger» meifteramt 1431,50 Tit. al$ (Ergebnis einer Sammlung in ber Stabt ^for^eim.

93ei ben ©rabarbeiten für bie 3Bafferleitung ftiefc man auf bem Schulplatje auf eine ©rabftätte, roeldje bem 'sttnfdjein nach in früherer Qtit als Familiengruft gebient hatte.

1879 am 19. 3lpril mürben bei Anlegung eines 3Balbioege§ im (Düringer ©emeinbemalb „am Älingenrain" 30 cm unter ber $obenoberfläd)e eine fdjön geformte mann* lid)e Sigur oon roeifjem Sanbftein, leiber ofme Hopf unb oielfad) befdjäbigt, femer 10 Stupfermfinjen, bie ©pi$e eine« 3Burffpeereifen§ unb eine In^at)! £ohl* Siegel gefunben. $ie Jigur ftellt einen 5Herfur bar, ber ftch auf ben SJlerfurftab ftüfct unb in ber umge* hängten Safdje ein Sööcfdjen trägt. $>ie 9Jlün&en ftnb Sefterjien unb 2lfj au8 ber älteren römifchen $aifer= jeit oon 9lntoninu§ $iu§ 138—161 n. unb roafjr» fd)einlid) oon Trojan 98—117 n. dfyv. unb (£ommobu§ 180 - 193 n. (£f)r. $ie ftunbftücfe mürben ber bitter» tum§fammlung in Karlsruhe jugefteflt.

1879 grofceS #od)roaffer mit (Stegang. SBerber* unb 5llt« ftätter Q3rücfe mürben fortgeriffen.

1882 grofje Ueberfchroemmung.

1885 ftarfe (Einquartierung anläßlich ber ©orpSmanöoer be§ 14. 31rmeecorp§.

1886 oom 20.— 24. S^ember fdjneite faft unaufhörlich, fo baf? ber Schnee über l Sfleter tief auf ber Strafte lag unb großen (Schaben an Räumen unb ©ebäuben anrichtete. $>a§ *ßerronbad) be§ 3khnhofe§ rourbe eingebrüeft. Sbtt Schnee fchmolj langfam, unb bie Stabt blieb Diesmal glüefliebermeife oom #od)roaffer oerfd)out.

^fingftbienftag $3ranb ber ^Öeifcenfteiner Rapier- fabrif.

1893 fchled)te3 ftutterjahr (fiehe 33icf>5urf)t).

3(m 24. Sluguft abenbS 9 Ufjr brad) im Schoen in 3almbad) Jeuer au§, bei joeldjem 4 ftinber ber sßforjheimer JJerienfoloni?, bie bort untergebracht mar,

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^forabeim im 19. Öabtbunbett. 619

um§ Seben famcn. $)ie ©tabtoerroaltung lief* bic fttnber gemeinfam beerbigen unb fefcte if)nen einen ©ebenfftein.

1900 ®efegnete§ $abr. ©etreibe aut unb mef, Obfi gefunb unb in §fille unb güüe. (ES Ijielt fic^ bis jur neuen Obfternte.

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620

gtftdftrag*

Unter bem Stopitel Släoti Idie 2tertt»aftuna, ift nacfjju tragen, ba& bie uerantioortlidje Leitung ber gefamten Verwaltung in ben Rauben be$ CberbürgermeifterS liegt.' £erfelbe fübrt ben Vorfiti in ben 3tabtrat§= unb BürgerauSfdju&fitjungen. (Srftere finben in ber 9tegel jeben $ien§tag, letztere nad) (Srmeffen be3 Vor* fttjenben gewöfynlid) jeben sJ)lonat einmal unb jioar meift 9Jiontag§ ftatt. 2)er Oberbürgermeifter fütjrt ben Borftt} in folgenben ftommifftonen: $rd)io- unb 9lltertum3fommiffton, Bau* fommiffion, Steuerfdjattungsrat ber Stabt sHforjbeim, 3d)iil= fommiffion, flanalifationsfommiffion. $er Bürgermeifter leitet bie Slrmenoerroaltung. ba$ ©emeinbegeridjt, ba3 (9eioerbegerid)t, ba§ StanbeSamt, bie ftäbtifdje 5lrbeiteroerrid)erung§fommiffton. $ie übrigen Stommiffionen werben ootl 8tabträteu ober befonbers für baei betreffeube 9tmt oereigenfdjafteten bürgern geleitet.

©eit Befteben ber Stäbteorbnuug 1875 befinben fid) ununter* brodjen in ben ftäbtifdjen Kollegien bie .sperren ttuguft Stapf er, Banfbireftor unb Dr. 9 b o l f iH id) ter.

Seit 1. 3«nuar 1H07 ift eine 2)ienft* unb ©etmltSorbnuna, für bie penfiou*bered)tigten Beamten ber ötabtgemeinbe in Straft. .£>iernad) wirb ben 'Beamten ba§ 9lmt$gef)eimni« $ur ^flid)t ge= madjt, aud) uad) Muflöfung be$ 2)ienftoeri)ältniffe*. £ie (Erlaubnis jur Uebernabme oon sJiebenbefd)äftiguugen bangt oon ber geioiffen« haften $ienftfüf)rung ber Beamten ab unb ift oon ber ®eneb^ migung burd) ben Stabtrat abhängig. Ohne (Genehmigung bes StabtratS bürfen ftäbtifdje Beamte feine (#efd)enfe annehmen, bie ifjnen mit Be^ug auf ben $tenft oon britten s^erfonen ange= boten roerben. $et .£öd)ftgel)alt ift erreidjbar in 20 $ienft- jafjren, in ber SGBeife, ba& uad) je fltoei 3af)ren eine Zulage oon 10 s]?ro^nt ber 2>ifferen$ ptfdjen Anfang*» unb £öd)ftget)alt geioäfjrt mirb. $ienftentlaffung fann jeberjeit obne Stünbigung, aber nur nadi oorauSgegangener $i3$iolinarunterfurf)ung au§ge= fpvodjen merben. 2)er ^nfprud) auf Mubegebalt toivb uad) jebn- jäbriger $ienftjeit ermorben. $)er 9lu^eqet)att ift geregelt mie bei ben ftaatlidjen Beamten, ebenfo ba§ 3Bitir>en= unb *©aifen- gelb, $ie Stiftungen ber Beamten für bie N#enftonsfaffe ent* fpredjen ben früheren ftaatlidjen Beftimmungeu.

Bürgermeifter bejio. Oberbürgermeifter waren im i?aufe be$ 3af)tf)uubert$ : Seit 1792 3af. griebr. $ret)er, 1815 Strenfel,

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G2i

1830 2ena, 1837 Deimling, 1848 GreceliuS, 1849 3errenner, 1803 (£. Sdjmibt, 1875 ®rofj, 1884 §tvaa$, 1888 gabermcty.

* *

Unter bem Kapitel ftaatftdk ^.ießorben ift nad)iutragen :

Pa$ Notariat I OHotar 8d)mib) umfaßt bie nörb(id) buvd) bie (Üifenbatjn nad) Stuttgart unb weftlid) burd) beu Sdjlofcberg, lie Deimtingftrafce, bie 2(uerbrürfe unb bie s«ftagolb begangenen ©tabtteile.

l>as Notariat II ONotar sBürtt)) umfaßt bie übrigen Seile ber Stabt.

Pa$ Notariat III (^lotav l'ubnjig ^flauer) umfaßt bie Crte Öaufdjtott, Bilfingen, Brötzingen, Dürrn, (lifingeu, (Srfingen, Eutingen, ©öbridjen, 3f »ringen, ftiefelbronn, Wiefern, Oefdjel* brenn.

pas Notariat IV (9iotar 3öalj) umfaßt bie ©emeinben DiUiueijjenftein, Bamberg, £>of)enn)art, £md)enfelb, ^efjningen, änfti)lf)aufen, Weufjaufen, Sdjeübronn, oteinegg, Siefenbronn, SBürm.

Pas» Notariat V (sJtotar Burff)arbt) umfaßt bie Orte Büchenbronn, Dieteufyaufeu, Dietlingen, <£Ümenbingeu, 3tter§=

bad), Sangeualb, Obermutfdjelbad), Böttingen unb 2Beüer.

* * *

jtf$ 1Hed}t$aitn>äTte finb 3. 3. t)iev tfjätig griebrid) Brombad) er unb Dornoff, Dr. Seopolb Dämmert, Martin D u f n e r , <3 a m u e l fetterer, 8 a r i © r 0 6 unb

Jranj ftratt, Dr. 3* v i ^ Detter.

* * *

Unter beu Beamten hex Äetf- unb "2*fl>geanflaft feien nod) genannt Med)nung§rat Oofef ©d)uler, t)ier feit 1889

unb Cberbud)t)a(ter Oafob tfuljn, feit 1885.

* *

cMa)äftofäflc be$ <&xoh§ex\o$tidwn Ämtegeridjto.

((Srgäujung 511 Seite 344.)

3aßrgang 1898. gipttyro^effr.

Anhängig geworbene gäüe 2822. 9Jh'iublid)e Bertyanblungen, ©efamtjafil 3308. Darunter fontra^biftorifdje 1136. (Snbuvteile 1720. Darunter fontra=biftorifd)e 219.

(Srlaffene 3«Muug5befeble 3814. CSrlajfcne BoUftre'cfung*befef)le 1488,

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622

Sottiogene gofjrnifjuerfteigerungen 252. «onftrt<funftc>i'Q^en einfd)lieglid) Slrrefte 706. (Jntmünbigungtii 8.

«äJtunbtoterflärungen 1. unb 2. ©rabeS je 2.

£txatta<Qen.

Ergangene Urteile mit «Schöffen 683, tlme £d>öf?en 15, <ßrioatflagefad)en 68, fonftige Söergefjen 2il, m ber Straf* fommer überroiefene Sßergetjen 355, wegen Üebertrttungen 7^, erlaffene Strafbefefjle 70, Jorftftrafoerfafjren 609, Betören au$ früheren 3at)ren 26, neu anhängige 23.

iionfiurfe: 3urücfroeifung De$ Antrags auf Äonfur*» eröffnung 2, (Scfylufjoerteilung 18, 3roang3oergleid) 1, auf anbere 91rt 3. (Eröffnete Äonfurfe 20, barunter £anbel$leute 5, $e roerbetreibenbe 12, Sanbroirte 2, fonftige ^erfouen 1.

JeilungSmaffe : bis ju 1000 2flf. 4, bis ju 10 000 3Wf. 14, über 10000 2Jlf. 1. Sdjulbenmaff e : uon 1000— loooo ißll. 9, über 10000 9Wf. 10.

^rojentfatj bei ber @d)lufjoerteilung : bi£ &u 25° o 11, pen 25 -50% 4, über 50% 3. 3m 3roang$oergleid) : oon 25 btl 60° o 1.

-£tegenfi$aftfid)f 3n»ang$neräu Gerungen: 3«^ »er

Salle: 19. $aoon trafen bem ^Berufe na$: Sanbroirte 3, ©eroerbetreibenbe 13, ßanbroirtfdjaft unb ©emerbe jugleid) rreibtnbc ^Serfonen 1, fonftige ^erfonen 2. (£3 mürben oeräufjert nur ©ebäube in 6 fallen, nur ©elänbe in 5 gäüen, Slädje 2 £eftar 55 ftr. ©ebäube unb ©elänbe mürben oeräufjert in 9 JäUen, ijläcfye 9 |>eftar 18 2ir. (SdjätjungSroert ber fiiegenfdjaften : 611000 9Jtt., <5teigerungSerlö3 ber fiiegenfdjaften : 462000 IDll

3ffattbet»trftgf.

Eebungene <Pfanbred)te : 3at)l 748, Äapitalbetrag 9 099 000 9)hrf. sJiid)terlid)e $fanbred)te : 3al)l 172, Äapitalbetrag 214 maxi «or$ug$red)te : 3at)l 2141, Äapitalbetrag 7 741 oOO 3RL Äauffdjiüinge 7 554 000 Ml, ©leidjftellungSgelber 1*7 CH» ©f. 3m ©anjen 3061, Äapitalbetrag 17 054000 «Ulf. SBelaftet bem Berufe nad): ifanbmirte 756, ®emerbetreibenbe 15 33*, i*erfoneit mit£anbroirtfd)aft unb©emerbe augleid) 122, fonftige ^erfonen 837.

^fanörtridjr.

ftebungene ^fanbvedjte: $af)l 680, Äapitalbetrag 3 601 0<m) $ftavf. NJtid)terlid)e s^fanbred)te : ^at)l 164, Äapitalbetrag 181 000 sJ)iarf. ^ov^ugeredjte : 3<*bl 7194, Äapitalbetrag 9 007 000 SWf. Xaoon Äauffc^iUinge 8 329 000 SHarf, ©leic$fteüung*gelber

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623

678000 m. 3m ©anjen 8038, ßapitalbetrag 12 789 000 2Rf. (Sntlaftet bcm Berufe nad): ganbroirte 607, ©eroerbetreibenbe 6945, ^cvfonen, roeldje Sanbnnrtfdjaft unb ©eroerbe augleid) betreiben : 29, fonftige ^erfonen 209. darunter jufolge ridjter* lieber Verfügung 20, Äapitalbetrag 98 000 9ttf. infolge allge* metner SBeremigung 5235, Äapitalbetrag 4 999 000 3Jtf.

SBei bem s2lbfd)nitt §ewetbe {ei ber feit 12 ^afyren beftefyenbe ftofylenuerein ermahnt, beffen Sttitglieber burd) oorauSent* richtete $eiljal)lungen ba§ 9lnred)t erhalten, an ben burd) Staffen* be$ug billiger erworbenen $of)len ftd) ein beftimmte§ Cuantum 5U fidjern.

$8ei 50a6ffa8tt$dnri(6tungeti uerbient Gmtmbnung baS unter Dr. ©uftao o. SHoeljl ftefjenbe 4a6oratorium, eine amtliche Unterf ud)ung§anftalt f ft r 9iaf)rung8» unb ©enufcmtttel, foroie ©ebraudjSgegenftänbe.

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Sdjlulnuui't.

Xaufenb 3al)ve heimatlicher ©eja,id)te hüben wir in ben oorliegeuben blättern an itnferm (Seifte uorüber^iebeu febeu nnb in großen Büßen bas kommen nnb Öeljen ber ©efd)led)ter, bas UBerben nnb Vergeben ber jebem Zeitalter eigentümlichen Buftäuöe nnb (Einrichtungen oerfolgt. Allenthalben haben mir baefelbe (#efd)eben, biefelbe (9efetjmäßigfeit beobadjtet, im großen Hölter leben mie in ber ©emeinbe uno im ^afeinSfampf be«s einzelnen sJ!)lenfd)en. Ueberau ein laugfamee, müheoolles Aufmärteftreben, ein ^Blflljen unb Reifen, bis ber £)ol)epuuft ber jemeiligen Gut^ mictluug überschritten mar, unb bann ein rafdje* Abwärtefteigen, bem bie Auflöfuug oeralteter unb bie Umbilbung flu neuen formen folgte.

Aue nebelgrauer Jen« taudjt ba* Öilb be* mevbenben Worpheim uor und auf. 3u feiner $efd)id)te, in feinem ÜBirfen unb Schaffen, Stetten unb UBageu fpiegelt fid) bas hieben unb Streben bee gefamten Golfes, mie bae große SonnenbÜb aus bem Meinen SEBaffertropfen uns entgegenleuchtet. (£s ift ein Beiden gefuuber (Sntmicflung, menu ber ©eift be* gaiuen Golfes im hieben ber einzelnen ©emeinbe wirft. Denn mie bas ($roße burd) bas Einzelne, fo tann mieberum bas ©emeinbeleben nur gebeiheu, menu bie großen unb guten (Gebauten ber Beit bie in bie fernften SGBinfel bringen, bie (Steiftet befruchten, bas Xfyun heben unb heftigen.

©efd)üfct unb gepflegt oon einem ftarfeu Jyüi'fteugefcbledjte, entmictelt fid) in beu dauern bes alten ^for^eim balb ein reges, gewerbliches ßeben. An allen baS §eimatlanb berübrenbeu Reiben unb Jreuben nimmt bie aufftrebeube ^ta^t beu lebhafteren Anteil. Das erlauchte .paus ber Bähringer giebt ihr burd) einen feiner ebelften unb genialften Vertreter bie gefetjlidjen ©runblagen für eine allfeitige freiheitliche Entfaltung ihrer Äräfte. 3Bot)(« fahrt, 93ilbung unb ©efittung erreichen eine hohe sölüte.

Die mächtige Bewegung ber ($eifter in ber Beit ber !Ke* fornuition erfaßt auch bie 'Bürger ber Stabt s^forjheim mit aller 9Jiad)t unb $iel)t fie in ihren ®ann. Der bebeutenbfte ber .pumaniften, „ber ditftov DeutfdjlanbS", iHeud)Un, mirb in ihren dauern geboren, ^forjheime größter ©ol)n. Unenblid)er Segen gel)t oon ihm aus für bie beutfehe 4öiffenfd)aft unb bas 3d)ulmefen feiner SBaterftabt. Dann fominen Reiten unfäg«

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lieber 9tot. $er entfetjlid)e 30jär)rige ßrieg mit feinem befolge von Jammer unb (SIenb, unb mehr noch bie barauffolgenben fvanjöfifc^en SDIorbbrennereien haben *pfor$heim bem lintergange nat)e gebracht. 2(6cr grofj unb ehrroürbig jetgte fid) gerabe in jenen Reiten därtefter Prüfung unb bitterfter $8ebrängni§ bei* ©laubeuSmut , bie 3ftanne§treue unb bie wahrhaft t)eroifc^e Xapferfeit eine§ ftttlid) lauteren unb geftä'hlten 93ürgertum$, beffen Saaten wert finb, ben nad)lebeuben ©efdjlechtern für alle 3*iten als erhebenbe§ $3eifpiel uor bie Seele geführt ju werben.

($ine neue Seit mar angebrochen. 9leue Einrichtungen unb formen maren nötig geworben, für welche bie $3ürgerfd)aft ihre forgfam gehüteten ^ßrioilegien opfern mufjte. $>a{3 fte mit all it)rer 3ßl)igfcit ben äufjerften SÖtbcrftanb leiftete gegen ba§ Auf- geben ber i^r lieb geworbenen Freiheiten, gereicht ihrem Styatattet in unfern klugen ficher nicht jur Unehre.

Sieber mar ein Springer, ber bem oerarmten, herunter» gefommenen Sßolfe bie Sege bahnte ju neuer 3Bot)lfahrt unb befferen Sitten. 3)er unüergeßlidje $arl F'riebrid) mar e§, bem s$jorjheim öen Auffdjmung ber glöf$erei, be£ .£>ol5haubel$ unb cor allem jener ^nbuftrie bantt, bie 511 bem gemacht fyat, roa§ heu*e ift.

$ie (Sinworjnerfchaft ^at fich in bem abgelaufenen Rafyv* hunbert oerneunfacht. $ementfpred)enb mufcte auch ftäbtifche Verwaltung brechen mit ben alten £rabitionen unb einen 3ug in'3 ®rofce annehmen. Soldje Sanblungen ftnb naturgemäß immer mit Sehen oerbunben, unter benen bie Vertreter ber neuen Dichtung nicht minber leiben, wie jene ber althergebrachten, ^auwefen, ®efunbheit$pflege unb $Übung3anftalten nehmen außerorbentliche Littel in Anfprud). Aber fte fmb nicht umfonft au gewenbet. $efct fdjon jeigen fid) bie guten Solgen ber ftäbtifchen Reformen : *Pforaheim§ Au§fef)en ift ba§ einer fcf)önen, roohlha&enben Stabt; bie &nphu§plage ift oerfchwunben ; unfere ©djulen ftehen an ber Spitze ber gleichwertigen Anftalten be3 Sanbe§. Selche ungeheuere Summe oon Arbeit unb Sorgen biefe (Srrungenfchaften unfere Stabtoermaltung toftete, ba§ ent* äieht ftd) bem Auge be§ gewöhnlichen Bürgers. Senn er aber bie Sohlthaten einmal am eigenen Seibe empfinbet, bann wirb er jenen Scannern wof)l oon ^erjen banfbar fein, bie für ihn unb feine 9}ad)fommen ihr 33efte§ eingefetjt fyabzn an geiftiger unb phnfifcher ßraft. -

$roftlo§ hat ba§ 19. ^ahrljunbert begonnen! flraftuoll unb in ftoljer Schönheit fteht an feinem Schluffe ba§ neugeeinte beutfehe SHeid) im sJtate ber Sßölfer, ein ßott be£ grtebenS unb ber Arbeit! $er beutfd)e s3tame ift mieber geadjtet, beutfd)e Siffenfdjaft unb Runft, beutfehe ^nbuftrie unb beutfeher .£>anbel

40

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fjaben bie 2öelt erobert 2Sa§ bie nationale SBiebergeburt uub ber roirtfd)aftlid)e 5(uffd)roung be$ Weidas für *ßforjcjeim ju bebeuten Imben, ba§ jeigt un3 ein $licf in unfere s4Berfftätten nnb gabrifen unb auf bie riefigen Slrbeitermaffen, welche fyter ihr reid)lid)e§ 93rot oerbienen.

s4öenn bie ©efd)id)te unferer Steterftabt banfeSooll jener großen Männer gebenft, beren ftaat3mäunifd)e SBeiSljeit nnb Übatfraft biefe Erfolge errungen bat, fo ftetjt mitten unter ibnen in l)ellleud)tenben Settern ber sJcame unfereS geliebten $xohfltx\o$z ^riebrieß. ©anj im ©eifte feines eblen ©rof3= roter* bat ber bofye $tw allezeit befonberS mannen Anteil an bem sittoblerget)en s}Jfor$beim§ genommen. 9(u3 einem f leinen £anb= ftäbtdjen fyat fid) unter ©rof^er^og griebrid)3 Regierung ju einer ftattlidjen ^rooinjialftabt, 511 einem 2öeltinbuftrieplat} emporgefdjroungen, beffen (Jrjeugniffe feilte nad) allen Säubern ber @rbe geben. sBa§ ber bod)^er,Mge Surft, beffen $anb bie ©efcfycfe unfereS £eimatlanbe$ nun fd)on ein balbeS 3abrf)unbert binburd) mit immer gleidjer pflichttreue unb roacjrbaft oäterlictjer gürforge lenft, für unfere £eimat|tabt getban \)at, ba$ foll tym eroig unoergeffen bleiben!

äBenti an feinem @t)rentage*) baS gan^e $eutfd)lanb feinen getreuen derart beglütfroünfd)t, roenn ba£ treue 'Babener* oolf bem geliebten ©roftberjog aufs neue feine £ulbigung unb ben 9lu*brucf inniger Sßerebrung barbringt, bann roirb audj feine getreue 3tabt s^|orjbeim an ben 3tufeu be3 Jbrones it>rc gefteS gäbe nieberlegen

ben unoerroelftidjeu $ranj bes 2>anfe3, ber Siebe uub ber 'öürgertreue.

©ott erbalte unb fdjütje unfern geliebten ©rofjtjerjog

unb fein ganjeS $au$!

®ott fegne unb fd)üt$c unfere teuere Sßaterftabt

s^f orjrjeim.

•) 3m iMpril 1902 : r,ojäl)rige* iHegtenmgdjubiläum «r. Äönigl. §ot)eit De« Öro^erjoge Jriebrid).

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!nljnlt*ucrjrid|iuti.

Seite

Vorwort.

4

-7

Tie ältefte ©efdurtjte.

1

22

Tic ctabt in ihren Oluranaen. - Anncrc ^erlHilluine, oofyann Fendilin. -- SUlaemeine 'J.'iiitcitunflen.

yforjfieim unter ^ttarlinrnf (ifiriflkpfi ....

22

-35

ctdbteorbnuun,. (^cnuTbcorbiuiiM,. - «"h' brauche unb bitten.

yfonlieim im IKeformationsieitafter ....

35

-59

Tic luntctonnatonfilic ,;cir. Tic triutuhuiua, bei :Hc fornnuion in Uronbeini. i'UUeiueuu- ^cilialtmfie. -~ veri'orraaenbe ttfonbeimer au<> Der Weionuatimusett. (\ oh anno Hu cter. ^ohnnnco 3chiocbcl. 9iifo(auö (Werbet. %a$ Worräetnwr 3d)üfcenfeft uon 1561. 3 onfttt^f i o 1 f o j n t n n i j fe .

yforifietm in Der 3ett vom 1(>. \um 17. Jatir-

59

-73

^for^eimer Mclifltoneunrurjen. 3lnbt unb ^anb cor bem 3Qi<üt)ria,cn Miiefl.

yforyßeim im Mjäfitiflctt iUtffl ...... 73—101

Tie 400 Wonfreimer. Tie ,Seit von WM— 1H34. TJc jdUnnmcn „Seiten nad) ber Wbrblina,er 3cf>Iacf>t. Tic IcMcn Mrieaöjahre.

pon inis-niss 101—H7

innere $erf)ültnifie. Taö cd)iilioefen in t'forjljeitn. Mgemcinc ^erhältniffe. 3itten unb t^cbrriudjc. 9Jeue &riea,$lafteii.

yforjfieim oor feiner 3erftiminfl 117 127

:'lu*]eheu itiit> ^ereüuiuna. ber itabt. Urmihnin im

Innern.

yfor*)Hetm im i^rfrattoYdlen /triebe

127

-146

Tie (Sreiflttiffe bid $um jioeiten iöranbe. innmihine,

^luubenuni nur» .'iietu'rbicnuima, ber 3tabt. Juuh bei

;>erftonimi. .{mcite irinnahmo ^fnriheimo. - •Weitere

Trema, üile. Tie leinen Mrieac^eiten.

146

166

Ter "WieberauflHin ber -tabt, innere ^eilialunije. sJlUa,cmeiue -'Jitttcitunani. cimier unb 3diu!>eniUM"ell-

»eli oft. Mneacnjclic Reiten. Ter lUiiulcitenüteit.

40*

628

"gladmditnt von c'\n\ctncn ^amtficn nnb fierpot- Seite ra^cnDcn ^lannfru yfor^fictms . . . . . 166 171

1. Tic »yamilie Ungercr. l .^ofrann ftetnnfl War}.

•J. Tic Aamilic .^a|. 2. fofrann 8nr!harb Sm.

B. Tie ,vamtlte Mi:nlc. 3. Marl ^ofcpli ftouctuu"'.

yforjnTtm unter itarf ^rtcbrifl 17^-206

'♦UUa.emcineä. Tic rUcuolutiotigfriCjK. jylöMerci mit» S>c>UlHiut>cl. 3ti|tuiu\cn. JiCKlmiül* bas &'ai'enl)aug Iii ^foi^hcim. (jtaoerbe, ^nfrunric unb >> anbei, ^ldcr= bau unb gicfaudjt. Scrftfricbeneg. fferbientc ^fora* beimer.

pif Chi tft cfin nfl nnb chitnrirfifmtfl 6er U> ijo uteri c-

frtßriUatiott ttt yfor^linm " . ." . . . . 206 272

%Ügemeineg. £a3 nnb SBie ber Wijoütvnt*

fäbrifatton. Beleuchtung. jfflne/ pirbeiter- uniorae. _■ Crntmicf lung euuelner ^ijoutcriegefaiaite. Ter flunfuu'nu'rbcpciciiu -- Tic MunntU'UHnbcfcftule. Tic (Ürofih. irbclmetall lUobicranftalt. ^crb. CeaVMc. Staatsrat 3ot). firtebrid) Baumgartner.

"2*for>oeim im Ii», ^afirfhtnbrrt.

^ormMf» 272-330

Tie Areibeitgrriege. 1815—184«. - $for)$eim mäfjrenb ber fteoolution 1848/49. Keile Bähten. "Jiforjbeim im großen Mriege. Tie politifdjen Parteien.

Tie Sanbtaggabgeorbueten ber Stabt $forjf)eim. Tie Sanbtaggabgcorbneten beg l'anbbejirfg •JJforjtjcim. tfbuarb Bidjlcr. SMorifc SXüUer. gubmifl «uerbad>.

^.Uufidic yfetäubetumttn in ber Otabt .... 330—342 ~T ic ^(nuu'»ofü Mifctraft" Tic gemeinnüfrifle BaugefeUs fc^aft. Brüden unb Stege.

C»tafltfid)c a,iefiürbett « 342—347

flenoaltung unb (Merid)t. Tag (ffroftf). Mmi&geridX Tag ^lolfyeiwefcn. Tie Staotgnnuumffloft"-- Ta* HroM. /UiUTiManit. Cbercinnehmer unb Toiuancu- ivrivoltcr. ClH-iftcncriiiÜH'ftfr. Tic Steuer ciunclnncrcien. Tag 3teucrfoiiiuufi\niat. Scftion für äBaffer unb Straficnbau. Tag militarifrtK iKclbcaint.

Sfäbtitye petwattunt 347—387

Bürger unb Öcmcinbebcamte. Oberbürgermeifter Mafpar Sdunibt. ÖeföäftdfÄUe von 1863-1876. Statiftif über bic Tlmtigfeit beg Bürgermcifteramtg ^forjfyetm feit 1879.

Beamte unb Slngcftellte feit 1870. Statiftif über bie Ttjätigfeit beg (Mcroerbegeridjtg ^forjljeim. (Sc* meinbeoermögen. Tag ^forjbeimer Stattjaug. Tie Gtanifbc im "^forjbeimer Bürgcraugfdntfift&unggfaal. Tie (Stnwetyunfl beg neue» Statfmufeg. Bürgermeifter ^errenner. Bürgermeifter (irecetiug. Tag ^Jforj» beimer Bürgerforpg. Staub unb (Mang ber Beoölicrung. Bcöölferunggberoegung. Tie ftamilie Öerroig. Tie ^antUie Sajober,

J-orftmirtr^qft 387—391

3-föfTerei nnb jC>of}fiqnbcf 391—411

629

Seite

lanbmixttMt mtj) gKefliudjt . . . . . . . 411—420

?ülgemeine3 Weinbau. (Gartenbau. attfetbcu. STbftbau. gHelMudjt.

(Vtpcr6c unb SSanbct . . . 420— 46Ö

OTgewetBCg. . 2)ie ginfenftein'fdje Xudjfabri!. SDie jgmmiatfabnf. •— SDer Crm'iiiinmmcc. SDer Kupfer* hammer. SWeflünifdjc ^erfftatten , orfiloffercieu, cdmiieben. tarier jjgo IRc^gcr. ^irtc, Bierbrauer unb .Hnfer. lUuhlen. cdmlnnariier uub 3d)neiber. gdneinenu'lduiftc. (Berber. Banf; unb 'Vechtel gcfdiaTte. Ter MIctnhanbel. Ter .Hoin'umperein Ter veben\Mnittelbeburfni*perein für ^tinUK'int uub Um* flcbuiuy - Tns Bud)brurtera,e"K'rbe. - - „^eoLmdjter", ^forUieimer Anzeiger", „^for^l). ctabiifdK'ä Tagblatt".

-- Tie .vaubelMüinmer. Ter Maufumniufdje herein. Mrebttorenperein. herein Mrebitreform. 3tatiftif

über (bewerbe in ffionftetm. ^ufammenttcUuna, ber in

^for^eim beitebenben, ber Adbrifaufjtdit unterftellteu

Vao '&fxMxowffcii 460—478

$et SMaift. Xit 3 trafen. g)ie ^oft. Tie crücnbnhn.

^ofiffaiirtoctnritfititnqcn . . . . . . . . . 478—522

foie Armenpflege. Ta>> Wrüubiierbau*. -_- Tie >.H'Vr berge j>ur Heimat. T)ie ftflbtifdK 3mufmfe. yer ^orfdmftperein. Tie 6einnbheitc>pf(ea,e. SRebijüialrat Dr. Bernbarb Mittler. Tas Minberipital 3Hoat). Ter 2nphu>> in ^fonDeim. Sterbe nnb Apotbcfen. Tie ChojdjerH^glidK >>eil unb jtflegeanftatt. - - beliehner fiqfrct Dr\ gofronn ®eoca ^'ff^r 3)ie folgten %er« fidH'rmuv>ac'"el|ie. flranfen , UitfalK Alterv-pentdieiunq.

Stiftungen. Tie loblidie cingergcfellfd)aft ber 3tabt ^forjheim. -- Tie ^K'ft in ^sfonheim ((^ebiriit von brauen. Ta-> '^elembtumvMpefen. Ta>> UleftmitatS* werf. - Tie yfor^eimer gPaffertcitting. flanatifation unb Alufoforreftion. flabeanftotten. Tierärzte unb Zierheilfunbe. Ter ^cndiönerungäperein. £rbolumv>: ftatten, Au$flug*prte. Ta* Tyeucrlöfdjuiejeu imb bie ^fonbeimer Aeueripelur. Säjjflj Armmiumn.

Ulifbmtfls- unb gnu'fhtttflSrtnßaffnt ..... 522—576 Mir rf) Ii du 3 4? eben. -— Allgemeine*. Tte epange» lifdjc Mirdjc. - - Tie epongeliuben Mir dien ^foi^lKim*. Tie fatrjoliidje Mirdiengemeinfre. Tie altfntbolifdie i'k meinbe. Xit tgraetitifc&e (jkmeinbe. 3)ie freirelifliSfe ("ic meinbe. Tie IVctbobifumgemeinbt. •— $te epange - li)d)e Hemeümbaft. Tie Baptiftengemcinbe. Tie apottolmbe (Hemeinbe. - - Tie >>eiläannee. -iie eimn gelifcb-lntberifdie (^eineinbe. Tie yionbeimei ^-rieb- p5fe. feilet Qeora, Stuauft flottfrommer. Stuten.

Heidndite bee Hnmuafiumä Tie Cberreal}'cf)ule. Tä* AedU'fdH' onftitut. Tie (^eiperbefdiule. Heiuerbe^ fdyulreftor j>l). >>uber. Tas or^beimer Töcfitcrinftiiut. •^Ete poliere rafltofa)ule. < ^. yflttaeV. TTe %öTf«trf)ule. !^ie ^ottbilbunjofdiiile. iDie grauen-

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630

3eitc

orbettdf^ulc. To* ftabtifd>e ©aifenljau«. Ta* Taubftummemnftitut. Tic Stolf*f>ibliot$ef. Tai Ibeater. Vereine unb (HefeUfdjaften ju Öilbungdjioecfcn.

576-

-578

57s

-581

-584

5H.j

-585

585-

-692

Vereine 5j yflVflc ber 2(tttfrfiqfhtttfl unfr

gegggeH . . . . . . . 77", . . 592-607

•JlUcu'incinc*. Tic 3d)u^cn^efcU'"ilian, 2un\-. peicin. Ter ^urncvbunb. - Tor ^ttoranciuu'rcm. Ter jPKUtflrperein. Ter Uriefleroeretn $er Weferpc* unb Sanbroebrof fffiet&petetn. W n f i f - unbOefanfl' Vereine. -— Ter i^ufif verein. •- Ter ^nftrutitcntol« iHTcin. Tic 3tflMfrtpclIc. Tic .yrennbüfraft. Tor lKanncracüiiuuH'icin Idenheim, (i tsuradu ,yrolmnn. Ter 3a»acr'fram. Tic Heiellirtum xrtebertafet.

ftefanfloeretn gieberfraUe. Okfotifloerciu .foormonie.

Ter ctmnaeiiuie Äircbendjor. Per Saarßau

. .;i»7 »ilo

. 610—611

Pic MeINMt „IHcßcrfiöftfr* . . .

611

. 611—612

. 613-614

. 615-619

. 620 -<52:;

. 684—626

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gtomhturciu

Seite 36 4. 3eiU oon unten ftatt: .311« Filiale geborten baju: SSürm, fcudjenfelb, Dillftein unb ein Xeil oon 2Beif$enftein , wo bie jefcigeÄirdje fdjon 1521 ftanb", lefe : Die jefcige flirdje rourbe 1784 fertig unb im Sluguft biefe* 3a(>reä eingeweiht. Die alte SBeifcenfteiner $<$(oftfapeUe ftanb beim (£ingangdtb,or ber unteren SJurg unb roarb, weil baufällig, finfter unb feuajt 1782 abgebroa)eu.

73 8. 3eile oon oben ftatt Wartgraf ©ruft ftriebrid) lefe ®eorg l^riebrid).

179 1. 3eile oon unten ftatt „f ranjöfifcben SBorpoften" lefe 5fterreid)if a)en SJorpoften.

182 19. 3eile oon unten (©ie&e Äleinfajmibt : Karl ftriebria) oon Stoben, Seite 177) (efe ftatt ^Jforjtjeim Ulm.

183 7. 3eUe uon oben ftatt Ulmen lefe @pifeaf)om.

187 23. 3eile oon oben jtatt: ftinanjminifter «aumgärtner lefe: Staatsrat Saumgärtner.

192 1. 3ei(e oon unten ftatt: Sulinger ©äffe tefe: Deftlidje H a r l 5 r i e b r i d) ft r a fi e. 12. 3eile oon oben (efe ftatt : Die Sleicfce toar auf bem 9tennfe(bplafc an [teile beä großen »eiferten *lnroefen$, gegenüber ber a)emifa)en ftabrif, jefct «uguft Äaofer gehörig.

198 2. Seile oon oben ftatt: öauer lefe: Trauer.

ii 201 1. Seile oon unten ftatt: an ber SJabgaffebrücfe über bem oberen §Hü|l!ana( (efe: hinter ber Kante am ÜJiü t)lf anal.

210 1. 3ei(e von oben ftatt: Warne, lefe: Wann.

224 16. 3*i(c von unten ftatt: geioogen (efe: aufgewogen.

263 8. 3*i(e »on oben ift j ä l) r 1 i d) ju ftreid)en.

277 «. 3eil< oon oben lefe: »unbeäafte.

278 17. 3ei(* »on unten ftatt: Stabträte lefe: Staatsräte.

285 11. 3eile oon oben ftreiaje: mit ben.

238 1. 3*'(* oon uiUtti ftatt: §errmann lefe: ® reif f.

302 7. 3eile oon unten lefe: 7. »pril 1860.

304 7. 3eile oon oben ftatt mar lefe: Ijatte.

320 6. 3ei(e oon unten ftatt: 1881 (efe: 1880.

335 3. 3ei(e oon oben: „Die nod) fteb^enben alten £fjore famen jum SKbbrua); fo fielen ic." foll Reiften : „Die nod) ftefjenben Itjore oberhalb unb unterhalb be« Sd)loffe« tarnen jum 3lbbrud>. 311 le übrigen i^ore roaren fd)on frütjer abgetragen morben.

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eeite 355 17. 3eite oon unten ftatt 1873 Iefe 1863.

438 11. 3etle oon unten hinter ^eftyc tft ein<utfd)alten oof.

447 12. 3eile oon unten ift ju (treiben: 3U* 3eit bat ber herein 1911 9Rttfllteber.

494 3. 9lDfafc oon unten tft ju ftrei^en.

496 3. Seile oon unten ftatt 1,4(30,000 lefe 1,400,000,000.

508 2. Seite oon o&en ftatt (MaSioerf lefe <r l e f t r i 3 i t d t * 10 e r f.

510 24. 3eilc oon unten ftatt 1894 lefe 1864.

5£2 1 7. 3ei(e oon unten ftatt nationaliftifäeu lefe ratio naliftifi^en.

532 22. Seile oon unten ftatt Sominifancrflofter lefe 2)omini< fanerinnenflofter.

566 Seile 10 unb 14 oon unten lefe 1893.

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