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||EX LIBRIS

MITTEILUNGEN

DES

KRIEGSARCHIVS.

HEKArSHEöEBEN

VON DER

DIRJ':kT10N des K. und k. krieosarchivs.

DRITTE FOLGE.

IV. BAND.

MIT FEKF BEII.AOEN END ZWÖI.F TEXTSKtZZEN.

WIEN 1906.

VERLAG VON L. W. SEIDEL & SOHN

K. UND K. UOrBDCKHlKDLK»

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Drnck vod Joiof Holler & Comp., Wien.

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INHALT.

Seito

Das k. nad k. Kriegsarchiy in seinem nenen Heim V

Dos Herzogtum Warschau von seinen Anflingeii bis zum Kampf mit Österreich 1809. Von Hanptmann Juat. Mit zwei Bei- lagen nnd einer Teitskizze t

Die Schlacht an der Piave. (8. Mai 1809.) Von Hauptmann Yeltze.

Mit z%vei Textskizzen 125

Hepresaalieiigefechte gegen die Moptenegriner im Jahre 1838. Von

Major Semek. Mit einer Beilage .... 161

Die Besetzung von Krakau 1846. Von Hauptmann Jacubenz.

Mit einer Beilaige 215

Aufmarsch der östcrreiohiselien Armee gegen die Bevolution im

Qktober-'T?f*>f'^J^^W°"p^niaDn Czeike. Mit einer Beilage . . 2öl Ein Seekrieg in 8chwabeu!SK«cschichte der österreichischen Flottille auf dem Bodensee in den Jahren 1799 und 18iX).) Von Ober-

Ipiitnant Bartsc.h . 3B1

Von Leipzig bis Erfurt. (Die Verfolgung der französischen Armee in den Tagen vom 18. bis 23. Oktober 1813. i Von Hauptmann Kerehnawe. Mit nenn Textskizzen 371

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Das k. und k. Kriegsarchiv in seinem neuen Heim.

ln den Sommermonaten dieses Jahres ist die Übersied- lung des k. und k. Kriegsarchivs aus den verschiedenen und entlegenen, ihm bis dahin zugewiesenen Übikationen in den Akademietrukt der Stil'tskaserne in Wien (VII., Stiftgasse 2) vor sich gegangen. Diesem Ereignis, das sich wohl kaum nach Menschenaltem wiederholen dürfte, sind die nachstehenden Zeilen in der .\bsicht gewidmet, es vor dem Schicksal zu bewahren, giinzlich unbeachtet der Vergessenheit anheimzu- fallen.

Das Kriegsarchiv war bisher weder einheitlich noch zweckentsprechend unteigebracht. Die Direktion und ein Teil der Schriftenabteiluug befanden sich im KriegsgebSude .Am Hof, im 1. Stock, ein anderer Teil der Schriftenabteilimg imd der Hauptstock der Bibliothek im Erdgeschoß dieses Hauses; mangels anderer, geeigneter Räumlichkeiten diente noch ein licht- und luftloser Keller dieses Gebäudes zur Unterbringung ansehnlicher Bestünde der Schriftenabteilung. Etwas abseits im selben Hause, ebenerdig, hatte die Karten- abteilung ein sekr beschränktes, aber wenigstens für sich geschlossenes Unterkommen gefunden. Im Seitzerhof (Seitzer- gasso Nr. 4) lagen fast unzugänglich viele Hunderte von Akteubündeln der Schriftenabteüung, in der Toreinfahrt dieses Hauses mußte die Bibliothek die periodischen Zeitschriften imterbringen. Die größte Sektion der Schriftenahteilung befand sich im Laiuenzergebäude il., Fleischmarkt Nr. 19i; gut ein Dritteil ihrer Bestände lagerten in einem, zum Glück

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VI

Das k. and k. Kriogsarohiv in seinem neuen Heim.

trockenen Keller, in welchen daftir der Staub der angren- zenden Straße massenhaft eindrang. Die kriegsgeschiehtliche Abteilung endlich, deren Leitung natiu'gemäß unmittelbar dem Direktor des Kriegsarchivs obliegt, war am weitesten entlegen und befand sich im 4. Stock des Hauses Nr. 4 am I >eutschmeisteri)latz.

Diese Aufzählung .sagt genug : wie sehr der Dienst durch die räumlich weit getrennte Unterbringung der ein- zelnen Teile des Kriegsarehivs erschwert wimde, ist ohne- weiters daraus verständlich; daß die Lagerung von unersetz- lichen Akten in Kellerräumen ilrrer Benützung ebenso hin- denid war wie ihrer Erhaltung abträglich, braucht nicht näher erläutert zu werden.

Plbensü schlecht sah es mit den Räumen aus, in denen die Offiziere und Beamten des Kriegsarchivs ihrem Dienste obliegen mußten. Die wenigen Zimmer am Deutschmeister- ])latz boten ihren Bentitzem wenigstens genug Licht, sonst aber keine Bequemlichkeit; die Räume im Laui’enzergebäude aber, dann so ziemlich alle im Kriegsgebäude .\m Hof waren bis zur äußersten .\usntitzung des Belages in horizontaler und vertikaler Ausdehnung mit Kasten zur Aufnahme des Archiv- materials erfüllt, tmd nur zunächst der Fenster konnte ein Plätzchen erübrigt wertlen zur Aufstellung eines Schreib- tisches, der mit einem Sessel und mit einem Waschkasten das Um und .\uf der Kanzleieinrichtung bildete. Vom No- vember bis A])ril brannte in diesen Räumen ewiges Ijicht nicht einmal durchgehends Gas- oder elektrisches Licht ila die natürliche Beleuchtung durch die Fenster bei der Enge der angrenzenden Straßen au trüben Wintertagen selbst dann unzureichend gewesen wäre, wenn es sich nicht noch um da.s Lesen alter vergilbter Handschriften gehandelt hätte.

Das alles hat sich nunmelir, tind mit einem wahren .Auf- atmen der Erleichterung sei es verkündet, gründlich geändert und wesentlich gebessert.

Als durch die Verlegung der k. und k. Technischea .Mihtärakadeniie nach Mödling der große, die ganze Länge der Stiftgasse einnehmende Trakt der Stiftskastmie frei ge- worden war, verfügte das k. und k. Reiohskriegsininisterium. daß auch das Krieg.sarchiv in diesem Trakte unterzubringen

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Das k. und k. Kriegsarcliiv in seinem neuen Heim.

VII

sei') und daß die hiezu nötigen Ausmittlungen ebenso wie die Adaptierung der Kämne von der Bauabteilung des 2. Korps im Einvernehmen mit der Kriegsarchivsdirektion diu-chzu- tühren seien. Damit war den schon fast unhaltbar gewordenen Zuständen ein Ende gesetzt und eine neue Zeit brach fiir das Kriegsarchiv heran.

Im ,, neuen Hause” nun, das wohl vielen .Angehörigen der Annee bekannt ist und, nebenbei bemerkt, das ehrwürdige -Alter von 160 Jakren aufweist ( der Bau die.ses Traktes wm-de 1746 begonnen), sind ilem Krieg-sarchiv zugewiesen worden: Das Souterrain zwischen den beiden Stiegenhäusem, das Erdgeschoß, eigentlich ein HochparteiTe, von der Stifts- kirche bis zum nördlichen Stiegenhaus zunächst der Sieben- stemgasse, und das ganze 1. Stockwerk, mit dem ansehn- lichen Fluchenausmaß von zusammen 4690 Quadratmetern (Alauerstärken und Kebenräume nicht mitgerechnet). Die Grundfläche der Gänge beträgt 1463 Quadratmeter; hievon sind 672 Quadratmeter nicht zum Belag herangezogen ; das denmach verbleibende Ausmaß von rund 4020 Quadrat- metern wurde ziemlich weitgehend ausgenützt, wobei aller- dings für eine in absehbarer Zeit zu erwartende A’ermehrung der Bestände einigermaßen Sorge getragen wurde. Diese Grundfläche verteilt sich auf nind 70 geschlossene Zimmer und Säle, die in jedem Stockwerk in einer Flucht angeordnet sind, deren Front gegen den gi-oßen .Akademiehof sieht und fast genau Jiach Osten orientiert ist ; ein fast 4'0 Meter breiter Gang ist ihnen vorgelegt, von welchem aus die Räume zu- gänglich sind. .AUes ist direkt beleuchtet, also hcht, luftig vin<l fast au.snahmslos trocken.

Die Zimmerhöhen sind nicht groß : im Hochparterre 3'15 Meter, im 1. Stock 3‘70 Meter.

Die Zwischendecke zwischen Souterrain und Hochpar- terre ist gewölbt, jene des 1. Stockwerkes besteht jedoch aus Tramböden ; sämtliche Gänge sind eingewölbt.

‘) Daselbst befinden sich noch (im 2. und 3. Stock) : Die Kom- mission zur Beurteilung der Stabsoffiziersaspiranten, die Korpsoffiziers- schule und von den administrativen Militärfachkurson der Militärinten- danzkurs, der Militarverpflegsvorwalterkurs und der Proviantoffl- zierskurs.

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Das k. nnd k. Kriegsarchiv in seinem neuen Heim.

Es muß bemerkt werden, daß der Akudemieliof bedeu- tend tiefer liegt als das Niveau der Stiftgasse ; infolgedessen ist das SouteiTain gegen den Hof als Erdgeschoß aufzu- fassen.

Die drei Umstände: große Anzahl von Räumen mit ge- ringer Höhe imd die beschränkte Tragfähigkeit des Fuß- bodens im 1. Stock mußten die Neuaufstellung der Bestände wesentlich beeinflussen. Die größte Belastung konnte dem Souterrain aufgebürtlet werden ; eine nennenswerte Trag- fähigkeit bot noch das Hochparterre; im 1. Stockwerk aber war wegen der richtigen Verteilung der Lasten größere Vor- sicht zu beobachten. Schon beim ersten Entwurf stellte sich heraus, daß auch der 1. Stock zur Eiulagenmg von Archi- valien heranzuziehen sei ; um nun hinsichtlich der Belastungen und der möglichen Rückwirkung auf den Bauzustand des Hauses außer Sorge zu sein, wurden drei große Säle mit einem tragfahigen Fußboden, schwache Ziegelgewölbe zwischen Eisenträgern, versehen. Im übrigen waren aber in den 1. Stock alle Kanzleiräume zu verweisen.

Bei Neubauten von Archiven (und Bibliotheken) wurde in jüngster Zeit wiederholt die Anlage eines .\ktenspeichers bevorzugt, der eine kleine Grundfläche bedeckt, dafür aber sehr hoch hinaufstrebt: die notwendige Teilimg in Geschosse erfolgt hier durch Einbau von Eisenkonstruktionen, die gleichzeitig das Gerip|) für die Behälter von Akten (oder Büchern) bilden. Eiu solcher Aktenspeicher, der gegen .seine Umgebung feuer- und einbmchsicher abgeschlossen sein muß. hätte sich im neuen Heim des Kriegsarchivs nach Über- windung mancher technischen Schwierigkeiten und mit bedeu- tendem Geldaufwand wohl auch einrichten lassen ; der an- gestrebte Zweck wäre aber nicht erreicht w'orden, da kaum mehr als die Hälfte der Bestände der Schriftenabteilung darin Platz gefunden hätte.

Die vorhin angefleuteten Raumverhältnisse zwangen rielmehr zu einer, der vertikalen .-Vnorduung im Speicher ganz entgegengesetzten Verteilung, nämlich zur Ausbreitung in horizontaler Richtung. W'ie so oll im Leben, konnte amdi hier aus der Not eine Tugend gemacht werden. Die geringere Tragläliigkeit und die kleine Zimmerhöhe ließen nm die

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Das k. nnd k. KriegBarchlv in seinem netten Heim.

IX

Aufstellung von Kasten oder Stellagen mit 2-00 bis 2-50 Bieter Höbe zu; dies hat nun den Vorteil, daß man selbst die obersten Fächer (höchstens mit ZuhUfenahme eines trag- baren Stufenschemels) leicht erreichen kann, ein angenehmer Gegensatz zur Einrichtung im alten Hause, wo die Kasten in 2 und 3 Etagen übereinander lagerten, die oberen Fächer daher nur mit schwankenden Leitern von 4-00, selbst 4-ÖO Meter Höhe zugängUeh waren. Nur die Bibliothek be- sitzt in den geschlossenen Räumen oß'ene Bücherregale, die bis zur Decke reichen, also 3- 15 Meter hoch sind; diese An- ordnung war nötig, um die ganze Bibliothek in einem ab- geschlossenen Gebäudeteile unterzubnngen. Die Verteilung der Akten in mehrere Räume bot auch die Möglichkeit, dem Wesen nach zusammengehörige Grupjten für sich imterzu- bringen, selbst bei Bedachtnahme auf einen künftigen Zu- wachs. Endlich war man auch in der Lage, die Abteilungen des Kriegsarchivs, beziehungsweise die einzelnen Sektionen der Schril'tenabteilung, in Raumkomplexen unterzubringen, die ans der Anlage des Gebäudes natürlich hervortreten und für sich abzuschließen sind.

Es befinden sich nun ;

Die Direktion, ziemlich zentral gelegen, im 1. Stock, unweit des südlichen Stiegenhauses ;

die kriegsgeschichtliche Abteilung im 1. Stock, der Hauptsache nach vereinigt, im Gebäudeteil zwischen der süd- lichen Stiege und dem Südende des Hauses (Stiftskirche) ;

die Kartenabteilung, ganz tür .sich abgeschlossen, iin 1 . Stock, zwischen der nördlichen .Stiege und dem Nordende des Hauses ;

die Bibliothek im Hochparterre, zwischen den beiden Stiegenhäusern, flir sich geschlossen.

Die Schriftenabteilung, naturgemäß die größte des Kriegs- archivs, konnte nicht in einen abgerundeten Raumkomplex verlegt werden. Die I. Sektion derselben, deren Material große Verseil iedenartigkeit aufweist (Feld- und Anneeakten. 3Ieiuoires, Ministerialakten u. s. w. i, wurde am meisten zer- teilt, befindet sich gleichwohl gänzlich im 1. Stock, zu beiden .Seiten der Duektion, einerseits an die Karten-, andererseits

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Dnf k. and k. Kriegsarohiv in seinom n«af-n Hoim.

au die krieRsgeschiclitliche Abteilung au^^enzeiid ; die II. Sek- tion ( Hofkriegsratsakten I liegt im Hoch])arterre in dem an die Stü't.skirclie anstoßenden ehemaligen Zöglingsspital, fiir sich abgeschlossen; die EU. Sektion i Standesakten) be- findet sich im Souterrain, der Hauptsache nach im ehe- mahgen ArtUleriespeisesaal und im vorliegenden Gang, auch in sich geschlossen ; der hier noch verbleibende ehemalige Geniespeisesaal enthält einige weniger benützte .\ktengmppen der n. Sektion, die etwa zwei Fünftel des Saales einnehmen, der Rest ist zur .\ufnahme einer in absehbarer Zeit zu er- wartenden Vermehrung der Hofkriogsratsakten Vorbehalten.

Hie nachstehende Tabelle läßt Anzalil und Flächenraum der jeder Abteilung zugewiesenen Räume ersehen:

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Kriojfsgeschichtl, Abteilung

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Bibliotbckeabtciluag . . .

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MitKHfahrtKS totes Gewicht

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300.000

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450.000

•) Darunter «in« l’ortierlogo mit rund 33 Qaa>lrAtm«tdr.

Hinsichtlich der.Vrt der Finlagerung des .Archivmaferials. ob in geschlosseneti Kasten oder in offenen Stellagen, konnto nur ein Grundsatz eingehalten werden: Schatlüng möglichster Bequemhchkeit bei Benützung und Handhabung des ^fatprials. Ansonsten war man ziemlich gebun<len durch die gegebenen Räume imd ihre geringe Höhe, hauptsächlich durch die Not- wendigkeit. die im alten Hause bereits vorhanden gewesenen

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Das k. und k. Kriei^sarchiv in seinem neuen Heim.

XI

Kasten möglichst zu verwerten, endlich dm'ch das leidige Geld, dessen Ausmaß auf das knappste berechnet war, somit gp-ößere Anschaftungen ausschloß.

Die Aufbewahrung des Materials ist daher nicht einheit- lich, Die Kartenabteilung erhielt hiezu durchaus Kasten : die Bibliothek in den geschlos.senen Bäumen offene Bücherregale, im Gang geschlossene Kasten mit Holztüren, in Bäumen, wo größerer Verkehr zu erwarten Bücherausgabe, Lesezimmer oder wo eine bessere Ausstattung angezeigt erschien, Ka.sten mit Glastüren; die Schriftenabteilung endlich Kasten und Stellagen gemischt, letztere für alle Protokolle und für die Akten der III, Sektion,

Die Aufstellung dieser Behältnisse mußte eben auch den vorhandenen Räumen angepaßt werden : in Gängen stehen nur Kasten an der Längswand, in einfenstrigen Räumen an den Querwänden; in mehrfenstrigen Zimmern, deren Fuß- boden größere Belastung verträgt, sind Kasten oder Stellagen, mit der Rückwand aneinandergelehnt, vom Fensterpfeiler in das Innere des Raumes auf 6-00 bis 8-00 Meter hineinreichend aufgestellt worden, wobei die Ausnützmig der Bodeufläehe und der Beleuchtimg am besten ausfiel. Der leichten Benütz- barkeit halber wimlen zwischen diesen Stellagereihen, also in <ler Fensterachse liegend, niedere, pultartige Stellagen ein- geschoben, deren Fächer ebenfalls zur Aufnahme von Schriften dienen, während die obere ebene Tischplatte gestattet, ein der Stellage entnommenes Aktenbündel oder Protokoll auf- zulegen oder auszubreiteu, so daß an Ort und Stelle die archivalische Arbeit besorgt werden kann.

Die Anordnung fler Bibliothek ist von der eben ge- schilderten etwas abweichend. Die gescldossenen Räume der- selben, in einer Flucht liegend, sind durch Mitteltüren ver- bunden; es lag also nahe, die offenen Bücherregale, zwar auch senkrecht zur Fensterwand, aber zu beiden Seiten eines Mittelganges anzuordnen, von wo sie beiderseits bis zur Wand reichen: auch hier sind zwischen den Doppelreihen der Regale Pulte eingestellt, die insbesondere zur Aufnahme von Werken größten Formats (Foliobände i dienen, nebstbei aber auch das Hantieren mit den Büchern sehr erleichtern. Dieser alle Bäume diuchziehende Mittelgang, dessen Länge 75 Meter

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Dm k. und k. KriegsarchiT in seinem neuen Heim.

(100 Schritte) beträgt, läßt die ganze Größe der BibHothek mit einem übck erfassen ; der hiebei gewonnene Eindruck kann zwar nicht als ein überwältigender bezeichnet werden, verdient aber immerhin als ein bedeutender und, bei aller Einfachheit der Einrichtung, getälhger und befriedigender hervorgehoben zu werden.

Jeder Offizier oder Referent besitzt nunmehr ein eigenes, in der Regel einfenstriges Zimmer, das aber im Durchschnitt 28-00 Quadratmeter an Bodenfläche aufweist, also nach hygieni- sclien Begritfen mehr als liinreicheud. Den einzelnen Refe- renten wiu-den in ihr Zimmer nur jene arcliivalischen Behelfe eingestellt, die sie zu ihrer Arbeit am meisten brauchen, d. s. die alphabetisch angelegten Indexe und die chrono- logisch geortbieten Register, bezw. Kataloge u. dgl. Daß die Eimichtung der Kanzleiräume durchaus einfach und auf das Nötige beschränkt ist, kann bei der bekannten Auspruclis- losigkeit unserer Offiziere nicht auffallen.

.\us dieser Schilderung ist zu schließen, daß das neue Heim des Kriegsarchivs, soweit Größe und Verteilung der Räume und die Einrichtungen zur Aufbewahrung des Mate- rials in Betracht kommen, wenn auch nicht in idealer, so doch in möglichst erreichbarer .Art allen billigen Anforde- rungen entspricht, jedenfalls erheblich besser als die früheren, nun verlassenen Unterkünfte. Nun kommen aber nebst der Zweckmäßigkeit der Einrichtung bei Unterbringxmg eines Archivs noch so manche Anforderungen in technischer und baulicher Beziehung zur Geltung, von denen eine hauptsäch- liche, die Feuer- imd Einbruchsicherheit, erwähnt werden muß. Betrachtet man das jetzige Heim des Kriegsarchivs von diesem (’iesichtspunkt aus, so muß man sich zweierlei vor Augen halten; 1. Daß das Gebäude ein lu-altes ist, in welchem also durchgreifende baidiche Veränderungen unzulässig waren : 2. daß die Lage des Kriegsarchivs vor der Übersiedlung schon unhaltbar war und man daher mit beiden Händen zn- greifen mußte, als sich etwas wesentlich Besseres bot, selbst wenn es auch nicht das Beste war, dessen Erreichung übri- gens in kaum absehbare Ferne gerückt wurde, d. i. ein für das Kriegsarchiv ausschließlich bestimmter Neubau. Wenn also zugestandeu wird, daß das Haus, in dem sich nunmehr

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Das k. tmd k. Kriegsarchiv in seinem neuen Heim.

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tias Kriegsarchiv befindet, niclit den strengsten Anfordcrungeu bezüglich der Feuersicherheit entspricht, so muß daran sofort, «las Bekenntnis geknüpft werden, daß die.ses Bedenken zu jener Zeit, als es sich um die Entscdieidung handelte ; Uber- siedeln in die Stiftskaseme oder nicht, allseits die schwerste Sorge hervorrief. Daß man .sich dann doch zur (Tbersiedlimg entschloß, war die Folge der Erwägung, daß es mit der Feuersicherheit im alten Hause noch schlechter bestellt war, im neuen zu erwarten stand, daß die Adaptierung des Akailemietraktes zu vollständig feuersicheren Unterkünften sehr hohe Geldbeträge erfordert hätte, die nicht zur Yer- lügung standen und wenn sie da gewesen wären, beinahe znr Schaffung eines neuen Gebäudes hingereicht hätten, end- lich daß es möglich erschien, durch eine weitgehende Yer- teilung der brennbaren Yorräte der Gefahr einer raschen Au.'ihreitung eines Brandes entgegenzuwirken. AYas mit den geläufigen Mitteln geschehen konnte, um eine Feuersgefahr ahzuwenden, ist ausgeführt worden.

Mit der Feuensicherheit im engsten Zusammenhang steht die Art der Beheizung und Beleuchtung. Eine moderne ZentraUieizanlage konnte in das alte Haus nicht eingebaut werden; dafür wurde der größte Teil der Bäume, darunter die Bibliothek und die Kartenabteilung ganz, von der Schriftenabteilung alle zu Aktendepots bestimmten Zimmer mit Gasöfen versehen ; nur in den rein zu Kanzleizwecken dienenden Zimmern sind Kachelöfen mit Kohlenfeuerung ein- gestellt. Die künstliche Beleuchtung erfolgt durchaus und ausreichend mit Gaslicht { Auerbrenner ), wird aber hortentlich wenig in Anspruch genommen werden, da die Bäume genug Tageslicht ein[)fangen und die Arbeitsstunden (t) Uhr vor- mittags bis halb 3 Uhr nachmittags : in eine Tageszeit fallen. Wo nur bei außergewöhnlich trüben, nebligen Tagen »dne kdinstliche Beleuchtung zeitweise notwendig wird.

Die Einbruchsicherheit ist tunlichst gewährleistet durch die Vergitterimg aller Fenster des Souterrains gegen die Stiftgasse und den Akademiehof, durch den Abschluß der einzelnen Gebäudeteile mittelst Eisengitter gegen das in Benützung stehende südliche, uml durch vollständige .Ab- maueriuig gegen das nördliche Stiegenhaus : endlich wurden

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XIV

Das k. and k. Kriegsarnbiv in saioem naueu Heim.

in einem Raume der Kartenabteilung einige Fenster, die auf eine angrenzende Dachtiäche münden, mit eisernen I.aden ver- seilen. Eine eutsprecbende Anzahl von Fenstergittem ist zum Offnen eingerichtet, um im Falle eines Urandes die bedrohten Aktenbündel auf dem kürzesten 'Wege ins Freie schaffen zu können.

Fügt man nun noch hinzu, daß im Hause eine aus- reichende Anzahl von Ausflüssen für Trink- und Nutzwasser besteht, daß ein kleiner, passend gelegener Aufzug die BetÖr- derung von Archivmaterial durch alle drei Geschosse hindurch wesentlich erleichtert, daß die Direktion des Krieg.sarchivs durch ein internes Telephon mit allen ihren Abteilungen, durch den Anschluß an das Staatstelephon mit der ganzen .\uBenwelt verkehren kann, daß eutUich ein eigener Portier den Personenverkehr beim Haupteingang i Stiftgasse Nr. 2) überwacht, so ist hiemit die Aufzählimg aller technischen und personellen Vorkelirungen erschöjift, die dem Kriegs- archiv nunmehr zu gute kommen.

Die Übersiedlung selbst, also die Überführung des ila- terials und der Einrichtung, hat sich im großen ganzen leicht und glatt abgewickelt. Es soU nicht verschwiegen werden, daß gerade diesem Geschäft mit einiger Besorgnis entgegen- gesehen wiude ; Erfahrungen über die. Beförderung solcher Massen hatte eigentlich niemand. Glücklicherweise stand genügend Zeit zur Verfügung ; man konnte daher gewisser- maßen mit einem ^'ersuch beginnen und die daraus gewon- nene Erfahrung für die Festsetzung eines geregelten Betriebes verwerten. Hauptbedingung tür die anstandslose, ununter- brochene Belorderung war die Bereitstellung der Kasten und Stellagi'n für die bleibende Einstellung jener Schriften oder Bücher, deren Überführung jeweils im Zuge war ; denn ein vorläufiges Ablageru, etwa in den Gängen, und ein nach- träghches Einstelleu hätte sicherlich zu Verwirrungen geführt imd die ohnehin beschwerhche Arbeit unnötig vermehrt. Große Erleichtenmg gewährte in dieser Beziehung die befrie- digende Einhaltung der vorgeschriebenen Termine für die Liefenmg der neubestellten Stellagen und Kasten; mehr Kopf- zerbrechen hingegen verursachte das Abbrechen und Wieder- aufstellen der vielen schon vorhandenen Kasten. Es ist durchaus

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Das k. nnd k. Kricg»arcbiv in seinem neuen Heim.

XV

nicht' kleinlich, dies zn erwähnen ; man muh nur bedenken, (laß die übertuhrten Kasten aneinander gereiht die stattliche AiLsdehnimg von fast ’/s Kilometer eiiuielimen, daß diese in den früheren Räumen in zusammenhängenden, der Gestalt des betreffenden Zimmers angej)aßten Gruppen in-, durch- iind übereinander gebaut, von ungleicher Höhe, Breite und Tiefe waren, tind daß bei der Wiederaufstellung eben nur gleichartige und in die neuen Räume passende Teile zusammeiigetugt werden konnten. Auch dies wurde in rich- tiger Zeit bewältigt und ist anscheinend gelungen ; wer heute im Kriegsarchiv einen der größeren Säle betritt, der sechs Kastenreihen mit zusammen 50 bis HO Meter Kastenlänge enthält, wird den Eindruck empfangen, daß die Aufstellung so in den Saal j)aßt, als ob sie dafür von Haus aus bestimmt gewesen wäre, und gar nicht glauben, daß diese Kastenreihen aus vielen einzelnen Stücken zusammengesetzt sind, die insprünglich gar nicht zusammengehörten.

Der Transport des Materials geschah mit halbgeschlos- senen Möbelwagen ; wegen der ansehnlichen Steigung der Zufahrtsstraßen ( Mari.ahilferstraße und Breitegasse i wurde die Belastung eines Wagens mit nur 2500 Kilogramm voraus- gesetzt. tatsächlich aber in der Folge etwas mehr autgeladen. Die zerlegten Kasten wurden auf Streifwagen überführt.

Die Protokolle und Aktenbündel der Schriftenabteilung winden ohne jede Verpackung unmittelbar auf den Boden lies Wagens eingelagert. Die Kartenabteilung, die ihr Material größtenteils in Enveloppen aus starkem Papj)endeckel ver- wahrt, konnte diese Enveloppen auch unvermittelt einlagem, nur lose Umschläge, Schuber, gebundene AVerko u. dgl. winden vorerst in Kisten verpackt. Die Bibliotheksabteilung liingegen war genötigt, zur Schonung der Bücher alles vorerst in Kisten zu veqjacken imd diese erst zu verladen. Einrich- timgsstücke wurden selbstverständlich ohne weitere Umstände überführt.

Aus den bei der Übersiedhuig gefülirteu A'ormerkimgen sollen hier einige Daten angeführt werden, die besser als viele Worte über Gewicht und Ausdehnung des Archiv- niaterials und der Einrichtung Aufschluß geben.

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XVI

Das k. und k. Kric^sarcbiv in seinem neuen Heim.

Die Direktion des Kriegsarchivs (Schriften der dienst- lichen Korrespondenz. Dienstbücher, kriegsgescliichtliche Ela- borate und der Verlagsvorrat der vom Kriegsarchiv heraus- gegebenen Werke) benötigte zum Transport insgesamt 8 Fuhren; das Gewicht derselben kamt mit 20.000 Kilogramm angenommen werden, wovon 7000 Kilogi-amm auf tlie Ein- richtimg entfallen.

Die kriegsgeschichtliche Abteilung hatte fa.st nur Eiu- richtimgsstücke zu transportieren, die wenigen Bücher und Schriften, die zur fortlaufenden Arbeit nötig sind, kommen nicht in Betracht. Auch hier wurde mit 8 Fuhren das Aus- langen gefunden, das Gewicht darf also auch mit 20.000 Kilo- gramm bemessen werden.

Die Schriftenabteihmg ('rund 23.000 Aktenbündel, 8000 Protokolle und einige hundert Büchen benötigte zui- Über- führung des Materials 72 Fuliren: das Gewicht wird mit

200.000 Kilogramm angegeben.

Die Kartenabteilung (in etwa 1 700 Enveloppen untl Mappen 13.600 Werke in 18.700 Exemplaren mit 148.400 Blättern, dann 2700 Hefte und Bände und über 3000 Porträts imd Bilder i benötigte 1 2 Fuhren ; das Gewicht des Materials kann mit 32.000 Kilogramm angenommen worden.

Die Bibliothek, eine der größten kriegswissenschaftlichen auf dem Kontinent, umfaßt rimd 80.000 Bände ; zum Trans- port der in ziemlich massiven Kisten verpackten Bücher wTirden 29 Fuhren gebraucht. Das beförderte tote Gewicht der Kisten darf mit einem Drittel der Gesamtlast angesetzt werden ; daraus ergibt sich das Gewicht der Bücher allein mit rund .55.000 Kilogramm.

Die insgesamt überfuhite tote Last, an der mehr oder weniger alle .Abteilungen, vorwiegend aber die BibUothek teihiahmen. wird auf etwa 28.000 Kilogramm geschätzt.

Die Überführung der im neuen Hause wieder aufge- stellten Einrichtung kann nicht für jede Abteilung gesondert berechnet werden; im ganzen wurden hiezu 35 Fuhren benötigt. Da wegen der voluminösen Gegenstände die Belastung des Wagens hiebei nur mit 1500 1600 Kilogramm angenommen werden darf, ist das Gesamtgewicht mit etwa

55.000 Kilogramm einzuschätzen.

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Das k. und k. Kri6|;:9Rrofaiv in seinem nenen Heim. X\ II

Stellt man endlich das Gewicht der neu beschallten Kasten, Stellagen und anderer Einrichtungsstücke mit etwa 40.(X)0 Kilogramm in Rechnung, so ergeben sich folgende Summen :

llewicht des Arcbivmaterials . . . rund 300.000 Kilogramm

Gewicht der Einrichtiuig .... ,, 122.000

l-'berlührtes totes Gewicht . . . , 28.000 .,

Das gesamte in Bewegung gesetzte

Gewicht rund 450.000 Kilogramm

Um eine leichtere Vorstellung dieser Massen zu ge- winnen, sei der Vergleich mit Eisenbahnlasten herangezogen. Ein gewöhnlicher Lastwaggon kann hei voller Ausnützung seiner Tragtähigkeit 10.000 Kilogramm Gewicht aufnehmen. Es wiiren daher zur Aufnahme des Archivmaterials allein 30 Waggons, für die Einrichtung samt dem unvermeidlich mitzuführenden Gewichte <ler Verpackungen 1 5 Waggons nötig. Da aber die Einricht>ing nicht nach dem Gewichte, Sündern nach dem Rauminhalt in Betracht gezogen werden muß. kann die Anzalil der für den Transport derselben be- nötigten Waggons unbedenklich um zwei Drittel der gefun- denen Zahl, also von 15 auf 25 vermehrt wenlen.

Eine ziemlich sinnfällige. Vorstellung über die Menge des Archivmaterials läßt sich auch aus den Abmes.sungen der zu dessen Aufnahme verwendeten Kasten und Stellagen gewinnen. Aneinandergereiht würden sämtliche im Kriegs- archiv vorhandenen Kasten und Stellagen eine Länge von 1350 Metern 1 1800 Schritte) einnehmen, also vom Prater.stent 'Tegetthotf-Monument) in der Hauptallee bis zum 3. Katfee- liaiis Ofler vom Schwarzenbergplatz längs des Kolowrat-, Park- und Stubemünges noch über die A.spernbrücke reichen. Die Höhe dieser Kasten uml Stellagen kann mit durch- schnittlich 2‘25 Jleter angenommen werden ; die benützbare vertikale Wandfläche wurde mit 2930 Quadratmeter erhoben. Die Tiefe tler Kasten ist ungleich : in der Bibliothek durch- gehends 0'50 Meter, in der Schriftenabteilung 0'55 bis 0'70 Met-er, in der Kartenabteilung 0'85 Meter.

Von der angegebenen Länge entfällt fast genau die Hälfte je auf Stellagen und Kasten : von der benützbaren

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XVTII

Da« k. und k. Kneg^arohiv in seinem neaen Heim.

vertikiilpii Wandfläclip hingegen 1647 Quadratmeter auf Stel- lagen, 1383 Quadratmeter auf Kasten.

Wie viel von diesen .Ausmaßen auf jede .Abteilung einzeln entfallt, ist in der ohenstehenden Tabelle üliersichtlich zusamraengestellt .

Zum Schlüsse sei erwähnt, daß der Hauptteil der Über- siedlung in den Monaten Juni und .Juli bewirkt worden ist. Das Kriegsarehiv hat während der ganzen Zeit der l ber- siedlung .seinen Dienst nicht unterl)rochen; nur die Erledigung weniger .Anfragen von j)rivater Seite wurde nach vorhei'iger Ankündigung bis zum 1. September verschoben.

Ein anschauliches Bild von der C4röße und Anordnung des Kriegsarchivs in seinem neuen Heim zu bieten, ist in den vorliegenden Zeilen kaum möglich gewesen : ein solches läßt sich wohl nicht anders, als dMch eigene Anschauung gewinnen. Ein Besucher des Kriegsarchivs wird dann noch finden, daß für Forscher in der Schriftenabteihing ein eigener Saal (91 Quadratmeter (Irundflächp, 3 große Fenster i bestimmt wurde, licht, geräumig und wenn auch nicht prächtig, so doch zweckmäßig und würdig eingerichtet. Ebenso steht den Lesern in der Bibliothek ein Zimmer zur Verfügung, in welchem sie ungestört ihren Studien obliegen können.

Die Schätze des Kriegsarchivs harren nun im neuen Heim der Benützung zur Erforschung geschichtlicher Wahrheit.

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Das Herzogtum Warschau

von seinen

Anfilngen bis zum Kampf mit Österreich 1809.

Von

Hauptmaiiri Just.

(Mit zwei Beilagen und einer Textskizze.)

Witteiluuffon <3es k. nnd k. Krit'gsnrchivs. Dritte Folge IV. Bd. 1

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Just.

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Das Hersog;tam Warschau.

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Vorwort. .

Schon seit dem Aussterbeu des nationalen Herrscher- geschlechts der .Jagiellonen im .Jahre 1672 hat die Entwicklung tles Königreiches Polen die Politik der europäischen Fürsten- höte mächtig beeinfluüt. Die „polnische Frage” in der Gesamtheit ihrer Einwirkungen aut' den Gang der welt- geschichtlichen Ereignisse schildern, hieße eine Geschichte <ler Staatenpohtik in den letzten drei Jahrhunderten gelren.

In einem engeren Sinne haben Einzeldarstellungen polnischer, französischer, deutscher und russischer Schrift- steller die Absichten Napoleon I. darzidegen versucht, als er die Kraft der polnischen Nation in Frankreichs Dienst stellte. Hatte er den Willen, das 1795 untergegangene Königreich zu neuem Leben erstehen zu lassen, oder war Polen iiir ihn mm ein Blatt in dem hohen Spiele mit den Geschicken der eimopäischen Staaten?

Selbst die französische Forschung der Jetztzeit neigt zu letzterer Auffassung*). Während der Dauer des Krieges 1«06 1807 hatte Napoleon die Hoffnungen der Polen geweckt, ohne sich zu bindenden Erklärungen über ihre Zukunft zu verstehen. Die von ihm geschaffene „Commission de gouvemement nationale” hatte in Wahrheit nur die von den tranzösischeu Truppen okkupierten preußischen Land- striche des einstigen Königi’eiches Polen zu verwalten, fui' die Erhaltung der „Großen Armee” zu soi-gen und neue Tnippen auszuheben. Beim Friedensschluß fühlte Napoleon die Verjjflichtiuig, sich einer Nation dankbar zu erweisen, welche so willig Gut un<l Blut für ihn eingesetzt hatte. Das alte Königreich in seiner Gänze wiederherzustellen, wie

') Eine Übersicht gibt Rembowski Fußnote zu Kapitel I; Thiers, VII, 217.

*) Van dal, La France et la Russie pendant la Campagne de 1809.

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b .1 U 9 t.

so manche polnisclie Patrioten erträumt hatten, war freilich in diesem Zeitpunkt fhr ihn unmöglich. So schuf er denn da.s ,,Ilerzogtiun Warschau” unter dem Zepter König Friedrich Augusts von Sachsen, einen Staat bedeutsamer in dem, was er in Zukunft erhoffen und befürchten ließ, als was er zur Zeit verwirklichte.

Rußland und (fsterreich sollten in ihm keinen Grund zur Besorgnis für ihren polnischen Besitz erblicken können. Napoleons Kombinationen mit dem „Werte” Polen er- wiesen sich jedoch dem Gange der Ereignisse nach als verfehlt. Bas neue Hei-zogtum erschien beiden Kaiser- staaten nicht bloß als eine ständige Drohung, sondern auch als Gefahr für die innere Ruhe der angi'enzenden Provinzen. Die Wollen nationaler Einheitsbestrebungen konnten nur zu leicht die Grenzen überfluten, wie die Ereignisse des Jahres 180U in Alt- und Neugalizien dem Wiener Kabinett bewesen. Die polnische Frage beschleunigte aber auch den Bruch mit dem Zaren Alexander I. Durch Blut und Eisen wurde in der Folge über das entschieden, was der Tilsiter Friedeusvertrag so schön zn Papier gebracht hatte.

Selbst die Polen waren in ihren Botfnungen durch die Schöpfung fies Herzogtums bitter enttäuscht worden. Politisch und wirtschaftlich unreif, vermochte die Nation nicht, den inneren Gehalt der neuen Verfassung sich zu eignen. Fremd- artig wie der Name ihres Staates blieben den Polen auch alle Einrichtungen desselben. Nur die .Armee war vom Geist der Nation in vollem Strom durchdrungfui, sie repräsentierte das alte Polen in der Begrenzung des neuen Herzogtums.

Die Entstehung find Entwicklung derselben zu schdderu, ist Zweck vorliegender iD'beit. Universalgeschichtlichen und wirtschaftspolitischen Ausführungen sollte niu- Raum gegeben sein, soweit sie zur Beleuchtung der militärischen Einrichtungen oder Würdigung der führenden Personen dienen konnten. Da die Alaßnahmen der Warschauer Regierung bis zum 15. April 1809, dem Tage des Einmarsches der kaiserlich östeiTeichischen Truppen indasGebiet des Herzogtums, zur Darstellung gelangen, so mögen die nachstehenden Ausführungen als kleiner Beiti'ag zur Vorgeschichte des ,,Osterreichist;hon Befreiungskrieges" gelten.

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Einleitung.

Untergang des polnischen Staates 1795.

Die politische AV iedergeburt Polens hatte sich mit der Proklamation der Konstitution vom 3. Mai 1791 vollzogen *). Noch ehe die Lehren von der Souveränität des Volkes in Frankreich mit Blut und Schrecken ihre Verwirklichung gefunden, hatten die Polen eine Verfassung geschaffen, die geeignet schien, den stetigen Verfall ilires Reiches zu hemmen und der Nation neue Kräfte zuzuführen. Das „liberum veto” war abgeschafft, die gesetzgebende, richterliche und voll- ziehende Gewalt organisiert und die Erblichkeit der Krone ausgesprochen worden. Nach dem Tode des Königs Stanisla us August sollte Friedrich -\ugust, Kurfürst von Sachsen, ein Enkel .\ugust III., den Tlirou besteigen.

Li der Periode der Verfassungsstürme Europas nimmt diese Konstitution der Zeit nach die erste Stelle ein. Blieb trotz wohltönender Phrasen vieles noch beim alten, gewann durch sie eigentlich nur der Adel *), dessen Rechte bestätigt wurden, so trug sie doch den Geist der neiien Zeit in sich. Kousseaus ,,Considerations sm- le gouvernement de Pologne” in weiser Mäßigung polnischem Wesen angepaßt, fanden in ihr Raum und Geltung. Ein Rahmen der Freiheit für alle, der Ordnung nach innen, der Kraft nach außen, schien durch

■) Wortgetreue Übersetzung, Weiß, IX. Bd., 1. Hälfte, 26.

•j Artikel 2 der Konstitution sagt : „Den Adel erkennen wir für die erste Stütze der Freiheit und der gegenwärtigen Verfassung.” Dev Adel war daher die Nation ; die Bauern gingen leer aus und waren auf den guten Willen ihrer Herren vertröstet.

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sie gescharten. Polens weißer Adler regte mächtig die Schwingen, als wollte er noch einmal zu Höhe und Glanz emporsteigen. Sein Flug sollte aber bahl erlahmen.

Eine so tief greifende Änderung im Staatswesen konnte nicht vor sieh gehen, ohne viele in ihren Ansichten, wie in ihren Interessen zu verletzen. Manche Große, die anfangs keinen Widerstand gegen die neue Ordnung gewagt, traten auf einmal als deren Gegner auf und erklärten in einem Send- schreiben, daß sie der Nation zu ihren alten Hechten und Frei- heiten wieder verhelfen wollten.

-\m 9. .Januar 1792 wurde der Friede zwischen der Türkei und Rußland geschlossen; Zarin Katharina hatte jetzt „beide Ellbogen frei’’, wie sie schrieb ; nun konnten die alten Pläne 7Avr Vernichtung Polens von ihr wieder aufgenommen werden. Die tief eingewiu'zelten polnischen Erbübel, Uneinigkeit, Neid und Eifersucht der Parteien erleichterten das M'erk. „Polen von Rang und Verdienst ') hätten die Kaiserin um Schutz uml Hilfe äugenden und zu Targowice in der Ukraine eine gesetzmäßige KontÖderation g<'gen die uugesetzmäßige Warschauer gebildet. Die Kaiserin könne diesen Männern ihren Beistand nicht versagen und habe dämm einem Teil ihrer Truppen den Befehl erteilt, in das Gebiet der Republik ein- zuriieken.”

-Vm 18. Mai ward diese Deklaration Katharinas dem polnischen Minister des Auswärtigen zugestellt, drei Tage später ira Keichsrat verlesen. König Stanislaus August und der Reichsrat waren eines Sinnes, sich zu wehren gegen fremde Eiumisclumg in innere Angelegenheiten des Landes. .Jetzt mußte das Schwert entscheiden.

Des Königs Neffe, Fürst .Josef Poniatowski, damals 30 .Jahi'e alt, erhielt den Oberbei'ehl Uber die Armee, die abzüg- lich der Besatziuigen kaum 46.000 Mann zählte. Unter ihm stand Thadtläus Kosciuszko, der einzige Führer, .der .sich im Felde V)ereits rühmlich hervorgetan hatte, der Freund und Waffen- gefährte Washingtons und Lafay ettes. Die Truppen waren allerdings brav, aber im Kampf ungeübt, an Kriegszucht

') Wie Felix Potocki, General der königlichen Artillerie, die Kronfeldherren llzewuski und Hranicki.

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Das HerBogtum Warschau.

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nicht gewöhnt. Gegen sie rückten unter den Generalen Kachowski und Kretschetnikoff von der türkischen Grenze und von Litliauen 1 00.000 Russen, welche zähe Tapfer- keit, imvergleichlichen Todesmut im Kampf gegen die Türken bewiesen hatten, in mehreren Kolonnen an. Statt sich zu konzentrieren, zersplitterte Poniatowski .sein Heer und die Russen standen den Polen immer in Überzahl gegenüber.

So wurde der Feldzug für die letzteren aussichtslos. Von einer Stellung ziu anderen gedrängt und diuch stete Verluste geschwächt, trat bald Mutlosigkeit ein. Am 18. Juli kam es bei Dubieuka ziu Schlacht. Gegen dreifache Übermacht wehrte sich Kosciuszko mit 0000 Mann. Mann gegen Mami war der Kampf ausgefochten w'orden, Erbitterung und Kampflust hatten auf beiden Seiten die Waffen geführt. Nur das Dunkel der Nacht und der Wald, in den sich die Polen zurückzogen, retteten den Rest ihres Heeres.

Die Fortdauer des Kampfes hemmte ein Schi-eiben dos rassischen Gesandten in Warschau, König Stanislaus sei am 23. .Tuli der Targowicer Konföderation beigetreten. Wie eine Weide vor dem Stiume hatte sich der König gebeugt. Statt als Held au der Spitze seines Heeres zu siegen oder ruhmvoll zu fallen, befahl er der .\rmee, sich zurückznziehen mul versetzte damit der Nation einen tödlichen Streich.

Erbittert verließ sein Neffe Fürst Josef Poniatowski das Land, nm sich nach Österreich zu wenden, unter dessen Fahnen er seine militärische Ausbildung und Feuertaufe er- halten hatte.

Seit sich König Stanislaus August der Konföderation von Targowice, die über ru.ssischen Befehl ihren Sitz nach Grodno verlegt hatte, angeschlossen, repräsentierte dieselbe auch die Regierung. Bald sollte ihren Häuptern klar werden, daß sie selbst am Untergang des Vaterlandes gearbeitet. Im .Januar kam ilie Nachricht nach Grodno, preußische Trnpi)en rückten in Piden ein. Am 25. März 1793 erging eine Erklärung F'riedrich Wilhelm II. und am 29. April die Deklaration der Zarin, daß bei<le Höfe wiegen des überhandnehmenden .fako- binismus für das Wohl ihrer eigenen und der Nachbar- staaten, wie für die Ruhe der Republik es für zuträglich ge- funden hätten, Polen in engere Grenzen einznschließen. Die

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Nation wur<le aufgelbrflert, so sclniell als möglich einen Keichstag zu versammeln, um sich gütlich über die Länder, welche Polen verlieren sollte, zu venständigen und die heil- samen Absichten der beiden Mächte zu befördern, damit der Republik ein dauenider Friede zu teil werde.

Schon in den nächsten Wochen erfolgten die Wahlen, Bestechung half nach, und der am 17. Juni 1793 erötfnete Keichstag war mit Ausnahme weniger Mitglieder zur Erfüllung russischer Wünsche gefügig. Es kam zu der berühmten ,, stummen Siunng" in der Nacht vom 22. auf den 23. Sep- tember 1793, in welcher der Reichstagsmarschall Bielinski auf dreimalige Anfrage, ohne daß das Schweigen gebrochen worden wäre, erklärte, der Ajitrag auf Abtretung gewisser Landesteile an Preußen sei einmütig angenommen. In den Formen eines historischen Trauerspieles hatte sich der letzte Akt der gesetzgebenden Versammlung Polens vollzogen und war doch nur ein großes „Komödiantenstück” gewesen Am 2.0. September wurde der jireußisch-polnische Abtretungs- vertrag unterzeichnet und die zweite Teilung Polens besiegelt. Der Republik verblieben nur 4800 Quadratmeilen Landes mit drei Millionen Einwohnern.

Nachdem der Reichstag auf Antrag des russischen Gesandten Grafen Sievers die Reduktion der Armee auf 1.5.000 Mann verfügt hatte, opferte er am 23. November auch noch die Verfassung vom 3. Mai 1791 und stellte den Rechts- zustand vor dieser Zeit wieder her. Die Sitzung dauerte die ganze Nacht, dann ward ein Tedeum gehalten und die Ver- sammlung löste sich auf.

Die Zarin hatte ihr Ziel erreicht. Polen war nieder- getreten. Noch gab es aber im Lande begeisterte .Anhänger der Alaiverfässung, die trotz des verübten Gewaltstreiches an der Möglichkeit einer A’erwirklichung der Konstitution nicht verzweifelten, die Gut und Leben einzusetzen bereit waren, um die bedrohte Heimat vor gänzlichem L’ntergang zu bewahren. Die Sehrotlheit des (ienerals Igelström, der als (Gesandter und Befehlshaber der russischen Truppen in

’) Siehe hierüber die intcressiinteii Schilderungen bei Bcrnhardi, II. Teil, 2. Abt., 333 und Brüggen, 319—321, 39.5.

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Da« Uerao^um Warschau.

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Warschau residierte, erinnerte aber auch jene Polen, weiche nicht für die Verfassung scliwännten, daß ihr Vaterland unteijocht sei. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft glühte als Funke unter Asche und Schlacke fort.

In der Wahl dessen, der an der Spitze der Bewegung stehen sollte, waren Volk und Heer einig. Niemand besaß das Vertrauen der Polen in höherem Grade, keinen bebte die Nation mehr, keinen anderen verehrte die Armee höher als Kosciuszko. Er, wie der verabschiedete General Zajaczek trachteten, die mibtärische Erhebung einzuleiten, um noch einmal den Kampf aufzunehmen. Zajf^czek hatte .sich anfangs 1794 im Geheimen von Leipzig nach War.schau begeben, um die Mittel und Wege der Warschauer Patrioten für eine aUgemeine Erhebung kennen zu lernen. Er fand, rlaß die Vorbereitungen dem Eifer keuieswegs entsprachen, ja daß es den führenden Persönbchkeiten an einem wohl übei’- dachten Plan fehle. Er warnte daher vor jedem unzeitigen und iladurch nutzlosen Ausbruch der Bewegung und riet, den Aufstand der Bauern einzuleiten, der Armee sich völbg zu versichern, die Bevölkerung von Warschau aber weiter anzueifem.

Kosciuszko, der in der Nähe von Krakau eine Zu- sammenkunft mit dem General Wodzicki gehabt hatte, fand auch in Krakau die Veranstaltungen noch unreif, versprach, sobald cbe Mittel bereit seien, an die Spitze des Unter- nehmens zu treten, und reiste nach Rom.

Die Freunde der guten Sache taten inzwischen alles, tun das Volk für die Idee der Abschüttlung fremder WiUkür zu begeistern. Was für diesen Zweck wirken konnte, ward in Bewegung gesetzt; Flugschriften über die Konstitution vom 3. Mai, über Polens Lage und Hoftiiungen bei einer nahen Veränderung des gegenwärtigen Zustandes wiutlen heimlich verbreitet.

General Igelström konnte die wachsende Gärung nicht verborgen bleiben. Verhaftungen folgten auf Verhaftungen, ohne der immer steigenden Bewegung Einhalt tun zu können. Da gedachte Igelström einen energischen Streich zu führen. Er erließ eine Note an den ,, Immerwährenden Rat”, die bereits zu Grodno besclilossene Reduktion der

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Armee bis zum 15. März durchzutuliren. Gegen diese kate- gorische Anordmmg etwa.s zu unteniehmen, gebrach es au Mut wie an Kraft. Der Chef des Kriegsdepartemeiits sah sich gezwungen, unverzüglich Maßnahmen einzu- leiten, erregte aber hiedurch in der Armee allgemeine Erbitterung. Offiziere wie Gemeine wollten sich nicht von ihren Wati'en trennen und die Ojjpositon organisierte sich wie von selbst.

Der erste, welcher statt zu gehorchen, dem Befehl der Kegierung oftenen AViderstand entgegensetzte, war General Madalinski. Als er in Ostrolenka den Auftrag zur Entwaffnung seiner Brigade erhielt, war sein Entschluß sogleich gefaßt. Er ließ einen Bericht an die Kriegskommission nach AV'arschau abgehen und erklärte, den Befelü der Regierung nicht früher ausführen zu können, als bis er in stand gesetzt sei, seinen Trujipen den bereits seit zwei Monaten rückständigen Sold auszuzahlen. Er beabsichtigte, auf diese AVeise Zeit zu ge- winnen, die AA’ eichsei mit seiner Brigade übersclireiten und gegen Krakau vorrücken zu können, ehe ihm noch durch die Russen der AVeg verlegt würde.

Am 12. Alärz von Ostrolenka aufbrechend, bewerk- stelligte er bei AVyszogrod den Übergang über die AVeichsel lind ging über Sochaczew, Rawa, Inowlodz, Konskie und Radoszyce nach Krakau. Durch die Schnelligkeit seines Marsches, welcher durch die Lande.sbewohner auf jede nur möghehe Art getordert wm-de, gelang es Aladalinski auch wirklich, den ihm nachgesendeten russischen und preußischen Detachements zu entkommen.

Kosciuszko, aus Italien rückgekehrt, hatte in Dresden von Aladalinskis Unternehmung Kachricht erhalten. Er eilte augenblicklich nach Krakau und traf hier am 23. März ein. Alit einer Begeisterung ohnegleichen empfangen, wurde er zum Oberbefehlshaber emaimt und ihm die Leitung der gesamten Erhebung, die A'erwendung aller Kräfte der Nation, die Emennimg zu allen Stellen im Heere, sowie die AAhihl der Mitglieder eines Nationalrates übertragen. Kosciuszko nahm die Würde an, welche ihm dikta- torische Gewalt einräumte und erließ am 24. März eine feurige, von wildem Haß gegen Katharina und Friedrich

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Das Uerzogtam Warschau.

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Wilhelm getragene Unabliängigkeitserklännig. (Krakauer Konföderation.)

Der Obergeneral entfaltete nunmehr eine auüerordentliche Tätigkeit. Seine Aufgabe war nicht leicht. Die Soldaten, die ihm zu.strömten, kamen einzeln und in Haufen; e„s galt, sie in Bataillone und Regimenter zu gliedern; es fehlte an Watfen. er gab den Bauern Sensen. Zur nötigen inneren Festigung imd Organisation der Armee reichte jedoch die Zeit nicht. Schon nach sechs Tagen mußte Kosciuszko gegen die Russen aufljrechen, die unter Tormassow und Denissow gegen Krakau heranrückteu. Sein Heer bestand einschließlich der mit Sensen und Piken ausgerüsteten Bauern aus 8000 Mann. Schon am 4. ,\pril griffen die Russen bei Raclawice an. anirden aber mit einem Verlust von 600 Toten, Verwundeten und 12 Kanonen zurückgeschlagen.

Unter anderen Verhältnissen wäre das Gefecht von geringer Bedeutung gewesen, jetzt aher festigte es das Ver- trauen, welches die Nation ihrem Führer schenkte und erweckte frohe Zuversicht auf den glücklichen .\usgang des Kampfes.

Rasch verbreitete sich <lie Nachricht über den erfoch- tenen Sieg in Warschau und rief eine mächtige Wirkung hervor. Kosciuszkos Aufruf fand sich bald an allen Straßen- ecken angeschlagen, Spottschriften gegen Rußland wurden immer häufiger und kühner. Igelström hatte wohl die dunkle .■Ahnung von einem drohenden Kamj)fe, wußte aber nicht, wo und wie er den Gegner fassen könne. Ein treuer Vollstrecker fremder Befehle, erwies er sich unfähig, selbständig Ver- fügimgen zu treffen. Er glaubte nicht an eine allgemeine Er- hebung, sondern nur an das Treiben einzelner Wühler und verlangte daher vom ,, Immerwährenden Rat” die Verhaftung mehrerer, durch ihren Ru.ssenhaß bekannter Personen. Diese Maßregel brachte den aufgehäuften Zündstoft’ zur Explosion.

Der .Angriff gegen die Russen wurde für den 17. April, den Gründonnerstag, festgesetzt. Während der Nacht herrschte tiefste Ruhe auf den Straßen. Je melir sich die Gefahr näherte, desto weniger kündigte sie sich äußerlich an. Um 4 Uhr früh regte es sich im Zeughaus. Eine Abteilung der Garde zu Pferd ritt aus den Kasernen heraus, griff ein russisches Pikett, das in der Nähe stand, an und zwang es zum Rück-

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zug. Bald darauf riefen Kanonenschüsse und verabredete Signale die polnischen Truj)pen auf ihre Posten und alar- mierten die Bevölkerung. Nach einem SOstündigen er- bitterten Straßenkampf schlug sich Igelström mit einem Verlust von 2265 Toten und 122 Verwundeten') dimch und vereinigte sich in Powonski mit dem i)reußischen Kori)s des (jenerals von Wolki*). Am 19. April wurde bei Kazun die Weichsel übersetzt, Russen und Preußen kanto- nierten in imd um Zakroczyn. Nachdem Igelström hier die Tru])pen aus Praga an sich gezogen hatte, ging er wieder aufs linke Weichselufer und nahm Stellung bei Lowicz, wo er ein Lager aufschlug und alle russischen Abteilungen, welche in der Nähe standen, vereinigte. Er brachte bei 7000 Mann zusammen, die aber so bunt dmcheinander gewürfelt waren, daß das Lager mehr dem von einer Menge Ordonnanzen verschiedener Regimenter wimmelnden Hauptquartier eines kommandierenden Generals als dem Lager eines Korps ähnlich sah.

Eine weit größere Gefahr als von den Russen schien daher für den Augenblick von Seite Preußens zu drohen. Bei der geringen Zahl der russischen Streitkräfte hielt König Friedrich Wilhelm H. die Gelegenheit für günstig, die Haupt- rolle zu -spielen und hiebei ein gut Stück Land zu gewiimen. Die Sorge um die Sicherheit der eigenen polnischen Besitzimgeu konnte als Grund gelten, die in Polen aufgestellte Armee bis auf einen Stand von 50.000 Mann (64 BataUloiie, 8500 Pferde) zu erhöhen, über die der König am 3. Juni in Zamowice das Kommando übernahm.

Kosciuszko hatte nach der Sclilacht bei Raclawice Verstärkungen an sich gezogen und war am 17. Mai zim Oliensive übergegangen, nachdem GL. Denissow sich gegen SzczekoczjTi gewendet. Statt aber zu versuchen, die russische und preußische Armee einzeln zu schlagen, bezog Kosciuszko

') Treskow, 51.

In SüdprouÜen kommandierte der GL. Graf von Schwerin ein Korps von zirka 8000 Mann, welches die wichtigsten Garnisonen, und auch diese nur schwach besetzt hielt. An Stelle dos erkrankten Grafen Schwerin übernahm Mitte April GL. von Favrat das Kom- mando Ober die bereits erheblich verstärkte Armee.

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Das Heraogtam Warschan.

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bei Rawka ein Lager und erwartete hier den Angriff, der mit seiner Niederlage endete (6. Juni 1794). Bald sollten neue JliUertolge die großen Hoffnungen der Polen erschüttern. Am 8. Juni erlag GL. Zajqczek dem ru.ssischen General Derfelden bei Chelm und mußte sich nach einem sechs- stündigen Kampfe, durch die überlegene russische Artillerie erschüttert, nach Lubhii zurückziehen. Sieben Tage später öffnete Krakau dem preußischen General von Elsner die Tore.

Die Kunde von diesen Schlappen veranlaßte in Warschau Szenen, welche au die Septembertage der französischen Re- volution erinnern. Der Pöbel erstürmte am 28. Juni die Ge- fängnisse und übte selbst Justiz au den Gefangenen. Erschüttert durch diese Vorgänge bat der König am 1. Juli Kosciuszko brieihch, zur Aufrechterhaltung der Ruhe tmd Sicherheit wie zu seinem eigenen Schutz ein Truppendetachement zu ent- senden. Kosciuszko erscliien aber selbst, um die Hauptstadt zu decken; Zajqczek, welcher bei Praga die Weichsel pas- siert und bei Wilanöw sich postiert hatte, nahm hier die pol- nische Hauptarmee auf.

Am 13. Juli langten nun die preußische und russische Armee, erstere 25.000, letztere 13.000 Mann stark, vor War- .schau an, ohne jedoch einen Angriff zu unternehmen. Aus Graudenz und Breslau wurde Belagerungsgeschütz beordert und alle Vorarbeiten zim Eiideitung der förmlichen Belagenmg bis zmn 26. beendet.

Die Befestigimg Warschaus war anfangs Alai begonnen worden imd erliielt erst während der Belagerung ihre Haupt- werke. Die AVäUe waren mit 415 Geschützen armiert; die Zalil der Verteidiger behef sich auf zirka 18.000 Mann. Am 27. Juli begannen die Preußen die ersten Angriffe, welche von den Polen mit wahrer Begeisterung zurückgeschlagen wurden. Der letzte und blutigste Kampf entspann sich in der Nacht des 28. August, in welcher der A*erteidig;ungsabschnitt Dabrow- ski.s mit Übermacht angegriffen wurde, während gleichzeitig Zaj^czek die Preußen attakierte. Enttäuscht über das Aus- bleiben jeglichen Erfolges, hob König Friedrich Wilhelm in der Nacht vom 5. auf den 6. Septemlier die Belagerung auf. ,.\on allen Seiten treffen Meldungen ein, daß der Aufstand in Südpreußen von Tag zu Tag an Stärke zunehme. Unsere

Uitt«ila2iaen des k. und k. Kriegsnrcbivs. Dritt« Folge. IV'. Bd. 2

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Kommunikationen sind unterbrochen, das Eintreft'en der Vor- räte ist unsicher, ebenso wie die Ruhe meiner Provinzen. Bei dem Schwinden aller Hoffnung, daß ein Truppenkorps Euerer Majestät die Anstrengungen unterstützen werde, welche ich der Einnahme von Warschau zuwandte, bUeb mir keine andere Wahl, als mit meinen Truppen abzuziehen *i”. So ent- schuldigte König Friedrich Wilhelm II. den AV)zug seiner Truppen vor Zarin Katharina.

Warschau atmete wieder auf. Die Insurrektion in Süd- preußen, wohin D^browski abgeschickt worden war, machte Fortschritte, Bromberg fiel, höher stieg die Zuversicht der Polen. Bald sollten aber Rußlands Waffen die Entscheidung bringen.

Fürst Rinnjänzow erhielt von Katharina den Befelil, mit dem Heere, welches an der türkischen Grenze .stand, Warschau zu nehmen. Am 18. September schlug Suworow, der tatsächlich das Kommando führte, beim Kloster Ki’upczyce die Polen unter Sierakowski. Derselbe zog sich nach Brze.sc Litewski zurück, wurde aber schon am nächsten Tage noch heftiger angegriflen. Acht Stunden wurde mit blanker Waffe gekämpft; kaiun 500 Polen retteten .sich durch die Flucht, die Zahl der Gefangenen betrug kaum einige Hundert. ,,Die siegreichen Truppen Ihrer Majestät,” schrieb Suworow an Rumjänzow*), „bezahlten seine [des Feindes] Verzweiflung, keinen Pardon gebend, weswegen unser Verlust bemerkenswert, wenn auch nicht groß ist. Das Schlachtfeld ist 15 Werst weit mit Leichen bedeckt. Wir sind sehr müde.” Der Weg nach Warschau stand jetzt offen.

Kosciuszko hob nun sein Lager bei Mokotöw vor Warschau auf und ging mit seinem Korps über die Weichsel, um den nahenden Feind in Person zu bekämpfen. Bei Siedlce fiind er am 6. Oktober General Sierakowski mit deuTrümmeni seines Detachements. Nachdem er eine strenge Untersuchung über die Ursachen der Niederlage liei Brzesc angestellt hatte, eilte er nach Grodno, wo General Mokranowski mit einem lithauischen Kontingent stand. Kosciusko tibeitrng demselben den Oberbefehl über alle lithauischen Truppen, die

b Friedrich Wilhelm an Katharina, 1. September 171U. (Ssolowjoff, 353.)

’) Bericht Suworows. (Ssolowjoff, .358.)

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Das Hersofftum Warschaa.

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M 0 k r a u 0 w s k i zu einem Korj)S vereinigen und gegen S u w o r o w s Rücken und Flanke wirken lassen sollte. Er selb.st eilte sodann in Sierakowskis Lager zurück, darauf bedacht, die Vereinigung des uoch am linken Weichseluler stehenden russischen Korps unter Fersen, Igelströms Nachfolger, mit Suworow zu ver- hindern.

General Poninski war mit 3000 Mann abgeschickt worden, den Übergang Fersens aufs rechte Ufer zu hemmen oder ganz unmöglich zu machen. Er hatte sich aber täuschen lassen und war nach Pulawy gerückt, während Fersen nördlich davon bei Kozienice luigehindert das rechte Ufer gewonnen hatte. Kosciuszko beschloÜ nun, Fersen an der Verbindung mit Suworow zu verhindern und rückte am 7. Oktober ohne Verstärkungen aus Warschau oder das Eintreflen Poninskis abgewartet zu haben, mit 6500 Mann Infanterie und 4000 Mann Kavallerie dem russischen General entgegen. Den 9. Oktober kamen die Polen am Nachmittag, die Richtung auf das Dorf Maciejowice einhaltend, aus einem großen Wald hervor und erblickten nach einigen Minuten die russische Armee. Nach kurzem Gejiläukel wurde das Feuer eingestellt ; während der Nacht bereiteten sich beide tiegner zur Schlacht. Die Russen waren an Truppeuzahl uud Geschütz weit überlegen, die Polen hatten den Vorteil der günstigeren Stellung.

Die Russen begannen um 5 Uhr früh mit einem mör- derischen Geschützfeuer den Kampf und erötfueten auf Ge- wehrsehußweite herangekommen ein heftiges Infanteriefeuer. Rasch bedeckte sich der Boden mit Toten und Verwundeten, die polnischen Kanonen verstummten. Zweimal -wuirden die Russen mit dem Bajonett zurückgeworfen, auf die Dauer ver- mochte aber die Infanterie dem Ansturm nicht staudzuhalten. Kosciuszko machte an der Spitze seiner Generale und dem Keni der Reiterei einen letzten Augrifl’, allein auch diese An- strengung war vergeblich. Aus mehreren Wunden Vjlutend, stürzte Kosciuszko vom Pferde, die Generale K am inski,Kniazewicz^ Sierakowski gerieten wie ihr Führer in Gefangenschaft. Niu- loOO Polen retteten sich diu'ch die Wälder nach Warschau.

Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Kiuide von Kosciuszkos Unglück bis in die ärmlichsten Hütten War-

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schaus. Auf allen Straßen, in allen Familienkreisen vernahm man die Worte: „Koscinszko ist nicht mehr.” Mit diesem Verlust lösten sich die lockeren Bande der Einigkeit, die gerade jetzt um so fester hätten geknüpft werden müssen, da der Augenblick herannahte, der Polens Schicksal entscheiden sollte.

Der Natioualrat wählte nunmehr den bei der lithauischen Armee befindlichen GL. Thomas Wawrzecki') zum Ober- befehlshaber, bis zu desseuAukunft in Warschau GL. Zajijczek das Kommando tiihren sollte. Dieses zu sichern war augen- blicklich die Hauijtaufgabe. An den Verschanzungen Pragas wurde daher mit dopjteltem Eifer gearbeitet. Za jaczek schhig vor demselben ein Lager auf, während Fürst Poniatowski Warschau von Norden her deckte. Zugleich wurde General Mokrauowski mit der lithauischen Armee, .sowie Madalinski uud Dqbrowski aus Südpretißen nach der Hauptstadt berufen Allein auch Siiworow versäumte nach Kosciuszkos Fall keine Zeit, um alle russischen Truppen an sich zu ziehen und mit vereinter Heeresmacht gegen Praga vorzurücken, zumal er dem König von Preußen zuvorzukommen trachtete. .A.m 4. November mit Tagesanbruch begannen die Russ(»u die Befestigungen von Praga zu stürmen. Bald waren sie genommen, nur einige hundert Verteidiger retteten sich nach Warschau. .An 8000 Polen fielen mit den Waffen in der Hand, Tausende von Einwohnern beiderlei Geschlechtes winden niedergemetzelt. Praga bot den Anblick einer ungeheuren Brandstätte ’t.

') Derselbe trat später in russische Dienste und wurde 1815 mit der Leitung des Justizministeriums im „Königreich Polen" betraut.

*) Die Besatzung Pragas bestand aus 7800 Manu von der polnisch- lithauischen Armee. 3200 Warschauer uud 1800 Pragaor Bürgern nebst 104 Kanonen. In Warschau selbst standen 15.000 Mann, zur Hälfte reguläre Truppen. (Treskow 31(i.)

’) Man hat Suworow diese allerdings furchtbare Schlächterei zum Vorwurf gemacht. Seine Antwort lautete : „Wenn ich in zehn Schlachten jedesmal 2000 Mann getötet hätte, wäre kaum die Itede davon gewesen und die Greuel des Krieges hätten 2 bis 3 Jahre gedauert. Ich habe es mit einem Male beendet. Die Zahl der Toten ist geringer als bei der ersten Annahme und die Mächte wie dio Polen selbst, werden zur Kulie uud wohl auch zum Frieden kommen”. (Hoyking, 430.)

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Das Herso^om WarjcUau.

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Der ..Hohe Rat” entschloß .sich, die Stadt zu übergeben und schickte Ignaz Potocki zu Suworow. Dieser erklärte jedoch mit keinem der Eevolutionahäupter verhandeln zu wollen, worauf der Magistrat der Hauptstadt eine Deputation absaudte. Am 6. November war die Kapitulation definitiv ab- geschlossen und der 8. als der Tag festgesetzt worden, an welchem die Sieger von Praga in Warschau einrücken sollten. Unmittelbar darauf löste sich der ,,Hohe Rat” auf und General Wawrzecki legte die ihm übertragene Gewalt in die Hände des Königs zurück.

Generale, Offiziere und Soldaten, welche die Waffen nicht niederlegen wollten, sollten Warschau noch vor dem Einmarsch der Russen verlassen. General Wawrzecki gedachte daher alle jjolnischen Korps zu sammeln, ins Gebiet von Sandomierz und Krakau zu rücken und von hier aus den Krieg weiterzuführen. Am 8. November verließ W awrzecki mit zirka 1 2.000 Mann und 113 Geschützen Warschau, um sich Vtei Tarczyn mit den detachierten Korps zu vereinigen, von hier zuD tjbro wski an der Pilica zu stoßen und dann ins Krakauische zu gehen.

Mit Pragas Fall waren aber alle Bande gelöst, welche die Polen zum gemein.samen Zweck verbunden hatten. Die meisten Offiziere glaubten, nachdem sich Wawrzecki der ihm eiugeräuraten höchsten Machtbefugnisse entäußert hatte, auch des Gehorsams gegen den Oberbefehlshaber des Heeres entbunden zu sein.

Wawrzecki fand in Tarczyn nur das Korps des Generals Gedroyc, welches durch Desertion bis auf .^00 Mann zu- sammengeschmolzen war. Er marschierte über Grojce nach Nowemiasto an der Pilica und vereinigte sich daselbst am

10. November mit Dabrowski. Hioher hatte sich auch eine große Anzahl der Soldaten der von ihren Generalen und dem größten Teil der Offiziere verlassenen Korjis Ponia- towskis, Koliskos u. a. gewendet, so daß Wawrzecki am

11. November ungefähr 18.600 Mann *) mit einer zahlreichen, aber schlecht bespannten Artillerie versammelte.

Von der Konzentrierung der Preußen bei Skierniewice und dem Anmarsch russischer Tru])pen unter Fersen über

') Treslcow, BeUage Via.

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Grojec und Warka unterrichtet, fürchtete Wawrzecki mit Recht seinen Rückzug nach Krakau verlegt zu finden. Er überschritt deshalb am 12. bei Nowemiasto die Pilica und bezog ein Lager bei Drzewica. Hier erhielt er ein Schreiben des Generals Suworow, worin ihm die Bedingungen mitgeteilt wiu-den, unter welchen der Rest der polnischen Armee sich den Russen ergeben könne. Am 11. November hatte auch GL. von Kleist an Dabrowski die Anfrage gerichtet, ob er geneigt wäre, mit seinen Tnippen m die preußische Armee zu treten.

Da Fersen bereits Nowemiasto besetzt, Denissowaber die Pilica bei Warka passiert hatte, marschierte nun Wawr- zecki am 14. nach Opoczno. Nur die Truppen des Korps Dabrowski waren noch in guter Ordnung, die übrigen glichen regellosen Haufen und desertierten scharenweise. Im Lager bei Opoczno aber gab Major Majaczewski das Signal zur Auflösung der .Armee. Er verabschiedete sein Regiment mit den Worten: „Geht, wohin ihr wollt; hier ist nichts mehr zu machen.” Das Beispiel fand Nachahmung. Gewehre und Kanonen wurden stehen gelassen; jeder ging seines Weges; nur die Brigaden Madalinski und Dfjbrowski blieben beisammen, ent- schlossen dem Obergeneral zu folgen, wohin er sie führen würde. Wawrzecki marschierte am 15. nach Konskie, am 16. nach Radoszyce. Hier traf auch der von ihm am 13. nach Warschau entsendete General Gorcziuski von Warschau ein und teilte mit, daß Suworow sich zu keiner Änderung der einmal ge- stellten Bedingungen verstehe.

So schloß denn Wawrzecki am 16. mit dem rus.sischen General Denissow einen Waffenstill.stand, nachdem er den- selben von seinen Unterhandlungen mit Suworow unterrichtet hatte. Dijbrowski, der bereits gegen Malagoszcz aufgebrochen war und Lobuszna eireicht hatte, um sich gegen die Preußen zu wenden, keimte über Wawrzeckis Bitte am 17. nach Radoszyce zurück, da letzterer mit Recht befürchtete, die Russen würden, wenn noch ein Teil polnischer Truppen unter Waffen bliebe, den Wafienstillstand nicht achten.

Der abgesclüosseneu Kapitulation gemäß, ließ Wawr- zecki den Rest der Truppen auseinandergehen.

Unter Eskorte, die mau russischerseits ,, Ehrenwacht” nannte, wurden der Generalissimus Dijbrowski und mehrere

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Das Hersogtam Warschau.

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andere Generale nach Warschau geleitet. Hier eröfihete ihnen Suworow, sie könnten ihren Aufenthalt frei wählen, wenn sie sich veri)flichteten, bis zitr endgültigen Entscheidung aller An- gelegenheiten nicht gegen die Russen zu dienen. Über Ver- langen Wawrzeckis unterschrieben die Generale einen ihnen vorgelegten Revers. Es gab keine polnische Armee mehr.

König Stanislaus August war -während aller dieser Ereignisse in Warschau geblieben. Über Befehl der Zarin begab er sich am 8. Januar 1795 nach Grodno, wo er am Jahrestag seiner Krönung, am 26. November 1795, der Herr- schaft entsagte. Sein Land war schon durch den Vertrag vom 3. Januar 1795, dem PreuCen am 15. Aug^ist beitrat, zwischen Rußland, Österreich und Preußen aufgeteilt worden *). Am 26. Januar 1797 erhielt die polnische Frage ihren Abschluß durch eine von den Vertretern der drei Mächte in Peters- burg Unterzeichnete Erklärung des Inhalts :

„Nachdem die Notwendigkeit, alles abzuschaffeu, was die Erinnerung an das nunmehr vernichtete Königreich Polen -wecken könnte, von den beiden Kaiserhöfen ebenso wie von S. M. dem König von Preußen anerkannt worden ist, sind die hohen Vertragsmächte übereingekommen und verpflichten sich, die Gesamtbezeichnung ,, Königreich Polen”, die für jetzt und immerdar unterdrückt sein und bleiben soll, niemals in ihre Titulatur aufnehmen zu lassen ; jedoch -wird ihnen unbenommen sein, die besonderen Titel anzuwenden, die ihnen als Herren der verschiedenen unter ihre Herrschaft gekommenen Provinzen zustehen.”

Polen hatte, nicht ohne tiefes, eigenes Verschulden, seinen politischen Tod gefunden um in den Heerlagern der Republik Frankreich fortzideben ; es war aus der Reihe der selbständigen Staaten Europas gelöscht um eine militä- rische Repräsentation in seinen Legionen zu finden.

‘) Textskizzo 1.

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I. ABSCHNITT.

Teilnahme der Polen an den Koalitionskriegen

1797 1807.

1. Die polnischen Le{?ionen'i.

Die dritte Teilung hatte den polnischen Staat vernichtet, aber es gab noch ein polnisches ^’olk, ,.das genug heroische, ritterliche, glänzende Tugenden hatte, al)hp weit weniger nützliche und bürgerliche, ein leichtgläubiges und argloses Kriegsvolk, immer bereit sein Leben gegen ein Ver- sprechen einzusetzen, das niemand zu erfüllen gedachte *)”. AVar mit fremder Hilfe die Wiederherstellung des Reiches möglich, so glaubten Polens Patrioten nur auf Frankreich rechnen zu können, welches seit 1792 mit der ältesten Erb- monarchie Eiu’opas, t'isteri’eich, im Kampfe lag. Ein starker Harst waffenfähiger Männer verließ denn rUe Heimat, um in Frankreichs Sold für Frankreichs Interessen zu kämpfen, sich dessen Hank dmch Hingabe und Treue zu verdienen. Sie glaubten für das eigene Vaterland zu fechten, wenn sie die Waffen für die Freiheit führten, welche in ihren Augen von der Rej)ublik gegen Österreich verteidigt wiu’de. l)er Träger dieses Gedankens, der Schöj)fer der polnischen Legionen, war General .Johann Heinrich Dqbrowski, an Fähigkeiten wold hinter Kosciuszko stehend, diesem aber gleich an Liebe zum gemeinsamen Vaterland.

') Siehe über deren Geschichte: Leonard Chodzko und Schnür- Pepto wski.

*} Brandes, 33. '

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Das Hersogtnm VVarscbati.

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Er entstammte einer alten polnischen Familie, deren Mit- glieder schon im 16. und 17. Jahrhundert vielfach Kriegsdienste geleistet hatten. Sein Großvater war mit König Johann Sobieski vor Wien gezogen; sein Vater hatte in der säch- sischen Armee Dienst genommen. In Pierszowioe *) war Johann Heinrich Dqhrowski am 29. Angnst 175.Ö geboren worden. Im elterlichen Hause zu Hoyerswerda erhielt der Knabe eine sorgfältige deutsche Erziehung und trat bereits mit 15 Jahren beim Ulanenregiment Prinz Albert von Sachsen ein, bei welchem auch sein Vater stand. Als Adjutant des Grafen Bellegarde, Generalkommandeurs der .sächsischen Kavallerie, vollendete Dqbrowski seine militärische Aus- bildung. Mit rastlosem Eifer widmete er sich kriegsgeschicht- hohen und geographischen Studien, zu welchen ihm die Bibliothek seines Chefs reiches Material bot. Als in .A.us- tuhrung der Konstitution vom 3. Mai 1791 eine polnische Ge.sandtschaft nach Dresden kam*), zögerte Dabrowski nicht, der Aufforderung zum Eintritt in die polnische Armee Folge zu leisten, in welche er als Major aufgenommen wurde.

Es brauchte geraume Zeit, ehe sich Dqbrowski in die neuen Verhältnisse eingelebt hatte. Seine Sprache ließ deutlich die deutsche Erziehung erkennen und erweckte bei seinen Vorgesetzten teils Spott, teils mißgünstigen Argwohn; seine strenge Auffassung von Diszi|din aber war wenig geeignet, die Herzen der Untergebenen im Fluge zu erobern.

Als der Kampf mit den Russen 1792 begann, stand Dabrowski unter Kommando der Generals Hyszewski am Bug. Da König Stanislaus August später befahl, die Operationen einzusteUen, verließen die hervorragenden Führer wieFürst Josef Poniatowski, Kosciuszko und Zajqczek die -\rmee, voll Unmut über die aufgezwungene Untätigkeit, Dijbrowski jedoch verblieb auf seinem Posten und ward

’) Zwischen Krahau und Bochiiia.

*) Die Schöpfer der Mai-Verfassung hatten einen auffälligen Miß- griff begangen, den Kurfürsten von Sachsen als König von Polen zu bezeichnen, noch ehe sie wußten, ob dieser auch die Krone annehmen «olle. Die Bedingungen, die Friedrich August für diesen Fall .stellte, schlossen eigentlich die Ablehnung in sich. (Sniitt, Suworow, II, 354 bis ;t57.)

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Just,

später nach Pultiisk unter das Kommando des Generals Madalinski versetzt.

.4.1s dieser am 12. März 1793 ' i, in offenem Ungehorsam gegen die Befehle des Kriegsdepartements mit seiner Brigade von Ostrolenka authrach, statt dieselbe aufzulösen, hatte er Diibrowski aus Mißtrauen mit einem kleinen Teil der Be- satzung in Pultusk ztu'Uckgelassen.

Dfjbrowski empfand es bitter, daß Zweifel an seiner patriotischen Gesinnung hatten auftauchen können. Kurz ent- schlossen überfiel er eine russische Abteilung in Tykoczin, machte mehrere Gefangene und kehrte nach Pultusk zurück. Das kühne Wagnis mußte gerechterweise den höchsten Unwillen der Regierung hervoiTufen und mit Rücksicht auf Rußland auch Ahndung finden. Di^browski wurde von zwei Offizieren verhaftet und nach Warschau gebracht, wo ein Kriegsrat zusammentrat. Schon wm-den im Sitzimgssaale Rufe laut, die ihn als Verräter bezeichneten. Da ergiift’ ein Bei- sitzer, Josef Wybicki*), der später bei der Errichtung des Herzogtums Warschau und im Feldzug 1809 eine so große Rolle zu spielen berufen war, für ihn das Wort. Ein Meister der Rede, überzeugte er das Kriegsgericht, daß Dtibrowski als Soldat w'ohl gefehlt, als Patriot aber gehandelt hätte. Damit traf er den Ton, der in den Herzen der meisten Bei- sitzer Auklang fand, und erwirkte Dabrowskis Freispi-echung.

Kosciuszko vertraute in der Folge Di|browski das Kommando über den rechten Flügel des verschanzten Lagers von Warschaii an, welches Preußen und Russen vergeblich einzunehmen versuchten. Als die Belagerer am 6. September

') Siehe Seite 14.

’) Josef Wybicki (geboren 1747, gestorben 1822) gehört zu den bedeutendsten polnisclien Staatsmännern. Von liberalen Anschauungen geleitet, hatte er an den Keformbostrebungen vor Erteilung der Mai- konstitution 1791 bereits hervorragenden Anteil genommen. Während der Erhebung unter Kosciuszko 1794 befand er sich beiGeneral Dubrowski in Großpolen und mußte nach der Erstürmung Pragas fliehen. V'on Napoleon 1806 mit der Organisation einer polnischen Regierung und der Volkserhebung betraut, entwickelte er eine Tätigkeit, die lebhaft an die Gambettas 1870 erinnert. Wie dieser verstand es Wybicki. durch Wort und Schrift die breiten Massen des Volkes zu bewegen und zu lenken.

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Das Herzogtum Warschau.

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abzogen, erhielt D^browski eine neue Aul'gabe, die er geschickt löste '). Am 10. September 1794 trat er mit einem kleinen Korps von 1100 Mann Infanterie, 900 Mann Kaval- lerie und 9 Geschützen seine Expedition an, deren Zweck die Unterstützung der in Großpolen ausgebrochenen Insiurektion war. Kleinere preußische Abteilungen wurden gefangen, Maga- zine genommen, während Zuzüge aus Krakau, Gnesen, Posen tmd Kalisz das kleine Korps stetig vergrößerten, das nunmehr auch Bromberg in Besitz nahm. Schon damals zeigte D b ro w s k i sein hervorragendes organisatorisches Talent. Von größter persönlicher Tapferkeit, fester Zähigkeit in der Durchtührung seiner Entschlüsse, hatte er es verstanden, Truppen, welche des inneren Zusammenhanges entbehrten und zu ihm gestoßen ■waren, durch das Band der Disziplin zu einem Ganzen zusammen- zuschweißen.

Während D^browski mit Erfolg in Großpolen operierte, ■war aber Kosciuszko bei Maciejowice am 10. Oktober 1794 der mssischen Übermacht erlegen. Die Armee hatte den Führer verloren, der dimch seine Popularität und Persönlichkeit allein im Stande gewesen wäre, die einzelnen Glieder zu lenken. Dabrowski erhielt die Nachricht von dem unglücklichen Aus- gang der Schlacht am 19. Oktober und wurde am 29. vom Oeneralissimus Wawrzeoki angewiesen, gegen Warschau zu- rückzugehen. Sein Korps war bis dahin auf 19.000 Mann und 23 Geschütze angewachsen und stand am 2. November bei TarczjTi, südwestlich Warschau.

Um nicht von den Preußen unter den Generalen Favrat und Kleist von der PUica abgeschnitten zu werden, mar- schierte Dabrowski am 5. November nach Gostomya an der PUica, eine Meile nordwestlich von Nowemiasto. Hier erhielt er Nachricht von der Kapitulation Warschaus. Bald kamen auch Generale, Offiziere und Gemeine an, die von ^Varschau und Praga geflüchtet waren, und setzten Dijbro wskis horj)s durch Schilderungen der letzten Tage in Schrecken lind Furcht. ,, Anfänglich wurden dergleichen T.eute arretiert und schlecht behandelt, aber zuletzt kamen ihrer so viele,

') Dqbrowski hat seine Expedition in dem ,, Beitrag zur G<- _ schichte der polnischen Revolution im .lahre 1794” seihst geschildert.

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Just.

daß mehr Arretierte waren, als diejenigen, so sie bewachen mußten und konnten

Während in den übrigen Teilen der polnischen Armee alle Bande der Disziplin sich gelöst hatten, hielt Dabrowski dieselbe mit fester Hand in seinem Korps aufrecht. Sein Projekt, mit allen noch Watfenfähigen über Cz^stochow an die sclilesische Gi’enze zu rücken und sich dem nächsten französischen Truppenteil anzuschließen, fand keinen An- klang. Es gebrach an moralischer und physischer Kraft, ein solches Wagnis dnrchzuftihren. Wie Schnee unter den Strahlen der Sonne schwanden die ])olnischen Abteilungen, nur Dijbrowskis Koqis blieb schlagfertig.

Wawrzeckis Kapitulation vom 16. November bildete die letzte Phase im völligen Zusammenbruch der polnischen Armee. Wohl hatte diese Beweise heroischer Tapferkeit geliefert, allein auch deutlich den Mangel von innerer Zucht lind Ordnung an den Tag gelegt. Mehr als die numerische Überlegenheit des Gegners hatten ünbotmäßigkeit, schwere Versäumnisse und Fahrlässigkeit der höheren Führer den Untergang des Heeres beschleunigt. Dabrowski allein hatte die ihm gestellten Aufgaben mit ebensoviel Geschick als Ausdauer gelöst und war noch drei Tage vor der Schlacht bei Maciejowice von Kosciuszko hiefür zum Generalleutnant befördert worden. Nach dessen Fall galt Dabrowski als der wahre Vertreter jiolnischen Soldatentums. Wohlwollen, ge- paart mit strenger Gerechtigkeit, nnemiüdliche Fürsorge für die Bedürfnisse und das Wohl der IVuppen hatten ihm die Liebe seiner Untergebenen, persönlicher Mut und uner- schütterliche Festigkeit aber die Achtung seiner Gegner erworben.

Erst nach der Besetzung Warschaus durch preußische Truppen unter GL. Favrat am 9. Januar 1796 erhielt Dabrowski die Erlaubnis, die Stadt zu verlassen. Er begab sich nach Berlin, um zunächst hier für seine Heimat zu wirken. .Am 17. März vom König in feierlicher Audienz empfangen, erschien er zum größten Erstaunen der an- wesenden Minister in ])olnischer Generalsuniform. Vom König

‘i Beitrag zur Geschiclite der polni.schoii Revolution, 91.

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Das Herzogtum Warschau.

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über die Stimmung in Polen befragt, erklärte er, das ganze Land würde sich, erheben, ihn oder einen Hohenzollernsehen Prinzen zum König erwählen, wenn Friedrich Wilhelm für Polens Unabhängigkeit ziun Schwerte greifen wollte. In einem dem preußischen Kabinett vorgelegten Memorial ent- wickelte er seine Pläne ausführlicher. Galizien sollte insurgiert werden, der Aufstand gleichzeitig in Lemberg, Jaroslau, Sandomierz und Krakau ausbrechen, während in Großpolen ein Korj)s von 30.000 Manu, auf preußisclie Kosten errichtet, von polnischen Offizieren aber gefülmt, den Kampf gegen Rußland eröffnen sollte. Österreich würde freiwilbg auf seinen gali- zischen Besitz verzichten, da sein gef ahrUchster Nachbar doch immer Rußland gewesen sei

Waren Dabrowskis strategische Pläne Phantasmagorien, so erscheinen seine politischen Ansichten gänzlich unreif, ja fast naiv, imd es ist nur zu begreiflich, daß sie nicht den Gegenstand ernsterer Erwägung bilden konnten. Den Antrag, in preußische Heeresdienste zu treten, lehnte er ab. Nach Unterhandlungen mit dem französischen Gesandten Gaillard, beschloß er in Frankreich für Polens Sache zu wirken, verließ Berlin und traf am 28. September 1790 in Paris ein.

Hier legte er dem Direktorium einen Plan zur Bildung polnischer Legionen vor, der aber unausführbar schien, weil die Verfassung der Republik ausdrücklich verbot, fremde Tnippen in Sold zu nehmen. Dij,browski wiu'de daher nach Italien geschickt, um in den neuen, durch Bonapartes Siege geschallenen oberitalischen Republiken diesen Plan zu ver- wirklichen *).

*) Schnür-Peplowski, Jeszcze Polska nie zginela, 21, 22.

’) d’Angeberg 420; Lettre da President du Directoiro exücutif, L. M. Reveillöre-Lepaux, an general Bonnparte.

Pari-s, 28. octobre 1796.

Les patrioles polonais, jnloux de preparer les nioyens de regü- nerer lenr patrie, desireraient, citoyen güneral, preudre rang dans les phalanges glorieuse.s de la rüpublique t'ran9aise. La proposition vient de nous 4tre faite par le güneral Dombrowski de preudre a la solde de la republique ceux que la düsertion engagerait ü quitter les troupes impürinles. Aux tormos de la Constitution, le gouver- nement franfais ne pouvant prendre ä sa solde aucune troupo dtraagere, la proposition devient inexecutablc. Neunmoins, comme il

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J Q B t.

Von Bonapiirte unterstützt'), schloß Dijbrowski schon am 9. Januar 1797 in Mailand mit der Verwaltungsbehörde der Lombardei eine Konvention*) ab, nach welcher die PoleJi das lombardische Bürgerrecht und aüe Rechte der National- truppen erhielten. Sie bewahrten ihre Kommandosprache und Nationaltracht, trugen die franzö.sische Kokarde und Konter- ej)auletts mit den lombardischen Nationalfarben und der Um- schrift : Gli uomini liberi .sono fratelli. ("Freie Menschen sind Brüder. I Am 20. Januar erließ Dabrowski einen Aufruf an seine Landsleute ’) ; in den ersten Märztagen standen bereits 2.500 Polen unter den WafteiU), <lie schon am 8. März ins Feld rückten.

DijV>rowski glaubte sich stark genug, um mit Unter- stützung eines französischen Korj« von 2000 Mann Infanterie, 600 Reitern und 6 Geschützen durch die Moldau in Ost- galizien eiufaUen und die Polen Altgaliziens zu einer gemein- samen Aktion gegen Österreich mitreißen zu können. Er begab sich nach Graz und eröffiiete Bonaparte seine Pläne, ohne freilich willfähriges Entgegenkommen zu finden. Dem Sieger von Arcole, der mit klarem .\uge die Chancen für den Erfolg eines Unteniehmens zu berechnen wußte, koiuiten Dabrowskis Vorschläge nur wie eine Aufforderung „zum Ritt ins wild- romantische Land’’ erscheinen; ihn mitmachen, wäre gleich-

pourrait u’ßtre pas inditßrent ä l’intdröt de la republique de faciliter aux Polonais, qui soiit aiijourd’lmi au Service de l’Aulriche les moyens de ddsdrter, le Directoire vous engago ä voir s’il ne serait pas possible de determiner le gouvernement provisoire du Milanais, du Moddnaia etc., de Ics preiidre ä leur soldu. L. M. Keveill6re-Lepaux, president.

') d’Angeberg, 421. Lettre du general Bonaparte au congres d’Ktat ä Milan.

Milan, 4 janvier 1797.

Ijp gdnirat Ilombro wski, lieutenant geudral polonais, oflicier distingue et interessant par les inalbeurs de sa patrio qui a succombe sous l’effort du meme onnemi qui a pendant tant d’anndes tyrannisd sa patrie, s’offre k lever une Idgion polonaise, qui serait pour aider le peuple lombard ä defendre sa liberte. Cette brave nation merite d’etre accueillie par uu peuide qui aspire k la liberte. Je l’eugage k s’entendre avec vous, et je prendrai volontiers toutes les mesures, quo vous croirez prendre ä cet effet avec lui. Bonaparte.

’) d’Angeberg, 421.

•) d’Ängeberg, 42;5.

') Kolaczkowski, 31.

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Das Heraogtum Warschau.

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liedeutend mit dem Abbruch der Verhandlungen über den Frieden gewesen, an dessen Zustandekommen Napoleon das höchste Interesse hatte.

Der AbschluC der Prähminarien von Leoben am 18. April 1797 bewies, daß den inzwischen in zwei Legionen unter den Generalen Kniazewicz und Josef Wielhorski geteilten polnischen Scharen, die auf 7146 Mann angewachsen waren, nicht beschieden sein sollte, die Wafien fürs eigene Vaterland zu fuhren. Wold hatte sich Dabrowski aus Reggio am 10. Juli an Bonaparte gewandt, zu den Verhandlungen in Campo- fonnio wenigstens einen polnischen Vertreter zuzulassen *). Auch diese Bitte mußte von einem Realpolitiker wie Napo- leon abgeschlagen werden, denn nur als Staat konnte Polen im diplomatischen Verkehr Verti-etung finden, als solcher aber war es von der Karte Europas gestrichen. ,,Und wenn auch alle Freunde der Freiheit für die Sache Polens seien, so müsse seine Wiederherstellung doch Zeit und Umständen überlassen bleiben”’), war die Ansicht Napoleons.

Die Polen mußten ihre Hoffnungen schwinden sehen und waren doch bereit, von neuem auf dem Kampfplatz zu erscheinen, denn einmal müßte die Zeit kommen, da Fi'ank- reich seine Dankesschuld begleichen und ihr untergegangenes Königreich wiedererrichten werde. Während Zajfjczek und Snlkowski mit vielen anderen sich der Expedition Bona- partes nach Agyi^ten anschlosseu, traten die zwei italienischen Legionen in den Kampf gegen die zweite Koalition ein, wmden jedoch an der Trebbia und bei Novi fast gänzlich aufgerieben.

Uber den unglücklichen Verlauf des Krieges untemchtet, hatte Napoleon Ägypten verlassen und sich durch den Staatsstreich vom 9. November zum ersten Konsul aufge- schwungen. Mit warmen AVorten der Anerkennung ’) cpiittierte

*) d'Ängeberg, 426.

’) d’Ängeberg, 428.

*) Brief des 1. Konsuls an GL. Dabrowski (d’Ängeberg, 432): ,.De retour en Europc, citoyen gönöral, j’ai appris avec intörot la conduite que vous et vos braves Polonais avez tenue en Italie pendant la demiere Campagne. Des revers ont obscurei un instant la gloire de nos armes, mais tont nous promet qu’elle brillera bientöt d’un nouvel

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Just.

er die Opfer, den Mut und die Ausdauer der Legionen, von denen nur Trümmer mehr vorhanden waren, um freilich nur neue Ansprüche zu stellen.

Dubrowski erhielt den Auftrag, 7 neue Infanterie- bataillone und 1 Artilleriel)ataUlon unter dem Namen der „1. pol- nischen Legion” zu emchten. Marseille wiu-de zum Sammel- und Waffenplatz bestimmt. Bereits im Juni 18tX) zählte Dijbrowski bei 5000 Mann unter den Fahnen, w'elche sofort in Italien zur V'erwendung gelangten.

FJien so ra.sch ging die Bildung der ,, Donau-Legion” von statten. Mit 3500 Mann rückte General Kniazewicz ins Feld und trug in der Folge viel zum Siege der Franzosen in der Schlacht bei Hohenhnden am 3. Dezember 1800 bei.

Der Friede von Luueville machte am 9. Februar 1801 dem 2. Koahtionskiieg ein Ende ; der Polen wurde im Friedenstraktate nicht mit einem Worte gedacht. Ihr grenzeidoser Optimismus hatte einen schweren Schlag erhalten. Kniazewicz und viele andere nahmen ihre Entlassimg, Dabrowski aber beschloß auszuhaiTen. Er übernahm das Kommando über die erste Legion, welche Napoleon in den Dienst der cisalpiniachen Republik stellte, w'ährend die Donaulegion unter General Wladislaw' Jablonowski dem neugeschaffenen Königreich Etrurien*) überwiesen wurde. Beiden Legionen sollte jedoch ein trauriges Geschick beschieden sein.

Der Friedensvertrag von .Amiens, am 27. März 1802 unter- zeichnet, machte auch dem Kampfe Frankreichs mit England ein Ende ‘j und der erste Konsul war sofort bedacht, seine kolonialpolitischeu Pläne mit Entschiedenheit in Austiüiruug zu bringen. .'\ls willkommene Verstärkung der Expeditions-

eclnt. Ditos ä vos braves qu'ils sont toujours prösents i ma pensee, que je coinpte snr eux, que j'apprecie leur dövoneraeut pour la cause que nous döfendons, et que je serai toujours leur ami et lour camerade.

') Dasselbe hatte seit 1809 Napoleons Schwester Elisa als Großherzogin von Toscana zur Herrscherin und kam 1811 wieder au das Haus Habsburg zurück.

*) Freilich nur für kurze Zeit, denn schon am 20. April 1803 kün- digte der englische Gesandte in Paris Lord Whitworth den Frieden auf. Nach einer eiiyährigen Pause begann der Krieg von neuem, der bis zu Napoleons Sturz nicht mehr enden sollte. Die nächste Folge der Feindseligkeit mit England war der Verlust Domingos.

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Du Herzog^om Warschau.

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truppe für San Domingo'') erschienen ihm die Polen, welche in Erkenntnis der Nutzlosigkeit aller ihrer Anstrengimgen allmähhch Unzufriedenheit an den Tag legten und Napoleon unbequem zn werden anfingen. 6000 Legionäre wurden für diese mörderische Expedition eingeschifft, um für Frankreichs Weltpolitik zu kämpfen. Nur ein kleiner Rest von Infan- terie und die Kavallerie blieben in Italien zmück.

In kurzer Zeit waren die polnischen Reihen gelichtet. Was nicht den Waffen der Neger erlag, raffte das gelbe Fieber dahin. Schon im November 1803 mufiten die Franzosen San Domingo räumen ; kaum 600 Mann waren übriggeblieben, die als Kriegsgefangene der Engländer erat nach dem Pariser Frieden 1814 ihre Freiheit wieder erlangten.

Dies war das Ende der polnischen Legionen ’). Ihr Schöpfer Dabrowski zog sich nach Mailand zurück, um im engsten Kreise der FamUie und alter Waffengetährten aid' eine Zeit zu warten, die ihn wieder an die .Spitze seiner Landsleute stellen sollte. Napoleons Krieg gegen Preußen 1806 brachte die Erfüllung seines Wunsches.

') Auf dom Boden von Hayti hatte Kolumbus die erste Kieder- lassung der Spanier in Amerika gegründet. Die Hauptstadt wurde San Domingo, nach welcher bald die ganze Insel den Namen führte. Die einheimische indianische Bevölkerung war durch die grausame Behänd- hing seitens der Spanier fast völlig vertilgt worden. Ungeachtet der Einfuhr von Negern zum Betrieb des Plantagenbaues wollte die Kolonie nicht gedeihen. Erst als in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts imWesten der Insel französische Niederlassungen entstanden, gelangt« dieser Teil bald zu hoher Blüte. Der Nationalkonvent hatte schon am 4. Eebruar 17W den Negern gleiche Rechte mit den Weißen bewilligt. 1797 wurde der Neger Toussaint l'Ouverture vom französischen Direktorium znm Obergeneral aller Truppen auf San Domingo omannt. Als dieser sich unabhängig zu machen suchte und der Insel eine eigene Verfassung gab. wurde GL. Ledere, der Gatte von Napoleons Schwester Pauli ne, zu seiner Unterwerfung abgeschickt.

’) Aus der Zeit der Legionen stammt Wybickis Lied: „Jeszcze Polska nie zginela”. Sein Gedankengang ist: „Es hat keine Not, Polen wird bestehen. Marsch, Marsch, Dijbrowski! Es ist ein Vergnügen zu leben, zu singen, sich zu schlagen.” Der Marsch, der gewöhnlich für pathetisch gehalten wird, weil er im polnischen Nationalleben eine ähn- liche Holle wie die Marseillaise in Frankreich gespielt hat, ist das sorg- losest«, munterste Lied und spiegelt die Hoffnungen des alten Geschlechts wieder, selbst nachdem der Axtschlag der dritten Teilung gefallen war.

UitteUungen des k. nndk. Kriegsarebivs. Dritte Folge. IV. Bd. B

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Just.

2.Teilnahme der Polen amFeIdzugl806 1807. Grttndnng einer proTisoriachen Regierung nnd Errichtung des Herzogtums.

Als Napoleon den Kampf gegen Preußen vorbereitete, erschien ihm Polen als ein nicht zu unterschätzender Faktor bei fler Durchführung seiner politischen und militärischen Pläne.

Schon am 22. September 1806 ordnete er aus St. Cloud die Emchtung zweier polnischer Legionen (legion du nord i zu .Jülich unter GL. Zajijczek und zu Nürnberg unter Oberst Henry an'). Jede Legion sollte aus vier Bataillonen bestehen und mit der Formierung der ersten Bataillone sofort begonnen werden. Die Kommandanten erhielten Weisung, Pro- klamationen zu erlassen und die Polen, welche unter den Fahnen derTeilungsniächte dienten, zur Desertion aufzufordem, ohne daß jedoch tler Name ,, Polen” erwähnt werde. Die Mannschaft solle der französischen gleichgehalten uiul nur am Kontinent ver- wenilet werden, Unteroffiziere ln ihrer fi-iiheren Charge ein- treten können. Da <lie Aufstellung zweier Korp.s zu langsam von statten ging, wurden die beiden Legionen zu einer einzigen vereinigt und gleiclizeitig einige polnische Offiziere aus Italien in die ., Vereinigte Nordlegion” übersetzt *).

Diese Maßnahmen aber versprachen doch einen zu ge- ringen Erfolg, als daß Napoleon nicht noch stä.rkere Hebel in Bewegung gesetzt hätte. Die Erhebung der Polen sollte in großem Stile vor sich gehen und Preußens polnische Untertanen einmütig die Waöen gegen ihren Souverän ergreifen. Hiezu bedurtte es eines starken Impulses, den aber Napoleon selbst zu geben sich scheute. E.s galt daher Männer zu finden, deren Ansehen groß genug war, um die Nation fortzmeißen. Bereit- willig folgten GL. Dijbrowski’^ und Wybicki Napoleons Auftbrderung, sich in seinem Haviptquartier zu Berlin eiiizu- finden. Beide glaubten, trotzdem Napoleon mrr vage Äußerungen üljer die Zukunft ihrer Heimat machte, den Augenblick gekommen, um mit Frankreichs Hilfe den unter-

•) C. d. N, I., Tom. XIII, 217, Nr. 10.858.

•) Ebenda, 26t, Nr. 10.888.

*i Dqbrowski trat bereits Ende Oktober in Berlin ein und wurde vom Kaiser über die Mittel zur Gewinnung Polens, die besten und kürzesten Wege n. a. m. zu Rate gezogen. (Tagebuch Bray, 53.)

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Das Herzogtum Warschau.

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gegangenen Staat wieder hersteilen und in dieser Hofthung die polnische Nation zum Kampfe aufrufeu zu können.

Mehr als D^browski und Wybicki galt aber bei allen Polen Kosciuszko, der in Paris eine Zufluchtstätte ge- funden hatte. Sein Wort, sein Beispiel konnte das Volk zu höchster Aufopferung entflammen, den Aufstand in allen Teilen des imtergangenen Königreiches entfachen. Aus diesem Gnmde wünschte Najioleon auch Kosciuszko gewonnen zu sehen und sollte Fouche denselben zur Reise ins kai.serUche Hauptipiartier bewegen V'- Allein der alte Freiheitskämpfer zeigte sich wenig geneigt, dieser Aufforderung nachzukommen; ohne positive Garantien mochte er sein Vaterland nicht in neue Gefahren gestürzt sehen. Er stellte Bedingungen; auf solche finzugehen, war aber nicht Napoleons Sache. Wolle er nicht kommen, so werde man sich ohne ihn behelfen •).

Napoleon wußte aber wohl, daß Kosciuszkos Name wie ein Schlachtruf alle Polen mitzureißen vermochte und ließ des- halb Proklamationen, mit ,, Kosciuszko” gefertigt, drucken. Diese waren eigentlich überflüssig, denn der Aufruf Dsjbrow- skis und Wybickis vom 3. November’] aus Berlin hatte bereits allgemeine Begeisterung geweckt. „Napoleon, der ünbesiegliche, betritt mit einer Aimee von 300.000 Manu den Boden Polens,” hieß es in derselben. Er werde sehen, ob che Polen wert seien, eine Nation zu sein. ,,Von Euch hängt es also ab, ein Vaterland zu haben. Euer Rächer, Euer Retter i.st da. Beweist ihm, daß Ihr bereit seid, mit Euerem Blute das Vaterland wieder zu errichten. Er weiß, daß Ihr unbewaffnet seid ; er wird Euch Waffen geben.”

*) C. d. N. 1., Tom. XIII, 462, Nr, 11.153 vom .3. November. „Faites venir Kosciuszko; dites-lui de partir en diligenoe pour venir me joindre, mnis secrötoment et soiis un autro uom que le sien. II s’adressera au gendral Dombrowski, ou directement au grand-ma- r4chal Duroc. Donnez-lui tout I’argent dont il aura besoin. Faites partir aussi tous les Polonais qu’il aurait avec lui. Je de.sire que tout cela so fasse le plus secrfetement possible.”

*) C. d. N. I., Tom. XIII, 5S1I, vom 30. November.

„Si Kosciuszko veut venir, bien; Sans cela on so pa.ssera de lui. II serait pourtant bon, qu’il vint.”

’) Anhang I.

3*

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J O t.

So war die allgemeine Erhebung der Polen eingeleitet, die um so größere Fortschritte machte, je näher die franzö- sischen Truppen an die Weichsel rückten. Am 4. November zog Oberst Exelmann mit dem I. Jägerregiment unter dem Jubel der Bevölkerung in Posen ein. Die Straßen waren dicht gefüllt und nur mühsam kam die Tmppevorwärts'). Dqbro wski, der noch am 5. von Davout in Frankfiul. an der Oder empfangen worden war, erließ bereits am 7. aus Posen eine Proklamation*), in welcher er die Bürgerschaft aufforderte, die Anordnungen der sich konstituierenden Kriegsverwaltung imbedingt zu er- füllen, denn nur in schrankenlosem Gehorsam liege der Erfolg.

Auch Davout verfugte sich über Napoleons Weisung jetzt nach Posen. Er hatte den Befehl, strengste Mannszucht in seinem Korps zu erhalten, da es gefährlich wäre, die Polen zu verstimmen *). Er selbst traf am 9. ein (sein Korps im Laufe des 10. und 1 1 . i und gewann die besten Eindrücke, denen er auch in seinen Berichten an den Kaiser Ausdruck verlieh. ,,Alle GeseU- schaftsschichten zeigten nur den einen Wunsch, die jireußische Herrschaft abschütteln zu können*).” Der Marschall schickte ein Detachement nach Küstrin zur Abholung von 3000 Gewehren, welche an die Truppen Dijbrowskis verteilt werden sollten und überwies eine von Oberst Exelmann in den preußischen Kassen Vorgefundene Summe von 40.000 Francs gleichfalls an den Erstgenannten zur Bestreitung der ersten und dringendsten Auslagen für die militärische Erhebung der Provinz. Das Volk konnte kaum den Augenblick erwarten, da es ihm gestattet würde, zu den Waffen zu greifen. Allo angesehenen polnischen Familien versammelten sich in Posen, um Najioleon ihre Auf- wartung machen zu können*). Mehr als 100 Jünglinge aus den besten Kreisen stellten sich als Reiter mit voller Rüstung fürMann

') C. d. H. D., Tom. I, 316, Nr. 211.

’) Kolaczkowski,5.3.

C. d. N. I., Tom. XIU, 491, Nr. 11.196.

*) C. d. M. D., Tom. I, 324, Nr. 216.

*} Kbenda, 329, Nr. 22Ü; Tagebuch Brav, 67. „Der größte Teil des polnischen Adels strömt in Scharen nach Posen. Alles ist in einer Be- wegung, die Davout mit 30.0U0 Mann unterstützen kann. Der Kaiser scheint die Wirkungen dieser ersten Maßregel abwarten zu wollen, bevor er einen definitiven Entschluß faßt.”

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Dal Herzogtam W&rachan.

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nnd Pferd zur Verfügung, um als Führer kleinerer Detachements oder als Ordonnanzen und Kundschafter Verwendung zu finden.

Auf die günstigen Berichte Davouts hin traf Napoleon neue Verfügungen*). Dfjbrowski sollte sechs Bataillone jtmger Leute, wenn möglich aus der Elite der Bevölkerung aufstellen; zu Offizieren Männer ernennen, welche bereits früher in den polnischen Legionen gedient hätten. Die von Küstrin abgeschickten 3000 Gewehre würden den Grundstock der Bewaffnung bilden, weitere 40.000 nachgeschickt imd sukzes- sive verteilt werden. Mündlich habe Davout den Polen von den Bewegungen der „Großen Armee” Mitteilung zu machen und dieselben zm- Erhebung gegen Preußen und Entwaffnung der Warschauer Garnison zu ermimteni. Sobald sie Herren dieser Stadt geworden seien, könnten sie der Unterstützung durch französische Kavallerie sicher sein. Wenn Warschau sich er- hebe, sollte GL. D^browski dahin entsendet werden, um die Nationalgarde und 12 neue Bataillone zu errichten.

Sobald die Insurrektion im Posener und KaUszer Kreis weitere Fortschritte gemacht habe, sei ein Handstreich gegen die Zitadelle von Ltjczyca zu versuchen. Die Städte kömiten Nationalgarden, die reichen Familien des Landes auf ihre Kosten ein Ulaneiu-egiment errichten. Die angesehensten Männer Polens sollten sich vereinigen, um die administrative Leitung und militärische Erhebung des Landes zu organisieren.

Davout hatte bei der Durchführung aller dieser Ver- fugimgen nur mit Hat und ermutigenden Worten Anteil zu nehmen und durchblicken zu lassen, daß sein Kaiser sich nicht früher erklären könne, als bis er die Polen organisiert, bewaffnet sähe und sie „reelle Assistenz” leisten könnten •).

■) C. d. N. I., Tom. XIII, Ö29, Nr. 11.251; 5.S7, Nr. 11.258. Marschall Launes urteilte freilich anders. Mau dUrfe die lilaünahmeu der Polen nicht nach dem Enthusiasmus einiger Edelleute beurteilen, die aus Lust zu Geschrei und Neuigkeiten nach Posen gekommen seien. Im Grunde seien die Polen leichtfertig, uneinig, anarchisch. Wollte man ihre Nation wiederherstelleu, so würde man unnütz französisches Blut für ein Werk ohne Sicherheit und Dauer vergießen. (Thiers, VII, 213.)

') In ähnlicher Weise äußerte sich Napoleon auch vor der am 19. November in Berlin eingetrofieneu polnischen Deputation. „Frankieich habe die Teilung Polens nie anerkannt. Sobald er 30.000 bis 40.000 Polen unter Waden sähe, wolle er ihre Unabhängigkeit proklamieren. Ihr

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J n t.

Napoleons vage Versprechungen erfüllten trotzdem die Gemüter vieler Polen mit froher Hofthung auf eine glanz- volle Zukunft. Der Moment schien gekommen, für Freiheit und Vaterland die 'Waffen führen zu können. Gar bald sollte aber der ruhig und nüchtern denkende Teil der Patrioten erkennen, daß die Nation Kraft und Gut nicht für ein großes „Polen”, sondern für ein „ridicule duche de Varsovie” ' > einsetzte.

Die Proklamation Dabrowski.s vom 3. November war von größter Wirkung gewesen. Aus allen Teilen des Landes strömten FreiwiUige herbei. Die französischen Armeebulletins erschienen fortab in den Tageszeitungen auch in polnischer Sprache und erweckten freudige Zuversicht. Die Begeisterung en'eichto ihren Höhepmikt, als Naiioleon am 27. November in Posen eintraf. Die Stimmung der Bevölkerung befriedigte ilm im höchsten Maße*). General Zajqczek erhielt die Weisimg, die beiden Nordlegionen zu vereinigen und nach Posen zu führen, Murat aber sollte mit den Korps Davout, Launes, Augerau und der Reservekavallerie nach Warschau Vorgehen. Am 27. stand Murat bereits vor dieser Stadt, welche die russischen Truppen geräumt hatten, und hielt am 28. unter allgemeiner Begeisterung seinen Einzug. Zwei Tage später erschien auch Davout.

Die polnischen* Frei wiUigen hatten inzwischen die fran- zösischen Tnippcn wirksam imterstützt. Berittene versahen Patrouülendienste oder überfielen kleinere preußische Kom- manden und Kuriere. Cz^stochöw, welches mit ihrer Hilfe den Franzosen in die Hände gefallen war, bekam eine j>olnische Besatzung *1, selbst das starke Lqczyca hatte sich ergeben. Der

Schicksal sei in ihre Hand gelegt. Er habe bereits den Befehl gegeben, daU sich die Polen, die in Italien und anderwärts stünden, mit ihnen vereinigten.” Dieser Befehl Napoleons kam freilich erst sehr spät zur Ausführung. Siehe in der Folge die ,,L6giou polacco-italicnne”. (C. d. N. I., Tom. XIV, 5, Nr, 11.339 und d'.Vngeberg, 449.)

') Niemcewicz, 351.

’) C. d. N. I., Tom. XIII, .581, Nr. 11.318 : „Les Polonais sont animis de la meUleure volont4. Ils forment des compagnies ä pied et k cheval avec une grande activite. Ils montrent une grande ardeur de re- couvrerlcur indipendauce: la noblesse, le clergd, lespay.sans ne faut qu'un.”

•) C. d. M. D., Tom. I, 356, Nr. 237. 100 Mann unter Kommando eines Hauptmanns. (C. d. W. D., Tom. I, 360, Nr. 239.)

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Dm Henogtun Warfobaa.

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französische Kommandant des Platzes Major Perriii stellte bis zum 1. Dezember vier Kompagnien Polen zu je 100 Mann auf, die mit Waffen und Uniformen beteilt, täglich zweimal im Ge- brauch der Waffen geübt wurden, und formierte über Davouts Befehl noch weitere drei Kompagnien in Kalisz, welche zur Verstärkung der Garnison von Czqstochow herangezogen wimden.

Mit dem Einmarsch der Franzosen in Warschau trat nun der Mann in den Vordergrund, der sich bis dahin den poli- tischen und militärischen Ereignissen femgehalten hatte und bald die erste Stelle in der polnischen Armee einzunehmen berufen war Fürst Josef Poniatowski, der Keffe des letzten Königs von Polen. Wenn Kapoleon auf St. Helena von ihm sagte, er sei der wahre König von Polen gewesen so kann es nicht wundem, daß die gleichzeitige und spätere polnische Literatur sein Charakterbild mit den leuchtendsten Farben ausgestattet, ja mit einem Schimmer von Eomantik umwoben hat. Die Schilderung eines Zeit- genossen *) möge hier sprechen : „Gott hat niemals eine

schönere Seele geschaffen und ihr eine edlere Hülle ver- liehen. Der Fürst war das wahre Ideal eines Ritters mit dem Zauber von Edelmut, Makellosigkeit, Güte und Zugänglich- keit, die sich in seinem Antlitz und jeder Bewegung ausprägten.”

Wie sein Vater’) war, auch Fürst Josef Poniatowski mit 18 Jahren igeboren 7. Mai 1762 zu Warschau) als Unter- leutnant beim damaligen 2. Karabinierregiment Erbprinz Franz, dem heutigen Kaiser Franz-Dragonerregiment Nr. 1, ein- getreten, welches damals in Brandeis an der Elbe stand. Der Fürst versah seinen Dienst mit großer Pünktlichkeit, galt als vorzüglicher Beiter tuid gab wiederholt Beweise persön-

Las Casos, Memorial, 223: Nous parlions de la Pologne ibranläe ä la Toix de l’Empereur, des rois auxquels nous lävions cruo destinee: chacun nommait le sien. L'Empereur. qui avait gard6 le .silence, l’a inter- rompu en disant: „le vrai roi de Pologne, c'etait Poniatowski; il en reunissait tous les titres et il en avait tous les talent.s.”

’) KoZmian, Tom. II, 95.

•) Fürst Andreas Poniatowski war bereits als Hauptmann im Aller von 23 Jahren wegen seines außerordentUohen Mutes in der ersten Promotion vom 7. März 1758 mit dem Ritterkreuz des MTO. »usgezeichnet worden. Er starb 1773 zu Wien als Feldzeugmeister; 'lessen Gattin Therese, eine geborene Gräfin Kinsky, 1806.

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Just.

lieber Bravour, so daß er bereits 1784 zum supemumerären Major im Regimente ernannt wiu-de '). Im Türkonkrieg unter Kaiser Josef EI. 1788 weilte er als Adjutant de.s Kaisers im Hauptquartier vor Schabatz.

Als am 21. April zwei österreichische Stiu-mkolouneu gegen Schabatz vorrückten, steUte sich Poniatowski selbst in die Reihen und bewies die tapferste Haltung. Zwei Tage später nahm er wieder an dem Sturm gegen die Zitadelle teü, ward hiebei verwundet imd nach Semlin gebracht. Über Befehl seine.s königlichen Oheims verließ er, von seiner Verwundimg genesen, den österreichischen Dienst und begab sich nach Warschau.

Die nächsten zwei .Jalire trugen ihm wohl manchen Tadel des Königs Stanislaus August ein. Poniatowski stürzte sich in den Strudel des geselligen Lebens der Haupt- stadt, sein Name war in aller Mund. Seine Art, sein Wesen wurden nachgeahmt; er war der Held des Tages, umworben und geliebt von aller Welt *). Seine ritterliche Soldatennatiu' g;ing aber in diesem Wirbel von Vergnügungen nicht unter. Die politischen und müitärischon Ereignisse nach der Pro- klamiemng der Konstitution vom 3. Mai 1791 bereitetenden Tagen sorglosen Genußlebens ein Ende. Mit voller Hingabe und seiner großen Aulgabe bewußt, übernahm er das Kommando über die polnische ,\rmee in der Ukraine. Erbittert verließ er die Heimat, als der königliche Befehl ihn ziu- Einstellung der Feindseligkeiten gegen die Russen gezwungen hatte, imd nahm seinen Wohnsitz in Wien. Erst die Erhebung unter Kosciuszko führte den Fürsten nach Warschau zurück. Nach der Einnahme der Stadt durch Suworow und der Auflösiuig der Armee scldug Poniatowski die glänzenden Anerbietungen der Zarin Katha- rina zum Übertritt in russische Dienste aus, begab sich nach Wien und kehrte erst nach der .Abdankung des Königs nach AV ar- schau zmück, das bereits von ])reußischen Truppen besetzt war.

Er wohnte in seinem Palais „pod blachq” ’i, stand mit den preußischen Behörden im besten Einvernehmen und

') Geschichte des 1. Uragouerregiments. Die Ranglisten führen den Fürsten Josef 1781 als Dnterleuinant, 1782 als Sekondrittmeister, 178.3 und 1784 als Premiorrittmeister an.

*) Ko^mian weiß darüber viel Amüsantes zu erzählen. Tom. ll,9j.

*) So genannt wegen seines Blechdaches.

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Das Hersogtum Warsoban.

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ward voll der deutschen Gesellschaft \vegen seiner persön- hchen Liebenswürdigkeit hoch geschätzt. Sein Haus war der Mittelpunkt der Ausländer, wenn auch die Jugend der pol- nischen Hocharistokratie immer beste Aufnahme fand. Die Konversation wurde nur französisch geführt, was ihm freilich von den polnischen Patrioten sehr verübelt wiu-de. Als Poniatowski während der Anwesenheit des Königs Friedrich Wilhelm IH. und seiner Gemahlin in Warschau bei Hofe erschien und selbst glänzende Festlichkeiten veranstaltete, wurden die Angriffe gegen ihn immer heftiger *). Seine Haltung ver- mochten sie jedoch nicht zu ändern, denn als Pole fühlte sich der Fürst, mit seiner Heimat verwachsen, auch wenn er im gesellschaftlichen Leben sich nicht der Landessprache bediente. Als des Krieges eherner Schritt erdröhnte, da zeigte der viel Gelästerte, daß sein patriotischer Sinn nicht erloschen, daß er zur Stelle sei, wenn das Vaterland seiner Dienste bedurfte.

Die Vorhut Murats hatte sich Warschau genähert, unter Vernichtung der Schiffbrücke waren die russischen Truppen nach Praga abgezogen. Da erwartete Fürst Poniatowski mit einer städtischen Abordnung am 28. November die Franzosen vor den Toren der Stadt, deren Schlüssel er feierlich übergab. Er kehrte hierauf in sein Palais zmück, zog polnische Generals- uniform an und erschien nunmehr vor Murat als Rei)räsentant der wiodererstehendon polnischen Armee, welche die franzö- sischen Waffenbrüder begrüße.

Der Empfang Murats wurde im 36. ArmeebuUetin mit glänzenden Farben geschildert*). Der Enthusiasmus der Polen sei unbeschreiblich. Der Adel verlasse seine Schlösser, biete seinen Reichtum, seine Kinder, seinen Einfluß an und bitte laut um Wiederherstellung des Staates. Die Vaterlands- hebe der Polen sei gestählt durch das Unglück, ihr sehn- lichster Wimsch wieder eine Nation zu werden. Die gebildeten Stände sprächen französisch, die Landbevölkerung hebe Frankreich. Bald würden 60.000 Polen unter W aflen stehen.

b Koimian fuhrt einen Spottvers aus jener Zeit an: ,,Jeszcze polak po polsku i pisze i czyta Bo nie cala Warszawa jest blachf^ pokryta.” (Noch schreibt und liest der Polo polnisch, denn noch ist nicht ganz Warschau mit Blech gedeckt.)

•) C. d. N. L, Tom. XIV, 2, Nr. 11.332 ; 10, Nr. 11.349 ; 2, Nr. 11.333.

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J U 8 t.

Die Opferfreudigkeit der Nation anzuerkennen, anzu- nehmen, ja auszunutzen, zögerte Napoleon nicht. Er gab aus politischen Gründen sogar übertriebene Hcjiilderungen von der Begeisterung und Leistungstähigkeit des Landes, eine bindende Zusage jedoch zu machen, was Polen von ihm erwarten könne, wies er zurück. Wer eine solche verlange, sei ein Egoist, von wenig Vaterlandsliebe erfüllt. Arithmetisch ließe .sich die Wiederherstellung Polens nicht berechnen. Er beabsichtige nicht, mit demselben ein Mitglied seiner Familie auszustatten, denn an Kronen für diese mangle es nicht')- Ob die große Nation wieder zum Leben erstehen werde? Gott allein, welcher die Geschicke lenkt, könne über dieses große politische Problem entscheiden*).

Diese Zurückhaltung Napoleons machte viele einsichtige und weiterbUckende Politiker stutzig, die Masse des Volkes aber glühte vor Verlangen, unter die Fahnen zu treten. Wie ein FrühUngssturm ging das Kriegsgetöse durch das Land, die Hoffnung auf Selbständigkeit weckend, welche die preußische und russische Herrschaft wie unter einer Schneedecke begraben hatte. Die Feinde Napoleons waren ja auch die alten Feinde Polens. So schwanden alle Bedenken und sohrankeiüos vertraute sieh die polnische Nation der Führung des Imperators an.

Lbesem aber lag die Zukunft des Landes wenig am Herzen. Warschau war besetzt, Thoni durch das Korjis liannes genommen, die Weichsel nunmehr zur Operations- basis weiterer Offensivbewegungen geworden. Polen hatte jetzt die „Große Armee” mit Lebensmitteln zu versorgen und an Streitkräften so viel als irgend möglich aufzubringen.

Zu diesem Zwecke erließ Murat bereits am 1. Dezember ein Dekret zur EiTichtnng einer ,,])olnischen Verwaltung in Warschau für die wiedergewonnenen Landesteile *i”. Die früheren preußischen Ämter, und zwar die kgl. Kriegs- und Domiüienkammern sowie die Regentschaftskammer wurden beibehalten und um 14 Mitglieder vermehrt.

h C. d. N. I., Tom. XIV, 11, Nr. 11.350. ’) Ebenda. 2, Nr. 11.332.

*) d'Angeberg, 453.

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Das Herzogtum Warschau.

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Die Funktionen der ersteren wurden durch Errichtung einer ..Kommission für Ajrprovisionierung” erweitert, welclie als Zentralstelle die zur Verpflegung des Heeres erforder- lichen Weisungen den einzelnen Kammern erteilen und die Ausführung durch einen eigenen Kommissär übei-«'achen sollte. Die allgemeinen Anordnungen des Kaisers wurden der Kommission durch den französischen üeneralintendanten erteilt, General Belliard zum Stadtkommandanten von W^arschau ernannt und überdies zwei Intendanten dahin entsendet, um den Verwaltungsapparat in Gang zu setzen.

GL. Dijbrowski hatte schon früher in allen Städten des Posener Kreises, in denen polnische Abteilungen aufgestellt worden waren, Polen zu Beamten eingesetzt. N ajioleon zögerte jetzt nicht, die Vertreibung der ])reußischen Beamten gutzu- lieißen. Um «lern öffentlichen Geiste die von ihm gewünschte Richtung zu geben’), sclückte er Josef Wybicki, der sich als Anhänger der Konstitution von 1791 im ganzen Lande der größten Sjunpathien erfreute, auch nacli Warschau. Es war eine glückliche "Wahl, denn wie kein Zweiter ver.stand es Wybicki, hoch und nieder zu Opfern auf dem Altäre des Vaterlandes zu begeistern.

Am 18. Dezember nachts war Napoleon selbst in Warschau eingetrofien und hatte das königliche Schloß be- zogen. Dichte Volksmassen sammelten sich schon am Alorgen des 19., um den großen Schlachtensieger zu erldicken, allein der Kaiser blieb unsichtbar. Erst gegen 4 Uhr nachmittags begab er sich zu Pferd an das Weichselufer zu einer Peko- giiosziening und kehrte sodann ins Schloß zurück, wo er die Deputationen der Sta<lt und zahlreiche Mitglieder des ehe- maligen Reich.stages empfing.

Mit Dekret vom 14. Januar*) wurde an Stelle der von Murat angeordueten Verwaltung eine ,,])rovisorische Regie- rang'’ für die Zeit, bis das Schicksal Polens durch einen De- finiti\'frieden geregelt sein würde, eingesetzt. Diese bestand aus einer Kommission von sieben Mitgliedern und war mit den größten Machtbefugnissen ausgestattet. Mit der Leitung der

>) C. d. N. I., Tom. XIV, 1, Xr. 11.332.

’) Ebenda, 192, Nr. 11.630; d’Angeberg, 457; Anhang II.

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öffentlichen Verwaltnugszweige (Uericht, Inneres, Finanzen, Krieg und Polizei i waren außerdem liinf Männer betraut, auf deren Berichte hin von der Regierungskommission gesetzliche Verfdgmigen erlassen werden sollten. Um der Regierung aber die Möglichkeit zu geben, ihre Fmiktionen überhaupt beginnen zu können, wurden derselben mit Dekret vom 29. Januar ’i alle Steuern Preußisch-Polens zur Erhebung imd Einziehung über- wiesen und von ilem französischen Generalintendanten eine Million Francs ausbezahlt, welche der momentanen mißlichen Finanzlage abhelfeu imd die dringendsten Auslagen decken sollte.

Die Polen erblickten in allen diesen Maßnahmen den ersten Schritt zur Wiederherstellung ihrer staatlichen Selbständigkeit und l>rachten den besten WUlen entgegen, den Forderungen Napoleons an Geld- und Blutsteuer zu entsprechen. Napoleon hatte mit dem Dekret vom 29. in Wahrheit nur die Sorge für den Unterhalt der polnischen Truj>pen auf die provisorische Regienmg übertragen. Diese hatte alle Einkünfte zur Erhaltung der Armee, für die Eirichtung von Magazinen und die Kosten der zivilen Verwaltung zu verwenden. Die Leistung von Kriegs- kontributionen war der Regierung niu’ unter der Bedingung, daß Mehl, Koni, Hafer, Heu zu einer bestimmten Menge in natura gehefert würden*), erlassen worden.

Nach den Dekreten vom 14. und 29. Januar forderte mm Napoleon alle Leistungen als sein Recht, von dem er nicht um Haaresbreite abzugehen geneigt war. Alle Anstrengungen und Opfer, die gebracht wurden, dünkten ihm gering. Er tadelte nicht bloß die Mitglieder der Regierung, welche ihren Pflichten sclilecht naclikämen, sondern erging sich in heftigen Worten auch gegen den Mann, dem er selbst die oberste militärische Verwaltungsstelle übertragen hatte, gegen den Fürsten Poniatowski *).

Erst auf den strikten Befehl Napoleons, welchen Murat dem Fürsten übermittelte, hatte dieser die ebenso schwere, als

') C. d. N. I., Tom. XIV, 257, Nr. 11.732.

*) Ebenda, Tom. XIV, 5Ü0, Nr. 12.206.

’) Ebenda, Tom. XIV, 331, Nr. 11.873. „Ce bureau de la guerre de Varsovie ne läit rien, et laisse desorganiser l’armee polonaise.”

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undankbare Last der Organisation und der administrativen Leitung der Armee anfangs Dezember übernommen.

Es war ein dornenvolles Amt, zu dem Poniatowski zwar den besten Willen *), aber wenig Eignung mitbrachte. Au der Spitze seiner Truppen konnte er durch persönhche Bravour begeistern und mitreiÜen stetige, genaue Kanzleiarbeit war ihm jedoch fremd geblieben. Seinem Wesen waren Güte, ja viel- leicht Schwäche eigen, während gerade die Zeit einen Mann forderte, der im stände gewesen wäre, mit starker Hand die neu erstehenden Truppenteile zu einem einheitlichen Ganzen zu verschmelzen. Die eigenartigen Verhältnisse, die ihn zwangen, in Warschau zu bleiben luid keinen direkten Anteil an den kriegerischen Ereignissen zu nehmen, während die Generale Dabrowski und Zajaczek die neuaufgesteUten Regimenter als Divisionsgenerale in den Kampf führten, hinderten ihn, gerade diesen beiden gegenüber mit Strenge auf die Durch- filhnuig seiner AVeisungen zu dringen. Die öffenthche Meinung hatte Dqbrowski an die erste Stelle der Armee gesetzt, auch Zajaczek galt als berufene Autorität. Poniatowskis Emen- mmg bedeutete für beide eine Enttäuschung, die zu verhehlen sie gar nicht bemüht waren. Während aber der erstere um der nationalen Sache willen sich wenigstens scheinbar unter- ordnete, blieb Zajaczek ein offener Gegner des Fürsten. Es gelang Poniatowski nicht, ständige Rapporte von beiden Generalen zu erhalten*); Zaj fjczek kündigte ihm gänzlich den Gehorsam imd erklärte dem Fürsten rundweg, in administra- tiven Angelegenheiten nur durch seinen Generalstabschef Kossecki verkehren zu wollen; in anderer Beziehung wolle er aber mit ihm ein für allemal nichts zu tun haben*).

') Talleyrand, welcher damals in Warschau neben seinen diplo- matischen Geschäften nahezu auch die Agenden eines Generalintendanten za versehen hatte, stellt dem Fürsten in einem Bericht an Napoleon das beste Zeugnis aus. Poniatowski könne nicht mehr Eifer und Er- gebenheit an den Tag legen, als er schon tue. (L. i. d. Tallevrand, 313, Nr. 237.)

’) L. i. d. Talleyrand, 312, Nr. 2.37 :

,J1 CSt fort mal secondÄ, et (juelqu’eflbrt qu’il fasse, il ne peut pas obtenir une correspondence suivie de In part des corps qui sont ä l’armÄe.”

*) Anhang 111. (Wj’bicki, Pami^tniki, 245.)

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Just.

Es war ein hartes Amt also, das der Fürst gegen seine Neigungen übernahm nnd das er doch in der uneigennützigsten Weise auszufüllen bestrebt war. Selbst seine Uegner muüten die makellose Reinheit, die nie persönlichen Clewiim erstrebte, zugeben i.

Trotzdem konnte er Na])oleou nie zufriedenstellen. „Meine Grölie ist nicht auf die Hilfe einiger tausend Polen gegi-üudet,” schrieb derselbe an den Großherzog von Berg am 2. Dezember 1806 In der Unterstützung durch Truj)pen spielt Polen für den Kaiser der Franzosen eine ganz untergeordnete Rolle ; die Ressourcen des Landes sind es in erster Linie, die er begehrt, um die „Große Armee” zu unterhalten, nachdem er die Weichsel zur Operationsbasis gemacht hat. Er weist Talley- rand an, der provisorischen Regierung begreiflich zu machen, daß die Subsistenzfrage wichtiger sei als die mihtärische. ..Die Geschichte Etmopas und die größten politischen Kalküls hingen von Lebensmitteln ab Aus diesem Grunde habe die Regierung den größten Eifer und Patriotismus zu erwecken, und müsse alle Mittel gebrauchen, um seinen Forderungen zu genügen. Diese waren aber ungeheuere *). Er verlangte am 12. Mürz 1807, daß von Warschau nach Osterode innerhalb sechs Tagen 300.000 Brotportionen und 20.000 Pinten “) Brannt- weiii geschaft’t würden. ,. Könne der Patriotismus der Polen dies nicht zu Staude bringen, so seien sie zu nichts Großem tauglich®,).”

Solchen Ansprüchen konnte Poniatowski nicht gerecht werden. Behörden und Ämter mit jungen, neuen Beamten waren für ilire Aufgaben weder geschult, noch denselben ge- wachsen, denn sie hatten kaum Zeit gehabt, einen geordneten Geschäftsgang einzurichten. Die ungünstige .Jahreszeit, die schlechten Straßen, der Mangel an Transportmitteln, an Pferden erhöhten die Schwierigkeiten und führten zu peiidiehen Friktionen.

') Ko^mian, Pamivtniki, Tom. U.

C. d. N. I., Tom. XIV, 11, Nr. ll.im ’) Ebenda, 42.5, Nr. 12.005.

‘) Ebenda, 55, Nr. 11.421; 135, Nr. 11.545.

•) Französisches Hohlmaß, ungefähr 0113 Liter. •) C. d. N. I., Tom. XIV, 432, Nr. 12.015.

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Wenn auch Napoleon im 52. Bulletin 'i erklärte, Polen versorge die Armee und ihre Magazine reichlich, so war er der provisorischen Regierung gegenüber doch ein steter Mahner und harter Gläubiger*) ; für die Nachsicht, die er dem Lande durch den Erlaß der Kontributionen erwiesen hatte, forderte er so hohe Naturalleistungen, daß sie Polen für Jahre hinaus erschöpften.

Li gleicher Weise wie für die Ver[>flegung w'ar Napoleon auch bedacht, die Kantonnements seiner Armee gegen feind- liche Unternehmungen zu sichern, die gewonnene Position an der Weichsel zu verstärken und gleichzeitig weitere t>perationeu vorzubereiten. Napoleons Hauptaugenmerk war auf den Raum gerichtet, den bereits einmal Marschall Moriz von Sachsen*) als den strategischen Mittelpunkt Polens ange- sehen und durch Befestigungsanlagen in großem Stile V'er- teidigungsfähig zu machen geraten hatte, nämlich auf das Land zwischen Weichsel und Bug Narew mit den Haupt- plätzen Warschau-Praga, Modhn und Siero<jk. Daneben sollten die kleineren befestigten Orte wie Ltjczyca, CzQstochöw ver- stärkt, Thom aber zu einem haltbaren Hauptdepot der Armee ausgestaltet werden. Mit der Leitung dieser Aid)eiteu betraute Napoleon den General Chasseloup, w'elcher schon am 1. Dezember den Befehl erhielt sich nach L^czyca, dann aber nach Warschau zu begeben, um flie Ai'beiten zur Befestigung von Praga einzuleiten, sodaim den Raum zwischen Weichsel und Bug Narew zu rekognoszieren und Sierock Modliu im M’inter auszubauen ■*). 14 Tage später ergehen neue Weisungen*),

>) C. d. N. I., Tom. XIV, 219, Nr. 11.668.

*) Ebenda, 560, Nr. 12.206.

*) Ein natürlicher Sohn König August II., des Starken, und der Gräfin Aurora von Königsmark, geb. 1696, gest. 1750.

*) C. d. "N. I. Tom. XIV, 7, Nr. 11.H42. Eran9ois,Mar(iuis de Chasse- loup. Laubat (1754 geb., 1893 gest.) leitete bereits vor Main?, alle Belago- ningsarbeiten, gewann 1796 als Oenicchef in Italien Bonapartes vollstes Vertrauen und ward für seine Verdienste bei der Belagerung von Mantua Brigade-, 3 Jahre später Divisionsgeneral. 1807 führte er die Belagerung von Danzig und Stralsund zu Ende. Sein bedeutendstes Werk war der Ausbau von Alessandria. ln der Geschichte der Befestigungssysteme Utsein Name bekannt durch die Verbesserung und Verstärkung des bastio- nierten Umrisses, die er vorschlug mid in einzelnen festen Plätzen teil- weise auch ausfOhrte.

*) C. d. N. I., Tora. XIV, 86, Nr. 11.465; 166, Nr. 11.586.

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die am 8. Januar 1807 auf das Genaueste präzisiert- werden'). Sierock und Modlin sind durch bastionierte Enceinten zu umschließen; bei Sieroqk ist am linken Narew-, bei Modlin am rechten Weichselufer ein Brückenkopf zu errichten. Abgesehen von den bereits bestehenden 8 Bedouten, die ausgebaut werden sollen, ist in Praga noch ein starker Brückenkopf zu errichten: ebenso sin<l die Umfassungsmauern von Thoni wieder her- zustellen und am rechten Weichselufer hier gleichfalls ein Brückenkopf anzulegen.

Napoleon behielt den Fortgang dieser Arbeiten be- ständig im Auge *i, ließ es an energischen Befehlen ziu’ Be- schleunigung nicht fehlen, ohne freüich seine Intentionen gänzlich ausgeführt zu sehen ’i. Die Ursache lag in dem Gang der kriegerischen Ereignisse (8. Februar Schlacht bei Eylaiii, in der Kürze der Zeit, zum größten Teil aber in der Unzulänglichkeit der Arbeitskräfte. Die Belagerung der festen Plätze Preußens Graudenz, Kolberg, Stralsund verlangte tech- nische Mannschaften und die Landesbewohner Polens konnten in einer Zahl, wie sie Napoleon wünschte, nicht aufgebracht werden, denn die waffenfähige Jugend trat in das Heer ein, welches nach des Kaisers Fordennig nicht groß genug .sein konnte, wenn Polen Wiedererstehen solle.

Unter schwierigeren, ungünstigeren Verhältnissen ist wohl nie eine Annee entstanden. Es gebrach eigentlich an Allem. Bereitwillig hatte sich Posen erboten, Tuch für Uniformen, Schuhe, Wäsche, Geld und Naturalien beizustellen, um die unter die Fahnen tretenden Freiwilligen zu bekleiden und auszu- rüsteii*). Dem Beispiel Posens w'ar auch Kahsz gefolgt. Die Opferwüligkeit dieser Städte und des Adels aber konnte den

■) C. d. N. L, Tom. XIV, 166, Xr. ll..')86.

’) Ebenda, 512, Nr. 12.144. „Obervations sur la tete de pont de Praga” und 584, Nr. 12,242.

b War auch nach dem Ab.schlnß des Tilsiter Friedens von der Warschauer ßegierung die Vollendung dieser Anlagen in Angriff ge- nommen worden, so bildeten die Napoleonischen Befestigungen doch die Bollwerke des Widerstandes, so daß im Feldzug des Jahres 1800 Praga, Thorn, CzQstoehöw mit Erfolg gegen die österreichischen Truppen verteidigt werden konnten.

*) d’Angeberg, 147. Declaration des habitants de la ville Posen, adressde au general Diibrowski.

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Geltimaugel ebensowenig beheben, wie die von Napoleon geschenkte MiUion Francs und die Überlassung der Steuern an die provisorische Regierung. Letztere flössen bei der durch den Krieg erzeugten allgemeinen Notlage nur spärlich ein, waren kärgüche Tropfen und kein ergiebiger Brunnen.

Aber selbst wenn es an Geld nicht gefehlt hätte, wäre es schwer gewesen, die Ausrüstung ftir die neuen Truppen zu beschaffen. Die Waft'ensendungen gingen langsam vor sich. Ziu Erzeugung fehlte es an Arbeitskräften und industriellen üutemehmungen. Napoleon ließ wohl aus Küstrin, Glogau, Breslau und Posen Gewehre herbeisehaffen, dieselben waren aber vielfach unbrauchbar und mußten repariert werden. Aus Posen wurden .Säbel imd Pistolen für die Kavallerie geschickt, jedoch in so geringer Zahl, daß Napoleon dem Fürsten Poniatowski sonderbarer Weise wegen der mangelhaften -■Vusrüstung der Truppen seine höchste Unzufriedenheit aus- drückte Noch fühlbarer machte sich der Mangel an Pferde- material, Sattel- und Zaumzeug ; feldbrauchbares Artillerie- material war aber gar nicht vorhanden

Schwierigkeiten solcher Art sollte Poniatowski mit Hilfe von Behörden, die erst seit Wochen bestanden, und mit einem an Zahl geringen, ungeschulten, jungen Beamten- pt'rsoual überwinden. Darüber vermochten alle Hingabe, alle Begeisterung nicht hinwegzuhelfen.

Nachdem bereits Dqbrowski in seinen Proklamationen au-s Posen vom 4. vmd 7. November die militärische Erhebung im einstigen Königreich Polen eingeleitet hatte, übernahm Fürst Poniatowski anfangs Dezember die geregelte Leitung der ,\niieeorganisation. In einer Proklamation vom 7. Dezember’/ forderte er alle früheren ])olnischen Oi'fiziere auf, mit ihren von König Stanislaus August ansgestellten Diplomen sich vorzustellen, um ihren einstmals bekleideten Rang wieder zu ••rhalten. ,,Im Schatten der Lorbeeren des großen Kaisers Napoleon erstehe ihr gemeinsames Vaterland wieder. Im Vertrauen auf den unbesiegbaren Monarchen mögen sie dem Rufe des Vaterlandes folgen und eine glorreiche Pflicht erfüllen.’’

b C. d. N. I., Tom. XIV', 327, Xr. 11.HÖ4.

•) T. 1. i. ä N. I., 331, Nr. 245.

•) Anhang IV.

Mitteilangen des k. und k. Kriegserrhivs. Dritte Folge. IV. Bd. 4

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Den Mangel an Offizieren, noch mehr aber an Unter- offizieren konnte diese Proklamation nicht beheben i. Es fehlte aber auch an alter Mannsehaft. Von französischen und polnischen Schriftstelleni wird häutig behau])tet, den Riihmen für die neue polnische Armee hätten die Legionen ans Italien gebildet. Diese Annahme ist unrichtig. Die polnischen Legionen waren, wie in der Einleitung dargestellt worden, in den Kriegen gegen die 1. und 2. Koalition, wie auf San Domingo fast völlig aufgerieben worden. Die am 19. November I80G der polnischen De|)utation in Berlin von Napoleon gemachte Ver- heillung, die Polen aus Italien würclen in Kürze sich mit ihren Landesbrüdem vereinigen, war ebensowenig in Erfüllung ge- gangen, wie die Vereinigung der Nordlegion*). Es waren fast

') Am 27. Februar noch stehen in Osterode zwei polnische Kavallerieregimenter ohne jedwede Organisation und doch verfügt Napoleon am gleichen Tage, dali Fürst Pouiatowski alles, was an Reiterei in den verschiedenen Städten liege, unverzüglich dahin nbschicke. (C. d. N. L, Tom. XIV, 49, Nr. 11.897.) Es ist wahrlich nicht wunder- zunehmen. daß es dieser Truppe an Disziplin und innerer Festigkeit gebrach. Poniatowski hiefür allein verantwortlich zu machen, wäre ungerecht.

’) -Am 5. April 1807 standen ungefähr 2000 Mann Infanterie und 400 Reiter aus Italien in Augsburg, aus denen Napoleon am 6. April die „Legion polacco-italienno” schuf. Dieselbe sollte t> Bataillone in der Stärke von 60(W Mann und ein Lanciorsrogiment mit 1200 Mann bilden. Der MauuNchaftsstand war daher noch zu ergänzen, Pferde in Schlesien zu beschaffen, ebendort auch Sättel und Uniformen anzufertigen. Die alte polnische Tracht wurde beibehalteu, die Kappen zeigten die polnische und italienische Kokarde. Die Reiterei dieser Legion wurde im Observationskorps Jerome verwendet und zeichnete sich am 15. Mai in Schlesien besonders ans. Nach dem Tilsiter Frieden trat die Legion polacco-italienne in französischen Sold, sollte aber „den Polen im Falle eines Angriffes zu Hilfe kommen”. (C. d. N. L, Tom. XV', 33, Nr. 12.305: 37, Nr. 12.315; 246, Nr. 12.604 ; 470, Nr. 12.984.)

Auch die Nordlegion, welche in ihren Reihen alte Legionäre zählte, war bis zum Ende des Krieges unfertig geblieben. Am 8. Januar 1807 stand dieselbe in Magdeburg und wurde später zur Zernierung von Danzig und Kolberg verwendet. Nach Thiers Angaben bewies sie viel Mut, aber keine Festigkeit, da ihr eine ausreichende Organisation gemangelt habe. Noch am 23. Juni 1807 beschäftigte sich Napoleon mit derselben, da sie „weder Offiziere noch Unteroffiziere besitze.” (C. d. N. I., Tom. XV 30, Nr. 12.301: Tom. XIV, 213, Nr. 11.663 ; 285, Nr. 11.680.; Tom. XV, 364, Nr. 12.807.; Thiers, Vil, 396.1

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durch'wegs Rpkrnten, die freiwUig unter die Fahnen traten und nach kiuTser militärischer Ausbildung, schlecht bewalinet und bekleidet, vor den Feind gingen. Die von Napoleon am 2. Januar 1807 gegebene Gliedening des polnischen Koq)s •) kam nur teilweise ziu" Ausführung. Die halbfertigen Regi- menter und Bataillone, deren Verbände wegen der geringen Zahl von Offizieren und Unteroffizieren innerlich ungefestigt waren, wurden zu besonderen Köq)eni vereinigt und sofort gegen den Feind geschickt.

Den Grundstock der polnischen Armee bildeten die bereits im November 1806 von General Dijbrowski im Posener Kreise gesammelten Truppen (die Posener Legion i in der Stärke von zirka 6000 Mann. Dieselben wurden in Bromberg konzentriert und zur Verstärkung des ifanzösischen Ein- schließiingskoqts unter Marschall Lefebvre bestimmt. Der Kommandant von Danzig, GFM. Kalkreuth, hatte eine Abteilung von ungefähr 6000 Mann nach Dirschau geschickt, um die.sen wichtigen Posten zu halten. Am 23. Februar gritf D^browski die Preußen an, bemächtigte sich im Sturme des Ortes und erbeutete sechs Kanonen *). Die polnischen Rekruten hatten die Feuertaufe erhalten, mehrere himdert waren gefallen. Dijbrowski selbst ward verwundet und über- gab das Kommando an General Gedroycz, welcher die Division vor Danzig führte. Hier gaben die Polen wiederholt Beweise ihres Mutes®), wde am 20. März imd besonders am 15. Mai. an welchem Tage sie den Vorstoß der Rus.sen von Weichselmünde gegen Danzig erfolgreich abwehrten. Nach der Kapitulation von Danzig am 27. Mai trat die pohiische Division mit einem

’) Anhang V.

*) Höpfner, III, 349.

*) Im Gegensatz zu den Schilderungen Thiers, welcher den Polen Gerechtigkeit widerfahren läßt : „Los Polonais avaient du zele, mais aucune habitude de la giierre. Les soldats de U legion du Nord, trbs prompte dans les atta<jues, se dispersaient a la moindre resistance”, weiß Marschall Lef5bvro nur Schlechtes zu berichten. Napoleon tadelte sein auffahrendes Verhalten den Polen gegenüber, rügte seine Ungeduld und empfahl ihiuNachsicht, die billiger- welse geübt werden müsse. (C. d. N. I., Tom. XIV, 569, Nr. 12.219 ; Tom. XV, 48, Nr. 12.a34; Thiers, VII, 413, 48:1.)

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Stand von annähernd 4300 Mann*) unter das Kommando des Marschalls Mortier, Herzog von Treviso, um am 14. Juni unter den Augen Napoleons bei Friedland im Verein mit der Division Zaj^czek als ebenbürtige Kampfgenossen der französischen Truppen mitzukämpfen für die „Gloire” des Im])erators *,i.

General Zajivczek, ursprünglich mit der Formierung der Nordlegion betraut, war über Befehl Napoleons nach Posen geeilt, um die Volksbewaffnung im Kaliszer Krei-se einzuleiten. Die Formierung der Legion war noch nicht beendet, als Teile derselben bereits gegen Graudenz’i und Thom in Verwendung kamen. Am 6. Jfärz gab aber Na])oleoii dieser unfertigen Legion eine andere Bestimmung. Nur eine kleine Abteilung, die nach dem Falle Danzigs um zwei polnische Bataillone vermehrt wunte, blieb vor Graudenz zurück. Die vier Kaliszer und zw'ei Warschauer Bataillone, sechs Geschütze, .sowie die ganze polnische Reiterei sollten ein, .polnisches Observationskori)s'’ unter KommandoZaj aczek s bilden. Dasselbe hatte einen Stand * i von ungefähr 4000 Mann Infanterie und 2000 Reitern, mitdem Hauiitquartier in Neidenburg.

Das Korps sollte die „Grolle .^rrnee” in ihrer rechten Flanke von Allenstein bis Neidenburg und an den Omulew sichern die Reiterei desselben, auch wenn sie noch so schlecht ausgerü.stet wäre, Napoleon die Kosaken vom Leibe halten, die erschöpfte französische Kavallerie ablösen und die Straßen und Wege sichern *i. Zaj aczek habe zu trachten, mit den Kosaken in Fühlung zu kommen und über jede feindliche Bewegung zu berichten. Sein Verhalten

') Hopfner gibt auf Beilage G zu Bit. III als Stand ü Bataillone mit 4000 Mann an, was einer Angabe Liskennes in der Bibliothäque historique, Tom. Vif, 220, gleichkommt, die im Verbände des X. Korp.s au Polen 3041 Mann Infanterie und 520 .Mann Kavallerie ausweist.

«J Thiers, VII, 48.S.

*) Hopfner, IV, 713.

q Nach Thiers, VH, 441 und anderen Quellen, während Hopfner, III, 554, das Korps auf GOOO Mann Infanterie und 3000 Reiter einschätzt.

») C. d. N. I., Tom. XIV, 393, Nr. 11.957; 394, Nr. 11.958; 411, Nr. 11.979; 442, Nr. 12.0.32; 503, Nr. 12.130: Thiers, VII, 441.

') C. d. N. 1., Tom. XIV, 327, Nr. 11.804; 342, Nr. 11.893; 347, Nr. 11.897.

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Daf Heraogtum Warschau.

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fand allerdings bei Napoleon wenig Anerkennung. Wieder- holt erlieü der Kaiser sogar taktische Verhaltungsmaß- regeln an den General, da derselbe zu wenig Offensivgeist bekundete.

Als die Russen um rlie Mitte Mai sich entschlossen hatten, die Besatzung von Danzig zu verstärken, begannen sie gleich- zeitig die Kantonnements der französischen Armee längs der ganzen Front, zumeist aber am rechten Flügel, zu beunruhigen, um die Aufmerksamkeit von ihrer Hauptojieration abzuleuken. Es kam zu kleineren ScharmUtzehi, wie bei Wierzbice, an welchem die Polen so rühmlichen Anteil nahmen, daß sogar das 74. Armeebulletin ') ihrer Erwähnung tat.

Als Napoleon Anfang Juni zur Offensive überging, erhielt Zajijczek den Befehl, nach Gilgenbiu-g abzurücken, diesen Platz für das Korps Davout zu halten und dasselbe beim Vormarsch in der rechten Flanke zu kotoyieren. .A.uf dem Schlachtfeld von Friedland, unter dem Donner der Beschütze feierten die polni-schen Truppen AViedersehen. Nach der Schlacht wuirden die Divisionen Dijbrowskis und Zajaczeks in der Stärke von annähernd 10.000 Maim*) vereinigt und gingen nach Schippenbeil, südhch Friedland, um den Feind noch weiter zu beunruhigen. Der Waffen- stillstand vom 21. Juni machte dem Kampfe ein Endo; die irolnischen Tnippen traten unter das Kommando Mortiers.

Während Djjbrowski und Zajqczek Waffenruhm erwarben, von alt und jung als Helden gepriesen wurden, hatte Fürst Poniatow'ski in wahrer Selbstverleugnung Pflichten erfüllt, die wenig Ruhm, doch um so mehr Mühen, -irger und Vorwürfe einbrachten. Nach Napoleons Weisung vom 28. Januar“) errichtete er die Warschauer Legion in der Stärke von sechs Bataillonen. Nachdem zwei derselben das polnische ,,OVjservationskoT|ts” verstärkt hatten, verblieben die anderen als Besatzung in Warschau und Praga. Die Redouten Von Praga wurden durch ein Bataülon besetzt, ein Bataillon bewachte die Schiffbrücke zwischen beiden Orten, die rest- lichen zwei Bataillone versahen tlen inneren Dienst.

>) C. d. N. I., Tom. XV, 232.

*) Thiers, VII, 497.

’) C. d. N. I., Tom. XIV, 242, Nr. 11.706.

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Die provisorisclie Eegiemng war ihren Verpflichtungen redlich nachgekommen. Sie hatte die Veq)flegung der „Grollen Armee” ermöglicht und au Trup])en im Verlauf des Feldzuges wohl 16.000 bis 17.000 Mann aufgestellt ’i.

Den Wert einer solchen Hilfeleistung kann nur eine millgiuistige Beimteilung heraVisetzen. Als Besatzungs- und Zemierungstruppeu hatten die Polen Erspriellliches geleistet, im Felde redlich ihren Mann gestellt; ihre Opferwilligkeit anzuerkennen, gebot nicht politischer Takt allein, sondern natürliches Gerechtigkeitsgefülil.

Noch vor AbschluÜ des F riedens erhielt F ürst Poniatowski die ihm von Preullen seinerzeit konfiszierten Besitzungen am rechten Weichselufer der Starostei Wielona zurück, Dijbrowski wurde mit der Herrschaft Winnagöra*) im Posener, Zajaczek mit Opatowek im Kaliszer Kreise heschenkt’).

Nachdem Napoleon die Hypothekarforderungen des Königs von Preußen auf seinen früheren ]>ohiischen Besitz

') Die Schätzung Hopfners, III, 550, der bereits im April Ober 27.000 Polen unter den Waffen wissen will, ist übertrieben. Richtiger sind Thiers Angaben, wonach die Stärke der Truppen bei 16.000 Mann ausmachte. Aua Napoleons Korrespondenz ist ein klares Bild nicht zu gewinnen. Die War.schauer Legion z. B. sollte (L. i. d. Talleyrand, 245, Nr, 331) eine Stärke von 12.865 Mann .besitzen, zählte aber gegen Mitte März kaum 7500. Das grellste Beispiel über- treibender Ungenauigkeit bieten aber Napoleons Angaben über die zu errichtende Nobelgarde, die in der Korrespondenz wiederholt angeführt wird, und zu der Poniatowski kaum 40 Mann zusammenbracUte. (L. i. d. Talleyrand, 332 und 4.3.3, Nr. 245 und 293.)

') Hier starb auch der General im Alter von 63 Jahren am 6. Juni 1S18, nachdem er seit 1815 sich völlig zurückgezogen hatte. Nach Kotaezko wskis Schilderung war er von starker Konstitution, groß, heiter, umgänglich im privaten Verkehr, im Dienste aber ver- schlossen und viel fordernd. Er galt als „Vater der Soldaten”, steigerte aber seine Ansprüche in Zeiten der Gefahr aufs höchste. Er liebte es mit Turenne verglichen zu werden, dem er n,aoheiferte. Davout fällte über ihn ein weniger günstiges Urteil (C. d. M. D-, Tom. I, 345, Nr. 228); „Le gendral Dorabrowski cst plein de bonne volonte, mais il a peu de töte et de mämoire, il ne sait rien. II s’en faut de beaucoup, qu’il jouisse dans ces pays de la consideration de Kosciuszko.”

*) Außer diesen Schenkungen an die genannten polnischen Komman- danten hatte Napoleon auch die eigenen Generale für ihre Dienste im ,.polni.schen Feldzuge” reich belohnt, ohne freilich die Finanzen Frank- reichs zu belasten. Er behielt Krongüter im Schätzungswerte von

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Dm Ilerao^um Warschau.

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für sich selbst reserviert hatte'), erötfnete er am 7. .Juli ohne vorhergegangene Verabredungen dem König Friedrich August von Sachsen, der seit dem Posener Friedensschluß vom 11. Dezember 1806 aus einem Verbündeten Preußens ein ergebener Rheinbundfürst geworden war ®), daß er Polen mit Sachsen vereinige und demselben eine Konstitution gebe, welche die Ruhe und die Freiheit dieses Volkes sichere ’).

Das Königreich Polen sollte nicht wieder erstehen ; der Tilsiter Friedensvertrag schuf ein ..Herzogtum Warschau” mit einem Flächenraiun von 1851 Quadratmeilen und zirka 2'/s Millionen Einwohnern ■*). Dies war Napoleons Dank- geschenk an die i)olnische Nation.

26Vi Millionen Francs zu deren Beteilung zurück. Davout allein erhielt die Herrschaft Lowicz im Worte von 4,831.238 Francs. (C. d. X. I., Tom.X V, 377, Nr. 12.838; 378, Nr. 12.839 ; 470, Nr. 12.984.) „27Marschällcu und Generalen hat er [Napoleon] die Domänen des Königs in Polen verschenkt und dem Sachsenkönig das ausgesogene, luizufriedene Land, was so betrogen ist, wie noch keine.s," schreibt Königin Luise von Preußen aus Memel vom 5. August 1807 an ihren Bruder. (Briefe der Königin Luise an ihren Bruder Erbprinz Georg von Mecklenburg-Strelitz; veröifentlicht von Paul Bailleu im Bd. CV, 191)0 der „Deutschen Rundschau’’ von Julius Rodenberg, 363 bis 397.)

') C. d. N. I.. Tom. XV, 377, Nr. 12.838 ; 378, Nr. 12.839 ; 470, Sr. 12.984 ; 481, Nr. 13.007 und d’Angeberg, 482: Artikel IV der Konvention zwischen Frankreich vmd .Sachsen vom 22. Juli 1807.

’) SacKsen hatte zu Beginn des Feldzuges als Verbündeter Preußens Truppen in der Stärke von 19.400 Mann aufgestellt, die in den Verband des Prinzen Friedrich Ludwig von Hohenzollern-Ingelfingen traten. In der unglücklichen Schlacht bei Jena hatten zwei sächsische Brigaden lange Zeit standgehalten, bis sie schließlich noch immer kämpfend von Murat teils zersprengt, teils zusammengehauen wurden. In der Ver- folgung seines Sieges suchte Napoleon Sachsen von Preußen abzuzieben und schloß mit dem Kurfürsten einen gnädigen Frieden. Friedrich August erhielt den Königstitel und trat dem Rheinbund bei. Bereits am 4. Februar 1807 rückten 6000 Mann sächsische Tnippen unter General von Polonz ins Feld, um als Bundesgenossen der- jenigen, die vor wenigen Monaten ihnen als Feinde gegenübergestanden, gegen ihren früheren Freund zu kämpfen. Ihre nächste Bestimmung führte sie vor Danzig, an dessen Belagerung sie rühmlichen .\nteil nahmen, der weitere Gang der Ereigni.sse auf das Schlachtfeld von Friedland. 8iehe darüber auch Tagebuch Bray, 60, 56, 56.

») C. d. N. I., Tom. XV, ;i04, Nr. 12.872.

•) Anhang VI und Weiß, X, 1, 160.

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II. ABSCHNITT.

Das Herzogtum Warschau bis zum Eintritt in den Kampf mit Österreich im April 1809.

1 . Politische Bedeatung, Verfassung, Verwaltung nnd Armee des Herzogtums.

Nach Absdduli der Dresdner Konvention vom 22. Juli 1807 welcho dem König von Sachsen formell <len Besitz des „Herzogtums Warschau” *) einriiumte, übernahm Graf Guttakowski dasselbe am 17. September von dem fi’anzö- sisehen Generalintendanten Daru’). Im Kähmen einer Ver- fassung, welche Napoleon unter Mitwirkung von sechs polnischen De2)utierten von Dresden aus am 22. Juh dem neuen Staate gegeben hatte ^i, sollte derselbe einer gedeihlichen Entwicklung entgegengelien.

Als politisches Werk war die Schöpfung des Kaisers, wie selbst Thiers einge.steht ’), ,,imprudent, exces.siv, chime- rifpie”, denn das Herzogtum erregte vom ersten Tage seines Bestandes den Argw'ohn und die Besorgpiis seiner Nachbarn.

') d’Aiigeberg, 481.

’) Die Bezeichnung „Großlierzogtura Warschau” wurde zum er.sten Male in einer ofßziollen Urkunde König Friedrich Wilhelm III. von Preußen gebraucht. Durch den Elbinger Grenzvertrag vom 10. November hatte sich der König auch zur Abtretung Neuschlosiens an Sachsen verstanden und durch eine Zuschrift vom 26. J.muar 1808 aus Königs- berg die Beiuuten dieser Provinz der Pflichten gegen ihren früheren Souverän entbunden. (Journal de l’Erapire, Korrespondenz aus Breslau vom 20. Februar 1808.) In der Folge erscheint die Bezeichnung „Groß- herzogtum” fast häufiger als „Herzogtum”. Die erstere bleibt aber immer unberechtigt ; auch der Wiener Friede spricht nur von einem Herzogtum Warschau.

*) d'A n g e b 0 r g, 4.89.

*) d’Augeberg, 485. In Warschau proklamiert am 28. Juli.

*) Thiers, VII, 537.

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Dab Hersogtam Warscliaa. 57

Um Österreichs und RuÜlands Miütrauen zu beschudchtigen, vertraute Napoleon diesen Keim eines polnischen Reiches keinem Prinzen seines Hauses au. Einen Polen zum Herrscher einzusetzen, dünkte ihm aber auch gefährlich, denn wie. leicht konnte ein solcher in entscheidenden Momenten sich RiiUland anschlieüen. Warschau in der Hand des Königs von Sachsen war daher die beste Ijösung aller politischen Bedenken. Zwei Könige aus dem Kurhause Sachsen hatten bereits die jrolnische Krone getragen, die Kon.stitution vom .3. Mai 1793 Friedrich August auf den Thron berufen, falls Stanislaus August Poniatowski kinderlos sterben würde. Neben dem Vorteil, das arme Land einem reichen Staate anzugliedem, gab der Kaiser der Nation einen Herrscher, den sie einst selbst ge- wüascht hatte, und sicherte sich selbst einen treu ergebenen Lehensmann.

Für Sachsen bedeutete die Erwerbung des Herzogtums nin eine scheinbare, rein äutierliehe Machtvergrößerung. Eine im .Jahre 1792 erschienene Schrift „Über die Annehmung der ])olnischen Krone” hatte mit Geschick die Gründe zu wi<ierlegen gesucht, welche den Kurfürsten zur Annahme der ihm angebotenen Königswürde hätten bewegen können. Was der Autor damals sagte, paßte auch auf das Herzogtum Warschau. ,,Der Glanz dieser Krone ein schwaches Jjicht in dicker Finsternis. Den deutschen Erbländem Vorteile zu verschaffen man bietet dir herkulische, undankbare Arbeit, •efahr und Bekümmernis. Polen ist eine erst im Werden begriffene Macht, seine Krone ziert nicht, ohne mit Korge zn erfüllen.”

Die leise Hoffming, Sachsen könne dazu berufen sein, m Xorddeutschland an Preußens Stelle zu treten und eine führende Rolle zu spielen ‘i, vergiftete die Beziehungen zu

') Dieses Ziel zu erreichen, bildete den Angelpunkt der säch- sischen Politik, als 1809 der frühere Gesandte in Paris Graf Senf ft die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten übernahm. In kaum be- greiflicher Verkennung aller geschichtlichen Verhältnisse trug sich derselbe mit dem Plane, auf den Trümmern des, wie er meinte, für immer und ohne Kettung verlorenen preußischen Staates eine neue sächsisch-polnische Zcntralmacht in Europa aufzurichten. Siehe darüber Oncken, II, 234.

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J U 8 t.

«iiosem Staate ; die Rücksicht auf den neuen Besitz trug überdies wesentlich dazu bei, Sachsen au dem Bunde mit Franki-eich imerschütterlich t'esthalten und dadurch in Deutschland immer mein- an Einfluß verlieren zu lassen.

Das Herzogtum ^\'arsehau brachte also seinem Herrscher keinen Gewinn. Es war in Wirklichkeit eine schwere Last : die Dornenkrone Polens drückte in veränderter Gestalt nicht minder schwer wie früher. Ein weiser EntsclJuß des Königs hatte Verwaltung und Finanzwesen seiner beiden Staaten völlig von- einander getrennt. Obgleich selbst Talleyrand den zu seiner Zeit fvir einen aufmerksamen Lauscher wohl bedenklich klingenden Rat erteilt hatte, keine Geldopfer liir Polen zu bringen, die wahi'scheinlich für Sachsen verloren sein würden, schoß König Friedrich August doch dem War- schauer Staatsschatz nach und nach bei 30 Millionen polnische Gulden*;, endlich selbst aus sächsischen Kassen 2 */j Millionen Gulden vor *).

Selbst den Polen bereitete der Tilsiter Friedensvertrag eine bittere Enttäuschung, die auch in der zeitgenössischen Memoiren- literatur, wie in älteren Geschichtswerken scharfen, ja oft gehässigen Ausdruck gefunden hat ’). Utopistische Staatsideen hatte Kapoleon mit der Schafhing des Herzogtums allerdings nicht verwu'klicht, aber diePolen dem Zustand politischer Apathie, die sich allmählich der Gemüter bemächtigt hatte ■*), entrissen. Der neue Herzog entstammte dem Blute ihrer einstigen Könige und erleichterte der Nation hiedurch die Unterwerfung unter einem ausländischen Herrscher. Der Schein voller Selbständig- keit wurde umsomehr erweckt, als schon die geographische Lage es hinderte, das Herzogtum als sächsische Provinz zu Ijetrachten. Da als Dienst- und Armeesprache die polnische galt, so war auch dem Nationalgefühl keinerlei Schranke gesetzt worden.

') = 60 Heller.

b Flathe, III, 15.

’) Dies gibt auch die neuere polnische Literatur zu. Vergl. Bembowski, 577, 5S5, welcher in objektiver Weise derer Erwähnung tut, die in der Verfassung des Herzogtums eine gewaltige Errungen- schaft für Polen erblickten.

b Skarbek.

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Dag Herzogtam Warschau.

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Die dem Lande gegebene Yerfassung *), welcheNapoleun nach Bericht des Augenzeugen Wybicki in (eegenwart der polnischen Deputierten in kaum einer Stunde dem Staats- sekretär Maret in die Feder diktiert hatte, war, durchw’eht vom Deist der neuen Zeit, vollständig nach französischem Muster zngeschnitten imd rief deshalb im Lande nur geteilte Eindrücke hervor. Der Adel, dem noch immer das Übergewicht gewahrt blieb, konnte die imgebundene Freiheit des ancieu regime nicht verschmerzen, das ^'olk jedoch, erst jetzt zu politischem Leben erweckt, war fiü‘ ein solche.s noch unreif. So traten die Vorzüge der Konstitution viel weniger der Nation zu Be- wiiütsein, als gerade jene Bestimmungen, die altpolnischem Brauch und Wesen zuwiderliefen.

Die oberste Kegiernngs- und gesetzgebende Gewalt lag in den Händen des Herzogs, dessen Würde erblich. Seine Einkünfte bestanden in einer Zivilhste von 7 Millionen ])ol- nischen Gulden (zur Hälfte aus den königlichtni Domänen und dem StaaLsschatz), dem königlichen Schloü und dem sächsischen Palais in Warschau *).

Dem Herzog zur Seite stand ein Staatsrat irada stanui von fünf Personen, rlem nach kgl. Dekret vom 5. Oktober 1807 der Justizminister Felix Graf Lubieiiski der Minister des Innern Luszczewski, ein sehr fähiger und arbeitski'äftiger Mann des Ki'iegsFürst Poniato wski. der Polizei Alexander Potocki und Finanzminister D^bowski angehörten. Als Bindeglied zwischen König und Staatsrat wirkte der Staats- sekretär Stanislaus Rreza. In Abwesenheit des Herrschers übte die oberste Gewalt ein Vliuisterpräsident aus. damals Graf V. Malachowski.

Der Reichstag bestand aus zwei Kammern: dem Senat Izba wyszszai mit 18 vom König auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern und dem Abgeordnetenhaus (Izbaposelskai, welches 60 vom Adel und 40 von den Stadtgenieinden gewählte Ver- treter begriff. Alle zwei .Jahre hatte der Reichstag zu einer Utägigcn Session zusammenzutreten. Die vom Staatsrat

') d’Angeberg, 470.

•) Bezogen bat König Friedrich August diese Zivilliste niemals, äa die Staatskasse sie nicht anf/.ubringen vermochte und die Domänen keinen Reinertrag gaben.

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J Q t.

verfaßten Gesetzentwürfe wurden dem Abgeordnetenhaus zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt, und vom Senat sanktioniert. Stimmenmehrheit entschied.

Die innere Verwaltung des Reiches war von streng zentralistischen Gnmdsätzen getragen. Das Land zerfiel in sechs Departements : Warschau, Kalisz, Posen, Bromberg,

Plock, LomÄa, mit je einem Präfekten an der Sj)itze, welche 60 Distrikte mit Unterpräfekten in sich sclilossen ' i. Die Ad- ministration der Städte erfolgte durch amtlich bestellte Bürger- meister’!. Der König, beziehungsweise der Staatsrat, ernannte alle Beamten vom Ministerpräsidenten bis zum letzten Amt.s- diener. Diese Organisation, welche dem polnischen Herkommen so ganz zuwider Uef, wäre als harter Druck empfunden wor- den, wenn nicht die Bestimmung, daß alle Beamtenstellen nur mit Polen besetzt werden sollten und bei allen amtlichen Akten die Kationalsjirache anzuwenden sei, die Fremdartigkeit teilweise verwischt hätte.

Der Titel 1 der Verfassungsurkunde, „IJber die Volks- rechte”, brachte den Polen Emingenschaften, die sie während des ganzen Bestandes des Königreiches nie genossen oder erreicht hatten. Nachdem als Staatsreligion die katholische fest- gesetzt wird, neben welcher alle anderen Bekenntnisse gestattet sind, clekretiert dieser Titel weiter: „L’esclavage est aboli”, die Leibeigenschaft ist aufgehol>en, allen Staatsbürgern wird Schutz des Eigentums und der Person, Gleichheit vor dem Gesetz zugesichert.

Den Bauern, deren trauriges Los in unzähligen Berichten mit den dunkelsten Farben geschildert worden, war die Freiheit geschenkt. Schon das bloße Gefühl derselben erhob sie aus Sachen zum Menschen ; die Möglichkeit Eigen- tum zu erwerben war der ländlichen Bevölkerung eröffnet und ihr dadiu'ch der Weg zur Ordnung und Zivilisation freigegeben. Nur stetiges, rastloses Fortschreiten durch eine Reihe von .Jahren ließ aber dies hohe Ziel eireichen, in einer

') Kgl. Dekret vom li). Dezember 1807.

*) Die offenen Landgemeinden, über welche sich die Konstitution gar nicht aussprach, konnten nach einem kgl. Dekret ihre Vorsteher (Vdjte) selbst wählen. Damit war das zentralistische Prinzip eigentlich durchbrochen.

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Das Herzogtum Warschau.

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kurzen Zeitspanne konnte der Freiheit Segen allerdings nicht zu tage treten.

Tausende von Bauern traten aus dem Hörigkeitsverhältnis und verließen ihre Dörfer, um ins Elend zu wandern. Sie waren vermögenslos, suchten Beschäftigung bei anderen Herren, deren Boden und Wii-tschaftsbetrieh sie nicht kannten. Die frühere Er- fahrungwar, wenn nicht ganz verloren, so doch von wenigXutzen. Aus früher seßhaften Landarbeitern wurde ein demoralisiertes Proletariat. Zu früh entmündigt, wußten die Bauern völlige Frei- heit nicht zu schätzen und hielten Nichtstun für ein notwendiges Korrelat derselben, bis Hunger und Not sie Beschäftigung bei den im Lande angeordueten fortifikatorischen Arbeiten suchen hieß. Der Landwirtschaft, der eigentlichen Einkommensquelle Polens, entging auf diese Weise eine Fülle von jVrbeit.skraft, und damit schwand auch die Hoffnung auf erhöhten Ertrag des Grundbesitzes

Hatte sich bei der Neuordniuig des staatlichen Lebens gezeigt, daß manche Bestimmungen der Verfassung polnischem Wesen stark widerstrebten, so trat dieser Mangel am schärfsten im Gerichtswesen zu tage. Die französische (.Tesetzgebung hatte wohl die in den übrigen Staaten des Kontinents herr- schenden Rechtssysteme weit überholt. Die Mündlichkeit des zivilen und stratprozesstialen A^erfahrens entsprach heutigen, ganz modernen Forderungen und trotzdem war die voll- ständige Aufnahme französischen Rechtswesens mit dem Code A'apoleon als bürgerbchem Gesetzbuch für Polen ein Mißgriff

Die Rechtskontinuität war damit unterbrochen. Das bürgerliche Gesetz hatte sofort in Kraft zu treten und war doch niemandem im Lande bekannt. Alte Rechtsstreitigkeiten mußten teils nach preußischem Landrecht, teils nach früheren polnischen Gesetzen und Rechtsgewohnheiten entschieden «erden. Richter, welche das jetzt geltende Recht gekannt hätten, gab es nicht, denn vier Jahre nach der Einfülu'ung des Code existierte noch keine genaue jjolnische Übersetzung <ies- selben.die Hörer der neuerrichteten Rechtsakademie mußten aber ‘‘rsi ihre Studien beenden, ehe sie die erw'orbenen Kenntnisse

') Vergl. Skarbek, V, 189; Tariiowski, 21; Rembowski, 771; Jagegen Ubaldus, 39.

b Rembowski, 778.

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.Tust.

verwertfn konnten. Es trat ein Rechtswirrwan' sondergleichen ein. Dazu kam noch, da 6 das neue Recht in vielen Punkten auf polnische Verhältnisse gar nicht anwendbar war und manche seiner Bestimmungen, wie vor allem im Eherecht, sogar das religiöse Empfinden des Volkes verletzten. Die ün- zuf'riedenheit mit den bestehenden Rechtsnormen steigerte sich immer mehr, so daß der Reichstag vom .lahre 1810 eine Besserung nur in der Aufhebung des ,,Code civile” erblickte.

Über das Heerwesen gab der Titel X der Verfassnngs- urkunde bloß ganz flüchtige Anweisungen. Das Herzogtum hatte eine Armee von 30.000 Mann Infanterie, Kavallerie und Artillerie fdie Xationalgarden nicht eingerechnet) zu unter- halten. Dem König von Sachsen wurde das Recht eingeräumt, einen Teil dieser Truj)pen nach Sachsen verlegen zu können, doch war er vei'pfiichtet. den .Abgang im Lande sofort durch ein gleichgroßes .sächsisches Kontingent zu ersetzen.

Die .Abtretungskonvention vom 22. Juli 1807 *) ergänzte diese Bestimmungen. Das Herzogtum hatte für die Befestigung von Thom, die Herstellung des Briiekenkopfes von Sieroqk und die Instandhaltung wie .Armierung des Brückenkopfes von Praga zu sorgen.

Im Kriegsfall waren die j)olni.schen Truppen wie die aller übrigen Rheinbundstaaten verpflichtet. Napoleon Heeres- folge zu leisten. Für diese Eventualität hatte bereits Artikel 16 des Tilsiter Friedensvertrages eine große Alilitärstraße zur Ver- bindung des Herzogtums mit Sachsen gesichert, welche gleich- zeitig zim Förderung der Handelsinteressen dienen sollte. Die- selbe ging ül)er Guben, Krossen, Züllichau, Köpnitz au die polnische Grenze und von hier bis AVarschau. Trupj)entrans- porte durften von den preußischen Zollbehörden unter keinerlei A'orwand aufgehalten werden *i; Bagagen und Mundvorräte waren frei von allen Abgaben.

Eine schwere Vei-j)flichtung hatte König Friedrich August übeniommen, indem er auf das „Anerbieten” Napo-

') Convention entre la France et la Saxe, coucernant la cession du duclie de Varsovie. (d’Aiigoberg, 4.81.)

’) Convention entre la France et la Frusse relativement ä la route railitaire, qui sera etablie entre la Saxe et le dnch6 de Varsovie. Elbing le 13 octobre 1807. (d’Angeberg, 400.1

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Du Herzo);tam Warschau.

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leons einging, 30.000 Mann französische Truppen so lange zuin Schutze des Herzogtums im Tjande zn belassen, als die .\rmee desselben nicht gänzlich organisiert und die neue Regierung nicht völlig etabliert sei ' i. Die Verpflegung dieser Truppen, deren Sold von Frankreich erfolgt wurde, trag wesent- lich bei. die finanziellen Schwierigkeiten, mit denen der junge Staat zu kämpfen hatte, noch zu vergrööem und Unzufrieden- heit im Lande zu erwecken.

Mit den Worten: „Nierzadem PoLska stoi” iDie Unord- nung hält Polen aufrecht) hatten selbst die Polen in den letzten Jahren des Königreiches die zerrütteten und verwor- renen Zustände desselben gekennzeichnet. Die Verfassung, welche Napoleon dem Herzogtum gewährt hatte, geeignet, Ordnung und Ruhe zu schaffen, war deshalb ein Segen für die Nation. Nur Tendenz oder Enttäuschung leiten zum Teil die Feder jener Schriftsteller, welche die Schöj)fung des Kaisers in heftiger Weise angreifen *). Eine spätere Zeit brachte den Polen die volle Erkenntnis, was sie Napoleon verdankten. Der revolutionäre Reich.stag des Jahres 1830 gab dem toten Kaiser, was des Kaisers war, Lob und Dank in den Worten des Manifestes’) vom 18. Dezember: ,, Obgleich eng begrenzt, gewann Polen von der Hand des Helden des .Jahrhimderts seine Sprache, Gesetze, Freiheiten ; große Geschenke und noch größere, Hoffnungen”.

') Artikel VIII der Abtretungskonveution (d’Angeberg, 482). Die Dislokation der französischen und Warschauer Truppen anfangs Oktober IW siehe Beilage 1.

*) Rüther, 24: ,, Napoleon hatte einen Staat im eigenen Interesse mit einem .Scheiuparlamentarismus wie in I’rankreicli, mit französischen Gesetzen und französischer Verwaltung geschatt’en, be- stimmt, um in den absoluten Staaten Propaganda zn machen.” Flathe, 16: ,. Wirklicher Herrscher ist Friedrich August in Warschau nie gewesen ; was dort geschaffen wurde, war unter dem dünnen Schleier einer halb nationalen, halb fremdländischen Verwaltung die Napoleonische Despotie.” Leie vel, 41.Ö; „Der Staat hatte einen König von Sachsen zum Souverän, sächsische Münzen, französische Verfassung und Verwaltung, französische Gesetze und einen französischen Residenten, der sich be- ständig in Warschau aufhielt, um die Durchführung der Befehle seines Herrn zu überwachen.”

Vollständig abgedruckt bei Kaiser, Geschichte der polnischen Revolution vom Jahre 1830, I, 56.

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3. Wirtschaftliche Notlage des Herzogtums und Versuche zur Behebuug derselben.

Am 14. November 1807 traf König Friedrich Angust von Sachsen, der bereits am 23. September durch eine Prokla- mation seine Reise nach Warschau in Aussicht gestellt hatte i, mit seiner Gemahlin nnd einem grollen Gefolge in Posen ein, nrn sich seinen neuen Untertanen als Herrscher vorzustellen. Eine Parade, von General Dijbrowski kommandiert, gab dem König Gelegenheit, das ihm vorgestellte Offizierskorps durch T.ob auszuzeichnen unrl von den Tru[)pen den Eid der Treue entgegenzunehmen. Eine Woche später hielt der König unter dem Donner der Geschütze, Glockengeläute und den Klängen der Militärmusiken, die sich mit den jubelnden Zurufen des ^’olkes mischten, feierlichen Einzug in Warschau. Hoffest- lichkeiten, Bälle, Paraden, Theatervorstellungen *) füllten die ersten Tage seiner Anwesenheit. Die wenigen königlichen Dekrete aus dieser Zeit zeigen nur die Absicht. Napoleons Wünschen in allen Stücken gerecht zu werden oder der tiefen Verehrung für den Kaiser Ausdnick zu geben

Am 27, Dezember verließ Friedrich August, von Marschall Davout und allen Generalen bis an die Stadtgrenze begleitet, die Hauptstadt seines neuen Reiches. Die prunkenden Feste waren verrauscht; nun galt es an ernste Arbeit zu schreiten und den jungen Staat festzufügen und auszubauen.

') Auszug.swei.se Abschrift (d’Angeberg, 490): Citoyens du duche de Varsovie .' La paix de Tilsit, le rö.suUat des eöbrts genereux et de vastes conoeptions du heros pacificateur de l’Europe, vous a soumis a notre couroime. Apr^s taut de troubles et de boulevorseineuts, qui out dechire votre ]>atrie, vous trouverez enßn daii.s uii ordro de choses Stahle, le bonheur et la tranquillite .... Braves soldats polonais! Dej* l’Europe vaiite votre Courage; döjä la patrie chante vos exploits, que la di.scipline luilitaire augmente la force comme les succts de la valeur.

*) Besondere Begeisterung erweckte die Aufführung eines Vers- stückes „"Wittekind und Karl der Große’’. Es war eine wenig ver- .schleierte Apotheose Napoleons. AVittekind, der Ahnherr des sächsischen Königshauses, huldigt dein großen Prankenkönig.

’) So das Dekret vom 12. Dezember, welches die Änderung des .Straßennamens „uUea nüodowa” in „Napoloonsstraße” verfügt und die Entsendung einer Deputation nach Paris beschließt, um den Ausdruck der Ergebenheit und des Dankes dem Kaiser zu übermitteln. (A’ergl. .Skarbek, III.)

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Da« Herzogtum Warschau.

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Hebung der Volksbildung, Unterstützung und Pflege aller den Volkswohlstand fordernden Einrichtungen hätten das nächste Ziel der Eegiening bilden müssen. Km- so wäre es möglich gewesen, ein Leiden zu beheben, an welchem das junge Staatengebilde vom ersten bis zum letzten Tage seines Bestehens krankte den chronischen Geldmangel.

Wünschte Napoleon in der polnischen Armee eine lirauchbare Unterstützung bei seinen militärischen Plänen, einen starken Posten auf seiner Beobachtungsstation im Nord- osten Eiu'0])as zu besitzen, so erschien der Warschauer Regierung die Erhaltung und Kräftigung des Heeres für die Sicherheit des Staates inmitten feindhcher Nachbarn nicht minder wichtig, ja das Hauptziel ihrer Tätigkeit.

Mochte auch der Stand von 30.000 Mann, wie ihn Napoleon festgesetzt hatte, für die Einwohnerzahl von 2'/s Jlillionen Seelen numerisch nicht zu hoch gewesen sein, die materielle Leistungsfähigkeit des Landes überstieg er doch weit. Die in der Dresdener Konvention übeniommene Ver- pflichtung zur Verpflegung von 30.000 Manu französischer Truppen, sowie der Ausbau der festen Plätze verursachten derartige Kosten, daß der Militäretat fast die gesamten Staats- einnahmen verschlang ‘). Es hätte einer Reihe von .Jahren ruhiger Entwicklung bedurft, ehe die wirtschaftlichen Ver- hältnisse des Herzogtums sich soweit gebessert hätten, daß das Land ohne Schaden tiir sein Gedeihen Ausgaben zu bestreiten vermocht hätte, wie sie gleich in den ersten Monaten seines Bestandes zu leisten waren.

Polen war ein Agrikultmstaat. Industrie und Bergbau gab es nicht, die gewerbliche Tätigkeit stand auf der untersten Stufe der Entwicklung, die Vielizucht war vernachlässigt worden. Die einzigen Einnahmsquelleu lagen im Ex])ort von tretreide, Brennholz und Holzkohlen. Die Ausfuhr war aber durch den Krieg 1806 1807 nahezu völlig aufgehoben. Für ilne liiefeningen während des Krieges erhielten die Grund- besitzer nur ganz geringe Summen oder gar nichts, und der Friede brachte keine Bessenmg. Was an Exportartikeln bis Danzig gelaugte, ließ die KoutinentalspeiTe nicht aufs Meer bringen.

Flathe, 23.

Mitt«üuDgen des k. und k. Khegsarchivs. Dritte Folge. IV. Bd. o

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G6 J o 8 t.

Die Landwirtschaft lag völlig darnieder. Mit ehernen Schritten hatte der Krieg von dem Wenigen, was der schlecht bestellte Boden tmg, mir allzuviel niedergestamiift. Die kleinen Grundbesitzer, die schon seit dem Eevolutionskrieg mit Schwierigkeiten zu kämjifen gehabt, kamen um Haus und Hof, die größeren waren nicht melir im .stände, ihre Schuld- ziinson zu zahlen und mußten zum Verkauf schreiten. Speku- lanten erwarben oft um ein Viertel des wirklichen Werte.s das Land, die Hj’potheknrgläubiger aber kamen um ihr Geld.

Der Bankerott von allen, die noch etwas zu verlieren hatten, der gänzliche '\'orfall von Handel und Landwirtschaft bedrohten das neue Herzogtum und machte seine finanzielle Lage von Anbeginn zu einer verzweifelten. Die notwendigen Ausgaben zur Einführung der neuen Verwaltung, die Heeres- kosten, Verpflichtungen der „provisorischen Regierung” aus der Zeit des letzten Krieges wollten gedeckt sein. In der ersten Begeisterimg liir die nationale Sache hatten freiwillige Gaben der besitzenden Klassen der Unzulänglichkeit der Staatsmittel abgeholfen, jetzt aber waren diese Quellen ver- siegt und in den Staatsschatz flössen ganz geringe Einnahmen. Die Hauszinssteuem der Stäflte gaben einen kargen Ertrag, die Akzisen und Stempeltaxen brachten wenig, da Handel und Wandel damiederlagen, die Grundsteuern endlich liefen in dieser Kotstandszeit der Landwirte nur spärlich ein. Trotzdem blieben die von Napoleon seinen Generalen geschenkten polnischen Güter im Werte von 26’ '* Millionen Francs ') eximiert. Als die Regierung von diesen Militärlehen Steuern einhebeii und die Waldungen als Nationalgut behandeln wollte, klagten die Generale beim Kaiser. Berthier stieß in des.sen Namen den bereits durch den König von Sachsen bestätigten Beschluß des Warschauer Finanzministers um und erklärte, es habe niemand das Recht, die Geschenke des Kaisers in ihrem Werte zu vermindern; der Kaiser allein könne die Lasten festsetze.n, die auf Eeichslehen haften, w’elche in Polen lägen. Die Stem[)eltaxen für die Einregistrierung derselben hätten zu entfallen, die Waldungen auch in Zukunft bei den Gütern zu verbleiben, zu denen sie von jeher gehört hätten *i.

■) Siehe S. .')4. Fuünote 3.

*) AVeiß, X, 1. Heft, Ud. I.

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Das Harsogtnm Warschau.

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Sollte jetzt im Frieden nicht von Staats wegen dort genommen werden, wo noch etwas zu holen war, so mußte die Regierung Mittel ergreifen, um das Defizit von 21 Millionen polnischen (.lulden, welches das Budget des Jahres 1808 auf- vries '), zu decken.

In dieser Absicht wurden zunächst die Ansprüche der Laudesbewohner an die Staatskasse, die noch aus der Kriegs- zeit datierten, überrechnet und durch eine Kommission liquidiert, die neuen Lasten aber, welche diuch die Ver- pflegung der französischen Truppen entstanden, ents])rechend verteilt.

Schwieriger gestaltete sich cUe Aufnahme einer Staats- anleihe auf die Nationalgüter. War eine solche bei den kriege- rischen Zeitläuften und dem noch wenig entwickelten Geld- wesen damals selbst für größere Staaten nur schwer erreichbar, so schien sie für Polen, welches im .\uslanfl gar keinen Kredit besaß, kaum aufzubringen. Erst als Marschall Da vout und Fürst Poniatowski sich bereit erklärten, mit ihrem Grundbesitz für eine Summe von je öOO.OOO [)ohiischen Gulden livqjothekarisch zu haften, und diesem Beispiel der Hochadel •les Landes gefolgt war, kam die Anleihe in der Höhe von 4' 1 Millionen zu stände *).

Den meisten Erfolg zur Stärkung des Staatsschatzes versprach sich aber die Hegierung von der Erwerbung der sogenannten preußischen Schuldforderungen (creances pru.ssiennes ).

Bereits vor Abschluß dos Tilsiter Friedens hatte der französische Generalintendant Daru ein Verzeichnis aller Hvqjothekarforderungen entworfen, welche der preußische Staat aut' Gnindstücken des nachmaligen Herzogtums Warschau besaß. Obgleich nun der Artikel 25 dieses Friedeiisvertrages das Eigentum von öffentlichen Anstalten ausdrücklich von der Beschlagnahme ausschloß, so waren doch auch Posten der Berliner Bank und der Seehandlung, deren Fonds wenigstens ziun größten Teil der preußischen Regierung zustanden, wie Forderungen der Witwenkasse und des Potsdamer V'aiseu- hauses von Daru in seine Lüste aufgenommen worden, die

’) Flathe, 17.

’j Journal de l’Empire, Mitteilung aus Warschau, 20. April 1808.

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.last.

nun einen Gesamtbetrag von 43,466.220 Francs samt 4 Millionen rüokständigen Zinsen aufwes').

Am 11. Februar war die bereits erwähnte*) polmache Deputation in Paris eingetroffen und hatte mit Übergehung des sächsi.achen Gesaiidteu Grafen Henfft um Audienz gebeten. Berichte Davouta über die Zustände des Herzogtums, in dem noch immer Unordnung herrsche, hatten Napoleons Mißstimmung erhöht, die sich dann über die Mitglieder der Dej)utation in höchst ungnädiger Weise entlud. „Wenn sie ihre alten Intrigen und den Geist der Unruhe fortsetzten, so werde er sie Gehorsam leimen und ihnen so viele Trui)pen schicken, daß sie vernünftig werden sollten *).”

Diese Sprache schüchterte die Polen umsomehr ein, als sie nicht bloß gekommen waren, lun Napoleon ihre Ergebenheit auszudrücken, sondern auch Erleichterungen für das Herzogtum zu erwirken, namentlich aber gegen die Strenge, mit der von den Grundbesitzern Bezahlung der in den Besitz des Kaisers übergegangenen Hjqjothekarschulden ver- langt wurde, bittliche Vorstellungen zu erheben. Dies brachte Napoleon auf den Gedairken, dem König von Sachsen die Überlassung jener Forderungen anzubieten und auf diese W'eise eine rasche Kealisierung in barem Gehle für sich selbst zu erzielen.

Der Vorschlag scliien bei oberflächlicher Betrachtung liöchst annehmbar. Er bot den Vorteil, daß die Forderungen eines fremden Souveräns zu Rechtsansprüchen der eigenen Regierung wurden, welche ja bei der Eintreibung der Schuld gewisse Rücksichten walten lassen konnte. Bei dem Uber- nahmspreis von 20 Millionen Francs versprach das Geschäft dem Warschauer Staatsschatz einen erklecklichen Gewinn einzubringen und wurde denn auch durch die Konvention von Bayoune am 10. Mai abgeschlossen'). Napoleon trat in derselben die ,,creances prussiennes” gegen die Summe von 20 Millionen Francs, zahlbar in drei Jahresraten mit fünf- prozentiger Verzinsung, an das Herzogtum Warschau ab. Preußen mußte in einer am 8. September 1808 zu Paris unter-

*) Flathe, 10.

’) Siehe Seite (U, Fußnote 3.

•l Ompteda, II.

*) Anhang TU.

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Das Heno^am Warschau,

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zeichneten Konvention gegen einen Naclilaü an der Kriegs- steuer in der Höhe von 14 Millionen Francs ausdrücklich auf alle Schuldforderungen verzichten, die ihm an Privatpersonen im Herzogtum zustanden.

Der einzige Vorteil, welchen die Bayonner Konvention den Polen brachte, war der, daü sie wenigstens der Verpflichtung, die Veq)flegung der französischen Armee zu besteeiten, von mm ab enthoben wurden. Dieser Nutzen aber war gering an- znschlagen gegenüber der Flut von Verlegenheiten, welche in der Ordnung der finanziellen Angelegenheiten nunmehr entstanden. Die Warschauer Regierung hatte unsichere For- demngen an sich gebracht und war selbst Schuldner geworden. Ihr Gläubiger trat bei der Eintreibung der Ratenzahlungen so hart auf, wie sie selbst aus Rücksicht für das Gemeinwohl gegen ihre eigenen Untertanen aber nie Vorgehen konnte. Die Steuerrückstände schwollen an, Schuldzinsen wurden nicht gezahlt, da der Boden den heimischen Grundbesitzen! kaum einen Reinertrag abwarf, die Staatskassen blieben leer, während Frankreich pünktliche Einhaltung der Termine verlangte und auch durchsetzte.

Durch die Haltung der preußischen Regierung erwuchsen überdies neue, gar nicht geahnte Schwierigkeiten. Preußen reklamierte den größten Teil der auf Darus Etat gebrachten Summen als nicht dem Staate, sondern öffentlichen Anstalten gehörig und verweigerte aus diesem Grunde die Herausgabe iler Schuldiirkundeu ')• Ohne Rückgabe derselben erklärten aber

') Sachsen versuchte betreffs der Ausfolgung der IlypotUekar- schnlddokumente einen gütlichen Ausgleich mit Preußen herbeizuführen. Ein nin 10. September 1810 getroffenes Abkommen wurde aber annulliert, ila Napoleon am 7. Oktober an den König von Sachsen schrieb; „Ich begreife nicht, wozu Sie Preußen brauchen, um Schuldner zur Zahlung zu nötigen, welche Ihre Untertanen sind, zumal diese Forderungen in Hypotheken bestehen. Nach meiner Meinung bedürfen Sie der Dokumente, welche der König von Preußen hat, durchaus nicht. Sie brauchen die- selben nur durch ein Dekret für null und nichtig zu erklären und den Schuldnern bei Strafe der E-vekution zu befeblen, daß sie an den Schatz iie.s Herzogtums zahlen. Als ich Hessen-Kassel erwarb, bemächtigte ich mich auch der Forderungen des Kurfürsten und die Schuldner haben bezahlt und bezahlen, ohne daß ich die Schulddokumente besitze. (C. d.N. I., Tom. XXI, 201, Nr. 17.019. An Uhampagny in der gleichen Sache, 281, Nr. 17.066.)

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.T a B t.

auch die polnistoheii (imiidbesitzer keine Zahlungen zu leisten. Zwangsmaßregeln, wie Suhhastation der Güter, konnte die Warschauer Regierung jedoch nicht ergreifen, da sich wegen Entwertung von Grund und Boden keine Käufer gefunden hätten. Machtlos .stand sie einer Flut von Wirrungen gegen- über, die sie freilich selbst hervorgerufen hatte. Die Einkünfte des Staates flössen als Schuldraton zum größten Teil in Frankreichs Kas.«en und dem Lande ging eine für die damalige Zeit ganz ungeheuere Barsumme verloren.

3. Die polnische Armee.

Das Wort, die Polen wüßten wohl für die Freiheit zu sterben, nicht aber für sie zu leben, bewahrheitete sich auch jetzt, als es galt, die neue Verfassung zu voller, gedeihlicher Entwicklung zu bringen. Der Nation traten gerade jene Be- stimmungen der Konstitution, die altem polnischen Brauch und Wesen zuwider liefen, viel stärker zu Bewußtsein als die Vorzüge, die ihr eigen waren. So zeigte sich denn nur ein höchst geringer Eifer bei dem .\ufliau der inneren Einrich- tungen, und es brauchte geraume Zeit, bis die Staatsmaschiue halbwegs in Gang kam.

In einer Beziehung allein herrschte im ganzen Lande schrankenlose Opferfreudigkeit ; werktätige Fürsorge galt der Annee. Diese erinnerte diuch ihre Feldzeichen*) in den nationalen Farben mit dem weißen Adler an das alte König- reich, wurde in der Landess])rache kommandiert und führte den Namen „polnische Armee”. Auf ihre Ausrüstung und Verstärkung war das ganze Interesse der Regienuig gerichtet.

Ehe eine feste Gliederung derselhen verwirklicht werden konnte, war es nötig, zu bestimmen, unter wessen Befehle einzelne aus dem Kriege stammende Formationen zu treten hätten. Es waren dies die ..Nordlegion”, das „erste polnische Husarenregiment” und die „Legion polacco-italienne”.

') Die "Weihe derselben hatte am Gedenktage des 3. .Mai während des Krieges in Warschau stattgefunden. Talleyrand berichtet Napo- leon über diese ,.cirdmonie brillante”, an welcher auch Deputationen von llegimentern der ,,<.!roßen Armee” teilgonomraen hatten. (L. i. d. T. 'Iü3, Nr. 312); ausführlich hierüber Ubaldus.

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Das Hercogtam Warsobau.

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Die Nordlegion*) unter Kommando des Obersten Puthod, deren Stamm preußische Deserteure und Kriegsgefangene polnischer Abkimft bildeten, war während des Feldzuges vor Danzig imd Kolberg in Verwendung gestanden*). Nach .\bsclüuß des Friedens erklärte ihr Kommandant, die Legion habe mit den polnischen Truppen nichts zu schaffen, worauf Fürst Poniatowski in seiner Eigenschaft als Warschauer Kriegsminister durch Wochen hindimch Berthier um eine Entscheidung bat. Napoleon stellte es schließlich der Legion frei*), ob sie in polnische oder französische Dienste treten wolle. Obgleich sich dieselbe nuu für das Verbleiben unter polnischen Fahnen entschloß, so gab MarschaU Davout den- noch dem General Rapp, welchem die Legion unterstellt war, den Befehl, dieses Korps so lange als möglich unter seinem Kommando zu behalten, da son.st nur die Verlegenheit der Warschauer Regierung erhöht würde, welche ihre eigenen Tnippen nicht bezahlen könne. Im September 1807 wiurde die Legion, zirka 2000 Mann stark, nach Posen verlegt und den Truppen D^browskis einverleibt. Die Mehrzalü der fran- zösischen Offiziere trat nunmehr aus ihrem Verbände, da sie die Sprache nicht verstanden und als Fremde behandelt wurden *).

Das polnische Husarenregiment gab den Grund zu einer umfangreichen Kon-espondenz zwischen Davout und Berthier*!. Wie es zu diesem Namen gekommen, wußte niemand zu sagen. Von einem Franzosen Prenac in Warschau errichtet, war es eine kimze Zeit vom Fürsten Johann Sul- kowski, später von Oberst Kalinowki, dessen Ernennung durch Berthier erfolgt war, kommandiert worden. Das Regiment zählte am 8. Oktober 1806 ungefähr 520 Mann unrl stand nach einem Dekret vom 12. März 1807 in französischem Solde. Eine einzige Kompagnie, 112 Mann stark, war auf

■) C. (1. D., Tom. II, 13, Nr. 352 ; 23, Nr. 357 ; 41, Nr. 367 ; 54, Nr. 376 ; »5, Nr. ,378; 64, Nr. 383; 113, Nr. 411 und Seite 50, Fulinote 2.

*) Hopfner, IV, 5.55.

*) C. d. N. I., Tom. XV, 449.

*) C.d.N.I., Tom. XVI, 85, Nr. 13.249; C. d. D., Tom. II. 113, Nr. 411. C. d. D., Tora. II, 29, Nr. 362 ; 42, Nr. 367 ; 71, Nr 387 ; 86, N’r. 393 : 108, Nr. 405.

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Kosten des Obersten bekleidet, aber ohne Waffen, der Rest aber in Landestracht, nnaiiagerüstet, ohne Pferde „dans le ])lus grand ötat de denüment”. Davout bat dringend um eine Entscheidung des Kaisers, denn es sei unmöglich, in einem Regimente Disziphn aufrecht zu erhalten, welches weder bekleidet sei, noch Sold erhalte. GL. Rozniecki, welcher in der neuen polnischen Armee den Posten eines Kavallerie- inspektors bekleidete, hielt über Davouts Befehl eine Musterung ab, welche ein so traiuiges Resultat ergab, daß sich der Marschall bewogen fühlte, 400 Paar Schuhe und ebenso viele Mäntel ausfolgen zu lassen, da die Leute sozusagen ,, nackt” seien. Am 27. Oktober 1807 erging endlich eine Order Berthiers, welche die Eim'eihung des Regiments in das Lanciersregiment der „Legion polacco-italienne” verfügte.

Diese Legion, deren Entstehung und \’erwendung bereits geschil<lert worden '), war nach dem Tilsiter Frieden unter Kommando des Generals Grabinski mit zwei Lifanterie- und einem Lanciersregiment in der Gesamtstärke von mehr als 2000 Mann in Breslau verblieben. Nach den Weisungen Napo- leons vom 13. Oktober 1807*) sollte ihr Stand erhöht wer- den und sie in die Dienste des Königreichs Westfalen treten, da die Mittel des Herzogtums Warschau kaum für die eigene Armee ausreichten. Fürst Poniatowski erhielt den Befehl, Mannschaften auszuheben und nach Magdebiug abzuschicken, wo die Ausrüstung der Legion durchgeführt werden sollte. Die Ereigpiisse in Spanien bewogen aber Napoleon, diesem Tru])penkörper eine andere Bestimmung zu geben. Die Legion, die zu Beginn des Jalires 1808 nach Mainz abgerückt war und drei Infanterie- und ein Kavallerieregiment formierte, wiude als „Legion de la Vi.stide” b nach Paris und von hier nach Spanien instradiert, wo sie einen Teil des III. Korps unter Marschall Jloncey ausmachte und einen hervorragen-

’) Siehe Seite 44, Fuünote 2 und weiters C. d. D., Tom. II, 13, Nr. Sr>2; 23, Nr. 357 ; .55, Nr. 378; 64, Nr. 383 ; 137, Nr. 427: 178. Nr. 452; C. d. N. I., Tom. XV, 470, Nr. 12.984.

*) C. d. N. I., Tom. XVI, a5, Nr. 13.249.

’) Ebenda, 355, 460, Nr. 13.706 ; 48H, Nr. 13.734. Eine zweite Legion de la Vistule wurde 1809 aufgestellt, 1810 aber der ersten einverleibt. (Balaguy, I, 40, 41, Beilage D; C. d. N. I., Tom. XIX, 224, Nr. 15.504.)

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Das Hersogtum Warschau.

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den Anteil an der Belagerung von Saragossa nahm. Ihren Gesamtstand vom 15. November 1808 weist Anhang VIII mit 7014 Mann (6178 Mann Infanterie und 836 Lauciers) aus.

Hiezu kam jetzt noch das Regiment der (Chevaulegers ‘), welches Napoleon für seine Garde auszuheben befohlen hatte. Während des Krieges waren trotz allem Brängen Napoleons kaum hundert Mann für dieses Regiment aus- gerüstet worden, denn es fehlte nicht bloß an Mannschaft, tur welche der Kaiser Adehge imd Personen von Stand und Ansehen wünschte, sondern auch an Pferdematerial*). Nach dem Abschluß des Friedens war Oberst Graf Vinzenz Kr asinski eifrig bestrebt, sein Regiment zu komplettieren, allein er stieß auf Schwierigkeiten, die er schheßlich nur durch das energische Eintreten Davouts überwand.

Die Übernahme von Offizieren untl Mannschaft der polnischen Kavallerieregimenter zur französischen Garde, wie sie Napoleon wünschte, fand im Herzogtum wenig Anklang. Davout erblickte in dem Fürsten Poniatowski die Seele dieser Opposition und beklagte sich über denselben beim Kaiser in heftiger Weise. Poniatowski habe sieh geäußert, wie könne man als guter Pole nur daran denken, für Frank- reich Truppen zu werben, wenn man sich an das Schicksal der Polen auf San Domingo erinnere. Offiziere, welche sich zum Übertritt gemeldet, habe der Fürst bestraft, Personen aber, welche als Gardisten einzutreten Lust zeigten, Unterleutnants- stelleninder Linie angeboten. Auf die Einwendungen des Grafen Krasi nsk i habe Poniatowski erklärt, Bitb'u in dieser Richtung nicht willfahren zu können, da die polnischen Regimenter EU sehr geschw'ächt würden.

Davout ergriff' energische Mittel, um den Willen des Kaisers diu'chzusetzen. Er erhob Vorstellungen bei der Re- gierung, die der Heeresleitung den gemessenen Aul'trag erteilte, dem Übertritt keinerlei Schwierigkeiten zu bereiteji. Unter solchem Hochdruck w^ar es dem Marschall Ende Dezember end- lich möglich geworden, einen Teil des Regiments abzuschicken, dem freilich erst am 15. Dlärz 1808 das letzte Detachement

b C. d. D., Tom. U, Nr. :184, 389, 421, 430, 4.%. Effektivstand 739 Maua. Siehe Anhang VIII.

b Siehe Seite 37 und 54, Fußnote 1.

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Just.

folgen konnte. Es erhielt den Befeld nach Spanien abzurücken und ei’W'arb sich durch seine gänzende Attacke bei Sommosiera am 30. November 1808 unvergänglichen Ruhm ').

Nachdem die polnische Heeresleitung zunächst die in Frankreichs Dienste tretenden TruppenabteUuugen ergänzt hatte, war es ihr möglich, der eigenen Armee eine feste Gliederung zu geben. Den Weisungen Napoleons gemäß hatte das Herzogtum ein Heer in der Gesamtstärke von 30.000 Mann zu erhalten, welches in drei Legionen formiert war. .\n der Spitze der ersten (Warschauer) Legion stand Für.st Josef Poniatowski, welchem gleichzeitig als Kriegsminister die Armeeleitung zukam; die zweite (Kaliszer) Legion befehligte General Zajaczek, die dritte (Posener) General Dijbrowski.

Jede Legion bestand aus 4 Infanterieregimentem ä 2 Bataillonen *i, 2 KavaUerieregimentem 1 1 .Jäger-, 1 ülanen- regiment) ä 3 Eskadronen, 1 Kompagnie Fußartillerie ’i mit 6 Geschützen, 1 Sappeiu’kompagnie, 1 Trainkompagnie in «ler Gesamtstärke von zirka 10.000 Mann. Die Uniform der I.egionon war die gleiche; sie unterschieden sich mu' durch die Auf- schläge und Passepoils ^ i.

Die Infanterie zählte 12 Regimenter, welche nach franzö- sischem Muster aus dem Regimentsstab, 2 Feldbataillonen und einem De|)ot bestanden h.

') Es war eine der glänzendsten Heitertaten aller Zeiten. Eine Eskadron des Regiments sprengte den steilen Weg, der zur Höhe der Puerto de Sommosiera (1443 m hoch) führte, gegen die spani.sche Stellung hinan. 60 Pferde und Reiter stürzen im furchtbaren Geschützfeuer, über die Gefallenen hinweg brausen die Übriggebliebenen in die spani.sclien Batterien. Die Kanoniere werden niedergehauen und weiter jagt der Harst. Die nachfolgende zweite Eskadron tindet bereits freie Bahn und keinen ernstlichen Widerstand; Napoleon war der Weg nach Madrid frei. (C. d. N. I., Tom. XVIII, Nr. 14.524, 14.770, 14.81U. Balagny, Tom. II, 402 bis 460.)

’) Die Aufstellung dritter Bataillone erfolgte anfangs 1809, als ein Kampf mit Österreich immer wahr.srheinlicher wurde.

*) Die Fußartillerie weist bereits Ende 1808 eine ganz andere Gliederung auf. Sie zäldt nach Soltyk 1000 Mann in 3 Bataillonen zu je 3 Kompagnien. (Anhang IX.)

‘) C. d. D., Tom. II, 11, Nr. 3.52 und Soltyk, 105.

“) Die polnischen Quellen geben hierüber ganz lückenhafte Angaben und müssen durch die Korrespondenz Napoleons ergänzt werden. Als

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Dm Hersogtam Warschau.

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Das Feldbataillou formierten 1 Grenadier-, 1 Voltigeur- und 4 Füsilierkompagnien ; für die Einteilung jedes Mannes war ausscHießlich dessen Qualifikation entscheidend ; die besten imd größten Leute gehörten der Grenadier-, die zum Tiraillieren geschicktesten der Voltigeurkomi)agnie an.

Der Bataillonskommandant mit seinem Adjutanten und zwei Unteroffizieren zählte auf den Stand des Eegiments- stabes.

Die Komi)agnie hatte 3 Offiziere (l Kapitän und 2 Leutnants), 14 Unteroffiziere, 121 Manu, 2 Tambours, daher in Summe 3 Offiziere und 137 Mann').

Bei der Aufstellung, die in drei Gliedern erfolgte, standen die Grenadierkomjtagnien am rechten, die Voltigeur- kompagnien am linken Flügel, die Füsilierkompagnien bildeten die „Compaguies du centre”.

Die Bewaffnung der Infanterie war ungleichmäßig mit Gewehren preußischer oder französischer Herkunft ; die Dotierung mit Kriegstaschenmunition schwankte zwischen 50 bis 60 Patronen für das Feuergewehr.

Die sanitäre Ausrüstung beschränkte sich auf die Zuwei.sung ärztlichen Personals, das mit Medikamenten und Verband- mitteln versehen war, zumeist aber den Ansprüchen der Trupjte nicht gerecht werden konnte.

Oeneral F i s z e r, der Chef des polnischen Generalslabes, im Februar 1809 in Paris weilte, nm Napoleon über die geplante llestringiemng der Infanteriebataillone auf 570 Mann (6 Kompagnien ä 9.5 .Mann) zu berichten, erklärte Napoleon, daß ein solches Bataillon viel zu schwach wäre und jeder Festigkeit entbehren würde. Die Bataillone müßten auf den Stand von 840 Mann gebracht werden. Diese Ziffer entspricht genau dem Stand des französischen Butaülous. (C. d. N.I., Tom. XV'lll, 276, Sr. 14.794; 2S0, Nr. 14 800: Mayerhoffer, Die französische Armee in Denlschland hei Ausbruch der Krieges im Jahre 1809; Organ 1902, Bd. LXV', Heft .3.) Die Stärke der Stäbe, wie die Gliederung der Depots ließen sich nicht mit Sicherheit fe.ststellen, dürften jedoch analoger Weise den französischen Ständen entsprechen.

') Das Regiment zählte daher einen Gesamtstand von zirka 1711 .Mann, und zwar Regimentsstab 8 Offiziere, 23 Mann, 1 Oberst als Kommandant, 2 Bataillonskommandanten, 3 .Adjutanten, 1 Officier payeur, 1 .Arzt, 1 Tambourmajor, 1 Tambourkorporal, 8 Musiker, 4 Unter- offiziere der Bataillonsstäbe, 9 ärztliche Gehilfen und 2 Feldbatuillone mit einem Stand von je 840 Mann.

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Zur Trahiausrüstung gehörte ein ärarisches Fuhrw'erk für je ein Regiment.

Die Gefechtsausbildung der Infanterie erfolgte nach französischem Vorbilde, umsomehr als Marschall Davout während seiner Anwesenheit im Herzogtum als Höchst- kommandierender im Lande den größten Einfluß auf die Aus- bildung aller polnischen Truppenteile nahm.

Die Kavallerie zählte 3 Regimenter Jäger zu Pferd und 3 Ulanenregimeuter.

Jedes Regiment gliederte sich in den Stab, 3 Eskadronen ä 2 Kompagnien und in das Depot, welches eine Eskadron formierte '1. Die Eskadron hatte einen Stand von 250 Reitern, das Regiment zirka 800 Mann *i.

Die Jäger zu Pferd trugen einen geraden Pallasch und zwei Pistolen, die Ulanen Säbel, Lanze mit blau-weiß-roten Fähnchen und Pistolen.

Das Pferdematerial war gut und ausdauernd.

Die GUedenuig der Artillerie in drei Kompagnien erwies sich mit Rücksicht auf den Dienst in den festen Plätzen sehr bald als unzureichend; bis Ende des Jahres 1808 wurden 3 Ba- taillone zu je 3 Kompagnien und 1 Komj)agnie reitende Artillerie aufgestellt. Ihre Stärke betrug 1050 Mann iind 935 Pferde*).

Das Geschützmaterial wies die verschiedensten Modelle und Kaliber auf. Es waren 243 Geschütze (hievon 93 Feld- geschütze! vorhanden ■* I.

Im Verband jeder Legion stand eine Sappeur- zu 160 und eine Trainkompagnie®) zu 165 Mann. .Außer diesen existierte eine llandlangerkompagnie in der Stärke von 50 ^lann und eine ganz geringe Anzahl (8i von Pontonieren. Die Sappeure waren mit Beil, Gewehr und einem kurzen Säbel bewaffnet.

Die .Ausrüstung der Truppen ließ sehr viel zu wünschen übrig. Die Gewelue waren meist alt, reparaturbedürftig, von

') Den vollen Stand eines Itegiments gibt Soltyk mit 1047 Mann an, was mit Balaguy ungefähr gleichkommt, der 1055 Mann zählt.

•) Die Komplettioraug auf den vollen Stand wurde erst im März 1809 angoordnet, gelangte jedoch nicht zur Durchführung.

*) .Anhang IX.

0 Sol tyk, 111.

Soltyk, 109.

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Das Herzogtum Warschau 77

verschiedenem Kaliber; nicht besser stand es mit dem Ge- schützmaterial * i. Die berittenen Truppen klagten über den Mangel an Sätteln und Zaumzeug, der Infanterie fehlte es an Reserveschuhen. Die Regierung zahlte wohl den Sold, aUein die .\dministrationsbeamten der Legionen erhielten keinerlei Fonds zur Unterhaltung von Armatur imd Rüstung. Eine Aushilfe durch Frankreich, wie sie Davout vom Kaiser erbat, wies dieser kinzweg von der Hand *).

Die Heeresergänzung regelte eine vom König von Sachsen am 9. Mai 1808 erlassene Konskriptionsordimug ®,i. Die Begeisterung, welche die Polen während des Krieges unter die Fahnen geführt hatte, war langsam erloschen, die -Abgänge konnten durch freiwilligen Eintritt der mannbaren Jugend nicht mehr ergänzt werden. Über Betreiben Xapoleons hatte nun König Friedrich August auf der Basis des fran- zösischen Konskriptionssystems das neue "Wehrgesetz ein- gefiihrt.

Die Konskribierten zerfielen in vier Altersklassen vom 21. bis 22., 23. bis 24., 25. bis 26. und 27. bis 28. Lebensjahr. Außerdem wurden noch Listen über die Männer von 29 bis 50 Jahren, welche die Reserve bildeten, geführt-

Das jährliche Rekrutenkontingent setzte der König fest. Sechs Liniendienstjahre befreiten von jeder weiteren Dienst- leistung. Die zum Dienste Ausgelosten konnten Stellvertreter stellen. Stellungsflucht wurde mit 1000 polnischen Gulden betraft; im FaUe der Betrag nicht einzubringen war, hatte die zuständige Gemeinde hiefür aufzukommen. Befreit vom Waffen- dienste waren Beamte, Geistliche, Lehrer, Rabbiner und Kantoren.

Um dem Mangel an Offizieren zu steuern, winde Offi- zieren, die in Polen oder im Ausland Militärdienste geleistet

') Davout fand von HO Feldgeschützen nur 40 in brauchbarem Zustand. (C. d. D., Tom. II, 227, Nr. 472.)

•) C. d. D., Tom. n, 146, Nr. 433 und C. d. N. I., Tom. XVI, 372, Nr. 13.599 «US Magdeburg. Davout hatte um Überlassung von 5<).ÜOO bis 80.000 Paar Schuhen gebeten.

*) Anhang X. Dieselbe erregte im Herzogtum grobe Mißstimmung und fand heftige Gegner, so daß Davout an Napoleon berichtete, ihre Ausführung bliebe am besten bis auf weiteres verschoben. (C. d. D., Tom. n, 228. Nr. 475 ; 243, Nr. 480.)

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liatten, die Mögliclikeit des Eintritts in die Armee eröffnet ' i. Dieselben konnten sich einer Prüfung vor zwei Brigade- generalen unterziehen und wurden dann je nach dem Umfang der bewiesenen militärischen Kenntnisse als Offiziere über- nommen.

Zur Heranbildimg eines Offiziersnachwuchses wuirflen eine Ingenieurschule zu Warschau und zwei Kädettenschulcn in Kalisz und Kidm errichtet.

Als Gerichtsstand für alle Jlilitärijersonen sowohl in zivil-, wie strafrechtlicher Beziehung fungierten die allgemeinen bürgerlicheil Gerichtshöfe. Eine der ersten Verordnungen des Königs von Sachsen hatte die bis dahin bestehenden besonderen Militärgerichte aufgehoben*) und damit eine noch heute heftig diskutierte Frage über die E,\emj)tion der Mihtärpersonen in ganz modernem Sinne entschieden.

Zur freudigen Genugtuung der ganzen Armee war der militärische Verdienstorden, den der letzte König von Polen über Anraten seines Nefien, des Fürsten .Josef Poniatowski, im Jahre 1792 gegründet, auf Pußlands Forderung aber bald aufgehoben hatte, vom König von Sachsen wieder erneuert worden*). Offiziere und Soldaten, die im letzten Feldzug sich ausgezeichnet hatten, erhielten dieses Zeichen besonderer

') Journal de l’Empire, 1. September 1807.

*) Ebenda, Warschau, vom 2. Oktober 1807. Den Grund zu dieser Verfügung gaben die zahlreichen Ausschreitungen der Truppen gegen die ansässigen Deutschen. Fürst Poniatowski hatte bereits vor Erlaß der königlichen Verordnung den Truppen unter Androhung der schärfsten Strafen verboten, die deutschen Kolonisten, deren Industrie dem Staate nützlich sei, durch Wort oder Tat zu beleidigen.

*) Der Orden war dem österreichischen Militär-Maria Theresien- Orden nachgebildet ; Anspruch auf denselben gab nur ausgezeichnetes Verhalten vor dem Feinde. Der Orden hatte drei Klassen, für Mannschaft silberne und goldene Medaillen, mit deren Besitz aucli der Bezug einer Reute verbunden war. Das Ordenszeiehen bestand aus einem goldenen, mit schwarzem Email überzogenen Kreuz, an dessen Enden die In- schrift: „virtuti militari” angebracht war. In einem Mittelscbild war der von einem Lorbeerkranz umgebene weiße polnische Adler ange- bracht. Die Keversseite fülirte in einem dunkelblauen Mittelschild die Worte: „regi et patriae”. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte dieses Ordens enthalten die Jahrbücher für die deutsche Armee, 1898, Bd. 108

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Das Herzogrtam Warsohaa.

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Tapferkeit vor dem Feinde *) ; der Kriegsminister beglück- wünschte die Beteilten in einem besonderen Tagesbefehl und gab damit die Stimmung der ganzen Armee wieder •).

Die äußeren Formen ftir die Entwicklung des Heeres waren gegeben, die losen Truppenteile in festen Eabmen gefügt und doch fehlte ihm die Seele aller gedeihlichen militärischen Tätigkeit der Geist des Gehorsams und des einheitlichen Zusammenwirkens. Diesen zu erwecken und stets wach zu '•rhalten, mußte die erste und wichtigste Sorge der Heeres- verwaltung sein.

Während die Generale Dijbrowski und Zajijczek die ihnen von Napoleon geschenkten Güter bewirtschafteten und mm zeitweüig ihre Truppen in.spizierten, blieb die Last der höchsten administrativen Stellung auch nach dem Kriege dem Fürsten Josef Poniatowski anvertraut, der ,,dies .Amt gerne abgegeben hätte, wäre jemand anderer nur bereit gewesen, es zu übernehmen”*). Schon am 5. August 1807 hatte derselbe iu einem Tagesbefehle ■* i das Ziel bezeichnet, dessen Erreichung ihm stets vor Augen bleiben werde, die Erziehung zu Ordnung und Gehorsam. Napoleon sei mit den Polen zulneden gewesen, habe ihren Mut, ihre Unerschrockenheit anerkannt, jedoch auch hervorgehoben, sie verständen weder genaue Ausfühnmg von Befehlen, noch eiidieitliches Wirken, welches den wahren Soldaten erst ausmache. Sie hätten miU- färische Ehre erworben, aber noch nicht genug für sich und den Euhm des A^aterlandes getan. Hiezu seien Eintracht, •^hdnung und Gehorsam nötig, die zu erwerben ihr Bestreben sein müsse.

Während des Krieges war an eine gi'ündliche Ausbildung der Truppen nicht zu denken gewesen. Die Alannschaft bestand aus Freiwilligen, bei welchen strenge Disziplin und Zucht zu üben oft vermieden wimde, um den Eifer und die Begeisterung für die nationale Sache nicht zu vermindern. Uerade die moralische Erziehung des Mannes zu Ordnung,

' An die Auszahlung der mit diesem Orden verbundenen Iteuten konnte freilich des herrschenden Geldmangels wegen nicht gedacht werden.

*) Anhang XI.

*) Pami^tniki Drzewieokiego, 21U.

*) Anhang XIL

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.) a t.

Selbstzucht und 0]>ferfreudigem Gehorsan) bildet aber die Grundlage lur alle weitere militärische Friedensausbildung und deshalb ging Fürst Poniatowski mit größtem Eiter daran, dies Ziel als erstes, wichtigstes anzustreben.

Nach dem Spruche Friedrich II. liegt „der Geist der Armee in den Offiziers”. Gerade bei den höchsten Offi- zieren aber, den Legionskommandanten Dqbrowski und Zajaczek*) stieß Fürst Poniatowski auf L’nbotmäßigkeit. die sich auch uach unten fort|)flanzte und seine Bemühungen.

') Bereits in jungen Jahren war derselbe in die polnische Armee eingetreten und hatte sich als Generalstabschef des Kronfeldherrn Grafen Branioki verwendbar gezeigt, später auch im politischen Leben eine bedeutende Rolle gespielt. Im polnischen Freiheitskampf wurde er am 8. Juni von den Russen unter Der fei den bei Chelm geschlagen und bei der Verteidigung Pragas gegen Suworow verwundet. Ob der Vor- wurf des Verrates, der nach dem Falle Pragas gegen ihn erhoben ward, begründet sei, ist unerweislich. Nach einer längeren Haft in Österreich trat er in die italienische Legion ein, schloß sich Napoleon auf dem Zuge nach Ägypten an und verblieb sodann in französischen Diensten. Im Lager von Boulogne kommandierte er eine Division und erschien über Befehl Napoleons in Posen, um die Aufstellung der Kaliszer Legion in Angrilf zu nehmen. Seiner Tätigkeit als Komman- dant des „polnischen Observationskorps”, die ihm manchen berechtigten Tadel von Seite des Kaisers einti-us', wurde bereits im I. Abschnitt gedacht. Während des I’eldzuges 1809 trat seine alte Gegnerschaft und der lang verhaltene Groll gegen den Fürsten Poniatowski so oü'en und scharf zu tage, daß ihn dieser gleich in den ersten Tagen der Kampagne von der Feldarmee entfernte und mit einer „entlegeneren” besonderen Mission betraute. Nach der Räumung Warschaus durch die k. k. österreichischen Truppen erlitt Zajijczek bei der Verfolgung des detachierten G.M. Freiberrn von Mohr bei Jedlinsko am 11. Juni eine empfindliche Schlappe. Beim Rückzug der ,, Großen Armee” von Moskau 1812 verlor er ein Bein, was die allgemeine Meinung etwas zu seinen Gunsten beeinflußte. Als Polen nach den Bestimmungen des Wiener Kongresses als Königreich an Rußland fiel, nahm er 1815 als Greis den Posten eines „kaiserlichen Kommissärs bei der Regierung von Polen” an, dem jedoch seine Kräfte nicht gewachsen waren. Persönlicher Mut und Kaltblütigkeit werden ihm nachgerühmt. Ehrgeiz und Wankelmut aber bilden Schattenseiten seines Wesens, das sich keiner allgemeinen Sympathien erfreute. Die Memoiren der Gräfin Potocka, 250, sprechen von ihm als ,, Emporkömmling und Schmeichler Napoleons” und tadeln herbe seine „knechtische Unterwürfigkeit gegen den Zaren .Alexander, dem er mit derselben Ergebenheit wie vordem Napoleon zu dienen” erklärt habe.

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wahre Harmonie zu erzielen, paralysierte. Zajt^czek erklärte, französischer General zu sein, und verweigerte offen den (iehorsam, so daß Fürst Poniatowski sich bei Davout in den bittersten Worten beklagte. Zaj^czeks Betragen sei ..skandalös”, geeignet des Fürsten Ansehen völlig zu untergraben. Erst als Davout mit allem Nachdruck betonte, Zaj^czek wie Dijbrowski hätten mit der französischen Armee nichts zu schaffen, sondern stünden im Dienste des Herzogtums, ließen beide von ihrer offenkundigen Opposition gegen den Kriegsminister ab*). Volle Genugtuung erhielt Fürst Ponia- towski trotzdem auch jetzt nicht, denn beide Generale wurden nur angewiesen, die Verfügungen des Kriegs- miiiisters in ministeriellen Angelegenheiten zu respektieren, wahrend sie alle übrigen Befehle von Davout als dem Hüchstkommandierenden aller Truppen im Herzogtum em- pfangen sollten *).

Davout zw'eifelte .selbst daran, zwischen den polnischen Generalen ein gutes Einvernehmen herzustellen •); ein gedeih- liches Zusammenwirken derselben blieb ansgeschlossen. Selbst kleinliche Angelegenheiten gaben Grujid zu laugen und ge- reizten Auseinandersetzungen. D q b r o w' s k i remonstrierte gegen die hohe Nummernbezeichuung der Infanterieregi- menter seiner Legion, welche doch vor der des Fürsten errichtet worden sei*); Zaji^czek aber hatte immer zu klagen, daß Fürst Poniatowski die Truppen der eigenen Legion bevorzuge und den Bedarf an Ausrüstungsgegen- ständen und Monturssorten für die zweite Legion nur schlecht und nachlässig decke.

Nationale Begeisterung hatte im Kriege die Tru])j)en zusammengehalten, Zwietracht und Unbotmäßigkeit drohte die Friedensarbeit zu stören, für w'elche der Armee nur eine kurze Zeitspanne beschieden sein sollte.

■) C. d. D., Tom. U, 11, Nr. ,S52; 119, Nr. 416; 125, Nr. 420; C. d. X. I.. Tom. XV, 545, Nr. 19.072.

•) C. d. D., Tom. II, 24, Nr. 857.

*) Ebenda, 25, Nr. 3.59 : ,,Jo ferai tout, ce qui dependra de moi pour maintenir la bonne harmonie entre les g^näraux polonais, mais je crains bien de n'y pas räussir."

*) Ebenda.

Uitteilangen dos k. and k. KriegsarchivB. Dritte Folge. IV. Bd. 6

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4. Einfluß der französischen Heeresleitung auf die polnische Armee, Vorkehrungen in Rücksicht auf den Krieg in Spanien und den drohenden Kampf mit Österreich.

Wie in allen Rheinbundstiiaten mußte auch im Herzog- tum Warschau die militärische Größe Napoleons bestimmend auf den Geist, die Ausbildung imd Verwendung der Truppen in Friedens- und Ki’iegszeiten wii'ken. Die junge Armee, die unter französischen Adlern ihre erste größere W^alfentat ver- richtet hatte, erblickte im Sieger von Friedland nicht bloß ihren Schöpfer, sondern auch Schützer und Förderer. Sein Geburts- tag, der Tag der Kaiserkrönung, die Erinnerung an die Schlachten bei Jena und Auerstädt winden durch militärische Paraden gefeiert, die Armeebefelde *i verkündeten immer wieder des Imperators Ruhm. Selbst die Errichtung von Denkmälern und Triumphbögen wurde beschlossen *j und nur der Krieg mit Österreich verhinderte die Ausführung derselben.

Schon die erste Proklamation des Pürsten .Josef P o n i a- towski vom August 1807 hatte des eigenen Souveräns nicht mit einem Worte gedacht und dadurch migewoUt das eigenartige Verhältnis des jungen Heeres zu seinem Hen'scher klar- gestellt*). Die miUtärischen Hoheitsrechte Friedrich .Augusts in seinem neuen Lande beschränkten sich auf die Ernennung von Generaladjutanten, Ordensverleihungen und Beförderungen. Doch auch hiebei galten Napoleons Vorschläge als bindende Befelde *j, so daß in Wahrheit der Beherrscher Frankreichs der oberste Kriegsherr der jiolnischen Armee war.

Wohl den besten seiner Generale hatte Napoleon zum Vollstrecker seines Willens eingesetzt, als er bereits am 12. Juli 1807 dem Marschall Davout das Kommando über alle Truppen

') Anhang XIII.

’) Journal de l’Empire, Aiigu.st 1808.

•) Wenn Oncken den König von Sachsen „Oberfrei.schärler des polnischen Landsturms” nennt, so hat er sachlich unrecht. Das ge- hässige Urteil Ober diese Armee widerlegen ihre Waffentaten.

‘) Die Ernennung des Fürsten Poniatowski zum General en chef erfolgte im März 1809 auf einen Brief hin, den Xapoleon an den König von Sachsen richtete: ,, Euere Majestät werden ohne Zweifel da-s Kommando über die polnischen Truppen dem Fürsten Poniatowski übertragen.” (C. d. N. 1., Tom. XVllI, 318, Nr. 14.804.)

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Das Hersogtom Warschau.

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im Herzogtum Warschau anvertraute mid ihm alle Angelegen- heiten betreffs Verteidigung der festen Plätze, Artillerie, Genie, Administration, Sanitätspflege etc. zur Entscheidung überwies ' >

Es war ein schwieriges und verantwortungsreiches Amt, welches der MarschaU übernahm *). Mag er auch in politischer Beziehung manches verfehlt haben, die militärischen Inten- tionen seines Kaisers hat er voll erfaßt und durchgeführt. Seine Kommandofühiimg in Warschau, nicht frei von Härte, ließ doch Wohlwollen und Billigkeit erkennen und sichert© ihm die Zuneigung der polnischen Armee.

.\ls Vertreter des kaiserlichen Willens war Davout in den ersten Monaten bestrebt, seine Autorität ängstlich zu wahren und schoß dabei oft über das Ziel hinaus, indem er selbst kleinliche Details des Dienstes seiner eigenen Ent- scheidiuig vorbehielt*). Leider war der Marschall zu Beginn seiner Kommaudofühning von einem ganz ungerechtfertigten Mißtrauen gegen den Fürsten Poniatowski erfüllt, trug das- selbe auch zur Schau und stärkte damit die passive Opposition der Generale D^brow'ski und Zaji^czek, wenn er auch die Harmonie zwischen denselben äußerlich hergestellt hatte *).

■) C. d. N. I., Tom. XV, 411, Nr. 12.897.

•) „Le marüchal se trouvait daiis des conditions singulierement deäcates, ayant ä contenir les Polonais sans les decourager, ä proteger le nouveau gouvernement sans trop l’accablor de sa prepotence et ä surveiller aussi l'Autriclie en Galicio;” C. d. D., Tom. II, 4, Vorrede; Vigier, Tom. I, .857 : „Au moment de quitter Tilsit, l’Empereur conüa a Davout un commandement semi militaire, semi politique de la plus haute importance. II avait appreciä les qualites d’administrateur du Marechal, sa rigide probitü, l'exacte discipline qu’il savait faire regiier autour de lui. Toutes ces considerations le determiii5rent ä designer le 3* Corps pour l’occupation du Grand Duchb de Varsovie et ä choisir son chef pour presider ä la resurrection de ce fantöme de Pologne.”

*) Als anfangs Oktober die Reise Königs von Sachsen angeküudigt worden worden war, überreichte FOrstPoniatowski dem .Marschall ein Programm für den militärischen Empfang des Herrschers mit dem Be- nierken, er werde seinen Generalstabschef Fiszer zur Begrüßung des Königs nach Posen schicken. Davout war über diese Mitteilungen des Fürsten höchst erzürnt. Fiszer habe ohne seine Erlaubnis Warschau nicht zu verlassen, er selbst werde alle Anordnungen treffen.

*) Seite 81, Fußnote 2.

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J Q t t.

Der taktischen Ausbildung der polnischen Truppen, deren Disloziening ebenfalls seiner Entscheidung anheimgestellt war, widmete Davout das regste Interesse. Durch häufige Besich- tigungen hielt er den Eifer der Tmppenkommandanten wach ; sein scharfer Blick nahm Cbelstände wahr, die er absteUte ; durch Abhaltung großer Manöver gab er den höheren Kom- mandanten Gelegenheit, ihre Fähigkeit als Truppenführer zu betätigen.

Wie er den Fortgang der Befestigungsarbeiten im Lande stets verfolgte, so hatte er auch für die Bedürfnisse der pol- nischen Armee ein offenes Auge und war stets bereit, die Schwierigkeiten überwinden zu helfen, welche der immer- währende Geldmangel bereitete. In dieser Hinsicht dachte der Marschall überdies billiger als sein Kaiser. Als Davout um die geschenkweise Überlassung von 6000 Paar Schuhen für die Polen bat, erklärte Nai)oleon kirnz und bündig, die Magazine Frankreichs seien für französische Truppen da ‘), und wies den Marschall streng an, sich nicht in die , .inneren Angelegenheiten" des Königs von Sachsen zu mengen.

Napoleons Absicht, sich in der polnischen Armee eine brauchbare Yerstärkimg der eigenen zu erziehen, hatte Davout durch seine Tätigkeit verwirklicht. Der französische Einfluß war von unleugbarem Werte gewesen; in stiller Friedeiis- arbeit aber zu erstarken, sollte der Armee versagt bleiben.

Der Krieg in Spanien erforderte eine Kräfteanspannung, zu der auch das Herzogtum herangezogen wurde. Die Weichsel- legion erhielt Verstärkiuigen, das Regiment der Chevaulegers war<l nach Spanien abgeschickt. Am 18. Mäi'z 1808 eröffnete Napoleon weiters dem König von Sachsen, er sei geneigt. 8000 Mann der polnischen Armee in französische Dienste zu übernehmen, lun die Heercslasten der Warschauer Regierung zu verringern. Diese Truppen sollten nach Magdeburg abge- schickt werden und würden mit der Weichsellegion ein Korjis von 13 14.000 Mann bilden, welches der König, sobald er wolle, weder erhalten könnte*). .\ls Davout von den Inten-

*) C. d. D., Tom. II, 18, Nr. 356 ; C. d. N. I., Tom. XV% 545; Seite 77, Fußnote 2.

Napoleon an Champagne, (C. d. N. I., XVI, 419, Nr. 13.655), an Davout vom 17. April ^C. d. N. I., XVII, 17, Nr. 13.755): „Ecrivez

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Das Herzogtnm Warscbati.

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tionen des Kaisers dem Fürsten Poniatowski Mitteilung machte, erklärte dieser, es zirkulierten Gerüchte, welche die Absichten Napoleons herabsetzten, die Erinnerung an San Domingo neuerdings wachriefen,

Poniatowski wünschte die Besetzung der Komman- dantenstellen mit supemumerären Offizieren, was Davout aber nicht zugab. Die Bayonner Konvention machte den Be- sprechungen ein Ende In einem Zusatzartikel übernahm Napoleon die 8000 Mann und Davout ging sofort daran, die Ausrüstung und Absendimg derselben durchzuführen. Welche Regimenter abzugehen hatten, blieb nicht der Ent- scheidung des Kriegsministers anheimgestellt. Davout be- stimmte das 4. Infanterieregiment aus Warschau, das 7. Infan- terieregiment aus Kalisz, das 9. Infanterieregiment aus Lowicz, deren Kommandanten, die Obersten Felix Graf Potocki, Sobolewski und Fürst Sulkowski, als tüchtige Führer galten und durch ihre Ergebenheit an die französische Sache bekannt 'W'aren. Die Regimenter wurden auf drei Bataillone mit Kriegsstärke gebracht ; eine Kompagnie Fußartillerie und Sappeiue sollten mitfolgen.

Davout besichtigte vor dem Abgehen die einzelnen Truppenkörper, fand dieselben in bestem Stande, das Offiziers- korjjs geeignet, auch den strengsten Anforderungen zu ent- sprechen. Die Bewafihung jedoch ließ fast alles zu wünschen übrig; ein Drittel der Mannschaft war ohne Gewehre, der Rest mit Flinten verschiedener Systeme und Kaliber ver- sehen*). Die Ausrüstung wurde in Breslau auf französische Kosten beendet imd die polnische Division über Mainz *) nach Frankreich und Spanien geschickt, wo sie um den 12. Dezember in den Verband des IV. Korps trat*).

&u sicor Bourgoing pour qu’il accil6ro le dipart de ces troupes et ponr qu’on ne fasse partir des compagnies ä moins qu’elles ne soient ä 140 bonunes dffectives. Ce n’est pas une niide d'officiers que je veux, mais des corps dont je pni.sse me servir.”

1 Seite 68 und Anhang VII.

•) C. d. D., Tom. II, 174, Nr. 452; 184, Nr. 456; 211, Nr. 468 ; 250, Xr. 483 ; 277, Nr. 500 ; 287, Nr. 509.

•) C. d. N. I., Tom. XVn, 419, Nr. 14.233.

‘) Anhang VIII.

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Just.

Inzwischen hatte sieh die Lage der französisclien Trnjipen in Spanien von Tag zu Tag verschlechtert. Nach der Kata- strophe von Baylen am 19. Juli war von GL. Dupont am 20. eine schmähliche Kapitulation geschlossen worden ; bei 17.000 Mann reguläre Truppen hatten vor einem ungeschulten Volks- heer die Waffen strecken müssen.

Der Nimbus der Unbesiegbarkeit der „Großen Armee” war damit zerstört; wie ein greller Blitz durchleuchtete ganz Eiuopa die Kunde imd zeigte, daß geeinte, zielbewußte Volks- kraft nicht als „fpiantite negligeable” zu betrachten sei. Das Beispiel der Spanier konnte zu einer allgemeinen Erhebung der von Napoleon unterjochten Völker führen, die Rüstungen Ö.sterreichs ließen einen Sturm erwarten, den der Kaiser nicht unvorbereitet über sich ergehen lassen wollte. Die Heran- ziehung des Korjis Davout zwischen der Oder imd Elbe erschien geboten, die [)olnische Armee aber stark genug, um das Land allein zu sichern, dessen weitere Schicksale von dem Erfolg der Napoleonischen Waffen abhiengen.

Bereits am 25. Augtist 1808 erhielt Davout die Weisungen Napoleons zum Abmarsch ’), erteilte die nötigen Befehle für die Truppen fies Korps und traf Vorkehrungen für den Ersatz durch sächsische und jfolnische Kontingente. Oberst Saunier, ein fähiger Kopf, der sich wegen seiner gewinnenden Formen der größten Beliebtheit erfreute, wurde zum Platz- kommandanten in Warschaxi ernannt.

Der Abmarsch der Franzosen erweckte im Herzogtum große Bestürzung; die Polen w'ähnten sich verraten und prei.sgegeben *}. Davout trachtete die erregten Gemüter zu beruhigtm, ließ seine Frau in Warschau zurück und ver- zögerte seine Abreise nach Breslau bis zum 5. September. Zwei Tage vorher hatte er dem Fürsten Poniatowski, der ihm auch femerlün unterstellt sein sollte, das Kommando über alle Truppen im Herzogtum übertragen \

■) C. d. N. J., Tora. XVII, 437, Nr. 14.252; 464, Xr. 14.269; C. d. I)., Tom. II, Nr. 496.

»; C. d. D.. Tom. II, 268. Nr. 496.

•) Davout an Poniatowski, 3. September 1808. (C. d. D., Tom. II., Fußnote auf Seite 27.5. „Le commandement important quo je donno ä Votre Altesse de mon propre mouvement sera appris avec

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Daf Hersogtam Warschaa.

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3. Zustand der Truppen and festen Plätze zn Ansgang des Jahres 1808.

Die großen politischen Ereignisse, welche sich im Sommer 1808 vorbereiteten, die Nachrichten über die Mißerfolge der französischen Waffen in Spanien, wohin nnn anch ein Viertel der polnischen Infanterie abgegangen war, lasteten wie eine schwere Wolke über dem Herzogtum. Auf eine ruhige Ent- wicklung des Staatslebens in der nächsten Zukunft wägete niemand zu hoffen ; mit Bangen erwarteten die Polen die Ergebnisse des Erfurter Fürstenkongresses, auf -welchem ihr bos „endgiltig entschieden würde” *).

Napoleon lag dieses aber gar wenig am Herzen. Er schloß das Bündnis mit dem Zaren Alexander I. fester als zuvor, beruhigte Preußen durch Nachlaß von 20 Millionen seiner Kriegsschuld und sicherte sich in einer Geheimkonvention vom 12. Oktober die aktive BimdeshUfe Rußlands für den Fall, als er von Osteireich angegriffen würde. Als Davout am Iß. Oktober beim Kaiser die Anfrage stellte, welche Verteidigungsmaßregeln für das Herzogtum zu treÖen seien *), erklärte dieser, für Polen sei nichts zu fürchten*); die pol- nische Armee habe Praga, Modlin, Sieroyk und Thom zu besetzen.

Davout ordnete daher von Breslau aus die Vereinigung aller Truppen in dem Raume des polnischen Festungsdreieckes an. Die Legion des Fürsten Poniatowski konzentrierte sieh in Warschau und Konkurrenz, die Infanterie der Kaliszer Legion winde bis auf die Besatzung von Cz^stochow nach Modlin und Sieroqk verlegt, während die Kavallerie längs der öster- reichischen Grenze an der Pilica und gegen Preußen an der Warthe und Prosna verblieb. Das Hauptquartier Zajijczeks wurde Modlin.

plaisir par l’Empereur ; jo vous prie de le regarder comme une preuve de ma confiance absolue, ainai que de l’estime que je vous ai vouee et que neu n’altdrera, Votre Altesse peut en etre convaincuo car je n’ai coufu ces sentiments qu’aprös avoir reconnu les principes de delicatesse et de loyautd, qui sont la base de votre caract^re.”

*) C. d. D., Tom. U. 289, Nr. 511 ; 291, Nr 512; 301, Nr. 521.

>) Ebenda, 309, Nr. 521 ; 313, Nr. 525.

>) C. d. N. I., Tora. XVIII, 18, Nr. 14.110.

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J n t.

General Dabrowaki und sein Stab blieben ohne Ver- wendung *) ; die Infanterie der Legion stand als Besatzung in Danzig und Thom *), die Kavallerie aber an der preußischen und russischen Grenze längs des Niemen, der Weichsel und Netze.

Alle diese Verschiebungen wurden sukzessive und ohne Hast dnrchgefUhrt, um im Lande keine Beunruhigung zu wecken.

Poniatowski rechtfertigte in dieser Zeit in glänzender Weise das Vertrauen, welches Da vout in ihn gesetzt hatte*). In stiller, unermüdlicher Weise war er bemüht, die Armee zu rüsten und zu verstärken. Artillerie und Train wurden um je eine Kompagnie vermehrt, tur die Ergänzung der Vorräte im Warschauer Arsenal gesorgt das Geschützmaterial in brauch- baren Zustand gesetzt. A^on besonderem Vorteil für den Fortgang dieser Arbeiten war es, daß Fürst Poniatowski überaus tüchtige, tähige französische Offiziere, wie die Majore Pierre Bontemps und Jean Mailet*) au die Spitze des Artilleriezeugs- und Geniewesens stellte, die oberste Leitung dieser Zweige aber in die Hand des Obersten Jean Baj>tiste Pelletier legte.

Dieser Mann stand auch in späterer Zeit dem Fürsten als treuer Berater zur Seite. Voll unerschütterlichen Mutes in den größtm Gefahren, weitblickenden Sinnes, tatkräftig

') Es geschah nicht ohne Absicht Davouts, der von General Di^browski keine hohe Meinang hatte: „On ne peux pas le taxer d’Stre malintentionnä, mais il est tr6s>leger, tr^s-inconsequent.” (C. d. D., Tom. II, 311, Nr. 524 und Seite 54, Fußnote 2.)

•) Anhang XIV und XVI,

•) C. d. D., Tom. n, 328, Nr. 533: „II est impossible de se mieux conduire et avec plus de devouement et de loyautd, que ne l’a fait le prince Poniatowski.”

*1 In demselben befanden sich 21.000 lufantoriegewehre und 5,000.000 Patronen ; für jedes der vorhandenen 243 Geschütze Munition für 750 Schuß.

*) Beide wurden vor Ausbruch des Krieges 1809 zu Oberst- leutnants ernannt. Während K otaezkowski dem ersteren in seinen „Er- innerungen”, 58, 59, das Zeugnis völliger Beherrschung aller Zweige des Artilleriewesens, grenzenlosen Mut und edelste Lauterkeit des Charakters zuschreibt, nennt er Mailet einen Egoisten, einen theoretisch wenig gebildeten Offizier, der in Polen nur Karriere und sein Glück machen wollte.

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Das Hersos^tom Warschaa.

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und arbeitsam im Frieden, war er berufen, eine grobe Rolle zu spielen. Seine Xationalität erhöhte noch seinen Einfluß ; er wußte die Gegensätze und Reibungen zwischen den polnischen Generalen auszugleichen, die gegeiiseitige Rivahtät aber in Schranken zu halten ’). Dieselbe war trotz aller Bemühungen Davouts nicht geschwunden, denn weder Zajfjczek noch D^browski konnten den tiefen Groll und die Enttäuschung verbergen, daß Poniatowski die erste Stelle in der Armee einnahm, die jeder von beiden liir sich bean- spruchte. Eifersucht herrschte aber auch unter den übrigen Cfeneralen, wie der anbrechende Krieg gar bald bew'ies. Zaj^czek und Dijbrowski blieben Antipoden*); persönlicbe Neigungen und Absichten traten in den ^’ordergmnd, wenn das allgemeine Interesse des Dienstes harmonisches Zusammen- wirken aller Kommandanten erheischte. Von diesem Vorwiui' ist auch der vom Fürsten hochgeschätzte und wohl fähigste der Brigadegenerale, Michael Sokolnicki, nicht freizusprechen. Mit großen Fähigkeiten verband derselbe ^lutund kühne Entschluß- fassung; er war der Vertreter rücksichtslosen ,,Drauflosgehens’’t

') Jean Baptiste Pelletier (geboren 16. Februar 1777, gestorben 1839) war mit 17 Jahren als Sekondleutnant beim 2. Fußartillerie- regiment eingetreten, hatte als Hauptmann bei der Bekämpfung des StraBenanfstandes in Paris 1793, als Major 1806 bei der Belagerung von Kolberg und an der Schlacht bei Friedland teilgenommeu. Nach Abschluß des Tilsiter Friedens verblieb er im Dienste des Herzogtums und wurde am 4. März 1809 zum Brigadegeneral ernannt. 1812 komman- dierte er die ArtUlerie im Feldzug gegen Rußland und focht bei Waterloo. Unter den Bourbons wieder in den aktiven Dienst eintretend, wurde er 18.36 Divisionsgeneral und Generalinspektor der Artillerie.

*) Es war eine alte Gegnerschaft, die zwischen beiden bestand nnd durch die bereits erwähnte Schrift D^browskis, „Beiträge zur Geschichte der polnischen Revolution im Jahre 1794”, erhöht worden war. Der in dem Werke über einzelne Generale, darunter auch Zajqczek. ausgesprochene Tadel veranlaßte letzteren, Dqbrowski zum Duell berauszufordern. Die in Paris anwesenden Landsleute verhinderten jedoch die Austragung des Zweikampfes und beschleunigten die Abreise Dqbrowskis nach Italien, um die Bildung der polnischen Legion nicht zu verzögern. Während des Feldzuges 1809 zeigte sich, daß der alte Groll nicht erloschen sei. Im Kriegsrat gaben beide stets diametral entgegengesetzte Urteile ab und Zajivczeks Niederlage bei Jedlinsk eni 11. Juni wird von manchen Schriftstellern Dqbrowski zur Last gelegt, der erstcrem nicht rechtzeitig zu Hilfe gekommen sei.

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.last.

wegen seines kühlen verscldossenen Wesens freilich mehr geachtet als gehebt*;.

Der alte Fraktionsgeist der Polen war auch in der Armee nicht erloschen; es war ein Mangel, den Fürst Poniatowski fühlte, ohne die Kraft zu besitzen, ihm mit voller Energie zu steuern. Die Wagschale hielt als Gegengewicht nur das Ver- trauen und die Liebe der Truppen zu ihren Führern, und dies war der schönste Erfolg, welchen die Friedensarbeit gezeitigt hatte *). Die Verteilung der Truppen zu Ausgang des Jahres 1808 ließ schließen, daß das Exerzierfeld bald zu ernster Walstatt sich verwandeln könne. Die Stärke der Armee betrug 32.063 Mann und 6035 Pferde, von denen jedoch, das .sächsische Kontingent abgerechnet, nur 20.372 Mann im Herzogtum standen ’i.

Neben der Erhaltung des stehenden Heeres war der Warschauer Reg^ierung durch Napoleon auch der Ausbau der festen Plätze des Landes ziu" Aufgabe gemacht worden *). Davout widmete wolil dem, Fortschreiten der von General Chasseloup noch während des Krieges begonnenen fortitika-

') Michael Sokolnioki (geboren 1760, gestorben 1816) hatte als Genieoflizier den Feldzug 1792 mitgemacht. Bei Maciejowice gefangen und nach Petersburg gebracht, diente er nach seiner 1797 erfolgten Freilassung unter Di^browski in Italien. 1800 als Brigadegeneral ver- wendet, begab er sich nach dem Friedonsschluß nach Paris, wo er mit Eifer wissenschaftliche Studien betrieb. Rer Feldzug 1806—1807 führte ihn ins Vaterland zurück. Mit starkem Selb.stbewußtsein aasgestattet, glaubte er sich zur höchsten Stolle in der Armee berufen.

*) Dijbrowski W'urde von seinen Soldaten als „Vater” gepriesen. Poniatowski „erreichte durch ein Zeichen mehr als sonst nur durch strenge Disziplin möglich w'ar”. (Memoiren der Gräfin Potocka, 199.)

Nach Anhang IX betrug der Gesamtstand der Truppen des Herzogtums am 1. Januar 1809 32.063 Mann und 603.') Pferde.

Hievon standen :

Infanterieregiment Xr. 1 .... 2555 Mann 1

.. 7 2855 > in Spanien

T) )i )) fi 2555 ,, I

..10 1485 I .

„11 1691 ., j

Artillerie, Genie, Train 550 ,. in Danzig und Spanien

somit außerhalb des Landes . . 11.691 .Mann verblieben im Lande 20.372

•) .Seite 62.

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Pas Herzogtum Warschau.

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torischen Anlagen regste Fürsorge * ), allein der strenge Winter des Jahres 1807 1808 hatte zur Einstellung der Erd- arbeiten, die erst im Sommer fortgesetzt werden konnten, gezwungen. Überdies waren durch die stetige Geldnot der Regierung, welche den für fortifikatorische Zwecke im Budget eingestellten Betrag von 2,300.000 polnischen Gulden nicht aiü'bringen konnte, häufig unliebsame Verzögerungen ent- standen. Mit der Übergabe des Kommandos an den Fürsten Poniatowski fanden die Arbeiten ihr Ende, ohne zum völligen Abschluß gediehen zu sein *).

Den strategischen Kern des Landes umschlossen die Plätze Modlin, Sierocjk, Warschau-Praga und deshalb war auch für diese am meisten geschehen.

Die Hauptstadt selbst war zu einer Verteidigung un- geeignet ; ihre Befestigungen stammten aus der zweiten Hälfte des 18. .Jahrhunderts, waren von Kosciuszko erneuert und wälirend des Feldzuges 1806—1807 von den Franzosen erheblich verstärkt worden. Sie bestanden jedoch nur aus Wall und Graben, die in einem Umkreis von ungefähr zwölf Kilometern die Stadt umschlossen. Die Wallmaueni waren meist verfallen, die Gräben seicht und an vielen Stellen selbst fiir Kavallerie jiassierbar.

Über die Weichsel hatte Davout eine 761 Meter lange, hölzerne Jochbrücke mit einem Kostenaufwand von 700.000 polnischen Gulden schlagen lassen und auf diese Weise die Verbindimg mit Praga am rechten Ufer hergestellt’).

Der Brückenkopf von Praga bestand in einem an der Kehle offenen Kronenwerk, welches zwar von Erde, doch mit Holz verkleidet, kasemattiert und vollkommen sturmfrei war. Demselben vorgelagert, beherrschten acht an der Kehle ge- schlossene, im Halbkreis um die Weichsel gespannte Fleschen das Vorfeld.

■) C. d. D., Tom. U, Nr. 376 ; 120, Nr. 416 ; 161, Nr. 444.

*) Mit Recht macht Soltyk den Fürsten für dies schwerwiegende Versäumnis verantwortlich. (Relation).

•j Fast die Hälfte der Brücke wurde am 7. Februar 1809 durch den starken Eisgang abgerissen, worauf in aller Eile durch Anlage einer Schiffbrücke die Kommunikation wieder hergestellt wurde. (Moniteur 1809, 1. März.)

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J Q fl

Die militärische Hauptstadt des Landes, Modlin (heute Nowo Georgiewsk) war in ihren Befestignngen imfertig geblieben. Die Verschanzungen am rechten Weichselnfer bildeten ein sechsseitiges bastioniertes Polygon ; die Wälle. 5'2 Meter hoch und mit Holz verkleidet, waren gegen Handstreich gesichert. Mit dem hnken Ufer war die Verbindung durch eine Schiti- brücke hergestellt, die aber bei Eintritt des Winters ab- gebrochen werden mußte. Davouts Absicht, hier eine Joch- brücke zu schlagen, war nicht zur Ausführung gelangt imd auch die Anlage eines Brückenkopfes am linken Weichsel- ufer uuterbUeben, wodurch der Wert des Platzes für offensive Operationen am linken Ufer fast aufgehoben war. Auf die schmale Landzunge, welche durch die Weichsel und den Narew-Bug gebUdot wird, führte eine Jochbrücke.

Die Befestigung von Sierotjk ließen am meisten zu wün- schen übrig. Sie stellten ein Polygon mit fünf Bastionen und zwei Fleschen dar ; eine Jochbrücke über den Narew war am linken Ufer durch einen schwachen Brückenkopf ge- schützt.

Thom, welches völlig in stand gesetzt, nicht bloß als großer Dejiotplatz dienen konnte, sondern auch die Ver- bindung mit den Departements Posen und Kalisz (Großpolen) hätte eröffnen können, war nur am rechten Weichselufer einem feindlichen Angriff gewachsen. Hier zeigte es eine Verteidigungs- front mit sieben Bastionen, in Holz verkleidet und palisadiert. .\uf das linke Ufer führte bei Benützung der Bazar-Insel eine Schifl'brücke, die aber am linken Ufer niu' durch einen ganz niederen Erdwall als Brückenkopf gedeckt war. Auf der Bazar-Insel waren flüchtige Verschanzimgen aufgeworfen.

Die kleine Festung Czqstochöw an der Warthe, wichtig durch ihre Lage am Knotenpunkt der Straßen, die von Scldesien und von Krakau aus gegen Warschau fühi'en, be- fand sich in völlig verteidigungslahigem Zustand. Die Befes- tigung, lU'sprünglich zum Schutze des Klosters errichtet, das ein wundertätiges Marienbild als höchsten Schatz ver- wahrte, stellte ein bastioniertes Viereck dar, welches durch seine hohe Lage das flache Land weithin behen’schte ‘j.

') Cz?stocb6w ist noch heute eine Wallfahrtsstätte für alle Polen.

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Das Herzogtum Warschau.

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Bis auf Praga und Cz^stochöw waren demnach die testen Plätze nicht völlig ausgebaut, die Armierung bbeb wegen Mangels an Geschützen gleichfalls unvollständig ' i. Die Be- satzungen. soweit sie zu Ende des Jahres 1808 ans Feld- truppen bestanden, wurden, als der voraussichtliche Krieg mit Österreich die Konzentrierung der letzteren notwendig machte, durch die Dejmts der in Spanien stehenden Regimenter, wie durch die zur Aufstellung gelangenden dritten Bataillone ergänzt *).

6. Militärische Lage des Herzogtums vor dem Einmarsch der österreichischen Truppen am 15. April 1809.

Empört über die Kriegführung seiner Generale, beschloß Xapoleon, dem Kriege in Spanien durch sein eigenes Er- scheinen eine entscheidende Wendung zum Besseren zu geben. Ehe er an die Ausführung dieses Planes schritt, wollte er jedoch Sicherheit haben, daß Österreich, dessen Rüstungen ihn schwer beunruhigten, nicht zu den Waffen greife. In einer an den Fürsten Metternich, damals Bot- schafter in Paris, gerichteten Note*) frug Champagny, der Minister des Auswärtigen: ,, Was will Ihre Regienmg? Warum beunruhigt sie den Frieden des Kontinents? Ihre Provinzen Werden von Ihren Prinzen durchkreuzt; sie rufen das Volk zur Verteidigtmg des Vaterlandes auf; die ganze Volksmasse vom 18. bis 45. Lebensjahr ist unter Waffen gesetzt, etc. Will Österreich ernstlich den Krieg?” Metternich versuchte mit Geschick in einem ausführlichen Privatschreiben an Ch ampagny*) den Argwohn zu beschwichtigen. Die Errich- tung der Landwehr sei eine dem französischen System nach- g'*ahmte Maßregel, um die .Abgänge des Heeres zu ersetzen und entbehre jeder feindlichen Tendenz.

Während Metternich noch am 3. Angpist dem franzö- sischen Minister versicherte, das österreichische Volk venib- srheue jeden Krieg, berichtete der französische Gesandte

’) Nach Soltyk fehlten zur völligen Ausrüstung der festen Plätze im Lande 120 Geschütze

’) Ausgenommen in Czfstochöw, Anhang XIV.

*) Abgedruckt Wiener Zeitung, 1809, Stück 37.

*) 22. Juli, sbgedruckt Wiener Zeitung. 1809, Stück 45.

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J tt t t.

Andreossy aus Wien vom 8.: „Nach allem, was untrer

unseren Augen vorgeht, bot tlsterreich niemals einen so kriegerischen Anblick wie jetzt *i.’’ Die Nachi-icht erhöhte Napoleons Besorgnisse.

Beim Empfang des diplomatischen Korj)s anläülich seines Namenstages am 15. August setzt« er Metternich in einer fast einstiiudigeu Ansprache die Gefahren eines Krieges lür Österreich auseinander und wies Andröossy an. dem Grafen Stadion eine Schildenmg über die Audienz vom 15. August zu geben, die seinen Herrn bereit zum Frieden, aber auch zum Kriege zeigen sollte.

Noch waren OsteiTeichs Küstungen nicht so weit gediehen, um kriegerische Absichten ollen kund zu geben. Das Wiener Kabinett versprach die Entlassung der Reserven bis zum 1. Sej)tember, wogegen Napoleon seinerseits Metternich mit der Erklärung beruhigte, die französischen Trujjpen aus PreuÜen und dem Groüherzogtum Warschau bis hinter die Elbe zurückziehen zu wollen. „Bagen Sie Ihrem Kaiser,” war sein Schluß, „daß ich alles zwischen uns als beendigt be- trachte.”

Um seinen Zug nach Spanien aber mit voller Rücken- freiheit ausführeu zu können, bedurfte es noch anderer Bürg- schaften. Diese zu schallen und der M\’lt darzutun, wie un- erschütterlich sein Bund mit dem Zaren Alexander sei, war die Absicht Napoleons bei der Entrevue von Erfurt. Kaiser Franz, der an derselben nicht teilnahm, sandte den General Freihemi von Vincent mit einem eigeidiändigen Schi’eiben vom 13. September*; an Na])oleon ab, in welchem er seiner friedücheu Gesinnung Ausdruck gab.

Für den Winter 1808 1809 waren nunmehr Napoleons Befürchtungen geschwunden. Nachdem die Armee in Spanien verstärkt worden, verließ er am 29. Oktober Paris, ti-af bereits am 5. November in Vittoria ein und übernahm persönlich das Kommando. Die glänzende Attacke seiner polnischen Chevau-

') Champagny au Andr6ossy,16. August 1808. (Wiener Zeitung, Stück ,5.5.)

•) Abgedruckt Wiener Zeitung vom 16. Juni 1809. Napoleons Antwort an Kaiser Franz vom 14. Oktober bei Saski, Campagne de 1809 en Allemague et en Autriclie, Tom. J, 15.

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Das Herzogtum Warschau.

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legers gegt^n die si)anische Stellung bei Sommosiera hatte ihm den freien Weg nach Madrid eröffnet':, wenige Tage nachher war die Hauptstadt in seinem Besitz. Die Nach- richten über die drohenden Rü-stungen Österreichs Ließen ihn jedoch die entscheidenden Operationen nicht zu Ende führen. ilarschaU So ult übernahm die Fortsetzung des Krieges in Spanien, Napoleon selbst aber eilte nach Valladolid und von hier nach Paris, wo er am 22. Januar 1809 eintraf.

Seine Befürchtungen waren tief begründet gewesen; am 8. Februar fiel in Wien die Entscheidung, Österreich war zu einem Angriffskrieg in großem Stile entschlossen.

In fieberhafter Eile ging Napoleon nun daran, dieTru])pen Frankreichs und seiner Verbündeten für den gewaltigen Kampf bereitzustellen. Der polnischen Armee war eine offen- sive Rolle zugedacht, deren Durchführung nur die über- raschend schnellen Operationen des zum Kampfe gegen das Herzogtum bestimmten österreichischen VII. Armeekor])s unter Kommando des Erzherzogs Ferdinand d’Este verhinderten.

Bereits am 15. Januar hatte Napoleon in Vallodolid einen seiner Ordonnanzoffiziere, denPolen Chlapowski, über Mainz und Kassel nach Warschau geschickt, um sich über den Zustand der Armee hier eingehend zu informieren und Bericht zu erstatten •).

Im Vertrauen auf die Bundeshilfe Rußlands hielt Na]) o- leon das Herzog;tum nicht fiü‘ bedroht. „Da.sselbe könne ruhig sich selbst überlassen bleiben, es habe mehr Truppen als zu seiner Verteidigung nötig und die Österreicher hätten wohl an anderes als an eine Invasion nach Warschau zu denken *). Bei diesem „Überfluß” an Truppen verfügte Napoleon am 21. Febraar^), daß ein Kavallerieregiment (das vierte) für Küstrin, Stettin und Glogau aufgeteilt, zwei Bataillone aus Lissa nach Küstrin verlegt werden. Auf diese Weise „würde auch das Herzogtum finanziell entlastet, da die Erhaltung der Besatzung den festen Plätzen anheimfiele”.

') Seite 74, Fußnote 1.

•) C. d. N. I., Tom. XVIII, 184, Nr. 14.664. Derselbe traf am. 9. Februar in Warschau ein.

') C. d. N. 1., Tom. XVTI, 411, Nr. 14.795.

*J Ebenda, Tom. XVllI, 280, Nr. 14.800 ; 276, Nr. 14.794.

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.last.

Am 4. März erließ Napoleon neuerliche Befehle an Davout'), dem die sächsischen mid polnischen Truppen unterstellt wurden. Während die ganze sächsische Armee um Dresden vereinigt werden sollte, hätten die polnischen Be- satzungen in Thom, Praga, Modlin, Sieroqk und den Oder- festungen zu verbleiben, alles übrige aber sei in Warschau zu versammeln, so daß 15.000 Mann bereit stünden, gegen Krakau zu marschieren •). Zwei Tage später wurde dem König von Sachsen erötfnet, daß alle Vorbereitungen zum Kampfe mit Österreich getröden seien. Friedrich August werde ohne Zweifel das Oberkommando über die Armee des Herzogtums dem Fürsten Poniatowski übertragen*), welcher, den Gang der Ereignisse abwartend, Galizien zu bedrohen habe. Die polnische Kavallerie sei so nahe als möglich gegen Krakau vorzuschieben, ohne daß sie die Grenze überschreite. Öster- reich werde dadurch gezwungen, in Galizien bedeutende Kräfte zu unterhalten. Auch Rußland marschiere gegen Österreich *).

Scharf und präzise aber drückte die Instruktion Napo- leons vom 30. März an Berthier die Aufgabe aus, welche der polnischen Armee gesetzt sei. Im Falle der Feindseligkeiten habe Fürst Poniatowski den Österreichern zuvorzukommen: mit der Feldarmee sei Galizien zu insurgiereu, das Festungs- dreieck diuch Nationalgarden zu schützen *). Am 8. April treten Sachsen und Polen in den Verband des IX. Koq)s unter Marschall Bernadotte, Fürsten von Ponte Corvo*). Napoleons Absichten wurden aber durchkreuzt, das öster- reichische VII. Armeekorps kam der polnischen Armee zuvor.

•) C. d. X. L, Tom. XVIII, 308, Nr. 14.H48; 818, Nr. 14.864.

*) ln Ausführung der vom Kaiser gegebenen Weisungen, erteilte Davout noch am gleichen Tage aus Paris, wo er zum Besuch seiner Frau weilte, dom Fürsten Poniatowski die schriftlichen Befehle und spricht die Überzeugung ans, Österreich werde sich bei einem Überfall täuschen. Allo Maßnahmen seien bis zum 20. März bereits getroffen. (C. d, D., Tom. n, 389, Xr. 587.)

•) Seite 82, Fußnote 4.

*) In ähnlicher Weise unterrichtet Napoleon auch den Vizekönig Eugfeno Beauharnais am 16. März. (C. d. X. I., Tom. XVIII, 356, Nr. 14.908; 3i»9. Nr. 14.909.)

•) C. d. N. I., Tom. XVI II, 441, Nr. 14.975.

Ebenda, 447, Nr. 15.029.

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Das Hersoginm Warschau.

97

Die Warschauer Regierung hatte über die Kriegsvor- bereitungen Österreichs in Galizien durch Landesbewohner und Deserteure genaue Kenntnis. Die Grenze, durch Kordons- mannscliaften bewacht, war bis zum Beginn der Feindselig- keiten von Österreich nicht gesperrt worden, so daß Personen und Posten dieselbe ungehindert passieren konnten. Auf diese Weise war es auch dem Fürsten Poniatowski möglich, an Da vout detaillierte Berichte über die österreichischen Truppen- bewegungen zu senden ').

Ende Januar wurde General St. Fiszer*), Stabschef des Pürsten, nach Paris entsendet, um Napoleon über den Zustand der Armee Rapport zu erstatten, gleichzeitig aber die klägliche Finanzlage zu schildern und eine Aushilfe von 8 Millionen polnischen Gulden durch den Kaiser zu erbitten. Obgleich Davout dieses Anliegen beim französischen Kriegs- minister, General Clarke Graf von Hunebourg, mit warmen Worten unterstützt hatte*), so war Napoleon zur Erfüllung der polnischen Wünsche nicht zu bewegen. Die geplante Restringierung der Infanteriekompagnien auf 90 100 Mann wies er allerdings mit Recht aus taktischen Gründen schroff zurück, da die Kompagnien sehr bald auf einen Stand von 50—60 Mann herabsinken und jeder Stoßkraft entbehren würden. Er forderte die Ergänzung auf 140 Mann, versprach aber dafür die Mehrkosten zu tragen, soweit der Stand der Kompagnien 100 überschreite. Enttäuscht kehrte General Fiszer nach Warschau zurück.

') Soltyk 116; C. d. D., Tom. II, 3.54, Nr. 563 ; 363, Nr. 572.

*) General Fiszer (geb. 1769), während des Feldzuges 1809 Generalstabscbef des Fürsten Josef Poniatowski, war bereits mit jungen Jahren in die polnische Armee eingetreten und von Kosciuszko in den Kriegen 1792 1794 im Oeneralstabe verwendet worden. Bei Maciejowice verwundet und mit Kosciuszko gefangen, erlangte er erst 1797 die Freiheit, ging nach Frankreich und kämpfte als Oberst in der Donaulegion unter Kniazowicz, wobei er in österreichische Gefangenschaft geriet. Nach seiner im Jahre 1800 erfolgten Freilassung lebte er im Kreise der Familie, bis ihn der Krieg Napoleons 1806 bis 1807 wieder in den Dienst der polnischen Armee führte. Von kühlem Wesen und theoretischem Geiste war er ein Freund der Ordnung und des strikten Gehorsams, geschätzt von Poniatowski, der sich in allen Details des Dienstes auf ihn verließ.

•) C. d. D., Tom. II, .369, Nr. 577 ; 374, Nr. 581.

UitWilongon des k. and k. KrieKSArcliivs. Dritte Folge. IV. Bd. i

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98

Just.

Auf eine ausgiebige Unterstützung für das Herzogtum durch Napoleon war also nicht zu rechnen. Die Größe der Gefahr, die den kaum ersttindenen Staat mit einem neuen Kriege bedrohte, gleichzeitig jedoch auch die Hoffnung, bei einem glücklichem Ausgang desselben in dem Wiederaufbau des „Königreiches Polen” ein gut Stück vorwärts zu kommen, hießen Herrscher und Land die eigenen Kräfte voll einsetzen, um Napoleons Erwartungen gerecht zu worden. Im Vertrauen auf den Schutz seines großen Protektors war das Herzogtum bereit, den Kampf mit Österreich aufzunehmen.

Am 14. März hielt der Reichstag seine erste Sitzung und bewilligte am 20. die Komplettierung der Armee und sofortige Aushebung von 9000 Mann aus der ersten Klasse der Militärkonskription. Die Nation sei bereit, erklärten die Abgeordneten, zum Wohle und zur Sicherheit des Vaterlandes alles aufeubioten und keine Opfer zu scheuen '). Die Errich- tung einer vierten Legion unter General Fiszer wurde be- schlossen und zur Erhaltung der Truppen 30 Milloncu polnische Gulden votiert.

Am 2ö. März w'urde der Reichstag geschlossen, der König verließ Warschau, nachdem er die Ausübung seiner Souveränitätsrechte dem Staatsrat anvertraut, und traf am IB. April in Leipzig ein.

Mit fieberhafter Eile ging nun die Armeeleituug an die Durchführung der vom Reichstag beschlossenen organisa- torischen Änderungen. Der Stand der Infanteriebataillone wurde auf 840 Mann gebracht, die dritten Bataillone der Regimenter errichtet *), die Kavallerieregimenter auf 1047 Mann erhöht. Die Artillerie erfuhr eine erhebliche Verstär- kung, indem drei neue Fußbatterien zur Aufstellmig gelaugten und auf Kosten R<nnan Soltyks eine reitende Batterie errichtet wurde. Die Rekrutenaushebuugen für die neue vierte Legion, welche aus 3 leichten Infanterie-, 2 Kavallerieregimentern und 1 Ariilleriebataillou unter Kommando des Generals Fiszer bestehen sollte, wurden eingeleitet, doch bereitete der aus- brechende Krieg denselben ein jähes Ende und General Fiszer

*) „Allgemeine Zeitung”, 1H09 vom 14. und l(i. April.

Dieselben wurden als Besatzungstruppen in den festen Plätzen verwendet. Anhang XIV.

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Das Hsrsojftnm Warschau.

911

übernahm die Stelle des Generalstabschefs der „polnisohen Division” der ..großen Annee”.

In Durchführung der von Napoleon am 4. März ange- ordneten Verschiebungen ') befanden sich die Truppen zu Ende des Monates in voller Aktion. Obgleich Fürst Poniatowski in einem Bericht an Davout vom 12. April die öster- reichischen Bewegungen als höchst ernsthaft bezeichnete, so glaubte er doch nicht an einen unmittelbaren Angritf von Seite (isterreichs und hielt das Korps des Erzherzogs Ferdinand nur ftir ausersehen, die „Bewegungen" der Polen zu beobachten, nicht aber ins Herzogtum einzurücken *). Die vorgefaßte Meinung, Österreich werde sich scheuen, den Kampf mitNapoleon zu eröffnen, hatte Poniatowski in Sicherheit gewiegt und keine Vorkehrungen zu einem energischen Wider- stand treffen lassen.

Zu einer Zeit, als das k. k. VII. Armeekorps hart an der Pilica stand, sicherten nur ganz schwache Reiterabteilungen am hiikeii Flußufer die Grenze, während das Gros der verfüg- baren polnisch-sächsischen Stroitkräfte in der Gesamtstärke von 14.5.58 Mann mit 41 Geschützen nach den Dispositionen des Fürsten vom 12. April teils in Warschau vereinigt war’), teils südlich der Hauptstadt kantonierte. Nur ein Infanterie- regiment, dem vier Geschütze beigegeben waren, hielt noch südlicher vorgeschoben Raszyn besetzt

In dieser Stellung’) erhielt Fürst Poniatowski am 15. früh morgens ein Schreiben des Erzherzogs Ferdinand

') Siehe 90 und Fußnote 1.

’) „On onnonce g^nöralement que le oorp.s de l’archiduc Fer- dinand se monte k 90.001) hommes ; mais il n’est guere probable qu'il puisse porter de notre cöt6 au delä de 15 ä 18.000 hommes, et d5s lors le corps qui doit agir sur la Pilica serait destine plutöt 5 observer nos mouvements qu’ä eft'ectuer l'invasion du duchd si longtemps annonede.” (Soltvk. ;}45, Pi6ces justificatives Nr. 1.)

Anhang XVI. Die in "Warstchau versammelten Feldtruppen be- standen aus den ersten und zweiten Bataillonen der Intanterieregimenter 5’r. 1, 2, 6, 8, dem 2. Kavallerieregiment, Artillerie za Fuß 3 Kompagnien, zwei reitenden Batterien und dem säohsisclien Kontingent. Das aus Thom berangezogene 12. Infanterieregiment traf erst am 20. April ein.

*) Anhang XV und XVI.

‘) Beilage 2.

7*

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100

J a e t.

d’Este, Kommandanten des VII. Armeekorps, mit der Ver- ständigung, daß derselbe am 15. um 7 Uhr morgens mit seinen Truppen (25 Bataillonen, 11 Kompagnien, 44'/* Eska- dronen und 94 Geschützen) '), die Pilica passieren und jeden als Feind behandeln werde, welcher dem Vormarsch Wider- stand entgegensetzen würde. Diese Erklärang war am 14. um 7 Uhr abends durch einen Offizier dem polnischen Postenkommandanten in Nowemiasto überbracht und von letzterem gleich Oberstleutnant Mailet, welcher bei einer Rekognoszierung der Pilica sich eben hier befand, zu- gestellt worden.

So nahmen die kriegerischen Ereignisse ihren An- fang und überraschten allerdings den polnischen Ober- kommandanten, welcher geglaubt hatte, einen Gegner vor sich zu haben, der seinen ,, Bewegungen" ruhig Zu- sehen würde.

Die polnische Literatur, wie auch die Proklamation des Königs von Sachsen vom 24. April sprechen von einem ,, un- gerechten Überfall’’ des Herzogtums durch die kaiserlich-könig- lichen Truppen. ,.Erst angesichts der österreichischen Bajonette habe die Warschauer Regierung Maßnahmen zur Verteidigmig des Landes treffen können. Der Überfall sei so plötzlich erfolgt, daß die Bevölkerung von der hereingebrochenen Gefahr erst Kunde erlangt, als der Feind nur mehr drei Tagemärsche von der Hauptstadt entfernt gewesen sei. Wenn Österreich mit Frankreich Krieg führe, so könne das Herzogtum von demselben doch nicht berührt werden.” Alle diese Anschauungen sind tendenziös und entsprechen nicht der W ahrheit Diese erhellt scharf und klar aus den früher geschilderten Weisungen Napoleons und gibt den vollgiltigen Beweis, daß Österreich durch den raschen Beginn seiner Operationen im Herzogtum nur der ge- planten feindlichen Unternehmung gegen Krakau zuvor- gekommen ist. Damit war eine schwere Gefahr für Österreich abgewehrt worden, die gerade in den ersten

•) .\nhang XVU.

’) Soltyk zeigt in die.sem Punkte eine anerkennenswerte Objek- tivität.

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Das Uorzogtam Warschau.

101

Wochen des Krieges von den nachteiligsten Folgen hätte begleitet sein müssen *).

Anfänglich an Zahl und innerer Ausbildung dem Gegner nicht gewachsen, gab die polnische Armee bald Beweise ihrer Tüchtigkeit und behauptete sich mit Erfolg gegen Österreichs kampfgeübte Scharen. Es waren ausgezeichnete, vom besten Geist erfüllte, im Krieg erprobte Regimenter, welche der Kaiserstaat in den Kampf geschickt hatte. Die Tapferkeit des Gegners allein hätte nicht vermocht, ihre Kraft zu zersplittern. Wenn Österreich der Erfolg versagt blieb, so trug die Ver- kennung des ersten und einzigen Zwecks jedes Kampfes; der Ver- nichtung der feindlichen Streitkraft die Haui)tschuld daran. Solange jene nicht gebrochen, sind alle errungenen Vorteile nur Scheinerfolge. Dem Schlachtensieger allein fällt als reife Frucht zu, was der Di]>lomat als Zweck des Krieges erstrebt; dieser kommt erst zum Wort, wenn der Feldherr gehandelt. Politische Rücksichten und Ziele aber waren es, welche den österreichischen Kommandanten zur mildesten Form der Kriegführung bewogen, welche die eigenen Kräfte schonen und sparen hießen, welche die Operationen zu einer Zeit leiteten, als der Hauptzweck dos Krieges, Vernichtung der feindhchen Armee, erreichbar gewesen wäre.

Aus diesem Grunde kann der Feldzug im Herzogtum Warschau nicht vom rein militärischen Standpunkt aus eine gerechte Würdigung finden *). Die politischen Kalküle Öster- reichs im Jahre 1809, die Hoffnung auf Preußens Beitritt, auf die Erhebung Norddeutschlands und die neutrale Haltung Rußlands erwiesen sich als verfehlt und gaben nur wieder einmal den Beweis fiir die Richtigkeit des Satzes :

„Die besten Bundesgenossen sind unsere braven Truppen.”

’) Im Verlauf des Feldzuges wurde Krakau erst am 14. Juli von den Polen besetzt, ein weiteres VorrOcken derselben jedoch durch den WaffenstUlstand verhindert. Für den Fall der Wiedereröfl'nung der Feind- seligkeiten batte Fürst Poniatowski den Befehl, den Vormarsch nach Olmütz anzutreten. (C. d. N. I., Tom. XIX, 4tiü, Xr. 15.798.)

*) Pelet, Tom. IV, 62: „Les intrigues politicjues portent une grande complication an milien de cette guerre” und Stankiewicz, 334.

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Anhang.

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Anhang.

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I.

Aufruf Dqbrowskis und VVybickis an die Polen*).

P o 1 o n a i s.

Napoleon le Grand, rinviucible, entre dans la Pologne avec une armee de trois Cent mille hommes. Sans vouloir approfoudir les mysteros de ses vues, tAchons de mdriter sa iiiagnaiiimitd.

„Je verrai, nous a-t-il dit, si vous miritez d'etre une nation. Je m’en vais a Posen; c’est (jue mes premieres idAes se formeront sur votre corapte.”

Polonais! il dipend donc de vous d’exister et d'avoir une patrie ; votre vengeur, votre createur est li.

Accourez de tous les cötes au-devant de lui, coraine accourent les enfants iploris a l’apparition de leur pere. Apportez-lui vos coeurs, vos bras. Agissez, et prouvez lui, tpie vous etes prits k vorser votre sang pour recouvrer votre patrie. 11 sait que vous etes desarmes ; il vous fonrnira des armes.

Et vous, Polonais, foroes par nos oppresseurs de combattre pour eux et contre votre propre interet, venez! ralliez-vous sous les drapeaux de votre patrie.

Bientöt Kosciuszko, appeli par Napoleon le Grand, vous parlera par ses Ordres En attendant, recevez ce gage de sa haute protection. -Souvenez-vons que la proclamation par laquelle on vous appela pour tbnner des legions en Italie, ne vou.s a pas trahis. Ce sont ces legions qui, meritant les suffrages de l'invincible lieros de l'Europe, lui ont donne le premier indice de l'esprit et du caractere polonais.

Fait au quartier general de Berlin ce 3 novembre J8()6.

Dombrowski Wybicki.

q Abgedmckt franz. d'Angeberg, 440. poln. K olaczko w ski, 53.

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106

Just.

II.

D4cret ‘).

Varsovie, 14 janvier 1807.

Art. 1. Juaqu'i ce que le sort de la Pologne ait ete hxÄ par !a paix definitive, eile sera gouvemdo par un gouvememcnt provisoire.

Art. 2. Ce gouvernement sera compose de sept membres. II prendra le titre de Commission de gouvernement

Art. 3. I.a Commission de gouvernement nommera aon President dans son sein. Elle choisira un secr4taire giniral hors de son sein.

Art. 4. Elle choisira ögalement hors de son sein cinq personnes chargdes de la direction des differentes branches de l'administratiou publique, suvoir : un directeur de la justice, un directeur de l’interieur, un directeur des tinanoes, un directeur de la guerre et un directeur de la police.

Art. 6. Ces directeurs travailleront avec la Commission de gouver- nement, dont les decisions seront portees ä la pluralite des voix.

Art. 6. La Commission de gouvernement est investie de tonte l'autoritd necessaire pour faire, sur le rapport du directeur de chaque partie, les lois et rdglements relatifs & la justice, a l’administration int4rienre, aux finances, k l'armde et a la police du pays.

Art. 7. 11 ne sera rien chang4 ä la division actuelle du territoire en six d4partements, savoir; Varsovie, Posen, Kalisz, Bromberg, Plock et Bialystock.

Art. 8. Sont nommes membres de la Commission de gouvernement:

M. M. le mar4chal comte Maiachowski; Gutakowsky, President delachambre supreme; le comte Stanislas Potocki; Wybicki; le comte Lzialynski; Bielinski, prösident de la chambre de Kalisz; S o b o 1 e w s k i.

Napoldon.

>) C. d. N. I., Tom. XIV, 192, Nr. 11Ö30; d’Angeberg. 457.

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Das Hersogtum Warschau.

107

m.

Brief des Dirisionsgenerals Zaj^czek an Fürst Josef Poniatowski ‘).

Monsieur le Directeur de la guerre!

Je suis fatiguÄ de votre oorrespondance. Le ton de Vos lettres ne me convient pas; le plus sage est de iie pas nous ecrire.

Bappelez Vous que je suis un ol’ficier gdneral ; l'Empereur l’a voalu. Je ne ddpends point de Vous pour ce qui est du inouvement de mes troupes. Quant k l’interieur et l’organisaliou des corps, adressez vos Ordres i Monsieur Kossecki, faisant les fonctions de chef d’Etat major de ma division. II les reraplira.

Quant i moi, persuadez Vous bien unc fois pour toutes, que je n'ai point d'ordre ä recevoir de Vous, que je n’attends rien du gouver- nement polonais, que je dois tout k l’Empereur des Franyais et que je n'ai et ne veux avoir rien k esperer que de lui.

Je Vous represente pour la derniere fois, que la troupe polouaise que je commande a mille besoins urgents. Elle manque de cbaussure, de chemises, de capottes, de gibernes, de sacs ä pain. La cavalerie n’a que de trfrs raauvaises selles et brides et rien de ce qu’il faut pour faire bivouaquer les chevaux. Toute la troupe est Sans luarmites et saus aucun moyen de faire trainer les munitions de guerre apres eile. Je vous en ai parld dans plusieurs de mes lettres ; elles n’ont produit aucuu eli’et. Est-ce Votre faute, est-ce celle du gouverneraent polonais je n'en sais rien.

Je Vous previens, que je communique la presente lettre ii sou »lte.<se, le prince ministre de la guerre et qu’une fois pour toutes, je nc veux rien avoir a d^miler avec Vous.

Xeidenburg, iy. avril 1807.

Le general de Division

Zayonczek.

*, Wybicki. PamiQtniki. S15.

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108

Just.

lY.

Proclaniation du prinee Joseph Poniatowski adressee anx ancieus militaires qui oiit serri sous la r^publique polo- iiaise, afln de fornier des eadres pour nne nonrelle armee

polonaise').

Varsovie, 7 (Uoembre 1806.

Appelö par S. A. J. lo grand-duc do Berg, lieutenaut de S. M. rempercur des Fran^ais, ä roprendre le rang et les fonotions quo j’avais exercees ä l’armee du roi et de la republique de Pologne, afin d’orga- niser les forces militaires de uotre pays, j’invite en cons^uence tous les anciens officiers, ä se presenter a mon etat-major, tous les jours de neuf heures a midi et de se muuir des diplömes delivr«5s par S. M. le roi Stanislas-Auguste, afin de reprendre leurs ancieus rangs. Ceux qui n’ont pas servi, seront employes seien la capacite de leurs forces.

Polonais! l’espoir commence ä renaitre; notre patrie sacrifi^e pourra se rolover et jouir encore de sa gloire antiquo, A I’ombre des lauriers da grand empereiir des Franfais. Mais nous devons lui prouver que I’osprit de nos ancetresne s’est point Ateint chez nous; que nous sommes dignes de posseder leur heritage, et porter encore un nom illustre jadis par tant de vertus et tant de glorieux exploits dans des circonstances si impor- tantes, ilans des moments si propiiAs, et qui pent-etre ne se represen- teront plus, je m’adresse a vous, mes chers collegues et anciens compngnons d’amies, en vous assurant que mon plus grand boulieur est celui de vou.s commander. Les principes de l'honneur vous ont toujours AtA sacrea; aujourd’hui vous repondrez dignement i l’appel de la patrie et k la conliance d’un invincible raonaniue: fiez-vous k son grand caractere, et tous vous serez fiers d’avoir accompli un glorieux dovoir.

Joseph Prinee Poniatowski.

d' A n gH b erg , 456.

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Das Herzogtum Warscltau

109

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*) Nach Biblioth**qne bistoritine» Tom, VII.

110

Just.

VI.

A.ii8ziigsweise Abschrift des Tilsiter Friedensantrages vom 9. Juli 1807').

Art. 13. Der König von Preußen entsagt für immer dem Besitze aller Provinzen, die als einstige Bestandteile des Königreiches Polen nach dom 1. Januar 1772 zu verschiedenen Epochen unter Preußens Herrschaft gekommen sind, mit Ausnahme des Ermelandes und des Landes im Westen von Altproußen, im Osten von Pommern und der Neumark, im Norden des Kulmer Kreises und einer Linie, die von der AV'eichsel über Waldau nach Schneidemühl geht und lilngs den Grenzen des Bromberger Kreises und der Straße von Sebneidemühl nach Driesen binlauft, welche Provinzen nebst der Stadt und Zitadelle Graudenz und den Dörfern Neudorf, Parchken und Swierkorzy auch in Zukunft mit allem Eigentumsrecht und Souveränität von dem König von Preußen werden besessen werden*).

Art. 1.1. Die Provinzen, welchen der König von Preußen im 13. Artikel entsagt, werden mit Eigentumsrecht und Souveränität von dem König von Sachsen unter dem Titel eines Herzogtums AVarschau besessen und nach einer A'erfassung regiert werden, welche die Freiheiten und die Privilegien der Völker dieses Herzogtums sichert und sich mit der Buhe der benachbarten Staaten verträgt.

d’Angeberg. 4(30. Karopaa Palingenosie, 1. 48.

Nach Art. VII des £lbmf;er (ironavortrages vom 10. November 18C/7 trat Preullen auch Neuschlesien ab. (d'Angoberg, 495). Siebe noch Seite 5(3, FabooteS.

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Das Herso^um Warsobau.

11t

vn.

Auszugsweise Abschrift der Bayoiiner KouTention rom 10. Mai 1808 M.

Art. I. SaMajeste l’Empereur das Fran^ais, Roi d’ltalie voulaut aider las linances de S. M. Io Roi da Saxe dans le Duohd de Varsovie, renonce ä Sa creance de 4,352.170 fr. sur le gouveruement Polonais pour papier tinibre, carter i jener et autres produits du timbro. Elle renonce egalement ä Sa creance de 349.805 fr. pour effets d’habiilement ecpiippcment ou campement, livres au Duobe de Varsovie. S. M. J. et R. reduit de 3,148.732 fr. ti 1,500.000 fr. Sa creance pour le sels, et pareillement de 1,907.270 fr. b. 1,500.000 fr. Sa creance pour rartillerie. retraiichant 497.270 fr. pour l’artillerie prise aux Russos et remise au gouvcmement Polonais, de Sorte que ces deux creances ne s’eleveront enscmblo qn'5 3,000.0(K) de francs.

Ces trois niillions jolnts au inillion, prete par S. M. Imp. et R. au gouveruement provisoire de la Pologne seront veraes avant le 1 juillot de cette annee dans la caisse du payeur Fran^ais i\ Varsovie eii trois .«eries de bons.

Art. III. II sera fait compen-sation, valeur pour valeur de la Somme diie par le gouvcmement Polonais. pour los denrdes, qui lui out etd livröes par le mareclial Davout. laquello est portdo de quatro 3 cinq millious, aveo le montaut des fournitures faites ä l'armee commandee par le mardchal Davout, seit pour subsistances soit pour les höpitaux, depuis le 17 soptembre jusqu'au 31 decembre 1807, les- qnelles sont estiniees de trois ä quatre millions.

Art. IV. Les ordances que S. M. l’Empereur et Roi s’est reservdes par le traite de Dresde du 22 juillet, celles qui sont pre- sentcnient connues, lesquelles, suivant I’ötat (jui en sera remis par l’Intendant gendral de Tarmee et des pays contpiis aux comtnissaires de S. M. le Roi de Saxe montaut i 43,463 220 fr. 51 ceiit. de Capital, plus k quatre millions pour les interets arri^res ou echus depuis la con-

Marten •: Nouvean röcaeil ile traitce. I. 71. Göttingcn 1^17.

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112

Just,

quete, et celles qu’oii pourrait ulterieurement döcouvrir, sont ced6es par S. M. l’Empereur et Iloi i S. M, le Koi de Saxe comme Duc de Varsovie, pour l’am^lioration des finances du Grand DiicM.

En 4change S. M. le Roi de Saxe fera verser avant le 1 juillet prochain dans les caisses de S. M. l'Empereur et Roi trois sÄries de bons, chacun de 10.000 fr. la premiere et la seconde Serie seront de 600 bons chacnne et la troisiemc de 800; de Sorte qne le versement total sera de 2000 bons, faisant vingt inillions de francs.

"Art. V. Les bons porteront interöt de 5 pour Cent k compter du 1 janvier demier 1808.

Art. VI. Le corps de troupes Fran(,’aises, qui est dang le Duche de Varsovie continucra d’ßtro k la Charge de S. M. Imp. et R. et sa depcnse sera payee exactement. On pourra employer k ce payement la partie des bons mentionnes dans l'article prdcedent, qui sera necessaire cependant a compter du 1 juillet prochain, les boeufs, qu'on fera venir de l'etrangcr pour rapprovisionneinent des troupes Fram,'aises seulonient, seront achetds par Tadministration Fraiifaise, ou bien le prix en sera reinbourse par eile eii num^raire.

Bayonne, le 10 mai 1808.

J. B. Nompere de Champagny Stanislas comte Potocki Xavier comte Dzialynski Pierre comte Bielinski.

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Das Hürsogtam Warschau,

113

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fiCOI W91 ' I I |w;r,l|9Ior. HOi;: ouiuinsuu«sdo

114

J U I t.

IX.

stärke und Dislokation der Trappen des Herzogtums Warschau am 1. Januar 1809').

Nr.

obarst

Standort

Effekiivstnnd

Infanterie.

1

Malachowski . .

Praga

1934 Mann

2

Stanislav Potoeki

Warschau

1962

3

Zoltowski . . .

*1

2339

t?

4

Felix Potoeki . .

Frankreich

2555

O

5

Mich. Itadziwill .

Kübtrinu.Cz<;stochow

1933

»1

6

Surawski ....

Siero(.k

1807

7

Sobolewski . . .

Frankreich

2855

8

Godebski . . .

Modlin

1888

i)

Snlkowski . . .

Frankreich

2555

10

Downarowicz . .

Danzig

1485

11

Mielczynski . . .

n

1691

*♦

12

W eyßenhoff . . .

Thom

1336

V

12 Infanterieregimenter, 24.339 Mann

Kavallerie.

1

Przebendowski .

1 Piiiseczno

Jäger zu

Pferd

2^

Tvszkiewicz . .

i Warschau

Ulanen

3

4

Louczyuski . . |

5(enczinski . . |

Echelon, an der Pilica, Warthe n. Prosna : d.OBterr.u.preuO.Urense.

:i u

1 Jäger zu

Pferd

5

6

Tnrno . . . . | Dziewanowski . |

Echelon, am Niemen, an der Weichsel und Nets«*

gSKt^n die russiicbe und preuliische Grenze.

'1 ’• 1 Ulanen

1

Im ganzen 5500 Mann, 5000 Pferde

') Zum Tttil Dach Soltyk, 108 bis 110; "Exner. 10, 77, 113.

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Da« Herzogtum Warschau.

115

Spezialwaffen.

Artillerie (Major Redl): 3 Bataillone & 3 Kompagnien; 1000 Mann. 8(K) Pferde. 1 Kompagnie reitende Artillerie (Kommandant Haupt- mann Wladimir Potocki]: 50 Mann, 75 Pferde.

Sappeure (Major Gdrski): 3 Kompagnien; 450 Mann.

Train (Major Hurtig): 3 Kompagnien i 165 Mann und 1 Kompagnie mit 45 Mann; 540 Mann, 100 Pferde.

Handlanger und Pontoniere: 1 Kompagnie; 58 Mann.

Summa: 2008 Mann, 1035 Pferde,

mit nachfolgenden Standorten:

Artillerie Sappeure Tiainkompagnien

Warschau 4 Komp, (hievon 1 d. reit. Artill.) . . 2

Praga ... 1 V,

Sierovk .1 '/,

Modlin . . 1 ■/, >/i

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Frankreich 1 1 Vj

Stab.

3 Divisionsgenerale: Poniatowski, Zajaczek, H. D^browski.

13 Brigadegenerale: Kaminski, liie- ganski, Sokolnicki, Roiniecki, Kamieniecki, Hauke, Piotrowski, Niemoiowski,Hehdowski, Fiszer, Grabowski, Woyoz3'nski, Isidor Krasinski.

35 Adjutanten 1 Adjutant-Kommandant 3 Inspecteurs aux revue.s 6 Sous-inspecteurs 3 Kriegskommissäre 3 Zahlmeister 67 im ganzen.

Sanitätsdienst.

1 Chefarzt 1 Oberchirurg 1 Oberpharmazeut 3 Chirurgen I. Klasse 3 II-

0 im ganzen.

GeschUtzmaterlal.

243 Geschütze, wovon 93 Feld- geschütze.

Gesamtstand der polnischen Armee:

Infanterie 24.3.39 Mann,

Kavallerie 5.550 5000 Pferde

Spezialwaffeu 2.098 ,, 1035

Stab 67 ,,

Sanitätsdienst 9

32.063 Mann, 6035 Pferde

8*

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Hiezu eio sächsisches Koutingent io Warschau von:

1619 Mann Infanterie 278 Kavallerie

900 Artillerie mit 14 Geschützen

im ganzen 2197 Mann

unter Kommando des GM. von Dyherrn, und zwar:

1 Musketierbataillon des Infanterieregiments von öbscholwitz,

6 Grenadierkompagnion, je zwei vom Infanterieregiment von Rechten, von Dyherm und König,

2 Kskadronen vom Husarenregiraent unter Major von Gablenz,

1 Detachement von Zastrow-Kürassieren,

2 Batterien vom Feldartilleriekorps unter den Hauptleuteu Raabe und

von Koch.

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Das Herzogtam Warschau.

117

X.

Konskriptionsordnmig vom 9. Mai 1808 ‘).

En notre palais de Pilnitz, le 9 mai 1808.

Fr^deric-Auguste, par la graco de Dien, roi de Saxe, duc de Varsovie, etc.

Atinijue notre ann^e dans le dnchd de Varsovie soit constamment au nombre d’hommes prescrit par la Constitution, et afin que le pa3'S soit toujours pret i combattre pour sa defense nous avons dicretd et decretons ce qui snit:

La consctiption sera aussitöt dtablie dans tout le duch6 de Var- sovie, dan.s les villes et dans les villages, tant pour les bourgeois et habitants que pour ceux qui ne seraient pas domicilids et qui appar- tieudraient d’une manifere quelconquo au paj's, saus avoir Ägard a leur naissance, ä leur dtat, dignitd, profession et religion. Sont exceptds de la conscription ceux qui ont uu emploi et qui sont aux service civil de l'dtat, tant qu’ils seront en place, tous les dcclesiastiques etc.

Quant aux juifs, qui demeurent dans le duehe de Varsovie (quand mäme ils seraient nds ailleurs), il ne sera exceptö de la con- scription qu’un rabin et un chantro pur chaque commune.

L’ägo determine la conscription; tous ceux qui sont ftgds de vingt ans et un jour appartiennent, Sans distinction, h la conscription, jusqii’4 ce qn'ils aient atteint l’äge de vingt-huit rövolus; tous ceux qui ont vingt-huit ans et im jour sont excempts de la conscription.

Oütre la conscription, il sera formd une rdserve, ä laquello appar- tiendront tous les hommes du cercle, qui ont plus de vingt-huit ans, et (jui, par consdquent, n’ont pos etd inscrits sur les registres de la conscription. Tout individu qui aura atteint l’Sgo cinquanto ans et un jour, sortira de la r^serve, et sera comptd parmi les anciens. Tous les conscrits appellds k l'armee, dfes qu’ils y auront servi six ans con- secntifs, sans ddserter, appartiendront i. la classo de ceux, qui out acquitte leur dette h la patrie. De cette mani6re, tous les individus niiles des departements et de chaque cercle du ducbd de V’arsovie seront partages en cinq classes. La premiiro coniprendra ceux qui n’ont pas läge recjuis; la seconde ceux qui sont propres a la conscription; la troisiemo ceux qui appartiennent k la rdserve; la quatrieme ceux qui ont servi leur temps; et la cinqui&me les anciens.

q Joomal de l'Empire, Varsovie, 29. juin idOS.

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118

Just.

XI').

Soldats!

LorS((ue le premicr guorrier du monle et des sifecles, le graiid Napoleon, apres avoir termino glorieusement une guerre qui a laisse ä rimmauite I'esperauce d une paix inaltdrable, a prononcd ces mots si flatteurs pour la nation qu’il venait de relever de sa chute: Je .sui.s Content de l’arm^e polonaise; S. Jl. le roi, notro maitre, voulant lui donner de son c6t4, une marc|ue publique de son estime ot de sa satis- faction, a etendu pour cette fois la recompense de la crolx militairo sur toute l’armcc, en ddcoraut tous les gdndraux, les colonels, los majors et les ofllciers, sous-oflicicrs et .soUats dans les etats-majors et dans les corjis qui l'ont le mieux m^rite. C’est une recompense des- tin^e aux vertus militaires ot eu rafeme teinps une marque d’honneur et de noblesse, qui, comme l’honneiir lueme, ne peut soufl'rir aucune attcinte. En la recevaut de votre roi, songess que vous contractez le devoir sacrd d’en prouver le prix par votre m<5rite et de servir d’exemple partout la patrie vou.s appellera, ä ceux ü qui le sort a refase l'occasion de so signaler ot qui sont dans l’attente des dveuomeuts ils pourront mörlter cette baute distinction, et cette gloire dont vous ütes Couverts, et dont le ministre qui la partage avec vous, fdlicite aujourd’hui.

•) Journal rKmpire. Varsovie, 81 d^combre 1807.

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Das Hersofftum Warsobau.

119

xn.

Proelumation dn prinee Joseph Poniatowski, ndressöe aux l^gions polonaises ').

Varsovie, le 5 aoüt 1807.

Soldats! revenu de Dresde je m’etais rendn pour offrir i Sa Majestd Imperiale et Eoi le demier hommago de notre profonde vÄncration, au nom des troupes que j’ai l’honnenr de commander, je regarde comme un devoir gloricux pour moi de vous rappeier les der- ni^res paroles que ce monarque m'a adressees ä votro oocasion.

„Je suis Content, m’a-t-il dit, des troupes polonaises; j'ai trouvd dans TOS soldats du courage et de l'dnergie; ils sont braves, intrepides mais ils n’ont encore, ni la tenue ni l’esprit militaire, ils iio connaissent ni cette justesse d’exdcution, ni cet ensemble qui caractörisent de vrais soldats. Mais, j’aime ä le croire, une administration ferme et les loisirs de la paix leur donneront bientöt ces qualitds qui leur manquent.” Soldats, vous avez deploye assez de courage aur le cbamp de bataille pour assurer votre röputation aux yeux de ceux avec lesquels nous avons fait la gucrre, mais vous n’avez point encore assez fait pour Tous-memes et pour la gloiro de la patrie. Elle exige de nous, outie les vertus militaires, Tharmonie, l’ordre, la discipline et l’obdissance. Le Premier des guerriers, le höros de l'univers et des siecles, le graud Napoleon, a louö ce qu’il a trouve de bon en nous, sous le rapport militaire; mais d’un autre cötö, il nous a fait connaitre ce qui nous manqaait encore. Glorieux de ces louanges, n’oublions pa.s les sages avis qu’il y a joints, afm qu’ötant comme inveslis de tout ce qu'il exige la plenitude de notre vocation, nous puissious par la suite möriter de plus grands eloges de la part de ce souverain et nous placer au rang de ces troupes qui röpoudent dignement au voeu de leur gouvcmement, comme au.ssi a celui de rhumauitö et du bien public.

Joseph prinee Poniatowski.

Conforme b, l'original. Le directeur en obef des bureaux du ddpar- tement de la guerre. Colonel Hebdowski.

>) (l’AngeberK, 187.

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120

Just.

XIII.

Tai^esbefehl anläßlich der Gedenkfeier an die Schlacht bei Jena ’).

Varsovie, 14 octobre 1803.

Holdats polonais!

II y a ileux ans, qu’i pareil jour une victoiro mdmorable a pose les fondements de notre existence actuelle ; mai.s les sieclos les plus recules doivent apprendre de quelle reconnaissance los coours polonais soiit penetrds pour le htSros. <iui de sa puissonte inaiu, balam^ant les destindes des nations, nous a rendu notre terre patemelle. Les preraiers pas que vous avoz faits daus la carridre des armes ont dejä montrd que vous etiez dignos de la haute bienveillanco du grand monarque. Ne cessez jamais de prouver un ddvouement saus bornes d celui dont la sollicitude continuelle vous prdparc un accroissement de prosperitd. Placds sous les ordres d’un chef qui s'est couvert lui-mdmo do lauriers k pareil jour reudez-vous dignes do combattrc k cötd des plus vaillants soldais. En attendant qu'une beureuse destinde nous procure l’avantage de payer de notre sang ce quo nous devons k la brave armee, qui a reconquis nos droits, joignons-nous k eile pour offrir aujourd'hui notre homraage k notre libdrateur. Vive l’Empercur Napoldon.

Le prince Poniatowski.

■) Journal de rEmpirc.

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Das Herzogtum Warschau. 121

XIV.

Übersicht über die inner- nnd außerhalb des Herzogtums Warschau als Besatzungstruppen stehenden polnischen Heeresteile.

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Äneabl der GeschUtso

Am 1. Januar 1809

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>) AnmerkuDir 2 dod Anhangs X V.

♦) Dnrch Zuwaclis der dritten iiatuillone des 10. nnd 11 ln- faotoriereg. später Mann.

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») FeldbfttHillon unttr Kommando des Ma- jor Stuart.

Im ganzen 243 Geschütze (wovon 33 Feldgeschütze [Sol tyk, 111, lUIJ) und ‘.K>40 Mann.

Danzig

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I Im ganzen zirka 3350 Mann.

I Somit als Besatzungstruppeu verwendet bei 13.130 Mann.

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122

J o t.

XV.

Ausweis Aber die am 15. April 1809 rerfOgbaren Feldtmppen des Herzogtums Warschau.

XVI.

Vergleichende Dislokatlonatabelle der Truppen de8 Herzogtums Warschau in der Zeit vom Oktober 1807

bis April 1809.

Das Hersogtam Wnrscban.

123

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Die Schlacht an der Piave.

(8. Mai 1809.)

Mit zwei Textskizzen.

Von

Hauptmann Veltze.

Am 10. April 1809 war Erzherzog Johann mit der am Isonzo konzentrierten innerösterreichisohen Armee in Italien eingerückt. Nach den Erfolgen von Venzone, Pordenone und Sacilo‘) drängte er das geschlagene französisch-italienische Heer über die Piave, die Brenta und schon am 28. April standen seine siegreichen Bataillone unmittelbar vor den Toren Veronas.

FML. Marquis Chasteler hatte mittlerweile seine Truppen durch das Pustertal und weiter im Tale des Eisack und der Etsch vorgeschoben ; bei Peri betrat er italienisches Gebiet und deutlich war von ausgesandten Nachrichtendetachements des Erzherzogs schon am 27. der Donner seiner Kanonen vernommen worden. Zu ebendieser Zeit jedoch, da kaum jemand noch an der baldigen Vereinigung der beiden Gruppen zweifeln konnte, trafen die Hiobsposten vom nördlichen Kriegsschauplatz ein: ,, Napoleon habe die mächtige Armee des Erzherzogs Karl, Österreichs Stolz und Hoflhung, in mehreren blutigen Treffen geschlagen, zersprengt, diese befinde sich auf dem Marsche nach Wien.”

Chasteler war auf diese Nachrichten hin sofort nach Nordtirol aufgebrochen, auch die Lage der innerösterreichisohen Armee wurde unhaltbar.

Am 1. Mai führte Erzherzog Johann seine Truppen über die Gua und den Alpone und nach äußerst hartnäckigen Gefechten mit dem lebhaft nachdrängenden Gegner war das Gros am Morgen des 6. Mai an den Ufern der Piave angelangt; die Absicht des Kommandierenden ging ursprünglich dahin,

') Siebe „Mitteilungen des k. und k. Kriegsarchivs”, Dritte Folge, 111. Bd., 111 bis 247.

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128

Veit «4.

den Rückzug ohne Aufenthalt bis an die Pässe Kärntens forfc- zuführen und erst dort dem Gegner ernstlichen Widerstand entgegenzusetzen. Aber die unaufhörlichen Regengüsse der letzten Tage hatten die Straßen derart aufgeweicht, daß die lange Kolonne der vorausziehenden Fuhrwerke nur unter den größten Schwierigkeiten Terrain gewinnen konnte und die letzten Wagen kaum die stehende Brücke bei la Priula passiert hatten, als schon die Tete des YIII. Armeekorps in Sicht kam. Eine gute Stunde stromaufwärts, bei Vidor, stand für das IX. Armeekorps eine Pontonbrücke in Bereitschaft, während die rechte Seitenkolonne das aus Linientruppen und Landwehr kombinierte Zernierungskor})s von Venedig die Holzbrücke von Lovadina zum üferwechsel benützte.

Gegen Abend stand die ganze österreichische Armee am linken Ufer der Piave '). Die Nachhut, unter FML. Frimon t, hatte den Gegner so lange aufgehalten, bis alle Vorbereitungen zur Unbrauchbarmachung der Übergänge getroffen waren; Oberstleutnant Collenbach steckte die Brücke bei Lovadina in Brand *), die Pfeiler des Ponte la Priula wurden gesprengt. Nur bei Vidor kam es bei Abtragung der Brücke zu einem leichten Scharmützel ; kaum waren die Pontons losgemacht, als feindliche Kavallerieabteilungen heransprengten, im Nu absaßen und Miene machten, die Arbeiten zu stören; nachdem jedoch die Geschütze einer am linken Flußufer maskierten Batterie zu s[)ielen begannen, räumten die Reiter eiligst den Platz.

Bei Narvese betritt die Piave die große italienische Tiefebene. Im Gebirge in ein enges, tiefes Bett gezwängt, ist ihr Lauf ein rascher, mitunter sogar reißend, daher ein Uferwechsel für größere Armeekörper nur auf Brücken möglich; im flachen Gelände dagegen schlängelt sich der Fluß, bei äußerst geringem Gefälle und trägem Lauf, durch saftige Wiesen und fruchtbares Ackerland, breitet sich nach Tun- lichkeit aus, ästet sich in viele Arme und bildet Inseln, die

') K. A., F. A. 1809, Ital., V, 89, 91, 93; Op. Journ, 51, 53. (Ordre de bataille, .siehe Anhang I.)

b Vaudoncourt, Histoire politique et militaire du prince Eugene Napoleon, Paris 1828 ; I, 225.

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Die Schlnvbt an der Piave.

129

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von herabgeschweramtem Schotter überdeckt, nur der genüg- samen Weide und sumpfigem Schilf Nahrung bieten. Selbst zu normalen Zeiten haben nicht alle Straßen stehende Brücken ; die vielen Furten durch das seichte Gewässer machen sie zumeist entbehrlich ; nur nach anhaltenden Regengüssen oder zur Zeit der Schneeschmelze ist das Übersetzen der dann angpschwollenen Fluten gefährlich, oft ganz untunlich. Die flachen Ufer begleiten da und dort mäßig hohe Schutzdämme, größere Anwesen und Orte liegen erst in einiger Entfernung vom Flußbett, außerhalb des Inundationsranmes ; dann aber in großer Zahl und Ausdehnung. Straßen und Wege durch- ziehen das Terrain nach allen Seiten, doch erschweren besonders die vielen Wassergräben und das zur Abgrenzung des Eigentums aufgeführte Mauerwerk ein Abweichen von den Kommu- nikationen. Ein kleines Flüßchen, die Piavisella, begleitet eine kurze Strecke lang die Piave, wendet sich aber dann gegen Norden und mündet in den Monticano.

Hinter jenem Gewässer hatte die österreichische Armee in zwei Treffen Lager bezogen'): Am rechten Flügel das Vni. Armeekorps, angelehnt an die Orte Susegana und S. Sal- vador und an die steilen, unwegsamen Abhänge der letzten •Ausläufer der Alpen; am linken das IX. bis nach Bocca di strada. Die Landwehr unter GM. Sebottendorf wurde nach Conegliano zurückgezogen, woselbst auch der gesamte Armee- train aufgefahren war ; der entbehrliche Teil desselben sollte den Rückmarsch am nächsten Tage, zeitlich morgens, fortsetzen. Die Vorpostenreserve 1 Bataillon Oguliner, ‘/s Kavallerie- batterie. 2 Eskadronen Ott-Husaren stand bei Campana, in ihrer linken Flanke die Dragonerbrigade Hager, GM. Splenyi mit den Husaren bei Barco ; die Linie der Vorposten lief von Cimadulmo über S. Michele, le Grave bis nach Colfosco *), woselbst zur Beobachtung dieses wichtigen Überganges I Bataillon Oguliner mit '/s Kavalleriebatterie und 1 Eskadron Josef-Husaren Aufstellung fand; überdies wurde 1 Eskadron desselben Regiments bei la Priula, je eine Eskadron Friraont- Husaren in Cimadolrao, dann zwischen Campana und Passo

') K. A., F. A. 1809, Ital., Op. Journ. 53. (Siehe Textskizze 2.) •) Ebenda, V, 100.

Uittuilungen des k. und k. Kriegsarcbive. Dritte Folge. IV. Bd. 9

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130

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di LovaHina *) aufgeführt. Zu gleichem Zwecke wurde je ein Bataillon Franz Karl mit ’.'j Eskadron Ott- Husaren und 2 Geschützen nach Vidor, zur Furt von Lovadina und nach Ponte di Piave beordert’); dem IX. Armeekorjis war aufge- tragen worden, Kavalleriepiketts Piave-aufwärts bis nach Feltre zu entsenden, welche alles zu Überfuhren etwa brauch- bare Material zu zerstören hatten.

In dieser Verfassung glaubte Erzherzog Johann für seine ermüdeten Truppen eine Ruhepause eiuschalten zu dürfen, zugleich aber hoffte er die nötige Zeit zu gewinnen, um das ruhige Abfließen des Trains zu ermöglichen und noch all jene reichen Vorräte iu Sicherheit zu bringen, welche die Intendanz, gelegentlich der Offensive der sieg- reichen Armee im Monat April, im Rücken derselben auf- ge.speichert hatte. Sollte jedoch der Gegner angesichts der kanij)fbereiten österreichischen Truppen den Übergang über die Piave forcieren wollen, so bot sich vielleicht Gelegenheit, ihm eine empfindliche Schlappe beizubringen.

Der Wasserstand der Piave war noch am 7. Mai durchaus normal, auch hatte der Regen seit 24 Stunden ganz anf- gehört. Aber Nachrichten, die vom Oberlauf des Flusses eintrafen, ließen vermuten, daß die eingetretene ungewöhnliche Schwüle große Schneemassen im Gebirge zur Schmelze bringen und mithin ein rajndes Steigen des Wassers zur Folge haben würde.

Auf dem Turme des gräflich Collaltoschen Schlosses zu S. Salvador, woselbst sich auch das Armeehauptquartier befand*), hatte Erzherzog Johann einen Beobachtungsposteil unter Leitung des Hauptmanns Sponville des General- quartiermeisterstabes eingerichtet; von hier aus war man in der Lage, die ganze Gegend zu überblicken, man konnte den

') K. Ä., F, A. 1803, Ital., Op. Journ. ül; V, 100.

•) Ebenda, V, 94; Graf MeransoUes Archiv, Erzherzog Johann- .\ktou, 1299a; Geschichte des k. und k. Infanterieregiments Nr. 52.

•) Eine Inschrift am Haupttor des Schlosses erinnert noch honte an die Aiiwe.seuheit des Erzherzogs, eine zweite an die seines Gegners, des Vizekönigs von Italien. iZ wiedinek-Südenhorst, Erz- herzog Johann etc., 6, Anmerkung 2.)

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Die Scblaobt an der Piave.

131

Anmarsch der feindlichen Truppen wahrnehmen, ihre Ver- teilung wie auf einem Schachbrett evident halten.

Prinz Eugen Beauharnais, Vizekönig von Italien und Oberkommandant der französisch-italienischen Armee, hatte am 7. Mai seine Armee wie folgt verteilt *) :

Am linken Flügel bei Narvese die Division Sertis; vor Arcade jene von Durutte, bei Spreziano die Division Pacthod, befehligt vom Brigadegeneral Abbö’).

Im Zentrum, bei der Furt von Lovadina, die Avantgarde unter General Desaix, vor dem Orte selbst die Division ßroussier, dahinter jene von Lamarque.

Am rechten Flügel, nördlich von Maserada, die italie- nische Division Fontanelli, südlich hievon die königliche Garde unter General Lecchi.

\V eiters stand die leichte Reiterei S a h u c s bei S. Nichiol, die Dragonerdivision Grouchy bei S. Biaggio, jene von Pully im Raume Saletto, Fagare, bis zum Ponte di Piave.

Das Hauptquartier befand sich in St. Artien, halbwegs zwischen Treviso und Lovadina ®).

Der Vizekönig hatte am Naclunittag persönlich die Ubergangspunkte bei Narvese, Ponte Priula und Lovadina n-kognosziert, Generalstabsoffiziere waren unentwegt tätig, die Brauchbarkeit der von den Landleuten angegebenen Furten festzustellen.

Es ist unzweifelhaft, dati Prinz Eugen noch am 7. Mai der festen Meinung war, nur den österreichischen Nachtrab unter FML. Frimont im ganzen höchstens 8000 bis 10.000 Mann vor sich zu haben ; seine Kundschafter batten ihm mit Sicherheit berichtet, daü der Erzherzog mit der Hauptkraft schon den Rückmarsch über Sacile nach Pordenone augetreten habe, wobei sie offenbar den Armee- train. die Brückenequipageii, den Reservepark der Artillerie, welche schon am 7. über die Livenza setzten, für eine Truppenkolonne gehalten hatten. In diesem Sinne war auch

’) Siehe Textskizzo 2; Ordre de bataille Anhang II.

Vaudonoourt, I, 233, Anmerknng 1.

•) Du Gasse, Correspondance etc., V.

9*

132

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der Bericht verfaßt, welchen der Vizekönig am Abend an Napoleon abfertigte und worin die Verlegung des Haupt- quartiers für den nächsten Tag nach Conegliano angesagt wurde').

Immerhin ersieht man jedoch aus den Dispositionen*;, daß der französische Generalstab, gewillt den Übergang über die Piave zu erzwingen, auch die Möglichkeit eines ernsten Widerstandes ins Auge gefaßt hatte. Die Absicht des geg- nerischen Feldherrn ging im allgemeinen dahin, bei den Übergangspunkten von Narvese und la Priula mit der Division Seras zu demonstrieren, die Avantgarde zur Gewinnung eines Stützpunktes bei Lovadina rasch zu übersetzen, mit der ganzen Kavallerie aber die Piave bei S. Nichiol zu durchfurten. um der österreichischen Aufstellung die linke Flanke abzu- gew'innen und die Truppen womöglich gegen das Gebirge abzudrängen ") ; Durutte und Abbe sollten der Reiterei auf dem Fuße folgen, Broussier und Lamarque die Furt von Lovadina benützen, während alle Anstalten getroffen waren, an dieser Stelle <les Flusses eine Floßbrücke zu schlagen, um nötigenfalls auch die anderen Truppen heranziehen zu können.

Gegen ö Uhr nachmittags wurde von der bei Cimadolmo aufgestellten Eskadron Frimont-Hnsaren der Übergang stär- kerer feindlicher Kavallerieabteilungen gemeldet. Es w'ar das 8. französische Jägerregiment*), welches Prinz Eugen bei S. Nichiol hatte übersetzen lassen, um die Beschatfenheit der Furt und genaue Nachrichten über die Stärke der Österreicher zu ermitteln ; zur Unterstützung waren am rechten Ufer die Dragonerregimenter Pullys aufmarschiert *). Die feindlichen Jägerpatrouillen streiften bis gegen S. Michele und le Grave, mußten aber bald wieder umkehren, nachdem von Campana. kurz darauf auch von Tezze aus, schwere Staubwolken das Anrücken österreichischer Kavalleriemassen ankiindigten : FML. Frimont trabte an der Spitze von Hohenlohe-Dragonern und Ott-Husaren heran, fand jedoch keine Gelegenheit einzugreifen,

') Kiigen an Napoleon, 7. Mai. (Du Casse, V, 172.)

*> Vignolle, Historique de la Campagne de 1800, Uevue militaire, lOüO, 11, 700.

*) Vaudonoourt. 1, 232.

*) Vignolle, 705.

‘) Vaudoncourt, 1, 220,

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Die Schlecht an der Piave.

133

da die gegnerischen Reiter ebenso rasch verschwanden, als sie gekommen waren.

Von dichtem Nebel begünstigt, setzten am 8. Mai um halb 6 Uhr morgens das französische 1. Voltigeurbataillon und das 9. Jägerregiment durch die Furt von Lovadina über die Piave, warfen die österreichischen Patrouillen und das Bataillon Franz Karl unter Oberstleutnant Collenbach nach kurzem Gefecht zürück und besetzten den einige hundert Schritte vom Ufer entfernten Damm. Um 7 Uhr früh hatte General Desaix alle seine Truppen auf der linken Flußseite ver- sammelt; er stellte die Voltigeurbataillone in einem flachen Bogen derart auf, daß die beiden Flügel durch Anlehnung an die Piave gedeckt waren, indes die Jäger hinter dieser Linie anfmarschierten ') ; zwei Batterien Zwölfpfünder der Artillerie- reserve, welche Prinz Engen links von der Straße von Lovadina, am rechten Piaveufer, Stellung nehmen ließ, sollten der Avantgarde als Rückhalt dienen.

Unter diesem Schutze begann die erste Staffel der Division Broussier das 9. Infanterieregiment den Fluß zQ durchwaten. Das Wasser war im Laufe der Nacht tatsäch- lich bedeutend gestiegen; es reichte den Soldaten fast bis zu den Schultern, so daß diese ilire Patrontaschen um den Hals gebunden hatten und die Gewehre durch Hochhalten vor Nässe zu schützen suchten *). Um die Gewalt der reißenden Fluten zu brechen, hatte man oberhalb der Furt im Piave- bett quer über den Fluß eine Anzahl Wagen aufgestellt, während stromabwärts zur Vermeidung von Unglücksfallen eine Kette von 150 der besten Schwimmer von Ufer zu Ufer gezogen war. Unter diesen Verhältnissen stießen auch die Arbeiten zur Schlagung der liier projektierten Brücke auf ernste Hindernisse, der Übergang vollzog sich äußerst langsam.

Erzherzog Johann hatte noch im Laufe der Nacht, als ihm Nachrichten über angebliche Maßnahmen des Gegners, bei Narvese'und Ponte di Piave feste Übergänge zu schaffen, zugekommen waren, zur Deckung der am meisten gefährdeten

’) Vaudoncourt, I, 235, 23G.

*) Vignolle, 802, Anmerkung 1.

134

V o 1 t » 6.

linken Flanke die Brigade Kalnässy nebst einer Batterie und 2 Eskadronen Josef-Husaren in die Orte Tezze, S. Michele und Cimadolmo verlegt und das Infanterieregiment Franz Jollachich unter Kommando des GM. Gajoli nach Colfosco befehligt.

Auf die ersten Meldungen vom Übergang feindlicher Abteilungen bei Lovadina, erhielt FML. Wolfskeel den Auftrag, mit der Dragonerbrigade Hager und den zwei Eska- dronen Ott-Husaren der Vorpostenreserve nebst einer Kaval- leriebatterie über Campana vorzubrechen und zu trachten, den Gegner wieder auf das jenseitige Ufer zurückzuwerfen. FML. Frimont ließ die Südlisiere des letztgenannten Ortes durch die Oguliner besetzen, die Brigade Kleinmayern wurde knapp an die Vorpostenreserve herangezogen, die Truppen der Generale Gavassini und Marziani als Verbindungsglied mit der Gruppe Kalnässy nach le Grave vorgeschoben.

Als der Erzherzog von Oberstleutnant Co llenbaoh, dem Kommandanten des bei la Priula gestandenen Bataillons Franz Karl, soweit dies möglich war, von der Situation unterrichtet worden war, erging sofort an die bei Barco stehende Brigade Colloredo der Befehl, längs der Piave, den rechten Flügel an diese angelehnt, in Gefechtsbereitschaft vorzurücken und den in der Front zu erwartenden Angriff der eigenen Kavallerie zu unterstützen; die beiden Bataillone des 1. Banalregiments, welche Barco besetzt hielten, sowie vier Eskadronen Ott-Husaren der Reiterbrigade S|)lenyi wurden gleichfalls dem Kommando des GM. Colloredo unterstellt.

FML. Wolfskeel dagegen sollte nun, im Hinblick auf die Stärke der schon übersetzten französischen Kräfte, mit der Attacke bis zum Eintreffen dieser Kolonne zuwarten; der Befehl hiezu kam jedoch, wie der Verlauf der folgenden Ereignisse zeigen wird, nicht mehr rechtzeitig an den Ort seiner Be- stimmung.

Gleich nach Pas.sierung der Piavisella war die öster- reichische Kavallerie westlich der Straße in zwei Treffen auf- marschiert : im ersten 6 Eskadronen Hohenlohe-Dragoner und 2 von Ott-Husaren, im zweiten das Dragonerregiment Savoyen; die Kavalleriebatterie war eben im Begriff, links des ersten Treffens aufzufahren, als plötzlich in dem noch immer dichten

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Die Schlaobt an der Piave.

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Nebel die dunklen Unarisse französischer Reiterabteilungen sichtbar wurden, welche ä cheval der Straße nach vorwärts trabten. Es war eine Eskadron des 9. Jägerregiments, die General Desaix zur Rekognoszierung gegen Campana ent- sendet batte; nach kurzem Handgemenge mit den Flügel- eskadronen von Ott-Husaren wurden die Franzosen geworfen und s[)rengten in Unordnung auf die Haupttruppe zurück.

Diese an und für sich geringfügige Episode hätte leicht schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können; die Ver- wirrung, welche die daherjagenden Reiter besonders in den rückwärtigen französischen Reihen verursachten, ist nur zu erklären durch den Mangel jedweder Ültersicht und die hiemit zusammenhängenden übertriebenen Meldungen von dem An- riicken der ganzen österreichischen Armee, dann aber auch durch das Gefühl, l)ei einem Echec in den reißenden Fluten der Piave, im eigenen Rücken, einen unerbittlichen Feind zu besitzen. General Macdonald, welcher hier den Oberbefehl fühlte und eben das rechte Ufer erreicht hatte, mußte zu den schärfsten Mitteln greifen, der Deroute Einhalt zu gebieten; nur mit größter Mühe und durch Drohungen aller Art konnten die Offiziere ihre Soldaten abhalten, sich in den Fluß zu stürzen ‘).

Aber die österreichische Kavallerie kam nicht zur rechten Zeit; durch vorsichtiges Rekognoszieren bei dem dichten Nebel allerdings begreiflich hatte sie den richtigen Augen- blick versäumt.

General Desaix hatte unterdessen seine Infanterie zwei Karrees formieren lassen: das linke fünf Bataillone, das rechte ein Bataillon stark ; zwischen beiden stand seine eigene Artillerie und jene der leichten Reiterdivision Sahuc, w'elche eben im Galopp eingetroffen war, hinter dem linken Flügel im zweiten Treffen das 9. Jägerregiment.

Es war 8 Uhr morgens und diese Rnlliierung kaum beendet, als das erste Treflen der Kavallerie Wolfskeels zum Angriff heranbrauste. Von einem verheerenden Gewehr- und Kartätschfeuer empfangen, gelaugten die Reiter bis an die französischen Bajonette; aber hier brach sich die Wucht ihres

') Memoiren Macdonalds; Vignolle, 800.

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Angriffs und sie mußten unter bedeutenden Verlusten weichen. Diesen kritischen Augenblick wollten die französischen Jäger benützen, um auf die retirierende österreichische Kavallerie einzuhauen; sie prallten aber bei der Verfolgung auf die noch intakten Sav'oyen-Dragoner des zweiten Treffens, welchen es nach heftigem Kampfe gelang, die Gegenattacke blutig abzu- vveisen. Unter den Toten befand sich auf gegnerischer Seite unter anderen auch der Kommandant des Regiments, OberstMillon*).

Außerhalb Gewehrschußweite sammelte Wolfskeel seine gelichteten Schwadronen und ließ sie südlich der Piavisella in einer Linie aufmarschieren. Erzherzog Johann sandte ihm sofortden erneuerten Befehl zu, keinen weiteren Angriff’ zu unter- nehmen, bevor die Kolonne CoIIoredo an Ort und Stelle ein- getroff’en sei und beauftragte den Artilleriedirektor GM.Reisner, mit zwei Batterien an der Seite der schon aufgefahrenen Kavalleriegeschütze Stellung zu nehmen.

Als der Nebel sich zu lichten begann, wurden die ersten Kanonenschüsse gewechselt; das Artillerieduell, mit großer Präzision geleitet, währte durch fast zwei Stunden und ver- ursachte hüben wie drüben namhafte Verluste. Den 20 öster- reichischen Geschützen standen nun auf französischer Seite 24 Kanonen am linken ’) und 10 am rechten ■*) Piaveufer gegenüber.

Mittlerweile waren die drei französischen Reiterdivisionen durch die Furt von S. Nichiol fast unbelästigt über den Fluß gekommen; GM. Kalnässy hatte wohl versucht, mit seinen Husaren*) den Übergang zu verhindern oder doch wenigstens zu stören, konnte aber infolge der erdrückenden Übermacht keinerlei Erfolge erzielen und mußte sich schließlich darauf beschränken, einem weiteren Vordrängen des Feindes bei Cimadolmo und S, Michele Widerstand entgegenzusetzen.

Prinz Eugen hatte seinen Standpunkt bei der Furt von Lovadina, wo seine Sappeure eifrigst beim Bau der Brücke

*) Vaudoncourt, 236.

’) Zwei Kavallerie-, eine Brigadebatterie.

’) .-Vvantgarde 4, .Sahuc 4, Pully 4, Brou.ssier 12. (Du Gasse, V, 166, 187.)

Zwei zwölfptundige Batterien des Reserveparks.

“) Zwei Eskadronen Jo.set’-, eine von FrimonHIusaren.

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Die Schlacht an dor Piave.

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tätig waren. Von hier aus konnte er nach dem Weiclien des Nebels die lange Linie der österreichischen Kavalleriemassen, den Aufmarsch der Fußtruppen im Zentrum, das Vorfahren der Artillerie beobachten; die ganze Größe der Gefahr, das (jewagte des Unternehmens, die prekäre Lage seines Vortrabs, standen ihm deutlich vor Augen. General Desaix bedurfte einer bedeutenden Verstärkung an Reiterei, noch bevor das österreichische Gros sich in Bewegung setzte.

Im Galopp überbrachte ein Adjutant den Kavallerie- divisionen Sahuc und Pully den Befehl, sich unverweilt gegen die Furt von Lovadina zu ziehen und der Avantgarde als Sontien zu dienen; die Dragoner Grouchys sollten vor S. Nichiol verbleiben und hier den Übergang der Infanterie decken.

Es währte fast eine Stunde, ehe die.se Bewegungen voll- zogen waren ; die leichte Reiterei stellte sich nun links, Pully mit den Dragonerregi inentern rechts von den Truppen Desaix’ auf*); das 9. Jägerregiment kam ins zweite Treffen, die übergegangene Infanterie Broussiers, das 9. und drei Bataillone de.s 84. Infanterieregiments begann eben ihre Verbände zu ordnen und stand in dichten Massen hinter den schützenden Dämmen der Piave.

Erzherzog Johann stand an der steinernen Brücke über die Piavisella, bei Campana und beobachtete von dort die Bewegungen des Gegners ; der Aufmarsch des IX. Armee- korps war beendet, auch der Rest der Brigade Splt'nyi 6 Eskadronen Josef- und Frimont-Husaren war schon in derFront, am rechten Flügel der Reiterei Wolfskeels^. Trotz- dem konnte sich der kaiserliche Prinz nicht entschließen, das Zeichen zum Angriff zu geben, da die Truppen Colloredos

') Pelet, Feldzug des Kaisers Napoleon etc., Stuttgart 1825,

111, 1()8.

*) Graf Mer anscho.s Archiv; die Feldzugserzählung des Erzherzogs besagt uusdrücklich, daU zwei Dragoner- und zwei Husarenregimenter in einer Linie aufmarschiert waren. Woher es französische Autoren wie Feiet, Vaudoucourt, VignoUe so genau wissen, daß die österreichische Ivavallerie in zw'ei oder gar in drei Treften attackierte, ist nicht recht ersichtlich: man wird daher den Angaben des Erzherzogs Johann, als eines Augenzeugen, um so eher Glauben schenken müssen, als die österreichischen Feldakten darüber gar nichts enthalten.

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noch immer nicht sichtbar waren ; schon zweimal hatte Wolfskeel um die Genehmigung zur Attacke gebeten, beide Male war die Bitte abgewieson worden.

Eben war auf schweillbedecktem Kosse es mochte 10 Uhr vormittags gewesen sein zum dritten Male ein Offizier eingetroffen, der im Namen seines Kommandanten auf <lie steigenden Verluste hin wies, welche das feindliche Geschütz- feuer in die Reihen der schutzlos preisgegebenen Reiter riß

und dieser Offizier wandte eben sein Pferd, um die Ge- nehmigung des Erzherzogs zu überbringen: ,, Falls sich

ein besonders günstiger Augenblick ergeben sollte”

als plötzlich zu aller Überraschung das Signal Attacke geblasen wurde und die ganze in einer Linie aufmarschierte Kavallerie sich in Bewegung setzte •).

„Wer hier der Anreger war, wer Wolfskeel die Erlaubnis gab, ohne meine Antwort abzuwarten,” sagt Erzherzog Johann in seinen Memoiren „darüber herrscht tiefes Dunkel; die Toten können nicht sprechen und die anderen, die sprechen könnten, werden es wohl bleiben lassen. Als die Verwirrung eingerissen war, ritt einer ganz xinschuldig von jener Seite zurück, der dort nichts zu tun gehabt hatte.”

Es ist müßig sich über die hier gemeinte Persönlichkeit in Vermutungen einzulassen*); die Franzosen behaupten sogar, daß ihre Kavallerie als erste zum Angriff überging, wodurch das Verhalten Wolfskeels allerdings vollkommen begreiflich und berechtigt erscheinen muß.

Tatsache ist nur, daß die beiderseitigen gewaltigen Reiter- luassen auf österreichischer Seite 20, auf französischer 32 Eskadronen mit Ungestüm und voller Wucht aufeinander- prallten und daß man anfangs nichts sehen konnte als einen Knäuel von Menschen, Pferden, der sich im blutigen Hand-

*) Oraf Meranschos Archiv, Erzherzog Johaiiu-Akten, 180t>, Ital.; Keldzugserzähluiig des Erzherzogs, Bogen 12. (li. A., E. A. ISOtt, Ital.. Op. Journ. 51.)

Es scheint vielleicht FML. Ignaz Graf Gyulai, der Komman- dant des IX. Armeekorps, gemeint zu sein, de.ssen eigenwilliger, starrer Charakter dein jugendlichen Erzherzog schon zu wiederholten Malen zu schatfen gemacht hatte ; seine Stellung als Banus von Kroatien er- heischte jedoch gerade im Jahre 1809 be.sondere Itäck.sichtnahme.

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Die Schlacht an der Piave. 139

gemenge über die Ebene hin- und herschob ; ein nur minuten- langes verzweifeltes Ringen Mann gegen Mann, dann begann die österreichische Linie der Übermacht zu weichen, immer rascher, immer schneller, bis der Rückzug in eine wilde, regellose Flucht ausartete ').

Alles Bitten, alles Drohen der Offiziere vermochte dem Strome nicht mehr Einhalt zu gebieten, ohne Unterlaß wälzte sich das Reitergetümmel gegen Barco, Mandre, Campana.

Bei letzterem Orte kam der Vorstoß des Feindes zuerst zum Stehen ; ohne Rücksicht auf Freund und Feind begann auf Befehl des Erzherzogs *) die daselbst stehende Batterie Dreipfiinder gegen die heranbransende Masse zu feueni und schon nach wenigen Minuten löste sich das bunte Gewirr, die feindlichen Eskadronen begannen zu wanken, und als FML. Frimont ihnen die rasch herbeigezogene 2. Majorsdivision von Ott-Husaren und einen Flügel von Frimont - Husaren entgegonwarf, da wichen die franzö- sischen Reiter zuerst einzeln, dann in ganzen Abteilungen und fluteten, einer Sturzwelle gleich, wieder zurück auf ihr eigenes Gros.

Recht schlecht erging es der vorgeschobenen Artillerie Wolfskeels; überrascht von den Ereignissen, die sich blitz- schnell abspielten, hatten die drei Batterien nicht mehr Zeit aufzaprotzen sie wurden überritten, die Kanoniere zusammen- gehauen, die Bespannung niedergemacht. 15 Geschütze, eine Anzahl Munitionskarren fielen dem Feinde in die Hände. GM. Reisner wurde bei dieser Gelegenheit gefangen, Oberst- leutnant Callot schwer verwundet^).

Der Strom der Verfolger, der sich gegen Barco gewendet hatte, .stieß alsbald auf die in der Ebene, längs der Piave, vorrtickende Kolonne Colloredo. Die an der Tete reitenden 4 Eskadronen Ott-Husaren wurden im ersten Anlauf, zum Teil von der eigenen Reiterei, über den Haufen geworfen und nun ging’s vorwärts auf die Infanterie; diese hatte wohl nicht mehr Zeit Massen zu formieren, aber sie wußte genau, daß

') Geschichte des k. und k. Dragonerreffiments Nr. 13.

*) Graf Meransohes Archiv, Erzherzog .Johann-Akten, ISOtl, Ital.

*) Geschichte des k. und k. Jlusareurcgiments Nr. 5 K. A., H. K. R. 1809, K, 12, 47/55, 57.

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ihre Stärke gegen Kavallerie im Stehenbleiben liege : und sie stand unbeweglich. Unerschütterlich, gleich einer Mauer, empfingen diese braven Regimenter die ansprengenden feind- lichen Reiter mit einem abteilig al>gegebenen Feuer ; bis auf .30, 25 Schritte hatte man den Gegner herankommen lassen, erst dann erschollen die Kommandorufe zu den todbringenden Dechargen und kein Ifeiter konnte in die nur zwei Mann tiefe Front eindringen ').

Auch hier war der Ansturm gebrochen und die Eskad- ronen von Sahucs leichter Kavallerie muUten zurück hinter die schützenden Dämme der Piave, wo sie von der Infanterie aufgenommen wurden. Leider mangelte es an intakter Kavallerie, um diesen Teilerfolg entsprechend auszunützen ; die Infanterie Colloredos formierte Karrees und verblieb an Ort und Stelle *).

Der überwiegende Teil der fliehenden österreichischen Reitermassen war nach Mandre gelangt ; hier, am Eingang zum Dorfe war es, wo FML. Wolfskeel, der vergebliche Versuche machte, in das Durcheinander etwas Ordnung zu bringen und wenigstens einige Abteilungen zu ralliieren, vom Feinde um- ringt und da er sich zu ergeben weigerte, von einem franzö- sischen Lancier durchbohrt wurde. An seiner Seite fiel Oberst Graf Aichel bürg, der Kommandant von Savoyen-Dragonern’), GM. Hager .stürzte und geriet in Gefangenschaft.

Ein im Laufschritt herbeigeeiltes Bataillon Otocaner verhütete wohl weiteres Unheil ; es warf die Franzosen mit dem Bajonett aus dem Orte und fügte ihnen nach Besetzung der Lisiere empfindliche Verluste bei. Trotzdem griffen einige feindliche Abteilungen nördlich von Mandre aus, gelangten auf die llauptstraüe und schwärmten bis Conegliano, wo sie den Troll des eigenen Heeres überraschten und in nicht geringe Verwirrung brachten.

General Pully, an der Spitze des 29. Dragonerregiments, welchem sich Teile des 28. unter General Poinsot an- schlossen, hatte gleich nach Übersetzung der Piavisella eine

*) Geschiclite de.s k. und k. InfaDtericregünents Nr. 27.

K. A., F. A. ISdO, Op. .Toum. 51.

’) Ge.schiclite des k, und k. Dragonerregiments Nr. 13.

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Uie Schlacht aa der Piave. 141

Rechtsschwenkung vorgenommen und Richtung gegen Cam- pana eingeschlagen.

Dieser Vorstoß traf indessen die Österreicher nicht un- vorbereitet; die eiligst von le Grave woselbst nur ein Bataillon belassen wurde herangezogenen Brigaden Mar- ziani und Gavassini hatte der Erzherzog in der Front, hinter

Attacke der französisohen Kavallerie um 10 Uhr vormittags. (Original im Graf M e ra n sehen Archiv, Graa.)

einem alten steinernen Damm rechts unil links der Brücke von Campana aufgestellt, indes die Grenadiere und Grenzer in einer scharfen Hakenstellung längs der Straße, die nach Bocoa di Strada geleitet, in Bereitschaft standen').

Diese Truppen waren nun dem letzten Ansturm der fianzösischen Reiter ausgesetzt; aber trotz des bravourösen,

') (Jrat' Meransches Archiv, Erzherzog Johann-Akten, IHOU, Itnl.

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todesverachtenden Vorgebens der gegnerischen Eskadronen waren die Karrees der in erster Linie stehenden Brigade Kleinmayem nicht zu erschüttern und die Franzosen sahen sich genötigt unter dem ihre Reihen furchtbar lichtenden Feuer des österreichischen Fußvolkes zu weichen. Ein Wall von Leichen Pferde und Menschen umgab jedes der eigenen Karrees und schon nach wenigen Minuten stob die feindliche Masse auseinander wie Spreu vor dem Winde'); im wilden Rennen tobte der Reitersturm zurück, verfolgt von dem wohl- gezielten Feuer der Grenadiere, von einigen wieder gesammelten Trupps der österreichischen Reiterei.

Es war kaum 11 Uhr vormittags, als die teilweise schon durchbrochene Linie der Österreicher sich wieder schließen konnte und man Gelegenheit fand, die geschaffene Situation zu überblicken. Das Feuer war auf dem Schlachtfeld allseits verstummt, die Ermattung nach der eben gelieferten Kraftprobe schien beide Teile zur Untätigkeit verdammen zu wollen. Wohl hatte derVersuch der Österreicher, den Feind wieder über die Piave zu werfen, Schifi’bruch gelitten, aber auch die Franzosen waren nicht glücklicher in ihrem Bemühen gewesen, die .Aufstellung ihres Gegners zu erschüttern; seine bedroh- liche Nähe bildete eine stete Gefahr für die im Übergang befindliche Armee, welche mit einem Flußlauf im Rücken, ohne festen Übergang, kiimpfen mußte; ihre Lage war sogar kritisch, solange nicht entsprechende Kräfte das linke Ufer erreicht hatten.

Um die Mittagszeit hatten außer der Avantgarde und der gesamten Kavallerie bei Lovadina General Lamarque und drei Regimenter Broussiers, beiS. Niehiol drei Bataillone Veliten und der gi'ößere Teil der Division Abbe, übersetzt L. Der Übergang selbst vollzog sich infolge des hohen Wasser- standes äußerst schleppend, so daß von den Truppen Dui uttes, welche damit um 1 Uhr begonnen hatten, nach vollen zwei Stunden ein einziges Infanterieregiment an Ort und Stelle war; nachdem sich hiebei Unglücksfälle ereignet hatten, denen mehrere Menschenleben zum Opfer gefallen waren, die

>) Chronik des k. und k. Inläuterierogiments Nr. 62.

*) Vaudoncourt, 23S.

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Die Schlacht an der Puive.

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reiüenden Fluten auch keinerlei Tendenz zum Fallen zeigten, ordnete Prinz Eugen die Einstellung weitererNacbschübe an und traf Maßnahmen zu einem allgemeinen, entscheidenden Angriff.

Die Verteilung der französischen Streitkräfte war die folgende’): Am äußersten rechten Flügel, gegenüber von Cima- dolmo, drei Bataillone Veliten, dann die Division Abbe, im An- schlüsse daran die Dragoner Grouchj's; im Zentrum die Dragonerdivision Pully, General Broussier, dann das 23. Infanterieregiment der Division Durutte und die Division Lamarque ; am linken Flügel General Desaix und die leichte Reiterei Sahucs.

Auf österreichischer Seite standen am rechten Flügel unter Kommando des FML. Albert Gyulai die Brigaden Colloredo und Gajoli des VIIl. Armeekorps nebst einigen schwachen Eskadronen Ott-Husaren; im Zentrum bei Campana das IX. Armeekorps mit den Brigaden Marziani und Gavassini und dem Nachtrab Frimonts im ersten, der Brigade Kleinmayern im zweiten Treffen; ein Bataillon Grenadiere hielt le Grave besetzt, während die Szluiner unter Major Dumontet mit einer Eskadron Josef-Husaren und eine halbe Batterie nach Vazzola detachiert wurden; von der Kavallerie, soweit sie wieder geordnet war, standen die Husaren vorwärts der Piavisella, zwischen le Grave und Campana, die Dragoner hinter der Mitte, an der Straße nach Bocea di strada; den linken Flügel bildete die Brigade Kalnässy, w'elche Gimadolmo mit einem'’), S. Michele mit zwei Bataillonen Simbschen besetzt hielt, während das Regiment Reisky, jenseits des hier vielfach gestauten Baches, in Tozze stand; die beiden Eskadronen Josef-Husaren deckten die Flanke.

General Kalnässy hatte den Befehl, die Übergänge über die Piavisella und besonders Tezze mit aller Kraft zu halten und nur im Falle der äußersten Bedrängnis gegen Vazzola zurückzugehen, wo die Truppen Dumontets zu seiner Aufnahme bereit standen.

Wie vorauszusehen, richtete der Feind den Hauptangriff gegen diesen Flügel, mit der Absicht, auf die Rückzugslinie

b Siehe Textskizze 3.

•) K. A., F. A. 1801), Ital., V, 112.

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bei Bocca di strada zu drücken und hiedurch auch das Zentrum luid den rechten Flügel zum Weichen zu bringen.

Es war nach 3 Uhr nachmittags, als General Grenier den Auftrag erhielt mit den Veliten, den Divisionen Abbe und Grouchy diese Operation durchzuführen; Macdonald sollte mit den Divisionen Pully, Broussier, Dunitte, Lamarque der Bewegung des rechten Flügels nur sukzessive und nach Maßgabe des gewonnenen Terrains folgen, Desaix und S a h u c einem eventuellen Vorstoß des österreichischen Vm. Armeekorps entgegentreten.

Um 4 Uhr gab der Vizekönig das Signal zum Vorgehen und die Angriffskolonnen setzten sich in Bewegung. Die Dragoner Grouchys voran, nahmen die drei Bataillone Veliten unter Oberst Gifflenga Direktion auf Cimadolmo, die Truppen Abbös gegen S. Michele.

Die wenigen Eskadronen österreichischer Husaren wurden mühelos zurückgedrückt, das feindliche 7. Dragonerregiment sowie Teile des 30. und des Kegiments Königin-Dragoner zwängten sich in den Raum zwischen beiden Ortschaften und drohten die darin kämpfenden Bataillone zu umgehen; das Feuer der hinter der Piavisella stehenden Infanterie des Regi- ments Reisky brachte diese Bewegung wohl bald zum Stehen, aber der erdrückenden Übermacht mußten S. Michele und Cimadolmo nach hartnäckiger Gegenwehr überlassen werden.

Kaum hatten die drei Bataillone Simbschen, verfolgt von den Reitern Grouchys, den Rückzug angetreten, als General Grenier alle verfügbaren Kräfte gegen Tezze dirigierte und <las Dorf durch die .Artillerie unter Feuer nehmen ließ; nach- dem alle Versuche der feindlichen Kavallerie, über die Piavi- sella zu setzen und hiedurch die Aufstellung Kalnassj’s im Rücken zu fassen, an der Achtsamkeit und Energie der Husaren scheiterte, entschloß sich Grenier, die Infanterie zum Angriff mit dem Bajonett Vorgehen zu lassen.

Trotz der Verluste, welche das Kleingewehrfeuer der tjsterreicher in die Reihen der vorrilckenden Franzosen trug, trotz der bedeutenden Lücken, die das todbringende Blei in die anstürmenden Bataillone riß, drangen diese bis an die Lisiere vor, warfen die erste Linie und setzten sich nach längerem, äußerst blutigem Straßenkampf in den Besitz des Ortes.

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Die SchlAcht nn der PiAve.

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Auch die beiden Eskadronen Josef-Husaren, die ver- sucht hatten während dieses Angriffs auf die gegnerische Infanterie einzuhaueu '), hatten nicht den Erfolg für sich und mußten in Unordnung wieder zurück; ihnen nach die Dra- goner Grouohys, welche durch Übersetzung des Baches einen Keil in die österreichische Verteidigungslinie schoben und der Brigade KalnÄssy den Anschluß an das eigene Gros ver- wehrten.

Dieser General mußte nun seinen Rückzug nach Vazzola nehmen, wo er sich mit der Gruppe Dumontet vereinigte.

Es war ein Glück, daß in diesem kritischen Augenblick ein Bataillon OtoCaner, welches Erzherzog Johann seinem linken Flügel als Verstärkung zugedacht hatte, gerade auf dem Marsche zwischen Campana und Tezze begriffen war und sich dem Anprall der französischen Reiter entgegenstellte; nach halbstündigem Gefechte waren bereits der Kommandant, fast alle Offiziere und ein großer Teil der Soldaten gefallen ’), aber diese Zeit hatte genügt, die österreichische Dragonerbrigade in die bedrohte Flanke zu ziehen und weiteren Fortschritten des Feindes, die zu einer Katastrophe hätten führen können, an dieser Stelle Einhalt zu gebieten.

Im Zentrum und am rechten Flügel der Österreicher hatte der Gegner sich begnügt, durch eine lebhafte Kanonade und durch Demonstrationen die Aufmerksamkeit des Erzherzogs zu binden. Erst als die Erfolge Greniers fühlbar wurden, begann auch die Gruppe Macdonalds langsam vorzugehen: die Division Lamarque gegen Campana, Broussier direkt auf le Grave, zwischen beiden als Bindeglied das 23. Infanterie- regiment Duruttes.

Schon senkten sich die Schatten des Abends über die Gegend, als Erzherzog Johann die Befehle zum Rückzug erteilte und die österreichischen Kolonnen des Zentrums sich auf der Straße über Conegliano gegen Sacile in Bewegung setzten.

Der rechte Flügel sollte durch einen Vorstoß den Abzug des Gros maskieren, GM. Kalnässy durch einen Angriff auf

*) Vignolle, 80t).

„Österr. milit. Zeitschrift”, 1844, II, 140, 141.

UitUilangeQ des k. und k. Kriegsiirohivs. Dritte Folge. IV. Bd. ) 0

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Tezze die feindlichen Kräfte auf dieser Seite von einer Ver- folgung abhalten.

FML. Frimont befehligte die Nachhut, bestehend aus der Brigade Kleinmayem (ohne Szluinerj und dem Eegimeut Erzherzog Josef-Husaren.

Ein Bataillon Grenadiere unter Major Chi mani') rückte nach le Grave vor, warf die französischen Plänkler, welche sich daselbst bereits eingenistet hatten, mit dem Bajonett zurück und setzte sich in den Häusern des Ortes fest. Trotz des mörderischen Feuers der feindlichen Artillerie es standen endlich 24 Geschütze im Feuer und das Dorf brannte lichterloh wichen die Grenadiere nicht und die ganze Division Broussier mußte sich zum Angrilf entwickeln, ehe es den Franzosen gelang in einen rauchenden Trümmer- haufen Einzug zu halten ; in vollster Ordnung zog sich dieses Bataillon, ununterbrochen fechtend, zurück und wies auch die Attacken der verfolgenden Reiterei erfolgreich ab; Oberst- leutnant Geramb, mit einigen Eskadronen Husaren, deckte schließlich den Übergang über die Piavisella.

Vor Cnmpana stand die Division Lamarque im Kampfe und konnte, ungeachtet dessen, daß schließlich auch das 23. Infanterieregiment Duruttes eingritf, nicht recht Terrain gewinnen; ein Bataillon unter Hauptinann Bartholemy*), hatte hier ein etwas erhöht gelegenes Gehöft und eine anstoßende Stühle besetzt, von deren festen Mauern dem Angreifer ein verheerendes Feuer entgegenschlug; vorn aber, in den Gräben, hinter Hecken und Dämmen, lag noch eine dichte Schützen- kette, welche das offene Terrain jenseits der Piavisella voll- kommen beherrschte.

Als le Grave geräumt war und seine Besatzung die Piavisella übersetzt hatte, ordnete auch Hauptmann Bartho- lemy den Rückzug an; die Grenadiere formierten dann Massen und zogen, zur Rechten flankiert von Josef-Husaren, über

') Auton Freiherr Chiiuaiii von Manuberg erhielt das Ritter- kreuz des MTO. für hervorragende Leistungen in der .4flUre an der Piave, als .Major von Simbschen-Infanterie; gestorben 1831 als General- major.

’) Peter Freiherr von Bartholemy erhielt für diese Verteidigung das Ritterkreuz des MTO.; gestorben 1832 als Oberst.

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Die Schlecht an der Piave.

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die Ebene nach Bocca di strada und weiter über Conegliano der Armee nach.

Der vom Erzherzog anbefohlene Vorstoß des eigenen rechten Flügels war alsbald an der Überlegenheit der feind- hchen Artillerie, welcher FML. Albert Gyulai nur den vierten Teil an Geschütz entgegenstellen konnte, zum Stehen ge- kommen.

Als die Meldung von der bevorstehenden Räumung Campanas eintraf, wurde auch hier die rückgängige Bewegung eingeleitet, die in zwei Kolonnen, über Susegana und Santa Lucia angetreten ward ; bis zum Abfließen der Truppen hielten je ein Bataillon des 1. Banal-, beziehungsweise des Otoöanerregiments Mandre und Barco besetzt. In der Dunkelheit gerieten 3 Kompagnien St. Julien bei Santa Lucia auf einen Abweg, der sie direkt in die langsam nach- rilckenden feindlichen Reiterkolonnen auf der Hauptstraße bei Bocca di strada führte, woselbst sie sich alsbald ergeben mußten.

Es war 9 Uhr abends, als der Vizekönig den Befehl zum Abbrechen des Gefechtes gab ; die Kavallerie unter Leitung Grouchys sollte nicht über Conegliano vorgehen, die Infanterie auf dem Schlachtfeld nächtigen, und zwar *) : Abb6 bei Tezze, Broussier und das 23. Regiment um Bocca di strada, Lamarque in SantaLucia, Desaixbei S. Salvador und Susegana; das Hauptquartier wurde wieder zurück auf das linke Ufer der Piave, nach Lovadina, verlegt.

Das Gros der österreichischen Armee gelangte nach einem anstrengenden Nachtmarsch, vom Feinde unbelästigt und in vollster Ordnung, am 9. Mai um 7 Uhr morgens an die Livenza, welche sie bei Sacile übersetzte; hier wurde halt gemacht und abgekocht •). Der Marsch ging dann weiter über den Tagliamento ins Tal der Fella, von wo aus die Armee nach den Gefechten bei S. Daniele und Venzone am 13. Mai abends bei Pontafel österreichi.sches Gebiet betrat.

') Vau don Court, 243.

’) K. A., F. A. 1809, Ital.i Op. Journ. 51.

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Der Brigade Kalnässy war es im Laufe des Abends sogar gelungen, vorübergehend Tezze wieder zu besetzen; es waren die einzigen Truppen, welche die Nacht über auf dem Schlachtfeld verblieben und erst am Morgen des 9. ihre Stellung räumten.

Mit den zwei Bataillonen Szluinern, einer Eskadron und einer halben Batterie unter Dumontet als Nachhut, wurde auf der stehenden Brücke bei Brugnera die Livenza passiert und nach Abbrennung derselben der Kückmarsch fortgesetzt, der diese Kolonne, nach mittlerweile eingetroffeneu Befehlen, über Udine ins Isonzotal führte.

Das bei Ponte di Piave stehende Detachement, befehligt votiMajorOgrisovich, erhielt den Befehl zum Rückzug um 6ülu’ abends. Auf dem Marsche nach Oderzo wurde das Anrücken einer überlegenen feindlichen Kolonne von Ormelle über Confrancin bemerkt, weshalb der Kommandant im Laufschritt eine Kompagnie Franz Karl zur Be.setzung der feindwärts gelegenen Lisiere des erstgenannten Ortes beorderte ; unter ihrem Schutze erreichte die Kolonne um 11 Uhr nachts la Motta '), marschierte am nächsten Tage nach Latisana und vereinigte sich am 12. Mai mit den Truppen des FML. Zach bei Görz. Die bei Oderzo zurückgelassene Kompagnie wurde von zwei Bataillonen der Division Fontanelli angegriflen und mußte sich nach hartnäckigem Widerstand und nachdem ihr der Übergang über den Fluß verlegt worden war, gefangen geben*).

Recht mühselig, zum Teil sogar abenteuerlich, gestaltete gich der Rückzug des bei Vidor gestandenen Detachements, unter Major Toperczer*;.

Nachmittags, gegen 3 Uhr, war ihm der Befehl zu- gekommen, über Serravalle nach Ceneda zurückzugehen, falls diese Orte jedoch vom Feinde schon besetzt seien, über den

’) K. A., F. A. 1809, Ital., V, 111; Geschichte des k. und k. Infanterie- regiments Nr. 52.

’) Schneidawind, Pas Lehen des Erzherzogs Johann, Schafl- hausen 1849, 16.ä.

“) K, A., F. A. 1809, Ital., V, 152 ; Geschichte des k. und k. In- fanterieregiments Nr. 52, 254 bis 258.

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Die Scblacht an der Piave.

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Lago di Santa Croco gegen Perarolo auszuweichen und im äußersten Falle Innichen zu erreichen trachten').

Nachdem die ausgestellten Vorposten eingezogen waren, rückte das Detachement 1 Bataillon Franz Karl, 1 Flügel Ott-Husaren, Vs Batterie ab und erreichte über den Gol S. Martin marschierend, spät am Abend Follina, am 9. morgens Serravalle. Da ausgesandte Patrouillen die Anwesenheit starker feindlicher Kräfte in der Ebene festgestellt hatten, mußte der Weg über das hohe, unwegsame Gebirge eingeschlagen werden^ um vielleicht an einer anderen Stelle die Vereinigung mit dem Gros vollziehen zu können.

Geschütze samt Munition mußten auf dem weiteren Marsche preisgegeben werden und wurden im Lago di Santa Croce versenkt, auch der größte Teil der Pferde blieb zurück und nur einige Packtiere zogen mit.

Major Toperczer, ein schon älterer Mann, war durch die Strapazen in seinen Kräften so herabgekommen, daß er in Dardago niederbrach, woselbst auch Hauptmaun Freiherr von Gschrei, .durch Sturz von einem Felsen schwer verletzt, seinem Schicksal überlassen werden mußte.

Hauptmann Zsitväs übernalun das Kommando, Haupt- mann Faverges, bekannt durch seine zu Anfang des April unternommene kühne Übersetzung des Isonzo, wurde die Seele der Expedition.

Nordostwärts über Berg und Tal ging der Marsch, der Stand des Bataillons war schon auf kaum 400 Mann zusammen- geschmolzen, in dem felsigen Terrain waren die Schuhe der Leute binnen kürzester Zeit abgenützt, die Monturen, kaiun mehr kenntlich, hingen in Fetzen an den erschöpften Leibeni.

Durch dichten Wald mußte man sich oft erst mühsam Bahn brechen, stundenlang mußten die Soldaten in tiefem Schnee waten, die Packtiere sanken nacheinander entkräftet nieder. Immer mehr drängte das rasche Vorrücken der feindlichen Reiterei das Detachement ins Gebirge; am 13. April durclifurtete es den Tagliamento und am nächsten Tage trafen die Reste halb- wegs zwischen Ovaro und Forno, ganz unvermutet auf fünf Kompagnien des 2. Banalregiments unter Hauptmann Kunz,

') Siehe Textskizze 3 zu Seite 117, Mitteilungen des k. luid k. Kriegsarchivs. Dritte Folge. 111. Bd.

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150

V 0 I t c

wodurch die Fühlung mit der Armee des Erzherzogs Johann endlich wiederhergestellt war.

Die Verluste auf österreichischer Seite betrugen'):

Tot 5 Offiziere, 393 Mann

Verwundet . 671 ,,

Gefangen 15 1664

Vermißt 4 1116 ,,

Summe , . 50 Offiziere, 3844 Mann

Überdies wurden 15 Kanonen und eine Anzahl Muni- tionskarren’) eingebüßt.

Französische Quellen geben ihre V erluste in verschiedenster Höhe an; General Cafarelli weiß nur von 170 Toten und 300 V'erwundeten ’), Vignolle will auch nur 700 Mann, du Gasse 1000 Mann zugestehen, während General Vaudoncourt ein Augenzeuge den Verlust auf 2000 Mann schätzt. Viel- leicht wird eine offizielle französische Darstellung auf Grund des Aktenmat.erials die letztere Zahl noch einigermaßen richtig zu stellen in der Lage sein.

Auf österreichischer Seite hatten an der Schlacht aktiv teilgenommen '):

Strassoldo 3 Bataillone

St. Julien .3 ,,

Szluiner l’/s*)

Grenadiere 4 ,,

Franz Jellachich . . 3

1. Banal 2

Franz Karl 1 ®)

Fürtrag . . 17’/s Bataillone

Graf Moransches Archiv, Feldzugerzählniig des Erzherzogs .Tohaim, Hogen 12. (Vergl. dagegen K. A., F. A. 1809, Ital., Op. Journ. 53.) •) K. A., H. K. R. 18(i9, K, 12, 49/15.

*) Du Casse, V, 181.

b Iv. A , F. A. 1809, Ital., V, 45; siehe auch Anhang I.

‘i Eine Division unter Hauptmanii Lenardini war nach Sera- valle detachiert. (Graf Meransche.s Archiv, 1809, Ital. 1299a.)

") Ein Bataillon in V'idor, eines bei Ponte di Piave, nahmen keinen Anteil an der .Schlacht.

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Die Schlacht an der Piave. 151

übertrag

Allvintzy

Oguliner .

Reisky

Simbschen

OtoSaner

Summe

Ott-Husaren 8 Eskadronen

Frimont-Husaren 6 ’)

Josef-Husaren 8

Savoyen-Dragoner 6

Hohenlohe-Dragoner 6 .

Summe . . 34 Eskadronen

Die österreichischen Bataillone waren nach den offiziellen Rapporten*) durchschnittlich etwas über 600 Mann, jene der Grenadiere kaum 500 Mann stark ; die Eskadronen zählten ungefähr 110 Reiter. Dies würde einen Maximalstand von 21.000 Mann Infanterie und 3750 Säbel ergeben.

Von französischer Seite waren am rechten Piaveufer

verblieben •) :

Division Broussier . . .

. . 3

Bataillone,

1500

Mann

Durutte . . . .

... 8

4700

Fontanelli . . .

... 14

8100

V

Seras

... 10

U

5700

Königliche Garde ....

... 3

Eskadronen,

450

Reiter

Prinzliche Jäger . . . .

. . 2

•1

2.50

Summe . . 35 Batailloue, 20 000 Manu 5 Eskadronen, 700 Reiter.

*) Zwei Eskadronen unter Major Brett'eld standen vor Palmanova.

K. A., P. A. 1809, Ital., V, 2.

’) Vaudoncourt, I, 240, Anmerkung 1. Die französische Auf- fassung; die hier verbliebenen Truppen aus dem Kalkül ganz aus- zuschalten, ist in diesem Falle wohl vollkommen verfehlt, da deren Artillerie und auch die Infanterie wiederholt im Feuer standen und bei- spielsweise der Aufmarsch der Division Seras bei Narvese, den Auf- enthalt des ganzen Regiments Franz Jellachich und eines Bataillons Oguliner nebst einer Eskadron und einer halben Batterie an jener Stelle bedingte.

. . 17*/3 Bataillone

. . 30*/s Bataillone

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152

V e 1 t X

Es nahmen daher an der Schlacht am linken Piaveufer

aktiv teil;

Avantgarde

6

Bat.,

4

Eskadr., 3600 Mann,

500 Reiter

Broussier

9

1

,. 5000 ,,

100

Lamarque

12

1

7100

Abbe , .

14

1

7700

100

Durutte .

4

..

2400

Veliten .

,,

,. 1800

Sahuc . .

,,

16

1600 ..

Grouchy

12

1450 .,

Pully . .

12

1350 ..

Summe .

48

Bat.,

46

Eskadr., 27.600 Mann,

5100 Reiter')

Prinz

Eu

gen

Beauharnais hatte am 8.

Mai 1809 den

von ihm so lang ersehnten Erfolg endlich an seine Fahne gefesselt ; in überschwenglichen Worten berichtete er seinem kaiserlichen Adoptivvater über die Taten der seinem Befehl unterstellten Truj)peu seinen ersten Sieg über die öster- reichischen Waffen.

Kühn in ihrer Anlage, zielbewu3t in der Ausführung, verdient die Forcierung einer immerhin bedeutenden Flug- linie angesichts der kampfbereiten Armee des Erzherzogs Johann gewiü alle Anerkennung; doch darf, abgesehen von der bedeutenden Übermacht, welche der Vizekönig in die Wagschale werfen konnte, nicht übersehen werden, dall die Österreicher in erster Linie nur um Zeitgewinn kämpften und daü sie, trotz der schließlichen Räumung des Schlacht- feldes, wenn auch nach bedeutenden Verlusten, diesen Zweck auch tatsächlich erreicht haben.

Eine zweite Frage ist es allerdings, ob nicht andere Mittel zu demselben Ziele geführt hätten, ob einige Stunden Vorsprung für den Train die empfindlichen Opfer wert waren, welche die Österreicher inr Verlauf der Kämpfe an der Piave notgedrungen bringen mußten.

Recht freimütig und offen äußert sich darüber der österreichische Feldherr selbst, indem er seinen Erinne-

') Siehe acch Anhang II.

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Die Sohlftcht un der Piave.

153

rungen über die Ereignisse dieses Tages die folgenden Worte anfügt’):

„Die Schlacht hätte vermieden werden können, wenn die Aimee die Tage des 6. und 7. benützt hätte, um ihren Rückzug wie bisher fortzusetzen, da man nie hoffen konnte, sich zu behaupten, da man wußte, daß der Feind alle seine Kräfte vereinigen könne und die Übermacht auf seiner Seite haben werde und auch im glücklichsten Falle ein weiterer Rückzug, bedingt durch die Ereignisse an der Donau, geschehen mußte; so war es geraten, jede Gelegenheit zu ver- meiden, welche zu einem Kampfe Anlaß geben konnte und die gesamten Kräfte für die Verteidigung der Eingänge Kärntens imd Krains ungeschwächt zu erhalten.”

’) ßraf Merausches Archiv; Erzherzog Johann-Akten, 1809, Ital.

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I.

Orilre de bataille der innerösteiTeichischen Armee am 8. Mai 1809.

Kommandant: G. d. K. Erzlierzos' Johann.

Vin. Armeekorps.

Kommaiidant; i'ML. Albert Gyulai. Brigade GM. Colloredo:

Strassoldo-Infanterie Nr. 27

St. Julien- »61

Brigade GM. Gajoli:

Franz Jellachich-Infantorie Nr. 62

1. Baiialgrenzregiment Nr. 10

Brigade GM. Kalnässy:

Oguliner Grenzregiment Nr. 3

Keisky-Infanterie Nr. 13

Simbschen-Infanterie Nr 43

3 Bataillone

3 Bataillone

2 Bataillone

3

IX. Armeekorps.

Kommandant: FML. Ignaz Gyulai.

Brigade GM. Kleinmayern:

Grenadiere

Szlniner Gronzregimont Nr. 4 . . .

Brigade GM. Marziani:

Franz Karl-Infanterie Nr. 52

-lllvintzy- ,, »Ul

Brigade GM. Gavassini :

Otocaner Grenzregiment

Landwehrbrigade OM. Sebottendorf:

Grazer Landwehr

4 Bataillone

3 Bataillone

2 Bataillone

3 Bataillone

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V s 1 t r «.

Kavallerie.

Kommaiilant: FML. AVolfskeel. Brigade OM. Hager:

Savoj’en-Dragoner Nr. 5

Hohenlolie-Dragoner Nr. 2

Brigade GM. Spl6nyi;

Ott-Husaren

Friraont-Husaren

Erzherzog .Josef-Husaren .

6 Eskadronen

8 Eskadronen

ß

8

Artillerie.

Koinmaiidant : GM. Reisner.

10 Batterien (dreipfündige Brigade- und Kavallerie-, sechs- und zwölf- pfündige Positionsbatterien, je 8, bezw. ö Geschütze )

Summe : ISti Bataillone, :J4 Eskadronen, 70 Geschütze. i24800 Mann Infanterie, 87.50 Reiter.)

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Die Schlanbt an <ler Piave.

159

n.

Ordre de bataille der französisch-italienischen Armee am 8. Mai 1800.

Kommandant Prinz Eugen Beauharnais, Vizekönig Ton Italien.

Avantgarde, Brigadegeneral Desaix:

6 Bataillone V oltigeure, 9. Jägerregiment zu Pferd .

Bat.

6

Kskadr.

4

Oeseb.

4

Division Broussier:

9.,84.,92.,fran7.ösbchesLinienregimeat,2J Dragouer- regiment

12

1

12

Division Durutte;

22., 23. französische.s leichtes, 62. Linionregiment .

12

10

Diviijion Lamarque:

13., 29., 42., 112. iVaiizösisches Linienregiment . .

12

10

Division Paethod (befehligt von Brigade- general Abbe):

1.. 52., 102. französisches Linien- und 1. leichtes Infanteiieregiinent, Napoleon Dragoner (ital.)

14

1

12

Division Seras:

35. 53., 106. französisches Linienregiment ....

10

12

DiWsion Fontanelli (ital.):

1-, 2. italienisches leichtes, 3., 4. Linienregiment, königl. istrianisches Bataillon, prinzlirho Jäger .

14

2

6

Königl. italienische Garde, Brigadegeneral Lecchi

Infanterie (Veliteu)

Dragoner und Ehrenganle

Artillerio :

3 Bataillone 3 Eskadronen 6 Geschütze

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160

V e 1 t I 4

Kavallerie.

Leichte Kavalleriedivision, General Suhuc: Eskadronen Qeschntze

6. französisches Husaren-, 6., 8., 25. Jägerregiment . 16 4

Dragonerdivision Pully;

23., 28., 29. franzö.sisches Dragonerregiment .... 12 4

Dragonerdivision Gronohy:

7., 30. französisches Dragonerregiment, Königin-

Dragoner (italienisch) 12 4

Summe: 83 Bataillone, 51 Eskadronen, 84 Geschütze. (47.600 Mann Infanterie, 5800 Reiter').

Am 8. Mai befehligte General Grenier den rechten, Baragney- d'Hi Ilers den linken Flügel. Mncdonald das Zentrum; dio Beservo und die Kavallerie standen enr direkten Disposition des Vixekönigs.

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Repressalieiigefeclite

gegen die Montenegriner im Jalire 1838.

Von

Major Somek.

Mit einer Beilage.

Mittailangen fies k. and k. Kriegsnrcbivs. Dritte Folse. IV. Bd. ü

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Montenegros Lage, Verfassniig und Bewohner.

Von dem Stocke der Dinarischen Alpen breiten sich dort, wo er die europäische Türkei durchzieht, zwei mächtige Arme gegen Westen. Der eine, nördliche, erstreckt sich bis an die Gestade der Adria, der andere wendet sich südwestlich und lallt gegen die Niederungen des Skutarisees ab. Beide ver- bindend lagern längs der Meeresküste geschlossene Gebirgs- inassen, von deren Kamme das Auge bis weit über das blauende Meer schweift.

Diese Bergi'iesen umschließen das Land, dessen chao- tisches Felsengewirr jener kühne Serbenstamm bewohnt, den die Venetianer Monteneriner nannten, den die Jetztzeit Mon- tenegriner heißt. Das Volk selbst nennt seine wilde Heimat Czernagora, im Andenken an seinen ersten Häuptling, unter welchem es sich hier nach dem Untergang des großen Serben- reiches, unil langer Verfolgung durch die Türken, eine dauernde Heimstätte schuf.

Einer von der Natur kühn geschatfenen Festung gleich, aus deren Felsenbastionen wie riesige Ecktürme, dem Meere zu der Suturmann und Trnowo, in den Alpen wurzelnd der Donnitor und Kom emporragen, liegt das Land.

Die Montenegriner scheiden ihre Heimat in den ersten Besitz, die Czernagora im engeren Sinne, und in den später erworbenen, Brda.

Iin Jahre 1838 noch von drei Seiten durch türkisches Gebiet umfaßt, grenzte Montenegro nur längs der Küste an Österreich, an jenes kurz vorher erworbene Gebiet, das damals den Namen Österreichisch-Albanien führte.

Die Höhen, vom Berge Lovcen am Busen von Cattaro, bis nordwestlich zum Trnovo und südwestlich zum Divlivrch,

11*

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164

S 6 m e k.

bildeten die Scheide zwischen dem Kaiserstaat und dem Bergvolk trennten dieses von der Sehnsucht seiner Jugend, dem geträumten Ideal seiner Lieder, „dem leuchtenden Meer mit seinen Schätzen, seinem Handel und Verkehr”.

Wild und zerklüftet, wie an den Grenzen, türmen sich auch die Felsen im Innern des Landes und nur unwillig lassen sie den engen dunklen Tälern ßaum, die, sich zwischen ihnen windend, spärliche Flächen harter mühevoller Bebauung erschließen.

Wohl breitete sich schon 1838 ein verhältnismäßig reiches Netz von Wegen über Montenegro, hier in das tür- kische, dort in österreichisches Gebiet mündend. Aber der Fremde bangte, wenn er die Pfade betreten sollte, die oft nur dem Auge des Einheimischen erkennbar waren, schmale, den Felsen abgerungene, meist nur fußbreite Steige, bald neben gähnenden Klüften, dann wieder im wirren Zickzack über schwindelnde Höhen führend, oft durch herab- gestürzte Felsblöcke versperrt, durch breite Abgründe unter- brochen. —

Nur wenige waren allgemein benützbar, vor allem jener, der von Cattaro nach des Landes Hanptort, Cettinje, führte und von dort nach dem albanischen Zabljak in türkisches Gebiet sich wandte. Von beiden Teilen dieses Weges zweigten zahlreiche Verbindungen nach Österreichisch-Albanien ab ; benützbar für die Montenegriner zu ihren Einfällen und Kaubzügen, aber meist unpassierbar für die Ausrüstung ge- schulter Truppen. Wege, wde das räuberische Bergvolk sie brauchte, ihm alle Chancen bietend, dem Gegner alle ver- wehrend.

Montenegro war unbezwingbar durch den Mangel an Kommunikationen. Das Volk wußte dies, darum wies es auch das Danaergeschenk mit Entrüstung zurück, das der französische Marschall Marmont 1807 ihm antrug - Straßen durch das Land zu bauen.

Außer dem Hauptweg von Cattaro führten auch aus verschiedenen anderen Ortschaften des Berglandes, besonders in den südlichsten Teil österreichischen Besitzes, mehrere

') PaiO und Scherb, Die Czeruagora.

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BepressftlieDgofecbte gegen die Montencgricer.

165

Pfade, die, fiir den Verlauf der zu schildernden Ereignisse von Wichtigkeit, bei diesen ihre Beschreibung finden.

Einem Einfall der Montenegriner in die Monarchie boten die Stadt Cattaro, der Landstrich Zuppa und das Pastrovicchio die meiste Beute Cattaro schützte aber seine allzugroße Wider- standskraft, die nur Geschütze brechen konnten, die ituppa war zu weit entfernt und außerdem durch das Fort S. Trinitä be- schirmt. So blieb nur das Gebiet Pastrovicchio bedroht. Ein Lberfall desselben sicherte reichen Raub, die scheidende Grenze lag nahe am Meere, die Festsetzung an diesem war nach der leichten Erwerbung Castellastuas nicht schwierig; die speziell für diese Gegend verwickelte Grenzfrago gab einen steten und den besten Anlaß zu Feindseligkeiten.

Für einen Angriff Österreichs waren von den 25 Fußsteigen, die in das Uochland führten, nur sechs und auch diese nur teilweise gangbar.

Vor allem jener aus Cattaro, der solange er österreichischem Boden folgte, sich bereits zur gangbai’en Kommunikation erweitert hatte, auf montenegrinischem Gebiet aber, bis hinab ins Cettatal, ungebahnt und höchst schwierig blieb. Dieser Weg führte überNögus, den Hauptort der gleichnamigen Nahia und über Baici.

Weiter ein Weg von Dobrota nach Vuöido, St. Elia ; ein Weg von Dub, der den Loveen südlich umlief; ein solcher vom Kloster Stanjevich, südöstlich des Berges Mastori, über St. Nicola, BöloSi alle nach Cettinje leitend.

Ferner eine Kommunikation von Braic, nordwestlich vom Berge Seostik gegen Cettinje und vom Kastell Gomila südöstlich um den Monte Bandiera gegen Uterg.

Schon vor 18.35 waren sowohl Czernagora als Brda je in 4 Distrikte, Nahien nennt sie der heimatliche Laut, geteilt.

Jene der Czernagora hießen : Katunska, an Cattaro

grenzend, Czernicka an das österreichische Pastrovicchio, ferner Hiecka und Lfzantka; jene Brdas ; Belopavlic, Piperi, Mo- racka und Kucka, alle au türkisches Gebiet schließend.

Der Väter alter Sitte treu, teilte sich jede Nahia in Stämme, diese schieden sich in Gemeinden und Familien. Freie

') Siehe Beilage 3.

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1 6f) S 0 m e b.

Wühl kürte das Oberhaupt des Stammes, den Glavar oder Häuptling, freie Wahl auch jenes der Gemeinde, den Staresina (Ortsältesten). Das Haupt der Familie war der Gospodar. Er war der Verwalter aller häuslichen Angelegenheiten. Der Stareäina übte das Richteramt über die Familien der Gemeinde, der Glavar leitete die inneren Angelegenheiten. Die höchste Instanz für letztere ruhte in der Hand des für mehrere Stämme gewählten Knaz (Fürst).

Dort, wo an den Grenzen Gefahr drohte, war je ein Serdar bestimmt. Er sammelte, wenn es AngriH’ oder Abwehr galt, rasch die waffenfähigen Männer der näheren und weiteren Umgebung als der Führer im Kampfe, bis der Yladika eintraf.

Dieser war das eigentliche Oberhaupt des Staates. Ihm fiel die höchste, die priesterliche Gewalt zu. Der Vladika war Bischof seine Weihe erhielt er in Petersburg’). Die Re- ligion Rußlands ist auch jene Montenegros. Die Würde war erblich und das Erbteil der Familie Petrovic. Die priester- liche Stellung versagte dem Vladika die Ehe, darum wurde stets der Neffe der Nachfolger des Onkels. ,.Sveti Gospodar'" (heiliger Herr) nannte in ehrfurchtsvoller Scheu der Sohn der Schwarzen Berge seinen Vladika.

Bis 1833 bestand neben dessen Stellung auch die eines weltlichen Oberhauptes, des Gouverneurs. Wohl war dieser jenem an Macht keineswegs gleich, doch blieb sein Einfluß nicht zu unterschätzen. Immerhin war er im stände die Willkür desselben zu hemmen.

Dies empfand vor allem der Vladika Peter II., der nach dem Tode seines Onkels, des großen Vladika Peter I.. die Herrschaft erlangt hatte.

Auf die Gunst des Volkes pochend, entledigte er sich des Gouverneurs Radonie, indem er denselben 1833 des Einverständnisses mit Österreich beschuldigte. Radonib wurde verbannt, seine Güter eingezogen, sein Haus verbrannt. Er flüchtete nach Cattaro, wo Österreich ihm und seiner Familie Schutz und datternde Unterstützung lieh. Der Vladika ver- einigte nun in seiner Person die volle geistliche und weltliche

') Peter II. wollte sich anfangs in Wien weihen la.ssen, doch ließen ihn die Schwierigkeiten, die man ihm machte, hievon abstehen. (Marko Fedorowitsch, Die Slaven der Türkei.)

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Bepreasaliongefccbte gegon die Montenegriner.

167

Gewalt. Ungestört konnte er jene Reformen anbahnen, welche ihm zur Erstarkung des Landes nötig, zur Befestigung und Erweiterung seiner Macht geeignet erschienen.

Schon 1831 hatte er mit Rücksicht auf dieses Ziel, unter- stützt durch den russischen Oberstleutnant Oseretzkowsky, einen Senat von zwölf Mitgliedern geschalFen, die er je für ein Jahr selbst ernannte. Seinen Bruder Giorgio gab er demselben zum Präsidenten, seinen Neffen zum Vizepräsi- denten. Er erreichte damit einen Ersatz der alten Regierungs- form, der ihm alle Macht gab.

Montenegro ist arm au Ressourcen jeder Art. Für das kämpfende Volk mögen sie genügen, für den eindringenden Feind sind sie weniger als zu gering. Dieser ist vollkommen auf den Nachschub angewiesen.

Außer in der Nahia Belopavlic und im Kuckatal sowie an den sonnigen Abfällen der Nahia Czerniczka gegen den Skutarisee, bieten nur wenige und unbedeutende Flächen Raum zum Anbau und kargen Ertrag.

In dem öden Felsgewiire, in den zahllosen Schrunden und Klüften versickert das Wasser. Nur einzelne sorgsam gehütete Quellen und Zisternen sichern den Bewohnern dürf- tige Labung.

Der Besitz an Vieh ist des Montenegriners Reichtum, die Zucht desselben sein Erwerb. Dieses, dann Kartoffeln und die spärlichen Produkte, welche die Natur freitätig seiner wilden Heimat geschenkt, zu verkaufen, steigt er von den Höhen dem Meere zu, nach österreichischen Landen herab und trägt dafür im Austausche Salz, Ol, Waffen und Munition nach den Bergen heim.

Arm, aber auch bedürfnislos, fühlt er sich nur in seinen Felsen wmhl. Mit der zähen Anhänglichkeit aller Bergbewohner hängt er an diesen. „Ob es dort wohl ein Czernagora gibt,” frug ein Montenegriner bang seinen Gastfreund und wies feuchten Auges zum dunkelblauen Firmament.

Die Scholle, die er von seinen Vätern ererbt, der Stein selbst, auf dem seine Ahnen geschritten, die dürftige Hütte, in der sie gewohnt, sind ihm heilig. Heilig als deren Ver- mächtnis, heilig auch im Sinne seines Wahlspruches; „Mein Haus ist meine Freiheit.”

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168

S e m e k.

In }iarter Schule aufgewachsen, stählt der Montenegriner seine Kräfte von Jugend an. Alle Schrecknisse der Bergwelt sind ihm vertraut, Sturm und Regen so oft die Gefährten seiner einsamen Wanderung. Kein Fels ist ihm zu steil, ihn zu erklimmen, kein Abgrund zu weit, ihn zu überspringen, kein Pfad zu schmal und gefährlich, ihn zu wandeln. In die Opanken gehüllt, schmiegt sich sein Fuß sicher an die harten Kanten der Felswände, während sein Blick durch die Steintrüramer nach dem Feinde späht. Nicht Hitze, nicht Kälte noch Hunger und Durst können seine Eisennatur zwingen. Wenn die Nacht ihn in den Bergen überrascht, hüllt er Haupt und Wallen in die schützende Struka *). Ob dann auch Wind und Wetter hemiederrauschen, der erwachende Tag sieht ihn in altgewohnter Elastizität und Frische vor- wärts eilen.

Alles kann der Sohn der Schwarzen Berge entbehren, nur seine Waffen mag er nicht missen. Schon mit 15 Jahren wird er zum Manne und von diesem Augenblick an ziert ihn der volle Schmuck derselben. Die Pistolen und den Handschar im Güi'tel, die sichere fünf Schuh lange Flinte und die Struka auf der Schulter, weilt er am Feld, hütet er die Herde, zieht er hinunter nach den Handelsplätzen Dalmatiens. Selbst im Innern seiner Hütte legt er Pistole und Haiidschar nicht ab ; stets gerüstet zur Abwehr, stets für den Ruf zum Kampfe. Tapferkeit und Kühnheit stehen ihm über alles, sie bewundert er auch am Feinde. Beim festlichen Mahle und im stillen Frieden seines Hauses, bei frohen Versammlungen und Gelagen, wie am flackernden Lagerfeuer besingt er zum Klange der Gusla die Taten seiner Ahnen. Die Heldengestalten der Vorzeit sind das Vorbild der Gegenwart, sie sind der Born stets erneuter Kraft. In Liedern lebt die Geschichte des Landes, nicht im Bann toter Bücher. Geschichte ist seine Poesie, freilich auch oft Poesie seine Geschichte.

Das ununterbrochene Ringen mit den Gewalten der Natur, die Schrecken der Bergwelt und der geheimnisvolle Schauer weltabgeschiedener Einsamkeit begründen und ver- stärken den tief religiösen Sinn des Volkes. Überall erblickt

') Aus Ziegeuluiaren gefertigter Schal.

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RepressalieitKef^'chie gegen die Montenegriner.

169

es das Walten der Gottheit. Die starren Höhen, die gegen Himmel ragen, die rieselnden Quellen, die den Felsen ent- springen, die dunklen Schatten der Wälder und die Haine der Täler werden ihm zum speziellen Sitze derselben, oder doch überirdischer Wesen.

In all diesen glänzenden Eigenschaften gleicht der Montenegriner den Bewohnern des schottischen Hochlandes, mit denen er aber in gleicher Weise den ungemessenen Stolz, die malllose Selbstüberhebung und den Trieb zu inneren Fehden teilt. Auch dem Gesetz der Blutrache huldigt er gleich jenem.—

Helle Lichter zeugen dunkle Schatten. Wie alle Berg- bewohner ist der Montenegriner voll Mißtrauen gegen Fremde und Fremdes. Listig sucht er seine wahren Absichten stets zu verbergen, sein sonst so entschiedenes Wesen schreckt dann selbst vor Heuchelei nicht zurück. Wo es sich um seinen Vorteil handelt, erkennt er keines anderen Recht, scheut er selbst den Raub nicht. Unmenschliche Grausamkeit ist dem Volke zur Natur geworden. Verstümmelte und geköpfte Feindes- leichen verdunkeln den Glanz seiner Siege. Möglich, daß das blutige Beispiel der Türken hier in schauerlicher Nachahmung sich widerspiegelt.

Die Kriegskunst der Montenegriner war in der Zeit um die es sich hier handelt, jene aller Naturvölker. Ein absicht- liches Zurückweichen des Zentrums sollte den Gegner zwischen die Höhen locken, um ihn dann von den Flanken dem Wetter- sturm gleich zu überfallen.

Bestimmte Signale leiteten sie im Kampfe, riefen sie zur Vereinigung, um mit voller Wucht einen schwachen Punkt des Gegpiers anzufallen und zu durchbrechen.

Unerschöpflich an List, kühn in allen Unternehmungen, überraschend bei allen Überfällen, waren sie doppelt gefähr- liche Gegner. Jeder einzelne wußte instinktiv die besten Stellen zur Verteidigung zu wählen ; dort hielt er uner- schütterlich stand.

Nur beim Angriff über offenes Feld fand ihr Mut seine Schranke. „Unerfahren und ungeschickt” nannten sie die tapferen Jäger des 8. Bataillons, die kühn und furchtlos trotz des heftigsten Feuers jene Steinwälle stürmten, die .sie ver- bargen.

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S 6 m 0 k.

Dem Bajonett hielt das tapfere BergA'olk nicht stand. Der moralische Mut war immer der Besieger des physischen.

Veranlassung des Konfliktes mit Österreich.

Die Ursache zu demselben liegt in der Geschichte der Vergangenheit und dem durch diese bedingten Gröüeuwahn des Volkes, liegt aber auch in den stolzen Plänen des Vladika.

Die nächste Veranlassung gaben die Grenzstreitigkeiten und die verhetzende Tätigkeit russischer Emissäre.

Schon in jener Zeit, als Dalmatien noch zu den Ge- bieten Venedigs zählte, Montenegro dem Halbmond wenig- stens nominell unterworfen war, blieb die Grenze zwischen beiden Ländern stets eine schwankende. Auf der Karte wiederholt fostgestellt, wurde sie in Wirklichkeit nie ein- gchalten.

Die Übernahme Dalmatiens durch Österreich 1797, nach dem Frieden von Campo Formio, schien den Hochländern der günstigste Zeitpunkt, sich noch vor dem Eintrefl'en kaiserlicher Truppen den Besitz der Ebene zu sichern und neue Grenzen zu schaffen.

Der damalige Vladika Peter I. fiel unvermutet in das Xachbarland ein und besetzte Budua sowie einen Teil des Pastrovicchio. Die allgemeine Stimmung der Bewohner des u.surpierten Gebietes, die sich für Österreich erklärten, zwang ihn jedoch in der Folge, seine Erwerbungen dem abgesandten österreichischen General Rnkawina zu übergeben.

Unmutig kehrte er in seine Berge zurück. Umsonst blieben seine weiteren Bemühungen, von dem Kloster Stanjevich aus die 2uppaner gegen den ,, Kaiser von Wien” aufzuwiegeln. Zürnend rächte er sich, indem er Rußland zum Protektor Montenegros erklärte. Damit hatte er für sich und die folgenden Vladikas die Absicht proklamiert, einst doch noch mit Hilfe Rußlands in den Besitz des umstrittenen Landes zu gelangen Montenegro bis zum Meere auszudehnen.

Als nach dem Frieden von Preßburg 1805 Dalmatien wieder unter französische Herrschaft trat, rief Peter I. die Russen aus Corfu zu Hilfe, besetzte Cattaro und beherrschte trotz aller Angrifte Marmonts das Land, bis er es auf Kaiser

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Ropressaliengefechtc gegen die Montenegriner.

171

Alexanders Befehl nach dem Frieden von Tilsit wieder au Frankreich abtreten mußte.

Trotzdem ließ er die Hoffnung nicht sinken seine Pläne endlich zu verwirklichen. Sein Ehrgeiz kannte keine Ruhe, seine Ausdauer keine Entmutigung.

Der Sturz Napoleons im Norden Europas eröffnete ihm bald eine günstige Aus.sicht.

Rasch entschlossen sammelte er die kriegs- und beute- frohen Scharen und schloß ein Bündnis mit den Bocchesen ’). Vereint sollten beide die Franzosen aus dem Lande ver- treiben, Montenegro und Cattaro für ewige Zeit verbunden werden und einen Staat bilden, clessen Schutz sie den drei Großmächten anvertrauen wollten.

Törichter Vladika ! Er war persönlich ein Held und ein Marm von bedeutenden Geistesgaben, aber jene eigentümliche Naivität seines Volkes, welche nur kennt, was ihm frommt und anderer Rechte ganz vergißt, jene Naivität, die auch die Verwicklungen 1838 herbeiführte, hatte er nicht abgestreift. Wie konnte er denken, daß Österreich ihn im Besitz jenes Landes schützen werde, das demselben nur der Friedensschluß entrissen !

An der Spitze seiner Czernagorer eroberte Peter in rascher Folge Budua und das Fort S. Trinitä, sprengte letzteres in die Luft und zernierte mit Englands Hilfe Cattaro, das sich nach kurzem Widerstand ergab.

Damit war das Ziel seiner Wünsche, der Lieblingstraum seines Volkes erreicht.

Man muß das Gefühl und Empfinden der Montenegriner jener Zeit verstehen und würdigen, um ihre Haltung in der Folge zu begreifen.

In Liedern glühender Begeisterung feierten sie den ruhmvoll erstrittenen Erfolg. Das Meer, nach welchem sie immer und immer von den Bergen sehnsüchtig herab- geblickt, mit seinen grünenden Gestaden und den leuchtenden Segeln, welche ihre Gesänge priesen, der freie Weg zu Handel und Verkehr, zu Reichtum und Macht, war ihnen erschlossen.

') Siehe Anhang III.

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Unter all den bevorzugten Nationen hatten sie endlich ihren Platz an der Sonne gefunden.

Doch nicht für lange ! Schon rückten österreichische Truppen zur Besetzung Dalmatiens heran. Wohl sträubte sich der Vladika von der Beute abzulasson, wohl hiüte er Rußlands Fahne auf den Mauern von Cattaro, zum äußersten Widerstand bereit. Doch vergebens! England stellte sich auf Seite Österreichs und damit war Cattaro, welches stets dem BehciTscher der See zu eigen wurde, für ihn verloren. Die Bocchosen verließen ihn und beugten sich dem neuen Herrn. Ohnmächtig mußte der Vladika das Land dem General Milutinovich übergeben. Ein zweites Mal hatte Montenegro den heißersehnten und kühn erstrittenen Besitz an Österreich verloren. Eine Wunde, die nie vernarbte.

Die Czernagorer waren damit endgiltig in ihre Berg- heimat zurückgewiesen, aber das leicht erregbare Volk träumte weiter von seiner ephemeren Macht und sah in Österreich nur den Usurpator der verlorenen Gebiete. Zum Schmerze trat der Haß gegen dieses, der sich in heftiger Weise auch gegen die Bocchesen wandte, die im entscheidenden Moment des Bundes vergessen.

Von nun an blieben Grenzüberschreitungen, die Raub und Plünderung im Gefolge hatten, an der Tagesordnung. Wenn auch mitunter auf rechtliche Weise, durch Kauf und Verkauf, setzten sich die Montenegriner doch meist durch Gewalttaten allmählich in den Besitz eines großen Teiles des Pastrovicchios und Dobrotas.

Vergeblich waren alle Versuche Österreichs, eine feste Grenze und damit dauernde Ruhe zu schaffen. In dem Be- streben möglichst korrekt und gesetzmäßig zu handeln, ver- gaß es, daß das Recht stets und bei so wilden kriegerischen Nationen um so mehr, in der Spitze des Schwerte.s liegt, daß nicht künstlich erklügelte Paragraphen, sondern nur eine eiserne Faust den Übermut und die Raubgier eines wilden Volkes zu bändigen vermögen, vergaß es, daß es vitale Interessen waren, welche Montenegro an das Meer drängten und daß der Kampf ums Dasein in jeder Volksseele zu mächtig lebt, um anders als durch drohende Vernichtung in Schranken gehalten zu werden.

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Repressalient^efecht« cegon die Montenegfriner.

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Die Stimme aller militärischen Betehlshaber und Organe rief nach Gewalt, als der optima und ultima ratio, aber die weisen Herren am Diplomatentische traktierten und versöhnten so lange, bis die Katastrophe unvermeidlich schien und nicht mehr durch den Todesmut der Truppen, sondern nur durch die Zaghaftigkeit des Vladika im entscheidenden Augenblick abgewendet werden konnte.

Schon 1820 versuchte Österreich durch einen Kontrakt die Zession des von Montenegro usurpierten Gebietes von Lositza zu erreichen. Der Vladika erklärte sich einverstanden, doch als die Kommission zur Übergabe feierlich anrückte, wurde sie von den Bewohner verjagt. Die Verhandlungen zwischen Pastrovicchio und der Nahia Czerniezka 1823 hatten den gleichen Verlauf und befriedigten nur die Diplomaten, denn die territorialen Eingriffe der Montenegriner ließen nicht nach und nahmen auch dann kein Ende, als 1835 mit dem neuen Vladika Peter II. schriftliche Verträge über die Grenzen beider Landstriche abgeschlossen wurden und die Glavars diese bestätigten.

Trotzdem währten die Unterhandlungen fort, fort mit einem Volke, das aller Verträge spottete.

Österreich suchte nun durch Vorlage der Original- dokumente früherer Grenzbestimmungen Montenegro von seinem guten Rechte zu überzeugen das wilde Bergvolk, das nur der Zukunft lebte, durch Vorlage längst vergilbter Akten! Diesbezüglich war Oberst Caboga schon seit einer Reihe von Jahren bestrebt, das nötige Material zu sammeln. Ein mühevolles Beginnen ! Der Sturz Venedigs, Frank-

reichs Invasionen, die Einfälle der Montenegriner, hatten die bestandenen Archive größtenteils in Unordnung gebracht, die Dokumente nach allen Richtungen zerstreut. Vielfach waren dieselben in Privatbesitz übergegangen oder unter einer Masse von Akten in Kellern vergraben. Es gelang nur einige von entschiedenem Werte zu finden'). Dies waren bezüglich des Besitzes von Lositza; Ein Pergament mit der goldenen Bulle Stephans, des Kaisers von Serbien und Romanien aus dem Jahre 1351, mit welchem dieser den Edlen von Cattaro

') H. H. u. St. A., Faszikel 9, Türkei-Greuzakte.

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alle alten Privilegien und Schenkungen seiner Vorfahren und darunter ausdrücklich den Besitz von Mikacz und Lositza zusiehert ein Dokument, welches 1491 der venetianische Rettore bestätigte.

Ferner eine Originalsenteiiz von l(i5ä, worin Lositza den Spigliavinern und Scagliarinern zugesprochen wurde; endlich ein Dekret des Proveditore Generale von Venedig aus dem Jahre 1768, welches den gleichen Inhalt zeigte.

Bezüglich Pastrovicchios: Ein Instrument, betitelt: Vera et giusta descrizione dei (Jonfini, che si trovano frä i Maini Braichi, Montenegrini et Pastrovicchi fino Sutturmau, della quäle una copia si ritrova nel Monasterio a Zettigne, e simili nel Catastico di Cattaro. Dieses Instrument, durch Nicolo Popovich, Canoelliera des Georgio Czernovich, Fürsten von Montenegro, 1429 aufgestellt und gezeichnet, bestimmte genau die Grenze zwischen Pastrovi6 und Montenegro. Seine Authentizität war um so ausgesprochener, als noch 1823 die Kommissäre des Vladika und jene von Pastrovic dieselbe mit schiedsrichtlicher Sentenz vom 8. Oktober anerkannt hatten.

Trotzdem war es eben die Regelung dieser Grenze, welche besondere Schwierigkeiten bereitete, denn gerade in Pastrovic hatten, wie erwähnt, die Montenegriner große Gebietsteile usurpiert. ,, Diese Usurpation,” sagt Caboga in seinem Bericht an den Militär- und Zivilkommandanton in Zara, den FML. Grafen Vetter von Lilienberg, „ist fast in allen Fällen das willkürliche Unternehmen einer einzelnen Familie, wenn auch oft auf tatsächliche Forderungen begründet.”

Indem sich in der Folge der ungerechtfertigte Privat- besitz eines solchen eigenmächtig genommenen Grandes verjährte, wurde er in den .\ugen des Montenegriners ein legaler. Nun aber ging es über die Begriffe des letzteren, so weit zu abstrahieren, um zu begreifen, daß der Angehörige eines Staates auch ira fremden Lande Güter haben könne. Er war daher rechtlich überzeugt, daß mit jeder Erwerbung fremdländischen Bodens sich auch die Reichsgreuze ver- schieben müsse.

Hierin lag ein Haupthindernis der Grenzregulierung.

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Repressalionf^efeohto gegen dio Montenegriner.

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Dennoch hoffte Österreich noch immer, auf friedlichem Wege zum Ziele zu gelangen. Als 1838 der angeordnete stabile Kataster in seinen Arbeiten gegen das südliche Dalmatien vorrückte, versuchte es, auf die angeführten Doku- mente gestützt, neue Verhandlungen. Zu Beginn derselben wurden, wie Hauptmann Oreskovieh *) sagt, den Mitgliedern der Kommission ,, Sanftmut, Geduld und weise Nachgiebigkeit” zur ersten Pflicht gemacht. Alle Streitigkeiten und Differenzen sollten auf gütlichem Wege geschlichtet, im billigen Ausgleich der davon berührten Gemeinden geordnet werden. Vergeblich! Schon das erste Zusammentreffen machte die Hoffnung eines endgiltigen Verständnisses illusorisch.

Die Montenegriner erschienen in Waffen, venvarfen ohne Prüfung alle geometrischen Aufnahmen, Dokumente und Grenzmarkierungen aus der venetianischen Epoche und gaben klar zu verstehen, daß es der Zweck ihrer Ausbreitung sei, das Meer zu erreichen. Keinen Fußbreit Landes wollten sie abtreten und waren höchstens geneigt, den Besitz strittiger Gründe der Entscheidung eines Zweikampfes anzuvertrauen.

Dennoch gelang es, die Grenzlinie teilweise festzustellen, indem jene Flächen, welche keinen Anbau erlaubten, an deren Wahrung also den Montenegrinern wenig gelegen war, ab- gemarkt, die Greuzbestimmungen für die übrigen aber einer späteren Übereinkunft Vorbehalten w'urden. In mühevoller Arbeit und stetem Streite wurde endlich Castellastua erreicht. Von hier aus sollte die Feststellung der Grenze Pastroviochios erfolgen.

Die Bezeichnung Pastroviccbio umfaßte jenen Landstrich^), der westlich zwi.schen S. Stefano und der Kuppe Golivrch beginnt und seiner Längsrichtung nach nördlich von Monte- negro, südlich von der Adria begrenzt wird, im Osten aber an Türkisch-Albanien stößt.

Seine Länge beträgt fast zwei geographische Meilen, seine Breite, an der Westgrenze beiläufig ’.h ^Meilen, sinkt

') War frülier mUitärischer Agent in Cettiiije. 1838 war er proto- koUfübreiider Adjutant Lilienborgs. iH. H. u. St. A., Faszikel 9, Türkei Grenzakte : Memoire des Ilauptmaun Oreskovicli.)

Bericht des Majors Po.schaclier, Kommandanten des 8. Jäger- batailloua (nach Roßbach), vom 12. September 183,8. (R. K. M., Registr. 1838, Pracs. Nr. l.')29C).

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bei Castellastua gegen die montenegrinische Grenze bin, auf 4000 Schritte (Luftlinie) herab; wobei als solche die Planina pastroviechiana in Betracht gezogen ist, in deren Besitze sich Montenegro, wenn auch nicht de jure, so doch de facto befand. Die Bewohner Pastrovicchios sind Nachkommen jener Kriegsgenosson Venedigs, die als Seefahrer einst mächtig, eine eigene Regierung besaßen und laut venetianischen Gesetzes berechtigt waren, aus den ersten Familien der Republik ihre Frauen zu wählen. Kriege und Kämpfe hatten sie dezimiert, ihren Wohlstand vernichtet. Ihr stolzer kriege- rischer Sinn erstarb in der Armut.

Der Besitz dieses Landstriches bot eine schwierige Frage, denn die Planina pastroviechiana war verhältnismäßig reich an fruchtbaren Gründen, gehörte mit Recht zu Öster- reich und war für dieses von militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung.

Kaum näherte sich die Kommission dem Grenzort Novo- selo, als gegen 1000 Montenegriner über die Grenze stürmten und den Berg Kopaez hart vor Novoselo besetzten. Ver- gebens sandte die Kommission an die Häuptlinge, um sie zu friedlicher Auseinandersetzung einzuladen. Sie weigerten .sich zu erscheinen. Erst auf Intervention des Bruders des Vladika folgten sie langsam und widerwillig dem Rufe. Trotzig und zum Kampfe bereit, traten sie der Kommission entgegen. Ungestüm verwarfen auch sie die ihnen vorgelegten Dokumente und leugneten keck ihre eigenhändigen 1835 aus- gestellten Unterschriften. „Montenegriner, ehe ich zugebe, daß ihr die Pastrovicebia planina verliert, soll diese Pistole meinem Leben ein Ende machen 1” hatte ihnen vor der Unter- redung Pero, des Vladika Bruder, zugerufen und zur Bekräftigung sich die Pistole an den Hals gesetzt*)-

Die Häuptlinge wußten sich also nicht nur im Einverständ- nis mit dem Volke, sondern auch, was mehr galt, mit dem Führer desselben, dem Vladika. Hatte letzterer gleich mit größter Bereitwilligkeit und scheinbarem Entgegenkommen der Entsendung der Kommission zugestimmt, so hatte er es

') R. K. JI., Bogisti-. 1838, Praes. Nr. 1286 und H. H. u. St. A., Faszikel 9, Tttrkei-Grenzakte.

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nepreasaliengefecbte gegen die Montenegriner.

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andererseits nicht unterlassen, die hier in Rede kommenden Grenzbewohner (der Czerniczka Nahia) aufzuhetzen. Gerade diese Xaliia war ja sonst Österreich freundlich gesinnt und haßte den Vladika. Hatte sie doch früher Schritte getan, um unter Österreichs Schutz zu treten. Dem Vladika blieb dies unver- gessen und nun bot sich von selbst die Gelegenheit, beide zu entzweien und dabei die Sympathien der Nahia zu gewinnen. Wie hätte er diese nicht benützen sollen! Er wußte, daß der Montenegriner die Verteidigung auch des illegalen Besitzes als Ehrenpunkt betrachtet, daß er bereit ist Blut und Leben dafür zu opfern und er kannte die Gesetze der Blutrache.

Seine Absichten fordernd, machte sich der Einfluß des rassischen Hauptmanns Kowallsky geltend, der den Leuten die fiir das Weiderecht zwischen den Dörfern in die Felsen gehauenen Kreuze auf österreichischem Gebiet als eigentliche Grenze bezeichnete.

Solchen Schwierigkeiten gegenüber mußten alle weiteren Verhandlungen abgebrochen und einem späteren Zeitpunkt Vorbehalten werden.

Der Vladika regte deren Beginn selbst an. Im Einver- nehmen mit dem Kreisvorsteher von Cattaro bestimmte er den 23. Juli für deren Wiederaufnahme und sagte sein per- sönliches Erscheinen zu.

Hierin, doch nur hierin, hielt er Wort, in allen anderen Fragen hatte er bald seinen Sinn geändert. Kaum war er zu bewegen, eine kleine Anhöhe zu besteigen, um das strittige Gebiet zu überblicken ; die Dokumente, welche ihm vorgelegt wnrden, wies er zurück. Ihrer mündlichen Wiedergabe konnte er .sich allerdings nicht entziehen, doch obwohl gezwungen ihre Authentizität anzuerkennen, verwarf er sie mit der Be- gründung, daß Zeit und Verhältnisse sich indessen geändert hätten. Montenegro sei derzeit im faktischen Besitz des Bodens und werde sich denselben nicht nehmen lassen, er müsse sich hierin dem stürmischen Verlangen seines Volkes beugen. Umsonst waren alle weiteren Vorstellungen, alle Gründe. Selbst jene Linie, welche die Sanitätswachhäuser markierten, wollte er nun als Grenze nicht anerkennen.

Wieder schied die Kommission ohne Resultat, wieder nahm sie das Versprechen künftiger Fortsetzung der Ver-

Uitteilungen des k. und k. Kriegsnrehivs. Dritte Fol,fC. IV. Ild. 12

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handlungen als Beruhigung der Diplomatie mit. Der Vladika versprach einstweilen seine Untertanen zu besänftigen und zum Frieden anzuhalten.

Hart ist es hier Geschichte und keine Satire diplomati- scher Tätigkeit zu schreiben.

Damit war aber eine Situation geschallen, die beim ge- ringsten Anlaß zu Feindseligkeiten fuhren mußte.

Stärkerertaältnisse und Terrainverhältnisse fiir den Kampf zwischen Österreich und Montenegro.

Die Stärkeverhältnisse Österreichs in jener Gegend waren ungünstig, die Zahl der Truppen eine geringe. Alle Garni- sonen und Posten dependierten vom Generalkommando zu Zara, welches FML. Graf Lilienberg als Haupt der Militär- und Zivilbehördo innehatte').

Von den im Pastrovicchio gelegenen Posten (Casetten) waren S. Stefano mit 77, dessen Dependenzen Marovich mit 29, Spiridiono mit 12, Oradienizza mit 12, Gomila mit 17 Mann der 2. Kompagnie; Castellastua mit 74, dessen De- pendenzen, Novoselo mit 4fi, Vidrak mit 17, Gospodia, Zmilova- Uliza, Vietemo-Gumno je mit 5, das Blockhaus mit 13 Mann der 1. Kompagnie des 8. Jägerbataillons besetzt.

Fine Jägerkompagnie lag in Braici, Pobori und Maini, eine weitere in Podmaini. Auf die Mithilfe dieser beiden war bei kriegerischen Verwicklungen im Pastrovicchio nicht zu rechnen, sie waren für den Schutz ihrer Aufstellungsorte un- entbehrlich.

Unterstützung konnten nur Budua, das von einer .läger- kompagnie und einer Kompagnie des 2. Bataillons vom In- fanterieregiment Erzherzog Friedrich (jetzt Nr. 16) besetzt war, und Cattaro gewähren, iu welchem gleichfalls eine Jäger- kompagnie und dreieinhalb Kompagnien desselben Bataillons von Erzherzog Friedrich garnisonierten.

Der Kommandant des Jägerbataillons war Oberstleutnant Roßbach, jener des Infanteriebataillons Major Guolfinger. Als Brigadier fungierte GiM. Turski.

*) Anhang I und II.

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Represaaliengefeohte gegen die Montenegriner.

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Ai'tillerie stand im bedrohten Raume nicht zur Ver- fügung. Kanonen konnten daselbst der Terrainschwierigkeiten wegen nicht fortgebracht und verwendet werden und dem eifrigen Bemühen des Oberstleutnants Roßbach um die Absendung wenigstens einer halben Raketenbatterie") stellte man sich ablehnend gegenüber.

Die Lage der einzelnen Casetten war nicht mit Rück- sicht auf einen eventuellen Angrifi', sondern nur auf die Durchführung des Sanitätskordons gewählt. Sie lagen an den Weglinien, am Fuße oder doch an den Abdachungen der Höhen. Das Material war Holz, der Zustand verwahrlost. Sie auf längere Dauer zu halten, erschien, abgesehen von ihrer geringen Widerstandskraft, schon aus dem Grunde unmöglich, weil es an Wasser und Lebensmitteln fehlte. Beide mußten vom Meere her zugeführt werden.

Die Zahl der Mannschaft in den Posten längs der Grenze war so gering bemessen, daß, Novoselo ausgenommen, keiner den anderen unterstützen konnte. Itn Falle eines Angriffes mußte die Hilfe von Castellastua oder S. Stefano abgewartet werden.

Die räumliche Gruppierung, respektive die Distanz- verhältnisse der Posten zu- und voneinander waren folgende “) :

Von ihrem Haupt- und UnterstUtzungspunkt S. Stefano lagen: Marovich l'A, Oradienizza ß'/'j, Gomila 4"'2 Stunden, von Castellastua; Novoselo 2, Vidrak 4 Stunden entfernt.

Untereinander betrug die Strecke Marovich Oradienizza 2, Oradienizza— Gomila 1, Gomila Vidrak 1, Vidrak Novo- selo 2 Stunden.

Verstärkungen aus Ragusa, Spalato, Castelnuovo und Zara heranzuziehen, war wohl möglich, doch bis zu deren Ein- treffen konnten die Montenegriner sich leicht in den Besitz des ganzen Landstriches setzen. Traf doch die Meldung über die am 2. August vorgefallenen Unruhen mit abenteuerlicher Schnelle erst am 7. August in Zara ein, zu einer Zeit also, wo die kühnen Truppen Roßbachs bereits vernichtet gewesen

*) Meldung vom 13. Juli 1838. (E. K. M., Eegi.str. 1838, Praes. Xr. UOO 1401, 1402.)

’J Uelation Poschachers. (Ebenda, Praes. Nr. 1529.)

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wären, hätte ihre Existenz von weiterer Unterstützung abge- hangen.

Allerdings stand den Truppen die sogenannte Territorial- miliz ergänzend zur Seite.

Von dieser konnte aber bei einem plötzlichen Angrilf auf das Pastrovicchio nur jene aus den Landstrichen von Türkisch-Albanien bis Cattaro in Betracht kommen, aber auch hievon mußten noch die Pastrovicchianer als persönlich be- droht, zur Verteidigung ihrer Höfe, zu Xachschubsdiensten für Munition und Proviant und hauptsächlich mit Rücksicht auf die Gesetze der Blutrache, wohlweislich schon im vorhinein ausgeschaltet werden *).

Die Institution der Territorialmiliz verpflichtete die Bewohner Dalmatiens, sich im Falle es die Verteidigung des Landes galt. zum Kriegsdienst zu stellen und an der Seite der k. k. Truppen zu kämpfen. Sie wurden dann nach Bedarf von der politischen Behörde aufgeboten und in Abteilungen unter nationalen Befehlshabern rangiert trugen die eigenen Waflen und erhielten Patronen.

War es irgend möglich, so suchten sich die Leute dem Aufgebot von Haus aus zu entziehen oder desertierten, zumal bei einem Kampfe gegen ^Montenegro mit dem viele von ihnen Bande des Blutes und des Glaubens verknüpften. Manche hatten aber auch der siegreichen Kämpfe nicht vergessen, die sie gemeinsam mit jenen gegen die Franzosen geführt.

Diesen teils schwachen, teils schwankenden Kräften (jsterrcichs zusammen lO'/s Kompagnien mit zirka 1700 Mann und 700 Terrieri gegenüber verfügte Montenegro bei einer Volkszahl von 100.000 Seelen über 20.000 Kämpfer.

Waren diese auch nicht an der Grenze versammelt, so konnten sie doch binnen drei bis vier Tagen vollzählig dort eintreffen.

Wenn der kühne Serdar au der Grenze Pastrovicchios, der Chef der Czerniczka planina, der ungestüme Marko Plomenaz zum Streite rief und die Kriegsfahne vom Dach- first seines Fahnenträgers weithin sichtbar im Winde flatterte,

') ..\uch auf die übrigen war wenig Verlaß, schon deshalb, weil sie vielfach dUOO in diesem Gebiet) Glaubensgenossen der Monte- negriner waren. (R. K. M., Registr. 1838, Praes. Nr. 1400, 1401, 1402.)

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Rcpressaliengefuchio gugon ilie Montenegrinor.

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dann erscholl der Kriegsruf aller, die sie erblickten, von den Höhen und Gipfeln der Berge über die Hänge in die stillen Täler und aus allen Marken des Landes eilten die Krieger herbei.

In kurzer Zeit war die Umgebung, war die ganze Xahia nm den Führer geschart. Den kargen Vorrat, den jeder für die ersten Tage brauchte, trug er mit sich, den Nachschub besorgten die' Frauen, im fremden Lande winkte die Beiite. Wo blieben da die Hemmnisse, wo der schwerfällige Troß moderner Armeen?

Aber nicht nur die Truppenzahl, auch die Konfiguration des Terrains und dessen schwierige Gangbarkeit sicherte den Montenegrinern jeden Vorteil.

Das Pastrovicchio bildet eine stetige Abdachung bis gegen die Küste, welche nur einzelne bebaute Terrassen unter- brechen, so daß ein Angriff österreichischerseits stets den Kampf gegen beherrschende Höhen bedingte, während einem Einfall der Montenegriner die dominierenden Punkte zu Gebote standen.

Die Vertrautheit mit dem Gelände und die physische Gewandtheit in Überwindung desselben, die durch Beschuhung und Kleidung und den Mangel jeder beschwerenden Aus- rüstung unterstüzt wurde, stellten dem Hohn der Berge jede Einbruchsstelle frei, während die kaiserlichen Truppen an die wenigen Kommunikationen gewiesen blieben. Kommunika- tionen, die stellenweise für sie ungangbar, ihren Fortschritt hemmen oder unmöglich machen mußten.

Aus Montenegro führten vier Steige nach dem Pastro- •dcchio *).

Der erste von Uterg über den Paß Östren nach Gomila. Hier teilte er sich nach drei Richtungen. Die eine leitete nach der Comune Braici und weiter nach Budua oder über Pobori gegen Cattaro, die andere über Oradienizza, S.Spiridione, Marovich nach S. Stefano, die dritte über Vidernak, Vidrak, durch den Paß zwischen den Bergen Spass und Kopacz, nach Novoselo und Castellastua. Von diesen war der Weg nach Braici und Vidernak schlecht, stellenweise nur mit Lebens-

Relation Poschaohers. (R. K. M., Registr. 1838, Praes. Nr. 15'29.)

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gefahr zu passieren, jener über Marovich nach S. Stefano ziemlich benützbar. Eine zweite Verbindung führte von Optochichi nach Vidrak, wo sie sich jener von Gomila her anschloC.

Ein dritter Weg leitete von Bercselli (BrCeli) über den Kopacz nach Novoselo.

Von diesem zweigten kaum gangbare Pfade einerseits über die südliche Lehne des Kopacz und des Scalizza-Stognina gegen jene Schlucht, durch welche man den Grenzpunkt von Österreich, Montenegro und Türkisch -Albanien, „Treconfini” (l’rirogga), en-eichte; andererseits über Grabovizza, Ressevizza (Resevich) nach S. Stefano. Ein vierter führte von Gluida über die Bergkuppe Scalizza gegen Sv. Gospodia und weiter gegen Uliza und das Blockhaus oder gegen Vietcrno Gumno.

Von allen diesen Annäherungsliuien bot jene über Gomila dem montenegrinischen Vormarsch die beste Gewähr des Erfolges, da sie den Besitz der anderen sicherte. Zunächst dann war jene über Bercselli von Wichtigkeit, da sie die Vorrückung über Novoselo nach Lastua und damit den Besitz des ganzen Küstenstriches erschloli.

Der ungünstigen Situation, in der sich Österreich Monte- negro gegenüber nach jeder Richtung befand, war man sich in den militärischen Kreisen allgemein bewußt, aber es ging ganz über die Fassungsgabe der diplomatischen Machthaber jener Zeit, sich irgendwie vorzustellen, daß das kleine Montenegro es wagen werde, gegen das große Österreich aggressiv zu werden. Man war noch verblendet von den längst ver- rauschten Erfolgen gegen Napoleon und gefiel sich in der Rolle des Löwen an Furchtlosigkeit und Großmut.

Die Entnüchterung kam rasch !

EröfTiiung der Feiiid.seligkeiten. Gefechte vom 2. bis 7. August

Die erste Veranlassung ziun Ausbruch der Feindselig- keiten gab die Aufstellung eines vom Winde umgestürzteu Triangnlierungszeichens am Berge Troica*). Bisher hatte diese schon wiederholt nötig gewordene Arbeit die Montenegriner kalt gelassen. Nun aber wollten sie darin eine eigenmächtige

') I’aiä und Scherb, Die Czemagora.

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Represflalienirefeohte gegun die Montenegriner.

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Grenzbestimmung erblicken das schürte die mühsam zmückgehaltene Leidenschaft zn hellen Flammen. Erst ver- suchten einzelne, die Arbeiter abzuschaften ; als dies vergeblich war, riefen sie ihre Stammgenossen herbei, welche iiun die- selben durch herabgerollte Steine verscheuchten, die beiden zum Schutze mitgegebenen Jäger überfielen und gefangen- nahmen. Eine rasch aus Gomila herbeigeeilte Patrouille mußte vor dem seitens der Montenegriner eröfiheten Gewehrfeuer zurückweichen. Damit hatten die Feindseligkeiten begonnen, die sich bald darauf gegen die von den Truppen besetzten Objekte richteten; vorerst gegen Vidrak. Eigentümlicherweise war es ein Weib, welches dieselben erötfnete. Von einem Manne, den sie mit ihrem Leibe deckte, gefolgt, suchte eie die Casette in Brand zu stecken. Zwei Schüsse streckten beide zu Boden ').

Da wurde es rings in den Bergen lebendig aus den schützenden Felsblöcken tauchten Hunderte von Monte- negrinern auf und sprangen im wilden Ansturm über die Felsen herab, gegen die Posten Gomila und Vidrak. Der Angriff war eben schon vorher geplant, er hatte nur des Zeichens zum Beginn geharrt!

Gefechte am 2. August*).

Es war um 12 Uhr mittags des 2. August. Von allen Seiten umfaßt, alarmierten beide Posten die ganze Linie, doch nur von Lastua oder S. Stefano konnten sie auf Hilfe hoffen, bis zum Eintreffen dieser blieben sie der eigenen Kraft, dem eigenen Mute überlassen.

Vor allem erschien Vidrak gefährdet. Am Fuße des Berges gelegen, war die Wachhütte von diesem und den benachbarten Höhen dominiert.

Der ünterjäger Karl Maukner, W'elcher dort befehligte, ließ sofort, als er den .Angrifl’ erkannte, das Tor schließen und forderte seine Leute zum äußersten Widerstand auf. Die mutige Besatzung war bereit eher zu sterben, als den Posten

*) Nach Paic wäre es erst am :5. geschehen, nach der militä- rischen Relation, K. A., F. A. Ropressaliengefochto 1838, VIII, ad 7, werden beide schon mit 2. August unter den Toten angeführt.

’) Hiezu BeUage 3.

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zu übergeben. Umsonst rollten die Montenegriner ganze Steinlawinen herab, umsonst erschöpften Hunderte der wilden Bergsöhne List und Gewalt. Nichts vermochte die ent- schlossene Tapferkeit der Jäger zu brechen. Mehr als zwei Stunden hielten diese unentwegt den wütenden Anfällen stand, bis endlich die flatternden Federbüsche der Kameraden von Novoselo aus dem Dickicht tauchten Hilfe in höchster Not. Oberleutnant Landtmann führte sie (zirka 30 Mann) in eiligem Marsche heran. Eine geringe Kraft gegen den über- mächtigen Feind. Schritt für Schritt erkämpfte sich die Abteilung den Weg gegen die Hütte, aber für einen kräftigen Ansturm war sie zu schwach. Da riß in richtiger Erkenntnis der Lage der kühne Maukner das Tor auf, stürzte an der Spitze seiner Schar gegen die Montenegriner und schuf so der Unterstützung Luft. Mit schallendem Hurra warf sich diese nun auf den verwirrten Feind. Überwältigt flohen die Czernagoren in den Schutz der Berge. Vidrak war erhalten und damit der Durchbruch des Zentrums der Postenkette ver- eitelt und mehr noch, der Weg, welchen die Verstärkungen aus Budua gegen Novoselo und den Kopacz oinschlagen mußten, gesichert. Ein Ergebnis von entscheidender Bedeutung für die Folge. Oberleutnant Landtmann drängte den Gegner bis über die Höhe und ließ dann den Oberjäger Jöchlinger mit 27 Mann zur Besetzung derselben sowie des Postens zurück. Ein rasch improvisierter Steinwall schützte erstere vor plötzlichem Überfall. Er selbst eilte nach Novoselo, um das wichtige Defile zw'ischen den Bergen Spass und Kopacz zu besetzen.

Unterdessen w'ogte auch um Gomila ein heißer Kampf, dem dann gleichfalls die Unterstützung der 1. Kompagnie aus Lastua ein vorläufiges Ende machte, indem sie die Monte- negriner zurücktrieb und sich des vorliegenden Berggipfels bemächtigte. Später erschien, durch den Hauptmann Spanner geführt, Hilfe aus S. Stefano und Budua, welche die Abteilung der 1. Kompagnie ablöste und den Besitz Gomilas sicherte, doch währte das Geplänkel bis gegen 9 Uhr abends.

Die Verluste iu beiden Gefechten waren üsterreichiscber- seits unbedeutend. Leutnant Stravolino und zwei Jäger der 1. Kompagnie wurden verwundet, ein Jäger blieb tot.

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Uepressaliengefochte gegeu die Montonogrinf^r.

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Oberstleutnant BoHbach, von dem Angriflf auf Vidrak und Gomila in Kenntnis gesetzt, hatte sofort aus Budua die 5. Kompagnie (Hauptmann von Speck) und die halbe 4. Kompagnie (Hauptmann von Langenau) seines Bataillons zur Unterstützung der Posten Gomila, Spiridione und Oradie- nizza unter Hauptmann Spanner vordirigiert. Die zweite Hälfte der 4. Kompagnie beorderte er nach Marovich, einen Zug der 8. Kompagnie (Hauptmann Frank) des 2. Bataillons von Erzherzog Friedrich-Infanterie nach Novoselo.

Er selbst eilte von Cattaro über S. Stefano nach Gomila, nachdem er dem zurückbleibenden Kommandanten des 2. Infan- teriebataillons, Major Guolfinger, den Befehl erteilt hatte, mit seinen 1 Vs Kompagnien und der 6. Jägerkompagnie nach Budua abzurücken, die dortige eigene 8. Kompagnie über Zukovizza nach Novoselo zu senden und das Defile Spass Kopacz zu besetzen.

Nähere Dispositionen stellte er nach seinem Eintreffen am Kampfplatz in .Aussicht. Die Sachlage werde entscheiden, ob er die vom Generalkommando ein für allemal gegen montenegrinische Übergriffe angeordneten Repressalien über- haupt und wenn, in welchem Umfang er sie durchführen könne.

Die Meldungen Roßbachs über die Ereignisse vom 2. August und seine infolge derselben erteilten Dispo-sitionen langten erst am 7. August beim Generalkommando zu Zara ein. Die Anordnungen, welche dieses verfügte, waren für die weitere Entwicklung ohne Wert, da der Kampf an diesem Tage bereits beendet war ’).

’) Die Verfügungen waren futgcnde : 7. August: Eine Kompagnie -Mayer-Infanterie wurde aus ßagusa nach Castclnuovo beordert, um die dortige Kompagnie Friedricli abzulösen. Letztere sollte nach Cattaro abgehen ; eine halbe Raketenbatterio und eine eventuelle Verstärkung aus dem nächsten kroatischen Gronzregiment wurden vom Hofkriegs- rat erbeten. Unterdes.sen hatte der G.VI. Tursky schon vorher (4.' die Kompagnie Mayer aus Ragusa nach Cattaro instradiert, die tiendung von .'lO.tKX) Patronen für die Truppe, von 80.000 für die Terrieri angeordnet, den Nachschub an Lebensmitteln eingeleitet. 9. August: Auf die Meldung ßodbachs vom 4. August, daß der Kampf größere Dimensionen angenommen, disponierte das Generalkommando fünf Kompagnien des 20. Jägerbataillons nach Cattaro und ließ die von diesem

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K e m o k.

3. August.

Oberstleutnant Roßbach traf am Vormittag des 3. August bei Gomila ein und besichtigte die Stellung, in welche indes, wie aus dem weiteren Verlauf hervorgeht, die 2. Jägerkom- pagnie — nach Übernahme der Posten Spiridion, Oradienizza und Marovich durch die 4. Kompagnie eingerückt war. Von der Zweckmäßigkeit der Besetzung überzeugt, verstärkte er dieselbe durch einen Teil der 4. Kompagnie und stellte die ganze Linie bis S. Stefano unter Kommando des Hauptmanns Spanner. Die 5. Kompagnie führte er, für seinen rechten Flügel besorgt, persönlich nach den Bergen Spass und Kopacz, um deren Besitz die Abteilungen der 1, Jägerkompagnie und der dahin gesendete Zug von Erzherzog Friedrich in ungleichem Kampfe mit den Montenegrinern rangen.

Kaum bemerkte der Gegner den Abmarsch Roßbachs, als er sich in wütendem Ansturm gegen Gomila warf, fest entschlossen, um jeden Preis die Aufstellung daselbst an der rechten Flanke zu durchbrechen und der abmarschierenden 5, Kompagnie in den Rücken zu fallen. Hauptmann Spanner entsendete rasch alle verfügbaren Kräfte an den bedrohten Punkt und wieder scheiterte an dem Mute und der Kraft der Verteidiger die tolle Kühnheit, an deren Kaltblütigkeit der rasende Angritf der wilden Leidenschaft des Gegners.

Unvermögend hier durchzudringen, wandten sich die Montenegriner nun gegen die linke Flanke Spanners.

Von dem Berge Troica herab wälzten sie mächtige Steinmassen und überschütteten die .Jäger mit mörderischem Feuer. Aber weder die niederschmetteniden Felsblöcke, noch das tödliche Blei vermochten den Mut dieser und der geringen Zahl mitfeehtender Pastrovicchianer zu erschüttern.

an der türkischen Grenze innegehnbten Posten durch zwei Kompagnien Mayer aus Zara besetzen. 11. .August betuhl das Generalkommando weitere zwei Kompagnien Slayer nach dem Kampfplatz einzuschiffeu und ließ Cattaro notdürftig mit Geschützen armieren (8 Dopi)el- haken, 2 zehnpfündige Haubitzen). 12. August: Auf die Nachricht

vom Priodeusschluß wurden die in Marsch gesetzten Kompagnien des 10. JägerbataiUons zurückberufen und die Einbarkierung der Division Mayer eingestellt. Die Kompagnie Mayer, welche General Tnrsky aus Ragusa berufen, hatte er bereits am 8. wieder dahin gesendet.

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RepresiHÜengefuchte die Montenegriner.

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Nochmals machte die Naclit dem Kampfe ein Ende. Die Montenegriner zogen sich ins Gebirge zurück. Gomila blieb im Besitz der Kaiserlichen.

Aber auch Vidrak blieb es !

Dort hatte unterdessen ünterjäger .Töchlinger mit seiner kleinen Schar die Wachhütte und den Steinwall auf der Höhe gegen alle Angriffe gehalten. Von allen Seiten umschlossen, spornte er durch Zuruf seine Leute an. Ruhig und besonnen erteilte er im heftigsten Feuer seine Befehle.

Vierundzwanzig Stunden blieb die Mannschaft ohne Nahrung, ohne Wasser, bis es einer Schleichpatrouille gelang, sich nach S. Stefano durehzuschlagen und Lebensmittel herbei- ziischaffen.

Oberstleutnant Roßbach war mit der 5. Kompagnie um 12 Uhr mittags in der Nähe des Berges Spass angelangt. Heftiges Gewehrfeuer zeigte ihm die Abteilungen der 1. Kom- pagnie und den Infanteriezug in furchtlosem Kampfe mit dem weit überlegenen Gegner, der bereits die Höhen des Kopacz besetzt hielt und dem Eingang des Ortes Novoselo sich näherte. Kaum 200 Mann kämpften gegen mehr als 2000. Rasch entschlossen entwickelte er die Kompagnie zum Gefecht und griff, gegen den gegnerischen rechten Flügel vorgehend, diesen an.

In die Kette aufgelöst eilten die .Jäger vor, bis zur normalen Distanz für den Sturm. In diesem Augenblick ließ Roßbach das Signal hiezu geben. Die steile Böschung hinderte den Anlauf. Schritt fiü' Schritt, unbeirrt durch das Feuer, drang Mann neben Mann vor, bis in die Stellung der Montenegriner. Im Nu war dieselbe mit dem Bajonett ge- säubert. Doch nochmals sammelte sich der Gegner auf einer rückwärts gelegenen Kuppe. Roßbach ließ eine halbe Kom- pagnie gegen ihn vorrücken, ralliierte die andere halbe als Reserve und befahl ihr, der ersten zu folgen. Wieder wurde die Stellung mit dem Bajonett genommen.

Die Höhe des Kopacz war endgiltig erstürmt. Verwirrt flohen die Montenegriner auch hier in die Berge. An allen Punkten waren sie entscheidend znrückgewiesen, die Ehre des Tages blieb den kai.serlichen Truppen.

Unterdessen war auch die 8. Kompagnie von Erzherzog Friedrich aus Budua bei Novoselo eingetroffen.

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Den Ereignissen des Tages entsprechend, sendete Roßbach an Major (xuolfinger den Befehl, mit der 6. Jäger- kompagnie gleichfalls nach Novoselo zu marschieren, eine Infanteriekomijagnie jedoch als Ersatz der 5. Jägerkompagnie nach Gomila zu dirigieren.

Major Guolfinger disponierte die 10. Infauteriekom- pagnie nach Gomila; mit der 7. und der 6. Jägerkompagnie eilte er nach Novoselo.

4. und 5. August.

Die Kräfte, welche am 4. für die Fortsetzung des Kampfes zur Verfügung standen, waren am linken Flügel unter Hauptmann Spanner die 2. und 4. Jäger-, dann die 10. Infanteriekompagnie (letztere aber nicht komplett), am rechten Flügel unter Major Guolfinger die 1., 5., 6. Jäger-, dann die 7. und 8. Infanteriekompagnie. Ferner die vom Kreisvorsteher zu Cattaro zu Hilfe gesendeten Terrieri des Cattarenser, Mokriner und Zuppaner Kreises (zirka 700). Auf die 1. Kompagnie war bei einem Vorgehen gegen die Montenegriner nicht zu rechnen, da diese größtenteils in den ihr zugewiesenen Posten verteilt war und bleiben mußte. Der 4. und 5. August verliefen ohne feindlichen Angriff.

Das günstige Ergebnis der Gefechte am 3. bestärkte Roßbach in dem Entschluß, mit den verfügbaren Kräften eine allgemeine Repressalie gegen montenegrinischen Besitz durchzuführen.

Die Nachricht, daß die Spizzanotten für den 6. August einen Einfall in Montenegro j)lanten, bewog ihn, die Unter- nehmung für diesen Tag anzuordnen. Der Zweck war, in möglichster Ausdehnung Hab und Gut des Gegners zu ver- nichten und hiebei denselben mit Waffengewalt zu verhindern, sich der Durchführung zu widersetzen.

Für ersteres standen die Terrieri, für letzteres die Truppen zur Verfügung.

Seiner Absicht zu entsprechen, mußte Roßbach einzelne Kolonnen in montenegrinisches Gebiet senden, um einen genügend ausgiebigen Raum zu okkupieren. Gleichzeitig war es von Vorteil, eine stärkere Abteilung gegen Süden zu dirigieren, die den Einfall der Spizzanotten unterstützen konnte.

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Reprossaliengefecbte gegen die Montenegriner.

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Eoßbach erließ schon am 5. folgende Disposition, deren Vollzug mit Anbruch des 6. auszufiihren war:

„Da verschiedene Terrieri aus der 2uppa, Cattaro und Mokrine diese Expedition mitmachen und besonders zur Ver- heerung der Felder und Häuser verwendet werden, so sind überall unsere Truppen eingeteilt, um denselben den Weg und die Lokalitäten zu zeigen, daher selbe beizeiten von den Ab- teilungskommandanten an sich gezogen und belehrt worden müssen”.

„Überhaupt muß sich alsogleich jeder Kommandant einer gemischten Augriffskolonne seine hier ausgesprochene Auf- gabe herausschreiben und sich pünktlichst darnach benehmen, damit womöglichst der ganze Plan in Übereinstimmung aus- geführt werde. Es versteht sich von selbst, daß beim Ein- treten außerordentlicher Ereignisse ein jeder sich nach Um- ständen benehmen wird, ohne jedoch das Ganze aus den Augen zu verlieren.”

„1. Eine Jägerkompagnie und 50 Pastrovicchianer be- halten Gomila besetzt und verteidigen es bis auf den letzten Mann ; bedrohen den Weg gegen Östren und zerstören, wenn es leicht sein könnte, die vorliegenden Besitzungen der Mon- tenegriner; patrouillieren links gegen die Einsattlung von Dolovi und halten rechts das Tal gegen Vidernak im Auge ; der Herr Flügelkommandant darf nur im höchsten Notfall ein Drittel seiner Reserve vorziehen.”

„2. Oradienizza— Spiridion bleibt mit einer halben Jäger- nnd einer halben Infanteriekompagnie und dem Reste der Pastrovicchianer samt 40 Cattaresem, den ältesten Hauptmann zum Kommandanten habend, besetzt, beobachtet und pratrouil- liert besonders seine Flanke und unterstützt im Notfall Gomila ; verteidigt aber seine Position (wozu der spitze Berg rechts vom Wege gehört) auf alle Fälle bis auf den letzten Mann, damit ja kein Feind gegen Marovich herabkomme.” „3. Die 100 Cattareser Terrieri (Serdar Nikolich), 1 Zug Jäger, 1 Zug Infanterie von 12 Pastrovicchianern geführt, brechen bei Tagesanbruch von Oradienizza auf und marschieren den nächsten Weg auf Vidernak Pod Übel los. Dort ange- kommen verteilen sich die Terrieri nach Angabe der Pastro- vicchianer in die Hütten und Felder und ruinieren und ziin-

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den alles an, was ihnen unterkommt i nur nicht Religious- gegenstünde, unbewaffnete Weiber und Kinder). Die Jäger lösen sich an gut gewählten Orten in eine schützende Kette auf, die Infanterie bildet nah ihre Unterstützung.”

,,4. Die Terrieri von Mokrine, 1 Zug Jäger, 1 Zug Infan- terie von zwölf Pastrovicchianem geführt, brechen ebenfalls so von Oradienizza auf und marschieren den nächsten Weg von rückwärts, auf die rechte Lehne des Berges Yelja-Glava.

gegenüber dem Posten Yidrak. Dort angekommen

(wie sub 3).”

„Es wäre zu wünschen, die Montenegriner von dort bis auf ihre höheren Berge zu vertreiben, um die nächsten Höhen von \’idrak zu reinigen.”

„5. Yon dem PaÜ Kopacz Spass werden ebenso 100 Zup- paner mit 1 Zug Jäger, 1 Zug Infanterie, 12 Pastrovicchianer zur Yerheerung alles Montenegriner Gutes, links vorwärts zwischen dem Wege von Bercselli und dem von Yidrak, ab- gesendet, benehmen sich so wie die anderen oben beschrie- benen Kolonnen und bleiben links in gleichsamer Ver- bindung mit Yidrak und rechts mit der Expedition gegen Bercselli.”

„6. Desgleichen sendet der Herr Flügelkommaudant, Major von Guolfinger, 100 Zuppaner mit einer halben Kom- pagnie Infanterie, 12 oder mehr Pastrovicchianem gegen den eigentlichen Grenzpunkt zwischen den Bergen Stahl und Krst, von einem llauptmauu geführt.”

„7. Der liest der Zuppaner, Mainotten und Pastrovic- chianer imelu'ere hundert an der Zahl), machen, unterstützt von einer halben Kompagnie Jäger, einer halben Kompagnie Infanterie (unter Anführung entweder des Herrn Flügel- kommandanten oder eines Haupimanns) rechts hinüber eine Diversion gegen Gluhido zu Gunsten der Spizzanotten, die, wie ich zufällig in Erfahrmig gebracht habe, ebenfalls morgen früh eine Repressalie auszuführen gedenken.”

„Dieser Expedition läßt sieh nichts vorzeichnen, sie be- nimmt sich ganz nach Umständen, läßt die Felder von den Terrieri verheeren und zieht sich wieder gegen Kopacz zurück, wenn die Sjjizzanotten und die Uusrigen Rache genommen haben.”

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Reprcssaliengefeclite gegen die Montenegriner.

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„8. Dreiviertel Kompagnien Jäger und dreiviertel Kom- pagnien Infanterie behalten den Paß von Kopacz Spass unter einem Hauptmaun besetzt und verteidigen ihn, was immer geschehen könnte, gegen jeden Feind bis aufs äußerste, ent- senden eine halbe Zugspatrouille rechts gegen Gliihido i Gluida i und links gegen Vidrak-Dobrun, um auf diese Art in mög- lichst permanenter Verbindung mit der ganzen Expedition zu verbleiben.”

„Sobald die Repressalie bei jeder Kolonne vollbracht ist, wird mit Erhaltung der Verbindung auf den Höhen in oder vor unsere jetzt besetzte Grenzlinie zurückgegangen und alldort eine gedrängte provisorische Position genommen, bis etwas anderes befohlen würde.”

„Was immer sich inzwischen ereignen könnte, der end- liche Rückzug bleibt immer der, woher man gekommen ist, um die Schlüssel der gesamten Position aufrecht zu erhalten, von denen alle folgenden anderweitigen Operationen ausgehen müssen.”

„Die Losung ist Vienna Parole Valentine, ich werde bis morgen abends wenigstens, vor und am Paß Kopacz zu finden sein.”

Gastellastua, am 5. August 1838, 10 Uhr früh.

Roßbach, Oberstleutnant.

Diese Disposition gliederte den Angriff in zwei Hauptgruppen, deren eine von Gomila, die andere von Kopacz dependierte. Als Kommandant der ersteren des linken Flügels fungierte Hauptmann Spanner. Bestimmt wurden von dieser: zur Besetzung Gomilas die 2. Jäger- kompagnie ( Oberleutnant S c h o e b 1 wegen Erkrankung des Haupt- maniis Karl von Delmotte); zur Besetzung von Oradienizza und Spiridione die halbe 4. Jäger- und die halbe 10. Infanterie- kompagnie (Hauptleute Langenau und Pindtner). Je ein Zug dieser beiden Kompagnien rückte unter Oberleutnant Sanner gegen Pod-Ubel, jo ein anderer unter Leutnant Dietrich gegen Velja-glava.

Kommandant des rechten Flügels blieb eigentlich Roß- bach selbst. Von diesem wurde ein Zug der 6. Jäger- und ein Zug der 7. Infanteriekompagnie in den Raum zwischen

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S e in e k.

den Wegen nacli Vidrak und Bercselli, die halbe 5. Jäger- und die halbe 8. Infanteriekompagnie unter Oberleutnant Baron Reichlin (der Hauptmann war erkrankt) gegen die Berge Stahl und Krst, die zweite Hälfte beider Kompagnien unter Major Guolfinger gegen den Berg Kappa entsendet.

Die Testierenden drei Züge der 6. Jäger- und der 7. In- fanteriekompagnie besetzten den Kopacz.

Dem Zwecke und der Disposition entsprechend, waren die bei einem Vordringen unvermeidlichen Zusammenstöße mit dem Gegner nicht als einheitliches Gefecht gedacht und können auch nicht zu einem solchen zusammengefaßt werden, müssen daher als völlig voneinander isolierte Einzelgefechte geschildert werden.

Dem erteilten Befehle gemäß, rückten alle Kolonnen mit Tagesanbruch nach den ihnen bestimmten Punkten ab.

Die Montenegriner waren, von der numerischen Schwäche der kaiserlichen Truppen unterrichtet, auf eine so kühne Offensive nicht gefaßt. Sie hatten sich, da sie ihren Zweck, im raschen Ansturm die Besatzungen der Casetten nieder- zuringen, durch das rechtzeitige Eintreffen der Verstärkungen vereitelt sahen, größtenteils in den Bergen verborgen, um einen weiteren Sukkurs ihrer Brüder aus den benachbarten Nahien abzuwarten.

Nur wenige vorgeschobene Posten hielten das Feld.

Die Kolonne des Oberleutnants Sanner drang fast un- behindert bis zu den Höhen südlich Gomilas vor.

In aufgelöster Kette warfen die Jäger den Feind gegen die.se zurück. Doch auf der Höhe angelangt, machte derselbe plötzlich halt und von allen Seiten stürmten mit wildem Geschrei Hunderte von Montenegrinern auf die Kolonne ein, um sie in die Ebene hinabzuwerfen ').

Kasch ließ Oberleutnant Sanner die Kette durch einen Teil des von Unterleutnant Ghetto geführten Unterstützungs- zuges der Infanterie verstärken und hielt so, wenn auch mühsam, stand. Alle weiteren Anstrengungen des Gegners scheiterten an dem kühnen Jlute der Truppen. Unter- dessen stürzten sich die Terrieri über alles raonte-

') K. A., F. A. Repressaliengefechte IHijS, VIII, ad 12b/f und a/2.

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Bi^pressaliengefecbte gegen die ^iontenogriner.

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negrinische Eigentum. In kurzer Zeit loderten die Flammen auf, das Zerstörungswerk war vollbracht, der Gefechtszweck erreicht

Oberleutnant Sanner befahl den Rückzug.

In diesem Augenblick riß eine Kugel dem Trom- peter das Mundstück von der Trompete. Im allgemeinen Lärm verhallte die Stimme der Of&ziere. Nur die nächsten Leute verstanden den Befehl und folgten seinem Rufe. Dadurch wurde die Kette gerissen, die .Abteilung stand in höchster Gefahr, von den Monte- negrinern, welche die Verwirrung bemerkten, durchbrochen zu werden. Sofort rief Oberleutnant Sanner die Terrieri herbei und eilte selbst an die bedrohte Stelle. Aber ihn warf eine Kugel verwundet zu Boden, die Teirieri flohen, ohne einen Schuß zu tun, bereits in hellen Scharen gegen Gomila. In diesem kritischen Augenblick bewährte sich glänzend die Disziplin und Kraft einer geschulten Truppe. Die Gefahr drehender Vernichtung machte sie nicht wanken, sondern entflammte sie zu neuem Mute, erweckte doppelt ihre Tatkraft.

Allen voran stürzten sich Korporal Poli und der Gemeine Porzoni an die bedrohte Stelle, rasch schloß sich die Kette und warf den Gegner zurück. Dann erst führte Leutnant Ghetto die Abteilung in voller Ordnung und Ruhe in die Ebene hinab. Die Montenegriner verfolgten sie trotz ihrer bedeutenden Überzahl nicht. Voll glühender Rachsucht stürmten sie vielmehr den fliehenden Terrieri nach.

Hauptmann Spanner, der von Gomila aus Augenzeuge dieser Vorgänge war, entsendete unter dem Oberjäger Schmadlak eine Patrouille, bestehend aus diesem, 2 Patrouilleführern und 12 Gemeinen der bereits teilweise herangezogenen 4. Kompagnie mit dem Auftrag, die Flüch- tigen aufzunehmen und sie zum Widerstand zu ermutigen. Vergebens in sinnloser Verwirrung eilten diese weiter an der zur Kette aufgelösten Patrouille vorbei. Schmadlak ließ nun in wirksamer Weise das Feuer gegen den Gegner eröffnen, er selbst aber suchte, gefolgt vom Patrouilleführer Schmid- bauer, eine vorliegende Höhe zu erreichen, um die Verhältnisse zu überblicken.

Hitteiiungon des k. und k. Kriegsarohivs. Dritte Folgo. IV. Dd. 13

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In diesem Augenblick sahen sich beide von mehr als 40 Montenegrinern umringt. Schnell entschlossen stellten sie sich hinter eine Steinwand und hielten die Anstürmenden, welche des lebhaften Feuers wegen die Höhe von einer größeren Abteilung besetzt glaubten, länger als eine halbe Stunde zurück. Dann erst gelang es zwei von Gomila abgesendeten Patrouillen der 4. und der 2. Kompagnie, welchen sich einige Pastrovicchianer Panduren angeschlossen hatten, sie zu befreien.

Bei diesen Gefechten fielen der Kadett Conte Caprioli*), 1 Jäger und 2 Infanteristen.

Auch die Kolonne des Leutnants Dietrich vollzog ihre Aufgabe die Repressalien durchzufuhren, aber auch sie mußte sich dann, von überlegenen Kräften hart bedrängt und im entscheidenden Augenblick von den Terrieri verlassen, nach der Ebene zurückziehen.

Vidrak blieb wieder sieh selbst und der mutigen Ent- schlossenheit des Oberjägers Jöchlinger überlassen*).

War die Lage der obigen Kolonnen, als der rechten Flanke des linken Flügels der .Aufstellung, eine bedrohte, so wurde jene der Besatzung von Gomila bald eine äußerst gefährdete.

Wohl gelang es anfangs auch dieser, bis auf die Höhe vorzudringen und das montenegrinische Eigentum zu zerstören, doch jede Stunde brachte neue Scharen in die Reihen der Gegner.

Schon setzten sich diese zu beiden Seiten und sogar im Rücken des Blockhauses fest.

Ilauptmann Spanner mußte daher die halbe 4. Kom- pagnie unter Hauptmanu Langenau vorziehen. Diese bahnte sich durch entschiedene Angriffe den Weg und machte so den Rücken der Stellung wieder frei. Doch nur für kurze Zeit. Der feindliche Ansturm wiederholte sich in rascher Folge und wenn er auch immer wieder an der .Ausdauer der kaiserlichen Truppen scheiterte, so

') Die .Montenegriner stachen ihm beide Augen aus und tuUteu Kommißbrot in die leeren Höhlen. (H. H. u. St. A., Faszikel 9, Türkei- Grenzakten, Bericht Lilienbergs.)

K. .A., i’. A., Kepressaliengofochte 1S38, VIII, ad 11 b/2.

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Kepre88AUengt»fechte gegen die Montenegriner.

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stand doch um 6 Uhr abends die eiugeschlossene Besatzung in höchster Gefahr. Die schwache halbe Infanteriekompagnie unter Hauptmann Pindtner, welche mit nur 18 Hotten und 20 Cattarensem in Oradienizza stand, konnte ihrer Aufgabe, dieses und damit Spiridione und Marovich im Falle eines Angriffes zu schützen, selbst kaum genügen und hatte alle Verbindung mit Goinila verloren. Der dringenden Bitte des Hauptmanns Spanner um Unterstützung vermochte Oberstleutnant Roßbach, selbst in schwere Kämpfe ver- wackelt, nicht zu willfahren. Die Abteilung blieb der eigenen Kraft, dem eigenen Mute überlassen und sie verlor beides nicht.

Oberstleutnant Roßbach erhielt die Meldung Spanners erst um 12 Uhr nachts sie war ausschlaggebend für sein ferneres Verhalten *).

Vorteilhafter als am linken gestaltete sich der Verlauf der Gefechte am rechten Flügel.

Die Kolonne Guolfinger rückte in stetem Kampfe bis zum Berge Kappa vor und drängte den Gegner bis zur Höhe desselben zurück *). Hier empfing sie eine starke Abteilung Montenegriner, die aus Gluhido (Gluidai zur Hilfe herbeigeeilt war. Von drei Seiten durch Steinwälle geschützt, schien diese unangreifbar den Kaiserlichen war sie es nicht. Rasch sammelte Major Guolfinger die in der Verfolgung etwas auseinandergekommene Kom[)agnie und schmetternd blies das Hom zum Sturme. Todesmutig gingen die Jäger, ging die Infanterie vor, von Stein zu Stein in hart errungenen Schritten, trotz des lebhaften Feuers und der stürzenden Fels- blöcke. Endlich war der Wall erreicht und mit lautem Hurra warfen sie sich auf den Feind. Jeder einzelne wurde zum Helden, allen voran der Korporal Munari, dessen Kühnheit und Tapfer- keit der Kommandant besonders hervorhebt. Ihm zur Seite zeichneten sich Feldwebel Fernier, die Gemeinen Andre- ghetti, Motta und die beiden Moino besonders aus. Im Nu hatten die kaiserlichen Bajonette die Höhe vom Gegner gesäubert. Unter dem Schutze derselben konnten nun die Terrieri ungehindert ihr Zerstörungswerk durchführen.

■) K. K. M., Eegistr. IH.'tS, Pracs. Nr. 1400, 1401, 1402 (1320 C), Bericht Roßbachs und Spanners.

*) K. A., F. A., Eepressaliengefeohte 1838, VIII, 12 a.1.

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Bis 12 Uhr nachts, wo sie zurückberufen wurde, hielt die Abteilung den Kappa besetzt ; doch vergeblich erwartete sie das Eintreffen der Spizzanotten. Diese, von den Montenegrinern bestochen, hatten den Einfall aufgegeben.

Schon während des Vordringens dieser Kolonne hatten die Montenegriner versucht, im Rücken derselben, zwischen ihr und dem Berge Kopacz, festen Full zu fassen und hiezu den Monte Scala besetzt. Damit war die Kolonne abgeschnitten und mußte im Falle eines erzwungenen Rückzuges zwischen zwei Feuer kommen.

Oberstleutnant Roßbach, welcher sich am Paß Kopacz befand, entsendete den Unterleutnant vonFellinger mit der halben (!. Jägerkompagnie, um den Gegner zu vertreiben und die Kuppe zu halten '). Von Stellung zu Stellung in drei Stürmen warf die llalbkoinpagnie den Feind zurück und sicherte den Besitz der Höhe. Umsonst waren auch hier alle Versuche der Montenegriner, dieselbe wieder zu gewinnen.

Gleich der Kolonne Guolfinger drang auch die Kolonne Reichlin erfolgreich vor *). Nachdem die Zuppaner die Repres- salien durchgefülirt, bemächtigte sie sich der Einsattlung zw'ischen den Bergen Stahl und Kr.st und hielt hier allen Vorstößen stand.

Aber auch ihre Lage wurde von Stunde zu Stunde eine gefährdetere, denn von allen Seiten strömten neue Scharen der wilden Bergsöhne hei bei. Bald konnte sie sich nur mehr mit äußerster Anstrengung behaupten. Oberleutnant Baron Reichlin wurde verwundet, Leutnant Frosconi über- nahm das Kommando. Bis gegen Abend währte das Gefecht, da erklärten die zur Verstärkung herangezogenen Zuppaner. nicht weiter kämpfen zu wollen und die Truppe zu ver- lassen.

Nur mit Mühe wurden sie endlich vermocht, bis zum Ein- treffen jener Verstärkungen auszuharren, um welche Frosconi den Oberstleutnant Roßbach nun dringend bat. Dieselben konnten ihm allerdings nicht gesendet werden, doch schützte ihn das Hereinbrechen der Nacht und das damit verbundene

') K. A., F. A., Repressalien^elechto 1888, VIII, ad 12 b/3.

’) Kljenda. ad 12 b/1 und Meldung Robb achs vom 6. August, 8 Uhr abends, beim Cteneralkomniaudo Zara, Praes. Nr. 288.

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Kepresgaliengefechte gegen die Uontonegriner.

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allmähliche Erlahmen des gegnerischen Feuers vor der Fahnenflucht der Terrieri.

Die Abteilung unter Leutnant Kier, welche die Ver- bindung mit Vidrak herzustellen und den Raum zwischen diesem und dem Wege nach Bercselli zu durchstreifen und zu sichern hatte, wurde vom Feinde weniger bedroht.

Sie führte die ihr befohlenen Repressalien durch, doch gelang es ihr ebenfalls nicht, Vidrak vom Ansturm des Gegners zu befreien.

Immerhin behauptete sie die Stellung auf den Höhen und schützte so die linke Flanke der Kolonne Reichlin von Vidrak her.

Die Reserve unter Roflbach blieb am Berge Kopacz, dessen Besitz sie festhielt, stehen und entsendete nur die bereits erwähnte Halbkompagnie gegen den Monte Scala,

Bis gegen Abend währte, wenn auch zeitweise unter- brochen, das Feuer von beiden Seiten.

Für die kaiserlichen Trupj)en machte sich schon am Nachmittag der Mangel an Wasser und Munition hart fühl- bar. Ihn zu beheben, fehlten die nötigen Transportmittel.

Endlich, es war gegen Vid Uhr, begann der Kaihpf all- mählich nachzulassen, um bald darauf ganz zu verstummen.

Der Zw'eck, die Durchführung der Repressalien, war allseits erreicht die Montenegriner hatten die unwidersteh- liche Gewalt altösterreichischen Mutes, altösterreichischer Tapferkeit kennen gelernt, ihre Verwegenheit und Raubgier war gezüchtigt, der Glanz des Erfolges umwob die kaiser- lichen Waffen. Helleuchtend erschien in der Siegesfreude das Heute, aber bange und düster war der Blick nach dem Jlorgen.

Die Meldungen vom linken Flügel bei Gomila klangen ernst, die Kolonne Reichlin war durch den Wankelmut der Zuppaner in höchster Gefahr, Vidrak hielt der mutige Ober- jäger Jöchlinger mit letzter Kraft.

Auf zeitgerechte Unterstützung war von keiner Seite zu hoflfen. Erst am 4. hatte der Brigadier General Tursky eine Kompagnie Mayer-Infanterie von Ragusa nach dem Pastrovicchio in Marsch gesetzt, der Abmarsch von weiteren fünf Kompagnien des 10. Jägerbataillons w’urde infolge der

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Entfernung überhaupt erst am 9. anbefohlen. Die Terrieri konnten nicht mehr zählen. Ans Montenegro kamen düstere Nachrichten. Von allen Seiten eilten neue Kämpfer den Brüdern der Czerniczka Nahia zu Hilfe und in Cettiuje harrten über 3000 Mann, um am 7. unterstützend einzugreifen. Kaum 900 Mann standen gegen ebenso viele tausend.

Diese Lage forderte neue Entschlüsse.

Ein weiteres Festhalten der gewonnenen Höhen war undenkbar und unnötig.

Vor allem galt es einem Einbruch der Montenegriner über den Kopacz zu begegnen dem Sclilüsselpunkt zum südlichen Pastrovicchio. Die ursprüngliche Linie mußte ge- halten werden, gehalten um jeden Preis. Und hiezu ent- schloß sich Roßbach, das wollte er bis zum letzten Mann.

In lautloser Stille ließ er um Mitternacht die vorge- schobenen Abteilungen am Kopacz sammeln und in kurzer Zeit tvaren die 5. und 6. Jägerkompagnie, die 7. und 8. In- fanteriekompagnie zu seiner Disposition vereint.

Ungebrochen an moralischer Kraft und kühnen Mutes, aber physisch von dem fünftägigen Kampfe erschöpft, erwar- teten die kaiserlichen Tru])pen den dämmernden Morgen, den übermächtigen Feind ’).

Jeder einzelne war sich der Verhältnisse bewußt. Hier galt es nicht mehr zu siegen oder zu sterben, es galt nur zu sterben und im Tode das Ehrenschild der kaiserlichen Waffen unbefleckt zu wahren : Ave Caesar morituri te salutant 1

Kein Laut unterbrach die tiefe Ruhe des dämmernden Tages. Still lagen die wilden Schluchten uud Felsen, kein rollender Stein kündete die Feindesnähe.

Schweigend standen die Truppen zum Letzten bereit, doch vergeblich sahen die Späher nach einem anschlei- chenden Gegner.

Was war geschehen?

Der Mittag brachte endlich Klärung. Von den Bergen stiegen Abgesandte des Vladika herab. Sie brachte den Frieden und baten um Waffenstillstand. Das Unglaublichste wurde zur Tat.

*) K. K. M., Registr. 1838, Praes. Nr. 14(K), 1401, 1408.

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Bepressaliongefoohte gegen die Uontenegriner.

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Wohl war die Lehre, welche das wilde Bergvolk er- halten. eine harte und in der ihm allein verständlichen Sprache erteilt. Umsonst hatte es sich den Österreichern widersetzt, umsonst versucht, deren mutigen Widerstand zu brechen ; aus mancher Hütte scholl die Totenklage und manchen der Brüder fesselte die Wunde an das Lager. Aber dennoch war es sich seiner Übermacht bewußt die Spuren des Kampfes machten den einzelnen zum Helden, im Kampfe zu fallen, gab dem Leben die Krone. Über 8000 Mann standen bereit, die Niederlage von gestern heute mit der Vernichtung des Gegners zu rächen. Gewiß hatte wieder andererseits die beispiellose Kühnheit, die nie versagende Kraft des Vorgehens der Truppe einem Volke imponiert, das sich nur der Tapferkeit und der Gewalt beugt. Noch lange klang ja unter den Liedern Montenegros der Sang von diesem Kampfe*), von dem großen einäugigen Wojwoden*) und seinen unerschrockenen Wölfen, die würdig seien mit den tapferen Czemagoren zu kämpfen aber gerade diese Lieder tönten in den Worten aus: „Dennoch Tod ihren Häuptlingen, Tod jenen Gottlosen, die gegen alles menschliche Recht den Nachbarn seines Erbes berauben wollen, des Hauses worin seine Kinder geboren, und welches Gott ihm gegeben zu verteidigen, als die künftige Wiege seiner Kindeskinder.”

Das Volk fühlte sich nicht besiegt ; denn : ,, Glücklich hat das Gewehrfeuer, welches nachts gleich Schwärmen von Sternschnuppen von unserem Lager sprühte, hat der rasche Schwung unserer Säbel diese Weiberschändor zurückgetrieben, diese Herren der Schlösser an der grünen Küste, die Herren des Meeres, welches sie den Söhnen des Czernojevic Ivo entrissen.”

Nein ! Es war nicht die Tapferkeit der Truppen, nicht die Furcht vor diesen, welche im entscheidenden Augenblick den Stillstand erzwang, diese Tapferkeit war auch zu hell leuchtend, um eines solchen Reliefs zu bedürfen es war allein das mächtige Wort des Vladika.

') Paid und Scherb und Marko Fedoro witsch. Die Slaven der Türkei.

’) Koßbach hatte bei Aspeni ein Auge verloren.

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8 A m « k.

Im Besitz aller Herrscher- und mehr noch aller priester- lichen Gewalt schleuderte er den Bannfluch gegen jeden, der es wagen würde den Kampf fortzusetzen. Da beugten sich die gläubigen Hochländer vor dem Machtspmch ihres obersten Priesters, da verstummte ihr Kampfgeschrei, ihre Rachsucht knirschte in übersinnlichen Fesseln. Und der Vladika? \Va.s hatte ihn bewogen, den sicheren Sieg aufzugeben, dem un- gestümen Drängen des ganzen Volkes halt zu gebieten er, der früher nicht im stände sein wollte, die Regelung der Grenze zu ermöglichen ? Die Furcht vor den Folgen ! Der Vladika war gewiß sonst ein ganzer Mann, mutig und kühn im Kampfe, energisch und entschlossen in der Aus- führung seiner Pläne sein Haß gegen Österreich blieb ein steter Stachel. Aber er war auch Diplomat. Ein Geschöpf jener Sorte, deren Tatkraft durch Erwägungen erlahmt, die überklug, so oft von den Ereignissen überrascht werden.

Durch den russischen Hauptniann Kowalewsky aufge- stachelt, hatte er den Kampf erregt nun bei der Ent- scheidung bangte ihm, zumal auch er.sterer ihn im Stiche ließ, vor der Zukunft.

Hauptmann Oreskovich sagt darüber in seinem Me- moire an die Staatskanzlei*):

Schon bei Beginn des Kampfes überzeugt, daß die nu- merische Schwäche der kaiserlichen Truppen, der Überzahl erliegen müsse, habe er sich nach Cattaro zu dem eben dort weilenden russischen Hauptmann Kowalewsky verfügt. Diesem, der ihn nun. etwas heuchlerisch um Rat fragte, was er bei dieser Situation tun .solle, warf er in energischen Worten vor, daß er alle Schuld an den Ereignissen trage. Er habe es selbst gehört, wie er bei der Grenzregulierung im Pastrovicchio die Montenegriner aufgereizt. Nun sei es seine Sache, den Vladika zur Einstellung der Feindseligkeiten zu betvegen. Kowalewsky war bestürzt, sein Spiel entlarvt zu sehen, ,,Ich verspreche Ihnen, daß der mir gegebene Rat unfehlbar und augenblicklich realisiert werden wird. Der Vladika muß es tun, wenn ich es ihm sage, denn ich besitze

') H. H. u. St. A., Faszikel 9, TUrkei-Orenzakten, Memoire des Hauptmanns Oreskovich.

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R^preasalieoKefechte gegen die Montenegriner.

201

hinlänglich Einfluß auf ihn, um Ihnen dies mit Gewißheit ver- bürgen zu können” erwiderte er wörtlich. Das gleiche Versprechen gab Kowalewsky auch dem als Zeugen herbei- gerufenen Kreisvorsteher von Cattaro, Ivacich, dann eilte er nach Cettinje und 24 Stunden später baten die Abge- sandten des V^ladika um Frieden.

Friedensschluß. Regulierung der Grenze.

Am 8. erschienen von montenegrinischer Seite der Bruder des Vladika Giorgio Petrovich und Hauptmann Kowa- lewsky, von österreichischer, der Kreisvorsteher Ivacich zur Unterhandlung. Oberstleutnant Roßbach erhielt den Befehl die Truppen in die Stellungen vor dem 2. zu etablieren, die Terrieri zu entlassen *).

Der Waffenstillstand wurde mit dreitägiger Kündigung auf einen Monat geschlossen, doch kam es nicht mehr zum Kampfe*).

Unglaublich klingt es, daß die Verluste auf österreichischer Seite nur 15 Tote, an Verwundeten neben 3 Offizieren, den Oberleutnants Sanner, Baron Reichlin und Unterleutnant Stravolino des 8. Jägerbataillons, nur 11 Mann betrugen’). Die Zahl der gefallenen Montenegriner wurde mit 21 Mann angegeben, die ihrer Verwundeten entzog sich jeder Schätzung.

Den Versicherungen des Vladika, daß die geschilderten Vorgänge durchaus nicht geplant gewesen, sondern nur als Gewaltakt einzelner aufzufassen seien, schenkte die österrei- chische Regierung und leider auch der Hofkriegsratspräsident Graf Hardegg trotz aller Gegenbeweise willig Gehör. Man beruhigte sich mit der erkünstelten Überzeugung, „daß man es keineswegs mit dem kombinierten Angriff des ganzen Volkes, dem irgendwelche Vergrößerungsz wecke zu Grunde lägen, zu tun hatte und hielt dafür, daß ein Großstaat aus den Exzessen wilder Nachbarn keinen Ehrenpunkt machen könnet”-

') li. K. M., Registr. 1838, Praes. Nr. 1320, Moldving des FML. Lilienberg.

*) R. K. M., Registr. 1838, Praos. Nr. 1518 und 149(!; -Anhang IV.

Militärisclio Auszeichnungen der Offiziere und Mannschaft Anhang V.

*) Zum größten Glücke, denn General Tursky sendete voreilig die aus Ragusa gekommene Kompagnie Mayor bereits am 8. zurück!

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202

S » m e k.

Diese Auffassung wurde durch die Erkenntnis gefordert, oder war vielleicht ganz auf dieser basiert, daß im Gegenfalle nur zwei Wege offen stünden. Entweder Montenegro exem- plarisch zu züchtigen, oder es dauernd zu besetzen. Gegen ersteres sprach der große .Aufwand an Geld und Truppen, der Mangel an Transport- und .Subsistenzmitteln, gegen letz- teres nebstdem der illusorische Wert, den nur die Vernichtung der Bewohner zu einem realen hätte umgestalten können.

Den militärischen Ratschlägen •), die auf einen dritten, wohl den einzig richtigen Weg wie.sen, verschloß man sich ganz. Diese verlangten einen festen Schutz der Grenze. Die Posten Gomila, Vidrak, der Kopacz und Gospodia sollten befestigt, mit Geschützen und einer entsprechenden Besatztmg versehen, starke Unterstützungen in Marovich und Novo.selo bereitgestellt und Aufnahmsposten in Spiridione und Ora- dienizza etabliert worden. In Gattaro, Budua, San Stefano und La.stua seien Reserven unterzubringen. Hiefür wurden bei absoluter Defensive, drei Bataillone, sonst aber sechs Bataillone gefordert*). Das Bewußtsein starker österreichischer Kräfte an der Grenze würde die Montenegriner für immer zur Ruhe zwingen, die blutige Lehre die Roßbach mit den wenigen Truppen ihnen erteilt, werde dann ihre Früchte tragen. Vergebens! War es engherzige, übel angebrachte Spar- samkeit, tvar es auch das charakteristische, stets wieder- kehrende Streben, das eigene Licht dann leuchten zu lassen, wenn die Gefahr vorüber, wenn der Soldat mit seinem Blute

widerrief am 12., als er die Nachricht vom Friodeu erhielt, alle getrof- fenen luatradierungen. Man hatte sich eben zu sehr in der Überzeugung gefestigt, Montenegro könne nichts Ernstliches unternehmen und die unerwartete Bitte um Frieden war, da man ihre eigentlichen Beweg- gründe noch nicht erkannte, nur geeignet, dieselbe zu bestärken.

') Des FML. Lilienberg, Majors Poschacher und Hauptm.mns 0 r es k o vich.

’) Memoire Oreskovich und Lilienberg. 11. H. u. St. A. Fas- zikel y, Türkei - Grenzakte, II. llegiatr. ISilS, Nr. 1.Ö29. Poschachers Memoire. Die h Bataillone wurden vom FML. Lilieuberg sofort, die () Bataillone erst mit dem Frühjahre gefordert, da es an Unterkunft etc. mangelte. Man wollte aber auch die 3 Bataillone nicht senden, um die Montenegriner nicht zu reizen. E. K. M. Eegistr. 1838, Praes. Nr. liy(>.)

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Reprc8saliengefe<‘hte gegen die Montenegriner.

203

Ordnung geschaffen die militärischen Vorschläge blieben unbeachtet. Die bequemeren Ansichten der Diplomatie siegten über die unbequeme militärische Erkenntnis.

Die Folgen blieben nicht aus. Trotz des Waffenstillstandes begannen die Grenzräubereien bald von neuem und die kaiserlichen Untertanen im Pastrovicchio waren ungestraft den empörendsten Gewalttätigkeiten der Montenegriner aus- gesetzt. Umsonst baten sie dringend um Hilfe, umsonst berichtete FML. Lilienberg über ihr Elend. ,, Heute bei den vorhandenen Verhältnissen ist schon die Frage nicht mehr am Unrechten Orte, ob es weniger klug und mehr schimpflich wäre, die Oberherrschaft Montenegros anzuerkennen und einen jährlichen Tribut zu zahlen, als sich unaufhörlich öflfentlieh mißhandelt und seine Untertanen in das größte Unglück gestürzt zu sehen’’ so schreibt dieser 1839 nach Wien. Die Großmacht Österreich einen Tribut an Montenegro! Ein kaiserlicher General, dem edle Menschenliebe dieses Wort erpreßt!

Endlich waren 1840 die diplomatischen Unterhandlungen beendet, der Friede kam zu stände, die Grenzstreitigkeiten wurden unter Beihilfe Rußlands im Sinne Österreichs erledigt. Hauptmann Kowalewsky mußte sich in Wien w'egen seines \ orgehens entschuldigen und der Madika ließ bei Budua einen Galgen errichten, auf welchem jeder gehenkt werden sollte, der sich erkühnte auf österreichischem Boden zu rauben. Gleichzeitig kamen die Klöster des ^Madika, Stanjevic und Podmaini, durch Kauf unter österreichische Herrschaft, Montenegro hatte keinen Besitz mehr in kaiserlichen Landen. Um Gomila und im Bereiche des Kopacz war der Edlen Blut nicht ganz umsonst geflossen.

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Übersicht

über die Garuisonspliltze und die Stärke der daselbst dis- lozierten Kompagnien an gemeiner Mannschaft, mit Ilück- sicht auf die zur Besetzung der verschiedenen Posten abkommandierten Leute, im Generalkommando Zaral833').

Garnisonsort

Truppen

Normal fiiatgOBetx- tor Loko- stfiiui an 0<?meinan

Hievon

(lurch-

sohnittUoli

komman-

diert,

absent und krank

Zur Dienet- leiitung im Garnisons- orte

verfügbar

7 Kompagnien Mayer- infanterie

1260

300

960

Zara

14. Kompagnie des 5. Feldartillerieregi- ments

140

19

121

Knin

1 Kompagnie des 10. Jägerbataillons . .

160

90

70

Spalato

1 Kompagnie des 10. Jägerbataillons . .

160

28

132

1 Kompagnie des 4. Garnisonsbataillon.s

160

32

128

Fort Clissa

Vom 10.Jilgerbataillon

40

4

36

1 Kompagnie von Muyer-Lifanterie

180

23

157

Lcsina

i

1

17. Kompagnie des 5. Ärtillerieregiments

1 140

76

64

j

I LiäsSa

3 Kompagnien des 4. G arnisoiisbutailioi) s

480

201

279

I ') Die Änderungen, welolie bis 2. August für diese Übersicht ein- |

treten, lietreffen nur das 8. Jägorbataillon, welches das oben angeführte I 11. Bataillon abliista. Die Dialokationsverhältniase desselben bei Aus- I brach der Feindseligkeiten giiit Anhang il.

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208

S 0 m e k.

t

Garnisonsort

Truppen

Normal foat{;e8etz- tor Ix>ko- staud an Oemoinen

Zar Dienst-

leistnnK izD

Oamisons-I orte 1

verfügbar

Curzola

1 Kompagnie vom 4. (faruisonsbataillon

lüO

94

66

4 Kompagnion Mayer- Infanterie ....

720

177

543

Bagusa

10. Kompagnie de.s 5. ÄrtillerieregimentR

140

47

93

Castelnuovo

1 Kompagnie des 11. Jägerbalaillon-s . .

160

108

52

1 Kompagnie Erz- herzog Friedrich .

160

63

97

Cattaro

2 Kompagnien des 11. Jägorbataillous . .

.

' 320

58

267

3‘/* Komp^jien Erz- herzog Friedrich

r)6o

183

377

Budua

2 Kompagnion des 1 1 . Jügerbataillous . .

820

250

70

1 Kompagnie Erz- herzog Friedrich

160

39

121

Xara, nm 7. Juli 1S38.

Jellacliich, Major.

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RopressaUecgefeobte gegen. dio Hontenegrinor.

209

Dislokationstabelle des 8. Jägerbataillons 1838.

IEnt-

Stabaoffiziere, Kompag sube und andere Abteilungs-

Ent-

fornong

Ort

a

es

vom

Slnbe

(douUrbv

Meilen)

I Kreis Cattaro

BHtaillonssub Caltaro jj ßjl j Der (iefertigte.

I Lastua 7-t 5 I Grenz-Pestkordons-

Kommandant Haupt- j

j mann Jos. v.Delmotte

Hlockhams ... 13 j 6 i Grenz-Pe.stkordons-

Vieterno- Gumno 5 6'/t | Distriktskommandant

Smilov a-Uliza . . i 5 j 5“/« j Unterleutnant Sigmund Sveta-Gospodia . | 5*/4 |1 Gergich d’Iwainska Novoselo .... j| I ö'/i 1^ Oberleutnant Frau/. \idrak L B || Landtmann

S. Stefano . . . ! 77 3^/i Grenz-Sicherbeitsposten-

I Kommandant Hauptm.

' Karl V. Delmotte

Marovich . . . . , 2‘j' 4’G Grenz-Sicherbeits-

I I Distriktskommandant

j Oberleutnant Franz

Schöbl

S. Spiridione . . 12 i’/t 1 Unterjäger

Oradienizza .... 12 n'.j 1 Unterjäger

Gomila 17 (i 1 Unterjäger

a. S. Spiridione . . I 12 i’/t

3 Oradienizza .... 12 .ö' j

o Gomila 17 (i

^ Braich Casa Mar- in,.,. , . . i

. , ! I Oberleutnant Franz

tmoyioh , lo 4V. ,

g Casa KJach I 06 ]

Pobori ... . 77 4 Unterleutnant Andreas j

' M.ayer I

Maini 3B 3 | 1 Obeijager

4 Podmaini . . . . j 174 4 [l Uauptm. Sigmund Laug I

I V. Laugenau j

5 Budua 170 2'.j Hauptmaun Ferdinand

li Speck V. Szepfalu I

6 Cattaro 175 - Uauptmanu Anton

I I Paccaneri

Cattaro, am 11. Juli 1838.

Koßbach, Oberstleutnant

Mitteilungon des k. und k Krieg.arohivs. Dritte Folge. IV. Bd. 14

Cattaro, am 11. Juli 1838.

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210

S e m e k.

III.

Manifest

des im Jahre 1813 während der französischen Herr.schaft zu Dobrota in der Provinz Cattaro zusammengetretenen Nationalvereins in Oenieinschaft mit Montenegro und Unterwerfung unter die drei alliierten Mächte.

(Authentlsohs Kopie.)

Col uome di Uio, Amen.

Dobrota li 29. Ottobre 1813.

Le due Provincie limitrofe di Montenero e delle Bocche di Cattaro, animale del Patriotismo, e da eguali Sentimenii, di Religione e di onore, si sono coll’ajuto dell altissimo credeuti e rese libere, scuotando il giogo francese, mediante il proprio sangue e sacrifici, e si giärano reciproca- mente, sopra Iddio Signore la fedoltä e la costante unione in ogni caso ed evento.

Sicome le medesime si sono ora dedicate sotto l’alte e potente protezione dolle tre potenze alleate : Russin, Austria e Gran Bretagna cosi dichiarono, ed a nome loro i rispettivi Capi, che si mai le Combi- nazioni politiche obligassero o l’una o l’altra a dedicarsi e qualcuno in particolare dei detti Goverui di seguire la stessa sorte ambedue, cio6 sottostare tutte due allo stesso governo con quelle condizioni e priveleggi che banno goduto e che sperano di otteuere anche in appreso.

Che se mai la Potenza, che li govemerebbe fossa costretta ad allontanarsi per le circonstanze della guerra, le medesime due Provincie ed a nome loro i rispettivi capi dichiarano ed intendono di restar liberi ed indipcndcnti, como liberi e di proprio Consentimento si sarebbero dedicate. ratiticando la propria unione, ed indipendcuza anche nell'avc- uire se occoresse col proprio sangue, intendendosi sempre escluso il Governo Francese, contenti piu tosto di luorire uniti in qualcunque disgrazia, che di rimauere sotto la Tirannia Gallien. In fedc

Metropolita Pietro Petrovich;

Govematore Vukolai a nome di tutto Montenero e Brda;

Aloise Conte Viscovich Capitano; Andrea Tripcovich Capitano; Theodore Conte Ivellich Capitano; Vasilio Giurasscovich (in serviano) ;

Pietro Lazznri giudice per il Capitano Giuseppe Lukovich;

Thoodoro Ivellich per lu coutrada di Pastrovicohio;

Marco Antonio Ant. Gregorina per le Comuni del Conlado;

Prete Giuro Lazzaro vielt a nome dei tre Comuni e di Zuppa; Prete Filippo Cortich a nome della Comuiie di Cartole (in serviano); Prete Rade Rodonich a nome della Comune di Lositza;

Andreo Tripcovich (?) per la Comune di Stolievo;

Miri.slav Con. Zanovich per la Cittä di Budua;

Prete Giuro Lazzarorich a nome della Comune di .Scagliari che fa lacroce cosi pregato dal loro Capitano Tripo Petrovich;

Steft'ano Lazzarovich a nome della Comune di Mulla.

Io Francesco Liejtopoli ho esteso e sottoscritto la retoscrita scritura, cosi pregato da a. E. Monsiguor Metropolita e dei capi rispettivi delle comunita qui sopra sottoscritti.

Francesco Liepopoli.

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Hepressalieogefecbte gegen die Montenegriner.

211

IV.

Dokument

für den Äbschlnfi des Waffenstillstandes zwischen Öster- reich und Montenegro am 8. August 1838.

La convenzione conchinsa a voce nel giorno di jeri, viene oggi confennata, e perci6 dal giorno d’ oggi 8. (otto) Agosto corrente sarano sospese le ostiliti sul monte di Pastrovicchio fri le Imper. Keg. Truppe ed i sndditi Austriaci da una parte, e gli ahitanti della Zernizza di Montenero dall’ altra.

La sospesione dureri per un Mese, ed anche dopo tale termine non potrano ripremlersi le ostilitü, senza il proaviso di tre giomi.

I Zemizzoni si retirerano dal monte di Pastrovicchio e rientrerano alle loro case, e fatto ciö da loro parte, anehe la C. R. Truppa repren- derä le posizione occupate prima dello sviluppo dello presenti ostiUtä.

Quelli, che doppo conchiusa la presente convenzione, si permetessero di molcstare in qualunque maniera gli altri ; ovvero cometessero azioni dirette ad alterare 1’ ordine e la qtiietü puhlica, saranno severamente pnniti dalle Autorita da cui dipendono.

Le private proprietä sul Monte di Pastrovicchio, come pure i prodotte loro, sia che spettino ai Zemizzoni, ovvero ai Peistrovicchi, rimaiigono a Beneficio di quelli, a cui appertengono, come per 1' innanzi, e col presente non viene fatta in ci6 alcuna alterazione ai loro rispe- tivi diritti.

II presente per parti dei Sudditi Austriaci viene tirmato e garantito dal I. R. Amministratore Circolare Gahriole Ivachich. ed a parte de Zemizzani dal Signor Giorgio Petrovich, Vice Presidente del Senato Montenegrino, appositamente autorizzato dal Vescovo di Montenero.

Bndua li 8 (otto) Agosto 1838.

Ivachich. Giorgio Petrovich.

Jellachicb, Major.

U*

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212

8 6 m e k.

Dem Original gleichlautend:

Die gestern geschlossene Übereinkunft wird heute bestätigt, somit werden mit heutigem Tage, dem 8. (achten) August, die Feindseligkeiten zwischen den kai.s. königl. Truppen und den österreichischen Unter- tanen einerseits und den Bewohnern von Czernicza in Montenegro andererseits am Berge Pastrovicchio eingestellt.

Der Waffenstillstand hat für einen Monat zu dauern und. auch über diesen Termin hinaus können die Feindseligkeiten nur über drei- tägige Kündigung wieder ergriffen werden.

Die Czerniczaner werden sich vom Berge Pastrovicchio in ihre Häu.ser zurückziehen, haben sie dies getan, so wird auch die kais. königl. Truppe jene Stellungen wieder beziehen, welche sie vor Beginn der gegenwärtigen Feindseligkeiten innohatte.

Jone, welche nach AbscbluÜ die.ser Übereinkunft sich erlauben würden. <len Gegenpart in irgend einer Weise zu bidästigen oder Handlungen zu unternehmen, geeignet, die Ordnung und öffentliche Kühe zu stören, werden von ihren zuständigen Behörden strengstens zu bestrafen sein.

Der Privatbesitz am Monte Pastrovicchio sowie die Krzeugnisse bleiben wie vor, sowohl hinsichtlich der Czerniczaner als der Pastro- vicchier, als Eigentum de.ssen gewahrt, dem sie gehören: mit der gegen- wärtigen Übereinkunft erfolgt in keiner AVeise irgend eine Störung der bezüglichen Kochte der Betreffenden.

Die vorliegende Übereinkunft wird bestätigt und garantiert, für die österreichischen Untertanen durch den kais. königl. Kreisvorsteher Gabriel Ivachich, für die Czerniczaner durch Herrn Georg Petrovich, Vizepräsidenten de.s Senates von Montenegro, in ausdrücklicher Ver- tretung des Erzbischofs von Montenegro.

Budua, am 8. (ächten) August 1838.

Ivachich. Giorgio Petrovich.

Jcllachich, Major.

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Ropressaliengofechte gogen üio Ifontonogriner.

213

V.

Orden, Medaillen und Belohnungen,

»eiche (len an den Repressaliengefechten vom 2. bis 7. August 1838 beteiligten Truppen verliehen wurden.

•Allerhöchste Entschließung vom 23. September, 1. und 29. Oktober 1838.)

Oberstleutnant Roßbach erhielt das Ritterkreuz des Eeopold- ordens.

Major Guolfiuger von Erzherzog Friedrich, die Hauptleuto bpanner, Speck, Paccanari, die Oberleutnants Sanner, Baron Reichlin, Schoebel, Baltin, die Unterleutnants Frosconi, Kier 8. Jägerbataillon, die belobende Anerkennung, welche in die Kon- duitliste einzutragen war, wobei dem Major Guolfiuger, Hauptmann Sp,’innerund Oberleutnant Sanner die tunlichste Berücksichtigung für Beturderung zuge.sichort wurde ').

Oberjäger Schnee fuß erhielt die Vormerkung für eine Platz- cffizierssielle, Oberjäger Jöchlinger jene für spätere Versorgung und die sUberno Tapferkeitsmedaille, Oberjäger Schmadlak und Schrott ebenfalls die silberne Tapferkeitsmedaille, Unterjäger Maukner die goldene, Unterjäger Gelli, die Korporale Munari und Poli von Erz- lierzog Friedrich die silberne Tapferkeitsmedaille.

00 Dukaten wurden dem Generalkommando zur Verteilung tugewiesen.

') Hann er wurde mit Allorhdcbßter Entschließung vom 29. Oktober 1S38 nun Kspi tiinleutnant ernannt.

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Die Besetzung von Krakau 1846.

Mit

Benützung eines Manuskriptes des Oberleutnants Baron Gablenz

von

Hauptmann Jacubenz.

(Mit einer Beilage.)

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Die politischen Verhältnisse des im Jahre 1795 zum dritten Male aufgeteilt-en polnischen Reiches wurden infolge der Xapoleonischen Kriegsepoche eigentlich erst auf dem Wiener Kongreß 1815 endgiltig geregelt.

In Österreich und Preußen bildeten die abgetrennten polnischen Gebietsteile in den Staat einverleibte Provinzen, während sie in Rußland, unter Gewähning einer eigenen Verfassung, als , .Königreich Polen” dem Reiche angegliedert wurden. Kur ein kleines Gebiet, über dessen Aufteilung sich die Mächte nicht einigen konnten, blieb selbständig ; es war dies der nachmalige Freistaat Krakau*), mit einem Areal von etwa 1100 Quadratkilometern und einer Bevölkerungszifier von rund 140.000 Einwohnern.

Unter dem Eindruck der noch immer lebendigen Erin- nerung an die einstige Unabhängigkeit des polnischen Reiches und der Erhebung von 1794, sowie all der durch die Napo- leonischen Kriege hervorgerufenen Veränderungen im Besitz- stand des vaterländischen Bodens, brach im Königreich Polen, begünstigt durch die Freiheit, welche die Herrscher Rußlands dem Lande gelassen hatten, der Aufstand des .Tahres 18.91 aus. Nach der Niederwerfung desselben siedelten sich zahl- reiche Emigranten im Gebiet von Krakau, in Galizien und sonst im Ausland an.

■) Die Republik Krakau erhielt ihre Verfassung am 9. Mai 1815. Oieselbe wurde jedoch 1839 und 1896 über Verlangen der Schutzuiächte revidiert. Ein Präsident, der nur mit Zustimmung der Sohutzmäclite bestellt werden konnte, und aclit Senatoren leiteten die Staatsgeschäfte. IV egen beständiger Unruhen und Ansammlung von Flüchtlingen war die Stadt Kr.akau im Jahre 1891, dann von 1896 bis 1841 fast ununter- brochen von Truppen der Schutzmächte besetzt.

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Jnonbenc.

Infolge fortgesetzter Wühlereien forderten die Schutz- mächte des Freigebietes Krakau, Österreich, Rußland und PreuUen, den Senat von Krakau wiederholt auf, die Emigranten auszuweisen und als diesem Begehren nicht Folge geleistet wurde, besetzten im Febniar 1836 Truppen der Schutzmächte die Stadt. Diese Maßregel verursachte zwar, daß sich nunmehr der größte Teil der Emigranten in Frankreich und Belgien niederließ, doch erstickte sie keinesfalls den Revolutions- gedanken ; denn die Emigranten schmiedeten fortan von Paris und Brüssel aus ihre auf die Wiederherstellung des polnischen Reiches abzielenden Pläne. An Verbindungen mit den auf heimatlichem Boden Verbliebenen fehlte es nicht.

Die drei benachbarten Regierungen waren bestrebt, einen festeren Anschluß ihrer polnischen Provinzen zu erreichen und sorgten zunächst für die Hebung der materiellen Prosperität ihrer neuen Untertanen. Da dem Adel bei seiner ausgesprochen feindseligen Gesinnung nicht jener Grad von Vertrauen geschenkt werden konnte, auf den er sonst vermöge seiner Stellung Anspruch gehabt hätte, ein Mittelstand aber in den von ihren Gutshorrschaften abhängigen Mediatstädten überhaupt fehlte, fiel alle Fürsorge der Regierungen naturgemäß auf den Bauernstand, dem die Schäden jahrhundertelanger Knechtschaft noch immer anhafteten. Das Landvolk kannte die frühere, unglückselige Herrschaft teils aus eigener Wahr- nehmung, teils durch ererbte Tradition, mußte sieh daher bei der Rechtssicherheit, die ihm nunmehr die neuen Verhältnisse brachten, unbedingt zufriedener fühlen als zuvor. Die ländliche Bevölkerung war deshalb auch das einzig verläßliche Element der Regierungen.

Auch in Galizien war durch allmähliche Entmündigung der Bauern und der kleinen Städte von der gutsherrlicheu Gewalt diesfalls ein gewisser Fortschritt zu verzeichnen; nicht wenig trugen dazu die zahlreichen in die kaiserliche Armee eingereihten Landleute bei.

Sie brachten aus den fremden Garnisonen einen weiteren Gesichtskreis, ein gesteigertes Selbstgefühl, dazu Anhänglichkeit au Kaiser und Reich in die Heimat zurück ülomente, die speziell während des Aufstandes in Galizien 1840 deutlich zur Geltung kamen.

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Die Besetzung' von Krakau 1S46. 21«)

Die in ihren Umsturzplänen unermüdlichen Emigranten in Paris hielten die Zeit für gekommen, um mit Beginn des Jahres 1846 einen neuen Aufstand hervorzurufen. In Warschau, beziehungsweise im Königreich Polen, verhinderte die strenge Militärherrsohaft des FM. Fürsten Paskiewitsch vorweg jede ernstere Bewegung, darum waren diesmal vom Revolutions- komitee die Provinzen Posen und Galizien zum Schauplatz der Erhebung erkoren. In Posen kam jedoch die preußische Regierung den Wühlern zuvor, indem sie zahlreiche Rädels- führer rechtzeitig verhaften ließ ; so war die Bewegung vor- läufig auf Galizien allein beschränkt.

Die über das ganze Kronland zerstreuten Emigranten und Emissäre waren seit geraumer Zeit in diesem Sinne tätig. Die Regierungsorgane hatten wohl Kenntnis davon und die Kreisärnter berichteten wiederholt über verdächtige Umtriebe an das Landesgubernium; allein in Lemberg wurden diese Berichte im Laufe der Jahre mit einer gewissen Gleichgiltig- keit hingenommen und nicht entsprechend gewürdigt. Man fand an leitender Stelle überhau])t, daß den Polen im hetero- genen Völkerstaat Österreich eine andere Stellung eingeräumt werden müsse als in dem national geeinten Rußland oder Preußen; darum wurde über Weisung des Monarchen den Eigentümlichkeiten des polnischen Volksstammes jede nur mögliche Rücksicht zu teil. Selbst der wiederholte Miß- brauch derselben erschöpfte nicht die Nachsicht des Kaisers ’).

In Lemberg residierte seit 1832 als Zivil- und Militär- gouverneur der FM. Erzherzog Ferdinand d’ Este. Sein milder Sinn, seine Frömmigkeit und Wohltätigkeit hatten ihm die Sympathien des Adels erworben, welcher wieder durch vorgebliche Loyalität seine Gunst genoß. Der Adel stellte dem Erzherzog den galizischen Bauer als faul, roh und tierisch, den Ruthenen gar als Ketzer dar; auf diese Weise war es möglich, daß mau im Landesgubernium die Um-sturz- pläne der Polen verkannte und den Berichten der Kreis- vorstände nicht jene Bedeutung beimaß, die sie tatsächlich verdient hätten.

') So wurde unter anderem den iin Hochverratsprozeß des Jahres 1S4.Ö zum Tode Verurteilten die Strafe gänzlich nachgesehen.

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Jaeabens.

Schon gogfii Eiule des Jahres 1815 machte sich in den Städten AVestgaliziens eine gewisse Gärung bemerkbar; sie wurde durch <iie gefährliche Xähe des Freistaates Krakau venrnsacht. welcher schon im Jahre 1831 den Kevolutionären als Ausgangs- und Stützpunkt ihrer gewaltsamen Unter- nehmungen gedient hatte. Dtirch zahlreiche Emissäre, im- gezählte öffentliche und geheime Vereine, massenhatte Ver- breitung aui'reizender Schriften suchten sie auch diesmal in der Bevölkerung den Boden für eine neuerliche Erhebung vorzubereiten. Ihre Tätigkeit erzeugte indes nur ein Chaos von Meiiningen : denn bei dem Mangel an Klarheit und Einigkeit, bei der ablehnenden Haltung der Baueni, konnte sich angesichts der wachsamen Behörden eine starke und tatkräftige Kevolutionsparlei im Volke nicht herausbilden.

Zu Beginn des Jahres 1846 zeigte sich unter den ])olnischen Revolutionären, namentlich im Gebiet von Krakau und im Westen Galiziens eine noch größere Rührigkeit: Von allen Seiten wurden aufrührerische Umtriebe gemeldet, zahl- reiche Verhaftungen entschleierten tlen Umfang der Bewegung. Die Kreishauptleute des westlichen Galizien baten um mili- täris<dien Sukkurs. da es nicht mehr möglich schien, mit den gewöhnlichen Mitteln die Ordnung aufrecht zu erhalten.

Demgemäß wurden einzelne Bataillone auf den erhöhten Friedensstand gesetzt.

.\nfangs Februar 1846 äußerten sich die Merkmale eines unmittelbar bevorstehenden Ausbruchs der Revolution. Deshalb wurden weitere Bataillone durch Einbenifung ans- gebildeter Urlauber und Einziehung von Rekruten verstärkt. Trujtpen aus Ostgabzien in das bedrohte we.stliche Gebiet dieses Landes in IMarsch gesetzt, überdies ein strenger M’acli- und Bereitschaftsdien.st angeordnet. Kälte und tiefer Schnee erschwerten in hohem Clrade den Dienst der Truppen').

') Der Schauplatz des Aufstandsveranches in Galizien war der rein polnische Teil des Landes, westlich von Przemysl. Dort brach der Aufstand am 18. Februar 1846 an zahlreichen Punkten gleichzeitig aus. Ostgalizicn blieb ruhig, mit Ausnahme der Stadt Lemberg, wo jedoch die Bewegung durch die am 13. Februar erfolgte V'erhaftung von 35 In.«urgentenfulirem im Keime unterdrQckt wurde. In Russisch- und

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Oie Besetzung von Krakau

221

Sonutay. den 15. Febi'uar 1845, war in der Stadt Krakau eine tmgewölndiclie Bewegung. 'N'ulksnia.ssen durchzogen •singend und lärmend die Stadt ; sie verkündeten laut ilie endliche Befreiung Polens von der langjährigen ZwingheiTschaft and verhießen eine goldene Zukiuift. Die frivolen Äußerungen erträumter Freiheit fanden allerorts stürmischen Beifall. Die Volksma.ssen schwollen immer mehr au und Bewarthete in Krakauer Nationaltracht sammelten sich auf den Plätzen. Vergeblich suchten die Behörden tbesem Treiben Einhalt zu tun ; das Lärmen dauerte bis in die Nacht hinein die bestehende Ordnung ward gekündigt.

Der drohende Ausbruch ernster Unruhen bestimmte ilte Residenten der drei Schutzmächte, den in Podgorze weilenden

m PreuÜisch-Poleii fanden nur g.^nz unbedeutende Aufstandsversuche statt. In IVestgalizien stand zu dieser Zeit die Trappendivision F.ML. Csollich in Taniöw, mit den Brigaden Collin in Podgörie und Legedics in Taniöw, zusammen d Bataillone zu C, 7 Bataillone zu 4 Kompagnien (46 Kompagnien), 14 Eskadronen und ■/» Batterie 2 Sechspfünder und eine Haubitze). Die erste Standeserhöbuug fand .mfangs Januar 1846 statt, weitere folgten in demselben Monat und im Februar, jedoch nur bei den aus Galizien sich ergänzenden Infan- terieregimentern. Die Kompagnien wurden auf den Stand von 100 und 12U Gemeinen gebracht: am ‘26. Februar aber ward befohlen, den Stand der Kompagnien auf 140 Gemeine zu erhöhen. Infolge der schlechten Wege und der entlegenen Ausrüstungsdepots ging inde.s die Einrückung der Einberufenen nur langsam vor sich. V^on den aus dem Osten gegen Westgalizien entsendeten Truppen kamen nur ganz geringe Teile zur Verwendung, weil die Unruhen im wesentlichen schon unterdrückt waren, liis diese Truppen ihr Marschziel erreicht hatten. Der .Stand an dienst- baren Truppen des Generalkommandos für Galizien und die Bukowina war nach der offiziellen „Haupt-, Stand- und Diensttabelle” folgender :

Waffengattung

Dozeiiiber Januar IS4Ö

Februar

1840

Infanterie |

1 Mann 19.73.8

44 46

20.539 23.609

1S16

48

30.274

Kavallerie | |l 46 46 54 | 54

I Heiter ;| 5476 5407 | 6549 i 6768

Arüllerie | Compagnien I Mann

2

256

2

0.)">

3

337

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222

J a e u b e n s.

GM. Collin im Wege einer an ihn von dem österreichischen Residenten Hol’mt Liehmann von Palmrode gerichteten Zuschrift vom 10. Februar zu ersuchen, er solle alle Malinalimen treffen, um atif die erste Nachricht von dem Ausbruch des .Auf- stands in Krakau mit seinen Trupj)en die gesetzliche Ordnung wiederhersteUen zu können. .Auf (Ti'imd dieser Note imd einer nachgefolgten mündlichen Besprechung Palmrodes mit Collin berichtete letzterer noch am selben Tage direkt an den Hof- kriegsrat nach A\'ien und an das Generalkommando in Lemberg, (lall sein Einrücken in Krakau nach der ihm erteilten Instruk- tion *1 nimmehr bevorstehend sei, doch bitte er, im Hinblick auf die wachsende Gärung in Galizien um schleunigen Ersatz für seine dadurch zu ('ntblößeuden Garnisonen. Zugleich ent- sandte er ohne Verzug Estafetten *'i. um aus den ihm unter- stehenden Ganiisijuen sechs Kompagnien Infanterie und eine Eskadron Kavallerie nach PodgörÄe zu beordern.

Am gleichen Tage bat auch der Triipitendivisionär in Tamöw, FMIj. Csollich, infolge der Unruhen in der Um- gebung dieser Stadt um weitere Unterstützung, ,, indem seit gestern die Umstände wieder dringender geworden, die Auf- regung sich noch vermehrt hat und der Ausbruch eines Auf- standes nach uUer Überzeugung nicht mehr fern zu sein scheint”.

Am .-Abend des folgenden Tages erliielt GM. Collin infolge der wachsenden Unruhe vom Uofrat Liehmann von Palrarode die definitive .Aufforderung zur Besetzung von Krakau. Gleiclizeitig erging über .Anregung des Staatskanzlers Fürsten Metternich vom Präsidenten des Hofkriegsrates G. d. K. Grafen Hardegg an das Generalkomniando in Mähren der Befehl, ein Bataillon Infanterie und eine Batterie nach PodgörÄe abzusenden. Der Generalgouvemeur von Galizien, Erzherzog Ferdinand hingt^gen, dm’ch die immer ungünstigeren Meldungen der Behörden veranlaßt, sandte am 18. in der Person des Generalkommando-.Adjutanten Oberstleutuaiit Ludwig von Beuedek’i einen A’ertrauensmann sogleich

*) H. K. R. Praes. Eeskr. vom 12. Februar 1841.

’) Telegraphenleitungeii bestanden damals noch nicht; die erste wurde im Sommer 1840 in Böhmen errichtet.

”) 186(5 Feldzougmeistor, Kommandant der Nordarmee.

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Die BeBctiuDK von Krakau 1S46.

223

mittels Post j.mit besonderen dienstlichen Anlträgen” nach Rzeszöw ab.

Um 8 Uhr früh des 18. Februar rückte nun GM. Collin mit 6 Kompagnien des Infanterieregiments Nugent Nr. 30, 1*/. Eskadronen des Clievaulegersregiments Kaiser Ferdinand Nr. 1 und Vs Batterie während eines heftigen Schneegestöbers über die Weichselbrücke in Krakau ein').

Die Straßen der Stadt waren leer; erst nach und nach sammelte sich eine große Volksmenge, darunter \-ielo ver- dächtige Fremde, atif dem Ringplatz, woselbst die Truppen aiifmarschiert waren, an. Letztere wurden sodann, und zwar die Mannschaft in größere Abteilungen vereint untergebracht, die Offiziere in Privathäusem einquartiert, starke Wachen aiLsgesetzt, ein reger Patrouillengang angeordnet und schließlich eine Alarmdisposition ausgegeben. Die republikanische Re- gierung aber beeilte sich, dem östen-eichischen Befehlshaber ihren Dank auszudrücken ,,tür den abermaligen beruhigenden Schutz, den Österreich dem Freistaate gewähre”.

Um 6 Uhr aliends wunlen drei Kommanden von je 1 Offizier und 15 bis 25 Mann, denen Polizeikommissäre und Gendarmen der Krakauer Regierung beigegeben waren, in das Landgebiet der Republik entsendet, um Watfendejtots anfzuheben und Verhaftungen vorzunehmen

') Das heranbefohlene Laiidwehrbataillon des Infanterieregiments Hohenegg Nr. 20 traf erst nachmittags in Podgörie ein. Dasselbe »mrde, wie schon früher beabsicliligt, ebenfalls nach Krakau gezogen, dafür von den am Morgen ein marschierten Truppen 2 Kompagnien wieder nach Podgörie zurückgeschickt. In Krakau verblieben demnach 4 Kompagnien von Nr. 30, 4 Dandwehrkompagnien von Nr. 20, l'/t Es- kadronen Chevaulegers und 'It Batterie, zusammen beiläufig 800 Mann Infanterie, I.ÖO Reiter und 3 Geschütze. In Podgdrko hingegen blieben 2 Kompagnien Nr. 30 und ’/i Eskadron Chevaulegers.

’) Am Abend desselben Tages brach der Aufstand in West- galizien ollen aus. An verschiedenen Punkten der Umgebung von Tarnöw hatten sich Insurgenten angesammelt, darunter viele „höheren Ranges”. Die Bauern wurden aufgefordert, sich ihnen aiizuschlielien, nach Tarnöw zu ziehen und die kaiserlichen Behörden daselbst zu '■eijagen. Als die Bauern sich weigerten, kam es zu blutigen Zu- sammenstößen, in welchen die Landbevölkerung die Oberhand behielt, viele Insurgenten festuahm und sie dem Kreisvorsteher von Tarnöw übergab.

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224

J a o u b e n

Der 19. Februar verlief ruhig; dennoch meldete GM.Colliii. daß die Stimmung im Stadt- und Lanilgebiet von Krakau iu hohem Grade erregt und der Ausbnich einer, wie e.s scheint, weitverbreiteten und gut organisierten Bewegung stündlich zu erwarten sei.

Von den drei in das Landgebiet entsendeten Kommaudeu erreichte Leutnant Bernd mit 25 Chevaulegers um 5 Uhr morgens seinen Bestimmungsort Krzeszowice (25 Kilometer nordwestlich Krakau i, Leutnant Bitter von Begg gleichfalls mit 25 Chevaulegers, wtdcher bisher denselben Weg mit Bernd hinterlegt hatte, gelangte erst gegen Mittag au sein Ziel Chrzauow (45 Kilometer we.stlich Krakau» und Leutnant Potakowski mit 15 Infanteristen befand sich noch auf dem Marsche nach dem 55 Kilometer von Krakau entfeniten Orte Jaworzno.

Im Laiil'e des Vormittags des 20. Felmiar erhielt GM. Collin in Krakau von verschiedenen Seiten die bestimmt lautende Nachricht von dem unmittelbar bevorstehenden Ausbruch eines Aufstandes in der Stadt. Von Mittag an standen daher die Trupjten vorerst in iliren Quartieren und mit Einbruch der Dunkelheit am Kingjtlatz in strenger Bereitschaft. Die Wachen wm’den verstärkt, Patrouillen in jene Stadtteile entsendet, die als Sammelpunkte der .Auf- ständischen bezeichnet worden waren und alle in die Stadt führenden Landstraßen scliarf überwacht. Der Tag verlief jedoch ruhig. Erst gegen 11 Uhr nachts stieß eine Patrouille der Krakauer Miliz*) auf eine Anzahl Bewaffneter, die sich der Stadt näherten. Es kam zu einem Geplänkel, wobei ein Insurgent erschossen, andere 5 bis 6 Mann aber gefaiigen- genommen und auf die llauptwache gebracht wurden. Aus den weiter eingelangten Nachrichten erfuhr GM. Collin, daß die Insurgenten beabsichtigten, Schlag 4 Uhr morgens des nächsten Tages von allen Seiten aus den lläuseni auf die Truppen los- zustürmen. Darum wurden die Schlagwerke der Tunuuhreii gesjjerrt und die Wachsamkeit verdoppelt.

') Die bewafi'neto .Macht der Kepublik bestand aus etwa 509 Manu zumeist ausgedienten österreichischen Soldaten ; sie gliederte sich in die Miliz (2 Kompagnien), die Polizei (1 Kompagnie) und in die Gen- «larmerie (50 .Mann zu Pferd, 20 Mann zu Fuß).

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Die Besetzung von Kraknu lb46.

225

Nach halb 5 Uhr früh zeigte sicli ein starker Insurgenteii- haufen in der Szlakowska-iNikt)lai- iGasse ; die Tnippen wurden angeschossen, erwiderten das Feuer und schon nach der ersten Salve zogen sich die Aufständischen zurück. Ähnliche Augi'iffe wiederholten sich an mehreren Pimkten der Stadt, wurden indes überall ohne Anstrengung zurückgewieseii. Mit Tages- anbruch trat Ruhe ein und nur in den Vorstädten und vor der Stadt blieben größere InsurgentenabteiJungen; der ge]>lante nächtliche Überfall war gescheitert.

Von den in das Landgebiet entsendeten Konimanden erreichte Leutnant Potakowski erst am 20. Februar sein Ziel Jaworzno. Gerüchte über feindselige Absichten der Insurgenten mahnten den Offizier zur Vorsicht. Kachdem der ihm beigeordnete Polizeikomniissär sich auf seinem Posten nicht eingefiinden hatte, setzte sich Leutnant Potakow'ski in einem Gasthof in Jaworzno fest, traf dort Anstalten zur Verteitiigung, stellte Po.sten aus und entsendete Patrouillen, die auch tatsächlich die Anwesenheit von Insurgenten fest- ■stellten. Um 11 Uhr nachts griffen diese, über 300 Mann stark, die schwache Trujipenabteilung an. Durch einen energi- schen Ainsf all erzwang sich Leutnant Potakowski mit seinen Leuten den Diu-chbruch und zog sich, fortwährend käm[>fend, auf der Straße nach Krakau bis Trzebinia zurück. Hier jedoch erlag das schwache Detachement dem Anjtrall der weit über- legenen Gegner mul wurde ganz zers[)rengt. Die Mannschaft war teils gefallen, teils gefangen und den braven Offizier rettete der Ortspfarrer dadurch, daß er ihn vor der zügel- losen Menge bei sich verbarg. Am gleichen Tage erhielt auch Leutnant von Hegg in Chrzanöw die Nachricht, daß eine In.surgentenabteilung einen Überfall auf sein Detachement plane. Er ließ sogleich satteln und bezog nachmittags außer- halb des Ortes in iler Nähe eines größeren Wirtshauses eine gesicherte Aufstellung. Eine von ihm gegen Chrzanöw ent- sendete Patrouille wurde mit Schüssen emjtfäugen, eine zweite von dem aufgenommeuen Wegweiser in einen Hinter- halt geführt: letztere konnte sich nur durch die Schnelligkeit ihrer Pferde in der Richtimg gegen Krakau retten. A'or Chrzanöw blieb das Detachement, die Maimschaft abgesessen, neben den gesattelten Pferden imd vom Abend an im Stalle

Mitteilungen dea k. und k. Kriegaarchivs. Dritte Folge. IVMld. 15

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des erwähnten Wirtshauses, eines Au^-iöes gewärtig, als g€'gen 11 Uhr nachts die aiügestellten Posten das Anrücken der Insiu-genten meldeten. Leutnant von Begg lieü aufsitzen und beschloß, zum Hoftor hinaus sich durchzuschlagen. Bei dem nun folgenden Angriff erhielt der wackere Offizier mehrere Schüsse und sank, tödlich getroffen, vom Pfenle. Von seiner Mannschaft drang nur die Hälfte durch ; diese stieß unweit vor Krakau abermals mit einer Insurgentenschar zusammen und nur drei Mann des ganzen Kommandos nickten zu ihren Eskatlronen ein.

Nicht viel besser erging es dem Leutnant Bernd in Krzeszowice. Derselbe hatte sich im dortigen Schlosse ein- quaniert und wiewohl ihn der beigegebene Kommissär sorglos zu machen versuchte, dennoch die Anordnung getroffen, daß die eine Hälfte der Mannschaft im Stalle Bereitschaft halte, wälrrend die andere in einem Zimmer des Erdgeschosses schlief. Gegen 11 Uhr nachts nun schlichen sich etwa 15 Insurgenten in das Zimmer der schlafenden Mannschaft und überfielen dieselbe ; die dabei gewechselten Schüsse waren für die übrigen .-Vufrührer (las Signal, um in den Stall ein- zudringen, wo Tjeutnant Bernd mit der wachenden Mannschaff sich befand. Die Unmöglichkeit einer wirksamen Verteidigung eiusehend, beorderte Leutnant Bernd die im Stalle ver- bliebene Mannschaft zum Aufsitzen und sprengte, nachdem die Stalltür geöffnet worden war, an der Spitze einiger Reiter mitten auf den vor dem Schlosse versammelten Volkshaufen los. Ein Kugelregen emj)fuig die mutigen Chevaulegers, doch gelang es ihrem Führer, sich durch den ganzen Ort durchznschlagen. Allein nur drei Reiter vermochten ihm zu folgen, die übrigen wurden gefangen, da die erschreckten Pferde nicht ans dem Stalle zu bringen waren. Noch in der- selben Nacht kam Leutnant Bernd, selbst schwer verwundet, in Krakau an. um zu berichten, welche Behandlung kaiser- lichen Soldaten widerfahren, die gekommen waren, die Ruhe herzustellen, in einem Lande, <lessen Regierung erst zwei Tage vorher den Dank für den gewährten Schutz aus- gesjn-ochen hatte, deren Organe aber dennoch, im offen- baren Einverständnis mit den Umstürzlern, mithalfen, brave Soldaten meticlüings zu überfallen.

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Die Desetzang von Krakau 1&46.

227

Nach dieser in der Stadt und am Tiande stürmisch ver- laufenen Nacht lieli GM. Colli n in Krakau das Standrecht publizieren. Scheinbar trat Ruhe ein. Die Tnippen bezogen (heselben Stellungen wie am .\bend vorher und für den un- günstigsten Fall wurde das von einer Infanterie- und einer Milizkoinpagnie besetzte Schloli „"Wawel” als Sammelplatz und Reduit bestimmt, sowie auch notdürftig veri)roviantiert.

Die Nacht verging, ohne daß der erwartete Angriff' der Insurgenten eri’olgt wäre. Keine der ausgesendeten Patrouillen meldete Neues, um so deutlicher aber sjirachen ilie Berichte der im Laufe des Tages i-ückgekehrten Chcvaidegers über die Vürtälle im Laiiflgebiet.

Am 22. Februar bald nach ^Mittag erhielt GM. Collin die Meldung von dem VoiTücken starker Insurgentenhaufen aus dem Landgebiet ; ihre Existenz hatten schon lüe tags zuvor eiugetroff'euen Chevaulegers [festgesteUt. Ton Westen längs der Weichsel, von Norden auf iler Warschauer Chaussee und von Osten auf der Ijubliner Straße rückten starke Haufen Bewaffneter langsam gegen Krakau vor. Aus der Stadt stiegen Raketensignale empor, um den Anrückenden ein Zeichen zu geben, daß sie bemerkt wurden.

Die Residenten der Schutzmächte zogen sich nach Podgör;te zurück und Hofrat von Palmrode sandte an GM. Collin ein Schreiben, in welchem er ihm mitteilte, daß er das w'eitero Verhalten 'ganz seinem Ermessen überlasse. Der russische Re.sident schrieb dem General, Tnippen seines Staates könnten nicht vor einer AVoche eintreff'en. Endlich kamen auch aus Galizien Nachrichten, die den Ausbruch des Aufstandes meldeten.

Die Lage schien so eine höchst kritische, wozu noch der Umstand hinzukam, daß ehe Truppen, worunter rielo Rekruten, durch die wiederholten Nachtwa<dien erschöpft waren und nur noch wenig Munition besaßen.

Gewiß war es dem GM. Collin nicht leicht, bei dieser Sachlage einen endgiltigen Entschluß zu fassen; natürlich dachte er zunächst an einen Kampf, doch die tingünstige Lage des Ringi>latzes, welcher von allen Seiten von hohen Häusern eingeschlossen war, die meist auch von rückwärts Eingänge hatten, Heß es nicht rätlich erscheinen, dort einen

l.ö*

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Jacoben z.

feindlichen Angriff zn erwarten. Auch von einem Vorstoß, nach irgend welcher Riclitung hin. versprach sich der General keinen grollen Erfolg und hielt schlielJlieh die Eestaetzung im Schlosse sowie dessen liehauptung, abgesehen von der tinztireichenden Infanteriemunition und dem raangehiden Proviant, darum nicht für ratsam, weil er sich dadurch von Podgdrze isoliert, demnach auch die Ausbreitung des Aufstandes nicht zu hindern vermocht hätte.

In dieser Hituation griff GM. Collin zu dem bei solchen Anlässen schon aus moralischen Gründen wohl selten zu empfehlenden, in dem vorhegenden Falle aber schwer zu recht- fertigenden Mittel; er beschloß die Stadt zu räumen. Da sämt- liche Tru])pen ohnehin unter "Waffen standen, wurde auch gleich abmarschiert. Die kleinen Ilabseligkeiten der Offiziere und Mannschaft blieben zurück, weil es nicht angezeigt schien, einzehie Leute zu deren Abholung aiistreten zu lassen.

ln ridiigem Kolonnenmarsch rückten die Tru])pen ein- schließhch der Krakauer Miliz um 6 Uhr abends durch die Haujit Straße über die Weichselbi-ücke nach Podgor2e. Hierauf wurde die aus Flößen bestehende Brücke durch Abhauen der Seile unbenützbar g(*macht.

Kaum hatten die Insurgenten in der Stadt den Abmarsch der Trup])en wahrgenommen, als sie aus ihren Verstecken hervorbrachen und unter Schießen und Hunrngeschrei sich der abgebrochenen Brücke näherten. Bald war von ihnen das linke Weichselufer besetzt und sogleich ein lebhaftes Klein- gewehrteuer gegen das jenseitige Ufer begoimen, welches von den Truppen nur schwach erwidert wurde, um bei dem herrschenden Dunkel nicht zwecklos die ohnehin kargen Miuütion.sbestände zu verschwenden.

^lit ilen Truppen zugleich hatten auch sämtliche Re- gieruiigsbeamten die Stadt verlassen. Die ruhigen Bürger, welche jetzt nicht ohne Grund Plünderungen und Exzesse befürchteten, forderten nunmehr den Grafen .losef Wod- zicki auf, die llegierung zu übernehmen. Dieser konsti- tuierte jedoch nur ein unpolitisches ,, Sicherheitskomitee'', welches aber schon nach wenigen Stunden ein jähes Ende fand ; in der Nacht waren nämlich im Rathaus drei Insurgenten in zahlreicher Begleitung erschienen, welche

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Dia Be8etsnn(f von Krakaa

229

erklärten, daß sie einer am 24. Januar in Paris nliRehaltenen Sitzunfr der „Emigrantenregiernng” zufolge mit den Regienmgs- gpscliäften in Krakau betraut worden seien. Die neuen Afac-bt- haber traten auch sogleich in Funktion und ließen die Be- schlüsse der ..neuen Regierung” in Form von Proklamationen lind Manifesten bombastischen Stils erscheinen.

Am 23. Februar dauerte das Geplänkel an beiden Weichselufeni ohne besondere Wirkung fort. GM. Co Hin ließ den Grenzfluß scharf bewachen und sandte au die in Mähren sich sammelnden Verstärkungen den Befehl zur schleunigen Vorrückung. Wiewohl aber die neue Regierung in Krakau, mit ihrer Einrichtung vollauf beschäftigt, keinen Vorstoß auf österreichisches Gebiet unternahm, erschien dem österreichi- scheu Befelilshaber nach Verlauf des Tages die allgemeine Lage dennoch so ungünstig, daß er die Räumung auch der wichtigen SteUung von PodgdrÄe beschloß. Zum Teil mag wohl die momentane Ermüdung der Tni[)pen, raelir noch aber wahr- scheitdich ilie eigene körperliche Abspannung, welche den alten Mann nach den Mühen der letzten Tage und infolge der fortgesetzten Nachtwachen befallen hatte, den General, der zu selir besorgte, daß der Aufstand auch im Wadowicer Kreise ausbrechen und ihm dadurch der Rückzug verlegt werden könnte, bestimmt haben, jetzt zum zweiten Male ohne Kampf, somit ohne zwingenden Grund, das Feld zu räumen; denn die Knappheit der Munition und der Lebensmittel, <laun die angebliche „Ausbreitung des Aufstandes in der ganzen Gegenii” rechtfertigen nicht genügtuid einen Entschluß, der den lusurgeuteu den Einbruch in tlas westliche Galizien ge.stattete.

Trotz ihrer Erschöjjfung traten die Truppen noch um 11 Uhr nachts den Rückzug über Mogilany nach Kalwarya an und erreichten die.sen <)it, 30 Kilometer von PodgörÄe, nach einem anstrengenden NaLditmarsch am 24. Februar.

Unterwegs wurden die zur Verstärkung augerückten vier Kompagnien des Infanterieregiments Schmeliug Nr. 29 aufgenommen. Die Tnippen wurden während ihres Marsches wiederholt beschossen und bei Kalwarya selbst erhielten die Voqmsten von den sich zahlreicher sammelnden Insurgenten mehrere Gewehrsalven. Ein eigentlicher ,\ngritf der Auf- ständi.schen erfolgte indes nicht, vermutlich deshalb, weil

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J a o u b e n K.

ihnen das Eintreffen von Verstärkungen wohl auch nicht entgangen war ').

Aber auch in Kalwarvn tiihlte sich GM. Colliu nicht sicher genug und noch am Ahen<l des 24. Februar brach er mit den marsclifähigsten Truppen 2 Kompagnien. 1 Eskadron mid der Halbbatterie nach AVadowice (15 Kilometer von Kalwaryai auf, welchen Ort er im Hinblick auf seine Magazine, Kasenien und sonstigen Akzessorien für die Ausrüstung imd Organisation der Tnj])pen als besonders geeignet hielt.

In Krakati hatte sich inzwischen auch das neue Regienmgs- triumvirat nur einer kurzen Herrschaft zu erfreuen : dort war in der Person Tyssowskis ein Diktator eingesetzt worden, welcher in die Bewegung einen energischeren Zug bringen sollte. Derselbe gab sogleich Befeld, ein Korps zu bilden, das zu einem Einfall in Galizien bestimmt war. Das von den Truppen geräumte Podgörie hatten die Krakauer Insur- genten, welche die Weichsel auf Kähnen übersetzten, am 24. um die Mittagszeit betreten, während andere sich auf den Weg nach Müeliczka machten.

Die Gefechte von Gdow und Podgörze.

In Galizien war der .Aufstand schon am 24. Febniar au dem blutigen Widerstand der Bauern und den ebenso umfassemlen als strengen Alallregeln der Behörden gescheitert. Die Unklarheit der Verhältnisse aber und die Berichte über die furchtbaren Ausschreitungen der Baueni gegen die Dominien, veranlaüten die Regierung, über .sämtliche ' Kreise westlich von Ijemberg, einschließlich dieser Stadt, das Stand- recht zu verhängen.

Der Gubernialvize])räsident Leopold Graf Lazansky war am 22. Februar zur Wiederherstellung der Ordnung von Lemberg in die Provinz entsendet worden tnid der General-

*) Bei Knhvarya wartin jetzt versammelt; 14 Kompagnien, 2 Eskadronen, */j Batterie und die Krakauer Miliz ; zusammen gegen 1400 Manu Infanterie, ISO Keiter, 3 Geschütze und 400 Mann Milit- truppen. Die Verluste der Tru])pen seit dem Einmarsch in Krakau betrugen: tot: 1 Oflizier (Leutnant Ritter von Begg) und 10 Mann; ver- wundet: 1 Offizier (Leutnant Bernd) und 12 Mann; vermißt: 1 Offizier (Leutnant Potakowski) und 39 Mhnn.

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Die Besetzan^ vod Krakau 1846.

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kommaiido- Adjutant Oberstleutnant von Benedek erhielt die Weisung, sich weiter westwärts, in das an den Freistaat Krakau grenzende Gebiet, zu begeben. Benedek befand sich am 24. Febniar eben in Tamöw, als ihm die Nachricht von der Räiunung Podgorstes imd dem Vordringen der Krakauer Insurgenten gegen Wieliczka zukam. Mit gröbter Besclüeu- uigtmg eilte er nach Bochnia, wo ihm unterwegs schon Flüchtlinge begegneten, mid traf daselbst im Kreisamt um 10 Uhr abends ein, gerade als die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden versammelt waren und auch schon die Räumimg dieses Ortes definitiv beschließen wollten. Benedek erfuhr hier, daß größere Insurgentenhaufen aus Krakau im Anzug seien, daß die aus zwei Kompagnien bestehende Gar- nison von Wieliczka sich vor ihnen znrückgezogen habe, die 1200 Grubenarbeiter von Wieliczka bereits zu den Aufständi- schen übergetreten und jene von den Salinen in Bochnia, etwa an 400 an Zahl, ebenfalls durchaus unverläßlich wären. Eine weitere Gefahr erbhckten die geängstigten Behörden in den zahlreichen, im Orte nur notdürftig tintergebrachten pobtischen Häftlingen; sie besorgten, daß unter diesen Um- ständen schon beim ersten Auftauchen der Insurgenten gewiß der allgemeine .Aufstand ausbrechen und ein geordneter Rückzug sodann nicht mehr möglich sein würde.

Oberstleutnant Benedek teilte diese Befürchtungen «iurchaus nicht; er hatte, aus Mittelgalizien kommend, überall wahrgenommen, daß der Aufstand an dem bäuerlichen Wider- stand gescheitert war und hoö’to, auch hier durch energisches Eingreifen die Ordnung ehestens herzustellen. Er statuierte in Bochnia sogleich ein ,, absolutes Mditän-egime” ‘) und traf umfassende Anstalten zur Ünterdriickung der Bewegung. Noch vor Mitternacht wurde, ein Feldwebel an den (iM. Co Hin mit der Aufforderung abgefertigt, aucli seinerseits bei dem für den 26. Februar beabsichtigten Angrift' auf Wieliczka mit- zuwirken.

Am 25. Februar wurden die Vorbereitimgen zum Marsche gegen Wieliczka getroffen, Kundschafter dahin abgeschickt, Munition an die Truppen verteilt, die eingerückten Urlauber

') Nachträglicher Bericht Benedeks, d. d. Lemberg, 15. März 1S4B.

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Jaenbens.

<>ingereiht und die TUirgenniliz von Boehnia etwa 130 Mann von Oberstleutnant Benedck gemustert. Durch den Kreisvorsteher von Bochnia erging ferner an die in der TJichtnng gegen \Vieliczka gelegenen Oeraeinden der Aufruf, dati jeder Mann, der sich der VoiTückung gegen M’ieliezka anschlieUe, einen Zentner Salz bekommen werde und daÜ tur jeden lebeiul und gesund eingebrach ten Insurgenten eine Belohnung von fünf Onlden ausge.setzt sei *).

Am Nachmittag langte von OM. Collin die .\ntwort ein, wonach der Mangel an Munition und die Erschöjdung seiner Truppen ihm es noch nicht gestatten, an dem für den 2(i. geplanten Uiiteniehmen mitzuwirken. Die ausgeseudeten Kundschafter aber meldeten. daU sich in M^ieliezka gegen ßOO Insurgenten befänden. ..meist unansehnliches Oesindel zwar, welches jedoch durch den ausgeübten Terri.irismus sich allmählich verstärke”.

Ungeachtet dessen blieb Bejiedek bei seinem EntschluÜ und lieh noch in der Nacht vier C’hevaulegerapatrouilleu abgehen, welche den .Aufruf des Kreisvorsteher.s verteilen und den betreffenden Landleuten als Führer dienen soUti-n.

OM. Collin hatte indessen zur Festhaltung der Straße AVadowice PodgArüe nur das aus Mähren zur Verstärkung eingetroffene Bataillon des Infanterieregiments Nr. 2S) (zwei Kompagnien desselben standen bereits in Kalwaryai und eine halbe Eskadron Chevaulegers von AVadowice auf der genannten Straße vorgeschoben, alle übrigen Truppen aber zu ihrer Ergänzung und Ausrüstung nach AV^adowice gezogen. Das Ansuchen Benedeks blieb einstweilen unerfüllt, woran übrigens auch das am selben Abend in AA'adowice ertblgte Eintreiien des neueniannten, auf der Durchreise nach Lemberg befindlichen Divisionärs, FAIL. Oraf Castiglioue, nichts änderte *j.

’) Die in der Folge sowohl im Lande Galizien als auch im Parla- ment erhobene Beschuldigung, daß die kaiserliche Eegicrnng auf die Tötung jede« Insurgenten eine Prämie ausgesetzt habe, gehört, sofern es sich um die oben erwähnte A’erfiigung handelt, in das Eeich der Fabel; der Bericht Benedeks vom 15. März 18-16 spricht sich darüber klar und deutlich aus.

•) Welchen F.influß FML. Graf Castiglioue diesfalls genommen, ist nicht sicher festzustellen, nur soviel ist ersichtlich, daß er in den

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Die liesetxung von Kraknu l&tö.

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Von Wien aus wurde unterdessen auf die Naeliricht <ler Besetzung von Krakau die Absendung weiterer Verstärkungen aus Mähren i3 Bataillone Infanterie, 3 Eskadronen Chevau- legers und 2 Batterien) und auf die tmheilvolle Botschaft vom Uückzug Collins, noch am 25. Februar die AufsteUiiug eines Korjts von 12.000 bis 15.000 Mann zur Oiteration gegen Krakau anbefohlen.

Oberstleutnant Benedek war, nach dem Vorange- schickten. vorläufig bloß auf die geringen ihm zu Gebot stehenden Kräfte angewiesen. Am 26. FeViinar, halb 7 Uhr früh, marschierte er mit der 1., 2. und 5. Feld- und der 4. Laudwehrkompagnie des Infanterieregiments Nugent Nr. 30. dann iVi Eskadronen des Chevaulegersregimeuts Kaiser Fer- dinand Xr. 1 insgesamt, einschließlich der schon in der Nacht abgefertigten Patrouillen 327 Mann Infanterie und 155 Heiter von Bochnia nach Wieliczka ab. ln Bochnia verblieben gegen 200 Mann, denen im \'erein mit der Bürger- miliz die Sicherung der Stadt und die Bewachung der zahl- reichen {)olitischen Häftlinge übertragen wurde.

.\ls die Kolonne Benedeks in KsiaÄnice am Rabafluß eingetrolfeu war, von wo aus über einen langgestrecktem Rücken der kürzeste Weg nach Wieliczka eingeschlagen werden sollte, brachte einer der in iler Xacht abgeschickten Chevaulegers, ein Beutepferd an der Hand, die Meldung, daß die Krakauer Insurgenten von Wiidiczka auf fler Straße gegen tnldw in der Vorrückung liegi-iffen seien, daß die Chevau- legers mit ilen aufgebotenen Bauern den Insurgenten bereits im Kampfe gegenübergestanden wären, deren Vurrücken jedoch nicht zu hindern vermocht hätten, weil die Bauern vor den mit Feiiergewehren bewaffneten Gegneni Furcht zeigten.

folgenden Tagen die Brigade Collin bei ihrer AViedervorrückuiig gegen Podgörie begleitet, dann aber seine Reise ' nach Lemberg l'ortgoseizt hat. In einem Bericht des zum Kommandanten des Expeditionskorps gegen Krakau mit 2.5. Februar 1846 ernannten FML. Grafen Wrbna an den Hofkriegsrat (der Bericht trägt kein Datum, dürfte aber von Krakau am 8. März 1846 abgegangoii sein), in welchem sich W rbna über Collin sehr ungünstig ausspricht, ist unter anderem auch der Passus ent- halten: ,,Denu er [Castiglione], nicht General Collin, leitete den Angriff auf PodgörZe.”

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Jaoubens.

Olierstleutnant Benedek beschloß nunmehr, sich gegen Gdöw zu wenden. Auf dem Weitemiarsch dahhi wurde bekaimt. daß die Insurgenten, gegen 600 Mann stai'k. in üdöw stehen gebüeben seien. Die aufgebotenen Baueni, etw'a 400. wurden eine halbe Meile vor Gd6w angetroflen und der Truppen- kolonne angeschlos.sf*n, welche sich diesem Orte ungehindert näherte. Di»» dahin führende breite Straße war etwas aufgetaut, aber gut benützbar, die angrenzenden Felder hingegen stark aufgeweicht und nur für Infanterie, dann durch einzelne Reiter unter Vorsicht zu betreten. Der Ort Gdöw war zu einer hart- näckigen Verteifligung, tvofür übrigens die Insurgenten keine A'orbereitnngen getroffen hatten, wenig geeignet. Die Orts- li.siere sprang gegen Osten in einem spitzen Winkel vor und bestand durchwegs aus kleinen, schlecht gebaut*»n, daher nicht verteidigungsfähig»»!! Häusern. Auch war für den Verteidiger noch der weitere I^mstan»! nicht g^iuistig, daß seine Rückzugs- linie — che Straße über Wieliczka nach Krakau in der Ver- längerung seines linken Flügels lag. Von den Insurgenten war nur ungefähr »lie Hälfte mit Gewehren bewaffnet und ihre Reiterei konnte infolge des stark aufgeweichten, von kleinen Rinnsalen durchzogenen Bodens zu keiner Wirkung kommen. Sie stand, gegen 100 Reiter stark, nördlich des Ortes, auf der Straße nach Wieliczka. Das Gros der unberittenen Insur- genten hatt»» sich in den Häuseni des Ostrandes und in den Gass<‘ii von Gdöw verdecjkt aufgestellt.

Kurz nach 10 Uhr vormittags, etwa 1200 Schritt von Gdöw entfernt, »»fließ Oberstleutnant Benedek den Befehl zum Angriff auf diesen Ort. Ein Zug der 5. Kompagnie mit einigen Chevaulegers und sämtlichen Bauern unter Kommando des Leutnants Hoffmann hatte auf die nördlich der Anmarschstraß»» stehenden berittenen Insurgenten, s»)mit gegen die Rückzugslinie der Verteidiger, v»>rzugehen. Auf und neben »ier Straße nach (Idöw rückte ein Zug Chevauleg»»rs als Vorj^)atr»juille bis auf zirka 400 Schritt gegen den Ort vor und zog sich »lann in nördlicher Ricditung näher an die Gruj)j)e des Leutnants Hoffmann: hinter den Chevaul»»gers marschiert»»!! auf der Straße die 1., 2., dann der R»»st der ö. Feld- und die 4. Lanilwehrkomjuignie von Xr. 30, hierauf die übrigen Reitc»r. Mit Rücksicht auf den beschwerlichen Weg

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Die Besetzung von Krakau 181Ö.

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wurde der Abteilung des Leutnants Hoff mann ein ent- sprechender Torsprung gegeben.

Als nun vor Gd6w die Chevaulegers der Vorpatrouille die Front räumten, entwickelte sich die 1. Kompagnie zum Gefecht und ging, in Kette formiert, feuernd gegen den Ort vor, aus welchem die Insurgenten das Feuer nur schwach und gänzlich iinwirksam erwiderten. Als dann auch die Abteilung lies Leutnants Hoffmann dem Orte ziemlich nahe gekommen war, stürmte die 1. Kompagnie den östlichen Ortsrand, der beim ersten Ajüauf erreicht und vom Gegner geräumt wurde. Xunmehr ergriffen auch die berittenen Insurgenten die Flucht, wobei sie von der Abteilung des Leutnants Hoffmann beschossen wurden. Die Bauern, dies bemerkend, di’ängteu jetzt „wie Geier vor, stritten sich um die ßeutepferde, fielen über die herabgeschossenen Heiter her und umstellten [maskierten] so die in einem Hohlweg gut ])ostierte Infanteiie des Leutnants Hoffmann, wodurch die Flucht der sich gegen Wiehczka wendenden Reiter begünstigt wurde *}”.

Beim weiteren Vordringen in den Ort wurde die 1. Kompagnie aus einigen Häusern beschossen. Darum ward die 2. Kompagnie herangezogen, welche während ihres Vor- marsches alle Häuser von Gdöw durchsuchte. Die übrigen Tmppen folgten auf der Hauptstraße durch den Ort nach. Schließlich drangen auch die Bauern in Gdöw ein und ,, er- schlugen alles, was verwundet oder feig die Waflen streckte; nur mitMühe, Geld und guten Worten, konnte ich einigen jungen Burschen das Leben retten, aber es war keine Zeit, sich viel damit zu befassen”. Während des Kampfes im Orte. ..der eigentlich ein Gemetzel war”, hatte Leutnant Hoffmann die Straße nach Wieliczka gewonnen und gegen 50 flüchtende Iu.surgenten gefangengenommen. Die Tru])pen hatten keijierlei Verluste erlitten, nur zwei Mann wurden anfangs vermißt, die sich aber später wieder einfanden. Ein schon des Morgcms verwundeter und von den Lisurgmifen gefangengenommener Chevauleger wurde bei der Einnahme des Ortes befreit. Von den Bauern sind mehrere'im Handgemenge verwundet worden : sie hatten Uber 150 Insiu-genten erschlagen, die Toten sodann aus-

*) Bericht des Oberstleutnants Benedek.

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.1 a o a b e n X.

geplündert, ja selbst vei-stümmelt. (legen 60 Gefangene, zumeist verwundet, wurden eingehracht, endlich zwei Insurgenten- falineii, mehrere Hagagewagen, viele Watten und einige Pferde erbeutet, doch diese größtenteils den Hauern überla.ssen.

Nach einer halbstündigen Käst wurde der Marsch auf der Straße nach \\'ieliczka fortgesetzt. Eine Schar von luigetäbr 50 berittenen, gegen .Myslenice versprengten Insurgenten, zeigte sich kurze Zeit im Kücken iler Truppen, wagte aber keinen Angritt’. Die Bauern, die doch nichts anderes teten, ,.als daß sie unsere Gefangenen erschlugen und jilünderten’’. verliefen sich bald mit ihrer Heute; nur etwa .50 derselben durchsuchten die Häuser an der Straße und begleiteten füe Trupjien, welche mit den Insurgenten in der Mitte nach 3 Uhr nachmittags in Wieliczkn einrückten. Am Ortseingang wurde die Kolonne von der Musik der Bergleute emjtfangen. die aber Bene de k ,.alsogleich in den erstbesten Stall ein- speiTen ließ, weil sie zwei Tage zuvor den Insurgenten jubehid entgegengezogen war’’. Auf dem Stadt[>latz wurde aiifmarschiert und der Bürgermeister vorgerufen. Mehrere hundert aus ilem Sensendepot der Insurgenten in Wieliezka bewatthete Bauern hatten sich ebenfalls eingefunden, ebenso rückten, gleichzeitig mit der llaupttru])pe, die übrigen zwei noch in der Nacht ausgesendeten Chevaulegers])atrouillen, aus der Kichtung von Podgnrze kommend, in Wieliezka ein.

Diese Keiter, 26 an der Zahl, waren von Bochnia über Niepoloniice und Targowisko, nördlich an Wieliezka vorüber, gegen die Straße Wieliezka PodgörÄe vorgegangen uml auf etwa 60 bis 80 berittene Insurgenten gestoßen : beide

Patrouillen vereint unter Kadett von Brzoski, griflen die Insurgenten sofort an, warfen und vert'olgten dieselben bis halbeuwegs na( h Podgörze, worauf sie einrückten.

In Wieliezka traf nunmehr Oberstleutnant Benedck Anordnungen hijisichtlich der Verptteg-ung und Unterbringung der Truppen. Auf dem Hauptplatz blieb nur ein kleines Kavalleriej)ikett und auf der Hauiüwache eine hallie Kompagnie in Bereitschaft. Benedek begab sich sodann in das Schloß, wo er den dort versammcdteii Salinen- und Magistratsbeamten kategorisch und schonungslos ihr illoyales Verhalten vorhielt. Während dieser Versammlung fielen aus einem Hause am

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Die Besetsung von Krakau 164Ö.

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Hauptplatz, wo sich wahrscheinlich betrunkene Insurgenten versteckt hatten, einige Schüsse. Leutnant Hol'fmann und mehrere Chevaulegers drangen sofort in das betreffende Haus ein, wobei vier Insurgenten erschossen wurden. Dieser Voiffall steigerte ungemein die Aufregung der anwesenden Baueni, welche gleich die Stadt jilündern wollten. Nur das abermalige besonnene Eingi'eifen Benedeks verhütete größeres Unheil. Er heß sogleich alle Ortsrichter, Beisitzer undWortiuhrer derLand- leiite zu sich berufen, ermahnte sie zur Buhe und forderte die- selben auf, nunmehr nach Haus zu gehen, datür anderen Tages gemeindeweise und mittels Namensverzeichnisses beim Kreis- hauptmaiui in Bochnia ]>er Mann einen Zwanziger in barem beide und die Anweisungen auf das versprochene Salz zu holen. AVirksam unterstützt von dem anwesenden Finanzoberkommissär .Jani.szewski und anderen Notabein gelang es Benedek auf diese Weise, „hie und da mit etwas Geld nachhclfend, die ganz wild aufgeregte Horde zur Buhe zu bringen und sie nach und nach, in beiläufig l’/s Stunden, aus der Stadt zu weisen, ohne daß Plünderung oder E.xzesse geschehen wären, obgleich die meineidige Stadt Wieliczka es verdient hätte, einige Stunden geplündert zu werilen”. Die folgende Nacht verlief ndiig und die Truppen konnten sich ungestört von den überstandeuen Anstrengungen erholen; sie hatten trotz Gefecht und großer, beschwerlicher Marschleistung nicht einen Maroden.

GM. Co Hin in Wailowice hatte inzwischen durch Entsendung von Streifkommanden, Aufhebung von Watfen- depots, Arretiening verdächtiger Personen und sonst an- gemessene Maßregeln das Gebiet süllwestlich Krakau gegen den Ausbruch eines Aufstandes gesichert. Nachdem sich die Tnippen rasch wieder erholt hatten, mir Munition ver- sehen wurden. Verstärkungen eintrafen und weitere binnen kurzem zu erwarten w'aren. wurde der schleunige Wieder- vormarsch gegen Podgorze, von den Trupjxm schon mit l.ngeduld erw'artet. um so rascher beschlossen, als Colliii ja auch den Obei’stleutnaut Benedek im Vormarsch von Bochnia wußte. ,,Eine gi'oße Anzahl von Verwandten der Soldaten von Fürstenwärther-Infanterie iNr. 56, Ergänzungs- bezirk Wadowice^ hatte sich um die Kaserne cingefundeu: kein Zagen, keine Klage wurde laut, der freudigste Iffut

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Jacnbens.

belebte aUe und von allen Trujipenteilen wurde ich gebeten, sie nicht zurüokzulassen

Fast zur selben Zeit, als Benedek von Gdöw gegen Wieliczka aufbrach, um 2 Uhr nachmittags des 26, Februar, marschierte GM. Collin von M’adowice ab. Die erste Truppenstati'el bestand aus dem 3. Bataillon des Infanterie- regiments Für.stenwärther Nr. 56, 1 Eskadron des Chevau-

legersregiments Kaiser Ferdinand Nr. 1, ’/s Batterie und der Krakauer Miliz. Derselben sollten anderen Tages das Laml- wehrbataillon des Infanterieregiments Hochenegg Nr. 20 und eine weitere Eskadron des genannten Chevaulegersregiment« tljlgen. Unterwegs begegnete man zahlreichen gefangenen Insurgenten, die von Bauern zum Kreisamt nach Wadowiee eskortiert wurden. Wiederholt kam es vor, dall die Bauern schon von der Feme die 'J’rnijpen mit dem Kufe begiiißten: ,,Es lebe der Kaiser, wir sind Galizianer, keine Polaken!” In Kalwarya, Izdebnik und ^logilany wtirde genächtigt.

In Krakau war mittlerweile infolge der Untätigkeit des Diktators von einigen der Hitzigsten unter den Revolutionären die Absetzung Tyssowskis beschlossen worden. Frühmorgens des 26. Februar ward er in seinem Zimmer überfallen und zur’Abdankung genötigt, die auch gleich öfFenthch kundgetan wurde. ,\lsbald widerrief jedoch Tyssowski diesen Ver/iclit auf die Macht und ließ nun seinerseits Plakate mit der Kundmachung anschlagen, daß er den Führer der Unzu- friedenen dem Kevolutionstribunal übergehe.

Diese AVirren, sowie die Berichte einiger dem Gemetzel von Gdöw Entkommenen, trugen nun nicht wenig zur Herab- stimmung der ersten Begeisterung bei und hatten zur nächsten Folge, daß Oberstleutnant Benedek in Wiehczka unbelästigt seine weiteren JInßnahmen zur Wiederherstellung der •Ord- nung treffen und auch durchführen konnte.

Am 27. Februar, 7 Uhr früh, erhielt Benedek von GAl. Collin die Nachricht, daß letzterer noch am selbeti Tagt' gegen Podgörie vttrrüeken werde und machte sich zur Unterstützmig dieses Angriffes mit einer Komjtagnie und einer

') Nachträglicher Bericht des GM. von Collin, d. d. Bochuia, 31. März 1846.

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Die Besetxung von Krakftu 1816.

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halben Eskadron sogleich auf den Weg gegen den genannten Ort. Etwa 1000 Schritte vor demselben hielt er an ; hier er- fuhr er, daß die Insurgenten auf den Höhen von Podgörze Posten aufgestellt hatten, Kundschafter meldeten ferner, der Ort sei wohlbesetzt und zur Verteidigung hergerichtet. Als aber bis halb 5 Uhr nachmittags von der Vorrückung Collins noch immer nichts wahrzunehmen war, trat Benedek wieder den Rückmarsch nach Wioliczka an, wo er abends eintraf und nun auch mehrere rasch aufeinander folgende Kanonenschüsse aus der Richtung von Podgörze vernahm, sodann in der Nacht Kunde von der Einnahme dieses Ortes durch die kaiserlichen Truppen erhielt.

Der Diktator in Krakau hatte unterdessen, um die Scharte des vorhergegangenen Tages auszuwetzen und Wieliczka wieder zu gewinnen, eine neue Expedition dahin beschlossen, für dieselbe jedoch infolge der mangelhaften Organisation und der geringen Begeisterung keine genügende Anzahl von Teilnehmern gefunden. Da aber doch etwas geschehen mußte, um auf die erregte Landbevölkerung, der man allein die Niederlage bei Gdöw zuschrieb, einzuwirken, beschloß man, auf den frommen Sinn der Landleute bauend, eine kirchliche Prozession mit Fahnen, Kreuzen und Reliquien, unter mög- lichst zahlreicher Beteiligung der Geistlichkeit, nach Wieliczka zu entsenden. Der Diktator berief die Geistlichkeit zu sich und forderte sie auf, bei der Bekehrung der blutdürstigen Bauern mitzuwirken. Die Sache schien zwar bedenklich, den- noch sagten die Geistlichen schließlich ihre Teilnahme zu, unter der Bedingung, daß Bewaffnete die Prozession begleiteten. Von einer großen Menge umgeben, zog nun die Prozession, fromme Lieder singend, um die Mittagsstunde über die Brücke nach Podgörze, wo ein mehrstündiger Halt gemacht wurde, um die dortige Bevölkerung für die Sache der Insurgenten zu begeistern. Hierauf wurde der Marsch nach Wieliczka fortgesetzt. Ein Insurgentenführer, in Bauerntracht verkleidet'), das Kreuz in der Hand, schritt an der Spitze des Zuges. Ungehindert ward an der Straße nach Wieliczka die Stelle erreicht, wo noch kurz vorher Benedek, mit seiner schwachen

‘) Der Emissär Eduard Dijbowski.

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J aoubess.

Abteilung vergeblich wartend, gestanden war, als die über- raschende Nachricht einlief, daß kaiserliche Trappen im Rücken Podgor^e angriffen. Die Prozession trat jetzt zwar schleunigst den Rückweg nach Krakau au, doch war es zu spät, um über die Weichselbrücke zu entkommen.

In der Vorrückung gegen PodgorZe hatte GM, Collin um die Mittagszeit Mogilany passiert. Abermals be- gegnete man gefangenen Insurgenten und an der Straße standen zahlreiche bewaffnete Bauern, welche sich den Truppen anschlieUen wollten, was jedoch General Collin nicht ge- stattete. Bei Borok, vier Kilometer vor PodgörZe, stieß die Kolonne auf eine feindliche Reiterpatrouille, welche jedoch eilig davonritt. Gegen 5 Uhr nachmittags langte die Kolonne vor PodgörZe an, das, eingelaufenen Nach- richten zufolge, von den Insurgenten zur Verteidigung her- gerichtet war.

Einschließlich der während des Marsches anfgenommenen fünf Kompagnien des Infanterieregiments Schmeling Nr. 29 (eine Kompagpiie davon war zur Sicherung der Marschlinie bei Myslenice zurückgelassen worden) standen dem GM. Collin ungefähr 1500 Mann Infanterie, 100 Reiter imd 3 Geschütze zur Verfügung *). Der Westeingang von PodgorZe lag in einem Defile, gebildet einerseits durch die zur Zeit stark angeschwollene Weichsel, andererseits durch einen un- gefähr 1000 Schritt langen, steil abfallenden Bergrücken von 50 bis 70 Meter relativer Höhe. Gleich an dem etwa 200 Meter breiten Ortseingang befand sich die feste, zur Verteidigung geeignete und auch hergerichtete Hauptkaseme ; dahinter die Ortschaft selbst, deren massiv gebaute Häuser auf dem Haupt- ])latz und an der zur Weichsel brücke führenden Straße als zweite Verteidigungsstellung von den Insurgenten ebenfalls hergerichtet worden waren.

Die Rückzugslinie der Insurgenten über die Brücke lag in der Verlängerung ihres rechten Flügels, war somit für die- selben nicht besonders günstig.

*) 5 Kompagnien des lufanteneregimcnts Nr. 29, 4 Kompagnien des Infanterieregiments Nr. f)(j, 1 Eskadron des Chcvaulegersregiments Nr. 1, eine halbe Batterie und die Krakauer Miliz.

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Die Besetznnf^ von Krakan 1819. 241

GM. Collin, mit der Örtlichkeit wohlvertraut und wissend, wie sich die Insurgenten eingerichtet hatten, erteilte unver- züglich den Befehl zum Angriff.

Hiernach hatte die 13. Kompagnie des Infanterieregiments Fürstenwärther Nr. 56 die südliche Einschließungshöhe zu ersteigen und längs deren Bandes vorzurücken, die 16. Kom- pagnie desselben Begiments auf einem Nebenweg längs des Fußes dieser Anhöhe zwischen dieser und der Kaserne, die 14. Kompagnie auf der Hauptstraße gegen Podgörlte vorzu- gehen, die 15. Kompagnie aber mit einer halben Eskadron Chevaulegers als Unterstützung zu folgen.

Eine Kompagnie des Infanterieregiments Schmeling Nr. 29 und eine Abteilung der Krakauer Miliz wurden als linke Flankendeckung entlang der Weichsel dirigiert. Als all- gemeine Direktion war der Hauptplatz die Hauptstellung der Insurgenten bestimmt und angeordnet, daß die übrigen 4 Kompagnien von Schmeling-Infanterie, Vj Eskadron und 2 Geschütze als Unterstützung den angreifenden Abteilungen unmittelbar nachrücken, die Miliz samt der Gendarmerie zu Pferd und einem Geschütz aber an einem geeigneten Punkte vor der Stadt die ßeserve bilden und sobald der Ort ge- nommen, sich auf dem Platze neben der Kaserne aufstellen sollen.

Nach Annahme der befohlenen Formation setzten sich die vier Angriffskolonnen in Bewegung.

Die ersten Schüsse aus der Kaserne fielen gegen die auf und neben der Hauptstraße vorrückenden Tirailleure, worauf GM. Collin, welcher sich in der Nähe befand, alsbald den Sturm befahl. Im Laufschritt wurde die Kaserne erreicht und deren Tor erbrochen. Die Insurgenten hielten dem Ansturm nicht stand, sondern entwichen beim Ein- dringen der Truppen auf der entgegengesetzten Seite nach dem Hauptplatz des Ortes, wo nunmehr die ihnen nach- setzenden Truppen von einer starken, aber w'enig wirkungs- vollen Decharge aus den Häuseni empfangen wurden.

Das Gefecht löste sich jetzt in zahllose Einzelkämpfe auf, wobei die Soldaten truppweise in die Häuser eindrangen, aus denen die Insurgenten überall zu entfliehen und die Weichselbrücke zu gewinnen suchten.

Mitteilungen des k. nnd k. Kriegsarchivs. Dritte Folge. IV. Bd.

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Jaotibens.

Doch nur einem Teile gelang es, die Brücke zu erreichen, welche sehr bald von den nachdrängenden Truppen besetzt wimde.

Die am Uöhenfuße vorgerückte lli. Kompagnie fand mu: geringen Widerstand ; erst beim Debouchieren auf den Haupt- platz wurde durch das Feuer der Insurgenten ein Mann ver- wundet. Die gegen die Höhe dirigierte 13. Kompagnie hatte diese ohne Hindernis erstiegen und war, vor dem Feuer aus dem Orte so ziemlich geschützt, längs des Rückens bis in die Höhe des Ringplatzes vorgerückt, als sie auf eine größere Insurgentenabteilung stieß, welche auch Fahnen führte. Diese Abteilung wurde nun sogleich mit dem Bajonett angegriffen und von der Höhe hinab auf den Ringplatz geworfen, wo sie von den in den Ort bereits vorgedrungenen Trappen empfangen und vollständig zersprengt ward.

Die längs der Weichsel vorgegangene Kolonne war als Defensivfianke etwas zurückgeblieben und auf keinen Gegner gestoßen.

Die Brücke sowie das rechte Weichselufer wurden nun stark besetzt, zwei Geschütze ans der bis auf den Hauptplatz nachgerückten Reserve vorgezogen und die Insurgenten auf dem anderen Ufer (Krakauer Seite) beschossen.

Inzwischen wurde dem GM. Collin das Heraunahen der bereits erwähnten bewaffneten Prozession, von der er schon früher gehört hatte, gemeldet. Der Zug, mit einer Anzahl Bewaffneter an der Spitze, war in der offenbaren Absicht, den kürzesten Rückweg zur Weichselbrücke zu ge- winnen, von der nach Wieliczka abzweigenden Straße auf der Anhöhe südlich PodgorÄe erschienen.

Sogleich wurden jetzt aus der Reserve drei Kompagnien des lufanterieregiments Nr. 29 entgegengeschickt, welche auch unverzüglich, an der Kirche vorbei, zur Unterstützung der noch auf der Höhe befindlichen 13. Kompagnie von Fürsten- w'ärther-Infanterie abrückten. Diesen vier Kompagnien gelang es nun, fast sämtliche Teilnehmer der Prozession nach zwei Salven und einem kurzen Bajonettkampf gefangenzunehmen; nur wenige erreichten unter dem Schutze der Dämmerung Podgorze, vermochten aber nicht mehr nach Krakau zu ent- kommen; sie wurden schließlich überwältigt und auch gefangeu- genommen.

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Die BesctKong von Krakau 1816

243

Die Insurgenten am Krakauer Ufer, welche den Kampf auf der Höhe südlich Podgörze bemerkt hatten, wagten zur Unterstützung ihrer bednängten Gefährten einen vergeblichen Sturm auf die Brücke; sie wurden jedoch von Kartätsch- ') und Gewehrfeuer empfangen und mnÜten umkehren. Damit war der Kampf in der Hauptsache beendet, wenn auch das Feuern von beiden Ufern aus noch bis gegen 10 Uhr nachts währte.

Die Verluste der Truppen betrugen etwa 20 Tote und Verwundete; die Insurgenten hingegen hatten an 100 Toto und Verwundete und über 100 Gefangene, darunter 32 zum Teil bewaffnete Priester zurückgelassen. Weiters erbeuteten die Truppen mehrere In.surgentenfahnen und viele Waffen. Die der Prozession abgenoramenen Kirchenfahnen und sonstigen Paramente ließ GM. Collin tags darauf dem Pfarrer von Pod- gorze übergeben, die F ahnen der Insurgenten aber vernichten.

Nach Beendigung des Kampfes ließ der österreichische Befehlshaber rings um Podgörze Vedetten aufstellen, zur Aus- forschung etwa geschlossener Insurgentenabteifungen Patrouillen abgehen, gegen Wieliczka, von wo noch keine Nachrichten eingelangt waren, starke Vorposten aussetzen und dann das Gros seiner Truppen in den wiedergewonnenen Unterkünften ruhen. Arg genug hatten die Insurgenten darin gehaust; die ärarischen Magazine sowie die Wohnungen der Offiziere waren gänzlich ausgeräumt und nur das Spital mit einigen unter der Obhut eines Militärarztes zurückgelassenen Kranken blieben von ihrer Beutesucht verschont.

In Krakau war indessen eifrigst an der Schaflnng einer Insurrektionsarmee gearbeitet worden; zahlreiche Bauernauf- gebote aus dem Freigebiet strömten herbei und harrten ihrer Bewaffnung, während andere besser ausgerüstete Abteilungen zu Fuß und zu Pferd schon bereitstanden.

Trotz der angeblichen Kampflust aber konnte sich der Diktator für keines der vielen Aktionsprojekte entscheiden und verlegte sich schließlich auf Unterhandlungen. Als diese aber zu keinem Resultat führten, räumte er am Morgen des 3. März mit den Resten der Aufständischen die Stadt und

') Dies waren die in Wieliczka vernommenen, rasch aufeinander- folgenden Kanonenschüsse.

Hi*

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J a o n b 6 D z.

trat sodann bei Chelmek auf preußisches Gebiet über, wo die Insurgenten zur Waffenstreckung genötigt wurden.

GM. Collin setzte am 28. Februar die österreichischen Behörden in Podgörie wieder ein und beabsichtigte nach Ein- treffen weiterer Verstärkungen und nach Herstellung der von den Insurgenten am 27. teilweise zerstörten Weichselbrüoke. Krakau abermals zu besetzen. Schon an diesem Tage langten aus Wadowice das 1. Landwehrbataillon des Infanterieregi- ments Hochenegg Nr. 20, eine Division des Infanterieregiments Schmeling Nr. 29 und eine Eskadron von Kaiser-Chevau- legers au, welchen am 1. und 2. März der Regimentsstab und zwei Divisionen von Hohenzollem - Chevaulegers folgten. Diese Verstärkungen erlaubten es dem General, dem Ansuchen des in PodgörZe eingetroffenen Oberstleutnants Benedek Folge zu geben und die aus Bochnia nach Wieliczka gelaugten Truppen ablösen und sie wieder nach dem ersteren Orte rückkehren zu lassen. Ebenso blieben Wadowice, Kalwarya, Izdebnik und Myslenice an der Straße nach Lemberg von den Truppen Co Hins und anderen nachrückenden Ab- teilungen besetzt, denn nebst dieser um Podgörze schon ver- sammelten Trujjpenmacht rückten jetzt von allen Seiten größere Streitkräfte gegen das Aufstandsgebiet heran. So zunächst Teile des Korps FML. Graf Wrbna, dessen Aufstellung am 2.5. Fe- bruar befohlen worden war, welches jedoch in der gedachten Zusammensetzung nicht mehr zur Aktion kam ‘).

*) Dieses Korjis sollt« bestehen aus :

der Truppendivision GM. Graf üyulni mit der

Brigade G.M. von Collin:

1 Bataillon des Xnfanterieregimonts Nr. 30;

1 Bataillon (Landwehr) des Infan-

terieregiments Nr. 20;

2 Bataillone des Infant«rieregiinent.s

Nr. 29;

1 Bataillon des Infanterieregiments

Nr. 51) ;

2 Eskadronen des Chevaulegeis- regiment-s Nr. 1;

'/j Batterie und

.3 Kompagnien Krakauer Miliz.

Brigade GM. von Malter:

2 Bataillone des Infanterieregiments Nr. fj4;

8 Eskadronen des Chevanlegers- regiments Nr. 2;

1 Batterie (für die Brigade Collin bestimmt, von welcher di« zweite Iliilfte m die Reserve eingeteilt werden sollte) ;

1 seehspfündige Kavalleriebatlerie.

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Die Bosetzang von Krakau 18<6.

245

Auch Erzherzog Ferdinand in Lemberg hatte zur Unterstützung der Brigade Collin anfänglich die Aufstellung einer mobilen Truppendivision angeordnet; die Ausführung dieser Maßregel unterblieb jedoch infolge der von Wien aus getroffenen Verfügungen.

Dagegen hatte der Gouverneur von Polen, FM. Fürst Paskiewitsch, gleich zu Beginn der Unruhen im Krakauer Gebiet, dem dortigen russischen Residenten ein Bataillon Infanterie zur Verfügung gestellt. Dasselbe war schon am 2t. Februar in Michalowice an der Grenze, 13 Kilometer nördlich Krakau eingetroffen, hatte sich aber wegen der im König- reich Polen selbst drohenden Unruhen sogleich wieder nach Miechow zurückgezogen. Auf die Nachricht von der zuneh- monden Ausbreitung des Aufstandes wurden nun russiseher- seits 16 Bataillone Infanterie, 8 Eskadronen Kavallerie, 9 Sot- nien Kosaken und 20 Geschütze, unter GL. Panjutin, gegen die Grenzen der Republik und Galiziens in Bewegung gesetzt und vom Fürsten Paskiewitsch dem Erzherzog Ferdinand, Gouverneur von Galizien, zur Verfügung gestellt*).

Die preußische Regierung hatte ebenfalls auf Grund des Berichtes ihres Residenten in Krakau, zuerst 1 Bataillon In-

dann der Truppendivision (IM. Graf Schaffgotsclie, mit der

Brigade GM. Graf Nobili:

2 Bataillone des Infanterieregiments Nr. 4;

2 Bataillone des Infanterieregiments Nr. 8;

1 Batterie

Brigade GM. Für.st Eduard Schwarzenberg:

2 Bataillone des Infanterieregiments Nr. 11;

2 Bataillone des Infautorieregimonts Nr. 36;

I 1 Batterie

und zwei KriegsbrUckenequipagen.

Von diesen Truppen stand die Division Gyulai schon am 28. Fe- bruar zwischen Podgurie und Bielitz, die Division Schaffgotsclie befand sich noch im Anmarsch aus Mähren, Böhmen und Niederösterreich ; der Korpskomraandant und die beiden Divisionäre aber waren noch in Wien.

*) Paskiewitsch schrieb an den Erzherzog Ferdinand nach

Lemberg von Warschau aus am 25. Febniar 1846: „si vous

jugez convenable de faire entrer nos troupes sur le territoiro de la Oalicie, veuillez oharger cet ofticier [Adjutanten des i'ürsten und tlber- bringer des Briefes] de leur porter vos ordres ils y obeiront sur le cbanip,’’ . . .

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24() Jacabene

fanterie, 2 Küinpagnien Jäger und 4 Eskadronen Kavallerie an die Grenze beordert.

Nach dem Rückzug Collins aus Krakau wurden diese Truppen auf 6 Bataillone, (i Eskadronen und 15 Geschütze verstärkt, dem kommandierenden General des 6. Armeekorps, GL. Graf Brandenburg, aber der Befehl erteilt, sich per- sönlich an die Grenze zu begeben, wie überhaupt auch preußischerseits das größte Entgegenkommen bei der Unter- drückung des Aufstande.s hen’schte ').

St> standen anfangs März an den Grenzen der Republik Krakau zirka 30.0ÜO Alann österreichischer, russischer und preußischer Truppen, bereit, den durch die Gefechte bei Gdöw und Podgörie eingeleitetcn Pazifikationsakt zu vollenden.

Die zweite Besetzung von Krakau.

Angesichts solcher Vorkehrungen mußten die einsichts- volleren Elemente in Jvrakau, darunter auch der Diktator, wohl zur Erkenntnis gelangen, daß jeder fernere Widerstand vergeblich sei.

Zur Anknüpfung von Unterhandlungen sandte daher Tyssowski am 2. März mehrere Parlamentäre an GM. Collin ab, die aber von letzerem mit der Weisung zurück- geschickt wurden, daß er mit Rebellen nicht unterhandle, sondern nach Herstellung der Weichselbrücke mit bewaffneter Hand in Krakau einrücken werde, um die völlige Unterwer- fung zu erzwingen.

Diese Antwort bestimmte nun den Diktator in der Nacht vom 2. zum 3. März zur Räumung der Stadt Krakau und zum Abzug der Bewaff'neten auf preußisches Gebiet, worauf am folgenden Morgen eine aus angesehenen Bürgern von

’) Der prouliische Minister Graf Kanitz schrieb diesfalls dem am Wiener Hofe akkreditierten iireußi.schen Gesandten unterm 23. Fe- bruar 184t) : sollten die kaiserlichen Truppen Schwierigkeiten

finden, die Weichsel bei Podgörie zu überschreiten, so unterliegt es nicht dem geringsten Bedenken, daß dieselben sowohl bei Benin den FTuß passieren, wie überhaupt durch diesseitiges Gebiet marschieren

können, um nach Krakau zu gelangen (Diese Note wurde vom

Fürsten Metternich dem Präsidenten des Hofkriegsrates Grafen Hardegg raitgeteilt.)

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Die Besetsang von Krakau 1H16.

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Krakau bestehende Deputation dem GM. Collin die un- bedingte Unterwerfung der Stadt unter den Willen der drei Schutzmächte ankündigte. Mit Zustimmung Gollins hatte sich diese Deputation, wie schon am 22. Februar, wieder als „Sicherheitskomitee” konstituiert und dem General alle Bürg- schaften geboten, daß der Besetzung dei- Stadt durch die Österreicher von der einheimischen Bevölkerung keinerlei Widerstand entgegengesetzt würde. -

Ohne erst die Mitwirkung der preußischen Truppen ab- zuwarten, mit deren Kommando in Benin sich GM. Collin am 2. März in Verbindung gesetzt und erfahren hatte, daß dieselben erst in 6 bis 7 Tagen vorrücken könnten, beschloß der österreichische BefehUhaber seinem schon früher gefaßten Entschluß gemäß, sofort Krakau zu besetzen. Doch ging die Herstellung der Weichselbrücke trotz aller aufgewandten Mittel sehr langsam von statten. An Stelle der abgehauenen Seile mußten neue herbeigeschalFt werden, indes der Wasser- stand des Flusses fortgesetzt stieg, wodurch wieder eine Ver- längerung der Brücke an beiden Enden notwendig ward.

So geschah es, daß die Küssen den Österreichern in der Besetzung von Krakau zuvorkamen ; sie hatten eben kein solches Marschhindernis, wie es die unüberbrückte Weichsel darstellt, vor sich.

Gegen 4 Uhr nachmittags wurden am jenseitigen Ufer des Flusses russische Stabsoffiziere in Begleitung von Tscher- kessen sichtbar: die Offiziere übersetzten auf einem Kahne die Weichsel und zeigten dem österreichischen General das Herannahen der russischen Truppen an.

Nach kurzer Besprechung entfernten sich die russischen Offiziere, worauf GM. Collin die Krakauer Miliz, vier Kompagnien von Schmeling-Infanterie und die Mnjorsdivision von Kaiser-Chevaulegers zum Einmarsch in Krakau be- stimmte. Für Geschütz war die Brücke an diesem Tage überhaupt nicht und auch für Kavallerie nur höchst schwierig zu passieren.

Endlich gegen 5 Uhr nachmittags W'ar dieselbe not- dürftig soweit hergestellt, daß der Übergang beginnen konnte. Die vier Kompagnien von Schmeling-Infanterie besetzten

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Jftonbens-

gemeinschaftlich mit den Russen das Schloß und die Haupt- wache, indessen die Miliz die übrigen Wachen, die Kavallerie ein Biwak auf dem Ringplatz bezog.

Fortwährend rückten russische Infanterie- und Kosaken- abteilungen, mit 12 Geschützen, nach und nahmen in den verschiedenen Stadtteilen Aufstellung. Sjiät abends kamen auch die russischen Generale Panjutin und Rüdiger an.

Zur Verfolgung der abgezogenen Insurgenten war rus- sischerseits eine mehrere hundert Mann starke Truppen- abteilung ausgesendet worden, die aber nur mehr auf einzelne Nachzügler stieß, das Gros der Insurgenten jedoch nicht einholte. Letzteres hatte am 3. März die preußische Grenze noch nicht erreicht, doch hatten dessen vorausgeschickte Parlamentäre mit den preußischen Militärbehörden bei Chelmek wegen des Übertrittes Verhandlungen angeknüjift.

Der Kommandant des neuaufgestellten österreichischen Korps, FML. Graf Wrbna und der zweite Divisionär GM. Graf Gyulai trafen an diesem Tage, von Wien kommend, erst in Bielitz ein. Die von hier abgesendete schriftliche Weisung des erstoren an GM. Collin, ohne seinen ausdrücklichen Befehl durchaus nichts zu unternehmen *), erhielt letzterer erst um halb 3 Uhr morgens des 4. Mörz in Krakau, als die drin- genden Umstände ihn bereits zur Besetzung der Stadt ver- anlaßt hatten*).

') In iilinlichem Sinne berichtete FML. (traf M'rbna, d. d. Bielitz, 3. März 184t>, auch an den Präsidenten des Hofkriegsrates; . . . . Hin- sichtlich der .-Vnträge zur Cbergabe Krakaus habe ich General Collin befohlen, ganz allein auf die unbedingte Ergebung der Stadt cinzugehen, und dali er für den Fall der Annahme dennoch au mich hierüber zu berichten habe und daü nie die Bede vou irgend einer Kapitulation sein könne.”

*) Trotz dieses, die Tatkraft Coli ins eher lähmenden Befehles aber, scheint FML. (traf Wrbna. wohl in seinem Unmut darüber, daß die Bussen mit der Besetzung von Krakau unseren Truppen zuvor- gekoinmon waren, wie auch Ober das seiner Ansicht nach nicht genOgeud energische Benehmen Collins, sehr ungehalten gewesen zu sein; denn bald nachher, auf dem Bericht fehlt das Datum, schrieb

er an deu Präsidenten des Hofkriegsrates: erst als FML.

Graf Castiglione, durch seine Instruktion gezwungen sich zu Sr kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Ferdinand zu begeben, wieder von Podgöräe entferin-n mußte, fing die Taktlosigkeit in letzterem

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Die BeBOtsang von Krakau ISMi.

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Am 4. März kam FML. Graf Wrbna nach Krakau und nun wurde der gemeinschafrliche Wachdienst, und zwar vor- erst nur zwischen den Österreichern und Russen vereinbart sowie auch österreichischerseits Streifkommanden in das Land- gebiot entsendet, welche noch zahlreiche, versteckt gehaltene Insurgenten aufgriffen und einbrachten.

Am selben Tage streckten die mit dem Diktator aus Krakau abgezogenen Insurgenten, etwa 800 Mann, an der preußischen Grenze die Waffen') und wurden nach der Festung Kosel abgeführt.

Die den Insurgenten nachsetzenden Kosaken hatten sich um zwei Stunden verspätet.

Nunmehr rückten am 5. März auch preußische Truppen in der Stärke von etwa 4000 Mann in das Krakauer Gebiet ein. GL. Graf Brandenburg war denselben nach Krakau voraus- geeilt, daher konnten die höchstanwesenden Generale der drei Schuf, zmächte unter Beiziehung der Residenten Österreichs und Rußlands der preußische W’ar noch nicht rückgekehrt ohne V'erzug über die nächst zu verfügenden Maßnahmen beraten. Hiebei vertrat FML. Graf Wrbna mit Geschick die Interessen Österreichs-) und die verwickelten Ver- handlungen hatten zum Ergebnis, daß die provisorische Verwaltung der Republik an Österreich übertragen wurde. 3 Bataillone, 2 Eskadronen und 1 Batterie österreichische Truppen wurden als Stadtbesatzung bestimmt, während das

Orte wieder an, welche das traurige Resultat lierbeiführto, daß es sich ereignen konnte, daß ein dsterreichischer Oeneral vor einer unbesetzten Stadt stehen blieb, französische Sprnchmeistcr und Schuljungen als Parlamentilre empfing, dieses Gesindel sich unanständig impertinent gebärden ließ, während die Russen mit zwei Bataillonen die verlassene .Stadt besetzten . . . .”

') FML. Graf Wrbna berichtet hierüber aus Krakau, 5. März lS4(j. an den Präsidenten des Hofkriegsrates: ,,.... Major Graf Festetics, den ich zu den preußischen Truppen sandte, war bei ihrem [der Insur- genten] Übergang zugegen und meldete, wie selbe von den Preußen äußerst schonend behandelt w’urdou, welche den sogenannten Offizieren ihre Pferde ließen und nur die Ablegung der Watten forderten.

’) Note des Staatskanzlers Fürsten Metternich an den Präsi- denten des Hofkriegsrates, d. d. Wien, 14. März lS4ü: . . . . daß P.ML Graf Wrbna sich mit vieler Klugheit benommen zu haben scheint . . .

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J a c u b e n X.

östliche Landgebiet 2 Eskadronen russische, das westliche aber 2 Bataillone und 2 Eskadronen preußische Truppen besetzt halten sollten.

Am 8. März übernahm FML. Graf Castiglione die Leitung der provisorischen Regierung und am 12. März be- zogen die hiezu bestimmten Truppen ihre Garnisonen. Die Brigade Collin kam nach Bochnia in ihr früheres Verhältnis zur Division Csollich, wogegen Krakau, PodgörÄe und Wado- wice von Truppen des wieder aufgelösten Korps Wrbna besetzt und dem Kommando des FML. Castiglione unter- stellt wurden.

Im Gebiet der Republik herrschte fortan Ruhe; wohl fanden noch fortgesetzt Verhaftungen statt, ein bewafiheter Widerstand zeigte sich jedoch nirgends mehr.

Zur endgiltigen Regelung der Verhältnisse des Krakauer Gebietes traten hierauf Bevollmächtigte der drei angrenzenden Schutzmächte in Wien zusammen; ihre Beratungen hatten zur nächsten Folge, daß die Besetzung des ganzen Gebietes ausschließlich Österreich übertragen wurde. Diesem nach lösten am 13. Juli 184(1 zwei österreichische Bataillone die im Land- gebiet verteilten russischen und i)reußischen Trujjpen ab.

Die weiteren Konferenzen der verhandelnden Grenz- mächte führten endlich zum übereinstimmenden Beschluß, den kleinen Staat, welcher immer nur eine Quelle der Ver- legenheiten für seine Nachbarn gewesen war, gänzlich zu unter- drücken. So wurde am 6. November 1846 die Einverleibung desselben in die österreichische Monarchie’) beschlossen und zehn Tage später fand in feierlicher Weise die Eitisetzung der österreichischen Ämter statt.

FML. Castiglione übergab die Leitung der Re- gierungsgeschäfte dem neuernannten Hofkommissär Grafen Deym, welcher nunmehr die Verwaltung nach österreichischem Muster einzurichten hatte.

Der letzte Rest von Selbständigkeit des alten Polenreiches war damit verschwunden.

') Im .Jahre 18^19 wanle das Gebiet von Krakau mit Galizien vereinigt.

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Aufmarsch der österreicliisclien Armee

gegen die

Revolution im Oktober 1848.

Von

Hnuptinauu Czeike.

(Mit einer Beilage)

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Die revolutionären Bewegungen des Jahres 1848, von Paris ihren Ausgang nehmend, hatten auch Österreich nicht verschont.

Nach den verhängnisvollen Ereignissen der Wiener Märzrevolution, deren Errungenschaften Preßfreiheit, Er- richtung der Nationalgarde, Zusicherung einer konstitutio- nellen Verfassung mit Jubel begrüßt wurden, war in der Residenz momentan Ruhe eingetreten, die Bewegung jedoch keineswegs zum Stillstand gebracht worden.

Schon anfangs April gewann die Partei des Umsturzes wieder die Oberhand und Volksversammlungen, in welchen fanatische Reden gehalten wurden, Katzenmusiken. Straßen- skandale und Exzesse des Pöbels standen auf der Tages- ordnung.

Die gesetzliche Gewalt lag in vollständiger Apathie, das Ministerium schritt nirgends energisch ein.

Am 25. April erschien die neue Verfassung. Anfänglich mit Begeisterung aufgenommen, genügte sie schon nach kurzer Zeit als oktroyiert den Führern der Volks- bewegung nicht mehr ; die Aufregung wuchs neuerdings und machte sich schließlich in der ,, Sturmpetition” des 15. Mai in der Hofburg Luft, welche die Aufhebung der Verfassung und die Einberufung eines konstitutionellen Reichstages verlangte.

Kaiser Ferdinand bewilligte zwar auch diese Forde- rungen, verließ aber nach diesen Vorgängen am 17. Mai Wien und begab sich mit der kaiserlichen Familie in den Schutz seiner getreuen Tiroler nach Innsbruck.

Die nun vom Ministerium verfugte Auflösung der aka- demischen Legion der Quelle steter Beunruhigung führte am 26. Mai zum oifenen Aufruhr und Barrikadenbau.

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G z e i k e.

Das Ministerium mußte seine Anordnungen zurück- nehmen, die ausgerückten Truppen wurden wie immer nach passiver Verwendung zurückgezogen, der Terrorismus der Massen hatte neuerdings gesiegt.

Weder der später tagende Reichstag, noch die Rückkehr des Kaisers nach Wien konnten der in der Folge in Permanenz tretenden Revolution mehr Einhalt tun und von Forderung zu Forderung, von Aufruhr zu Aufruhr, von Konzession zu Konzession, gelangte so Österreich schließlich zu jenen schaudererregenden, die gänzliche Anarchie betäti- genden Ereignissen des 6. Oktober.

Das Signal zum Ausbruch der oÖenen Empörung in Wien gab der vom Kriegsministerium anbefohlene Abmarsch des Grenadierbataillons Richter *) aus Wien nach Ungani, welchen die Partei des Umsturzes um jeden Preis zu ver- hindern trachtete.

Am 6. Oktober wurde dieses Bataillon auf der Tabor- insel von den dort angesammelten Volksmassen aufgehalten und zersprengt.

Das zur Unterstützung herbeieilende Bataillon des In- fanterieregiments Nassau Nr. 15 geriet bei dieser Gelegenheit in einen blutigen Kampf mit dem Volke und trat auf Befehl den Rückzug in die Stadt an.

Auf die Nachricht von diesen Vorgängen hatte der Kriegsminister FZM. Graf Baillet von Latour die Truppen der Garnison um 2 Uhr nachmittags alarmieren lassen, worauf sich diese am Josefstädter Glacis sammelten.

Die aus den Gronadierbataillonen Strastil, Gans und Schwarzl bestehende Grenadierbrigade erhielt den Befehl, zur Unterstützung der bedrohten Truppen zur Taborlinie abzu- marschieren ; sie fand aber dort den Kampf bereits beendet und rückte gegen 5 Uhr nachmittags auf das Glacis vordem

') Dieses Bataillon bestand aus den Grenadierdivisionen der In- tantcriercf;imonter Leopold Großherzog von Baden Nr. 59 (seit 1852 FZM. Erzherzog Rainer), FML. Heinrich Ritter von Heß (auf immer- währende Zeiten F’.M. Heinrich Freiherr von Heß) und FML. Johatm Freiherr Ilrabovsky von Hrabova Nr. 14 (seit 1898 Emst Ludwig Groß- herzog von Hessen und bei Rhein). Bataillonskommandant war Major Richter von Binnerithal des Infanterieregiments Nr. 14.

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Aufmarsch der üsterreicbiscbon Armee gegen die Revolution 255

Frauzenstor ein, wo sie sich mit den übrigen Truppen der Garnison wieder vereinigte.

Mittlerweile war es auch in der Inneren Stadt zum Kampfe zwischen dem Militär und den aufgewiegelten Volks- massen gekommen.

Die V'eranlassung hiezu gab ein blutiger Zusammenstoß der beim Stephansturm aufgestellten Nationalgarden des Kärntner\dertels mit jenen der Vorstadt Wieden, welcher zum Kinschreiten militärischer Kräfte nötigte.

Zur Herstellung der Ordnung w'urden über Befehl des Kriegsministers um 2 Uhr nachmittags zwei Kompagnien Pioniere mit zwei Geschützen auf den Stephansplatz entsendet.

Am Graben kam es hiebei zu einem erbitterten Kampf, in dessen Verlauf die Pioniere durch die Bogner- und Nagler- gasse und mit dem zu ihrer Verstärkung eingetroffenen Land- wehrbataillon von Nassau Nr. 15, über den Hof und die Freimig znrückgedrängt wurden und den Rückzug aus der Stadt auf das Glacis antreten mußten *

Der Kriegsminister Graf Latour hatte noch während dieses Kampfes, über Drängen des im Kriegsministerium ver- sammelten Ministerrates, den Befehl zum Einstellen des Feuers ergehen lassen ; doch weder diese Maßregel noch dessen etwas später eigenhändig niedergeschriebene Rücktritts- erklärung konnten ihn mehr vor der sinnlosen Wut des in das Kriegsministerium eingedrungenen Pöbels retten.

Nach den scheußlichsten Mißhandlungen fiel dieser edle Greis unter den Händen einer entmenschten Mörderbande seiner Pflichttreue zum Opfer.

Dem kommandierenden General, FML. Grafen Auers- perg, war zwar vom Kriegsminister der Befehl übersendet worden, vom Glacis aus in drei Kolonnen durch die Stadttore gegen das Kriegsministerium am Hof vorzudringen, allein dieser Befehl wurde schon bei Beginn der Vorrückung durch Latour selbst wieder rückgängig gemacht und so der letzte günstige Moment versäumt, dessen Leben und die Innere Stadt zu retten ®).

‘) Details über diesen Kampf siehe: Brinner, Geschichte des k. und k. Pionierregiments, li, 5,5 und Duuder, Denkschrift über die. Wiener Oktoberrevolution, 125.

*) Hübner, Ein Jahr meines Lebens 1848— 1H4!), 223.

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C z e i k e.

Gegen 5 Uhr nachmittags war die ganze Stadt von den Truppen geräumt; nur das kaiserliche Zeughaus wurde noch von einer kleinen Schar bis zum Morgen des 7. Oktober heldenmütig verteidigt und dann erst auf Befehl Auerspergs einer Deputation des Reichstages, gegen freien Abzug der Besatzung, übergeben.

Wien befand sich vollkommen in den Händen der Auf- ständischen ; die Revolution hatte ihren Höhepunkt erreicht und die Monarchie ging ihrer Auflösung entgegen, weim es nicht gelang der einreißenden Anarchie rechtzeitig Herr zn werden.

Grollend, aber in altgewohnter Disziplin schweigend, den Säbel in der Scheide, hatte Österreichs pflichttreue Armee dem tollen Treiben um sich her machtlos zusehen müssen, jetzt war endlich der Moment gekommen, den sie so sehnlichst erwartet hatte, mit der Schärfe ihres Schwertes Ordnung zu machen in Österreich.

Nur diese vielgeschmähte Armee konnte in dem allge- meinen Chaos noch Rettung bringen und sie hat sie gebracht.

Allein der größte Teil derselben kämpfte unter dem greisen Marschall Radetzky gegen den äußeren Feind, auf den Schlachtfeldern Italiens seine siegreichen Fahnen mit neuen Lorbeeren schmückend ; im Innern der Monarchie war nur ein geringer unentbehrlicher Teil zurückgeblieben, um die sich allerorts geltend machenden revolutionären Tendenzen niederhalten zu können.

Auf die Heranziehung der in Ungarn stehenden Regi- menter war nicht zu rechnen, denn diese unterstanden dem dortigen selbständigen Ministerium, der weitaus größte Teil derselben w'ar überdies in die ungarische Revolution mit hin- eingezogen worden und ebensowenig konnte die kroatisch- slavonische Armee unter Jellacic in Betracht kommen, die im Kampfe mit der ungarischen Armee noch um die Palme des Sieges stritt.

Zur Niedertverfung Wiens standen somit vorläufig außer den schwachen Kräften der Wiener Garnison nur die im Norden der Monarchie aufzubringondon Streitkräfte, deren Kenr die in Böhmen befindlichen Truppen bilden mußten, zur Verfügung.

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Aufmarsch der österreichischen Armee gegen die Revolation 1S18. 257

Wer aber sollte bei dem ratlosen Zustand der Monarchie und in dieser Zeit, in welcher jede Autorität der legitimen Staatsgewalt zusammengebrochen und die Armee nach der Ermordung ihres Kriegsministers gleichsam verwaist war, diese durch große Räume getrennten Truppen ohne Zeitverlust in Bewegung setzen, sie vereinigen und zum entscheidenden Schlage führen ?

Nur einer war im stände, diese so überaus schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe zu lösen, ein Mann, zu welchem die ganze außeritalienische Armee, seit den März- tagen unaufhörhehen AngriflEen schutzlos preisgegeben, ge- demütigt und erniedrigt, mit unbedingtem Vertrauen empor- sah, in dessen rettende Kraft sie allein alle ihre Hoffnungen setzte und dieser Mann war der Kommandierende in Böhmen, FML. Alfred Fürst zu Windisch-Grätz.

Seine Energie und Konsequenz der Revolution gegen- über, hatte der Fürst schon zweimal betätigt.

Im März 1848 als Zivil- und Militärgouverneur mit un- umschränkter Vollmacht zur Leitung der Staatsgoschäfte be- rufen, war es ihm durch kraftvolles Auftreten gelungen, dem weiteren Umsichgreifen der revolutionären Bewegung einen mehrwöchentlichen Stillstand zu gebieten und die einstürzende .''taatsmaschine auf die Dauer seiner Vollmachten zu erhalten.

Auf seiner Besitzung in Lesko'), wohin sich der Fürst nach seinem Rücktritt, Erholung suchend, zurückgezogen hatte, traf ihn die Nachricht von den revolutionären Ereig- nissen des 15. Mai in Wien und er eilte nun sofort auf seinen Posten nach Böhmen mit dem festen Entschluß, dieses ihm anvertraute Königreich dem Zepter Seiner Majestät zu erhalten.

Mit eiserner Strenge warf er in Prag den Juniaufstand nieder, übte aber, trotzdem ihm seine Gemahlin ermordet worden war und sein ältester Sohn schwer verwundet dar- niederlag, mit seltener Großmut und geradezu heroischer Selbstüberwindung Milde und beruhigte das Land.

Der herrliche Geist seiner Truppen, ihre Treue und An- häiighchkeit an die Person des Fürsten, hatten sich bei dieser Gelegenheit glänzend bewährt.

'} Bei Tymau in Ungarn.

&litt«ilangen des k. and k. Kriegsarebivs. Dritte Feige. IV. Üü, 1 1

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C X e i k e.

Von den Parteien des Umsturzes ebensosehr gehaßt und angefeindet als gefürchtet, von seinen Soldaten aber geliebt und verehrt, sah Windisch-Grätz im Vertrauen auf diese braven Truppen, gegen deren Verminderung er sich wieder- holt energisch wehrte *), fest und unerschrocken den kommen- den Ereignissen entgegen, die sein klarer Blick längst voraus- gesehen hatte.

Die stetig sich erneuernden revolutionären Vorgänge in Wien ließen den baldigen Ausbruch einer offenen Empörung der Residenz nicht mehr bezweifeln.

Fürst Windisch-Grätz war für diesen Fall fest ent- schlossen, mit den in Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien entbehrlichen Truppen*), rasch gegen Wien zu operieren, die Residenz, wenn nötig, mit Waffengewalt zu unterwerfen und so nach Besiegung der Revolution den Boden des Rechtes und der Gesetzlichkeit zu schaffen, auf welchem die Monarchie in ihrer alten Kraft wiederhergestellt werden konnte.

Staatsmann und Feldherr zugleich, hatte er für diesen Zweck seit Monaten in aller Stille seine Vorbereitungen getroffen.

Im Besitz des unbedingten Vertrauens des Kaisers Ferdinand und dessen hochherziger Gemahlin, der Kaiserin Maria Anna, fand der Fürst einerseits die so notwendige Unterstützung zum energischen Handeln, andererseits wurde er hiedurch auch in die Lage versetzt, auf die Entschlüsse des kaiserlichen Hofes Einfluß zu nehmen.

Zwischen Latour und Windisch-Grätz kam es wegen der Inmarschsetzung von Truppen aus Böhmen auf den italienischen Kriegs- schauplatz zu wiederholten .Auseinandersetzungen. „Wenn man so fort macht,” schrieb er an Latour, „geht man dem Untergang entgegen; die Dinge sind soweit gediehen, dajl sich Wien nur durch die Gewalt der Waffen zur Ordnung zurückführen läßt. Jlan möge sich darülier keinen Täuschungen hingeben; ich für meinen Teil kann um Italien willen die böhinischo Armee durch Entziehung ihrer besten Truppen nicht schwächen la.ssen.” (Helfert, Geschichte Österreichs vom Ausgang des Wiener Oktoberaufstandes 1848, I, 77.) Don mehrfachen energischen Vor- stellungen des Fürsten gelang ea schließlich, weiteren Truppenver- minderungen in Böhmen, dessen Armeekorps schon auf den Stand von 23 Feldbataillonen, 34 Eskadronen und 48 bespannte Geschütze herah- gesunken war, Einhalt zu tun. (K. A., Kriegsgeschichtliche Elaborate. 6.)

*) Diese Truppen werden in der Folge als „Nordarmee” bezeichnet.

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Aafmarscb d«r österreicbisohen Armee gegen ilie BoTolutiou 1848.

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Oberstleutnant Baron Langenau ging in geheimer Mission an den kaiserlichen Hof nach Innsbruck ab und brachte von dort in einem kaiserlichen Handschreiben dem Fürsten die erbetene Vollmacht, im Falle eintretender Not- wendigkeit über die Streitkräfte der Monarchie, mit Ausnahme jener der italienischen Armee, unumschränkt zu verfügen.

Durch den Generaladjutanten des Kaisers, den Fürsten Lobkowitz und durch Oberstleutnant Baron Langenau stand der Fürst in stetem Verkehr mit dem Hofe.

Er unterbreitete auch Seiner Majestät den Rat, sich bei einer eintretenden Katastrophe mit der kaiserlichen Familie unter dem Schutze verläßlicher Truppen, welche zu diesem Zwecke in der Nähe bereit gehalten werden sollten, von Schönbrunn nach Olmütz zu begeben.

An die kommandierenden Generale in Mähren und Galizien FML. Fürst Reuß-Köstritz und Freiherr von Hammerstein hatte sich Windisch-Grätz mit dem Ansuchen gewendet, ihn eintretenden Falles schleunigst durch Truppensendungen zu verstärken.

Endlich waren für die Truj^peu in Böhmen und für jene, welche in Mähren entbehrt werden konnten, die Marsch- pläne gegen Wien bereits vorbereitet.

So war in eben dem Maße, als die Revolution die Monarchie an den Rand des Verderbens brachte, auch die Kraft gewachsen, die sie vernichten sollte.

Österreich fand in einer seiner schwersten Krisen das, was es brauchte : Eine pflichttreue opferwillige Armee und den Mann, der sie zum Siege führte.

Bildung der Südarmee vor Wien.

Nach der Ermordung Latours war der Oberbefehl über die am Glacis konzentrierten Truppen der Garnison Wien in die Hände des kommandierenden Generals FML. Grafen Auersperg übergegangen.

Sie blieben bis zum Einbruch der Dunkelheit am Glacis stehen und marschierten sodann in die Position des fürstlich Schwarzenbergschen Gartens und des b. k. Belvederes.

In einem Bericht an den Kaiser motivierte Graf .Auersperg diesen Entschluß damit, daß er die schwache

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O z o i k e.

Garnison in ihren Kasernen vor den Angriffen des fanati- sierten, durch die Plünderung des Zeughauses mit Waffen aller Art versehenen Pöbels nicht sicher glaubte, hauptsäch- lich aber dieselbe den immer erneuten Verlührungsversuchen entrücken wollte*).

Die Truppen biwakierten in der Nacht vom 6. zum 7. Oktober, nachdem die nötigen Sicherheitsmaßregeln ge- troffen waren, teils im oberen Belvedere- und Schwarzenberg- garten, teils in der Heu- und Rennweggasse.

Der Stand derselben am 7. Oktober, nach Abzug der Brigade GM. Parrot, welche den Kaiser mit dem gesamten Hof- staat an diesem Tage nach Olmütz begleitete, war folgender*);

Infanterieregiment Herzog von Nassau Landwehrbataillon Erzherzog Stephan

Bianchi

Khevenhüller . . .

Grenadierbataillon Gaus

Strastil ....

Schwarzl

Pionierbataillon

Wrbna-Chevaulegers

,S b('spannte sechspfündige Batterien . .

3 Bataillone,

1

1

7)

77

Vo

77

Vc

6 Eskadronen, 18 Geschütze,

Zusammen: 8*'c Bataillone, 0 Eskadronen, 18 Geschütze.

Die Position im Schwarzenberggarten und k. k. Belvedere, in welcher diese Truppen bis zum Morgen des 12. Oktober lagerten, mußte vor allem gegen einen eventuellen Angriff der Aufständischen für die Verteidigung in stand gesetzt werden.

Um eine direkte Verbindung zwischen diesen Objekten herzustellen, wurden die beide Gärten trennenden Mauern von den Pionieren durchbrochen und Kommunikationen hergestellt.

Die Position des oberen Belvedere verstärkte man durch fünf Geschütze einer sechspfündigen Fußbatterie, von welchen drei auf dem Linienwall nächst der Belvederelinie und zwei zur Sicherung des Haupteinganges in das obere Belvedere und zur Bestreichung der Heugasse aufgestellt waren.

*) K. A., F. A. 184S, Cernierung Wiens, X, 60'IS. ’) K. A., Haudschriftliche Elaborate.

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AafiuArsch der üsterreicbischen Armee gegen die Revolution 1848. 261

Das in die Heugasse führende Tor wurde durch einen Erdaufwurf für Geschützplacierung hergerichtet, die Mauer- einfassung des Hoffaunies durch vorgerichtete Bankette, Schießscharten etc. in Verteidigungsstand gesetzt und das den inneren Hofraum beherrschende dreistöckige Gebäude zur Nachtzeit von einem Detachement besetzt.

Nachdem so das obere Belvedere gegen jeden Überfall gesichert war, schritt man zum Bau von hölzernen Baracken längs der den botanischen Garten abschneidenden Mauer, um die Pferde und das Material der Infanterie- und Pionier- truppe unterzubringen.

Zur Verhütung einer Feuersgefahr durch Brandraketen wurde durch die Herbeischaffung von Feuerspritzen, Feuer- leitern, Wassereimcrn etc. Vorsorge getroffen und diese im oberen Belvederehof beim Wasserbassin in Bereitschaft ge- halten.

Für den Fall einer Vereinigung oder wechselseitigen Unterstützung der Kräfte des Banus Jellaöic mit jenen .■Vuerspergs ließ letzterer über den Wr.-Neustädter Kanal zwischen Simmering und dem Laaorberg drei Brücken schlagen, welche in der Entfernung von 300 Schritten nebeneinander am 11. Oktober durch eine Pionierkompagnie fertiggestellt wurden.

Das Hau])tquartier, sowie die gesamte Generalität, be- fanden sich im Schwarzenbergschen Palais ; das Kommando im oberen Belvedere führte Oberst Fürst Jablonowski.

Die Aufstellung der Truppen war am 7. Oktober dahin abgeändert worden, daß Wrbna-Chevaulegers außerhalb der Belvederelinie mit der Front gegen den Südbahnhof auf- gestellt und die beiden Feldbataillone von Nassau zur Be.setzuiig dieses Bahnhofes sowie der nächstgelegenen Belvedere- und Pavoritenlinie verwendet wurden ; das Landwehrbataillon Nassau mit dem Pionierbataillon bildeten die Besatzung des oberen Belvedere und dienten zugleich als Reserve für das .^ußenfeld.

Während so im Lager alle Vorbereitungen getroffen worden waren, einem eventuellen Angriff der Aufständischen entgegenzutreten, hatte man auch auf die Sicherung des Neu- gebäudes und der Artilleriedepositorien auf der Simmeringer

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C s e i k e.

Heide Bedacht genommen, wo sich ungeheuere Vorräte an Munition und Artilleriematerial aller Art befanden.

Um diese Objekte gegen einen Überfall zu schützen, wurden die Truppen im Neugebäude durch Heranziehung des 2. Bataillons Erzherzog Wilhelm Nr. 12 aus Wiener-Neustadt verstärkt und das Kommando über diesen so überaus wichtigen Punkt am 11. Oktober dem Obersten Heller des General- quartiermeisterstabes übertragen *).

Am 9. Oktober rückte als willkommene Verstärkung das Landwehrbataillon Paumgartten, über Klosterneuburg kom- mend, im oberen Belvedere ein und mit ihm kam auch der größere Teil des durch den Kampf am Tabor versprengten Grenadierbataillons Richter zurück. Beide Bataillone wurden mit Vivats empfangen.

Die allgemeine Stimmung des Offizierskorps mag nach- stehende, bisher in der Kriegsgeschichte Österreichs noch nie dagewesene und nur durch die ganz abnormen Verhältnisse herbeigeführte Episode, näher beleuchten®).

Über Veranlassung einiger Stabsoffiziere ver.sammelten sich am 8. Oktober fast sämtliche Stabs- und Oberoffiziere der im Lager befindlichen Truppen, um sich über ihre drückende und überaus unbehagliche Lage dem siegreichen Aufstand gegenüber auszusprechen und ihren bitteren Ge- fühlen über die vorausgegangenen Ereignisse Luft zu machen.

Ein Hauptmotiv dieser Versammhmg bildete das geringe Vertrauen des Ofiizierskoqis nach oben und die Besorgnis vor weiteren nachgiebigen Maßregeln und noch stärkerer Kom- promittierung der militärischen Ehre.

Man fand die Befürchtungen über den Geist der nicht- deutschen Truppen für ungerechtfertigt und war der Ansicht, daß rasches Handeln und eine kühne Offensive gegen die Stadt noch immer die Bewältigung der Anarchie herbeiführeu könnte, dagegen eine längere Passivität der Ehre der Truppen nachteilig sei.

') Siehe hierüber auch Österreichische militärische Zoitschritt, 1849, 7. Heft

*) K. A., F. A. 1848, Cemieruiig Wiens, XIII, 33.

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Anfmarsch der österreichischen Armee gegen die Revolution 1843. 263

Das Resultat dieser Beratung war, daß aus der Mitte der Versammlung zwei Stabsoffiziere an das Generalkommando abgeordnet wurden, nm dasselbe zur Ergreifung der geeig- neten Offensivmaßregeln zu bewegen.

Diese Stabsoffiziere gelangten jedoch nicht bis zur Person des Kommandierenden.

Der im Lager anwesende Generalmajor Fürst Felix Schwarzenberg hielt jedoch im Gegensatz zu den ge- nannten Anschauungen die allgemeine Lage für äußerst kritisch.

In einem Gespräch mit dem Grafen Hübner äußerte er sich wie folgt ') :

,,Das Beispiel der Grenadiere kann ansteckend wirken, der Kommandant ist unfähig, endlich sind wir numerisch zu schwach, um einen Angriff der Insurgenten zurückzuschlagen, wenn wir ihnen die Zeit lassen sich zu verstärken oder wenn die nahende ungarische Armee ihnen die Hand reicht.”

„Der Bestand der Monarchie hängt an einem Faden. Wenn Jellacic nicht zur rechten Zeit kommt, wenn es ihm nicht gelingt die Ungarn zu verhindern, den Wiener Insur- genten die Hand zu reichen, wenn Windisch-Grätz nicht im Stande ist, seinen Marsch gegen die Hauptstadt zu be- schleunigen, wenn ein rascher Friedensschluß mit Sardinien, den ich für höchst unwahrscheinlich halte, unsere italienische Armee nicht verfügbar macht, so weiß ich wahrhaftig nicht, wo wir die Mittel nehmen sollen, um mit der Revolution fertig zu werden.”

Was das Verhältnis der im Lager befindlichen Truppen zu den Aufständischen und umgekehrt anlangt, so war das- selbe, den abnormen Zeiten entsprechend, in mehr als einer Beziehung ganz merkwürdig.

In Wien waren die Leiter der Bewegung nach dem 6. Oktober eifrigst bestrebt, die entfesselte Volksleidenschaft fortgesetzt zu steigern, um so einen direkten Angriff auf die Position Auerspergs vorzubereiten.

Der noch gut gesinnte Teil der Bevölkerung aber, zu schwach, gegen diese Agitationen offen aufzutreten, lebte iii

') Hübner, Ein Jahr meines Lebens 1848 ISiO, 228 , 229 und 2.82.

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C z e i k e.

beständiger Sorge vor einem Angriflf der Truppen Auers- ])6rgs auf die Stadt, während man im Lager hingegen die Eröffnung der Feindseligkeiten von Wien aus täglich er- wartete.

Die Verpflegung der Truppen im Lager geschah nach wie vor, wenn auch öfters nicht anstandslos, durch das Militärverpflegsmagazin in Wien und im k. k. Militärinva- lidenhaus befand sich noch immer der Platzkommandant GM. Matauschek, welcher mit dem Gemeinderat und der Reichstagspermanenz dienstlich amtierte.

Letztere war auch in Verkehr mit dem Kommandierenden getreten und stellte wiederholt und insbesondere durch eine an denselben abgesendote Kommission die Forderung, seine das Volk beunruhigende und Wien bedrohende Stellung durch Rückverlegung der Truppen in die Kasernen aufzugeben.

Graf Auersperg konnte selbstredend auf diese Forde- rungen nicht eingehen ; er versicherte jedoch mehrmals, dall er gegen die Stadt keinerlei feindselige Absichten hege, welche Erklärung zur Beruhigung der Bevölkerung in einer Proklamation des Wiener Gemeiaderutes bekannt gemacht wurde.

Am 10. Oktober gegen Mittag erschien Hauptniann Baron Jellacic, der Bruder des Banus und Chef der Sere- zaner, im oberen Lager und wurde, als Vorbote der Armee des Banus, mit einem so ungestümen Jubel empfangen, daü er Mühe hatte, sich durch das freudige Gedränge durchzu- arbeiten, um ins Hauptquartier Auerspergs zu gelangen

Der Banus von Kroatien, FML. Baron Jellacic, hatte am 11. September mit ungefähr 40.000 Kroaten und Slavoniern bei Warasdin die Drau überschritten und war, auf eigene Gefahr den Kampf gegen Ungarn aufnehmend, ohne Wider- stand bis Stuhlweißenburg vorgerückt.

Auf dem Marsche dahin stellten sich das Regiment Heinrich Hardegg-Kürassiere (seit 1. Oktober 1867 Dragoner- regiment Nr. 7) imd je eine Division von Wrbna- und KreJl- Chevaulegers (jetzt Husarenregiment Nr. 16 und ülanenregi- meut Nr. 1 1) unter seine Befehle.

') K. A., F. A. 1848, Cemierung AVions, XllI, 33.

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Anfmarscli der öüterreichisohen Armee gegen die Kevolation 1S18. 265

Bjitu Dorfe Päkozd stieß Jellacic am 29. September vormittags auf die unter Kommando des FML. Mo ga stehen- den ungarischen Streitkräfte und behauptete nach einem fast dreistündigen Kampfe das Schlachtfeld, während sich Moga über Velencze und Märtonväsär gegen Ofen zurückzog.

Abends erschienen Graf Szapäry und Oberst Kiss im Lager des Banns, um über einen Waffenstillstand zu verhandeln, welcher auf die Dauer von drei Tagen abgeschlossen wurde ').

I'ML. Jellacic sah sich jedoch genötigt, über Raab gegen die österreichische Grenze zu marschieren und traf am 5. Oktober in Wieselburg und üng.- Altenburg ein, wo er mit seinen ermüdeten Truppen eine zweitägige Rast hielt.

Als willkommene Verstärkung vereinigten sich hier noch zwei Divisionen des Regiments Kreß-Chevaulegers und am t). Oktober abends GM. Lederer, von Bruck a. d. Leitha kommend, mit einer Division Sachsen-Kürassiere (seit 1. Ok- tober 1867 Dragonerregiment Nr. 3), drei Kompagnien Erz- herzog Stephan, einer Raketen- und einer sechspfündigen Fußbatterie, mit der Armee des Banus *).

Von Altenburg aus entließ Jellacic ungefähr 10.000 ilann ungeregeltes Aufgebot mit sechs Geschützen, unter Befehl des GM. Theodorovich, zum Schutze des von Truppen entblößten Kroatien in die Heimat ’).

Am 7. Oktober abends erhielt der Banus die Nachricht von den Vorgängen in Wien und säumte nun keinen Augen- blick, um in Gewaltmärschen vor die Hauptstadt zu rücken und seine Truppen für den Dienst des Kaisers und des gesamten Vaterlandes zur Verfügung zu stellen.

Schon am 10. Oktober hatte er seine Armee südlich bei Wien versammelt und trat am selben Tage durch die Kaval- leriebrigade Lederer, welche beim Neugebäude ein Lager bezog, mit dem Korps Auersperg in Verbindung^).

*) Das Protokoll wird, nachdem es in der Literatur über das Jahr 1848 bisher noch nicht veröfientlicbt erscheint, ira Anhang 1 angeführt. Siehe auch Helfert, Geschichte Österieichs etc., 1, 4(l.h. Anmerkung 31.

’) K. A., F. A. 1.848, Korps Jellacic, X, 12.

*) Ebenda, 31.

*) Ebenda, 41.

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C z e i k e.

Ziir Beobachtung der ungarischen Grenze waren zwei Kompagnien Wiener Freiwillige Jäger und ein Zug Kreß- Chevaulegers in Bruck a. d. Leitha zurückgeblieben, welche am 11. nach Schwechat eingezogen wiirden.

Am 11. Oktober mittags fand im Wirtshaus „zum Land- gut” auüerhalb der Favoritenlinie eine Besprechung zwischen Auers])erg und Jellacid statt, bei welcher die mihtärische Lage beider Armeekorps zur Erörterung gelangte.

Die Situation derselben war zu dieser Zeit eine keines- wegs günstige zu nennen, sie konnte sich bei einem gleich- zeitigen Angriff der ungarischen Armee und der Wiener Auf- ständischen sogar äußerst kritisch gestalten.

Dieser Fall war aber nach der Lage der Dinge zum mindesten nicht ausgeschlossen.

In Wien hatte man seit 6. Oktober alle Mittel aufgeboten, die Stadt in Verteidigungsstand zu setzen, gleichzeitig aber mit Auersperg und Jellacic Verhandlungen angeknüpft, um deren Angriff hintanzuhalten oder wenigstens so lange hinaus- zuschieben, bis die von den Ungarn sehnlichst erwartete Hilfe sich geltend machte.

Die leitenden Organe des Wiener Aufstandes waren der konstitutionelle Reichstag und der Wiener Gemeinderat.

Ersterer hatte dem Nationalgarde-Oberkommando den Auftrag erteilt, Wien in Verteidigungsstand zu setzen und den Wiener Gemeinderat aufgefordert, in stetem Zusammen- wirken mit diesem alle zur Verteidigung der Stadt erforder- lichen Maßregeln zu treffen; allein weder der Reichstag noch der Gemeinderat wollten die Last der hieraus erwachsenden Verantwortung auf sich nehmen, sie trachteten, sie gegenseitig abzuwälzen.

Mit Auersperg und Jellaöic setzte sich der Reichs- tag durch Deputationen und Zuschriften wiederholt in Ver- bindung.

Auersperg wurde aufgefordert, den Schwarzenberg- garten zu räumen und den Banus Jellaöic zu bestimmen, mit seinen Trupjten den österreichischen Boden zu verlassen, die Zufuhr von Lebensmitteln m die Stadt nicht zu hemmen und dergleichen mehr.

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Aufmarsch der österreiobischen Armee gegeD die Revolution 267

Die Abgeordneten Prato und Bilinski überbrachten Jellaöic ein ministerielles Schreiben, in welchem gegen dessen eigenmächtiges Eindringen auf österreichisches Gebiet wodurch dasselbe zum Schauplatz eines ungarisch- kroatischen Krieges gemacht werde energisch Verwahrung eingelegt und der Banus aufgefordert wurde, sich dem Befehl des österreichischen Ministeriums zu unterordnen.

Hierauf antwortete Jellaöic in einem Schreiben aus seinem Hauptquartier Rothneusiedl unter anderem kurz und bündig: ,,Ich bin Staatsdiener und Soldat. Als Staatsdiener bin ich verpflichtet, nach meinen Kräften der Anarchie nach Möghchkeit zu steuern, als Militär an der Spitze meiner Tmppen gibt mir der Donner der Geschütze die Marsch- direktion. Von ungarischen Truppen werde ich nicht verfolgt ; wenn sie aber k. k. Trappen auf österreichischem Gebiet an- greil'en sollten, werde ich Gewalt mit Gewalt zu vertreiben wissen.”

„Auf österreichischem Grund und Boden kenne ich keine kroatischen und ungarischen, sondern bloß k. k. Truppen, denen anzugehören die Meinigen die Ehre haben*).”

Auch der 2irovisorische Oberkommandant der National- garde, Wenzel Messenhauser, welchem die Leitung der Ver- teidigung Wiens anvertraut worden war, hatte sich in einem langatmigen, schwülstigen Schreiben an Jellacic gewendet, worin er Aufklärung über dessen Absichten verlangte.

Die Antwort des Banus darauf, welche dem Überbringer dieses Schreibens mündlich erteilt wurde, war militärisch kurz und abweisend.

Messenhauser hatte am 14. Oktober seinen General- stab aus folgenden Personen zusammengesetzt; Als dessen Stellvertreter fungierten der Kommandant des Bürgerregiments, Schaumburg, der Chef des III. Bezirkes (Kärntnerviertels), Nationalgardehauptmann Thurn und der Kommandant der akademischen Legion, Aigner. Chef des Generalstabes war Major Haug, Vorstand der Hauptadjutantur Hauptmann Schneider, der Feldadjutantur Hauptmann Fenner von Fenneberg, Direktor des Artillerie- und Befestigungswesens

') Dunder, 259.

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•268

C 2 e i k e.

Oberst Jelowicki, Vorsland des Platzkommandos Baron du Beine.

Zur Leitung der strategischen Angelegenheiten siaud ihm der „rühmlichst bekannte GL. Bern” wie es in einer von Messenhauser Unterzeichneten Kundmachung hieß zur Seite').

Die aktiven Streitkräl’te Wiens bestanden aus der im März 1848 geschafFenen, gut organisierten Nationalgarde, den bewaffneten Bürgerkorps, der akademischen Legion und der irregulären, aus einem bimten Gemisch von Handwerkern. Arbeitern, Taglöhnern etc. bestehenden Mobilgarde.

Außerdem hatten sich noch mehrere nationale Freikorps von verschiedener Stärke und Zusammensetzung, vorwiegend Fremde, gebildet.

An Kavallerie herrschte fast gänzlicher Mangel, denn die früher aus mehreren Eskadronen zusammengesetzte National- gardekavallerie löste sich im Oktober fast vollständig auf und die von Bern organisierte polnische Lancierseskadron war nur ungefähr 30 Reiter stark.

Trotz mancher Ubelstünde in der militärischen Organi- sation Wiens waren die Kräfte der Aufständischen keineswegs zu unterschätzen.

.Auersperg befürchtete daher stets einen nächtlichen Angriff auf seine Stellung im Schwarzenberggarten-; und .lellacic hegte bei der vorläufig noch gänzlich unauf- geklärten Lage g<“gen Ungarn hin die Besorgnis, daß er von der ungarischen .\rmee mit bedeutender Macht imd be- s(uiders mit überlegener Kavallerie angegi'ifien werden könnte : er fühlte .sich daher außer stände, in der offenen Gegend süd- östlich von Wien eine Schlacht anziuiehmen.

■' Biographien über Messenhauser, Bern und Feuueberg bei Ilelfert, I, S7.

•) Die Division Hartlieb des Banus erhielt noch am 10. Oktober abends den Befehl, für diesen Fall mit einer Brigade die Favoritenlinie zu nehmen, mit der zweiten in Bereitschaft stehenden aber nötigenfalls unterstützend einzngreifeu und am 11. Oktober wurde seitens des Bnims die Brigade Neustädter zur St. Marxer Linie beordert und dort zur direkten Verfügung .■Vuerspergs bereitgestellt. (K. F. A. 1818. Korp.s Jellaöic, X, ad 37 und ad 12'.

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Aafmursch der Gsterretohisclien Armee gegen die Revolution 1&48. 269

Aus diesen Gründen wurde Viei der Besprechung im Wirtshaus „zum Landgut” der EntschliiU gefaLit, daß die Wiener (iarnison den Schwarzenberggai'tpn verlassen und sich mit dem Korps des Banus am Laaerberg vereinigen solle.

In dieser Stellung wollte man vorerst \veitere Kach- richten über die Vorrückung der Ungarn abwarten und erst im ungünstigsten Falle, wenn man zu schwach sein sollte, lun einem gleichzeitigen Angriff in der Front und im Rücken zu widerstehen, den Rückzug in der Richtung auf Krems Äiitreten.

Am 12. Oktober, gegen 5 Uhr früh, räumte das Korps Auersperg den Schwarzenberggarten und marschierte durch liie Favoritenlinie auf den Chausseen gegen Rothneusiedl mid Inzersdorf auf den Wiener- imd Laaerberg*).

Dieser Abmarsch mag von den Insurgenten gegen halb 6 Uhr früh bemerkt worden sein, denn um diese Zeit hörte man in der Stadt ein allgemeines Glockengeläute und Alarm- trommeln.

Mit welcher ganz unbegreiflichen Hast und Eile derselbe stattgefunden haben muß, läßt sich aus nachstehendem ersehen.

Das Grenadierbataillon Gaus war als Bedeckrmg eines Hafertransportes aus der Heumarktkaseme zurückgeblieben ; von diesem Hafer scheint aber nicht viel gerettet worden zu sein. A*on sechs Fuhrwesenstransj)ortwagen, welche die im Schwarzenberggarten neu konstruierten sechs Feldbacköfen hiuauszufuhren hatten, wnirden fünf von den Xationalgarden '■ingeholt und zurückgehalten, weil die Bedeckung bereits voraus war. Nur die Besjmnnung dieser Wagen gelangte noch m die neue Position. Bepackte und leere Bagagewagen, eine Menge von Kisten, Koffern und Bagagen aller Art hatte man. vielleicht aus Mangel an Bespannungen oder von Transport- mitteln überhau{)t, zurückgelassen, die nun der Plümlemng durch das Proletariat auheimrielen. Nur ein Teil derselben 'vurde von den Nationalgarden gerettet und einige Tage später dem Platzkommandanten GM. Matauschek übergeben.

-Am Laaerberg angelangt, biwakierte das Korps Auersperg Vorläufig, Front gegen Wien, und zwar: Die Division

') Marschordnung Anhang LL

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0 z e i k e.

FJIL. Csorich bei den Ziegelöfen am Laaerberg, jene des FML. Zephyris auf gleicher Höhe ä cheval der Inzersdorfer Chaussee.

Im Laufe des Nachmittags wurden, ansclüießend an den linken Flügel der .\rmee des lianus, Kantonierungen bezogen imd eine neue Ordre de bataille verlautbart

Es wimde befohlen jeden Bewatfneten anzuhalten, während der Nacht aber alles auf die Haui)tpikette bringen zu lassen, wo es der Einsicht des Kommandanten überlas.sen blieb, die Betreffenden eventuell dem Hauj)tquartier eiuzuliefem.

ln jedem Kantonieningsort soUten die Einwohner zur Ablieferung «ler Waffen aufgefordert, sämtliche Zugänge besetzt und eine Bereitschaft ausgescliieden werden, welcher auch die Bewachung der eingeteilten Batterien oblag. Wegen gedrängter Beijuartiening in Scheunen und Ställen waren alle Vfirkehrungen gegen Feuersgetähr zu treffen und im übrigen die strengste Mannszucht zu handhaben.

Die Lieferungen an Fleisch, Holz etc. wurden in den einzelnen Orten kontraktlich sichergestellt.

Das Marodeuhaus befand sich in Vösendorf, der Alarm- platz für sämtliche Truj)pen auf der Höhe bei der ..Spinnerin am Kreuz” zu beiden Seiten der Chaussee, und zwar : Division ZephjTis rechts, Csorich links der Chausse, die Kavallerie am hnken Flügel.

Auf die Nachricht, daß sich steirische Insurgenten und Arbeiter bei Mürzzuschlag und Gloggnitz als Zuzug nach Wien sammeln, erhielt die Brigade Jablonowski den Befehl, die telegraphische Verbindung auf der Gloggnitzer Eisenbahn bei Altmannsdorf abbrechen zu lassen und die Eisenbahn zwischen Atzgersdorf und Altmannsdorf durch .Aushebung von Schienen zu zerstören, was noch um 11 Ulu' nachts bewerkstelligt wurde.

Gleichzeitig ließ der Brigadier durch StreifpatrouiUen in den nächst gelegenen Ortschaften die Glockenstränge auf den Kirchtürmen abschneiden, um jedes Signalläuten zu verhindern.

Ein Detachement unter Kommando des Obersten Hor- vath erhielt den Befehl, nach Baden und Wiener-Neustadt zin

Anhang III.

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Aofmarsch der österreichischen Armee Regen die Revohition 1&4B. 271

Besetzung der dortigen Bahnhöfe abzugehen. Gleich nach dem Eintreffen des Grenadierbataülons Strastil dieses Detachements am 13. nachmittags in Baden bemächtigte sich dasselbe dort eines eben aus Gloggnitz ankommenden Zuges mit Arbeitern, welche nach Wien fahren wollten. Da sie unbewaffnet und sonst nicht verdächtig waren, wimden dieselben mittels Es- korte per Bahn nach Gloggnitz zurUckgesendet und nur der mit demselben Zuge angekommene Techniker Kohn in das Hauptquartier eingeliefert ‘).

Die mihtärische Lage beider Armeekori).s bei Wien hatte sich inzwischen wesenthch gebessert.

Die erwartete Verfolgung diu'ch die ungarische Armee l’and nicht statt imd von Wien aus erfolgte kein Angriff ’i.

Mit der Armee des Banns vereinigten sich als erhebhche Verstärkung die Kavallerieregimenter Wallmoden-Kürassiere seit 1. Oktober 1867 Dragonerregiment Nr. 6) und Erzherzog Franz Josef-Dragoner (seit 1. Oktober 1867 Dragonerregiment Xr. 11), zwei BataUlone Ceccopieri-Infanterie Nr. 23, dann das brenadierbataillon Ferrari®) und eine Division des 17. Grenz- inlänterieregiments, welche Truppen unter Kommando des tiil. Karger von Preßburg kommend, am 11. bei Hainbm’g die Donau auf Plätten übersetzt hatten *).

Auch zum Korps Auersperg waren einige Verstärkungen au-s dem Innern der Monarchie eingerückt.

Nach dem Eintreffen Auerspergs am Laaerberg hatten beide Armeekorj)s am 12. Oktober eine Aufstellung von der Douau bei Simmering über den Laaer- und Wieiierberg und hizer.sdorf bis Atzgersdorf genommen und Vorposten gegen Wien aufgestellt.

h K. A., F. A. 1848, Cernierung Wiens, X, 40.

”) Die Wiener Aufständischen verhielten sich, abgesehen von einigen kleineren Ausfällen in der Zeit vom 10. bis 15. Oktober aus der St. -Manter Linie gegen Simmering, überhaupt passiv und wagten keinen gröberen Angriff gegen die Cemierungstruppon. (Details dieser Kämpfe bei Erzherzog Johann, Geschichte des Infanterieregiments Nr. 12, Wien 1880, 11, 81).

b Dieses Grenadierbataillon bestand aus den Grenadierdivisioneii der Infanterieregimonter Nr. 23, 44 und 13.

*) K. A., F. A. 1848, Korps Jelladic, X, 52, ad 52 und Xllb 2.

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C z e i k e.

Vom Korps Auersperg kantonierte die Division Csoricli in Altmannsdorf, Steinhof und Erlaa, die Di%dsiou Zephms in Neustift, Vösendorf und Siebenhirten. Als Reserve standen drei Kompagnien Pioniere in Inzersdorf. Korpshauptquartier in Inzersdorf *).

Die kroatiscii-slavonische .Armee lagerte seit 10. Oktober, und zwar: Division Hartlieb in Inzersdorf. Kempen in Ober- unil Unter-Laa. Scbmiedl in Rothneusiedl. Korpshanptquartier in letzterem Orte.

Die Linie der Vorposten erstreckte sich vom Donau- kanul über Simmering, den Höhen des Laaer- imd Wiener- berges entlang, zur Eisenbahnbrücke südlich von Aleidling. dann längs der Chaussee nach .Atzgersdorf und Idesing Uber die Ijindemer Mühle bis zu der von Brunn am Gebirge nach Neustift führenden Straße *).

In der Aufstellung des Koqis Jellaciö fand am 13. Ok- tober, nebst anderweitigen Dislokationsveriinderungen, insofeni eine wichtige Verschiebung statt, als an diesem Tage die Di\'ision Hartlieb einen Elankenmarsch hinter dem AViener- berg machte und Kantoniemngen am linken Flügel des Korps Auersperg in Hietzing, Ober-St. Veit. Lainz, Speising und Hetzendorf bezog’).

Die A'orposten dieser Division standen längs des AVien- flusses durch den Schönbrnnnergarten mit den A'orposten der AViener Garnison in A’erbindung.

Die Dampfschiffahrt auf der Donau wimde durch Auf- stellung einiger Geschütze in der Freudenau gesperrt.

Am 14. Oktober war somit AA^ien von den vereinigten Koiqis .Auersperg und .lellaCic bereits im Halbkreis östlich und südlich, von der Donau in der Freudenau bis Ober- St. A'eit eingeschlossen.

Die lünie der gegen AA^ien aufgestellten A'orj)Osten er- streckte sich von der Donau über Simmering, den Höhen des

') Details der Dislokation Aiiliang III.

’) K. A., F. A. 1.S48, Gernieruug AViens, XIII, 56 und ebenda, Korps Jellaöiö, X, 76.

•) Diese Division verließ am 15. Oktober die angeführten Kan- tonnements wieder und rückte nach Biedermannsdorf ab. (K. A., F. A. 1848, Cemierung Atüens, XIII, 3:i und ebenda, Korps Jellaci<5,-X, 73.)

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Aafmarsoh der üiterreichisohen Armee gegen die Revolntion 1^. 273

I>aaer- und Wienerberges entlang über Meidling und längs der Wien bis Ober-St. Veit.

Unter dem Befehl Auerspergs standen zu die.ser Zeit niu- 13 Bataillone Infanterie, das Chevaulegersregiment Graf Wrbna und 4 Batterien.

Von diesen Truppen mußten jedoch zwei Bataillone zur Besetzung des Xeugebäudes vei-wendet und zwei Bataillone nach Wiener-Neustadt und Baden entsendet werden, um die Zuzüge von Insurgenten aus Steiermark zu entwaffnen sowie die nicht überall verläßliche Bevölkerung in Respekt zu erhalten, während ein Bataillon die Türkensohanze zur Bewachung der dortigen Artilleriedepots besetzt hielt.

Es blieben somit Auersperg nm acht Bataillone übrig, von denen er bei einem etwaigen Angidfl’ der Ungarn nichts mehr entbehren konnte, um den Banus zu unterstützen ').

Die Armee des Banns bestand aus nngefiihr 28.000 Mann lufanterie, 4000 Reitern imd 80 Geschützen *i.

Von der kroatischen Infanterie waren jedoch niu- sechs Ba- taillone gut und kampffähig; der übrige Teil derselben war schlecht gekleidet, wenig in den Waffen geübt, nur zur Not mit Offizieren und Unteroffizieren versehen und ermangelte somit zu sein der inneren Haltung, um auch nur einigermaßen f ertrauen einflößen zu können.

-Alles, was dem Armeekorps des Banus Kraft gab, waren die Unterstützungen, namentlich an Kavallerie und Artillerie, welche er vom Kriegsministerium und von den Truppen -^.uerspergs erhalten hatte’).

Mit Rücksicht auf diese \"erhältniase hatten sich daher sowohl Auersperg als Jellacio wiederholt an den Fürsten fWndisch - Grätz mit der dringenden Bitte gewendet, den Marsch seiner Truppen gegen Wien zu beschleunigen und dort das Kommando über die gesamten Streitkräfte möglichst bald zu übernehmen.

*) K. A., F. A. 1818, Cemierung Wiens, X, 60/29.

*) Anhang IV.

•) Nach einem Bericht Auerspergs an den Fürsten Windisch- Or&tz. (K. A., F. A. 1848, Cemierung Wiens, X, 60/29.) Eine inter- essante Schilderung des kroatischen Lagers vor Wien, sowie der Persön- lichkeit des Banus Jella5ic bei Helfert, I, 54.

Uittailongon des k. und k. Kriegsarchivs. Dritte l'olge, IV'. Bd. 18

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C z e i k e.

Infolge eingelangter Nachrichten, daC eine 15.000 Mann starke feindliche Kolonne von Üdenburg über "Wiener-Neustadt vorzmlringen beabsichtige und es nicht unwahrscheinlich war, daß es in den Absichten des Feindes lag, auch von Bruck gegen die bei Wien stehenden Klüfte vorzugehen, während die Wiener Aufständischen gleichzeitig von der Stadt aus angreifen konnten ‘j, wurden die am 14. Oktober genommenen SteUungen beider Korps am 15. und 17. Oktober wesentlich verändert.

Die Kräfte derselben wurden nun derart gruppiert, daß das Korps Auersperg mit einem Teile der kroatisch-slavonischen Armee, Front gegen Wien, einen eventuellen Angriö' der Wiener Aufständischen zurückzuweisen und die teilweise Ceniierung der Stadt aufrecht zu erhalten hatte, der größere Teil der Armee des Banns aber, Front gegen die ungarische Grenze, eine zu gewärtigende Vorrückung der Ungarn und deren Vereinigung mit den Wiener Insurgenten, selbst durch Annahme einer Schlacht, verhindern soUte.

Um diesen doppelten Zweck zu erreichen umschloß das Korjjs Auersperg mit einem Teile der Armee des Banus Wien südöstUch imd .südlich von der Donau bis Atzgersdorf*i; die kroatisch-slavonische Armee stand hingegen an der Linie der Schwechat von Himberg über Schwechat bis Kaiser-Ebersdorf, mit einer vorge.schobenen Brigade in Bauchenwarth und vor- geschobener Kavallerie bei Schwadorf, Stixneusiedl und Tniut- mannsdorf‘^1.

Diese Kräftegi'ujipierung der Gros beider Armeekoqis wurde bis zum Eintreffen der Nordarmee und bis zur engeren Ceniierung Wiens im großen ganzen aufrechterhalten.

Nur in den Dispositionen des Banus Jellaßiö ergaben sich in der Zeit vom 17. bis 23. Oktober einige Änderungen, zu welchen die Von'ückung der ungarischen Armee nötigte.

*) K. A., F. A. 1348, Ceniionuig Wiens, X, 49.

’) Zur Verstärkung dieser Stellung wurden Befestigungen her- gestellt, und zwar; Auf den Höhen des Wienerberges zwischen der ^Spinnerin am Kreuz” und ,, Tivoli” westlich des Wirtshauses „Phila- delphia” eine Lünette und östlich desselben eine Plesche für jo zwei bis drei Geschütze.

’t Details Anhang V.

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Aofmarscb der öiterreichiscben Armee gegen die Revolution 275

FilL. Moga, der Kommandant der ungarischen Armee, war dem Banus bis gegen die österreichische Grenze gefolgt, konnte sich aber nicht entschließen, Jellacic auf öster- reichischem Boden anzugreifen und trat vorerst aus seinem Feldlager bei Brack a. d. L. mit dem Grafen Auersperg in Unterhandlungen.

In seinem ersten Schreiben au letzteren aus Bruck a. d. L. vom 12. Oktober erklärte Moga, daß er infolge Reichtags- beschlusses verpflichtet sei, den als oftenen und ohne gesetz- lichen Befehl in üngani eingebrochenen Feind in jeder Be- ziehung zu verfolgen, daß die ungarische Armee die Grenzen Österreichs nicht als Feind, sondern brüderlich und freundlich gesinnt, überschreite, daß sie die dem König von Ungarn Reschworene Treue halten werde und bereit sei, zum Schutze der DjTiastie, der Monarchie und der ungarischen Yertassung den letzten Blutstropfen aufzuopfern.

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, verlangte Moga schließlich von Auersperg, als kommandierenden General der österreichischen Truppen, au diesem Kriege der Ungarn gegen die kroatische Armee keinerlei Anteil zu nelimen und sich mit der österreichischen Armee ganz neutral zu ver- halten '

Am 19. Oktober forderte Moga im direkten Auftrag- des Landesverteidigungsausschusses Auersperg nochmals auf, ofteu und rückhaltlos zu erklären, ob er, ,,von dem scheinbaren Plane, Ungarns wohlbegründete Rechte zu unter- drücken und die Zufuhr vor M'ien sowie den friedlichen Handelsverkehi- Ungarns mit Österreich abspeiTen zu wollen”, nicht abstehe.

„Ungarns ganze Bevölkerung,” versicherte Moga, ,, harre nur des Aufrufes, um in Massen von Huuderttausenden auf- zustehen, um selbst dmxh Ströme Blutes Ungarns gutes Recht zu verfechten*).”

FML. Auersperg beantwortete diese beiden Schreiben am 20. Oktober mit der Mitteilung, daß ihm die Erledigung derselben nicht mehr zustehe, nachdem Seine Majestät der

') K. A., F. A. 1848, Cernierung Wiens, X, .809.

’) Sbenda, 312.

18*

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Kaiser den Fürsten Windisch-ürätz zum Feldmarscliall und Oberbefehlshaber aller k. k. Truppen, mit Ausnahme jener unter dem Befehl Radetzkys ernannt und mit außer- ordentlichen Vollmachten zur Beilegung der obschwebenden Differenzen ausgerüstet habe*).

Mittlerweile hatte aber der Feldmarschall am 17. Oktober von Olmütz aus Moga die gemessene Weisung erteilt, sich für seine Person sogleich in das Hauptquartier vor Wien zu verfugen imd mit allen im Augenblick dessen Oberbefclil unterstehenden Offizieren und Truppenabteilungen ohne Zeit- verlust zu dem unter Kommando des Fürsten stehenden Heere zu stoßen, widrigenfalls dieselben als der Strenge der Kriegsgesetze verfallen zu betrachten wären*).

Der Präsident des ungarischen Landesverteidigtings- ausschusses, Kossuth, gab hingegen in einem Schreiben aus Komom vom U). Oktober dem FML. Moga bekannt, daß er mit dessen Plan, „um keinen Preis gegen Wien vorzurücken'^ nicht einverstanden sei.

Kossuth war der Ansicht, daß der Feind hiedurch nur noch mehr Zeit gewinne, sich zu konzentrieren und die ihm tauglichsten Positionen zu nehmen, die eigenen Truppen aber «lurch ein so weit getriebenes Verzögerungssystem verstimmt, mutlos, ja selbst krank und zu energischen Operationen un- fähig gemacht werden.

Nach der Auffassung Ko ssuths sollte Moga alle irgend- wie disponiblen Kräfte bei Wien konzentrieren, um einen entscheidenden Schlag zu führen, da hiedurch auch die Kräfte aller übrigen das Vaterland angreifenden Feinde, wenigstens moralisch, gebrochen würden, was jedenfalls voti gp"oßer Be- deutung sei*).

Während man so im ungarischen Lager aus militärischen Gründen, sowie j)olitischen Bedenken, zu keinem einheitlichen Entscliluß gelangen konnte und Moga durch melirere Tage an der österreichischen Grenze untätig blieb, hatte aber der Banus Jellaöic, wie aus der früher erwähnten Aufstellung

'j K. A., F, A. 1849, Cernierung Wiens, X, 314.

’) Ebenda, 311.

’) Ebenda, 313.

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Aufmarsch der österreichischen Armee gegen die Revulution 1S48. 277

seines Armeekorps am 17. Oktober ersichtlich, bereits seine Dispositionen gegeben, um einer Vorrückung der Ungarn wirksam entgegenzutreten und deren Vereinigung mit den Wiener Aufständischen zu verhindern.

Was speziell die Sicherung beider Armeekorjjs vor Wien gegen einen eventuellen Vormarsch der ungarischen Streit- kräfte anlangt, so waren seit 11. Oktober folgende Anordnungen getroffen worden.

An diesem Tage wurde die Kavalleriebrigade Baltheser tad interim Oberst Sedlmayer) aus dem Lager bei Unter-Laa nach Schwechat beordert, um daselbst Stellung zu nehmen und diwch vorgeschobene Abteilungen die ungarische Grenze zu beobachten.

Sie hatte sich mit der beim Neugebäude befindlichen Brigade GM. Lederer in Verbindung zu setzen, von welcher sie im Falle eines Angriffes unterstützt werden sollte.

Den Befehl über beide Kavalleriebrigaden übernahm als Divisionär ad interim GM. Baltheser, welcher am 12. Oktober die ganze Kavallerietnippendivision an der Linie der Schwechat vereinigte, alle Übergänge über dieselbe besetzte und mit einer vorgeschobenen Abteilimg in Schwadorf die ungarische Grenze beobachten Hell.

Am 15. Oktober wiwde das Divisionskommando dem GM. Ottinger übertragen, der über Befehl des Banus die Brigade GM. Balthe.ser an der Linie der Schwechat, jene des GM. Lederer an der Fischa konzentrierte*)-

Schwächere Abteilungen wurden nach !Maria Eilend, ■Irbesthal, Sti.vneusieiU und Trautmannsdorf vorgeschoben, um besonders gegen Bruck, Sommerein imd Höflein zu beob- achten.

Bei einem starken feindlichen Angriff sollte die gesamte Kavallerie auf die Höhen von Bauchenwarth rücken und einen eventuellen Rückzug hinter die Linie «ler Schwechat antreten.

.\m 17. Oktober erhielt die Kavalleriebrigade GM. Lederer den Befehl, mit dem Gros am 18. nach Sti.xneusiedl zu marschieren, mit einer Infauterieabteilung und einer Division

') Anhang VI und VII.

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Kavallerie aber Bruck a. d. L. zu besetzen und im Falle dies nicht ausführbar wäre, einstweilen weiter rückwärts eine geeignete Aufstellung zu nehmen, um die Linie der Leitha zu beobachten *).

Die hiezu bestimmte Division Franz Josef-Dragoner mit der Division Wiener Freiwillige Jäger trafen am 18. vor Bnick ein, wurden jedoch dort durch Kleingewehrfeuer und das Feuer zweier hinter dem Eisenbahndamm aufgestellten Ge- schütze empfangen und traten nach einem kleinen Gefecht den Rückzug an, um diesseits von Bruck eine beobachtende Aufstellung einzunehinen.

Das Gros der Brigade Lederer kam am 19. nach Gall- bnmn, deren Yorj)osten waren bis an die Leitha vorgeschoben.

Jellaßio hatte nunmehr den Entschluß gefaßt, ein entscheidendes Gefecht erst hinter dem deckenden Wr.-Keu- städter Kanal anzunehmen und traf in diesem Sinne seine Dispositionen.

Im Falle eines nachdrücklichen Angriffes der Ungarn auf Stixneusiedl und Schwadorf, sollte sich die bei Rauchen- warth aufgestellte Infanteriebrigade, jedes Gefecht vermeidend, ohne Zeitverlust nach Himberg zurückziehen, die Kavallerie- division Ottinger aber fechtend nach Schwadorf zurückgehen, dort sowie in Fischamend die Brucken abtragen oder ver- rammeln lassen und dann den Rückzug von Stellung zu Stellung über die Brücken bei Unter- und Ober-Lanzendorf bis hinter den Wr.-Neustädter Kanal fortsetzen.

Alle in Fischamend befindlichen Abteilunge)i hatten durch die Auen und längs derselben nach Kaiser-Ebersdorf zurück- zugehen ; die Kavalleriebrigade Baltheser sollte sich bei Laa konzentrieren und dort die weiteren Befehle erwarten*!.

Am 21. Oktober überschritt endlich Moga die Leitha und rückte mit ungefähr 5 Batailk)uen Infanterie, National- garden, 3 Divisionen Husaren und 1 Batterie in 3 Kolonnen von Bruck gegen Stixneusiedl, dann längs der Eisenbahn gegen Trautmannsdorf und auf tler Straße gegen Göttles- brunn vor.

■i K. A., F. A. 1818, Korps Jellaäic, X, ll.ö.

’) Ebenda. 129.

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Aufmarsch der österreiobigohan Armee gegen die Revolution 1&18. 279

Die Bingade Lederer zog sich iniblgedessen fechtend nach Schwadorf hinter die Fischa zurück ; ihre Yorjiosten standen jenseits dieses Flusses auf den Höhen zwischen Schwadorf und Gailbrunn. Der Feind besetzte die Ortschaften Trautmannsdoif, Stixneusiedl, Arbesthal und Regelsbrunn.

Ln Falle einer weiteren Vorrückung der Ungarn beab- sichtigte Jellaöic seine Truppen hinter die Linie der Schwechat und des Wr.-Neustädter Kanals zurückzuziehen, das Gros seines Korjis zwi.schen Laa und Hennersdorf zu konzen- trieren und mit Behauptung von Kaiser-EVjersdoif, Schwechat nnd des Wr. -Neustädter Kanals nachdrücklichst Widerstand zu leisten, zu welchem Behuf am 22. Oktober die nötigen Befehle erlassen wurden *).

Allein der erwartete Angiiff der Ungarn blieb aus: sie hatten sich am 2ä. und 24. Oktober wieder hinter die Leitha zurückgezogen.

Der günstige Angenblick, den Wiener Aufständischen die Hand zu reichen und vereint mit ihnen, vor dem Ein- treffen der Nordannee, einen entscheidenden Schlag zu führen, war längst versäumt, denn schon stand Windisch-Grätz mit dieser vor den Toren Wiens.

Die Nordannee.

Am 7. Oktober abends langten die ersten Nachrichten von den Wiener Ereignissen in Prag ein ; dieselben waren jedoch zu verworren und unbestimmt, um mit Sicherheit etwas unternehmen zu kÖTineu.

Verläßliche Nachrichten hierüber erhielt Fürst Windisch- Grätz erst am 8. abends, worauf er noch am selben Abend den Hauptmann Drechsler des Generalquartiermeisterstabes mit dem Auftrag nach Wien entsendete, in möglichster Eile Kunde über die Sicherheit und den Aufenthaltsort der kaiser- lichen Familie einzuziehen.

Gleichzeitig erging an alle in Böhmen entbehrlichen Trappen der Befehl, sich in Marschbereitschaft zu setzen.

Durch den Grafen Moritz Pälffy, welcher sich ilem Monarchen im Augenblick, wo er Wien verließ, in echt

•) K. A., F. Ä. 1848, Cernieruug Wiens, X, ad 103.

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ritterlichem Sinne ziu- Verlupiing gesteht hatte, empfing der Fürst am 9. vormittags die Iteruhigende Versicherung von der Abreise des Kaisers und der kaiserlichen Familie nach Olmütz.

Auch Hauptmaim Drechsler, mit großer Geschickhchkeit seine Aufgabe voUtuhrend, kehrte am 10. mit der Nachricht nach Prag zurück, daß Se. Majestät die Donau bei Krems glücklich passiert habe, am 9. in Pulkau übernachtete und über Znaim und Selowitz am 14. in Olmütz eintreffen könne.

Die ersten Dispositionen für den Abmarsch des böhmischen Anneekorps enthielt ein am 9. Oktober verlautbarter üenerals- befehl, welcher mit nachstehenden Worten eingeleitet warO:

„Das gefährdete Wohl Sr. Majestät unseres vielgeliebten kon.stitutionellen Kaisers und dessen erhabener Dynastie, wie nicht minder die bange Sorge für das Heil der Gesamt- monarchie legt mir die heilige Pflicht auf, mit einem Teile der treu bewährten und .stets braven böhmischen Armee gegen die Residenz Wien anfzubrechen und mit den Waffen dort einzuschreiten, wo es das Gefühl für Pflicht, Ehre und Recht gebieten wird, um dadurch zur Bekämpfuug der scheußlichen Anarchie und der verruchtesten Umtriebe mitzuwirken, welche Thron und Vaterland an den Rand des unvermeidlichen Abgrundes zu bringen drohen.”

Dieser GeneralsbefelJ wurde von den Truppen mit Jubel begrüßt, denn nun war endlich die Stunde gekommen, wo der Soldat die seit Monaten erlittenen Unbilden mit der Schärfe seiner Waffen beantworten konnte.

Fürst Windisch-Grätz, von der Treue und Hingebung seiner Tru})peu überzeugt, \-ielleicht aber doch besorgt, daß deren Eifer in den zu erwartenden Kämpfen über die Grenzen der Humanität hinausgehen könnte, machte noch sämtliche Truppenkommaiidanten darauf aufmerksam, daß bei dem Um- stand, als die traurigen Ereignisse in Wien nur dem rastlosen Treiben einer wühlerischen Partei zuzusclu-eiben seien, welche den überwiegenden TeU der Gutgesinnten durch Terrorismus eingeschüchtert, die Proletarier aber durch alle Künste der Verführung irregeleitet hatte, bei der Unterwerfung der

’) K. A., F. A. 1848, Cernierung Wiens, X, 22.

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Aafmarsoh der ÖBterreicbiscbon Armee gegen die Rovolntion l&lb. 28t

Hauptstadt Mensehliehkeit und Pflicht gebiete, diese mit möglichster Schonung und tunlichster Vermeidung alles Blut- vergießens zu volLführen ').

Ein neuer Beweis seines edlen Herzens, das trotz der in letzter Zeit erlittenen Schicksalsschläge keine Bache kannte.

Der Fürst beabsichtigte zu dieser Zeit, vor allem die Hauptstadt imd wenn es nötig sein sollte, die ganze Provinz in Belagerungszustand zu erklären und Wien dinch eine voU- ständige Absperrung und Abschueidung jedes Verkehi’s zur Beshmimg zu bringen, zu welchem Zwecke die nötigen Maßnahmen im geeigneten Zeitpunkt verfügt werden sollten.

Hiebei fiel bis zum Eintreffen der auswärtigen Verstär- kungen der Wiener Garnison die Aufgabe zu, sich möglichst passiv zu verhalten, in einer geeigneten, wenn nötig fest verschanzten Stellung auf dem Laaerberg alle Kräfte zu konzentrieren und das Neugebäude mit dem dort befindlichen Artilleriematerial unter aUen Umständen gegen einen Hand- streich zu schützen.

Die Stärke der zum Ausmarsch aus Böhmen gegen Wien bestimmten Truppen betrug laut Ordre de bataille 13* 6 Bataillone, 18 Eskadronen, 54 Geschütze imd 4 Brücken- equipagen *).

Diese Truppen hatten in der größtmögUchen Stärke, mit den Feldrequisiten versehen und der Kriegsmunition aus- gerüstet. bei Eücklassung aller unnützen Bagagen, jedoch unter Alitnahme der Feldkessel und Kasserole abzmnar- schieren.

Es lag in der Absicht des Fürsten, den größten Teil seiner Truppen so schnell als möglich und so weit als tunlich mit der Eisenbahn gegen Wien, unter allen Verhältnissen jedoch wenigstens bis Olmütz zu befördern.

Hei dem Umstand aber, daß sich bald ein fühlbarer Mangel an roUendem Alaterial geltend machte und man infolge offenkundigen, mitunter bis ziu- Widersetzlichkeit gesteigerten Widerwillens des Bahnpersonals, welches vom Beiclistag den

*) K. A., F. A. 1848, Cemierung AViens, X, liO/14. ») Anliang VIII.

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Befehl erhalten hatte, unter keinen Umständen Trappen zu befördern, auf immense Schwierigkeiten stieü, konnte es einem grollen Teile der Truppen nicht erspart werden, ihr Ziel in forcierten Märschen zu erreichen *).

Vor allem mußte für die Sicherung der Eisenbahnlinie Prag Olmiitz Vorsorge getroffen w'erden. Es erhielten daher das .5. und eine Division des 6. .Tägerbataillons *i den Befeld, noch am 9. abends mit der Eisenbahn von Prag ab- zugehen, um alle 23 Stationen von B^cho'witz bis Stefanaii vor Olmütz zu besetzen und mit allem Ernst und der nach- drücklichsten Kraft die Eisenbahnlinie und den Telegraphen auf der erwähnten Strecke zu sichern.

Die Brigade GM. Prinz Hohenlohe, bestehend aus dem 3. Feld- und 1. Landwehrbataillon Wocher Nr. 25, dem 2. Feldjägerbataillon und einer ordinären Batterie, hatte mit zwei Di%dsionen Ficquelmont-Dragoner (seit 1. Oktober 1867 Dragonerregiment Nr. 1 2 1 aus Klattau, welche dieser Brigade

ü Die Sympathien der Eisenbahnbenmten für die Eevolntion und die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten beim Tran.sport der Trappen per Bahn, welche die Truppenkommandanten oft zur Anwen- dung der energischesteu Maßregeln gegen das Babupersonal zwang, beleuchtet nachstehende Episode, die FML. Graf Kolowrat-Kra- kowsky in seinen Erinnerimgen aus den Jahren 1848 und 1849, II, 31, erzählt :

„Als die Truppen von Olmütz aus nach Gänserndorf befördert werden sollten, weigerte sich der dortige Inspektor, dieselben zu expe- dieren. Da ließ ihn General Schütte, der sich mit seiner Brigade am Bahnhof befand, kommen und fragte ihn, wieviel Zeit er benötige, um die Lokomotiven zu heizen. Auf die Antwort des Inspektors : in lich glaube einer Stunde) einer Stunde sagte ihm der General : ,Hören Sie! Um die Befehle des Eeichstagos kümmere ich mich nicht, aber ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß, wenn der Train nicht in einer Stunde (er gab die gegebene Zeit an) abfahren kann, ich Sie erschießen lasse.’ Der Inspektor, ganz erschreckt, entfernte sich, aber unter .Auf- sicht, und in der festgesetzten Zeit stand der Train bereit. Als die Truppen alle cingestiegen waren, befahl der General dem Inspektor, bei dem er so schlechten 'Willen fand, den Train selbst zu führen und sagte ihm: ,Auf dem ersten Wagen sind Jäger, die den Befehl haben, bei dom ge- ringsten Unfall, der dem Train zustoßen würde. Sie zusammenzu- schießen. Sorgen Sie also, daß wir ohne Hindernis ankommen’.”

•) Dieses Bataillon war zum Ersatz der von Prag abrückeuden Truppen von Eger nach Prag beordert worden.

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Aufmarsch der österreichischen Armee go^en die Rerolntion lSi9. 28B

zugeteilt wurden, 24 Stunden nach Erhalt des Befehles ' t aus den Stationen Budweis, Tabor und Pisek aufzul.)rechen, in forcierten Märschen über Krems nach Stein zu marschieren und durch Besetzung von Stein und Mautern die dortige Donaubrücke zu sichern.

An Stelle des erkrankten GM. Prinzen Hohenlohe übernahm FML. Bamberg freiwillig das Kommando über diese Brigade.

Für den Fall, als der Kaiser die Donau bereits über- schritten hätte, soüto dieser General nnverweilt gegen Wien vorrücken und eine Stellung am Kahlenberg nehmen, um hiedurch die Einschließung Wiens von dieser Seite zu be- wirken, das Nußdorfer Defile zu sperren und den vom Fürsten AVindisch-Grätz in Aussicht genommenen Donauübergaug l)ei Klostenieuburg zu unterstützen.

Die gesamte Kavallerie, mit Ausnahme des Dragoner- regiments Graf Ficquelmont, wurde vorläufig angewiesen, in der Ebene unweit von Komeuburg zu lagern und den Nachrichten- und Sicherheitsdienst zu versehen.

Mittlerweile waren auch die kommandierenden Generale von Mähren und Galizien im Sinne der mit dem Fürsten tfüher getroffenen Vereinbarungen tätig gewesen.

Der Kommandierende in Mähren, FML. Fürst Renß, hatte durch Major Graf Coudenhove am 8. den mündlichen Befehl des Erzherzogs Franz Karl erhalten, seine sämtlichen Tnippen gegen Wien zu dirigieren und wurden infolge dieses Befehles sogleich das 1. Bataillon Erzhei'zog Stephan Nr. 58 von Znaim nach Stockerau und das Infanterieregiment Graf MazzucheUi Nr. 10 in Marsch gesetzt.

Auch dem Fürsten Keuß war in letzterer Zeit ein großer Teil seiner Truppen entzogen worden, so daß sieh der Stand denselben in Mähren und Schlesien auf 10 Ve Bataillone Infanterie, 3 Divisionen Kavallerie und eine Batterie redu- ziert hatte.

Die Mitteilung über die Situation in Sßihren überbrachte ilajor Graf Coudenhove in einem Schreiben <les Fürsten Reuß an Windisch-Grätz am 9. Oktober in der Nacht

*) Dieser Befehl wurde am 9. Oktober gegeben.

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nach Prag, in welchem sich ersterer auch bereit erklärte, nütigenfalls unter den Befehl des Fürsten Windisch-Grätz zu treten.

Major Coudenhove rvurde mit der Weisung nach Olmütz zuriickgesendet, daß vor allem die Sicherheit Seiner ^Majestät und in zweiter Linie jene der Eisenbahn Olmütz— Lundenburg anzustreben sei.

Gleichzeitig hatte der Militärkommandant von Krakau. FML. Graf Schlick, durch Ilauptmann Graf Theobald an den Fürsten die Meldung gelangen lassen, daß je ein Ba- taillon Schönhals Nr. 29, Herzog von Parma Nr. 24 imd Fürsten- wärther Nr. 5(J, dann zwei Eskadronen Erzherzog Karl Ludwig- Chevaulegers (seit 1. Juni 1851 ülauenregiment Nr. 7) und die sechs])fUndige Kavalleriebatterie Nr. 15 im Anmarsch gegen Wien zwischen dem 13. und 15. Oktober in Lunden- burg eintretfen dürften, um sich dort an die böhmische Armee anzuschließen ' i.

Wichtige und umfassende Aufgaben fielen in dieser ersten kritischen Zeit dem fähigen und energischen GM. von WyE zu, welcher vom Fürsten Windisch-G rätz mit dem Haupt- mann I>obner des General(|uartiermeisterstabes gleich nach der in der Nacht vom 9. auf den 10. eingetroffenen telegra- phischen Depesche, daß die Eisenbahn bis Olmütz besetzt sei, in das Marchfeld vorausgesendet wurde.

Die tiir diesen General verfaßte Instruktion enthielt im wesentlichen folgende Punkte*);

1 . Sich<>rung der Eisenbahn von Olmütz bis Lundenburg und womöglich bis Angern und Gänsemdoiff zum Zwecke des Tru](pen- und Kriegsmaterialientrans[)ortes mittels der Eisenbahn bis in die Nähe AViens ; Beobachtung der Kom- munikationen nach Ungarn hin, sowie der Alarchbrücken bei Hohenau, Dürnkrut und Angern.

2. Herbeischaffung aller Waggons für den Truppen- imd Kriegsmaterialientransport zur beliebigen Disposition in Olmütz.

3. Konzentrierung der Truppen, die aus Mähren und Galizien gegen Krems und Wien im Marsch begriffen waren

‘) K. A.f F. A. 1848, Cernierung AViens, X, 22. Ebenda, 25 a.

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Aafmarscli der österreichiachen Armee gegen die Revolution ISIS. 285

CungefälirneunBataillone) und deren Aufstellung und Lagerung bei Floridsdorf, um Wien am linken Donauufer abzusperren. Überwachung der Taborbrücke und des Nordbahnhofes.

4. Ausmittlung eines Lagerplatzes für ungefähr 10 Ba- taillone, 16 Eskadronen und 7 Batterien auf dem Marchfeld inmitten der Stockeraner Bahn und der Kaiser Ferdinands- Xordbahn.

6. Vorsorgen zur Sicherstellung der Verjtflegung für die -\rmee.

6. Besetzung Klosterneuburgs, namentlich des festen Klosters dortselbst und Sicherung der in dieser Stadt befind- lichen Brückeneciuipagen, Verständigung des Obersten Schön des Pionierkorps über das Eintreffen von vier Brüekenequi- pagen aus Prag, weiters, daß die anrückende Armee minde- stens zwei Brücken über die Donau, auf- und abwärts von Wien benötigen und das zur Herstellung einer Schiffltrücke notwendige Material requiriert und in Klosterneuburg depo- niert werde.

Vorsorgen wegen des liberganges bei Tulln.

7. Bei hinlänglich konzentrierten Truppen, Besetzung der Eisenbahn von Stockerau nach Wien, zur Deckung gegen alle Eventualitäten und zm beliebigen eigenen Benützung.

8. Besetzung des Kahlenberges zur Sperrung des Defiles bei Nußdorf, durch die zwischen dem 18. und 20. in Krems, Stern und Mautem eintreffeude Brigade Hohenlohe, für den Fall, als der Kaiser in Sicherheit gebracht w'äre und mit der Herstellung der Donaubrücke begonnen werden könne. Endlich hatte GM. Wyß von Olmütz aus mit den disponiblen Truppen, namentlich aber mit dem Regiment Khevenhüller Nr. 35 und einer Batterie per Bahn oder in forcierten Itlärschen als Avant- garde bis Limdenbiirg oder selbst bis an die Donau vorzimücken.

Zwischen dem 9. und 12. Oktober waren sämtliche Truppen aus den Garnisonen Budweis, Tabor, Prag, Theresienstadt, Josefstadt, Königgrätz etc. derart in Marsch gesetzt worden, daß dieselben teils per Bahn über Olmütz und Lundenburg, teils wegen Mangel an rollendem Material oder aus sonstigen Gründen, in forcierten Märschen auf den kürzesten Routen von Budweis über Krems, von Prag über Tabor und Honi, von Podiebrad über Kolin, Iglau und Znaiin, endlich von

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Josefstadt und Ivöuiggrätz über Pardubitz, Kamenitz und Deutsch-Brod am 21. und 22. Oktober auf dem Marohfeld bei Lang-Enzersdorf eintreffen konnten.

Nachdem diese Tru[»peu ohne lange Kriegsvorbereitnngen, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet, binnen 48 Stunden ihre Friedensgamisonen verlassen muüten, trotzdem aber in außergewöhnlichen, forcierten, mit seltener Ausdauer und Cb'dniuig flurchgeführten Marschleistimgen, in der kurzen Zeit von 8 bis 10 Tagen vollkommen schlagfertig in das Marchfeld gelangten, so kann dem vorzüglichen Geiste derselben, ihrer Disziplin und Ausbildung nur die größte Anerkennung gezellt werden.

Fürst Windisch-ürätz hatte dem FML. Grafen Auersperg von Prag aus den Befehl erteilt, sich vor Wien möglichst passiv zu verhalten und in einer Stellung am Laaer- berg den Anmarsch seiner Truj)peu abzuwarten.

Während nun Auersperg mit einem Teile der .4rmee des Banus Jellacic Wien im Süden und Osten ceniiert hielt, letzterer aber mit seinem Korps eine ^'ereinigung der unga- rischen Streitkräfte mit den Wiener Insurgenten verhindern sollte, lag es in der Absicht des Fürsten, alle seine Kräfte so rasch als möglich durch eine konzentrische Vorrückung gegen Wien zu dirigieren, um dann vereint mit den beiden dort befindlichen Armeekorps seine Operationen gegen die Haupt- stadt und die ungarische Armee aufzimehmen.

Aus einem Bericht Auerspergs vom 11. Oktober, in welchem dieser nach seiner Unterredung mit Jellaöic mel- dete, daß das Gros der vor Wien befindlichen Truppen .sich möglicherweise auf Krems zurückziehen müßte, glaubte Windisch - Grätz zu entnehmen, daß es sich hiebei lun einen direkten Rückzug auf Krems mit gänzlicher Preisgebung Wiens handle.

Der Fürst erklärte sich aber mit diesen Plänen keines- falls einverstanden und beantwortete dieselben am 13. Oktober mit nachstehendem Befehl an .Auersperg*):

,.lch rechne mit Zuversicht, daß der Banus die geeig- neten Maßregeln in der Wahl seiner Dispositionen und be-

') K. A., F. A. 1818, Cernierung Wiens, X, 60 21 und 60,29.

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Aafmarsch der ostcrreicbiscben Armee gegen die Revolution l&iS. 2S7

sonders in Rücksicht des Terrains zu nehmen gewußt haben wird, um die Übermacht der feindlichen KavaUerio zu paralysieren und dem Feinde in seinem Vordringen Schranken zu setzen.”

„Die Behauptung der Stellung auf dem Wiener- und Laaerberg mit den vereinten Kräften der Wiener Gami.sou imd den Truppen des Bauns ist von der höchsten Wichtigkeit wegen des Neugebäudes und der großen Artillerieetablissements alldort.”

„Auf keine Weise kann ich für den angenommenen un- günstigen Fall den Rückzug der vereinten Kräfte nach Krems gntheiüen, weil dadurch Wien völlig preisgegeben und die Vereinigping der imgarischen mit der Wiener Insm-rektion nur erleichtert wird."

„Für den Fall, daß es den vereinten Kräften unmöglich sein sollte, einen Angriff abzuweisen, muß ich dringend er- suchen, daliin zu wirken, daß, nebst Rettung des Artillerieparks vom Neugebäude, eine Stellung mit dem linken Flügel auf dem Kahlenberg an die Donau gelehnt, längs dem Rücken des Hennannskogel, Dreimarkstehl, Grän-‘) und Roßkopfberges bis über den Wienfluß genommen und durch alle möglichen Mittel der Verschanzung oder Verhaue behauptet werde.”

„Das Koqis des Banus bildet den rechten, die Wiener Garnison den linken Flügel.”

,,Bei Nußdorf i rekte Kahlenbergerdörfel) ist die Donau zu sperren.”

,, Vermag aber der Banus sich in der Stellung südlich von Wien zu halten, wäre dieses bei Kaiser-Ebersdorf oder auf' einem geeigneten Punkte zu tun, von welchem mau die Kommunikation auf der Donau beherrschen luid verhindern kann. Der obige Rückzug ist umsomehr für den Fall, als dem Drängen der ungarischen Insurrektion kein AVdderstand ge- leistet werden könnte, als angemessen anzusehen, als die ungarische Armee an geregelter Infanterie nur sehr wenig besitzt und ihre größte Kraft in der Kavallerie besteht, die dann in dem betretenen 'l'eiTaiu ihre Wirksamkeit verhert."

') Südöstlich vom Hameau.

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Fürst Windisch-Grätz verließ, nachdem nun alle vor- läufig möglichen Dispositionen getroffen worden waren, Prag und traf am 15. Oktober nachmittags in Ohnütz ein.

Die Leitung des Generalkommandos und das Kommando über die in Böhmen zurückbleibenden Truppen, 10* e Bataillone und 16 Eskadronen, -wurde dem FML. Grafen Kheven- hüller übertragen.

Vor seiner Abreise nach Olmütz hatte der Fürst noch in einer Proklamation ,,An die Bewohner Böhmens” seiner tU)erzeugung Ausdruck gegeben, daß Ruhe imd Ordnung im Ijande nicht mehr gestört werden würden.

An die in Böhmen zurückbleibenden Militärköiiier richtete er in einem Armeebefehl nachstehende Worte *) :

,,Der treft’liche Geist, welcher .sämtliche Truppen des Generalates beseelt, ist mir vollkommen bekannt imd genießt meine ganze Anerkennung. Erfreulich wäre es mir, alle in die Lage versetzen zu können mitzuzieheu, damit es auch ihnen gegönnt -wäre, ihren Eifer, ihre Treue, ihren Mut und ihre Ausdauer in Gefahr für unsem Allerhöchsten Monarchen, für das M^ohl des Gesamtvaterlandes, auch anderwärts zu betätigen. Indes alle an diesem Unternehmen teilnehmen zu lassen, ist untunlich, doch bleibt den Ziu-ückbleibenden nicht minder die erhebende Pflicht, einer Provinz als Schutz zu dienen, die in unserer konstitutionellen ^Monarchie von hoher Bedeutung ist.”

„Mit Beruhigung verlasse ich da.s Land, gebe mich aber der vollsten Überzeugung hin, es wird ein jeder nach Kräften bemüht sein, diesem schönen Ziel zu entsprechen und durch Aufrechthaltung einer musterhaften Disziplin und Ordnung sich die verdiente allgemeine Anerkennung und Achtung auch für die Zukunft zu bewahnm.”

Mit Allerhöchstem Handschreiben vom 17. Oktober wurde Fürst Windisch-Grätz in Berück.sichtigung seiner ausge- zeichneten "N'erdienste und seiner gegenwärtigen Stellung zum FeldmarschaU *) und Oberkommandanten über sämtliche Truppen der Monarchie, mit Ausnahme der italienischen

*) K. A., F. A. 1848, Cernieruiig Wien.s, XIII, 30.

’) Mit Übergehung des Ranges eines Generals der Kavallerie.

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Aufmarsch der österreiohisohen Armee gegen die Revolution I64S. 289

Armee, eniaunt und mit allen Vollmacliten ausgerüstet, damit er „das Werk des Friedens im Reiche nach eigenem Er- messen in möghehst kurzer Zeit vollbringen könne”.

Während der Fürst von Prag ans seine ersten Disposi- tionen traf, war mittlerweile GM. Wyß in Olmütz tätig gewesen.

Er hatte bei seinem Eititreffeu dortselbst keinerlei roUeudes Material vorgefunden, um die Truppen weiter zu belordem und setzte daher sofort zwei Bataillone Kheven- hüller mit einer Batterie nach Lnndenburg in Marsch, worauf er sich selbst m diese Station begab.

Die Eisenbahnstrecke von Olmütz bis Lundenburg wurde liinch die 4. Feldbataillone Kaiser Ferdinand Kr. 1, Prinz Emil von Hessen und bei Rhein Nr. 54 und Erzherzog Karl Xr. 3 und die 7. Füsilierdivision von Prinz Emil, sämtliche unter Kommando des Majors von Schneider vom Regiment Kaiser Ferdinand, besetzt, so daß GM. Wyß am 15. in der Lage war über diese Strecke zn verfügen ').

Alle in Olmütz eintretfenden Truj)pen sollten dmeh das Festung.skommando auf die schnellste Art, eventuell in Doppel- märschen, nach Lundenburg in Marsch gesetzt werden.

Am 15. abends waren bereits je ein Bataillon Kheven- hüller, Erzherzog Karl, Herzog von Parma und Schönhals in Lundenburg und Umgebung und am 16. das 2. Bataillon Klievenhüller in Rampersdorf und Birnbaum versammelt.

Fürst Windisch-Grätz erteilte nun Wyß den Befehl, mit zwei bis drei Bataillonen als Avantgarde gegen Wien vorziurücken, die Stadt von der Taborseite abzusperren, die Taborbrücke und den Ferdinands-Nordbahnhof streng zw überwachen, den Telegraphen zu zerstören, Schitie für den Brückenschlag zu requirieren und die Scliiffahrt auf der Donau von Ungarn nach Wien zu verhindern.

GM. Wyß setzte sich bezüglich der über die Donau zu schlagenden Brücke am 15. Oktober mit dem Obersten Schön des Pionierkoq>s ins Einvernehmen, wobei letzterer erklärte, mit Beihilfe der aus Böhmen disponierten Brückeu- equipagen und seinem eigenen Material nur eine Brücke, und

') K. A., F. A. 1848, Cernieruog Wiens, X, 219.

Uitteilaogen des k. und k. KricgsarcMvs, Dritte Folge. XV. Bd. 19

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zwar oberhalb AMens, für keinen Fall aber zwei Brücken schlaj'cn zu können.

Oberst Schön beantraffte, die Donau entweder bei Lang- Enzersdorf oder bei Nußdorf zu überbrücken, gab aber letzterem Punkte den A’orzug, weil die Flußbreite bei Nußdorf ge- ringer sei und wenn man die Brücke bei Lang-Enzersdorf schlagen wollte, die dortigen in der Folge für die Armee unentbehrlichen Schitfmühlen außer Tätigkeit gesetzt werden müßten, was eine große Aufregung unter der Bevölkening hervorrufen würde.

Er glaubte jedoch soviel Material autbringen zu können, um die Überfulir bei Enzersdorf, welche binnen einer Stunde mit Bestimmtheit 4000 Mann übersetzen konnte, fortbestehen zu lassen.

Die Einleitung des Brückenschlages knüpfte er an die Bedingung, daß der Kahlenberg und das Defile bei Nußdort' sowie Klosterneuburg entsprechend besetzt werde.

Fürst AVindisch-Grätz entschied .sich später tür Nuß- dorf als Übergangspunkt über die Donau, er rechnete aber auch auf die freie Benützung der Überfuhr bei Enzersdorf für militärische Zwecke.

A"on höchster Bedeutung schien dem Fürsten die Sicherung eitles Überganges, namentlich fiir Kavallerie und Artillerie, stromabwärts von AA'ien, um vom Marchfeld aus, allenfalls über die Insel Lobau bei Kaiser-Ebersdorf, zur Unterstützung dos Korps Jellacic auf das rechte Donauufer übersetzen zu können.

Zu diesem Zwecke wurde FMTj. Auersperg angewiesen, diese Insel zu besetzen und durch .Anlage einer Strand- batterie auf derselben die Donauschiffahit zu sperren, was durch Etablierung von vier zweipfündigen Geschützen geschalt b.

Über Ansuchen Auerspergs erteilte der Bonus .dem Divisionär FMTj. Kempen am 16. Oktober den Auftrag, für die Einrichtung einer Überfuhr nächst Kaiser-Ebersdorf A'or- sorgen zu treffen und die Kommunikationen in der Lohau herrichten zu lassen, für welche Zwecke demselben eine Pionierkompagnie aus Simmering zugewiesen wurde.

') K. A., F. A. 1848, Cernierung Wiens, X, 60'32.

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Aufmarflch der üsterreicbischen Armee gegen die Revolution 1^18. 291

Eine Division fies 2. Walachenregiments war zur Deckung der Arbeiten in die Lobau überschiflFt worden und hielt diese besetzt.

Am 18. Oktober waren bereits acht Überfuhrplätten für je 80 Mann bei Kaiser-Ebersdorf bereitgesteUt und wiu’de an deren Vermehrung noch weiter gearbeitet*).

Auf die Benützung der Eisenbahn von Gänserndorf nach Floridsdorf rechnete Fürst Wind isch-Grätz auf keinen Fall ; er gab vielmehr den Befehl, diese Strecke durch Entfernung der Schienen und Abgrabung bei Gänsenidorf so nulirauchbar zu machen, daß sie auch von einer ohne Führer abgelassenen Lokomotive nicht befahren werden könne.

Zur Deckung der hnken Flanke aller am hnken Donau- ufer operierenden Truppen ließ Fürst Windisch-Grätz eine aus allen AVaffengattungen zusammengesetzte Kolonne unter dem Befehl des GM. Grafen Bellegarde iin Marchtal vor- rücken.

2 Divisionen des Regiments Max Auersperg-Kürassiere i'seit 18fi7 Dragonerregiment Nr. 5), welches am 17. Oktober in Kostei eingetroäen war, 1 Sappeimdivision, 1 Kavallerie- batterie und 1 bis 2 Bataillone Infanterie sollten zu diesem Zwecke am 18. von Kostel über Lundenburg, Hohenau, Dürnkrut und Schönkircdien in drei forcierten Märschen nach Deutsch-Wagram und Markgrafneusiedl dirigiert werden *).

In Lundenburg mußte GM. Bellegarde jedoch die ilajorsdivision von Auersperg-Kürassieren zur Deckung des Hauptquartiers zurücklasseu, konnte aber das ihm von den Tnippen des GM. AVyß zugewiesene Infanteriebataillon nicht an sich ziehen, weil dieser General abwesend war und sich zu dieser Zeit überhaupt nur ein Infanteriebataillon in Lundenburg befand, welches den ausdrücklichen Befehl hatte, flort zu verbleiben.

GM. Bellegarde setzte daher seinen Marsch nur mit 3 Eskadronen Kürassiere’), 1 Division Sappeure und 1 Kaval- Ipriebatterie, zu welcher noch 2 dem Regiment Auersperg zugewiesene Geschütze kamen, nach Hohenau fort.

*) K. A-, F. A. 1848, Korps JcUaüiü, X, 106 und 106 a, b.

’) Ebenda, Cernierung Wiens, X, ad 51.

’) Eine Eskadron befand sich seit 17. am Marsche nach Gänserndorf.

19*

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Da bei der Wichtigkeit der Aufgabe, die linke Flanke der Armee zu decken, diese Kolonne in ihrer dermaligen Zusammensetzung und geringen Stärke dem beabsichtigten Zwecke nicht entsprach, so wandte sich GM. Bellegarde um Erhalt der nötigen Verstärkungen direkt an den GM. Wvß.

Aus einer Meldung des letzteren an den Fürsten Windisch-Grätz ist zit schließen, daß die Kolonne G^I. Belle- garde erst nach Erreichung ihres Marschzieles noch durch das nach Gänserndorf dirigierte Bataillon Schönhals mit einer Eskadron !Max .\uersperg-Kürassiere verstärkt wurde

Tatsächlich war GJI. Bellegarde am 20. Oktober, um 4 Uhr nachmittags, nur mit 3 Eskadronen Auersperg-Kürassiere. 1 Division Sajtpeure und 8 Geschützen in Deutsch-Wagram eingetroffen und hatte folgende Dislokationen bezogen: In Deutsch- Wagram der Stab, Oberst 2. Eskadron, die Sappeur- division und Kavalleriebatterie ; in Parbasdorf Oberstleutnant 1. Eskadron und in Aderklaa Oberstleutnant 2. Eskadron von Max Auersperg-Kürassieren*!.

Auch an die aus Galizien nach Ungarn dirigierte Kolomie des FML. Siinunich erließ Fürst Windisch-Grätz seine Befehle.

Diese Kolonne, welche, aus den beiden Landwehrbatail- lonen Erzherzog Wilhelm und Nugent (Infanterieregiment Nr. 30», dann dem 1. Bataillon Ilartmann Nr. 9, der Majors- division von Erzherzog Karl Ludwig-Chevaulegers und der sechs])fündigen Fußbatterie Nr. 14 bestand und später durch die beiden Bataillone Hochenegg Nr. 20 und Haynau Nr. ä" und eine zweite Hatterie verstärkt wurde, sollte sich ursprüng- lich in Dukla konzentrieren, in zwei Kolonnen über Kaschau voiTÜcken, mit dem Banus Jellaciö die Verbindung hersteilen und de.ssen Operationen unterstützen*).

Nachdem .sich aber der Banus nach Österreich gewendet hatte, wurde FML. Simunich mit Rücksicht auf die geänderten V'erhältnisse über Saybusch lunl den Jablunkaj)nß auf Csacza dirigiert und erhielt von Windisch-Grätz den Befehl im Waagtill vorzurücken, um einerseits die terrorisierten slova-

') K. A., F. A. 184S, Cerniening Wiens, X, 62.

’) Ebenda, 228.

*) Ebenda, 26.

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Aufmarsch der üsterreichlechen Armee gegen die Re%’olntion ]8i8. 293

kischen Distrikte zu Gunsten der guten Sache aufzurichten, andererseits aber dxirch ein energisches Vorgehen in der Richtung auf Neutra und Preßbui'g die ungarischen Streit- krafte in der Flanke zu bedrohen und hiedurch deren Vor- marsch nach Österreich am linken Donauufer zu erschweren.

An den Kommandierenden in Galizien, F^ITj. Freihemi von Hammerstein, wandte sich Fürst Windisch-Grätz am 16. Oktober von Olmütz aus mit dem Ansuchen, zu den bereits entsendeten Streitkräften noch wenigstens 5 bis 6 der zimächst der mährischen Grenze stehenden Bataillone, wo- möglich unter Kommando eines Generals und Beigabe einer Batterie, gegen Lundenburg zu disponieren und eine weitere Xachrückung von Truppen seines Generalates nach eigenem Ermes.sen einzuleiten *).

Am 17. Oktober wiude der Vormarsch nach Stammers- dorf angetreten *).

Ziu Besetzung der Eisenbahnlinie Lundenburg Gänsern- dorf ging am selben Tage das Reservebataillon Erzherzog Karl und das 1. Bataillon Schönhals unter Kommando des ■Majors Schneider mit dem Befehl nach Gänserndorf ab, dort die Eisenbahn zu zerstören und den Telegraphen nach Wien zu unterbrechen.

Für den Patrouillendien.st im Marchfeld war den zwei Bataillonen eine Eskadron Max Auersperg-Kürassiere bei- gegeben worden.

Das 1. Bataillon Khevenhüller, ein Bataillen Herzog von Parma sowie die sechsijfündige Fußbatterie Nr. 6 wiuden am 17. von Lundenburg gegen Stammersdorf in Marsch gesetzt und sollten am 19. dort eintreffen, während das 2. Bataillon Khevenhüller und die Majorsdivision von Auersperg-Küras- .■deren zur Deckung des Haupbpxartiers bis auf weiteres in Lundeubiu’g zuriickblieben.

Von Stammersdorf aus beabsichtigte GM. Wyß ehestens gegen die Donau vorzuriieken, um, wenn nicht unvor- hergesehene Hindernisse eintraten, am 20. Floridsdorf und

') K. A.. F. A. 1848, Cernierang Wiens, X, 60/33.

*) Ebenda, 62.

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C z e i k e.

den „Spitz” zu besetzen, sich mit seiner Reserve in Groß- Jedlersdorf aufzustellen und den weiteren Umständen gemäß zu handeln.

Die nach und nach über Stockornu anrückenden Truppen sollten in Stammersdorf vereinigt werden.

GM. Wyß selbst traf am 18. in Wölkersdorf und am 19. in Stammersdorf ein.

Zur Deckung des in Klosterneuburg befindlichen Biückeu- materials sowie der notwendigen Vorarbeiten für den Brücken- schlag war die Besetzung dieses Ortes um so wichtiger, als es den aufwieglerischen Umtrieben von Wien aus gekmgeu war, auf die Stimmung der Landbevölkerung in der Umgebung von Klosterneuburg einen verderblichen Einfluß zu nehmen.

Die Vorbereitungen zum Brückenschlag bei Nußdorf durch den Obersten Schön mußten sich bisher nur auf technische Vorarbeiten beschränken, da bei der geringen Stärke der in Klostenieuburg befindlichen zwei Piouierkom- paguien und dem Umstand, daß Nußdorf von schlecht ge- sinnten Nationalgai'den besetzt war, eine Requisition von Schitien, die Herrichtung der Örtlichkeit für den Brücken- schlag u. s. w. nicht vorgenommen werden konnte.

GM. Wyß sah sich daher veranlaßt das 3. Bataillon Erzherzog Ludwig Nr. 8 von Wölkersdorf am 19. mit dem Auftrag in ^Marsch zu setzen, durch Uberschittüng auf der bei Lang-Enzersdorf bestehenden Uberiühr das recht« Donau- ufer zu gewinnen und Klosterneuburg durch eine zweck- mäßige Besetzung zu sichern'!.

Das 3. Bataillon Erzherzog Karl wurde aus Wilfersdorf zur Besetzung von Wölkersdorf in diesen Ort verlegt, da dem GM. Wyß nim die Bataillone KhevenhüUer und Parma zur Verfügung standen und er sonst bei seinem Vormarsch gegen che Donau ohne Reserve geblieben wäre.

Uber erneuertes Ansuchen des Obersten Schön um Verstärkungen stellte Wyß demselben noch das am 20. in Lang-Euzersdoif eintrciffende Bataillon Paumgartten und eine Halbbatterie, welche am 21. mit den von Prag aukonuneuden Biückenefiuipagen erwartet wurde, zur Verfügung.

K. A., F. A. 1S18, Cernicruug Wiens, X, 73, 82, 83, 84.

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Aufmarsch der östorreiebisobon Armee gegen die fievolntien 1848.

295

Es waren somit alle Vorbedingungen für den Brücken- schlag gegeben, nachdem auch die Besetzung des Kahleii- bergos und des Defües bei Xußdorf durch die Truppen der Division Ramberg in Aussicht stand.

Am 19. Oktober nachmittags verließ Fürst Wiudisch- Grätz Olmütz und traf abends in Lundenbimg ein.

Im HaupGiuartier des Feldmaivichalls befanden sich Oberst Ritter von Schobelu als Generaladjutant, Oberst- leutnant Lang, welcher in Vertretung des zum General- quartienneister ernannten, aber noch in Fraukfiu't weilenden Generals Grafen Nobili die Operationskanzlei leitete und GM. Dittrich als Artilleriedirektor.

Von Lundenburg aus erließ Fürst Wind isch-Grätz am 20. Oktober einen Armeebefehl an sämtliche vor Wien vereinigten Truppen und eine Proklamation ,,Au die Be- wohner Wiens”, in welcher er die Hauptstadt und ihre Umgebimg in Belagerungszustand erklärte').

-\m 21. Oktober stellten sich dem Feldniarschall in Stammersdorf zwei Deputationen vor, welche durch An- kiiüpfiuig diplomatischer Verhandlungen eine iriedliche Lösung der bestehenden WÜTen anstrebten.

Die vom Frankfiu'ter Parlament abgesendeten Reichs- kommissäre Welcker und Mosle, im Namen <ler deutschen Zentralgewalt ihre Vermittlung anbit'tend, wurden von Windisch-Grätz zwar höfhch empfangen, deren weitere Einmischung jedoch am Schlüsse der Unterredung mit den Worten kurz abgelehnt : „Ihre Vollmachten brauche ich nicht einzusehen. Östen'eieh bedarf der Paulskirche nicht ; es wird den Kampf um sein Bestehen allein ausfechtpn.”

Einer Dejmtition von Wiener Abgeordneten hielt der Fürst den Emst der Lage mit nachstehenden Worten vor ■Wgen : ., Meine Heiren. was Sie mir sagen wollen, weiß ich alles. Sie sind, ich hoffe, Männer aus den Reihen der Gut- gesinnten. Trachten Sie, die verirrten Gemüter auf den rechten M'eg zu führen. Helfen Sie mir meine schwierige ■■Vufgabe so schnell als möglich zu lösen. Dazu gehört die imhedingte Übergabe der Stadt und die Ablieferung der

‘) .iiihang IX und X.

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Watten. Gescliieht dies gleich, wohl und gut ; wenn nicht, so werde ich zu den energi.schesten Mitteln gi’eifen, so schwer es mir auch ankommt *).”

Die Situation tiir die Wiener Aufständischen gestaltete sich denn auch von Tag zu Tag kritischer.

Den Befehlen des Feldmarschalls entsprechend hatte Wyli Wien am 20. Oktober von aller Verbindung mit dem linken Donauufer abgeschuitten und durch Besetzung der Insel Lobau den Cemierungstruppen der Südarmee die Hand gereicht ’).

Fürst Windisch-Grätz war mit dem Hauptquartier am 21. in Stammersdorf eingetrotten, die Truppen der Nord- armee hatten sich am selben Tage in einem Lager bei diesem Orte konzentriert *) und standen bereit, auf das rechte Donaii- ufer zu übersetzen.

Der Ring um Wien schloü sich immer enger, denn schon war auch die Ditdsion FML. Ramberg von Krems aus im Anmarsch, um die noch vorhandene Lücke im Westen Wiens zu schließen ‘).

In Erkrankung des GM. Prinzen Hohenlohe hatte. FML. Freiherr von Ramberg dessen Brigaile in Budweis übernommen und war mit derselben nach Krems dirigiert worden, wo er die tveiteren Befehle erwarten sollte.

b Helfert, I, 159, 160.

b GM. Wyß besetzte am 20. folgende Orte: Floridsdorf mit dem 1. Bataillon Khevenhüller, 2 Geschützen und '.»Eskadron Civalart- Ulanen Nr. 1, die Insel Lobau mit dem 12. Jägerbataillon und 1 Es- kadron Civalart-Ulanon und Jedlersee mit 1 Division vom Infanterio- regiment Parma. In Groß-Jedlersdorf standen als Reserve 4 Kompagnien von Parma mit 4 Geschützen, in Streborsdorf l'/i Eskadronen von Civalart-Ulanen. Vedetten und PatrouUIeu erhielten zwischen sämtlicben Abteilungen die Verbindung.

b Der Lagerplatz befand sich zwischen Stammer.sdorf, Strebers- dorf und Groß-Jedlersdorf. Die Truppen waren hier auf dem engsten Raume vereinigt, in den genannten Orten war das für die Mannschaft und Pferde notwendige Wasser, an welchem es sonst in der Gegend überall mangelte, vorhanden und alle Verpflegsartikol konnten dort bei|uem disponiert und gefaßt werden.

b K. A., F. A. 1818, Ceruierung Wiens, X, 60/37, 38, 64, 81, 218, 227 und 230.

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Aufmarsch der österreichischen Armee gegen die Revolution 18iS. 297

Am 16. Oktober abends traf Hamberg in Krems ein mul fand dort den Obersten Pott des Generalquartiermeister- stabes imd den GM. Parrot mit ihren Tnippen vor.

Oberst Pott war am 11. Oktober vom FML. Auersperg aus dem Schwarzenberggarten mit dem 4. Bataillon Heß Nr. 49 und dem 2. Bataillon Erzherzog Stephan zur Sicherung der Donaubrticke nach Krems entsendet worden, hatte mit diesen Truppen die Städte Stein und Mantern besetzt und bei Loiben eine Abteilung Pioniere bereit gestellt, um die Donaubrücke vor herabschwümmenden Zerstöningsmitteln zu schützen.

Durch vertraute Boten stand Oberst Pott mit Auers- perg in A'erbindung ; er hatte von letzterem auch den Befehl erhalten, alle in Krems eintreffenden Trupj>en sogleich nach Inzersdorf zu dirigieren, was jedoch gegen flie Absichten des Fürsten Windisch-Grätz war und daher durch FML. Ham- berg nach dessen Eintreffen in Krems verhindert wurde. Nur das 2. Bataillon Erzherzog Stephan marschierte mit zwei Geschützen am 17. über Herzugenburg, Sieghartskirchen und Purkersdorf in das Hau])tquartier Auerspergs nach Inzers- dorf; das 4. Bataillon Heß hielt mit einer Pionierabteilung von 49 Manu Stein und Mautem weiter besetzt.

GM. Parrot, welcher mit einer Brigade den Kaiser nach Olmütz l>egleitet hatte, war über höheren Befehl mit 8 Kompagnien Heß (3. Bataillon und eine Landwehrdivision), 5 Kom[)aguien von Kai.ser- Infanterie und 8 Geschützen am 16. Oktober in drei forcierten Märschen über Znaim in Krems eingetroffen.

Seine Trupjien waren infolge der anstrengenden Märsche sehr heruntergekommen, die Artillerie fast felddienst- untauglich — konnte nur mühsam mit Vorspann fortgebracht werden, die Geschütze der Kavalleriebatterie waren zwei- spännig und ohne jede berittene Charge, für alle Arten von Geschützen nur ein Kairen mit 160 Schuß vorhanden.

Außer den genannten Truppen befanden sich noch das 2. Feldjägerbataillon und eine sechspfündige Fußbatterie seit 14. Oktober in Krems : am 17. rückten das 3. und das Land- wehi'bataillon Wocher und am 18. zwei Divisionen Ficquelmont- Dragoner dorthin ein.

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C s e i k e.

Auch diese Trupjieu hatten durch die ohne Unter- hrechung hinterlegten forcierten Märsche viel gelitten').

Nach seinem Eintreflen in Krems erhielt FML. Ram- berg ein Schreiben des GM. Wyß aus Lundenburg vom 15. Oktober, worin letzterer im Auftrag des Fürsten Windisch- Grätz die Mitteilung machte, dal! Ramberg mit den Trui»pen der Brigaden Hohenlohe und Parrot am rechten Donauufer über Tulln zu marschieren und Klosterneuburg und den Kahlenberg derart zu besetzen habe, daß damit der Brücken- schlag über die Donau bei Nußdorf gesichert sei.

Ramberg teilte infolge dieses Befehles seine Truppen in zwei Brigaden ein, von welchen die eine vom GM. Parrot. die andere vom Obersten Simbschen befehligt wimde und marschierte am 19. von Krems ab.

Die Division kantonierte am 19. in Traismauer und Rust am Perschlingbach, am 20. mit der Brigade PaiTot in Zeisel- mauer und St. Andrä, mit der Brigade Oberst Simbschen in Küuigstetten und Tulbing.

Die zwei Divisionen Ficcpielmont-Dragoner hielten am 19. in Krems einen schon dringend nötigen Rasttag und kamen am 20. nach Staa.sdorf.

FML. Ramberg bUeb am 19. noch in Krems zurück und begab sich am 20. nach Königstetten.

Am 21. brach Ramberg mit Tagesanbruch in drei Kolonnen auf, um vorerst den Kiddenberg zu erreichen und Klostenieuburg zu besetzen.

Die rechte Kolonne, zwei Bataillone mit einer halben Eskadron, marschierte unter Kommando des Obersten Sinib- schen längs dem Gebirgsrücken, der vom Tiübingerkogel über den RoBkoi)f zum Kahlenberg zieht und besetzte letzteren nachmittags.

*) .Sie waren nach Krems wie folgt iustradiert worden : 2. Feld- jiigerbataillon von Budweis über Schweinitz, Weitra und Zwettl. 1. LanJ- wehrbataillon Wochor von Pisek über Wodfian, Budweis und weiter wie das 2. Feldjilgerbataillon. 3. Bataillon Wocher von Tabor über Wessely, Wittingau, Oratzen, Jagenbach und Groß-Motten. Die beiden Divisionen von Ficqueliuout-Dragoncrn hatten sich aus den Stationen Bisclioftoinitz, Taus und Dobrzan in IClattau zu konzentrieren und von dort über Silberberg, Strakonitz, Wodünn, Budweis etc. nach Krems zu marschieren. (K. A., F. A. 1819, Cernierung Wiens, X, 30.)

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Aufmanch der östeireiohischen Armee gegeQ die Revolution 181B. 299

Die mittlere Kolonne, aus einem Bataillon hesteheml, rückte von St. Andrä durch das Tal des Kierlingbaches direkt nach Klostenieuburg.

Die linke Kolonne, der Rest der Truppendivision, mar- schierte auf der Straße längs der Donau über Greifenstein nach Klosterneuburg.

Dort angelangt, erhielt FML. Ramberg durch den Obersten Schön des Pionierkorps die Meldung, daß ein Bataillon Erzherzog Ludwig mit einer halben Batterie gegen Naßdorf vormarschiere, Jedlersee von einer Division Reisinger Nr. 18 besetzt sei, die beiden anderen Divisionen dieses Bataillons beim Kalilenbergerdorf stehen und die Wiener Rebellen nur die Ijinien der Vorstädte besetzt halten, daher die Dörfer bis zu denselben frei seien ').

Ramberg ordnete daher sogleich die weitere Vorrückung seiner Truppen nach Döbling, Gersthof und Dombach an und bezog eine Stellung zwischen Dombach, der Türkenschanze and Ober-Döbling.

In der Türkenschanze Itefand sich zu dieser Zeit ein Bataillon von den Truppen Auerspergs.

Das 2. Feldjägerbataillon besetzte die Orte Dombach, Gersthof und Pötzleinsdoif, das 3. Bataillon Wocher mit einer halben Fußbatterie stand zwischen der Türkenschanze und Döbling, das Bataillon Erzherzog Ludwig in Ober- Döbhiig.

Hinter dem rechten Flügel befand sich, Xeustift und Sievering besetzt haltend, das Ijandwehrbatnillon V’ocher, liiiiter dem linken Flügel das 3. Bataillon Reisinger unrl liinf Kompagnien vom 3. Bataillon Kaiser samt einer Fuß- batterie, welche die Orte Grinzing, Heiligenstadt und Xuß- (lorf besetzt hielteri.

FJIL. Ramberg hatte sein Hauptquartier in Xiißdoif genommen.

Li Anbetracht des kupierten Terrains wurden nur drei Züge Kavallerie vorgezogen ; der Rest der zwei Divisionen

’) Die Bataillone Erzherzog Ludwig und Reisinger und eine Batterie waren am 19. auf das rechte Donauufer üherschiii't worden. A., F. A. 1848, Ceniierung Wiens, XI, 67.)

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Ficquelmont-Dragoner sowie die Kavalleriebatterie und die Laridwehrdirision Heli waren in Klosterneuburg und Kon- kurrenz geblieben.

Die Linie der V^orj)osten erstreckte sieh vom Schlosse am Galitziuberg unterhalb Dombach in gerader Richtung zur Türkenschanze und von da bei den letzten Häusern von Ober- Döbhng bis zum Donaukanal.

Zur Verbindung mit dem Korps Auersperg detachierte die Brigade Simbschen am 22. Oktober eine halbe Kompagnie und einen halben Zug Dragoner nach Hütteldorf, welche die Kommunikation mit Wien auf der St. Pöltener Straße sperrten.

FML.Ramberg hatte mithin am 22. Oktober vormittags mit der ihm unterstehenden Division, bestehend aus 5 Batail- lonen Infanterie, 2 Divisionen Kavallerie und 2 Batterien, an welche sich noch die überschifften Bataillone Erzherzog Ludwig und Reisinger (2 Divisionen), dann ‘/j Fußbatterie angeschlossen hatten, eine starke Stellung von Ober-Döbling über die Türkenschanze bei Dornbach bezogen, alle Ortschaften zwischen dieser Stellung und Klosterneuburg besetzt und hiediu'ch nebst der Einschließung Wiens von dieser Seite auch den Brückenschlag bei Nußdorf gesichert*).

LTm die zwischen dem rechten Flügel der Division Ram- berg und dem linken des Korjts Auersperg noch vorhandene Lücke auszufüllen, erhielt tLM. von Chizzola am Nachmittag des 22. Oktober den Befehl*), mit einem Teile seiner Brigade, und zwar dem 3. Bataillon Erzherzog Karl, dem 1. Bataillon Erzherzog Stephan und einer Batterie aus dem Lager von Stammersdorf nach Lang-Enzersdorf aufzubrechen, hier die Üb(>rfuhr zu benützen tind über Nußdorf, Heiligenstadt, Gerst- hof, W'einlnms und Ottakring nach Breitensee zu marschieren, um dort, nach gepflogenem Einveniehmeu mit FML. Bam- berg nnd .\nsichziehung von zwei Divisionen Ficquelmont- Dragoner samt der Kavalleriebatterie die Absperrung Viens zu bewirken und zugleich die Verbindung mit dem Korps Auersperg herzustellen.

') K. A., F. A. 1S48, Cernierung Wiens, X, 233.

*) Ebenda, 118, 231, 232.

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Aufmarsch der österreicliischon Armee gegen die Bovolution 1818. 301

G3I. von Chizzola besetzte am 23. mit dem Bataillon Erzherzog Karl imd einer Halbbatterie Breitensee und stellte in der Linie Schöubrunn— Ottakring Vorposten aus*).

Am 23. Oktober mittags war somit Wien auch von der Westseite durch die kaiserlichen Truppen cemiert.

Inzwischen hatte Jellaöic dem Feldmarschidl das An- rücken der Ungarn gemeldet und um Unterstützung gebeten.

Fürst Windisch-Grätz sah .sich daher veranlaßt am 22. Oktober die Brigade GM. CoUoredo zur Unterstützung des Banus abzusenden.

Diese Brigade, bestehend aus dem 5. Feldjägerbataillon, 3. Bataillon Paumgartten Nr. 21, 2. Bataillon Latour Nr. 28 und 1. Bataillon Herzog von Parma, nebst einer Kavallerie- batterie und der Oberstleutnantsdivision des Kürassierregi- ments Kaiser Ferdinand (seit 18G7 Dragonerregiment Nr. li erhielt den Befehl, unverweilt abzukochen und sodann unter Kommando des GM. Grafen Colloredo nachdem sich die Brigade in Groß-JedlersdoiT gesammelt über Kagran und -\spem in die Lobau zu marschieren, hier die Donau mittels Plätten zu übersetzen, von Kaiser-Ebersdorf nach Laa zu rücken und sich dem Banus zur Verfiigung zu stellen *).

Nach einer später eingelangten Meldimg, daß der Banus das zur Besetzimg der Lobau bestimmte 12. Jägerbataillou an sich gezogen habe und diese nun unbesetzt sei, wimle dem GM. Colloredo nachmittags noch anbefohlen, 2 Kom- pagnien und wenn nötig auch 2 Geschütze zur Sperrung der Pampfschifiahrt und zum Schutze der Uberfuhrj)lätten in der Lobau zurückzulassen.

Die Brigade Colloredo wurde im Laufe des 22. und in der Nacht zum 23. bei Kaiser-Ebersdorf überschifft und ver- einigte sich mit der .Irmee des Banus.

Wien war nun nach den bisher getroffenen Verfügimgen zwar schon von allen Seiten eingeschlosseu, allein der Cer-

') Die Überschüfiiiig dieser Truppen bei Lang-Enzersdorf konnte wegen eines heftigen Sturmes am 22. nur zum TeUe vorgenommeii werden und wurde erst am 23. gänzlich hewerkstolligt.

’) K. A., E. A. 1848, Cernierung “Wiens, X, 234.

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nieruiigskreis hatte noch einen so großen Umfang, daß hie- durch nicht nnr der Dienst der Trappen ein sehr beschwer- licher wurde, sondern auch eine vollständige Abspeirung der Stadt von allem Verkehr nach außen kaum möghch war.

Es lag aber in der Absicht des Fürsten, die Residenz durch Verhinderung jeder Einfuhr an Lebensmitteln ziu" Be- sinnung zu bringen und deren Ünteiwrerfung vielleicht schon bei Auwendixng dieses schonenden Büttels zu erreichen.

Zur Ceniierung Wiens am linken Donauufer genügten die schwachen Streitkräfte des GM. Wyß vollkommen, denn die Wuener hatten sich dimch Abbrecheu der Tabor- briicke selbst der Möglichkeit beraubt, den Verkehr mit dem linken Donauufer aufrecht zu erhalten.

Dem Feldmarschall handelte es sich jetzt vor allem darum, mit dem (4ros der Xordamiee auf das rechte Donau- ufer zu übersetzen, um durch Vereinigung seiner Streitkiäfte mit jenen der Südarmee Wien nicht nur enger einzu- schließen, sondern auch das der ungarischen Annee gegenüber- stehende Korps Jellacic im Bedarfsfälle rasch untcr.stützen zu können.

Am 22. Oktober wurde demnach folgende Disposition zur engeren Cernierung Wiens gegeben ' i :

Das I. Armeekor])s, die kroatisch-slavoidsche Armee unter FML. Baron Jellaöic. de.ssen Hauptaufgabe die Siche- ning gegen einen Angriff der ungarischen Armee bildet, ver- bleibt in seiner dei’maligen Stellung, kantoniert von Kaiser- Ebersdorf bis Himberg, bewirkt nur mit einigen Bataillonen die Abschließung der St, Marxer Linie durch eine geeignete Aufstellung nächst Simmering und hält das Neugebäude mit den übrigen wdchtigen Punkten, nach den vom Koqxskom- mando bereits getroffenen Verfügungen, besetzt.

Das II. Anneekoii)s, die Trujxpen der Garnison Wien unter FML. Graf Auersperg, verbleibt in seiner Stellung am Wienerberg, hat Wien von der Südseite im Rayon der Favoriten- und Matzleinsdorferlinie bis Meidling abzusperren und schließt mit dem rechten Flügel seiner Vorjxosten an

’) K. A., F. A. 1.S48, Cornierung Wiens, X, 100 und Kriegs- geschichtlichc Elaborate,

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Aafmargch der Östürreichieohon Armee gegen die Revolution JBtS. 30B

jene des I., mit dem linken nächst Schünbninn an jene des III. -Vrmeekoqis an.

Das III. Armeekorps, die böhmische Armee, unter dem Befehl des FML. Duca Serbelloni '), cemiert die Residenz vom Wienfluß mit Einschluß von Schönbrunn auf der Linie über ßreitensee, Ottakring, der Türkenschanze und Xiißdorf bis ziu- Donau und bildet sonach den linken Flügel der Aufstellung.

Die selbständige Brigade GM. von Wyß*; bewirkt

die Absperrung AViens am linken Donauufer durch eine Auf- stellung bei Floridsdorf, Besetzung der Taborbrücke und ..Schwarzen Lackenau”, beobachtet die Übergänge üljer die Donau und sichert sieh durch die Kavallerie gegen die

March hin.

Die Re.servedivision, nnd zwar : 4 Bataillone Infan-

terie und 6 sechspfündige Geschütze der Brigade GAL Schütte, dann die Kavalleriebrigade GM. Bellegarde’), sowie der ganze beschütz- und Alunitionsreservepark, haben nach bewirktem Übergang über die Donau bei Kußdorf und Klosterneuburg in ein Lager zwischen Schönbrunn und Kilaa zn rücken und das vorliegende Terrain sowie die Gegend südlich des

Krottenbaches zu beobachten und abzusperren.

*) Das Kommando dieses Armeekorps war dein FML. Reuß- Köstritz, welcher bisher die Ruhe in Mähren so erfolgreich zu er- halten wußte, zugedacht. Bei dem sich aber noch immer uiiverläßlich zeigenden Geiste dieser Provinz und bei der Wichtigkeit, welche die- selbe durch den Aufenthalt des Kaisers in Olmütz erhalten hatte, konnte Fürst Reuß sein Generalkommando vorläufig nicht verlassen, daher das Korpskommando dem FML. Duca Serbelloni ad interim über- tragen wurde.

’) Unter dem unmittelbaren Befehl dieses Generals standen: 1. Bataillon Sohönhals, 3. Bataillon Fürstenwärther. 1. LandwehrbataUlon Reisinger, 1 zwölfpfündige Fuß- und 1 sechspfündige Kavalleriebatterie, 1 Division Max Auersperg-Kürassiere, eine Division Erzherzog Karl Lndwig-Chevaulegers und 1 Kompagnie Sappeure, welißi letztere zur Herstellung von Verschanzungen bei Jedlersdorf oder in der „Schwarzen Lacke’’ verwendet werden sollte.

*) Dieser General war nach Durchführung seiner Aufgabe, die linke Flanke der böhmischen Armee im Marchtal zu decken, seit dem ‘10. zurückgekehrt und hatte im Lager von Staramersdorf das Kommando der dort befindlichen Kavallerie übernommen.

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C £ e i k e.

iUs Hauptquartier des Feldmarschalls wiu'de Hetzendorf oder luzersdorf in Aussicht genommen, als jenes des Hl. Armeekorps Breiteusee hi-stimmt * j.

Im allgemeinen war durch möglichst nahe Vorschiebung der Vortrupj)en gegen die Wälle Wiens der Ceniie- rungski'eis zu verengern, doch galt als Regel, diese außer dem Bereich des feindlichen Geschützfeuers aufzustellen, um sie nicht unnötigen Verlusten auszusetzen *),

Xachdem die am Tabor über die Donau führende Straßen- und Eisenbahnbrücke von den Wiener Aufständischen teil- weise abgetragen und stark verteidigt war, deren Forcierung mithin bedeutende Opfer gekostet hätte, wurde die Herstel- lung eines Überganges aus Kriegsbrückenmaterial anbefohlen und hiezu jene Stelle der Donau zwischen Nußdorf und Jedlerseo in Aussicht genommen, wo sich die permanente Überfuhr befand ■*),

Der Strom hatte hier eine Breite von 313 Metern bei 2'2 Meter Geschwindigkeit; beiderseits führte eine gute Straße zum Ufer.

Nach den Dispositionen des Obersten Schön war der Briickenschlag vom linken Ufer dimch die 14, und 16. Kompagnie, vom rt'chten durch die Aljteilungen aus Kloster-

‘) Die Divisionsstäbe sollten in folgende Orte kommen ; Division Eamberg nach Nußdorf, Landgraf Fürstenberg nach Ottakring, Fürst Liechtenstein nach Schönbrutin, Reservedivision nach Hetzendorf.

’) Die passiven Verteidigungsmittel Wiens bestanden aus einer doppelten Umfassung, nämlich den 4 bis 5 Meter hohen Linienwällen mit vorgelegten trockenen Gräben, welche die Vorstädte umgaben und den hohen Festungsmauem mit vorliegendem Glacis, von welchen die Innere Stadt eingeschlos.sen war. Hohe und solide Barrikaden sperrten die durch die länieuwällo führenden Tore und ebensolche in den Haupt- straßen und bei den Einmündungen der Seitengassen sollten den .Inl- ständischen einen eventuellen Straßenkampf erleichtern. Die am linken Ufer des Donaukanals gelegene Leopoldstadt war durch die sogenannte Tabor-Donau, welche ein natürliches Annäherungshindemis bildete, geschützt.

•) Diese Gefalir dürfte keine besonders große gewesen sein, denn den Geschützen fehlte zumeist ansgebildete Bedienungsmannschaft, Be- spannung und später auch Munition.

*) Briuner, Geschichte des k. und k. Pionierregiments, II, 63.

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Anftnarsch der österreichischen Armee gegen die Revolution iSiB.

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iieuburg unter Kommando des Oberstleutnants von Hohen- siuiier auszuführen.

Am 21. Oktober wm'deu in Klostcmeubiu'g sechs Kriegs- briickenequipagen auf Gliedern au.s gekoppelten Pontons ver- laden, ferner zwei landesübliche Fahrzeuge (Trauner Plätten) mit eiirfachen Hebgerüsten ausgerüstet, welch letztei'o zum An,schluß an das hohe verkleidete Ufer bestimmt waren, das gesamte Material sodann nach dem Brückenschlag])latz geführt und am linken Ufer gelandet.

Am Morgen des 22. Oktober, welcher Tag ursprünglich für den Brückenschlag festgesetzt war, heiTschte jedoch bis in die Nacht hinein ein äußerst heftiger, sturmartiger unterer Wind, weshalb der Befehl erfolgte, die Arbeiten noch einen Tag aufzuschieben, weil die Gefahr bestand, eventuell das unersetzbare Brückeumaterial einzubüßeu.

Den 23. Oktober 9 Uhr vormittags wurde mit dem Brückenschlag von beiden Ufeni aus gegen die Mitte begonnen.

Zum Einbau gelangten vom linken Ufer drei Böcke, 42 dreiteilige Pontons, sodann die beiden Traimer Plätten an ilas rechte Ufer schUeßend.

In jedem Brückenfeld waren sechs Balken eingelegt. Die Verwendung von durchgeheuds dreiteiligen Pontons und die Verstärkung der Decke dtuch Einlage eines sechsten Balkens war aus dem Grunde notwendig, iveil nebst einer großen Anzahl schwer beladener Proviant- und Bagagewagen auch Positionsgeschütze mit iliren schweren i\lunitionskan-en die Brücke zu passieren hatten.

In der Brücke war anfänglich kein Durchlaß eingebaut worden; ein solcher von sechs Feldern Breite wurde erst am 24. Oktober für die Durchfahrt von Dampfern hergestellt.

Nach 3 stündiger Arbeit war die Brücke geschlossen, worauf der Übergang sofort begami imd bis in die Nacht ununterbrochen fortgesetzt wiude.

Der Feldmarschall hatte an die noch im Lager bei Stammersdorf befindlichen Truppen, und zwar das Grenadier- bataillon Chmielnicki *), das 1. und 2. Bataillon Khevenhüller,

') Dieses Grenadierbataillon bestand aus den Greiiadierdivisionen der Infanterieregimenter Nr. 11, 25 und 51.

Uittailongen des k. und k. Kriegssrobirs. Dritte Folge. IV. Bd. 2U

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G B e i k e.

eine Kompagnie Sappeure, dann 5 Batterien, endlich die Kürassierregimonter Max Auersperg i2 Di\nsionen) und Karl Auers])erg (seit 1 . Oktober 1867 DragoneiTegiment Xr. 8 1 und Civalart - Ulanen , seine Disposition für den Übergang vor Beginn des Brückenschlages in allgemeinen Zügen schriftlich erteilt; derselbe sollte unter Kommando des GM. Grafen Bellegarde in folgender Ordnung bewerkstelligt werden ’i:

Als Avantgarde ein Tnfanteriebataillon, die Sappem- kompagnie und eine Fiitlbattene mit der Aufgabe, am rechten Donauufer Stellung zu nehmen und dort so lange zu verbleiben, bis der Übergang vollständig durchgeflihrt war. Dieser .\vant- gnrde sollten der Best der Infanterie, die Batterien, die Mimitionskarren und der Bagagetrain, daun die gesamte Kavallerie und endlich die Arrieregarde, aus einer Abteilung Kavallerie und InfaTiterie bestehend, folgen.

Die Sicherung der Pontonbrücke hatte während des Überganges und nach demselben am linken Ufer GM. Wyß. am rechten FML. Bamberg zu übernehmen.

Zur Fortsetzung des Marsches nach vollzogenem üfer- wechsel wurde angeordnet, daß nur die Infanterie allein über Xnüdorf, Grinzing, Unter- und Ober - Döbling. Weiuhaus. Ottakring. Breitensee, Penzing, Grünberg, Altmaunsdorf nach Inzersdorf, sämtliche Kavallerie, die Artillerie und die Bagagen aber in einer Kolonne auf der Straße über Klosteraeuburg. Gnüfeustein, St. Andrä, König^stetten, Eied, Purkersdorf und bei Mariabrunn die Wien übersetzend, über St. Veit und Schöidu'unn nach \’ö.sendori' marschieren sollten.

Xachdem der Marsch dieser letzteren Kolonne bei sieben Meilen lang war und der Übergang über die Donau sich voraussichtlich bis spät abends verzögern konnte, so sollte dieselbe nach Umständen entweder hinter Klostenieubiu'g oder auf dem Tullnerfeld lagern und erst am 24. Oktober in die angewiesenen Stationen einrücken *(.

Der Feldmarschall übersetzte mit seinem Hauptquartier am 23. Oktober voimiittags auf zwei aus Linz von dem

’) K. A., I’. A. 1.H48, Cernierung Wiens, X, 237.

’) Alle übrigen, im Lnger bei Stainmersdorf befindlichen und in dieser Disposition nicht angeführten 'fruppen wurden auf Plätten und Dainpfbooten über.schißt.

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Aufmarsch der österreicbisohen Armee gegen die Bevolution 1848. 807

ilortigen Militärkomraandautpn Grafen Wrbna herabgesendeten Dampfschiffen die Donau und triif am selben Tage nach- mittags unter Bedookting des Grenadierbataillons Kocy in Hehiendorf ein, wo er von den beiden Korjtskommandanten Fifl,. Auersperg und .Jellaßic empfangen wurde.

Ungefähr 70.000 Mann, 69 Bataillone, 67 Eskadronen und über 200 Geschütze ‘j hatte der Feldmarschall tinter den llauem Wiens versammelt, um die aufrührerische Residenz, wenn notwendig, selbst durch Erstürmung niederzuwerfen.

In der Hand des Feldherm und seiner kampfbegierigen Truppen lag das Schicksal Wiens, die Zukunft Österreichs.

Die Ausfälle der Wiener Aufständisc'hen am 23. Oktober hatten gezeigt, daß auf eine unblutige Lösung der Wirren nicht mehr zu hoften war ; das oöenkimdige Einveniehmen der- selben mit den Ungani, deren Angriff bei ihrer Stärke von über 30.000 Mann, mit zalilreicher Kavallerie und 60 Ge- schützen, von emstlichster Bedeutung werden konnte und jeden Tag zu erwarten stand, ferner die Erwäg^ing, daß ein längeres Zögeni die eigene Armee in eine gefährliche Lage bringen mußte , forderte zum raschen und entschlossenen Handeln auf.

Nachdem noch eine zweimal verlängerte Frist zur Unter- werfung resultatlos abgelaufen war, wtirtle am ‘27. die Dispo- sition zum allgemeinen Angriff auf Wien gegeben, liieser am 28. über Befehl dos Fehlmarschalls durchgeführt und die Residenz nach hartnäckigem Kampf am 31. Oktober von den kaiserlichen Trui)pen erstürmt.

Ein Ruhmesblatt mehr, eines der schönsten in der Ge- schichte der österreichischen Armee, an deren traditionell altösterreichischem Geiste felsenfester Treue die Stürme der Revolution sich brachen, unter der Führung ihres mit den besten Tugenden des Menschen und Soldaten ausgestatteten Feldherm, des FM. Alfred Fürsten zu Windisch-G rätz.

*) Nachdem die Ordre de bataille der kaiserlichen Armee, je nach den zu verschiedenen Zeiten ans den Provinzen eintrefFenden Truppen, fortwährenden Veränderungen unterworfen war, so wird statt derselben im Anhang XI ein entsprechendes Tableau der organischen Gliederung der Armee am Tage des allgemeinen Angriffes auf Wien gegeben.

‘20*

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Anliang.

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I.

Die Unterzeichneten, ermächtigt vom Banns Kroatiens, FML. Baron Jelladid und dem Herrn FML. von Moga, haben unter nach- stehenden Bedingungen einen WafTenstillstand abgeschlossen:

A. Der 'Waffenstillstand kann von der Stunde der ßatiflkation nur durch dreimal vierundzwanzig Stunden dauern.

B. Die Demarkationslinie der königlich ungarischen Truppen ist Czakvar, Sukuro, Dynies, Sengj'cles und Solgo Egy Haza, jene der k. k. kroatischen Truppen Czäkboreny, Zamoly, Puszta-Skala, Päkozd und Sarkerestur.

C. Über die.se Demarkationslinie hinaus darf während der Waffen- ruhe keine Operation vorgenommen und müssen die bereits zu nahe vorgeschobenen Truppen außer Kanoncnschußberoich zurückgezogen werden.

li. Sollte während dieser Waffenruhe eine Pazitikation von höheren Orten eingeleitet sein, so kann dieselbe nach Umständeu ver- längert werden.

£. Boi Verpflegung der Truppen ist möglichst jede Gewalttätig- keit hintanzuhalten.

Im Hauptquartier Sr. Exzellenz des Banus. Pakozd, den 30. September 1848, nachmittags (5 Uhr.

Der Chef dos Oeneralstabes der k. k. kroatisoli'slavonischon Armee;

Kiss Oberst. Zeisberg Generalmajor.

Anton Graf Szapäry.

Milpökh Oberst.

*) K. A., F. A. 1SU8. Korps Jclladie, IX, 151. (Original.)

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312

C z e i k e

II.

Marschordnniig am 12. Oktober 1848 ').

I. Kolonne.

FML. Jiepliyris; Haiiptmaun Unschuld.

1 Flügel Chevaulegers Avant- garde

1 Pionierkompagnie

2 Bataillone Nassau (zwischen bei- den das Bcgimentsstockhaus)

1 Fulibatterie 1 Raketeiibatterie 1 Bataillon Paumg.artten Hauptquartier Bagagewngen der Pioniere

Bagagewagen von Nassau

Paumgartten Bianchi

Mobile Backöfen Fuhrrvesenswagen Handpferde

Pionierkompaguie mit dem Stock- haus

1 Bataillon Bianchi 1 Kompagnie Jäger Arrierogarde.

II. Kolonne.

FML. Csorich; Hauptmann Kalik.

1 Flügel Chevaulegers Avant- garde

1 Pionierkompagnie (irenadierhataillon Schwarzl

2 Batterien (2 Geschütze im Bel- vedere^

Bataillon Strastil Bataillon Gaus

2 Kompagnien Stephan Arriere- garde.

III. Kolonne.

Oberleutnant Ourmann.

10 bespannte Geschütze | Die Artilleriemannschaft.

*) K. A.. F. A. IStS. Crrnierimg Wiens, X,

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Aufmarsch der österreichischen Armee geilen die Revolution IB48. 313

III.

Ordre de bataille und Dislokation ').

FML. Csorlch in Erlaa.

üeneralstabshauptmann Kalik.

Oberst Klebe in Erlaa ;

Ingenieurhptm. Hof mann.

Oberst

J abloiiowski; Generalstabshptm. Laokenbacher.

6 Eskadronen AVrbna-Chovaulegers Detachement 1'?. Jägerbataillon . Raketenbatterie

Nassau 1. Bataillon

Landwehrbataillon . Bianchi Landwehrbatailloii sechspfündige Fußbatterie .

in Erlaa und Neu-Erlaa

in Altmanns- dorf und Steinhof

FML. Zaphyris In Neustift

Generalstabshauptmann Unschuld.

f Wilhelm Landwohrbataillon . .

Stephan . .

Paumgartten . .

Khevenhüller ,, .

sechspfündige Fußbatterie . , .

Grenadierbataillon Strastil . . ,

Schwaiül . .

Richter , . .

Gaus .... zwälfptündige Batterie

Reserve.

3 Pionierkorapagnien in Inzersdorf.

Jungbauer, Major, Oeaernluaartiermeisterstab. Von diesen Truppen wurden detachiert •) :

Das Bataillon Khevenhüller und das Grenadierbataillon Schwarzl in das Neugebäude.

Das Bataillon Erzherzog Wilhelm nach Eber.sdorf und Laboratorien. Das Landwehrbataillon Nassau in die Türkenschanze.

Da.s Grenadierbataillon Strastil und das Landwehrbataillon Paum- gartten nach Wiener-Neustadt.

in Vösendorf

in Neustift und Sieben- h irten.

GM. Sanchez in Vösendorf; Ingenieurhptm. Pidoll.

GM. Frank in Siebenhirten ; Ingenieurhptm. Wolter.

K. A.t A. 1&18, Korps Jollaciö, X, <15. (Original). *) Ebendn. Cernierung Wiens, XIII. X, 6.

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C s 6 i k ft.

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Aufmarsch der österreichischen Armee gegen die Uevolution 315

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') Diese aus mohrorcu Standcsaiisweisen (K. A., F. A. IBIM. Korps Jellaciä, X. bT>b— m.) r.usammengestellte Ordre de bataillo kann auf Vollkommenheit keinen Anspruch erheben und soll uur eine Übersicht bieten.

316

C z e i k e.

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Aufmarsch der österreichischen Armee gegen die Revolution 1848 3 1 7

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318

C z e i k «.

V.

Aufstelinngen der Korps am 15. nnd 17. Oktober.

Korps Jallaöiö am 15. Oktober'):

Division Hartlieb im Lager bei Biederraannsdorf.

Division Kempen ließ 2 Bataillone, 1 Division Kreß-Chevau- legers und eine seebspfUndige Batterie unter GM. Neustädter bei Simmering in der alten Stellung zur Sicherung des Hackens gegen Wien und Behauptung des Neugebäude.s gegen eventuelle .Ausfälle der Wiener Insurgenten. Zu demselben Zwecke besetzte 1 Bataillon den Laaerberg, 1 Bataillon mit einer sechspfündigeii Fußbatterie hatte Schwechat zu halten und zur Verteidigung einzurichten, 2 Bataillone besetzten Eannersdorf, der Rest mit dem Divisionsstab kam nach Schwechat.

Division Sclimiedl lagerte mit einer Brigade bei Laa, mit der anderen bei Hennersdorf. Divisionsstab in Laa.

Artilleriereserve kam nach Schwechat.

Kavall eriedi Vision Ottinger; Brigade Baltheser rückte in die Linie der Schwechat, Brigade Lederer in jene der Fisoha.

Korpshauptquartier blieb in Rothneusiedel.

Korps Jellacic am 17. Oktober:

Division Hartlieb bezog mit einer Brigade ein Lager bei Rauchenw.artb, mit der zweiten und dem Divisionsstab Himberg. Durch ein Detachement in Achau wurde die Verbindung mit dom Korps Auersperg hergestellt.

Division Kempen bliob in der alten Aufstellung.

Division iSchmiedl bezog mit beiden Brigaden ein Lager bei Zwölfaxing.

Das Division.skommando übernahm in Erkrankung Schmicdls GM. Kriegern.

Artillerieresorve und die Kavalleriedivision Ottinger blieben in ihrer alten Aufstellung.

Korpshauptquartier kam nach Zwölfaxing.

■) K. A.. i’. A. Korp» .JtllaüiC. XIII. 2; X, 6B.

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AufmRrsi'h der österreichischen Armee gegen die Revolution 1&18. 319

Korps Auersperg am 16. Oktober'):

Brigade Jabloiiowski in Altmannsdorf und Hetzendort.

Brigade Klehe in Inzersdorf.

Brigade Sanoliez in Erlna.

Brigade Frank in Inzersdorf.

Korpshauptquartier in luzer-sdorf.

Korps Auersperg am 17. Oktober:

Brigade Jablonowski in Altmannsdorf, Steinhof und Hetzendorf.

Brigade Klehe in Rothneusiedl.

Brigade Sanchez in den Ziegelöfeu südlich des Wienerberges.

Brigade Frank in Inzersdorf.

Die Vorpostenlinie der Brigade Jablonowski erstreckte sich nach dem Abmarsch der Division Hartlieb von den Häusern am Eichtplatz nächst der Matzleinsdorferlinie, längs den Höhen des Wiener- berges und der Umfassung des Schönbrunner Parkes über die Höhen bei Hetzendorf bis gegen Frlaa.

Die Vorposten von Erlaa bis auf die Höhen bei Hotzeudorf trurdeu von zwei Kompagnien, jene von dort bis zum rechten Flügel nächst der Matzleinsdorferlinie von einem Bataillon bestritten, wovon eine Division mit zwei Geschützen und einer Kavallerieabteilung die Hauptreserve bildete.

Anschließend an den rechten Flügel der Vorpostenlinie der Brigade Jablonowski übernahm die Brigade Sanchcz die Vor- postenaufsteMung vom Richtplatz bis zur Chaussee nach Rothneusiedl, wo sie mit den am Uaaerberg stehenden Truppen der Division Kempen des Banus in Verbindung stand.

Zur Bestreitung dieser Vorposten wurden für das Wirtshaus „Stoß im Himmel” eine Division und für jenes „Zum Landgut” zwei Divisionen bestimmt.

Die Brigade Frank gab als Reserve eine Division in die Ziegelöfen an der Chaussee nördlich Rothneusiedl und hatte zur •Sicherung gegen Süden einige Posten in der Linie Keu-Er aa— Roth- neusiedl aufzustellen’).

Das Korpshauptquartier blieb in Inzersdorf

•) K. A., F. A. 18*8, Ceraienanpf Wiens. XIII, JJ3, o6 und X. 7, 9. Ebenda, X. «56. 70.

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320

C E e i k e.

VI.

Dhlokatioussnsweis ').

Brigade Lederer.

1 Division Wiener Freiwillige im Lager von Schwechat 1 Bataillon Otoöaner Grenzer im Orte Schwechat Regiment Kreß-Chevaulegers in Kaiser-Ebersdorf Regiment Erzherzog Franz Josef-Dragoner >

Banderialhusaren j im Orte Schwechat

Vj sechspfiindige Fußbatterie I

'/» sechspfOndige Fußbatterie in Kaiser-Ebersdorf (Albern) Kavalleriebatterie im Lager von Schwechat.

Brigade Sedlmayer.

Regiment Hardegg-Kürassiere in Unter-, Mittel- und Maria-Lanzendorf Regiment Sachsen-Kürassiere in Klederling und Ranuersdorf Regiment Watlmoden-K0ra.s8iere in Leopoldsdorf und Hennersdorf Raketenbattcrie Nr. 1 bei Unter-Lanzendorf.

Schwechat, am 11, Oktober 1848,

Bai t he s er, Generalmajor.

*) K. A., F. A. 18AS, Kori>s Jella^ic. X, ad St. (Original.)

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Aafmanob der öiterreiohiscben Armee gegen die Revolntion 1848. 321

VII.

Dislokation der KaTallerietrappendivision GH. Ottinger am 15. Oktober ').

‘2 Kompagnien Frei- willige Jäger 1 Kompagnie Otoüaner 4 Bataillone

1 Division Franz Josef- Dragoner in Ebergassing

2 Divisionen Franz Josef- Dragoner

1 Division Kreß-Chevau- legers

1 Kavalleriebatterie 1 Kompagnie Otoäaner im Lager bei Arbesthal

1 Division Kreß-Chevaulegers in Fischamend

GM. Lederer in Schwadorf.

im Lager bei Eber- gassing

2 DivisionenWallmoden-Kürassiere in Rannersdorf und Klederling 1 Raketenbatterie in Rannersdorf 4 Kompagnien Otodaner 1 Division Sachsen- Kflrassiere

1 Division Banderial- husaren

2 sechspftlndige Fuß- batterien

1 Division Hardegg - Kürassiere in Mannswörth und Albern 1 Division Hardegg -Kürassiere in Kaiser-Ebersdorf

OM. Baltheser in Schwechat.

Schwadorf, am 15. Oktober 1848.

Ottinger, Generalmajor.

K. A., F. A. 1848. Korps Jella£iä. X. ad 97. (Original.)

UittsUnngen de» ä. und k. Kriegsarchiva. Dritte Folge. IV. Bd. ‘dl

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322

C s e i k e.

VIII.

Ordre de bataille des aus Böhmen abrückenden Armeekorps').

Division

Brigade

Truppenkörper

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GM. von Schütte Hauptm. Dobner des Geueral- quartierraeister- stabes 1

Grenadierbat. Rattay , Chnüeluicki Kocy . . .

1. u. 2.Bat.KliovenhüUer Kavalleriebatterie Kr. .S

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(1

GM. Fürst Colloredo Oberleutnant S c li in i d t des , G.-Qu.-St.

ö. Jägeriiataillon . . .

H. Bataillon Pau mgartten

2. Latour . . .

I. Landwbat. Beisinger Sechspfünd. Fußbatterie

Kr. 4

GM. Fürst Hohenlohe

(in dessen Erkran- kung übernahm FML. von R amberg aus eigenem Antrieb dus Kommando dieser Brigade)

2. JägerbntaiUon . . .

3. Bataillon Wochcr. .

1 . Landwehrbat. W ocher 1. Pauingartten

Sechspftnd. Faßbatterie

Kr. 1

GM. von WylJ

(erhielt eine andere Bestimmung)

Oberleutn. Adam des G.-Qu.-St.

Kaiser-Kürassiere . . Karl Auersperg-Küras.s. Ficquelmont-Dragoner . Civalart-Vlanon .... Kavalleriebatterie Kr. 2

Korpsgeschütz-

reser ve.

GM.

von Dietrich

Sechspfündige Fußbat-

terien Nr. 2, 5, ß . .

18

1

ZwölfpfOudige Fußbat-

i

terien Nr. 1. 2 ...

12 1

(

1 Kxtrakorps.

1 Pioniere mit 4 volUtänd.

j

1 BrUckenequipagen . .

1 '/»

1

j Summe . .

13V.

18

54

*) Entiiommon einem Elaborat »les GeneraltnippemnsnektorB Ludwig Pnn* r.u Windisch-Grätz. Xaoh don Akten beträgt der Stand dieses Armeekorrs 12*/« Batailloue. Kskadronun und 42 Gesebütze und sind m denselben das Lana- Wehrbataillon Paumgartten sowie zwei sechsptundigo iulJbattenen der Ao^«- gesohützresorve nicht autgenommon. iK. A., F. A. lölö. Cermorung W iens, a, und XIII, b,bO.) Nachdem ersteres schon am 0. Oktober in ^

im Belvcdert'garten eiurUckte und mit der Brigade Hohenlohe tatsächlich abmarsohiert ist. so ist dasselbe zwoilellos bereits Irülier nach Wien instra- wordoD, um, wie Heilert. I, Hl, angibt, die dortige Garnison zu Torstarken.

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Aafmarscb der »storreiobiseben Armee gegen die Rovolntion IHtö. 323

IX.

Armeebefehl *).

Die Allerhöchste Bestimmung Seiner Majestät des Kaisers hat mich in einem entscheidenden Aioraent an die Spitze eines Teiles der k. k. Armee gestellt.

Um so wichtiger und ehrenvoller ist die Aufgabe der bei Wien in drei Korps vereinigten Truppen, Ober welche ich das Oberkommando mit dem festen Vertrauen übernommen habe, dal! ich in dem sich stets bewährten vortrefflichen Geist, in der unerschütterlichen Treue und Hingebung der letzteren österreichischen Armee und ihrer Führer für die mir von Seiner Majestät anvertraute Unternehmung die erwartete Unterstützung finden werde.

Dali einige wenige irregeleitet, in den verhängnisvollen Wiener Ereignissen ihre Haltung verlieren konnten, erfüllt mich mit ebenso tiefem Schmerz, als daß ich Seine Exzellenz den Kommandierenden in Siederösterroich hiemit beauftragen muß, diesen entsetzlichen Vorfall mit Hinblick auf obige Andeutung untersuchen zu lassen und mir das Resultat zur Entscheidung vorzulegen.

Nachdem nicht nur tapferes und entschlossenes Benehmen, sondern auch Disziplin, Mannszucht und Ehrenhaftigkeit in der aus- gedehntesten Bedeutung des Wortes den Maßstab zur Beurteilung einer Trappe liefern, so fordere ich sämtliche Herren Truppenkommandanten auf, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln Eingrift'en in fremdes Eigentum und Erpressungen jeder Art kräftigst vorzubeugen, deren Ahndnug an den Betreffenden und Verantwortung derSchnldtrngenden, eine um so strengere sein müßte, als einesteils keine Epoche mehr als 'Re gegenwärtige eine achtunggebietende Haltung des Militär.« gegen- über dem Zivile erheischt und anderenteils ich die Vorsorge für die Bedürfnisse des Soldaten für eine meiner ersten Pfiichteii halte.

Lundenburg, den 20. Oktober 1848.

AV indisch-Graetz, Feldmarschall.

') K. A., F. A. 18AS, Ceruiemng Wiens, XIII, öö.

21*

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324

C I e i k 6.

X.

An die Bewohner Wiens’).

Von Seiner Majestät dom Kaiser beauftragt und mit allen Voll- machten ausgerüstet, um dem in Wien dermalen herrschenden gesetz- losen Zustand ohne Zeitverlust ein Ziel zu setzen, rechne ich auf deu aufrichtigen und kräftigen Beistand aller wohlgesinnten Einwohner. Bewohner Wiens! Euere Stadt ist befleckt worden durch Greueltaten, welche die Brust eines jeden Ehrenmannes mit Entsetzen erfüllen. Sie ist noch in diesem Augenblick in der Gewalt einer kleinen, aber ver- wegenen, vor keiner Schandtat zurückscbaudernden Faktion. Euer Leben, euer Eigentum ist preisgegeben der Willkür einer Handvoll Verbrecher. Ermannt euch, folgt dem Rufe der Pflicht und der Ver- nunft! Ihr werdet in mir den Willen und die Kraft finden, euch aus ihrer Gewalt zu befreien und Ruhe und Ordnung wiederherzustellen.

Um diesen Zweck zu erreichen, werden hiemit die Stadt, die Vor- städte und ihre Umgebung in Belagerungszustand erklärt, sämtliche Zivilbehörden unter die Militärautorität gestellt und gegen die Über- treter meiner V^erfügnngen das Standrecht verkündigt.

Alle Wohlgesinnten mögen sich beruhigen. Die Sicherheit der Person und des Eigentums zu schirmen wird meine vorzüglichste Sorge sein. Dagegen aber werden die Widerspen.stigen der ganzen Strenge der Militärgesetze verfallen.

Lundenbnrg, den 20. Oktober 18+8.

Fürst zu Windisch-Graetz, Feldutarschall.

') K. A., HantlschriflHohe Elal’Orate.

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Aufmarsch der österreichischen Armee gegen die Revolution 1S4Ö. 825

XI.

Ordre de bataille').

Hauptquartier su Hetaendorf am 28. Oktober 1846 des Morgena.

.\rmeeoberkommandant: Se. Durchlaucht FM. Fürst zu 'Windisoh-

Grätz. Oeneralquartiermeister: GM. Graf Nobili. Souschef: Oberstleutnant von Lang. 1. Generaladjntant: GM. Ritter von Mertens. 2. Generaladjutant: Oberst Ritter von Schobeln. Feldartilleriedirektor: GM. von Dietrich. Feldgeniedirektor: Oberst von Trattnern. Flügeladjutanten: Oberstleutnant Baron Langenau; Major von Mertens; Major Alfred Fürst 'Windisch-Grätz. Für die politische Korrespondenz: Legationsrat Baron Kübeck.

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1. Bat. Otoöaner Grenzer . 3. Warasd. St. Georger

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4. Liccaner Grenzer .

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Oguliner Szluiner . . .

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q K. A., Kriegageaohichtliche Elaborate.

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326

C z e i k e

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Armee-

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Übertrag . . |

I 3. Bat. ■\VaraB<l. Creuzer ' GAl. I 4. »j it

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3. Bat. Liccaner Grenzer

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Oberst Hasztich |

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2. Bat. Broder Grenzer . .

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4. Szluiner

Oberst

1. Ceccopieri

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GM. Baron

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Baltheser

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4. Bat, Otocaner ....

Wiener Freiwillige ....

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GM. Karl

7. Jägerbataillon

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Erzli. Franz Josef-Drag. .

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Lederer

1 Kreß-Clievanlegers ....

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1 Sechspf. FuUbatterie Nr. 4

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Aufmarsch der österreichiscbon Armee ?egea die Revolution ld46. 327

ArinfHe-

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Für den 28. dem I. Korps

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zugeteilt;

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Kxtrakorps

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Zur Verfügung des Banus:

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' und einige Abteilungen

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Starke dos I. Armeekorps

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KorpsqOArtior: laMrsdorf am Wienerberg.

Kommandant; FML. Graf Anereperg.

Chef des Oeneralstabes: Major J nn g bau e r. Artilleriedirektort GM. Hanslah.

328

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GM. von Sanchez

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2. Bat. Erzh. Wilhelm . . 1. Londwbat. Paumgartten (in Wr. -Neustadt) . . .

1. Landwbat. Khevenhüller

2. Bat. Erzb. Stephan (im

Neugebände)

1. Landwbat. Erzh. Stephan Sechspf. Fuübatterio Nr. 2

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Strastil . . .

Richter . .

Sechspf. Fußbatterie Nr. 3

1., 2. u. 1. Landwehrbat. jj Herzog von Nassau . . 1. Landwehrbat. Kaiser . . 1. Bianchi .

Sechspf. Fußbatterie Nr. 1 Raketenbatterie Nr. 1 . .

Kaiser-Kürassiere . . . . Graf Wrbna-Chevaulegers Kavalleriebatterie . . . .

Zwölfpf. Fußbatterie Nr. 1 Korpsgeschütz- ,, 2

reserve ! Raketenbatterien Nr. 16, 16,

17, 18

Extrakorps : Pioniere

3 1

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- ! 24

Stärke des II. Armeekorps

14 Vo

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Aufmanoh der östorreicbisehon Armee gegen die Revolution 1848. 329

Brigade i

Truppen

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1. n. 2. Bat. Khevenhüller 2 GM. 3. Bat. Erzh. Karl .... l Chizzola 3. Ludwig ... 1

1. Stephan . . 1

2 sechspf. FuÜbatterien . .

3. Bat. Faumgartten 1

1. Herzog von g GM. Fürst Parma . . ■S'f S 1

Colloredo 2. Latour ... ä§^ 1 Sechspf. Fußbatterie j Nr. 4 / a

Oberst Karl I Jägorbalaillon | 1 _ j _

tf Baron Landwehrbat. Wocher .

^ Simbschon Fioquelmont-Dragoner . .

g Sechspf. Fußbatterie . . .

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^ 12. Jägerbataillon ....

o 3. Bat. Kaiser

GM. von 1 3. Roisinger

^ Parrot 3 . Woeber

tu Heß-Infanterie

l'/i sechspf. Fnßbatterien .

Extrakorps j Pioniere

Stärke des HI. Armeekorps |ll5'/« 4 :13

Selbständige Brigade des GM. von Wyß

1. Landwehrbat, Reisinger 1. Bat. Schönhals .... 3. Fürstenwärther . .

Sappeure

Majorsdivision von Max I Auersperg-Kürassieren . Oberstleutnantsdivision ! von Erzh. Karl Ludwig- j

Chevaulegers

KavaUeriebatterio .... Zwölfpf. Batterie ....

Summe .

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Brigade des GM. von

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Brigade des GM. Graf Belle-

Hauptreserve

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Max Auersperg. Kürassiere .

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Karl ,

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Civalart-Llanen (hievon 1 Esk.

auf Hauptquartiersbedeckg.)

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Kavalleriebatterie

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GeschOtzhauptrcserve.

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Rekapitulation.

I. Armeekorps

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67

219

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Ein Seekrieg in Schwaben').

Oe$ehichtc der österreichischen Flottille auf dem Bodensee in den Jahren 1799 und 1800.

Von

Oberleutnant Bartscli.

') Der Titel ist einem zeitgenössischen Werk entnommen: Pahl, Denkwürdigkeiten zur Geschichte von Schwaben. XördUngen ISO’i.

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Benützte Quellen.

Akten. Kriegsarohiv, Feldakten, Deutschland und Schweiz, 1799 und 1800. Feldakten, Tirol 1799 und 1800. Hofkriegsratsakten, 1799 tind 1800. Protokolle der hofkriegsrätlichen Registratur 1799 und 1800.

Bücher. Pahl, Denkwürdigkeiten zur Geschichte von Schwaben, 1799 und 1800. Nördlingeu 1802. Wurzbach, Biographisches Lexikon, Bd. 56, Wien 1888. Angeli, Erzherzog Karl, Bd. II. Kleiner, Die Kriegsflotte auf dem Bodensee 1799 und 1800 aus „Katholischer Volkskalender für das Land Vorarlberg”, X. Jahrg. Feldkirch 1900.

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1. Vorgeschichte.

Das Jahr 1799 hatte OsteiTeich einen Krieg gebracht, welcher in zwei ungelieinren Fronten von Holland rhein- ahwärts durch die Schweiz und Oberitalien bis in die Eomagna uusgel'ochten wurde.

Die beiderseitigen Streitkräfte ( verbündete Österreicher und Russen und die Franzosen) l>egegneten sich zu den Hauptaktionen des Feldzuges am Mittelrhein, in Schwaben, VorarlVierg und in den Nordkautonen der Schweiz.

Zwischen diesen Schauplätzen aber lag als gewaltige, über sechzig Kilometer lange Barriere der Bf)densee.

Zu Beginn des Jahres 1799 war das westliche Ufer jenes Sees von der Rheinmünduug an dcu Grenze Vorarlbergs bis zum Rheinausfluü bei Stein in den Händen der Franzosen, uml es war der Initiative eines kühnen Feindes anheim- gestellt, den See nicht als Bollwerk, sondern als breite Lücke in der Front des jenseits stehenden Gegners zu betrachten imd danach zu handeln. Denn die Ufer des Sees blieben während des ganzen Feldzuges von regulären Tru])pen nur sehr schwach besetzt.

Das Deutsche Reich und OsteiTeich mußten sich des Sees und der Schiffalirt darauf bemächtigen, bevor Frankreich es tat. Auch der lebhafte Handel über Wasser, besonders die (Jetreide- und Salzausfuhr, soUte geschützt werden ; diese Gesichtspunkte ergaben die Notwendigkeit einer Flotte auf dem Bodensee, welche mindestens zum Dienste der Sicher- heit, zur Küstenverteidigung und zum Schutz fiu‘ den deutschen Handel geeignet war.

Erzherzog Karl war es, welcher die Schöpfung einer solchen Flotte auregte ; das Deutsche Reich und die vorarl-

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B a r t a c h.

bergischen Laiidstände gaben die Geldmittel dazu, und scheu im April des Jahres 1799 konnte eine österreichische Flottille in See stechen, welche von der obersten Heeresleitimg die Weisung erhalten hatte, sich streng defensiv zu verhalten, nur Patrouillenfahrten zu machen, die eigene Schiffahrt zu schützen und dem Schleichhandel mit Kriegskonterbande das Handwerk zu legen.

2. Offiziere^ Mannschaft nnd Material.

Jedoch : Das junge Geschöpf wollte nicht ganz und gar gehorchen.

Gar oft mußten Ermahnungen und Rügen die Unter- nehmungslust des Führers der Flottille und seiner Unter- gebenen zügeln wiewohl ihr Temperament sich schwer genug dem Gebot einer höheren Einsicht fügen wollte. Eben darum jedoch, weil es nicht immer gelang, rasche, oft un- bedachte Taten des jungen Seewesens zu verhindern, bildete sich eine kleine Geschichte dieser Flottille und diese Geschichte ist nicht so uninteressant, wie sie es hStte werden müssen, wenn ein fügsamerer Untergebener Kommandant auf dem Bodensee gewesen wäre, als Oberstleutnant Williams es war.

Dieser Mann bildete so sehr die Seele des Unter- nehmens und drückte demselben ein so eigenartiges Gepräge auf, daß sein Charakter vor der AufzShlimg von Mitteln und . Material besprochen werden muß, um den Geist kennen zu lernen, welcher in jene Schöpfung einkehren sollte*).

James Emst Freiherr von Williams*) war Engländer von Geburt und hatte sich in Ostende Josef II. zu einer Zeit vorgestellt, als der Kaiser für seine Kolonialpolitik Marine- offiziere zu benötigen glaubte. Als aber jene Pläne des rastlos schaffenden Monarchen drrrch andere verdrängt worden waren, als der Türkenkrieg alle Kräfte des Staates beanspruchte und aufzehrto, da schrumpften die Anfänge einer österreichischen Seemacht schnell zusammen, und das Jahr 1788 fand Williams statt auf hoher See als Kapitän einer Kriegsbarke auf der Donau vor Semlin. Im folgenden Jahre wiu-de der tapfere j

*) Wurzbach, Biographisches Lexikon, Band 56, Seite 188.

•) K. A., H. K. R. 1799, 59, 137.

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Ein Seekrieg in Schwaben.

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Engländer Major und erhielt das Kommando einer Donau- t’regatte ; nach beendigtem Kriege sollte er nach Triest zurück- kehren, nni dort die Führung eines Schoners zu übeniehmen, jedoch ging mit dem Tode des Kaisers dessen Schöpfung, die junge österreichische Marine, zu Grunde. Williams lebte bis zum Ausbruch der Hevolutionskriege mit einer geringfügigen Abfertigung in gänzlicher Verschollenheit dahin, gewann dann aber die Gunst des FZM. Prinzen von Koburg, welcher ihn dem Generalquartiermeisterstab zuteüte.

In dieser Eigenschaft siedelte der vierunddreißigjährige .‘Seemann 1795 auf den Rhein über und unterstützte hier die Verteidigung der Festung Mainz mit Nachdruck aus einigen Kanonenboten. Der kühne Parteigänger gelangte noch im seihen .Jahre auf dem Rheinstrom zu einer Alaclit, mit welcher die Franzosen rechnen mußten. Keine größere Kriegsunter- nehmung, die er nicht zu Wasser unterstützt hätte, keine Gelegenheit, keine Blöße, welche der Feind bot. die er nicht nützte, wenn sie in seinen Bereich fiel. Er hielt die Offensive der Franzosen bei Kostheim auf, verjagte sie aus Weißenau, verfolgte sie auf ihrem Rückzug ans Kassel, alar- mierte sie vor Mainz, wirkte mit him-eißender Bravour bei der Erstürmung dieser bedeutenden Festung mit und zerstörte persönlich mit wenigen AVagehälsen die Schiffbrücke der Franzosen bei Mannheim. Für solche Taten mit dem Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens belohnt und von Clerfayt und Wurmser mit Ijob überschüttet, kam AV’il Harns als Zugeteilter des Generalstabes in das Hauptquartier des Erzherzogs Karl.

Hier hatte er nicht viel Glück. Der Engländer, dessen hervorstechendster Charakterzug neben Kühnheit ein starker Eigensinn gewesen zu sein scheint, dessen Spuren bis in die Akten reichen, hatte es bis zu diesem Zeitpunkt verschmäht, nicht nur die im Hauptquartier notwendige Kenntnis der Dienst- geschäfte zu erlernen, er beherrschte auch die deutsche Sprache trotz einer zehnjährigen Dienstzeit noch so unvollkommen, daß der FeldheiT selbst beim Hofkriegsrat Beschwerde führte, wie man ihm einen so widerhaarigen Mann in den General- stab stellen könne; der Hofkriegsrat möge Williams eine andere Widmung geben. Um aber auf jeden Fall aus dem Generalstab entfernen.

Uitt«iluDgen des k. und k. Kriegsarcbivs. Dritte Folge. IV. Bd. 32

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B a r t 6 o b.

Um dieselbe Zeit aber, es war im Frühjahr 1799, hatte der Erzherzog die Notwendigkeit erkannt, den Bodensee durch eine kleine Flotte festzuhalten und zu sicheni. Da xnag ihm nun der A'orschlag des Hofkriegsrates, den unbequemen, aber tapferen Seemann aus dem Hauptquartier auf die neu anszu- rüstenden Schiffe zu versetzen, ebenso angenehm als nützlich erschienen sein. Williams wiu-de Kommandant auf dem Bodensee.

Er war der richtige Mann zu einem Unternehmen, welches noch nach der Mitte des März 1799 nm- in der Idee bestand: denn drei Wochen später schwamm als Zeichen seiner Tat- kraft ein stattliches Geschwader auf' dem schwäbischen Meer.

Wie der Kommandant der Flottille waren auch deren Offiziere Ausländer*): Anton Graf Fulconis, Karl Graf Pouilly, Karl Graf Taulignon, August Marquis de Bonne- Lesdignieres, Phiübert de Saint-Leger, Karl Nikolaus Baron d’Haussay.

Zum grollten Teil aus der Prttvence, alle aber französi.sche Edelleute des ancien regime, hatten sie in der Marine des Königs von Frankreich gedient und ihr Vaterland nach dem tragischen Ende ihres Königs grollend verlassen, um ihre Dienste Österreich anzubieten, welches mit der Erwerbung Venedigs eine ansehnliche Seemacht überkommen hatte. Diese Emigranten waren alle noch junge Männer ; der jüngste zählte 25, der älteste 3H .Jahre, jedoch hatten sie 12 bis 21 .lahre Scedienst hinter sich. Sie waren als Knaben von zai'tem Alter in die französische Marine getreten und die meisten hatten schon in beiden Indien und in Cayenne, alle auf dem Atlantischen Ozean gedient*!.

Diese tlfhziere nun, welche unter dem Lilieubanuer der damals noch ersten Marine der Welt auf deren stolzen Linien- schiffen die halbe Erde umfahren hatten, sie sollten jetzt in der Enge des schwäbischen Meeres auf schwertälligen Fraclit- kähnen gegen die Vernichter ihrer stolzen A’ergangenheit aus- ziehen. Sie mochten zu Beginn ihrer Dienstzeit auf dem See ein vielleicht mißvergnügtes Koqxs gebildet haben. Keiner

>) K. A., H. K. R. A. 1800, 3, 3108. *j Ebenda 1799, 25, 1138.

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Ein Seekrieg in Schwaben.

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aus dem halben Dutzend altfranzösischer Kavaliere hatte es bis dahin der Mühe wert gefunden, die Dienstsprache der Anuee zn erlernen, welcher sie angehörten. Neben ihrer -Muttersprache brachten sie aus ihrer Schulzeit ein wohl- erlerntes Latein mit, und von Venedig etwas Italienisch. Dabei ließ sich freilich mit den wenigen seekundigen Schwaben, welche sich als Schiffsmeister für die ihnen sehr bedenklich scheinende Unternehmung anwerben ließen, keine Ver.ständi- gung anknüpfen.

Leichtes Temperament und guter Wille riß jedoch auch diese Offiziere bald zu lebhaftem Interesse für ihren neuen Dienst hin, und keiner war unter ihnen, der sich im Verlauf zweier kleiner Seekampagnen nicht wenigstens einmal im besonderen ausgezeichnet hätte.

Im Frühjahr 1799 war FML. Hotze Korpskommandant am Bodensee und erwies sich als eifriger Protektor der Flot- tille. Der Bitte Williams’ gemäß trug er den Stand auf 20 Schiffe an, von welcher Zahl ungefähr zwei Drittel als schw'ere Kanonenboote, ein Drittel als Jagd- und Patrouillen- scbiffe gedacht waren. Für die letzteren namentlich, da es bei ihnen um größte Beweglichkeit zu tun war, forderte Williams 330 Kuderer und für jedes der Flottillenschiffe einen Schifis- meister. Erstere sollten täglich 45 Kreuzer, letztere einen Gulden Keichswährung als Löhnung erhalten. Es ergaben die Bezüge allein die Summe von 8000 Gulden monatlich, und an dieser Klippe scheiterten die .Ansju'üche Williams’*,!, welche sich eine wesentliche Reduzierung gefallen lassen mußtt>n.

Die Stände des Landes Vorarlberg gaben die Gelder zur Ausrüstung und Lbiterhaltung der Flottille mit wahrhaft gi-oß- herzigem Opfennut hin und erst als das Land gänzlich er- schöpft war, baten sie, durch eine warme Fürsprache Hotz es aufgemuntert, das Arar möge die Unkosten der Flottenrüstung übernehmen. AVeil nun die kleine Seemacht nur zum geringsten Teil österreichisches, zum weitaus größten Teil rcichsdeutsches Gebiet und reichsländische Interessen zu unterstützen bestimmt war*!, so wälzte Erzherzog Karl, als Oberkommandant in

■) K, A., H. K. R. A. 1799, 54, 104. ’) Ebenda, 25, 1178 ; 51, 235.

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B * r t a c h.

Deutschland, die Lasten zur Bedeckimg der Kosten aul' die Reichsoperationskasse ab. Von ökonomisch-administrativem Standpunkt betrachtet, war es also eine Flottille, welche das Deutsche Reich zur Wahrung seiner Grenze unterhielt.

Alle deutschen Gemeinden von Hard au der Rhein- mündung längs des ganzen Süd- tind Ostufers und am Über- linger See bis Petershausen igegenüber von Konstanz) sollten überflies flas notwendige Schitfsmaterial, wie Bau- und Masten- holz. Segeltuch, Taue, Anker u. s. w., aber atich ein Kontingent an Bootsleuten imd Ruderknechten stellen, welches dem Stande der seefahrenden oder seehaudeltreibenden Bevölkeniug entnommen wurde.

Hier aber versagte der Rüstungsapparat fast gänzlich. Die vorsichtigen Schwaben verhielten sich dem gefaluwollen Dienste gegenüber höchst zurückhaltend und die Vorarlberger TiOtsen, welche beherzt nach dem neuen Handwerk gritfen. reichten an Zahl nicht aus. So mußten denn Scliiffleute aus den Regimentern der österreichischen Armee herangezogen werden. Im Jahre 1799 lieferte das Regiment Bender Nr. 41, welches sich aus den damaligen österreichischen Vorlanden ergänzte, fast ausschließlich die Ruder- und SchitHeute. die hier wegen ihrer Seekunde vortretllich zu vonvenden waren. Im weiteren Verlauf des Feldzuges erlitt jedoch das wackere Regiment flerartige Verluste, daß es keine oder nur wenig Kommandierte mehr abgeben konnte und die Schiffsmami- schaft der Winterkamjiagne mit zahlreichen Peteiuvardeinem (Tschaikisten) und anderer Grenzmannschaft von der Save und unteren Donau durchsetzt war*).

Von den wenigen Schwaben, mit welchen Williams wegen eines Eintrittes in die Flottille unterhandeln konnte, wuißte er bald an Hotze zu berichten: ,.Die liiesigen Schilf- leute können bei diesen bewaffneten Schiffen nicht mit Nutzen verw’endet werden, weil sie sich nicht kommissariatisch revi- dieren lassen w'ollen *j, dann weil sie nur von flem ganz all- gemeinen lind gew'öhnlichen Fahren einige Kunde haben und mehrenteils verheiratete, mit zahlreichen Kindern behaftete

’) K. Ä., F. A. 1799, Deutschland, IV, 19.

*) Sie fürchteten mutmaßlich die Anwerbung als Soldaten.

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Ein Seekrieg in Schwaben.

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Leute sind, die sich der Gefahr nicht aussetzen wollen. Ich dächte daher, daß diese Leute bloß zu Transportz wecken zu verwenden seien” ').

So also stand es mit der Mannschaft. Das Schifismaterial jedoch war noch widerspenstiger.

Die schönen, tiefgehenden Kielboote der italienischen Seen mit ihrer Stabilität fehlten den deutschen Seen gänzlich. Flachbodige, „ranke”, das heißt labile Plätten waren es, welche diese Gewässer mit sehwerfäUiger Fahrt durchquerten. .\m Bodensee hießen die größeren dieser Frachtschitfe Lädi oder Lädinnen, die mittelgroßen Halblädi. Es fehlte ihnen das Rückgrat des Segelmanövers, der Kiel, und sie gehorchten dem Drucke des Segels nur bei günstiger Fahrtrichtung. Ein .\nfkreuzen gegen den Wind war mit ihnen schlechti-rdings immöglich, und selbst bei Seitenwind ,, trifteten” sie von ihrem Kurse ab ; ansehnlich war jedoch die Größe dieser Ungetüme, welche bis zu 110 Fuß Länge und 14 Fuß Breite orreichten, so daß sie zu Mannschaft.s-, Pferde- und Güter- transporten die beste Eignung hatten.

Den Grundstock der Flottille sollten allerdings die etwas beweglicheren, auf dem Bodensee bisher in Dienst gestandenen Wachtschiffe bilden, welche dortselbst die Seepolizei ausgeübt hatten ; es waren ihrer aber nur drei und auch sie waren der .Ausbesserung bedürftig.

Oberstleutnant Williams kam am 24. März 1799 in Bregenz an und ging augenblicklich daran, die dort für ihn vorbereiteten Schiffe zu prüfen und die tauglichsten auszu- wählen. Sechs der besten Boote sandte er sogleich nach Hard. welches damals im Rufe stand, die beste Schifl'swerfte am Gestade des ganzen Sees zu besitzen*). Sodann wurden die bis 31. März fertiggesteUten und mit Takelage versehenen ■'schiffe nach Bregenz und Lindau beordert, wo Williams das für sie bestimmte Geschütz von den Lafetten heben und auf Schiffssclileifen hatte montieren lassen. 1 G solcher Boote waren es, welche hier mit Geschütz armiert wurden, und zwar zehn mit Kanonen mittleren Kalibers (Sechs- und Vier-

') K. A., F. Ä. 1799, Deutschland, II. 45.

•) F.benda, III, 220, 233.

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B A r t 8 o h.

plünder i und sechs mit Einjitiiudern, deren Eohre ') der ])ruktische Seemann auf den leichten Patrouillenschiffen in eine nach allen Seiten drehbare ( Jabel am Bug des Bootes legte, als sogenannte Drehbasseu. Einige der schneller segelnden Boote erhielten überdies noch eine Haubitze. Die Radlafetten verblieben in Bregenz.

Ein schweres Stück Arbeit mochten die zu Kriegsfahr- zeugen gewidmeten landesüblichen Boote gegeben haben. Neue Schiffe konnten im Drange der Kriegszeit und bei den be- sclu-änkteu Mitteln nicht gebaut werden, obwohl der Hof- kriegsrat aus Venedig einen Scliitl'baumeister verschrieben hatte.

Der seekundige Engländer muUte mit dem Gebotenen vor- lieb nehmen und aus den flachbodigen, langen und schwer- fälligen Plätten Kriegsschiffe bilden, von welchen man kaum sagen konnte, zu welcher Funktion sie sich schlechter eig- neten : zum Segeln oder zum Rudern ?

Doch wohl noch zu ersterem, denn aus der grolieu Zahl der Ruderer, um welche Williams gebeten hatte, scheint hervorzugehen, datl Williams aus seinen Kriegsfahrzeugen, wenigstens aus den kleineren, eine Art Galeeren bilden wollte. Er und seine Offiziere waren von Venedig berufen worden, wo mau selbst damals, in der Blütezeit des Linienschiffs, mit Nutzen die. alte geschmeidige, in keinem Manöver und bei keinerlei Windlaunen versagende Galeere beibehalten hatte. Jedoch saßen auf den Bänken solcher Ruderboote ange- schmiedete Strätlinge.

Zu solchem Dienste jedoch war das freie, trotzige miJ sehr behäbige Bauemvolk an den Ufern des schwäbischen See.s nicht zu haben und die für sechs Patrouillenschiffe in An- rechnung gebratdite Zahl von zirka 200 Ruderern sank aut die bescheidene Ziffer von zehn Mann per Boot.

Williams bat nach diesem Mißerfolg, <lie Heeresleitmig möge ihm doch mindestens auf jedes Schiff zwei erfahrene Schiffleute geben, welche des Fahrwassers kundig wären. Zim Besorgung der Segelmanöver und des Steuers aber wären für das Schiff zum wenigstens fünf geübte venetianisclie

') K. A., F. 17Ü9, Deutschland, V, 48.

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Ein Seekrieg in Schwaben.

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Matrosen notwendig. Audi diese Bitte wurde nur zum kleinsten Teile eiTiillt; es kam auf jedes Boot ein Schiffsmeister.

Nach soldien vergeblichen Bemühungen erbat Williams die Zusage eines Detachements vorarlbergischer Landes- schützen, tvelcho als Marinesoldaten „sowohl zur Verteidigung als zur vorkommenden Ausbarlrierung verwendet werden” konnten . . . . , ein kleines Streiflicht auf eine Änderung der Plane des Kommandanten, tvelcher bei solchen Umständen auf dem Wasser nicht \-iel Lorbeeren erwarten mochte. Im selben Sinne schlug Williams vor, die Räderlafetten, welche in Bregenz standen, der Flottille auf einem eigenen Scliiffe samt der notwendigen Artilleriomannschaft uachzuführen, um sie bei einer vorkornmenden Ausschiffung zu verwenden.

Schließlich bat Williams, Hotze möge ihm für min- destens zwei solcher Boote, welche, mit Geschützen armiert einem gewöhnlichen Schiffsmeister nicht anzuvertrauen waren, einen Offizier gewähren. Wirklich kommandierte Hotze den Benderschen Leutnant Seekircher zm- Flottille, welche nun, Williams einbegriffen, auf 16 Scliiffen acht Offiziere hatte. Zudem bestimmte Erzherzog Karl noch, daß dem im Okonomiedienst unerfahrenen Engländer ein Rechnungsoffizier beigegeben werde, welcher seinen Sitz in Bregenz oder in Lindau aufzuschlagen hätte.

Es zeugt für eine erstaunliche Tätigkeit Williams’, daß 14 Tage nach seinem Eintreffen in Bregenz, am 8. April also, schon 16 armierte Kanonen- und Patrouillenboote, dann ein Reserve- und ein Spitalschiff' auf dem Wasser schwammen ‘).

Die bewaffneten Boote erliielten von dem nüchtera denkenden Engländer keine Namen ; sie wiuxlen in drei Divi- sionen fonniert und mit Nummern bezeichnet: Die Kom- modorschift’e mit 1, 2 und 3, die Schift'e der ersten Division mit 4 bis 6, der zweiten mit 7 bis 10 und der dritten mit 11 bis 16. Die an Schiffszahl schwächste erste Division hatte gleichwohl das größte Deplacement und trug die schwersten beschütze an Bord, während namentlich die dritte und zahl- reichste Dirision nebst zwei Haubitzen fast nur Zwei- und Einpfüiider führte.

K. A., F. A. 1799, Deutschland, IV, 64.

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U a r t s e h.

Außer diesen Schiffen zog Williams zu Beginn des Ajiril noch eine Transportflotte von 14 schweren Lädinneii zusammen, mit welchen er 4000 Mann und 80 Pferde samt dem Bataillonsgeschütz über den See zu führen vermocht hätte.

Der Feldzng im April und Mai 1799.

Ein solcher Trupj)entransj)ort war vom Erzherzog gleich- zeitig mit dessen für den 10. April festgesetzten Eheinüber- gang beabsichtigt* I. 4000 Mann soüten über den Bodensee gesetzt und bei Arbon gelandet werden und Oberstleutnant AVilliams sollte die Ausschiffung durch das Feuer sämt- licher Geschütze seiner Flottille begünstigen.

Williams traf in fieberhafter Eile seine Vorbereitungen und seine Befehle aus jener Zeit geben ein schönes Beis]iiel von Umsicht.

Da verschob, noch am 9. April, Erzherzog Karl seine Otl'ensive, bis FML. Bellegarde in Graubündten eiugeriioki sein würde. Der große Truppenzug über den See unterblieb jedoch gänzlich.

Williams teilte nun seine Flotte. Während die eine Hälfte sich im südlichen Teile des Sees beobachtend verhielt, segelte Williams mit acht Booten vor Konstanz, welche Stadt noch von den Franzosen unter Oudinot besetzt war. Jenseits der heiTÜchen langen Eheinbrücke, W'elche von der Stadt Jiach Petershausen führte, standen die Vorposten des FML. Piaesek, welcher sich, da er die Eheiubrücke, die als ein Meisterwerk in ihrer Art galt, schonen und erhalten wollte, zuwartend verhielt. l)is der Erzherzog selbst zu energischer Offensive vorging.

Williams aber, welcher diese Bedenken nicht teilte, beunruhigte <lie Stadt und ihre Besatzung von der Seeseite her bei Tag und Kacht. Indem er seiner jungen Mannschaft und sich selbst nicht einen Augenblick der Euhe gönnte. -sjreiTte er jede Zufuhr vom Ehein, vom Bodensee und Unter- see, fing <len gesamten Verkehr auf und ließ keinen feind- lichen Posten auf Schußweite an die Küste heran. Als er die Franzosen vor Konstanz im Schach zu halten vermochte.

K. A. l‘\ A., 1799, Deutschland, IV, Üd, 98.

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Eiu Seekrieg iu Schwaben.

345

rlehnte or seine Fakrten bis Arbon, dann bis Korschach aus. jagte die, ihm auf Plätten zum Eutern entgegenfahrenden Franzosen mit Kanonenschüssen an das Land zurück und hielt die gesamten Besatzungen von Arbon bis Konstanz in beständigem Alarm. Es war zu gutem Teil sein Verdienst, (laß Oudinot Konstanz ohne wesentlichen Widerstand räumte ; leider steckten die Franzosen bei dieser Gelegenheit trotz Piaeseks Versprechungen, die Kheinbiücke nicht zu benützen, dieses schöne Denkmal deutscher Zimmermannskunst in Brand.

Die Seemannschaft Williams’ hatte .sich bei dieser ersten anstrengenden Probe unter den erschwerendsten Um- ständen ; unausgesetztem Wachdienst, hochgehendem, stürmi- schem See, allgemeiner Seekrankheit und beständigem Ge- l>läukel mit dem Feinde, ausgezeichnet gehalten*).

Bald machte sich die Offensive des Erzherzogs längs der ganzen Schweizer Seeküste fühlbar. Ifie Vorposten des Feindes am Vorarlberger lihein gegenüber Dornbirn zeigten sich in immer geringerer Stärke, endlich fehlten sie ganz, so daß die Wäscherinnen vom jenseitigen Ufer den österreichi- schen Piketts zuriefen, die Luft sei rein. Während nun die Österreicher imter Hotze in die Kantone Graubündten und St. Gallen vorbraehon. segelte AVilliams am 19. April mit zwei seiner Di%isionen, deren Zahl er inzwischen von drei auf vier vermehrt hatte, gegen Arbon, um die ganze Küste nordwäi'ts dieses Ortes zu rekognoszieren. Kr fand sie besser bewacht als er angenommen hatte und sogar von mehreren Batterien verteidigt, aus welchen er Feuer erhielt. Williams erwiderte nicht, sondern nahm bloß die Stellung und Stärke der Batterien für eitie künftige Itevanche zur Kenntnis. Er hatte nämlich bemerkt, daß sein Erscheinen an der Schweizer Küste die Einwohner viel mehr in Schrecken gi'- setzt hatte, als bei seinen Fahrten gegen Konstanz. Längs der ganzen Küste rief eine Sturmglocke die andere wach und die Bewohner liefen in Waffen an das Ufer, aus welchem Benehmen Williams auf Schwäche der französischen Be- satzungen schloß.

') K. A., F. A. 1799, Deutschland, V, 102.

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B A r t 8 e b.

Schlechter als den beiden Divisionen Williams’, der ersten und vierten, erf^ng es an demselben Tage der dritten, welche unter dem temperamentvollen Grafen Fulconis gegen Rorschach rekognoszieren sollte. Der heißblütige Franzose war mit Außerachtlassung jeglicher Vorsicht um die Rhein- spitze, welche die Grenze nach der Schweiz bezeichnet, herum- gesegelt und hielt geradezu Kurs auf Rorschach, den Brenn- punkt der schweizerischen und französischen Tinppenkräfte am südlichen Teile des Sees. Vor der nächsten Batterie legte sich Fulconis mit seinen Schilfen, von welchen er besonders das eigene exjjonierte, breitseits fest imd begann ein Feuergefecht, in dessen Verlauf es ihm gelang, einen französischen Achtpfünder gänzlich zu demontieren. Statt des zerschossenen Geschützes brachten nun die Franzosen deren zwei, danmter eines zu 16 Pfund, ins Gefecht, und als Fulconis auch mit diesen den Kampf aufnahm, erhielt seine eigene Schaluppe vier Kugeln dieses schweren Kalibers in die Gegend der Wasserlinie; die Geschosse durchschlugen jedesmal das ganze Schilf und eines derselben riß einem Mann vom Regi- ment Bender, welcher am Ruder saß, beide Beine weg.

Fulconis ließ das Leck seines Schiffes noch im -An- gesicht des Feindes notdürftig verstoj)fen und brachte dann seinen Sterbenden nach Hard, «las arg zerschossene Schiö' al>er zur völligen Ausbesserung nach Bregenz.

Abermals hatte sich die gesamte Artillerie- und Schifi’s- mannsehaft vortrell'lich gehalten, die Rekognoszierung hatte außer drei Geschützen bei Rorschach die Positionen zweier Seehzehupfünder in der Nähe der Stadt, eines ebensolchen bei Honi und zweier Aeht])fünder bei Arbon festgestellt * i.

Nach den hitzigen und liir beide Teile verlustreichen Laudgefechten bei AV erdenberg, Wallenstädt und Murg (19. Mai zogen sich die Franzosen nördlich des Sees von Schaßliausen und Konstanz auf Winterthur zurück und räumten im Süden Rheineck. Als AVilliams hievon erfuhr, zog er seine am Ostufer des Sees verteilt gewesene Flottille zusammen*) und segelte mit der 1. und 3. Division gegen Arbon, während

') K. F. A. 1799, Deutschland, V, 110.

•) Kbencla, 110 a.

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Kitt SeekrtoR in Schwaben.

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Graf Fulcoiiis abermals auf Rorschach losfuhr. Fulconis, Kommandant des zweiten Ge.schwaders, brannte ohnehin vor Begierde, dortselbst für die BeschieÜung seines Kommodor- .schiffes Revanche zu nehmen ; er stach in der Nacht vom 20. auf den 21. Mai von Bregenz aus in See und erreichte Rorschach um Mitternacht. Seine gänzlich unbemerkt ge- bliebene Ankunft und eine geschickt vollzogene Landung steigerten die Verwirrung der Franzosen zu emer Zeit, wo die Rorschacher Garnison eben den Rückzug hätte antreten sollen. Die aus den Batterien zurückgezogenen Geschütze waren weder in der Verfassung, eine augenblickliche Verteidigung zu beginnen, noch waren sie marschbereit oder transportfertig gemacht worden. Als die Küstenbatterien scli-wdegen, fuhr Fulconis keck an die Küste heran, trieb die ihm in Ver- wirrung entgegenlaufenden Franzosen durch das Feuer seiner .Schifte landeinwärts zu eiligem Rückzug, schüfte sehie iftann- schaft aus und überfiel augenblicklich den Hafen, die Magazine imd die Batterien. 8 Kanonen, zum Teil schweren Kalibers, 3 Mörser von den größten Dimensionen, viele Bomben und andere Munition, Lafetten, Öchiftsgerät und 6 vom IVinde nahezu fertiggestellte neue Kanonenboote waren hier der Lohn seines Handstreiches.

Immer noch vom Dunkel der Nacht geschützt, schiffte Fulconis seine Beute ein und fuhr am Ufer, Kiu's iiord- westwärts, weiter. Nahe vor Rorschach traf er mit grauendem Morgen auf die 1. und 3. Division unter Williams, welcher in Rorschach landete und Fulconis das Kommando auf dem See einstweilen übei’gab.

Williams hatte zur gleichen Zeit wie Fulconis in Romanshom und Arbon Truppen gelandet, die Orte umstellt und die Batterien so unerwartet überfallen, fiaß die eilig auf ■St. Gallen flüchtenden Franzosen (es lagen zwei Kompagnien in jedem Ortej kaum noch einige ihrer Geschütze zu vernageln vermochten. Seine Beute bestand in einem Vierundzwanzig- pfünder, 2 Sechzehnpfttndeni, 4 Vierpfüirdern und 1 zwanzig- pltindigen Haubitze, alle auf der Lafette liegend und reichlich mit Munition versehen.

Über den Erfolg noch im unklaren, welchen F'ulconis zu derselben Stunde cmingen hatte, segelte Williams gegen

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Bartsch.

Rtirschach und traf dort die siegreiche Division Fulconis mit der schwer mit Geschütz beladenen eroberten franzö- sischen Flottille. Er überließ dem Unterkommandanten die 3. Division und landete mit der 1. am Vormittag des 21. .-Vpril in Korschach.

Fulconis aber fuhr längs der Seeküste bis über Romaiis- horn hinaus, tim alle feindlichen Küstenbatterien bis Konstanz zu zerstören und die Geschütze wegzuführen. Nahe bei Bomans- horn eroberte er eine sechzelui|jfündige Kanone, überfiel hierauf die Batterien bei Altnau, Münsterlingen und Kreuz- lingen, eroberte noch 2 Sechzehn-, 4 Vier|)fünder und 1 Mörser und machte zwei Gefangene,

Nach dieser Fahrt sammelte Fulconis seine beiden Divisionen, vereinigte sich mit der ersten, welche ihm, durch den Kanonendonner angelockt, nachgesegelt war tmd fuhr mit seiner und Williams’ Beute, 27 Geschützen und 6 Kanonen- booten, unter dem heUen Jubel der gesamten am Ufer ver- sammelten Einwohnerschaft von Konstanz in den dortigen Hafen ein (21. Mai).

Williams, welcher in Rorschach gelandet war und ein auf seine Scdiitfe, kommandiertes Detachement Brechainville- Infanterie ausgescliifft hatte, stieß vor der Stadt am Nach- mittag des 21. auf eine österreichische Reiterjmtrouille 14 Waldeck-Dragoner unter Leutnant Baron Bourscheidt. Freudig ergriif er die Gelegenheit, an der Spitze eines kleinen fliegenden Kommaiiflos als Erster in St. Gallen einzurücken und setzte sich au der Spitze der ihm zujubelnden Dragoner und seines Zuges Infanterie noch am Abend des 21. in Marsch').

So schnell folgte er den Franzosen, daß er zugleich mit deren Nachzüglern am ^lorgen des 22. Mai in St. Gallen eintraf. Es gelang ihm. noch einige Gefangene zu machen und auch hier den Artilleriej)ark zu übemimpeln. 14 Kanonen verschiedenen Kahbers, in welchen noch die zur Verteidigung eilig eingeführten Kartätschladungen steckten, alles ganz neue, besonders schöne iModelle, drei Pulverwagen und einige von den Lafetten genommene Geschützrohre fielen ihm hier in die. Händi(.

') K. A., F. A. 1799, Tteutschlanö, V, 110 a, e. f.

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Kin Seekrieg io Schwaben.

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Der Stadtrat von St. Gallen empfing 'Williams auf die schmeichelhafteste Weise und hat ihn, ein Willkommschreiben an FML. Hetze zu übermitteln.

Die Arrieregarde der Franzosen, welche vor dem raschen .\nmarsch Williams’, dessen Kräfte sie wohl überschätzt hatte, in der Stärke von etwa zwei Kom]iagnien und einem Zug Kavallerie bis Gossau zurückgegangen war, trieb eine Reiter- patrouille gegen St. Gallen vor, welche aber von Williams an der Spitze der Waldeck-Dragoner zurückgejagt wimle ; schnell verließen die Franzosen nun auch Gossau und Williams rlrang gegen 10 Uhr vormittags in den Ort ein^).

Bald näherte sich auch die Vorhut des am 21. Mai bei Kheineck über den Grenzstrom gegangenen F'^LL. Kempf der Stadt und Williams zog sich mit Beute und Gefangenen nach Rorschach und von da längs tles Seeufers nach Konstanz ziuück*!, wo er mit noch größerem Jubel als Fulconis emp- fangen wiu'de. Er und seine Flottille wurden in Gedichten besungen ’i und wenn man diesen trauen dürfte, so hätte Williams seine Schiffe zu hoher Beweglichkeit gebracht, denn in einem derselben fährt Österreichs Flotte „pfeilschnell aus und weg, kommt pfeilschnell wieder her!”

Am 24. Mai lagen alle vier Divisionen Williams’ vor Konstanz. Die Beute zweier ereignisreicher Tage : 37 Kanonen, 4 Haubitzen, mehrere schwere Mörser, Munitionswagen, Schifts- material und 6 schöne neue Kanonenboote sandte Williams nach Bregenz ; er selbst schlug sein Hauptquartier in Kretiz- lingen, südlich von Konstanz auf.

3. Waffenruhe am Bodensee, Williams in der Schweiz.

Nachdem der Feldzug von Vorarlberg und Schwaben in die Schweiz getragen worflen war und am Bodensee beendet scliien, war die Flottille für den Augenblick überflüssig ge- worden Nach einem geringfügigen Lärm in Konstanz und Arbon, wo man das Wiederanrücken der Franzosen

') K. A., H. K. R. A. 1799, V, 38.

») K. A., F. A. 1799, Deutschland, V, HO k.

’) Kleiner, Die Kriegsflotte aut dem Bodonse». *) K. A., F. A., Dentschlaud 1799.

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l)et'ürehtete, segelten daher die Schüfe, nachdem die auf ihnen verwendete Mannschaft in die Kegimenter rückversetzt worden war, um 27. Mai nach Bregenz, wo der größte Teil derselben zu Transportzw'ecken an die Verpflegsverwaltung übergeben wurde.

Die wenigen bürgerlichen Schitfsmeister, fast ausschlieli- lich Vorarlberger, konnten mit Ehren zu ihrem Beruf zurück- kehren. ja einer derselben, F. A. Reiner, welcher da.s Schiff des Seeoffiziers Fulconis vor Rorschach mutig durch eine schwere Feiierjirobe gefiihrt hatte, erhielt vom Kaiser die kleine goldene Zix-ilverdien.stmedaille ’i.

Von der Flottille blieben zur Aufrech terhaltuiig der Sicherheit auf dem See nur die vier besten und schwersten Kanonenboote unter Waffen. Die Schaluppe Nr. 1, welche bisher von Williams selbst kommandiert worden war. blieb in Konstanz unter der Führung de Houssays zurück. Die wieder seetüchtig gemachte Schaluppe Nr. 2 lag mit den Offizieren de Bonne und St. Leger vor dem Seedorf von Keßwil. Nr. 3 mit Graf Pouilly vor Arbon und Nr. 4 mit Graf Taulignon vor Rorschach. Der Stellvertreter Williams'. Fulconis, erhielt das Kommando über ein in Bregenz statio- niertes, schTiellsegelndes ,Jngd-iPatrouillen-'iSchiff', welches den dienstlichen Verkehr zwischen dem Vorarlbergisclien und der Schweizer Küste zu vermitteln hatte.

Die Mannschaft der reduzierten Flottille, welche mit vier Fahrzeugen die Schweizer Küste bewachen soUte, wmrde durch einen strengen Befehl Williams" sorgfältig von der in ihrer Haltung noch schwankenden Bewohnerschaft abge- schieden, um jede Reibung zu vermeiden und die gute Stim- mung der ^Majorität im Kanton St. Gallen zu erhalten luid zu vermehren. Auch die geringste Requisition war untersagt und selbst die Offiziere durften nur in Gasthäusern gegen bare Bezahlung speisen. Die Mannschaften aber, welche auf <icn Schüfen wegen des Munitionsvorrates nicht ständig ah- kochen konnten, erbauten sich im Angesicht ihres Fahrzeugs am Ufer des Sees kleine Baracken und wirtschafteten dort, so gut es gehen wollte.

'' K. A., F. A. 1799. Deutsclilaiid. V, Ilüh, 150.

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Untereinander standen die Scliifl'e durch ein gut ge- leitetes Flaggen- und Lichtersignalsystem in Verliindung.

Williams aber, welcher vom Kaiser den Ausdruck von dessen höchster Zufriedenheit über sein tapferes Verhalten entgegennehmen durfte, blieb nicht am Bodensee ’j; die Vor- rückung der Armee des Erzherzogs eröfiiiete ihm auf dem Züricher See ein neues Feld der Tätigkeit*).

Während der Rest seiner Flottille auf dem Bodensee, wo sich schnell wieder das alte fröhliche Handelslebeu ent- wickelte, ein fast idyllisches Dasein führte, mußte Williams alles verfügbare Schitfsmaterial an den Züricher See über- tührcn, um dort eine neue Flotte zu schatten. Ja, Williams hätte in seinem Diensteifer auch die vorarlbergischen und schwäbischen Schiffleute mit auf den neuen Kriegsschauplatz genommen, wenn er nicht auf allzu kräftigen Widerstand dieser Leute gestoßen wäre.

So ging er denn allein mit gewohnter Tatkraft an die Auf- gabe, sich auch auf dem neuen Gebiet zum Herrn auf dem Wasser zu machen; die Nähe des Erzherzogs aber sollte diesmal seine Tatenlust zügeln und zum W^ohle des Ganzen beschränken. Williams durfte auf dem Züricher See nur einige Patrouillen- boote ausrüsten und hatte im übrigen seine ganzen Kräfte zur Sammlung einer Transportdotte zu verwenden, welche bei Erlibach zur Übersetzung von 6000 Mann bereit .stehen sollte. Wirklich brachte Williams die stattliche Anzahl von 114 Schiften und Kähnen auf und setzte im übrigen, da er keine Seemannsstücklein ausführen dinfte, seiner Halsstarrigkeit ein originelles Denkmal. Er war am 14. September in Rappers- ttyl, als zwei Franzosen, w'elche seiner Flottille zugelaufen waren, miter Mitnahme von allerlei Schitfsgerät wieder zum Feinde zurückdesertierten. Sie wurden jedoch auf ihrer Flucht von einer östeiTeichischen Patrouille aufgelängen und einge- bracht. Williams bestand nmi darauf, daß diese Leute seiner eigenen Gerichtsbarkeit auszidieferii seien, indem sie dem bei allen Marinen geltenden Seerecht vertäUeii wären. Wirk-

■) K. A., H. K. R. A. 17'.»9, V, 63.

«j K. A., R Ä. 1799, Deutschland. VllI, 20U.

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lieh gab FML. Hotze dein Drängen des Engländers nach, schickte ihm die beiden Deserteure und Diebe zu und Wil- liams ließ sie an den T?,aaen derjenigen Schiffe, welche sie bestohlen und verlassen hatten, nach kurzem Prozeß und zum warnenden Beispiel aut knüpfen*).

Bald nach diesem Vorgang, am 26. Sejitember, verloren die russischen Bundesgenossen die (zweite) Sclüaeht am See und die verbündeten Armeen gingen auf die österreichische und deutsche Grenze zurück. Hotze war gefallen und FML. Petrasch hatte die Aufgabe, den Rest seiner Trujipen nach Bregenz zuriiekzulühren. Williams aber eilte am 27. Sep- tember abends mit einem Kommando Dragoner nach Kon- stanz, um in Eile sämtliche Fahrzeuge, welche an der Schweizer Küste bis Rorschach lagen, an das österreichische und fleutsche Ufer schaffen zu lassen, damit den nachnicken- den Franzosen keinerlei ^Mittel zur Ausrüstung einer Gegen- flotte Illieben*).

Außer dem vorderösterreichischen Regieruugskommis.sär Wessenberg war jedoch Williams jetzt der einzige höhere staatliche Funktionär an dem Schweizer Ufer, welches nie in geordnete Militärverwaltung übergegangen war. Williams konnte daher seine Absicht nur sehr unvollkommen ausfiiliren und schiffte sich am 28. September, als die Franzosen schon von Frauenfeld gegen Konstanz nachdrängten, nach Bregenz ein. wo er an demselben Tage seinen vom Feinde hartbedrängten neuen Vorgesetzten, FML. Petra sch, antraf’).

In Konstanz rückten die Franzosen ein. Ihnen gegenüber in Petershausen lagerten die flüchtigen Russen und die Stadt wurde im Laufe mehrerer Tage zum Spielball beider Parteien, da der unruhige Williams über den See gegen die Stadt fuhr, die Franzosen dort mit Hilfe des die Halbinsel von Radolfszell bis Petershausen besetzenden Condeschen Freikorjis verjagte und Konstanz besetzte. Bald aber wurde Williams, infolge der Nach- lässigkeit. mit welcher dieses schlecht diszij)linierte Korj)s den Wachdienst versah'*), von den wieder anrückenden Franzosen

K. A., F. A. 1799, Deutschland, IX, 120.

’) Ebenda, 194.

») Ebenda, IX, 206 : X. 3.

*) Ebenda, IX, 83; X. 71, 10.), 116.

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und dom Landsturm des Kantons Thurgau überrumpelt. Der (leiangenschaft auf Haaresbreite Jiahe, schlug sich der mutige Offizier mitten durch den eingedrimgenen Feind über die Rheinbrücko nach Petershauson durch und eilte am Gestade des Überlinger Sees nach Stockach, um längs des Ostufers wieder nach Vorarlberg zu kommen. Hier, in Stockach, traf ihn ein Befehl des Erzherzogs Karl vom 8. Oktober, welcher ihm gebot, die Flottille eiligst von neuem in das Leben zm'ück- zurufen, womit die zweite Kampagne auf den Gewä-ssern des Bodensees ihren Anfang nahm.

5. Die Operationen anf dem See im Herbst und Winter 1799/1800, bis zur Abrüstung der Flottille.

Williams hatte schon vor Erhalt dieses Befehles die Notwendigkeit eingesehen, den Bodensee durch Wiederauf- stellung einer kleinen Seemacht in Händen zu behalten und sein Stellvertreter Fulconis war in Bregenz bereits eifrig an der .Arbeit.

An der Rheinspitze standen den Franzosen inzwischen die drei größeren Kommodorschiffe entgegen, welche auch in der Periode des kurzen Sommerfriedens auf dem Bodensee gar nicht abgerüstet worden waren. Schon hatten sich auf das .Andrängen Williams’ FML. Petrasch und Gruber') an die Vorarlberger Stände mit der Bitte um die Mittel zm Wiederherstellung der Flottille gewendet; das arme Land war jedoch durch schwere Kriegslasten derart erschöpft, daß die Stände, welche den Sommer hindiu-ch kaum drei Wacht- schitfe zu erhalten vermocht hatten, sich außer stände er- klärten, von neuem Geld und Material zu beschaffen ; ja sie baten sogar, den Bau der Flottille von dem an Bauholz gänz- lich erschöi)ften Bregenz weg nach einem anderen Seeort zu verlegen. Da brachte ein Befehl des Erzherzogs die Ent- scheidung samt den Mitteln. Von neuem wurde die Rcichs- operationskassa belastet und Fulconis arbeitete mit den anderen Marineoffizieren seit 6. Oktober an der Wieder- aufstellung der Flottille. Drei Schiffe waren, wie gesagt, armiert. Hiezu sollten noch neun gleiche kommen und von

*) K. A., F. A. 17!)9, Deutscbland, X, 89.

UitteUaxig«n d«i k. und k. Kriegiarcliivs. Dritte Folge. IV'. Ild. 23

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den zwölf Schiffen vier mit je einem Sechspfünder und zwei mit je einer Haubitze bestückt werden. Als dreizehntes sollte hiezu da.s leichte Jagd-i Patrouillen- iSchiff des Grafen Fulconis kommen, welches mit einem der eroberten fran- zösischen Vierpfünder bewehrt war. 'Wohin die von Williams im Frühjahr geschaffenen einpfündigen Drehbasseu gekommen waren, läßt sich nicht ausfindig machen; jedenfalls fühlten die Marineoffiziere in der beginnenden Kampagne das Fehlen dieser, für das kleine Gefecht so vorzüglichen leichten Ge- schütze ziemlich hart.

Die drei fertiggestellten Schiffe sollten mit dem 10. Ok- tober auf brechen und sieh in einer Fahrt zu Williams be- geben, welcher sich schon wieder, so nahe er konnte, an den Feind gedrängt und sich bei Petershausen festgesetzt hatte. Dorthin, nach Staad, sollten die Schiffe vor ^Vnker gehen, um zu jeder Gelegenheit bei der Hand zu sein.

Williams, welcher inzwischen für die eigenmächtige Hesetzung von Konstanz, für den Affront, welchen er dort am 1 1 . Oktober erlitten und für ebenso eigenmächtige Unter- handlungen mit dem Feinde (behufs Festsetzung einer De- markationslinie) wiederholte scharte Verweise von seinem neuen Koq)skommandanten, dem Prinzen von Lothringen und sogar von Erzherzog Karl erhalten hatte, schränkte seine Tätigkeit niuimehr wieder auf die Flottille ein *) und schuf vom 17. bis zum 20. Oktober im Hafen von Meer.sburg sechs kriegstüchtige Scliiffe. Er verwendete hiebei auf seinen Schiffen jene von den eroberten französischen Stücken, in welche die östeiTeichische Eisenmunition paßte.

Die Anzeichen, daß solche bald gebraucht werden würde, machten sich immer drohender geltend, denn jetzt rüsteten auch die Franzosen, um Österreich die bisher unumschränkte Macht auf dem See zu entreißen. Schiftleute aus Eorschach brachten die Kunde, daß im dortigen Hafen eine stattliche Flottille ihrer Vollendung entgegenwüchso.

Es hätte nicht zum Charakter Williams’ gestimmt, wenn er nicht augenblicklich beschlossen hätte, das Unternehmen im Keim zu vernichten, die Flotte noch vor dem Auslaufen

') K. A., F. A. 1799, Deutschland, X, 178.

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im Hafen zu überfallen, ihre Schiffe zu kapern, oder sie zu verbrennen oder in Grund zu bohren, wenn er das erstere nicht vermochte.

Aber es war die Zeit nach dem Äquinoktium, wo die Herbststürme von Westen her über den See fegten und Williams empfand bitterer als je die Schwerfälligkeit seines Schiffsmaterials, welches ihm jede Offensive nach Rorschach unmöglich machte, ,,weil,” wie er klagte, „bei widrigem Wind mit keinem Patroiüllenschiff dahin gekommen werden kann

Am 16. Oktober waren inzwischen die neuen Vor- schriften des Erzherzogs für die Flottille nach Meersburg herabgelangt.

Der Wunsch des Erzherzogs war, daß die Flottille eigent- lich nur aus leichteren Patrouillenschiffen bestehen sollte und auch diese dürften nur zu Beobachtungs- und Defensivz wecken verwendet werden. Auf Andringen Williams’ erlaubte der Erzherzog jedoch einige Schiffe von ganz großem Deplace- ment zu Kanonenbooten mit starker Bemannung umzuwandeln, wodurch die Möglichkeit einer Offensive, vielleicht sogar einer Landmig geschaffen war.

Da Williams mit den zum Einzeldienst vortrefflichen, in geschlossenem Geschwader aber minder brauchbaren leichten Patrouillenschiffen den Feind keineswegs am Auslaufen zu hin- dern veimocht hätte, stützte er .sich auf die Erlaubnis des Erzhei'zogs zum Bau „einiger” Kanonenboote imd gab der- selben eine derart freie Auslegung, daß mit Ende Oktober neben 4 Patrouillenschiffen 14 Kauonenschaluppen nahezu segelfertig vor Meersburg lagen.

Freilich liielt mit einem so schnellen Anwachsen der schwer armierten Schiffe die Gewährung des Geschützmaterials, welche von Williams’ Vorgesetzten, dem jeweiligen komman- dierenden General in Vorarlberg abliing, nicht gleichen Schritt. So kam es, daß wälirend dieser ganzen Kampagne mindestens vier der stärksten Kanonenboote außer Dienst bleiben mußten.

Williams aber fühlte sich schon mit zehn schweren Sclilachtfahrzeugen mächtig genug, die französische Flottille

*) K. A., F. A. 1799, Deutschland, X, 173.

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zu veniichten und erbat sich vom Erzherzog die Erlaubnis in See zu stechen imd die Arbeiten des Feindes zu zer- stören.

Allerlei kleine Mißhelligkeiten verzögerten jedoch das Ünteniehmen von neuem. Das Regiment Bender war in dem Feldzug des letzten Jahres derart dezimiert worden, daß Williams seine Schiffsmannschaft aus verschiedenen Regi- menteni zusammenstellen mußte, wodiu-ch er abermals un- geübte Neulinge zu schiden hatte. Die Abgabe von Mann- schaft, besonders von der Artillerie, geschah so sparsam, daß Williams sich zur Komplettierung seiner Schiffsmeister, Knechte und Ruderer abermals an alle reichsangehörigen und vorländischen Seekreise von Gaißau an der Rheinspitze über Bregenz, Lindau, Wasserburg, Langenargen, Buchhorn, Im- menstaad, Meersburg, ÜberUngen, Bodman und Mainau bis Staad nahe dem feindlichen Konstanz wenden mußte. Die drohende Gefahr einer französischen Flotte, der Erfolg des letzten Seefeldzuges tmd das glückliche Schicksal, welches dabei Lotsen, Matrosen und Ruderer bewahrt hatte, taten das Ihre, und die Städtchen, Flecken und Dörfer stellten jetzt mit dem fröhlichsten Willen die von ihnen nach dem Maßstab ihrer Seeschiffahrt abverlangten Schiffsmeister und Ruderknechte; über 120! Nur das Reichsstädtlein L’berlingen mit seinen Dependenzen Goldbach und Sipplingen, verharrte in unbeugsamem Trotz, obwolü sich Williams mit bitterer Klage an den Erzherzog wendete, daß ihm durch solche Ab- lehnung eines seiner Kanonenboote gänzlich vom Seedienst ausgeschaltet würde.

Die Zeit drängte jedoch. Schon waren die Franzo.sen zu Rorschach mit vierzehn Kanonenbooten den neun dienst- fähigen Schüfen Williams’ von derselben Kategorie über- legen. So fuhr denn Williams am 3. November mit raschem Entschluß gegen Steinach, zwischen Arbon und Rorschach aus, in welcher Gegend die französische Flotte gesehen wor- den sein sollte. Er fand jedoch nur zwei dieser noch etwas ungelenken Fahrzeuge, welche er einholte. Nachdem die frauzösichen Wachen vom Ufer durch das Feuer von Wil- liams’ Geschützen landeinwärts gejagt worden waren, schoß Williams die an das Ufer getlüchteten beiden Schiffe in

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Brand imd wich nicht eher vom Platze, bis das Feuer sie bis an die Wasserlinie verzehrt hatte.

Nach einer demonstrativen Fahrt längs der ganzen feind- lichen Küste, welche ihm bewies, tlaß er noch Herr des Büdensees sei, kehrte Williams an das schwäbische Ufer ziu-ück '

Um diese Zeit, 8. November 1799, lagen nur wenige kaiserliche Trupjien imd solche vom Gondeschen Emigranten- korps, dann etwas russische Kavallerie am See; Williams hielt ihn fast allein in Hämlen. Er lag zu jener Zeit mit einem Teile seiner Flottille bei Tjangenargen ; ein großer Teil der Schifte schwamm vor Lindau, ein anderer vor Meersburg. Von hier bis Inndau war die Küste von Militär gänzlich entblößt und Williams hatte gi-oße Mühe, einem Schleich- handel, welcher sich bei solch günstiger Gelegenheit augen- blicklich zwischen der württembergischen und der Schweizer Küste entwickelte, zu steilem.

Abermals brachten die treuen Landstände von Vorarl- berg Opfer. Zu den drei von ihnen beigestellten Kanonen- schalupjien bestritten sie die Ausrüstung von zwei weiteren und setzten auf diese fünf Schifte 74 Scharfschützen von der Bregenzer Kompagnie.

Diese Mannschaft wurde nun freilich in den untätig verlaufenden Novembertagen auf der Flottille nicht benötigt und tiald wieder in Bregenz einquartiert, was mit Ende November geschah.

Dieser Monat war in unerquicklichem Zuwarten ver- laufen, denn der See wurde häufig durch Herbststürme aufgewühlt, welche im ersten Drittel des Monates sogar ein Boot mit zwei französischen Dragonern an die vorderöster- reichische Küste verschlugen, die sich den trügerischen Wellen zu einer Lustfahrt aiivertraut hatten. Die von der Mannschaft eines Patrouillenbootes aufgegriftenen Franzosen klagten über bitteren Mangel ihrer Land.sleute und Teuerung in der ressourcenarmen Schweiz.

Um diese Zeit stand das Koqis des FML. Sztäray von SchaftTiausen durch das Hegau bis Überlingen; das Haupt-

*) K. A., F. A. 1799, Deutschland, XI, 48.

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quartier war in Singen. Von Überlingen bis Lindau herrschte "Williams unumschränkt und als er die beiden erwähnten Franzosen an einen der beiden Korpskommandanten in Singen oder Feldkirch abUefeni sollte, bestand er, wie zn jeder Zeit, hartköpfig auf Ausübung des Seerechtes und ver- langte, daß man die beiden Männer, welche nach diesem Eechte als Schift’brüchige anzusehen waren, nicht dem Los der Kriegsgefangenschaft aus.setzen dürfe. Petrasch (Feld- kirch) gal) nach und erlaubte dem Oberstleutnant, diese Leute in einem Patrouillenschilf an die Küste von Rorschaeli übersetzen zu lassen, obwohl er es ungern sah, daß man auf solche Weise dem Feinde geradezu zwei Kundschafter in die Hände gab.

Am 14. November ging denn auch die Übergabe der beiden Gefangenen unter Austausch einiger Höflichkeiten vor sich.

Williams benutzte die Zeit unfreiwilliger Walfetmthe, um den Alarm- und Signaldienst auf dem Ree derart zu ver- vollkommnen, daß kein Punkt auf der ganzen Ostküste von den Franzosen hätte angegidtfen werden können, ohne augen- blicklich die konzeiitn'sche Ausfahrt aller Divisionen, welche zu Ende November Jiach Fußach, Tnndau, Wasserburg, Langen- argen, Buchhorn, Hagenau, Meersburg und Staad verteilt waren, zu veranla.s.sen. Außer den genannten hatte Williams sogar noch auf dem üntersee an der Reichenau einen ver- lorenen Posten endchtet, woselbst der Marineoffizier Tau- lignon zwei Patrouillenschifie kommandierte. Einen genauen Einblick in Stand, Verteilung und Stärke der Flottille in ilen Monaten November und der ersten Hälfte Dezember gewährt nebenstehende Tabelle.

Inzwischen jedoch wuchs die Gefahr von Rorschach immer mehr. Gegen Ende November erfuhr Williams, welcher sein Hauptquartier in Inndau aufgeschlagen und das erschöpfte Bregenz ohne Schift'belag gelassen hatte, daß die Franzosen nunmehr sogar vom Züricher See Schilfe und Material per Achse nach Rorschach brächten. Da sie auch eine Anzahl der im Frühjahr von Fulconis in den Grund gebohrten Schitle zu heben versuchten, bestand die Gefahr einer bald zu

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erwartenden Übermacht auf Seite der Franzosen. Aber Wil- liams hatte sich schon seit seiner letzten TJntemehmiuig körperhch nicht mehr wohl gefühlt und lag nun seit Mitte November krank darnieder, tinfähig auch nur da.s Zimmer zu verlassen. So gewannen die Feinde kostbare Tage i.

Über 80 Pontoniere arbeiteten jetzt zu Rorschach an der Ausrüstung einer Flottille von Schiffen, von St. Gallen kam Geschütz ; schon wurde der Hafen für das Gedränge der Schiffe zu klein, ein Teil derselben muhte nach Arbon zur weiteren Mobilmachung gesendet werden. In Rorschacli stand zudem ein ganz beträchtlicher Munitionspark bereit. 20 Geschütze, 60 Munitionskarren. Alle Anzeichen deuteten auf einen baldigen Angriff über den See.

Williams, immer noch krank, bezwang seine Schwäche und zog die Detachements seiner Flottille, welche im nördlichen Teile des Bodensees standen, gegen die Rheinspitze bei Fußach zusammen imd bat den Erzherzog um \'erwendung der ihm schon zugewiesenem Bregenzer Bandesschützenkompagnie zum Dienst auf der Flottille. Pekuniäre Rücksichten, (die Yeq)flegung der 74 Schützen hätte monatlich 1700 11. erfordert und die Reicliskasse war ausgeschöpft) zwangen den Erzherzog, die Bitte abzuweisen und Williams zu befelden, die Besatzimg seiner Schiffe mit der Mannschaft der noch immer unarmierten vier Kanonenschaluppon zu verstärken *).

Der Sicherheitsdienst auf so schwacldoemannten Schiffen wurde in der rauhen Jalireszeit immer scliwieriger, weil nur ungenügende Ablösung da war. Das fröhliche Seewesen, das Leben und die Munterkeit verstummten in jenen langen Winteniächten, auf welche kalte graue Tage folgten, an denen mit bedrückender Gleichmäßigkeit ein undurchdringlicher Nebel über dem See lastete. Die Scliittahrt im Dienste der Sicher- heit mmde hiedurch fast unmöglich, während der Nebel einen feindlichen Überfall begünstigte.

Die Zahl der Franzosen aber vermehrte sich am jenseitigen Seeufer und bei Rheineck, wo ein Übergang drohte : die Kundschaftsnachrichten sprachen von 10.000-

') K. A.. F. A. 1799, Deutschland, XIT, 41, .">4. ’) Kbenda, 84, 8.Ö.

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Ein Seekrieg in Scliwaben.

361

Williams hatte eine Küste zu decken, welche zwischen Lindau und Überlingen von Truppen völlig entblößt war und in deren Mitte ausgedehnte Waldungen sich bis an das See- ufer herandrängten. Den wenigen Patrouillen, welcher hier verkehrten, konnte eine Ijandung leicht entgehen, denn der hartnäckige Nebel verbarg auf kurze Entfeniung das größte Schiff. Überdies war es das rechte Wetter für die in jener Zeit so häufigen Deserteure, mit welchen die stets wach.samen Patrouillenschifte manchmal schwere Kämpfe zu bestehen hatten').

Unter solchen Drangsalen brach das .labr 1800 heran, <lessen ersten günstigen Tag, den 11. Januar, Williams zu einer Ausfahrt gegen die feindliche Küste benützte. Wohl hatte er gehört, die Franzosen hätten, jetzt mehr auf einen Rheinübergang bedacht, die Rüstungen am See eingestellt, doch wollte er sich durch den Augenschein von der Wahrheit des Gehörten überzeugen und sandte den Marineoffizier de Bonne von Meersbiu'g zu einer Rekognos- zienmg an die Schweizer Küste. De Bonne kam vorKeßwil an, segelte von dort längs der Küste gegen Roman.shorn und wuirdo von den am Ufer zusammenlaufenden Franzosen natli erfolglosem Kleingewehrfeuer unerwartet aus Do])pelhaken (Wallbüch.sen) beschossen, so daß er bald drei Yenvundete hatte. Es war Ursache zu einer besonderen Unruhe der Feinde vorhanden, da durch die Ausfahrt de Bonnes in der Nähe von Altnau eines ihrer größten Schiffe, welches .soeben gegen Konstanz gebracht werden sollte, bedroht schien.

De Bonne machte mit seinem Kanonenboot Nr. 3 und einem Patrouillenschilf augenblicklich Jagd auf das gegen 8 Uhr morgens gesichtete Schiff und verfolgte es bis Bottig- hofen, wo es sich an die Küste flüchtete.

Der junge Schiftsoffizier beschloß es selbst dort anzu- greifen, obwohl starke, feindliche Kräfte am Ufer waren. So entspann sich ein hartnäckiger Kampf*), welcher es de Bonne erst nach l'/a Stunden möglich machte, das Schill', eines der

') K. A., F. A. 1800, I, 57, 58. *) Ebenda, ad 28a und b.

f

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362

Bartsch.

gröÜt<'n auf dem ganzen See. zu entern und als gtite Prise über das Wasser nach Meerslnu-g zu fuhren.

So tapfer sich die Mannschaft de Bonn es hiebei ge- halten hatte, die schöne Trophäe war teuer erkauft worden. De Bonne brachte sechs Verwundete und einen Sterbenden nach Äleersburg und hätte vielleicht sein kühnes Untemehmen noch schwerer bezahlt, wenn nicht auf den ersten Kanonen- schuß von der jenseitigen Küste die Divi.sion von Wasser- burg ausgelaufen wäre, welche unter Kommando eines braven Unteroffiziers die Kräfte des PViniles bei Güttingen durch lebhaftes Feuergefecht band und von de Bonnes Unter- nehmung zum Teil abzog.

Das Schiff, welches de Bonne nach Meersburg ge- schleppt hatte, war so groll, daß es sich für die Einfahrt als zu breit envies und nicht einzulnufen vermochte. Es bot Wil- liams Gelegetdieit, sich wieder einmal für die strikte Hand- habung des See-, diesmal des Prisenrechtes, einzusetzen'). Er scheute selbst eine Umgehung des Dienstweges nicht und wandte sich direkt an Plrzherzog Karl mit dem .Anliegen, daß das Schiff lizitando veräußert, und der Erlös unter die Eroberer verteilt werden sollte. Der Erzherzog gestattete das ungewöhnliche Verfahren, jedoch erhielten AVilliams und seine Offiziere strengen Befehl, um solcher militärisch nutz- loser Freibeuterzüge willen keine Menschenopfer mehr zu bringen. Die Flotte habe .sich nur bis in die Mitte des Sees zu wagen und Patrouillenfahrten zur Unterdrückung des Schleichhandels zu machen. Überdies verbot auch FML. Petrasch solche Fahrten, um den Feind nicht zur Wiederauf- nahme seiner Flottenrüstungen zu veranlassen.

Wirklich begann zu Anfang des Februar die regste Tätigkeit den Hafen von Rorschach zu beleben*». Die Franzosen hoben die versenkten Schiffe und ])umi)ten sie aus. schafften vom Züricher See zahlreiches Material herbei, befestigten den Hafen mit Batterien und stellten an die Spitze der mit Eifer betriebenen jVrbeiten einen ausgezeichneten Marineoffizier, welcher bald gegen 200 Ponfoniere kommandierte.

') K. A., K. A. ISOO, Deutscliland, I, 42, 4.S.

•) Ebenda, H, 19, 30; III, 6, 9, H, 12, 3.3, 4.3, 84, 99, llO'/i.

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Ein Soekriftg in Schwaben.

363

Schon zu Ende Februar schwammen im Rorschacher Hafen sechs, mit je zwei Kanonen oder einer Kauoue und einer Haubitze armierte Schiffe, sechs weitere lagen auf Werft. Was aber noch gefährlicher schien, war, daß die Franzosen mit dem Mannschaftsmaterial durchaus nicht sparten und auf jedes Schiff die fast minötig große Anzahl von 12 Artille- risten, dann aber 24 Ruderer, geübte Pontoniere, setzten. Waren so ihre Schiffe, was Armement und Besatzung an- Inngte, den österreichischen überlegen, so bestrebten sich die Franzosen überdies, auch in Bezug auf Fülining und Be- weglichkeit, die Überlegenheit zu erlangen. In der Hälfte des Februar führen fast alltäglich Parlamentäre unter den nich- tigsten Vorwänden in großen Booten nach allen Punkten der österreichischen und reichsdeutschen Küste ; ihre Boote aber waren mit zahlreichen Pontonieren bemanTit, welche atif solche Weise Entfernungen, Kurse, Falirwasser und Küste studierten.

Die sechs fertiggestellten französischen Schalu])pen fuhren täglich aus dem Rorschacher Hafen aus und übten sich im Segelmanöver und im Geschütze.xerzieren einzeln und im Geschwader ; besonders aber fiel au den französischen Pon- tonieren die ausgezeichnete Rudertechnik auf, welche, mit größter Präzision gehandhabt, ihren Schiffen eine hohe Be- weglichkeit verlieh.

Angesichts solcher Umstände machte Williams alle Anstrengungen, um seine Flotte wenigstens niunerisch zu ver- stärken.

FML. Petrasch setzte ihn durch Beistellung zweier Kanonen in stand, zwei der immer noch unarmierten Kanonen- boote in Dienst zu stellen, auch kam jetzt die Bregenzer Scharfschützenkompagnie an Bord. .\n der Rheinspitze be- wachte eine kleine Division die Grenze, und der Hafen von Buchhorn, gegen welchen die F’ranzo.sen feindliche Ab- sichten zu hegen schienen, wurde durch Schiffspatrouillen gedeckt.

.\m 3. März war die französische Flottille segelfertig geworden. Mit diesem Tage verbot der französische Kommau- ilantauch den letzten über Wasser gehenden Handelsverkehr, die Salzschitfahrt, und der verödete See blieb nur mehr den feind-

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D A r t s 0 h.

liehen Flotten und nächtlichem Schmuggel als Tummelplatz überlassen ').

Seit der iMitte Mürz kreuzte eine feindliche Flottille vor Uttwil und die hiedurch bedrohten benachbarten Kom- mandanten von Langenargen und Meersbtmg vereinigten ihre Schifte gegen die vom jenseitigen Ufer drohende Gefahr.

Die französischen Tjandtrupj)en aber sammelten sich gegen Knde des Monates immer mehr gegen Graubündten Tind drohten mit einem Übergang bei Rheineck, wo bi.s Mitte A]iril an 10.000 Mann versammelt waren.

Kun mußte die französische Flottille, schon um die Aufmerksamkeit von den Landtruppen auf sich zu ziehen, aus ihrer bisherigen Reserve hervortreten, und es kam am 28. April zur ersten größeren Demonstration, welche sich bald zu einem förmlichen, auf hohem Wasser ausgefochtenen Seegefecht entwickelt hätte *).

Um die Bewegungen des Feindes zu rekognoszieren, war ^[arineoftizier de Bonne am 28. April von Hard aus gegen die Rheinspitze abgesegelt, hatte dort seine beiden etwas sch wert alligen Kanonenboote als Reserve zurückgelasseu und fuhr mit seinem Patrouillenschift’ in die Bucht von Ror- sehach ein, in welcher er, nur auf etwa 30 Schritt von der feindlichen Küste entfernt, längs dieser Kurs auf Rorschach nahm. Sein kühnes LTnteruehmen lockte ihm jedoch ans diesem Hauptkriegshafen der Franzosen zwei französische Schalu])pen auf den Hals und de Bonne zog sich, von ihnen verfolgt, auf die Rheinspitze zurück, wo er nebst seinen beiden Kanonenbooten die inzwischen hinzugekommeiie Divi- sion von M'asserburg, fünf Schifte stark, vorfand. Nun wurde der Verfolger zum Verfolgten, und die acht vereinigten öster- reichischen Schifte jagten den beiden französischen bis nahe vor Rorschach nach, aus dessen Hafen nunmehr der ganze dort befindliche Teil der französischen Flottille ausfulrr, sechs Schifte stark, um die Fliehenden zu unterstützen. De Bonne sah sieh plötzlich einer ihm an Schilfszahl gleichen, an Be- wafthung überlegenen Flottille gegenüber und all dies in

') K. A., F. A. 1800, Deutschland, IV, 44, 57, 93, ad 173. Ebenda, 1S2, nd 182.

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Kin Seekrieg ia Schwaben.

36. i

beilrolilicher Nähe der feindlichen Hafeuhatterion. Deshalb ging er nuUer Schußweite der Küstengeschiitee auf den offenen See zurück und stellte hier seine Schiffe klar zum Gefecht, um den Angidtf des Feindes zu erwarten, welcher sich eben- falls in Schlachtlinie entwickelte.

Williams war am Morgen jenes Tages in Dienst- geschäften abwesend. Nach Lindau zurückgekehrt, hörte er von der Ausfahrt der Wasserbiirger Division, warf sich in em schnellsegelndes Patrouillenboot und fuhr in tler Richtung gegen Rorschacli in den offenen See liinaus, wo er etwa in der Mitte des Sees die beiden kleinen feindlichen Flotten in drohender Haltung einander gegenüber erblickte. Eben fiel, noch auf große Entfernung, der erste Kanonenschuß, als die Franzosen des Williamsschen Schiftes ansichtig wurden, ab- schwenkten und in der Richtung auf ihi'en Hafen zu kehrt machten. Da die Entfernung und die Schiffszald für ein er- folgreiches Nachsetzen nahe an die Landbatterien des Feindes heran zu g^oß war, signalisierte de Bonne den beiden Divi- sionen den Befehl zur Rückkehr in ihre Häfen *).

An demselben Tage, dem 28. April, wurde ein von Langen- argen gegen Rnmanshom ausgescliicktes östeiTeichisches Patrouillenschitf, eines der leichtesten und schwächsten der Flottille, von zwei schweren, ihm weit überlegenen franzö- sischen Kaiionenschaluppen angefahren und beschossen. Das österreichische Boot gab auf beide Gegner drei Kanonen- schüsse ab, worauf die Franzosen unsohlüssig wunlen und stoppten ; das Patrouillenschiff entkam so luibeschädigt nach Langenargen *).

-\m 29. April patrouillierte auch Fulconis von Meers- burg die feindliche Küste von Bottighofen bis Konstanz ab und fand sie sehr schwach besetzt ; das französische Heer hatte sich zu den größeren LTnternehmungen nach Franken und Vorarlberg geteilt.

Der 30. April ließ zwei feindliche, von Rorschacli gegen die Rheiuspitze vorsegelnde Kanonenboote im Morgennebel jenes Tages bis auf 200 Klafter an das dort postierte

') K. A., F. A. 1800, Dentsohlnnd, IV, ad 189. ’) Ebenda, 190, ad 190 a, b, 191,

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36(5

Bartsch.

Patrouillenscliiff’ gelajigen, welches gegen die beiden größeren und besser annierten Boote klar zum Gefecht machte und sie mit drei Kanonenschüssen aus seinem kleinen Einpfiinder gegen Arhon zuriickjagte I.

Immerhin hatten die Ausiuhrlen gezeigt, daß die Franzosen jetzt gerüstet waren ; der letzterwähnte Versuch des Feindes, die Bheinsjdtze zu umsegeln, veranlaßte Williams, an die Errichtung einer Schanze dort zu schreiten, um Bregenz vor einem Überfall zu schützen.

Gleichzeitig zog Williams die gesamten Kanonenboote der Flottille am 2. Mai vor Lindau zusammen; an den bisherigen Ankerplätzen blieben nur die leichten Pati'ouillenboote zurück.

Im Norden des Sees war jedoch die österreichische Armee damals in vollem Rückzug begritlen. Moreau hatte schon am 25. April den Rhein überschritten, war gegen Basel vorgegangeu, hatte den Rhein bei Stein abermals übersetzt und schlug nun die Österreicher unter Kray am 3. Mai bei Stockach und am 8. beiMöskirch; die ebenfalls unglücklichen Rückzugsgefechte bei Biberach und Memmingen am 9. und 10. Mai gaben den Franzosen das ganze nordöstliche Ufer des Bodensees in die Hände.

Inf(dge solcher Wandlungen drängten und überstürzten sich jetzt die Ereignisse bei der Flottille.

Schon vom Beginn des Mai au lernten Offiziere und Mannschaften die Härte der Zeit an dem Bereitschaftsdienst erkennen, welcher ihnen gebot. Tag und Nacht auf den Schiffen zuzubringen *j.

Mitten in den eifrigsten Plänen zu einer Offensive auf Konstanz traf Williams die Nachricht, daß die Franzosen am 7. Mai in Meersbiu-g eingerückt waren. Der dort statio- nierte Leutnant Joanovich mußte den See hinab auf Langen- argen zurückgehen, wobei seine Patrouillenschiffe imausgesetzt vom Ufer aus beschossen wimlen ; er brachte einige Ver- wundete mit.

Taulignon in Langenargem rief nun die Unterstützung Williams’ an“i und der Flottillenkommandant stach am 8. Mai

‘) K. A., F. A. 16tK). Deutschland, V, 21, ad 21a.

’) Ebenda, 44, 59, 64, 80, 90, 96.

Ebenda, 99.

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Ein Seekrieg in Schwaben.

367

selbst in See, um dem vom Feinde besetzten Meersburg einen überraschenden Besuch zu machen. .Jedoch schon vor Immen- staad erhielt er von der Küste aus Feuer und war bald in ein heftiges Ferngefecht mit französischen Tirailleurs ver- wickelt, welche ihn aus den Weinbergen am Ufer beschossen. Als der Abend dem Kampf ein Ende machte, fuhr Wil- liams nach Lindau zimück, wo er einen Befehl seines der- maligen Korpskommandanten, des Prinzen Keuß, vorfand, welcher ihm vorschrieb, die Schiffe abzutakeln und alles Ge- schütz aus Land zu bringen ').

Nun freilich hatten die Franzosen leichtes Spiel. Ihre Flottille fuhr am 9. Mai auf Langenargen zu, dessen Hafen, von dem stolzen Schloß der Montforts bewacht, immernoch durch drei kleine Patrouillenschiffe des Taulignon gehalten wurde. Diese leichten, nur mit Einpfündern bewehrten Boote konnten sich den 14 .schweren Kanouenschaluppen der Fran- zosen nicht widersetzen ; sie brachen aus dem Hafen her- vor und flohen mit voll aufgesetzten Segeln vor den Fran- zosen nach Lindau, wo Williams mit Schmerz und Ingrimm nach der Ausschiffung des Geschützes, welches ohne Lafetten am Ufer lag, nichts tun konnte, um dem jetzt übermächtigen Gegner entgegenzutreteii.

Wohl ließen die Franzosen im Angesicht Lindaus von der Verfolgung ab, aber See und Küste gehörten jetzt ihnen und wie im vergangenen Frühling die Schweizer, so zogen jetzt die Schwaben beim Anblick der feindlichen Schiffe längs des ganzen Ufers vergeblich an den Strängen ihrer Stimm- glocken.

Die Franzosen hatten den fliehenden Booten des Tau- lignon nur einen Teil ihrer Flottille nachgesandt und be- schossen aus den Geschützen der zimUckbleibenden Schiffe Stadt, Hafen und Schloß *j.

Es läßt sich denken, welchen Eindruck eine solche Wendung der Dinge auf den bisherigen Alleinherrscher am See, Oberstleutnant Williams machte! Zudem war ihm das wackere Seestädtlein Langenargen, damals ein reichsunmittel-

') K. A., F. A. 1800, Deutschland, V, 129. ’) Ebenda, 133.

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B a r t I c b.

barer k. k. Kameralort, ans Herz gewachsen. Seine Schüfe lagen entwaffnet und hilflos vor Lindau, Williams aber raflte schnell 50 Mann seiner in Auflösung begriffenen Flottille zu- sammen, erbat sich vom Koriiskommando ein Dutzend Reiter, nahm einen der zur Verteidigung von Lindau bestimmten Zwölfpfünder, setzte seine kleine Fnütruppe auf Wagen und eilte nach Langenargen um die letzte, aber schöne und von einem warmherzigen EntschluU diktierte Waffeutat seiner Flottille auf festem TiUnde zu vollbringen.

Er traf den Feind schon ini Ort, drang mit unwider- stehlichem Elan auf die Übermacht ein und jagte sie in weuigeu Minuten auf die Schiffe zurück, welche jetzt, zwöh an der Zahl und jedes mit 60 Mann besetzt, aus 13 Geschützen und einer Haubitze einen Hagel von Geschossen auf den einzigen Zwöffptunder entsandte, den Williams mitgebracht hatte.

Dieser aber, von einem Artilleriekorporal bedient, ließ sich durch das Feuer von 14 Geschützen nicht zum Schweigen bringen und zerschoß im Verlauf einer Stunde drei der französischen Schiffe nahezu bis zur Unbrauchbarkeit. Die Franzosen, welche ihre Munition schon früher an den Mauern von Langenargen vergeudet hatten, verschossen sich nach und nach und gingen, besiegt und abgewiesen, nach dem Schweizer Ufer ziuück. Wenn zu dieser Zeit nur noch einige der österreichischen Schiffe gefechtsfähig gewesen wären, jetzt hätten sie die gesamte französische Flottille in Brand scliießen und vernichten können.

M'ährend jenes Gefechtes patrouülierten die Reiter Williams’ Waldeck-Dragoner, dieselben, welche ihn auf seinem schönen Zuge nach St. Gallen begleitet hatten gegen Buchhorn um das Unternehmen gegen einen Flanken- angriff zu sichern.

,.Mich schmerzt,” schrieb Williams in dem Bericht über seine letzte Tat am See, ,,daß die mit so großen Kosten errichtete Flottille gerade jetzt desarmiert worden, wo ich gegen den Feind so wesentliche Dienste hätte leisten können.”

Gerne hätte Williams den armen Langenargnern, welchen die Franzosen ein drohendes ,,Au revoir!” zugerufen hatten.

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Ein Seekrief? in Schwaben.

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(len siegreichen Zwölfpfünder zurückgelassen, um den sie ihn dringlichst baten. Aber er hatte diu'ch seinen Kachezug ohne- hin wieder einmal die ihm gegebene Befugnis überschritten. Zudem ging der Rückzug der Österreicher unauflialtsam von statten').

Williams kehrte nach Lindau zurück und sandte alles Material seiner Marine, welches für Pontons gebraucht werden konnte, nach Kempten, die Artillerie nach Feldkirch. Offiziere seiner Flottille begleiteten das abfahrende Out. Am 14. Mai brachte Williams auch das ganze Vei-pÜegsmagazin von Lindau nach Bregenz, dessen Älagistrat es gegen (iuittung überaahm.

In Feldkirch stand die Division .Jellachich; Williams sandte dem Feldmarschalleutnant den grollten Teü der Flottillen- inannschaft als Verstärkung, er selbst zog sich mit 80 Mann nach Reutte und von da über den Arlberg nach Landeck zurück. Hier trat' er seine Offiziere mit dem auf Wagen gelegten Geschütz und ging mit ihnen nach Innsbruck, wo er die Freude erlebte, den Dank des Tiroler Korpskommandanten Reuß für die eigen- mächtige, aber wackere Unternehmung auf Langenargen ent- gegenzunehmen "j.

Die sechs Marineoffiziere traten in das Tiroler Land- regiment Neugebauer ein und erlernten in Kufstein nebst der Armeesprache den österreichischen Truppenilienst, in welchem sie verblieben.

Die Schiffe der Flottille aber fielen in die Hände der Franzosen. Damit endete ein Unternehmen, von welchem gänzlich mit Um’echt gesagt worden ist, daß sein Erl'olg in keinem Verhältnis zu dessen Kosten stand. Die Aufstellung einer französischen Flottille machte es zur Notwendigkeit, auf österreichischer Seite eine gleiche zu errichten und schwere Brandschatzungen, Überfälle und Landungen des Feindes wurden von den vorarlbergischen und deutschen Seekreisen durch ein Kriegsjahr hindurcdi abgehalten.

Vom Mai bis in den Winter des .lahres 1800 und 1801. bis zum Frieden von Luneville (D. Februar 1801 1 hausten die

') K. A , F. A. 1800, Deutschland, V, 99, 142, 14«. 18«, 194. 29.Ö.

«) K. A., H. K. R. 1800. Ul, 3108.

*) Angeli, Erzherzog Karl.

Mittoilungen des k. und k. Kriegsarohivs. Dritte Folge. IV. Bd. 24

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1) a r t 8 0 h.

Franzosen schwer genug an den Ufern des Bodensees. Nach- dem sie die österreichischen Schiife nufgetakelt. anniert und seehereit gemacht und hiedurch ihre Flotte stattlich vermehrt hatten, bedrückten sie das Land mit schweren Eequisitionen und ließen jeden Ort am Seeufer vor ilmen miausgesetzten Fahrten und Landungen zittern.

Nach dem Friedensscliluß aber vergaßen die Franzosen nicht, das gesamte Flottenmaterial in öffentlicher Feilbietung zu versteigern, um sich eine reichliche Wegzelirung für den Rückmarsch in ihre Heimat zu verschallen.

Damit kelirten die Kanonenboote Williams’ in den fried- licheu Dienst zurück, welchem sie vor ihrer Umgestaltung zu Kriegszwecken angehört hatten und den sie von da ab migestört weiter ausübten, bis das Dampfschiff' ihrem Dasein durch allzu erfolgreiche Konkurrenz ein Ende be- reitete.

Nim wenige solcher schwerfälligen Boote befahren heute noch den See luid geben Kundo davon, mit welch unzu- reichendem Material t Isterreich sich an der M'ende des ver- gangenen Jahrhunderts auch auf dem Wasser Lorbeeren zu erringen wußte.

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Von Leipzig bis Erfurt.

Die Yerfolgiing der französischen Armee in den Tagen vom 18. bis 23. Oktober 1813.

Von

Hauptmami Kerchnawe.

(Mit neun Textskizzen.)

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Allgemeine Situation am Nachmittag des 18. Oktober.

Obwohl sich die große Sclilacht „in den Ebenen von Leipzig” *) nicht in der Art abgespielt hatte, wie dies vom Oberkominandanten der verbündeten Heere, FM. Karl J’ürst zu Schwarzenberg, beabsichtigt war, obwohl an die Stelle des Kampfes mit verkehrter Front auf der feindlichen ßück- zugslinie bei welchem die Übermacht der Verbündeten umfassend gegen die feindlichen Flanken zur Geltung gebracht werden konnte infolge Eingreifens des Kaisers Alexander in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober*) ein frontales Aus- ringen getreten war, in welchem nur die bedeutende Über- macht der Verbündeten schließlich einen Erfolg bringen konnte®), war doch in den späten Nachmittagsstunden des 18. Oktober die Schlacht für Napoleon endgiltig verloren. Der kühne, große Spieler, der noch nach dem Lorbeer griff, als jeder andere bereits das Spiel verloren gegeben hätte, mußte die Partie um die Weltherrschaft als verloren ansehen, an die Rettung seiner Krone denken.

') Wiederholter Ausspruch des Fürsten Schwarzenberg in Ge- -prächen auch gegenüber Scharnhorst in Memoires, Brieten etc. (Prokesch, Denkwürdigkeiten, K. A., F. A. 1813 und Fürst Schwarzen- bergs PrivatarcViiv.)

Auf Veranlassung Diehitsch’ wurde der Operationsplan ge- ändert und statt auf das linke Elsterufer mit der Hauptarmee am rechten Pleißeufer vorgerückt. (Siehe auch Kerchuawe, Aufklärung und Armeeführung vor Leipzig etc.)

’) 315.(XX) Mann Infanterie und Reiter mit 1467 Feldgeschützen der Verbündeten gegen 186.000 Mann Infanterie und Reiter mit 721) Feld- geschützen Napoleons. (Kerchnawe, Aufklärung und Armeeführung vor Leipzig etc.)

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K e r c h Q H w 6.

Zwar hielten sieh noch die französischen Truppen in der starken Stellung Connewitz, Probstheida. Stötteritz gegen- über den Angriffen der verbündeten Hauptarmee, zwar hatte Bertrands Vor.stoÜ über Lindenau die Rückzugsstraße nach Lützen freigemaeht und den Truppen Gyulais schwere Ver- luste beigebracht, aber von Westen und Nord westen drängten die Truppen der durch das österreichische lA'. Korps und die 2. leichte Division verstärkten Armee Bennigsens, die Truppen der Nordarmee und des Korps Sacken immer näher au Leipzig heran, im Norden war die schlesische Armee schon bis an die Parthe gelangt und selbst die Wegnahme des so hartnäckig verteidigten, nunmehr aber brennenden und von einer übermächtigen Artillerielinie der Verbündeten unter Feuer gehaltenen, wichtigen Probstheidas, des Schlüsselpunktes der französischen Stellung südlich Leipzig, schien nur mehr eine Frage weniger Stunden. Daß die verbündeten Herrscher weitere Angriffe auf diesen Ort verboten, um noch größere Verluste zu vermeiden, konnte Napoleon nicht wissen'). Und so gab der große Feldherr, der trotz des verwegenen Spieles, welches die ganze Schlacht am 18. Oktober eigentlich gewesen, doch der große Kriegsmeister geblieben, der er stets war, die Befehle zur Einleitung des Rückzuges.

Bertrands etwa um 11 L’hr vormittags durchgeführter An- griff mit dem IV’. Korps, der Division Guillerainot des VII. Korps, der Division Margavon, der Division Lefol, der Brigade Quinette des 3. Kavalleriekorps und einer zwölf])fündigen Batterie des V^ll. Korjis *) hatte um so leichterden W eg freimachen können, als Gyulai den Befehl erhalten hatte, zur Unterstützung der

') Da.s Abrücken der Franzosen über Lindenau— Markranstädt wurde um diese Zeit den Monarchen bereits bekannt (siehe Seite 37.’>'. so daß allerdings die schließiicho Räumung Probstheidas seitens des Oegners zu erwarten war. Andererseits hätte die Wegnahme dieses Ortes Napoleons Stellung durchbrochen, seine Schlacbtlinie beiderseits aufgerollt. Bei der Erschöpfung der Franzosen, welche mit Ausnahme einiger Bataillone alter Oarde keine Reserven mehr hatten, und nach der nunmehr ausgiebigen Artillerievorbereitung war die Wegnahme Probstheidas durch die fast ganz intakten russischen Garden und Grena- diere mehr als wahrscheinlich.

Befehl Neys an Bertrand vom 17. Oktober 1813, nachts. Polet, Campagne de 1.S13, Art. X.)

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Von Leipzifc bis Erfurt.

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Kolonne Colloredo nach Cröbern abzuriieken. Er befand sich um ■i Uhr nachmittags im vollen Marsche auf Lützen'), wohin ihm später das ö. lieservekavalleriekor])s naehfolgte. Nun befahl der Kaiser auch noch den Abmarsch des 1., 5., sowie des Restes des 3.*i und 4.’) Reservekavalleriekorps, der Trains, der zwei Divisionen junger Garde unter Mortier'i und der leichten Gardekavallerie unter Lefeb vre-Desnouettes*) in der Richtung auf Lützen. Diesen Truppen hatte, unter dem Schutze einer aus dem VIII., II., 'NTI. und XI. Korps unter Macdon alds Kommando gebildeten Nachhut, welche dieLisiero von Leipzig festhalten sollte, am Morgen des 19. Oktober der Rest der Armee zu folgen. Zwei Divisionen junger Garde unter Uudinot hatten bei Lindenau das Pa.ssieren der Elster zu decken und sich dann als Nachhut anzuschließen.

Bald wälzten sich nun, auch von den auf Baumkronen und Kirchtürmen etablierten Observatorien des verbündeten Oberkommandos erkennbar, starke Kolonnen, untermischt mit langen Wagenzügen, auf der Markransfädter Chaussee hinaus, durch ihren Abmarsch verkündend, daß der gewaltige Gegner die Schlacht verloren gäbe.

Maßnahmen der Verbündeten znr Einleitung der Verfolgung am Nachmittag nud Abend des 19. Oktober.

So heftig der Kampf um diese Zeit (gegen ö Uhr nach- mittags) auch noch in der Front südlich und östhch von

') Sein Marschziel Wcißenfels erreichte er, uaehJem er die Division Ouilleminot und einen TeU des 5. ReserveUavalleriekorps in einer Auf- uahmestellnng bei Dützen zurückgelassen, gegen 2 tJhr nacht.s.

’) Brigade Quinette bei Bertrand detachiert, wahrscheinlich auch Brigade Avice der Division De France. Die Divisionen Dorge und Poumier waren auf je eine Kskadron per Regiment, also auf zusammen zwölf Eskadronen reduziert.

•) 1 Brigade in Dresden, 1 bei Dombro w.ski, Rest 16 schwache Eskadronen.

*) Siehe .‘knhang l b. Die Division Barois batte jedoch bis zur Ablösung durch Abteilungen Oudinots hei Lindenau Stellung zu nehmen.

‘) Siehe Anhang I b. Mit Teilen der Ehrengarden und den Brigaden Valliii und Pire des 1. Reservekavalleriekorps, zusammen an- geblich 5000, wahrscheinlich aber nur 3500 bis 4000 Reiter.

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Kercbniiw«.

Leipzig tobte, war doch bereits mit dem Moment des Er- kennens der Einleitung des feindlichen Rückzuges der Augen- blick gekommen, in welchem von Seite des Oberkommandos der Verbündeten die MaLinahmeii zur Ausnützung des Sieges, zur Verfolgung zu treffen waren.

Freilich lagen jetzt die Bedingungen hiezu lange nicht so günstig, als sie gewesen wären, hätte FM. Fürst Schwarzen- berg seine ursprüngliche Absicht, den Gegner mit verkehrter Front zum Schlagen zu zwingen, verwirklichen können, un- günstig konnte mau sie deshalb aber noch immer nicht neuneu.

Am linken Elsterufer gegeuüber Lindenau waren bis 18. Oktober vormittags folgende dem FZM. Grafen Gj'ulai unterstellte Truppen gestaudeu*):

Das III. Korps exklusive Brigade Salins*): 16 Bataillone, 10 Eskadronen, 6 Batterien, zirka 11.000 Mann, 1400 Reiter und 42 Geschütze,

Die 1. leichte Division: 4 Bataillone, 14 Eskadronen, 2 Batterien, zirka 2000 Mann, 1600 Reiter und 12 Geschütze.

Das Streif korps GL. von Thielemann’): 'A Bataillon, 8'/s Eskadronen, 2 Kosakenregimenter, Vs Batterie, zirka 250 Mann, 1200 Reiter und 4 Geschütze.

Das Streifkorps Oberst Graf Mensdortf: 3 Eskadronen. 2 Kosakenregimenter, zirka 1100 Reiter.

Zusammen: 20'A Bataillone, 3ö'/j Eskadronen, 4 Ko- sakenregimenter, 8'/* Batterien, zirka 13.250 Mann, 53C0 Reiter und 56 Geschütze.

Diese Truppen wären wohl hinreichend stark gewesen, die ihnen gegenüberstehenden französischen Kräfte unter General Graf Bertrand*) zu binden, ihnen auch nachhaltigen

’) Uie detachierten Abteilungen sind nicht mitgezählt, die Verluste am 16. Oktober - .schätzungsweise in .\hschlag gebracht.

’) Brigade Salins : 6 Bataillone, 1 K.skadron, 1 Batterie, mit 4415 Mann und 14.5 Rcitorn bei WeiUenfels und Naumburg. Siehe Tez>- Skizze 5.

*) Inklusive Stroit korps Boltenstern: 1 Kompagnie preußischer Oardejäger und zirka KXJ Landwehrreiter und Ko.soken.

b IV. Korps : 30 Bataillone, 2 Eskadronen. ? Batterien, zirka !KHH) .Mann, 2(nt Heiter, 33 Geschütze. Division GuUleminot (und 1 Batterie votn VII. Korps): 11 Bataillone, 3 Batterien, zirka 44ÜU .Mann.

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Von Leipzi;^ bis Erfurt.

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Widerstand zu leisten, als sie gegen 1 1 Uhr vormittags, ver- stärkt durch die Division Guilleniinot und eine zwölfpfündige Batterie des VII. Korps, vorbrachen, sie waren aber keines- falls au.sreichend, einen energischen Durchbruchsversuch der nach Leipzig zurückgeworfenen, um ihre Existenz käm])fenden französischen Hauptkraft zurückzuweisen. So günstig FZiSI. Gyulais Kräfte auch standen, um die französische Rückzugs- linie zu sperren, so günstig ihre Stellung war, um eine energische und wirksame Verfolgung einzuleiten, so ist es dennoch begreiflich, daß sich das Oberkommando der ver- bündeten Armeen der Sorge um ihr Schicksal nicht erwehren konnte, falls sich des Gegners Hanptkraft, durch den Druck der Massen der verbündeten Armeen mit elementarer Gewalt auf ihre natürliche Rückzugslinie gedrängt, nun auf diese relativ schwachen, eben diese Rückzugslinie sperrenden Ab- teilungen stürzte. Dies muß bei jenen Maßnahmen des Ober- kommandos, welche FZM. Gyulais Kraftgruppe betrafen, wohl berücksichtigt werden.

Eine im Laufe des Vormittags in den Kämpfen bei Dölitz eingetretene Krise hatte aber außerdem FM. Fürst Schwarzenberg bewogen, dem FZM. Gyulai den Befehl zu schicken, die Straße über Markranstädt nur durch die leichten Truppen beobachten zu lassen, mit dem Gros seines Korps aber sofort nach Cröbem zur Unterstützung der Kolonne Hieronymus Colloredo abzurücken'). Obwohl diese Krise durch das Eingreifen anderer, näher stehender Truppen paralysiert worden war, war doch keine Möglichkeit vorhanden, diesen gerade zur ungünstigsten Zeit bei FZM. Gyulai ein- langenden Befehl rechtzeitig zu widerrufen.

Der Überbringer dieses mündlichen Befehles, Hauptmann des General quartiermeisterstabes Freiherr von Lilie nhof- Adelstein, welcher bereits auf seinem Wege die Kolonne

-I Geschütze. Division Margaroii : 4 Bataillone, 2 Batterien, zirka iKkjn Mann, 10 Geschütze, Division Lefol ; 4'/« Bataillone, zirka 2000 Mann. Division Do France (eventuell nur Brigade Quinette allein): 11 Eskadronen, 1 Batterie, zirka 131K) lieiter, 6 Geschütze. In i^nmme: 49'/» Bataillone, 13 Eskadronen, V Batterien, zirka 17.400 Mann. l.'tOO Beiter. 73 Geschütze.

') K. A., F. A. 1813, Gyulai, XllI, 220, Operatiousjournal.

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Kerchnawe.

Crenneville bei Gautzsch im Sinne seines Befehles zum Halten veranlaßt hatte, erschien beim Kommandierenden des HI. Korps gerade in dem Moment, als dieser die Hauptkraft seines Koq>s in einer Stellung östlich Groß-Zschocher versammelt hatte und sich nun zu nachhaltigem Widerstand anschickte.

FZM. Gyulai befahl nun den Abmarsch des Korps in Staffeln vom linken Flügel in der Richtung auf Knaut- hain, welchen die durch eine zweite Brigadebatterie ver- stärkte Brigade Csollich'), sowie die Kavallerie des Korps, die leichte Division FML. Moritz Liechtenstein und der beiden Streifkorps Mensdorffs und Thielemanns in der Stellung bei Groß-Zschocher zu decken hatten. Diese Brigade hatte zu folgen, sobald das Gros der Infanterie in Knauthain eingetroflen war. Auf dem linken Elsterufer verblieben außer der genannten Kavallerie nur noch die Reste der wenigen leichten Bataillone der Division Liechtenstein*), alles in allem 3 schwache Bataillone (etwa 1 500 Mann), 35' /a •) Eskadronen, 4 Kosakenregimenter^) mit zirka 5300 Reitern und 16'’) Geschützen. Diese Kräfte waren wohl zu schwach, dem Abmarsch Bertrands und der ihm .später folgenden Heereskörper •') ernstliche Hindernisse zu bereiten.

Nachdem das Gros der Infanterie des III. Korjis Gautzsch erreicht hatte es mochte zwischen 2 und 3 Uhr nach- mittags sein gab FZM. Gyulai, welcher mittlerweile durch eigenen Augenschein wnlirgenommen hatte, daß der Kampf zwischen Dölitz und Connewitz wieder eine für die verbün- deten Waffen günstige Wendung genommen hatte’) und bei

') Infanterieregiment Xr. I, zwei Bataillone, Infanterieregiment Xr. 41, drei Bataillone, zusammen zirka 3450 Mann mit 16 Geschützen *1 1. und 7. Jäger- und 1. Brodor-Bataillon. Das 1. Jägerbataillon hatte bei Klein-Zschocher nahezu die Hälfte seines Standes eingebüßt, daher waren diese drei Bataillone nur mehr zirka 1500 Mann stark. Das 2. Jägerbataillon der Division Liechtenstein war nach Xordeu ab- gfdriingt worden und hatte sich dem Korps Yorck angeschlo.ssen.

’) 14 der Division Liechtenstein (2 detachiert bei Platow), 10 der Division CrennevUle, 8' > von Thielemann, 3 von MensdorlT.

*1 2 von Thielemann. 2 von Menadorlf.

‘i 12 der Division Liechtenstein, 4 von Thielemann.

Siehe Seite 375 und Anmerkung 4 auf Seite 376.

’) K. A., F. A. 1813, Gyulai. XIII, 220, Operationsjournal. Nähere Zeitangabe fehlt.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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welchem fortwährend dringende Meldungen der zur Beob- achtung des Gegners zurückgebliebenen Abteilungen be- sonders von GM. von Scheither*) und von dem bei ischleußig stehenden Detachement Simbschen*) des II. Korps über den Rückzug des Gegners einliefen’), seinem Korps den Befehl zum Halten und Aufschließen. Der Übergang bei Knauthain war stark besetzt geblieben, um sich die Möglich- keit eines Uferwechsels jederzeit zu wahren^). Dem Ober- kommando war von den getroffenen Verfügungen sowie davon Meldung gemacht worden, daß der Feind anscheinend allge- mein den Rückzug angetreten habe. Gleich nachdem Gy ul ai sein Korps zum Halten befehligt hatte, langte ein Ähnliches anordnender mündlicher Befehl des Oberkommandos an’).

Bald darauf kam ein neuer, nunmehr aber schriftlicher Befehl ®), welcher deni Feldzeugmeister eröffnete, daß die Stellung des Hl. Korps am linken Elsterufer für die allgemeine Lage von höchster Wichtigkeit sei, daß es sich für das Korps aber nicht darum handle den Feind selbständig zu schlagen, son- dern festzustellen, welche Rückzugslinie der Gegner nähme, ihm auf seinem Rückzug möglichst Abbruch zu tun, auf alle Fälle aber die über Pegau und Zeitz führenden Straßen fest- zuhalten. Auch wurde das Korpskommando angewiesen, die Detachements Murray und Salins in Weißenfels, beziehungs- weise Naumburg vor überlegenen feindlichen Kräften auf Zeitz znrückzuziehen und bei Naumburg nur die jenem Deta- chement zugeteilte Eskadron von Rosenberg-Chevaulegers unter Rittmeister Zadubsky am linken Saaleufer zur Beob- achtung des Gegners zurückzulassen. Dieser Befehl wurde sofort in entsprechender Fassung an FML. von Murray in

') Expediert ’üS Uhr nachmittags. (K. A., F. A. 1813, Haupt- armee, X, 464.

’) 1 Bataillon Kaunitz Nr. 90, 1 Bataillon Grndiskaner, BrigadO- batterie, Eskadron von Kieumayer-Husaren Nr. 8.

’) Expediert um 'AB Uhr nachmittags. iK. A., F. A. 1813, Haupt- armee, X, 463.)

*) Die Stärke der Besatzung nicht angegeben. (K. A., F. A. 181.3, Gyulai, XIII, 290, Operation.sjournal.)

•) Ebenda.

•) K. A., F. A. 1813, Gyulai, XIII, 220. Operation.sjournal : ferner K. A., F. A. 1813, Hauptannee, X, 46.7.

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Korchnawe.

Weißenfels und GM. Freiberrn von Salins in Naumburg weitergegeben, außerdem General Thielemann und Oberst Mensdorff sowie die Kavallerie der Divisionen Liechtenstein und Crenneville angewiesen, gegen die feindliche Eück- zugslinie vorzugehen und dem Gegner kräftigst Abbruch zu tun.

Um ’Aö Uhr abends ') wurden beim Armeeoberkommando noch weitere Maßnahmen zur Verfolgung betreffende Befehle ausgefertigt; der wichtigste dieser Befehle, der an FZM. Graf Gyulai gerichtete, orientiert vollkommen über die Absichten Schwarzenbergs. Er lautete:

,,Der Feind ist von allen Seiten gedrängt und zieht sich wahrscheinlich gegen Naumburg. Wenden Eure Exzellenz alle Kräfte an, um ihm dort zuvorzukommen und die Stellung bei Kosen zu besetzen. Die Brücke daselbst muß aufs äußerste verteidigt werden.”

„Die ganze österreichische Kavallerie und das II. Armee- kor])S konzentrieren sich morgen früh um 7 Uhr bei Pegau, um von dort aus die Direktion auf Naumburg zu nehmen, welche Eure Exzellenz allein ihnen richtig anweisen können. Ich kann von hier aus nicht beurteilen, ob und wann Eure Exzellenz diese Aufgabe vollziehen werden. Sind Sie zu sehr gedrängt, so bleibt Ihnen nichts übrig als sich auf Zeitz zu ziehen. Sie müssen dann die Bagagen der Armee von Zeitz auf Alten- burg schicken.”

,,Wenn Sie in der Position von Kosen mit zu über- legener Macht angegriffen würden, so müssen Sie die Brücke verbrennen und sich auf Saalfeld retirieren.”

,,Es versteht sich von selbst, daß Sie alle Mittel anwenden, um dem Feind, der einen verzweifelten Rückzug macht, so viel Schaden zu tun als möglich.’

„Auf den Fall müssen Sie sich in acht nehmen, daß Sie nicht selbst aufgerieben werden, und wenn der Weg zum Rück- zug offen ist, den Feind bloß stark mitKavallerie zu verfolgeiVi. '

An den Interimskommandanten des U. Korps, FML. Lederer und den Kommandanten der österreichischen Reseive-

') Diese Zeit ist nut üon Konzepten der Befehle für FMJj. Freiherm von Lederer (K. A,, F. A. 1813, Hauptarinee, X, 4ö7), FML. Graf Kostitz tKbenda, 46ti) und FZM. Graf Gyulai (Ebenda, 465) vorgemerkt.

’) K. A., F. A. 1813, Hauptarniee, X, 465.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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kavallerie, FML. Nostitz ergingen Befehle, ihre Truppen um 7 Uhr früh bei Pegau zu sammeln und sich dort an das Korps Gyulai anzuschließen. G. d. K. Graf Klenau wurde ange- wiesen, die Reservekavalleriebrigade Desfours an FML. Nos titz abzugeben, FML. Graf Bubna erhielt den Befehl, im Laufe des 19. Oktober nach dem linken Flügel abzurücken, um im weiteren Verlauf die Avantgarde der Hauptarmee zu bilden; ein ähnlich lautender Auftrag erging an den bei Holzhausen stehenden Ataman Grafen Platow. Dem General von Blücher wurde die Aufforderung übersendet, das Korps A'orck auf Merseburg abrücken zu lassen.

Nach dem „Tagebuch eines Veteranen*)” und nach der Schilderung Prokesch’*) hatte Kaiser Alexander bei der am Schlachtfeld über die zur Einleitung der Verfolgung ab- gehaltenen Beratung versprochen, daß auch die gesamte rus- sische Kavallerie zur Verfolgung des Gegners zur Verfügung gestellt werden würde*), aber FM. Fürst Sohw'arzenberg setzte in dieses Versprechen so wenig Vertrauen, daß er beim Wegreiten zu seiner Umgebung sagte :

„Wir werden morgen wohl nicht viel von den ver- sprochenen 120 Eskadronen zu sehen bekommen*).”

Ferner wurde vereinbart, daß nach Vertreibung des Gegners aus Leipzig die Hauptarmee im allgemeinen in dessen südlicher, die schlesische Armee in dessen nördlicher Flanke folgen sollten, während die Nordarmee in der Front nach- zudrängen hatte. Die polnische Armee wurde zur Einschließung Saint Cyrs in Dresden bestimmt*).

') Tagebuch eines Veteranen, Arineeblatt, 18.S3, nach K, A., F. A. IS13, Hanptarinee, X, 760.

’) Prokesch, Denkwürdigkeiten aus dem Leben des FM. Fürsten zu Schwarzenberg.

*) Kaiser .\lexander soll zu seinen (leneralen folgendes gesagt haben : ,. Messieurs les generaux russe.s ! Vous allez recevoir les ordres de Mr. raarechal prince de Schwarzenberg, iju’on se prepare du combat pour la journee demain, comme si de rien u’etait. Monsieur le marechal, il y a cent vingt escadrons russes et prussiennes h votre disposition, j’aime u croire, qu’ils vous rendront de bons Services.” (Tagebuch eines Veteranen, Armecblatt, 1H33, nach K. A., F. A. 1.S13, Hauptarmee, X. 760.)

*) Ebenda.

*) Die polnische Armee debouchierte aber am 20. Oktober aus Leipzig in westlicher Richtung, vor der Nordarmoe, weshalb ihr dann

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Korchnawe.

Die Idee, mit den Hauptkräften eine Parallelverfolgaug einzuleiten., wozu besonders die Hauptarmee in einem zur feindlichen Rückzugslinie äußerst günstigen Verhältnis stand, während in der Front nur schwächere Kräfte nach- drängen sollten, ist gewiß die zweckmäßigste, welche das Oberkommando der verbündeten Armeen am Nachmittag des 18. Oktober fassen konnte. Daß diese Idee schon jetzt gefaßt wurde, wo man in der Front noch heftig kämpfte, beweist, daß es dem Oberfeldherrn der Verbündeten an Vor- aussicht, Wagemut und Entschlossenheit nicht fehlte, beweist, daß ihm trotz seines edlen menschlichen Herzens doch auch jener „mitleidlose Wille” zu eigen war, welcher nach Moltke dazu gehört, um von siegreichen Truppen, welche soeben das Äußerste getan, noch weitere Anstrengungen und Opfer zn fordern. Man muß dabei berücksichtigen, daß die mehrtägigen Kämpfe bei Leipzig an die Truppen Anforderungen gestellt, wie sie sonst die Kriegsgeschichte nur selten aufweist.

Die zur Einleitung der Verfolgung in Aussicht genom- menen Truppen*) waren auch ohne die sagenhaften 120 rus- sischen Eskadronen, von welchen man außer den Kosaken wirklich nichts zu sehen bekam, mit ihren zirka 43.000 Mann, Ki.800 Reitern und 246 Geschützen stark genug, um die Ab- sichten der höheren Führung vollauf zu verwirklichen.

Gewiß hätte sich noch ein mehreres tun lassen. Die russischen Garden und Grenadiere, welche man bei Probst- heida ohnedies nicht mehr mittuu ließ, die russische Reserve- kavallerie hätten nach Einbruch der Dunkelheit ebenfalls gegen Zwenkau verschoben und am nächsten Tage zur Ver- folgung eingesetzt w'erden können, wobei für die Herstellung einer Anzahl feldmäßiger Übergänge über Elster und Pleiße

die Verfolgung in der Front übertragen wurde, wahrend an ihrer Stelle das Korps Klenau exklusive der Kiivallericbrigade Desfours nach Dresden bestimmt wurde. (K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 49.j'/i.)

') Österreichisches II. Korps T8 Bataillone, 12 Eskadronen, .ÖO Ge- schütze); 111. Korps (22 Bataillone, 11 E.skadronen, 50 Geschütze); 1. leichte Division (4 Bataillone, 16 Eskadronen, 12 Geschütze); 2. leichte Division .äV« Bataillone, 16 Eskadronen. 12 Geschütze), österreichische Reservokavallerio mit Brigade Desfours (38 Eskadronen, 12 Geschütze); Korps Yorck (;{5’.'* Bataillone, 43 Eskadronen, lÜO Geschütze) ; die Ötreif- korps Platow, Thielemaim und Meiisdorff.

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Von Leipzig bii Erfurt.

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rechtzeitig vorzusorgen war, um ein Anstauen von Truppen an der Brücke bei Pegau zu verhindern. Ja, es hätte noch weitergegangeu, der Angriff auf Leipzig am 19. überhaupt der Eeserv'earmee und der Nordarraee und dem an erstere angeschlossenen Korps Klenau übertragen, die ganze Haupt- armee aber nach Ablösung der Truppen Klenaus und Ben- nigsens im ^'erlauf des Abends und der Nacht im Raume zwischen Pleihe und Elster, Front nach West bereitgestellt Werden können, mar.schierto der geschlagene Feind in der Nacht ab, hätten es wahrscheinlich die Sieger auch vermocht, aber ....

Einer derartigen Verwendung der Garden und Grena- diere hätte Kaiser Alexander schwerlich seine Zustimmung gegeben. Sie waren Elite- und Reservetruppen, welche nur im äußersten Notfall Verwendung finden durften, so bei Kulm oder während der Krise am 16. Oktober, sonst aber wurden sie tunlichst geschont und gepflegt, ja sogar durch andere Truppen „gedeckt und gesichert” auf ein volles Eintreten der Nordarmee an Stelle der abmarschierten Haupt- armee war aber bei dem Charakter ihres Führers noch weniger zu rechnen; bedurfte es doch wiederholten Antriebes und der ganzen Selbstverleugnung Blüchers, um den Kron- prinzen von Schweden am 18. zum Angriff zu bewegen und da kam er beinahe zu spät und „piaffierte nur", wie es Napoleon von ihm richtig vorausgesagt hatte.

Zur Ausnützung des errungenen Erfolges dessen ganze Größe man am Abend des 18. Oktobers freilich noch nicht erfassen konnte genügten aber die von FM. Fürst Schwarzenberg bestimmten rund 60.000 Mann intakter Truppen vollkommen, wenn sie nur in der vom Feldmarschall geplanten Richtung zweckmäßig und energisch verwendet wurden.

Es sollte aber noch manches anders kommen.

Ereignisse bei den zur Verfolgung bestimmten Truppen bis zum Treffen bei Küseii ; GegcnmaUnuhmeu Napoleons.

.\ls im Laufe des Nachmittags des 18. Oktober immer neue Abteilungen der Franzosen und starke Trains auf der Straße gegen Markranstädt abzogen, ging die nördlich

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Kerchnawe.

Knauthain zurüekgelassene Kavallerie sofort gegen diese vor und blieb mit dem Gegner in steter Fühlung.

Wiederholt gelang es, in die Kolonnen einzubrechen: 10 Munitionswagen, zahlreiche andere mit Bagage aller Art beladene Fuhrwerke, mehrere hundert Gefangene und eine Anzahl Pferde *) fielen in die Hände der verbündeten Eeiter. bei welchen sich besonders die Kosaken des Korps Thiele- niann unter Oberst Graf Orlo w-Denissow und Oberstleutnant von Bock durch Unternehmungslust auszeichneten.

Fortwährende Meldungen an FZM. Gyulai hielten diesen stets Uber die Situation am laufenden ’i. Als daher gegen 8 Uhr abends der Befehl des Oberkommandos ein- traf, dem Gegner bei Naumburg zuvorzukomraen *), konnte gleichzeitig mit dem Empfang dieses Befehles noch gemeldet werden *), daß die über Lindenau vorgegangene Kolonne um ’/jt) Uhr abends mit der Tete Lützen erreicht, mit der <iueue Markranstädt passiert habe, daß sich bei letzterem Orte drei feindliche Lager befänden*), daß diese Kolonne aus dem IV. Korps und einer italienischen Division bestände und unter Kommando des Marschalls Bertrand stünde und von dem größten Teile der kaiserlichen Garde °) gefolgt werde, welche anscheinend den Weg auf Merseburg einschlage ').

In Ausführung des erhaltenen Befehles wurden General Thielemann und Oberst Mensdorff angewiesen, den Marsch des Feindes nach Weißenfels nnmittelbar zu

') K. A., F. A. 1813, Ilauptarmee, X, 4ü7 g und Ke yserliiigk, .■Vus der Kriegszeit.

’) Meldungen Thielemanns, Mensdorffs, Scheitliers etc. (K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 4.Vr bi.s 4(i8.)

Siehe Seite H80.

*1 K. A., F. A. 1813. Hauptarmee, X, 4G7.

') Tatsächlich hatte Bertrand dort die Division Guilleminot und das Keservekavallerieliorps als Aufnahme für .\lortior zurOck- gelassen.

•) Es folgten zunächst allerdings nur zwei Divisionen junger Garde unter .Mortier, zwei unter Oudinot verblieben bei Lindenan, die alte Garde bis zum li). früh in Leipzig. (Pelet, Campagne de 1813, Art. X, und Corrcspondance de Napoleon I., XXVI.)

') War tatsächlich der Fall, doch wurde nach Südwesten abgc- bogen. als die Meldung eintraf, daß Merseburg bereits von den Preußen besetzt sei.

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Von Leipzif^ bis Erfurt.

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kotoyieren, die Division Hessen-Horabm-g brach sofort über Zwenkau nach Pegau auf. Die bei Knauthain stehende Keserveartillerie des Korps wurde der Division über Zwenkau nachgesandt. Zwenkau blieb von einem Bataillon besetzt, die Elsterbrücke an der Straße Zwenkau Knauthain wurde hinter der Reserveartillerie abgebrochen. Um 2 Uhr nachts folgte der Division Hessen-Horaburg der Rest der FZM. Gyulai unterstellten Truppen in zwei Kolonnen, und zwar die ganze Kavallerie exklusive Detachement GM. Scheither*) als rechte Kolonne am westlichen, die Brigade Weigel sowie die fünf Bataillone*) der Divisionen Crenneville und Liechtenstein als linke Kolonne am östlichen Pleißeufer.

Bei Pegau, wo die letzten Truppen gegen 7 Uhr früh einlangten, wurde gerastet und abgekocht. Dort war mittler- weile auch das U. Korps unter FML. Lederer und die österreichische Kavalleriereserve eingetroflen.

Ein Detachement unter GM. Scheither*), welches beauftragt war, mit dem Gegner in Fühlung zu bleiben und dessen Marsch auf Naumburg in der Flanke zu begleiten, war vorläufig nördlich Gautzsch stehen geblieben und hatte die ganze Nacht hindurch durch regefs Patrouillieren alle Be- wegungen des Gegners konstatiert.

Über den Gegner vvareu von GM. Scheither sowie von Thielemann und Mensdorff im Laufe der Nacht zahl- reiche Meldungen eingetroÖen, aus welchen hervorging, daß Bertrand Weißenfels um 7 Uhr abends erreicht habe, daß um diese Zeit auch die bei Lützen gestandenen Truppen gegen Weißenfels aufgebrocheii waren und auch die in großen Lagern bei Schönau gestandenen Truppen die Bewegung auf Lützen aufgenommen hatten.

Außerdem erhielt FZM. Gyulai in Pegau von FML. Murray Meldung, daß er um 5 Uhr nachmittags vor den

*) Die Bogimenter Vincent-Chovaulegors clor Division Liecliten- stein, Rosenberg-Chevanlegers der Division Crenneville, 'h Kavallerie- Batterie, zusammen 10 Kskadroiien mit zirka 1000 Beitem und 4 (ie- schützen.

’) Die beiden Warasdiner-Bataillone der Division Crenneville, das 2. und 7. Jägerbataillon und das Broder-Bataillon der Division Liechten- stein. Das 2. Jägerbataillon dieser Division war beim Korps Yorok.

•) Siehe Anmerkung 1.

HitteiLungen des k. und k. Kriegearnhivs. Dritte Kolge. IV. Bd. 2o

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Kerohnawe.

Spitzen Bertrands, entsprechend den Befehlen des Armee- kommandos, Weihenfels geräumt habe und um 3 Uhr früh in Zeitz eingerückt sei, wo er sich um 7 Uhr früh auch mit GM. Salins*) vereinigt hatte, welcher mit acht Kompagnien Erzherzog Ludwig um 1 1 Uhr nachts von Naumburg nach Zeitz abmarschiert war. Eine Kompagnie Warasdiner war in Naum- burg verblieben, um die von Kosen, Camburg, Preyburg und Dornburg einrückeuden Kompagnien von Erzherzog Ludwig aufzunehmeu und eine von Major des Generalquartiermeister- stabes Graf Gatterburg geleitete Requisition zu decken. Die Brücken bei Weihenfels und Naumburg waren zerstört worden, jene bei Preyburg aber auf Ansuchen des preußi- schen Parteiführers Major von Hellwig unbeschädigt ge- blieben. Bei Weihenfels hatte man bis zum Eintreffen des Befehles, diesen Ort vor überlegenen feindlichen Kräften zu räumen, d. h. bis um ö Uhr nachmittags des 18. Oktober an den anbefohlenen Versohanzungen gearbeitet*).

FZM. Gyulai beabsichtigte, nach dem Abkochen so- bald die Truppen einigermaßen ausgeruht waren, den Marsch in der anbefohlenen Richtung auf Naumburg anzutreten. Die eingegangenen Meldungen machten ihn in diesem Entschluß ebensow'enig irre wie die später eingetroffene Meldung GM. Scheithers, daß der Gegner die von den kaiserlichen Truppen bei Weihenfels aufgeworfenen Verschanzungen besetzt und armiert habe®).

Als aber beiPML. Nostitz der von Rötha, V*9 Uhr abends des Vortages, datierte Befehl des Armeeoberkommandos einlief, daß infolge nicht genügender Klärung der Lage und Unkenntnis der Absichten des Gegners „es für den 19. von der beabsich- tigten Konzentrierung des II. Armeekorps und der Reserve bei Pegau abzukommen habe, wovon auch PML. Freiherr von Lederer zu verständigen sei*)”, auf welchen Befehl hin PML. Nostitz und Lederer ihre Korps wieder umkehren liehen, verschob auch FZM. Gyulai, welcher über die Situa-

*) Verteilung der Brigade Salins, siehe Texiskizze 5.

*) K. A„ F. A. 1813, Hauptarmee, X, 172, 473, 474, 475 und Gyulai. XIII. 220, Operationsjournal.

Kbenda, Gyulai, XIII, 220, Operationsjournal.

*) Ebenda, Hauptarmeo, X, 473.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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tion bei Leipzig gar nicht orientiert war, den Abmarsch. Die Hauptursache dieser Maßregel war der Umstand, daß der eben zitierte Befehl nahezu vier Stunden später ausgefertigt worden war als jener, welcher dem Korps Gyulai ebenso wie den beiden anderen Armeekörpem die Versammlung bei Pegau aubefohlen hatte. FZM. Gyulai nahm hiebei an, daß der Offizier, welcher ihm einen neuen, ähnlichen Befehl zu über- bringen gehabt, in der Dunkelheit irregeritten oder ge- stürzt sei. Gleichzeitig ließ er beim Oberkommando neue Befehle erbitten ').

Als bis 3 Uhr nachmittags keine neuen Weisungen des Armeeoberkommandos eingelangt waren, befahl FZM. Gyulai um 4 Uhr nachmittags, den Marsch auf Tauchern (9 Kilometer südlich von Weißenfels) in zwei Kolonnen an- zutreten ®).

Die Übergänge von Zwenkau und Knauthain blieben bis zur Ablösung durch Truppen der Hauptarmee durch je ein Bataillon besetzt. GM. Scheither wurde angewiesen, die Aufklärung fortzusetzen, das Korps am 19. in der rechten Flanke, am t’O. aber im Rücken in der Richtung auf Weißen- fels zu sichern und sich sodann wieder an das Gros auzu- schließen.

Bei Naumburg war es im Laufe des 19. bereits zu Zu- sammenstößen mit Abteilungen Bertrands gekommen. General Bertrand, welcher mit seinen Spitzen gegen 7 Uhr abends des 18. Oktober, mit dem Gros um 2 Uhr nachts auf den 19. Oktober Weißenfels erreicht hatte, traf sofort Anstalten auch den wichtigen Knotenpunkt Naumburg und die dortigen Saaleübergänge in Besitz zu nehmen und detachierte im Laufe des Vormittags eine starke Abteilung, vornehmlich Kavallerie, nach Naumburg.

■) K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 471 ; ausgefertigt V>8 Uhr vormittags.

•) Rechte Kolonne unter FZM. Gyulais persönlicher Führung: Division Liechtenstein, Division Crennoville, Division Hessen-Homburg, Brigade Csollich in der direkten Richtung auf Teucheni ; linke Kolonne unter FML. M urray, Brigade Salius (exklusive der fünf Kompagnien in Xaumburg) und Reserveartillerie von Zeitz auf Meineweh vier Kilometer südwestlich Teucliern. (K. A., F. A. 1813, Gyulai, X, 56 und XIII, 220.)

2.‘>*

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Kerohnawe.

Hier hatten sich mittlerweile die 4 an den ! Irücken bei Kosen, Camburg, Dornburg und Frey bürg detachier gewesenen Kompagnien und die Eskadron von Eosenberg-C bevaulegers unter Rittmeister Zadubsky konzentriert, so daß Major Gatterburg über 6 Kompagnien'), 1 Eskadron md 2 drei- pfündige Geschütze verfügte. Im Laufe des Vormi tags langte auch noch Major von Boltenstern mit seinem 3treifskorps an*). Auf die Nachricht, daß der Gegner von M'eißenfels nnrücke, ging ihm Major Gatterburg, die Wiel tigkeit des Besitzes von Naumburg für die Verbündeten erkeni end, sofort mit allen seinen Streitkräften entgegen. Die schwat hen Reiter- abteilungen attackierten auf der Straße ein vorgescho oenes feind- liches Kavallerie-Detachement, warfen es auf das Gros zurück und nahmen ihm 20 Gefangene ab. Der Gegner, welcher Kräfte aller drei Waffen vor sich sah, ferner russische, preußische und auch österreichische Truppen konstatieren kennte*) und sich außerdem in der linken Flanke durch Kosaken bedroht sah, vermutete Naumburg sehr stark besetzt und ging auf Weißenfels zurück, jede fernere Unternehmung gegen ersteren Ort unterlassend.

Im Laufe des Nachmittags langten immer weitere Ab- teilungen bei Naumburg ein. Vorerst die anscheinend die Vorhut Plato ws bildenden Kosakenregimenter Illowaiski XII, Grekow 1 und Grekow Vlll unter GM. Illowaiski*), welche, im Vormarsch auf Naumburg begriffen, gegen die linke Flanke der auf Naumburg vorgegangenen französischen Ab- teilungen demonstrierten, um halb ö Uhr abends endlich Thielemanns Streifkorps, so daß nun in Naumburg hin- reichend Truppen standen, um diesen durch Major Gatter- burgs ebenso kühnes als geschicktes Benehmen den Ver-

*) 4 von Erzherzog Ludwig, 1 Kompagnie Warasdiner.

’) 1 Kompagnie und freiwilliges Jagcrdetachement der preußischen Gardejäger (zirka 2.Ö0 Mann), 50 Mann preußische Landwehrkavallerie. 30 ukrainische Kosaken.

’] Unter dem etwa 1000 .\fann Infanterie, 20U Beiter und zwei Geschütze starken Detachement Gatterhurg waren inkl. der .\rtillerie nicht weniger als 7 'rruppengattungeu vertreten : Erzherzog Ludwig- Infanterie, Warasdiner-Crouzer, preußische Gardejüger, österreichische Chevaulegers, preußische Landwehrkavatlcrie und ukrainische Kosaken.

‘i Vom Korps Wittgenstein.

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Von Leiptig bis Krfurt.

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bündeten erhaltenen wichtigen Ort gegen französische An- grifie bis zum Eintreffen der Teten Gyulais zu halten. Oberst Xlensdorff, der mit seinem Streifkorps von GL. Thiele- mann zur Beobachtung des bei Weißenfels stehenden Gegners bei Prittitz (zirka 4 Kilometer südwestlich Weißenfels) zurück- gelassen worden war, trug hiemit ebenfalls zur Sicherung Naumburgs bei. Zwischen Mölsen und Göthewitz stand. Weißenfels von der Südseite beobachtend, das Detachement GM. Scheither, welches tagsüber feindliche Aufklärungs- abteilungen aus Starsiedel, Groß- und Klein-Görschen vertrieben und zahlreiche Gefangene gemacht hatte*).

Das Gros des Korps Gyulai war, auch über Betreiben des gegen 3 Uhr nachmittags bei Pegau eingetroffenen Generalquartiermeisters GM. Langenau®), nach 4 Uhr nach- mittags von Pegau beziehungsweise Zeitz in der Richtung auf Teuchem in der angegebenen Marschordnung aufgo- brochen. Als die Tete der rechten Kolonne bei Dobergast (zirka 4 Kilometer westlich Pegau) eintraf, fand sie den Weg durch die von Zwenkau kommenden ebenfalls in der Richtung auf Naumburg rückenden Kosaken Platows*) und ihren Troß versperrt, deren Geschütze und Karren außerdem in einem westlich Dobergast befindlichen Hohlweg *) infolge des vom Regen aufgeweichten Bodens festgefahren waren. Als die Passage endlich frei wurde, war die Nacht hereingebrochen, dichte Wolken verfinsterten den Himmel derart, daß der Weg nicht mehr zu erkennen war, ein feiner, durchdringender Herbstregen machte alle Versuche, Licht zu machen, zu Schanden, so daß FZM. Gyulai beschloß, beiderseits Dober- gast, unter möglichster Ausnützung des Ortes selbst, Lager zu beziehen. Die Kolonne Murray hatte ihr Marschziel erreicht.

Ira Lager bei Dobergast langte von GM. Scheither die Meldung über seine Aufstellung bei Göthewitz und seine

') K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 473.

’) Ebenda, 479.

’) Siehe Seite 387, Anmerkung 2.

*) Die Vorhut Platows unter GM. Illowaiski war bereits bis Xaumburg gelangt. (Siebe Seite 388.)

*) Dieser Hohlweg existiert heute nicht mehr; der Weg führt jetzt südlich der von Dobergast nach Westen hinabziehenden tiefen Ver schneidung nach Stein— Grimma.

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Kerchuawe.

Uuternelimuiigen gegen den Feind ein ’i, wähn nd der General gleichzeitig die Absicht aussprach, den Feind, welcher immer neue Truppen nach Weißenfels ziehe, im Lauf der Nacht zu überfallen. GL. Thielemann meldete aus Naui iburg, daß der Feind an Stelle der zerstörten Brücken bei W sißenfels Floß- und Pontonbrücken eingebaut habe, daß die Bi iicke bei Frey- burg zerstört sei, der größte Teil der Infanterie des Bertrand- schen Korps im Laufe des Nachmittags bei W^eißenfels die ) Saale überschritten liabe und stellte gleichzeitig len Antrag, im Laufe der Nacht gemeinsam auf Weißenfels vorzugehen und dem Gegner diesen für ihn so wichtigen Übergang spunkt zu ent- reißen. Dieser Antrag, dessen Überbringer wahrscheinlich in der stockfinsteren Nacht irregeritten war, traf bei FZM. Gyulai leider erst kurz vor Tagesanbruch ein, als die Truppen bereits sich zum Abmarsch nach J^numburg ran- gierten und die günstigste Zeit für einen Überfall schon vorüber war*). FZM. Gyulai beschloß daher, lieber im Sinne der erhaltenen Disposition die wichtigen Punkte Naumburg und Kösen in die Hand zu nehmen, als jetzt, wo der günstigste Zeitpunkt zu einer Unternehmung auf Weißenfels durch die Gewalt des Zufalles versäumt war, hier Zeit zu verlieren und schließlich sowohl bei \\'eißenfels als auch bei Naumburg und Kösen zu spät zu kommen. Aber auch GM. Scheither hatte seine Absicht, eines der französischen Biwaks zu über- fallen, infolge Wachsamkeit der französischen Vorposten nicht ausführen können.

So war durch eine Reihe für die Franzosen glücklicher Zufälle ihre Armee vor einem schweren Schlag bewahrt worden. Da der Übergang von Merseburg bereits in den Händen der Division Hünerbein vom Korps Yorck war, wäre ihnen solcherart der letzte Saaleübergaug versperrt gewesen.

Ob das Korps Gyulai und die ihm beigegebenen leichten Truppen selbst bei rechtzeitiger Unterstützung durch das Korps Yorck’)

') Siehe Seite 389.

’) Zur Verständigung Thielonianns wären neuerdings zwei bis zweieinhalb Stunden verüos.sen, so daß von einem Überfall nicht mehr die Rede sein konnte.

Die Reservekavallerie dieses Korps erreichte um 10 Uhr vor- mittags Reichertswerheu, drei Kilometer nördlich Weißenfel.s, die Tete-

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Von Leipsipr bia Erfurt.

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und unterstützt von den bei WeiUenfels aufgeworfenen Ver- schanzungen ausgereicht hätten, Napoleon solange Widerstand zu leisten, bis von Seite der Hauptkraft der Verbündeten aus- giebige Hilfe kam, kann allerdings bezweifelt werden.

Auf Seite der Franzosen war im Laufe des 19. Oktober, wie dies Thielemann richtig konstatiert hatte, Bertrand tatsächlich, mit Ausnahme der Division Fontanelli, bei Weißen- fel.s über die Saale gegangen und hatte Freyburg besetzt, welchem Punkte er zunächst eine größere Wichtigkeit beimaß, als Kosen. Marschall Mortier hatte ihn mit zwei Divisionen junger Garde in der Festhaltung von Weißenfels abgelöst. Hinter Marschall Mortier folgten die übrigen Teile des französischen Heeres im allgemeinen in der von Napoleon anbefohlenen Reihenfolge *).

Zwar konnten sich die bei Leipzig im heftigen Kampfe ge- standenen Truppen Macdonalds nicht leicht aus dem Kampfe losmachen, sie erlitten beträchtliche Verluste und ein großer Teil wurde infolge vorzeitiger Sprengung der Brücke über die Pleiße abgeschnitten und fiel in Gefangenschaft, aber im großen ganzen gelang es doch, die Truppen aus Leipzig heraus, auf die Markranstädter Chaussee, hinter die .schützende Front der Gardedivisionen Oudinots zu bringen.

An diesen beiden intakten Divisionen scheiterten alle vereinzelten Versuche der in Leipzig sich durcheinander- drängenden Truppen von vier Armeen, die Elster zu über- •setzen und bis in dieses Chaos Ordnung kam, um in geordneter Weise gegen Oudinot vorzugehen, hatte dieser seine Auf- gabe erfüllt und folgte den abziehenden Trümmern der

(livision Horn erst am iMittag das noch fünf Kilometer nördlicher liegende Frankleben. (Friederich, Herbstfeldzug 1813, III.)

') 1., Best des .3. und 1. Beservekavalleriekorps, Kescrveartillerie, Bagagen und Trains, alte Garde mit dem kaiserlichen Hauptriuartier. Dann, sobald sie sich aus dem Kampfe bei Leipzig losgeraacht und gesammelt tiatten, das III., V., VI. Korps und die Division Seindle dos IX. Korps. Sodann die eigentlichen Verteidiger von Leipzig, die Trümmer des II., VII., VIII. und XI. Korps und das 2. ßeservekavalleriekorps unter Macdonald. Zwei Divisionen junger Garde unter Oudinot hatten in einer Aufstellung bei Lindenau den Abmarsch zu decken.

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Rerobnaw«.

Macdonald unterstellt gewesenen Korps in guter Haltung in der Richtung auf Markranstädt.

So hatte Napoleon am Abend des 19. Oktober den ihm verbliebenen, etwa 90.000 bis 100.000 Mann starken Rest *) seines schö[)ferischen Titanenwerkes der „Grollen Armee von 1813” im großen ganzen dort, wo er sie beim Erteilen dos Rückzugsbefehles haben wollte. Bertrand hielt mit seinem Korps und den zugeteilten Divisionen Guilleminot*), Margaron“) und Lefol‘) so-nne mit der Kavalleriedivison De France des 3. und mit dem 6. Reservekavalleriekorps den Unstrutübergang bei Freyburg; den Saaleübergang bei Weißen- fels sicherten die Division Fontauelli und zwei Divisionen junger Garde. Auch das Gros der Reservekavallerie *) war im Laufe des Tages in der Gegend von Weißenfels angekommen. Zwischen Lindenau und Markranstädt stand der erprobte Marschall Oudinot mit seinen beiden Gardedivisionen und mit dem 2. Reservekavalleriekorps Sebastiani, in Markranstädt selbst nächtigte Napoleon mit der alten Garde und einem Teile der Gardekavallerie. Im Raume zwischen Markranstädt und Weißeufels lagerte, soweit dies möglich war, korpsweise gesammelt, was sonst noch übrig war von dem noch vor wenigen Tagen so mächtigen Heere. Alle Übergänge über Pleiße, Elster, Luppe und über den Lindenauer Mühlwehr- graben waren gesprengt worden und da infolge des Regen- wetters, welches mit wenig Unterbrechung seit Anfang Oktober angehalten, alle Flüsse bedeutend gestiegen waren zum Beispiel die Saale bei Weißenfels um zwölf Fuß, die Elster um sechs Fuß so war ein Nachdrängeu in der Front mit großen Abteilungen vor Herstellung neuer Übergänge nicht möglich.

•i Exklusive Bertrand.

Vom VII. Armeekorps; die Division DuruUe desselben Korps schloß sich bei Freyburg an Oudinot an.

’) Die frohere Besatzung von Leipzig, 4 schwache Bataillone. 10 Geschütze.

*) Kest der Ersntzdivision Lefol, welche am 14., beziehungsweise l.ö. Oktohev in die betreffenden Korps eingereiht worden war; noch 4'/« schwache Bataillone,

‘) 1. lleservekavalleriekorps, 3, Beservekavalleriekorps, soweit es nicht (Divi.sion Do France) bei Bortrand war, halbes 4. Beserve- kavalleriekorps (eine Brigade bei Dombrowski. eine in Dresden),

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Von Leipcig bis Erfurt.

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Es mußte also getrachtet werden, von Norden und Süden her in die Marschsäulen des schwer erschütterten Gegners einzubrechen, versucht werden, ihm die einzige noch offene Eückzugsstraße, jene über Weißenfels und von hier über Freybnrg Buttelstedt, beziehungsweise über Naumburg Kosen Buttelstedt nach Erfurt zu verlegen.

Dies wäre nur jenen Truppen möglich gewesen, welche Schwarzenbergs Befehl vom 18. Oktober abends zur Ein- leitung einer Parallelverfolgung bestimmte. Da aber die öster- reichische Eeservekavallerie und das österreichische II. Korps wieder zui'ückgerufen worden waren *), blieben im Süden und Südwesten des abziehenden Gegners außer den wenigen arg gelichteten Bataillonen der Division Moritz Liechtenstein au größeren Infanteriekörpern nur das einzige österreichische in. Koi’ps zirka 15.500 Mann Infanterie und die be- reits mehrfach genannten leichten Truppen*). Wenn auch letztere bereits auf der Eückzugslinie des Gegners standen, das Korps Gyulai befand sich infolge des Irrtumes seines Kommandanten bezüglich Abwartens eines neuen Befehles noch in keinem sehr günstigen Yerhältnis für die Erfüllung seiner Aufgabe.

Bliebe noch der Eaum im Norden. Hier hatte das Korps Yorck mit Ausnahme einiger, bei Gohlis im Gefecht stehender Bataillone noch um 7 Uhr abends des 18. den Marsch in der Richtung zur Saale angetreten und hatte ihn, nur unter- brochen durch eine mehrstündige East bei Groß-Kugel halb- wegs zwischen Möckern und Halle bis 10 Uhr vormittags des 19. fortgesetzt. Das Hauptquartier des Koq>s war mit der Division Horn nach Halle gelangt, die Division Hünerbein biwakierte zwischen Bruckdorf und Burg-Liebenau, diesen Ort sowie den Eislerübergang bei demselben und jenen bei Beesen besetzt haltend.

Die Eeservekavallerie war bei Halle über die Saale gegangen und hatte ein Eegiment *) bis Dölitz am Berge vorgeschoben,

b Siehe Seite 386.

’) 1. leichte Division Moritz Liechtenstein, die Streifkorps Thiele- mann, Mensdortl', Platow, lllowaiski, Boltenstem.

’) Dos brandenbnrgische Ulanenregiment (Friederich, Herbst- feldzug 1813, III).

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Kerohnawe.

Patrouillen streiften gegen Querfurt, Mücheln und I erseburg, zwei vom Korps Sachsen zugeteilte Kosakenregimei ter gegen AVeillenfels.

Das Korps Yorck stand also für eine Vorrücki ng in der Richtung auf Freyburg oder Weißenfels nicht i ngünstig. Trotzdem konnte auf eine Einwirkung seitens des; eiben auf den w’eichenden Gegner am 19. gar nicht, am 20. aber nur schwer gerechnet werden. Die Distanz Halle, besw. Burg- Lieben au— Frey bürg beträgt 36 bezw. 30, jene nach Weißen- fels 38 bezw'. 24 Kilometer, war also am 19. von den Truppen, w'elche am 18. den ganzen Tag in Gefechtsbereit* chaft ge- standen und eben einen 27 bis 30 Kilometer la igen, an- strengenden Nachtmar.sch gemacht hatten nicht oder nur sehr schwer und mit großen Marschverlusten zu leisten.

Aber auch für den 20. war auf ein Erscheinen des Korps Yorck bei Freyburg oder Weißenfels nur achwer zu rechnen. Y'orck, ein Hammer in der Schlacht, neigta in selb- ständigem Verhältnis zu Bedenken, liebte es nicht, die Truppen zu überanstrengen, deren schwere Marschverluste im ersten Teile des Herbstfeldzuges er stets der Gelehrsamkeit der „Genies” im Hauptquartier der schlesischen Armee zuschrieb. Sein Korjrs hatte am 16. Oktober schwer gelitten und war auf etwa 11.500 Mann Infanterie') mit 3000 Reitern reduziert worden. Den Gegner hatte er am 16. wie am 18. in vorzüglicher Haltung gesehen, er wußte zwar, daß der Gegner im Laufe der Nacht seinen Rückzug angetreten, vermutete ihn aber begi'eiflicherweise in guter Ordnung und neue Meldungen über den Zustand des Gegners die sämtlich über Merseburg einlangen mußten, weil alle Elsterübergänge zerstört waren,

konnten erst abends eintreffen.

Bei Leipzig hörte Yorck den ganzen Vormittag bis in die ersten Nachmittagsstunden des 19. einen heftigen Kampf toben, dessen Resultat er jedoch erst um 6 Uhr abends erfuhr. Frühestens jetzt also konnte er mit einiger Sicherheit den Weitermarsch antreten, aber um 6 Uhr dunkelte es bereits und ein neuerlicher Nachtmar.sch mochte Yorck, der sich auch

') Inklusive des 2. österreichischen .Tiigorbatnillons 510 Mann

welches am 18. nach Norden ahgedriingt sich dem Korps Yorck an- geschlossen hatte.

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Von Leipsig bis Erfurt.

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jetzt noch gewiß nicht aller anderen Bedenken erwehren konnte, als von seinen Truppen zu viel verlangt erscheinen.

So blieben der französischen Armee am 19. Oktober auch von dieser Seite her entscheidende Störungen erspart, anderer- seits ist leicht einzusehen, daß Gyulai kaum auf eine Unter- stützung des Korps Yorck hätte rechnen können, wenn er, entsprechend dem Vorschlag Thielemanns, Weißenfels an- gegriffen hätte. Wahrscheinlich hätte er hier ein ähnliches Schicksal gefunden, wie 11 Tage später die Armee Wredes bei Hanau.

In der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober, 1 Uhr'), erhielt GM. Langenau, welcher sich noch beim Korps G3'ulai aufhielt, ein Schreiben Radetzkys, welches mitteilte, daß der Besitz von Naumburg und Kösen von höchster Wichtigkeit sei, daß FZM. Gyulai Naumburg, falls es vom Feinde bereits besetzt .sei, anzugreifen und die Kösener Brücke, falls sie zerstört sei, sofort wiederherzustellen habe, weshalb alle verfügbaren österreichischen Pionier- und Pon- tonierabteilungen dem Korps Gyulai nachdirigiert worden wären. Auch wurde mitgeteilt, daß die österreichische Reserve- kavallerie und eine starke russische Kolonne ebenfalls dem III. Korps folgen würden. GM. Langenau teilte den er- haltenen Befehl FZM. Gj’ulai sofort mit*) und richtete aus eigener Initiative ein Schreiben an FZM. Colloredo, worin er ihn aufforderte mit seinem Korps und der österreichischen Infanteriereserve über Pegau auf Naumburg zu folgen ^).

Am 20. Oktober, noch vor Tagesanbnich, setzte daher die Hauptkolonne des Korps Gyulai den Marsch nach Naum- burg fort. Die an der Tete befindliche Division Liecliten- stein wurde angewiesen, ihren Marsch nach Tunlichkeit zu beschleunigen, um Naumburg baldigst gegen feindliche Unter- nehmungen zu sichern.

Bald nach dem Abmarsch trafen Meldungen GM. Scheithers und Oberst Mensdorffs ein'*). Erstere besagte,

') K. A., F. A. 1813, Hauptamiee, X, ISli.

’) Ebenda. Gyulai, X, 49.

•) Ebenda. Hauptarmee, X, 487.

‘) Ebenda, Gyulai, XIII. 22U, Operationsjournal.

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Korohnawe.

daß GM. Scheither wohl die feindlichen Lager im Laufe der Nacht wiederholt alarmiert und dabei etliche Gefangene gemacht und zahlreiche stehengelassene Trainfuhrwerke er- beutet habe, daß es ihm aber nicht gelungen sei, den Gegner zu überfallen'). Oberst Mensdorff meldete, daß seine Vor- posten in der Nacht von feindlicher Infanterie angegriffen worden seien, und daß er im Falle er gedrängt werden würde, auf Naumburg zurückzugehen beabsichtige. Weißenfels, meldete Oberst Mensdorff weiter, scheine der Gegner behaupten zu wollen, da er sich dort fortwährend verstärke.

Bei Teuchern angekommen, erhielt Gyulai die Meldung, daß der Gegner von Weißenfels aus die Richtung nach Frey- burg zu nehmen scheine •).

Er befahl, daß die Division Grenneviüe als stehende Seitenhut und zur Sicherung der Straße Zeitz Weißenfels, nördlich Teuchern stehen zu bleiben habe, sowie daß der Marsch nach Naumburg unverzüglich fortzusetzen sei und begab sich für seine Person mit FML. Moritz Liechtenstein zur Rekognoszierung nach Naumburg voraus. In Stößen ließ er die von Meineweh kommende Kolonne Murray sofort, ohne die Tete derHauptkolonne des III. Korps abzuwarten’), gleich hinter der Division Liechtenstein den Marscli auf Naumburg antreten.

In Naumbing angekommen, fand er die bereits am Vortage von Thielemann erhaltene Meldung*) vom wahr- scheinlichen Abzug der Franzosen in der Richtung auf Frey- burg bestätigt. Daß seit dem Versuch der Franzosen, Naum- burg zu besetzen, welcher von Major Gatterburg ab- gewiesen worden war, kem weiterer Versuch stattgefunden, bestärkte ihn in dieser Auffassung.

In der richtigen Beurteilung, daß ein Vorstoß in direkt nördlicher Richtung viel rascher und ausgiebiger wirksam werden würde als ein solcher über Kösen, beschloß FZif. Gyulai, mit Rücksicht auf die ihm in Aussicht gestellten

') Siehe auch Seite 390.

’} K. A.. F. A. 1813, Gyulai, XIII, 220, Operationsjournal.

’) Durch die Abzweigung der Division Crenneville als Seitcnhnt und die Beschleunigung des Marsches der Division luechtenstein war zwischen dieser und der Tete des Korps eine Lücke entstanden.

‘) Siehe Seite 390.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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Verstärkungen, am 21. einen solchen Versuch zu wagen*). Die Brücken bei Naumburg waren zwar zerstört, aber mit Hilfe der ihm versprochenen Pioniere uud Pontoniere konnte FZM. Gyulai hoffen, daß ihm deren Wiederherstellung ebenso gelingen werde, wie den Franzosen jene bei Weißenfels.

Er berichtete in diesem Sinne auch um 2 Uhr nach- mittags an Schwarzenberg, von welchem im Laufe der Nacht die Genehmigung eintraf, mit dem Beifügen, daß AVittgenstein angewiesen werde, die Franzosen bei Weißen- fels festzuhalten, während eine rassische Grenadierdivision als Unterstützung nach Naumburg dirigiert werden würde*). Zur Einleitung der für diesen Vorstoß nötigen Aufklärung for- derte Gyulai den General Illowaiski auf, mit seinen drei Kosakenregimentern die Saale zu übersetzen und gegen Frey- burg zu streifen. GM. Illowaiski kam dieser Aufforderung nach, ging bis Klein-Jena (halbw-egs zwischen Naumburg und Freyburg) vor und entsandte Streifparteien auf Freyburg und Laucha.

Um gleichzeitig der vom .Armeeoberkommando so dringend geforderten Sicherung der Brücke bei Kosen nach- zukommen, entsandte FZM. Gyulai, welcher Naumburg durch die bald eintreffenden Truppen seines Korps und die zur Stelle befindliche Kavallerie für hinreichend gesichert hielt, das Detachement Major Gatterburg’) dorthin und erteilte FML. Moritz Liechtenstein den Befehl, diesem Detachement das zuer-st eintreffende Bataillon es war das 7. Jägerbataillon unter Oberst Freiherrn von V^eyder mit 2 Geschützen und 100 Reitern nachzusenden.

In den ersten Nachmittagsstunden langten sämtliche Truppen der 1. leichten Division und des III. Korps in- klusive des Detachements GM. Scheither bei Naumburg an und bezogen südlich der Stadt Lager. Das Bataillon AA’arasdiner-Creuzer besetzte die Übergangsstellen über die

') K. A., F. A. 1813, Gyulai, X, 52.

Ebenda. Hierin liegt gleichzeitig die Beantwortung auf Plothos A’^orwnrf, II, '130, weshalb Gyulai am 20. nicht mit dem ganzen Korps nach Kosen rückte, beziehungsweise warum er nicht von Naumburg auf Freyburg voi-stieß.

•) Siehe Seite 388.

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Kerchnawe.

Saale, das Gros der Division Crenneville ') übenialim die Sicherung in der Richtung auf Weißenfels.

Am Abend traf, von Prittitz kommend, auch Oberst Mensdorff ein, später noch die österreichische Kavallerie- reserve. Beide bezogen zwischen den Gyulaischen Tnippen außerhalb der Stadt Lager.

Das Detachement Gatterburg, beziehungsweise Veyder, besetzte anstandslos Kosen und schob seine Vorposten auf die jenseitigen Höhen vor. Ausgesandte Streifpatrouillen fanden hier die Gegend vom Gegner frei.

Wie aus den Maßnahmen Napoleons hervorgeht, wäre für ihn ein Vorstoß Gyulais auf Freyburg vollkommen über- raschend gewesen. Napoleon selbst kam am 20. nachmittags in Weißenfels an, rekognoszierte die Umgebung und begab sich sofort zu den Brücken*).

Hier defilierte nach und nach der größte Teil der Armee über die Saale und bezog teilweise am nördlichen Ufer Lager, teilweise setzte er den Marsch nach Fre3’burg fort. Napoleon schlug sein Nachtquartier in einem Weinberghäuschen bei Markröhlitz auf und traf hier folgende Maßnahmen*);

Bertrand hatte mit seinem Korps, an welches sieh die Division Fontanelli wieder anzuschließen hatte, und mit dem 5. Reservekavalleriekorps auf Eckartsberga zu marschieren und sich des Überganges bei Kosen zu versichern. Dieser Übergang war unbedingt fcstzuhalten und GL. Bertrand eventuell von dem nach Freyburg dirigierten Korps Mortier, beziehungsweise durch GL. Lefeb vre-Desnouöttes zu unter- stützen.

Mortier sollte mit seinen beiden Divisionen junger Garde und der Gardekavalleriedivision Ornano Freyburg fest- halten. Ebendorthin dirigierte der Kaiser auch noch den Rest

’) 1 Bataillon Warasdiner-St. Georger, Rosenbeig-Chevaulegers, 1 dreipfündige Brigadebatterie nach Kavallerieart.

’) Außer der wiederhergestellten permanenten Brücke war unter- halb derselben eine Pontonbrücke und unter Mithilfe requirierter Zivil- arbeiter eine Floßbrüoke geschlagen worden. Letztere befand sich fast genau an derselben Stelle, an welcher Friedrich II. Heer vor der Schlacht bei Koßbach Ober die Saale gegangen.

Correspondauce de .N'apoleon I., XXVI, 20.818 bis 20.821.

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Von Leipzig bi§ Er<urt.

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der Division Tureau vom IX. Korps Augereau*). Auch General Lefebvre-Desnouettes mit dem Gros der Gardekavallerie und den ziigeteilten Kavallerieabteilungen*) hatte nach Frey- burg zu marschieren und gegen Laucha, Büttstedt und Buttel- stedt aufzuklären

Das 2. Kavalleriekorps, welches die Strecke nach Frey- burg und Merseburg zu beobachten hatte, war durch das an die Befehle Oudinots gewiesene 1. Reservekavalleriekorps abzulösen und hatte dann, gefolgt von dem wieder vereinigten 3. Reservekavalleriekor}is und allen sonstigen verfügbai'en, nicht bei den Korps nötigen Kavallerieabteilungen, ebenfalls nach Froyburg zu marschieren.

Oudinot hatte mit seinen beiden Divisionen Weißenfels festzuhalten; eine seiner Divdsionen sollte er auf das linke Ufer ziehen, zur Sicherung des dortigen Brückenkopfes und als Rückhalt für die gegen Merseburg vorgeschobene Kavallerie.

Alle anderen Heereskörper hatten von 2 Uhr morgens an nach Freyburg aufzubrechen, und zwar in folgender Reihen- folge : VI., III. und Vn.^i Korps unter Marraont, II. Korps, Division Semdle (vom IX. Korps Augereau) unter Victor, Infanterie und Kavallerie der alten Garde, Reserveartillerio und Reserveparks, V., VUI.'’) und XI. Korps unter Macdonald. Die Reste des 4. Kavalleriekorps, welche in den Befehlen Napoleons nicht erwähnt werden, scheinen sich Sebastiani angesehlossen zu haben.

Diese Bewegungen gelangten teilweise noch itn Laufe des Abends, beziehungsweise der Nacht zur Ausführung, so daß die französische Armee in der Nacht vom 20. auf den 21. die in Textskizze 6 dargestellte Situation erreichte.

Von den Truppen Bertrands, an welche der Kaiser noch von Markranstädt um 7 Uhr früh den Befehl ausge-

') Pelet, Campagne de 1813, Art. X, 3.')5.

*) Siehe Seite 375, Anmerkung 5.

•) Infolgedessen gelangte ein Teil dieses Kavallenckörpcrs, vor- nehmlich polnische Lanciere, am 21. in die Gegend nördlich von Kosen.

‘) Division Durutte und 1 Reservebatterie ; Division Zesohau bei Leipzig zu den Verbündeten übergogangen ; Division Guilleminot und 1 Beservebatterie bei Bertrand.

*) V'on Napoleon in einem Nachtragsbefohl vom 21. Oktober zu Correspondunce, Xr. XXVI, 20.821 befohlen. (Pelet, Art. X, 355).

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400 KerobDAwe.

fertigt hatte '), eine starke Kolonne Infanterie und Kavallerie mit Geschütz nach Kosen zu dirigieren, war ein Teil ver- mutlich die Divisionen Morand*) und Franquemont schon nachmittags dorthin aufgebrochen und erreichte nach Einbruch der Dunkelheit die Waldungen in der Gegend von Pommitz.

Ein Vorstoß Gyulais am Morgen des 21. in der Richtung auf Freyburg hätte also, nach den Jlaßnahmen Napoleons zu schließen, vorerst wahrscheinlich nur Teile Mortiers getroffen, in der Folge aber auch die dann wohl nach Freyburg um- kehrende Kolonne Bertrands und das Gros des anmar- schierenden französischen Heeres. Unterstützung konnte Gyulai nur von einem Vorstoß des Korps Yorck, und zwar vorerst nur von der Division Horn*) und der Reservekavallerie erwarten. Ob Yorck zu einem Vorstoß zu haben war? Ob Yorck und Gyulai zusammen ausgereicht hätten, dem um seinen Rückzug kämpfenden Heer Napoleons trotz der Überraschung des- selben den Weg zu verlegen? Dies heute verneinen oder bejahen zu wollen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, jedenfalls wäre aber dieser Vor.stoß Gyulais eine der kühnsten ^’er- folgungsoperationen gewesen, welche die Geschichte kennt. Aber zu dem Vorstoß sollte es nicht kommen.

Die von Langenau versprochenen technischen Truppen trafen nicht ein. Bei entsprechender Berücksichtigung von Raum und Zeit hätte auch Lange nau eine rechtzeitige Unter- stützung durch dieselben überhaupt gar nicht versprechen können, denn sie befanden sich (soweit die Pioniere nicht bei den Korps, namentlich beim II. uud IV., Verwendung gefunden hatten) in der Gegend von Rötha und wurden erst in der Nacht zum 20. Oktober in Marsch gesetzt*); sie konnten

*) Corresponilance de Napoleon I., XXVI, 20.817.

’) Die Division Margaron blieb bei Freyburg. Die Division Fonta- nelli, welche erst im Laufe des 21. wieder an Bertrand auscbloü, konnte am 20. noch nicht nach Kosen abrOckcn; bleiben nur Morand und Franquemont, welche auch am 21. bei Kösen von .\nfaug an fochten und die größten Verluste erlitten.

*) Siehe Anhang la und VI.

*1 K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 486. Der Befehl traf bei Langenau in Pegau um 1 Uhr nachts ein. In Kötha konnte er etwas trüher, etwa zwischen 11 und 12 Uhr nachts, eingetroffen sein.

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Von Leif zig bis Erfurt.

401

also unmöglich, selbst bei anstrengenden Märschen und ohne Berücksichtigung aller Kolonnenkreuzungeu nicht vor den letzten Nachmittagsstunden des 21. bei Naumburg eintreffen').

Wohl in Anbetracht dieses Umstandes ließ Schwarzen- berg diese Bewegung fallen und sandte Gyulai noch ini Laufe der Nacht einen zweiten Befehl, nach welchem er im Sinne der „Disposition für die Hauptarmee für den 20. und 21. Oktober’'*) am 21. früh über Kosen gegen Eckartsberga .,als Avantgarde der Armee” abzumarschieren habe.

Aber auch das Korps Yorck allein konnte dem Rückzug des Gegners von Weißenfels über Freyburg ernstliche Unge- legenheiten bereiten. Dieses Korps war am 19. in seiner Stellung zwischen Halle, Dölitz, Merseburg “) verblieben. Von hier aus war Yorck am 20. um 3 Uhr früh mit der Reserve- kavallerie über Lauchstädt in der Richtung gegen Weißenfels aufgebrochen, die Division Horn folgte um 5 Uhr, hinter dieser sollte die Division Hünerbein nach Merseburg rücken^). Auch beim Kor])s Y’orck waren im Laufe des 19. Nachrichten eingetroffen, daß der Gegner über Weißenfels zurückgehe, ebenso, daß er gegen Freyburg detachiert habe. Immerhin war es ungewiß, ob er von Weißenfels aus über Freyburg oder über Naumburg den Rückzug fortsetzen werde. In Merseburg wurden zahlreiche Versprengte und Überläufer, hauptsächlich Polen und Rheinbündler, aufgegriften, aus deren Aussagen auf denZustand der französischen Truppen einigermaßen geschlossen werden konnte, besonders darauf, daß bei denselben derartiger Munitionsmangel herrsche, daß einzelne w'estfälische Batterien bereits am 19. Oktober keine einzige Patrone mehr besaßen.

Um 9 Uhr vormittags zwischen Kayna und Roßbach, in nächster Nähe jener Stelle, an welcher sich .ö6 Jahre vorher die preußische Kavallerie unter Seydlitz unvergängliche

*) Itötha, Naumburg Ober Pegau, 4S Kilometer, zwei Drittel nicht chaussierte Wege. Tatsächlich langten sie am 21. spät nachmittags ein.

’) K. A.. F. A. 1813, Hauptarmee, X.

’) Siehe Seite 3i)3.

*) Da die Infanterie des Korps schon sehr gelitten hatte, wurden in Merseburg vier Batterien znrückgelassen, da Yorck fand, daß er zu- viel Geschütz für seine schwache Infanterie hatte. iFriederich, Herbst- fcldzug 1813, III, 212.)

Hitteilnngen deg k. und k. Krieggarohivg. Dritte Folge. Itt. Bii. 26

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Kerohnawe.

Lorbeeren gepflückt hatte, eingetroffen, erhielt Yorck die Kleidung, daü der Gegner in starken Kolonnen Freyburg zu erreichen trachte. Seine persönliche Erkundung ergab, dalJ eine Kolonne aller Waffen in geordnetem Zustand Uber Markröhlitz, eine zweite längs der Saale auf Freyburg mar- schiere — wahrscheinlich das Korps Bertrand starke Kavallerie, vermutlich L’Heritiör oder Sebastiani, hielt bei Reichartswerben.

Y’orck hell die Reservekavallerie gegen Reichartswerben antraben und zog die reitenden Batterien vor. Der Gegner entwickelte nicht nur die bei Reichartswerben stehende Ka- vallerie, sondern auch die auf Freyburg marschierende Kolonne entwickelte starke Infanterie und Kavallerie in der Richtung des drohenden Angriffes, so daß Yorck angesichts der feind- lichen Überlegenheit vom Angritr abstand und nach längerem Artilleriekampf auf Kayna abzog. Die Division Horn seines Korps war bis Frankleben gelangt, die Division Hünerbein statt der Division Horn zu folgen irrtümlicherweise nach Lauchstädt marschiert.

Da es Yorck nach den im Laufe des 20. einlangenden Meldungen ungewiß schien, ob der Gegner im Laufe des nächsten Tages bei Freyburg oder Laucha die Unstrut über- schreiten würde oder an beiden Orten zugleich, wollte er, um allen Eventualitäten Rechnung zu tragen, am 21. gegen beide Punkte vergehen.

Gegen Laucha sollte ein Detachement*) unter Oberst Graf He 11 ekel von Donners mark vergehen, das Gros des Korps unter Yorcks jiersönlichem Kommando aber Freyburg angreifen und hiezu mit den beiden Infanteriedivisionen um 7 Uhr früh bei Petzkendorf, mit der Reservekavallerie bei Bedra bereitstehen.

Diese Anordnungen der beiden Gegner mußten am 21. Oktober notwendigerweise zu größeren Zusammenstößen in der Gegend von Köseii und Freyburg führen, Zusammen- stöße, deren Au.sgang eventuell für Napoleons Heer ver- hängnisvoll werden konnte. Vor der Schilderung dieser

*) 4^/4 preußische Linien-, 2 Landwehrbataillone, das öster- reichische 2. Jägerbataillon, 14 (inklusive Jägerdelachements) Eskadronen, 2 Batterien.

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Von Leipzig bis Krfurt.

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Gefechte ist es aber notwendig, jene Vorfälle zu betrachten, welche sich hinter der Front der zur V’erfolgung bestimmten Armeekörper, bei den Gros der verbündeten Armeen abge- spielt hatten, sowie jene Anordnungen des Armeeober- kommandos der Verbündeten zu rekapitulieren, welche auf den Gang der Ereignisse von Einfluß waren.

tiberblickt man die Begebenheiten, welche sich im Laufe des 18., 19. und 20. bei den zur Verfolgung bestimmten Anneeteilen der Verbündeten und bei dem der Saale zu- strebenden französischen Heer abspielten, so wird man nicht umhin können, zuzugeben, daß der Zufall hier der beste Ver- bündete des geschlagenen Heeres war und ihm manche schwere Krise er.sparte.

Zufälligerweise übergab PML. Nostitz den ihn und das II. Korps zurückrufenden Befehl Schwarzenbergs zur Weiterbeförderung an FZM. Gyulai, woraus dieser schloß, daß wahrscheinlich auch das III. Korps zurückgerufen werde und der an ihn entsandte Offizier sich wahrscheinlich verritten habe, weshalb er, gleichzeitig beim Oberkommando anfragend, mit seinem Korps und der Division Liechtenstein einstweilen bei Pegau verblieb.

Offenbar hatte sich nun der diese Anfrage überbringonde Offizier wirklich verritten'}, so daß der gegen 3 Uhr nach- mittags in Pegau eintreffende Generalquartiermeister GM. Langenau sehr verwundert war, das Korps, ,, welches man im Hauptquartier schon im Marsche nach Naumburg glaubte-;”, noch bei Pegau anzutreffen. Als das Korps dann um 4 Uhr nachmittags wirklich abmarschierte, hinderte es ein neuer Zufall, die Kolonneukreuzung mit Plato ws Kosaken beiDober- gast, bis Zinn Einbruch der Dunkelheit am AVeitermarsch. Diese Umstände im Verein mit dem Iirereiten des Offiziers, welcher Thielemanns Aufforderung zu einer gemeinsamen Unternehmung auf AVeißeufels überbrachte, bewahrten die

') K. A., F. A. 1813, Hauptannee, X, 471 und Gyulai, XIII, 220, Die Anfrage Gyulais wurde um 8 Uhr expediert. Die Eutfernung Pegau— Probstheida und zurück beträgt über Rötha etwa 44 bis 45 Kilo- meter. Also hätte bereits um 1 Uhr, spätestens 2 Uhr eine Antwort zurück sein können.

•) Ebenda, Hauptarmee, X, 479.

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K e r o h n H w e.

französische Armee vor dem Schlage, daß dieser wichtige Punkt, der letzte freie Übergang über die Saale, am Morgen des 20. in die Hände der Verbündeten fiel. Zwar kann mar. mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, daß Napoleon sich hier ebenso den Durchgang erzwungen hatte, wie zehn Tage später durch die viel stärkere Armee Wredes bei Hanau, daß er dem Korps Gyulai, falls es ihm standhielt, schwere Verluste beigebracht, daß sein Genie Mittel und Wege gefunden hätte, schließlich doch über die Saale zu kommen aber ein kostbarer Tag wäre verloren gegangen und mit dem verlorenen Tage w'äre vielleicht das Schicksal der Armee besiegelt gewesen, denn in den Tagen von Leipzig bis Erfurt handelte es sich oft um viel weniger als einen Tag, oft nur um einige Stunden.

Weniger in das Gebiet des Zufalls gehört es, daß es Gyulai nicht möglich wurde, seine Idee, am 21. über Naum- burg gegen Freyburg vorzustoßen, zu verwirklichen. Hier hätte es einer sehr vordenkenden Disponierung der österreichi- schen Pontoniere und Pioniere bedimfl, um dieser Absicht gerecht werden zu können. Andererseits tvird man Gyulai die Anerkennung nicht versagen dürfen, daß er das Stehen- bleiben und Warten auf einen neuen Befehl ausgenommen mit großer Umsicht und Energie an die Ausführung seiner Aufgabe schritt, als er sie einmal erfaßt hatte imd über die Absichten des Oberkommandos im klaren war.

Ein trotz des Verweises des Kaisers an Bertrand für die Franzosen günstiger Zufall war es terner, daß Bertrand am 20. morgens statt über Naumburg, über Freyburg nach Kosen marschierte und Freyburg 1)esetzte. Wäre Yorck bei seinem Vorgehen mit der Reservekavallerie nicht auf die intakten Kräfte Bertrands und L’Heritiers gestoßen, so hätte er nicht nur die Verbindung nach Freyburg unterbrechen, den dortigen Übergang zerstören können, das Erscheinen der preußischen Reiter am linken Saalenfer bei Weißenfels wäre auch gewiß geeignet gewesen, hier große Verwirrung hervorzurufen.

Auch daß Yorck so spät den Ausgang des Angriffes auf Leipzig erfuhr, daß die Division Hünerbein am 20. irrtüm- licheitveise, statt der Division Horn zu folgen, auf Lauchstädt marschierte, sind Zufälle, die dem Gegner zum Vorteil gereichten.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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Mußnalmien des Oberkommandos der Terbiindeteu Armeen am 11). und 20. Oktober. Ereignisse bei den (Jros.

Leipzig war in den ersten Nachmittagsstunden des 19. Oktober nach hartem Kampfe in die Hände der verbün- deten Truppen gefallen. Ein Teil der unter Macdonalds Befehlen die Nachhut bildenden Truppen war hiebei infolge vorzeitiger Sprengung der steinernen Pleißebrücke und mangels sonstiger Übergänge über diesen Fluß gefungengenommen worden. In den Straßen Leipzigs schoben sich Truppen aller vier verbündeten Armeen, übergegangene sächsische, gefangene französische Truppen, Bagagen, Trains, wirr durcheinander und mitten in diesem Trubel hielten die verbündeten Mon- archen und ihre Feldherren unter Glockengeläute und Jubel- nifeu ihren Einzug in die mit so schweren Opfern genom- mene Stadt. Es wäre nicht unbegreiflich gewesen, wenn in diesem Jubel, den der endliche Sieg, die Überwindung des seit Jahren auf den Völkern Europas lastenden Druckes her- vorgerufen hatte, vergessen worden wäre, den ebenso schwer errungenen Sieg auszunützen, die Früchte des Erfolges ein- zuheimsen. Aber mitten durch all die Wirren hatten sich Jäger- und Infanterieabteilungen der schlesischen, der Nord- und der Hauptarmee zur Pleiße Bahn gebrochen und während in der befreiten Stadt die Glocken klangen, knallten in den Weidenbüschen an der Pleiße die Büchsen und Stutzen der russischen, österreichischen und preußischen Jäger und Füsi- liere, versuchten es kühne Soldaten aus Bäumen, Brettern und Strauchwerk Stege herzustellen und so dem Feinde nachzusetzen. Aber die in fester Haltung hinter der Elster bei Lindenau stehenden zwei Divisionen junger Garde unter dem schlachtenerprobten Marsohall Oudinot geboten allen derartigen A’ersuchen bald halt. Hier war nur durchzudringen, bis aus dem Chaos in Leipzig sich geordnete Kolonnen lösten und an der Stelle des Tatendurstes einzelner sieges- trunkener Abteilungen die Verfolgung übernahmen. Dies war aber nicht so leicht. Es bedurfte des ganzen Nachmittags des 19. Oktober um die Verbände einigermaßen zu ordnen.

Daß FM. Fürst Schwarzenberg für den Kampf am 19. sich noch zahlreiche und starke lleserven sichern wollte,

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Kerchnawe.

mag imnierhm vorsichtig gewesen sein jedenfalls ist es menschlich begreiflich. Galt es doch, vorerst noch sich den Sieg zu sichern und dann erst ihn auszunützen. Bei einem Napoleon als Gegner konnte man auch Unerwartetes für möglich halten, Rückschläge irgendwelcher Art waren nicht ganz ausgeschlossen auch gingen die französischen Vor- truppen südlich Leipzig erst vor den Angritfskolonnen der Verbündeten zurück, was hinter diesen Vortruppen noch alles in oder unmittelbar hinter Leipzig sei, konnte mit Sicherheit nicht festgestellt werden.

Von diesen Gesichtspunkten aus ist der Befehl an die F.ML. Nostitz und Lederer begreiflich. Aber noch ein anderes Motiv mag mitgesprochen haben.

Es war nicht ausgeschlossen, dal3 Napoleon, bei Leipzig gedrängt, auch einen Durchbruch in südlicher Rich- tung über Knauthain, vielleicht auch über Zwenkau auf Pegau oder Zeitz versuchte und von dort aus entweder die Richtung auf Naumburg nahm oder aber, was allerdings un- wahrscheinlicher war, in der Richtung auf Jena zu entkommen trachtete. Am linken Elsterufer standen aber nach Gyulais Abmarsch nach Naumburg und Schwarzenberg vermutete ihn ja am 19. vormittags am Wege dorthin gar keine Truppen, bei Connewitz nur ein schwaches, vom II. Korps dort zurückgelassenes Detachement ').

Das II. Korjis und die Kavalleriereserve, in der Gegend von Pegau, Groitzsch, Zwenkau zur Verfügung des Annee- oberkonnnandos bereitstehend, bildeten nun eine sehr zweck- mäßig postierte Gruppe, um derartigen Versuchen Napoleons entgegenzutreten und dabei waren diese beiden Heereskörper doch in der Lage, falls eine derartige Verwendung sich als nicht notwendig erweisen würde, dem Korps Gyulai nachzufolgen. Allerdings war die Hauptarmee stark genug um andere Gruppen zu diesem Zwecke bei Pegau —Groitzsch bereitzu- stellen, besonders war ihre zahlreiche Kavallerie beim Sturme auf Leipzig nahezu ganz überflüssig und hätte an Stelle der österreichischen Kavalleriereservc treten können aber

') 2 Biitttülone, Eskadron, Vi Batterie. (K. F. A. 1813, Meerveldt, X,

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Von Leipzig bis Erfurt.

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darüber, ob FM. Fürst Schwarzenberg keine Truppen mehr bei Leipzig entbehren zu können glaubte, laßt sich heute nur schwer rechten und was die Verwendung der russisch- preußischen Kavalleriereserve an Stelle der österreichischen betrifft, so hatte Kaiser Alexander sie ja sogar zur Ver- folgung designiert '), wie aber der Feldmarschall richtig geahnt*), war dann am 19. Oktober keine einzige Schwadron dieser Reitermasse wirklich erschienen.

So waren denn im Laufe des 19. Oktober keine weiteren Truppen mehr für die Verfolgung, beziehungsweise für die Verstärkung Gyulais und Yorcks verfügbar geworden. Die Truppen aller drei Armeen lagerten nach Ordnung ihrer Verbände in und um Leipzig.

Nur das Gros der Kavallerie der schlesischen Armee unter Wassilitschkoff sowie jene des Detachements Kreutz*) der Reserveaimee hatten die Elster in den späteren Nach- mittagsstunden schwimmend übersetzt und waren Oudinot auf Miltitz gefolgt. Am Abend hatte auch die 26. Infanterie- division der Reservearmee die Elster auf einer leichten Kriegs- brücke überschritten und bei Lindeuau Lager bezogen.

Das große Hauptquartier begab sich nach Bötha zurück, wo die Disposition für die nächstfolgenden drei Tage ausgegeben wurde*). Bevor FM. Fürst Schwarzenberg den Kampfplatz verließ, hatte er in einer kurzen Besprechung mit den Führern der anderen Armeen diese über die Grundzüge der von ihm beabsichtigten und von Kaiser Alexander bereits gutge- heißenen Verfolgungsoperation*) orientiert und auch bei ihnen Zustimmung gefunden.

Es läßt sich leider nicht mehr feststellen, ob Blücher gleichzeitig mit der Aufgabe, die französische Armee im allgemeinen im Norden zu kotoyieren, den Befehl erhielt, hiezu am 20. die Elster und Luppe zu übersetzen und dann

') Siehe Seite 361, Anmerkung 3.

’) Ebenda.

*> 1 Ulanen-, 1 Kosakenregiment, zu.sammen etwa lOOO bis I2IX) Heiter, 2 oder 4 reitende Geschütze. (Siehe auch Anhang la.)

*) Siehe Anhang II.

Siehe Seite 3S1.

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40H

Kerobnawe.

die Richtung auf WeiÜenfels zu nehmen, oder ob ihm die Art der Durchführung seiner Aufgabe überlassen blieb. Das Konzept eines diesbezüglichen Befehles ist weder in den Akten des Wiener Kriegsarchivs vorhanden, noch die Absendung eines solchen in den Journalen vermerkt, noch der Befehl selbst in den Akten des Berliner Kriegsarchivs aulündbar').

Wenn ein solcher Befehl gegeben wurde, konnte er daher nur mündlich gegeben worden sein. Sehr wahrschein- lich ist die Erteilung eines solchen strikten Befehles aber überhaupt nicht, wenn man die ganze bisherige und folgende Art der Befehlsgebung Schwarzenbergs an die Führerder anderen Armeen in Betracht zieht, welche immer sich in allgemeinen Linien betvegte, diese Führer immer mehr als Gleichgestellte denn als Untergebene behandelte. Sollte hier ausjiahmsweise von der bisherigen Gepflogenheit abgegangen worden sein, so war das entschieden sehr bedauerlich, denn die Anwesenheit des schneidigen greisen Führers der schlesi- schen Armee, die Anwesenheit des Gros dieser Armee während der folgenden Tage am linken Saaleufer statt am rechten, hätten der ganzen Verfolgungsoperation, besonders aber dem Treflen bei Frey bürg, ein ganz anderes, entscheidendere.s Ge- präge gegeben.

Die für die Hauptarmee selb.st bestimmte Disposition „auf den 20. bis 22. Oktober*)” plante deren Vorrückung in zwei großen Kolonnen in der allgemeinen Direktion auf Erfurt.

Die 1. Kolonne, als deren Avantgarde das Korps Gyiilai mit der Division Moritz Liechtenstein luid mit der österreichi- schen Kavalleriereserve zu gelten hatte, bestand außer aus diesen Heoreskörpern noch aus den russisch -preußischen Garden, dem rassischen Grenadierkorps, der ru.ssisch-preußi- schen Kavalleriereserve und aus den Korps AVittgensteins’' und Kleists. Das Kommando dieser Kolonne führte General Barclay de Tollj’. Sie hatte über Pegau, Teuchern, Nauin-

') Mitteilung Major Friederichs.

’■ K. A., F. A. FSld, Hauptanuee, X, öl.Sa, siebe auch Anhang H- 2. und 4. lussisches Iniauteriekorps, kombiniertes Kavallerie- korj>s l’ahlen, alles zusammen höcbstens noeb 12.(K)0 Monn, 80 Geschütze.

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Von Lcipsiß bia Erfurt, 400

bürg; Eckartsberga, Büttstedt, Buttelstedt zu rücken. Die Marschziele waren den einzelnen Korps für jeden Tag zu- gewiesen ‘).

Die 2., aus allen übrigen österreichischen Korps bestehend*), hatte über Zeitz, Eisenberg auf Jena zu rücken. Das Armee- hauptquartier marschierte mit dieser Kolonne, die Armee- artilleriereserve hatte ihr über Altenburg, Gera. Roda auf Jena zu folgen.

Noch am 19. abends war beim Armeehauptquartier eine von Thielemann um 2 Uhr nachmittags aus Naumburg ab- gesandte Meldung eingelangt, welche jener von ihm an Gyulai expedierten konform war und den Feldniarschall über die Situation beim Feinde, ja sogar über dessen Absichten voll- kommen zutreffend orientierte ^). Außerdem beantragte dieser rastlose Parteigänger ihn ansehnlich zu verstärken um dem Gegner alle Verbindungen unterbrechen zu können, alle Über- gänge auf dessen Rückzugslinie zu zerstören, im Anmarsch befindliche Transporte aufzuheben etc.

Auch von GM. Scheither trafen Meldungen ein, w'elche dieNächtigungssituation der französischen Armee bis auf Details vollkommen zutreffend feststellten.

Diese Meldungen veranlaßten beim Fürsten Sch warzen- berg keine weiteren Maßnahmen als die bisher getroffenen. Die Absichten Thielemanns w’urden zwar gutgeheißen, Ver- stärkungen ihm jedoch nicht in Aussicht gestellt *). Gleichzeitig wurde ihm ein Exemplar der Armeedisposition übersandt und auf die Nähe Gyulais und Nostitz’ hingewiesen.

') Siehe Anhang II.

*) I., II., IV'. Korps und Infanteriereservedivisionen Bianchi und VVeißenwolf.

*) Der Gegner rücke in der allgemeinen Direktion auf AVeitien- fela. Die dortigen Brücken worden horgostellt, die hiezu nötige .Anzahl Eijuipagcn von denen einige Pontons von Thieleraanns Reitern er- beutet worden waren waren bereits dort eingetroffon, beziehungsweise im Eintreffen befindlich. Auch an einer Notbrücke werde gearbeitet. Der Gegner beabsichtige daher anscheinend Rückzug über Freyburg. Iii VVeißenfels 20.00U bis 2Ö.000 Mann, zur Festhiiltung dieses Überganges und jenes von Freyburg bestimmt; an den Befestigungen in Weißonfels wird weiter gearbeitet. (K. A.. F. A. 181H, Hauptarinee X, ffU ad.)

*) K. A., F. A. 181H, Hauptarinee, X, 491.

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Kerchnawe»

Es ist gewiß bedauerlich, daß General Thieleinaun die erbetenen Verstärkungen er zählte nur mehr 1200 bis 1300 Reiter nicht zugesandt wurden. Thielemann stand bei Naumburg nicht nur in einem Verhältnis, welches die Ausführung seiner Absicht in höchstem Maße begünstigte, er war auch der hiezu befähigtste von allen Reiterführem der Hauptarmee, entschieden der richtige Mann am richtigen Orte, dem nur die Mittel fehlten hier geradezu Entscheidendes zn leisten.

So gelangten mit Ausnahme des österreichischen IV. Korps alle Teile der Hauptarmee am 20. im großen ganzen an ihre für diesen Tag ihnen befohlenen Marschziele. Die bei der Armee Bennigsens eingeteilt gewesene, nunmehr als Avantgarde der 2. Kolonne bestimmte Division Bubna war infolge zahlreicher Kolonnenkrouzungen nur bis Predel Reuden, vom Korps Kleist nur die Reservekavallerie bis an die Elster gelangt, das Gros biwakierte nördlich Lucka.

Das österreichische IV. Korps mußte an Stelle der Armee Bennigsens, welche vor der Nordarmee aus Leipzig dem Feinde in der Richtung auf Lützen nachgerückt war, gegen Dresden abmarschieren und gelangte bis Draschwitz.

Platows Kosaken, welche zahlreiche Gefangene aufge- griffen hatten, streiften zwischen Mölsen, Lützen und Weißenfels, nördlich davon stand die Avantgarde der Reservearmee unter .Stroganoff ') in der Gegend von Lützen, welche der fran- zösischen Nachliut auf der Markranstädter Chaussee nach- gerückt war und ebenfalls zahlreiche Versprengte, Nachzügler aufgegriffen, ferner viele Bagagen erbeutet hatte. Hinter Stroganoff war die Kavalleriedivision Tschaplitz*) der

') Bestand der Avantgarde: 12. Infanteriedivision: die Eagi- monter Smolen.sk, Narwa, Alexopol, Neuingermanuland, 6. und 41. Jäger. 12 Bataillone; 1 Brigade der 13. Division; Regimenter Saratow, Pens*. .5 Bataillone, Husarenregiment 1, 5 Eskadronen, Baschkirenpulks !) und 14. 2 fahrende und 1 reitende Batterien, zusammen 16 Bataillone, 5 Eska- dronen, 3 Batterien, mit zirka ll.UOO Mann, 1400 Reitern, 36 Geschützen.

’l Kombiniertes Dragonorregiment, ö Eskadronen, 1., 2. reitendes Jägerregiment, 3 Eskadronen, Claneuregimenter Sibirien, 2 Eskadronen. Schitomir, 2 Eskadronen, Taganrog, 4 Eskadronen, zusammen 21 reguläre Eskadronen, 2 Kosaken- und Baschkirenregimenter, zirka 3000 Reiter, 1'/« reitende Batterie mit 16 Geschützen.

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V'on Leipzig bis Erfurt.

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Reservearmee bis Markranstädt gelangt; das Gros ') der Re- sers-earmee lagerte zwischen Miltitz und Lindenau, woselbst sich auch Bennigsens Hauptquartier befand.

Das Detachement Kreutz *) der Reservearmee hatte sich Saaleabwärts gewendet, war bei Dürrenberg auf das linke Saaleufer gegangen und bis Eplitz gelaugt. Es hatte dem Feinde 800 Gefangene abgenommen.

Die Nordarmee war in Leipzig geblieben.

Das Gros der schlesischen Armee liatte die Ellster iind Lüppe bei Schkenditz überschritten und war in der Richtung auf Lützen vorgegangen.

Die Kavallerie unter Wassilitschkoff ’), w'elche von Miltitz über Markranstädt, Lützen, dem Gegner gefolgt war, hatte mit der feindlichen Nachhut mehrmals unbedeutende Zusammenstöße gehabt, schließlich auch an der Rippach westlich Lützen) einen unbedeutenden Geschützkarapf geführt. Sie hatte dem Gegner über 2000 Gefangene abgenommen und lagerte westlich Lützen. Das Hauptquartier der schlesi- schen Armee befand sich ebenfalls in Lützen. ^löglicherweise hat das Bestreben Blüchers, dom Gegner tunlichst auf den Fersen zu bleiben, ihm direkt möglichst Abbruch zu tun, ihn verleitet, auf Lützen zu rücken statt auf Merseburg, falls ihm diesbezüglich, was w'ohl anzunehmen ist, Schwarzen- berg vollkommene Freiheit gelassen hatte. Hier wäre allerdings dem Feinde weit größerer Schaden zugefügt worden, wenn Blücher seinem Drange weniger gefolgt und dafür eines jener „Manöver" gemacht hätte, von welchen er nicht viel hielt. Selbst wenn es ihm nicht gelungen wäre, am 21. bei Freyburg auch die Korps Längeren und Sacken ins Gefecht zu bringen, was durchaus nicht unmöglich gewesen wäre, seine Persönlichkeit allein war schon eine Bürgschaft dafür, daß hier

■) 26. Infanteriedivision : Die Regimenter Nischny - Nowgorod. Ladogn, I’oltawa, Orel, 5., 42. Jäger; 1 Brigade der l.J. Division: Regiment Welikiluck, Halicz, zusammen 17 Bataillone, 1 Kosakenrogiment, 7‘/i Batterien, zirka 10.000 bis 11.000 Manu. 600 Reiter, 90 Geschütze.

’j 2. ülanenregiinent, 4 Eskadronen, 1 Kosakenregiment, 1 Ba- tsdllon und 4 Geschütze, zirka 800 Reiter, ,ö00 Mann, 4 Geschütze.

’) 28 Eskadronen, 30 Sotnien (7 bei Yorck detaoliiert , zirka 4500 Reiter mit 8 Geschützen. (K. A. Berlin, initgeteilt durch Major Eriederich.j

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Kcrobnawe.

Größeres geleistet und erreicht wurde, als dies tatsächlich der Fall war.

So stand am Abend des 20. mir die Hauptarmee in jenem Verhältnis, welches dem Bestreben, ,,den weichenden Gegner in der Flanke zu kotoyieren”, d. h. einer Parallelverfolgung, einigermaßen entsprach •).

Das 1'reffeii von Kosen.

FZM. Gyulai hatte seine Absicht, über die Saale auf Frej’burg vorzustoßen, mangels technischer Truppen aufgeben müssen. Er ordnete im Sinne des vom Armeeoberkommando erhaltenen neuen Befehles, „über Kosen auf Eckartsberga zu rücken*)'’, den Abmarsch nach Kosen für den 21. Oktober, 7 Uhr früh, in zwei Kolonnen an, deren eine unter FML. Crenne- ville auf der Straße über Schulpforta, die andere unter FML. Moritz Liechtenstein auf dem über die südlichen Tal- begleitungshöhen fülirenden AVege dorthin abzurücken hatte*).

U .Siehe Textskizze P.

’) Siehe Seite 401.

’) I. Au.szug aus der Di.sposition des III. Korps für den 21. Oktober IHlcI: „Ks werden zwei Kolonnen formiert, die erste unter den Befehlen des FML. Fürst .Moritz Liechtenstein, bestehet nu.s folgenden Truppen:”

.Als Avantgarde die Kavallerieabteilang des Obersten Graf Mensdorff, 1 Division Vincent-Chevaulegers, das 1 . Jagerbatoillon und das Broder Bataillon.”

„Das Gros, bestehend aus 2 Divisionen Vincent-, 3 Divisionen Kaisor-Cbevaulegers. 3 Kskadronen Lovenehr-Dragoner; die Infanterie- division des FML. Fürsten von Hessen-Homburg.”

.Die zweite Kolonne unter den Befehlen des FML. Grafen Crenne- V i 1 1 e.”

.Als .\vantgarde die Abteilung des GL. Baron Thielemann, die königl. preußischen Jäger (Boltenstern).”

„Das Gros, bestehend aus Rosenberg-Chevaulegers, 5 Eskadronen, die Infanteriedivision des FML. Murray, 1 Warasdiner Bataillon und ■') Eskadronen Klenau-Chevaulegcr.s.”

„Das zweite 4Vara.sdincr Bataillon der Division des FML. Crenne- ville besetzt mit vier Kompagnien die Stadt Xaumburg und mit zwei Kompagiiien die Köscuer Brücke.”

.Die Brigadebatterien der ersten Kolonne folgen der Division des FML. Murray der zweiten Kolonne und teilen sich in die erste Kolonne am 4'erein der AVege ein, welche vorder Köseuer Brücke nach Freyburg

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Von Leiptig bis Erfurt

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Aber während FZM. Gyulai noch bei Naumburg die Einreihung der Truppen in die Kolonne persönlich überwachte, ertönte aus der Gegend von Kosen heftiges Geschützfeuor ').

Von der rechten Kolonne war erst die Vorhut-) im Harsche, von der linken Kolonne noch nichts. FZM. Gyulai gab der als Tetebrigade der Haupttruppe bestimmten Brigade Salius den Befehl, unverzüglich, regimenterweise, wie die Truppen am Aufbruchsort anlangten, mit größter Beschleunigung nach Kosen abzurücken, ein gleicher Befehl erging an die Vorhut der linken Kolonne*). Da es bereits zirka 8 Uhr vor- mittags war, konnte die Infanterie dieser Truppen abteilungeu erst gegen halb 10 Uhr vormittags bei Kosen eintreffen.

Hier begann indessen die Situation bereits sehr kritisch zu werden.

Oberst Veyder hatte den Ort Neukösen*) mit vier Kompagnien vom 1. Bataillon Erzherzog Ludwig besetzt, das um 6 Uhr abends des Vortages eingetroflene 7. Jäger- hataillon hatte Vorposten auf die Höhen am linken Saaleufer

führen, nämlich bei Frankenau. Die Brigadebatterieu der zweiten Kolonne folgen ihren respektiven Brigaden mit Au.snahme der ersten Brigadobatterie, die eine halbe Batterie nach dem ersten linksstehenden Bataillon der Division Murray folgen läßt. Der Abmar.sch ist links. Die Stunde des Aufbruchs für die .\vuntgarden ist so einzuleiten, daß sie um 8 Uhr an der Kösener Brücke eintreffen. Das (»ros der ersten Ko- loöne bricht um 7 Uhr, das der zweiten Kolonne um eine Stunde später auf. Diesem folgt die Kavallcriedivisiou des FML. Oralen Nostitz. Die (Munition.s-)Handreservo folgt dem AVarasdiner Bat.iillon, die Kessel und Packpferde, sowie auch alle Bagagen bleiben bis weiteren Befehl diesseits der Kösener Brücke zurück." (K. A., F. A. 1813. Oyulai, X, 53'/..)

-An der Kösener Brücke befanden sich bereits seit 2Ü. Oktober : 4 Kompagnien Erzherzog Ludwig der Brigade Salins, 1 Kompagnie AVarasdiner-Creuzer der Division Crenneville, das 7. Jägerbatailloii, 100 kommandierte Reiter und 4 dreipfündige KavallcriegeschOtze der Division Moritz Liechtenstein unter Kommando des Obersten Freiherrn von A'eyder des 7. Jägerbataillous.

Bei der Fähre von .Altenburg eine Kompagnie AVarasdiner-Creuzer von der Division Crenneville (Anmerkung des A'erfassers).

') K. A., F. A. 1813, Gyulai, XIII, 220.

*) Streifkorps Thielemann und Boltenstern.

•) Streifkorps Mensdorlf und Gros der Division Liochtonstein.

*) So hieß damals der am linken Saaleufer gelegene Ortsteil.

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Kerohnaw«.

vorgeschoben, die Brücke selbst war von einer Kompagnie Warasdiner-Creuzer und zwei dreipfündigen Geschützen be- setzt, zwei weitere Dreipfünder standen am Brückenende am rechten Saaleufer. Eine Kompagnie Warasdiner-Creuzer stand an der Fähre bei Altenburg ').

Bei Beginn der Morgendämmerung griffen drei bis vier feindliche Bataillone, welche sich in den Waldjmrzellen nörd- lich des Vorwerkes Frankenau gesammelt hatten, den rechten Flügel von Oberst Veyders Vorposten an und warfen diese auf den Ort zurück. Aber die Kompagnien von Erzherzog Ludwig waren bereits auf ihren Posten. Die Häuser an der Ortslisiere waren zur Verteidigung eingerichtet, die Dächer mit Schützen besetzt, welche die steil abfallenden Uferhöhen unter Feuer zu nehmen hatten. So kam der französische An- griff bald zum Stehen.

Aber die Franzosen brachten neue Kräfte ins Gefecht. Auf den Höhen am linken Saaleufer fuhren zahlreiche Geschütze auf, und zwar vornehmlich zwölfpfüudige und Haubitzen. Das Feuer der letzteren erreichte die Brücke und setzte den Ort teilweise in Brand, trotzdem gelang es Oberst Veyder, der unermüdlich stets an die bedrohten Stellen eilte, an der Spitze seiner wieder gesammelten braven .Jäger und von Abteilungen vou Erzherzog Ludwig-Infanterie, die an mehreren Stellen in den Ort eingedrungenen Franzosen immer wieder hinaus- zuwerfen.

Bei der großen Übermacht des Gegners Bertrand konnte nach und nach im ganzen 40, allerdings sehr schwache Bataillone ins Gefecht bringen war aber trotzdem ohne Unterstützung die Wegnahme von Kösen nur mehr eine Frage weniger Stunden.

Die erste Unterstützung brachten die Reiter Thiele- manus und Mensdorffs und die preußischen Gardejäger Major Boltensterns, Die Reiterei stellte sich hinter Kösen auf, bereit, den etwa aus dem Orte vorbrechenden Gegner sofort zu attackieren, Thielemanns Haubitzen*) fuhren

Siehe Textskizze 7. (Heute befindet sich an der Stelle dieser Filhre eine Brücke.)

’) 2 russische Kosaken einhörner, 2 österreichische Kavallerie- hauhitzen.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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auf der Höhe südwestlich Kosen auf, von hier das Feuer der Franzosen erwidernd, und die Jägorkompagnie Boltensterns besetzte das hohe Steilufer südlich Kosen, von hier aus alle Versuche der Franzosen, von Süden aus') in den Ort ein- zndringen, flankierend. Auf Oberst Graf Mensdorffs Bat beteiligten sich auch hier jene Husaren und freiwilligen Jäger der beiden Streifkorps, welche über gezogene Karabiner ver- fugten *}.

Aber diese Unterstützung sowie jene von Teilen der bei Altenburg stehenden Grenzerkompagnie konnten auf die Dauer nicht ausreichend sein. Endlich, gegen ein viertel 10 Uhr vor- mittags, während den Abteilungen von Erzherzog Ludwig bereits die Munition auszugehen begann, nahte ausgiebige Hilfe. Von Alt-Flemmingen aus erschien das Gros der Division Liechtenstein und von Schulpforta unter GM. Salins’ persön- licher Führung im Sturmschritt das Regiment Erzherzog Ludwig"), welches der tapfere General sofort über die Brücke führte und mit demselben sofort in das Gefecht eingrifi’, einen neuen Versuch des Gegners, in Kosen einzudringen, hiebei zurück weisend.

Von den beiden Bataillonen der Division Liechtenstein *) entwickelte sich das Grenzorbataillon am Steilufer südlich Kosen wo bereits die Gardejägerkompagnie stand Teile desselben gingen auch über die Brücke nach Neukösen vor und griifen dort in das Gefecht ein, das 1. Jägerbataillon be- setzte die Büsche am rechten Saaleufer nördlich Kösen, von dort aus ein lebhaftes Tirailleurfeuer auf die französischen Plänkler am gegenüberliegenden Ufer unterhaltend. Eine sechs- pfündige Kavalleriebatterie der Division Liechtenstein, später auch die Brigadebatterie der Brigade Salins, fuhr auf der Höhe östlich, beziehungsweise südöstlich von Kösen auf, ohne jedoch das Feuer der an Zahl und Kaliber überlegenen, auf dominierender

') Aus der Gegend, wo jetzt der Bahnhof steht.

•) Per österreichische Eskadron IG, per preußische 12 Reiter.

’) 2. und 3. Bataillon, 2 Kompagnien vom 1. Bataillon waren bei der Korpsartilleriereserve, 4 standen bereits in Kösen.

*; 1. Bataillon des Broder Grenzerregiments, Rest des 1. Jägor- bataillons (ein Teil desselben war am 18. Oktober gefangen genommen worden).

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Kerohnawe.

Höhe ziemlich gedeckt stehenden feindlichen Artillerie dämpfen zu können. Immerhin waren durch diese Maßnahmen die Ver- teidiger Neukösens gegen Umfassungen ziemlich gesichert.

In Neukösen selbst beschränkte sich GM. Salins nicht auf die reine Abwehr ; er hatte das 3. Bataillon Erzherzog Ludwig, statt des 1., welchem bereits die Munition auszu- gehen begann, in die vordere Linie gezogen, eine Kompagnie wurde an eine am Fuße des Berges gelegene Mauer vor- geschoben, das 2. Bataillon verlängerte mit 3 Kompagnien links die Feuerlinie des 3. Bataillons. Der Best des 2. Batail- lons stand hinter dem linken, das gesammelte 1. Bataillon hinter dem rechten Flügel als Reserve, die Jäger waren in der ersten Linie verblieben, untermischt mit Abteilungen des Regiments Erzherzog Ludwig. Das mittlerweile eingetrotlene Regiment Großherzog von Würzburg nahm am rechten Saaleufer, in der Nähe der Brücke Stellung.

Verschiedenen Vorstößen dos 3. Bataillons Erzherzog Ludwig gelang es, die feindlichen Tirailleurs gänzlich auf die Höhen zurückzudrängen, auch das am linken Flügel vor- geliende halbe 2. Bataillon säuberte die vorliegenden Gräben und Ravins vom Gegner. GM. Salins ließ nun, einerseits um den Umfassungsversnchen der Franzosen ein Ziel zu setzen, andererseits deren rechten Flügel selbst zu bedrohen, den Rest des 2. Bataillons unter Hauptmann Peter in den gegen das Südende von Kösen sich herabziehenden, tief ein- ge.schnittenen Talgraben auf die Höhe Vorgehen. Da der Gegner diesem Talgraben keine Beachtung geschenkt hatte, gelang es Hauptmann Peter, ohne von den Franzosen be- merkt zu werden, die Höhe zu erreichen und von dort den rechten Flügel der feindlichen Feuerlinie überraschend in die Flanke zu nehmen *).

Aber General Bertrand trat dieser Umfassung sofort entgegen. Drei oder vier*) hinter dem rechten Flügel in Reserve gestandene Bataillone gingen sofort unter großem

') K. A., t'. A. lyl3, Hauptarmec, X. 752; K. A., F. A. 181.3. (jvnliii, X, 53 und XIII, 220.

’) „.3 Bataillone,” sagt GM. Salins (K. A., F. A. 1813, Gyulai, X, 53i, „ein starker Haufe.” Das Operationsjournal (K. A., F. A. 1813, Gyulai, XllI, 220\

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Legende:

Franzosen

1 i»ivimonpn Morand Hat.i, Kn»n- ,

qin*nmnt ( \Vürtlt*ml»tTj;t*r Hat (fuilleminot ^11 lUt.* und 1 h«\- Kompa;riiie.

xU'Cimmen 27 r, Bataillone mit etwa i ö -tiOOO Mann.

2 zirka 20 Kanonen.

3 zirka 12 - Ilatibitzen nnd schwere

Oesrhatze. i

4 Marsrhall Uertrand 6 2 K.^kadn-nen.

6 lh\ i.siiin l'iMitanelli Italiener) 18 Bat ,

zirka 27n0 8000 Mann.

7 Icile V'«n I.et'el)\ rc-I)esn<melte>. vor-

itelinilich t. Oarde-( li«*v. -lancier* und Khreii|!arden, zirka I2u0 M

8 zirka 8000 Heiter

Verbündete

a 'von recht.s nach linkst III. FM. Lnd- w'i«;. 7. JäiTor. ^ I. Want^diner- (’reuzer. 1., II. FH, Hudwiii. b F'/jM (iynlai führt das Hejimeiit Wurzburg (8 Bat.) zum tiegen- an^riff.

C l. .Ikgerbataillon.

d (von rechts nach links) I. Hrodor. I Kompairnie j)reuÖischo (iarde- jftger iHoltenstern». e 1 Kavalloriohatteric* der Division Liechtenstein, 1 Hritradebatterie der Hriirade S^ilins. 1-12-tl -Batterie der Korpsgcschlilzresei VC (^20 tie- si’hütze).

f Brigade Orinimer (5 Bat.), g , C.sollic'h (8 Hat.V

h . Weigel (4 Bat.i, eines im

Marsche nach Kl.-IlerinL'cn. i I-l2-1t-und l-b-tfe -Batterie der Korpsueschützreserve

k (iros der Division CnMjneville M Bat 1 '

I \Vara-<diner - St. Ucorger. h Esk

j 12 detai liiert] Rosenherg-.

I [2 detachiert) Klenau-Oiev.,».

\ KML. Murniy m FML. ( renneville. n Detachernenl (zirka 100 Heiter) der Division I,icrhteii'?tein.

0 von der Divi^ion Oeniieville t P. 8' osterr. detachiert'. 4* j pretiö. , Eskadronen, 2 Kosakenrcgiujeijter

4 Haubitzen.

q 8 iKterr E.'k.. 2 Kosakenn*g r t) L.*k. Viiicent'Cliev.. t> t>k. Kaiser Om-v.. 4 Ksk. Levenebi -Dragoner I 1 Kaudleriebatterie, . 7 Jager-

hataillon. Brosier Granzer oud I Kavaileriebatterie bei Ko»erj im »etccl.l: 2 Jägerbaf. Ikmid Korp- Vorcki.

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Von Leipsig bU Erfart.

417

Geschrei gegen den linken Flügel von Hauptmann Peters Abteilungen vor, die Artillerie richtete ihr Feuer auf dieselben und auf Kosen und alsbald war das 2. Bataillon Erzherzog Ludwig auf Kosen zurückgeworfen.

Unglücklicherweise wurde auf dem zunächst stehenden linken Flügel des 3. Bataillons gerade die Munition ersetzt, und so gelang es den Franzosen gleichzeitig mit den zurück- weichenden Abteilungen des 2. Bataillons in Kosen einzu- dringen und einzelne Abteilungen bis an die Brücke zurück- zutreiben.

Hier aber ließ der Kommandant von Erzherzog Ludwig, Oberst von Sagburg, das in Reserve stehende, gesammelte 1. Bataillon das Bajonett fällen und führte es im Sturm- schritt den Weichenden und den Verfolgern entgegen, auch der unermüdliche, bereits durch zwei Prellschüsse verletzte Oberst Veyder warf sich mit seinen braven Jägern auf die Eingedrungenen, während sich FZM. Gyulai persönlich an die Spitze des Tetebataillons von dem in Reserve am rechten Ufer stehenden Regiment Würzburg setzte und im Verein mit dem Regimentskommandanten, Oberst von Demon- tant, das Regiment in dichtaufgeschlossener Kolonne, trotz des heftigen Haubitzfeuers der Franzosen, über die Brücke führte.

Das Eingreifen des Regiments Würzburg stellte nicht nur das Gefecht wieder her, die Franzosen wurden sogar wieder ganz auf die Höhen zurückgetrieben. Am rechten Flügel hatten sich Abteilungen beider Regimenter im toten Winkel am Fuße der Höhen gesammelt *) und begannen nun, trotzdem ihre Offiziere sie von dem aussichtslosen Unter- nehmen abzumahnen versuchten, im Verfolgungseifer diese Höhen an den wenigen gangbaren Stellen zu ersteigen *). Trotz heftigen Feuers und Herabrollen von Steinen und Felsstücken gelangten einzelne kleine Häuflein bis nahezu an die Grete, wurden aber hier mit dem Bajonett zurückgetrieben, getötet oder gefangen ®).

') Die Talbegleitungsliöhen setzen hier mit 100 bis 130 Meter hohen, 60- bis 70 gradigen Felswänden zur Talsohle ab ; nur in einzelnen 40gradigen Rinnen ist hier eine Ersteigung möglich.

•) K. A., F. A. 1813, Hauptarmoe, X, 752 und Gyulai, XIII, 220.

*) Ebenda.

Mitteilungen des k. und k. Kriegsarchivs. Dritte Folge. IV. Bd. 27

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.418

Kerobnawe»

Zwisclien etwa 1 und 2 Uhr nachmittags war das Ge- fecht wieder allenthalben zum Stehen gekommen. Die Franzosen stellten ihre Angriflsversuehe ein, aber auch FZM. Gyulai untersagte, die Unmöglichkeit einsehend, die Höhen frontal zu ersteigen solange sie der Gegner besetzt hielt, jeden weiteren Angriff. Das 2. und .S. Bataillon Erzherzog Ludwig, 2 Bataillone Grollherzog von Würzburg und das 7. Jiiger- bataillon verblieben in erster Linie, ein Bataillon Würzburg stand im Orte, das 1. Bataillon Erzherzog Ludwig unmittelbar an der Brücke am rechten Saaleufer als Reserve.

Bei den Batterien östlich Kosen war auch noch eine von der Korpsartilleriereserve vorgezogene zwölfpfündige Batterie in Stellung gegangen.

Im Laufe des Vormittags waren bei Kösen und Alt- Flemmingen auch alle übrigen Teile des III. Korps ange- kommen.

Während der hier geschilderten Vorgänge war das Gros des Korps im Raume zwischen Kösen und Schulpforta eingetroffen, nur 1 Eskadron und 1 Bataillon der Division Crenneville waren zur Besetzung Naumburgs und der dortigen Übergangsstellen zurückgeblieben.

Die Brigade Grimmer (5 Bataillone) stellte sich als Soutien für die Brigade Salins hinter der Höhe östlich Kösen gedeckt in Bataillonsmassen in zwei Treffen auf, in der etwa 1800 Schritte weiter östlich befindliche Mulde die Brigade Csollich (.0 Bataillone) rechts, die Brigade Weigel (4 Batail- lone) links, ebenfalls in Bataillonsmassen in zwei Treffen ‘).

Ein Bataillon der Brigade Weigel wurde über Kreipitsch nach Klein- Heringen zur Besetzung der dortigen, intakt ge- bliebenen Brücke entsendet Die Division Crenneville stellte sich hinter der westlich Schulpforta gelegenen steilen Höhe gedeckt auf, das Bataillon Warasdiner-St. Georgor beobaclitete das Saaleufer, das Bataillon Warasdiner-Creuzer soweit es nicht bei Kösen beziehungsweise Altenburg stand hielt mit einer Eskadron Klenau-Chevaulegers Naumburg und die

') K. A., F. A. 1813, Gyulai, XIll, 220.

Dies hatte eine dorthin entsendete halbe Eskadron von Thiele- luann welche auch einstweilen die Brücke besetzt hielt entdeckt und gemeldet.

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Von Leipzig bi» Erfurt.

419

dortigen Brüokenstellen besetzt. Hinter der Division Crenne- ville hatte sich das Korps Tliielemann gesammelt, links von ihr, auf der Straße bei Schulpforta hielten die beiden übrigen Batterien der Korpsartilleriereserve.

Die Kavallerie der Division Liechtenstein und des Streif- korps Mensdorfl' standen bei Alt-Flemmingen die Reserve- kavallerie unter FML. Nostitz verblieb zwischen Altenburg und Naumburg.

Da FZM. Gyulai einsah, daß ein frontales Vorbrechen aus Kosen keine Aussicht auf Erfolg biete, solange der Gegner die Höhen beherrsche, die Mittel, den Gegner von den Höhen zu vertreiben, ihm infolge der Inferiorität seiner haupt- sächlich aus Sechspfündern und leichten Haubitzen bestehenden Artillerie aber mangelten, zur Festhaltung Kösens die bereits dort befindlichen Truppen völlig ausreichend erschienen, stand er von der Entsendung weiterer Truppen auf das jenseitige Saaleufer ab.

Bei Einbruch der Dunkelheit begann das Gefecht zu erlahmen und FZM. Gyulai verfügte nun die Ablösung der Brigade Salins durch die Brigade Grimmer. Das Regiment Frelich besetzte Kosen mit 3 Bataillonen. Die beiden Bataillone des Regiments Kolo wrat verblieben hinter dem Orte als Reserve. Die Brigade Salins biwakierte am Waldrand südöstlich Kösen, das Bataillon Warasdiner-St. Georger der Division Crenneville übernahm die Beobachtung der Saale von Kösen bis Alten- burg, das Bataillon Broder der Division Liechtenstein die Beobachtung der Saale von Kösen bis Klein-Heringen. Die beiden anderen Bataillone der Division Liechtenstein (1. und 7. Jägerbataillon) stießen bei Alt-Flemmingen zum Gros der Dmsion. Die übrigen Teile des III. Korps und die Kavallerie- reserve lagerten an jenen Stellen, wo sie tagsüber gestanden’).

Das Streifkorps Thielemaun hatte sich am späten Nach- mittag nach Camburg gewendet wohin Platow direkt von Naumburg aus marschiert war und dort die Saale über- schritten. Thielemann verblieb nachtsüber in Camburg, Platow gelangte bis Stadt Sulza und befand sich nun fast in gleicher Höhe mit der Tete der französischen Armee.

’) Siehe Textskizze 8.

27*

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420

Rerchnawe.

Das Gefecht bei Kosen, in welchem österreichischer- seits nur die 6 Bataillone der Brigade Salins*i und die 3 Bataillone der Division Liechtenstein, ferner 3*/s Batterien ernstlich ins Gefecht gekommen, hatte diesen etwa 6000 Mann*i und 22 Geschütze starken Truppen inklusive des gering- fügigen Verlustes der Kavallerie*) 151 Mann an Toten, 17 Offiziere und 662 Mann an Verwundeten, 45 Gefangene. 1 Offizier und 49 Mann an Vermißten gekostet*), d. i. zu- sammen 18 Offiziere, 810 Mann = 13*3®/o.

Von den Franzosen hatten nach Aussagen der Ge- fangenen „Teile von 3 Korps” am Gefecht teilgenommen, was insoferne entsprechen würde, als nach der Disposition Napoleons tatsächlich Truppen dreier Korps, nämlich die Korps Bertrand und L’HeritiÄr sowie die Division Guilleminot des VII. Korps zur Stelle sein konnten. Diese Truppen hatten am 21. Oktober noch einen Gefechtsstand von etwa 9000 bis 10.000 Mann Infanterie®), 3200 bis 3500 Reiter’), 63 Ge- schütze *). Wieviel von diesen Truppen tatsächlich am Kampfe Anteil genommen hatte, läßt sich aus den vorhandenen Quellen mm annähernd feststellen. Nach der Gefangenenliste *) scheint die Infanterie der beiden national - französischen Divisionen Morand und Guilleminot 25 schwache Bataillone mit etwa 6000 Mann Gefechtsstand die Hauptlast des

*) Außerdem 1 bis 2 Kompagnien Warasdiner-Creuzer der Division Crenueville.

•) Siehe Anhang I b.

•) 13 Mann, siehe Anhang IV.

*) Naeh K. A., F. A. 1813-1814, Hauptarmee, XIII, 22.

K. A.. F. A. 181.3, Gyulai, XIII. 220.

') Vom Korps Bertrand; Division Morand 14, Division Fontanelli 13, Division Franquemout 3 Bataillone; VII. Korps; Division Guilleminot 11 Bataillone, zusammen 41 Bataillone ä 250 bis 300 Mann, wobei die Bataillone von Franquemont und Fontanelli stärker, die anderen schwächer gewesen sein dürften.

’) Das Kavalleriokorps L’Heritier zählte in 46 Eskadronen noch mindestens 30(X) Beiter, außerdem befanden sich 2 württembergisohe Eskadronen beim Korps Bertrand.

33 vom Korps Bertrand, 16 von der Division Guilleminot. 8 von der Reserve des VH. Korps, 6 von L’Hcritier. (Nach Pelet, Campagne de 1813 und die fraiiz6si.sche Armee im J-ahre 181.3.)

K. A., F. A. 1813, Hauptarmeo, X, 543, siehe auch Anhang V

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Von Leipiig bis Erfurt.

421

Kampfes getragen zu haben, die Württemberger (Division Franquemont) und die später angekommeDe italienische Division Fontanelli scheinen in Reserve zurückgehalten worden zu sein. Eine bayrische Marschkompagnie, die Ber- trand am Marsche angehalten und in erster Linie verwendet hatte, drang mit in Kosen ein, wurde dann aber beim Vor- stoß des Regiments Würzburg gefangengenommen'). Die Holländer i l4 Gefangene) und Polen (14 Gefangene), außer- dem 78 polnische Überläufer der Garde scheinen der Kaval- lerie Lefebvre-Desnouettes angehört zu haben, von welcher ein Teil die Saale zwischen Kosen und Naumburg bewachte, und bei welcher sich polnische und holländische Lanciers befanden.

Die Verluste der Franzosen werden von den Österreichern mit 800 bis 1000 Mann an Toten und Verwundeten ange- geben *), außerdem wurden 6 Offiziere und 643 Mann gefangen- genommen ’). Französischerseits fehlen hierüber alle Angaben; dem Offiziersverlust würden, auf einen getöteten oder ver- wundeten Offizier etwa 30 Mann gerechnet'), ein Verlust von etwa 270 bis 300 Toten und Verwundeten entsprechen, bezw. nach dem österreichischen Verhältnis (1 OfQzier anf 42 Mann) etwa 370 bis 380 Mann. Nach dem Verlauf des Gefechtes dürften die beiderseitigen Verluste an Toten und Verwundeten annähernd gleich sein.

Wie bei allen ähnlich verlaufenden Gefechten schrieben sich bei Kosen beide Teile den Sieg zu. Den beiden Teilen von ihren Oberkommanden vorgeschriebenen Gefechtszweck, „die Brücke von Kosen in Besitz zu nehmen” wobei bei Bertrand noch der Befehl hinzukam sie zu zerstören hatte General Bertrand wohl nicht, FZM. Gyulai aber ja erreicht. Demnach war also der taktische Erfolg den kaiser- lichen Waffen geblieben nicht aber der operative. Hinter den fechteuden Truppen Bertrauds bewerkstelligte das

*) K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 543, 2 Offiziere und 71 Mann, ’j Nach Martinien, Tableaux des officiers tu4s et blessds, hatten die Franzosen bei Kosen 9 verwundete Offiziere.

') K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 543, siehe auch .\nhang V. ’) Die Franzosen hatten relativ mehr Offiziere als die Oster- Reicher.

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Kerohnawe.

Gros der Franzosen seinen Rückzug ganz unbehelligt und bei Kosen sahen etwa 1 1 .000 Mann Infanterie und über 5200 Reiter mit 42 Geschützen der Verbündeten tatenlos dem blutigenRingen zu, welches sich vor ihnen abspielte, ohne eingreifen zu können.

Dies legt den Gedanken nahe, ob es FZM. Gyulai nicht möglich gewesen wäre, mit der Erreichung des takti- schen Gefechtszweckes auch die Ermöglichung der Fort- setzung der Verfolgung zu verbinden.

Ein Vorbrechen aus Kosen war allerdings so lange nicht möglich, als es nicht gelang, die französische Artillerie nieder- zukämpfen und dann die Verteidiger der Höhen durch Arlilleriefeuer zu vertreiben oder doch niederzuhalten. Die 24 östlich Kosen in Position gestandenen Geschütze ’) reichten hiezu um so weniger ans, als der wirksame Ertrag der hierunter befindlichen lOSeehspfündergar nicht bis zu den französischen Geschützen reichte.

Aber bei den zurückgehaltenen ß’'j Batterien *) befanden sich 10 Stück siebenpfündige Haubitzen und eine zwölfpfundige Batterie, die immerhin eine ansehnliche Feuerkraft repräsen- tierten. Ob die dann ins Feuer kommenden 8 Zwölfpfünder und 20 Haubitzen ausgereiuht hätten, die französische Artillerie niederzukämpfen, kann schwer beurteilt werden *), immerhin wäre es wert gewesen, den Versuch zu machen und wenn auch das Verhalten Gyulais und seines Artilleriedirektors nach den damaligen Begritlen über Artillerieverwendung nicht unbegreiflich erscheint, ein General napoleonischer Schule

') 8 der Brigade Salins (C Sechspfünder, 2 siebenpfündige Hau- bitzen); 6 der scchspfQndigen Kavalleriebatterie der Division Liechten- stein (4 Sechspfünder, 2 siebenpfündige Haubitzen); (i der zwölfpfündigen Posilionsbatterie (4 Zwölfpfünder, 2 siebenpfündige schwere Haubitzen': 2 siebenpfündige Kavalleriehaubitzen Thioleinanns; 2 zehnpfiüidige Kosakenhaubitzen Thicleinanns. Außerdem 4 dreipfündige Geschütze nach Kavallerieart der Division Liechtenstein an der Brücke.

*) 4 Brigadebatterien i 8, 1 .sech.spfündige und 1 zwölfpfündige Positionsbatterie der Korpsartilleriereserve ä 6 Geschütze und '/, drei- pfündige Kavalleriebatterie der Division Liechtenstein.

Unter den l>3 Geschützen der Franzosen sollten sich nach der normalen Verhältniszahl 21 Haubitzen befinden. Das tatsächliche Ver- hältnis läüt sich nicht feststellen. An Zwölfpfündern befanden sich bei der Division Guilleininot allein sechs. (P eiet, Campagne de 1813, Art. X)

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Von Leipsig big Erfurt.

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hätte diesen Versuch gewiß unternominen, das beweist schon die Artillerieverwendung Bertrands.

Aber es lag noch eine Möglichkeit vor, Bertrand zum Rückzug zti veranlassen. Wenn es Gyului schon nicht über sich zu bringen vermochte, seine ganze Kavallerie bereits am Vormittag über Camburg auf dem Wege zu entsenden, den Platow genommen und so Bertran ds Rückzug zu bedrolien, so wußte man ja seit etwa 12 Uhr mittags durch Thielemanus Patrouillen, daß die Brücke bei Klein-Heringen intakt und von einer halben Eskadron dieses Streifkoi'ps besetzt sei.

Wenn nun statt eines Bataillons der Brigade Weigel die beiden Brigaden Weigel und Csollich, ja eventuell sogar noch ein Regiment der Brigade Grimmer entsendet worden wären ein Regiment war ja als Rückhalt für die Brigade Salins vollkommen ausreichend mit dem Auftrag, von Klein-Heringen aus gegen Flanke und Rücken Bertrands vorzugehen, während die Kavallerie über Camburg, Sulza, Heringen, Hassenhausen vorging, wäre nicht nur Bertrands Widerstand nicht mehr von langer Dauer gewesen, auch dem Rückzug der französischen Hauptkraft wäre ein ernstliches Hindernis in den Weg gelegt worden.

So aber fesselte der erbitterte Kampf bei Kösen des Korpskommandanten ganze Aufmerksamkeit und während er hier unter heldenmütiger Einsetzung seiner Person einen taktischen Erfolg ohne besondere Tragweite errang, ent- schlüpfte ihm außerhalb des engen Gesichtsfeldes der Brücke bei Kösen ein viel größerer, ausschlaggebenderer, welcher ihm für alle Zeiten einen ersten Platz in der Kriegsgeschichte gesichert hätte.

Bas Treffen bei Frejbnrg').

Während bei Kösen um den Saaleübergang erbittert gekämpft wurde, spielte sich bei Freyburg ein ähnlich ver- laufendes Gefecht ab.

General von Yorck hatte die Hauptkraft seines Korps um 7 Uhr bei Petzkendorf *) versammelt, die Reservekavallerie

*) Hiezu Textskizzo 9.

*) Ein kleiner Ort bei Neumark, 2 Kilometer westlich l’rankelcben.

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Kerohnitwe,

bei Bedra (2 Kilometer nördlich Roßbach). Die neue Avant- garde unter Oberst Graf Heu ekel *) war um dieselbe Zeit über Baumersroda gegen Laucha aufgebrochen.

Das Leibhusarenregiment und das sächsische ülanen- rogiment der Avantgarde Ilenckel, welche einem feindlichen Ge- fangenentransport von Baumersdorf aus in der Richtung auf Laucha gefolgt waren, holten ihn bei Gleina ein, befreiten etwa 100 Offiziere und 4000 Mann größtenteils bei Dresden, Schellenberg und Lindenau gefangengenomraene österrei- chische Truppen aus der Gefangenschaft und nahmen von den beiden polnischen Bataillonen, welche die Eskorte bildeten, gegen 400 Mann gefangen.

Der Rest der Eskorte entkam nach Laucha und zerstörte die dortige Brücke. Die dieser Abteilung nachgefolgien Patrouillen konstatierten, daß dort keine größeren Abteilungen der abziehenden Franzosen standen^), so daß General Yorck der Avantgarde den Befehl gab, gegen Zscheiplitz und Frey- burg vorzugehen, wohin er bereits mit dem Gros des Korps über Zeuchfeld aufgebrochen war.

Marschall Mortier war mit den beiden Divisionen Barrois und Roguet sowie mit der Kavalleriedivision Ornsno der jungen Garde etwa 9000 Mann und 1800 Reiter jedenfalls schon vor Tagesanbruch bei Freyburg angekommen*; und hatte, nach Vertreibung von Illowaiskis Kosaken*), welche auf Eckartsberga auswichen, zur Sicherung der per- manenten Brücken bei Freyburg und bei der Zeddenbacher Mühle, sow’ie einer nächst Freyburg geschlagenen Floßbrücke den Ort und das Schloß Zscheiplitz, das Wäldchen und die Steinbrüche nördlich des zur Zeddenbacher Mühle führenden Grundes, sowie die Höhen nördlich und östlich Freyburg besetzt. Auf der Höhe westlich Freybarg war Artillerie aiif-

*) Siehe Seite 402 uml Anhang VI.

Nach Correspoudance, XXV’I, 20.822, stand aber dort die KOrassierdivision St. Gormain von Sebastiani.

*) Der Kaiser hatte in Weilienfels, 6 Uhr abends, anbefoblen Correspoudance, XXVI, 20.819 daß Mortier während der Nacht die Brücken überschreiten solle und vor Tagesanbruch Correspondance, XXVI, 20.820 in Froyburg einzutreflen habe.

•) Siehe Seite 397.

“) Pelet, Campagne de 1813, Art. X, 358.

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Von Leipsig bis Erfurt.

425

gefahren, anscheinend auch beim Orte Zscheiplitz '). Das später noch zu Mortier gestoßene Gros der französischen Eeiterei unter Sebnstiani^) scheint östlich Freiburg Ver- wendung gefunden zu haben.

In einem Nachtragsbefehl®) hatte ferner Kaiser Napo- leon noch einen Teil des Restes von Augereaus Korps'*) zur unmittelbaren Sicherung der Übergänge bei Freyburg bestimmt.

Außerdem scheint Bertrand die Division Margaron 4 Bataillone, 2 Batterien, zirka 2000 Mann und 10 Geschütze hi' r zurückgelassen zu haben®), da das 132. Regiment dieser Division bei Freyburg 4 Offiziere verloren hat.

Abgesehen von den hinter der Front seiner Aufstellung abziehenden französischen Korps verfügte Mortier also bei und nächst Freyburg über etwa 13.000 bis 15.000 Mann In- fanterie, 8000 bis 9000 Reiter und etwa 60 bis 70 Ge- schütze.

Die von Bedra gegen Markröhlitz vorgegangene Reserve- kavallerie traf hier aus unbekannten Gründen erst gegen Mittag ein und stieß hier auf überlegene Kavallerie, vermut- lich die Reiterei Sebastianis, später, nach dem Abzug Oudinots von Weißenfels, mag wohl auch das i. Reservekaval- leriskorps erschienen sein, während andererseits auch General Eraanuel“) vom Korps Langeron mit zwei regulären Dra- gonerregimentern und zwei schwachen Kosakenpulks erschien und sich an Yorcks Reservekavallerie anschloß.

') Wenigstens geriet hier das 1. Bataillon vom Leibregiment in Kartätsch fener. (Friederich. Herb.stl'eldzug 1813, III, 250.)

*) 2. Kavalleriekorps zirka 3500 Reiter, 3. Kavalleriekorps zirka ?500 Reiter, 4. Kavalleriekorps zirka 1.500 Reiter. (Corre.spondance, XXVI, 20.82t.)

•) Pelet, Campagne de 1813, Art. X. 355.

*) Die Division Tureau, 12 Bataillone, 3000 bis 3600 Mann; die Division Sdmeld marschierte mit dem II. Korps. tPelet, Campagne de 1813, Art. X, 355, bezw. Correspondance, XXVI, 20.821.)

•) Unter den Truppen, mit welchen der Kaiser Bertrand n.aeh Kosen zu rücken befahl, war Margaron nicht. (Correspondance, XXVI, 20.819.)

•) Plotho, II, Anhang und Friederich, Herbstfeldzug 1813, III, 252.

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Kerohnawe.

Die reitende Batterie Oberst Jürgaß’ setzte sich in einer günstig gelegenen Position ins Feuer, worauf die fran- zösische Kavallerie gegen sie anritt. Die preußische Reiterei scheint dem Kampfe mit der weit überlegenen feindlichen aus- gewichen zu sein'), während es dieser wieder an Kraft zur Attacke gefehlt haben dürfte, denn es gelang ihr nicht, die 21 preußischen und sächsischen Schwadronen zurückzutreiben, die immer wieder von neuem vorgingen.

So zog sich das Gefecht bis gegen 6 Uhr abends hin, um welche Zeit Oudinots Division Decouz am Gefechts- feld erschien. Die preußische und sächsische Kavallerie, wahr- scheinlich auch Emanuels Kosaken ritten unter großem Geschrei*) gegen selbe an, gaben aber angesichts der festen Haltung der französischen Karrees die Attacke anf und entzogen sich neuerdings mit Erfolg der rechts von Decouz’ Bataillonen gegen sie vorbrechenden französischen Reiterei.

Nach Einbruch der Dunkelheit zog die preußisch-sächsische Reservekavallerie gegen Zeuchfeld ab, nur General Emanuel blieb in der Gegend von Markröhlitz stehen.

Es läßt sich heute wohl nicht mehr entscheiden, ob die Durchführung der Attacke, sei es gegen Sebastiani, sei es gegen Decouz, einen Erfolg gebracht oder ob sie nur zu einem schweren Echec geführt hätte gegenüber dem weit überlegenen Feinde. Dazu müßte man den damaligen Zustand von Se bastianis Schwadronen, den Kräftezustand der Pferde kennen. Ziemlich sicher aber dürften Decouz’ Bataillone, unterstützt von zahlreicher Kavallerie, den Angriff abgewiesen haben, denn, hatten sie bis dahin ihre gute Haltung bewahrt, so lag kein Grund vor, warum sie diese nun plötzlich ver- lieren sollten. Im allgemeinen dürfte man nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß Oberst Jürgaß der kein Mann war, welcher sich scheute, sich und seine Reiter einzusetzen wohl wußte, was er tun konnte und jedenfalls gebührt ihm auch das Verdienst, weit überlegene Kräfte durch 6 Standen festgehalten zu haben.

') Btistimmte Angaben hierüber existieren nicht.

’) Pelet. Campagne de 1813, Art. X, .351».

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Von Leipzig bis Rrfurt.

427

Noch weniger Glück hatte der Angriff von Yorcks Infan- terie, das heißt, soweit man hier von einem Angriff sprechen darf.

Y^orck hatte sich, bei Zeuchfeld eingetroffen, nicht stark genug gefühlt, mit den zur Stelle befindlichen 16 schwachen Bataillonen der Divisionen Horn und Hünerbein den Angriff durchzuführen und daher beschlossen, den Anschluß an die von Laucha heranzuziehende Avantgarde durchzuführen '), um dann im Verein mit dieser die französische Stellung von Norden her anzugreifen. Nach Zurücklassung des Strelitzschen Husarenregiments der Division Horn bei Zeuchfeld zur Ver- bindung mit der bei Markröhlitz im Gefecht stehenden Reservekavallerie, rückte er durch die Waldungen westlich Schleheroda auf die Höhe nördlich Müncheroda, wo er gegen 2 Uhr nachmittags den Anschluß an die Avantgarde bewirkte.

Hier gab GL. Yorck folgende Angriffsdisposition aus:

,,Die Infanterie der Avantgarde bildet den rechten Flügel lind greift den Feind, der das Dorf Zscheiplitz zur Deckung seines Überganges besetzt hat, längs der Unstrut an.”

„General Horn macht den linken Flügel und vertreibt den Feind aus den Gebüschen und Weinbergen, welche vor Zscheiplitz und Freyburg liegen. General Hünerbein bildet die Reserve.”

Entsprechend dieser Disposition formierte sich die Avant- garde in zwei Gruppen zum Angriff auf Zscheiplitz, beziehungs- weise auf das Gehölz zwischen Zscheiplitz und den Stein- brüchen*). Bei der auf Zscheiplitz vorgehenden Gruppe ging das in eine Plänklerkette aufgelöste österreichische 2. Jäger- bataillon in erster Linie vor, hinter dem rechten Flügel, mit der Direktion auf das Schloß von Zscheiplitz, folgte das 1. Bataillon des Leibregiments und die Gardejägerkompagnie, hinter dem linken Flügel das Thüringer Bataillon. Bei der das Gehölz angreifenden Gruppe bildeten die beiden ost- preußischen Jägerkompagnien die Plänklerkette, die beiden übrigen liinienbataillone *) folgten dahinter als Unterstützung.

') Siehe Seite 424.

•) Nördlich des gegen die Zeddenbacher Mühle hinzieheuden tValdes. (Siehe Textskiz/.e 9.)

Schlesisches (»renadierbataillon, kombiniertes Füsilierbataillon vom hrandenhurgischeii und vom 12. Iteserveregiment.

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428

Korehnawo.

Die reitende Batterie der Avantgarde sollte aus einer Stellung südlich Müneheroda den Angriff auf Zscheiplitz unterstützen, hinter ihr stellte sich die Kavallerie der Avantgarde bereit. Die Fußbatterie und die Landwehrbataillone *) standen als Reserve hinter der Kavallerie.

Zur Unterstützung der linken Gruppe der Avantgarde gingen von der Division Horn drei Bataillone von Nordosteu her gegen das Gehölz bei den Steinbrüchen vor, während eine östlich dieser Steinbrüche unter dem Schutze zweier Bataillone aufgefahrene halbe Batterie das Gehölz imter Feuer nahm. Der Rest der Division Horn 4 Bataillone, 5 Eska- dronen, Vs Batterie verblieb am Waldrand nordöstlich Müneheroda als Reserve, noch weiter rückwärts stand die Division Hünerbein als Korpsreserv'e.

Von der zum Angriff auf Zscheiplitz vorgehonden Gruppe wurde der linke Flügel, welcher in der von Nordwest gegen Zscheiplitz streichenden Senke vorging, von Kavallerie attak- kiert, zum Stehen gebracht und mußte aus dem wirksamen Feuerbereich des Verteidigers gezogen werden; das zum Sturme auf das Schloß ansetzende Bataillon des Leibregiments geriet in heftiges Kartätschfeuer und mußte den Angriff aufgeben. Yorck, welcher große Verluste vermeiden wollte, erteilte den Befehl, hier den Angriff einzustellen und ein hin- haltendes Gefecht zu führen.

Den gegen das Gehölz vorgogangenen Abteilungen war es gelungen, die Franzosen daraus zu vertreiben. Einer nun neben der reitenden Batterie der Avantgarde auffahrenden halben Batterie*) gelang es, die Brücke bei der Zeddenbacher Mühle derart wirksam unter Feuer zu nehmen, daß hier der Übergang ganz eingestellt werden mußte. Dies veranlaßte die Franzosen zu einem Gegenaugriff. Sie verstärkten die Artillerie auf der Höhe westlich Freyburg auf 16 Geschütze schwereren Kalibers und einem sodann erfolgenden energischen Gegen-

') Ein kombiniertes Bataillon vom G., eines vom 4. sclilesisoheu Lamlwelir-lntänlerieregiment. (Siehe Anhang VI.)

’) Nach Major Eriederich, Herbstteldzug 1813, III, 2')3, soll das eine zwülfpfündige Batterie gewesen sein; nach der Ordre de bataille befanden sieb aber keine zwölfpfündigeu mehr beim Korps. Vielleicht waren es also vier Haubitzen.

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Von Leipzig bis Erfurt.

429

angriff mehrerer Bataillone gelang es, das Gehölz um zirka 4 Uhr nachmittags') wieder zu nehmen und die preußische Artillerie zu bedrohen. Erst nach dem Einsetzen zweier frischer Bataillone (nun im ganzen fünf) der Division Horn gelang es, das Gehölz neuerdings zu nehmen und zu behaupten, bis General Yorck gegenOUbr abends den Rückzug auf Gleina anbefahl.

Hinter der Front Mortiers waren den ganzen Tag über die Abteilungen der französischen Armee in der von der Disposition festgesetzten Reihenfolge*) über die Unstrut ge- gangen. Aber die Ordnung begann sich bereits bedenklich zu lösen; es bedurfte des persönlichen Eingreifens des Kaisers, welcher sein Nacht((uartier bei Weißenfels um 3 Uhr früh verlassen hatte und auf den Höhen des rechten Unstrutufers den Übergang überwachte, um einigermaßen wieder Ordnung in die sich drängenden, abgehetzten Scharen zu bringen. Der steile Weg, welcher hier das Ufer hinanführte, war für die Kräfte der abgematteten Artillerie- und Trainpferde zuviel ; zahlreiche Wagen, elf Geschütze mußten hier stehen gela-^sen werden und fielen am nächsten Tage in die Hände der Preußen, und als die Granaten der reitenden Batterie und der Haubitzen, welche zwischen Müncheroda und Zscheiplitz aufgefabren waren, in die drängenden Massen und sogar in das Gefolge des Kaisers einschlugen, begann sich die Unordnung bedenklich zu steigern und teilweise an die Szenen an der Beresina zu erinnern ^).

Aber der Gegenangriff der jungen Garde auf das Gehölz, die feste Haltung der Verteidiger von Zscheiplitz, ließen Yorck von diesen Szenen nichts ahnen; er sah vom Gegner eben „nur die Paradeseite, die Front*)” und stellte alle weiteren energischen Angriffsversuche ein.

Nach dem Eintreffen Oudinots etwa gegen 9 Uhr abends zogen die Divisionen Mortiers mit Ausnahme der Brigade Pelet der Division Roguet auf Eckartsberga ab.

*) Vermutung, weil um diese Zeit Kaiser Napoleon unter dem Eiudmck, dal! den Übergängen seitens des Oegners keine Oefahr mehr drohe, das Gefechtsfeld verlieh. (Pelet, Campagne de 1813, Art. X, 358.) *) Siehe Seite 398, 399.

*) Odeleben.

h Moltke, 1848—1849 in Schleswig-IIolsteiu.

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Kerohuaw«.

ihnen folgte im Laufe der Nacht auch Oudinot, welcher nunmehr die Nachhut übernahm. Die Brigade Pelet verblieb bis 4 Uhr früh in Freyburg und folgte dann, nachdem sie die Brücken verbrannt hatte, unbehelligt der Nachhut Oudinots.

Vom Korps Yorck nächtigte das Gros bei Gleina, die Avantgarde bei Müncheroda, die Keservekavallerie und das Strelitzsche llusiirenregimeut bei Zeuchfeld.

Die Gefechte bei Freyburg und Markröhlitz hatten den preußischen Truppen 2 Offiziere, 33 Mann an Toten, 14 Offiziere, 647 Mann an Verwundeten, 98 Mann an Vermißten und 26 tote, 23 verwundete Pferde gekostet'), dem österreichischen 2. Jäger- bataillon*) 2 verwundete Offiziere und 38 Mann vom Ober- jäger abwärts an Toten und Verwundeten. Über den Verlust der Franzosen fehlen alle Angaben. Oberst Jürgaß hatte dem Gegner 400 Gefangene und 3 Geschütze abgenommen, 11 Geschütze, zahlreiche Wagen und Nachzügler fielen am nächsten Morgen den Truppen Yorcks in die Hände. Der Verlust der Franzosen an toten und verwundeten Offizieren betrug nach Martinien sechs.

Gewiß hätten sich hier ebenso wie bei Kosen bei energischerem Wagen weit größere Resultate erzielen lassen. Ja, hier sogar noch eher, stand doch hier kein absolutes Hindernis gegenüber, wäre doch hier die Einwirkung auf die zurückflutenden feindlichen Massen eine direkte gewesen.

Gewiß wird man weder dem General Yorck, noch FZM. Gyulai die Anerkennung versagen dürfen, daß sie tüchtige, energische Korpsführer waren. Hatte Gyulai am Vormittag des 19. Oktober durch sein Warten infolge eines mißverstandenen Befehles manches versäumt, so war doch sein Entschließen und Handeln in den folgenden Tagen ein umsichtiges und energisches. Die Taten des Generals Yorck, des Helden von Möckern, Wartenburg und von der Katzbach sind zu bekannt, als daß diesbezüglich noch W'citer etwas an- zuführen wäre.

') Plotbo, II, Beilage XXIV. Nach der großen Zahl an Ver- wundeten und geringen Zahl au Toten dürfte der größte Teil des Ver- lustes auf das Kavallericgefecht bei Markröhlitz entfallen. !

*) K. A., K. Ä. 1813, Hauptarmee, X, 561.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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Aber weder Yorck noch Gyulai waren wagende, nnter- nebmende Spieleniaturen, beiden lag ruhiges Abwägen näher als keck zugreifendes Wagen. Bei der Verfolgung aber gehören an die Spitze der verfolgenden Truppen Männer vom Schlage Thielemanns oder Blüchers, Männer, denen weniger ruhiges Wägen, als vielmehr kühnes Wagen im Blute liegt und solche Männer nicht an die Spitze der in erster Linie zur Verfolgung bestimmten Truppen gesetzt zu haben, ist die einzige Unter- lassung, die dem Oberkommando FM. Fürst Schwarzenbergs zur Last fällt.

Daß sich mit den von ihm geplanten und ausgeführten Maßnahmen eine zur Vernichtung des Gegners führende Ver- folgung erreichen ließ, das eben beweist gerade der Tag von Kosen und Freyburg. Hier wie dort hing das Schicksal des geschlagenen Heeres trotz der Bravour und Standhaftig- keit der zur Deckung des Rückzuges bestimmten Truppen sozusagen an einem Haare, welches zu erkennen und durcb- zureißen es eben eines kecken Wagemutes bedurft hätte, eines Wagemutes, wie er weder zu den hauptsächlichsten Eigen- schaften Gyulais, über welchen sich die reichsdeutsche Geschichtsschreibung „bereits ihr Urteil gebildet”, noch aber zu jenen des „eisernen” Yorck gehörte.

Das Gros der Yerbündeteu am 21. Oktober; die beider- seitigen Mnßnalinieii für den 22. Oktober').

Von der schlesischen Armee waren die Korps Längeren und Sacken gegen Mittag von Lützen aus in Weißenfels ein- getroffen.

Hier hatten die beiden Gardedivisionen Oudinots auf den Höhen am linken Saaleufer Aufstellung genommen. Das 1. Reservekavalleriekorps deckte die linke Flanke in der Richtung auf Merseburg, zwei Bataillone standen noch vor der zum Abbrennen hergerichteten Brücke. Dichter Nebel, der sich erst gegen Mittag lichtete, lag in der Saaleniederung*) und begünstigte die Annäherung des Gegners. Als sich der Nebel hob, sah man von Oudinots Stellung aus auf den

') Hiezn Textskizze 10.

*) Polot, Campagne de 181.3, Art. X, .3.38.

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Kerohnawe.

gegenüberliegenden Höhen den rekognoszierenden Stab der schlesischen Armee, gleichzeitig aber eröttneten auch schon 24 russische Geschütze das Feuer auf die beiden vor der Brücke haltenden Bataillone, während zwei russische Jägerregimenter in die Stadt eindmngen und auch das Schloß besetzten. Trotzdem gelang es den Franzosen doch noch die Brücke abzubrennen.

Vor der sich immer mehr verstärkenden Artillerie der Verbündeten zog Oudinot seine Truppen außer Schußweite zurück und trat dann, mit der Division Decouz voran, den Rückzug auf Freyburg an. Da man Markröhlitz vom Gegner besetzt fand formierte sich die Division Decouz mit dem linken Flügel am Walde südlich Mai'kröhlitz und ging gegen den Gegner vor, welcher Markröhlitz nach einigen Kanonen- schüssen räumte, während seine Attacke gegen Decouz’ Bataillone erfolglos verlief*).

Gleich nach dem Abzug Oudinots ging man bei der schlesischen Armee sofort daran, unter Mithilfe der Bevölkerung eine Floßbrücke herzustellen und General Emanuel’J stellte noch am Nachmittag die Verbindung mit der Reservekavallerie Yorcks her. Die beiden Korps Längeren und Sacken gingen teilweise noch am Abend auf die Höhen am nördlichen Saale- ufer vor, wo mittlerweile auch General von Kreutz von der Armee Bennigsens über Dürrenberg eingetroffen war.

In Weißenfels nächtigte außerdem die 4. Dmson Wittgen- steins, welche dieser zum Schutze seines Marsches nach Naum- burg auf Weißeufels vorgeschoben hatte.

Hinter der schlesischen .Armee war Bennigsens Gros unter Doctorow nach Lützen gelaugt, die Kavalleriedivision Tschaplitz nach Göhren (an der Luppe). Bennigsens .Avant- garde unter Stroganoff hatte Merseburg besetzt.

Die beiden Kolonnen der Hauptarmeo hatten ihre der Disposition vom 20. entsprechenden Marschziele erreicht. Wittgensteins Korps (e.xklusive der 4. Division) und die

’j Pelet, Campagne de 1S13, Art. X, 354.

*) Siehe Seite 424.

*) Ebenda.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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russisch-preußischen Reserven unter Großfürst Konstantin*) waren nach Naumburg gelangt. Die 2. Division des Grenadier- korps unter GM. Tschoglikow und die 3. Division Dnka des Kürassierkorps waren zur Sichening des dortigen Überganges und als Rückhalt für Platow nach Camburg vorgeschoben worden, das Korps Kleist hatte Stößen erreicht.

Platow stand mit dem Gros seines Kosakenkorps bei Sulza und hatte ein kombiniertes Regiment auf Weimar vor- geschoben, welches sich dort mit Illowaiski vereinigt und einen Versuch eines Detachements L’Heriti6rs, auf Weimar vorzudringen, abgewiesen hatte.

Bei der aus dem Gros der österreichischen Truppen bestehenden linken Kolonne war die als Avantgarde bestimmte 2. leichte Division Bubna nach, einem Gewaltmarsch von 38 Kilometern, zum großen Teile querfeldein, um den Marsch- kolonnen der Korps vorzukommen, an die Spitze der Armee gelangt und lagerte nun bei Serba (zirka 7 Kilometer west- lich Eisenberg). Das L, II. und das Infanteriereservekorps waren in Eisenberg angekommen, ebenso das Armeehaupt- quartier, während FM. Fürst Schwarzenberg mit dem engeren Stabe in Naumburg nächtigte, wo er sich tagsüber aufgehalten.

Die Armeereserveartillerie war in Roda eingetroffen.

Vom Gange des Gefechtes bei Freyburg hatte FM. Fürst Schwarzenberg von einem bei Naumburg errichteten Obser- vatorium ausreichend Kenntnis erhalten *). Da FM. Fürst

') Russisches Greiiadierkorps, russisches Gardekorps, preußische Garde, russisches Kürassierkorps.

Der Bericht Schwarzenbergs vom 22. Oktober früh an den Kaiser sagt hierüber: ,,Man hat gestern während des Gefechtes sehr deutlich das Kanoneiifeuer der Avantgarde des Generals Blücher in der Richtung von Freyburg gesehen, hat aber Ober das Nähere der Bewegung dieser Armee noch keine Nachrichten. Nur ist vom Observatorium folgendes umständlich beobachtet worden: Um 4 Uhr nachmittags sah man die Freyburger Mühle in Brand. Um 6 Uhr war die Kanonade bei Freyburg auf dem Galgenborg sehr heftig; eine halbe Stunde später zog sich das Feuer gegen Querfurth. Um 8 Uhr Üogeu mehrere Pulverkarren in der Richtung gegen Mügeln und Laucha in die Luft; um 10 Uhr brannte das Dorf Groß-Jena. Die Wachtfeuer des Feindes nahmen von 6 Uhr abends bis Mitternacht bedeutend ab." (K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X, 513.)

Uitt«ilang6D des k. und k. Kriegsarobivs. Dritte Folge. IV. Bd. 2<S

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Korobnawo.

Schwarzenberg gegen 11 Uhr abends \t>n Gyulai die Meldung erhielt, daß der bei Kosen gegenüborstehende Feind in der Richtung auf Eckartsberga abzuziehen beginne, woLin ihm einstweilen Patrouillen folgen'), blieb es für den 22. Ok- tober bei der anbefohlenen Disposition*), wobei er noch Gyulai speziell beauftragte, stets die Fühlung mit dem Gegner aufrecht zu erhalten, ihm möglichst Abbruch zu tun, besonders aber auf die eigene rechte Flanke achtsam zu sein und sich keinem Echec auszusetzen.

Gleichzeitig wurde aber beigefügt, daß bei einer der- artigen Verfolgungsoperation immer die eigenen Flanken einigermaßen gefährdet seien, und daß diese Gefährdung von kühnem Handeln nicht abhalten dürfe *).

Später wurde noch angeordnet, daß die Division Moritz Liechtenstein und das Kürassierkorps Nostitz nach Passiemng der Kösener Brücke über Sulza, Appolda nach Umpferstedt zu rücken habe, wo erstore sich mit der die Avantgarde der linken Kolonne bildenden Division Bubna vereinigen sollte; an ihrer Stelle sollte Gyulai eine russische Kürassierditdsion erhalten*).

Napoleon hatte um 4 Uhr nachmittags, nachdem er noch die Verstärkung Oudinots durch die Division Dunitte des ehemaligen VII. Korps anbefohlon hatte, Freyburg ver- lassen und war über ßurkersroda, Kloster-Häseler nach Eckartsberga geritten. Bei Kloster-Häseler (2' j Kilometer westlich Burkersroda) hatte er den Boden Sachsens verla.ssen, welches ihm so verhängnisvoll geworden, dort hatte er das letzte Mal auf sächsischem Boden das ,,vive l’empereur!” seiner Garde gehört'), des letzten Teiles seiner berühmten In- fanterie, welche außer dem Korps Bertrand noch Ordnung bewahrte.

') K. A., F. A. 1813, Hiiuptarmee, X, 513 und Gyulai, XIII, 22U.

*) Siehe Seite 407 und Anhang II.

’j K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, X. 507.

*) Dieser Befehl langte beim Korps Gyulai erst am Morgen des 22. Oktober bei Hassenhauseu (4 Kilometer westlich Kosen) an. (K. A , F. A. 1813, Gyulai, XIII, 220.)

*) Odeleben.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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Nach Freyburg begann sich die Ordnung immer mehr zu lösen. Der Nachtmarsch von WeiÜenfels auf Freyburg auf schmalen, oft tief eingeschnittenen, vom liegen aufgeweichten Wegen, die oftmals verlassen werden mußten, weil fest- gefahrene Geschütze und Fuhrwerke sie verstopften, hatte auflösend gewirkt. Wohl hatte Napoleons Gegenwart au den Brücken bei Freyburg einigermaßen die Ordnung her- gestellt, aber der Aufstieg auf die steil abfallenden Höhen des rechten Unstrutufers, während im Rücken der Gefechts- lärm von Yorcks Angrifi' ertönte und von Süden der Kanonen- donner von Kösen herüberdröLnte, hatte die Ordnung bald wieder gelöst. Jeder trachtete, an den anderen vorbei, vorwärts zu kommen, das eigene Leben in Sicherheit zu bringen. Das den Marsch beschwerende Gepäck wurde von vielen der jungen ermatteten, ausgehungerten Soldaten weggeworfen, bald auch das Gewehr, zu dem ohnehin oft keine Munition mehr vor- handen war. Bei Eckartsberga hatte die ganze Armee nur mehr 37 gefüllte Munitionswagen. Immerhin war es Napoleon gelungen 220 geleerte Munitionswagen sammeln und behufs Füllung nach Erfurt dirigieren zu lassen*).

Schon von Freyburg aus hatte Napoleon dem General Bertrand befohlen*), bei Kösen so lange zu halten, bis Oudinot bei seinem Rückzug von Frey bürg mit ihm auf gleiche Höhe gelangt sei; gleichzeitig wurde ihm aufgetragen die Saaleübergänge bei Camburg und Dornburg zu sichern und jenen von Jena zu beobachten. Dies auszuführen war dem bei Kösen im heftigen Kampfe stehenden General Bertrand nicht mehr möglich gewesen.

Am 22. .sollten Oudinot und Bertrand in einer Stel- lung bei Eokartsberga den weiteren Rückzug decken, den die heute um Eckartsberga lagernden Trümmer der Armee über Büttstedt beziehungsweise über Buttelstedt, Olleudorf auf Erfurt zu bewirken hatten. Napoleon selbst beabsichtigte solange in Eokartsberga zu bleiben, bis er Nachricht erhalten habe, daß Oudinots Nachhut bei Freyburg glücklich die Unstrut überschritten und hinter sich die Brücken abgebrannt habe.

') Polot, Campagne de 1813, Art. X, 359.

Correspondance de Napoleon I., XXVI, 2U.822.

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KerohnAwe.

Die Ereignisse am 22. Oktober. Das Gerecht bei Eckarts- berga.

Schon am Abend des 21. Oktober, von 10 Uhr an, meldeten die Vorposten Gyulais, daß der Feind abznziehen scheine. In den ersten Stunden naeli Mitternacht waren die Höhen westlich Kö.sen vom Feinde frei.

Zur Verfolgung des Gegners ordnete FZM. Gyulai an, daß G^I. Scheither mit dem Regiment Vincent-Chevaulegers und der Kavalleriebatterie seiner Brigade, ferner mit dem Regiment Rosenberg-Chevaulegers und einer halben Kavallerie- batterie der Division Crenneville sowie mit einem Bataillon von Frelich-Infanterie dem Gegner auf der Straße nach Eckartsberga folgen solle, während links davon das Regiment Klenau-Chevaulegers mit einer Kavalleriebatterie auf Auer- städt vorzugehen und ein Detachement bis Buttelstedt vor- zusenden hatte *).

Oberst Graf Mensdorff beabsichtigte mit seinem Streif- korps über Sulza auf Weimar vorziigehen.

Gleich nach Tagesanbruch hatte das Korps in folgender Reihenfolge den Übergang zu bewirken und GM. Scheither auf Eckartsberga zu folgen : Division Moritz Liechtenstein, Infanterie der Division Crenneville, Division Murray, Division Hessen-Homburg. Korpsartilleriereserve *).

GM. Scheither war bald mit dem Gegner in Fühlung getreten und hatte noch in den ersten Morgenstunden gegen 1000 Nachzügler und Gefangene anfgegriffen.

Als die Avantgarde Gyulais den Übergang bewirkt halte, traf von GM. Scheither die Meldung ein, daß vor ihm eine starke Kolonne mit zahlreicher Artillerie in guter Ordnung marschiere, daß er aber des dichten Nebels wegen niohts Näheres feststellen könne. Gyulai ordnete auf das hin an, daß die Avantgarde bei Hassenhau.sen haltmachen und die Infanterie dort in eine Bereitschaftsstellimg übergehen solle, während das Bataillon Warasdiner-St. Georger GM. Scheither als Unterstützung nachfolgen sollte. Während des Haltes bei Hassenhausen langte der Befehl des Armeeoberkommandos

■) K. A., F. A. 1813, Gyulai, XIll, 220.

Kbeii'ln.

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Von Leipsig' bis Erfort.

437

bezüglich der neuen Bestimmung der Division Liechtenstein nnd des Kürassierkorps ein.

Da GM. Scheither bereits mit dem Feinde in Fühlung getreten, von der versprochenen russischen Kürassierdivision aber noch nichts zu sehen war, beschloß FZM. Gyulai dessen Abteilung einstweilen hier zu behalten, der Rest der Division Liechtenstein und nach seinem Anlangen auch das Kürassier- korps, traten den Abmarsch in der anbefohlenen Richtung an.

Die vor GM. Scheither zurückgehende Kolonne hatte mittlerweile zwischen Lissdorf und Eckartsberga Stellung ge- nommen. Bei General Bertrand war ein Befehl des Kaisers eingetroffen, welcher über die Räumung bei Kosen, ,,die durch nichts gerechtfertigt sei sehr ungehalten war und welcher anordnete, in einer Stellung bei Eckartsberga das Eintreffen Ondinots abzuwarten, das 5. Reservekavalleriekorps aber so- gleich zur Beobachtung des Saaleüberganges von Kosen um- kehren zu lassen. Demgemäß ließ General Bertran d das Gros seines Korps auf den Höhen östlich Eckartsberga Stellung nehmen, die Nachhut besetzte Lissdorf, ein Detachement wurde nach Auerstädt vorgeschoben. In dieser Stellung trafen im Laufe des Vormittags auch Oudinots Truppen ein. Oudinot, welcher im Laufe der Nacht Freyburg geräumt und sich sodann mit der ihn aufnehmenden Division Durutte vereinigt hatte, war abschnittsw'eise über Kloster-Häseler zurUckgegangen. Seine Nachhut hatte, obwohl der Gegner gar nicht drängte, wiederholt Stellung genommen*), verschiedene Fuhrwerke hatten entleert und stehen gelassen werden müssen. Seitens des Korps Yorck waren nur Patrouillen nachgefolgt.

So standen nun bei Eckartsberga dem Korps Gyulai sehr ansehnliche Kräfte gegenüber, deren Gefechtskraft außer- dem noch nahezu ungebrochen war*). Es ist begreiflich, daß

') Correspondance de Napoleon I., XXVI, 20.823.

*) Pelet, Campagne de 1813, Art. X, 361.

•) Oudinot und Durutte zirka 40 Bataillone mit zirka l.ö.OOO Maim ; Bertrand mit Guilleminot zirka 40 Bataillone mit zirka 9000 bis 10.000 Mann ; vom 1. Kavalleriekorps zirka 60 Eskadronen mit zirka öOOO Reitern ; vom ö. Kavalleriekorps zirka 4.") Eskadronen mit zirka 3000 Reitern : zusammen 24.000 bis 25.(X)0 Mann, 801X1 Reiter mit zirka 120 Geschützen. Diesen hatte Gyulai nur .sein Korps und das Rogiineiit

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Kerohnawe.

Gyulai, welcher überdies gerade in diesem Moment einen an- sehnlichen Teil der ihm unterstehenden Truppen abgeben mußte, mit dem Angriff zauderte hatte doch der berühmte Yorck bei Freyburg unter günstigeren Verhältnissen nicht anders gehandelt.

Als um Mittag der dein General Grafen Barclay de Tolly zugeteilte Ober-stleutnant Neumann des k. k. Generalqnartier- meisterstabes bei Gyulai eintraf und meldete, daß die russi- schen Truppen bereits die Brücke bei Kosen überschritteu und 4 russische Kürassierregimenter zur Unterstützung des III. Korps im Anmarsch seien'), gab FZM. Gyulai, als sich tatsächlich die Tete einer russischen Kürassierkolonne hinter Hassenhausen zeigte, den Befehl zum Angriff.

FML. Graf Crenneville mit dem Regiment Klenau- Chevaulegers, dem Bataillon Warasdiner-Creuzer und einer halben Kavalloriebatterie erhielt die Direktion über Lissdorf auf Eckartsberga, GM. Scheither mit den Regimentern Vincent- und Rosenberg-Chevaulegers, dem Bataillon von Frelich und l'/s Kavalleriebatterien sollte den Gegner aus Auerstädt vertreiben, das Gros, in Gefechtsformation in zwei Treffen*!, über Gernstedt FML. Crenneville naohfolgen. Hinter dem Gros des Korps folgten die beiden ’) bisher ein- getroffenen russischen Kürassierregimenter.

Als das erste Treffen bei Gernstedt angelaugt war, er- schien Oberstleutnant Neu mann neuerdings und meldete, daß außer den beiden bisher eingetrofienen schwachen russi- schen Kürassierrogimentern keine weiteren Verstärkungen zu erwarten seien und daß sich danach zu richten sei. Mittlerweile waren sowohl FML. Crenneville als General Scheither bereite ins Gefecht getreten. FZM. Gyulai schickte daher ein schriftliches Ansuchen um Unterstützung an

Vincent-Chevaulegers sowie 1 Kavalleriebatterie der Division Liechten- stein, zirka l.ö.OüO Mann, 2tXK) Heiter, t>4 Geschütze gegenflberzustolleii.

') K. A., F. A, 1813, Gyulai, XIII, 220.

*) Division Hessen-Homburg mit der Brigade Weigel rechts, Brigade Grimmer links im ersten, Division Murray mit der Brigade Csollich rechts, Brigade Salins links im zweiten Treffen. (K. A., F. A. 1813, Gyulai, XII 1. 220.)

’) Diese beiden Regimenter waren nur wenig über .ÖOO Reiter stark. Siche auch Anhang ia, russische 2. Kürassierdivision. (K. A.. F. A. 1813, Hauptarmee, X, Ü78 und Gyulai, XIII, 220.)

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Von Leipsiff bis Erfurt.

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General Barclay'), worin er die dringende Notwendig- keit einer solchen zur tiberwindung des überlegenen Gegners betonte. Das Gros wurde einstweilen zum Halten befehligt.

Eine Unterstützung kam zwar nicht, hingegen General Barclay und Großfürst Konstantin, welch letzterer er- klärte, daß die russischen Truppen schon Opfer genug ge- bracht hätten und im Bedarfsfälle auch wieder solche zu bringen bereit wären, daß es aber jetzt Sache der Öster- reicher sei anzugreifen, was speziell Großfürst Konstantin „mit einiger Heftigkeit*)” hervorhob. Sodann sprengte. Groß- fürst Konstantin zum Regiment Klenau, kommandiertedort selbst zum Abmarsch, haranguierte die Truppe und begab sich dann nach einem neuerlichen Wortwechsel mit Gyulai, zusammen mit General Barclay in der Richtung nach Hassenhausen zurück; FZM. Gyulai aber zog die Brigade- batterien des ersten Treffens vor und ließ den Angriff durch- fuhren.

Mit Hilfe von Abteilungen der Regimenter Ignaz G3mlai und Kolowrat’) nahm FML. Crenneville Lissdorf, während die beiden Bataillone GM. Scheithers‘) den Gegner nach ziemlich hartnäckigem Kampfe aus Auer- städt vertrieben, wobei es auch zwischen den Reitern GM. Scheithers und solchen des 5. und 1. Kavalleriekorps’’) zum Gefecht kam.

Nach der Wegnahme von Lissdorf wurde zwar dem Gegner sofort nacbgedrängt, einzelne Abteilungen drangen auch in die feindliche Hauptstellung bei Eckartsberga ein, wurden jedoch nach lebhaftem Bajonettkampf ") wieder zurückgeworfen, da die rückwärtigen Abteilungen infolge

') K. A., F. A. 1813, Ilauptarrnee, X, 578 und Gyulai, XIII, 220.

’) F.benda.

’) Erstes Treffen der Division Hossen-nomburg.

*) Ein Bataillon von Frelich und Warasdincr-St. Gcorger.

') Offiziersverluste batten das 7. Ilu.sarenrogitnent vom 1. Reservc- kavalleriekorps, das 6., 15.. 18. Dragonerrcgiment vom 5. Reservekavallerie- korps. (Martinien, Tableaux des ofliciers tu4s et blessfe etc.)

*j „Die Mannsobalt kehrte mit blutigen Bajonetten zurück, einige Offiziers waren durch Hiebe im Gesicht verwundet,” sagt die Relation Gyulais. (K. A., F. A. 181.3, Hauptarmee, X, .578.)

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Kerchfiftwe.

des dichten Nebels, der jede Aussicht benahm ’j, zu weit ab- geblieben waren.

Da nun auch bereits Dunkelheit eintrat, gabFZM. Gyulai weitere Angriffsversuche auf.

Die beiden Grenzerbataillone mit einem Bataillon Ignaz Gyulai als Unterstützung bezogen in der Linie von den Wal- dungen nördlich Lissdorf, Anerstädt Gefechtsvorposten, dahinter lagerten gefechtsbereit mit zurückgebogenem linken Flügel die beiden Infanterietreffen.

Gegen diese Aufstellung unternahm der Gegner zwischen 10 und 12 Uhr nachts zwei kurze Vorstöße mit Kavallerie, welcher Infanterie nachfolgte, welche aber beide abgewiesen w’urden*). Gegen 2 Uhr nach Mitternacht räumte Oudinot seine Stellung und ging auf Buttelstedt zurück.

Das Gefecht bei Eckartsberga hatte dem Korps Gyulai und dem Detachement Scheither 35 Tote, 5 Offiziere, 1C4 Mann an Verwendeten’) gekostet, die Franzosen verloren 8 Offi- ziere'); ihr sonstiger Verlust läßt sich nicht feststellen.

Auch bei Weimar war es am 22. Oktober zu einem Zu- sammenst(iß gekommen. Napoleon, welcher Eckartsherga um 8 Uhr früh verlassen hatte und nach Ollendorf (an der Straße Buttelstedt Erfurt) geritten war, hatte, beunruhigt dirrch die Anwesenheit von Kosakenabteiluugen in Weimar’), dem mit der Aufklärung des linken Saaleufers beauftragten GL. Lefebvre Desnouettes") den Befehl gegeben, die Kosaken aus Weimar zu vertreiben.

Begünstigt durch den dichten Nebel gelang es auch Lefebvre wirklich, gegen Mittag überraschend in Weimar

') Sowohl Oyulais Relation, als auch das Operationsjonrnal be- tonen, daß der Nebel sich den g.mzen Tag nicht hob, und daß man oft nicht 10 Schritte weit sehen konnte. (K. A., F. A. 1813, Hauptannee. X, .578 und Gyulai, Xlll. 220.

•) K. A., F. A. 1813, Gyulai, XGI, 220.

*) Ebenda, Hauptarmee, XIII, 22.

*) Nach Martinien. Mannschatlsvcrlust unbekannt.

GM. Illowaiski XII und Oberstleutnant Krapowitzky. (Siehe Seite 433.)

*) Mit einem Teile der Gardokavallerie, Brigaden Pir6 und Valin des 1. und nach den Offiziersverlusten Teile von der Division Roussel-d’Hurbal des 2. Reserv-ekavalleriekorps.

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Von Leipzig bii Erfurt.

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einzudringen, aber die Kosaken ralliierten sich bald und da außerdem Platows Gros, die Streifkorps Thielemanus und Mensdorffs eintrafen, wurden die Franzosen bald wieder vertrieben.

Das Gros Platows ging gegen Lefebvres rechte Flanke vor, einige Eskadronen Bubnas') gegen dessen linke Flanke, während in der Front der Rest der Kosaken und die beiden Streifkorps anritten. Die Franzosen wiu'den geworfen und von Platow bis südlich Buttelstedt verfolgt, wobei ihnen zahlreiche Gefangene abgenommen wurden.

Die Division Bubua besetzte Weimar, Thielemann und Mensdorff gingen bis Nohra zirka 8 Kilometer westlich Weimar vor.

Auch das Streifkorps GL. Tschernitschew von der Nord- armee*) war am 22. Oktober bis Schloß Yippach (südlich Sömmerda) gelangt, griff zahlreiche Gefangene auf und mel- dete an die schlesische Armee, daß es am nächsten Tage den Marsch der französischen Armee in der Richtung auf Erfurt kotoyieren werde*).

So war am 22. Oktober zwar ebenfalls kein entschei- dendes Resultat erreicht worden, trotz der trefflichen Maß- nahmen des Gegners und der guten Haltung seiner Sicherungs- truppen, aber doch überall die Fühlung mit dem Gegner, und zwar auch mit dessen Gros aufrecht- erhalten, ihm wesentlicher Abbruch getan, seine Auflösung gefördert worden, ein Resultat, welches immerhin sehr ansehnlich die Ergebnisse fast aller Verfolgungsoperationen von 1815 herwärts übertrif'ft.

Das Gros der zurückflutenden französischen Armee hatte am 22. Oktober die Gegend zwischen Buttelstedt und Ollen- dorf, Teile sogar schon Erfurt erreicht.

') Eine Division Blankenstein-Hnsaren.

*) 6 reguläre russische Eskadronen (2 vom Isumyschen Husaren- rcgimer.t, je 2 der Dragoneiregimenter Finnland und Iliga), 5 Kosaken- regimentor(Sisojew IV, Schirow, Grekow XV’IlI,WlassowIlI, Balabinell), '/« reitende Batterie, zirka 1200 bis llOO Reiter, 4 bis 0 Geschütze. (Hcgdanowitsch, 111, 35.)

’) Fricderich, Herb.stfeldzug 1813, III, 250.

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Kerclinaw®.

Napoleon selbst war bis 8 Uhr früh in Eckartsberga verblieben, und war dann über Büttstedt, Buttelstedt bis Ollendorf geritten; hier mußte erhaltmachen, um der Division Friant der alten Garde und der Gardekavalleriedivision Walther, welche ihn begleiteten, eine längere East zu gönnen und einige Befehle auszufertigen. Um Mitternacht brach er dann nach Erfurt auf, welches er um 3 Uhr morgens des 23. erreichte.

Die Division Curial der alten Garde halte der Kaiser als Rückhalt für Oudinot bei Büttstedt zurückgelassen, so daß dieser eventuell über etwa 30.000 Mann Infanterie, größtenteils Eliteti uppen, verfügte*). Wenn auchGyulai von der Anwesenheit der Division Curial bei Büttstedt kaum Kenntnis hatte, so ist doch als sicher anzunehmen, daß er ohne Unterstützung, mit seinem Korps allein, nicht durch- zudringen vermocht hätte, daß also die Einstellung des .^n- griffes bei Einbruch der Dunkelheit kaum verurteilt werden kann.

Von den Truppen der Verbündeten hatte das Korps Yorck am Morgen des 22. Freyburg widerstandslos besetzt und der französischen Nachhut nur Patrouillen folgen lassen. An die Wiederherstellung der zerstörten Unstrutbriiekon wurde nicht geschritten, sondern der Tag sollte dazu benützt werden, um Bekleidung, Bewaffnung und Beschlag in stand zu setzen, Munition und Proviant zu ergänzen und dergleichen mehr, wobei ein eben eingetroffener Schuhtransport trefflich zu statten kam.

Blücher war am 22. Oktober, .5 Uhr früh, mit den beiden russischen Korps seiner Armee von Weißenfels nach Freyburg, beziehungstveise (Korjis Sacken) nach Laucha anf- gebrochen und war sehr wenig darüber erbaut, Yorck s Truppen in Freyburg, noch dazu derart friedlich beschäftigt, atizu- tretfen.

Er ordnete sofort die Wiederherstellung der Brücken an und befahl, daß das Korps Yorck nach Herstellung der Brücke bei der Zeddenbacher iMühle dort überzugehen und bis Stein- bach und Pleismar, am 23. aber bis Sömmerda zu marschieren habe. Die Reservekavallerie des Korps sollte über Laucha,

Stelle auch Anmerkung .3 .auf Seite 437.

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Von Leipzig; bia Erfart.

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Xebra, Wiehfi gegen Weißensee bis zum Einbruch der Dunkelheit marschieren und den linken Flügel des Gegners umgehen, am 23. aber bei Tagesanbruch den Maisch fort- setzen. Das Korps Sacken sollte über Laucha nach Bibra, am 23. bis Leubingen marschieren, das Korps Langeron die Unstrut bei Freyburg übersetzen und am 22. Kloster-, be- ziehungsweise Burghäseler, am 23. Schloß Vippach erreichen.

Die V'^ersäumnisse Yorcks vom Vormittag des 22. Oktober ließen sich aber auch bei äußerster Anstrengung seitens der Truppen nicht wieder gut machen, da erst jetzt, in den letzten Vormittagsstunden mit der Wiederherstellung der zer- störten Brücken begonnen werden konnte. Nur die Kavallerie und Teile der Infanterie der Avantgarde Yorcks erreichten in der Nacht vom 23. auf den 24. die für den 23. Oktober an- befohlenen, weitgesteckten Marschziele am 22. gelangten die Truppen der schlesischen Armee kaum über die Unstrut hinaus.

Das Korps Yorck, welches die Wiederherstellung der Brücke bei der Zeddeubacher Mühle nicht abwartete, gelangte in den Raum Burgscheidungen, Domdorf, seine Eeserve- kavallerie, welche das Defile bei Doradorf verstopft gefunden halte, bis Karsdorf, das Korps Sacken in den Raum Gleina, Laucha, das Korps Langeron verblieb in Freyburg. Nur Wassilitschkoffs Reiter hatten bei Burgscheidungen die Unstrut übersetzt.

Dergestalt hätten die Gros der schlesischen Armee am 23. Oktober etwa 40 bis 45 Kilometer auf schlechten, vom Regen aufgeweichten Wegen zurücklegen müssen, um die von Blücher für den 23. Oktober anbefohlenen Marschziele zu erreichen.

Infolge dieses Aufenthaltes an der Unstrut schloß die Reservearmee im Laufe des 22. an die schlesische Armee an.

Das Detachement Kreutz erreichte Freyburg, die Avant- garde unter Stroganoff und die Kavalleriedivision Tschaplitz Mücheln, das Armeehauptiiuartier und das Korps Doctorow Weißenfels.

Vom Gros der Hauptarmee hatten W'ittgenstein und die russischen Reservekorps bei Kosen die Saale überschritten und biwakierten zw’ischen Kosen und Ilassenbauseii. Eine

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444

Kerchnawe.

Brigade der russischen 2. Kürassierdivision war zu Gyulai nach Lissdorf vorgeschoben, die russische 3. Kürassierdivision und die russische 2. Grenadierdivision waren bei Camburg verblieben, das Korps Kleist hatte Kosen erreicht.

Von der linken (österreichischen) Kolonne der Haupt- armee hatte die 2. leichte Division Bubna Weimar besetzt, die 1. leichte Division Moritz Liechtenstein') (exklusive Deta chement GM. Scheither) und das Kürassierkoii^s biwakierten bei Umpfersdorf, das 1., 2. und Infanteriereservekorps sowie die Armeeartilleriereserve nächtigten im Raume Jena, Liechten- hayn, Kötschau, Isserstedt, Cospeda*). Das Armeeoberkommando war in Jena.

So hatte sich das Gros des geschlagenen französischen Heeres dank des tapferen Widerstandes seiner Nachhuten und des wenig umsichtigen Benehmens Gyulais und Yorcks am 21. und teilweise auch am 22. Oktober einer flankierenden Einwirkung seitens der feindlichen Hauptkrait wie solche FM. Fürst Schw'arzenberg in seinen Anordnungen für den 20. bis 22. Oktober geplant hatte glücklich entzogen’). Nur seitens der Streifkorps und bei sehr raschem Marsche auch seitens der äußersten Avantgarde der linken Kolonne der Hauptarmee (Division Bubna) wäre eine solche flan- kierende Einwirkung noch möglich gewesen, nur die beiden leichten Divisionen der linken Kolonne, das Kürassierkorps und vielleicht die Spitzen des österreichischen I. Korps konnten bei großer Anstrengung noch den Rückzug der in der Zeit von Mitternacht bis 3 Uhr morgens die Stellung bei Eckarts- berga räumenden französischen Nachhut gefährden.

') Die Division Liechtenstein wurde vom 23. abends an mit der Division Bubna zu einer Avanfgardedivision unter FML. Bubna verschmolzen. Die Regimenter Vincent-Chevaulegers und Levenehr- Dragoner, da.s Broder Gronzorbataillon und die Artillerie traten zu die.ser neuen Avantgarde über, das Regiment Kaiser-Chevaulegers zur Kavnllcriere.servc, bei welcher FML. Moritz Liechtenstein das Kom- mando einer aus den Brigaden Desfours und Kutalek gebildeten Division übernalim, die drei .Tiigerbataillone, welche auf je 420 bis 470 Mann reduziert waren, wurden behufs Ergänzung einstweilen ausgeschieden und nach Eger zurückge.schickt. (K. A., F. A. 1813, Hauptarinee, 111, ad 48J.)

•) Details siehe Textskizze 11.

Ebenda.

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Von Leipzig bis Erfurt.

445

Die schlesische Armee stand infolge ihres Marsches auf Weißenfels und des Aufenthaltes an der Unstrut derart weit vom Gros des zurückgehenden Gegners ab, daß in den nächsten Tagen an eine Parallelverfolgung ihrerseits auch bei äußerster Anstrengung seitens der Truppen nicht mehr zu denken war.

Maßnahmen der Yerbiindeten für den 23. Oktober.

Rückzug der französischen Armee nach Erfurt.

Da FM. Fürst Schwarzenbergs Armeedisposition nur bis zum 22. Oktober reichte, die Lage überdies neue Ent- schließungen verlangte, gab der Führer der Verbündeten für den 23. eine neue Disposition heraus.

Von der richtigen Annahme ausgehend, daß an ein Über- holen des französischen Gros seitens der linken Kolonne über- haupt nicht zu denken, ein Abdrängen der französischen Nachhut ebenfalls schwer möglich, jedenfalls aber nur in der Richtung auf Erfurt zu suchen war, befahl FM. Fürst Schwarzenberg*) den Vormarsch der linken Kolonne bis über Weimar hinaus’), während die Avantgarde unter FML. Bubna bis über Nohra hinausrücken und Detachements in der Richtung auf Erfurt bis über Mönchenholzhausen und Nieder-Zimmem ’) vorschieben sollte; also bis auf . 5 bis 6 Kilo- meter an Erfurt heran.

Die Streifkorps wurden angewiesen, Erfurt südlich um- gehend, sich auf die Rückzugslinie des Gegners zu begeben. General Illowaiski und Oberst Krapowitzky waren ihnen bereits vorausgegangen und hatten schon am 23. Oktober die Gegend von Gotha erreicht.

Der unter G. d. I. Barclay stehenden rechten Kolonne wurde anbefohlen, der feindlichen Nachhut auf dom Fuße zu folgen und mit der Tete Buttelstedt zu erreichen.

') Disposition t'Or den 2.3. Oktober 1813. (K A., F. Ä. 1813, Uaaptarmec, X. 539.)

•) Im Lager südlich der Chaussee Weimar— Ulla, östlich und west- lich von Neu-Grunstedt. Marschleistung 22 bis 25 Kilometer. (Ebenda, X, .539 und XIII, 48 d.)

*) Die Disposition sagt Unter-Zimmern, was jedenfalls mit Nieder- Zimmern identisch sein dürfte.

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Kerohnawe.

Der schlesischen Armee und der Reservearmee -wurde für den 23. völlig freie Hand gelassen, nur an FM. Blücher die Aufforderung gerichtet, ,,mit der schlesischen Annee über Tennstedt nach Langensalza zu marschieren, um so die feind- liche Stellung bei Erfurt zu umgehen und falls Napoleon eine Schlacht annehmen würde, durch gleichzeitige Angriffe in Rücken und Flanke dem feindlichen Heere den gänzlichen Untergang zu bereiten”.

Der Gedanke, daß Napoleon, gestützt auf die Befesti- gungen und sonstigen Hilfsmittel von Erfurt, dort noch ein- mal an das Glück der Waflfen appellieren werde, war bei dem Naturell dieses Gegners wohl nicht ganz unbegründet.

Die französischen Nachhuten hatten überall eine vor- zügliche Haltung gezeigt, und wenn auch täglich zahlreiche Gefangene und Erschöpfte aufgegriffen wurden, wenn auch bekannt war, daß der Gegner an empfindlichem Munitions- mangel leide, so konnte doch, nach der Gefechtskraft der Nachhuten zu schließen, der Zustand des Gegners, dessen Gefechtskraft leicht höher taxiert werden, als dies tatsächlich zutreffend war. Diesen Schätzungsfehler haben bisher noch fast alle Armeeführer begangen. Es war aber außerdem bekannt, daß Teile des französischen Heeres bereits am 22. Oktober Erfurt erreicht hatten, so daß nachdem die Hauptaruiee nicht vor dem 24. vor Erfurt schlachtbereit sein konnte immerhin Zeit und Gelegenheit als vorhanden an- genommen werden konnten, um, besonders unter Napoleons mächtigem persönlichem Einfluß, die Armee wieder schlag- fällig zu machen'). Zudem war in Erfahrung gebracht worden, daß etwa 14.000 bis 15.000 Mann Ersatztruppen nach Mitte Oktober teils in Erfurt angelangt*), teils dorthin im Marsche

') Im Jahre 1866 genügten die 36 Stunden vom Nachmittag des 1. bis zum Morgen des 3. Juli vollständig, um die österreichische Armee wieder derart schlagfertig zu machen, daU im Verlauf der Schlacht fOr den Gegner eine sehr ernstliche Krise eintrat.

•) Marschall Kellermann hatte von Mainz aus ein Detachement von f)tXK) Manu nach K.as.sel dirigiert, ebenso eine Marschkolonne (die 54.) Krsatztrnppcn von 3000 Mann. Die fjö. Marschkolonne, 4000 Mann mit 14 Geschützen und zahlreichen Vorräten, war nach Krfurt dirigiert worden und dort angekommeu; die 56. Kolonne, 3000 Mann mit 16 Ge- schützen, hatte ebenfalls Erfurt erreicht. Die Summe 15.000 Mann

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Von r^eipzig bis Erfurt.

447

begriffen waren, so daß mindestens die Verluste der letzten Tage ausgeglichen werden konnten.

Aber FM. Fürst Schwarzenberg hielt trotz aller dieser Gründe die Hauptarmee für den eigentlichen Angriff stark genug nnd gedachte, während er mit dieser den Gegner fest- hielt, ihm durch die schlesische Armee den Rückweg ab- schneiden und den gänzlichen Untergang bereiten zu lassen. Es ist bezeichnend, daß der Feldmarschall hier neuerdings die gänzliche Vernichtung des Gegners durch Angriff aus zwei Fronten und Verlegung des Rückzuges beabsichtigt, ein Gedanke, den er auch vor den Operationen auf Leipzig aus- sprach') und dessen Durchführung er auch anstrebte, so hart- näckig man auch dieses Streben von anderer Seite stets bestritt®).

Aber Napoleon dachte vorderhand wenigstens nicht mehr an Schlacht und Sieg. Die bisherige Verfolgung hatte vollauf genügt, die Truppen, ausgenommen das IV. Korps, die Garden, einige polnische Bataillone und das Gros der Kavallerie und Artillerie, derart aufzulösen, daß selbst ein Napoleon nicht mehr daran denken konnte, aus diesen un- geordneten Haufen innerhalb 3(! bis 48 Stunden schlagfertige Truppenkörper zu bilden. So benützte er denn den gewonnenen Vorsprung und die Hilfsmittel Erfurts nur dazu, sich den weiteren Rückzug zu sichern.

Etwa 8000 Mann Neuformationen darunter ein aus Nationalfranzosen für den König von Westfalen formiertes Husarenregiment und Ersatztruppen mit zirka .SO Geschützen, welche bis Eisenach gelangt waren, hatten nach der Werra uin- zukehren und den Übergang bei Vacha®) festzuhalten. Das Gros der Kavallerie unter Sebastiani hatte zur eventuellen Frei- machung der Marschlinie bereits am 23. Oktober nach Gotha auf- zubrechen. Der Artilleriepark sollte unter Bedeckung des Restes des polnischen Kavalleriekorps den Reitern Sebastian is folgen.

stimmte also mit den Nachrichten, welche Schwarzenberg erhalten, überein, wenn auch nicht die Art der Verwendung. (Pelet, Campagne de 1813, Art. X, 340.)

') Siehe Anmerkung 1 und 2 auf Seite 373.

’J Vor allem Bernliardi, Lehen und Denkwürdigkeiten de.s FM. Grafen Toll u. a. m.

•) Siehe Übersichtskarte, Toxtskizze 4.

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Kerohnawe.

Die Truppen in und um Erfurt hatten nach Tunlichkeit ihre Ver- bände zu ordnen, ihre Bekleidung und Munition zu ergänzen'), die 8000 Mann und 600 Pferde eingetroffener Ersatztruppen und 2000 in Erfurt befindlichen Rekonvaleszenten und Ersatz- mannschaften wurden unter die Truppen verteilt'''). Am 24. Ok- tober hatte die Avantgarde Rest des V. und XI. Korps unter Macdonald, am 25. von 3 Uhr früh an das Gros den Rückzug fortzusetzen, ■welchen Bertrand in der linken, die Kavallerie Lefebvre-Desnouettes’ in der rechten Flanke decken sollte, während Mortier mit zwei Divisionen junger Garde Oudinot ablösen und die Nachhut bilden sollte.

In Ausführung der im vorstehenden erwähnten Befehle erreichten die Truppen der linken Kolonne der Hauptarmee am 23. Oktober kampflos ihre Marschziele. Die Divisionen Bubna und Hardegg hatten zirka 400 im Gefecht bei Buttelstedt^ Versprengte aufgegriffen. Bubnas Patrouillen und die Streif- korps meldeten ferner, daß sich bei Erfurt zahlreiche französische Lager befänden, daß sich Kaiser Napoleon seit 22. vormittags in der Stadt aufhalte und daß der Verteidigungszustaud der Festung ein guter sei*).

Nicht so kampflos verlief der Vormarsch der rechten Kolonne. Hier hatte Kaiser Alexander, ungehalten über das Benehmen Gyulais am 22. Oktober (jenes Großfürst Kon- stantins dürfte ihm w'ohl unbekannt geblieben sein) die Bildung einer Avantgarte aus russischen und preußischen Truppen befohlen. GL. Graf Pah len III hatte das Kommando dieser aus dem Gros seiner Division*), aus der Reserve-

') Die nach Erfurt vorausgesandten Munitionsfuhrwerke (siehe Seite 435) hatten ihre Neufüllung bereits bewirkt.

*) Den stärksten Zuwachs 2400 Mann erhielt die nur mehr 1600 Mann starke Division SdmÄle des IX. Korps. ((,**, Französische Armee im Jahre 1813.)

“) Siehe Seite 450.

*) K. A., F. A. 1813, Hauptarmee, XIII, 48 d.

“j Diese Division bestand aus dem Gros der 1. Hnsarendivision : Hmsarenregimonter Grodtio i 5 Eskadronen), Sumy (5 Eskadronen), Lubuy (4 Eskadronen), Olwiopol (2 Eskadronen) ; aus Teilen der kombinierten Ulanendivision: Illanenregiment Tachugujew (6 Eskadronen), Tataren- Ulanenregiment (4 Eskadronen), Kriratataren (1 Eskadron) und vier

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V'on Leipzig bis Erfurt.

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kavallerie des Korps Kleist ') und der russischen 3. Kürassier- division*), sowie aus drei reitenden Batterien bestehenden, zusammen zirka 6000 bis 6300 Reiter, 24 Geschütze starken Avantgarde zu übernehmen. Links von dieser Avantgarde hatte ein Detachement von 12 Eskadronen*), 4 Bataillonen*) und 2 reitenden Geschützen unter GM. Ossarowsky über Auerstädt, Rannstedt auf Buttelstedt vorzugehen. Das Gros hätte in der Reihenfolge Korps Wittgenstein, Gyülai, Kleist, Reserven*) der Avantgarde auf Buttelstedt nachfolgen sollen.

Dieser Befehl langte beim III. Korps um 3 Uhr früh an. Als jedoch die Vorposten meldeten, daß der Gegner ab- zuziehen scheine, während von der neuen Avantgarde um 5 Uhr früh noch nichts zu sehen war®), ordnete FZM. Gyulai sogleich das Vorrücken an und ließ Eckartsberga in Besitz nehmen, während GM. Scheither beauftragt wurde, mit dem Regiment Vincent- Chevaulegers, seiner Kavallerie- batterie, dem Bataillon Warasdiner-St. Georger und einem Bataillon Frelich dem Gegner in der linken Flanke zu folgen.

Als das Korps Gyulai um zirka 7 Uhr morgens aus Eckartsberga debouchierte, mußte es haltmachen, um die nun vortrabende Reiterei Pahlens durchzulassen*). Gleichzeitig kam von GM. Scheither die Meldung, daß im Raume

Kosakenregimentern unter GM. lllowaiski XII, von welchen aber 3 mit GM. lllowaiski bereits voraus waren, alles in allem noch 27 Eskadronen, 1 Kosakenregiment und 2 reitende Batterien, zirka 2300 bis .3000 Heiter mit 16 Geschützen. Wie viel Heiterei hievon bei der Infanterie Wittgensteins zurückgeblieben, ist nicht eruierbar.

‘) Ostpreußisches, brandenburgisches und .schlesisches Küras.sier- regiment, neumärkisches Dragonerregiment (ohne Jägereskadron), 3 Land- wehrregimenter i 2 Eskadronen, zusammen 22’. Eskadronen = zirka 22<X) bis 2300 Reiter mit 16 reitenden Geschützen.

’) Kürassierregimenter Militärorden, Kleinrußland, Starodub, Xow- gorod, zusammen 16 Eskadronen mit zirka 1400 bis 1,300 Reitern.

*) Je 5 Eskadronen vom Gardedragoner- und Oardehnsarenregiment, 2 vom Gardeulanenregiment.

*) Leibgardejägerregiment und Gardeiegiment Finnland. tBog- danowitsch III.)

*) K. A., F. A. 1813, Gyulai. XIII, 720.

•) Ebenda.

’) Ebenda.

Uitteilungen des k. und k. KriegsarchivR. Dritte Folge. XV. Bd 29

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Korchnawe.

zwischen Eckartsberga und Buttelstedt zirka 6000 Mann feind- liche Kavallerie stünden, hinter diesen seien zwei starke Infanteriekolonnen im Abzug auf Buttelstedt, beziehungs- weise auf den Ettersberg'' (die langgestreckte Höhe südlich Ettersburg Saehsenhausen).

Marschall Oudinot und General Bertrand waren auf ihrem Marsche durch zahlreiche Nachzüglerhaufen, stehen- gelassene Trainfuhrwerke u.dgl. aufgohalten worden und dadurch gezwungen, um wenigstens einen Teil der ersteren, die meist ganz gesund und marschfähig waren, vor Gefangennahme zu retten, wiederholt Stellung zu nehmen.

Als sie im Uaurae zwischen Buttelstedt und dem Etters- berg Aufstellung genommen hatten, stiell Fahlen auf die die äußerste Nachhut bildenden Reiter vom 1. und 5. Kavallerie- korps. In dem sich nun entspinnenden Kavalleriegefecht, welches durch das Regiment Tschugujew eröfihet wurde und in welches auch das von Freyburg vorgegangene Detachement Kreutz der Reservearmee eingriff®), wurde die französische Kavallerie unter anscheinend ansehnlichen V erlusten ’) geworfen, doch konnte sie sich hinter der Front Oudinots, beziehungsweise Bertrands bald sammeln, gegen deren Infanterie Pahlens und Ossarowskys Reiter nichts auszurichten vermochten.

Oudinot räumte gegen Mittag seine Stellung bei Buttel- stedt und ging, von Fahlen und Kreutz gefolgt, über Ollen- dorf auf Erfurt zurück, Bertrand, gefolgt von Ossarowsky, längs des Nordabfalles des Ettersberges, wobei er auch von Detachements Bubnas und Hardeggs belästigt wurde.

Fahlen machte bei Schwerstedt, Ossarowsky bei Ramsla und Kreutz bei Neumark halt. Ossarowskys Tor- posten nahmen Verbindung mit jenen der Division Hardegg des österreichischen I. Koq>s.

’) K. A., F. A. 1813, Gyulai, XIll, 230.

’) lliugegen war die Kescrvckavallerie Kleists noch nicht ein- getroflen.

‘j Nach Martinien, Tableaux des officiors tues et Wesses, verlor die französische Kavallerie am 22. und 23. Oktober bei Eckartsberga, Buttelstedt und Weimar 19 Offiziere. Da Datum und Ortsangabe viel- fach verwechselt sind, lälJt sich eine genaue Trennung für jedes ein- zelne Gefecht nicht durchführen.

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Von Leipzig bis Erfurt.

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Das Korps Gyulai, welches ohne Wittgenstein abzu- warten*), Fahlen gefolgt war, lagerte bei Nermsdorf®). Die übrigen Teile der Kolonne Barclay lagerten oder kantonierten®) im Raume Nieder- und Ober-Reißen, Büttstedt, Eckartsberga.

Die schlesische Armee hatte die Marschziele Leubingen, Sömmerda, Schloß Vippach welche Blücher für den 23. anbefohlen hatte, nicht erreicht, auch nicht einmal mit den Vorhuten. Nur die Kavallerie und reitende Artillerie der Avantgarde Yorcks erreichte um 7 Uhr abends Sömmerda, vermutlich auch Wassilitschkoffs Kavallerie ('vom Korps Langeron) Schloß Vippach. Die Infanterie der Avantgarde Y*orcks kam nach einem überaus ermüdenden Marsche von 43 Kilometern auf aufgeweichten Wegen zum geringem Teile um '/*5 Uhr morgens des 24. in Sömmerda an, die meisten Leute aber erst später. Die Reservekavallerio Yorcks war bis Ostramondra gekommen, das Arnieekommando nach Groß- Neühausen. Die Gros der Korps Sacken, Y’^orck und Langeron waren in die Räume Ostramondra Bachra, Klein-Neuhausen Roldisleben, Olbersleben Hardisleben gelangt.

Trotz aller Energie Blüchers, trotz äußerster Erschöpfung der Truppen, war es der schlesischen Armee bei der Ungunst der Witterung und der Kommunikation doch nicht möglich gewesen, wesentlich größere Wegstrecken zurückzulegen, als die linke (österreichische) Kolonne der Hauptarmee, nämlich etwa 27 bis 33 Kilometer gegenüber 22 bis 25 Kilometer. Dafür waren aber die Truppen der Hauptarmee intakt an ihren Marschzielen angelangt, jene der schlesischen Armee aber in nahezu vollkommen erschöjjftem Zustand.

Von der Armee Bennigsens hatte sich das über Burkers- roda vorgegangene Detachement Kreutz der Avantgarde der rechten Kolonne der Hauptarmee unter Fahlen ungeschlossen und war bis Neumark gelangt.

■) K. A., r. A. 1813, Gyulai, XIII, 220.

’) Ebenda.

’) Hauptsächlich die Kavallerie. (K. A., E. A. 1813, Xiri, 48 d.)

Hauptarmee,

2!)*

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Kerchnftwe.

Die Avantgarde unter Stroganoff und die Kavallerie- ' division Tschaplitz waren nach Nebra, das Armeehauptquartier j und das Korps Doctorow nach Freyburg gelangt.

Infolge des Vordrängens Blüchers nach Weißenfels und seines Aufenthaltes durch den Fluüübcrgang hier, beziehungs- weise später bei Freyburg, hatte sich die schlesische Armee zwischen den Gegner und die polnische Armee geschoben, so daß die Aufgabe der letzteren ,,Xachdrängen in der Front” von der rechten Kolonne der Hauptarmee übernommen werden ' mußte. Die Truppen der schlesischen Armee aber waren genötigt ihre Kräfte auf das äußerste anzuspannen um wieder einiger- maßen in jenes Verhältnis zu kommen, in welchem sie ihrem Auftrag nachkonunen konnten, „den Rückzug des Gegners in der nördlichen Flanke zu kotoyieren”. Dieses Verhältnis wieder ganz zu erreichen, wurde ihnen nicht mehr möglich.

Die polnische Armee, welche derart in ein Reserve- verhältnis hinter die schlesische Armee gedrängt worden war, schied überdies am 24. Oktober von den Napoleon nach- drängenden Heeren aus und wurde dem noch immer mit seiner Armee in der Gegend von Leipzig haltenden Kronprinzen von Schweden zur Vertreibung der französisch-dänischen Truppen aus Norddeutschland, beziehungsweise zur Bezwingung der dortigen festen Plätze zur Verfügung gestellt.

Beurteilung der Lage aui 23. Oktober. Das Resultat der Verfolgung bis Erfurt. i

So war es denn Napoleon gelungen, im Laufe des 23. Oktober sein ganzes Heer unter dem Schutze der Be- ^ festigungen von Erfurt zu .sammeln, ihm eine kurze Spanne ' der Ifuhe und Erholung zu gönnen, deren es nach dem i großen Schlage von Leipzig, nach den Strapazen der letzten Tage so dringend bedurfte.

War es auch nur wenig, was Napoleon erreichte, ww die Zeit der Ruhe zum Ersatz der materiellen und moralischen Kamj)ffaktoren zu gering bemessen, so konnte der Kaiser doch immerhin mit dem Resultat des Erreichten zufrieden sein. Es waren zwar schwache, aber doch einigermaßen ge- schlossene Bataillone, welche am 24. und 25. Oktober Erfurt

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Von Leipzig bis Erfurt.

453

verließen, seine Artillerie, vor allem aber seine Garden waren noch immer schlagfertig, boten in ihrer Gesamtheit noch immer eine ganz achtunggebietende Macht.

Freilich hielt das in Erfurt Erreichte nicht an, obwohl im Laufe der nächsten Tage nur die Parteigänger die Marsch- kolonnen der französischen Armee belästigten.

Die Divisionen der jungen Garde waren durch den auf- reibenden Nachhutdienst auf je 3000 bis 4000 Mann per Divison zusammengeschmolzen, bei Hanau, am 30. und 31. Oktober, zählten sie deren nur mehr 2000 bis 2500. Bei den anderen Truppenteilen löste sich schon in den ersten Tagen nach Erfurt unter den Strapazen des Marsches und den Belästi- gungen der die französischen Heersäulen fort umschwärmen- den Parteigänger bald wieder alle Ordnung.

Die frierenden und hungernden Soldaten verließen haufenweise die Reihen, um seitwärts der Marschlinie nach Lebensmitteln zu suchen, sie warfen Watien und Gepäck weg, um leichter marschieren zu können und wnrden dann oft zu Hunderten von den Reitern Orlow-Denissows '), Tschernitschews, Mensdorffs oder Co lombs widerstands- los aufgegriffen. Um die geretteten Adler der Korps bildeten Offiziere, Unteroffiziere und die tüchtigsten Soldaten ge- schlossene Abteilungen von wenigen tausend oder auch nur etlichen hundert Männern, so daß Abteilungen in der Stärke von wenigen Bataillonen oft 10 bis 12 Adler führten. Nur die Garden, die Kavallerie ausgenommen die mißglückte Institution der ,, Ehrengarden” die Artillerie, soweit sie nicht infolge völliger Erschöpfung der ohnedies minder- wertigen Bespannungen Fuhrwerke stehen lassen mußte, bildeten rühmliche Ausnahmen. Diese Truppen waren es auch, welche ihrem Kaiser und dem geschlagenen Heere bei Hanau den Weg durch den Feind bahnten.

Es nützte wenig, daß die Nachhut immer wieder Stel- lung nahm um die „Isoles” zu sammeln, zu bewaffnen und aus ihnen geordnete Truppenkörper zu bilden in der

■) GM. Graf Orlo w-Uenissow Obemahm am 24. Oktober das Kommando über das Thiolomannsche Streifkorps, da GL. Thiele- mann mit der Neuorganisation der sächsisehen Streitkräfte beauftragt worden war.

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K 0 r c h n tt w e.

nächsten Nacht schon liefen sie alle -wieder auseinander Die große Jugend, die oberflächliche Ausbildung der oft noch halbwüchsigen ,,Conscrits” der Jahre 1813 und 1814 machten jetzt ihre üblen Folgen geltend. Das erkannte auch Napoleon an, als er am 25. Oktober an den Kriegs- minister schrieb :

„Ich brauche Männer, keine Kinder. Es gibt nichts Braveres als unsere .Tugend ; aber ohne Kraft, bevölkei-t sie nur die Spitäler und zeigt selbst bei der geringsten Ungewiß- heit den Charakter ihres Alters. Es sind Männer notwendig, um Frankreich zu verteidigen*).”

Und täglich, stündlich nahm die Auflösung zu, jene Auflösung *), welche in den Fatigen der Tage von Leipzig

') Schon am 23. Oktober schreibt Marschall Mortieraii General Uertrand: „Ich habe wogen der Unmassen von Nachzüglern eine Stellung nehmen müssen, um die.sclbcn zu retten ; ich habe selbst SiJtKi bis 4000 gesammelt, ihnen Offiziere und Unteroffiziere gegeben und daraus 2 llegimenter gebildet, da es meist gesunde und gut bewaffnete Leute gewesen sind, aber in der letzten Nacht haben sie sich alsbald wieder aufgelöst; es ist unmöglich gewe.sen, sie zu halten; allerdings sindja auch Verwundete und Kranke unter ihnen, die sehr zu beklagen und von denen manche tot liegen geblieben sind.” (^, * Die französische Armee im .Jahre 1S13, 174.)

’) Correspondance de Napoleon I., XXVI, 20.835.

Über den Zustand der französischen Armee im weiteren Ver- lauf des Rückzuges schreibt ein Augenzeuge : „Oie Straße bot durchweg einen schrecklichen Anblick dar, der Zeugnis von dem kläglichen Zu- stand der französischen Armee ablegte. Tote und erstarrte Menschen und Pferde, zerbrochenes Geschütz und Wagen lagen überall umher. Halbverhungerte Traineurs schleppten sich mühsam fort und lichten die Mildtätigkeit ihrer Feinde um ein Stück Brot an. Deserteure trafen fortwährend in Menge ein und die Kosaken machten auf jeden Schritt Gefangene. Umstände dieser Art erklären es, wie Napoleon auf dem Rückzug bis zum Rhein 30.000 Manu verlieren konnte.” Und Müff- ling schreibt: „Es konnte nichts Unangenehmeres und Widrigeres geben, als der französischen Armee auf dem Fuße zu folgen. Längs der ganzen .Straße lagen Leichen und im Sterben begriffene Menschen ; die man einbrachte, trugen den Tod auf den Gesichtem, kurz, man konnte nicht ohne Ekel daran denken, daß nvin auf derselben Stelle, vielleicht auf demselben Stroh schlafen sollte, wde diese Nervenüeber-Armee, welche überdies auf der Straße, die sie zog, die Eiuw’ohner angestockt und alles, was an Lebensmitteln vorhanden war, aufgezehrt hatte !” Mit Recht setzt Major Ftiederich diesen Schilderungen hinzu: „Es

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Von Leipzig bis Erfurt.

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bis Erfurt mit ihren täglichen Kämpfen und Gefechten ihren Urgrund hatte

Die Eesultate der von FM. Fürst Schwarzenberg eingeleiteten Verfolgung waren also ganz bedeutende, wenn sie sich auch nicht ganz mit den von der Theorie geforderten decken, mit jenen Resultaten, welche sich unzweifelhaft auch hätte erreichen lassen, wenn nicht FZM. Gyulai und General Yorck es am 21. Oktober an jener umsichtigen Auffassung hätten fehlen lassen, weiche in ihrer damaligen Lage eben gerade notwendig war. Aber in welchem Kriege kam dergleichen nicht vor, welche Armee würde nicht trotzdem Yorck und Gyulai mit Stolz zu den Ihrigen zählen, in mancher schweren, gefahrvollen Stunde sich solche Führer wünschen 1

Die französische Aiinee hatte am 19. Oktober inklusive der Truppen Bertrands noch etwa 1 10.000 bis 120.000 Kom- battanten gezählt, am 24. Oktober, also nur 5 Tage später, zählte sie, trotz 10.000 Mann eingereihter Ersatztruppen, nur mehr 70.000 bis 80.000 Mann mit 200 Geschützen, der Rest war gefangen oder deckte tot oder sterbend die Felder von der Elster bis zur Gera, füllte krank und elend die Lazarette und Notspitäler längs der Marschstraüe der „Großen Armee von 1813')”.

Die Truppen der Verbündeten waren ein seltener Fall dem geschlagenen Heere vom Schlachtfeld aus ohne Ruhetag gefolgt, sie hatten bei Regenwetter, großenteils auf elenden, aufgeweichten Feldwegen täglich drei bis vier Meilen gemacht, ihre leichte Reiterei war dem Gegner stets auf

fehlte nur der Schrecken des Winter.«, um der französischen Armee ira .Jahre 1813 das nämliche Schicksal zu bereiten, das die Große Armee des Jahres 1812 in Rußland erlitten hatte.” (l'riederich, Herbstfeldzng 1813, III.)

*) Nach Frankreich brachte Napoleon von den aus Erfurt aus- luarschierten Truppen kaum mehr als ,50.000 Mann zurück. Von den .590.000 Mann, welche im Laufe des Jahres 1813 nach Deutschland gerückt, beziehungsweise dort gefochteu h.Uten, kehrten bis Ende 1813 alles in allem 85.000 Manu zurück. Etwa 100.000 Mann waren in den deutschen Festungen eingeschlossen, der Rost tot, verwundet oder gefangei» und auch von den 85.000 Zurückgekehrteu trugen viele dey heim tödlicher Krankheit in sich. Die französische Armee des

■Jahres 1813, 177.)

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Kerclinawe.

den Fersen geblieben, nicht einen Moment war die Fühlung verloren gegangen, der Gegner war von Leipzig bis Erfurt nie zur Ruhe gekommen, täglich hatte er kämpfen müssen '). oft wie bei Freyburg und Kosen hing das Schicksal des geschlagenen Heeres nur an einem Haare und wenn diese Gefechte auch nicht jenes Resultat brachten, das sie bringen konnten, so verursachte diese Ruhelosigkeit, die stete Qual der Ungewißheit, was die nächsten Stunden bringen würden, jene Auflösung, welche den Aufenthalt bei Erfurt notwendig machte.

Wenn auch durch den Aufenthalt des französischen Heeres bei Erfurt für die Hauptarmee der Verbündeten Zeit verloren ging, weil FM. Fürst Schwarzenberg die gewiß nicht unberechtigte Auffassung hatte, daß Napoleon sich hier eventuell zum Kampfe stellen wolle, wenn auch der Feldmarschall deshalb den 24. Oktober dazu benützte, um seine Armee zürn Kampfe zu versammeln ’) und am 25. Oktober rekognoszierend gegen die Festung vorrückte, so war es andererseits nur durch diesen .S6- bis 48stündigen Aufenthalt des Gegners bei Erfurt möglich, daß die Donauarinee unter Wrede ihm bei Hanau den Weg verlegen und ihn direkt mit Gefangennahme bedrohen konnte. Und jeder andere als Napoleon wäre bei Hanau verloren gewesen.

War es immerhin noch eine achtbare Streitmacht, die der besiegte Imjierator aus Erfurts schützenden Mauern der Heimat zutührte, war es ihm auch noch möglich, mit Trümmern dieser Streitmacht G Tage später bei Hanau sich in heißem, verlustreichem Kampfe den Weg durch den Feind

■) E.S sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dali inge- und wochenlanger Gefecbtskoutakt, trotz des hier geführten Bewegungs- krieges, durchaus keine Errungenschaft der letzten Zeit ist. Die beider- seitigen Heere standen vom Id. bis 2H. Oktober, also durch 11 Tage, in ununterbrochenem Gefechtskontakt. Täglich war es während dieser Zeit zu ZusammenstölJon gekommen, darunter an 5 Tagen, nämlich am 14., IG-, 18., 18. und 21. zu schweren, verlustreichen Kämpfen, deren Ver- luste, blutige wie unblutige, jene der Neuzeit perzentuell um das 1' ifacho bis Doppelte übertreften.

•) Am 24. wurde die 12 (Tete) bis 27 Kilometer (Queue) zurück- gebliebene rechte Kolonne unter Barclay deTolly auf gleiche Höhe mit der linken Kolonne vorgezogen.

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Von Leipzig bis Krfurt.

457

zu bahnen, so war das erreichte Resultat doch ein bedeuten- des. Ganz gewiß hätte sich wie dies ja eben aus diesen Blättern hervorgehen dürfte mit den Dispositionen Schwarzenbergs mehr erreichen lassen. Wenn das erreichte Resultat hinter dem erreichbaren zurückblieb, so lag dies einerseits an dem großen Gegner und seinen mustergiltigon Maßnahmen, andererseits an der nicht entsprechenden Auf- fassung der Lage seitens der Unterführer am entscheidenden 21. Oktober').

Jedenfalls ist das, was erreicht wurde, weit mehr als alles, die Verfolgung nach Belle-Alliance ausgenommen was seit den Tagen Napoleons bis zu den Ereignissen der allerjüngsten Zeit durch Verfolgungen erreicht wurde; jeden- falls steht die Art und Weise, wie die verbündeten Heere unter FM. Fürst Schwarzenbergs Führung dem ge- schlagenen Gegner nachdrängten, hoch über allem, seither darin Geleisteten. An Energie, den errungenen Erfolg auszu- nützen, an „mitleidlosem Willen, von den eben siegreichen Truppen noch weitere schwere Opfer zu fordern *)”, hat es dem Führer der Verbündeten also sicher nicht in höherem Maße gefehlt, als vielen, welche die Epigonen seither über ihn stellten.

Wenn man auch gewiß aus den Unterlassungen bei dieser Verfolgungsoperation nahezu eben.soviel lernen kann wie an dem Geschehenen, wenn die Theorie auch an diesen Unterlassungen Kritik üben und theoretische Folgerungen von ihnen ableiten kann, so wird sich die Praxis doch in den allermeisten Fällen zufrieden geben können, w'enn sie auch weniger großen Gegnern gegenüber bei der Ver- folgung solche Resultate erzielt wie FM. Fürst Schwarzen- berg in den Tagen von Leipzig bis Erfurt.

') Den beiden hier in Betraclit kommenden Führern Gyulai und Torck deshalb Mangel an Energie vorzuwerfen, ist wohl nicht angebracht. Gyulais sonstiges Benehmen am 20. und 21. Oktober be- weist, daß es ihm an Tatkraft absolut nicht gefehlt hat; was Yorck an- belangt, so wurden über dessen Leistungen, seine „eiserne” Entschlossen- heit etc., Bücher genug geschrieben; es hieße, Eulen nach Athen tragen, hier noch Weiteres anzuführen.

’) Moltke, Gesamte militärische Werke, 18(56.

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Von Leipzig bis Erfurt.

461

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') Von 18. bis 25. Oktober beim Korps Yorck der schlesischen Armeo.

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Von Leipzig big Krfiirt,

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Von Leipzig bis Erfurt,

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Von Leipzig bis Erfurt.

467

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b) Russisch-preußische Truppen.

Oberkommandant: G. d. I. Graf Barclay de Tolly. Chef des Generalstabes: GM. Sabanjew. Generabjuartier-

468

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Von Leipzig bis Erfurt 469

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Von Leipzig bis Erfurt.

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Von I^ipsig bis Erfurt.

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Von Leipzig bis Krfurt,

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Von Leipzig bis Erfurt,

475

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Korchnawe.

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Von Leipzig bis Erfurt,

477

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478

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Von Leipeig bis Erfurt

479

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Kerchnawe.

Detachierte Abteilungen und Korps aufierhalb des direkten Verbandes der Hauptarmee.

a) Stabs- und Bedockungs- I truppen.

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) lUvision von Somniariva- |

Küra,s.sieren

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( 2. Zur J5edeckungdes Allerhöchsten [i HotlagersKaiser Alexanders 1. u. König Friedrich Willielms j|

Koaakonkonvoi . . . j'

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Von Loipiig bis Erfurt.

481

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Vom preuüiscben 2. scble.si- .| achen Landwehrkaviillerie- !'

regiraent

Russisches Ulanenregiment

Serpuchow . |

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2. Poltawa- . . . . Kleinrussisches . Tschemigowsches .

Lundwehr- I ko.sakenreg.

d) Avtf Gefangenentransport. 2. Baschkirenrogimeut . . .

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Zusammen

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österreichisches IV, Korps O. d. K. Oraf Klenau

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MitteiluD^en des k. und k. Krieganrohivs. Dritt.,> Folge. IV'. Bt.

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^türkoangabeo nach Kombattantenliste des preußischen I. Armeekorps vom 20. bis 25. Oktober 181B. (K.A. Berlin )

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•) Nacli Aster, Loip/i^, II.

■i) Der Kommandaot der 10, Infnuteriedivision General (iraf Lieveu bei LeipKig verwundet, nonb nicht horgestellt.

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Von Leipxif^ bis Erfart.

497

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*) Die Gt;scliütszahl der Armee aRcb jener vor der Schlacht bei Leipzi)?. abxüglich der an den Feind vorloroneu ^0 nud der mit den Sncbsen und Würltembeigern dbert^egnnfConen iSs GeaohÜtson errechnet.

198 Kercbort've.

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Von Leipzig bis Erfurt.

499

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Summe des IV. Korps 30 j 8 ^ 2 8 8300 | 200

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502

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Von Leipzig bis Erfurt.

503

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Koriaioren I Stroitbar

504

Kerchnawe.

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Summe des 5. Reservekavalleriekorps .1 47 | 1 ; SiKK)

Von Leipzig bis Erfurt.

507

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68

Das XII. Korps (Marseha)l

Oudinot) seit 17. September aufgiilöst

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1

II.

Disposition vom 20. bis 22. Oktober 1813.

Die Armee marschiert in zwei Kolonnen gegen Erfurt.

Die 1. Kolonne, niiinlicli: III. Armeekorps Gyulai, FML. No.stitz mit vier Brigaden, FM. Moritz Liechtenstein, russische Garden und lieserven, Wittgenstein und Kleistische Korps marschiert;

Den 20. Oktober 1813; Gyulai mit Liechtenstein nach Naum- hiirg. Xostitz nach Saumburg, russische Garden und Reserven nach Teuchem, Wittgenstein und Kleist nach Pegau.

Den 21. Oktober: Gyulai mit Liechten.stein nach Eckartsberga. Nostitz nach Eckartsherga, ru.ssische Garden und Reserven nach Hassen- hausen, Wittgenstein tind Kleist nach Stößen.

Den 22. Oktober: Gyulai mit Liechtenstein nach Buttelstedt. Nostitz nach Buttelstedt, russische Garden und Reserven nach Auer- stiidr, Wittgenstein und Kleist nach Eckartsberga.

Die 2. Kolonne, nämlich: I. .Vrmeokorps Colloredo, II. Armee- korps Colloredo, Armeeinfanteriereserven, IV. Armeekorps Klenau, an welches sich die zweite leichte Division Buhna auschließt. marschieren:

Den 20. Oktober nach Zeitz, nur das IV. Armeekorps bleibt 111 Üraschwitz stellen.

Den 21. Oktober nach Eisonherg, das IV. Armeekorps aut Großen.

Den 22. Oktober nach .Jena

Die Artilleriereservo marschiert nach .AHenhurg, den 21. Oktober nach Gern, den 22. Oktober nach Roda, den 23. Oktober nach Jena.

Das Haupt<|uartier kommt den 20. Oktober nach Zeitz, den 21. Oktober nach Eisenlierg, den 22. Oktober nach Jena.

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508

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V'on Leipzig bis Erfurt.

511

V.

Verzeichnis der im Treffen toii Kosen gemachten Gefangenen ').

Vom Feind herüber desertiert sind:

78 polnische Gardisten*).

An Kriegsgefangenen eingebracht:

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*) K. A., F. A. 1818, HanpUirmee. X. 543.

*) 1. Chevaiilegerslanciers der Garile (LefÄbvre-Desnouotte).

■) Die Relation sagt: .F.s wurde eine ganze bayrische Kompagnie gefangen, genommen.'* Da die Stünde schon sehr schwach, auch hier Verluste eingetreten waren, dürfte dies etiinmen.

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512

Kerclinawe.

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VI.

Formation des köniel. preußischen I. Korps G. d. I. Ton Yorck vom 21. bis 25. Oktober*).

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Das schlesi.Hche (TrcnaiUerbataillou

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Das kombiiiierto Fü.siIierbataiUon des branden- burgiseben und H. Bataillon des 12. Reserve- intanterieregimenta

1

Das Thüringerbataillon

1

Das 1. Bataillon Leibregiinent

1

Das Landwcbrbataillon von Fiseber vom ti. scblesiscben Landwelirinfanterieregiment

1

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Das kombinierte Bataillon von Kottulinski und von Knorr vom 4. scblesiscben Landwehr- iulauteriuregimeiit

1

Das 2. üsterreicliisclie Jägerbataillon ....

1

2 Kompagnien ostproußische Jäger

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1 Kompagnie Gardejägor

2. Leibbusarenregiment (iukl. lägerdetacboment)

5

Braiidenburgisehos Uvisareiiregiment (inkl. Jägerdctacbcment

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5

_

Sächsisches L'bineuregiment

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Reitende Batterie Nr. 2

8

Sechspi’üudige FuÜbutierie

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Summe ...

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16

*) K. A. Merlin, mitgeteilt von ü^or Priedericb. Eine Kompagnie beim Streifkorps Boltenstorn.

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Von Leipsi(f bis Erfurt.

513

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{ Kombiiaertos Bataillon dOvS 1. ostpreuÜischeu

Infanterieregiments

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' Kombiniertes Bataillon des 2. ostpreußischen

1 Infantcriere>;iments

1

Kombiniertes Füsilierbataillon des 1. und 2- ost- 1 preuÜischeii Infanterieregiments

1

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1 2. Bataillon de« Leibreginients

1

i Füsilierbatailloii des Leibregiments ....

1

1 Kombiniertes Bataillon Grat' Reichcnbacli vom

1 4. und von Wedel vom 15. schlesischen Land-

I wehrinfantericregiment

1

1 Kombiniertes Bataillon von Pettenkofer imd

von Sommerfeld vom 15. schlesischen Land- j wchrinfanterieregiment

1

I Mecklenburgisches Husaronregiment

4

' OstpreuÜisches Nationalkavallerieregiment

' (iukl. Elitodetachemeixt)

5

Scchspfündige Fußbatteri“ Nr. 1

8

I Summe . . .

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! 2. Division von HOnerbein.

1 Kombiniertes 1. ostpreußisches und west-

] Iireußisches («renadierbataillon

1

^ Lwbgrenadierbataillon

1

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1 Kombiniertes Bataillon des 5. schlesischen

Landwehrinfanterieregiraonts

1

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] Kombiniertes Bataillon des 13. schlesischen

Landwehrinfanterieregiments

1

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Kombiniertes Musketierbataillon des hranden- burglschen Infanteriereg;iments

1

Kombiniertes Bataillon des 12. Reserveinfan- terieregiments

1

1 Kombiniertes Bataillon des 14. schlesischen

Landwehrinfanterieregiments

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j 5. schlesisches Landwehrkavallerieregiment

1

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1 1. neumärkisches Landwehrkavallerieregiment

Major von Biberstein

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Sechspfündige Fußhatterio Nr. 15

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Mitteilungen des k. und k. Kriegsurchivs. Dritte Folge, IV. Bd.

33

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614

Kerchnawe.

Reservekavallerie.

Das litauische Dragoncrregiment . . . . Das 1. nestpreußischc Dragonerregiment Das brandenburgische Ulanenregiment . . Das sächsische Husarenregiment . . . .

Reitende Batterie Nr. 1

Summe .

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Zugeteilt Kosakenregiment Grekow XX r und 1 Ba-sch- | kirenregiment, ‘2 Eskadronen Kosakenregimenter i Kejj.

Reserveartillerie.

Sechspfünd. FuiJbatteric Nr.H Ereiptiind. Fußbatterie Xr. 1 Reitende Batterie Nr. 8 Reitende Batterie Nr. 12 Parkkolonne Nr. 13 Handwcrkskolonno Nr. 1

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Detachiert waren;

Das schlesische Landwehrkavallorieregiment

Nr. 10>)

Die .8. und 4. Eskadron des schlesischen Land- wehrkavallerioregimeiits Nr. 8’)

Gesamtsumme; ‘dl’/. Bataillone, 63 Eskadronen, 1) Batterien und 2 Kosakenregimenter mit einem Staude von ; 10.5.87 Mann Infanterie ; inklusive des 471 Mann starken k. k. 2. Jägerbataillons, 4814 Reiter inklusive der ;tugetoiIten sächsischen Kavallerie, der Kosaken und des Basebkirenregimeuts (483 Mann). 72 Geschütze.

Es ist nirgends angegeben, wohin, warum und wann. Am 3S. war das Regiment schon wieder beim Korps eingotrotten und wurde der Division Hünerbein augeteilt.

') Heim Streifkorps des Majors Graf Kalkenhausen. Trafen am 28. wieder ein und wurden der Beservekaveiterie zugeteüt. t

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GetchUtse

vir.

KoinliattantenHste des preußischen I. Armeekorps vom 20. Oktober 1818')

Von Leipzig bis Erfurt.

.515

83*

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Berlin ; mitgeteilt von Major Kr ieder i ch. Ohne die etige-teilten üjterroichiacben, sächsischen tnid rosjischen Truppen.

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Verlag von L. W. Seidel & Sohn in Wien.

MITTEILUNGEN

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<. UND K. KRIEGSARCHIVS.

Neue Folge. I.-Xll. Band. (1887-1900.)

. Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Kadetzky. K rba, Zur Geschichte der Ereignis.se in Bosnien und Montenegro 3. Mit 1 Tafel. Duncker, Militärische und politische Akten- ;ke zur Geschichte des ersten schlesischen Krieges 1741. Mit afel. Wetzor, Der Feldzug am Ober-Rhein 16JÄ und die Be- nung von Breisach. Mit 2 Tatein. Kriegs-Chronik Ö.sterreich-

»arns. 3. Ted. 1SH7 8.--

. Machalicky» Der Feldzug gegen die neapolitanische Revolu- 1 1821. Mit 1 Tafel, fiorba, Die KniHerlichen in Albanien 1()83.

, I Tafel. Duncker, Aktenstücke (Forts.). Wetzer, Feld-

; am Ober-Rhein (Forts.}. Mit 1 Tafel. 1W88 8

i. AVetzer. Feldzug am Ober-Rhein (Schluß). Mit 1 Tafel. nger, Serbien unter der kaiserlichen Regierung I7l7bis 1739. Mit Karte. Duncker Aktenstücke (Forts.) Kriegs-Chronik.

Teil (Forts.i. Mit 1 Karte. 1889 *1.

1. Angel i, Die Heere des Kaisers und der französischen Revolu- n im Beginn des Jahres 1792. Mit 8 Bildern und 1 Skizze. rxich, Die freiwilligen Aufgebote aus den Ländern der ungarischen one im ersten scblesischon Krieg 1. Ihis Aufgebot der ungarischen mrrekiion und kroati.se her Freikorps 1741. Mit 1 Kartenskizze. iiicker, Der Überfall bei Baumgurton am 27. Februar 1741. Mit Tafel. Kulnigg, Die Römer im Gebiete der heutigen öster- chisch-uiigarisclieu Monarclde. Mit i\ 3'afeln. Kriegs-Chronik.

Teil (Forts.). Iss9 H.—

i. Hausenblas. Osterreicli im Kriege gegen die französische volution 1792. Mit 4 Rlilnen. Alexich, Die freiwilligen Auf- iote aus den Ländern der ungarischen Krone 1741 und 1742.

Die Preßburger Landlagsbeschlüs».o und die allgemeine Insnr- ition in Ungurn 1741 his 1742 iSchlnß). Duncker, Aktenstücke

)rts,). Kriegs-Chronik. 3. Teil (Forts. >. 1891 H.—

d. Hausenblas, 1792 (Forts.). Mit") Tafeln. Zerboni, Die Be- .npfnng des Aufstandes in Piemont 1821 und die Okkupation des Ildes durch österreicbische Tnippen bis zum Jahre 1823. Mit rafeln. Keniatmüller. Das Dragoner-Regiment Herzog Jiiliu.s dwig von Savoyen. Duncker, .-Vktenstücke (Schluß). 1892. . 8.—

it-Baiid. Kriegs-Chronik 3. Teil. 2. Hüllte 4. Teil Mit 1 Tafel. 1S92. .A.~

d. Hausenblas, 1792 (Forts.V Mit 4 Tafeln. Kematmüller,

e \ erteidignngs-Anstalt in Nieder- und Inner-OsteiToicb beim nbriich der Bayern 1741. Mit 2 Tafeln. -- Tagebuch eines Offiziers . (ieneralstahe der bayrischen Armee (Major Für.><t Th um nn<l ixi.s) wiUirenil des Feldzuges in Rußland 1S12. Duncker, rei Berichte aus ilem bebigerien Wien 11)S2. Auf der Feste uidskroM 1()3S. Eine Kpi.sode aus dem 30jährigen Kriege. Ans •n Schriften des Feidmarscliatls Ludwig .Andreas Grafen Klieven- iller, Idee vom Kriege. 1. Ted. 1893 8.—

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\'Hr. Kaiid. Sacken, Das öaterreicliiwche Korps Scliwarzenberjj-Legeü Kin beitrag zur (ieschichte der politischen Wirren in Deulsc Ende 1849 bis 18,01. Mit 1 Pinnskizze. Beitrag zur Geschicln Krieges in Ungarn 1848 bis 1849. Criste, Der Beitritt Oster zur Koalition im Jahre 1813. Klie ve.nli ül 1er, Idee vom b

(Ports. . 2. Teil. 1894

IX Band. Hansenblns. 1792 (Ports.!. .Mit 1 Tafel. Kienast. 1 Friedrich II. von Preiilien und die Ungarn bis zum Hubertusl Frieden 17ti.l. Kematmüller, Die östcrreicliisclie Adininist in Bayern 1743 bis 174Ö. Mit 1 Kärtchen. K h e ven iiUller

vom kriege, 2. Teil (Forts.). 189.')

X. Band. Christen, 1792 (Forts, der Arbeit von H an seii blas* 3 Tafeln Veltze, Der schriftliche Nacblall des Peldniars und Generalleutnants Baimiind Fürsten Montec.iiccoli.

3 Tafeln. Die Prager .Tiini-Ereignisse 1848. Mit Plan von Seidl, Das Mailänder Attentat am 6. Februar 1853. Mit l’la Mailand. Khevenhüller, Idee vom Kriege. 2. TciltSchluti).

XI. Band. Criste, Beiträge zur Geschichte des Tlastatter Gesar

mordes 1799. Mit 3 Tafeln. 189<t

XII. Band. Hel fert. Die Stadt des Palladio im .Inhre 1848. Mit 1 Oyers karte und 1 Uragebiingsplane von Vicenza. V'oltze, Die H relation des kaiserlichen Kesblenten in Konstantinopel, i Reuiger von Retiingen lt>49— l(Ui6. Mit 2 Beilagen und 2 Faks .lacubeiiz. Die cisalutanische Walachei unter kaisorlicliei waltiing 1717 bis 1739. Mit 1 Beilage und 1 Karte. Chri 1792 (SchhiÜi. Mit 1 Beilage und 1 Karte. 19tKl

Dritte Folge.

1. Baud. Criste, Ungedruckte Briefe des Erzherzogs Karl. H Der StralSenknnipf in Paris am 28. und 29. Juli 1830. Mit 1 ' Langer, Die Keokkupation Freiburgs und Breisachs 1698 bin Mit 2 Tafeln. Soiiimeregger, Ereignisse in den Legat lind Marken in Italien in den .lahren 1848 und 1849. Mit 3 T Peters. Die österreichischen Kefestiguiigen au der oberen

-Mit 4 Tafeln. 1902.

II. Bund. Criste, Die ÖNterreicliische Truppenaufstelluug gegen Pri und Polen, 171KI. Mit 1 Tafel. Eine Denkschrift Zachs aus Jahre 1798. Criste, Beiträge zur Geschichte des Rastatte saiidteiimordes 1799. J'allun-Gall, Pater Joachim Haspi Tagebuch Ein Beitrag zur Geschichte der Kämpfe der Tirol .lahre 1809. Zitterhofer, Die Okkupation Siziliens durch i reichische Truppen vom Mai 1821 bis 1826. Mit 1 Cbersichtsl Bartsch, Hayiiaii und der Aufstand in Brescia 1849. Mit 1 - Die Division Jleiscliach hei Magenta, 4. Juni 1859 Mit l Kt

Skizze. 1903

III. Band. P'eldzeugmeister L. von Wetzer. KemutniUller, Wi bauten des Hofkriegsrates 1721 bis 1740. Peters, Die Dis tion des Obersten und Geiieralstabscliefs Mack zum Angrifl das fraiizö'ische Lager von Famars »m 23. Mai 179.3. Mit 1 ' Skizze. Eine Denkschrift des FM. Ma.x Freiherrii von Wiinp aus dem Jahre 1809. Soinek, Die Artillerie im Jahre 180 Veltze, Aii.s den Tagen von Pordenone und Sacile. Die ö reichische Oftensive in Italien 1809. Mit 7 Textskizzen. Tage des Streifkoips unter Führung des k. k. Obersten E. Grafen Mensdorff- Poiiilly \2i. August bis 10. Dezember 1813J. 1 Textskizze. 1904

Bestellungen können auch an die Direktion des k. und k. Kriegsarchivs gerii

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